Die deutsche Viehseuchengesetzgebung: betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen in der Fassung des Gesetzes vom 23. Juni 1880 / 1. Mai 1894 nebst der Bundesrathsinstruktion, den hiezu erlassenen Vollzugsbestimmungen, dem bayerischen und preußischen Milzbrandentschädigungsgesetze [Reprint 2021 ed.] 9783112601143, 9783112601136


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German Pages 382 [396] Year 1897

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Die deutsche Viehseuchengesetzgebung: betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen in der Fassung des Gesetzes vom 23. Juni 1880 / 1. Mai 1894 nebst der Bundesrathsinstruktion, den hiezu erlassenen Vollzugsbestimmungen, dem bayerischen und preußischen Milzbrandentschädigungsgesetze [Reprint 2021 ed.]
 9783112601143, 9783112601136

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nach dem Reichsgesetz betreffend

die Mwejk und AnMMM von AieKseuchen

”t* X7

in der Fassung des Gesetzes vom

uebst der Bundes-

rathsinstrultion, den hiezu erlassenen voüzugsbestimmungen, dem bayerischen und

preußischen

Milzbrandentschädigungsgesetze

und

dem Viehseuchen-Uebereinkommen mit Gesterreich-Ungarn.

Mit Erläuterungen unter Berücksichtigung der Motive, der einschlägigen Reichs- und Landtags­ verhandlungen

und der

Rechtsprechung,

sowie mit einem Anhänge,

enthaltend eine Belehrung über nicht unmittelbar in der Reichs­ gesetzgebung behandelte Viehseuchen,

von

Martin Aenter, Bezirksthierarzt.

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München. I. Schweitzer Verlag (Jos. Eichbichler).

1896.

®Jie Viehieuchengesetzgebung hat in neuerer Zeit in Folge des

io häniigen Auftretens ansteckender Thicrkrankheitcn und des ge­ steigerten Handelsverkehrs in hohem Grade an Bedeutung gewonnen. Es ist daher deren Kenntnis für die Besitzer von Hausthieren, wie besonders für jene Organe, die denselben als technischer Bei­ rath für eintretende Gefahren und drohende Verluste an diesen Be­ ständen zu dienen haben oder dazu berufen sind, im Vollzüge der Gesetzgebung solche Gefahren abzuwehren und bereits bestehende zu entkernen, unerläßlich. Allein nicht die bloße Vertrautheit mit diesen Bestimmungen wird für alle Fälle hinreichend sein, den Geist der Gesetzgebung in seinem ganzen Wesen zu erfassen und für die prak­ tische Handhabung derselben zu verwerthen. Zu einem umfassenden Verständnisse gehört auch ein Einblick in die Verhandlungen der gesetzgebenden Körperschaften, wie der einschlägigen Jurisdiktion. Der Verfasser war daher bemüht, die Reichsvichseuchengesetzgebung von diesen Gesichtspunkten aus an der Hand der amtlichen Materialien, wie der in der Praxis bisher gewonnenen Erfahrungen zu beleuchten. Veranlassung hiezu bot die mit dem Jahre 1894 erfolgte Abänderung des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880, be­ treffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, sowie die in gleicher Weise auf Grund dieser Geietzesnovellc abgeändcrte zuge­ hörige Bundesrathsinstruktion. Demnach werden in vorliegender Schrift hauptsächlich jene Punkte einer Erläuterung unterstellt, bei welchen auf Grund der neueren Gesetzgebung ein veränderter Stand­ punkt gegenüber der früheren zu Tage tritt oder welchen im veterinär­ polizeilichen Verfahren eine erhöhte Bedeutung nunmehr zukommt.

Der Vollständigkeit halber sind außerdem noch eine Reihe von Erklärungen zu den anderen und unverändert gebliebenen Bestim­ mungen des Reichsgesetzes und ebenso auch zu den für das König­ reich Bayern maßgebenden Ausführungsbestimmungen niedcrgelcgt. Als Anhang findet sich eine gemeinfaßliche Belehrung an­ steckender Thicrkrankheiten, welche teilweise der veterinärpolizeilichen Beaufsichtigung unterstehen, teilweise solcher auf Grund der Rcichsbeziehungswcise Landesgesetzgebung noch einverleibt werden können. Dieselbe hat für die Viehbesitzcr um so größeren Werth, als aus deren Kenntniß besondere Vortheile in Hinsicht auf Zuerkennung der staatlichen Entschädigung eintretcn können, welche ohne solche oftmals verloren gehen würden. Das veterinärpolizeiliche Verfahren zu fördern und die Vieh­ besitzer mit demselben, wie mit den einschlägigen Thicrseuchen selbst, möglichst vertraut zu machen, war daher der Zweck dieser Bearbeitung. Es erübrigt mir hiebei, einer überaus angenehmen Pflicht Genüge zu leisten, indem ich an dieser Stelle dem kgl. Oberstaatsan­ walt a. D. am Verwaltungsgerichtshofe, Herrn Dr. von Hauck, in München für die mir bei der Abfassung des Werkes erteilten Rath­ schläge und für die gütige Durchsicht des Manuscriptes, sowie dem Herrn kgl. Bezirksamtmann Egger zu Karlstadt a M. für in gleicher Weise gewährte Unterstützung meinen verbindlichsten Dank mir auszusprcchen gestatte.

Karlstadt a. M., int November 1895.

M. Reuter.

HfikmatiW InKatts-AköersiD. Seite Vorwort............................................................................................................................III Systematische Inhaltsübersicht................................................................................ V Erklärung der Abkürzungen.............................................................................. X

Einleitung..................................................................................... I. Das Gesetz vom 1. Mai 1894, betreffend die Abänderung des Ge­ setzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen II Bekanntmachung, betreffend die Redaktion des Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen vom 23. Juni 1880. Vom 1. Mai 1894 ...................................... ......................... Gesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Vieh­ seuchen in der Fassung des Gesetzes vom ^4 • • •

1 7

12 12

Allgemeine Vorschriften über das Verfahren 14—20 Besondere Bestimmungen in Betreff der der Militäroerwallung angehörettden Pferde und Proviantthiere, resp. Rindvieh- und Schafbestände, sowie Gestütspserde . . . ....................................15 Ueberwachung der Ausführung des Gesetzes; einheitliche Maßregeln 16 Gegenseitige Unterstützungspflichl der Behörden der Bundesstaaten 20 I. Abwehr der Einschleppung aus dem Auslande. a) Einfuhr- und Verkeh rsbeschränkungen.............................................. 20 b) Viehrevisionen.......................... '............................................................... 21 II. Unterdrückung der Viehseuchen im Jnlande. 1. Allgemeine Vorschriften........................................................................ ' 22 aj Anzeigepflicht.................................................. 22 Einzelne Seuchen, welche der Anzeigepflicht unterliegen . . 25 Ausnahmebestimmungen in Betreff des Milzbrandes ... 27 b) Ermittlung der Seuchenausbrüche..........................................28 Tödtung verdächtiger Thiere..................................................... 30 Tierärztliches Gutachten und Obergutachten ..............................30 Ausnahmsweise Wegfall der Zuziehung eines beamteten Thier­ arztes .................................................................................................32 Zuziehung approbirter Thierärzte durch den Viehbesitzer . . 32 Beaufsichtigung der Vieh- und Pserdemärkte, sowie anderer Pferde- und Viehbestände, dann der Schlachthäuser 2c. . 34 c) Schutzmaßregeln gegen S euch engefahr.............................................. 40 Absonderung, Bewachung oder polizeiliche Beobachtung der Thiere *.................................................................................................45 Verkehrs- und Nutzungsbeschränkungen .........................................49 Verbot des gemeinschaftlichen Weideganges................................... 49 Stall-, Orts- und Flursperre ... 50 Impfung der Thiere .......................................................................... 53 Tödtung der Thiere ................................................................................ 54 Tödtung der Thiere im Falle der Uebertretung von Schutz­ maßregeln ................................. 55 Beseitigung der Kadaver.....................................................................56 Desinfektion ... 57 Einstellung der Biehmärkte................................. 60 Thierärztliche Untersuchung............................................................... 62 d) Bekanntmachung der Seuchenausbrüche......................................... 63

VI Seite

2. Besondere Vorschriften für einzelne Seuchen 65 a) Milzbrand der Haussiere 66 Verbot des Schlachtens 66 Verbot blutiger Operationell und Sektionen . . . , . 66 Beseitigung der Kadaver ... 66 b) Tollwuth der Hunde und anderer Hausthiere 71 Verbot frühzeitiger Heilversuche 73 Verbot des Schlachtens 73 Sonstige Nutzungsbeschränkungen 73 Besondere Vorschriften wegen Tödtung, Beobachtung und Ab­ sperrung wuthkranker oder verdächtiger Thiere .... 73 Festlegung und Führen der Hunde ............................................75 Beseitigung der Kadaver 75 Verbot des Abhäutens 75 c) Not; (Wurm) der Pferde, Esel, Maulthiere und Maulesel . 76 Absonderung, Beobachtung, Verkehrs- und Nutzungsbeschränkimgen 77 Tödtung verdächtiger Thiere 78 Beseitigung der Kadaver . . • 80 Verbot des Abhäutens 80 Benachrichtigung der Militärbehörden 80 cc) Maul- und Klauenseuche 81—91 d) Lungenseuche 91—99 e) Pockenseuche der Schafe. 99—103 f) Beschälseuche der Pferde und Bläschenausschlag der Pferde und des Rindviehes 103—104 g) Räude der Pferde, Esel, Maulthiere, Maulesel und der Schafe ........................................................... 104-106 3. Besondere Vorschriften für Schlachtviehhöfe und öffentliche Schlacht 106 Häuser . 4. Entschädigung für getödtete oder nach Vornahme einer polizeilich an109 geordneten Impfung eingegallgene Thiere 116 Vorbehalt zu Gunsten der Landesgejetzgebuugen .... 117 Maststab für die Entschädigung . ..................................... 119 Empfangsberechtigte bezüglich der Entschädigung .... 119 Wegfall'der Entschädigung . . . . , 120 Fakultative Versagung einer Elltschädigilng 122 Gänzlicher Wegfall der Entschädigung 124 Ausnahmebestimmung bei Erhebung der Elltschädigmlg . . 125 -129 III. S t r a f v o r s ch r i f t e n 129 IV. Schlustbesti m m unge n . . . ................................ . .

Gesetz, betreffend die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Biehbeförderungen auf Eisenbahnen. Vom 25. Februar 1876 130 III. Resolutionen und Petitionen, über welche bei der Berathung des Gesetzes vom 1. Mai 1894 im Reichstage verhandelt wurde

IV. Die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 27. Juni 1895 .

Die Instruktion zur Ausführung der §§ 19 bis 29 des Ge23 Auni 1880 . . fcfccS vom L ^sli 1894 Allgemeine Bestimmungen A. Milzbrand . . .

133 145

145 . . 146 148—154

VII Seite

B. Tollwuth

155—160

a. Hunde 155 b. Katzen 158 c. Andere Haussiere ............................................ 158 d. Alle Arten von Thieren 159 e. Desinfektion 160 C Rotz (Wurm) der Pferde, Esel, Maulthiere und Maulesel 160—169 a. Allgemeine Vorschriften 16t. b. Rotzkranke Pferde 163 c. der Seuche verdächtige Pferde 164 d. der Ansteckung verdächtige Pferde 166 e. Desinfektion 168 f. Aufhebung der Schutzmaßregeln 168 g. Anwendung auf andere Einhufer 169 D. Maul- und Klauenseuche des Rindviehes, der Schafe, Ziegen und Schweine 169—182 a. Verdacht der Seuche 169 b. Ausbruch der Seuche 169 c. Desinfektion 180 d. Aufhebung der Schutzmaßregeln 181 E. Lungenseuche des Rindviehes 182—191 a. Ermittelung des Seuchenausbruches 182 b. Verdacht der Seuche oder der Ansteckung 183 c. Ausbruch der Seuche ............................185 d. Desinfektion 190 e. Aufhebung der Schutzmaßregeln 190 F. Pockenseuche der Schafe 191 — 196 a. Verdacht der Seuche oder der Ansteckung 191 b. Ausbruch der Seuche 191 c. Desinfektion 195 d. Aufhebung der Schutzmaßregeln 196 G. Beschälseuche der Pferde und Bläschenausschlag der Pferde und des Rindviehes 196—198 I. Beschälseuche der Pferde 196 a. Ausbruch der Seuche 196 b. Aufhebung der Schutzmaßregeln 197 II. Blttschenausschlag der Pferde und des Rindviehes . . 198 H. Räude der Pferde und Schafe 199—202 a. Ausbruch der Seuche 199 b. Desinfektion 202 c. Aufhebung der Schutzmaßregeln 202 d. Anwendung auf andere Einhufer 202 Anlage A. Anweisung für das Desinfektionsverfahren bei an­ steckenden Krankheiten der Hausthiere 203—213 I. Reinigungs- und Desinfektionsmittel 203 II. Das Reinigungs- und Desinfektionsverfahren 204 Reinigung 205 Verfahren bei Gebäudetheilen 206 Verfahren bei Geräthen ?c 206 Desinfektion 207 Vorschriften für einzelne Seuchen 207 Milzbrand 209 Tollwuth 210

VIII

Seite

Rotz..................................... 210 Maul- und Klauenseuche ............................................................... 211 Lungenseuche .....................................................................................212 Schafpocken.......................................................................................... 213 Beschälseuche undBläschenausschlag . . -..................................213 Räude ............................................................................................... 213 Anlage B. Anweisung für das Obduktionsverfahren bei ansteckenden Krankheiten der Hausthiere ................................214—228 I. Allgemeine Bestimmungen............................................................... 214 II. Verfahren bei der Obduktion........................... • .... 218 Die Obduktion ............................................... 214 1) Die äußere Besichtigung..................................................... 215 2) Die innere Besichtigung..................................................... 216 Die Sektion der Brusthöhle................................................ 217 Die Sektion der Bauchhöhle............................................... 218 1. Pferd..........................................................................218 2. Wiederkäuer............................................... - . . 220 3. Schwein.................................................................... 221 4. Fleischfresser............................................................... 221 Hals . ..................................................................... 222 Kopfhöhle.................................................................... 222 Wirbelsäule............................................................... 224 Besondere Bestimmungen in Beziehung auf einzelne Seuchen . 224 1) bei Milzbrand............................................................................... 225 2) Bei Tollwuth............................................................................. 225 3) Bei Rotz........................................................................................225 4) Bei Maul- und Klauenseuche.....................................- . . 226 5) Bei Lungenseuche......................................................................... 226 6) Bei Pockenseuche.........................................................................226 Das Obduktionsprotokoll..........................................................227 Der technische Befund............................................................... 227 Das Gutachten............................................................................... 228 Das Obergutachten............................................................... 228

V. Das bayerische Gesetz vom 21. März 1881, die Ausführung des Reichsgesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen betreffend ........................................................... 229 I. Entschädigung für getödtete Thiere .......................................... 228 II. Kosten des Verfahrens............................................................... 239

VI. Königlich Allerhöchste Verordnung vom 23. März 1881, den Vollzug des Reichsgesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen vom 23. Juni 1880 und des bayerischen Aus­ führungsgesetzes hiezu vom 21. März 1881 betreffend ... 244 VII. Ministerial-Bekanntmachung vom 24. März 1881. den Vollzug des Reichsgesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen und des bayerischen Ausführungsgesetzes hiezu betreffend............................. 250 Anlage einer gemeinfaßlichen Belehrung über die in v

i. guui io?»

steckende« Krankhcite« der Hausthiere...................................... 254 I. Milzbrand............................................................... 254 II. Maul- und Klauenseuche.......................................... 257

Seite HI. Lungenseuche........................................................................259 IV. Rotz....................................................................................... 262 V. Pockenseuche........................................................................265 VI. Beschälkrankheit.............................................. . . . 269 VII. Bläschenausschlag..............................................................270 VIII. Räude.................................................................................. 270 IX. Tollwuth............................................................................. 273 VIII. Das bayerische Gesetz, die Entschädigung für Biehvcrluste in Folge von Milzbrand betreffend, vom 26. Mai 1892 ... 278 IXa. Königlich Allerhöchste Verordnung, die Entschädigung für Viehverluste in Folge von Milzbrand betreffend. Vom 10. Juni 1892 ................................................................................... 288 IXb. Ministerial-Bekanntmachung, die Entschädigung für Viehverlufte in Folge von Milzbrand betreffend. Vom 15. Juni 1892 289 IXc. Ministerial-Bekanntmachung, Schadensvergütung für Viehver­ luste durch Milzbrand im benachbarten Grenzbezirke betreffend. Vom 5. Juli 1892 .............................................................................. 292 X. Preußische Gesetze, betreffend die Ausführung des ReichsgesetzeS über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen . . . 295 A. Vom 12. März 1881 .............................................................. 295 I. Verfahren und Behörden.................................................. 295 II. Entschädigung................................................................. 297 III Kosten des Verfahrens..................................................301 IV. Schlußbestimmungen.......................................................303 B. Vom 18. Juni 1894 ................................................................... 304 Preußisches Gesetz, betreffend die Entschädigung für an Milzbrand gefallene Thiere. Vom 22. April 1892 .... 305 XI Viehseuchen - Uebereinkommen zwischen dem deutschen Reich und Oesterreich-Ungarn. Vom 6. Dezember 1891.................... 308 Schlußprotokoll............................................................................ 314 Bollzugsverv rdnungen, Instruktionen und Be­ kanntmachungen zu demselben............................................. 316 Weitere auf die Abwehr der Einschleppung von Viehseuchen aus dem Auslande bezügliche Be­ stimmungen .................................................................................. 317 XII. Besondere Bestimmungen gegen die Maul- und Klauenseuche in Bayern..................................................................................................320 Anhang: Gemeinfaßliche Belehrung über nicht unmittelbar zur ReichSgesetzgebunggehörige Viehseuchen ...................................... 321 I. Rauschbrand.............................................................................321 II. Wildseuche............................................................................. 331

1) Ansteckende Lungenentzündung oder Brustseuche......................................................................... 334 2) Rothlaufseuche oderPf er de stäupe . . .336 3) Seuchenartiger Katarrh der Luftwege oder Skalma.....................................................................338 IV. Schweinepest .............................................................................341 V. Schweinerothlaufoder Rothlaufseuche......................... 343 VI. Schweineseuche.................................................... .346 Alphabetisches Sachregister..........................................................................350 Druckfehler-Verzeichniß...............................................................................384

Erklärung der Abkürzungen. A. a. O. =: am angegebenen Orte. Abg. — Abgeordneter. Ab's. = Absatz. A f. D. — Anweisung für das Desinsektionsverfahren. A. f. O. — Anweisung für das Obduktionsverfahren. A. K.V. — Verhandlungen der bayerischen Kammer der Abgeordneten. Anm. — Anmerkung. Art. — Artikel. B. A.G. = Bayerisches Ausführungsgesetz zum Reichsviehseuchengesetz. B.A.V. — Kgl. Allerhöchste Verordnung, die Ausführung des Reichsgesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen betr. vom 23. März 1881. Bd. = Band. B-M.B. — Bayerische Ministerialbekanntmachung der k. Staatsministerien des Innern und der Finanzen vom 21. März 1881 zum Vollzug des Reichs­ gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. Ber. — Bericht. betr. — betreffend. bezw. — beziehungsweise. B.R.J. — Bundesrathsinstruktion. E. — Entscheidung. Entschl. — Entschließung. G. — Gesetz. G - u. V.-Bl — Gesetz- u. Verordnungs-Blatt. Jnstr. — Instruktion. Jur. = Juristisch. K.A.V. — Königlich Allerhöchste Verordnung. M.E. — Ministerial-Entschließung. Min. — Ministerial. Min -Bek. — Ministerial-Bekanntmachung. Mot. — Motive. O. -L.-G. — Oberlandesgericht. P. -St.-G.-B. — Polizeistrafgesetzbuch. R.E. — Regierungs-Entwurf. rsp. — respektive. R.S.G. — Reichsviehseuchengesetz. R.-G -Bl. Reichsgesetzblatt. R.-St.-G.-B. — Reichsstrafgesetzbuch. R. T.V. — Reichslagsverhandlungen. s. = siehe. S. — Seite. Sten. — Stenographisch. S. v. R -G -E. — Sammlung von reichsgerichtlichen Entscheidungen. S.v. V.-G.-E. — Sammlung von Entscheidungen des bayerischen Verwaltungs­ gerichtshofes. Verh. — Verhandlungen. Vgl. — Vergleiche. z. B. — zum Beispiel. Ziff.- Ziffer.

Einleitung. Nach den Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung (Artikel 4 Nr. 15) sind die Maßregeln der Medizinal- und Veterinärpolizei der Beaufsichtigung des Reichs und dessen Gesetzgebung unterstellt. Auf jene ist das Gesetz, betreffend Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen oom 23. Juni 1880 gegründet. Dasselbe war demnach das erste einheitliche deutsche Seuchengesetz, insoweit für die Be­ kämpfung andere Seuchen als die Rinderpest in Betracht kamen und ist mit dem 1. April 1881 in Kraft getreten. Das Gesetz hat somit nahezu 13 Jahre bestanden, ohne daß an demselben eine Aenderung vorgenommen worden ist. Es ist dies jedenfalls ein Beweis dafür, daß die gleichheitliche und gleichmäßige, sich auf alle deutschen Bundesstaaten er­ streckende Seuchenbekämpfung im Sinne dieses Gesetzes sich bewährt hat. Namentlich sprechen die Erfolge, wie dieselben in der Be­ kämpfung der entschädigungspflichtigen Viehseuchen, besonders der Lungenseuche und des Rotzes seitdem erzielt worden sind, für die Zweckmäßigkeit dieser Seuchentilgung. Wenn daher im Laufe der Zeit gleichwohl eine Revision des Gesetzes nothwendig wurde, so bezweckt solche nicht etwa, die Fundamente und grundsätzlichen An­ schauungen, welche bisher in der Handhabung zum Ausdruck gebracht wurden, zu verdrängen und durch andere zu substituiren, sondern die bisher erprobten Tilgungsverfahren mehr zu spezialisiren, in ihrer Tragweite auszudehnen und namentlich das gleichheitliche, von einem einheitlichen Gesichtspunkte aus zu inscenirende Bekämpf­ ungsverfahren noch mehr als bis jetzt zu centralisiren. Hiezu gaben Veranlassung der gegenüber den früheren Zeitverhältnissen beobachtete, von der bisherigen Norm vielfach abweichende Krankheitscharakter einzelner Seuchen, die in manchen deutschen Bundesstaaten auf Grund des § 1 der Bundesrathsinstruktion zum Neichsseuchengesetze bisher schon erlassenen weitergehenden und erprobten Maßregeln zur Bekämpfung von einzelnen Seuchen, dann auch allgemeine volksbezw. handelswirtschaftliche Rücksichten, welche in der Hauptsache

2

in dem immer mehr steigenden Werthe der Hausthicre, dieses so wesentlichen Bestandtheiles vorn Nationalvermögen, in dem gesteigerten Viehhandcl, der größeren und leichteren Ansbreitung bisheriger oder der Eröffnung neuer Verkehrs- und Handelswcge ihre Grundlage haben, und endlich die Errungenschaften und Fortschritte, welche auf dem Gebiete der einschlägigen Fachwissenschaft seit der Edirung des ursprünglichen Gesetzes in der Ergründung der Seuchenursachen, wie der wirksamen und erfolgreichen Tilgung der Seuchen überhaupt gemacht worden sind. Fast alle landwirthschaftlichcn und thierärzt­ lichen Vertretungen sind im Laufe der Zeit immer mehr in Form von Resolutionen und Vorschlägen an die gesetzgebenden Körper­ schaften und an die maßgebenden Staatsregierungen hervorgctrcten, durch welche eine wirksamere und nachhaltigere Bekämpfung und Verhütung einzelner Viehseuchen ermöglicht werden sollte.

Das vorstehende Gesetz ist der Gipfelpunkt dieser Bestrebungen, und sind in demselben die von den obersten Landwirthschafls- und Veterinärpolizeibchördcn begutachteten Maßnahmen, insoweit solche nicht durch die Volksvertretung eine Modifikation erfahren haben, zum Ausdrucke gebracht worden. Es soll daher in Nachfolgendem zunächst die Begründung z» dem Entwürfe eines Gesetzes, be­ treffend Abänderung des Gesetzes über die Abwehr und Unter­ drückung von Viehseuchen, wie solcher vom Bundesrath beschlossen und dem Reichstage vom Reichskanzler zur verfassungsmäßigen Bcschlußnahme vorgelegt worden war, zur besseren Orientierung in der Gesetzesmaterie nach ihrem Wortlaute Erwähnung finden. Die­ selbe lautet: „Die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Abänderungen und Ergänzungen des Viehseuchengesetzes vom 23. Juni 1880 bezwecken, den gesetzlichen Rahmen zu erweitern, innerhalb dessen veterinär­ polizeiliche Maßregeln zur Unterdrückung von Viehseuchen getroffen werden dürfen, da die nach diesem Gesetze zulässigen Maßregeln erfährungsmäßig nicht ausreichen, um die Maul- und Klauenseuche zu tilgen und die Lungenscuche des Rindviehes auch in alten Herden der Krankheit, ohne Aufwendung unverhältnißmäßig hoher Kosten, auszurotten. Die vorgeschlagenen Aenderungen des Gesetzes sollen den Bundesrath in den Stand setzen, auf Grund der ihm gemäß § 30 obliegenden Verpflichtung, die Anwendung wirksamer Schutz­ maßregeln allgemein vorzuschreiben, und den Polizeibehörden der einzelnen Bundesstaaten Raum gewähren, unter den zugelassenen Mitteln zur Bekämpfung der Seuchen die für den besonderen Fall geeignetsten auszuwählen. Das Bedürfniß zur Abänderung bezw. Verschärfung der

3

bestehenden gesetzlichen Vorschriften ergibt sich aus den Erfahrungen, welche in neuerer Zeit bei der Bekämpfung der Maul- und. Klauen­ seuche in allen Theilen des Reiches gemacht worden sind. Die bezüglich der Lungenseuche vorgeschlagenen Aenderungen entsprechen dem Bedürfniß, welches in der preußischen Provinz Sachsen her­ vorgetreten ist, und in den dortigen eigenartigen Verhältnissen der Viehwirthschaft seine Begründung findet. Der veterinärpolizeilichen Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche wurde in früheren Zeiten keine große Bedeutung beigemessen, weil die Seuche in den betroffenen Viehbeständen verhältnißmäßig schnell verlief, i eiten den Tod oder eine dauernde Werthverminderung erwachsener Thiere herbeiführte und in der Regel nach einmaligem Durchziehen eines räumlichen Gebietes von selbst erlosch. In neuerer Zeit ist der Verlauf der Seuche ein ganz anderer und in Folge dessen der wirthschafiliche Schaden, welcher der gesammten Bevölkerung, insbesondere aber den Vieh­ haltungen und dem Viehhandel erwächst, ein außerordentlich bedeuten­ der geworden. Die durch die Vermehrung und Verbesserung der Communicationsmittel herbeigeführte Erleichterung des Biehtransportes gestattet jetzt dem Handel, in kurzer Zeit Vieh aus allen Theilen des Inlandes und aus weiten Gebieten des Auslandes nach allen deutschen Mnrktorten zu bringen und von einem Markt­ orte wieder nach anderen zu schaffen, wenn dort zeitig die Vieh­ preise höher stehen. Mit dem Viehverkehr hat sich gleichzeitig die Gelegenheit zur Verschleppung des Ansteckungsstoffes in hohem Maße vermehrt, da letzterer durch Viehtransporte und Zwischenträger­ leicht auf gesunde Thiere übertragen wird, bevor der Ausbruch der Krankheit bei den bereits inficirten, äußerlich aber noch gesund er­ scheinenden Thieren des Transportes festgestellt werden kann. So ist es gekommen, daß Gegenden, in welchen die Seuche erloschen war, wiederholt in ganz kurzen Zwischenräumen von Neuem ver­ seuchten, und daß die Seuche unter den für sie empfänglichen Thierarten — Wiederkäuern und Schweinen — eine bisher nicht beobachtete Ausdehnung und Dauer erreicht hat. Nachdem die Seuche im zweiten Vierteljahre 1887 in Deutsch­ land vollständig erloschen war, trat sie im dritten Vierteljahr in einigen Grenzkreisen Preußens an der russischen und österreichischen Grenze, sowie in den bayrischen Grenzbezirken Wolfstein und Passau nnb in dem badischen Amtsbezirk Konstanz auf, verbreitete sich längs der vom Viehhandel benutzten Eisenbahnen und herrschte am Schluß des Jahres in 229 Gemeinden, wovon aus die preußischen Provinzen Brandenburg, Schlesien und Sachsen 38, bezw. 32, 1*

4 bezw. 20, auf die Königreiche Bayern und Sachsen 29 bezw. 34, auf Elsaß-Lothringen 12, auf alle übrigen deutschen Landestheile 64 Gemeinden entfallen. Während des Jahres 1888 gewann die Seuche an Ausdehnung, trat in fast allen deutschen Bundesstaaten und im Ganzen in 1205 Gemeinden und 3295 Gehöften auf. Auch im Jahre 1889 nahm die Seuche stetig an Ausdehnung zu und trat in 24 Bundesstaaten, 80 Regierungs- rc. Bezirken, 715 Kreisen rc., 6259 Gemeinden und 23384 Gehöften auf; gegen Ende des Jahres 1889 und zu Anfang des Jahres 1890 ging die Seuche etwas zurück, erreichte dann aber zum Schlüsse des letzteren Jahres eine noch größere Verbreitung. Im Ganzen wurden im Jahre 1890 von der Seuche betroffen 21 Staaten, 77 Regierungs­ bezirke, 769 Kreise rc., 9263 Gemeinden und 40699 Gehöfte. Jin Jahre 1891 blieb die Verbreitung der Seuche ungefähr die gleiche, indem von ihr 25 Staaten, 79 Regierungs- rc. Bezirke, 739 Kreise re., 10 545 Gemeinden und 47 865 Gehöfte betroffen wurden. Ebenso ist im Jahre 1892 ein Zurückgehen der Seuche nicht be­ merkbar geworden. Dagegen hat die Seuche im Jahre 1893 in erfreulicher Weise nachgelaffen, so daß am Schluß des Monats September nur noch 134 Gemeinden und 169 Gehöfte betroffen waren. Es muß indessen mit der Möglichkeit einer abermaligen stärkeren Verbreitung gerechnet werden. Nach den im kaiserlichen Gesundheitsamt bearbeiteten Be­ richten über die Verbreitung von Thierseuchen, welchen die obigen statistischen Notizen entnommen sind, wurde die Seuche seit ihrem Einbruch im Jahre 1887 in Deutschland hin und her verschleppt und fortgesetzt durch Neueinschleppungen aus dem Auslande genährt. Alle Theile Deutschlands wurden von der Seuche betroffen; ab­ wechselnd erreichte sie im südlichen, im mittleren, im östlichen und westlichen Deutschland die vergleichsweise stärkste Verbreitung; häufig, verseuchten Gebietstheile, welche bereits seuchenfrei geworden waren, von Neuem. Der durch das Herrschen der Seuche seit mehr als 5 Jahren verursachte unmittelbare und mittelbare Schaden läßt sich in seinem Umfange nicht mit einiger Sicherheit bestimmen. Er setzt sich zu­ sammen aus den Verlusten in Folge Eingehens erkrankter Thiere, aus dem Ausfall der Nutzung von Nutz- und Zugvieh während der Krankheit, aus der Schädigung der zur Mast aufgestellten Thiere, und endlich aus den Nachtheilen, welche Landwirthen, Händlern und Gewerbetreibenden aus den polizeilich angeordneten Sperren von Gehöften, Orten und Märkten, sowie aus den ver­ hängten Verkehrsbeschränkungen erwachsen. Jedenfalls ist der Wirthe

5 schaftliche Schaden, welchen das 5jährige Herrschen der Seuche in Deutschland angerichtet hat, ein sehr großer. Das Verlangen der dabei betheiligten Berufskreise nach wirksamer, veterinärpolizeilicher Bekämpfung der Seuche ist daher ein allgemeines geworden und hat in zahlreichen Petitionen und Beschlüssen von landwirthschaftlichen Vereinen des deutschen Landwirrhschaflsrathes (Beschluß vom 12. März 1892) und des preußischen Landesökonomiekollegiums (Be­ schluß vom 18. November 1892) Ausdruck gefunden." Aus dieser Allgemeinbegründung geht hervor, daß hauptsäch­ lich, ja ausschließlich die starke Verbreitung der Maul- und Klauen­ seuche es gewesen ist, welche znr Abänderung des Viehseuchengesetzes Veranlassung gegeben hatte. Außerdem sind den Motiven statistische Tabellen über den Stand der Lungenseuche unter dem Rindvieh vom Jahre 1886—1891 beigegeben, aus welchen die durch das Verfahren der staatlichen Entschädigung bedingte wirksamere Bekämpfung dieser Seuche offenbar wird. Danach betrüg im ganzen deutschen Reich die Zahl der Er­ krankungsfälle im Jahre

1886 1778 1887 2156 1888 1545 1889 896 1890 ........................................ 626 1891 ........................................ 1273, welchen gegenüberstehen aus Anlaß der Lungenseuche getödtete Thiere einschließlich der gefallenen im Jahre . 2633 1886 . . 3098 1887 . 1888 . . 2201 . 1601 1889 . 1890 . 985 1891 . . 2252. Die erste Berathung des Gesetzentwurfes erfolgte am 4. Dezbr. 1893 in der 12. Sitzung des deutschen Reichstages (9. Legislatur­ periode, II. Session 1893/94). In derselben wurde von den Rednern im Allgemeinen dem Entwürfe zugestimmt, einzelne Punkte, wie die Schutzimpfung gegen die Lungenseuche, die Ausbildung der mit dem Vollzug des Gesetzes betrauten Thierärzte, die rechtzeitige Be­ kanntmachung der Seuchenausbrüche, die weitere Ausdehnung der Entschädigunqspflicht bei Viehseuchen, namentlich auch auf die Tuberculose des Rindviehes, die Beaufsichtigung der öffentlichen Schlacht­ häuser, die veterinärpolizeiliche Beaufsichtigung des BiehhandrlS,

6 namentlich der Händlerstallungen, die curative Behandlung der Schafräude nach den derzeitigen seuchenpolizeilichen Maßregeln, Einfuhrverbot von Vieh bei drohender Seuchengefahr von benach­ barten Grenzgebieten fanden nähere Auseinandersetzung, und wurden nach der einen und der anderen Richtung verschiedene Wünsche laut, welche bei der Commisfionsberathung des Entwurfes berücksichtigt werden sollten. Rach Schluß der allgemeinen Diskussion wurde derselbe an eine aus 21 (zuerst waren 14 beantragt) Mitgliedern bestehende Commission verwiesen. Letztere hat denselben in zwei Lesungen ihrer Berathung unterzogen, welche zusammen- acht Sitzungen in Anspruch genommen haben. Es wurde von derselben im Großen und Ganzen dem Grundgedanken der Vorlage, namentlich gegenüber der Maul- und Klauenseuche, welche in den letzten Jahren in so verderblicher Weste sich ausbreitete, bessere Abwehrungs- und Til­ gungsmaßregeln einzuführen, sich einverstanden erklärt, obschon iin Einzelnen die Ansichten über die zu ergreifenden Maßnahmen aus einander gingen. Die zweite Berathung des Gesetzentwurfes erfolgte in der 77. Sitzung des Reichstags vom 30. April 1894. In derselben waren eine Reihe von Abänderungsanträgen gestellt worden, welche sich auf das Weggeben von Milch, die Impfung bei an Maul- und Klauenseuche erkrankten Thieren, die strengere Beaufsichtigung des Viehhandels und der Händlcrstallungen bezogen hatten. Erstere Anträge fanden Annahme, während letztere abgelehnt wurden Außer­ dem waren noch eine Reihe von Resolutionen eingebracht worden. Dieselben waren theils durch die gepflogene Abstimmung resp An­ nahme des Entwurfs erledigt worden, theils wurden solche in der Fassung der Commissionsbeschlüsse angenommen.

Die dritte Berathung fand in der 85. Sitzung vom 18. April 1894 statt und gelangte der Entwurf, wie solcher aus zweiter Lesung hervorgegangen war, unverändert mit Stimmenmehrheit zur Annahme. Anläßlich der Edirung dieser Novelle wurde auch die zum Reichsgesetze gehörige Bundesrathsinstruktion in vielen Punkten ab­ geändert und unterm 27. Juni 1895 vom Reichskanzler in Nro. 27 des Reichsgesetzblattes, ausgegeben zu Berlin den 8. Juli, publicirt, nachdem dieselbe in der Sitzung vom 30. Mai 1895 die Genehmigung des Bundesraths erhalten hatte.

I. Gesetz, betreffend Abänderung des Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. Vom 1. Mai 1894. Reichs-Gesetzblatt Nr. 19 S. 405 u. ff.

Wk Wilhelm,

von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser,

König von Preußen rc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: Artikel 1 .*) Die 8Z4 und 17 des Gesetzes vom 23. Juni 1880, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen (Reichs-Gesetzblatt S. 153), werden durch folgende Bestimmungen ersetzt:

8 4. Dem Reichskanzler liegt ob, die Ausführung dieses Gesetzes und der auf Grund desselben erlassenen An­ ordnungen zu überwachen. Tritt die Seuche in einem für den inländischen Biehbestaud bedrohlichen Umfange im Auslande auf, so hat der Reichskanzler die Regierungen der betheiligteu Bundes­ staaten zur Anordnung und einheitlichen Durchführung der nach Maßgabe dieses Gesetzes erforderlichen Abwehrmaßregeln zu veranlassen. Tritt die Seuche in einer solchen Gegend des Reichs­ gebietes oder in einer solchen Ausdehnung auf, daß von den zu ergreifenden Maßregeln nothwendig die Gebiete mehrerer Bundesstaaten betroffen werden müssen, so hat der Reichskanzler oder ein von ihm bestellter Reichskommiffar für Herstellung und Erhaltung der Einheit in den seitens der Landesbehörden zu treffenden oder getroffenen Maß­ regeln zu sorgen und zu diesem Behuf das Erforderliche an­ zuordnen, nöthigenfalls auch die Behörden der betheiligteu Bundesstaaten unmittelbar mit Weisungen zu versehen. *) Die einzelnen Bestimmungen .dieser Novelle sind in dem vervoll­ ständigten Gesetze vom erläutert.

8 § H. Alle Vieh- und Pferdemärkte, sowie auch öffentliche Schlachthäuser sollen durch beamtete Thierärzte beaufsichtigt werden. Dieselbe Maßregel kann auch auf die von Unter­ nehmer» behufs öffentlichen Verkaufs in öffentlichen oder privaten Räumlichkeiten znsammengebrachten Viehbestände, auf die zu Zuchtzwecken öffentlich aufgestellten männlichen Zuchtthiere, auf öffentliche Thierschauen und auf die durch obrigkeitliche Anordnung veranlaßten Zusammenziehungen von Pferde- und Viehbeständen, sowie auf Gastställe, private Schlachthäuser und Ställe von Viehhändlern ausgedehnt werden. Der Thierarzt ist verpflichtet, alle von ihm auf dem Markte oder unter den vorbezeichneten Pferde- und Viehbeständen beobachteten Fälle übertragbarer Seuchen oder seuchenverdächtiger Erscheinungen sogleich zur Kenntniß der Polizeibehörde zu bringen und nach sofortiger Untersuchung des Falles die Anordnung der erforderlichen polizeilichen Schutzmaßregeln zu beantragen. Liegt Gefahr im Verzüge, so ist der Thierarzt befugt, schon vor polizeilichem Einschreiten die Absonderung und Bewachung der erkrankten und der verdächtigen Thiere an­ zuordnen.

Artikel 2.

Im § 18 desselben Gesetzes ist in der ersten Zeile die Ein­ schaltung „(§ 14)“ zu streichen.

Artikel 3. Die §§ 19, 22 und 27 desselben Gesetzes werden durch fol­ gende Bestimmungen ersetzt:

8 19. 1. Die Absonderung, Bewachung oder polizeiliche Be­ obachtung der an der Seuche erkrankten, der verdächtigen und der der Seuchengrfahr ausgesetzten Thiere. Der Besitzer eines der Absonderung oder polizeilichen Beobachtung unterworfenen Thieres ist verpflichtet, auf

Erfordern solche Einrichtungen zu treffen, daß das Thier für die Dauer der Absonderung oder Beobachtung die für dasselbe bestimmte Räumlichkeit (Stall, Standort, Hof- oder Weideraum u. s. w.) üicht verlaffen kann und außer aller Berührung und Gemeinschaft mit anderen Thieren bleibt.

9

§ 22.

4. Die Sperre des Stalles oder sonstigen Standortes leuchenkranker oder verdächtiger Thiere, des Gehöftes, des Ortes, der Weide, der Feldmark, oder eines ohne Rücksicht auf Feldmarkgrcnzen bestimmten, thunlichst eng zu be­ messenden Gebietes gegen den Verkehr mit Thieren und mit solchen Gegenständen, welche Träger des Ansteckungs­ stoffes sein können. Die Sperre des Gehöftes, des Ortes, der Weide, der Feldmark, oder des sonstigen Sperrgebietes (Absatz 1) darf erst dann verfügt werden, wenn der Ausbruch der Seuche durch das Gutachten des beamteten Thierarztes festgestellt ist. Die Sperre eines Ortes, einer Feldmark ober eines sonstigen Sperrgebietes (Absatz 1) ist nur dann zulässig, wenn die Seuche ihrer Beschaffenheit nach eine größere und allgemeinere Gefahr einschließt. Die Sperre kann auf einzelne Straßen oder Theile des Orte- oder der Feldmark beschränkt werden. Die polizeilich angeordnete Sperre eines Stalles oder sonstigen Standortes, eines Gehöftes oder einer Weide ver­ pflichtet den Besitzer, diejenigen Einrichtungen zu treffen, welche zur wirksamen Durchführung der Sperre vorgeschrirben werden.

§27. 8. Die Unschädlichmachung (Desinfektion) der von den kranken oder verdächtigen Thieren benutzten Ställe, Stand­ orte und Eisenbahn-Rampen, sowie des von ihnen her­ rührenden Düngers und die Unschädlichmachung oder un­ schädliche Beseitigung der mit denselben in Berührung gekommenen Geräthschaften und sonstigen Gegenstände, ins­ besondere auch der Kleidungsstücke solcher Personen, welche mit den kranken Thieren in Berührung gekommen sind. Erforderlichenfalls kann auch die Desinfizirung der Personen, welche mit seuchenkranken oder verdächtigen Thieren in Berührung gekommen sind, angeordnet werden. In Zeiten der Seuchengefahr und für die Dauer derselben kann die Reinigung der von zusammengebrachten, der Seuchengefahr ausgesetzten Thieren benutzten Wege und Standorte (Rampen, Buchten, Gastställe, Marktplätze u.s.w.) polizeilich angeordnet werden. Die Durchführung dieser Maßregeln muß nach An-

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ordnung des beamteten Thierarztes und unter polizeilicher Ueberwachung erfolgen. Artikel 4. Im § 28 desselben Gesetzes sind die Worte „innerhalb des Seuchenortes oder dessen Umgegend" zu streichen.

Artikel 5. Nach § 29 desselben Gesetzes wird folgender § 29a eingeschaltet:

§ 29a. 11. Die öffentliche Bekanntmachung des Ausbruchs und des Erlöschens der Seuche. Artikel 6. Hinter §44 desselben Gesetzes wird eingeschaltet:

cc. Maul- und Klauenseuche. 3 44a. Ist der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche fest­ gestellt, so kann das Weggeben von Milch aus einem Seuchengehöfte, einer der Sperre unterworfenen Ortschaft, Feldmark oder einem sonstigen Sperrgebiete (§ 22 Absatz 1) verboten oder an die Bedingung geknüpft werden, daß die Milch vorher abgekocht wird. Das Weggeben ungekochter Milch aus Sammelmol­ kereien kann in Zeiten der Seuchengefahr und für die Dauer derselben verboten werden. Ist einer der betheiligten Viehbestände unter Sperre gestellt, so darf die Milch nur nach erfolgter Abkochung weggegeben werden. Artikel 7. Der § 45 desselben Gesetzes erhält als zweiten Absatz folgenden Zusatz: Der Landesgesetzgebung bleibt die Bestimmung über­ lassen, ob und unter welchen Bedingungen eine Schutz­ impfung der der Ansteckung ausgesetzten Rindviehbestände polizeilich angeordnet werden darf.

Artikel 7a. a) Die §§ 57 bis 64 desselben Gesetzes erhalten statt der bisherigen folgende Überschrift: 4. Entschädigung für getödtete, oder nach Vornahme einer polizeilich angeordneten Impfung eingegangeue Thiere. b) Der § 57 desselben Gesetzes erhält folgende Fassung:

11 Für die auf polizeiliche Anordnung getödteten, oder nach dieser Anordnung gefallenen, sowie für diejenigen Thiere, welche in Folge einer gemäß § 45 polizeilich an­ geordneten Impfung eingehen, muß vorbehaltlich der in diesem Gesetze bezeichneten Ausnahmen eine Entschädigung

gewährt werden.

c) Der Absatz 1 des § 59 desselben Gesetzes erhält folgende Fassung: Als Entschädigung soll der gemeine Werth des Thieres gewährt werden, ohne Rücksicht auf den Minderwerth, welchen das Thier dadurch erlitten hat, daß es von der Seuche ergriffen, oder der Impfung unterworfen worden ist. Bei den mit Rotzkrankheit behafteten Thieren hat jedoch die Entschädigung drei Mertel, bei dem mit der Lungenseuche behafteten Rindvieh, sowie bei den nach Aus­ führung, einer gemäß §45 polizeilich angeordneten Impf­ ung eingegangenen Thieren vier Fünftel des so berechneten Werthes zu betragen.

Artikel 8.

Der § 66 Nr. 4 desselben Gesetzes wird durch folgende Be­ stimmungen ersetzt:

4. Wer den int Falle der Seuchengefahr polizeilich angeord­ neten Schutzmaßregeln (§§ 19 bis 28, 38, 44a, 51), sowie den auf Grund des § 45 Absatz 2 getroffenen polizeilichen Anordnungen zuwiderhandelt. Artikel 9.

Der Reichskanzler wird ermächtigt, den unter Berücksichtigung obiger Aenderungen sich ergebenden Text des Gesetzes vom 23. Juni 1880 durch das Reichsgesetzblatt bekannt zu machen. Urkundlich unter Unserer Höchstekgenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Schloß Friedrichshof, Cronberg, den 1. Mai 1894. (L. 8.)

Wilhelm, von Boetticher.

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II.

Bekanntmachung, betreffend die Redaktion des Gesetzes über die

Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen vom 23. Juni 1880

(Reichs-Gesetzbl. S. 153).

Vom 1. Mai 1894.

(Reichsgesetz-Blatt, Nr. 19, S. 409). Auf Grund des Artikels 9 des Gesetzes vom 1. Mai 1894, betreffend Abänderung des Gesetzes über die Abwehr und Unter­ drückung von Viehseuchen, wird der Text des Biehseuchengesetzes vom 23. Juni 1880 (Reichs-Gesetzbl. S. 153), wie er sich aus den Abänderungen durch jenes Gesetz ergäbt, nachstehend bekannt gemacht.

Berlin, den 1. Mai 1894. Der Stellvertreter des Reichskanzlers.

von Boetticher.

Gesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuche».

§ 1. Das nachstehende Gesetz regelt das Verfahren zur Abwehr und Unterdrückung übertragbarer Seuchen der Hausthiere, mit Aus­ nahme der Rinderpest. Als verdächtige Thiere gelten im Sinne dieses Gesetzes: Thiere, an welchen sich Erscheinungen zeige», die den AuSbruch einer übertragbaren Seuche befürchten lasten (der Seuche verdächtige Thiere); Thiere, an welchen sich solche Erscheinungen zwars nicht zeigen, rücksichtlich deren jedoch die Vermuthung vorliegt.

13 daß sie den Ansteckungsstoff ausgenommen haben (der An­ steckung verdächtige Thiere).

ErlLuteruaaeu: 1. Das Reichsgesetz setzt ein sür den Umfang des deutschen Bundesgebietes gleichmäßig gellendes Verfahren fest, nach welchen die Abwehr, Tilgung und Unterdrückung von Viehseuchen in einheitlicher Weise zu erfolgen hat. Die einzelnen Viehseuchen sind im § 10 des Gesetzes nominirt; ist vorübergehend vom Reichskanzler aus die Anzeigepflicht auch auf andere als die dort erwähnten Viehseuchen ausgedehnt, so greisen die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes auch auf jene im Sinne der Abwehr und Unter­ drückung über. Nur die Rinderpest fällt nicht in den Rahmen dieses Gesetzes; die Maß­ regeln gegen dieselbe sind in dem Reichsgesetze vom 7. April 1869 (vgl. BundesGes.-Bl. v. I.1869 S. 105—107; v. I.1870 S. 647; v. 1.1871 S. 372; wegen Einführung in Elsaß-Lothringen: Ges. v. 11. Dez. 1871 R.-G.-Bl. S. 471), so­ wie in der zur Ausführung desselben erlaßenen Instruktion vom 9. Juni 1873 (vgl. R.-G.-Bl. v. 1.1873 S. 147—158) niedergelegt. 2. Was unter einer übertragbaren Seuche der Hausthiere zu verstehen ist, bedarf an sich keiner Erläuterung, es ist jedoch hervorzuheben, daß der Begriff der Seuche im Sinne des Gesetzes nicht eine Mehrheit von Erkrankungsfällen voraussetzt (vgl. § 9), sowie daß nicht nur die an den Hauschieren selbst sich zeigenden, sondern auch die denselben vermöge ihrer Uebertragbarkeit gefähr­ lichen Seuchen anderer Thiere, wie z. B der Milzbrand des Wildes (vgl. § 33), durch die Vorschriften dieses Gesetzes betroffen werdm.

Auch das Gebiet der Medizinalpolizei wird insoweit berührt, als es sich um die Beseitigung der den Menschen aus der Uebenragung des Eontagiums (d. i. eines thierischen Ansteckungsstoffes) einzelner Viehseuchen drohenden Ge­ fahren handelt. Durch den zweiten Absatz des § 1 wird zur Vermeidung von Wieder­ holungen allgemein festgestellt, welche Bedeutung die Bezeichnung von Thieren als „verdächtig" im Sinne des Gesetzes hat Die Verdächtigkeit steht dem un­ zweifelhaften Krankheitszustande gegenüber und ist einerseits eine äußerlich er­ kennbare, sich an das Vorhandensein von gewissen Erscheinungen knüpfende, andererseits eine nicht wahrnehmbare, durch die Wahrscheinlichkeit einer noch ohne äußere Folgen gebliebenen Aufnahme des Ansteckungsstoffes verursachte. Thiere der ersteren Art werden bezeichnet als der Seuche (des Milzbrandes, der Tollwuch 2C.) verdächtige oder auch seuchenverdächtige, Thiere der letzteren Art als der Ansteckung verdächtige. Wo von verdächtigen Thieren schlechthin die Rede ist, sind darunter beide Arten zu verstehen. (Mot. z. G. v. 23. Juni 1881 S. 22). 3. Außer der Rinderpest und den in § 10 aufgeführten giebt es noch eine große Anzahl anderer übertragbarer Seuchen der Hausthiere; es mögen hier besonders envähnt sein die verschiedenen Formen der Influenza bei Pferden, die Wild- und Rinderseuche, der Rauschbrand, die Rothlaufseuche der Schweine, die Schweineseuche, Schweinepest u. andere. In einzelnen deutschen Bundesstaaten ist die Anzeigepflicht im Sinne des § 10 auf die Rothlaufseuche, Schweineseuche und Schweinepest 2c. bereits ausgedehnt. In Bayern wird die Wild- und Rinderseuche, sowie der Rauschbrand conform dem Milzbrände be­ handelt (vgl. G. v. 26. Mai 1892 betr. die Entschädigung für Biehverluste in Folge von Milzbrand, G.- u. B.-Bl. 1892 S. 143 und Min.-Bet. v. 15. Juni 189*2, G.- u. B.-Bl. 1892 S. 269).

4.

Der

§ 1

rechtfertigt

das

seuchenpolizeiliche Einschreiten gegenüber

14 Thierbeständen, welche der Seuche oder der Ansteckung verdächtig sind § 14 des Gesetzes zeigt dann den Weg zur Ergreifung der Maßnahmen, wenn ein Seuchenverdachi begründet ist. Allein eine Seuchengefahr kann nach dem abgeänderten Gesetze vom 1. Mai 1894 nunmehr auch baun gellend ge­ macht und dementsprechend ein polizeiliches Einschreiten verfügt werden, wenn die Voraussetzungen des § 1 also des offenbaren Seuchenverdachts und ohne daß derselbe im Sinne des § 14 durch die Erhebungen des beamteten Thier­ arztes nachgewiesen ist, nicht gegeben sind. Eine Seuchengefahr im Sinne des Gesetzes ist also nunmehr nicht blos von dem effektiven Seuchen­ verdacht der Viehbestände, sondern auch von weitergehenden Um­ ständen, wie Verdacht auf Einschleppung, begründete Vermuthung, daß Seuchenfälle in einem Bezirke verheimlicht worden sind rc., wodurch erst noch ein Seuchenverdacht in der einen oder der anderen Weise hervortreten könnte, abhängig. Der Begriff, „Seuchengesahr" wird daher weiter ausgedehnt und ist nicht mehr lediglich an die effektive seuchenverdächtige Erkrankung der Thiere gebunden (vgl. § 18), wie dies im § 1 und 14 des Gesetzes vom 23. Juni 1880 der Fall gewesen ist.

§ 2. Die Anordnung der Abwehr- und Unterdrückungsmaßregeln und die Leitung des Verfahrens liegt, den Landesregierungen und deren Organen ob. Zur Leitung bestellt werden.

des Verfahrens

können

besondere Kommiffare

Die Mitwirkung der Thierärzte, welche vom Staate angestellt sind oder deren Anstellung vom Staate bestätigt ist (beamtete Thier­ ärzte), richtet sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes. An Stelle derselben können im Falle ihrer Behinderung oder aus sonstigen dringenden Gründen andere approbirte Thierärzte zugezogen werden. Die letzteren sind innerhalb des ihnen ertheilten Auftrages befugt und verpflichtet, diejenigen Amtsverrichtungen wahrzunehmen, welche in diesem Gesetze den beamteten Thierärzten übertragen sind. Die ständigkeit der durch staaten zu

näheren Bestimmungen über das Berfahren, über die Zu­ der Behörden und Beamten und über die Bestreitung das Verfahren entstehenden Kosten sind von den Einzel­ treffen.

®tlänttringei: 1. Der Paragraph 2 bestimmt die Art und Weise, tu welcher der Vollzug des Gesetzes zu geschehen hat. Die Ausführung des Gesetzes kann in der Hauptsache nur in die Hände der Landesregierungen gelegt werden. DaS Reich besitzt einen hierzu geeigneten Berwaltungsapparat nicht und ist nicht in der Lage, sich einen solchen zu be­ schaffen. Die nöthige Einheit in den zu treffenden Anordnungen ist durch die in den §§ 4 und 30 dem Reichskanzler vorbehaltenen Befugnisse gesichert. Auch die näheren Bestimmungen über das Verfahren, über die Zu­ ständigkeit der Behörden und Beamten und über di« Bestreitung der Kosten deS Verfahrens können im Allgemeinen nur den Landesregierungen überlaffen werden. Wenn nach § 2 Abs. 2 und 3 die Besugniß der Landesbehörden,

15 besondere Kommissare zur Leitung des Verfahrens zu bestellen und die obligawrische Mitwirkung staatlich angestellter (beamteter) Thierärzte bei der Aus­ führung des Gesetzes durch letzteres sestgestellt werben sollen, so ist hiefür maß­ gebend, daß diese Punkte eine gleichmäßige Feststellung im Sinne des Gesetzes erheischen. Die Bestellung besonderer Kommissare zur Leitung der Abwehr­ und Unterdrückungsmaßregeln, welche für alle bedrohten oder infizirlen Ver­ waltungsbezirke gleichzeitige und einheitliche Anordnungen zu treffen haben, wird bei besonders ausgedehnten oder intensiven Seuchenausbrüche im In- und im Auslande oft von großer Wichtigkeit, ja unerläßlich sein. 9tidjt minder unabweisbares Bedürfniß ist es, die sachverständige Mitwirkung bei Handhabung der Vetennärpolizei staatlich angestellten (beamteten) Thierärzten anzuvertrauen, da im Allgemeinen nur von solchen die Beiseitesetzung von Rücksichten auf Privatinteresien und eine rückhaltlose Beachtung der ge­ setzlichen und reglementarischen Vorschriften erwartet werden kann. Im Falle der Behinderung der beamteten Thierärzte oder beim Vorhandensein sonstiger dringender Gründe wird es zwar nicht zu vermeiden sein, an Stelle der beamteten Thierärzte andere approbirte Thierärzte zur Mitwirkung bei Aus­ führung des Gesetzes zuzuziehen. Zu diesem Auskunftsmittel wird aber nur in dringenden Fällen zu greifen sein. ES wird zwar kaum vermieden werden können, unter Umständen auch den Fall als einen dringenden gelten zu lassen, in welchem die Mitwirkung deS beamteten Thierarztes mit übermäßig grobem Kostenaufwand verbunden ist. Immerhin darf aber die Rücksicht auf Kostenersparniß nur ausnahmsweise und besonders nur dann zu einer Ab­ weichung von der im Gesetze aufgestellten Regel führen, wenn veterinärpolizeiliche Interessen dabei nicht gefährdet werden. Jedenfalls werden die als Ver­ treter zugelassenen approbirten Thierärzte auf die ihnen im öffentlichen Interesse obliegenden Funktionen mit besonderem Nachdrucke hinzuweisen, nach Umständen auch zu verpflichten^ sein (Mot. z. R.S.G. v. 23. Juni 1880 S. 28.) 2. In Bayern ist da- Verfahren, die Anordnung der Schutz- und Titgungsmaßregeln, die Kompetenz der Polizeibehörden, der beamteten Thier­ arzte auf dem Berordnungsweg geregelt, da lediglich der Organismus und die Thätigkett der Polizeibehörden oetheiligt erscheint. Hinsichtlich der Entschädigung bei Btthseuchen, von wem dieselbe für die auf polizeiliche Anordnung getödteten öder nach dem Erlasse dieser Anordnung an der Seuche gefallenen Thiere zu gewähren, zu ermitteln, festzustellen ist und von wem die Kosten deS Verfahrens zu tragen sind, ist daS BAG. v 2l.März 1881 und soweit Viehverluste infolge von Milzbrand bei Pferden und Rindern in Betracht kommen, daS Gesetz vom 26. Mai 1882 nebst den dazu erlassenen BollzugSbestimmungen maßgebend. DaS gestimmte Verfahren ist polizeilicher und technischer Natur. In ersterer Hinsicht competirt dasselbe zu dem Ressort der Polizeibehörden (OrtsDistriktSpylizeibehörden, Kreisregierung, Staatsministerium und in Entschädiaungssragen auch zum Berwaltungsgerichtshof), in letzterer Hinsicht ist dasselbe uns die sachverständige Begutachtung und Untersuchung basirt. Als Sachverjtänbige im Sinne des Gesetzes können nur approbirte Thierärzte fungiren und Lwar im engeren Sinne wieder nur solche, welche vorübergehend oder dauernd .als beamtete Thierärzte, technische Referenten für die Polizeibehörden, aufgestellt Pnd (vgl. jedoch § 16 des Gesetzes). Hinsichtlich der Anordnung, Leitung und Kosten des Verfahrens vgl Art 8 des B.A.G., hinsichtlich der Mitwirkung der Thierärzte § 2 der B.A B. und Ziff 1 der B M B.

§ 3. Rückfichtlich der Pferde und Proviantthiere, welche der Militär­ verwaltung angehören, bleiben die Maßregel» zur Ermittelung und

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Unterdrückung von Seuchen, soweit davon nur das Eigenthum dieser Verwaltung betroffen wird, den Militärbehörden überlassen. Dieselben Befugnisse können den Vorständen der militärischen Remontedepots auch rücksichtlich der dazu gehörigen Rindvieh- und Schafbestände, sowie den Vorständen der landesherrlichen und Staatsgestüte rücksichtlich der in diesen Gestüten aufgestellten Pferde von den Landesregierungen übertragen werden. In beiden Fällen (Absatz 1 und 2) finden die ferneren Be­ stimmungen dieses Gesetzes sinngemäße Anwendung. Die Militärbehörden haben die Polizeibehörden der Garnison, der Kantonnements und des Marschortes von dem Auftreten eines Seuchenverdachts und von dem Ausbruch einer Seuche sofort zu benachrichtigen und von dem Verlaufe sowie dem Erlöschen der Seuche in Kenntniß zu setzen. In gleicher Weise haben die Vorstände der bezeichneten Re­ montedepots und Gestüte die Polizeibehörde des Ortes zu ver­ ständigen, wenn ihnen die Maßregeln zur Ermittelung und Unter­ drückung von Seuchen übertragen worden sind. Erläuterungen: 1. Dieser Paragraph enthält von dem sonst im Gesetz vorgesehenen Verfahren abweichende Bestimmungen. An Stelle der Polizei­ behörden treten als Vollzugsorgane die Militärbehörden bezw. die Vorstände der Remontedepots rc, soweit nur das Eigenthum dieser staatlichen und landesherrlichen Benvaltungen von einer Seuchengefahr betroffen wird Die Motive z. R.S.G. rechtfertigen diese Bestimmungen und sagen: Eine solche Ausnahme muß im Interesse der Militärverwaltung beansprucht werden und erscheint um so weniger bedenklich, als diese Verwaltung mit eigenen beamteten Thierärzten ausgestaltet ist, mithin für die Anwendung der erforderlichen Abwehr- und Unterdrückungsmaßregeln ausreichende Sicherheit bietet. Dieselben Gründe sprechen für die Exemtion der Verwaltung der Remontedepots rücksichtlich der dazu gehörigen Rindvieh- und Schasbestände und der landesherrlichen und Staatsgestüte, rücksichtlich der in diesen Gestüten ausgestellten Pferde. Bei der Verschiedenheit der Verhältnisse in den einzelnen Bundesstaaten erscheint es nicht zweckmäßig, die Exemtion für die letztgenannten Verwaltungen im Ge­ setze selbst auszusprechen, es genügt vielmehr den Landesregierungen die Be­ fugnisse zu ertheilen, da, wo die Verhältnisse die Ausnahme rechtfertigen, solche eintreten zu lassen (Reichstagsdrucksachen 1880, Nr. 60 S. 24). Vgl. auch § 11 der B.A.B.

§ 4. Dem Reichskanzler liegt ob, die Ausführung dieses Gesetzes und der auf Grund desselben erlassenen Anordnungen zu überwachen. Tritt die Seuche in einem für den inländischen Viehbestand bedrohlichen Umfange im Auslande auf, so hat der Reichskanzler die Regierungen der betheiligtrn Bundesstaaten zur Anordnung und ein­ heitlichen Durchführung der nach Maßgabe dieses Ge-

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setzes erforderlichen Abwehr maßregeln zu veran­ lassen*). Tritt die Seuche in einer solchen Gegend des Reichsgebietes oder in einer solchen Ausdehnung auf, daß von den zu ergreifenden Maßregeln nothwendig die Gebiete mehrerer Bundesstaaten be­ troffen werden müssen, so hat der Reichskanzler oder ein von ihm bestellter Reichskommissar für Herstellung und Erhaltung der Einheit in den seitens der Landesbehörden zu treffenden oder getroffenen Maßregeln zu sorgen und yi diesem Behuf das Erforderliche an­ zuordnen, nöthigenfalls auch die Behörden der betheiligten Bundes­ staaten unmittelbar mit Weisungen zu versehen. KrlL»ter»»ae»: 1. Der § 4 des Gesetzes vom 23. Juni 1880 legt dem Reichskanzler die Berechtigung und Verpflichtung bei, dafür zu sorgen, daß bei dem Auftreten von Seuchen im Jnlimde die betheiligten Landesbehörden Schutzmaßregeln nach einheitlichen Gesichtspunkten treffen und durchführen. Noch viel mehr erscheint letzteres nothwendig, wenn eine Seuche im benachbarten Auslande in einem für den inländischen Viehbestand bedrohlichen Umfange herrscht und es sich um die Abwehr der Einschleppung der Seuche handelt. Denn es kann ein Einfuhrverbot, welches einer von zwei an daS verseuchte Ausland angrenzenden deutschen Bundesstaaten erläßt, den beabsichtigten Erfolg nicht haben, wenn der andere nicht das gleiche Einfuhrverbot anordnet. Des­ gleichen würde eine strenge Grenzkontrolle zur Verhütung des Viehschmuggels oder der Einführung kranker oder verdächtiger Thiere in dem einen Staat seinen Zweck verfehlen, wenn in dem anderen die Biehcontrölle an der Landesgrenze gar nicht oder ungenügend ausgeübt wird. Der § 4 des Gesetzes hat daher als zweiten Absatz in dem § 4 deS Entwurfes eine Ergänzung erhallen, welche den Reichskanzler in den Stand setzt, bei drohender Gefahr der Seucheneinschleppung sofort die Anordnung und Durchführung gleichartiger Abwehrmaßregeln an der ganzen bedrohten Strecke der Reichsgrenze herbeizuführen, sofern nicht die betheiligten Landesregierungen bereits ihrerseits das Nöthige verfügt haben sollten. (Mot. zu. Art. 1 deS Ges. v. 24. Mai 1894). Gegen diesen im Entwürfe neu eingefügten Abs. 2 des § 4 wurden von verschiedenen Seiten Bedenken bei der Commissionsberachung erhoben, weil die Bestimmungen desselben, falls nur ein einziger Bundesstaat durch die Seuche bedroht sei, zu sehr in die Rechte dieses Einzetstaates eingriffen. Es war also die gleiche Sachlage wiedergegeben, wie bei der ersten Berathung des ursprüng­ lichen Gesetzes. Damals schon wurde dieses Prinzip des unmittelbaren Ein­ greifens der Reichsgewalt angefochten, indem man es als etwas ganz Anomales, eine Competenzüberschreitung, einen sich als Berfaffungsänderung darstellenden Eingriff in die innere eigentliche Polizeileitung der Einzelstaaten rc. bezeichnete; allein es gewann doch schließlich die Anschauung die Oberhand, daß, indem die Verfassung die Aufsicht über gewisse Angelegenheiten der Verwaltung in die Hand des Reichs gelegt habe, wie dies nach Art. 4 der Reichsverfassung be­ züglich aller Maßregeln der Medizinal- und Beterinärpolizei der Fall sei, da­ mit auch der Reichsgesetzgebung anheim gegeben sei, in welcher Weise diese Befugniß des Reiches am besten ausgeübt werden könne. *) Die gesperrt gedruckten Stellen bedeuten die nach dem Gesetze ausgenommenen Bestimmungen. Reuter, Deutsche Biehseuchengesetzgebung.

vom 1. Mai 1894 neu

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18 Bon dieser Seite, welche das Eingreifen des Reiches nicht so weit aus­ gedehnt haben wollte, wurde in der Commission folgender Abänderungsantrag gestellt: „Tritt die Seuche in einem für den Viehbestand mehrerer Bundes­ staaten bedrohlichen Umfange im Auslande auf, so hat der Reichskanzler die Regierungen der von der Seuche bedrohten Bundesstaaten zur Anordnung und einheitlichen Durchführung der nach Maßgabe dieses Gesetzes erforderlichen Abwehrmaßregeln zu veranlassen".

Nachdem von verschiedenen Seiten, auch von den Vertretern der Reaierungen, die Nothwendigkeit einheitlicher Maßregeln, welche durch den Zusatz des Entwurfs allein gewährleistet würden, betont war, wurde der Antrag zurück­ gezogen, jedoch in zweiter Lesung wieder eingebracht. Nach kurzer Erörterung wurde daraus der Antrag mit 8 gegen 7 Stimmen abgelehnt und die Vorlage, sowie damit der ganze § 4 angenommen. Bei der Besprechung des § 4 ward von einer Seite noch angeregt, ob es sich nicht empfehlen dürste, an den Grenzen allgemeine Quarantänen einzurichten für das einzuführende Vieh; in SchleswigHolstein habe sich dieses für das aus Dänemark für die dortigen Weidewirth­ schaften eingeführte magere Vieh durchaus bewährt. Bon Seiten der Vertreter der kgl. preuß. Regierung wurde entgegnet, daß solche Anstalten leicht Brut­ stätten für die Weiterverbreitung werden könnten. (R. T. B. Bericht der VIII. Commission S. 1 und 2 N. 189, 1893/94.) 2. Das gleickheitliche Verfahren ist nunmehr eher garantirt als früher, indem die Reichsbehörde unmittelbar selbst eingreift, soferne überhaupt eine größere Seuchengesahr für den inländischen Viehstand vom Ausland her ge­ geben ist, während nach der früheren Fassung gewissermaßen nur ein ausnahmsweises direktes Eingreifen von Seilen des Reichskanzlers zu erfolgen hatte. Dasselbe konnte sich aber nicht mehr auf die Abwendung einer Seuchengefahr vom Auslande her erstrecken, weil, wenn diese Maßregel zu ergreifen, die Seuche im Jnlande bereits eine größere Verbreitung erlangt haben mußte. Die Wirk­ ungen dieser Maßregel werden daher jetzt um so größer und erfolgreicher sein, je rechtzeittger ein gleichheitliches Tilgungsverfahren nach dem zweiten Absatz für mehr oder weniger ausgedehnte Territorien ermöglicht wird Der Unterschied gegenüber dem früheren Verfahren besteht darin, daß nunmehr, ohne Rücksicht auf die Gegend des Reichsgebietes und die Ausdehnung der Seuche gleich vom Reichskanzlerami aus Anordnungen zur einheitlichen Durchführung der Abwehrmaßregeln erlassen werden können, sobald die Seuche in einem für den inländischen Viehbestand bedrohlichen Umfang im Ausland auf­ tritt. Es ist dies eine sehr wichtige Maßregel zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche, und können dadurch Invasionen und größere Verbreitungen mit Erfolg hintangehalten werden, während das bisherige Verfahren, welches erst nach der Invasion eintreten konnte und sogar erst dann, wenn die Aus­ dehnung der Seuche bereits eine große war, sich als gänzlich unzureichend er­ weisen mußte.

Diese Maßregel ist gegründet auf die Erfahrung, daß die meisten Seuchen aus den östlichen Grenzländern, namentlich Oesterreich-Ungarn, Rußland bisher nach Deutschland eingeschleppt worden sind. Das einheitliche Verfahren wird noch wesentlich gefördert werden durch den nach einem Bundesrathsbeschluß vom 8. März 1894 eingeführten Nach­ richtendienst in Biehseuchenangelegenheiten. Nach demselben hat jeder beamtete Thierarzt am letzten Tage jeden Monats für seinen Amtsbezirk auf einer Post­ karte eine Mittheilung an das kaiserliche Reichsgesundheitsamt abzusenden, aus welcher sich ergibt, in wie viel Gemeinden und Gehöften des Amtsbezirkes an jenem Tage der Rotz, die Maul- und Klauenseuche und die Lungenseuche

19 herrschten, d. h. nach den geltenden Vorschriften noch nicht für erloschen erklärt werden sonnten 3 Es ist einleuchtend, daß diese theilweise sehr einschneidenden und von den bisherigen abweichenden Bestimmungen bei der Berathung im Plenum des Reichstages zu mannigfachen Erörterungen Anlaß gaben.

Ein Abgeordneter (Graf zu Inn- und Knyphausen) nahm den Artikel sehr sympathisch auf, die Alinea2 des §4 solle den Reichskanzler ermächtigen, seinerseits Anordnungen zu treffen, daß die Einfuhr von Vieh verhältnißmäßig beschränkt, ja sogar verboten werden kann. Derselbe verlangte auf Grund dieses § 4 Abs. 2 schärfere Einfuhrbeschränkungen gegen Holland, ja sogar Grenz­ sperre zu treffen, weil Holland jede Einfuhr deutschen Viehes über die holländische Grenze verbietet, und es unbillig sein soll, wenn aus der anderen Seite da­ gegen ein verhältnißmäßig weitgehender Export von Zuchtvieh nach deutschen Absatzgebieten gestattet wird. Es wurde also diese zunächst nur veterinärpolizeilichen Gründen dienende Maßregel auch zur Verwerthung für wirthschastliche Interessent verlangt. Außerdem wurde, wie bereits in der Commission, gegen das Eingreifen des Reichskanzlers in die Verwaltung der Einzelstaaten, als zu weitgehend, wenn nur ein einziger Bundesstaat durch eine im Auslande ausgebrochene Seuche bedroht ist, Bedenken erhoben.

Bon Setten des Bertteters der Reichsregiemng wurde die Bedeutung und Tragweite der Einfuhrbeschränkungen und der Grenzsperre näher ausein­ ander gesetzt. Nach dessen Erklärungen ist es dem Cllaß des Einfuhrverbotegegen Rußland zu danken, daß Deutschland feit ungefähr 15 Jahren von der Rinderpest vollständig verschont geblieben ist. Auch andere Seuchen sind fern gehalten oder wenigstens in ihrer wetteren Verbreitung gehemmt. So ist es durch Einfuhrsperre gelungen, die Einschleppung der hi Skandinavien mit außerordentlicher Heftigkeit wüthenden Schweinepest zu verhindern; auch die in den 80 er Jahren anläßlich der Maul- und Klauenseuche und der Lungenseuche neu angeordnete oder verschärfte Sperrung der Ostgrenze hat zweifellos sanitär günsttg gewirkt. Hinsichtlich der Wirkung einer Sperre der Landesgrenze kommen in Betracht: die Natur der Seuche, um die es sich handelt, die sanitären und veterinärpolizeilichen Einrichtungen des gespertten Nachbarlandes, die Verkehrs­ beziehungen, die Gestaltung der Bodenverhältnisse an der Grenze, die Möglichkeit des Biehschmuggels, die zur Verhinderung desselben verfügbaren Mittel — kurz, es sind eine aanze Fülle von Faktoren, die bet der Beurtheilung der Wirksamkeit eines Einfuhrverbots in Bettacht gezogen werden müssen. Jeden­ falls kann man — und das ist auch die Auffassung des kaiserlichen Gesund­ heitsamtes — nach den vorliegenden Erfahrungen behaupten, daß eine Grenz­ sperre bei umsichtiger und strenger Handhabung und bei möglichster Verhinder­ ung des Schmuggels unter allen Umständen einen günstigen Erfolg hinsichtlich der Fernhaltung der Seuchen erwarten läßt. Einen gleich günstigen Erfolg kann man sich von den Quarantäneanstalten an der Grenze an Stelle der Sperre nicht versprechen. Abgesehen vom Kostenpunkt ist zu befürchten, daß die Quarantänean ft alten bei stärkerer Verbreitung von Seuchen sehr bald selbst inficirt werden und toenn sie alsdann nicht frühzeitig geschlossen werden, sich zu gefährlichen Seuchenherden herausbilden. Sie verbreiten alsdann die Seuchen strahlen­ förmig in das Inland und zwar gerade diejenigen Seuchen, zu deren Fern­ haltung sie bestimmt sind. (R.T.B. 9. Legislaturperiode, II. Session 1893/94, S. 2006—2010.

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85. Die Behörden der Bundesstaaten sind verpflichtet, sich bei Ausführung der Maßregeln zur Abwehr und Unterdrückung der Seuchen gegenseitig zu unterstützen. ^rlieterttigem: 1. Bei der großen Verbreitung einzelner Vieh­ seuchen und den verschiedenartigen Wegen, aus welchen solche stattfinden kann, ist es von Bedeutung, möglichst gleichmäßig unb rasch die entsprechenden Maß­ regeln anzuordnen. Da die Seuchengänge und Seuchenausbrüche oftmals gleich­ zeitig sich über mehrere Bundesstaaten erstrecken, so daß bei der Tilgung und Bekämpfung der Seuche dieselben in gleicher Weise betheiligt sind, so ist eine gegenseitige Unterstützung der betheiligten Polizeibebörden im Interesse des veterinärpolizeilichen Verfahrens und zur wirksanlen Bekämpfung der Leuche in hohem Grade erforderlich. 2. Die Mot. z. R.S.G. saaen: Es liegt in der Natur der Sache, daß die von der Behörde Lines Bundesstaates ergriffenen Maßregeln nur dann Erfolg versprechen, wenn die erforderliche Unterstützung der Behörden der sonst beiheiligten Staaten gesichert ist. Die bezügliche Bestimmung des § 5 mußte ausdrücklich vorgesehen werden, weil die gegenseitige Hülfeleistung der Behörden verschiedener Bundesstaaten auf dem Gebiete der Veterinärpolizei, welche viel­ fach thatsächlich besteht, abgeseheir von der Vorschrift im § 13 des Gesetzes über die Rinderpest vom 7. April 1869, bisher noch nicht gesetzlich zur Pflicht gemacht worden ist.

I. Abwehr der Einschleppung ouS dem Auslande.

a. Eiufahr» und BerkrhrSbrschränkunge». 86. Die Einfuhr von Thieren, welche an einer übertragbaren Seuche leiden, ist verboten. Erliuterungeu: 1 Da die überwiegende Mehrzahl der Seuchen nicht in Deutschland selbst entsteht, sondern vom Auslande eingeschleppt wird, so müssen sich die Abwehrmaßregeln in erster Stelle gegen die Einschleppung von Seuchen aus dem Auslande richten. Der Einfuhr von Vieh und von solchen Gegenständen, welche Träger eines Ansteckungsstoffes sein können, mich daher besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. (Mot. z- R.S.G. S. 25). 2 §6 stellt den Grundsatz auf, daß an einer übertragbaren Seuche leidende Thiere nicht aus dem Auslande eingesührt werden dürfen. Hierdurch wird einerseits den Grenzbehörden die Befugniß gegeben, verseuchte Trans­ porte zurückzuweisen, andrerseits die Strafbarkeit der wissentlichen Einfuhr von kranken Thieren festgestellt (vgl. § 65). — Was von der Einfuhr gilt, trifft auch die Durchfuhr; einer ausdrücklichen Bestimmung hierüber im Gesetz bedarf es nicht, da jede Durchfuhr mit dem Akte der Einfuhr beginnt. (Mot. z. R.S G. S. 25).

§7. Wenn in dem Auslande eine übertragbare Seuche der Haus­ thiere in einem für den inländischen Viehbestand bedrohlichen Umfange herrscht oder auSbricht, so kann 1. die Einfuhr lebender oder todter Thiere aus dem von der

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Seuche heimgesuchten Auslande allgemein oder für bestimmte Grenzstrccken verboten oder solchen Beschränkungen unter­ worfen werden, welche die Gefahr einer Einschleppung ausschließen oder vermindern; 2. der Verkehr mit Thieren im Grenzbezirk solchen Bestimm­ ungen unterworfen werden, welche geeignet sind, im Falle der Einschleppung einer Weiterverbreitung der Seuche vor­ zubeugen. Die Einfuhr- und Verkehrsbeschränkungen sind, soweit erforder­ lich, auch auf die Einfuhr von thierischen Rohstoffen und von allen solchen Gegenständen auszudehnen, welche Träger des Ansteckungs­ stoffes sein können. Von dem Erlasse, der Aufhebung oder Veränderung einer Einfuhr- oder Verkehrsbeschränkung ist unverzüglich dem Reichs­ kanzler Mittheilung zu machen. Die verfügtes Einfuhr- oder Verkehrsbeschränkungen sind ohne Verzug öffentlich bekannt zu machen. Erlavteruuge«: 1. Das R.G. überläßt im § 7 den gemäß §§ 2u.4 mit der Ausführung des Gesetzes überhaupt betrauten Behörden und deren Organen die Bestimmung darüber, welche Maßregeln je nach dm be­ sonderen Umständen zum Schutze gegen die Einschleppung von Seuchm aus dem Auslande anzuordnetz sind; es bezeichnet zwar im allgemeinen die Punkte, auf welche die Behörden ihr Augenmerk zu richten haben, greift aber den Be­ hörden derselbm über die Wahl der Mittel im einzelnen Falle nicht vor. Ebenso ist eS Sache der Einzelstaaten, Bestimmung darüber zu treffen, welche Behörden zum Erlasie der m § *7 vorgesehenen Einfuhr- und BerkehrKbeschränkungen befugt sind. Vgl d. §§ 8 u. 9 der B.AB. 2. Die im letzten Absatz des § 7 den Bundesregierungen auferlegte Berpslichtung von jeder derarttgen Anordnung unverzüglich dem Reichskanzler Mittheilung zu machen, soll die rechtzeitige Einwirkung' des letzteren auf Her­ beiführung der nöthigen Gleichmäßigkeit in den Anordnungen der einzelnm Bundesstaaten sichern, da Maßregeln der in Rede stehendm Art, wenn sie nur für einzelne Grenzstrecken getroffen werden, meist ihren Zweck verfehlen, indem der Verkehr zur Umgehung des Einfuhrverbots sich sofort der noch offenen Wege bemächtigt, auch wenn dieselben erheblich länger sind. (Mot. z. R.S.G. S. 25). b. viehreviftoue«.

88. Gewinnt die Seuche in einem Nachbarlande eine bedrohliche Ausdehnung, so kann für die Grenzbezirke eine Revision des vor­ handenen Viehbestandes und eine regelmäßige Kontrole über den Ab- und Zugang der durch die Seuche gefährdeten Thiere angeordnet werden. Erläutern»««: 1. Die Maßregel der Biehrevisionen ist der In­ struktion zu dem Rinderpestgesetze vom 7 April 1869, §9 (R.-G.-Bl. 1873 S 1270) entnommen und hat dort den Zweck, daß in den bedrohten Grenz-

22 gemeinden Viehrevisoren aufgestellt werden, welche ein genaues Register über Den vorhandenen Rindviehstand auhunehmen und täglich den Ab- und Zugang, sowie jede Veränderung in dem Viehbestände speziell zu verzeichnen haben. 2. Obgleich das R.G. im allgemeinem dem Beispiele anderer Gesetz­ gebungen, welche die einzelnen Abwehrmaßregeln gegen Seucheneinschleppung aus dem AuSlande aufzählen, nicht folgt, erschien es hier doch nöthig die in § 8 vorgesehene Revision und regelmäßige Controlle der inländischen Viehbe­ stände in den Grenzbezirken besonders hervorzuheben, um für dieses eingreifende Mittel eine zweifellose gesetzliche Grundlage zu erlangen. Seine Anwendung gegen die Gefahr der Einschleppung anderer Seuchen als der Rinderpest, wirb sich zwar auf seltenere Fälle beschränken, bisweilen jedoch erforderlich sein. Gegen die Viehrevisionen ist geltend gemacht worden, daß in einzelnen Fällen der Ansteckungsstoff durch die Revisoren selbst übertragen worden ist; allein solche Fälle stehen ganz vereinzelt da und können die durch die Erfahrung nachgewiesene Nützlichkeit der Maßregel im Allgemeinen nicht widerlegen. (Mot. z. R.S.G. S. 25 u. 26). Vgl. auch § 8 der B.A.B u. Art. 11 Ziff. 2 des B.A.G.

H. Unterdrückung der Viehseuchen im Anlande.

1. Allgemeine Vorschriften.

a) «nzeigetzflicht. 89.

Der Besitzer von HauSthieren ist verpflichtet, von dem Ausbruch einer der im § 10 angeführten Seuchen unter seinem Vieh­ stande und von allen verdächtigen Erscheinungen bei demselben, welche den Ausbruch einer solchen Krankheit befürchten lassen, sofort der Polizeibehörde Anzeige zu machen, auch das Thier von Orten, an welchen die Gefahr der Ansteckung fremder Thiere besteht, fern zu halten. Die gleichen Pflichten liegen demjenigen ob, welcher in Ver­ tretung deS Besitzers der Wirthschaft vorsteht, ferner bezüglich der auf dem Transporte befindlichen Thiere dem Begleiter derselben und bezüglich der in fremdem Gewahrsam befindlichen Thiere dem Besitzer der betreffenden Gehöfte, Stallungen, Koppeln oder Weiden. Zur sofortigen Anzeige sind auch die Thierärzte und alle diejenigen Personen verpflichtet, welche sich gewerbsmäßig mit der Ausübung der Thierheilkunde beschäftigen, imgleichen die Fleischbe­ schauer, sowie diejenigen, welche gewerbsmäßig mit der Beseitigung, Verwerthung oder Bearbeitung thierischer Kadaver oder thierischer Bestandtheile sich beschäftigen, wenn sie, bevor ein polizeiliches Ein­ schreiten stattgefunden hat, von dem Ausbruch einer der nachbenannten Seuchen oder von Erscheinungen unter dem Viehstande, welche den Verdacht eines Seuchenausbruchs begründen, Kenntniß erhalten, lirlieteteege«: 1. Dieser § bildet gewissermaßen die Basis deS ganzen seuchrnpolizeütchen Eingreifens.

Derselbe hat die gleich große Bedeut­

ung für die mit dem Bollzug deS Gesetzes betrauten Organe, wie für den Lieh-

23 besitzet. Für letzteren ist die genaue Befolgung dieser Bestimmung oftmals noch mit besonderen Vortheilen verknüpft; die rechtzeitig erfolgte Anzeige bei ent­ schädigungspflichtigen Viehseuchen ist mit der Zuerkennung einer Prämie i. e. der staatlichen Entschädigung verknüpft, welche bei Uebertretung dieser Vorschrift nicht gewährt wird. 2. Unerläßlich ist ech eine weitgehende Verpflichtung zur Anzeige ver­ dächtiger Krankheilserscheinungen vorzuschreiben, um die Behörden in den Stand zu setzen, rechtzeitig die im öffentlichen Interesse erforderlichen Maß­ regeln anzuordnen. Nicht nur die neueren landesgesetzlichen Bestimmungen in Deutschland, sondern auch die Gesetzgebung des Auslandes stimmen darin überein, daß die Anzeigepflicht die wesentlichste Grundlage für die Ermittlung der Seuchenausbrüche zu bilden hat. Ein Auseinandergehen der Ansichten findet nur bezüglich der Fragen statt, wem die Anzeigepflicht auszuerlegen, welcher Stelle die Anzeige zu erstatten und auf welche Seuchen die Anzeige­ pflicht zu erstrecken ist. In der ersteren Hinsicht befindet sich daS Gesetz mit der Mehrzahl der anderen neueren Gesetzgebungen in Uebereinstimmung, indem dasselbe die Besitzer der erkrankten Thiere, deren Stellvertreter in der Leitung der Wirthschaft, die Begleiter von Biehtransporten, die Besitzer solcher Ge­ höfte rc., in welchen ftemde Thiere Aufnahme gefunden haben, die Thierärzte, die Praktikanten der Thierheilkunde und die Abdecker heranzieht; hinzugefugt sind noch die Fleischbeschauer mit Rücksicht aus die Natur ihre- Gewerbes und die bei ihnen vorauszusetzende Sachkenntniß. Eine Ausdehnung der Verpflicht­ ung auf das Gesinde der Biehbesitzer empfiehlt sich weder in der Weise, daß dasselbe direkt der Polizeibehörde, noch in der Weise, daß es der Dienstherr­ schaft Anzeige zu machen hätte. Besitzer, welchen es mit der Erfüllung ihrer Verpflichtung Ernst ist, werden ihrem Gesinde ohnehin die entsprechende In­ struktion geben, während Besitzer, denen eS um eine Verheimlichung zu thun ist, auch ihr Gesinde in diesem Sinne beeinfluffen werden. Eine selbständige Verpflichtung deS Gesindes zu polizeilicher Anzeige würde für die Sache ohne Bedeutung sein, auf das Verhältniß zwischen Dienstherrschaft und Gesinde da­

gegen ost nachtheilig wirken. 3. Anlangend die Stelle, welcher die Anzeige zu erstatten ist, so wird eS einerseits zweckmäßig sein, mit der Empfangnahme der Anzeige möglichst die­ selbe Stelle zu betrauen, welche die weiteren Maßnahmen zur Seuchenermitt­ lung und-Tilgung anzuordnen hat, damit zeitraubende Zwischenkorrespondenzen vermieden werden. Andrerseits muß diese Stelle auch dem Publikum leicht zugänglich sein, um die Erfüllung der Anzeigepflicht zu erleichtern. Der § 9 bezeichnet als die Stelle, welcher die Anzeige zu erstatten, allgemein „die Polizei­ behörden" und überläßt es damit den Landesregierungen, für ihre Gebiete die näheren Bestimmungen zu treffen. (Mot. z. R.S.G. S. 26 und 27). In Bayern ist für die Entgegennahme der Anzeige die Ortspolizeibehörde und nur diese zuständig. (B-A.B. v. 23. März 1881 §3). Die Erstattung der Anzeige von Seuchen und seuchenverdächtigen Er­ scheinungen kommt sowohl für das strafrechtliche als auch für das verwaltungs­ rechtliche Verfahren, für letzteres besonders dann, wenn es sich um die Geltend­ machung eines Entschädigungsanspruches aus Anlaß des Seuchenfalles handelt, in Bettacht. In Folge dessen sind seit dem Bestehen des Gesetzes eine große Reihe von oberstrichterlichen Erkenntnissen nach beiderlei Verfahren ergangen, welche auf die Handhabung dieser Gesetzesbestimmung Bezug haben. Es mögen hiemit einige vom k. b. Berwallungsgerichtshofe und vom Reichsgerichte er­ gangene Entscheidungen Erwähnung finden: 1. Die Verpflichtung eines Biehbesitzers, nach erfolgtem Ausbruch­ einer Viehseuche unter dessen Vieh und nach Anordnung der polizeilichen Schutze

24 maßregeln über neue Erkrankungen bei der Polizeibehörde Anzeige zu erstatten, kann aus § 9 des R.S-G. vom 23 Juni 1880 nicht abgeleitet werden, sondern bemißt sich lediglich nach den von der Polizeibehörde getroffenen besonderen Anordnungen. Die Unterlassung einer solchen polizeilich angeordneten Anzeige sällt da­ her nicht unter 8 63 Ziff. 1, sondern unter 8 63 Ziff. 3 a. a. O. — S. v. B. E. Bd. IV. S. 71 (6. VI. 1882). 2. Die im 89 d. R.S.G. vorgeschriebene Anzeige über den Seuchen­ ausbruch kann gemäß 8 3 Abs. 1 d. bayer. Berordng. vom 23. März 1881, den Vollzug des R.S.G. und des B.A.G. betr., nur an die Ortspolizeibehörde und nicht an irgend eine andere Behörde, insbesondere nicht an den Bezirksthierarzt in rechtswirksamer Weise erstattet werden. Wenn die Ortspolizeibehörde innerhalb der gesetzlichen Anzeigepflicht von dem Ausbruche einer Viehseuche oder von dem Verdachte einer solchen durch den Bezirksthierarzt Kenntniß erhalten und den Biehbesitzer hievon verständigt hat, so ist der letztere von der Verpflichtung zur Anzeigeerstattung an die Orts­ polizeibehörde befreit. — S. v. V. E. Bd. IV, S. 104 (20. VI. 1882). 3. Wenn der Besitzer eines Thieres die ihm nach 8 9 des R.S.G. obliegende Anzeige unterläßt oder über die gesetzliche Frist verzögert, verliert er nicht nur den Anspruch aus Entschädigung hinsichtlich dieses einen Thieres, sondern auch hinsichtlich aller von diesem Thiere angesteckten oder aus Anlaß der Seuche überhaupt getödteten Thiere. — S. v. V. E. Bd. IV. S. 188 (17. X. 1882). 4. Der Umstand, daß der Besitzer eines auf polizeiliche Anordnung getödteten Thieres wegen Übertretung der Bestimmungen des 8 9 d. R. S. G. gerichtlich bestraft worden ist, reicht für sich allein nicht hin, um die Ver­ weigerung der Entschädigungspflicht für dieses Thier zu rechtferttgen; viel­ mehr ist die Frage der Entschädigungspflicht in freier Würdigung der über das Verschulden des Viehbesitzers gepflogenen Erhebung zu entscheiden. — S.v.B. E. Bd. IV. S. 212 (31, X. 1882). 5. Ist ein Thierbesitzer von der Distriktspolizeibehörde zur Anzeigeer­ stattung verdächtiger Krankheitserscheinungen bei Thieren, welche als der An­ steckung verdächtig erklärt worden sind, bei der Polizeibehörde beauftragt worden, so kann er diesem Auftrage nicht blos durch Anzeigeerstattung an die Orts­ polizeibehörde, sondem auch durch eine solche an die Distriktspolizeibehörde oder selbst an den Bezirksthierarzt genügen. — S. v. B. E. Bd. VIII. S. 253. 6. Für die Form einer nach 89 d. R.S.G. gebotenen Anzeige ge­ nügt es, daß diese nur geeignet sei, der Polizeibehörde die nöthige Anregung zu geben. Eine Anzeige durch Stellvertretung des Thierbesitzers ist nicht ausge­ schlossen. - S. V.B.E.Bd. VIIIS. 276 (30. VI.1887). 7. Die den Biehbesitzern nach Maßgabe des R.S.G. obliegende Ver­ pflichtung zur Anzeigeerstattung über den Ausbruch einer Seuche und über den Verdacht einer solchen ist als gegenstandslos zu erachten, wenn dem Besitzer noch während der vorgeschriebenen Anzeigefrist bekannt geworden ist, daß die Ortspolizeibehörde davon bereits offizielle Kenntniß erlangt hat. In diesem Falle hat daher die Unterlassung der Anzeige von Seite des Biehbesitzers den Verlust eines demselben nach 8 57 a. a.£). gegen die Staatskassa rustehenden Anspruches auf Entschädigung für ein auf polizeil. Anordnung getöotetes oder nach dieser Anordnung an der Seuche gefallenes Thier nicht zur Folge. — S. v.B.E.Bd. III. S. 689 (16. V. 1882). 8. Die in 8 9 Abs. 1 des R.S.G. dem Besitzer von Hausthieren nufer» legte Anzeigepflicht besteht hinsichtlich aller objektiv verdächtigen Krankheits-

25 erscheinungen, demnach hinsichtlich aller jener Erscheinungen, welche nach der von dem k. Staatsministerium des Innern und der Finanzen unterm 24. März 1881 erlassenen gemeinfaßhchen Belehrung über die in § 10 des R. S G. auf­ geführten ansteckenden Krankheiten der Hausthiere den Seuchenausbruch be­ fürchten lassen. — Sv. VE. Bd. X, S. 361 (14.1. 89). 9. Das R.S.G. fordert von dem Viehbesitzer Vorsicht und Umsicht in Bezug auf den Gesundheitszustand seiner Hausthiere. Dem Viehbesitzer ist hiernach auch die Pflicht auferlegt, sich bezüglich der Krankheitserscheinungen, die eine Seuche anzeigen, genau zu unterrichten. — S. v. B. E. Bd. X S. 371 (21.1.1889). 10. Es kann der Revision nicht zugegeben werden, daß die Anzeige­ pflicht erst erwachse mit dem und durch den thatsächlich in dem Anzeigepflichtigen subjektiv entstandenen Verdacht der Seuche. Grund und Zweck des Gesetzes ist die Nothwendigkeit, einer großen Gemeingefahr vorzubeugen und die dadurch bedingten Einrichtungen zu treffen. Daraus folgt schon allein, daß das Gesetz die Unaufmerksamkeit des Einzelnen, mit welcher er das nicht erkennt, waS

jeder Andere unter gleichen Berhältniffen erkannt haben würde, nicht hat für genügend ansehen können, von der Anzeigepflicht zu entbinden. Die Pflicht be­ steht für alle objektiv „verdächtigen" Erscheinungen, d. h. für solche, welche unter den gegebenen Umständen begründete Veranlassung bieten für den Ver­ dacht einer Seuche. — R.-G.-E. v. 27. VI. 1885; Jur. Wochenschr. 1885 S. 279. 11. Die im § 9 des R. S. G. vorgeschriebene Anzeige bedarf weder der Schriftform noch einer anderen Form und hat lediglich den Zweck, die Polizei­ behörde von dem Ausbruche der Seuche in Kenntniß zu setzen und hiedurch zur Ergreifung der erforderlichen Maßregeln in den Stand zu setzen. -- R.-G.-E. v. 13. XII. 1888, Bd. XXII. S. 120.

§ 10. Die Seuchen, auf welche sich die Anzeigepflicht (§ 9) er­ streckt, sind folgende: 1. der Milzbrand; 2. die Tollwuth; 3. der Rotz (Wurm) der Pferde, Esel, .Maulthierc und Maulesel; 4. die Maul- und Klauenseuche des Rindviehs, der Schafe, Ziegen und Schweine; 5. die Lungenseuche des Rindviehs; 6. die Pockenseuche der Schafe; 7. die Beschälseuche der Pferde und der Bläschenausschlag der Pferde und des Rindviehs; 8. die Räude der Pferde, Esel, Maulthiere, Maulesel und der Schafe. Der Reichskanzler ist befugt, die Anzeigepflicht vorübergehend auch für andere Seuchen einzuführen. Erlänterungru: 1. Da vorübergehend andere übertragbare Thierkrank­ heiten ebenfalls eine bedrohliche Ausdehnung erlangen können, so muß Vor­ sorge getroffen werden, daß auch auf diese für die Zeit der Gefahr die Anzeige­ pflicht ausgedehnt werden kann. Die Befugniß hierzu überträgt der Entwurf

26 dem Reichskanzler, um gleichzeitige und gleichmäßige Anordnung für die Ge­ biete aller bedrohten Bundesstaaten sicher zu stellen (Mot. z. R.S.G. S. 28). Im Laufe der Zeit wurden demgemäß seit dem Bestehen des R-S.G. vom Reichskanzleramt aus noch andere Seuchen als die im § 10 genannten in den Bereich der Anzeigepflicht gezogen. Dieselbe wurde aber bei keiner Seuche über den gesummten Umfang des deutschen Reiches, sondern nur auf einzelne Theile desselben und oft selbst auf einzelne Regierungsbezirke eines Bundesstaates ausgedehnt. Es betraf die Anzeige meistens die Rotylaufseuche, Schweineseuche und Schweinepest. 2. In Bayern besteht seit dem Jahre 1890 (Entschl. d. k. b. Staatsm. d. Innern v. 20. Januar 1890 betr. amtliche Veröffentlichungen über das Auf­ treten und Erlöschen der Influenza der Pferde) für die beamteten Thierärzte, dann die Distrikts- und die praktischen Thierärzte die Verpflichtung, von jedem ihnen bekannt gewordenen Ausbruche und von dem Erlöschen der Influenza der vorgesetzten Distriktspolizeibehörde Anzeige zu machen. Diese Anzeige kommt derjenigen des § 10 des RS G. nicht gleich; es werden gegen die Seuche keinerlei Maßregeln von Seite der Polizeibehörden ergriffen, sondern der Ausbruch und das Erlöschen derselben wird lediglich im Amisblatte, dann auch der einschlägigen Bezirksgestütsinspektion, sowie dem General-Kommando, bezw. dem Garnison-Aeltesten des Seuchenortes von der Distriktspolizeibehörde bekannt gegeben. 3. Außerdem werden in Bayern der Rauschbrand und die Wildseuche der Pferde und Rinder dem Milzbrände gleich behandelt. Im Sinne des § 10 ist jedoch auf diese Seuchen die Anzeigepflicht nicht ausgedehnt, weil solche dann vom Reichskanzleramte aus hätte erlassen werden müssen. Die Anzeigepflicht für Raujchbrand und Wildseuche besteht daher nach dem bayrischen Spezialgesetze „die Entschädigung für Vieh-Verluste in Folge von Milzbrand t). 26. Mai 1892 und der zugehörigen Bekanntmachung der königlichen Staatsministerien des Innern und der Finanzen v. 15. Juni 1892" nicht aus rein seuchenpolizeilichen GÄnden, sondern mehr aus wirthschaftlichen Rücksichten. Die Biehbesitzer können hier nach den Bestimmungen des R.S.G. im Unterlassungsfälle nicht zur Strafe gezogen werden, gehen aber dann der staatlichen Entschädigung verlustig, weil solche hauptsächlich auf die rechtzeitige Erstattung der Anzeige basirt ist. In Bayern wurde demnach der Rahmen des § 10 im Sinne des R.S.G. bisher nicht auf weitere Seuchen ausgedehnt, abgesehen von einer Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 29. Mai 1895, nach welcher

aus Grund des §

10 Absatz 2 des

Viehsenchengesetzes vom

für den kgl. bayer. Regierungsbezirk der Pfalz vom 12.Juni 1895ab biS aus Weiteres für die Schweineseuche, die Schweinepest und den Roth­ laus der Schweine die Anzeigepflicht im Sinne des § 9 des erwähnten Ge­ setzes eingeführt wurde (R.-G-Bl. S. 240). Die Anzeigepflicht für diese ge­ nannten Seuchen ist außerdem in neuerer Zeit auch auf das Großherzogthum Baden, das Herzogthum Gotha, sowie das Großherzogthum Hessen vom Reichs­ kanzleramt ausgedehnt worden und steht zu erwarten, daß solche bald noch weitere Territorien begreifen wird. Demnach haben aus jene Seuchen in den betr. Landestheilen auch die im Gesetze niedergelegten allgemeinen Schutz- und TilqungSmaßregeln, wie solche in den §§ 19—29 enthalten sind, Anwendung zu finden und sind Uebertretungen derselben, wie auch Hinterziehung der An­ zeigepflicht nach Maßgabe des Gesetzes (§65 Ziff 2 u 66, Ziff. 4) strafbar. 4. Die Belehrungen über die einzelnen Viehseuchen finden sich als Anlage

27 zur B.M.B. v. 24. März 1881 z. RS G. u. z. BA.G. vor; die Belehrungen über andere nicht unmittelbar zur Reichsseuchengesetzgebung gehörende Vieh­ seuchen, als Schweineseuche, Rothlaufseuche, Schweinepest ?c. s. Anhang.

Oberstrichterliche Erkenntnisse.

1. Der bei dem Ausbruche der L u n g e n s e u ch e gesetzlich vorgeschriebenen An zeige Pf licht bei der Polizeibehörde innerhalb 24 Stunden nach erlangter Kenntniß wird durch eine briefliche, der Post rechtzeitig zur Bestellung über­ gebene Anzeige genügt, welche bei pünktlicher Beförderung vor dem Ablaufe der Frist an den Adressaten gelangen muß. Die etwa bei der postalischen Be­ förderung und Ablieferung deS Briefes eingetretene Verzögerung fällt dem An­ zeigepflichtigen nicht zur Last; und insbesondere wird dadurch nicht sein Ent­ schädigungsanspruch gegen den Pwvinzialverband wegen des ihm getödteten Viehes hinfällig. R.-G.-E. v. 3. Mä^ 1886. 2, Der Biehbesjtzer, welcher rechtzeitig von einem Ausbruch der im § 10 deS R.S.G. bezeichneten Seuchen unter seinem Weh zwar der OrtSpolizeibehörde, nicht aber dem vom Regierungs-Präsidenten bestellten Seuchen-Kommiffar Anzeige gemacht hat. verliert auch dann nicht seine Entschädigungsansprüche, wenn der Regierungspräsident angeordnet hatte, daß der AuSbruch der Seuche dem Kommissär anzuzeigen sei. Auch ist eS gleichgiltig, ob der Anzeigende durch die Mittheilung an die zuständige Polizeibchörde seiner Anzeigepflicht nachkommen wollte oder dabei andere Jntereffen im Auge hatte. R.-G.-E. v. 13. Dezember 1888, Civilst Sammt. 1889 XII. Band S. 120—126 Nr. 22.

8 n. Die Landesregierungen sind ermächtigt, für solche Bezirke, in welchen sich der Milzbrand ständig zeigt, von der Anzeigepflicht (8 9) insoweit zu entbinden, als die Seuche nur vereinzelt austritt. In diesem Falle müssen die Schutzmaßregeln nach Maßgabe des Gesetzes und der Ausführungs-Instruktion (§ 30) allgemein vor­ geschrieben werden. Erliuteruugeu: achtungen hat eS sich

1. Auf Grund der in Preußen gemachten Beob­ als unausführbar herausgestellt, in den Bezirken, in

welchen der Milzbrand ständig sich zeigt, die Anzeige jedes einzelnen KrankheitSauSbruches zu verlangen, sondern die Erfahrung hat auch gelehrt, daß ein jedesmaliges Einschreiten der Polizeibehörde nicht nothwendig ist, wenn der Milzbrand, wie gewöhnlich in den Milzbrandbezirken, vereinzelt vorkommt. Die Gefahr der Uebertragung des Milzbrandes wird in den Milzbrandbezirken, insoferne es sich um vereinzelte Fälle handelt, durch ein für alle Mal zu er­ lassende Anordnungen abzuwenden sein (Mot. z. R.S.G. S. 28). 2. Diese Anschauungen treffen mit der seuchenpolizeilichen Behandlung des Milzbrandes in Bayern seit dem Erlasie des bayerischen Gesetzes „Mc Ent­ schädigung für Bieh-Berluste in Folge von Milzbrand v. 26. Mai 1892" nicht mehr zu. Durch Kgl. Allerhöchste Verordnung v. 10. Juni 1892 wird den zu ständigen Polizeibehörden, d. i. in Bayern den Kreisregierungen, Kammern des Jnnem, die Ermächtigung von der Anzeigepflicht bei Milzbrand zu ent­ binden, entzogen; es ist daher von nun an der § 11 des R.S.G. für den Um­ fang des Königreichs Bayern gegenstandslos (vgl. auch das preußische Gesetz betr. die Entschädigung für an Milzbrand gefallene Thiere vom 22. April 1892, Ges.-Samml. S. 90.) In gleicher Weise wird es sich überhaupt auch in anderen

28 deutschen Bundesstaaten mit der Anzeige verhalten, in welchen für den Milz­ brand eine Entschädigung geleistet wird.

b) Ermittelung Her SenchenunSbrüche.

§ 12.

Die Polizeibehörde hat auf die erfolgte Anzeige (§§ 9 u. 10) oder wenn sie auf irgend einem anderen Wege von dem Ausbruch einer Seuche oder dem Verdachte eines Seuchenausbruchs Kenntniß erhalten hat, sofort den beamteten Thierarzt behufs sachverständiger Er­ mittelung des Seuchenausbruchs zuzuziehen (vgl. jedoch § 15). Der Thierarzt hat die Art, den Stand und die Ursachen der Krankheit zu erheben und sein Gutachten darüber abzugeben, ob durch den Befund der Ausbruch der Seuche festgestellt oder der Verdacht eines Seuchenausbruchs begründet ist. In eiligen Fällen kann derselbe schon vor polizeilichem Ein­ schreiten die sofortige vorläufige Einsperrung und Absonderung der erkrankten und verdächtigen Thiere, nöthigenfalls auch die Be­ wachung derselben anordnen. Die getroffenen vorläufigen Anord­ nungen sind dem Besitzer der Thiere oder dessen Vertreter entweder zu Protokoll oder durch schriftliche Verfügung zu eröffnen, auch ist davon der Polizeibehörde sofort Anzeige zu machen. Auf Ersuchen des Thierarztes hat der Vorsteher des Seuchen­ ortes die vorläufige Bewachung der erkrankten Thiere zu veranlassen. Erlaaterungerr: 1. In den §§ 12—16 ist das von den Organen der Veterinärpolizei zur Ermittlung der Seuchenausbrüche einzuschlagende Ver­ fahren und unter Beachtung des Grundsatzes geordnet, daß ein energisches Vorgehen der Polizeigewalt zum Schutze der öffentlichen Interessen zu sichern, zugleich aber auch, dem betheiligten Besitzer gegen unbegründete Eingriffe der nöthige Schutz zu gewähren ist (Mot. z. R,SG. S. 28). Unter Polizeibehörde im Sinne des § 12 ist in Bayern die Distrikts­ polizeibehörde zu verstehen. (B.A.B § 4.) Die Bestimmung darüber, von welcher Behörde die Zuziehung des be­ amteten ThierarzteS (§§ 5 u. 12 d. R S G ) erfolgt und an welche auch das thierärztliche Gutachten abzugeben ist, ist in Bayern durch die B.A.V. ge­ regelt. Eigentliche Bollzugsbehörde ist nach derselben die Distriktspolizeibehörve, welche als beamteten Thierarzt den Bezirksthierarzt oder dessen Vertreter ab­ ordnet; außerdem kann von Seite der Kreisregierung der Kreisthierarzt und vom StaätSministerium des Innern der Landesthierarzt oder deren Vertreter abgeordnet werden. Vgl. § 4, Abs. 2 a. a. O. 2. Die Anzeigen von Viehseuchen sind von den Besitzern, deren Ve;tretem u. dgl. im Sinne des § 9 des R.S G. bei der Ortspolizeibehörde gemäß § 3, Abs. 1 der B.A.V. zu machen, von welcher dieselben dann um­ gehend, womöglich telegraphisch oder durch Eilbrief oder Eilboten der Distrikts­ polizeibehörde zu übermitteln sind, dieselben können aber auch indirekt auf dem Weae von Recherchen und Requisitionen, namentlich beim Strafverfahren oder selbst durch Gerüchte, Vermuthungen u. dgl sich ergeben. Der dem beamteten

29 Thierarzt ertheilte amtliche Austrag zur Ermittelung und Konstatirung eine& speziellen Seuchenfalles oder Verdachts aus die Seuche ist auch in rechtswirksamer Weise gütig für weitere Fälle, welche mit diesem in Zusammenhang stehen und sich erst durch die Konstatirung des ersteren ergeben haben. Es ist daher für solche Fülle ein weiteres Kommissorium nicht mehr nöthig, selbstredend müssen jedoch die Seuchensälle zu dem Wirkungskreise des zuständigen beamteten Thier arztes competiren.

Der beamtete Thierarzt hat sofort bei der Konstatirung das seuchen­ polizeiliche Verfahren, soferne ein zuständiger Polizeibeamter nicht anwesend ist selbständig zu eröffnen und die nöthigen Anordnungen zu treffen und zwar mittels schriftlicher Verfügung, d. h. die Eröffnung der Maßnahmen an den Besitzer oder deffen Stellvertreter hat gegen Unterschrift zu erfolgen. Fehlt diese Voraussetzung, so gelten die Maßregeln als nicht angeordnet (vgl. nach­ folgendes Erkenntniß sab Ziff. 2). Dieselben haben zunächst nur provisorische Giltigkeit und bedürfen der nachträglichen Bestätigung durch die Polizeibehörde. Bei der Commisstonsberathung des Gesetzes vom 1. Mai 1894, betreffAbänderung des R.S.G- war der Antrag gestellt worden, den Eingang deS zweiten Absatzes des § 12 des R.S.G. folgendermaßen zu fassen: „In eiligen Fällen kann derselbe (nämlich der Thierarzt) schon vor polizeilichem Einschreiten die ihm nöthig erscheinenden Maßregeln mit Gesetzeskraft vor­ läufig anordnen." ES ward gegen diesen Antrag von verschiedenen Seiten, auch von einem Regierungsvertreter, geltend gemacht, daß den Thierärzten durch denselben zu weitgehende Befugnisse eingeräumt wurden, worauf der Antrag zurückgezogen, wurde. (Reichstagsdrucksachen, 9. Legislaturperiode, II. Session 1893/94, Nr. 189, S. 6, Bericht der XII. Commission). Nach § 66, Ziffer 3 des RS-G. werden übrigens Zuwiderhandlungen gegen die von dem Thierarzte getroffenen vorläufigen Anordnungen an vis zu 150 Mark oder mit Haft bestraft. Die im Sinne dieses § von dem Thierarzte anzuordnenden Schutzmaßregeln sind in der Hauptsache Absonderung, polizeiliche Beobachtung, Stall-, Gehöfte-, Weidesperre, weiter­ gehende und mehr einschneidende Maßnahmen als Orts-FlurmarkunaSsperre, Einstellung der Biehmärtte re können nur von den zuständigell Polizeibehörden nnd zwar meistens auf den Antrag des Thierarztes hin verfügt werden und sind daher deffen Competenz entrückt. Nach § 4 der BAB- und Art. 138 der bayer. Gemeindeordnung hat die Ortspolizeibehörde die gleichen Obliegenheiten wie der beamtete Thierarzt bei dem Ausbruche von Seuchen zu erfüllen.

3. „Der Vorsteher des SeuchenorteS" wird in den meisten Fällen gleichbedeutend mit Ortspolizeibehörde sein; bei den Ortsgemeinden, welche für sich keine politische Gemeinde bilden, könnte auch der Ortsführer oder dessen Stellvertreter dem Ersuchen des Thierarztes gerecht werden. Vgl. auch preußisches Ausführungs-Gesetz v. 1891 (Gesetz-Sammlung S. 128). Ober st richterliche

Erkenntnisse.

1. Der Amisvorsteher ist nicht ermächtigt, die ihm auf Grund des R.S.G. zustehende Befugniß zum Erlaß polizeilicher Anordnungen auf einen Anderen, insbesondere nicht auf den Kreisthierarzt (d. i. in Bayern der Bezirks­ thierarzt) zu übertragen. Zuwiderhandlungen gegen die demgemäß vom Kreis­ thierarzte erlassenen Anordnungen sind nicht nach § 328 d. R.-St.-G -B. straf­ bar. R.-G.-E. v. 17. Febr. 1885 Straff. Sammt. 1885 VII. Bd. S. 118.

2 Die Anordnungen von Thierärzten zur Unterdrückung von Viehseuchen können nur innerhalb der reichsgesetzlich angeordnetenZuständig-

30 feit zu Protokoll oder schriftlich erlassen werden. Bezüglich der Zu­ ständigkeit und der Form der Anordnungen sind landesgcsetzliche Bestimmungen ohne Wirksamkeit. R.-G.-E. v. 8. Oki. 1885, Strass. Sammt. 1885 VII. Bd. S. 557. 3. Die strafrechtliche Verbindlichkeit einer von der zuständigen Polizei­ behörde zur Unterdrückung von Viehseuchen getroffenen Absperrungsmaßregeln kann gegeben sein, selbst wenn diese ohne Zuziehung des beamteten Thierarztes verhängt wurde. Dieselbe erweist sich dann als eine An­ ordnung, wie der § 328 des St -G -B voraussetzt und verliert diesen Charakter nicht dadurch, daß sie ohtte Mitwirkung des Hilfsorgans, des beamteten ThierarzteS, getroffen war. (R.-G.-E. v. 28. November 1893 II. Strafsenat.)

§ 13. Wenn über den Ausbruch einer Seuche nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes nur mittelst Zerlegung eines verdächtigen Thieres Gewißheit zu erlangen ist, so kann die Tödtung desselben von der Polizeibehörde angeordnet werden. Erläuterungen: 1. Die Vorschrift in § 13, welche in zweifelhaften Fällen die Zerlegung eines verdächtigen Thieres gestattet, um über einen Seuchenausbruch Gewißheit zu erlangen, ist unerläßlich, weil die äußeren Kennzeichen mancher Thier­ krankheiten und zwar in Stadien derselben, in denen der Ansteckungsstoff schon im hohen Grade wirksam ist, nicht immer sichere Merkmale zur Beurtheilung des Krankheitszustandes bieten; ähnliche Vorschriften enthalten auch andere Seuchengesetze. (Mot. z. R.S.G. S. 29). Von dieser Vorschrift wird am häufigsten in den Fällen bei Verdacht auf Rotz und Lungenseuche, vielleicht auch auf Tollwuth, Gebrauch gemacht werden. Bei Verdacht auf Milzbrand ist diese Eventualität geradezu ausge­ schlossen, indem nach 31 des R.S.G. die Tödtung der Thiere verboten ist. Anders würde sich die Sache gestalten, wenn es sich um den Ausbruch des Milzbrandes unter Wildständen handeln sollte; hier kann die Maßregel der Tödtung (also das Abschießen des inficirten Bestandes) als wirksamstes Be­ kämpfungsmittel geradezu geboten sein. In analoger Weise, wie beim Milz­ brand wäre in Bayern auch gegenüber der Wildseuche und dem Rauschbrand bei Pferden und Rindern zu verfahren. 2. Die Ermächtigung zur Tödtung im Sinne des § 13 wird in Bayern von der Distriktspolizeibehörde auf Antrag des beamteten Thier­ arztes ertheilt. Vgl. BAB § 5, Abs. 1. Bei der Stellung solcher Anträge dürfte indeß, da solche eine besondere Tragweite in Bezug auf Vergütung des vollen Werthes für die Staatskassa zur Folge haben können, wenn keine Seuche oder sonst unheilbare Krankheit vorliegt, mit größter Vorsicht zu verfahren sein; das Ansehen und Vertrauen deS beteiligten Thierarztes der Polizeibehörde, wie den Viehbesitzern gegenüber könnte hier leicht Schaden nehmen, wenn die Tödtung in zweckloser Weise er­ folgt ist und bei der Sektion weder eine Seuche noch sonst eine gefährliche Erkrankung sich ergeben hat.

§ 14. Auf die gutachtliche Erklärung des beamteten Thierarztes, daß der Ausbruch der Seuche festgestellt sei, oder daß der begründete Verdacht eines Seuchenausbruchs vorliege, hat die Polizeibehörde die für den Fall der Seuchengefahr in diesem Gesetze und den zur

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Ausführung desselben erlassenen Verordnungen vorgesehenen, den Umständen nach erforderlichen Schutzmaßregeln zu treffen und für die Dauer der Gefahr wirksam durchzuführen. Hegt die Polizei­ behörde Zweifel über die Erhebungen des beamteten Thierarztes, so kann dieselbe zwar die Einziehung eines thierärztlichen Obergut­ achtens bei der vorgesetzten Behörde beantragen, die Anordnung der erforderlichen Schutzmaßregeln darf jedoch hierdurch keinen Aufschub erleiden. Erlauternugeu: 1. § 14 gibt die Grundzüge für die Feststellung von Seuchenausbrüchen und die ersten sich an diese Feststellung schließenden An­ ordnungen. Im besonderen setzt derselbe fest, daß die Polizeibehörde im ein­ zelnen Falle nur auf Grund der gutachtlichen Erklärung des beamteten Thier­ arztes zu verfügen hat. (Mot. z. R.S.G. S.2S). Nach dem R.S.G. v. 23. Juni 1880 ist eine Seuchengefahr nur denkbar, wenn die Seuche oder der Berdacht durch daS Gutachten, also die sachver­ ständige Unterstützung des beamteten ThierarzteS kovstatirt worden ist. Diese Anschauung erleidet in dem Art. 2 des abgeänderten Gesetze- vom 1. Mai 1894 bezw. § 18 des Gesetzes nunmehriger Faffung eine Abänderung dahin, daß die Polizeibehörde auch ohne der Constatirung einer Seuche oder eineSeuchenverdachtes durch den beamteten Thierarzt Schutzmaßregeln erlassen kann. (Bgl. § 18).

Der § 14 hat also lediglich für einen concreten Seuchen- oder Seuchenverdachtssall Gütigkeit, für weiteraehende Schutzmaßregeln, welche sich nicht auf einen solchen gründen, dimmt derselbe nicht in Betracht, da nunmehr auch eine Seuchengefahr ohne diese Eventualität von Seite der Polizeibehörde statuirt werden kann. 2. Im Falle die Polizeibehörde (d. i. in Bayern die Distriktspolizei­ behörde) gegenüber dem Gutachten des beamteten Thierarztes ein Obergutachten einzuholen sich veranlaßt findet, haben die getroffenen Schutzmaßregeln bis zum Eintreffen des Obergutachtens den Charakter einer vorläufigen Provisionalverfüguna; je nach dem Ergebniß des Obergutachtens können dann solche außer Wirksamkett gesetzt oder sonstwie abgeändert werden müssen bezw. auch bestätigt werden. Das betreffende Obergutachten wird in Bayern bei den entschädigungSpflichtigen Fällen von der veterinärpolizeilichen Abtheilung des ObermedizinalausschuffeS, in allen übrigen Fällen von dem Kreisthierarzte, als dem zu­ ständigen technischen Referenten der Kreisregierung abgegeben. Bgl. §2Abs. 2 der B.A.B. und Art. 6, Abs. 4 des B A G.

Soferne es sich mit den gesetzlichen Bestimmungen in Einklang bringen läßt, ist es empfehlenswerth in den Fällen, in welchen Differenzpunkte wegen der Seuchenconstattrung bestehen bis zur endgilttgen Feststellung durch das Obergutachten mit einschneidenden Maßregeln, wie Tödtung der Thiere, voll­ ständiger Vernichtung der Cadaver, Ausführung der Desinfektion rc. möglichst zurückzuhalten. Es könnte sonst leicht Vorkommen, daß der Biehbesitzer für mit Unrecht ihm verursachte Ausgaben und Schädigungen, wenn sich die Maß­ nahmen hinterher als unnothig erweisen und durch das Obergutachten keine Seuche festgestellt wird, Ersatzansprüche geltend macht. Es sind in Bayern schon derartige Erkenntnisse von Seite des Verwaltungsgerichtshofes ergangen, nach welchen dem Besitzer die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruches gegenüber dem amtlichen Thierarzte zugestanden wurde, wenn der Besitzer in Folge eines unrichtigen Gutachtens von Seite des Thierarztes einen Nachtheil

32 zu erleiden hatte. (Vgl. Erk. d. B.-G. v. 8. Juli 1895 belr. Beschwerde des Bäckers Gerhard Hock in Pflaumheim wegen Abweisung der Entschädigung für eine wegen Rauschbrandverdachts nolhgejchlachtete Kuh.)

§ 15Ist der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (§ 10 Ziffer 4) durch das Gutachten des beamteten Thierarztes festgestellt, so kann die Polizeibehörde auf die Anzeige neuer Seuchenausbrüche in dem Seuchenorte selbst oder in dessen Umgegend sofort die erforderlichen polizeilichen Schutzmaßregeln anordnen, ohne daß es einer noch­ maligen Zuziehung des beamteten Thierarztes bedarf. Auch ist in solchen Bezirken, in welchen sich der Milzbrand ständig zeigt (§ 11), die Zuziehung des beamteten Thierarztes nicht in jedem Falle dieser Seuche erforderlich. Erläuterungen: 1. Der § 15 bildet eine Ausnahme von dem Festste llungsverfahren bei Seuchenausbrüchen. Dieselbe liegt im Interesse der Sicher­ ung des rechtzeitigen Erlasses der erforderlichen polizeilichen Anordnungen und ist bei der Maul- und Klauenseuche umsoweniger bedenklich, als die bezeichnete Krankheit leicht zu erkennen und fast allgemein bekannt ist. Die Vorschrift in § 15 Abs. 2 beruht auf denselben Erwägungen wie § 11. (Mot. z. R.S.G. S. 29), ist übrigens wie auch Abs. 1 lediglich fakulta­ tiver Natur. Es dürfte daher keinem Bedenken unterliegen, daß die Polizei­ behörde, wenn sie es aus irgend einem Grunde für nothwendig finden sollte, gleichwohl die Abordnung das beamteten Thierarztes verfügen kann. Vgl. auch § 57a der B R J.

2. Abs. 2 des § 15 ist in Bayern gegenstandslos, da seit dem Bestehen des Milzbrand-Entschädigungs-Gesetzes vom 26. Mai 1892 in allen Fällen von Milzbrand oder Milzbrandverdacht die Zuziehung des beamteten ThierarzteS zu erfolgen hat, in gleicher Weise auch in anderen deutschen Bundes­ staaten, welche analoge Entschädigungs-Gesetze statuirt haben.

§ 16.

In allen Fällen, in welchen dem beamteten Thierarzte die Feststellung des Krankheitszustandes eines verdächtigen Thieres ob­ liegt, ist es dem Besitzer desselben unbenommen, auch seinerseits einen apprvbirten Thierarzt zu diesen Untersuchungen zuzuziehen. Die Anordnung und die Ausführung der Schutzmaßregeln wird hierdurch nicht aufgehalten. Die vorgesetzte Behörde hat jedoch im Falle erheblicher Meinungsverschiedenheit zwischen dem beamteten Thierarzte und dem von dem Besitzer zugezogenen apprvbirten Thierarzte über den Ausbruch oder Verdacht einer Seuche, oder wenn aus sonstigen Gründen erhebliche Zweifel über die Richtigkeit der Angaben des beamteten Thierarztes obwalten, sofort ein thierärztliches Obergutachten ein­ zuziehen und dem entsprechend das Verfahren zu regeln.

33 Erläuterungen. 1. Dieser Paragraph, welcher dem betheiligten Bescher die Befugniß einräumt, in allen Fällen, in welchen es sich um die Ermittlung eines Seuchenausbruchs handelt, auch seinerseits einen approbirten Thierarzt zuzuziehen und welcher außerdem die vorgesetzte Beschwerdeinstanz verpflichtet, im Falle der Meinungsverschiedenheiten zwischen dem beamteten Thierarzte und dem vom Besitzer zugezogenen Sachverständigen ein Obergutachten einzuziehen, soll dem Besitzer Schutz gegen Mißgriffe der unteren Instanzen und gegen un­ berechtigte Beeinträchtigungen seiner Interessen gewähren. (Mot. z. R.S.G. S. 29). Die Erfahrung lehrt, daß vom Thierbesitzer, wenn es sich nm die Fest­ stellung einer Krankheit handelt, noch ein zweiter Sachverständiger hinzugezogen wird, in der Regel in solchen Fällen, in welchen die Krankheit festgesteüt weroen soll nach der Tödtung eines verdächtigen Thieres, es sind meist rotzverdächtige Pferde, zu deren Settion noch ein zweiter Arzt hinzugezogen wird und wo es sich für den Besitzer nicht nur um die Feststellung der Krankheit, sondern auch um die Entschädigungsfrage handelt. Wenn Pferde nicht mit der Rotzkrankheit behaftet befunden werden, bekommt der Besitzer den vollen Werth, im anderen Falle nicht, er hat also ein Jntereffe daran, daß ein wissenschaftlicher Irrthum nicht vorkommt und aus dem Grunde zieht er in der Regel einen zweiten Thierarzt hinzu.

Das wird voraussichtlich auch ferner der Fall sein, da die Rotzkrankhett, wenn sie sich noch nicht vollständig entwickelt hat, schwer am lebenden Pferd zu erfemten ist, so daß ein Irrthum möglich erscheint. Wenn nun beide Thierärzte nicht derselben Meinung sind,, so betrifft, wie die Erfahrung lehrt, die Meinungsverschiedenheit in der Regel nicht den Thatbestand, der wird in der Regel von beiden gleichmäßig wahrgenommen und im Bericht geschildert, die Meinungsverschiedenheit besteht in den Schlußfolger­ ungen, ob das Thier mit der Rotzkrankheil oder einer anderen Seuche oder mit einer nicht ansteckenden Krankheit behaftet war. In solchen Fällen kann der höhere Sachverständige auf Grund des ihm vorgelegten Obduktionsbefundes, ohne seinerseits das Thier noch einmal selbst untersucht zu haben, die Ent­ scheidung treffen. Ja, diese Untersuchung durch den höheren Sachverständigen würde sogar in der Regel nicht möglich fein, wenn es sich um die Untersuchung eines bereits getödteten Thieres handelt; denn bevor der höhere Sachverständige hinzukommt, würden die kranken Organe bereits derartige Veränderungen er­ litten haben, daß die Untersuchung eine zuverlässiae nicht mehr sein könnte. Die Frage müßte dann namentlich bezüglich der Entschädigung eine offene bleiben, d. h. eine Entschädigung würde überhaupt nicht aewährt werden können. (Diese letztere von dem damaligen Commissar des BunoesrathS Dr. Rolofs geäußerte Anschauung ist indeß, wie die Praxis ergeben hat, nicht zutreffend, besonders wenn das Thier auf amtliche Anordnung getödtet wurde.) Eine Commission von Sachverständigen gibt aber jedenfalls eine größere Garantie für die Richtige feit des Gutachtens als der einzelne Sachverständige. (R.T.B. v. Jahre 1680, S-1049).

2. Der § 16 regelt also das Verfahren bei der Ermittlung von Vieh­ seuchen; derselbe faßt indeß hinsichtlich der Anordnung der Schutzmaßregeln nur jene Eventualität ins Auge, bei welcher durch das Gutachten des beamteten Thierarztes der Seuchenausbruch bezw. Seuchenverdacht festgestellt und durch jenes deS vom Besitzer beigezogenen Thierarztes auf Seuchenfreiheit oder eine Krankheit erkannt wird. Wie bei gegenteiliger Sachlage zu verfahren ist, wenn also der amtliche Thierarzt einen Seuchenverdacht nicht vorfinden kann, dagegen der andere vom Besitzer zugezogene Sachverständige solchen gegeben haben will, läßt die qu. Bestimmung des Gesetzes, wie auch das B.A.G., gänzlich unbe-

Reuter, Deutsche Viehseuchengesetzgebung.

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34 rührt. Es ist in solchen Fällen für die zuständige Polizeibehörde vorerst mehr Ermessensfrage, ob dieselbe Schutzmaßregeln anordnen will, resp, ob sie, miolange keine endgiltige Entscheidung wegen des SeuchenausbrucheS in Form des Obergutachtens erfolgt ist, dem einen oder dem anderen der vorliegenden Gutachten Glauben schenken und danach Bersügungen erlassen will. Handelt es sich um eine entschädigungspflichtige Viehseuche, so haben die beiden divergirenden Gutachten bis zum Eintreffen des Obergutachtens gleichmäßigen Werth, daher auch gleiche Beachtung zu finden. Vgl. Art. 6 des B.A.G. Bei nicht entschädigungspfiichtigen Viehseuchen, für welche im Differenzsalle der Kreisthierarzt (in Bayern) das Obergutachten abgibt und bei welchen die Maßregeln weniger einschneidend sind als bei den anderen Seuchen, wird wohl in der Regel dem Gutachten des beamteten Thierarztes beizupflichten sein, bis die endgiltige Ent­ scheidung über den SeuchenauSbruch erfolgt ist. Als Sachverständige können bei diesem Verfahren, auch in Hinblick auf §2 des Gesetzes, für den Besitzer nur Thierärzte und zwar für das Gebiet des deutschen Reiches approbirte Thierärzte fungiren, wobei es gleichgiltig ist, ob Civil-, Militär-, praktische, be­ amtete, Schlachthausthierärzte, Professoren an Universitäten, thierärztlichen oder landwirthschastlichen Hochschulen rc. zur Vertretung seiner Interessen beige­ zogen werden. 3. Die Ermittlung der Seuchenausbrüche bezw. die nachträgliche Unter­ suchung der Kadaver auf Nachweis der Krankheit ist seit der bedeutsamen Ent­ wicklung der bakteriologischen Wissenschaft gegenüber dem Zeitpunkte, in welchem das ursprüngliche Gesetz entstanden ist, mit größerer Sicherheit zu bewerkstelligen und oft noch lange Zeit nach dem Tode der Thiere möglich. Es wird daher in solchen Streitfällen hinsichtlich der Feststellung der Seuche von der bakterio­ logischen Untersuchung mehr als früher Gebrauch gemacht werden. Dieselbe ist besonders zuverläs'ig, wenn es sich um Eruirung des Milzbrandes, Rausch­ brandes, der Wildseuche, vielleicht auch des Rotzes handelt. Bei anderen Seuchen dürfte solche vorerst weniger in Betracht kommen.

§ 17. Alle Vieh- und Pferdemärkte sowie auch öffentliche Schlachthäuser sollen durch beamtete Thierärzte beaufsichtigt werden. Dieselbe Maßregel kann auch auf die von Unternehmern behufs öffentlichen Verkaufs in öffentlichen oder privaten Räum­ lichkeiten zusammengebrachten Viehbestände, auf die zu Zuchtzwecken öffentlich aufgestellten männlichen Zuchtthiere, auf öffentliche Thier­ schauen und auf die durch obrigkeitliche Anordnung veranlaßten Zu­ sammenziehungen von Pferde- und Viehbeständen, sowie auf Gastställe, private Schlachthäuser und Ställe von Viehhändlern ausgedehnt werden. Der Thierarzt ist.verpflichtet, alle von ihm auf dem Markte oder unter den vorbezeichneten Pferdeund Viehbeständen beobachteten Fälle übertragbarer Seuchen oder seuchenverdächtiger Erscheinungen sogleich zur Kenntniß der Polizei­ behörde zu bringen und nach sofortiger Untersuchung des Falles die Anordnung der erforderlichen polizeilichen Schutzmaßregeln zu be­ antragen. Liegt Gefahr im Verzüge, so ist der Thierarzt befugt, schon

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vor polizeilichem Einschreiten die Absonderung und Bewachung der erkrankten und verdächtigen Thiere anzuordnen. Erläuterungen: 1. Im Interesse der rechtzeitigen Ermittelung der Seuchenausbrüche ht eine regelmäßige Beaufsichtigung der Vieh- und Pserdemärkte durch beamtete Thierärzte vorgeschrieben, da die Erfahrung lehrt, daß die Märkte von Biehbesitzern oft dazu benutzt werden, um sich der erkrankten oder verdächtigen Thiere durch Verkauf zu entledigen. Selbst wenn der Verkauf der kranken Thiere nicht gelingt, so kann doch schon deren Aufenthalt auf den Märkten zur Verbreitung von Seuchen beitragen. Die gleiche Ueberwachung sonstiger Anhäufung von Biehstücken zu Auktionen, Thierschauen rc. schreibt das Gesetz nicht unbedingt vor, stellt be­ zügliche Anordnungen vielmehr in daS Ermessen der auSführenden Behörden. Die im § 17 vorgesehene Ueberwachung verdient den Borzug vor der allgemeinen Einführung von Zeugnissen über den Gesundheitszustand der in den Handel kommenden Thiere, weil — selbst die Glaubwürdigkeit der Atteste an sich vorausgesetzt — eine mißbräuchliche Verwendung derselben für andere Thiere, als diejenigen, für welche sie ausgestellt sind, nach der vorliegenden Er­ fahrung sich nicht mit Erfolg verhindern läßt. Die Einsetzung besonderer Be­ hörden hiesür, wie die Schweiz solche in ihren den gesummten Viehverkehr über­ wachenden Biehinspektoren besitzt, würde unverhältnißmäßig kostspielig sein, auch unter den in Betracht kommenden Verhältnissen des Handels uno Verkehrs, welche von denjenigen der Schweiz wesentlich verschieden sind, kaum eine bessere Sicherheit bieten, als die im Entwürfe vorgesehenen Maßregeln.

Daß Auktionen, durch welche der einzelne Landwirth auf seinem Gehöfte die Veräußerung selbstgezüchteter Thiere zu erzielen sucht, nicht unter den § 17 fallen, ergibt sich aus dem Wortlaute zur Genüge (Mot. z. R.S.G.). Dies der Standpunkt des Gesetzes vom 23. Juni 1880. 2. Im § 17 des Gesetzes ist der Grundsatz ausgesprochen, daß Biehund Pferdemärkte durch beamtete Thierärzte überwacht werden sollen. Sodann werden gewisse Anhäufungen von Vieh ausgeführt, welche nach dem Ermessen der zuständigen Behörde oer thierärztlichen ueberwachung unterworfen werden können. Auf Grund der Erfahrung, daß Ansammlungen von Vieh aus ver­ schiedenen Orten der Uebertragung des Ansteckungsstoffes Vorschub leisten und in Zeiten deS epizootischen Auftretens einer leicht übertragbaren Seuche die Hauptursache der Seuchenverschleppung abgeben, haben die Polizeibehörden viel­ fach in allen im Gesetz aufgeführten Fällen von der Befugniß zur Anordnung der thierärztlichen Ueberwachung Gebrauch gemacht. Uebersehen sind aber in dem Gesetz vom 23. Juni 1880 die Gastställe, die Schlachthäuser und die Ställe von Viehhändlern, deren Besetzung mit Vieh aus verschiedenen Gegenden be­ ständig wechselt und die deshalb — besonders in Zeiten einer Seuchenepidemie — vorzuasweise zur Uebertragung und Verschleppung des Kontagiums geeignet sind. Nach dem Entwurf sind daher diese Stätten der Ansteckung an geeigneter Stelle eingeschaltet. Was die Gastställe betrifft, so werden die Polizei­ behörden sich in der Regel darauf beschränken können, der thierärztlichen Auf­ sicht nur diejenigen zu unterstellen, in denen Wiederkäuer und Schweine für den Handel, für Märkte und Thierschauen oder ans ähnlichen Veranlassungen eingestellt zu werden pflegen In Zeiten der Rotzgefahr würden jedoch in oen bedrohten Orten auch solche Ställe zu beaufsichtigen sein, in denen in der Regel nur Pferde eingestellt werden (Mot. z. Art. 1 d. G. v 1. Mai 1894, Reichstags­ drucksachen Nr. 28, S. 4, 9. Legislaturperiode, II. Session 1893/94). Nach § 17 des R.SG. v. 23. Juni 1880 sollen alle Vieh- und Pferde-

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markte durch beamtete Thierärzle beaufsichtigt werden. Dieselbe Maßregel kann aus gewisse Anhäufungen von Vieh, z. B. Thierschauen, ausgedehnt werden. Der Entwurf schlägt nun vor, die letztere Bestimmung auch auf Gastställe, Schlachthäuser und Ställe von Viehhändlern zu beziehen (weil hier fortgesetzt mehr oder weniger große Biehzusammenstellungen stattfinden, dem­ gemäß die Gelegenheit zu einer Seucheninfektion leicht gegeben fern kann). Daß diese in hervorragender Weise zur Verschleppung von Seuchen, namentlich der Maul- und Klauenseuche beitragen, darüber war die Commisfivn in Uebereinstimmung mit den Ausführungen der Motive einverstanden, es wurde aber von einer Seite der Wunsch ausgesprochen, die Beauffichtigung der ge­ nannten Ställe und Schlachthäuser durch beamtete Thierärzte nicht von dem Belieben der Polizei abhängig zu machen, sondern als ständige Einrichtung fest­ zusetzen Demgegenüber ward von einem der Regierungsvertreter bemerkt, daß dieses doch zu großen, oft unnöthigen Belästigungen führen würde Es ward sodann der Antrag gestellt, die Schlachthäuser am Eingänge des § 17 neben den Vieh- uub Pferdemärkien zu nennen und dadurch zu bestimmen, daß wenigstens diese der regelmäßigen Beaufsichtigung burd) beamtete Thierärzte obligatorisch unterworfen sein sollen. Dieser Antrag ward in erster Lesung einstimmig angenommen, sowie der ganze § i? in der biedurch geänderten Fassuna Die Aendemng besteht also darin, daß in dem primären Entwürfe, „alle Vieh- und Pferdemärkte sollen durch beamtete Thierärzte beaufsichtigt werden", nach dem Worte „Pserdemärkte" bie weitere Ergänzung „sowie auch öffentliche Schlachthäuser" eingesührt wurde. In zweiter Lesung ist sodann darauf aufmerksam gemacht worden, daß namentlich in Süd- und Westdeutschland in einer Reihe von nur mittelgroßen Städten und Ortschaften Schlachthäuser errichtet seien, die nicht den Charakter öffentlicher Schlachthäuser hätten, sondem nur als private Einrichtungen zu be­ zeichnen seien; es werde - so wurde des Weiteren dargelegt — unausführbar sein, auch diese Anstalten der ständigen Beaufsichtigung durch beamtete Thier­ ärzte zu unterwerfen, vielmehr werde es genügen, nur in Zeiten größerer Seuchengesahr diese Beaufsichtigung seitens der Polizeibehörden anzuordnen. In Uebereinstimmung mit diesen Ausführungen wurde dann von der Commission eine aus der Zusammenstellung der Vorlage mit den Commissionsbeschlüssen zweiter Lesung ersichtliche Fassung angenommen, nach welcher alle öffent­ lichen Schlachthäuser der ständigen Beauffichtigung der beamteten Thierärzte unterstellt werden sollen, nach welcher aber diese Maßregel auf private Schlacht­ häuser durch Anordnung der Polizeibehörde ausgedehnt werden kann. Der so geänderte § 17 ist mit 11 gegen 4 Stimmen angenommen worden. Die Aenderung hat also darin bestanden, daß die Maßregel der thierürztlichen Beauffichtigung, wie solche nach dem Entwürfe „aus Gastställe, öffent­ liche Schlachthäuser und Ställe von Biehhändlem" ausgedehnt werden samt, nunmehr auch auf „private Schlachthäuser" sich erstrecken soll, weßhalb daS Wort „private" vor der Bezeichnung der Schlachthäuser nunmehr getreten ist. (Reichstagsdrucksachen Nr. 189, S. 1 und 2, Bericht der VIII. Kommission, 9. Legislaturperiode 1893/94.) 3. Die im ursprünglichen Gesetze gegebenen Vorschriften erfahren eine Erweiterung in der Richtung, daß die thierärztliche Beaufsichtigung auch aus die öffentlichen Schlachthäuser ausgedehnt werden soll und auf private Schlacht­ häuser und Ställe von Viehhändlern ausgedehnt werden sann. Diese Maßregel ist, soweit solche aus die Schlachthäuser Bezug nimmt, sowohl im veterinärpolizeilichen Interesse, als ganz besonders in allgemein hygienischen Rücksichten begründet. Durch dieselbe wird zunächst die Noth-

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ivendigkeit einer veterinär-technischen Fleischbeschau im Bereiche der Seuchen­ tilgung anerkannt, nnb kann diese Anordnung als eine Vorstufe zum Erlaß eines einheitlichen Reichsgesetzes, betreffend die Handhabung der Fleischbeschau und der veterinärpolizeilichen Beauffichtigung derselben überhaupt, wie solche bereits in einzelnen deutschen Bundesstaaten besteht, betrachtet werden. Die Beaufsichtigung involvirt hier in erster Linie die Untersuchung, Besichtigung, Controlle und Beurtheilung der Schlachtthiere hinsichtlich ihrer Genießbar- bezw. Verwendbarkeit, in zweiter Linie die aus Anlaß der hiebei gemachten Konstatirung von einer Seuche oder einem Seuchenverdacht zu ergreifenden Schutzund Tilgungsmaßregeln in Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Be­ stimmungen. Daher soll diese Aufficht den beamteten Thierärzten übertragen werden, weil dieselben das Nöthige sogleich anordnen können, und die Seuchen­ tilgung durch den ungesäumten Vollzug eher einen Erfolg gewährleistet. Allein es unterliegt keinem Zweifel, daß nach § 2 des Gesetzes an Stelle der amt­ lichen Thierärzte im Falle ihrer Behinderung oder aus sonstigen dringenden Gründen auch andere approbirte Thielärzte zugezogen werden können. Diese letztere Eventualität wird hier um so öfter eintreten, als für derartige, nament­ lich gering dotirte Stellen mit weniger umfangreichem Geschäftsbetriebe Thier­ ärzte, lvetche die Bedingungen zur Uebernahme der Funktion eines amtlichen Thierarztes erfüllt haben, nicht immer vorhanden find und in einzelnen deutschen Bundesstaaten an solchen ohnedies eher Mangel als Ueberfluß besteht. Diesem Berhältniffe wurde bisher schon in den meisten deutschen Bundesstaaten Rechnung getragen und wird solches auch durch das neue Gesetz nicht alterirt. Für alle Fälle bleibt es jedoch Grundsatz, daß diese Funktion nur be­ amteten Thierärzten übertragen werben soll, und daß ein Abgehen von dieser Vorschrift nur als (zulässige) Ausnahme zu gelten hat (§ 2 Abs. 3 des Gesetzes). Der weitere Zusatz in § 17 zu dem bisherigen Gesetze, wonach die gleiche Maßregel der thierärztlichen Beaufsichtigung auf Gastställe, private Schlacht­ häuser und Ställe von Viehhändlern ausgedehnt werden kann, wurde bisher vielfach schon bei dem Vollzug des Reichsgesetzes in Anwendung gebracht. Im Königreiche Bayern und in den meisten süddeutschen Bundesstaaten besteht ohnehin eine obligatorische Fleischbeschau. Dieselbe hat sich naturgemäß auch auf die Ausübung der Beschau in den privaten Schlachthäusern zu erstrecken. In Zeiten allgemeiner Seuchengesahr, so z. B. bei stärkerer Verbreitung der Lungenseuche, darf nach den einschlägigen oberpolizeilichen Vorschriften der ein­ zelnen Regierungsbezirke in Bayern nur ein approbirter Thierarzt die Fleifchbeschau in den verseuchten Gemeinden ausüben; auf dem Lande und in kleineren Städten rekrutirt sich das Hauptkontingent des Beschaupersonals auS empirischen Fleischbeschauern, allein dieselben sind der Beaufsichtigung des zuständigen amt­ lichen Thierarztes unterstellt, weil es eben nicht angängig und möglich ist, daß überall nur Thierärzte zu dieser Funktion verwendet werden können. Es ist daher in gewisser Hinsicht diese Neueinschaltung int Großen und Ganzen nichts Anderes als eine Nachahmung des bisher schon in Bayern, welches Land sich stets durch eine mustergiltige Beterinärorganisation ausgezeichnet hat, ge­ handhabten Bersahrens, allerdings geht das Gesetz noch etwas weiter, indem für die privaten Schlachthäuser, wie für Gastställe und Ställe von Viehhändlern, weit Jtrf) hier zunächst lediglich um seuchenpolizeiliche Maßnahmen handelt, als Auffichtsorgane Thierärzte und nicht empirische Sachverständige, wie bei der Fleischbeschau, vorgesehen werden sollen. Aus dem Wege ortspolizeilicher Vorschriften wurde bisher an den meisten Plätzen, an welchen regelmäßig größere Biehmärkte und Viehzusammenstellungen

38 stattfinden, diese nunmehr allgemein vorgesehene Controlle der Gastställe und der Ställe der Viehhändler bereits gehandhabt. Dieselbe hat sich in allen Fällen als eine wirksame Handhabe zur Seucheneruirung, wie zur Ermöglichung der rechtzeitigen Inangriffnahme der gesetzlichen Schutz- und Tilgungsmaßregeln erwiesen. Während nun die thierärzttiche Beauffichtigung der Vieh- und Pferdemarkte, sowie auch öffentlicher Schlachthäuser als feststehender Grundsatz, als eine naturgemäße, nicht zu umgehende und obligatorische Maßregel tu kate­ gorischer Form erklärt wird, weil deren Nothwendigkeit für alle Fälle anerkannt wird, wird die Ausdehnung dieser Maßregel aus Gastställe, private Schlacht­ häuser und Ställe von Viehhändlern erst von der Prüfung der Bedürfnißfrage, somit von den thatsächlichen Verhältnissen, ob solche die Verhängung im Interesse der Seuchenpolizei erheischen, abhängig zu machen sein. Dies geht auch aus dem Wortlaute der Bestimmung selbst hervor, welcher mehr den hypothetischen als den kategorischen Charatter erkennen läßt. Es ist die Anordnung der zu­ ständigen vorgesetzten Polizeibehörde jedenfalls nach vorheriger Einvernahme des amtlichen Thierarztes Vorbehalten. Je nach der Sachlage kann die Maßregel als eine provisorische, vorübergehende, oder aber als eine stationäre und perma­ nente verfügt werden. Derselben kommt eine mehr fakultative Bedeutung zu. Die Maßregel ist auch für solche Fälle vorgesehen, je nach der Sachlage kann — nicht muß — von derselben Gebrauch gemacht werden. Wird die Ausführung derselben einem nichtamtlichen Thierarzte übertragen, so ist es selbstredend, daß demselben, was Competenz anlangt, für diese Funktion die gleichen Besugnisie und Obliegenheiten zustehen als dem amtlichen Thierarzte. 4. Zu § 17 des Art. 1 hatte der Abgeordnete Dr. Södel den An­ trag gestellt, hinter den Worten „Ställe von Viehhändlern ausgedehnt werden" die Worte einzufüaen: „Viehhändler sind zur regelmäßigen Führung von Büchern verpflichtet, in welchen Aus- und Eingang aller von ihnen gehandelten Thiere sorgfältig verzeichnet sein muß." * Der Antrag sollte bezwecken, die Controlle über den Viehhausirhandel, welcher so häufig Anlaß zur Ausbreitung von Seuchen gibt, zu erleichtern, außerdem hatte derselbe auch eine volkswirthschaftliche Seite, indem nach Ansicht des Abgeordneten auf diese Weise unlautere Geschäftspraktiken, wie solche durch die weitgehenden und weitverzweigten Verbindungen der Händler über ganz Deutschland leicht möglich sino, leichter ans.Tageslicht kämen, weßhalb die Controlle des gesammten Viehhandels nicht scharf genug sein könnte. Diese Auffassung begegnete vielfachem Widerspruch, man hielt den An­ trag erstens sehr schwer auszuführen, namentlich hinsichtlich der Feststellung der Identität deS Gesetzes und überdies für den Zweck dieses Gesetzes von sehr aeringer Bedeutung, wenn eine solche Buchführung für die Händler eingesührt würde. Außerdem wurde noch die Frage hinsichtlich der Zuziehung der amt­ lichen Thierärzte für die Aufficht an den öffentlichen Schlachthäusern ventilirt, ob die Zahl derselben ausreichend erscheinen könnte für diesen Zweck und ob nicht auch andere approbirte Thierärzte an deren Stelle furrgiren könnten. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath glaubte die erstere Frage bejahen zu sollen, überdieß wollten.die verbündeten Regierungen nur die Möglichkeit chaffen, alle Schlachthäuser unter Aussicht stellen zu können. Abgeordneter Dr. Müller (zugleich Commissionsmilglied bei der Be­ rathung dieses Gesetzes) äußerte sich über diese Frage wie folgt: Nach dem Wort­ laut des Gesetzes sind „beamtete Thierärzte" unterschieden von „approbirten" Thierärzten. Ich meine, wenn bei einem Schlachthaus ein Thierarzt angestellt ist, der das Vertrauen der Auffichtsbehörde besitzt, so liegt nichts im Wege,

39 diesen approbirten Thierarzt als beamteten Thierarzt gelten zu lassen. Meiner Ansicht nach würde das dem Wortlaut des Gesetzes in keiner Weise widersprechen. Ich meine, wenn man eine solche Bestimmung erläßt, wie hier der vorliegende Paragraph enthält, dann müßte man sie konsequent aus alle öffentlichen Schlacht­ häuser ausdehnen, da es im öffentlichen Interesse liegt, daß alle Schutzmaßregeln, die ergriffen werden gegen Seuchengefahr, möglichst einheitlich und mög­ lichst gründlich zur Durchführung gelangen. Ich würde also Vorschlägen, den Wortlaut der ersten beiden Zeilen dahin zu ändern, daß anstatt des Wortes „auch" das Wort „alle", und statt „öffentliche" „öffentlichen" gesetzt werde. Der Berichterstatter der Commission erwiderte hierauf, daß nach § 2 des Gesetzes die Zulaffung anderer, auch nicht beamteter Thierßrzte gestattet sei, daß aber die Aufstellung von beamteten Thierärzten für diesen Zweck als Grund­ satz zu gellen habe und es, wenn derselbe nicht immer durchführbar sei, Sache der Aufsichtsbehörde sei, wer mit der Beaufsichtigung beauftragt werden soll; auch sei eS nicht richtig, daß daS Wort „alle" sich nicht beziehe, auf „öffent­ liche Schlachthäuser", dieses sprachliche Bedenken sei unbegründet. Der von Dr. Böcke! gestellte Antrag wurde in zweiter und dritter Lesung abgelehnt. Derselbe hatte noch einen Zusatz bei der dritten Lesung er­ halten, welcher lautete: „Zu Art. 8, § 66 Nr. 4, hinter „zuwiderhaudelnd" einzufügen: „Viehhändler, welche die Führung der in § 17 vorgeschriebenen Bücher Unterlasten oder vernachlässigen, werden von der Ortspolizeibehörde bestrast. Absichtlich falsche Angaben in demselben fallen unter §§ 267 ff. deS Strafgesetzbuches für daS deutsche Reich." In dritter Lesung hatte derselbe noch andere GesichtSpuntte, welche zu besten Gunsten sprechen sollten, vorgebracht: es sollte durch denselben haupt­ sächlich den Thierärzten die Controlle und Revision der Ställe von Viehhändlern im Falle des AuSbruches von Seuchen ermöglicht bezw. erleichert werden. Der Commiffar deS BundesratheS erkannte die Nützlichkeit der thier­ ärztlichen Ueberwachung von Händlerställen, wie solche von dem Abgeordneten Dr. Böckel geschildert wurde, alS zutreffend an. ES folge aber daraus noch nicht, daß es nothwendig wäre, die Besttmmung, die er vorgeschlagen habe, in das Gesetz einzufügen. Der § 17 der Gesetzesvorlage gebe schon den Polizei­ behörden die Befugniß, die Ställe der Händler einer thierärztlichen Beaufsichttgung zu unterwerfen. Wenn aber eine Behörde befugt sei, eine thierärztliche Beaufsichtigung eines Stalles anzuordnen, so ist sie konsequenter Weise auch berechtigt, die Anordnungen zu treffen, welche nothwendig sind, um diese Beaufsichtigung wirksam durchzuführen. Sie kann daher vorschreiben, daß über den Zu- und Abgang deS Viehes in Ställen von Händlern Buch geführt wird, wo dies im veterinärpolizeilichen Interesse geboten erscheint. Eine gesetzliche Besttmmung, wie sie der Antrag bezwecke, daß Viehhändler ohne Ausnahme zu allen Zeiten und in allen Gegenden beständig dem Zwang der Buchführung unterworfen werden müßten, sei zur Verhütung von Seuchen­ verschleppungen nicht nothwendig und würde den Viehhandel in ungerechter Weise erschweren (Stenographischer Bericht des Reichstages, 9. Legislatur­ periode, II. Session 1893/94, S. 2006—2010 und S. 2248—49.) Die aus Anlaß der Maßregeln erwachsenen Kosten sind, soweit sie auf § 17 des Reichsgesetzes Bezug haben, vom Unternehmer zu tragen und werden in Ermangelung gütlicher Einigung von der zuständigen, vorgesetzten Polizei­ behörde festgesetzt. Es bestehen hierüber in den einzelnen deutschen Bundes­ staaten eigene Vorschliften, auf welche hiemit verwiesen wird. Nach dem einschlägigen bayerischen Gesetz, die Ausführung des Reichs­ gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen betreffend, vom 21. März 1881 sind die Kosten der thierärztlichen Beaufsichtigung der zu Zucht-

40 zwecken öffentlich ausgestellten männlichen Zuchtthiere, dann der Vieh- und Pferdemärkte, sowie der übrigen in § 17 des Reichsgesetzes bezeichneten Biehund Pferdebestände von dem Unternehmer zu tragen und in Ermanglung güt­ licher Einigung von der Distrittspolizeibehörde festzusetzen. Mehrere bei dem­ selben Unternehmen betheiligte Personen hasten solidarisch für diese Kosten; die­ selben werden im Wege des administrativen Zwangsvollzuges beigelrieben. Nunmehr hätten diese und alle analogen Bestimmungen eine Erweiterung dahin zu erfahren, daß in deren Bereich und mit der gleichen Tragweite auch die Kosten für die tierärztliche Beaufsichtigung der öffentlichen Schlachthäuser, sowie, im Falle solche angeordnet werden muß, auch der Gastställe, privaten Schlachthäuser und der Ställe von Viehhändlern gezogen werden. In letzterer Hinsicht, namentlich insoweit die Beaufsichtigung der Gastställe in Betracht kommt, wird es sich nicht vermeiden lassen, daß auch die Communen an diesen Kosten partizipiren: es geschieht dies — und es bestanden in dieser Hinsicht bereits zahlreiche Lokalstatute — hauptsächlich an jenen Orten, an welchen die Gemeinden an dieser Controlle selbst in gewisser Hinsicht betheiligt sind, in­ dem von derselben die Bewilligung der Biehmärtte, dadurch ein stärkerer Fremdenverkehr und andere Vortheile abhängig sind Gleichwohl bleibt es Grund­ satz, daß der Untern dinier als solcher derartige Lasten zu tragen hat; die Partizipirung resp. Vereinigung hinsichtlich der Leistung solcher Gebühren läßt sich nur dann rechtfertigen, wenn die betheiligten Contrahenteu nach der einen oder der anderen Seite als Unternehmer erscheinen, und im Berweigerungsfalle das Unternehmen beeinträchtigt oder gar sistirt werden könnte, wodurch für dieselben Nachtheile erwachsen würden. Biele ortspolizeiliche Statute (Marktordnungen, gemäß welchen die regel­ mäßige Controlle des in Gasthausstallungen zum Zwecke des Handels ausge­ stellten Viehes angeordnet ist) weisen solche Bestimmungen auf, in welchen ent­ weder die Orksbehörde die Kosten der thierärztlichen Gebühren gänzlich über­ nimmt, dafür aber einen höheren Accis für das Einstellen in den Wirthshausstallungen oder für den Zutrieb zum Viehmarkte erhebt, oder aber dieselbe setzt eine bestimmte Gebühr fest und läßt solche durch ihre Organe von den berettißten Gastwirthen resp. Viehbesihern oder Viehhändlern direkt erheben. Diese Verhältnisse der Kostentragung bei der Beaufsichtigung des Viehhandels finden auch sinngemäße Anwendung auf die thierärztliche Beaufsichtigung der öffent­ lichen und privaten Schlachthäuser, sowie der zu Zuchtzwecken öffentlich ausge­ stellten Zuchtthiere, wenn eine solche angeordnet wird. Vgl. noch Art. 10 des B.A.G. und Ziff. 8 der B.M.B.

c) Schutzmaßregeln gegen Sencheugefahr.

8 18. Im Falle der Seuchengefahr und für die Dauer derselben können, vorbehaltlich der in diesem Gesetze rücksichtlich einzelner Seuchen ertheilten besonderen Vorschriften, je nach Lage des Falles und nach der Größe der Gefahr, unter Berücksichtigung der be­ theiligten Berkehrsinteressen die nachfolgenden Schutzmaßregeln (§§ 19 bis 29) polizeilich angeordnet werden. Beschwerden des Besitzers über die von der Polizeibehörde angeordneten Schutzmaßregeln haben keine aufschiebende Wirkung. Erläuterungen: 1. In den §§19 — 29 sind diejenigen Schupmahreaeln einzeln aufgeführt, welche von den Polizeibehörden der Seuchengesahr gegenüber je nach Lage des Falles getroffen werden können und zugleich diejenigen

41 Schranken gezogen, welche den Polizeibehörden zum Schutze des Eigenthums und der Berkehrsinteressen auferlegt werden müssen. Dabei sind solche Anordnungen nicht besonders aufgeführt, welche einer speziellen gesetzlichen Ermächtigung nicht bedürfen, so z. B. die öffentliche Be­ lehrung über die Erkennung und Beseitigung der Seuchengesahr u. dgl. Ebenso­ wenig war die Befugnis; der Polizeibehörde und ihrer Organe zu wiederholten Besichtigungen und Untersuchungen besonders hervorzuheben, denn entweder stellen sich solche Besichtigungen als eine Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens dar (z. B. wenn es sich um verdächtige Thiere handelt) oder sie liegen im Be­ griffe der angeordneten Schutzmatzregel selbst (z. B. der polizeilichen Beobacht­ ung, § 19), oder endlich sie stützen sich auf die allgemeine Besugniß der Polizei, sich von der Ausführung und der Wirkung der von ihr auf Grund des Gesetzes und der Bollzugsvorschristen ungeordneten Maßregeln zu überzeugen. (Mot. z. R.S.G). 2. Der § 18 des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880 lautet: Im Falle der Seuchengefahr (§ 14) und für die Dauer derselben können, vorbehaltlich der in diesem Gesetze rücksichtlich einzelner Seuchen ertheilten besonderen Vorschriften, je nach der Lage des Falles und nach der Größe der Gefahr, unter Berück­ sichtigung der betheiligten Berkehrsintereffen die nachfolgenden Schutzmaßregeln (§§ 19 — 29) polizeilich angeordnet werden. Beschwerden des Besitzers über die von der Polizeibehörde angeordneten Schutzmaßregeln haben keine aufschiebende Wirkung. Nach § 14 des R-S.G. ist bezw. war der Begriff „Seuchengefahr" da­ durch specialisirt, daß aus die gutachtliche Erklärung des beamteten Thierarztes der Ausbruch der Seuche sestgestellt sei, oder daß der begründete Verdacht eines Seuchenausbruches vorliege. Der betreffende Paragraph gibt dann die Weisung für die an diese Feststellung sich knüpfenden polizeilichen Anordnungen. Im Besonderen setzt derselbe fest, daß die Polizeibehörde im einzelnen Falle nur auf Gnmd der gutachtlichen Erklärung des beamteten Thierarztes zu verfügen hat. Dann heißt es dort weiter: Die Polizeibehörde hat auf diese Erklärung hin die für den Fall der Seuchengefahr in diesem Gesetze und den zur Ausführung desselben erlassenen Verordnungen vorgesehenen den Umständen nach erforderlichen Schutzmaßregeln zu treffen und für die Dauer der Gefahr wirk­ sam durchzuführen. Hegt die Polizeibehörde Zweifel über die Erhebungen des beamteten Thierarztes, so kann dieselbe zwar die Einziehung eines thierärztlichen Obergutachtens bei der vorgesetzten Behörde beantragen, die Anordnung der erforderlichen Schutzmaßregeln darf jedoch hiedurch keinen Aufschub erleiden. Die Motive zum Entwürfe deS jetzigen Gesetzes sagen: „Im § 18 des Gesetzes empfiehlt sich die Streichung der Einschaltung „(§ 14)" hinter den Anfangsworten „Im Falle der Seuchengesahr", weil der Hinweis auf den von der Feststellung eines Seuchenausbruches durch den beamteten Thierarzt handeln­ den § 14 die Auslegung zulaßt, daß die in den §§19—29 des Gesetzes auf­ geführten Schutzmaßregeln erst angewendet werden dürfen, wenn in dem Bezirk, für welchen Schutzmaßregeln angeordnet werden sollen, bereits ein Seuchensall oder der begründete Verdacht eines Seuchenausbruches von einem beamteten Thierarzt sestgestellt worden ist. Es ist aber häufig unerläßlich, Schutzmaß­ regeln für einen inländischen Bezirk schon dann anzuordnen, wenn das Auf­ treten der Seuche im benachbarten Auslande oder in einem entfernteren in­ ländischen Bezirk bekannt wird. Die Beseitigung des Hinweises aus den § 14 im Entwurf soll der die freie Bewegung der Beterinärpolizei beschränkenden Auslegung des § 18 begegnen." Die Commission schloß sich bei der Berathung des Entwurfes diesen Motiven an; es wurde aber doch von einer Seite nach dem Berichte der

42 VIII. Commission — Reichstagsdrucksachen, II. Session 1893/94, Nr. 1897, S. 2 — gegen die Streichung des Hinweises, also gegen die Annahme des Art. 2 der Novelle geltend gemacht, daß unnörhige Belästigungen durch die Ausdehnung der Be­ fugnisse der Polizeibehörden einen Borwand ergeben würden; ein tierärztliches Gutachten müsse stets als Vorbedingung der polizeilichen Maßnahme eingeholt werden. Es dürfe auch nicht der bloße Verdacht des Ausbruches einer Seuche ausreichen, um jene Maßregeln zu ergreifen; keine Polizeibehörde sei im Stande, die Frage ohne Begutachten eines ThierarzteS zu entscheiden. Seitens der Regierungsvertreter ward diesen Ausführungen entgegenge­ halten, daß es sich nicht nur um Maßregeln bei Ausbruch der Seuche handle, sondern um Präventivmaßregeln gegen Einschleppung einer solchen. Die Gefahr Über­ flüssiger Belästigungen liege nicht vor, die Streichung des Hinweises aus § 14 solle den Polizeibehörden einen Vorwand entziehen für lässiges Vorgehen; die Maul- und Klauenseuche könne nur dann unterdrückt werden, wenn bei dem Verdacht eines Ausbruches sofort der Transport aus allen in Frage kommen­ den Distrikten verhindert werden könne und zwar ohne thierärztliche öeguu achtung. Der Bundesrath werde übrigens festsetzen, unter welchen Beding­ ungen und Voraussetzungen die Polizeibehörden ohne Weiteres einzuschreiten haben; es werde dafür Sorge getragen werden, daß in diesen Beziehungen nicht ohne Ursache Belästigungen entstehen können. Diesen Ausführungen schloffen sich verschiedene Commissionsmilglieder an, und der Art. 2 ward sodann mit 15 gegen 5 Stimmen angenommen. In zweiter Lesung der Commissionsberathung wurden die angeführten Einwen­ dungen gegen Art. 2 wiederholt, jedoch derselbe mit 10 gegen ü Stimmen ange­ nommen. Bei der Plenarberathung im Reichstage war von einem Abgeord­ neten (Birk, München) dieser Artikel bekämpft worden, einmal, weil bei den hier als Schutzmaßregeln gegen die Seuchengefahr zu bethätigenden Maßnahmen von wirklichem Schutz gegen die Seuchengefahr wenig zu bemerken sei und dann, weil die beamteten Thierärzte, auf deren Zuziehung die Schutzmaßregeln ge­ gründet seien, in der Regel ein zu großes Gebiet zu versehen hätten, als daß sie ihren Anforderungen sogleich immer gerecht werden könnten, auch könnte durch solche Organe die Seuche erst recht verschleppt werden. Redner ist daher mehr für die Aufstellung eigener und ständiger örtlicher Desinfektoren, welche nach Vorschrift in den Seuchen- oder einer Seuchengefahr ausgesetzten Stall­ ungen die Desinsection vorzunehmen hätten und welche, soferne geeignete Per­ sönlichkeiten hiezu genommen würden, wirksamer und rascher die Seuche zu tilgen vermöchten als alle polizeilichen Beaufsichtigungen. Redner schildert die günstigen Resultate einer solchen Handhabung auf Grund der im Regierungs­ bezirke Oberbayern gemachten Erfahrungen. Zu einer Debatte gaben diese Ausführungen keinen Anlaß. Der Art. 2 bedeutet eine wesentliche Aenderung in der modernen Seuchen­ tilgung gegenüber dem bisherigen Verfahren. Derselbe muß entschieden als ein Fortschritt in der Seuchentilgung aufgesaßt werden, weil solcher den „Be­ griff einer Seuchengesahr" nicht in dem Maße, als bisher, einschränkt, für denselben weitere Grenzen, als solche bisher in dem § 14 des R.S.G. gezogen waren, zuläßt und somit mehr die thatsächlichen Verhältnisse der Substanziirung desselben berücksichtigt, als bloß jene in den Rahmen der bisherigen Gesetzgebung gerade passenden. Die Seuchentilgung wird in Folge dieser weilergehenden Auffassung von den Obliegenheiten der Beterinärpolizei auch aus ein anderes, bisher derselben nach dem Gesetze mehr femgelegenes, nämlich der Jnscenirung von Vorbeuge- oder Prophylakttv- bezw. Präventivmaßnahmen ausgedehnt. Die­ selbe kommt hier in manchen Punkten in enge Berührung mit der Hygiene. Dadurch, daß die Seuchenpolizei nunmehr auch ein Prophylaktivversahren,

43 ohne daß also eine effektive Seuchengesahr, d. h. ein conftatirter Seuchenfall oder Leuchenverdacht in deren Rayon vorliegt, einzuschlagen berechtigt ist, wird sie den Schutz- und Tilgungsmaßregeln eine wirksamere Basis in Bezug auf Sicherung eines Erfolges verleihen. Das Vieyseuchengesetz kannte bisher nur Schutz- und Tilgungsmittel. Diese mußten in jedem Fall mit einem effektiven Seuchenfall bezw. Seuchenverdacht, wie solcher durch das Gutachten des amt­ lichen Thierarztes erhärtet wird, begründet sein. Ohne diese Voraussetzung konnte die Polizeibehörde Maßnahmen zur Abwehr einer Seuchengefabr nicht erlassen, im Sinne des Gesetzes war also ohne die Eventualität der amtlichen konstatirlen Seuche bezw. des Verdachtes auf solche eine Seuchengesahr schlecht­ weg nicht denkbar, wenn solche gleichwohl in der That auch bestanden hätte. Daß diese Anschauung den thatsächlichen Berhältniffen nicht entsprochen hat, be­ darf eigentlich keiner weiteren Ausführung. Es hat dies zur Genüge die starke Verbreitung der Maul- und Klauenseuche und der Ausbruch verschiedener anderer nicht entschädigungSpflichtiger Viehseuchen ergeben. Wenn eine Seuche in einem Bezirke nicht konstattrt, also nicht zur Kenntniß der Polizeibehörde ge­ kommen ist, so ist damit noch lange nicht gesagt, daß diese Seuche in dem be­ treffenden Bezirke nicht graffirt, daß also durch dieselbe keine Gefahr gegeben ist. Gerade bei der Invasion der Maul- und Klauenseuche kann angenom men werden, daß trotz der eruirten starken Verbreitung in über 60 Proc. der Fälle die SeuchenauSbrüche verheimlicht worden sind, und daß die gemachten statistischen Auszeichnungen bei Weitem nicht der Wirklichkeit in Bezug auf den Grad der wirklichen Seuchenausdehnung entsprochen haben. Die Seuchengefahr war dem­ nach noch weit größer, als sie auf Grund der amtlichen Ausweise angesehen wurde und hat vielfach auch da bestanden, wo eine solche auf Grund des Mangels amtlicher Belege als nicht vorhanden erachtet werden mußte. Die Verheimlichung der Seuchenausbrüche geschieht ja erfahrungsgemäß am häufigsten bei den nicht entschädigungspflichtigen Seuchen, wie andererseits die Prämie der Entschädigung wieder die mächtigste Triebfeder zur rechtzeitigen Anzeigeerstattung und somit auch zur wirksameren Seuchenbekämpfung ist. Dadurch, daß es bisher der Polizeibehörde, wenn solcher die nn Sinne des Gesetzes maßgebende Grundlage zur Statuirung einer Seuchengefahr für ihren Rayon fehlte, nicht möglich war, allgemeine Schutz- und TilgungSmaßregeln zu erlaffen, ist es auch den Biehbesitzern ein Leichtes gewesen, die Seuchen­ ausbrüche zu verheimlichen. Die Festsetzung einer Seuchengefahr für einen oder mehrere Bezirke, räumlich begrenzte Gebiete ein und desselben Bezirkes rc. ist also jetzt nicht mehr an die engen Grenzen deS bisherigen Gesetzes gebunden. ES ist die Polizeibehörde in allen jenen Fällen, in welchen die Eventualität des § 14 nicht vorliegt, aber gleichwohl die Gefahr einer Seucheneinschleppung oder selbst die begründete Annahme einer bereits erfolgten Invasion gegeben ist, auS eigener Jnitiattve berechtigt, Schutz-, in diesem Falle also Borbauungsmaßregeln zu er­ lassen, ohne daß eine thierärztliche Begutachtung der Maßregeln auf Grund einer Untersuchung oder sonstigen Erhebung hiezu nothwendig ist. Dieses Ver­ fahren ist eine Abweichung, ja eine Ausnahme von den bisher geltenden Be­ stimmungen in Bezug auf Erlaß von seuchenpolizeilichen Schutz- und Tilgungs­ maßregeln. Dieselben konnten bisher in jedem Falle nur dann anaeordnet werden, wenn zu solchen vorerst die technische Begutachtung durch den beamteten Thier­ arzt erfolgt ist. Die Einführung dieser Besttmmung hat s. Z. bei der Be­ rathung des ursprünglichen Gesetzes zu weitgehenden Debatten Anlaß gegeben, man wollte von den Gegnern derselben darin eine Präponderanz der Thierärzte, ja eine Unterordnung der Polizeibehörden unter dieselben erblicken, trotzdem die absolute Nothwendigkeit der Bestimmung klar erwiesen war. Nun könnte es

44 scheinen, als ob man die den Thierärzten eingeräumten Competenzen wieder verringern bezw. entziehen wollte Allein dem ist durchaus nicht so, die amt­ lichen Thierärzte bleiben nach wie vor die technischen Experten für die Constatirung der Seuche und die Begutachtung der aus Anlas; derselben von der Polizeibehörde zu ergreifenden Schutz- und Tilgungsmaßregeln. Dieses Ver­ hältniß bleibt also auch in Zukunft bestehen, der eigentliche Wirkungskreis des Thierarztes wird daher in keiner Weise alterirt. Nun soll aber in Zukunft die Polizeibehörde ermächtigt werden, weitergehende Schutz- oder, wie der Commissionsbericht wohl treffender sagt, Präventivmaßregeln in eigener Zuständigkeit zu treffen, welche mit keinem Seuchenausbruch oder Seuchenverdacht innerhalb des Bezirkes, also auch mit keiner aktuellen Thätigkeit des amtlichen Thier­ arztes in Zusammenhang stehen, daher von einem vorher stattgehabten Ein­ greifen des zuständigen Thierarztes unabhängig find, so daß sich der Erlaß solcher Maßregeln auf Verhältnisse, selbst höhere Anordnungen gründen kann, von welchen der amtltche Thierarzt gar nickt unterrichtet ist, daher nachLage der Sache vielleicht auch nicht im Stande wäre, ein entsprechendes Gutachten abzugeben. Bon einer Schmälerung der Competenz kann ablolut keine Rede sein, denn es handelt sich hier um weitergehende vom allgeineinen Gesichtspunkte aus zu ergrersende Maß­ nahmen, die bisher nicht vorgesehen waren und zu deren Begutachtung unter Umständen dem amtlichen Thierarzte die thatsächliche Grundlage fehlen kann, während die Polizeibehörden in Folge des Nachrichtendienstes und auf dem Wege gegenseitiger Verständigung in dieser Hinsicht eher einen Ueberblick besitzen und für alle Fälle besser orientirt sind, als der Thierarzt. Ueberdies bleibt es demselben auch seinerseits unbenommen, Anträge zu stellen, welche sich über den bisherigen Rahmen des Gesetzes im Sinne einer vorgenommenen Untersuchung oder Recherche hinaus erstrecken und die Polizeibehörde in den Stand setzen, aus Grund derselben, die gleichen Schutz- und Präventivmaßregeln anzuordnen, wenn solche als nothwendig im Interesse der Vorbeuge gegen Seuchengefahr durch das Gutachten des amtlichen Thierarztes nachgewiesen werden können. Es dürste daher den Polizeibehörden nicht verwehrt sein, auch bei diesen weilergehenden Schutzmaßregeln, soferne solches für nothwendig gehalten wird, für deren Statuirung die vorherige gutachtliche Einvernahme des amtlichen Thierarztes zu erholen. Gegenüber dem bisherigen Verfahren wäre hier nur insoferne ein Unterschied zu verzeichnen, daß die Maßnahmen, auch wenn sie mit dem Gutachten des amtlichen Thierarztes nicht harmoniren sollten, gleich­ wohl von der Polizeibehörde zur Anordnung gebracht werden können. Die­ selben beziehen sich eben itichl auf die eigentliche Seuchentilgung aus Anlaß eines concretcn Seuchensalles, sondern nur aus eine allgemeine Borbeuge gegen­ über einer zu befürchtenden Invasion oder Seuchenverbreitung. Hinsichtlich des Beschwerderechts gegen die getrofscnenMaßrcgeln vgl. B.A.V- § 5, Abs. 5.

Oberstrichterliche E r k e n n t n i s s e. 1. Die Veterinär-Polizeibehörden sind nur unter der Voraus­ setzung einer ganz bestimmten amtlich konstatirten Seuchengefahr zur Anordnung der im R.S.G. v. 23. Juni 1880 zugelassenen Schutzmaßregeln er­ mächtigt, keineswegs sind sie aber zur Anordnung dieser Schutzmaßregeln be­ rechtigt, um einer unbestimmten künftigen Mög lichtest der Einführung und Verbreitung vorzubeugen. Die Verletzung solcher unberechtigt erlassener Schutzmaßregeln fällt nicht unter die Strafbestimmung des § 328d. R.-St..G.-B. (R.-G -E. v. 24. Januar 1888, Strassen., Sammt 1888, Bd. X. S. 60). An m. Der in diesem Erkenntniß niedergelegte und der bisherigen Norm deS Gesetzes entsprechende Standpunkt ist nach dem abgeänderten £ 18 deS nunmehrigen Gesetzes nicht mehr haltbar, weil den Polizeibehörden in der Verhängung von Schutzmaßregeln weitergehende Competenzen eingeräumt und dieselben nicht mehr zur Statuirung derselben an eine (durch das Gut­ achten des beamteten Thierarztes) constatirte Seuchengefahr gebunden sind.

45 2 Die Zuständigkeit der Polizeibehörde bei der Abwehr und Unterdrück­ ung von Viehseuchen in Bezug auf die Verhängung der in dem R.S.G. und dessen Ausführungs-Bestimmungen vorgesehenen Schutzmaßregem ist beschränkt. Eine Verletzung der über diese Grenzen hinaus getroffenen Anordnungen fällt nicht unter § 328 d. R.-St.-G.-B. (R.-G.-E. v. 14. Januar 1880, Strassen. Samml. 1890. Bd. XX. S. 177).

§ 19. 1 Die Absonderung, Bewachung oder polizeiliche Beobachtung, der an der Seuche erkrankten, der verdächtigen und der der Seuchengefahr ausgesetzten Thiere. Der Besitzer eines der Absonderung oder polizeilichen Be­ obachtung unterworfenen Thieres ist verpflichtet, auf Erfordern solche Einrichtungen zu treffen, daß das Thier für die Dauer der Ab­ sonderung oder Beobachtung die für dasselbe bestimmte Räumlichkeit (Stall, Standort, Hof- oder Weideraum u. s. w.) nicht verlaffcn kann und außer aller Berührung und Gemeinschaft mit anderen Thieren bleibt. ErlL»ter«n-eu: 1. Die Abänderungen des bisherigen § 19 bestehen darin, daß die in demselben enthaltenen Maßnahmen Vicht bloß aus die an der Seuche erkrankten oder verdächtigen, sondern auch auf die der Seuchengesahr ausgesetzten Thiere Anwendung zu finden haben. Die Motive zu Artikel 2 des Gesetzes vom 1. Mai 1894 führen aus: „Im § 19 des Gesetzes ist als Mittel zur Bekämpfung von Seuchen — die Absonder­ ung, Bewachung oder polizeiliche Beobachtung der an der Seuche erkrankten und der verdächttgen Thiere aufgeführt." Dieses sehr wirksame Mittel darf daher auf gesunde Thiere, welche nach der Bestimmung des Begriffs der Berdächttgkeit im § 1 des Gesetzes weder als der „Seuche" noch als „der Ansteckung ver­ dächtig" gellen können, keine Anwendung finden, während doch beim Herrschen einer leicht übertragbaren Viehseuche, wie der Maul- und Klauenseuche, eS fiir die Veterinärpolizei von großer Wichtigkeit ist, unter Umständen die polizeiliche Beobachtung von Viehbeständen, welche für die Seuche empfänglich sind, auch dann anordnen zu dürfen, wenn noch keine Thatsachen bekannt geworden sind, die die Vermuthung der bereits erfolgten Ansteckung dieser Thiere zu begründen geeignet sind. Wenn z. B aus einer Gegend, in welcher die Seuche notorisch herrscht, Biehtranspotte auf einem Markte ankommen, so sind nach den gemachten Erfahrungen in der Regel einzelne Thiere dieser Transporte schon in der Heimath angesteckt worden und befinden sich, sofern sie äußerlich noch gesund erscheinen, in dem Stadium der Jncubation. Es ist daher dringend geboten, in solchen und ähnlichen Fällen die aus verdächttgen Gegenden kommenden Biehtransporte, sowie das mit ihnen mutmaßlich in Berührung gekommene Vieh der Absonderung und Beobachttmg zu untenverfen, bis die Jncubattonszeit, welche bei der Maul- und Klauenseuche 3-7 Tage zu währen pflegt, abgelaufen ist. Anderenfalls würden durch die Zulassung des Weitertranspotts der Thiere und der Berührung derselben mit anderen Viehbeständen der weitesten Verschleppung der Seuche Thür und Thor geöffnet werden. Es erschien daher die Aufnahme einer Einschaltung in dem § 19 erforderlich, welche es zuläßt, das Mittel der Absonderung, Bewachung oder polizeilichen Beobachtung unter Umständen auch auf alle der Seuchengesahr ausgesetzten Thiere anzuwenden.

46 2. Die Commissionsberathung über § 19 des Gesetzes hatte folgende Ergebniß: Der Paragraph des bisher in Geltung befindlichen Gesetze- bestimmt, daß erkrankte und verdächtige Thiere der Absonderung, Bewachung oder polizei­ lichen Beobachtung unterworfen werden können. Nun liegt eS aber nach den Motiven zu der Borlage im Interesse der wirksamen Seuchentilgung, daß diese Maßregeln auch aus gesunde, nach der Begriffsbestimmung des § 1 des Gesetzenicht als verdächtig anzusehende Thiere ausgedehnt werden können, wenn sie in irgend einer Weise der Seuchengefahr ausgesetzt waren, z. B. wenn sie aus einer Gegend kommen, in welcher mehrfach eine so leicht übertragbare Seuche, wie die Maul- und Klauenseuche, herrscht. Solche Thiere können, wenn sie Sicherlich auch vollkommen gesund erscheinen, und wenn auch kein direkter Ver­ dacht der Ansteckung vorliegt, dennoch die Krankheit in sich tragen, sich in dem äußerlich nicht erkennbaren Stadium der Intubation befinden. Der Entwurf schlägt daher vor, durch Hinzufügung der Motte: „und der der Seuchen­ gefahr ausgesetzten" die Maßregeln des § 19 auch auf diese Thiere aus­ zudehnen, also der Polizeibehörde die Befugniß zu ertheilen, dieselben der Ab­ sonderung, Bewachung und Beobachtung zu unterwerfen. Gegen die Ausdehnung dieser Befugniß wurden von verschiedenen Seiten Bedenken erhoben, namentlich, daß die Biehbesitzer dadurch zu großen Be­ lästigungen unterworfen würden, auch seien polizeiliche Chitanen nicht ausge« schlossen. Bon einigen Mitgliedern der Commission wurde daher der Antrag gestellt, zu sagen „und der der Seuchengesahr unmittelbar ausgesetzten Thiere". aegenüber wurde von den Bettretern der verbündeten Regierungen ausgeen, daß die Definition des Wottes „unmittelbar" für den einzelnen Fall schwierig, wenn nicht unmöglich sei, die Einfügung desselben werde nur die Ausführung des Gesetzes erschweren. Der Anttag auf Einfügung des Wottes „unmittelbar" wurde schließlich abgelehnt und die Vorlage mit 15 gegen 4 Stimmen angenommen. Zu diesem § 19 ward noch folgender Zusatzanttag gestellt: „Dieser Absonderung, Bewachung und potheilichen Beobachtung ist jede Einfuhr aus dem Auslande für 5 Tage unterstellt, die nachweislich für den landwitthschaftlichen Betrieb verwendet werden soll. Auf Einfuhr von Schlacht­ vieh findet diese Bestimmung keine Anwendung". Dieser Anttag kommt wesentlich aus die schon bei der Verhandlung über § 4 in Anregung gebrachte Quaran­ täne hinaus. Bon verschiedenen Mitgliedern der Commission und von Seiten der Herren Regierungsvertteter wurde hervorgehoben, daß der Anttag doch zu weit gehe; der § 19, Abs. 1 ermögliche die Einführung einer Quarantäne für alles aus dem Auslande eingehende Vieh. Dieser Antrag wolle dieselbe aber obligatorisch machen und das sei bedenklich. Einmal sei eine Scheidung zwischen Schlachtvieh und sonstigem Gebrauchsvieh kaum möglich, und dann seien enorme Verluste für die Biehbesitzer mit der Quarantäne verbunden. Quarantänen würden vielleicht weitere Sicherung gewähren; wo aber sollten sie errichtet werden? wer solle sie errichten? Die Kosten würden sehr bedeutend sein. Die Annahme dieses Antrages werde das Zustandekommen des Gesetze- erschweren. Nachdem noch von einem Mitgliede befürwottet war, bei den Quarantänemaßreaeln keinen Unterschied zwischen Schlachtvieh und Gebrauch-vieh zu machen, ward der Zusatzanttag zurückgezogen. In zweiter Lesung ward der Antrag gestellt, dem § 19, Abs. 1 folgende Fassung zu geben: „Die Absonderung, Bewachung oder polizeiliche Beobachtung der an der Seuche erkrankten, der verdächtigen und solcher Thiere, welche au- verseuchten

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Gegenden herstammen, oder mit daher stammenden Thieren in Berührung gekommen sind-. Dieser Antrag ward mit 12 gegen 3 Stimmen abgelehnt und sodann der § 19 in der Fasjung der Vorlage in Uebereinstimmung mit dem Beschlusse der ersten Lesung angenommen. 3. In den §§ 19—29 des R S.G. sind diejenigen Schutzmaßregeln einzeln aufgeführt, welche von den Polizeibehörden der Seuchengesahr gegenüber je nach Lage des Falles getroffen werden können. Dieselben sind in ihrer Tragweite resp. Ausführung nicht näher spezialisirt und bleibt solche zu bestimmen der zu­ ständigen Polizeibehörde bezw. den Bestimmungen der Bundesrathsinstruktion bei den einzelnen Viehseuchen vorbehalten. Als neue Maßregel zu den bis­ herigen kommt in § 29a die öffentliche Bekanntmachung des Ausbruches und des Erlöschens der Seuche. Die einzelnen Schutzmaßregeln, wie solche in den §§ 19—29 bezw. 29a des Gesetzes enthalten sind, sind folgende: 1) Die Absonderung, Bewachung oder polizeiliche Beobachtung der er­ krankten, der verdächtigen upd der der Seuchengefahr ausgesetzten Thiere. 2) Beschränkungen in der Art der Benutzung, der Verwerthung und des Transporte- kranker oder verdächtiger Thiere. 3) Verbot des gemeinschaftlichen Weideganges und der gemeinschaftlichen Benutzung von Brunnen re, Verbot des Umherlaufens der Hunde. 4) Die Sperre der verseuchten Ställe, Standorte, Gchöfte und anderer räumlich begrenzter Gebiete gegen den Verkehr mit Thieren und Gegenständen, die Träger deS Ansteckungsstoffes sein können. 5) Die Impfung der der Seuchengefahr ausgesetzten Thiere, die thier­ ärztliche Behandlung der erkrankten "Thiere und Beschränkungen in der Vor­ nahme von Heilverfuchen. 6) Die Tödtung der kranken oder verdächtigen Thiere. 7) Die unschädliche Beseitigung der Cadaver und Abfälle. 8) Die Desinfektion. 9) Die Einstellung der Vieh- und Pferdemärkte, sowie der Thierschauen ohne Rücksicht auf den Rayon. 10) Die thierärztliche Untersuchung der Thiere. 11) Die öffentliche Bekanntmachung des Ausbruches und deS Erlöschens der Seuche. Die Maßregeln bleiben auch in dem neuen Gesetz bis auf den letzt­ erwähnten Punkt, welcher bisher lediglich in der Bundesrathsinstruftion und nur filr einzelne Seuchen vorgesehen war, die gleichen. Allein die Handhabung und Ausführung derselben erieidet bei den sub 1, 4 und 8 nach dem Art 8

und dann bei jenen sub 9 erwähnten Vorschriften nach dem Art. 4 der Novelle eine Abänderung. Analog den Bestimmungen in Art. 2 der Novelle, wonach die Fest­ stellung der Seuchengefahr nicht mehr von den bisherigen eng gezogenen Grenzen abhängig gemacht wird, wird in Art. 3 die Absonderung, Be­ wachung oder polizeiliche Beobachtung nicht bloß auf die an der Seuche erkranften, die verdächtigen, sondern auch auf die der Seuchengesahr ausgesetzten Thiere ausgedehnt. Während die beiden ersteren Eventualitäten durch die sach­ verständige, technische Ermittelung, bezw. Untersuchung deS beamteten ThierarzteS erwiesen sein müssen, wird die Bestimmung darüber, ob und unter welchen Umständen eine Seuchengesahr vorliegt, von der Polizeibehörde getroffen. Die­ selbe gründet sich auf allgemeine, über den Rahmen des begrenzten Polizei-

bezirkeS hinausgehende Erhebungen resp. Mittheilungen und bedarf es zu solcher Anordnung, wenn lediglich die Seuchengefahr in Frage kommt, der thierär^t-

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lichen Begutachtung nicht. Es treffen in dieser Hinsicht die Verhältnisse, wie solche beim An. 2 beziehungsweise § 18 des Gesetzes auseinandergesetzt worden sind, auch für diese Anordnung zu.

Das bisherige Seuchengesetz hat nur eine Seuchengefahr durch offenbar seuchenkranke, dann durch verdächtige und zwar der Seuche bezw. der Ansteckung verdächtige (§ 1 des Gesetzes) gekannt. Nun kann auch von an und für sich gefunden Thieren, bezüglich welcher weder die eine noch die andere Eventualität zutreffend ist, eine Seuchengefahr sowohl objektiv als subjektiv abgeleitet werden. Dieselben können, auch wenn gar kein Anhaltspunkt zur Begründung eines Verdachts gegeben ist, durch irgendwelche Umstände als Träger und Zwischen­ träger eines Ansteckungsstoffes gelten; derselbe kann an ihnen haften, ohne daß die Thiere selbst erkranken. Derartige Verschleppungen der Seuchen sind schon sehr häufig bei den Invasionen der Maul- und Klauenseuche beobachtet worden. So kamen Thiere aus verseuchten Stallungen, verseuchten resp, gesperrten Ort­ schaften in andere bisher seuchen freie Bezirke und schleppen dort, ohne daß sie selbst au der Seuche erkrankten oder sogar an derselben überhaupt zuvor er­ krankt waren, die Seuche ein. Es kann diese Verschleppung nur dadurch er­ klärt werden, daß der Ansteckungsstoff noch wirksam an den Thieren hastete und durch irgend eine Gelegenheit, z. B. durch Belecken, Berührung, Gebrauch oder durch die Benutzung gemeinschaftlicher Brunnen, Utensilien ?c. auf gesunde Thiere übertragen wurde. Die subjektive Seuchengefahr der Thiere ist im weitesten Sinne des Wortes bei allen jenen gegeben, welche überhaupt für die gefürchtete Seuche empfänglich sind, im engeren Sinne für jene, welche in der Nähe, eines Ge­ höftes, einer Ortschaft oder Bezirkes sich befinden, in welchem die betreffende Seuche bereits herrscht. In allen diesen Fällen kann es zur wirksamen Bekämpfung resp. Ver­ hütung der Seuche dienen, wenn auch für notorisch gesunde, aber der Seuchen­ gefahr ausgesetzte Thiere polizeiliche Maßregeln int Sinne des § 19 des R S.G. angeordnet werden. Dadurch kann die Verbreitung der Seuche wesentlich ein­ geschränkt und auch die Durchführung der übrigen Maßregeln um so leichter bewirkt werden, als die Viehbesitzer bereits längere Zeit darauf vorbe­ reitet sind. Wie bereits erwähnt, geben die einzelnen Bestimmungen hinsichtlich der Schutzmaßregeln keine maßgebenden Definitionen bezüglich ihrer Tragweite. Die Polizeibehörde wird je nach Lage des Falles und den Anordnungen der Bundesrathsinstruktion die Prazisirung für die beteiligten Viehbesitzer nach Einver­ nahme des amtlichen Thierarztes, abgesehen von zenen Maßnahmen, bei welchen es sich nicht um eine nach § 14 des R.S.G. begründete Seuchengesahr handelt, zu treffen haben.

Im Effekte wird diese im § 19 als erste genannte Schutzmaßregel der Absonderung, Bewachung bezw. Observation einer Absperrung gleich kommen, namentlich wird dies für offenbar seuchenkranke wie der Seuche bezw. Ansteckung verdächtige Thiere zutreffen. Bei gesunden, lediglich der Seuchengefahr aus­ gesetzten Thieren wird indeß eine Modifikation in der Ausführung unvermeid­ lich sein. Es können daher, um wirthschaftlichen Schädigungen zu begegnen, Erleichterungen in der Art der Benützung und Verwerthung der Thiere trotz der Maßregel eingeräumt werden, wenn durch dieselben Garantie geboten ist, daß die Seuche nicht weiter verbreitet wird, und die Besitzer den Rahmen der gewährten Erleichterungen nicht mißbrauchen. Solche Modifikationen können daher sowohl bei seuchenverdächtigen, noch mehr aber bei gesunden und lediglich der Seuchengefahr ausgesetzten Thieren je nach Lage des Falles unter be­ sonderen Kanteten eingeräumt werden.

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§ 20. 2. Beschränkungen in der Art der Benutzung, der Verwerthung oder des Transportes kranker oder verdächtiger Thiere, der von denselben stammenden Produkte oder solcher Gegenstände, welche mit kranken oder verdächtigen Thieren in Berührung gekommen oder sonst geeignet sind, die Seuche zu verschleppen. Beschränkungen im Transporte der der Seuchengefahr aus­ gesetzten und solcher Thiere, welche geeignet sind, die Seuche zu verschleppen. ErlLuteruugeu: 1. Bei der Berathung des R.S.G. im deutschen Reichstage wurde von einem Abgeordneten darauf aufmerksam gemacht, daß bei der Rotzkrankheit der Pferde die wenigstens in der Preußischen Instruktion zum Bichseuchengesetze vorgeschriebene Zeit der Sperre (3 Monate) nicht ausreichend sei, sondern daß noch außerdem eine Verkchrsbeschräntung für längere Zeit er­ wünscht und nothwendig sei, weil eben der Lungenrotz noch nach Jahren zum Ausbruche kommen könne. Seitens des Regienmgsvertreters wurde dies indessen als zweifelhaft bezeichnet; denn der §20 spreche ausdrücklich nur von der Be­ schränkung in der „Art der Benutzung, der Verwerthung oder des Transportes kranker oder verdächtiger Thiere" und eS würden daher, sobald der Sach­ verständige erkläre, daß das Thier weder krank noch verdächtig ist, auch weiter beschrankende Anordnungen bezüglich des Verkehrs auf Gruno des § 20 nicht getroffen werden können. (Vgl. Sten- Ber. d. Reichstags, 4. Legislaturperiode III. Session 1880 II Bd. S. 1051.) Diese Sachlage wird mit dem abgeänderten Gesetz v.1. Mai l8S4 im Hin­ blick auf § 18 eine Abänderung erfahren müssen, weil eine Seuchengefahr nun­ mehr auch gegeben sein kann, ohne daß ein effektiver Seuchenausbruch oder Seuchenverdacht vorliegt. Demgemäß können die in § 20 vorgesehenen Be­ schränkungen auch ohne diese Eventualität, also für augenscheinlich oder selbst notorisch noch gesunde und unverdächtige Thiere angeordnet werden. 2. In der „Beschränkung der Benützung" liegt es ausgedrückt, daß Thiere in ihren Haltungs- und Nutzungszwecken , welchen sie zu dienen haben, be­ einträchtigt werden; so gehört hieher z. B. das Verbot Thiere, welche von der Beschälkrankheit oder an Bläschenausschlag leiden, nicht zur Begattung zu­ zulassen, . ferner daß. zur Zeit des Herrschens dieser Seuchen innerhalb eines gewissen Rayons alle Spiere, welche gedeckt werden sollen, vorher einer thier­ ärztlichen Untersuchung unterzogen werden müssen rc. Vgl. die Beschränkungen bei den einzelnen Viehseuchen.

§ 21. 3. Verbot des gemeinschaftlichen Weideganges von Thieren aus verschiedenen Stallungen und der Benutzung bestimmter Weide­ flächen, ferner der gemeinschaftlichen Benutzung von Brunnen, Tränken und Schwemmen und des Verkehrs mit seuchenkranken oder verdächtigen Thieren auf öffentlichen oder gemeinschaftlichen Straßen und Tristen. Verbot des freien Umherlausens der Hunde. Erläuterungen: Die Vorschriften des §20 in Abs. 1 in Verbindung mit § 21 begreifen unter Anderem die Ermächtigung, bestimmen zu dürfen, daß Reuter, Teutsche Viehseuchengesetzgebung.

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die seuchenkranken oder verdächtigen Thiere, wie auch jene, welche einer Seuchengefahr überhaupt ausgesetzt sind (§ 18 des abgeänderlen Gesetzes), nur innerhalb des Gehöftes oder der Feldmark zur Arbeit gebraucht werden, daß sie keine öffentlichen Plätze und Wege besuchen; daß ihnen be­ stimmte Weideplätze zugewiesen werden, deren Grenzen sie nicht überschreiten, die aber auch von anderen durch die Seuche gefährdeten Thieren, ja selbst von ftemden MenscKen nicht betreten werden dürfen. Die wirtschaftlichen Ver­ hältnisse taffen es in vielen Fällen unausführbar erscheinen, die kranken oder verdächtigen Herden m den Stall zu sperren. An Stelle dieser Sperre muß dann die Jsolirung auf der Weide oder auch das Verbot deS Begehens oder der Benutzung solcher Plätze treten, an welche die Gefahr einer Infektion für andere Thiere am nächsten gelegen wäre.

8 22. 4. Die Sperre des Stalles oder sonstigen Standortes seuchen­ kranker oder verdächtiger Thiere, des Gehöftes, des Ortes, der Weide, der Feldmark, oder eines ohne Rücksicht auf gelb« markgrenzen bestimmten, thunlichst eng zu bemessen­ den Gebietes gegen den Verkehr mit Thieren und mit solchen Gegenständen, welche Träger des Ansteckungsstoffes sein können. Die Sperre des Gehöftes, des Ortes, der Weide, der Feld­ mark, oder des sonstigen Sperrgebietes (Absatz 1) darf erst dann verfügt werden, wenn der Ausbruch der Seuche durch das Gutachten des beamteten Thierarztes festgestellt ist. Die Sperre eines Ortes, einer Feldmark oder eines sonstigen Sperrgebietes (Absatz 1) ist nur dann zulässig, wenn die Seuche ihrer Beschaffenheit nach eine größere und all­ gemeinere Gefahr einschließt. Die Sperre kann auf einzelne Straßen oder Theile des OrteH oder der Feldmark beschränkt werden. Die polizeilich angeordnete Sperre eines Stalles oder sonstigen Standortes, eines Gehöftes oder einer Weide verpflichtet den Be­ sitzer, diejenigen Einrichtungen zu treffen, welche zur wirksamen Durchführung der Sperre vorgeschrieben werden. Erläutern»!«» r 1. Die näheren Bestimmungen über die Anwendung der verschiedenen Schutzmahregeln auf die einzelnen Seuchen überläht das Gesetz im Allgemeinen (vgl. § 30 des Gesetzes) der Instruktion. Jedoch dürfen einzelne Anordnungen nur in den vom Gesetze vorgesehenen Fällen getroffen werden. Hiefür ist der Gesichtspunkt leitend, daß diese unter Umständen unentbehrlichen Schutzmaßregeln erhebliche Eingriffe in das Privateigenthum in sich schliehm. Ferner fft die Sperrung des Gehöfts, der Weide, des Orts oder der Feldmark an das Vorhandensein bestimmter Voraussetzungen geknüpft, weil gerade diese Maßregel, wenn sie auch nur gegen bett Verkehr mit Thieren und mit den sog. Zwischenträgern gerichtet ist, doch mehr als irgend eine andere die Jntereffrn des öffentlichen Verkehrs beeinträchtigt und daher leicht Nachtheile herbeiführm kann, welche die Vortheile überwiegen. Die Sperre von Ortschaften oder Feld­ marken, welche das Gesetz aus den Fall beschränkt, daß die Seuche ihrer Be­ schaffenheit nach eine größere und allgemeine Gefahr entschließt und Thiere in größerer Zahl davon bereits befallen sind, wird voraussichtlich nur bei einzelnen

51 Seuchen in Frage kommen. (Mot. z. R.S.G. S- 31). Dieser beim ursprüng­ lichen Gesetze vom 23. Juni 1880 zum Ausdruck gekommene Standpunkt hinsichtlich der Anordnung der Sperrmaßregeln erleidet nunmehr durch das Gesetz vom 1. Mai 1894 eine Abänderung. 2. Im § 22 werden gegenüber der früheren Fassung die Maßnahmen auch aus ein ohne Rücksicht aus Feldmarkgrenzen bestimmtes, thunlichst eng zu bemessendes Gebiet ausgedehnt, in dem zweiten und dritten Absatz dieses Para­ graphen wird statt dieser Ausdrucksweise in analoger Anwendung die Bezeich­ nung „sonstiges Sperrgebiet" (Abs. 1) gebraucht. Außerdem fehlen in Abs. 3 dem § 22 des nunmehrigen Gesetzes die in dem früheren, vor Beginn des letzten Satzes enthaltenen Worte „und Thiere in größerer Anzahl davon bereits be­ fallen sind." eines O^ts oder einer Feldmark xrott dem Zutreffen zweier^Boraussetzungen^ ab­ hängig gemacht. Es muß die Seuche chrer Beschaffenheit nach eine größere und allgemeinere Gefahr einschließen und es müssen Thiere in arößerer Anzahl da­ von bereits befallen sein. Die letztere Voraussetzung verhindert die Verhängung

der Orts- und Feldmarksperre, so lange nur wenige Thiere erkrankt sind. ES wird aber zur wirksamen Bekämpftmg der Maul- und Klauenseuche meist er­ forderlich sein, daß die Sperre deS Orts und der Feldmark sofort nach Fest­ stellung des ersten Seuchenausbruchs erfolgt, weil bei der leichten Uebertragbarkeit der Seuche mit Bestimmtheit anzunehmen ist, daß zur Zeit des Sichtbar­ werdens der ersten Erkrankung bereits viele Thiere desselben Bestandes ange­ steckt sind und daß der Ansteckungsstoff meistens schon auf benachbarte Ställe re. übertragen worden. Erfahrungsgemäß wird die Seuche häufig durch Thiere an­ scheinend aus seuchefreien Ställen eines OrtS verschleppt, bevor der ÄuSbruch der Seuche in mehr als einem Stalle festgestellt werden konnte. Es findet diese Erscheinung darin ihre Erklärung, daß die Bichbesitzer bei dem Bekanntwerden des ersten Seuchenausbruchs im Orte unter Umständen ein erhebliches Jntereffe daran haben, ihr von der Seuche bedrohtes Bich zu verkaufen und auszuführen, bevor die OrtSsperre verhängt wird. Es empfichlt sich daher die obige Voraussetzung deS Gesetzes, wie in dem Gesetzentwurf vorgesehen, durch Streichung der Worte „und Lchiere in größerer Anzahl davon bereits befallen sind" zu beseitigen. (Mot. zum Gesetz vom 1. Mai 1894).

3. Bon verschiedenen Seilen, ward bei der commissionellen Berathung deS Gesetzes gegen diese Streichung gellend gemacht, daß es nicht richtig sei, ohne zwingende Gmnde der Polizeibehörde das Recht zu geben, über einen ganzen Ort die Sperre zu verfügen, und nur im Falle größerer Ausdchnüng scheine es gerechtfertigt, eine so harte Maßregel zu verfügen. Dem gegenüber wurde von den Vertretern der Regierungen daraus aufmerksam gemacht, daß die Orts­ oder Feldmarksperre eine weniger harte und belästigende Maßregel sei, als die Gehöstssperre, da bei den ersteren dem einzelnen Bichbesitzer die Möglichkeit ge­ geben sei, sich innerhalb des Orts oder der Feldmark, z. B. zum Zwecke der Ackerbestellung, mit seinem Bich frei zu bewegen. In der Abstimmung wurde in erster Lesung, nachdem ein Antrag: statt der zu streichenden Worte in Abs. 3-am Ende zu setzen „und Thiere in mehreren Gehöften davon bereits befallen sind" mit 9 gegen 9 Stimmen abgelehnt war, die Streichung der Worte „und Thiere in größerer Zahl davon bereits befallen sind" entsprechend dem Entwurf angenommen. Es kam ferner noch zur Sprache, daß es schwierig sei, in lang ausge­ dehnten Ortschaften und solchen, die in einander greifen, nach Feldmarken eine

52 wirksamere Sperre durchzuführen, es wurde daher beantragt, den ersten Absatz des § 22 folgendermaßen zu fassen: 4) Die Sperre des Stalles oder sonstigen Standortes seuchenkranker oder verdächtiger Thiere, des Gehöftes, des Ortes, der Weide, der Feldmark oder einer geographisch zu begrenzenden, möglichst engen Zone rc. Ferner: in Abs. 2 die Worte hinzuzufügen „der geographischen Zone". Diese Anträge wurden einstimmig und der § 22 in der hierdurch veränderten Fassung ebenfalls einstimmig angenommen. In zweiter Lesung ward darauf aufmerksam gemacht, daß der Ausdruck „einer geographisch zu begrenzenden, möglichst engen Zone" nicht klar genug sei. Der Antrag statt dieser Worte zu setzen, „eines ohne Rücksicht auf Feld­ markgrenzen bestimmten, thunlichst eng zu bemessenden Gebietes", fand einstimmig Annahme. Ebenso ward in Abs. 2 statt der Worte „der geo­ graphischen Zone" mit Stimmenmehrheit beschlossen zu sagen „oder des sonstigen Sperrgebietes (Abs. 1)." (Bericht der VIII. Commission; Reichstagsdrucksachen II. Session 1893/94 Nr. 189).

4. Im § 22 wird die Maßregel der Sperre des Stalles, sonstigen Stand­ ortes seuchenkranker oder verdächtiger Thiere, des Gehöftes rc. also auch aus ein ohne Rücksicht auf Feldmarkgrenzen bestimmtes, thunlichst eng zu bemessendes Gebiet gegen den Beüehr mit Thieren rc. ausgedehnt. Es ist dies eine eigentliche Seuchentilgungsmaßregel, der Abs. 2 bestimmt aber ausdrücklich, daß diese erst verhängt werden darf, wenn durch das Gutachten des beamteten Thierarztes der Ausbruch der Seuche sestgestellt ist. Es handelt sich also primär um die Unterorückung der bereits ausgebrochenen Seuche und secundär um die Verhinderung der Ausbreitung derselben außerhalb eines räumlich begrenzten von der Seuche gefährdeten Rayons. Diese Bestimmung ist dadurch von derjenigen des § 19 verschieden, daß hier eine offenbare Seuchengefahr in Fornr von Ausbruch der Seuche innerhalb des die Sperre begreifenden Rayons behufs Jnscenirung der Sperre vorliegen muß und daß thierärztliche Begutachtung hiezu erforderlich ist, während in § 19 auch bei allgemeiner Seuchengefahr, in Form einer Vermuth­ ung, ohne daß solche effektiv im concreten Falle immer zum wirklichen Seuchen­ ausbruch führen muß, zur Anordnung der dort vorgesehenen Maßregeln ge­ schritten werden kann. Auch die einzelnen Sperrmaßregeln sind in ihrer Tragweite und Be­ deutung nicht näher specialisirt. Es ist bei den einzelnen Seuchen die Bundes­ rathsinstruktion für den Vollzug maßgebend. Hinsichtlich der Statuirung der Orts- und Feldmarksperre, sowie „der Sperre eines sonstigen Gebietes" — was als identtsch für die in Abs. 1 ge­ brauchte Ausdrucksweise „ein ohne Rücksicht auf Feldmarkgrenzen besttmmtes, thunlichst eng zu bemessendes Gebiet" anzusehen ist — tritt jetzt ein neues Ver­ fahren ein. Früher konnten diese Maßregeln erst verhängt werden, wenn die Seuche bereits eine größere Ausdehnung erlangt hatte in dem Bereiche der be­ treffenden Orts- und Feldmarkung, und Thiere in größerer Zahl davon bereits befallen waren. Diese letztere Eventualität ist jetzt zur Festsetzung der Sperre nicht mehr nothwendig. Die zahlreichen Ausbrüche der Maul- und Klauenseuche, sowie derjenigen Seuchen überhaupt, deren Ansteckungsstoff von sehr flüchtiger Beschaffenheit ist, daher sehr rasch und leicht verbreitet werden können, haben zur Genüge ergeben, daß die betreffende Seuche ihrer Beschaffenheit nach eine größere und allgemeinere Gefahr auch dann einschließt, wenn dieselbe nur in ganz geringem Umfange verbreitet, nur in einem einzigen Gehöfte ausgebrochen ist. Es rechtfertigt sich diese Maßregel besonders aus dem Grunde, daß in Folge baldiger Verhängung der Sperre bei den ersten Ausbrüchen die Seuche mehr

53 auf ihren Herd beschränkt werden kann, als wenn erst bei gröberer Ausbreitung, wo dies meist gar nicht mehr möglich ist, solche angeordnet wird. Dann kommt noch in Betracht, dah diese sehr ansteckungsfähigen Seuchen, ganz besonders die Maul- und Klauenseuche, mit Vorliebe verheimlicht werden, weil für die An­ zeigeerstattung bezw. Verluste durch Todesfälle in den meisten deutschen Bundes­ staaten eine Entschädigung nicht vorgesehen ist. Die zur Kenntniß der Polizei­ behörde bisher gekommenen Seuchensälle boten gar oftmals, ja meistens nicht das thatsächliche Bild der effektiven Verbreitung und erschwerten ganz wesentlich die Bekämpfung, weil es der Polizeiverwaltung vielfach an einer wirksamen Hand­ habe zum Eingreifen fehlte. Diese ist nunmehr geboten sowohl dadurch, daß die primäre gröbere Ausbreitung dieser Seuche nicht mehr für die Anordnung dieser Sperrmaßregeln in Betracht zu kommen braucht, als auch dadurch, daß die Sperre aus weitere Territorien, selbst mehrere Bezirke ausgedehnt werden sann, wenn dadurch eine Gefahr der Weiterverbreitung verhindert werden kann. Die Maul- und Klauenseuche hatte diese Besttmmung als nothwendig erscheinen lassen und wird solche demgemäß in Zukunft gegen dieselbe auch am häufigsten in Anwendung zu kommen haben. Mrd die Sperre von einem Polizei­ bezirk in einen anderen ausgedehnt, so ist es nothwendig, daß die zuständigen Behörden fich von dem jeweiligen Stande der Seuche entsprechend und mit größter Beschleunigung gegenseitig verständigen, damit ebenso rasch und mög­ lichst gleichmäßig die als nothwendig erscheinenden Anordnungen durchgeführt werden. Die bisherige Erfahrung hat gelehrt, daß einseitige, auch noch so strenge Maßregeln bei der starken Ausbreitung des Verkehrs und Biehhandels einen Erfolg gegen diese Seuche nicht zu erzielen vermögen, daher ein gemeinsames, gleichzeittg festgesetztes Vorgehen auch für die zu ergreifenden Sperrmaßregeln nach der Ausdehnung der betroffenen Gebiete veranlaßt ist.

8 23. 5. Die Impfung der der Seuchengefahr ausgesetzten Thiere, die thierärztliche Behandlung der erkrankten Thiere, sowie Be­ schränkungen in der Befugniß zur Bornahme von Heilversuchen. Die Impfung oder die thierärztliche Behandlung darf nur in den Fällen angeordnet werden, welche in diesem Gesetze aus­ drücklich bezeichnet sind, und zwar nach Maßgabe der daselbst er­ theilten näheren Vorschriften. Die polizeilich angeordnete Impfung erfolgt unter Aufsicht des beamteten Thierarztes oder durch denselben. Erläuterrmgerr: 1. Für die Maßregeln der Impfung und der Beschränkung von Heilversuchen ist in gleicher Weise, wie für die Verhängung der Sperren in8 22 der Gesichtspunkt leitend, daß diese nach der Sachlage oft unentbehrlichen Maßregeln er­ hebliche Eingriffe in das Privateigentum in sich schließen. Die Impfung tonunt nach den Bestimmungen des RSG. als Polizeimaßregel in Betracht, insofern Zwangs­ impfung gegenüber der Pockenseuche der Schafe, ferner nach dem abgeänderten Gesetz vom 1. Mai 1894 als Schutzimpfung gegen die Lungenseuche, bei letzterer jedoch mit der Modification, daß die Anordnung der Maßregel hier den einzelnen Bundesstaaten Überlassen bleibt, ob sie von solcher Gebrauch machen wollen oder nicht, während bei der Pockenseuche die Anwendung allgemein schon von Reichswegen aus zu erfolgen hat. Im Allgemeinen witd der Impfung mehr der Charakter einer Prophylaktiv- oder Borbeugemaßregel als der einer offenbaren Tilgungsmaßregel beizulegen sein; es spricht hiefür auch der Wortlaut, wonach dieselbe für die „der

54 Seuchengesahr ausgesetzten", also im Gegensatze zu den bereits kranken oder der Seuche verdächtigen Thieren angeordnet werden soll. Bei der zweiten Berathung

des R.S.G. wurde noch der Zweifel angeregt, ob durch das damalige Gesetz vom 23. Juni 1880 die Impfung bei der Lunaenseuche nur als polizeiliche An­ ordnung ausgeschlosien oder überhaupt ausgeschlosien sein solle für den Besitzer und den Thierarzt. Hiebei wurde von dem Regierungsvertreter die — ohnehin aus dem Inhalte, wie dem Wortlaute sich ergebende — Auslegung bestätigt, daß, wenn m § 23 Abs. 2 das Wort „angeordnet" gebraucht ist, darunter die polizeiliche Anordnung verstanden werden muh, die nicht anders als in den im Gesetze bezeichneten Fällen geschehen darf, so dah mithin die Impfung gegen die Lungenseuche von Seite der Polizei nicht angeordnet werden kann. Daß es sich in § 23, welcher hinsichtlich der Feststellung von Seuchen­ gefahr nach dem R.S.G. (vgl. § 14 und § 18) die allgemeinen Bestimmungen des Impfwesens regelt, um polizeiliche Anordnungen handelt, folgt auch aus § 18 des Gesetzes, in welchem gesagt ist, daß, wenn die Seuche constatirt ist, die nachfolgenden Schutzmaßregeln polizeilich angeordnet werden können- In gleichem Sinne findet sich das Wort „anordnen" aufgebraucht, z. B. in den §§ 24 und 25. Daraus, dah im dritten Absatz des § 23 die polizeilich angegeordnete Impfung besonders betont wird, kann nicht mit Grund gefolgert werden, daß in den beiden anderen Absätzen desselben Gesetzesparagraphen unter der hier gedachten Anordnung eine andere als die polizeiliche zu verstehen ist. Nun unterliegt es keinem Zweifel, daß es dem Besitzer von Thieren freistehl, die Lungenseucheimpfung bei seinem Biehstande zur Ausführung zu bringen oder bringen zu lassen. In den Motiven zum Gesetz ist ausdrücklich auf Seite 36 gesagt, daß kein Grund vorliege, die Impfung zu verbieten. Es unterliegt-also auch gar keinem Zweifel, daß jeder Besitzer berechtigt ist, die Impfung gegen Lungenseuche anzuwenden, wenn die Seuche zum Ausbruche gelangt. (RTB. II. Bd. S-1052, 1880). Näheres über die Impfung und den gegenwärtigen Standpunkt des Ge­ setzes s. unter § 45, sowie bei den Maßregeln gegen die Pockenseuche der Schafe. 2. Die thierärztliche Behandlung, als Polizeimahregel (Zwangsbehand­ lung) kommt im Wesentlichen nur bei der Räude der Pferde und Schafe in Betracht, bei dieser tritt sie aber auch sehr bedeutsam in den Vordergrund. Bei den meisten übrigen Viehseuchen ist es dem Biehbesitzer unverwehrt, ja in der Regel sogar in seinem Interesse gelegen, so namentlich bei der Maul- und Klauenseuche, Beschälseuche, Bläschenausschlag und Milzbrand eine Behandlung der erkrankten oder verdächtigen Thiere durch einen approbirten Thierarzt voll­ führen zu lassen. Eine Beschränkung in der Befugniß zur Vornahme von Heilversuchen tritt ein gemäß § 35 bei der Tollwuth, ferner bei der Lungenseuche und bei Rotz, in letzteren Fällen ist die thierärztliche Behandlung ohnedies gegenstands­ los, weil für die mit Lungenseuche und Rotz behafteten, in gleicher Weise auch für die dieser Seuchen verdächtigen Thiere nach Maßgabe des Gesetzes eine Ent­ schädigung gewährt wird; insolange jedoch die Seuche oder der ausgesprochene Seuchenverdacht nicht feststeht, kann auch eine thierärztliche Behandlung der er­ krankten Thiere nicht verwehrt, bezw. nicht von Einfluß auf den Entschädigungs­ anspruch sein, wenn im späteren Verlaus bei den behandelten Thieren Lungen­ seuche oder Rotz noch konstatirt werden sollte.

8 24. 6. Die Tödtung der an der Seuche erkrankten oder verdächtigm Thiere.

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Dieselbe darf nur in den Fällen angeordnet werden, welche in diesem Gesetze ausdrücklich vorgesehen sind. Die Vorschrift unverzüglicher Tödtung der an einer Seuche erkrankten oder verdächtigen Thiere findet, wo sie in diesem Gesetze enthalten ist, keine Anwendung auf solche Thiere, welche einer der Staatsaufsicht unterworfenen höheren Lehranstalt übergeben sind, um dort für die Zwecke derselben verwendet zu werden. toiitcriHgee: 1. Die Tödtung der Thiere ist eine der einschneidensten Schutz- und Tilgungsmaßregeln. Dieselbe kann nur angeordnet werden in den Fällen der §§ 13, 25, 34, 37, 38, 40, 42, 45, 55 und zwar sind zur Anordnung der Tödtung gemäß der §§ 13, 25, 34,37, 38, 40, 45 (jedoch hier nur bei offenbar seuchekranken Thieren) und 55 die Distriktspolizeibehörde, in den Fällen der Atz 42 und 45 hingegen die Kreisregierungen, Kammer des Innern, kompetent. Handelt es sich in den letztgenannten Fällen um größere Vieh- und Pferdebestände, welche der Lungenseuche oder des Rotzes verdächtig erscheinen, so ist in Bayern Nach §7 Ziff. 1 der K.A.B. vom 23. Mä« 1881, den Vollzug des R S G und des B-A.G. betr., die Genehmigung des k. Staatsministeriums deS Innern zu erholen. 2. Die in tz 24 Abs. 3 zugestandene Ausnahme, welche auf der Voraus­ setzung basirt ist, daß diebetreffenden Aussichtsorgane mit dm Gefahren vertraut sind, wird in der Hauptsache nur auf die thierärzllichm Hochschulen, Universitätm und Versuchsstationen an landw. Hochschulen zu blichen sein.

8 25. Werden Thiere, welche bestimmten Verkehrs- oder Nutzungs­ beschränkungen oder der Absperrung unterworfen sind, in verbots­ widriger Benutzung oder außerhalb der ihnen angewiesenen Räum­ lichkeit, oder an Orten, zu welchen ihr Zutritt verboten ist, be­ troffen, so kann die Polizeibehörde die sofortige Tödtung derselben anordnen. Erliuterunge»: 1. Diese Maßregel kann ohne Rücksicht aus die Art und den Grad der Viehseuche oder des Verdachts auf solche, ja sogar bei bloßer Smchengefahr, ohne daß eine amtliche Constatirung von einem Seuchenfall vorliegt (§ 18 des Gesetzes), zur Anwendung von der Bollzugsbehörde ge­ bracht »erben. Die in den Fällen dieser Art von dm Besitzern der Thiere wiffmtlich verschuldeten Gefahren gehören zu dm erheblichsten. Nach der Be­ stimmung in 8 63 Ziff. 3 fällt im Falle des § 25 auch der Anspruch auf Entschädigung weg. 2. Wenn auch zugegeben werden muß, daß man mit laxen Mitteln bei der Tilgung und Bekämpfung von Viehseuchen nicht zum Ziele kommt, ein ge­ wisser Grund von Strenge in der Ahndung des Uebertretens der Gesetze uner­ läßlich ist, so ist doch zu empfehlen, daß bei der Anordnung der Maßregeln in jedem Falle der Biehbesitzer aus diese Eventualität eigens hingewiesen wird, insoferne es nothwendig erscheinen sollte, bei Uebertretungen von derselben Ge­ brauch ru machen. Im Großen und Ganzen wird diese Bestimmung nur selten in der Praxis angewendet werden müssen und erfordert dann dieselbe bei der Ausführung um so mehr Vorsicht, wenn dem Besitzer die zur Befolgung auferlegten Maßnahmen bei Seuchenfällen nicht in präciser und verständlicher Weise eröffnet worden sind, daher die Uebertretung derselben im Sinne des § 25 lediglich auf eine ungenaue und unzuverlässige Belehrung und nicht aus eine ab-

56 sichtliche oder fahrlässige Zuwiderhandlung zurückzuführen ist. Uebertretungen in Folge ungenauer Belehrungen der Biehbesitzer in Hinsicht auf die zu befolgenden Maßregeln Pflegen bei Seuchenfällen ohnehin häufig vorzukommen. Es möchte er­ wähnt sein, daß die Maßregel des § 25 in der Bundesrathsinstruktion nur gegenüber dem Rotz (§ 45 der B.R.J.) und der Lungenseuche (§ 87 d. B.R.J.) Verwerthung gefunden hat, dann in gewisser Hinsicht gegenüber der Tollwuth. (§20, Abs.6 a. a. £.)

§ 26.

7. Die unschädliche Beseitigung der Kadaver solcher Thiere, welche an der Seuche verendet, in Folge der Seuche oder in Folge des Verdachts getödtet sind, und solcher Theile des Kadavers kranker oder verdächtiger Thiere, welche zur Verschleppung der Seuche ge­ eignet sind (Fleisch, Häute, Eingeweide, Hörner, Klauen u. s. w.), endlich der Streu, des Düngers oder anderer Abfälle kranker oder verdächtiger Thiere. Erläuterungen: 1. Die unschädliche Beseitigung, d. h. eine solche Be­ seitigung, durch welche der Ansteckungsstoff sicher vernichtet und mit welcher keinerlei Gefahr der Weiterverbreitung aus andere Thiere verknüpft ist, wird in der Hauptsache nur auf thermischem, thermochemischem oder thermotechnischem Wege erreicht. In neuerer Zeit sind in manchen Bezirken, namentlich da, wo der Milzbrand stationär ist, zu dem Zwecke besondere Apparate im Gebrauche, welche unter dem Namen KafilldeSinfeetoren oder Desinfektoren überhaupt be­ kannt sind und durch welche die Thierleichen sicher vernichtet werden. Das desinficirende und zerstörende Prinzip beruht auf der Einwirkung hoher Tempera­ turm, ferner auf der des gespannten, strömmenden Dampfes. Hohe Temperaturen sind von jeher als sichere Vernichtungsmittel aller organischen Körper, wie der in und an denselben hastenden Ansteckungsstoffe bekannt. Die thermische Beseitigung der Kadaver kann also entweder in hiezu ein­ gerichteten, behördlich genehmigten Betriebsanlagen oder durch Verkohlen der zerstückten und reichlich mit einem notorisch wirksamen Desinfektionsmittel imprägnirten Kadaver über einem Holzfeuer geschehen. Letzteres Bersahrm wird da eingeschlagen werden müssen, wo solche Betriebsanlagen fehlen; in allen Gegenden, in welchen der Milzbrand, Rauschbrand und die Wildseuche stationär herrscht, sollten derartige Apparate zur Verfügung stehm, weil ein mangelhaftes Be­ seitigen und Verscharren der an diesen Seuchen erkrankten Thiere eine neue Quelle für Ansteckungen eröffnen kann. Mit den Kadavern als solchen kommen für die unschädliche Beseitigung noch in Betracht alle Abfälle, Produlle, Excremente, AuswuHsstofse, Dung rc., welche von den seuchenkranken Thieren stammen und Träger des Ansteckungsstoffes sind. Dieselben müssen gleichzeitig mit den Kadavem auf die angegebene Weise vernichtet werden. Außer beim Milzbrand kommt die unschädliche Beseitigung hauptsächlich beim Rotz und der Tollwuth in Betracht. Vgl. die §§11, 12, 13, 14, 30, 39, 40 der B.R.J. 2. Die Einrichtung und Bestimmung der Verscharrungsplätze hat in Bayern nach den oberpolizeilichen Vorschriften über das Wegschaffen, den Trans­ port und das Vergraben gefallener oder getödteter Thiere, den Wasenordnungen zu erfolgen, welche in den einzelnen Regierungsbezirken nicht unwesentlich von einander differiren. Bei Milzbrand, Rotz und Lungenseuche sollte die unschädliche Beseitigung womöglich innerhalb des Gemeindebezirks erfolgen. Die radikale Vernichtung der



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Kadaver ist frier stets jeder anderen Bernichtungsart, namentlich dem Bergraben, auch wenn dies noch so sorgsam erfolgt, vorzuziehen. In Bezug auf das eigentliche Verfahren bei den einzelnen Thierseuchen geben die einschlägigen Bestimmungen der B.R.J. näheren Aufschluß. Vergl. daher Anlage A derselben, Anweisung für das Desinfektionsverfahren bei an­ steckenden Krankheiten der Hausthiere §§ 1—18.

§ 27. 8. Die Unschädlichmachung (Desinfektion) der von den kranken oder verdächtigen Thieren benutzten Ställe, Standorte und Eisen­ bahnrampen, sowie des von ihnen herrührenden Düngers und die Unschädlichmachung oder unschädliche Beseitigung der mit denselben in Berührung gekommenen Geräthschaften und sonstigen Gegenstände, insbesondere auch der Kleidungsstücke solcher Personen, welche mit den kranken Thieren in Berührung gekommen find. Erforderlichenfalls kann auch die Desinfizirung der Personen, welche mit seuchenkranken oder verdächtigen Thieren in Be­ rührung gekommen sind, angeordnet werden. In Zeiten der Seuchengefahr und für die Dauer derselben kann die Reinigung der von zusammen­ gebrachten, der Seuchengefahr ausgesetzten Thieren benutzten Wege und Standorte (Rampen, Buchten, Gastställe, Marktplätze u. s. w.) polizeilich angeordnet werden. Die Durchführung dieser Maßregeln muß nach Anordnung des beamteten Thierarztes und unter polizeilicher Ueberwachung erfolgen.

GrlLuteruuge«: 1. Die näheren Bestimmungen hinsichtlich der Aus­ führung finden sich in der Anweisung für das Desinfektionsverfahren, wie solches in der B.R.J. Anlage A §§ 1—18 enthalten ist. Die Kosten, welche durch die Desinfektton von Ställen, Standorten oder beweglichen Gegenständen oder durch ^Beseitigung der letzteren veranlaßt werden, fallen der Polizeibehörde gegenüber dem Besitzer zur Last. Für die Desinfektion von Eisenbahnwagen wird daher das Eisenbahnärar, für die Marktplätze, öffentlichen Wege die betr. Ortspolizeibehörde aufrukommen haben. Für den Fall, daß ein Besitzer aus irgend einem Grunde die Ausführung der Desinsektionsarbeiten verzögert oder ganz unterläßt, ist die Polizeibehörde befugt, diese Arbeiten ausführen zu lassen, weil hier ein öffentliches Interesse für die Sicherheit und den Verkehr in Betracht kommt. Bezüglich der hieraus entstehenden Kosten sind die Bestimmungen des B.A.G. Art. 12 u. 13 maßgebend. In § 27 nririrbtc Desinfektion nach dem abgeänderten R.S.G. nunmehr auch auf die Eisenbahnwagen, sowie aus den von kranken oder verdächtigen Thieren herrührenden Dünger ausgedehnt. Gänzlich neu ist in dem genannten Paragraphen der Abs. 3, welcher von der Reinigung der von zusammengebrachten, der Seuchengefahr ausgesetzten Thieren benützten Wege und Standorte handelt. 2. Durch die Einschaltung der Worte „sowie des von ihnen herrührenden Düngers" im ersten Abs. des §27 des Gesetzes vom 23. Juni 1883 soll klar­ gestellt werden, daß unter Umständen auch die Unschädlichmachung (Desinfektion) des von kranken oder verdächtigen Thieren herrührenden Düngers angeordnet

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werden darf, da bisweilen die Tilgung des in dem Dünger vorhandenen Ansteckungsstosfes von großer Bedeutung für die Abkürzung der Seuchendauer ist.

Die in dem Gesetzentwurf vorgeschlagene Einschaltung eines neuen Ab­ satzes zwischen dem zweiten und dritten Absatz des § 27 des Gesetzes, wonach in Zeilen der Seuchengefahr und für die Dauer derselben die Reinigung der von zusammengebrachten, der Seuchengesahr ausgesetzten Thieren benutzten Wege und Standorte (Rampen, Buchten, Gastställe, Marktplätze u. s. w.) vorgeschrieben werden darf, erscheint erforderlich, weil zu Zeilen des epizootischen Auftretens der Maul- und Klauenseuche häufig gesunde BiehttanSporte durch die Zustellung von bereits angesteckten Thieren inficirt worden und dann den Ansteckungsstoft auf allen von ihnen betretenen Wegen und Standorten zurücklafien. Insbe­ sondere gilt dies von den Marktplätzen, Gastställen und Biehbuchten auf den Bahnhöfen, wohin Bich aus verschiedenen Otten und oft aus weit entfernten Gegenden von Händlern zusammengebracht wird. Es ist daher dringend wünschenswerth, daß in Zeilen einer größeren Ausdehnung der Seuche derartige Räum­ lichkeiten nach jedesmaliger Benutzung gründlich gereinigt werden, damit der bort etwa zurückgebliebene Ansteckungsstoff thunlichst beseitigt wird, bevor die Räum­ lichkeiten von anderen Thieren betteten werden. (Mot. z. Ges. v. 1. Mai 1894.) Bon verschiedenen Mitgliedern der Commission ward die Ansicht ausge­ sprochen, daß die Borschttften des § 27 noch nicht strenge genug seien. Bon zwei Mitgliedern ward der Anttag gestellt, die in dem neu hinzugefügten Absatz vorgeschriebene Reinigung der Wege, Standorte rc. obligatorisch zu machen durch Ersetzung des Wottes „kann" durch „muß" und dieses durch Hinweis auf die große Ansteckungssähigkeit gerade der Maul- und Klauenseuche begründet. Als dagegen bemerkt wurde, daß dieses eigentlich in dem neuen §44a, der speciell von der Maul- und Klauenseuche handele, hineingehöre, ward der Anttag vor­ läufig zurückgezogen. Ferner wurde der Wunsch ausgesprochen, daß eine be­ sondere Vorschrift ausgenommen werde, nach welcher die Thierärzte sich selbst und ihre Kleidung zu desinficiren hätten, wenn sie aus einem Seuchenstall in einen anderen Stall gingen. Es wurden aus der Praxis Fälle mitgetheilt, daß ge­ rade die Maul- und Klauenseuche durch Thierärzte verschleppt worden sei. Bon verschiedenen Commissionsmitgliedern und den Vertretern der Regierungen ward darauf hingewiesen, daß bereits nach dem § 27 Abs. 2 deS bestehenden Gesetzes die Desinfizirung den Thierärzten auserlegt werden könne; übrigens gehörten diesbezügliche Anordnungen in die zu erlassenden Instruktionen, nicht in das Gesetz. Der geäußette Wunsch wurde hierauf nicht weiter verfolgt. In Bezug auf die Ausladestellen der Eisenbahnen wurde noch hervorgehoben, daß die Reinigung derselben nicht ausreiche. ES wurden in dieser Richt­ ung zwei Anträge gestellt: Der erste wollte der Polizeibehörde die Befugniß er­ theilen, eine zweite Ausladestelle für gesundes Vieh anzuordnen, der zweite ver­ langte unbedingt die Errichtung von getrennten Ausladestellen für aus dem Aus­ lande kommendes Vieh. Gegen diese Anträge ward von Commissionsmitgliedern und von RegierungSverttetern eingewandt, oaß den Eisenbahnverwaltunaen da­ durch sehr große, unverhältnißmäßige Kosten entstehen würden, auch sei eine Unterscheidung, ob eS sich im einzönen Falle um gesundes oder ttankes Bieh

handle, unmöglich. Uebrigens könnten durch polizeiliche Schließung der Rampm die Eisenbahnverwaltungen zu temporären anderweitigen Einrichtungen ge­ zwungen werden. Die beiden Anträge wurden hierauf zurückgezogen. In Bezug auf die Behandlung der Eisenbahnrampen wurde sodann end­ lich ein Anttag gestellt, daß nicht nur die Reinigung, sondern auch die Desin­ fektion derselben angeordnet werden könne, was durch Hinzufügung der Wotte

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„und Eisenbahnrampen" im ersten Absätze des §27 nach dem Worte „Standorte" zu geschehen habe. Dieser Antrag ward mit 17 gegen 1 Stimme angenommen, und sodann der so geänderte §27 einstimmig. Ein Antrag: hinter den Worten „Standorte und Eisenbahnrampen" ein­ zuschalten : „und der Verbindungswege zwischen Rampen und Buchten" wurde abgelehm. (Reichslagsdrucksachen Nr. 189, 9. Legislaturperiode, II. Session 1893/94,'S. 344.) 3. Mt den Erfahrungen, welche man bisher in der Seuchentilgung hin­ sichtlich der Anordnung der Sperre gemacht hat, hängen auch die dadurch be­ dingten Abänderungen'bezw. Erweiterungen im Desinfektionsverfahren zusammen. Dm Impuls zu solchw gab wiederum die Maul- und Klaumsmche. Bei der leichtm Uebertragbarkeit derselben durch alle nur dmkbarm Träger und Zwischmtrdger des Ansteckungsstoffes einerseits und der leichtm Zerstörbarkeit desselbm durch geeignete Chemikalien andererseits wurde in § 27 des nunmehrigen Gesetze- die Desinfectton oder Unschädlichmachung auch auf die Eisenbahnrampm, sowie auf dm Dung, der von kranken oder verdächtigm Thieren herrührt, auSgedchnt. Die Praxis hat ergeben, daß von dm Eiserchahnrampm aus vielfach die Maul- und Klaumsmche verbreitet wordm ist, indem gesunde und auS seuchenfreim Ge­ genden stammmde Thiere durch daS Betreim derselbm inficirt wordm sind. In gleicher Weise ist eine Verbreitung der Seuche durch dm Dung der Thiere, welcher bisher bei der Desinfektion fast gar nicht berücksichtigt wurde und ebmso gut als alle anderm Secrete und Excrete Träger des Ansteckungsstoffes ist, wiederholt vorgekommm. Aus diesm Gründen erwies sich die Anordnung dieser Bestimmung im Jntereffe des Handels, wie aus allgemein wirthschastkchen Rücksichtm nothwendig. In Abs. 2 des nunmehrigen §27 wird die Desinfektion der Personen auch für jene Fälle vorgesehm, wmn dieselben nur mit verdächtigen Thierm in Berührung gekommen sind. Es ist oftmals der Ansteckungsstoff im bezw. am Thierkörper vorhandm, die Thiere erscheinen gerade so gesund alS andere oder sind nachgewiesmermaßm mit seuchmkrankm und verdächtigm in Berührung gewesen, stammen aus einer solchen Gegend, in welcher die Gefahr der Ansteck­ ung bestanden hat, sind daher infektionsfähig für andere Thiere; um die Gefahr einer Ansteckung auch von diesm Thierm aus durch Personm zu verhütm, soll die Desinfection für die mit solchen Thierm in Berührung gekommenen Personen in gleicher Weise angeordnet werden können alS beim Berühre mit offenbar seuchmkrankm. Es werden hier hauptsächlich Begleiter, Wärter der Thiere, Viehhändler, Metzger, Wasmmeister, Thierärzte rc. in Betracht kommm. Die Desinfektion muß nach der Anweisung der BundesrathSinstruktion bezw. des beamteten Thierantes vorgenommm werden. In Abs. 3 des §27 ist endlich in Zeiten der Seuchengesahr und für die Dauer derselben auch die Reinigung der von dm Thierm benutzten Wege und Standorte angeordnet. Die Seuchengefahr kann begründet sein durch das thatsächliche Auftreten von Seuchen oder von Verdacht auf solche im Bereiche dieser Wege und Stand­ orte, sie kann aber auch nur als eine für die Zukunft bestehende und für einen essectiven Seuchenausbruch erst in Aussicht stehende sein. Es ist hier nicht von einer wirklichen Desinfektion im Sinne einer Ertödtung der Ansteckungsstoffe, Ent­ giftung, sondern dem wörtlichm Inhalt nach nur von einer mechanischen Säuber­ ung, Reinigung deS Ansteckungsstoffes an den Wegen und Standorten die Rede. Allein es Dürfte fraglich sein, ob je nach der Art der hier obwaltenden Seuchmgesahr dieser Reinigung blos die Bedeutung einer mechanischen Beseitigung —

60 und späteren unschädlichen Vernichtung des eventuell verbreiteten Ansteckungsstoffes —, und nicht auch gleich eine radikale, sichere Zerstörung desselben aus chemischem oder thermischem Wege, daher in ihrer Tragweite die einer effektiven Desinfektion beizukommen hat. Letzteres Verfahren ist einschneidender, kostspieliger und den Verkehr unter Umständen mehr beeinträchtigend als die bloße Reinig­ ung. Es wird daher angenommen, daß in der Hauptsache die Reinigung ge­ nügend ist. Allein wenn durch dieselbe keine Garantie zu einer wirksamen Be­ kämpfung der von hier aus drohenden Gefahr geboten ist, so darf dieselbe auch in ihrer Ausführung einer Desinfektion gleichkommen. Hiefür spricht schon der Schlußsatz, wonach die Maßregel, wie die übrigen Desinfettionen nach Anordordnung des beamteten Thierarztes und unter polizeilicher Ueberwachung zu erfolgen hat und dementsprechend dafür zu sorgen ist, daß der Zweck der Tilgung der Gefahr damit auch wirklich erreicht wird. Vgl. indeß Anlage A der B.R.J., Anweisung für das Desinsektionsversahren bei ansteckenden Krankheiten der Haus­ thiere §§ 1—10, wornach Reinigung und Desinfektion bei dem Verfahren gleichheitlich in Anwendung zu kommen haben.

Oberstrichterliches Erkenntniß.

Die wissentliche Zuwiderhandlung gegen das RS G. durch eigen­ mächtige Vornahme der Desinsektion und durch Nichtbeachtung der Fortdauer der von der zuständigen Distriktspolizeibehörde angeordneten Schutzmaßregeln bildet ein gemeingefährliches Vergehen nach § 328 Abs. 1 des R.-St.-G.-B. (E. v. 7. Okt. 1881. Samml. v. E. in Strass, v. k. b. O.-L.-G. München 1882 1. Bd. S. 547).

§28. 9. Die Einstellung der Vieh- und Pferdemärkte, sowie der öffentlichen Thierschauen oder der Ausschluß einzelner Viehgattungen von der Benutzung der Märkte. GrlLnterungen: 1. Die Anordnung der in § 28 vorgeschriebenen Schutz­ maßregeln beschränk sich auf diejenigen Fälle, in welchen die B.R.J. solche vorsieht. 2. Der § 28 des Gesetzes vom 23. Juni 1880 enthält nach den Worten „der öffentlichen Thierschauen" noch die Worte „innerhalb des Seuchenorts oder dessen Umgebung." Nach Artikel 4 des R.G. vom 1. Mai 1894 sind die Worte „innerhalb des Seuchenoris oder dessen Umgebung" nunmehr zu streichen. Die Motive zum Gesetze sagen hinsichtlich des Wegfalles dieser Be­ schränkung: „Bei ihrer leichten Uebertragbarkeit kann die Maul- und Klauen­ seuche durch Versendungen von inficirten, aber noch nicht sichtbar erkrankten Thieren oder durch Zwischenträger bereits in weitem Umkreise von dem ersten bekannten Seuchenori verschleppt sein, ehe die Feststellung der Seuche an anderen Orten gelingt. Es ist daher nothwendig, während einer Seuchenepidemie die Abhaltung von Biehmärkten nicht nur an den bekannten Seuchenorten, sondern gleichzeitig auch in deren weiterem Umkreise zu verbieten, wenn der Gefahr vorgebeugt werden soll, daß durch inficirte Thiere aus noch nicht gesperrten Orten ein großer Theil des auf einen Markt aufgetriebenen Viehes angesteckt und mit diesem die Seuche nach allen Richtungen verschleppt wird. Um den rechtzeitigen Erlaß von Biehmarktverboten zu ermöglichen, schlägt deshalb der Entwurf die Streichung der Worte Innerhalb des Seuchenortes oder dessen Umgegend' vor." (Reichslagsdrucksachen, 9. Legislaturperiode, II. Session 1893/94, Nr. 28, @.‘6). Sowohl in der Commission als im Plenum des Reichstages

61

wurde dieser Ausführung beigestimmt und von letzterem der Entwurf debattelos in zweiter und dritter Lesung angenommen. Der § 17 des Reichsgesetzes und der Art. 1 der Novelle schreiben die Beaufsichtigung aller Vieh- und Pferdemärtte durch beamtete Thierärzte vor, weil dieselben zu Seuchenconstattrungen häufig Anlaß bieten können und dann die sofortige Bethätigung der seuchenpolizeilichen Maßnahmen im Ermittlungs­ falle hier wesentlich zur Verhütung einer weiteren Ausbreitung der Seuche bei­ trägt. Diese Controlle bietet also eine sehr wirksame Handhabe zur Seuchen­ ermittlung wie zur Verhütung einer Weiterverbreitung. Mancher oft weit­ verzweigte Seuchenherd ist schon durch die Marktcontrolle ans Tageslicht ge­ kommen, während er andererseits verborgen geblieben wäre. Allein die Ein­ stellung der Viehmärtte hat auch für die Verbreitung von Viehseuchen eine Kehrseite, so daß derselben dadurch Vorschub in gewiffer Hinsicht geleistet werden kann und bedeutende volkswirthschastliche Verluste außerdem herbeigeführt werden. Die Märkte, in ihrer Eigenschaft als Sammelorte großer Thiermassen, bringen die beste Gelegenheit zur Ansteckung und zur strahlenförmigen Ausbreitung der Seuche mit sich. Ist z. B. die Maul- und Klauenseuche einmal über die Landesgrenzen eingedrungen, dann sind die Viehmärtte wohl die ausgiebigsten Berbreitungsstätten und werdm es bleiben, auch wenn die thierärztliche Controlle mit der äußersten Strenge gehandhabt wird. Nun besaß die bisherige Seuchentilgung kein ausreichendes Mittel, die von den Märkten drohende Gefahr der Ansteckung fern zu halten, so lange nicht der Marttort selbst oder dessen nächste Umgebung von der Seuche ergriffen war. Eine solche Gefahr der Ansteckung von Märtten, namenttich den stark frequentirten, kann bei dem ausgedehnten und weitverzweigten Biehhandel aber auch bestehm, wenn aus größere Entfernungen als die Umgebung des Marttortes hin, aus welcher erfahrungsgemäß Biehstücke zu Martt gebracht werdm, erwiesmermaßm die Maul- und Klauenseuche oder eine andere sehr leicht sich verbreitmde Seuche herrscht. In solchm Fällen kann eine friihzeittge Marktsperre gleich bei den ersten Seuchenausbrüchen eine der wirksamem Kautelm zur Verhütung der weiteren Ausbreitung sein. Auch sind die Nachtheile derselben für den Handel und die Landwirthfchast dann viel geringer, als es auf dm ersten Blick den Anschein hat; denn ihre Anordnung im richttgw Zeitpuntte wird die mit dem Marttverkehr verbundene Ausbreitung des Jnfecttonsstoffes in so wirksamer Weise verhindern, daß sie nur für kurze Zpit nöthig sein wird. Umgekehrt wird eine Schließung der Märtte erst dann, wenn die Seuche allenthalben in der Umgegend und im Lande überhaupt verbreitet ist, kaum mehr etwas gegen die weitere Ausdehnung bezweckm können, da der Ansteckungsstoff ohnehin schon zu sehr eingenistet ist. Die Polizeibehörde ist daher nicht mehr an die Einschränkung gebunden erst dann die Aufhebung der Märtte zu verfügen, wenn die Seuche bereits eine größere Ausdehnung erlangt hat, im Rayon des Marktterritoriums grassirt, so oaß die Maßregel nur mehr einen relativen Werth hat, sondern überhaupt auch dann, wenn von der Abhaltung der Märtte eine Gefahr der Ansteckung und Verbreitung der Seuche überhaupt zu erwarten ist. Die Einstellung ist in Zukunft oftmals mehr Ermessenssache, dieselbe kann an manchen Orten geboten sein, unter welchen Verhältnissen sie an anderen wieder nicht angezeigt ist. Maßgebend bleibt hiebei der Umstand, ob eine Gefahr der Verbreitung im Falle der Aufhebung der Märtte beseitigt wird oder ob ohne solche stets mit wirthschaftlichen Einbußen verknüpfte Maßnahmen die Seuche auch nicht weiter sich ausdehnt. Manche Biehmärkte sind mehr von einheimischen Landwirthen besucht, dienen mehr für den einheimischen Bedarf und Umsatz, es wird an denselben weniger fremdes Vieh von auswärts zugetrieben, andere Märtte Hingegen

62 qualificiren sich sowohl nach Frequenz wie nach Art des Zutriebes als echte und reine Handelsmärkte, auf welche das Vieh von den entferntesten Gegenden ge­ bracht wird und die fast ausschließlich den Interessen des eigentlichen Handels zu dienen habm, während die landwirthschaftliche Bedeutung derselben mehr untergeordneter Natur ist. Letztere sind naturgemäß schon wegen der stärkeren Frequenz im Falle der Seuchengesahr eher zur Verschleppung von Seuchen ge­ eignet, daher auch deren Sisttrung eher ins Auge zu fasten ist als jene der kleineren und mehr der einheimischen Produktton entsprechenden Märkte. 3. Der Gesetzgeber will also unter Anwendung der hier zum Ausdruck kommenden Gesichtspunkte, daß eine Seuchengesahr nicht bloß bei offenbarem Seuchenausbruch oder Verdacht auf dieselbe, sondern auch dann, wenn eine fort­ gesetzte Ansteckung durch den Marktbetrieb in Folge Herrschens der Seuche außer­ halb des Rayons der Umgebung vom Marttorte zu erwarten ist, gegeben ist, die in Folge besten nothwendige Aufhebung wie der öffentlichen Thierschaum, der Vieh- und Pserdemärkte dem Elmesten der Polizeibehörde anheimgeben. Dieselbe ist nicht mehr an bestimmte Grmzm bei derarttgen Erlassen gehalten, sondern sie kann auch ohne die bisher maßgebenden Factorm die Gefahr einer Smche und in Folge dessen die Berechtigung zur Markteinstellung statuiren. Daraus folgt umgekehrt, daß eine Aufhebung der Märkte bei allgemeiner Seuchen­ gefahr, wenn die Seuche allmthalbm im Lande eine solche Ausdehnuna genommm hat, so daß die Markteinstellung hiegegen nichts Helsen, in Folge besten eine rasche Durchseuchung der Thiere (auch durch Impfung) veranlaßt sein würde, ebm so gut unterbleiben könnte. Die durch die Aufhebung erzielten Vor­ theile würden hier in keinem Verhältnisse zu den Nachtheilen stehen, welche sich durch eine langsamere, aber weit sicherere und intensivere Verbreitung der Smche auf dem Wege des Biehhausirhandels bezw. des uncontrollirten Viehhandels geltmd machen. Es muß also das Verbot der Marktaufhebung je nach den Verhältnissen eine verschiedene Handhabung und Beurtheilung erfahren und lasten sich für alle Fälle gleichmäßig paflende Weisungen in dieser Hinsicht nicht geben. Das Gesetz schreibt daher auch allgemeine oder an besttmmte Voraus­ setzungen geknüpfte Bedingungen, auf Grund deren die Einstellung zu erfolgen hätte, nicht mehr vor; es genügt hiezu die Maßgabe, daß eine Seuchengesahr von der Abhaltung zu erwarten ist und andererseits, daß durch die Einstellung derselben begegnet werden kann.

§29.

10. Die thierärztliche Untersuchung der am Seuchenorte oder in dessen Umgegend vorhandenen, von der Seuche gefährdeten Thiere. ErlÜKternngr«: 1. Die chierärzttiche Untersuchung, von welcher hier die Rede ist, findet nur im amtlichm Auftrage (§ 12 des R G ), also in Form einer Poüzeimaßregel statt. In Bayern ist außerdem alljährlich eine thier­ ältliche Untersuchung der Hunde, cheilS aus seuchenpolizeilichen, theils aus volkswirthschaftlichen Gründen vorgeschriÄen; früher wurde auch eine periodische thierärztliche Untersuchung aller Schafheerden als fortwährmde Schutzmaßregel empfohlen und gehandhabt. Ml dem Erlaß des R.S.G. ist indeß solche aufgehobm worden. 2. Me die Ueberwachung der Seuchenherde und deS Smchenverlaufes überhaupt die Veterinärlechnische Beihilfe erfordert, so wird zeitweise insbesondere auch die thierärztliche Untersuchung aller Thiere einer besttmmtm, für die abSwehrende Smche empfänglichm Gattung zweckmäßig sein. Es hat dieS bekiders hie Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche ergebm, bei welcher es gelungen ist, in Folge fortgesetzter oder regelmäßiger tierärztlicher Untersuchung

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Seuchenausbrüche rasch zu eniiren und dadurch einer Weiterverbreitung wirksam vorzubeugen. Während bei den mehr gutartigen und meistens auch schnell verlausenden ansteckenden Thierseuchen unter normalen Verhältnissen die Konstatirung des Seuchenausbruchs durch den beamteten Thierarzt genügt, wird bei solchen Krank­ heiten, welche durch die Anwendung der Tilgungsmaßregeln nicht sofort in ihrem vollen Umfange zu Ende geführt werden können, die veterinärpolizeiliche Ueberwachung des Ganges und Verlaufes der Seuche erforderlich, um hiedurch Ein­ blick in den jeweiligm Stand der Krankheit und den Erfolg der angeordneten Schutz- und Sicherungsmaßregeln zu erlangen und hiernach bemessen zu sönnen, ob letztere ausreichend oder der Ergänzung bedürftig sind. In einzelnen Fällen Hal sich die Anordnung solcher allgemeiner Revisionen Durchsuchung und Untersuchung aller von der Seuche gefährdeten Thiere — als Vortheilhast, er­ wiesen, indem sie unter Umständen das einzig wirksame Mittel bieten, die ver­ steckten Seuchenherde, welche dauernd eine Gegend bedrohen, autzudecken. So wurden im Regierungsbezirke Unterfranken zufolge Anordnung der Kreis­ regierung vor mehreren Jahren und auch in früherer Zeit die sämmtlichen Pferde der am Maine wohnenden Leinreiter längere Zeit hindurch in regelmäßigen Zwischenräumen chierärztlich untersucht, weil diese Pferde der Ansteckung durch Rotz verdächtig warm. Auch die im § 17 des R.SG vorgesehme Beauf­ sichtigung i. e. in Wirklichkeit Untersuchung der zu Zuchtzweckm öffmtlich auf­ gestellten männlichm Zuchtthiere durch beamtete Thierärzte, welche bei den Deckhengstm in regelmäßigm Zwischenräumen zu erfolgen hat, kann als eine Revision im Sinne des 8 29 aufgefaßt werdm.

§ 29a.

11. Die öffentliche Bekanntmachung des Ausbruchs und des Erlöschens der Seuche. ütliiteriMei: 1. Die allgemeinen Schutzmaßregeln des ReichSviehseuchengesetzes schließen mit dem § 29 ab. Die Novelle fiigt mm in einem litterirten Paragraphen noch diese weitere Maßregel, welche die vffmtliche Be­ kanntmachung der Seuchenausbrüche und deren Erlöschen bezweckt, an.

Die Mottve zum Gesetze rechtferttgm diesen Zusatz in folgmder Weise: „Bei der langen Dauer und weiten Verbreitung der zeittgen Maulund Klauenseucheepidemie ist häufig darüber geklagt wordm, daß es den Biehkäufern unmöglich sei, zu erfahren, ob semer gelegene Gegmden, aus welchm sie Weh beziehen wollen, seuchmfrei oder verseucht sind, weil Ausbruch und Er­ löschen von Seuchm nur in amtlichen Lokalblättern publizirt werdm, die außer­ halb ihres engen Verbreitungskreises nicht gelesen und oeßhalb auch nicht ge­ halten werden. Obgleich es bei starker Verbreitung einer Smche in einem Lande von der Größe Deutschlands schwierig ist, Nachrichten über die Bewegung der Smche in den verschiedenen Theilen des Reiches schnell und zuverlässig in einem allen Betheiligten leicht zugänglichm Blatte zu veröffentlichen, so bietet die Kmntnißnahme von der jäetyitigen räumlichen Ausdehnung einer

Seuche doch für den Gnzelnm ein so wichttges Schutzmittel gegen dm Bezug von Vieh aus verdächttgm Gegenden, daß e8 wünschenSwerth erscheint, durch den im Entwurf vorgeschlagenen Zusatz die Möglichkeit einer dem Praktischen Be­ dürfniß mtsprechmden einheitlichen Regelung der Publikation von Seuchmnachrichten zu schaffen." (Reichstagsdnlcksachm Nr. 28, S. 6, 9. Legislaturperiode, II. Session 1893/94.) Die Commission schloß sich Hefen Ausführungen, ohne weitere Gesichts­ punkte für die Nothwendigkeit der Maßregel beizubringen, an; deßgleichm nahm

64 das Plenum des Reichstags solche in zweiter und dritter Lesung ohne De­ batte an. Bisher schon war nach der Bundesrathsinstruktton für die meisten Vieh­ seuchen die Publikation des Ausbruches und Erlöschens derselben ungeordnet. Auch wurden fast in allen größeren landwirthschastlichen und thierärztlichen Fachzeitschriften bisher die staüsttschen Nachrichten über die Verbreitung (die Be­ wegung) von Viehseuchen bekannt gegeben. Allein dieselben gelangten nicht immer oder nur in den seltensten Fällen zur Kenntniß jener Kreise, für welche die Publikatton wohl am nothwendigsten gewesen wäre. In Folge dessen kam es oftmals vor, daß Viehhändler und Viehzüchter weite Reisen unternahmen an Marktorte mit ihren Biehtransporten und als sie dort ankamen, fanden sie den Markt wegen Seuchenausbruchs gesperrt. Gar mancher Vichkäuser sucht lieber eine seuchenfteie Gegend aus, als daß er selbst im Falle billigeren Einkaufs die Ge­ fahr einer Seucheninfettion riskirt. Es rechtserttgt sich daher sowohl aus seuchen­ polizeilichen wie aus wirthschastlichen Gründen, die Bekanntmachung vom Aus­ bruche, wie vom Erlöschen einer Seuche offiziell als eine naturgemäße Schutz­ maßregel zu statuiren. Es gehört eine solche zu den Obliegenheiten der Polizeibehörde, indem sie dadurch den Viehbesitzern die Möglichkeit gewährt, ihre Bestände bis zu einem gewissen Grade vor Ansteckung sicher zu stellen und dieselben gleichzeittg in den Stand setzt, den Besttmmungen des § 9 Abs. 1 hin­ sichtlich der Fernhaltung von Thieren von Orten, an welchen die Gefahr der An­ steckung ftemder Thiere besteht, was besonders bei den entschädigungspflichttgen Viehseuchen von großer Tragweite ist, gerecht zu werden. 2. Eine möglichst schleunige Bekanntgabe des ersten Seuchenausbruchs in bisher seuchenfreier Gegend ist für die Tilgung und Verhinderung der Weiter­ verbreitung von großer Tragweite. Man wird daher zur Publikation solche Organe wählen, welche unter den Viehbesitzern und Viehhändlern besonders ver­ breitet sind oder doch viel gelesen werden. Auch ist anzunehmen, daß nach und nach die politischen Blätter überhaM immer mehr Nottz von den Nachrichten über Viehseuchen nehmen. Allein nicht bloß durch die Tagespresse soll die Publikatton der Seuchenausbrüche geschehen, sondern die Ortspolizeibehörden haben in ihrem Rayon selbst für entsprechende Bekanntgabe auf ortsübliche Weise Sorge zu tragen, wie auch die benachbarten Gemeinden unmittelbar von dem Herrschen der Seuche zu verständigen. Ein möglichst rascher und präziser Nachrichtendienst bei Seuchenausbrüchen wird besonders in jenen Gemeinden und Distrikten noth­ wendig werden, in welchen viele Viehhändler seßhaft sind, Märkte abgehalten werden und überhaupt der Viehhandel im Kleinen als Hausirhandel oder auch im Großen als Export größerer Bestände betrieben wird. Die Seuchenausbrüche haben in den meisten Fällen besondere Beschränkungen des Viehhandels, Sperren, Markteinstellungen u. dgl. zur Folge. Werden daher solche Seucheneruptionen nicht rechtzeittg zur Kenntniß der Viehbesitzer und -Händler gebracht, so können Viehttansporte, wenn dieselben nach solchen Distrikten verfrachtet werden, dort ihrer Besttmmung zum Zwecke des Handels nicht zugeführt werden, während bei erhaltener Kenntniß die Verftachtung unterblieben, auch vielleicht eine Seuchen­ verschleppung nicht zu befürchten gewesen wäre. Es kommt daher der Veröffent­ lichung von Seuchenausbrüchen als solchen, wie ganz besonders derjenigen von dem erstmaligen Auftreten eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Die Be­ kämpfung und Tilgung kann erleichtert und unnöthige Belästtgungen und Stör­ ungen des Verkehrs können vermieden oder Hinlangehalten werden, wenn die Bekanntgabe mit thunlichster Beschleunigung und unter Berücksichtigung der lokalen und merkanttlen Verhältnisse erfolgt. Das Gleiche gilt dann in analoger Weise auch von dem Erlöschen der Seuche. Eine verspätete, mangelhaft publicirte Bekanntgabe von der Einstellung

65 der getroffenen Maßnahmen, der Markt- und sonstigen Sperren, kann für die betheiligten Händler, Landwirthe und sonstigen Interessenten in gleicher Weise von Nachtheilen begleitet sein, wenn solchen die Aushebung des Verbotes nicht gemeldet worden ist, und daher diese dm wirthschastlichen oder merkantilen Ge­ winn für sie nicht mehr bringen konnte, den die Sistirung der Maßregel bei ent­ sprechender Beachtung resp. Mittheilung für sie hätte haben können. Es ist da­ her eine Verpflichtung der Polizeibehörden, diesen Punkten genauestens nachzukommen und würden Versehen in dieser Art die dadurch benachtheiligtm Jnteressmten sogar in den Stand setzen, mit Beschwerden vorzugehen und selbst auf Ersatz des Schadms anzutragen. Dmselben müßte jedenfalls stattgegeben werdm, wmn ein offmbares Verschulden von Seiten der mit dem Vollzüge betrautm Polizeibehörde nachgewiesen werden kann, auf das ausschließlich die Benachtheiligung der Beschwerdeführer zurückzuführen wäre.

8. Besondere Vorschriften für einrelne Kescher».

§30. Die näheren Vorschriften über die Anwendung und Aus­ führung der zulässigen Schutzmaßregeln (§§ 19 bis 29) aus die nachbenannten und alle übrigen einzelnen Seuchen werden von dem Bundesrath auf dem Wege der Instruktion erfassen. Es sollen jedoch bei den hierunter benannten Seuchen, vor­ behaltlich der weiter erforderlichen Schutzmaßregeln, nachfolgende besondere Vorschriften Platz greifen.

Erlinteroße«: 1. Der § 30 deS R S G- vom 23. Juni 1880 gab seinerzeit zu prinzipiellen Meinungsverschiedmheiten im Reichstage Anlaß. Die Commission wollte dem §30 folgende Fassung geben: „Die näheren Vorschriften über die Anwendung der zulässigm Schutz­ maßregeln (§§ 19—29) auf die nachbenannten und alle übrigen Seuchen werden durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung deS Bundesrathes erfassen. Die Verordnung ist dem Reichstage, soferne er versammelt ist, sofort, andernfalls bei dessen nächstem Zusammwtritt vorzulegen. Dieselbe ist außer Kraft zu setzm, soweit der Reichstag dies verfangt. ES sollen jedoch bei dm hierunter benannten Smchen vorbehaltlich der weiter erforderlichen Maßregeln nachfolgend besondere Borschristm Platz greifen". (Reichstags-Drucksachen, 4. Legisfat.-Periode III. Session 1880 Nr. 140). In der Commission des Reichstages wurde bei der ersten Lesung dieser Antrag mit geringer Majorität angenommen und in der zweiten Lesung wurde er nur durch Stimmengleichheit aufrecht erhalten. Bon Seite des Bundeskommiffärs wurde bei der Berathung geltmd gemacht, daß es sich bei der Bestimmung in § 30 lediglich um AusfiihrungsVorschristen handle, zu denm die Bundesregierungen ermächtigt sein müßtm, weil ebm nur Verwaltungsvorschriften dabei in Frage gelangten, während dagegen in der Commission die Majorität der Ansicht war, daß es sich dabei mindestens auch um solche Bestimmungen handle, die an und für sich im Wege der Gesetzgebung hätten erlassen werden können. Diese Anschauung wurde von andrer Seite bei der Berathung im Reichstage unter Hinweis darauf bestritten, daß es sich lediglich um Bestimmungen handle, die nur innerhalb des Rahmens des Gesetzes lägen, die daher durch Berwaltungsvorschristm erfassen werden könnten und daß der §30 in der Fassung der Commission eine bedenk­ liche Vermischung der Grenze zwischen der Gesetzgebung und der vollziehenden Reuter, Deutsche Viehseuchengesetzgedung.

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66 Gewalt erhalle. Vgl. sten. Ber. II. Bd. S. 1054—1061, 1880. Schließlich wurde der § 30 in der von der Commission vorgeschlagenen Fassung mit Stimmenmehrheit abgelehnt und die Fassung der Regierungsvorlage wieder hergestellt. (Vgl. sten. Ber. a. a. £. S-1061). Bei der Berathung des Ge­ setzes vom 1. Mai 1894 wurden Bedenken gegenüber der Festsetzung der In­ struktion durch den Bundesrath nicht mehr erhoben. 2. Der Spielraum, innerhalb welchem sich die Instruktion bewegen darf, ist noch durch die §§ 31 u. ff. des R.S.G. insoferne begrenzt, als gewisse im vetermärpolizeilichen Interesse erforderliche Einschränkungen der Berfügungsfreiheit des Einzelnen bei gewissen Seuchen allgemein Platz greifen sollen, so das Verbot des Schlachtens, die unschädliche Beseitigung der Kadaver und das Verbot des Abhäutens derselben (§§31, 33, 36, 39, 43). Bgl. Mot. z. R.S.G. S. 32.

a) Milzbrand.

§31. Thiere, welche am Milzbrände erkrankt oder dieser Seuche ver­ dächtig sind, dürfen nicht geschlachtet werden. § 32. Die Vornahme blutiger Operationen an milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen Thieren ist nur approbirten Thierärzten gestattet. Eine Oeffnung des Kadavers darf ohne polizeiliche Erlaubniß nur von approbirten Thierärzten vorgenommen werden. §33. Die Kadaver gefallener oder getödteter milzbrandkranker oder der Seuche verdächtiger Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden. Die Abhäutung derselben ist verboten. Die gleichen Vorschriften finden beim Ausbruch des Milz­ brandes unter Wildständen auf die Kadaver des gefallenen oder getödteten Wildes Anwendung. Erläuterungen zu §§31—33: 1. Der Milzbrand ist eine schnell ver­ lausende Krankheit, welche vorzugsweise bei den pflanzenfressenden Thieren (bei Hausthieren und beim Wild) vorkommt, durch Ansteckung aber auch aus andere Thiere und auf Menschen übergeht. Die Krankheit verläuft in der Regel tödtlich. Sehr häufig erfolgt der Tod ganz plötzlich, ohne daß eine wahrnehmbare Erkrankung deS Thieres vorhergegangen ist: in anderen Fällen zeigen sich vor dem Tode auffallende Krankheitserscheinungen, doch erstreckt sich deren Dauer oft nur auf wenige Stunden, seltener auf mehr als einen Tag. AIS Ursache der Krankheit (Jnsektionsstoff, Ansteckungsstoff) ist ein mikroskopischer pflanzlicher Organismus erkannt, der sich nach seiner Aufnahme in dem Körper deS Thieres, namentlich in dem Blute, vermehrt und eine Entmischung desselben bewirkt, sich aber auch außerhalb des Thierkörpers lange keimfähig erhalten, unter Umständen sich an leblosen Gegenständen, namentlich im Erdboden, sogar noch vervielfältigen und dann durch Vermittlung der eingeathmeten Luft, deS FutterS oder deS Ge­ tränkes wieder in den Körper eines lebenden Thieres gelangen kann. Da die

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Erhaltung des Jnfektionsstofses und dessen Vervielfältigung im Erdboden von der Beschaffenheit des letzteren (der Wärme, dem Gehalt an organischen Stoffen, an Lust und an Feuchtigkeit) abhängig ist, so tritt die Seuche lokal auf. Die unzweckmäßige Beseitigung der Kadaver und der Abfälle von den kranken oder todten Thieren, namentlich ein oberflächliches Verscharren derselben, wobei dem Erdboden immer wieder neue Keime des Jnfektionsstofses zugeführt werden, hat zur Folge, daß die Seuche in einzelnen Gegenden ununterbrochen herrscht. Meist treten die Krankheitsfälle auch in größeren Viehbeständen einzeln auf, da eine unmittelbare Uebertragung der Krankheit von Thier auf Thier, nament­ lich bei den pflanzenfressenden Hausthieren nur selten vorkommt. Unter Um­ ständen, so bei starker Verunreinigung des Futters mit dem aus dem Erd­ boden herrührenden Jnfektionsstoffe, zeigen sich in einem Viehbestände aber auch zahlreichere Krankheitsfälle gleichzeitig oder in kurzer Aufeinanderfolge. Im ganzen verursacht die Seuche dadurch, daß sie in zahlreichen Bezirken ständig vorkommt, sehr erhebliche Verluste. Diesen Eigenschaften der Krankheit entsprechen die Vorschriften der §§ 31—33, indem sie mit Rücksicht auf den raschelt Verlauf der Krankheit und die verhältnißmäßig selten vorkommende unmittelbare Uebertragung derselben von Thier auf Thier davon absehen, die Tödtung der an Milzbrand erkrankten Thiere anzuordnen, dagegen in der Erwägung, daß das Blut der erkrankten Thiere ohne Zweifel der gefährlichste Träger des Ansteckungsstoffes ist, das Abschlachten erkrankter oder verdächttger Thiere, sowie das Abhäuten der Kadaver unbedingt verbieten, die sofortige unschädliche Beseitigung der letzteren fordern und die Vor­ nahme von bluttgen Operationen an milzbrandkranken oder verdächtigen Thieren, sowie die Oeffnung der Kadaver nur approbirten Thierär^ten, die mit der Ge­ fahr bei den Operationen bekannt sind, gestatten. Wenn m dem § 33 der Ver­ kauf oder der Verbrauch einzelner Theile oder Produkte, namentlich der Wolle von milzbrandkranken Thieren nicht unbedingt verboten ist, so ist dabei die Er­ wägung maßgebend gewesen, daß, wenn bis jetzt auch noch kein Verfahren be­ kannt ist, einzelne Theile der Produkte von mihbrandkranken Thieren sicher zu desinfiziren, ein dazu geeignetes Verfahren doch früher oder später gefunden werden und es dann zuläsiig erscheinen kann, die Verwerthung einzelner solcher Produkte, mtmentlich der Wolle von milzbrandkranken Schafen, unter gewissen Bedingungen zu gestatten. Eine Ausnutzung der ganzen Kadaver zur Dünger­ fabrikatton, sofern dabei eine Zerstörung des Jnfekttonsstoffes stattfindet, ist durch das Gebot der unschädlichen Beseittgung derselben nicht ausgeschlossen. Diese Art der Beseittgung hat sogar erhebliche Bo«üae vor der Vergrabung der Ka­ daver, weil dabei eftre neue Besamung des Erobodens mit JnfekttonSstoff am sichersten zu vermeiden ist. (Mot. z. RS-G. S. 32). 2. Die Maßregeln gegen den Mlzbrand finden nach dem bayer. Milzbrand-EntschädigungSgesetze bczw. der Mn.-Bek. v. 15. Juni 1892, Ziff. 1: „Die Entschädigung für Biehverluste in Folge von Milzbrand betr." auch auf den Rauschbrand und die Wildseuche der Rinder und Pferde für den Umfang des Königreichs Bayern analoge Anwendung. Das Verbot der Schlachtung milzbrandkranker Thiere gründet sich nebm der dadurch möglichen Verbreitung der Seuche hauptsächlich auch darauf, daß dieselbe Gefahren für den Menschen zur Folge haben kann; denn der Milzbrand geht auch auf den Menschen über, bei welchem er in der Regel eine tödtliche Erkrankung hervorruft. Der Rauschbrand und die Wildseuche, welche in früherer Zeit für Formen des Milzbrandes angesehen worden sind, sind auf den Menschen nicht übertragbar. Dem Menschen kann das Milzbrandgistaus zweifache Weise schädlich werden: a) Dadurch, daß irgend ein Theil, z. B. die Materie aus einer Milz-

68 brandbeule oder das Blut und Fleisch, auch Haare, Wolle eines solchen Thieres mit dem Körper äußerlich und zwar an einer verletzten oder auch nur zart über­ häuteten Stelle in Berührung kommt; b) durch den Genuß des Fleisches, der Milch oder der Butter milzbrand­ kranker Thiere. c) durch Einathmuna des Ansteckungsstoffes. Letztere Form der Infektion dürste auch nur dem Menschen eigen sein, man nennt dieselbe Jnhalationsmilzbrand, welcher hauptsächlich in Roßhaarfabriken, Wollsortieranstalten u. dgl. beobachtet wird und daher vielfach die Bezeichnung Wollsortiererkrankheit, Hadernkrankheit führt. Der erst genannte Weg ist der häufigere. Es ereignen sich daher die meisten Fälle von Erkrankmg dieser Art nach dem Schlachten imd Abledern von gefallenem Bieh, auch bei der Zubereitung von Fellen, resp, bei den Fleischern, Landwirthen, Hirten, Schäsern, Abdeckern, demnächst bei Gerbern, Kürschnern. Und bei allen diesen Peiffonenkategorien sind wiederum die bei Verrichtungen der gedachten Art besonders exponirten und die unbedeckten Theile (Finger, Hände, Arme, das Gesicht, der Hals) diejenigen, welche von der in Folge der Ansteckung entstehenden Krankheit vorzugsweise besallen werden. Es haben daher Personen, welche sich mit der Behandlung und Wartung derart kranker Thiere befassen, bei m Todten und Zerlegen der­ selben beschäftigt sind, hiebei die größte Vorsicht anzuwenden, und ist die Nutzverwerthung und der Genuß des Fleisches, sowie anderer Theile, der Milch oder sonstiger Produkte milzbrandkranker Thiere mit Recht verboten. Der Zeitraum zwischen der stattgesundenen Gemeinschaft des Menschen mit dem Mlzbrandgift und dem Ausbruche der Krankheit ist meistens nur kurz und nicht leicht sich über eine Woche hinaus erstreckend. Die Erscheinungen und der Verlaus des Milzbrandes beim Menschen zeigen Verschiedenheiten, welche zunächst von der Eintrittsstelle des Giftes ab­ hängig sind. Bei äußerer Infektion — und in der überwiegenden Mehrzahl von Fällen handelt es sich um eine solche — bemerkt man nach einem Jncubationsstadium von höchst wechselnder Dauer — einige Stunden bis zu acht Tagen, selten darüber hinaus — an den inficirten Stellen ein Brennen und Jucken, das an Insekten­ stiche erinnert. Es zeigt sich ein flohstichähnlicher Fleck, der int Zentrum einen schwarten Punkt besitzt, bald zu einem juckenden Knötchen anwächst, auf dessen S sich ein die Größe einer Erbse erreichendes Bläschen mit klarer oder röthFlüffigkeit — die sog. Milzbrandblatter — bildet. Nunmehr wird das Knötchen in einen lividen derben Schorf verwandelt, welcher sich mit einem wulstartigen rothen Hof umzieht. Auch wird nicht selten ein Kranz sekundärer Bläschen von der Größe eines Hanfkorns beobachtet. In der Peripherie nehmen Anschwellungen und Schmerzhaftigkeit, sowie Röthe zu und erreichen zuweilen einen sehr bedeutenden Umfang, wobei auch die Lymphdrüsen ergriffen werden. Zuweilen ist der Verlauf ungemein mild und die Kranken werden gar nicht in ihrer Beschäftigung gestört. Sonst aber stellen sich 48—60 Stunden nach dem Erscheinen der lokalen Veränderungen Allgemeinerscheinungen ein in Gestalt eines mehr oder weniger heftigen Fiebers mitzDelirien, Schweißen, großer Schwäche, heftigen Gliederschmerzen und dann der Tod, oder bei günstigem Ver­ laufe Schwinden der Allgemeinerscheinungen, Abstoßung des Schorfes und Heilung. Die äußeren Infektionen sind bei frühzeitigem Erkennen und energischem Einschreiten (gründliche Behandlung mit dem Glüheisen, Aetzkali, Salpetersäure oder Carbolsäure u. dgl.) ziemlich günstig zu beurtheilen. In Milzbranddistrikten mit erfahrenen Aerzten sind deshalb die Resultate der Behandlung weit glänzender als in Gegenden mit weniger geschulten Beobachtern, aus welche nicht selten 40—60 pCt. Todesfälle treffen. Nach innerer Ansteckung durch den Fleischge-

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nutz oder durch die Athmung entsteht eine sehr bösartig verlausende Allgemeinerkrank­ ung, welche verhältnitzmätzig selten zur Beobachtung kommt. Sie tritt zuweilen so plötzlich auf, datz man eine Vergiftung vor sich zu haben glaubt: in anderen Fällen ist der Verlauf weniger stürmisch und es stellen sich die echten Krank­ heilserscheinungen erst nach 24—48 Stunden ein : Schüttelfrost, Schwindel, Er­ brechen, Durchfälle (mitunter blutig), unruhiger Schlaf, Krampf- und Schlagan­ fälle und der Tod. Hierbei können aus der äußeren Haut oder auf den Schleim­ häuten die charakteristischen Milzbrandgeschwüre gleichzeitig vorhanden sein. Heil­ ungen gehören zu den größten Seltenheiten. 3. In gleicher Weise ist mit Rücksicht auf die zu befürchtenden Gefahren die Vornahme blutiger Operationen an den von der Seuche ergriffenen Thieren beschränkt und solche nur approbirten Thierärzten gestattet. Der Milzbrand ist zwar eine ungemein mörderische, fast ausschließlich tödtlich verlaufende Krankheit, immerhin sind Fälle von Heilung, namentlich bei rechtzeitiger Einleitung der Behandlung auch bei den Thieren möglich. Eine Be­ handlung der erkrantten oder verdächtigen Thiere, welche zwar nur selten vor­ kommen' wird und in Bayern wegen der für den Milzbrand vorgesehenen staat­ lichen Entschädigung weniger von Belang ist, ist nach dem R.S.G., wie dem daher. Milzbrand-Entschädigungsgesetze nicht verboten. Die Bornahme blutiger Operationen durch Thierärzte, wie das Einschneiden in die Geschwüre, Starificiren, Ader­ laß rc. würden nur ein nothwendiges Aggredienz der Behandlung bilden, außerdem kann solche zur Feststellung der Krankheit, Untersuchung des Blutes rc. nochwendig werden und muß daher dieselbe den hi^u competenten Sachverständigen eingeräumt bleiben. Dasselbe gilt auch von der Oeffnuna oder Obduktion der Kadaver. Eine Oeffnung derselben kann nur durch die zuständige Polizeibehörde angeordnet werden» was immer dann geschieht, wenn nur Verdacht und nicht die Seuche als solche nach dem äußeren Befunde statuirt werden kann. Approbirte Thierärzte bedürfen keinerlei Erlaubnis hiezu. Die Übertretungen ber §§ 31—32 des RS G. haben nach dem daher. Milzbrand-Entschädigungsgesetze den Verlust des Entschädigungsanspruches, außer­ dem, sowie auch jene deS § 33, strafrechtliche Einschreitung nach § 65 Ziff. 3 des Reichs-Gesetzes zur Folge. 4. Hinsichtlich der unschädlichen Beseitigung der Kadaver rc. vgl. die ein­ schlägigen Vorschriften der B.R.J. §§ 11 und 12 und A. f. das Desinfektions­ verfahren Anlage A, § 11. Die Abhäutung der Kadaver ist in gleicher Weise und aus denselben Gründen, wie die Vornahme der blutigen Operationen und die Schlachtung der Thiere verboten. Auch hätte, soserne nicht von Polizeiwegen oder aus anderen Gründen, z. B. wenn nur der Verdacht nach dem äußeren Augenscheine durch das Gut­ achten des beamteten Thierarztes feststeht oder es herrscht zwischen dem be­ amteten Thierarzte und dem vom Besitzer beiaezogenen Thierarzte Meinungs­ verschiedenheit hinsichtlich der Feststellung der Krankheit, die Sektion nothwendig wird, die Abhäutung keinen Zweck, weil" die Kadaver ganz und gar, also unenthäutet, nach den Bestimmungen der B.R.J. (§ 11) verscharrt oder sonstwie vernichtet werden müssen.

InstruLtionelke WorfctzrifLen: Im Allgemeinen: § 5. Anordnung der vorläufigen Maßregeln. § 6. Ermittlung des Seuchenausbruches und Einschreiten des beamteten Thier­ arztes. Schriftliche Eröffnung der Maßnahmen an den Besitzer. § 7, Abs. 1. Belehrung des Besitzers über die Gefährlichkeit der Seuche, auch für Menschen.

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§ 7, Abs. 2. Ausschließung von Personen mit verletzten Händen x. von der Wartung der erkrankten Thiere. § 7, Abs. 3. Verbot des Zutritts zu den erkrankten oder verdächtigen Thieren. Im Besonderen: § 8, Abs. 1. Wiederholung des Verbotes der Schlachtung milzbrandkranker oder der Seuche verdächtiger Thiere. § 8, Abs. 2. Ausdehnung des Verbotes auf den Verkauf oder Verbrauch ein­ zelner Theile (Haare, Wolle, Milch oder sonstiger Produkte) von solchen Thieren. § 9. Berkehrsbeschränkungen der erkrankten Rindvieh- und Schafbestände. § 10. Wiederholung des Verbotes der Vornahme blutiger Operationen an milz­ brandkranken oder verdächtigen Thieren, sowie der Oeffnung der Kadaver ohne polizeiliche Erlaubniß. § 11 und 12. Unschädliche Beseitigung der Kadaver. § 13. Ausdehnung der Vorschriften in §§ 11 und 12 auf die Kadaver gefallenen oder getödteten Wildes. § 14. Unschädliche Beseitigung und Desinfektion von Abfallstoffen, Blut x.r milzbrandkranker oder an der Seuche gefallener Thiere. § 15. Besondere Bestimmungen hinsichtlich Anordnung der Schutzmaßregeln für Bezirke, in welchen nach § 11 des Gesetzes bei Milzbrand die Anzeige­ pflicht erlassen ist.

Oberstrichterliche Erkenntnisse: 1. Der in der Entscheidung des k. Verwaltungsqerichtshoses v. 17. Okt. 1882 (Sammlung Bd. IV S. 188) in Bezug auf die Äotzkrankheit der Pferde ausgesprochene Grundsatz, daß der wegen Anzeigeversäumniß für ein Thier ein­ tretende Entschädigungsverlust sich aus die anderen in Folge der Seuche zu Ver­ lust gegangenen Thiere erstrecke, findet beim Vollzüge des bayr. Ges. v. 26. Mar 1892 betr. Entschädigung für Biehverluste in Folge von Milzbrand keine An­ wendung. S. v. B. E. Bd. XV S. 68. Sinnt. Dieses Erkenntniß ist darauf basirt, daß bet Milzbrand die Ansteckung erfolgen kann sowohl durch infektiöses Material, welches außerhalb des Organismus im Erdboden rc. fich entwickelt hat, wie auch durch solches, daS aus einem bereits inficirten thierischen Organismus abging und nun direkt oder indirekt in einen neuen thierischen Organismus gelange. ES ist daher dem Sachverständigen beim Auftreten mehrerer Milzbrandfälle in einem Stalle nicht möglich, mit Sicherheit festzustellen, daß ein erkranktes Thier von einem andern angesteckt worden sei; ebenso aber stehen auch der Feststellung des Gegentheils, daß nämlich ein erkrankte- Thier von einem andern früher erkrankten nicht angesteckt worden sei, in den meisten Fällen so große Schwierig­ keiten entgegen, daß auch die Möglichkeit einer Feststellung dieser Art verneint werden muß. (Inhalt de- für vorwürfige Sache abgegebenen veterinärpoltzeilichen Ober-Gutachtens). Kann hrenach aber bei dem Milzbrände die Thatsache einer von Thier zu Thier erfolgten Ansteckung weder von fich aus vermuthet noch sonstwie mit Sicherheit festgestellt werden, so bleibt bei dieser Seuche auch kein Raum, um den wegen Anzeigeversäumniß für ein Thier eintretenden Entschädigungs­ verlust auf andere von diesem angesteckte Thiere erstrecken zu können. (Entscheidungsgründe).

2. Einem Biehbesitzer wurde die Entschädigung verweigert, weil er ent­ gegen dem § 33 des RSG. den Milzbrandkadaver abgehäutet hatte. Die veterinärpolizeiliche Abtheilung des ObermedizinalausschufseS hat die Frage des Berwaltungsgerichtshofes „ob die Abhäutung eines Milzbrand-Kadavers als eine Oeffnung des Kadavers im Sinne des §32 des RSG. zu erachten sei" bejaht. Dessenungeachtet hat der Gerichtshof dem Besitzer die staatliche Ent­ schädigung zugesprochen. Nach reiflicher Erwägung konnte der Verwaltungs­ gerichtshof auch an der Hand dieses Gutachtens nicht zu der Anschauung ge­ langen, daß die Abhäutung von dem in §4 Ziff. 5 des bayr. Ges. v. 26. Mai 1892 enthaltenen Ausschluß des Entschädigungs-Anspruches mitbetroffen werde. In §32 des R S G

ist die Abhäutung nicht verboten, sondern erst in

71 § 33. Tas bayr. Gesetz sieht für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen § 33 den Verlust des Entschädigungs-Anspruches nicht vor; deßhalb ergießt sich für eine unbefangene Betrachtung der Gesetzeslage, daß an eine Uebertretung des Verbotes der Abhäutung sich der Verlust der Entschädigung nicht knüpfen läßt. B.G.E. v. 20. Mai 1894.

b) Tollwnth. §34. Hunde oder sonstige Hausthiere, welche der Seuche verdächtig sind, müssen von dem Besitzer, oder demjenigen, unter deffen Aus­ sicht sie stehen, sofort getödtet oder bis zu polizeilichem Einschreiten in einem sicheren Behältnisse eingesperrt werden. Erlänternngen: 1. Die Tollwuth ist eine vorzugsweise bei Hunden vorkommende Krankheit, die auf alle warmblütigen Thiere und auf den Menschen übertragen werden kann. Der Ansteckungsstoff findet fich im Blute und in allen Theilen des Körpers, hastet jedoch vorzugsweise am Mrmdspeichel. Die Uebertragung der Krankheit findet gewöhnlich durch den Biß wuthkranker Hunde oder wuchkranker Katzen statt. Die Pflanzenfressenden Thiere, sowie die Schweine können, wenn sie in die Tollwuth verfallen, ebenfalls die Krankheit übertragen; dieselben sind jedoch deßhalb weniger gefährlich, weil sie eine geringere Neigung zum Beißen haben und leichter in Absonderung gehalten werden können. Bei Hunden und bei Katzen tritt meist gleich beim Beginn der Wuchkrankheit eine große Neigung zum Umherlaufen und zum Beißen hervor. Der Ausbruch der Krank­ heit erfolgt in keinem Falle sofort nach der wirksamen Ueberttagung des An­ steckungsstoffes, sondern immer erst einige Zeit nachher. Der Zeittaum zwischen der Ansteckung und dem Ausbruche der Krankheit ist in den einzelnen Fällen sehr verschieden; derselbe beträgt zuweilen nur wenige Tage, kann sich aber auch über mehrere Monate erstreckn. Bei keiner anderen ansteckenden Krankheit der Thiere ist die Dauer der Jnkubatton im Allgemeinen so lang und in den einzeüren Füllen so verschieden, wie bei der Tollwuch. Die Krankheit selbst hat einen schnellen Verlauf; ihre Dauer beträgt selten mehr als 8 Tage, in vielen Fällen weniger. Sie ist unheilbar und führt in allen Fällen unmittelbar zum Tode. 2. Die sofortige Tödtung der an Tollwuth erkranken Thiere erscheint anaezeigt, weil die Krankheit unheilbar ist, die damit behafteten Thiere aber für andere Thiere und für Menschen höchst gefährlich sind. (Mol. z. R.S.G. S. 33). Das Einsperren in einem sicheren Behältniß soll jede Gefahr für den Menschen und andere Thiere verhüten; sollte diese Voraussetzung nicht gegeben sein, so hätte die Tödtung zu erfolgen. 2. Die Tollwuth kommt bei allen warmblütigen Thieren (nicht blos bei den Hausthieren, sondern auch bei den frei lebenden, wilden Thieren) und dem Menschen vor. Sie ist die schrecklichste Krankheit desselben und wird dort auch Wasserscheu genannt, weil dieselbe ein bei der menschlichen Erkrankung regel­ mäßig vorkommendes Symptom darstellt, bei den Haussieren jedoch fehlt, im Gegentheil bemerk man, daß wüthende Hunde ihren eigenen Urin lecken, in Wassergefäßen mit ihrer Zunge plätschern, selbst Wasser mit Begierde trinken, auch den Anblick des Wassers ganz gut vertragen. Um die Uebettragung der Wuthkrankheit auf den Menschen hintanzuhalten, ist es Pflicht für Jedermann, sobald er bei einem ihm angehörigen oder seiner Aufficht anvettrauten Hunde oder sonstigen Thieren auch nur die ersten An­ zeichen der Wuthkrankheit bemerk, sogleich dessen Absonderung und thierärztliche Untersuchung zu veranlassen und die vorgeschriebene Anzeige zu erstatten.

Die Hilfe eines Arztes ist in allen Fällen, in welchen ein Mensch von einem tollen oder der Tollwuth verdächtigen Hunde gebissen worden ist, so schnell als möglich zu beschaffen, selbst in den Fällen, in welchen man bereits eine zweck­ mäßige örtliche Behandlung der Wunde vorgenommen hat. Weil jedoch der Er­ folg dieser örtlichen Behandlung um so sicherer ausfällt, je rascher dieselbe in Anwendung kommt, so ist es räthlich, das Publikum, besonders die Landbe­ wohner, immer von Neuem daraus hinzuweisen. Die Behandlung der Wunde, wie sie jeder Nichtarzt augenblicklich oder sehr bald vornehmen kann, besteht im Ausblutenlassen der Wunde, im Reinigen und womöglich Ausbrennen, wenigstens Ausätzen derselben. Vernachlässigung derartigen Verfahrens wegen eines leider immer noch ziemlich verbreiteten, erfahrungsgemäß ganz ungerechtfertigten Ver­ trauens auf sogenannte Geheimmittel oder irgendwelche innere Arzneimittel trägt am häufigsten die Schuld, wenn bei einem Menschen die schreckliche, immer tödtliche Krankheit der Hundswuth oder Wasserscheu zum Ausdruck kommt. Die in § 34 ertheilte Ermächtigung, die Tödtung auch für „sonstige Haus­ thiere", im Falle dieselben der Tollwuth verdächtig sind, anzuordnen, dürfte in der Praxis mit Vorsicht zu handhaben sein. Der Verdacht muß hier ein aus­ gesprochener Seuchenverdacht (nicht Ansteckungsverdacht) sein, ja der § 37, Abs. 3 modificin diese Ermächtigung zur Tödtung sogar dahin, daß dieselbe erst ange­ ordnet werden darf, wenn sich Spuren der Wuth, also die beginnende Seuche bei diesen Thieren bereits zeigt. Zwischen Verdacht und der offenbaren Seuche ist hier fast gar keine Grenze gezogen. Jnstruktionelle Vorschriften finden sich vor in § 16, Abs. 1. Anordnung der Tödtung wuthkranker oder verdächtiger Hunde, bezw. der Absonderung und sicheren Einsperrung derselben bis zum poli­ zeilichen Einschreiten. § 16, Abs. 2. Ausführung des zum Zwecke der sicheren Einsperrung etwa nöthigen Transportes in geschlossenen Behältnissen. § 16, Abs. 3, Einsperrung eines Hundes, der gebissen hat, behufs thierärztlicher Untersuchung § 17. Sofortige Untersuchung des eingesperrten Hundes durch den beamteten Thierarzt, nach Befinden fortgesetzte Einsperrung zur weiteren Beobachtung, Wiederaushebung der Sperre nach erfolgter Beseitigung des Verdachtes. § 18, polizeiliche Anordnung der Zerlegung des Kadavers. § 19, Abs. 1. Sofortige Tödtung bei festgestellter Tollwuth; vgl. auch Anl. B A. f. O. § 29. § 19, Abs. 2. Ausdehnung der Tödtung auf gebissene Thiere oder im Falle vor­ liegenden Verdachts. § 19, Abs. 3. Amtliche Bekanntmachung des Ausbruchs der Tollwuth. § 22. Entsprechende Anwendung dieser Vorschriften auf Katzen, welche von der Tollwuth befallen sind oder der Seuche oder der Ansteckung ver­ dächtig sind. Strasvorschriften § 65, Ziff. 4 des Gesetzes.

Oberstrichterliches Erkenntniß.

Die §§ 73, 327 und 328 des R.-St.-G.-B. sind bei Verletzung von Aufsichtsmaßregeln gegen Verbreitung der Tollwuth anwendbar. S. v. R-G-E. IX. Bd. S. 92 (25. Febr. 1887). Anm. Der Sachverhalt war folgender: Der Angeklagte G. wurde aus 8 327 d. R.-St.-G.-B. verurtheilt, weil er mündlicher Anordnung des Amtsvorstehers, seinen der Tollwuth verdächtigen Hund zu töbten, nicht nachaekommen war, wogegen er Revision zum Reichsgericht einigte, die verworfen wurde, weil die Anwendung beS §327 richtig war, indem die Strafe in §327 höher als in §328 angedroht ist und weil G. eine AuffichtSmaßregel verletzt hat, wodurch auch Menschen­ leben gefährdet werden können.

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§ 35. Vor polizeilichem Einschreiten dürfen bei wuthkranken oder der Seuche verdächtigen Thieren keinerlei Heilversuche angestellt werden. GrlLuteruugeu: 1. Diese Vorschrift rechtfertigt sich dadurch, daß unbefugte Personen, welche mit den Gefahren der Behandlung nicht Dertrmit sind, Heil­ versuche anstellen könnten, im Falle das Verfahren freigegeben wäre, dann ist nach § 34 und 37 des Gesetzes bei offenbarer Tollwuth ein Heilverfahren über­ haupt nicht gestattet nnd hat hier lediglich die Tödtung der erkauften Thiere zu erfolgen. Bor polizeilichem Einschreiten wäre die Behandlung der verdächttgen Thiere selbst approbirten Thierärzten nicht gestattet. Jnstruktionelle Vorschriften s. in 8 28 der B.R.J. Strafvorschriften s- § 65, Ziff. 4 des Gesches.

3 36. Das Schlachten wuthkranker oder der Seuche verdächtiger Thiere und jeder Verkauf ober Verbrauch einzelner Theile, der Milch oder sonstiger Erzeugniffe derselben ist verboten. Erlirlterim-eir: 1. Das Verbot des Schlachtens wuthkranker oder unter verdächttger Erscheinung erkrankter Thiere, nicht minder des Verkaufes und des Verbrauches einzelner Thelle oder Erzeugnisse von denselben beruht auf der Erwägung, daß das Wuthgist im ganzen Körper des kranken Thieres ver­ breitet ist. Aus demselben Grrmde fordert das Gesetz auch die unschädliche Beseittgung der Kadaver und untersagt das Abhäuten der letzteren. (Mot. z. R.S.G. S. 33). 2. Das Wuthgist ist noch eine Zeit lang nach dem Tode der Thiere wirksam. Es kann daher, ganz abgesehen davon, daß der Ansteckungsstoff haupt­ sächlich im Blute und an allen DHellen des Organismus hastet, aus diesem Grunde, eine auch technische Verwerthung solcher Thiere nicht gestattet werden. (Vgl. § 39 des R.S.G.) Eine Ausnahmebesttmmung enthält, jedoch der § 23 der Bundesrathsinstruktion, vgl. diesen, sowie auch § 29 derselben. Strafvorschriften s. § 65 Ziff. 4 des Gesetzes.

§ 37. Ist die Tollwuth an einem Hunde oder an einem anderen HauSthiere festgestellt, so ist die sofortige Tödtung des wuthkranken Thieres und aller derjenigen Hunde und Katzen anzuordnen, rücksichtlich welcher der Verdacht vorliegt, daß sie von dem wuthkranken Thiere gebißen sind. Liegt rücksichtlich anderer Hausthiere der gleiche Verdacht vor, so müssen dieselben sofort der polizeilichen Beobachtung unterworfen werden. Zeigen sich Spuren der Tollwuth an denselben, so ist die sofortige Tödtung auch dieser Thiere anzuordnen. Ausnahmsweise kann die mindestens dreimonatliche Absperrung eines der Tollwuth verdächtigen Hundes gestattet werden, sofern dieselbe nach dem Ermeffen der Polizeibehörde mit genügender

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Sicherheit durchzuführen ist, und der Besitzer des Hundes die daraus und aus der polizeilichen Ueberwachung erwachsenden Lasten trägt. Erlivteruagen: 1. Die Vorschrift, daß sämmtliche Hunde und Katzen, rücksichtlich welcher die Vermuthung vorliegt, daß sie von einem tvuthkranken Thiere gebissen sind, getödtet werden müssen, beruht aus der Erfahrung, daß Hunde oder Katzen, sobald sie wuthkrank geworden sind, meist davon laufen und dann das Gift durch Beißen weiterverbreiten. (Sine Tilgung der Tollwuth würde daher nicht erzielt werden, die Zahl der wuthkranken Thiere sogar in steigender Proportion zunehmen, sollte, bevor zur Tödtung der gebissenen Hunde oder Katzen geschritten wird, allemal der Ausbruch der Krankheit abgewartet werden. Die Anordnung der Tödtung kann auch nicht von dem förmlichen Nachweise abhängig gemacht werden, daß der Biß eines wuthkranken Thieres vorliegt, da kleine, nicht blutende und deshalb gerade um so gefährlichere Biß­ wunden auf der behaarten Haut der Thiere häufig gar nicht auszufinden sind. Ist ein gesunder Hund mit einem wuthkranken in unmittelbare Berührung ge­ kommen, so liegt jedesmal die Vermuthung vor, daß er von diesem gebissen ist. (Mot. z. R.S.G. S- 33). 2. Für die aus polizeiliche Anordnung getödteten Hunde und Katzen wird nach § 62 des R.S.G. keine Entschädigung geleistet, auch wenn die getödteten Hunde und Katzen als vollkommen seuchenfrei hinterher sich erweisen sollten. Anders würde es sich hinsichtlich der Tödtung anderer Hausthiere, als Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine verhalten. Sollte hier bei der in jedem Falle nothwendig werdenden Sektion sich Seuchensteiheit Herausstellen und auch eine andere ihrer Art oder dem Grade nach unheilbare und absolut tödtliche Krankheit oder eine Uebertretung nach § 25 des R.S.G. nicht vorliegen, so müßte im Sinne der §§ 57 und 59 Entschädigung für die getödteten Thiere eintreten.

Der § 37 macht daher in der seuchenpolizeilichen Behandlung einen Unter­ schied zwischen Hunden und Katzen einerseits und den übrigen Hausthieren andererseits. Für die ersteren wird die Tödtung ohne Weiteres vorgesehen, wenn dieselben nur verdächtig erscheinen, mit einem tvuthkranken Thiere in Verkehr gekommen zu sein, für die letzteren hat in diesem Falle die polizeiliche Be­ obachtung, welche hier gleichbedeutend mit Absperrung in einem sicheren Behält­ nisse und Contumazirung überhaupt ist, einzutreten. Die Tödtung ist bei den übrigen Hausthieren erst dann anzuordnen, wenn sich bereits Spuren, also die ersten Symptome der Tollwuth an denselben zeigen. Für alle Fälle dürste es gerathen sein, in Hinblick aus die staatliche Entschädigung bei der Anordnung der Tödtung mit größter Vorsicht zu verfahren, weil beim Fehlen jeglicher Er­ krankung die volle Vergütung des Werthes einzutreten hätte, auch ist die Wuth bei jenen Thiergattungen weniger für den Menschen gefährlich, indem diese Thiere nicht so aggressiv als Hunde und Katzen erscheinen, und leichter beobachtet werden können. Die Ermächtigung zur Tödtung wird von der Distrittspolizeibehörde ertheilt; bei größerm Beständen von Pferden, Rindern ?c. dürfte es sich jedoch empfehlen, gemäß § 7 der K.A B. vom 23. März 1881 z. RS G. und BA.G. die Genehmigung der höheren Instanzen, der Kgl. Kreisregierung Kammer des Innern und selbst des Kgl. Staatsministeriums des Innern zu erholen. 3. Unter die aus der polizeilichen Ueberwachung der verdächttgen Hunde erwachsenden Kosten sind auch die Kosten für die von der Polizeibehörde etwa angeordneten periodischen Bisitattonen eines solchen Hundes durch den beamteten Thierarzt einzureihen. Siehe noch Jnstruktton §§ 23 bis 27.



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§ 38 Ist ein wuthkranker oder der Seuche verdächtiger Hund frei umhergelaufen, so muß für die Dauer der Gefahr die Festlegung aller in dem gefährdeten Bezirk vorhandenen Hunde polizeilich un­ geordnet werden. Der Festlegung ist das Führen der mit einem sicheren Maulkorbe versehenen Hunde an der Leine gleich zu erachten. Wenn Hunde dieser Vorschrift zuwider frei umherlaufend betroffen werden, so kann deren sofortige Tödtung polizeilich ungeordnet werden. Erliuterun-e«: 1. Ml Rücksicht auf die bei der Tollwuth bestehende Beißsucht schreibt §38 vor, daß alle Hunde in dem Bezirke, in welchem ein wuthkranker Hund stei umhergelaufen ist, für die Dauer der Gefahr, d. h. so lange sestzulegen sind, als die Gefahr des Ausbruchs der Tollwuth bei den etwa gebissenen Hunden besteht. (Mot. z. R.S-G. S. 33). 2. Die Festlegung erstreckt sich auf alle Hunde in dem Bezirke, in welchem ein wuchkranker Hund frei umhergelaufen ist und zwar gelten als gefährdeter Bezirk nicht schlechtweg der politische Verwaltungsbezirk, sondern diejenigen Gemeindebezirke und Ortschaften, in welchen der verdächtige Hund gesehen worden ist, sowie die bis 4 Kilometer von diesen Ortschaften enyernten Orte einschließlich der Gemarkungen derselben. Diese Maßregel wird für einen Zeitraum von drei Monaten angeordnet. Vgl. noch Instruktion §20, auch die von dieser Vorschrift zulässigen Ausnahmen. Oberstrichterliches Erkenntniß.

In Preußen sind die Ortspolizeibehürden zuständig, zur Verhütung des Verbreitens einer ausgebrochenen Tollwuth die Festlegung aller Hunde für den Polizeibezirk anzuordnen. Die wissentliche Verletzung Der Anordnung fällt unter die Strafbestimmung des § 328 des St.-G.-B. (S. v. R.-G.-E. VII. Bd. S. 66 30. Januar 1885.)

§ 39. Die Kadaver der gefallenen oder getödteten wuthkranken oder der Seuche verdächtigen Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden. Das Abhäuten derselben ist verboten. Grliuterungerr: 1. Bei den Gefahren, welche die Kadaver wuthkranker Thiere für andere Thiere und den Menschen rur Folge haben können, ist un­ schädliche Beseitigung deyelben die nothwendige Consequenz der vorausge­ gangenen Bestimmungen in § 34, 35 und 38.

Durch das Verbot des Abhäutens soll auch gleichzeitig die Verwendung der Thiere zu technischen oder ökonomischen Zwecken untersagt werden.

2. Nach den Bestimmungen der B R.J. (§ 30 derselben) hat die Be­ seitigung durch hohe Hitzegrade oder sonst auf chemischem Wege zu erfolgen. Die hierdurch gewonnenen Produkte, welche nach solcher Bearbeitung und Um­ änderung vollkommen unschädlich sind, und erst sekundär nach Zerstörung des Jnfektionsstoffes durch Verbrennen der Kadaver entstanden sind, können frei verwendet werden. Vgl. die Bestimmungen der B.R.J. in §30, Abs. 1, 2 und 3, ferner die

76 Anlage A, Anweisung für das Desinfektionsverfahren bei ansteckenden Krank­ heiten der Hauschiere §§4 bis 8 und § 12, sowie die Sttafvorschriftm in § 65 Ziff. 4 des Gesetzes.

c) Rotz (®*m) Her Pferde, Esel, Nnulthiere und Maulesel.

§ 40. Sobald der Rotz (Wurm) bei Thieren festgestellt ist, muß die unverzügliche Tödtung derselben polizeilich angeordnet werden. Erläuterungen: 1. Der Rotz (Wurm) kommt vorzugsweise beim Pferde, Esel und Maulthiere vor, kann aber auch aus einige andere Thiergaltungen und auf den Menschen übergehen. Die Krancheit entsteht und verbreitet sich aus­ schließlich durch Ansteckung. Der Ansteckungsstoff findet sich am konzentrirtesten in dem Nasenausfluß und in der Absonderung der Geschwüre an der äußeren Haut, ist aber außerdem im Blute und in allen übrigen Theilen des Körpers, daher auch in sämmtlichen Absonderungen enthalten. Die Übertragung des An­ steckungsstoffes kann unmittelbar, aber auch durch Vermittlung von Zwischen­ trägern geschehen. Die Rotzkrankheil hat der Regel nach einen langsamen, seltener einen schnellen und, höchst seltene Ausnahmen abgerechnet, einen tödtlichen Verlaus. Der langsam verlaufende (chronische Rotz) kann Monate, selbst Jahre hindurch bestehen, bis er zum Tode führt, dem schnell verlaufenden (akuten) Rotz erliegen die erkrantten Thiere fast immer in 4 bis 14 Tagen. Nach diesen Erfahrungen erscheint die vorgeschriebene unverzügliche Tödtung der rotzkranken Pferde und die unschädliche Beseitigung der Kadaver geboten. (Mot. z. R.S.G. S. 34). 2. Beim Menschen tritt die Rotz- und Wurmkrankheit sowohl in der akuten wie in der chronischen Form aus, obschon letztere Form die überwiegende ist. Entweder führt die Krankheit durch langsames Siechthum zum Tode oder es tritt rasch und unerwartet zum chronisch verlaufenden Rotz noch der akute hin­ zu, wonach der Tod in kurzer Zeit erfolgt. Bei der aus einer solchen Ansteckung für das Leben der bettoffenen Menschen erwachsenden Gefahr ist daher die Einhaltung der vorgeschriebenen Vorsichtsmaßregeln für Personen, welche sich mit der Untersuchung, Wartung und Pflege rotzverdächttger Thiere oder sonstwie mit ihnen zu beschäftigen haben, dringend geboten. 3. Die Tödtung rotzkranker Thiere wird in Bayern von der Distriktspolizeibehorde ungeordnet; aus derselben erwächst dem Besitzer kein Nachtheil, da das Thier doch sterben würde und dieser Umstand, wie die Gemeingefährlich­ keit der Krankheit begründen das Recht der Beseitigung; je früher sie erfolgt, um so besser, weil die Gefahrszeit gekürzt wird.

Instruktronelle Vorschriften über betx Motz: § 32. Obliegenheiten der Polizeibehörde und des beamteten Thierarztes nach Feststellung der Seuche oder des Verdachts auf dieselbe, weitere Erheb­ ungen eintreten zu lassen. Mittheilung hievon an andere betheiligten Polizeibehörden, ohne Rücksicht aus Landes- oder politische Grenze. § 32. Abs. 3, schleunigste Bekanntgabe (schriftlich, mündlich, telegraphisch) des ersten Seuchenausbruches an alle dem Seuchenorte benachbarten deutschen Gemeinden. § 33. Allgemeine Revision der Pferdebestände im Falle größerer Verbreitung; §34. Eröffnung von Verhaltungsmaßregeln an den Besitzer und Wärter rotz­ kranker Pferde.

77 § 35. Obliegenheiten des beamteten Thierarztes bei Feststellung des Rotzes in Abwesenheit des leitenden Polizeibeamten; Anordnung der Absperrung und der Ermittlung der offenbar kranken und der verdächtigen Thiere. § 36. Verständigung der obersten Militärbehörde vom Ausbruche der Seuche. §37. Anordnung der Tödtung offenbar rotzkranker Thiere. Borgängige Er­ mittlung der zu leistenden Entschädigung. Oeffentliche Bekanntmachung des Ausbruches der Krankheit. Aeutzere Signierung des Seuchenstalles. § 38. Absperrung rvtzkranker Pferde bis zur Tödtung; Desinfektion der von solchen benutzten Gegenstände. §39. Bestimmung der OertLichkeiten, an welchen die Tödtung der kranken Thiere zu erfolgen hat; Anordnung von Vorsichtsmaßregeln beim Transport. § 40. Vorschriften über die Beseitigung der Kadaver rvtzkranker oder der Seuche verdächtiger Pferde. §§ 41—54. Vorschriften in Betreff der Seuche, Feststellung des Verdachtes, An­ ordnung der Tödtung der Ansteckung und der Seuche verdächtiger Pferde, Contumazirung der der Seuche verdächtigen Thiere. § 55. Abhebung der Schutzmaßregeln. § 56. Ausdehnung der in §§ 32—55 der Instruktion ertheilten Vorschriften auf Esel, Mautthiere und Maulesel. Spezialvorschriften bezüglich des ObduttionSverfahrens sind enthalten in § 30 der Anweisung für das „Obduktionsverfahren bei ansteckenden Krankheiten der HauSthiere", Anlage B der B.R.J., dann bezüglich des Desinfettionsverfährens in § 13 der Anweisung für das „Desinfektionsversahren", Anlage A, sowie § 54 der Bundesrathsinstruktion, wonach sogar von einer Desinfektion gänzlich abzusehen ist, wenn nur der Seuche verdächtige Pferde in dem Stalle gestanden haben, und diese von dem beamteten Thierarzte für rotzfrei erklärt worden sind.

§ 41. Verdächtige Thiere unterliegen der Absonderung und polizei­ lichen Beobachtung mit den nach Lage des Falles erforderlichen Verkehrs- und Nutzungsbeschränkungen oder der Sperre (§§ 19 bis 22). Erliinternuge«: 1. Der Begriff der Verdächtigkeit im Sinne des R.S.G. ergibt sich aus der allgemeinen Vorschrift in §1 des Gesches. Derselbe wird aber in Bezug auf Anordnung der Schutzmaßreaeln nach Art. 2 des Gesetze- v. 1. Mai 1894 und' § 18 des R.S.G. eine Modifikation dahin erleiden müssen, daß eine Seuchengefahr auch ohne des effettiven Nachweises eines SeuchenBerdachts durch den beamteten Thierarzt (val. §14 des Gesetzes) bei Pferden gegeben sein kann und daher die Polizeibehörde befugt ist, in Bezug auf Pferde, welche dieser Seuchengefahr ausgescht sind, die in § 41 vorgesehenen Schutzmaßregeln anzuordnen. Jnstruktionelle Vorschriften s. in der B.R.J. §§ 35, 43—56.

Oberstrichterliches Erkenntniß.

Die polizeiliche Erlaubniß, Pferde, welche der Ansteckung durch rotzkranke Pferde verdächtig und deshalb unter Beobachtung gestellt sind, außerhalb des Ortes und der Feldmarkung zu gebrauchen, kann auch unter der Bedingung er­ theilt werden, daß die Pferde nicht blos in keine andere Stallung, sondern über­ haupt nicht eingestellt werden. E. v. 20. Mai 1885. Samml. v. E. in Strass, d. h. l. O.-L.-G. München 1886. III. Bd. S. 392.

78 § 42

Die Tödtung verdächtiger Thiere muß von der Polizeibehörde angeordnet werden, wenn von dem beamteten Thierarzte der Ausbruch der Rotzkrankheit auf Grund der vorliegenden Anzeichen für wahrscheinlich erklärt wird, oder wenn durch anderweile, den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende Maßregeln ein wirksamer Schutz gegen die Verbreitung der Seuche nach Lage des Falles nicht erzielt werden kann, oder wenn der Besitzer die Tödtung beantragt, und die be­ schleunigte Unterdrückung der Seuche im öffentlichen Interesse erforderlich ist. Erläuterungen: 1. Die verdächtigen Thiere sollen den nach Lage des Falles erforderlichen Verkehrs- und Nutzungsbeschränkungen oder der Sperre unterworfen werden. Da jedoch ersahrungsmäßig mit diesen Maßregeln allein nicht überall der Verbreitung der Seuche Einhalt geboten werden kann, so gibt der § 42 der Polizeibehörde für diesen Fall die Ermächtigung, die Tödtung auch der verdächtigen Thiere anordnen zu können. Ohne diese Ermächtigung würde es der Beterinärpolizei nicht gelingen, die Weiterverbreitung der Seuche zu ver­ hindern; denn bei dem oft sehr schleichenden Verlauf der Krankheit und beim Sitz des Rotzprocesses in inneren Organen des Körpers, namentlich in den Lungen, kann ein Pferd eine lange Zeit, selbst Jahr und Tag des Rotzes ver­ dächtig erscheinen, bevor nach den äußeren Erscheinungen die Krankheit zweifel­ los festgestellt werden kann. Eine Ansteckung kann aber auch schon von solchen Pferden bewirkt werden, bei denen der Rotz noch nicht deutlich hervorgetreten ist. Die unbedingte Tödtung aller verdächtigen Pferde schreibt das Gesetz nicht vor, weil ersahrungsmäßig von den Pferden, die der Ansteckungsgefahr ausge­ setzt waren, nur ein Theil, im Durchschnitt etwa 30 von hundert, erkranken und daher die Tödtung aller verdächtigen Pferde, abgesehen von den damit ver­ bundenen, unter Umständen sehr erheblichen, wirthschaftlichen Störungen eine Verschwendung von Nationalvermögen sein würde. (Mot. z. R.S.G. S. 34.) 2. Im Plenum des Reichstages hat sich über den §42 eine Debatte entsponnen, aus welchen die Nothwendigkeit dieser einschneidenden Maßregeln zu entnehmen ist. Der Sitzungsbericht sagt hierüber: Präsident: Zu §42 liegt vor ein Antrag des Herrn Abgeordneten Graf von Fugger-Kirchberg und Ruppert, welcher vorschlägt: in §42 das Alinea 2 mit Alinea 1 unter Ersetzung der Worte „oder wenn" durch das Wort „und" zu verbinden. Berichterstatter und Abgeordneter von Lenthe: Ich bemerke, daß in der Commission dieser Anttag, wenn ich nicht irre, mit großer Majorität abgelehnt worden ist, weil man durchaus für gerechtfertigt hielt, daß die Tödtung erfolgen müßte bei einem Thiere, bei dem der beamtete Thierarzt den Ausbruch der Rotz­ krankheit auf Grund vorliegender Anzeichen für wahrscheinlich erklärt und daß ich es in keinem Fall für räthlich halten könnte, diese Verpflichtung, wie sie nach unserem Vorschlag auserlegt ist, noch weiter zu beschränken, wie geschehen würde, wmn dem Anttag des Herrn Abgeordneten Graf von Fugger Folge geLeben würde.

79 Abgeordneter Ruppert: Meine Herren, die selbständige Stellung des Alinea 1 ist ja vollkommen gerechtfertigt, solange im Eingänge das Wort „kann" stehen bleibt. In diesem Falle liegt es in dem Ermessen der Polizeibehörde, ob schon auf Grund einer bloßen Wahrscheinlichkeitserklärung hin die Tödtung des Thieres erfolgen soll. Anders gestaltet sich aber die Sache, nachdem die Commission das Wort „kann" in „mutz" venvandelt hat. Meine Herren, ich halte es doch für zu weitgehend, auch in dem Falle die Polizeibehörde zur Tödtung des Thieres anzuhallen und zu verpflichten, wenn der Ausbruch der Rotzkrankheit nur für wahrscheinlich erklärt wird. Es müßten in diesem Falle doch noch andere Indizien hinzutreten, welche die Anwendung des Gesetzes in diesem Sinne rechtfertigen, d. h. es muß der Polizeibehörde nahe liegen, daß in anderer Weife die Verhinderung der Verbreitung der Seuche nicht wohl erzielt werden könne. Aus diesem Grunde glaubte ich Ihnen empfehlen zu dürfen, statt „oder wenn" zu fetzen „und", und ich glaube in diesem Sinne ließe sich der Antrag empfehlen. Abgeordneter von Schlieckmann: Meine Herren, ich möchte Sie bitten, auch bei diesem Paragraphen es bei der Vorlage der Commission zu belassen. Die Aenderung des Wortes „kann" in „muß" hat die Commission auf meinen Antrag in der Absicht vorgenommen, zu erreichen, daß energischer vorgegangen werde gegen eine Krantzeit, die im Stande ist, den nationalen Wohlstand auf das erheblichste zu schädigen, gegen den Rotz und zwar um so mehr, namenttich in denjenigen Theilen des deutschen Reichs, in benot die Pferdezucht von der allergrößten Bedeutung und Wichtigkeit ist. Es ist aus der Praxis heraus zu konstattren, daß nach der Erfahrung der bisherigen Gesetze nicht energisch genug gegen den Rotz vorgegangen wurde, weil die Gesetze dies nicht -Meßen, weil man mit zu großer Aengstlichkeit verfuhr. Es hat also in dem neuen Gesetz ausgesprochen werden sollen, daß eine Tödtung der rotzverdächttgen Pferde statt­ zufinden hat unter den Modalitäten, wie sie in den 3 Alineas des § 42 angeführt sind. Wenn Sie nun die 3 Alineas sich ansehen, so werdot Sie zur Ueber­ zeugung kommen, daß in der That, wenn diese Voraussetzungen vorliegen, die Tödtung durchaus nothwendig ist, wenn Sie nicht das ganze Gesetz lediglich auf dem Papier bestehen lassen wollen. Wenn ein beamteter Thierarzt den Aus­ bruch der Rotzkrankheil für wahrscheinlich erklärt, dann spricht 10 gegen 1 da­ für, daß das Pferd inwendig schon im allerhöchsten Maße mit Rotz behaftet ist. Wenn ferner durch andere den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende Maß­ regeln ein wirksamer Schutz gegen die Verbreitung der Seuche nach Lage des Falls nicht erzielt werden kann, so sehe ich nicht ein, warum nicht der Staat in diesem Falle von dem ihm zustehenden Expropriationsrecht Gebrauch macht und, um größere Schäden zu verhüten, um die Allgemeinheit nicht noch mehr zu schädigen, den Besitzer gegen volle Entschädigung seines Eigenthums erproprnrt. Denn der Besitzer bekommt ja volle Entschädiguna, wenn das Pferd nicht rotzig gewesen ist, wenn er also einen nachweisbaren Schaden hat. Er bekommt aller­ dings keine Entschädigung von dem Staat oder nur ‘/«r wenn das Pferd rotzig ist; aber hierbei ist zu berücksichttgen, daß der Rotz nach den Lehren der Wissen­ schaft unheilbar ist, daß das Pferd also eingehen würde, einen wirklichen Schaden der betreffende Besitzer also nicht zu erleiden hat. Wenn endlich der Besitzer selbst die Tödtung beantragt und die beschleunigte Unterdrückung der Seuche im öffentlichen Interesse erforderlich ist, so wird auch in diesem Falle der Einzelne sich der Allgemeinheit unterordnen müssen. Ich habe gerade in dieser Materie in meiner amtlichett Stellung ziemlich prakttsche Erfahrungen ge­ macht, gerade in der pferdereichsten Provinz im deutschen Reich und ich kann Sie versichern, daß eine derarttge Verschärfung des Gesetzes von den dortigen Pferdebesitzern auf das Allerdringenste gewünscht worden ist. Man kann wohl

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mit Recht annehmen, daß diese Besitzer, namentlich in Ostpreußen, ihre Inte­ ressen am ersten zu wahren verstehen. Ich bitte Sie deßhalb, es bei bett Bor­ schlägen der Commission zu belassen und die Anträge des Herrn Abgeordneten Adlppert abzulehnen. Der Antrag Ruppert und Graf Fugger wurde abgelehnt. (Reichstagsdrucksachen 4. Leg -Periode III. Session 1880, S. 1062—1063). 3. Die Ermächtigung zur Tödtung rotzverdächtiger Thiere wird in Baveru von den Kreisregierungen, Kammern des Innern ertheilt; falls jedoch größere Bestände von Pferden in Frage kommen, ist die Genehmigung des Staats­ ministeriums des Innern zu erholen. (Vgl. § 7 der Kgl. Allerh. Verordnung v. 23. März 1881 z. R.S.G. und B.A.G.). Dem Thierbesitzer bleibt es un­ benommen, bei der Polizeibehörde Anträge aus Tödtung der verdächtigen Thiere zu stellen bezw. die Nothwendigkeit derselben im Sinne des § 42 zu begründen. Wenn in einer Wirthschaft die Rotzkrankheit ausbricht, so werden gewöhn­ lich einige Pferde getödtet, eine Anzahl weiterer Thiere zeigt aber Erscheinungen, welche wohl den Verdacht aus Rotz gewähren, zu dem positiven Ausspruch des Vorhandenseins desselben, welcher die Anordnung der Tödtung erheischt, aber nicht berechtigen. Etliche derselben werden wohl im weiteren Verlause auch noch getödtet, weil die RotzkranHeit offen bei ihnen hervortritt, bei den meisten aber schwinden die verdächtigen Symptome nach Wochen oder Monaten. In der Regel sind diese Thiere nicht gesund, sondern ihre Symptome sind nur zurück­ getreten, seit sie sich in Ruhe befanden. Würde nun die Sperre jetzt aufge­ hoben werden, so beeilt sich der Besitzer dieser Thiere, als unsicherer Kantonisten, sich zu entledigen und gerade sie sind es dann, welche in andere Hände, ge­ wöhnlich durch Vermittlung von Pferdehändlern wandernd, zur Weiterverbreitung der Rotzkrankheit in der schönsten Weise beitragen. In dem Stalle des nichts Arges ahnenden Käufers kommt die Krankheit zur neuen Entwicklung. Solche Thatsachen drängen unwillkürlich die Ueberzeugung auf, daß das Gesetz die Be­ rechtigung ertheilen nmh, nicht blos die wirklich rotzigen, sondern auch diejenigen dem Tode zu opfern, welche durch ihre Symptome den Verdacht des Vorhanden­ seins der Rotzkrankheit gewähren. Seit dem Bestehen des R.S.G. ist denn auch die Verbreitung des Rotzes in Folge dieser Bestimmung und der Ent­ schädigung ganz wesenllich zurückgegangen. Jnstruktionelle Vorschriften vgl. in §41 der B.R.J.

§43.

Die Kadaver gefallener oder getödteter rotzkranker Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden. Das Abhäuten derselben ist verboten. Erläuterunge«: 1. Diese Vorschrift ist begründet durch die große Wider­ standsfähigkeit des Rotzgiftes, welches sich noch Jahre lang nach dem Tode der Thiere wirksam zu erhalten vermag und durch die leichte Ansteckungsmöglichkeit beim Verschleiße oder bei sonstiger Verwerthung der Kadaver neue Gefahren für Thiere und Menschen erwarten läßt. Jnstruktionelle Vorschriften s. B.R.J. §§ 40 und 41. §44.

Die Polizeibehörde hat von jedem ersten Seuchenverdacht und von jedem ersten Seuchenausbruch in einer Ortschaft, sowie von dem Verlauft und von dem Erlöschen der Seuche dem General­ kommando desjenigen Armeekorps, in besten Bezirk der Seuchenort

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liegt, sofort schriftlich Mittheilung zu machen. Befindet sich an dem Seuchenorte eine Garnison, so ist die Mittheilung dem Gouverneur, Kommandanten oder Garnisonältesten zu machen. ErlanternNge«: 1. Die im §44 vorgeschriebene Benachrichtigung der Militärbehörden von jedem Ausbruche der Rotzkrankheit ist durch das Interesse der rechtzeitigen Anordnung von Schutzmaßregeln für das kostbare Pferdematerial der Militärverwaltung geboten. (Mot. z. R.S G. S. 34). Eine ähnliche Borschrist hinsichtlich der Benachrichtigung der zunächst interesstrten Kreise ist auch beim Ausbruche und dem seinerzeitigen Erlöschen der Influenza der Pferde für daS Königreich Bayern vom Kgl. Staatsministerium des Innern vorgeschrieben. 2. Die Instruktion wiederholt in § 36 die Borschrist dieses Paragraphen.

ec) Ätib imv Klauenseuche.

8 44a. Ist der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche festgestellt, so kann das Weggeben von Milch au» einem Seuchengehöft, einer der Sperreunterworfenen Ortschaft, Feldmark oder einem sonstigen Sperr­ gebiete (ß22 Absatz 1) verboten oder an die Bedingung geknüpft werden, daß die Milch vorher abgekocht wird. Da» Weggeben ungekochter Milch aus Sammel­ molkereien kann in Zeiten der Seuchengefahr und für die Dauer derselben verböten werden. Ist einer der betheiligten Viehbestände unter Sperre gestellt, so darf die Milch nur nach erfolgter Abkochung weg­ gegeben werden. Erliuterunge«: 1. Der §44a, welcher im R.S.G. vom 23. Juni 1880 nicht enthalten war, bildet den Artikel 6 dek Gesetzes vom 1. Mai 1894, be­ treffend Abänderung des Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. Der § 44 beendet die im Reichsgesetze gegen den Rotz und Wurm vor­ gesehenen Schutzmaßregeln, während der §45 mit den Schutzmaßregeln gegen die Lungenseuche des Rindviehs beginnt. Zwischen diesen beiden Paragraphen wird also nunmehr der § 44a, enthaltend besondere Vorschriften gegen die Maulund Klauenseuche, gegen welche solche bisher im Gesetz nicht statuirt und nur die allerdings sehr umfangreichen Bestimmungen der Bundesrathsinstruktion zum R.S G. maßgebend waren, eingefügt. Das bisherige Gesetz hatte nur diejenige Bestimmung und zwar im § 15 in Bezug auf Maul- und Klauenseuche niederS'eßt, nach welcher bei sestgestelltem Ausbruche der Seuche durch dm beamteten ierant die Polizeibehörde auf die Anzeige nmer Seuchenausbrüche in dem Seuchenorte selbst oder in dessen Umgegend sofort die erforderlichen polizeilichen Schutz­ maßregeln anordnen kann, ohne daß es einer nochmaligen Zuziehung des be­ amteten Thierarztes bedarf. Der Entwurf, wie solcher in der erstm und zweiten Lesung dem Reichs­ tage und der Commission vorgelegm hatte, hatte ursprünglich drei Absätze, von Reuter, Deutsche viehseuchengesetzgebung.

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82 denselben blieb nur der nunmehrige zweite bestehen. Die beiden ersten Absätze hatten folgenden Wortlaut: „Ist der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in einem Stalle oder aus der Weide sestgestellt, so kann die Impfung aller der Seuchengefahr aus-gesetzten Thiere, welche sich in demselben Stalle oder Gehöft oder auf derselben Weide befinden, polizeilich angeordnet werden. Die Ausführung der Impfung bedarf nicht der Aufsicht eines beamteten Thierarztes, muß jedoch polizeilich über­ wacht werden. Das Weggeben von Milch aus einem Seuchengehöste oder einer der Sperre unterworfenen Ortschaft oder Feldmark kann verboten oder an die Be­ dingung geknüpft werden, daß die Milch vorher abgekocht wird. Amrea 3 hatte den gleichen Wortlaut des bisherigen zweiten Absatzes." Die Mottve zu diesem Entwürfe sagen: „Neben den in den vorhergehen­ den Arttkeln erörterten allgemeinen Bestimmungen über veterinärpolizeiliche SchutzmatzrVeln bedarf es zur Bekärnpfung der Maul- und Klauenseuche noch besonderer Vorschriften, wie solche in den §§ 31 ff. des Gesetzes für Milzbrand, Tollwuth und andere Seuchen gegeben sind. Für die Einschaltung solcher be­ sonderer Vorschriften scheint die Innehaltung der im Gesetz beobachteten Reihen­ folge der Seuchen angemessen und schlägt der Entwurf daher die Einschaltung hinter § 44 des Gesetzes als § 44a vor, wodurch auch die Beibehaltung der Ueberschristen und die Bezeichnung aller nachfolgenden Paragraphen rc. des Ge­ setzes ermöglicht wird. Der erste Absatz des vorgeschlagenen neuen § 44a handelt von der in der Praxis häufig freiwillig angewendeten Impfung. Dieselbe bezweckt, den Verlaus der Seuche in einem befallenen Biehstande durch künstliche Ansteckung der gesunden abzukürzen. Dies Verfahren wird allgemein als „Impfung" be­ zeichnet, und ist diese Bezeichnung daher auch in dem Entwurf beibehalten, ob­ wohl im wissenschaftlichen Sinne eine Impfung die Jmmunisirung von Thieren gegen eine Krankheit beabsichtigt, während hier gerade die Uebertragung der Krankheit aus gesunde Thiere bezweckt wird. Die Ansichten über die Nützlichkeit der Impfung gehen weit auseinander. Bon.den (Stegnern der Impfung wird hervorgehoben, daß erfahmngsgemäß nicht alle Thiere eines von der Seuche befallenen Bestandes zu erkranken pflegen, und daß daher eine künstliche Ansteckung gesunder Thiere zur zeitweisen Ver­ minderung des Nutzwerthes auch derjenigen Thiere führen muß, welche sonst von der Seuche verschont geblieben wären.

Dagegen berufen sich die Anhänger der Impfung auf die unbestteitbare Erfahrung, daß in der Regel doch der größte Theil eines befallenen Viehbe­ standes nach und nach von der Seuche ergriffen wird, daß die Größe deS Schadens mit der längeren Dauer der Seuche erheblich wächst und daß es deswegen für die betroffenen Biehbesitzer von großem Nutzen ist, wenn sie durch Anwendung der Impfung den Verlauf der Seuche in ihren Viehbeständen abkürzen können. Da nach der Ansicht thierärztlicher Sachverständiger erhebliche Verluste in Folge der Impfung bei Auswahl leicht erkrankter Thiere zur Abimpfung nicht zu erwarten sind, und da die durch die Impfung zu erreichende schnellere Durchseuchung eines Viehbestandes die Gefahr der Verschleppung der Seuche aus andere Viehbestände vermindert und somit dem allgemeinen Interesse aller von der Seuche bedrohten Biehbesitzer entspricht, so empfiehlt es sich, der Veterinär­ polizei die Befugniß zu verleihen, nach ihrem Ermessen die Impfung der ge­ sunden Thiere eures bereits von der Seuche befallenen Bestandes anzuordnen. Die Ausführung der Impfung bietet keine Schwierigkeit und bedarf nicht der Leitung eines beamteten Thierarztes, wohl aber der polizeilichen Ueberwach-

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ung, da das öffentliche Interesse bei der vollständigen Durchführung der Impf­ ung in dem betreffenden Viehbestände betheiligt ist. Bei der langen Dauer der gegenwärtigen Epidemie hat es sich heraus­ gestellt, daß durch die Milch aus verseuchten Orten und aus Sammelmolkereien, in welche Milch von erkrankten Thieren geliefert wurde, häufig die Seuche nach anderen Orten verschleppt worden ist. Der Entwurf gibt daher den Polizeibe­ hörden die Befugniß, die Milch von Thieren eines Seuchengchöftes oder einer -er Sperre unterworfenen Ortschaft oder Feldmark ganz zu verbieten oder an die Bedingung zu knüpfen, daß die Milch vorher abgekocht wird. Für Sammel­ molkereien hat es sich empfohlen, die vorherige Abkochung im Gesetze selbst vorznschreiben für den Fall, daß auch nur einer der bei der Molkerei betheiliaten Viehstände wegen Ausbruchs der Seuche unter Sperre gestellt ist Da jedoch die Erfahrung bewiesen hat, daß durch Abgabe von ungekochter Milch auS Sammelmolkereim die Seuche weiter verbreitet worden ist, bevor noch der Seuchen­ attsbruch in einem der betheiligtm Viehbestände festgestellt wordm war, so soll durch Abs. 4 den Behörden die Befugniß ertheilt werden, in Zeiten der Seuchenaefahr und für die Dauer derselbm die Abgabe ungekochter Milch auch schon dann zu verbieten, wenn auch nur zu befürchten ist, daß die Seuche in das Be­ zugsgebiet der betreffendm Molkerei übergegangm sein könnte.

Die aus der vorübergehenden Beschränkung in der Berwerchung der Milch dem Besitzer der Milchthiere erwachsmdm Nachtheile werden meistms keine erheblichen sein, da nach der Auskunft von Sachverständigen das Aufkochen von Milch keinen nachtheiligen 'Einfluß auf die Quantität und Qualität der daraus zu gewinnendw Products ausübt und es dem Bescher überdies überlaffm bleibt, die Milch in nicht gekochtem Zustande in seiner Wirthschaft zu verwenden, wenn er die mit dem Kochen verbundmm Umstände und Kosten scheut". (Reichstags­ drucksachen der 9. Legislaturperiode, II. Session 1893/94, Är. 28, S- 6 u. 7.) Bei der commissionellen v Berathung gab der Entwurf zu mancherlei Meinungsverschiedenheiten über denselben Anlaß, doch gelangte derselbe mit einer Modifikation des zweiten Absatzes, wonach das Verbot bezüglich des Weggebens von Milch resp, der vorherigen Abkochung auch auf ein sonstiges Sperrgebiet nach § 22 Abs. 1 des nunmehrigen Gesetzes ausgedehnt »erben kann, zur An­ nahme. Aus dem Bericht der Commission ist Folgendes hervormheben: Gegen die Impfung würben von einigen Commissionsmitgliedern Bedenken erhoben, auch wurde die Frage aufgeworfen, ob für die in Folge der Impfung eingegangmen Thiere eine Entschädigung in Aussicht genommen sei. Seitens der Vertreter der ^Regierungen ward dagegen bemerkt, daß die Uebernahme einer Entschädigungspfllcht auf das Reich nicht in Aussicht genommen sei; wolle man der Frage näher treten, so müsse das seitens der Lanoesgesetzgebung geschehen. Der Abs. 1 ward sodann einstimmig angenommen. Bei dem Abs. 2 ward angeregt, ob nicht auch der Verkauf von Käse und Butter zu verbieten sei. Demgegenüber wurde hervorgchoben, daß Uebertragungen der Seuche durch Butter und Käse auf Menschen nicht constatirt seien, worauf der betreffende Antrag zurückgezogen wprde. Es ward ferner folgender Antrag gestellt: a) In § 44a Abs. 2 Zeile 3 die Worte „verboten oder" zu streichen. b) Für den Fall der Annahme des Antrags a den Abs. 3 des § 44a wie folgt zu fassen: „Dieselbe Bestimmung findet auch auf Sammelmolkereien Anwendung, falls und so lange dieselben auch nur aus einem der unter Sperre gestellten Viehbestände Mich entnehmen." Durch diesen Antrag soll die Befugniß die Fortgabe von Milch zu ver-

84 bieten, beseitigt und nur die Abkochung als Bedingung derselben als zulässig hingestellt werden. Der Antrag wurde abgelehnt und die Absätze 2 und 3 wurden in der Fassung der Vorlage mit großer Majorität angenommen. Ferner wurde beantragt, am Schlüsse des § 44a Folgende- hinzuzufügen: „Im Falle größerer Ausdehnung der Seuche sind die im § 27 Abs. 1 und 3 vorgeschriebenen Maßregeln. in Vollzug zu setzen, insbesondere müssen Thierärzte, welche einen Seuchenstall besucht haben, bevor sie andere Gehöfte und Ställe betreten, einen vollständigen Kleiderwechsel vornehmen. Da- Hausiren mit Schweinen und Gänsen kann bei größerer Ausdehn­ ung der Seuche verboten oder an die Bedingung geknüpft werden, daß die ge­ nannten Thiere nur aus Vagen befördert werden." Gegen diesen Antraa wurden von Commissionsmttgliedern mehrfache Be­ denken geltend gemacht. Von Seiten der Regierungsvertreter wurde hervorge­ hoben, oaß mit den Vorschriften de- Gesetzes auszukommen sei; im Wege der Instruktion könnten die Dhieränte zur äußersten Vorsicht angehalten werden; waS aber das Verbot deS HaufirenS mit Schweinen und Gänsen betreffe, |o seien die Bedingungen für eine derartige Beschränkung des HausirhandelS in der Gewerbeordnung vorgesehen. Die Antragsteller zogen daraus den ersten Absatz ihres Antrages zurück und der zweite Absatz ward unter Streichung der Worte „verboten oder" ein­ stimmig angenommen. In zweiter Lesung wurde in Uebereinstimmung mit den zu § 22 gefaßten Beschlüssen in dem zweiten Absatz deS § 44a der Vorlage nach dem Worte „Feldmark" eingefügt „oder eineSsonstigenSperrgebieteSstz 22 Abs. 1)." WaS den in erster Lesung angenommenen neuen Absatz, betreffend daS Hausiren mit Schweinen und Gänsen, anaeht, so wurde Seitens eines der Herren Regierungsvertreter darauf aufmerksam gemacht, daß die Bedingung, diese Thiere nur auf Wagen zu befördern, schon aus Grund des § 20 des in Geltung be­ findlichen Gesetzes angeordnet werden könne; thatsächlich sei hievon auch schon in der Praxis in ausgedehnter Weise Gebrauch gemacht; eS sei daher richtig, den Zusatz hier bei §44a zu streichen. Die Streichung dieses in erster Lesung angenommenen Zusatzes ward daraus beschloffen und § 44a mit dem erwähnten Zusatz in Abs. 2 angenommen. (ReichStagsdrucksachen Nr. 189, 9. Legislaturperiode, II. Session 1893/94, S. 5). 2. Der Art. 6 veranlaßte im Plenum des Reichstages bei der 2. Lesung eine längere Debatte. Abgeordneter Brunck und Genoffen hatten folgenden Antrag eingebracht: 1) Abs 1 des § 44a (wie solcher von der Commission angenommen worden war) zu streichen und Abs. 2, wie folgt, zu fassen: „Ist der AuSbruch der Maul- und Klauenseuche festgestellt, so kann das Weggeben der Milch auS einem Seuchengehöft, einer der Sperre unterworfenen Ortschaft, Feldmark oder einem sonstigen Sperrgebiet (§ 22 Abs. 1) verboten oder an die Bedingung geknüpft werden, daß die Milch vorher abgekocht wird". Der bisherige von der Impfung handelnde Abs. 1 wurde vom Plenum gestrichen und der Antrag Brunck angenommen. Die Redner führten sämmtlich Bedenken ins Feld, welche die Impfung, als Polizeimaßregel eingeführt, unwillkürlich Hervorrufen müsse. Abgeordneter Dr. Kruse hob hervor, daß, wenn man eine obligatorische Impfung einführt, man gleichzeittg dafür sorgen müsse, daß für die Verluste, welche in Folge der Impfung stattfinden, eine Entschädigung gewährt werde. Die Verhandlungen über diese Entschädigung haben ergeben, daß die

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Kosten und die Vorbereitungen, die eine solche Bersicherungseinrichtung erfordert, so bedeutende sind, daß sie die Summen, welche für die Entschädigung der nach der Impfung gefallenen Thiere zu zahlen sein würden, weit übersteigen würden. Da die Impfung so wie so schon von vielen Landwirthen geübt wird, also ein besonderer Grund, sie zwangsweise einzuführen, nicht vorliegt, und da es nicht möglich ist, eine Entschädigung für die nach der Impfung gefallenen Thiere einzuführen, sei es angezeigt, den ersten Satz des § 44a zu streichen. Abgeordneter Dr. Stephan führte aus, daß.eine Statuirung der poli­ zeilichen Befugnis, im Falle der Maul- und Klauenseuche die Impfung — d. i. für die Uebertraaung der Maul- und Klauenseuche — anzuordnen, auch noch anderen erheblichen Bedenken begegnet, und zwar namentlich nachdem in den letzten Jahren sich herausgestellt hat, daß die Maul- und Klauenseuche außerordentlich bösartig austritt. Die Übertragung der Maul- und Klauenseuche, die in der Vorlage als Impfung bezeichnet ist, hat namentlich das Bedenk»

gegen sich, daß unter Umständen ein Thier zur Ausführung der Jmpstmg ge­ wählt wird, welches in sehr erheblicher und bösartiger Weise erkrankt ist, rmd daß dann diese Erkrankung mit demselben Effect der Bösartigkeit übertragen wird. Abgeordneter v. Kardorff schloß sich diesen Ausführungen an und be­ merkte, daß die Entschädigung für Thiere, die an Zwangsimpfung eingehen, naturgemäß eintreten müßte, und das würde eine Summe von Ümftändm und

eine große Summe von Berwaltungskosten ausmachen, da in der That die Sache nicht lohnt. Abgeordneter Birck erklärte die Impfung gegen die Seuche als gänzlich nutzlos, indem durch dieselbe thatsächlich oft der ganze Viehbestand in einer Weise in Krankheilszustand versetzt worden ist, wie eS sonst nicht der Fall ge­ wesen wäre. Redner äußerte noch ein anderes Bedenken: wer kann contrvlliren, ob ein Thier, das momentan an Maul- und Klauenseuche erkrankt ist, nicht auch noch eine andere Krankheit in sich hat, die vielleicht viel leichter übertragen wird, als die Krankheit, die man übertragen will? Es sei vom Herrn Minister v. Heyden erwähnt worden, daß in Preußen unter dm Rindern 9 Procent mit Tuberkulose behaftet sind. Wmn man nun mit diesen großartigen Impfungen kommen wollte, dann würde wahrscheinlich mehr die Tubereulose verjmpst, als der Maul- und Klauenseuche Abbruch gethan werden. Der Berichterstatter der Commission, Abgeordneter Rettich, empfahl bei solcher Sachlage selbst den Abstrich bezüglich des von der Impfung handelnden Absatzes, es werde ja theilweise die freiwillige Anstellung der Impfung geübt, wie das in Norddeutschland allgemein der Fall sei; in anderen Gegenden Deutschlands finde das weniger statt, und gerade von dort sei eine gewisse Opposition gegen diese Bestimmung auSgegangm. In der Gewährung einer End­ schädigung für Jmpfverluste würde an und für sich ein gewisser Ausgleich liegen. Abgeordneter Steininger wies auf die Bedenken hin, welche die Ab­ kochung der Milch für Molkereien und Käsereien beim Herrschm der Maul- und Klauenseuche zur Folge habe und sogar deren Existenz in Frage stellen könne. Derselbe wünscht in dieser Hinsicht thunlichste Rücksichtnahme auf die örtlichm Berhältniffe in den Einzelstaaten. Im gleichen Sinne sprach sich der Abgeordnete Schultze-Henne aus mit Rücksicht auf die Sammelmolkereien. Minister v. Heyden erwidert, daß nach den voraeschlagenen Bestimm­ ungen eine Ermächtigung ertheilt wird zum Verbot oes Wegaebens unge­ kochter Milch. Es wird Sache der Ausführung des Gesetzes sein, bei An­ wendung dieser Bestimmung den örtlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen. (Reichstagsdrucksachen, 9. Legislatur-Periode, II. Session 1893/94, stenogr. Ber, S. 2013—2014 und S. 2250-2251.)

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Der Art. 6 hat also bei der Commissionsberathung, wie bei der Ver­ handlung im Plenum des Reichstages von der Fassung des Entwurfes ver­ schiedene abweichende Modificationen erlitten. Die bedeutsamste ist der Wegsall hinsichtlich der polizeilichen Anordnung der Impfung. Und gerade diese Maß­ regel war es, von welcher man sich bei der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche einen hauptsächlichen Erfolg versprochen hatte. Anläßlich der allgemeinen Verbreitung dieser Seuche sollte durch die Nothimpfung, hier Übertragung der effekttven und wirklichen Seuche, eine raschere Durchseuchung der Viehbestände und somit eine wirksamere Bekämpfung bewirtt werden. Die technische Deputatton für das Beterinärwesen in Preußen machte bezüglich der Impfung Folgendes geltend: „An und für sich ist die Impfung, üamentlich beim Rindvieh, ein sehr geeignetes Mittel zur Erzielung eines schnelleren und milderen Seuchenverlaufs. Sie muß aber mit Sorgfalt, besonders mit Hinsicht auf die Auswahl der Thiere, ausgeführt werden. Daß letzteres durch Laien geschieht, ist unbedenttich, wenn diese angemessen unterwiesen sind." Von anderer Seite wird behauptet, daß die bisherige Impfung der Maulund Klauenseuche wesentlich dazu beigetragen hat, die Seuche zu verbreiten, zu verschleppen und die Tilgung zu erschweren; auch würde der Seuchenverlaus ver­ längert und der Schaden vergrößert, weil durch dieselbe alle Thiere eines Be­ standes inficirt würden, während unter gewöhnlichen Verhältnissen doch ein Theil verschont bliebe, bezw. durch eine geeignete Behandlung vor einer Jnfettion be­ wahrt werden könnte. Die größtw Bedenken sind gegen die Impfung zu erheben, wenn es sich um die sogen, bösartige, meist tödtlich verlausende Form der Maul- und Klauen­ seuche handelt, weil diese dann ebensogut mir der Maßregel übertragen würde. Unter solchen Umständen wäre auch im Falle der Annahme des Entwurfes die polizeiliche Zwangsimpfung jedenfalls nicht angeordnet worden, es müßte denn sein, daß die Verluste derselben vergütet worden wären. Nunmehr ist in Bezug aus Impfung bei der Maul- und Klauenseuche der Status quo ante gegeben; der Biehbesitzer hat es in der Hand, ob er solche ausführen lassen will oder nicht, natürlich auf sein Risiko, es besteht in dieser Hinsicht keine Vorschrift, weder ein Zwang zur Vornahme, noch ein Verbot derselben. Zweckentsprechender hat sich in Zeiten der Seuchengefahr eine geeignete Haltung und Pflege der erkrankten, wie der verdächtigen Thiere und besonders ein rationelles therapeutisches, wie in Bezug auf Tilgung oder Fernhaltung des Krankheitserregers erprobtes Desinfektionsverfahren erwiesen. Aufklärung, öffent­ liche Belehrungen der Viehbesitzer in diesem Punkte haben oft größere Erfolge als Sperrmaßregeln und sonstige Manipulationen in der Seuchentilgung zu erzielen vermocht. Ganz besonders hat sich bei der leichten Zerstörbarkeit des Ansteckungs­ stoffes der Maul- und Klauenseuche ein während der Erkrankung und nach der­ selben fortgesetztes Desinfektionsverfahren bewährt und einen leichteren, milderen Verlauf der Seuche herbeigeführt, wie auch Verschleppungen derselben fern ge­ halten. Die Aufstellung geeigneter Persönlichkeiten, welche zuverlässig und mit dem Vollzug der DeSinfettion vollständig vertraut sind, wurde zu dem Zwecke bisher schon in manchen Gemeinden vorgenommen. Diese hatten alS „örtliche Desinfecwren" die Aufgabe, nach bestimmten Vorschriften gegen entsprechende Vergütung in jedem Seuchenstalle oder verdächtigen Biehstand diese Maßregel ?enauestens in Ausführung zu bringen. Ein derartiges Verfahren hat sich allentalben bewährt und ist der Impfung entschieden vorzuziehen, natürlich muß die Ausführung der Desinfektion eine möglichst umfassende und intensive sein, so daß bei derselben nichts übersehen wird, was irgendwie Träger deS Ansteckungs­ stoffes sein könnte.

87 3. An Sielle der Impfung hätte daher in Zukunft wie bisher der Selbst­ schutz, die Verhütung bezw. Abschwächung einer Infektion durch geeignete Desinfektionsmaßnahmen und die therapeutische Behandlung der erkrankten Thiere zu treten. Als Polizeimaßregel kommt die Impfung bei der Maul- und Klauen­ seuche nunmehr nicht in Betracht, ebenso wenig als deren Ausführung dem Piehbesitzer verboten ist. In manchen Regierungsbezirken, so in Unterfranken, sind bei besonders bösartigem Auftreten der Maul- und Klauenseuche die Biehbesitzer in Form von amtlichen Erlassen auf die gegen dieselbe zu treffenden hygienischen Maß­ nahmen hingewiesen worden, und ist es durch dieselben auch vielfach gelungen, den Charakter der Seuche zu mildem und Verluste abzuwenden. Nicht unmöglich wäre es, daß es, wie z. B. bei der Schutzimpfung der Pocken deS Menschen, dann des Rauschbrands und der Lungenseuche rc., auch bei der Maul- und Klauenseuche noch gelingen wird, einen Impfstoff her­ zustellen, der die geimpften gesunden Thiere vor der natürlichen Seuche bis zu einem gewissen Grad schützt, aber nicht seuchekrank und ansteckungsfähig macht. Dann könnte von einer Schutzimpfung im eigentlichen Sinne deS Wortes die Rede fein, während die bisherige (Noth-)Jmpfung sich lediglich als eine ab­ sichtliche Übertragung der Seuche darstellt. 4. Der nunmehrige § 44a enthält eine Bestimmung hinsichtlich der Berleitgabe der Milch, welche von seuchekranken Thieren oder aus Gehöften, Ort­ schaften rc. stammt, womach solche nur in abgekochtem Zustande weggegeben werden soll. Wie bereit- erwähnt, statuirte das bisherige Seuchengesetz keine Maßregeln gegen die Maul- und Klauenseuche; dieselben sind lediglich in der gehörigen BundeSrathSinstmktion vorgesehen gewesen. Nach diesen (§61 d. B RI) war bisher das Weggeben der Milch von kranken Thieren im rohen, ungekochten Zustande behufs unmittelbarer Verwendung zum Genusse für Menschen oder Thiere verboten. Das Weggeben, also nicht allein der Verkauf oder die Veräußerung gegen Entgelt, sondem die Abgabe der rohen Milch an einen Dritten, außerhalb deS Gehöftes, der Wirthschaft war bisher schon verboten, jedoch nur dann, wenn solcheS-geschah, behufs unm ittelbarer Verwendung zum Genusft für Menschen oder Thiere. ES gründet sich diese Bestimmung darauf, daß die rohe, unge­ kochte Milch den Krankheitserreger der Maul- und Klauenseuche in seiner ganzen Wirksamkeit enthält, daß diese Milch in Folge dessen im höchsten Grade an­ steckend ist, vom Menschen genoffen, eine ähnliche, äußerst hartnäckige Krankheit in der Mundhöhle hervormst, welche sich als sehr schmerzhafter, Bläschenaus­ schlag manifestirt, bei kleineren Kindern nicht selten den Tod zur Folge hat und auch bei erwachsenen Personen, wie besonders im Falle bö-artigen Auftretens der Seuche, eine gefährliche Erkrankung darstellt. Femer erzeugt der Genuß solcher Milch bei jungen Thieren Entzündung der Magen- und Darmschleimhaut, Durchfall, an welchen diese Thiere meist zu Grunde gehen. Durch die Siede­ hitze wird die Wirksamkeit des Krankheitserregers zerstört, und ist abgekochte Milch dann absolut unschädlich, sowohl für den Genuß, wie für eine zu be­ fürchtende Jnfection auf dem Wege der Verschleppung. Hiebei muß aber bemertt werden, daß die Unschädlichkeit der Milch erst dann gegeben ist, wenn die Milch nicht bloß auf den Siedepuntt gebracht worden ist — dieses ist nicht hin­ reichend, um die Krankheitserreger zu tobten —, sondern dieselbe muß längere Zeit auf dem Siedepunkt erhalten und somit möglichst intensiv abgekocht werden. Die nunmehrige Bestimmung unterscheidet sich von der früheren also da­ durch, daß das Weggeben von roher, ungekochter Milch maul- und klauenseuche­ kranker Thiere überhaupt verboten ist, mag die spätere Verwendung mittelbar oder unmittelbar, zum Genusse oder zu anderen Zwecken erfolgen. Früher hat es sich

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lediglich um den Genuß gehandelt uiib bestand selbst in dieser Hinsicht eine eigentliche Controlle nickt. Trotz deS faktisch bestehenden, in der Praxi- aber wegen der großen Dehnbarkeit der Bestimmung kaum zu handhabenden Ver­ bote- kam demselben mehr die Wirkung eine- wohlmeinenden Rathe- zu, der darin bestand, daß die ungekochte Mich wegen der durch sie bedingten Gefahren nicht verwendet werden sollte. Da- WMgeben der rohen Mlch a!s solcher war nicht verboten, erst secundär trat da- Verbot ein, wenn sogleich mit der Weg­ gabe die unmittelbare Verwendung der rohen Mlch für Menschen oder Thiere erfolgen sollte. ES konnte bisher unbeanstandet jeder Landwirth und Thierbe­ sitzer solche Mlch veräußern, wenn er den Abnehmer ausdrücklich darauf auf­ merksam machte, daß er nur unter der Bedingung die Mlch ablasie, wenn solche vor ihrer Verwendung zum Geuuffe erst abgekocht werde. Nunmehr ist die Sachlage eine andere; da-Weggeben roher, ungekochter Mlch kann jetzt nicht blos je nach der Art der beabsichtigten Verwendung der­ selben, sondern auch dann verboten werden, wenn Ortschaften, Feldmarken und sonstige Sperrgebiete im Sinne des § 22 Abs. 1 von dem Ausbruch der Maulund Klauenseuche betroffen sind. Die Bestimmung ist nicht für alle Fälle vorgesehen, in welchen rohe Mlch weggegeben wird, sondern es ist der Polizeibehörde je nach Lage der Ge­ fahr für Menschen und Thiere, dann der zu befürchtenden Weiterverbreitmrg die Ermächtigung eingeräumt, das Weggeben der Milch von der voraus­ gegangenen Abkochung abhängig zu machen. Besonders einschneidend wird sich diese Vorschrift in ihrer ganzen Trag­ weite zur Verhütung einer weiteren Ausbreitung der Seuche erweisen, wenn die­ selbe zum ersten Male in einer Ortschaft, einem Bezirke, aufgetreten ist, noch wenige Ställe verseucht sind. Zur Statuirung der Maßregel ist nochwendig, daß der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche effektiv festgestellt ist; aus einen Verdacht oder aus eine zu befürchtende Seuchengesahr hin kann dieselbe nicht erlassen werden. Auch muß dieselbe, wenn solche in Kraft treten soll, in jedem Falle auf ortsübliche Weise zur Kenntniß der betheiligten Biehbesitzer gebracht werden, da das Statut kein unbedingtes, für alle Fälle (eo ipso) vorgesehenes Verbot darsteflt. Letzteres ist um so nothwendiger, als die auserlegte Be­ schränkung der Mlchverwerthung sich nicht blos auf jene von offenbar seuche­ kranken Thieren stammende Milch bezieht, sondern unter Umständen auch aus jene (Kuh-, Ziegen-, Schafmilch), welche aus dem Bereiche deS gesperrten Rayons hervorgeht. Die Maßregel ist auS seuchenpolizeilichen Gründen gerechtfertigt, weil die Art des bisherigen Verschleißes in ungekochtem Zustande sehr häufig zur Weiterverbreitung der Seuche beigetragen hat, dann auch aus allgemeinen hygienischen Rücksichten auf die öffentliche Gesundheitspflege, um durch den Milchgenuß Gefahren für den Menschen zu verhüten. Im Sinne deSNahrungSmittelgefetzes vom 14. Mai 1879 § 12 wäre die un­ gekochte Milch maul- und klauenseuchekranker Thiere alS ein Nahrunas- oder Genußmittel zu betrachten, dessen Genuß die menschliche Gesundheit zu schädigen geeignet ist. Es konnte also bisher schon aus Grund dieser Bestimmung Bestrasung erfolgen, wenn einer vorsätzlich solche Milch in Verkehr gebracht hat. Auf Grund der BundesrathSinstruktton war jedoch bisher eine Bestrafung nicht ru erzielen, weil die Weggabe der rohen Milch im ReichSviehseuchenqesetze unter oen allgemeinen Schutzmahregeln nicht vorgesehen und daher die Übertretung

der bundeSräthltchen Vorschrift in den Strafbestimmungen deS Gesetzes (§§ 65, 66 und 67) nicht enthalten war. Der Abs. 2 deS § 44a dehnt diese Beschränkung der Milchverwerthung auf die gemeinsamen Milchverarbeitungsstätten oder Sammelmolkereien auS, weil durch dieselben bei dem mannigfachen Ab- und Umsätze der Milch Verschlepp-

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tragen um so leichter vorkommen können, als die Milch aus mehreren Beständen und Wirthschaften hier zusammengebracht wird. Demzufolge kann das Weggeben ungekochter Milch aus Sammelmolkereien in Zeiten der Seuchengefahr, also nicht blos dann, wenn in dem zur Genossenschaft gehörigen Rayon deS Milchbetriebes ein effektiver Ausbruch von Maul- und Klauenseuche sestgestellt ist, sondern auch, wenn von Seiten der Polizeibehörde in Folge Verbreitung der Seuche in der Umgebung oder drohender Einschleppung diese Seuchengefahr als gegeben betrachtet wird, verboten werden. Dieses Verbot ist unter Umständen fetp störend für den Betrieb, die Verarbeitung der Mllch zu Butter und Käse wird unterbrochen oder'nicht in dem bisherigen Umfange bewerkstelligt, daher überläßt der Gesetzgeber die Anordnung der Polizeibehörde sowohl in Bezug auf die Feststellung der Seuchengefahr und deren Dauer, für welche diese Be­ schränkung auferlegt werden soll, als auch auf die Nothwendigkeit überhaupt, ob im Falle der Durchführbarkett der Maßregel für die Seuchenttlgung ein Er­ folg zu erzielen ist und solche in einem Verhältnisse steht zu den durch die­ selbe zu befürchtenden wirthschastlichen Nachtheilen. Die Vorschrift ist daher mehr fakultativer Natur und braucht nicht für alle Fälle in Actton zu treten. Ein unbedingtes Verbot der Berleitgabe von roher Milch ist demnach auch hier nicht emgeräumt, und ist die Anordnung in den meisten Fällen ErmessenSftage der zuständigen Polizeibehörde. Anders verhält sich indeffen die Sache, wenn einer der betheiligten Vieh­ bestände, auS welchen Milch an die Sammelmolkerei abgeliefert wird, wegen ÄusbruchS der Maul- und Klauenseuche unter Sperre gestellt ist. Nach dem Abs. 2 deS §44a darf in diesem Falle die Milch aus der Sammelmolkerei überhaupt, also nicht etwa bloß die von offenbar seuchekranken Thieren stammende und demzufolge eventuell in getrenntem Verfahren zu verarbeitende Milch, sondern daS gesammte Milchmaterial nur nach erfolgter Abkochung weggegeben werden. Diese Bestimmung ist eine analoge Anwendung des Absatzes 1, indem die dort hinsichtlich der Gehöfte, Ortschaften, Feldmarken und sonstigen Sperr­ gebiete auferlegte Beschrändrag im Verschleiße der Milch auch auf die sogen. Sammelmolkereien oder Milchverarbeitungsgenoffenschasten ausgedehnt wird. ES ist die- eine obligatorische und keine sacultative Bestimmung wie die vorhergchende. Indeß weist diese Vorschrift doch einen unverkennbaren Unterschied gegenüber der ersteren auf. Während im Abs. 1 auch bei bloßer Seuchengefahr Die Anordnung hinsichtlich der Abgabe ungekochter Mllch mehr ErmessenSftage ist, daher unter Umständen, wenn von der Maßregel kein Erfolg zu erwarten ist, oder die Durchführung unverhältnißmäßige wirthschaftliche Störungen im Ge­ folge hat, auch unterbleiben kann, so muß bei den Sammelmolkereien die Vor­ schrift Platz greisen, sobald nur einer der zur Genossenschaft competirenden Vieh­ bestände unter Sperre gestellt ist. Hier tritt die absolute Nothwendigkeit an Stelle der bisher eingeräumten Errneffungsbesugniß ein. Die Maßregel ist da­ durch gerechtfertigt, daß, abgesehen von der Ansteckung durch die Milch in solchen Molkereien, das Gesinde, die Knechte, Wärter, Conttollorgane u. dgl., dann auch die Geräthschaften, Utensilien, welche von den Seuchestallungen dort längere oder kürzere Zeit aufbewahrt werden, zur Verschleppung der Seuche beitragen können. Biele Invasionen sind auf den Verkehr und Betrieb in Sammelmolkereien schon zurückzusühren gewesen. Es ist daher die nunmehr in Kraft getretene seuchen­ polizeiliche Beaufsichtigung der Sammelmolkereien, welche gleichzeitig eine Ver­ mehrung der allgemeinen Schutzmaßreaeln im Sinne der §§ 18—29 des R.S.G. darstellt, um so mehr geboten, wenn bereits ein Viehbestand, von welchem Milch dahin geliefert ist, unter Sperre gestellt ist. Im Gesetz ist nicht gesagt, ob zur Anordnung der Maßregel die Voraussetzung gegeben sein muß, daß die Sperre

90 wegen effektiven Seuchenausbruchs, Verdachts aus solche oder zu befürchtender Seuchengefahr erfolgt ist. Es ist völlig gleichgiltig, ob die eine oder die andere Eventualität hier vorliegt, es genügt, daß aus Anlaß der Maul- und Klauen­ seuche überhaupt Sperre über den betheiligten Bichbestand verhängt worden ist. Würde im Berdachtssalle oder bei bestehender Seuchengesahr, in welchem Falle der vorerst mehr provisorisch angeordneten Sperre die Wirkung einer polizeilichen Beobachtung zukäme, eine Sperrmaßregel Platz greifen, so hat solche ohnehin nur untergeordnete Bedeutung, insolange nicht die Seuche festgestellt bezw. die Seuchenfreiheit des Bestandes erwiesen ist. Dies wird aber, wie z. B. bei Contumacirungen äus Anlaß der Biehmarktscontrolle, schon gdnz kurze Zeit nach der Absperrung sich herausstellen, so daß dann bald nur von einem effektiven Seuchen­ ausbruch, für welchen allein im Sinne der B.R.J. die hier maßgebende Sperre vorgesehen ist, oder von der unbedingten Seuchenfreiheit der Bestände wird die Rede sein sönnen. Die Beschränkung hinsichtlich der Abgabe von Milch aus Sammel­ molkereien muß also für alle Fälle eintreten, sobald ein zu denselben gehöriger Viehbestand unter Sperre gestellt ist, so daß es auch ohne Bedeutung für die Anordnung der Maßregel bleibt, ob die Milch aus dem gesperrten Biehstande primär schon im abgekochten Zustande an die Genossenschaft abgegeben worden ist oder nicht. Diese letztere- Maßregel kann im Sinne des Abs. 1 zu § 44a noch außerdem erlassen werden — eine objektive Nothwendigkeit besteht, wie bereits erwähnt, in dieser Richtung hiefür nicht — und könnte in solchen Fällen von dem Erlaße derselben auch Umgang genommen werden, da ja ohnehin die gesammte Milch in der Molkerei dann nur nach erfolgter Abkochung weggegeben werden darf. Nach dem Wortlaute der Bestimmung wäre auch im Falle allgemeiner Seuchengefahr, wenn die Maul- und Klauenseuche eine derartige Ausdehnung und Verbreitung im Rayon der Sammelmolkereien genommen hat, daß Sperr­ maßregeln gänzlich wirkungslos erscheinen, die Vorschrift hinsichtlich des Ab­ kochens der Milch beim Verschleiße aus Sammelmolkereien noch zu handhaben. Daraus geht hervor, daß die Maßregel nicht bloß veterinär-polizeilichen Zwecken zu dienen hat, sondern auch hauptsächlich zum Schutze für Menschen, um Ge­ fahren durch den Milchgenuß zu begegnen, im Interesse der öffentlichen Gesund­ heitspflege erlassen ist. Bon diesem Standpunkte aus ist dieselbe noch mehr zu rechtfertigen, als in dieser Hinsicht bisher von den Milchlieferanten in sorglosester Weise verfahren worden ist, ohne daß es immer gelungen ist, den­ selben ein strafbares Delikt hinsichtlich des Verschleißes zur Last zu legen; es genügte vielmehr zur Salvirung, wenn der Produzent bezw. Händler den Nachweis erbringen konnte, daß er die rohe Milch nur unter der Bedingung abgegeben habe, daß solche vor dem Genusse abgekocht werden müsse, ob solche auch beachtet wurde, war für denselben nicht belastend.

Irrstrrrktionetke WorfcHrifterr gegen die Maut- unö Atauenfeuche. Dieselben weichen gegenüber denjenigen der früheren Instruktion zum ursprünglichen Gesetze nicht unwesentlich ab und sind enthalten in den §§ 57—68 der B.R.J. §57. Anordnung der Maßregeln (Gehöfte-, Weide- oder Feldmarksperre) bei Seuchenverdacht im Sinne deS §1, Abs. 2 des Gesetzes; § 57a. Fakultative Ermächtigung der Polizeibehörde bei wiederholten Seuchenausbrüchen ohne jedesmalige Zuziehung des beamteten ThierarzteS die Schutzmaßregeln anzuordnen, jedoch unter sofortiger Verständigung des letzteren;

91 §58. Schleunigste Bekanntmachung deS erstmaligen Ausbruches der Seuche mittels Amtsblatt, sowie auf schriftlichem, mündlichem oder telegraphischem Wege an alle dem Seuchenorte benachbarten deutschen Gemeinden; Kennt­ lichmachung des Seuchengehöstes und Seuchenortes durch Anbringen von augenfälligen und haltbaren Tafeln; §59. Maßregeln hinsichtlich der seuchenpolizeilichen Behandlung der kranken und verdächtigen Thiere; § 59a. Erweiterung der Schutzmaßregeln bei größerer Seuchengefahr auf Gebiete, auch wenn solche der Ansteckung nicht verdächtig sind. Verkehrsbeschränkungen in Bezua auf den Transport von Wiederkäuern und Schweinen mit Ausnahme oer sofortigen Abschlachtung derselben; §60. Die Anordnung strengerer Sperrmaßregeln im Falle Zuwiderhandlung von Seite der Besitzer gegen dieselben; §§ 61 und 62. Seuchenpolizeiliche Behandlung der Milch beim AuSbruch der Seuche, sowie der Häute, des Rauhfutters, Sttoh und Dünger-, welche von fronten und verdächtigen Thieren stammen oder mit solchen in Be­ rührung gekommen sind; §63. Verhaltungsmaßregeln des Besitzers oder dessen Vertreters beim Aus­ bruche und Erlöschen der Seuche; § 64. Handhabung der Sperre (Orts-, Feldmark- und weitere Gebietssperre), sowie deS Verbots der Biehmarktabhaltung; §§ 65—66. Maßregeln beim Seuchenausbruch unter Weidevieh, Treibherden und Transportvieh; § 67. Anordnung und Ausführung der DeSinsektton gemäß § 14 der Anweisung Anlage A: § 68. Bestimmung, wornach Folgekrankheiten der Seuche nicht unter die §§ 58 bis 67 der B.R.J. fallen; § 69. Maßnahmen, worauf die Aushebung der Schutzmaßregeln basirt und in welcher Weise dieselbe zu erpügen hat.

d) Luugeuseuche des Rindviehs. 8 45. Die Polizeibehörde hat die Tödtung der nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes an der Lungenseuche erkrankten Thiere anzuordnen und kann auch die Tödtung verdächtiger Thiere an­ ordnen. Der Landesgesetzgebung bleibt die Bestimmung überlassen, ob und unter welchen Bedingungen eine Schutzimpfung der der Ansteckung ausgesetzten Rind­ viehbestände polizeilich angeordnet werden darf. Erläuteruu-en: 1. Die Lungenseuche ist eine beim Rinde vorkommende ansteckende Entzündung der Lungen, die in ihrem vollständigen Verlauf zwei deutlich getrennte Stadien, ein chronisches und ein akutes unterscheiden läßt. Die Krankheit entsteht und verbreitet sich ausschließlich durch Ansteckung. Der Ansteckungsstoff regenerirt sich in den franken Lungen, wird beim Athmen aus­ geschieden und kann dann von anderen Thieren mit der eingeathmeten Lust aus­ genommen werden. Die nach der Aufnahme des Ansteckungsstoffes in den Lungen entstehende Entzündung verläuft in allen Fällen erst eine Zeit lang schleichend (chronisches Stadium). Dabei sind die Thiere anscheinend noch gesund; der etwa bestehende Husten und geringe Athembeschwerden werden in der Regel nicht be-

92 achtet. Bei den meisten von der Lungenseuche befallenen Thieren schließt die Krankheit mit dem ersten Stadium ab, indem die Entzündung sich begrenzt und die dabei entstandene partielle Berhärtung der Lunge allmälich wieder ver­ schwindet^ die betreffenden Thiere seuchen unbemerkt durch. In anderen Fällen beginnt die Entzünduna in den Lungen, nachdem sie einiae Wochen oder sogar schon mehrere Monate schleichend verlaufen ist, Plötzlich sich rasch weiter auszu­ breiten, so daß deutliche- Fieber, häufiger Husten und auffallende Athembe­ schwerden entstehen (akute- Stadium). Beim Eintritt diese- Stadium- wird die Krankhett erst offenbar. Im Durchschnitt erkranken in den von der Seuche be-

fallenen Viehbeständen dreißig und einige vom Hundert der Thiere in dieser Weise, mitunter mehr, selbst 70 bis 80 Prozent, in andern Fällen weniger, selbst nur 2 oder 3 vom Hundert. Bon den offenbar erkrankenden Thieren gehen im Durchschnitt 50 vom Hundert an der Krankheit zu Grunde; bei den übrigen er­ folgt die Genesung gewöhnlich nur sehr langsam und nicht selten nur unvollständig. Die Entwickelung des AnsteckungSstoffeS geht während der ganzen Dauer der Krankheit vor sich; sie fängt mit dem Beginne des chronischen Stadiums

an und hött erst auf, wenn nach eingetretener Begrenzung der Entzündung die in Folge der letzteren entstandene Berhärtung wieder verschwunden ist. Am intensivsten ist die Entwicklung des Ansteckungsstoffes während deS akuten Stadium-, also bei den offenbar erkrantten Thieren, hält bei diesen auch am längsten an, da nach eingetretener Begrenzung der Entzündung und damit er­ folgter scheinbarer Genesung vielfach noch Monate vergehen, bevor die Resorption der EntzündungSprodutte vollendet ist. AuS diesem Grunde gebietet das Gesetz die Tödtung der an der Lungen­ seuche deutlich erkrantten Thiere. Außerdem gibt es der Polüeibehörde die Er­ mächtigung, die Tödtung aller verdächtigen Thiere — sowohl bei Seucheverdacht als bet Änsteckungsverdacht (§ 1) — anzuordnen, namentlich also auch aller

Thiere, welche mit den kranken zusammen in einem Gehöfte gestanden haben. Rücksichtlich dieser Thiere besteht in jedem Falle die Vermuthung, daß die Lungenseuche in ihnen bereits in der Entwickelung vorhanden ist. Die Tödtung aller verdächtigen Thiere ist unzweifelhaft sehr geeignet, die Weiterverbreitung der Seuche zu verhindern. Bon diesem Mittel wird Ge­ brauch zu machen sein, wenn die Seuche in einem einzelnen kleinen Viehbestände eine- Staate- oder eines LandeScheileS zum Ausbruch kommt, welcher bis dahin seuchefrei war und der mit Rücksicht aus seine Viehzucht und namentlich auf den Export von Zuchtvieh auch ein größeres Opfer nicht scheuen darf, um die Seuche sofort wieder aü-zurotten. Dagegen würde die Tödtung auch der verdächttgen Thiere die sofortige Ausrottung der Seuche nicht bewirken können, überhauvt nicht ausführbar sein in solchen Landesteilen, in welchen die Seuche bereits in weiter Verbreitung, und zwar in zahlreichen großen Viehbeständen herrscht. Die Beseitigung der letzteren würde nicht nur enorme Kosten verursachen, sondern auch von den größten Schäden für die beteiligtm Wirthschaften begleitet sein. In einzelnen LandeStheilen wird die Impfung der Lungenseuche ange­ wendet, um die Thiere vor der Ansteckung auf natürlichem Wege und somit vor der eigentlichen Lungenseuche zu schützen. Da bis jetzt nicht nachgewiesen ist, daß geimpfte Thiere, fall- sie von der eigentlichen Lungenseuche frei waren, die Krankheit auf andere, gesunde Thiere überttagen haben, so lag kein Grund vor, das Verbot der Impfung in das Gesetz aufzunehmen. Andererseits mußte daS Gesetz aber auch davon absehen, der Polizeibehörde die Ermächtigung zur An­ ordnung der Impfung zu ertheilen, da daS Urteil der Fachwissenschaft über den Werth der Lungenseucheimpsung als Schutzmittel noch nicht zum Abschluffe ge­ langt, die Zahl der Sachverständigen, die der Impfung einen Werth bellegen, in neuerer Zeit sogar nicht unerheblich geringer geworden ist. Es kommt hinzu,

93 daß bei Zwangsimpfung des Rindviehs die Entschädigungsfrage große Schwierig­ keiten haben würde, da der durch die Impfung erzeugte äußere Krankheitsprozeß nicht nur bei etwa 2 bis 4 Prozent der betreffenden Thiere einen tödtlichen Verlauf zu nehmen pflegt, sondern auch gewöhnlich bei einem mehr oder weniger großen Theil der übrigen Thiere Verstümmelungen, die zuweilen ganz erheblich sind, zur Folge hat (Mot. z. R.S.G. vom 23. Juni 1880, S. 34 u. f.) 2. Der bisherige § 45 enthielt lediglich die Bestimmung, daß die an Lungenseuche erkrankten Thiere gelobtet werden sollen, und daß auch die Tödtung verdächtiger Thiere angeordnet werden kann. Die Erulächtigung zur Tödtung der offenbar seuchenkranken Thiere wird in Bayern von der Distriktspolizeibehörde ertheilt, während für jene der ver­ dächtige Thiere die Areisregierung bezw. das Staatsministerium des Innern zuständig ist. Vgl. B.A.B. §§ 5 und 7, Ziff. 1. Nunmehr tritt nach Art. 7 deS Gesetzes vom 1. Mai 1894 eine weitere seucheupolizeittche Bestimmung hinzu, wonach bei den der Ansteckung verdächtigen Rtudvichbeständen die Schutznnpfung angeordnet werden karm. Demnach kcmn der Polizeibehörde die Befugniß zugestanden werdm, ob solche von dem Mittel der TLdttmg der verdächtwm (und zwar der Ansteckung oder der Seuche verdächttaen) Thiere Gebrauch machen, oder ob solche die Impfung der Tödtung vottichen will. Dieselbe wird sich in der Hauptsache mehr auf anscheinend ge­ sunde bezw. der Ansteckung verdächttge in solchen Fällen zu erstrecken haben, al- auf bereit- der Seuche verdächttge Thiere. Die Motive zu diesem Artikel führen auS: „Die Bestimmung des §23 deS Gesetzes, wonach die Impfung als veterinärpolizeiliche Maßregel nur in Fällen, welche in dem Gesetz ausdrücklich bezeichnet find, angeordnet werden darf, schließt die polizeiliche Anordnung der Lungenjeucheimpfung auS, weil dieselbe in dem Gesetze nicht erwähnt wird. Der vorgeschlagene Zusatz zu dem 8 45 des Gesetzes bezweckt, der Landesgesetzgebung die Möglichkeit zu gewähren, diese Impfung als ein weitere- Mittel zur Bekämpfung der Lungenseuche einzuführen, und die Bedingungen festzustellen, unter welchen die polizeiliche Anordnung der Impfung zulässig sein soll. Der von dem Reichstag in der Sitzung vom 26. Februar 1886 abge­ lehnte Gesetzentwurf wollte unter anderem die Landesregierungen ermächttgen, für den Umfang ihres Staatsgebiet- oder für Theile desselben die Jmvftrng sämmtlicher Rinder in dem Gehöft oder in der Ortschaft, wo die Lungenseuche auSgebrochen ist, anzuordnen, und unterscheidet sich daher im wesentlichen von dem Borschlage des gegenwärtigen Entwurfs dadurch, daß nach diesem der Lände-gesetzgebung die Beschlußfassung über die Einführung eines Impf­ zwanges überlassen wird. Eine Abänderung der in der Ausführung-instruktion deS BundeSrathS vom 24. Februar 1881 (§§70—91) gegebenen Vorschriften über die Bekämpfung der Lungenseuche würde durch die Annahme deS gegenwärttgen Entwurfs nur insoweit bedingt werden, als in der Instruktion er­ gänzend zu besttmmen wäre, daß diese Vorschriften auch auf Bichbestände An­ wendung finden, welche der ZwangSimpfung unterlegen haben. Anlaß zur Einbringung des obigen Zusatzes zu § 45 haben die Berhältniffe in der preußischen Provinz Sachsen in Verbindung mit den günsttgen Erfolgen der neuerlich dort auSgeführten Jmpfversucke gegeben. Während die Lungenseuche in Deutschland feit 1886 ausweislich der Jahresberichte deS kaiserlichen Gesundheitsamtes im allgemeinen abgenommen hat und nach der neuesten Vierteljahrsstatistik am Schluß deS MonarS Juni 1893 alle Landescheile Preußens bis auf die Regierungsbezirke Magdeburg und Merseburg seuchenftei waren, blieben in diesen beiden Bezirken der Provinz Sachsen noch 23 Gehöfte in 17 Gemeinden verseucht. Die Gründe, weshalb

94 hier trotz der angewendeten strengsten Tilaungsmtttel, besonders auch umfang­ reicher Tödtungen ganzer verdächtiger Viehbestände, die Unterdrückung der Seuche bisher nicht gelungen ist, liegen in den außerordentlich zahlreichen landwirthschaftlichen Fabrikbetrieben, welche zur Verwerthung der abfallenden Futter­ mittel eine- beständigen Zukaufs von Rindvieh bedürfen und mit den aus allen Gegenden bezogenen Thieren die Seuche erhalten und oft aufs Neue einschleppen. Alls nun die auf Beranlaffung des preußischen LandwirthschastsministerS in den Jahren 1889—1890 von dem Professor Schütz und dem Departementsthiemrzt Steffen ausgeführten, umfangreichen Jmpfversuche ergeben hatten, daß nach der von ihnen angewendetm Methode ausgeführte Impfungen thatsächlich Schutz gegen die Krancheit gewähren, mit verhältnißmäßig geringen Verlusten verknüpft sind und die Verschleppung der Seuche nicht begünstigen, machte sich bei den Landwirthen der Provinz in erhöhtem Maße das Verlangen nach gesetzlicher Einführung und Regelung der Zwangsimpfung geltend und fand in entsprechenden Petitionen des landwirthschaftlichen Centtalvereins der Provinz an den Reichskanzler und den preußischen Landwirthschaftsminister Ausdruck. Nachdem auch noch daS preußische Oekonomiecolleaium im November 1891 und die durch Zuziehung von Landwirthen auS verschiedenen Gebieten Preußens verstärkte Deputation für das Veterinärwesen im Ottober 1892 sich dahin aus­ gesprochen halten, daß reichsgesetzlich den Einzelstaaten die Befugniß zur Ein­ führung der Zwangsiuwfung eingeräumt werde, konnte mit dem Vorschläge einer, den Wünschen Wetter Kreise in Preußen Rechnung tragenden Ergänzung des Reichsgesetzes um so weniger gezögert werden, als damit der freien Entschließ­ ung anderer Bundesstaaten über die Einführung der Zwangsimpfuna in keiner Weise vorgegriffen wird." (Reichstagsdrucksachen Nr. 28, S. 6 und 7,9. Legislatur­ periode, 11. Session 1893/94.) Die Berathung in der Commission über den Art. 7 ergab folgendes Resultat: Um die Impfung der Lungenseuche als Mittel der Bekämpfung der­

selben durch die Landesgesetzgebung anordnen zu können, wenn dazu ein Bedürfniß vorzuliegen scheint, vernothwendigte sich ein Zusatz zu §45 des R S G. Die Vorlage will nun durch den Zusatz den Einzelstaaten die Befugniß zur Einführung der Zwangsimpfung einräumen, ohne der freien Entschließung anderer Bundesstaaten in irgend einer Weise vorzugreifen. Der Entwurf hatte folgenden Wortlaut: „Die Impfung von der An­ steckung ausgesetzten Rindviehbeständen Kmn unter besttmmten, von der Landes­ gesetzgebung sestzustellenden Bedingungen Polizeilich ungeordnet werden." In der Commission wurden mehrfache Bedenken gegen die Vorlage ausgesprochen, schließlich aber folgender, sachlich mit derselben übereinstimmender Antrag einstimmig angenommen: „Der Landesregierung bleibt die Bestimmung vorbehalten, ob und unter welchen Bedingungen eine Schutzimpfung der der Ansteckung ausgesetzten Rindviehbestände polizeilich angeordnet weroen darf". Auch in zweiter Lesung ward dieser Antrag angenommen. (ReichStagsdrucksachen, 9. Legislaturperiode, II. Session 1893/94, Nr. 189, S. 189 und 190). Im Plenum des Reichstags gab die Bestimmung hinsichtlich der Lungenseucheschutzimpfurig zur Erhebung von Bedenken gegen dieselbe Anlaß. Abgeordneter Pingen befürchtet, daß eine etwas übereifrige Landesver­ waltung ohne Noth Beunruhigung durch die Anordnung deS Jmpfgeschäftes in weite Kreise hineinttagen könnte; die bis jetzt gemachten Erfahrungen weisen keine unanfechtbaren Beweise für den Nutzen der Impfungen auf. Derselbe erklärt das Jmpfgeschäft selbst, sowie die in Folge dessen bei den Thieren einzuschlagende Behandlung aus eigener Erfahrung für ein sehr mühsames, kost­ spieliges und die ganze Wirthschaft störendes; auch könnte bei den ständigen

95 Seuchenherden in Sachsen, Hannover und Braunschweig das ständige Herrschen der Seuche mit der Rübencultur bezw. Ausfuhr von Rüben in Verbindung gebracht werden. Die den Transport besorgenden Lchsen hätten sich keiner besonders regelmäßigen Pflege zu erfreuen, wären Wind und Wetter ausgesetzt, in Folge dessen Erkrankungen, vielleicht auch der Lungenseuche eher ausgesetzt, so daß hiegegen die Impfung nichts nützen würde. Abgeordneter Kruse erwiderte, daß man gerade in der Provinz Sachsen — dem eigentlichen und wichtigsten Herde der Lungenseuche — die günstigsten Erfahrungen mit der Impfung gemacht habe und daß dort die Impfung einen wesentlichen Fortschritt in der Bekämpfung der Seuche bilden würde. Minister von Heyden führte aus, daß das Gesetz keinen Zwang in der Lungenseucheimpfung ausüben will, sondern nur einzelnen Ländem und Landes­ theilen die Möglichkeit geben, eine Bekämpfungs- und Hilfsmaßregel in An­ wendung zu bringen, welche bis jetzt nach Lage der Gesetzgebung nicht ange­ wendet werden konnte. (Reichslagsdrucksachen sten. Ber., S. 263, 264, 9. Legis­ laturperiode, II. Session 1893/94). Die Schutzimpfung gegen Lungenseuche stellt also keine unbedingte, für alle Fälle der Ansteckungsgefahr auszuführende reichsgesetzliche Seucheümaßregel dar. Es bleibt vielmehr die Anordnung, in welchen Fällen und unter welchen. Bedingungen, worunter besonders die Kosten der Ausführung, die Pflege und Behandlung der geimpsten Thiere zu verstehen ist, dieselbe aus­

zuführen ist, den Einzelstaaten überlassen. Dieselben können sich je nach Lage der Berhältniffe, wobei auch der volksthümlichen Auffassung hinsichtlich des Werthes und UnwertheS der Schutzimpfung Rechnung zu tragen sein wird, für dieselbe als polizeiliche Maßregel entscheiden oder auch dieselbe verbieten bezw. im Falle verbotwidriger, ohne staatliche Genehmigung unternommener Impfungen, für die aus Anlaß derselben entstehenden Verluste die staatliche Entschädigung ablehnen. 3. Wesentlich verschieden von der im Entwürfe des Gesetzes projektirt gewesenen Impfung der Maul- und Klauenseuche ist nun die Schutzimpfung gegen die Lungenseuche. Dort handelte es sich um die absichtliche Uebertragung der wirklichen Seuche, hier soll der angewendete Impfstoff, die Thiere vor der Seucheerkrankung schützen, dieselben also gegen den Ansteckungsstoff seuchenfest oder immun zu machen. Erstere ist eine Nothimpsung, während die Lungen­ seucheimpfung in der Hauptsache eine Präeautions- oder Schutzimpfung oarstellen wird. Das Reichsgesetz hatte bei seiner ursprünglichen Statuirung davon ab­ gesehen, das Verbot dieser. Impfung aufzunehmen. ES stand daher bis . jetzt den Biehbeschern frei, die Lungenseucheimpfung bei ihren Thieren in Ausführung au bringen. Ein Verbot bestand ebenso­ wenig als eine Vorschrift, wornach diese Impfung polizeilich angeordnet werden konnte. Im Gegentheil war ein daraus abzielender Antrag des Abgeordneten von Ow, Freudenstadt, womach die Impfung ohne polizeiliche Anordnung und unbeschadet der EntschädigunaSanspülche mit Gesetzeskraft hätte zugestanden

werden sollen, im Reichstage bei der erstmaligen Berathung des urwrünglichen Gesetzes abgelehnt worden, (cf. sten. Ber. II. Bd., S. 1052, III. Session 1880). Aus den damaligen Verhandlungen ist noch hervorzuheben: Dadurch daß dje Regierungsvorlage auf die Schutzimpfung keine Rücksicht nehme, indem sie dieselbe unter keinen Umständen polizeilich angewendet wissen, wollte, entstehe die Alternative: entweder der Bescher taffe für seine eigene Rechnung und Ge­ fahr nach wie vor impfen (eS werde dann em Theil deS VieheS nach wie vor verloren gehen, der Staat aber erspare die Kosten der Entschädigung für daS nach der Impfung noch gestorbene Vieh-, dieses Vieh sterbe für Rechnung des Besitzers, und der Staat mache dabei ein sehr gute- Geschäft auf Kosten des-

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selben, weil, wenn eine Impfung nicht vorgenommen werde und voraussichtlich mindestens ebensoviel oder noch mehr Vieh getödtet worden wäre, der Staat für alle diese Thiere Entschädigung au zahlen haben würde): oder der Besitzer verfahre anders und unterlasse, da für geimpftes Bich keine Entschädigung ge­ währt wird, die Impfung. Er werde dann allerdings durch die Störung der Wirthschaft schr großen Schaden haben, und eS werde sich also darum handeln, was im einzelnen Falle wichtiger ist: die Nachtheile, die auS der WkrthschaftSstörung entstehst^ zu ertragen und Entschädigung, die für das gefallene Bieh gezahlt wird, zu echalten, oder sich durch Impfung so gut als möglich zu schützen. Das Reich werde aber in ersterem Falle möglicher Weise den ganzen Stall bezahlen müffen. Nun habe aber der Staat auch ebenso daS Interesse, daß die Calamität so bald wie möglich gehoben werde, daß der Seuchenherd auphöre, wie jeder Besitzer; denn je länger die Krancheit im Stalle bleibe, desto länger dauere die Gefahr der Ansteckung für die Umgebung, und aus diesem Grunde sei eS wohl richtig, Anordnungen zu treffen, durch welche man so schnell wie möglich aus der Calamität herauskommen könne. (Rede des Abg. Güncher, Sachsen, vgl. sten. Ber. des Reichstags, 4. Legislaturperiode, IIL (Session 1880, S. 1052 mit S. 1063). Ein Antrag aus polizeiliche Einführung der Lungenseucheimpfung wurde damals nicht gestellt, von Seiten des RegierungsvertreterS aber der in den Motiven des Gesetzes (S. 36) niederaelegte Standpunkt festgehalten, daß kein Grund vorliege, die Impfung zu verbieten, weil die Impfung zur Verbreitung der Seuche nicht beitrage. (Bgl^ sten. Ber. a. a. O. S. 1052.) Nunmehr ist also der Standpunkt deS Gesetzes gegenüber der Lungen­ seucheimpfung ein anderer geworden. In der Novelle ist die sacultative, den Einzelstaaten überlassene Impfung bei Lungenseuche als Polizeimaßregel vor­ gesehen. Diese Maßregel würde daher, weil in derselben der partikularistische bezw. autonome Charakter der Einzelstaaten zum Ausdruck gebracht wird, nicht in die Competenz der Reichsverwaltung fallen können, selbst in jenen Fällen nicht, in welchen gemäß Art. 1, § 4 des jetzigen Gesetzes der Reichskanzler behufs Abrvendung einer allgemeinen Seuchengefahr zu einheitlicher Durchführung der Maßregeln die Regierungen der Bundesstaaten zu veranlassen hat. Die Impfung der Lungenseuche bildet daher keine souveräne, unbedingte Schutzmaßregel im Gesetze, sondem deren Statuirung als polizeiliche Maßregel ist erst von gewissen Umständen abhängig gemacht, worüber im concreten Falle lediglich die Landesgesetzgebung zu entschewen hat. ES würde z. B. auch für die Folge, rote bisher, angängig und nicht verboten sein, wenn die Biehbesitzer auS eigener Initiative und ohne polizeiliche Anordnung chre Biehstücke behufs Abwendung der Seuche der Jmpftmg unterziehen ober unterziehen lassen. Allein eS ist selbstredend, daß sie in solchen Fällen, ohne daß eine Ermächtigung zur Vornahme von Seite der zuständigen Polizeibehörde erteilt, daher die Impfung alS eine Maßregel im Sinne der Seuchentilgung gar nicht aner­ kannt worden ist, ihres Anspruches auf Entschädigung bei Schadenfällen ver­ lustig gehen. Es fehlt hiefür das maßgebende Kriterium der staatlichen Anord­ nung, die vorgenommene Impfung kann daher als eine polizeiliche Schutzmaßregel im Sinne des Gesetzes nicht gewürdigt werden, ja dieselbe könnte eher noch als eine Umgehung desselben aufgefaßt werden, da, wenn es die Noth­ wendigkeit erheischt, dieselbe von Pokizeiwegen sicherlich angeordnet worden wäre und umgekehrt, wenn diese Eventualität nicht vorgelegen hat, sogar Gründe bestanden haben können, die Maßregel außer Wirksamkeit zu setzen bezw. über­ haupt nicht zuzulafsen. Der veränderte Standpunkt der Lungenseucheimpfung gegenüber dem

97 früheren Gesetze hat seine Grundlage in den Fortschritten, welche seit der Edirung desselben in der Jmpftechnik, wie in der Gewinnung resp. Zubereitung eines geeigneten und wirksamen Impfstoffe- gemacht worden sind und worauf die seitdem erzielt« günstigeren Resultate mit derselben, von welchen auch in den Motiven zum Gesetze die Rede ist, zurückzuführen sind. Die Impfung kann sowohl alS Schutz-, BorbauungS- oder PräcautionSimpfung als in Form von Nothimpfung — ist aber in jedem Falle, wie be­ reits erwähnt, von der bisher gebräuchlichen sogenannten Impfung der Maulund Klauenseuche verschieden — ausgeführt resp, ungeordnet werden. Man nimmt die Schutzimpfung vor, um einer künftigen Gefahr der Ansteckung durch Uebertragung des JmpfftoffeS zu begegnen, also ohne daß die Seuche im Vieh­ bestände oder in der Nachbarschaft herrscht, sondern lediglich um einer eventuellen Möglichkeit, daß die Seuche einmal auSbrech« könnte, Widerstand entgegenseüen zu können. Diese Form der Impfung, welche der Kuhpockenimpfung deS Menschen entspricht, dürfte gegen die Limgenseuchekaum zur Ausführung gelangen. Die LorbauüngS- oder VräcautwnSimpfung, welche vorgenommen toto, wenn die Seuche in der Nähe des gefährdeten Territoriums herrscht, somit die Gefahr einer Invasion gegeben ist, wird die gegen Lungenseuche am meist« zu rechtfertigende Jmpfmatzregel darstellen, während die Nochimpfuna. tarnt einen nennenswert-« Erfolg gegen diese Seuche mehr erziel« wird. Bei der PräcautionSimpfuna kann eS noch geling«, die Thiere seuchenfest oder immun zu mach«, weil der JnfectionSstoff noch nicht die Bestände vor der Ausführung ergriffen hat, bei der Nochimpfuna dagegm ist der Ansteckungs­ stoff schon all«chalb« in Thätigkeit und Berbreitmtg, und kann die Ueber­ tragung deS JmpfftoffeS densäben nicht mehr paralysir«, wenn auch Reaction«

desselben an d« zu impfend« Thier« nicht zu erkenn« sind, somit dieselben als gänzlich seuchenfrei und gesund erschein« könn«. ES ließen sich geg« die eine oder die andere Form in technischer Hinsicht Bed«k« erheb«, so nam«tlich, wenn die Schutzimpfung ohne jede Seuchengefahr angewendet würde : es wird daher je nach Lage der Sache zu «tscheidm sein, ob die eine oder die andere der (nur in wissenschaftlichem Sinne von einander verschied««) Form« der Lungenseucheimpfung anzuordn« sein wird. Als stationäre Einrichtung dieselbe einzuführ«, liegt bei der bisher erprobt« Tilgung der Seuche kein Grund vor, da dieselbe niemals allgemein verbreitet, mehr localisirt ist und mit der Tödtung der Thiere der Ansteckungsstoff am ehesten und sicherst« vernichtet wird; als vorübergehende Maßregel bei drohender Gefahr oder effektivem Ausbruche wird dieselbe wohl die meiste Berechtigung hab«, und sind daher in dieser Hinsicht die jeweils von d« einzeln« Landesregierung« erlass«« VöllzügSvorfchrift« maßgebmd. Wenn man die Reichstagsverhandlung« vom Jahre 1880, 1886 und 1893 hinsichtlich der Lungenseucheimpfung vergleicht, so geht daraus hervor, daß die bisherig« Ergebnifle noch nicht hinreichend war«, um dieselbe alS eine für alle Fälle anzuordnende, obligatorische Maßregel statuiren zu könn«. Die seitdem vorgenomm«« Impfungen hatt« ja, wie die Motive auSführen, in manchen Bezirken sehr günstige Resultate aufzuweisen, allein eS stehen dies« wieder ebenso ungünstige gegenüber, und dann erfordert die Be­ handlung der geimpften Thiere große Aufmerksamkeit und die Erfüllung be­ stimmter Obliegenheiten vom Besitzer. Es wäre fraglich, ob demselben im Falle geflissentlicher Zuwiderhandlung gegen dieselb« die staatliche Entschädigung bei Verlust« zukomm« dürste, namentlich wenn der Nachweis zu erbring« ist, daß durch solches Verschuld« der Tod der geimpft« Thiere herbeheführt worden ist. Alle diese Verhältnisse war« dafür maßgebend, die Impfung geg« die Ämgenseuche in der Gesetzgebung als polizeiliche Maßregel zwar vorReuter, Deutsche Viehseuchengesetzgebung.

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rusehen, deren Ausführung aber nicht als universell, sondern von der speciellen Anordnung der einzelnen Landesregierungen abhängig zu machen. Die Ausführung der Jnchfung ist bei der Lungenseuche nach den bisher geübten Methoden verschieden. Behuf- Gewinnung deS Impf­ stoffes läßt man in der Regel ein im ersten Krankheit-stadium befindlicheThier schlachten und schneidet au- der noch frischen Lunge die erkrankten Stellen aus ; von diesen gewinnt man durch gelinde- Pressen die Lymphe, welche man zunächst gerinnen läßt und dann durch reine Leinwand fUtrirt, auch mit Chemi­ kalien u. dgl versetzt, um solche gut aufbewahren und vor Verunreinigung, Zersetz­ ung schützen und keimfrei machen zu sönnen. Das Verfahren ist in neuerer Zeit eben wegen der staatlichen Entschädigung nur in vereinzelten Fällen und nicht in ausgedehntem Maßstabe gehandhabt worden, so daß dasselbe noch keinen Maßstab dafür abgeben kann, ob solches in seiner bisherigen Ausführung allen zu stellenden Anforderungen zu entsprechen vermag. Die Impfungen werden in der Regel am Schweifende, seltener am Schweifansatze oder am Triel vorgenommen, selbst in die Blutbahn direkt, wie in die Jugularvenen, wurden solche angeblich mit Erfolg vorgenommen. Nach 1—4 Wochen entsteht an der Impfstelle eine entzündliche An­ schwellung als Reaction der Jmpflymphe, bei verunreinigter JmpsflÜssigkeit können noch weitergehende Störungen, Nekrotisirung der Schweifspitze, Blut­ vergiftung rc. eintretm. Die Manipulation darf daher nur dem Fachmanne, also dem Thierarzte, überlasten werden. Eine eigentliche Schutzimpfung, wie solche gegen den Rauschbrand, die Rothlaufseuche, Brustseuche rc. ermöglicht ist und in der Anwendung einer mitigirten Lymphe besteht, stellt die Lungenseucheimpfung zur Zett nicht vor, immerhin ist solche aber auch, wie bei der Maul- und Klauenseucheimpfung, nicht die faktische Uebertragung der Seuche, sondern e- wird durch dieselbe eine äußerliche, der Regel nach gutartig verlaufende Entzündung hervorgerufen, burch welche das Thier gegen den eigentlichen Krankheitserreger der Seuche ge­ schützt sein soll. Allein absolut ungefährlich sind derartige Lungenseucheimpfungen auch nicht; man schätzt im Durchschnitte die Todesfälle auf 1—3 Proc., dann die in Folge der Impfung entstehenden Verstümmelungen der Thiere, wie Verluste an Schweifstücken auf 5—15 Proc. Daraus geht hervor, daß das Verfahren noch sehr der Verbesserung fähig ist. Eine für die Schutzimpfung völlig entsprechende Lymphe tonnte bis­ her aus dem Grunde nicht hergestellt werden, weil es der bacteriologischen Wissenschaft noch nicht gelungen ist, den Jnfection-stoff der Lungenseuche in seinem Wesen mit unbedingter Sicherheit zu analysiren und damit auch die Be­ dingungen auszufinden, unter welchen eine Mitigimng und Einimpfung des­ selben zum Zwecke der Jmmunisirung stattzufinden hätte. Es rechtfertigt sich auf Grund dieser Thatsachen sowohl in volkswirthschastticher Hinsicht, wie besonder- auch vom Standpuntt der Wissenschaft aus die Bestimmung des Gesetzes, wornach die Anordnung der Impfung gegen die Lungenseuche nicht für alle Fälle unbedingt vorgesehen wttd. Die Landes­ regierungen werden daher je nach den Erfolgen, welche durch die Impfung er­ zielt bezw. nicht erzielt worden sind, von der Bestimmung der Anordnung in Bßerem oder geringerem Umfange Gebrauch machen oder auch solche gänzlich ren. Sollte die bacteriologische Wissenschaft, welche so bedeutende FortKritte in neuester Zett gemacht hat, auch eine für alle Fälle zuverlässige Schutzpftmg gegen die Lungenseuche erfinden, so daß dieselbe al- eine wirksame Maßregel gegen die Seuche gelten kann, so würde kein Grund vorliegen, diese vorerst mehr den Charakter einer provisorischen oder facultativen Bestimmung

99 tragenden Anordnung zu einer permanenten und obligatorischen zu gestalten. Um­ gekehrt besitzen die Landesregierungen eine Handhabe, sofern die Impfungen gegen die Lungenseuche den Erwartungen nicht entsprechen und besondere Verluste im Gefolge haben sollten, von der Anordnung derselben abzusehen, ja sogar solche gänzlich zu untersagen. Man scheint demnach bei der Gesetzgebung alle diese Verhältnisse erwogen zu haben, da die Frage der Impfung bei Lungenseuche noch mehr oder weniger eine offene ist hinsichtlich des bei der Seuchentilgung damit zu erzielenden Erfolges.

3nfltru£tione(Te Forschriften gegen öie Lungenfeuctzs Dieselben sind enthalten in den KZ 70—91 der B.R.J. § 70 bestimmt das Ermittlungsverfahren beim SeuchenauSbruch; zur Tödtungg unwichtiger Thier^an behufs ^stMlung der Semhe;

&

§72 ordnet eine allgemeine Revision sämmtlicher Rindviehbestände im Falle größerer Verbreitung der Seuche an; §73 enthält die Obliegenbeiten des beamteten Thierarztes bei der Fest­ stellung der Seuche oder deS Verdacht- aus dieselbe; §§74—76 enthalten Maßnahmen beim Verdacht auf die Seuche; §§ 77—89 Maßnahmen bei offenbarem SeuchenauSoruch; a) Publikation und Kenntlichmachung desselben am SeuchengehSfte; b) Ermittlungen des beamteten Thierarztes hinsichtlich des Bestandes an offenbar krankn und verdächtigen Thieren: c) Tödtung der kranken und verdächtigen Thiere, sowie Ermittlung der zu leistenden Entschädigung; d) Fakultative Ermächttgung au den Besitzer zum Abschlachten der frontal und verdächttgen Thiere; e) Definition der Gehöftesperre; f) Behandlung der auf polizeüiche Anordnung geimpften Thiere in gleicher Weise,' wie jene der Ansteckung verdächttgen; g) Obliegenheiten des Besitzers oder deffen Vertreters bei Verfügung der Gehöstesperre; h) Ermächtigung zur Anordnung der OrtSsperre; Definitton derselben; i) Seuchenpolizeiliche Behandlung beim AuSbruch der Krankhett unter Weide- und Transpottvieh; k) Milderung der Sperrmaßregeln in Hinsicht aus daS Schlachtvieh unter bestimmten Voraussetzungen; l) Verschärfung der Maßnahmen im Falle Übertretung derselben ; m) Maßregeln hinsichtlich der Schlachtung und der Verwerthung seuchenkranker Thiere. §90 Bestimmungen über die Ausführung der DeSinfettion Vgl. Anlage A, § 15 der Anweisung z. D.; § 91 Bestimmungen, von welchen die Aufhebung der Schutzmaßregeln abhängig ist. Bemerkt soll noch werden, daß für den Umfang deS Königreichs Bayern von der polizeilichen Anordnung der Schutzimpfung gegen die Lungenseuche bis jetzt ein Gebrauch nicht gemacht worden ist. In Preußen hingegen ist nach dem Ge­ setze vom l8. Juni 1894, Gesetzes-Sammt. S. 115 den Provinzialverbänden rc. die Befuaniß eingeräumt, nach Feststellung des Ausbruchs der Lungenseuche alle der Ansteckung ausgesetzten Thiere der Schutzimpfung zu unterwerfen.

e) POckeuseuche der Schrse. § 46.

Ist dir Pockenseuche in einer Schafherde festgestellt, so muß

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die Impfung aller zur Zeit noch

seuchenfreien

Stücke der Herde

angeordnet werden. Auf den Antrag des Besitzers der Herde oder deffen Vertreters kann für die Vornahme der Impfung eine Frist gewährt werden, wenn nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes die sofortige Impfung nicht zweckmäßig ist. Auch kaun auf den Antrag des Besitzer- oder deffen Vertreters von der Anwendung der Impfung ganz Abstand genommen werden, sofern Maßregeln getroffen sind, welche die Abschlachtung der noch seuchenfreien Stücke der Herde innerhalb 10 Tagen nach Feststellung de- SeuchenanSdruchS sichern. Erlinternnge«: 1. Die Pockenseuche der Schafe ist eine in Bayern mehr oder weniger unbekannte und äußerst selten auftretende Thierkrankheit. Der den Motiven beigegebene Bericht über die Verbreitung ansteckender Thier­ krankheiten in Deutschland in den Jahren 1868—1878 sagt: „Bayern war seit einer längeren Reihe von Jahren, namentlich auch in der Zeit von 1868—1877 von der Pockenseuche der Schafe frei geblieben. Im 4. Quartal 1878 wurde ein Ausbruch der Schafpocken in einem Gehöfte der Stadt München bei einer auS Tyrol eingeführten Herde beobachtet. Die Schutzimpfung der Lämmer ist in Bayern ebenso wenig, wie in den anderen süddeutschen Staaten her­ gebracht." 2. Die Pockenseuche der Schafe findet ihre Entstehung und Verbreitung ausschließlich durch Uebertragung des AnsteckungSstoffeS von pockenkranken auf gesunde Schafe. Der AnsteckungSstoff ist flüchtig, derselbe kann daher auch dann irekt von kranken Schafen auf gesunde übertragen werden, wenn erstere nur in die Nähe von letzteren kommen und eine gegenseitige Berührung nicht statt­ findet. Ferner kann der Ansteckungsstoff durch verschiedenartige Zwischenträger verschleppt werden, indem diese bei unmittelbarer Berührung mit kranken Schafen oder in deren Nähe den Ansteckungsstoff annehmen und denselben an entfernten Orten an gesunde Schafe wieder abaeben. Die Verschleppung des Ansteckungsstoffes wird dadurch begünstigt, daß derselbe, soserne er vor Luftzug geschützt ist, sich an den Zwischenträgern eine längere Zeit wirksam erhallen kann. Erfahrungsgemäß können namentlich Schafe, ohne selbst zu erkranken, das Pockencontagium in ihrem Wollvließ weit verschleppen und die Uebertragung der Seuche von kranken Thieren aus gesunde vermitteln. Durch einmaliges Ueberstehen der Krankheit werden die Schafe für die Lanze Dauer ihres Lebens vor einer neuen Ansteckung geschützt. Außer den Schafen können auch Ziegen von den Schafpocken befallen werden, erkranken jedoch in der Regel nur leicht. Auf andere Thiergattungen geht die Krankheit freiwillig nicht über. Die ersten Symptome der Krankheit zeigen sich in der Regel nach 4 bis 7 Tagen, zuweilen aber noch später nach der Aufnahme deS AnsteckungSstoffeS. Die Kranheit endet bei der Mehrzahl der Schafe mit Genesung nach einer Dauer von ungefähr 3 Wochen. Bei gutem Verlaufe der Seuche beträgt der Verlust im Durchschnitt etwa 10 Prozent der erkrankten Thiere, bei wenigex gutem Verlaufe können 20 Prozent oder mehr und unter ungünstigen Verhältniffen kann der größte Theil der Herde der Krankheit erliegen. Die Verbreitung der Seuche unter den Schafen einer Herde ist in der ersten Zett nach der Einschleppung gewöhnlich eine langsame, später, wenn erst ein gewisser Theil der Herde erkrankt ist, geht die Verbreitung schneller vor fich,

101 namentlich in Herden, die im Stalle gehalten werden. Unter einer Herde, welche die Weide besucht, verbreitet die Pockenkrankheit sich langsamer, so daß unter Umständen mehrere Monate vergehen, bis nach und nach sämmtliche Thiere einer grötzeren Herde besallen sind. Die ersten Krankheitsfälle unter einer Herde verlausen der Regel nach gutartig; in dem Matze als die Krankheit sich unter der Herde schneller auSbreitet und die Zahl der kranken Thiere zunimmt, tritt die Krankheit auch bei den einzelnen Thieren heftiger auf. Anders gestaltet sich der Verlauf der Seuche, wenn nach deren Ausbruch die Nothimpfung, d. L die Impfung aller noch pockenfreien Schafe der be­ treffenden Herde vorgenommen wird. Durch die gleichzeitige Infektion der Schafe wird die Dauer der Seuche erheblich abgekürzt. Ausserdem wird durch die Impfung aber auch der Verlauf der KranHeit bedeutend gemlldert, da bei ge­ impften Schafen gewöhnlich nur eine Pocke oder doch nur eine beschränkte Zahl von Pocken entsteht. Je zeitiger nach dem AuShruch der Seuche die RothLmpfung vorgenommen wird, um so günstiger ist oer Verlauf; bei denjenigen Thieren, die bereits auf natürlichem Wege (durch flüchtiges Contagium) infizirt sind, kann auch durch die Impfung der Ausbruch der natürlichen Pocken nicht verhindert werden. ES ist daher der Verlauf der Seuche in der ftegel noch günstiger, als bei der Nothimpfung, wenn die Impfung schon vor dem Ausbruch der Seuche bei unmittelbar drohender Gefahr einer Verschleppung der Seuche aus benachbarten pockenkranken Schafherden ausgeführt wird (PräkautionSimpfuna). AlS Borbauungsmittel gegen die Pocken hat man die Impfung der Lämmer mit Lymphe, die aus natürlichen Pocken stammt, eingeführt. Diese so{genannte Schutzimpfung wurde früher vielfach empfohlen, weil die Sachbertändigen der Ansicht waren, datz die Pocken auch anders als aus Ansteckung entstehen, namentlich durch allgemein verbreitete Schädlichkeiten (Klima il s. w.) verursacht werden könnten und deshalb in gewiffen Bezirken ein nothwendigeÜebel seien. In der That ist auch da, wo die Schutzimpfung üblich ist, die Pockenseuche stationär. Diese Erscheinung ist aber nach der heuttgen Ansicht der Sachverständigen einzig und allein darauf zurückzuführen, datz durch die all­ jährlich wiederholte Impfung der Lämmer der Ansteckungsstoff künstlich sortgerüchtet und die Seuche immer wieder hervorgerusen wird. Die Erfahrung lehrt, datz in den betreffenden Gegenden in der Regel auf die Jmpspockenkrankhett der Lämmer der Ausbruch der natürlichen Pocken in anderen, der Schutzimpfung nicht unterworfenen Herden folgt. Die bei der Schutzimpfung entstehenden Pocken stimmen im wesentlichen Mit den natürlichen Pocken überein und erzeugen wie diese ein flüchtiges Con­ tagium, welches bei den dafür empfänglichst (früher noch nicht durchgeseuchten) Schafen die natürlichen Pocken hervorrust. Das Contagium der Jmpfpocken kann von den geimpften Schafen, sowohl unmittelbar auf gesunde Schafe über­ tragen, als auch durch Zwischenträger verschleppt werden. ErfahrungSmätzig wird die Verschleppung deS Ansteckungsstoffes oft durch solche Schafe bewirkt, die mit den geimpften Lämmern in Berührung kommen, aber selbst nicht er­ kranken, weil sie alS Lämmer ebenfalls geimpft sind. Hiernach ist eS für zweckmässig zu erachten, beim Ausbruche derPockenfeuche in eine Schafherde die Nothimpfung der Schafe anzuordnen, wenn eine ausreichende Abschlietzung der Herde nicht durchzuführen ist oder Rücksichten vor­ liegen, die eine Einwirkung aus schnelles Erlöschen der Seuche angezeigt er­ scheinen lassen. Denn durch die Nothimpfung wird die Seuche in verhältnissmätzig kurzer Zeit getilgt und daher die Gefahr der Verschleppung vermindert, während gleichzeitig die Verluste geringer sind, als bei der einfachen Durch-

102 seuchung der Herde. Die Impfung liegt daher auch im eigenen ökonomischen Interesse des Besitzers der verseuchten Herde. Aus densewen Gründen kann

auch die polizeiliche Anordnung der Präkautionsimpfung geboten erscheinen, wenn nach den örtlichen Berhältnisfen die Gefahr der Verschleppung der Seuche von pockenkranken Herden nicht auszuschlietzen ist. en ist die Schutzimpfung im Jnteresie der Tilgung der Seuche n, weil dadurch eine fortdauernde Gefahr der Verseuchung für Herden, die der Impfung nicht unterworfen worden, unterhalten wird. Gefahr besteht nicht nur für die Herden in denjenigen Bezirken, in welchen die Schutzimpfung vorgenommen wird, sondern auch für die Herden entfernter Be­ zirke und zwar um so mehr, als gerade da am meisten geimpft wird, wo Schafe fiir den Export in andere Bezirke, beziehentlich in andere Staaten gezüchtet werden. Bei den jetzigen Berkehrsverhältnissen kann erfahrungsgemäß die Berschleppung der Seuche auf weite Entfernungen stattfinden. Wird die Schutz­ impfung in allen Bundesstaaten gleichzeitig unterdrückt und gegen die Ver­ schleppung der etwa ausbrechenden natürlichen Pockenseuche überall gleich energisch eingeschritten, so fällt der für Beibehaltung der Impfung bisher geltend ge­ machte Grund weg. Zwar kann auch nach der allgemeinen Unterdrückung der Schutzimpfung, infolge von Einschleppungen aus dem Auslande, die Seuche noch hie oder da zum Ausbruch kommen, dieselbe ist dann jedoch durch geeignete Maßregeln zu lokalisiren und bei rechtzeitiger Ausführung der Nothimpsung find auch die durch die natürlichen Pocken verursachten Verluste nicht so er­ heblich, daß deshalb die Beibehaltung der Schutzimpfung nothwendig erscheinen sonnte. Dazu kommt, daß, wenn bei letzterer die Verluste auch meist nur ge­ ring find, doch die Entwickelung der Lämmer durch die Impfung allemal mehr oder weniger beeinträchtigt wird und die alljährlich nothwendig werdende Ab­ sperrung der Herde ganz erhebliche wirthschaftliche Störungen verursacht. (Mot. z. R.S.G. S. 36 u. ff.) 3. Der §46 lautete nach dem Entwürfe: „Wenn die Pockenseuche in einer Schafherde festgestellt und eine ausreichende Abschließung derselben nicht durchznführen ist oder besondere Rücksichten vorliegen, welche eine raschere Endschaft der Seuche im öffentlichen Interesse erscheinen lassen, so muß der Besitzer der Herde zur Impfung aller zur Zeit noch seuchenfreien Stücke angehalten werden." (Vgl. Reichstags-Drucksachen 4. Legisl.-Periode, III. Session 1880, Nr. 60, S. 11.)

Ä

8 47. Gewinnt die Seuche eine größere Ausdehnung oder ist nach den örtlichen Verhältnissen die Gefahr einer Verschleppung der Seuche in die benachbarten Schafherden nicht auszuschließen, so kann die Impfung der von der Seuche bedrohten Herden und aller in dem­ selben Orte befindlichen Schafe polizeilich angeordnet werden.

Erliutermlge»: 1. Hier ist die Anordnung der Impfung dem Ermessen der Polizeibehörde anheimgestellt. Die Maßregel erscheint im Gegensatz zu § 46 als eine fakultative, von der Gebrauch gemacht werden kann, wenn eS für noth­ wendig erachtet wird, während in den Bestimmungen des §46 die Jmpfmastregel den Charakter einer obligatorischen hat. Bgl. auch § 45 Abs. 2 und die Erläuterungen hiezu. 8 48. Die geimpften Schafe find rücksichtlich der polizeilichen Schutz­ maßregeln den pockenkranken gleich zu behandeln.

Diese

103

§ 49. Außer in dem Falle polizeilicher Anordnung (§§ 46 und 47) darf eine Pockenimpfung der Schafe nicht vorgenommen werden. (Mätttrrttngm: 1. Die Bornahme der Impfung ist bei der Pockenjeuche stets von einer polizeilichen Anordnung abhängig. Dieselbe stellt eine obli­ gatorische (§ 46) oder eine fakultative Schutzmaßregel dar (§ 47). Die eigen­ mächtige Vornahme ohne eine der beiden Voraussetzungen zieht gemäß § 65 Ziff. 6 Bestrafung nach sich. Anders sind in dieser Hinsicht die Verhältnisse bei der Lungenseuche und der Maul- und Klauenseuche gelagert. Vgl. die Er» läuterungen zu § 44a und § 45. 2. Aie mphrußtionefTen Worfchriften

sind enthalten in den §§ 92—109 der B.R.J.; dieselben beziehen sich in dem § 92 auf die anläßlich des Verdachtes der Seuche oder der Ansteckung zu ergreifenden Maßnahmen, in den §§ 93 bis 106 auf jäte anläßlich des offenbaren Seuchenausbruches, in § 107 auf die Ausführung der Desinfektion und in §§ 108 und 109 auf die Art und Weise, wornach die Aufhebung der Schutzmaßregeln zu erfolgen hat.

f) veschalseuche der Pferde und BlttchenruSschlaß der Pferde und des Rindviehs. § 50.

Pferde, welche an der Beschälseuche, und Pferde oder Rind­ viehstücke, welche an dem MäschenauSschlage der Geschlechtstheile leiden, dürfen von dem Besitzer so lange nicht.zur Begattung zugelassen werden, als nicht durch den beamteten Thierarzt die voll­ ständige Heilung und Unverdächtigkeit der Thiere festgestellt ist. Erli»teru»-e«: 1. Die Beschälseuche der Pferde kommt nur bei den zur Zucht verwendeten Pferden vor und verbreitet sich gelegentlich der Paar­ ung durch Ansteckung. Dieselbe hat einen schleichenden Verlauf und kann Monate und Jahre hindurch fortbestehen. Sie ist charakterisirt durch entzünd­ liche Schwellung, durch Bildung von Bläschen und Geschwüren an den GeschlechtStheilen. Im weiteren Verlause stellen sich Anschwellungen in der Haut, Lähmung einzelner Körpertheile, namentlich des HintertheileS ein, und nicht selten ge$en die Thiere unter diesen Zufällen nach langer Krankheit durch Er­ schöpfung zu Grunde. Der beim Pferde, sowie beim Rinde vorkommende BläSchenausschlag der Geschlechtstheile, welcher früher für eine gutartige Form ber Beschälseuche ge­ halten wurde, aber nach der neueren Erfahrung zweifellos von letzterer Krank­ heit wesentlich verschieden ist, hat eine Dauer von 2—4 Wochen und endet fast immer mir Genesung. Der Ausschlag ist ansteckend und wird gelegentlich der Paarung der Thiere verbreitet. Da beide genannte Krankheiten sich durch den Akt der Begattung ver­ breiten, so ist die Ausschließung der mit der einen oder der anderen behafteten Thiere von der Begattung geboten. Bei der Gefährlichkeit der Beschälseuche und mit Rücksicht darauf, oaß diese Krankheit in den ersten Stadien leicht übersehen werden kann, ist eS im Falle ihrer weiteren Verbreitung in einem Bezirke nothwendig, die Zulaffung der Pferde zur Begattung von einer zu-

104 vorigen Untersuchung derselben durch machen. (Mot. z. R.SG. S. 38).

den beamteten Thierarzt

abhängig

zu

§ 51.

Tritt die Beschälseuche in einem Bezirk in größerer Aus­ dehnung auf, so kann die Zulassung der Pferde zur Begattung für die Dauer der Gefahr allgemein von einer vorgängigen Untersuchung derselben durch den beamteten Thierarzt abhängig gemacht werden. Erlinternnge«: 1. Die Anordnung zu einer solchen Untersuchung wird durch die zuständige Polizeibehörde, nämlich durch die k. Kreisregierung, in Preußen durch den Regierungspräsidenten erlassen. Bgl. § 7, Ziff. 2 der B.A.Ä. 2. Die Bundesrathsinstruktion enthält in den §§ 110—116 Vor­ schriften gegenüber der Beschälseuche der Pferde und zwar: in §110 daS Ermittlungsverfahren nach erfolgter Constatirung des SeuchenauSbruchS; in §111 die Bestimmung hinsichtlich der öffentlichen Bekanntmachung des SeuchenausbrucheS; die §§112 und 113 enthalten die Bestimmungen hinsichtlich der Be­ schränkung in der Benutzung der kranken und verdächtigen Thiere; die §§114 und 115 handeln von der Wiederaushebung der Schntzmaßregeln und der § 116 verlangt die öffentliche Bekanntgabe deS Erlöschens der Krankheit. 3. Gegenüber dem BlüSchenauSschlag der Pferde und deS Rindviehes enthält die BundesrachSinstruktion Bestimmungen über Aus­ schluß der kranken Thiere von der Begattung, vom Verbot des Wechsels im Standorte oder Gehöfte (§ 117), dann über Ermittelungen Seitens der Polizei­ behörden und deS beamteten Thierarztes hinsichtlich der Bewegung der Seuche (§118 der B.R J.) und über die Wiederaufhebung der Schutzmaßregeln (§ 119 der B.R.J.). Bei der Beschälseuche und dem BläSchenausschlag bebaq eS keiner Desinfektion. (§ 17 d. A. f. D.).

g) «Luve der Pferde, Esel, Nanlthiere, Maulesel und der Schafe. 8 52.

Wird die Räudekrankheit bei Pferden, Eseln, Maulthiereu, Mauleseln (Sarcoptes- oder dermatocoptes Räude) oder Schafen (dermatocoptes Räude) festgestellt, so kann der Besitzer, wenn er nicht die Tödtung der räudekranken Thiere vorzieht, angehalten werden, dieselben sofort dem Heilverfahren eines approbirten Thier­ arztes zu unterwerfen. Erläateranße«: 1. Die Räude ist eine AuSschlagSkrankhett, welche durch die Ansiedelung von bestimmten Schrnaroverthieren (Milben) auf der Haut verursacht wird. Anders entsteht die Räude niemals, und da die Milben nur ouS geschlechtlicher Zeugung hervorgehen, so erfolgt die Verbreitung der Räude ausschließlich durch unmittelbare oder mittelbare Übertragung der Milben von ranken Thieren auf gesunde.

Bei Pferden kommen drei verschiedene Arten von Milben auf der Haut vor. Zwei Arten (Sarcoptes und Dermatocoptes) siedeln sich gewöhnlich am Kopfe oder am Rumpfe an und erzeugen einen sich allmählich über den ganzen

105 Körper ausbreitenden Ausschlag; die dritte Att (Dermatophagus) hält sich an den unteren Theilen der Beine auf und verursacht die sogenannte Fußräude. Da diese nur eine begrenzte, unbedeutende Krankheit der Haut an den Füßen darstellt, die Verwatoptragus-Milben auch nicht leicht von einem Pferde aus ein anderes Überttagen werden, so wird eS nicht erforderlich sein, polizeiliche Maßregeln zur Unterdrückung der Krankheit in Anwendung zu bringen. Der­ gleichen Maßnahmen werden vielmehr nur gegen den durch Sarcoptes- oder Deraatocoptes-SJM&en verursachten Ausschlag in Anwendung kommen. Die Lareoptes-Milbe des PferdeS geht auch auf Menschen über und erzeugt bei diesen ebenfalls einen Ausschlag.

Bei Schafen kommen zwei Atten von Milben vor. DaS Gesetz hat nur die eigentliche Schafräude im Auge, welche ihren Sitz an-den bewollten-KSrvercheilen hat und durch eine Dermatocoptes-Wl&e verursacht wird. Außerdem ist in neuerer Zeit bei Schafen ein durch eine Zarcoptes-Milbe verursachter AuSschlag beobachtet worden, besten Sitz sich auf die behaarten Körperteile (Gesicht und Beine) beschränkt. Derselbe ist bei unseren einheimischen Schaft» nur sehr schwer übertragbar und seine Tilgung -erfordert polizeiliche Maßregeln nicht. Die Räude hat bei Pferden, sowie bei Schafen stets einen sehr lang­ samen Verlaus und kann bei einem Thiere Jahre hindurch dauern. Ohne Kunst­ hilfe heilt die Müde nicht. Mrd das räudekrarcke Thier einem Heilverfahren nicht unterworfen, so führt die Krankheit nach längerem Bestehen zur Abmagerung und Entkräftung, bei Schafen zum Verlust der Bolle und schließlich durch Ab­ magerung zum Tode. ES liegt daher im Interesse sowohl deS Besitzers bcr xäuoekranken Schaft als auch der Seuchenttlgung im allgemeinen, daß die Krankheit in jedem Falle möglichst bald geheilt werde.

In manchen Bezirken herrscht die Räude der Schafe seit langer Zeit un­ unterbrochen. Sie wird daselbst durch eine von den Schäsem auSgefühtte fort­ währende Behandlung der auffallend erkrankten Thiere (Schmierkur) niederaehalten, aber nicht vollständig getilgt. Die gründliche Heilung gelingt nur bei einer rationellen Behandlung. Um dieselbe zu sichem, ist eS nothwendig,, die räude­ kranken Schafe dem Heilverfahren eines approbitten ThierarzteS zu unterwerfen. Damit ist jedoch nicht auSaefchlosten, daß, wenn aus bestimmten Gründen — z. B. wegen ungünstiger Bitterung, öder kurz vor der Schur, oder weil die Schafe hochtragend sind, — eine Radikalkur nicht sofort nach dem AuSbruch der Seuche vorgenommen werden kann, die Applikation der Mittel bei dem vor­ läufigen Heilverfahren unter Anleitung und Controlle eines approbirten Thier­

arztes von einer andern Person bewirkt wird. 2.

(Mot. z. R.S-G. S. 39 ff.)

Aie instruKtioneUerr Forschriften,

wie solche in den §§120—132 enthalten sind, beziehen sich:

1) Auf die öffentliche Bekanntmachung des AuSbruchS der Seuche § 120 der Jnstr. 2) Auf daS Heilverfahren, Verfügungen der Polizeibehörde an den Be­ sitzer der erkrankten Pferde und Schafe § 121 der B.R.J. 3) Auf die Fristbestimmung für daS Heilverfahren, Stallsperre § 122 der Jnstr. 4) Auf die gleichzeitige Ausführung deS Heilverfahrens bei allgemeiner Verbreitung § 123 der Jnstr. 5) Auf die Verkehrs- und Nutzungsbeschränkungen § 125 der Jnstr. 6) Auf die sofortige Abschlachtung der zu einer räudekranken Herde gehörigen Schafe § 126 der Jnstr.

106

7) Aus die Maßregeln in Betreff der auf bem Transporte oder in Gast­ ställen befindlichen Pferde oder Schafherden, § 127 der Jnstr. 8) Auf den Wollverschleiß räudekranker Schafe § 128 der Jnstr. 9) Auf die Desinfektion der Stallungen § 129 der Jnstr. Die Spezial­ vorschrift hiezu ist enthalten in §18 der Anlage A der Anweisung deS Des­ infektionsverfahrens bei ansteckenden Krankheiten der Hausthiere. 10) Auf die Aufhebung der Schutzmaßregeln §§ 130 und 131 der Jnstr. 11) Auf die Ausdehnung der Bestimmungen in den §§ 120—131 der Instruktion aus Esel, Maulesel und Maulthiere § 132 der Jnstr.

S. Besondere Vorschriften ffir Kchinchtviehhofe mrd -ffentitche Kchiachthonser. § 53. Auf die einer geregelten veterinärpolizeilichen Kontrole unter­ stellten Schlachlviehhöfe und öffentlichen Schlachthäuser und das daselbst aufgestellte Schlachtvieh finden die vorstehenden Bestimmungen dieses Gesetzes mit denjenigen Aenderungen Anwendung, welche sich aus den nachfolgenden besonderen Vorschriften ergeben. ErlLuternn-e»: 1. Die §§ 53—56 berücksichtigen die besonderen Ver­ hältnisse der Schlachtviehhöfe und öffentlichen Schlachthäuser, durch welche bei den heutigen Verhältnissen deS Biehhandels die Verbreitung von Seuchen vor­ zugsweise vermittelt wird. Es werden dahin Thiere aus den verschiedensten Gegenden zusammengebracht und demnächst zum Theil wieder nach weit sich erstreckenden Msatzgebieten ausgefiihrt. Es bedarf der Anwendung der energischsten Schutzmaßregeln, damit jene Zentralpunkte des Biehhandels die Eigenschaft gefährlicher Vermittler der Seuchenverbreitung nicht ferner bewahren. (Mot. z. R.S.G. S. 40). 2. Unter einer geregelten veterinärpolizeilichen Conttolle ist nach § 17 des abgeänderten RSG. und Art. 1 der Novelle zu diesem Gesetze eine poli­ zeiliche Conttolle zu verstehen, welche unter Mitwirkung eines beamteten Thier­ arztes im Sinne des § 2 Abs. 3 des R S G. erfolgt. Diese polizeiliche bezw. amtlich thierärztliche Conttolle soll nunmehr nach dem Gesetze (§17) aus alle öffentlichen Schlachthäuser und kann auch auf private Schlachthäuser ausgedehnt werden. Bei letzteren ist es ftaglich, ob die Bestimmungen des § 53, sowie der §§ 54, 55 u. 56 des Gesetzes auch hier Platz greisen, weil dasselbe nur die öffentlichen Schlachthäuser im Äuge hat. Zur Zeit der Herausgabe des R.S.G. vom 23. Juni 1880 waren im deutschen Reiche hauptsächlich nur die öffentlichen Schlachthäuser einer geregelten und ständigeil veterinärpolizeilichen Conttolle unterstellt und selbst diese nur zum geringsten Theile, weil nur in einem Theile von Deutschland die Ausübung der Fleischbeschau obligatorisch war oder von Thierärzten ausgeübt wurde. Nunmehr ist dieses Verhältniß anders geworden; die Bedeutung der Fleischbeschau als polizeiliche und hygienische Maßregel und deren Bethätigung durch Techniker wurde immer mehr erkannt und so kam es, daß allmählich fast alle öffentlichen Schlachthäuser und Schlacht­ viehhöfe in den größeren und kleineren Städten einer geregelten veterinärpolizeilichen Conttolle unterstellt worden sind und daß dieselbe in manchen deutschen Bundesstaaten, so z. B. in Bayern auch vielfach auf die privaten Schlachthäuser ausgedehnt worden ist. Wenn daher schlechtweg die privaten Schlachthäuser als solche nicht unter den §53 u. f. fallen können, so wären doch andrerseits dieselben den öffentlichen im Sinne dieses § gleich zu erachten, wenn dieselben

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einer geregelten veterinärpolizeilichen, (jerabe wie die öffentlichen, unterstellt sind. In letzterem Falle sind sie nämlich dann von den öffentlichen Schlacht­ häusern in Bezug auf veterinärpolizeiliche Beaufsichtigung, welche doch allein das exceptionelle Kriterium für die Handhabung der Seuchenpolizei bildet, nicht mehr verschieden und dürfte dann Veranlassung bestehen, auf dieselben auch die Bestimmungen der §§ 53—56 auszudehnen. Fehlt die geregelte vetermärpoliK*Ijr)e Controlle bei den privaten Schlachthäusern — bei den öffentlichen soll ja in Zukunft allenthalben eintreten —, dann können selbstredend die er­ wähnten Bestimmungen, wie solche für Schlachwiehhöfe und öffentliche Schlacht­ häuser vorgesehen sind, nicht Platz greifen und hat es dann bei den allge­ mein maßgebenden Vorschriften des R.SG. sein Bewenden. Die Bestimmungen des § 53 sollen auf das in den Schlachtviehhöfen und öffentlichen Schlachthäusern aufgestellte Schlachtvieh, im Gegensatze zu dem allenfalls hier aufgestellten Nutz- oder Zuchtvieh, welche- bei seiner zu­ fälligen Anwesenheit in Seuchenfällen den Bestimmungen der B-R.J. zu unterwerfen sein dürfte, Anwendung finden. 3. Oessentliche Schlachthäuser bezw. Schlacht-und Biehhöfe bestehen in Bayern zu: Amberg, AnSbach, Aschafferckurg, Auerbach, Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Berchtesgaden, Bergzabern, Burghausen, Bürkenau, Deggendorf, Dettelbach, Dinkelsbühl, Dürkhenn, Eichstätt, Erding, Erlangen, Feuchtwangen, Forchheim, Frankenthal, Fürth, Füffen, GermerSheim, Günzburg, Hof, Homburg, Ichenhausen, Jngenheim, Ingolstadt, Kaiserslautern, Kaufbeuren, Kempten, Kissingen, Ätzingen, Sraiburg, Kronach, Krumbach, Kulmbach, Lamprecht,

Landaui/Pf., Land-Hut, Laufen, Lauingen, Lindau, Lohr, Ludwig-Hafen, Markt­ brett, Memmingen, Miltenbergs Mindelheim, Mühldorf, Münchberg, München, Murnau, Nabburg, Naila, Neuburg a/D., Neustadt a/H., Neustadt a/S., NeuMm, Nördlingen, Nürnberg, Oggersheim, Pappenheim, Paffau,Pfaffschofeua/Jlm, Pfreimt, Pirmasens, Pöhl, Regensburg, Rehau, Reichenhall, Rosenheim, Rothen­ burg a/T-, Rülzheim, Schwabach, Schweinfurt, Selb, Speyer, Stadtauchof, St. Ingbert, Straubing, Tölz, Wasserburg, Weilheim, Weißenburg a/S-, Weißenhorn, Wunsiedel, Würzburg, Zweibrücken. Die Zahl- der öffentlichen Einrichtungen für Schlachtzwecke beträat somit in Bayern zur Zeit 91. In »Deutschland werden sich nunmehr gegen 600 öffentliche Schlachthäuser den, eine Zahl, welche indeß in steter Vermehrung begriffen ist.

8 54. Wird unter dem daselbst aufgestellten Schlachtvieh der Aus­ bruch eikrr übertragbaren Seuche ermittelt, oder zeigen sich Er­ scheinungen bei demselben, welche nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes den Ausbruch einer solchen Seuche befürchten lassen, so find die erkrankten und alle verdächtigen Thiere sofort in polizeiliche Verwahrung zu nehmen nnd von jeder Berührung mit den Ärigen auszuschließen. 1. Die polizeiliche, abgesonderte Verwahrung und, soweit eS die Natur der Krankheit gestattet, die sofortige Abschlachtung der erkrankten und verdächtigen Thiere, welche die §§54 und 55 vorsehen, sind die sich zu­ nächst bietenden Schutzmittel. (Mot. z. R.S.G.). Diese Maßregel wird von derjenigen Behörde (Distriktspolizeibehörde, unmittelbarer Magistrat) vollzogen bezw. angeordnet, welcher die unmittelbare veterinärpolizeiliche Beaufsichtigung der betreffenden Räumlichkett obliegt.

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2. Bezüglich der polizeilichen Verwahrung und Absonderung in den Räumlichkeiten deS Schlachwiehhoses werden die Bestimmungen deS § 19 deS R.S G. (vgl. dieselben) sinngemäße Anwendung zu finden haben.

8 55. Soweit die Art der Krankheit es gestattet (vergl. §§ 31, 36, 43), kann der Besitzer deS erkrankten oder verdächtigen Schlachtvieh­ oder dessen Vertreter angehalten werden, die sofortige Abschlachtung desselben unter Aufsicht deS beamteten Thierarztes in den dazu bestimmten Räumen vorzunehmen. Diese Maßregel kann in dringenden Fällen auf alles andere, in der betreffenden Räumlichkeit vorhandene, für die Seuche em­ pfängliche Schlachtvieh ausgedehnt werden.

Erliiuteruußeu: 1. Die Anordnung der Abschlachlung richtet sich auch nach den §§31,36,43 d. h. den Maßregun gegen Milzbrand, Tollwuth und Rotz. In denjenigen Fällen, in welchen Dort die Schlachtung und Verwerthung der Thiere wegen der für Menschen und andere Thiere zu befürchtenden Ge­ fahren verboten ist, darf auch bei dem aufgestellten Schlachtvieh die Schlacht­ ung nicht angeordnet werden. Ferner werden auch bis zu einem gewissen Grade die Jntereffen des Besitzers in Betracht zu kommen haben. Wenn eine weniger ansteckende, mehr gutartige Seuche vorliegt, und die Absonderung zur Verhütung der Weiterverbreitung hmreicht, so könnte auf Antrag des Besitzers diesem Ansinnen entsprochen und von der Schlachtung Umgang genommen werden, so z. B. bei BläSchenausschlag. Andrerseits sieht der Abs. 2 die Maßregel der Abschlachlung nicht bloS für erkrankte und verdächtige, sondern auch für gesunde Thiere, welche für die im Rayon des SchlachtviehhofeS ausgetretene Seuche empfänglich sind, vor und zwar für jene Fälle, in welchen eS sich um sehr ansteckende Seuchen (Maul- und Klauen­ seuche, Lungenseuche rc.) handelt und ohne Abschlachtung aus eine große Ver­ breitung der Seuche außerhalb dem Bereiche der Räumlichkeit zu rechnen wäre. 2. Nach §62 deS R.S.G. und Art. 2 des BAG., sowie Art. 4 deS bayer. Ges betr. Entschädigung für Biehverluste in Folge von Milzbrand, mit welchem auch der Rauschbrand und die Wildseuche gleich behandelt wird, wird für daS in Schlachtviehhöfen oder in öffentlichen Schlachthäusern aufgestellte Schlachtvieh eine staatliche Entschädigung nicht gewährt. § 56.

Nach Feststellung des Seuchenausbruchs können Schlachtviehhöfe oder öffentliche Schlachthäuser für die Dauer der Seuchen­ gefahr gegen den Abtrieb der für die Seuche empfänglichen Thieri abgesperrt werden. Strengere Absperrungsmaßregeln dürfen nur in dringenden Fällen angewendet werden. Erlinternnge»: 1. Nicht minder wichtig, als die Bestimmung der §§ 54 und 55 ist im Falle der Seuchengefahr die sofortige Sistiruna deS Ab­ triebes der für die Seuche empfänglichen Thiere, weil durch den Abtrieb infizirter Thiere Seuchen rasch eine große Verbreitung gewinnen können. Dem­ entsprechend ermächtigt der §56 deS R.S G die AussichtSbrhörde, Schlachtvieh­ höfe und öffentliche Schlachthäuser nach Feststellung deS SeuchenauSbruchS so?

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fort gegen den Abtrieb der zur Aufnahme deS Ansteckungsstoffes geeigneten Thiere abzusperren und zwar für die ganze Dauer der Seuchengefahr. DaS Verbot deS Zutriebs wird namentlich für solche Schlachtviehhöfe, auf welche große Städte und dicht bevölkerte Distrikte mit ihren Bedürfnissen nach Fleischnahrung angewiesen sind, nur in den allerdringendsten Fällen zu verfügen sein. (Mot. z. R.S.G. S. 40). 2. Der Abs.2 des Gesetzes rechtfertigt strengere AbsperrungSmaßregeln, welche sich auch aus den Zutrieb zu beziehen hätten, nach den Motiven nur insoweit, daß solche mit den volkswirthschastlichen Interessen, der allgemeinen Fleischernährung nicht zu sehr in Eollision gerathen und letztere nicht gefährd«». ES wird daher, wenn oftmals auch der Zuttieb auS seuchenpolizeilichen Gründen abgesperrt werden muß, solche Maßregel doch nicht auf zu lange Zeit ausge­ dehnt werden dürfen, insoferne dadurch die gedachte Befürchttmg der trSchtigung des KleischconsumS in empfindlicher Weise eintreten könnte.

Beem-

für Oder «Och UOrWOtz«O r6, 152 bei der Pockenseuche..................................................................................... 194 bei der Räude................................................................................................. 200 beim Rauschbrand s. Milzbrand, beim Rotz .......................................................................................................... 80 bei der Tollwuth ....................................................................................... 160 bei der Wildseuche s. Milzbrand. s. auch Abhäutung. Hautrotz, Hautwurm, Kennzeichen desselben.............................................. 263 Verlauf und Ausgang der Krankheit .......................................................... 265 Heilverfahren, Beschränkung desselben................................................... 53 Anordnung desselben bei der Räude . . . . '............................ 104 bei der Tollwuth .... -....................................................... 73, 159 Bessen, Großherzogthum, Anzeigepflicht für die Schweineseuchen ... 26 ilfeleistung der Behörden der Bundesstaaten untereinander ... 20 Hörner seuchekranker Thiere, deren unschädliche Beseitigung .... 56 Hunde, Festlegung bei Wuthgefahr..................................................... 71, 75, 157 Nichtentfchädigung im TödtungSsalle............................................... 120, 121 verbot-mäßige- Umherlaufen derselben . . . . . •. . . 49, 75 Verwendung von Vieh-, Jagd-, Fleischer- und Hirtenhuvden bei der Festlegung............................................................................................. 157 Hundswuth, s. Tollwuth. I.

Jagdhunde, Verwendung derselben..................................................................... 157 Impfung als Schutzmaßregel überhaupt . ......................................... 53, 54 Begriff der Jmpsturg (Präcautions-, Schutz- und Nothimpfung) . 97 Beschränkung derselben . . . ..................................................................53 Entschädigung für die an derselben eingegangenen Thiere . . 53, 54

361 Seite

gegen die Lungenseuche 54, 91, 187 gegen die Maul- und Klauenseuche 82, 85 gegen die Pockenseuche 99—103, 193, 194 gegen den Rauschbrand 329 gegen die Rothlausseuche der Schweine . 345 Kosten derselben 331 in Preußen 304 Technik derselben 98 Verbot der Privat-Jmpfung der Schafe 103, 194 Influenza j Brustseuche, Rothlausseuche und Stalma) der Pferde . . 334 Arueigepflicht 26 Bekanntgabe des Seuchenausbruches 26 Belehrung über die Seuche 334 Desinfektton 389 Erscheinungen 334 Jukubationsdauer ............................................................. 388—339 Borbeugemaßrrgeln 339—840 Instruktion des Bmrdesraths zum Viehseuchengesetz ..... 145 Bollzugsinstruktionen zum Biehseuchenübereinüimmen mit Oester­ reich-Ungarn 316 Instrumente, deren Desinfektion 208 Jute-Gegenstände, deren Desinfektion 207, 208

Aadaver, Anzeigepflicht der mit der Verarbeitung beschäftigten Personmi 22 .' . 214-224 Oeffnung oer Kadaver im Allgemeinen ... . . 224—228 bei den einzelnen Seuchen Verbot derselben bei Milzbrand.............................. . 66, 150, 152 Tollwuth 3, 75, 159, 160 unschädliche Beseitigung derselben 56 desgleichen von deren Abfälle 56 der Lungen bei Lungenseuche........................ 189 bei Milzbrand (Rauschbrand und der Wildseuche) 66 beim Rotz 80, 163 342 bei der Schweinepest . » bei der Schweineseuche 347 bei der Tollwuth 75 Kosten der unschädlichen Beseitigung .... 241 Strafbestimmungen wegen Zuwiderhandlung 125 Vernichtung der Kadaver aus thermotechnischem u. thermischem Wege 56 Kalk, Verwendung zur Desinfektion 204 Kantonnement, Benachrichtigung von Seuchenausbrüchen zwischen Militär- und Polizeibehörden 16 Karbolsäure, Verwendung zur Desinfektion . 204 Karbunkelkrankheit 280, 321 Katzen, Tödtung bei Wuthverdacht .... 71, 73 Wegfall der Entschädigung 120, ‘ 231 Klauen seuchekranker Thiere, deren Beseitigung 56 Klauenseuche s. Maul- und Klauenseuche. Kleidungsstücke, deren Desinfektion 57, 176, 207 Kommissar, Ernennung für die Leitung des Verfahrens 14 desgleichen durch den Reichskanzler 17

362 Seite Kontrolmaßregeln, Zuwiderhandlung gegen dieselben 127 Kosten für Anordnung und Leitung deS Verfahrens bei Viehseuchen 14, 238 vom Besitzer zu tragende 242 bei (Streitfällen 248 der Schätzung 240, 251 der Thierärzte 238, 239 der Biehrevisionen 241 der unschädlichen Beseitigung von Kadavern 241 der Wachmannschaften..........................................................................................241 Spezialvorschrift für Preußen 295—305 bei der Lungenseucheschutzimpfung 304—305 bei der Milzbrand-Entschädigung 305-307 Krätze ............................................................................................................................. 270 Kreisthierarzt in Bayern, Obergutachten desselben in Bezug auf nicht entschädigungspflichtige Viehseuchen...................................................... 244 in Preußen................................................................................................. 29, 300 Kresolwasser, Verwendung zur Desinsektton 204

r.

Fandesbehörden, deren Befugnisse bei Bekämpfung der Seuchen 14, 16 17, 20, 146, 247 Eingreifen des Reichskanzlers in das Verfahren 16 Gegenseitige Unterstützung derselben 20 Vorbehalt derselben für die Entschädigung bei Seuchen .... 116 Landeslhierarzt, Obergutachten durch denselben in Bayern . . . 244 Landgrenzsperre 19, 135 Landquarantäne 19, 135 Landwirthschastliche Vertretung bei der Biehseuchenbekämpfung . . 2 Lehranstalt, staatliche, Thiere in solchen 55 Leistungen der Gemeinden bei der Biehseuchentilgung 241 in Preußen............................................................................................................302 Lungenseuche 91—99, 182—191 Abfuhr des Düngers 190 Abhäutung............................................................................................................190 Abschlachtüng 186, 189 Absonderung ...................................................... 183 Absperrung 185, 188 Anbringung von Tafeln beim Ausbruche 185, 188 Anordnung der Maßregeln an den Besitzer 183 Ansteckungsstoff...................................................................................................... 260 Ansteckungsverdacht, Maßregeln bei demselben 186 Anzeigepflicht......................................................................................................22, 25 Aufhebung der Maßregeln 190 Ausfuhr 188, 189 Befundbericht des beamteten Thierarztes 183 Bekanntgabe des Ausbruchs 182, 185 Desgleichen des Erlöschens 190 Belehrung über die Seuche, Erscheinungen, Verlauf und Ausgang 259 Beobachtung................................................................................................. 183, 188 Beseitigung der Lungen 189 Bewachung................................................................................................. 183, 184 Desinfektion 190, 212

363 Einfuhr : Entschädigung 91, 185, Erleichterung des Biehverkehrs bei den Sperrmaßregeln 184, Ermittlung des Ausbruchs 182Evidenthaltung des gefährdeten Viehbestandes Feldmarksperre Gehöftssperre Impfung (Schutzimpfung) gegen dieselbe . ... . . .91, 187, Anordnung derselben durch die Landesgesetzgebung . . . in Preußen Inkubations-Dauer OrtSsperre ...................................................................................................... Revision der Viehbestände Sektionsbestimmungen SeuchenauSbrüch

Nachrichtendienst bei demselben beim Transportvieh ' .......................................... Seuchenverdacht .................................................................................... 182, Tödtung der erkrankten Thiere ................................................ 91, der verdächtigen Thiere 91, 185, bei Uebertretung der Schutzmaßregeln (Wegfall der Entschädigung) Untersuchung durch den beamteten Thierarzt 185, Verbreitung derselben Verpflichtungen des Biehbesitzers .............................. Beidegang . .......................................................................................... Weidesperre ........................................................................ Zuwiderhandlungen gegen die Maßregeln 125-

Malignes Oedem, dessen Verschiedenheit von Rauschbrand . . . 323 Märkte, Vieh- und Pserdemärkte, deren Beaufsichtigung . . 34, 250, 251 Kosten der Beaufsichtigung . ................................................................. 240 Marktplätze, deren Reinigung und Desinfektion . . . 57—59, 205— 207 Markungen außerhalb emeS Gemeindeverbandes, daraus entstehende Verpflichtungen bei Viehseuchen 241 Maul- und Klauenseuche 81—91, 169—182 Abschlachtung 172, 173 Absonderung ............................................................ 174 Absperrung 169, 171 s. Anbringung von Tafeln 170, 171, 179 Ansteckungsstoff 86 Ansteckungsverdacht 171, 173 Anreigepflicht 22, 25 Aufhebung der Maßregeln 181 Ausbruch der Seuche 169 in Treibherden 180 auf der Weide 179 Ausfuhr von Häuten ...................................................... 175 Desgleichen von Raufutter, Stroh, Dünger .... 175, 178 Ausschluß der Maßregeln hinsichtlich der Benützung verdächtiger Thiere zur Feldarbeit 178 Belehrung über die Seuche 257—259

364 Seite 320 Besondere Bestimmungen für Bayern Desinfektion 180, 211 176 Desgleichen der Personen . Erleichterungen bei den Sperrmaßregeln 171 170 Erstmaliger Ausbruch der Seuche . .............................. 169, 172, 178 Feldmarffperre ................................................ Festsetzung der größeren Seuchengefahr.............................. . 173, 178 181 Folgekrankheiten der Seuche....................................................... 172, 178 GehöstSsperre 169, 173 JncubationSdauer 257 Kennzeichen der Seuche bei Rindern 258 Schafen . . 258 Schweinen 258 Ziegen 160-181 Maßregeln beim Ausbruch der Seuche . . 169 Maßregeln bei Verdacht auf die Seuche.............................. . 32, 169 Maßregeln durch die Polizeibehörde ..... . . 170 Mittheilung an die benachbarten Polizeibehörden . . . . . 170 Nachrichtendienst.............................................................................. 169-182 Nutzungs- und Verkehrsbeschränkungen 173 Ortssperre . Revision der Viehbestände 178 226 Sektionsbestimmungen . . .............................. 178 Sperrbeschränkung auf einzelne Straßen 173 Sperre größerer Gebiete 81, 174 Verbot der Abgabe roher Milch 175 Desgleichen aus Sammelmolkereien . Verbot von Betreten des Seuchengehöstes 177 3 Verbreitung der Seuche 136 Verbreitung der Seuche durch >Schlachthöse Veröffentlichung der Seuchenausbrüche 170 170 Verständigung hievon an den beamteten Thierarzt . . Bichausfuhr aus dem Sperrgebiete 172, 178, 179, 180 174 Weidegang kranker Thiere .... 171 verdächtiger Thiere . . . 169, 172, 178 Weidesperre . Zuwiderhandlung gegen die Maßregeln . 125, 127 Maulseuche s. Maul- und Klauenseuche. Meinungsverschiedenheit der Sachverständigen bei Feststellung von Seuchen . . . . ................................................ 32, 234 228 Desgleichen bei Obduktionen 22 Metzger, Anzeiaepflicht derselben Milben als Ursache der Räude 104, 105 Milch, Verbot des Verbrauchs, Verkaufs .... 73, 81, 151, 159, 174 der Abgabe im ungekochten Zustande bei gröberer Seuchengesahr 174—178 Militärbehörden, deren Befugniß bei Seuchenausbrüchen . . 15, 16 Verständigung derselben beim Ausbruch der Influenza der Pferde 341 Desgleichen beim Ausbruch des Rotzes . . . . . . . . 80, 162 66, 69, 148-154 Milzbrand ') . . . . . . 148, 149 Absonderung.............................. 256 Ansteckungsstoff........................ 22 Anzeigepflicht.............................. 27 Entbindung von derselben

365 Seite

Aushebung derselben für Bayern ...................................................288 Ausfuhrverbot................................................................................................... 151 Belehrung üb. Erscheinungen, Ursachenu. Verhütung d. Seuche 254—257 Beschwerden gegen polizeiliche Anordnungen......................................... 149 Beseitigung der Kadaver.......................................................... 66, 152, 153 Bewachung.........................................................................................................148 Desinfektion.............................................. 154 Entschädigung desselben in Bayern........................................................ 278 Preußen......................................................... 305 Ermittlung des Seuchenausbruchs................................................................ 149 Feldmarisperre ............................................................................................. 151 Jncubationsdauer......................................................... 242 Milzbrandblatter ................................................................................. . 68 Schttstliche Mittheilung an den Besitzer................................................... 149 Berbot blutiger Operationen und Sektionen............................. 66, 151 Berdacht auf Milzbrand............................. ...................................148, 149 Vorschriften für Obduktionen..................................................................... 225 Uebertragbarkeit auf Menschen............................................... 67, 150, 154 Unter Mldständen.................................................................................. 66, 153 Zutrittsverbot für unberechtigte Personen .........................................150 Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen........................................ 125 Milzsieber................................................................................................... ..... . 280 Milzseuche.......................... •................................... 280

N. Nachrichtendienst bei Viehseuchen......................................... 161, 170, 183 Nasenrotz, Kennzeichen............................................................................................. 262 Verlauf und Ausgang....................................................................................... 265 Nothimpfung der Schafe und Lämmer.......................................................... 101 bei Lungenseuche ............................................................................................... 95 bei der Maul- und Klauenseuche............................................... 82, 85, 86 Nutzungsbeschränkungen, s. Benutzungsbeschränkungen.

v. Obduktion, allgemeine Bestimmungen über deren Ausführung . 214—217 der Bauchhöhle..................... '.........................................................................218 der Brusthöhle......................................... 217 bei Fleischfressern............................................................................................. 221 des Halses, der Kopfhöhle........................................................................... 222 beim Pferde........................................................................................................ 218 beim Schweine...................................................................................................221 bei Wiederkäuern.............................................................................................220 der Wirbelsäule ................................................................................................... 224 spezielle Bestimmungen ................................... 224 bei Lungenseuche.......................................................................................226 bei Maul- und Klauenseuche................................................................226 bei Milzbrand, Rauschbrand und Wildseuche ............................. 225 bei Pockenseuche....................................................................................... 226 bei Rotz, Wurm....................................................................................... 226 bei Tollwttth............................................................................................. 225 Gutachten.............................................................................................................. 244 Obergutachten .................................................................................................. 244

366

Sette ObduttionSprotokoll 227 Aufnahme des technischen Befundes 227 Obergutachten, thierärztliches 31—33, 228, 244 desgl. in Preußett .......................................... 296, 300 Obermedizinalausschuß, Begutachtung desselben bei Viehseuchen 235, 248 Oberstrichterliche Erkenntnisse des ReichsviehseuchengesetzeS 23—25 ZU 8 9 § 10 27 29, 30 8 12 § 14 § 18 8 27 88 31—33 8 34 8 38 8 41 8 57 8 59 § 60 8 61 121, 8 62 § 63 122, § 65 8 66 8 45 der Bundesrathsinstruktion zum Reichsviehseuchengesetz . 8 58 Art. 2 des bayer. Ausführungsgesetzes z. Reichsviehseuchengesetz 6 7 „ Milzbrandentschädigungsgesetzes . . . . 2 7 „ „ betr. StrafVerbindlichkeit beim Rauschbrand zu Art. 1 des Biehseuchen-Uebereinkommens mit Oesterreich-Ungarn Observation, s. Bewachung und Beobachtung. Oessentliche Bekanntmachung der Seuchenausbrüche und des Er­ löschens derselben Oeste rreich-Ungarn, Biehseuchen-Uebereinkommen mit dem deutschen Reich.......................................................................................................... Ortspolizeibehörde, Anzeige von Viehseuchen bei derselben 22, 23, Beschwerderecht gegen Biehseuchenmaßregeln 149, Kompetenzen derselben bei Seuchenausbrüchen .... 28, 149, Leistungen derselben 241, Mittheilung von dem Ausbruche an benachbarte deutsche OrtSbehörden bei Lungenseuche bei Maul- und Klauenseuche bei Rotz, Wurm Verständigung derselben von Seuchenausbrüchen durch die Militär­ behörden Orrssperre im Allgemeinen . . . bei der Lungenseuche .... bei der Maul- und Klauenseuche 173,

287 309

63 308 245 246 246

182 170 161 16 50 188 178

367 Seite

VPersonen, Desinfektion derselben 57, 137, 207 Petitionen an den Reichstag in Bezug auf die Biehseuchengesetzgebung 140 betr. Behandlung der Schafräude 144 betr. Bestimmungen gegen die Maul- und Klauenseuche ... 141 betr. Bestimmungen gegen die Rothlausseuche der Schweine . . 140 betr. Desinsektions- und Abschätzungskosten beim Rotz .... 141 betr. Impfung der Maul- und Klauenseuche 144 betr. Borbildung der Thierarzte 142, 143 betr. Waschung und Desinfektion der Thiere 142 Pferde der Militärverwaltung und RemontedepötS 16 Pferde, Entschädigung bei Milzbrand, Rauschbrand und Wildseuche 278, 289 bei Rotz . ......................................................................................................117 Pferdebestände, Revision derselben 162 Pserdesieber.................................................................................................................. Pferdemärkte, deren Beaufsichtigung . 34 deren Einstellung 60 Pferderäude 104, 105 Pferdeschlachtungen, deren Beschau . . 283 Pferdeseuche 334 Pferdestaupe 334, 336 Pockenseuche 99—103, 191—196 Abfuhr........................................................................................................................ 195 Abheilung der Seuche, Anzeige hiervon 195 Abschlachtung 100 Absperrung 192 Ansteckungsstoff 266 Ansteckungsverdacht 191 Anzeigepflicht ..................................................... 22, 25 Aufhebung der Maßregeln 196 Ausbruch der Seuche 191 Bekanntmachung des Ausbruchs 19 l Belehrung über dieselbe . . 265 —268 Beobachtung 191 Desinfektion 195 Entschädigung für gefallene Thiere, in Preußen 300 Feldmarksperre...................................................................................................... Gehöstsperre 192 Impfung, fakultative 100, 193 „ obligatorische 99, 102 seuchenpolizeiliche Behandlung der geimpsteu Schafe 193 Obduktionsverfahren ... . 226 Ortssperre 195 Regulirung der Weidegrenzen ................................................ 192 Tödtung 192 Verbot der Impfung 102, 103, 194 Berkehrsbeschränkungen 194 Verpflichtungen des Besitzers beim Ausbruch der Seuche . 192, 196 Vorschriften über die Ausführung der Impfung 194 Weidegang 192 Zuwiderhandlung gegen die Maßregeln 125, 127 Polizeibehörde, Anzeige bei derselben, von Seuchenausbrüchen oder Verdacht........................................................................................... 22, 245

334

195

368 Sette Ermittlung des Seuchenausbruches 28 Einholung eine- ObergutachtenS durch dieselbe ... 32, 228, 235 Ueberwachung des Desinfektionsverfahrens 57 Überwachung des Obduktion-verfahrens 214, 246 f. auch Bchörden. Polizeiliche Anordnungen bei Seuchen und Seuchengefahr . . 28, 30, 40 PracautionSimpfung .......................................... 97 Präventivmaßregeln gegm Biehseuchen 20, 42 Preußen, Anzeigepflicht bezüglich der Schweineseuchm ... 26, 347 Ausführungsgesetze zum Reichsseuchengesetz 295—307 Produkte seuchenkranker und verdächtiger Thiere, Benutzungsbeschränkung 49 bei der Lungenseuche 189 bei der Maul- und Klauenseuche 175, 176 in Bezug auf die Abgabe der Milch 81, 174 beim Milzbrand 66, 150—153 bei der Pockenseuche 109, 192, 194 bei der Räude 200, 201 beim Rauschbrand s. Milzbrand. bei der Rotzkrankheit 80, 163 bei der Schweinepest 342 beim Schweinerothlauf 345 bei der Schweineseuche 347 bei der Tollwuth 73, 158—160 Proviantthiere der Militärverwaltung und RemontedepOts, deren seuchenpolizeiliche Ueberwachung 16 der Landes- und Staatsgestüte 16 O.

Huarantänenanstalten für das aus dem Seewege eiugeführte Vieh

18, 19, 134, 135 144, 319

Künde 104, 199-202 Dermatocoptes- und 8arcoptes-Räude.....................................104, 199 Abhäutung ...........................................................................................................200 Anzeigepflicht 22, 25 Aufhebung der Maßregeln 202 Ausfuhr 201 Behandlung derselben ............................. 273 Belehrung über die Krankheit 202 Desinfektion........................................................................................................... 213 der Personen 202 der Stallungen 202 Heilverfahren 104, 199 Kennzeichen bei Pferden.................................................................................. 271 „ „ Schafen 271 Oeffentliche Bekanntmachung * - 199 Regulirung der Weidegrenzen....................................................................... 200 Stallsperre ...........................................................................................................200 Strafbestimmungen 127 Verpflichtungen des Besitzers 199

369 Seite

Ram Pen, deren Reinigung und Desinfektion.............................................. 57, 59 Ratifikation des Biehseuchenübereinkommens.................................................... 313 Rauschbrand................................................................ 26, 67, 289, 321-331 Anatomischer Befund....................................................................................... 325 Anstechungsstoff . . 328 Anzeigepflicht........................................................................................................... 26 Desinfektion........................................................................................................ 284 Entschädigung bei demselben............................................... 278, 289, 292 in Preußen ............................... 305, 306 Jnkubationsdauer ................................................................ ..... . 325 Kennzeichen desselben............................ 322, 325 Krankheitserreger .............................................................................................327 nothwendige Voraussetzung für die Feststellungdesselben . 325, 327 Oeffnung der Kadaver.......................................................................................324 Schutzimpfung.................................................................................. 329, 331 Fakultative Anordnung derselben .................................................... 329 Resultate der Schutzimpfung............................................................... 330 Kosten derselben...................................................................... 330, 331 Strafverbindlichkeit bei demselben .......... 286, 287 Verscharrung der Kadaver.......................................................... 328, 329 Verschiedenheit desselben von malignem Oedem............................. 323 Borbeuge gegen denselben ........................................................... 328, 329 Vorkommen desselben.......................................................................................821 bei Schafen ............................................................................ 279, 2b9, 321 s. auch Milzbrand und Entschädigung desselben Rauschender Milzbrand............................................................................................ 321 Regreßansprüche, privatrechtliche.................................................... 31, 236 ReichsgesundheitSamt, monatliche Berichterstattung der beamteten Thierärzte an dasselbe...................................................... 161, 170, 183 Reichskanzler, Ueberwachung der Gesetzes-Ausführung................................ 16 Abordnung eines Reichskommissärs durch denselben................................17 Erweiterung der Anzeigepflicht auf andere Seuchen .... 25, 26 Verständigung desselben bei Anfuhr- u. Berkehrsbeschränkungen 21, 247 Reinigung ............................. 205 Verfahren bei Gebäudetheilen ..................................................................... 206 Gerüchen, Personen rc............................................. 206, 207 bei Personen, welche in Seuchenstallungen verkehrt sind 176, 209, 210—213 der Ställe und Gebäudetheile..................................................... 205, 206 der Wege und Standorte................................................................................... 57 Reinigungs- und Desinfektionsverfahren ................................... 204 der Wege und Standorte........................................................................ 57 Reisekosten der Schätzungsmitglieder............................................... 240, 251 der Thierärzte.................................................................................. 240, 252 Remonte-Depots, militärische................................................................................... 16 Resolutionen in Bezug auf das Viehseuchengesetz....................................................................................... 133 Einführung auswärtigen Schlachtviehs.....................................................136 Einfuhr lebenden Viehs................................................................................. 133 Einschleppung von Viehseuchen aus dem Auslande . . . 133, 134 Tilgung der Maul- und Klauenseuche.......................................... 133, 135 Revision der Viehbestände, allgemeine................................................. 21, 62, 63 bei der Lungenseuche....................................................................................... 183

370

6ctte bei der Maul- und Klauenseuche 178 bei der Rotztrankheir \ 162 Rheinpfalz, Ausdehnung der Anzeigepflichl auf die Seuchen der Schweine .................................26, 348 Rinnen, Desinfektion derselben 207 Rinder, Entschädigung bei Milzbrand *. 278 Rinderpest, Bestimmungen ................................................ . 12, )3 in Bezug auf Bicheinfuhr 310, 312 Rinderseuche 331 Rindvieh, Abwehr und Unterdrückung der Seuchen .... 12 Entschädigung für getödtetes oder gefallenes Rindvieh . . 109 Ansteckende Krankheiten desselben: Bläschenausschlag ................................................................... 103, Lungenseuche 91, Maul- und Klauenseuche 81, Milzbrand 66, Raujchbrand............................................................................... 278, Tollwuth ...................................................... 71, 73, . 278, Wildjeuche . . .................................... bei dem in öffentlichen Schlachthäusern ausgestellten Vieh . 106, Rindviehbestände, deren Behandlung im Kille der Lungenseucheschutzimpfuna Ringe, Desinfektion oerselben Rohstosse, thierische, Begriffsbestimmung Einfuhrverbote derselben .... Rothlauffieber • Rothlaufseuche der Pferde .... Ansteckungsstoff Anzeigepflicht Dauer Desinfektion - . Erscheinungen und Verlaus ... Jnkubationsdauer Borbeuge Rothlaufseuche der Schweine . . . Anzeigepflicht .... Erscheinungen und Verlauf . . Jnkubationsdauer Borbeuge Rotz, Rotzkrankheit (Wurm) .... Abhäutungsverbot . Absonderung . . ........................ Absperrung Ansteckungsstoff Ansteckungsverdacht Anzeigepflicht Aufhebung der Maßregeln . . . Ausschluß von Personen zur Wartung Belchrung über Gefahren .... Benachrichtigung der Militärbehörden

„ „ benachbarten deutschen Beobachtung Beseitigung der Kadaver

187 206 309 21, 308 334 336 338 26, 348 337 339 337 338 339 140 26, 345, 348 843 344 846 76-81, 160-169 80, 163 77, 166 162, 163 264 166 22,25 168 162 162 162 161 Ortsbehörden . . 77, 166 80, 163

371

Seit, Desinfektion Entschädigung Ermittlung der Krankheitsdauer Erscheinungen, Kennzeichen und Verlaus: . . . Hautrotz........................................................................ Nasenrotz.................................................................. Jnkubationsdauer............................................................ Nachrichtendienst.................................................................. Nutzungs- und Berkehrsbeschränkungen . . . . Obduktion Produkte, deren Verwerthung.................................... Revision der Pferdebestände.......................................... Seuchenverdacht.................................................................. Stallsperre ........................................................................ Tödtung der kranken Thiere der verdächtigen Thiere Uebertragbarkeit auf den Menschen Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen . .

168, 210 117, 163 161, 162 . 263 . 263 . 262 . 264 . 161 77, 80, 165—167 225 163 162 164 167 76, 164, 245, 246 78, 164, 167, 246 76 . . . 125, 167

Kachsen, Königreich, Anzeigepflicht für die Seuchen der Schweine . . 349 Coburg-Gotha, desgleichen 349 Sachverständige, Ermittlung der Seuchenausbrüche 28 Zuziehung der beamteten Thierärzte 28 Anderer Thierärzte durch dm Bichbesitzer 32, 84 bei Abschätzungen in Bayern . . . 232, 233, 246, 251, 285, 291 in Preußen 299 Sammel Molkereien, Abgabe ungekochter Mich bei Maul- und Klauensmche .... ...................................................... 81, 175 Sattel, Desinfektion ............................................... 207 Säuren, Karbolsäurelösung für die Desinfektion 204 Schäbe ............................................................................. 270 Schabracken, Reinigung und Desinfektion ............................. 207 Schadensvergütung, theilweise, bei Mlzbrand 286 Schafe in Remontedepots, 16 deren Seuchen: Maul- und Klauenseuche 81 Milzbrand 66, 151 Pockenseuche 99, 191 Müde 104. 199 Rauschbrand . 289, 321 Tollwuth................................................................................................ 71, 158 Wildseuche 332 Schäfer, welche mit seuchenkranken Schafen in Berührung waren . . 192 Schaspocken s. Pockenseuche. Schafschur bei Schafen unter Sperre 193 Schafviehbestände, seuchenpol. Ueberwachung bei Milzbrand ... 151 Schafwäschen, Verbot derselben bei Räude 193 Schema über Verbreitung der Influenza der Pferde 341 Schenkelbrand 821 Schlachten seuchekranker oder verdächtiger Thiere: bei der Lungenseuche 51 172, 173 bei der Maul- und Klauenseuche

372 beim Milzbrand bei der Pockenseuche bei der Räude beim Rauschbrand und der Mldseuche s. Milzbrand

Sette 66, 150 192 190

Schlächter, Anzeigepflicht .......................................................................22 Schlachthäuser, öffentliche, deren Beaufsichtigung .... 34, 36, 37 in Bayern........................................................................................... 107 private . . • 34, 36, 37 Seuchenausbrüche in öffentlichen 107 Absperrung bei Seuchengesahr ..............................................................103 Anordnung der sofortigen Abschlachtung in öffentlichen . ... 108 Beaufsichtigung derselben 247 Besondere Vorschriften 106, 146, 247 in Preusien -........................... 297 im deutschen Reiche .................................................. 107 in Bezug aus Verbreitung der Seuchen 136 Befugnisse der Vorstände derselben 106—100 Beschwerderecht derselben .... • 140 Schlachthöse in Bezug aus Einführung österreichischer Schweine . . 343 Schlachtvieh, seuchenpol. Behandlung desselben...................................106, 146 Schlachtviehhöfe 106, 146, 247, 2^7 s. auch Schlachthäuser, verbotwidriges Betreten der Seuchenstallungen 177 Schmierkur bei Schafen 273 Schmuggelvieh.......................................................................................... . 310 Schmutzwässer, Desinfektion derselben .......................................206 Schuhwerk, Desinfektton desselben 206, 208, 209—213 Schutzimpfung bei der Brustseuche 340 bei der Lungenseuche 93, 954 u. f. bei der Maul- und Klauenseuche , . . 87 bei der Pockenseuche 99—102, 193 beim Rauschbrand 329, 831 beim Schweinerothlauf 346 Schutzmaßregeln, allgemeine, gegen Seuchengefahr 40, 47 Anordnung bei zweifelhafter Sachlage 31 spezielle gegen einzelne Seuchen 65 gegen Beschälseuche 103, 193 Bläschenausschlag 103, 193 Brustseuche , 340 Influenza der Pferde 26 Lungenseuche..................................................................... 91, 182 Maul- und Klauenseuche 81, 169 Milzbrand ........................................................ 66, 148 Pockenseuche 99, 191 Räude 104, 199 Rauschbrand 289, 329, 830 Rothlauffeuche der Pferde ............................ 339, 340 Rothlaufseuche der Schweine .................................. 26, 345 Rotz (Wurm) ............................................. 76, 160 Schweinepest 26, 342, 343 Schweineseuche 26, 347 Seuchenartigen Catarrh (Skalma) der Pferde .... 338

373 Seite gegen Tollwuth 71, 155 Wildseuche 289, 333 Wiederaufhebung derselben bei Beschälseuche 198 Bläschenausschlag................................................................. . 119 Lungenseuche 190 Maul- und Klauenseuche 181 Pockenseuche 196 Räude . 202 Rotz 168 Tollwuth 160 nach der BundeSrathS-Jnstruktion 145 Berechtigung zur Anordnung von weilergehenden 146 Zuwiderhandlung gegen dieselben 127 Schwarzer Brand 321 Schweine, deren Seuchen: Maul- und Klauenseuche 258 Milzbrand 254 Rauschbrand 321 Rothlaufseuche 343 Schweinepest 341 Schwemeseuche 346 Tollwuth 275 Wildseuche 331 Schweinepest Absonderung 342 Ansteckungsstoff 342 Anzeigepflicht 26, 342 Behandlung 342 Desinfektion , . . 342 Erscheinungen 341 Gesundheitszeugnisse für Schweine 348 Grenzsperre gegen dieselbe 348 Jnkubationsdauer 342 Maßregeln 26, 343 Nachrichtendienst Unschädliche Beseitigung der Kadaver 342 Verbreitung ................................................................ 341 Borbeuge....................................................................................... 342 Schweinerothlauf AnsteckungSstoff 344 Anzeigepflicht 26, 345, 348 Behandlung Dauer....................................................................... ' ’ 344 Erscheinungen .........................................343 Fleischgenutz bei demselben 347 Jnkubationsdauer 344 Maßregeln 26, 345 Schutzimpfung Borbeuge SÄweineseuche Absonderung......................................................................................................... 347 Ansteckungsstoff *.***.' 347 Anzeigepflicht 26, 348

374 Seite Desinfektion Erscheinungen derselben Fleischgenuß bei derselben Grenzsperre gegen dieselbe Maßregeln Unschädliche Beseitigung Leickreitung

347 346 347, 348 348 347 347 848

Borbeuge ..........................................................................................347 Schweine-Typhu348 Schwemmen, Beschränkung in der Benutzung 49 Seequarantänen 144, 319 Seisenwasser und Seisensiederlauge für Desinfektionszwecke . . 203, 204 Sektion .............................................................................................................................215 der Bauchhöhle 217 der Brusthöhle 218 beim Fleischfresser 221 beim Pferde 218 beim Schweine 221 bei Wiederkäuern 220 Verbot derselben bei Milzbrand 66, 152 bei Rauschbrand und Wildseuche der Rinder und Pferde . . 289 s. auch Obduktion. SektionS-Jnstrumente 204, 214 Seuchen Ausdehnung der Anzeigepflicht auf weitere 25, 26 bedrohliche Ausdehnung derselben 16, 20 Anzeige von den Ausbrüchen 22 Begriffsbestimmung.................................................................................... . 13 Behandlung der Seuchen in den landesherrlichen und staatlichen Gestüten 16 Bekämpfung derselben 1, 12 Ermittlung deS AuSbrucheS . . 28 bei dwergirenden Gutachten 31, 32, 38 Mittheilung über Ausbruch, Bewegung rc. an einzelne Behörden 16 bei Schweinen........................................................... 348 Verbindlichkeit des polizeilichen Einschreitens 80 Verbackt auf dieselben . / 12, 13 Verhinderung von Einschleppungen 20 nach dem Biehseuchenübereinkommen mit Oesterreich-Ungarn. 308 besondere Vorschriften für einzelne Seuchen 65 Seuchenartiger Catarrh der Luftwege bei Pferden s. auch Skalma 334, 338 SeuchenauSoruch, Ermittlung durch den beamteten Thierarzt . . 28 mittels Zerlegung deS Thieres SO mittels Obergutachten 32 im Auslande mit bedrohlichem Umfange für daS Inland 16, 17 gleichzeitiger in mehreren Bundesstaaten 178, 1 in den Grenzbezirken.........................................................................................312 beim Schlachtvieh in öffentlichen Schlachthäusem und Biehhöfen 107 Verbindlichkeit des poliz. Einschreitens 30 Verfahren im Rayon der Militärverwaltung 16 in den militärischen RemontedepütS 16 in den Staats- und landesherrlichen Gestüten .... 16 Verkehr-beschränkungen bei demselben 20

375 Seite

Seuchengefahr Anordnung der Matzregeln für dieselbe 30, 40, 41 u. f. aus Grund thierärztl. Begutachtung ..................................................30 Begrenzung derselben 44, 45 Begriffsbestimmung 14, 48 Beschränkung deS Transportes bei derselben ......................................49 Festsetzung derselben durch die Polizeibehörde auf Grund von Ermessensbefugniß................................................................................... 43, 44 größere, bei der Maul- und Klauenseuche 173—175 Tragweite............................................................................................... 14, 80, 40 Seuchenort, Pflichten deS Vorstehers................................................................... 28 Skalma der Pferde 334, 388 Ansteckung-stoff 388 Ameigepflicht.......................................................................................... 26, 340 Bemmpfung 339 Erscheinungen 338 Jnkubationsdauer . . ............................................................................. 339 Borbeuge 389 Sodatauge, Verwendung für Desinfektionszwecke 208

Sperre eines ohne Rücksicht auf FeldmarkgrenzM bestimmten Gebietes 50, 52 der Feldmark SO deS Gehöfte50 des Orte50 der Schlachtviehhöfe und öffentl. Schlachthäuser .... 108, 247 des Stalles, Standortes 50 der Vieh- und Pserdemärkte 60 der Weide 50 s. auch die einzelnen Viehseuchen. Sperrmaßregeln, Inhalt derselben....................................................................50 Ausdehnung Über dm Polizcibuirk hinaus 53 Staat-gestüte, seuchenpol. Befuantffe ............................................ 16 Verständigung derselben bei oer Influenza der Pferde .... 341

Staatskasse, Entschädigung auS derselben 229, 278 Vergütung für thierärztliche Amt-verrichtungen, Anordnung und Leitung der Maßregeln............................................................................. 238 Vergütung der Gebühren für die Schätzungsmitglieder .... 240 Stäbchenrothlauf

............................................................344

Ställe, Desinfektion derselben 57 von Händlern, deren Beaufsichtigung 34, 38, 39 Stallseuche ..................................................................................................... 336 Stallsperre, im Allgemeinen 50 bei Lungenseuche , ... 183 bei Maul- und Klaumseuche 174 bei Milzbrand 151 bei Pockenseuche 192 bei Räude 199 bei Rauschbrand und Wildseuche s. Milzbrand, bei Rotz 167 Standorte seuchenkranker Thiere, deren Desinfektion 57 Standortssperre 60 Staupe 337 Steinbruck, Schweinemastanstalt 348

376 Seite

Steinkohlentheer, dessen Verwendung für die Desinfektion . . . 204 Stellvertreter des Biehbesitzers, Anzeigepslicht 22 Sterblichkeitsziffer, bei der Brustseuche 335 bei dem Rauschbrande 321, 325 bei der Rothlaufseuche der Pferde 838 bei der Rothlaufseuche der Schweine 344 bei der Schweinepest ....................................................................342 bei der Schweineseuche 346 bei der Mldseuche 332 Stiele (Besen rc. -Stiele), Reinigung und Desinfektion 206 Stille Wuth 273, 274 Strafverbindlichkeit bei Rauschbrand ............................ 287 bei Schweinepest 26 bei Schwemerothlaus .................................... 26 bei Schweineseuche .................................... 26 Strasvorschristen nach dem Reichsviehseuchengesetz .... 125, 127 nach § 328 des Reichsstrasgesetzbuches 125 nach dem Reichsgesetz vom 25. Februar 1876 131 Straßen, Verbot des Verkehres auf solchen für Thiere 49 Streu, Behandlung derselben nach dem Reichsgesetze 56 nach der Buttdesrathsinstruktion 154, 160 nach der Anweisung für die Desinfektion .... 205, 207—213 Streu, seuchekranker Thiere, unschädliche Beseitigung 56 Streugabeln, Desinfektion 206 Stricke, Reinigung und Desinfektion 207 Striegeln, Desinfektion 206 Stroh, veterinärpol. Behandlung desselben . . . 160, 176, 186, 192, 194 St roh Verschlüsse, Beseitigung derselben bei der Desinfektion . . . 205

L. Technische Deputation für das Veterinärwesen in Preußen, Obergutachten Thierarzneikunde, Praktikanten derselben, deren Anzeigepflicht . . Thierärzte, Befugnisse derselben zu seuchenpol. Maßnahmen 28, 29, bei Vieh- und Perdemärkten, größeren Biehzusammenstellungen 34, Aufficht über Zuchthengste 34, approbirte 14, 15, 34, beamtete 14, 15, Vertretung derselben Urlaub derselben Militär-, praktische, SchlachthauS-Thierärzte Anzeigepflicht 22, 23, bei Influenza der Pferde 26, Mitwirkung beim Vollzüge des Biehseuchengesetzes bei der Beaufsichtigung der Schlacht- und Biehhöse Desinfektion derselben...................................................................84, 135, Gutachten bei Seuchenermittlung für Tödtung verdächtiger Thiere Obergutachten 31, 32, 244, beamtete städtische Thierärzte Bezirksthierärzte 244, Departementsthierärzte Kreisthierärzte < ...

300 23 246 296 253 250 244 250 250 34 126 340 14 106 176 28 30 296 244 250 296 244

377 Seite

Landeschierarzt 244 in Preußen ................................................................................ 29, 296 deren Befugnisse bei dem Vollzüge des Viehseuchenübereinkommens 309 Thierärztliche Behandlung 53 bei Räude 104, 199 Thierauktionen ....................................................................................... 35 Thierschauen 34 Thonkacheln, Desinfektion derselben 208

Tödtung, Anordnung behufs Seuchenermittlung im Zweifelsfalle . . seuchekranker und verdächtiger Thiere, bei Tollwuth 71, 155, 156, bei Rotz 76, 78, 163, 164, 167, 245, bei Lungenseuche 91, 185, 189, 245, bei Übertretung der Schutzmaßregeln 55, Entschädigung für polizeilich angeordnete

30 245 246 246 165 109

Tollwuth ................................................................................................. Absonderung 73, 155 Ansteckungsstoff 276 Anzeigepflicht 22, 25 Bekanntmachung, öffentliche . 156 Belehrung 273 Beobachtung .................................................... 73, 155, 158 Beseitigung der Kadaver 75 Desinfektion .............................................................. 160 Einsperrung .... ... 150 Erscheinungen derselben 273 Festlegung der Hunde 75, 157 Führung an der Leine 75, 157 Gefährdung des Bezirkes 75, 157 Jnkubationsdauer .....................................................................................277 Kurversahren 277 Maulkorbzwang ......................................................... 75, 157 Obduktion ....................................................................225 Oeffnung der Kadaver . 275 Schlachten verdächtiger Thiere 73, 158, 159 Schlachtverbot 73, 158, 159 Seuchenverdacht .................................................... 155, 157 Thierärztliche Untersuchung 155, 159 Tödtung der Thiere 71, 73, 155, 156, 157, 159 famltative Ermächtigung hiezu 157 Verwerthung der Produkte 159 Vorkommen bei Hunden • . 71, 155—158, 273 bei Katzen 158, 274 bei Pferden 158, 274 bei Rindern . . . ........................................ 158, 275 bei Schafen 158, 275 bei Schweinen 158, 275 bei Ziegen 158, 275 Vorsichtsmaßregeln nach Bißwunden 72, 277 Werdegang . . . . .................................................................... 159 Zerlegung der Kadaver ......................................................... 156, 275 Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften 125 Tränken, Beschränkung der Benutzung

49

71, 155

378 Seite Transport verdächtiger Thiere 49 Zurückweisung derselben an der Grenze 20, 310 bei Lungenseuche 188 bei Maul- und Klauenseuche 180 Transportmittel zur Ausführung der Kadaver 153 Treibherden, Verbot des Weiterireibens 49 bei der Lungenseuche 188 bei der Maul- und Klauenseuche 180 bei der Pockenseuche 195 bei der Räude 201 Triften, Verbot deS Verkehrs für Thiere 49 Truhen, Reinigung und Desinfektion 206 Tummelplätze, Reinigung und Desinfektion 204, 212 Typhöse Schwellungen 337 Typhus ...........................................................................................................334

rr. Ueberführung kranker Thiere in einen andern Polizeibezirk 151, 180, 189 Uebertragbarkeit von Seuchen auf Menschen und zwar: der Maul- und Klauenseuche 87, 174 deS Milzbrandes der Rotzkrankheil 76, 162 der Tollwuth 71, 155 Ueberwachung des Gesundheitszustandes der Hausthiere 311 der Schutzmaßregeln durch den Reichskanzler 16 Umherlaufen der Hunde, Verbot ........................................... 49 Unbrauchbarmachen der Kadaver 152 Unschädlichmachung von Ställen, Geräthschasten rc 57 Unterdrückung von Viehseuchen im Jnlande 22 Unter drück ungsmaßregeln, allgemeine Vorschriften .... 22 besondere Vorschriften ................................................. 66 Unternehmen von Biehzusammenstellungen, Uebernahme der Kosten 240 Unterstützung-pflicht der Behörden................................................................... 20 Untersuchung des Seuchenfalls, polizeiliche Anordnung .... 28, 62 der seuchengefährdeten Thiere 62 bei der Beschälseuche 196, 197 beim Bläschenausschlag 198 bei Lungenseuche 186 beim Milzbrand . ........................................................................ 149 bei der Pockenseuche 195 bei der Räude 199 beim Rauschbrand und der Wildseuche s. Milzbrand, bei Rotz161, 166 bei Schweinepest 343 Urkunde über den tierärztlichen Befund 284 bei Meinungsverschiwenheiten der Sachverständigen . . . 284, 235 über das Schätzungsergebniß 233, 288 Ursprungszeugnisse.............................................................................................. 309

Werbot der Einfuhr seuchekranker Thiere beim SeuchenauSbruch überhaupt

20 308

379 Seite 310 bei Rinderpestausbruch von Schweinen aus Oesterreich-Ungarn 348 Verbrauch und Verkauf von Theilen kranker Thiere ... 73, 151, 159 Verdacht der Seuche 12 Anzeigepflicht bei denselben 22 bei Lungenseuche ................................................................................................188 bei Maul- und Klauenseuche 169 bei Rotz 164 bei Toüwuth 157, 158 Verdächtige Thiere Absonderung, Beobachtung, Bewachung 45 AnsteckungSverdachi.................................................................................................13 Begriffsbestimmung 12 Seuchenverdacht........................................................................................................13 deren Tran-Port 49 deren Zerlegung 8q Verfahren, seuchenpol., bei Differenzgutachten hinsichtlich der Konstatirung des SeuchenauSbrüche-................................................................... 81

Berarabung der Kadaver f. Kadaver. Verheimlichung der SeuchenauSbrüche 48 Verkehr-beschränkungen für seuchenkranke und verdächtige Thiere 49 Anzeige hievon an den Reichskanzler 21, 247 Bemnntmachuna derselben..................................................................................... 21 bei der Lungenseuche 183 u. f. bei der Maul- und Klauenseuche 169 u. f. bei der Pockenseuche 194, 195 beim Rotz 77, 80, 165—169 BerkehrSinteressen, Berücksichtigung derselben 40 Verletzungen an Händen, Ausschluß solcher Personen von der Warwng kranker Thiere 150, 162 Veröffentlichung der SeuchenauSbrüche 68 bet der Beschälseuche 196 bei Influenza der Pferde 841 bei der Lungenseuche 182 bei Maul- und Klauenseuche 170 bei der Pockenseuche 191 bei der Räude 199 beim Rotz 161 bei der Tollwuth 156 Verordnung, bayerische, den Vollzug deS Btehseuchengesetzes und deS bayer. AuSführungSgesetzes hiezu betr 244 bayerische, die Entschädigung für Biehverluste in Folge von Milz­ brand betr 268 Verscharrn ngSplütze 152 beim Vollzug des bayer. Milzbrand-EntschädigungSgesetzeS . . . 284 Reinigung und Desinfektion derselben 204, 209 Versicherungssummen aus Privatverträgen, deren Anrechnung aus die Entschädigung 117 Verständigung von SeuchenauSbrüchen durch die OrtSbehörden 161, 182 Verwaltung-zwangs-Verfahren, Beitreibung der Kosten 240, 242 Verzeichniß für die Erhebungen hinsichtlich des SeuchenauSbruchS bei Lungenseuche 185 (§ 78) für die Feststellung der Jnfluenzafälle während deS JahreS . . 341

380

Sette Biehausstellungen, deren Beaufsichtigung 34 Biehbeschauer, deren Anzeigepslicht ...................................................... 22, 23 Bieheinsuhr aus Holland......................................................................................... 818 auf dem Seewege 319 Kieheinfuhrverbote 317 Viehhändler, Verbot des Betretens der Seuchenstallungen .... 177 Vieh Händlerstallung en, deren Beaufsichtigung und Desinsektton 34, 57 Biehmärkte, deren Beaufsichtigung..........................................................................34 Desinfektton derselben 57 Einstellung 60 bei Maul- und Klauenseuche 60, 61 Biehpässe 309 Biehregister 293, 312 Biehrevisionen, allgemeine 62, 63 in den Grenzbezirken . 21 bei der Lungenseuche 183 bei der Maul- und Klauenseuche 178 beim Rotz 162 Biehschmuggel 319 Viehseuchen-Einschleppung vom Auslande, Besttmmungen . . 317-319 Viehseuchen, Gesetz v. 1. Mai 1894 7 Novelle 7 vervollständigtes Gesetz 12 s. auch Seuchen. Vie Hseuchen-Uebereinkommen mit Oesterreich-Ungarn 308 Absperrung ganzer Gebiete............................................................................. 315 Außerbetrachtbleiben für die Seuchengesetzgebungen 311 Beanstandung von Sendungen und Transporten 310 Befugnisse der Commissäre 311 Begrenzung der Tragweite 314 Begünstigung der Wirthschaftsbesitzer in den Grenzbezirken beim Bezug von Nutz- und Zuchtvieh...........................................................316 Beschränkung desselben auf Eintrittsstattonen 309 Beschränkung und Verbot der Einfuhr beim Seuchenausbruch . 311 thierärztliche Bescheinigung für einzusührende Thiere 309 Bestimmungen hinsichtlich der Dauer des Uebereinkommens . . 313 Besttmmungen hinsichtlich Desinfektton der Eisenbahnwagen . . 312 Einfuhr mittels Eisenbahn- und Schisfstrausporten............................. 309 Einfuhr thierischer Produkte (Talg, Fett) 310 Einzelpässe für Pserde, Maulthiere, Esel und Rindvieh .... 309 Evidenthaltung des Viehbestandes beim Grenzübertritt und bei der Rückkehr 312 Gegenseitige Anerkennung der Desinsektionsmaßnahmen . . . . 312 Grenrverkehr in Bezug auf Arbeitsvieh 312, 313 fakultative Einschränkung desselben..................................................... 318 obligatorische Einschränkung desselben 313 durch Nachweis von Zeugnissen 313 Modus der Zurückweisung 310 Nachweisungen über Thierseuchenverbrettung 311 Provenienzen-Gilttgkeit 314 Ratifikation 318 Seuchenausbrüche in den Grenzbezirken 312 Sperrgebietssestsetzung durch Notenwechsel 815

381

Seite Tragweite des Lungenseucheausbruchs auf d. Einfuhrbestimmungen 310, 311 Ueberwachung des Gesundheitszustandes der Thiere durch Commissäre 311 Ursprungszeugnisse......................................................................... • . ?09 deren Präcisirung........................ '.................................... 312 Verbot der Einfuhr bei Rinderpestausbruch................................... . 310 Verkehr mit Thieren in den beteiligten Ländern ...... 808 Verständigung aus telegraphischem Wege bei Rinderpestausbruch . 312 BollzugSbestimmungen zu demselben........................................................... 316 für Bayern............................................... 316 Viehs euch en-Unterdrückung im Jnlande............................................................. 22 Viehtransport im durchgehenden Eisenbahnverkehr mit verschlossenen Waggons..................................................................................................... 315 Verbot jeder Um- und Zuladung hiebei . . ......................................... 315 Biehverkäuse, öffentliche Beaufsichtigung derselben ...................................... 34 Biehverkehr auf öffentlichen und gemeinschaftlichen Straßen . . . 289 Beschränkung desselben ...................................................... 49 BolkSthümliche Bezeichnungen beim Milzbrand .... 280, 290 beim Rauschbrande............................................................ 280, 289, 290, 321 bei der Wildseuche.................................................................. 289, 290, 331 BollzugSbestimmungen zum Biehseuchengesetze: inflruktionelle........................................................................................................... 145 bayerische.................................................................................... 229, 244, 250 preußische......................................................................................... 295, 304 zum bayerischen Milzbrand-EntschädigungSgesetz . . 288, 289, 292 zum Biehseuchen-Uebereinkommen mit Oesterreich-Ungarn . . . 316 BorbauungSimpsung.................................... 97 BorbauungSmittel, bei Jirfluenza der Pferde .................................... 339 bei Maul- und Klauenseuche............................. 86 bei Milzbrand.....................................................................................................284 bei Rauschbrand.................................................................................... 289, 328 bei Rinder- und Wildseuche............................................................ 289, 333 bei Schweinepest ............................................................................................... 342 bei Schweinerothlauf.........................................................................................345 bei Schweineseuche 347 Borbauungsverfahren nach dem Viehseuchengesetze überhaupt . . 42 gegenüber der Lungenseuche......................................................................92 u. f. der Maul- und Klauenseuche....................................................................86 dem Milzbrand.........................................................................................284 dem Rauschbrand ...................................................... 284, 328, 329 der Brustseuche ...............................................................................339 der Rothlaufseuche der Pferde .........................................................339 der Rothlaufseuche der Schweine......................................................... 345 der Schweinepest......................................................................................... 342 der Schweineseuche................................................................................... 317 dem seuchenarngen Catarrh der Luftwege ................................... 339 der Wildseuche ............................................................ 284, 328, 333 Vorschriften, nach dem Biehseuchen-Uebereinkommen mit OesterreichUngarn gemeinsame über Lungenseuchetilgung............................................................ 314 besondere bei Divergenz der Maßnahmen............................................... 315 beim AuSbruch der Seuche unter dem Weidevieh im Auslande 312 Desgleichen während deS Transportes................................................312 über Weideverkehr in den betheiligten Grenzländern . . . 312

382

Sette Sicherheit-maßregeln im Falle der Rückbrmgung 312 besondere, in Bezug auf Maul- und Klauenseuche in Bayern . . 320 in Bezug auf Fleischbeschau in Bayern..................................................... 283 Borsetzkrippen, deren Desinfektion 204, 211, 212 Vorsteher de- SeuchenorteS, Pflichten desselben................................................. 28

in Preußen 302 Wagen, Reinigung und Desinfektion 206 Wagendeichseln, Desinfektion.............................................................................211 Wände, Reinigung und Desinfektion 208 Wartung rotzkvanker Thiere.........................................................................................162 beim Milzbrand 15Q Wasenmeister, deren Anzeigepflicht 22 Wasenordnungen in Bayern 56, 158 deren Bedeutung für die Bekämpfung des Rauschbrandes . . . 289 Wasserdämpfe als Desinfektionsmittel 203, 205 Wasserscheu 71, 274 Wege, deren Reinigung und Desinfektion 57 Wegfall der Entschädigung nach dem Reichsviehseuchengesetze 117 -122 nach dem bayerischen Milzbrand-Entschädigungsgesetze .... 281 Weide, Ausbruch der Maul- und Klauenseuche auf solchen .... 179 der Lungenseuche 188 des Milzbrandes 282, 292 des Rauschbrandes 329, 330 der Wildseuche s. Milzbrand Werdegang, Verbot desselben 49 Beschränkung bei der Lungenseuche 188 Maul- und Klauenseuche 171 Pockenseuche 192, 194 Räude 200 Weidesperre 50 bei der Lungenseuche 188 . • 179 bei der Maul- und Klauenseuche bei der Pockenseuche 194, 195 bei der Räude 201 Weidevorsteher an der österreichischen Grenze 312 Werthangabe bei Pferden hinsichtlich der Tödtung 162 (§35) Werthbestimmung bei Biehabschätzungen 118, 281 bei Milzbrand-Entschädigung 280, 281 Werthermittelung 117, 232 bei Milzbrand-Entschädigung 285 Wiederkäuer, Einfuhrverbot für Rußland 317 s. auch Maul- und Klauenseuche Wiener-Neustadt, Contumazanstalt Wild, Mlzbrand desselben Wildseuche Ansteckunasstofs Anzeigepflicht . . . . : Entschädigung Erscheinungen und Verlauf derselben

348 66, 153

332, 333 26 289, 333 332

383

Sette Jnkubatiorrsdauer Strafverbindlichteil 286, Borbeuge gegen dieselbe Vorkommen und Verbreitung f. auch Milzbrand und Rauschbrand Wirth schaftSbesitzer in den Grenzbezirken, deren Befugnisse beim Biehverkehr Wirthschaftsvorsteher, dessen Anzeigepslicht bei Viehseuchen ... Wolle räudekranker Schafe Wurm, Wurmkrankheit s. Rotz. Wuth, Wuthkrankheit s. Tollwuth.

333 287 333 331

316 22 201

3* Iaumzeug, Desinfektion desselben Zerlegung verdächtiger Thiere behufs Seuchenfeststellung

206, 211 30

Anordnung derselben........................................................................ 245, 246 Verfahren bei derselben 148, 214—248 Beaufsichtigung derselben 246 s. auch Obduktion und Tödtung. Zeugnisse beim Bichseuchenübereinkommen 309, 314 bei Untersuchung der Schweine........................................................................ 343 Ziehhunde, Benutzung derselben bei den Maßregeln gegen die Wuch 157 Zuchthengste, öffentliche, deren Beaufsichtigung.........................34, 248, 253 bei Verbreitung der Beschälseuche.................................................................. 197 Zuchtthiere, öffentliche, deren Beaufsichtigung 34 Kosten der Beaufsichtigung..............................................................................240 Beschränkung der Verwendung bei Beschälseuche und Bläschen­ ausschlag 197, 198 Zusammenziehungen von Vieh- und Pferdebeständen, deren Beauf­ sichtigung ..............................................................................................................34 Zuständigkeiten der beamteten Thierärzte u. zwar nach dem Reichsgesetz 28 30, 32, 34, 50, 53, 73, 76, 78, 81, 91, 99, 103, 104,107, 108, 148 nach der Bundesrathsinstruktion 149,150, 15.?, 156, 160, 161, 162, 164, 165, 166, 68, 169, 171, 176, 180, 181, 182, 183—185, 189—191, 103, 196, 197, 198, 199, 200, 202 nach den bayerischen Landesgesetzen 232—234, 240, 244, 246, 250, 253, 278, 290, 291, 293, 294 nach dem Biehseuchen-Uebereinkommen mit Oesterreich-Ungarn 309 nach exceptionellen Vorschriften 343 nach den preußischen Landesgesetzen 296, 299, 300, 301, 804, 306 der Aufsichts- und Vollzugsorgane s. Behörden. Zutrieb von Thieren in Schlachtviehhöfe 109 Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des Reichsgesetzes betr. Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen . . 125, 127 gegen die Bestimmungen des Reichsgesetzes betr. die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderungen auf Eisenbahnen 131 gegen die Bestimmungen des bayerischen Milzbrand-Entschädigungs­ gesetzes ................................................................................................. 281, 282 gegen die Absperrungsmaßregeln (das Biehseuchenübereinkommen mit Oesterreich-Ungarn) überhaupt 125, 126 gegen die Vorschriften über Fleischbeschau 23, 282, 283.

Druckfehler-Berichtigung

Seite 13 Zeile 14 von unten lies Mot. z. G. vom 23. Juni 1880 statt 1881.

Seite 17 Zeile 16 von unten lies vom 1. Mai 1894 statt vom 24 Mai 1894. Seite 23 Zeile 1 von unten lies KchwH- statt Schutze.

Seite 31 Zeile 16 von oben lies gfotirrfadflmg statt Unterstützung. Seite 38 Zeile 6 von unten lies schwsfew statt chaffen. Seite 98 Absatz 4 von oben lies „immerhin ist solche bei der Maul- und Klauenseuche-Impfung,

Nicht, wie

die facttsche Ueber-

ttagung der Seuche" statt „auch, wie bei der Maul- und Klauen­

seuche, nicht die facttsche Ueberttagung der Seuche." Seite 107 Zeile 19 von oben lies DrwchewwN statt Bürkenau.

Seite 113 Absatz 4 von unten lieS „Aus diesem Grunde käme, wenn die Impfung den Tod des Thieres zur Folge haben sollte, die

felde iw ihrer Wirkrmg >tr ESdtwwg Gleich

statt „der­

selben im Effette die Wirkung der Tödtung zu."

Seite 142 Zeile 26 von unten lies die Waschung der Thiere bei allen verschiedenen Krankheiten, statt der bei allen verschiedenen Krank­ heiten.

Seite 166 Zeile 3 von oben lies 1885 statt 1895. Seite 166 §46 ergänze ant Rande der erstell Zeile dieses Paragraphen:

,,d. der AwfteMwws verdächtige Pferde." Seite 241 Zeile 2 von oben lies zu bilden , während statt zu bilden während.