Die Deutsche Post- und Telegraphen-Gesetzgebung: Nebst dem Weltpostverlag und dem Internationalen Telegraphenvertrag, und dem Internationalen Funkentelegraphenvertrag [6. Aufl., Reprint 2021] 9783112432341, 9783112432334


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German Pages 580 [620] Year 1909

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Die Deutsche Post- und Telegraphen-Gesetzgebung: Nebst dem Weltpostverlag und dem Internationalen Telegraphenvertrag, und dem Internationalen Funkentelegraphenvertrag [6. Aufl., Reprint 2021]
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Ausführliches Verzeichnis der

Guttentagschen Sammlung

Deutscher Nrtchsund Preußischer Gesetze — Text-AuSgaben mit Anmerkungen; Taschenformat — welche alle wichtigeren Gesetze in unbedingt zu­ verlässigen Gesetz es texten und in mustergültiger Weise erläutert enthält, befindet sich hinter dem Sachregister.

Nr. 7.

Guttentag'sche Sammlung Deutscher Neichsgesrhr. Nr. 7. Text-Ausgaben mit Anmerkungen.

Die Deutsche PchMtleMhen-AchetW.

Rebst btn Weltpostverträgen, dem Internationalen Telegraphenvertrag und dem Internationalen Fnnkentelegraphenvertrag. Text-AuSgabe mit Anmerkungen und Sachregister

von

Dr. P. D. Fischer, Wirklicher Geheimer Rat. Fortgeführt von

Dr. jur. M. König, Geheimer Ober-Postrat und vortragender Rat im Reichs-Postamt, Mitglied des Preuß. Abgeordnetenhauses. Sechste Auslage.

Berlin 1908. I. Gutlentag, Verlagsbuchhandlung,

G. m. b. H.

Vorbemerkung. Die Erweiterung, welche die Deutsche Post- und Telegraphengesetzgebung durch die Novelle zum Telegraphengesetz in Verbindung mit dem Inter­ nationalen Funkentelegraphenvertrag erfahren hat, der Abschluß eines neuen WeltpostvertragS und der Erlaß einer neuen Telegraphenordnung sowie die inzwischen eingetretenen zahlreichen Änderungen der

Postordnung und der Ausführungsbestimmungen zur Fernsprechgebühren-Ordnung haben das Erscheinen einer Neuauflage notwendig gemacht. Eine Er­ weiterung ist insofern eingetreten, als auch die Neben­ verträge zum Weltpostvertrag sowie der Inter­ nationale Funkentelegraphenvertrag und eine Zu­ sammenstellung auf das Post- und Telegraphenwesen bezüglicher gerichtlicher Entscheidungen Aufnahme gefunden haben. Berlin, April 1908.

Dr. König.

Inhalt. Seite I. Verfassung des Deutschen Reichs, Abschn. VIII über daS Post- und Telegraphen­ wesen .................................................................10

Postwesen. II. Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs, vom 28. Oktober 1871 .... 18 III. Gesetz, betreffend die Abänderung des § 4 des Gesetzes über das Postwesen des Deutschen Reichs, vom 20. Dezember 1875 (Eisenbahn-Postgesetz)...................................... 51 IV. Vollzugsbestimmungen zum EisenbahnPostgesetz ........................................................... 65 V. Gesetz über das Posttaxwesen im Gebiete des Deutschen Reichs, vom 28. Oktober 1871...................................................................... 88 VI. Gesetz, betreffend einige Abänderungen des Gesetzes über das Posttaxwesen im Gebiete des Deutschen Reichs, vom 17. Mai 1873 (Posttaxnovelle). ... 95 VII. Gesetz, betreffend Abänderung des Gesetzes über das Postlaxwesen, vom 3. Novbr. 1874 ............................................................... 99

Inhalt. VIII. Gesetz, betreffend einige Änderungen von Bestimmungen über daS Post­ wesen, vom 20. Dezember 1899 (Post gesetznovelle).......................................... IX. Gesetz, betreffend Änderung deS Ge­

X.

XI. XII. XIII.

XIV.

XV. XVI.

setzes über das Posttaxwesen, vom 11. März 1901..................................... Gesetz, betreffend die Portofreiheiten im Gebiete des Norddeutschen Bundes, vom 5. Juni 1869................................ Postordnung, vom 20. März 1900 Weltpostvertrag vom 26. Mai 1906 Wertbrief - Übereinkommen vom 26. Mai 1906 ..................................... Postanweisungsübereinkommen, vom 26. Mai 1906 ..................................... Postpaket-Vertrag, vom 26. Mai 1906 Postaustrags - Übereinkommen, vom

26. Mai 1906 ..................................... XVII. Zeitungs - Übereinkommen, vom 26. Mai 1906

.....................................

7 Seite

101

112

114 125 257

302 322 339 367

378

Telegraphenwesen. XVIII. Gesetz über das Telegraphenwesen des Deutschen Reichs, vom 6. April 1892 XIX. Telegraphenwege-Gesetz, vom 18. De­ zember 1899 .......................................... XX. Ausführungsbestimmungen zum Tele­ graphenwegegesetz, vom 26. Januar 1900.........................................................

387

396

410

8

Inhalt. Seilt XXI. Telegraphenordnung, vom 16. Juni 1904...................................................... XXII. Internationaler Telegraphenvertrag, vom 10/22. Juli 1875 ....................

417

470

Fernsprechwesen.

XXIII. Fernsprechgebühren - Ordnung, vom 20. Dezember 1899 ......................... XXIV. Ausführungsbestimmungen zur Fern­ sprechgebühren - Ordnung, vom 26. März 1900 .................................. XXV. Bestimmungen über Fernsprechneben­ anschlüsse, vom 31. Januar 1900 .

481

492

509

Funkentelegraphenweseu.

XXVI. Gesetz, betreffend die Abänderung des Gesetzes über das Telegraphenwesen des Deutschen Reichs, vom 7. März 1908 ...................................................... XXVII. Internationaler Funkentelegraphen­ vertrag, vom 3. November 1906 . .

XXVIII. Verordnung, betreffend die gebühren­ freie Beförderung von Telegrammen, vom 2. Juni 1877 ......................... XXIX. Anhang: Gerichtliche Entscheidungen

514

517

533 539

Sachregister................................................................ 559

Abkürzungen. ÄBl. = Amtsblatt des Reichs-Postamts. ADA. = Allgemeine Dienstanweisung für Poft und Tele. graphie. BG. ---- Bundesgesetz. BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch. BGBl. — Bundesgesetzblatt. BV. — Verfassung des Norddeutschen Bundes. FGO. = Fernsprechgebühren-Ordnung. G. = Gesetz. HGB. — Deutsches Handelsgesetzbuch. JFTV. — Internationaler Funkentelegraphenvcrtrag. JTV. — Internationaler Telegraphenvertrag. PostGN. — Postgesehnovelle. PO. — Postordnung. PrGS. — Preußische Gesetzsammlung. RG. — Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. RGSt. — Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen. RGBl. = Reichs-Gesetzblatt. RPA. = Reichs-Postamt. RD. — Verfassung des Deutschen Reichs. StB. — Stenographische Berichte des Reichstages. StrGB. — Deutsches Strafgesetzbuch. Tel. = Telegraphie. TG. = Telegraphengeseh TGN. ----- Telegraphengesetznovctle. TO. — Telegraphenordnung. WPV. — Weltpostvertrag. ZBl. — Zentralblatt für das Deutsche Reich.

I.

Verfassung des Deutschen Deichs vom 16. April 1871.

Abschnitt VIII. Post- und Telrgraphenwesen. RGBl. S. 76—78. AuSgegeben zu Berlin den 20. April 1871. In Elsaß-Lothringen eingeführt durch Verordnung nenn

14. Oktober 1871. (GBl. für Elsaß-Lothringen S. 347).

Art. 48. Das Postwesen und das Telegrapheu­ wesen werden für das gesamte Gebiet des Deutschen Reichs als einheitliche Staatsverkehrsanstalten ein­ gerichtet und verwaltet. Die im Artikel 4 vorgesehene Gesetzgebung des Reichs in Post- und Telegraphenangelegenheilen erstreckt sich nicht auf diejenigen Gegenstände, deren Regelung nach den in der Norddeutschen Post- und Telegraphenverwaltung maßgebend gewesenen Grund­ sätzen der reglementarischen Festsetzung oder admini­ strativen Anordnung überlassen ist. a. Das Post- und Telegraphenwesen unterliegt, nach Art. 4 Nr. 10 der RD., der Beaufsichtigung und der Gesetz­ gebung des Reichs, jedoch in Bayern und Württemberg nach Maßgabe der Bestimmung im Art. 52.

I. Reichsverfaffung.

Abschn. VIII.

11

b. Die Mitwirkung des Bundesrates bei Ausübung der dem Reich bezüglich deö Post- und Telegraphenwesens -ustehenden Befngnifle regelt sich nach den allgemeinen Vorschriften in Art. 6—10 der RD. Gemäß Art. 8 Nr. 5 besteht im BundeSrat ein dauernder Ausschuß für Eisen­ bahnen, Post und Telegraphen. c. Die Verwaltung deS Reichspost- und Telegraphen, wesenö, welche kraft Erl. v. 18. Dez. 1867 (BGBl. S. 328) unter Leitung des Reichskanzlers vom Kaiserlichen Generalpostamt und von der Kaiserlichen Generaldirektion der Telegraphen geführt wurde, war durch Erl. v. 22. Dez. 1875 (RGBl. S. 379) v. 1. Jan. 1876 ab zu einem einheitlichen Restart unter der Leitung deS Generalpoft, meisters verbunden worden, unter dem die Postangelegenhciten vom Generalpoftamt, die Telegraphenangelegenheiten vom Generaltelegraphenamt verwaltet wurden. Nach dem Erl. v. 23. Febr. 1880 (RGBl. S. 25) führt die oberste Post- und Telegraphenbehörde die Bezeichnung: „ReichS-Postamt", der Generalpostmeister den Titel: „Staatssekretär deS Reichs-PostamtS". Wegen der Vertretung deS Reichskanzlers durch den Staatssekretär vgl. G. v. 17. März 1878 (RGBl. S. 7).

Art. 49. Die Einnahmen des Post- und Tele­ graphenwesens sind für das ganze Reich gemein­ schaftlich. Die Ausgaben werden aus den gemein­ schaftlichen Einnahmen bestritten. Die Überschüsse fließen in die Reichskasse (Abschnitt XII).

Art. 50. Dem Kaiser gehört die obere Leitung der Post- und Telegraphenverwaltung an. Die von ihm bestellten Behörden haben die Pflicht und das Recht, dafür zu sorgen, daß Einheit in der Organi­ sation der Verwaltung und im Betriebe des Dienstes,

12

I. Reichsverfassung. Abschii. VIII.

sowie in der Qualifikation der Beamten hergestellt und erhalten wird. Dem Kaiser steht der Erlatz der reglementarischen Festsetzungen und allgemeinen administrativen An­ ordnungen, sowie die ausschließliche Wahrnehmung der Beziehungen zu anderen Post- und Telegraphen­ verwaltungen zu. Sämtliche Beamte der Post- und Telegraphen­ verwaltung sind verpflichtet, den Kaiserlichen An­ ordnungen Folge zu leisten. Diese Verpflichtung ist in den Diensteid aufzunehmen. Die Anstellung der bei den Verwaltungsbehörden der Post und Telegraphie in den verschiedenen Be­ zirken erforderlichen oberen Beamten (z. B. der Direktoren, Räte, Oberinspektoren), ferner die An­ stellung der zur Wahrnehmung des Aufsichts- usw. Dienstes in den einzelnen Bezirken als Organe der erwähnten Behörden fungierenden Post- und Tele­ graphenbeamten (z. B. Inspektoren, Kontrolleure) geht für das ganze Gebiet des Deutschen Reichs vom Kaiser aus, welchem diese Beamten den Diensteid leisten. Den einzelnen Landesregierungen wird von den in Rede stehenden Ernennungen, soweit dieselben ihre Gebiete betreffen, behufs der landesherrlichen Bestätigung und Publikation rechtzeitig Mitteilung gemacht werden. Die anderen bei den Verwaltungsbehörden der Post und Telegraphie erforderlichen Beamten, sowie alle für den lokalen und technischen Betrieb be-

I. Reich-Verfassung.

13

Abschn. VIII.

stimmten, mithin bei den eigentlichen Betriebsstellen

fungierenden Beamten usw.

werden von

den be­

treffenden Landesregierungen angestellt.

Wo

eine

selbständige

graphenverwaltung

nicht

Landespostbesteht,

resp.

Tele-

entscheiden

die

Bestimmungen der besonderen Verträge. a. Vgl. Anm. c zu Art. 48. Sämtliche Post- und Telegraphenbehörden sind ReichSbehörden und werden als Kaiserliche Post- bzw. Telegraphenbehörden bezeichnet. Erl. v. 3. Aug. 1871 (RGBl. S. 318). b. Nach RG. v. 31. März 1873, bett, die Rechts­ verhältnisse der Reichsbeamten, § 2 sind die Post- und Telegraphenbeamten sämtlich Reichsbeamte. Zur Herstellung der Einheit in der Qualifikation der Beamten dienen die .Vorschriften über die Annahme, Ausbildung und Prüfung der Anwärter für den höheren Dienst der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltnng- v. 18. April 1908 (ABl. S. 125ff.) sowie die Vorschriften über die Annahme und Anstellung von Anwärtern für die mittlere Laufbahn im Post- und Tele­ graphendienste v. 1. Jan. 1900 nebst den Anweisungen für die Assistenten- u. Sekretärprüfung (ABl. 1900 S. 2 ff.). c. Insoweit Postverträge mit fremden Staaten sich auf solche Gegenstände beziehen, die nach Art. 4 Nr. 10 u. Art. 48 Abs. 2 der RV. in den Bereich der Reichsgesetzgebung ge­ hören, ist nach Art. 11 zu ihrem Abschluß die Zustimmung deS Bundesrates und zu ihrer Gültigkeit die Genehmigung deS Reichstages erforderlich. Vgl. Posttax°G. (Nr. V) § 11, Anm. a u. b. Beim Abschluß der Telegraphenverträge findet gemäß Art. 48 RV. eine Mitwirkung des Bundes­ rates und des Reichstages nicht statt. d. Ter Diensteid aller Reichsbeamten, deren Anstellung vom Kaiser ausgeht, ist durch V. v. 29. Juni 1871 (RGBl. S. 303) auf Grund des Art. 18 RV. normiert worden. Für die Beamten in Elsaß-Lothringen schreibt

14

I. Reichsverfassung. Abschn. VITT.

daS G., beir. die Vereidigung der Staatsbeamten vom 20. Sept. 1871 (GBl. f. Elsaß-Lothringen 339) die Form des Diensteides vor. e. Gemäß der im letzten Abs. gedachten Verträge übte Preußen daS Postregal auS in Hessen, den Thüringischen Staaten mit Ausnahme von Altenburg, in Anhalt, Waldeck und beiden Lippe; die Verwaltung deS PostwesenS in Altenburg stand der Krone Sachsens zu. — Die Ausübung der Telegraphie stand Preußen vertragsmäßig zu in Sachsen, Hessen, Braunschweig, Anhalt, den Fürstentümern Schwarz« bürg, Waldeck, Lippe und Reuß ä. L. Von denjenigen Bundesstaaten, welche eine selbständige Post- und Tel.Verwaltung besaßen, hat Oldenburg daS Anstellungsrecht aus Art. 50 an daS Reich übertragen; in Sachsen, Baden, beiden Mecklenburg und Braunschweig ist die Ausübung dieses Rechts durch besondere Vereinbarungen geregelt; in Altenburg ist nach Aufhebung deS mit Sachsen bestandenen Vertrages daS Anstellung-recht ebenfalls dem Reiche über­ tragen worden. In den Hansestädten werden auf Grund des Art. 51 BD. alle Post- und Telegraphenbeamten vom Kaiser angestellt.

Art. 51. Bei Überweisung beb Überschusses der Poftverwaltuug für allgemeine ReichSzwecke (Art 49) soll, in Betracht der bisherigen Berschiebmheit der von den Landes-Postverwaltungen der etuielnen Gebiete erzielten Reineinnahmen, zum Zwecke einer ent­ sprechenden Ausgleichung während der unten festge­ setzten Übergangszeit folgendes Verfahren beobachtet werden. AuS den Poftüberfchüffen, welche in den einzelnen Poftbezirken während der fünf Jahre 1861 bis 1865 aufgekommeu find, wird ein durchschnittlicher Jahresüberfchuh berechnet, und der Anteil, welchen jeder

I. Reichsverfaffung.

Abschn. VH!.

15

rin,eine Postbeztrk au dem für das gesamte Gebiet deß Reich» fich danach herauSftelleaden Poftüberschüffe gehabt hat, nach Prozenten sestgestellt. Rach Maßgabe deS auf diese Weife festgestellteu BerhSltutffeS werden de« »inzelae« Staate« wihreud der auf ihren tztutrttt tu die ReichS-Postverwaltuug folgende« acht Jahre die fich für fie ans den im Reiche aufkommendru Poftüberschüffe« ergebenden Quote« aus ihre soufttgru Beitrüge zu Reichszwecken zugute gerechnet. Rach Ablauf der acht Jahre hört jene Unterscheidung auf, und fliehen die Poftüberschüffe in ungeteilter Aufrechnung »ach dem im Artikel 49 enthaltenen Sruudsatz der ReichSkaffr zu. Bou der während der oorgedachten acht Jahre für dir Hansestädte fich hrrauSftelleude« Quote des Poft, überschuffes wird alljährlich vorweg die Hälfte dem Kaiser zur Disposition gestellt r« dem Zwecke, daraus zunächst die Kosten für die Herstelluug normaler Posteinrichtungen tu dru Hansestädten zu bestreiten. Die Übergangsbestimmung des Art. 51 ist,

nachdem

die in der Nordd. Bundesverfassung angcordneten, mit dem I. Jan. 1868 begonnenen acht Jahre Ende 1875, für Baden 1879, abgelaufen waren, außer Kraft getreten.

Art. 52. Die Bestimmungen in den vorstehenden Artikeln 48 bis 51 finden auf Bayern und Württem­ berg keine Anwendung. An ihrer Stelle gelten für beide Bundesstaaten folgende Bestimmungen. Dem Reiche ausschließlich steht die Gesetzgebung über die Vorrechte der Post und Telegraphie, über

16

I. ReichSverfafsung.

Abschn. VIII.

die rechtlichen Verhältnisse beider Anstalten zum Publikum, über die Portofreiheiten und das Post­ taxwesen, jedoch ausschließlich der reglementarischen und Tarifbestimmungen für den internen Verkehr innerhalb Bayerns, beziehungsweise Württembergs, sowie, unter gleicher Beschränkung, die Feststellung der Gebühren für die telegraphische Korrespondenz zu. Ebenso steht dem Reiche die Regelung des Postund Telegraphenverkehrs mit dem AuSlande zu, ausgenommen den eigenen unmittelbaren Verkehr Bayerns, beziehungsweise Württembergs mit seinen dem Reiche nicht angehörenden Nachbarstaaten, wegen dessen Regelung es bei der Besttmmung im Artikel 49 des PostvertrageS vom 23. November 1867 bewendet. An den zur Reichskasse fließenden Einnahmen des Post- und Telegraphenwesens haben Bayerri und Württemberg keinen Teil. a. Diese Sonderstellung beruht auf den Versailler Verträgen mit Bayern v. 23. Nov. 1870 zu III § 4 (BGBl. 1871 S. 9) und mit Württemberg v. 25. Nov. 1870 Art. 2 Nr. 4 (BGBl. 1870 S. 654).

b. Wegen Regelung deS Verkehrs mit dem Auslande vgl. Art. 50 u. Anm. c daselbst. c. Der Postvertr. zwischen dem Nordd. Bunde, Bayern, Württemberg u. Baden v. 23. Nov. 1867 (BGBl. 1868 S. 41) bestimmt im Art. 49 Abs. 2 ff. „®ci dem Abschluffe von Postverträgen mit fremden Regierungen wird, wenn zwei oder mehrere der Teilnehmer des gegenwärtigen Vertrages mit einem und demselben ausländischen Staate in unmittelbarem Postverkehr stehen oder in solchen eintreten wollen, diejenige Postverwaltung,

I. Neichsverfassung.

Abschn. VIII.

17

welche den Abschluß eines neuen Vertrages beabsichtigt, den anderen beim direkten Postverkehr mit dem betreffenden Lande beteiligten Postverwaltungen von ihrer Absicht Kenntnis geben zum Zwecke der Herbeiführung einer Ver­ ständigung über das in dem Verhältnisse zu dem fremden Lande einzuhaltende übereinstimmende Verfahren und der Geltendmachung der bezüglich des Deutschen Postwesens bestehenden gemeinsamen Interessen. Insoweit als eine solche Verständigung stattgefunden hat, werden die dabei beteiligten Postverwaltungen sich bemühen, den Abschluß der neuen Verträge in Gemein­ schaft zu bewirken, wobei eine Bevollmächtigung eines der kontrahierenden Teile durch den anderen nicht aus­ geschlossen ist. In allen Füllen wird durch die Verträge dahin Vor­ sorge getroffen werden, daß die Erleichterungen, welche dem Postverkehr deS betreffenden Auslandes mit dem Gebiet der vertragschließenden deutschen Verwaltung zu teil werden, in gleicher Weise und unter denselben Bedingungen auch auf den durch diese Verwaltung stückweise vermittelten Korrespondenzverkehr anderer deutscher Postgebiete mit dem betreffenden AuSlande zur Anwendung gelangen. Die Annahme der in den Verträgen mit dem AuSlande vereinbarten Bestimmungen soll für alle Teilnehmer des gegenwärtigen Vertrages obligatorisch sein, sobald bei den Festsetzungen über den Portobezug nicht unter das interne deutsche Porto hcruntergegangen ist. Hat in besonderen Fällen ein niedrigeres Porto vereinbart werden niüssen, so bleibt die Teilnahme an den Bestimmungen des be­ züglichen Vertrages dem Ermeffen der einzelnen Postverwaltinigen anheiingestel't."

3 i j rtj e v - M ii u ig, Post-11. Tetegraphengeictz. 6. Wust.

II.

Gesetz über daS Postwesen deS Deutschen Reichs. Dom 28. Oktober 1871. RGBl. S. 347—358. Ausgegeben zu Berlin den 1. Noo. 1871. Gesetzeskraft mit dem 1. Januar 1872 (§ 52). In Elsaß-Lothringen eingeführt durch G. v. 4. 9iob. 1871. (GBl. f. Elsaß-Lothringen S. 348—360), in Helgoland durch Verordnung b. 22. März 1891 (RGBl. S. 21) am 1. April 1891. a. Das PostG. ist abgeändert durch daS EisenbahnPostG. v. 20. Dez. 1875 (Nr. DI) und die PostGN. b. 20. Dez. 1899 (Nr. VIII). b. Zum Gesetz über daS Postwesen deS Deutschen Reichs sind zwei ausführliche Kommentare erschienen: Asch enborn, Das Gesetz über daS Postwesen des Deutschen Reichs, Berlin 1908 bei Springer, und Dambach-b. Grimm, DaS Postgesetz b. 28. Oktober 1871, 6. Ausl., Berlin 1901 bei Schötz. c. Vorläufer des Reichs-PostgesetzeS sind das preuß. PostG. b. 5. Juni 1852 und das Gesetz über das Post­ wesen des Norddeutschen Bundes b. 2. Nob. 1867 (BGBl. S. 61), das sich hauptsächlich an das Gesetz b. 5. Juni 1852 anlehnte, aber auch das PostG. für das Kgr. Sachsen b. 7. Juni 1859 und das Braunschweigische PostG. v. 1. Juli 1864 berücksichtigte.

Abschn. I. Rechte u. Pflichten der Post. K 1.

19

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrates und des Reichstages, was folgt:

Abschnitt I. Grundsätzliche Rechte und Pflichten der Post, g 1. Die Beförderung 1. aller versiegelten, zugenähten oder sonst ver­ schlossenen Briefe, 2. aller Zeitungen politischen Inhalts, welche öfter als einmal wöchentlich erscheinen, gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstall nach anderen Orten mit einer Postanstalt des In­ oder Auslandes auf andere Weise, als durch die Post, ist verboten. Hinsichtlich der politischen Zeitungen erstreckt dieses Verbot sich nicht auf den zweimeiligen Umkreis ihres Ursprungsortes. Wenn Briefe und Zeitungen (Nr. 1 und 2) vom Auslande eingehen und nach inländischen Orten mit einer Postanstall bestimmt sind, oder durch das Ge­ biet des Deutschen Reichs transitieren sollen, so müssen sie bei der nächsten inländischen Postanstalt zur Weiterbeförderung eingeliefert werden. Unverschlossene Briefe, welche in versiegelten, zu­ genähten oder sonst verschlossenen Paketen befördert werden, sind den verschlossenen Briefen gleich zu achten. Es ist jedoch gestattet, versiegelten, zuge­ nähten oder sonst verschlossenen Paketen, welche auf •> *

20

II. Gesetz über das Postwesen deS Deutschen Reichs,

andere Weise, als durch die Post befördert werden, solche unverschlossene Briefe, Fakturen, Preiskurante, Rechnungen und ähnliche Schriftstücke beizufügen, welche den Inhalt des Pakets betreffen. a. Wegen Anwendung des § 1 auf Ortsbriefe und gewerbsmäßiger Beförderung von unverschlossenen Briefen, Karten usw. vgl. Art. 21 u. Art. 3 der PostGN. (Nr. VIII). b. Dgl. Strafbestimmung im § 27 Nr. 1. c. Die Postpflichtigkeit der Zeitungen, welche in Preußen anfänglich nach PostG. v. 5. Juni 1852 § 5 Nr. 2 alle der Stempelsteuer unterliegenden Zeitungen und Anzeige­ blätter umfaßte, dann durch G. v. 21. Mai 1860 § 3 auf politische Zeitungen beschränkt wurde, ist in dieser Be­ schränkung inö Nordd. PostG. v. 2. Nov. 1867 § 2 übergegangen und besteht jetzt nur für politische Zeitungen, welche öfter als einmal wöchentlich erscheinen, nicht auch für Zeitschriften. Der Antrag, daß diese Bestimmung auf Bayern und Württemberg keine Anwendung finden solle, wurde im Reichstage abgelehnt. StB. 735. d. Dgl. „Gerichtliche Entscheidungen" (Nr. XXIX) B 1—22.

§ 2. Die Beförderung von Briefen und politischen Zeitungen (§ 1) gegen Bezahlung durch expresse Boten oder Fuhren ist gestattet. Doch darf ein solcher Expresser nur von einem Absender abgeschickt sein, und dem Postzwange unterliegende Gegenstände weder von anderen mitnehmen, noch für andere zurückbringen. a. Dgl. Art. 2II u. Art. 3 der PostGN. (Nr. VIII).

b. Dgl. „Gerichtliche Entscheidungen" (Nr. XXIX) B 5, 13, 16, 17, 23, 24, 26.

Abschn. l. Rechte u. Pflichten der Post.

g§ 2—4.

21

g 3. Die Annahme und Beförderung von Post­ sendungen darf von der Post nicht verweigert werden, sofern die Bestimmungen dieses Gesetzes und des Reglements (§ 50) beobachtet sind. Auch darf keine im Gebiete des Deutschen Reichs erscheinende politische Zeitung vom Postdebit ausgeschlossen und eben­ sowenig darf bei der Normierung der Provision, welche für die Beförderung und Debitierung der im Gebiete des Deutschen Reichs erscheinenden Zeitungen zu erheben ist, nach verschiedenen Grundsätzen ver­ fahren werden. Die Post besorgt die Annahme der Pränumeration auf die Zeitungen, sowie den gesammten Debit derselben. ä. Die im 1. Satz ausgesprochene Pflicht der Post beschrankt sich nicht auf postzwangspflichtige Gegenstände. — Dgl. auch § 15 und PO. (Nr. XI) § 5 V u. TG.(Nr. XVIII) § 5. b. Über die Beschaffenheit der einzelnen Arten von

Postsendungen, insbesondere über Adreffe, Aufschrift, Ver­ packung und Verschluß derselben, sowie über Ort und Zeit ihrer Einlieferung zur Post setzt PO. (Nr. XI) §§ 1—30 das Nähere fest. c. Ein D erbot von Zeitungen findet nach dem ReichsPreßG. v. 7. Mai 1874 § 14 (RGBl. S. 67) nur bei im Aus lande erscheinenden periodischen Druckschriften statt. Über die Beschlagnahme von Zeitungen vgl. daselbst §§ 23—29. d. Die Zeitungsprovision ist gesetzlich festgesetzt durch Art. IHI der PostGN. (Nr. VIII). e. Über die Beförderung außergewöhnlicher ZeitungS­ Beilagen durch die Post vgl. PO. (Nr. XI) § 8 XIV ff.

8 4. Hinfichts der Eisenbahn-Unternehmungen verbleibt es bei den besonderen gesetzlichen Vorschriften.

22

II. Gesetz über das Postwesen deS Deutschen Reichs.

Für die Verbindlichkeit der bereits konzessionierten Eisenbahngesellschaften zum unentgeltlichen Transport von Postsendungen bewendet es bei den Bestimmungen der Konzessionsurkunden, und bleiben insbesondere in dieser Beziehung die bisherigen Gesetze über den Umsang deS Postzwanges und über die Verbindlichkeit der Eisenbahnen zu Leistungen im Interesse der Poft maßgebend. Wenn einebereitS konzesfionierte Eisenbahngesellschast ihr Unternehmen durch den Bau neuer Eisenbahnen er­ weitert, so find dieselben zu gleichen Leistungen im Interesse der Poft verpflichtet, wie solche der ursprüng. lichen Bahn obliegen, falls nicht in der bereits erteilten Konzessionsurkunde eine ausdrückliche Ausnahme in dieser Beziehung enthalten ist. Der Kaiser wird die erforderlichen Anordnungen treffen, damit bei neu zu konzesstoniereuden EisenbahnUnternehmungen die den Eisenbahnen im Jntereffe der Poft auszuerlegenden Verpflichtungen gleichmäßig bemeßen werden. Diese Verpflichtungen sollen nicht über das Maß derjenigen Verbindlichkeiten hinausgehen, welche den neu zu erbauenden Eisenbahnen nach den bisher in den älteren östlichen Landesteilen Preußens geltenden Gesetzen obliegen. Die vorstehenden Bestimmungen finden auf Bayern und Württemberg keine Anwendung. An Stelle des § 4 ist seit dem 1. Januar 1876 das Eisenbahn-PostG. v. 20. Dez. 1875 (RGBl. S. 318) ge­ treten. Vgl. Rr. III.

§ 5, g 5.

Abschn. II.

23

Garantie, g 6.

Das Briefgeheimnis ist unverletzlich.

Die

bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in KonkurS-

und zivilprozessualischen Fällen notwendigen Aus­ sind

nahmen

Bis zu

durch

ein

Reichsgesetz

festzustellen.

dem Erlab eines ReichSgefetzeS werden jene

Ausnahmen durch die Landesgesetze bestimmt.

a. Die reichsgesetzliche Regelung ist durch die ReichSjustizgesetze erfolgt. Vgl. Strafprozeßordnung §§ 99, 100, 101, Konkursordnung § 121 (Fassung v. 20. Mai 1898 RGBl. S. 612 ff.), Militär*StrafgerichtSordnung v. 1. Dez. 1898 §§ 233 fr. (RGBl. S. 1189), PreßG. v. 7. Mai 1874 (RGBl. S. 67) §§ 23 ff. TG. (Nr. XVIII), § 8. Für zivilprozeffualische Fälle ist eine Ausnahme nicht festgesetzt („Gericht!. Entscheidungen", Nr. XXIX, A Nr. 3). b. Unbefugte Eröffnung von Briefen wird nach StrGB. § 299, gesetzwidrige Eröffnung und Unterdrückung von der Post anvertrauten Briefen durch Postbeamte nach §§ 354 und 358 das. bestraft. c. Dgl. PO. (Nr. XI) §§ 35, 46III.

Abschnitt II. Garantie. Dgl. Eisenbahn-Verkehrsordnung v. 26. (RGBl. S. 561) §§ 71 ff. g 6.

im

Falle

Okt.

1899

Die Postverwaltung leistet dem Absender

reglementsmäßig

erfolgter Einlieferung

Ersatz 7 I. für den Verlust und die Beschädigung 1. der Briefe mit Wertangabe,

2. der Pakete mit oder ohne Wertangabe,

II. für den Verlust der rekommandierten Sendungen, denen in dieser Beziehung Sendungen gleichgestellt

24

H. Gesetz über daS Postwesen des Deutschen Reichs,

werden, welche zur Beförderung durch Estafette eingeliefert find. Für einen durch verzögerte Beförderung oder Be­ stellung der unter I. bezeichneten Gegenstände ent­ standenen Schaden leistet die Postverwaltung nur dann Ersatz, wenn die Sache durch die verzögerte Beförderung oder Bestellung verdorben ist, oder ihren Wert bleibend ganz oder teilweise verloren hat. Auf eine Veränderung des Kurses oder markt­ gängigen Preises wird jedoch hierbei keine Rücksicht genommen. Die Verbindlichkeit der Postverwaltung zur Ersatz­ leistung bleibt ausgeschlossen, wenn der Verlust, die Beschädigung oder die verzögerte Beförderung oder Bestellung a) durch die eigene Fahrlässigkeit des Absenders, oder b) durch die unabwendbaren Folgen eines Natur­ ereignisses, oder durch die natürliche Beschaffen­ heit des Gutes herbeigeführt worden ist, oder c) auf einer auswärtigen Beförderungsanstalt sich ereignet hat, für welche die Postverwaltung nicht durch Konvention die Ersatzleistung ausdrücklich übernommen hat; ist jedoch in diesem Falle die Einlieferung bei einer deutschen Postanstalt er­ folgt, und will der Absender seine Ansprüche gegen die auswärtige Beförderungsanstalt geltend machen, so hat die Postverwaltung ihm Beistand zu leisten.

Abschn. II.

Garantie.

25

§ 6

Für die auf Postanweisungen eingezahlten Be­ träge leistet die Postverwaltung Garantie. .Gericht!. Entscheidungen" (Nr. XXIX) A 2.

Für andere, als die vorstehend bezeichneten Gegenstände, insbesondere für gewöhnliche Briefe, wird weder im Falle eines Verlustes oder einer Beschädigung, noch im Falle einer verzögerten Be­ förderung oder Bestellung Ersatz geleistet. a. Die Vorschriften deS Handelsgesetzbuchs über das Frachtgeschäft und die Secbeförderung finden auf die Post keine Anwendung. Vgl. §§ 452 u. 663 HGB.

b. Der Ersatzanspruch steht dem Absender zu, weil dieser durch die Einlieferung der Sendung einen Vertrag mit der Postverwaltung eingeht (§ 50). Der Absender kann den Anspruch jedoch an den Adressaten abtreten. c. Da die Ersatzverbindlichkeit der Post durch die reglementsmäßig (postordnungSmäßig) erfolgte Einlieferung bedingt ist, so hat der Absender alle Nachteile selbst zu vertreten, welche erweislich aus der postordnungswidrigen Adressierung, Aufschrift, Verpackung und Verschließung der Sendung (PL^, Nr. XI, § 27 III) oder sonstigen ordnungs­ widrigen Beschaffenheit derselben (z. B. PO., Nr. XI, §§ 5, 6) hervorgegangen sind. d. Wegen der Höhe der Ersatzleistung vgl. §§ 8, 9, 12. Für mittelbaren Schaden oder entgangenen Gewinn leistet die Post keinen Ersatz. e. Estafettendienst findet mehr statt.

seit

1.

Juli

1892

nicht

f. Die Gewährleistung für die auf Postanweisungen eingezahlten Beträge ist ebenfalls dadurch bedingt, daß die Postanweisung postordnnngsmäßig eingeliefert ist. PO. (Nr. XI) §§ 2O/-21.

26

II. Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs.

K 7. Wenn der Verschluß und die Verpackung der zur Post gegebenen Gegenstände bei der Aus­ händigung an den Empfänger äußerlich unverletzt und zugleich das Gewicht mit dem bei der Ein­ lieferung ermittelten übereinstimmend befunden wird, so darf dasjenige, was bei der Eröffnung an dem angegebenen Inhalte fehlt, von der Postverwaltung nicht vertreten werden. Die ohne Erinnerung ge­ schehene Annahme einer Sendung begründet die Vermutung, daß bei der Aushändigung Verschluß und Verpackung unverletzt und das Gewicht mit dem bei der Einlieferung ermittelten übereinstimmend be­ funden worden ist. a. Die Ersatzleistung für Beschädigungen des Inhalts ohne äußerliche Verletzung und ohne Gewichtsverminderung der Sendungen (z. B. durch Eindringen von Flüssigkeiten) wird durch diese Vorschrift nicht berührt.

b. Diese Vermutung (Sah 2) kann nur durch voll­ ständigen vom Absender zu erbringenden Beweis des Gegenteils beseitigt werden.

8 8. Wenn eine Wertangabe geschehen ist, so wird dieselbe bei der Feststellung des Betrages des von der Postverwaltung zu leistenden Schaden­ ersatzes zum Grunde gelegt. Beweist jedoch die Post­ verwaltung, daß der angegebene Wert den gemeinen Wert der Sache übersteigt, so hat sie nur diesen zu ersetzen. Ist in betrüglicher Absicht zu hoch deklariert worden, so verliert der Absender nicht nur jeden

Abschn. D. Garantie.

86 7—10.

27

Anspruch auf Schadenersatz, sondern ist auch nach den Vorschriften der Strafgesetze zu bestrafen. a. Die Wertangabe muß ordnungsmäßig bewirkt sein, PO. (Nr. XI) § 14. b. Vgl. StrGB. §§ 263, 267, 268.

8 9. Wenn bei Paketen die Angabe des Wertes unterblieben ist, so vergütet die Post­ verwaltung im Falle eines Verlustes oder einer Be­ schädigung den wirklich erlittenen Schaden, jedoch niemals mehr, als einen Taler für jedes Pfund (= 500 Gramme) der ganzen Sendung. Pakete, welche weniger als Ein Pfund wiegen, werden den Paketen zum Gewicht von Einem Pfunde gleich­ gestellt und überschießende Pfundteile für Ein Pfund gerechnet. a. Bei Verlust oder Beschädigung eines Teils der Sendung wird der wirkliche Schaden bis zum Betrage von drei Mark für jedes Pfund der ganzen Sendung ersetzt. b. Für Einschreibpakete wird im Derlustsalle ein Ersatz von mindestens 42 Mark gezahlt (§ 10).

8 10. Für eine rekommandierte Sendung, sowie für eine zur Beförderung durch Estafette eingelieferte Sendung (8 6II) wird dem Absender im Falle des Verlustes, ohne Rücksicht auf den Wert der Sendung, ein Ersatz von vierzehn Talern gezahlt. a. Rekommandierte Sendungen beißen jetzt E i n s ch r e i b sendungen. PO. (Nr. XI) § 13. b. Die Ersatzleistung tritt nur bei völligem Verlust der Sendung ein. Für teilweisen Verlust und für Be­ schädigung, sowie für Schaden durch verzögerte Beförderung oder Bestellung wird bei Einschreibsendungen kein Ersatz

28

II. Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs,

geleistet, vgl. §§ 6 und 12. Für Beschädigung usw. eingeschriebener Pakete wird wie für Pakete ohne Wert­ angabe (§ 9) gehaftet. c. Findet nach Ablauf der Verjährungsfrist (§ 14) aus Billigkeitsgründen eine Ersatzleistung statt, so kann nur der wirkliche erlittene Schaden, bis zum Höchstbetrage von 42 Mark, in Betracht kommen. d. Vgl. „Gerichtliche Entscheidungen" (Nr. XXIX) A 4. e. Estafettendienst findet nicht mehr statt, vgl. § 6e.

§ 11. Bei Reisen mit den ordentlichen Posten leistet die Postverwaltung Ersatz:

1. für den Verlust oder die Beschädigung des reglementsmäßig eingelieferten Passagierguts nach Maßgabe der §§ 8 und 9, und 2. für die erforderlichen Kur- und Verpflegungs­ kosten im Falle der körperlichen Beschädigung eines Reisenden, wenn dieselbe nicht erweis­ lich durch höhere Gewalt oder durch eigene Fahrlässigkeit des Reisenden herbeigeführt ist.

Bei der Ertrapostbeförderung wird weder für den Berlust oder die Beschädigung an Sachen, welche der Reisende bei sich führt, noch bei einer körperlichen Beschädigung des Reisenden Entschädigung von der Postverwaltung geleistet. a. Zu den ordentlichen Posten gehören auch die Güter­ und Kariolposten, nicht aber die Fuhrwerke der Landbrief­ träger; letzteres in der Praris bestritten. b. Zu 1) PO. (Nr. XI) §§ 58-60. c. Zu 2) vgl. RG. v. 7. Juni 1871, betr. die Ver­ bindlichkeit zum Schadensersatz für die beim Betriebe von Eisenbahnen usw. herbeigeführteu Tötungen und Körper-

Abschn. n. Garantie,

gg 11—13.

29

Verletzungen. Die Ersatzpflicht der Post ist erheblich be­ schränkter. d. Über die Ertrapostbeförderung vgl. PO. (Nr. XI) §§ 63 ff.

K 12 Eine weitere, als die in den §§ 8, 9, 10 und 11 nach Verschiedenheit der Fälle bestimmte Entschädigung wird von der Postverwaltung nicht geleistet; insbesondere findet gegen dieselbe ein An­ spruch wegen eines durch den Verlust oder die Beschädigung einer Sendung entstandenen mittelbaren Schadens oder entgangenen Gewinnes nicht statt. Für gewöhnliche Postnachnahmebriefe (PO. [9h1. XI] § 19) leistet die Post keine Gewähr; für gewöhnliche Pakete mit Postnachnahme haftet sie lediglich nach § 9, für ein­ gelöste Nachnahmebeträge wie für Einzahlungen auf Post­ anweisungen. — Bei Pvstansträgen (PO. [Nr. XI] § 18 XX) wird für Beförderung der Postauftragsbriefe wie für ein­ geschriebene Briefe, für die eingezogenen Beträge wie für die Einzahlungen auf Postanweisungen gehaftet.

§ 13. Der Anspruch auf Schadloshaltung gegen die Postverwaltung muß in allen Fällen gegen die Ober-Postdirektion, beziehungsweise gegen die mit deren Funktionen beanftragte Postbehörde gerichtet werden, in deren Bezirk der Ort der Einlieferung der Sendung oder der Ort der Einschreibung des Reisenden liegt. In Bayern werden die Funktionen der Ober-Postdirektionen wahrgenommen durch die Ober-Postdirektionen in Augsburg, Bamberg, Landshut, München, Nürnberg, Regensburg, Speyer, Würzburg; in Württemberg durch die Generaldirektion der Poüen und Telegraphen.

30

II. Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs.

5 14. Der Ansvruch auf Entschädigung an die Postverwaltung erlischt mit Ablauf von sechs Monaten, vom Tage der Einlieferung der Sendung oder vom Tage der Beschädigung des Reisenden an gerechnet. Diese Verjährung wird nicht allein durch An« Meldung der Klage, sondern auch durch An­ bringung der Reklamation bei der kompetenten Post­ behörde (§ 13) unterbrochen. Ergeht hierauf eine abschlägige Bescheidung, so beginnt vom Empfange derselben eine neue Verjährung, welche durch eine Reklamation gegen jenen Bescheid nicht unterbrochen wird. a. Im Weltpostverkehr verjährt der Anspruch auf Entschädigung in einem Jahre (vgl. Nr. XII Art. 8, Nr. XIII Art. 12, Nr. XIV Art. 7, Nr. XV Art. 15, Nr. XVI Art. 11). b. Die fett gedruckten Worte sind durch § 13 des EinfG. zur Zivilprozeßordnung aufgehoben, da die Klage­ anmeldung in das System der Reichöjustizgesetze nicht auf­ genommen worden ist. c. Vgl. § 26. d. Wortlaut und Absicht der Bestimmung in Verbindung mit § 50 nötigen nicht, die kurze Verjährungsfrist auf die Ersatzansprüche auf Grund des Postgesetzes zu beschränken, sie wird vielmehr auch auf alle nach der Postordnung sich ergebenden Ansprüche anzuwenden fein. e. Reklamationen oder Klage gegen eine nicht zuständige Postbehörde unterbrechen die Verjährung nicht.

K 15. In Fällen des Krieges und gemeiner Ge­ fahr ist die Postverwaltung befugt, durch öffentliche Bekanntmachung jede Vertretung abzulehnen und

gg 14,15.

Abschn. III. Bes. Vonechte d. Posten,

g 16.

31

Briefe, sowie andere Sachen, nur auf Gefahr des Absenders zur Beförderung zu übernehmen. In solchem Falle steht jedoch dem Absender frei, sich ohne Rücksicht auf die Bestimmungen des § 1 jeder anderen Beförderungsgelegenheit zu bedienen. Macht die Post von dieser Befugnis keinen Gebrauch, so wird ihre Haftpflicht auch während deS Krieges nur durch die im § 6a—c angegebenen Umstände ausgeschloffen.

Abschnitt III. Befandere Vorrechte der Posten. Außer den im Abschn. III aufgeführten besonderen Vorrechten hat die Post vermöge ihrer Stellung als ein­ heitliche Staatsverkehrsanstalt (RV. Art. 48) Anspruch aus die allgemeinen Vorrechte, welche den Staatsbehörden der einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe der Landes­ gesetze zustehen.

g 16. Die ordentlichen Posten nebst deren Bei­ wagen, die auf Kosten des Staates beförderten Kuriere und Estafetten, die von Postbeförderungen ledig zurückkommenden Postfuhrwerke und Postpferde, die Briefträger und die Postboten sind von Ent­ richtung der Chausseegelder und anderen Kommuni­ kationsabgaben befreit. Dasselbe gilt von Personen­ fuhrwerken, welche durch Privatunternehmer ein­ gerichtet und als Ersatz für ordentliche Posten aus­ schließlich zur Beförderung von Reisenden und deren Effekten und von Postsendungen benutzt werden. Diese Befreiung findet auch, jedoch unbeschadet wohlerworbener Rechte, gegen die zur Erhebung

32

II. Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs,

solcher Abgaben berechtigten Korporationen, meinden oder Privatpersonen statt.

Ge­

a. Ertraposten haben auf die Befreiung auS § 16 keinen Anspruch. — Die Befreiung der in Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Privatpersonenfuhrwerke ist eingesührt, um die Benutzung solcher Fuhrwerke zu Postzwecken und dadurch die Vermehrung der Verbindungen zu erleichtern. StB. 685 f. b. Fahrende ^andbriefträger sind als Briefträger von den im § 16 bezeichneten Abgaben befreit. c. Kurier- und Estafettendienst findet seit 1. Juli 1892 nicht mehr statt.

8 17. In besonderen Füllen, in denen die ge­ wöhnlichen Postwege gar nicht oder schwer zu passieren sind, können die ordentlichen Posten, die Ertraposten, Kuriere und Estafetten sich der Neben- und Feld­ wege, sowie der ungehegten Wiesen und Äcker be­ dienen, unbeschadet jedoch des Rechtes der Eigen­ tümer auf Schadenersatz. Vgl. § 16 Anm. c. b. Zu den ordentlichen Posten sind auch die von Boten zu Fuß beförderten Botenposten zu rechnen. b.

ß 18. Gegen die ordentlichen Posten, Extraposten, Kuriere und Estafetten ist keine Pfändung erlaubt; auch darf dieselbe gegen einen Postillon nicht geübt werden, welcher mit dem ledigen Gespann zurück­ kehrt. Bei Zuwiderhandlungen ist eine Geldstrafe von zehn Silbergroschen bis zu zwanzig Talern verwirkt. a. Die in §§ 18, 19 und 23 mit Strafe bedrohten Übertretungen gehören zur Kompetenz der Gerichte und sind von denselben nach Maßgabe der Reichsstrafprazeß

Abschn. III. Besondere Vorrechte der Posten.

17—22. 33

ordnung zu verfolgen. Die Vorschriften im Abschn. V dcS G. finden darauf keine Anwendung. d. Dgl. § 16 Anm. c.

ß 19. Jedes Fuhrwerk muß den ordentlichen Posten, sowie den Extraposten, Kurieren und Estafetten auf das übliche Signal ausweichen. Bei Zuwider­ handlungen ist eine Geldstrafe von zehn Silber­ groschen bis zu zehn Talern verwirkt. Vgl. § 16 Anm. c.

§ 20. DaS Inventarium der Posthaltereien darf im Wege des Arrestes oder der Exekution nicht mit Beschlag belegt werden. Im Konkurse kommt diese Beschränkung jetzt nicht mehr zur Anwendung. KonkurS-Ordn. § 1 Abs. 2 (Fassung v. 20. Mai 1898 RGBl. S. 612).

§ 21. Wenn den ordentlichen Posten, Extra­ posten, Kurieren oder Estafetten unterwegs ein Un­ fall begegnet, so sind die Anwohner der Straße verbunden, denselben die zu ihrem Weiterkommen erforderliche Hilfe gegen vollständige Entschädigung schleunigst zu gewähren. Vgl. § 16 Anm. c.

| 22. Die vorschriftsmäßig zu haltenden Post­ pferde und Postillone dürfen zu den behufs der Staats- und Kommunalbedürfnisse zu leistenden Spanndiensten nicht herangezogen werden. Dgl. auch G. über die Naturalleistungen für die be­ waffnete Macht im Frieden v. 13. Febr. 1875 § 3 Nr. 5 (RGBl. 1898 S. 362) und über die Kriegsleistungen v. 13. Juni 1873 § 25 Nr. 4 (RGBl. S. 129).

Aischcr»König, Post- u. Telegraphengcsetz. 6. Aufl.

3

34

II. Gesetz über btv? Postwcsen des Deutschen Reichs.

8 23. Die Torwachen, Tor-, Brücken- und Barrierebeamten sind verbunden, die Tore und Schlagbäume schleunigst zu öffnen, sobald der Postillon das übliche Signal gibt. Ebenso müssen auf dasselbe die Fährleute die Überfahrt unverzüglich bewirken. Bei Zuwiderhandlungen ist eine Geldstrafe von zehn Silbergroschen bis zu zehn Talern verwirkt. g 24. Auf Requisition der Postbehörden haben die Polizei- und Steuerbeamten und deren Organe zur Verhütung und Entdeckung von Postübertretungen mitzuwirken.

8 25. Die Postanstalten sind berechtigt, unbe­ zahlt gebliebene Beträge an Personengeld, Porto und Gebühren nach den für die Beitreibung öffent­ licher Abgaben bestehenden Vorschriften exekutivisch einziehen zu lassen. Die mit Beitreibung exekutionsreifer Forderungen im allgemeinen betrauten Organe sind verpflichtet, die von den Postanstalten angemeldeten rückständigen Beträge an Personengeld, Porto und Gebühren im Wege der Hilfsvollstreckung einzuheben.

Dem Exequierten steht jedoch die Betretung des Rechtsweges offen. a. Vgl. PosttaxG. (Ar. V) §§ 6 u. 7, PO. (Nr. XI) § 50. b. Die Berechtigung der Postanstalten zur Beitreibung von Postgefällen ohne vorgängigen gerichtlichen VollstreckungStitcl ist auf Auslagen, wie z. B. Postnachnahniebeträge, Steuern, ZeitnngSbezugsgelder, nicht auszudehnen.

Abschn. III. Besondere Vorrechte der Posten.

§g 28—26.

35

Dagegen erstreckt sie sich auch auf die Telegraphenge, bühren einschließlich der Fernsprechgebühren. Dgl. FGO. (Nr. XXIII) § 8. o. Die administrative Beitreibung wird in Preußen ent. weder durch besonders dazu vereidigte Postunterbeamte oder durch Organe anderer Verwaltungsbehörden bewirkt. DaS Verfahren ist für Preußen durch die Allerhöchsten Derordnnngen v. 16. Nov. 1899 u. 18. MLrz 1904 (PrGS. S. 545 bzw. 36) und die ministerielle Ausführungsanweisung v. 28. Nov. 1899 geregelt. (Verordnungen und Anweisung find enthalten in einer besonderen amtlichen Ausgabe, Berlin, v. Deckers Verlag, G. Schenk, Jerusalemerstr. 56.) ABl. 1900 S. 25.

g 26.

Die Beträge,

welche in einer Sendung

enthalten sind, die weder an den Adressaten bestellt,

noch an den Absender zurückgegeben werden kann,

oder welche aus dem Verkaufe der vorgefundenen

Gegenstände gelöst werden, fließen nach Abzug des

Portos und der sonstigen Kosten zur Postarmen­ oder Unterstützungskasse. oder der Adressat

Meldet sich der Absender

später, so

zahlt ihm die Post-

armen- oder Unterstützungskasse die ihr zugefloflenen Summen, jedoch ohne Zinsen, zurück. Nach

gleichen

Grundsätzen

ist

mit

Beträgen,

welche auf Postsendungen eingezahlt sind, und mit zurückgelassenen Pasiagiereffekten zu verfahren. a. Dgl. PO. (Nr. XI) § 46 IV—Vil. b. Die Postarmen- oder UnterstühungSkaffe führt jetzt die Bezeichnung „ Post-UnterstühungSkasse". c. Wegen der in Diensträumen usw. vorgefundenen Gegenstände vgl. ABl. Jahrg. 1899 S. 445 und ADA. U

Abt. 1 S. 9.

36

II. Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs.

Abschnitt IV. Strafbestimmungen bei Post- und PortoDefraudationen. Die allgemeinen Vorschriften des StrGB. über Zu­ sammentreffen, Versuch und Teilnahme, sowie über Veriährung kommen auch bei Post- und Porto-Übertretungen zur Anwendung. Diese verjähren allgemein in drei Jahren, nach § 7 des EinfG. zum StrGB.

K 27. Mit dem vierfachen Betrage des defraudierten Portos, jedoch niemals unter einer Geldstrafe von Einem Taler, wird bestraft: 1. wer Briefe oder politische Zeitungen, den Be­ stimmungen der §§ 1 und 2 zuwider, auf andere Weise, als durch die Post, gegen Bezahlung befördert oder verschickt; erfolgt die Beförderung in versiegelten, zugenähten oder sonst ver­ schlossenen Paketen, so trifft die Strafe den Beförderer nur dann, wenn er den verbotwidrigen Inhalt des Pakets zu erkennen vermochte; Vgl. PostGN. (Nr. VIII), Art. 2 I.

2. wer sich zu einer portopflichtigen Sendung einer, von der Entrichtung des Portos be­ freienden Bezeichnung bedient oder eine solche Sendung in eine andere verpackt, welche bei Anwendung einer vorgeschriebenen Bezeichnung portofrei befördert wird; 3. wer Postwertzeichen nach ihrer Entwertung zur Frankierung einer Sendung benutzt; inwiefern in diesem Falle wegen hinzugetretener Ver-

Abschn. IV. Strafbestimmungen.

27, 28.

37

tilgung des Cntwertungszeichens eine härtere Strafe verwirkt ist, wird nach den allgemeinen Strafgesetzen beurteilt; 4. wer Briefe oder andere Sachen zur Umgehung der Portogefälle einem Postbeamten oder Postillon zur Mitnahme übergibt. In den unter Nr. 2 und 3 bestimmten Fällen ist die Strafe mit der Einlieferung der Sendung zur Post verwirkt. ft. Vgl. §§ 30, 31. b. Zu 2): Diese Strafbestimmung trifft auch die un« befugte Anwendung einer Bezeichnung, welche eine Porto­ ermäßigung zur Folge hat. c. Zu 3): Postwertzeichen sind: Freimarken, gestempelte Kartenbriefe, Postkarten und Postanweisungen; PO. (Nr. XI) § 49. — Der wissentliche Gebrauch falscher oder gefälschter Postwertzeichen, sowie die Anfertigung unechter und die Fälschung echter Postwertzeichen werden nach StrGB. § 275, die wissentliche Verwendung bereits entwerteter Post­ wertzeichen nach gänzlicher oder teilweiser Entfernung des Entwertungüzeichens nach StrGB. § 276 Abs. 2 bestraft (G. v. 13. Mai 1891, RGBl. S. 107). d. Zu 4): Andere Sachen; auch solche, die nicht dem Postzwange unterliegen. — Abweichend von den übrigen Fällen des §27 ist cs bei der Zuwiderhandlung zu 4 notwendig, daß die strafbare Absicht, die Postgefälle zu umgehen, festgestellt werde. e. Zum Schlußakts, vgl. PO. (Nr. XI) §§ 29, 30. f. Vgl. , Gerichtliche Entscheidungen - (Nr. XXIX) B 27—41.

8 28. Im ersten Rückfalle wird die Strafe (§ 27) verdoppelt und bei ferneren Rückfällen auf das Vierfache erhöht.

38

II. Gesetz Über das Postwesen deS Deutschen Reichs.

Im Rückfalle befindet sich derjenige, welcher, nachdem er wegen einer der im § 27 bezeichneten Defraudationen vom Gerichte oder im Verwaltungs­ wege (§§ 34, 35) bestraft worden, abermals eine dieser Defraudationen begeht. Die Straferhöhung wegen Rückfalls tritt, auch ein, wenn die frühere Strafe nur teilweise verbüßt, oder ganz oder teilweise erlassen ist, bleibt jedoch aus­ geschlossen, wenn seit der Verbüßung oder dem Erlasse der letzten Strafe bis zur Begehung der neuen Defraudation drei Jahre verflossen sind.

a. Vgl. PostGN. (Nr. VIII) Art. 2 I. b. Vgl. StrGB. § 245. c. Wegen welcher der im

§ 27 vorgesehenen

tretungen die Dorbestrafung erfolgt ist, kommt Frage, ob Rückfall vorliegt, nicht in Betracht.

Über«

für

die

d. Der erste Rückfall ist mit dem achtfachen Betrage des hinterzogenen Portos, jedoch nicht unter 6 Mk., der fernere Rückfall mit dem sechzehnfachen Portobetrage, jedoch nicht unter 12 Mk. zu bestrafen.

g 29. Wer wissentlich, um der Postkasse das Personengeld zu entziehen, uneingeschrieben mit der Post reist, wird mit dem vierfachen Betrage des defraudierten Personengeldes, jedoch niemals unter einer Geldstrafe von Einem Taler, bestraft.

a. Dgl. § 30 und PO. (Nr. XI) §§ 53, 54. b. Die Absicht, der Postkasse das Personengeld zu entziehen, muß bei dieser Übertretung festgeftellt werden. Straferhöhung wegen Rückfalls tritt nicht ein.

c. In Betracht kommen auch §§ 332, 333 StrGB.

Abschn. IV. Strafbestimmungen. DH 29—32.

39

8 30. Außer der Strafe muß in den Fällen des § 27 das Porto, welches für die Beförderung der Gegenstände der Post zu entrichten gewesen wäre, und in dem Falle des § 29 das defraudierte Per­ sonengeld gezahlt werden. In dem Falle deS § 27 unter Nr 1 haften der Absender und der Beförderer für das Porto solidarisch. a. Vgl. § 25 und PostGN. (Nr. VIII) Art. 2 I. b. Es kommt nicht in Betracht, ob die Gegenstände befördert worden find oder nicht. c. Vgl. .Gerichtliche Entscheidungen" (Nr. XXIX) B 41. 8 31.

Die Dauer der Haft, welche an die Stelle

einer nicht beizutreibenden Geldstrafe tritt, ist vom Richter festzusetzen und darf sechs Wochen nicht übersteigen. a. Vgl. PostGN. (Nr. VIII) Art. 2 I. b. StrGB. §§ 18, 19, 28, 29, 78. — Die Geldstrafe wird immer in .Haft, nie in Gefängnis umgewandelt. Die Dauer der Haft ist auf sechs Wochen beschränkt, auch wenn sonst nach §§ 29, 78 StrGB. Freiheitsstrafe von längerer Dauer ein-utreten hätte. H 32. Die Postbehörden und Postbeamten, welche eine Defraudation entdecken, sind befugt, die dabei vorgefundenen Briefe oder anderen Sachen, welche Gegenstand der Übertretung sind, in Beschlag zu

nehmen und so lange ganz oder teilweise zurückzu­ halten, bis entweder die defraudierten Postgefälle, die Geldstrafe und die Kosten gezahlt oder durch Kaution sicher gestellt sind. a. Vgl. PostGN. (Nr. VIII) Art. 2 I. b. Wegen der Kosten vgl. § 45.

40

n. Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs.

K 33. Die in den §§ 27 bis 29 bestimmten Geldstrafen fließen zur Postarmen- oder Unter« stützungskasse. a.

Dgl. PostGN. (Nr. VIII) Art. 2 I.

b. Dies ist auch bei gerichtlich festgesetzten oder bei­ getriebenen Geldstrafen der Fall. Die Kaffe führt jetzt die Bezeichnung „Post-Unterstützungskasfe".

Abschnitt V. Strafverfahren bei Post- und PortoDefraudationen. Um dem Angeschuldigten die Möglichkeit zu gewähren, die Sache einfach durch Zahlung der verwirkten Geldstrafe zu erledigen, ist nach bem Vorbilde des früheren PostG. für das Königreich Sachsen eine Straffestsetzung mittels Verfügung eingeführt, wobei es der Vernehmung des An­ geschuldigten und der Abfassung eines förmlichen Straf­ bescheides nicht bedarf. — Die Vorschriften dieses Ab­ schnittes sind, gemäß EinfG. zur StrPO. § 5, durch die abweichenden Vorschriften der StrPO. nicht berührt worden.

§ 34. Wenn eine Post- oder Portodefrautation entdeckt wird, so eröffnet die Ober-Postdirektion oder die mit den Funktionen der Ober-Postdirektion be­ auftragte Postbehörde mittels besonderer Verfügung vor Einleitung eines förmlichen Verfahrens dem Angeschuldigten, welche Geldstrafe für von ihm ver­ wirkt zu erachten sei, und stellt ihm hierbei frei, das fernere Verfahren und die Erteilung eines Straf­ bescheides durch Bezahlung der Strafe und Kosten innerhalb einer präklusivischen Frist von zehn Tagen

Abschn. V. Strafverfahren.

gg 33—85.

41

zu vermeiden. Leistet der Angeschuldigte hierauf die Zahlung ohne Einrede, so gilt die Verfügung als rechtskräftiger Strafbescheid; entgegengesetzten Falles erfolgt die Untersuchung und Entscheidung nach Maßgabe der §§ 35 bis 46. a. DaS Straffestsetzungsverfahren ist obligatorisch und findet auf sämtliche Post- und Portodestaudationen, auch aus die in § 27 Nr. 4 und § 29 vorgesehenen Anwendung. b. In der Verfügung ist außer der verwirkten Geld­ strafe auch der Betrag der hinterzogenen Postgefälle (§ 30) einzufordern. c. Wegen der zuständigen Postbehörden vgl. § 13 Anm. d. Vgl. .Gerichtliche Entscheidungen" (Nr. XXIX) B. 42.

K 35. Die Untersuchung wird summarisch von den Postanstalten oder von den Bezirksaufsichts­ beamten geführt und darauf im Verwaltungswege von den Ober-Postdirektionen usw. entschieden. Diese können jedoch, solange noch kein Strafbescheid er­ lassen worden ist, die Verweisung der Sache zum gerichtlichen Verfahren verfügen und ebenso kann der Angeschuldigte während der Untersuchung bei der Postbehörde, und binnen zehn Tagen präklusivischer Frist, nach Eröffnung des von letzterer abgefaßten Strafbescheides, auf rechtliches Gehör antragen. Dieser Antrag ist an die Postbehörde zu richten. Der Strafbescheid wird alsdann als nicht ergangen an­ gesehen. Einer ausdrücklichen Anmeldung der Berufung auf rechtliches Gehör wird es gleich geachtet, wenn der Angeschuldigte auf die Vorladung der Post-

42

II. Gesetz über daS Postwesen des Deutschen Reichs,

behörde nicht erscheint derselben verweigert.

ober die Auslassung vor

i. Für das Strafverfahren im Verwaltungswege ist Mündlichkeit, mit Ausnahme des § 36, und Öffentlichkeit nicht vorgeschrieben. b. Die Untersuchung wird von derjenigen Postanstalt geführt, in deren Bezirk die Übertretung verübt ist. c. Die Verweisung zuiu gerichtlichen Verfahren ist erforderlich, wenn eS zur Ermittelung des Täters oder zur Feststellung des Tatbestandes eidlicher Zeugenvernehmungen oder anderer nur im gerichtlichen Verfahren zulässiger Beweisaufnahmen bedarf. d. Tritt auf Veranlassung der Postbehvrde oder des Angeschuldigten das gerichtliche Strafverfahren ein, so kommen die Vorschriften der Strafprozeßordnung §§ 459 ff. zur Anwendung. Die Zuständigkeit der Gerichte regelt sich nach dem GerichtSverfassungsG. §§ 27, 75.

8 36. Bei den Untersuchungen im Verwaltungs­ wege werden die Beteiligten mündlich verhört und ihre Aussagen zu Protokoll genommen. 8 37. Die Zustellungen und die Vorladungen geschehen durch die Beamten oder Unterbeamten der Postanstalten, oder auf deren Requisition nach den für gerichtlicheJnsinuationen bestehenden Vorschriften. Das PostzustelluugSversahren ist durch V. v. 26. Okt. 1899 (ABl. S. 347) geregelt. Vgl. PO. (Nr. XI) §§ 25, 40.

8 38. Die Zeugen sind verbunden, den an sie von den Postbehörden ergehenden Vorladungen Folge zu leisten. Wer sich dessen weigert, wird dazu auf Requisition der Postbehörden durch das Gericht in gleicher Art, wie bei gerichtlichen Vor­ ladungen, angehalten.

Abschn. V. Strafverfahren.

j§ 36—42

43

Die Postbehörden find nicht berechtigt, Zeugen eidlich oder an Eidesstatt zu vernehmen oder die Gerichte um eidliche Vernehmung von Zeugen zu ersuchen. Anm. c zu § 35.

8 39. In Sachen, wo die zu verhängende Geld­ strafe den Betrag von fünfzig Talern übersteigt, muß dem Angeschuldigten auf Verlangen eine Frist von acht Tagen bis vier Wochen zur Einreichung einer schriftlichen Verteidigung gestattet werden.

8 40. Findet die Ober-Postdirektion usw. die Anwendung einer Strafe nicht begründet, so verfügt sie die Zurücklegung der Akten und benachrichtigt hiervon den Angeschuldigten. 8 41. Dem Strafbescheide müssen die Ent­ scheidungsgründe beigefügt sein. Auch ist darin der Angeschuldigte sowohl mit den ihm dagegen zu­ stehenden Rechtsmitteln (§ 42), als auch mit der Straferhöhung, welche er beim Rückfalle (§ 28) zu erwarten hat, bekannt zu machen. Der Strafbescheid ist durch die Postanstalt dem Angeschuldigten entweder zu Protokoll zu publizieren oder in der für die Vorladung vorgeschriebenen Form zu insinuieren. a. Der Abfassung des Strafbescheides niündliche Verhandlung nicht voranzugehen. b. Wegen des Rückfalls vgl. § 28.

braucht

eine

8 42. Der Angeschuldigte kann, wenn er von der Befugnis zur Berufung auf richterliche Ent­ scheidung keinen Gebrauch machen will, gegen den

44

II. Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs.

Strafbescheid den Rekurs an die der Ober-Postdirektion usw. vorgesetzte Behörde ergreifen. Dies muß jedoch binnen zehn Tagen präklusivischer Frist nach der Eröffnung des Strafbescheides geschehen und schließt fernerhin jedes gerichtliche Verfahren aus. Der Rekurs ist durch Anmeldung bei einer Post­ behörde gewahrt. Wenn mit der Anmeldung des Rekurses nicht zugleich dessen Rechtfertigung verbunden ist, so wird der Angeschuldigte durch die Postanstalt aufgefordert, die Ausführung seiner weiteren Verteidigung in einem nicht über vier Wochen hinaus anzusetzenden Termine zu Protokoll zu geben oder bis dahin schriftlich einzureichen. Die der Ober-Postdirektion usw. vorgesetzte Behörde ist in dem ReichS-Postgebiet das ReichS-Postamt in Berlin; in Bayern das Königl. Staatsministerium für VerkehrSangelegenheiten, Postabteilung, in München; in Württemberg das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, Verkehrs­ abteilung, in Stuttgart.

5 43. Die Verhandlungen werden hiernächst zur Abfassung des Rekursresoluts an die kompetente Behörde eingesandt. Hat jedoch der Angeschuldigte zur Rechtfertigung des Rekurses neue Tatsachen oder Beweismittel, deren Aufnahme erheblich befunden wird, angeführt, so wird mit der Instruktion nach den für die erste Instanz gegebenen Bestimmungen verfahren. ß 44. Das Rekursresolut, welchem die Ent­ scheidungsgründe beizufügen sind, wird an die be-

Abschn. V. Strafverfahren.

§g 43—46.

45

treffende Postbehörde befördert und nach erfolgter Publikation oder Insinuation vollstreckt.

A 45. Mit der Verurteilung des Angeschuldigten zu einer Strafe, durch Strafbescheid oder Rekurs­ resolut, ist zugleich die Verurteilung desselben in die baren Auslagen des Verfahrens auszusprechen. Bei der Untersuchung im Verwaltungswege kommen, außer den baren Auslagen an Porto, Stempel, Zeugengebühren usw., keine Kosten zum Ansatz. Der Angeschuldigte, welcher wegen Post- oder Portodefraudation zu einer Strafe gerichtlich ver­ urteilt wird, hat auch die durch das Verfahren im Verwaltungswege entstandenen Kosten zu tragen. Vgl. § 35.

8 46. Die Vollstreckung der rechtskräftigen Er­ kenntnisse geschieht nach den für die Vollstreckung strafgerichtlicher Erkenntnisse im allgemeinen be­ stehenden Vorschriften, die Vollstreckung der Straf­ bescheide oder der Resolute aber von der Post­ behörde; letztere hat dabei nach denjenigen Vor­ schriften zu verfahren, welche für die Exekution der im Verwaltungswege festgesetzten Geldstrafen er­ teilt sind. Auch für Post- und Portodefraudationsstrafen gilt die Bestimmung des StrGB. § 28 Abs. 4: der Verurteilte kann sich durch Erlegung des Strafbetrages, soweit dieser durch die erstandene Freiheitsstrafe nicht getilgt ist, von der letzteren ncimachen.

46

II. Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs.

Abschnitt VI. Allgemeine Bestimmungen.

§ 47. Was ein Briefträger oder Postbote über die von ihm geschehene Bestellung auf seinen Dienst­ eid anzeigt, ist so lange für wahr und richtig an­ zunehmen,

bis

das

Gegenteil

überzeugend

nach­

gewiesen wird.

a. Über die Bestellung der Postsendungen vgl. PO. (Nr. XI) §§ 36, 38—40. b. Ein Beamter, der wissentlich eine falsche amtliche Versicherung unter Berufung aus seinen Diensteid abgtbt, wird wegen Meineids bestraft. StrGB. §§ 154, 155 Nr. 3.

§ 48. Die Postverwaltung ist für die richtige Bestellung nicht verantwortlich, wenn der Adressat erklärt hat, die an ihn eingehenden Postsendungen

selbst abzuholen oder abholen zu lassen.

Auch liegt

in diesem Falle der Postanstalt eine Prüfung der Legitimation desjenigen, welcher

sich zur Abholung

meldet, nicht ob, sofern nicht auf den Antrag des

Adressaten zwischen diesem und der Postanstalt ein

desfallsiges besonderes Abkommen getroffen worden ist.

a.

Bgl. PO. (Nr. XI) § 42. Vgl. .Gerichtliche Entscheidungen' (Nr. XXIX) A 10.

H 49. Die Postverwaltung ist, nachdem sie das Formular zum Ablieferungsscheine dem Adressaten reglementsmätzig

hat ausliefern lassen, nicht ver­

pflichtet, die Echtheit der Unterschrift und deS etwa hinzugefügten Siegels unter dem mit dem Namen

des Empfangsberechtigten unterschriebenen und be-

Abschn. VI. Allgemeine Bestimmungen.

KK 47—50.

47

ziehungsweise untersiegelten Ablieferungsscheine zu untersuchen. Ebensowenig braucht sie die Legitimation desjenigen zu prüfen, welcher unter Vorlegung des vollzogenen Ablieferungsscheines, oder bei Paketen ohne Wertangabe unter Vorlegung des reglements­ mäßig ausgelieferten Begleitbriefes, die Aushändigung der Sendung verlangt. a. Liegt eine Abholungserklärung vor (§ 48), so wird der Ablieferungsschein dem Abholer verabfolgt. PO. (Nr. XI) § 42 VII, § 43. b. In den übrigen Fällen muß der Ablieferungsschein dem Adressaten oder an dessen legitimierten Bevollmächtigten (PO. tNr. XI] § 39 I) bestellt werden. Wegen der Be­ stellung von Postsendungen an Bewohner von Schlössern regierender Fürsten, an Militärpersonen oder an Zöglinge von Erziehungsanstalten usw. vgl. PO. § 39 XI.

8 50. Durch ein von dem Reichskanzler zu er­ lassendes Reglement, welches mittels der für die Publikation amtlicher Bekanntmachungen bestimmten Blätter zu veröffentlichen ist, werden die weiteren bei Benutzung der Postanstalt zu beobachtenden Vor­ schriften getroffen. Diese Vorschriften gelten als Bestandteil des Vertrages zwischen der Postanstalt und dem Ab­ sender, bzw. Reisenden. Das Reglement hat zu enthalten:

1. die Bedingungen für die Annahme aller behufs der Beförderung durch die Post eingelieferten Gegenstände; 2. das Maximalgewicht der Briefe und Pakete;

48

II. Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs.

3. die Bedingungen der Rückforderung von Seite des Absenders und die Vorschriften über die Behandlung unbestellbarer Sendungen; 4. die Bestimmungen wegen schließlicher Verfügung über die unanbringlichen Sendungen; 5. die Bezeichnung der für Beförderung durch die Post unzulässigen Gegenstände; 6. die Gebühren für Postanweisungen, Vorschuß­ sendungen und sonstige Geldübermittlungen durch die Post, für Sendungen von Drucksachen, Warenproben und Mustern, Korrespondenzkarten, rekommandierte Sendungen, für Zustellung von Sendungen mit Behändigungsscheinen, für Lauf­ schreiben wegen Postsendungen und Überweisung der Zeitungen; 7. Anordnungen über die Art der Bestellung der durch die Post beförderten Gegenstände und die hierfür zu erhebenden Gebühren, ins­ besondere die Gebühren für Bestellung der Expreßsendungen, der Stadtbriefe und Pakete, der Wertsendungen, ferner die Vorschriften über Estafettenbeförderung; 8. die Bedingungen für die Beförderung der Reisen­ den mit den ordentlichen Posten oder mit Extra­ post, die Bestimmung des Personengeldes und der Gebühr für Beförderung von Passagiergut; 9. die näheren Anordnungen über Kontierung und Kreditierung von Porto, sowie die dafür zu entrichtenden Gebühren;

Abschn. VI.

Allgenleine Bestimmungen. § 51.

49

10. Anordnungen zur Aufrechthaltung der Ordnung, der Sicherheit und deS Anstandes auf den Posten, in den Postlokalen und Paffagierstuben. Die unter Ziffer 2, 4 und 6 bezeichneten An­ ordnungen unterliegen der Beschlußfassung des Bundesrates. Für den inneren Postverkehr der Königreiche Bayern und Württemberg werden die reglementären Anordnungen von den zuständigen Behörden dieser Staaten erlassen. a. In Ausführung dieser ordnung (Nr. XI) erlassen.

Vorschrift

ist

Post,

die

b. Die Veröffentlichung erfolgt durch das Blatt für das Deutsche Reich-.

.Zentral-

c. Indem die Anordnungen zu Punkt 2, 4 und 6 der Beschlußfassung des Bundesrates unterstellt find, ist Bayern und Württemberg die Mitwirkung bei Erlaß derjenigen Anordnungen, welche nicht technischer oder lokaler Natur sind, gewahrt. d. In Bayern Wechselverkehr übrigen Teutschen Bgl. RD. (Nr. 1)

und Württemberg gilt die PO. für den dieser Staaten unter sich und mit dem Reiche, nicht aber im innern Verkehr. Art. 52.

8 51. Alle bisherigen allgemeinen und be­ sonderen Bestimmungen über Gegenstände, worüber das gegenwärtige Gesetz verfügt, soweit jene Be­ stimmungen nicht auf den mit dem Auslande ab­ geschloffenen Staatsverträgen oder Konventionen be­ ruhen, werden hierdurch aufgehoben. Vgl. PosttarG. (Nr. V) § 11 Aum. a u. b.

Fischer-tzöniq, Pvsl u. Telegraphenftksetz. 6. Aust.

4

50 II. Gesetz über das Postwesen deS Deutschen Reichs. 8 52. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1872 in Kraft.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Berlin, den 28. Oktober 1871. (L. S.)

Wilhelm.

Fürst v. Bismarck.

III. Gesetz, betreffend die Abänderung des § 4 des Gesetzes über das Postwesen des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871. (Eisenbahn-Poft-esetz). Vom 20. Dezember 1875. RGBl. S. 318—322. Ausgegeben zu Berlin den 22. Dezember 1875. Gesetzeskraft im Reichs-Postgebiet mit dem 1. Januar 1876.

a. DaS Rechtsverhältnis der Post zu den Eisenbahnen war durch § 4 des PostG. nur in betreff der Privat­ bahnen auf der Grundlage des Preuß. EisenbahnG. v. 3. Rov. 1838 § 36 gesetzlich geregelt. Die Leistungen der Staats bahnen für Postzwecke bestimmten sich nach dem Regl. v. 1. Jan. 1868, dessen Geltung auf die Dauer der Übergangszeit des Art. 51 RB. beschränkt war. Bom 1. Jan. 1876 ab sind die Beziehungen der Post zu den Reichs-, Staats- und Privatbahnen durch das nachstehende Gesetz und die gemäß Art. 10 dazu erlassenen BollzugSbestimmungen (Nr. IV) innerhalb des Reichs­ postgebiet- gleichmäßig geordnet, soweit nicht die Kon­ zessionsurkunden der bestehenden Privatbahnen abweichende Vorschriften enthalten. b. Die Anwendung des G. auf Bayern und Württem­ berg ist gemäß RB. (Nr. I) Art. 52, PostG. (Nr. II) § 4 und Art. 13 ausgeschlossen.

52

III. Eisenbahn-Postgesetz vom 20. Dezember 1875.

c. Wegen deS Postbetriebs auf Eisenbahnen im Kriegs­ fall vgl. § 22 der Kriegs-Transport-Ordnung v. 26. Jan. 1887 (RGBl. S. 10).

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen usw. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats imb des Reichstags, was folgt: Einziger Paragraph. An die Stelle des § 4 des Gesetzes über das Postwesen des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 347) treten die nachfolgenden Bestimmungen:

Art. 1. Der Eisenbahnbetrieb ist, soweit es die Natur und die Erfordernisse desselben gestatten, in die notwendige Übereinstimmung mit den Bedürf­

nissen des Postdienstes zu bringen. Die Einlegung besonderer Züge für die Zwecke des Postdienstes kann jedoch von der Postverwaltung nicht beansprucht werden.

Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen der Post­ verwaltung und den Eisenbahnverwaltungen über die Bedürfnisse des Postdienstes, die Natur und die Erfordernisse des Eisenbahnbetriebes entscheidet, so­ weit die Postverwaltung sich bei dem Ausspruche der Landes-Aufsichtsbehörde nicht beruhigt, der Bundesrat, nach Anhörung der Reichs-Postver­ waltung und des Reichs-Eisenbahn-Amts.

III. Eisenbahn-Postgesetz vom 20. Dezember 1875.

53

a. Dgl. Preuß. EisenbahnG. v. 3. Nov. 1838 § 36 Nr. 1 und DollzugSbest. I. b. Über die Befugnisse deS Reichs-Eisenbahn-AmtS vgl. RG. v. 27. Juni 1873 (RGBl. S. 164). c. Die Entscheidung des Bundesrates kann nicht bloß in den im G. und in den Dollzugsbest. (VI, 1 u. 9) be­ sonders bezeichneten Fällen, sondern auch bei allen Meinungsverschiedenheiten über die Bedürfnisse des Post­ dienstes, die Natur und die Erforderniffe des Eisenbahn­ betriebes angerufen werden, soweit die Postverwaltung sich bei dem Ausspruche der LandeS-AuffichtSbehörde nicht be­ ruhigt. Dgl. Art. 2 Anm. c.

Art. 2. Mit jedem für den regelmäßigen Beförderungsdienst der Bahn bestimmten Zuge ist auf Verlangen der Postverwaltung Ein von dieser gestellter Postwagen unentgeltlich zu befördern. Diese unentgeltliche Beförderung umfaßt: a) die Briefpostsendungen, Zeitungen, Gelder mit Einschluß des ungemunzten GoldeS und Silbers, Juwelen und Pretiosen ohne Unterschied des Gewichts, ferner sonstige Poststücke bis zum Einzelngewichte von 10 Kilogramm einschließlich, b) die zur Begleitung der Postsendungen, sowie zur Verrichtung des Dienstes unterwegs erforderlichen Postbeamten, auch wenn dieselben vom Dienste zurückkehren, c) die Gerätschaften, deren die Postbeamten unter­ wegs bedürfen. Für Poststücke, welche nicht unentgeltlich zu be­ fördern sind, hat die Postverwaltung eine Fracht­ vergütung zu zahlen, welche nach der Gesamtmenge

54

III. Eisenbahn-Postgejetz vom 20. Dezember 1875.

der auf der betreffenden Eisenbahn sich bewegenden Zahlungspflichtigen Poststücke für den Achskilometer berechnet wird. Die Mitbeförderung solcher Packereien, welche nicht zu den Brief- und Zeitungspaketen gehören, soll bei Zügen, deren Fahrzeit besonders kurz be­ messen ist, beschränkt oder ausgeschloffen werden, wenn dies von der Eisenbahn-Aufsichtsbehörde zur Wahrung der pünktlichen und sicheren Beförderung der betreffenden Züge für notwendig erachtet wird, und andere zur Mitnahme der Packereien geeignete Züge auf der betreffenden Bahn eingerichtet sind. i. Dgl. DollzugSbest. II.

b. Güterzüge sind von der Benutzung zur Postbeförderung nicht grundsätzlich ausgeschloffen. Dollzugsbest. I. c. Die Beschränkung oder die Ausschließung der Post» Paketbeförderung bei den im letzten Absatz bezeichneten Zügen ist davon abhängig, daß: 1. die Fahrzeit dieser Züge tatsächlich besonders kurz bemessen ist (die bloße Bezeichnung reicht nicht auS); 2. die Eisenbahn-Aufsichts­ behörde die Beschränkung oder Ausschließung zur Wahrung der pünktlichen und sicheren Beförderung der betreffenden Züge für notwendig erachtet; 3. andere zur Mitnahme der Päckereien geeignete Züge auf der betreffenden Bahn eingerichtet sind. Ob die Erforderniffe zu 1 und 3 vor­ handen sind, unterliegt der Verständigung der Postverwaltung und der Eisenbahnverwaltung und erforderlichenfalls der Entscheidung des Bundesrats. Art. 1.

Art. 3. Auf Grund vorangegangener Ver­ ständigung kann an Stelle eines besonderen Post­ wagens eine Abteilung eines Eisenbahnwagens

III. Eisenbahn-Postgesetz vom 20. Dezember 1875.

55

gegen Erstattung der für Herstellung und Wieder­ beseitigung der für die Zwecke deS Postdienstes erforderlichen Einrichtungen von der Eisenbahn­ verwaltung aufgewendeten Selbstkosten, sowie gegen Zahlung einer Miete für Hergabe und Unterhaltung benutzt werden, welche nach Artikel 6 Absatz 5 zu berechnen ist. Die Beförderung der Wagenabteilungen erfolgt ebenso wie die des Postwagens (Art. 2) unentgeltlich. Wegen der Miete für Hergabe und Unterhaltung vgl. Dollzugsbest. III, 3.

Art. 4. Bei solchen für den regelmäßigen Be­ förderungsdienst der Dahn bestimmten Zügen, welche nicht in der in den Artikeln 2 und 3 bezeichneten Weise zur Postbeförderung benutzt werden, kann die Postverwaltung entweder, insoweit dies nach dem Ermessen der Eisenbahnverwaltung zulässig ist, der letzteren Briefbeutel, sowie Brief- und Zeitungs­ pakete zur unentgeltlichen Beförderung durch das Zugpersonal überweisen, oder die Beförderung von Briefbeuteln, sowie Brief- und Zeitungspaketen durch einen Postbeamten besorgen lasten, welchem der erforderliche Platz in einem Eisenbahnwagen unentgeltlich einzuräumen ist. Dgl. Art. 2 Anm. b.

Art. 5. Reicht der eine Postwagen (Art. 2) oder die an besten Stelle für Postzwecke bestimmte Wagenabteilung (Art. 3) für die Bedürfniste des Postdienstes nicht aus, so sind die Eisenbahnver-

56

IN. Eisenbahn-Poftgeseh vom 20. Dezember 1875.

waltungen auf rechtzeitige Anmeldung oder Be­ stellung gehalten, nach Wahl der Postverwaltung mehrere Postwagen zur Besörderung zuzulassen, oder der Postverwaltung zur Befriedigung des Mehrbedürfnisses geeignete Güterwagen oder einzelne geeignete Abteilungen solcher Personen­ wagen, deren übrige Abteilungen in dem be­ treffenden Zuge für Eisenbahnzwecke verwendbar sind, zu gestellen, oder endlich die ihnen von der Postverwaltung überwiesenen Postsendungen zur eigenen Be­ förderung zu übernehmen. Bei Zügen, auf denen die Beförderung von Postpäckereien ausgeschlossen oder beschränkt ist (Art. 2 Abs. 3), darf die Gestellung außerordentlicher Trans­ portmittel seitens der Postverwaltung nicht bean­ sprucht werden. Die Überweisung von Postsendungen an die Eisenbahnverwaltungen ist nur insoweit zu­ lässig, als letztere sich bei dem betreffenden Zuge mit der Beförderung von Gütern (Eil- oder Fracht­ gütern) befaßt und die zu überweisenden Poststücke nicht in Geld- oder Wertsendungen bestehen. Für die Beförderung eines zweiten oder mehrerer Postwagen, sowie für die Gestellung und Beförderung der erforderlichen Eisenbahntransportmittel ist don der Postverwaltung eine für den Achskilometer zu berechnende Vergütung, für die Beförderung der überwiesenen Poststücke aber die tarifmäßige Eisen­ bahn-Eilfrachtgebühr zu zahlen. Für die Mitbeforde-

III. Eisenbahn-Postgesetz vom 20. Dezember 1875.

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rung deS etwa erforderlichen Postbegleitungspersonals und der Gerätschaften für den Dienst wird eine Ver­ gütung nicht gezahlt. a. Bei welchen Zügen die Gestellung außerordentlicher Beförderungsmittel von der Postverwaltung nicht bean­ sprucht werden darf, bestimmt sich nach Art. 2 Anm. c. b. Wegen der Vergütung für außerordentliche förderungsmittel vgl. Vollzugsbest. IV, 2.

Be­

Art. 6. Die für den regelmäßigen Dienst er­ forderlichen Eisenbahn-Postwagen werden für Rech­ nung der Postverwaltung beschafft. Die Eisenbahnverwaltungen sind verbunden, die Unterhaltung, äußere Reinigung, das Schmieren und das Ein- und Ausrangieren dieser Wagen gegen eine den Selbstkosten entsprechende Vergütung zu bewirken. Wenn die im regelmäßigen Dienst befindlichen Eisenbahn-Postwagen während des Stilllagers auf den Bahnhöfen der Endstationen ini Freien stehen bleiben, so ist dafür eine Vergütung nicht zu zahlen. Letzteres gilt auch für die Plätze auf den Bahnhöfen, welche der Postverwaltung zur Aufbewahrung der Perronwagen und sonstigen Gerätschaften für das Verladungsgeschäft angewiesen werden. Unbeladene Postwagen sind gegen Erstattung der für Eisenbahn-Güterwagen tarifmäßig zu entrichtenden Frachtgebühr zu befördern. Für die Beförderung zur Eisenbahn-Reparaturwerkstatt und zuriick findet eine Vergütung nicht statt.

58

III. Eisenbahn-Postgesetz vom 20. Dezember 1875.

Wenn Eisenbahn-Postwagen beschädigt oder lauf­ unfähig werden, so sind die Eisenbahnverwaltungen gehalten, der Postverwallung geeignete Güterwagen zur Aushilfe zu überlassen. Für diese Güterwagen hat die Postverwaltung die nämliche Miete zu be­ zahlen, welche die betreffende Eisenbahnverwaltung im Verkehr mit benachbarten Bahnen für Be­ nutzung fremder Wagen von gleicher Beschaffenheit entrichtet. Desgleichen sind die teilweise von der Post be­ nutzten Eisenbahnwagen (Art. 3), wenn sie lauf­ unfähig werden, von den Eisenbahnverwaltungen auf ihre Kosten durch andere zu ersetzen. •. Dgl. VollzugSbest. V.

b. Wegen der Bahnpostwagen vgl. Eisenbahn- Bauund Betriebsordnung v. 4. Nov. 1904 (RGBl. S. 387) §§ 32, 35, 44, 56.

Art. 7. Bei Errichtung neuer Bahnhöfe oder Stationsgebäude sind auf Verlangen der Postver­ waltung die durch den Eisenbahnbetrieb bedingten, für die Zwecke des Postdienstes erforderlichen Dienst­ räume mit den für den Postdienst etwa erforderlichen besonderen baulichen Anlagen von der Eisenbahn­ verwaltung gegen Mietsentschädigung zu beschaffen und zu unterhalten. Dasselbe gilt bei dem Um- oder Erweiterungsbau bestehender Stationsgebäude, insofern durch die den Bau veranlaffenden Verhältniffe eine Erweiterung oder Veränderung der Postdiensträume bedingt wird.

111. Eisenbahn-Postgesetz vom 20. Dezember 1875.

59

Bei dem Mangel geeigneter Privatwohnungen in der Nähe der Bahnhöfe sind die Cisenbahnverwaltungen gehalten, bei Aufstellung von Bauplänen zu Bahnhofsanlagen und bei dem Um- oder Erweite­ rungsbau von Stationsgebäuden auf die Beschaffung von Dienstwohnungsräumen für die Postbeamten, welche zur Verrichtung deS durch den Eisenbahn­ betrieb bedingten Postdienstes erforderlich sind, Rück­ sicht zu nehmen. Über den Umfang dieser Dienst­ wohnungsräume wird sich die Postverwaltung mit der Eisenbahnverwaltung und erforderlichenfalls mit der Landes-Aufsichtsbehörde in jedem einzelnen Falle verständigen. Für die Beschaffung und Unter­ haltung der Dienstwohnungsräume hat die Post­ verwaltung eine Mietsentschädigung nach gleichen Grundsätzen wie für die Diensträume auf den Bahn­ höfen zu entrichten. Das Mietsverhältnis bezüglich der der Postver­ waltung überwiesenen Dienst- und Dienstwohnungsräume auf den Bahnhöfen kann nur durch daS Ein­ verständnis beider Verwaltungen aufgelöst werden. Werden bei Errichtung neuer Bahnhofsanlagen, sowie bei dem Um- oder Erweiterungsbau bestehender Stationsgebäude zur Unterbringung von Dienst- oder Dienstwohnungsräumen auf Verlangen der Post­ behörde besondere Gebäude auf den Bahnhöfen her­ gestellt, so ist der erforderliche Bauplatz von den Eisenbahnverwaltungen gegen Erstattung der Selbst­ kosten zu beschaffen, der Bau und die Unterhaltung

60

III. Eisenbahn-Poftgesetz vom 20. Dezember 1875.

derartiger Gebäude aber aus der Postkasse zu be­ streiten. a. DollzugSbest. VI. b. Die Verpflichtung der Eisenbahnen zur Beschaffung von Räumlichkeiten auf den Bahnhöfen gegen die in den Vollzugsbest. VI, 4 festgesetzte Miete beschrankt sich auf die durch den Eisenbahnbetrieb bedingten Post­ diensträume und, sofern die im Abs. 3 bestimmten Vor­ aussetzungen vorliegen, auf Dienstwohnungsräume für die zur Verrichtung des Eisenbahn-Postdienstes erforderlichen Postbeamten. Die Hergabe für Dienst- und DienstwohnungSräumen für anderweite Postdienstzwecke, sowie die dafür zu entrichtende Miete unterliegt der freien Ver­ einbarung zwischen der Post- und der Eisenbahnverwaltung.

c. Gemäß Abs. 5 steht der Postverwaltung die Wahl zu, ob die durch den Eisenbahnbetrieb bedingten Postdienstoder Dienstwohnungsräume von der Eisenbahn mietsweise zu beschaffen oder in besonderen, auf Postrechnung zu erbauenden Gebäuden unterzubringen find.

Art. 8. Wenn bei dem Betriebe einer Eisenbahn ein im Dienst befindlicher Postbeamter gelotet oder körperlich verletzt worden ist, und die Eisenbahn­ verwaltung den nach den Gesetzen ihr obliegenden Schadensersatz dafür geleistet hat, so ist die Post­ verwaltung verpflichtet, derselben das Geleistete zu ersetzen, falls nicht der Tod oder die Körperverletzung durch ein Verschulden des Eisenbahnbetriebsunter­ nehmers oder einer der im Eisenbahnbetrieb ver­ wendeten Personen herbeigeführt worden ist. a. HaftpflichtG. v. 7. Juni 1871 (RGBl. S. 207) § 1: „Wenn bei dem Betriebe einer Eisenbahn ein Mensch getötet oder körperlich verletzt wird, so haftet der Betriebs-

III. Eisenbahn-Postgeseh vom 20. Dezember 1875.

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Unternehmer für den dadurch entstandenen Schaden, sofern er nicht beweist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eigenes Verschulden des Getöteten oder Verletzten verursacht ist.Dgl. auch Unfallsürsorgegesetz für Be­ amte usw. v. 18. Juni 1901, § 12 (RGBl. S. 211). Den Postbeamten gegenüber ist die aus diesen Gesetzen sich ergebende Verbindlichkeit der Eisenbahn und die ihr ob­ liegende Beweislast nicht alteriert. Dagegen ist der Eisen­ bahn in betreff der im Bahnbetriebe sich ereignenden Tötungen oder Verletzungen von Postbeamten daS Recht beigelegt worden, wegen des Schadensersatzes an die Postverwaltung Regreß zu nehmen, sofern letztere nicht beweist, daß der Tod oder die Körperverletzung durch ein Verschulden des Eisenbahnbetriebsunternehmers oder einer der im Eisenbahnbetrieb verwendeten Personen herbei­ geführt worden ist.

Art. 9. Der Reichskanzler ist ermächtigt, für Eisenbahnen mit schmalerer als der Normalspur, und für Eisenbahnen, bei welchen wegen ihrer untergeordneten Bedeutung das Bahnpolizei-Reg­ lement für die Eisenbahnen Deutschlands nicht für anwendbar erachtet ist, die vorstehenden Ver­ pflichtungen für die Zwecke des Postdienstes zu ermäßigen oder ganz zu erlassen. Vgl. die vom Reichskanzler unterm 28. Mai 1879 erlassenen Bestimmungen, betreffend die Verpflichtungen der Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung zu Leistungen für die Zwecke deS Postdienstes (ZBl. S. 380). — Für Kleinbahnen, d. h. dem öffentlichen Verkehr dienende Eisenbahnen, welche wegen ihrer geringen Bedeutung für den allgemeinen Eisenbahnverkehr dem EisenbahnG. v. 3. Nov. 1838 nicht unterliegen, sind in Preußen durch G. v. 28. Juli 1892 § 42 (PrGS. S. 225 ff.) die Per.

62

III. Eisenbahn-Postgesetz vom 20. Dezember 1875.

pflichtungen gegenüber der Postverwaltung besonders fest* gesetzt worden.

Art. 10. Durch die von dem Reichskanzler nach Anhörung der Reichs-Postverwaltung und des ReichsEisenbahn-Amts, unter Zustimmung des Bundesrats zu erlassenden Vollzugsbestimmungen werden die näheren Anordnungen über die Ausführung der vorstehenden Leistungen, sowie über die Festsetzung und die Berechnung der Vergütung für die gegen Entgelt zu gewährenden Leistungen getroffen. Die unterm 9. Febr. 1876 erlassenen Vollzugs­ bestimmungen find in der Fassung, welche sie bei den unter vm, 8 vorgesehenen Revisionen erhalten haben, nachfolgend (Nr. IV) abgedruckt.

Art. 11. Auf die bei Erlaß dieses Gesetzes bereits konzessionierten Eisenbahngesellschaften und deren zukünftig konzessionierte Erweiterungen durch Neubauten finden die vorstehenden Vorschriften in­ soweit Anwendung, als dies nach den Konzessions­ urkunden zulässig ist. Im übrigen bewendet es für die Verbindlichkeiten der bereits konzessionierten Eisenbahngesellschasten bei den Bestimmungen der Konzessionsurkunden, und bleiben insbesondere in dieser Beziehung die bis dahin zur Anwendung ge­ kommenen Vorschriften über den Umfang des Post­ zwanges und über die Verbindlichkeiten der Eisen­ bahnverwaltungen zu Leistungen für die Zwecke des Postdienstes maßgebend. Die bereits konzessionierten Eisenbahngesellschaften sind jedoch berechtigt, an Stelle der ihnen konzessions-

III. Eisenbahn-Postgesetz vom 20. Dezember 1875.

63

mäßig obliegenden Verpflichtungen für die Zwecke

des Postdienstes die durch das gegenwärtige Gesetz angeordneten Leistungen zu übernehmen. a. Vgl. PostG. (Nr. II) § 4 und Preuß. EisenbahnG. v. 3. Nov. 1838 § 36. b. Über

Konzesfionierung

der

Eisenbahngesellschasten

vgl. RV. Art. 41.

c. Macht eine Eisenbahngesellschast von der Berechtigung im Abs. 2 Gebrauch, so treten die durch daS G. v. 20. Dez. 1875 angeordneten und durch die Vollzugsbestimmungen v. 9. Febr. 1876 näher festgesetzten Leistungen in ihrer Gesamtheit an die Stelle der konzessivnsmäßigen Ver­ pflichtungen für die Zwecke des Postdienstes. Die Eisen­ bahngesellschast ist dagegen nicht berechtigt, nur die ihr günstigeren Vorschriften des G. an Stelle der Konzessions­ bedingungen zu übernehmen.

Art. 12. Die vertragsmäßige Vergütung, welche an das Großherzogtum Baden für Leistungen seiner StaatSdahnen zu

den Zwecken

des

PostdienfteS zu

entrichten ist, wird, sofern nicht eine anderweite Bereinbarnng erfolgt, bis zum Ablauf des JahreS 1879 weiter gezahlt.

der badischen

BiS dahin bleiben für die Leistungen Staatsbahnen

zu

Zwecken

des

Poft-

dieustes die Bestimmungen des Reglements über die Berhältniffe der Poft zu den Staatseisenbahneu vom

1. Januar 1868 maßgebend.

Im übrigen kommen die Vorschriften dieses Gesetzes auf die im Eigentum des Reichs oder eines Bundesstaates befindlichen, sowie auf die in das Eigentum des Reichs oder eines Bundesstaates über-

64

III. Eisenbahn-Postgeseh vom 20. Dezember 1875.

gehenden Eisenbahnen mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zur Anwendung. a. Für Baden

hatte

die

Übergangszeit

des Art. 51

RV. erst mit seinem Zutritt zur Reichspost, 1. Jan. 1872, begonnen. BiS zum Ablaufe dieser acht Jahre empfing Baden, kraft des Vorbehalts im Protokoll v. 15. Nov. 1870 zu 5 (BGBl. S. 652), eine besondere Vergütung für die seinen Staatsbahnen durch das Negl. v. 1. Jan. 1868 auferlegten Leistungen zu Zwecken des Postdienstes. Mit dem Ablaufe der Übergangszeit, 1. Jan. 1880, ist das Eisenbahn-PostG. mit den Dollzugsbe­ stimmungen auch für die Leistungen der badischen Staats­ bahnen zu Zwecken des Postdienstes maßgebend. b. Gemäß Abs. 2 findet daS G. auch auf solche Reichs­ oder Staatsbahnen Anwendung, deren Betrieb einem Privatunternehmer überlasien ist. Dagegen unterliegen Privatbahnen, welche vom Reich oder von einem Bundes­ staat verwaltet werden, den Vorschriften des Art. 11. c. Auf die verstaatlichten Privatbahnen findet das Eisenbahn-PostG. mit dem Übergang des Eigentums an den Staat Anwendung.

Art. 13. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1876 in Kraft. Dasselbe findet auf Bayern und Württem­ berg keine Anwendung. Vgl. Anm. b zum Eingänge des Gesetzes.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Berlin, den 20. Dezember 1875. (L. 8.)

Wilhelm. Fürst v. Bismarck.

IV.

vollzugsbestimmuugen zum

Eisenbahn-Postgesetze vom 20. Dezember 1875. Vom 9. Februar 1876.

ZB. S. 87-93. Die unter VIII, 8 vorgesehene zweimalige Revision der Bestimmungen zu U, 4 hat 1878 und 1881, die Revision der Bestimmungen zu III, 2 und 3, IV, 2 und V, 5 im Jahre 1881 stattgesunden. Erlasse des Reichs­ kanzlers v. 9. Mai 1878 (ZBl. S. 261) und 24. Dez. 1881 (ZBl. 1882 L. 4). Die vorgenommenen Änderungen betreffen die Bestimmungen zu II, 4 und III, 2, welche nachstehend in der jetzt gültigen Fassung abgedruckt sind. Auf Grund der Vorschrift im Artikel 10 deS Ge­ setzes

vom 20. Dezember 1875,

betreffend

die Ab­

änderung des § 4 des Gesetzes über das Postwesen des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871, werden nach erfolgter Anhörung der Reichs-Postverwaltung

und des Reichs-Eisenbahn-Amts, unter Zustimmung

des Bundesrats nachstehende Vollzugsbestimmungen erlassen: I. Zu Artikel 1 des Gesetzes.

Die Entwürfe zu den Eisenbahnfahrplttnen für die Personenbeförderung, sowie für diejenigen Güter-

F i s ch e r - Sl ö n i g, Post- u. Telegraphcngcsctz. 6. Aust.

5

66

IV. Bollzugsbestimmungen z. Eisenbahn-Postgef. usw.

züge, welche nach Verständigung zwischen der Post­ verwaltung und der Eisenbahnverwaltung zur Be­ förderung von Postpäckereien benutzt werden sollen, sind der ersteren zur Wahrung ihrer Interessen recht­ zeitig mitzuteilen. Die Feststellung der Fahrpläne geschieht unter Mitwirkung der Postoerwaltung. Die festgestellten Fahrpläne sind von den Eisenbahnverwaltungen ohne Verzug der Postverwaltung mitzuteilen, welche diejenigen einzelnen Züge be­ zeichnet, die sie zur Postbeförderung benutzen wird. Güterzüge können, soweit sie für den regelmäßigen Beförderungsdienst der Bahn bestimmt sind, zur Post­ beförderung benutzt werden. G. Art. 2.

II. Zu Artikel 2. 1. Die Bezeichnung eines Zuges als Eil-, Schnell­ oder Kurierzug reicht an sich nicht aus, um die Postpäckereien von der Beförderung mit demselben völlig auszuschließen. Vgl. G. Art. 2 Anm. c.

2. Die Zahl der Postbeamten, welche zur Be­ gleitung der Postsendungen sowie zur Verrichtung des Dienstes unterwegs bei jedem Zuge regelmäßig mitgehen sollen, wird von der Postverwaltung be­ stimmt und der Eisenbahnverwaltung mitgeteilt. Muß diese Zahl in einzelnen Fällen überschritten werden, so sind die außergewöhnlich mitreisenden Postbeamten seitens der Postverwaltung mit be­ sonderen, auf die einzelnen Fahrten lautenden Legitimationskarten zu versehen.

IV. Vollzugsbestimmungen z. Etsenbahn-Postges. usw.

67

Zu den außergewöhnlich mitreisenden Postbeamten sind auch solche Postbeamte zu zählen, welche behufs Erlernung des Bahnpostdienstes als Begleiter mitznfahren haben.

3. Außer dem unter Nr. 2 gedachten Post­ begleitungspersonal dürfen nur der jedesmalige Vor­ steher desjenigen Postamts, welchem der Betrieb auf der Route zugewiesen ist, ferner die Postaufsichts­ beamten und solche Personen zur Mitbeförderung in den Postwagen oder Wagenabteilungen zugelassen werden, welche aus postdienstlichen Gründen vom Postamtsvorsteher des Kurses oder von dessen vorgesetzter Behörde hierzu mit Erlaubnisscheinen versehen sind. Personen, welche außer dem PostbegleitungSpersonal (Nr. 2) in den Postwagen oder Postwagenabteilungenmilreisen, müssen das Personen­ geld für die zweite Wagenklaffe des betreffenden Zuges, und sofern dieser nur Wagen erster Klaffe führt, das Fahrgeld erster Klasse entrichten. Die Eisenbahnverwaltung ist befugt, darüber zu wachen, daß eine mißbräuchliche Personenbeförderung in den Postwagen und Wagenabteilungen nicht stattfinde. 4. Die Fracht für die Beförderung zahlungs­ pflichtiger Postsendungen wird, wie folgt, berechnet:

Für einen Zeitraum von vierzehn Tagen wird ermittelt, wie viele Poststücke (mit Ausnahme der Briefpostsendungen, Zeitungen und Gelder) im Einzel­ gewicht von mehr als 10 Kilogramm mit jedem Zuge von jeder Station bis zur nächstfolgenden befördert worden sind, und wieviel das Gewicht dieser zahlungs­ öd

68

IV. DollzugSbestimnmngcn z. Eisenbahn-Postges. usw.

pflichtigen Poststücke von Station zu* Station be­

tragen hat. Diese Ermittlung wird durch die Post­ verwaltung bewirkt, und zwar abwechselnd für die ersten und für die letzten vierzehn Tage des Monats Mai jeden Jahres. Der Eisenbahnverwaltung steht die Mitwirkung bei der Ermittlung frei. Die ermittelte Gesamt-Gemichtssumme der zah­ lungspflichtigen Postsendungen, welche zwischen je zwei Stationen befördert worden sind, wird mit der Kilomeierzahl der Stationsentfernung vervielfältigt, und die gefundenen Summen werden zur Gewinnung einer Gewichtszahl in Kilogrammen für das Kilometer der Bahnlänge zusammenge­ rechnet. Die so gewonnene Gewichtssumme wird auf Elchs­ kilometer zurückgeführt, indem je 1000 Kilogramm­ kilometer auf das Achskilometer gerechnet, über­ schießende Gewichtsbeträge bis zu 500 Kilogranun­ kilomeiern außer Ansatz gelassen, größere Beträge aber je als eine volle Achse angesetzt werden. Die Frachtvergütung wird nach dem Satze von 0,20 Jfc für das Achskilometer berechnet. Durch Vervielfältigung der hiernach gefundenen Vergütungs­ summe mit der Zahl 26 ergibt sich die von der Post- an die Eisenbahnverwaltung in monatlichen Teilbeträgen zu zahlende Frachtvergütung für das laufende Rechnungsjahr. Für die Stationslänge kommt die wirklich aus­ gemessene Entfernung (nicht die zu Tarifzwecken ab-

IV. Dollzugsbestimmungen z. Elsenbahn-Postges. usw.

69

gerundete Kilometerzahl) mit der Maßgabe zur An­ wendung, daß Entfernungen unter 0,50 Kilometer nicht in Rechnung gesetzt, Entfernungen von 0,50 bis 0,99 Kilometer dagegen für ein volles Kilometer gerechnet werden. Anderweite Festsetzungen der Frachtvergütungen können im Laufe eines Rechnungsjahres nur dann verlangt werden, wenn in der Benutzung der Bahn zu Zwecken des Postdienstes erhebliche Veränderungen eingetreten sind. Bei Eröffnung neuer Strecken schon bestehender Bahnen kann die Ermittlung im beiderseitigen Ein­ verständnisse in der Art bewirkt werden, daß nur für die neueröffnete Strecke die Zahl der Kilogramm­ kilometer berechnet, diese Zahl der Zahl der Kilogrammkilometer für die übrigen Bahnstrecken hin­ zugerechnet und solchergestalt die Zahl der zu ver­ gütenden Achskilometer neu berechnet wird. Bei neu angelegten Bahnen wird sich die Postverwaltung mit der Eisenbahnverwaltung über den Zeitpunkt der Ermittlung für das Rechnungsjahr, in welchem die Betriebseröffnung erfolgt, in jedem einzelnen Falle verständigen. III. Zu Artikel 3.

1. Der Einstellung vereinigter Post- und Eisen­ bahnwagen muß eine Verständigung zwischen der Post- und Eisenbahnverwaltung über die Größe und die Einrichtung der für die Post zu bestimmenden

70

IV. BollzugSbestimmungen z. Eifenbahn-Postges. usw.

Räume, sowie über die Zahl und Gattung von Eisenbahnwagen, in welchen diese Räume herzustellen sind, vorhergehen.

2. Sofern die innere Ausstattung der für Post­ zwecke bestimmten Abteilung und deren demnächstige Wiederentfernung in einer Werkstatt der betreffenden Eisenbahnverwaltung erfolgt, können

a) die verwendeten Materialien mit dem Selbst­ kostenpreise und b) die Arbeitslöhne mit dein wirklich aufgewendeten Betrage in Rechnung gestellt werden. Außer Ansatz bleiben Brennmaterialien, Nägel, kleine Schrauben und sonstige geringfügige Artikel, sowie Ausgaben für die in den Werkstätten zu allgemeinen Verrichtungen verwendeten Bediensteten und Arbeiter. Für die hiernach nicht liquidierten Leistungen soll

c) ein Aufschlag von 100 Prozent der berechneten Arbeitslöhne (unter b)

zum Ansatz kommen. 3. Für die Benutzung der fraglichen Räume zahlt die Postverwaltung eine Miete, welche, solange daS seit dem 1. Mai 1875 gültige Regulativ für die gegenseitige Wagenbenutzung im Bereiche der deutschen Eisenbahnen Anwendung behält, bei Verwendung von Güter- oder Gepäckwagen an Laus miete 0,01 J6 für den Kilometer und an Zeitmiete 1 für den Tag, bei Verwendung von Personenwagen aber

IV. Vollzugsbestimmungen z. Etsenbahn-Postges. usw.

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an Laufmiete 0,02 für den Kilometer und an Zeitmiete 2 Jf für den Tag mit der Maßgabe beträgt, daß die hiernach für den ganzen Wagen zu berechnende Vergütung auf die Postabteilung nach dem Verhältnis der Länge derselben zur Wagenlänge berechnet wird. Die Zeitmiete wird für so viele Wagen, einschließlich der erforderlichen Reservewagen entrichtet, als nach der zwischen der Post- und Eisenbahnverwaltung gemäß Nr. 1 getroffenen Verab­ redung für den regelmäßigen Postverkehr auf den Strecken der Eisenbahnoerwaltung wirklich eingerichtet sind. In dieser Miete sind die Kosten für die Unter­ haltung, für das jedesmalige Ein- und Ausrangieren der betreffenden Wagen in die Züge und aus den Zügen, für die äußere Reinigung und für das Schmieren mitbegriffen. Für die innere Reinigung, sowie für die etwaige Heizung und innere Erleuchtung hat die Postverwaltung für eigene Rechnung zu sorgen. Soweit die Wagen auf den Bahnen verschiedener Eisenbahnverwaltungen durchbenutzt werden, tritt die Postverwaltung über die zu zahlende Miete nur mit Einer Eisenbahnverwaltung in Abrechnung. Die nämlichen Sätze an Wagenmieten werden für Eisen» bahnwagen-Abteilungen (Personenabteilungen 3. Klaffe usw.) gewährt, welche, ohne für den Postdienst besonders ein­ gerichtet zu sein, auf bestimmten Strecken und in bestimmten Zügen regelmäßig zur Beförderung von Postsendungen benutzt werden; in solchen Fällen sind außerdem die für

72

IV. Dollzugsbestimmungeii z. Eisenbahn-Postges. usw.

Heizung, Erleuchtung und innere Reinigung der von der Post benutzten Wagenabteilungen etwa entstehenden Kosten an die Bahnverwaltung zu erstatten.

IV. Zu Artikel 5.

1. Die außergewöhnlichen Transportmittel sind bei der Eisenbahnverwaltung schriftlich zu bestellen. Die Bestellung muß möglichst zeitig vor der be­ stimmten Abfahrtszeit der Züge geschehen. 2. Die für die Hergabe und Beförderung außer­ ordentlicher Transportmittel von der Postverwaltung zu zahlenden Vergütungen betragen für den Achskilometer: a) für Postwagen...................................... 0,08 .M b) für Güterwagen oder Abteilungen von Personenwagen............................ 0,10 „

In den vorstehenden Sätzen sind die Vergütungen für das Ein- und Ausrangieren der betreffenden Wagen in die Züge und aus denselben, ferner die Vergütungen für Reinigung und Schmieren der Wagen, sowie für die Zurückschaffung der der Eisenbahnverwaltung gehörigen außerordentlichen Trans­ portmittel mitbegriffen. Für die etwaige Heizung und innere Erleuchtung der gestellten Wagenräume sorgt die Postverwaltung für eigene Rechnung. 3. Die Postverwaltung darf verlangen, daß ihr die Benutzung der für sie auf einer Eisenbahn gestellten außerordentlichen Transportnlittel, nament-

IV. VollzugSbestimmuygen z. Eifenbahn-Postges. usw.

73

lich der Eisenbahngüter- und der Postwagen, auch über den Bereich dieser Bahn hinaus, und zwar insoweit gestattet werde, als im Eisenbahndienste selbst eine Durchbenutzung der Wagen auf an­ schließenden Bahnen stattfinden kann, und alS außerdem eine Umladung der Postgüter an den Übergangspunkten nicht ohne Beeinträchtigung des

regelmäßigen Ganges der Postgüter zu bewirken sein würde. Die Zahlung der Hergabe- und Beförderungs­ vergütungen findet der Regel nach an jede Eisen, bahnverwaltung, auf deren Bahn außerordentliche Transportmittel benutzt worden sind, zum vollen Betrage und ohne Rücksicht darauf statt, ob die be­ nutzten Wagen erst auf der betreffenden Bahn ein­ gestellt, oder schon von weiterher durchgenommen worben sind. Jede Eisenbahnverwaltung, deren Wagen über den Bereich ihrer Bahn hinaus benutzt werden, hat sich daher wegen der ihr für die Weiter­ beförderung zustehenden Miete mit denjenigen Ver­ waltungen unmittelbar zu berechnen, auf deren Bahnen die Wagen weitergegangen sind. 4. Die Überweisung von Postsendungen an die Eisenbahnverwaltung soll sich vorzugsweise auf Poststncke von größerem Umfange und Gewicht be­ schränken. Die Überweisung geschieht mittels

doppelt auSgefertigter Versendungsscheine, von denen die Eisenbahnverwaltung ein Exemplar mit der Quittung über den Empfang der einzeln ver-

74

IV. Vollzug-bestimmungen z. Eisenbahn-Postges. usw.

zeichneten Stücke zurückgibt, während sie das andere Exemplar zurückbehält. Für jede Ablieferungsstation müssen besondere Versendungsscheine vorhanden sein. Die Über­

weisung muß so frühzeitig erfolgen, daß die Ver­ ladung in die Eisenbahnwagen vor Abgang des Zuges mit Ordnung bewirkt werden kann. Ist zur Verladung genügende Zeit vorhanden, worüber der Eisenbahnstalionsvorsteher in Differenzfällen ent­ scheidet, so darf seitens der Eisenbahn die Mit­ beförderung mit dem betreffenden Zuge nicht ver­ sagt werden. Bei der Ablieferungsstation ist eS Sache der Post, die Gegenstände von der Eisenbahn­ verwaltung wieder abzufordern. Dabei wird von der Post in dem, in den Händen der Eisenbahn­ beamten befindlichen Exemplare des Versendungs­ scheins Gegenquittung geleistet. Auf Grund des Versendungsscheins zahlt die Postverwaltung die tarifmäßige Eilfrachtgebühr nach dem von der Eisen­ bahnverwaltung ermittelten Gesamtgewichte, wobei die Sendungen nach jeder Ablieferungsstation be­ sonders tarifiert werden. V. Zu Artikel 6. 1. Den Bau der Postwagen vermittelt bei den Staatsbahnen die betreffende Eisenbahndirektion, bei Privatbahnen die zunächst die Aufsicht führende Behörde. 2. Die zum Gebrauche auf einer Eisenbahn be-

IV. Vollzugsbestimmnngen z. Eisenbahn-Postges. usw.

75

stimmten Postwagen werden der Eisenbahnverwal­ tung überwiesen. Letztere hat die Verpflichtung, für den fortgesetzt betriebsfähigen Zustand der über­ wiesenen Postwagen und überhaupt dafür, daß die­ selben in guter Beschaffenheit bleiben, in gleichem Maße und in gleicher Weise zu sorgen, wie ihr diese Sorge hinsichtlich der eigenen Wagen obliegt. Auch die Beschaffung der erforderlichen Reservestücke zu den Eisenbahn-Postwagen wird von der betreffenden Eisenbahnverwaltung für Rechnung der Postverwal­ tung besorgt, übersteigt jedoch der Kostenaufwand

für neue Reservestücke im Einzelfalle den Betrag von 1500 Mark, so ist zuvor eine Verständigung mit der Postverwaltung erforderlich. Die Eisenbahn­ verwaltung sorgt ferner für das Einrangieren der Postwagen in die einzelnen Züge, sowie dafür, daß die Postverwaltung in jedem Zuge, bei welchem ein Postwagen mitgehen muß, solchen rechtzeitig vorfinde. Dagegen kann sie verlangen, daß ihr eine so große Anzahl von Postwagen überwiesen werde, als nach den für den Eisenbahnbetrieb bestehenden Grundsätzen zur Deckung des Bedarfs erforderlich ist. 3. Sind Postwagen zum durchlaufenden Gebrauch auf mehreren, unmittelbar aneinander schließenden Eisenbahnen zugleich bestimmt, so werden dieselben der Verwaltung einer dieser Bahnen überwiesen. Letztere übernimmt alsdann, was die Unterhaltung der Postwagen in Reparatur betrifft, die vorstehende Verpflichtung für die Ausdehnung des Kurses, und

76

IV. Vollzugsbestimmungen z. Eisenbahn-Postges. usw.

hat sich über die Art und Weise, in der die Ver­ waltungen der übrigen Bahnen hierbei mitzuwirken haben, mit diesen zu verständigen. Für das Ein­ rangieren der Postwagen in die Züge, sowie für die Unterstellung der Reservewagen, und für die Aufund Unterstellung der im regelmäßigen Gebrauch befindlichen Wagen an den Endstationen hat jede Verwaltung an ihrem Teile zu sorgen. 4. Die Eisenbahnverwaltung läßt die notwendig werdenden Revisionen der ihr überwiesenen Eisenbahn-Postwagen und die an den Eisenbahn-Postwagen auszuführenden Reparaturen in ihren eigenen oder sonst dazu geeigneten Werkstätten besorgen mit) empfängt dafür von der Postverwaltung die Selbst­ kosten zurück, welche nach den Grundsätzen der Vollzugsbestimmungen zu Artikel 3 berechnet werden können. Die betreffenden Liquidationen müssen mit Attesten über die Notwendigkeit und zweckmäßige Ausführung der Revisionen und Reparaturen und über die An­ gemessenheit der Preise versehen sein. Das bei Reparatur der Eisenbahn-Postwagen etwa entbehrlich gewordene alte Material wird von der Eisenbahn­ verwaltung entweder nach dem Gebrauchswerte ver­ gütet, oder in der Weise in Rechnung gestellt, daß der Erlös aus dem Verkaufe von dem Betrage der Liquidation abgezogen wird. In beiden Fällen genügt zur Begründung des Betrages die einfache Bescheinigung der Eisenbahnverwaltung.

IV. Vollzug-bestimmungen z. Eisenbahn-Postges. usw.

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5. Die für die äußere Reinigung und das Schmieren der Postwagen nach Maßgabe der Selbst­ kosten zu bemessende Entschädigung wird in einer Gesamtvergütung entrichtet, welche für den laufenden Achskilometer 0,20 Pfennig beträgt. Für die Reinigung im Innern der Wagen, sowie für deren innere Erleuchtung und Heizung sorgt die Postverwaltung auf ihre eigene Rechnung. Für die Aufstellung der nicht im regelmäßigen Dienst befindlichen Postwagen auf den Bahnhöfen inl Freien hat die Postverwaltung eine Vergütung von 0,11 v* für den Tag und den Wagen, für die etwaige Unterstellung von Postwagen in gedeckten Räumen eine Vergütung von 0,55 Jt für den Tag und den Wagen zu entrichten. Für jedes durch den Betrieb bedingte Ein- und Ausrangicren von Postwagen oder Umstellen von im Zuge verbleibenden Postwagen hat die Post­ verwaltung als den Selbstkosten entsprechend den Betrag von 1 entrichten. Verschiebungen der Postwagen mit dem Zuge, foiuic das Umsetzen von Postwagen, welche sich in auf der Fahrt begriffenen Zügen befinden, werden als zu vergütende Rangierbewegungen nicht be­ trachtet. 6. Die im regelmäßigen Gebrauche befindlichen Postwagen können während des Stilllagers an den Endstationen im Freien stehen bleiben, sofern nicht Gelegenheit zur Unterstellung vorhanden ist, oder die

78

IV. Dollzugsbestimmungen z. Eisenbahn-Postges. usw.

vorhandene Gelegenheit für Eisenbahnwagen nicht benutzt wird. Reserve-Postwagen müssen für die Zeit des Nichtgebrauchs, soweit tunlich, in Remisen trocken untergestellt werden. 7. Für die Beförderung von zu Postdienstzwecken nicht benutzten zurückgehenden Postwagen wird eine Frachtgebühr nicht gezahlt, wenn die Eisenbahn­ verwaltung dieselben, was ihr freistehl, für ihre Zwecke benutzt. 8. Die im Gesetz Artikel 6 Absatz 5 bestimmte Vergütung tritt auch in allen denjenigen Fällen ein, wo ausnahmsweise an Stelle der regelmäßig mit­ gehenden Postwagen Eisenbahnwagen hergegeben werden. VI. Zu Artikel 7.

1. Bei Aufstellung der Bauprojekte zu den im Artikel 7 bezeichneten Neuanlagen oder Verände­ rungen ist der Postverwaltung rechtzeitig Gelegen­ heit zu geben, ihr Bedürfnis an Dienst- und Dienst­ wohnungsräumen anzumelden. Die Genehmigung des Bauplans steht der Eisenbahn-Aufsichtsbehörde zu. In Ermangelung einer Verständigung zwischen Post- und Eisenbahnver­ waltung darüber, ob die von der Post verlangten Diensträume oder besonderen baulichen Anlagen durch den Eisenbahnbetrieb bedingt sind, und ob die Eisenbahnverwaltung zur mietsweisen Beschaffung von Dienstwohnungsräumen anzuhalten ist, sowie endlich über die Lage und Einrichtung der Post-

IV. Vollzugsbestimmungen Z. Eisenbahn-Postges. usw.

79

diensträume entscheidet der Bundesrat nach Maß­ gabe der Bestimmungen im Artikel 1 des Gesetzes. Dgl. G. Art. 7 Anm. b. 2. Die von der Eisenbahnverwaltung beschafften Postdienst- bzw. Dienstwohnungsräume sind der Postverwaltung in einem zur beabsichtigten Ver­ wendung geeigneten, gebrauchsfähigen Zustande zu übergeben. 3. Die bauliche Unterhaltung der der Post über­ wiesenen Räumlichkeiten geschieht von feiten und für Rechnung der Eisenbahnverwaltung. Zur bau­ lichen Unterhaltung ist hierbei jedoch die Ausführung solcher Reparaturen usw. nicht zu rechnen, welche nach den in dem betreffenden Staate geltenden Be­ stimmungen über die Unterhaltung von Dienst­ wohnungen der Staatsbeamten, für Rechnung der Inhaber auszuführen sind. Zwar hat die Eisen­ bahnverwaltung auch bei Reparaturen dieser Art auf Verlangen der Postverwaltung die Vermittelung zu übernehmen; die Kosten sind aber der Post­ verwaltung in Rechnung zu stellen. 4. Für die Beschaffung und Unterhaltung der Postdienst- bzw. Dienstwohnungsräume zahlt die Postverwaltung an die Eisenbahnverwaltung eine jährliche Mietsvergütung von sieben Prozent des Baukapitals. Als Baukapital gilt der Betrag der Herstellungs­ kosten einschließlich des Preises für den Grund und Boden.

80

IV. PollzugSbestillilinmgell z. Eisenbahn-Postges. usw.

Bei Gebäuden, welche ausschließlich von der Post­ verwaltung benutzt roeijben, wird das Baukapital ungeteilt zur Berechnung gezogen. Bei solchen Gebäuden dagegen, in denen die Postverwaltung nur einen Teil der vorhandenen Räumlichkeiten benutzt, wird derjenige Teil des Baukapitals des ganzen Gebäudes in Ansatz gebracht, welcher auf die von der Postverwaltung benutzten Räumlichkeiten nach dem Verhältnis des Raumes derselben zu dem Raume des ganzen Gebäudes entfällt und ist dabei der Bauwert der ge­ meinschaftlich benutzten Flure, Treppen und Boden­ räume auf die Eisenbahn- und auf die Postverwaltung nach dem Verhältnis des von jeder Verwaltung be­ nutzten Raumes zu verteilen. Unter dem Aus­ drucke „Raum des ganzen Gebäudes" ist die Summe des quadratischen Inhalts der lichten Räume sämt­ licher Etagen, unter Hinzurechnung des Bodenraumes zu verstehen. Von dieser Gesamtsumme ist vor­ weg die Summe der auf die gemeinschaftlich be­ nutzten Flur-, Treppen- und Bodenräume fallenden Quadratmeter in Abzug zu bringen, so daß es also in bezug auf jene gemeinschaftlich benutzten Räume einer besonderen Repartition nicht bedarf. 5. Die Reinigung, Erleuchtung und Heizung der zu dienstlichen Zwecken benutzten Räume liegt der­ jenigen Verwaltung ob, welche die Räume benutzt. Die Reinigung, Erleuchtung und Heizung der gemeinschaftlich zu dienstlichen Zwecken benutzten

IV. Dollzugsbestimmungen z. Eisenbahn-Postgef. usw.

81

Räume besorgt die Eisenbahnverwaltung gegen Er­ stattung der Hälfte eines zu berechnenden Kosten­ pauschquantums. Für die Reinigung und Erleuchtung der für Dienstzwecke gemeinschaftlich benutzten Flure und Treppen werden nur die im Jntereste des Post­ dienstes etwa entstehenden besonderen Aufwendungen von der Postverwaltung erstattet. Die Reinigung und Erleuchtung der Flure und Treppen der DienstwohnungSräume der Postbeamten liegt der Eisenbahnverwaltung nicht ob. 6. Die für die Eisenbahnreisenden bestimmten Wartesäle können auch von den Postreisenden be­ nutzt werden, und zwar unter denjenigen Be­ dingungen bezüglich des Aufenthalts in denselben, welche für die Benutzung der Wartesäle durch die Eisenbahnreisenden allgemein vorgeschrieben sind. Soweit den Eisenbahnen durch die Aufnahme der Postreisenden in den Wartesälen der Eisenbahn nachweisliche Mehrkosten entstehen, sind dieselben von der Postverwaltung zu erstatten. Eisenbahn-Derkehrsordnunq (RGBl. S. 561).

v.

26. Okt. 1899 § 15

7. Die Stellen, wo Postschilder und Briefkasten anzubringen sind, werden von der Postverwaltung nach vorheriger Verständigung mit der Eisenbahn­ verwaltung bestimmt. 8. Über die Baupläne für die besonderen Post­ gebäude auf den Bahnhöfen, sowie darüber, ob die Fischer-Nönig, Post- u. Telegraphengcsctz. 6.Aufl. 6

82

IV. Dollzugsbestimmungen z. Eisenbahn-Postges. usw.

Ausführung des Baues für Rechnung der Postkasse von der Eisenbahnverwaltung zu übernehmen ist, werden sich die Postverwaltung und die Eisenbahn­ verwaltung in jedem Einzelfall verständigen. 9. Wenn die Eisenbahnverwaltung Veränderungen der Bahnhofsanlage vornehmen will, durch welche die zweckentsprechende Benutzung der Postlokalitäten untunlich gemacht wird, so ist die Postverwaltung berechtigt, die letzteren zurückzugeben und nach Maß­ gabe der Festsetzungen im Artikel 7 die Zuweisung anderer zweckentsprechender Räumlichkeiten in An­ spruch zu nehmen. Meinungsverschiedenheiten dar­ über, ob ein solcher Fall vorliegt, werden auf dem im Artikel 1 deS Gesetzes vorgeschriebenen Wege erledigt. VII. Zu Artikel 8.

Ersatzansprüche, welche wegen einer bei dem Be­ triebe einer Eisenbahn erfolgten Tötung oder Ver­ letzung eines im Dienst befindlichen Postbeamten erhoben werden, wird die betreffende Eisenbahnver­ waltung alsbald zur Kenntnis der Postverwaltung bringen. Werden solche Ersatzansprüche im Wege des Pro­ zesses verfolgt, so wird die Eisenbahnverwaltung nach Zustellung der Klage eine Abschrift derselben der Postverwaltung mitteilen. Die Mitteilung erfolgt in beiden Fällen an die­ jenige Kaiserliche Ober-Postdirettion, in deren Bezirk der Unfall sich ereignet hat.

IV. Vollzugsbestimmungen z. Eisenbahn-Postges. usw.

83

VIII. Zu Artikel 10. Allgemeine Bestimmungen.

1. Die Beamten der beiderseitigen Verwaltungen sind verpflichtet, bei Wahrnehmung ihres Dienstes dergestalt Hand in Hand zu gehen, daß daS Jnterefle beider Verwaltungen nach Möglichkeit gefördert, Nachteil für die eine oder die andere Verwaltung aber vermieden wird. Soweit solches mit den Jntereffen der eigenen Verwaltung verträglich erscheint, müssen die Beamten in allen Vorkommnisien deS Dienstes den Wünschen der Beamten der anderen Verwaltung sich willfährig beweisen. 2. Den Anordnungen, welche zur Aufrechthaltung der Ordnung auf den Bahnhöfen, der Regelmäßig­ keit und Sicherheit im Gange der Eisenbahnzüge, sowie auf Grund bahnpolizeilicher Vorschriften von der Eisenbahnverwaltung oder von den mit der Ausübung der Bahnpolizei betrauten Eisenbahn­ beamten getroffen werden, sind auch die Postbeamten nachzukommen verbunden. Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung v. 4. Nov. 1904 §§ 74ff.; insbesondere § 78 (RGBl. S. 431 ff.).

Bei Erlaß der bezüglichen Anordnungen ist eine Beschränkung und Erschwerung des Poftverkehrs tunlichst zu vermeiden. Insbesondere ist zu jeder Zeit, wo solches im Postintereffe notwendig erscheint, der Zugang zu den auf den Bahnhöfen befindlichen PostbureauS offen zu erhalten; auch muß zur Zeit der Ankunft, der Abfahrt und des Durchganges der 6*

84

IV. Vollzugsbestimnnmgen z. EisenbahmPostges. usw.

Züge den diensttuenden Postbeamten der Zutritt zu den Perrons gestattet werden, ungleichen auch dem die Brieflasten an den Postwagen benutzenden Publikum, insofern nicht die Eisenbahnverwaltung aus besonderen Gründen das Betreten des Perrons zu beschränken genötigt ist und diese Gründe von der EisenbahnAufsichtsbehörde gebilligt werben. Den anschließen­ den Posten ist das Aufstellen an den Bahnhöfen an geeigneten Stellen, soweit solche vorhanden sind, zu gestatten. Die Plätze, wo das Ein- und Ausladen der Postgüter in die und aus den Eisenbahn-Postwagen zu geschehen hat, sind mit Rücksicht auf die Stelle, die der Postwagen im Zuge einnimmt, möglichst ein- für allemal zu bestimmen. Die Plätze sind, wo dies tunlich erscheint, so zu wählen, daß sie dem Andrange des Publikums nicht ausgesetzt sind. Müssen dieselben im ausschließlichen Interesse des Postdienstes nachts erleuchtet werden, so trägt die Postverwaltung die Kosten. 3. Die Postbeamten sind verbunden, alle Vorsicht anzuwenden, um Unglücksfälle unterwegs zu ver­ meiden. Es bezieht sich dieses nicht allein auf das Umgehen mit Feuer und Licht, auf das Schließen und Öffnen der Wagentüren usw., sondern ganz

besonders auch auf die Art des Verladens der Post­ güter. Die einzelnen Achsen der Postwagen müssen möglichst gleichmäßig belastet, jede Überlastung aber

mutz

sorgfältig

vermieden

werden.

Nimmt

der

IV. VollzugSbestimmungen z. Eisenbahn-Po stges. usw.

85

eine Überlastung

des

Eisenbahn-Stationsvorsteher

ganzen Wagens oder eines Teiles desselben wahr,

so ist er berechtigt und verpflichtet, sofortige Be­ seitigung dieses Übelstandes zu verlangen. Sobald die Postbeamten, von welchen EisenbahnPosttransporte

begleitet

Schadhaftigkeit

an

den

werden,

unterwegs

Postwagen

eine

wahrnehmen,

haben sie davon in geeigneter Art den Eisenbahn­ beamten Nachricht zu geben. 4. Werden an Eisenbahnhaltestellen, wo besondere Postanstalten sich nicht befinden, von der Postver­

waltung Briefkasten aufgestellt, so wird die Cisen-

bahnverwaltung, soweit dies ohne Beeinträchtigung der Sicherheit des Betriebes zulässig ist, nach Ver­

ständigung mit der Postverwaltung den Eisenbahn­ beamten,

welchem die Wahrnehmung des Dienstes

an der Haltestelle obliegt, verpflichten, sich der Be­ aufsichtigung des Briefkastens zu unterziehen, den­ selben kurz vor Durchgang jedes Zuges zu eröffnen und die darin befindlichen Briefe den Postbeamten,

welche die Züge begleiten, während des Anhaltens

derselben zu übergeben.

Unter

den

gleichen Voraussetzungen

wird

die

Eisenbahnverwaltung den Eisenbahnbeamten einer solcher! Haltestelle auch beauftragen, die Auswechs­ lung

verschlossener

Brieftaschen

oder

Briefpakete

zwischen Postanstalten und solchen Personen, welche in

der

mitteln.

Nähe

der

Haltestelle

wohnen,

zu

ver­

86

IV. VollzugSbestimnumgen z. Eiseubahn-Postges. usw.

5. Die Eisenbahn-Stationsvorsteher sind ver­ pflichtet, den Vorstehern der Orts-Postanstalten von allen Störungen im Eisenbahnbetriebe, welche auf den Postdienst von Einfluß sein können, sowie von der erfolgten Beseitigung solcher Störungen, unver­ züglich Mitteilung zu machen. 6. Bei Betriebsstörungen, welche die Weiter­ beförderung des Postwagens nicht gestatten, sind die Briefpost und die Zeitungen, soweit der Fort­ schaffung derselben nicht unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen, mit dem nächsten abgehenden Zuge weiter zu befördern. Bei gänzlicher Hemmung der Passage auf der Eisenbahn ist es Sache der Post­ verwaltung, für die Beförderung der Postsendungen durch Postbetriebsmittel zu sorgen. 7. Jede Eisenbahnverwaltung tritt in bezug auf ihre gesamten Forderungen an die Postverwaltung in der Regel mit nur einer Ober-Postdirektion, und zwar mit derjenigen in Abrechnung, in deren Bezirk der Ort belegen ist, an welchem die Eisenbahnver­ waltung ihren Sitz hat. Die Abrechnungen sind vierteljährlich von der Eisenbahnverwaltung aufzu­ stellen. Die Zahlung der Beträge erfolgt, sobald die Abrechnung von der Oberpostdirektion geprüft und festgestellt worden ist, kostenfrei aus der OberPostkasse. 8. Die Bestimmungen unter II. Ziffer 4 find nach Ablauf von zwei Jahren und demnächst mit den Beftimmungen unter III. Ziffer 2 und 8, unter IV.

IV. VollzugSbestimmungen z. Eisenbahn-Postges. usw.

87

Ziffer 2 und unter V. Ziffer 5 «ach Ablauf uau fünf Jahren nach Maßgabe der in-wischeu gemachten Er. fahrungen einer Revision zu unterziehen.

Durch die stattgefundenen Revisionen ist vorstehende Bestimmung erledigt. Berlin, den 9. Februar 1876. Der Reichskanzler.

v. Bismarck.

über das Posttaxwrsen im Gebiete des Deutschen Reichs. Bom 28. Oktober 1871. RGBl. S. 358-362. Ausgegeben zu Berlin den 1. Nov. 1671. Gesetzeskraft im Reichspostgebiet mit d. 1. Jan. 1872 (§ 14).

e. Das Posttar-G. ist teilweise abgeändert durch die Gesetze v. 17. Mai 1873 (Nr. VI), 3. Nov. 1874 (Nr. VII), 20. Dez. 1899 (Nr. VIII) und 11. März 1901 (Nr. IX). b. Neben diesem G. find die auf Grund des PostG. (Nr. 11) § 50 erlassenen Tarisbestimmungen der PO. (Nr. XI) zu beachten.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen usw. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrates und des Reichstages, was folgt:

5 1.

Porto für Briese.

§ 1 ist durch G. v. 20. Dez. 1899 (Nr. VIII) Art. 1 1 aufgehoben.

5 2. Paketporto. Das Paketporto wird nach der Entfernung und nach dem Gewicht der Sendung erhoben.

V. Gesetz über das Pofttarwesen des Deutscheu Reichs.

89

Die Entfernungen werden nach geographischen Meilen, zu 15 auf einen Äquatorgrad, bestimmt. DaS Postgebiet wird in quadratische Taxfelder von

höchstens

2

Seitenlange

Meilen

eingeteilt.

Der

direkte Abstand des Diagonalkreuzpunktes des einen

Quadrats

des anderen Quadrats bildet

von dem

die Entfernungsstufe, welche für die Taxierung der

Sendungen von

den Postanstalten

des einen nach

denen des anderen Quadrats maßgebend ist. bei den Entfernungsstufen

sich

Die

ergebenden Bruch-

meilen bleiben unberücksichtigt. Für die etwaige Begleitadresse kommt besonderes

Porto nicht in Ansatz. Wenn

mehrere

adresse gehören,

Pakete

zu

derselben

Begleit­

wird für jedes einzelne Paket die

Taxe selbständig berechnet. a. Die hier weggelassenen Absätze 3 — 5 dieses Paragraphen sind durch § 1 des G. v. 17. Mai 1873 (Nr. VI) aufgehoben. b. Die geographische Meile ist als Entfernungs­ maß für das Paketporto beibehalten, weil die Umrechnung der Taxquadrate in Metermeilen unverhältnismäßige Arbeit verursacht haben würde. StB. 556.

c. Mehr als drei Pakete dürfen nicht zu einer Begleit­ adresse gehören. PO. (Nr. XI) § 12.

§ 3.

Porto

unb

Versicherungsgebühr

Sendungen mit Wertangabe.

für

90

V. Gesetz über das Posttaxwesen des Deutschen Reichs.

Wenn mehrere Pakete mit Wertangabe zu einer

Begleitadresse

gehören,

wird

für

jedes Paket

die

Versicherungsgebühr selbständig berechnet. Die hier weggelassenen Absätze 1—3 sind durch G. v. 17. Mai 1873 (Nr. VI) § 2 aufgehoben.

Abrundung und Umrechnung.

§ 4.

Die

bei

der Berechnung

gebenden Bruchteile eines

des Portos

sich

er­

Silbergroschens werden

auf ’/«, 12, 3/< oder ganze Silbergroschen abgerundet. In

den

Gebieten

mit

anderer

als

derjenigen

Währung, welche den vorstehenden Tarifsätzen zum Grunde liegt, find die aus obigem Taris fich ergebenden

Portobeträge

möglichst

in

genau

die

landesübliche

umzurechuen.

Münzwährung

Stellen

fich

hierbei

Bruchteile heraus, so erfolgt die Erhebung mit dem

nächst höheren darstellbaren Betrage.

Dem Portosatze

von 1 Sgr. wird bet einfachen frankierten Briefen in

den

Gebieten mit Guldeuwährung der Betrag von

3 Kreuzern gegenübergeftellt. § 4 hat durch die am 1. Jan. 1875 im gesamten Reichs post gebiete erfolgte Einführung der Reichsmark­ rechnung und die am 1. Jan. 1876 im gesamten Reichs­ gebiete erfolgte Einführung der Reichs Währung ver­ schiedene Abänderungen erfahren: 1. Der Schlußsatz des Abs. 2 ist förmlich ausgehoben durch G. v. 3. Nov. 1874 (Nr. VII). 2. Der erste Satz deS Abs. 2 ist durch die Einführung der Reichswährung im gesamten Reichsgebiete, V. v. 22. Sept. 1875 (RGBl. 303), tatsächlich weggesallen.

V. Gesetz über das Posttaxwesen des Deutschen Reichs.

91

3. Die v. 1. Jan. 1874 eingeführten Paket- und WertPor tosätze (Nr. VI) schließen sämtlich mit Beträgen ab, welche in Pfennigen durch fünf teilbar find. Die Abrundung der durch die Postordnung festgesetzten Ge­ bühren ist an den betr. Stellen besonders geregelt, ß 5.

Kuvertieren an die Postanstalten.

Werden Briefe

oder andere Gegenstände vom

Absender an eine Postanstalt zum Verteilen kuvertiert, so kommt

für jede im Kuvert enthaltene Sendung

das tarifmäßige Porto in Ansatz. 5 6.

Termin der Zahlung.

Die Postanstallen dürfen Briefe, Scheine, Sachen usw. an die Adressaten erst dann aushändigen, wenn die Zahlung der Postgefälle erfolgt ist; es sei denn,

daß eine terminweise Abrechnung darüber zwischen der Postanstalt und dem Adressaten verabredet wäre.

Für Stundung des Portos wird eine monatliche Gebtthr von 5 Pf. für jede Mark, mindestens aber 50 Pf. erhoben. PO. (Nr. XI) § 50 VII. § 7.

Nachforderung von Porto.

Nachforderung an zu wenig bezahltem Porto ist der Korrespondent nur dann zu berichtigen verbunden,

wenn solche innerhalb eines Jahres nach der Auf­ gabe der Sendung angemeldet wird.

Vgl. PO. (Nr. XI) § 50 III, IV, VI, PostG. (Nr. II) § 25.

g 8.

Abschaffung von Nebengebühren.

Für die Abtragung der mit den Posten von weiterher gekommenen Briefe ohne Wertangabe, Korrespondenzkarten,

gegen

ermäßigtes Porto

be-

92

V. Gesetz über das Posttarwesen des Deutschen Reichs,

förderten Drucksachen, Warenproben oder Waren­ muster, rekommandierten Sendungen, Begleitadressen zu Paketen, Postanweisungen und Formulare zu Ablieferungsscheinen wird eine Bestellgebühr nicht erhoben.

Gebühren für Poftscheine über die Einlieferung von Sendungen zur Poft und Gefachgebühren für abzuholende Briefe oder sonstige Gegenstände, desgleichen Packkammergeld, kommen nicht zur Erhebung. a. Abs. 2 ist abgeändert durch G. v. 11. März 1901 (Nr. IX). b. Die Gebühren für Bestellung von Postsendungen aus dem Orte der Po st an st alt nach dem Laudbestellbezirke, sowie die Gebühren für Bestellung anderer als der oben bezeichneten Sendungen sind durch PO. (Nr. XI) § 36 III—X li. § 37 festgesetzt. — Die Abschaffung des Landbestellgeldes bezieht sich nur auf die von weiterher gekommenen Postsendungen der im § 8 bezeichneten Art.

c. Wegen der Nebengebühr für Einsammlung von Post­ sendungen durch die Landbriefträger vgl. PO. (Nr. XI) § 29 VI.

§ 9.

Verkauf von Postwertzeichen durch die Postanstalten.

Die Postanstalten haben, nach näherer Anordnung der Reichs-Postverwaltung, Freimarken zur Frankie­ rung der Postsendungen bereitzuhalten und zu dem­ selben Betrage abzulassen, welcher durch den Franko­ stempel bezeichnet ist. Die Postanstalten sollen er­ mächtigt sein, auch mit dem Absatz von Frankokuverts und von gestempelten Streifbändern, Post­ anweisungen und Korrespondenzkarten sich zu befassen,

V. Gesetz über das Posttarwesen des Deutschen Reichs.

93

für welche, außer dem durch den Frankostempel be­ zeichneten Wertbetrage, eine den Herstellungskosten entsprechende Entschädigung eingehoben werden kann. a. Über den Verkauf von Postwertzeichen durch die Post­

anstalten vgl. PO. (Nr. XI) § 49. b. Ein Absatz von gestenipelten Briefumschlägen und gestempelten Streifbändern durch die Poftanstalten findet nicht mehr statt. Dagegen werden gestempelte Kartenbriefe verkauft. r. Der Antrag, Postwertzeichen auch durch Privatpersonen gegen Rabatt bis zu 2 Prozent verkaufen zu lassen, wurde vom Reichstag abgelehnt. StB. 697 ff.

5 10.

Provision für Zeitungen.

§ 10 ist ausgehoben durch PGR. (Nr. VIII) Art. 1 III.

K 11.

Tarife für den Verkehr mit anderen Po st gebieten. Die Tarife für den Verkehr mit anderen Post­ gebieten richten sich nach den betreffenden Post­ verträgen. a. Durch den Weltpostvertrag (Nr. XII) ist das Porto für Briefe, Postkarten, Drucksachen, Geschäftspapiere und Warenproben einheitlich geregelt. Im Anschluß an den Weltpostvertrag sind durch besondere Übereinkommen auch für den internationalen Austausch von Briefen und Kästchen mit Wertangabe, Postanweisungen, Postpaketen, Postanfträgen und Zeitungen zwischen den beteiligten Staaten einheitliche Bestimmungen angebahnt worden (vgl. Vordem, a zu Nr. XII, sowie Nr. XIII—XVII). b. Sämtliche auf den Postverkehr mit dem In- und Auslande bezügliche Tarifsätze und sonstigen Bestimmungen sind in den amtlichen Ausgaben des Briefposttarifs und des Paketposttarifs (Berlin, Reichsdruckerei) zusammengestellt,

94

V. Gesetz über das Posttaxwesen deS Deutschen Reichs.

die im Wege des Buchhandels von R. v. DeckerS Verlag, G. Schenk, Berlin SW 19, Jerusalemerstr. 56 bezogen werden können; ebenso in abgekürzter Form in dem Postblatt, daS vierteljährlich als Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger erscheint und durch Vermittlung der ReichSpost, anstalten gegen Vorausbezahlung von 40 Pf. jährlich, sowie zum Preise von 10 Pf. für die einzelne Nummer bezogen werden kann.

8 12. Aufhebung bisheriger Bestimmungen. Alle bisherigen allgemeinen und besonderen Be­ stimmungen über Gegenstände, worüber daS gegen­ wärtige Gesetz verfügt, werden hierdurch aufgehoben, Innerer Postverkehr in Bayern und Württemberg. Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden nicht Anwendung auf den inneren Postverkehr in Bayern und Württemberg.

g 13.

Vgl. RD. (Nr. I) Art. 52.

8 14. Anfangstermin. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1872 in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Berlin, den 28. Oktober 1871. (L. 8.)

Wilhelm. Fürst v. Bismarck.

VI. Gesetz, betreffend einige Abänderungen des Gesetzes über das Posttaxwesen im Gebiete des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871. Vom 17. Mai 1873. (Posttaxnovelle.) RGBl. S. 107—108. Ausgegeben zu Berlin den 23. Mai 1873. Gesetzeskraft mit dem 1. Jan. 1874 (§ 4). Wie das PosttaxG., so findet auch die Posttaxnovelle ans den innern Postverkehr in Bayern und in Württemberg gemäß RV. Art. 52 keine Anwendung. Dagegen gilt sie für den Wechselverkehr beider Königreiche untereinander und mit dem ReichSpostgebiet.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen usw. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrates und des Reichstages, was folgt:

§ 1. Paketporto. Das Porto für Pakete beträgt: I. bis zum Gewichte von 5 Kilogrammen a) auf Entfernungen bis 10 Meilen einschließlich 21;2 Sgr.

96 VI. Ges., betr. einige Abänderungen üb. d. Posttarwesen.

b) auf alle weiteren Entfernungen . . 5 Sgr. Für unfrankierte Pakete wird ein Porto­ zuschlag von 1 Sgr. erhoben. II. beim Gewichte über 5 Kilogramme a) für die ersten 5 Kilogramme die Sätze wie vorstehend unter I., b) für jedes weitere Kilogramm oder den überschießenden Teil eines Kilogramms bis 10 Meilen . . . V-2 Sgr. 1 über 10 „ 20 „ ... „ 20 „ 50 .................... 2 „ „ 50 3 „ 100 .................... „ ... 4 . 100 „ 150 „ „ 150 Meilen.......................... 5 „ Der Postverwaltung bleibt überlassen, für sperriges Gut einen Zuschlag zu nehmen; derselbe darf jedoch 50 Prozent der obigen Taxe nicht übersteigen. a. Wegen Berechnung der Entfernungen vgl. PosttarG. (Nr. V) § 2. b. Der Portozuschlag zu I wird nur bei unfrankierten Paketen bis zum Gewicht von 5 Kilogrammen erhoben, nicht aber für unzureichend frankierte Pakete und für Pakete von höherem Gewichte. c. Der Zuschlag für Sperrgut beträgt die Hälfte des Portos. Als Sperrgut gelten Pakete, welche a) in irgend­ einer Ausdehnung 11 ■» Meter überschreiten, b) in einer Ausdehnung 1 Meter, in einer anderen 1/,2 Meter über­ schreiten und dabei weniger als 10 Kilogramm wiegen, c) bei der Verladung einen unverhältnismätzigen Raum in Anspruch nehmen oder eine besonders sorgsame Be­ handlung erfordern, wie z. B. Körbe mit Pflanzen und

VI. Ges., best, einige Abänderungen üb. d. Posttaxivesen. 97

Gesträuchen, Käfige, leer oder mit lebenden Tieren, leere Zigarrenkiste«» in großen Bunden, Hutschachteln oder KartonS in Hol-gestellen, Möbel, Korbgeflechte (Blumentische, Kinder­ wagen usw.), Spinnräder, Fahrräder u. dgl.(ADA.Abschn. III Abt. 1 § 8). d. Wegen des PaketverkehrS mit dem Auslande vgl. PosttaxG. (Nr. V) § 11 und die Anm.

g 2. Porto und Versicherungsgebühr für Sendungen mit Wertangabe. Für Sendungen mit Wertangabe wird erhoben: a) Porto und zwar 1. für Briefe ohne Unterschied des Gewichts, auf Entfernungen bis 10 Meilen einschließlich........................................... 2 Sgr., auf alle weiteren Entfernungen. . 4 „ Für unfrankierte Sendungen wird ein Portozuschlag von 1 Sgr. erhoben. 2. für Pakete und die dazu gehörige Begleit­ adresse: der nach § 1 sich ergebende Betrag; und b) Versicherungsgebühr ohne Unterschied der Ent­ fernung und zu jeder Hohe der Wertangabe gleichmäßig 12 Sgr. für je 100 Taler oder einen Teil von 100 Talern, mindestens jedoch 1 Sgr. Dgl. PosttarG. (Nr. V) § 3. Wegen Wertsendungen nach den» Auslande ebend. § 11 und die Ann».

8 3. Das in den §§ 1 und 2 vorgesehene Zuschlag­ porto wird bei portopflichtigen Dienstsendui»gen (§ 1 Fischer-König, Post- u. Telegraphengesetz. 6.Ausl.

7

98 VI. Ges., betr. einige Abänderungen üb. d. Posttnrwesen. des Gesetzes über das Posttaxwesen vom 28. Oktober 1871) nicht erhoben. Vgl. PostGN. (Nr. VIII) Art. 1 I.

S 4 Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1874 in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Berlin, den 17. Mai 1873.

(L. S.)

Wilhelm. Fürst v. Bismarck.

VII.

Gesetz, betreffend Abänderung des Gesetzes über das Posttaxwesen. Vom 3. November 1874. RGBl. S. 127. AuÄgegeben zu Berlin den 9. Nov. 1874. Gesetzeskraft mit den» 23. Rov. 1874. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen usw. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, waS folgt:

Einziger Artikel. Der im § 1 des Gesetzes über das Post-Tarwesen im Gebiete des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871 (RGBl. S. 358 ff.) festgesetzte Portosatz von 1 Silbergroschen, gleich 10 Pfennigen Reichsmünze, für den frankierten gewöhnlichen Brief bis zum Ge­ wichte von 15 Grammen einschließlich tritt in den Gebieten der süddeutschen Währung an dem Tage in Wirksamkeit, an welchem in diesen Gebieten in Gemäßheit des § 1 des Münzgesetzes vom 9. Juli 7*

100

VII. Abänderung des Gesetzes über das Posttaxwesen.

1873 (RGBl. S. 233) die Reichsmarkrechnung ein­ geführt wird. a. Zum Text vgl. RGBl. 1874 S. 134 Berichtigung. b. Die Reichsmarkrechnung ist eingeführt: im gesamten Reichspostgebiete am 1. Jan. 1875, in Württemberg am 1. Juli 1875. Zufolge V. v. 22. Sept. 1875 (RGBl. 303) ist mit dem 1. Jan. 1876 die Reichswährung im gesamten Reichsgebiete eingeführt.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Berlin, den 3. November 1874.

(L. 8.)

Wilhelm. Fürst v. Bismarck.

VIII. Gesetz, betreffend einige Änderungen von Bestimmungen über das Postvefen. Vom 20. Dezember 1899. (Postgesetznovelle.) RGBl. S. 715-719. Begr. jii dem Entwurf des G., Drucksachen deS Deutschen Reichstag-, 10. Legislaturperiode, I. Session 1898/1900 Nr. 116, KommisfionSbericht ebenda Nr. 314.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen usw. verordnen im Namen deS Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundes­ rats und des Reichstags, was folgt: Artikel 1. Das Gesetz über das Posttaxwesen im Gebiete des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871 (RGBl. S. 358) wird dahin geändert: I. An die Stelle des § 1 treten folgende Vor­ schriften: Porto für Briefe. Das Porto beträgt für den frankierten ge­ wöhnlichen Brief bis zum Gewichte von 20 Gramm einschließlich 10 Pfennig, bei größeren! Gewichte.... 20 „

102 VIII. Ges., betr. einige Änderungen v. Bestimmung, usw.

Bei unfrankierten Briefen tritt ein Zuschlag­ porto von 10 Pfennig, ohne Unterschied des Gewichts des Briefes, hinzu. Dasselbe Zuschlag­ porto wird bei unzureichend frankierten Briefen neben dem Ergänzungsporto erhoben. Portopflichtige Dienstbriefe werden mit Zu­ schlagporto nicht belegt, wenn ihre Eigenschaft als Dienstsache durch eine von der Reichs-Post­ verwaltung festzustellende Bezeichnung auf bcm Umschläge vor. der Postaufgabe erkennbar ge­ macht worden ist. a. Art. 1 I in Kraft getreten am 1. April 1900.

b. Im Verkehr zwischen Deutschland und Luxemburg gelten seit 1. Okt. 1902 für Briefsendungen aller Art die Portosähe und Gewichtsstufen des inneren deutschen Verkehrs. c. Die Gebühr für Ortssendungen und für Briefe im Nachbarortsverkehr, Art. 1 II, ist gemäß PostG. § 50 Nr. 7 durch PO. § 37 festgesetzt.

d. Im Weltpostverkehr beträgt daS Meistgewicht für einfache Briefe ebenfalls 20 Gramm. WPD. (Nr. XII) Art. 5. Wahrend jedoch im inneren Verkehr und im Wechselverkehr zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn daS Porto für Briefe über 20 Gramm bis zum Meistgewicht von 250 Gramm (PO. § 2) gleichmäßig 20 Pf. beträgt, wird im Weltpost­ verkehr ein Porto von 10 Pf. für je weitere 20 Gramm oder einen Teil von 20 Gramm erhoben.

e. Mit dem Zuschlagporto werden nicht belegt Briefe und Postkarten im inneren Verkehr Deutschlands, mit Aus­ schluß des innere» Verkehrs in Bayern und Württemberg, welche von öffentlichen Behörden, Beamten und Geistlichen in Ausübung dienstlicher Funktionen abgesandt und vor der Postaufgabe

VIII. Ges., betr. einige Änderungen v. Bestimmung, usw. 103

•) auf der Adresse mit dem Vermerk .portopflichtige Dienstsache" versehen, b) mit öffentlichem Siegel oder Stempel verfchloffen werden. Besitzt der Absender kein Dienstsiegel, so ist .die Er­ mangelung eines Dienstsiegels" aus der Adresse mit Unter­ schrift des Namens und Beisetzung des Amtscharakters zn bescheinigen. Diese Vermerke find oben links in der Ecke auf der Adreßseite anzubringen. Milde Stiftungen, Privatvereine und Gesellschaften find zur Anwendung der Bezeichnung portopflichtige Dienstsache' nicht berechtigt. Vers, des GPAmts v. 28. Nov. 1871, ABl. 537. (ADA. Abschn. III Abt. 1 Anl. 6.) f. Für die portopflichtige Korrespondenz zwischen Be­ hörden verschiedener Bundesstaaten gelten im Reichspostgebiet zufolge Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 29. Aug. 1870 (BGBl. S. 514) und 17. April 1872 (RGBl. S. 108) folgende Grundsätze: 1. Portopflichtige Sendungen find stets von der absendenden Behörde zn frankieren. 2. Bei Korrespondenz zwischen Behörden in Parteisachen entrichtet die absendende Stelle das Porto auch in solchen Fällen, in welchen die Pflicht zur Portozahlung einer im Gebiet der empfangenden Stelle befindlichen Partei obliegt. 3. Die empfangende Stelle ist zwar befugt, den Portobetrag von der Partei einzuziehen, jedoch soll von einer Erstattung desselben an die abzusendende Behörde des andern Staates Abstand genommen werden.

II. Als gift wird folgende Vorschrift eingestellt:

Nachbarortsverkehr. Der Reichskanzler ist ermächtigt, den Geltungs­ bereich der Ortstaxe (§ 50,? des Gesetzes über das Postwesen des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871) auf Nachbarorte auszudehnen. a. Art. 1 II in Kraft getreten am 1. April 1900. b. Vgl. PO. (Nr. XI) § 37 II.

104 vni. Ges., betr. einige Änderungen v. Bestimmung, usw. III. An die Stelle des § 10 treten folgende Vor­ schriften:

Die Zeitungsgebühr beträgt: a) 2 Pfennig für jeden Monat der Bezugs­ zeit, b) 15 Pfennig jährlich für das wöchentlich ein­ malige oder seltenere Erscheinen sowie 15 Pfennig jährlich mehr für jede weitere Ausgabe in der Woche, c) 10 Pfennig jährlich für jedes Kilogramm des Jahresgewichts unter Gewährung eines Freigewichts von je 1 Kilogramm jährlich für soviel Ausgaben, wie der Gebühr zu b unterliegen.



Das Jahresgewicht wird für jedes Kalender­ jahr nach dem tatsächlichen Gewichte derZeitungSnummern des voraufgegangenen Rechnungs­ jahrs festgestellt. Bei neuen Zeitungen erfolgt bis zur Anwendbarkeit dieser Bestimmung die Gewichtsberechnung vierteljährlich nach dem Gewichte der erschienenen Nummern. Der Verleger hat zum Zwecke der Gewichts­ berechnung der ihm bezeichneten Postdienststelle ein vollständiges Pflichtexemplar von jeder Zeitungsnummer beim Erscheinen zu liefern. Die Selbstverpackung ist auf Antrag des Ver­ legers zu gestatten.

a. Art. 1III Abs. 1,2,4 in Kraft getreten am 1. Jan. 1901, Abs. 3 am 1. Jan. 1900.

VIII. Ges., betr. einige Änderungen v. Bestimmung, usw. 105 b. PoftG. (Nr. II) § 3. c. Wegen Beförderung außergewöhnlicher Zeitungs­ beilagen vgl. PO. (Nr. XI) § 8 XIVff. d. ZettungSbeftellgeld: PO. (Nr. XI) § 36 X Über»

Weisungsgebühr: ebenda § 44 V.

Artikel 2. Das Gesetz über daS Postwesen des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871 (RGBl. S. 347) wird dahin geändert:

I. Als § la wird folgende Vorschrift eingestellt: Die §§ 1, 27, 28, 30 bis 33 dieses Gesetzes finden auch Anwendung auf verschlossene und solchen gleichzuachtende Briefe, die innerhalb der Gemeindegrenzen ihres mit einer Postanstalt versehenen UrsprungsortS verbleiben. II. Als § 2a werden folgende Vorschriften ein­ gestellt: Die Beförderung von verschlossenen Briefen int Ursprungsorte (§ 1 a) gegen Bezahlung durch Boten, welche weder die Einsammlung von Briefen, Karten, Drucksachen, Zeitungen und Zeitschriften oder Warenproben gewerbsmäßig betreiben, noch im Dienste einer Privatbe­ förderungsanstalt stehen, ist ohne die im § 2 vorgeschriebenen Einschränkungen gestattet. Privatbeförderungsanstalten dürfen in eigener Angelegenheit verschlossene Briefe auch durch ihre Bediensteten befördern lassen. Art. 2 in Kraft getreten am 1. April 1900.

106 V1H. Ges., betr. einige Änderungen v. Bestimmung, usw.

Artikel 3. Anstalten zur gewerbsmäßigen Einsammlung, Beförderung oder Verteilung von unverschlossenen Briefen, Karlen, Drucksachen und Warenproben, die mit der Aufschrift bestimmter Empfänger versehen sind, dürfen vom 1. April 1900 ab nicht betrieben werden. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Abgesehen von den bezeichneten Anstalten ist die gewerbsmäßige oder nicht gewerbsmäßige Beförde­ rung von unverschlossenen politischen Zeitungen innerhalb der Gemeindegrenzen eines Ortes, ins­ besondere auch wenn sie durch die Post oder durch Expreßboten dorthin befördert wurden, jedermann gestaltet, auch an Sonn- und Feiertagen während der Stunden, in denen die Kaiserliche Post bestellt. Vgl. „Gerichtliche Entscheidungen" (Nr. XXIX) B. 43 48.

Artikel 4. Den vor dem 1. April 1898 eingerichteten und seitdem bis zur Verkündigung dieses Gesetzes ohne Unterbrechung betriebenen Privat-Briefbeförderungsanstalten und ihren Bediensteten, die infolge dieses Gesetzes Schaden erleiden, sind Entschädigungen nach den folgenden Bestimmungen zu gewähren: A. Der den Anstalten zu ersetzende Schaden um­ faßt auch den entgangenen Gewinn. Die Fest­ stellung des entgangenen Gewinns richtet sich nach § 252 des Bürgerlichen Gesetzbucks. Jedoch

VIII. Ges., bett, einige Änderungen v. Bestimmung, usw. 107 soll die Entschädigung für den entgangenen Ge­ winn in keinem Falle mehr als das Zehnfache des jährlichen Reingewinns betragen, den die Anstalt im Durchschnitte der vor dem 1. April 1898 liegenden drei letzten Geschäftsjahre erzielt hat. Das erste Geschäftsjahr nach Errichtung oder Erwerbung der Anstalt wird hierbei nicht in Betracht gezogen. Hat die Anstalt bis zum 1. April 1898 noch nicht vier Jahre bestanden, so wird der durchschnittliche Jahresbetrag des Reingewinns in der Weise gebildet, daß der im Durchschnitte für den Monat nach Ablauf des ersten Geschäftsjahrs erzielte Reingewinn mit zwölf vervielfältigt wird. Als Reingewinn gilt die Roheinnahme aus der Beförderung der ihrem Betrieb auf Grund dieses Gesetzes entzogenen Gegenstände nach Abzug des dem Verhältnisse dieser Einnahme zur Roheinnahme aus dem gesamten Besörderungsgeschäft entsprechenden Teiles der Geschäftskosten. Zu den Geschäfts­ kosten werden auch gerechnet die Abnutzung der der Anstalt gehörenden Gebäude und Betriebs­ mittel, soweit sie dLm Beförderungsgeschäfte dienen, und vierprozentige Zinsen des Anlageund Betriebskapitals. B. Die Bediensteten, die infolge des Eingehens oder der Beschränkung des Betriebs der Anstalten aus der Beschäftigung austreten oder entlassen werden, und mindestens drei Monate lang, vom

108 VIII. Ges., betr. einige Änderungen v. Bestimmung, usw.

Tage der Verkündigung diese- Gesetze- rückwärts gerechnet, im Dienste der Anstalten gestanden sowie ihren Erwerb ausschließlich oder über­ wiegend aus dieser Beschäftigung gezogen und vor dem Tage der Verkündigung dieses Gesetzes das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, er­ halten, wenn die Beschäftigung gedauert hat: 3 Monate bis einschl. 6 Monate */)2, mehr als» 6 1 Jahr 7.2. 1 Jahr l1!'s ,, 7-2, 2 Jahre 4/lS, V!» „ 2 Jahre 3 4 3 5 4 U/l», 5 6 7 6 *7i». 7 8 27i., 8 9 »/>-. 9 10 *7i«, 11 10 12 11 usw. für jedes weitere Beschäftigungsjahr mehr 3/ü des innerhalb der letzten zwölf Monate be­ zogenen Gehalts oder Arbeitsverdienstes als ein­ malige Entschädigung. Gehälter oder Arbeitsverdienste, welche mehr als 5000 Mark pro Jahr betragen haben, dürfen nur mit 5000 Mark bei der Feststellung der Ent­ schädigung angerechnet werden.

Vin. Ges., betr. einige Änderungen v. Bestimmung, usw. 109

Besteht das Gehalt oder der Arbeitsverdienst ganz oder zum Teil aus Anteilen an der Geschästseinnahme oder am Geschäftsgewinne, so werden diese Anteile mit dem Durchschnitte der vor der Verkündigung dieses Gesetzes liegenden zwei Beschäftigungsjahre angesetzt. Hat die Beschäftigung weniger als zwölf Monate gedauert, so wird der Berechnung der Entschädigung der Betrag zugrunde gelegt, der nach dem durchschnittlich für den Tag bezogenen Gehalt oder Arbeitsverdienste sich im Laufe eines Jahres ergeben hätte. Von der Entschädigung sind die Bediensteten ausgeschlossen, die von der Postverwaltung in eine ihrem bisherigen Beschäftigungsverhältnis entsprechende Dienststelle von mindestens ihren bisherigen Bezügen gleichkommenden Dienst­ bezügen übernommen werden. Bei der Übernahme in den Reichs-Postdienst

ist den Bediensteten die im Dienste der Privatpostanstalten verbrachte Dienstzeit so anzurechnen, als wenn sie im Dienste der Reichs-Postverwal­ tung tätig gewesen wären. Ist mit dem Antritt einer derartigen Stelle ein Wechsel des Wohnorts verbunden, so werden die Umzugskosten ersetzt. Anspruch auf obige Entschädigung haben auch diejenigen Angestellten, die nach der Einstellung in den Postdienst innerhalb drei Monate, ohne sich

110 VIII. Kes., betr. einige Änderungen v. Bestimmung, usw. eines Vergehens oder Verbrechens schuldig ge­ macht zu haben, als ungeeignet entlasten werden müssen. Artikel 5. Der Anspruch auf Entschädigung ist innerhalb einer Ausschlutzfrist von sechs Monaten bei einer Postbehörde schriftlich anzumelden. Die Frist be­ ginnt mit dem 1. April 1900, für die im letzten Satze des Artikels 4 erwähnten Angestellten mit dem Tage der Entlassung aus dem Postdienste. Die Feststellung der Entschädigung erfolgt für das ReichsPostgebiet durch das Reichs-Postamt, für Bayern und Württemberg durch die obere Postverwaltungs­ behörde dieser Staaten. Die Postverwaltungen und deren Beauftragte sind befugt, unter Hinzuziehung eines vereideten Protokollführers, Zeugen und Sachverständige eidlich zu vernehmen oder die Gerichte um deren Vernehmung zu ersuchen. Gegen den Bescheid der Postbehörde, durch den der Entschädigungsanspruch abgelehnt oder die Ent­ schädigung festgestellt wird, findet die Berufung auf schiedsrichterliche Entscheidung statt. Die Berufung ist bei Vermeidung des Ausschlusses binnen vier Wochen nach der Zustellung des Be­ scheids bei dem Schiedsgerichte zu erheben. Der Bescheid der Postbehörde mutz die Bezeichnung des für die Berufung zuständigen Schiedsgerichts und die Belehrung über die einzuhaltende Frist enthalten.

Vin. Ges., betr. einige Änderungen v. Bestimmung, usw. 111 DaS Schiedsgericht wird aus drei Mitgliedern des Reichsgerichts gebildet. Die Ernennung der­ selben und der Stellvertreter erfolgt für die Dauer ihres Hauptamts durch den Reichskanzler. Auf die Beweisaufnahme im schiedsrichterlichen Verfahren finden die für das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten geltenden. Vorschriften ent­ sprechende Anwendung. Die Entschädigungssummen sind für das ReichsPostgebiet aus den Mitteln der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung, für Bayern und Württem­ berg aus den Landesmitteln zu bestreiten. Zu Art. 4 und 5. Die Entschädigung der PrivatbesördernngSanstalten und ihrer Bediensteten ist überall erfolgt. Artikel 6. Die Bestimmungen des Arttkels 1 III Abs. 1, 2 und 4 treten am 1. Januar 1901, Abs. 3 am 1. Januar 1900, die übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes am 1. April 1900 in Kraft. Für das Kalenderjahr 1901 wird der GewichtSberechnung (Artikel 1 III) das Gewicht der vom 1. Januar bis 30. September 1900 erschienenen Zeitungsnummern unter Erhöhung um ein Drittel zugrunde gelegt. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Gegeben Neues Palais, den 20. Dezember 1899. (L. S.) Wilhelm. Fürst zu Hohenlohe.

IX.

Gesetz, betreffend Änderung des Gesetzes über daS Posttaxwesen im Gebiete deS Deutschen Reichs, vom 28. Oktober 1871. Vom 11. März 1901. RGBl. S. 15. AuSgegeben zu Berlin den 14. März 1901. Gesetzeskraft mit dem 28. März 1901.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen usw. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, waS folgt: Im § 8 des Gesetzes über das Posttaxwesen im Gebiete des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871 (RGBl. S. 358) tritt an die Stelle des zweiten Absatzes folgende Bestimmung: Gebühren für Postscheine über die Einlieferung von Sendungen zur Post und Packkammergeld sind nicht zu erheben, ebensowenig Fachgebühren für ab­ zuholende Briefe und sonstige Gegenstände, sofern nicht die Postverwaltung dem Empfänger auf seinen

IX. Ges., betr. Änderung d. Ges. üb d. Posttaxwesen usw. 113

Antrag

ein

ihm unmittelbar zugängliches, ver­

schließbares Abholungsfach überläßt. Die Be­ dingungen für die Überlassung solcher Fächer

werden durch die Postordnung festgesetzt.

Vgl. PO. (Nr. XI) § 42 II und III. Urkundlich

unter

Unserer

Höchsteigenhändigen

Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel.

Gegeben Berlin im Schloß, den 11. März 1901. (L. S.)

Wilhelm. Graf von Bülow.

Jischcr-König, Post- u. Telegraphengesetz. 6.Aust.

8

X.

Gesetz, betreffend die Portofreiheiten im Gebiete des Nord­ deutschen Bundes. Vom 5. Juni

1869.

BGBl. S. 141—143. Ansgegcben zu Berlin bcn 8. Juni 1869. Gesetzeskraft im Nordd. Bunde mit dem 1. Ian. 1870 (§ 14).

•. In Baden ist das G. mit dem 1. Ian. 1872 in Kraft getreten, nach Art. 80 II Nr. 4 der zwischen dem Nordd. Bunde, Baden und Hessen vereinbarten Verfassung (BGBl. 1870 S. 647) ii. EinfG. zur RV. v. 16. April 1871 § 2 (BGBl. 63).

b. In Elsaß-Lothringen ist das PortofreiheitSG. durch G. v. 1. März 1872 (GBl. f. Els.-Lothr. 150 ff.) v. 1. April 1872 ab eingeführt.

c. Die Ausdehnung auf Bayern und Württemberg ist durch G. v. 29. Mai 1872 (RGBl. 167) dahin erfolgt, daß das G. v. 1. Juli 1872 ab für den Verkehr beider Länder untereinander und mit den übrigen Teilen des Reichs wirksam geworden ist. Auf den innern Verkehr in Bayern und Württemberg erstreckt sich daS G. nicht. RV. (Nr. I) Art. 52. d. Innerhalb seines Geltungsgebietes ist das G. nach EinfG. zur RV. v. 16. April 1871 § 2 (BGBl. 63) als ReichSgesctz anzusehen. Wo in dem-

X

PortosreiheitSgeseh.

115

§ 1.

elben von dem Nordd. Bunde, dessen Gebiet, Mitgliedern )der Staaten, verfassungsmäßigen Organen, Beamten usw. sie Rede ist, sind daS Deutsche Reich und dessen entsprechende Beziehungen zu verstehen.

e. Da daS Portofreiheitswesen in Preußen fast auSchließlich Sache der Verwaltung gewesen war, so wurde durch sie gesetzliche Regelung dieses Gegenstandes die in Art. 48 )er Nordd. BD. ausgesprochene Beschränkung deS dem Kunde zustehenden Gesetzgebungsrechtes überschritten. Der krlaß eines Gesetzes wurde jedoch notwendig, weil ein teil der aufzuhebenden Portofreiheiten auf Privatrechtsstellt beruhte. StB. 880. f. Zur Ausführung deS G. hat daS frühere General' Postamt das Regulativ über die Portofreiheiten ). 15. Dez. 1869 erlassen. AIS Anhang dazu find Bctimmungen publiziert über Portofreiheiten, die auf beonderen, mit einzelnen Regierungen oder Postverwaltungen ^geschlossenen Verträgen oder Übereinkommen (§ 12 des G.)

beruhen. ABl. 1869 lebst Beilage A.

Nr. 79, ADA. III. Abt. 1 Anl. 8

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen usw. verordnen im Namen des Norddeutschen Kundes nach erfolgter Zustimmung des Bundesrates md des Reichstages, was folgt:

$ 1. Den regierenden Fürsten des Norddeutschen Kundes, deren Gemahlinnen und Witwen verbleibt Hc Befreiung von Portogebühren in dem bisherigen Imfange. a. Die in § 1 aufrecht erhaltene Portofreiheit bezieht ich auf persönliche und Vermögensangelegenheiten der gelannten fürstlichen Personen; sie kommt daher auch den Sendungen von und an Behörden und Dienststellen zu, 8*

116

X. PortofreiheitSgeseh.

§ 2.

welchen die Verwaltung dieser Angelegenheiten Regulativ Art. 1. b. Vgl. § 12 und Anm. b das.

obliegt.

§ 2. In reinen Bundesdienst-Angelegenheiten werden Postsendungen jeder Art innerhalb des Norddeutschen Postgebietes portofrei befördert, wenn die Sendungen von einer Bundesbehörde abgeschickt oder an eine Bundesbehörde gerichtet sind und die äußere Beschaffenheit, sowie das Gewicht der Sen­ dungen den von der Bundes-Postverwaltung in dieser Beziehung zu erlassenden besonderen Be­ stimmungen entspricht. Alle in Bundesratssachen, sowie in Militär- und Marineangelegenheiten, als reinen BundesdienstAngelegenheiten, im Norddeutschen Postgebiete bisher allgemein bestandenen Portofreiheiten werden aufrecht erhalten. a. Als reine Bundes (Reichs-) dienstangelegen» heiten sind nicht zu betrachten 1. Sendungen, welche sich auf den gewerblichen Geschäftsbetrieb einer Behörde oder Anstalt beziehen. 2. Sendungen, welche ein Privatinteresie betreffen, sofern sie nicht lediglich durch den Jnstanzenzug der zuständigen Dienststellen veranlaßt werden. Regul. Art. 3 u. 4. b. Hinsichtlich der äußeren Beschaffenheit ist er­ forderlich, daß die Sendungen: a. mit amtlichen Siegel oder Stempel verschloffen, b. in der Aufschrift mit dem PortosteiheitSvermerk versehen sind. Statt des Erforder­ nisses zu a. ist „die Ermangelung eines Dienstsiegels" vom Absender unter dem Portofreiheitsvermerk mit Unter­ schrift des Namens und Amtscharakters zu bescheinigen. Regul. Art. 2.

X. Portofreiheitsgesetz.

AK 3, 4.

117

c. Wegen deS Gewichts der Sendungen vgl. Regul. Art. 2. d. Die Sendungen in BundeSratssachen und in Militär- und Marineangelegenheiten sind ebenfalls nur insoweit portofrei, als sie reine Reichsdienstangelegenheiten betreffen; es ist aber nicht erforderlich, daß diese Sendungen, wie die in Abs. 1 gedachten von einer Reichsbehörde ab« geschickt oder an eine Reichsbehörde gerichtet sind. Regul. Art. 5 u. 7. Insbesondere sind in Militär- und Marine­ sachen unter der bezeichneten Voraussetzung auch Sendungen von oder an Staatsbehörden, sowie von oder an Kommunal­ behörden portofrei. — Nähere Bestimmungen über porto­ freie Sendungen in Militär- und Marinesachen trifft Regul. Art. 8. 9. Vgl. § 3 ii. Anm. b das.

K 3. Auf Fahrpoftsendungen zwischen den Hohenzollernscheu Landen und den übrigen Teilen des Norddeutschen Poftgebietes finden die vorstehenden Bestimmungen (K 2) keine Anwendung; die Portofreiheit dieser Sendungen richtet fich nach den be­ treffenden Postverträgen. Auf Stadtpostsendungen erstreckt sich die Porto­ freiheit nicht. ». Nachdem Baden zum ReichS-Postgebiet hinzugetreten ist, sind die Einschränkungen der Portofreiheit von Fahr­ postsendungen zwischen Hohenzollern und dem übrigen Reichspostgebiete v. 1. Jan. 1872 ab weggefallen. Verf. d. GPAmts v. 27. Dez. 1871, ABl. S. 605. b. Welche Gebühren auch für die nach §§ 2—5 porto­ freien Sendungen zu entrichten sind, bestimmt Regulativ Art. 13. Vgl. auch PO. (Nr. XI) § 36 IX u. § 37 VI.

6 4. Sendungen, welche von dem Reichstage deS Norddeutschen Bundes ausgehen, oder an den

118

X. Portofreiheitsgesetz.

A 5.

Reichstag gerichtet sind, werden den Sendungen von und an Bundesbehörden gleich behandelt. a. Die vom Reichstage abgehenden Sendungen müssen als „Reichstagsangelegenheit- bezeichnet und mit dem Siegel des Reichstags verschlossen sein. Negul. Art. 6. b. Der Antrag, die den Reichstagümitgliedern während der Dauer der Sitzungen bisher zngestandene Portofreiheit aufrecht zu erhalten, wurde vom Reichstag abgelehnt. StenB. 890.

8 5. Die Portovergünstigungen, welche den Personen des Militärstandes und denen der BundesKriegsmarine bewilligt sind, werden einstweilen aufrecht erhalten. Dem Bundespräsidium bleibt es vorbehalten, diese Porto-Vergünstigungen auszuheben oder einzuschränken. a. Hiernach bleiben einstweilen bestehen:

I. In Friedenszeiten. a) Folgende Portovergünstigungen für Soldaten bis zum Feldwebel einschl. und das entspr. Personal der Kaiser!. Marine: 1. gewöhnliche Briese (auch Postkarten) an Soldaten usw. sind portofrei, insofern sie als „Soldatenbrief. Eigene Angelegenheit deö Empfängers- bezeichnet sind und daS Gewicht von 60 Gramm nicht übersteigen; Vgl. .Gerichtliche Entscheidungen- (Nr. XXIX) B. 10 u. 36. 2. für Postanweisungen an Soldaten über Beträge bis 15 Mark einschl. beträgt daS Porto 10 Pf.; 3. für Pakete ohne Wertangabe an Soldaten usw. bis zum Gewicht von drei Kilogramm einschl. beträgt das Porto ohne Unterschied der Entfernung 20 Pf.

X. Portofreiheitsgesetz.

ß 6.

119

Die näheren Vorschriften hierüber enthält § 43 der ADA. III Abt. 1. b) Wegen der besonderen Taxen für die durch Ver­ mittelung des Marinepostbureaus in Berlin und der Postämter in Kiel und Wilhelshaven zu befördernden Privatpostsendungen an Personen der Kaiserlichen Marine außerhalb des Deutschen Reichs, sowie im Verkehr mit den deutschen Truppen in Ostasien s. Briefposttarif (Berlin, Reichsdruckerei). II. In Kriegszeiten.

Die Portofreiheiten und Portovergünstigungen in Militärdienstsachen, sowie in Privatangelegenheiten der Militärpersonen und Militärbeamten, nach Maßgabe der vor Erlaß bes G. üblich gewesenen Bewilligungen. b. Die Aufhebung oder Einschränkung dieser Pvrtovergünsügungen kann im Verwaltungswege geschehen. Eine Ausdehnung derselben über das bei Erlaß deS G. bestehende Maß würde nur im Wege des Gesetzes erfolgen können. § 10. c. Wegen Mißbrauchs der Portofreiheit oder Portovergünstigung vgl. PostG. (Nr. II) § 27 Nr. 2 u. Anrn. das.

g 6. Alle übrigen bisher bestandenen Portofrei­ heiten und Porto-Ermäßigungen werden aufgehoben. Für die Aufhebung, beziehungsweise Einschränkung der Portofreiheiten wird aus der BundesPostkasse insoweit Entschädigung geleistet, als dies mit Rücksicht auf die den Portobefreiungen etwa zu­ grunde liegenden lästigen Privatrechtstitel nach den Landesgesetzen notwendig ist.

a. Aufgehoben sind nach Ads. 1 insbesondere die Portofreiheiten in Staatsdienstsachen und in Justizparteisachen, die Portofreiheiten staatlicher und anderer üffent-

120

X. Portofreiheitsgesetz.

7, 8.

licher Korporationen und Institute, der Kirchen, Schulen, Gemeinden, milden Stiftungen, Privatgesellschaften, Privat­ anstalten und die persönlichen Portofreiheiten. b. Entschädigung für aufgehobene oder eingeschränkte Portofreiheiten wird mit dann geleistet, wenn der Be­ rechtigte nachweist, daß der Portobefreinng ein lästiger Privatrechtstitel zugrunde liegt. Ohne Entschädigung sind danach weggefallen Portobefreiungen, welche nicht auf lästigen Privatrechtstiteln, z. B. Schenkung, und welche auf lästigen Titeln ohne privatrechtlichen Eharakter, z. B. Akten der Gesetzgebung, beruhen. c. Wegen Höhe und Art der Entschädigung vgl. §§ 8 und 9.

g 7. Der Antrag aus Entschädigung ist von dem Berechtigten bei Vermeidung der Präklusion bis zum 30. Juni 1870 an die Poftbehörde zu richten. Über den erhobenen Anspruch wird vom General-Postamt entschieden. Wenn das General-Postamt den Anspruch ganz oder teilweise zurückweift, so steht dem Re­ klamanten daS Recht zu, binnen einer präklusivischen Frist von drei Monaten, vom Tage des Empfanges der Bescheidung ab gerechnet, den Rechtsweg zu be­ schreiten. Die Klage ist gegen die Ober-Poftdirektion, beziehungsweise gegen die mit deren Funktionen be­ auftragte Postbehörde zu richten, in deren Bezirk der Reklamant sein Domizil hat.

§ 8. Die Art und die Höhe der Entschädigung richtet sich nach folgenden Bestimmungen: Der Berechtigte hat am Schlüsse eines jeden Jahres die im Laufe des Jahres von ihm frankiert abgeschickten oder an ihn unfrankiert eingegangenen

X. Portofreiheitögesetz.

§§ 9, 10.

121

Sendungen nachzuweisen, welche nach den bisherigen Bestimmungen portofrei befördert sein würden. Der auf diese Sendungen entfallende Porto- und Gebührenbetrag wird dem Berechtigten aus der BundesPostkasse jährlich erstattet. Im Falle des Einverständnisses zwischen der Bundes-Postverwaltung und dem Berechtigten kann der für ein Jahr festgestellte Betrag ohne neue Er­ mittelung auch für mehrere hintereinander folgende Jahre als Entschädigung zugrunde gelegt werden.

8 9. Ter Postverwaltung bleibt die Befugnis Vorbehalten, anstatt die im § 8 festgesetzte Zahlung fortdauernd zu leisten, den Berechtigten durch Zahlung einer festen Summe ein für allemal zu entschädigen. Wenn die Postverwaltung von der Befugnis der einmaligen Entschädigung Gebrauch machen will, so wird der Betrag, welcher dein Berechtigten in den zuletzt vorhergegangenen drei Kalenderjahren in Ge­ mäßheit des § 8 gezahlt worden ist, zusammenge­ rechnet, der danach sich ergebende durchschnittliche Jahresbetrag achtzehnmal genommen und diese Summe dem Berechtigten bar gezahlt. Die Bestimmung im Abs. 2 ist dem PreußG. v. 2. März 1850 über die Ablösung der Reallasten §§ 60, 64 (PrGS. S. 77) nachgebildet.

8 10. Neue Portofreiheiten oder Porto-Ermäßi­ gungen sönne» nur im Wege des Gesetzes eingeführt werden. Vgl. TG. (Nr. XVI11) § 7.

122

X. PortosreiheitSgesetz.

G 11.

8 11. Der Bundes-Postverwaltung bleibt das Recht vorbehalten, mit Staatsbehörden Abkommen dahin zu treffen, daß von den Behörden an Stelle der Porto- und beziehungsweise Gebührenbeträge für die einzelnen Sendungen Aversionalsummen an die Bundes-Postverwaltung gezahlt werden. a. Die Feststellung einer Pauschsumme für Porto- und Gebührenbeträge für Sendungen von Staatsbehörden erfolgt nach ADA. 111 Abt. 1 Anl. 9, bzw. auf Grund besonderer Vereinbarungen zwischen der Reichspostverwaltung und den Staatsbehörden.

b. Vereinbarungen wegen Feststellung einer Pauschfumuie sind getroffen mit 1. dein Herzog!. Sachsen-Meiningenschen Staatsministerium, 2. dem Direktorium des Potßdamschen großen Militar-WaisenhauseS in Berlin, 3. dem Großherzogl. Meckl.-Schwerinschen Finanzmini­ sterium, 4. dem Großherzogl. Meckl.-Strelitzschen Staats­ ministerium, 5. der Großherzogl. Hessischen Regierung in Darmstadt, 6. der Fürst!. Lippeschen Regierung in Detmold, 7. dem Fürstl. Schwarzburgischen Ministerium in Rudolstadt, 8. dem Fürst!. Schaumburg-Lippeschen Mini­ sterium, 9. dem Herzog!. Sachsen - Gothaischen Staats­ ministerium, 10. der Landeßdirektion der Fürstentümer Waldeck und Pyrmont und dem OberlandeSgericht in Kaffe! für die Sendungen der Justizbehörden in den Fürstentümern Waldeck und Pyrmont, 11. dem Fürst!. Reuß-Plauischen Ministerium (Reuß j. L.) zu Gera, 12. dem Herzog!. Anhaltischen Staatsministerium in Deffau, 13. dem Generaldirektor des Thüringischen Zoll, und Steuervereins in Erfurt, 14. der Fürst!. Reuß-Plauischen Landesregierung (Reuß ä. L.) in Greiz, 15. dem Großh. Sächsischen StaatSmininisterium in Weimar, 16. der Großh. Badischen Staatsregierung, 17. dem gemeinschaftlichen Thüringischen OberlandeSgericht in Jena, 18. der Oberstaatsanwaltschast des

X. PortofreiheitSgeseh.

g 12.

123

gemeinschaftlichen Thüringischen OberlandeSgerichts in Jena, 19. dem Kaiser!. Statthalter von Elsaß-Lothringen, 20. dem Kurator der Universität Jena, 21. der Königl. Preuß. Staatsregierung, 22. dem Fürstl. Schwarzburgischen Mini­ sterium in Sondershausen, 23. der Großh. Oldenb. Regierung des Fürstentums Birkenfeld, 24. der Bremischen Staatöregieruug, 25. dem Herzog!. Sachsen-Altenburgischen Ministerium in Altenburg, 26. dem Herzogl. BraunschweigLüneburgischen Staatsministerium. Die angegebenen Nummern bedeuten die bei den betr. Sendungen anzuwendenden Ablösungsnummern. c. Auf Antrag von Reichs- und Staatsbehörden oder einzelnen, solche Behörden vertretenden Beamten werden die für Dienstsendungen zu entrichtenden Porto- usw. Be« träge bei den Postanstalten unentgeltlich gestundet. Das Verfahren ist geregelt durch Ausführungs-Bestimm. zur PO. § 50 VII.

g 12. Portofreiheiten, welche auf den mit dem Auslande abgeschlossenen Staatsverträgen oder Kon­ ventionen beruhen, werden durch dieses Gesetz nicht berührt. Eine streckenweise portofreie Beförderung findet bei den in den §§ 2, 4 und 5 erwähnten Sendungen von und nach dem Auslande nicht statt. Ausländisches Porto wird in keinem Falle von der Bundes-Postkasse getragen. a. Wegen der Portofreiheiten im Weltpostverein vgl. Art. 11 des Weltpostvertrags (Nr. XII) und Art. 6, 3, 10 der Nebenabkommen Nr. XIII—XV. Daneben sind durch besondere Verträge einige wcitergehende Portofreiheiten in Zollvereinssachen, im Verkehr mit Österreich-Ungarn und der Schweiz aufrechterhalten (vgl. ADA. III Abt. 1 Aul. 8 Beil. A). b. Sendungen in Angelegenheiten der nach § 1 berech­ tigten fürstlichen Personen werden im Jnlande portofrei

124

X. PortosreiheitSgesetz.

g§ 13, 14.

befördert, auch wenn sie im AuSlande nicht genießen. Regul. Art. 11.

K 13.

eine Portofreiheit

Die Vorschriften des Artikels 52 der Bun.

desversassung find nicht auszudehnen aus denjenigen

Teil der Poftüberschüsse, welcher durch die in gegen­ wärtigem Gesetze angeordnete Aufhebung von Porto-

sreiheiten gewonnen wird. Die näheren Bestimmungen über die Berechnung

und Verwendung dieses bis Ende Dezember 1875 auszunehmenden Teils bleiben der Verständigung im Bundesrate unter Zustimmung des Reichstages vor. behalten. Diese Übergangsbestimmung ist mit dem Ablaufe der im Art. 52 BB., jetzt Art. 51 RB., vorgesehenen Über, gangszeit erledigt.

Vgl. NB. (Nr. 1) Art. 51 Anm.

5 14. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1870 in Kraft. Urkundlich

unter

Unserer

Höchsteigenhändigen

Unterschrift und beigedrucktem Bundesinsiegel. Gegeben Schloß Babelsberg, den 5. Juni 1869. (L. S.)

Wilhelm.

Gr. v. Bismarck-Schönhausen.

XL

Postordnung vom 20. März 1900. (ZBl. S. 53.)

a. Die PO. V. 20. Mürz 1900, welche am 1. April 1900 (§ 71) an die Stelle der feit 1. Juli 1892 gültig gewesenen PO. v. 11. Juni 1892 getreten ist, hat durch die Verordnungen deß Neichskanzlers v. 4. Aug. 1900 (ZBl. 495), 14 Nov. 1900 (ZBl. 599), 8. April 1901 (ZBl. 107), 12. Dez. 1901 (ZBl. 429), 25. April 1903 (ZBl. 152), 25. Juli 1903 (ZBl. 478), 15. März 1904 (ZBl. 73), 17. Juni 1904 (ZBl. 227), 23. Juni 1906 (ZBl. 901), 17. Nov. 1906 (ZBl. 1315), 10. Sept. 1907 (ZBl. 436) Abänderungen erfahren, welche in den Text ausgenommen sind.

b. Auf den inneren Verkehr in Bayern und in Württemberg findet die PO. keine Anwendung. RV. (Nr. 1) Art? 52, PostG. (Nr. II) § 50.

c. Die Portosätze Briefsendungen jeder zwischen Deutschland (Nr. VIII) Anm. b zu

und Art und Art.

Gewichtöstufen der PO. für gelten auch für den Verkehr Luxemburg. Vgl. PostGN. 1 I.

Auf Grund des § 50 des Gesetzes über das Post­ wesen vom 28. Oktober 1871 wird nachstehende Post­ ordnung erlassen.

126

XI. Postordnung v. 20. März 1900.

Abschnitt I. Postsendungen. ß 1. Allgemeines. I. Zur Beförderung als Postsendungen sind unter den nachfolgenden Bestimmungen zulässig: 1. 2. 3. 4.

Briefe; Pakete; Postanweisungen; Zeitungen, die im Wege des Postzeitungsvcrtriebs zur Beförderung gelangen.

Postkarten, Drucksachen, Geschäftspapiere und Warenproben gelten als offene Briefe und sind unter dem Ausdrucke „Briessendungen" in den folgenden Bestimmungen inbegriffen. II. Soweit die Briefsendungen und Pakete nicht unter Einschreibung oder Wertangabe befördert werden, sind sie nachstehend als „gewöhnliche" be­ zeichnet. g 2. Meistgewicht. Es beträgt das Meistgewicht:

für für für für für

Briefe 250 Gramm, Drucksachen 1 Kilogramm, Geschäftspapiere 1 Kilogramm, Warenproben 350 Gramm, Pakete 50 Kilogramm.

8 3. Außenseite. I. Der Absender darf auf der Außenseite einer Postsendung außer den die Beförderung betreffenden Angaben seinen Namen und seine Adresse vermerken;

Abschn. J. Postsendungen, gg 1—4.

127

diese sämtlichen Angaben können, außer bei Briefen mit Wertangabe (§ 14) und bei Postanweisungen (§ 20), auch durch aufgeklebte Zettel hergestellt werden. II. Bei Postkarten kann der Absender sowohl über die Rückseite als auch über den linken Teil der Vorderseite verfügen. Bei den sonstigen gewöhn­ lichen und eingeschriebenen Briefsendungen sind außer den nach Abs. I zulässigen Angaben weitere Angaben, die nicht die Eigenschaft einer brieflichen Mitteilung haben, sowie Abbildungen unter der Bedingung zu­ lässig, daß sie in keiner Weise die Deutlichkeit der Aufschrift sowie die Anbringung der Stempelabdrücke und der postdienstlichen Vermerke beeinträchtigen. Wegen der besonderen Bestimmungen für Postpaket­ adressen und Postanweisungen siehe §§ 12 und 20. III. Die Freimarken sind in die obere rechte Ecke der Aufschriftseite, bei Paketen an gleicher Stelle auf die Postpaketadresse zu kleben. 8 4. Aufschrift. I. In der Aufschrift müssen der Empfänger und der Bestimmungsort deutlich und so bestimmt be­ zeichnet sein, daß jeder Ungewißheit vorgebeugt wird. Verluste ober Beschädigungen, die erweislich durch ungenaue Angabe deS Bestimmungsorts oder des Adressaten herbeigeführt werden, hat die Postverwaltung nicht zu vertreten. § 27 III u. PostG. (Nr. II) § 6 zu a.

Bei Sendungen mit dem Vermerke „Postlagernd", für welche die Post nicht Gewähr zu leisten hat,

128

XL Postordnung v. 20. März 1900.

dürfen statt des Namens des Empfängers Buch­ staben, Ziffern, einzelne Wörter oder kurze Sätze angegeben sein. II. Bei Postsendungen nach Orten ohne Post­ anstalt ist in der Aufschrift außer bem Bestimmungs­ orte noch die Postanstalt anzugeben, von welcher die Sendung bestellt wird oder abgeholt werden soll. Wenn der Ort der Bestimmungs-Postanstalt nicht zu den allgemeiner bekannten Orten gehört, so ist seine Lage in der Aufschrift noch näher zu bezeichnen. III. Die Aufschrift eines Pakets muß mit der Aufschrift der Postpakeiadresse (§ 12) derart über­ einstimmen, daß nötigenfalls das Paket auch ohne die Postpaketadresse bestellt werden kann. Die Vermerke über Frankierung, Eilbestellung pp. sind sowohl auf dem Paket als auch auf der Postpaketadreffe niederzuschreiben. Wegen der Einschreibpakete, der Pakete mit Wertangabe, der Nachnahmepakete, der dringenden Pakete und der Pakete gegen Rück­ schein siehe §§ 1311, 1411, 1911, 2411 und 261. IV. Die Aufschrift eines Pakets muß unmittel­ bar auf der Umhüllung oder auf einem der ganzen Fläche nach aufgeklebten oder sonst unlösbar darauf befestigten Papier pp. haltbar angebracht werden. Ist dies nicht ausführbar, so ist für die Aufschrift eine haltbar befestigte Fahne von Pappe, Pergament­ papier, Holz oder sonstigem festem Stoffe zu benutzen. Besonders groß und deutlich muß der Name des Be­ stimmungsorts geschrieben oder gedruckt sein.

Abschn. I.

Postsendungen.

129

§ 5.

Von der Postbeförderung aus­ geschlossene Gegenstände. I. Sendungen, deren Außenseite oder Inhalt, so­ weit er offensichtlich ist, gegen die Gesetze verstößt oder auS Rücksichten des öffentlichen Wohles oder der Sittlichkeit für unzulässig erachtet wird, werden von der Postbeförderung ausgeschloffen. § 5.

Hierher gehören namentlich Sendungen mit beleidigenden oder unfittlichen Angaben oder Abbildungen.

II. Zur Versendung mit der Post dürfen ferner nicht aufgegeben werden: Gegenstände, deren Be­ förderung mit Gefahr verbunden ist, namentlich alle durch Reibung, Luftzudrang, Druck oder sonst leicht entzündlichen Sachen sowie ätzende Flüssigkeiten. Zu den von der Postbeförderung auSgeschloffenen Gegen­ ständen gehören hiernach namentlich Schießpulver, Dyna­ mit, Schießbaumwolle, Knallsilber, Sprengöl, Nitroglyzerin, AmorceS (Zündblättchen für Salonpistolen); Feuerwerkssätze und Feuerwerkskörper, u. a. auch Schellack und Strontian, wenn sie vermischt, zusammengebracht oder zusammen-geschmolzen sind; Reib- oder Streichzünder u. Zündhölzchen jeder Art (auch die im Geschäftsverkehr als .Wachskerzchen" bezeichneten Wachsstreichzünder); Phosphor, Knallkorke, Rad­ fahrerbomben und Knallerbsen; Kalziumkarbid, gefettete Wolle, gefirnißte Baumwolle, selbstentzündliche Kohle; Mineralsäuren; Flüssigkeiten, die leichter entzündlich sind, als Petroleum vom Entflammungspunkt 21°, z. B. Schwefel­ äther, Benzin und Kollodium; flüssige Kohlensäure, flüssige Luft. Vgl. auch Eisenbahnverkehrsordnung v. 26. Okt. 1899 (RGBl. 557).

III. Die Postanstalten können in Fällen des Ver­ dachts, daß die Sendungen Gegenstände der zu II F t s ch e r - K o n i g, Post^ u. Telcgraphengcsetz. 6. Aufl.

9

130

XL Postordnung v. 20. Mürz 1900.

genannten Art enthalten, vom Absender die Angabe des Inhalts verlangen und, wenn diese verweigert wird, die Annahme der Sendung ablehnen. IV. Wer derartige Sachen unter unrichtiger An­ gabe oder mit Verschweigung des Inhalts aufgibt, hat — vorbehaltlich der Bestrafung nach den Ge­ setzen — für jeden entstehenden Schaden zu haften. Wer bei der Beförderung von Schießpulver oder anderen explodierenden Stoffen oder Feuerwerken die deshalb ergangenen Vorschriften nicht befolgt, wird mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bestraft. StrGB. § 367 Nr. 5 und 5 a. Vgl. G. gegen den verbrecherischen und gemeinschädlichen Gebrauch von Sprengstoffen (sog. Dynamit­ gesetz) v. 9. Juni 1884 (RGBl. 61). — Die Auflieferung von gemäß II ausgeschloffenen Sachen zur Post unter unrichtiger Angabe oder mit Verschweigung des Inhalts ist in den meisten Bundesstaaten noch durch besondere Polizeiverordnungen verboten. — Zuwiderhandelnde haften sowohl der Postverwaltung als auch dritten Personen für jeden Schaden nach Maßgabe des Bürgerlichen Rechts. Vgl. auch § 27 III.

V. Die Postanstalten können die Annahme und Beförderung von Sendungen ablehnen, sofern deren Zuführung an den Bestimmungsort nach Matzgabe der vorhandenen Postoerbindungen und Postbeför­ derungsmittel nicht möglich ist.

§ 6.

Zur Postbeförderung bedingt zuge­ lassene Gegenstände. I. Flüssigkeiten, Sachen, die dem schnellen Ver­ derb und der Fäulnis ausgesetzt sind, unförmig große Gegenstände, ferner lebende Tiere können von den

Abschn. I.

Postsendungen.

K 6.

Postanstalten zurückgewiesen werden. Bei Sendungen mit lebenden Tieren ist vom Absender durch einen sowohl auf die Postpaketadresse als auch auf die Sendung selbst zu setzenden Vermerk darüber Be­ stimmung zu treffen, was mit der Sendung ge­ schehen soll, wenn der Empfänger sie nicht binnen 24 Stunden nach geschehener postamtlicher Benach­ richtigung annimmt, oder wenn sie aus einem anderen Grunde unbestellbar wird. Dieser Vermerk muß, je nach der Wahl des Absenders, der nachstehenden Fassung entsprechen: „Wenn unbestellbar, zurück" oder „Wenn unbestellbar, an N. in N." ober „Wenn unbestellbar, verkaufen" oder „Wenn unbestellbar, telegraphische Nachricht auf meine Kosten". Für die Behandlung der Sendungen mit lebenden Tieren am Bestimmungsort ist die getroffene Ver­ fügung des Absenders maßgebend, mit der Ausnahme, daß, wenn der Inhalt der Sendung vor Ausführung der etwa anderweitigen Verfügung des Absenders ersichtlich dem Verderb ausgesetzt ist, die Bestimmungen des § 45 V in Anwendung zu kommen haben. II. Für derartige Gegenstände pp., wenn sie den­ noch zur Beförderung angenommen werden, sowie für leicht zerbrechliche Gegenstände und für in Schachteln verpackte Sachen leistet die Postverwaltung keinen Ersatz, wenn durch die Natur des Inhalts der Sendung oder durch die Beschaffenheit der Ver9*

132

XI. Postordnung v. 20. März 1900.

Packung während der Beförderung eine Beschädigung oder ein Verlust entstanden ist. III. Zur Verwendung für Handfeuerwaffen be­ stimmte Zündhütchen, Zündspiegel und Patronen sind zulässig, wenn sie in Kisten oder Fässern fest von außen und innen verpackt und als solche sowohl auf der Postpaketadresse als auch auf der Sendung selbst bezeichnet sind. Die Patronen müssen für Zentralfeuer bestimmt und außerdem derart be­ schaffen sein, daß weder ein Ablösen der Kugel oder ein Herausfallen der Schrote noch ein Ausstreuen des Pulvers stattfinden kann; Pappepatronen müssen eine Wandstärke von mindestens 0,7 Millimeter haben. Der Absender ist, wenn er diese Bedingungen nicht cingehalten hat, für den aus etwaiger Entzündung entstandenen Schaden haftbar. Lefaucheux-Patronen sind nicht zu gelassen.

IV. Zelluloid als Rohstoff ist zur Postbesörderung nur in festen Holzkisten zugelassen; Zelluloidwaren, gleichviel ob sie ganz oder nur zum Teil aus Zellu­ loid bestehen, dürfen in Verpackung von starker Pappe aufgeliefert werden; eine leichtere Verpackung ist auch bei Briefsendungen nicht zulässig. Alle Sendungen, die Zelluloid oder Zelluloidwaren ent­ halten, müssen als solche in die Augen fallend ge­ kennzeichnet sein; bei Paketen ist der Inhalt auch auf der Postpaketadresse anzugeben. Bei Nichtbe­ achtung dieser Vorschriften haftet der Absender für den aus etwaiger Entzündung entstandenen Schaden.

Abschn. I.

Postsendungen.

§ 7.

133

V. Die im § 5III ausgesprochene Befugnis der Postanstatten tritt auch in solchen Fällen ein, in welchen Grund zu der Annahme vorliegt, daß die Sendungen Flüssigkeiten, dem schnellen Verderb und der Fäulnis ausgesetzte Sachen, lebende Tiere, Zündhütchen, Zündspiegel oder Patronen enthalten.

| 7. Postkarten. I. Die Postkarten müssen offen versandt werden.II. Formulare zu Postkarten können durch alle Postanstalten bezogen werden. Gestempelte Formulare zu Postkarten werden zum Nennwerte des Stempels, ungestempelte zum Preise von 5 Pf. für je 10 Stück verabfolgt. III. Von der Privatindustrie hergestellte Formulare sind zulässig; sie dürfen in Form, Größe und Papier­ stärke nicht wesentlich von den durch die Post aus­ gegebenen Formularen abweichen. Die Aufschrift „Postkarte" brauchen sie nicht zu tragen. IV. Bilderschmuck sowie Aufklebungen auf der Rückseite und auf dem linken Teile der Vorderseite der Formulare sind insoweit zulässig, als dadurch die Eigenschaft des Versendungsgegenstandes als offene Postkarte nicht beeinträchtigt wird und die aufgeklebten Zettel usw. der ganzen Fläche nach be­ festigt sind. Warenproben und ähnliche Gegen­ stände den Postkarten beizufügen oder an ihnen zu befestigen, ist nicht gestattet. V. Mit den Postkarten dürfen Antwortkarten verbunden sein. Beide Teile dieser Doppelkarten

134

XL Postordnung v. 20. März 1900.

müssen, jeder für sich, den Bestimmungen für ein­ fache Postkarten entsprechen; die Antwortkarte muß als solche bezeichnet sein. VI. Die Gebühr beträgt im Frankierungsfalle 5 Pf. für die einfache Postkarte oder für jeden der beiden Teile der Postkarte mit Antwort, im Nicht­ frankierungsfalle das Doppelte. Im Weltpostverkehr beträgt die Gebühr für Postkarten 10 Pf., für Postkarten mit Antwort 20 Pf. WPV. (Nr. XII) Art. 5.

VII. Für unzureichend frankierte Postkarten wird dem Empfänger das Doppelte des Fehlbetrags angesetzt, nötigen Falles unter Abrundung aus eine durch 5 teilbare Pfennigsumme aufwärts. a. Postkarten mit dem Vermerk »Portopflichtige Dienst­ sache - (vgl. PGN. [9k. VIII] Art. 1 I) werden nur mit der einfachen Taxe belegt. b. Für Postkarten mit bayerischen Marken, die im ReichSpostgebiete aufgeliefert werden, ist das Porto für unsiankierte Postkarten zu erheben. Sind sie nach Bayern bestimmt, so kommt nur der nach Abzug des Wertes der Marke verbleibende Betrag zur Einziehung.

VIII. Postkarten, die den vorstehenden Be­ stimmungen nicht entsprechen, unterliegen dem Brief­ porto. K 8. Drucksachen. I. Gegen die für Drucksachen festgesetzte ermäßigte Taxe werden befördert: alle durch Buchdruck, Kupfer­ stich, Stahlstich, Holzschnitt, Lithographie, Metallo­ graphie, Photographie, Hektographie, Papyrographie, Chromographie oder ein ähnliches mechanisches Ver-

Abschn. I.

Postsendungen,

g 8.

135

fahren vervielfältigten Gegenstände, die nach ihrer Form und sonstigen Beschaffenheit zur Beförderung mit der Briefpost geeignet sind. Wegen der zu­ lässigen schriftlichen Änderungen und Zusätze siehe unter X. Briefe dürfen den Drucksachen nicht bei­ gefügt sein.

II. Die ermäßigte Taxe findet auch Anwendung auf solche Drucksachen, die durch verschiedene nach­ einander angewendete Vervielfältigungsverfahren (I), z. B. teils durch Buchdruck, teils durch Hektographie, hergestellt sind. III. Von der Beförderung gegen die ermäßigte Taxe sind ausgeschlossen die mittels des Durchdrucks, der Kopierpreffe und der Schreibmaschine hergestellten Schriftstücke, ferner Drucksachen, die Zeichen tragen, welche eine verabredete Sprache darzustellen geeignet sind. IV. Die Sendungen können entweder unter der Aufschrift bestimmter Empfänger oder als außer­ gewöhnliche Beilagen der Zeitungen und Zeit­ schriften, deren Vertrieb die Post besorgt, einge­ liefert werden.

a) Drucksachen unter der Aufschrift bestimmter Empfänger. V. Die Sendungen müssen offen, und zwar ent­ weder unter Streif- oder Kreuzband oder umschnürt oder in einem offenen Umschlag oder aber in ein­ facher Weise zusammengefaltet eingeliefert werden,

136

XL Postordnung v. 20. März 1900.

so daß ihr Inhalt leicht geprüft werden kann. Unter Band usw. können auch Bücher, gleichviel ob gebunden oder geheftet, versandt werden. VI. Drucksachen in Rollenform dürfen 75 Zenti­ meter in der Länge und 10 Zentimeter im Durch­ messer nicht überschreiten. DaS Meistgewicht der Drucksachen im inneren Verkehr ist ein Kilogramm (§ 2), im Weltpostverkehr zwei Kilo­ gramm. WPV. (Nr. XII) Art. a.

VII. Drucksachen sind auch in Form offener Karten zulässig- solche Karten dürfen die Größe der Formulare zu Postpaketadressen nicht wesentlich überschreiten. VIII. Die Sendung kann eine innere, mit der äußeren übereinstimmende Aufschrift enthalten. IX. Mehrere unter einer Umhüllung vereinigte Drucksachen dürfen nicht mit verschiedenen Adressen versehen sein. Wegen der Vereinigung von Druck­ sachen mit Geschäftspapieren und Warenproben siehe § 11.

X. Es ist zulässig:

1. auf gedruckten Visitenkarten sowie auf Weih­ nachts- und Neujahrskarten die Adresse des Absenders, seinen Titel sowie mit höchstens 5 Worten oder mit den üblichen Anfangs­ buchstaben gute Wünsche, Glückwünsche, Dank­ sagungen, Beleidsbezeigungen oder andere Höslichkeitsformeln handschriftlich hinzuzufügen;

Abschn. I.

Postsendungen.

§ 8.

137

2. auf den Drucksachen selbst den Tag der Ab­ sendung, die Unterschrift oder Firma sowie den Stand und Wohnort des Absenders und des Empfängers handschriftlich oder auf mechanischem Wege anzugeben oder abzuändern; 3. Druckfehler zu berichtigen; 4. Korrekturbogen das Manuskript beizufügen und in den Korrekturbogen Änderungen und Zusätze

5.

6.

7.

8.

zu machen, welche die Korrektur, die Form und den Druck betreffen, solche Zusätze bei mangeln­ dem Raume auch auf besonderen Zetteln anzu­ bringen; gewisse Stellen des gedruckten Textes zu durch­ streichen ; Worte oder Teile des Textes, auf welche man die Aufmerksamkeit zu lenken wünscht, durch Anstriche hervorzuheben und zu unterstreichen; bei Preislisten, Börsenzetteln, Handelszirkularen und Prospekten Zahlen nebst Zusätzen, die als Bestandteile der Preisbestimmung zu betrachten sind, sowie bei Reise-Ankündigungen den Namen des Reisenden, die Zeit seines Eintreffens und den Namen des Ortes, den er zu besuchen beabsichtigt, mit der Feder oder auf mechanischem Wege einzutragen oder zu berichtigen und in Mitteilungen über die Absendung von Waren den Tag der Absendung handschriftlich anzugeben; in Anzeigen über die Abfahrt oder Ankunft von Schiffen den Tag der Abfahrt oder Ankunft

138

XI. Postordnung v. 20. Marz 1900. sowie die Namen anzugeben;

der

Schiffe

handschriftlich

9. in EinladungS- und Einberufungskarten den Namen des Eingeladenen oder Einberufenen sowie Zeit, Zweck und Crt der Zusammenkunft zu vermerken;

10. auf Büchern, Musikalien, Zeitungen, Zeitschriften, Bildern und Landkarten eine Widmung hinzuzusügen und diesen Drucksachen eine auf den Gegenstand bezügliche Rechnung beizulegen sowie die Rechnung mit solchen handschriftlichen Zusätzen zu versehen, die den Inhalt der Sen­ dung betreffen und nicht die Eigenschaft einer besonderen, mit diesem in keiner Beziehung stehenden Mitteilung haben; 11. bei Bücher- und Subskriptionszetteln für buch­ händlerische Werke, Bücher, Zeitungen, Zeit­ schriften, Bilder und Musikalien die bestellten oder angebotenen Werke usw. handschriftlich zu bezeichnen und die gedruckten Mitteilungen ganz oder teilweise zu durchstreichen oder zu unterstreichen;

12. Modebilder, Landkarten pp. auszumalen; 13. bei Ausschnitten aus Zeitungen, und Büchern handschriftlich oder nischem Wege Titel, Tag, Nummer der Veröffentlichung, welcher der nommen ist, hinzuzufügen;

Zeitschriften auf mecha­ und Adresse Artikel ent­

Abschn. T.

Postsendungen,

g 8.

139

14. bei Quittungskarten über Invalidenversicherungs­ beiträge die durch das Invalidenversicherungs­ gesetz vom 13. Juli 1899 zugelassenen Ein­ tragungen handschriftlich oder auf mechanischem Wege vorzunehmen, die Beitragsmarken aufzu­ kleben und die aufgeklebten Marken zu entwerten oder zu vernichten; 15. bei Drucksachen, die von Berufsgenossenschaften oder Versicherungsanstalten oder deren Organen auf Grund der Unfallversicherungsgesetze oder des Jnvalidenversicherungsgesetzes abgesendet werden und auf der Außenseite mit dem Namen der Becufsgenossenschaft oder der Versicherungs­ anstalt bezeichnet sind, Zahlen oder Namen handschriftlich oder auf mechanischem Wege ein­ zutragen oder zu ändern und den Vordruck ganz oder teilweise zu durchstreichen. Weitere Zusätze oder Änderungen, gleichviel ob

sie handschriftlich, mit Durchdruck, Kopierpreffe oder Schreibmaschine (III) odtzr durch Überkleben, Punk­

tieren, Unterstreichen, Durchstreichen, Wegschaben, Durchstechen, Ab- und Ausschneiden von Wörtern, Ziffern oder Zeichen pp. stattgefunden haben, sind bei Drucksachen nicht gestattet. Die nach 5 und 6 erlaubten Durchstreichungen, Allstriche und Unter­ streichungen dürfen nicht briefliche Mitteilungen in offener oder verabredeter Sprache Herstellen. XL Drucksachen, die den vorstehenden Bestimmungell nicht entsprechen, werden nicht befördert.

140

XL Postordnung v. 20. März 1900.

XII. Drucksachen müssen frankiert sein. Die Gebühr beträgt: bis 50 Gramm einschließlich 3 Pf, über 50 „ 100 5 10 „ 100 „ 250 „ 20 „ 250 „ 500 „ „ „ 500 Gramm bis 1 Kilogramm ein­ schließlich ....................................... 30 Unfrankierte Drucksachen gelangen nicht zur Ab­ sendung. Dgl. WPD. (Nr. XII) Art. 5.

XIII. Für unzureichend frankierte Drucksachen wird dem Empfänger das Doppelte des Fehlbetrags angesetzt, nötigen Falles unter Abrundung auf eine durch 5 teilbare Pfennigsumme aufwärts. b) Drucksachen als außergewöhnliche Zeitungsbeilagen.

XIV. Als außergewöhnliche Zeitungsbeilagen werden solche den Bestimmungen unter I und II entsprechende Drucksachen befördert, die nach Form, Papier, Druck oder sonstiger Beschaffenheit nicht als Bestandteile derjenigen Zeitung oder Zeitschrift er­ achtet werden können, mit welcher die Versendung erfolgen soll. XV. Jede Versendung außergewöhnlicherZeitungsbeilagen muß von dem Verleger bei der VerlagsPostanstalt unter Entrichtung der Gebühr für so viele Exemplare als der Zeitung pp. beigelegt

Abschn. I.

Postsendungen,

g 9.

werden sollen, vorher angemeldet werden. Das Ein­ legen in die einzelnen Zeitungs- usw. Exemplare ist Sache des Verlegers. XVI. Außergewöhnliche Zeitungsbeilagen dürfen nicht über zwei Bogen stark, auch nicht geheftet, ge­ klebt oder gebunden sein, die einzelnen Bogen müssen in der Bogenform zusammenhängen. Die Post­ anstalten sind zur Zurückweisung solcher Beilagen befugt, die nach Größe und Stärke des Papiers oder nach ihrer sonstigen Beschaffenheit zur Beförderung in den Zeitungspaketen nicht geeignet erscheinen. XVII. Die Gebühr für außergewöhnliche Zeitungs­ beilagen beträgt */* Pf. für je 25 Gramm jedes ein­ zelnen Beilageexemplars. Ein bei Berechnung deS Gesamtbetrags sich ergebender Bruchteil einer Mark wird nötigen Falles auf eine durch 5 teilbare Pfennig­ summe aufwärts abgerundet. g 9.

Geschäftspapiere.

I. Als Geschäftspapiere sind zugelassen: alle Schrift­ stücke und Urkunden, ganz oder teilweise mit der Hand geschrieben oder gezeichnet, welche nicht die Eigenschaft einer eigentlichen und persönlichen Korre­ spondenz haben, wie Prozeßakten, von öffentlichen Beamten aufgenommene Urkunden jeder Art, Fracht­ briefe oder Ladescheine, Rechnungen, Quittungen auf gestempeltem oder ungestempeltem Papiere, die ver­ schiedenen Dienstpapiere der Versicherungsgesell­ schaften, offene Briese und Postkarten älteren Datums,

142

XI. Postordnung v. 20. Mär- 1900.

die ihren ursprünglichen Zweck erfüllt haben, Ab­ schriften oder Auszüge außergerichtlicher Verträge, gleichviel ob auf gestempeltem oder ungestempeltem Papier geschrieben, handschriftliche Partituren oder Notenblätter, die abgesondert versandten Manuskripte von Werken oder Zeitungen, korrigierte Schüler­ arbeiten mit Ausschluß jeglichen Urteils über die Arbeit, unkorrigierte Schülerarbeilen, Militärpässe, Lohn-, Dienst- oder Arbeitsbücher usw. Meistgewicht im inneren Verkehr ein Kilogramm (§ 2), im Weltpostverkehr zwei Kilogramm. WPV. (Nr. XII) Art. 5.

II. Geschäftspapiere unterliegen, waS Form und äußere Beschaffenheit betrifft, den für Drucksachen geltenden Vorschriften (§ 8). Die Aufschrift muß die Bezeichnung „Geschäftspapiere" enthalten. III. Geschäftspapiere, die den vorstehenden Be­ stimmungen nicht entsprechen, werden nicht befördert. IV. Geschäftspapiere müssen frankiert sein. Die Gebühr beträgt: bis 250 Gramm einschließlich 10 Pf., über 250 500 „ „ 20 „ . „ 500 Gramm bis 1 Kilogramm ein­ schließlich ..........................................30 „ . Unfrankierte Geschäftspapiere gelangen nicht zur Absendung. Vgl. WPV. (Nr. XII) Art. o.

V. Für unzureichend frankierte Geschäftspapiere wird dem Empfänger das Doppelte des Fehlbetrags

Abschn. I.

Postsendungen,

g 10.

143

angesetzt, nötigen Falles unter Abrundung auf eine durch 5 teilbare Pfennigsumme aufwärts. VI. Mehrere unter einer Umhüllung vereinigte Geschäftspapiere dürfen nichtmilverschiedenen Adressen versehen sein. Wegen Vereinigung von Geschäfts­ papieren mit Drucksachen und Warenproben siehe § 11.

g 10. Warenproben. I. Gegen die für Warenproben festgesetzte er­ mäßigte Taxe werden nur solche Warenproben be­ fördert, die keinen Handelswert haben, ferner unter der Voraussetzung, daß die Versendung nicht zu einem Handelszwecke geschieht, einzelne Schlüssel, abge­ schnittene frische Blumen, Tuben mit Serum und pathologische Gegenstände, die so zubereitet und ver­ packt sind, daß sie keinen Schaden anrichten können, naturgeschichtliche Gegenstände, getrocknete oder kon­ servierte Tiere und Pflanzen, geologische Muster usw. Die Sendungen müssen nach ihrer Form, Verpackung und sonstigen Beschaffenheit zur Beförderung mit der Briefpost geeignet sein. II. Warenprobensendungen dürfen 30 Zentimeter in der Länge, 20 Zentimeter in der Breite und 10 Zentimeter in der Höhe oder, wenn sie Rollen­ form haben, 30 Zentimeter in der Länge und 15 Zenti­ meter im Durchmesser nicht überschreiten. Meistgewicht 350 Gramm im inneren und im Welt­ postverkehr. § 2, WPV. (Nr. XII) Art. 5. III. Briefe dürfen den Warenproben nicht bei­ gefügt werden; handschriftliche Vermerke sind nur

144

XI. Postordnung v. 20. Marz 1900.

zulässig in bezug auf: Namen oder Firma des Ab­ senders, Adresse deS Empfängers, Fabrik- oder Han­ delszeichen, Nummern, Preise und Angaben bezüglich des Gewichts, des Maßes und der Ausdehnung sowie der verfügbaren Menge, der Herkunft und der Natur der Ware. IV. Tie Einlieferung der Warenproben muß unter Band oder in offenen Umschlägen oder in Kästchen oder Säckchen erfolgen, sodaß der Inhalt leicht geprüft werden kann. V. Die Aufschrift ist möglichst unmittelbar auf der Sendung, wenn dies jedoch nicht angeht, auf einer haltbar befestigten Fahne von Pappe, Perga­ mentpapier oder sonstigem festen Stoffe anzubringen. Die Aufschrift muß den Vermerk „Warenproben" oder „Proben" oder „Muster" enthalten. VI. Mehrere unter einer Umhüllung vereinigte Warenproben dürfen nicht mit verschiedenen Adressen versehen sein. Wegen der Vereinigung von Waren­ proben mit Drucksachen und GeschäftSpapieren siehe § 11. VII. Gegenstände aus Glas, Flüssigkeiten, Öle,

fette Stoffe, Pulver sowie lebende Bienen werden zur Beförderung als Warenproben unter folgenden besonderen Bedingungen zugelassen: 1. Gegenstände aus Glas müssen in einer festen Umhüllung von Metall, Holz, Leder oder Pappe verpackt sein, so daß jeder Gefahr für andere Sendungen und die Beamten vorgebeugt wird;

Abschn. I.

145

Postsendungen. G 10.

2. Flüssigkeiten, Öle und leicht schmelzbare Stoffe

muffen in fest verschloffenen Glasfläschchen ent­ halten sein. Jedes Fläschchen muß in ein Käst­ chen von Holz oder starker Pappe verpackt werden, das mit Sägespähnen, Baumwolle oder einem schwammigen Stoffe so anzufüllen ist, daß im Falle des Zerbrechens des Fläschchens die Flüssigkeit aufgesaugt werden kann. Das Kästchen selbst muß in eine Hülse von Metall, von Holz mit angeschraubtem Deckel oder von starkem und dickem Leder eingeschloffen werden. Wenn aber zur Verpackung der Fläschchen von durchlochten Holzblöcken Gebrauch gemacht wird, die hinreichende Widerstandsfähigkeit besitzen und mit aufsaugenden Stoffen angefüllt sowie mit einem Deckel verschlossen sind, so brauchen diese Blöcke nicht in ein zweites Behältnis ein­ geschlossen zu werden. Ebenso kann von der doppelten Verpackung abgesehen werden bei Kästchen aus starker Wellpappe, wenn sämt­ liche Zwischenräume mit aufsaugenden Stoffen angefüllt und die Fläschchen sicher verschlossen sind, sowie wenn, bei Vereinigung mehrerer Fläschchen zu einer Sendung, jedes Fläschchen mit einer besonderen Umhüllung von Wellpappe versehen ist; 3. schwer schmelzende Fettstoffe wie Salben, weiche Seife, Harze usw. müssen zunächst in eine be­ sondere Hülle (Kästchen, Säckchen von LeinFischer-König, Post- u. Tclegraphengesetz. 6. Lust.

10

146

XL Postordnung v. 20. März 1900.

wand, Pergament pp.) eingeschlossen und dann in ein Kästchen von Holz, Metall oder starkem und dickem Leder verpackt werden; 4. Pulver müssen in Pappkästchen verpackt und diese in Säckchen von Leinwand oder Perga­ ment eingeschlossen werden; 5. lebende Bienen müssen in Kästchen versendet werden, die so beschaffen sind, daß sie jede Gefahr ausschließen. Die Verpackung muß in allen Fällen so ein­ gerichtet sein, daß eine Prüfung des Inhalts möglich ist. VIII. Warenproben, die den vorstehenden Be­ stimmungen nicht entsprechen, werden nicht befördert. Das Gleiche gilt für Warenproben, deren Beför­ derung mit Nachteil oder Gefahr verbunden sein würde. IX. Warenproben müssen frankiert sein. Die Ge­ bühr beträgt: bis 250 Gramm einschließlich. . . 10 Pf., über 250 bis 350 Gramm einschließlich 20 „ Unfrankierte Warenproben gelangen nicht zur Ab­ sendung. Im Weltpostverkehr 5 Pf. für je 50 Gramm, mindestens jedoch 10 Pf., WPV. (Nr. XII) Art. 5.

X. Für unzureichend frankierte Warenproben wird dem Empfänger das Doppelte des Fehlbetrags angesetzt, nötigen Falles unter Abrundung auf eine durch 5 teilbare Pfennigsumme aufwärts.

Abschn. I.

Postsendungen,

gg 11, 12.

147

§ 11.

Zusammenpacken von Drucksachen, Geschäftspapieren und Warenproben.

I. Die Vereinigung von Drucksachen, Geschäfts­ papieren und Warenproben oder von zweien dieser Gattungen zu einer Sendung ist unter der Be­ dingung gestattet, daß: 1. jeder Gegenstand, für sich genommen, die auf ihn anwendbaren Grenzen des Gewichts und der Ausdehnung nicht überschreitet; 2. das Gesamtgewicht einer Sendung 1 Kilogramm nicht überschreitet. II. Die Sendungen müssen frankiert sein. Die Gebühr beträgt: bis 250 Gramm einschließlich 10 Pf., über 250 „ 500 „ „ 20 „ „ 500 Gramm bis 1 Kilogramm einschließlich........................... 30 „ Unfrankierte Sendungen gelangen nicht zur Ab­ sendung. ’ III. Für unzureichend frankierte Sendungen wird dem Empfänger das Doppelte des Fehlbetrags an­ gesetzt, nötigenfalls unter Abrundung auf eine durch 5 teilbare Pfennigsumme aufwärts.

§ 12.

Pakete.

I. Den Paketen muß eine Postpaketadresse in der von der Postoerwaltung vorgeschriebenen Form beigegeben sein.

148

XL Postordnung v. 20. März 1900.

II. Zu einer Postpaketadresse dürfen höchstens drei Pakete gehören; jedes Nachnahmepaket (§ 19) muß jedoch von einer besonderen Postpaketadresse begleitet sein. III. Eine Vereinigung von gewöhnlichen Paketen mit Einschreibpaketen oder Paketen mit Wertangabe sowie von Einschreibpaketen mit Paketen mit Wert­ angabe zu einer Postpaketadresse ist nicht zulässig.

IV. Gehören mehrere Pakete mit Wertangabe zu einer Postpaketadresse, so muß aus dieser der Wert eines jeden Pakets besonders angegeben sein. V. Die oberste Postbehörde kann die Befugnis, mehrere Pakete mit einer Postpaketadresse zu ver­ senden, vorübergehend aufheben. VI. Formulare zu Postpaketadressen können durch alle Postanstallen bezogen werden. Für Formulare, die mit Freimarken beklebt sind, wird nur der Be­ trag der Freimarke erhoben. Unbeklebte Formulare werden zum Preise von 5 Pf. für je 10 Stück ab­ gelassen. VII. Formulare, welche nicht von der Post be­ zogen werden, müssen in Größe, Farbe und Stärke des Papiers sowie im Vordrucke mit den von der Post gelieferten Formularen übereinstimmen. VIII. Der an der Postpaketadresse befindliche Abschnitt kann vom Absender zu Mitteilungen benutzt werben. Die Ausfüllung des Vordrucks auf dem Abschnitt: ,Name und Wohnort usw. des Absenders- ist in das Be-

Abschrr. I.

Postsendungen,

g 13.

149

lieben des Absenders gestellt. — Der FrankierungSvermerk ist bei Postpaketadressen aus den Abschnitt, und zwar unterhalb deS zur Nennung des Absenders bestimmten Vordrucks, niederzuschreiben. — Die Portofreiheitsvermerke sowie die Vermerke: .Portopflichtige Dienstsache', .Frei durch Ab­ lösung", (.Frei laut Aversum") usw. sind in den über dein Vordrucke für das Postgewicht befindlichen Raum der eigentlichen Postpaketadresse zu setzen. Die zur Beglaubigung dieser Vermerke dienenden Stempelabdrücke können in den zum Aufkleben der Freimarken versehenen Raum gesetzt werden, die Bescheinigungen über die Ermangelung eines Dienstsiegels haben tunlichst unter den PortofreiheitS- usw. Vermerken Platz zu finden. IX. Die Postpakeiadresse sowie die zur Fran­ kierung des Pakets verwendeten Postwertzeichen gehen

mit der Einlieferung in das Eigentum der Post­

verwaltung über und müssen vom Empfänger oder

im Falle der Unbestellbarkeit vom Absender an die Postanstall zurückgegeben

werden, gleichviel ob er

das Paket annimmt oder nicht; den Abschnitt der

Postpaketadresse kann er jedoch bei der Annahme

des Pakets abtrennen und behalten. X. Wegen der Verpackung und des Verschlusses

der Pakete siehe §§ 15 und 16.

8 13. Einschreibsendungen. I. Briefsendungen und Pakete können unter Ein­ schreibung befördert werden.

Bei Einschreibsendungen

ist weder eine Wertangabe (§ 14) noch die Bei­ fügung von Zustellungsurkunden (§ 25) oder die

Beförderung als dringende Pakete (§ 24) zulässig.

Gewähr: PostG. (Nr. II) § 10 u. Anm. b das.

150

XL Postordnung v. 20. März 1900.

II. Einschreibsendungen müssen vom Absender mit der Bezeichnung „Einschreiben" versehen werden. Bei Paketen muß diese Bezeichnung auch auf der Postpakeiadresse angegeben fein; die Wirkung der Einschreibung hinsichtlich der Gewährleistung erstreckt sich nur auf das Paket, nicht auch auf die Post­ paketadresse. Wegen der Berpackung und des Ver­ schlusses der einzuschreibenden Pakete siehe §§ 15 und 16. III. Über Einschreibsendungen wird eine Ein­

lieferungsbescheinigung erteilt. IV. Für Einschreibsendungen wird außer dem Porto eine Einschreibgebühr von 20 Pf. ohne Rücksicht auf die Entfernung und das Gewicht er­ hoben. Einschreibgebühr im Weltpostberkehr ebenfalls 20 Pf. WPV. (Nr. XII) Art. 6, Ncbengebühr für Einschreibbriefe aus dem Landbestellbezirke PO. § 29 VI, Einlieferungögebühr für Einschreibbriefe, die außerhalb der Postschalterdienststundeu aufgegebcn werden, 20 Pf. § 30 VIII.

§ 14.

Sendungen mit Wertangabe.

I. Briefe und Pakete können unter Wertangabe befördert werden. Bei Sendungen mit Wertangabe ist weder die Einschreibung (§ 13) noch die Bei­ fügung von Zustellungsurkunden (§ 25) oder die Beförderung als dringende Pakete (§ 24) zulässig. Wegen der Verpackung und des Verschlusses der Sendungen mit Wertangabe siehe §§15 bis 17. II. Der Wert ist in der Aufschrift, bei Paketen

Abschn. I.

Postsendungen.

§ 14.

151

auch auf der Postpakeiadresse, in Zahlen ersichtlich zu machen. Die Angabe des Wertes hat in der Reichswährung zu erfolgen. Der angegebene Betrag soll den gemeinen Wert der Sendung nicht übersteigen.

Vgl. PostG. (Nr. II) § 8. III. Bei der Versendung von kurshabenden Pa­ pieren ist der Kurswert, den die Papiere zur Zeit der Einlieferung haben, bei der Versendung oon hypothekarischen Papieren, Wechseln und ähnlichen Dokumenten der Betrag anzugeben, der voraussicht­ lich erforderlich wäre, um eine neue rechtsgültige Aus­ fertigung des Dokuments zu erlangen oder um die Hindernisse zu beseitigen, welche sich der Einziehung der Forderung entgegenstellen würden, wenn das Dokument verloren ginge. Entspricht die Wertan­ gabe diesen Grundsätzen nicht, so kann die Sendung zur Berichtigung zurückgegeben werden. Aus einer zu hohen Wertangabe darf ein Anspruch auf Er­ stattung des entsprechenden Teiles der Versicherungs­ gebühr nicht hergeleitet werden.

IV. Ter Vermerk über Postnachnahme gilt nicht als Wertangabe. Rachnahmesendungen werden da« her nur dann als Sendungen mit Wertangabe be­ handelt, wenn außer dem Nachnahmebetrage noch ein Wert angegeben ist. Vgl. § 19, sowie PostG. (Nr. II) § 12 u. Anm. V. Über Sendungen mit Wertangabe wird eine Eintieferungsbescheinigung erteilt.

152

XI. Postordnung v. 20. März 1900.

g 15. Verpackung der gewöhnlichen und einzuschreibenden Pakete sowie der Sendungen mit Wertangabe. I. Die Verpackung der gewöhnlichen und einzu­ schreibenden Pakete sowie der Sendungen mit Wert­ angabe muß nach Maßgabe der Besörderungsstrecke, deS Umfanges der Sendung und der Beschaffenheit des Inhalts haltbar und sichernd eingerichtet sein. Verluste oder Beschädigungen, die erweislich au6 un­ genügender Verpackung hervorgehen, hat die Postverwaltung nicht zu vertreten. § 6 II, § 27, III n. PostG. (Nr. II) § 6 zu «.

II. Bei Gegenständen von geringerem Werte, die nicht unter Truck leiden und nicht Fett oder Feuchtigkeit absetzen, ferner bei Akten- oder Schriften­ sendungen genügt bei einem Gewichte bis zu 3 Kilo­ gramm eine Umhüllung von Packpapier mit ange­ messener Verschnürung.

III. Schwerere Gegenstände müssen, sofern nicht der Inhalt und der Umfang eine festere Verpackung erfordern, mindestens in mehrfachen Umschlägen von starkem Packpapiere verpackt sein. IV. Sendungen von bedeutenderem Werte, insbe­ sondere solche, die durch Nässe, Reibung oder Druck leicht Schaden leiden, z. B. Spitzen, Seidenwaren, müssen nach Maßgabe ihres Wertes, Umfanges und Gewichts genügend sicher in Wachsleinwand, Pappe oder in gut beschaffenen, nach Umständen mit Leinen überzogenen Kisten pp. verpackt sein.

Mschn. I.

Postsendungen,

ßß 15, 16.

153

V. Sendungen mit einem Inhalte, der andere Sendungen beschädigen könnte, müssen so verpackt sein, daß eine solche Beschädigung fern gehalten wird. Fässer mit Flüssigkeiten müssen mit starken Reifen versehen sein. Leicht zerbrechliche Gefäße (Flaschen, Krüge pp.) mit Flüssigkeiten sind in festen Kisten, Kübeln oder Körben zu verwahren.

VI. Briefe mit Wertangabe müssen mit einem haltbaren, aus einem Stücke hergestellten Umschläge versehen sein. Der Umschlag darf nicht sarbige Ränder haben. VII. Wegen der besonderen Anforderungen bei Geldsendungen siehe § 17.

§ 16.

Verschluß der gewöhnlichen und ein­ zuschreibenden Pakete sowie der Sendungen mit Wertangabe. I. Der Verschluß der gewöhnlichen und ein­ zuschreibenden Pakete muß haltbar und so ein­ gerichtet sein, daß ohne dessen Beschädigung oder Er­ öffnung dem Inhalte nicht beizukommen ist. Von einem Siegelverschlusse kann abgesehen werden, wenn durch den sonstigen Verschluß oder durch die Un­ teilbarkeit des Inhalts die Sendung hinreichend ge­ sichert erscheint. Der Verschluß kann durch eine gut geknotete Verschnürung oder, wenn die Umhüllung aus Packpapier besteht, mittelst guten Klebstoffs oder mittelst Siegelmarken hergestellt werden. Auch bei anderer Verpackung können Siegelmarken an-

154

XI. Postordnung v. 20. Mürz 1900.

gewendet werden, sofern damit ein haltbarer Verschluß erzielt wird. Bei Reisetaschen, Koffern und Kisten, die mit Schlössern versehen sind, bei gut bereiften und fest verspundeten Fässern und bei fest vernagelten Kisten bedarf es keines weiteren Verschlusses. Gut umhüllte Maschinenteile, größere Waffen und In­ strumente, Kartenkasten, einzelne Stücke Wildpret, z. B. Hasen und Rehe, können ohne besonderen Verschluß angenommen werden. Vgl. Anm. zu § 15 I.

II. Bei Sendungen mit Wertangabe sind in gutem Siegellack mittelst desselben Petschafts Siegel­ abdrücke in solcher Zahl anzubr^ngen, daß dem In­ halt ohne sichtbare Beschädigung der Umhüllung (des Briefumschlags) oder der Siegelabdrücke nicht bei­ zukommen ist. Bei Briefen mit Wertangabe müssen die Siegelabdrücke sämtliche Klappen des Umschlag« fassen. Wegen der besonderen Anforderungen bei Geldsendungen siehe § 17.

8 17. Besondere Anforderungen an Ver­ packung und Verschluß der Geldsendungen. I. Geldstücke, die in Briefen versendet werden, müssen in Papier pp. eingeschlagen und innerhalb des Briefes so befestigt sein, daß sie während der Beförderung ihre Lage nicht ändern können. II. Bei Geldpaketen im Gewichte bis zu 2 Kilo­ gramm, deren Wert bei Papiergeld 10000 Mark und bei barem Gelde 1000 Mark nicht übersteigt,

Abschn. I.

Postsendungen,

g 17.

155

genügt eine Umhüllung aus starkem, mehrfach um­ geschlagenem Papiere mit guter Verschnürung und Versiegelung. Geldpakete von größerem Gewicht oder von höherem Werte müssen in haltbarer Lein­ wand, in Wachsleinwand oder in Leder verpackt, gilt umschnürt und vernäht sowie längs der Naht hinreichend oft versiegelt sein. III. Geldbeutel und Säcke, die ohne weitere Ver­ packung versendet werden, dürfen aus einfacher starker Leinwand nur dann bestehen, wenn das Geld gerollt oder zu Päckchen vereinigt ist. Anderenfalls müssen die Beutel pp. aus wenigstens doppelter Leinwand hergestellt sein. Die Naht darf nicht auswendig und der Kropf nicht zu kurz sein. Die Schnur, die den Kropf umgibt, muß durch den Kropf selbst hindurch­ gezogen werden. Wo der Knoten geschürzt ist, und außerdem über beiden Schnürenden muß das Siegel aufgedrückt sein. Derartige Sendungen dürfen nicht über 25 Kilogramm schwer sein. Von den Reichs- und Staatsbehörden sowie von den Reichsbankanstalten abgesandte Geldbeutel werden auch mit Plombenverschluß zur Postbeför­ derung zugelassen, sofern die Plombe nach Ein­ richtung und Beschaffenheit den postseitig gestellten Anforderungen entspricht. IV. Geldkisten müssen aus starkem Holze gefertigt, gut gefügt und fest vernagelt oder mit guten Schlössern versehen sein. Der Deckel darf nicht über­ stehen; die Eisenbeschläge müssen gut befestigt und

156

XI. Postordnung v. 20. März 1900.

so eingelassen sein, daß sie andere Gegenstände nicht zerscheuern können. Über 25 Kilogramm schwere

Kisten müssen gut bereift und mit Handhaben ver­ sehen sein. V. Geldfässer müssen gut bereift, die Schlußreifen angenagelt und an beiden Böden so verschnürt und ver­ siegelt sein, daß ein Öffnen des Fasses ohne Verletzung der Umschnürung oder des Siegels nicht möglich ist. VI. Bei Sendungen mit barem Gelde in größeren Beträgen muß der Inhalt gerollt sein. Gelder, die in Fässern oder Kisten zur Versendung gelangen sollen, müssen zunächst in Beutel oder Pakete verpackt werden.

5 18. Postaufträge zur Einziehung von Geldbeträgen und zur Einholung von Wechselakzepten. I. Im Wege des PostauftragS können a) Gelder bis 800 Mark einschließlich eingezogen oder b) Wechsel zur Einholung der Annahmeerklärung versendet werden. Gewahr: s. unten XX. Über den Postauftragöverkehr mit dem AuSlande vgl. Ar. XVI.

II. Dem Postauftrage sind die einzulösenden Papiere (quittierte Rechnung, quittierter Wechsel, Zins­ schein usw.) zur Aushändigung an die Person, die Zahlung leisten soll, oder die zur Annahme vor­ zuzeigenden Wechsel beizufügen. Die Bereinigung mehrerer Postaufträge zu einer Sendung ist nicht

Abschn. I.

Postsendungen.

K 18.

157

gestattet. Einem Postauftrage zur Geldeinziehung können mehrere Quittungen, Wechsel, Zinsscheine usw. zur gleichzeitigen Einziehung von demselben Zahlungs­ pflichtigen beigefügt werden; die Gesamtsumme des einzuziehenden Betrags darf jedoch 800 Mark nicht übersteigen. Ebenso können einem Postaustrage zur Akzepteinholung mehrere Wechsel beigefügt werden, wenn sie derselben Person gleichzeitig zur Annahme­ erklärung vorzuzeigen sind. III. Zu den Postaufträgen zur Geldeinziehung und zur Akzepteinholung kommen verschiedene For­ mulare zur Anwendung. Derartige Formulare werden von den Postanstalten zum Preise von 5 Pf. für je 10 Stück verabfolgt. Den Absendern ist nicht gestattet, für eigene Rechnung hergestellte Formulare postmäßig zu verwenden; es steht ihnen jedoch frei, die Ausfüllung der von der Post bezogenen Formulare zu Postaufträgen ganz oder teilweise durch Druck, mit der Schreibmaschine usw. bewirken zu lassen. IV. Der Auftraggeber hat auf der Vorderseite des Formulars anzugeben: den Namen und Wohnort der Person, die Zah­ lung leisten oder das Akzept erteilen soll, den einzuziehenden Betrag oder den Betrag der zur Annahme vorzuzeigenden Wechsel, wobei die Marksumme in Zahlen und Buch­ staben ausgedrückt sein muß, den eigenen (des Auftraggebers) Namen und Wohnort.

158

XL Postordnung v. 20. Mörz 1900.

Bei den Postaufträgen zur Geldeinziehung ist außerdem die Zahl der Anlagen einzurücken. Ferner ist gestattet, den Tag anzugeben, an welchem die Einziehung des Betrags erfolgen soll. Dieser Tag ist dann für die Vorzeigung des Postauftrags maß­ gebend. Bei den Postaufträgen zur Akzepteinholung bleibt die Ausfüllung des Vordrucks in bezug auf Fällig­ keit deS Wechsels und Angabe der Wechselnummer dem Auftraggeber anheimgestellt. Der unbedruckte Teil der Rückseite des Post­ auftragsformulars dient zur Aufnahme etwaiger Be­ stimmungen des Auftraggebers darüber, was mit dem Postauftrage nach einmaliger vergeblicher Vor­ zeigung usw. (VI) geschehen soll. V. Zu schriftlichen Mitteilungen darf das Post­ auftragsformular, das im Falle der Einziehung des Betrags oder der Annahme des Wechsels in den Händen der Post verbleibt, nicht benutzt werden. Briefe dem Postauftrage beizufügen, ist nicht gestattet. VI. Der Auftraggeber kann verlangen, daß der Postauftrag nach einmaliger vergeblicher Vorzeigung oder nach dem ersten vergeblich gebliebenen Versuche der Vorzeigung an ihn zurückgesandt oder an eine andere innerhalb des Deutschen Reichs wohnende Person weitergesandt werde. Dieses Verlangen ist durch den Vermerk „Sofort zurück" oder — unter genauer Bezeichnung eines anderen Empfängers — durch den Vermerk „Sofort an N. in N." auf der

Abschn. I.

Postsendungen.

§ 18.

159

Rückseite des Postaustragsformulars auszudrücken. Wünscht der Auftraggeber, daß die Weitersendung an eine zur Aufnahme des Wechselprotestes befugte Person geschieht, so genügt der Vermerk „Sofort zum Protest" auf der Rückseite des Postauftrags­ formulars, ohne daß es der namentlichen Bezeich­ nung einer solchen Person bedarf. VII. Der Auftraggeber hat den Postauftrag unter verschlossenem Umschlag an die Postanstalt, welche die Einziehung oder Akzepteinholung bewirken soll, abzusenden. Der Brief ist mit der Aufschrift „Post­ auftrag nach (Name der Postanstalt)" zu versehen. Soll die Vorzeigung an einem bestimmten Tage geschehen, so darf die Einlieferung des Post­ auftrags nicht früher als sieben Tage vorher erfolgen. VIII. Über den Postauftragsbrief wird eine Ein­

lieferungsbescheinigung erteilt. IX. Bei Postaufträgen zur Geldeinziehung erfolgt die Einziehung des Betrags gegen Vorzeigung des Postauftrags und Aushändigung der quittierten Rechnung (des quittierten Wechsels pp.). Wegen der Vorzeigung der Postaufträge zur Geldeinziehung und der Aushändigung der Anlagen siehe § 39 IV und V. Die Zahlung ist entweder sofort an den bestellen­ den Boten oder, wenn der Zahlungspflichtige oder dessen Bevollmächtigter (§ 39 III) Frist verlangt und der Auftraggeber nicht eine andere Bestimmung (XVIII) getroffen hat, binnen sieben Tagen nach der

160

XI. Postordnung n. 20. März 1900.

Vorzeigung des Postauftrags bei der einziehenden Postanstalt zu leisten. Die siebentägige Lagerfrist wird von dem Tage gerechnet, welcher auf den Tag der ersten Vorzeigung oder des ersten Versuchs der Vorzeigung folgt. Erfolgt die Zahlung innerhalb dieser Frist nicht, so wird der Postauftrag vor der Riicksendung nochmals zur Zahlung vorgezeigt. Bleibt diese Vorzeigung oder der Versuch der Vor­ zeigung erfolglos, so wird der Postauftrag bis zum Schlüsse der Schalterdienststunden an dem betreffen­ den Tage bei der Postanstall zur Einlösung bereit gehalten. Verweigert der Zahlungspflichtige oder dessen Bevollmächtigter bei der zweiten Vorzeigung die Einlösung, so wird der Postauftrag sofort zurück­ gesandt; ebenso findet sofortige Rücksendung statt, wenn bereits bei der ersten Vorzeigung Zahlung verweigert wird. Als Zahlungsverweigerung gilt nur die Erklärung des Zahlungspflichtigen selbst oder dessen Bevollmächtigten. Teilzahlungen werden nicht angenommen. Vgl. Wechselordn. Art. 38, 39. X. Der eingezogene Betrag, nach Abrechnung der Postanweisungsgebühr, wird dem Auftraggeber durch Postanweisung (§ 20) übermittelt. XI. Dem Belieben des Auftraggebers ist es über­ lassen, dem Postauftrage das ausgefüllte Formular der Postanweisung beizufügen. In diesem Formulare darf nur der Betrag angegeben werden, der nach Abzug der Postanweisungsgebühr übrig bleibt.

Abschn. I.

Postsendungen.

161

§ 18.

XII. Bei Postaufträgen zur Akzepteinholung er­ folgt die Vorzeigung des Postauftrags und des bei­ gefügten Wechsels an die im Auftragsformulare namhaft gemachte Person oder deren Bevollmächtigten. Als bevollmächtigt wird, sofern nicht bei der Post­ anstalt eine im besonderen auf die Annahme von Wechseln lautende Vollmacht niedergelegt ist, post­ seitig jeder angesehen, der zur Empfangnahme von Sendungen mit einer Wertangabe von mehr als 400 Mark für die betreffende Person berechtigt ist (§ 39 VII). XIII. Die Annahmeerklärung muß auf dem Wechsel schriftlich geschehen. Die Annahme gilt als verweigert, wenn sie nur auf einen Teil der Wechsel­ summe erfolgt oder wenn der Annahmeerklärung andere Einschränkungen beigefügt werden. Wechselordn. Art. 21, 22. XIV. Der angenommene Wechsel wird von der Bestimmungs-Postanstalt ohne Verzug an den Auf­ traggeber unter Einschreibung zurückgesendet. XV. Wechsel, welche bei der ersten Vorzeigung mit einem schriftlichen Akzepte nicht versehen worden sind, werden nach sieben Tagen nochmals vorgezeigt, falls Frist verlangt worden ist und der Auftraggeber nicht durch einen Vermerk auf der Rückseite des Post­ auftragsformulars ein anderes Verfahren (XVIII) vorgeschrieben hat. Für die Berechnung der sieben­ tägigen Lagerfrist und für das Verfahren bei der zweiten Vorzeigung gelten die Bestimmungen unter IX.

Fischer-König, Post- u.Telegraphengesetz. 6. Aufl.

11

162

XI. Postordnung v. 20. Mürz 1900.

XVI. An Sonntagen und allgemeinen Feiertagen werden Postaufträge nicht vorgezeigt. Wechselordn. Art. 92.

XVII. Hat der Auftraggeber auf der Rückseite des Postauftragsformulars nicht anders bestimmt (XVIII), so ist der Postauftrag nebst Anlagen an ihn zurückzusenden, sobald feststeht, daß die Person, die Zahlung leisten oder das Akzept erteilen soll (IV), nicht zu ermitteln ist, oder sobald die Zahlung und bei Postausträgen zur Akzepteinholung die An­ nahmeerklärung verweigert oder eine die Verweige­ rung der Annahme ausdrückende oder ihr gleich zu achtende Erklärung auf dem Wechsel niedergeschrieben worden ist. XVIII. Postaufträge mit dem Vermerk „Sofort zurück" oder „Sofort an N. in N." oder „Sofort zum Protest" werden nach der ersten vergeblichen Vorzeigung oder nach dem ersten vergeblich gebliebenen Versuche der Vorzeigung bis zum Schlüsse derSchalterdienststunden an dem betreffenden Tage bei der Post­ anstalt zur Einlösung oder Erteilung der Annahme­ erklärung bereit gehalten. Wird bei der Vorzeigung die Einlösung oder Erteilung der Annahmeerklärung verweigert, oder ist am Tage der Vorzeigung der auf dem Postauftragsformular angegebene Tag (IV) bereits verstrichen, so werden die Postaufträge sofort zurück- oder weitergesandt. Mit der Weitergabe des Postauftrags und dessen Anlagen an den Gerichts­ vollzieher, Notar pp. oder bei Postaufträgen mit

Abschn. I.

Postsendungen.

§ 18.

163

dem Vermerke „Sofort an N. in N." mit der Weiter­ gabe an den zweiten Empfänger ist die Obliegenheit der Postverwaltung erfüllt. Die Protestkosten hat der Auftraggeber unmittelbar an den Erheber des Protestes zu entrichten. XIX. Solange der Postauftrag noch nicht ein­ gelöst oder nicht angenommen, zurückgesendet oder weitergesendet ist, kann der Absender unter Vorlegung eines Doppels des ausgefüllten Postauftragsformu­ lars und unter den sonstigen Bedingungen des § 33 den Postauftrag zurückziehen oder die Angaben im Post­ auftragsformular ändern lassen. Nachträgliche Ände­ rungen hinsichtlich der Anlagen sind nicht zulässig. XX. Die Postverwaltung hastet für eine Post­ auftragssendung wie für einen eingeschriebenen Brief und für den eingezogenen Betrag wie für die auf Postanweisungen eingezahlten Beträge. Eine weiter­ gehende Gewähr, insbesondere für rechtzeitige Vor­ zeigung oder für rechtzeitige Rück- oder Weitersendung des Postauftrags, wird nicht geleistet; auch über­ nehmen die Postanstallen keinerlei Verpflichtung zur Erfüllung der besonderen Vorschriften des Wechsel­ rechts. PostG. (Nr. 11) § 12. Vgl. Wechselordn. Art. 18, 41 ff., 62ff., 91 ff., .Gerichtliche Entscheidungen" (Nr. XXIX) A 1.

XXI. Es werden erhoben:

1. für den Postauftragsbrief......................... 30 Pf.; 2. a) bei Postaufträgen zur Geldeinziehung die tarifmäßige Postanweisungsgebühr für die 11*

164

XI. Postordnung v. 20. März 1900.

Übermittelung des eingezogenen Geldbetrags (§ 20 II); b) bei Postaufträgen zur Akzepteinholung für die Rücksendung des angenommenen Wechsels 30 Pf. Die Gebühr unter 1 ist vom Auftraggeber vor­ auszubezahlen. Die Postanweisungsgebühr (2 a) wird von dem eingezogenen Geldbetrag in Abzug gebracht. Die Gebühr unter 2 b wird dem Auftrag­ geber bei Übersendung des angenommenen Wechsels

angerechnet. Ist die Zahlung des Geldbetrags oder die An­ nahme des Wechsels verweigert worden, so wird die Rücksendung des Postauftrags und dessen Weiter­ sendung an einen anderen Empfänger oder an eine zur Aufnahme des Wechselprotestes befugte Person ohne neuen Gebührenansatz bewirkt.

§ 19.

Postnachnahmesendungen.

I. Postnachnahmen sind bis 800 Mark einschließ­ lich bei Briefsendungen und Paketen zulässig. Post­ nachnahme wird nicht als Wertangabe erachtet (§ 14 IV). Die Beifügung von Zustellungsurkunden (§ 25) ist bei Nachnahmesendungen ausgeschlossen. Garantie: PostG. (Nr. II) § 12 Anm. II. Nachnahmesendungen müssen in der Aufschrift mit dem Vermerke „Nachnahme von .... Mark . . Pf." (Marksumme in Zahlen und Buchstaben, Pfennigsumme nur in Zahlen) versehen sein und un-

Abschn. I.

Postsendungen,

g 19.

165

mittelbar darunter die deutliche Angabe deS Namens und Wohnorts — in größeren Städten auch die Wohnung — deS Absenders enthalten. Bei Nach­ nahmepaketen müssen vorstehende Vermerke auf dem Paket und der Postpaketadresse angebracht sein. III. Bei Nachnahmesendungen wird über den Betrag eine Einlieferungsbescheinigung erteilt. Ist über die Sendung ohnehin eine Einlieferungsbe­ scheinigung zu verabfolgen, so wird der Nachnahme­ betrag darin mit vermerkt. IV. Briefsendungen mit Nachnahme — aus­ genommen solche mit dem Vermerk „Durch Eilboten" oder „Postlagernd" — werden an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen nicht zur Einlösung vorgezeigt. Zweite Vorzeigungen von Nachnahmesendungen — nach Ablauf der etwa verlangten Einlösungsfrist — finden an Sonntagen und allgemeinen Feier­ tagen überhaupt nicht statt. Soweit Vorzeigungen an Sonntagen und all­ gemeinen Feiertagen bestimmungsmäßig unterblieben sind, werden solche Tage bei Berechnung der Einlösungsfrist nicht mitgezählt. Eine Nachnahmesendung darf nur gegen Be­ richtigung des Nachnahmebetrags ausgehändigt werden. Der Empfänger kann eine Einlösungsfrist von 7 Tagen vom Tage nach dem Eingänge der Sendung in Anspruch nehmen. Wird die Nachnahme bei der ersten Vorzeigung nicht eingelöst und eine Zahlungsfrist nicht beansprucht, so wird die Sendung

166

XL Postordnung v. 20. Mär- 1900.

sofort zurückgesendet, sofern nicht zunächst eine Un­ bestellbarkeitsmeldung zu erlassen ist (§ 45). Nach­ nahmesendungen mit dem Vermerke „Postlagernd" werden 7 Tage lang vom Tage nach dem Eingänge zur Verfügung deS Empfängers gehalten, falls nicht früher die Annahme verweigert wird. Bei Nachnahmesendungen, die vom Absender mit dem Vermerke „Sofort zurück" oder mit einer ähn­ lichen, das Verlangen schleuniger Rücksendung aus­ drückenden Angabe versehen sind, ist die Lagerfrist ausgeschlossen. Der Vermerk muß auf der Aufschrift­ seite der Sendung und bei Paketen auch auf der Postpaketadresse angegeben sein. Im Falle der Nachsendung (§ 44) einer Nach­ nahmesendung wird die Einlösungsfrist von 7 Tagen für jeden neuen Bestimmungsort besonders berechnet. Wegen der zivilrechtlichen Bedeutung des Vermerks „Sofort zurückvgl. „Gerichtliche Entscheidungen(Nr. XXIX) A 9.

V. Der Absender einer Nachnahmesendung kann unter den Bedingungen des § 33 die Nachnahme nachträglich streichen oder ändern lassen. VI. Eingelöste Nachnahmebeträge werden den Ab­ sendern von der Bestimmungs-Postanstalt mittels Postanweisung (§ 20) nach Abzug der Geldüber­ mittelungsgebühr zugesendet. Auf dem Abschnitte der Postanweisung wird postseitig vermerkt, auf welche Nachnahmesendung sich die Postanweisung bezieht.

Abschn. I.

Postsendungen,

g

20.

167

VII. Für Nachnahmesendungen werden erhoben: 1. das Porto für gleichartige Sendungen ohne Nachnahme, bei Einschreibsendungen und Sen­ dungen mit Wertangabe auch die Einschreib­ und die Versicherungsgebühr; 2. eine Vorzeigegebühr von 10 Pf.; 3. die Postanweisungsgebühr für die Übermittelung

des

eingezogenen

Betrags

an

den

Absender

(§ 2011). VIII. Die Vorzeigegebühr wird zugleich mit dem Porto erhoben und ist auch dann zu entrichten, wenn die Sendung nicht eingelöst wird.

K 20.

Postanweisungen.

I. Im Wege der Postanweisung werden Geld­ beträge bis 800 Mark einschließlich übermittelt. a. Gewähr: PostG. (Nr. n) § 6 u. Anm. f dazu. b. Über den Postanweisungsverkehr mit dem Auslande vgl. Rr. XIV. II. Postanweisungen müssen frankiert werden. Die Gebühr beträgt auf alle Entfernungen: 5 Mark .... . 10 Pf., biö über „ .... ■ 20 „ , 5 „ 100 100 „ 200 ................................. . 30 „ , 200 „ 400 ................................. - 40 „ , 400 „ 600 ..................................■ 50 „ , 600 „ 800 .................................. . 60 „ . Bei Postanweisungen mit angehängter Karte zur Empfangsbestätigung mutz auch diese, nach der Ge­ bühr für Postkarten frankiert sein.

168

XI. Postordnung v. 20. Marz 1900.

III. Zu Postanweisungen dürfen nur Formulare benutzt werden, welche von den Postanstalten bezogen sind. Gestempelte Formulare werden zum Nenn­ werte des Stempels, ungestempelte zum Preise von 5 Pf. für je 10 Stück, ungestempelte Formulare mit angehängter Postkarte zur Empfangsbestätigung zum Preise von 5 Pf. für je 5 Stück verabfolgt. IV. Die Ausfüllung der Postanweisungen kann auch durch Druck, mit der Schreibmaschine usw. bewirkt werden; die handschriftliche Ausfüllung darf nur mit Tinte geschehen. Die Angabe des Geld­ betrags hat in der Reichswährung zu erfolgen. Die Marksumme muß in Zahlen und in Buchstaben auSgedrückt sein. V. Der Abschnitt der Postanweisung kann zu Mitteilungen benutzt werden. VI. Über den eingezahlten Betrag wird eine Einlieferungsbescheinigung erteilt. VII. Die Auszahlung erfolgt gegen Quittung auf der Postanweisung. Der Abschnitt der Post­ anweisung kann vom Empfänger abgetrennt und zurückbehalten werden; bei Postanweisungen mit angehängter Postkarte zur Empfangsbestätigung wird dem Empfänger die Karte überlassen. VIII. Die Postanweisung sowie die zur Fran­ kierung verwendeten Postwertzeichen gehen mit der Einlieferung in das Eigentum der Postverwaltung über und müssen auch dann an die Postanstall zurückgegeben werden, wenn auf die Auszahlung

Abschn. I.

Postsendungen.

G 21.

169

deS Betrags verzichtet oder besten Annahme ver­ weigert wird. IX. Stehen der Bestimmungs-Postanstalt die er­ forderlichen Geldmittel augenblicklich nicht zur Ver­ fügung, so kann die Auszahlung erst verlangt werden, nachdem die Beschaffung der Mittel erfolgt ist. X. Wenn dem Empfänger eine Postanweisung abhanden gekommen ist, so hat er der Bestimmungs­ Postanstalt von dem Verluste Mitteilung zu machen. Von dieser Postanstalt wird alsdann bei etwaiger Vorlegung der Anweisung die Zahlung bis auf weiteres ausgesetzt. Es ist Sache des Empfängers, durch Vermittelung des Absenders bei der AufgabePostanstalt die Übersendung eines vom Absender

auszufertigenden Doppels der Postanweisung zu er­ wirken. Bei der Einlieferung des Doppels muß die bei der Aufgabe der abhanden gekommenen Post­ anweisung erteilte Einlieferungsbescheinigung von dem Absender vorgelegt werden. Die Versendung des Doppels von dem Aufgabe- nach dem Be­ stimmungsort erfolgt kostenfrei. 6 21.

Telegraphische Postanweisungen.

I. Die Überweisung auf

Postanweisungen ein­

gezahlter Beträge kann auf Verlangen des Absenders durch Vermittelung des Telegraphen erfolgen. a. Tel. Postanw. find auch im Orts- und Landbestellbezirk zulässig, gleichviel ob eine telegraphische Über­ mittelung erfolgt oder nicht. b. Vgl. auch TO. (Nr. XXI) § 12.

170

XL Postordnung v. 20. März 1900.

II. Falls ein solches Verlangen ausgesprochen wird, liegt die Ausfertigung des Telegramms, mittels dessen die Überweisung erfolgt, der Aufgabe-Postanstalt ob. Wünscht der Absender durch dieses Tele­ gramm weitere, auf die Verfügung über das Geld bezügliche Mitteilungen zu machen, so muß er diese der Postanstalt schriftlich übergeben, welche sie in das Telegramm mit aufnimmt.

III. Bei telegraphischen Postanweisungen, die an Orten ohne Telegraphenanstalt zur Post gegeben werden, wird das Telegramm von der AufgabePostanstall mit der nächsten Post der am schnellsten zu erreichenden, dem allgemeinen Verkehre dienenden Telegraphenanstalt als Einschreibsendung zugeführt.

IV. Ist eine telegraphische Postanweisung nach einem mit einer Telegraphenanstalt nicht versehenen Postorte gerichtet, so erfolgt die Weiterbeförderung des Telegramms von der letzten Telegraphenanstalt bis zur Bestimmungs-Postanstalt ebenfalls mit der nächsten Post als Einschreibsendung. V. Der Absender hat zu entrichten:

1. die Postanweisungsgebühr; 2. die Telegrammgebühr. Außerdem kommt zutreffenden Falles zur Er­ hebung: a)das Porto und die Einschreibgebühr für die Beförderung des Telegramms zur nächsten Telegraphenanstalt (III);

Abschn. I.

Postsendungen,

ß 21.

171

d)daS Porto und die Einschreibgebühr für die Beförderung des Telegramms von der letzten Telegraphenanstalt bis zur Bestimmungs-Post­ anstalt (IV); c) daS Eilbestellgeld für die Bestellung an den Empfänger (VI). Die Gebühren unter a sind stets vom Absender vorauszubezahlen; dagegen bleibt es in sein Be­ lieben gestellt, ob er die Gebühren unter b und c ebenfalls vorausbezahlen oder deren Entrichtung dem Empfänger überlassen will. VI. Die Bestimmungs-Postanstalt hat das Tele­ gramm, sofern die Anweisung nicht mit dem Ver­ merke „Postlagernd" versehen ist, gleich nach der Ankunft dem Empfänger durch einen besonderen Boten zuzustellen. Die Auszahlung des angewiesenen Betrags erfolgt gegen Rückgabe des mit der Quittung des Empfängers versehenen Telegramms.

VII. Die Nachsendung telegraphischer Postan­ weisungen erfolgt in der Regel aus dem Postweg, auf telegraphischem Wege nur dann, wenn dies vom Aufgeber ausdrücklich vorgeschrieben oder vom Empfänger beantragt ist. Auf ausdrückliches Ver­ langen des Aufgebers oder Empfängers werden auch gewöhnliche Postanweisungen telegraphisch nach­ gesandt.

VIII. Die Telegraphenanstalten sind ermächttgt, in Vertretung der Postanstalt Beträge aus Postan-

172

XI. Postordnung V. 20. Marz 1900.

Weisungen, die auf telegraphischem Wege überwiesen werden sollen, von den Absendern anzunehmen oder telegraphisch überwiesene Beträge am Bestimmungsort auszuzahlen. Vgl. TO. (Nr. XXI) § 12. Auch können Postanstaltcn mit Telegraphenbetrieb zur Annahme von telegraphischen Postanweisungen außerhalb der Postschalterdienststnnden ermächtigt werden.

5 22.

Durch Eilboten zu bestellende Sendungen.

I. Aus Verlangen des Absenders können Post­ sendungen dem Empfänger durch besonderen Boten zugestellt werden (Eilbestellung). Das Verlangen der Eilbestellung muß durch den vom Absender durch Unterstreichung hervorzuhebenden Vermerk „Durch Eilboten" ausgedrückt werden. Bezeich­ nungen wie „Dringend", „Eilig" usw. sind zur Kundgebung des Verlangens der Eilbestellung nicht ausreichend. Wegen der Zulässigkeit des Verlangens der Eil­ bestellung durch den Empfänger siehe unter XII. Die Gewährleistung für Eilbotensendungen richtet sich, je nach der Art der Sendung, lediglich nach den allgemeinen Vorschriften. PostG. (Nr. II) §§ 6, 8, 9, 10, 12.

II. Die Zustellung von Eilsendungen erfolgt in der Regel sogleich nach der Ankunft bei der Be­ stimmungs-Postanstalt. Während der Nachtstunden von 10 Uhr abends bis 6 Uhr früh findet jedoch keine Eilbestellung statt; nur wenn der Absender

Abschn. I.

Postsendungen,

g 22.

173

dem Vermerk „Durch Eilboten" auf der Adresse hinzugefügt hat „auch Nachts", wird die Eilbestellung auch während dieser Nachtstunden ausgeführt. III. Der Absender kann die Gebühr für die Eil­ bestellung (VI) vorausbezahlen oder die Zahlung dem Empfänger überlassen. Im Falle der Voraus­ bezahlung hat er dem Eilbestellvermerke binzuzufügen „Bote bezahlt". IV. An Empfänger im Orts- und Landbestell­ bezirke des Aufgabepostorts sind nur gewöhnliche Briefsendungen zur Eilbestellung zugelassen. V. Gewöhnliche und eingeschriebene Brief­ sendungen, Postanweisungen nebst den Geldbe­ trägen, gewöhnliche und eingeschriebene Pakete bis zum Gewichte von 5 Kilogramm und Sendungen mit Wertangabe bis zum Betrage von 800 Mark und bis zum Gewichte von 5 Kilogramm werden den Eilboten mitgegeben. Bei schwereren Paketen sowie bei Sendungen mit höherer Wertangabe er­ streckt sich die Verpflichtung zur Bestellung nur auf die Postpaketadresse oder den Ablieferungsschein. Die oberste Postbehörde ist indes berechtigt, die be­ zeichneten Gewichts- und Wertgrenzen für bestimmte Orte dauernd oder vorübergehend zu erweitern und die unter VI festgesetzten Gebühren entsprechend zu erhöhen; ebenso kann die Postbehörde, soweit es sich um Sendungen mit Wertangabe, Postanweisungen oder Pakete handelt, die vom Absender etwa ge­ wünschte Nacht-Eilbestellung beschränken.

174

XI. Postordnung v. 2D. Mürz 1900.

VI. Für die Eilbestellung sind zu entrichten:

A. Im Falle der Vorausbezahlung durch den Absender 1. bei gewöhnlichen und eingeschriebenen Brief­ sendungen, Postanweisungen, Briefen mit Wertangabe, Ablieferungsscheinen und Post­ paketadressen im Ortsbestellbezirke......................... 25 Pf., im Landbestellbezirke..........................60 „ für jeden Gegenstand, bei Sendungen an Empfänger im Landbestellbezirke des Aufgabe-Postorts (IV) jedoch die wirklich erwachsenden Botenkosten, zu deren Deckung der Absender auf Verlangen einen an­ gemessenen Betrag zu hinterlegen hat, mindestens aber 25 Pf.; 2. bei Paketen im Ortsbestellbezirke 40 Pf., im Landbestellbezirke..........................90 „ für jedes Paket.

B.

Im Falle der Entrichtung des Boten­ lohns durch den Empfänger

bei allen Sendungen die wirklich erwachsenden Boten­ kosten, mindestens jedoch 25 Pf. für einen der Gegen­ stände zu A 1 und 40 Pf. für ein Paket. VII. Bei gleichzeitiger Abtragung mehrerer Sen­ dungen durch denselben Boten an denselben Empfänger wird, wenn die Zahlung des Botenlohns den Cm-

Abschn. I.

Postsendungen. § 22.

175

pfänger überlassen ist, der Botenlohn bei Briefsendungen für eine der Sendungen zum vollen Betrag und für die anderen mit je 10 Pf., bei Paketen aber für jedes Paket mindestens der Betrag von 40 Pf. er­ hoben. Sind mit Eilbriefsendungen zugleich Eil­ pakete abzutragen, so kommen die Bolenlohnsätze für Pakete und außerdem für jede Briefsendung der Satz von 10 Pf. in Anwendung. Werden durch den­ selben Boten an denselben Empfänger gleichzeitig solche Eilsendungen abgetragen, für welche das Eil­ bestellgeld ganz oder zum Teil (VIII) im voraus bezahlt ist, und solche, bei welchen dies nicht der Fall ist: so ist vom Empfänger der nach vorstehendem zu berechnende Botenlohn abzüglich der voraus­ bezahlten Beträge zu entrichten. Die für etwa gleich­ zeitig zur Abtragung gelangende Telegramme im voraus bezahlte Bestellgebühr bleibt hierbei außer Betracht. VIII. Reichen bei Briefsendungen, die im Brief­ kasten vorgefunden werden, die verwendeten Frei­ marken zur Deckung des Portos und der Cilbestellgebühr (VIA) nicht aus, so kommen für die Sen­ dungen die Sätze unter VI B zur Erhebung nach Abzug des durch Freimarken vorausbezahlten Teiles der Gebühr. IX. Eine Beförderung von Sendungen mittels Eilboten vom EinlieferungSorte nach einem anderen Postorte findet nicht statt. Dagegen kann auf Ver­ langen des Absenders die besondere Beförderung von

176

XL Postordnung v. 20. Mürz 1900.

Sendungen, die einer Postanstalt von weiterher zu­ gehen nnd nach einem anderen Postorte gerichtet sind, durch Eilboten stattfinden, wenn die Entfernung zwischen den beiden Postanstalten nicht über 15 Kilo­ meter beträgt. Die Aufschriften derartiger Sendungen müssen unter der Angabe des Bestimmungsorts den Vermerk enthalten: „Von (Bezeichnung der Post­ anstalt, von welcher aus die Beförderung durch Eil­ boten erfolgen soll) durch Eilboten". Für derartige Eilsendungen sind auch im Falle der Vorausbezah­ lung durch den Absender die wirklich erwachsenden Bolenkosten, mindestens aber die unter VIA für die Landbestellung festgesetzten Beträge, zu entrichten. Der Absender hat auf Verlangen einen angemessenen Betrag zur Deckung dieser Kosten zu hinterlegen. X. Hat der Absender den Botenlohn nicht vor­ ausbezahlt und verweigert der Empfänger dessen Zahlung, so ist die Sendung als unbestellbar zu behandeln. XI. Im Falle der Rücksendung einer unbestell­ baren Eilsendung sind die Kosten für den Eilbestell­ versuch, welche bei der Aushändigung der Sendung vom Empfänger zu erheben gewesen wären, vom Absender zu tragen. XII. Anträgen des Empfängers auf Eilbestel­ lung von Postsendungen kann ausnahmsweise ent­ sprochen werden, wenn dies ohne Beeinträchtigung des Dienstbetriebs möglich ist. Zutreffenden Falles ist der Botenlohn nach den Festsetzungen unter VIB

Abschn. I.

Postsendungen,

g 23.

177

zu erheben. Die unter VII vorgesehene Ermäßigung bei gleichzeitiger Abtragung mehrerer Gegenstände findet in diesem Falle keine Anwendung.

g 23.

Bahnhofsbriefe.

I. Wünscht ein Empfänger Briefe von einem be­ stimmten Absender am Bahnhof unmittelbar nach Ankunft der Cisenbahnzüge in Empfang zu nehmen (Bahnhofsbriefe), so hat er dies der Postanstalt an seinem Wohnorte mitzuteilen, die ihm gegen Ent­ richtung der festgesetzten Gebühr (IV) ein Ausweis­ schreiben aushändigt.

II. Die Verständigung mit dem Absender, daß die Bahnhofsbriefe stets zu demselben Zuge auf­ geliefert werden, liegt dem Empfänger ob. III. Bahnhofsbriefe müssen der Form und der sonstigen Beschaffenheit nach zur Beförderung als Briefe geeignet sein und dürfen weder unter Ein­ schreibung befördert werden noch das Gewicht von 250 Gramm überschreiten. Zum Verschlüsse sind Briefumschläge zu verwenden, die mit einem breiten roten Rande versehen sind und am Kopfe in großen Buchstaben die Bezeichnung „Bahnhofsbrief" tragen; auf der Rückseite des Briefumschlags ist der Name des Absenders anzugeben. IV. Bahnhofsbriefe müssen vom Absender frankiert werden. Die neben dem Porto zu entrichtende Ge­ bühr für die tägliche Abholung je eines mit einem bestimmten Eisenbahnzuge beförderten Briefes von I i sch e r -- K ö n t g, Post. u. Telegraphengesetz. 6. Aufl. 12

178

XI. Postordnung v. 20. März 1900.

demselben Absender an einen Empfänger beträgt 12 Mark für den Kalendermonat ober, wenn die Beförderung für kürzere Fristen als einen Monat erfolgen soll, 4 Mark für die Woche oder den Teil einer Woche. Die Gebühr ist von dem Empfänger im voraus zu zahlen. V. Die Aushändigung der Bahnhofsbriefe erfolgt nur gegen Vorzeigung des Ausweisschreibens. Meldet sich der Abholer nicht rechtzeitig, so werden die Briefe gegen die im § 22 VI unter B festgesetzte Gebühr durch Eilboten bestellt.

g 24. Dringende Pakete. I. Zur Beförderung mit der Post geeignete Pakete, deren beschleunigte Übermittelung besonders er­ wünscht ist, können auf Verlangen der Absender als dringende Pakete mit den sich darbietenden schnellsten Postgelegenheiten versendet werden. Das Verlangen der Einschreibung oder eine Wertangabe ist bei dringenden Paketen nicht zulässig. II. Die Sendungen müssen bei der Einlieferung zur Postanstalt äußerlich durch einen farbigen Zettel, der in fettem schwarzem Typendruck oder ausnahms­ weise in großen handschriftlichen Zügen die Bezeich­ nung „Dringend" trägt, hervortretend kenntlich gemacht sein. Die zugehörigen Postpaketadressen sind mit dem gleichen Vermerke zu versehen. III. Dringende Pakete werden am Bestimmungs­ orte durch Eilboten abgetragen, wenn sie nicht mit dem Vermerke „Postlagernd" versehen sind.

Abschn. I.

der 1. 2. 3.

Postsendungen,

gg 24, 25.

179

IV. Für dringende Pakete hat der Absender bei Einlieferung im voraus zu entrichten: daS tarifmäßige Paketporto; eine besondere Gebühr von 1 Mark; u. U. (III) die Eilbestellgebühr (§ 22).

Kür dringende Pakete leistet die Poftverwaltung nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften (PostG. [9?r. II] §§ 6 ff.) Gewähr.

§ 25.

Briefe mit Zustellungsurkunde.

I. Auf Verlangen des Absenders kann die Zu­ stellung eines Briefes an den Empfänger postamtlich beurkundet und die aufgenommene Zustellungsurkunde dem Absender übersendet werden. Das Zustellungsverfahren ist geregelt durch die „An­ weisung über daS Verfahren, betreffend die postamtliche Be­ stellung von Schreiben mit Zustellungsurkunde" (ZBl. 1900 S. 329, ADA. V Abt. 1 Anl. 32). Vgl. § 40.

II. Hinsichtlich der Art der Zustellung ist zu unterscheiden: a) die gewöhnliche Zustellung; b) die vereinfachte Zustellung. Im Falle zu a wird dem Empfänger bei der Zu­ stellung eine beglaubigte Abschrift der Zustellungs­ urkunde übergeben, im Falle zu b nur der Tag der Zustellung auf dem Briefe vor seiner Aushändigung vermerkt. Wegen der Bestellung der Briefe mit Zustellungsurkunde siehe § 40. III. Briefe mit Zustellungsurkunde müssen ver­ schlossen und auf der Aufschriftseite mit der Angabe 12*

180

XL Postordnung v. 20. März 1900.

von Namen und Wohnort des Absenders handschrift­ lich oder durch Stempelabdruck pp. versehen sein. Der Absender hat dem Briefe im Falle der gewöhn­ lichen Zustellung (IIa) zwei Formulare zur Zu­ stellungsurkunde auf weißem Papier (Urschrift und Abschrift), im Falle der vereinfachten Zustellung (II b) ein Formular auf blauem Papiere haltbar äußer­ lich beizufügen und dementsprechend den Brief auf der Aufschriftseite mit dem Vermerke „Hierbei ein Formular zur Zustellungsurkunde nebst Abschrift" oder „Hierbei ein Formular zur Zustellungsurkunde" zu versehen. Im letzteren Falle muß der Brief außer­ dem in der Aufschrift den Vermerk „Vereinfachte Zu­ stellung" tragen. IV. Der Absender muß den Kopf des Formulars zur Zustellungsurkunde und bei der gewöhnlichen Zustellung auch desjenigen zur Abschrift dem Vordruck entsprechend ausfüllen und das erstere mit der für die Rücksendung erforderlichen Aufschrift versehen. V. Soll die Zustellung an eine der in den §§ 181, 183 und im § 184 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung in der Fassung vom 20. Mai 1898 bezeichneten Personen, der an Stelle des eigentlichen Empfängers zugestellt werden könnte, unterbleiben, so hat der Ab­ sender auf der Aufschriftseite des Briefes und auf dem Formulare zur Zustellungsurkunde unmittelbar unter dem Namen usw. des Empfängers mittels roter Tinte einen Vermerk in folgender Fassung hervor-

Abschn. I.

Postsendungen.

§ 25.

181

niederzuschreiben: „Eine Zustellung an (z. B. an die Ehefrau, an den Vermieter N., an das Dienstmädchen N.) darf nicht statt­ finden". tretend

Dgl. .Gerichtliche Entscheidungen"

(Nr. XXIX) A 8.

VI. Zu den Zustellungsurkunden kommen For­ mulare mit verschiedenem Vordrucke zur Anwendung, je nachdem es sich um Zustellungen an Gewerbe­ treibende, an Rechtsanwälte, Notare oder Gerichts­ vollzieher, an Behörden oder Korporationen usw., an Unteroffiziere und Gemeine oder an andere vor­ stehend nicht näher bezeichnete Personen handelt. Die Formulare können bei den Postanstalten zum Preise von 5 Pf. für je 10 Stück bezogen werden. Den Gerichten, Gerichtsschreibereien und Gerichts­ vollziehern werden die Formulare unentgeltlich ge­ liefert. VII. Einschreibung, Wertangabe, Nachnahme, das Verlangen der Eilbestellung und der Vermerk „Postlagernd" sind bei Briefen mit Zustellungs­ urkunde unzulässig. Vgl. „Gerichtliche Entscheidungen" (Nr. XXIX) A 8.

VIII. Für Briefe mit Zustellungsurkunde werden erhoben: 1. das gewöhnliche Briefporto; 2. eine Zustellungsgebühr von 20 Pf.; 3. das Porto von 10 Pf. für die Rücksendung der Zustellungsurkunde (wegen der Ausnahme im Orts- und Nachbarortsverkehre siehe § 37 HI).

182

XL Postordnung v. 20. März 1900.

Die Beträge zu 1 bis 3 müssen sämtlich ent­ weder vom Absender sogleich bei der Einlieferung oder vom Empfänger bei der Aushändigung ent­ richtet werden. Im übrigen haftet der Absender für alle Beträge, die vom Empfänger nicht erhoben werden können. Kann die Zustellung nicht aus­ geführt werden, so ist bei unfrankierten Briefen nur das Porto zu 1 zu entrichten, während bei frankierten Briefen der zu 2 und 3 vorausbezahlte Betrag erstattet wird.

K 26. Rückschein. I. Wünscht der Absender eines Pakets ohne Wert­ angabe, einer Einschreibsendung oder einer Sendung mit Wertangabe eine von dem Empfänger auszu­ stellende Empfangsbescheinigung (Rückschein) zu er­ halten, so muß ein solches Verlangen durch die Be­ merkung „Rückschein" in der Aufschrift, bei Paketen auch auf der Postpaketadresse, ausgedrückt sein; auch muß der Absender sich namhaft machen oder an­ geben, an wen sonst der Rückschein abzuliefern ist. II. Sendungen gegen Rückschein müssen vom Ab­ sender frankiert werden. Für die Beschaffung des Rückscheins ist eine besondere Gebühr von 20 Pf. vom Absender im voraus zu entrichten. III. Die Weigerung des Empfängers, den Rück­ schein zu vollziehen, gilt als Verweigerung der An­ nahme der Sendung. IV. Der Absender kann gegen eine im voraus zu entrichtende Gebühr von 20 Pf. einen Rückschein

Abschn. I.

Postsendungen.

§§ 26, 27.

183

übet die unter I bezeichneten Sendungen auch später als bei der Einlieferung der Sendung verlangen. K 27.

Behandlung ordnungswidrig beschaffener Sendungen. I. Sendungen, welche nicht den vorstehenden Be­ stimmungen gemäß verpackt und verschlossen usw. fhb, können dem Einlieferer zur Herstellung der vorschriftsmäßigen Beschaffenheit zurückgegeben worden. II. Verlangt jedoch der Einlieferer ungeachtet der erhobenen Ausstellungen die Beförderung der Sendung in .hier mangelhaften Beschaffenheit, so muß die Beförderung geschehen, wenn auS den Mängeln ein Nachreil für andere Postsendungen oder eine Störung der Ordnung im Dienstbetriebe nicht zu befürchten ist, der Einlieferer auch auf Ersatz und Entschädigung verzichtet und diese Verzichtleistung in der Aufschrift, bei Paketen auch auf der Postpaketadresse, durch die Worte „Auf meine Gefahr" ausdrückt und unter­ schreibt. Wird über die Sendung eine Einlieferungs­ bescheinigung erteilt, so hat die Postanstalt über die Verzichtleistung des Einlieferers in der Bescheinigung einen Vermerk niederzuschreiben. Läßt die Beschaffenheit der Sendung Nachteile für den Postbetrieb befürchten, so ist die Post berechtigt, die Be­ förderung abzulehnen. § 5 III, § 6 IV, PostG. § 3.

III. Auch wenn die Annahme der Sendung nicht wegen mangelhafter Beschaffenheit beanstandet worden ist, hat dennoch der Absender alle die Nach-

184

XL Postordnung v. 20. Mär- 1900.

teile zu vertreten, die aus einer vorschriftswidrigen Verpackung, Verschließung und Aufschrift hervor­ gegangen sind. Ebenso hat der Absender den Schaden zu ersetzen, welcher durch die Beförderung von Gegenständen entsteht, die von der Postbeförderung ausgeschlossen oder zur Postbeförderung nur bedingt zugelassen sind (§§ 5 und 6). K 28.

Zeitungsvertrieb.

Soll eine Zeitung der Postverwaltung zum Ver­ trieb übergeben werden, so hat der Verleger eine entsprechende schriftliche Erklärung nach Maßgabe der von der Postverwaltung vorgeschriebenen Fassung bei der Postanstalt niederzulegen. Diese Erklärung gilt als Bestandteil des Vertrages zwischen der Postverwaltung und dem Verleger. PostG. § 50.

tz 29.

Ort der Einlieferung.

I. Sofern der Umfang und die sonstige Be­ schaffenheit der Gegenstände nicht ein anderes be­ dingen, sind gewöhnliche Briefsendungen mittels der Brieflasten zur Einlieferung zu bringen. Cs ist auch gestattet, derartige Sendungen den Postbegleitern Postillionen und Beförderern von Botenposten, wenn diese sich unterwegs im Dienste befinden, sowie den Führern der zu Postzwecken dienenden PrivatPersonenfuhrwerke zu übergeben. Zur Frankierung der mittels der Briefkasten einzu­ liefernden Gegenstände niüssen Postwertzeichen benutzt werden. PO. § 50 I.

Abschn. I.

Postsendungen,

ßß 28, 29.

185

II. Die Einlieferung sonstiger mit der Post zu befördernden Sendungen muß, mit der unter III gestatteten Ausnahme, bei den Postanstalten an der Annahmestelle geschehen. Die als Ergänzungsanlagen in Landorlen errichteten Posthilfstellen besitzen nicht die Eigenschaft von Postanstalten und sind in der Annahme von Postsendungen beschränkt (VIII). III. In den Orten, in denen mit Pferden aus­ zuführende Paketbestellfahrten bestehen, dürfen den Paketbestellern gewöhnliche Pakete zur Ablieferung an die Postanstalt übergeben werden. ES ist auch gestattet, bei der Postanstalt die Abholung von Paketen aus der Wohnung schriftlich zu bestellen. Für derartige Bestellschreiben oder Bestellkarten kommt eine Gebühr nicht zur Erhebung; sie können in die Briefkasten gelegt oder den bestellenden Boten mitgegeben werden. Den Landbriefträgern dürfen auf ihren Bestell­ gängen zur Ablieferung an die Postanstalt oder zur Bestellung unterwegs die nachbezeichneten Sendungen übergeben werden: gewöhnliche und einzuschreibende Briefsen­ dungen, Postanweisungen, gewöhnliche und einzuschreibende Pakete, Nachnahmesendungen und Sendungen mit Wertangabe, im einzelnen bis zum Wertbetrage von 800 Mark.

186

XI. Postordnung v. 20. März 1900.

Zur Mitnahme von Paketen sind die Landbrief­ träger zu Fuß nur insoweit verpflichtet, als die

Pakete geschützt untergebracht werden können und Unzuträglichkeiten für die Beförderung oder Bestellung der sonstigen Sendungen nicht zu besorgen sind.

Bon den Landbriefträgern werden auf ihren Bestellgängen auch Bestellungen auf Zeitungen an­ genommen. ftür die den Paketbestellern und i/andbriesträgern nach Maßgabe der obigen Bestimmungen übergebenen Sendungen leistet die Postverwaltung dieselbe Gewähr, wie für die bei den Postannahmestellen aufgegebenen Sendungen.

IV. Jeder Landbriefträger führt auf seinem Bestellgang ein Annahmebuch mit sich, in welches er die von ihm angenommenen Einschreibsendungen, Sendungen mit Wertangabe, Postanweisungen, ge­ wöhnlichen Pakete und Nachnahmesendungen, die zur Frankierung dieser Sendungen bar entrichteten Beträge sowie die angenommenen Bestellungen auf Zeitungen nebst den ihm hierfür übergebenen Geld­ beträgen einzutragen hat. Ein Annahmebuch führt auch jeder zur Annahme gewöhnlicher Pakete er­ mächtigte Paketbesteller mit sich. Der Einlieferer oder Austrageber ist berechtigt, sich das Annahme­ buch vorzeigen zu lassen, um sich von den Ein­ tragungen zu überzeugen, auch kann er die Ein­ tragungen selbst bewirken.

V. Die Einlieferungsbescheinigungen, soweit solche über die vom Paketbesteller oder Landbriefträger

Abschn. I.

Postsendungen.

§ 29.

187

angenommenen Sendungen zu erteilen sind, sowie die Quittungen über die vom Landbriefträger an­ genommenen Zeitungsgelder werden erst durch die Postanstalt ausgestellt und dem Einlieferer pp., wenn möglich beim nächsten Bestellgang, über­ bracht. VI. Für die von den Landbriefträgern auf ihren Bestellgängen eingesammelten portopflichtigen Ein­ schreibbriefsendungen, Pakete bis 2'/, Kilogramm einschließlich, Postanweisungen und Briefe mit Wert­ angabe (III) ist, wenn diese Gegenstände zur Weiter­ sendung durch die Postanstall des Amtsorts des Landbriefträgers nach einer anderen Postanstalt be­ stimmt sind, außer dem Porto und den sonstigen Gebühren eine Nebengebühr von 5 Pf., für Pakete von höherem Gewicht als 2‘/a Kilogramm eine solche von 20 Pf. im voraus zu entrichten. VII. Für die von den Paketbestellern auf ihren Bestellfahrten eingesammelten gewöhnlichen Pakete (III) kommt außer dem Porto eine Nebengebühr von 10 Pf. zur Erhebung, die im voraus zu ent­ richten ist. VIII. Bei den Posthilfstellen dürfen gewöhnliche Briefsendungen und bei denjenigen Posthilfstellen, welche zur Annahme von Paketen ermächtigt sind, auch gewöhnliche Pakete eingeliefert werden. Die Annahme von Einschreibsendungen, Sendungen mit Wertangabe und von Postanweisungen gehört nicht zu den dienstlichen Verpflichtungen der Posthilfstelle.

188

XL Postordnung v. 20. Mär- 1900.

ES können jedoch derartige Sendungen in dem unter III festgesetzten Umfange bei der Posthilfstelle zur Weitergabe an den Landbriesträger niedergelegt werden. Diese Niederlegung ist aber lediglich Ver­ trauenssache der Absender gegenüber dem Inhaber der Posthilfstelle. Die Haftpflicht der Postverwaltung beginnt erst mit erfolgter Ablieferung der Sendungen an den Landbriefträger. Die eingelieferten Pakete, sowie die niedergelegten Einschreibsendungen, Sen­ dungen mit Wertangabe und Postanweisungen hat der Inhaber der Posthilfstellc sogleich in sein An­ nahmebuch einzutragen, wovon sich der Einlieferer überzeugen kann; dieser ist auch zur Eintragung selbst befugt. Für die Einlieferung von Sendungen bei einer Posthilfstelle wird keine Nebengebühr erhoben.

8 30.

Zeit der Einlieferung.

I. Die Einlieferung bei den Postanstalten muß während der Schalterdienststunden und, wenn die Sendung mit der nächsten dazu geeigneten Post be­ fördert werden soll, vor der Schlußzeit dieser Post geschehen. II. Die Postschalterdienststunden werden nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisie festgesetzt und durch die bei den Postanstalten aushängenden Post­ berichte zur Kenntnis des Publikums gebracht.

III. Als Schlußzeit für die Einlieferung bei den Annahmestellen der Postanstalten gelten in der Regel

Abschn. I.

Postsendungen.

K 80.

189

die nachbezeichneten Fristen vor dem planmäßigen Abgänge der Post: 1. für gewöhnliche Briefe und Postkarten eine viertel bis eine halbe Stunde; 2. für gewöhnliche Drucksachen, Geschäftspapiere und Warenproben eine halbe bis eine Stunde; 3. für einzuschreibende Briessendungen eine viertel bis eine halbe Stunde; 4. für alle anderen Gegenstände eine Stunde. IV. Falls die ordnungsmäßige Bearbeitung der Sendungen innerhalb der vorbezeichneten Fristen wegen besonderer örtlicher Verhältnisse nicht aus­ führbar sein sollte, können die Schlußzeiten an­ gemessen verlängert werden. Das gleiche gilt im Einzelfalle bei gleichzeitiger Einlieferung größerer Mengen von Sendungen durch denselben Absender. V. In jedem Falle werden bei Postbeförderungen auf Eisenbahnen die Schlußzeiten um so viel ver­ längert, als erforderlich ist, um die Sendungen von der Püstanstalt nach dem Bahnhöfe zu befördern und auf dem Bahnhof überzuladen. VI. Für Posten, die außerhalb der gewöhnlichen Dienststunden abgehen, bildet der Ablauf der Dienst­ stunden die Schlußzeit, sofern diese nicht nach den vorstehenden Festsetzungen früher eintritt. VII. Die Brieflasten an und in den Posthäusern werden bei Eintritt der Schlußzeit jeder Post, zu

190

XL Postordnung v. 20. März 1900.

den außerhalb der gewöhnlichen Dienststunden ab­ gehenden Posten auch noch vor deren Abgänge ge­ leert. Die Leerungszeiten der anderen Brieftasten werden nach den örtlichen Bedürfnissen festgesetzt; die Zeit der nächsten Leerung ist an jedem Brief­ kasten ersichtlich. Die Briefkasten aus den Bahnhöfen werden möglichst kurz vor dem planmäßigen Abgang eines jeden für den betreffenden Ort zur Postbeförde­ rung benutzten Postzugs geleert. Die Einlegung gewöhnlicher Briefsendungen in die Briefkasten der Bahnpostwagen ist, soweit nicht für einzelne Züge Einschränkungen angeordnet sind, bis zum Abgänge des Zuges zulässig.

VIII. Soweit die örtlichen Verhältnisse es ge­ statten, werden Einschreibsendungen und gewöhnliche Pakete von den Postanstalten sowie nötigen Falles Einschreibbriefsendungen von den selbständigen Tele­ graphenanstalten auch außerhalb der Postschalter­ dienststunden angenommen. Die näheren Bestim­ mungen hierüber werden durch die Postberichte (II) zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Für jede Sendung ist eine besondere Einlieferungsgebühr von 20 Pf. im voraus zu entrichten.

8 31.

Einlieferungsbescheinigung.

Die Einlieferung solcher Sendungen, über welche die Postanstalt eine Einlieferungsbescheinigung aus­ zustellen hat, wird durch diese bewiesen; der Ein­ lieferer hat sich daher nicht zu entfernen, ohne sie in

Abschn. I.

Postsendungen,

ßtz 31—38.

191

Empfang genommen zu haben. Vermag der Ab­ sender die Bescheinigung nicht vorzulegen, so wird die Einlieferung als nicht geschehen erachtet, wenn sie nicht aus den postamtlichen Buchungen ersichtlich ist oder nicht in anderer Weise überzeugend nach­ gewiesen wird.

§ 32.

Leitung der Postsendungen.

Auf welchem Wege die Postsendungen zu leiten sind, wird von. der Postbehörde bestimmt.

i 33. Zurückziehung von Postsendungen und Änderung von Aufschriften durch den Absender.

I. Der Absender kann eine Postsendung zurück­ nehmen oder ihre Aufschrift ändern lassen, solange sie dem Empfänger noch nicht ausgehändigt ist. II. Die Rücknahme kann erfolgen am Aufgabeort oder am Bestimmungsort, ausnahmsweise auch an einem Unterwegsorte, sofern dadurch keine Störung des Dienstes herbeigeführt wird. III. Die Rückgabe geschieht an denjenigen, welcher ein von derselben Hand, von der die Aufschrift der Sendung geschrieben ist, ausgefertigtes Doppel des Briefumschlags, der Postanweisung oder der Post­ paketadresse abgibt und die Einlieferungsbescheinigung, sofern eine solche erteilt ist, vorlegt. IV. Eine bereits abgegangene Sendung kann durch Vermittelung der Aufgabepostanstalt zurückgefordert werden. Derjenige, welcher sie zurückfordert, muß sich

192

XI. Postordnung v. 20. Mär- 1900.

als Absender ausweisen (III) und die Sendung der Aufgabepostanstalt schriftlich so genau bezeichnen, daß sie unzweifelhaft als die verlangte zu erkennen ist. V. In gleicher Weise ist die Änderung der Auf­ schrift von Postsendungen zu beantragen. Eine einfache Berichtigung der Aufschrift (ohne Änderung des Namens oder der Eigenschaft des Empfängers) kann jedoch vom Absender bei gewöhn­ lichen Briefsendungen auch unmittelbar bei der Be­ stimmungspostanstalt beantragt werden, also ohne Erfüllung der für die Änderung der Aufschrift vor­ geschriebenen Formen. VI. Die Rückforderung oder das Verlangen der Aufschriftänderung wird entweder brieflich oder tele­ graphisch von der Aufgabe-Postanstalt der Postan­ stalt, welche die Sendung zurücksenden oder die Auf­ schrift ändern soll, übermittelt. Der Absender hat dafür zu entrichten: 1. wenn die Übermittelung brieflich erfolgt, das Porto für einen einfachen Einschreibbrief; 2. wenn die Übermittelung auf telegraphischen! Wege geschieht, die Gebühren für die Beförderung deS Telegramms. VII. Ist die Sendung noch nicht abgegangen, so wird auf Verlangen von der Postanstalt das Franko bei Rückgabe des Briefumschlags pp. erstattet VIII. Ist die Sendung bereits abgegangen, so wird das Porto für den Rückweg wie bei einer ge­ wöhnlichen Rücksendung (§ 45 VIII) erhoben. Wird

Abschn. I.

Postsendungen.

KG 34, 35.

193

die Sendung zurückgeleitet, bevor sie den Be­ stimmungsort erreicht hat, so ist das Porto für den Hinweg und für den Rückweg nach der wirklich zu­ rückgelegten Entfernung unter Abrechnung des etwa gezahlten Frankos zu entrichten.

8 34.

Aushändigung von Postsendungen an den Empfänger an Unterwegsorten.

I. Auch an einem Unterwegsorte kann die Aus­ händigung einer Sendung an einen sich gehörig aus­ weisenden Empfänger stattfinden, sofern keine dem Beamten bekannte Bedenken entgegenstehen und keine Störung des Dienstes herbeigeführt wird. II. Das Porto wird nach der wirklich stattgehabten Beförderung berechnet. Eine Erstattung von Porto für frankierte Sendungen findet nicht statt.

K 35.

Herstellung des Verschlusses und Er­ öffnung der Sendungen durch Postbeamte.

I. Hat der Verschluß einer Sendung sich gelöst, so wird er postamtlich wiederhergestellt. II. Ist durch die Beschädigung usw. bei einem Briefe mit Wertangabe oder einem Pakete die Heraus­ nahme des Inhalts möglich geworden, so wird vor Herstellung des Verschlusses die Sendung geöffnet und der Inhalt festgestellt. Die Postbeamten müssen sich jeder über den Zweck der Eröffnung hinaus­ gehenden Einsicht der Sendung enthalten. III. Der Beamte, welcher die Herstellung der Ver­ packung usw. oder die Feststellung des Inhalts bewirkt, Fischer-Aöntg, Post- u. Telegraphengesetz. 6. Aust.

13

194

XL Postordnung v. 20. März 1900.

muß tunlichst einen Zeugen hinzuziehen. Der Be­ amte und der Zeuge haben den über den Hergang auf der Sendung niederzuschreibenden Vermerk oder die darüber aufzunehmende Verhandlung zu unter­ zeichnen. IV. Beim Eingänge von Briefen mit Wertan­ gabe und Paketen, die nach den vorstehenden Be­ stimmungen anderweit verschlossen worden sind, ist der Empfänger davon in Kenntnis zu setzen unb zu ersuchen, sich zur Eröffnung der Sendung in Gegen­ wart eines Postbeamten im Postdienstzimmer inner« halb der zu bestimmenden Frist einzufinden. Etwaige Erinnerungen, die der erschienene Empfänger bei Eröffnung der Sendung gegen deren Inhalt erhebt, sind in die Verhandlung aufzunehmen, durch welche der Befund festgestellt wird. Leistet der Empfänger dem Ersuchen keine Folge oder verzichtet er aus­ drücklich auf Eröffnung der Sendung, so erfolgt deren Bestellung und Aushändigung in gewöhnlicher Weise. V. Sendungen mit Drucksachen, Geschäftspapieren oder Warenproben zum Zwecke der Prüfung über die Zulässigkeit des ermäßigten Portos zu öffnen und einzusehen, sind die Postbeamten auch ohne weiteres Verfahren befugt. VI. Wenn eine Sendung infolge mangelhafter Verpackung postamtlich neu verpackt werden muß, so werden die Kosten vom Empfänger oder, wenn von diesem keine Zahlung zu erlangen ist, vom Absender eingezogen.

Abschn. I. g 36.

Postsendungen.

H 36.

195

Bestellung und Bestellgebühren.

I. Die Verbindlichkeit der Postverwaltung, die angekommenen Gegenstände dem Empfänger inS HauS senden (bestellen) zu lassen, erstreckt sich:

1. im Ortsbestellbezirk

a) auf gewöhnliche und eingeschriebene Brief­ sendungen; b) auf gewöhnliche und eingeschriebene Pakete; c) auf Sendungen mit einer Wertangabe bis einschl- 3000 Mark; d) auf Postaufträge; e) auf Postanweisungen nebst den Geldbeträgen; f) auf Ablieferungsscheine und Postpaketadressen zu Sendungen mit Wertangabe, die nach vorstehendem nicht bestellt werden, sowie auf Postpaketadressen zu zollpflichtigen Paketen; 2. im Landbestellbezirk a) auf gewöhnliche und eingeschriebene Brief­ sendungen; b) auf gewöhnliche und eingeschriebene Pakete, soweit sie im einzelnen nicht über 5 Kilo­ gramm wiegen und in der Landbriefträger­ lasche untergebracht oder durch anderweitige Vorkehrungen gegen Nüsse usw. geschützt werden können; c) auf Sendungen mit einer Wertangabe bis einschl. 800 Mark, bei Paketen unter den Voraussetzungen zu b;

196

XL Postordnung v. 20. März 1900.

d) auf Postaufträge,' e) auf Postanweisungen nebst den Geldbeträgen; f) auf Postpaketadressen und Ablieferungsscheine zu Paketen und Sendungen mit Wertangabe, die nach vorstehendem nicht bestellt werden, sowie auf Postpaketadressen zu zollpflichtigen Paketen.

Die Postbehörde kann die Verpflichtung zur Be­ stellung bei besonderer Veranlassung beschränken und für bestimmte Orte dauernd oder vorübergehend die Bestellung in weiterem Umfang übernehmen. Die für Bewohner von Landorten mit Posthilfstelle bestimmten gewöhnlichen Briefsendungen und Pakete können der Posthilfstelle zugeführt und ent­ weder durch den Inhaber der Posthilfstelle abgetragen oder zur Abholung bereit gehalten werden (§ 42). Wenn im letzteren Falle die Sendungen bis zur nächsten Ankunft des Landbriesträgers bei der Post­ hilfstelle nicht vom Empfänger abgeholt sind, so erfolgt die Bestellung durch den Landbriefträger. a. Die Postverwaltung ist berechtigt, die Bestellung von Postsendungen nach solchen Wohnstätten abzulehnen, welche auf allgemein zugänglichen Wegen nicht erreicht werden können. b. PostG. (Nr. II) § 50 Nr. 7. Dgl. Eisenbahn-Verkehröordnung v. 26. Ott. 1899 § 68 (RGBl. 592). c. Über die Haftpflicht der Post für richtige und piinftliche Bestellung vgl. PostG. (Nr. 11) § 6.

II. Soweit die Postverwaltung die Bestellung nicht übernimmt, müssen gewöhnliche und eingeschrie-

Abschn. I.

Postsendungen.

197

§ 86.

bene Pakete, Sendungen mit Wertangabe und die Postanweisungsbeträge auf Grund der Postpaket­ adresse, des Ablieferungsscheins oder der Postanwei­ sung von der Post abgeholt werden (§ 43).

III. Für die Bestellung der gewöhnlichen Pakete und der Einschreibpakete im Orts­ bestellbezirke werden erhoben: 1. bei den Postämtern I. Klasse a) für Pakete bis 5 Kilogramm ein­ schließlich .................................................... 10 Pf.; b) für schwerere Pakete............................... 15 „ . Für einzelne große Orte kann durch die oberste Postbehörde die Bestellgebühr bei Paketen bis 5 Kilogramm auf 15 Pf. und bei schwereren Paketen auf 20 Pf. festgesetzt werden. Wegen der Einschreibpakete siehe auch V. Die höhere Bestellgebühr wird erhoben in Altona, Berlin, Bremen, Breslau, Eharlottenburg und Westend, (Soin, Danzig, Dresden, Frankfurt (Main), Hamburg, Hannover, Königsberg (Pr.), Leipzig, Straßburg (Els.).

2. bei den übrigen Postanstalten

a) für Pakete bis 5 Kilogramm ein­ schließlich ............................................... 5 Pf.; b) für schwerere Pakete

10

„ .

Gehört mehr als ein Paket zu einer Postpaket­ adresse, so kommt für das schwerste Paket die ord­ nungsmäßige Bestellgebühr, für jedes weitere Paket aber nur eine Gebühr von 5 Pf. in Ansatz.

198

XL Postordnung v. 20. Mär- 1900.

IV. Für die Bestellung der Sendungen mit Wertangabe im Ortsbestell bezirke werden erhoben:

1. für Briefe mit Wertangabe a) bis zum Betrage von 1500 Mark . 5 Pf., b) im Betrage von mehr als 1500 bis 3000 Mark...............................................10 „ ; 2. für Pakete mit Wertangabe die Sätze für Bestellung gewöhnlicher Pakete (III), mindestens aber die Sätze unter I.

V. An Orten, wo Sendungen mit höherer Wert­ angabe als 3000 Mark bestellt werden, ist dafür eine Bestellgebühr von 20 Pf. zu erheben. Für große Orte kann die oberste Postbehörde die Bestellgebühr auch bei Einschreibpaketen und bei Paketen mit Wertangabe von 3000 Mark und weniger auf 20 Pf. festsetzen. VI. Die Bestellgebühr für Postanweisungen nebst den Geldbeträgen im Ortsbestell­ bezirke beträgt 5 Pf. für jede Postanweisung. Diese Gebühr kommt auch dann zur Erhebung, wenn die Geldbeträge auf ein Girokonto der Reichs­ bank überwiesen werden. VII. Bei der Abtragung nach dem Land­ bestellbezirke werden für Postanweisungen nebst den Geldbeträgen und für Briefe mit einer Wert­ angabe bis einschließlich 800 Mark 5 Pf., für ge­ wöhnliche Pakete, Einschreibpakete und Pakete mit

Abschn. I.

Postsendungen.

§ 36.

199

Wertangabe bis zum Gewicht von 2*/r Kilogramm einschließlich 10 Pf. und für Pakete von höherem Gewichte 20 Pf. für das Stück erhoben. Die Bestell­ gebühr für Postanweisungen kommt auch dann zur Erhebung, wenn die Geldbeträge auf ein Girokonto der Reichsbank überwiesen werden. In Orten mit Posthilfstelle wird bei Bestellung der Pakete durch den Inhaber der Hilfstelle durch­ weg ein Bestellgeld von 10 Pf. für das Stück erhoben. VIII. Die Bestellgebühren können vom Absender im voraus entrichtet werden. In solchem Fall ist in der Aufschrift der Sendung vom Absender der Vermerk „Frei einschließlich Bestellgeld" niederzu­ schreiben. Vorausbezahlte Bestellgebühren werden nicht erstattet, wenn die Aushändigung der Sendung am Bestimmungsort im Wege der Abholung (§ 42) erfolgt ist. Wegen Anrechnung vorausbezahlten Bestellgeldes bei der Rückgabe einer unbestellbaren Sendung siehe § 46, II. IX. Die Bestellgebühren werden auch für porto­ freie Sendungen erhoben. X. Für das Abiragen der durch die Post be­ zogenen Zeitungen und Zeitschriften sind im Orts- und Landbestellbezirke für jedes Exemplar monatlich zu entrichten: a) für Zeitungen, die seltener als wöchent­ lich einmal bestellt werden .... 2 Pf., b) für Zeitungen, die wöchentlich einmal bestellt werden.......................................... 4 „ ,

200

c)

XI. Postordnung v. 20. März 1900.

für Zeitungen, die wöchentlich zweimal bestellt werden............................................. 6 Pf., d) für Zeitungen, die wöchentlich dreimal bestellt werden............................................. 8 e) für Zeitungen, die wöchentlich viermal bestellt werden............................................10 f) für Zeitungen, die wöchentlich fünfmal bestellt werden............................................12 g) für Zeitungen, die wöchentlich sechs­ und siebenmal bestellt werden ... 14 h) für Zeitungen, die wöchentlich achtmal bestellt werden............................................16 i) für Zeitungen, die wöchentlich neunmal bestellt werden........................................... 18 k) für Zeitungen, die wöchentlich zehnmal bestellt werden........................................... 20 l) für Zeitungen, die wöchentlich elfmal bestellt werden........................................... 22 m) für Zeitungen, die wöchentlich zwölfbis vierzehnmal bestellt werden ... 24 n) für Zeitungen, die wöchentlich fünfzehn­ mal bestellt werden................................. 26 o) für Zeitungen, die wöchentlich sechzehn­ mal bestellt werden..................................28 p) für Zeitungen, die wöchentlich siebzehn­ mal bestellt werden................................. 30 q) für Zeitungen, die wöchentlich achtzehnbis einundzwanzigmal bestellt werden 32

Abschn. I.

Postsendungen,

201

g 37.

r) für Zeitungen, die wöchentlich zweiund­ zwanzigmal bestellt werden ....

34 Pf.,

s) für Zeitungen, die wöchentlich dreiund­ zwanzigmal bestellt werden ....

36 „ ,

t) für Zeitungen, die wöchentlich vierund­ zwanzig- bis achtundzwanzigmal bestellt werden......................................................... 38 „ ,

u) für die amtlichen Verordnungsblätter

2 „ .

Das Zeitungsbestellgeld wird für die Dauer der Bezugszeit im voraus erhoben, und zwar vom 1. des Monats ab, in welchem die Abtragung beginnt. Die Bestellung erfolgt so oft, wie Gelegenheit dazu vorhanden ist.

g 37.

Gebühren für Briefe im Ortsund Nachbarortsverkehre.

I. Für Ortsbriefe (an Empfänger im Orts­ oder Landbestellbezirke des Aufgabe-Postorts) werden erhoben:

im Frankierungsfalle................................. 5 Pf., im Nichtfrankierungsfalle 10 „ . II. Gleich hohe Gebühren werden erhoben im Verkehre derjenigen Nachbarorte, auf welche der Reichskanzler gemäß Artikel 1 Ziffer II des Gesetzes, betreffend einige Änderungen von Bestimmungen über

das Postwesen vom 20. Dezember 1899, den Geltungs­ bereich der Ortslaxe ausgedehnt hat (Nachbar­ ortsverkehr).

202

XL Postordnung v. 20. März 1900.

in. Werden die Briefe (I) unter Einschreibung oder unter Nachnahme eingeliefert, so treten den obigen Gebühren die Cinschreib- und die Vorzeige­ gebühr (§§ 13 und 19) hinzu. Bei Briefen mit Zustellungsurkunde tritt die Zustellungsgebühr (§ 25) hinzu; für die Rücksendung der Zustellungsurkunde wird im Ortsverkehre keine Gebühr, im Nachbar­ ortsverkehr eine solche von 5 Pf. erhoben.

IV. Bei unzureichend frankierten Briefen wird die Gebühr für unfrankierte Briefe abzüglich des Betrags der verwendeten Postwertzeichen berechnet. V. Die vorstehend nicht bezeichneten Postsendungen des Orts- und Nachbarortsverkehrs unterliegen den­ selben Taxen (einschließlich der Bestellgebühren — § 36 —) wie die gleichartigen Postsendungen des sonstigen Verkehrs; soweit bei den Taxen die Entfernung in Betracht kommt, wird der Satz für die geringste Entfernungsstufe in Anwendung ge­ bracht.

VI. Eine Porto- und Gebührenfreiheit besteht bei Postsendungen an Empfänger im Orts- oder Landbestellbezirke des Aufgabe-Postorts nicht. Vgl. PortofreiheitsG. Anm. b das.

§ 38.

(Nr. X) §

3 Abs. II und

Zeit der Bestellung.

Die Postbehörde bestimmt, zu welchen Zeiten die eingegangenen Sendungen zu bestellen sind. Wegen der Eilsendungen siehe § 22.

Abschn. 1.

g 39.

Postsendungen,

ßg 38, 39.

203

An wen die Bestellung geschehen muß.

I. Die Bestellung erfolgt an den Empfänger selbst oder an dessen Bevollmächtigten. Wegen Bestellung der Briefe mit Zustellungsurkunde siehe § 40. Als Ausweis des Empfangsberechtigten dienen Postausweiskarten, die von den Postanstalten ausgestellt werden und im inneren Verkehr Deutschlands sowie im Verkehr mit Österreich-Ungarn (ABl. 1907 S. 165) ein­ geführt sind. Die in Deutschland ausgestellten Postausweis­ karten gelten auch in Belgien und Luremdurg (ABl. 1908 S. 110).

II. Für die Empfangsberechtigung bei Post­ sendungen an Handelsfirmen (Einzelfirmen und Handelsgesellschaften), Genossenschaften und Vereine sind, wenn diese in die Handels-, Genossenschafts­ und Vereinsregister eingetragen sind, die über die Vertretungsbefugnis in die Register eingetragenen Bestimmungen maßgebend. Postsendungen an nicht in die Register eingetragene Handelsfirmen, Ge­ nossenschaften und Vereine sowie an Gesellschaften, Direktionen, Ausschüsse, Bureaus, Geschäftsstellen und ähnliche Firmen, in deren Aufschrift der Empfänger nicht namentlich bezeichnet ist, sind an diejenige Person auszuhändigen, welche der Postanstalt als Inhaber, Direktor, Vorsteher pp. bekannt ist oder als solcher sich unzweifelhaft ausweist. Bei Sendungen an Handelsfirmen und Handelsgesell­ schaften kommen die bezüglichen Vorschriften des Handels­ gesetzbuchs, bei Sendungen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung das G., betreffend die Gesellschaften mit beschränkter

204

XL Postordnung v. 20. MLrz 1900.

Haftung, in der Fassung v. 20. Mai 1898 (RGBl. S. 846), bei Sendungen an eingetragene Genossenschaften daS G., betr. die Erwerbs, und Wirtschaftsgenossenschaften in der Fassung v. 20. Mai 1898 (RGBl. S. 810) und bei Sen. düngen an eingetragene Vereine und Gesellschasten, die nicht Handelsgesellschaften usw. sind, die §§ 21 ff. bzw. 705 ff. deS Bürger!. Gesetzbuchs in Betracht. Ist Adressat im Konkurse, so sind die Post, und Tele­ graphenanstalten verpflichtet, aus Anordnung des KonkurSgerichts alle für den Gemeinschuldner eingehenden Sendungen, Briefe und Telegramme dem Verwalter der Konkursmasse auSzuhändigen. Das Gericht kann die Anordnung auf Antrag deS Gemeinschuldners nach Anhörung des Ver. Walters aufheben oder beschränken (Konkursordn. § 121, Fassung v. 20. Mai 1898, RGBl. S. 612 ff.). Dgl. .Gerichtliche Entscheidungen"

(Nr. XXIX) A. 6.

III. Der Empfänger, welcher einen Dritten zur Empfangnahme der für ihn bestimmten Postsendungen bevollmächtigen will, hat die Vollmacht schriftlich auszustellen und darin die Gattungen der Sendungen genau zu bezeichnen, zu deren Empfangnahme der Bevollmächtigte befugt sein soll. Die Unterschrift des Machtgebers unter der Vollmacht muß, wenn ihre Richtigkeit nicht ganz außer Zweifel steht, von einem Beamten, der zur Führung eines amtlichen Siegels berechtigt ist, unter dessen Beidrückung beglaubigt sein. Die Vollmacht ist bei der Post­ anstalt, welche die Bestellung ausführen läßt, nieder­ zulegen.

IV. Ist außer dem Empfänger noch ein Anderer, wenn auch nur zur näheren Bezeichnung der Wohnung

Abschn. I.

Postsendungen.

§ 39.

205

des Empfängers, in der Aufschrift genannt, z. B. „An A. bei B.", so ist dieser zweite Empfänger auch ohne ausdrückliche Ermächtigung als Bevollmächtigter des erstgenannten Empfängers zur Empfangnahme von gewöhnlichen Briefsendungen anzusehen. Ist ein Gasthof als Wohnung des Empfängers in der Aufschrift angegeben, so gilt der Gastwirt auch dann als bevollmächtigt zur Empfangnahme gewöhnlicher Briefsendungen und gewöhnlicher Pakete, wenn der Empfänger noch nicht eingetroffen ist. Sind bei Postaufträgen mehrere Personen bezeichnet, so erfolgt die Vorzeigung nur an die zuerst genannte Person oder deren Bevollmächtigten. V. Wird der Empfänger oder dessen nach den vorstehenden Bestimmungen bestellter Bevollmächtigter in seiner Wohnung nicht angetroffen oder wird dem Briefträger usw. der Zutritt zu ihnen nicht gestattet, so erfolgt die Bestellung und Aushändigung der ge­ wöhnlichen Briefsendungen sowie der gewöhnlichen Pakete oder der zugehörigen Postpaketadressen, ferner der Anlagen der Postaufträge zur Geldeinziehung, sofern der Betrag sogleich berichtigt wird, an einen Haus- (Geschäfts)beamten, ein erwachsenes Familien­ glied, einen sonstigen Angehörigen oder an einen Dienstboten des Empfängers oder des Bevoll­ mächtigten. Wird niemand angetroffen, an den hiernach die Bestellung und Aushändigung geschehen kann, so ist sie zulässig an den Hauswirt, den Wohnungsgeber oder den Pförtner des Hauses.

206

XI. Postordnung v. 20. März 1900.

VI. Hat der Empfänger oder besten Bevoll­ mächtigter (II) an seiner Wohnung oder an seinen Geschäftsräumen einen Briefkasten anbringen lassen, so werden gewöhnliche frankierte Briefsendungen durch die bestellenden Boten in den Briefkasten gelegt, soweit dessen Beschaffenheit es gestattet und andere Verabredungen nicht bestehen.

VII. Einschreibsendungen und Sendungen mit Wertangabe bis 400 Mark oder die zugehörigen Ab­ lieferungsscheine und Postpaketadressen (§ 36 I und II) sowie Postanweisungen bis 400 Mark können, wenn der Empfänger oder sein Bevollmächtigter in der Wohnung nicht angetroffen oder dem Briefträger pp. der Zutritt nicht gestattet wird, an ein erwachsenes Familienglied des Empfängers bestellt werden.

Bei höherem Wert oder Postanweisungsbetrage muß die Bestellung an den Empfänger oder seinen Bevollmächtigten selbst erfolgen. Die Bestellung der Einschreibsendungen, Sendungen mit Wertangabe und Postanweisungen oder der zugehörigen Ablieferungsscheine und Postpaket­ adressen (§ 36 I und II) hat stets an den Em­ pfänger selbst stattzufinden, wenn die Sendungen vom Absender mit dem Vermerk „Eigenhändig" ver­ sehen sind. VIII. Lautet bei Einschreibsendungen, Sendungen mit Wertangabe, Postanweisungen und gewöhnlichen Paketen die Aufschrift:

Abschn. l.

Postsendungen,

ß 39.

207

so muß Sie Be­

„An „An „An „An

A. A. A. A.

zu erfragen bei B." abzugeben bei B." im Hause des B." wohnhaft bei B",

stellung an den zuerst genannten Empfänger (A.), seinen Bevoll­ mächtigten oder den sonstigen Empfangsbe­ rechtigten (V und VII) erfolgen;

lautet die Aufschrift dagegen: so darf die Be­ stellung sowohl an den zuerst ge­ nannten Em­ „An A. zu Händen des B." pfänger (A.) als auch an den zu­ „An A. abzugeben an B." „An A. für B." letzt genannten „An A. unter (per) Adresse (B.), deren Be­ vollmächtigten des B." oberben sonstigen Empfangsberechtigten (V unb VII) erfolgen. IX. Senbungen gegen Rückschein dürfen nur an den Empfänger selbst oder seinen Bevollmächtigten bestellt werden. X. Die Bestellung von Einschreibsendungen, Post­ anweisungsbeträgen und Senbungen mit Wertan-

208

XL Postordnung v. 20. Mürz 1900.

gäbe sowie von gewöhnlichen Paketen gegen Rück­ schein darf nur gegen Empfangsbescheinigung ge­ schehen; die Person, an welche die Bestellung erfolgt, hat den Ablieferungsschein (Rückschein) oder die auf der Rückseite der Postanweisung oder der Postpaket­ adresse vorgedruckte Quittung handschriftlich zu voll­ ziehen. Des Schreibens unkundige oder am Schreiben verhinderte Personen unterzeichnen mittels Hand­ zeichens, welches durch den Gemeinde- oder Bezirks­ vorsteher oder eine andere zur Führung eines amtlichen Siegels berechtigte Person unter Beidrückung des Siegels zu beglaubigen ist. Wegen der Rückscheine vgl. § 26.

XL Die Bestellung der Postsendungen an Be­ wohner von Schlössern regierender deutscher Fürsten, an Militärpersonen sowie an Zöglinge von Er­ ziehungsanstalten , Pensionaten pp. erfolgt auf Grund der mit den zuständigen Behörden oder den Vorstehern der Erziehungsanstalten getroffenen be­ sonderen Abkommen an die von den Behörden usw. beauftragten Personen. XII. Die an Kranke in öffentlichen Kranken­ anstalten gerichteten Postsendungen dürfen an den Vorstand der Krankenanstalt behändigt werden, so­ fern dem Briefträger pp. der Zutritt zu dem Kranken nicht gestattet wird. XIII. Postsendungen, die an verstorbene Per­ sonen gerichtet sind, dürfen den Erben ausgehändigt werden, wenn sich diese durch Vorlegung des Testa-

Abschn. I.

Postsendungen.

§ 40,

, 209

ments, der gerichtlichen Erbbescheinigung pp. aus­ gewiesen haben; solange dieser Nachweis nicht erbracht ist, kann nur die Aushändigung gewöhn­ licher Briefsendungen nach den Vorschriften unter V erfolgen. Ist ein Testamentsvollstrecker, ein Nachlaßpfleger oder Nachlaßverwalter ernannt worden, so sind die Sendungen an diesen auszuhändigen. XIV. Hinsichtlich der Behändigung von Sen­ dungen durch Eilboten gelten dieselben Bestimmungen, welche für die im gewöhnlichen Wege zur Bestellung gelangenden Sendungen maßgebend sind. XV. Zollpflichtige Postsendungen werden zur zollamtlichen Schlußabfertigung an die zuständigen Zoll- und Steuerstellen übergeben. Die Haftpflicht der Postverwaltung erlischt, sobald die ordnungs­ mäßige Übergabe der Sendung an die Zoll- oder

Steuerstelle auf Grund der bestehenden Vorschriften stattgefunden hat. Vgl. „Gerichtliche Entscheidungen" (Nr. XXIX) A 4.

g 40.

Bestellung der Briefe mit Zustel lungs urkunde.

I. Auf die Bestellung von Briefen mit Zu­ stellungsurkunde finden die Bestimmungen in den §§ 180 bis 186, 195, 208 und 212 der Zivilprozeß­ ordnung für das Deutsche Reich in der Faflung v. 20. Mai 1898 mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Gerichtsvollziehers der bestellende Bote der Postanftalt tritt. Ztscher König, Post- u. Telegraphen^esetz. 6. Aust. 14

210 ,

XL Postordnung v. 20. Mür-z 1900.

II. An Sonntagen und allgemeinen Feiertagen unterbleibt die Bestellung von Briefen mit Zu­ stellungsurkunde, wenn sie nicht vom Absender auf der Aufschriftseile des Briefes besonders beantragt ist. III. Briefe, die an Eheleute gemeinschaftlich ge­ richtet sind, werden zugestellt, wie wenn sie an den Ehemann allein gerichtet wären. Leben die Ehe­ leute getrennt, so werden solche Briefe als un­ bestellbar behandelt. Briese mit Zustellungsurkunde an verstorbene Personen sind stets als unbestellbar zu behandeln. IV. Wegen der Bestellung von Briefen mit Zu­ stellungsurkunde, die von deutschen Gerichten, Ge­ richtsvollziehern, Gerichtsschreibern, Reichs- oder Staatsbehörden ausgehen, bewendet es bei den hier­ über bestehenden besonderen Bestinunungen. Vgl. § 25.

S 41.

Aushändigung von postlagernden Sendungen.

I. Sendungen mit dem Vermerke „Postlagernd" werden bei der Bestimmungs-Postanstalt aufbewahrt und dem Empfänger behändigt, wenn er sich meldet und auf Erfordern ausweist. II. Die Aufbewahrungsfrist beträgt:

a) bei Sendungen mit lebenden Tieren 2 mal 24 Stunden nach dem Eintreffen; b) bei Sendungen mit Postnachnahme 7 Tage voni Tage nach dem Eintreffen;

Abschn. I.

Postseudllngen.

AK 41, 42.

211

c) bei sonstigen Postsendungen einen Monat vom Tage nach dem Eintreffen.

8 42.

Abholung der Postsendungen.

I. Der Empfänger, welcher von der Befugnis, seine Postsendungen abzuholen oder abholen zu lassen, Gebrauch machen will, muß dies in einer schriftlichen Erklärung in der von der Postverwal­ tung vorgeschriebenen Fassung aussprechen und diese Erklärung bei der Postanstalt niederlegen. Hinsichtlich der Beglaubigung der Unterschrift unter der Erklärung gelten die Vorschriften des § 39 III. Die Postbehörde ist berechtigt, anzuordnen, daß die­ selbe Person sich höchstens zur Empfangnahme der für drei Abholer eingegangenen Postsendungen melden darf. Die Abholung von Postsendungen bei Posthilf­ stellen ist ohne Abgabe einer schriftlichen Abholungs­ erklärung gestattet. «gl. PostG. (Nr. II) § 48. II. Die Aushändigung erfolgt entweder am Post­ schalter innerhalb der Postschalterdienststunden (§ 30 II) oder, wenn die Postbehörde dem Abholer auf besonderen Antrag ein verschließbares Abholungs­ fach (Schließfach) überlassen hat, durch Einlegen in dieses Fach, dessen Leerung durch den Abholer nach besonderer Festsetzung der Postoerwaltung auch außer­ halb der Postschalterdienststunden zulässig ist. Auch bei Überlassung eines Schließfachs müssen Sendungen,

14*

212

XL Postordnung v. 20. März 1900.

die ihres Umfanges wegen nicht darin ausgenommen werden können, Nachnahmesendungen und mit Porto belastete Sendungen, wenn der Empfänger das Porto nicht stunden läßt, am Postschalter in Empfang ge­ nommen werden. Wegen deS Rechtsverhältnisse« zwischen der Post­ verwaltung und dem Schließfachinhaber vgl. „Gerichtliche Entscheidungen- (Nr. XXIX) A. 11.

III. Für die Überlassung eines verschließbaren Abholungsfachs nebst zwei Schlüsseln wird eine jähr­ liche Gebühr von 12 Mark bei gewöhnlicher Größe und 18 Mark bei größerer Abmessung erhoben. Die Gebühr ist vierteljährlich im voraus zu entrichten. Die Überlassung geschieht zunächst auf die Dauer eines Jahres. Fällt der Endpunkt nicht mit dem Ablauf eines Kalendervierteljahrs zusammen, so dauert die Überlassung bis zum Ablaufe des Vierteljahrs.

Erfolgt nicht drei Monate vorher eine schriftliche Kündigung, so verlängert sich die Überlassung auf

unbestimmte Zeit unter Vorbehalt einer dreimonatigen, nur zum Ende eines Kalendervierteljahrs zulässigen schriftlichen Kündigung. Eine Verpflichtung zur Überlassung von Schließ­

fächern besteht für die Postverwaltung nicht. Diese ist auch berechtigt, die Überlassung eines Faches jeder­

zeit ohne Kündigung zurückzuziehen; alsdann wird die erhobene Gebühr u. 11. anteilmäßig zurückgezahlt. Vgl. G. betreffend Änderung des Gesetzes Posttarwesen, v. 11. März 1901 (Nr. IX).

über

das

Abschn. I.

Postsendungen.

§ 42.

213

IV. Wenn in der Aufschrift von Postsendungen außer dem eigentlichen Empfänger A. eine zweite Person B. derart benannt ist, daß nach § 39 LV und VIII die Aushändigung auch an B. erfolgen darf, so findet auf diese Sendungen eine von B. für seine eigenen Postsachen gegebene Abholungserklärung ohne Weiteres Anwendung. Dasselbe gilt für ge­ wöhnliche Briefsendungen und gewöhnliche Pakete, wenn ein Gasthof als Wohnung genannt ist und der Gastwirt zu den Abholern gehört. V. Insoweit die Postverwaltung die Bestellung von gewöhnlichen Paketen, von eingeschriebenen Paketen, von Sendungen mit Wertangabe oder von Geldbeträgen zu Postanweisungen übernommen hat, sind bezüglich der Bestellung oder Abholung: a) die gewöhnlichen und eingeschriebenen Pakete sowie die Pakete mit Wertangabe nebst den Postpaketadressen sowie etwaigen Ablieferungs­ scheinen, b) die Briefe mit Wertangabe nebst den Abliefe­ rungsscheinen, c) die Postanweisungen nebst den Geldbeträgen, gleichviel ob diese dem Empfänger bar aus­ gezahlt oder auf sein Girokonto der Reichsbank überwiesen werden, je als eine zusammengehörige Sendung anzusehen. VI. Die mit den Posten ankommenden gewöhn­ lichen Briefsendungen müssen für die Abholer spä­ testens eine halbe Stunde nach der Ankunft zur

214

XL Postordnung v. 20. März 1900.

Ausgabe gestellt werden, vorausgesetzt, daß die Ab­ holungszeit in die Schalterdienststunden fällt. Eine Verlängerung jener Frist ist nur mit Genehmigung der obersten Postbehörde zulässig. VII. Bei eingeschriebenen Briefsendungen und Briefen mit Wertangabe wird zunächst nur der Abliefcrungsschein, bei gewöhnlichen und eingeschriebenen Paketen, sowie bei Paketen mit Wertangabe zunächst nur die Postpaketadresse oder der etwaige Abliefe­ rungsschein an den Abholer verabfolgt. Bei Post­ anweisungen wird zunächst nur die Postanweisung ohne den Betrag dem Abholer ausgehändigt. VIII. Die Bestellung erfolgt, der abgegebenen Erklärung des Empfängers ungeachtet, durch Boten der Postanstalt: 1. wenn der Absender die Eilbestellung verlangt hat; 2. wenn es auf die Bestellung von Briefen mit Zustellungsurkunde oder auf die Vorzeigung von Postausträgen ankommt; 3. wenn es sich um Einschreibsendungen, Post­ anweisungen und Sendungen mit Wertangabe handelt, die vom Absender mit dem Vermerk „Eigenhändig" versehen sind; 4. wenn der Empfänger den lagernden Gegenstand nicht am Tage nach dem Eingänge, bei Sen­ dungen mit lebenden Tieren (§ 6) nicht binnen 24 Stunden nach dem Eintreffen abholen läßt. Die Ablehnung der Zahlung der Bestellgebühr im Falle zu 4 gilt als Verweigerung der Annahme

Mchn. I.

Postsendungen,

g 43.

215

Aushändigung der Sendungen und Geldbeträge nach Behändigung der Postprketadressen, Ablieferungsscheine und Postanweisungen. I. Nach der Aushändigung der Postpaketadressen, Abliejerungsscheine und Postanweisungen (§§ 36 I und II 42 VII) werden die abzuholenden Sendungen und Geldbeträge während der Schalterdienststunden der Pofanstalten an denjenigen verabfolgt, welcher sich zur Abholung meldet und bei gewöhnlichen Paketen 'ne Postpaketadresse, bei Einschreibsendungen, Sendunger mit Wertangabe und Postanweisungs­ beträgen Uc mit dem Namen des Empfangsberech­ tigten unt Schade

23 ff., 397 ff.

internatio­ Reichskanzler 11, 47, Gif., Schiedsgericht, nales 290, 525. 103, 388, 408, 484, 486. Schienenbahnen 399. ReichSkaffe 11, 15. Reichsmarkrechnuug90,i00. SchiffSbriefkaften 279. Reichspoftamt n, 44. — Staatssekretär des 11.

Schiffstelegraphie 515. Schlagbaum 34.

574

Sachregister.

(Die Zahlen bedeute» die Seiten.)

SchlirtzfScher 112, 458. 543. Gchlutzzrit 189s.

Stadtfernfprech-Eiurich. tungrn 391. Stadtpoftsendungen 117.

211f.,

Schmiergeld 245.

Schnellzüge 66.

Stadttrlegramme 436,535.

Schutzvorkrhrungeu

Stangenbild 412. ! StatioisSgebLndr 58. 399 fj. j Statistische Marken 227.

Serfahrzeuge 515.

! Steuerbeamte 34.

Schutzgebiete 294.

Seepostverbindungen 260 ff.

Strafbescheid 40 f.

Seetelegramme 447.

Strafbestimmungen

Seetelegraphenanstalten 447. Seetranfitgebühreu 262,

Straferhöhung 38. Straffestsetzung 40.

267.

Siegel

bei 4G, 215.

Strafprozesse, Briefgeheim.

Ablief.-Schein

niS 23.

Strafumwandlung 39, 45.

Soldateubriefe ns.

Strafverfahren 40 ff.

Sonntagen, Bestellung an

Strafvollstreckung 45.

210.

Stratzenbaubeamte,

Spanndienste 33. Sperrgut 96, 340, 342 f.

Sprengstoffe 130.

(Post)

36 ff.

'

Leistungen für die Reichstelegraphie 406, 409, 416.

( Streifbänder, Abstempelung Staatsbehörden, Portofrei-' heit 119.

!

von 228.

! Streisbandsendungen 135.

Staatseisenbahnen 51.

1 Stundungsgebühr 91, 231, — Regl. 0. 1. Jan. 1868 51. I 456. StaatStelegramme 418,474. i — Bestellung 459. — Empfangsscheine 459. — Vorrang 418, 474.

i

T

I I Tarifbtftimmungen

!

(Post)

88 ff.

Staatsverkehrsaustalt 10. jj — _ Llusianvsverteyr Auslandsverkehr 93. ! — rrn Stadtbriefporto 102, 201.!(Tel.)> 436ff.

Sachregister.

(Die Zahlen bedeuten die Setten.)

---------Auslandsverkehr 437, 476. Taschen, verschlossene 231.

575

— Prüfung des Inhalts 418, 475. — Reihenfolge 418, 459. — Sprachen 419. Taxquadrate 89. Text 422, 429. Taxworte 436 ff. — unbestellbare 462. Telegrammadreffe, abge­ — unzulässige 418, 475. kürzte 426. — Übermittelung durch den Telegramme 417 ff. Fernsprecher 458. — Abschriften 468. — verglichene 440, 463. — Aufbewahrung 462, 468. — Vervielfältigung 445. — Aufgabe 429. — Weiterbeförderung 448. — Adresse 424 ff. — Wortzählung 431. — AuSlandSverkehr 469 ff. — Zurückziehung 456. — Beglaubigung 422. — Zustellung f. Bestellung. — Berichtigung 466. Telegrammtaris 437, 472. — Bestellung 457. Telegrapheuanlagen 387. — bezahlte Antwort 438. — von Gemeinden 388. — chiffrierte 421, 432 f. — von Korporationen 389. — Deckadresse 429. — von Privatunternehmern — dringende 418, 438. 388. — Einteilung 418, 474. — aus Wasser »Fahrzeugen — Gebühren 436 ff. 515, 518 ff. — — Erstattung von 463. — von Transportanstalten — — Nachzahlung von 463. 389. — — Stundung der 456. — strafrechtlicher Schutz 388. — Gebührenfreiheit 476, — besondere 495 ff., 502. 5>33 ff. Telegraphenanftalten 417. — geheime 419ff., 474. — Verzeichnisse der 424. - Gewährleistung 463, 473. Telegraphenbeamte lif. — gewöhnliche 418, 436. — in verabredeter Sprache Telegraphenbehörde, oberste 418. 4120. — lagernde 425, 458, 462. Telegrapheubote 430. — nachzusendende 443. — offene 419.

Telegraphenfreimarkeu 455.

576

Sachregister-

(Die Zahlen bedeuten bk dritten.)

Telegrapheugeheimuis 392, — AuSführungSbestim-» 473.

mungen 410 ff.

Telegrapheugesellschasten

Tiere 130, 214, 216,, 218. 471. Telegrapheugesetz v. 6. April Tore 34. Tranfit im Weltpostvoerkehr 1892 387 ff. 261. Telegraphengesetz • Novelle Transitivsten (Post) 22G1. 514. Telegraphe«kabel,Schutzder Transportmittel (eautzer 473.

Telegraphenkonsereuzen 470, 478.

ordentl.) 56, 72 ff.

Trinkgelder bet Extrapposten 245.

Telegraphenleitungen 473. Türhüter, Bestellung 459. Telegraphenlinien der Ma­ rine- und Militärverwal­ tung 408. — Änderung der 399 ff. — Verlegung 399 ff.

205,

U.

Überfrachtporto 240. des. Telegrapheuordnung 417 ff. Übertretung gegen Vorrechte der Post 332 ff. Telegrapheuregal 387. Überweisungsgebühr ‘.218. Telegraphentarise 437. Ufer f. Telegraphenzweckcke396. Telegraphenvereiu, Allge­ Umlegung von Telegraaphenmeiner 470. — Deutsch-Österr. 470.

linien und Kabeln 4411.

Telegraphenvertrag, Inter­ Umtausch von Postwertzeichen nationaler 470 ff. — Ausführungs-Übereinkunft 472, 477. ' — Gebiet 471. — Internat. Bureau 477. — Konferenzen 470, 478.

Telegrapheuverträge 470. TelegrapheuwegeGesetz 396 ff.

228.

Unbestellbare Postfenduungcn 35, 48, 218ff., 281, 331, 351, 371. — Telegramme 462.

Unfall der Posten 33. Unfallfürsorgegesetz 18. Juni 1901 61.

Union Postale 290.

312,

vom

Sachregister.

(Die Zahlen bedeuten die Seiten.)

577

Portodefraudationen 36. Verkauf von Postsendungen 225 f. — von Postwertzeichen 92, 227. Verkehrswege 396 ff. — Unterhaltung 397. Verlegung besonderer An­ lagen 399 ff. — von Telegraphenlinien 399 ff. Verlorene Sachen 35. Verlust von Postsendungen 23 ff. — von Telegrammen 463. Vermutung der Unverletzt. heit 26. Vernichtung von Postsen, düngen 225 f. — von Telegrammen 462.

Unterdrückung von Briefen i — Post- und

23. Unterhrltungspflichtiger f.

Wege 397 ff. Unterschrift

des Ablief.ScheinS 46, 215. Unterseeische Telegraphen. Iiiiten 473. Untersuchung, administrative 40. — gerichtliche 41. i UrspruugSort 19, ioö.

B.

Verabredete Sprache (Tel.)

419ff. VerbinduugSaulagen,

Ge­ sprächsgebühren für 485. BerLuderuug f. Verlegung. Vereine, eingetragene 204. Bereinigung vonDrucksachen, GeschästSpapieren, Waren­ proben 147. BereiuS-AnSland 285. Porto 269. BereiuSläuder 258. Verglichene Telegramme 440, 463. Verjährung des Ersatz­ anspruchs 30, 273, 315, 332, 356, 372, 465 (Tel.). — Portonachforderung 91.

Verpackung 25, 152. VerpflegnngSkoften 28.

Versailler Verträge 16. Verschluß 26, 153, 193. Verschwiegenheit 224.

VersendnngSschein 73. BerficherungSgedühr

97,

240, 305, 343. VersicheruugSmarkeu 227.

Verstorbene 210. Verstümmelung (Tel.) 463 ff.

Aischer-König, Post»».Telegraphengesetz. ».Lufl.

37

578

Sachregister.

(Die Zahlen bedeuten die Seiten.)

Verteilung, gewerbsmäßige, Wechselftempelzeicheu 227. von Briessendungen 106. Wege, öffentliche 396 ff. Vervielfältigung von Tele­ WegeunterhaltungSpflich. grammen 445. tige 397ff. Verwaltungsbehörden, Wegezeichnuug 412. höhere 404 ff. Weltpostverein 257 ff. — untere 403 ff. — Beitritt 291. Verzögerung von Postsen­ — Garantie 271 ff. dungen 24, 27. — Gebiet 258. — von Telegrammen 463 s. — Grenzverkehr 269, 288. Verzugszinsen im internatio­ — Internat. Bureau 289. — Kongreffe 291. nalen Verkehr 315, 356. — Nebenabkommen 288, Vollmacht 204. 302 ff. VollzngSbestimmuugen zum — Porto 265, 269. Eisenbahnpost-G. 62, 65 ff. -- Portosreiheit 276. — Revision 62, 65, 86. — Postanweisungen f. Post­ Vorort-verkehr 480, 506. anweisungen. Vorrechte der Post 19, 31 ff. — Postausträge f. Postaus­ träge. Postpakete s. Postpakete. — Schiedsgerichte 290, 319, W. 335, 361, 376, 385. Wagengeld 244. i — Lransitsreiheit 261. Warenproben (Muster) 143. — Transitgebühren 261. — Gebühren 146. — Wertbriefe s. Wertbriefe. — Meistgewicht 126. ! — Zeitungswesen f. Zei­ — Weltpostverkehr 266 ff. tungen. Wartesäle 81. Weltpoftvertrag 93, 257ff. 264, Wartezimmer s. Postreisende — Vollzngsordnung 288. 49, 242. Wasserleitungen 399.

Wert 24, 150.

Wechsel I56ff, 368ff. — Mzepteinholung 156 ff.

Wertangabe 26, 150, ;no, 357.

Sachregister.

(Die Zahlen bedeuten die Seiten.)

579

I. Wertbrief- u. WertkLstchen-1I Übereinkommen 302. 1 Zettnngen 20f., 104f., 184,

; 378 ff., 551 ff. Wertbriefe 302 ff. — Nachnahmen 303. Bestellgeld 199. — Nachfendung 311. I — Bezugsgelder 33. — Porto- und Versicherung«-' 20. gebühr 306 ff. — Gebühr(Pro Vision) 21,93, — Tranfitkosten 305. 104. Wertsendungen, Garantie — Gewichtsberechnung 104. 23, 26, 313, 353. — Nachlieferung 226. — Porto 97, 305, 343. — Pflichtexemplare 104. — Verpackung 150. i — politische 20 f., 106. Wertzeichen f. Postwert. I — Postzwang 20 f. zeichen. | — Überweisungsgebühr 218. Witwen von BundeSfürsten | Übereinkommen vom 26. 115. Wortlänge (Tel.) 432.

II i



Mai 1906 378. _ geibot 21.

Worttarif für Telegramm« > — Verpackung 104. 436„, Zeitung-beilagen 140f. WortzShln«, (^el.) 431 fi. j Landes. Württemberg, Eisenbahnen \ 306 f., 404 f., 407. -innerer Verkehr löff., 49,1 43' „ , '! 94, 114, 125. ! — Portofreiheit 114. Postbehörden 29, 44. Postverträge 16. — Postwesen 15 ff. — Rekursentscheidung 44. - Sonderrecht« 15ff., 49,64. | - Telegraphie 15ff., 388,■ ' 1694, 408, 417, 469, 491, 508, 516, 538. — Wertzeichen 227.

Ziffern (Tel.) 421, 433,.

Zirkulare 137. Zollgebühren 312, 350 f.

Zollpflichtige Sendungen 209, 283, 310, 352.

3tt8