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German Pages 373 Year 2011
Schriften zum Gesundheitsrecht Band 23
Die Beteiligung Berufsfremder an Arztpraxen, Apotheken und anderen Heilberufsunternehmen Fremdbesitz – Fremdbetrieb – Fremdnutzung Von Sebastian Köbler
Duncker & Humblot · Berlin
SEBASTIAN KÖBLER
Die Beteiligung Berufsfremder an Arztpraxen, Apotheken und anderen Heilberufsunternehmen
Schriften zum Gesundheitsrecht Band 23 Herausgegeben von Professor Dr. Helge Sodan, Freie Universität Berlin, Direktor des Deutschen Instituts für Gesundheitsrecht (DIGR) Präsident des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin a.D.
Die Beteiligung Berufsfremder an Arztpraxen, Apotheken und anderen Heilberufsunternehmen Fremdbesitz – Fremdbetrieb – Fremdnutzung
Von Sebastian Köbler
Duncker & Humblot · Berlin
Die Fakultät für Rechtswissenschaft und Volkwirtschaftslehre der Universität Mannheim hat diese Arbeit im Jahre 2010 als Dissertation angenommen.
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© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fremddatenübernahme: Werksatz, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1614-1385 ISBN 978-3-428-13490-8 (Print) ISBN 978-3-428-53490-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-83490-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung. (Antoine de Saint-Exupéry)
Vorwort Aus dem Nachbarzimmer tönt der Triumphmarsch (nach 3 Jahren Bearbeitung ist die ersehnte Veröffentlichung endlich erschienen), aus unerfindlichen Gründen will mein Rechner das erst gestern fertiggestellte Schaubild nicht mehr anzeigen, die Bibliothekarin (in Personalunion zugleich gute Seele und verlässlicher Schokopralinenlieferant) legt mir Zeitschriften auf den Schreibtisch, bei denen mir der Grund ihrer Bestellung einfach nicht mehr einfallen will, und meine Büromitbewohnerin will mich zwingend an einem Diskurs zum Thema „Speisesalz – ein Arzneimittel“ beteiligt wissen. Glücklicherweise signalisiert in diesem Moment das gut vernehmbare Gelächter unserer Sekretärin den Beginn der mittäglichen Kaffeerunde ... So oder so ähnlich gestaltete sich mein Alltag während der letzten zwanzig Monate. Eine manchmal stressige, manchmal frustrierende, meist arbeitsintensive, aber vor allem unglaublich schöne Zeit, in der vorliegende Abhandlung entstand. Mein Dank gilt daher meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Jochen Taupitz, der mir nicht nur sein uneingeschränktes Vetrauen zum Abschluss dieser Dissertation schenkte, sondern mir auch ermöglichte, diese am Institut für Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Mannheim und Heidelberg zu verfassen. Die umfangreiche Bibliothek des Instituts, die moderne Ausstattung sowie die großartige Arbeitsatmosphäre haben die Erstellung der Arbeit ernorm erleichtert. Auch für die mir gewährte Freiheit bei der Bearbeitung sowie das von formalen Zwängen befreite Miteinander herzlichen Dank. Dankbar bin ich auch Herrn Professor Dr. Thomas Puhl für die schnelle und wohlwollende Erstellung des Zweitgutachtens sowie die wertvollen Korrekturhinweise. Aufgrund seines persönlichen Werbens für den Studienort Mannheim habe ich mich seinerzeit zur Aufnahme meines Studiums an der Fakultät für Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre der Universität Mannheim entschlossen, an der im Frühjahr 2010 diese Studie als Dissertationsschrift angenommen wurde. Für die nächteraubende Durchsicht des Manuskripts möchte ich mich bei meinen Eltern und meiner Freundin Katharina Niedziolka ganz herzlich bedanken. Obwohl letztere so manchen Wutausbruch über sich ergehen lassen musste, der (zumeist) nicht ihr, sondern der EDV galt, fand sie stets aufmunternde Worte. Bei ihr und den übrigen Mitarbeitern des Instituts (Professor Dr. Marcus Oehlrich,
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Vorwort
Markus Fuderer, Carmen Rösch, Ekkehard Schnorrenberg, Christoph Heible, Amina Salkic, Benedikt van Spyk, Annette Wedler, Heike Malone) möchte ich mich zudem für das stets offene Ohr, die guten Ratschläge sowie die moralische und organisatorische Unterstützung bedanken. Neben meinen Eltern gebührt meinen Großeltern für die uneingeschränkte Förderung meiner Ausbildung ganz besonderer Dank. Nicht vergessen will ich auch meinen Bruder und meine Patentante, die mir in schwierigen Situationen immer verlässlich zur Seite standen. Tausend Dank hierfür. Düsseldorf, im Mai 2010
Sebastian Köbler
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Teil 1 Beteiligung Dritter an Apotheken
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Kapitel 1 Allgemeines und Hintergründe
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§ 1 Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 2 Was bedeutet Fremdbesitz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 3 Historische Entwicklung des Apothekenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Apothekenrealrechte – Apothekenprivilegien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Apothekenpersonalkonzessionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Apothekenfremdnutzung in der amerikanischen Besatzungszone . . . . . . D. Zulässigkeit stiller Gesellschaftsbeteiligungen und partiarischer Vertragsgestaltungen bis zum Inkrafttreten des ApoG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Niederlassungsfreiheit und Verabschiedung des Bundesapothekengesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 2 Aktuelle Gesetzeslage
§ 1 Systematische Unterteilung des Fremdnutzungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Aktive Apothekenbeteiligungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbot des Fremdbetriebs – die Regelungen des § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 1 ApoG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Fremdgesellschaftsverbot oder das Verbot gesellschaftlicher Beteiligung – die Regelung des § 8 S. 1 ApoG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis B. Passive Apothekenbeteiligungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das (Fremd-)Verpachtungsverbot – die Regelung des § 9 ApoG . . . II. Verbot stiller Gesellschaften und partiarischer Rechtsverhältnisse . . 1. Rechtslage vor der Einführung des § 8 S. 2 ApoG . . . . . . . . . . . a) Stille Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtsnatur und Unterteilung stiller Gesellschaften . . (2) Behandlung stiller Beteiligungen nach alter Rechtslage b) Partiarische Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtsnatur partiarischer Rechtsverhältnisse . . . . . . . . (2) Behandlung partiarischer Rechtsverhältnisse nach alter Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtslage nach Einführung des § 8 S. 2 ApoG . . . . . . . . . . . . . 3. Reichweite des Verbots partiarischer Vertragsgestaltung . . . . . . C. Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern im Rahmen der integrierten Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 2 Analyse des Apothekenmarktes – eine Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . A. Betriebsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Konzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Umgehungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Franchisemodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Versandhandelsbeteiligungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Klassisches Versandhandelsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vermittlermodell – Pick up Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Outsourcing Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Marketingvereine / Dachmarkenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 3 Zulässigkeit der beschriebenen Umgehungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kapitel 3 Vereinbarkeit des apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbots mit dem Grundgesetz
§ 1 Das „Dritte Apothekenurteil“ des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . A. Bedeutung des Urteils für die aktuelle Bewertung des apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung der für das Fremdnutzungsverbot relevanten Entscheidungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 2 Neubewertung des apothekenrechtlichen Leitbildes in Bezug auf das Fremdnutzungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
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A. Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betroffenheit der Berufsfreiheit der Apotheker . . . . . . . . . . . . . . . . II. Betroffenheit der Berufsfreiheit berufsfremder Dritter . . . . . . . . . . . III. Das Fremdnutzungsverbot als Berufswahl- oder Berufsausübungsregel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verhältnismäßigkeit des Fremdnutzungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zwecksetzung des Fremdnutzungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Relevante Gesichtspunkte im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit und Angemessenheit des Fremdnutzungsverbots . . . . . 3. Verhältnismäßigkeit des Fremdbetriebsverbots . . . . . . . . . . . . . a) Gesundheitspolitische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Auswirkungen auf die Versorgungsstruktur und Apothekenallokation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Auswirkungen auf die Arzneimittelkosten . . . . . . . . . . (3) Auswirkungen auf die pharmazeutische Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Negativer Einfluss berufsfremder Beteiligter auf die Qualität von Beratung und Arzneimittelherstellung (b) Negativer Einfluss auf die Bevorratung der Apotheke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Negativer Einfluss auf die Kontrollfunktion des Apothekers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Negativer Einfluss vertikaler Konzentrationsprozesse auf die pharmazeutische Unabhängigkeit . . (4) Systematische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Inkohärenz des Fremdbetriebsverbots gegenüber den apothekenrechtlichen Vertretungsregelungen . . . . (b) Inkohärenz des Fremdbetriebsverbots gegenüber den apothekenrechtlichen Regelungen für Krankenhausapotheken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Inkohärenz des Fremdbetriebsverbots gegenüber den Regelungen zum Arzneimittelversand . . . . . . . . . . (5) Auswirkungen auf das Verhältnis Apotheker–Patient . (6) Internationaler Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Standesrechtliche / historische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . (1) Der Apotheker als „quasi öffentlich Bediensteter“ bzw. staatlich gebundener Beruf . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Stellung des Apothekers als freier Beruf . . . . . . . . c) Schutz des Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Förderung bzw. Schutz des Mittelstandes . . . . . . . . . . . . . . (1) Mittelstandsschutz als legitimer Rechtfertigungszweck
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Inhaltsverzeichnis (2) Schutz einer mittelständischen Apothekenlandschaft unter Geeignetheits-, Erforderlichkeits- und Angemessenheitsgesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verhältnismäßigkeit des Fremdgesellschaftsverbots . . . . . . . . . a) Gesundheitspolitische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . b) Standesrechtliche / historische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . c) Wirtschaftspolitische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Wettbewerbsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Mittelstandsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verhältnismäßigkeit des Verbots stiller Gesellschaften und partiarischer Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesundheitspolitische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verbot der stillen Gesellschaft nach § 8 S. 2 Alt. 1 ApoG (a) Verbot der typischen stillen Beteiligung . . . . . . . . (b) Verbot der atypischen stillen Gesellschaft . . . . . . (2) Verbot partiarischer Rechtsverhältnisse nach § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Wertungswidersprüche zu § 8 S. 1 und § 8 S. 3 ApoG . b) Standesrechtliche / historische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . c) Wirtschaftspolitische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung . . . . . 6. Verhältnismäßigkeit des (Fremd-)Verpachtungsverbots . . . . . . a) Gesundheitspolitische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirtschaftspolitische Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis hinsichtlich der Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit Art. 12 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verfassungsrechtliche Bewertung für bereits vor Inkrafttreten des ApoG bestehende Apotheken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bewertung des Fremdbetriebsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung des Verpachtungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bewertung des Fremdgesellschaftsverbots und des Verbots stiller Gesellschaften und partiarischer Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . II. Verfassungsrechtliche Bewertung für nach Inkrafttreten des ApoG gegründete Apotheken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bewertung des Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbots 2. Bewertung des Verpachtungsverbots und des Verbots stiller Gesellschaften und partiarischer Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . .
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C. Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausnahmen vom Fremdnutzungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ungleichbehandlung gegenüber den Krankenhausapotheken . . 2. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ungleichbehandlung gegenüber anderen freien Berufen . . . . . . . . . 1. Vergleichbare Regelungen zum apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zulässigkeit der Apothekenvermietung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ungleichbehandlung von Miete und Pacht . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Apotheker als stiller Gesellschafter und Partner eines partiarischen Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 3 Ergebnis der verfassungsrechtlichen Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitel 4 Europarechtliche Konformität des Fremdnutzungsverbots § 1 Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit europäischem Sekundärrecht . . § 2 Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit Art. 43 Abs. 1 EG (Art. 49 Abs. 1 AEUV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Fall „Doc Morris“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das wettbewerbsrechtliche Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof . . . . . . . . . . . . . . B. Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit durch das deutsche Fremdnutzungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Begriff der Niederlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umfang der Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Niederlassungsfreiheit als Diskriminierungsverbot . . . . . . 2. Die Niederlassungsfreiheit als Beschränkungsverbot . . . . . . . . 3. Art. 152 Abs. 5 EG (Art. 168 Abs. 7 AEUV) als Bereichsausnahme für den Gesundheitssektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Art. 152 Abs. 5 EG (Art. 168 Abs. 7 AEUV) als Schutzbereichsverengung der Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Apotheke als Gegenstand der Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . IV. Das deutsche Fremdnutzungsverbot als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Regelungen des § 2 Abs. 2 ApoG und Art. 21 Abs. 4 Rili 2005/ 36/EG als diskriminierende Beteiligungshürde i. S. d. Art. 43 Abs. 1 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis VI. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Europarechtliche Rechtfertigung des Art. 21 Abs. 4 Rili 2005/36/EG und § 2 Abs. 2 ApoG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Rechtfertigungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtfertigung über Art. 46 Abs. 1 EG (Art. 52 Abs. 1 AEUV) . . . . D. Rechtfertigung des Fremdnutzungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtfertigung über Art. 46 Abs. 1 EG (Art. 52 Abs. 1 AEUV) . . . . II. Rechtfertigung über Art. 86 Abs. 2 EG (Art. 106 Abs. 2 AEUV) . . . III. Rechtfertigung über ungeschriebene Rechtfertigungsgründe . . . . . . 1. Zwingende Gründe des Allgemeinwohls . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungsziele des Fremdnutzungsverbots . . . . . . . . . . . . . b) Europarechtliche Anerkennung der Regelungsziele des Fremdnutzungsverbots als Allgemeinwohlbelange . . . . . . . (1) Gesundheits- und Verbraucherschutz als zwingender europäischer Allgemeinwohlbelang . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der Wettbewerbsschutz als zwingender europäischer Allgemeinwohlbelang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Mittelstandsschutz als zwingender europäischer Allgemeinwohlbelang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Schutz des Berufs- bzw. Standesrechts als zwingender europäischer Allgemeinwohlbelang . . . . . . . . . . . . . . . 2. Europarechtlicher Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . a) Ausstrahlungswirkung des Art. 152 Abs. 5 EG (Art. 168 Abs. 7 AEUV) auf den Verhältnismäßigkeitsmaßstab . . . . b) Geeignetheit des Fremdnutzungsverbots . . . . . . . . . . . . . . c) Erforderlichkeit des Fremdnutzungsverbots . . . . . . . . . . . . (1) Das „Optiker-Urteil“ des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Übertragbarkeit des Optikerurteils auf Apotheker . . . . (a) Bewertung der Kernaussagen des Urteils . . . . . . . (b) Anwendbarkeit der Grundsätze des Optikerurteils auf Apotheker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Unterschiedliches Tätigkeitsfeld . . . . . . . . . . (bb) Unterschiedliches Gefahrenpotenzial . . . . . . (3) Apothekenspezifische Gesichtspunkte im Rahmen der europarechtlichen Erforderlichkeitsprüfung . . . . . . . . . (a) Der Fremdbetrieb mit angestellten Apothekern: Ein Einfallstor berufsfremder Interessen . . . . . . . . . . . (b) Möglichkeiten der Sicherstellung der pharmazeutischen Unabhängigkeit trotz Fremdbetrieb bzw. berufsfremder Gesellschaftsbeteiligung . . . . . . . . . . (c) Die Gefahr einer Beeinflussung des Apothekers bei Verpachtung, typisch stiller Gesellschaft und partiarischem Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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(d) Gefahr einer vertikalen Apothekenkonzentration . (e) Gefahr einer versorgungsgefährdenden horizontalen Apothekenkonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Haftungsrechtliche Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Verweis auf noch restriktivere Regelungen im europäischen Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Ergebnis zur Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit Art. 43 Abs. 1 EG (Art. 49 Abs. 1 AEUV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
173 174 174 175 175
§ 3 Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit Art. 56 Abs. 1 EG (Art. 63 Abs. 1 AEUV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 § 4 Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit Art. 49 Abs. 1 EG (Art. 56 Abs. 1 AEUV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 § 5 Verstoß gegen die europäischen Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
178
§ 6 Ergebnis der europarechtlichen Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
179
Kapitel 5 Ergebnis des ersten Teils der Untersuchung
180
Teil 2 Beteiligung Dritter an Arztpraxen
182
Kapitel 1 Problemaufriss
182
Kapitel 2 Einfachgesetzliche Rechtslage
183
§ 1 Relevante Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
183
§ 2 Verbot des Fremdbetriebs von Arztpraxen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Fremdbetriebsbeschränkende Regelungen im Heilpraktikergesetz . . . . . . B. Fremdbetriebsbeschränkende Regelungen im Berufsrecht . . . . . . . . . . . . I. Ableitung eines Fremdbetriebsverbots aus § 17 Abs. 1 MBO-Ä . . . II. Ableitung eines Fremdbetriebsverbots aus § 17 Abs. 1 i.V. m. § 19 Abs. 1 MBO-Ä . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Fremdbetriebsbeschränkende Regelungen im vertragsärztlichen Zulassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
184 185 185 185 186 187
16
Inhaltsverzeichnis I. II.
Traditionelles Verständnis der vertragsärztlichen Freiberuflichkeit . Modernes Verständnis einer einheitlichen Bedeutung vertragsarzt- und standesrechtlicher Freiberuflichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Konnex zwischen Vertragsarztstatus und Praxisinhaberschaft . . . . . D. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 3 Beschränkungen der aktiven gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an Arztpraxen – Fremdgesellschaftsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Beschränkungen der aktiven gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an Arztpraxen im Heilpraktikergesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Beschränkungen der aktiven gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an Arztpraxen im allgemeinen Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Beteiligungsschranken im HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Beteiligungsschranken im PartGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Beschränkungen der aktiven gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an Arztpraxen im Berufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ärztliches Berufsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berufsrechtliche Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ärzte(kapital)gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Medizinische Kooperationsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Praxisverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die berufsrechtlichen Beschränkungen der aktiven Gesellschaftsbeteiligung an Arztpraxen in der Einzelbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . 1. Zulässige ärztliche Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Organisationsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die gesellschaftsrechtliche aktive Beteiligung an einer ÄrzteGmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die gesellschaftsrechtliche aktive Beteiligung an einer Ärztepersonengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Beschränkungen der aktiven gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an Arztpraxen im Vertragsarztrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Beschränkungen im SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beschränkungen in der ÄrzteZV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Praxisgemeinschaft / Organisationsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . 2. Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Einfachgesetzliches Ergebnis für die aktive Beteiligung Dritter an Arztpraxen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
187 188 189 190 190 190 191 191 192 192 192 192 192 193 194 194 195 196 196 198 200 200 201 201 201 201 203 203
§ 4 Klassische passive Beteiligungen an Arztpraxen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 A. Passive Beteiligung an einer / m ärztlichen Organisationsgemeinschaft / Betreibergesellschaft / Praxisverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
Inhaltsverzeichnis B. Die typische stille Beteiligung an einer Arztpraxis bzw. ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesellschaftsrechtliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Stille Gesellschaft an freiberuflichen Unternehmen . . . . . . . . . a) Die handelsrechtliche typische stille Gesellschaft nach HGB b) Die GbR als typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeines Verbot passiver Beteiligungen an Freiberuflergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektive Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subjektiv historisch-genetische Auslegung . . . . . . . . . . . . . c) Auslegung nach dem verobjektivierten Willen des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verbot der passiven Beteiligung an einer Ärztepartnerschaftsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berufsrechtliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Berufsrechtliches Verbot der stillen Gesellschaft bei Ärztekapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stilles Beteiligungsverbot für Gesellschafter der Ärztekapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Berufsrechtliches Verbot der stillen Gesellschaft bei Einzelpraxen und Ärztepersonengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendbarkeit des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä . . . . . . (1) Anwendung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auf Ärztepersonengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Unmittelbare Anwendung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auf Ärztepersonengesellschaften . . . . . . . (b) Analoge Anwendung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auf Ärztepersonengesellschaften . . . . . . . (2) Anwendung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auf die Einzelpraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unvereinbarkeit einer stillen Gesellschaft mit dem Zusammenarbeitsverbot aus § 30 Abs. 2 und 3 MBO-Ä . . . . . . . . c) Die stille Gesellschaft als Berufsausübungsgemeinschaft . d) Die stille Gesellschaft als Organisationsgemeinschaft . . . . e) Die stille Gesellschaft als verbotener Zusammenschluss i. S. d. § 23c MBO-Ä . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Die stille Gesellschaft als eigenständige Organisationsform g) Stille Gesellschaft an einer Arztpraxis – ein (un-)zulässiger Gesellschaftszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Herleitung der Unzulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Methodische Einwände gegen die Herleitung der Unzulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 206 206 206 206 207 207 208 208 209 211 212 212 212 213 213 213 213 213 215 215 215 216 216 217 217 217 217 218
18
Inhaltsverzeichnis III. Verstoß der stillen Gesellschaftsbeteiligung gegen Grundsätze freiberuflicher Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Definition des freien Berufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Natur des Terminus „freier Beruf“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Betroffene Elemente der Freiberuflichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die wirtschaftliche Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die fachliche Weisungsunabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ausschließlich passive Stellung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vergleichbarkeit von typisch stillem Gesellschafter und Darlehensgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vergleich mit Praxisgemeinschaften und Betreibergesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verstoß gegen das Gewerblichkeitsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Altruismus versus Kommerzialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kontrollmöglichkeiten der Kammern und Zulassungsgremien . V. Vertragsarztrechtliche bzw. zulassungsrechtliche Beschränkungen . 1. Die Stille Gesellschaftsbeteiligung im Widerspruch zu § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Stille Gesellschaftsbeteiligung im Widerspruch zu § 95 Abs. 1 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Problematische Ausgestaltungen des typisch stillen Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unzulässigkeit der stillen Beteiligung bei unverhältnismäßiger Höhe der Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unzulässigkeit der stillen Beteiligung bei einseitiger Gesellschaftsvertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Rechtsprechung zur Zulässigkeit stiller Beteiligungen an Arztpraxen 1. Das Urteil des OLG Celle vom 5. 10. 1994 . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Urteil des BSG vom 16. 07. 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII.Ergebnis zur Zulässigkeit typisch stiller Beteiligungen an Arztpraxen C. Die atypisch stille Beteiligung an einer Arztpraxis bzw. ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Klassisch partiarische Vertragsgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Partiarische Rechtsverhältnisse mit Ärztekapitalgesellschaften . . . . 1. Verbot der Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auf Umsatzbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Partiarische Rechtsverhältnisse mit einer Einzelpraxis oder Ärztepersonengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Systematische Wertungen in den Berufsordnungen . . . . . . . . . .
219 219 220 221 221 223 224 225 225 226 226 227 228 229 229 229 231 231 232 232 232 234 235 236 237 237 237 238 239 239
Inhaltsverzeichnis
19
2. Freier Beruf und Gewerblichkeitsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 16. 03. 1973 b) Die Entscheidung des BayObLG vom 6. 11. 2000 . . . . . . . c) Eigene Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nicht vergleichbare Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schlussfolgerung aus der Rechtsprechungsanalyse . . . III. Ergebnis zur Zulässigkeit klassisch partiarischer Vertragsgestaltungen zwischen Berufsfremden und Arztpraxen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Besondere partiarische Vertragsgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überhöhte Gewinn- bzw. Umsatzbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Partiarische Verträge mit einseitigen Kündigungsregelungen . . . . . . III. Partiarische Verträge mit Vorgaben bezüglich der Praxisführung . . IV. Partiarische Vertragsgestaltungen mit Mindesthonorarklausel . . . . . 1. Verstoß gegen den freiberuflichen Charakter ärztlicher Tätigkeit 2. Verstoß gegen das Fremdbetriebsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beurteilung von Mindesthonorarklauseln durch die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bewertung der (scheinbar) divergierenden Rechtsprechungsaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Schlussfolgerung für die Behandlung von Mindesthonorarklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Franchising . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Einnahmepooling im Widerspruch zu berufsfremden passiven Drittbeteiligungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Struktur des Einnahmepoolings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vergleichbares Gefahrenpotenzial gegenüber berufsfremden Drittbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bewertung des Einnahmepoolings durch Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rückschluss von der Zulässigkeit des Einnahmepoolings auf die Zulässigkeit berufsfremder Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Ergebnis zur Zulässigkeit klassischer passiver Beteiligungsformen . . . . . I. Typisch stille Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Atypisch stille Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Partiarische vertragliche Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
240 240 241 241 241 242
§ 5 Sonstige Beteiligungen an Arztpraxen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Praxisverpachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Treuhandverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Treuhandverhältnis am Praxisinventar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Treuhandverhältnis an Gesellschaftsanteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
257 257 258 259 259 260
244 244 244 245 246 246 246 247 248 249 250 251 251 252 252 253 253 254 254 255 255
20
Inhaltsverzeichnis III. Treuhandverhältnis an Gesellschaftsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
261
§ 6 Die Beteiligungsproblematik im Medizinischen Versorgungszentrum . . . . . .
262
I.
Struktur des MVZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II.
MVZ als Möglichkeit der Partizipation am Ergebnis ärztlicher Leistung für sozialversicherungsrechtliche Leistungserbringer . . . . . . . . . . . . 264
III. Das MVZ unter Beteiligung eines privat betriebenen Krankenhauses
262
266
1. Wertungswiderspruch zu § 23a Abs. 1 S. 1 lit. c), 23b Abs. 1 MBO-Ä . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2. MVZ-Gesellschaft zwischen Vertragsarzt und Krankenhaus . .
267
IV. Zulässigkeit einer stillen Gesellschaft am MVZ . . . . . . . . . . . . . . . .
268
V.
Die Apotheke als MVZ-Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
269
§ 7 Ergebnis der Bewertung der einfachgesetzlichen Rechtslage . . . . . . . . . . . . . .
270
Kapitel 3 Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote an Arztpraxen mit höherrangigem nationalem Recht
272
§ 1 Die standesrechtlichen Beteiligungsschranken im Konflikt mit dem Bundesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 § 2 Verfassungsrechtliche Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote an Arztpraxen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 A. Verstoß der ärztlichen Drittbeteiligungsverbote gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 I.
Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II.
Rechtfertigung der Beteiligungsverbote aus Gründen des Gesundheitsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275
274
III. Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG aus Gründen des Mittelstandsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 IV. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Verstoß der ärztlichen Drittbeteiligungsverbote gegen Art. 3 Abs. 1 GG .
278 278
I.
Ungleichbehandlung von Arztpraxis und Krankenhaus . . . . . . . . . .
278
II.
Ungleichbehandlung gegenüber dem Einnahmepooling . . . . . . . . . .
279
III. Ungleichbehandlung der Ärzte gegenüber Heilpraktikern . . . . . . . .
279
IV. Ungleichbehandlung der Ärzte-GmbH gegenüber Ärztepersonengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 C. Die standesrechtlichen Beteiligungsschranken im Konflikt mit der Wesentlichkeitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 § 3 Ergebnis der verfassungsrechtlichen Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
282
Inhaltsverzeichnis
21
Kapitel 4 Europarechtliche Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote an Arztpraxen
284
§ 1 Vereinbarkeit der ärztlichen Drittbeteiligungsverbote mit Art. 43 Abs. 1 EG (Art. 49 Abs. 1 AEUV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Europarechtliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeinwohlbelang Gesundheitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geeignetheit der Drittbeteiligungsverbote an Arztpraxen . . . . . . . . III. Erforderlichkeit der Drittbeteiligungsverbote an Arztpraxen . . . . . . B. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
285 285 285 286 286 288
§ 2 Vereinbarkeit der ärztlichen Drittbeteiligungsverbote mit Art. 56 Abs. 1 EG (Art. 63 Abs. 1 AEUV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 § 3 Vereinbarkeit der ärztlichen Drittbeteiligungsverbote mit Art. 49 Abs. 1 EG (Art. 56 Abs. 1 AEUV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 § 4 Ergebnis der europarechtlichen Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
289
Kapitel 5 Ergebnis des zweiten Teils der Untersuchung
289
Teil 3 Beteiligung Dritter an Zahnarztpraxen
291
Kapitel 1 Einfachgesetzliche Rechtslage
291
§ 1 Beschränkungen aus Allgemeinem Gesellschaftsrecht und Heilpraktikergesetz
291
§ 2 Berufsrechtliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
291
§ 3 Vertragszahnarztrechtliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
293
§ 4 Zulässigkeit von Franchisesystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Struktur des Franchising . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtliche Bewertung von Franchiseverträgen im ärztlichen und zahnärztlichen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gefährdung der (zahn-)ärztlichen Unabhängigkeit einer Franchisevertragsgestaltung am Beispiel des McZahn-Modells . . . . . . . . . . . . . .
293 294 295 295
22
Inhaltsverzeichnis II. Corporate Identity versus berufsrechtliche Werbevorschriften . . . . . III. Franchising und Ärztekapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
296 297 297
Kapitel 2 Verfassungs- und europarechtliche Rechtslage
298
Kapitel 3 Ergebnis des dritten Teils der Untersuchung
299
Teil 4 Beteiligung Dritter an sonstigen Heilberufsunternehmen
300
Kapitel 1 Drittbeteiligung an psychotherapeutischen Praxen
300
§ 1 Beschränkungen aus Allgemeinem Gesellschaftsrecht und HPG . . . . . . . . . .
300
§ 2 Berufsrechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
301
§ 3 Zulassungsrechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
302
§ 4 Verfassungs- und europarechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
302
Kapitel 2 Drittbeteiligung an Heilpraktikereinzelpraxen und Heilpraktikergesellschaften
303
Kapitel 3 Drittbeteiligung an Krankenhäusern
304
Kapitel 4 Drittbeteiligung an Rehabilitationszentren
306
Kapitel 5 Ergebnis des vierten Teils der Untersuchung
306
Inhaltsverzeichnis
23
Teil 5 Gesamtergebnis / Zusammenfassung
308
§ 1 Beteiligungen an Apotheken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
308
§ 2 Beteiligungen an Arztpraxen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
313
§ 3 Beteiligungen an Zahnarztpraxen und sonstigen Heilberufsunternehmen . . . .
316
Teil 6 Anhang
318
§ 1 Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
318
§ 2 Gesetzesauszüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
325
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
344
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
368
Schaubildverzeichnis Schaubild 1:
Beteiligungsverbote im Apothekenwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
Schaubild 2:
Umgehungsversuche in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
Schaubild 3:
Beteiligungsverbote bei anderen Freiberuflern . . . . . . . . . . . . . .
125
Schaubild 4:
Wirksamkeit von Beteiligungsverboten an Apotheken . . . . . . . .
181
Schaubild 5:
Ergebnis zur aktiven Drittbeteiligung an Arztpraxen . . . . . . . . .
205
Schaubild 6:
Ergebnis zu klassisch passiven Beteiligungen an Arztpraxen . . .
256
Abkürzungsverzeichnis ABDA AMG AMPreisV ApBetrO ApBO ApoG ArchtG Ärzte-ZV AVVG Bb BGBl. BGeG BMV-Ä BO-Ä BO-Archt. BOH BORA BOStB BRAO BVDVA BW BY DKG DVO EKV-Ä GA GbR GenTG GewO GMG GVBl. GWB He HKaG
(Allgemeine) Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände Arzneimittelgesetz Arzneimittelpreisverordnung Apothekenbetriebsordnung Apothekerberufsordnung Apothekengesetz Architektengesetz Zulassungsverordnung für Ärzte Gesetz über die Verpachtung und Verwaltung öffentlicher Apotheken vom 13. 12. 1935 Brandenburg Bundesgesetzblatt Gesetz über die Berufsgerichtsbarkeit Bundesmantelverträge-Ärzte Berufsordnung der Ärzte Berufsordnung Architekten Berufsordnung Heilpraktiker Berufsordnung Rechtsanwälte Berufsordnung Steuerberater Bundesrechtsanwaltsordnung Bundesverband deutscher Versandapotheker Baden-Württemberg Bayern Deutsche Krankenhausgesellschaft Durchführungsverordnung Bundesmantelvertrag Ersatzkassenverträge-Ärzte Generalanwalt am EuGH Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Sinne der §§ 705 ff. BGB Gentechnikgesetz Gewerbeordnung Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenkassen Gesetz und Verordnungsblatt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Hessen Heilberufe-Kammergesetz
26 Hmb HPG LuftBO LKG MBO-Ä MBO-PP / KjP MBO-ZÄ MedGV Nds NR OTC-Arzneimittel PartG PartGG RGBl. RgBl. Rili RLP Rs. S SA SBeil. SchSG SH Sr VÄndG vb. Rs. VerfO VfA VO Zahnärzte-ZV
Abkürzungsverzeichnis Hamburg Heilpraktikergesetz Betriebsordnung für Luftfahrtgerät Landeskrankenhausgesetz Musterberufsordnung für die deutschen Ärzte und Ärztinnen Musterberufsordnung für die Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer Medizingeräteverordnung Niedersachsen Kammerbezirk Nordrhein Over the counter drugs = rezeptfreie Arzneimittel Partnerschaftsgesellschaft Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Reichsgesetzblatt Regierungsblatt Richtlinie der EG Rheinland-Pfalz Rechtssache Sachsen Sachsen-Anhalt Sonderbeilage Schiffssicherheitsgesetz Schleswig-Holstein Saarland Vertragsarztrechtsänderungsgesetz Verbundene Rechtsachen Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften Verband forschender Arzneimittelhersteller Verordnung Zahnärzte Zulassungsverordnung
Einleitung Die Gesundheitsberufe befinden sich in einem erheblichen Umbruch. Insbesondere die Apotheker sehen sich seit einiger Zeit mit ausländischen kapitalgesellschaftlich organisierten Versandapotheken, (Großhandels-) Partnerschaftsmodellen, Discount-Apotheken, Dachmarkenkonzepten bis hin zu Franchisekonzepten konfrontiert. Aber auch in der Ärzte- und Zahnärzteschaft erfreuen sich franchiseähnliche Strukturen zunehmender Beliebtheit, wenn auch nicht immer erfolgreich, wie das prominente Beispiel der McZahn-AG eindrucksvoll belegt. 1 Gemeinsam ist all diesen Modellen nicht nur die Beteiligung berufsfremden Kapitals und KnowHows, sondern auch die Beteiligung berufsfremder Personen an den Ergebnissen heilberuflicher Leistungserbringung. In den Fokus politischer und juristischer Debatten ist deren Zulässigkeit jedoch erst mit Eröffnung der Doc Morris Apotheke in Saarbrücken gerückt. Nachdem sich aufgrund dessen die Gerichte mit der Frage zu beschäftigen haben, ob eine berufsfremde Kapitalgesellschaft eine Apotheke in Deutschland betreiben darf, vergeht fast kein Tag, ohne dass sich die Fach- und Tagespresse berichtend und kommentierend mit diesem Thema befasst. Je nach Couleur ist hierbei dann häufig – mehr oder weniger juristisch aufbereitet – von Liberalisierungssegnungen, existenzieller Versorgungsgefährdung oder gefährlichen Kommerzialisierungstendenzen die Rede. Neben der Tatsache, dass zumeist nur eine Bewertung der Rechtslage aus europarechtlicher Perspektive vorgenommen wird, fehlt zumeist auch eine Bewertung anderer Beteiligungsformen, die neben dem unmittelbaren Betrieb durch einen Berufsfremden bestehen. Ferner konzentriert sich sowohl die aktuelle Diskussion in der Jurisprudenz als auch die öffentlichen Berichterstattung fast ausschließlich auf den Apothekensektor, obwohl das Problem der berufsfremden Ergebnisbeteiligung auch in anderen Gesundheitsberufen wie bei Ärzten und Zahnärzten anzutreffen ist. Diese Arbeit will versuchen, die Frage nach der Zulässigkeit von Drittbeteiligungen ausgehend von den Apothekern auch bei anderen klassischen Heilberufen zu stellen und zu beantworten.
1 Die McZahn AG ist inzwischen insolvent und hat den Betrieb eingestellt, Buhse / Kireev, Der McZahn ist gezogen, Weltonline v. 6. 10. 2008.
Gang der Untersuchung Aus Gründen der Aktualität, aber auch aufgrund der eindeutigen Aussagen des einfachen Rechts, beginnt die Untersuchung mit den Apothekern. Nach einer kurzen Darstellung der historischen Entwicklung und Erläuterung der zumindest im Apothekenrecht geläufigen Umschreibung des bzw. der Drittbeteiligungsverbote als Fremdbesitzverbot wird die Rechtslage nach einfachem Recht erläutert. Hierbei wird auch die heutige Struktur des Apothekenmarktes dargestellt und auf Umgehungsversuche der gesetzlichen Bestimmungen hingewiesen. In Kapitel 3 des ersten Teils erfolgt die verfassungsrechtliche Bewertung der einfachgesetzlichen Verbotsnormen. Ausgehend vom „Dritten Apothekenurteil“ des Bundesverfassungsgerichts 1 wird der Frage nach der Aktualität des apothekenrechtlichen Leitbildes vom „Apotheker in seiner Apotheke“ nachgegangen und eine verfassungsrechtliche (Neu-)Bewertung vorgenommen. Die einzelnen Beteiligungsverbote werden hierbei getrennt voneinander auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG untersucht. Im Anschluss hieran behandelt Kapitel 4 die Europarechtskonformität der Verbote, bevor der erste Teil mit einer Zusammenstellung der gefundenen Ergebnisse in Kapitel 5 schließt. Der zweite Teil der Untersuchung befasst sich mit Fragen der berufsfremden Drittbeteiligung an Arztpraxen und beginnt mit einer Darstellung der hierfür relevanten Rechtsquellen des einfachen Rechts. Im Anschluss daran werden die ermittelten Rechtsquellen auf ihren Aussagegehalt hinsichtlich einer drittbeteiligungsbeschränkenden Wirkung untersucht, wobei die im Apothekenrecht erarbeitete Differenzierung zwischen Fremdbetriebs-, Fremdgesellschafts- und passive Beteiligungsverbote weitestgehend übernommen wird. Nach der Behandlung einiger beteiligungsspezifischer Fragen in Medizinischen Versorgungszentren endet die Darstellung der einfachen Rechtslage mit einem Exkurs zu Beteiligungsmodellen, bei denen ein Arzt am Honorar eines anderen Arztes direkt oder indirekt beteiligt wird. In Kapitel 3 des zweiten Teils folgt die verfassungsrechtliche Bewertung der herausgearbeiteten Beteiligungsverbote, bevor sich in Kapitel 4 des zweiten Teils die europarechtliche Beurteilung anschließt. Nach einer kurzen Darstellung der arztrechtlichen Ergebnisse wird im dritten Teil dieser Arbeit der Frage nach Drittbeteiligungsverboten im Zahnarztrecht 1
BVerfGE 17, 232 ff.
Gang der Untersuchung
29
nachgegangen. Hierbei wird insbesondere auch die Zulässigkeit von Franchiseverträgen näher erörtert. Im vierten Teil folgt noch eine kursorische Untersuchung der Zulässigkeit von Drittbeteiligungen an Psychotherapeutenpraxen, Heilpraktikerpraxen, Krankenhäusern und Rehabilitationszentren, bevor im fünften und letzten Teil der Untersuchung die gefundenen Ergebnisse thesenartig zusammengefasst werden.
Teil 1
Beteiligung Dritter an Apotheken Kapitel 1
Allgemeines und Hintergründe § 1 Problemaufriss Gemäß § 1 Abs. 2 Apothekengesetz (ApoG) 1 ist für den Betrieb einer Apotheke eine behördliche Erlaubnis notwendig. Diese wird nach §§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 2 ApoG nur natürlichen Personen erteilt. Mehrere Personen zusammen können eine Apotheke ausschließlich in Form einer GbR oder OHG betreiben, wobei alle Beteiligten einer Erlaubnis im Sinne des § 1 Abs. 2 ApoG bedürfen und die Apotheke in eigener Verantwortung persönlich leiten müssen (§§ 7 S. 1, 8 S. 1 ApoG). Weiterhin ist, abgesehen von den Betreibern selbst, jedwedem eine Partizipation an den Umsätzen oder Erträgen einer Apotheke gleich welcher Art durch § 8 S. 2 ApoG untersagt. 2 Allein aus diesen Regelungen wird deutlich, dass das Apothekengesetz einer Beteiligung Dritter sowohl am Betrieb als auch an den wirtschaftlichen Ergebnissen äußerst kritisch gegenübersteht. Diese ablehnende Haltung gegenüber der (finanziellen) Einbeziehung von Nichtapothekern in die Arzneimittelversorgung durch die Apotheken ist in der Geschichte des Apothekenrechts tief verwurzelt und als Fremdbesitzverbot in die Fachterminologie eingegangen. 3 Schon bei Aufnahme in das Apothekengesetz ist das Verbot sowohl politisch als auch rechtlich umstritten gewesen, 4 so dass bereits relativ kurz nach Einführung des Apothekengesetzes am 01. 10. 1960 1 BGBl. I 1980, 1993, zuletzt geändert durch Art. 16a des Gesetzes vom 28. 05. 2008 (BGBl. I 2008, 874). 2 § 8 S. 2 ApoG: „Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge sind unzulässig.“ 3 Zur Terminologie, vgl. Teil 1 Kapitel 1 § 2. 4 Vgl. die Beratungen zum ApoG im dt. Bundestag, abgedruckt bei Mandt, S. 235 ff.; Platner, DöV 1959, 610/617 ff.; Sellmann, DVBl. 1960, 153 ff.
Kap. 1: Allgemeines und Hintergründe
31
sich Gerichte mit Fragen des Fremdbesitzes beschäftigen mussten. 5 Ein erster Höhepunkt der Diskussion 6 wurde Mitte bis Ende der neunziger Jahre im Rahmen des „Stange-Verfahrens“ 7 erreicht, wobei der Streit damals vordergründig nur um das mit dem Fremdbesitzverbot verwandte Mehrbesitzverbot geführt wurde. 8 Aufgrund der engen Wechselbeziehungen dieser beiden grundlegenden Prinzipien des deutschen Apothekenrechts war allerdings mit der Diskussion des Mehrbesitzverbots indirekt auch die Legitimität des Fremdbesitzverbots in Frage gestellt. Nach einigen Jahren der Ruhe hat der Gesetzgeber mit der Lockerung des Mehrbesitzverbots im GKV Modernisierungsgesetz (GMG) 9 2003 den Startschuss für eine erneute Diskussion gegeben, die sich nun vor allem auf das weiterhin bestehende strikte Fremdbesitzverbot konzentriert und bis dato nicht abgeschlossen ist. 10 Befürworter einer Abschaffung des Verbots versprechen sich davon mehr Wettbewerb, Kostensenkungen und eine verbesserte Qualität in der Arzneimittelversorgung. 11 Gegner sprechen von einem Anschlag auf den Kernbereich des Apothekenwesens und sehen die „Grundfeste der mittelständischen, freiberuflich geführten Apotheke gefährdet“. 12 Man befürchtet eine „Aldisierung des Arzneimittelvertriebs“ 13 und das Ende des freiberuflich tätigen Apothekers. 14 Neues 5 OVG Lüneburg, PZ 1962, 58/61; BGH, NJW 1972, S. 338 f.; mittelbar auch BVerfGE 17, 232/243 ff.; aus späterer Zeit BVerwG, NJW 1994, 2430. 6 Zuck / Lenz, S. 1 ff.; Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 67; Starck, Mehrbetriebsverbot, S. 10 ff.; Pieck, PZ 15/2000, 18 f.; Taupitz / Schelling, NJW 1999, 1751 ff.; Zuck / Lenz, NJW 1999, 3393 ff. 7 VG Minden, Urt. v. 2. 12. 1998, Az.: 4 K 2085/97; BGHSt 47, 285 ff.; N. N., PZ 13/1997, 22 f.; Spitzenverbände der Krankenkassen, DAZ 1994, 3750; ABDA, DAZ 1994, 3751 f. 8 Gemäß § 1 II a. F. ApoG i.V. m. § 3 Nr. 5 a. F. ApoG war dem Apotheker der Betrieb von mehr als einer Apotheke grundsätzlich untersagt. § 1 II a. F. ApoG: „Wer eine Apotheke betreiben will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde.“ § 3 Nr. 5 a. F. „Die Erlaubnis erlischt wenn dem Erlaubnisinhaber im Geltungsbereich dieses Gesetzes die Erlaubnis zum Betrieb einer anderen Apotheke, die keine Zweigapotheke ist, erteilt wird.“ 9 Art. 20 Nr. 2 GMG (BGBl. I 2003, 2190). 10 Starck, Niederlassungsfreiheit, S. 27 ff.; Dettling / Mand, S. 1 ff.; Saalfrank / Wesser, A&R 2008, 60 ff.; Diekmann, ZMGR 2008, 59 ff.; ders. / Reinhardt, APR 2007, 1 ff.; Rose / Fischer, A&R 2007, 107 ff.; Streinz / Herrmann, EuZW 2006, 455/457 ff.; Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie der Abgeordneten Bender, Berninger, Andrae, Dückert, Kurth, Pothmer und Wolf an die Bundesregierung, BT-Ducks. 16/2506, 1 ff. 11 Glaeske et al., S. 117 ff.; hierzu ausführlich: Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a). 12 Wolf (ABDA Präsident), zitiert nach PZ 32/2006, 8. 13 Spieth (Gesundheitspolitischer Sprecher der Linkspartei), http://www.apotheke -adhoc.de/index.php?m=1&id=5010 (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009); Dambacher (Vertreter v. Aventis Deutschland), zitiert nach PZ 29/2003, 14. 14 Tisch (ABDA Geschäftsführer), zitiert nach PZ 32/2006, 8.
32
Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Öl ist 2006 durch die vom saarländischen Gesundheitsministerium erlaubte Eröffnung einer Apotheke der niederländischen Doc Morris N. V. ins Feuer gegossen worden. Nach Auffassung des Ministeriums widerspricht das deutsche Fremdbesitzverbot europäischem Recht. Das Ministerium sei daher „verpflichtet [gewesen], die entsprechenden Normen des nationalen Rechts außer Anwendung zu setzen“. 15 Die Apothekerverbände sehen dagegen in der Erlaubnis eine rechtswidrige „Einführung der Apothekenkette durch die kalte Küche“. 16 Den vorläufigen Schlusspunkt unter die Diskussion setzte der EuGH mit seinem Urteil v. 19. 05. 2009, indem er zumindest Teile des deutschen Fremdbesitzverbots mit dem Europarecht für vereinbar hielt. Die Richtigkeit dieses Urteils sowie das Für und Wider des Verbots gilt es rechtlich zu untersuchen. Hierbei sind die Befürchtungen gegenüber einer Aufhebung des Fremdbesitzverbots bzw. die erwarteten Vorteile unter rechtlichen Gesichtspunkten gegeneinander abzuwägen und entsprechend zu würdigen. Neben dem europarechtlichen Aspekt ergeben sich dabei auch Fragen hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz. Dies alles soll im Folgenden näher erörtert werden.
§ 2 Was bedeutet Fremdbesitz? Das apothekenrechtliche Fremdbesitzverbot wird als die Beschränkung oder Verhinderung der ertragreichen, kapitalorientierten Verwertung einer Apotheke durch einen Nichtapotheker definiert. 17 Besitz ist in diesem Kontext nicht als bürgerlich rechtlicher Besitz, sondern vielmehr als gewerbliche Inhaberschaft zu verstehen. 18 Unter Fremdbesitz sollen demnach jene Fälle verstanden werden, in denen der Inhaber einer Apotheke, Arztpraxis etc. ein Nicht-Apotheker bzw. Nicht-Arzt ist. 19 Manche sprechen daher auch lieber vom Fremdeigentumsverbot. 20 Dies ist allerdings insoweit verfehlt, als nicht der Eigentumserwerb als solcher untersagt wird, sondern „nur“ der Zusammenfall von Fremdeigentum und Fremdnutzung bis auf wenige Ausnahmen verboten wird. Daher sollte man besser generell von einem Beteiligungsverbot i.w. S. oder von einem Verbot der Fremdnutzung sprechen, 21 welches seinerseits in ein aktives und ein passives Be15
Pressemitteilung des saarländischen Ministeriums für Justiz, Gesundheit und Soziales vom 19. 7. 2006. 16 Brinkmann (Geschäftsführer der Apothekerkammer des Saarlandes), zitiert nach Heiny, Landung eines Ungeliebten, FTD v. 6. 7. 2006, 15. 17 Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 15; Friauf, S. 6 f.; Hoffmann, § 9 Rn. 2; missverständlich Zuck / Lenz, S. 11. 18 Schiedermair / Pieck, Gr. V. 3; Wigge / Kleinke, MedR 2002, 391/339. 19 Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 14; Zwingel / Preißler, S. 1, 148. 20 Wullfius, S. 51 Anm. 2.
Kap. 1: Allgemeines und Hintergründe
33
teiligungsverbot unterteilt werden kann. Während das aktive Beteiligungsverbot hauptsächlich die Fälle erfasst, in denen ein berufsfremder Dritter eine Apotheke von einem Apotheker verwalten lassen oder mit approbierten Partnern eine Apothekenbetriebsgesellschaft gründen will, erfasst das passive Beteiligungsverbot die Verpachtung sowie jegliche Art umsatz- oder gewinnabhängiger Beteiligung. Spezifikum des Apothekengesetzes ist es hierbei, dass das apothekenrechtliche Fremdnutzungsverbot nicht nur Berufsfremde, sondern auch approbierte Berufsangehörige in weitem Umfang erfasst. Eine explizite gesetzliche Regelung des Fremdbesitz- bzw. Fremdnutzungsverbots findet sich im Apothekengesetz jedoch nicht. Vielmehr ergibt es sich aus einer Gesamtschau der §§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 8 S. 1 und 2, 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 ApoG. So macht § 1 Abs. 3 ApoG den Betrieb einer Apotheke von einer Zulassung abhängig, die nach § 2 Abs. 1 ApoG nur approbierten Apothekern erteilt werden kann. Da aber den §§ 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 ApoG zu entnehmen ist, dass Verwaltung und Verpachtung bis auf wenige Ausnahmefälle untersagt sind und § 7 S. 1 ApoG zudem den Apothekenbetreiber zur persönlichen Leitung der Apotheke verpflichtet, müssen Apothekenleiter und Apothekeneigentümer zwingend in der Person des betreibenden Apothekers zusammenfallen. Apothekern selbst ist es dabei nur in den Grenzen des § 8 S. 1 ApoG erlaubt, gemeinsam eine Apotheke als Gesellschafter zu betreiben. Darüber hinaus verbieten §§ 8 S. 2, 9 Abs. 1 ApoG die Verpachtung sowie jegliche Beteiligung am Umsatz oder Gewinn einer Apotheke. Obwohl in der einschlägigen Literatur meist unspezifiziert vom Fremdbesitzverbot und nur sehr vereinzelt vom Verbot der Fremdnutzung im Zusammenhang mit Beteiligungsfragen die Rede ist, wird aus oben dargelegten Gründen im Rahmen dieser Untersuchung der Begriff des Fremdnutzungsverbots wie skizziert als Sammel- und Oberbegriff für die einzelnen Beteiligungsverbote verwendet.
§ 3 Historische Entwicklung des Apothekenrechts Zum besseren Verständnis des im deutschen Apothekenrecht tief verwurzelten Fremdnutzungsverbots soll zunächst die historische Entwicklung des deutschen Apothekenrechts bis zum Inkrafttreten des Bundesapothekengesetzes am 1. 10. 1960 in ihren Grundzügen nachgezeichnet werden.
21
Ebenso: Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 15.
34
Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
A. Apothekenrealrechte – Apothekenprivilegien Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in Deutschland kein einheitliches Apothekenrecht. Allerdings war seit dem 13. Jahrhundert das Apothekenrecht in allen deutschen Ländern durch die Abhängigkeit des Apothekenbetriebs von der Erteilung einer Erlaubnis bzw. eines Privilegs gekennzeichnet. 22 Nach modernen juristischen Kategorien handelte es sich bei diesen Privilegien entweder um subjektiv dingliche Rechte, wenn sie sich auf ein bestimmtes Grundstück bezogen, oder um subjektiv persönliche Rechte, 23 wenn sie sich allein auf den Erlaubnisinhaber bezogen. Beiden Ausgestaltungen war jedoch gemein, dass sie vererbbar und veräußerbar waren, 24 so dass sie insbesondere im süddeutschen Raum zu Recht auch als Realrechte bezeichnet wurden. 25 Obwohl die erstmalige staatliche Vergabe eines Privilegs zum Ende des 18. Jahrhunderts nur noch an qualifizierte Apotheker erfolgte, 26 bestanden im Erbfall oder bei der Veräußerung keine vergleichbaren Einschränkungen. Vielmehr konnte das Privileg bzw. das Realrecht auch an nicht qualifizierte Personen vererbt oder veräußert werden. 27 Damit war eine Fremdnutzung einer Apotheke durch berufsfremde Dritte bis ins 19. Jahrhundert mehr oder weniger uneingeschränkt möglich und dürfte auch keine Seltenheit dargestellt haben.
B. Apothekenpersonalkonzessionen Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das System der Realrechte durch ein System der Personalkonzessionen abgelöst, 28 ohne freilich die bereits erteilten Realrechte in ihrem Bestand anzutasten. 29 Charakteristikum der Personalkonzession 22
Ausgangspunkt für diese Entwicklung waren die „Constitiones medicinales“ des Stauferkaisers Friedrich II, welche als Bestandteil des Ediktes von Melfi europaweit Bedeutung erlangten und daher als erstes, umfassendes Gesetzeswerk zum Apothekenwesen verstanden werden, Adlung / Urdang, S. 7 f.; Hein / Sappert, S. 91, 101; Schöffski, S. 52 f. 23 Auch als Personalprivilegien bezeichnet, vgl. Adlung / Urdang, S. 40; zu den unterschiedlichen Gestaltungsformen der Personalprivilegien, Berendes, S. 88. 24 Vgl. z. B. § 2 der Revidierten Apothekerordnung v. 11. 10. 1801 (Preußen). 25 Schöffski, S. 65 f.; zur Entwicklung und besonderen Ausgestaltungsformen der Realrechte Adlung / Urdang, S. 38 ff. sowie Böttger / Urban, S. 269 f. 26 Die Vergabe an Nichtapotheker wurde in Preußen erst durch die Kabinettsorder Friedrich des Großen v. 6. 2. 1786 untersagt. 27 Schiedermair / Pieck, Gr. II 1.; Schöffski, S. 66; Wulffius, S. 50. 28 Eine Übersicht über die seinerzeitige Reformgesetzgebung findet sich bei Berendes, S. 287 ff. 29 So wird in der preußischen Ministerialverfügung vom 19. 03. 1840, abgedruckt bei Berendes S. 281, noch einmal ausdrücklich die Vererbbarkeit und Veräußerlichkeit bestehender Privilegien konstatiert. Ebenso findet sich noch 1913 in § 5 II der (bayerisch) königlichen Verordnung über das Apothekenwesen von 1913, Bay. GVBl. 1913, 343, der
Kap. 1: Allgemeines und Hintergründe
35
war und ist, dass sie mit dem Ableben des Apothekers an den Staat zurückfällt und somit weder vererbbar noch veräußerbar ist. 30 Eine Fremdnutzung war dementsprechend nur schwer möglich, zumal viele Länder die Fremdnutzung durch weitere Regelungen erschwerten. 31 Während in Süddeutschland dieses System bis in die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts im Wesentlichen unverändert fortbestand, wurde es in Preußen bereits relativ kurz nach seiner Fixierung im Gewerbeedikt vom 2. 11. 1810 32 sowie der „Königlichen Verordnung wegen Anlegung neuer Apotheken“ vom 24. 10. 1811 33 de facto wieder abgeschafft, indem zunächst die Vererbbarkeit durch die Kabinettsorder vom 9. 12. 1827 wieder eingeführt und durch die Kabinettsorder vom 5. 10. 1846 die Veräußerlichkeit durch die Schaffung eines sogenannten Präsentationsrechts faktisch wieder ermöglicht wurde. 34 Das Präsentationsrecht gestattete nämlich dem Apothekenkonzessionär, einen Nachfolger vorzuschlagen, dem in der Regel dann auch die Konzession erteilt werden musste. 35 Allerdings durfte es sich bei dem Vorgeschlagenem nur um einen qualifizierten Apotheker handeln, so dass auch in Preußen ab 1811 eine Fremdnutzung einer Apotheke nur schwer möglich war, zumal diese nach § 3 der revidierten Apothekerordnung von 1801 nach einjähriger „Schonfrist“ auf eine Verpachtung beschränkt gewesen ist. Mit den Kabinettsordern vom 30. 06. 1894 und 5. 7. 1894 36 wurde das süddeutsche Personalkonzessionssystem in Preußen dann vollständig übernommen. 37 Im Gesetz über die Verpachtung und Verwaltung öffentlicher Apotheken vom 13. 12. 1935 (AVVG) wurde das Fremdnutzungsverbot im ganzen Reich weiter verschärft. 38 Berufsfremden, dePassus, wonach das staatliche Bewerbungsverfahren zur Neubesetzung einer bestehenden Apotheke für Apotheken, die aufgrund eines Realrechts betrieben wurde, nicht zur Anwendung kommt. 30 Schiedermair / Pieck, Gr. II 3.; Schöffski, S. 67. 31 So z. B. § 1 I (der die Apothekenerrichtung nur approbierten Apothekern erlaubt), §§ 3, 4 (massive Einschränkungen der zeitlich begrenzt zulässigen Fremdnutzung durch die Witwe bzw. durch die Kinder des ehemaligen Personalkonzessionsinhabers; im Umkehrschluss ergibt sich ein generelles Verpachtungs- und Verwaltungsverbot), § 5 (Rückfall der Personalkonzession an den Staat); § 6 (Begrenzung der Fremdnutzung bei Realrechten); § 8 (Begrenzung der Stellvertretung bei Krankheit des Konzessionsinhabers) der Verordnung des Staatsministeriums über die Apothekenberechtigungen des Landes Württemberg vom 13. 12. 1933 (RgBl. Württ. 1933, 433); vgl. die Übersicht bei Gernicke, S. 101 ff. 32 Berendes, S. 281; Böttger / Urban, S. 270. 33 Verordnungstext bei Böttger / Urban, S. 274. 34 Schöffski, S. 67; Böttger / Urban, S. 270 f. mit abgedruckten Ordertexten; ein Präsentationsrecht gab es außer in Preußen nur noch in Hessen für sehr kurze Zeit, vgl. Schiedermair / Pieck, Gr. II Nr. 2. 35 Man sprach daher auch von Realkonzessionen, Hamburger, S. 12 ff.; Adlung, S. 11. 36 Abgedruckt bei Böttger / Urban, S. 273. 37 Ausführlich hierzu Hamburger, S. 33 ff.; Adlung, S. 12 f. 38 RGBl. I 1935, 1445 ff.; Gesetzestext auch abgedruckt in Gernicke, S. 15 ff.
36
Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
nen nach landesrechtlicher Ausnahmenbestimmung ein Nutzungsrecht an einer Apotheke gewährt wurde, durften dieses nach § 1 Abs. 1 AVVG grundsätzlich nur noch im Wege der Verpachtung ausüben; eine Verwaltung war dagegen gemäß § 2 AVVG auf 6 Monate beschränkt. Bei der Verpachtung wurden die der Verwaltungsbehörde vorzulegenden Verträge auf ihr Potenzial zur unzulässigen Beeinflussung des Apothekers untersucht. Insbesondere die Höhe des Pachtzinses, aber auch schuldrechtliche Verträge mit sonstigen Dritten wurden bei der Erlaubniserteilung berücksichtigt. 39
C. Apothekenfremdnutzung in der amerikanischen Besatzungszone Die Möglichkeiten der Fremdnutzung wurden erst wieder durch die Anordnung der amerikanischen Militärregierung vom 28. 3. 1949 erweitert, durch die die allgemeine gewerbliche Niederlassungsfreiheit auch für Apotheken in der amerikanischen Besatzungszone eingeführt wurde. 40 Im Zuge dessen wurde die Verpachtung generell wieder erlaubt, sofern der Pächter die Voraussetzungen (Approbation) für eine Betriebserlaubnis erfüllte. Im Zusammenspiel mit dem ebenfalls nicht vorhandenen Mehrbesitzverbot waren seinerzeit sogar Verpächterapothekenkonzerne theoretisch möglich. 41 Praktisch spielte dies mangels inländischen Kapitals und fehlendem ausländischen Investitionsinteresses jedoch keine Rolle. 42 Trotzdem geriet das Apothekenrecht mit den durch die Niederlassungsfreiheit begünstigten Neugründungen wieder verstärkt ins Blickfeld, 43 und zahlreiche Apothekervereinigungen 44 versuchten, eine bundeseinheitliche Regelung herbeizuführen. Zunächst wurden jedoch die Landesgesetzgeber tätig. 45 Im ersten Apothekengesetz auf Landesebene, dem bayerischen Apothekengesetz 46, 39
Gernicke, S. 76 f.; 85 ff. Bestrebungen hierzu gab es schon unter Geltung der Weimarer Reichsverfassung. Doch erst durch die Anordnung v. 28. 03. 1949 wurde die Niederlassungsfreiheit zunächst in der amerikanischen Besatzungszone und später durch das „Zweite Apothekenurteil“ des BVerfG (BVerfGE 7, 377 ff.) im gesamten Bundesgebiet für Apotheken verankert. (Teilweise wird BVerfGE 7, 377 ff. auch als „Erstes Apothekenurteil“ betitelt und das zuvor ergangene Urteil zu den Apothekenstoppgesetzen, BVerfGE 5, 25 nicht mitgezählt.). Bis dahin hing im deutschen Apothekenrecht die Erlaubnis bzw. Konzessionsvergabe mit wenigen, i. d. R. temporären Ausnahmen stets von einer Bedürfnisprüfung ab, die eine zahlenmäßige Beschränkung der Apotheken staatlich sicherstellte. 41 Vgl. Schiedermair / Pieck, Gr. II. 4. 42 Breyer, II. C (insb. S. 144). 43 So wurden allein in Bayern von 1949 – 1953 436 neue Apotheken gegenüber einem Bestand von 768 gegründet. 44 Beispielhaft seien hier nur die Arbeitsgemeinschaft der Berufsvertretung Deutscher Apotheker (ABDA), der Deutsche Apothekerbund und der Zweckverband deutscher Apotheker zur Vertretung des Frankfurter Entwurfs genannt. 40
Kap. 1: Allgemeines und Hintergründe
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versuchte der Gesetzgeber, eine Bedürfnisprüfung bzw. Wirtschaftlichkeitsprüfung einzuführen und somit die Betriebserlaubnis (erneut) vom Ermessen der Verwaltung abhängig zu machen. 47 Dagegen wurde an den restlichen Bestimmungen des amerikanischen Lizenzsystems im Wesentlichen festgehalten, so dass die Verpachtung, aber auch stille Gesellschaften und partiarische Vertragsgestaltungen weiterhin möglich waren.
D. Zulässigkeit stiller Gesellschaftsbeteiligungen und partiarischer Vertragsgestaltungen bis zum Inkrafttreten des ApoG Generell wurde bis zum Inkrafttreten des Apothekengesetzes die Zulässigkeit von stillen Gesellschaften und partiarischen Darlehen Berufsfremder in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend bejaht. 48 So schreibt stellvertretend Hamburger: „Bei der stillen Gesellschaft können diese Bedenken [gemeint ist der Miterwerb eines Nichtapothekers an einem Apothekenbetriebsrecht] deswegen nicht durchgreifen, weil die Beteiligung des stillen Gesellschafters nur eine finanzielle ist. Die im öffentlichen Gesellschaftsinteresse erlassenen Vorschriften für den Apothekenbetrieb, die dem Schutze des Publikums dienen, bleiben unberührt ...“. 49 Diese Auffassung hat der BGH im Wesentlichen sogar noch nach Inkrafttreten des Apothekengesetzes aufrechterhalten und erst mit Änderung des § 8 ApoG endgültig aufgeben müssen. 50
45 Das Apothekenrecht unterlag und unterliegt auch heute noch der konkurrierenden Gesetzgebung. Die Bundesapothekenstoppgesetze v. 13. 1. 1953, 4. 7. 1953, 10. 8. 1954 und 23. 12. 1955, welche landesrechtliche Gesetzgebung verhindern sollten, wurden vom BVerfGE im sog. „Ersten Apothekenurteil“ für nichtig erklärt, BVerfGE 5, 25 ff. 46 Bay. GVBl. 1952, 181. Nordwürttemberg-Baden folgte zeitnah mit einem eigenen Apothekengesetz am 4. 2. 1952 (Württ.-Bad. RgBl. 14), während andere Länder erst nach Nichtigerklärung der Bundesapothekenstoppgesetze aktiv wurden und das System der Privilegien und Personalkonzessionen auf ein System der öffentlich-rechtlichen Betriebserlaubnis umstellten, vgl. hierzu die Übersicht bei Schiedermair / Pieck, Texte 2, S. 12 ff.; Gr. II. 5. 47 Art. 3 I BayApoG: „[...] darf die Betriebserlaubnis nur erteilt werden, wenn [...] anzunehmen ist, dass ihre [die der Apotheke] wirtschaftliche Grundlage gesichert ist und durch sie die wirtschaftliche Grundlagen der benachbarten Apotheken nicht soweit beeinträchtigt werden, dass die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen Apothekenbetrieb nicht mehr gewährleistet sind.“ 48 RG, JW 1909, 501; BGH, NJW 1953, 818; Böttger / Urban, S. 268; Hamburger, Süddt. AZ, 24/1929, 1/5 ff.; vgl. auch Schiedermair, PZ 40/1965, 1339/1341 f. m.w. N. 49 Hamburger, Süddt. AZ 24/1929, 1/7. 50 Siehe Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. II. 1. und 2).
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
E. Niederlassungsfreiheit und Verabschiedung des Bundesapothekengesetzes Stein des Anstoßes für die Schaffung eine Bundesapothekengesetzes war schließlich das Urteil des BVerfG vom 11. 06. 1958, in dem es Niederlassungsbeschränkungen in den Landesapothekengesetzen wegen Art. 12 Abs. 1 GG für verfassungswidrig erklärte. 51 Am 20. 8. 1960 wurde daraufhin mit dem Gesetz über das Apothekenwesen ein Gesetzeswerk verabschiedet, das deutschlandweit einheitliche Vorschriften zur berufsfremden Beteiligung am Apothekenbetrieb enthielt.
Kapitel 2
Aktuelle Gesetzeslage § 1 Systematische Unterteilung des Fremdnutzungsverbots Mit Inkrafttreten des Apothekengesetzes zum 1. 10. 1960 wurde bundesweit zugleich das Fremdnutzungs- und Mehrbesitzverbot verankert, welches das oft zitierte apothekenrechtliche Leitbild vom „Apotheker in seiner Apotheker“ prägt. Dieses vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 13. 2. 1964 52 gebilligte Berufsbild ist bis heute zugleich Ursprung und Ergebnis der Beteiligungsproblematik an Apotheken. Das für die Frage der Beteiligung Dritter maßgebliche Fremdnutzungsverbot findet seine gesetzlichen Grundlagen dabei in einer Gesamtschau der §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 8 S. 1 und 2, 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 ApoG. 53 Der Vielzahl der gesetzlichen Quellen entsprechend kann es in mehrere Teilverbote unterteilt werden, welche wiederum den Kategorien aktive und passive Beteiligungsverbote als übergeordneten Verbotstypen zugeordnet werden können. Die einzelnen Teilverbote sind: Fremdbetriebsverbot, Fremdgesellschaftsverbot, Verbot der stillen Beteiligung, Verbot partiarischer Rechtsverhältnisse und (Fremd-) Verpachtungsverbot. Ihre Funktionsweise sowie ihre gesetzliche Verankerung sollen im Folgenden dargestellt werden.
51 Im sog. „Zweiten Apothekenurteil“, BVerfGE 7, 377 ff. wurde Art 3 des Bay. Apothekengesetzes für nichtig erklärt; zuvor bereits kritisch zur Bedürfnisprüfung, BVerfG, NJW 1957, 356/357 f. 52 BVerfGE 17, 232 ff. 53 Vgl. zur Begrifflichkeit ausführlich: Teil 1 Kapitel 1 § 2.
Kap. 2: Aktuelle Gesetzeslage
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A. Aktive Apothekenbeteiligungsverbote I. Verbot des Fremdbetriebs – die Regelungen des § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 1 ApoG § 1 Abs. 2 ApoG statuiert ein Betriebsverbot mit Erlaubnisvorbehalt. Danach bedarf der Betrieb einer Apotheke einer Erlaubnis, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 ApoG nur Apothekern deutscher Staatszugehörigkeit bzw. entsprechend qualifizierten Unionsbürgern erteilt wird. 54 Demnach können nur approbierte Personen Inhaber einer Betriebserlaubnis sein. Für qualifizierte Angehörige anderer Mitgliedstaaten wird diese Regelung nochmals verschärft, indem diesen allein der Erwerb einer bereits drei Jahre bestehenden Apotheke erlaubt ist, § 2 Abs. 2 ApoG. Dritten wird dagegen durch die Regelung der Betrieb einer Apotheke grundsätzlich verwehrt, so dass man begrifflich präzise von einem Fremdbetriebsverbot sprechen kann. Inwieweit hiermit eine unmittelbare Beteiligung an einer Apotheke ausgeschlossen ist, hängt somit maßgeblich davon ab, was unter Betrieb bzw. Betreiben zu verstehen ist. Ist hiermit nur die Tätigkeit im pharmazeutischen Bereich gemeint, bleibt eine direkte Beteiligung berufsfremder Dritter möglich. Allein den pharmazeutischen Betreiber, der vom Betriebsinhaber (=Besitzer) zu unterscheiden wäre, träfe der Erlaubnisvorbehalt, so dass ein Dritter mittels eines angestellten „Apothekenbetreibers“ eine Apotheke bewirtschaften könnte. Ist dagegen der Betreiber mit dem Betriebsinhaber gleichzusetzen, handelt der Betreiber also zwingend auf eigene Rechnung, scheidet eine aktive Beteiligung Berufsfremder im Sinne einer Inhaberschaft am Unternehmen Apotheke wegen § 1 Abs. 2 ApoG aus. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter „Betreiben“ das berufliche Ausüben, Führen, Lenken, Verwalten oder Vorstehen eines Handels bzw. Gewerbes. 55 Im Gewerberecht findet sich der Begriff in §§ 1 Abs. 1, 15 Abs. 2, 33 Abs. 1 GewO, wird dort jedoch nicht legal definiert, sondern allgemein als selbständige, grundsätzlich erlaubte 56, auf Gewinnerzielung und Dauerhaftigkeit ausgerichtete Ausübung des Gewerbes verstanden. 57 Auf die Apotheke übertragen ist hiermit aber noch nicht gesagt, ob mit Selbständigkeit nur die pharmazeutische oder auch die wirtschaftliche Selbständigkeit gemeint ist. 54 Für die Unionsbürger ergibt sich der Erlaubnisvorbehalt seit 2005 durch den geänderten §§ 2 I Nr. 1, II ApoG (BGBl. I 2005, 1645). Auch sonstigen Ausländern kann seitdem unter den Voraussetzungen des § 2 ApoG eine Erlaubnis erteilt werden. Zuvor konnten allein Deutsche i. S. d. Art. 116 GG eine Erlaubnis erhalten, vgl. § 2 I Nr. 1 ApoG in der Fassung vom 20. 8. 1960 (BGBl. I 1960, 697). 55 Duden, Bedeutungswörterbuch. 56 Im Einzelnen strittig, vgl. Tettinger, in Tettinger / Wank, § 1 GewO Rn. 33 ff. m.w. N. 57 BGH, NJW 2002, 2724/2725, Marcks, in Landmann / Rohmer, § 6 Rn. 5 m.w. N.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Eine gesetzlich verankerte Legaldefinition für den Begriff des Betreibers findet sich dagegen in § 3 Nr. 9 GenTG. Hiernach ist Betreiber, wer „als juristische oder natürliche Person [...] unter seinem Namen eine gentechnische Anlage errichtet oder betreibt.“ Viel gewonnen ist hiermit freilich nicht. Denn die Wendung „unter seinem Namen“ lässt zwar ein Handeln für eigene Rechnung vermuten, zwingend ist dies jedoch nicht. Noch unergiebiger ist § 9 MedGV, wonach betreiben als „in Betrieb nehmen“ zu verstehen ist. Ein Blick in die Gesetzesbegründung zum Apothekengesetz zeigt, dass mit Betreiben das „Inganghalten des Betriebs [...] durch den Eigentümer selbst oder auch durch einen Pächter“ 58 gemeint ist. Die Differenzierung zwischen Eigentümer und Pächter lässt zwar erkennen, dass zwischen Betreiber und Eigentümer nicht begriffsnotwendig eine Personenidentität vorliegen muss; ob ein (pharmazeutischer) Betreiber allerdings für Rechnung des Eigentümers eine Apotheke führen kann, wird nicht abschließend beantwortet. Eindeutig ist dagegen die Definition Breyers, der Betreiben i. S. d. Apothekengesetzes als „die Führung einer Apotheke auf eigene Rechnung und Verantwortung des Betriebsinhabers gegenüber dem Publikum oder den Ärzten [...], also seine Offenhaltung für den Arzneimittelkleinhandel durch den selbständigen Apothekenbetriebsinhaber, auch durch den Pächter, durch privatrechtlich unbefugte Dritte, mögen sie approbiert und bestallt sein, oder durch einen Mitgesellschafter im Falle des Betreibens einer Apotheke durch eine Gesellschaft des § 8“ beschreibt. 59 Breyer stellt somit klar, dass Betreiber immer derjenige ist, auf dessen Rechnung der Betrieb geführt wird. Ein angestellter pharmazeutischer Apothekenleiter, der auf Rechnung eines berufsfremden Apothekeninhabers die Apotheke pharmazeutisch leitet, wird vom Begriff Betreiber demnach nicht erfasst. Die Richtigkeit der Definition Breyers wird bei einem Rückgriff auf die Wertungen des Apothekengesetzes schnell ersichtlich. Bereits bei näherer Betrachtung der restriktiven Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 ApoG, 60 nach dem eine Verpachtung nur in ganz bestimmten Sonderfällen ausnahmsweise erlaubt ist, wird klar, dass das ApoG grundsätzlich von einer Identität von Apothekeneigentümer und Apothekenbetreiber ausgeht. § 7 S. 1 ApoG schreibt zudem vor, dass die Apotheke in persönlicher Leitung und in eigener Verantwortung zu führen ist. Nach Auffassung des BVerfG wird der Apotheker dieser Verpflichtung am ehesten dann gerecht, wenn die „allseitige Verantwortung für den Betrieb der Apotheke in einer Hand liegt“. 61 Ein Blick auf § 7 S. 3 ApoG und § 13 Abs. 1 ApoG lässt dann keinen Zweifel mehr offen. § 7 S. 3 ApoG erstreckt die Pflicht zur persönlichen Leitung bei Krankenhausapotheken explizit auf den angestell58
BT-Drucks. 3/1769, 3. Breyer, III, § 1 Anm. 6; ähnlich Hoffmann, § 1 Rn. 142 (Hervorhebungen durch Verfasser). 60 Siehe zum Regelungsinhalt des § 9 ApoG ausführlich: Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. I. 61 BVerfGE 17, 232/238. 59
Kap. 2: Aktuelle Gesetzeslage
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ten Apotheker. Folglich geht § 7 S. 1 ApoG also davon aus, dass außerhalb des Krankenhauses allein wirtschaftlich selbständige Apotheker eine Apotheke leiten dürfen. Im Gesetz wird dies in § 13 ApoG manifestiert. Nach § 13 Abs. 1 ApoG darf eine Apotheke nach dem Tod des bisherigen Erlaubnisinhabers nämlich maximal 12 Monate lang durch einen angestellten Apotheker verwaltet werden. Im Umkehrschluss ist eine Verwaltung durch einen angestellten Apotheker also grundsätzlich unzulässig. Mithin muss der Begriff des Betreibens im Sinne des ApoG grundsätzlich umfassend verstanden werden. Sowohl der pharmazeutische als auch der wirtschaftliche Sektor einer Apotheke sind von ihm erfasst. Daher erstreckt sich der Erlaubnisvorbehalt aus § 1 Abs. 2 ApoG auch auf die wirtschaftliche Leitung bzw. den wirtschaftlichen Betrieb einer Apotheke. 62 Der Betreiber muss auf eigene Rechnung handeln. Folglich ist ein Beteiligungsmodell, in dem der Dritte Inhaber der Apotheke ist und einen angestellten Apotheker mit der pharmazeutischen Leitung der Apotheke betraut, mit dem Apothekengesetz nicht vereinbar. II. Das Fremdgesellschaftsverbot oder das Verbot gesellschaftlicher Beteiligung – die Regelung des § 8 S. 1 ApoG Eine andere Möglichkeit der Beteiligung bestünde in einem gleichberechtigten Zusammenschluss zwischen Apothekern und Dritten, die gemeinschaftlich die Apotheke betrieben und an den Erträgen partizipierten. Zwar erlaubt § 8 S. 1 ApoG einen gesellschaftsrechtlichen Zusammenschluss in Form einer OHG oder einer GbR. Allerdings müssen alle Gesellschafter Erlaubnisinhaber im Sinne des § 1 Abs. 2 ApoG sein, so dass der Zusammenschluss nach § 8 S. 1 Hs. 2 i.V. m. §§ 1 Abs. 2, 2 Nr. 3 ApoG wiederum allein approbierten, zum Apothekenbetrieb berechtigten Apothekern offen steht. 63 Dadurch wird im Ergebnis der Betrieb jeglicher Apothekengesellschaft mit partieller oder ausschließlicher Beteiligung berufsfremder Dritter untersagt. Es handelt sich beim Fremdgesellschaftsverbot letztlich nur um einen Spezialfall des Fremdbetriebsverbots; der Fremdbetrieb durch berufsfremde Gesellschaften soll vermieden werden. Eine Möglichkeit zur aktiven bzw. direkten Beteiligung an einer Apothekengesellschaft für Dritte besteht im Geltungsbereich des Apothekengesetzes somit nicht.
62 Vgl. OVG Münster, Beschl. v. 7. 4. 1995, Az.: 13 A 689/93; LG Kiel, Urt. v. 15. 1. 2008, Az.: 16 O 28/07. 63 Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 8 spricht in diesem Zusammenhang treffend von Betriebsgesellschaften, was aber nicht zur Verwechslung mit dem im Arztrecht vorzufindenden Betriebsgesellschaften führen darf. Letztere betreiben die Arztpraxis nämlich gerade nicht, sondern stellen der Praxis als eigenständiges Unternehmen nur Equipment oder Räumlichkeiten gegen Entgelt zur Verfügung, vgl. hierzu: Meyer / Kreft, GmbHR 1997, 193/198 ff.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
B. Passive Apothekenbeteiligungsverbote I. Das (Fremd-) Verpachtungsverbot – die Regelung des § 9 ApoG § 9 Abs. 1 ApoG verbietet bis auf wenige Ausnahmen die Verpachtung von Apotheken. Die in § 9 Abs. 1 Nr. 1 –3 ApoG enumerativ aufgezählten Ausnahmebestimmungen haben dabei den Charakter sozialer Härtefallregelungen und sind dementsprechend restriktiv zu verstehen. Das Verbot selbst richtet sich an Apotheker wie an Berufsfremde in gleichem Maße. Mithin verbietet § 9 Abs. 1 ApoG sowohl berufsfremden als auch approbierten Apothekeneigentümern eine Nutzung ihrer Apotheke als Verpachtungsobjekt. II. Verbot stiller Gesellschaften und partiarischer Rechtsverhältnisse 1. Rechtslage vor der Einführung des § 8 S. 2 ApoG Als weitere Form einer passiven Beteiligung Dritter an Apotheken kommen die Gründung einer stillen Gesellschaft i. S. d. §§ 230 ff. HGB sowie die indirekte Beteiligung durch den Abschluss partiarischer Miet-, Pacht- oder Darlehensverträge in Betracht. Da die Apotheke nach § 1 Abs. 2 HGB ein Handelsgewerbe darstellt, kann an ihr gemäß § 230 Abs. 1 HGB grundsätzlich eine stille Gesellschaft begründet werden. 64 Ausdrückliche apothekenrechtliche Regelungen bestanden im Apothekengesetz in der Fassung von 1960 hierzu nicht. Daher war es der Rechtsprechung überlassen, über die Zulässigkeit besagter Beteiligungsformen zu befinden. a) Stille Gesellschaften (1) Rechtsnatur und Unterteilung stiller Gesellschaften Die stille Gesellschaft ist in den §§ 230 ff. HGB gesetzlich geregelt. Sie ist eine Innengesellschaft. 65 Als dispositives Recht zeichnen die §§ 230 ff. HGB allerdings nur das gesetzliche Leitbild, den Grundtypus einer stillen Gesellschaft vor, 66 welcher daher auch als typisch stille Gesellschaft bezeichnet wird. 67 Weichen die Parteien des Gesellschaftsvertrags von den gesetzlichen Vorgaben 64
Schiedermair / Pieck, § 8 Rn. 17. Ulmer, in MüKo-BGB, § 705 Rn. 282; Wertenbruch, in Ebenroth et al., § 105 Rn. 99 m.w. N. 66 Siehe detailliert zu den Rechten des stillen Gesellschafters Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. I. 1. b). 67 K. Schmidt, GesR, § 62 II 2; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 4.25. 65
Kap. 2: Aktuelle Gesetzeslage
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dagegen signifikant ab, erhält die Gesellschaft einen gegenüber dem gesetzlichen Leitbild modifizierten Charakter, so dass man von einer atypischen stillen Gesellschaft spricht. 68 (2) Behandlung stiller Beteiligungen nach alter Rechtslage In mehreren Urteilen vertrat der BGH die Auffassung, dass nach dem Apothekengesetz der Betrieb einer Apotheke zwar in den Händen von approbierten Apothekern zu liegen habe, aber sowohl eine typische als auch eine atypische stille Beteiligung eines berufsfremden Dritten diesen Grundsatz nicht zwingend verletze. 69 Hierbei argumentierte der BGH vor allem mit der Struktur einer stillen Beteiligung i. S. d. § 230 HGB (§ 335 HGB a. F.), wonach der stille Gesellschafter das Handelsgewerbe ja gerade nicht aktiv mitbetreibe. 70 Die Arzneimittelversorgung durch qualifizierte Betriebsinhaber werde daher nicht gefährdet, so dass eine stille Beteiligung als apothekenrechtlich neutral zu bewerten sei. 71 Ähnlich vertrat auch die herrschende Lehre die prinzipielle Zulässigkeit einer stillen Apothekenbeteiligung. 72 Einige Jahre später machte der BGH jedoch in einer zweiten Entscheidung zur stillen Beteiligung im Apothekenwesen deutlich, dass nicht jede stille Beteiligung per se als apothekenrechtlich neutral und damit erlaubt anzusehen sei. 73 Aus Wortlaut, Sinn und Zweck der Vorschriften der §§ 1 Abs. 1 und 2, 7 S. 1, 8, 9 Abs. 1 ApoG a. F. ergebe sich nämlich, dass ein Gesellschaftsvertrag immer dann nach § 134 BGB nichtig sei, wenn der stille Gesellschafter einen Einfluss auf die Betriebsführung habe. 74 Im damals rechtshängigen Streit war dem stillen Gesellschafter eine Gewinnbeteiligung von 90 % zugesichert worden. Hierin sah der BGH eine Gefahr für die sachgerechte Erfüllung der öffentlichen Aufgabe des Apothekers, eigenverantwortlich an der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung mitzuwirken. Eine solch extreme Gewinnverteilung bringe den Apotheker nämlich in eine wirtschaftliche Abhängigkeit und beeinträchtige dadurch die berufliche Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit des Apothekers. Mithin sei zumindest bei extremen Ge68
Vgl. zur Unterscheidung typischer und atypischer stiller Gesellschaft: Anhang, Allg. Begriffsbestimmungen. 69 BGH, NJW 1972, 338; BGH, NJW 1980, 638 f.; vor Geltung des ApoG bereits: BGH, NJW 1953, 818 f.; RG, JW 1909, 501. 70 Vgl. § 335 a. F. HGB (BGBl. III, 4100 – 1, 26) bzw. § 230 n. F. HGB (BGBl. I 1985, 2355). 71 BGH, NJW 1972, 338. 72 Hofmann, § 8 Rn. 15; Breyer, III, § 8 Anm. 2; Herold, PZ 19/1965, 610 f.; Fricke, PZ 32/1965, 1066/1067; Schiedermair, PZ 40/1965, 1339/1341 f. m.w. N; einschränkend: Pieck, PZ 11/1971, 375/377. 73 BGH, NJW 1980, 638 f. 74 BGH, NJW 1980, 638 f.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
winnverteilungsschlüsseln ein Einfluss zulasten des Apothekers auf die Betriebsführung gegeben. 75 b) Partiarische Rechtsverhältnisse (1) Rechtsnatur partiarischer Rechtsverhältnisse Unter einem partiarischen Rechtsverhältnis versteht man die Beziehung zwischen zwei Personen, auf Grund derer in Verfolgung unterschiedlicher eigener Interessen die eine Person einen Teil des Erwerbs der anderen erhalten soll. 76 Partiarische Rechtsverhältnisse liegen immer dann vor, wenn die Gegenleistung sich am Erreichen eines gemeinsamen Ziels orientiert. Klassisch sind hierbei umsatz- oder gewinnorientierte Entgelte. Im Unterschied zur typischen stillen Gesellschaft ist der Vertragspartner nur am Gewinn, nicht jedoch am Verlust beteiligt. 77 Trotz der Parallelen zur stillen Gesellschaft wird man daher nur von einer Gesellschaftsähnlichkeit partiarischer Rechtsverhältnisse sprechen können. 78 Vor allem bei Darlehens- und Mietverträgen finden sich in der Praxis partiarische Vertragsgestaltungen. (2) Behandlung partiarischer Rechtsverhältnisse nach alter Rechtslage Auch bezüglich partiarischer Rechtsverhältnisse finden sich im Apothekengesetz a. F. keine ausdrücklichen Regelungen. Daher konnten die Ausführungen zur stillen Gesellschaft im Wesentlichen auf partiarisch ausgestaltete Miet-, Pacht und Darlehensverträge übertragen werden. Demzufolge waren partiarische Rechtsverhältnisse im Apothekenwesen solange als zulässig anzusehen, solange der Vereinbarung keine wucherischen und damit sittenwidrigen Züge innewohnten, die eine völlig ohnmächtige Situation für den Apotheker gegenüber den nichtapprobierten Vertragspartnern konstituierten. 79 2. Rechtslage nach Einführung des § 8 S. 2 ApoG Mit der Neufassung des Apothekengesetzes am 15. 10. 1980 80 wurden dem § 8 ApoG die Sätze 2 und 3 hinzugefügt, die die Möglichkeit einer passiven Beteiligung an Apotheken umfassend und ausdrücklich ausschließen. So heißt es in § 8 S. 2 und 3 ApoG: 75 76 77 78 79 80
BGH, NJW 1980, 638 f. Köbler, S. 447; Creifelds, S. 865. Sprau, in Palandt, § 705 Rn. 9. Sprau, in Palandt, § 705 Rn. 9. Vgl. Schulte, JA 1980, 607; Schiedermair, PZ 40/1965, 1339/1341. BGBl. I 1980, 1142.
Kap. 2: Aktuelle Gesetzeslage
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„Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge sind unzulässig. Pachtverträge über Apotheken nach § 9, bei denen die Pacht vom Umsatz oder Gewinn abhängig ist, gelten nicht als Vereinbarungen im Sinne des Satzes 2.“
Demnach sind Beteiligungen in Form einer stillen Gesellschaft prinzipiell verboten. Sonstige Gewinnbeteiligungen sind nur noch in Form eines partiarischen Pachtvertrages möglich, sofern die strengen Voraussetzungen des § 9 ApoG eingehalten werden. Andere partiarisch ausgestaltete Rechtsverhältnisse sind dagegen ohne Ausnahme unzulässig. Dabei reicht es bereits aus, wenn sich aus dem Gesamtbild der Vertragsbedingungen ergibt, dass der Entgeltanspruch sich am Gewinn oder am Umsatz der Apotheke orientieren soll. 81 3. Reichweite des Verbots partiarischer Vertragsgestaltung Speziell in Bezug auf das Verbot partiarischer Vertragsgestaltungen wird jedoch vereinzelt für eine einschränkende Auslegung plädiert. Anknüpfungspunkt ist hierbei der Passus in § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG, nach dem das Darlehen oder die sonst überlassenen Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet sein müssen. Der Begriff der Ausrichtung eröffnet nach Ansicht dieser Auffassung nämlich Auslegungsspielraum, so dass ein Vertrag nur dann umsatz- oder gewinnbezogen „ausgerichtet“ sei, wenn er dem partiarischen Vertragspartner tatsächlich einen Einfluss auf die pharmazeutische Entscheidungsfreiheit verschaffe. 82 Nach Koenig / Meurer müssen hierfür ganz konkrete Anhaltspunkte vorliegen; ein im partiarischen Vertrag begründeter wirtschaftlicher Druck soll ohne das Hinzutreten weiterer Umstände jedenfalls nicht ausreichen. 83 Gegen eine solche restriktive Auslegung sprechen jedoch mehrere Gründe. Zum einen geht die Verwendung des Wortes „ausgerichtet“ nach seinem semantischen Sinngehalt eher mit einer Anwendungsextension als mit einer Verengung einher. „Am Umsatz oder Gewinn ausgerichtet“ bedeutet nämlich auf eine Umsatz- oder Gewinnbeteiligung „gelenkt“. 84 Zum anderen hätte der Gesetzgeber eine Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG in der Norm 81 In diesem Sinne: BGH, NJW 2004, 1523/1524; BGH, MedR 2003, 302/303, 304; BGH, NJW-RR 1998, 803/805; Schiedermair / Pieck, § 8 Rn. 23, 146; Saalfrank, NZM 2001, 972/975; Geldemacher, DWW 1999, 109/112. 82 Koenig / Meurer, ApoR 2004, 153/156. 83 Koenig / Meurer, ApoR 2004, 153/157. 84 Duden, Synonymwörterbuch; ders. Bedeutungswörterbuch; http://www.duden-suche.de/suche/trefferliste.php?suchbegriff[AND]=ausgerichtet&suche=homepage&treffer_ pro_seite=10&modus=title&level=125&x=0&y=0 .
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
explizit verankern können, wenn er dies gewollt hätte. Dass er dies gerade nicht gewollt hat, wird in der Gesetzesbegründung deutlich, wo es heißt, dass der Einflussnahme auf die Betriebsführung durch Dritte nur dann Einhalt geboten werden kann, wenn „... die Möglichkeiten für Außenstehende, sich am Gewinn oder Umsatz der Apotheke zu beteiligen, ausgeschlossen werden.“ 85 Durch die 1980 erfolgte Hinzufügung des Satzes 2 in § 8 ApoG hat der Gesetzgeber mithin seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass die Apotheke auch wirtschaftlich allein in den Händen des Apothekers liegen soll. 86 Auch die Rechtsprechung hat daher § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG bisher stets als umfassendes Verbot verstanden und das Verbot sogar besonders weit ausgelegt. 87 So reicht es nach ihr bereits aus, wenn sich aus dem Gesamtbild der Vertragsbedingungen ergibt, dass sich der Entgeltanspruch am Gewinn oder am Umsatz der Apotheke orientieren soll. Eine ausdrückliche Verknüpfung im Sinne einer prozentualen Entgeltvereinbarung ist nicht erforderlich. 88 Daher sind beispielsweise auch eine Unterbeteiligung, eine variabel gestaltete Staffelmiete oder ein umsatzabhängiges Kündigungsrecht von § 8 S. 2 ApoG erfasst. 89 Dass § 8 S. 2 Alt. 2 konkrete Anhaltspunkte für eine Einflussnahme auf die pharmazeutische Unabhängigkeit voraussetzt, kann zudem schon deswegen nicht überzeugen, weil die Unabhängigkeit des Apothekers bereits durch § 7 S. 1 ApoG umfassend geschützt wird. Liegen nämlich konkrete Anhaltspunkte vor, die eine pharmazeutisch unabhängige Leitung durch den Erlaubnisinhabers in Zweifel ziehen, ist diesem nach § 4 Abs. 2 ApoG die Betriebserlaubnis zu entziehen. Im Ergebnis besteht demnach kein Raum für eine einschränkende Auslegung des § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG.
C. Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern im Rahmen der integrierten Versorgung Eine Ausnahme vom Fremdnutzungsverbot kommt allenfalls im Rahmen der integrierten Versorgung in Betracht. §§ 140a Abs. 1, 140b Abs. 2 SGB V 90 ermöglichen Gemeinschaften von zugelassenen Ärzten, Zahnärzten und einzelnen sonstigen an der Versorgung der Versicherten teilnehmenden Leistungserbrin85
BT-Drucks. 8/3554, 16. BT-Drucks. 8/3554, 16. 87 BGH, NJW 2004, 1523/1524; VG Berlin, Urt. v. 10. 10. 2006, Az.: 14 A 28.06, Rn. 17, 27 (zitiert nach juris); Burgardt, A / ZusR 2005, 83/86. 88 BGH, NJW 2004, 1523/1524; BGH, NJW-RR 1998, 803/805. 89 Zur Unterbeteiligung: Teil 2 Kapitel 2 § 5 A.; zum Kündigungsrecht BGH, NJW-RR 1998, 803; zur Staffelmiete: BGH, NJW 2004, 1523/1524. 90 Sozialgesetzbuch fünftes Buch v. 20. 12. 1988 (BGBl. I 1988, 2477), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes v. 17. 3. 2009 (BGBl. I 2009, 534). 86
Kap. 2: Aktuelle Gesetzeslage
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gern den Abschluss von Integrationsverträgen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Leistungserbringer über eine entsprechende (Kassen-) Zulassung verfügen. Während die ärztliche Vertragsarztzulassung vom Vorliegen der Vorgaben aus §§ 18 ff. Ärzte-ZV 91 abhängt, gibt es für Apotheker keine entsprechenden Vorschriften. Die Berechtigung zur Abgabe von Arzneimitteln an gesetzlich Krankenversicherte knüpft allein an die Approbation an. Mithin sind Apotheker per se als Leistungserbringer im Sinne der §§ 140 Abs. 1, 140b Abs. 2 SGB V zu klassifizieren. Dies wird durch § 126 Abs. 1 SGB V untermauert, der für die nach dem Apothekengesetz zugelassenen Apotheken die zur Hilfsmittelversorgung erforderliche gesonderte Zulassung fingiert. Sind Apotheken jedoch Leistungserbringer im Sinne der §§ 140a Abs. 1, 140b Abs. 2 SGB V, dann müssen sie sich auch einzeln, als Gemeinschaft oder im Praxisverbund mit Ärzten an Integrationsverträgen beteiligen können. Insoweit muss für diese besondere Form der Zusammenarbeit eine Ausnahme vom apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbot gemacht werden, sofern man von einer Kollision zwischen § 140b Abs. 2 SGB V und dem apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbot überhaupt sprechen kann. Denn der Apotheker bleibt schließlich auch im Rahmen der integrierten Versorgung Einzelunternehmer und eine Beteiligung an den Einnahmen an der Apotheke zugunsten etwa der teilnehmenden Ärzte bleibt durch § 8 S. 2 ApoG weiterhin untersagt. Solange dies beachtet wird, steht die integrierte Versorgung den Wertungen des Apothekengesetzes nicht unmittelbar entgegen. Allein die Regelung des § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG 92, der die Zuweisung von Patienten durch Ärzte an eine bestimmte Apotheke verbietet, kann für die beim Inkrafttretens des § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG völlig unbekannte Konstruktion der integrierten Versorgung zwangsläufig nicht zur Anwendung kommen. 93 Dies hat der Gesetzgeber in § 11 Abs. 1 S. 2 ApoG inzwischen auch klargestellt. 94 Trotzdem sind die §§ 140a ff. SGB V eindrucksvoller Beleg für die in den letzen Jahren zu beobachtenden Liberalisierungstendenzen im Gesundheitswesen.
91
Zulassungsverordnung für Vertragsärzte v. 18. 5. 1957 (BGBl. I 1957, 572), zuletzt geändert durch Art. 39 des Gesetzes v. 2. 12. 2007 (BGBl. I 2007, 2686). 92 § 11 I 1 ApoG: „Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken dürfen mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben.“ 93 Ebenso: Wigge / Kleinke, MedR 2002, 391/394; a. A. J. Becker, KrV 2001, 170. 94 § 11 I 2 ApoG (BGBl. I 2003, 2190): „§ 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt.“
An einer Apothekengesellschaft (GbR oder OHG) dürfen sich nach § 8 S. 1 ApoG nur zugelassene Apotheker i. S. d. § 1 Abs. 2 ApoG beteiligen.
Der (berufsfremde) Betrieb einer Apotheke durch einen angestellten Apothekenverwalter (Provisor) wird durch §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 13 Abs. 1 ApoG grundsätzlich untersagt.
Partiarische Vertragsgestaltungen mit einem Apothekeninhaber sind nach § 8 S. 2 ApoG unzulässig.
Apotheken können gemäß § 9 Abs. 1 ApoG grundsätzlich nicht verpachtet werden.
Sowohl eine typische als auch eine atypische stille Gesellschaftsbeteiligung an einer Apotheke ist unzulässig, § 8 S. 2 ApoG.
Verbot der berufsfremden Verbot des FremdbeBeteiligung auf Geselltriebs / Verbot der Aposchaftsebene thekenverwaltung
Verbot partiarischer Beteiligung
Verpachtungsverbot
Verbot der stillen Gesellschaftsbeteiligung
Aktive Beteiligungsverbote
Passive Beteiligungsverbote
Schaubild 1 Beteiligungsverbote im Apothekenwesen
48 Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Kap. 2: Aktuelle Gesetzeslage
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§ 2 Analyse des Apothekenmarktes – eine Bestandsaufnahme Nachdem die Verwurzelung des Fremdnutzungsverbots im deutschen Apothekenrecht dargestellt wurde, sollen nun die Folgen des Verbots für die Struktur des deutschen Apothekenmarkts aufgezeigt werden. Hierzu dient eine Status-quoAnalyse hinsichtlich Betriebsform, Apothekenkonzentration und Umgehung des Beteiligungsverbots.
A. Betriebsform Weder die ABDA noch die statistischen Landesämter verfügen zurzeit über Daten zum Verhältnis von Einzelkaufmannsapotheken und Apothekengesellschaften i. S. d. § 8 S. 1 ApoG. Der Statistik der Apothekerkammer Nordrhein ist zu entnehmen, dass in ihrem Kammerbezirk im Jahre 2009 2,8 % der Apotheken in OHG-Form betrieben wurden. 95 Dies zeigt schon, dass die Bedeutung von Apothekengesellschaften nach jetziger Gesetzeslage relativ gering ist und sich vor allem auf approbierte Familienmitglieder als Gesellschafter beschränken dürfte. Denn indem das Fremdnutzungsverbot nur Apothekern untereinander die Gründung einer Apothekengesellschaft erlaubt und zugleich alle Gesellschafter über §§ 8 S. 1, 1 Abs. 2, 7 S. 1 ApoG zur persönlichen Leitung verpflichtet, geht die Beteiligung an einer Apothekengesellschaft einher mit dem Verbot, an anderer Stelle eine eigene Apotheke allein zu unterhalten. Bedenkt man zudem, dass der Betrieb einer Apotheke normalerweise nicht renditestark genug sein dürfte, um einen angemessenen Lebensstandard gleich mehrerer Apotheker zu decken, wird klar, dass eine Apothekengesellschaft nur selten für gründungswillige Apotheker attraktiv ist und ihre Anzahl in der gesamten Bundesrepublik daher überschaubar sein dürfte.
B. Konzentration Das Mehrbesitzverbot beschränkt den Filialbetrieb auf maximal vier Apotheken. 96 Daher soll hier nur das Verhältnis des Filialbetriebs zur klassischen Einzelapotheke dargestellt werden. Die bereits kettenähnlichen Marketingkooperationen und Franchisemodelle werden dagegen unter dem Topos Umgehungsversuche behandelt. Nur am Rande sei erwähnt, dass neben den 21.470 Offizinapotheken zurzeit noch 452 Krankenhausapotheken bestehen. 97 95 96 97
Apokammer Nordrhein, S. 4. Vgl. § 1 II ApoG. ABDA, S. 41.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Gesamtzahl Davon Davon Offizinapotheken Hauptapotheken Filialapotheken 2.1470
1.9114
2.356
100%
89,03 %
10,97 % 1942 Hauptapothekeninhaber besitzen Eine Zwei Drei Filialapotheke Filialapotheken Filialapotheken 1.604
262
76
82,60 %
13,49%
3,91%
Quelle: ABDA Jahresbericht 2007/2008
C. Umgehungsversuche Zur Verdeutlichung der praktischen Relevanz der untersuchten Thematik und zum besseren Verständnis der Problemstruktur soll zunächst auf nach den Maßstäben des Fremdnutzungsverbots kritikwürdige Vertragsstrukturen eingegangen werden, die sich zurzeit auf dem deutschen Apothekenmarkt wiederfinden. I. Franchisemodell Relativ jung ist der Versuch, über ein Franchisemodell das Fremdnutzungsverbot zu „umgehen“ und sich am deutschen Apothekenmarkt zu beteiligen. Neben der Doc Morris N. V. betreiben in Deutschland momentan nur die Avie GmbH & Co. KG sowie die easy-Apotheken Kooperations GmbH bundesweit ein entsprechendes Modell. 98 Im Fall von Doc Morris sollen Ende 2009 bereits mehr als 160 Apotheken dem Modell beigetreten sein. 99 Bei allen Anbietern zahlt der Apotheker eine Lizenzgebühr, 100 wofür er als Gegenleistung eine Standortberatung, die Organisation besonderer Verkaufs- und Themenaktionen sowie Unterstützung im Bereich Einkauf, Marketing, Fortbildung und Offizingestaltung erhält. Am Wichtigsten ist jedoch die Berechtigung und Verpflichtung, die Corporate Identity, d. h. die Aufmachung und die Geschäftsstrategie des 98 Das von der Kosmas GmbH initiierte „Damian“ Apotheken Franchisekonzept ist mit der Insolvenz der Kosmas GmbH beendet worden, Hollstein, Insolvenz statt Apothekenkette, apotheke adhoc v. 01. 05. 2009, www.apotheke-adhoc.de/Nachrichten/Markt/6208 .html (zuletzt abgerufen am 3. 05. 2009). In Österreich gibt es zudem ein von Apothekern initiiertes Franchisesystem mit dem Namen Sante Apotheken, Wilhelm, Gewinn 2008, 102 ff. 99 http://www.docmorris-apotheke.de/Portal/Ueber-uns. 100 Bei Doc Morris soll sich diese auf etwa 18.000 € im Jahr belaufen, FAZ v. 18. 10. 2007, 52.
Kap. 2: Aktuelle Gesetzeslage
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Franchisegebers bzw. des von ihm entwickelten Franchisekonzepts zu übernehmen. 101 Die Apotheke gibt damit ihr persönliches Erscheinungsbild ab und wird zumindest äußerlich integraler Bestandteil der Franchisemarke. 102 Neben der systemimmanenten Strapazierung des deutschen Apothekenrechts führt beim Franchisemodell der Doc Morris N. V. eine weitere Tatsache zur besonderen Brisanz. Seit dem 26. 4. 2007 ist Doc Morris nämlich zu 90 % eine Tochter der Celesio AG, welche ihrerseits über die Konzerntochter Gehe Pharma Handel GmbH ca. 18% aller deutschen Apotheken mit Medikamenten beliefert. Während die Celesio AG in der Vergangenheit, namentlich durch ihren Vorstandsvorsitzenden Fritz Oesterle, 103 stets das apothekenrechtliche Fremdnutzungsverbot verteidigte, 104 hat sie abseits der Öffentlichkeit anscheinend keine besondere Affinität zu diesem. 105 Vielmehr machen die aufgezeigten Verhältnisse deutlich, dass bereits heute versucht wird, über Umwege vertikal strukturierte „Quasi-Apothekenketten“ zu bilden. II. Versandhandelsbeteiligungsmodelle 1. Klassisches Versandhandelsmodell Durch die Zulässigkeit des Versandhandels mit Arzneimitteln besteht die Möglichkeit, einen Apothekensitz im europäischen Ausland zu wählen, in dem ein apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot, insbesondere ein Fremdbetriebsund Fremdgesellschaftsverbot, nicht besteht. Da dort die Einbindung Dritter in die Apothekenbetreiberstruktur weit weniger Probleme bereitet und trotzdem der deutsche Arzneimittelmarkt über den Versandweg beliefert werden kann, wird das Fremdnutzungsverbot mit Tolerierung des Gesetzgebers umgangen. 106
101 www.easyapotheke-partner.de/content/easy/leistungen.html (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009); apo-online 2/2007, 20 ff. 102 Allerdings sind gerade im Fall der „Avie Apotheken“ die Grenzen zum Dachmarkenmodell fließend. So wird dem „Avie Apotheker“ auch die Möglichkeit gelassen, seine alte Apothekenbezeichnung neben dem Avie-Logo beizubehalten. 103 Von Pieck, PZ 20/2007, 14/16, süffisant als „Ehrenapotheker“ bezeichnet. 104 So etwa in der FAZ v. 10. 8. 2006, 11: Der Vorstandschef der Celesio AG, Fritz Oesterle, über den Apothekenmarkt in Deutschland – „Regulieren wie die Zulassung von Ärzten“. 105 Daher verwundert es auch nicht, dass der Erwerb der Doc Morris N. V. durch Celesio in der Apothekerschaft mit den Worten „Dolchstoß“, „pharmazeutischer Staatsstreich“, „unerträgliche Variante des Großkapitalismus“ oder „Maske fallen gelassen“ kommentiert wurde, vgl. Pieck, PZ 20/2007, 14. 106 Beispielhaft für dieses Modell seien die Doc Morris N. V. mit Sitz in Heerlen, Niederlanden, sowie die Europa Apotheke B.V. mit Sitz in Venlo, Niederlanden genannt.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
2. Vermittlermodell – Pick up Modell Eine Variante des klassischen Versandhandels stellt der Versuch dar, sich Drittkapital durch die Zusammenarbeit mit großen Unternehmen des Einzelhandels, vornehmlich mit Drogerieketten, nutzbar zu machen. Hierbei wird dem Kunden ermöglicht, seine Arzneimittelbestellung in der Filiale des Einzelhändlers aufzugeben. 107 Dieser leitet sie daraufhin an den Versandapotheker weiter, bevor das Medikament von der Versandapotheke entweder an den Einzelhändler zur Abholung – daher die Bezeichnung „Pick-up Modell“ 108 – oder direkt an die Heimatadresse des Kunden geschickt wird. 109 Daneben wird über verlinkte Internetseiten und die Auslage von Mitnahmekatalogen in den Filialen der Einzelhändler Marketing für die Internetapotheken betrieben. Formal fungiert der Einzelhändler hier als Vermittler, wofür er durch den Apotheker zu vergüten ist. Tatsächlich versucht der Einzelhändler aber natürlich, auf diese Weise zumindest indirekt am Apothekenmarkt zu partizipieren. 110 Daneben möchte man sich für den Fall einer Liberalisierung des Apothekenmarktes gut aufgestellt wissen. Doch auch die Internetapotheken profitieren. Durch die Kooperation können sie ihren Bekanntheitsgrad steigern und kostengünstig Marktanteile hinzugewinnen. Durch die Nutzung der voll ausgebauten, engmaschigen Filialnetze der Einzelhandelskonzerne erreichen sie Käuferschichten, die ihnen bei der bloßen Vermarktung über das Internet verschlossen blieben. Denn gerade die ältere Generation ist mit den neuen Medien oft nur unzureichend vertraut, aufgrund ihres erhöhten Medikamentenbedarfs und der oftmals überdurchschnittlichen Kaufkraft jedoch besonders interessant. Insofern profitieren Einzelhändler und Versandapotheker in gleichem Maße von der Kooperation und erfreuen sich einer klassischen win-win Situation. Juristisch schwelen bei dieser Konstruktion neben der Umgehungsproblematik bezüglich des apothekenrechtlichen Fremd107 Teilweise beschränkt sich die Zusammenarbeit auch nur auf gemeinsame Werbeauftritte i. S. einer Weiterleitung auf die Internetpräsenz der Versandapotheke bzw. über den gemeinsamen Versand von Prospektmaterial und der Titulierung als Partnerapotheke. So z. B. bei der Kooperation zwischen „Rossmann“ und der „Deutschen Internetapotheke“ sowie „Müller“ und „mycare“. Insoweit fungieren die Drogisten tatsächlich nur als reiner Vermittler, während bei der Bestellung in der Filiale wie etwa bei „dm“ oder „Schlecker“ auch Logistikaufgaben übernommen werden. 108 Vgl. Rücker, PZ 21/2009, 14; Grossmann, PZ 21/2009, 42. 109 Bei „dm“ und „Schlecker“ bestehen beide Möglichkeiten, während beim „Rosmannmodell“ entsprechend dem Konzept einer „bloßen“ Werbepartnerschaft nur die Lieferung an die Heimatadresse angeboten wird. 110 Im Fall des Schleckerkonzerns findet sogar eine direkte Partizipation statt, da die in den Niederlanden ansässige Partnerapotheke Vitalsana eine 100% Tochter des Schleckerkonzerns ist, was aufgrund des im niederländischen Apothekenrecht unbekannten Fremdbetriebsverbots problemlos möglich ist; Hollstein, Schlecker startet leise, apotheke adhoc v. 11. 02. 2008, http://www.apotheke-adhoc.de/Nachrichten/Markt/1943.html (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009).
Kap. 2: Aktuelle Gesetzeslage
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nutzungsverbots noch Konflikte mit dem Rezeptsammelstellenverbot aus § 24 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) 111 sowie dem Versand- bzw. Versandhandelsbegriff in §§ 43 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a Arzneimittelgesetz (AMG) 112 und § 11a ApoG. Aufrund der unsicheren Rechtslage hatten entsprechende Kooperationen zunächst nur die „Europa Apotheke Venlo“ mit der „dmDrogeriemarktkette“ in Nordrhein-Westfalen 113 sowie die Drogeriekette „Rosmann“ mit der „Deutschen Internetapotheke“ verwirklicht. 114 Die auf eine Unvereinbarkeit der beschriebenen Konstruktionen mit den soeben benannten apotheken- bzw. arzneimittelrechtlichen Vorschriften gestützte Untersagungsverfügung der Stadt Düsseldorf gegen „dm-Drogerie“ hatte allerdings weder vor dem OVG Münster noch vor dem BVerwG Bestand. 115 So stellten die Gerichte fest, dass das Rezeptsammelstellenverbot im Bereich des 2003 zugelassenen Arzneimit111
Fassung v. 26. 09. 1995 (BGBl. I 1995, 1195); zuletzt geändert am 2. 12. 2008 (BGBl. I 2008, 2338): § 24 I ApBetrO: „Einrichtungen zum Sammeln von Verschreibungen (Rezeptsammelstellen) dürfen nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde unterhalten werden. Die Erlaubnis ist dem Inhaber einer Apotheke auf Antrag zu erteilen, wenn zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortsteilen ohne Apotheken eine Rezeptsammelstelle erforderlich ist. Die Erlaubnis ist zu befristen und darf die Dauer von drei Jahren nicht überschreiten. Eine wiederholte Erteilung ist zulässig.“ § 24 II ApBetrO: „Rezeptsammelstellen dürfen nicht in Gewerbebetrieben oder bei Angehörigen der Heilberufe unterhalten werden.“ 112 Fassung v. 12. 12. 2005 (BGBl. I 2005, 3394); zuletzt geändert am 23. 11. 2007 (BGBl. I 2007, 2631). § 43 I 1 AMG: „Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 [...] dürfen [...] berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden; das Nähere regelt das Apothekengesetz.“ § 43 III AMG: „Auf Verschreibung dürfen Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 nur von Apotheken abgegeben werden. § 56 Abs. 1 bleibt unberührt.“ § 73 I 1 Nr. 1a AMG: „Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung oder zur Registrierung unterliegen, dürfen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes [...] nur verbracht werden, wenn sie [...] im Falle des Versandes an den Endverbraucher [...] von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union [...], welche für den Versandhandel [...] befugt ist, entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel versandt wird“. 113 Über das Internet bzw. telefonisch ist auch eine Bestellung im restlichen Bundesgebiet möglich; vgl. zum „dm-Modell“: Köber, APR 2007, 85/86. 114 Kurzzeitig hatte die Tchibo AG mit der deutschen Versandapotheke „Sanicare“ zusammengearbeitet und Gutscheine in ihren Filialen verkauft, die der Kunde selbst beim Einkauf auf der Internetseite von „Sanicare“ oder telefonisch einlösen konnte. Ebenso fand sich ein Link auf der „Tchibo-Homepage“ zur „Sanicareseite“ bis Mai 2007, vgl. APR 3/2007, IV. 115 BVerwG, NVwZ 2008, 1238 ff.; OVG Münster, Urt. v. 7. 11. 2006, Az.: 13 A 1314/ 06. In der Folge sind zahlreiche neue Vermittlermodelle bzw. Pick Up Kooperationen geschlossen worden. So arbeiten inzwischen die „easy“ Versandapotheke mit der „Deutschen Post AG“; „Müller“ mit „mycare“ und die „Shell Deutschland Oil GmbH“ mit der neugegründeten „Apotank“ Versandapotheke zusammen, Rücker, PZ 21/2009, 14;
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
telversandhandels teleologisch zu reduzieren bzw. nicht einschlägig sei, da im Versandhandel zwangsläufig Rezeptsammelstellen wie etwa der Postbriefkasten benutzt werden müssten. 116 So entspreche die Abholung von Medikamenten im Drogeriemarkt einer Abholung an Packstationen oder sonstigen „pick up points“ und berge gegenüber dem klassischen Versandhandel kein erhöhtes Gefahrenpotenzial. 117 Daher könnten die Rezeptsammelboxen für Versandapotheken in Drogerien nicht als Rezeptsammelstelle i. S. d. § 24 ApoBetrO verstanden werden. Zudem würden besagte Vermittlermodelle dem gesetzgeberischen Anliegen, durch den Arzneimittelversand Einsparpotentiale zu erschließen und berufstätigen Patienten den Bezug von Arzneimitteln zu erleichtern, besonders gerecht. 118 Auch §§ 43 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a AMG, § 11a ApoG stünden der Ausgabe der durch die Versandapotheke gelieferten Arzneimittelpakete im Ladengeschäft des Vermittlers (etwa einer Drogerie) nicht entgegen. 119 Denn beschriebene Praxis bewege sich innerhalb des von §§ 43 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a AMG, § 11a ApoG zugelassenen Arzneimittelversands. Die Gerichte nahmen mithin eine weite Auslegung des Versandhandelsbegriffs vor, da „[...] im Bereich des Versandhandels fortlaufend und insbesondere derzeit verändernden Rahmenbedingungen [...] ursächlich dafür [seien], dass die Begriffe des Versandes und des Versandhandels im allgemeinen Sprachgebrauch mit unterschiedlicher Bedeutung Verwendung finden.“ 120 3. Outsourcing Modell Ein anderer Weg der indirekten Beteiligung an einer in Deutschland ansässigen Versandapotheke sind langfristige „Dienstleistungsverträge“. Hierbei lässt eine formal fremdbetriebskonforme, d. h. eine allein im Eigentum eines Apothekers stehende Versandapotheke den Vertrieb, den Einkauf und die Logistik durch ein Dienstleistungsunternehmen vornehmen, für das die apothekenrechtlichen Vorschriften keine Geltung beanspruchen können. Die für die Lagerung und Verpackung benötigten Räumlichkeiten stehen dabei typischerweise im Eigentum der Dienstleistungsgesellschaft. Die Verträge werden entsprechend langfristig
Hollstein, „Post sammelt Rezepte für easy Apotheke“, apotheke adhoc v. 9. 3. 2008, www .apotheke-adhoc.de/Nachrichten/Markt/2223.html (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 116 BVerwG, NVwZ 2008, 1238/1241; OVG Münster, Urt. v. 7. 11. 2006, Az.: 13 A 1314/06 Rn. 106 ff, 121, 126 (zitiert nach juris). 117 BVerwG, NVwZ 2008, 1238/1240; OVG Münster, Urt. v. 7. 11. 2006, Az.: 13 A 1314/06 Rn. 55 ff., 61 ff., 92 (zitiert nach juris). 118 BVerwG, NVwZ 2008, 1238/1240; BT-Drucks. 15/1525, 75, 165. 119 BVerwG, NVwZ 2008, 1238/1240; OVG Münster, Urt. v. 7. 11. 2006, Az.: 13 A 1314/06 Rn. 35, 105 (zitiert nach juris). 120 OVG Münster, Urt. v. 7. 11. 2006, Az.: 13 A 1314/06 Rn. 54 (zitiert nach juris).
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geschlossen, so dass eine dauerhafte indirekte Beteiligung an den erwirtschaften Erlösen der Apotheke gewährleistet ist. Beispielhaft für dieses Modell soll die „Zur Rose (Versand-)Apotheke“ in Halle genannt werden. Diese beschränkt ihre Tätigkeit auf das apothekenrechtliche Mindestmaß, indem sie allein den Verkauf (durch die automatische Internetverkaufssoftware), die telefonische Beratung und das Verpacken der Medikamente selbst vornimmt. Versand, Einkauf, Marketing sowie alle sonstigen mit dem Versandgeschäft zusammenhängende Tätigkeiten sind dagegen vollständig an die „Zur Rose Pharma GmbH“ ausgelagert. 121 Hier, ebenso wie bei deren Muttergesellschaft, der schweizerischen „Zur Rose AG“, ist die Approbation keine obligatorische Voraussetzung für einen Anteilserwerb. 122 III. Marketingvereine / Dachmarkenmodell Als Reaktion auf den zunehmenden Marktdruck im Apothekenwesen wurden gerade in jüngerer Zeit vermehrt sogenannte Apothekenkooperationen bzw. Kooperationsprogramme ins Leben gerufen. Diese Programme wurden und werden oftmals von Pharmagroßhändlern gegründet, vermarktet und anschubfinanziert. 123 Dies verwundert insofern nicht, als der Pharmagroßhändler meist doppelt von der Gründung einer solchen Kooperation profitiert. Er erzielt zum einen eine erhöhte Kundenbindung, da er den teilnehmenden Apotheken exklusive Rabatte einräumt, und partizipiert zum anderen als Eigner der Kooperationsgesellschaften bzw. des Kooperationsprogramms zugleich am Gewinn, welchen die Gesellschaft bzw. das Programm durch die Erhebung von Teilnahmegebühren und den Verkauf von Dienstleistungspaketen erwirtschaftet. Inzwischen haben die meisten dieser Kooperationen aus vermarktungstechnischen Gründen ihr eigenes Logo eingeführt, welches die teilnehmenden Apotheken neben ihrer bis121 Pressemitteilung der Zur Rose Versandapotheke v. 14. 11. 2006, abrufbar unter: http://www.zurrose.de/custom/docs/presse/ZurRose_Frau_Lindl.pdf (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009; www.finanznachrichten.de/nachrichten-2008-04/10479174-zur-rose -weiter-auf-wachstumskurs-006.htm (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 122 Die „Zur Rose AG“ ist in der Schweiz und Deutschland mit Tochtergesellschaften vertreten und setzt sich im Wesentlichen aus drei Geschäftsfeldern zusammen: Großhändler für Ärztebedarf aller Art, Generikaproduktion (Helvepharm) und Arzneimittelversand. Anteilsinhaber sind ausschließlich Ärzte, www.finanznachrichten.de/nachrichten -2008-04/10479174-zur-rose-weiter-auf-wachstumskurs-006.htm (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009); http://www.zur-rose.ch (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 123 So ist etwa die „Vivesco (Apothekenkooperations-) GmbH“ eine 100% Tochter des Pharmagroßhändlers „Andreae Noris Zahn AG“. Ebenso wird die A-Plus Apothekenkooperation von der A-Plus-Service GmbH organisiert, deren Gesellschafter diverse Pharmagroßhändler sind. Als Kundenprogramm ist dagegen die „meine Apotheke Kooperation“ für Kunden der Sanacorp AG bzw. die „Gesund Leben Kooperation“ für Kunden von der Gehe Pharma Handel GmbH konstruiert (sog. Commitment-Programm).
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
herigen Firmenbezeichnung führen können (sog. Dachmarke). Am bekanntesten dürfte die 2004 ins Leben gerufene Linda-Apothekengruppe sein, welche auf den bereits 1999 gegründeten Marketing Verein Deutscher Apotheker e.V. (MVDA) zurückgeht, der wiederum mit dem Pharmagroßhändler Phoenix zusammenarbeitet. 124 Im MVDA sind mittlerweile fast 3.500 Apotheker organisiert, wobei etwa die Hälfte hiervon sich der Linda-Apothekengruppe angeschlossen hat. Der MVDA versucht, insbesondere mit seiner Marke „Linda“ 125, durch ein einheitliches Auftreten nach außen sowie gezielte Werbemaßnahmen 126 den Umsatz seiner Mitglieder zu steigern. Juristisch handelt es sich bei Linda um eine „lose“, nicht rechtsfähige Dachmarkenvereinigung. Die Teilnehmer sind vertragliche Lizenznehmer des MVDA e.V. 127, der die Marke Linda managt und vermarktet. Im Grundsatz ähnelt das Dachmarkenkooperationsmodell damit einem Franchisesystem. Genau wie dort muss der Apotheker sich seine Teilnahme durch eine monatlich oder jährlich zu entrichtende Lizenz- bzw. Teilnahmegebühr erkaufen. 128 Auch werden ähnlich dem Franchisemodell gewisse Voraussetzungen an das äußere Erscheinungsbild einer Apotheke gesetzt und einheitliche Markensymbole verwendet, um den Wiedererkennungswert zu erhöhen. Im Unterschied zum Franchising bleibt beim Dachmarkenmodell die Apotheke in ihrer Außendarstellung jedoch zumindest teilweise noch eigenständig. Die individuelle Erscheinung des Apothekers soll durch die Marke nur ergänzt werden. Dagegen muss beim Franchising die Apotheke ihr individuelles Erscheinungsbild zugunsten der Corporate Identity vollständig aufgeben. 129 Die Apotheke unterliegt ganz den Vorgaben der Franchisezentrale. Dennoch wird auch beim Dachmarkenmodell die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit und Unabhängigkeit des Apothe124
N. N., Payback auf den Einkaufsrabatt, FAZ v. 9. 1. 2007, 9. Daneben gibt es noch zahlreiche weitere Kooperationen wie beispielsweise die „parmapharm GmbH“ mit der Marke „Gesund ist bunt“, die Torre GmbH mit der Marke „Natürlich Netzwerk“ oder die Partner-Apotheken-Netzwerk GmbH mit der Marke „Partner-Apotheke. Ein guter Überblick über die inzwischen mehr als 30 bundesweit agierenden Apothekenkooperationen (inkl. Franchisemodelle) findet sich in apo-online 2/2007, 22. 126 So arbeiten die Lindaapotheken beispielsweise mit der Loyality Partner GmbH (Payback) zusammen, die beim Kauf in einer Lindaapotheke dem Kunden „Bonuspunkte“ gutschreibt, die ab einem gewissen Wert in Form von Sachgegenständen oder wahlweise als Barauszahlung eingelöst werden können. Daneben werden im Rahmen des Paybackprogramms Werbekampagnen für die teilnehmenden Unternehmen durchgeführt. 127 Zwingende Voraussetzung für den Erhalt einer Lindalizenz ist dabei eine Mitgliedschaft im MVDA e.V. 128 Oftmals kommt noch eine Einmalzahlung hinzu. So kostet die Teilnahme an der Linda-Apothekengruppe 2.960 € Einmalzahlung plus 590 € Monatsbeitrag. Hinzu kommen noch die Kosten für die Mitgliedschaft im MVDA, welche für Linda-Apotheker obligatorisch ist. Diese belaufen sich aktuell auf einmalig 4.000 € und fortlaufend 26 € im Monat; vgl. MVDA-Broschüre: www. Mvda.de/daten/mvda_linda_info.pdf (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 129 Apo-online 2/2007, 20. 125
Kap. 2: Aktuelle Gesetzeslage
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kers eingegrenzt, indem er sich den Verhaltens- und Vermarktungsregeln der Dachmarkenkooperation unterwirft. Mag formal das Apothekeneigentum und die Apothekeninhaberschaft in der Person des Apothekers bei diesem Modell zusammenfallen, so ist materiell die Nähe der Dachmarkenkooperation zu einer unzulässigen Umgehung des Fremdnutzungsverbots nicht von der Hand zu weisen.
§ 3 Zulässigkeit der beschriebenen Umgehungsversuche Solange sich das „Outsourcing Modell“ auf die Erbringung von Einzelleistungen beschränkt, kann hierin kein Verstoß gegen die Wertungen des Apothekengesetzes erblickt werden. Indem der Apotheker die Arzneimittellagerung oder den Einkauf von einer Drittfirma durchführen lässt, übernehmen Berufsfremde zwar originäre Apothekeraufgaben. Dennoch darf das Fremdnutzungsverbot nicht dermaßen weit ausgelegt werden, dass dem Apotheker jegliche Inanspruchnahme berufsfremder Dienstleistungen untersagt ist. Hierfür fehlt es bereits an einer gesetzlichen Grundlage. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber „nur“ für die Untersagung ganz bestimmter Verträge und Vertragsgestaltungen entschieden, wie das Verpachtungsverbot und das Verbot partiarischer Vertragsgestaltungen belegen. Die Zulässigkeit des klassischen Versandhandelsmodells ergibt sich bereits aus dem Europarecht. So hat der EuGH in seiner Entscheidung zum Doc Morris Arzneimittelversand deutlich gemacht hat, dass jede in einem Mitgliedstaat zugelassene Apotheke unabhängig von ihrer Eigentümerstruktur dazu berechtigt ist, in einen anderen Mitgliedstaat Arzneimittel zu versenden und dies selbst dann, wenn sie im Empfängerstaat keine Zulassung erhalten hätte. 130 Konsequenterweise muss dies auch für das sogenannte Vermittlermodell gelten. Wie das Bundesverwaltungsgericht nämlich richtig erkannt hat, kann es keinen Unterschied machen, ob man von zu Hause aus via Internet eine Bestellung bei einer fremdbetriebenen Apotheke mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat aufgibt und im Anschluss die Arzneimittel über einen Logistiker zugestellt bekommt, oder ob man die Bestellung in einer Filiale eines Einzelhandelsunternehmens abgibt, die sie dann an die Versandapotheke weiterleitet. 131 Beim Dachmarkenmodell handelt es sich im Kern ebenfalls bloß um den Abschluss eines Dienstvertrages. Neben der Verpflichtung zu Marketingmaßnahmen und der Optimierung der Einkaufs- und Absatzbedingungen erwirbt der Apotheker mit Beitritt auch das Recht, unter einer Dachmarke zu firmieren. 130 131
EuGH, C-322/01, Slg. 2003, 14887. BVerwG, NVwZ 2008, 1238/1240.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Im Unterschied zum Franchising kommt es beim Dachmarkenmodell aber nicht zur Substitution des alten Apothekennamens durch die neue Marke, sondern zur Kumulation. Trotzdem wird man im Einzelfall Dachmarkenmodelle nach geltendem Recht für unzulässig zu erachten haben. Dies allerdings nur dann, wenn der Lizenzgeber durch stark überhöhte Gebühren und ein weitreichendes Dienstleistungsangebot in der Gesamtbetrachtung mit einem Fremdbetreiber gleichzusetzen ist, der über das „Feigenblatt“ Lizenzgebühr den Gewinn der Apotheke weitgehend abschöpft. Am kritischsten ist das Franchisekonzept zu hinterfragen. Im äußeren Erscheinungsbild gibt der Apotheker hier nämlich zugunsten einer Corporate Identity seine Eigenständigkeit vollkommen auf. Für den Kunden ist er somit als wirtschaftlich selbständiger Unternehmer nicht mehr erkennbar. Ferner unterwirft er sich nicht nur einem einheitlichen Marketingkonzept, sondern auch einem fremdbestimmten Vertriebskonzept mit einheitlicher Offizingestaltung und Geschäftsstrategie. 132 Wird zusätzlich noch durch außerordentlich hohe Lizenzgebühren der Gewinn der Apotheke abgeschöpft, handelt es sich letztlich um einen verkappten Fremdbetrieb. Aber auch bei relativ angemessener Entgeltvereinbarung führt die Unterwerfung unter eine „fremde“ Firmenphilosophie, Verkaufsstrategie, und Verwaltungssystematik regelmäßig zur Unzulässigkeit des Franchisekonzepts. 133 Denn hiermit gehen zumeist vertraglich Vorgaben einher, die den Apotheker in seiner pharmazeutischen Unabhängigkeit zumindest mittelbar wesentlich beeinträchtigen können. Die gilt natürlich erst recht, wenn, wie in aller Regel der Fall, dem Franchisegeber gegenüber dem Franchisenehmer Weisungsrechte eingeräumt sind. 134 Deutlich wird der Verstoß gegen die Wertungen des Apothekengesetzes bei einem Vergleich der stillen Beteiligung mit dem Franchisekonzept. Obwohl der typisch stille Gesellschafter so gut wie keine Mitwirkungsrechte bezüglich der Betriebsführung besitzt, 135 ist ihm die Beteiligung untersagt. Dann kann aber für den viel einflussreicheren, zumeist mit vertraglichen Kontroll- und Sanktionsrechten ausgestatteten Franchisegeber nichts anderes gelten. Trotzdem ist es bisher noch zu keiner richterlichen Überprüfung der zurzeit bestehenden Franchisekonzepte gekommen. Dies erstaunt, zumal der BGH im Jahre 2002 ein franchiseähnliches Konzept im sogenannten Stange-Fall für unzulässig erklärt hat, 136 obwohl die mit dem „Apothekenunternehmer“ Stange vertraglich mannigfaltig verbundenen Apotheker noch nicht einmal zur Übernahme einer Corporate Identity verpflichtet gewesen waren. Allerdings waren die Entgelte für die Dienstleistungen der „Stange-Gesellschaften“ zumindest mittelbar 137 variabel gestaltet, so dass das Urteil nicht eins zu eins 132 133 134 135 136
Giesler, in Büchting / Heussen, C 25 Rn. 7 f.; Martinek, S. 260 ff.; 427 ff. Im Ergebnis ebenso: Pfeil / Pieck / Blume, § 2 Rn. 46. Siehe auch: Teil 3 Kapitel 1 § 4. Schneider, in Hefermehl, FS Möhring, S. 115/120 f. BGH, MedR 2003, 301/303 f.
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auf die heutigen Franchisekonzepte übertragen werden kann. Gleichwohl lässt die in den Franchiseverträgen zu findende Pflicht zur Übernahme der Corporate Identity, zur Zahlung relativ hoher Lizenzgebühren sowie zur Befolgung der Vorgaben des Franchisegebers in Bezug auf die Offizin- und Arzneimittelpreisgestaltung 138 die heutigen Franchisekonzepte gegenüber dem Stange-Fall erst recht in einem kritischen Licht erscheinen, zumal in neuerer Zeit das OVG Sachsen 139 und das BSG 140 in obiter dicta die Bedenklichkeit von Franchisekonzepten im Gesundheitswesen explizit zum Ausdruck gebracht haben. Gleichwohl führt die Bezeichnung „Franchisevertrag“ nicht zwingend sogleich zur apothekenrechtlichen Unzulässigkeit. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit der Vertrag tatsächlich die Unabhängigkeit des Apothekers beeinträchtigt. Dabei ist vor allem auf die Verpflichtungen des Apothekers, auf Laufzeit und Kündigungsregelungen, auf die Höhe der Lizenzgebühr, auf die Vereinbarung von Ergebnisgarantien, Vertragsstrafen und Weisungsrechte des Franchisegebers zu achten. 141 In der Regel dürfte die Gesamtbetrachtung allerdings eine nach geltender Gesetzeslage unzulässige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit des Apothekers durch den Franchisevertrag zu Tage fördern.
137
Etwa durch einseitig festlegbare und jederzeit durchführbare Mietanpassungen. N. N., Das grüne Kreuz an der Kaiserstraße, FAZ v. 18. 10. 2007, 52. 139 OVG Sachsen, Urt. v. 8. 6. 2004, Az.: 2 B 468/03 Rn. 62 (zitiert nach juris). 140 BSG, MedR 2004, 114/116 f.; das Urteil erging allerdings noch vor Einführung der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft durch das VÄndG, so dass die in ihm aus der alten Rechtslage entwickelten Wertungen nur eingeschränkt weiterhin Geltung beanspruchen können, vgl. Teil 2 Kapitel 3 § 3. 141 Siehe Teil 3 Kapitel 1 § 4 B. III. 138
Problematisch, wenn das Modell sich zu sehr dem Franchising annähert.
Kapitalorientierte Investoren beteiligen sich mittelbar am Apothekenbetrieb, indem sie einer inhabergeführten „selbständigen“ Apotheke Betriebs- und Lagerräume gegen Entgelt zur Verfügung stellen und kaufmännische Aufgaben wie Einkauf, Buchhaltung, Marketing und Logistik übernehmen.
Das Dachmarkenmodell zeichnet sich durch die Mitgliedschaft von Apothekern in sog. Marketingvereinen aus, die i. d. R. von Pharmagroßhändlern ins Leben gerufen werden. Zielsetzung der Vereine ist zumeist die Optimierung der Einkaufsund Absatzbedingungen. Für die Verwendung der zu diesem Zwecke entwickelten Dachmarken hat der Apotheker häufig neben dem Mitgliedsbeitrag zusätzlich Lizenzgebühren zu entrichten.
Grundsätzlich zulässig.
Outsourcing-Modell
Dachmarkenmodell / Marketingverein
Grundsätzlich zulässig.
Beim sog. Vermittlermodell nutzt die Versandapotheke das Filialnetz von berufsfremden Gewerbetreibenden, um den eigenen Absatz zu erhöhen. In den Filialen der berufsfremden Unternehmer werden Rezeptannahme- und Arzneimittelausgabestellen installiert, wofür der Berufsfremde ein Entgelt erhält.
Vermittlermodell
Grundsätzlich zulässig.
Im europäischen Ausland ohne Fremdnutzungsverbot kann eine Apotheke mit Beteiligung Dritter in Betrieb genommen werden, die im Wege des Versandhandels auch auf dem deutschen Markt tätig werden darf.
Grundsätzlich unzulässig, da es den Wertungen des Apothekengesetzes, hier insbesondere §§ 7 S. 1, 8 S. 2 Alt. 1 ApoG, widerspricht.
Beim Franchisemodell gibt der Apotheker seinen individuellen Außenauftritt zugunsten eines einheitlichen Markenauftritts auf und unterwirft sich den Vorgaben des Franchisegebers bezüglich Sortiment, Marktauftritt, Organisations- und Betriebsstruktur, Marketing etc. Für das vom Franchisegeber entwickelte Betriebskonzept, Marketingleistungen und Einkaufsleistungen zahlt er eine Gebühr.
Klassische Versandhan- Franchise-Modell delsmodelle
Schaubild 2 Umgehungsversuche in der Praxis
60 Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Kap. 3: Apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot und Grundgesetz
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Kapitel 3
Vereinbarkeit des apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbots mit dem Grundgesetz Das Fremdnutzungsverbot als Produkt einfachgesetzlicher Normgestaltung schränkt den Apotheker in seiner von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübung – unter Umständen sogar in seiner Berufswahl 142 – nicht unerheblich ein. So wird dem noch nicht zugelassenen Apotheker zum einen verwehrt, als angestellter Apothekenverwalter (Provisor) eine Apotheke zu leiten, zum anderen werden seine Möglichkeiten beschnitten, sich mit wirtschaftlicher Hilfe berufsfremder Dritter in die Selbständigkeit zu wagen. Ebenso wird dem bereits zugelassenen Apothekeninhaber durch das Fremdnutzungsverbot die vertragliche und gesellschaftliche Kooperation mit Berufsfremden in vielfältiger Weise untersagt, 143 so dass sich auch dieser in seiner Berufsausübung betroffen sieht. Die im Fremdnutzungsverbot begründeten massiven Einschränkungen bei der Verwertbarkeit des Apothekeneigentums werfen zusätzlich Fragen nach der Vereinbarkeit mit Art. 14 Abs. 1 GG auf. Insbesondere ist die Perspektive berufsfremder Dritter, denen als Apothekeneigentümer eine wirtschaftliche Verwendung ihres Apothekeneigentums weitestgehend untersagt und auch sonst eine Beteiligung am Apothekenbetrieb verboten ist, bei der Prüfung der verfassungsrechtlichen Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots zu berücksichtigen. Daneben stehen berufsspezifische Verbote auch immer in einem potentiellen Konflikt mit Art. 3 Abs. 1 GG, so dass auch in dieser Richtung eine Überprüfung erfolgen muss. Das Bundesverfassungsgericht hatte sich bisher noch nicht unmittelbar mit dem Fremdnutzungsverbot zu beschäftigen, jedoch musste es bereits 1964 über die Zulässigkeit des Mehrbesitzverbots entscheiden. Aufgrund der engen Verwandtschaft von Fremdnutzungs- und Mehrbesitzverbot 144 – beide beruhen maßgeblich auf § 7 S. 1 ApoG – stand damit zumindest indirekt auch das Fremdnutzungsverbot auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand.
142 BVerfGE 7, 377/399; zur Frage der Qualifizierung des Fremdnutzungsverbots als Berufsausübungs- oder Berufswahlregelung eingehend: Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. III. 143 Zu denken ist hier nur an das Verbot des gemeinsamen Apothekenbetriebs zusammen mit Berufsfremden sowie den Abschluß betriebsrelevanter Veträge partiarischer Ausgestaltung. 144 Zuck / Lenz, S. 76, sprechen von Kehrseite, wenn sie das Verhältnis von Fremdnutzungs- und Mehrbesitzverbot beschreiben.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
§ 1 Das „Dritte Apothekenurteil“ des Bundesverfassungsgerichts Auslöser der Entscheidung 145 waren zwei Verfassungsbeschwerden betroffener Apotheker sowie ein Vorlagebeschluss des VG Hannover. 146 In concreto klassifizierte das Gericht das Mehrbesitzverbot als Berufsausübungsregel. Derjenige, der eine Apotheke gründen wolle, könne dies nämlich tun. 147 Des Weiteren sah das Gericht im Mehrbesitzverbot eine grundsätzlich zulässige Fixierung des Berufsbildes Apotheker. 148 Zwar sei Art. 12 Abs. 1 GG generell weit 149 zu verstehen und erfasse daher auch ungewöhnliche Berufe; dies ändere aber nichts an der (Regelungs-) Kompetenz des Gesetzgebers zur Fixierung typischer Berufsbilder. 150 Im Gegenteil müsse ihm hierbei ein Beurteilungsspielraum zugestanden werden. 151 Im Falle des Berufsbildes des Apothekers habe der Gesetzgeber ein im Wesentlichen der deutschen Überlieferung entnommenes Leitbild fixiert, das sich mit der Formel „Der Apotheker in seiner Apotheke“ zusammenfassen lasse. 152 Die Kompetenz zur Berufsbildfixierung kann aber nicht per se Eingriffe in Art. 12 Abs. 1 GG rechtfertigen. Vielmehr stellt die Fixierung selbst einen Eingriff dar und bedarf daher der Rechtfertigung. 153 Daher versuchte das BVerfG das Berufsbild letztlich auch mit der Erkenntnis zu rechtfertigen, „dass das Arzneimittel keine gewöhnliche Ware, sondern eines der wichtigsten Hilfsmittel der ärztlichen Kunst ist, um Krankheiten zu erkennen, zu heilen und ihnen vorzubeugen, Schmerzen zu lindern und darüber hinaus allgemein die Gesundheit zu fördern. [....] [Daneben sei das Arzneimittel aber] nicht nur heilsam, sondern kann – etwa durch Überdosen oder durch [...] Nebenwirkungen – auch scha145
BVerfGE 17, 232 ff. Teilweise wird BVerfGE 17, 232 ff. auch als „Zweites Apothekenurteil“ und BVerfGE 7, 377 ff. als „Erstes Apothekenurteil“ betitelt. Hierbei wird jedoch die zu den Apothekenstoppgesetzen ergangene Entscheidung BVerfGE 5, 25 ff. unterschlagen. 147 BVerfGE 17, 232/241. 148 Für die Rechtfertigung des Fremdnutzungsverbots auf die Berufsbildlehre zurückgreifend: Starck, Niederlassungsfreiheit, S. 37. 149 Gegen eine zu eng verstandene Berufsbildlehre und für ein grundsätzlich weites Verständnis des Art. 12 GG schon BVerfGE 7, 377/397 („Zweites Apothekenurteil“). 150 BVerfGE 17, 232/241, vgl. auch zur Berufsbildlehre BVerfGE 13, 97/106, 117. 151 BVerfGE 13, 97/106, 117 f.; vgl. zur inzwischen restriktiveren Haltung des Gerichts: BVerfGE 75, 166/180 f.; BVerfGE 94, 372/395 ff.; Terhechte, JuS 2002, 551 f.; Lorz, NJW 2002, 169/172. 152 BVerfGE 17, 232/238. 153 Pieroth / Schlink, Rn. 833; missverständlich bzgl. des Fremdnutzungsverbots Starck, Niederlassungsfreiheit, S. 37, der zunächst behauptet, Berufsfremde könnten sich nicht auf Art. 12 I GG berufen, dann aber doch in die Rechtfertigungsprüfung einsteigt. 146
Kap. 3: Apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot und Grundgesetz
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den.“ 154 Aus dieser Eigenart folge, so das BVerfG, dass beim Apotheker „das Streben nach Gewinn, wie es sonst der gewerblichen Wirtschaft eigen ist, [zurücktreten müsse]“. 155 Daneben würde das Leitbild des „Apothekers in seiner Apotheke“ auch dem wirtschaftpolitischen Ziel der Förderung des Mittelstandes in besonderem Maße gerecht werden und fördere die Freiheit des Einzelnen zur wirtschaftlichen Entfaltung. Das Leitbild verhindere nämlich eine Konzentration im Apothekenwesen und sichere damit den selbständigen, freiberuflichen Charakter der Apothekerschaft gerade auch für den „Apothekernachwuchs“. 156 Dieselben Gründe sprächen auch für eine Vereinbarkeit der §§ 7 S. 1 und 9 Abs. 1 ApoG mit Art. 14 Abs 1 GG. 157 Im Übrigen könne das Mehrbetriebsverbot Art. 14 Abs. 1 GG schon deshalb nicht verletzen, da dem Apotheker nichts genommen werde, was er schon besitze. Vielmehr werde nur die Möglichkeit zur Nutzung weiterer Erwerbschancen beschränkt. 158 Im Ergebnis befand das Bundesverfassungsgericht, dass das Berufsbild vom „Apotheker in seiner Apotheke“ sich im Rahmen des gesetzgeberischen Beurteilungsspielraums bewege und damit das Mehrbesitzverbot als verfassungskonform anzusehen sei.
A. Bedeutung des Urteils für die aktuelle Bewertung des apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbots Primär ging es im dritten Apothekerurteil zwar um die Verfassungsmäßigkeit des Mehrbetriebverbots, jedoch nahm das Gericht indirekt auch Stellung zum Fremdnutzungsverbot, indem es nicht das Leitbild vom „Apotheker in einer“, sondern das Bild vom „Apotheker in seiner Apotheke“ zeichnete. Ausdrücklich verweist das Gericht im Rahmen seiner Ausführungen zum Berufsbild darauf, dass sich „die Verantwortung für die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe auf Grund besonderer beruflicher Befähigung mit der privatwirtschaftlichen Funktion des Inhabers des Apothekenbetriebs [in der Person des selbständigen Apothekers vereinige]“. 159 Hieraus kann nur geschlossen werden, dass das Bundesverfassungsgericht seinerzeit auch das Fremdnutzungsverbot billigte. Gleichwohl war dieses natürlich nicht Teil des Tenors. Die Bedeutung des Urteils für die heutige verfassungsrechtliche Bewertung des Fremdnutzungsverbots hängt damit maßgeblich von der Bindungswirkung des Urteils ab. Sollte nämlich die verfassungsrechtliche Bewertung des im Apothekengesetz vorgezeichneten Leitbildes des „Apothekers in seiner Apotheke“ durch das Urteil des Gerichts für 154 155 156 157 158 159
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
17, 17, 17, 17, 17, 17,
232/238 f. 232/239. 232/243. 232/248. 232/248. 232/238 f.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
„alle Zeit“ geklärt sein, ist die Frage nach der Verfassungswidrigkeit des Fremdnutzungsverbots im Kern obsolet. Verfassungsrechtlich fragwürdig wäre allein, ob auch die konkrete Ausgestaltung des Fremdnutzungsverbots mit der Verfassung in Einklang steht oder ob nicht etwa weitergehende Ausnahmeregelungen verfassungsrechtlich geboten wären. 160
B. Bindungswirkung Gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG sind Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts für Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden verbindlich. 161 Sie haben nach § 31 Abs. 2 BVerfGG in den Fällen des Art. 100 GG, § 13 Nr. 11 BVerfGG (konkrete Normenkontrolle) stets und in Fällen des § 13 Nr. 8a BVerfGG (Verfassungsbeschwerde) partiell sogar Gesetzeskraft, wirken mithin inter omnes. 162 Die Gesetzeskraft ist im Falle des § 13 Nr. 8a BVerfGG auf die Erklärung der Nichtigkeit bzw. Verfassungswidrigkeit des inzident angegriffenen Gesetzes beschränkt, § 31 Abs. 2 S. 2 BVerfGG. 163 Für die übrigen Teile des Tenors einer Verfassungsbeschwerde bleibt es dagegen bei der Anwendung des § 31 Abs. 1 BVerfGG. In dessen Anwendungsbereich soll sich – jedenfalls nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts – die Bindungswirkung sowohl auf den Tenor als auch auf die tragenden Entscheidungsgründe beziehen. 164 Geht der Tenor einer Verfassungsbeschwerde daher über die „bloße“ Erklärung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes hinaus, unterfallen auch die tragenden Entscheidungsgründe der Bindungswirkung. Da der Tenor von BVerfGE 17, 232 sich nicht auf die Erklärung der Verfassungsmäßigkeit von § 3 Abs. 5 a. F. ApoG (Mehrbesitzverbot) beschränkt, sondern auch in Nr. 2 des Tenors die Verfassungsbeschwerden zurückweist, 165 entfaltet die Entscheidung mithin eine umfassende Bindungswirkung. Daher wird zwar nicht das Fremdnutzungsverbot direkt, 166 sehr wohl aber das normative Rückrat 160
Vgl. Zuck / Lenz, S. 43 f. Ausgenommen ist hiervon aus Gründen der Gewaltenteilung und des Demokratieprinzips regelmäßig der Gesetzgeber, BVerfGE 77, 84/103 f.; Ziekow, NVwZ 1995, 247/248 m.w. N. 162 Die Bindungswirkung stellt mithin ein aliud zur materiellen Rechtskraft dar, indem sie über deren inter partes Wirkung hinausgeht, vgl. Ziekow, NVwZ 1995, 247. 163 Lechner / Zuck, § 31 Rn. 37; Schulze-Fielitz, in Dreier / Badura, FS 50 Jahre BVerfG, S. 385/395; Rupp, in Bachof, FS Kern, S. 403/409. 164 BVerfGE 40, 88/93 f.; Schulze-Fielitz, in Dreier / Badura, FS 50 Jahre BVerfG, S. 385/390 m.w. N; zur gegenteiligen Auffassung in der Literatur: Kerbusch, S. 211 f.; Bettermann, DVBl. 1982, 91/95. 165 Der Tenor des BVerfGE 17, 232 ff. lautete: „1. § 3 Nr. 5 des Gesetzes über das Apothekenwesen vom 20. August 1960 (Bundesgesetzbl. I 697) ist mit dem Grundgesetz vereinbar. 2. Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.“ 161
Kap. 3: Apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot und Grundgesetz
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von Mehrbesitz- und Fremdnutzungsverbot, das Leitbild vom „Apotheker in seiner Apotheke“ als tragender Entscheidungsgrund der BVerfGE 17, 232 von der Bindungswirkung erfasst. Allerdings ist zu beachten, dass eine Beurteilung immer nur auf Grundlage des gegenwärtigen Erkenntnis- und Erfahrungsstandes vorgenommen werden kann, 167 so dass die Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG in ihrer zeitlichen Dimension nicht absolut verstanden werden darf. 168 Daher ist heute anerkannt, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Bindungswirkung durchbrochen werden kann. 169 So können neu entstandene oder neu bekanntgewordene Tatsachen, eine gewandelte Rechtsauffassung oder auch ein grundlegender Wandel in den allgemeinen Lebensverhältnissen eine abweichende Beurteilung rechtfertigen. 170 Als neue Tatsache werden in diesem Zusammenhang auch Gesetzesänderungen qualifiziert. Gerade hinsichtlich des Mehrbesitzverbots wurde aber das Apothekengesetz 2003 liberalisiert. 171 Damit ist nach oben Gesagtem BVerfGE 17, 232 die Entscheidungsgrundlage entzogen worden, so dass die Bindungswirkung schon aus diesem Grunde entfallen muss. Zudem sind seit 1964 mehrere weit reichende Liberalisierungswellen über einen Großteil der freien Berufe hinweggebrochen. Insbesondere die Legalisierung des Versandhandels mit Arzneimitteln, die Einführung integrierter Versorgungsmodelle sowie die Entwicklung des Medizinischen Versorgungszentrums als umfassende ambulante Versorgungsform haben auch für Apotheker die Rechts- und Geschäftslage merklich verändert. Daneben hat aufgrund des demographischen Wandels der Kostendruck auf das gesetzliche Krankenversicherungssystem erheblich zugenommen. Kurzum: Die Sach- und Rechtslage hat sich seit BVerfGE 17, 232 aus dem Jahre 1964 massiv verändert. Daher verwundert es nur wenig, dass sich die Rechtsauffassungen bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der apothekenrechtlichen Beschränkungen seit Mitte der neunziger Jahre stark im Wandel befinden. 172 Folglich muss eine vollständige Neubewertung des apothekenrechtlichen Leitbildes vorgenommen werden. 173 166
Schiedermair / Pieck, Gr. V. 1.; § 3 Rn. 40. BVerfGE 65, 1/55. 168 Vgl. hierzu allgemein Baumeister, S. 183 ff.; Terhechte, JuS 2002, 551; konkret zum Mehrbesitzverbot ausführlich Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 25 ff.; Zuck / Lenz, S. 86 ff. 169 BVerfGE 34, 269/288 f.; BVerfGE 88, 203/209 f.; Mayer, S. 112 ff., 126 ff., 134 ff.; Baumeister, S. 181 m.w. N. 170 BVerfGE 33, 199/204. 171 Siehe Anhang, Allg. Begriffsbestimmungen. 172 Dies räumen auch Zuck / Lenz, S. 50, ein. Zum Wandel selbst ferner: Taupitz, Fremdund Mehrbesitz, S. 31 ff.; U. Becker, S. 64 f.; BGH, MedR 301, 303, der jedoch nur Bedenken bezüglich der Verfassungsmäßigkeit des Mehrbesitzverbots äußert, dagegen das Fremdnutzungsverbot nicht in Frage stellt. 167
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C. Zusammenfassung der für das Fremdnutzungsverbot relevanten Entscheidungsgründe Aufgrund der Tatsache, dass das „dritte Apothekenurteil“ Erwägungen zum Mehrbesitzverbot enthält, die auf die verfassungsrechtliche Bewertung des Fremdnutzungsverbots übertragbar sind, 174 hat das Urteil für die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Fremdnutzungsverbots bzw. des Leitbildes vom „Apotheker in seiner Apotheke“ besondere Bedeutung. Daher sollen hier nochmals die wichtigsten Entscheidungsgründe im Hinblick auf das Fremdnutzungsverbot aufgeführt werden: − Aufgrund der einem Arzneimittel innewohnenden Gefahren für den Menschen müsse das Streben nach Gewinn bei einem Apotheker zurücktreten. − Das Leitbild vom „Apotheker in seiner Apotheke“ sichere die Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortlichkeit des Apothekers. Schließlich biete nur der (wirtschaftlich) unabhängige Apotheker Gewähr dafür, dass trotz des natürlichen Gewinninteresses eines jeden Apothekenbetreibers die öffentliche Aufgabe einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung erfüllt wird. − Das Fremdnutzungsverbot schützt den Mittelstand, indem es Apothekenketten verhindert und die Niederlassungsfreiheit insbesondere hinsichtlich des Apothekernachwuchses mittelbar fördert. − Das Fremdnutzungsverbot dient der Sicherung des freiberuflichen Charakters der Apothekertätigkeit.
§ 2 Neubewertung des apothekenrechtlichen Leitbildes in Bezug auf das Fremdnutzungsverbot A. Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG Artikel 12 Abs. 1 GG ist als einheitliches Grundrecht zu verstehen, d. h. es werden sowohl die Berufswahl als auch die Berufsausübung vom Grundrecht geschützt und dem Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG unterstellt. 175 Mithin können Berufswahl, aber auch die Berufsausübung durch Gesetz eingeschränkt werden, sofern dieses selbst verfassungsgemäß ist, d. h. insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht. 173 174 175
So auch Becker, S. 64 f. Schiedermair / Pieck, Gr. V. 1. BVerfGE 86, 26/40.
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I. Betroffenheit der Berufsfreiheit der Apotheker Dass das Fremdnutzungsverbot Apotheker in ihrer Berufsfreiheit tangiert, ist offensichtlich und wurde bereits dargestellt. 176 II. Betroffenheit der Berufsfreiheit berufsfremder Dritter Hinsichtlich der Betroffenheit der Berufsfreiheit berufsfremder Dritter ist zu differenzieren: Eine Beteiligung als typisch stiller Gesellschafter bzw. partiarischer Vertragspartner beschränkt sich auf eine rein passive Kapitalbeteiligung ohne jegliche aktive Tätigkeit für das Unternehmen Apothekenbetrieb. 177 Das Aktive, auf Dauer angelegte Tätigwerden ist jedoch elementarer Bestandteil der Berufsdefinition des Bundesverfassungsgerichts, nach der unter Beruf jede auf Dauer angelegte, erlaubte 178 Tätigkeit zu verstehen ist, die in ideeller oder materieller Hinsicht der Erhaltung oder Schaffung einer Lebensgrundlage dient. 179 Mithin können sich berufsfremde Dritte mit ihrem Wunsch nach einer stillen Beteiligung an einer Apotheke bzw. nach Abschluss eines partiarischen Vertrages mit einem Apotheker grundsätzlich nicht auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen. 180 Eine Ausnahme wird hiervon aber dann zu machen sein, wenn der Berufsfremde in „großem Stil“ stille Beteiligungen eingeht bzw. partiarische Miet- oder Darlehensverträge abschließt, im Ergebnis also ein Beteiligungs-, Vermietungs- oder Finanzierungsunternehmen betreibt, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestreitet. Hier handelt es sich nämlich nicht mehr um eine „bloße Kapitalanlage“, bei der sich die Tätigkeit im Wesentlichen auf den einmaligen Erwerbsakt beschränkt und die anfallende Verwaltungsarbeit als unbedeutende Nebentätigkeit qualifiziert werden kann. Vielmehr erfüllen die gewerbliche Finanzierung in Form der Beteiligung als stiller Gesellschafter oder eines partiarischen Darlehens sowie die gewerblich betriebene partiarische Vermietung alle Berufsmerkmale, so dass das Verbot aus § 8 S. 2 ApoG die Berufsfreiheit besagter Unternehmer betrifft. Genauso wird man atypischen stillen Beteiligungsmodellen, in denen dem stillen Gesellschafter vertraglich so umfangreiche Mitwirkungsrechte eingeräumt sind, dass eine Abgrenzung zu aktiven Gesellschaften kaum möglich ist, den Schutz von Art. 12 Abs. 1 GG nicht versagen können. 176
Siehe Teil 1 Kapitel 3 am Anfang. Vgl. K. Schmidt, GesR, § 62 II 2; IV 2; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 4.10, 4.25. 178 Dieses Merkmal wird von der h. L. mit guten Gründen abgelehnt und auch in der Rtspr. des BVerfG nicht einheitlich verwandt; Jarass, in Jarass / Pieroth, Art. 12 Rn. 7; Scholz, in Maunz / Dürig, Art. 12 Rn. 18; BVerwGE 96, 293/296 f.; wohl auch BVerfGE 98, 265/297. 179 BVerfGE 102, 197/212; BVerfGE 105, 252/265; BVerfGE 110, 304/321. 180 Hier ist aber regelmäßig Art. 14 I GG einschlägig, vgl. Teil 1 Kapitel 3 § 2 B. I. 3. und Teil 1 Kapitel 3 § 2 B. II. 2. 177
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Im Kern identisch zu § 8 S. 2 ApoG stellt sich die Situation beim Verpachtungsverbot aus § 9 Abs. 1 ApoG dar. Auch hier wird zu Recht bezweifelt, dass das Verpachten von Art. 12 Abs. 1 GG erfasst ist. 181 Entgegen Hoffmann kann die Nichteröffnung des Schutzbereichs des Art. 12 Abs. 1 GG aber nicht im Allgemeinen und für alle Fälle der Verpachtung gelten und liegt auch nicht darin begründet, dass es kaum denkbar sei, dass sich der Apothekenverpächter zu einem allgemein anerkannten Berufsbild entwickeln könnte. 182 Denn zum einen erfasst der Berufsbegriff nicht nur traditionell oder rechtlich fixierte Berufsbilder, sondern auch neue, untypische Betätigungen, 183 und zum anderen ist kein Grund ersichtlich, warum die gewerblich, in großem Stil betriebene Verpachtung von Apotheken keine berufliche Tätigkeit darstellen sollte. Die Berufsdefinition ist jedenfalls bei entsprechendem Umfang der Tätigkeit erfüllt, und auch die Praxis zeigt, dass reine Verpachtungsunternehmen heutzutage keine Seltenheit mehr sind. 184 Diesen die Berufsfreiheit zu versagen ist mit einem zeitgemäßen und umfassenden Grundrechtschutz schlicht nicht vereinbar. 185 Handelt es sich bei der Verpachtung daher nicht nur um die Nutzung einer Apotheke als Kapitalobjekt, sondern (aufgrund des Umfangs) um eine auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Lebenserhaltung, ist Art. 12 Abs. 1 GG einschlägig. Diffiziler ist dagegen die Frage, ob sich der Berufsfremde bei seinem Wunsch, eine eigene Apotheke mittels angestelltem Apothekenleiter zu betreiben, auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann. 186 Dies hängt maßgeblich davon ab, ob der Beruf des fachfremden Apothekenbetreibers als Beruf i. S. d. Art. 12 Abs. 1 GG qualifiziert werden kann. Krüger verneint dies kategorisch, da eine bloße Inhaberschaft an einem Unternehmen, die auf dessen Halten und auf die Vereinnahmung von Gewinnen beschränkt ist, nicht als Beruf verstanden werden könne. 187 Hierbei wird jedoch verkannt, dass das Betätigungsfeld des berufsfremden Apothekeninhabers keineswegs auf ein bloßes Halten des Unternehmens beschränkt sein muss, sondern es zu einer Trennung von pharmazeutischer und wirtschaftlicher Leitung der Apotheke kommen kann, bei der der berufsfremde Apothekeninhaber als Leiter des wirtschaftlichen Sektors der Apotheke(n) sich mit der Finanzierung, der Verwaltung, der Bilanzierung, der Werbung, dem Einkauf und 181 Hoffmann, § 9 Rn. 23, ebenfalls zweifelnd, im Ergebnis aber bejahend: BVerwG, NJW 1994, 2430/2432. 182 Hoffmann, § 9 Rn. 23. 183 BVerfGE 7, 377/397. 184 Vgl. etwa: www.Firmendb.de/branchenbuch/branche_70.20.1.php (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009) 185 Zur Weiterentwicklung und Dimensionserweiterung der Grundrechte, Dreier, in Dreier, Vorb. Rn. 18, 43 m.w. N.; vgl. zuletzt BVerfGE 120, 274 ff. 186 Ob der Berufsfremde die Apotheke allein oder als Gesellschafter i. S. d. § 8 S. 1 ApoG mit anderen zusammen betreiben will, ist für die Beantwortung gleichgültig. 187 Krüger, S. 61.
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vielem mehr zu beschäftigen hat. So betrachtet ist die Definition des Berufes, insbesondere auch das Merkmal der auf Dauer angelegten Tätigkeit, sehr wohl erfüllt. Tatsächlich kommt es daher auf etwas anderes an; nämlich auf die Frage, ob der als Fremdbetriebsverbot benannte zwingende Zusammenhang zwischen Approbation und Apothekenbetreiber- bzw. Inhaberstellung eine zulässige Fixierung des Berufsbildes Apotheker darstellt. 188 Denn solange die wirtschaftliche Apothekenleitung gesetzlich fixierter elementarer Bestandteil des Apothekerberufes ist, ist kein Platz mehr für ein davon zu unterscheidendes Berufsbild des Apothekenbetreibers bzw. -inhabers. Vielmehr handelt es sich dann nur um einen Teilaspekt des bereits bestehenden Berufsbildes des Apothekers, dessen Ausübung vom Ablegen der subjektiven Zulassungsschranke Approbation abhängt. Dies ist der Hintergrund, wenn Krüger dem am Apothekenbetrieb interessierten Berufsfremden unter anderem deshalb den Schutz von Art. 12 Abs. 1 GG versagen will, weil dieser ja nicht daran gehindert werde, sich zum Apotheker ausbilden zu lassen und anschließend niederzulassen, um den Apothekerberuf auszuüben. 189 Bei dieser Argumentation bleibt aber unberücksichtigt, dass die aus Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich anzuerkennende (Regelungs-)Kompetenz des Gesetzgebers zur Fixierung typischer Berufsbilder 190 nicht schrankenlos gewährleistet werden darf, wenn der Grundrechtsgehalt des Art. 12 Abs. 1 GG nicht zur völligen Disposition des einfachen Gesetzgebers gestellt werden soll. 191 Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich betont, dass Art. 12 Abs. 1 GG auch neue, untypische Betätigungen erfasst 192 und daher die Fixierung von Berufsbildern stets als Eingriff zu verstehen ist, welcher der Rechtfertigung bedarf. 193 Folglich kann sich auch der Berufsfremde auf Art. 12 Abs. 1 GG mit dem Argument berufen, dass ihm die Betätigung als Apothekenbetreiber im Sinne eines wirtschaftlichen Leiters einer oder mehrerer Apotheken aufgrund des Approbationserfordernisses von der Erfüllung einer subjektiven Zulassungsvoraussetzung abhängig gemacht wird. 194 Umgekehrt ist eine Berufung auf Art. 12 Abs. 1 GG 188
Dies bejahend, Starck, Niederlassungsfreiheit, S. 37. Krüger, S. 61, wobei aus den Ausführungen nicht eindeutig hervorgeht, ob er bereits den Schutzbereich für nicht eröffnet erachtet oder den Eingriff in Art. 12 I GG „nur“ als gerechtfertigt ansieht. 190 BVerfGE 17, 232/241; vgl. zur Entwicklung der Berufsbildlehre BVerfGE 13, 97/106 f.; BVerfGE 80, 269/279; BVerfGE 94, 351; BVerfG, JZ 1998, 1062 f.; kritisch: Auer, S. 23 ff.; 32 ff. m.w. N.; Rupp, AöR 92 (1967), 212/221 f. 191 Rupp, AöR 92 (1967), 212/221 ff. 192 BVerfGE 7, 377/397. 193 BVerfGE 21, 173/180; 75, 246/266 f.; 97, 12/32 ff.; Wieland, in Dreier, Rn. 52, 83; Pieroth / Schlink, Rn. 833. 194 A. A. ohne nähere Begründung Starck, Niederlassungsfreiheit, S. 37. 189
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mangels dauerhafter Tätigkeit dagegen dann ausgeschlossen, wenn der berufsfremde Apothekeneigner sich lediglich kommanditistengleich auf rudimentäre Kontrollbefugnisse beschränkt und die wirtschaftliche Leitung ansonsten vollständig dem angestellten Apotheker überlassen möchte. Zusammenfassend lässt sich mithin festhalten, dass sich auch der Berufsfremde immer dann auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann, wenn seine Tätigkeit, welche im Zusammenhang mit der Apothekenbeteiligung steht, die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Definitionsmerkmale des Berufsbegriffs erfüllt. III. Das Fremdnutzungsverbot als Berufswahl- oder Berufsausübungsregel? Ob es sich bei dem Fremdnutzungsverbot um eine Berufswahl- oder Berufsausübungsschranke handelt, ist bisher nur angeschnitten worden. 195 Bedeutung kommt dieser Frage im Rahmen der Rechtfertigung bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu. Nach der vom BVerfG im „Zweiten Apothekerurteil“ entwickelten „Drei-Stufen Theorie“ sind Eingriffe in die Berufswahl nämlich besonders intensiv und daher nur aus wichtigen bzw. im Falle einer objektiven Berufswahlregelung sogar nur aus überragend wichtigen Gründen des Allgemeinwohls zu rechtfertigen, 196 während Berufsausübungsregeln bereits durch jegliche Gemeinwohlbelange gerechtfertigt werden können. Das Bundesverfassungsgericht hat sich bisher nur zum Mehrbesitzverbot äußern müssen und ohne tiefer gehende Begründung dieses als Berufsausübungsregel qualifiziert. 197 Diese Einstufung kann für das Fremdnutzungsverbot nicht ohne weiteres übernommen werden. Für den Berufsfremden, der als Apothekenbetreiber bzw. Apothekenunternehmer sein Apothekeneigentum durch Anstellung eines approbierten Apothekenverwalters nutzen möchte, stellt das Fremdnutzungsverbot nämlich eine subjektive Berufswahlregelung dar, 198 indem es den Apothekenbetrieb zwingend vom Vorliegen einer Approbation beim Betreiber abhängig macht. Handelt es sich dabei um eine juristische Person, kann sogar von einer objektiven Berufswahlregelung gesprochen werden, da eine juristische Person qua natura keine Approbation und damit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ApoG keine Betriebserlaubnis erwerben kann. 199 195
Vgl. Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. II. BVerfGE 7, 377/405 ff. 197 BVerfGE 17, 232/241; siehe auch: Teil 1 Kapitel 3 § 1. 198 Ebenso: Wulffius, S. 94; Klahn / Klahn, ZESAR 2005, 124/127. 199 BGH, NJW 1994, 786/787; Gesellensetter, S. 227; Werner, S. 273; Taupitz, NJW 1996, 3033/3039; Rieger, MedR 1995, 87/88; kritisch BayVerfGH, NJW 2000, 3418/ 3419; Burk, S. 186 f.; a. A. Kiefer, S. 40 f. 196
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Schwieriger ist die Einordnung hinsichtlich der Apotheker. Zwar darf der zugelassene Apothekenbetreiber wegen §§ 7 S. 1, 13 Abs. 1 ApoG, § 2 Abs. 1, 5 und 6 ApBetrO seine Apotheke ebenfalls nicht dauerhaft verwalten lassen; deshalb bleibt ihm der Beruf des Apothekenbetreibers aber keineswegs verschlossen. So gesehen wäre also von einer Berufsausübungsregel auszugehen. Nimmt man dagegen die Perspektive der (noch) nicht zugelassenen Apotheker ein, kann man aber auch den Standpunkt vertreten, dass das Fremdnutzungsverbot die Berufswahl als Apothekenleiter im Angestelltenverhältnis untersagt und es sich daher auch in Bezug auf Apotheker um eine Berufswahlregelung objektiven Charakters handelt. 200 Stützen ließe sich diese These auf das zweite Apothekenurteil des Bundesverfassungsgerichtes, in dem es in Übereinstimmung mit dem Bundesverwaltungsgericht den Unterschied zwischen selbständigen und unselbständigen Apothekern als so wesentlich erachtete, dass es von einer Beschränkung der Berufswahl ausging. 201 Im Ergebnis mag eine endgültige Klassifizierung dahinstehen. Denn die Unterscheidung zwischen Berufswahl- und Berufsausübungsregelung ist letztlich nur gradueller Natur; die Übergänge sind fließend. Entscheidend ist vielmehr die Eingriffsintensität, die im Rahmen jeder Verhältnismäßigkeitsprüfung besondere Aufmerksamkeit verdient. Nicht umsonst hat das BVerfG daher auch in jüngerer Zeit von einem expliziten Verweis auf seine „Drei-Stufen-Theorie“ abgesehen und die Intensität des Eingriffs in den Vordergrund gerückt. 202 Die als Ursprung und Extrakt der Drei-Stufentheorie bekannte Formel – je höher die Eingriffsintensität, umso höhere Anforderungen sind an eine Rechtfertigung zu stellen 203 – stellt daher bei der Beurteilung des Fremdnutzungsverbots das maßgebliche Kriterium dar. IV. Verhältnismäßigkeit des Fremdnutzungsverbots 1. Zwecksetzung des Fremdnutzungsverbots Entscheidend ist demnach die Verhältnismäßigkeit des Fremdnutzungsverbots bzw. des Leitbildes vom Apotheker in seiner Apotheke. Das Verbot bzw. das Leitbild müsste also einem legitimen Ziel dienen und zur Erreichung dieses Zieles geeignet, erforderlich und angemessen sein. 204 Auch wenn Wulffius gestützt auf die stenographischen Berichte der Bundestags- und Ausschussverhandlungen 205 die Vermutung äußert, dass die Väter des Apothekengesetzes bei 200
So etwa Schefold, JZ 1967, 92/94. BVerfGE 7, 399; BVerfGE 21, 245/249; BVerwGE 4, 167/170. 202 BVerfG, NJW 2003, 879 ff.; BVerfG, NJW 2002, 3091 f.; BVerfG, NJW 2001, 1926 f.; R. Schmidt, Rn. 795, 805. 203 Vgl. BVerfG, NJW 1996, 3067 f.; Papier, in Benda et al., S. 800/822 m.w. N. 204 R. Schmidt, Rn. 169; Michael, JuS 2001, 148 ff. 201
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Schaffung des Fremdnutzungsverbots wohl weniger an gesundheitspolitische Erwägungen dachten, 206 als vielmehr der durch das Bundesverfassungsgericht mit dem zweiten Apothekerurteil eingeführten Niederlassungsfreiheit wirtschaftspolitisch gegensteuern wollten, 207 soll das Verbot primär dem Gesundheitsschutz dienen. Deutlich wird dies bereits in § 1 Abs. 1 ApoG, nach dem „Apotheken [...] die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung [obliegt].“ In die gleiche Richtung formuliert § 1 BApO: „Der Apotheker ist berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen. Er dient damit der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes.“ Hier manifestiert sich präambelgleich zum einen der Leitgedanke des Apothekengesetzes, zum anderen die (scheinbare) Rechtfertigung für die zahlreichen Freiheitsbeschränkungen des Apothekengesetzes. Ferner finden sich in der Gesetzesbegründung zu dem 1980 neu eingefügten § 8 S. 2 ApoG konkrete gesundheitspolitische Erwägungen und Gefahrszenarien. 208 So sieht der Gesetzgeber die von kommerziellen, sachfremden Erwägungen unbeeinflusste Arzneimittelabgabe bei der Beteiligung Berufsfremder gefährdet: „Um diese Aufgabe [Arzneimittelprüfung, -beurteilung, -beratung, Rezeptprüfung und Bekämpfung des Arzneimittelmissbrauchs] des Gesundheitsschutzes uneineschränkt erfüllen zu können, ist es erforderlich, dass sich die Apotheke wirtschaftlich und rechtlich ausschließlich in den Händen eines fachlich qualifizierten unabhängigen Apothekenleiters befindet. Nur durch dessen freie Entscheidung kann auf Dauer sichergestellt werden, dass ohne Rücksicht auf Hersteller ein umfassendes hochwertiges Sortiment an Arzneimitteln bereitgehalten wird und dass die anderen [...] gesundheitspolitischen Aufgaben der Apotheke nicht im Interesse einer Gewinnerhöhung vernachlässigt oder zurückgedrängt werden.“ 209 Die Sicherstellung einer ausschließlich an pharmazeutischen Gesichtspunkten orientierenden Arzneimittelversorgung zum Zwecke des allgemeinen Gesundheitsschutzes muss daher als primäre Zielsetzung des Fremdnutzungsverbots anerkannt werden. Daneben dient das Fremdnutzungsverbot aber auch der Förderung der Selbständigkeit und der mittelständischen Struktur des Apothekenmarktes, indem 205
Passagenweise abgedruckt bei Wullfius, S. 107 ff.; vollständig abgedruckt bei Mandt, S. 235 ff., 259 ff. 206 So wird in den Gesetzesmaterialien mehrfach das Anliegen betont die „gute, jahrhundertealte Apotheke [...] aufrechtzuerhalten“ und die mittelständische Struktur zu wahren, Stenographischer Bericht der Bundestagsberatung v. 29. 10. 1958, abgedruckt bei Mandt, S. 235/236 f. Gerade die wirtschaftspolitischen Erwägungen waren dann auch Hauptstreitpunkte, vgl. Stenographischer Bericht der Bundestagsberatungen v. 29. 10. 1958 und v. 6. 5. 1960, abgedruckt bei Mandt, S. 235/241; 259/262 ff., 276 ff. 207 Wulffius, 107 ff.; ebenso: Sellmann, DVBl. 1960, 153 f., der meint, der Gesetzgeber versuche mit dem ApoG „zu retten was noch zu retten ist“. 208 BT-Drucks. 8/3554, 14 ff.; siehe auch: Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a). 209 BT-Drucks. 8/3554, 16.
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es berufsfremden Großinvestoren und finanzkräftigen Kapitalgesellschaften den Betrieb und die Beteiligung von bzw. an Apotheken untersagt und damit ketten- und kettenähnliche Strukturen bereits im Ansatz verhindert. 210 Aus diesem Grund kann es auch als wettbewerbsschützende Bestimmung verstanden werden, das die Bildung von Monopolen verhindern will. Ferner ist das Fremdnutzungsverbot auch sub specie des Schutzes der Freiberuflichkeit näher zu beleuchten. 2. Relevante Gesichtspunkte im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit und Angemessenheit des Fremdnutzungsverbots Obwohl bei der Prüfung der Geeignetheit dem Gesetzgeber seit jeher ein weiter Beurteilungsspielraum zugestanden wird, 211 ergeben sich bei einzelnen Facetten des Fremdnutzungsverbots bereits diesbezüglich Zweifel. In noch stärkerem Maße treten diese Zweifel jedoch bei der Frage auf, ob das Fremdnutzungsverbot tatsächlich zum Schutz von Gesundheit und Mittelstand erforderlich ist und im Hinblick auf die Berufsfreiheit von Apothekern und berufsfremden Dritten als angemessen bezeichnet werden kann. Bezüglich der Berechtigung dieser Zweifel sind die einzelnen Segmente des Fremdnutzungsverbots, d. h. Fremdbetriebs-, Fremdgesellschafts-, Fremdverpachtungs-, und stilles Beteiligungs- bzw. partiarisches Vertragsgestaltungsverbot, jeweils getrennt zu beurteilen. 3. Verhältnismäßigkeit des Fremdbetriebsverbots a) Gesundheitspolitische Gesichtspunkte Unbestritten kann im Hinblick auf die Bedeutung der in Art. 2 Abs. 2 GG fixierten Schutzgüter Leben und körperliche Unversehrtheit die pharmazeutische Verantwortung, die mit dem Apothekenbetrieb einhergeht, nicht in die Hand eines berufsfremden Dritten gelegt werden. Der Ausschluss Berufsfremder vom Apothekenbetrieb garantiert die Koppelung von pharmazeutischer Fachkompetenz und pharmazeutischer Verantwortung, so dass das Verbot für den Schutz der Gesundheit dienlich bzw. geeignet ist. Daher beschränkt sich die Diskussion im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vornehmlich auf die Frage, ob das sich aus §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 13 Abs. 1 ApoG ergebende Gebot der 210
Friauf, SBeil. PZ 25/1992, 3/4 f. Es genügt, wenn das Mittel die Zweckerreichung nur irgendwie fördern könnte, BVerfGE 67, 157/173; Dreier, in Dreier, Vorb. Rn. 147; Jarass, in Jarass / Pieroth, Art. 20 Rn. 87; R. Schmidt, Rn. 175; speziell zum weiten Beurteilungsspielraum bei der verfassungsrechtlichen Bewertung apothekenrechtlicher Berufsausübungsregeln, Starck, Fremdund Mehrbetriebsverbot, S. 16 f. 211
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Einheit von wirtschaftlicher und pharmazeutischer Leitung in den Händen eines Apothekers tatsächlich erforderlich ist, oder ob eine Reduktion auf ein Gebot der approbierten Leitung des pharmazeutischen Apothekenbetriebsbereichs ebenso guten Schutz vor den sich aus dem Apothekenbetrieb ergebenden Gesundheitsgefahren bieten würde. Anders formuliert ist also letztlich zu untersuchen, ob eine Trennung von pharmazeutischer und wirtschaftlicher Leitung, d. h. der Betrieb einer Apotheke durch einen berufsfremden Apothekeneigentümer mittels eines angestellten Apothekers als Provisor, unvertretbare Gesundheitsgefahren in sich birgt. (1) Auswirkungen auf die Versorgungsstruktur und Apothekenallokation Es wird befürchtet, dass vor allem der Wegfall des Fremdbetriebsverbots das Feld für eine extreme Apothekenkonzentration bestelle, die aus versorgungsstruktureller Sicht nicht wünschenswert sei. 212 Dies verwundert zunächst, da das Fremdnutzungsverbot schon seinem Namen nach primär nicht die zulässige Apothekenzahl, sondern die Eigentümerstruktur zum Regelungsinhalt hat. Gleichwohl verhindert die Verknüpfung der Betriebserlaubnis mit der Approbation des Apothekeneigentümers gemäß §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 3 ApoG i.V. m. der Verpflichtung des Erlaubnisinhabers zur persönlichen Leitung nach § 7 S. 1 ApoG nicht nur berufsfremde Apothekenbetreiber, sondern mittelbar auch die Bildung von Apothekenketten. Voraussetzung hierfür ist freilich, dass man persönliche Leitung mit persönlicher Anwesenheit gleichsetzt. Denn der Erlaubnisinhaber kann nur für eine Apotheke stetige Anwesenheit sicherstellen. Mit dem Wortlaut vereinbar wäre allerdings auch eine Auslegung, nach der die persönliche Leitung mehrerer Filialen aus der Ferne erfolgt. § 7 S. 2 ApoG verdeutlicht indes, dass mit eigener Leitung nur die Leitung in der Apotheke vor Ort gemeint sein kann. Für den Betrieb der in den engen Grenzen des § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 4 ApoG erlaubten Filialapotheken verpflichtet § 7 S. 2 ApoG nämlich den vor Ort agierenden Filialapothekenverantwortlichen i. S. d. § 2 Abs. 4 Nr. 2 ApoG zusätzlich zur persönlichen Leitung nach § 7 S. 1 ApoG. Folglich will § 7 S. 1 ApoG die Leitung vor Ort sicherstellen und ist damit i.V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ApoG ein wirksames Instrument, die Bildung von Apothekenketten zu verhindern. Werden die §§ 7 S. 1, 2 Abs. 1 Nr. 3 ApoG aber nun aufgehoben oder abgeändert und wird dadurch kapitalstarken Investoren die Apothekengründung ermöglicht, so wird ein Aussterben des mittelständischen, selbständigen Apothekers und in der Folge das Entstehen von Versorgungslücken in wenig lukrativen ländlichen Gebieten
212
Dingermann, PZ 39/2007, 18/22 f.; Hanke (Landesapothekerkammer-BW), in N. N., DAZ 2006, 3474; Neidel, zitiert nach Rücker, PZ 33/2006, 10; Tisch, ApoR 2004, 14 f.; ders., PZ 7/2002, 20/21.
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befürchtet. 213 Denn Kapitalinvestoren seien an renditeschwachen Landapotheken nicht interessiert. Zunächst ist festzustellen, dass die Abschaffung des Fremdnutzungsverbots nicht automatisch die Aufhebung des in §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 4 ApoG verankerten Mehrbesitzverbots bedeutet, welches originär Schutz vor Konzentrationstendenzen bietet. Denn auch bei einer Neugestaltung des Apothekengesetzes könnte der Gesetzgeber ohne weiteres den dann zulässigen berufsfremden Betrieb von Apotheken (mittels angestellter Apotheker) auf eine gewisse Zahl an Apotheken begrenzen. Freilich ist die Verfassungsmäßigkeit einer solchen Begrenzung – erst recht unter der Prämisse eines verfassungswidrigen Fremdnutzungsverbots – zweifelhaft. 214 Doch selbst wenn das bereits heute gelockerte Mehrbesitzverbot 215 zusammen mit dem Fremdnutzungsverbot aufgehoben würde bzw. nichtig sein sollte, muss dies keine Verschlechterung der Versorgungsdichte sowie das vollständige Aus für die inhabergeführte Apotheke bedeuten. Zum einen finden sich nämlich schon heute in der Fläche deutlich weniger Apotheken als in kaufkräftigen Ballungszentren, 216 und zum anderen kann es nicht einleuchten, warum der kapitalstarke Großkonzern weniger in Lage sein sollte, eine renditeschwache Landapotheke zu betreiben als ein Einzelapotheker, der zum Bestreiten seines Lebensunterhalts ein gewisses Renditeniveau zwingend erwirtschaften muss. Dies wiegt umso schwerer, als der Einzelapotheker aufgrund schlechterer Einkaufsbedingungen und fehlender Synergieeffekte einer erheblich höheren Kostenlast ausgesetzt ist. Außerdem lassen die Erfahrungen im Lebensmittel- und Drogeriehandel vermuten, dass beim Kampf um Marktanteile auch strukturschwache Regionen für die Großkonzerne von Interesse sind. Sollte jedoch tatsächlich bei berufsfremden Investoren kein Interesse am Markt der Landapotheken bestehen, so ließe dies die Befürchtung des Aussterbens des selbständigen Individualapothekers erst recht grundlos erscheinen. 217 Denn es bliebe dem selbständigen Einzelapotheker dann in Form des ländlichen Raums ein nicht unerhebliches Segment des Apothekenmarktes zur freien Entfaltung erhalten. 213
Vgl. Monopolkommission, S. 384. Siehe hierzu: Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. d) (2); für die Verfassungswidrigkeit des Mehrbesitzverbots, Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 58; Manssen, in v. Mangoldt et al., Art. 12 Rn. 181; dagegen: Zuck / Lenz; S. 75 f., 83 ff.; Starck, Fremd- und Mehrbetriebsverbot, S. 22, 26; Friauf, S. 8 ff. 215 Vgl. §§ 1 II, 2 IV, V ApoG. 216 So finden sich in BW bspw. in städtischen Gebieten zwischen 5 und 8 Apotheken pro 10 km², während im ländlichen Raum gerade mal zwischen 0,2 und 0,6 Apotheken auf 10 km² kommen (Quelle: Statistisches Landesamt BW: wwwext.stala.bwl.de/ SRDB/home.asp?H=GesundhSozRecht&U=01&T=14095015&E=KR; zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 217 Ähnlich Monopolkommission, S. 384. 214
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(2) Auswirkungen auf die Arzneimittelkosten Daneben sind auch die finanziellen Auswirkungen einer Liberalisierung im Apothekenmarkt in die Abwägung mit einzubeziehen. 218 Schließlich hängen Funktionsfähigkeit und Qualität der Gesundheitssysteme und damit des Gesundheitsschutzes zwingend mit dessen gesicherter Finanzierung zusammen. Unstreitig ist hierbei, dass bei Abschaffung des Verbots sich durch neue Marktteilnehmer der Wettbewerb intensiviert. 219 In einem Gutachten für die Bundesregierung erwarten die Gesundheitsökonomen Glaeske, Klauber, Lankens und Selke insbesondere bei Abschaffung des Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbots eine Stärkung der Verhandlungsposition der Apotheker gegenüber der Pharmaindustrie sowie eine Senkung des Preisniveaus für Arzneimittel. Hierdurch sollen nach ihren Angaben Einsparungen i. H.v. 2 Mrd. Euro erzielt werden können. 220 Befürworter des Fremdnutzungsverbots streiten dagegen jede kostenreduzierende Wirkung für das Gesamtsystem ab, ohne dies jedoch näher zu substantiieren. 221 Sie begnügen sich unter Bezugnahme auf die gegenwärtigen Entwicklungen am Energiemarkt mit einem allgemeinen Hinweis auf die Gefahren von Oligopolen für die Preisbildung 222 und verweisen auf die hohen Arzneimittelpreise in Ländern ohne Mehrbesitz- und Fremdnutzungsverbot. 223 Dabei lassen sie jedoch unberücksichtigt, dass die im europäischen Vergleich durchschnittlichen Arzneimittelpreise in Deutschland 224 gesetzlichen Preisfixierungen sowie einem Rabattsystem geschuldet sind und keineswegs im Fremdnutzungsverbot ihren Ursprung haben. Daher geht der proklamierte Konnex zwischen Fremdnutzung und hohen Arzneimittelpreisen fehl, was nicht zuletzt die gegenüber Deutschland deutlich niedrigeren Arzneimittelpreise in den fremdbetriebenen britischen Apotheken beweisen. 225 Vielmehr gilt es mithin zu überlegen, ob neben der staatlichen 218
So auch der EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 33; EuGH, Rs. C- 531/06 Rn. 57. 219 Klahn / Klahn, ZESAR 2005, 124/132 f. 220 Glaeske et al., S. 135, 176; von diesem Betrag geht auch der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie der Abgeordneten Bender, Berninger, Andrae, Dückert, Kurth, Pothmer und Wolf an die Bundesregierung, BT-Drucks. 16/2506, ausgegangen. 221 Zöller (MdB), S. 3; Tisch, ApoR 2004, 14/15. 222 Seitz, S. 10; Dingermann, PZ 39/2007, 18/22; Tisch, PZ 7/2002, 20. 223 Hollstein, PZ 33/2006, 44. 224 Vgl. VfA, S. 18, gestützt auf den SNF Rapport 5/2008, http://www.vfa.de/de/presse/ statcharts/wirtschaftsfaktor/#vfastat-12-de-fa-mt-arzneimittelpreise-im-europaeischen-ver gleich.pdf (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009) 9); vgl. auch zur Entwicklung die Studie der Beratungsgesellschaft für angewandte Systemforschung (BASYS) aus dem Jahre 1999, Die deutschen Arzneimittel im europäischen Vergleich, S. 38 ff., www.vfa.de/download/ SAVE/de/presse/studienliste.html/europapreise.pdf (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 225 Schwabe, in Paffrath / Schwabe, S. 17 ff.; SNF Rapport 5/2008, http://www.vfa.de/ de/presse/statcharts/wirtschaftsfaktor/#vfastat-12-de-fa-mt-arzneimittelpreise-im-europae ischen-vergleich.pdf (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009).
Kap. 3: Apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot und Grundgesetz
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Preisregulierung die Legalisierung der Apothekenfremdnutzung nicht weitere Einspareffekte realisieren könnte. Unabhängig von der Höhe der tatsächlichen Einsparung ist jedenfalls allein durch die Möglichkeit, dass berufsfremde Kapitalinvestoren auch branchenfremde Managementkompetenz in den Markt einbringen, eine Entlastung des Gesundheitssystems vorstellbar. Noch entscheidender dürfte aber sein, dass ein Wegfall des Fremdbetriebsverbots und des schwesterlichen Mehrbesitzverbots viel größere Apothekeneinheiten ermöglicht – hinter denen womöglich noch größere Konzerne stehen –, die aufgrund der benötigten großen Stückzahlen an Arzneimitteln und der damit verbunden Markt- und Finanzmacht viel eher in der Lage sind, günstige Konditionen gegenüber der Pharmaindustrie durchzusetzen. Dies dürfte sowohl gegenüber dem Einzelapotheker als auch gegenüber den bereits heute zahlreich bestehenden Einkaufsgemeinschaften von Apothekern 226 gelten, die zu lose organisiert sind, um mit dem Großhandel 227 und der Pharmaindustrie auf gleicher Augenhöhe verhandeln zu können. Neben der Optimierung des Arzneimitteleinkaufs sind Effizienzsteigerungen in den Bereichen Betriebsorganisation, Verwaltung und EDV denkbar. Zudem sollte bereits die Belebung des Wettbewerbs als solche zu Preisreduktionen sowie zum Abbau von Überkapazitäten führen und sich damit auf die Gesundheitskosten positiv auswirken. Der Gefahr von wettbewerbsschädlichen Oligopolen kann dabei wettbewerbsrechtlich begegnet werden. Dass Liberalisierungen zudem nicht per se zu oligopolistischen Strukturen wie im Energiemarkt führen müssen, ist jedenfalls durch die Privatisierungen des Telekommunikations- und Postwesens belegt. 228 Wissenschaftlich gestützt werden die prognostizierten Effizientsteigerungen neben dem Gutachten von Glaeske, Klauber, Lankens und Selke in zahlreichen weiteren Gutachten. 229 Am gewichtigsten, da am unabhängigsten, sind hierbei sicherlich die Stellungnahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Europa (OECD) und der Monopolkommission. Bereits in ihrem Deutschlandbericht von 1997 vertrat die OECD die These, dass die Aufhebung von Fremdnutzungsverbot und Mehrbesitzverbot zur Senkung der Arzneimittelpreise führen würde. 230 Bekräftigt hat sie das in ihrem Prüfbericht 226
Siehe Teil 1 Kapitel 2 § 2 C. III. Hier fehlt es bereits an der notwendigen Unabhängigkeit der „größeren“ Einkaufsgemeinschaften, da diese zumeist von Großhändlern gegründet wurden und daher an diese gebunden sind. 228 Zudem muss ein Oligopol sich keineswegs negativ auf den Wettbewerb auswirken, sondern wird in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur unter gewissen Voraussetzungen sogar als „optimaler Nährboden für einen funktionierenden Wettbewerb“ angesehen, Klahn / Klahn, ZESAR 2005, 124/131 f. 229 Vgl. OECD, Regulierungsfragen, S. 174 ff.; dies., Deutschlandbericht, S. 115; Monopolkommission, S. 419 f.; v. Schulenburg / Hodek, S. 39 ff.; Fetzer et al., S. 16 ff.; Grabein et al., S. 20 f., 25. 230 OECD, Deutschlandbericht, S. 115; zusammengefasst in DAZ 35/1997, 2992 f. 227
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
der Regulierungsformen in Europa von 2004, in dem sie die Einführung der Fremdnutzung mit Skalenvorteilen sowie Effizienz- und Innovationssteigerungen in Verbindung bringt. 231 Dem hat sich die Monopolkommission in ihrem XVI. Hauptgutachten aus dem Jahre 2006 angeschlossen. Daneben haben sich auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sowie der Sachverständigrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen in verschiedenen Gutachten kritisch zum apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbot geäußert. 232 Im Kern kommen alle Gutachter zu dem Resümee, dass die Apotheken aufgrund der Verbote nicht die optimale Größe besitzen, um eine kosteneffiziente Arzneimittelversorgung zu gewährleisten und daher die Arzneimitteldistribution gerade im städtischen Bereich zu überhöhten volkswirtschaftlichen Kosten führt. 233 Im ländlichen Bereich findet die „kleine“ inhabergeführte Apotheke dagegen volkswirtschaftlich betrachtet ihre Berechtigung. Denn die höheren Betriebskosten einer kleinen Apotheke können hier durch die geringeren Wegekosten der Patienten ausgeglichen werden. 234 Die Erkenntnis, dass die Arzneimittelausgaben an den Gesamtausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) einen immer größeren Anteil einnehmen, 235 verleiht einer kostenorientierten und damit beteiligungsfreundlichen Argumentation jedenfalls Gewicht. Ohne strukturelle Veränderungen bei der Arzneimitteldistribution nimmt diese Ausgabenentwicklung – wie die letzten Jahre deutlich gezeigt haben – für das Gesamtsystem der GKV und damit für die Volksgesundheit im Ganzen bedrohliche Ausmaße an. 236 Ob bei einer Liberalisierung die tatsächlich prognostizierten zwei Milliarden Euro oder doch weniger eingespart werden, ist letztlich zweitrangig, solange zumindest der weitere Anstieg der Arzneimittelausgaben verringert werden kann. (3) Auswirkungen auf die pharmazeutische Unabhängigkeit Das Fremdbetriebsverbot, aber auch alle übrigen Beteiligungsverbote sollen neben der Sicherstellung der Versorgungsdichte vor allem die pharmazeutische Unabhängigkeit und Eigenverantwortung schützen. 237 Der Gesetzgeber geht an231
OECD, Regulierungsfragen, S. 174. Sachverständigenrat Gesundheit, Bedarfsgerechtigkeit u. Wirtschaftlichkeit, S. 7, 34; ders., Koordination und Qualität, S. 44 f.; Sachverständigenrat Wirtschaft, S. 27. 233 Sachverständigenrat Gesundheit, Bedarfsgerechtigkeit u. Wirtschaftlichkeit, S. 7; Monopolkommission, S. 419 f. 234 Monopolkommission, S. 416; v. Schulenburg / Hodek, S. 41. 235 Von ehemals 12,9 % im Jahre 1995 hat sich der Anteil auf 18,1% im Jahre 2007 erhöht, allein im Jahr 2007 kam es zu einem Zuwachs von 6,7%, dagegen sind die Kosten im Krankenhausbereich nur um 0,6 % und für ärztliche Behandlungen um 3,3% gestiegen, Schwabe, in Paffrath / Schwabe, S. 3. 236 Während 1997 noch 321 € pro GKV-Mitglied für Arzneimittel aufgebracht werden mussten, sind es im Jahr 2007 mehr als 504 €, ABDA, S. 45. 232
Kap. 3: Apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot und Grundgesetz
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scheinend davon aus, dass diese nur dann gegeben sind, wenn dem Apotheker das alleinige Eigentum am Unternehmen Apotheke zusteht und nur ihm die Erträge aus dem Apothekenbetrieb zufließen. Nur bei völligem Ausschluss berufsfremder Kapitalinteressen halten es die Befürworter des Fremdnutzungsverbots für gewährleistet, dass der Apotheker seine Beratungs-, Kontroll- und Versorgungsfunktion ordnungsgemäß erfüllt, ohne aus kommerziellen Interessen dem Missund Fehlgebrauch von Arzneimitteln Vorschub zu leisten. 238 (a) Negativer Einfluss berufsfremder Beteiligter auf die Qualität von Beratung und Arzneimittelherstellung Es bestehen Befürchtungen, die berufsfremden Apothekeneigner könnten auf den Apotheker Druck zur Vornahme renditeoptimierender Maßnahmen ausüben, welche sich negativ auf die Qualität der Beratung und der selbst hergestellten Arzneimittel auswirkten. So könnte es zulasten der Beratungsqualität zu ungerechtfertigten Personaleinsparungen sowie zu Einschränkungen bei der Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen 239 kommen. 240 Ferner könnten Arzneimittel mit besonders hohen Margen verstärkt empfohlen werden, obwohl andere Produkte für die konkrete Behandlung besser geeignet wären, sowie umsatzsteigernde Verkaufsförderungsmaßnahmen ergriffen werden. 241 Weiterhin bestünde auch die Gefahr, dass aus Kostengesichtspunkten notwendige Reparaturen oder Inventarerweiterungen nicht vorgenommen werden. 242 Diesen Erwägungen ist zunächst zuzugestehen, dass bei einem berufsfremden Apothekeninhaber die Renditeorientierung im Vordergrund stehen wird. Nur in den seltensten Fällen wird ein Kapitalinvestor eine Apotheke etwa aus humanitären Gründen betreiben. Allerdings kann dies nur dann als eine erhöhte Gefährdung für die pharmazeutische Entscheidungsfreiheit des Apothekers angesehen werden, wenn in inhabergeführten Apotheken ohne Drittbeteiligung die Kapitalinteressen eine geringere Rolle spielten. Dies ist jedoch mehr als zweifelhaft. Denn der abhängig beschäftigte Apothekenleiter ist demselben Berufsrecht und denselben Verpflichtungen unterworfen wie der selbständige approbierte Apothekeninhaber ohne Drittbezug. Gerade beim Fremdbetrieb zeigt sich auch, dass die Beteiligung eines Berufsfremden beim Apotheker grundsätzlich nicht zu einer verstärkten Fokussierung auf eine ökonomische Apothekenleitung zulasten der 237
Puck, in Korinek, FS Wenger, S. 577/590 f. Zöller (MdB), S. 3; Saalfrank / Wesser, A&R 2008, 60/62 f.; Tisch, PZ 39/1995, 103; Friauf, SBeil. PZ 25/1992, 3/4. 239 Zu denken ist hier etwa an den Bezug von Fachzeitschriften sowie Lehrgänge und Tagungsreisen. 240 Wulffius, S. 93 f.; Krüger, S. 56. 241 Dettling / Mand, S. 93 f. 242 OVG Lüneburg, PZ 1962, 58/61. 238
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Beratungsqualität führt. Denn der selbständige Apotheker ist in seiner Existenz mehr als jeder andere von der Rentabilität seiner Apotheke abhängig. Dagegen bezieht der in der Apotheke eines Berufsfremden angestellte Apothekenleiter ein festes, vom Umsatz unabhängiges Einkommen und ist zudem als sozialversicherungspflichtiger Angestellter nur bedingt zur Rückstellung finanzieller Mittel für Alter, Pflege und Arbeitsplatzverlust angehalten. Daher verfängt auch nicht das Argument, der abhängig beschäftigte Apotheker werde sich aus Angst vor einer Kündigung den Renditeinteressen des Apothekeneigentümers unterordnen und allein danach seine Beratungs- und Verkaufsleistung ausrichten. 243 Der angestellte Apotheker genießt nämlich sowohl den Schutz des Arbeitsrechts als auch den Schutz der Arbeitslosenversicherung, während die Existenz des selbständigen Apothekers allein vom Erreichen eines gewissen Umsatzes bzw. einer gewissen Marge abhängt. Aus diesen Gründen ist beim selbständigen Apotheker eine existenzielle Motivation zur Umsatz- und Renditesteigerung vorhanden, die pharmazeutisch fragwürdige Praktiken eher erwarten lassen als bei einem abhängig angestellten Apotheker. Darüber hinaus wird einer unzureichenden Ausstattung der Apotheke oder einer mangelnden Weiterbildung etc. bereits durch spezielle gesetzliche Verpflichtungen entgegengetreten. 244 Und selbst für den Fall, dass sich die bestehenden gesetzlichen Regelungen als unzureichend erweisen sollten, würde eine gesetzliche Fixierung weiterer Pflichten und Sanktionen gegenüber dem universal wirkenden Fremdnutzungsverbot eine weit weniger einschneidende Maßnahme bedeuten. Die Verteidigung des Fremdnutzungsverbots erscheint daher vor den ökonomischen Zwängen eines selbständigen Apothekers schon beinahe bigott: 245 Wenn der Apotheker nämlich tatsächlich so standhaft ist, 246 dass er seine existenziellen Kapitalinteressen den pharmazeutischen Bedürfnissen seiner Kunden ohne wenn und aber in jeder Situation unterordnet, 243 244
Nds.
In diese Richtung aber GA BOT, Schlussantrag vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 72. Vgl. § 5 ApBetrO; § 33 I Nr. 1 HKG-Nds; § 33 II HKG-Nds. i.V. m. §§ 4, 5 BO-Apo
245 Interessanterweise werden von Apothekerorganisationen Fremdbetriebsverbote anderer Freiberufler deutlich kritischer gesehen. So klagt die Treuhand Hannover Steuerberatungs GmbH bzw. deren Mehrheitsgesellschafter, der Treuhandverband Deutscher Apotheker e.V. (Mitglieder sind ausschließlich Apotheker), gegen das Fremdbetriebsbzw. Fremdgesellschaftsverbot für Steuerberatungsgesellschaften aus § 50a Steuerberatungsgesetz. Die betroffenen Apotheker sehen sich durch das Verbot des § 50a StBerG in ihren Rechten aus Art. 12 GG und Art. 14 GG verletzt. Denn zum Schutz „der Kunden [komme] es allein darauf an, dass die konkrete Berufsausübung durch professionelles und qualifiziertes Personal erfolge. [...] die Geschäfte der Klägerin [Steuerberatungsgesellschaft] verantwortlich durch Steuerberater geführt werden. [...]So sei es insbesondere im Optiker- und Apothekenbereich ausreichend, dass die tatsächliche Erbringung der konkreten Dienstleistung durch hinreichend qualifiziertes Personal erfolge“, klägerisches Vorbringen vor dem FG Hannover, Urt. v. 11. 10. 2007, Az.: 6 K 296/07, Rn. 5 (zitiert nach juris), z. Zt. anhängig vor dem BFH, Az.: VII R 40/07; N. N., DAZ online v. 4. 3. 2009, http://www.deutscher-apotheker-verlag.de/daz_neu/public/tagesnews/Maerz/ tagesnews20090304a.html (zuletzt abgerufen am 13. 4. 2009).
Kap. 3: Apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot und Grundgesetz
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dann sollte er erst recht in der Lage sein, gesetzes- oder standeswidrigen Weisungen eines berufsfremden Apothekeneigentümers zu widersprechen und seine Entscheidungen allein nach pharmazeutischem Sachverstand zu treffen. Zu Ende gedacht bedeutet dies aber auch, dass ein Fremdnutzungsverbot nicht notwendig ist, um die pharmazeutische Unabhängigkeit zu sichern. Umgekehrt bestünde bei unterschiedlichen Verantwortungsträgern hinsichtlich wirtschaftlicher und pharmazeutischer Verantwortung sogar die Möglichkeit der gegenseitigen Überwachung und Kontrolle. 247 (b) Negativer Einfluss auf die Bevorratung der Apotheke Auch bezüglich der Versorgungsaufgabe des Apothekers mit einem breit aufgestellten Arzneimittelsortiment sind grundsätzlich keine negativen Auswirkungen durch einen Fremdbetrieb zu befürchten. Zunächst einmal wird nämlich bereits gesetzlich das für notwendig erachtete Mindestmaß an der Arzneimittelvorratshaltung sichergestellt. 248 Daneben kann aber gerade die Kapitalstärke berufsfremder Investoren die Vorhaltung eines weit über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausreichenden Arzneimittelsortiments erlauben. Dagegen dürften junge approbierte Apothekengründer diesbezüglich zumeist wesentlich enger kalkulieren müssen. (c) Negativer Einfluss auf die Kontrollfunktion des Apothekers Der Apotheker hat in mehrfacher Hinsicht auch eine Kontrollfunktion. Zum einen hat er die vom Arzt vorgenommenen Verschreibungen auf ihre Stimmigkeit zu überprüfen und gemäß § 17 Abs. 8 ApBetrO Anzeichen eines Arzneimittelfehlgebrauchs oder Arzneimittelmissbrauchs nachzugehen. 249 Zum anderen trägt er auch Verantwortung für die Pharmakoviliganz, d. h. die systematische Erkennung und Bewertung von Nebenwirkungen, indem er diese protokolliert und an die Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker bzw. die zuständige Behörde weiterleitet. 250 Die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Kontrollfunktio246
Wie seitens der Berufsverbände stets behauptet wird, vgl. Töbing (Apothekerkammer Hamburg), in N. N., DAZ 2006, 3474/3475; Tisch (ABDA Geschäftsführer), in Bellartz, PZ 32/2006, 8; Dingermann, PZ 39/2007, 18/22. 247 So schon das schweizerische BG zu ähnlichen Restriktionen in der Schweiz, JZ 1967, 91/92. 248 § 15 I ApBetrO: „Der Apothekenleiter hat die zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung notwendigen Arzneimittel, insbesondere die in der Anlage 2 aufgeführten Arzneimittel, sowie Verbandstoffe, Einwegspritzen und Einwegkanülen in einer Menge vorrätig zu halten, die mindestens dem durchschnittlichen Bedarf für eine Woche entspricht. Die in der Anlage 3 genannten Arzneimittel müssen vorrätig gehalten werden, die in Anlage 3 Nr. 1 bis 3, 7 und 8 genannten Arzneimittel in einer Darreichungsform, die eine parenterale Anwendung ermöglicht.“ 249 Dettling / Mand, S. 51 ff.
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nen beruht dabei vor allem auf einem fundierten Fachwissen des Arzneimittel abgebenden Apothekers. Er muss offensichtliche Fehler des Arztes erkennen 251 und gegebenenfalls mit diesem Rücksprache halten, Arzneimittelprobleme bei Patienten aufgrund des äußeren Anscheins diagnostizieren und beschriebene Beschwerden als Nebenwirkung qualifizieren können. Ausbildungstechnisch gibt es aber nur einen Typus Apotheker, 252 so dass der angestellte Apotheker in seiner fachlichen Kompetenz dem selbständigen in nichts nachsteht. Mag die Pflicht zur persönlichen Leitung durch den approbierten Apothekeneigentümer in Zeiten vorwiegend nicht approbierter Angestellter und Provisores noch seine innere Berechtigung erfahren haben, 253 hat sie heute ihre Funktion verloren. Zur Sicherstellung der Kontrollfunktion der Apotheke reicht es somit grundsätzlich aus, wenn die pharmazeutische Alleinverantwortung in die Hand eines voll ausgebildeten Apothekers gelegt wird; 254 gleichgültig ob dieser zudem Eigentümer der Apotheke ist oder nicht. Obwohl das Bundesverfassungsgericht bisher nicht vom Leitbild des „Apothekers in seiner Apotheke“ abgerückt ist, 255 entspricht die Trennung von pharmazeutischem und wirtschaftlichem Sektor auch der Tendenz jüngerer Entscheidungen, in denen die Gerichte sich in den Urteilsbegründungen zunehmend auf die pharmazeutische Verantwortung bzw. Unabhängigkeit des Apothekers konzentrieren. 256 Schon deswegen kann der bloße Verweis auf die (ältere) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Verteidigung des Fremdbetriebsverbots nicht tragen. (d) Negativer Einfluss vertikaler Konzentrationsprozesse auf die pharmazeutische Unabhängigkeit Weiterhin wird auf die Gefahr von sogenannten vertikalen Konzentrationsprozessen hingewiesen. 257 Hiermit sind Strukturen gemeint, bei denen bereits auf dem Arzneimittelmarkt vertretene Unternehmen als Großhändler oder Arzneimittelproduzent aktiv sind und mit Wegfall des Fremdbetriebsverbots auch selbst Apotheken betreiben könnten. Hierbei wird befürchtet, dass der Apotheker zum Verkauf der eigenen Produkte gezwungen werden könnte. 258 Zudem könnten die Arzneimittelproduzenten aufgrund der neuen Vertriebsmöglichkeit 250
NR.
251
Vgl. § 21 ApBetrO; beispielhaft § 31 Abs. 2 HKaG- NRW i.V. m. § 5 II BO-Apo
BGH, NJW 2004, 454/455. So schon Breyer, III, §§ 6, 7 Anm. 3. 253 Breyer, III, §§ 6, 7 Anm. 3. 254 So schon Gornig, DAZ 1989, 1252/1257. 255 BVerfG, NJW 1987, 2919/2920. 256 BVerfGE, 75, 166/178; BVerfG, NJW 1996, 3067/3069; BVerwG, MedR 2008, 572/574; BGH, MedR 2003, 301/303 f. 257 Diese Gefahr sieht GA Bot, Schlussantrag vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 54, 70; ders., Schlussantrag Rs. C-531/06 Rn. 92 f. 252
Kap. 3: Apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot und Grundgesetz
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auch das Interesse am Abschluss der erst 2007 eingeführten Rabattverträge mit den Krankenkassen verlieren, so dass die Kosten für verschreibungspflichtige Arzneimittel steigen würden. 259 Hierbei wird jedoch übersehen, dass auch für den Fall, dass eine Apotheke von einem Unternehmen der Pharmabranche betrieben wird, der Apotheker gemäß § 129 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB V bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur Herausgabe der billigsten Arzneimittel gleichen Wirkstoffs verpflichtet ist (sog. aut idem Regelung). 260 Somit muss der Apotheker unabhängig vom Arzneimittelhersteller das billigste Medikament auswählen, das je nach Rabattvertrag zwischen Hersteller und Krankenkasse von Versichertem zu Versichertem verschieden sein kann. Hat der Arzt dagegen die Möglichkeit der Substitution auf dem Rezept ausgeschlossen, ist der Apotheker sowieso zu Herausgabe des verschriebenen Arzneimittels verpflichtet. 261 Auch der Hinweis auf die zurzeit in der Praxis geringen Kontrollmöglichkeiten in Bezug auf die Erfüllung der Substitutionspflicht kann das Fremdbetriebsverbot nicht begründen. 262 Denn die Tatsache, dass rechtlich keine Kontrollmöglichkeiten vorgesehen sind oder tatsächlich von diesen abgesehen wird, überzeugt als Begründung für ein grundrechtsbeschränkendes Verbot nicht. Gerade die von den Kassenärztlichen Vereinigungen durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfungen gemäß § 106 SGB V bei Vertragsärzten zeigen, dass eine effektive Kontrolle auch im Gesundheitsbereich möglich ist. Bedenkt man zudem, dass jedes Rezept von der Apotheke an die Krankenkassen weitergeleitet wird, kann man sich in Zeiten hochmoderner EDV-Programme auch leicht ein System vorstellen, in dem zumindest stichprobenhaft die verschriebenen Wirkstoffe mit den herausgegebenen Arzneimitteln verglichen werden. So hat auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen bereits 2005 festgestellt, dass etwa durch die Aufnahme der Information, ob der Arzt die Substitution ausgeschlossen hat, in den an die Krankenkassen gemäß § 300 Abs. 1 und 3 SGB V 258
In diese Richtung EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 40; Dettling / Mand, S. 117 f.; Kiefer, S. 105. 259 Mand / Burk, A&R 2008, 107/111 f. 260 § 129 I Nr. 1 SGB V: „Die Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte [...] verpflichtet zur Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in den Fällen, in denen der verordnende Arzt: a) ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder b) die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat [...].“ § 129 I Nr. 2 SGB V: „Die Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte [...] verpflichtet zur Abgabe von preisgünstigen importierten Arzneimitteln, deren für den Versicherten maßgeblicher Arzneimittelabgabepreis mindestens 15 vom Hundert oder mindestens 15 Euro niedriger ist als der Preis des Bezugsarzneimittels.“ 261 Vgl. § 129 I 1b) SGB V; letztlich ergibt sich die Pflicht zur Abgabe des verschriebenen Arzneimittels auch aus dem Kurierverbot, wonach nur Ärzten die Heilbehandlung zugewiesen ist, Pieck, in Habilitz / Wollenschläger, FS Küchenhoff, S. 617 ff. 262 So aber Mand / Burk, A&R 2008, 107/111.
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zu übermittelnden GAmSi Datensatz (GKV-Arzneimittel Schnellinformation) eine Kontrolle möglich wäre. 263 Gleichwohl soll nicht bestritten werden, dass in Fällen der vertikalen Konzentration das Potential an Interessenkollisionen zwischen apothekenrechtlichem Versorgungsauftrag und konzernübergreifender Unternehmensstrategie größer ist als bei allen anderen denkbaren Apothekenbetreibern. Auch greift die Bindung an die ärztliche Verordnung sowie die Substitutionspflicht bei nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln nicht. Allerdings relativiert sich die Gefährdung für die pharmazeutische Unabhängigkeit bereits insofern, als durch das Mehrbesitzverbot die Zahl der vertikal integrierbaren Apotheken pro Pharmaunternehmen auf vier begrenzt ist. Mit einer solch niedrigen Apothekenzahl lassen sich gesamtmarktsbezogene Konzernstrategien aber wohl nicht verfolgen. Auch wohnt dem von einer vertikalen Konzentration besonders betroffenen OTC 264-Arzneimittelbereich per se ein geringeres Gesundheitsgefährdungspotential inne. Maßgeblich ist aber letztendlich, dass selbst bei Annahme einer wesentlichen Gefährdung der Unabhängigkeit des Apothekers durch eine Integration der Apotheke in einen Pharmakonzern es zur Vermeidung dieser Integration nicht eines Fremdbetriebsverbots in seiner jetzigen pauschalen Form bedarf. Ausreichend wäre vielmehr ein auf Unternehmen der Pharmabranche oder des Gesundheitsbereichs reduziertes Verbot. Demnach kann das Fremdnutzungsverbot auch nicht mit der Gefahr einer vertikalen Konzentration auf dem Apothekenmarkt gerechtfertigt werden. (4) Systematische Gesichtspunkte (a) Inkohärenz des Fremdbetriebsverbots gegenüber den apothekenrechtlichen Vertretungsregelungen Hinzu kommen systematische Widersprüche, die gegen eine Rechtfertigung des Fremdbetriebsverbots aus Gründen des Gesundheitsschutzes sprechen. Denn indem die Apothekenbetriebsordnung in § 2 Abs. 5 und 6 ApBetrO die zeitlich begrenzte Vertretung des Apothekenleiters zulässt und § 2 Abs. 5 Nr. 2 ApoG nun auch Apothekenleiter für eine begrenzte Zahl an Filialapotheken vorsieht, wird zwar einerseits zu Recht dem Umstand Rechnung getragen, dass rein physisch der Apothekeneigentümer seiner Leitungspflicht aus § 7 S. 1 ApoG nicht ununterbrochen Tag und Nacht nachkommen kann, andererseits aber auch das Dogma von pharmazeutischer und wirtschaftlicher Leitungseinheit relativiert. 265 Denn angesichts der Bedeutung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung 263
Sachverständigenrat Gesundheit, Koordination und Qualität, S. 323. OTC (over the counter drugs) ist die geläufige Abkürzung für rezeptfreie Arzneimittel i. S. d. § 48 AMG. 265 A. A. EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 49 f.; GA Bot, Schlussantrag vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 82, vgl. auch Teil 1 Kapitel 4 § 2 A. III. 264
Kap. 3: Apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot und Grundgesetz
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für die Volksgesundheit hätte der Gesetzgeber wohl von der Möglichkeit der Vertretung und Filialleitung Abstand nehmen müssen, wenn er in dem auf den pharmazeutischen Bereich beschränkten angestellten Apothekenleiter tatsächlich eine Gefahr für die Volksgesundheit erblicken würde. (b) Inkohärenz des Fremdbetriebsverbots gegenüber den apothekenrechtlichen Regelungen für Krankenhausapotheken Erstaunlich ist auch § 7 S. 3 ApoG. Nach dieser Norm wird der angestellte Krankenhausapotheker zur persönlichen Leitung verpflichtet. Bei Krankenhausapotheken wird die Konzentration von pharmazeutischer und wirtschaftlicher Leitung in der Person des Apothekers demnach nicht für erforderlich gehalten. Dies verwundert umso mehr, als doch gerade in Krankenhäusern mit besonders hoch dosierten und potentiell gefährlichen Medikamenten gearbeitet wird und der Patient in der Regel auch in einem weit höherem Maße dem medizinischen Personal inklusive Krankenhausapotheker „ausgeliefert“ ist, als dies beim Besuch einer öffentlichen Apotheke der Fall ist. 266 Das Gesetz unterscheidet dabei auch nicht zwischen öffentlicher und privater Trägerschaft. Vielmehr sind alle Krankenhäuser, insbesondere auch gewerblich betriebene, erfasst. 267 Folglich wird in der abhängigen Beschäftigungsstruktur des Krankenhausapothekers keine Gefahr für dessen pharmazeutische Entscheidungsfreiheit erblickt, obwohl der Erfolg des gewerblich betriebenen Krankenhauses in gleichem Umfang von Umsatz und Kosten abhängig ist wie bei einer öffentlichen Apotheke. Konsequent ist dies jedenfalls nicht. 268 (c) Inkohärenz des Fremdbetriebsverbots gegenüber den Regelungen zum Arzneimittelversand Aus neuerer Zeit ist der in § 11a ApoG i.V. m. § 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a AMG manifestierte Widerspruch zum Verbot des Fremdbetriebs zu nennen. 269 Dort ist der Versandhandel mit Medikamenten geregelt, der im Zuge eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH eingeführt wurde. 270 § 11a ApoG 271 geht allerdings über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hinaus und erfasst auch den Versand von rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Der Gerichtshof dagegen hatte 266 Ähnlich Taupitz, Mehr- und Fremdbesitz, S. 47 zum Mehrbesitzverbot; ders., NJW 1996, 3033/3042 zur Ärzte-GmbH. 267 Daher überzeugt auch nicht der Einwand, Krankenhäuser hätten kein Interesse an einer Gewinnerzielung. So aber EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 48. 268 Siehe zum hieraus entstehenden Konflikt mit Art. 3 I GG ausführlich: Teil 1 Kapitel 3 § 2 C. I. 1. 269 Diesen Widerspruch erkennen auch Starck, Niederlassungsfreiheit, S. 31 f., 36 und Tisch, PZ 7/2002, 478, die aber trotzdem am Fremdbetriebsverbot festhalten wollen. 270 EuGH, C-322/01, Slg. 2003, 14887.
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seinerzeit nur die Zulässigkeit des Versands von rezeptfreien Arzneimitteln aus den europäischen Grundfreiheiten abgeleitet. 272 Wenn aber fremdbetriebene Versandapotheken aus dem Ausland nach deutschem Recht rezeptpflichtige und damit potentiell besonders gefährliche Arzneimittel an deutsche Patienten verkaufen dürfen, leuchtet eine Verteidigung des Fremdbetriebsverbots sub specie des Gesundheits- und Verbraucherschutzes nicht ein. Hält man hieran trotz allem fest, würde dies bedeuten, dass der Gesetzgeber den Bezug von rezeptpflichtigen Arzneimitteln über einen fremdbetriebenen ausländischen Versandapotheker für den Patienten für weniger gefährlich erachtet als den Bezug über eine inländische fremdbetriebene Offizinapotheke. Dies wiederum könnte nur mit einer latent vorhandenen Unzuverlässigkeit gerade deutscher Apotheker gerechtfertigt werden. Dass dies keine tragfähige Begründung darstellt, bedarf keiner weiteren Ausführung. (5) Auswirkungen auf das Verhältnis Apotheker–Patient § 7 S. 1 ApoG als Wurzel des Verbots berufsfremder aktiver Beteiligung verpflichtet den Apothekenbetreiber zur persönlichen Apothekenleitung und fördert somit den persönlichen Kontakt des Patienten zum Apotheker. 273 Dieser ist sicherlich unabdingbare Voraussetzung eines besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Apotheker und Kunden. 274 Allerdings darf heutzutage getrost daran gezweifelt werden, inwieweit überhaupt spezifischen Apothekern besonderes Vertrauen seitens der Kunden entgegengebracht wird. Aufgrund des verschwindend geringen Anteils an Arzneimitteln aus apothekeneigener Herstellung 275 dürfte das Vertrauen in die Unschädlichkeit und Wirksamkeit eines Arzneimittels eher der Pharmaindustrie entgegengebracht werden als einem speziellen Apotheker. Daher verwundert es auch nicht, wenn gerade bei jüngeren Kundenschichten die Apothekenwahl absolut willkürlich, aus gegenwärtigen Praktikabilitätserwägungen heraus 276 oder sogar per Internet erfolgt. Gleichwohl soll nicht ausgeschlossen werden, dass gerade hinsichtlich der Gegenanzeigenkontrolle und OTC-Arz271 § 11a 1 ApoG: „Die Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes ist dem Inhaber einer Erlaubnis nach § 2 auf Antrag zu erteilen, [...].“ 272 EuGH, C-322/01, Slg. 2003, 14887 Rn. 117 ff.; dazu Ratzel / Wiesener, ZMGR 2004, 153/154. 273 BVerfGE 75, 166/178. 274 Dieses Vertrauensverhältnis ist letztlich der Hintergrund, weswegen Krüger, S. 47, meint, das Wesentliche der Leistung könne nur dargeboten und aufgenommen werden, wenn sich Kunde und Apotheker als Personen bzw. Persönlichkeiten begegnen. 275 Ca. 25 Millionen selbst hergestellte Rezepturen standen im Jahre 2005 ca. 1.500 Millionen Packungen apothekenpflichtiger Arzneimittel gegenüber, Monopolkommission, S. 412 Fn. 98; vgl. auch Wullfius, S. 189; Taupitz, Standesordnungen, S. 88 f.; zur historischen Entwicklung Breyer, II, A Anm. 4. 276 Sog. Laufkundschaft; vgl. Monopolkommission, S. 412.
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neimittelberatung besondere Vertrauensverhältnisse zwischen Apothekern und Kunden entstehen können. In diesem Zusammenhang wird gerne auch auf die Bedeutung des persönlichen Kontakts von Angesicht zu Angesicht (Face to Face) für eine frühzeitige Identifikation von Arzneimittelproblemen hingewiesen. 277 Der Gesetzgeber erachtet anscheinend eine solch persönliche Beratung vor Ort für die Vermeidung von Arzneimittelfehlgebrauch oder Arzneimittelmissbrauch nicht (mehr) für maßgeblich. Anders lässt sich jedenfalls die Einführung des Versandhandels für rezeptpflichtige Medikamente nicht erklären. 278 Viel wichtiger ist aber, dass auch bei Fremdbetrieb immer ein Face-to-Face Kontakt zwischen Patient und angestelltem Apotheker gegeben ist. Auch ist nicht einsichtig, warum die Schaffung einer Vertrauensbasis zwischen Kunde und Apotheker in einer fremdbetriebenen Apotheke nicht möglich sein soll, zumal der Gesetzgeber selbst durch die Lockerung des Mehrbesitzverbots in § 2 Abs. 4 und 5 Nr. 2 ApoG 279 zum Ausdruck gebracht hat, dass er zum Aufbau einer Vertrauensbeziehung die persönliche pharmazeutische Führung einer (Filial-) Apotheke durch einen angestellten (Filial-) Apothekenverantwortlichen für ausreichend erachtet. Dies überzeugt insofern, als es sich bei dem Apothekenverantwortlichen funktional um einen auf den pharmazeutischen Bereich beschränkten (Filial-) Apothekenleiter handelt, der für den Kunden vom wirtschaftlich und pharmazeutisch verantwortlichen Betreiber i. S. d. §§ 2 Abs. 1, 7 S. 1 ApoG nicht zu unterscheiden ist. Dies mag zwar mit Blick auf das in § 2 Abs. 4 Nr. 2 ApoG verankerte Regionalprinzip in der Theorie bestritten werden, beschreibt in der Praxis aber zutreffend das Tätigkeitsprofil des Filialapothekenverantwortlichen. Denn der „betreibende“ Hauptapotheker kann unmöglich in gleichem Maße in der Filialapotheke präsent sein wie der angestellte (Filial-) Apothekenverantwortliche, ohne seine Pflichten gegenüber seiner Hauptapotheke aus § 2 ApBetrO gesetzeswidrig zu vernachlässigen. Deutlich wird die Funktion des Apothekenverantwortlichen als „Quasi-Betreiber“ auch in § 7 S. 2 Hs. 1 ApoG, wonach ihm die originär nur den Betriebsinhaber treffende Pflicht zur persönlichen Apothekenleitung aus § 7 S. 1 ApoG explizit auferlegt wird. Bezeichnenderweise wird der Apothekenverantwortliche i. S. d. § 2 Abs. 5 Nr. 2 ApoG in § 2 Abs. 1 Nr. 5 ApBetrO daher auch als Apothekenleiter umschrieben. Mithin ist in der Filialapotheke der Apothekenverantwortliche faktisch der alleinige pharmazeutische Leiter und damit auch der Bezugspunkt für die Vertrauensbeziehung zwischen Kunde und Apotheker. Folglich kann es für das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses auf die Eigentümerstruktur der Apotheke nicht ankommen, so dass das Fremdbetriebsverbot auch unter diesem Gesichtspunkt nicht erforderlich ist. 277
Dettling / Mand, S. 66; Malz, S. 222; vgl. auch BVerfG, NJW 1987, 2919/2920. Die in den Versandapotheken i. d. R. lückenlos geführten Kundenkarteien / Medikationsprofile dürften die Erkennung von Arzneimittelproblemen sogar deutlich erleichtern. 279 Vgl. zur Lockerung des Mehrbesitzverbots ausführlich Diekmann / Reinhardt, ApoR 2006, 129 ff.; U. Becker, S. 51 f. 278
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(6) Internationaler Vergleich Zur Untermauerung der Irrelevanz des Fremdnutzungsverbots für die Volksgesundheit ist auch ein Blick ins europäische und internationale Ausland interessant. Denn wie das Bundesverfassungsgericht im zweiten Apothekenurteil selbst festgestellt hat, kann bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung einer Regelung auch auf Erfahrungen ausländischer Staaten, denen eine entsprechende Bestimmung fremd ist, zurückgegriffen werden. 280 So ist die Apothekendichte in dem gegenüber der Bundesrepublik dünner besiedelten Großbritannien nicht exorbitant niedriger als hierzulande, obwohl das britische System weder ein Mehrbesitz- noch ein Fremdbetriebsverbot kennt. Knappe 4.900 Einwohner hat eine Apotheke dort zu versorgen, während hierzulande ca. 3.800 Einwohnern auf eine Apotheke kommen. 281 Ähnlich verhält es sich auch in Belgien 282, Irland 283 und den Niederlanden, 284 die allesamt kein Fremdbetriebsverbot kennen. Nur in den USA ist eine recht geringe Apothekendichte zu verzeichnen, die aber auch dort nicht auf das fehlende Fremdbetriebsverbot, sondern vielmehr auf den Mangel an Apothekern zurückzuführen ist. 285 Auch in Norwegen, in dem erst 2002 das Fremdnutzungsverbot abgeschafft wurde, hat sich die Apothekenzahl nicht verringert. Im Gegenteil: Die Versorgungsdichte hat sich von 11.500 Einwohnern pro Apotheke im Jahre 2001 286 auf etwas über 8.000 Einwohner pro Apotheke im Jahre 2008 deutlich verbessert. 287 Dies gilt mit steigender Tendenz 288 auch gerade für bevölkerungsarme Landesteile. 289 Auch ansonsten ist ein Zusammenhang zwischen dem Bestehen eines apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbots und einer abnehmenden Apothekendichte zumindest empirisch nicht nachweisbar. 290 Gleiches gilt für die Service- und Beratungsqualität. Wie 280
BVerfGE 7, 377/415. ABDA, S. 41; Monopolkommission, S. 414 f. 282 In Belgien kamen 2002 1.934 Einwohner auf eine Apotheke, vgl. Schäfers / Kaesbach, S. 36. 283 In Irland kommen ca. 3.000 Einwohner auf eine Apotheke (Stand 2004); Bundesagentur für Arbeit, Der Arbeitsmarkt für Apothekerinnen und Apotheker (2005), S. 48. 284 In den Niederlanden kommen ca. 3450 Einwohner auf eine Apotheke (Stand 2006), vgl. Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarkt kompakt 2007, S. 32. Bemerkenswert hieran ist, dass im Jahre 2002 das Verhältnis Einwohner / Apotheke noch bei über 9.800 Einwohnern lag, vgl. http://www.ihs.ac.at/publications/lib/ots00832003.pdf (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 285 Vgl. Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarkt kompakt 2007, S. 32 f. 286 Glaeske et al., S. 118. 287 Apotekforeningen, S. 5. 288 Bundesagentur für Außenwirtschaft, S. 2. 289 So hat sich in ländlichen Gebieten die Apothekendichte von 10.600 Einwohnern auf 6.600 Einwohner pro Apotheke verbessert, Grabein et al. S. 13; Bundesagentur für Außenwirtschaft, S. 2; Stellungnahme d. Ministeriums für Arbeit und Soziales (BW), LT-Drucks 14/1976, 3. 281
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Umfragen unter Patienten in England ergaben, sind mehr als 80 % mit dem Service der Apotheken zufrieden. 291 In Norwegen hat eine beachtliche Zahl an Patienten gar eine Verbesserung in Beratung, Serviceleistungen, Diskretion und Wartezeit festgestellt, 292 so dass die empirischen internationalen Daten gegen eine Verschlechterung der Versorgungsqualität bei Fremdbetrieb sprechen. Beweisen lässt sich dagegen im internationalen Vergleich die Vermutung, dass sich ohne Fremdbetriebsverbot die Apothekenlandschaft hinsichtlich Eigentümerstruktur und Apothekengröße verändert: Weg von der kleinen, inhabergeführten Apotheke, hin zur großen Apothekenkette. 293 Denn sowohl in Großbritannien als auch in den USA und den Niederlanden finden sich große Apothekenketten. Dennoch gibt es in diesen Ländern auch noch die kleine, inhabergeführte Apotheke. Obwohl in Großbritannien beispielsweise ein Mehrbesitz- und Fremdnutzungsverbot traditionell unbekannt ist, werden knapp 7,5 % der Apotheken immer noch inhabergeführt und 36% von Eigentümern betrieben, die nicht mehr als fünf Apotheken haben. 294 In den Niederlanden sind gar nur 39 % als Kette organisiert. 295 Allein in Norwegen wurde in kürzester Zeit nach dem Wegfall des Fremdnutzungsverbots der Markt unter drei große Konzerne aufgeteilt, 296 die etwa 97 297 – 99 298 % des Marktes beherrschen. 299 Im Falle Norwegens ist aber zu berücksichtigen, dass hier die Apothekenzahl vor der Liberalisierung mit nur 371 Apotheken derart dünn gewesen ist, 300 dass es keines großen Aufwandes seitens der Konzerne bedurfte, um mit Neugründungen und dem Aufkauf von Apotheken besagten Marktanteil zu erzielen. Trotzdem hat die Oligopolisierung in Norwegen nicht wie befürchtet den Wettbewerb negativ beeinflusst. Im Gegenteil hat sich die Versorgungsdichte sogar verbessert, 301 ohne dass es zu einer nennenswerten Mehrbelastung für das Gesundheitssystem gekommen wäre. 290
Herdegen et al., GesR 2008, 409/413. Opinion Leader Research, S. 45. 292 Utarbeidet for Helsedepartement, S. 48 ff.; Ergebnisse zusammengefasst in Herdegen et al., GesR 2008, 409/413. 293 Klahn / Klahn, ZESAR 2005, 124/129. 294 Royal Pharmaceutical Society of Great Britain, S. 1. 295 Holstein, PZ 26/2006, 34/35; von nur 25 % spricht sogar die Abgeordnete des BT E. Scharfenberg, ohne dies jedoch näher zu belegen, Online Antwort v. 23. 10. 2007, http:// www.abgeord/netenwatch.de/elisabeth_scharfenberg-650-5557-2.html#fragen (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 296 Zöller (MdB), S. 3. 297 Gemessen am Umsatz. 298 Gemessen an der Gesamtzahl. 299 Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales (BW), LT-Drucks 14/1976, 3 f. 300 Diekmann / Reinhardt, APR 2007, 1/2. 301 Anfang 2006 bestanden bereits 559 Apotheken, Bundesagentur für Außenwirtschaft, S. 2; Stellungnahme d. Ministeriums für Arbeit und Soziales (BW), LT-Drucks 14/1976, 3. 291
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Vielmehr liegen die Arzneimittelpreise in Norwegen immer noch 15 % unter dem deutschen Niveau. 302 Auch in anderen Ländern ohne Fremdnutzungsverbot hat die Gründung von Apothekenketten einen innovativen Wettbewerb zwischen den Apothekengesellschaften untereinander, aber auch zwischen den Ketten und der inhabergeführten Apotheke gefördert, der eher zu einer Verbesserung als zu einer Verschlechterung der Arzneimittelversorgung geführt hat. 303 Die stetige Verteuerung der Arzneimittel konnte gestoppt bzw. wesentlich reduziert werden und Serviceleistungen und Apothekenausstattung haben sich mit Hilfe des neuen Kapitals verbessert. 304 Aus gesundheitspolitischer Sicht ist somit ausländischen Versorgungssystemen ohne Fremdnutzungsverbot in toto gegenüber dem deutschen System der Arzneimittelversorgung keine mindere Qualität zu attestieren. b) Standesrechtliche / historische Gesichtspunkte Die gesellschaftlich herausgehobene Stellung des Apothekers als privater Mittler staatlichen Gesundheitsschutzes gilt es als Aspekt bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachten. Wie weit ihm tatsächlich Gewicht zukommt, ist in zweierlei Hinsicht zu untersuchen. Zum einen ist zu untersuchen, in welchem Ausmaß die Einbindung des Apothekers in das staatliche System der Gesundheitsversorgung Freiheitsbeschränkungen rechtfertigen kann. Damit zusammenhängend muss zum anderen geprüft werden, ob sich aus der Stellung als freier Beruf besondere Einschränkungsmöglichkeiten ergeben. (1) Der Apotheker als „quasi öffentlich Bediensteter“ bzw. staatlich gebundener Beruf Bei der Verteidigung des Fremdbetriebsverbots wird oftmals die öffentliche Aufgabe des Apothekers besonders betont. 305 Diese findet in § 1 Bundesapothekerordnung (BApO) und § 1 Abs. 1 ApoG ihre gesetzliche Fixierung. Auch das Bundesverfassungsgericht begründete sein Berufsbild vom „Apotheker in seiner Apotheke“ mit der öffentlichen Aufgabe des Apothekers zur Arzneimittelversorgung. 306 Dies mag dazu verführen, den Apotheker als Organ des Gesundheitswesens zu verstehen, der seinen gesundheitspolitischen Auftrag als „quasi 302
VfA, S. 18, gestützt auf den SNF Rapport 5/08. Monopolkommission, S. 420; Glaeske et al., S. 121 f., 284, 287. 304 So reduzierte sich die Verteuerung in Norwegen ein Jahr nach Aufhebung des Fremdnutzungsverbots von 8 % im Jahre 1998 auf 1,4 % im Jahre 2002; vgl. auch Diekmann / Reinhardt, WPR 2006, 1165. 305 In diese Richtung: Krüger, S. 18 f., 39 ff.; Tisch, ApoR 2004, 14/15; Wigge / Kleinke, MedR 2002, 391. 306 BVerfGE 17, 231/239; kritisch hierzu bereits Rupp, AöR 92 (1967), 213/224. 303
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öffentlicher Bediensteter“ ausführt und daher auch weiteren Beschränkungen seitens des Staates unterliegen darf. 307 Das ist jedoch schon insofern falsch, als hierzulande 308 der Apotheker zwar vom Staat zur Gesundheitspflege benutzt wird, aber dadurch nicht integraler Bestandteil des staatlichen Gesundheitswesens wird. Der Apotheker bleibt als freier Beruf 309 selbständiger Unternehmer des Privatrechts oder anders formuliert: Der Staat nimmt den Apotheker zwar für die öffentliche Gesundheitsversorgung in den Dienst, er wird aber nicht in den öffentlichen Dienst überführt. 310 Nur weil eine privatrechtliche Tätigkeit aber einem öffentlichen Zweck dient, ist sie mit Hinweis auf diesen nicht beliebig reglementierbar. 311 Vielmehr ist jede einzelne Regelung an Art. 12 Abs. 1 GG und dabei insbesondere am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen. 312 Auch die Rechtsprechung hat sich von einer pauschalen staatlichen Gebundenheit der freien Berufe, soweit eine solche überhaupt je vorgelegen hat, 313 immer mehr distanziert. 314 Im Gegenteil hat sie die allgemein zu beobachtende Lockerung der Standesregeln bzw. die gewerbliche Öffnung der freien Berufe 315 gerade in neuerer Zeit etwa durch ihre Urteile zu den freiberuflichen Werbeverboten oder zur Zulässigkeit von Erfolgshonoraren flankiert. 316 Für den seiner Natur nach ungewöhnlich gewerbeorientierten freien Beruf des Apothekers 317 307
In diese Richtung, Ress / Ukrow, S. 175 f., die von einem Organ der Sanitätspflege sprechen. 308 In Westeuropa gibt es nur noch in Schweden staatlich geführte Apotheken und damit staatliches Apothekenpersonal. Das schwedische staatliche Apothekenmonopol soll allerdings ab 2009 stufenweise aufgehoben und der Staat sich aus der Versorgung zurückziehen, Hollstein, PZ 8/2007, 38 ff. 309 Zur Freiberuflichkeit des Apothekers eingehend Taupitz, Standesordnungen, S. 88 ff. m.w. N. 310 Eichenhofer, MedR 2007, 329/333; ähnlich Martens, S. 131. 311 Martens, S. 130 f. 312 Rupp, AöR 92 (1967), 212/241. 313 Z.T. wird der Begriff des staatlich gebundenen Berufs mit dem Begriff des freien Berufs synonym verwendet, z.T. werden beide als verwandt mit bestehenden Schnittmengen bezeichnet, z.T. werden die Begriffe aber auch als Bezeichnung für völlig unterschiedliche, miteinander unvereinbare Berufsgruppen verwendet, vgl. Taupitz, Standesordnungen, S. 94 m.w. N; Rupp, AöR 92 (1967), 213/222 ff. 314 Die Entwicklung ist dargestellt bei Sodan, S. 138 ff. 315 Vgl. U. Becker, S. 54; Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 49; Kleine-Cosack, DB 2007, 1851 ff. 316 BVerfGE 117. 163 ff. (Erfolgshonorar für Rechtsanwälte); BVerfG, NJW 2001, 1926 ff. (Werbeverbote für Apotheker und Anwälte); BVerfG, NJW 1996, 3067 ff.; Bomba, S. 256; in dieselbe Richtung wies bereits das Urteil zur Zahnärzte-GmbH, BGH, NJW 1994, 786 ff. 317 BVerfGE 17, 232/238; BGH, NJW 1983, 2085/2086; FG-BW, Urt. v. 25. 9. 1991, Az.: 5 K 43/88 Rn. 23 (zitiert nach juris); Krebs, in MüKo-HGB, § 48 Rn. 1; Marks, in Landmann / Rohmer, § 14 Rn. 27; Taupitz, Standesordnungen, S. 333 f.
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muss daher erst recht gelten, dass der nicht näher spezifizierte Hinweis auf die Öffentlichkeit der Aufgabe der Apotheker in seiner Pauschalität das Leitbild des „Apothekers in seiner Apotheke“ bzw. das Fremdbetriebsverbot nicht rechtfertigen kann. 318 (2) Die Stellung des Apothekers als freier Beruf Zuweilen wird bei der Diskussion um das Fremdbetriebsverbot auf die Zugehörigkeit des Apothekers zu den freien Berufen verwiesen, 319 mit der eine Berufsausübung in abhängiger Beschäftigung nicht vereinbar sei. 320 Dies ist schon deshalb problematisch, weil der Begriff des freien Berufs kein eindeutiger Rechtsbegriff, 321 sondern vor allem soziologischer Natur ist, aus dem nur bedingt Rechtsfolgen abgeleitet werden können. 322 Zudem ist bereits weiter oben darauf hingewiesen worden, dass tradierte Berufsbilder per se keine Einschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigen vermögen. 323 Sie müssen vielmehr selbst vor den Grundrechten gerechtfertigt werden und unterliegen in ihrer Ausgestaltung dem Wandel der Zeit. 324 Eine Analyse der freien Berufe zeigt aber, dass gerade in den klassischen freien Berufen des Arztes oder des Rechtsanwaltes ein immer größerer Teil des Berufsstandes in Industrie, Großkanzleien, Forschungsund Krankenhausgesellschaften abhängig beschäftigt ist. Auch der Gesetzgeber hat dies erkannt und fördert etwa mit der Schaffung des Instituts des Medizinischen Versorgungszentrums gezielt die Ausübung ärztlicher und damit klassisch freiberuflicher Tätigkeit in abhängiger Beschäftigung, § 95 Abs. 1 SGB V. 325 Demnach hat sich das Berufsbild des Freiberuflers verändert. 326 Bei einem zeitgemäßen Verständnis des freien Berufs kann die wirtschaftliche Selbständigkeit heute nicht mehr als maßgebliches Charakteristikum für die Freiberuflichkeit angesehen werden. 327 Sie ist zugunsten der persönlichen Weisungsfreiheit und 318
So auch Martens, S. 130 f.; Rupp, AöR 92 (1967), 212/241. Fleischmann, S. 94 f. und Wulffius, S. 189 f. lehnen die Zugehörigkeit des Apothekers aufgrund dessen zunehmenden gewerblichen Tätigkeit ab und wollen maximal von einem gewerblichen Beruf mit freiberuflichem Einschlag sprechen. 320 Vgl. Monopolkommission, S. 375; Taupitz, Standesordnungen, S. 46 f.; Gemmer / Helios, ApoR 2004, 140 f.; Tisch, PZ 7/2002, 20/21. 321 BVerfGE 10, 354/364. 322 Ausführlich hierzu: Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 2. 323 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. I. 324 BVerfG, NJW 1988, 191/192 f.; Bachmann, NJW 2001, 2285. 325 Vgl. zu § 95 Abs. 1 SGB V die Gesetzesbegründung zum PartGG, BT-Drucks. 12/ 6152, 1, 7, 10. 326 Taupitz, NJW 1996, 3033/3036. 327 Ratzel / Knüpper in Ratzel / Luxenburger, § 5 Rn. 15; Taupitz, Standesordnungen, S. 44 ff.; Vieten, S. 37 f.; Fleischmann, S. 74 ff.; Bachmann, NJW 2001, 2285; a. A. aber Lippert, in Ratzel / Lippert, § 1 Rn. 7; Meyer-Greve, S. 141. 319
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Eigenverantwortlichkeit in den Hintergrund getreten und daher nicht mehr dazu geeignet, freie Berufe von sonstigen Tätigkeiten abzugrenzen. Die Richtigkeit dieser Beobachtung wird in § 1 Abs. 2 S. 1 PartGG und dem im Wesentlichen inhaltsgleichen 43. Erwägungsgrund der Rili 2005/36/EG manifestiert, wo es heißt: „Die freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikationen oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt.“ Obwohl beide Regelungswerke speziell die freiberufliche Tätigkeit zum Regelungsinhalt haben, lassen sie bei der Beschreibung 328 freiberuflicher Tätigkeit einen Bezug zur wirtschaftlichen Selbständigkeit vermissen, was im Übrigen auch dem Selbstverständnis der Freiberufler entspricht, wie es in der auf § 1 Abs. 2 S. 1 PartGG Bezug nehmenden Definition des Bundesverbandes der freien Berufe zum Ausdruck kommt. 329 Der Schwerpunkt freiberuflicher Tätigkeit liegt mithin in der persönlich-fachlichen Unabhängigkeit. 330 Die Freiberuflichkeit erfordert demnach nur die Freiheit in der Berufsausübung, nicht dagegen in der Berufsstellung. 331 Die Freiheit in der Berufsausübung kann aber auch bei einem angestellten Apotheker vorhanden sein, wie die Ausführungen zur Unabhängigkeit des Apothekers gezeigt haben. 332 Daher kann aus der Zugehörigkeit des Apothekers zu den freien Berufen kein Verbot des Fremdbetriebs abgeleitet werden. c) Schutz des Wettbewerbs Auch die Befürchtungen, die dem Fremdbetrieb folgende Kettenbildung im Apothekenwesen würde den Wettbewerb verzerren und könnte diesen langfristig, ähnlich wie im Stromsektor, zum völligen Erliegen bringen, 333 sind nur wenig überzeugend. Denn zunächst würde eine Liberalisierung neuen Marktteilnehmern den Marktzugang eröffnen und so den Wettbewerb erst einmal fördern statt beschränken. Aber auch langfristig erscheinen die Befürchtungen grundlos. Denn im Pharmabereich ist im Gegensatz zum Strommarkt die Produktvielfalt enorm. Jährlich mehr als fünfzig neu 334 zugelassene apothekenpflichtige 328
Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich ausdrücklich nicht um eine Legaldefinition, BT-Drucks 12/6152, 9. 329 http://www.freie-berufe.de/Abgrenzung-freier-beruf-oder.145.0.html (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 330 Vieten, S. 40 f. 331 So schon Fleischmann, S. 76. 332 Vgl. Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (3), Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. III. 2. c) (3) (b). 333 Dingermann, PZ 39/2007, 18/22. 334 Die Zahl bezieht sich nur auf Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen oder bekannten Wirkstoffen in neuer Darreichungsform. Generika u ä. wurden nicht berücksichtigt.
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Produkte 335 und ein stetig erweiterter Anwendungsbereich von Arzneimitteln bzw. apothekenpflichtigen Lifestyleprodukten bieten per se mehr Wettbewerbsmöglichkeiten. Ferner ist zu bedenken, dass die wettbewerbspolitisch bedenkliche Lage auf dem Strommarkt auch der Anonymität des Stromkaufs geschuldet ist. Anders verhält es sich beim Arzneimittelkauf. Hier steht der Kunde dem Apotheker i. d. R. direkt gegenüber. Der Apotheker verfügt zudem im Gegensatz zum Stromanbieter über weitaus mehr Möglichkeiten, sich durch Sortiment, Beratung, Ein- und Verkaufsverhandlungen von seinen Mitbewerbern positiv abzugrenzen, so dass sich der Wettbewerb schon aus diesem Grund deutlich besser als auf dem Strommarkt entwickeln sollte. Daneben besteht bei dem durch den sofortigen Leistungsaustausch gekennzeichneten Kauf sichtbarer Gegenstände im Geschäft vor Ort grundsätzlich eine deutlich höhere Kostensensibilität des Kunden als bei der in Vorleistung erbrachten, schwer greifbaren und unkörperlichen Strombelieferung. Dass trotz allem gerade beim Arzneimittelkauf die mangelnde Kostensensibilität der Kunden immer wieder bemängelt wird, liegt weniger an der Ware Arzneimittel als vielmehr an der relativ geringen Zuzahlungsverpflichtung der gesetzlich Versicherten. Bei einem Vergleich der Auswirkungen bereits erfolgter Liberalisierungen etwa im Bereich der Telekommunikation, dem Postwesen oder auch der Anwaltschaft fällt auf, dass diese nicht zu weniger, sondern stets zu mehr Wettbewerb geführt haben. 336 Bedenkt man zudem, dass bei Aufhebung des Fremdnutzungsverbots vor allem die großen Einzelhandels-, Lebensmittel- und Drogerieketten in den Markt drängen würden, so ist in die Überlegungen die Tatsache einzubeziehen, dass das klassische Tätigkeitsfeld dieser Unternehmen bisher keineswegs durch mangelnden als vielmehr durch besonders scharfen Wettbewerb gekennzeichnet ist. Sollte es dennoch zu Wettbewerbsverzerrungen bzw. wettbewerbspolitisch unerwünschten Zuständen kommen, ist das Wettbewerbsrecht der sachnähere, respektive speziellere und damit adäquatere Teilbereich der Rechtsordnung, um regulatorisch gegenzusteuern. Die §§ 19 ff., 32 ff. und 35 ff. GWB bieten zur Bekämpfung sowohl horizontaler als auch vertikaler Konzentrationsprozesse und sonstiger Fehlentwicklungen ein umfassendes Instrumentarium. So führt auch der Gesetzgeber in der Begründung zur Lockerung des Mehrbesitzverbots aus: „... sollte im Einzelfall eine marktbeherrschende Stellung eines Apothekenverbundes vorliegen, so gilt das einschlägige Wettbewerbsrecht.“ 337 Gleiches gilt im Übrigen für Befürchtungen, der Einstieg der Einzelhändler in den Apothekenmarkt führe zu einem ruinösen und qualitätsmindernden Verdrängungswettbewerb mit Discount- und Dumpingpreisen. Denn die Arzneimittelpreisverordnung (AmPreisV) schreibt den 335
Antwort auf Anfrage an den VFA. Siehe hierzu auch Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (1); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (2). 337 So ausdrücklich in BT-Drucks. 15/1525, 160, wobei zuvor auf den Schutz vor Kettenbildung durch die quantitative Beschränkung der Filialapotheken in § 1 II ApoG hingewiesen wird. 336
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Preis für verschreibungspflichtige Arzneimittel obligatorisch vor, während für den Bereich der nicht verschreibungspflichtigen Medikamente § 20 Abs. 4 GWB Dumping grundsätzlich untersagt. Ferner ist es dem Gesetzgeber unbenommen, jederzeit bei Fehlentwicklungen das Wettbewerbsrecht zu verschärfen. 338 d) Förderung bzw. Schutz des Mittelstandes (1) Mittelstandsschutz als legitimer Rechtfertigungszweck Das Fremdbetriebsverbot muss nicht ausschließlich als freiheitsbeschränkendes Regularium des Staates gegenüber dem Einzelnen verstanden werden, sondern kann auch als Maßnahme zur Schaffung von Freiraum für andere definiert werden. 339 So weist Starck darauf hin, dass das Fremdbetriebsverbot zwar allen „Nicht-Apothekern“ jegliches Engagement im Apothekenmarkt verbiete, hierdurch jedoch zugleich der größtmöglichen Zahl an Apothekern die Gelegenheit gegeben werde, selbständig ihren Beruf auszuüben. 340 Anders formuliert sichert gerade das Fremdbetriebsverbot die mittelständische Struktur 341 des Apothekenwesens. Trotzdem ist fraglich, ob eine nachhaltige Förderung des Mittelstandes überhaupt einen legitimen Zweck zur Rechtfertigung des Fremdbetriebsverbots darstellen kann. Denn Art. 12 Abs. 1 GG schützt grundsätzlich nur den Wettbewerb, den Einzelnen aber nicht vor dem Wettbewerb. 342 Allerdings hat das BVerfG den Mittelstandsschutz bzw. dessen Förderung in mehreren Entscheidungen als legitime Zwecksetzung des Gesetzgebers akzeptiert. 343 So hat es auch seine Entscheidung zum Mehrbesitzverbot neben Erwägungen zum Gesundheitsschutz ausdrücklich auf die mittelstandsfördernde Wirkung des Mehrbesitzverbots gestützt. 344 Hintergrund der Vorgehensweise des Bundesverfassungsgerichts ist einerseits die wirtschaftspolitische Neutralität des 338
Wegen der Preisschlachten im Lebensmittelsektor wurde hierüber beispielsweise auch schon mehrfach nachgedacht, vgl. http://www.rp-online.de/public/article/aktuelles/ 113629 (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 339 Starck, Fremd- und Mehrbetriebsverbot, S. 39. 340 Starck, Fremd- und Mehrbetriebsverbot, S. 37; in diese Richtung auch Puck, in Korinek, FS Wenger, S. 577/590 Fn. 45. 341 Zu Definitionsversuchen und Reichweite des Mittelstandsbegriffs, Lichtnecker, S. 1 ff. 342 BVerfGE 11, 168/188 ff.; BVerfGE 19, 330/342; Wieland, in Dreier, Art. 12 Rn. 128; Pieroth / Schlink, Rn. 814; Tettinger, NJW 1987, 294/297; dem Einzelfall der Wiedervereinigung geschuldete Ausnahme in BVerfGE 93, 362/370 f. 343 Implizit bereits in BVerfGE 11, 168/190; ausdrücklich in BVerfGE 13, 97/110 ff.; BVerfGE 19, 101/114 ff.; BVerfGE 21, 292 ff.; BVerfGE 23, 50/60; BVerfGE 30, 38/ 53 ff.; kritisch BGH, NJW 2002, 2724/2726, der zweifelt, inwieweit Erwägungen zum Mittelstandsschutz noch zeitgemäß sind. 344 BVerfGE 17, 232/243 f.; kritisch hierzu: U. Becker, S. 48/58; Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 52 ff.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Grundgesetzes, welche dem Gesetzgeber einen weiten Handlungsspielraum in der Wirtschaftspolitik belässt, der von ihm nach eigenen Vorstellungen auszufüllen ist. 345 Wirtschaftslenkende Gesetze müssen daher nicht wettbewerbsneutral sein und der Gesetzgeber kann durch Lenkungsmaßnahmen das freie Spiel der Kräfte korrigieren, um so die von ihm erstrebte Wirtschafts- und Sozialordnung zu erreichen. 346 Andererseits ist die Mittelstandssicherung aber auch in der Berufsfreiheit der mittelständischen Unternehmer selbst begründet. Denn Mittelstandsförderung bedeutet nicht nur Reglementierung, sondern zugleich auch Sicherung der freien Berufsausübung und Berufsaufnahme als Mittelständler. 347 Wie erwähnt wurde, ermöglicht das Fremdbetriebsverbot vielen jungen Apothekern erst, sich selbständig zu machen und damit der originären Verwirklichung von Art. 12 Abs. 1 GG. Dies sagt allein jedoch noch nichts über die Zulässigkeit der Maßnahme aus, sondern begründet letztlich nur, warum die Förderung des Mittelstandes als legitimes Ziel im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung grundsätzlich anzuerkennen ist. 348 (2) Schutz einer mittelständischen Apothekenlandschaft unter Geeignetheits-, Erforderlichkeitsund Angemessenheitsgesichtspunkten Rückt man einen nachhaltigen Mittelstandsschutz in den Mittelpunkt, zeigt sich, dass das Fremdbetriebsverbot einen wirksamen Schutz vor oligopolistischen Strukturen bietet, indem es die persönliche Leitung der Apotheke durch einen approbierten Betriebsinhaber vorschreibt und damit den Markt vor berufsfremden Betreibern abschottet. Tatsächlich ist es dann auch unter Geltung des Fremdbetriebsverbots zu einer stetig wachsenden Zahl an Apotheken gekommen, so dass sich die mittelständische Struktur unter Geltung des Apothekengesetzes weiter verfestigt hat. Nachteil dieses starken Wachstums ist, dass sich Apotheker bereits heute vor allem in den vermeintlich lukrativen städtischen Regionen einem erhöhten Wettbewerbsdruck ausgesetzt sehen, der sich mit Einschnitten bei der Vergütungsstruktur für rezeptpflichtige Arzneimittel noch verstärkt hat. 349 Von ca. 7.500 im Jahre 1958 hat sich die Apothekenzahl auf inzwischen 21.570 im Jahre 2007 erhöht. 350 Korrespondierend hierzu ist die Versorgungsdichte von 345
Scholz, in Maunz / Dürig, § 12 Rn. 85 ff, 395 ff.; Wieland, in Dreier, Art. 12 Rn. 127; Mühl, in Harms, FS Bartholomeyczik, S. 289/296 ff.; Tettinger, BB 1977, 1617/1619. 346 BVerfGE 23, 50/60; vgl. auch Pitschas, S. 85. 347 Krüdewagen, GewArch 1999, 235/236; Tettinger, BB 1977, 1617/1621. 348 BVerfGE 17, 232/243; Scholz, in Maunz / Dürig, Art. 12 Rn. 408 m.w. N; Mühl, in Harms, FS Bartholomeyczik, S. 289/196 ff.; Krüdewagen, GewArch 1999, 235/236. 349 So sollen nach der OECD im Jahre 2000 40 % aller Apotheken rote Zahlen geschrieben haben, OECD, Regulierungsfragen, S. 173; vgl. auch König / Schreiber, EWS 2007, 385/389; Gemmer / Helios, ApoR 2004, 140/141; Taupitz / Schelling, NJW 1999, 1751/1753 Fn. 36; Hennsler, ZIP 1994, 851/852.
Kap. 3: Apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot und Grundgesetz
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ca. 6.700 Einwohnern pro Apotheke 351 auf 3.816 im Jahre 2007 gestiegen. 352 Können mit Fortfall des Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbots auch Kapitalgesellschaften und andere berufsfremde Investoren im Apothekenmarkt aktiv werden, so ist mit einer Verschärfung des Wettbewerbs und erhöhtem Preisdruck zu rechnen. 353 Dies muss aber nicht das Ende der mittelständischen, inhabergeführten Apotheke bedeuten. Schon die Liberalisierung des Optikermarktes lehrt, dass trotz Kettenbildung ein parallel bestehendes 354 enges Netz aus inhabergeführten Mittelstandsunternehmen bestehen kann. Erhöhter Wettbewerbsdruck führt nämlich stets auch zur Zunahme unternehmerischer Innovation. 355 So würde die Liberalisierung des Apothekenmarktes gerade kleineren Apothekenunternehmen die Chance eröffnen, sich durch besondere Beratungsund Serviceleistungen von den dann zu erwartenden zentral geführten „Apothekenkonzernen“ 356 qualitativ abzugrenzen. 357 Gesundheitspolitisch reflektiert böte ein verschärfter Wettbewerb mithin auch Chancen. Vor allem im ländlichen Bereich besteht für die inhabergeführte Apotheke dabei die Möglichkeit, sich gegenüber den befürchteten Apothekenketten zu profilieren. Gleichwohl kann nicht bestritten werden, dass sich mit dem vollständigen Wegfall des Fremdbetriebsverbots die Marktlage für die inhabergeführte Apotheke insgesamt eintrüben würde. Da die Arzneimittelnachfrage innerhalb einer gewissen Schwankungsbreite natürlich begrenzt ist, muss der Markteintritt großer Kapitalgesellschaften zwangsläufig zu einer teilweisen Substitution von Einzelapotheken durch Kettenapotheken führen. Das Wettbewerbsrecht kann dies jedenfalls nicht verhindern. 358 Umgekehrt ist aber auch zu berücksichtigen, dass dem Interesse junger Apotheker, erst einmal als Apothekenprovisor bei der Apothekenverwaltung Erfah350
ABDA, S. 40. Monopolkommission, S. 414. 352 ABDA, S. 40. 353 Vgl. bereits zum Ansteigen des Wettbewerbsdrucks durch die Kooperation von Drogeriemärkten mit Versandapotheken: Wettbewerbszentrale, Jahresbericht 2007, S. 56. 354 Zentralverband d. Augenoptiker, Branchenbericht 2009, S. 3, 5. 355 Monopolkommission, S. 419. 356 Vgl. hierzu nur die Pläne pharmazeutischer Großhändler, Einzelhändler, Supermarkt- und Drogeriekettenbetreiber eine eigene, flächendeckende Medikamentenversorgung aufzubauen, Heiny, Aufbruch im Apothekenmarkt, FTD-online v. 9. 10. 2007; N. N., Versandapotheker Schlecker, FAZ v. 5. 2. 2008, 14; Germis / Petersdorff v., Schlecker wird jetzt eine Apotheke, FAZ v. 11. 2. 2008, 14; N. N., Phoenix Pharmahandel kauft zu, FAZ v. 25. 2. 2008, 20. 357 Zu den schon jetzt erhöhtem Wettbewerbsdruck geschuldeten Serviceverbesserungen, von Petersdorff, Preiskampf in der Apotheke, FAZ v. 17. 2. 2008, 36; Mihm, Mehr Wettbewerb im Pharmamarkt, FAZ v. 7. 4. 2008, 13. 358 Zur Beziehung von Wettbewerbsrecht und Mittelstandsförderung: Immenga, in Issing, Zukunftsprobleme, S. 125 ff. 351
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rungen zu sammeln, durch das Fremdbetriebsverbot nicht Rechnung getragen wird. Gerade für eine erfolgreiche eigene Apothekengründung wäre eine vorherige Tätigkeit als verantwortlicher Apothekenverwalter in einer fremdbetriebenen Apotheke besonders wertvoll. Daneben wird mit dem Verbot der Apothekenverwaltung die Kompromissform zwischen dem Apotheker, der in der von einem Apothekeninhaber geleiteten Apotheke angestellt ist, und demjenigen, der völlig selbständig in seiner eigenen Apotheke wirtschaftet, untersagt, obwohl die pharmazeutisch selbständige Apothekenverwaltung dem Bild des Apothekers in seiner Apotheker weit näher kommt als das „bloße“ Angestelltendasein neben dem alleinverantwortlichen Apothekeninhaber des Apothekenbetriebs. Zu Recht hat das schweizerische Bundesgericht daher bereits 1967 kritisch festgestellt, dass in Deutschland der Beruf des Apothekers in seiner Apotheke nur den Apothekeneigentümern reserviert ist, dagegen allen Nichteigentümern verwehrt wird. 359 Viel wichtiger sind allerdings Überlegungen bezüglich der Erforderlichkeit. Hier könnte nämlich das Mehrbesitzverbot aus § 1 Abs. 2 ApoG bereits ausreichenden Schutz für die mittelständische Apothekenstruktur gewähren. Immerhin könnten bei Aufhebung bzw. Abänderung des Fremdbetriebsverbots auch Berufsfremde mit Hilfe approbierter Apothekenverwalter Apotheken betreiben, ohne dass eine Gefahr der Kettenbildung bestünde; denn das Mehrbesitzverbot in § 1 Abs. 2 ApoG böte ja weiterhin dafür Gewähr, dass der Berufsfremde nicht mehr als insgesamt vier Apotheken betreibt. Allerdings mag es zweifelhaft sein, ob das mit dem Fremdbetriebsverbot eng verbundene Mehrbesitzverbot ohne ersteres lange Bestand hätte. 360 Nicht umsonst hat die EG-Kommission bereits ein Verfahren hinsichtlich des Mehrbesitzverbots eingeleitet 361 und auch die Bundesregierung scheint zur Aufhebung des Mehrbesitzverbots gewillt, sofern aus europarechtlichen Gründen das Fremdbetriebsverbot nicht mehr haltbar sein sollte. 362 Umgekehrt ist es aber schwer vorstellbar, dass das Fremdbetriebsver359
Schweiz. BGE, 91 I 306 = JZ 1967, 91/94. Die Mittelstandsförderung spricht jedenfalls für die Verfassungskonformität des Mehrbesitzverbots, vgl. Friauf, S. 10; Heintzen, S. 63 f.; Grams, MedR 1997, 406 (alle zustimmend); Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 52 ff. (ablehnend). Mehr als zweifelhaft ist dagegen die Europarechtskonformität; vgl. hierzu das mit Beschluss EG-Komm., IP/06/ 859 v. 28. 6. 06, eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland; vgl. auch den Antrag der Bundesregierung auf Aussetzung des Verfahrens, zusammengefasst in DAZ 2008, 1648, und dessen Ablehnung durch die EG-Komm., zusammengefasst in AZ 39/2008, http://www.deutscher-apotheker-verlag.de/daz_neu/index.htm (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009); ferner: Taupitz, Fremd- und Mehrbesitzverbot, S. 21 ff., 75 ff.; Diekmann / Reinhardt, ApoR 2006, 129 ff.; Grams, MedR 1997, 406/409; Gornig, DAZ 1989, 1252/1257 (alle kritisch zur Europarechtskonformität); Friauf, S. 56 ff.; Zuck / Lenz, S. 51 ff., 83 ff. (die die Europarechtskonformität uneingeschränkt bejahen). 361 N. N., Brüssel will deutschen Apothekenmarkt öffnen, FAZ v. 2. 2. 08, 11. 362 N. N., Europas Arzneimittelhandel vor der Marktöffnung, FAZ v. 15. 04. 08, 19. 360
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bot mit Hilfe des Mittelstandsschutzes erfolgreich verteidigt werden kann, wenn das Mehrbesitzverbot trotz seiner mittelstandsschützenden Zielrichtung vor der Verfassung und / oder dem EG-Vertrag nicht mehr gerechtfertigt werden kann. Für die aktuelle Beurteilung der rechtlichen Situation spielt dies aber vorerst keine Rolle. Hier ist vom Bestand des Mehrbesitzverbots auszugehen. So gesehen würde sich mit der Zulässigkeit des Fremdbetriebs zwar die Möglichkeit für Dritte eröffnen, im Wege des Versandhandels den klassischen inhabergeführten Apotheken Marktanteile zu entreißen. Außerhalb des Versandhandels blieben die Expansionsmöglichkeiten wegen § 1 Abs. 2 ApoG allerdings auf insgesamt vier Apotheken pro Betreiber beschränkt. Wie die Erfahrungen mit dem bereits jetzt erlaubten Versandhandel unter Beteiligung fremdbetriebener ausländischer Apotheken zeigen, führt der Versandhandel dabei nicht zu einem derart signifikanten Verlust von Marktanteilen der inhabergeführten Apotheken, dass die mittelständische Struktur des Apothekenwesens gefährdet wäre. 363 Trotz des gerade bei wirtschaftslenkenden Grundsatzentscheidungen weiten gesetzgeberischen Beurteilungsspielraums 364 stellt das Mehrbesitzverbot demnach das gegenüber dem Fremdbetriebsverbot klar mildere, gleich geeignete und damit gegenüber dem Fremdbetriebsverbot adäquatere Mittel zum Schutz des Mittelstandes dar. Dementsprechend ist das Fremdbetriebsverbot zum Schutz des Mittelstandes nicht erforderlich. e) Schlussfolgerung Das Fremdbetriebsverbot ist grundsätzlich weder zum Schutze der Gesundheit noch zum Schutze des Wettbewerbs oder des Mittelstandes erforderlich. Der Gesichtspunkt der Freiberuflichkeit des Apothekerstandes ist zudem zu unbestimmt, um den Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG rechtfertigen zu können. Im Übrigen steht die Freiberuflichkeit dem Fremdbetrieb auch in der Sache nicht entgegen, da sie sich nur auf die pharmazeutische Unabhängigkeit bezieht. Allerdings besteht beim Apothekenfremdbetrieb durch Unternehmen der Gesundheitsbranche ein sowohl quantitativ als auch qualitativ erhöhtes Potential an Interessenkollisionen. Aber auch diesbezüglich lassen die bereits bestehenden gesetzlichen Reglementierungen bei der Arzneimittelabgabe sowie die Tatsache, dass das Fremdbetriebsverbot auch Unternehmer abseits der Gesundheitsbranche erfasst, das Verbot insgesamt als nicht erforderlich erscheinen. Dementsprechend ist das Fremdbetriebsverbot in seiner jetzigen Ausgestaltung hinsichtlich Art. 12 Abs. 1 GG unverhältnismäßig.
363
Bisher beträgt der Marktanteil von Internetapotheken gerade einmal zwischen 2 –5% (2008). BVDVA, S. 4; Voigt, S. 21; bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln sogar nur 1%, Germis / v. Petersdorf, Billige Pille aus der Schlecker-Apotheke, FAZnet v. 9. 2. 2008. 364 Wieland, in Dreier, Art. 12 Rn. 127 f.; Scholz, in Maunz / Dürig, Art. 12 Rn. 402 ff.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
4. Verhältnismäßigkeit des Fremdgesellschaftsverbots a) Gesundheitspolitische Gesichtspunkte Analog zum Fremdbetriebsverbot stellt sich die Lage beim Fremdgesellschaftsverbot nach § 8 S. 1 ApoG dar. Bei gesellschaftsrechtlichen Beteiligungskonstruktionen besteht zweifelsfrei das Potenzial zur Beeinflussung der pharmazeutischen Unabhängigkeit durch Berufsfremde. Schließlich verleiht das Gesellschaftsrecht den berufsfremden Gesellschaftern grundsätzlich dieselben Geschäftsführungs-, Vertretungs-, Kontroll- und Mitsprachebefugnisse wie ihren approbierten Mitgesellschaftern. Gleichwohl kann durch eine entsprechende Gestaltung im Gesellschaftsvertrag zum einen die pharmazeutische Verantwortlichkeit in den Händen eines Apothekers belassen werden und zum anderen auch dessen pharmazeutische Unabhängigkeit rechtstechnisch gegenüber den berufsfremden Mitgesellschaftern abgesichert werden. Die Möglichkeit der faktischen Beeinflussung bleibt freilich bestehen. Dass der Berufsfremde die Unabhängigkeit des Apothekers aber nicht stärker beeinflussen kann, als dies der Marktdruck schon jetzt gegenüber dem selbständigen Apotheker vermag, wurde bereits dargestellt. 365 Nichts anderes gilt für die Konstellation des leitenden angestellten Apothekers einer Apotheken GmbH oder AG mit partieller oder ausschließlicher 366 Beteiligung berufsfremder Dritter auf Gesellschafterebene. Daneben stellt auch hier gegen allzu leicht beeinflussbare Apotheker das Berufsrecht ausreichende Sanktionsmittel zur Verfügung. 367 Mithin ist das Verbot aktiver Beteiligungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes ebenfalls nicht erforderlich. b) Standesrechtliche / historische Gesichtspunkte Da das Fremdgesellschaftsverbot nur einen Unterfall des Fremdbetriebsverbots darstellt, 368 kann auch hier mit der Zugehörigkeit der Apotheker zu den freien Berufen das Verbot der gesellschaftlichen Fremdbeteiligung nicht legitimiert werden.
365
Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (3). Bei ausschließlicher Beteiligung handelt es sich genau genommen um einen Fall des Fremdbetriebs durch eine berufsfremde Gesellschaft; siehe bereits zur besonders engen Verwandtschaft gerade dieser beiden Elemente des Fremdnutzungsverbots: Teil 1 Kapitel 2 § 1 A. II. 367 Vgl. § 34 ApBetrO; § 58 HKaG-BW; §§ 58 f. HKaG-Hmb. i.V. m. § 3 HBGeGHmb. 368 Siehe Teil 1 Kapitel 2 § 1 A. II. 366
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c) Wirtschaftspolitische Gesichtspunkte (1) Wettbewerbsschutz Bereits bei der Diskussion des Fremdbetriebsverbots wurde dargelegt, dass Konzentrationsprozesse und auch die Bildung von Apothekenketten sich nicht per se negativ auf den Wettbewerb auswirken müssen. Neben der Tatsache, dass auch ein funktionierender Wettbewerb in oligopolistischen Strukturen möglich ist, wurde hier auch auf die bereits bestehenden Sicherungsmechanismen des Wettbewerbsrechts hingewiesen, so dass im Ergebnis festgehalten werden kann, dass das Fremdgesellschaftsverbot zum Schutz des Wettbewerbs nicht erforderlich ist. 369 (2) Mittelstandsschutz Unter dem Gesichtspunkt des Mittelstandsschutzes erscheint die Verpflichtung jedes einzelnen Gesellschafters, Inhaber einer Apothekenbetriebserlaubnis zu sein, in einem anderen Licht. Da die Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ApoG nur an Apotheker erteilt wird und diese zugleich gemäß § 7 S. 1 ApoG zur persönlichen Leitung der Apotheke verpflichtet, wird zwar sichergestellt, dass die Bündelung der finanziellen und personellen Kräfte in einer Gesellschaft nicht zur Kettenbildung verwendet werden kann. Zugleich wird dem gründungswilligen Jungapotheker aber hierdurch die Möglichkeit genommen, sich im Wege einer Gesellschaftsgründung berufsfremdes Startkapital zu beschaffen. Während die kostspielige „Ein-Mann-Apothekengründung“ viele risikoaverse und finanzschwache Apotheker an der Neugründung hindert, würde die Beteiligung berufsfremder Financiers auf Gesellschaftsebene die Gründungs- und Betriebskosten sowie Risiken auf mehrere Schultern verteilen. Bezeichnenderweise versuchen daher bereits heute viele Apotheker, in Form der Teilnahme an Kooperationsmodellen das Verbot gesellschaftlicher Beteiligung mehr oder weniger deutlich zu umgehen. 370 Anscheinend besteht bei einer nicht zu unterschätzenden Zahl von Apothekern das Bedürfnis nach neuen Berufsausübungsformen. Ob dieser Wunsch letztlich freier Überzeugung oder einem bereits heute bestehenden Wettbewerbsdruck geschuldet ist, 371 ändert am Faktum nichts. Typisch für diese Umgehungsmodelle ist jedenfalls die Zusammenarbeit mit Berufsfremden gerade im Bereich der Apothekenneugründung sowie bei wirtschaftlichen Fragen, wie Einkauf, Marketing oder Apothekengestaltung. 372 369
Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. c). Siehe Teil 1 Kapitel 2 § 2 C. 371 So hat die OECD ermittelt, dass 40 % aller Apotheken im Jahre 2000 rote Zahlen geschrieben haben; OECD, Regulierungsfragen, S. 173 und bereits 1997 sprach sie von starken Einnahmeverlusten bei den Apothekern seit 1993, OECD, Deutschlandbericht, S. 115. 370
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Sinnvoller und die Berufsfreiheit der Jungapotheker weniger beschneidend ist daher ein gesellschaftsrechtliches Mehrbeteiligungsverbot. Denn sobald die Beteiligung an mehreren Apothekengesellschaften unmittelbar verboten ist, bedarf es der Interdependenz zwischen Gesellschafterstellung und Betriebserlaubnis in § 8 S. 1 ApoG nicht mehr, um fremdbetriebene Apothekenketten zu verhindern. Gleichzeitig würde eine Beteiligung Berufsfremder aber nicht prinzipiell ausgeschlossen bleiben. Dementsprechend ist § 8 S. 1 ApoG zur Mittelstandsförderung nicht erforderlich und daher wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG nichtig. d) Schlussfolgerung Das Fremdgesellschaftsverbot ist zum Schutz der Gesundheit der Patienten nicht erforderlich. Unter standesrechtlichen und wettbewerbsschützenden Gesichtspunkten ergibt sich nichts anderes. Hinsichtlich des Mittelstandsschutzes finden sich gegenüber dem Fremdbetriebsverbot sogar noch weitere Argumente, die bereits gegen die Geeignetheit des Verbots sprechen. Zumindest ist das Fremdgesellschaftsverbot aber wegen des weiterhin bestehenden Mehrbesitzverbots nicht erforderlich. 5. Verhältnismäßigkeit des Verbots stiller Gesellschaften und partiarischer Rechtsverhältnisse a) Gesundheitspolitische Gesichtspunkte (1) Verbot der stillen Gesellschaft nach § 8 S. 2 Alt. 1 ApoG Grundsätzlich ist bei stillen Gesellschaften zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft zu unterscheiden. Während bei der typischen stillen Gesellschaft dem stillen Gesellschafter nur marginale Informations- bzw. Kontrollrechte gemäß § 233 Abs. 1 HGB zustehen und eine Beteiligung am Unternehmensvermögen nicht erfolgt, wird von diesen Vorgaben bei atypischen Gesellschaften mannigfaltig abgewichen. 373 (a) Verbot der typischen stillen Beteiligung Gerade die typische stille Gesellschaft eröffnet dem berufsfremden stillen Gesellschafter weder Mitspracherechte noch Leitungsbefugnisse, die die Unabhängigkeit des Apothekers beeinträchtigen könnten. 374 Seine Aktivität bleibt auf die wenigen Kontrollrechte gemäß § 233 Abs. 1 HGB begrenzt. Die Rechte sollen dem stillen Gesellschafter lediglich die Prüfung der ausgewiesenen Höhe 372 373 374
Siehe Teil 1 Kapitel 2 § 2 C. Siehe Anhang, Allg. Begriffsbestimmungen. Siehe Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. II. 1. a) (1).
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der Gewinn- bzw. Verlustpartizipation auf deren Richtigkeit ermöglichen und können vertraglich noch weitergehend beschränkt werden. 375 Im Wesentlichen ist die Beteiligung also auf die Gewinn- und Verlustpartizipation beschränkt. Somit bestätigen die gesellschaftsrechtlichen Vorgaben das in der Bevölkerung und auch im Steuerrecht verankerte Bild des typischen stillen Gesellschafters als „bloß“ passiven Kapitalgeber. 376 Mithin verbleibt die wirtschaftliche und pharmazeutische Leitungsbefugnis i. S. d. § 7 S. 1 ApoG vollständig in den Händen des approbierten Betriebsinhabers. 377 Dennoch hat der Gesetzgeber die Befürchtung gehabt, dass stille Beteiligungen zur fachfremden Einflussnahme auf den Apotheker führen könnten und so die formale Leitungsbefugnis des Apothekers materiell unterminiert werden würde. So heißt es in der Begründung zu § 8 S. 2 ApoG explizit: „Nur durch dessen [des Apothekers] freie Entscheidung kann auf Dauer sichergestellt werden, dass [...] die gesundheitspolitischen Aufgaben des Apothekers nicht im Interesse einer Gewinnerhöhung vernachlässigt oder zurückgedrängt werden. In letzter Zeit ist in zunehmendem Maße versucht worden, diese Zielsetzung [...] zu unterlaufen [...], um Außenstehende nicht nur in unangemessener Höhe am Gewinn zu beteiligen, sondern ihnen auch direkt oder indirekt Einfluss auf die Betriebsführung zu verschaffen. [...] diese Entwicklung [gilt es] einzudämmen.“ 378
Die Befürchtungen des Gesetzgebers sind jedoch unbegründet. Denn der Apotheker befindet sich als Inhaber des Unternehmens Apotheke gegenüber dem typisch stillen Beteiligten stets in der überlegenen Position. Er ist alleiniger Unternehmensträger und Betriebsinhaber. 379 Die typische stille Einlage ist nicht mehr als eine besondere Form der Kapitaleinlage, weswegen steuerrechtlich der typisch stille Gesellschafter gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG auch nicht anders als beispielsweise ein Sparbuchinhaber behandelt wird. 380 Genauso wenig wie der Sparbuchinhaber die Geschäftspolitik der Bank beeinflussen kann, kann der stille Gesellschafter in nennenswertem Umfang Druck und Einfluss auf die Apothekenführung ausüben. Für den Apotheker ist der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags eine günstige Möglichkeit der Kapitalbeschaffung, die gerade bei der Apothekenneugründung zumeist unabdingbar ist. Denn anders als bei einem klassischen Darlehen erfolgt die Gegenleistung nicht in konstanten 375 U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 12.89; kritisch zur Möglichkeit der Einschränkung: Haack, NWB Fach 18, 4252/4259. 376 Vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG; Haack, NWB Fach 18, 4251/4260. 377 Ähnlich OVG Sachsen, Urt. v. 8. 6. 2004, Az.: 2 B 468/03 Rn. 57 ff., 65 (zitiert nach juris). 378 BT-Drucks. 8/3554, 14 f. 379 Vgl. U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 4.3 f, 4.11. 380 U. Blaurock, Unterbeteiligung, S. 118; Blaese, S. 288 f.; Oehlrich, S. 198.
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Raten, sondern in einer erfolgsabhängigen Gewinn- und Verlustbeteiligung. Der Apotheker umgeht somit den immensen Druck, die Tilgungsraten vom ersten Tag an erwirtschaften zu müssen. Gerade der wirtschaftliche Existenzdruck führt aber zu einer vorwiegend an ökonomischen Faktoren orientierten Betriebsführung. Verstärkt wird dieser Druck bei der klassischen Darlehensfinanzierung regelmäßig noch durch die Übertragung von Sicherungseigentum an die Bank. Beim Ausfall von Tilgungsraten ist der Apotheker nämlich immer der Verwertungsgefahr durch die Bank ausgesetzt. Dagegen ist der stille Gesellschafter strukturbedingt nicht an der Verringerung der Unternehmenssubstanz oder gar an der Einstellung des Apothekenbetriebs interessiert. Denn er partizipiert nur an den Überschüssen, so dass er ein natürliches Interesse an einer gesunden Unternehmensentwicklung hat. Zusammenfassend eröffnet eine Finanzierung im Wege einer typischen stillen Gesellschaft dem Apotheker betriebswirtschaftlichen Dispositionsspielraum und stärkt damit dessen Unabhängigkeit. Somit ist das Verbot der stillen Gesellschaft in einer Vielzahl der Fälle nicht nur ungeeignet, sondern für den Schutz der pharmazeutischen Unabhängigkeit sogar kontraproduktiv. Allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt. Nimmt im Einzelfall die Gewinnbeteiligung nämlich erdrückende Ausmaße an, kann auch die pharmazeutische Unabhängigkeit des Apothekers zur formalen Hülle verkommen. Denn die überproportionale Gewinnbeteiligung zwingt den Apotheker dazu, ökonomischen Gesichtspunkten bei pharmazeutischen Entscheidungen zwangsläufig ein überschiessendes Gewicht einzuräumen. In diesen Fallgestaltungen kann die Funktion des Apothekers für den Gesundheitsschutz mithin tatsächlich beeinträchtigt sein. Daher hat der BGH zu Recht vor Inkrafttreten des § 8 S. 2 ApoG einer stillen Gesellschaft die Zulässigkeit versagt, bei der neunzig Prozent des Gewinns an den stillen Gesellschafter abzuführen waren. 381 Solche extremen Vertragsgestaltungen müssen beim Apotheker zwangsläufig zu einer Fokussierung auf ökonomische Erwägungen führen. Gleichwohl bedarf es für die Untersagung solcher Verträge keiner speziellen Norm. Denn in der Regel dürfte ein solch einseitiger Gewinnverteilungsschlüssel bereits den Sittenwidrigkeitsvorwurf begründen und damit nicht nur gemäß § 138 BGB nichtig sein, sondern unter Umständen auch Schadenersatzansprüche von Patienten oder anderen Gläubigern des Apothekers gegen den Berufsfremden gemäß § 826 BGB begründen. 382 Bei der Beurteilung einzelner Fallgestaltungen können hierbei über § 4 Abs. 2 S. 1 ApoG auch schärfere, speziell apothekenrechtliche Maßstäbe herangezogen werden. Denn auch wenn das Verfassungsrecht eine Reduktion der in § 7 S. 1 ApoG verankerten Leitungspflicht des Betriebsinhabers auf eine Verpflichtung 381
BGH, NJW 1980, 638/639. Spindler, in Bamberger / Roth, § 826 Rn. 8, 13 Buchalik / Rinker, in Buth / Hermanns, § 4 Rn. 77 ff. 382
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zur Sicherstellung einer unabhängigen und eigenverantwortlichen Leitung des pharmazeutischen Bereichs durch einen Apotheker gebietet, droht bei deren Missachtung der Entzug der Betriebserlaubnis nach § 4 Abs. 2 S. 1 ApoG sowie die Nichtigkeit des Vertrags gemäß § 7 S. 1 ApoG i.V. m. § 134 BGB. 383 Auch der Einwand, die einzelfallbezogenen §§ 134, 138, 826 BGB und §§ 7 S 1, 4 Abs. 2 S. 1 ApoG würden nur repressiv wirken und könnten daher gegenüber dem präventiven pauschalen Verbot des § 8 S. 2 ApoG keinen gleichwertigen Schutz bieten, 384 ist nicht stimmig. Denn wie gezeigt wurde, führen die meisten stillen Gesellschaftsvertragsausgestaltungen zu einem Mehr an Unabhängigkeit des Apothekers, so dass das pauschale Verbot der stillen Gesellschaft gegenüber der Einzelfallbetrachtung durch §§ 134, 138, 826 BGB und §§ 7 S. 1, 4 Abs. 2 S. 1 ApoG dem Gesundheitsschutz insgesamt nicht zuträglich ist. Daneben bestünden mit der Statuierung einer jederzeitigen allgemeinen Vorlagepflicht betriebserheblicher Verträge sowie einem ausgeweiteten Kontrollsystem weitere Möglichkeiten präventiven Charakters. Ebenso könnte eine Offenlegungspflicht der Beteiligungsverhältnisse nach außen, etwa im Zuge spezieller Firmierungsvorschriften, den Verbraucher über die stille Beteiligung informieren, 385 für die Behörden die Kontrolle vereinfachen und somit präventiv schützend wirken. Jedenfalls geht ein pauschales Verbot stiller Beteiligungen über das für den Gesundheitsschutz erforderliche Maß weit hinaus. (b) Verbot der atypischen stillen Gesellschaft Im Grundsatz gilt das Gesagte ebenso für die atypische stille Gesellschaft. Hierbei ist jedoch zwischen der atypischen Gesellschaft in Form einer bloßen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und der atypischen Gesellschaft mit einem um Mitwirkungs- oder Geschäftsführungsrechten aufgewerteten aktiven stillen Gesellschafter zu differenzieren. 386 Besteht die Atypik nur in der Beteiligung am Apothekenvermögen, bestehen hinsichtlich der Unabhängigkeit des 383 Nach h. M. führt ein Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen zur Unwirksamkeit des zivilrechtlichen Vertrags gemäß § 134 BGB (BGH, NJW 1986, 2360, 2361; BayOblG, MedR 2001, 206/210; Ellenberger, in Palandt, § 134 Rn. 2; Ratzel, MedR 2002, 492 ff.; dargestellt auch von Sack, in Staudinger, § 134 Rn. 42, 309). Die Gegenansicht versagt berufsrechtlichen Regelungen dagegen die Qualität eines Verbotsgesetzes i. S. d. § 134 BGB (Sack, in Staudinger, § 134 Rn. 80; Schirmer, MedR 1995, 383/384; Taupitz, JZ 1994, 221/226). 384 EuGH, C-531/06 Rn. 86; EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 56; GA Bot, Schlussanträge, Rs. C-531/06 Rn. 103 und vb. Rs. C-171/07, C-172/07, Rn. 70. 385 Sowohl der Bundesgesetzgeber als auch das Europarecht gehen vom Leitbild des mündigen Verbrauchers aus, vgl. BT-Drucks. 16/1401, 1; BT-Drucks. 16/3945 S. 48; EuGH, C-220/98, Slg. 2000, 117 Rn. 27; Bieber et al., § 13 Rn. 66 m.w. N. 386 Siehe ausführlich zu den Formen atypischer Beteiligung: Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. II. 1. a) (1); Allg. Begriffsbestimmungen; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 4.32; Haack, NWB Fach 18, 4251/4256.
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Apothekers bei der Betriebsführung keine Unterschiede zur typischen stillen Gesellschaft. Schließlich erwachsen dem atypischen stillen Gesellschafter durch die Vermögensbeteiligung keine weiteren Mitwirkungs- oder Geschäftsführungsrechte. Zeichnet sich die Atypik dagegen gerade durch die Einräumung solcher Rechte aus, ist dagegen eine Gefährdung der Unabhängigkeit des Apothekers potentiell vorhanden. Solange der Gewinnverteilungsschlüssel aber den Apotheker nicht in einem Maße benachteiligt, dass ihm eine angemessene Lebensführung nicht mehr möglich ist, ist auch eine atypische stille Beteiligung rechtmäßig. Denn wie der BGH in diesem Zusammenhang bereits frühzeitig festgestellt hat, steht es auch Apothekern frei, wie sie im Innenverhältnis ihre Rechtsbeziehungen regeln wollen. 387 Voraussetzung ist jedoch, dass die eingeräumten Befugnisse sich ausschließlich auf den betriebswirtschaftlichen Sektor des Apothekenbetriebs beziehen und die eigenverantwortliche und in pharmazeutischen Fragen unabhängige Leitung nicht wesentlich tangieren. 388 In diesen Fällen steht in Analogie zu den Ausführungen zum Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot aus der Perspektive des Gesundheitsschutzes einer atypischen stillen Beteiligung an einer Apotheke nichts im Wege. (2) Verbot partiarischer Rechtsverhältnisse nach § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG Eine Verteidigung des Verbots zum Abschluss partiarischer Verträge gemäß § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG ist unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes ebenfalls nur schwer möglich. Denn noch deutlicher als bei der stillen Gesellschaft bleibt bei partiarischen Rechtsverhältnissen der Apotheker eigenständiger Unternehmensträger und Betriebsinhaber. Dem Berufsfremden stehen keinerlei Mitspracherechte oder Leitungsbefugnisse zu, die über die Einflussmöglichkeiten eines klassischen Vermieters oder Darlehensgebers hinausgehen. Ihm wird allenfalls ein eng beschränktes Informationsrecht zur Bestimmung der Leistungshöhe als vertragliches Nebenrecht zugestanden. Die wirtschaftliche und pharmazeutische Leitungsbefugnis i. S. d. § 7 S. 1 ApoG bleibt dagegen vollständig in den Händen des approbierten Betriebsinhabers. 389 Letztlich handelt es sich bei einem partiarischen Vertrag ebenso wie schon bei der stillen Einlage um eine besondere Form der Kapitalanlage. Deshalb qualifiziert das Steuerrecht auch die Erträge aus partiarischen Darlehen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen. 390 Diese formale Qualifizierung im Steuerrecht überzeugt auch vor dem berufsrechtlichen Hintergrund: Denn umsatz- oder gewinnabhängige Miet387
BGH, NJW 1953, 818/819. Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 4. a); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a). 389 In Bezug auf § 7 ApoG ähnlich: OVG Sachsen, Urt. v. 8. 6. 2004, Az.: 2 B 468/03 Rn. 57 ff., 65 (zitiert nach juris). 390 Vgl. zur Besteuerung im einzelnen, Dautel, DStR 2001, 925. 388
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oder Darlehensverträge vermögen den Apotheker bei seinen Entscheidungen weit weniger zu beeinflussen als Verträge mit starren Leistungspflichten. Die variable, umsatz- oder gewinnabhängige Ausgestaltung betriebsnotwendiger Verträge erweitert wie schon die stille Gesellschaft finanziellen Dispositionsspielraum und macht den Apotheker damit unabhängiger von äußeren Einflüssen. Der Apotheker muss nicht mehr mit aller Macht versuchen, über Umsatzsteigerungen Mittel zu akquirieren bzw. Rückstellungen zu bilden, die in wirtschaftlich schlechten Zeiten eine Finanzierung der gleichbleibend hohen Belastungen ermöglichen. Vielmehr führt die proportionale Entwicklung der Kosten zum wirtschaftlichen Erfolg zu einer wesentlich stabileren und besser prognostizierbaren Einkommenslage und erleichtert dem Apotheker damit nachhaltige Planungen sowohl im privaten als auch betrieblichen Bereich. Der Anreiz, aus Gewinnstreben heraus wider fachliches Wissen ein Arzneimittel abzugeben, ist mithin von vornherein geringer. So gesehen ist das Verbot partiarischer Vertragsgestaltungen für den Gesundheitsschutz sogar kontraproduktiv. 391 Aber ebenso wie bei der stillen Gesellschaft verkehren sich die positiven Effekte partiarischer Vertragsgestaltungen ins Gegenteil, wenn erdrückende Gewinnbeteiligungsabreden den Apotheker zu Umsatzsteigerungen um jeden Preis zwingen. Nicht nur bei der stillen Beteiligung, sondern auch hier greifen bei solchen Verteilungsvereinbarungen die §§ 134, 138, 826 BGB; 7 S. 1, 4 Abs. 2 S. 1 ApoG sanktionierend ein, so dass es insoweit des § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG nicht bedarf. 392 (3) Wertungswidersprüche zu § 8 S. 1 und § 8 S. 3 ApoG Ganz deutlich wird die fehlende Plausibilität der Begründung für die Untersagung von stiller Gesellschaft und partiarischem Vertrag in § 8 S. 2 ApoG, wenn man sich vergegenwärtigt, dass nicht nur Berufsfremde, sondern auch Berufsangehörige, respektive andere Apotheker, unter das Verbot fallen. Diese besitzen aber die gleiche Fachqualifikation, unterliegen dem gleichen Berufsrecht und sind dem gleichen Berufsethos verpflichtet wie der Apothekenunternehmer. Daher kann von ihnen keine größere Gesundheitsgefährdung ausgehen als vom Hauptapotheker selbst. Dies gilt umso mehr, als § 8 S. 1 ApoG Apothekern einen aktiven Zusammenschluss in Form einer Apotheken-OHG erlaubt. Wenn aber demnach die aktive gesellschaftsrechtliche Beteiligung an einer Apotheke erlaubt ist, dann müsste unter Gesundheitsschutzaspekten eine passive Beteiligung erst recht erlaubt sein. Dass dem nicht so ist, führt zu der paradoxen 391
Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 71 ff.; Rose, MedR 2003, 305/306. Dies zeigt schon BGH, NJW 1980, 638 f., in dem der BGH eine atypische stille Beteiligung zu Lasten des Apothekers allein unter Verweis auf §§ 1, 7, 8, 9 ApoG für unwirksam erklärte, obwohl die Regelung des § 8 S. 2 ApoG zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht bestand, vgl. auch Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. 392
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Erkenntnis, dass das Gesetz die Unabhängigkeit des Apothekenunternehmers für stärker gefährdet erachtet, wenn ein „fremder“ Apotheker ohne gesetzliche Mitwirkungs- oder Geschäftsführungsrechte am Gewinn der Apotheke beteiligt ist, als wenn er als aktiver Mitgesellschafter einer Apotheken-OHG gesetzlich mit Mitwirkungs-, Geschäftsführungs- und Vertretungsrechten ausgestattet ist. Nachvollziehbar ist diese Differenzierung unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes nicht. Die Widersprüchlichkeit der gesetzgeberischen Argumentation wird zudem in § 8 S. 3 ApoG deutlich. Hiernach können nämlich nach § 9 ApoG erlaubte Pachtverträge durchaus partiarisch ausgestaltet werden. Dies betrifft gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ApoG zum einen Verträge von zugelassenen Apothekeninhabern, die aus wichtigem Grund ihre Apotheke selbst nicht weiter betreiben können oder denen die Erlaubnis entzogen wurde. Zum anderen werden Pachtverträge von der Ausnahmeregelung erfasst, die Angehörige eines verstorbenen Erlaubnisinhabers mit einem Apotheker abschließen. Bei berufsfremden Angehörigen, die aufgrund ihrer existenziellen Abhängigkeit sowie emotionaler Bindung zur Apotheke sogar verstärkt zur Einflussnahme auf den Pächter neigen dürften, 393 erachtet der Gesetzgeber die Gefahr einer pharmazeutischen Abhängigkeit mithin für unwesentlich. Dann kann aber in allen anderen Fällen des § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG ebenfalls keine fachfremde Einflussnahmemöglichkeit von Relevanz bestehen. Denn vor dem Hintergrund der Bedeutung des Gesundheitsschutzes können sozialstaatliche Erwägungen, die die Ausnahme des §§ 8 S. 3, 9 ApoG begründen sollen, 394 keine entscheidende Rolle spielen. 395 b) Standesrechtliche / historische Gesichtspunkte Obwohl bei der stillen Gesellschaft und bei partiarischen Rechtsverhältnissen der Apotheker grundsätzlich selbständiger alleiniger Inhaber der Apotheke bleibt, 396 ist Anknüpfungspunkt für die Kritik eine angebliche Gefährdung der freiberuflichen Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Apothekers. 397 Gleiche Bedenken bestehen gegen partiarische Vertragsgestaltungen, die nur als Umgehungsversuche des Verbots stiller Gesellschaften wahrgenommen werden. 398 Bereits im Rahmen des Gesundheitsschutzes wurde aber dargestellt, dass stille Gesellschaften und partiarische Verträge als alternative Fremdfinanzie393 Ähnlich Wulffius S. 147, der insbesondere eine Gefahr in habsüchtigen und herrschsüchtigen Ehefrauen sieht. 394 BT-Drucks. 3/1769, 3; Stenographischer Bericht der Bundestagsberatungen, abgedruckt bei Mandt, 235/241; 259/268 ff.; Friauf, SBeil. PZ 25/1992, 3/4. 395 Ähnlich Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 73. 396 Schiedermair / Pieck, § 8 Rn. 17. 397 Zuck / Lenz S. 76 f.; Dettling / Mand, S. 185 f.; Schiedermair / Pieck, § 8 Rn. 20 ff., 83 ff.
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rungsinstrumente die Unabhängigkeit des Apothekers eher fördern als einengen, zumal das Gesetz dem typischen stillen Gesellschafter 399 sowie dem partiarischen Vertragspartner keinerlei nennenswerte Einflussmittel an die Hand gibt. Außerdem ist eine Rechtfertigung des Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot über die Zugehörigkeit des Apothekers zu den freien Berufen nicht möglich, 400 obwohl dort die Verflechtungen zwischen Berufsfremden und Apotheker weitaus enger sind. Mithin muss hier eine Rechtfertigung erst recht ausscheiden. c) Wirtschaftspolitische Gesichtspunkte Fraglich ist jedoch, ob § 8 S. 2 aus Gründen des Mittelstandsschutzes gerechtfertigt werden kann. Im Unterschied zum Fremdbetrieb bleibt bei Beteiligungsgestaltungen i. S. d. § 8 S. 2 ApoG der Apotheker selbständiger Betreiber der Apotheke. Die Erlaubnis zum Betrieb der Apotheke wird allein ihm erteilt. Nicht der Dritte, sondern der Apotheker ist alleiniger Unternehmensträger. Die Bildung von (typischen) „stillen Apothekenketten“ ist zwar vorstellbar, dürfte sich aber schon deshalb schwierig gestalten, weil Gründung und Bestand einer solchen Gesellschaft immer vom betreibenden Apotheker abhängt. Zudem würde sich an der mittelständisch geprägten Struktur des Apothekenmarkts auch bei „stillen Apothekenketten“ erst einmal nichts ändern. Denn mit „stiller Apothekenkette“ würde ja nur eine Vielzahl an Finanzbeteiligungen an weiterhin mittelständisch geführten Apotheken umschrieben werden, die alle einem anderen Unternehmensträger zuzuordnen sind. Hinzu kommt, dass stille Gesellschaften, aber auch der Abschluss partiarischer Darlehensverträge, vorwiegend der günstigen Investitionsfinanzierung dienen, wodurch vielmehr eine Stärkung als eine Schwächung des Mittelstandes erreicht wird. 401 Denn gerade junge, finanzschwache oder risikoscheue Apotheker werden von dem Verbot von der Apothekengründung abgehalten. Ihnen fehlen nämlich oft die Sicherheiten für eine Darlehensaufnahme, für eine Eigenfinanzierung die Mittel, oder sie scheuen schlicht davor zurück, die Risiken einer Apothekengründung komplett alleine zu tragen. Daher ist sowohl aus mittelstandsschützendem als auch aus wettbewerbspolitischem Blickwinkel das Verbot typischer stiller Gesellschaften nicht nachvollziehbar. Anders verhält es sich allerdings bei den sogenannten atypischen stillen Gesellschaften. Abweichend von § 233 Abs. 1 HGB sind bei diesen nämlich Gesellschaftsvertragsgestaltungen möglich, die dem stillen Gesellschafter weitrei398
BGH, NJW-RR 1998, 803/804; Schiedermair / Pieck, § 8 Rn 146 ff. Anders ggf. beim atypischen stillen Gesellschafter, vgl. Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. a). 400 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3.; Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 4. 401 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. d) (2). 399
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chende Mitwirkungs- und Leitungsbefugnisse einräumen. Solche „stillen“ Gesellschaften sind in ihrer vertraglichen Ausgestaltung soweit den aktiven gesellschaftlichen Beteiligungen angepasst, dass sie denselben wirtschaftspolitischen Einwänden ausgesetzt sind. Auch bei ihnen besteht die Möglichkeit der Kettenbildung. So können durch vertragliche Vorgaben des atypischen stillen Gesellschafters franchiseähnliche Strukturen geschaffen werden, die vor allem aufgrund der besseren Marketingmöglichkeiten im Ergebnis auf eine Oligopolisierung durch „Franchiseketten“ hinauslaufen könnten. Allerdings gilt auch hier, dass zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen das bestehende Wettbewerbsrecht Instrumente bereithält, die der Verhinderung des Entstehens und Ausnutzens marktbeherrschender Stellungen einzelner Marktteilnehmer dienen. Zum Schutz des Mittelstands kann solchen Konzentrationstendenzen durch ein dem § 1 Abs. 2 ApoG entsprechendes Mehrbeteiligungsverbot begegnet werden. Folglich schießt auch diesbezüglich § 8 S. 2 ApoG über das zur Zweckerfüllung nötige Maß hinaus. d) Schlussfolgerung Das Verbot stiller Gesellschaften und partiarischer Vertragsgestaltungen ist in seiner Pauschalität zur Sicherstellung der pharmazeutischen Unabhängigkeit teilweise nicht geeignet und im Übrigen zumindest nicht erforderlich. Die §§ 7 S. 1, 4 Abs. 2 ApoG; §§ 134, 138, 826 BGB stellen bereits sicher, dass sich die pharmazeutische Unabhängigkeit potentiell gefährdender Vertragsgestaltungen nicht auf die Volksgesundheit auswirken können. Auch zum Schutz des Mittelstandes sind die Verbote bereits überwiegend ungeeignet. Allein dem Verbot der atypischen Beteiligung kann aufgrund seiner einschränkenden Wirkung gegenüber franchiseähnlichen Strukturen hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Zielsetzung eines mittelständischen Marktes mit vollständig eigenständigen Apothekenkleinunternehmern nicht jegliche Eignung abgesprochen werden. Dennoch wäre ein Mehrbeteiligungsverbot für atypische Gesellschaften ebenso geeignet, entsprechende Kettenstrukturen zu vermeiden, so dass das Verbot auch insoweit nicht erforderlich ist und damit in seiner Gesamtheit als unverhältnismäßig qualifiziert werden muss. e) Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung Aufgrund der dargestellten Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit von § 8 S. 2 ApoG mit Art. 12 Abs. 1 GG wird im Schrifttum teilweise erwogen, die Norm verfassungskonform dahin auszulegen, dass nur vertragliche Abreden erfasst sein sollen, die eine konkrete Gefahr für die pharmazeutische Entscheidungsfreiheit des Apothekers darstellen. 402 Das Gebot der verfassungskonformen Gesetzesauslegung verlangt, von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergeb-
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nis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht. 403 Für eine verfassungskonforme Auslegung ist mithin nur dann Raum, wenn mehrere Auslegungsalternativen bestehen. 404 Wie gezeigt, 405 kann aber § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG nicht als konkretes Gefährdungsverbot ausgelegt werden. 406 Hiergegen sprechen Wortlaut, Systematik, Telos und Historie der Norm. Somit scheidet eine verfassungskonforme Auslegung des § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG aus. 6. Verhältnismäßigkeit des (Fremd-)Verpachtungsverbots a) Gesundheitspolitische Gesichtspunkte Das Apothekenrecht nimmt mit dem Verpachtungsverbot im freiberuflichen Berufsrecht eine Einzelstellung ein. Denn kein anderer freier Beruf, weder der Arzt noch der Rechtsanwalt, ist einem entsprechendem Verbot unterworfen. Bereits das Fehlen eines ärztlichen Praxisverpachtungsverbots zeigt, dass bei der Aufhebung des Verpachtungsverbots aus § 9 Abs. 1 ApoG keine Gesundheitsgefährdung zu befürchten wäre. Denn zum einen garantieren §§ 9 Abs. 2, 1 Abs. 2 ApoG, dass auch bei Zulassung berufsfremder Verpächter der betreibende Apothekenpächter immer ein approbierter Apotheker ist; zum anderen sind die Einflussmöglichkeiten des Verpächters auf den Pächter hinsichtlich der Apothekenleitung naturgemäß sehr gering. Dies manifestiert sich auch im Apothekengesetz selbst, indem § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ApoG beispielsweise die Verpachtung durch die erbberechtigten Kinder des Apothekers zulässt, wenn der Erlaubnisinhaber stirbt. Zwar ist die Verpachtung zeitlich beschränkt, im Extremfall lassen § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V. m. § 9 Abs. 1a ApoG jedoch eine Verpachtung bis zu insgesamt 25 Jahren zu. Obwohl der Gesetzgeber diese Regelung vor allem aus sozialen Gründen in das Apothekengesetz aufgenommen hat, 407 ist § 9 Abs. 1 Nr. 2 ApoG zwangsläufig die Wertung immanent, nach der das Gesetz das Gefährdungspotenzial einer Fremdnutzung für die Volksgesundheit als eher gering erachtet. Bestünde nämlich tatsächlich zwischen Verpachtung und signifikanter Gesundheitsgefährdung ein unmittelbarer Konnex, könnten die im Einzelfall sehr langen Ausnahmefristen kaum gerechtfertigt werden. 408 Folglich ist auch zum Zwecke des Gesund402
So Klahn / Klahn, ZESAR 2005, 124/126 f.; Koenig / Meurer, ApoR 2004 153/156. BVerfGE 32, 373/383 f.; Bethge, in Maunz et al., Vor. Rn. 183. 404 BVerfGE 18, 97/111; BVerfG, NJW 1997, 2230. 405 Siehe Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. II. 3. 406 Vgl. VG Berlin, Urt. v. 10. 10. 2006, Az.: 14 A 28.06, Rn. 27 (zitiert nach juris), in welchem das Gericht ausdrücklich „die bloße [abstrakte] Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung“ genügen lässt und von einem „umfassenden Schutz“ spricht. 407 BT-Drucks. 3/1769; 3; Stenographischer Bericht der Bundestagsberatungen, abgedruckt bei Mandt, S. 235/236; 259/272. 403
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heitsschutzes das umfassende Verpachtungsverbot aus § 9 Abs. 1 ApoG nicht erforderlich. Aber auch eine Beschränkung potentieller Pächter auf approbierte Apotheker, wie sie § 9 Abs. 2 ApoG für die engbegrenzten Ausnahmefälle der erlaubten Pacht vorsieht, ist nach den Ausführungen zum Fremdbetriebsverbot nicht notwendig. 409 Ausreichend ist auch hier, dass der Pächter verpflichtet ist, die pharmazeutische Leitung allein approbierten Apothekern anzuvertrauen. b) Wirtschaftspolitische Gesichtspunkte Hinsichtlich des eingriffsbegründenen Schutzguts einer nachhaltigen Mittelstandsförderung ergeben sich bereits verstärkte Zweifel an der Geeignetheit des Verbots. Denn das Verbot selbst kann keine Konzentration bei den Apothekenbetreibern verhindern, sondern verhindert allenfalls eine Konzentration bei den Apothekenverpächtern. Dass letzteres nicht Regelungsziel der Norm sein kann, ergibt sich schon aus der Absurdität des Gedankens, ungewollten marktimmanenten Konzentrationsgefahren mit der völligen Schließung des Marktes zu begegnen. Sowohl juristisch als auch wirtschaftspolitisch ggf. zu rechtfertigen wäre das Verbot daher nur dann, wenn eine Konzentration bei der Apothekenverpachtung die mittelständische Struktur der Apotheken negativ beeinflussen würde. Inwieweit dies passieren soll, ist jedoch nicht ersichtlich. Im Gegenteil erscheint es wahrscheinlicher, dass die Möglichkeit der Pacht die Neugründung mittelständisch geführter Apotheken fördern würde, indem sie es Berufseinsteigern ermöglichte, ohne besonderen Investitionsaufwand eine Apotheke zu betreiben und so ggf. Startkapital für eine Apothekenneugründung zu erwirtschaften. Doch selbst wenn man in sogenannten Verpächterkonzernen 410 eine Gefahr für die Struktur des Apothekenmarktes erblicken wollte, ist das rigide Verpachtungsverbot des Apothekengesetzes nicht erforderlich. Schließlich könnte eine dem Mehrbesitzverbot aus § 1 Abs. 2 ApoG entsprechende Regelung die Verpachtung auf eine begrenzte Zahl von Apotheken beschränken. 411 Dies würde aus Sicht der Apotheker, die gerne eine Apotheke pachten würden, eindeutig eine weniger einschneidende Beschränkung ihrer Berufausübungsfreiheit bedeuten, ohne dass hierdurch Verpächterkonzernen Tür und Tor geöffnet werden würde. Die Haltlosigkeit des Verpachtungsverbots zeigt sich außerdem bereits in der Widersprüchlichkeit des Leitbildes vom „Apotheker in seiner Apotheke“ selbst. Denn das Fremdnutzungsverbot in seiner jetzigen Ausgestaltung verfährt nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip, indem es nur die Tätigkeit als Apothekeneigen408
Ebenso: Diekmann / Reinhardt, APR 2007, 1/3. Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. 410 Hoffmann, § 9 ApoG Rn. 20. 411 Ob ein solches Mehrbesitzverbot seinerseits verfassungs- und europarechtskonform wäre, braucht hier nicht beantwortet zu werden; vgl. Fn. 360. 409
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tumsinhaber oder als angestellter Apotheker in einer fremden Apotheke ohne Leitungsbefugnis zulässt. Obwohl die Tätigkeit des pachtenden Apothekeninhabers mithin dem Leitbild vom Apotheker in seiner Apotheke weit näher kommt, als das klassische Apothekerangestelltenverhältnis ohne Leitungsbefugnis – die wenigen und streng reglementierten Stellen eines Apothekenverantwortlichen i. S. d. § 2 Abs. 5 ApoG fallen kaum ins Gewicht und sind daher zu vernachlässigen 412 – bleibt sie interessierten Apothekern verschlossen. 413 Dementsprechend kann § 9 Abs. 1 ApoG nicht mit dem Hinweis auf eine nachhaltige Mittelstandsförderung gerechtfertigt werden und verstößt somit gegen Art. 12 Abs. 1 GG. c) Schlussfolgerung Das (Fremd-) Verpachtungsverbot ist aus Gründen der Volksgesundheit nicht zu rechtfertigen. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit das Verpachtungsverbot einen Mehrwert für den Gesundheitsschutz generiert, mithin für diesen förderlich ist. Zudem ist in den Ausnahmefällen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 – 3 ApoG eine Limitierung auf Apotheker als Pächter ebenfalls nicht erforderlich. Aus gesundheitsrechtlicher Perspektive ist es ausreichend, wenn der Apothekenleiter ein Apotheker ist. 414 V. Ergebnis hinsichtlich der Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit Art. 12 Abs. 1 GG Das Verbot aktiver Beteiligungen, d. h. das Fremdbetriebsverbot und das Verbot gesellschaftlicher Beteiligung aus §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 8 S. 1, 13 Abs. 1 ApoG ist weder aus gesundheitspolitischen Gründen noch aus Gründen des Wettbewerbs- oder des Mittelstandesschutzes vor Art. 12 Abs. 1 GG zu rechtfertigen. Es fehlt ihm unter allen denkbaren Aspekten an der Erforderlichkeit. Für das (Fremd-) Verpachtungsverbot aus § 9 Abs. 1 ApoG und das Verbot stiller Gesellschaften sowie partiarischer Rechtsverhältnisse aus § 8 S. 2 ApoG gilt dies sogar noch verstärkt. Denn diese wirken hinsichtlich einer effektiven Mittelstandförderung sogar kontraproduktiv, indem sie finanzschwachen Jungapothekern den Weg in die Selbständigkeit erschweren. Milder und zur Mittelstandsförderung völlig ausreichend ist daher das bestehende Mehrbesitzverbot, welches zur Vermeidung von polymeren Apothekengesellschaftsketten 412 Gerade einmal 10 % aller Apotheken sind Filialapotheken, von denen einige auch noch vom Ehepartner des Hauptapothekers geleitet werden, so dass nur wenige freie Stellen als Apothekenverantwortlicher zur Verfügung stehen; vgl. Teil 1 Kapitel 2 § 2 B. 413 Gleiches gilt im Übrigen für den Beruf des Apothekenprovisors hinsichtlich des Fremdbetriebsverbots; siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. d) (2). 414 Siehe die insoweit parallele Diskussion um das Fremdbetriebsverbot, Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (3); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (5).
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
und franchiseähnlichen Strukturen noch um ein Mehrbeteiligungsverbot ergänzt werden könnte. Mithin sind besagte Normen als verfassungswidrig und daher nichtig zu qualifizieren.
B. Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG Art. 14 Abs. 1 GG schützt das Eigentum, worunter die Summe der vom Gesetzgeber gewährten vermögenswerten Rechte zu verstehen ist. 415 Es wird also „nur“ das Erworbene bzw. der Bestand geschützt, während der Erwerb oder besser die Erwerbsmöglichkeit nicht vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG umfasst ist. 416 Für das apothekenrechtliche Fremdnutzungsverbot bedeutet dies, dass zunächst zwischen Apotheken, die bereits vor Inkrafttreten des Fremdnutzungsverbots bestanden haben, und Apotheken, die erst nach Einführung des Fremdnutzungsverbots den Betrieb aufgenommen haben, unterschieden werden muss. I. Verfassungsrechtliche Bewertung für bereits vor Inkrafttreten des ApoG bestehende Apotheken 1. Bewertung des Fremdbetriebsverbots Art. 14 Abs. 1 GG schützt zwar nicht unmittelbar das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, 417 jedoch wird der Bestand der einzelnen, mit dem Gewerbebetrieb zusammenhängenden Rechte und Güter von der Eigentumsgarantie geschützt. 418 Obwohl die Praxen bzw. Betriebsstätten freier Berufe grundsätzlich keine Gewerbebetriebe darstellen –ausgenommen ist hier wiederum der Apothker als gewerblich geprägter freier Beruf – unterfallen sie im Hinblick auf die mit ihnen zusammenhängenden Rechte und Güter dementsprechend gleichwohl Art. 14 Abs. 1 GG. 419 Bislang ungeklärt ist allerdings die Frage, ob auch eine zum Betrieb erteilte öffentlich-rechtliche Betriebserlaubnis von der Eigentumsgarantie erfasst wird. Im dritten Apothekenurteil hat das Bundesverfassungsgericht diese Frage ausdrücklich offen gelassen. 420 Das Meinungsspektrum reicht von ausnahmsloser Ablehnung 421 über differenzierte Mo415
BVerfGE 105, 252/277; R. Schmidt, Rn. 880. BVerfGE 88, 366/377; Jarass, in Jarass / Pieroth, Art. 14 GG Rn. 25. 417 Strittig: Ausdrücklich offen gelassen in BVerfGE 105, 252, 278; dafür: Papier, in Maunz / Dürig, Rn. 95 ff.; Kimminich, in BK Rn. 77 ff.; dagegen Wieland, in Dreier, Art. 14 Rn. 50 ff.; Jarass, in Jarass / Pieroth, Art. 14 Rn. 10; kritisch auch Wendt, in Sachs, Art. 14 Rn. 47. 418 BVerfGE 13, 225/229; BVerfGE 58, 300/353. 419 BGHZ 81, 21/33; Papier, in Maunz / Dürig, Art. 14 Rn. 98. 420 BVerfGE 17, 232/247 f. 416
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delle 422 bis hin zu vollumfänglich positiven Äußerungen. 423 Bedeutung erlangt die Frage hier insofern, als früher auch Berufsfremde eine Apotheken(real-) konzession 424 erwerben konnten, mithin der Fremdbetrieb mittels angestellten Apothekenverwaltern erlaubt gewesen ist. Letztlich kann die Frage unbeantwortet bleiben, da die §§ 26, 425 27, 426 28 Abs. 2 ApoG den alten Apothekenrechten in Bezug auf den Fremdbetrieb großzügigen Bestandsschutz gewähren, so dass die Eingriffsintensität marginal ist. 427 Eine Ausnahme bildet hierbei für Realkonzessionsinhaber die Begrenzung der berufsfremden Apothekennutzung auf eine Verpachtung nach Ablauf bestehender Verwaltungsverträge gemäß § 27 Abs. 2 S. 2 ApoG. Aufgrund der sehr überschaubaren Zahl der noch bestehenden Realkonzessionen, 428 ist die praktische Bedeutung dieses Problemkreises aber gering und soll hier daher nicht weiter vertieft werden. 429 2. Bewertung des Verpachtungsverbots Da alte Verpachtungsverträge gemäß § 28 Abs. 2 ApoG sogar vollständig vom Verpachtungsverbot im Apothekengesetz unangetastet gelassen werden, ergibt sich diesbezüglich von vornherein keine Kollision mit Art. 14 Abs. 1 GG. 3. Bewertung des Fremdgesellschaftsverbots und des Verbots stiller Gesellschaften und partiarischer Rechtsverhältnisse Problematischer ist demgegenüber die Beurteilung des Fremdgesellschaftsverbots. Hier ist nämlich der Bestandsschutz auf fünf Jahre begrenzt worden, § 29 ApoG a. F. 430. Nach Ablauf dieser Schonfrist war daher die Betriebserlaubnis zurückzunehmen und der Gesellschaftsvertrag unterlag dem Nichtigkeitsverdikt 421
Depenheuer, in v. Mangoldt et al., Art. 14 Rn. 134, 172; wohl auch BGH, NJW 1962, 1816. 422 Wieland, in Dreier, Art. 14 Rn. 6; Jarass, in Jarass / Pieroth, Rn. 13. 423 BGHZ, 15, 17 ff.; BSG, JZ 1958, 20; Kimminich, in BK, Art. 14 Rn. 87 f. 424 Siehe zu den historischen Apothekenkonzessionen: Teil 1 Kapitel 1 § 3. 425 Auch wenn § 26 I ApoG von „Realkonzession“ spricht, macht die gleichzeitige Aufzählung von „Personalkonzession“ und „sonstiger persönlicher Betriebserlaubnis“ deutlich, dass es materiellrechtlich um gewerbepolizeiliche Erlaubnisse ähnlich der Erlaubnis nach § 1 II ApoG geht, vgl. Hoffmann, § 26 Rn. 1 ff. 426 § 27 ApoG betrifft den Schutz der vor Inkrafttreten des ApoG entstandenen dinglichen Betriebsrechte, die aufgrund ihres dinglichen Charakters unstrittig in den Schutzbereich des Art. 14 I GG fallen, vgl. Hoffmann, § 27 Rn. 3 ff. 427 Im Wesentlichen blieben die alten Rechte bestehen. 428 Nach Auskunft der ABDA bestehen inzwischen so gut wie keine Realkonzessionen mehr. 429 Angemerkt sei, dass 1971 das BVerwG § 27 II ApoG für vereinbar mit Art. 14 I GG erklärt hat, Buchholz, 418.20 Nr. 12.
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des § 134 Abs. 1 BGB, sofern die Voraussetzungen des § 8 S. 1 ApoG nicht eingehalten waren. 431 Eine parallele Übergangsregelung zu § 29 a. F. ApoG findet sich zudem für stille Gesellschaften und partiarischer Rechtsverhältnisse in Art. 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen (ApÄndG). 432 Auch hier ist der Bestandsschutz für bestehende Verträge auf fünf Jahre beschränkt worden. Nach Ablauf der Schonfrist verloren die Verträge gemäß § 8 S. 2 ApoG i.V. m. § 134 BGB demnach ihre Wirksamkeit. Da bestehende Vertragsverhältnisse aber unter den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG fallen, 433 bedarf § 8 S. 1 und 2 auch vor Art. 14 Abs. 1 GG der Rechtfertigung. Bei Eingriffen in Art. 14 Abs. 1 GG ist zwischen entschädigungspflichtigen Enteignungen i. S. d. Art. 14 Abs. 3 GG und grundsätzlich entschädigungslosen Inhalts- bzw. Schrankenbestimmungen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG zu differenzieren. Das Bundesverfassungsgericht bedient sich zur Abgrenzung eines formalen Ansatzes, indem es auf Form und Zweckrichtung des Eingriffs abstellt. 434 In concreto fragt es danach, ob die Regelung gezielt bzw. konkret-individuell Eigentumspositionen vollständig oder teilweise entzieht oder ob „nur“ abstraktgenerell Rechte und Pflichten des Eigentümers festgelegt werden. 435 Im ersten Fall liegt eine Enteignung vor, während im zweiten Fall von einer Inhalts- und Schrankenbestimmung auszugehen ist. Zwar kann § 8 S. 1 und 2 ApoG nicht als Enteignung angesehen werden; hiergegen spricht bereits der abstrakt-generelle Charakter der Normen. 436 Jedoch müssen auch Inhalts- und Schrankenbestimmung elementaren Verfassungsprinzipien, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Rechtsstaatsprinzip, entsprechen. 437 Beides wird zwar durch die nur befristeten Übergangsbestimmungen tangiert, trotzdem sind dadurch die Grenzen einer zulässigen gesetzgeberischen Neubestimmung des Eigentums i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG aufgrund der eingeräumten Übergangszeit nicht überschritten worden. Andernfalls stünden dem Gesetzgeber kaum noch Möglichkeiten zur Verfügung, einen bestimmten Bereich neu zu regeln. Dies widerspräche aber dem Gestaltungsauftrag in Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG eklatant. Weiterhin muss sich das Regelungsziel der gesetzlichen Bestimmung nach Art. 14 Abs. 2 GG am Wohl der Allgemeinheit orientieren und auch diesbezüg430
BGBl. I 1960, 697. Schiedermair / Pieck, §§ 29/30 Rn. 4; Hoffmann, § 29 Rn. 7. 432 BGBl. I 1980, 1142. 433 Wieland, in Dreier, Art. 14 Rn. 46 f. m.w. N. 434 R. Schmidt, Rn. 895. 435 BVerfGE 100, 226/239 f. 436 Zur Abgrenzung von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung, R. Schmidt, Rn. 894 ff. und unten: Teil 1 Kapitel 3 § 2 B. II. 437 BVerfGE 104, 1/10 ff.; 70, 278/286 f.; Jarass, in Jarass / Pieroth, Rn. 38. 431
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lich dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Nach den Ausführungen zu Art. 12 Abs. 1 GG muss hierbei vor allem auf den Gesundheitsschutz bzw. den Schutz des Mittelstands abgestellt werden. Allerdings wurde schon bei Art. 12 Abs. 1 GG gezeigt, dass die Verbote aus § 8. S. 1 und 2 ApoG zur Erreichung dieser Ziele nicht erforderlich bzw. ungeeignet sind. 438 Daher sind § 8 S. 1 und 2 ApoG auch hinsichtlich Art. 14 Abs. 1 GG als unverhältnismäßig und somit verfassungswidrig zu qualifizieren. II. Verfassungsrechtliche Bewertung für nach Inkrafttreten des ApoG gegründete Apotheken 1. Bewertung des Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbots Bezüglich der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ApoG noch nicht bestehenden Apotheken besteht hinsichtlich des Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbots kein Konfliktpotenzial mit Art. 14 Abs. 1 GG. Denn Art. 14 Abs. 1 GG schützt nur bereits bestehende Positionen bzw. bereits begonnene Nutzungen. 439 Bei der Frage, ob auch Berufsfremde mit Hilfe angestellter Apothekenverwalter eine Apotheke in Betrieb nehmen dürfen, handelt es sich nicht um den Schutz bereits erworbener Rechtspositionen, sondern primär um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht dies seinerzeit für § 7 S. 1 ApoG explizit offen gelassen hat, 440 muss unter Zugrundelegung der weiteren Entwicklung in Rechtsprechung und Lehre der Art. 12 Abs. 1 GG als speziellere und damit maßgebliche Norm angesehen werden. 441 Gleiches gilt für das Verbot aus § 8 S. 1 ApoG und § 8 S. 2 Alt. 1 ApoG, soweit es sich um atypische stille Gesellschaften handelt. Denn auch hier steht die aktive Tätigkeit als Gesellschafter ggf. mit Geschäftsführungsbefugnissen im Vordergrund. 2. Bewertung des Verpachtungsverbots und des Verbots stiller Gesellschaften und partiarischer Rechtsverhältnisse Für das Verpachtungsverbot und das Verbot typischer stiller Gesellschaften bzw. partiarischer Rechtsverhältnis kann dies dagegen nicht uneingeschränkt gelten. Zwar stellen aus Apothekersicht § 9 Abs. 1 ApoG und § 8 S. 2 ApoG auch Berufsausübungsregeln dar, jedoch beschränken besagte Normen vor allem die Ver438
Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. BVerfGE 88, 366/377; Jarass, in Jarass / Pieroth, Art. 14 GG Rn. 25. 440 BVerfGE 17, 232/248. 441 BVerfGE 30, 292/334 f.; Wieland, in Dreier, Art. 14 Rn. 64, 183; Depenheuer, in v. Mangoldt et al., Art. 14 Rn. 99; Papier, Maunz / Dürig, Art. 14 Rn. 222; Taupitz, Fremdund Mehrbesitz, S. 23. 439
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tragsfreiheit des Apothekeneigentümers. Diese wird ebenfalls von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt, sofern das Vertragsverhältnis nicht beruflich eingegangen wird. 442 In diesen Fällen geht Art. 14 Abs. 1 GG als lex specialis gegenüber Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, der im Allgemeinen die Vertragsfreiheit schützt, vor. 443 Im Falle der Apothekenverpachtung oder partiarischen Vermietung von Apothekenräumlichkeiten oder Apothekeninventar bedeutet dies, dass der berufsfremde Vertragspartner sich hinsichtlich des Verpachtungsverbots bzw. des Verbots partiarischer Rechtsverhältnisse auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen kann, sofern er die Apotheke bzw. die Räume oder das Inventar nicht gewerblich, sondern privat verpachtet, respektive vermietet. Das Verpachtungsverbot und das Verbot partiarischer Rechtsverhältnisse sind abstrakt generelle Regelungen, die das Apothekeneigentum definieren und nicht final verkürzen wollen. Die Verwertbarkeit des Apothekeneigentums wird zwar eingeschränkt, bleibt jedoch in Form der Veräußerung, Vermietung oder Nießbrauchsbestellung erhalten. Daher handelt es sich entgegen einer älteren Auffassung, 444 die zumindest in § 9 Abs. 1 ApoG i.V. m. dem Fremdbetriebsverbot aufgrund der massiven Verwertungsbeschränkung eine Enteignung erblickt, bei den Verboten um Inhalts- und Schrankenbestimmungen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Diese sind jedoch nur dann zulässig, wenn der Verhältnismäßigkeitgrundsatz gewahrt ist. Die Befürworter der Verbote berufen sich auch in diesem Zusammenhang auf die Gefahr der Kettenbildung sowie einen negativen Einfluss der Pachtzinsen auf die Arzneimittelkosten. 445 Ebenso sehen sie durch die Verpachtung die Eigenverantwortlichkeit des von Kündigung bedrohten und durch Pachtzinsen belasteten Apothekenbetreibers gefährdet. 446 Diesen Befürchtungen stehen jedoch bereits die zum Fremdbesitz geäußerten Einwände gegenüber. 447 Insbesondere ist nicht einzusehen, warum der Pachtzins oder die Möglichkeit der Kündigung des Pachtvertrages den Apotheker stärker beeinflussen soll als die Miete bzw. die Kündigung des Apothekenraummietvertrages. Dass partiarische Vertragsgestaltungen i. S. d. § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG die hohe Fixkostenbelastung vieler Apotheken abmildern könnten und damit die Gefahren für eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung eher verringern als erhöhen würden, wurde 442
Depenheuer, in v. Mangoldt et al., Art. 14 Rn. 101; Papier, in Maunz / Dürig, Art. 14 Rn. 229; Heinrich, S. 76 ff.; Cornils, S. 166; Kloepfer, S. 45; umfassend zur streitigen Einordnung der Vertragsfreiheit in die Grundrechtssystematik: Manssen, S. 130 ff.; Heinrich, S. 70 ff. m. N. zu Mindermeinungen, die der Vertragsfreieht entweder gar keinen Grundrechtsschutz zukommen lassen wollen oder die Vertragsfreiheit pauschal und ausschließlich durch Art. 2 I GG verbürgt ansehen. 443 Papier, in Maunz / Dürig, Art. 14 Rn. 229. 444 Platner, DöV 1959, 610/617 ff. 445 BT-Drucks 3/1769, 3; Hoffmann, § 9 Rn. 19 f. 446 Wittrock, Sten. Bericht. 6390, 3. Wahlperiode, abgedruckt in Wulffius, S. 108. 447 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (3) (a).
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ebenfalls schon dargestellt. 448 Daneben gilt es zu berücksichtigen, dass die Arzneimittelpreisverordnung die Preise für verschreibungspflichtige Medikamente gesetzlich festsetzt, so dass ein Einfluss der Pachtzinsen auf die Arzneimittelpreise nur bedingt möglich ist. Ebenso wenig überzeugend ist die Rechtfertigung des § 9 ApoG durch das OVG Lüneburg, das in der Apothekenverpachtung durch Berufsfremde insofern eine Gefahr für die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sieht, als aufgrund der Profitgier der Verpächter bzw. der Apotheker notwendige Reparaturen oder Modernisierungen beim Apothekeninventar unterlässt und schlimmstenfalls sogar unvertretbare Einsparungen beim Arzneimittelvorrat vornimmt. 449 Denn im Ergebnis ist es gleichgültig, ob die Belastung des Apothekers als Pacht oder Miete benannt ist. Der betreibende Apotheker bleibt stets für den ordnungsgemäßen Apothekenbetrieb allein verantwortlich. Entspricht die Leistungsfähigkeit bzw. der Leistungsstand einer Apotheke nicht den Erfordernissen einer geordneten Arzneimittelversorgung, 450 dann muss im Zweifel der Pächter entsprechende Modernisierungen auf seine Kosten durchführen lassen. Zudem wendet Wulffius zu Recht ein, dass gerade bei partiarischen Vertragsgestaltungen der berufsfremde Verpächter an einem modernen, hochwertigem und leistungsfähigem Pachtobjekt besonders interessiert ist, um Umsatzsteigerungen erzielen zu können. 451 Entgegenzutreten ist auch dem Argument Hamels, die in § 1 Abs. 1 ApoG umschriebene öffentliche Aufgabe einer Apotheke sei mit dem Verständnis einer Apotheke als Kapitalobjekt unvereinbar. 452 Hamel vermengt den wirtschaftlichen mit dem pharmazeutischen Sektor eines Apothekenbetriebs. Die öffentliche Aufgabe bezieht sich allein auf letzteren. Die rechtliche Konstruktion, aufgrund der oder mit deren Hilfe 453 der Apotheker die Apotheke betreibt, ist dagegen für die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe irrelevant und betrifft fast ausschließlich den wirtschaftlichen Bereich. Stellt man als Regelungsziel auf eine nachhaltige Mittelstandsförderung ab, stellt sich analog zur Diskussion bei Art. 12 Abs. 1 GG 454 die Frage nach der Erforderlichkeit. Denn das Verbot der Verpachtung verhindert nicht nur das Entstehen sogenannter Verpächterkonzerne, 455 sondern erschwert jungen Apothekern auch den Weg in die Selbständigkeit. Milder und zur Verhinderung unerwünschter Konzentrationstendenzen ebenso gut geeignet wäre eine dem 448
Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. OVG Lüneburg, PZ 1962, 58/61; ähnlich Krüger S. 56. 450 Zum Begriff der geordneten Arzneimittelversorgung: Dettling / Mand, S. 49 m.w. N. 451 Wulffius, S. 154. 452 Hamel, S. 9, zitiert nach Wulffius, S. 150. 453 Im Fall einer typisch stillen Beteiligung bzw. eines partiarischen Darlehens- oder Mietvertrags. 454 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 6. 455 Hoffmann, § 9 Rn. 20. 449
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Mehrbesitzverbot aus §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 4 und 5 ApoG entsprechende Regelung 456 für Verpächter. 457 Partiarische Rechtsverhältnisse können naturgemäß keine konzentrationsfördernde Wirkung entfalten. Demnach sind § 9 ApoG und § 8 S. 2 ApoG auch hinsichtlich Art. 14 Abs. 1 GG als unverhältnismäßig und damit als verfassungswidrig zu klassifizieren.
C. Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Hiermit ist aber nicht nur eine Rechtsanwendungsgleichheit durch die Judikative und Exekutive gemeint, sondern auch eine Rechtssetzungsgleichheit; d. h. der Gesetzgeber darf keine Person, Personengruppe oder Situation gesetzlich ohne sachlichen Grund ungleich behandeln. 458 Beim hier zu untersuchenden Fremdnutzungsverbot drängen sich im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz im Wesentlichen folgende Fragen auf: 1. Unterfallen wirklich alle Apotheken dem restriktiven Fremdnutzungsverbot des Apothekengesetzes oder gibt es Ausnahmen? 2. Finden sich mit dem apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbot vergleichbare Regelungen im Berufsrecht anderer freier Berufe? 3. Ist die Vermietung von Apotheken ebenso untersagt wie die Verpachtung? Sollte eine der Fragen mit nein zu beantworten sein, ist im Anschluss zu klären, ob die Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden kann. I. Ausnahmen vom Fremdnutzungsverbot 1. Ungleichbehandlung gegenüber den Krankenhausapotheken Das Apothekengesetz unterscheidet zwischen Krankenhausapotheken und öffentlichen Apotheken. Beide Apothekenarten lassen sich ohne Probleme unter den Oberbegriff der Arzneimittelausgabestelle fassen und sind daher grundsätzlich vergleichbar. Während für öffentliche Apotheken allerdings das Fremdnutzungsverbot bis auf die sozial bedingten und zeitlich begrenzten Ausnahmeregelungen der §§ 13 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 –3 ApoG uneingeschränkt gilt, 459 456 Aufgrund der Tatsache, dass nach aktueller Gesetzeslage die Verpachtung nur bereits bestehender Apotheken in den eng begrenzten Fällen des § 9 ApoG möglich ist, stellt sich das Problem von Verpächterkonzernen de lege lata nicht. 457 Ob das Mehrbesitzverbot seinerseits grundgesetzkonform ist, braucht hier nicht beantwortet zu werden. Jedenfalls sprechen die zur Mittelstandsförderung angeführten Argumente dafür. Problematischer ist dagegen die Europarechtskonformität, vgl. Fn. 360. 458 I. Schmidt, in ErfK, Art. 3 GG, Rn. 1; Dürig / Scholz, in Maunz / Dürig, Art. 3 Rn. 292 ff.; Heun, in Dreier, Art. 3 Rn. 7, 46; R. Schmidt, Rn. 324.
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wird bei Krankenhausapotheken der Fremdbetrieb mit Hilfe angestellter Apotheker als Betriebsform von § 14 ApoG ausdrücklich anerkannt. Verdeutlicht wird dies außer in § 14 ApoG auch in § 7 S. 3 ApoG, der die Pflicht des angestellten Krankenhausapothekers zur persönlichen Apothekenleitung normiert und damit konkludent die Zulässigkeit der Apothekenverwaltung im Krankenhaus voraussetzt. Mithin werden öffentliche Apotheken und Krankenhausapotheken im Gesetz nicht gleich behandelt. 2. Rechtfertigung Prinzipiell können Ungleichbehandlungen aus sachlichen Gründen gerechtfertigt werden, d. h. sie dürfen nicht willkürlich erfolgen. Demnach ist der Gleichheitssatz verletzt, „wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt, kurzum, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden muß.“ 460 Insbesondere bei der unmittelbaren oder mittelbaren Ungleichbehandlung von Personengruppen, aber auch bei einem wesentlichen Bezug zu Freiheitsrechten des Grundgesetzes, gilt jedoch ein noch strengerer Maßstab. 461 Hier scheitert eine Rechtfertigung bereits dann, wenn „eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.“ 462 In der Sache bedeutet dies, dass die Ungleichbehandlung auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen muss. 463 Insbesondere bei gesetzlichen Ungleichbehandlungen dürfen hierbei die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung jedoch nicht zu hoch bemessen werden, da ansonsten die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit unterminiert werden würde. 464
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Hierzu ausführlich in Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (4). BVerfGE 1, 14/52; vgl. auch Herzog, in Maunz / Dürig, Art. 3 Rn. 3. 461 BVerfGE 55, 72/88; BVerfGE 91, 346/362 f.; BVerfGE 91, 389/401; BVerfGE 89, 69/89; BVerfGE 88, 87/96 ff. In der Lehre wird teilweise eine Anwendung des strengeren Maßstabs auf alle Formen der Ungleichbehandlung befürwortet: Herzog, in Maunz / Dürig, Art. 3 Rn. 10; zum Ganzen: Kischel, in Epping / Hillgruber, Art. 3 Rn. 24 ff. 462 Sog. „neue Formel“, BVerfGE 55, 72/88; BVerfGE 66, 234/242; BVerfGE 71, 146/154 f.; BVerfGE 74, 9/24; BVerfGE 88, 87 (96 ff. 463 BVerfGE 113, 167/231; BVerfGE 91, 389/401; Herzog, in Maunz / Dürig, Art. 3 Rn. 6, 8; Osterloh, in Sachs, Art. 3 Rn. 13 ff.; Kischel, in Epping / Hillgruber, Art. 3 Rn. 24 ff.; Heun, in Dreier, Art. 3 Anh. Rn. 31; R. Schmidt, Rn. 336 ff.; kritisch Sachs, JuS 1997, 124/128 f. 464 Heun, in Dreier, Art. 3 Rn. 51; Klein, in Schmidt-Bleibtreu, Art. 3 Rn. 16 f. 460
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Sowohl die Suche nach einem sachlichen Grund als auch die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gestalten sich schwierig. Bedenkt man nämlich, dass gerade in neuerer Zeit immer mehr Krankenhäuser von großen, z.T. sogar börsennotierten Kapitalgesellschaften betrieben werden, 465 kann die unterschiedliche Behandlung nur verwundern. Ohne nähere Begründung hält der Gesetzgeber hier die Gefahr der fachfremden Beeinflussung des Krankenhausapothekers offenbar für nicht gegeben, obwohl das Gebot der Kostendämpfung gerade im kostenintensiven stationären Bereich für den privaten Krankenhausbetreiber existentiell ist. Gleichzeitig ist der Patient aber im Krankenhaus auf „Gedeih und Verderb“ dem Krankenhausapotheker „ausgeliefert“, kann sich seinen Apotheker nicht aussuchen und scheidet daher im Gegensatz zu öffentlichen Apotheken als marktimmanente Kontrollinstanz völlig aus. Ferner entscheidet das richtig ausgewählte und wohl dosierte Arzneimittel gerade im Krankenhaus oftmals über Leben und Tod. Die Gefahrenlage ist dabei gegenüber dem ambulanten Sektor aufgrund der Behandlung mit regelmäßig höher dosierten und meist wechselwirkungsreicheren Arzneimitteln um ein vielfaches höher. Trotzdem negiert Starck eine Gefährdungslage für den Patienten mit dem Hinweis auf das Desinteresse des Krankenhausträgers an Kosten verursachenden Umsatzsteigerungen der Krankenhausapotheke. 466 Hierbei verkennt er jedoch, dass Umsatzsteigerungen nur dann zu Kostenmehrbelastungen führen, wenn der zwischen Krankenhausträger und Krankenkasse gemäß § 129a SGB V vereinbarte Abgabepreis nicht kostendeckend ist. 467 Doch selbst bei Bestehen eines konditionalen Zusammenhangs zwischen Arzneimittelumsatz und Kostenbelastung für den Krankenhausträger ist die Argumentation Starcks nicht schlüssig. Denn aus der Perspektive des Gesundheitsschutzes ist es irrelevant, ob der Patient aufgrund übermäßigen Medikamentenkonsums oder aufgrund mangelnder Medikamentenversorgung Schäden davonträgt. Auf den Konzessionszwang gemäß § 30 Abs. 1 GewO, dem der private Krankenhausbetreiber unterliegt, 468 kann als Sicherungsmechanismus hierbei nicht zurückgegriffen werden. Denn § 30 Abs. 1 GewO begegnet primär lediglich den Risiken der Eingliederung des Patienten in ein stationäres Betriebsgefüge, d. h. den typischen Gefahren einer unzureichend 465 Am prominentesten sind hierbei die Rhön-Klinikum AG, die Sana Kliniken GmbH sowie die Fresenius Medical AG; eine Übersicht über die privaten Träger findet sich in Bruckenberger et al., S. 60 f. 466 Starck, Fremd- und Mehrbetriebsverbot, S. 19; zustimmend Martini, DVBl. 2007, 10/13 Fn. 27. 467 Obwohl die nach § 129a SGB V ausgehandelten Abgabepreise i. d. R. deutlich unter den Preisfixierungen des AMPreisV liegen, arbeiten die Krankenhausapotheken aufgrund entsprechend günstig ausgehandelter Einkaufspreise (oftmals Pauschalverträge) mindestens kostendeckend, DKG, KH 2009, 425 f.; DKG, KH 2007, 411/414. 468 Auch gemeinnützige Krankenhausträger können nach überwiegender Meinung dem § 30 GewO unterfallen, wenn sie planmäßig auf Gewinnerwirtschaftung ausgerichtet sind, VG Neustadt a. d. W., DVBl. 1976, 683/684.
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ausgestatteten oder schlecht geführten Krankenanstalt. 469 Unter „guter Krankenhausführung“ kann zwar auch die Achtung der Berufspflichten der angestellten Ärzte und Apotheker subsumiert werden: 470 Dennoch zielt die Norm, anders als etwa das Apothekengesetz, nicht auf den unmittelbaren Schutz vor den Gefahren pharmazeutischer, ärztlicher oder sonstiger heilberuflicher Tätigkeit. 471 Insbesondere ist es nicht Zweck der Vorschrift, allgemein zu verhindern, daß ungeeignete Personen die Heil- oder Arzneimittelkunde ausüben oder ausüben lassen. 472 Dementsprechend bietet § 30 GewO gegenüber dem Fremdnutzungsverbot kein vergleichbares Schutzniveau für die pharmazeutische Unabhängigkeit in einem Krankenhaus bzw. die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung. 473 Daher geböte eine konsequente Argumentation aufgrund der erhöhten Gefahrensituation im Krankenhaus sogar ein gegenüber den öffentlichen Apotheken viel rigoroseres Fremdnutzungsverbot. Auch vor dem Hintergrund der mittelstandsschützenden Zielsetzung des Fremdnutzungsverbots erstaunt die Ungleichbehandlung von Krankenhausapotheken und Offizinapotheken. Denn der Betrieb einer hauseigenen Apotheke durch den Krankenhausbetreiber erschwert für öffentliche Apotheken den Zugang zum stationären Arzneimittelbedarf erheblich. Hinzu kommt, dass Krankenhausapotheken nach § 14 Abs. 7 ApoG zunehmend auch zur Abgabe von Arzneimitteln in der ambulanten Versorgung etwa bei Erbringung von Katalogleistungen nach § 116b SGB V oder im Rahmen eines integrierten Versorgungsmodells gemäß § 140b Abs. 4 S. 3 SGB V befugt sind, 474 ohne jedoch an die Preisbindung der öffentlichen Apotheken gebunden zu sein. 475 Obwohl das Ziel der Stärkung der mittelständischen Apothekenlandschaft durch die Ungleichbehandlung mithin nicht unwesentlich konterkariert wird, darf nicht vergessen werden, dass es dem Gesetzgeber in weitem Umfang überlassen ist, welchen Wirtschaftszweig er wie strukturiert. 476 Gleichwohl darf er dabei nicht vollkommen willkürlich differenzieren. Seine unterschiedliche Behandlung muss stets aus Gründen des öffentlichen Wohls erfolgen. 477 Dies ist aber, wie die 469 BVerwG, NJW 1985, 1414, Marcks, in Landmann / Rohmer, GewO, § 30 Rn. 8; Taupitz, NJW 1992, 2317/2320 f.; Braun, NJW 1985, 2739 ff. 470 So etwa Dettling, in Lenz et al., S. 71/149 Rn. 211, der „neudeutsch“ von einer Corporate Governance bei erwerbswirtschaftlichen Krankenhausunternehmen als Ausfluss von § 30 GewO spricht. 471 BVerwG, NJW 1985, 1414; Tettinger, in Tettinger / Wank, § 30 Rn. 2. 472 Taupitz, NJW 1992, 2317/2320. 473 Laufs, MedR 1995, 11/14; Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 47 f. 474 Ferner kommt noch eine Beteiligung der Krankenhausapotheke an der ambulanten Versorgung im Wege der Ermächtigung nach § 116a SGB V oder im Rahmen eines Disease-Management-Programm in Betracht. 475 Koller, ApoR 2006, 20/22 f.; Grau / Dierks, A&R 2005, 106 f.; Weizel, Klinikarzt 2004, 33 ff.; Ratzel / Wiesener, ZMGR 2004, 153/157; J. Becker, KrV 2001, 170/171. 476 Leibholz / Rinck, Art. 3 Rn. 110.
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Ausführungen zum Gesundheitsschutz gezeigt haben, nicht der Fall. 478 Dementsprechend kann die Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt werden, so dass die öffentlichen Apotheker in ihrem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sind. II. Ungleichbehandlung gegenüber anderen freien Berufen 1. Vergleichbare Regelungen zum apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbot Der Apothekerberuf ist als freier Beruf gewerblicher Prägung anerkannt 479 und somit mit anderen freien Berufsgruppen vergleichbar. Zwar könnte man hiergegen einwänden, der Apotheker sei primär Heilberufler und daher nur mit freiberuflichen Heilberuflern zu vergleichen, jedoch spricht hiergegen schon die gewerbliche Ausrichtung des Apothekers, die ihn von anderen freiberuflichen Heilberuflern unterscheidet und die Verbindung zu den wirtschaftsnahen freien Berufe des Rechtsanwalts oder Steuerberaters herstellt. Zudem ist bei der Frage der Vergleichbarkeit, mithin der Suche nach einem gemeinsamen Oberbegriff (genus proximum), großzügig zu verfahren, da sich letztlich immer ein Kriterium finden lässt, mit dem eine Vergleichbarkeit abgelehnt werden könnte. 480 Es reicht für die Annahem der Vergleichgbarkeit daher aus, auf einer höheren Abstraktionsstufe eine verbindende Gemeinsamkeit zu finden. 481 Differenzierungskriterien spielen dagegen allein bei der Frage der Rechtfertigung eine maßgebliche Rolle. 482 Genus proximum ist für den Apotheker daher der freie Beruf. Die meisten freien Berufe haben aber in den letzten Jahren weitreichende Liberalisierungen erlebt. Dennoch bestehen in fast allen Bereichen immer noch Beteiligungsverbote. Wie die folgende Übersicht zeigt, sind diese allerdings weniger umfassend als bei den Apothekern ausgestaltet.
477
BVerfGE 21, 292; Leibholz / Rinck, Art. 3 Rn. 110. Gleiches gilt im Übrigen für die in § 15 ApoG genannten Bundeswehrapotheken, wobei hier noch verteidigungsspezifische Erwägungen eine Rolle spielen, auf die im Rahmen dieser Untersuchung nicht weiter eingegangen werden soll. 479 BVerfGE 5, 25/29 f.; BVerwGE 4, 167/169; Taupitz, Standesordnungen, S. 88 ff. m.w. N. Hoffmann, § 1 Rn. 118 ff.; a. A. Wulffius, S. 189 f.; Fleischmann, S. 94 f.; vgl. auch Fn. 317. 480 Ebenso Kischel, in Epping Hillgruber, Art. 3 Rn. 18; Huster, Friauf / Höfling / Huster, Art 3 Rn. 30, 56; a. A. Pieroth / Schlink, Rn. 431 ff. 481 Scherzberg, in Ehlers / Schoch, S. 335. 482 Ebenso Kischel, in Epping Hillgruber, Art. 3 Rn. 17 f.; Huster, in Friauf / Höfling / Huster, Art 3 Rn. 30, 56. 478
Steuerberater
Eine aktive gesellschaftliche Beteiligung ist gemäß §§ 49 Abs. 1, 50a Abs. 1 Nr. 1 –3, 56 Abs. 1 StBerG, §§ 51 ff. Berufsordnung Steuerberater (BOStB) mit Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und anderen branchennahen Berufen möglich. Diesen Berufsgruppen ist sogar der Fremdbetrieb erlaubt, d. h. sie dürfen eine Steuerberatungsgesellschaft mittels angestellter Steuerberater betreiben, ohne selbst in ihr beruflich tätig zu sein. Aber auch eine stille Beteiligung ist in den Händen eines der in § 50a Abs. 1 Nr. 1 – 3 StBerG genannten Berufsangehörigen möglich. Die §§ 50a Abs. 1 Nr. 3, 4, Abs. 2 StBerG; 55 BOStB stellen dabei sicher, dass Unterbeteiligungen und das Halten von Anteilen für Rechnung anderer als in § 50 und § 3 StBerG genannter Personen nicht möglich sind. Zudem wird hieraus auch ein Verbot stiller Kapitalbeteiligung für so definierte Berufsfremde abgeleitet (Meurers, in Kuhls et al., § 50a Rn. 4). Nur für Altgesellschaften, die vor Einführung der §§ 50, 50a StBerG mit Drittbeteiligung gegründet wurden, gewährt § 154 StBerG Bestandsschutz.
Architekten
In den Ländern unterschiedlich geregelt, im Grundsatz aber ist eine Beteiligung zulässig, vgl. z. B. Nr. 2. V Berufsordnung Architekten Baden-Württemberg (BO-Archt BW). Für die GmbH gibt es i. d. R. erhöhte Einschränkungen mit unterschiedlicher Intensität in den einzelnen Ländern: Bspw. ist in Bayern eine Beteiligung Dritter an einer Architekten-GmbH nicht möglich; Art. 5 Nr. 2 BayArchtG: „alle Gesellschafter und Geschäftsführer in der Architektenliste eingetragen sind“; dagegen steht in BW zumindest branchennahen Berufen eine Beteiligung an einer ArchitektenGmbH offen, § 2 Abs. 4 ArchtGBW, wobei die Architekten keine Gesellschaftsminderheit darstellen dürfen. Ansonsten bestehen Regelungen bzgl. der Zusammenarbeit mit anderen Berufen nur die Firmierung betreffend, vgl. §§ 2a Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1 S. 1 ArchtGBW.
§ 59a Abs. 1 BRAO erlaubt eine aktive Beteiligung in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft mit Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Patentanwälten sowie sonstigen Rechtsanwälten und vereidigten Buchprüfern. Hierbei kann auch die Rechtsform der GmbH gewählt werden, sofern die Stimm- und Anteilsmehrheit in den Händen von Rechtsanwälten liegt, §§ 59c Abs. 1, 59e Abs. 2 BRAO. Sonstige Beteiligungen Berufsfremder am Ergebnis anwaltlicher Tätigkeit etwa in Form einer stillen Gesellschaft oder partiarischer Darlehen sind unzulässig, wie sich aus § 27 S. 1 Berufsordnung Rechtsanwälte (BORA) und § 59e Abs. 3 BRAO ergibt.
Rechtsanwälte
Schaubild 3 Beteiligungsverbote bei anderen Freiberuflern
Nach §§ 17 Abs. 1 MusterberufsordnungZahnärzte (MBO-ZÄ) bzw. § 23b Abs. 1 Musterberufsordnung-Ärzte (MBO-Ä) ist die aktive gesellschaftliche Beteiligung anderer Angehöriger des Gesundheitswesens möglich. Seit BGHZ 124, 224 ff. grds. auch in Form einer GmbH. Aktive gesellschaftliche Beteiligungen sonstiger Berufsfremder scheiden im Umkehrschluss aus. Eine passive Beteiligung Dritter am Ergebnis einer ärztlichen Kapitalgesellschaft ist durch § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä ausdrücklich ausgeschlossen. Für die GbR und PartG unterscheidet die h. M. dagegen zwischen stiller Einlage und partiarischer Vertragsgestaltung. Während ersteres entgegen der hier vertretenen Ansicht unzulässig sein soll, werden partiarische Rechtsverhältnisse mehrheitlich toleriert. Für Zahnärzte gilt dies ebenso, allerdings mit der Besonderheit, dass es für Kapitalgesellschaften an einer dem § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä entsprechenden gesetzlichen Normierung fehlt, so dass auch mit Zahnärztekapitalgesellschaften partiarische Verträge geschlossen werden können, vgl. Teil 3.
Ärzte / Zahnärzte
Kap. 3: Apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot und Grundgesetz 125
126
Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Wie sich aus dem Schaubild ergibt, besteht die größte Divergenz zu den Architekten. Gegenüber den restlichen Berufsgruppen beschränkt sich die Unterschiedlichkeit im Wesentlichen auf ein fehlendes Verpachtungsverbot und die Zulässigkeit partiarischer Vertragsgestaltungen. Ferner sind bis auf die Apotheker bei allen anderen aufgeführten freien Berufsgruppen inzwischen gesellschaftliche Zusammenschlüsse zumindest mit branchennahen Berufsangehörigen erlaubt. In jüngster Zeit wird darüber hinaus erwogen, bei Rechtsanwälten und Steuerberatern jegliche Drittbeteiligung unbeschränkt zuzulassen und den Markt weiter zu liberalisieren. 483 Dies zeigt, dass auch in anderen freien Berufsgruppen die berufsrechtlichen Beteiligungsverbote auf dem Prüfstand stehen und es ernst zu nehmende Bestrebungen gibt, die noch bestehenden Reglementierungen zu beseitigen. 2. Rechtfertigung Umso mehr bedarf das restriktivste aller freiberuflichen Beteiligungsverbote – das apothekenrechtliche Fremdnutzungsverbot – der Rechtfertigung; d. h. es müsste ein sachlicher Grund vorhanden sein, den Apothekern strengere Regulierungen aufzuerlegen als den übrigen Freiberuflern. Der Gedanke des Mittelstandsschutzes hilft hierbei nur wenig weiter, weil die Gefahr einer Konzentration auf weniger, dafür größere Marktteilnehmer auch bei den anderen Berufsgruppen besteht. Demnach muss nach einem sachlichen Grund gesucht werden, der die besondere Schutzbedürftigkeit gerade des Apothekerstandes begründet. Dieser kann nur in der besonderen Bedeutung des Apothekers für die Volksgesundheit liegen, welche zumindest ein relevantes Differenzierungskriterium gegenüber den wirtschaftsnäheren Freiberuflern wie der Anwalt- und Steuerberaterschaft darstellt. Gleichwohl reicht dies zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung nicht aus. Denn zum einen handelt es sich bei dem ApoG um ein Spezialgesetz für eine bestimmte Personengruppe und damit um eine gesetzgeberische Ungleichbehandlung von Personengruppen; zum anderen ist nichtzuletzt aufgrund des erheblichen Konflikts mit der Berufsfreiheit 484 bei der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung ein strenger Maßstab anzuwenden. Demnach reicht es nicht aus, dass mit der besonderen Bedeutung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung für die Volksgesundheit ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorliegt, sondern es muss auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt sein. 485 Hier kann auf die Ausführungen zu Art. 12 Abs. 1 483 Kleine-Cosack, DB 2007, 1851 ff.; Budras, Anwaltschaft steht unter Liberalisierungsdruck, FAZ v. 5. 12. 2007, 27; dies., Harte Zeiten für Anwälte von morgen – Das Berufsbild ändert sich durch schärferen Wettbewerb und den Zustrom von Frauen, FAZ v. 7. 5. 2008, 23; Sorge um Kerngeschäft, FAZ v. 14. 5. 2007, 31; Bewegung auf dem Beratermarkt, FAZ v. 22. 11. 2006, 27. 484 Vgl. Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. I., II. und III.
Kap. 3: Apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot und Grundgesetz
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GG verwiesen werden: Das Verbot, Apotheken von Berufsfremden (mit-) betreiben zu lassen, ist zum Schutz der Volksgesundheit nicht erforderlich, weil eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung bereits durch approbierte Apothekenverwalter in abhängiger Beschäftigung gewährleistet werden kann. Voraussetzung ist lediglich, dass dem Provisor die eigenverantwortliche, unabhängige und ausschließliche pharmazeutische Leitungsbefugnis vertraglich und auch tatsächlich zugewiesen wird. Noch eindeutiger tritt die Unverhältnismäßigkeit beim Verpachtungsverbot sowie dem Verbot partiarischer Vertragsgestaltung zu Tage. Hier kann nämlich bereits berechtigt an der Geeignetheit der Maßnahme gezweifelt werden, da nicht ersichtlich ist, wie den Verboten ein Gewinn für den Gesundheitsschutz entnommen werden kann. 486 Besonders signifikant sticht die Untauglichkeit des Versuchs, die außergewöhnliche Intensität der apothekenrechtlichen Beteiligungsverbote mit der besonderen Funktion des Apothekers für die Volksgesundheit zu erklären, bei einem Vergleich mit der Ärzteschaft ins Auge. Diese können sich, wie im Schaubild dargestellt, mit branchennahen Berufen zur gemeinsamen Berufsausübung gesellschaftlich zusammenschließen sowie nach vorherrschender Auffassung auch partiarische Verträge abschließen. 487 Ebenso ist dem ärztlichen Berufsrecht ein Verpachtungsverbot völlig fremd. 488 Ist dies alles aber den Ärzten berufsrechtlich erlaubt, wird man die apothekenrechtlichen Reglementierungen jedenfalls mit gesundheitsschutzrechtlichen Aspekten vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht rechtfertigen können. 489 Schließlich wird niemand behaupten können, dass ein partiarisch verpflichteter Apotheker ein größeres Risiko für die Volksgesundheit darstellt als ein ebenso partiarisch gebundener Arzt. Mithin ist die Ungleichbehandlung der Apotheker gegenüber den Angehörigen anderer freier Berufe nicht erforderlich und verletzt somit Art. 3 Abs. 1 GG. III. Zulässigkeit der Apothekenvermietung 1. Ungleichbehandlung von Miete und Pacht Bestimmungen zur Apothekenvermietung sind im Apothekengesetz nicht vorhanden, so dass die Vermietung von Apothekengegenständen allgemein als zulässig angesehen wird. Daher ist nach Kriterien zu forschen, die eine abweichende gesetzliche Behandlung rechtfertigen. Hierzu ist zunächst die Miete von der Pacht abzugrenzen. Grundsätzlich erfasst die Miete nur die bloße Gebrauchsüberlassung von Sachen, während der Pächter gemäß § 581 Abs. 1 BGB darüber hinaus auch zur Fruchtziehung be485 486 487 488 489
Heun, in Dreier, Art. 3 Rn. 19; R. Schmidt, Rn. 337. Siehe bereits: Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. a); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 6. a). Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 4 D. Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 5 B. Ähnlich Gemmer / Helios, ApoR 2002, 140/141.
128
Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
rechtigt ist. Gerade bei der Überlassung von Sachgesamtheiten stellt sich aber das Problem der Abgrenzung der beiden Vertragstypen. Wann handelt es sich noch um eine Nutzung im Rahmen einer bloßen Gebrauchsüberlassung und wann bereits um das Ziehen von Früchten? Die Abgrenzungsschwierigkeiten treten bei Apotheken als Überlassungsgegenstand offenkundig zu Tage. Allgemein soll es sich nach der Judikatur jedoch immer dann um einen Pachtvertrag handeln, „wenn die überlassenen Räume nach Beschaffenheit, Eigenart, Einrichtung und Ausstattung geeignet sind, als unmittelbare Quelle für Erträgnisse zu dienen.“ 490 Lehre und Literatur orientieren sich dabei vor allem am Umfang der Überlassung. 491 Wurden nur die Räumlichkeiten oder ausschließlich Apothekeninventar überlassen, lägen „bloße“ Mietverträge vor. Wird dagegen eine betriebsbereite Apotheke als Ganzes, d. h. Apothekengebäude inklusive vollständiger Apothekeneinrichtung und Gerätschaften zum Gebrauch überlassen, soll es sich unabhängig von der Titulierung im Vertrag prinzipiell um eine gemäß § 9 Abs. 1 ApoG unzulässige Apothekenpacht handeln. 492 Auch der Umstand, ob die Apotheke neu gegründet oder unter Beibehaltung des Namens weiterbetrieben wird, sowie die Höhe des Pachtzinses sind bei der Qualifizierung maßgebliche Indizien. 493 2. Rechtfertigung Bereits die Schwierigkeiten der Beurteilung – Mietvertrag über mehrere Gegenstände vs. Pachtvertrag über Apotheke als Ganzes – verdeutlichen den Konflikt mit Art. 3 Abs. 1 GG. Dementsprechend schwer fällt die Suche nach einem sachlichen Grund, der die unterschiedliche Behandlung von Miete und Pacht begründet. Ungeachtet der Tatsache, dass bereits aufgrund der Erwägungen zu Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG sich ein Rückgriff auf den Gesundheitsschutz verbietet, kann es aus gesundheitsrechtlichen Gründen keinen Unterschied machen, ob das betriebsnotwendige Apothekeninventar sowie die Apothekenimmobilie von einer einzigen Person dem Apotheker überlassen wurden oder von verschiedenen. In beiden Fällen hängt die Betriebsfähigkeit des Apothekers von der Einhaltung der Überlassungspflicht des Vertragspartners ab. Weisungsrechte oder Ähnliches stehen dagegen weder dem Vermieter noch dem Verpächter zu. Trotzdem finden sich außer allgemeinen Hinweisen auf den Ausschluss von Fremdeinfluss 494 kaum Stellungnahmen zum Schutzzweck des § 9 ApoG. Lediglich Geldmacher versucht, das Verpachtungsverbot unter Bezugnahme auf 490
OLG Hamm, ZMR 1984, 199. Saalfrank, NZM 2001, 971/976 f.; Pieck, NJW 1970, 1977/1979. 492 BGH NJW 1968, 692/693; OLG München, ZMR 1997, 297; Geldmacher, DWW 1999, 109/110 f. 493 BGH, NJW-RR 1998, 803/804; OLG Karlsruhe, NJW 1970, 1977/1978; Geldmacher, DWW 1999, 109/110; Pieck, NJW 1970, 1979. 491
Kap. 3: Apothekenrechtliches Fremdnutzungsverbot und Grundgesetz
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die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zum Mehrbesitzverbot 495 damit zu begründen, dass eine Verpachtung zu einer Lockerung des Bandes zwischen Apotheke und dem Verpächter als Inhaber der Betriebserlaubnis führe. 496 Dieses Band manifestiere sich im Eigentum an Sachen und Rechten in Bezug auf den Apothekenbetrieb und dürfe nicht durch die Verpachtung beeinträchtigt werden. 497 Eine nachvollziehbare Antwort, warum bei der Vermietung von Apothekengegenständen eine solche Manifestation nicht gegeben sein soll, wird freilich nicht gegeben. Gleichwohl ist die Verpachtung gemäß § 9 Abs. 1 ApoG mit dem denkbar stärksten Eingriffsniveau belegt: der fast ausnahmslosen Untersagung. Vor diesem Hintergrund kann dies nur als willkürlich bezeichnet werden und verstößt daher gegen Art. 3 Abs. 1 GG. IV. Der Apotheker als stiller Gesellschafter und Partner eines partiarischen Vertrags In dem Ausschluss von Berufsangehörigen hinsichtlich stiller Gesellschaft und partiarischer Vertragsgestaltung liegt ein weiterer Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es ist nämlich nicht begründbar, warum ein Apotheker aktiver Gesellschafter einer Apothekengesellschaft i. S. d. § 8 S. 1 ApoG sein darf, aber nicht ein mit weit weniger Einfluss ausgestatteter stiller Gesellschafter einer Apotheke oder Vertragspartner eines mit dem Apothekenbetreiber abgeschlossenen partiarisch ausgestalteten Vertrags. Da hier aber die berufsfremden Beteiligungsmöglichkeiten im Fokus stehen sollen, wird diesem Verstoß des Art. 3 Abs. 1 GG nicht weiter nachgegangen. 498
§ 3 Ergebnis der verfassungsrechtlichen Bewertung Das deutsche Fremdnutzungsverbot verstößt gegen das Grundgesetz. Weder der gesetzliche Zwang zur persönlichen Apothekenleitung durch den bzw. die obligatorisch approbierten Apothekeninhaber – kurz: das Fremdbetriebs- bzw. Fremdgesellschaftsverbot – noch das Verbot stiller Beteiligungen, partiarischer Verträge und von Verpachtungsverträgen können unter Rückgriff auf den Ge494 BT-Drucks. 3/1769, 3; BGH, NJW-RR 1998, 803/805; OLG Karlsruhe, NJW 1977/1978. 495 BVerfGE 17, 232 ff. 496 Geldmacher, DWW 1999, 109/110 f. 497 LG Nürnberg-Fürth, ZMR 1991, 69/10; Geldmacher, DWW 1999, 109/111. 498 Näher hierzu und im Ergebnis mit ähnlicher Begründung einen Verstoß bejahend: Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 72 ff., Rose, MedR 2003, 305/306; a. A. diesbezüglich Zuck / Lenz, S. 77; wohl auch Gemmer / Helios, ApoR 2002, 140.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
sundheits- oder Mittelstandsschutz vor Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigt werden. Gleiches gilt für die Ungleichbehandlung der Apotheker gegenüber anderen freien Berufsgruppen, bei denen zum Teil jegliche Drittbeteiligung, zum Teil zumindest die Fremdverpachtung sowie die partiarische Vertragsgestaltung erlaubt ist. Auch hier scheidet eine Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 3 Abs. 1 GG aus. Daneben finden sich auch keine sachlichen Gründe, welche die ungleiche Behandlung von Krankenhaus- und Offizinapotheke hinsichtlich der Zulässigkeit des Fremdbetriebs rechtfertigten. Ebenso sucht man vergebens nach einer tragfähigen Begründung für die unterschiedliche apothekenrechtliche Behandlung von Miete und Pacht, so dass auch diesbezüglich Verstöße gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz vorliegen. Das Fremdgesellschaftsverbot und das Verbot partiarischer Rechtsverhältnisse und stiller Gesellschaften verstoßen zudem gegen Art. 14 GG, indem sie vor ihrer Einführung rechtswirksam geschlossene Gesellschaftsverträge bzw. partiarische Verträge i.V. m. § 134 BGB für nichtig erklären. § 9 Abs. 1 ApoG und § 8 S. 2 ApoG verstoßen darüber hinaus gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, da sie die Nutzbarkeit des Eigentums, respektive die Vertragsfreiheit des Apothekeneigentümers ohne tragfähige Begründung massiv beschränken. Dementsprechend sind die das Fremdnutzungsverbot konstituierenden §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 8 S. 1 und 2, 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 ApoG in ihrer jetzigen Form verfassungswidrig und daher nichtig.
Kapitel 4
Europarechtliche Konformität des Fremdnutzungsverbots In den letzten Jahren ist verstärkt keit des apothekenrechtlichen Mehrgemacht worden. 499 Während für das der §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 2, 4 und 5 500 wurde, 501 besteht die Problematik für
auf eine angebliche Europarechtswidrigund Fremdnutzungsverbots aufmerksam Mehrbesitzverbot durch die Änderungen ApoG der Konflikt zumindest entschärft das hier zur Debatte stehende Fremdnut-
499 So hielt Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 75 ff., bereits 1998 das Mehrbesitzverbot mit der Niederlassungsfreiheit aus Art. 43 EG (Art. 52 EGV a. F.) nicht vereinbar. Nähere Ausführungen zur europarechtlichen Vereinbarkeit des Fremdbesitzverbots finden sich hier jedoch nicht. 500 § 1 II eingeführt durch Gesetz v. 14. 11. 2003 (BGBl. I 2003, 2190); § 2 II durch Gesetz v. 15. 6. 2005 (BGBl. 2005 I, 1645); § 2 IV, V durch Gesetz v. 14. 11. 2003 (BGBl. I 2003, 2190). 501 Vgl. zur Bewertung des Mehrbesitzverbots vor dessen Lockerung die Ausführungen von Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 75 ff.; sowie Zuck / Lenz, S. 86 ff.; Friauf, S. 56 ff.
Kap. 4: Europarechtliche Konformität des Fremdnutzungsverbots
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zungsverbot aus §§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 8 S. 1 und 2, 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 ApoG unvermindert fort. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob die in Art. 43 Abs. 1 EG 502 (Art. 49 Abs. 1 AEUV) 503 garantierte Niederlassungsfreiheit den Regelungen der §§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 8 S. 1 und 2, 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 ApoG entgegensteht. Daneben ist auch auf möglicherweise einschlägiges Sekundärrecht einzugehen. Weitestgehend unbehandelt ist zudem das Verhältnis des Fremdnutzungsverbots zur Kapitalverkehrsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 Abs. 1 EG (Art. 56 Abs. 1 AEUV) und Art. 56 Abs. 1 EG (Art. 63 Abs. 1 AEUV).
§ 1 Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit europäischem Sekundärrecht Auf Sekundärrechtsebene bestanden im Apothekenbereich die sogenannten Apothekerrichtlinien, Rili 85/432/EWG und Rili 85/433/EWG (EG), die am 7. 9. 2005 durch die Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Rili 2005/36/EG 504) ersetzt wurden. Sollte diese Richtlinie mit ihrem Regelungsgehalt das deutsche Fremdnutzungsverbot erfassen, schiede eine unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 43 Abs. 1 EG aus. Ist nämlich einschlägiges Sekundärrecht vorhanden, geht dieses als lex specialis den Grundfreiheiten vor. 505 Die am 22. 10. 2007 in Kraft getretene Rili 2005/36/EG macht allerdings an mehreren Stellen deutlich, dass sie nur die gegenseitige Anerkennung von nationalen Ausbildungsnachweisen zum Regelungsgegenstand hat. So heißt es in Art. 4 Abs. 1 Hs. 2: „[...] den selben Beruf wie den, für den sie in ihrem Herkunftsmitgliedstaat qualifiziert ist, aufzunehmen und unter denselben Voraussetzungen wie Inländer auszuüben.“ Der 26. Erwägungsgrund der Richtlinie lautet: „Diese Richtlinie gewährleistet nicht die Koordinierung aller Bedingungen für die Aufnahme und die Ausübung der Tätigkeiten des Apothekers. Insbesondere sollten die geografische Verteilung der Apotheken und das Abgabemonopol für Arzneimittel weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Diese 502 Seit dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags werden nach der Praxis des EuGH der EU- und EG-Vertrag nicht mehr mit EGV oder EUV, sondern nur noch mit EU bzw. EG zitiert. 503 Die Parallelnormen des zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht inkraftgetretenen Lissaboner Vertrags (EUV / AEUV) sind jeweils in Klammern angegeben. Inhaltlich entsprechen sie im Wesentlichen den hier behandelten Normen der Europäischen Verträge (EU / EG) in der Fassung der Verträge von Nizza. Eine ausführliche Synopse findet sich im Anhang. 504 Umgesetzt durch Bundesgesetz vom 2. 12. 2007 (BGBl. I 2007, 2686). 505 Loibl, S. 82; Hatje, Jura 2003, 160.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Richtlinie berührt keine Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die Gesellschaften die Ausübung bestimmter Tätigkeiten des Apothekers verbieten oder ihnen für die Ausübung solcher Tätigkeiten bestimmte Auflagen machen.“ Somit ist klargestellt, dass der Anwendungsbereich der Rili begrenzt ist und die Richtlinie diesbezüglich eng auszulegen ist. Dies entspricht im Übrigen auch dem Verständnis der Vorgängerrichtlinien, die auch über die unmittelbare Anerkennung von Ausbildungsnachweisen hinaus keine Funktion haben sollten. 506 Dementsprechend ist zu konstatieren, dass die Richtlinie das Fremdnutzungsverbot nicht erfasst. 507 Aus den Richtlinienbegründungen kann andererseits nicht geschlossen werden, dass das Fremdnutzungsverbot der europarechtlichen Kontrolle vollends enthoben ist. Vielmehr will die Begründung nur klarstellen, dass der Anwendungsbereich der Berufszulassungsrichtlinie sich ausschließlich auf Maßnahmen der Berufsanerkennung beschränkt. Keinesfalls darf hieraus gefolgert werden, dass in allen anderen Bereichen uneingeschränkt das Bestimmungslandsprinzip gilt. 508 Dies würde nämlich bedeuten, dass der Nichtregelung der Berufsausübung durch den Gemeinschaftsgesetzgeber im Umkehrschluss eine rechtsetzende Wirkung zugesprochen werden würde. Die Rechtsfigur des bereits im deutschen Recht umstrittenen beredten Schweigens ist dem Europarecht aber völlig fremd. 509 Daher ist eine solche Auslegung abzulehnen, so dass nationale Regelungen der Berufsausübung weiterhin an den Grundfreiheiten zu messen sind. 510 Im Ergebnis ergeben sich daher aus dem europäischen Sekundärrecht keine Konsequenzen für das deutsche Fremdnutzungsverbot. 511
506 10. Erwägungsgrund der Rili 85/433/EWG: „Diese Richtlinie berührt nicht die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die Gesellschaften die Tätigkeiten verbieten oder ihnen dafür bestimmte Auflagen machen.“ 507 Ebenso: EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07, Rn. 20; EuGH, C-531/06, Rn. 37; Streinz / Herrmann, EuZW 2006, 455/456; Ress / Ukrow; S. 31, 33 ff. 508 Frenz, GewArch 2007, 98/104 f. 509 Vgl. Tiedje / Troberg, Art. 43 EG Rn. 95; Streinz / Herrmann, EuZW 2006, 455/456. 510 Streinz / Herrmann, EuZW 2006, 455/456; Frenz, GewArch 2007, 98/105; Kluth / Rieger, GewArch 2006, 1/7. 511 Ebenso: EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07, Rn. 20; EuGH, C-531/06, Rn. 37; bereits für Rili 85/433/EWG so: Ress / Ukrow; S. 31; a. A. wohl die italienische Regierung, welche sich in ihrer Klageerwiderung auf das von der EG-Komm. eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren hinsichtl. des italienischen Fremdbesitzverbots explizit auf die Rili beruft, EuGH, C-531/06 Rn. 32; Meyer, DAZ 2007, 2114/2116.
Kap. 4: Europarechtliche Konformität des Fremdnutzungsverbots
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§ 2 Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit Art. 43 Abs. 1 EG (Art. 49 Abs. 1 AEUV) Obwohl das Konfliktpotenzial zwischen deutschem Fremdnutzungsverbot und Art. 43 EG schon lange bekannt ist, 512 musste sich der EuGH erst ab März 2007 mit diesem beschäftigen. Grund hierfür dürfte die Tatsache sein, dass sich in den meisten anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft den deutschen Normen ähnliche Regelungen finden lassen 513 und die EG-Kommission erst 2006 mit der Eröffnung des Vertragsverletzungsverfahrens gegen das italienische Fremdnutzungsverbot aktiv geworden ist. 514 Ausgangspunkt für die Vorlage des deutschen Fremdnutzungsverbots an den EuGH war dagegen ein Streit zwischen der Doc Morris N. V., 515 mithin einer niederländischen Kapitalgesellschaft, und einer saarländischen Apothekerin. Inzwischen hat die EG-Kommission auch Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich, Spanien und auch Deutschland wegen deren Mehrbesitz- und Fremdnutzungsverbote eingeleitet. 516
A. Der Fall „Doc Morris“ Auslöser der Streitigkeiten war bzw. ist die am 3. 7. 2006 erfolgte Eröffnung einer Apotheke in Saarbrücken durch die Doc Morris N. V. Ermöglicht hat die Inbetriebnahme das saarländische Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales, welches mit Bescheid vom 29. 06. 2006 eine Betriebserlaubnis i. S. d. § 1 Abs. 2 ApoG erteilte. Den offenkundigen Verstoß gegen §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 3, 7 S. 1, 8 S. 1 ApoG, mithin gegen das Fremdnutzungsverbot in seiner Ausgestaltung als Fremdgesellschaftsverbot, rechtfertigt das Ministerium bis heute mit dem nach seiner Auffassung entgegenstehenden Art. 43 Abs. 1 EG, 517 der den apothekenrechtlichen Vorschriften in der Anwendung vorgehe. 518 512 Friauf, S.1 ff.; Zuck / Lenz; S. 83 ff.; Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 75 ff.; Starck, Fremd- und Mehrbetriebsverbot, S. 30 ff. 513 Z. B. finden sich Fremdbesitzverbote in Österreich, Spanien, Frankreich, Italien, Finnland, Luxemburg, Portugal und Griechenland. 514 Rs. C-531/06. 515 Die niederländische N. V. entspricht der deutschen AG. 516 EG-Komm., IP/05/1665; IP/06/858; N. N., Brüssel will deutschen Apothekenmarkt öffnen, FAZ v. 2. 2. 08, 11; Meyer, DAZ 2007, 2114/2115. 517 Die von Apothekern und Apothekerverbänden vorgetragene politische Motivation für die Erteilung der Betriebserlaubnis ist juristisch irrelevant, vgl. LG Saarbrücken, Urt. v. 9. 8. 2006, Az.: 7 I O 77/06 Rn. 47; OLG Saarbrücken, Urt. v. 6. 12. 2006, Az.: 1 U 484/06 – 151 Rn. 26. 518 Presserklärung des Ministeriums für Justiz, Gesundheit und Soziales vom 19. 7. 2006.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
I. Das wettbewerbsrechtliche Verfahren Hiergegen versuchte eine Apothekerin 519 gestützt auf §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. m. §§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 1, 2 Nr. 3, 4 sowie § 8 S. 1 ApoG vorzugehen und die Schließung der Doc Morris Apotheke zunächst vor dem LG 520 und später vor dem OLG 521 zu erwirken. Jedoch konnte die zuständige Kammer bzw. der zuständige Senat kein wettbewerbswidriges Verhalten erblicken. Denn die erteilte Betriebserlaubnis schloss eine unlautere Wettbewerbshandlung i. S. d. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG aus. 522 Nur wenn die Erlaubnis nach § 44 SVwVfG nichtig gewesen wäre, hätte Doc Morris den Tatbestand des § 4 Nr. 11 i.V. m. § 3 UWG 523 erfüllen können. 524 Die im Verstoß gegen das Fremdgesellschaftsverbot begründete etwaige Rechtswidrigkeit der Erlaubnis führt jedenfalls nicht zwingend zur Nichtigkeit i. S. d. § 44 SVwVfG. Denn „die Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht ist“, wie das OLG unter Hinweis auf das BVerwG ausführt, „natürlich ein tragendes Verfassungsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), aus ihm folgt aber nicht, dass jeder rechtswidrige Verwaltungsakt zugleich nichtig sein muss (BVerwG, Urteil vom 17. 10. 1997, 8 C 1/96, sowie §§ 43 ff. SVwVfG). Unvereinbar mit der Gesetzesbindung kann deswegen nur [...] eine ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Anforderungen getroffene Willkürmaßnahme [sein].“ 525 Eine solche verneinten die Gerichte aber zu Recht. Von Willkür kann nämlich nur bei einer völlig unvertretbaren, offenkundig rechtswidrigen Behördenhandlung gesprochen werden. 526 Mithin musste das Verfahren vor den Zivilgerichten erfolglos bleiben, so dass die Klägerin in „weiser Voraussicht“ bereits parallel zu dem Verfahren vor dem OLG im Wege einer Drittanfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO 527 den Verwaltungsrechtsweg beschritten hatte. 528 519
Im Hintergrund freilich durch die saarländische Apothekerkammer und die Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA) unterstützt. 520 LG Saarbrücken, Urt. v. 9. 8. 2006, Az.: 7 I O 77/06 (= A&R 2006, 180 ff.). 521 OLG Saarbrücken, Urt. v. 6. 12. 2006, Az.: 1 U 484/06 –151 (= A&R 2006, 277 ff.). 522 Vgl. BGHZ NJW 2005, 2705; Allg. zum wettbewerbsrechtlichen Rechtsbruchtatbestand der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, Köhler, GRUR 2004, 381 ff. 523 Auf eine unlautere Wettbewerbshandlung außerhalb der Beispielstatbestände des § 4 wird hier mangels weiterführender Relevanz bewusst nicht eingegangen, vgl. auch OLG Saarbrücken, Urt. v. 6. 12. 2006, Az.: 1 U 484/06 – 151 Rn. 24 ff. 524 Vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 6. 12. 2006, Az.: 1 U 484/06 –151 Rn. 10 ff. 525 OLG Saarbrücken, Urt. v. 6. 12. 2006, Az.: 1 U 484/06 –151 Rn. 20. 526 OLG Saarbrücken, Urt. v. 6. 12. 2006, Az.: 1 U 484/06 –151 Rn. 23. 527 Die Frage des drittschützenden Charakters der Normen des ApoG i. R. d. Klagebefugnis nach § 42 II VwGO soll hier nicht näher dargestellt werden. Ebenso ist die hiermit korrespondierende Frage der tatsächlichen Rechtsbetroffenheit nach § 113 VwGO hier nicht näher zu beleuchten, vgl. hierzu aber OVG Saarlouis, Beschl. v. 22. 01. 2007, Az.: 3 W 14/06 Rn. 39 ff.; VG Saarlouis, Beschl. v. 12. 09. 2006, Az.: 3 F 38/06 Rn. 31 ff.; allge-
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Da aber aufgrund der niederländischen Herkunft der Doc Morris N. V. der Anwendungsbereich des EG-Vertrages offensichtlich eröffnet war, 529 stellten sich im Verwaltungsgerichtsverfahren gleich zwei diffizile Rechtsfragen: 1. Steht Art. 43 Abs. 1 EG dem deutschen Fremdgesellschaftsverbot entgegen? 2. Ist eine Behörde auch in so komplexen Fallgestaltungen verpflichtet bzw. berechtigt, eine nationale Norm wegen europarechtlicher Bedenken unangewendet zu lassen? 530 II. Die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten Neben der Klägerin hatten bereits kurz zuvor am 1. 8. 2006 drei weitere Apotheker sowie die Apothekerkammer Saarland und der Deutsche Apothekerverband (DAV) vor dem VG Saarlouis Drittanfechtungsklage erhoben. 531 Zugleich ersuchten die Kläger um einstweiligen Rechtsschutz. 532 Das VG sah sich aufgrund der Komplexität des Falles und der offenen europarechtlichen Fragen außerstande, die Erfolgsaussichten in den Hauptverfahren zu beurteilen. 533 In der Folge nahm das VG eine vom Europarecht losgelöste Abwägung zwischen Suspensiv- und Vollzugsinteresse vor, 534 wobei es dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der deutschen Rechtsvorschriften des Apothekengesetzes ausschlaggebende Bedeutung beimaß. 535 Aufgrund des offenen Verstoßes gegen § 8 S. 1 ApoG durch die Doc Morris N. V. waren das Wiederherstellen der aufschiebenden Wirkung der Klagen sowie die Schließungsanordnung durch das VG durchaus konsequent. Das daraufhin im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 1, 4 VwGO angerufene OVG setzte sich dagegen intensiv mit den europarechtlichen Aspekten auseinander und stützte seine Beschlüsse maßgebend auf diese. 536 Konkret kam es in seiner summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass mein zur problematischen Klagebefugnis in Drittanfechtungsfällen, Schenke, Rn. 513 ff.; 525 ff. 528 Rechtshängig vor dem VG Saarlouis, Az.: 3 K 361/06. 529 OLG Saarbrücken, Urt. v. 6. 12. 2006, Az.: 1 U 484/06 –151 Rn. 22. 530 Dieses Problem fällt jedoch aus der thematischen Konzentration auf die Zulässigkeit von Beteiligungskonstruktionen heraus und wird im Rahmen dieser Arbeit daher nicht näher behandelt. Eine Behandlung mit weiterführenden Hinweisen findet sich in Streinz / Herrmann, BayVbl. 2008, 1 ff.; Kirchhoff, ZESAR 2007, 301/306 f. 531 VG Saarlouis, Az.: 1 K 66/06. 532 VG Saarlouis, Beschl. v. 12. 9. 2006 und 18. 9. 2006, Az.: 3 F 38/06 und 3 F 39/06. 533 VG Saarlouis, Beschl. v. 12. 9. 2006, Az.: 3 F 38/06 Rn. 48. 534 Allgemein zur Interessenabwägung i. R. d. § 80 V VwGO, Kopp / Schenke, § 80 Rn. 153. 535 VG Saarlouis, Beschl. v. 12. 9. 2006, Az.: 3 F 38/06 Rn. 51. 536 OVG Saarlouis, Beschl. v. 22. 01. 2007; Az.: 3 W 15/06 Rn. 122, 181 ff, 316 ff.; sowie Az.: 3 W 14/06 Rn. 139, 198 ff. und 332 ff.
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aufgrund des gegenüber § 8 S. 1 ApoG vorrangigen Art. 43 Abs. 1 EG die Erfolgsaussichten der Apotheker und ihrer Kammer in den beiden Hauptverfahren als gering einzuschätzen seien. Dementsprechend hob das OVG die Beschlüsse des VG auf und stellte damit die sofortige Vollziehung der Betriebserlaubnis zugunsten der Doc Morris Apotheke wieder her. Daneben legte es dem VG „ans Herz“, in den Hauptverfahren den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 Abs. 1 EG zur Klärung der europarechtlichen Fragen anzurufen. 537 Dies ist am 30. 3. 2007 geschehen. 538 III. Die Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof Am 19. 05. 2009 hat der EuGH nun die vom VG Saarlouis vorgelegten Fragen beantwortet und zugleich das Urteil zum italienischen Apothekenfremdnutzungsverbot gefällt, welches die Kommission in einem Vertragsverletzungsverfahren angegriffen hatte. 539 Bereits zuvor, am 16. 12. 2008, sind die Schlussanträge des mit den Verfahren betrauten Generalanwalts Ives Bot ergangen, 540 in denen der Generalanwalt die beiden Verfahren aufgrund ihres ähnlichen Streitgegenstandes explizit miteinander verknüpfte. 541 Obschon Gerichtshof und Generalanwalt die Beeinträchtigung der Grundfreiheiten bejahen, erachten sie diese für gerechtfertigt. Daher haben beide im Ergebnis sowohl das deutsche als auch das italienische Fremdbetriebsverbot mit dem Europarecht für vereinbar erklärt. Auf die Erwägungen, die den Gerichtshof sowie den Generalanwalt zu dieser Beurteilung bewogen haben, wird im Rahmen der einzelnen Prüfungspunkte besonders einzugehen sein, so dass von einer separaten Darstellung an dieser Stelle abgesehen wird. Nur am Rande sei noch bemerkt, dass nur wenige Tage nach Verkündung des Urteils Doc Morris die Betriebserlaubnis für die Apotheke in Saarbrücken entzogen wurde. 542 Hiergegen hat nun DocMorris N. V. seinerseits das Verwaltungsgericht Saarlouis angerufen. 543 Im Folgenden sollen nun die Erwägungen des OVG und des EuGH näher beleuchtet und eingehend auf ihre Richtigkeit untersucht werden. Hierbei beschränkt sich die Untersuchung nicht auf den Verfahrensgegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung, mithin auf das Fremdgesellschaftsverbot, sondern umfasst alle Schattierungen des Fremdnutzungsverbots, d. h. Fremdbetriebs-, 537
OVG Saarlouis, Beschl. v. 22. 01. 2007; Az.: 3 W 15/06 Rn. 368. Die beiden Verfahren wurden nach Art. 43 VerfO EuGH verbunden und unter dem gemeinsamen Az.: vb. Rs. C-171/07, C-172/07 verhandelt. 539 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07; EuGH, C-531/06. 540 GA Bot, Schlussanträge vb. Rs. C-171/07, C-172/07; ders. Rs. C-531/06. 541 GA Bot, Schlussantrag vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 22. 542 N. N., Doc Morris muss Apotheke schließen, FAZ v. 23. 05. 2009, S. 17. 543 Az.: 3 K 478/09. 538
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Fremdgesellschafts-, Verpachtungsverbot sowie das Verbot finanzieller Passivbeteiligung.
B. Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit durch das deutsche Fremdnutzungsverbot I. Der Begriff der Niederlassung Unter Niederlassung i. S. d. Art. 43 Abs. 1 EG wird die Ausübung einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Dauer verstanden. 544 Erfasst ist nach Art. 43 Abs. 1 S. 2 EG ausdrücklich auch die Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften. Für die Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 Abs. 1 EG ist entscheidend, dass die Tätigkeit dauerhaft im fremden Mitgliedstaat ausgeübt wird, d. h. der Gemeinschaftsangehörige in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaates als seines Herkunftsstaates teilnimmt und daraus Nutzen zieht. 545 Für den EuGH ist die wirtschaftliche und soziale Verflechtung im „fremden“ Mitgliedstaat dabei maßgebliches Kriterium. In der mangelnden Bestimmtheit dieser Begrifflichkeiten zeigt sich, dass der EuGH den Niederlassungsbegriff weit verstanden wissen will. Dagegen ist es unerheblich, ob sich eine natürliche oder eine juristische Person auf Art. 43 Abs. 1 EG beruft. Art. 48 EG erstreckt den Schutzbereich ausdrücklich auch auf Kapitalgesellschaften. II. Umfang der Niederlassungsfreiheit 1. Die Niederlassungsfreiheit als Diskriminierungsverbot Der Umfang der Niederlassungsfreiheit ist allerdings umstritten. Vor allem in der Vergangenheit wurde unter Verweis auf den Wortlaut des Art. 43 Abs. 2 a. E. EG immer wieder darauf hingewiesen, dass Art. 43 Abs. 1 EG nur ein Diskriminierungsverbot enthalte, mithin „nur“ eine Inländergleichbehandlung gebiete. 546 Die Weite des Diskriminierungsbegriffs selbst wird dabei jedoch recht unterschiedlich beurteilt. Anerkannt ist inzwischen, dass auch versteckte bzw. verdeckte Diskriminierungen von Art. 43 Abs. 1 EG erfasst werden. Bei diesen wird zwar nicht offen nach der Staatsangehörigkeit differenziert, aber die 544 Vgl. Hatje, Jura 2003, 160/162; Bleckmann, Rn. 1592; Müller-Graff, in Streinz, EUV / EGV, Art. 43 EG Rn. 11. 545 EuGH, C-55/94, Slg. 1995, I 4165 Rn. 25. 546 Nachbaur, EuZW 1991, 470/ 471 f.; Everling, EuR 1989, 338/343 ff.; Ebenroth / Eyles, DB 1989, 363, 369 ff.
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staatlichen Maßnahmen wirken sich typischerweise auf Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten aus. 547 2. Die Niederlassungsfreiheit als Beschränkungsverbot Inzwischen wird Art. 43 Abs. 1 EG aber nicht nur als Diskriminierungsverbot, sondern als allgemeines Beschränkungsverbot begriffen. 548 Wie schon für die Warenverkehrs- und die Dienstleistungsfreiheit seit langem anerkannt ist, 549 können hiernach auch solche Maßnahmen die Niederlassungsfreiheit verletzen, die weder unmittelbar noch mittelbar an die Staatsangehörigkeit anknüpfen. Vielmehr komme es darauf an, ob eine spezifische Behinderung des Marktzugangs für eine grenzüberschreitende Niederlassung infolge einer bestimmten Regelung feststellbar sei. 550 Die einem solchen Verständnis vordergründig entgegenstehende Betonung der Inländergleichbehandlung in Art. 43 Abs. 2 a. E. EG wird hierbei nur als besondere Hervorhebung verstanden. Keinesfalls könne aus ihr der Umkehrschluss gezogen werden, Beschränkungen seien von Art. 43 Abs. 1 EG nicht erfasst. 551 Dies überzeugt insoweit, als nicht einzusehen ist, warum allein die Niederlassungsfreiheit „nur“ ein Diskriminierungsverbot enthalten soll. Hiergegen spricht schon der Grundsatz der Konvergenz der Grundfreiheiten. 552 Auch die schon erwähnte Konturlosigkeit des verdeckten Diskriminierungsbegriffs muss als Argument für ein Beschränkungsverbot verstanden werden. Denn bei weiter Auslegung und guter Argumentation kann jede Beschränkung auch als verdeckte Diskriminierung begriffen werden, so dass mit einer Beschränkung auf Diskriminierungen nicht viel gewonnen ist. Auch der EuGH hat sich in den letzten Jahren eindeutig von seinem früheren Verständnis 553 des Art. 43 Abs. 1 EG als reinem Diskriminierungsverbot 547
Vgl. Müller-Graff, in Streinz, EUV / EGV, Art. 43 EG Rn. 48 m.w. N. EuGH, C-53/95, Slg. 1996, 703 Rn. 9, 11; Sack, JuS 1990, 352/354; Bröhmer, in Calllies / Ruffert, Art. 43 EG Rn. 20 ff.; Müller-Graff, in Streinz, EUV / EGV, Art. 43 EG Rn. 57 m.w. N. 549 Auch die Arbeitnehmerfreizügigkeit aus Art. 39 EG wird seit der „Bosman-Entscheidung“ des EuGH, Rs. C-415/93, Slg. 1995, 4921, überwiegend als Beschränkungsverbot verstanden, vgl. Scheuer, in Lenz / Borchardt, Art. 39 EG Rn. 38. 550 EuGH, 152/73, Slg. 1974, 153 Rn. 11; EuGH, 33/88, Slg. 1989, 1591 Rn. 11; Müller-Graff, in Streinz, EUV / EGV, Art. 43 EG Rn. 58; Hatje, Jura 2003, 160/162; Ehlers, Jura 2001, 482/484. 551 Steindorff, EuR 1988, 19/21 f. 552 Zur Konvergenz der Grundfreiheiten: Bieber et. al., § 10 Rn. 3. 553 So noch EuGH, 221/85, Slg. 1987, 719 Rn. 11, in dem der EuGH das belgische Fremdnutzungsverbot für klinische Laboratorien der Biomedizin für europarechtskonform erklärte, da das Gebot der Inländergleichbehandlung aus Art. 43 EG (Art. 52 EG a. F.) gewahrt sei; vgl. zur weiteren Rechtsprechungsentwicklung hinsichtlich Art. 43 EG, Bröhmer, in Callies / Ruffert, Art. 43 Rn. 23 ff. 548
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gelöst. 554 Zu Beginn der neunziger Jahre fing er an, nach und nach das Diskriminierungsverbot weiter zu fassen, 555 bis er schließlich in EuGH, C-9/02 Slg. 2004, 2409 ausdrücklich erklärte, dass Art. 43 Abs. 1 EG „auch geringfügige oder unbedeutende Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit verbiete.“ 556 Demnach versteht inzwischen auch der EuGH Art. 43 Abs. 1 EG als umfassendes Beschränkungsverbot. 3. Art. 152 Abs. 5 EG (Art. 168 Abs. 7 AEUV) als Bereichsausnahme für den Gesundheitssektor Gerade in dem Konflikt um das deutsche und italienische Fremdbetriebsverbot wird jedoch die Anwendbarkeit des Art. 43 Abs. 1 EG auf das Gesundheitswesen in Zweifel gezogen. In concreto wird hierbei auf Art. 152 Abs. 5 EG abgestellt, nach dem „bei der Tätigkeit der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit der Bevölkerung [...] die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung in vollem Umfang gewahrt [wird].“ Hieraus ziehen die Verfechter des Fremdnutzungsverbots den Schluss, dass mangels einer Gemeinschaftsrechtskompetenz für die Organisation des Gesundheitssektors gar kein Verstoß gegen die Grundfreiheiten vorliegen könne. 557 Gegner des Verbots verweisen dagegen darauf, dass Art. 152 Abs. 5 EG nur den substantiellen Auftrag einer Organisation des Gesundheitswesens in den Händen des nationalen Gesetzgebers belasse und das Fremdnutzungsverbot keine solche Grundsatzentscheidung sei. Vielmehr handele es sich bei seiner Aufhebung nicht um eine Strukturentscheidung, sondern bloß um eine Effizienzmaßnahme, die dem Art. 152 Abs. 5 EG nicht unterfalle. 558 Zwar kann daran gezweifelt werden, ob es sich beim Fremdnutzungsverbot tatsächlich um einen Teil des unverfügbaren Kerns des öffentlichen Gesundheitswesens handelt. Gleichwohl würde sein Fortfall sicherlich mehr als eine bloße Effizienzsteigerungsmaßnahme im Gesundheitswesen bedeuten. Denn das Verbot ist nicht nur maßgeblich für die mittelständische, diversifizierte Struktur des deutschen Apothekenmarktes verantwortlich, sondern garantiert auch in hohem Maße den persönlichen Kontakt des Patienten zum Betriebsinhaber. Unabhängig von der Klassifikation kann Art. 152 Abs. 5 EG die Mitgliedstaaten aber letztlich nicht von der Pflicht zur 554 Die Entwicklung der Rechtsprechung ist zusammengefasst bei Eberhartinger, EWS 1997, 43/46 ff. 555 EuGH, C-55/94, Slg. 1995, 4165 Rn. 37; EuGH, C-53/95, Slg. 1996, 703 Rn. 9, 11. 556 EuGH, C-9/02, Slg. 2004, 2409 Rn. 43. 557 So die Italienische Republik für das italienische Fremdnutzungsverbot, zitiert nach GA Bot, Schlussantrag Rs. C-531/06, Rn. 41 sowie Spanien, Finnland und Irland als Beigetretene, zitiert nach Biermann / Rücker, PZ 37/2008, 8/10. 558 Eichenhofer, MedR 2007, 329/333.
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Beachtung der Grundfreiheiten 559 entbinden und damit das Gesundheitswesen jeglicher gemeinschaftsrechtlicher Einwirkung entziehen. Denn wie e contrario aus Art. 30 und Art. 46 Abs. 1 EG hervorgeht, nach denen Eingriffe in die Grundfreiheiten aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt sein können, bedürfen auch gesundheitspolitische Regelungen der Rechtfertigung, soweit sie die Grundfreiheiten beeinträchtigen. Zudem ist eine Kompetenznorm wie Art. 152 Abs. 5 EG bereits seiner Natur nach ungeeignet, die Grundfreiheiten als tragende Prinzipien des Gemeinschaftsrechts einzuschränken. Dementsprechend hat der EuGH mehrfach bestätigt, dass Maßnahmen nationalstaatlicher Gesundheitspolitik an den Grundfreiheiten zu messen sind. 560 An dieser Rechtsprechung hat der Gerichtshof auch im Doc Morris Verfahren festgehalten. 561 4. Art. 152 Abs. 5 EG (Art. 168 Abs. 7 AEUV) als Schutzbereichsverengung der Niederlassungsfreiheit Dennoch wollen Stimmen im Schrifttum zwar gesundheitspolitische Maßnahmen nicht völlig dem Anwendungsbereich der Grundfreiheiten entziehen, erkennen in Art. 152 Abs. 5 EG aber zumindest eine Reduzierung der Niederlassungsfreiheit auf ein Diskriminierungsverbot für gesundheitspolitische Maßnahmen. 562 Aber auch dies kann nicht überzeugen. Denn im Ergebnis stellt eine Reduzierung des Schutzumfangs der Niederlassungsfreiheit doch nichts anderes als eine beschränkte Bereichsausnahme für nichtdiskriminierende Maßnahmen in der Gesundheitspolitik dar. Eine solche Begrenzung des Anwendungsbereichs der Niederlassungsfreiheit kann aber schon aufgrund seiner systematischen Stellung mit Art. 152 Abs. 5 EG nicht einhergehen. Bereichsausnahmen und Rechtfertigungsgründe sind detailliert auf die einzelne Grundfreiheit bezogen im jeweiligen Kapitel der betroffenen Grundfreiheit aufgeführt. Mit diesem systematischen Aufbau verträgt sich eine Ableitung einer partiellen Schutzbereichsverengung aus einer im Vertragstext mehr als hundert Artikel entfernten Bestimmung nicht. Art. 152 EG behandelt die Kompetenzen der Gemeinschaft zur Setzung von Sekundärrecht, nicht die Reichweite des unmittelbar anwendbaren Primärrechts. 559 EuGH, C-372/04, Slg. 2006, 4325 Rn. 121; EuGH, C-387/99, Slg. 2004, 3751; GA Bot, Schlussantrag Rs. C-531/06 Rn. 72; Eichenhofer, MedR 2007, 329/333 f. 560 EuGH, C-372/04, Slg. 2006, 4325 Rn. 121; EuGH, C-387/99, Slg. 2004, 3751 Rn. 63 ff.; GA Bot, Schlussantrag Rs. C-531/06 Rn. 72; kritisch: Mand, WRP 2008, 906/ 912, insb. Fn. 69; Dettling, EuzW 2006, 519/522 ff.; ders. A&R 2006, 99/106 ff. 561 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 18; zuvor bereits GA BOT, Schlussanträge vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 30; ebenso für den neuen Art, 168 VII, EuGH, vb. C 570/07, C 5710/07 Rn. 43. 562 Dettling / Mand, S. 309 f.; Mand, WRP 2008, 906/912; Dettling; ApoR 2006, 1/11; ders., A&R 2006, 99/107.
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Auch der Hinweis, dass Art. 152 Abs. 5 EG nur im Kontext mit den Grundfreiheiten neben Art. 152 Abs. 4 lit. c) EG (Art. 168 Abs. 5 AEUV) eine eigenständige Bedeutung erhalte, stimmt so nicht. 563 Denn wie der Verweis in Art. 152 Abs. 5 S. 2 EG (Art. 168 Abs. 7 S. 2) auf Art. 152 Abs. 4 lit. a) EG (Art. 168 Abs. 4 lit. a)) belegt, 564 soll die Norm gerade bei jenen Maßnahmen der EG im Gesundheitsbereich zu beachten sein, die nicht unter das Harmonisierungsverbot des Art. 152 Abs. 4 lit. c) EG (Art. 168 Abs. 5 AEUV) fallen. Somit zeigt Art. 152 Abs. 5 S. 2 EG nicht nur, dass die Norm keineswegs neben Art. 152 Abs. 4 lit. a) bloß deklaratorischer Natur ist, sondern unterstreicht auch ihre Charakterisierung als reine Kompetenznorm. Ebenso wenig kann mit Verweis auf den durch den Vertrag von Amsterdam eingeführten Art. 16 EG (Art. 14 AEUV) eine andere Auslegung gerechtfertigt werden. Mit diesem sollte zwar die Bedeutung der sozialen Sicherungssysteme nochmals unterstrichen werden, indem auf deren Funktionieren als allgemeine Zielvorstellung hingewiesen wird. Allerdings handelt es sich bei Art. 16 EG lediglich um eine sogenannte Grundsatznorm. Nach europarechtlichem Verständnis erzeugen diese jedoch gerade keine unmittelbaren Rechtswirkungen. 565 Daher ist Art. 43 Abs. 1 EG auch im Bereich des Gesundheitswesens als Beschränkungsverbot zu verstehen, was vom EuGH nicht in Frage gestellt wird. 566 III. Die Apotheke als Gegenstand der Niederlassungsfreiheit Apotheken sind nach den Regelungen aller Mitgliedstaaten im Grundsatz auf eine umfassende medikamentöse Versorgung der im räumlichen Einzugsbereich wohnenden Menschen angelegt. 567 Sowohl die klassische Offizinapotheke als 563 Art. 152 IV c) EG: „Der Rat trägt [...] mit folgenden Maßnahmen zur Verwirklichung dieses Ziels [Gesundheitsschutz] bei: Fördermaßnahmen, die den Schutz und die Verbesserung der menschlichen Gesundheit zum Ziel haben, unter Ausschluß jeglicher Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten.“ 564 Art. 152 IV a) EG: „Der Rat trägt [...] mit folgenden Maßnahmen zur Verwirklichung dieses Ziels [Gesundheitsschutz] bei: Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitätsund Sicherheitsstandards für Organe und Substanzen menschlichen Ursprungs sowie für Blut und Blutderivate; diese Maßnahmen hindern die Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder einzuführen“. 565 Hatje, in Schwarze, Art. 16 EG Rn. 5, 7 f.; insoweit stellt der neue Art. 14 AEUV in seinem S. 2 klar, dass die Mitgliedsstaaten die Grundfreiheiten bei der Ausgestaltung ihrer sozialen Systeme zu beachten haben: „[...] unbeschadet der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, diese Dienste im Einklang mit den Verträgen zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu finanzieren.“ 566 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 22 f.; EuGH, C-531/06 Rn. 43 f.; EuGH, C-140/03, Slg. 2005, 3177, Rn. 27; EuGH, C-496/01, Slg. 2004, 2351 Rn. 58; EuGH, C-322/01, Slg. 2003, 14887, Rn. 52 ff. 567 Vgl. Ress / Ukrow, S. 33, 45 ff.
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auch die reine Versandapotheke wenden sich von einem festen Standort, einem sogenannten Berufsdomizil 568, an die Angehörigen des Mitgliedstaats. Sie sind typischerweise nicht auf die Erbringung einzelner oder auch mehrerer (vorübergehender) Leistungen angelegt, sondern auf eine stabile und kontinuierliche Tätigkeit am Markt. Daher erscheint die Beurteilung des Apothekenbetriebs, gleichgültig ob als Erst- oder Filialapotheke, anhand der Niederlassungsfreiheit zwingend. 569 Gleichwohl ist die Anwendbarkeit von Art. 43 Abs. 1 EG hier problematisch. Speziell für Medizinalberufe stellt nämlich Art. 47 Abs. 3 EG (Art. 53 Abs. 2 AEUV) eine Verknüpfung zwischen der Aufhebung von Beschränkungen durch europäisches Sekundärrecht – etwa durch Anerkennung von Berufsqualifikationen nach Art. 47 Abs. 1 EG 570 (Art. 53 Abs. 1 AEUV) – und der Koordinierung der Berufsbedingungen her. Der schrittweisen Aufhebung der Berufsbeschränkungen soll eine Koordinierung der Bedingungen für die Berufsausübung vorangehen. 571 Hieraus wird zum Teil der Schluss gezogen, dass eine Koordinierung der Anforderungen für die Berufsausübung dem Abbau von Niederlassungsbeschränkungen stets zwingend vorausgehen müsse. 572 Dies würde bedeuten, dass im Medizinalbereich Niederlassungsbeschränkungen nur über Sekundärrecht abgebaut werden, so dass auch das deutsche Fremdnutzungsverbot nicht unmittelbar an Art. 43 Abs. 1 EG gemessen werden könnte. Hintergrund dieser Auffassung ist die Befürchtung, dass eine richterrechtliche Harmonisierung des Gesundheitssektors eine unkoordinierte Liberalisierung bedeute, welche die Gesundheitssysteme gefährde. Denn das isolierte Herauspicken einzelner Beschränkungen aus den komplexen Normkonzepten sei mit den so unterschiedlichen Gesundheitssystemen der einzelnen Mitgliedstaaten nicht zu vereinbaren. 573 Solange die Mitgliedstaaten von einer europäischen Koordinierung im Bereich Apothekenbeteiligung / Apothekenbetriebsform ausdrücklich absehen, 574 könne das Fremdnutzungsverbot nicht am Europarecht gemessen werden, ohne dem sensiblen Gesundheitsbereich den nötigen Schutz zu versagen. 575 568
So die Terminologie des EuGH, C-55/94, Slg. 1995, 4165 Rn. 28. Vgl. EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 22 f.; EuGH, C-531/06 Rn. 43 f.; GA Bot, Schlussantrag Rs. C-531/06 Rn. 77. 570 Art. 47 Abs. 3 EG: „Die schrittweise Aufhebung der Beschränkungen für die ärztlichen, arztähnlichen und pharmazeutischen Berufe setzt die Koordinierung der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe in den einzelnen Mitgliedstaaten voraus.“ 571 Scheuer, in Lenz / Borchardt, Art. 47 Rn. 10; Schlag, in Schwarze, Art 47 EG Rn. 28. 572 GA Mischo, Schlussantrag Rs. C-496/01, Slg. 2004, 2351 Rn. 70 ff.; ders., Schlussantrag Rs. C-294/00, Rn. 29 f.; Friauf, S. 54 f.; Hütthaler-Brandauer, APR 2007, 36/37 f. 573 Friauf, S. 55, Fn. 198. 574 Vgl. den 26. Erwägungsgrund der Rili 2005/36/EG sowie den 10. Erwägungsgrund der Rili 85/433/EWG. 569
Kap. 4: Europarechtliche Konformität des Fremdnutzungsverbots
143
Neben den vereinzelt gebliebenen Stimmen in der Literatur entsprach diese Auffassung lange auch der Haltung der EG-Kommission, die bis in jüngste Zeit nationale Fremdnutzungsverbote nicht beanstandete. Erst seit 2006 scheint sich in der Kommission die Rechtsauffassung gewandelt zu haben. 576 Grund hierfür dürfte zum einen die gewandelte Rechtsprechung des EuGH sein, der der Niederlassungsfreiheit spätestens 577 seit der „Gebhardt-Entscheidung“ 578 als unmittelbar anwendbares Beschränkungsverbot versteht. Bereits zuvor hatte der Gerichtshof, ohne Art. 47 Abs. 3 EG überhaupt zu erwähnen, Niederlassungsbeschränkungen für medizinale Berufsgruppen anhand des Art. 43 Abs. 1 EG beurteilt und Vertragsverletzungen bejaht. 579 Zum anderen muss die im Vertrag von Amsterdam erfolgte Neufassung des Art. 43 Abs. 1 EG beachtet werden, in der nicht mehr von einer schrittweisen Aufhebung von Beschränkungen, sondern von einem Beschränkungsverbot gesprochen wird. Ebenso wurde in Art. 47 Abs. 2 EG (Art. 53 Abs. 1 Hs. 2 AEUV) der Passus, „vor dem Ende der Übergangszeit“ gestrichen, so dass die Beibehaltung des Wortlautes des Art. 47 Abs. 3 EG, der weiterhin von einer „schrittweisen Aufhebung der Beschränkungen“ spricht, nur als redaktionelles Versehen gewertet werden kann. 580 Daraus folgt, dass aufgrund des in den Neufassungen der Art. 43 Abs. 1 EG, Art. 47 Abs. 2 EG zum Ausdruck kommenden gewandelten Verständnisses über den Inhalt der Niederlassungsfreiheit davon auszugehen ist, dass Art. 47 Abs. 3 EG keinerlei Auswirkungen mehr auf die Anwendbarkeit des Art. 43 Abs. 1 EG besitzt und letztlich obsolet 581 geworden ist. 582 Zu Recht hat daher Generalanwalt 575
Friauf, S. 55. Vgl. die Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien, Österreich und Spanien, IP/ 05/1665; IP/06/858. 577 Teilweise wird schon in der „Klopp-Entscheidung“ des EuGH, 107/37, Slg. 1984, 2971, aus dem Jahre 1984 die Hinwendung zum Verständnis der Niederlassungsfreiheit als Beschränkungsverbot erblickt, vgl. GA van Gerven, Schlussantrag Rs. C-340/89 Rn. 6 ff.; Sack, JuS 1990, 352/255; Behrens, RabelsZ 52 (1988) 498/521 f.; Bröhmer, in Callies / Ruffert, Art. 43 EG Rn. 24. 578 EuGH, C-55/94, Slg. 1995 4165. 579 EuGH, C-351/90, Slg. 1992, 3945 (Luxemburgisches Mehrbesitzverbot für Ärzte; Zahn- und Tierärzte); EuGH, 96/85, Slg. 1986, 1475 (franz. Mehrbesitzverbot für Ärzte und Zahnärzte); anders dagegen noch implizit EuGH, 221/85, Slg. 1987, 719 Rn. 9 ff. 580 Ähnlich Tiedje / Troberg, in v. d. Groeben / Schwarze, Art 47 EG Rn. 21. Leider wurde im Lissaboner Vertrag die Chance verpasst, die missliche Formulierung zu korrigieren. 581 Aufgrund der separaten Verpflichtung der Gemeinschaftsorgane zur besonderen Achtung des Gesundheitsschutzes in Art. 152 I EG, kann dem Art. 47 III EG auch nicht die Funktion einer generell beachtlichen Querschnittsklausel für den Gesundheitsschutz zugesprochen werden. 582 So inzwischen die ganz überwiegende Auffassung, Schlag, in Schwarze, Art. 47 EG Rn. 28; Tiedje / Troberg, in v. d. Groeben / Schwarze, Art. 47 EG Rn. 8; Scheuer, in Lenz / Borchardt, Art. 47 EG Rn. 10; Bröhmer, in Callies / Ruffert, Art. 47 EG Rn. 3 m.w. N; mit Vorbehalten auch Burk, S. 223 ff. 576
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Bot konstatiert, dass trotz des Art. 47 Abs. 3 EG das deutsche Fremdnutzungsverbot an den Grundfreiheiten zu messen sei. 583 In Fortführung seiner eigenen Rechtsprechung 584 hat der EuGH in seiner Urteilsbegründung zum deutschen Fremdbetriebs- bzw. Fremdgesellschaftsverbot Art. 47 Abs. 3 EG nicht einmal erwähnt. 585 IV. Das deutsche Fremdnutzungsverbot als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit Die §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 8 S. 1 und 2, 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 ApoG unterscheiden nicht ausdrücklich nach der Staatsangehörigkeit, noch werden typischerweise Angehörige anderer Mitgliedstaaten benachteiligt. Vielmehr verbieten sie sowohl Deutschen als auch Ausländern jegliche Beteiligung an Apotheken. Demnach scheidet eine Diskriminierung gleich welcher Art aus. 586 Allerdings verhindert das Fremdbetriebs- und das Fremdgesellschaftsverbot aus §§ 1 Abs. 2; 2 Abs. 2; 7 S. 1; 8 S. 1; 13 Abs. 1 ApoG etwa die Gründung und den Betrieb von Apotheken durch ausländische Kapitalgesellschaften. Mithin wird Apothekengesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten, in denen die Gründung und der Betrieb einer Apotheke in Kapitalgesellschaftsform erlaubt ist, der Zugang zum deutschen Markt verwehrt und damit die Niederlassungsfreiheit behindert. Ebenso verhindert § 9 Abs. 1 ApoG, dass etwaige Niederlassungen europäischer (Apotheken-) Verpachtungsgesellschaften in Deutschland Apotheken verpachten können und macht insoweit die Gründung einer Niederlassung in Deutschland sinnlos, so dass auch insofern eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit aus Art. 43 Abs. 1 EG vorliegt. Die in diesen Fällen ebenfalls tangierte Kapitalverkehrsfreiheit 587 dürfte nach der Schwerpunktbestimmung der Beeinträchtigung 588 regelmäßig hinter Art. 43 Abs. 1 EG zurücktreten. 589 Will ein 583 GA Bot, Schlussantrag vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 8; ebenso: Kiefer, S. 66; Burk, S. 228; Dettling / Mand, S. 258. 584 EuGH, C-294/00, Slg. 2002, 6515 Rn. 26; EuGH, C-351/90, Slg. 1992, 3945; EuGH, 96/85, Slg. 1986, 1475, vgl. Zur diesbezüglichen Rechtsprechungsentwicklung auch Everling, in Schön, GS Knobbe-Keuk, S. 607/608, 623. 585 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07; EuGH, C-531/06. 586 A. A. König / Schreiber, EWS 2007, 385/386 f., die von einer versteckten Diskriminierung ausgehen. Während dies bezüglich des Ausschlusses ausländischer Personengesellschaftsformen durch § 8 S. 1 ApoG vertretbar erscheint, ist dies hinsichtlich der restlichen Beschränkungen nicht nachvollziehbar. 587 Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 3. 588 Im Europarecht gängiges Verfahren zur Auflösung von Konkurrenzen, vgl. Frenz, GewArch 2007, 98/100, 102. 589 A. A. Sedlaczek, in Streinz, EUV / EGV, Art. 56 EG Rn. 13 ff.; Schön, in ders., GS Knobbe-Keuk, S. 743/750, die für eine generelle parallele Anwendung plädieren.
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EU-Ausländer dagegen von seinem Mitgliedstaat aus in Deutschland eine Apotheke verpachten, scheidet mangels dauerhafter Ansiedlung im fremden Mitgliedstaat eine Berufung auf die Niederlassungsfreiheit aus. 590 Hier kann allenfalls die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 Abs. 1 EG 591 und / oder 592 die Kapitalverkehrsfreiheit aus Art. 56 Abs. 1 EG 593 betroffen sein. Bezüglich des Verbots partiarischer Rechtsverhältnisse bzw. des Verbots stiller Gesellschaften aus § 8 S. 2 ApoG ist ebenfalls zu differenzieren. Bei dem Erwerb einer stillen Beteiligung bzw. dem Abschluss eines partiarischen Rechtsverhältnisses durch einen Unionsbürger aus einem fremden Mitgliedstaat fehlt es prinzipiell sowohl an der Errichtung eines Sitzes als auch an der dauerhaften aktiven Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat. Gerade beim Erwerb unternehmerischer Beteiligungen kommt es für die Anwendbarkeit des Art. 43 Abs. 1 EG nämlich vor allem darauf an, dass der Erwerber durch die Beteiligung die Kontrolle über das Unternehmen erlangt. 594 Bloße passive Finanzinvestitionen genügen hingegen nicht. 595 Kennzeichen der typischen stillen Gesellschaft ist aber gerade die fehlende unternehmerische Kontrolle des stillen Gesellschafters über das Beteiligungsobjekt, 596 so dass das Anlageobjekt nicht als Niederlassung des stillen Gesellschafters verstanden werden kann. Für den partiarischen Vertragspartner, in der Regel dürfte es sich um einen Darlehensgeber oder Vermieter handeln, gilt dies natürlich erst recht. Bei der typischen stillen Gesellschaft und beim partiarischen Darlehen handelt es sich um klassische Finanzanlagen, die bei einem grenzüberschreitenden Bezug von der Kapitalverkehrsfreiheit aus Art. 56 Abs. 1 EG (63 Abs. 1 AEUV) erfasst werden. 597 Da die technische Kreditabwicklung und die Übernahme des Bonitätsrisikos daneben als Dienstleistungen zu qualifizieren sind, tangiert speziell die Darlehensvergabe auch Art. 49 Abs. 1 EG (Art. 56 Abs. 1 AEUV). Diese 590
Schlag, in Schwarze, Art. 43 EG Rn. 16. EuGH, C-451/99, Slg. 1999, 7319; EuGH, C-224/97, Slg. 1999, 2517. 592 Offen gelassen, aber wohl grundsätzlich zur Möglichkeit der kumulativen Anwendung tendierend, EuGH, EuZW 2006, 625/626. 593 Vgl. Abschnitt II, Anhang I Rili 88/361/EWG; EuGH, EuZW 2006, 625/626. 594 EuGH, C-531/06 Rn. 40; EuGH, C-251/98, Slg. 2000, 2787; Tiedje / Troberg, in v. d. Groeben / Schwarze, Art. 43 EG Rn. 26; Trautwein, JA 2008, 281/283. 595 Schön, in ders., GS Knobbe-Keuk, S. 743/750. 596 Schneider, in Hefermehl, FS Möhring, S. 115/120. 597 So für Gesellschaftsbeteiligungen ohne maßgeblichen Einflussmöglichkeit auf Gesellschaftsbeschlüsse ausdrücklich EuGH, C-531/06 Rn. 40 f.; EuGH, C-157/05, Slg. 2007, 4051 Rn. 23, 25; EuGH, C-446/04, Slg. 2006 Rn. 36, 38. Für Darlehen und Finanzkredite enthält die Rili 88/361/EWG, die zur Inhaltsbestimmung der Kapitalverkehrsfreiheit von Rechtsprechung und Lehre stets herangezogen wird, eine eigene Rubrik im VIII. Abschnitt des Anhangs I und ordnet sie damit der Kapitalverkehrsfreiheit grundsätzlich zu. 591
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Leistungen prägen die Kreditvergabe so stark, dass der EuGH bei der Darlehensvergabe Art. 56 Abs. 1 EG sogar von Art. 49 Abs. 1 EG überlagert ansieht und die nationalen Maßnahmen daher allein an den Art. 49 ff. EG misst. 598 Für § 8 S. 2 ApoG bedeutet dies, dass das Verbot der typischen stillen Gesellschaft grundsätzlich an Art. 56 Abs. 1 EG und das Verbot partiarischer Darlehensverhältnisse grundsätzlich an Art. 49 Abs. 1 EG zu messen ist. Partiarische Mietverhältnisse sind dagegen wie Pachtverträge zu behandeln, d. h. sie können grundsätzlich in den Anwendungsbereich beider Grundfreiheiten fallen. Dennoch kann die Niederlassungsfreiheit auch im Anwendungsbereich des § 8 S. 2 ApoG betroffen sein, wenn beispielsweise eine auf stille Apothekenbeteiligungen spezialisierte Beteiligungsgesellschaft in Deutschland eine Zweigstelle errichten will, um sich über diese an Apotheken still zu beteiligen. In diesen Fällen sind die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit nur mittelbare Folge der Hindernisse für den freien Kapitalverkehr. Im Vordergrund steht weiterhin der Abschluss einer stillen Kapitalbeteiligung, so dass eine Prüfung des Art. 43 Abs. 1 EG neben Art. 56 Abs. 1 EG unterbleiben kann. 599 Will dagegen ein auf partiarische Apothekenmietverträge spezialisiertes Unternehmen in Deutschland eine Niederlassung gründen, ist aufgrund der scharfen Abgrenzung der Niederlassungsfreiheit gegenüber der Dienstleistungsfreiheit parallel zum Verpachtungsverbot Art. 43 Abs. 1 EG allein maßgeblich. 600 In konsequenter Fortführung der Rechtsprechung des EuGH zum Vorrang des Art. 49 Abs. 1 EG gegenüber Art. 56 Art. 1 EG bei der Darlehensvergabe 601 muss Art. 43 Abs. 1 EG auch im Verhältnis zu Art. 56 Abs. 1 EG vorgehen, sofern es um die Niederlassung eines partiarisch arbeitenden Apothekenfinanziers geht. 602 Im Ergebnis ist die exakte Einordnung der Beschränkung unter eine Grundfreiheit aber 598 EuGH, EuZW 2006, 689/691; vgl. auch Ress / Ukrow, in Grabitz / Hilf, Art. 56 EG Rn. 145; a. A. Troburg / Tiedje, in v. d. Groeben / Schwarze, Art. 51 EG Rn. 12, die allein Art. 56 EG für anwendbar halten; Schön, in ders., GS Knobbe-Keuk, S. 743/750, der für eine kumulative Anwendung plädiert. 599 EuGH, C-367/98, Slg. 2002, 4731 Rn. 56; EuGH C 463/00, Slg. 2003, 4581 Rn. 86; ähnlich auch GA Bot für den vom Fremdbetriebsverbot mittelbar betroffenen Art. 56 Abs. 1 EG, Schlussantrag Rs. C-531/06 Rn. 62 f.; Tiedje / Troberg; in v. d. Groeben / Schwarze, Art. 43 EG Rn. 26. 600 Randelzhofer / Forsthoff, in Grabitz / Hilf, Art. 43 EG Rn. 113, vgl. auch zur konsequenten Abgrenzung der Dienstleistungsfreiheit von der Niederlassungsfreiheit: EuGH, C-55/94, Slg. 1994, 4165. 601 Siehe Fn. 598. 602 Dagegen ist nach Teilen des Schrifttums im Verhältnis Art. 43 EG / Art. 56 EG grundsätzlich die Kapitalverkehrsfreiheit vorrangig, Kiemel, in v. d. Groeben / Schwarze, Art. 56 EG Rn. 20; andere gehen von einer generellen parallelen Anwendbarkeit aus, Bröhmer, in Callies / Ruffert, Art. 56 EG Rn. 23 ff., oder unterscheiden zwischen passiven Portfolio- (dann Art. 56 EG) und aktiven Direktinvestitionen (dann Art. 43 EG), Ohler, EuZW 2006, 691/692; differenzierend auch Tiedje / Troberg; in v. d. Groeben / Schwarze,
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auch zweitrangig, da sich die Grundfreiheiten auf der Rechtfertigungsebene weitestgehend gleichen, so dass der ungerechtfertigte Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit bei Subsumtion des Sachverhalts unter die Kapitalverkehrsfreiheit regelmäßig auch zu deren Verstoß führt. 603 Bei atypischen stillen Gesellschaften, in denen der stille Gesellschafter mit weitreichenden Geschäftsführungsbefugnissen betraut ist, sind dagegen Sachverhalte denkbar, die ausschließlich in den Anwendungsbereich des Art. 43 Abs. 1 EG fallen. Diese „stillen“ Gesellschaften sind nämlich den vom Fremdgesellschaftsverbot (§ 8 S. 1 ApoG) erfassten Gesellschaften so ähnlich, dass sie nicht mehr als Kapitalanlage, sondern als Gesellschaft i. S d. Art. 48 Abs. 1 EG (Art. 54 AEUV) verstanden werden müssen, deren Niederlassungsfreiheit in Deutschland durch § 8 S. 2 ApoG beeinträchtigt wird. V. Die Regelungen des § 2 Abs. 2 ApoG und Art. 21 Abs. 4 Rili 2005/36/EG als diskriminierende Beteiligungshürde i. S. d. Art. 43 Abs. 1 EG Die Tatsache, dass eine ausländische Approbation gemäß § 2 Abs. 2 ApoG nur zu einer Betriebserlaubnis für bereits drei Jahre bestehende Apotheken berechtigt, betrifft die Frage der Beteiligung Dritter am Rande. Will nämlich ein Berufsfremder zusammen mit Apothekern, die nicht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 BApO die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich des Apothekengesetzes bestanden haben, betreiben bzw. sich an einer solchen Apotheke beteiligen, ist dies unabhängig vom Bestehen des Fremdnutzungsverbots nur für eine bereits drei Jahre bestehende Apotheke möglich. Eine Neugründung kann somit überhaupt nicht erfolgen. Zu beachten ist jedoch, dass die deutsche Regelung auf dem insoweit gleichlautenden Art. 21 Abs. 4 Rili 2005/36/EG beruht, so dass eine Verletzung der Grundfreiheiten durch die nationale Norm nur dann vorliegt, wenn entweder die deutsche Umsetzung der Richtlinie nicht mit dieser zu vereinbaren ist oder das Sekundärrecht selbst gegen das Primärrecht verstößt. 604 Hier kommt eine Primärrechtsverletzung der Rili 2005/36/EG in Betracht, da Art. 21 Abs. 4 Rili 2005/36/EG bei der Gründung von Apotheken zumindest mittelbar nach der Staatsangehörigkeit differenziert. Denn ausländische Approbationen können zwar grundsätzlich auch von Deutschen erworben werden, regelmäßig werden aber Unionsbürger aus anderen Mitgliedsstatten betroffen sein. Diese werden durch die Regelungen Art. 21 Abs. 4 Rili 2005/36/EG faktisch gegenüber Inländern schlechter gestellt, so dass gegen den InländergleichbehandlungsArt. 43 EG Rn. 26; zur insoweit uneineitlichen Rechtsprechung: Germelmann, EuZW 2008, 596 ff. 603 König / Schreiber, EWS 2007, 385/386. 604 Diesen Zusammenhang übersieht Eichenhofer, MedR 2007, 329/332.
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grundsatz des Art. 43 Abs. 1 EG (versteckt) verstoßen wird. Ob dieser Verstoß gerechtfertigt werden kann, wird unter C näher untersucht. VI. Schlussfolgerung Das Fremdbetriebs- und das Fremdgesellschaftsverbot beschränken Art. 43 Abs. 1 EG. Art. 21 Abs. 4 Rili 2005/36/EG und der darauf beruhende § 2 Abs. 2 ApoG greifen sogar versteckt diskriminierend in die gemeinschaftsrechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit ein. Das Verpachtungsverbot und das Verbot partiarischer Rechtsverhältnisse und stiller Gesellschaften können nur in bestimmten Fallgestaltungen hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit beschränkend wirken. Allerdings fallen letztgenannte Verbote in den Anwendungsbereich der Kapitalund Dienstleistungsfreiheit. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird bei der Prüfung der Rechtfertigung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit auf spezielle Gesichtspunkte, die nur das Verpachtungsverbot oder das Verbot stiller Gesellschaften bzw. partiarischer Rechtsverhältnisse betreffen, verzichtet. Diese finden sich im Anschluss im Rahmen der Prüfung der Kapital- und Dienstleistungsfreiheit.
C. Europarechtliche Rechtfertigung des Art. 21 Abs. 4 Rili 2005/36/EG und § 2 Abs. 2 ApoG I. Allgemeine Rechtfertigungsvoraussetzungen Nicht jede Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führt zu einer Verletzung des Art. 43 Abs. 1 EG. Vielmehr kann eine beschränkende Maßnahme durch geschriebene oder ungeschriebene Rechtfertigungstatbestände legitimiert werden. Diskriminierungen sind dagegen nach überwiegender Auffassung nur durch geschriebene Rechtfertigungsgründe zu rechtfertigen. 605 Speziell für den Bereich der Niederlassungsfreiheit enthält Art. 46 Abs. 1 EG (Art. 52 Abs. 1 AEUV) einen geschriebenen Rechtfertigungstatbestand.
605 EuGH, C-55/94, Slg. 1995, 4165 Rn. 37; EuGH, Rs C-1/90, Slg. 1991, 4151 Rn 13; EuGH C 10/90, Slg. 1991, 1119 Rn. 24; EuGH, 229/83, Slg. 1985, 1 Rn. 26, 29; Köhler, in Köhler / Bronkmann, Rn. 3.19; Arndt, S. 193; Emmert, S. 330; für eine Anwendung der ungeschriebenen Rechtfertigungsgründe auf alle Arten der Diskriminierung: Kingreen, in Callies / Ruffert, Art. 28 EG Rn. 84, in diese Richtung auch EuGH, Rs C-2/90, Slg. 1992, 4431; für eine Anwendung auch auf mittelbare, versteckte Diskriminierungen: EuGH, C-158/96, Slg. 1998, 1931 Rn. 41 ff.; EuGH, C-350/96, Slg. 1998, 2521 Rn. 39; EuGH, C-111/91, Slg. 1993, 817 Rn. 12; Randelzhofer / Forsthoff, in Grabitz / Hilf, Vor. Art. 39 EG Rn. 139.
Kap. 4: Europarechtliche Konformität des Fremdnutzungsverbots
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II. Rechtfertigung über Art. 46 Abs. 1 EG (Art. 52 Abs. 1 AEUV) Gemäß Art. 46 Abs. 1 EG können Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die eine Sonderregelung für Ausländer vorsehen, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Art. 21 Abs. 4 Rili 2005/ 36/EG und seine nationale Umsetzung in § 2 Abs. 2 ApoG enthält eine solche Sonderregelung für Ausländer, indem er diese zumindest versteckt diskriminiert. 606 Inwieweit das Verbot von Apothekenneugründungen durch Ausländer aber dem Gesundheitsschutz dienen kann, ist nicht ersichtlich. Ein im (europäischen) Ausland ausgebildeter Apotheker stellt jedenflass keinerlei Gefahr für die Bevölkerung dar, da eine Anerkennung der Approbation gemäß Art. 44 Rili 2005/36/EG bzw. § 4 Abs. 1a, 1b, 1c, 1d und 2 BApO nur bei Gleichwertigkeit der Ausbildung stattfindet. Die Norm scheint daher allein dem Schutz der einheimischen Apotheker dienen zu wollen, indem sie Neugründungen durch EU-Ausländer faktisch untersagt, die Übernahme von bereits bestehenden Apotheken erschwert und damit den Markt vor ausländischer Konkurrenz abschottet. Da der Schutz der einheimischen Apothekerschaft kein in Art. 46 Abs. 1 EG aufgezählter Rechtfertigungsgrund ist, muss eine Rechtfertigung folglich ausscheiden. 607 Demnach verstößt Art. 21 Abs. 4 Rili 2005/36/EG und in der Folge auch § 2 Abs. 2 ApoG offenkundig gegen die primärrechtlich gewährte Niederlassungsfreiheit. Während dies für Art. 21 Abs. 4 Rili 2005/36/EG die Nichtigkeit zu Folge hat, 608 darf nach dem Grundsatz des Anwendungsvorrangs unmittelbar anwendbaren Europarechts § 2 Abs. 2 ApoG bei grenzüberschreitenden Sachverhalten „nur“ nicht zur Anwendung kommen, bleibt im Übrigen aber (inhaltsleer) bestehen. 609
606 Gleichwohl kann die Anwendbarkeit des Art. 46 EG mit dem Argument bezweifelt werden, dass dieser mit „Sonderregelung für Ausländer“ ausschließlich Ausländerpolizeirecht meint; hierzu eingehend unten: Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. I. 607 Selbst wenn man mit der in Fn. 605 erwähnten Auffassung auch bei versteckten Diskriminierungen eine Rechtfertigung über ungeschriebene Rechtfertigungsgründe für zulässig erachtet, scheidet eine Rechtfertigung hier aus. Ungeschriebener Rechtfertigungsgrund könnte nämlich nur der Gesundheitsschutz sein, der durch § 2 Abs. 2 ApoG nicht gefördert wird; vgl. auch Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. III.; Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. III. 1. b). 608 Schroeder, in Streinz, EUV / EGV, Art. 249 EG Rn. 17 m.w. N. 609 Kritisch schon Gornig, DAZ 1989, 1252/1257 und aus neuer Zeit: OECD, Regulierungsfragen, S. 176; zum Grundsatz des Anwendungsvorrangs: Streinz, EuR, Rn. 201 ff.; Gornig, DAZ 1989, 1252 f.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
D. Rechtfertigung des Fremdnutzungsverbots Bezüglich des deutschen Fremdnutzungsverbots ist die Frage der europarechtlichen Rechtfertigung schwieriger zu beantworten. Auch hier ist zunächst auf Art. 46 Abs. 1 EG einzugehen. I. Rechtfertigung über Art. 46 Abs. 1 EG (Art. 52 Abs. 1 AEUV) Im Falle des apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbots erscheint eine Rechtfertigung aus Gründen des Gesundheitsschutzes möglich. Der Gesundheitsschutz wird von Art. 46 Abs. 1 EG ausdrücklich als Rechtfertigungsgrund anerkannt. Allerdings bezieht sich Art. 46 Abs. 1 EG nur auf Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die eine Sonderregelung für Ausländer vorsehen. Die §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 8 S. 1, 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 ApoG enthalten aber kein Sonderrecht für Ausländer. Vielmehr gilt das Fremdnutzungsverbot unterschiedslos für alle Unionsbürger. Gleichwohl kommt eine Anwendung des Art. 46 Abs. 1 EG in Betracht. Denn wenn Art. 46 Abs. 1 EG schon offene Diskriminierungen zu rechtfertigen vermag, liegt es im Wege eines Erst-Recht-Schlusses nahe, ihm diese Eigenschaft auch für unterschiedslos wirkende Beschränkungen zuzuschreiben. 610 Gegen ein solch weites Verständnis des Art. 46 EG sprechen jedoch sowohl Wortlaut als auch Historie der Vorschrift. Schließlich sollte Art. 46 EG originär nur sicherstellen, dass die aus dem Völkerrecht entspringende Pflicht der Mitgliedstaaten, eigenen Staatsbürgern uneingeschränkt die Einreise gewähren zu müssen, 611 nicht im Wege des Inländergleichbehandlungsgebotes des Art. 43 Abs. 1 EG auf alle Unionsbürger ausgedehnt wird. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Art. 46 EG auf „bloße“ Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit konnte schon aufgrund des damaligen Verständnisses des Art. 43 Abs. 1 EG als reines Diskriminierungsverbot vom gesetzgeberischen Willen dagegen nicht umfasst sein. 612 Auch muss man Art. 46 EG als Ausnahmevorschrift eng auslegen, 613 weswegen Teile des Schrifttums Art. 46 EG sogar nur im Ausländerrecht, nicht dagegen bei sonstigen Diskriminierungen anwenden wollen. 614 Dann muss aber eine Anwendung des Art. 46 EG auf Beschränkungen, wie die hier in Rede stehende Be610
So etwa Randelzhofer / Forsthoff, in Grabitz / Hilf, Art. 46 EG Rn. 3, die jedoch zugleich und insoweit inkonsequent den Anwendungsbereich des Art. 46 EG auf das typischerweise diskriminierende Ausländerrecht bzw. vergleichbare Fallgestaltungen begrenzt sehen, vgl. Art. 46 EG Rn. 9 f.; Körber, S. 313; in dieselbe Richtung: Kirchhoff, ZESAR 2007, 301/305. 611 EuGH, C. 416/96, Slg. 1999, 1209 Rn. 45; Davy, S. 133; Verdross / Simma, S. 794; Mackert / Müller, S. 293 Fn. 7. 612 Vgl. Tiedje / Troberg, in v. d. Groeben / Schwarze, Art. 46 EG Rn. 1 ff. 613 Bröhmer, in Callies / Ruffert, Art. 46 EG Rn. 1; Kirchhoff, ZESAR 2007, 301/305.
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schränkung der Niederlassungsfreiheit durch das deutsche Fremdnutzungsverbot, erst recht ausscheiden. 615 II. Rechtfertigung über Art. 86 Abs. 2 EG (Art. 106 Abs. 2 AEUV) Weiter ist zu überlegen, ob die Beschränkung nicht über Art. 86 Abs. 2 EG zu rechtfertigen ist. 616 Nach Art. 86 Abs. 2 EG gelten „für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinen wirtschaftlichen Interesse betraut sind [...], die Vorschriften dieses [EG-] Vertrages [...], soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung ihrer übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert.“ Der Begriff der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird weit verstanden, so dass hiervon auch der Gesundheitssektor bzw. eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung erfasst wird. 617 Trotz seiner systematischen Stellung im europäischen Wettbewerbsrecht soll Art. 86 Abs. 2 EG aufgrund seiner weiten Formulierung 618 auch Eingriffe in Grundfreiheiten rechtfertigen können. 619 Diese können aber grundsätzlich nur den Staat verpflichten, 620 so dass der nach seinem Wortlaut an Unternehmen adressierte Art. 86 Abs. 2 EG eigentlich nicht passt. Dennoch soll er auch für staatsgerichtete Normen des EG-Vertrages gelten mit der Folge, dass sich die Mitgliedstaaten auf ihn berufen können. 621 Grund hierfür ist zum einen der systematische Zusammenhang mit dem staatsgerichteten Art. 86 Abs. 1 EG 622 und 614 Vgl. zur Diskussion ausführlich, Forsthoff, EWS 2001, 59 ff.; Jarass, RIW 1993, 1/ 6; in diese Richtung wohl auch EuGH, C-348/96, Slg. 1999, 11 Rn. 20; EuGH, C. 416/96, Slg. 1999, 1209 Rn. 45. 615 In den Verfahren zum Fremdbetriebsverbot erwähnt der EuGH daher Art. 46 EG zu Recht nicht bei der Suche nach Rechtfertigungsgründen, EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/ 07; EuGH, C-531/06; anders noch GA Bot, der direkt auf Art. 46 EG abstellt, Schlussanträge vb. Rs. C-171/07, 172/07 Rn. 42; ders., Schlussantrag Rs. C-531/06 Rn. 84; vgl. auch EuGH, C-169/07; Slg. 2009, 1721 Rn. 46. 616 Der EuGH hat diese Überlegung dagegen völlig unbeachtet gelassen, EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07; EuGH, C-531/06. 617 Vgl. König / Kühling, in Streinz, EUV / EGV, Art. 86 EG Rn. 50. 618 Art. 86 II EG spricht allgemein von Vorschriften des EG-Vertrags. 619 EuGH, C-266/96, Slg. 1998, 3948 Rn. 59; EuGH, C-157/94, Slg.1997, 5699 Rn. 30 ff.; GA Alber, Schlussantrag Rs. 439/99, Slg. 2002, 305 Rn. 65; Pernice / Wernicke, in Grabitz / Hilf, Art. 86 EG Rn. 53, Mestmäcker / Schweizer, in Immenga / Mestmäcker, D. Art. 86 II Rn. 19; Gleiss / Hirsch, Art. 90 EWG Rn. 15; Burgi, EuR 1997, 261/277; a. A. noch EuGH, 72/83, Slg. 1984, 2727 Rn. 19; als Bereichsausnahme qualifizierend: Jung, in Callies / Ruffert, Art. 86 EG Rn. 34 m.w. N; Gundel, ZUM 2000, 1046/1050. 620 Strittig: Brechmann, in Callies / Ruffert, Art. 39 EG Rn. 55 ff.; für eine unmittelbare Drittwirkung: Ganten, S. 56 ff.; Steindorff, in Badura, FS Lerche, S. 575/581; dagegen: Remmert, Jura 2003, 13/14 ff.; Streinz / Leible, EuZW 2000, 459/464; kritisch: Ehlers, Jura 2001, 266/274; Körber, EuR 2000, 932/950 f.
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zum anderen die Überlegung, dass es aus Unternehmersicht keinen Unterschied macht, ob von unternehmensbezogenen oder staatsgerichteten Wettbewerbsvorschriften, respektive den Grundfreiheiten, zu ihren Gunsten abgewichen wird. 623 In beiden Fällen erweitert sich ihr Handlungsspielraum gegenüber vorhandenen oder potentiellen Mitbewerbern. 624 Gleichwohl kann bei der Beschränkung der Grundfreiheiten durch das apothekenrechtliche Fremdnutzungsverbots nicht auf Art. 86 Abs. 2 EG zurückgegriffen werden. Erforderlich wäre hierfür nämlich das Vorliegen einer Betrauung. Zwar werden die Apotheken via § 1 Abs. 1 ApoG zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung im öffentlichen Interesse verpflichtet, 625 jedoch fehlt es an der Bestimmtheit der Betrauung. Diese ist nämlich nur gegeben, wenn das Unternehmen durch den hoheitlichen Betrauungsakt eindeutig individualisiert wird. 626 Die auf Grund staatlicher Normen für alle Unternehmen eines regulierten Wirtschaftsbereiches geltenden Rechtspflichten können daher nicht als Betrauung qualifiziert werden. 627 Ebenso wenig kann die apothekenrechtliche Betriebserlaubnis nach § 1 Abs. 2 ApoG als Betrauungsakt angesehen werden. Zwar können nach neuerer Rechtsprechung auch aktiv übertragene öffentlich-rechtliche Konzessionen als Betrauung klassifiziert werden, 628 jedoch reicht die auflagenfreie Erlaubnisgewährung, d. h. die grundsätzlich an jedermann zu erteilende Erlaubnis – sofern die hierfür gesetzlich definierten Voraussetzungen erfüllt sind – nicht aus. 629 Hier wird nämlich kein Recht ge621 EuGH, vb. Rs. C-147/97, C-148/97, Slg. 2000, 825 Rn. 54 f.; EuGH, C-159/94, Slg. 1997, 5815 Rn. 44 ff.; Burchard, in Schwarze, Art. 86 EG Rn. 53 ff. 622 GA van Geven, Schlussantrag Rs. C-179/90, Slg. 1991, 5889 Rn. 26. 623 Politischer Hintergrund dieser weiten Auslegung dürfte das Bestreben sein, gerade für den Bereich der Daseinsvorsorge bzw. des „service public“ über Art. 86 II EG eine Ausnahmeregelung für das staatsverpflichtende Beihilfenverbot aus Art. 87 EG bei der Hand zu haben. 624 König / Kühling, in Streinz, EUV / EGV, Art. 86 EG Rn. 39 m.w. N. 625 Außerdem unterliegen sie einer Reihe weiterer Pflichten, die für Unternehmen i. S. d. Art. 86 II EG typisch sind, z. B. dem Kontrahierungszwang aus § 17 IV ApBetrO oder der Beratungspflicht aus § 20 I ApBetrO. 626 EG-Komm., ABl. EG 2005, C Nr. 297/4 Rn. 12; ABl. EG 2005, L Nr. 312/67 Rn. 8; Pernice / Wernicke, in Grabitz / Hilf, Art. 86 EG Rn. 42; Jung, in Callies / Ruffert, Art. 86 EG Rn. 39. Im insoweit missverständliche „Ferring“-Urteil des EuGH, C-53/00, Slg. 2001, 9067, beachtete der Gerichtshof eine Ausnahme von Art. 86 I EG (ex. Art. 90 I EG) i.V. m. Art. 49 EG (ex Art. 59 EG) nach Art. 86 II EG (ex Art. 90 II EG) „jedenfalls nicht als notwendig“ (Rn. 32), ohne auf die Frage der Betrauung überhaupt einzugehen, geschweige denn diese zu prüfen. Daher bleibt die Individualisierbarkeit des Unternehmens weiterhin Betrauungsvoraussetzung, obwohl es sich im damaligen Fall nicht um ein einzelnes, individualisiertes Unternehmen, sondern um eine ganze Branche gehandelt hat, vgl. auch Mestmäcker / Schweizer, in Immenga / Mestmäcker, D. Art. 86 II Fn. 177. Zu weitgehend dagegen GA Léger, Schlussantrag Rs. C-309/99, Slg. 2002, 1577 Rn. 177. 627 Dohms, in Wiedemann, § 35 Rn. 316 f.; Mestmäcker / Schweizer, in Immenga / Mestmäcker, D. Art. 86 II Rn. 48. 628 EuGH, C-393/92, Slg, 1994, 1477 Rn. 47.
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währt, sondern durch die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen erlangt der Antragssteller einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis. 630 Bei der Apothekenerlaubnis handelt es sich nun genau um solch eine Erlaubnis, auf deren Erteilung der Apotheker mit Erfüllung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 ApoG einen Anspruch hat. Zudem entsprechen die hohen Anforderungen an den Betrauungsakt auch dem generellen Gebot der restriktiven Auslegung von Ausnahmevorschriften und untermauern den systematischen Bezug zum europäischen Wettbewerbsrecht. Denn betraute Unternehmen stellen oftmals auch mit Sonderrechten ausgestattete Unternehmen i. S. d. Art. 86 Abs. 1 EG dar, die sich gerade dadurch auszeichnen, dass sie auf die Gewährung ihrer Sonderrechte keinen Anspruch haben. So verwundert es auch nicht, dass Art. 86 Abs. 2 EG, als Ausnahmevorschrift zu den grundsätzlich staatsgerichteten Bestimmungen des EG-Vertrags, bisher nur i.V. m. Art. 86 Abs. 1 (Art. 106 Abs. 1 AEUV), 87 (Art. 107 AEUV) oder Art. 31 EG (Art. 37 AEUV) angewandt wurde. 631 Eine Rechtfertigung des Fremdnutzungsverbots über Art. 86 Abs. 2 EG scheidet demnach aus. 632 III. Rechtfertigung über ungeschriebene Rechtfertigungsgründe Beschränkungen können jedoch nicht nur von geschriebenen, sondern auch von ungeschriebenen Rechtfertigungsgründen gedeckt sein. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist hierfür Voraussetzung, dass sie in nichtdiskriminierender Weise angewendet werden, sie zwingenden Gründen des Allgemeinwohls dienen, zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sind und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist. 633 Von einer nichtdiskriminierenden Verwaltungspraxis durch die deutschen Behörden kann – gerade mit Blick auf das Verwaltungsverhalten im Fall der Doc Morris Apotheke Saarbrücken 634 – im Rahmen dieser Untersuchung ausgegangen werden. Demnach kommt 629 EuGH 7/82, Slg. 1983, 483 Rn. 30 ff.; Jung, in Callies / Ruffert, Art. 86 EG Rn. 39; von Burchard, in Schwarze, Art. 86 EG Rn. 62. Für den Bereich der deutschen Energieversorger ist dies strittig, vgl. Pernice / Wernicke, in Grabitz / Hilf, Art. 86 EG Rn. 42 m.w. N; generell zu den Anforderungen einer Betrauung: EG-Komm., Entscheidung v. 28. 11. 2005, ABL. EG 2005 Nr. L 312, 67 Rn. 8. 630 Man spricht in diesem Zusammenhang auch von sog. unechten Konzession, vgl. Hochbaum / Klotz, in von der Groebe / Schwarze, Art. 86 EG Rn. 21. 631 EuGH C-266/96, Slg. 1998, 5889; EuGH, C-148/97, Slg. 2002, 825; Burchard, in Schwarze, Art. 86 EG Rn. 54 m.w. N; Mestmäcker / Schweizer, in Immenga / Mestmäcker, D. Art. 86 II Rn. 42; König / Kühling, in Streinz, EUV / EGV, Art. 86 EG Rn. 39. 632 Mit abweichender Begründung ebenso: Dettling / Mand, S. 256 f. 633 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 25; EuGH, C-531/06 Rn. 49; EuGH, C-169/07, Slg. 2009, 1721 Rn. 44; EuGH, C-424/97, Slg. 2000, 5123 Rn. 37; EuGH, C-120/78, Slg. 1979, 649 Rn. 14. 634 Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 2 A.
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es für die europarechtliche Konformität des deutschen Fremdnutzungsverbots auf zwei Gesichtspunkte entscheidend an: 1. Beruht das deutsche Fremdnutzungsverbot auf zwingenden Erwägungen zum Allgemeinwohl? und, falls dies zu bejahen sein sollte: 2. Entspricht das Verbot dem europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, d. h. ist es zur Sicherstellung zwingender Allgemeinwohlbelange geeignet, erforderlich und (angemessen) 635? 1. Zwingende Gründe des Allgemeinwohls a) Regelungsziele des Fremdnutzungsverbots Bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung des Fremdnutzngsverbots wurde bereits aufgezeigt, 636 dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers das Fremdnutzungsverbot vor allem Gesundheits- bzw. Verbraucherschutzzielen dient, da es eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sicherstelle. 637 Die inhabergeführte Apotheke biete Gewähr für eine fachkundige Abgabe von Medikamenten nach eingehender Beratung, welche gerade in Zeiten zunehmender Beliebtheit der Selbstmedikation besonders wichtig sei. 638 Wie der Gesetzgeber an vielen Stellen im Apothekengesetz deutlich gemacht hat, 639 sieht er dagegen bei einer Beteiligung berufsfremder Dritter diese Gewähr nicht gegeben. Denn berufsfremde Kapitalinteressen könnten den Apotheker bei seiner pharmazeutischen Aufgabenerfüllung negativ beeinflussen und zu einer bedenklichen Kommerzialisierung führen. Daher könne nur das Eigentum in den Händen des Apothekers eine lebenslange persönliche Prägung und die Unabhängigkeit vor fremden Einflüssen sicherstellen. 640 Für die Eigenverantwortlichkeit des Apothekers sei das 635 Der aus dem deutschen Verfassungsrecht bekannte Prüfungsdreiklang von Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit wird im Europarecht oftmals auf eine Prüfung von Geeignetheit und Erforderlichkeit reduziert, wobei Aspekte der Angemessenheit im Rahmen der umfangreichen Erforderlichkeitsprüfung Beachtung finden. Hintergrund dürfte die Tatsache sein, dass dem britischen Recht etwa der separate Prüfungspunkt der Angemessenheit i. R. d. Verhältnismäßigkeit fremd ist, vgl. aber EuGH, vb. Rs. 99/76, 100/76, Slg. 1977, 861 Rn. 11 sowie EuGH, 265/87, Slg. 1989, 2237 Rn. 4 (ausdrückliche Angemessenheitsprüfung); zum Ganzen: Bieber et al., § 13 Rn. 62 ff.; Oppermann et al., § 12 Rn. 30; Pache, NVwZ 1999, 1033, 1035 f.; allgemein zum europarechtlichen Verhältnismäßigkeitgrundsatz, O. Koch, S. 1 ff. 636 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 1. 637 BT-Drucks. 3/1769, 3; BT-Drucks. 15/1525, 75, 160. 638 Rose / Fischer, A&R 2007, 107/113. 639 Vgl. hierzu Teil 1 Kapitel 2 § 1 A. und B. 640 Krüger, S. 56.
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Zusammenfallen von pharmazeutischer und wirtschaftlicher Unabhängigkeit unabdingbar. 641 Die Sicherung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit wird daneben auch im Zusammenhang mit dem Status des Apothekers als Freiberufler für die Verteidigung des Fremdnutzungsverbots angeführt. Denn einen freien Beruf könne nur derjenige ausführen, der nicht nur fachlich, sondern auch wirtschaftlich unabhängig seinen Beruf ausübe. 642 Des Weiteren erschwert das Fremdbetriebs- bzw. Fremdgesellschaftsverbot die Kettenbildung 643 und wirkt damit einer Konzentration auf wenige Apotheken in attraktiver Lage entgegen. 644 Befürworter schreiben dem Fremdnutzungsverbot deswegen eine Garantfunktion für eine flächendeckende Versorgung zu. 645 Auch werde hierdurch die Bildung von Mono- und Oligopolen im Keim erstickt, die ohne staatliche Intervention negative Einflüsse auf den Wettbewerb und damit die Gesundheitskosten haben könnten. 646 Mithin dient das Fremdnutzungsverbot dem Wettbewerbsschutz. Ferner ist europarechtlich anerkannt, dass bei der Suche nach einschlägigen Allgemeinwohlbelangen nicht allein auf Erwägungen des nationalen Gesetzgebers, sondern primär auf den / die objektiv ermittelbaren Zweck (e) abzustellen ist. 647 Daher muss das Fremdnutzungsverbot auch ohne unmittelbare Grundlage im Gesetzestext als Mittelstandsförderung verstanden werden. Denn das Verbot schützt den „kleinen“ selbständigen Apothekenunternehmer davor, mit großen Kapitalgesellschaften unter erhöhtem Wettbewerbsdruck konkurrieren zu müssen, erschwert die Kettenbildung und sichert so einem Maximum an Apothekern die Möglichkeit, sich selbständig zu machen. 648
641
BT-Drucks. 3/1769, 3; Cyran / Rotta, § 2 II ApBetrO Rn. 8 ff. Friauf, S. 9; Dettling / Mand, S. 124 f.; Mand, WRP 2008, 906/909; Pieck, PZ 15/2000, 18 f.; Tisch, PZ 1995, 103; Zuck / Lenz, S. 67 f., 76 f., die in der wirtschaftlichen Selbständigkeit die zwingende Folge der freiberuflichen Eigenverantwortlichkeit sehen. 643 Friauf, S. 5; Rotta, NJW 1995, 756. 644 Müller, zitiert nach Rücker, PZ 33/2006, 10. 645 Dingermann, PZ 39/2007, 18/22 f.; Froese (Vorsitzender Apothekerkammer SH), zitiert nach ABDA, http://www.abda.de/1256.html (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 646 BT-Drucks. 3/1769, 3. 647 EuGH, Slg. 2001, 7831 Rn. 38; Cremer, NVwZ 2004, 668/673; strittig dagegen im Verfassungsrecht: vgl. Redeker / Karpenstein, NJW 2001, 2825/2829; Wernsmann, NVwZ 2000, 1360/1362; Groß, KJ 35 (2002), 1/14 ff. 648 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. d) (2). 642
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b) Europarechtliche Anerkennung der Regelungsziele des Fremdnutzungsverbots als Allgemeinwohlbelange (1) Gesundheits- und Verbraucherschutz als zwingender europäischer Allgemeinwohlbelang Der EuGH hat den Verbraucher- und Gesundheitsschutz bereits in dem für die Rechtfertigung mittels ungeschriebener Rechtfertigungsgründe grundlegenden Urteil „Cassis de Dijon“ als zwingenden Allgemeinwohlbelang anerkannt. 649 Dem Gesundheitsschutz ist im EG-Vertrag zudem in Form des Art. 152 EG (Art. 168 AEUV) ein eigener Titel gewidmet, was die besondere Bedeutung im Gemeinschaftsrecht verdeutlicht. Darüber hinaus wird in Art. 3 lit. p EG (Art. 6 S. 2 lit. a, Art. 9 AEUV) ein hohes Gesundheitsschutzniveau als Ziel der EG vorgegeben. Gerade in Bezug auf die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung hat der EuGH daher den Gesundheits- und Verbraucherschutz als potentielle Rechtfertigungsgründe mehrfach bemüht, wobei er inhaltlich nicht zwischen Verbraucherschutz- und Gesundheitsschutz unterschieden hat. 650 Dementsprechend hat er auch im aktuellen Urteil zum Apothekenfremdbetrieb maßgeblich auf den Gesundheitsschutz abgestellt. 651 Dies überzeugt insofern, als sich Missstände bei der Arzneimittelversorgung verbraucherschädigend, aber auch zugleich gesundheitsschädigend auswirken können, so dass in diesem Zusammenhang von einem einheitlichen Allgemeinwohlbelang ausgegangen werden kann. (2) Der Wettbewerbsschutz als zwingender europäischer Allgemeinwohlbelang Ziel des EG-Vertrags ist ein freier, vor Verfälschungen geschützter Wettbewerb im Binnenmarkt, Art. 3 Abs. 1 lit. c), g) EG (Art. 3 Abs. 2 und 3 EUV sowie Protokoll Nr. 27 zum EUV / AEUV), so dass der Schutz des Wettbewerbs grundsätzlich als Allgemeinwohlbelang anzuerkennen ist. Allerdings befinden sich im EG-Vertrag bereits eigenständige Wettbewerbsschutzvorschriften in den Art. 81 ff. EG (Art. 101 ff. AEUV). Insbesondere Art. 82 EG (Art. 102 AEUV) und die sogenannte Fusionskontrollverordnung VO 139/2004/EG sollen hierbei oligopolistische Strukturen sowie ein missbräuchliches Ausnutzen von Marktmacht unterbinden. 652 Daneben bietet Art. 81 Abs. 1 EG (Art. 101 Abs. 1 AEUV) 649 EuGH, 120/78, Slg. 1979, 649; Müller-Graf, in Streinz, EUV / EGV, Art. 43 EG Rn. 76 m.w. N. 650 EuGH, C-60/89, Slg. 1991, 1547 Rn. 28, 39; EuGH, C-322/01, Slg. 2003, 14887 Rn. 102. 651 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 27; EuGH, C-531/06 Rn. 51. 652 EuGH, vb. Rs. C-68/94, C-30/95, Slg. 1998, 1375 Rn. 14.
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Schutz vor wettbewerbsbehindernden Absprachen, die vor allem in oligopolistischen Märkten besonders einfach zu treffen sind. Das Verhältnis zu nationalen Wettbewerbsschutzvorschriften wird in VO 1/2003/EG und VO 139/2004/EG behandelt. Nach Art. 3 Abs. 2 VO 1/2003/EG ist es den Mitgliedstaaten nur im Verhältnis zu Art. 82 EG erlaubt, strengere nationale Regelungen zu erlassen. Für die Fusionskontrolle bestimmt Art. 21 Abs. 3 VO 139/2004/EG sogar eine generelle Nichtanwendung nationalen Rechts. An beiden Bestimmungen wird deutlich, dass das erforderliche Maß an Wettbewerbsschutz im EG-Vertrag selbst festgelegt ist und zum Schutz des Wettbewerbs grundsätzlich für ausreichend erachtet wird. Daher bleibt für den Wettbewerbsschutz als Rechtfertigungsgrund nationaler Vorschriften nur im Anwendungsbereich des Art. 82 EG Raum. In allen anderen wettbewerbsspezifischen Bereichen können grenzüberschreitende Sachverhalte nur dann nach nationalem Recht bestimmt werden, wenn die nationale Bestimmung überwiegend ein nicht wettbewerbsschützendes Ziel verfolgt, Art. 3 Abs. 3 a. E. VO 1/2003/EG. 653 Aus diesem komplizierten Verhältnis zwischen gemeinschaftlichem und nationalem Wettbewerbsrecht erklärt sich, warum der EuGH sich bisher zum Wettbewerbsschutz als einen zur Rechtfertigung von Grundfreiheitsbeeinträchtigungen befähigten Allgemeinwohlbelang nicht geäußert hat, 654 sondern bislang nur den Schutz der Lauterkeit des Wettbewerbs 655 als Fallgruppe anerkannt hat. Denn in der Regel richtet sich die europarechtliche Vereinbarkeit einer potentiell wettbewerbsschützenden nationalen Norm entweder direkt nach EG-Recht oder ihr liegt ein überwiegend abweichendes Ziel zu Grunde. Nur wenn die nationale Norm bezüglich Handlungen i. S. d. Art. 82 EG, d. h. bezüglich des missbräuchlichen Ausnutzens einer bereits bestehenden marktbeherrschenden Stellung, strengere Sanktionen vorsieht, kann dem Wettbewerbsschutz rechtfertigende Wirkung zukommen. In den Fällen überwiegend wettbewerbsfremder Zielsetzungen dürfte sich ein subsidiäres Abstellen auf Wettbewerbsschutzaspekte dagegen als Umgehung der Art. 81 ff. EG verbieten. Da das apothekenrechtliche Fremdnutzungsverbot aber nicht das missbräuchliche Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung sanktioniert, sondern durch das Verbot des Fremdbetriebs Fusionen und Übernahmen von Apotheken unmöglich macht, stimmt die Zielrichtung der Norm mit Art. 82 EG nicht überein. Daher kann bereits aus Konkurrenzgründen nicht auf den Wettbewerbsschutz als rechtfertigender Allgemeinwohlbelang abgestellt werden. Zudem wäre das Verbot in seiner Pauschalität auch nicht zum Wettbewerbsschutz erforderlich. Hierfür reichen einzelfallbezogene Regelungen, wie sie das GWB zur Verfügung stellt, vollkommen aus. 653 Da das Fremdnutzungsverbot vornehmlich dem Gesundheitsschutz dienen soll, bleibt es – seine Vereinbarkeit mit dem restlichen Gemeinschaftsrecht unterstellt – daher anwendbar. 654 Vgl. EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07. 655 Vgl. O. Koch, S. 437 ff.; Ahlfeld, S. 129 ff.
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(3) Mittelstandsschutz als zwingender europäischer Allgemeinwohlbelang Der EG-Vertrag ist, wie Art. 4 Abs. 1 EG (Art. 119 Abs. 1 AEUV) ausdrücklich festhält, marktwirtschaftlich ausgerichtet: Die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft ist „dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet“. 656 Ziel ist, „dass auf einem Markt, der die Merkmale eines einzigen Marktes aufweist, ein wirksamer, unverfälschter Wettbewerb hergestellt wird.“ 657 Die Grundfreiheiten dienen dazu, dieses Ziel zu erreichen. Wirtschaftslenkende bzw. wirtschaftspolitische nationale Maßnahmen laufen dieser Zielsetzung zuwider. Daher werden rein wirtschaftliche Gründe – abgesehen von Art. 86 EG – als Rechtfertigungsgrund nicht anerkannt. 658 Das Europrecht kennt dementsprechend keinen unmittelbaren Schutz vor einem ruinösen Verdrängungswettbewerb. 659 Im Unterschied zum nationalen Recht ist der Gesetzgeber bei der Entscheidung, wie er einzelne Wirtschaftsbereiche strukturieren möchte, auf europäischer Ebene eben nicht frei. Somit kann sich ein Mitgliedsstaat zur Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen nicht auf wirtschaftspolitische Intentionen wie etwa den Mittelstandsschutz berufen. 660 Der Wille des nationalen Gesetzgebers, die mittelständische Apothekenstruktur vor dem (Verdrängungs-) Wettbewerb mit großen Konzernvertriebsformen zu schützen, ist folglich auf Gemeinschaftsebene ohne Belang. 661 (4) Schutz des Berufs- bzw. Standesrechts als zwingender europäischer Allgemeinwohlbelang In der einschlägigen Kommentarliteratur findet sich hin und wieder der Hinweis, Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit könnten mit der Erhaltung von Berufs- und Standesregeln gerechtfertigt werden. 662 Dies ist aber so nicht richtig, sondern stellt vielmehr eine Verkürzung der in besagten Kommentaren zitierten Rechtsprechung des EuGH 663 dar. Der Gerichtshof hat zwar in den angeführten 656
Art. 4 I EG, Art. 119 I AEUV, vgl. auch Hilty et al., S. 37. EuGH, 85/76, Slg. 1979, 461 Rn. 132. 658 EuGH, EuZW 2002; 437/440 Rn. 52; EuGH, C-254/98, Slg. 2000, 151 Rn. 33; EuGH C-120/95, Slg. 1998, 1831 Rn. 39; Ahlfeld, S. 219, 271 ff., hinsichtl. der schwierigen Bestimmbarkeit des wirtschaftlichen Charakters, S. 273; Arndt, S. 193, Ehlers, Jura 2001, 482/486. 659 EuGH C-368/95, Slg. 1997, 3689 Rn. 13 ff.; Hilty et al., S. 37. 660 Ahlfeld, S. 276 f.; Hilty et al., S. 37; Gormley, S. 67. 661 In diese Richtung EuGH, 231/83, Slg. 1985, 305 Rn. 30 ff.; ebenso: Ahlfeld, S. 276; Martini, DVBl. 2007, 10/13; a. A. Friauf, S. 61, allerdings zu Art. 52 EWG a. F. 662 Schlag, in Schwarze, Art. 43 Rn. 53; Müller-Graf, in Streinz, EUV / EGV, Art. 43 EG Rn. 76. 663 EuGH, C-106/91, Slg. 1992, 3351; EuGH, 292/86, Slg. 1988, 111. 657
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Verfahren im Ergebnis eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit verneint. Die Beschränkungen von Art. 43 Abs. 1 EG hat er aber nur vordergründig mit der Erhaltung der Berufsregeln begründet. Bei genauerer Lektüre stößt man auf den eigentlichen Aussagehalt der Urteile: Derjenige, der sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen will, muss grundsätzlich die dortigen Berufsausübungsregeln beachten, „soweit diese Regeln von [ihm – im Urteil ein Rechtsanwalt –] beachtet werden können [...] und soweit sie objektiv gerechtfertigt sind“. 664 Weiter heißt es in Rn. 29 desselben Urteils: „Durch dieses Erfordernis [es geht um den anwaltlichen Zulassungszwang] sollen die Zuverlässigkeit und die Beachtung der standesrechtlichen Grundsätze sowie die disziplinarische Kontrolle der Tätigkeit gewährleistet werden; es dient somit einem schutzwürdigem Zweck.“ Ähnlich klingt es in EuGH C-106/91: „[...] diese Erfordernisse [es geht um ein Mehrbesitzverbot für Wirtschaftsprüfer] [können] nur dann als mit den Vorschriften über die Freizügigkeit vereinbar angesehen werden [...], wenn nachgewiesen wird, dass in dem betreffenden Tätigkeitsbereich zwingende Gründe des Allgemeininteresses bestehen, die Beschränkungen der Freizügigkeit rechtfertigen, dass dem Allgemeininteresse nicht bereits durch Rechtsvorschriften des Staates, in dem der Gemeinschaftsbürger ansässig ist, Rechnung getragen wird und dass das gleiche Ergebnis nicht durch weniger einschneidende Rechtsvorschriften erreicht werden kann.“ 665 In diese Rechtsprechung reiht sich dass „Doc Morris Urteil“ nahtlos ein, wenn es dort heißt: „Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit (Fremdgesellschaftsverbot) [...] können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden.“ 666 Der EuGH spricht also berufsrechtlichen Regelungen nicht per se eine rechtfertigende Wirkung zu, sondern nur jenen, die durch einen Allgemeinwohlbelang selbst gerechtfertigt sind. 667 Ansonsten wäre das Berufsrecht Selbstzweck und könnte die Grundfreiheiten leicht aushebeln. Sub signo kann bei der Rechtfertigung von Grundfreiheitsbeschränkungen durch berufsregelndes nationales Recht nicht auf den Schutz berufsrechtlicher Regelungen als solches abgestellt werden. Vielmehr muss auf das Schutzgut, zu dessen Sicherung die Berufsregel erlassen wurde, Bezug genommen werden. Im Fall des Fremdnutzungsverbots kann dies nach den bisherigen Ausführungen nur der Gesundheitsschutz sein. 2. Europarechtlicher Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Nach alledem kommt es für die europarechtliche Zulässigkeit maßgeblich auf die Verhältnismäßigkeit des deutschen Fremdnutzungsverbots an. Das Fremd664
EuGH, 292/86, Slg. 1988, 111 Rn. 17 (Hervorhebungen d. Verfasser). EuGH, C-106/91, Slg. 1992, 3351 Rn. 31 (Hervorhebungen d. Verfasser). 666 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 25. 667 So bereits ausdrücklich auf die Standesregeln freier Berufe bezogen: EuGH 107/83, Slg. 1986, 1475 Rn. 12. 665
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
nutzungsverbot muss also der Volksgesundheit dienen und darf die Niederlassungsfreiheit nicht mehr als nötig beschränken. 668 a) Ausstrahlungswirkung des Art. 152 Abs. 5 EG (Art. 168 Abs. 7 AEUV) auf den Verhältnismäßigkeitsmaßstab Auch wenn sich Art. 152 Abs. 5 EG nicht direkt auf den Schutzumfang der Grundfreiheiten auswirken kann, 669 so ist die Kompetenzordnung der EG doch zumindest im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Der EuGH formuliert dies für den Bereich des Gesundheitsschutzes in ständiger Rechtsprechung folgendermaßen: „Bei der Prüfung, ob das genannte Gebot [Verhältnismäßigkeitsgrundsatz] beachtet worden ist, ist zu berücksichtigen, dass [...] es Sache der Mitgliedstaaten ist, zu bestimmen, auf welchem Niveau sie den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten wollen und wie dieses Niveau erreicht werden soll. Da dieses Niveau sich von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden kann, ist den Mitgliedstaaten ein Wertungsspielraum zuzuerkennen“. 670 Zu Recht hat daher bereits Generalanwalt Bot bei der Beurteilung des deutschen und italienischen Fremdnutzungsverbots auf diese Rechtsprechung Bezug genommen und betont, dass der Aspekt der fehlenden Gemeinschaftskompetenz bei der Beurteilung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit angemessen zu berücksichtigen ist. 671 In seinen beiden Urteilen zum deutschen und italienischen Apothekenrecht hat der EuGH die Wertung des Art. 152 Abs. 5 EG an zwei Stellen innerhalb der Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigt. Zum einen entzieht er die mitgliedstaatliche Wertung, nach der nichtapprobierte Apothekenbetreiber als eine gegenüber approbierten Apothekenbetreibern größere Gefahr für die Volksgesundheit angesehen werden, vollständig der gerichtlichen Kontrolle. 672 Zum anderen kehrt er die Darlegungs- bzw. Beweislast bei der Suche nach weiteren, gegenüber dem 668 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 25; EuGH, C-531/06 Rn. 49; EuGH, C-55/ 94, Slg. 1995, 4165 Rn. 36; allgemein zum Verhältnismäßigkeitgrundsatz im Europarecht, O. Koch, S. 1 ff.; Pache, NVwZ 1999, 1033. 669 Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 2 B. II. 4.; Teil 1 Kapitel 4 § 2 B. II. 3. 670 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 19; EuGH, C-531/06 Rn. 36; mit leicht abweichender. Wortwahl auch EuGH, C-141/07, Slg. 2005, 3177 Rn. 51; EuGH, C-41/02, Slg. 2004, 11375 Rn. 46, 51; EuGH, C-443/02, Slg. 2004, 7275 Rn. 48. 671 GA BOT, Schlussantrag vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 24 ff., 33; ders., Schlussantrag Rs. C-531/06 Rn. 71 ff. 672 Ob es sich hierbei um einen Aspekt der Erforderlichkeit oder bereits der Geeignetheit (der Gefahrenabwehr dienend) handelt, ist letztlich gleichgültig. Dementsprechend findet sich besagter Gedankengang des EuGH in den besprochenen Urteilen uneinheitlich sowohl im Rahmen der Erforderlichkeit als auch im Rahmen der der Geeignetheit: EuGH, vb. Rs. 171/07, 172/07 Rn. 39 f., 54; EuGH, 531/06 Rn. 63 f., 84; zumeist vom EuGH jedoch bei der Frage nach der Erforderlichkeit diskutiert, EuGH C-17/93, Slg. 1994, 3537
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absoluten Ausschluss von Nichtapothekern milderen Mitteln zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung zugunsten der Mitgliedstaaten um 673 und verweist auf die unzureichende Beweisführung durch die Kommission bzw. der Doc Morris N. V. 674 Damit setzt sich der Gerichtshof gegenüber dem noch näher zu behandelnden „Optikerurteil“ dem Vorwurf der Inkonsequenz aus. 675 Denn während er im Optikerurteil den Mitgliedstaaten keineswegs die Beurteilung überließ, ob der Fremdbetrieb mittels angestelltem Optiker gegenüber dem inhabergeführten Betrieb durch einen Optiker generell gefährlicher sei, sah er in den nun ergangenen Apothekenurteilen ausdrücklich von einer Überprüfung ab. Dies ist schon deshalb unverständlich, als der Gerichtshof hiermit auch von der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur substantiierten Darlegung der potentiellen Gefahr abrückt. 676 Dem Begriff der Gefahr ist zwar bereits die Möglichkeit eines Schadenseintritts immanent, jedoch muss der Mitgliedstaat diese Möglichkeit plausibel darlegen. 677 Der Gerichtshof forderte daher regelmäßig, dass der Mitgliedstaat eine Risikobewertung anhand wissenschaftlicher Daten und Informationen vorzunehmen habe, 678 welche nicht nur auf hypothetische Erwägungen gestützt sein dürfe. 679 Ebenso verlangte der Gerichtshof von den Mitgliedstaaten stets darzuRn.15 ff.; EuGH, 227/82, Slg. 1983, 3883 Rn. 40; grundsätzlich für eine Behandlung des „fehlenden Risikos“ unter dem Prüfungspunkt Geeignetheit, Dammann, S. 75 Fn. 292. 673 Grundsätzlich gilt der allgemeine prozessuale Grundsatz, nach dem die Nichterweislichkeit einer Tatsache zulasten desjenigen Beteiligten geht, der daraus eine für ihn günstige Rechtsfolge herleitet, auch i. R. d. Rechtfertigungsvoraussetzungen für Grundfreiheitenbeschränkungen, vgl. Tiedje / Troberg, in v. d. Groeben / Schwarze, Art. 43 EG Rn. 119; Kiefer, S. 69; Kirchhoff, ZESAR 2007, 301/305. 674 EuGH, vb. Rs. 171/07, 172/07 Rn. 55, 57; EuGH, 531/06 Rn. 85, 87. 675 Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. III. 2. c) (1); Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. III. 2. c) (2). 676 EuGH, C-147/03, Slg. 2005, 5969 Rn. 63; EuGH, C-8/02, Slg. 2004, 2641 Rn. 46; EuGH, C-24/00, Slg. 2004, 1277 Rn. 55; EuGH, C-95/01, Slg. 2004, 1333 Rn. 42; EuGH, C-192/01, Slg. 2003, 9693 Rn. 48; EuGH, C-228/91, Slg. 1993, 2701 Rn. 28 ff.; vgl. Haratsch et al., Rn. 703a. 677 EuGH, C-150/00, Slg. 2004, 2887 Rn. 22; EuGH, C-192/01, Slg. 2003, 9693 Rn. 46; vgl. Dammann, S. 78 f.; Bieber et al., § 13 Rn. 65; Kiefer, S. 69. 678 EuGH, C-192/01, Slg. 2003, 9693 Rn. 48; EuGH, C-346/06, Slg. 2008, 1989 Rn. 26; EuGH, C-17/93, Slg. 1994, 3537 Rn. 17; EuGH, C-228/91, Slg. 1993, 2701 Rn. 28 ff. 679 EuGH, C-41/02, Slg. 2004, 11375 Rn. 52; EuGH, C-192/01, Slg. 2003, 9693 Rn. 49; EuGH, C-228/91, Slg. 1993, 2701 Rn. 28 ff.; ähnlich auch EuGH, C-158/96, Slg. 1994, 357, in der der Gerichtshof eine luxemburgische Vorschrift, nach der die Kosten für eine ärztliche Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat nur dann von der Krankenkasse zu tragen waren, wenn diese den Eingriff zuvor genehmigt hatte, mit folgender Begründung für europarechtswidrig erklärte (Rn. 52): „Keiner der Beteiligten hat vorgetragen, dass [die Regelung] zur Erhaltung eines bestimmten Umfangs der medizinischen und pflegerischen oder eines unabdingbaren Niveaus der Heilkunde im Inland erforderlich sei.“; vgl. auch zusammenfassend Haratsch et al., Rn. 703c f.
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legen, dass „ihre Regelung zum wirksamen Schutz der von dieser Bestimmung erfassten Interessen erforderlich ist, insbesondere [...] ein reales Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung [besteht].“ 680 In den Urteilen zum deutschen und italienischem Fremdbetriebs- bzw. Fremdgesellschaftsverbot finden sich bis auf die Behauptung, bei Apothekern sei das Gewinnstreben zugunsten der Sicherheit und Qualität des Arzneimittelvertriebs weniger ausgeprägt als bei berufsfremden Betreibern, keine empirischen oder zumindest argumentativ schlüssigen Anknüpfungspunkte für eine erhöhte Gefährdung durch den berufsfremden Betrieb mittels angestelltem, approbiertem Apothekenleiter. 681 Vielmehr begnügt sich der EuGH mit einem allgemeinen Verweis auf die Abhängigkeit der wirtschaftlichen Existenz eines approbierten Apothekers von einer ordnungsgemäßen Apothekenführung sowie der angeblich disziplinierenden Wirkung der Apothekerausbildung auf die Gewinnerzielungsabsicht der Apotheker. 682 Neben dem noch später kritisch zu würdigenden Aussagegehalt dieser Begründung 683 sind diese geringen Anforderungen an die Darlegungspflicht der Mitgliedstaaten mit den bereits zitierten Urteilen nur schwer zu vereinbaren. 684 Die Schwierigkeiten, die beiden Fremdbetriebsurteile unter prozessualrechtlichen Aspekten mit der bisherige Rechtsprechung des EuGH in Einklang zu bringen, sollen hier aber nicht weiter vertieft, 685 sondern vielmehr die materiellrechtlichen Aussagen der Entscheidungen in den Vordergrund gerückt werden. Diese sind allerdings in sich inkonsistent. Denn während der EuGH hinsichtlich der Frage, ob ein angestellter approbierter Apothekenleiter unter Gesundheitsschutzaspekten nicht ebenso gut eine Apotheke leite wie ein approbierter Apothekeneigentümer, pauschal auf den Wertungsspielraum der Mitgliedstaaten verweist, nimmt er hinsichtlich der restlichen von der Kommission und Doc Morris vorgetragenen milderen Mitteln eine eigenständige Erforderlichkeitsprüfung 680 EuGH, C-150/00, Slg. 2004, 3887 Rn. 89; EuGH, C-24/00, Slg. 2004, 1277 Rn. 73; EuGH, C-2279/00, Slg. 2002, 1425 Rn. 17; EuGH, C-192/01, Slg. 2003, 9693 Rn. 46; bereits in EuGH, 247/81, Slg. 1984, 1111 Rn. 7 zu Maßnahmen des Gesundheitsschutzes: „Solche Massnahmen sind jedoch nur gerechtfertigt, wenn nachgewiesen werden kann, dass sie zur Erfüllung [...] des Schutzes der öffentlichen Gesundheit notwendig sind und dieses Ziel nicht durch Mittel erreicht werden kann, die den Warenaustausch [...] weniger beschränken.“; ausführlich zur Darlegungs- und Beweislast bei der Erforderlichkeitsprüfung im Europarecht, Dammann, S. 97 ff. 681 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 39, 54; EuGH, C-531/06 Rn. 63, 84. 682 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 37; EuGH, C-531/06 Rn. 61. 683 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (3) (a); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (3). 684 EuGH, C-41/02, Slg. 2004, 11375 Rn. 52; EuGH, C-192/01, Slg. 2003, 9693 Rn. 49; EuGH, C-228/91, Slg. 1993, 2701 Rn. 28 ff.; ähnlich auch EuGH, C-158/96, Slg. 1994, 357 Rn. 52. 685 Generell zur Beweisführung und Beweislastverteilung vor dem EuGH, Dammann, S. 9 ff.
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vor. 686 Zudem widerspricht sich der EuGH, wenn er bestehende und de lege ferenda mögliche Kontrollmöglichkeiten im Falle des Fremdbetriebs der Mitgliedstaaten für unzureichend ansieht, 687 zugleich aber bei dem nach italienischem Recht möglichen Fremdbetrieb von sog. kommunalen Apotheken die bestehenden Kontrollmöglichkeiten der Kommunen zur Gefahrenabwehr für ausreichend erachtet. 688 Nach italienischem Recht können nämlich sog. kommunale Apotheken als Aktiengesellschaft mehrheitlich im Eigentum Berufsfremder stehen, 689 während die Kommune, gleichgültig ob Mehrheits- oder Minderheitsaktionärin, mit besonderen Kontrollrechten ausgestattet ist. Warum mutatis mutandis eine Übertragung der kommunalen Kontrollmöglichkeiten auf alle sonstigen Fälle des Fremdbetriebs nicht in gleichem Maße eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sicherstellt, wie dies der EuGH bei den sog. Kommunalapotheken unterstellt, bleibt unbeantwortet. Insgesamt ist die weitgehende Kontrollfreiheit, die der EuGH in den beiden Urteilen den Mitgliedstaaten im Rahmen der recht spärlich vorgenommen Erforderlichkeitsprüfung zubilligt, mit einem i. S. d. „effet utile Grundsatzes“ entsprechenden effektiven Grundfreiheitenschutz nur schwer zu vereinbaren. Denn auch im Bereich des Gesundheitswesens sind die Grundfreiheiten keineswegs suspendiert oder eingeschränkt. 690 Art. 152 Abs. 5 EG garantiert den Mitgleidsstaaten ihre Wahrnehmungszuständigkeit im Bereich des Gesundheitswesen, entbindet sie aber bei der Ausübung dieser nicht von der Beachtung der Grundfreiheiten. 691 Zu Recht hatte der EuGH in der Vergangenheit daher stets auch im Bereich des Gesundheitswesens eine strenge Geeignetheits- und Erforderlichkeitsprüfung durchgeführt. 692 Allenfalls wenn hierbei aufgrund tatbestandlicher Unsicherheiten keine eindeutigen Ergebnisse ermittelt werden konnten 693 oder in Bezug auf Angemessenheitsaspekte innerhalb der Erforderlichkeitsprüfung 694 686 687
105.
688
EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 56; EuGH, C-531/06 Rn. 86. EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 54 f., 57; EuGH, C-531/06 Rn. 85, 87,
EuGH, C-531/06 Rn. 74 ff. Art. 116 Abs. 1 Decreto legislativo Nr. 267. Dabei war zunächst durch Art. 8 des Gesetzes Nr. 362/1991 die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an Kommunalapotheken für Arzneimittelgroßhändler verboten, was inzwischen jedoch durch das Decreto-legge Nr. 223 v. 4. Juli 2006 geändert wurde. Nunmehr bestehen keinerlei Beschränkungen mehr hinsichtlich der (Mehrheits-) Beteiligung Berufsfremder an kommunalen Apothekenaktiengesellschaften. 690 EuGH, C-372/04, Slg. 2006, 4325 Rn. 121; EuGH, C-387/99, Slg. 2004, 3751 Rn. 76; O. Koch, S. 436. 691 Randelzhofer / Forsthoff, in Grabitz / Hilf, Vor. Art. 39 Rn. 46; Wichard, in Callies / Ruffert, Art. 152 EG Rn. 8 692 EuGH, C-140/03, Slg. 2005, 8 Rn 36; EuGH, C-322/01, Slg. 2003, 14887 Rn. 112 ff.; EuGH, C-351/90 Slg. 1995, 3945 Rn. 22; kritisch zu dieser Rechtsprechung Mand, WRP 2008, 906/912 Fn. 69. 689
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hat die Rechtsprechung den mit Art. 152 Abs. 5 EG begründeten besonderen Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten zu Buche schlagen lassen. 695 Umso mehr ist die in den Fremdbetriebsurteilen gezeigte Zurückhaltung bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung verwunderlich, zumal Generalanwalt Bot sich in seinen Schlussanträgen ausführlich mit der Erforderlichkeit auseinandergesetzt 696 und explizit darauf hingewiesen hat, dass der Gerichtshof trotz Art. 152 Abs. 5 EG zu prüfen habe, ob „auch andere Maßnahmen nicht ebenso wirksam zur Gewährleistung eines hohen Niveaus für den Schutz der öffentlichen Gesundheit beitragen würden.“ 697 b) Geeignetheit des Fremdnutzungsverbots Unter Rückgriff auf die Ausführungen zur Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit dem Grundgesetz soll hinsichtlich der Geeignetheit hier nur soviel festgehalten werden: Das Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot verbieten berufsfremden Dritten eine Beteiligung auf der Betriebsebene der Apotheke und sind daher geeignet, die für eine ordnungsgemäße Versorgung existenzielle pharmazeutische Unabhängigkeit sicherzustellen. 698 Dagegen bestehen hinsichtlich des Verpachtungsverbots, des Verbots (typischer) stiller Gesellschaften sowie des Verbots partiarischer Rechtsverhältnisse durchaus berechtigte Zweifel an deren Geeignetheit, eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung zu fördern. 699 Gleichwohl wurde im Rahmen der verfassungsrechtlichen Diskussion herausgearbeitet, dass die Verbote auch extrem einseitige, zulasten des Apothekers ausgestaltete Verträge erfassen, bei denen die Befürchtung einer nicht ordnungsgemäßen Apothekenführung wegen der vertragsstrukturell bedingten permanenten Existenznot begründet sind. Auch wenn solche Inäquivalenzen in Apothekenverträgen eher die Ausnahme bilden dürften, sind die Verbote unter Berücksichtigung der mitgliedstaatlichen Einschätzungsprärogative als zum Schutz der Gesundheit geeignet zu klassifizieren. 693 Z. B. mangelnde wissenschaftliche Erkenntnisse über die Schädlichkeit von Farbund anderen Zusatzstoffen, vgl. EuGH, 174/82, Slg. 1983, 2445 Rn. 19. 694 So können als Gesichtspunkt der Angemessenheit Ernährungsgewohnheiten oder der allgemeine Gesundheitszustand der Bevölkerung Berücksichtigung finden, EuGH, 304/84, Slg. 1986, 1511 Rn. 20; EuGH, 94/83, Slg. 1984, 3263 Rn. 16. 695 EuGH, C-95/01, Slg. 2004, 1333 Rn. 37 f.; EuGH, C-473/98, Slg. 2000, 5671 Rn. 40 ff.; EuGH, C-394/97, Slg. 1999, 3599 Rn. 36 ff.; EuGH, 174/82, Slg. 1983, 2445 Rn. 19; vgl. Bieber et al., § 13 Rn. 65. 696 In der Sache jedoch wenig überzeugend, GA BOT, Schlussantrag vb. Rs. C-171/07, C-172/07, Rn. 60 ff., 69 ff.; ders., C-531/06, Rn. 95 ff., 103 ff. 697 GA BOT, Schlussantrag vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 67; ders., Schlussantrag Rs. C-531/06 Rn. 100. 698 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 51; EuGH, C-531/06 Rn. 81. 699 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5.; Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 6.
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c) Erforderlichkeit des Fremdnutzungsverbots Auch wenn der EuGH in seinen Urteilen zum Fremdbetrieb von Apotheken das Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot mit relativ kurzer Begründung zum Schutz der Volksgesundheit für erforderlich hält, 700 kommen bei genauerer Analyse erhebliche Zweifel an der Einschätzung der EuGH auf, zumal sich diese auch „nur“ auf das Fremdbetriebs- bzw. Fremdgesellschaftsverbot und nicht auf das Fremdnutzungsverbot in seiner Gänze bezog. Zu beachten ist hierbei, dass das gemeinschaftsrechtliche Erforderlichkeitskriterium nicht vollkommen mit dem aus dem deutschen Verfassungsrecht bekannten Aspekt der Verhältnismäßigkeitsprüfung kongruent ist. Vielmehr wird die Erforderlichkeitsprüfung umfassender verstanden und es werden zuweilen unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. 701 So werden auch Aspekte der Angemessenheit berücksichtigt und in der Folge auf eine separate Angemessenheitsprüfung verzichtet. Hintergrund dürfte die Tatsache sein, dass dem britischen Recht etwa der Prüfungspunkt der Angemessenheit i. R. d. Verhältnismäßigkeit fremd ist. 702 Insbesondere zur Erforderlichkeit bietet für hiesiges Problemfeld das EuGH-Urteil zum griechischen Fremdnutzungsverbot für das Optikerwesen einen ersten und wichtigen Ansatzpunkt, auf den der Gerichtshof auch in seinen jetzigen Urteilen vom 19. 05. 2009 eingegangen ist. 703 Zugleich stellte es die maßgebliche Entscheidungsgrundlage für das OVG Saarlouis im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Schließungsverfügung zulasten der Doc Morris Filiale in Saarbrücken dar. 704 (1) Das „Optiker-Urteil“ des EuGH Der EuGH hatte 2004 in einem Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gegen Griechenland zu entscheiden, ob eine Regelung 705 mit Art. 43 Abs. 1, 48 EG vereinbar ist, die die Errichtung und den Betrieb eines Optikergeschäfts durch eine Gesellschaft ausschließlich in Form einer OHG oder KG erlaubt, wenn mindestens 50 % des Gesellschaftskapitals sowie des Gewinns bzw. Verlusts dem Optiker zusteht, auf dessen Namen die Betriebserlaubnis ausgestellt ist und dieser an höchstens einer anderen Gesellschaft beteiligt ist. 706 Nachdem der Gerichtshof kurz festgestellt hatte, dass die Regelung Art. 43 Abs. 1, 48 EG 700
EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 58; EuGH, C-531/06 Rn. 88. Haratsch et al., Rn. 184, 616; Pache, NVwZ 1999, 1033, 1035 f. 702 Siehe Fn. 635. 703 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 59 f.; EuGH, C-531/06 Rn. 89 f. 704 Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 2 A. II.; sowie OVG Saarlouis, Beschl. v. 22. 01. 2007; Az.: 3 W 15/06 und Az.: 3 W 14/06. 705 Art 27 IV des Gesetzes Nr. 2646/98 der Hellenischen Republik, (FEK A’223); daneben hatte der EuGH auch noch eine dem deutschen Mehrbesitzverbot vergleichbare Regelung, Art. 6 VI des Gesetzes Nr. 971/79, auf seine Vereinbarkeit mit Art. 43 EG zu untersuchen. 701
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beschränke, 707 wandte er sich einer möglichen Rechtfertigung aus zwingenden Gründen des Gesundheitsschutzes zu. Hierbei beschäftigte er sich vor allem mit der Erforderlichkeit der Maßnahme. Im Ergebnis hielt er die Beschränkung für nicht erforderlich und bejahte daher einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit. In der recht kurzen Urteilsbegründung macht er im Wesentlichen zwei Gründe hierfür geltend: 1. Für den Gesundheitsschutz reiche es aus, dass in jedem Optikergeschäft ein diplomierter Optiker anwesend sein müsse. 708 2. Ebenso könne eine unbegrenzte Haftung zugunsten eines umfassenden Patientenschutzes durch zivilrechtliche Haftungsvorschriften für das Verhalten eines Dritten sowie durch Bestimmungen, die eine Berufshaftpflichtversicherung vorschreiben, erzielt werden. 709 (2) Übertragbarkeit des Optikerurteils auf Apotheker (a) Bewertung der Kernaussagen des Urteils Letztlich machte der EuGH im Optikerurteil deutlich, dass Gefahren einer unreglementierten Beteiligung Berufsfremder dort zu bekämpfen sind, wo sie tatsächlich bestehen. Nur dann ist gewährleistet, dass das tatsächlich mildeste Mittel gewählt wird und damit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Genüge getan ist. In concreto bedeutet dies, dass die aus einer beschränkten Haftung – bei Betrieb durch eine juristische Person – entstehenden Gefahren grundsätzlich im Haftungsrecht und die aus mangelnder Fachkompetenz resultierenden Gesundheitsgefahren im Berufsausübungsrecht durch die Statuierung von Anwesenheitspflichten kompetenten Fachpersonals zu bekämpfen sind. 710 Dies erscheint auch folgerichtig. Denn eine Gefahr ist in der Regel am einfachsten und nachhaltigsten in dem Teilbereich der Rechtsordnung zu bekämpfen, aus dem sie resultiert. Auf das deutsche Apothekenwesen übertragen würde dies bedeuten, dass die Gefahr von Gesundheitsschädigungen durch fachlich unqualifiziertes Apothekenpersonal nicht durch eine gesetzlich aufgezwungene Verknüpfung von pharmazeutischem und ökonomischem Sektor erfolgen darf, sondern ihr vielmehr allein innerhalb des pharmazeutischen Bereichs des Apothekenbetriebs zu begegnen ist. Entsprechend den Ausführungen im Optikerurteil genügt hierfür die Anwesenheitspflicht eines approbierten Apothekers. Ob dieser dabei als selbständiger Apothekeneigentümer oder als angestelltes Fachpersonal tätig ist, 706
EuGH, C-140/03, Slg. 2005, 3177. EuGH, C-140/03, Slg. 2005, 3177 Rn. 29. 708 EuGH, C-140/03, Slg. 2005, 3177 Rn. 35. 709 EuGH, C-140/03, Slg. 2005, 3177 Rn. 35. 710 Ebenso: OVG Saarlouis, Beschl. v. 22. 1. 2007, Az.: 3 W 14/06 Rn. 329; Kruis, EuZW 2007, 175/177. 707
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spielt keine Rolle. Dementsprechend sind zumindest das apothekenrechtliche Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot bei Übertragung der Grundsätze des Optikerurteils nicht zum Schutz der Volksgesundheit erforderlich und europarechtswidrig. (b) Anwendbarkeit der Grundsätze des Optikerurteils auf Apotheker Der Gerichtshof hat allerdings in seinen inzwischen ergangenen Entscheidungen zum Fremdbetriebsverbot von einer Übertragung der Grundsätze der Optikerentscheidung abgesehen. Dem ist insoweit zuzustimmen, als tatsächlich Unterschiede zwischen der Optikertätigkeit und dem Tätigkeitsfeld eines Apothekers bestehen, so dass fraglich ist, ob Optiker und Apotheker miteinander verglichen werden können. (aa) Unterschiedliches Tätigkeitsfeld Zunächst ist das Tätigkeitsfeld des Apothekers gegenüber dem Optiker größer und vielschichtiger. Insbesondere hat der Apotheker mit einer Vielzahl von Stoffen zu tun, denen Wechselwirkungs- und Dosierungsrisiken innewohnen, die sich im Extremfall auch lebensbedrohlich auswirken können. 711 Daher kommt es bei der Arzneimittelabgabe vor allem auf eine gute fachkundige Beratungsleistung des Apothekers an. 712 Der Arzneimittelverkäufer muss hierbei stets über das komplette zugelassene Arzneimittelsortiment, die aktuelle Wirkstoffpalette, das Medikationsprofil des Kunden sowie über neue Forschungsergebnisse im Bilde sein. Die handwerklich geprägte eigene Arzneimittelherstellung, welche im 19. Jahrhundert noch den Großteil der Apothekertätigkeit ausmachte, tritt dagegen in Zeiten breit aufgestellter „Fertigmedikamentensortimente“ zahlreicher Pharmaunternehmen in den Hintergrund. Im Gegensatz dazu weist der Optikerberuf eine deutlich größere handwerkliche Prägung auf. Auch wenn Brillengestell und Gläser meist durch eine Drittfirma bezogen werden, übernimmt der Optiker zumindest die Feinjustierung der Brille. Er passt die Brille an die Kopfform an und führt die meisten Reparaturen am Brillengestell selbst durch. Seine Beratung erstreckt sich zum Großteil auf Materialeigenschaften und ästhetische Fragen. So gesehen steht die Aufhebung des griechischen Fremdbesitzverbots im Einklang mit der europaweiten Liberalisierung im Handwerk, was für das seinen handwerklichen Wurzeln entstiegenen Berufsbild des Apothekers so nicht behauptet werden kann. Der unterschiedliche Charakter des Verkaufsprodukts manifestiert sich auch in der unterschiedlichen rechtlichen Einordnung. Während der Apotheker Arzneimittel verkauft, handelt der Optiker mit Medizinprodukten.
711 712
Vgl. EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 32, 60; EuGH, C-531/06 Rn. 56, 90. Tisch, PZ 39/1995, 103.
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
(bb) Unterschiedliches Gefahrenpotenzial Des Weiteren sieht sich der Optiker bei seiner Tätigkeit auch nicht mit den irreversiblen Risiken des Apothekerberufs konfrontiert. Kann der Optiker die Fehlsichtigkeit des Kunden nicht durch eine entsprechende Sehhilfe beheben, ist er zur Nacherfüllung verpflichtet. Sonstige, über das allgemeine wirtschaftliche Unternehmensrisiko hinausgehende Berufs- oder Haftungsrisiken treffen den Optiker nicht. Seine Kenntnisse über Produktpalette und technische Weiterentwicklungen haben vor allem Auswirkungen auf seinen wirtschaftlichen Erfolg, die Gesundheit des Kunden wird durch sie allenfalls am Rande tangiert. Die hierfür maßgeblichen Entscheidungen trifft nämlich regelmäßig der behandelnde Augenarzt, der Optiker ist hauptsächlich für die Auswahl und Anpassung der Sehhilfe zuständig. Diesem Vorgang wohnen aber anders als bei der Arzneimittelauswahl, -herstellung, -kontrolle und -beratung keine gravierenden Gesundheitsrisiken inne. Daher kann das Optikerurteil nur Denkanstöße für die europarechtliche Bewertung des deutschen Fremdbetriebs- bzw. Fremdgesellschaftsverbot geben. Die Unzulässigkeit des Fremdnutzungsverbots in seiner Gänze allein auf die im Urteil angeführten Gesichtspunkte zu stützen, verbietet sich schon aufgrund der fehlenden Aussagen zu einem Verpachtungsverbot bzw. zu einem Verbot stiller Gesellschaftsbeteiligungen und partiarischer Rechtsverhältnisse. Aber auch hinsichtlich des Fremdbesitz- und Fremdgesellschaftsverbots unterscheidet sich der Apothekerberuf in seiner gesundheitspolitischen Dimension und in seinem Gefahrenpotential für die Volksgesundheit zu stark vom Berufsbild des Optikers, um mit dem Optikerurteil die Unzulässigkeit der Verbote begründen zu können. 713 (3) Apothekenspezifische Gesichtspunkte im Rahmen der europarechtlichen Erforderlichkeitsprüfung Dementsprechend ist nach apothekenspezifischen Gesichtspunkten zu suchen, die für die Frage der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs bedeutsam sind. (a) Der Fremdbetrieb mit angestellten Apothekern: Ein Einfallstor berufsfremder Interessen Immer wieder wurde und wird bei der Diskussion um das apothekenrechtliche Fremdnutzungsverbot der Fremdbetrieb in den Mittelpunkt gerückt und die Gesundheitsgefährdung gerade in der Möglichkeit der Apothekenverwaltung 713
Ebenso: EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 60; EuGH, C-531/06 Rn. 90; GA Bot, Schlussantrag vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 89 f.; Dettling / Mand, S. 29 ff.; Martini, DVBl. 2007, 10/14; Rose / Fischer, A&R 2007, 107/113; Saalfrank / Wesser, A&R 2008, 60/65; a. A. Diekmann / Reinhardt, APR 2007, 1/5; dies, WRP 2007, 407/411 f.; Kruis, EuzW 2007, 175/177; Streinz / Herrmann, EuZW 2006, 455/457 f.
Kap. 4: Europarechtliche Konformität des Fremdnutzungsverbots
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durch einen Apotheker im Angestelltenverhältnis erblickt. Denn bei selbständigen, freiberuflichen Apothekern sei „das notwendige ausgewogene Verhältnis zwischen pharmazeutischer Verantwortung und ökonomischem Interesse [...] nach allen in Deutschland gemachten Erfahrungen eindeutig eher zu erwarten, als bei einem fremdbestimmt handelnden, „uninteressierten“ Angestellten.“ 714 Auf welche Erfahrungen sich Friauf hier konkret bezieht, bleibt unklar, zumal ab dem 19. Jahrhundert der Fremdbetrieb im Reichsgebiet größtenteils verboten war. 715 Um so mehr verwundert die Gefolgschaft des EuGH hinsichtlich dieses Axioms, wenn er ausführt, dass „in der Praxis gegen die Rechtsvorschriften zur Sicherstellung der beruflichen Unabhängigkeit der Apotheker verstoßen wird, weil das Interesse eines Nichtapothekers an der Erzielung von Gewinnen nicht entsprechend dem der selbständigen Apotheker gemäßigt würde [...].“ 716 Die Vermutung, der „bloß“ angestellte Apotheker könne zum einen aus Desinteresse 717 und zum anderen aus Angst vor dem Verlust seines Arbeitsplatzest 718 keine dem selbständigen Apotheker ebenbürtige Leistung erbringen, entbehrt nicht nur jeder empirischen Grundlage, 719 sondern ist auch in sich widersprüchlich. Schließlich erlaubt die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust gerade kein Desinteresse am Beruf. Vielmehr wird der angestellte Apotheker ebenso wie sein selbständiges Pendant versuchen, durch gute Beratungs- und Verkaufsleistungen beruflich erfolgreich zu sein. Trotzdem hält der Gerichtshof gestützt auf den Schlussantrag des Generalanwalts das deutsche Fremdbetriebsverbot gerade wegen des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts des berufsfremden Betreibers für berechtigt und eine Trennung zwischen wirtschaftlicher und pharmazeutischer Leitung für faktisch nicht durchführbar. 720 Hierbei verkennt er aber, dass der Apotheker zur Befolgung von Weisungen, die den originär pharmazeutischen Bereich betreffen, nicht verpflichtet ist und der über das Anstellungsverhältnis ausübbare wirtschaftliche Druck keinesfalls höher ist als bei einem selbständigen Apotheker, der frei von Arbeitnehmerschutzgesetzen den Wettbewerbswidrigkeiten des Marktes ungeschützt ausgesetzt ist. 721 Ebenso ist der Hinweis auf die angeblich nur beim Apotheker vorhandene Disziplinierungswirkung der Entzugsgefahr der wirtschaftlichen Existenz unzutreffend. 722 Denn auch der Berufsfremde würde sich bei einer Einflussnahme auf die pharmazeutischen Entscheidungen seines 714
Friauf, S. 59; vgl. auch Rose / Fischer, A&R 2007, 107/110. Siehe Teil 1 Kapitel 1 § 3. 716 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 54; EuGH, C-531/06 Rn. 84. 717 Friauf, S. 59. 718 Rose / Fischer, A&R 2007, 107/110 f.; vgl. Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (3). 719 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (6). 720 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 54; GA Bot, Schlussantrag vb. Rs. C-171/ 07, C-172/07 Rn. 72 f. 721 Ebenfalls auf den Schutz des Arbeitsrechts verweisen: Diekmann / Reinhardt, WRP 2006, 1165/1170. 715
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Apothekenleiters der Gefahr aussetzen, dass ihm die Fortführung des Betriebs gemäß § 35 GewO untersagt wird. Ferner spricht auch hier nichts dagegen, den Berufsfremden de lege ferenda dem apothekenrechtlichen Berufsrecht und damit dessen Sanktionsmitteln zu unterwerfen. 723 Auch macht ein Blick in andere Bereiche deutlich, dass eine Trennung von Betriebsinhaberschaft und eigenverantwortlicher Tätigkeitsausführung auch bei für die Gesundheit relevanten Tätigkeiten möglich ist. So trägt der Kapitän eines Kreuzfahrtsschiffes oder der Pilot eines Flugzeuges die Verantwortung für den technisch einwandfreien Zustand bzw. die ordnungsgemäße Ausstattung des Schiffs bzw. des Flugzeugs und damit auch die Verantwortung für die ordnungsgemäße Beförderung der Passagiere. 724 Dennoch hat soweit ersichtlich niemand deren wirtschaftlich selbständige Berufsausübung verlangt, obwohl Mängel bei Ausstattung oder Zustand eines Schiffes bzw. Flugzeugs ebenfalls zu einer unmittelbaren Gesundheitsgefährdung führen. Anscheinend wird dort bereits das Damoklesschwert der zivil- und strafrechtlichen Haftungsbestimmungen für die Standhaftigkeit besagter Personengruppen gegenüber einer unverantwortlichen und gesetzeswidrigen Unternehmensleitung durch die Eigner für ausreichend erachtet. In diesem Zusammenhang soll auch nochmals auf die erfolgte Lockerung des Mehrbesitzverbots hingewiesen werden, 725 durch die die Filialapothekenleitung in die Hand angestellter Apothekenverantwortlicher gelegt wurde, § 2 Abs. 4, 5 ApoG. Demnach wird an dieser Stelle de iure 722 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 37; GA Bot, Schlussantrag vb. Rs. C-171/ 07, C-172/07 Rn. 76. 723 Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. III. 2. c) (3) (b). 724 Vgl. § 27 LuftBO (Kontrollpflicht des Kapitäns), § 31 LuftBO (Rechenschaftspflicht des Kapitäns), § 38 LuftBO (Pflicht des Unternehmers einen technischen Betriebsleiter und Flugbetriebsleiter einzustellen); § 31 DVO LuftBO; § 8 SchSG. So heißt es beispielsweise in § 8 I SchSG: „Für die Erfüllung von Anforderungen hinsichtlich des Verhaltens beim Schiffsbetrieb an Bord, insbesondere in Bezug auf den Wachdienst, Ladung und Ballast, Tanks, Schadstoffe, Müllbeseitigung, Übungen und Notfallbekämpfung, Aufzeichnungen und Eintragungen, Unterrichtungen und Meldungen über Vorgänge beim Bordbetrieb sowie das Mitführen und Vorlegen von Zeugnissen, Bescheinigungen und einschlägigen Unterlagen, ist der Schiffsführer verantwortlich.“ § 8 II SchSG: „Für die Erfüllung sonstiger Anforderungen hinsichtlich des Verhaltens beim Schiffsbetrieb einschließlich der Vorschriften, die die sichere Bemannung samt Vorsorge für die Verständigung bei der Tätigkeit des Bordpersonals, die Einhaltung des zulässigen Freibords, die Notfallplanung und -vorsorge, das Veranlassen von Besichtigungen und Kontrollen, das Erhalten des Zustands des Schiffes sowie die Anzeige und das Unterlassen bestimmter Veränderungen betreffen, sind der Schiffseigentümer und der Schiffsführer verantwortlich.“ § 8 III 4 SchSG: „An der Erfüllung dieser Aufgabe darf der Schiffsführer nicht durch Verpflichtungen gehindert werden, die sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergeben.“ §8 IV 1 SchSG: „Der Schiffsführer ist vorbehaltlich der zuständigen Behörden für die Gefahrenabwehr auf dem Schiff verantwortlich und hat dabei die Einhaltung der entsprechenden Verpflichtungen sicherzustellen.“ 725 Hierzu schon Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (5).
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eine Trennung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von der pharmazeutischen Eigenverantwortlichkeit vorgenommen. Mithin erachtet das Apothekenrecht die Qualitätssicherung durch einen arbeitsrechtlich abhängigen, aber pharmazeutisch eigenverantwortlich handelnden Apotheker nicht per se für unzureichend. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Gesetzgeber den Bestand des Fremdnutzungsverbots durch die Lockerung des Mehrbesitzverbots nicht gefährden wollte. 726 Auch wenn er bewusst von einer erhöhten Verantwortung des Betreibers mehrerer Apotheken in der Gesetzesbegründung spricht, 727 ist die Doktrin vom „Apotheker in seiner Apotheke“ durch das Einfügen des § 2 Abs. 4, 5 ApoG in ihren Grundfesten erschüttert worden. Bei realitätsnaher Betrachtungsweise kann nämlich mit der erhöhten Verantwortung nur die erhöhte organisatorische, finanzielle und betriebswirtschaftliche Verantwortung gemeint sein. Dagegen zu glauben, der Betreiber der Filialapotheke könne neben seiner Hauptapotheke auch noch bis zu drei Filialapotheken pharmazeutisch selbständig parallel leiten, ist realitätsfremd. Dies verkennt der Generalanwalt, wenn er meint, die Kohärenz des Apothekengesetzes sei durch die Zulässigkeit des Filialbetriebs deshalb nicht gefährdet, da den Hauptapotheker gemäß § 7 S. 1 ApoG auch die Pflicht zur Leitung der Filialapotheken treffe. 728 Realiter obliegt diese allein dem angestellten Apothekenverantwortlichen. Mithin besteht hier ein offener Widerspruch, der gerade im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Kohärenzgrundsatzes im Europarecht besonders schwer wiegt und durch die Zulässigkeit des Versands rezeptpflichtiger Arzneimittel durch fremdbetriebene Apotheken aus dem europäischen Ausland noch verstärkt wird. 729 (b) Möglichkeiten der Sicherstellung der pharmazeutischen Unabhängigkeit trotz Fremdbetrieb bzw. berufsfremder Gesellschaftsbeteiligung Vor allem Generalanwalt Bot 730 hält eine Trennung von pharmazeutischer und wirtschaftlicher Unabhängigkeit in einem Apothekenbetrieb nicht für möglich 726
BT-Drucks. 15/1525, 160. BT-Drucks. 15/1525, 163: „Das Betreiben mehrerer Apotheken ist mit einer höheren Verantwortung verbunden als die Leitung nur einer Apotheke.“ 728 GA Bot, Schlussantrag vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 82. 729 § 1 III 2 EU: „Aufgabe der Union ist es, die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen ihren Völkern kohärent und solidarisch zu gestalten.“ Auch der EuGH nimmt in den aktuellen Urteilen zum Fremdbetriebsverbot Bezug auf den Kohärenzgrundsatz, geht aber bspw. auf den Widerspruch zur Zulässigkeit des Versandhandels überhaupt nicht ein, EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 41 f.; EuGH, C-531/06 Rn. 65 f.; vgl. auch EuGH, C-225/91, Slg. 1993, 3203 Rn. 41; Pechstein, in Streinz EGV / EUV, Art. 3 EUV Rn. 6 ff. 730 Pikanterweise musste der Gerichtshof wenige Tage vor Urteilsverkündung eingestehen, dass sein mit der Rechtssache betrauter Generalanwalt Ives Bot mit einer Apothekerin verheiratet und deren gemeinsame Tochter inzwischen approbierte Inhaberin einer 727
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und glaubt daher, dass es bei einem Fremdbetrieb durch Dritte zwangsläufig zur Beeinflussung des Apothekers kommen müsse. 731 Dem ist jedoch zu widersprechen. Da der Apotheker auch bei abhängiger Beschäftigung an die gesetzlichen Vorgaben gebunden bleibt, mithin sein Berufsrecht beachten muss, kommt nur eine Beeinflussung der pharmazeutischen Unabhängigkeit auf faktischer Ebene in Betracht. 732 Weisungen, bei deren Befolgung der Apotheker seine Pflichten verletzen würde, sind rechtlich unbeachtlich und gegenstandslos. Zuzugeben ist jedoch, dass für eine saubere Abgrenzung zwischen pharmazeutischer und ökonomischer Leitung umfangreiche Bestimmungen im Arbeitsvertrag notwendig sind. Hierbei müssten die vertraglichen Vereinbarungen dem Apotheker die Weisungsgewalt für alle mit der Arzneimittelabgabe unmittelbar und mittelbar zusammenhängenden Tätigkeiten zuweisen. Nur rein wirtschaftliche Tätigkeiten wie Bilanzierung, Einnahmenverwaltung, Vertragsverhandlungen bezüglich Arzneimitteleinkauf, Inventar und Räumlichkeiten, Personalverwaltung und EDV sollten von dem Berufsfremden vorgenommen werden dürfen. Neben den vertraglichen Möglichkeiten könnte de lege ferenda der angestellte Apothekenleiter zudem mit einem generellen Vetorecht ausgestattet und / oder mit einem besonderen Kündigungsschutz versehen werden. Auch ist daran zu denken, den berufsfremden Apothekenbetreiber gesetzlich dem Apothekerberufsrecht zu unterwerfen und unter die Kontrolle der Kammern zu stellen. Generell wäre eine quantitative und qualitative Intensivierung von Kontrollmaßnahmen eine weitere Möglichkeit, die pharmazeutische Unabhängigkeit im Falle des Fremdbetriebs auch de facto zu schützen. 733 Hierbei kann die aus § 4 Abs. 2 ApoG abgeleitete Vorlagepflicht für alle betriebsrelevanten Unterlagen und Verträge von Nutzen sein. Diese könnte im Fall des Fremdbetriebs auch auf den berufsfremden Betreiber angewendet werden. 734 Daneben dürfte auch die generalpräventive Wirkung einer Verschärfung der Sanktionsandrohungen bei Missachtung der Unabhängigkeit des Apothekers nicht zu unterschätzen sein. Zu beachten ist ferner, dass bereits heute der Fortbestand des Apothekenbetriebs bei einem Berufsfremden genauso wie bei einem Apotheker gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 4 Abs. 2 S. 1, 5 ApoG; 35 Abs. 1 GewO von dessen Zuverlässigkeit, mithin von einer ordnungsgemäßen Betriebsführung, abhängig wäre. 735 Zudem ist der angestellte Apothekenleiter gegenüber dem selbständigen Apotheker eigenen Apotheke ist, Nienhaus, Der Anwalt und die Apothekerin, FAZ v. 17. 05. 2009, 36; Großmann, PZ 21/2009, 42. 731 GA Bot, Schlussantrag vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 48 f.; nicht ganz so eindeutig dagegen der EuGH, C-171/07, C-172/07 Rn. 54; EuGH, C-531/06 Rn. 84. 732 Auch der EuGH sieht „nur“ die Möglichkeit einer faktischen Beeinträchtigung der Unabhängigkeit der Apotheker, EuGH, C-171/07, C-172/07 Rn. 54; EuGH, C-531/06 Rn. 84. 733 So auch die Kommission und Doc Morris, EuGH, C-171/07, C-172/07 Rn. 53; EuGH, C-531/06 Rn. 83. 734 Vgl. Tisch, PZ 39/1995, 103/106.
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durch den Schutz des Arbeitsrechts und der sozialversicherungsrechtlichen Arbeitnehmersicherungssysteme wesentlich besser sozial abgesichert und genießt durch sein fixes Einkommen eine viel größere finanzielle Planungssicherheit. 736 Dies berechtigt zu der Annahme, dass der angestellte Apotheker naturgemäß sogar weniger anfällig ist, aus kommerziellen Interessen entgegen dem pharmazeutischen Sachverstand berufliche Entscheidungen zu treffen. 737 Vor diesem Hintergrund kann dem Apothekenbetrieb durch Berufsfremde keine größere Gefährdungslage attestiert werden, sofern die pharmazeutische Leitung in die Hände eines Apothekers gelegt wird. (c) Die Gefahr einer Beeinflussung des Apothekers bei Verpachtung, typisch stiller Gesellschaft und partiarischem Vertrag Bei Verpachtungsverträgen, typischen stillen Gesellschaften und partiarischen Vertragsgestaltungen sind bereits de iure keine Einflussmöglichkeiten des berufsfremden Vertragspartners auf den betreibenden Apotheker vorhanden. 738 Aber auch die bei extrem einseitigen Verträgen realiter bestehenden Möglichkeiten der Einflussnahme werden bereits durch die Entzugsandrohung der Betriebserlaubnis und zivilrechtliche Nichtigkeitsdrohung gemäß §§ 7 S. 1, 4 Abs. 2 ApoG; § 134 BGB i.V. m. §§ 1 ff. ApoG; § 138 BGB effektiv sanktioniert, so dass es auch der Regelungen der §§ 9 ApoG, 8 S. 2 ApoG nicht bedarf. Im Übrigen sei auf die insoweit parallelen Ausführungen zu Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 49 Abs. 1 EG und Art. 56 Abs. 1 EG verwiesen. 739 (d) Gefahr einer vertikalen Apothekenkonzentration Wie bereits im verfassungsrechtlichen Teil ausgeführt, ist die berufliche Unabhängigkeit in denjenigen Fallkonstellationen am stärksten gefährdet, in denen der berufsfremde Apothekenbetreiber bereits in anderer Form auf dem Gesundheitsmarkt aktiv ist. Hier besteht aufgrund der Verflechtungen der Geschäftsfelder naturgemäß ein erhöhtes Maß an Interessenkollisionen. Allerdings wurde 735
Als zuverlässig i. S. d. ApoG und der GewO wird allgemein derjenige angesehen, der die Gewähr bietet, in Zukunft sein Gewerbe ordnungsgemäß auszuüben, BVerwGE 65, 1; Schiedermair / Pieck, § 2 Rn. 32, 36; Marcks, in Landmann / Rohmer, § 35 Rn. 29 m.w. N. Dabei richtet sich die Bestimmung der Ordnungsgemäßheit nach apothekenrechtlichen Grundsätze, BVerwG, NJW 1961, 1834; Schiedermair / Pieck, § 2 Rn. 32. 736 Zur sozialen Absicherung des angestellten Apothekenverantwortlichen i. S. d. § 2 V Nr. 2 ApoG: Ratzel / Wiesener, ZMGR 2004, 153/157 f. 737 Ebenso: Diekmann / Reinhardt, WRP 2006, 1165/1170. 738 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. a); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 6. a). 739 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (3); Teil 1 Kapitel 4 § 3; Teil 1 Kapitel 4 § 4.
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bereits dargestellt, dass die gesetzlichen Bestimmungen zur Abgabe verschreibungspflichtiger Medikamente das herauszugebende Arzneimittel herstellerspezifisch vorgeben, so dass dem Apotheker hier de iure kein Raum zur privilegierten Abgabe bestimmter Produkte bleibt. 740 Auch wäre die Kontrolle der Befolgung der gesetzlichen Abgabepflichten ohne großen technischen Aufwand möglich. Entscheidend ist aber schlussendlich, dass jedenfalls der völlige Ausschluss jeglichen Fremdbetriebs zur Verhinderung vertikaler Integrationen nicht erforderlich ist. Hierfür würde vielmehr ein auf Pharmaunternehmen reduziertes Fremdbetriebsverbot ausreichen. (e) Gefahr einer versorgungsgefährdenden horizontalen Apothekenkonzentration Auch diesbezüglich sei auf die Ausführungen zu Art. 12 Abs. 1 GG verwiesen und festgehalten, 741 dass im Ergebnis die Gefahr einer für die Volksgesundheit bedrohlichen Apothekenkonzentration bei Aufhebung des Fremdnutzungsverbots nicht besteht. (f) Haftungsrechtliche Gefahren Haftungsrechtlich würde die Aufhebung des Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot ebenfalls keine nennenswerten Nachteile mit sich bringen. Denn einerseits dürften große Apothekengesellschaften hinsichtlich Haftungsmasse und Anzahl potenzieller Haftungsschuldner oftmals eine bessere Gewähr für eine ordnungsgemäße Befriedigung der Ansprüche bieten als der einzelne, ggf. bonitätsschwache Apotheker. Andererseits kann der im Gesundheitswesen unerwünschten Haftungsbeschränkung einer GmbH durch eine gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss einer entsprechenden Haftpflichtversicherung begegnet werden, 742 wie sie bereits jetzt für „natürliche“ Erlaubnisinhaber einer Apotheke in den Berufsordnungen vorgesehen ist. 743 Ebenso könnte eine spezielle Durchgriffshaftung oder das Erfordernis einer Bürgschaft, wie es etwa für Medizinische Versorgungszentren in Kapitalgesellschaftsform gemäß § 95 Abs. 2 S. 5 SGB V vorgesehen ist, gesetzlich fixiert werden. Daher kann auch der zurzeit noch bestehende Ausschluss von Kapitalgesellschaften als Apothekenbetreiber nach § 8 S. 1 ApoG vor dem Europarecht mangels Erforderlichkeit keinen Bestand haben. Denn die Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung stellt offenkundig ein milderes, zur Bekämpfung von Haftungsgefahren gleich geeignetes Mittel dar. 740 741 742
414.
743
Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (3) (d). Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (1). EuGH, C-140/03, Slg. 2005, 3177, Rn. 35; Diekmann / Reinhardt, WRP 2007, 407/ So beispielsweise in § 17 BO-Apo NR; § 16 BO-Apo BY.
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(g) Verweis auf noch restriktivere Regelungen im europäischen Ausland Ebenso ändert der Hinweis, das deutsche Apothekenrecht beschränke die Niederlassungsfreiheit immer noch deutlich geringer, als die in manch anderen Mitgliedstaaten aufzufindenden Konzessionssysteme, 744 nichts an der beschränkenden Wirkung des deutschen Systems. Nur weil andere Mitgliedstaaten die Niederlassungsfreiheit noch massiver beschränken, wird der deutsche Gesetzgeber nicht von der Pflicht zur Gestaltung eines europarechtskonformen Apothekenrechtes entbunden. 745 Zudem hat die EG-Kommission bereits gegen verschiedene europäische Staaten aufgrund ihrer restriktiven Apothekenrechtsregelungen Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, 746 die allerdings aufgrund der inzwischen ergangenen Urteile zum deutschen und italienischen Fremdbetriebsverbot größtenteils eingestellt werden dürften.
E. Ergebnis zur Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit Art. 43 Abs. 1 EG (Art. 49 Abs. 1 AEUV) Das Fremdnutzungsverbot ist aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht erforderlich und beeinträchtigt die Niederlassungsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise. Gefahren einer sachfremden Beeinflussung können durch die gesetzliche Sicherstellung der pharmazeutischen Leitungskompetenz in den Händen qualifizierten Apothekenpersonals vermieden werden. Genauso besteht die Möglichkeit, durch eine Versicherungspflicht etwaige Haftungsnachteile, die mit der Zulassung von Kapitalgesellschaften als Apothekenbetreiber einhergehen, weniger einschneidend abzuwenden. Unter wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten ist das Apothekenberufsrecht die falsche Regelungsmaterie, um unerwünschten Marktentwicklungen zu begegnen. Entsprechende Instrumente sind allein im Wettbewerbsrecht zu suchen. Hier kann wirksam horizontalen und vertikalen Konzentrationstendenzen entgegengesteuert werden. Im Ergebnis verletzt das Fremdnutzungsverbot, insbesondere das Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot, Art. 43 Abs. 1 EG.
744
Vgl. Friauf, S. 58. EuGH, C-531/06 Rn. 24; EuGH, 52/75, Slg. 1976, 277 Rn. 11/13; Cremer, in Callies / Ruffert, Art. 226 EG Rn. 34. 746 EG-Komm., IP/05/1665 und IP/06/858, sowie N. N., Brüssel will deutschen Apothekenmarkt öffnen, FAZ v. 2.2.08, 11; speziell zum Verfahren gegen Österreich: Hütthaler-Brandauer, APR 2007, 36. 745
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Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
§ 3 Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit Art. 56 Abs. 1 EG (Art. 63 Abs. 1 AEUV) Art. 56 Abs. 1 EG gewährleistet den freien Kapitalverkehr in der Gemeinschaft. Der EuGH hat den Begriff des Kapitalverkehrs bisher nicht näher definiert, sondern sich vor allem an der Rili 88/361/EG orientiert, die in der Anlage I enumerativ verschiedene Kapitalvorgänge aufführt. Da die Richtlinie aber zum einen nicht abschließend zu verstehen ist und zum anderen Richtlinien als Sekundärrecht schon nach normhierarchischen Grundsätzen nur bedingt geeignet sind, Primärrecht zu determinieren, finden sich in der Literatur Versuche einer allgemeiner gehaltenen Definition der Kapitalverkehrsfreiheit. So wird im Schrifttum unter Kapitalverkehrsfreiheit jede über die Grenze eines Mitgliedstaates hinweg stattfindende Übertragung von Geld- oder Sachkapital verstanden, die primär zu Anlagezwecken erfolgt. 747 Das Verbot partiarischer Darlehensverträge aus § 8 S. 2 Alt. 2 ApoG beeinträchtigt die Kapitalverkehrsfreiheit. Dies zeigt schon die Tatsache, dass der Darlehensfinanzierung im VIII. Abschnitt der Rili 88/361/EWG eine eigene Rubrik zugewiesen ist und es bei einem Darlehensgeber aus dem europäischen Ausland zwangsläufig zu einer Übertragung von Geld- oder Sachkapital über eine mitgliedstaatliche Grenze hinweg kommt. Da es sich bei der Beteiligung eines stillen Gesellschafters im Grunde nur um eine andere Variante der partiarischen Finanzierung handelt, 748 unterfällt das Verbot stiller Beteiligungen gleichfalls der Kapitalverkehrsfreiheit. 749 In diesem Sinne hat auch der EuGH im Verfahren gegen das italienische Fremdgesellschaftsverbot den Anwendungsbereich von Art. 56 EG für solche Apothekenbeteiligungen eröffnet angesehen, die es nicht ermöglichen „einen sicheren Einfluss auf die Beschlüsse der betreffenden Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen [...]“. 750 Speziell für die Darlehensvergabe ergibt sich allerdings eine besondere Abgrenzungsproblematik mit Art. 49 Abs. 1 EG, die aber die prinzipielle Einschlägigkeit des Art. 56 EG unberührt lässt und im folgenden Abschnitt behandelt wird. Daneben hat der EuGH auch die Nutzung von Grundeigentum der Kapitalverkehrsfreiheit unterstellt, 751 so dass auch das Verpachtungsverbot aus § 9 ApoG an Art. 56 Abs. 1 EG zu messen ist. 747 Bröhmer, in Callies / Ruffert, Art. 56 EG Rn. 8; Bleckmann, Rn. 1702; Schön, in ders., GS Knobbe-Keuk, S. 743/747. 748 So schon Fricke, PZ 1965, 1066/1067. 749 Bröhmer, in Callies / Ruffert, Art. 56 Rn. 25; Schön, in ders., GS Knobbe-Keuk, S. 743/750. 750 EuGH, C-531/06 Rn. 40. 751 EuGH, EuZW 2006, 625/626: Konkret ging es um die Vermietung eines in Deutschland gelegenen Hauses durch eine italienische Stiftung.
Kap. 4: Europarechtliche Konformität des Fremdnutzungsverbots
177
Der EuGH hat in seiner Entscheidung zum italienischen Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot die Dassonville-Formel 752 auf Art. 56 Abs. 1 EG angewandt, respektive diesen als Beschränkungsverbot verstanden. 753 Da auch in der Literatur Art. 56 Abs. 1 EG als allgemeines Beschränkungsverbot aufgefasst wird, 754 liegen die Beeinträchtigungen durch §§ 8 S. 2, 9 Abs. 1 ApoG auf der Hand. Ohne Rechtfertigungsgrund verstoßen Verpachtungsverbot und die Verbote aus § 8 S. 2 ApoG mithin gegen Art. 56 Abs. 1 EG. Aufgrund der Tatsache, dass wirtschaftspolitische Erwägungen auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene grundsätzlich ohne Belang sind, kommt als Rechtfertigungsgrund auch hier nur der Gesundheitsschutz in Betracht. Das Verbot der Apothekenverpachtung sowie das Verbot der passiven Finanzbeteiligung ist aber in Anlehnung an die Erläuterungen zur Vereinbarkeit der Verbote mit Art. 12 Abs. 1 GG in weiten Teilen für den Schutz der Patientengesundheit kontraproduktiv, im Übrigen jedenfalls nicht erforderlich. 755 Daher kann der Gesundheitsschutz die Verbote vor Art. 43 Abs. 1 EG nicht legitimieren. Dementsprechend sind § 8 S. 2 ApoG und § 9 ApoG wegen Verstoßes gegen Art. 56 Abs. 1 EG bei grenzüberschreitenden Sachverhalten nicht anwendbar.
§ 4 Vereinbarkeit des Fremdnutzungsverbots mit Art. 49 Abs. 1 EG (Art. 56 Abs. 1 AEUV) Jüngst hat der EuGH entschieden, dass speziell bei der Darlehensvergabe die Elemente einer Dienstleistung, d. h. einer selbständigen, zeitlich begrenzten entgeltlichen Tätigkeit, 756 in Form der technischen Kreditabwicklung und der Übernahme des Bonitätsrisikos überwiegen und Art. 49 Abs. 1 EG daher Art. 56 Abs. 1 EG überlagere. 757 Demnach ist das Verbot partiarischer Darlehensverhältnisse grundsätzlich an Art. 49 Abs. 1 EG zu messen, und nur im Einzelfall, 752
EuGH, 8/74, Slg. 1974, 837 Rn. 5. EuGH, C-531/06 Rn. 49; bereits zuvor: EuGH, C-370/05, Slg. 2007, 1129 Rn. 26; EuGH, C-452/01, Slg. 2003, 9743 Rn. 34; EuGH, C-302/97, Slg. 1999, 3099 Rn. 39; schon in Ansätzen: EuGH, C-222/97, Slg. 1999, 1661 Rn. 26 f.; EuGH, C-484/93, Slg. 1995, 3955 Rn. 10; EuGH, C-48/91, Slg. 1993, 487 Rn. 9, 13, 15; EuGH, 157/85, Slg. 1986, 2013 Rn. 25. 754 Kiemel, in v. d. Groeben / Schwarze, Art. 56 EG Rn. 27; Bröhmer, in Callies / Ruffert, Art. 56 EG Rn. 56; Glöckner, EuR 2000, 593/608; Weber, EuZW 1992, 561/562 f. 755 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5.; Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 6. 756 Müller-Graff, in Streinz, EUV / EGV, Art. 49 EG Rn. 14 ff.; Kluth, in Callies / Ruffert, Art. 49 EG, Rn. 7 ff. 757 EuGH, EuZW 2006, 689/691; a. A. noch EuGH, C-484/93, Slg. 1995, 3955 Rn. 10 f.; in der der EuGH Art. 49 EG und Art. 56 EG nebeneinander anwendet; Troburg / Tiedje, in v. d. Groeben / Schwarze, Art. 51 Rn. 12, die allein Art. 56 EG für anwendbar halten; Generell zur strittigen Abgrenzung von Art. 43 EG und Art. 56 EG: GA Tesauro, 753
178
Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
in dem die dienstvertraglichen Elemente in den Hintergrund treten, kann bei der Darlehensvergabe auf Art. 56 Abs. 1 EG abgestellt werden. An der Europarechtswidrigkeit des § 8 S. 2 ApoG ändert sich hierdurch freilich nichts. Art. 49 Abs. 1 EG ist ebenso als Beschränkungsverbot zu verstehen wie Art. 43 Abs. 1 und Art. 56 Abs. 1 EG. 758 Außerdem vermögen weder Art. 46 Abs. 1 EG noch Art. 47 Abs. 3 EG, auf die Art. 55 EG für die Dienstleistungsfreiheit verweist, die Beeinträchtigung der Vergabe bzw. Inanspruchnahme partiarischer Darlehen zu rechtfertigen. 759 Da auch keine Rechtfertigung durch zwingende Gründe des Gesundheitsschutzes möglich ist, 760 verstößt das Verbot partiarischer Darlehen gegen Art. 49 Abs. 1 EG und darf daher bei grenzüberschreitenden Sachverhalten nicht angewendet werden. Daneben wird auch die Verpachtung von Apotheken und die damit zusammenhängenden Verwaltungstätigkeit von der gemeinschaftsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit erfasst. 761 Die praktisch vollständige Untersagung der Verpachtung stellt dabei hinsichtlich des Pachtobjekts Apotheke die intensivste vorstellbare Beeinträchtigung der Grundfreiheit dar. Nach allem bisher Gesagten ist aber eine gesundheitspolitische Rechtfertigung nicht möglich. Ohne besonders starke vertragliche Abweichungen vom dispositiven Recht ist es nämlich nicht ersichtlich, wie der Verpächter auf den Pächter patientenschädigenden Einfluss nehmen kann. Daher sind die §§ 9 ApoG, 12 ApoG auf Apothekenpachtverträge mit grenzüberschreitenden Bezug nicht anwendbar.
§ 5 Verstoß gegen die europäischen Grundrechte Neben den Grundfreiheiten leitet der EuGH aus dem EG-Vertrag auch Grundrechte ab. Anknüpfungspunkt ist hierbei der Verweis in Art. 6 Abs. 2 EU (Art. 2 Abs. 2, 6 Abs. 1 und 2 EUV) auf die „eigentlich“ unverbindliche Europäische Menschrechtskonvention (EMRK) 762 sowie die Verfassungstraditionen der einzelnen Mitgliedstaaten. 763 Der EuGH hat daher sowohl ein Grundrecht auf BeSchlussantrag Rs. C 118/98 Rn. 9 ff.; Bröhmer, Callies / Ruffert, Art. 56 EG Rn. 16 ff.; Ohler, EuZW 2006, 691/692 m.w. N. 758 EuGH, 33/74, Slg. 1974, 1299 Rn. 10, 12; EuGH, C-376/96, Slg. 1999, 8453 Rn. 32; Kluth, in Callies / Ruffert, Art. 49 EG Rn. 54; Hailbronner / Nachbaur, EuZW 1992, 105/109 f. 759 Siehe hierzu: Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. I.; Teil 1 Kapitel 4 § 2 B. III. 760 Siehe hierzu Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. 761 EuGH, C-330/07; Slg. 2008, 9099; EuGH, C-451/99, Slg. 2002, 3193. 762 Mit Inkraftreten des Vertrags von Lissabon wird die EMRK verbindlicher Bestandteil des Unionrechts (mit partiellen Ausnahmen für Polen, Großbritannien und Tschechien), vgl. 6 Abs. 3 EUV. 763 Streinz, EuR, Rn. 754 w. w. N.
Kap. 4: Europarechtliche Konformität des Fremdnutzungsverbots
179
rufsfreiheit 764 als auch ein Grundrecht auf Eigentum anerkannt. 765 Inhaltlich ähneln die europäischen Grundrechte den Grundrechten aus dem Grundgesetz sehr stark, wobei sie aufgrund ihres Bezugs zum EG-Vertrag wirtschaftsbezogener auszulegen sind. Daher läuft die Beurteilung eines Eingriffs und die Suche nach einer etwaigen Rechtfertigung auch weitestgehend synchron zu den Grundfreiheiten, so dass die europäischen Grundrechte in diesem Zusammenhang keinen über die Grundfreiheiten hinausgehenden maßgeblichen Gehalt besitzen. 766 Für die apothekenrechtlichen deutschen Regelungen bedeutet dies, dass das Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot auch die europäische Berufsfreiheit verletzen. 767 Verpachtungsverbot und das Verbot partiarischer Rechtsverhältnisse bzw. stiller Gesellschaften verstoßen daneben auch noch gegen die europäische Eigentumsfreiheit. 768 Im Ergebnis verstößt das Fremdnutzungsverbot in seiner Gesamtheit damit auch gegen die europäischen Grundrechte.
§ 6 Ergebnis der europarechtlichen Bewertung Der Entscheidung des EuGH vom 19. 05. 2009 769 ist zu widersprechen. Das Fremdnutzungsverbot ist mit den europäischen Grundfreiheiten nicht in Einklang zu bringen. Zumeist verstoßen die einzelnen deutschen Bestimmungen des Fremdnutzungsverbots gegen die europäische Niederlassungsfreiheit. Doch selbst wenn wie im Anwendungsbereich des § 8 S. 2 und § 9 ApoG nur in besonderen Fallkonstellationen ein Konflikt mit der Niederlassungsfreiheit gegeben ist, sind andere Grundfreiheiten, namentlich die Kapitalverkehrsfreiheit oder die Dienstleistungsfreiheit, verletzt. Eine Rechtfertigung der Eingriffe in die Grundfreiheiten ist nicht möglich. Denn dem Bedürfnis nach einer ordnungsgemäßen und dem Gesundheitsschutzbedürfnis der Bevölkerung adäquaten Arzneimittelversorgung kann man durch mildere Mittel als dem ausnahmslosen Ausschluss berufsfremder Dritter von der Arzneimitteldistribution gerecht werden. Der Aspekt des Mittelstandsschutzes ist im Unterschied zur nationalen Verfassungslage auf europäischer Ebene als rein wirtschaftspolitisches Argument ohne Belang.
764
EuGH, 4/73, Slg. 1974, 176; Blanke, in Tettinger / Stern, Art. 15 Rn. 10. Art. 17 EMRK; EuGH, 44/79, Slg. 1979, 3727 Rn. 4; Depenheuer, in Tettinger / Stern, Art. 17 Rn. 16 ff. 766 Vgl. Borchardt, Rn. 192 f.; Zuleeg, in Zuleeg / Schulze, § 8 Rn. 16; Frenz, GewArch 2008, 465/467; allerdings erfassen die europäischen Grundrechte anders als die Grundfreiheiten auch Drittstaatsangehörige; Bieber et al., § 2 Rn. 18. 767 Vgl. Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. I. und II; Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. 768 Vgl. Teil 1 Kapitel 3 § 2 B. II. 2.; Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. 769 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07. 765
180
Teil 1: Beteiligung Dritter an Apotheken
Neben dem Verstoß gegen die Grundfreiheiten verletzen die einzelnen Verbote auch das europäische Grundrecht auf Berufsfreiheit und auf Eigentum, welche in ihrem Schutzumfang vergleichbar mit den deutschen Grundrechten sind und sich hinsichtlich der Rechtfertigungsmöglichkeiten nach der Systematik der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten richten. Aus diesen Gründen ist das deutsche Fremdnutzungsverbot in seiner Gesamtheit europarechtswidrig und darf bei grenzüberschreitenden Sachverhalten innerhalb der Gemeinschaft nicht zur Anwendung kommen.
Kapitel 5
Ergebnis des ersten Teils der Untersuchung Das im Apothekengesetz verankerte Fremdnutzungsverbot schränkt Apotheker und beteiligungsinteressierte Berufsfremde in ihren Kooperationsmöglichkeiten umfassend ein. Die bestehenden Zusammenarbeitsformen laufen im Wesentlichen auf reine Dienstleistungsangebote der Berufsfremden hinaus, wobei bei zunehmender Intensität der Geschäftsbeziehung der Vorwurf der Umgehung apothekenrechtlicher Bestimmungen droht. Insbesondere Franchising oder franchiseähnlichen Formen der Kooperation von Berufsfremden und Apothekern dürften in den meisten Fällen mit dem Fremdnutzungsverbot – dessen Wirksamkeit unterstellt – nicht vereinbar sein. Im Lichte höherrangigen Rechts verstößt das Fremdnutzungsverbot allerdings in all seinen Ausgestaltungen gegen Verfassungs- und Europarecht und ist daher nichtig bzw. bei grenzüberschreitenden Sachverhalten nicht anwendbar. Parallel verlaufen dabei die Begründungen zur Verfassungs- bzw. Europarechtswidrigkeit des Verbots partiarischer oder stiller Beteiligungen aus § 8 S. 2 ApoG sowie des Verpachtungsverbots aus § 9 Abs. 1 ApoG. In beiden Fällen verletzen die Verbote Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG sowie Art. 56 Abs. 1 EG. Im Falle des Verpachtungsverbots sowie des Verbots partiarischer Darlehensund Mietvertragsgestaltung liegt zudem ein Verstoß gegen Art. 49 Abs. 1 EG vor. Das Fremdbetriebsverbot sowie das Fremdgesellschaftsverbot als dessen Unterfall verstoßen trotz ihrer mittelstandsschützenden Wirkung gegen Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 43 Abs. 1 EG. Dementsprechend sind die §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 8 S. 1 und 2, 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 ApoG nichtig, soweit sie das Fremdnutzungsverbot begründen.
Fremdgesellschaftsverbot § 8 S. 1 ApoG
Verstoß gegen Art. 12 I, 14 I GG, da zum Gesundheitsschutz nicht erforderlich und zum Mittelstandsschutz nicht geeignet.
Verbot partiarischer Rechtsverhältnisse und stiller Gesellschaften Atypische stille Gesellschaft = Typisch stille Gesellscha stiller Gesellschafter hat Mit- und partiarische RechtswirkungsR o. Geschäftsfühverhältnisse, § 8 S. 2 rungsR, § 8 S. 2 Alt. 1 ApoG Alt. 1 und 2 ApoG
Verstoß gegen Art. 43 I EG, da die Behinderung der Niederlassung nicht aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt werden kann.
Kein Verstoß gegen Art. 43 I EG. Die Norm tangiert die Niederlassungsfreiheit nicht (Ausnahme: Verpachtungsgesell. will in Deutschland eine Niederlassung eröffnen => Verstoß).
Verstoß gegen Art. 56 I EG u. Art. 49 EG. Eine Rechtfertigung aus Gründen des Gesundheitsschutzes scheitert an der Geeignetheit der Verbote.
Verstoß gegen Art. 56 I EG und 49 I EG. Eine Rechtfertigung aus Gründen des Gesundheitsschutzes scheitert zumindest an der Erforderlichkeit (bereits starke Zweifel an der Geeignetheit).
Verstoß gegen Art. 3 I GG, da sachl. Gründe für die Ungleichbehandlung ggü. anderen freien Berufen und Apothekenvermietern fehlen.
Verstoß gegen Art. 12 I, 14 I GG, da zum Gesundheitsschutz nicht erforderlich und zum Mittelstandsschutz nicht geeignet.
Fremdverpachtungsverbot § 9 Abs. 1 ApoG
Kein Verstoß gegen Art. 43 I EG, da die Norm die Niederlassungsfreiheit nicht tangiert (Ausnahme: Beteiligungs-, Vermietungs-, Finanzgesellschaften, die in Deutschland eine Niederlassung gründen wollen).
Verstoß gegen Art. 3 I GG, da sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung ggü. Krankenhausapotheken und anderen freien Berufen fehlen.
Verstoß gegen Art. 12 I GG, da zum Schutz der Gesundheit und des Mittelstandes nicht erforderlich. Kein Verstoß gegen Art. 14 I GG, da Art. 12 I GG insoweit spezieller ist.
Fremdbetriebsverbot i. e. S. § 1 II, 2 I, 7 S. 1, 13 I ApoG
Fremdbetriebsverbot i. w. S.
Fremdnutzungsverbot
Schaubild 4 Wirksamkeit von Beteiligungsverboten an Apotheken
Kap. 5: Ergebnis des ersten Teils der Untersuchung 181
Teil 2
Beteiligung Dritter an Arztpraxen Kapitel 1
Problemaufriss Über die Ärzteschaft sind in den letzten Jahren zahlreiche Liberalisierungswellen hinweggebrochen. Dabei wurde mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenkassen (GMG) 1 zum 1. 1. 2004 das Medizinische Versorgungszentrum als neue ambulante Versorgungsform eingeführt, wurden Krankenhäuser in die ambulante Versorgung verstärkt eingebunden und es wurde die Vergütung weiter beschnitten. Daneben wurde in fast allen Bundesländern standesrechtlich die Ärztekapitalgesellschaft legalisiert sowie die interprofessionelle Zusammenarbeit erleichtert. 2 Nach der Weichenstellung führte das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) 3 mit Wirkung zum 1. 1. 2007 den eingeschlagenen Weg fort. So hob es die bis dahin bestehenden vertragsärztlichen Einschränkungen bei Gemeinschaftspraxen auf und erweiterte den Kreis der möglichen Gesellschafter einer Berufsausübungsgemeinschaft. 4 Daneben vollzog es die bereits standesrechtlich eröffnete Möglichkeit der überörtlichen, auf bestimmte Teilbereiche beschränkten ärztlichen Zusammenarbeit in sogenannten überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften bzw. Teilberufsausübungsgemeinschaften zulassungsrechtlich nach. 5 Ferner erleichterte es die Anstellung von Ärzten und erklärte den Betrieb von Zweigpraxen für zulässig. 6 Diese tiefgreifenden Veränderungen gebieten es, die Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit der Beteiligung fachfremder Dritter an den Ergebnissen ärztlicher Tätigkeit zu stellen, auch wenn oder gerade weil die zitierten Gesetzesnovellen hierzu zumindest unmittelbar keine Aussagen treffen. Während im 1
BGBl. I 2003, 2190. Vgl. §§ 23a, 23b MBO-Ä. 3 BGBl. I 2006, 3439. 4 Vgl. § 33 II Ärzte-ZV. 5 Fiedler / Fürstenberg, NZS 2007, 184/185 f., 188 f.; Ratzel / Dahm, MedR 2006, 555/ 557 ff. 6 Vgl. §§ 24 III, 32b Ärzte-ZV. 2
Kap. 2: Einfachgesetzliche Rechtslage
183
Schrifttum einige mit der Problematik der Drittbeteiligung zusammenhängende Problemfelder heftig diskutiert werden – genannt seien hier vor allem das Einnahmepooling 7 sowie das Problem der Scheinselbständigkeit 8 –, finden sich über Möglichkeiten der Partizipation Berufsfremder an den Erträgen ärztlicher Heilkundeausübung kaum Beiträge. Im Folgenden wird sowohl einfachgesetzlich als auch verfassungs- und europarechtlich auf Beteiligungsmöglichkeiten Dritter an ärztlichen Honoraren näher eingegangen.
Kapitel 2
Einfachgesetzliche Rechtslage Obwohl das Ergebnis der verfassungs- und europarechtlichen Vereinbarkeit ärztlicher Beteiligungsbeschränkungen bereits durch die ausführliche Würdigung der apothekenrechtlichen Beteiligungsverbote vorgezeichnet ist, 9 stellt sich die Frage, ob Berufsfremden die Beteiligung an Arztpraxen überhaupt einfachgesetzlich untersagt ist. Denn anders als im Apothekenrecht gibt es nur wenige arztrechtliche Regelungen, die auf die Beteiligungsfrage explizit eingehen. Daher scheint das folgende Kapitel gerade für denjenigen Leser interessant, der die verfassungs- und europarechtliche Bewertung nicht teilen mag.
§ 1 Relevante Rechtsquellen Bevor nach speziellen Regelungen in den Berufsordnungen und im Zulassungsrecht gesucht werden kann, sind das allgemeine Gesellschaftsrecht, das Heilpraktikergesetz sowie die Heilberufskammergesetze der Länder auf beteiligungsrelevante Bestimmungen zu durchleuchten. Danach ist auf das Berufsrecht, normiert in der Bundesärzteordnung und den Berufsordnungen der einzelnen Kammerbezirke, einzugehen. Die Berufsordnungen der Landesärztekammern orientieren sich dabei uni sono an entsprechenden Regelungen in der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer (MBO-Ä) 10, die, ohne selbst verbindlich zu sein, für die einzelnen Landesärztekammern Vorbildcharakter hat. 11 Der Grund 7
Vgl. Lindenau / Spiller, S. 44 Rn. 52; Michels / Möller, S. 178; Teil 2 Kapitel 2 § 4 F. Dies wird vor allem im Zusammenhang mit sog. „Nullbeteiligungsmodellen“ thematisiert, vgl. Michels / Möller, S. 64 f.; Preißler / Sozietät Dr. Rehborn, S. 20 ff.; im hier interessierenden Zusammenhang, vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 4 E. IV.; allgemein, vgl. Lindenau / Spiller, S. 57 f. Rn. 110 ff. 9 Siehe Teil 1 Kapitel 3; Teil 1 Kapitel 4. 10 Bei dieser handelt es sich um einen privatrechtlichen, nichtrechtsfähigen Verein, der zur Rechtsetzung nicht ermächtigt ist. 8
184
Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
für die Unverbindlichkeit der MBO-Ä liegt in der Verteilung der Gesetzgebungskompetenz, welche bei Fragen des Berufsrechts gemäß Art. 70 Abs. 1 GG allein den Ländern zufällt. Diese haben wiederum die entsprechenden Landesärztekammern ermächtigt, die in den Kammergesetzen fixierten allgemeinen Grundsätze der heilkundlichen Berufsausübung in eigenen Berufsordnungen näher zu konkretisieren. Daher besitzen auch nur diese legislativ abgeleitete materielle Gesetzeskraft. Da sich aber die entsprechenden Regelungen in den Berufsordnungen im Wesentlichen gleichen, wird im Folgenden auf die Musterberufsordnung abgestellt und nur bei signifikanten Abweichungen werden die landesrechtlichen Bestimmungen erläutert. Im Sozialgesetzbuch ist insbesondere die Schöpfung der interdisziplinären Versorgungsform Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) für die Beteiligungsproblematik interessant. Hier wird auf die Beteiligungsfreundlichkeit des Instituts, auf berufsrechtliche Einschränkungen sowie auf einen Vergleich mit den klassischen Versorgungsformen einzugehen sein. Außerdem ist in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), welche sowohl für den Vertragsarzt als auch für das MVZ über den Verweis in § 95 Abs. 2 S. 4 und 5 SGB V von besonderer Bedeutung ist, nach beteiligungsrelevanten Normen zu suchen. Hierbei wird am Rande auch auf die Verträge zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und den Spitzenverbänden der Krankenkassen sowie der KBV und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen bzw. dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband, mithin den Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) sowie dem Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä) zurückzugreifen sein, denen als sogenannte Normverträgen Rechtsnormqualität zukommt. 12
§ 2 Verbot des Fremdbetriebs von Arztpraxen Parallel zur Situation bei den Apotheken ist zunächst ein Beteiligungsmodell denkbar, in der der Berufsfremde die Praxis mit Hilfe angestellter Ärzte alleine betreibt. 13
11 Taupitz, Standesordnungen, S. 757; Straßburger, MedR 2006, 462/463; Ratzel, ZMGR 2005, 143; Bohle / Grau, KH 2004, 885/886. 12 BSGE 29, 254/256; LG Arnsberg, MedR 2008, 746/747; Engelmann, NZS 2000, 1/4 m.w. N. 13 Zum Begriff des Fremdbetriebs: Teil 1 Kapitel 2 § 1 A. I.
Kap. 2: Einfachgesetzliche Rechtslage
185
A. Fremdbetriebsbeschränkende Regelungen im Heilpraktikergesetz Das Heilpraktikergesetz (HPG) macht in § 1 Abs. 1 HPG die Ausübung der Heilkunde abhängig von einer Erlaubnis, sofern man keine ärztliche Approbation besitzt. Wie sich aus § 1 Abs. 2 HPG aber ergibt, ist mit Ausübung der Heilkunde nur die unmittelbare Patientenbehandlung gemeint. 14 Ob ein Berufsfremder dagegen einen „Heilkundebetrieb“ mit angestellten Ärzten betreiben darf, ist dem HPG nur indirekt zu entnehmen. Indem § 1 Abs. 2 Hs. 2 HPG nämlich die Heilkundeausübung auf den Fall erstreckt, dass sie „im Dienste von anderen ausgeübt wird“, wird implizit die Möglichkeit des Fremdbetriebs anerkannt.
B. Fremdbetriebsbeschränkende Regelungen im Berufsrecht I. Ableitung eines Fremdbetriebsverbots aus § 17 Abs. 1 MBO-Ä Gegen den Fremdbetrieb von Praxen konnte in Vergangenheit der Wortlaut des § 17 Abs. 1 MBO-Ä a. F. 15 angeführt werden, wonach die ambulante ärztliche Tätigkeit an die „Niederlassung in eigener Praxis“ gebunden war. Dieser Passus (auch aus älteren Fassungen einiger Heilberufskammergesetze) wurde in der Neufassung des § 17 Abs. 1 MBO-Ä 16 dahin gehend geändert, dass nunmehr nur noch die „Niederlassung in einer Praxis“ erforderlich ist. Auch die meisten Heilberufskammergesetze wurden in der Zwischenzeit i. S. d. § 17 Abs. 1 MBO-Ä n. F. angepasst. 17 Hieraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass die eigentumsrechtliche Situation keinen Einfluss auf berufsrechtliche Zulässigkeitsoder Genehmigungsfragen haben soll. 18 Die berufsrechtliche Irrelevanz der Eigentumsverhältnisse entspricht auch der Rechtsprechung des BSG zum Vertrags-
14 § 1 II HPG: „Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufsoder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.“ 15 So noch in der MBO-Ä in der Fassung des 106. Dt. Ärztetags in Köln 2003. 16 In der Fassung des 107. Dt. Ärztetags 2004 in Bremen. 17 Die Formulierung „eigene Praxis“ existiert nur noch in den HKaG der Länder RLP, Nds und Sr. 18 Preißler / Sozietät Dr. Rehborn, S. 58 f.; Flenker, Referat auf dem 107. Dt. Ärztetag zur Novellierung der MBO-Ä, abrufbar unter http://www.bundesaerztekammer.de/ arzt2004/start.htm (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009); Butler, MedR 2001, 604/610.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
arztrecht, nach der für die Zulassung zum Vertragsarzt die dingliche Eigentumslage ohne Bedeutung ist. 19 Gleichwohl wollen Ratzel / Lippert die Neufassung weniger weit verstanden wissen und nur berufsfremdes Eigentum an einzelnen materiellen Ressourcen, etwa an den Praxisräumen, erlauben. Die Praxis als ökonomische Gesamtheit müsse dagegen im Eigentum eines Arztes verbleiben. 20 Eine solche Beschränkung ist dem Wortlaut jedoch nicht zu entnehmen und daher abzulehnen, 21 zumal die Bestimmung, wann eine Praxis in ihrer Gesamtheit nicht mehr dem Arzt gehört, durchaus schwierig sein kann. 22 Dennoch wurde in der Vergangenheit der Begriff der Niederlassung häufig mit wirtschaftlicher Selbständigkeit gleichgesetzt und auf diesem Wege ein Fremdbetriebsverbot begründet. 23 Zahlreiche neuere Abhandlungen zeigen jedoch, dass eine solche Auslegung semantisch nicht zwingend ist. 24 Seit 2004 legt zudem der als Legaldefinition zu deutende Klammerzusatz „(Praxissitz)“ in § 17 Abs. 1 MBO-Ä n. F. ein Verständnis der Niederlassung ausschließlich als konkrete Praxisadresse mehr als nahe. 25 § 17 Abs. 1 MBO-Ä kann daher nicht statuskonstituierend verstanden werden, sondern ist vielmehr ortsbezogen auszulegen und steht demnach einem Fremdbetrieb nicht unmittelbar entgegen. 26 II. Ableitung eines Fremdbetriebsverbots aus § 17 Abs. 1 i.V. m. § 19 Abs. 1 MBO-Ä Neben § 17 MBO-Ä ist aber auch § 19 Abs. 1 S. 2 MBO-Ä zu beachten. § 19 Abs. 1 S. 2 MBO-Ä schreibt vor, dass ein Arzt in einer ambulanten Praxis 27 seinem Beruf nur dann in abhängiger Beschäftigung nachgehen kann, wenn die 19
Vielmehr ist der Begriff der eigenen Niederlassung im Vertragsarztrecht nur als weiterer Ausdruck der eigenverantwortlichen Berufsausübung zu verstehen, BSGE 35, 247 ff. 20 Ratzel / Lippert, MedR 2004, 525. 21 So auch Reiter, GesR 2005, 6/13. 22 Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 4 E. IV. 23 BGHZ 70, 158/161 ff.; Daniels / Bulling, § 2 Rn. 28; Taupitz, NJW 1992, 2317/ 2321 f., 2324. 24 Eisenberg, S. 316 ff.; Preißler / Sozietät Dr. Rehborn, S. 57 ff.; Gesellensetter, S. 231 ff.; Attermeyer, S. 150 ff.; Hildebrandt S. 160 f. 25 Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A 1200 Rn. 29; Engelmann, MedR 2002, 561/563; Gummert / Meier, MedR 2007, 75/77. 26 So auch Reiter, MedR 2005, 6/13, der generell an der verfassungsrechtlichen Bestimmtheit des Niederlassungsbegriffs zweifelt. 27 Das Medizinische Versorgungszentrum als eigenständige ambulante Versorgungsform stellt dagegen gerade keine Praxis dar, so dass die Einschränkungen des § 19 MBO-Ä für dieses nicht gelten.
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Praxis durch den niedergelassenen Arzt geleitet wird. Damit kann aber nur der Praxisinhaber gemeint sein, 28 denn sonst wäre der niedergelassene ja wiederum selbst angestellter Arzt und bedürfte der Leitung durch einen niedergelassenen Arzt. Da ein solcher circulus diaboli nicht Normzweck sein kann, folgt aus § 19 Abs. 1 MBO-Ä, dass mit niedergelassenem Arzt zumindest ein Praxismitinhaber gemeint ist. 29 Die Regelung verdeutlicht zudem, dass im Weisungsrecht des Arbeitgebers eine Gefahr für die ärztliche Unabhängigkeit gesehen wird, der dadurch begegnet werden soll, dass im Rahmen der ambulanten Versorgung Arbeitgeber eines Arztes grundsätzlich nur ein Berufsangehöriger sein soll, der qua Profession dem selben Berufsrecht unterliegt wie der Angestellte. Schlussendlich verbietet § 19 Abs. 1 MBO-Ä in Kombination mit § 17 Abs. 1 MBO-Ä also das berufsfremde Betreiben einer Praxis mittels angestellter Ärzte.
C. Fremdbetriebsbeschränkende Regelungen im vertragsärztlichen Zulassungsrecht I. Traditionelles Verständnis der vertragsärztlichen Freiberuflichkeit § 19 Abs. 1 MBO-Ä flankiert damit nach traditionellem Verständnis auch § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, wonach die vertragsärztliche Tätigkeit in freier Praxis auszuüben ist. Hierunter sollte nämlich nach zumindest bis zum Inkrafttreten des GMG und VÄndG herrschender Auffassung die wirtschaftlich selbständige Berufsausübung verstanden werden. 30 Gestützt wurde diese Ansicht entweder auf ein traditionelles Verständnis der Freiberuflichkeit, nach der ein freier Beruf neben der fachlichen Unabhängigkeit zwingend auch eine wirtschaftliche erfordere, 31 oder auf ein argumentum e contrario aus § 1 Abs. 2 BÄO; § 1 Abs. 1 S. 3 MBO-Ä. 32 Denn gerade weil sich die dort konstituierte Freiberuflichkeit 28 Ausdrücklich so in Hamburg: § 2 II ÄrzteG Hmb.: „Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sind Ärztinnen bzw. Ärzte, die in eigener Praxis allein oder in Gemeinschaft mit anderen Ärztinnen und Ärzten für die ambulante ärztliche Versorgung der Bevölkerung zur Verfügung stehen und dies am Praxissitz ankündigen.“ 29 Mit dieser Begründung lässt sich auch der Ausschluss angestellter ärztlicher Tätigkeit aus dem Niederlassungsbegriff aufrecht erhalten, der freilich unter insgesamt anderen gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Vergangenheit vertreten wurde, vgl. Taupitz, MedR 1993, 367/371 m.w. N. auch zur Gegenmeinung. 30 BVerfGE 16, 268/298; Bogs, in Gitter et al., FS Wannagat, S. 51/63; Engelmann, ZMGR 2004, 3/10; Meyer / Kreft, GmbHR 1997, 193/196; Ahrens, MedR 1992, 141/144; Taupitz, VersR 1992, 1064/1065. 31 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. b) (2). 32 § 1 II BÄO: „Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe; er ist seiner Natur nach ein freier Beruf.“ § 1 I 3 MBO-Ä: „Er [der ärztliche Beruf] ist seiner Natur nach ein freier Beruf.“
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des Arztes nur auf die fachliche Unabhängigkeit bezöge, müsse der Freiberuflichkeitsbegriff in § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV umfassender verstanden werden. Ansonsten stelle sich die Norm nämlich nur als Pleonasmus der beruflichen Regelungen dar, der kaum gewollt sein könne. 33 II. Modernes Verständnis einer einheitlichen Bedeutung vertragsarzt- und standesrechtlicher Freiberuflichkeit In der Zwischenzeit wurde das Vertragsarztrecht insbesondere durch das GMG und VÄndG umfassend neu gestaltet und liberalisiert, so dass die Grundlagen dieser Auffassung ins Wanken geraten sind. Während nämlich ihre Argumentationsmuster gerade im Zusammenhang mit der Diskussion um die vertragsarztrechtlichen Unzulässigkeit einer GmbH entwickelt wurden, hat der Gesetzgeber mit der durch das GMG eingeführten Versorgungsform des MVZ die GmbH in die ambulante Versorgung bewusst implementiert. 34 Daneben hat er auch die Tätigkeit des Arztes im Angestelltenverhältnis zielgerichtet gefördert, wie § 32b Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV i.V. m. § 95 Abs. 1 S. 2, Abs. 9 und 9a SGB V belegen. 35 Mit dem VÄndG wurde die Liberalisierung der vertragsärztlichen Strukturen weiter vorangetrieben und mit der Legalisierung überörtlicher (Teil-) Berufsausübungsgemeinschaften die Möglichkeit der Kettenbildung eröffnet. Das Berufsrecht hat diese Entwicklung weitestgehend mitvollzogen, so dass auch hier die GmbH erlaubt (§ 23a MBO-Ä), die Möglichkeiten der abhängigen Beschäftigung im ambulanten Bereich erweitert (§§ 19, 22 MBO-Ä) sowie die überörtliche (Teil-) Gemeinschaftspraxis (§ 18 Abs. 1 S. 1 MBO-Ä) eingeführt wurde. Die Begründung Bogs, der Gesetzgeber wolle mit dem Vertragsarztrecht wirtschaftspolitisch den Vertragsarzt als mittelständischen Ein-Mann-Betrieb fördern, 36 trägt somit nicht mehr. Ebenso ist auch die vertragsärztliche Altersgrenze von zuletzt 68 Jahren in § 95 Abs. 7 SGB V a. F. weggefallen, die als mittelbare Stütze eines klassischen Verständnisses des Vertragsarztes als Selbständiger verstanden wurde. 37 Vor diesem Hintergrund erscheint das Ableiten der wirtschaftlichen Selbständigkeit aus § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV nicht mehr zwingend. 38 33
Taupitz; VersR 1992, 1064/1065. BT-Drucks. 15/1525, 107; siehe auch Teil 2 Kapitel 2 § 6. 35 § 32b I S. 1 MBO-Ä: „Der Vertragsarzt kann Ärzte nach Maßgabe des § 95 Abs. 9 und 9a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anstellen.“ 36 Bogs, in Gitter et al., FS Wannagat, S. 51/63. 37 Grund hierfür war der Zweck der Altersgrenze, die vor allem verhindern sollte, dass ein älterer Arzt versucht, in kürzester Zeit die Amortisation der Praxisinvestitionen zu erzielen. Mit diesem Zweck brachte der Gesetzgeber aber zugleich zum Ausdruck, dass er von einer Personenidentität von Vertragsarzt und Praxisinhaber ausging; vgl. BT-Drucks. 11/2237, 195; Ahrens, MedR 1992, 141/144; Taupitz, VersR 1992, 1064/ 1065. 34
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Zumindest ist aber von einer gegenüber dem Berufsrecht abweichenden Auslegung auch aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit und des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes abzusehen. 39 Daher wird im Fortgang dieser Arbeit der Begriff der Freiberuflichkeit einheitlich verwendet werden und von einer Unterscheidung zwischen vertragsärztlicher und berufsrechtlicher Freiberuflichkeit abgesehen. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BVerfG, welches die privatärztliche und vertragsärztliche Tätigkeit einem einheitlichen Berufsbild „Arzt“ zuordnet. 40 Obschon die detaillierte Bestimmung von Inhalt und rechtlicher Bedeutung der Freiberuflichkeit an späterer Stelle der Arbeit erfolgen wird, 41 kann hier unter Rückgriff auf die Ausführungen zum apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbot soviel vorweg genommen werden, dass die wirtschaftliche Selbständigkeit kein essentieller Bestandteil der Freiberuflichkeit (mehr) ist. 42 III. Konnex zwischen Vertragsarztstatus und Praxisinhaberschaft Gleichwohl darf sich der Vertragsarzt auch heute noch grundsätzlich nicht in einem Angestelltenverhältnis befinden. Dies ergibt sich allerdings, wie gezeigt, nicht aus der in § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV verankerten Freiberuflichkeit, sondern vielmehr aus § 32b Abs. 1 Ärzte-ZV. Hiernach darf der Vertragsarzt andere Ärzte anstellen. Mithin unterscheidet die Ärzte-ZV ausdrücklich zwischen Vertragsarzt und angestelltem Arzt und stellt diese kontrapunktisch gegenüber. 43 Dementsprechend ist der Vertragsarzt grundsätzlich mit dem Praxisinhaber gleichzusetzen. Auch die §§ 1a Nr. 25, 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä; §§ 1a Nr. 25, 14 Abs. 1 S. 2 EKV-Ä definieren den Vertragsarzt als Praxisinhaber und 38 LSG Celle-Bremen, GesR 2002, 21/24; Attermeyer, S. 202; Hildebrandt, 165; Reiter, GesR 2005, 6/14; Braun / Richter, MedR 2005, 685/687; ArG Berufsrecht, ZMGR 2003/2004. 39 Die bestehende bedenkliche Unbestimmtheit des § 32 I Ärzte-ZV konstatierend: LSG Celle-Bremen, GesR 2002, 21/24; auch für ein einheitliches Verständnis der Freiberuflichkeit votierend: Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A 1200 Rn. 39; Schallen, Rn. 920; Preißler / Sozietät Dr. Rehborn, S. 65; Reiter, GesR 2005, 6/14; Gummert / Meier, MedR 2007, 75/76; ArG Berufsrecht, ZMGR 2002/2003, 59/65; Reiter, GesR 2005, 6/14; Gummert / Meier, MedR 2007, 75/76. 40 BVerfG, NJW 1960, 715. 41 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 4. 42 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. b) (2). 43 § 32b Abs. 1 Ärzte-ZV: „Der Vertragsarzt kann Ärzte nach Maßgabe des § 95 Abs. 9 und 9a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anstellen. In den Bundesmantelverträgen sind einheitliche Regelungen zu treffen über den zahlenmäßigen Umfang der Beschäftigung angestellter Ärzte unter Berücksichtigung der Versorgungspflicht des anstellenden Vertragsarztes.“
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bestätigen somit diese Auslegung. 44 Daher ist der Vertragsarzt trotz der erfolgten Liberalisierungen im Grundsatz immer noch mit dem selbständigen Praxisinhaber gleichzusetzen.
D. Schlussfolgerung Der Fremdbetrieb von Arztpraxen durch Berufsfremde mittels angestellter Ärzte ist nicht möglich. Berufsrechtlich wird er durch § 17 Abs. 1 i.V. m. § 19 Abs. 1 MBO-Ä ausgeschlossen, vertragsarztrechtlich ist er gemäß § 32b Abs. 1 Ärzte-ZV unzulässig. Mit dem Begriff der freien Praxis in § 31 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV kann hingegen ein Fremdbetriebsverbot ebenso wenig hinreichend begründet werden, wie mit § 17 Abs. 1 MBO-Ä allein.
§ 3 Beschränkungen der aktiven gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an Arztpraxen – Fremdgesellschaftsverbot Die folgenden Ausführungen beziehen sich zunächst nur auf Beteiligungsbeschränkungen auf gesellschaftsrechtlicher Ebene. Die Diskussion rein passiver Finanzbeteiligungen an Arztpraxen, wie etwa die typisch stille Gesellschaft, erfolgt unter einem gesonderten Abschnitt. Gleichfalls erst im Anschluss erfolgt die Darstellung der abseits des Gesellschaftsrechts bestehenden ausschließlich schuldvertraglichen und fiduziarischen Beteiligungsverhältnisse.
A. Beschränkungen der aktiven gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an Arztpraxen im Heilpraktikergesetz Wie bereits herausgearbeitet wurde, ist dem HPG kein Verbot des Fremdbetriebs zu entnehmen. 45 Folgerichtig kann ihm auch kein Verbot der gesellschafts44 § 1a Nr. 25 BMV-Ä; § 1a Nr. 25 EKV-Ä: „Persönliche Leitung der Arztpraxis: Voraussetzungen, nach denen bei in der Arztpraxis beschäftigten angestellten Ärzten im Hinblick auf deren Zahl, Tätigkeitsumfang und Tätigkeitsinhalt sichergestellt ist, dass der Praxisinhaber den Versorgungsauftrag im notwendigen Umfang auch persönlich erfüllt und dafür die Verantwortung übernehmen kann.“ § 15 I S. 1, 2 BMV-Ä; § 14 I 2 EKV-Ä: „Jeder an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt ist verpflichtet, die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben. Persönliche Leistungen sind auch ärztliche Leistungen durch genehmigte Assistenten und angestellte Ärzte gemäß § 32b Ärzte-ZV, soweit sie dem Praxisinhaber als Eigenleistung zugerechnet werden können.“
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rechtlichen Beteiligung an einer Heilkundegesellschaft entnommen werden, solange der Berufsfremde die Behandlung des Patienten nicht selbst vornimmt. Schließlich stellt der Fremdgesellschaftsbetrieb nichts anderes als einen partiellen Fremdbetrieb dar. Dementsprechend sind aus Sicht des HPG gegen eine von Ärzten und Berufsfremden bzw. gegen eine ausschließlich von Berufsfremden gegründete Heilkundegesellschaft keine Einwände zu erheben, solange die eigentliche Heilkundeausübung in oder für die Gesellschaft durch Ärzte oder Heilpraktiker i. S. d. § 1 HPG erfolgt. 46
B. Beschränkungen der aktiven gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an Arztpraxen im allgemeinen Gesellschaftsrecht I. Die Beteiligungsschranken im HGB Voraussetzung für einen gesellschaftsrechtlichen Zusammenschluss von Arzt und Nichtarzt ist stets, dass der Arzt und der Berufsfremde auch die rechtsformspezifischen Gründungsvoraussetzungen nach allgemeinem Gesellschaftsrecht erfüllen, mithin gründungsfähig sind. Bei den Personengesellschaften des HGB stellt sich aus ärztlicher Sicht dabei stets das Problem, dass sie den Betrieb eines Handelsgewerbes als Gesellschaftszweck erfordern, §§ 105 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB. § 1 Abs. 1 S. 2 MBO-Ä stellt allerdings klar, dass die ärztliche Tätigkeit gerade kein Gewerbe ist. Mithin handelt es sich bei dem gesetzlich vorgegebenen Gesellschaftszweck einer OHG oder KG um einen für den Arzt verbotenen Gesellschaftszweck, soweit die Ausübung der Heilkunde in der Gesellschaft gewollt ist. 47 Wird der Arzt dagegen in der Gesellschaft nicht unmittelbar ärztlich tätig, steht ihm die Beteiligung an einer OHG oder KG grundsätzlich offen. 48
45
Teil 2 Kapitel 2 § 2 A. BGH, NJW-RR 1992, 430; Schiller / Broglie, in Halbe / Schirmer, A 1600 Rn. 14; Taupitz, NJW 1992, 2317/2319. 47 So die h. M: Hopt, in Baumbach / Hopt, § 105 Rn. 13; Quaas / Zuck, S. 706 f.; Schwarz / Helmreich, ZMGR 2005, 203; B. Koch, GesR 2005, 241/244; Fiedler / Weber, NZS 2004, 358/361 f.; Rau, DStR 2004, 640/642; Sänger, NZS 2001, 234 f.; a. A. vor allem auf § 105 II HGB abstellend: K. Schmidt, MüKo-HGB, § 105 Rn. 58; ders., ZHR 163 (1999), 87/90; Lindenau, GesR 2005, 494/495 Fn. 21; Künnemann, DÄBl. 2004, A 1151; Klose, BB 2003, 2702; OHG und KG zumindest für MVZ bejahend: Möller, in Dahm et al., S. 83 f.; Ziermann, MedR 2004, 540/541; Peikert, ZMGR 2004, 211/214 f. 48 Gesellensetter, S. 204 f.; Eisenberg, S. 140. 46
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II. Die Beteiligungsschranken im PartGG § 1 PartGG erlaubt nur Angehörigen freier Berufe, eine Partnerschaftsgesellschaft zu gründen und zu betreiben. Mithin können Berufsfremde, die nicht einem freiberuflichen Berufsstand angehören, von vorneherein keine Gesellschafter einer Ärzte-PartG werden.
C. Beschränkungen der aktiven gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an Arztpraxen im Berufsrecht I. Überblick 1. Ärztliches Berufsbild Ausgangspunkt sind § 1 Abs. 2 BÄO und § 1 Abs. 1 S. 3 MBO-Ä. Hiernach wird der Arzt als freier Beruf qualifiziert, der ausdrücklich kein Gewerbe betreibt, sondern der Gesundheit des einzelnen Menschen dient. Das klassische Bild des Freiberuflers, insbesondere des freiberuflichen Arztes, ist dabei immer noch die fachlich und wirtschaftlich selbständige alleinige Berufsausübung in eigener Praxis. 49 Vor diesem Hintergrund steht die MBO-Ä der Zusammenarbeit mit anderen Berufangehörigen, vor allem aber der Beteiligung von Berufsfremden, äußerst restriktiv gegenüber. 50 2. Berufsrechtliche Organisationsformen Im Einzelnen bestimmt § 18 MBO-Ä als Grundsatznorm ärztlicher Zusammenarbeit in Absatz 2, dass bei allen Formen ärztlicher Zusammenschlüsse stets die eigenverantwortliche, medizinisch unabhängige und nicht gewerbliche Berufsausübung gewährleistet sein muss. 51 Daneben werden in Absatz 1 auch Berufsausübungsgemeinschaften, medizinische Kooperationsgemeinschaften, Praxisverbünde sowie Organisationsgemeinschaften als zulässige Kooperationsformen genannt.
49 Nach den Angaben des Arztregisters der KBV waren im ambulanten Sektor im Jahre 2007 insgesamt 137.500 Ärzte tätig. Hiervon waren jedoch nur 10.400 Ärzte abhängig beschäftigt und „nur“ 46.831 in Gemeinschaftspraxen organisiert. Die überwiegende Mehrheit der ambulant tätigen Ärzte übt ihren Beruf mithin immer noch in einer Einzelpraxis aus, vgl. auch Ratzel, in Ratzel / Lippert, § 18 Rn. 2. 50 Siehe hierzu im Einzelnen: Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. II. 51 Normtext im Anhang, Gesetzesauszüge.
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3. Ärzte(kapital)gesellschaft Des Weiteren eröffnet § 23a MBO-Ä Ärzten die Möglichkeit, eine Kapitalgesellschaft zu gründen und in dieser ihrem Beruf nachzugehen. 52 Ausgenommen sind hiervon die Ärzte in Bayern, weil das dortige Kammergesetz in Art. 18 Abs. 1 S. 2 den Betrieb einer Praxis in Kapitalgesellschaftsform weiterhin verbietet. 53 Unklar ist die Rechtslage in Berlin. Die Umsetzung des § 23a MBO-Ä in die Berufsordnung wurde von der Aufsichtsbehörde nicht genehmigt. Hintergrund ist wohl die Regelung in § 4a Abs. 5 HKaG-B, nach der die ärztliche Tätigkeit grundsätzlich in eigener Praxis zu erfolgen hat, was bei einer juristischen Person als Praxisinhaber ja gerade nicht der Fall ist. Aufgrund der Öffnungsklausel in § 4a Abs. 5 HKaG-B, nach dem die Tätigkeit in eigener Praxis nur für den Fall vorgeschrieben ist, dass andere gesetzliche Bestimmungen nichts anderes zulassen, führt die unterlassene Genehmigung des § 23a MBO-Ä aber nicht zwangsläufig zur Unzulässigkeit der Ärztekapitalgesellschaft in Berlin. Schließlich handelt es sich bei der Berufsordnung der Landesärztekammer um ein materielles Gesetz in Satzungsform, welches in §§ 17 Abs. 1, 19 Abs. 1, 23 Abs. 1 BO-Ä Berlin 54 entgegen § 4a Abs. 5 HKaG-B gerade auch die Berufsausübung in fremder Praxis erlaubt. Die Ärztekapitalgesellschaft i. S. d. § 23a MBO-Ä ist Berufsausübungsgemeinschaft. 55 Gesellschaftszweck ist die gemeinsame Berufsausübung. Hierbei begrenzt § 23a Abs. 1 S. 2 MBO-Ä die Gesellschafterfähigkeit auf Ärzte und Berufsgruppen i. S. d. § 23b Abs. 1 S. 1 MBO-Ä, bei denen es sich vorwiegend um andere akademische Heilberufe bzw. um staatlich anerkannte Ausbildungsberufe des Gesundheitswesens handelt. Daneben umfasst § 23b Abs. 1 MBO-Ä aber auch Naturwissenschaftler und sozialpädagogische Berufsgruppen, deren Bedeutung jedoch für § 23a MBO-Ä deutlich geringer ist, da § 23a Abs. 1 52
Normtext im Anhang, Gesetzesauszüge. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken hiergegen: Taupitz, NJW 1996, 3033/ 3036; ders., NJW 1992, 2317 ff.; ders., VersR 1992, 1064; Rieger, MedR 1995, 87/88; Laufs, MedR 1995, 11/12 ff. 54 § 17 I BO-Ä Berlin: „Die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit außerhalb von Krankenhäusern einschließlich konzessionierter Privatkliniken ist an die Niederlassung in einer Praxis (Praxissitz) gebunden, soweit nicht gesetzliche Vorschriften etwas anderes zulassen“. § 19 I BO-Ä Berlin: „Der Arzt muss die Praxis persönlich ausüben. Die Beschäftigung ärztlicher Mitarbeiter in der Praxis setzt die Leitung der Praxis durch den niedergelassenen Arzt voraus. Der Arzt hat die Beschäftigung der ärztlichen Mitarbeiter der Ärztekammer anzuzeigen“. § 23 I BO-Ä Berlin: „Die Regeln dieser Berufsordnung gelten auch für Ärzte, welche ihre ärztliche Tätigkeit im Rahmen eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses oder öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ausüben.“ 55 Zum Begriff der Berufsausübungsgemeinschaft detailliert: Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. II. 1. a). 53
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S. 3 MBO-Ä die Gesellschafterstellung von einer beruflichen Tätigkeit in der Gesellschaft abhängig macht, die bei Heilberuflern wesentlich leichter zu realisieren sein wird. Interessant ist auch, dass mit der Beschränkung auf akademische Heilberufe bzw. staatliche Ausbildungsberufe des Gesundheitswesens Krankenhäuser und Heilpraktiker von einer Gesellschafterstellung ausgeschlossen werden. 56 Die Mehrheit der Stimm- und Gesellschaftsanteile muss zudem den ärztlichen Gesellschaftern zustehen (§ 23a Abs. 1 S. 4 lit. b). Insgesamt führt § 23a Abs. 1 i.V. m. § 23b Abs. 1 MBO-Ä zu einer erheblichen Behinderung der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsmöglichkeit berufsfremder Dritter an Ärztekapitalgesellschaften. 57 4. Medizinische Kooperationsgemeinschaft Die Schwesternorm zu § 23a MBO-Ä ist § 23b MBO-Ä. 58 Während § 23a MBO-Ä letztlich die gesellschaftsrechtlichen Vorgaben für die Zusammenarbeit von Ärzten mit Angehörigen anderer Berufsgruppen in Form einer juristischen Person vorgibt, beinhaltet § 23b MBO-Ä die gesellschafts- und berufsrechtlichen Voraussetzungen für die interdisziplinäre Zusammenarbeit außerhalb einer juristischen Person. Hiernach dürfen sich bereits genannte Berufsgruppen mit Ärzten zu sogenannten Medizinischen Kooperationsgemeinschaften 59 zusammenschließen, in denen sie ihre Berufe kooperativ mit bzw. nebeneinander ausführen, sofern die nichtärztlichen Kooperationspartner mit dem Arzt einen gleichgerichteten oder integrierenden diagnostischen oder therapeutischen Zweck bei der Heilbehandlung durch räumlich nahes Zusammenwirken erfüllen können. Zulässige Rechtsformen sind gemäß § 23b Abs. 1 S. 2 MBO-Ä die GbR, die PartG sowie eine juristische Person i. S. d. § 23a MBO-Ä. 5. Praxisverbund § 23d Abs. 1 MBO-Ä definiert den Praxisverbund als eine Kooperation zwischen Ärzten, die ohne Berufsausübungsgemeinschaft zu sein, auf die Erfüllung eines durch gemeinsame oder gleichgerichtete Maßnahmen bestimmten Versorgungsauftrags oder auf eine andere Form der Zusammenarbeit zur Patientenversorgung, z. B. auf dem Felde der Qualitätssicherung oder Versorgungsbereitschaft, gerichtet ist. Die Erfüllung des spezifischen Versorgungsauftrags bzw. der Zusammenarbeit zur Patientenversorgung stellt hierbei den Gesellschaftszweck 56
BÄK, DÄBl. 2006, A 801/A 805 f. Ähnlich: Häußermann / Dollmann, MedR 2005, 255/259. 58 Normtext im Anhang, Gesetzesauszüge. 59 Siehe zum Begriff der Medizinischen Kooperationsgemeinschaft: Anhang, Allg. Begriffsbestimmungen. 57
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dar. In Abgrenzung zur Berufsausübungsgemeinschaft findet allerdings keine gemeinsame Patientenbehandlung auf Grundlage eines einheitlichen Behandlungsvertrags statt. 60 Daher kann der Praxisverbund sich auch der Rechtsform der GmbH bedienen ohne an die Voraussetungen des für Berufsausübungsgemeinschaften einschlägigen § 23a MBO-Ä gebunden zu sein. 61 § 23d Abs. 3 MBO-Ä unterstellt die Teilnahme von Nichtärzten am Praxisverbund den Voraussetzungen des § 23b MBO-Ä, erweitert aber den Teilnehmerkreis über die in § 23b Abs. 1 MBO-Ä genannten Gesundheitsberufe hinaus auf Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationskliniken. Somit richtet sich die Frage der Beteiligung Berufsfremder an Praxisverbünden im Wesentlichen nach § 23b Abs. 1 MBO-Ä, so dass auf die Ausführungen zur medizinischen Kooperationsgemeinschaft verwiesen wird. 62 II. Die berufsrechtlichen Beschränkungen der aktiven Gesellschaftsbeteiligung an Arztpraxen in der Einzelbetrachtung Bei der Frage nach der Zulässigkeit aktiver gesellschaftsrechtlicher Beteiligung Dritter an Arztpraxen muss zunächst auf die berufsrechtlichen Organisationsformen eingegangen werden, welche das Berufsrecht für aktive Zusammenschlüsse mit ärztlicher Beteiligung vorsieht. Denn auch wenn das Standesrecht für den Berufsfremden keine unmittelbare Wirkung entfaltet, ist ihm ein wirksamer Zusammenschluss mit einem Arzt nur dann möglich, wenn das Berufsrecht diesem das nicht verbietet. 63 Der Begriff Organisationsform umschreibt dabei in der Terminologie des allgemeinen Gesellschaftsrechts den Gesellschaftszweck, den die Vereinigung verfolgt.
60 BÄK, DÄBl. 2008, A 1019/1022; Broglie / Hartmann, in Terbille, § 6 Rn. 31; Schulenburg, RheinÄBl. 11/2007, S. 11. 61 Broglie / Hartmann, in Terbille, § 6 Rn. 36. 62 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. I. 4.; Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. II. 1.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. 63 Nach h. M. führt ein Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen zur Unwirksamkeit des zivilrechtlichen Vertrags gemäß § 134 BGB. Die Gegenansicht versagt berufsrechtlichen Regelungen dagegen die Qualität eines Verbotsgesetzes i. S. d. § 134 BGB. Gleichwohl ist der Arzt bei einem Verstoß gegen die BO natürlich auch nach der Gegenansicht immer der Gefahr berufsrechtlicher Sanktionen ausgesetzt. Vgl. zur Frage der Berufsordnungen als Verbotsgesetze: zur h. M. BGH, NJW 1986, 2360, 2361; BayOblG, MedR 2001, 206/210; Ellenberger, in Palandt, § 134 Rn. 2; Ratzel, MedR 2002, 492 ff.; dargestellt auch von Sack, in Staudinger, § 134 Rn. 42, 309 m.w. N; zur m. M. Sack, in Staudinger, § 134 Rn. 80; Schirmer, MedR 1995, 383/384; Taupitz, JZ 1994, 221/226.
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1. Zulässige ärztliche Organisationsformen Ärzte dürfen sich nach § 18 Abs. 1 MBO-Ä zu Berufsausübungsgemeinschaften, Organisationsgemeinschaften, Praxisverbünden und medizinischen Kooperationsgemeinschaften zusammenschließen. Der Praxisverbund stellt dabei nur eine besondere Form der Organisationsgemeinschaft dar, 64 da auch in ihm keine Patienten gemeinschaftlich behandelt werden, sondern vielmehr eine lose kollegiale Zusammenarbeit vor allem im Qualitätsmanagement sowie bei der Praxisverwaltung und Praxisorganisation zum Zwecke der Versorgungsoptimierung erfolgt. Die medizinische Kooperationsgemeinschaft ist ihrerseits nichts anderes als eine Berufsausübungsgemeinschaft 65 mit berufsfremden Mitgliedern. Während die medizinische Kooperationsgemeinschaft sowie der Praxisverbund in der MBO-Ä näher definiert sind, 66 sucht man Konkretisierungen zu den übergeordneten Termini Berufsausübungs- und Organisationsgemeinschaft im Berufsrecht vergeblich. 67 Allein Berufsausübungsgemeinschaften werden in § 1a Nr. 12 des BMV-Ä 68 als „rechtlich verbindliche Zusammenschlüsse von Vertragsärzten oder / und Vertragspsychotherapeuten oder Vertragsärzten / Vertragspsychotherapeuten und Medizinischen Versorgungszentren oder Medizinischen Versorgungszentren untereinander zur gemeinsamen Ausübung der Tätigkeit definiert.“ Neben dem geringen Aussagegehalt in der Sache kann diese Definition als Regelung des BMV-Ä allenfalls im Vertragsarztrecht Bedeutung erlangen. Standesrechtlich ist dagegen eine eigenständige Bewertung vorzunehmen. 69 a) Berufsausübungsgemeinschaft Die klassischen Definitionen im Schrifttum sehen in der Berufsausübungsgemeinschaft einen Zusammenschluss von Ärzten untereinander. 70 So wird im Zusammenhang mit der Berufsausübungsgemeinschaft häufig von einem orga64 Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 365, Quaas / Zuck, § 14 Rn. 27; a. A. D. Schulenburg, RheinÄbl. 2007, A 1019/1022, der den Praxisverbund auch gegenüber der Organisationsgemeinschaft als vollständig eigenständige Kooperationsform verstanden wissen will. 65 So für die medizinische Kooperationsgemeinschaft: Rothfuß, in Bäune et al, § 33 Fn. 53; Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 314 ff.; Weimer, in Rieger et al., 840 Rn. 7 m.w. N; wohl auch Ratzel, in Ratzel / Lippert § 23a-d Rn. 7; a. A. Reiter, GesR 2005, 6. 66 § 23b MBO-Ä; § 23c MBO-Ä. 67 Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 7; Reiter, GesR 2005, 6. 68 DÄBl. 2007, A-1684 ff. 69 Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 9 ff. 70 Ratzel, in Ratzel / Lippert, § 18 MBO Rn. 4; Halbe / Rothfuß, A 1100 Rn. 5, 11; Hartmann, A / ZusR 2006, 57/63.
Kap. 2: Einfachgesetzliche Rechtslage
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nisatorischen Zusammenschluss von zwei oder mehr Ärzten in gemeinsamen Räumen mit gemeinschaftlichen Einrichtungen und Personal mit einer gemeinsamen Organisation und Abrechnung gesprochen. 71 Zwingend ist eine solche Auslegung jedoch nicht. Schließlich lassen sich unter Berufsausübungsgemeinschaften nach ihrer semantischen Bedeutung auch Kooperationen mit berufsfremden Dritten subsumieren. Dass § 18 Abs. 1 MBO-Ä keine anderen Berufsgruppen außer Ärzte nennt, kann ebenfalls nicht für eine Beschränkung des Gesellschafterkreises angeführt werden. 72 Schließlich kann die Norm nur für diese Berufsgruppe Verbindlichkeit beanspruchen. Da § 18 Abs. 1 MBO-Ä aber nun nicht lautet, „Ärzte dürfen sich ausschließlich mit anderen Ärzten zu Berufsausübungsgemeinschaften zusammenschließen“, kann eine Gemeinschaft, in der der Arzt ausschließlich seinen medizinischen ärztlichen Aufgaben nachgeht und der berufsfremde Betriebswirt etwa die ökonomischen und verwaltungstechnischen Aufgaben des Praxisbetriebs bewältigt, ohne weiteres unter den Wortlaut subsumiert werden. 73 Dies gilt umso mehr als nach inzwischen einhelliger Meinung die Möglichkeit der gegenseitigen Vertretung bzw. die jederzeitige Austauschfähigkeit der Mitglieder keine zwingende Voraussetzung für eine Berufsausübungsgemeinschaft mehr ist. 74 Auch aus § 18 Abs. 2 MBO lässt sich unmittelbar 75 kein Beteiligungsverbot entnehmen. Zwar dürfen nach seinem Wortlaut „Ärzte und Ärztinnen ihren Beruf einzeln oder gemeinsam in allen zulässigen Gesellschaftsformen ausüben.“ Hiermit ist aber nichts darüber ausgesagt, ob der Arzt nur gemeinsam mit anderen Ärzten oder auch gemeinsam mit Dritten seinen Beruf ausüben darf. Ebenso wenig lässt sich der Norm entnehmen, welche Gesellschaftsformen unter welchen Voraussetzungen zulässig sind. Gegen dieses weite Verständnis der Berufsausübungsgemeinschaft ist allerdings § 23c MBO-Ä ins Feld zu führen, welcher die Zusammenarbeit von Ärzten mit Fachfremden außerhalb der durch § 23b Abs. 1 MBO-Ä privilegierten Berufe auf Tätigkeiten abseits der unmittelbaren Heilkunde am Menschen beschränkt. 71 Ratzel, in Ratzel / Lippert, § 18 MBO Rn. 4; die Zeitgemäßheit der Def. bezweifelnd: Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 16. Tatsächlich wird mit dieser Definition eine Gemeinschaftspraxis beschrieben, die fälschlicherweise oft mit einer Berufsausübungsgemeinschaft gleichgesetzt wird, in Wirklichkeit aber nur einen Unterfall dieser darstellt. So zu Recht Weimer, in Rieger et al. 840 Rn. 4; siehe auch Anhang, Allg. Begriffsbestimmungen. 72 So aber Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 52. 73 In diese Richtung auch Weimer, in Rieger et al., 840 Rn. 3, der die Berufsausübungsgemeinschaft allgemein als „Zusammenschluss mehrerer Personen zur gemeinsamen Berufsausübung definiert.“ 74 Ratzel, in Ratzel / Lippert, § 18 Rn. 13; Schallen, § 33 Rn. 1157, 1164; Reiter, GesR 2005, 6/7. 75 Hinsichtlich der beschränkenden Wirkung der in § 18 II geforderten Nichtgewerblichkeit: Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. IV.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
Dies lässt nur den Schluss zu, dass Ärzten das Eingehen einer gesellschaftsrechtlichen Vereinigung mit Nichtärzten verboten ist, deren Zweck die gemeinsame Berufsausübung bzw. Zusammenarbeit ist, sofern der Arzt hierbei unmittelbar am Patienten tätig werden will und es sich nicht um einen Fall der medizinischen Kooperationsgemeinschaft handelt. Letzte Zweifel daran, dass § 23c MBO-Ä nicht nur das gemeinsame Aktivwerden von Arzt und Nichtarzt am Patienten verhindern will, sondern den gesellschaftlichen Zusammenschluss selbst, räumt § 30 Abs. 2 MBO-Ä aus. Hiernach ist es Ärzten nämlich generell untersagt, zusammen mit Nichtärzten Patienten zu untersuchen, so dass § 23c MBO-Ä einen darüber hinaus gehenden Regelungsinhalt haben muss. Folglich wird eine aktive Beteiligung von Berufsfremden an ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaften durch das ärztliche Berufsrecht grundsätzlich untersagt. Nur unter den in § 23b MBO-Ä genannten Voraussetzungen können die dort genannten Berufsgruppen (Gesundheitsberufe, Naturwissenschaftler und Sozialpädagogen) mit Ärzten eine Berufsausübungsgemeinschaft eingehen. b) Organisationsgemeinschaft Bei Organisationsgemeinschaften ist im Gegensatz zu Berufsausübungsgemeinschaften die Kooperation auf bestimmte Bereiche des Praxisbetriebs begrenzt. Bei ihnen ist lediglich die (Praxis-)Organisation vergesellschaftet, indem etwa Räume, Personal und Gerätschaften gemeinsam genutzt oder auch nur gemeinsam zur Verfügung gestellt werden. 76 Der Gesellschaftszweck ist nicht auf eine gemeinsame Ausübung der Heilkunde gerichtet, 77 so dass auch die handelsrechtlichen Personengesellschaften als Rechtsformen gewählt werden können. 78 Ebenso bestehen gegen eine Organisationsgemeinschaft in Körperschaftsform keine Einwände. 79 Dagegen steht die Rechtsform der PartG einer Organisationsgemeinschaft nicht zur Verfügung, 80 da nach vorwiegender Auffassung eine PartG stets die gemeinsame freiberufliche Berufsausübung in der Gesellschaft erfordert. 81 76
Ratzel, in Ratzel / Lippert, § 18 Rn. 12, 14; siehe ausführlich zum Begriff der Organisationsgemeinschaft, Anhang, Allg. Begriffsbestimmungen. 77 Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A 1200 Rn. 14; Möller, in Ratzel / Luxenburger, Art. 15 Rn. 325. 78 Stellpflug, in Hellmann, S. 70/77 ff.; Gesellensetter, S. 204 f.; Eisenberg, S. 139 ff.; Werner, S. 214; Halbe, Ärztliche Praxis 5/2004, 11. 79 Schäfer-Gölz, in Halbe Schirmer, A 1200 Rn. 56 ff.; Halbe, Ärztliche Praxis 5/2004, 11. 80 Kremer, in Rieger et al., 4270 Rn. 16. 81 Henssler, § 1 Rn. 22; K. Schmidt, GesR § 58 III 5b; Taupitz, ArztR 1995, 123/124; Schirmer, MedR 1995, 341/350, vgl. zur Gegenmeinung: Michalski / Römermann, § 1 Rn. 7 ff.; Feddersen / Meyer-Landhut, § 1 Rn. 5; Mahnke, WM 1996, 1029/1032, vgl. auch Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. I. 2. c).
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Die Bildung von berufsübergreifenden Organisationsgemeinschaften ist dabei nicht nur mit der allgemeinen Begriffsbedeutung gut vereinbar, sondern ist auch weniger systematischen Einwänden ausgesetzt. Für die in § 23b MBO-Ä genannten Berufe ergibt sich die Gesellschafterfähigkeit bereits aus einem argumentum e contrario. Schließlich wäre es normativ nicht begründbar, den Zusammenschluss zwischen Arzt und Fachberuf als Berufsausübungsgemeinschaft gemäß § 23b MBO-Ä zuzulassen, die hiergegen losere Verbindung in Form einer Organisationsgemeinschaft aber für unzulässig zu erachten. Daneben kann auch nicht § 23c MBO-Ä für die Unzulässigkeit angeführt werden. Denn dieser bezieht sich nur auf die aktive gemeinschaftliche Berufsausübung, wie sich weniger aus dem Begriff der Zusammenarbeit in § 23c MBO-Ä ergibt – schließlich arbeiten auch die Mitglieder einer Organisationsgemeinschaft im weiteren Sinne zusammen – als vielmehr aus dem systematischen Kontext zu § 23a MBO-Ä und § 23b MBO-Ä. Zudem wird die Zusammenarbeit in § 23c MBO-Ä auf die Rechtsform der Partnerschaft beschränkt, welche nach überwiegender Ansicht zwingend Berufsausübungsgemeinschaft ist. 82 Da bei Organisationsgemeinschaften die gemeinschaftliche Berufsausübung aber gerade nicht gewollt ist, steht § 23c MBO-Ä einer Organisationsgemeinschaft zwischen Arzt und Nichtarzt mithin nicht entgegen. Auch praktisch ist die gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten, Personal EDV 83 und betriebsnotwendiger Ausstattung etwa zwischen Arzt und Fußpfleger, aber auch zwischen Arzt und Steuerberater gut vorstellbar, 84 so dass gegen Bürogemeinschaften mit Berufsfremden grundsätzlich keine Einwände bestehen. Die Reduktion der Fixkosten des Arztes dürfte vielmehr dessen Unabhängigkeit stärken und die Quersubventionierung von unrentablen Behandlungen ermöglichen. Mithin erweist sich die vereinzelt vertretene Auffassung, eine Organisationsgemeinschaft zwischen Arzt und Nichtarzt sei nicht möglich, 85 als unhaltbar. Weder § 18 Abs. 1 MBO-Ä noch sonstiges Berufsrecht stehen einer Organisationsgemeinschaft von Arzt und Nichtarzt im Wege. 86 Eine Ausnahme existiert aber für den Praxisverbund als besondere Form der Organisationsgemeinschaft. 87 Bereits der Name suggeriert, dass es sich hierbei 82
Siehe Fn. 81. Soweit dies mit der ärztlichen Schweigepflicht vereinbar ist. Bei der gemeinsamen elektronischen Verwaltung von Personal und Bürogemeinschaftsvermögen besteht beispielsweise kein Konfliktpotential zur ärztlichen Schweigepflicht. 84 Bspw. könnte ein gesellschaftseigenes Kfz sowohl vom Arzt als auch vom Fußpfleger / Steuerberater für Hausbesuche verwendet werden. 85 Ohne nähere Begründung Heberer, S. 492; missverständlich Narr, Rn. B 435; Uhlenbruck / Schlund, in Laufs / Uhlenbruck, § 18 Rn. 9, die eine Praxisgemeinschaft nur zwischen Ärzten zulassen wollen, gleichzeitig aber die gemeinsame Nutzung von Räumlichkeiten und Personal durch Ärzte und Heilhilfsberufe für zulässig befinden. 86 Im Ergebnis ebenso: Rieger, in Rieger et al., 4270 Rn. 1; Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 322 f.; Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A 1200 Rn. 8 f.; C. Blaurock, MedR 2006, 643; Taupitz, MedR 1993, 367/369 m.w. N. 83
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um eine exklusive Kooperation von Heilberuflern handelt. Dementsprechend bestimmt § 23d Abs. 3 MBO-Ä, dass nur die fachnahen Berufsgruppen des § 23b Abs. 1 MBO-Ä sowie Krankenhäuser und Vorsorge- bzw. Rehabilitationseinrichtungen gesellschafterfähig sind. Damit scheidet eine aktive Beteiligung sonstiger Berufsfremder aus. 2. Die gesellschaftsrechtliche aktive Beteiligung an einer Ärzte-GmbH Zentrale Norm für die Zulässigkeit der Beteiligung berufsfremder Dritter an ärztlichen Kapitalgesellschaften ist im Berufsrecht § 23a MBO-Ä. Dabei dürfe sich der praktische Anwendungsbereich der Norm im Wesentlichen auf die Beteiligung an einer Ärzte-GmbH beschränken, da aufgrund des erhöhten zeitlichen und finanziellen Gründungsaufwands sowie des Prinzips der aktienrechtlichen Satzungsstrenge 88 eine Ärzte-AG kaum Relevanz besitzt. 89 Indem § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä 90 jegliche Gewinnbeteiligung Dritter an Ärzte-Kapitalgesellschaften untersagt und § 23a Abs. 1 S. 2 MBO-Ä mit dem Verweis auf die Gesellschafterfähigkeit der in § 23b Abs. 1 MBO-Ä aufgeführten medizinnahen Fachberufe unmissverständlich klarstellt, dass mit Dritte alle übrigen Nichtärzte gemeint sind, schließt er Berufsfremde außerhalb des § 23b Abs. 1 MBO-Ä von einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung kategorisch aus. 3. Die gesellschaftsrechtliche aktive Beteiligung an einer Ärztepersonengesellschaft In der MBO-Ä findet sich im Gegensatz zur Kapitalgesellschaft für Ärztepersonengesellschaften (GbR / PartG) keine separate Regelung. Allerdings wurde bereits gezeigt, 91 dass aus §§ 23b, 23c MBO-Ä geschlossen werden muss, dass Ärzten der gesellschaftsrechtliche Zusammenschluss zwecks gemeinsamer Berufsausübung nur mit den in § 23b Abs. 1 S. 1 MBO-Ä genannten Berufsgruppen erlaubt ist. Im Umkehrschluss steht Berufsfremden eine Beteiligung an einer 87
Siehe Fn. 64. Hierzu: Ihrig / Wagner, in Arens / Rink, § 1 Rn. 35. 89 Möller, in Dahms et al., Rn. 76; ders. / Michels, S. 165; Häußermann / Dollmann, MedR 2005, 255/256; inwieweit eine Aktiengesellschaft überhaupt zulässig ist, kann bezweifelt werden, weil § 23a I S. 4 a) MBO-Ä nur von Geschäftsführern spricht. Aufgrund der weiten Formulierung in § 23a I S. 1 MBO-Ä – juristische Person – wird man dies aber als redaktionelles Versehen zu werten haben. 90 § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä: „Gewährleistet sein muss zudem, dass Dritte nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sind“. 91 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. II. 1. a). 88
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Ärztepersonengesellschaft mit dem Zweck der gemeinsamen Berufsausübung bzw. des gemeinsamen Praxisbetriebs nicht offen.
D. Beschränkungen der aktiven gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an Arztpraxen im Vertragsarztrecht I. Beschränkungen im SGB V Im SGB V finden sich unmittelbar keine Regelungen hinsichtlich Beteiligungen Dritter an Arztpraxen. Einzig in § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V wird das Medizinische Versorgungszentrum als fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung definiert. Daneben wird in § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V von ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen gesprochen, womit Krankenhäuser, 92 Psychiatrische Krankenhäuser, 93 Sozialpädiatrische Zentren 94 und Einrichtungen der Behindertenhilfe 95 gemeint sind. 96 § 73a Abs. 1 S. 1 SGB V definiert zudem den Begriff der vernetzten Praxen als Verbund haus- und fachärztlich tätiger Vertragsärzte und sagt damit zumindest mittelbar etwas über die Teilnehmerstruktur von Praxisverbünden aus. Daneben konstituiert auch § 107 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 SGB V eine ärztliche Leitungspflicht für die stationäre Behandlung in Krankenhäusern und Rehabilitationszentren. Da die explizite Pflicht zur Bereitstellung einer ärztlichen Leitung nur dann Sinn ergibt, wenn die entsprechenden Institutionen nicht ausschließlich von Ärzten betrieben werden, kommt hier immerhin mittelbar zum Ausdruck, dass zumindest im Rahmen der stationären Versorgung Gemeinschaften von Ärzten und Nichtärzten möglich sein müssen. II. Beschränkungen in der ÄrzteZV 1. Praxisgemeinschaft / Organisationsgemeinschaft § 33 Abs. 1 Ärzte-ZV erklärt die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiszubehör durch mehrere Ärzte für zulässig. 97 Auch wenn der Begriff der Praxisgemeinschaft sich in § 33 Abs. 1 Ärzte-ZV selbst nicht wiederfindet, ist er als Regelungsmaterie der Norm anerkannt. 98 Unter Praxisgemeinschaft ver92 Sofern die Vss. des § 31 I Ärzte-ZV i.V. m. § 116a, des § 117 SGB V oder des § 31 II i.V. m. § 5 I, II BMV-Ä bzw. § 9 I, II EKV-Ä vorliegen. 93 Sofern die Voraussetzungen des § 31 I Ärzte-ZV i.V. m. § 118 I, II S. 2 SGB V vorliegen. 94 Sofern die Voraussetzungen des § 31 I Ärzte-ZV i.V. m. § 119 I SGB V vorliegen. 95 Sofern die Voraussetzungen des § 31 I Ärzte-ZV i.V. m. § 119a S. 1 SGB V vorliegen. 96 Schallen, § 31 Rn. 846 f., 884.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
steht man im Allgemeinen den Zusammenschluss zweier oder mehrerer Ärzte gleicher und / oder verschiedener Fachrichtung zum Zweck gemeinsamer Nutzung von Praxisräumen und / oder Praxiseinrichtungen und / oder gemeinsamer Inanspruchnahme von Praxispersonal bei sonst selbständiger Praxisführung mit jeweils eigenem Patientenstamm, eigener Patientenkartei und selbständiger privat- und vertragsärztlicher Abrechnung. 99 Ob dagegen § 33 Abs. 1 Ärzte-ZV auch den Oberbegriff der Organisationsgemeinschaft zum Regelungsgegenstand hat, der neben der Praxisgemeinschaft jegliche Zusammenschlüsse erfasst, deren Zweck gerade nicht die gemeinsame Berufsausübung, sondern die gemeinsame Schaffung und Erhaltung eines organisatorischen Umfelds bei Teilung der Kosten der hierfür benötigten Ressourcen ist, 100 bleibt unklar. Jedenfalls kann der Bezugnahme allein auf die Ärzte nur insoweit Bedeutung beigemessen werden, als sie das Zusammenarbeitsverbot von Arzt und Nichtarzt bei der unmittelbaren Heilbehandlung am Patienten aufgreifen will, welches das Arztrecht durchzieht. 101 Ein Verbot der Organisationsgemeinschaft von Vertragsarzt und Nichtarzt ist dagegen ebenso wie im Berufsrecht aus § 33 Abs. 1 Ärzte-ZV nicht ableitbar. 102 Für medizinnahe Berufe, insbesondere andere zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Leistungserbringer, ergibt sich dies bereits zwingend aus einem Umkehrschluss. Wenn nämlich nach § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV Berufsausübungsgemeinschaften zwischen Arzt und anderen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern (Psychotherapeuten / MVZ) zulässig sind, muss dies erst recht für den loseren Zusammenschluss einer Organisationsgemeinschaft gelten. Aber auch abseits der sozialversicherungsrechtlichen Leistungserbringer besteht kein Verbot der Gründung einer Organisationsgemeinschaft zwischen Vertragsarzt und Nichtarzt. Denn wie der BGH im ZahnärzteGmbH Urteil deutlich gemacht, kann die Unzulässigkeit einer Rechts- oder Organisationsform nur aus einem ausdrücklichen gesetzlichem Verbot hergeleitet werden. 103 Ein solches kann § 33 Abs. 1 Ärzte-ZV aber gerade nicht entnommen werden. Vielmehr verhält sich die Norm zu Zusammenschlüssen von Ärzten 97 § 33 Abs. 1 Ärzte-ZV: „Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte ist zulässig.“ 98 Rothfuß, in Bäune et al., § 33 Rn. 1; Rieger, in Rieger et al., 4270 Rn. 8. 99 Kremer, in Rieger et al., 4270 Rn. 1; Luxenburger, in ArGe MedR, 67/69; Möller, in Michels / Möller, S. 175; Ehmann, MedR 1994, 141/144; siehe auch Anhang, Allg. Begriffsbestimmungen. 100 Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A1200 Rn. 14, 21; Rothfuß, in Bäune et al., § 33 Rn. 2. 101 In diese Richtung, allerdings nicht unmittelbar auf § 33 I Ärzte-ZV bezogen, Taupitz, MedR 1993, 367/369. 102 Schallen, § 33 Rn. 1122, Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A 1200 Rn. 8 f.; Rothfuß, in Bäune et al., § 33 Rn. 2; Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 322 f.; zur ähnlichen Diskussion im Berufsrecht: Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. II. 1. b). 103 BGH, MedR 1994, 152 ff.
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und Nichtärzten nicht. 104 Daher steht § 33 Abs. 1 Ärzte-ZV einem gesellschaftlichen Zusammenschluss von Vertragsarzt und Fachfremden zum Zwecke einer Organisationsgemeinschaft nicht entgegen. 2. Berufsausübungsgemeinschaft Die Berufsausübungsgemeinschaft findet sich im Vertragsarztrecht in § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV geregelt. Die Bestimmung stellt klar, dass Berufsausübungsgemeinschaften zwischen allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern möglich sind. 105 Im Umkehrschluss sind Berufsausübungsgemeinschaften zwischen Vertragsärzten und sonstigen Dritten vertragsarztrechtlich untersagt.
E. Einfachgesetzliches Ergebnis für die aktive Beteiligung Dritter an Arztpraxen Der Betrieb einer Arztpraxis in den Händen eines Berufsfremden ist aufgrund der berufs- und vertragsärztlichen Regelungen der § 17 Abs. 1 MBO-Ä i.V. m. § 19 Abs. 1 MBO-Ä, § 32b Abs. 1 Ärzte-ZV nicht möglich. Den Normen ist in Kombination die mittelbare Aussage zu entnehmen, dass der Begriff des niedergelassenen (Vertrags-) Arztes den Praxisbetreiber meint. Ebenso wenig ist eine gesellschaftliche aktive Beteiligung des Berufsfremden an einer Arztpraxis in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft, unabhängig von der gewählten Rechtsform, zulässig. Das folgt aus §§ 18 Abs. 1, 23a Abs. 1, 23b Abs. 1, 23c MBO-Ä, nach denen eine interdisziplinäre Berufsausübungsgemeinschaft ausschließlich in Form der medizinischen Kooperationsgemeinschaft, mithin mit anderen Fachberufen möglich ist. Ebenso untersagt das Vertragsarztrecht eine Berufsausübungsgemeinschaft mit fachfremden Dritten, indem es die Gesellschafterfähigkeit auf alle zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer begrenzt. Dagegen ist eine Organisationsgemeinschaft zwischen Arzt und Dritten grundsätzlich zulässig. Weder berufsrechtliche noch vertragsarztrechtliche Verbotsnormen sind vorhanden. Auch aus verwandten Normen und Rechtsgebieten kann kein Verbot abgeleitet werden, so dass nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes das Eingehen einer entsprechenden Beteiligung als zulässig angesehen werden muss. Da Gesellschaftszweck einer Organisati104
Ebenso: Rothfuß, in Bäune et al., § 33 Rn. 7. Das Verbot der gemeinsamen Beschäftigung von Zahnärzten und Ärzten in § 33 I S. 3 Ärzte-ZV wird aufgrund dieser Liberalisierungstendenz auch nur als Verbot der gemeinsamen Tätigkeit in unterschiedlichen Versorgungsbereichen verstanden. Die gemeinsame Einstellung von Zahnärzten und Ärzten bei Praxisgemeinschaften ist zulassungsrechtlich damit möglich; vgl. Schallen, § 33 Rn. 1136; Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer. A 1200 Rn. 42. 105
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
onsgemeinschaft auch nicht die Ausübung der (freiberuflichen) Heilkunde ist, bestehen – abgesehen von der PartG, die zwingend Berufsausübungsgemeinschaft ist – keine Rechtsformbeschränkungen. Nur für die organisationsgemeinschaftliche Spezialkooperation des Praxisverbunds stellen die §§ 23d Abs. 3, 23b Abs. 1 MBO-Ä, 73a SGB V klar, dass eine Beteiligung über die in 23d Abs. 3 MBO-Ä genannten Berufremden hinaus unzulässig ist. Mithin ist nach aktueller Gesetzeslage eine aktive bzw. direkte Beteiligung berufsfremder Dritter an Arztpraxen ausschließlich in Form einer klassischen Organisationsgemeinschaft gleich welcher Rechtsform möglich.
§ 4 Klassische passive Beteiligungen an Arztpraxen A. Passive Beteiligung an einer / m ärztlichen Organisationsgemeinschaft / Betreibergesellschaft / Praxisverbund Da mangels entgegenstehender Regelungen Organisationsgesellschaften zwischen Arzt und Berufsfremden zulässig sind, können gegen passive Beteiligungen an ärztlichen Organisationsgemeinschaften erst Recht keine Einwände erhoben werden. Bei Organisationsgemeinschaften, die als bloße Kostengemeinschaften direkt keine nennenswerten Gewinne erwirtschaften, dürfte die praktische Relevanz von passiven Gewinnbeteiligungsmodellen gering sein. Gut vorstellbar sind passive Beteiligungen dagegen an sog. Betreiber- bzw. Betriebsgesellschaften, d. h. (Organisation-) Gesellschaften, die den an der Gesellschaft beteiligten aber auch nichtbeteiligten Ärzten im Rahmen eines Gesamtkonzepts gegen Entgelt Ressourcen zur Verfügung stellen und ggf. weitere Dienstleistungen erbringen. 106 Da Zweck dieser Gesellschaften nicht die Heilkundeausübung, sondern das gewerbliche Bereitstellen von Geräten, Personal und anderen Dienstleistungen ist, ergeben sich aus einer passiven (ebenso wenig wie aus einer aktiven) Beteiligung an einer solchen Gesellschaft keine rechtlichen Probleme. Auch bei Praxisverbünden ist der Gesellschaftszweck nicht die gemeinschaftliche unmittelbare Ausübung der Heilkunde. Ziele eines Praxisverbunds können vielmehr interkollegiale Qualitätssicherungsmaßnahmen, gemeinsame Marketingmaßnahmen, das Beziehungsmanagement zum außerärztlichen Heil-, Pflegeund Therapiebereich sowie die Vertretung gesundheitspolitischer Interessen sein. Daneben können Praxisverbünde auch als reine Einkaufsgemeinschaften oder als Betriebsgesellschaften fungieren. Komplex stellt sich die Situation dar, wenn der Praxisverbund quasi als Holding für eigenständige Betriebs-, Einkaufs-, und Marketingesellschaften fungiert. Hier zeigt sich, dass der Praxisverbund von anderen
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Eisenberg, S. 299; Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 370 f.
Berufsausübungsgemeinschaften sind nur mit den privilegierten Fachberufen in § 23b I zulässig. Bei einer Vertragsarztpraxis müssen diese zudem Leistungserbringer i. S. d. SGB V sein
Berufsausübungsgemeinschaft ist vertragsarztrechtlich unzulässig, wie sich e contrario aus § 33 II Ärzte-ZV ergibt
Vertragsarztrechtlich stellt § 32b I Ärzte-ZV den Vertragsarzt mit Praxisinhaber gleich => Fremdbetrieb unzulässig
Ein Fremdbetrieb durch berufsfremde Dritte ist unzulässig
Berufausübungsgemeinschaft ist berufsrechtlich unzulässig, wie sich e contrario aus §§ 23b, 23c MBO-Ä ergibt
Berufsrechtlich verknüpft § 19 I 2 MBO-Ä niedergelassene ärztliche Tätigkeit mit selbständiger Tätigkeit. Nach § 17 I MBO-Ä ist ambulante ärztliche Tätigkeit aber grds. niedergelassene Tätigkeit => Fremdbetrieb unzulässig
Fremdbetrieb
Organisationsgemeinschaft ist abgesehen vom Praxisverbund mit Dritten in jeglicher Rechtsform außer PartG möglich
Nach h. M. ist eine PartG zwingend Berufsausübungsgemeinschaft => Eine Organisationsgemeinschaft in Form einer PartG ist unzulässig
Organisationsgemeinschaft ist mangels berufsrechtlichen oder vertragsärztlichem Verbotsgesetz zulässig (Ausnahme Praxisverbund)
Fremdgesellschaftsbetrieb
Möglichkeiten der aktiven Drittbeteiligung an Arztpraxen
Schaubild 5 Ergebnis zur aktiven Drittbeteiligung an Arztpraxen
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
Organisationsgesellschaften manchmal nicht zu unterscheiden ist. Dies würde für eine generelle Zulässigkeit von passiven Beteiligungen Berufsfremder an Praxisverbünden sprechen. Allerdings ist die aktive Teilnahme an einem Praxisverbund durch § 23d Abs. 3 MBO-Ä i.V. m. § 23b Abs. 1 MBO-Ä beschränkt. 107 § 23b MBO-Ä regelt originär die aktive Beteiligung an interdisziplinären Berufsausübungsgemeinschaften. Dies spricht dafür auch die Frage der passiven Beteiligungsmöglichkeit an Praxisverbünden analog zur Berufsausübungsgemeinschaft zu beantworten. Insoweit sei auf die folgenden Ausführungen verwiesen. 108
B. Die typische stille Beteiligung an einer Arztpraxis bzw. ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft Eine klassische passive Beteiligungsform ist die stille Gesellschaft, welche in den §§ 230 ff. HGB gesetzlich geregelt ist. 109 Zunächst soll die Möglichkeit einer Beteiligung an einer Arztpraxis im Wege der typisch stillen Gesellschaft untersucht werden. I. Gesellschaftsrechtliche Beschränkungen 1. Stille Gesellschaft an freiberuflichen Unternehmen a) Die handelsrechtliche typische stille Gesellschaft nach HGB Die typische stille Gesellschaft ist gemäß §§ 230, 231 HGB als Innengesellschaft ausgestaltet, deren Gesellschaftszweck die Gewinnbeteiligung an einem Handelsgewerbe gegen Leistung einer Vermögenseinlage ist, die in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes übergeht. 110 Da der Praxisbetrieb als Stätte freiberuflicher Berufsausübung aber gerade kein Handelsgewerbe darstellt, 111 scheidet die handelsrechtliche stille Gesellschaft angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 230 Abs. 1 HGB als Beteiligungsform aus. 107
Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. II. 1. b). Insbesondere auf Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. II. 3. f); Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. II. 3. g); Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 109 Ärzte scheinen dabei nicht nur als eigene Kapitalanlage zur stillen Gesellschaft eine gewisse Affinität entwickelt zu haben, sondern auch die im Rahmen dieser Abhandlung interessierende stille Beteiligung an einer Arztpraxis scheint in der Praxis geläufiger, als die spärlichen Literaturbeiträge vermuten lassen wie BFH, BB 2003, 1414 ff. beweist. 110 Ulmer, in MüKo-BGB, § 705 Rn. 286; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 1.14; vgl. Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. II. 1. a) (1). 111 Anders aber bei der Apotheke, die die Voraussetzungen eines Handelsgewerbes aufgrund ihrer gewerblichen Prägung trotz der Freiberuflichkeit des Apothekers erfüllt, siehe Teil 1, Fn. 317. 108
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b) Die GbR als typische stille Gesellschaft Neben der handelsrechtlichen stillen Gesellschaft ist aber auch die Gesellschaftsform der „stillen GbR“ anerkannt. 112 Diese richtet sich als GbR grundsätzlich nach den §§ 705 ff. BGB und steht damit auch freiberuflicher Beteiligung nicht entgegen. Daneben werden die §§ 230 ff. HGB aber weitestgehend 113 analog angewandt, sofern die Anwendung nicht bereits vertraglich vereinbart wurde. Daher und weil in der medizinrechtlichen Literatur die wenigen Stimmen, die sich zur stillen Beteiligungen geäußert haben, zumeist nur den Begriff der stillen Gesellschaft generalisierend verwendet haben, 114 wird auch hier im Folgenden regelmäßig nur der Begriff der stillen Gesellschaft verwendet. Gemeint ist aber stets eine stille GbR. Charakteristisch für diese GbR ist die fehlende Beteiligung des stillen Gesellschafters am Unternehmenswert. 115 Ebenfalls ist dieser nach den gesetzlichen Vorgaben weder geschäftsführungs- noch vertretungsbefugt. Seine „Mitwirkung“ ist auf wenige Informationsrechte beschränkt, die sich ohne vertragliche Zusatzvereinbarung allein auf die Mitteilung des Jahresabschlusses und die zu dessen Kontrolle benötigte Einsichtnahme in die Bücher und Papiere des Unternehmens beziehen (§ 233 Abs. 1 HGB analog). 116 Die geschäftsführungsbezogenen Informationsrechte aus § 716 BGB stehen dem typischen stillen Gesellschafter dagegen gemäß § 233 Abs. 2 HGB analog nicht zu. 117 2. Allgemeines Verbot passiver Beteiligungen an Freiberuflergesellschaften § 1 Abs. 1 PartGG ist zu entnehmen, dass sich „Angehörige freier Berufe zur Ausübung ihrer Berufe zusammenschließen können.“ Aus dem Passus „zur Ausübung ihrer Berufe“ wird zum Teil ein generell gültiges Gebot der aktiven Berufsausübung in Gesellschaften mit freiberuflicher Beteiligung abgeleitet. 118 112
Ulmer, in MüKo-BGB, § 705 Rn. 286; Bezzenberger / Keul, in Riegger / Weipert, § 72 Rn. 10; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 5.5, 8.1; Haack, NWB Fach 18, 4251/4253. 113 § 233 III HGB wird dagegen nicht auf die stille GbR übertragen, vgl. BGH, NJW 1982, 99; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 5.4; K. Schmidt, JuS 1982, 139. 114 Ratzel / Lippert, § 17 Rn. 1; Rieger, in Rieger et al., 2050 Rn. 10; Dahm, in ArGe MedR, S. 39/44; Häußermann / Dollmann, MedR 2005, 255/260; Ratzel, ZMGR 2005, 143/144. 115 Der Unternehmensbegriff ist nicht auf Handelsgewerbe beschränkt, sondern bezeichnet allgemein eine wirtschaftliche Einheit, die auch eine freiberufliche Praxis sein kann; vgl. K. Schmidt, GesR, § 4 II, § 4 IV 2. 116 U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 12.69 ff.; Haack, NWB Fach 18, 4252/4259; siehe Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. II. 1. a) (1); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. a) (1) (a). 117 Ulmer, in MüKo-BGB, § 705 Rn. 287 m.w. N.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
Gemeint ist, dass alle Gesellschafter in der Gesellschaft beruflich tätig sein müssen. Hieraus wird nun geschlossen, dass generell alle passiven Beteiligungen an freiberuflicher Berufsausübung etwa in Form einer stillen Gesellschaft unzulässig sind. 119 a) Objektive Auslegung Gegen die Ableitung eines allgemeinen Gebots zur aktiven Berufsausübung für freiberufliche Zusammenschlüsse aus dem PartGG bestehen jedoch erhebliche Bedenken. Zunächst will das PartGG nach seiner ursprünglichen Intention die gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsmöglichkeiten für die freien Berufe gerade erweitern und nicht weiter reglementieren. 120 Dementsprechend stellt die Partnerschaftsgesellschaft eine Vergrößerung des Angebots an Rechtsformen für die freien Berufe dar, mit der vor allem die gemeinsame Berufsausübung unter Freiberuflern vereinfacht werden soll. Auf rein passive Finanzbeteiligungen ist das PartGG originär mithin nicht zugeschnitten, 121 so dass schon aus diesem Grund starke Bedenken bestehen, dem Gesetz allgemeine Grundsätze zu entnehmen, die über den Bereich der Partnerschaftsgesellschaft hinausgehen. Zudem hat der Gesetzgeber die einzelnen Gesellschaftsformen nicht ohne Grund nach dem Numerus clausus Prinzip detailliert gesetzlich fixiert. 122 Will man dieses austarierte System nicht dauerhaft beschädigen, ist ohne gesetzliche Anordnung 123 bei der Übertragung von Prinzipien von einer auf eine andere Gesellschaftsform Zurückhaltung geboten. b) Subjektiv historisch-genetische Auslegung Auf der anderen Seite hat der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung besonders betont, dass mit dem Passus „Ausübung ihrer Berufe“ in § 1 PartGG die Verpflichtung zur beruflichen Tätigkeit des Freiberuflers in der Partnerschaft einhergeht, welche ihre innere Legitimation gerade in der Vermeidung rein passiver Kapitalanlagebeteiligungen einzelner Partner haben soll. 124 Dies verführt zu dem 118 Henssler, § 1 Rn. 22; Gummert / Meier, MedR 2007, 75/77; Burghardt / Dahm, MedR 1999, 85/90; Schirmer, MedR 1995, 341/350. 119 Leutheuser-Schnarrenberger, in Letzgus, FS Helmrich, S. 677/682; Hildebrandt, S. 83; Gummert / Meier, MedR 2007, 75/77; Rieger, in Rieger et al., 2050 Rn. 10, der allerdings auf das inzwischen aufgehobene Kap D II Nr. 8 S. 3 MBO-Ä a. F. abstellt. 120 Leutheuser-Schnarrenberger, in Letzgus, FS Helmrich, S. 677 ff.; Taupitz, JZ 1995, 123. 121 Vgl. Lenz, MDR 1994, 741/742. 122 K. Schmidt, GesR, § 5 II 1. 123 Wie etwa in § 161 II HGB. 124 BT-Drucks. 12/6152, 9.
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Schluss, dass der Gesetzgeber, wenn er bereits ausschließlich investmentorientierte Finanzbeteiligungen von Freiberuflern an freiberuflichen Partnerschaften durch § 1 PartGG verhindern will, generell keine passiven Finanzbeteiligungen an freiberuflichen Gesellschaften wünscht. Gerne wird an dieser Stelle auch auf § 59e BRAO Bezug genommen, 125 der für die Rechtsanwalts-GmbH 126 die aktive Berufsausübung der Gesellschafter vorschreibt. Hierbei wird aber übersehen, dass § 59e BRAO nur die aktive Berufsausübung für die Rechtsanwaltskapitalgesellschaften vorschreibt, für Anwaltssozietäten dagegen das Erfordernis einer aktiven Berufsausübung mangels gesetzlicher Regelung ebenso umstritten ist wie bei Ärztepersonengesellschaften. 127 c) Auslegung nach dem verobjektivierten Willen des Gesetzgebers Entscheidend bei der Auslegung einer Norm ist aber nicht der subjektive Wille des historischen Gesetzgebers, sondern der sich im Gesetz widerspiegelnde verobjektivierte Wille, wie er sich aus dem Wortlaut und der Systematik der Norm ergibt. 128 Dem Wortlaut des § 1 PartGG kann weder ein eindeutiges Gebot aktiver Berufsausübung noch ein Verbot passiver (Dritt-) Beteiligungen, 129 und erst recht kein rechtsformübergreifendes Gebot der aktiven Berufsausübung in freiberuflichen Gesellschaften entnommen werden. Des Weiteren lassen sich auch in der gesetzlichen Systematik keine Argumente für das Bestehen eines solchen Verbots finden. Vielmehr spricht die Tatsache, dass das etwa in Kapitel D. II. Nr. 8 Abs. 1 S. 3 MBO-Ä a. F. 130 vorhandene explizite Gebot der aktiven Berufsausübung für ärztliche Berufsausübungsgemeinschaften aufgehoben wurde bzw. in § 23a Abs. 1 S. 3 MBO-Ä auf ärztliche Kapitalgesellschaften beschränkt wurde, gegen das Bestehen eines entsprechenden allgemeinen Grundsatzes. Dies gilt sogar in mehrfacher Hinsicht: Könnte nämlich § 1 PartGG bereits ein rechts125
Gummert / Meier, MedR 2007, 75/77; Burghardt / Dahm, MedR 1999, 485/490. Diese gilt nach Erklärung der Zulässigkeit einer Anwalts-AG durch Beschluss des BGH, BB 2005, 1131/1133 f. in analoger Anwendung des § 59e BRAO auch für die Anwaltsaktiengesellschaft; vgl. hierzu: Römermann, BB 2005, 1135 f. 127 Römermann, in Römermann / Hartung, § 59a BRAO Rn. 7 m.w. N. 128 BVerfGE 43, 269/288; Röhl, S. 612 f. 129 Daher wird in neuerer Zeit auch vermehrt die Zugehörigkeit zu einer Partnerschaftsgesellschaft ohne aktive Berufausübung, mithin eine ausschließlich kapitalmäßige Beteiligung für zulässig erachtet, Michalski / Römermann, § 1 Rn. 7 ff.; Feddersen / Meyer-Landhut, § 1 Rn. 5; Castan / Wehrheim, S. 63; Mahnke, WM 1996, 1029/1032; in diese Richtung auch Lenz, in Meilicke et al., § 1 Rn 86 ff.; auf besondere Ausnahmesituationen beschränkt: Ulmer, in MüKo-BGB, PartGG, § 1 Rn. 13 f.; a. A. Henssler, § 1 Rn. 22; Leutheuser-Schnarrenberger, in Letzgus, FS Helmrich, S. 677/682; Hildebrandt, S. 83; Gummert / Meier, MedR 2007, 75/77; Krempter, BRAK-Mitt. 1994, 122/123 f.; Taupitz, ArztR 1995, 123/124; Schirmer, MedR 1995, 341/350. 130 In der Fassung des 100. Deutschen Ärztetags in Köln 1997, DÄBl. 1997, A 2364. 126
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
formübergreifender Grundsatz zur aktiven Berufsausübung für Freiberufler entnommen werden, so wäre § 23a Abs. 1 S. 3 MBO-Ä völlig sinnentleert und rein deklaratorischer Natur. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei Einführung des § 23a Abs. 1 S. 3 MBO-Ä 131 im Jahre 2004 um eine der grundlegendsten und am heftigsten diskutierten Änderungen in der MBO-Ä gehandelt hat, 132 vermag dies nicht zu überzeugen. Hinzu kommt, dass das Gebot der aktiven Berufsausübung eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit der freiberuflichen Gesellschafter aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie der Vertragsfreiheit der passiven Beteiligungsinteressenten aus Art. 2 Abs. 1 GG bedeutet. Neben den später noch näher zu erörternden allgemeinen verfassungsrechtlichen Bedenken hiergegen erscheint insbesondere die Art und Weise der Ausweitung der Verpflichtung zur aktiven Berufsausübung auf die GbR im Wege einer Analogie zur Partnerschaftsgesellschaft 133 verfassungsrechtlich zweifelhaft. Hierin kann nämlich gerade im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung zur interprofessionellen Anwaltsnotarsozietät 134 eine Umgehung des Gesetzesvorbehalts des Art. 12 Abs. 1 GG bzw. ein Verstoß gegen die Wesentlichkeitstheorie erblickt werden. 135 Das Bundesverfassungsgericht führte hier aus, dass aus heutiger Sicht Beteiligungsverbote nicht aus dem Gesamtzusammenhang oder aus hervorgebrachten Berufsbildern abgeleitet werden können. 136 Schließlich darf auch am Vorliegen der Analogievoraussetzungen, namentlich am Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke, 137 gezweifelt werden. Denn der Gesetzgeber hat für andere Freiberufler ein generelles Gebot zur aktiven Berufsausübung gesetzlich fixiert, so etwa für Apothekergesellschaften, bei denen alle Gesellschafter über §§ 7 S. 1, 8 S. 1 ApoG zur (aktiven) persönlichen Leitung der Apotheke verpflichtet sind. Daneben wird in § 8 S. 2 ApoG die passive Kapitalbeteiligung an einer Apotheke ausdrücklich untersagt. Hieraus kann nur geschlossen werden, dass in Fällen, in denen nicht ausdrücklich die aktive Berufsausübung in der Gesellschaft gesetzlich angeordnet ist, diese auch nicht zwingend erforderlich ist. Mithin kann von einer planwidrigen Regelungslücke keine Rede sein. Allein der Verweis auf die Gesetzesbegründung zum PartGG kann daher kein allgemeines Gebot zur akti131
Geschehen auf dem 107. Deutschen Ärztetag in Bremen 2004. Flenker, Referat auf dem 107. Dt. Ärztetag zur Novellierung der MBO-Ä, abrufbar unter http://www.bundesaerztekammer.de/arzt2004/start.htm (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 133 Sowie zur Ärzte-GmbH und Ärzte-AG, bei denen die Pflicht zur aktiven Berufsausübung den an § 23a I S. 3 MBO-Ä orientierten Berufsordnungen der Landesärztekammern zu entnehmen ist. 134 BVerfGE 98, 49 ff. 135 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zur Wesentlichkeitstheorie in Teil 2 Kapitel 3 § 2 A. I. 136 BVerfGE 98, 49/60 f. 137 Zu den Analogievoraussetzungen, Larenz / Canaris, S. 191. 132
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ven Berufsausübung in freiberuflichen Gesellschaften begründen, welches einer passiven Finanzbeteiligung an einer Arztpraxis entgegenstehen würde. 3. Verbot der passiven Beteiligung an einer Ärztepartnerschaftsgesellschaft Wie bereits erläutert, 138 wird nach noch herrschender Auffassung aus § 1 PartGG ein Gebot der aktiven Berufsausübung in der Gesellschaft für die freiberuflichen Gesellschafter abgeleitet. 139 Daher sollen auch stille Beteiligungen an Ärztepartnerschaftsgesellschaften nicht möglich sein, da der typische stille Gesellschafter sich gerade durch eine besonders inaktive Stellung auszeichne. 140 Neben den bereits vorgebrachten Einwänden, die gezeigt haben, dass nach objektiver Auslegung des § 1 PartGG ein solches Verbot keinesfalls der Norm zwingend zu entnehmen ist, muss die Struktur einer typischen stillen Gesellschaft beachtet werden. Der typische stille Gesellschafter wird nämlich durch den Gesellschaftsvertrag nicht Gesellschafter der Ärztepartnerschaftsgesellschaft, sondern geht mit deren Träger, d. h. den freiberuflichen Gesellschaftern, eine von der Ärztegesellschaft zu trennende separate Innengesellschaft ein. 141 Genau genommen kann § 1 PartGG daher gar nicht für den stillen Gesellschafter gelten, da dieser eben gerade nicht in die Gesamthandsgemeinschaft der Partnerschaft eintritt, so dass gesellschaftsrechtlich die stille Gesellschaft nicht am PartGG, sondern allein an §§ 705 ff. BGB zu messen ist. Folglich ist auch eine stille Beteiligung an einer Ärztepartnerschaft anzuerkennen, sofern keine berufsrechtlichen Regelungen im Einzelfall entgegenstehen. Dies gilt es im Folgenden näher zu untersuchen.
138
Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. I. 2. Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 290; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 5.9; Salger, in Gummert et al., § 36 Rn. 12; Henssler, § 1 Rn. 22; Leutheuser-Schnarrenberger, in Letzgus, FS Helmrich, S. 677/682; Hildebrandt, S. 83; Gummert / Meier, MedR 2007, 75/77; Krempter, BRAK-Mitt. 1994, 122/123 f.; Taupitz, ArztR 1995, 123/124; Schirmer, MedR 1995, 341/350; a. A. Michalski / Römermann, § 1 Rn. 7 ff.; Ulmer, in MüKo-BGB, PartGG, § 1 Rn. 13 f.; Castan / Wehrheim, S. 63; Mahnke, WM 1996, 1029/1032; in diese Richtung auch Lenz, in Meilicke et al., § 1 Rn 86 ff. 140 Salger, in Gummert et al., § 36 Rn. 12; Gummert / Meier, MedR 2007, 75/77; Taupitz, ArztR 1995, 123/124; Schirmer, MedR 1995, 341/350; Lenz, MDR 1994, 741/742. 141 U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 9.50. 139
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
II. Berufsrechtliche Beschränkungen 1. Berufsrechtliches Verbot der stillen Gesellschaft bei Ärztekapitalgesellschaften Dass § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä 142 eine unmittelbare gesellschaftsrechtliche Drittbeteiligung an einer Ärzte-GmbH ausschließt, ist offenkundig. Indem der unmissverständliche Wortlaut der Norm es aber nicht genügen lässt, dass Dritte nicht an der Gesellschaft beteiligt sind, sondern explizit vorschreibt, dass „Dritte nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt“ sein dürfen, ist auch für eine berufsfremde stille Gesellschaftsbeteiligung an einer Ärzte-GmbH kein Raum. 143 Relevante Abweichungen von § 23a MBO-Ä finden sich in den Kammerbezirken Nordrhein, Bremen und Baden-Württemberg. Die Berufsordnungen dieser Kammern verbieten zwar nicht die Rechtsform der Kapitalgesellschaft. Allerdings wurde der für die Frage der Drittbeteiligung relevante § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä nicht umgesetzt, so dass sich in diesen Kammerbezirken die Zulässigkeit von passiven Drittbeteiligungen an Ärztekapitalgesellschaften nach den noch folgenden Ausführungen zur Zulässigkeit von Drittbeteiligungen an Einzelpraxen bzw. Ärztepersonengesellschaften richtet. 144 2. Stilles Beteiligungsverbot für Gesellschafter der Ärztekapitalgesellschaft Eine Beteiligung eines Nichtgesellschafters am Gewinn der Ärztekapitalgesellschaft und damit eine Beteiligung als stiller Gesellschafter ist nach § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä eindeutig untersagt. Dagegen bleibt eine zusätzliche stille Gewinnbeteiligung eines oder mehrerer Ärztekapitalgesellschafter an der Ärztekapitalgesellschaft nach dem Wortlaut weiterhin möglich. Denn bei diesen wird man kaum von einem Dritten sprechen können und auch eine gewerbliche Infiltration ist nach dem ärztlichen Selbstverständnis von einem ärztlichen stillen Gesellschafter, der zugleich aktiver Gesellschafter der Ärztegesellschaft ist, wohl nicht zu erwarten. 145 Schwieriger ist die Beurteilung aber bereits dann, wenn ein nichtärztlicher Gesellschafter i. S. d. § 23b Abs. 1 MBO-Ä sich zusätzlich als stiller Gesellschafter beteiligen will. Denn die Voraussetzung der Anteilsund Stimmrechtsmehrheit in den Händen ärztlicher Gesellschafter gemäß § 23a Abs. 1 lit. b) MBO-Ä macht deutlich, dass den nach §§ 23a Abs. 1 S. 2, 23b Abs. 1 MBO-Ä zulässigen nichtärztlichen Gesellschaftern nicht die gleiche Wi142 „Gewährleistet sein muss zudem, dass Dritte nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sind“. 143 Häußermann / Dollmann, MedR 2005, 255/259. 144 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. II. 3. 145 So wohl auch Braun / Richter, MedR 2005, 685/687.
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derstandsfähigkeit gegenüber kommerziellen Motiven zugesprochen wird wie den ärztlichen Gesellschaftern. Trotzdem kann auch hier schwerlich von einem Dritten gesprochen werden, zumal noch zu zeigen sein wird, dass die fachliche Unabhängigkeit der in der Ärztekapitalgesellschaft tätigen Ärzte durch berufsfremde passive Gesellschafter ohnehin nicht zwingend beeinflusst wird. 146 Daher umfasst das Drittbeteiligungsverbot in § 23a Abs. 1 lit. 1 MBO-Ä nicht die Gesellschafter einer Ärztegesellschaft, gleichgültig ob es sich hierbei um Ärzte oder Angehörige der Fachberufe i. S. d. § 23b Abs. 1 MBO-Ä handelt. 3. Berufsrechtliches Verbot der stillen Gesellschaft bei Einzelpraxen und Ärztepersonengesellschaften a) Anwendbarkeit des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä (1) Anwendung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auf Ärztepersonengesellschaften (a) Unmittelbare Anwendung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auf Ärztepersonengesellschaften Zu überlegen ist, ob § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auch für Arztpraxen in Personengesellschaftsform Wirkungen entfaltet. Auf den ersten Blick wird die Ärzte-GbR vom Wortlaut des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä nicht erfasst. Gleichwohl könnte eine Anwendung auf Personengesellschaften mit dem Wortlaut der Norm begründet werden. Denn § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä spricht vom „Gewinn der Gesellschaft“ und nicht „nur“ vom „Gewinn der Kapitalgesellschaft“. Dies vermag aber nicht zu überzeugen. Denn der systematische Kontext zu § 23a Abs. 1 S. 1 MBO-Ä, in dem ausdrücklich nur von der Gesellschaftsform der juristischen Person die Rede ist, ist eindeutig, zumal die systematische Verknüpfung durch die Wahl des bestimmten Artikels in § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä – „der“ statt „einer Gesellschaft“ – noch weiter untermauert wird. Daher scheidet eine direkte Anwendung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auf Ärztepersonengesellschaften aus. (b) Analoge Anwendung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auf Ärztepersonengesellschaften Wenn auch eine unmittelbare Anwendung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auf berufsfremde bzw. i. S. d. § 23b Abs. 1 MBO-Ä fachferne Personengesellschafter nicht möglich ist, könnten diese dennoch im Wege einer Analogie unter das Verbot subsumiert werden. Hierfür lässt sich freilich das Telos des Verbots, die Verhinderung berufsfremder Einflussnahme auf die ärztliche Tätigkeit 146
Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 3. b).
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und damit auf die ärztliche Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit anführen. Sieht man nämlich die ärztliche Unabhängigkeit bei einer wirtschaftlichen Beteiligung berufsfremder Dritter an den Erträgen ärztlicher Tätigkeit als generell gefährdet an, gilt dies für die personengesellschaftlich organisierte Praxis genauso wie für die kapitalgesellschaftliche. Auf der anderen Seite ist Analogievoraussetzung das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke, d. h. es müsste eine vom Normgeber übersehene bzw. nicht gewollte, teleologisch schlicht nicht nachvollziehbare Regelungslücke vorliegen. 147 Die Bundesärztekammer 148 hat aber das Gewinnbeteiligungsverbot ausschließlich in dem extra für die ÄrzteGmbH geschaffenen § 23a MBO-Ä verankert, obwohl auf dem selben Ärztetag die auch für die Personengesellschaften relevanten Normen §§ 18, 23b MBO-Ä neugefasst wurden. Hätte man daher tatsächlich eine Erstreckung des Verbots auf die Personengesellschaften gewollt, wäre eine Verortung in der für ärztliche Kooperation maßgeblichen Zentralnorm des § 18 MBO-Ä oder in dem für berufsübergreifende Zusammenarbeit maßgeblichen § 23b Abs. 1 MBO-Ä systematisch konsequent und durchführbar gewesen. Beides hat die Bundesärztekammer unterlassen, was auch insoweit nachvollziehbar ist, als gerade in der Kapitalgesellschaftsform eine gesteigerte Gefahr der Kommerzialisierung erblickt wird. 149 Folglich kann hier kaum von einer planwidrigen Regelungslücke gesprochen werden. Zudem steht eine Analogie zu öffentlich-rechtlichen Eingriffsnormen nicht nur in einem unweigerlichen Konflikt zum verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, 150 sondern widerspricht auch dem Gesetzesvorbehalt. 151 Daher sind Analogien zu öffentlich-rechtlichen Eingriffsnormen grundsätzlich unzulässig. 152 Folglich kann mit einer Analogie zu § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä kein Verbot der stillen Drittbeteiligung für Ärztepersonengesellschaften begründet werden.
147
Larenz / Canaris, S. 194 f. Und ihr folgend die Landesärztekammern mit Ausnahme der Ärztekammern Bayerns, Berlins (kein Gewinnbeteiligungsverbot, da bereits Ärztekapitalgesellschaft unzulässig), Bremens, Baden Württembergs und der Ärztekammer Nordrhein (kein Gewinnbeteiligungsverbot). 149 Begründung zur Änderung der MBO-Ä auf dem 107. Deutschen Ärztetag, abgedruckt in BWKG-Mitt, Nr. 239/2004 v. 29. 06. 2004, Anlage 1, 4; vgl. dazu den Überblick zu den Einwänden gegen eine Ärzte GmbH bei Werner, S. 3 f., 281 ff. sowie bei Taupitz, NJW 1996, 3033/3036, ders., NJW 1992, 2317 ff.; ders., VersR 1992, 1064; Rieger, MedR 1995, 87/88. 150 An den auch die Landesärztekammern als rechtsetzende Körperschaften des öffentlichen Rechts gebunden sind, vgl. Schulze-Fielitz, in Dreier, Art. 20 Rn.116. 151 BVerfG, NJW 1996, 3146; BVerfG, NJW 1985, 1891. 152 Alleweldt, S. 296 ff., 300; Guckelberger, S. 299 ff., 349. 148
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(2) Anwendung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auf die Einzelpraxis Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä, der von einer Beteiligung „am Gewinn der Gesellschaft“ spricht, scheidet eine Anwendung des Beteiligungsverbots auf die Einzelpraxis aus. b) Unvereinbarkeit einer stillen Gesellschaft mit dem Zusammenarbeitsverbot aus § 30 Abs. 2 und 3 MBO-Ä § 30 MBO-Ä untersagt in Absatz 2 Ärzten die Untersuchung und Behandlung von Patienten gemeinsam mit berufsfremden Dritten und verlangt in Absatz 3 für die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen eine klare Trennung der Verantwortungsbereiche. 153 Schon die Überschrift der Norm – „Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten mit Dritten“ – verdeutlicht, dass die Norm nur die unmittelbare Zusammenarbeit am Patienten, nicht jedoch die Frage der passiven Beteiligung eines Dritten an den wirtschaftlichen Ergebnissen der ärztlichen Heilkundeausübung zum Regelungsgegenstand hat. 154 Daher können aus § 30 MBO-Ä keine Schlüsse für oder gegen die Zulässigkeit einer stillen Gesellschaft Dritter an einer Arztpraxis gezogen werden. 155 c) Die stille Gesellschaft als Berufsausübungsgemeinschaft Schwierig bei einer stillen Beteiligung an einer Ärztepersonengesellschaft, aber auch an einer Einzelpraxis, ist die Bestimmung der berufsrechtlichen Organisationsform. Teile der Literatur wollen in der stillen Praxisbeteiligung eine Berufsausübungsgemeinschaft erblicken, die allerdings mit der Freiberuflichkeit des Arztes nicht vereinbar sein soll. 156 Hieran ist zwar richtig, dass eine Beteiligung eines Nichtarztes, abgesehen von den in § 23b Abs. 1 MBO-Ä privilegierten Berufen, in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft nicht möglich ist; 157 trotzdem kann eine solche Argumentation nicht überzeugen. Denn der typische stille Gesellschafter kann bereits nach der gesellschaftsrechtlichen Struktur der typischen stillen Gesellschaft nicht in der Gesellschaft beruflich aktiv werden. Die theoretisch vorstellbare wirtschaftliche Verwaltung der Praxis durch den Berufsfremden scheitert an den fehlenden Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnissen des typisch stillen Gesellschafters. 158 Praxisinhaber ist bei der stil153 154 155 156 157 158
Normtext im Anhang, Gesetzesauszüge. Vgl. Ratzel, in Ratzel / Lippert, § 30 Rn. 1. Ebenso Reiter, GesR 2005, 6/11. Hess, in KassKomm, § 98 Rn. 46; Heberer, S. 493. Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. II. 1. a). K. Schmidt, GesR, § 62 II 2, IV 2; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 4.10, 4.25.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
len Gesellschaft allein der Arzt. Mithin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft, d. h. die gemeinschaftliche Führung der Praxis zwischen Arzt und typisch stillem Gesellschafter von vorneherein nicht möglich. d) Die stille Gesellschaft als Organisationsgemeinschaft Ebenfalls muss eine Klassifikation der stillen Praxisbeteiligung als Organisationsgemeinschaft ausscheiden. Denn der Zweck einer typischen stillen Gesellschaft liegt nicht in der gemeinsamen Nutzung von Räumlichkeiten oder Apparaten, sondern in dem Halten einer Gewinnbeteiligung am Unternehmen gegen Einlage zugunsten des Vermögens des Betriebsinhabers. 159 e) Die stille Gesellschaft als verbotener Zusammenschluss i. S. d. § 23c MBO-Ä § 23c MBO-Ä ergänzt das Zusammenarbeitsverbots aus § 33 Abs. 3 MBO-Ä, indem es eine Zusammenarbeit ohne unmittelbaren Patientenbezug zwischen Arzt und Berufsfremden nur in einer Partnerschaftsgesellschaft erlaubt. 160 Sowohl der systematische Kontext zu § 33 Abs. 3 MBO-Ä als auch der Wortlaut – § 23c MBO-Ä spricht von Zusammenarbeit – und die Begrenzung auf die Partnerschaftsgesellschaft als einzig zulässige Rechtsform machen deutlich, dass § 23c MBO-Ä sich wie § 33 MBO-Ä nur auf Berufsausübungsgemeinschaften mit Berufsfremden bezieht. Schließlich verpflichtet nach herrschender Auffassung §1 Abs. 1 S. 1 PartGG 161 die Gesellschafter obligatorisch zur aktiven Berufsausübung. 162 Eine Aussage zur Zulässigkeit einer Finanzanlage wie der typischen stillen Gesellschaft, die ja gerade nicht Berufsausübungsgesellschaft ist, 163 kann der Norm demnach nicht entnommen werden. 164
159
U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 1.14. § 23c 1 MBO-Ä: „Ärzten und Ärztinnen ist es gestattet in Partnerschaften gemäß § 1 Absatz 1 und Absatz 2 PartGG mit Angehörigen anderer Berufe als den in § 23b beschriebenen zusammenzuarbeiten, [...]“ (Hervorhebung d. Verfasser). 161 Vgl. § 1 I 1 PartGG: „[...] Ausübung ihrer Berufe zusammenschließen.“ (Hervorhebung d. Verfasser). 162 Henssler, § 1 Rn. 22; Leutheuser-Schnarrenberger, in Letzgus, FS Helmrich, S. 677/682; Hildebrandt, S. 83; vgl. zur m. M. oben Fn. 139. 163 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. II. 3. c). 164 Ähnlich ArG Berufsrecht, ZMGR 2002/2003, 59/63 ff.; a. A. wohl Gummert / Meier, MedR 2007, 75/81. 160
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f) Die stille Gesellschaft als eigenständige Organisationsform Hieraus folgt, dass der Zweck der typischen stillen Gesellschaft keinen der in § 18 Abs. 1 MBO-Ä aufgezählten Gesellschaftszwecken entspricht. Die Beteiligung als stiller Gesellschafter ist als berufsrechtliche Organisationsform mithin nicht fassbar. Sie stellt vielmehr eine Organisationsform neben den in § 18 Abs. 1 MBO-Ä aufgeführten dar. Kennzeichnend ist, dass die stillen Gesellschafter nicht Unternehmensträger der Praxis werden, so dass diese, gleich ob sie eine Einzelpraxis, eine Gemeinschaftspraxis oder eine Praxisgemeinschaft darstellt, in ihrer Struktur unverändert bleibt. Somit handelt es sich nach berufsrechtlichen Maßstäben bei einer stillen Gesellschagft um eine Organisationsform sui gerneris. g) Stille Gesellschaft an einer Arztpraxis – ein (un-)zulässiger Gesellschaftszweck (1) Herleitung der Unzulässigkeit Gerade wegen der Schwierigkeiten bei der Subsumtion der stillen Gesellschaft unter die berufsrechtlichen Organisationsformen erklären Teile des Schrifttums die stille Gesellschaftsbeteiligung an Arztpraxen für unzulässig. 165 Wohl vor dem Hintergrund der unmittelbaren Gewinnbeteiligung müsste nach ihrer Auffassung eine stille Praxisgesellschaft die Voraussetzungen einer Berufsausübungsgemeinschaft erfüllen, um zulässig zu sein. 166 Dies ist aber wie gezeigt unmöglich, so dass eine stille Gesellschaft an einer Arztpraxis wegen § 726 BGB 167 nicht entstehen können soll. 168 Demnach gehen die Vertreter dieser Ansicht davon aus, dass eine Gesellschaft an einer Arztpraxis nur dann zulässig ist, wenn ihr Gesellschaftszweck sich unter eine der in § 18 Abs. 1 MBO-Ä aufgeführten Organisationsformen subsumieren lässt. (2) Methodische Einwände gegen die Herleitung der Unzulässigkeit Hierbei verkennen sie jedoch, dass das ärztliche Berufsrecht in Form des § 18 Abs. 1 MBO-Ä nur die zulässigen Kooperationsformen aktiver beruflicher Zusammenarbeit enumerativ aufzählt und damit zwingend vorgibt. Schon die 165 Ratzel / Lippert, § 17 Rn. 1; Rieger, in Rieger et al., 2050 Rn. 10; Ratzel, ZMGR 2005, 143/144; Dahm, in ArGe MedR, S. 39/44. 166 Rieger, in Rieger et al., 2050 Rn. 10; Halbe / Rothfuß, in Halbe / Schirmer, A 1100 Rn. 42. 167 § 726 BGB: „Die Gesellschaft endigt, wenn der vereinbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich geworden ist.“ 168 Dahm, in ArGe MedR, S. 39/44; Rieger, in Rieger et al., 2050 Rn. 10, Ratzel, ZMGR 2005, 143/144.
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amtliche Überschrift „Berufliche Kooperationen“ macht deutlich, dass sich § 18 MBO-Ä nur auf die berufliche Zusammenarbeit bezieht, die entweder gemeinschaftlich als Berufsausübungsgemeinschaft oder in getrennten Praxen unter einem gemeinsamen Dach als Organisationsgemeinschaft erfolgen darf. Zu einer passiven Beteiligung äußert sich § 18 Abs. 1 MBO-Ä dagegen nicht. Daher kann – wenn überhaupt – § 18 Abs. 1 MBO-Ä auch nur bezüglich aktiver Kooperationen einen abschließenden Charakter für sich proklamieren. 169 Aus § 18 Abs. 1 MBO-Ä im Wege des Umkehrschlusses abzuleiten, passive „unberufliche“ Kooperationen seien Ärzten verwehrt, findet weder im Satzungstext eine Stütze noch ist er methodisch konstruierbar. Denn ein solcher kann nur in dem Umfang schlüssig gezogen werden, in dem das Gesetz positiv Aussagen trifft; hier also maximal von der Zulässigkeit bestimmter aktiver Zusammenschlussformen auf die Unzulässigkeit sonstiger Möglichkeiten des aktiven Zusammenschlusses. 170 Die typische stille Gesellschaft ist jedoch wie ausgeführt gerade keine auf aktive Tätigkeit ausgelegte Rechtsform. 171 Des Weiteren bestehen bei der Ableitung eines Verbots der stillen Gesellschaft aus § 18 MBO-Ä auch teleologisch Schwierigkeiten. Unterstellt man nämlich, dass Schutzgut des § 18 Abs. 1 MBO-Ä der Schutz des Arztes vor Einflussnahme Berufsfremder auf seine Tätigkeit ist, führt die Argumentation der Befürworter eines Verbots zwangsläufig zu einem normativen Widerspruch. Denn aus dem Verbot berufsfremder Berufsausübungsgemeinschaften ein Verbot rein passiver berufsfremder Beteiligung abzuleiten, bedeutet letztlich, vom Verbot potentiell gefährlicheren Verhaltens auf ein Verbot potentiell weniger gefährlichen Verhaltens für das Schutzgut zu schließen. Immerhin wären in einer berufsfremden Berufsausübungsgmeinschafts-GbR die Einflussmöglichkeiten bereits de iure viel größer als bei einer typischen stillen Beteiligung. 172 Ein solches argumentum a miniore ad maius verbieten aber die Gesetze der Logik. h) Schlussfolgerung Ein ausdrückliches Verbot der stillen Beteiligung besteht im ärztlichen Berufsrecht nicht. 173 Aus § 18 Abs. 1 MBO-Ä kann kein Verbot der stillen Gesellschaftsbeteiligung an einer Arztpraxis abgeleitet werden. Hiergegen sprechen 169
So auch, allerdings allgemein zu standesrechtlichen freiberuflichen Zusammenschlussverboten: Dujmovits, in Holoubek / Potacs, S. 436; einen abschließenden Charakter sogar völlig verneinend: ArG Berufsrecht, ZMGR 2002/2003, 59/63. 170 Selbst für ein soweit begrenztes argumentum e contrario ist jedoch Voraussetzung, dass dem § 18 MBO-Ä nach seinem Telos überhaupt eine solche Ausschlusswirkung entnommen werden kann, vgl. Larenz / Canaris, S. 209 f. 171 Siehe Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. II. 1. a) (1); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. a) (1); Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. I. 1. 172 Vgl. nur §§ 709 ff.; 714 ff. BGB.
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sowohl Wortlaut als auch Methodik. § 23c MBO-Ä ist nur auf aktive Zusammenschlüsse ausgelegt, so dass auch aus ihm kein Verbot abgeleitet werden kann. Ebenso betreffen § 30 Abs. 2 und 3 MBO-Ä nur den unmittelbaren Behandlungsvorgang und erfassen daher nicht die typisch stille Gesellschaft. Gleichwohl aus den standesrechtlichen Bestimmungen ein Verbot stiller Gesellschaften an Arztpraxen abzuleiten, verträgt sich weder mit ihrem Wortlaut noch mit dem verfassungsrechtlichen Gebot des Vorbehalts des Gesetzes. 174 III. Verstoß der stillen Gesellschaftsbeteiligung gegen Grundsätze freiberuflicher Tätigkeit Ein Verbot der stillen Gesellschaft an Einzelpraxen und Praxispersonengesellschaften könnte sich aber aus der Zugehörigkeit der Ärzte zu den freien Berufe ergeben, die sich in zahlreichen Generalklauseln des ärztlichen Berufs – und Zulassungsrechts – § 1 Abs. 2 BÄO, §§ 1 Abs. 1 S. 3, 18 Abs. 2 S. 2 MBO-Ä, §§ 20 Abs. 1 S. 1, 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV – mittel- oder unmittelbar manifestiert. 1. Definition des freien Berufs Ärzte zählen ausweislich § 1 Abs. 2 BÄO; § 1 Abs. 1 S. 3 MBO-Ä; § 98 Abs. 2 Nr. 13 SGB V; §§ 20 Abs. 2 S. 1, 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV zu den freien Berufen. Obwohl der Begriff des freien Berufs sich in vielen Gesetzen wiederfindet, sucht man eine gesetzliche Definition vergebens. 175 Zwar sagt § 1 Abs. 2 S. 1 PartGG aus, dass „die Freien Berufe allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt [haben]“, will ausweislich der Gesetzesbegrünung jedoch nicht als abschließende Definition verstanden werden. Regelmäßig zeichnen sich freie Berufe jedenfalls durch eine selbständige, persönliche, eigenverantwortliche und nichtgewerbliche Leistungserbringung aus. 176 Die Selbständigkeit ist hierbei durch die Elemente der wirtschaftlichen und fachlichen Unabhängigkeit sowie der Übernahme eines unternehmerischen Wagnisses gekennzeichnet. 177 Essentielle Bedeutung kommt 173
Dies räumen selbst die Befürworter eines Verbots ein, vgl. Ratzel / Lippert, MedR 2004, 525/526 Fn. 7; Wigge / Kleinke, MedR 2002, 391/393. 174 Siehe hierzu Teil 2 Kapitel 3 § 2 A. I. 175 Taupitz, Standesordnungen, S. 18 ff.; zwar nennt § 1 PartGG wesentliche Kriterien der Freiberuflichkeit, ist jedoch nicht abschließend zu verstehen, BT-Drucks. 12/6152, 9; Lindenau / Spiller, S. 25 Rn. 1. 176 Taupitz, Standesordnungen, S. 23 ff.; Ratzel, in Ratzel / Lippert, § 17 Rn. 1; Lindenau / Spiller, S. 26 Rn. 7 f.; Gummert / Meier, MedR 2007, 75/76; Jäger, AnwBl. 2000, 475; vgl. auch Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. b) (2).
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hierbei der fachlichen Unabhängigkeit zu, die sich aus den Elementen der Entscheidungs- und Weisungsfreiheit zusammensetzt. 178 Die Merkmale der fachlichen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit fallen als potentielle Konfliktherde hinsichtlich einer Beteiligung berufsfremder Dritter schnell auf. Daneben gilt es aber auch ganz grundsätzlich zu untersuchen, ob die Zuordnung eines Berufes zu den freien Berufen überhaupt beschränkende Rechtswirkungen entfalten kann. 2. Die Natur des Terminus „freier Beruf“ Tatsächlich handelt es sich bei dem Terminus des freien Berufs weniger um einen juristisch, als vielmehr um einen soziologisch geprägten sogenannten Typusbegriff. 179 Im Recht bilden Typusbegriffe das Gegenstück zu sogenannten Klassenbegriffen. 180 Während ein Klassenbegriff eine begrenzte Zahl unabdingbarer Merkmale aufweist, ist das Vorliegen aller Merkmale bei einem Typusbegriff nicht essentiell. Das Fehlen eines Merkmals kann durch ein besonders stark ausgeprägtes anderes Merkmal im Einzelfall ersetzt werden. Ihm kommt daher vor allem eine deskriptive Bedeutung zu. 181 Dementsprechend wird ein Typusbegriff als ein Begriff definiert, durch den Teil- oder Untergruppen bezeichnet werden, die gemeinsame, im Einzelfall mehr oder weniger stark ausgeprägte Eigenschaften aufweisen und mittels dieser Eigenschaften charakterisiert und beschrieben werden können. 182 Die Besonderheit an diesen gemeinsamen Eigenschaften ist ihre Entwicklungsfähigkeit und damit einhergehend ein dynamisches Berufsbild freier Berufe. Diese Wandlungsfähigkeit führt zwangsläufig zu einer gewissen Unschärfe, die es unter Rechtsstaatsgesichtspunkten bedenklich erscheinen lässt, dem Terminus des freien Berufs eine reglementierende Wirkung zukommen zu lassen. 183 Allein aus der Zuordnung eines Berufs zum freiberuflichen Typus sollten daher keine verbindlichen Schlussfolgerungen für seine Behandlung im Recht gezogen werden. 184 Gleichwohl wird im juristischen Schrifttum gerne die Freiberuflichkeit des Arztes zur Rechtfertigung von Beteiligungsbeschrän177
BVerfGE 16, 286/294 ff.; BVerfG, NJW 1978, 365; Taupitz, Standesordnungen, S. 44 ff.; Ahrens, MedR 1992, 141/144. 178 Taupitz, Standesordnungen S. 44 ff.; vgl. bereits oben: Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. b) (2). 179 BVerfGE 11, 105; BVerfG, NJW 1960, 619/620; Daniels / Bulling, § 1 Rn. 28 f.; Taupitz, NJW 1996, 3033/3037, insb. auf die Selbständigkeit als (Unter-)Typusbegriff abstellend: Taupitz, MedR 1993, 367/372; Ahrens, MedR 1992, 141/144. 180 Larenz / Canaris, S. 265 f. 181 Redeker, NJW 2004, 2799 ff. 182 Reiter, GesR 2005, 6/12; Taupitz, NJW 1996, 3033/3037, eingehend ders., Standesordnungen, S. 23 ff. 183 BVerfG, NJW 1960, 619/620; Preißler / Sozietät Dr. Rehborn, S. 54 ff.
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kungen angeführt. 185 Eine Erklärung hierfür könnte die Vielzahl von Normen sein, die generalklauselartig auf das Wesen der ärztlichen Tätigkeit, 186 auf die freie persönliche Berufsausübung des Arztes 187 oder unmittelbar auf die Freiberuflichkeit abstellen. 188 Da diese aber den Begriff des freien Berufs keineswegs näher konkretisieren, sondern vielmehr selbst den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz aufgrund ihrer weitläufigen Formulierungen strapazieren, überzeugt eine solche Vorgehensweise nicht. 189 Richtigerweise kann nicht die Zugehörigkeit zu den freien Berufen reglemtierend wirken, sondern nur das Voroder Nichtvorliegen einzelner Elemente der Freiberuflichkeit. Voraussetzung ist jedoch, dass diese auch gesetzlich normiert sind. 190 Zu denken ist hier etwa an die Eigenverantwortlichkeit oder Nichtgewerblichkeit des Arztberufes, welche beide in § 1 Abs. 1 S. 2 und § 18 Abs. 2 MBO-Ä ihren Niederschlag gefunden haben. Trotzdem soll den im Schrifttum divergierenden Stimmen insoweit Rechnung getragen werden, als auch zu den Freiberuflichkeitsmerkmalen, die im ärztlichen Berufsrecht keinen ausdrücklichen Niederschlag gefunden haben, im Folgenden Stellung genommen wird. 3. Betroffene Elemente der Freiberuflichkeit a) Die wirtschaftliche Unabhängigkeit Die Verknüpfung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit und Selbständigkeit mit dem freiberuflichen Charakter einer Tätigkeit ist im Arztrecht nicht ausdrücklich normiert. Sie stammt vor allem aus tradierten Erfahrungen mit den freiberuflichen Branchen. Der Freiberufler ging lange Zeit seinem Beruf ganz vorwiegend als „Einzelkämpfer“ in eigener Praxis oder Kanzlei nach. 191 Allerdings wurde 184 BVerfGE 87, 287; Daniels / Bulling, § 1 Rn. 29; Taupitz, Standesordnungen, S. 29; Tettinger, S. 131; Preißler / Sozietät Dr. Rehborn, S. 56 f.; Taupitz, NJW 1996, 3033/3036; ders., NJW 1992, 2317/2319. 185 Vgl. nur Gummert / Meier, MedR 2007, 75/76 f.; Wigge / Kleinke, MedR 2002, 391/ 393; Tisch, PZ 7/2002, 20/21; Burghardt / Dahm, MedR 1999, 485/490. 186 § 20 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV. 187 § 32 Abs. 1 S. 1Ärzte-ZV. 188 § 1 Abs. 2 BÄO; § 1 Abs. 1 S. 3 MBO-Ä. 189 Vgl. auch BVerfGE 98, 49 ff. 190 So knüpft bspw. die Gewerbesteuerpflicht nur vordergründig an die Zugehörigkeit zu den freien Berufen an. Tatsächlich hängt sie von der Gewerblichkeit der Tätigkeit ab, welche der Gesetzgeber nur bei den (freien) Katalogberufen des § 18 EStG über § 15 EStG i.V. m. § 2 I 2 GewStG ipso iure negiert. Deswegen kann auch der freiberufliche Apotheker, Insolvenzverwalter oder Unternehmensberater gewerbesteuerpflichtig sein, vgl. BFH, NJW 2002, 990; BFH, BB 1998, 777. Gleiches gilt für die Anwendbarkeit der GewO, die freiberufliche Tätigkeit nicht pauschal aus ihrem Anwendungsbereich ausklammert, sondern nur explizit genannte Tätigkeiten von ihren Vorgaben befreit, vgl. §§ 6 Abs. 1, 14 Abs. 2 GewO; vgl. Tettinger, in Tettinger / Wank, § 1 Rn. 6, 57, 59.
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bereits im Zusammenhang mit dem apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbot deutlich, dass ein solches Verständnis dem heutigen Bild der freien Berufe nicht mehr gerecht wird. 192 So ist in fast allen Berufsfeldern ein starker Trend zur Berufsausübung im Angestelltenverhältnis zu verzeichnen, was qua natura mit einer wirtschaftlichen Abhängigkeit einhergeht. Entsprechend hat sich auch im Berufsrecht der meisten Freiberufler eine Entwicklung zur Anerkennung der Berufsausübung im Angestelltenverhältnis vollzogen. 193 Im ärztlichen Standesrecht wurde diese Entwicklung zuletzt durch die Substitution der Bindung ambulanter ärztlicher Tätigkeit an die Niederlassung „in eigener Praxis“ 194 durch die Bindung ambulanter ärztlicher Tätigkeit „in einer Praxis“ 195 sowie durch die Statuierung spezifischer Regelungen für angestellte Ärzte im ambulanten Bereich in § 19 MBO-Ä bestätigt. Ebenso fügt sich die standesrechtliche Zulassung der Ärzte-GmbH in § 23a Abs. 1 MBO-Ä in den Kontext eines neuen Verständnisses ambulanter ärztlicher Heilkundeausübung ein. Daneben wurde auch im Vertragsarztrecht die ärztliche Tätigkeit im Angestelltenverhältnis durch die in den letzten Jahren neu eingefügten oder abgeänderten § 95 Abs. 1 S. 2, Abs. 9 und 9a SGB V i.V. m. §§ 1 Abs. 3 Nr. 2 und 3, 32 Abs. 2, 32b Abs. 1 Ärzte-ZV unterstützt. 196 Trotz alledem wird im Schrifttum die Vereinbarkeit von passiven Drittbeteiligungen mit dem freiberuflichen Charakter der ärztlichen Tätigkeit gerade mit Hinweis auf die mangelnde wirtschaftliche Unabhängigkeit abgelehnt. 197 In dieser Pauschalität kann dies aber nicht richtig sein. Wäre nämlich die wirtschaftliche Unabhängigkeit tatsächlich stets zwingende Voraussetzung für die Charakterisierung eines Berufes als „frei“, müsste man allen angestellten Ärzten, Anwälten, Steuerberatern etc. diese absprechen. 198 Dies wäre aber nicht nur aufgrund der stetig steigenden Anzahl „freiberuflicher“ Beschäftigungsverhältnisse bedenklich, sondern auch insofern problematisch, als etwa die Bundesärzteord191
Bogs, in Gitter et al., FS Wannagat, S. 51/63. Narr, B 11; Reiter, GesR 2005, 6/12; Wigge, MedR 2004, 123 f.; Taupitz, NJW 1996, 3033/3036; siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. b) (2). 193 Für Ärzte etwa in § 19 MBO-Ä, für Rechtsanwälte in § 26 BORA; für Steuerberater zuletzt durch den am 08. 04. 2008 inkraftgetretenen § 58 Nr. 5a StBerG (BGBl. I 2008, 666). 194 So noch in der Fassung des § 17 MBO-Ä vom 106. Dt. Ärztetag in Köln 2003. 195 § 17 MBO-Ä in der Fassung vom 107. Dt. Ärztetag in Bremen 2004. 196 Vgl. hierzu: Bäune, in Bäune et al., § 32b Rn. 1; Möller, MedR 2007, 263/265 f.; Dahm / Ratzel, MedR 2006, 555 ff.; Steinhilper / Weimer, GesR 2006, 200/203; Scholz, GesR 2003, 369/371 f. 197 Hess, in KassKomm, § 98 Rn. 46; Dahm, in ArGe MedR, S. 39/43 f.; Hildebrandt, S. 47; Wigge / Kleinke, MedR 2002, 391/393; Gummert / Meier, MedR 2007, 75/76; Ratzel / Lippert, MedR 2004, 525; Burghardt / Dahm, MedR 1999, 485/490; Ahrens, MedR 1992, 141/144 f. 198 So aber Lindenau / Spiller, S. 26 Rn. 8. 192
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nung, die Ärzteberufsordnungen der Landesärztekammern, die Bundesrechtsanwaltsordnung sowie die privatrechtliche Berufsordnung der Heilpraktiker 199 auch angestellte oder verbeamtete Ärzte, Rechtsanwälte und Heilpraktiker bindet, 200 gleichzeitig aber die Freiberuflichkeit für besagte Berufsgruppen ohne Differenzierung zwischen selbständiger und abhängiger Beschäftigung statuiert. 201 In letzter Konsequenz würde dieses enge Verständnis der Freiberuflichkeit mithin bedeuten, dass die Ausübung klassischer freier Berufe in einem Angestelltenverhältnis a priori berufsrechtswidrig ist. Dies kann aber, wie die Regelungen zur Gestaltung der abhängig beschäftigten Berufsausübung zeigen, 202 nicht Ziel besagter Normen sein. 203 Gestützt wird dieses Ergebnis im Übrigen auch vom Wortlaut des § 18 Abs. 2 MBO-Ä und § 1 Abs. 4 MBO-Ä, die ausdrücklich nur die medizinische Unabhängigkeit bzw. ein Weisungsverbot hinsichtlich ärztlicher Entscheidungen statuieren. b) Die fachliche Weisungsunabhängigkeit Die fachliche Weisungsunabhängigkeit ist grundlegende Voraussetzung für eine fachlich unabhängige und eigenverantwortliche Tätigkeit und damit tragendes Prinzip freiberuflichen Schaffens. 204 Sie findet im Berufsrecht ihren Ausdruck im Verbot, Weisungen von Nichtärzten entgegenzunehmen (§ 2 Abs. 4 MBO-Ä), und der Pflicht zur eigenverantwortlichen, medizinisch unabhängigen Berufsausübung (§ 18 Abs. 2 MBO-Ä). 205 Vielfach wird die Unabhängigkeit jedoch gerade dann als gefährdet angesehen, wenn Berufsfremde als passive Bezugsberechtigte der erwirtschafteten Praxiserträge ihre Interessen gegenüber dem Arzt zumindest artikulieren können. Hiergegen wird zu Recht eingewandt, dass der Dritte schon mangels entsprechender Fachkenntnisse dem Arzt unmöglich konkrete Vorgaben für den Kernbereich ärztlicher Tätigkeit machen könne. 206 Allerdings kann auch nicht ernsthaft bestritten werden, dass der Dritte an einer 199
Siehe zur Rechtsnatur der BOH Fn. 200 und Teil 4 Kapitel 2. Für Heilpraktiker gilt dies nur eingeschränkt, da ihre Berufsordnung (BOH) mangels staatlicher Ermächtigung nicht allgemeinverbindlich ist. Gleichwohl ist ihr als vereinsinternes Innenrecht der großen Heilpraktikerverbände bei der Berufsbildbestimmung Indizwirkung beizumessen. 201 Vgl. § 1 Abs. 1 BÄO; §§ 1 Abs. 1, 23 MBO-Ä; § 2 Abs. 1 BRAO; Art. 1 Nr. 1, Nr. 2 BOH. 202 § 19 BO-Ä BW; § 32b Ärzte-ZV; § 26 BORA; Art. 19 BOH. 203 Daniels / Bulling, § 1 Rn. 26; Narr, Rn. B 11 ff. 204 Taupitz, Standesordnungen, S. 44 ff.; Vieten, S. 37 f.; Fleischmann, S. 74 ff. 205 Inwieweit bei Weisungsunterworfenheit gegenüber Berufsangehörigen allerdings noch von einer fachlichen Unabhängigkeit gesprochen werden kann, erscheint fraglich. Inosweit ist die Berufsordnung durchaus dem Vorwurf der Widersprüchlichkeit ausgesetzt. 206 Reiter, GesR 2005, 6/10. 200
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möglichst renditeträchtigen Praxisführung interessiert ist. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass der Arzt zuvorderst an sein Berufsrecht gebunden ist, das ihn verpflichtet, sich Aufforderungen zu berufrechtswidrigem Verhalten zu widersetzen. 207 Natürlich ist die praktische Einhaltung der Berufspflichten damit nicht garantiert. Mit diesem Problem sieht man sich aber unabhängig vom Bestehen einer stillen Praxisbeteiligung konfrontiert. Denn in Zeiten knapper Budgets kann der Arzt ohnehin keine ärztliche Entscheidung ohne Berücksichtigung materieller Interessen treffen. 208 Vielmehr stellt sich ebenso wie bei den Apothekern 209 die Frage, ob der Arzt in der Einzelpraxis nicht weitaus mehr nach wirtschaftlichen Parametern seine ärztlichen Entscheidungen treffen muss, als derjenige, der die finanziellen Belastungen einer medizinisch gebotenen, aber unrentablen Behandlung nicht allein zu tragen hat. Gerade wenn die Kosten für die Praxisgründung noch nicht amortisiert sind, hängt das wirtschaftliche Überleben des Arztes ungleich stärker von einer ökonomischen Praxisführung ab, als bei der Unterstützung durch einen oder mehrere passiv Beteiligte. Mithin ist der Arzt nie vollständig unabhängig, sondern stets wirtschaftlichen Zwängen unterworfen. Abgesehen von diesen allgemeinen Erwägungen sprechen aber vor allem folgende Aspekte für eine Vereinbarkeit der stillen Gesellschaftsbeteiligung mit der Freiberuflichkeit: (1) Ausschließlich passive Stellung des stillen Gesellschafters Der typische stille Gesellschafter hat eine ausschließlich passive Stellung in der Gesellschaft inne. 210 Seine Rechtsstellung zeichnet sich gerade durch seine mangelnden Interventionsmöglichkeiten hinsichtlich des operativen Gesellschaftsbetriebs aus. Ihm sind weder Weisungs- noch Geschäftsführungs- oder Vertretungsbefugnisse nach den §§ 230 ff. HGB gesetzlich eingeräumt. 211 Im Gegenteil sind bei der stillen GbR die bestehenden Mitwirkungs-, Kontroll-, Vertretungs- und Geschäftsführungsrechte des GbR Gesellschafters aus §§ 709, 711, 712, 714, 715, 716, 718, 719 BGB aufgrund der Wertungen der §§ 230 ff. HGB ausgeschlossen. 212 Das dem stillen Gesellschafter nach § 233 Abs. 1 HGB zustehende Informationsrecht beschränkt sich im Wesentlichen auf die Einsichtnahme des Jahresabschlusses und bleibt daher gegenüber dem nicht anwendbaren jederzeitigen Unterrichtungsrecht des GbR-Gesellschafters weit zurück. 213 207
Die Nichtbefolgung von Weisungen aufgrund entgegenstehenden Berufsrechts hat für den angestellten Arzt arbeitsrechtlich keine negativen Auswirkungen, vgl. BAG, MDR 1990, 184 f. Narr, B 11. 208 Burghardt / Dahm, MedR 1999, 485/490. 209 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (3). 210 Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. II. 1. a) (1); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. a) (1). 211 Haack, NWB Fach 18, 4251/4256. 212 Ulmer, MüKo-BGB, § 705 Rn. 286 f, Siehe auch: Anhang, Allg. Begriffsbestimmungen.
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(2) Vergleichbarkeit von typisch stillem Gesellschafter und Darlehensgeber Alleiniger Praxisträger ist bzw. sind weiterhin ausschließlich der bzw. die Ärzte. Die Rolle des stillen Gesellschafters ist auf die eines Kapitalgebers beschränkt. Gerade darin liegt die Verwandtschaft zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen. 214 Soweit ersichtlich wird die Unzulässigkeit der Darlehensaufnahme für Ärzte aber von niemandem gefordert, was angesichts des enormen Finanzierungsbedarfs einer Praxisgründung auch kaum zu vertreten wäre. Bedenkt man aber, dass beim Darlehen die Raten abseits partiarischer Gestaltungen in der Regel fix sind, und der Arzt zudem noch Sicherungsleistungen in erheblichen Umfang leisten muss, scheint ein Verbot der typischen stillen Gesellschaft unter dem Blickwinkel der Bewahrung der fachlichen Unabhängigkeit des Arztes vor wirtschaftlichen Erwägungen nur schwer vertretbar. (3) Vergleich mit Praxisgemeinschaften und Betreibergesellschaften Allein die monetäre Motivation des Gesellschafters kann nicht zu einem Verstoß des Arztes gegen „die Freiberuflichkeit“ führen. Andernfalls müsste man auch die Praxisgemeinschaft für unzulässig erachten. Schließlich wird auch diese allein zur Effizienzsteigerung und Synergienutzung, mithin aus kommerziellen Motiven, eingegangen. 215 Trotzdem wird deswegen den Praxisgemeinschaften ihre Zulässigkeit nicht versagt. Gleiches gilt für sogenannte Betreibergesellschaften, 216 über die Ärzte allein, aber auch zusammen mit Nichtärzten ihre Gerätschaften und Räumlichkeiten erwerben, instand halten und an sich selbst vermieten. 217 Dabei wird auch als zulässig erachtet, wenn die Betreibergesellschaft ausschließlich von Berufsfremden betrieben wird. 218 Ökonomischer Zweck dieser Gesellschaften ist aus Ärztesicht auch hier die Akquise von Fremdkapital und die Nutzung von Skaleneffekten. Der Erwerb und die Pflege der für die eigene Praxis benötigten Räume und Gerätschaften soll durch berufsfremdes Drittkapital erleichtert und kostengünstiger gestaltet werden. Nichts anderes ge213 Ulmer, MüKo-BGB, § 705 Rn. 286 f.; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn.12.65; K. Schmidt, GesR,§ 62 IV 2; Haack, NWB Fach 18, 4251/4259. 214 Teilweise wird daher sogar für eine Aufgabe der Unterscheidung von typischer stiller Gesellschaft und partiarischen Darlehen plädiert, Haack, NWB Fach 18, 4251/4257. 215 Vgl. Kremer, in Rieger et al., 4270 Rn. 3; Gesellensetter, S. 186 ff. 216 Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 4 A. 217 Krieger, MedR 1998, 57 f.; Dahm, MedR 1998, 70/71; Taupitz, MedR 1993, 367/ 372. 218 Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A 1200 Rn. 29; Schallen, § 33 Rn. 1126; Möller, in Dahm / Luxenburger, § 15 Rn. 370, 375; ders, MedR 2006, 621/625; Ehmann, MedR 1994, 141/144; Krieger, MedR 1998, 57 f.; Taupitz, MedR 1993, 367/372; Ahrens, MedR 1992, 141/143.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
schieht aber bei der typischen stillen Beteiligung eines Dritten an der Arztpraxis. Nur hat hier der Berufsfremde im Gegensatz zur Betreibergesellschaft regelmäßig weder Eigentum an den Gerätschaften noch ist er aufgrund seiner stillen Beteiligung berechtigt, dem Arzt spezifische Vorgaben über den Einsatz und die Verwendungsdauer der medizinischen Geräte zu machen. Er ist als stiller Gesellschafter am Vermögen der Praxis und damit an den Gerätschaften der Praxis nicht beteiligt. Auch aus ökonomischer Sicht wird der Arzt bei einer stillen Gesellschaft weniger belastet als durch eine Betreibergesellschaft. Während nämlich bei der stillen Gesellschaft der stille Gesellschafter nur am Gewinn beteiligt ist und gegebenenfalls sogar Verluste mitträgt, hat der Arzt bei umsatzbzw. gewinnunabhängigen Mietpreisvereinbarungem die Miete unabhängig von seinem wirtschaftlichen Erfolg immer in gleicher Höhe an die Betreibergesellschaft abzuführen. Daher reduziert die typische stille Gesellschaftsbeteiligung den wirtschaftlichen Druck des Arztes und macht ihn insoweit freier bei seinen fachlichen Entscheidungen. 4. Schlussfolgerung Aus alledem ergibt sich, dass weder das angebliche essentiale professionis liberi – die wirtschaftliche Unabhängigkeit – noch die notwendige fachliche Unabhängigkeit des Arztes einer stillen Gesellschaft zwischen Arzt und Nichtarzt zwingend entgegenstehen. 219 IV. Verstoß gegen das Gewerblichkeitsverbot § 1 Abs. 2 BÄO; §§ 1 Abs. 2 S. 2, 18 Abs. 2 S. 1 MBO-Ä betonen die Nichtgewerblichkeit ärztlichen Handelns. Der Gewerbebegriff findet sich in vielen Rechtsgebieten wieder, ohne jedoch einheitlich verstanden zu werden. 220 Gemeinsam ist den unterschiedlichen Definitionen, dass die Freien Berufe dem Gewerbegriff nicht unterfallen. 221 Für den kammerrechtlichen Gewerbebegriff gilt dies allerdings nur bedingt. So bezeichnen die Berufsordnungen der Landesapothekerkammern den Apotheker zwar einerseits als freien Beruf, 222 ande219 Im Ergebnis ebenso: Dujmovits, in Holoubek / Potacs, S. 436; Reiter, GesR 2005, 6/12; ArGe Berufsrecht, ZMGR 2002/2003, 59/65; wohl auch Pfalzgraf, MedR 2000, 257 Fn. 8, 261; a. A. Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 376 (in Rn. 54 allerdings selbst die Zeitgemäßheit dieser Auffassung bezweifelnd); Lindenau / Spiller, S. 53 f. Rn. 93 f.; Gummert / Meier, MedR 2007, 75/85; Ratzel / Lippert, MedR 2004, 525/526; Dahm, MedR 2001, 206/207; Wigge, MedR 2004, 123/140; ders., NZS 2001, 293/297 f.; ders. / Kleinke, MedR 2002, 391/393; Burghardt / Dahm, MedR 1999, 485/490; Goette, DStR 1995, 1722/1723. 220 K. Schmidt, MüKo-HGB, § 1 Rn. 22; Tettinger, in Tettinger / Wank, § 1 Rn. 5. 221 Taupitz, Standesordnungen, S. 39, 59; Meier-Greve, S. 141; Vieten, S. 22 ff., 44 f., 54 ff.; kritisch Gesellensetter, 58 ff.; Henssler, ZHR 1997, 13/24 f.
Kap. 2: Einfachgesetzliche Rechtslage
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rerseits ist anerkannt, dass es sich bei der Apotheke handels-, steuer- und auch gewerberechtlich um einen Gewerbebetrieb handelt. 223 Daher handelt es sich bei freiberuflicher Tätigkeit nur typischerweise um nichtgewerbliche Tätigkeit. Ausgehend von dem verwaltungsrechtliche Gewerbebegriff ist Gewerbe somit „jede nicht sozial unwertige (generell nicht verbotene), auf Gewinnerzielung gerichtete und auf Dauer angelegte selbständige Tätigkeit, [regelmäßig] ausgenommen Urproduktion, freie Berufe (freie wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Tätigkeit höherer Art sowie persönliche Dienstleistungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern) und bloße Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens.“ 224 Die Nichtgewerblichkeit der ärztlichen Behandlungstätigkeit am Patienten ist hierbei anerkannt und wird oft nur als weitere Akzentuierung des freien Charakters des Arztberufs verstanden. 225 Zu prüfen ist daher, ob die Voraussetzungen der Nichtgewerblichkeit auch bei einer stillen Beteiligung Berufsfremder vorliegen. 1. Altruismus versus Kommerzialisierung Durch die stille Beteiligung Berufsfremder könnte die Gewinnerzielungsabsicht des Berufsfremden auf den Arzt in einem Maße abfärben, der die Praxis als Gewerbebetrieb erscheinen lässt. Dies hängt davon ab, ob sich die ärztliche Tätigkeit auch bei Beteiligung eines gewerblich orientierten berufsfremden Dritten durch eine altruistische Berufsorientierung zum Wohle des Patienten auszeichnet, oder ob die Absicht der maximalen Gewinnerzielung im Vordergrund steht. 226 Die Schwierigkeiten der für diese Differenzierung notwendigen Motivforschung des Arztes sind offensichtlich, zumal aufgrund der originären Renditeaffinität des einen oder anderen Mediziners 227 ein Vergleichsmaßstab nur schwer zu ermitteln ist. Gleichwohl hat ein stiller Gesellschaftsvertrag zwischen Arzt und Berufsfremden aber vor allem die Gewinnverteilung hinsichtlich 222
Präambel BO-Apo NR; § 3 BO-Apo BY; 1 I BO-Apo He; § 1 I Bo-Apo S. BGH, NJW 1983, 2085; BFH, BB 1998, 777; Tettinger, in Tettinger / Wank, § 1 Rn. 59, auch zu weiteren Ausnahmen. 224 BVerwGE, GewArch 1993, 196/197; BVerwG, NJW 1656, 1004; Kindler, Ebenroth et al, § 1 Rn. 18; K. Schmidt, in MüKo-HGB, § 1 Rn. 23; Tettinger, in Tettinger / Wank, § 1 Rn. 7 ff. 225 BGH, NJW 1978, 589/591; ebenso Lindenau / Spiller, S. 26 Rn. 8; ähnlich auch Daniels / Bulling, § 1 Rn. 14 f. 226 Eine ähnliche Abwägung nahm das BayObLG, MedR 2001, 206/209, bei der Beurteilung eines umsatzabhängigen Pachtvertrags vor. Aufgrund der konkreten Ausgestaltung des Vertrags bejahte es im Ergebnis eine Abfärbung der Gewerblichkeit; vgl. auch OLG München, PZ 1981, 800/810. 227 So schrieb Hartmann bereits 1900 im Ärztlichen Vereinsblatt für Deutschland, 381/384: „Bis jetzt haben wir Ärzte [...] nur immer auf die Standeswürde und Standesehre gepocht – ich sage Ihnen, Geld, Geld ist die Hauptsache.“ 223
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
der in der Praxis erwirtschafteten Erträge sowie die Höhe der Kapitaleinlage des Nichtarztes zum Inhalt, so dass dem Gesellschaftszweck insbesondere unter Berücksichtigung des zweifellos bestehenden gewerblichen Interesses des berufsfremden Investors eine gewisse Gewerbeorientierung innewohnt. 228 Statistiken, nach der die Gewerblichkeit des stillen Gesellschafters auf den ärztlichen Praxisinhaber automatisch abfärbt, gibt es allerdings nicht. Entsprechende Behauptungen stellen Axiome dar, die sich empirisch nicht belegen lassen. Solange der Arzt eigenständig, unbeeinflusst von kalkulatorischen Zielvorstellungen des Berufsfremden, agieren kann, darf nicht von einer gewerblichen Tätigkeit des Arztes gesprochen werden. Zudem bezieht sich das Gewerblichkeitsverbot nur auf die unmittelbare Ausübung der Heilkunde am Patienten. Abseits hiervon ist dem Arzt eine gewerbliche Betätigung sogar im Bereich des Heilwesens, etwa als Klinik- oder Sanatoriumsbetreiber, erlaubt, 229 was eindrucksvoll den idealistischen, fast schon ein wenig scheinheiligen Charakter des Verbots offenbart. 230 Praktisch bedeutet das Gewerblichkeitsverbot, dass in jedem Drittbeteiligungsfall eine Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Ausgestaltung des Beteiligungsvertrags sowie die faktische Vertragsumsetzung vorgenommen werden muss. Nur so kann bewertet werden, ob der Arzt weitgehend unbeeinflusst von (gewerblichen) Interessen des beteiligten Berufsfremden die Heilkunde ausübt. 231 Letztlich geht es auch hier um die Sicherstellung der fachlichen Unabhängigkeit. 232 Denn nur wenn die fachliche Unabhängigkeit nach umfassender Prüfung bejaht werden kann, wird man ein Abfärben der gewerblichen Interessen des Berufsfremden auf den Arzt verneinen können. 2. Kontrollmöglichkeiten der Kammern und Zulassungsgremien Praktisch kann eine solche Prüfung nur durch regelmäßige Kontrollen der Kammern und Behörden bewerkstelligt werden. Das nötige Instrumentarium ist hierfür weitestgehend bekannt, wie beispielsweise die Vorlage- und Anzeigepflichten aus § 18 Abs. 6 MBO-Ä (Anzeigepflicht für Kooperationen i. S. d. § 18 MBO-Ä), § 18 Abs. 1 S. 5 MBO-Ä (Vorlagepflicht des Teilgemeinschaftspraxisvertrags) , § 22 Abs. 2 MBO-Ä (Vorlagepflicht des Praxisverbundvertrags), § 33 Abs. 1 S. 2 MBO-Ä (Vorlagepflicht von Verträgen mit der Industrie) und 228
Kritisch daher Gummert / Meier, MedR 2007, 75/81. BVerfG, NJW 1986, 1536/1537, Narr, MedR 1986, 128. 230 Kritisch auch Gesellensetter, S. 58 f. 231 Auch ohne Drittbeteiligung muss (theoretisch) stets im Wege einer Gesamtbetrachtung untersucht werden, ob ein Arzt sich bei seinen medizinischen Entscheidungen nicht überwiegend vom Gewinnstreben leiten lässt und damit gegen das Gewerblichkeitsverbot verstößt. 232 So ausdrücklich für § 1 II BÄO BGH, NJW 1978, 589/591; kritisch zur Wirkung des Gewerblichkeitsverbot aus § 1 II BÄO; 1 I 2 MBO-Ä auch Gesellensetter, S. 61 ff. 229
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§ 33 Abs. 3 S. 1 Ärzte-ZV (Genehmigungserfordernis von Berufsausübungsgemeinschaften) zeigen. Zum Zwecke der bestmöglichen Kontrolle sollten diese Pflichten de lege ferenda auf eine allgemeine Vorlagepflicht aller mit dem Praxisbetrieb zusammenhängender Verträge, mithin auch auf stille Gesellschaftsverträge des Arztes, ausgeweitet werden. Bisher findet sich nur in der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen in § 24 BO-Ä Nds. 233 eine zwingend ausgestaltete Pflicht zur Vertragsvorlage. 234 V. Vertragsarztrechtliche bzw. zulassungsrechtliche Beschränkungen 1. Die Stille Gesellschaftsbeteiligung im Widerspruch zu § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV beschränkt die Kooperation mit Vertragsärzten auf andere zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Leistungserbringer, so dass hierin ein Verbot stiller Beteiligungen von Nichtleistungserbringern gesehen werden könnte. 235 Hierbei würde allerdings verkannt, dass § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV die Beschränkung auf die „gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit“ bezieht, mithin tätigkeitsbezogen ist und daher nur die gemeinsame aktive Berufsausübung am Patienten zum Regelungsgegenstand hat. 236 Bei der stillen Gesellschaft ist der gemeinsame Gesellschaftszweck aber nicht die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit am Patienten, sondern das Halten einer Gewinnbeteiligung gegen Kapitaleinlage. Der Zweck der stillen Gesellschaft wird mithin von § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV nicht erfasst. Sie ist gerade keine Berufsausübungsgemeinschaft, so dass aus der Norm keine Rückschlüsse auf eine zulassungsrechtliche Unzulässigkeit gezogen werden können. 2. Die Stille Gesellschaftsbeteiligung im Widerspruch zu § 95 Abs. 1 SGB V Ferner ist versucht worden, aus § 95 Abs. 1 SGB V die Unzulässigkeit einer stillen Beteiligung an Arztpraxen abzuleiten, da dort nur ein Zusammen233
§ 24 BO-Ä Nds.: „Der Arzt hat alle Verträge über seine ärztliche Tätigkeit vor ihrem Abschluß der Ärztekammer vorzulegen, damit geprüft werden kann, ob die beruflichen Belange gewahrt sind.“ 234 In den Berufsordnungen der übrigen Kammerbezirke und der MBO-Ä findet sich dagegen nur eine „Soll-Vorschrift“, vgl. § 24 MBO-Ä: „Ärztinnen und Ärzte sollen alle Verträge über ihre ärztliche Tätigkeit vor ihrem Abschluss der Ärztekammer vorlegen, damit geprüft werden kann, ob die beruflichen Belange gewahrt sind.“ 235 Normtext im Anhang, Gesetzesauszüge. 236 Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 283; Schallen, § 33 Rn. 1162 f.
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schluss von Vertragsärzten mit anderen Leistungserbringern vorgesehen sei. 237 Diesem bereits im Rahmen der Verbotswirkung des § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV 238 diskutierten Einwand kommt überhaupt nur dann eine eigenständige Bedeutung zu, wenn er auf den Zusammenschluss in einem MVZ bezogen wird. 239 Zur MVZ Gründung sind nämlich zum einen alle sozialversicherungsrechtlichen Leistungserbringer gemäß § 95 Abs. 1 S. 6 SGB V berechtigt und nicht wie in den Berufsausübungsgemeinschaften i. S. d. § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV nur die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer. 240 Zum anderen sind die Gesellschafter im MVZ, im Gegensatz zu Berufsausübungsgemeinschaften i. S. d. § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV, nicht zur aktiven medizinischen Berufsausübung verpflichtet. 241 Vielmehr können sie das MVZ auch ausschließlich über angestellte Ärzte betreiben, so dass die Frage, ob mit § 95 Abs. 1 S. 6 SGB V passive Beteiligungen allgemein auf sozialversicherungsrechtliche Leistungserbringer beschränkt werden sollten, durchaus berechtigt ist. Für ein solches Verständnis lässt sich die Gesetzesbegründung anführen, wonach mit der Begrenzung auf Leistungserbringer berufsfremdem Einfluss entgegengewirkt werden sollte. 242 Dennoch kann aus § 95 Abs. 1 S. 6 SGB V kein allgemeines Verbot passiver Beteiligungen abgeleitet werden. 243 Zum einen deshalb nicht, weil die Stellung als Gesellschafter eines MVZ mit der eines typischen stillen Gesellschafters hinsichtlich der Einfluss- und Mitwirkungsmöglichkeiten nicht vergleichbar ist. Das MVZ kann nach § 95 Abs. 1 S. 6 SGB V in allen zulässigen Rechtsformen gegründet werden, mithin sowohl als Kapitalgesellschaft als auch als GbR, PartG, (OHG oder KG) 244. 245 Den Gesellschaftern dieser Rechts237
Gummert / Meier, MedR 2007, 75/81. Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. V. 1. 239 Siehe zum MVZ: Teil 2 Kapitel 2 § 6. 240 § 33 II Ärzte-ZV erfasst damit berufsrechtlich die ärztliche Gemeinschaftspraxis und die med. Kooperationsgemeinschaft, sofern deren Angehörige zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Leistungserbringer sind, vgl. Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 320. 241 Zwingel / Preißler, S. 98; Lindenau, GesR 2005, 494. 242 BT-Drucks. 15/1525, 108. 243 Im Ergebnis ebenso: Reiter, GesR 2005, 6/11 Fn. 70. 244 Die Zulässigkeit von OHG und KG als Rechtsform für MVZ ist umstritten. Hintergrund ist das Erfordernis eines Handelsgewerbes in §§ 105 I, 161 I HGB, welches mit der ärztlichen, freiberuflichen Leistungserbringung im MVZ nicht vereinbar sein soll, Wigge, MedR 2004, 123/129. Richtigerweise muss man unterscheiden: Handelt es sich um ärztliche MVZ-Gründer, die im MVZ auch beruflich tätig sein wollen, scheiden OHG und KG aufgrund des freiberuflichen Gesellschaftszwecks aus. Wollen die Ärzte dagegen nicht im MVZ selbst tätig werden oder wird das MVZ von Leistungserbringern gegründet, die nicht zu den freien Berufen zählen, ist der Zweck der Gesellschaft allein auf den gewerblichen Betrieb des MVZ fokussiert. Dass auf der Betriebsebene die angestellten Ärzte gleichwohl freiberuflich die Heilbehandlung ausführen, ist ebenso wie bei den anerkanntermaßen gewerblich tätigen Krankenhäusern für die Zweckbestimmung der 238
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formen stehen gerade diejenigen Mitwirkungs- und Leitungsbefugnisse zu, die das Gesetz für den typischen stillen Gesellschafter ausschließt. Zum anderen ist der Vergleich auch insofern nicht schlüssig, als dem MVZ berufsfremde Beteiligungen von Nichtleistungserbringern i. S. d. Sozialversicherungsrechts trotz der gegenteiligen Äußerungen in der Gesetzesbegründung 246 bereits jetzt seiner Natur nach immanent sind. Gründungsfähige Leistungserbringer i. S. d. § 95 Abs. 1 S. 6 SGB V können nämlich auch private Krankenhausgesellschaften sein, an denen typischerweise Nichtärzte beteiligt sind. 247 Diese partizipieren aber nicht nur wie etwa ein typisch stiller Gesellschafter am Ergebnis des MVZ, sondern üben in ihrer Funktion als Krankenhausträger aktiv Einfluss auf die Führung des MVZ aus. Dass hier ganz andere Einflussmöglichkeiten auf das operative Geschäft des MVZ bestehen als dies bei einem stillen Gesellschafter an einem MVZ in ärztlicher Trägerschaft der Fall ist, bedarf keiner Erläuterung, zumal eine Vielzahl an Krankenhäusern sich zu 100% in berufsfremder Trägerschaft befinden. VI. Problematische Ausgestaltungen des typisch stillen Gesellschaftsvertrags 1. Unzulässigkeit der stillen Beteiligung bei unverhältnismäßiger Höhe der Gewinnbeteiligung Die in §§ 1 Abs. 1 S. 3, 2 Abs. 4, 18 Abs. 2, 30 Abs. 1 MBO-Ä; §§ 20 Abs. 2 S. 1; 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV verankerte Unabhängigkeit des Arztes, die nach oben Gesagtem als fachliche Unabhängigkeit verstanden werden muss, 248 kann allerdings durch die Vereinbarung eines unverhältnismäßigen Verteilungsschlüssels zulasten des Arztes gefährdet werden. Steht dem Dritten vertraglich nämlich ein Gewinnanteil zu, der nach objektiver Betrachtung den Arzt aus Existenzgründen zum nicht ordnungsgemäßen Betrieb der Praxis zwingt, ist die Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit des Arztes gefährdet. Ab wann man von einer Unverhältnismäßigkeit des Verteilungsschlüssels sprechen kann, ist eine Frage des Einzelfalls. Mit Verweis auf die apothekenrechtliche Rechtsprechung wird Trägerebene unbeachtlich, ähnlich Zwingel / Preißler, S. 97 f.; Rau, DStR 2004, 640/641; zu weitgehend Klose, BB 2003, 2702; wohl auch Ziermann, MedR 2004, 540/541, die OHG und KG generell für zulässig halten. 245 Zwingel / Preißler, S. 89 ff.; Lindenau, Rn. 285 ff.; freilich ist nicht in jeder Konstellation jegliche Rechtsform erlaubt. Die Voraussetzungen des allgemeinen Gesellschaftsrechts müssen auch beim MVZ stets erfüllt sein, so dass die hier diskutierte Variante eines MVZ mit ausschließlich inaktiven Gesellschaftern nach h. M. für eine PartG ausscheidet, hierzu näher: Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. I. 2. 246 BT-Drucks. 15/1525, 108. 247 Dies räumen, insoweit inkonsequent, auch Gummert / Meier ein, MedR 2007, 75/ 80. 248 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 2.
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man jedenfalls bei einem Verhältnis von neunzig zu zehn zulasten des Arztes regelmäßig von einer Unverhältnismäßigkeit sprechen können, wobei bei einem solch offensichtlichen Missverhältnis zumeist auch die Grenze der Sittenwidrigkeit i. S. d. § 138 BGB überschritten sein wird. 249 Gleichwohl kann im Einzelfall die Wertung auch anders ausfallen: Hat der Berufsfremde sich etwa mit zehn Millionen Euro an der Arztpraxis still beteiligt und erwirtschaftet die Praxis zugleich jährlich einen Gewinn von einer Million Euro, steht ein Gewinnverteilungsschlüssel von neunzig zu zehn der Unabhängigkeit des Arztes nicht entgegen. 2. Unzulässigkeit der stillen Beteiligung bei einseitiger Gesellschaftsvertragsgestaltung Neben der Gewinnverteilungsabrede können auch noch eine Vielzahl andere Regelungen im stillen Gesellschaftsvertrag zwischen Arzt und Berufsfremden die Unabhängigkeit des Arztes beeinflussen. Zu nennen sind hier vertraglich eingeräumte Weisungsrechte des Berufsfremden, einseitige Kündigungsregelungen oder Mindesthonorarklauseln zugunsten des Arztes. Während die Vereinbarung von Weisungsrechten die typische stille Gesellschaft zur atypischen stillen Gesellschaft werden lässt, ändert die Aufnahme von Kündigungsbestimmungen oder Mindesthonorarklauseln terminologisch nichts am Bestehenen einer typisch stillen Beteiligung. Da entsprechende Klauseln bei der Behandlung partiarischer Vertragsgestaltungen ausführlich behandelt werden, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen Ausführungen verwiesen. 250 VII. Rechtsprechung zur Zulässigkeit stiller Beteiligungen an Arztpraxen 1. Das Urteil des OLG Celle vom 5. 10. 1994 Gegen die grundsätzliche Zulässigkeit (typisch) stiller Beteiligungen an Arztpraxen wird allerdings ein Urteil des OLG Celle 251 angeführt, dem ein unbegründeter Nichtannahmebeschluss des BGH folgte. 252 In dem damaligen Rechtstreit ging es um die Wirksamkeit eines Gesellschaftsvertrags, nach dem ein Röntgologe mit einer Nuklearmedizinerin zunächst eine Gemeinschaftspraxis betreiben wollte. Nachdem dies vom Zulassungsgremium der Kassenärztlichen Vereinigung nicht genehmigt wurde, weil der Röntgologe nicht auf dem Gebiet der Nuklearmedizin tätig werden durfte, wurde der Zweck der Gesellschaft auf eine 249 250 251 252
BGH, NJW 1980, 638. Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 E. II.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 E. IV. Az.: 3 U 171/93. BGH, Beschl. v. 28. 09. 1995 – Az.: II ZR 257/94.
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Praxisgemeinschaft mit Einnahmepooling umgestellt, 253 die anfangs auch gelebt wurde. Später jedoch wurde die gemeinsame Nutzung und Unterhaltung der Räumlichkeiten und Gerätschaften vollständig eingestellt und nur die gemeinschaftliche Gewinnverteilung aufrechterhalten, so dass der Zweck einer Praxisgemeinschaft unmöglich wurde und diese daher gemäß § 726 BGB aufzulösen war. In dem Verfahren begehrte der Kläger, gestützt auf den schriftlichen (Gemeinschaftspraxis-) Gesellschaftsvertrag, nun die Auskehrung seines Anteils am materiellen und immateriellen Wert der „gemeinsamen Praxis“. Dies musste jedoch schon insoweit fehlgehen, als tatsächlich überhaupt keine gemeinsame Praxis bestand, da die Parteien den Gesellschaftszweck ja bereits vor Aufnahme der Tätigkeit auf eine Praxisgemeinschaft umgestellt hatten. Bei dieser werden die Praxen der teilnehmenden Ärzte aber gerade nicht vergemeinschaftet, so dass dem schriftlichen Gemeinschaftspraxisvertrag seine Grundlage entzogen worden war. Daher musste sich das Gericht zur Zulässigkeit stiller Beteiligungen an Arztpraxen überhaupt nicht äußern, sondern konnte die Klage gestützt auf obige Begründung abweisen. Dennoch wird anhand des Urteils auf die Unzulässigkeit bloßer Kapitalbeteiligungen geschlossen. 254 Begründet wird dies mit der Tatsache, dass das Gericht die faktisch bestehende Einnahmepoolinggesellschaft nicht im Wege der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft als tatsächlich zustande gekommen behandelt habe. 255 Von der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft werde nämlich nur dann abgesehen, wenn hierdurch gegen höherrangige schutzwürdige Interessen bzw. gegen ein (arztrechtliches) Verbotsgesetz verstoßen werden würde. 256 Somit habe das Gericht nur deshalb die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht angewendet, da es das bloße Halten einer Kapitalbeteiligung an einer Arztpraxis (implizit) für unzulässig ansah. 257 Hiergegen ist zunächst einzuwenden, dass die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf typische stille Gesellschaften umstritten ist. 258 Wichtiger ist, dass es sich im entschiedenen Fall überhaupt nicht um eine faktische typische stille Gesellschaft gehandelt hat, der die Anerkennung im Wege der Nichtanwendung der Grundsätze einer fehlerhaften Gesellschaft implizit versagt wurde. Denn in der bestehenden Poolgesellschaft wurden die 253 Einnahmepooling beschreibt die Zusammenlegung der wirtschaftlichen Ergebnisse von rechtlich getrennten Arztpraxen nebst Verabredung eines in aller Regel prozentual ausgestalteten Verteilungsschlüssels, Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A 1200 Rn. 44; Krafczyk, MedR 2003, 313/317; näher: Teil 2 Kapitel 2 § 4 F. I. 254 Goette, DStR 1995, 1722/1723. 255 Zur Struktur des Einnahmepoolings: Teil 2 Kapitel 2 § 4 F. I. 256 BGHZ 75, 214/217; BGHZ 55, 5, 9; Rieger, in Rieger et al, 2050 Rn. 24 ff.; a. A: K. Schmidt, GesR,§ 6 III 3. 257 Goette, DStR 1995, 1722/1723. 258 K. Schmidt, GesR, § 6 II 3 m.w. N.
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Einnahmen beider Praxen berücksichtigt. 259 Bei der typischen stillen Gesellschaft partizipiert dagegen allein der stille Gesellschafter am Gewinn des Betriebsinhabers. Ferner wurde die Poolgesellschaft von dem Kläger, also dem angeblich stillen Gesellschafter, als Geschäftsführer geleitet. 260 Bei einer typischen stillen Gesellschaft hat der stille Gesellschafter jedoch gerade keine Geschäftsführungsbefugnisse. Daneben zeigt das Begehren des Klägers, dass der Zweck der Poolgesellschaft auch eine Beteiligung am Vermögen der Praxis der Beklagten vorsah, deren Fehlen für eine typische stille Gesellschaft konstituierend ist. Folglich konnte die nicht anerkannte fehlerhafte Gesellschaft jedenfalls keine typische stille Gesellschaft darstellen, so dass dem Urteil auch keine Aussagen bezüglich deren Zulässigkeit entnommen werden können. Dies gilt umso mehr, als das Urteil zu einem Sachverhalt erging, der sich von 1978 – 1986 ereignete. In der Zwischenzeit hat sich aber das Arztrecht stetig weiterentwickelt, so dass heute die ursprünglich gewollte fachgebietsübergreifende Gemeinschaftspraxis vom Zulassungsausschuss wohl genehmigt werden würde. 261 2. Das Urteil des BSG vom 16. 07. 2003 Der Zulässigkeit einer stillen Gesellschaft könnte allerdings die Entscheidung des BSG vom 16. 07. 2003 262 entgegenstehen. 263 In dem Urteil stellte das BSG am Rande fest: „Ungerechtfertigte Einflussnahmen Dritter auf die Berufsausübung niedergelassner Ärzte sollen verhindert werden. Ärztliche Praxen sollen nicht im Wege franchiseähnlicher Modelle durch Dritte, zu denen gesellschaftsrechtliche Verbindungen bestehen, betrieben werden.“ 264
Das Urteil könnte der These von der Zulässigkeit typisch stiller Beteiligungen an Arztpraxen entgegenstehen. Bei genauer Lektüre zeigt sich aber, dass sich das BSG nicht pauschal zu Beteiligungen Dritter, sondern zur „ungerechtfertigten Einflussnahme Dritter auf die Berufsausübung“ im Einzelfall kritisch geäußert hat. Aber auch im Rahmen dieser Untersuchung wurde festgestellt, dass nicht jegliche passive Beteiligung zulässig ist, sondern stille Gesellschaften nur in der Regel keine Gefahr für die Freiberuflichkeit darstellen. Stellt sich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung die Beteiligung aufgrund ihrer atypischen Ausgestaltung dagegen als gefährlich für die fachliche Unabhängigkeit des Arztes dar, unter259
OLG Celle, Urt. v. 5. 10. 1994, Az.: 3 U 171/93, S. 3, 5. OLG Celle, Urt. v. 5. 10. 1994, Az.: 3 U 171/93, S. 3. 261 Vgl. Rothfuß, in Bäune et el., § 33 Rn. 35 ff. 262 MedR 2004, 114 ff. 263 In diese Richtung Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 376; Hess, in KassKomm, § 98 Rn. 46. 264 BSG, MedR 2004, 114/116 f. 260
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fällt sie dem Verdikt der berufs- und vertragsärztlichen Unzulässigkeit. Insoweit lässt sich auch die Bezugnahme des BSG auf die franchiseähnlichen Modelle nur als Umschreibung der ungerechtfertigten Einflussnahme auf den Arzt verstehen. Franchising unterscheidet sich nämlich maßgeblich von der typisch stillen Gesellschaft. 265 Allenfalls die im weiteren Verlauf der Untersuchung noch zu behandelnden atypischen stillen Gesellschaftsverträge können in Verbindung zum Franchising gebracht werden. 266 Grundlegender Unterschied von Franchising und auch atypischer stiller Gesellschaft ist nämlich das Ausmaß an vertraglich verankerten Einflussmöglichkeiten des Franchisegebers bzw. atypischen stillen Gesellschafters auf den Betriebsinhaber. Schon aufgrund dieser fehlenden Vergleichbarkeit ist die Aussagekraft des Urteils für die typische stille Gesellschaft begrenzt. Hinzu kommt, dass das Urteil sich auf die Zulässigkeit von Mitgliedschaften in mehreren überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften bezog. Daher ist der Franchisevergleich vor allem im Hinblick auf die Vermeidung von Praxisketten zu verstehen. 267 So erklärt es sich auch, warum das BSG auf die Urteile des BGH zu stillen Beteiligungen an Apotheken nicht eingegangen ist, obwohl in diesen die grundsätzliche Zulässigkeit stiller Beteiligungen vertreten wurde. 268 Daher kann dem Urteil keine Aussage entnommen werden, die der hier vertretenen Auffassung von der grundsätzlichen Zulässigkeit der typischen stillen Gesellschaft an Arztpraxen entgegenstünde. VIII. Ergebnis zur Zulässigkeit typisch stiller Beteiligungen an Arztpraxen Berufsfremde Dritte können sich im Wege der typischen stillen Gesellschaft an Arztpraxen beteiligen. Weder kann aus den §§ 18, 23a, 23b, 23c, 30 MBO-Ä etwas Gegenteiliges entnommen werden, noch sprechen die § 33 Abs. 2 ÄrzteZV; § 95 Abs. 1 S. 6 SGB V dagegen. Die typische stille Gesellschaft steht vielmehr außerhalb der dort beschriebenen Organisations- und Versorgungsformen, ohne jedoch mit deren Wertungen in Widerspruch zu geraten. Speziell der das Arztrecht durchziehende Grundsatz der Freiberuflichkeit bleibt auch bei Beteiligung eines stillen Gesellschafters an einer Arztpraxis gewahrt. Auch kann aus § 1 Abs. 1 PartGG keine rechtsformübergreifende Pflicht zur aktiven Berufsausübung in Gesellschaften mit freiberuflicher Beteiligung abgeleitet werden kann.
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Siehe Teil 3 Kapitel 1 § 4. U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 8.2. 267 Inzwischen ist durch die Änderung der MBO-Ä und der Ärzte-ZV die Mitgliedschaft in mehreren überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften erlaubt. 268 BGH, NJW 1980, 638; BGH, NJW 1971, 338; BGH, NJW 1953, 818. 266
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
Mithin besteht keine gesetzliche Bestimmung, welche einer typischen stillen Beteiligung an einer Arztpraxis entgegenstünde.
C. Die atypisch stille Beteiligung an einer Arztpraxis bzw. ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft Eine atypische stille Beteiligung an Arztpraxen ist wie die typische stille Beteiligung von vorneherein nur in Form einer stillen Gbr möglich, die im Folgenden nur atypisch stille Gesellschaft genannt wird. 269 Die atypische stille Gesellschaft unterscheidet sich im Wesentlichen von der typischen stillen Gesellschaft in zwei Punkten. 270 Zum einen ist der atypisch stille Gesellschafter nicht nur am Gewinn bzw. Verlust der Gesellschaft beteiligt, sondern partizipiert auch an der Entwicklung des Gesellschaftsvermögens. Zum anderen sind ihm über die Kontrollrechte des § 233 HGB hinaus noch weitere Rechte bis hin zur alleinigen Geschäftsführung mit Vertretungsmacht nach außen eingeräumt. 271 Erschöpft sich die Atypik in der Vermögensbeteiligung, ohne dass der Berufsfremde allein hierdurch einen überproportionalen Zuwachs an „Unternehmensmacht“ gewinnt, gibt es keinen Grund unter dem Blickwinkel der Sicherstellung der fachlichen Unabhängigkeit, die atypische stille Gesellschaft anders zu behandeln als die stille. Der Arzt bleibt weiterhin alleiniger Unternehmensträger. 272 Der stille Gesellschafter wird nämlich nicht Gesamthänder der Praxis, sondern erhält nur auf schuldvertraglicher Ebene einen Anspruch auf Vermögensbeteiligung. 273 Dementsprechend kommt der schuldrechtlich vermögensbeteiligte stille Gesellschafter auch nicht in Konflikt mit den berufs- und vertragsarztrechtlichen Vorgaben an die Praxisorganisation. Da der vermögensbeteiligte atypische stille Gesellschafter weiterhin nur passiv an der Praxis beteiligt ist, wird er von diesen nicht erfasst. 274 Werden dem atypischen stillen Gesellschafter dagegen weitreichende Mitwirkungsrechte vertraglich eingeräumt, beeinflusst der Berufsfremde zumindest den wirtschaftlichen Bereich des Praxisbetriebs. Hier verschwimmt die Grenze zwischen stiller und aktiver Gesellschaft zusehends. 269
Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. I. 1. a) und b). K. Schmidt, GesR, § 62 II; Haack, NWB Fach 18, 4251/4256; siehe Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. II. 1. a) (1); Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. I. 1. a). 271 BGH, NJW 1994, 1185/1186; Bezzenberger / Keul, in Riegger / Weipert, § 76 Rn. 23 ff., 43 ff. 272 Steuerrechtlich begründet die schuldrechtliche Vermögensbeteiligung dagegen eine Mitunternehmerschaft, §§ 20 I Nr. 4, 15 I 1 Nr. 2 EStG; zur Entwicklung der früher strittigen Frage der Besteuerung einer atypischen stillen Gesellschaft: U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 22.6 ff. 273 U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 4.28; K. Schmidt, GesR, § 62 II 2. 274 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. II. 270
Kap. 2: Einfachgesetzliche Rechtslage
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Diesen signifikant von der typischen stillen Gesellschaft abweichenden Charakter hat auch der Gesetzgeber an anderer Stelle erkannt. So wird etwa im Steuerrecht die atypische Gesellschaft nicht mehr als Kapitalanlage, sondern als Mitunternehmerschaft klassifiziert. 275 Deutlicher lässt sich der Unterschied der beiden Beteiligungsformen auch im medizinrechtlichen Zusammenhang nicht darstellen. Zusammenfassend nähert sich der atypische stille Gesellschafter bei Übertragung von Mitwirkungs- oder Geschäftsführungsrechten zu seinen Gunsten mithin der aktiven Gesellschafterstellung in einem Maße an, welches sich mit dem oben dargestellten Fremdgesellschaftsverbot nicht mehr vereinbaren lässt und zur berufs- und vertragsarztrechtlichen Unzulässigkeit führen muss. 276
D. Klassisch partiarische Vertragsgestaltungen Auch im ärztlichen Bereich ist die Vereinbarung gewinn- oder umsatzabhängiger Pacht,- Miet- oder Darlehensverträge nicht unproblematisch. Im Gegensatz zum Apothekengesetz findet sich im ärztlichen Berufsrecht jedoch kein ausdrückliches Verbot derartiger Vertragsgestaltungen. Eine Ausnahme stellt hier jedoch erneut § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä für ärztliche Kapitalgesellschaften dar. I. Partiarische Rechtsverhältnisse mit Ärztekapitalgesellschaften 1. Verbot der Gewinnbeteiligung § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO untersagt ausdrücklich jede Beteiligung am Gewinn der Ärztekapitalgesellschaft, so dass auch schuldrechtliche Gewinnbeteiligungsabreden im Rahmen partiarischer Vertragsgestaltungen nach § 134 BGB nichtig sind. 277 Allerdings erfasst § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä nach seinem Wortlaut nur die Gewinnbeteiligung. Zu einer Umsatzbeteiligung schweigt die Norm.
275 § 20 I Nr. 4 EStG; § 15 I 1 Nr. 2 EStG; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 20.53 ff.; Haack, NWB Fach 18, 4251/4255 f. 276 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 3; ähnlich auch BGHZ 62, 234 ff. für eine stille Beteiligung an einem erlaubnispflichtigem Inkassounternehmen. 277 Zum Problem der Rechtsfolge der Nichtigkeit bei Standesrechtsverstößen siehe Fn. 63.
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2. Anwendung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auf Umsatzbeteiligungen Betriebswirtschaftlich stellen Umsatz und Gewinn zwei völlig verschiedene Größen dar, die sich zwar gegenseitig beeinflussen, aber keineswegs linear zueinander entwickeln müssen. 278 Stellt man allein auf den Wortlaut ab, sind Umsatzbeteiligungen von der Norm nicht erfasst. Dieser spricht nämlich eindeutig nur von der Beteiligung am Gewinn. Teleologisch könnte für diese Auslegung sprechen, dass der Gewinn durch Rationalisierungsmaßnahmen auf Kosten der Qualität der Patientenversorgung besonders gut beeinflussbar ist und daher nur dieser dem Zugriff Dritter entzogen bleiben soll. Auch ist die Gewinnbeteiligung besonderer Ausdruck der Tätigkeit in wirtschaftlicher Selbständigkeit, die § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä gerade schützen will. 279 Auf der anderen Seite wird Ärzten gerade umsatzförderndes Verhalten berufs- und vertragsarztrechtlich in vielerlei Hinsicht untersagt. Zu denken ist hier nur an die Werbebeschränkungen aus § 27 MBO-Ä und dem Heilmittelwerbegesetz sowie an das Wirtschaftlichkeitsgebot aus §§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 S. 2 SGB V, welches dem Arzt umsatzsteigernde Maßnahmen zulasten der Krankenkassen verbietet. 280 Das Potenzial, die Unabhängigkeit des Arztes zu beeinflussen, ist zudem bei einer Umsatzbeteiligung viel größer als bei einer bloßen Gewinnbeteiligung. Denn eine Umsatzbeteiligung führt auch dann zur Zahlungspflicht des Arztes, wenn überhaupt kein Gewinn angefallen ist. Daher kann eine Umsatzbeteiligung ein renditeorientiertes Verhalten des Arztes nicht minder als eine Gewinnbeteiligung beeinflussen. Somit sprechen die besseren Gründe für eine einheitliche Behandlung von Gewinn- und Umsatzbeteiligung. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass von § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä sowohl Gewinn- als auch Umsatzbeteiligungen erfasst sein sollen. 281
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Oehlrich, S. 360; Woll, S. 764, 306. In Bezug auf partiarische Rechtsverhältnisse in diese Richtung Dahm, MedR 2001, 206/207. 280 § 12 I SGB V: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“ § 70 I S. 2 SGB V: „Die Versorgung der Versicherten muß ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden.“ 281 Generell die Frage der schuldrechtlichen Beteiligung ebenfalls ohne Differenzierung zwischen Gewinn und Umsatz diskutierend: Schallen, § 33 Rn. 1127, Gummert / Meier, MedR 2007, 75 ff.; Pfalzgraf, MedR 2000, 257 ff. m.w. N; anders dagegen Dahm, MedR 2001, 206/207. 279
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II. Partiarische Rechtsverhältnisse mit einer Einzelpraxis oder Ärztepersonengesellschaft Da sich außerhalb des Anwendungsbereichs des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä kein ausdrückliches Verbot partiarischer Vertragsgestaltung findet, sind die entsprechenden Vertragklauseln vor allem an dem in § 1 Abs. 2 BÄO, § 1 Abs. 1 S. 3 MBO-Ä, § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV manifestierten allgemeinen Grundsatz der Freiberuflichkeit ärztlicher Tätigkeit sowie dem damit zusammenhängenden Gewerblichkeitsverbot zu messen. Daneben ist auch auf systematische Überlegungen einzugehen. 1. Systematische Wertungen in den Berufsordnungen Mit Blick auf § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä drängt sich die Frage auf, warum das Berufsrecht jegliche Partizipation Dritter an ärztlichen Kapitalgesellschaften sowie Arbeitsverhältnisse mit berufsfremder Beteiligung auf Arbeitgeberseite ausdrücklich untersagt, 282 dagegen zu passiven Beteiligungen an einer Einzelpraxis, einer Ärzte-GbR oder Ärzte-PartG nur sehr rudimentäre Aussagen macht. Kann den §§ 17 Abs. 1 i.V. m. 19 Abs. 1, 23b Abs. 1, 2, 23c MBO-Ä noch entnommen werden, dass zumindest die aktive Beteiligung von nicht in § 23b Abs. 1 MBO-Ä genannten Berufsangehörigen unzulässig sein soll, so sucht man Regelungen zu passiven Beteiligungen vergebens. Wenn der Normgeber aber die Möglichkeit der passiven Partizipation gesehen hat, wie § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä beweist, und durch § 17 Abs. 1 i.V. m. § 19 Abs. 1, §§ 23b Abs. 1, 2, 23c MBO-Ä bewusst für Dritte den Weg verbaut hat, im Wege des Fremdbzw. Fremdgesellschaftsbetriebs an der ambulanten ärztlichen Heilkunde wirtschaftlich zu profitieren, dann kann die Nichtregelung der passiven Beteiligung bei Ärztepersonengesellschaften nur als Bekenntnis zur prinzipiellen Zulässigkeit passiver Drittbeteiligungsmodelle an Ärzte-GbR oder Ärzte-PartG verstanden werden. Aber nicht nur der Blick in die ärztlichen Berufsordnungen, sondern auch ein Vergleich zu den freiberuflichen Apothekern spricht für die Zulässigkeit partiarischer Rechtsverhältnisse. Der BGH erklärte nämlich in den siebziger Jahren im Apothekenbereich partiarische Vertragsgestaltungen grundsätzlich für zulässig, 283 wodurch sich der Gesetzgeber seinerzeit herausgefordert fühlte, mit § 8 S. 2 ApoG das Eingehen partiarischer Rechtsverhältnisse für Apotheker kategorisch zu untersagen. Die Tatsache, dass es für Ärzte an einer vergleichbaren
282 Bezüglich der Arbeitsverhältnisse gilt dies nur für Praxisärzte, nicht dagegen für den stationären Bereich. 283 BGH, NJW 1979, 2351 ff.
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Normierung fehlt, kann nur in dem Sinne verstanden werden, dass bei Ärzten partiarische Vertragsgestaltungen prinzipiell erlaubt sein sollen. 2. Freier Beruf und Gewerblichkeitsverbot Wie bereits dargelegt, 284 handelt es sich beim Terminus des freien Berufs um eine Typusbezeichnung, die keiner allgemeinverbindlichen starren Definition zugänglich ist. 285 Trotzdem wird in der juristischen Literatur unter Berufung auf die Freiberuflichkeit die Unzulässigkeit partiarischer Beteiligungen an den Ergebnissen ärztlicher Arbeit vertreten. 286 In der Judikatur finden sich zwei Urteile, die partiarische Rechtsverhältnisse mit ärztlicher Beteiligung von Ärzten unter den Aspekten der Freiberuflichkeit und Nichtgewerblichkeit intensiv behandeln. a) Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 16. 03. 1973 Zunächst hatte das BSG 1973 einen Fall zu entscheiden, 287 der heute vor allem im Zusammenhang mit der Irrelevanz der Eigentumsverhältnisse an Arztpraxen zitiert wird. Fast vergessen ist dagegen, dass die angegriffene Vertragsklausel partiarisch ausgestaltet war. Konkret nahm ein Stadtmedizinaldirektor an der kassenärztlichen Versorgung durch Nutzung der städtischen Instituts- und Personaleinrichtungen gegen Entrichtung von zwei Drittel seiner Bruttojahreseinnahmen teil. Das Bundessozialgericht sah in der Gewinnbeteiligung der Stadt keinen Verstoß gegen das freiberufliche Berufsbild des Arztes, obwohl die Stadt mit der Beteiligung nur monetäre Interessen, konkret eine effizientere Ausnutzung der personellen und sachlichen Institutsmittel, verfolgte. Entscheidend sei nämlich, dass der Arzt seinen medizinischen Auftrag nach eigenem Ermessen gestalten könne. Dies sei aber bereits dann gewährleistet, wenn er über die räumlichen und sachlichen Mittel sowie über den Einsatz von Hilfspersonal disponieren oder zumindest an der Disposition mitwirken könne. 288 Eigener Kapitaleinsatz oder die Eigentumsverhältnisse am Praxisgebäude bzw. an der Geräte- und Materialausstattung sollen für die Freiberuflichkeit demnach keine Rolle spielen. 289 Des Weiteren stellte das Gericht vor allem auf die persönliche Leistungserbringung des Arztes für die Charakterisierung der Tätigkeit als freiberuflich ab. 290 284
Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 2. Taupitz, Standesordnungen, S. 23 ff.; Preißler / Sozietät Dr. Rehborn, S. 54 ff.; Ahrens, MedR 1992, 141/144 (allerdings auf den Begriff der Selbständigkeit beschränkt); zum Typusbegriff allgemein: Hempel / Oppenheim, S. 1 ff. 286 Hess, in KassKomm, § 95 Rn. 43; Rieger, Rn. 694; Bonvie, MedR 2002, 338/342; Wigge / Kleinke, MedR 2002, 391/393. 287 BSGE 35, 247 ff. 288 BSGE 35, 247/250 f. 289 BSGE 35, 247/262. 285
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Obgleich der Medizinaldirektor zeitgleich bei der Stadt abhängig beschäftigt war, ließ es das Gericht also ausreichen, dass er die ambulante vertragsärztliche Tätigkeit als solche selbständig und weisungsfrei im Zweitberuf ausübte. Auch nach Auffassung des BSG ist somit vor allem die fachliche Unabhängigkeit ausschlaggebend. Wirtschaftliche Verpflichtungen gegenüber Berufsfremden ändern an der Freiberuflichkeit und Nichtgewerblichkeit der ärztlichen Tätigkeit dagegen grundsätzlich nichts. b) Die Entscheidung des BayObLG vom 6. 11. 2000 In einem zweiten Verfahren hatte das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) im Jahre 2001 ebenfalls über die Wirksamkeit eines partiarisch gestalteten Praxispachtvertrags zu entscheiden. 291 Ein Hotel-Sanatorium hatte einem Arzt eine im Hotel integrierte Praxis verpachtet, wobei der Pachtzins umsatzabhängig geregelt war. Besonderheit des Pachtvertrages war die ausdrückliche Vorgabe, dass die Praxis als Teil des Gewerbebetriebs Hotel-Sanatorium zu betreiben sei, dem insbesondere die Verordnungspraxis des pachtenden Arztes durch Verschreibung möglichst umfassender Therapien und Angebote des Sanatoriums in großem Umfang zu entsprechen habe. 292 Darüber hinaus resultierte der Pachtzins aus einer Gewinnbeteiligung am Ergebnis der Arztpraxis von mindestens 50 %. Das Gericht hielt diese Art der Beteiligung eines gewerblichen Unternehmens am Gewinn einer Arztpraxis mit den fachlichen und ethischen Erfordernissen der ärztlichen Berufsausübung für unvereinbar. Es bestünde nämlich die Gefahr, dass die Gewerblichkeit des beteiligten Unternehmens auf den Arzt abfärbe und die Erzielung eines möglichst hohen Gewinns zum primären Motiv der ärztlichen Tätigkeit werde. 293 Daher erklärte es den Pachtvertrag gemäß § 134 BGB i.V. m. dem standesrechtlichen Gewerblichkeitsverbot 294 für nichtig. 295 c) Eigene Bewertung (1) Nicht vergleichbare Sachverhalte Auf den ersten Blick mögen die so divergierend ausgefallenen Urteile verwundern. Schließlich werden in beiden Fällen einem Arzt gegen eine umsatz290
BSGE 35, 247/251 f. MedR 2001, 206 ff. 292 BayObLG, MedR 2001, 206/207. 293 BayObLG, MedR 2001, 206/209. 294 Im vorliegenden Fall in § 1 II S. 3 BO-Ä BY 1989 normiert. 295 Die h. M. qualifiziert Satzungen wie die Berufsordnungen als Verbotsgesetze i. S. d. § 134 BGB. Vgl. hierzu Fn. 63. 291
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abhängige Vergütung Räumlichkeiten und Inventar zur Verfügung gestellt. Bei genauerer Betrachtung widersprechen sich die Urteile aber keineswegs. Denn das BayOblG erklärte partiarisch ausgestaltete Praxisüberlassungsverträge nicht per se für unzulässig. Im Gegenteil verwies es sogar ausdrücklich auf deren prinzipiellen Zulässigkeit. 296 Die Nichtigkeit des beanstandeten Vertrags resultierte vielmehr aus dem Zusammenspiel diverser Vertragsklauseln. Vor allem die vertraglich vereinbarte Integration der Praxis in den Sanatoriumsbetrieb und die Vorgaben hinsichtlich der ärztlichen Berufsausübung – von konkreten Urlaubsregelungen bis hin zu Vorgaben bezüglich der Verschreibungspraxis des Arztes – veranlassten das Gericht zu seiner Entscheidung. 297 Denn erst diese, die Entscheidungsfreiheit und Unabhängigkeit des Arztes elementar beschränkenden Regelungen, bewirkten in Kombination mit der partiarischen Gewinnbeteiligung des Sanatoriums, dass dessen Gewerblichkeit auf den Arzt abfärbte. 298 Im Fall des BSG war die vollkommen eigenständige und eigenverantwortliche Praxisführung dem Medizinaldirektor dagegen vertraglich garantiert. 299 Ihm allein sollte die unabhängige Leitungskompetenz über die sachlichen und personellen Mittel des Praxisbetriebs sowie die eigenständige Ausführung seiner ärztlichen Tätigkeit obliegen. Vertragliche Regelungen, die den Versuch der Einflussnahme der verpachtenden Gemeinde auf den Arzt vermuten ließen, bestanden nicht, so dass selbst die Tatsache, dass der Arzt in seiner Funktion als Stadtmedizinaldirektor dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht der Gemeinde unterlag, der Zulässigkeit nicht entgegenstand. (2) Schlussfolgerung aus der Rechtsprechungsanalyse Mithin unterstreichen die Urteile erneut die Notwendigkeit der Unterscheidung von fachlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit. Nur das Fehlen der erstgenannten kann eine Unzulässigkeit der Vertragsgestaltung begründen. Ist die fachliche Unabhängigkeit des Arztes dagegen gesichert, hat dieser auch bei partiarischen Verpflichtungen gegenüber einem Berufsfremden nicht mehr und nicht minder wirtschaftlichen Interessen zu widerstehen, als wenn er die Praxis 296
BayObLG, MedR 2001, 206/209. BayObLG, MedR 2001, 206/208 f. 298 Das BayOblG ließ sich bei seiner Terminologie offensichtlich von der Rechtsprechung des BFH inspirieren. Im Steuerrecht wird die Unterscheidung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit nämlich nach der sog. Abfärbetheorie behandelt, nach der jegliches gewerbliches Engagement unabhängig vom Ausmaß ausreicht, um die komplette berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen als gewerblich einzustufen. Allerdings verbieten sich Rückschlüsse vom Steuerrecht auf die zivil- und arztrechtlichen Bewertungen, wie in der Sache auch im Urteil des BayObLG zum Ausdruck kommt, vgl. ferner: BFH, NJW 2008, 3165 ff.; Taupitz, Standesordnungen, S. 12, 21; Michels, ZMGR 2008, 19/21; Burghardt; in ArGe MedR, S. 179/184; ders. / Dahm, MedR 1999, 485/490. 299 BSGE 35, 247/251. 297
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ohne unternehmerische Beteiligung betreiben würde. Gefahren entstehen daher in beiden Konstellationen erst aus konfligierenden Interessen in der Person des Arztes. Die Richtigkeit dieser These zeigt sich auch in folgender Überlegung: Bei umsatzabhängigen Miet- oder Pachtverträgen bestimmt sich das Entgelt kovariant zur Nutzungsintensität. Damit nimmt es in besonderem Maße sowohl Rücksicht auf die Abnutzung des Mietgegenstandes als auch auf die aktuelle Leistungsfähigkeit des Arztes. 300 Mithin wird die flexible Entgeltbestimmung den Interessen von Arzt und Berufsfremden bestmöglich gerecht. Der Arzt braucht zu keiner Zeit befürchten, finanziellen Belastungen ohne einen entsprechenden wirtschaftlichen Gegenwert für seine Praxis ausgesetzt zu sein. Gerade in einer solchen Situation ist der Arzt gegenüber wirtschaftlich motivierter Beeinflussung besonders resistent. Ferner hat auch Taupitz zu Recht darauf hingewiesen, dass die Zulässigkeit der prozentualen Beteiligung des Praxisverkäufers an den Arzthonoraren des Erwerbers unabhängig vom Vorliegen einer Approbation auf Verkäuferseite allgemein anerkannt ist. 301 Aufgrund der normativen Vergleichbarkeit beider Fallgestaltungen – Kauf gegen prozentuale Einnahmenbeteiligung versus umsatzabhängige Vermietung – müssen beide Konstellationen aber auch identisch behandelt werden. Generell ist daher immer dann von der Zulässigkeit des partiarischen Vertrags auszugehen, wenn der Arzt trotz des Vertrags in seiner Disposition der sachlichen und personellen 302 Mittel, in der Entscheidung bezüglich der Patientenannahme, des Therapieumfangs und der Liquidationshöhe frei ist. 303 Ob dies im Einzelfall (noch) bejaht werden kann, muss in einer Gesamtschau aller vertraglichen und faktischen Gegebenheiten ermittelt werden. 304 Folglich verletzen berufsfremde Umsatz- oder Gewinnbeteiligungen an Arztpraxen grundsätzlich nicht das freie Berufsbild des Arztes bzw. das Gewerblichkeitsverbot. 305 300
Ahrens, MedR 1992, 141/145; vgl. Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. Taupitz, MedR 1993, 367/373. 302 Hierbei kann sich der Arzt durchaus auch fremder Arbeitnehmer im Wege einer Personalgestellung bedienen. Problematisch wird es aber dann, wenn das Personal mehrheitlich „entliehen“ ist und damit nicht unmittelbar dem allgemeinen Direktionsrecht des Arztes unterfällt, vgl. BSGE 76, 59/64; Pfalzgraf, MedR 2000, 257/260. 303 BSGE 35, 247/250 f.; Schallen, § 20 Rn. 565, 569; Pfalzgraf, MedR 2000, 257/ 260 f.; a. A. Heberer, S. 493, Plagemann, Rn. 298, die umsatzabhängige Mietverträge nur zwischen Ärzten einer Gemeinschaftspraxis für zulässig halten, im Übrigen von einem unzulässigen Verstoß gegen die Freiberuflichkeit ausgehen. 304 Pfalzgraf, MedR 2000, 257/261. 305 Im Ergebnis ebenso: Kremer, in Rieger et al. 4270 Rn. 25; Lach, S. 84 f.; Michalski, S. 109 f.; Möller, in Luxenburger / Ratzel, § 15 Rn. 376; Taupitz, MedR 1993, 367/372; Ahrens, MedR 1992, 141/145; a. A: Hess, KassKomm, § 95 Rn. 43; Heberer, S. 493, Plagemann, Rn. 298; Wigge / Kleinke, MedR 2002, 391/393; Nass, Gründung me301
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III. Ergebnis zur Zulässigkeit klassisch partiarischer Vertragsgestaltungen zwischen Berufsfremden und Arztpraxen Aus alledem ergibt sich, dass partiarische Verträge zwischen Berufsfremden und Ärzten bzw. Arztpraxen prinzipiell zulässig sind. Nur bei Ärztekapitalgesellschaften sind entsprechende umsatz- oder gewinnabhängige Vertragsgestaltungen gemäß § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä unzulässig. Ansonsten besteht weder im Berufs- noch im Vertragsarztrecht ein allgemeines Verbot partiarischer Vertragsabschlüsse. Genauso wenig kann ein solches aus der Freiberuflichkeit der Ärzte abgeleitet werden.
E. Besondere partiarische Vertragsgestaltungen I. Überhöhte Gewinn- bzw. Umsatzbeteiligung Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Zulässigkeit partiarischer Verträge ist dann anzunehmen, wenn die Umsatz- bzw. Gewinnquote des Dritten unverhältnismäßig hoch ist. 306 Ist der umsatz- bzw. gewinnabhängige Verteilungsschlüssel aus Sicht des Arztes nämlich so ungünstig vereinbart, dass ihm die Erwirtschaftung eines angemessenen Lebensunterhalts nur unter Missachtung des altruistischen ärztlichen Berufsethos möglich ist, kann von einer fachlichen Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit nicht mehr die Rede sein. Vielmehr gerät der Arzt in eine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit gegenüber seinem Vertragspartner, die ihn zu einer Berufsausübung unter Außerachtlassung wesentlicher Patienteninteressen zwingt oder zumindest verleitet. 307 Zu denken ist hier etwa an medizinisch nicht indizierte Untersuchungen, an die Gefahr berufsrechtswidriger Absprachen mit anderen sozialversicherungsrechtlichen Leistungserbringern oder an überhöhte Honorarforderungen. 308 Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang an die dargestellten Entscheidungen des BGH über partiarisch ausgestalteten Apothekenpacht- bzw. Apothekenmietverträge. 309 In diesen stellte der BGH fest, dass partiarisch ausgestaltete Verträge dann als sittenwidrig zu qualifizieren seien, wenn der Gewinnverteilungsschlüssel den Apodizinischer Versorgungszentren, S. 3, http://www.123recht.net/Gr%C3%BCndung-medizinischer-Versorgungszentren-(MVZ)-__a10897.html (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 306 Die Höhe der Umsatz-/Gewinnbeteiligung ohne nähere Begründung für irrelevant erachtend: Pfalzgraf, MedR 2000, 257/261, der verkennt, dass die Rechtsprechung die Höhe der Umsatzbeteiligung sehr wohl für maßgeblich hält, wie sich aus BGH, NJW 1980, 638 ff. eindeutig ergibt. 307 Vgl. BGH, NJW 1980, 638 f.; Tiemann, S. 130; Taupitz, MedR 1993, 367/370. 308 BayObLG, MedR 2001, 206/208. 309 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5.
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theker dergestalt in eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit bringe, dass dieser seine Aufgabe nicht mehr sachgerecht erfülle. 310 Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass Maß und Umfang, in denen der einzelne seine geistigen Fähigkeiten und seine Arbeitskraft eigenverantwortlich einsetzt, wesentlich davon bestimmt wird, inwieweit ihm die Früchte seiner Arbeit zugute kommen. 311 Vor diesem Hintergrund wird man analog zur typischen stillen Gesellschaft bei einem Verteilungsschlüssel von 90% zu 10% zulasten des Arztes regelmäßig von einer wesentlichen Beeinträchtigung der ärztlichen Berufsausübung sprechen müssen, die die Unwirksamkeit der Vereinbarung nach § 1 Abs. 2 BÄO, § 1 Abs. 1 S. 3 MBO-Ä i.V. m. 134 BGB, 138 BGB nach sich zieht sowie zum Entzug der Zulassung nach §§ 27 S. 2, 20 Abs. 2 S. 1, 32 Abs. 1 Ärzte-ZV führen kann. 312 Im Einzelfall können aber auch solch einseitige Verteilungsschlüssel noch angemessen und zulässig sein. 313 II. Partiarische Verträge mit einseitigen Kündigungsregelungen Neben dem Gewinnverteilungsschlüssel können aber auch andere Faktoren bei partiarischen Vertragsgestaltungen die ärztliche Unabhängigkeit beeinträchtigen. Im Schrifttum meist unbeachtet, stellt die Kündigungsregelung ein potentielles Einfallstor der Einflussnahme des Berufsfremden auf den Arzt bei partiarischen Praxisraummietverträgen dar. Kann sich der Berufsfremde nämlich ohne wichtigen Grund und unter Einhaltung einer relativ kurz bemessenen Kündigungsfrist vom Vertrag lösen, besteht die Gefahr, dass er unter Androhung der Kündigung den Arzt zur rentableren Berufsausführung „anstachelt“. Da die Praxisausstattung an die Räumlichkeiten angepasst ist und die Patientenbindung auch ortsbezogen erfolgt, hat die Drohkulisse gerade bei Berufseinsteigern durchaus Aussicht auf Erfolg. 314 Daher sind wesentliche vertragliche Abweichungen von den gesetzlichen Kündigungsfristen zulasten des Arztes unzulässig. Vielmehr erscheint zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit eine Pflicht zur vertraglichen Beschränkung der gesetzlichen Kündigungsvoraussetzungen auf qualifizierte Gründe unter Einhaltung einer großzügig zu bemessenden Kündigungsfrist geboten. Gegen eine so gestaltete Kündigungsklausel bestehen jedenfalls keine Bedenken.
310 BGH, NJW 1972, 338/339; BGH, NJW 1979, 2351 f.; siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. 311 BGH, NJW 1980, 638/639. 312 So für Apotheken, BGH, NJW 1980, 638; siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. a) (1) (a). 313 Siehe hierzu Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. II. 1. a) (2); Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. II. 1. b) (2); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. a) (2). 314 Vgl. Möller / Michels, S. 70 f.
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III. Partiarische Verträge mit Vorgaben bezüglich der Praxisführung Aus dem bereits behandelten Urteil des BayOblG, MedR 2001, 206 ff. 315 ergibt sich auch zwingend die Unzulässigkeit von Vertragsabsprachen, die dem Arzt konkrete Vorgaben hinsichtlich der Praxisführung machen. 316 Das Gericht versagte in dem Verfahren einem partiarischen Pachtvertrag die Wirksamkeit, da der Arzt in dem Vertrag verpflichtet wurde, seine Verordnungspraxis auf die Therapien und Angebote des verpachtenden Sanatoriums abzustimmen. 317 Solche Klauseln sind mit der fachlichen Unabhängigkeit des Arztes nicht zu vereinbaren. Hier ist der Kernbereich ärztlicher Behandlungstätigkeit betroffen. Sofern Vertragsklauseln mithin dem Berufremden direkt oder indirekt wesentlichen Einfluss auf die Praxisführung vermitteln sind, sie berufs- und vertragsarztrechtswidrig und daher gemäß § 134 BGB nichtig. IV. Partiarische Vertragsgestaltungen mit Mindesthonorarklausel 1. Verstoß gegen den freiberuflichen Charakter ärztlicher Tätigkeit In manchen partiarischen Verträgen findet sich auch die Vereinbarung einer von der Gewinn- oder Umsatzentwicklung unabhängigen Mindestzahlung des Berufsfremden an den Arzt. Moniert wird hieran, dass der Arzt aufgrund des Mindesthonorars kein wirtschaftliches Wagnis mit der Gründung seiner Praxis eingehe. 318 Dies sei aber gerade Charakteristikum eines klassischen freien Berufs. 319 Neben den grundsätzlichen Einwänden gegen den Begriff des freien Berufs als beschränkenden Rechtsbegriff kann diese Argumentation schon deshalb nicht überzeugen, 320 weil ein Mindesthonorar sowie jegliche andere Verringerung finanzieller Belastungen zunächst einmal das wichtigste Element der Freiberuflichkeit – die fachliche Unabhängigkeit bei der Patientenbehandlung – stärkt. Schließlich führt es zu einer größeren Unabhängigkeit des Arztes gegenüber finanziellen Notwendigkeiten und fördert damit die ärztliche Entscheidungsfreiheit. Daneben ist die bereits angesprochene Ungleichbehandlung der nieder315
Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 D. II. 2. b). BayObLG, MedR 2001, 206/207 f. 317 BayObLG, MedR 2001, 206/207. 318 So zur Scheingesellschafterstellung zweier Ärzte: OLG Koblenz, MedR 2001, 144/145; ähnlich Wigge, NZS 2001, 293/294 f. 319 BVerfGE 16, 286/294 ff.; BVerfG, NJW 1978, 365; Taupitz, Standesordnungen, S. 44 ff.; Ahrens, MedR 1992, 141/144. 320 Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 2. 316
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gelassenen Ärzte gegenüber der angestellten Ärzteschaft im Hinblick auf die unterschiedlichen Voraussetzungen an die Selbständigkeit kritisch zu hinterfragen. 321 Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes dürfte nur schwer gelingen. Aber auch abgesehen von diesen grundsätzlichen Erwägungen überzeugt die Ablehnung eines wirtschaftlichen Wagnisses bei Eingehen eines partiarischen Rechtsverhältnisses mit Mindesthonorarklausel nicht. Denn die Zahlung eines Mindesthonorars wird die Abhängigkeit des Arztes vom wirtschaftlichen Erfolg nicht völlig aufgehoben. Vielmehr bleibt das Gelingen der Unternehmung Praxisbetrieb und damit die persönliche wirtschaftliche Existenz des Arztes weiterhin allein von seinem heilberuflichem Tätigwerden abhängig. 322 Er allein ist Leiter und Verantwortlicher der Praxis. Versagt er hierbei, ist seiner ökonomischen Lebensgrundlage der Boden entzogen. Hinzu kommt, dass der Arzt durch die Mindesthonorarklausel grundsätzlich weder Mitglied in der Arbeitslosennoch in der Rentenversichtung wird. 323 Vielmehr hat er entsprechende Risiken vollständig allein zu tragen. Gleiches gilt für das mit dem Praxisbetrieb einhergehende Haftungs- und Insolvenzrisiko. Auch hier haftet der Arzt in der Regel mit seinem ganzen Vermögen. Will man also entgegen der hier vertretenen Auffassung am Erfordernis einer wirtschaftlichen Selbständigkeit als Wesensmerkmal freiberuflicher Tätigkeit festhalten, 324 ist nach alledem bereits dann von einem wirtschaftlichen Wagnis auszugehen, wenn es maßgebend von der eigenen Arbeitskraft abhängt, in welchem Umfang die freiberufliche Tätigkeit Einkünfte erbringt. 325 Vor diesem Hintergrund sollten partiarische Rechtsverhältnisse mit und ohne Mindesthonorarklauseln regelmäßig die so definierte Voraussetzung des wirtschaftlichen Wagnisses erfüllen. 2. Verstoß gegen das Fremdbetriebsverbot Mindesthonorarzahlungen werden aber in Bezug auf das ärztliche Fremdbetriebsverbot problematisch, wenn sie eine Höhe erreichen, die den Verdacht eines verdeckten Beschäftigungsverhältnisses bzw. eines Strohmannverhältnisses begründen. Solchen Konstrukten wohnt nämlich nicht nur eine höhere Gefahr für die fachliche Unabhängigkeit des Arztes inne, sondern das Rechtsverhältnis 321
Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 2 C. II. Hierauf zu Recht maßgeblich abstellend: Werner, S. 315; Preißler / Sozietät Dr. Rehborn, S. 29 Fn. 65; Butzer, MedR 2001, 611; Sänger, MedR 2001, 234/237; Möller, MedR 1999, 493/495. 323 Sofern man entgegen der hier vertretenen Auffassung ein verdecktes Beschäftigungsverhältnis aufgrund der Mindesthonorarklauseln annimmt, kommt es natürlich zur Sozialversicherungspflichtigkeit. 324 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 2. 325 So auch BSGE 35, 247/252. 322
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bekommt auch eine Struktur, die mit dem oben beschriebenen Fremdbetriebsverbot für niedergelassene Ärzte nur schwer zu vereinbaren ist. 326 Nach diesem ist es Ärzten nur erlaubt, mit einem selbständigen (Vertrags-)Arzt ein Arbeitsverhältnis einzugehen, § 19 Abs. 1 MBO-Ä: § 32b Ärzte-ZV. 327 Für einen Berufsfremden darf der Arzt dagegen im ambulanten Bereich nicht tätig werden. Führt die konkrete Mindesthonorarvereinbarung mithin dazu, dass die partiarische Vereinbarung zwischen (Vertrags-)Arzt und Nichtarzt in ihrer Gesamtheit als verdecktes Beschäftigungsverhältnis qualifiziert werden muss, folgt aus § 134 BGB i.V. m. § 19 Abs. 1 S. 2 MBO-Ä die Nichtigkeit des gesamten Vertrages. Zusätzlich besteht für den Vertragsarzt die Gefahr des Zulassungsentzugs gemäß § 27 Abs. 2 Ärzte-ZV. Ob aber tatsächlich ein verdecktes Beschäftigungsverhältnis vorliegt, darf aber nicht allein an der Höhe des Mindesthonorars festgemacht werden, auch wenn diesem eine Indizwirkung zukommen mag. 328 Vielmehr kann ein verdecktes Beschäftigungsverhältnis erst dann angenommen werden, wenn der potentiell verdeckt abhängig Beschäftigte einem umfassenden Weisungsrecht unterliegt und auch anderweitig keine Möglichkeit hat, auf die Geschicke des Unternehmens Einfluss zu nehmen. 329 Dementsprechend muss auch hier eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden. 3. Beurteilung von Mindesthonorarklauseln durch die Rechtsprechung Im Jahre 1997 hatte sich das Bundessozialgericht mit einer entsprechenden Vertragsgestaltung auseinanderzusetzen. 330 In dem in der Fachliteratur als Werksarzturteil eingangenem Verfahren ging es um den Zulassungsanspruch einer Ärztin, die als Werksärztin bei der Ford AG angestellt war. Im Arbeitsvertrag war von Beginn an vorgesehen, dass mit Erhalt der vertragsärztlichen Zulassung die Tätigkeit der Ärztin im Werk auf zwanzig Stunden reduziert werden sollte und sie die restliche Zeit mit der Ausübung ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit bei vollen Bezügen verbringen sollte. Als Gegenleistung war die Abführung von mehr als 70 % der ärztlichen Honorare an die Firma vorgesehen. Das BSG hielt die Vertragsgestaltung für mit dem Wesen der Tätigkeit des Vertragsarztes am
326
BGH, MedR 2003, 301 ff.; Teil 2 Kapitel 2 § 2. Eine Ausnahme gilt jedoch für das MVZ und die medizinische Kooperationsgemeinschaft, die auch von Berufsfremden bzw. mit berufsfremder Beteilung betrieben werden können. 328 BAG, NZA 2001, 165; BAG, NZA 2000, 534/539; Preißler / Sozietät Dr. Rehborn, S. 29 m.w. N. 329 So für die Frage der Arbeitnehmerzugehörigkeit eines Geschäftsführer-Gesellschafters einer GmbH, BSG, VersR 1983, 296; BSG, NJW 1961, 1134 f. 330 BSGE 80, 130 ff. 327
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Vertragsarztsitz unvereinbar und gab dem Zulassungsgesuch der Ärztin wegen Verstoßes gegen §§ 20 Abs. 2, 32 Abs. 1 Ärzte-ZV nicht statt. Dagegen ist das Bundessozialgericht in seinem bereits dargestellten Grundsatzurteil zu partiarischen Vertragsgestaltungen auf die Möglichkeit eines verdecktes Beschäftigungsverhältnisses nicht einmal eingegangen, obwohl ein verbeamteter Stadtmedizinaldirektor bei vollen Bezügen gegen Abgabe von 75 % seiner Erträge die sachlichen und personellen Mittel des städtischen Instituts zur vertragsärztlichen Nebentätigkeit nutzen durfte. 331 4. Bewertung der (scheinbar) divergierenden Rechtsprechungsaussagen Bei eingehender Beschäftigung mit den Urteilen fallen wesentliche Unterschiede in den Fallgestaltungen auf, die bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung Beachtung finden müssen. So war im Gegensatz zur Medizinaldirektorentscheidung im Werksarzturteil der Arbeitsvertrag von Beginn an auf die vertragsärztliche Tätigkeit ausgelegt und beinhaltete eine drastische Verkürzung der werksärztlichen Arbeitszeit ohne entsprechende Gehaltsreduzierung. Im Medizinaldirektorfall blieb die Dienstzeit für den Arzt trotz der Aufnahme vertragsärztlicher Tätigkeit in seiner Funktion als Stadtmedizinaldirektor dagegen konstant. Ferner ging die Gewinnbeteiligung der Aktiengesellschaft an den Erträgen der Werksärztin über die Beteiligung der Stadt an den Erträgen des Medizinaldirektors deutlich hinaus und zeigt mit der Bezugnahme auf das Werksärztinnengehalt im Verteilungsschlüssel (100%-ige Abgabe der vertragsärztlichen Bezüge bis zur Höhe von 50 % des Werksärztinnengehalts) die enge Verflechtung der angeblich selbständigen Tätigkeit als Vertragsärztin und der Tätigkeit als abhängig beschäftigte Werksärztin. 332 Durch das umfängliche Abschöpfen der Erträge der Werksärztin wurde außerdem ein enormer Anreiz zur Missachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots aus §§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 S. 2 SGB V gesetzt. 333 Immerhin musste die Ärztin einen äußerst stattlichen Betrag mit ihrer vertragsärztlichen „Nebentätigkeit“ erwirtschaften, bis sie über ihr Werksärztinnengehalt hinaus etwas dazuverdiente und sich ihr Engagement damit für sie finanziell rentierte. Maßgeblicher Unterschied in den beiden Fällen war jedoch, dass die Werksärztin weder ein Recht zur Auswahl der Mitarbeiter noch ein Entscheidungsrecht bezüglich der Anschaffung sachlicher Mittel hatte. 334 Vielmehr war sie zur Inanspruchnahme der von der Firmenleitung ausgewählten Werksmitarbeiter und 331 332 333 334
BSGE BSGE BSGE BSGE
35, 80, 80, 80,
247 ff.; siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 D. II. 2. a). 130/133. 130/133. 130/132.
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des zur Verfügung gestellten Inventars verpflichtet. Hierdurch wurde sie in ihrer Dispositionsfreiheit empfindlich beschränkt. Wenn schon nicht die dingliche Verfügungsbefugnis über das Praxisinventar, so ist doch zumindest ein Mitspracherecht bei der Disposition der personellen und sachlichen Mittel sowohl für die Abgrenzung des Selbständigen vom Angestellten als auch für die fachliche Unabhängigkeit eines Arztes essentiell. 335 Hinzu kam, dass der Vertrag mit einer Kündigungsfrist von nur sechs Monaten jederzeit seitens der Firma ordentlich gekündigt werden konnte und somit bei Meinungsverschiedenheiten für die Ärztin stets die Gefahr der Kündigung bestand. 336 Daneben wurzelten auch weitere Interessenkonflikte speziell in ihrer Tätigkeit als Werksärztin. Denn in ihrer Eigenschaft als Vertragsärztin konnte sie Informationen über werksangestellte Patienten erhalten, die geeignet waren, sie in Konflikte mit ihren Pflichten als Werksärztin zu bringen. Alle diese Besonderheiten im Werksarzturteil machen deutlich, dass das Urteil keineswegs Mindesthonorarklauseln grundsätzlich untersagt, sondern vielmehr allein den Gegebenheiten des Einzelfalls geschuldet war. Dies hat letztlich auch das Bundessozialgericht festhalten wollen, wenn es betont, dass grundsätzlich die Eigentumsverhältnisse an den Praxisräumen, den Geräten und der Materialausstattung für die vertragsärztliche Tätigkeit in freier Praxis unerheblich sind und es sich hier um einen den Gesamtumständen geschuldeten Ausnahmefall gehandelt hat. 337 5. Schlussfolgerung für die Behandlung von Mindesthonorarklauseln Bei Mindesthonorarklauseln muss man generell differenzieren: Handelt es sich um eine vertragliche Regelung, nach der die anteilsmäßige Gewinn- bzw. Umsatzverteilung zwischen Arzt und Dritten erst ab Erreichen eines bestimmten Mindestumsatzes / Mindestgewinns zur Geltung kommt und zuvor sämtliche Erträge dem Arzt zustehen, kann hierin kein verdecktes Beschäftigungsverhältnis erblickt werden. Schließlich hängt das Erreichen des Mindestverdienstes bzw. der Zeitpunkt des Erreichens weiterhin voll und ganz vom Tätigkeitsumfang des Arztes ab, so dass die Bezeichnung als Mindesthonorar im Sinne einer fixen (Gehalts-)zahlung schon begrifflich falsch ist und somit a priori kein Verstoß gegen das arztrechtliche Fremdbetriebsverbot vorliegen kann. Wird dagegen dem Arzt vom Dritten eine Mindestzahlung völlig unabhängig von der eigenen Leistungserbringung versprochen, liegt möglicherweise tatsächlich eine Honorarabführung gegen Gehaltszahlung bzw. ein verdecktes 335 336 337
BSGE 35, 247/250 f.; BSGE 76, 59/64; BSGE 80, 130/132 f. Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 4 E. II. BSGE 80, 130/132.
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Beschäftigungsverhältnis vor. Gleichwohl ist hierin nur dann ein unzulässiges verdecktes Beschäftigungsverhältnis zu erblicken, wenn der Berufsfremde sich durch besondere Vertragsabsprachen Mitsprache-, Weisungs- oder Verwaltungsbefugnisse für den operativen Betriebsbereich der Praxis einräumen lässt, 338 so dass der Arzt im Ergebnis tatsächlich nur als Strohmann des Berufsfremden fungiert. Für ein solches Verständnis lassen sich mehrere Gründe anführen. So erfährt das arztrechtliche Fremdbetriebsverbot seine innere Rechtfertigung in dem Schutz der fachlichen Unabhängigkeit des Arztes. 339 Dieser soll davor bewahrt werden, sich dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht eines berufsfremden Arbeitgebers unterwerfen zu müssen. Aus der Vereinbarung eines Mindesthonorars erwächst dem partiarischen Vertragspartner aber kein dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht vergleichbares Recht. Daher stimmt auch hier die These, dass die ärztliche Unabhängigkeit sich generell unabhängig vom organisatorischen Umfeld beurteilt. Ohne die Einräumung spezieller Einwirkungsrechte zugunsten des Berufsfremden stärkt das Mindesthonorar sogar die ärztliche Entscheidungsfreiheit, indem es für den Arzt ein Mindestmaß an finanzieller Absicherung und Planungssicherheit garantiert. Daher würde die leichtfertige Annahme eines Strohmann- bzw. verdeckten Beschäftigungsverhältnisses dem eigentlichen Zweck des arztrechtlichen Fremdbetriebsverbots zuwiderlaufen. Im Ergebnis ist daher bei „unverdächtiger“ Vertragsgestaltung ein verdecktes Beschäftigungsverhältnis trotz großzügig bemessenem Mindesthonorar zu verneinen. V. Franchising Auch das Franchising ist in der Regel umsatz- oder gewinnabhängig gestaltet. Da es bisher aber vor allem im zahnärztlichen Bereich in Erscheinung getreten ist, erfolgt die Behandlung dort, wobei die Ausführungen für den ärztlichen Bereich übernommen werden können. 340
F. Einnahmepooling im Widerspruch zu berufsfremden passiven Drittbeteiligungsformen Während bisher nur Beteiligungsmodelle diskutiert wurden, bei denen der Beteiligte sowohl Arzt als auch Berufsfremder sein konnte, geht es im folgenden Abschnitt um eine Beteiligungsvariante, bei dem ausschließlich Ärzte an den Ergebnissen eines anderen Arztes partizipieren können. 338 In ähnlichem Zusammenhang auch die Suche nach entsprechenden Mitwirkungsrechten besonders betonend: Möller, MedR 1999, 493/496 ff. 339 Siehe Teil 2 Kapitel 3 § 2 A. II.; Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 1. 340 Siehe Teil 3 Kapitel 1 § 4.
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I. Struktur des Einnahmepoolings In der Praxisorganisation der niedergelassenen Ärzte spielt das sogenannte Einnahmepooling eine immer bedeutendere Rolle. 341 Hierbei handelt es sich um die Zusammenlegung der wirtschaftlichen Ergebnisse von mindestens zwei selbständigen Arztpraxen bei Verabredung eines in aller Regel prozentual ausgestalteten Verteilungsschlüssels. 342 Gesellschaftsrechtlich handelt es sich bei der Pool-Gemeinschaft um eine Innen-GbR, deren Gesellschaftszweck die Einnahmenverwaltung via Pool darstellt. 343 Im Außenverhältnis tritt die Gemeinschaft regelmäßig als Praxisgemeinschaft auf, obgleich die Vergesellschaftung der Honorarverwaltung theoretisch auch im Rahmen eines Praxisverbundes möglich ist. Charakteristikum des Einnahmepooling ist mithin die gemeinschaftliche Einnahmenverwaltung trotz getrennter Berufsausübung. 344 II. Vergleichbares Gefahrenpotenzial gegenüber berufsfremden Drittbeteiligungen Aufgrund dieser Struktur scheint das Einnahmepooling mit Beteiligungsmodellen unter Einbeziehung Berufsfremder vergleichbar. 345 Denn während bei Drittbeteiligungen befürchtet wird, der rein pekuniär motivierte Dritte könne auf den Arzt übermäßig Einfluss nehmen, besteht beim Einnahmepooling eine Gefahr der rein finanziell motivierten Einflussnahme der teilnehmenden Ärzte untereinander. Immerhin schließen die an der Einnahmepooling-GbR teilnehmenden Ärzte sich allein aus finanziellen Interessen heraus zusammen. 346 Die Möglichkeit der separaten Abrechnung durch die getrennten Praxen gegenüber den Kassen soll gewahrt und zugleich mit dem Pooling eine Partizipation an den Einnahmen des bzw. der Partner erreicht werden. Eine gemeinsame Heilbehandlung wird dagegen gerade nicht angestrebt. Letztlich handelt es sich also um eine Vermischung von Praxisgemeinschafts- und Gemeinschaftspraxisstrukturen. 347 Neben der Gefahr der gegenseitigen Einflussnahme zur „Ergebnisoptimierung“ dürfte bei den am Einnahmepooling beteiligten Berufsangehörigen darüber hinaus die Versuchung bestehen, sich gegenseitig durch Überweisungen und medizinisch anfechtbaren Diagnosen Patienten „zuzuschachern“ und somit den über die Poolgemeinschaft zugewiesenen eigenen Gewinn künstlich zu steigern. Dies 341
Hartmann, MedR 2003, 623. Reiter, GesR 2005, 6/9; Hartmann, MedR 2003, 623. 343 Schallen, § 33 Rn. 1145. 344 Reiter, GesR 2005, 6/9; Krafczyk, MedR 2003, 313/317. 345 Vgl. Cramer, MedR 2004, 552/554. 346 Luxenburger, in ArGe MedR, S. 67/80 f.; Cramer, MedR 2004, 552/554. 347 Kremer, in Rieger et al., 4270 Rn. 30; Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A 1200 Rn. 32. Zu den Begrifflichkeiten, Anhang, Allg. Begriffsbestimmungen. 342
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ist wiederum nicht nur unter dem Gesichtspunkt der ärztlichen Unabhängigkeit, sondern auch hinsichtlich des Zuweisungsverbots aus § 31 MBO-Ä 348 bzw. dem dahinter stehenden Recht des Patienten auf freie Arztwahl bedenklich. III. Bewertung des Einnahmepoolings durch Rechtsprechung und Literatur Umso mehr verwundern die uneinheitliche Rechtsprechung 349 zum Einnahmepooling sowie die überwiegend befürwortenden Literaturstimmen. 350 Bezeichnenderweise gehen die Abhandlungen hierzu freilich nicht auf den Wertungswiderspruch zu den Beteiligungsverboten für Berufsfremde ein, sondern diskutieren vor allem einen zulassungsrechtlichen Gestaltungsmißbrauch der Praxisgemeinschaft, der im Ergebnis aber, soweit ersichtlich, ganz überwiegend verneint wird. 351 Der Arzt könne schließlich selbst über den Einsatz seines Honorars entscheiden und außerdem fehle es an einem ausdrücklichen Verbot für das Einnahmepooling. 352 Eine höchstrichterliche Entscheidung steht bisher aus. IV. Rückschluss von der Zulässigkeit des Einnahmepoolings auf die Zulässigkeit berufsfremder Beteiligungen Nimmt man jedenfalls die Begründung der Befürworter des Einnahmepoolings ernst, dass der Modus der Gewinnverteilung grundsätzlich nicht die unabhängige und eigenverantwortliche Ausübung des Arztberufes beeinflussen kann, dann darf für stille Gesellschaften und gewinnabhängige Schuldverträge mit berufsfremder Beteiligung nichts anderes gelten. Sicherlich mag der am Gewinn beteiligte Arzt in der Praxisgemeinschaft im Gegensatz zum Berufsfremden selbst an das ärztliche Berufsrecht gebunden sein, so dass an eine höhere 348 § 31 MBO-Ä: „Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder andere Vorteile sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.“ 349 Die Zulässigkeit bejahend LG Hamburg, MedR 2005, 98; die Zulässigkeit verneinend LSG Celle-Bremen, NZS 2004, 386. 350 Rieger, in Rieger et al., 4270 Rn. 12; Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A. 1200 Rn. 35, 43 ff.; Schallen, Rn. 33, Rn. 1145 f.; Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 333; C. Blaurock, MedR 2006, 643/645 f.; Krafczyk, MedR 2003, 313/315 ff.; Hartmann, MedR 2003, 623/625; unschlüssig: Heberer, S. 494; Luxenburger, in ArGe Medizinrecht, S. 80 f. 351 Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A 1200 Rn. 35, 43 f.; Schallen, Rn 848; Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 333; ders. / Michels, S. 178; Krafzcyk, MedR 2003, 313/ 318. 352 Schallen, § 33 Rn. 1146; Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A 1200 Rn. 46; Krafczyk, MedR 2003, 313/318.
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Hemmschwelle hinsichtlich des Versuchs der rechtswidrigen Beeinflussung seines Partners zu denken ist. Auf der anderen Seite sind die Möglichkeiten der gegenseitigen Manipulation für einen Berufsangehörigen aufgrund der größeren Sachnähe per se größer. Zudem ist auch ein berufsfremder Beteiligter von vertrags- oder berufsrechtlichen Sanktionen zumindest indirekt betroffen. Wird beispielsweise dem Arzt die kassenärztliche Zulassung wegen groben Pflichtenverstoßes entzogen, erleidet der an der Praxis des Arztes still beteiligte Berufsfremde neben dem Einbruch bei der Gewinnausschüttung einen massiven Wertverfall seiner Beteiligung. Ist er wie im Regelfall zudem am Verlust beteiligt, 353 bestehen sogar noch weitergehende Risiken. Letztlich haben sowohl die an der Poolgemeinschaft teilnehmende Ärzte als auch der passiv berufsfremde Beteiligte ausschließlich finanzielle Interessen an der Kooperation. Daher muss die gesellschaftsvertragliche Trennung zwischen Gewinnverteilung und autonomer Praxisführung, welche im Rahmen der Einnahmepoolingproblematik anerkannt wird, 354 auch bei der Beteiligung berufsfremder Dritter akzeptiert werden. Unter dieser Prämisse müssen dem Arzt bzw. Berufsfremden partiarische Verträge und typische stille Gesellschaften offen stehen, da diese Finanzierungsformen eine Trennung zwischen eigenverantworlicher Heilkundeausübung und gemeinsamer Gewinnverteilung gewährleisten. 355
G. Ergebnis zur Zulässigkeit klassischer passiver Beteiligungsformen I. Typisch stille Beteiligung Die Beteiligung eines Berufsfremden an einer Arztpraxis im Wege einer typischen stillen Gesellschaft ist nur bei einer Ärztekapitalgesellschaft unzulässig Nur hier besteht in Form des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä ein ausdrückliches Verbot. In allen anderen Fällen ist mangels ausdrücklicher Verbotsnorm von der Zulässigkeit dieser Beteiligungsform auszugehen. Auch mittelbar kann aus den §§ 18, 23a, 23b, 23c MBO-Ä kein Verbot der typischen stillen Gesellschaft abgeleitet werden. Den Normen kommt nur ein abschließender Numerus clausus Charakter für ärztliche Organisationsformen zu, die die berufliche Kooperation bzw. Zusammenarbeit betreffen. Bei der typischen stillen Gesellschaft handelt es sich aber gerade nicht um eine Form der beruflichen Zusammenarbeit. Vertragsarztrechtlich kann dem § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV und dem § 95 Abs. 1 S. 6 SGB V ebenfalls nichts Gegenteiliges entnommen werden. Vielmehr wird durch 353
Vgl. § 231 II HGB. LG Hamburg, MedR 2005, 98. 355 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 3. b); Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. VIII.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 D. II. 2.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 D. III. 354
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die gemäß § 95 Abs. 1 S. 1 und 6 SGB V erfolgte Öffnung (MVZ) der ambulanten Versorgung für Krankenhäuser deutlich, dass auch der Gesetzgeber eine Beteiligung berufsfremder Dritter an der ambulanten Versorgung wünscht. 356 Schließlich befindet sich eine nicht unbedeutende Zahl der Krankenhäuser in privater Trägerschaft von Kapitalgesellschaften. Entscheidend ist jedoch, dass die fachliche Unabhängigkeit des Arztes durch eine typisch stille Beteiligung grundsätzlich nicht tangiert wird und daher auch sein freiberuflicher Status gewahrt bleibt. Nur wenn diese Unabhängigkeit aufgrund vollkommen einseitiger Absprachen im Gesellschaftsvertrag zulasten des Arzte in Gefahr gerät, wird die typische stille Gesellschaft mit dem Verdikt der Unzulässigkeit versehen. II. Atypisch stille Beteiligung Anders verhält es sich dagegen mit atypischen stillen Gesellschaften. Hier kann nämlich die Atypik gerade in der Einräumung von Verwaltungs-, Vertretungs-, und Geschäftsführungsrechten zugunsten des stillen Gesellschafters liegen. Diese stehen jedoch in direktem Zusammenhang zur fachlichen Tätigkeit des Arztes und sind daher nicht nur geeignet, diesen bei der medizinischen Behandlung zu beeinflussen, sondern stehen auch aufgrund ihrer Nähe zu aktiven Beteiligungsformen in Konflikt zum Fremdgesellschaftsverbot. Beschränkt sich die Atypik der stillen Gesellschaft dagegen auf einen dem Berufsfremden schuldrechtlich eingeräumten Anspruch auf Beteiligung am Praxisvermögen, 357 so besteht kein Grund, diese anders zu behandeln als die typisch stille Gesellschaftsbeteiligung. III. Partiarische vertragliche Beteiligungen Gleiches gilt im Wesentlichen bei der Beurteilung von partiarischen Umsatz- und Gewinnbeteiligungen. Auch diese führen im Regelfall nicht zu einem Konflikt mit der Freiberuflichkeit des Arztes, sofern man der Freiberuflichkeit überhaupt einen rechtlichen Aussagegehalt beimessen will. Allerdings können die partiarisch ausgestalteten Rechtsverhältnisse dann nicht mehr mit der ärztlichen Unabhängigkeit zu vereinbaren sein, wenn die Beteiligungsquote zulasten des Arztes unverhältnismäßig hoch ist, dem Dritten weisungs- bzw. weisungsähnliche Rechte zugestanden werden oder vertragliche Vorgaben hinsichtlich der Praxisführung gemacht werden, die den Arzt in seiner unmittelbaren Heilkundeausübung beeinflussen. Solange dies nicht der Fall ist, ist auch nichts gegen Mindesthonorarklauseln einzuwenden. Denn diese führen zunächst einmal zu einer weiteren Stärkung der Freiheit des Arztes bei seinen medizinischen Erwä356 357
Siehe hierzu eingehend: Teil 2 Kapitel 2 § 6 A. II.; Teil 2 Kapitel 2 § 6 A. III. Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 C.
Partiarische Verträge mit Mindesthonorarklauseln verstoßen weder gegen Freiberuflichkeit noch gegen Fremdbetriebsverbot => grds. zulässig
Ausnahme: Dem Vertragspartner sind weisungs-, weisungsähnliche Rechte oder Mitwirkungsrechte etc. eingeräumt => aktive Beteiligung => unzulässig
Ausnahme: Einseitiger Verteilungsschlüssel, einseitiges Kündigungsrecht, Vorgaben bzgl. der Praxisführung zulasten des Arztes => Beeinträchtigung der fachl. Unabhängigkeit => Unzulässigkeit
Ausnahme: Einseitiger Gewinnverteilungsschlüssel, einseitiges Kündigungsrecht, Vorgaben bzgl. der Praxisführung zulasten des Arztes => Beeinträchtigung der fachl. Unabhängigkeit => Unzulässigkeit
(Atypische) Stille Gesellschaft mit Praxisvermögensbeteiligung grds. zulässig
Typische stille Gesellschaft grds. zulässig
Ausnahme: Einseitiger Gewinnverteilungsschlüssel, einseitiges Kündigungsrecht, Vorgaben bzgl. der Praxisführung zulasten des Arztes => Beeinträchtigung der fachl. Unabhängigkeit => Unzulässigkeit
Wird von §§ 18 ff. MBO-Ä nicht erfasst. Unabhängigkeit bleibt gewahrt. Kein Verstoß gegen Freiberuflichkeit
Stiller Gesellschafter ist am Praxisvermögen schuldvertraglich beteiligt
Unzulässig gemäß §§ 18 I, 23a, 23b, 23c MBO-Ä; § 33 Ärzte-ZV
Keine passive Beteiligungsform. Behandlung wie aktive Gesellschaftsbeteiligung
„Stiller“ Gesellschafter mit Mitwirkungs-, Geschäftsführungs- oder Vertretungsbefugnissen ausgestattet
An Ärztepersonengesellschaft oder Einzelpraxis
Atypische stille Gesellschaft
Kein Verstoß gegen die Freiberuflichkeit, da ärztliche Unabhängigkeit gewahrt
Typische stille Gesellschaft wird von §§ 18 ff. MBO-Ä nicht erfasst
Verstoß gegen § 23a I 4 c) MBO-Ä
Unzulässig
An Ärztepersonengesellschaft oder Einzelpraxis
Typische stille Gesellschaft
An/mit Ärztekapitalgesellschaft
Partiarische Vertragsgestaltungen sind grds. zulässig.
Kein Verstoß gegen die Freiberuflichkeit; Fachliche Unabhängigkeit wird gestärkt
Mit Ärztepersonengesellschaft oder Einzelpraxis
Partiarische Vertragsgestaltungen
Schaubild 6 Ergebnis zu klassisch passiven Beteiligungen an Arztpraxen 256 Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
Kap. 2: Einfachgesetzliche Rechtslage
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gungen gegenüber finanziellem Kalkül. Gleichwohl darf sich das Rechtsverhältnis zwischen Berufsfremdem und niedergelassenem Arzt nicht als Arbeitsverhältnis bzw. als ein reines Strohmannverhältnis darstellen, 358 da ansonsten die Konstruktion gegen das Fremdbetriebsverbot verstößt. Der Höhe der Mindesthonorarklausel kommt bei dieser Beurteilung allerdings nur indizielle Bedeutung zu. Entscheidend sind vielmehr auch hier die de iure und de facto bestehenden Einflussmöglichkeiten des Dritten auf den Arzt, die ein dem arbeitsrechtlichen Weisungsrecht vergleichbares Ausmaß annehmen müssen, damit von einer Unzulässigkeit des partiarischen Vertrags mit Mindesthonorarklausel ausgegangen werden kann.
§ 5 Sonstige Beteiligungen an Arztpraxen A. Die Unterbeteiligung Eine Unterbeteiligung bezeichnet eine stille Beteiligung an einem Gesellschaftsanteil. 359 Der Hauptbeteiligte ist hierbei der Gesellschafter an der Hauptgesellschaft, an dessen Anteil sich der Unterbeteiligte seinerseits still mit einer Einlage beteiligt. Der gemeinsame Gesellschaftszweck zwischen Haupt- und Unterbeteiligten beschränkt sich hierbei auf das gemeinsame Halten des Gesellschaftsanteils. 360 Die Einlage der Unterbeteiligten muss dabei bilanzmäßig darstellbar sein. 361 Ein eigenes Gesellschaftsvermögen wird der Natur einer typischen stillen Gesellschaft entsprechend bei einer typischen Unterbeteiligung nicht gebildet, 362 jedoch erhält der Unterbeteiligte stets eine Gewinnbeteiligung. 363 Zwischen der Hauptgesellschaft und dem Unterbeteiligten bestehen demnach prinzipiell keine Rechtsverhältnisse. Allerdings kann der Unterbeteiligte Einfluss auf die Ausübung der Gesellschaftsrechte des Hauptbeteiligten nehmen, sofern im Unterbeteiligungsvertrag entsprechende Bestimmungen enthalten sind. In diesen Fällen spricht man dann analog zur stillen Gesellschaft auch von einer atypischen Unterbeteiligung. 364 Handelt es sich bei der (Haupt-) Gesellschaft um eine Arztpraxis 358
Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 2. Weipert, in Riegger / Weipert, § 12 Rn. 62; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 30.1; K. Schmidt, in MüKo-HGB, § 230 Rn. 192 m.w. N; mit terminologischen Abweichungen, aber ohne Unterschied in der Sache, Obermüller / Obermüller, in Hadding, FS Werner, S. 607/616 m.w. N. 360 U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 30.1; K. Schmidt, in MüKo-HGB, § 230 Rn. 196 m.w. N. 361 Bezzenberger / Keul, in Riegger / Weipert, § 72 Rn. 10. 362 Weipert, in Riegger / Weipert, § 12 Rn. 62; Bezzenberger / Keul, in Riegger / Weipert, § 73 Rn. 8; Zutt, in Staub, § 235 Rn. 34; K. Schmidt, in MüKo-HGB, § 230 Rn. 208; mit abweichender Terminologie U. Blaurock, Unterbeteiligung, S. 115 ff. 363 K. Schmidt, in MüKo-HGB, § 230 Rn. 198. 359
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
und hat ein ärztlicher Gesellschafter (= Hauptgesellschafter) einem Berufsfremden eine Unterbeteiligung an seinem Gesellschaftsanteil eingeräumt, stellt sich dementsprechend erneut die Frage nach der Zulässigkeit dieser Konstruktion. Da es sich bei der Unterbeteiligung aber letztlich nur um einen dem besonderen Gesellschaftszweck geschuldeten Sonderfall der stillen Gesellschaft handelt, auf den die §§ 233 ff. HGB direkt 365 oder zumindest analog 366 angewendet werden können, 367 ergeben sich im Vergleich zur stillen Beteiligung keine Abweichungen in der rechtlichen Beurteilung. 368 Demnach ist die typische Unterbeteiligung an Arztpraxen zulässig, während es bei der atypischen Unterbeteiligung darauf ankommt, ob im Gesellschaftsvertrag dem berufsfremden Unterbeteiligten Mitspracherechte bei der Ausübung der Gesellschaftsrechte des Arztes gewährt werden. Dies wäre nämlich analog zur Situation bei der atypischen stillen Gesellschaft als Gefährdung der ärztlichen Unabhängigkeit anzusehen und führte daher zur Nichtigkeit des Beteiligungsvertrags.
B. Praxisverpachtung Entgegen dem apothekenrechtlichem Verpachtungsverbot aus § 9 ApoG, 369 enthält das ärztliche Berufs- und Zulassungsrecht keine Aussagen zur Zulässigkeit der Verpachtung von Arztpraxen. Dennoch schließen Ratzel / Lippert aus den Wertungen des Berufsrechts, dass zwar Berufsfremde Eigentümer einzelner Praxisgegenstände sein können, die Praxis in ihrer Gesamtheit als „Unternehmen“ aber stets im Eigentum eines Arztes verbleiben müsse. 370 Da sich eine Verpachtung aber gerade durch die Überlassung eines zur Betriebsaufnahme bereiten Unternehmens, respektive Praxis, auszeichnet, 371 würde dies den Ausschluss der Verpachtung von Arztpraxen durch Berufsfremde an Ärzte bedeuten. 372 Neben den bereits gegen die Argumentation von Ratzel / Lippert erhobenen Einwänden 373 ist hier die schon zitierte Rechtsprechung des BSG „geltend“ zu machen, 374 wonach Eigentumsverhältnisse an der Praxis keinen Einfluss auf die Zulässigkeit eines Praxisbetriebs haben. 375 Außerdem ist zu berücksichtigen, 364 K. Schmidt, in MüKo-HGB, § 230 Rn. 209; ders., GesR, § 63 I 3; Haack, NWB Fach 18, 4325/4337. 365 Schneider, in Hefermehl, FS Möhring, S. 115/120, Esch, NJW 1964, 904. 366 BGHZ 50, 316/323; Hopt, in Baumbach / Hopt § 233 Rn. 13; K. Schmidt, in MüKo-HGB, § 233 Rn. 33 m.w. N. 367 A. A. U. Blaurock, Unterbeteiligung, Rn. 30, 45; ders., Gesellschaft, Rn. 30.23. 368 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. 369 Siehe Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. I. 370 Ratzel / Lippert, MedR 2004, 525. 371 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 C. III. 372 Ausdrücklich für eine Verpachtungsverbot: Tiemann, S. 130. 373 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 2 B. I.
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dass eine Arztpraxis als freiberufliches Unternehmen ohne weiteres Gegenstand eines Unternehmenskaufs sein kann; und dies selbst dann, wenn der verkaufende Arzt inzwischen seine Approbation verloren hat, mithin berufsfremd ist. 376 Konsequenterweise muss dann aber mangels entgegenstehender Regelung auch eine vorübergehende Gebrauchsüberlassung im Wege der Pacht 377 möglich sein, so dass die Verpachtung von Arztpraxen auch ganz überwiegend bejaht wird. 378
C. Treuhandverhältnisse Von einem Treuhandverhältnis spricht man bei einem Rechtsverhältnis, bei dem ein Teil (Treuhänder) nach außen mindestens ein Vermögensrecht als eigenes Recht hat, dieses aber aufgrund einer schuldrechtlichen Abrede ganz oder teilweise im Interesse des anderen Teils (Treugebers) ausüben soll. 379 Dies bedeutet, dass der Treugeber das Recht vollständig verliert, der Treunehmer jedoch verpflichtet ist, das Recht im Sinne des Treugebers zu verwalten. Dient das Treuhandverhältnis den Interessen des Treuhänders, handelt es sich um eine sogenannte eigennützige Treuhand. Prominentestes Beispiel ist die Sicherungsübereignung. Profitiert vom Treuhandverhältnis dagegen vorwiegend der Treugeber, spricht man von einer sogenannten fremdnützigen Treuhand; so etwa bei der Verwaltungstreuhand oder Inkassozession. 380 Liegt die Treuhand in beiderseitigem Interesse, wird von einer doppelseitigen Treuhand gesprochen. 381 I. Treuhandverhältnis am Praxisinventar Gerade am Inventar der Arztpraxis oder an den Praxisräumen selbst können Treuhandverhältnisse entstehen. Bei der Darlehensvergabe wird die finanzierende Bank regelmäßig die Sicherungsübertragung der finanzierten Gerätschaften und Räumlichkeiten zur Ausfallabsicherung verlangen. Hierdurch ist die Bank als eigennütziger Treuhänder zwar an der Praxis über das Sicherungseigen374
BSGE 35, 247; BSG, MedR 1997, 515/517; BSG, NZS 1996, 90/92. Siehe hierzu ausführlich: Teil 2 Kapitel 2 § 4 D. II. 2. a). 376 Lindenau / Spiller, S. 27 Rn. 13 ff.; Taupitz, MedR 1993, 367/373. 377 Gemeint ist die nicht partiarisch ausgestaltete Pacht. Zu dieser Teil 2 Kapitel 2 § 4 D. 378 OLG Köln, NJW 1963, 541; Rieger, in Rieger et al., 4330 Rn. 60; ders., Rn. 1425; K. Schmidt, HR, § 6 III 2 i.V. m. § 4 I 3b; Lindenau / Spiller, S. 41 Rn. 42; Taupitz, MedR 1993, 367/371; Ahrens, MedR 1992, 141/145; missverständlich Klapp, S. 107; a. A. Ratzel / Lippert, MedR 2004, 525; Tiemann, S. 130. 379 Köbler, S. 417. 380 Ellenberger, Palandt, Überbl. v. § 104 Rn. 25. 381 Gummert / Meier, MedR 2007, 75/82. 375
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tum fiduziarisch beteiligt, jedoch erwächst ihr hieraus kein Gewinnbezugsrecht. Die fälligen Kreditraten haben ihren Ursprung allein im Darlehensvertrag und stehen in keinem direkten Bezug zu den erwirtschafteten Ergebnissen der Praxis. Auch erlangt der Sicherungsnehmer keine Mitsprache- oder Kontrollrechte bei der Praxisführung. Faktisch wird der Arzt aber sehr wohl durch das Treuhandverhältnis beeinflusst. Gerät er nämlich mit der Darlehensrückzahlung in Verzug, droht die Verwertung des Sicherungseigentums 382 und somit die Praxisschließung. Zur Vermeidung dieses Szenarios ist der Arzt zu einer ökonomischen Praxisführung gezwungen. Ist er hierzu nicht gewillt oder nicht in der Lage, wird der Sicherungsnehmer, zumeist eine Bank, unter Androhung der Verwertung des Sicherungsgutes schließlich doch versuchen, Einfluss auf die Praxisführung zu nehmen. Folglich besteht zwischen Treugeber und Treuhänder ein natürliches Spannungsverhältnis, über das Einfluss auf das ärztliche Handeln genommen werden kann. Gleichwohl finden sich in Rechtsprechung und Schrifttum zu Recht keine Stimmen, die den Ärzten eine Sicherungsübereignung untersagen wollen. 383 Denn nur so kann Ärzten die Möglichkeit der Fremdfinanzierung über Kredite zur Verfügung gestellt werden. Schließlich findet sich ohne ausreichende Sicherheitsleistung gerade in Zeiten kriselnder Banken und steigender Praxisinsolvenzen kein seriöser Kreditgeber. 384 Ohne Darlehensfinanzierung sind aber Praxisaufbau und Praxisführung im modernen Wirtschaftsverkehr kaum noch zu bewerkstelligen. II. Treuhandverhältnis an Gesellschaftsanteilen Einen Sonderfall stellt die (Sicherungs-) Treuhand an Gesellschaftsanteilen dar. Zivilrechtlich kann der Arzt nämlich nicht nur Praxisgegenstände (sicherungs-) übereignen, sondern auch seinen Gesellschaftsanteil an der Berufsausübungsgesellschaft abtreten. Hierdurch tritt der Treuhänder vollständig in die Position des Treugebers ein. 385 Ist der Treuhänder jedoch kein Angehöriger eines Fachberufs i. S. d. § 23b MBO-Ä, ergeben sich schon Probleme mit der Zweckbestimmung der Gesellschaft. Eine gemeinschaftliche Heilberufsausübung ist als Gesellschaftszweck jedenfalls nicht mehr möglich, so dass eine Übertragung an 382
Ohne vertragliche Regelung richtet sich diese nach den Regeln zur Pfandversteigerung, §§ 1228, 1233 ff. BGB; allerdings sehen die meisten Sicherungsabreden den freihändigen Verkauf durch den Sicherungsnehmer vor. 383 Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 375; Gummert / Meier, MedR 2007, 75/82. 384 Uhlenbruck, MedR 2007, 642; Fissenwert, DÄBL 2006, http://www.aerzteblatt.de/ v4/archiv/artikel.asp?id=51471 (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 385 BGHZ 3, 254; BGHZ 105, 168/174 f.; RGZ 138, 106/108; Ulmer, in MüKo-BGB, § 705 Rn. 89, 93; Wertenbruch, in Ebenroth et al., § 105 Rn. 103; K. Schmidt, GesR, § 6 III 3.
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der mangelnden Gesellschafterfähigkeit des berufsfremden Treuhänders scheitert. Da eine Umwandlung in eine stille Gesellschaft im Umwandlungsgesetz nicht vorgesehen ist, 386 ist auch die Statusänderung in eine stille Beteiligung durch Rechtsgeschäft für den berufsfremden Treuhänder und approbierten Treugeber kein gangbarer Weg. Nur bei Auflösung der alten Ärztegesellschaft und Neugründung mit stiller Beteiligung des treugebenden Arztes kann an der stillen Gesellschaftsbeteiligung ein Treuhandverhältnis mit einem Berufsfremden als Treuhänder begründet werden. 387 III. Treuhandverhältnis an Gesellschaftsrechten Treuhandverhältnisse können aber nicht nur an Sachen oder Gesellschaftsanteilen, sondern auch an einzelnen Rechten begründet werden. Daher kommt auch eine Sicherungsabtretung von einzelnen Gesellschafterrechten in Betracht, ohne dass der Arzt seine Gesellschafterstellung verliert. Hierdurch kann die Problematik der mangelnden Gesellschafterfähigkeit des berufsfremden Treuhänders zwar elegant umgangen werden. Nach § 717 S. 2 BGB sind allerdings nur solche bestehenden oder künftigen Ansprüche übertragbar, die sich mit ihrer Entstehung von dem ihnen zugrunde liegenden Gesellschaftsverhältnis lösen und qualitativ selbständige Geldforderungen darstellen. 388 Gesellschaftsrechtliche Verwaltungs- und Mitspracherechte sind dagegen gemäß § 717 S. 1 BGB unübertragbar. 389 Hieran zeigt sich, dass grundsätzlich mit einer Übertragung von Gesellschaftsrechten dem Dritten keine Möglichkeit der direkten Einflussnahme auf die ärztliche Tätigkeit eingeräumt werden kann. 390 Kritischer ist es dagegen, wenn mit der Übertragung oder separat ein Stimmbindungsvertrag abgeschlossen wird oder dem Dritten Mitgliedschaftsrechte in Vertretung überlassen werden. 391 Auch wenn der BGH und die gesellschaftsrechtliche Literatur die widerrufliche Überlassung überwiegend billigen, 392 kann dies für die Überlassung von Mitgliedschaftsrechten an einer Arztpraxis in Personengesellschaftsform zugunsten berufsfremder Dritter nicht gelten. Denn mit dem aus dem Standes- und Vertrags386
Hopt, in Baumbach / Hopt, § 230 Rn. 29. Hopt, in Baumbach / Hopt, Einl. § 105 Rn. 27. 388 Ulmer, in MüKo-BGB, § 717 Rn. 30; Timm / Schöne, in Bamberger / Roth, § 717 Rn. 3 ff. 389 Timm / Schöne, in Bamberger / Roth § 717 Rn. 6; Habermeier, in Staudinger, § 717 Rn. 1. 390 Kritisch: Gummert / Meier, MedR 1007, 75/82, die jedoch trotz Verweises auf § 717 BGB anscheinend von der Übertragbarkeit von originären Mitgliedschaftsrechten ausgehen und von diesem Standpunkt aus zu Recht die Unabhängigkeit des Arztes für gefährdet erachten. 391 Habermeier, in Staudinger, § 717 Rn. 5; K. Schmidt, GesR, § 21 II 4. 392 BGH NJW1970, 468; Habermeier, in Staudinger, § 717 Rn. 4 f. m.w. N; kritisch: Westermann, in Erman, § 717 Rn. 4. 387
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arztrecht herausgearbeiteten aktiven Beteiligungsverbot für Berufsfremde lässt sich die Wahrnehmung der gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaftsrechte nicht vereinbaren. Die uneingeschränkte Ausübung der überlassenen Mitwirkungsund Mitgliedschaftsrechte dürfte die fachliche Unabhängigkeit des Arztes regelmäßig in einem nicht mehr zu vertretenden Maße tangieren. Gleiches gilt für den Abschluss eines Stimmbindungsvertrags mit Dritten. Abgesehen von dessen generell umstrittener Zulässigkeit 393 kann ihm zumindest bei einem ärztlichen Vertragspartner auf Gesellschafterseite keine Wirksamkeit zukommen. Die Einflussnahmemöglichkeit des Berufsfremden wäre auch hier mit §§ 2 Abs. 4, 18 Abs. 2, MBO-Ä, 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV und dem freiberuflichen Charakter ärztlicher Tätigkeit nicht zu vereinbaren.
§ 6 Die Beteiligungsproblematik im Medizinischen Versorgungszentrum § 95 Abs. 1 S. 6 SGB V ermöglicht erstmals allen Leistungserbringern, im gesetzlichen Krankenversicherungssystem an der ambulanten Versorgung durch die Gründung von MVZ teilzunehmen. Unter Leistungserbringern versteht man Personen, die Leistungen i. S. d. § 11 SGB V an gesetzlich Versicherte erbringen. 394 Hierunter fallen neben Ärzten auch Krankenhausträger, ermächtigte Krankenhausärzte, Heil- und Hilfsmittelerbringer sowie Apotheken. 395 Für die hier untersuchte Problematik der Beteiligung berufsfremder Dritter am wirtschaftlichen Ergebnis ärztlicher, zahnärztlicher oder pharmazeutischer Tätigkeit ergeben sich zum einen MVZ-spezifische Probleme. Zum anderen erlaubt die Natur des neuen Versorgungskonstrukts aber auch Rückschlüsse auf die Zulässigkeit von Beteiligungen an den klassischen ärztlichen Versorgungsformen. I. Struktur des MVZ Medizinische Versorgungszentren sind nach der Legaldefinition in § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V „fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Abs. 2 S. 3 Nr. 1 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind“. Ziel des MVZ ist es, eine interdisziplinäre Zu393 Dafür: BGHZ 48, 163; OLG Köln, WM 1988, 974/976; Habermeier, in Staudinger, § 717 Rn. 11; Hadding, in Soergel, § 717 Rn. 22; einschränkend: Timm / Schöne, in Bamberger / Roth, § 717 Rn. 15; dagegen: Ulmer, in MüKo-BGB, § 705 Rn. 18 f., 25 m.w. N. 394 Fiedler / Weber, NZS 2004, 358 f. 395 Behnsen, Krankenhaus 2004, 602/604; Rau, DStR 2004, 640/641; Blumenbach-Ostermann, DÄBl. online 2004, 1/3, http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/ao.asp?id=44828 (zuletzt abgerufen am 13. 1. 09).
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sammenarbeit von ärztlichen und nichtärztlichen Heilberufen zu ermöglichen und den Patienten eine Versorgung aus einer Hand anzubieten. 396 Organisationsrechtlich kann ein MVZ dabei in ganz verschiedenen Schattierungen auftreten. Arbeiten im MVZ nur angestellte Ärzte bzw. gibt es nur einen Leistungserbringer (Vertragsarzt) als Betreiber, 397 kann man das MVZ in berufsrechtlichen Kategorien am ehesten mit einer Einzelpraxis mit angestellten Ärzten vergleichen. 398 Arbeiten dagegen mehrere (Vertrags-)Ärzte als Gründer im MVZ, handelt es sich um eine Berufsausübungsgemeinschaft. 399 Gründen Vertragsärzte mit anderen Leistungsträgern zusammen ein MVZ, muss man berufsrechtlich von einer Medizinischen Kooperationsgemeinschaft i. S. d. § 23b MBO-Ä sprechen. 400 Möchte dagegen ein Vertragsarzt allein oder mit anderen ein MVZ gründen, ohne in diesem selbst aktiv zu sein, sondern nur Räumlichkeiten und Personal mit diesem für seine vom MVZ separat geführte Praxis teilen, stellt sich die Konstellation als Organisationsgemeinschaft zwischen Vertragsarzt und MVZ dar. 401 Voraussetzung für den Betrieb eines MVZ ist in allen Konstellationen, dass das MVZ ärztlich geleitet wird. Vereinzelt wird hieraus geschlossen, auch die Gesellschaftermehrheit müsse stets aus Ärzten bestehen, da nur so eine ärztliche Leitung möglich sei. 402 Dies widerspricht aber dem klaren Wortlaut, der alle Leistungserbringer zur MVZ-Gründung befähigt ansieht, so dass z. B. auch ein Apotheker ohne ärztliche Beteiligung allein ein MVZ gründen kann, solange er nur die medizinische Leitung einem angestelltem Arzt überlässt. 403 Die für Rechtsanwaltsgesellschaften detaillierte Regelung der Gesellschafterstruktur in § 59e Abs. 3 BRAO verdeutlicht, dass sich der Gesetzgeber bewusst gegen eine entsprechende Regelung für MVZ entschieden hat. Zudem hat er erst jüngst im Rahmen des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes § 95 Abs. 1 S. 5 SGB V eingefügt und klargestellt, dass beim berufsübergreifenden MVZ auch eine kooperative Leitung durch Vertreter aller Berufsgruppen zulässig ist. Damit ver396
BT-Drucks. 15/1525, 74. Allgemein anerkannt ist inzwischen, dass ein Vertragsarzt zusammen mit angestellten Ärzten im MVZ tätig werden kann, Orlowski / Schirmer / Halbe, in Halbe Schirmer, B 1400 Rn. 35; Lindenau, Rn 281; Zwingel / Preißler, S. 63 f. Wepler, NWB Fach 2, 9041/ 9042; a. A. noch Wigge 2004, 123/124; Scholz, GesR 2003, 369/371. 398 Vgl. Zwingel / Preißler, S. 89; Kroel, in Kroel / Isringhaus, S. 10. 399 Inzwischen ist anerkannt, dass ein Vertragsarzt ein MVZ gründen kann und sogleich seine Zulassung in das MVZ gemäß § 103 IV SGB V einbringt, ohne damit seine Gründereigenschaft zu verlieren. Daher können sich auf der Trägereben durchaus Ärzte ohne Vertragsarztzulassung finden, Dahm, in Dahm et al., S. 62 f. Rn. 16; Zwingel / Preißler, S. 86 f.; Ratzel, ZMGR 2004, 63/67. 400 Zwingel / Preißler, S. 97. 401 Lindenau, Rn. 281 ff.; Zwingel / Preißler, S. 65; Wigge, MedR 2004, 123/125. 402 Klose, BB 2003, 2702. 403 Ratzel, in Dahm et al., S. 141 Rn. 24. 397
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bietet sich endgültig eine Analogie zu § 59e Abs. 3 BRAO. 404 Allerdings wird ein bloß deklaratorisches Verständnis der Vorschrift, wonach nur die ärztliche Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der im MVZ tätigen Ärzte sicherzustellen ist, der Norm ebenfalls nicht gerecht. 405 Diese essentialia ärztlichen Wirkens werden nämlich schon durch zahlreiche andere Vorschriften, etwa § 1 Abs. 2 BÄO; §§ 1 Abs. 1 S. 3, 2 Abs. 4 MBO-Ä, garantiert. 406 Aufgrund der klinikähnlichen Strukturen im MVZ 407 sollte man sich richtigerweise an das Verständnis der ärztlichen Leitung im Krankenhaus orientieren, welche in § 107 Abs. 1 Nr. 2 SGB V statuiert wird. Bei dieser ist anerkannt, dass Leitung ausschließlich auf die interne Willensbildung und Organisationsstruktur im medizinischen Bereich bezogen ist, ohne organisatorische Vorgaben zur Art und Weise ihrer Sicherstellung 408 zu machen. 409 Daher ist unter ärztlicher Leitung eine institutionalisierte medizinische Gesamtleitung im Sinne eines ärztlichen Direktors zu verstehen. 410 II. MVZ als Möglichkeit der Partizipation am Ergebnis ärztlicher Leistung für sozialversicherungsrechtliche Leistungserbringer Dass in einem MVZ die Träger-, Zulassungs- und Betriebsebene strikt voneinander zu trennen sind, 411 erlaubt es Leistungserbringern, Träger eines MVZ zu sein, ohne selbst in diesem beruflich tätig werden zu müssen. 412 In Bezug auf die Drittbeteiligungsproblematik sind dabei solche MVZ-Konstruktionen besonders „delikat“, in denen zwar im MVZ beruflich tätige Vertragsärzte auch auf der Trägerebene beteiligt sind, nach den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen aber die nichtärztlichen MVZ-Gesellschafter überproportional am Ertrag des MVZ partizipieren, ohne selbst im MVZ tätig zu sein. Hier fungieren die nichtärztlichen Gesellschafter ausschließlich als Kapitalgeber, die als Gegenleistung eine Beteiligung am Erlös erhalten. Wirtschaftlich betrachtet ist die Situation 404
Vgl. Bohle / Grau, KH 2004, 885/888. So aber Kroel, in Isringhaus / Kroel, S. 21 f.; Peikert, ZMGR 2004, 211/2005. 406 Schäfer-Gölz, in Baums et al., FS U. Huber, S. 951/963. 407 Roider, Kassenarzt 2007, 50. 408 Daher ist auch die m. M. Schallens, § 16b Rn. 405, nach der die ärztliche Leitung zumindest keinem angestellten Arzt auferlegt werden könnte, mangels gesetzlicher Grundlage zurückzuweisen. 409 Schäfer-Gölz, in Baums et al., FS U. Huber, S. 951/964 f.; Lindenau, Rn. 170 ff.; Rau, DStR 2004, 640/643. 410 Möller, MedR 2006, 263/265; Fiedler / Weber, NZS 2004, 358/360; Bohle / Grau, KH 2004, 885/888; Künnemann, DÄBl. 2004, A-1151; Behnsen, KH 2004, 602/606. 411 Quaas / Zuck, S. 704; Dahm, in Dahm et al., S. 57 Rn. 2; Schulz / Schulte, RPG 2006, 97; Lindenau, GesR 2005, 11. 412 Lindenau, Rn. 137; Zwingel / Preißler, S. 113 f.; Rau, DStR 2004, 640/642. 405
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also durchaus mit der einer stillen Gesellschaft oder eines partiarischen Darlehens vergleichbar. 413 Bei entsprechend überproportionaler Gewinnabschöpfung der nicht im MVZ tätigen Gesellschafter ist sogar eine Nähe zum unzulässigen Fremdbetrieb unverkennbar. 414 Hält man, wie hier vertreten, sowohl partiarische Rechtsverhältnisse als auch typisch stille Gesellschaften im Bereich der ambulanten Heilkundeausübung für zulässig, 415 ergeben sich zumindest aus Gesellschaftsvertragsgestaltungen mit ausgewogenen Gewinnverteilungsabreden keine Probleme. Ist man dagegen diesbezüglich anderer Auffassung, muss man sich fragen, wie die unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt werden kann. Die Unzulässigkeit besagter MVZ-Konstruktionen kann von den gesetzlichen Regelungen ausgehend jedenfalls schwerlich behauptet werden. Denn die Struktur des MVZ über drei weitestgehend autonome Ebenen ist vom Gesetzgeber bewusst gewählt worden, um eine flexible Gestaltung zu ermöglichen. 416 Einschränkungen hinsichtlich der Gewinnverteilung etc. finden sich nicht, so dass die Partizipationsraten zur Disposition der Gesellschafter stehen. Überlegungen, ein Verbot über die Gefahr der fachfremden Beeinflussung des Arztes herzuleiten, können hier schon deswegen keine Rolle spielen, da der Gesetzgeber mit der Verknüpfung der Leistungserbringereigenschaft mit der MVZ-Gesellschafterfähigkeit bewusst die Möglichkeit der Einflussnahme geschaffen hat, um eine Versorgung aus einer Hand zu ermöglichen. 417 Er hat es insoweit als ausreichend angesehen, die fachliche Leitungsbefugnis (für den ärztlichen Bereich) Ärzten vorzubehalten, § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V. Hieraus kann nur geschlossen werden, dass er in der Verbindung zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Leistungserbringern auch in der ambulanten Versorgung grundsätzlich keine Gefahr für den Gesundheitsschutz erblickt, solange die fachliche Leitungsbefugnis nicht in fachfremden Händen liegt. Wenn dem aber so ist, ist es nur konsequent, auch die stille Gesellschaft und das partiarische Darlehen an Arztpraxen zuzulassen, solange die ärztliche Unabhängigkeit in fachlichen Fragen vertraglich garantiert wird.
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Dies erkennt wohl auch Ratzel, ZMGR 2004, 63/64 f. an. Ratzel, in Dahm et al., S. 143 Rn. 31 bezeichnet in diesem Zusammenhang die ärztlichen Gesellschafter als Strohmänner der nichtärztlichen. 415 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 G. 416 BT-Drucks. 15/1525, 107 f. 417 BT-Drucks. 15/1525, 74, 108. 414
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
III. Das MVZ unter Beteiligung eines privat betriebenen Krankenhauses 1. Wertungswiderspruch zu § 23a Abs. 1 S. 1 lit. c), 23b Abs. 1 MBO-Ä Wollen Krankenhäuser an der ambulanten Versorgung partizipieren, gründen sie ein MVZ. Hierbei kann das MVZ unselbständiger Teil des Krankenhauses sein oder als Tochtergesellschaft des Krankenhausträgers zur Versorgung zugelassen werden. 418 In beiden Fällen übernehmen beim Krankenhaus oder bei der Tochtergesellschaft angestellte (Zahn-) Ärzte die unmittelbare Versorgung. 419 Sofern sich das Krankenhaus in privater Trägerschaft befindet, können nichtärztliche Investoren durch eine Beteiligung an der Krankenhausträgerschaft somit sowohl am Ergebnis des MVZ partizipieren als auch über die Krankenhausträgerschaft Einfluss auf die Betriebsführung des MVZ nehmen. 420 Je nach Ausgestaltung der Krankenhausträgerschaft kann dies soweit gehen, dass Krankenhausbetreiber und MVZ-Betreiber ein und dieselbe berufsfremde Person ist. 421 Dementsprechend steht das MVZ in Trägerschaft eines privaten Krankenhauses in einem fundamentalen Wertungswiderspruch zum ärztlichen Fremdbetriebsund Fremdgesellschaftsverbot bzw. zu §§ 23a Abs. 1, 23b Abs. 1, 23c MBO-Ä, welche eine aktive Gesellschaftsbeteiligung für Berufsfremde außerhalb des Anwendungsbereichs des § 23b MBO-Ä ausnahmslos verbieten. Einen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung sucht man vergebens. Allenfalls das gesetzgeberische Anliegen, die Versorgungsform MVZ besonders zu fördern und daher gegenüber den übrigen ambulanten Versorgungsformen zu privilegieren, kann als Begründung herangezogen werden. Doch reicht dies schwerlich aus, wenn man bedenkt, dass die zur Begründung des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä stets vorgebrachte Gefahr der fachfremden Manipulation des Arztes beim Betrieb eines MVZ durch ein privates Krankenhaus in weit größerem Umfang gegeben ist, als dies etwa bei einer Ärzte-GmbH mit einem Dritten als typisch stillen Gesellschafter der Fall wäre. Immerhin ist der berufsfremde (Mehrheits-) Gesellschafter an der Krankenhausgesellschaft letztlich der Arbeitgeber für die in der MVZ-GmbH angestellten (Zahn-)Ärzte. Über seine Mitwirkungs-, Kontroll- und Geschäftsführungsbefugnisse an der Krankenhausgesellschaft kann er auch direkt Einfluss auf die ärztliche Leitung des MVZ nehmen. Insoweit besteht beim MVZ kein Unterschied zum Krankenhaus. Genauso wie dort die fachliche Unabhängigkeit allein durch den nur für Ärzte unmittel418
Zwingel / Preißler, S. 154. BT-Drucks. 15/1525, 108; Möller / Dahm / Bäune, in Ratzel / Luxenburger, § 8 Rn. 52; Zwingel / Preißler, S. 154. 420 Ähnlich Ratzel, ZMGR 2004, 63. 421 Dies ist z. B. der Fall, wenn das Krankenhaus sich in Trägerschaft einer berufsfremden Einzelperson ist. Hier ist der Berufsfremde als einziger Rechtsträger zugleich auch Adressat der MVZ-Zulassung. 419
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bar verbindlichen § 2 Abs. 4 MBO-Ä geschützt wird, liegt der Fall beim MVZ in der Trägerschaft eines Krankenhauses. Um einen Verstoß mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG zu vermeiden, ist daher eine möglichst beteiligungsfreundlich Auslegung des Berufs- und Vertrgasarztrechts geboten. Dementsprechend spricht auch die Existent des MVZ im Versorgungssystem für die Zulässigkeit der typisch stille Gesellschaft an Arztpraxen. Sofern die allgemeinen Auslegungsregeln der berufs- und vertragsarztrechtlichen Normen wie im Fall des Fremdbetriebs- und Fremdgesellschafts- und Ärztekapitalgesellschaftsbeteiligungsverbot (§§ 17 Abs. 1 i.V. m. 19 Abs. 1, 18 Abs. 1, 23a Abs. 1 S. 2 und 4 lit. c), 23b Abs. 1, 23c MBO-Ä; §§ 32b Abs. 1, 33 Abs. 2 Ärzte-ZV) keine beteiligungsfreundliche Auslegung zulassen, stellt sich somit zwingend die Frage nach der Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG. 422 2. MVZ-Gesellschaft zwischen Vertragsarzt und Krankenhaus Problematisch ist auch die Konstellation, in der ein Krankenhaus eine MVZTrägergesellschaft mit einem oder mehreren Vertragsärzten gründen will. Denn Krankenhäuser fallen nicht in den privilegierten Kreis der Berufsgruppen, die nach § 23b MBO-Ä berechtigt sind, eine Gesellschaft mit einem Arzt zum Zwecke der Heilkundeausübung zu gründen. Zur Lösung dieses Problems sind mehrere Vorschläge gemacht worden. Während einige Stimmen im Schrifttum keine Möglichkeit der gemeinsamen Gründung eines MVZ durch Vertragsarzt und Krankenhaus sehen, 423 möchten Möller und Bohle / Grau die berufsrechtlichen Vorschriften über die ärztlichen Organisationsformen gar nicht anwenden, da das MVZ keine ärztliche Praxis darstelle. 424 Zwar kann ein MVZ tatsächlich nicht unter den althergebrachten Praxisbegriff subsumiert werden 425 – im Gegensatz zu einer Praxis ist das MVZ selbst sozialversicherungsrechtlicher Leistungserbringer –, allerdings stellen die § 18 ff. MBO-Ä nicht unmittelbar auf eine Praxis, sondern vor allem auf die gemeinschaftliche Heilkundeausübung ab. Überzeugender ist daher der Weg über die Öffnungsklausel des § 17 Abs. 1 Hs. 2 MBO-Ä. Als Grundsatznorm ärztlicher Tätigkeit besagt dieser, dass „die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit außerhalb von Krankenhäusern [...] 422
Eingehend hierzu: Teil 2 Kapitel 3 § 2 B. I. Orlowski / Schirmer / Halbe, in Halbe / Schirmer, B 1400 Rn 49 ff.; Lindenau, Rn. 284; Ratzel, in Dahm et al, S. 137 Rn. 8. 424 Möller, in Dahm et al, S. 89 Rn. 62; Grau / Böhle, KH 2004, 885/886; ebenso: Genzel, in Kern et al., FS Laufs, S. 817/836; BWKG, Mitt. v. 29. 06. 2004, Nr. 239/2004, 2. 425 Möller, in Dahm et al, S. 89 Rn. 62; Rau, MedR 2004, 667/669; Butzer, NZS 2005, 344/350; a. A. Fiedler / Weber, NZS 2004, 358/361. 423
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
an die Niederlassung in einer Praxis (Praxissitz) gebunden [ist], soweit nicht gesetzliche Vorschriften etwas anderes zulassen“. § 95 Abs. 1 S. 6 SGB V stellt zweifelsohne eine andere gesetzliche Vorschrift dar, die etwas anderes zulässt. Als Ausgangspunkt für alle Formen ärztlicher ambulanter Tätigkeit erfasst die Öffnungsklausel zudem auch die §§ 18 ff MBO-Ä, was bereits die systematische Nähe der Vorschriften beweist. Daher sind auch die §§ 23a, 23b MBO-Ä von der Öffnungsklausel erfasst. 426 Eine solche Auslegung ist auch deshalb zwingend, weil die Versagung der Gründungsmöglichkeit eines MVZ durch ein Krankenhaus zusammen mit einem Vertragsarzt mit dem allgemeinen Gleichheitsgebotes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigen ist. Denn ein sachlicher Grund, warum etwa ein Krankenhaus mit einem Vertragszahnarzt oder psychologischen Vertragspsychotherapeuten ohne weiteres ein MVZ gründen kann und dort durch angestellte Ärzte ambulante ärztliche Heilkunde ausüben lassen darf, bei der Gründung mit einem Vertragsarzt dies aber nicht möglich sein soll, lässt sich nicht ermitteln. Gleiches gilt im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit von Vertragsarzt und Krankenhausgesellschaft. Dementsprechend ist die Fähigkeit von Vertragsarzt und Krankenhaus zur gemeinsamen MVZ-Gründung anzuerkennen. Auch die Zulassungsausschüsse haben daher in der Praxis gemeinsame MVZ-Gründungen von Vertragsärzten und Krankenhäusern, soweit ersichtlich, bisher stets positiv beschieden. 427 IV. Zulässigkeit einer stillen Gesellschaft am MVZ Nachdem anerkannt ist, dass die das MVZ betreibenden Leistungserbringer nicht selbst im MVZ tätig sein müssen, 428 und über das Krankenhaus als Träger ohnehin berufsfremde Nichtleistungserbringer am MVZ beteiligt sein können, liegt es nahe, stille Gesellschaften an MVZ generell zuzulassen. Zumindest für andere Leistungserbringer wird die Möglichkeit der Partizipation als stiller Gesellschafter auch in Erwägung gezogen. 429 Gegenüber sonstigen Berufsfremden wird dagegen auch hier eine stille Beteiligung mit Blick auf kapitalistisch motivierte Manipulationsgefahren kritisch gesehen. 430 Warum aber der mit gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechten ausgestattete kommerziell motivierte berufsfremde Krankenhausträgergesellschafter für den Patienten im MVZ weni426 Ebenso: Zwingel / Preißler, S. 98; Schäfer-Gölz, in Baums et al., FS für U. Huber, S. 951/967 f.; Genzel, in Kern et al., FS Laufs, S. 817/836; Rau, MedR 2004, 667/669 f. 427 Vgl. Bäune, in Bäune et al., 18 Rn. 31. 428 Orlowski / Schirmer / Halbe, in Halbe / Schirmer, B 1400 Rn. 81; Lindenau, Rn. 137; Zwingel / Preißler, S. 113 f.; Rau, DStR 2004, 640/642. 429 Lindenau, Rn. 329. 430 Lindenau, Rn. 329; unschlüssig Möller, in Dahm et al., einerseits S. 86 Rn. 54, andererseits S. 89 Rn 64 Fn. 108; zu bereits realisierten GmbH&Still Modellen: Möller / Dahm / Bäune, in Ratzel / Luxenburger, § 8 Rn. 134 ff.
Kap. 2: Einfachgesetzliche Rechtslage
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ger gefährlich sein soll als ein berufsfremder typisch stiller Gesellschafter, ist nicht nachvollziehbar. Folglich ist eine berufsfremde stille Gesellschaft an einem MVZ zulässig. V. Die Apotheke als MVZ-Beteiligte Die Beteiligungsrestriktionen von Apothekern und Ärzten summieren sich, wenn ein Apotheker ein MVZ betreiben möchte. Dieser ist als Leistungserbringer grundsätzlich zur MVZ-Gründung berechtigt. Will er aber das MVZ zusammen mit einem Vertragsarzt betreiben und soll seine Apotheke im MVZ integriert sein, gerät er in mehrfacher Hinsicht in Konflikt mit dem Apothekengesetz. Denn allein der Verweis eines Arztes des MVZ an die an das MVZ angeschlossene Apotheke würde eine verbotene Zuführung von Patienten i. S. d. § 11 ApoG 431 bedeuten. 432 Die Beteiligung des Arztes über das MVZ am Gewinn der Apotheke wäre ferner dem Gewinnbeteiligungsverbot des § 8 S. 2 ApoG unterworfen. 433 Eine Stufe zuvor stellt sich bei der Beteiligung von Apotheken allerdings schon die Frage nach der Zulässigkeit des gesellschaftlichen Zusammenschlusses. Denn nach § 8 S. 1 ApoG dürfen sich Apotheker nur untereinander zu einer Apotheken-OHG zusammenschließen. 434 Demnach scheidet eine gemeinschaftliche Gründung von Arzt und Apotheker aus, wenn die Apotheke in das MVZ eingebracht werden soll. 435 Vielmehr erlaubt § 8 S. 1 ApoG in diesem Fall von vorneherein nur die Gründung eines MVZ mit angestellten Ärzten in alleiniger Trägerschaft des Apothekers, wobei hier die Problematik des § 11 ApoG in besonderem Maße virulent wird. 436 Aber nicht nur aus der apothekenrechtlichen Perspektive, sondern auch aus Sicht des ärztlichen Berufsrechts ergeben sich bei einer Apotheken-MVZ-Beteiligung weitere, kaum lösbare Probleme. So ist es Ärzten nach § 34 Abs. 5 MBO-Ä nicht gestattet, Patienten ohne hinreichenden Grund an bestimmte Apotheken, Geschäfte oder 431 § 11 I ApoG: „Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken dürfen mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben. § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt.“ 432 Kritisch auch Ratzel, in Dahm et al., S. 141 Rn. 25 f. 433 Ratzel, ZMGR 2004, 63/65; siehe zu § 8 S. 2 ApoG eingehend: Teil 1 Kapitel 2 § 1 B. II. 434 Die nach § 8 S. 1 ApoG ebenfalls zulässige GbR spielt in der Praxis keine Rolle, da es sich beim Apothekenbetrieb immer auch um den Betrieb eines Handelsgewerbes i. S. d. § 105 I HGB handelt. 435 VG Berlin, Beschl. v. 10. 10. 2006, Az.: 14 A 28.06 Rn. 31 (zitiert nach juris); Kieser, S. 24. 436 Ratzel, in Dahm et al., S. 141 Rn. 24.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
Anbieter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen. Obgleich die MVZApotheke sich im Sortiment und Beratungsangebot in besonderem Maße auf die Bedürfnisse des MVZ-Patientenstamms und der Verschreibungsgewohnheiten der im MVZ tätigen Ärzte einstellen kann, würde in den meisten Fällen einer ärztlichen Apothekenempfehlung sicherlich die wirtschaftliche Verbindung zur MVZ-Apotheke im Vordergrund stehen. Allenfalls mit dem Argument, das durch § 34 Abs. 5 MBO-Ä geschützte Recht des Patienten auf freie Apothekenwahl 437 müsse im MVZ vor dem Hintergrund, dass der Patient sich ja bewusst für die Versorgung aus einer Hand, mithin das MVZ entschieden hat, nicht geschützt werden, ließe sich eine entsprechend MVZ-freundliche Auslegung begründen. Im Ergebnis käme dies aber letztlich einer vollständigen Nichtanwendung des § 34 Abs. 5 MBO-Ä im MVZ gleich, deren Anordnung dem Satzungsgeber vorbehalten bleiben muss. Aus alledem folgt, dass eine direkte Beteiligung von Apotheken an MVZ nicht möglich ist. Der Apotheker darf seine Apotheke nicht in das MVZ einbringen. Vielmehr berechtigt der Apothekenbesitz den Apotheker nur zur Gründung eines MVZ, jedoch nicht zum Tätigwerden im selbigen. Allein eine Kooperation zwischen MVZ und Apotheke in Form von Information über Arzneimittel, Selbstbeteiligung und sonstigen Apothekenleistungen scheint denkbar. 438
§ 7 Ergebnis der Bewertung der einfachgesetzlichen Rechtslage Aktive Beteiligungen von Berufsfremden werden durch das ärztliche Berufsrecht vollständig untersagt. Hier ist vor allem auf die §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 1, 23a Abs. 1, 23b Abs. 1, 23c MBO-Ä; § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV zu verweisen. Eine Ausnahme bilden MVZ in Trägerschaft privater Krankenhäuser, in denen die berufsfremden Krankenhausträger aktiv auf die „Geschäftspolitik“ des MVZ Einfluss nehmen können. Generell nimmt das MVZ eine Sonderstellung in der ambulanten Patientenversorgung ein, da seine Struktur in vieler Hinsicht nur schwer mit arztrechtlichen, aber auch apothekenrechtlichen Bestimmungen in Einklang zu bringen ist. Gleichwohl ist das Bekenntnis des Gesetzgebers zum MVZ zu akzeptieren und soweit es der Gesetzeswortlaut erlaubt, entgegenstehendes Berufsrecht MVZ-freundlich auszulegen. Passive Beteiligungen an Ärztekapitalgesellschaften sind wegen der eindeutigen Regelung in § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä ebenfalls nicht möglich. § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä ist dabei umfassend zu verstehen und erfasst sowohl 437 438
Lippert, in Ratzel / Lippert, § 34 Rn. 13. So auch Hohmann / Klawonn, S. 93; Kieser, S. 25.
Kap. 2: Einfachgesetzliche Rechtslage
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Umsatz- als auch Gewinnbeteiligungen. Dagegen ist eine parallel zur Gesellschafterstellung eingegangene zusätzliche passive Beteiligung an der Kapitalgesellschaft mit § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä vereinbar, da der Arzt als aktiver Gesellschafter nicht zugleich Dritter sein kann. An Einzelpraxen, Ärztepersonengesellschaften, Praxisverbünden oder einem MVZ sind passive Beteiligungen entgegen der überwiegenden Auffassung ebenfalls grundsätzlich zulässig. Die Freiberuflichkeit des Arztes steht passiven Beteiligungen dabei schon deswegen nicht entgegen, weil ihr als Typusbegriff nur bedingt Rechtswirkungen entnommen werden können. Abgesehen hiervon ist die Zugehörigkeit des Arztes zu den freien Berufen auch deshalb kein Hindernis, weil ihr essentieller Bestandteil, die in §§ 2 Abs. 4, 18 Abs. 2, 30 Abs. 2 MBO-Ä; 32 Abs. 1 Ärzte-ZV verankerte fachliche Unabhängigkeit, von passiven Beteiligungsmodellen grundsätzlich nicht beeinträchtigt wird. Allerdings hängt die Zulässigkeit einer passiven Beteiligung im Einzelfall immer vom Manipulationspotenzial des Berufsfremden gegenüber dem Arzt ab. Dabei gilt die Regel, dass je mehr sich eine passive Beteiligung einer aktiven annähert, umso wahrscheinlicher deren Unzulässigkeit ist. Besteht bei einer atypisch stillen Praxisbeteiligung etwa die Atypik in der vom gesetzlichen Leitbild wesentlich aktiveren Stellung des typischen stillen Gesellschafters, ist eine atypisch ausgestaltete stille Beteiligung unzulässig. Liegt die Atypik dagegen allein in der schuldvertraglich versprochenen Partizipation des stillen Gesellschafters am Praxisvermögen, besteht aus Sicht der Sicherstellung der fachlichen Unabhängigkeit kein Bedürfnis, diese zu untersagen. Sofern die fachliche Unabhängigkeit aber nicht im Einzelfall etwa aufgrund einer unverhältnismäßigen Höhe der Gewinnbeteiligung oder umfassend eingeräumter Mitwirkungs- und Leitungsrechte untergraben wird, gibt es keinen Grund, passive Beteiligungen zu untersagen. Ein ausdrückliches Verbot ist außer für Ärztekapitalgesellschaft nicht existent. Ein solches ist aber in Anbetracht des Gesetzesvorbehaltes in Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG zwingend erforderlich. 439 Auch fehlt es mangels planwidriger Regelungslücke an den Voraussetzungen für eine Analogie zu § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä. Dementsprechend sind typisch stille Gesellschaften und partiarische Vertragsgestaltungen an bzw. mit Arztpraxen, abgesehen von Ärztekapitalgesellschaften, grundsätzlich erlaubt. Während dies für ärztliche Organisationsgemeinschaften uneingeschränkt gilt, 440 hängt bei Einzelpraxen, Praxisverbünden und Berufsausübungsgemeinschaften die Zulässigkeit immer von der konkreten Ausgestaltung ab.
439 440
schaft.
Siehe Teil 2 Kapitel 3 § 2 A. I. Ausgenommen ist der Praxisverbund als Sonderform der Organisationsgemein-
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
Für die Unterbeteiligungen an einem Praxisgesellschaftsanteil treffen als Sonderfall der stillen Beteiligung im Wesentlichen dieselben Erwägungen zu wie auf die stille Beteiligung an der (gesamten) Praxis. Gegen die berufsfremde Verpachtung sowie gegen die fiduziarische Bindung von Praxisinventar bestehen per se keine Bedenken. Dagegen ist die treuhänderische Verwaltung von Praxisgesellschaftsanteilen oder Gesellschaftsrechten in aller Regel unzulässig.
Kapitel 3
Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote an Arztpraxen mit höherrangigem nationalem Recht § 1 Die standesrechtlichen Beteiligungsschranken im Konflikt mit dem Bundesrecht Kompetenzrechtlich ist zunächst festzustellen, dass den Ländern die Befugnis zur Regelung der ärztlichen Berufsausübung zusteht. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG, wonach nur die Zulassung zum Arztberuf der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterfällt. Demnach können Regelungen hinsichtlich der Berufsausübung durch die Länder grundsätzlich auch im Wege von Berufsordnungen statuiert werden. Die Berufsordnungen der Kammern beruhen dementsprechend auf Ermächtigungen in den Landesheilberufskammergesetzen bzw. Landeskammergesetzen. 441 Somit führen die Restriktionen bei der Gesellschafterfähigkeit 442 und Gewinnverteilung 443 in den landesrechtlichen Berufsordnungen mittelbar zu einer Beschränkung des bundesrechtlichen Gesellschaftsrechts, welches entsprechende Einschränkungen nicht kennt. Bei einer Kollision von Bundes- mit Landesrecht geht allerdings nach Art. 31 GG das Bundesrecht vor, so dass bei Annahme eines Kollisionsfalls § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä bzw. dessen landesrechtliche Umsetzung nichtig wäre. 444
441
Z. B. § 10 Nr. 15 HKaG-BW; § 25 Nr. 1 f) HKaG-NdS; § 28 I S. 1 HKaG-Hmb. Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. I. 3., 4) und 5); Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. II. 443 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. II. 1.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 D. I. 1. 444 Huber, in Sachs, Art. 31 Rn. 13; Jarass / Pieroth, Art. 31 Rn. 5; Gumbelt, in v. Münch / Kunig, Art. Rn. 20 f. m.w. N., eine m. M. will dem Art. 31 GG dagegen nur eine Suspensationsanordnung entnehmen: v. Olshausen, S. 133. 442
Kap. 3: Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote mit nationalem Recht
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Ein Kollisionsfall liegt vor, wenn zwei gültige Rechtsnormen auf denselben Sachverhalt anwendbar sind, aber zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen und nicht zwei völlig unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen. 445 Allgemeines Gesellschaftsrecht und das Berufsrecht der Ärzte verfolgen aber vollkommen andere Ziele. Das Gesellschaftsrecht will die Rechtsbeziehungen von Privatpersonen bei deren Zusammenschluss regeln. Die Berufsordnung der Ärzte bezweckt dagegen primär den Schutz der Patienten und die Funktionsfähigkeit und Qualität der Krankenversorgung. 446 Somit konfligieren Berufs- und allgemeines Gesellschaftsrecht nicht miteinander, so dass kein Anwendungsfall des Art. 31 GG vorliegt. 447
§ 2 Verfassungsrechtliche Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote an Arztpraxen A. Verstoß der ärztlichen Drittbeteiligungsverbote gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG Jeder deutsche Arzt, aber auch jeder beteiligungswillige deutsche Berufsfremde kann sich auf seine Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG berufen. 448 Dies gilt uneingeschränkt für den Privatarzt wie auch für den Vertragsarzt. Denn der Arzt bzw. Vertragsarzt wird weder durch die Approbation noch durch die Vertragsarztzulassung zum staatlich gebundenen Beruf. Er wird zur staatlichen Gesundheitsfürsorge benutzt, ohne in den staatlich hierarchisch geordneten Betrieb eingegliedert zu werden. 449 § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä 450 sowie das berufs- und vertragsarztrechtlich abgeleitete Fremdbetriebsverbot und Fremdgesellschaftsverbot bei Arztpraxen stellen ebenso Eingriffe in die Berufsfreiheit der Ärzte, der Ärztekapitalgesellschaften 451 und der beteiligungswilligen Berufs445 BVerfGE 36, 342/363; BayObLG, DÖV 1961, 832; Jarras / Pieroth, Art. 31 Rn. 4; Häußermann / Dollmann, MedR 2005, 255/257. 446 Häußermann / Dollmann, MedR 2005, 255/257; vgl. auch etwa § 31 HKaG-BW. 447 Ebenso für die landesrechtlichen Umsetzungen des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä: Häußermann / Dollmann, MedR 2005, 255/257. 448 Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten der EG wird ein im Wesentlichen identischer Schutz über eine gemeinschaftskonforme Auslegung des Art. 2 Abs. 1 GG gewährt, vgl. Störmer, AöR 123 (1998), 541 ff. m.w. N; kritisch hierzu: Isensee, in Burmeister, FS Stern, S. 1239 ff. 449 Meier-Greve, S. 159 ff, 178 f.; vgl. auch zur parallelen Begründung der Rechtstellung der Apotheker: Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. b) (1). 450 Da der MBO-Ä als Empfehlung der Bundesärztekammer keine Bindungswirkung zukommt, stellt sich für diese direkt nicht die Frage nach der Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Natürlich müssen aber die entsprechenden Umsetzungen in den Berufsordnungen der Landesärztekammern dem höherrangigen Recht entsprechen.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
fremden dar 452 wie die Ableitung eines generellen Verbots stiller Gesellschaften an Arztpraxen. Geht der Berufsfremde die Beteiligung nicht beruflich ein, liegt zudem ein Eingriff in dessen von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Vertragsfreiheit vor. I. Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt Die Ableitung eines generellen Verbots der typischen stillen Gesellschaft aus ärztlichem Standesrecht (§§ 18 Abs. 1, 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä) ist bereits im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt der Art. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich bedenklich. Denn Eingriffe in die Berufsfreiheit bzw. Vertragsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 2 Abs. 1 Hs. 2 GG nur durch oder aufgrund eines Gesetzes einschränkbar. 453 Hier kommt die allgemeine Freiheitsvermutung unserer Verfassung zum Tragen, nach der alles erlaubt ist, was nicht durch wirksames Gesetz ausdrücklich und hinreichend bestimmt verboten ist. 454 Für das Berufsrecht hat der BGH dies im Urteil zur Zahnärzte-GmbH konkretisiert, indem er diese gerade deshalb für zulässig erachtete, weil ein etwaiges Berufsbild des Zahnarztes nicht durch Gesetz fixiert wurde. 455 Entscheidend sei aufgrund des Grundrechtsbezugs nicht, ob gesetzliche Bestimmungen eine bestimmte Tätigkeit zuließen, sondern ob es rechtliche Regelungen gibt, die eine entsprechende Berufsausübung verbieten. 456 Mindestens ebenso deutlich formulierte das Bundesverfassungsgericht zum notariellen Standesrecht bereits 1998: „[...] aus heutiger Sicht ist im Ergebnis nicht mehr daran festzuhalten, [...], Sozietätsverbote aus dem Gesamtzusammenhang des notariellen Berufsrechts und aus den hervorgebrachten Berufsbildern abzuleiten“ 457 Demnach bedürfte ein allgemeines Verbot der stillen Gesellschaft von Verfassungs wegen einer unmissverständlichen Verbotsnorm. 458 Weder in den Heilberufskammergesetzen der Länder noch in den Berufsordnungen der Landesärztekammern finden sich aber ein explizites Verbot der stillen Gesellschaft an Einzelpraxen und Ärztepersonengesellschaften, 459 was nicht zuletzt die kurzsilbigen Begründungsversuche eines Verbots – sofern solche überhaupt gegeben werden – verdeutlichen. 460 451
So zur Zahnärzte-GmbH, BGH, MedR 1994, 152 ff. Vgl. die parallele Situation beim apothekenrechtlichen Fremdbetriebsverbot: Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. 453 Zur Auslegung der in Art. 2 I Hs. 2 GG aufgeführten „verfassungsmäßigen Ordnung“ als allgemeiner Gesetzesvorbehalt: BVerfGE 6, 32/37; R. Schmidt, Rn. 263. 454 Taupitz, MedR 1993, 367/378. 455 BGH, MedR 1994, 152/153. 456 BGH, MedR 1994, 152/153. 457 BVerfGE 98, 48/60; vgl. auch BVerfGE 76, 171/184, 196; BVerfGE 87, 287/317. 458 BGH, MedR 1994, 152/153; Sachs, in Sachs, Art. 20 Rn. 129; Reiter, GesR 2005, 6/10; ArG Berufsrecht, ZMGR 2002/2003, 59/65; Taupitz, MedR 1993, 367/371. 452
Kap. 3: Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote mit nationalem Recht
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Dass der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes bei Beteiligungsverboten besonders ernst zu nehmen ist, zeigen auch die Urteile des BGH zur stillen Gesellschaft an Apotheken. Auch hier erklärte der BGH die stille Beteiligung an Apotheken mangels entgegenstehender gesetzlicher Regelung grundsätzlich für zulässig. 461 Gerade diese Urteile machen deutlich, dass es für ein Verbot einer typisch stillen Beteiligung nicht ausreicht, die aktive gemeinschaftliche Berufsausübung nur in bestimmten Rechtsformen zuzulassen. Denn obwohl der Gesetzgeber in § 8 S. 1 ApoG bereits die aktive Beteiligung ausschließlich in der Apotheke aktiven Apothekern in der Rechtsform einer OHG oder GbR vorbehalten hatte, konnte der BGH hieraus kein Verbot der stillen Gesellschaft ableiten. Denn „dort [im Apothekengesetz] ist zwar die stille Gesellschaft nicht ausdrücklich zugelassen. Nach beiden Vorschriften [in Frage stand noch eine landesgesetzliche Regelung] kommt es aber lediglich darauf an, dass der Betrieb einer Apotheke in der Hand von (approbierten) Apothekern liegt. Dieser Grundsatz wird durch die stille Beteiligung eines Nichtapothekers nicht verletzt. Denn der stille Gesellschafter betreibt das Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers nicht mit (§ 335 HGB).“ 462 Im Lichte dieser Rechtsprechung kann eine Ableitung eines generellen Verbots der stillen Beteiligung aus ärztlichem Standesrecht nur als Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt aus Art. 12 Abs. 1 S. 2, Art. 2 Abs. 1 Hs. 2 GG gewertet werden. 463 Demnach darf nach dem Gebot verfassungskonformer Auslegung aus §§ 18 Abs. 1, 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä 464 kein Verbot der typisch stillen Beteiligung an einer Arztpraxis abgeleitet werden. 465 II. Rechtfertigung der Beteiligungsverbote aus Gründen des Gesundheitsschutzes Die aktiven Beteiligungsverbote sowie die ausdrücklich nomierten passiven Beteiligungtsverbote könnten unter Gesundheitsschutzaspekten mit der Sicherstellung der ärztlichen Unabhängigkeit gerechtfertigt werden, allerdings nur dann, wenn es hierzu tatsächlich solch umfassender Beteiligungsverbote bedarf, mithin 459 Anders für die Ärztekapitalgesellschaft, vgl. § 23a I 1 c) MBO-Ä; Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. II. 1. 460 Zumeist wird nur undetailliert davon gesprochen, dass das Verbot allgemein anerkannt ist oder sich aus dem Berufsrecht bzw. aus der Freiberuflichkeit ergibt, vgl. Hess, in KassKomm, § 98 Rn. 46; Cramer, MedR 2004, 552/553; Ratzel / Lippert, MedR 2004, 525 f.; Goette, DStR 1995, 1722/1723. 461 BGH, NJW 1953, 818 ff.; BGH, NJW 1972, 338 f.; BGH, NJW 1980, 638 f. 462 BGH, NJW 1972, 338; bestätigt durch BGH, NJW 1980, 638; bereits vor Geltung des ApoG die Zulässigkeit bejahend: BGH, NJW 1953, 818 ff. 463 Ebenso wohl auch ArG Berufsrecht, ZMGR 2002/2003, 59/65. 464 Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. II. 3. g); Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. II. 3. a) (1). 465 Zur verfassungskonformen Auslegung: BVerfG, NJW 2008, 2409/2411; BVerfG, NJW 2002, 1485 und oben: Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. e).
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist. Gesetzliche Regelungen, die für Beteiligungsfälle abstrakt die Sicherstellung der ärztlichen Unabhängigkeit einfordern, stellen hier gegenüber den pauschalen Verboten mildere, in der Wirkung gleichwertige Mittel dar, wie die Untersuchung des apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbots gezeigt hat. 466 Es reicht aus, wenn die nach § 2 Abs. 4, § 18 Abs. 2, 30 Abs. 2 MBO-Ä, § 32 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV geforderte fachliche Unabhängigkeit in der Praxis durch Sicherstellungsklauseln, welche die Weisungsfreiheit und medizinische Leitungsbefugnis garantieren, umgesetzt wird. Dass die „nur“ vertraglich garantierte ärztliche Unabhängigkeit nicht weniger zur deren Sicherstellung geeignet ist als ein pauschales Beteiligungsverbot, wird schon daran deutlich, dass bei Krankenhäusern, Rehabilitationszentren und Medizinischen Versorgungszentren das Gesetz vertragliche Absprachen genügen lässt. Wenn aber schon in Krankenhäusern die ärztliche Unabhängigkeit gegenüber den oft rein kapitalorientierten privaten Trägern 467 nur schuldrechtlich abgesichert wird, obwohl hier die Patienten in der Regel besonderer ärztlicher Obhut bedürfen und in außerordentlichem Maße auf die allein an medizinischen Gesichtspunkten orientierte ärztliche Entscheidung angewiesen sind, muss eine vertragliche Unabhängigkeitsgarantie in ambulanten Beteiligungsverträgen auch ausreichen. Schließlich konnte bisher nicht festgestellt werden, dass Krankenhäuser mit berufsfremder Beteiligung auf Trägerebene eine schlechtere medizinische Versorgung aufweisen als Krankenhäuser in öffentlicher oder ausschließlich ärztlicher Trägerschaft. Hieran wird deutlich, dass vertragliche Unabhängigkeitsgarantien in ärztlichen Arbeits- und Gesellschaftsverträgen dem Gesundheitsschutz genügen. Somit sind pauschale Verbote aktiver Beteiligung an Arztpraxen zum Schutz der Gesundheit nicht erforderlich. Soweit § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä auch Formen der passiven Beteiligung erfasst, gilt dies natürlich erst Recht. Ebenso ist die weitestgehende Ablehnung stiller passiver Beteiligungen durch die herrschende Lehre nicht nur dem Vorwurf der Missachtung des Gesetzesvorbehalts, sondern auch der mangelnden Erforderlichkeit pauschaler Beteiligungsverbote ausgesetzt. III. Rechtfertigung des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG aus Gründen des Mittelstandsschutzes Analog zum apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbot können die Beteiligungsverbote auch als Mittelstandsförderung verstanden werden. 468 In der MBO-Ä und Ärzte-ZV finden sich hierzu jedoch keine direkten Hinweise. Losgelöst hiervon hindern die Verbote aber Investoren, sich an Praxen aktiv zu 466
Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (3). 2003 befanden sich 545 der 2197 Krankenhäuser in Deutschland in privater Trägerschaft, Tendenz steigend, Bruckenberger et al., S. 34 f. 468 BVerfGE 17, 232/243; Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. d). 467
Kap. 3: Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote mit nationalem Recht
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beteiligen bzw. diese mit angestellten Ärzten selbst zu betreiben. Damit wirken sie auch der Bildung von überregionalen Praxisketten entgegen und sichern so die mittelständische Struktur der ambulanten Versorgung. Spätestens nach der Einführung der überörtlichen Gemeinschaftspraxis sowie der Möglichkeit der Filialbildung durch die Neufassungen der §§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 1 und 3 MBO-Ä und §§ 24 Abs. 3, 33 Abs. 2 Ärzte-ZV verliert eine solche Argumentation ihre Schlüssigkeit. Denn Ärzte können nun an bis zu zwei weiteren Orten (Filialen) tätig sein und sich darüber hinaus mit ihren Praxen unbeschränkt zu überörtlichen Gemeinschaftspraxen zusammenschließen, 469 so dass die einzelnen Praxen im Ergebnis wie Filialen eines „Gemeinschaftspraxisunternehmens“ erscheinen. 470 Damit bleiben sie zwar Mitunternehmer, letztlich ist es aber aus Sicht des Mittelstandsschutzes gleichgültig, ob Berufsfremde eine Praxiskette betreiben oder Ärzte untereinander eine kettenähnliche Struktur wählen und damit die Wettbewerbsfähigkeit von mittelständischen Einzelpraxen gefährden. 471 Zudem hat der Gesetzgeber durch die Öffnung der ambulanten Versorgung für Krankenhausgesellschaften im Wege des MVZ bewusst den Druck auf Einzelpraxen erhöht und den Schutz der Einzelpraxis als ordnungspolitische Zielvorstellung faktisch aufgegeben. 472 Insgesamt sind die Konzentrationsgefahren im vertragsärztlichen Sektor aufgrund der Bedarfsplanung durch die kassenärztlichen Vereinigungen aber von vorneherein geringer als etwa bei den Apothekern. 473 Außerdem kann sowohl im privatärztlichen Sektor als auch im vertragsärztlichen Bereich ein wirksamer Mittelstandsschutz bereits durch ein Mehrbeteiligungs- und Mehrfilialverbot erreicht werden, falls sich bei der Begrenzung von Konzentrationstendenzen die Bedarfsplanung als unzureichend erweisen sollte. Somit sind die Verbote des Fremdbetriebs und der aktiven gesellschaftlichen Drittbeteiligung an Arztpraxen auch aus Gründen des Mittelstandsschutzes zumindest nicht erforderlich. 469 Zur Möglichkeit der Filialbildung: Bäune, in Bäune et al., § 23 Rn. 32 ff.; Zwingel / Preißler, S. 36 ff.; Schallen, Rn. 637 ff., der die aus § 17 II MBO-Ä resultierende Begrenzung auf 2 Filialen aufgrund einer fehlenden Limitierung in § 24 III Ärzte-ZV sogar für hinfällig erachtet; Fiedler / Fürstenberg, NZS 2007, 184/185 f.; zur Möglichkeit der Bildung überörtlicher Berufausübungsgemeinschaften: Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 257 ff.; Zwingel / Preißler, S. 51 ff.; Dahm / Ratzel, MedR 2006, 555/559; B. Koch, GesR 2005, 241/242. 470 Zwingel / Preißler sprechen in diesem Zusammenhang von Ärztekonzernen, S. 159 f. 471 Zwingel / Preißler, S. 7 f.; 161; Ratzel, VSSR 2007, 207/208; Preusker, G+G 2007, 24/30; Merten, Kassenarzt 2006, 12 ff.; Blumenbach-Ostermann, DÄBl. 2004, A 34474. 472 Beim Betrieb eines MVZ durch ein Krankenhaus kann dieses auch auf bereits bestehendes Krankenhauspersonal zurückgreifen, wie § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV deutlich macht; vgl. BR-Drucks. 353/06, 64 f.; Bäune, in Bäune et al. Rn. § 20 Rn. 26; Zwingel / Preißler, S. 156. 473 Vgl. Möller, MedR 2007, 263/269.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
Für Beschränkungen passiver Partizipationen am wirtschaftlichen Erlös ärztlicher Leistungen gilt dies erst recht. IV. Schlussfolgerung Folglich scheidet eine Rechtfertigung der bestehenden Beteiligungsbeschränkungen für Dritte unter allen denkbaren Gesichtspunkten aus. Sowohl das Fremdbetriebsverbot als auch das Fremdgesellschaftsverbot verstoßen ebenso wie § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä gegen Art. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG. Infolge dessen verstößt eine Ableitung eines stillen Gesellschaftsverbots erst Recht gegen Art. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, zumal das Fehlen einer ausdrücklichen Verbotsnorm mit dem Gesetzesvorbehalt der Art. 12 Abs. 1 S. 2, Art. 2 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist. Demnach gebietet das Gebot verfassungskonformer Auslegung eine beteiligungsfreundliche Auslegung der berufs- und zulassungsrechtlichen Vorschriften, 474 so dass allein die hier vertretene Lösung, 475 wonach das einfache Recht passiven Beteiligungen grundsätzlich nicht entgegensteht, den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht. Bei den aktiven und ausdrüklich normierten passiven Beteiligungsverboten besteht kein Raum für eine verfassungskonforme Auslegung, so dass die Verbote Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG verletzen.
B. Verstoß der ärztlichen Drittbeteiligungsverbote gegen Art. 3 Abs. 1 GG I. Ungleichbehandlung von Arztpraxis und Krankenhaus Willkürlich erscheint der Ausschluss berufsfremder Investoren bei Arztpraxen, wenn man sich vor Augen führt, dass bei Krankenhäusern der Fremdbetrieb durch Berufsfremde nicht die Ausnahme, sondern die Regel darstellt. Hierbei kann auch nicht mehr auf angebliche signifikante Unterschiede in der ambulanten und stationären Versorgung abgestellt werden. Denn Krankenhäuser und damit auch Berufsfremde können über MVZ inzwischen an der ambulanten Versorgung teilnehmen. 476 Das MVZ kann dabei sogar Mitglied einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis werden, so dass eine deutschlandweite Versorgungskette in Form mehrerer MVZ durch ein oder mehrere Krankenhäuser betrieben werden kann. 477 Somit ist auch eine Rechtfertigung mit mittelstandsschützenden Erwägungen nicht haltbar. 478 Dass als rechtfertigendes Differenzierungskriterium auch 474
Zur verfassungsskonformen Auslegung näher: Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. e). Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 G. 476 Vgl. Zwingel / Preißler, S. 84, 154 ff.; Lindenau, GesR 2005, 494/495; Gerst, DÄBl. 2006, A 2988 f. 477 Möller, in Dahm et al., S. 76 Rn. 18; Nienhaus, Auf ins schöne, neue Ärztehaus, FAZ v. 13. 7. 2008, 33; die Möglichkeit der Kettenbildung gilt uneingeschränkt für Ge475
Kap. 3: Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote mit nationalem Recht
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nicht auf § 30 GewO abgestellt werden kann, wurde bereits an anderer Stelle dargelegt; zumal das MVZ unmittelbar schon gar nicht in den Anwendungsbereich der Norm fällt. 479 Daher sind Fremdbetriebsverbot und Fremdgesellschaftsverbot, aber auch passive Beteiligungsverbote, wie etwa in § 23 Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä, vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigen. II. Ungleichbehandlung gegenüber dem Einnahmepooling Sieht man entgegen der hier vertretenen Auffassung 480 auch passive Gewinnbeteiligungen zugunsten Dritter bei Arztpraxen als verboten an, stellt sich dies als Ungleichbehandlung gegenüber dem grundsätzlich für zulässig erachteten Einnahmepooling 481 zwischen den Partnern einer Praxisgemeinschaft dar. Dieses ist nämlich nichts anderes als eine passive Gewinnbeteiligung an den Ergebnissen der Praxis des anderen. Als Grund für diese Differenzierung kann nur darauf abgestellt werden, dass beim Einnahmepooling der Gewinnbeteiligte jeweils ein Berufsangehöriger ist. Dann muss aber zumindest auch abseits vom Einnahmepooling eine Gewinnbeteiligung eines Arztes via partiarischem Darlehen oder typischer stiller Gesellschaft möglich sein. Somit stellt auch die Ungleichbehandlung gegenüber dem Einnahmepooling im Hinblick auf Ärzte einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar. III. Ungleichbehandlung der Ärzte gegenüber Heilpraktikern Da bei Heilpraktikern gesetzliche Regeln fehlen, denen ein Beteiligungsverbot entnommen werden könnte, sind sowohl Fremdbetrieb als auch gesellschaftliche Fremdbeteiligung in jeder Form zulässig. 482 Sowohl Arzt als auch Heilpraktiker üben aber gemäß §§ 1, 2 HPG die Heilkunde aus, so dass die Ungleichbehandlung einer Rechtfertigung bedarf. Der Versuch, die Differenzierung mit einem abweichendem Gefahrenpotenzial zu begründen, überzeugt nur bedingt. Zwar meinschaftspraxen, an denen nur „Krankenhaus-MVZ“ beteiligt sind. Sind dagegen auch Ärzte als Gesellschafter am MVZ beteiligt, steht einer Gemeinschaftspraxis § 23b I MBO-Ä entgegen, der ein MVZ als zulässigen Kooperationspartner nicht nennt. Aber auch hier kann über die Öffnungsklausel in § 17 I Hs. 2 MBO-Ä eine überörtliche Gemeinschaftspraxis zwischen MVZ und Vertragsarzt berufsrechtlich für zulässig erklärt werden, vgl. Bäune, in Bäune et al., § 18 Rn. 29 ff. m.w. N; siehe auch: Teil 2 Kapitel 2 § 6 A. III. 2. 478 Zum erhöhten Wettbewerbsdruck auf niedergelassene Ärzte durch Schaffung des MVZ, Schlulz / Schulte, RPG 2006, 97/105. 479 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 C. I. 1. 480 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 G. 481 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 F. I.-IV. 482 Siehe Teil 4 Kapitel 2.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
ist der Heilpraktiker in seinem Tätigkeitsbereich beschränkter als der Arzt und darf etwa Geschlechtskrankheiten, Pockenschutzimpfungen, Geburtshilfe nicht behandeln bzw. vornehmen und Betäubungsmittel sowie verschreibungspflichtige Medikamente nicht abgeben oder verschreiben. 483 Dennoch wirkt er direkt auf die menschliche Physiognomie ein. Die Vergleichbarkeit zeigt sich dabei insbesondere auch im Haftungsmaßstab der Heilpraktiker, der von der Rechtsprechung gerade wegen der Vergleichbarkeit der behandlungsspezifischen Gefahren für Leib und Leben der ärztlichen Haftung weitgehend angepasst wurde. 484 Daher führt auch die Gegenüberstellung der Drittbeteiligungsmöglichkeiten der Heilpraktiker im Verhältnis zu den Möglichkeiten der Ärzte zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. IV. Ungleichbehandlung der Ärzte-GmbH gegenüber Ärztepersonengesellschaften Wenn, wie herausgearbeitet, 485 bei Personengesellschaften sich einfachgesetzlich kein grundsätzliches Verbot passiver Drittbeteiligungen ableiten lässt, bedarf das ausdrückliche Verbot für Kapitalgesellschaften in § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä der Begründung. Ein sachlicher Grund findet sich für diese Benachteiligung aber auch hier nicht. Im Gegenteil: Indem bei Kapitalgesellschaften eine strikte Trennung zwischen Trägerebene und medizinisch agierender Betriebsebene strukturbedingt stattfindet, ist bei ihnen die ärztliche Unabhängigkeit vertragstechnisch sogar einfacher vor Manipulation zu schützen als bei Personengesellschaften. 486 Daher kann bei der hier vertretenen Annahme der grundsätzlichen Zulässigkeit passiver Beteiligungen an Ärztepersonengesellschaften für die Kapitalgesellschaften nichts anderes gelten, so dass § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä in seinen landesrechtlichen Umsetzungen durch die Kammern gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.
C. Die standesrechtlichen Beteiligungsschranken im Konflikt mit der Wesentlichkeitstheorie Die Rechtsetzungskompetenz der Landesärztekammern ist nur abgeleiteter Natur. 487 Daher steht ihre Satzungsautonomie in einem stetigen Konflikt zur We483 Deutsch / Spickhoff, Rn. 65; eine Übersicht über die Arztvorbehalte findet sich: Taupitz et al., S. 18 ff. 484 BGH, VersR 1991, 469; kritisch zum hohen Sorgfaltsmaßstab Taupitz, NJW 1991, 1505 ff. 485 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 G. 486 Vgl. nur § 709 BGB (gemeinschaftliche Geschäftsführung durch Gesellschafter) und § 35 I GmbHG (Geschäftsführung durch separaten Geschäftsführer).
Kap. 3: Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote mit nationalem Recht
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sentlichkeitstheorie. 488 Hiernach erfordern Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip, dass der parlamentarische Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen nicht an die Verwaltung delegiert, 489 wozu auch die satzungsgebenden Landesärztekammern gehören. 490 Denn [die] Befugnis von Berufsverbänden, freiheitseinschränkendes Satzungsrecht zu erlassen, folgt nicht schon aus dem Akt der Autonomieverleihung als solchem. [Vielmehr berechtigt] dieser zwar zur Regelung eigener Verbandsangelegenheiten, nicht aber zugleich zu Eingriffen in Grundrechte der Mitglieder,“ 491 Innerhalb bestimmter Grenzen sind Grundrechtsbeeinträchtigungen durch den Satzungsgeber allerdings zulässig. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass die Rechtsetzung durch Berufsverbände spezifische Gefahren für die Betroffenen und für die Allgemeinheit mit sich bringt. 492 Denn sie „kann zum Nachteil der Berufsanfänger und Außenseiter [...] ein Übergewicht von Verbandsorganen oder ein verengtes Standesdenken begünstigen, das notwendigen Veränderungen und Auflockerungen festgefügter Berufsbilder hinderlich ist.“ 493 Voraussetzung für den Erlass grundrechtseinschränkenden Satzungsrechts daher, dass der Satzungsgeber durch ein hinreichend bestimmtes formelles (Spezial-) Gesetz ermächtigt wurde und der Grundrechtseingriff allein der Kammerautonomie unterworfene Berufsangehörige betrifft. 494 Insoweit hat das ermächtigende Gesetz mithin eine besonders hohe Regelungsdichte aufzuweisen. 495 Die Ermächtigungen zur Regelung der ärztlichen Berufsausübung finden sich in den Heilberufsgesetzen bzw. Heilberufskammergesetzen der Länder. Hierbei lassen sich die einzelnen Fassungen inhaltlich im Wesentlichen in drei Varianten untergliedern. In einigen Ländern werden die Ärztekammern pauschal zur Regelung der Zusammenarbeit sowohl mit Berufsangehörigen als auch Berufsfremden ermächtigt. 496 Der konkrete Inhalt oder die zulässige Reichweite der Berufsausübungsregeln werden nicht explizit abgesteckt. Insbesondere finden sich keine konkreten Vorgaben zu Rechtsformen oder zum zulässigen Gesell487
Taupitz, Standesordnungen, S. 844 f.; Schnapp / Kaltenborn, JuS 2000, 937/939. BVerfGE 1, 13/60; BVerfG 47, 89/126; BVerfGE 108, 282/294 ff.; zum Spannungsverhältnis zwischen Wesentlichkeitstheorie und Satzungsrecht, Taupitz, Standesordnungen, S. 804 ff. 489 BVerfG, NJW 1972, 1504/1506 f. 490 BVerfGE 33, 125 ff.; Rau, MedR 2004, 667/669 f.; U. Becker / Sichert, JuS 2000, 144/147; Schnapp / Kaltenborn, JuS 2000, 937/939. 491 BVerfG, NVwZ 2002, 851; BVerfG, NJW 1997, 799/801; BVerfGE 35, 212/216. 492 BVerfG, NJW 1988, 191 f.; BVerfG, NJW 1972, 1502/1506. 493 BVerfG, NJW 1972, 1504/1506. 494 BVerfG, NJW 1989, 191/192, BGH, GRUR 1989, 827; U. Becker / Sichert, JuS 2000, 144/147; Taupitz, NJW 1992, 2317/2321 f. 495 Wimmer, NJW 1989, 1772/1774; Rau, DStR 2004, 640; Meyer / Kreft, GmbHR 1997, 193/196; vgl. auch Taupitz, Standesordnungen, S. 843 ff.; ders. MedR 1993, 363/ 371; ders., NJW 1992, 2317/2321 f.; Rau, MedR 2004, 667/669 f. 496 So etwa im Saarland und Rheinland Pfalz. 488
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
schafterkreis. So heißt es beispielsweise in § 17 Abs. 2 Nr. 9 und 13 HKaG-Sr: „9. Die Berufsordnung kann darüber hinaus, soweit es für den einzelnen Heilberuf in Betracht kommt, insbesondere Regelungen zu folgenden Berufspflichten treffen: die gemeinsame Ausübung der Berufstätigkeit [...], 13. das berufliche Verhalten gegenüber anderen Berufsangehörigen und die Zusammenarbeit zwischen Berufsangehörigen und Angehörigen anderer Berufe.“ 497 In anderen Ländern finden sich neben der pauschalen Ermächtigung zur Reglementierung von Zusammenschlüssen abstrakte Vorgaben zur Ärztekapitalgesellschaft. § 20 Abs. 2 S. 3 HKaG-TH lautet etwa: „Die Kammern legen für eine Tätigkeit bei einer juristischen Person des Privatrechts in der Berufsordnung Anforderungen fest, die insbesondere gewährleisten, dass die Tätigkeit eigenverantwortlich, unabhängig und nicht gewerblich ausgeübt wird.“ 498 Dagegen hat eine dritte Gruppe von Ländern in ihren Heilberufskammergesetzen zumindest die Voraussetzungen der Zusammenarbeit gerade in Ärztekapitalgesellschaften detailliert beschrieben und auch Angaben zur Gesellschafterstruktur und Gesellschafterfähigkeit gemacht. In vielen Fällen findet sich für Kapitalgesellschaften hier auch das aus § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä bekannte Gewinnbeteiligungsverbot für (berufsfremde) Dritte. Aussagen zur Zulässigkeit passiver Beteiligungen an Arztpraxen in anderer Rechtsform werden auch in diesen Kammergesetzen allerdings nicht getroffen. Angesichts der beschränkenden Wirkung der berufsrechtlichen Beteiligungsverbote für die Berufsfreiheit der Ärzte aber auch der Berufsfremden reichen die rein abstrakten Vorgaben zur gemeinsamen Berufsausübung und Zusammenarbeit mit Berufsfremden – sofern überhaupt vorhanden – in den Kammergesetzen aus obigen Gründen als Ermächtigung nicht aus. Dies gilt umso mehr für das aus dem Berufsrecht lediglich abgeleitete Verbot stiller Gesellschaften an Arztpraxen. Nur die in einigen Heilberufskammergesetzen vorhandenen detaillierten Regelungen zur aktiven und passiven Beteiligung an Ärztekapitalgesellschaften erfüllen die Voraussetzungen der Wesentlichkeitstheorie. Dagegen verstoßen die ausschließlich satzungsrechtlich (Berufsordnungen) normierten Beteiligungsverbote mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage bereits gegen Demokratieund Rechtsstaatsprinzip.
§ 3 Ergebnis der verfassungsrechtlichen Bewertung Beteiligungsverbote an Arztpraxen sind weder aus Gründen des Gesundheitsschutzes noch aus Gründen der Mittelstandsförderung erforderlich. Dass der 497 498
Vgl. auch § 23 Abs. 1 Nr. 9 HKaG-RLP; § 31 II Nr. 7 und 11 HKaG-BW. Vgl. auch §§ 31 Abs. 4, 32 Abs. 2 HKaG-Bb.
Kap. 3: Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote mit nationalem Recht
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Gesichtspunkt der Mittelstandsförderung bei der Rechtfertigung von Beteiligungsverboten an Arztpraxen keine Bedeutung haben kann, zeigt schon die Tatsache, dass der Gesetzgeber durch die Legalisierung überörtlicher (Teil-) Gemeinschaftspraxen und die Schaffung Medizinischer Versorgungszentren selbst den Grundstein für Praxisketten und Konzentrationsprozesse gelegt hat. Im Detail kann im Wesentlichen auf die Ausführungen zu den Apothekern Bezug genommen werden und eine Verletzung der Berufsfreiheit der Ärzte und derjenigen, die sich als Dritte an Arztpraxen berufsmäßig beteiligen wollen, konstatiert werden. 499 Ferner ergibt sich die Verfassungswidrigkeit von Beteiligungsverboten auch aus Art. 3 Abs. 1 GG. Denn bei Krankenhäusern sind Drittbeteiligungen in der Eigentümerstruktur gang und gäbe, obwohl der Patient bei der stationären Behandlung dem Arzt sogar noch bedingungsloser „ausgeliefert“ ist als etwa in einer ambulanten Praxis. Hinzu kommt, dass sich über den Betrieb eines MVZ durch das Krankenhaus inzwischen die Drittbeteiligung am Krankenhaus auch auf den ambulanten Sektor erstreckt. Des Weiteren kann auch die Ungleichbehandlung gegenüber Heilpraktikerpraxen, an denen Drittbeteiligungen erlaubt sind, mit gesundheitsrechtlichen Argumenten nicht gerechtfertigt werden. Zusätzlich stellt speziell das Verbot der Gewinnbeteiligung in § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä gegenüber dem Einnahmepooling einer Praxisgemeinschaft eine Ungleichbehandlung dar. Denn beim Einnahmepooling handelt es sich letztlich um nichts anderes als um eine passive Beteiligung eines Arztes am Praxisertrag eines anderen Arztes. Warum dann aber eine stille Beteiligung an einer Ärztekapitalgesellschaft (auch) für einen Arzt verboten ist, bleibt unverständlich. Potenziert und auf berufsfremde Dritte erweitert wird der in § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä liegende Gleichheitsverstoß, sofern man der hier vertretenen Ansicht folgt und passive Beteiligungen Dritter an Einzelpraxen und Ärztepersonengesellschaften bereits einfachgesetzlich für zulässig erachtet. Denn auch hier ist nicht ersichtlich, warum eine passive Finanzbeteiligung gerade an Ärztekapitalgesellschaften für die Volksgesundheit besonders gefährlich sein soll. Summa summarum sind die gesetzlichen und abgeleiteten Beteiligungsverbote, gleich ob man sie nur auf aktive oder auch auf passive Beteiligungen erstrecken möchte, vor Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG weder mit Hilfe des Gesundheitsschutzes noch mit wirtschaftspolitischen Erwägungen zu rechtfertigen und daher verfassungswidrig.
499
Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
Kapitel 4
Europarechtliche Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote an Arztpraxen Wie Kapitel 2 gezeigt hat, kann aus den nationalen Bestimmungen kein Verbot passiver Drittbeteiligungen an einer Einzelpraxis oder Ärztepersonengesellschaft abgeleitet werden. Vielmehr besteht für Einzelpraxen und Ärztepersonengesellschaften „nur“ ein Verbot aktiver Drittbeteiligungsformen. 500 Anders stellt sich die Lage dagegen bei der Ärzte-GmbH dar. Für diese normiert § 23a Abs. 1 S. 2, 3 und 4 lit. c) MBO-Ä ein alle Drittbeteiligungsformen umfassendes Fremdnutzungsverbot. In beiden Fällen stellt sich allerdings die Frage nach der Vereinbarkeit mit den europarechtlichen Grundfreiheiten. Europarechtliches Konfliktpotential eröffnet sich dabei immer dann, wenn Ärzte aus einem anderen Mitgliedstaat in Deutschland eine Praxis mit aktiver oder passiver Drittbeteiligung gründen wollen oder eine bereits bestehende ausländische Ärztegesellschaft mit aktiver oder passiver Drittbeteiligung in Deutschland sich niederlassen bzw. eine Zweigstelle eröffnen will. Hier ist immer auch zugleich die Niederlassungsfreiheit der europäischen Ärzte bzw. der europäischen Ärztegesellschaft sowie der berufsfremden Praxisbetreiber bzw. Beteiligten aus Art. 43 Abs. 1 EG ggf. i.V. m. Art. 48 EG (Art. 49 Abs. 1 i.V. m. Art. 54 AEUV) 501 betroffen. Bei der Ärztegesellschaft ist zusätzlich für die durch § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä betroffenen partiarischen Vermieter, Darlehens- und stillen Kapitalgeber aus dem mitgliedstaatlichem Ausland an Art. 49 Abs. 1 EG (Art. 56 Abs. 1 AEUV) und Art. 56 Abs. 1 EG (Art. 63 AEUV) zu denken. 502 Ebenso ist die Kapitalverkehrsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit betroffen, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung 503 ein passives Beteiligungsverbot für alle Rechtsformen des Praxisbetriebs aus dem einfachen Recht ableitet.
500
Siehe Teil 2 Kapitel 2. Die Parallelnormen des zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht inkraftgetretenen Lissaboner Vertrags (EUV/AEUV) sind jeweils in Klammern angegeben. Inhaltlich entsprechen sie im Wesentlichen den hier behandelten Normen der Europäischen Verträge (EU / EG) in der Fassung von Nizza. Eine ausführliche Synopse findet sich im Anhang. 502 Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 3. 503 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 G. 501
Kap. 4: Europarechtliche Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote
285
§ 1 Vereinbarkeit der ärztlichen Drittbeteiligungsverbote mit Art. 43 Abs. 1 EG (Art. 49 Abs. 1 AEUV) Um Wiederholungen zu vermeiden, wird hier nur zur Rechtfertigungsmöglichkeit der bestehenden Beeinträchtigungen der Grundfreiheiten durch die berufsund vertragsärztlichen Beteiligungsverbote Stellung genommen und im Übrigen auf die Ausführungen zu der sich im Wesentlichen parallel darstellenden europarechtlichen Bewertung des apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbots verwiesen. 504
A. Europarechtliche Rechtfertigung Wirtschaftspolitische Zielsetzungen werden europarechtlich als Rechtfertigungsgrund nicht anerkannt, so dass die Beteiligungsschranken allein aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt werden können. 505 I. Allgemeinwohlbelang Gesundheitsschutz Der Schutz der öffentlichen Gesundheit ist als eines der wichtigsten Allgemeinwohlbelange europarechtlich anerkannt. Der der EuGH hat den Gesundheitsschutz im Rahmen der Cassis-Rechtsprechung sogar als eigene Fallgruppe benannt, 506 obwohl der Gesundheitsschutz bereits in den Art. 30, 46 EG (Art. 36, 52 AEUV) als Rechtfertigungsgrund vertraglich verankert ist. Bei der Intensität des Gesundheitsschutzes gewährt der EuGH den Mitgliedstaaten zudem einen Ermessensspielraum, so dass nationale Unterschiede in Aufbau, Niveau und Finanzierung des Gesundheitsschutzes prinzipiell nicht zu beanstanden sind. 507 Trotzdem müssen die nationalen Maßnahmen jedoch dem europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerecht werden, d. h. geeignet und erforderlich sein. 508
504
Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. Ehlers, Jura 2004, 482/484; siehe Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. III. 1. b) (3). 506 EuGH 120/78, Slg. 1979, 649; EuGH, 152/96, Slg. 1999, 3427 Rn. 89; Ahlfeld, S. 95 m.w. N. 507 EuGH, vb. Rs. C-171/07, C-172/07 Rn. 19; EuGH, C-531/06 Rn. 36; EuGH, C-141/07, Slg. 2005, 3177 Rn. 51; EuGH, 174/82, Slg. 1983, 2445 Rn. 20. 508 EuGH, C-372/04, Slg. 2006, 4325 Rn. 121; EuGH, C-387/99, Slg. 2004, 3751 Rn. 76; O. Koch, S. 436. 505
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
II. Geeignetheit der Drittbeteiligungsverbote an Arztpraxen Die Geeignetheit einer nationalen Maßnahme ist bereits dann gegeben, wenn die Maßnahme in irgendeiner Weise förderlich für den Gesundheitsschutz ist. Das Fremdbetriebsverbot und Fremdgesellschaftsverbot sowie § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä sollen die Einflussnahme berufsfremder Interessen auf die ärztliche Tätigkeit verhindern. 509 Gerade in dem naturgemäß vorwiegend kapitalorientiertem Beteiligungsinteresse eines Dritten an einer Arztpraxis wird die Gefahr erblickt, die medizinisch bestmögliche Behandlungswahl und Behandlungsdurchführung könnte auf Druck des beteiligten Dritten zum Zwecke der Renditeoptimierung durch schlechtere oder nicht indizierte Behandlungsmethoden ersetzt werden. 510 Das Verbot aktiver Beteiligungen und § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä schließen eine solche Drittbeteiligung kategorisch aus, so dass die Möglichkeit der Beeinflussung von vorneherein nicht besteht. Speziell bei § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä stellt sich aber die Frage der Kontraproduktivität, soweit er auch passive Beteiligungen, wie etwa die typische stille Gesellschaft, erfasst. Denn de iure besitzt der passiv Beteiligte keine Möglichkeiten der Einflussnahme und auch de facto besteht in der Regel kein gesteigertes Manipulationsrisiko. Umgekehrt ermöglicht er die Fremdfinanzierung von Praxisinventar bei variablen, erfolgsabhängigen Tilgungsraten und erweitert so die Handlungsfreiheit des Arztes. 511 Nur im Ausnahmefall, bei völlig einseitigen Vertragsgestaltungen, besteht die Möglichkeit der Fremddeterminiertheit des Arztes, wobei diese Vertragsgestaltungen zumeist schon in die Nähe aktiver Beteiligungsmodelle rücken werden. 512 Daher ist § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä hinsichtlich passiver Beteiligungen nur insoweit geeignet, als es besagte Ausnahmekonstellationen erfasst. 513 III. Erforderlichkeit der Drittbeteiligungsverbote an Arztpraxen Die Erforderlichkeit fragt danach, ob nicht ein milderes Mittel ebenso geeignet ist, einer potentiellen Gefährdung durch renditeaffine Beeinflussung entgegenzuwirken. 514 Zu denken ist hier vor allem an gesellschaftsvertragliche Regelungen, die die ärztliche Unabhängigkeit und Alleinverantwortlichkeit für die Behandlungswahl und Behandlungsdurchführung sicherstellen sollen. Dem Vorwurf, 509 Orlowski / Halbe / Schirmer, in Halbe / Schirmer, B1400 Rn. 51; B. Koch, GesR 2005, 241/244. 510 Häußermann / Dollmann, MedR 2005, 255/259. 511 Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 3. b); Teil 2 Kapitel 2 § 4 D. II. 2. 512 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 E.; Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. a) (1) (a). 513 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. a). 514 R. Schmidt, Rn. 176.
Kap. 4: Europarechtliche Vereinbarkeit der Drittbeteiligungsverbote
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hierdurch könne nur ein rechtlicher, aber keinesfalls ein faktischer Schutz vor Drittbeeinflussung bei der Ausführung ärztlicher Heilbehandlung erzielt werden, ist man freilich ausgesetzt. Dabei sollte aber berücksichtigt werden, dass der Arzt in seinem Beruf auch in anderen Situationen realiter durch finanzielle Interessen in seinem Handeln beeinflusst wird, ohne dass der Gesetzgeber hierin eine Gefährdung für die Volksgesundheit erblickt. So wird niemand ernsthaft bezweifeln, dass die bevorzugte Behandlung von Privatpatienten bei der Terminvergabe als auch bei kostspieligen neuen oder alternativen Behandlungsmethoden dem finanziellen Eigeninteresse des Arztes entspringt. 515 Genauso hat die Budgetierung des Arztes durch §§ 84 ff. SGB V im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen zwangsläufig und vom Gesetzgeber letztendlich auch gewollt Einfluss auf die Behandlung durch den Arzt. Dieser muss schon aus Existenzgründen immer auch ökonomische Aspekte bei der Behandlung berücksichtigen. Hierzu wird er als Vertragsarzt durch das Wirtschaftlichkeitsgebot aus §§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 S. 2 SGB V sogar gesetzlich angehalten. 516 Bedenkt man weiterhin, dass auch der Dritte sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich enormen Haftungsrisiken ausgesetzt ist, wenn aufgrund seiner Beeinflussung etwa medizinisch indizierte Behandlungen unterlassen oder unzureichend ausgeführt werden, dann vermag eine erhöhte Gefährdung bei gesellschaftsvertraglicher Sicherstellung der ärztlichen Unabhängigkeit gegenüber den allgemeinen Gefahren der Beeinflussbarkeit ärztlichen Handelns nicht einzuleuchten. Umgekehrt lässt sich sogar argumentieren, der Arzt werde erst durch die Verteilung der Lasten auf mehrere (berufsfremde) Schultern in die Lage versetzt, ökonomisch unrentable, aber medizinisch sinnvolle Behandlungen durchzuführen. Daneben macht auch der bereits dargestellte Vergleich zu Krankenhausärzten 517 die mangelnde Notwendigkeit des Beteiligungsverbots deutlich. So ist im Klinikbereich die Beteiligung Berufsfremder mehr Regel als Ausnahme. Zudem ist der am Krankenhaus angestellte Mediziner prinzipiell sogar dem arbeitsrechtlichem Weisungsrecht des berufsfremden Klinikbetreibers ausgesetzt; mithin bestehen in diesen Konstellationen nicht nur de facto, sondern sogar de iure Einflussmöglichkeiten. Zwar hat auch der Klinikbetreiber durch seine internen Regelungen sicherzustellen, dass das „operative Geschäft“ am Menschen, respektive die ärztliche Heilbehandlung, in der Alleinverantwortung des ärztlichen Personals liegt und nur der Arzt über Behandlungsbedarf und Behandlungsweise entscheidet. 518 Jedoch wird man kaum behaupten können, dass hierdurch die 515 Empirisch belegt durch eine Studie (2006) des Instituts für Gesundheitsökonomie und Epidemiologie der Universität Köln, zusammengefasst in www.focus.de/finanzen/ versicherungen/universitaet-koeln_aid_267837.html (zuletzt abgerufen am 13. 1. 2009). 516 Siehe Fn. 280. 517 Siehe Teil 2 Kapitel 3 § 2 B. I. 518 Genzel, in Laufs / Uhlenbruck, § 89 Rn. 11, 18 ff, 23, vgl. auch §§ 22 II, 23 II LKG-RLP; §§ 38 ff. LKG-Berlin; § 13 III LKG-Hmb.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
ärztliche Unabhängigkeit in stärkerem Maße geschützt werde, als wenn im ambulanten Bereich entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag verankert werden. Eine unterschiedlich stark ausgeprägte Renditeorientierung berufsfremder Beteiligter im ambulanten und stationären Bereich ist jedenfalls schwer vorstellbar. Hiergegen spricht schon die Verpflichtung gegenüber den Teilhabern bzw. Aktionären der privaten Krankenhausbetreibergesellschaften. 519
B. Schlussfolgerung Zusammenfassend lässt sich mithin feststellen, dass die Umsetzungen des § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä in den Berufsordnungen der Landesärztekammern sowie das den gesetzlichen Regelungen entnommene Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot nicht aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt werden können und daher gegen Art. 43 Abs. 1, Art. 48 Abs. 1 EG verstoßen.
§ 2 Vereinbarkeit der ärztlichen Drittbeteiligungsverbote mit Art. 56 Abs. 1 EG (Art. 63 Abs. 1 AEUV) Aus Sicht investitionsfreudiger Dritter aus dem europäischen Ausland beschränkt vor allem das Verbot stiller Gesellschaften in § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä die Kapitalverkehrsfreiheit. 520 Ebenso führt eine restriktive Auslegung der berufs- und vertragsärztlichen Vorschriften entgegen der hier vertretenen Auffassung 521 zu einem generellen Verbot der stillen Gesellschaft an Arztpraxen und damit zu einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. Einer Rechtfertigung aus Gründen des Gesundheitsschutzes stehen jedoch dieselben Erwägungen entgegen wie schon hinsichtlich Art. 43 Abs. 1 EG. 522 Demzufolge verstoßen die Verbote der Drittbeteiligung Berufsfremder an Arztpraxen gegen Art. 56 Abs. 1 EG.
519 Börsennotierte AGs sind z. B. die Rhön Klinikum AG oder die Fresenius SE; zu den zulässigen Rechtsformen eines privatrechtlichen Krankenhauses generell: Lübbers, RPG 1999, 105/107 ff. 520 Daneben kann auch die Übernahme eines aktiven Gesellschaftsanteils in den Anwendungsbereich des Art. 56 I EG fallen, wenn diese vorwiegend zu Anlagezwecken erfolgt und nicht mit einem sicheren Einfluss auf die Beschlüsse der Gesellschaft einhergeht, vgl. Abschnitt I des Anhangs I der Rili 88/361/EWG; EuGH, C-531/06 Rn. 40; EuGH, C-251/98, Slg. 2000, 2787 Rn. 21 f. 521 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. VIII.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 G. 522 Siehe Teil 2 Kapitel 4 § 1.
Kap. 5: Ergebnis des zweiten Teils der Untersuchung
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§ 3 Vereinbarkeit der ärztlichen Drittbeteiligungsverbote mit Art. 49 Abs. 1 EG (Art. 56 Abs. 1 AEUV) Art. 49 Abs. 1 EG betrifft partiarische Darlehens- und Überlassungsverträge. 523 Soweit deren Zulässigkeit berufs- oder vertragsärztliche untersagt wird, beschränkt dies die Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 Abs. 1 EG. Die Beurteilung der Rechtfertigungsmöglichkeit verläuft parallel zu Art. 43 Abs. 1 und Art. 56 Abs. 1 EG, 524 so dass § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä sowie ein anderweitig abgeleitetes generelles Verbot partiarischer Darlehens- und Überlassungsverträge im Ergebnis gegen Art. 49 Abs. 1 EG verstößt.
§ 4 Ergebnis der europarechtlichen Bewertung Es finden sich in Anlehnung an die Europarechtswidrigkeit des apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbots keine Gründe, die die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot rechtfertigen können. Das umfassende Drittbeteiligungsverbot an Ärztekapitalgesellschaften in § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä verstößt darüber hinaus gegen Art. 49 Abs. 1 EG und Art. 56 Abs. 1 EG. Die europarechtliche Bewertung bekräftigt somit die beteiligungsfreundliche Auslegung der nationalen Vorschriften hinsichtlich typischer stiller Beteiligungen und partiarischer Vertragsgestaltungen an bzw. mit Einzelpraxen und Ärztepersonengesellschaften. 525
Kapitel 5
Ergebnis des zweiten Teils der Untersuchung Auf nationaler Ebene besteht nur für die Ärztekapitalgesellschaft ein dem apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbot entsprechendes umfassendes Beteiligungsverbot. In allen anderen Fällen einzelner oder gemeinschaftlicher Berufsausübung (Einzelpraxis, Ärzte-GbR, Ärzte-PartG) fehlt ein ausdrückliches gesetzliches Verbot. Durch Auslegung des Berufs- und Vertragsarztrechts, insbe523 524 525
Siehe Teil 2 Kapitel 4 § 3. Siehe Teil 2 Kapitel 4 § 1; Teil 2 Kapitel 4 § 2. Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4.
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Teil 2: Beteiligung Dritter an Arztpraxen
sondere der §§ 17 Abs. 1 i.V. m. 19 Abs. 1, 18 Abs. 1, 23a Abs. 1 S. 4 lit. c), 23b Abs.1, 23c, 30 Abs. 2 MBO-Ä; §§ 32b Abs. 1, 33 Ärzte-ZV, § 95 Abs. 1 SGB V ergibt sich jedoch, dass für diese Praxisformen nur ein Verbot aktiver Drittbeteiligungen besteht. Passive Beteiligungsmodelle, namentlich partiarische Rechtsverhältnisse und typisch stille Gesellschaften sind hingegen möglich, solange dem Berufsfremden vertraglich nicht die unmittelbare Einflussnahme auf den operativen Bereich des Praxisbetriebs eingeräumt wird. Auf Wertungsebene zeigt sich die Richtigkeit dieser These sowohl bei einem Vergleich mit dem allgemein für zulässig befundenen Einnahmepooling von gegenüber der KV getrennt abrechnenden Ärzten als auch mit Blick auf die von Krankenhäusern betriebenen MVZ. Denn während sich das Einnahmepooling im Ergebnis nicht anders darstellt als eine Gewinnpartizipation ohne Einfluss auf den operativen Betrieb der anderen beteiligten Praxen, hat der private Krankenhausträger als MVZ-Träger direkt Einfluss auf das operative „Geschäft“ des MVZ und partizipiert natürlich an dessen Erträgen. Warum dann aber eine Gewinn- (und ggf. Verlust-)partizipation in Form einer typisch stillen Beteiligung eine Gefahr für die ärztliche Versorgung und das ärztliche Berufsethos sein soll, obschon in Gestalt des MVZ sogar der aktive Fremdbetrieb im Bereich der ambulanten Versorgung Einzug gehalten hat, ist nicht erklärbar. Verfassungs- und europarechtlich sind mit paralleler Begründung zum apothekenrechtlichen Fremdnutzungsverbot die bestehenden und abgeleiteten Beteiligungsverbote nicht haltbar. Folglich sind aus verfassungsrechtlichem und europarechtlichem Blickwinkel die bestehenden Restriktionen auf nationaler Ebene auf ein Gebot kautelarjuristischer Sicherstellung der fachlichen Unabhängigkeit auf Vertragsebene zu reduzieren.
Teil 3
Beteiligung Dritter an Zahnarztpraxen Kapitel 1
Einfachgesetzliche Rechtslage § 1 Beschränkungen aus Allgemeinem Gesellschaftsrecht und Heilpraktikergesetz Die Drittbeteiligungsproblematik an Zahnarztpraxen ähnelt stark der Rechtslage bei den Ärzten. Ebenso wie bei den Ärzten scheiden OHG und KG für zahnärztliche Zusammenschlüsse mit dem Zweck der gemeinsamen Zahnheilkundeausübung mangels Gewerblichkeit der Zahnheilkundeausübung aus. 1 Organisationsgemeinschaften sind dagegen auch in Form der handelsrechtlichen Personengesellschaften möglich, sofern eine Gewinnerzielungsabsicht und damit ein gewerblicher Gesellschaftszweck wie etwa im Fall von Betriebsgesellschaften vorliegt. 2 Der Anwendungsbereich des HPG umfasst zudem nicht die Zahnheilkunde, 3 so dass aus dem HPG für Zahnärzte keine Beschränkungen abgeleitet werden können.
§ 2 Berufsrechtliche Beschränkungen Für die Anstellung von Zahnärzten ist in § 18 Abs. 2 MBO-ZÄ inhaltsgleich mit § 19 Abs. 1 S. 2 MBO-Ä vorgesehen, dass die Beschäftigung angestellter Zahnärzte die Leitung durch einen niedergelassenen Zahnarzt voraussetzt. Mithin ist auch hier 4 im Umkehrschluss zu entnehmen, dass mit niedergelassenem 1 Vgl. § 1 IV Zahnheilkundegesetz (BGBl. I 1987, 1225, zuletzt geändert durch Gesetz v. 2. 12. 2007, BGBl. I 2007, 2686): „Die Ausübung der Zahnheilkunde ist kein Gewerbe“, vgl. auch Teil 2 Kapitel 2 § 3 B. 2 Kremer, in Rieger et al. 4270 Rn. 12, 51; Michels / Möller, S. 205; vgl. zum Gewerblichkeitsbegriff: BGHZ 53, 222/223; BGHZ 33, 321/325; Brüggemann, in Staub § 1 Rn. 9. 3 § 6 HPG: „Die Ausübung der Zahnheilkunde fällt nicht unter die Bestimmungen dieses Gesetzes.“, vgl. auch Ratzel / Knüpper, in Ratzel / Luxenburger § 5 Rn. 353.
292
Teil 3: Beteiligung Dritter an Zahnarztpraxen
Zahnarzt der selbständig tätige Zahnarzt gemeint ist. Demnach statuiert auch die MBO-ZÄ auf diesem Wege ein Fremdbetriebsverbot für ambulante Zahnarztpraxen. Soweit es um die originäre ärztliche Tätigkeit am Patienten geht, stellt § 17 Abs. 1 und 2 MBO-ZÄ 5 die Parallelvorschrift zu §§ 23b Abs. 1, 23c MBO-Ä dar. Der Zahnarzt kann mit jedem Heilberufler oder sonstigem Angehörigen eines staatlichen Ausbildungsberufes im Gesundheitswesen gemäß § 17 Abs. 1 MBO-ZÄ eine Gesellschaft gründen. Eine explizite Differenzierung in Organisations- und Berufsausübungsgemeinschaft erfolgt berufsrechtlich nicht. Allerdings ist aus dem Zusammenspiel von § 17 Abs. 1 und Abs. 2 MBO-ZÄ analog zum ärztlichen Berufsrecht 6 die Unzulässigkeit gesellschaftsrechtlicher Berufsausübungsgemeinschaften zwischen einem Zahnarzt und einem Nichtheilberufler zu folgern, in denen die zahnärztliche Heilkunde ausgeübt werden soll. Im Umkehrschluss ist die aktive berufsfremde Beteiligung an zahnärztlichen Organisationsgemeinschaften möglich. Bezüglich passiver Beteiligungen im Wege einer typischen stillen Gesellschaftsbeteiligung oder des Eingehens partiarischer Rechtsverhältnisse kann der MBO-ZÄ allerdings kein ausdrückliches Verbot entnommen werden. Indem die MBO-ZÄ auf eine dem § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä entsprechende Regelung für Zahnärztekapitalgesellschaften verzichtet – immerhin die einzige Regelung in der MBO-Ä, die unmittelbar auf passive Beteiligungsformen zielt – lässt sie diesen Bereich unangetastet. 7 Auch die in § 2 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 MBO-ZÄ proklamierte Freiberuflichkeit kann nach obigen Ausführungen einer Beteiligung nicht entgegengehalten werden. 8 Daher ist nach zahnärztlichem Berufsrecht jegliche Form der passiven Beteiligung als grundsätzlich zulässig zu erachten. Die Grenze der Zulässigkeit bildet auch hier wieder die Wahrung der fachlichen Unabhängigkeit des Zahnarztes, wie sich insbesondere aus § 2 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 MBO-ZÄ ergibt. 9 Wie dargestellt, 10 ergeben sich diesbezüglich bei typischen stillen Gesellschaften und partiarischen Rechtsverhältnissen – abgesehen 4
Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 2 B. § 17 I MBO-ZÄ: „Zahnärzte können sich auch mit selbständig tätigen und zur eigenverantwortlichen Berufsausübung berechtigten Angehörigen anderer Heilberufe oder staatlicher Ausbildungsberufe im Gesundheitswesen in den rechtlich zulässigen Gesellschaftsformen zusammenschließen, wenn ihre eigenverantwortliche, medizinisch unabhängige sowie nicht gewerbliche Berufsordnung gewährleistet ist.“ § 17 II MBO-ZÄ: „Einem Zahnarzt ist gestattet, in Partnerschaften gemäß § 1 Abs. 1 und 2 PartGG mit Angehörigen anderer Berufe als den in Abs. 1 beschriebenen zusammen zu arbeiten, wenn er in der Partnerschaft nicht die Zahnheilkunde am Menschen ausübt.“ 6 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 3; Teil 2 Kapitel 2 § 3 E. 7 Die Zulässigkeit der Zahnärzte-GmbH steht seit BGH, MedR 1994, 152 ff. außer Frage. 8 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 4. 5
Kap. 1: Einfachgesetzliche Rechtslage
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von sehr einseitigen Vertragsgestaltungen zulasten des Zahnarztes – 11 keine Probleme, während bei atypischen stillen Gesellschaften danach zu unterscheiden ist, ob nur eine Beteiligung am Praxisvermögen oder die Einräumung von Mitwirkungs- und Geschäftsführungsbefugnissen die Atypik ausmacht. 12 Im zweitgenannten Fall ist aufgrund der Möglichkeit der intensiven Einflussnahme auf den Zahnarzt die Zulässigkeit nach geltendem Recht zu verneinen.
§ 3 Vertragszahnarztrechtliche Beschränkungen Die vertragszahnärztlichen Regelungen zu zahnärztlichen Zusammenschlüssen in §§ 32, 32b, 33 Zahnärzte-ZV entsprechen den §§ 32, 32b, 33 Ärzte-ZV, so dass insoweit auf die obigen Ausführungen 13 verwiesen und festgehalten werden kann, dass der Fremdbetrieb und die aktive Gesellschaftsbeteiligung von Berufsfremden an einer Zahnarztpraxis vom Zulassungsrecht für Vertragszahnärzte untersagt wird. Gegen passive Beteiligungen ist dagegen zulassungsrechtlich nichts einzuwenden. 14
§ 4 Zulässigkeit von Franchisesystemen Aufgrund der (medialen) Popularität von Franchisemodellen im zahnärztlichen Sektor soll an dieser Stelle speziell auf das Zahnärztefranchising näher eingegangen werden. McZahn und McDent sind dabei die bisher bekanntesten Versuche, Franchising auch im ärztlichen bzw. zahnärztlichen Bereich zu etablieren. 15 Wirtschaftlich hat sich inzwischen zumindest das McZahn-Modell als erfolglos erwiesen, so dass das Untenehmen den Insolvenzantrag stellen musste. 16 Trotzdem bleibt die Frage nach der Zulässigkeit des Franchising im ärztlichen und zahnärztlichen Bereich bestehen. 9
§ 2 I 2 MBO-ZÄ: „Der zahnärztliche Beruf ist seiner Natur nach ein freier Beruf; der aufgrund besonderer beruflicher Qualifikation persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig in Diagnose- und Therapiefreiheit ausgeübt wird.“ 10 Teil 2 Kapitel 2 § 4; Teil 2 Kapitel 2 § 4 G. 11 Vgl. zu potentiellen Problemfeldern bei der Vertragsgestaltung: Teil 2 Kapitel 2 § 4 E. 12 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. 13 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 3 D. II. 14 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. V.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 C.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 D. III. 15 Neuerdings wird versucht, im ärztlichen Bereich ein Franchisesystem für Impf- und Reisemedizin mit dem Namen Z.I.R.M. zu etablieren, http://www.zirm-deutschland.de/ franchise/ (zuletzt abgerufen am 15. 1. 2009). 16 Buhse / Kireev, Der McZahn ist gezogen, Weltonline v. 6. 10. 2008.
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Teil 3: Beteiligung Dritter an Zahnarztpraxen
A. Struktur des Franchising Nach der Definition des Deutschen Franchise-Verbands ist Franchising „ein Vertriebssystem, durch das Waren und / oder Dienstleistungen und / oder Technologien vermarktet werden. Es gründet sich auf eine enge und fortlaufende Zusammenarbeit rechtlich und finanziell selbständiger und unabhängiger Unternehmen, den Franchise-Geber und seine Franchise-Nehmer. Der FranchiseGeber gewährt seinen Franchise-Nehmern das Recht und legt ihnen gleichzeitig die Verpflichtung auf, ein Geschäft entsprechend seinem Konzept zu betreiben. Dieses Recht berechtigt und verpflichtet den Franchise-Nehmer, gegen ein direktes oder indirektes Entgelt im Rahmen und für die Dauer eines schriftlichen, zu diesem Zweck zwischen den Parteien abgeschlossenen Franchise-Vertrags bei laufender technischer und betriebswirtschaftlicher Unterstützung durch den Franchise-Geber, den Systemnamen und / oder das Warenzeichen und / oder die Dienstleistungsmarke und / oder andere gewerbliche Schutz- oder Urheberrechte sowie das Know-how, die wirtschaftlichen und technischen Methoden und das Geschäftssystem des Franchise-Gebers zu nutzen.“ 17 In juristischen Kategorien handelt es sich beim Franchising um einen gemischten Vertrag mit lizenz-, dienst-, kauf-, pacht- und geschäftsbesorgungsvertraglichen Elementen zwischen zwei Unternehmern. 18 Auch wenn beim Franchising beide Partner selbständige Unternehmer bleiben, kann die Unabhängigkeit des Franchisenehmers vertraglich ganz unterschiedlich ausgestaltet sein. Auf diesen Aspekt des Franchising konzentriert, kann zwischen zwei Grundtypen von Franchiseverträgen unterschieden werden, denen sich die meisten Franchiseverträge zuordnen lassen. 19 Zum einen gibt es das sogenannte Subordinationsfranchising, welches durch die weisungsgebundene und interessenwahrende Absatzförderungspflicht des Franchisenehmers beherrscht wird. Daneben gibt es aber, zumindest theoretisch, auch noch das sogenannte Partnerschaftsfranchising, bei dem die Franchisezentrale stärker als Dienstleister auftritt und dem Franchisenehmer keine Weisungsgebundenheit auferlegt. 20
17 DFV / EFF, S. 1; zu den Schwierigkeiten einer Franchisedefinition: Skoupy, NJW 1992, 1785. 18 Martinek, AnwBl. 2001, 3/4. 19 Giesler, in Büchting / Heussen, C 25 Rn. 6; Dvorak, S. 30 ff. 20 Martinek, S. 159; ders., AnwBl. 2001, 3/4 f.; Baudenbacher, in Kramer, S. 205/ 220 ff.
Kap. 1: Einfachgesetzliche Rechtslage
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B. Rechtliche Bewertung von Franchiseverträgen im ärztlichen und zahnärztlichen Bereich Mit der Unterscheidung zwischen Subordinations- und Partnerschaftsfranchising ist auch schon der Weg für die berufsrechtliche Bewertung vorgezeichnet. Gemäß §§ 2 Ab. 1 S. 2 Hs. 2, 16 Abs. 1 MBO-ZÄ (§§ 1 Abs. 1 S. 3; 2 Abs. 4, 18 Abs. 2 MBO-Ä) kommt es nämlich für die Zulässigkeit eines Vertrags maßgeblich auf die Beibehaltung der fachlichen Unabhängigkeit des Zahnarztes an. Die Eigentumsverhältnisse am Inventar oder den Räumlichkeiten sind dagegen irrelevant. 21 Ebenso wenig ist die Inanspruchnahme externer Beratung untersagt. 22 Daher sind in Bezug auf die fachliche Unabhängigkeit gegen partnerschaftliche Franchisemodelle grundsätzlich keine Einwände zu erheben. Allerdings finden sich in der Praxis faktisch keine Formen von Partnerschaftsfranchising. 23 Hierfür ist der wirtschaftliche Erfolg des Systems zu sehr auf die Einhaltung eines einheitlichen Vertriebskonzeptes angewiesen, so dass sich die Franchisegeber praktisch immer weitreichende Weisungs- und Kontrollbefugnisse vorbehalten. Aufgrund der rein theoretischen Natur des Partnerschaftsfranchising wird in der Literatur auch die Klassifikation von Franchiseverträgen nach der Machtstellung des Franchisegebers teilweise abgelehnt und das Partnerschaftsfranchising als reine Utopie bezeichnet. 24 Vor diesem Hintergrund sind Franchiseverträge im Heilkundebereich prinzipiell in einem kritischen Licht zu sehen. Die umfassende Weisungsgebundenheit des franchisenehmenden Zahnarztes ist mit dem Erfordernis der fachlichen Unabhängigkeit, wie es sich aus den berufs- und zulassungsrechtlichen Vorschriften ergibt, nicht zu vereinbaren. Daneben besteht auch Konfliktpotential mit standesrechtlichen Anforderungen an Außenauftritt und Werbung. Anhand der Franchisebemühungen von McZahn und McDent werden im Folgenden die berufsrechtlich problematischsten Punkte eines Franchisekonzeptes im ärztlichen bzw. zahnärztlichen Bereich summarisch dargestellt. I. Gefährdung der (zahn-)ärztlichen Unabhängigkeit einer Franchisevertragsgestaltung am Beispiel des McZahn-Modells Ein praktisches Beispiel, wie durch Franchiseverträge die zahnärztliche Unabhängigkeit untergraben werden kann, ist das von der McZahn AG angebotene Franchisesystem gewesen. McZahn verlangte in seinen Verträgen, dass der teilnehmende Zahnarzt ausschließlich McZahn-eigene Labore zu nutzen habe und 21
BSGE 35, 247/250; siehe Teil 2 Kapitel 2 § 2 B. I. Eisenberg, S. 299; Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 370 f.; Meyer / Kreft, GmbHR 1997, 193/198 f. 23 Dvorak, S. 37; Liesegang, NJW 1990, 1525. 24 Skoupy, NJW 1992, 1785/1788; Liesegang, NJW 1990, 1525/1526. 22
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Teil 3: Beteiligung Dritter an Zahnarztpraxen
auch der Wareneinkauf nur bei den von McZahn vorgegebenen Lieferanten vorzunehmen sei. Gerade im Bereich der dentalen Medizinprodukte ist die Produktpalette sehr diversifiziert und zum Teil von hohen Qualitätsunterschieden geprägt. Dabei ist die Auswahl des richtigen Produkts für den nachhaltigen Behandlungserfolg entscheidend. Ausnahmebestimmungen, nach denen der Zahnarzt auch auf Produkte anderer Anbieter zurückgreifen könne, wenn beispielsweise das nach medizinischer Indikation benötigte Produkt durch die von McZahn betriebenen Labore nicht hergestellt bzw. von den Lieferanten nicht geliefert werden kann, sahen die McZahn Verträge nicht vor. Am deutlichsten wurde der Eingriff in die fachliche Unabhängigkeit des Zahnarztes in der Klausel, nach der der teilnehmende Zahnarzt jegliche Weisung der Franchisezentrale zu befolgen hatte. Solche Klauseln sind mit der fachlichen Unabhängigkeit des Zahnarztes nicht in Einklang zu bringen, so dass der McZahn-Franchisevertrag fundamental gegen das zahnärztliche Berufs- und Vertragszahnarztrecht verstieß. 25 II. Corporate Identity versus berufsrechtliche Werbevorschriften Auch die mit der Franchiseteilnahme beabsichtigte Übernahme der Corporate Identity, also des einheitlichen Außenauftritts, führt zu berufsrechtlichen Problemen. Zwar sind gegen die einheitliche Praxisausstattung und ein einheitliches Praxiserscheinungsbild keine Einwände zu erheben, wenn es jedoch um die Nutzung des Markennamens des Franchisesystems geht, entstehen Konflikte mit den berufsrechtlichen Anforderungen an die Namensgebung und den berufsrechtlichen Werbeverboten. So muss das Praxisschild eines Zahnarztes gemäß § 22 Abs. 1 und 2 MBO-ZÄ den oder die Namen des bzw. der approbierten Praxisbetreiber zwingend aufführen sowie die Arztbezeichnungen angeben. 26 Inwieweit daneben der Name bzw. die Marke des Franchisesystems noch angeführt werden darf, ist umstritten. 27 Hintergund ist das Werbeverbot in § 21 Abs. 5 MBO-ZÄ, wonach in der Praxisbezeichnung jeglicher Bezug zu einem gewerblichen Unternehmen, wie etwa das Franchisemutterunternehmen, untersagt ist. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG die berufsrechtlichen Werbeverbote insoweit verfassungskonform auszulegen sind, als auch Ärzte und 25 Krousky, S. 2; auch der McDent Vertrag soll mit der zahnärztlichen Unabhängigkeit nicht zu vereinbaren sein, Makoski, Tagungsbericht der ArG Berufsrecht im DAV v. 27. 10. 2006, S. 5; kritisch zum Franchising auch in einem obiter dictum: BSG, MedR 2004, 114/116 f. 26 Rieger, in Rieger et al., 4310 Rn. 1. 27 Nennung zulässig: OLG Schleswig, MedR 2007, 41 f.; Nennung unzulässig: OVG Münster, DVBl. 2008, 1139 (Leitsatz); OLG Schleswig, MedR 2001, 579 ff.; OLG Düsseldorf, Urt. v 23. 10. 2001, Az.: 20 U 27/01.
Kap. 1: Einfachgesetzliche Rechtslage
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Zahnärzte werben dürfen, solange die Werbung ausschließlich interessen- und sachgerechte Informationen enthält. 28 Inwieweit der Name des Franchisekonzepts neben dem Namen der ärztlichen Praxisinhaber geführt werden darf, hängt somit davon ab, ob sich aus ihm sachliche Informationen ergeben oder ob er Assoziationen hervorruft, die mit der Tatsachenlage nicht übereinstimmen. So wurde in der Bezeichnung McDent die Gefahr erblickt, der Patient könnte ihn in Verbindung mit McDonalds bringen und daher den Schluss ziehen, in der Praxis eine besonders schnelle und „billige“ Zahnbehandlung zu erhalten. 29 Ebenso bestehe die Gefahr, dass der Patient den Eindruck bekomme, die Ärzte seien nur Angestellte einer Kette und wären nicht als selbständige Zahnärzte tätig. 30 Da realiter beides aber nicht der Fall gewesen ist, wurden jeweils Verstöße gegen das Werbeverbot angenommen. 31 Gerade der letztgenannte Aspekt der Kettenwahrnehmung durch den Patienten ist aber Franchisesystemen aufgrund einheitlicher Corporate Identity immanent und von den Betreibern auch beabsichtigt, so dass vor diesem Hintergrund ein Franchising mit gemeinsamer Markennutzung nur sehr schwer in zulässiger Weise zu gestalten ist. III. Franchising und Ärztekapitalgesellschaft Da die Vorschriften zum Praxisschild und zu den Werbeverboten in §§ 17 Abs. 4, 27 MBO-Ä im Wesentlichen gleichlautend sind, ergeben sich bei Franchisekonzepten mit ärztlicher Beteiligung dieselben Probleme wie im zahnärztlichen Bereich. Sollen die Franchisepraxen in Kapitalgesellschaftsform betrieben werden, kommt im ärztlichen Bereich allerdings die Problematik des § 23 Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä hinzu. Da nach dieser Vorschrift jegliche Beteiligung Dritter am Gewinn der Gesellschaft und nach hier vertretener Auslegung auch am Umsatz untersagt ist, 32 dürften Franchiseverträge mit diesen prinzipiell nicht möglich sein. Denn die Franchisegebühr ist üblicherweise gewinn- oder umsatzabhängig ausgestaltet. 33
C. Schlussfolgerung Im Ergebnis ist somit nur eine „abgespeckte“ Version des Partnerschaftsfranchising möglich, bei der die dienstvertraglichen Elemente überwiegen und bei 28
2989. 29 30 31 32 33
BVerfG, NJW 2006, 282; BVerfG, NJW 2000, 2734; BVerfG, NJW 1993, 2988/ OLG Schleswig, MedR 2001, 579/581. OVG Münster, Beschl. v. 26. 6. 2008, Az.: 13 A 1712/06 Rn. 36 (zitiert nach juris). OVG Münster, DVBl. 2008, 1139 (Leitsatz); OLG Schleswig, MedR 2001, 579. Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 D. I. 2. Martinek, S. 89 ff.; Dvorak, S. 24.
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Teil 3: Beteiligung Dritter an Zahnarztpraxen
der die Etablierung einer Corporate Identity nur begrenzt bis gar nicht einsetzbar ist. 34 Ob man hier begriffstechnisch überhaupt noch von Franchising sprechen kann oder ob es sich nicht einfach um eine auf Arzt- bzw. Zahnarztbedürfnisse spezialisierte Dienstleistungserbringung eines gewerblichen Unternehmens handelt, ist terminologisch fraglich, 35 in der Sache jedoch gleichgültig.
Kapitel 2
Verfassungs- und europarechtliche Rechtslage Hinsichtlich der verfassungs- und europarechtlichen Zulässigkeit des Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbots an Zahnarztpraxen wird ebenfalls auf die Beurteilung der Verfassungs- und Europarechtskonformität des ärztlichen Berufsund Zulassungsrechts verwiesen. 36 In diesem Zusammenhang sei insbesondere noch einmal darauf hingewiesen, dass seit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz auch für Zahnärzte die Möglichkeit der unbeschränkten Gründung von überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften und in beschränktem Maße auch von Zweigpraxen nach §§ 24 Abs. 3, 33 Abs. 2 Zahnärzte-ZV besteht. Dadurch ist auch im Zahnärztebereich die Filialbildung im Ergebnis legalisiert worden. Ebenso können Berufsfremde über den Umweg Zahnärzte-MVZ in Krankenhausträgerschaft am ambulanten Zahnheilkundemarkt partizipieren. Sowohl die Möglichkeit der Filialbildung als auch der mittelbare Fremdbetrieb über Krankenhaus-MVZ werfen kritische Fragen hinsichtlich Art. 3 Abs. 1 GG auf. 37 Im Hinblick auf das nach einfachem Recht in der Regel wohl als unzulässig zu erachtende Franchising im arzt- und zahnärztlichen Bereich rückt die Verfassungs- und Gemeinschaftsrechtmäßigkeit des berufsrechtlichen Werbeverbots und ihre Auslegung durch die Gerichte in den Fokus, dem aber im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter nachgegangen werden soll.
34 35 36 37
Vgl. Dvorak, S. 35. Skoupy, NJW 1992, 1785/1788. Siehe Teil 2 Kapitel 3; Teil 2 Kapitel 4. Siehe Teil 2 Kapitel 3 § 2 B.
Kap. 3: Ergebnis des dritten Teils der Untersuchung
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Kapitel 3
Ergebnis des dritten Teils der Untersuchung Die Rechtslage bei den Zahnärzten stellt sich überwiegend analog zur Situation bei den Ärzten dar. Erwähnenswert ist, dass bei Zahnärzten bereits nach einfachem Recht die Zulässigkeit von passiven Beteiligungen an Zahnärztekapitalgesellschaften anzuerkennen ist, da eine dem § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä vergleichbare Regelung im zahnärztlichen Berufsrecht fehlt. Dagegen muss den gerade im zahnärztlichen Bereich verstärkt zu beobachtenden Versuchen, Franchisesysteme aufzubauen, auf Grundlage des einfachen Rechts grundsätzlich eine Absage erteilt werden. Denn die in den Franchiseverträgen regelmäßig zu findenden Weisungsbefugnisse des Franchisegebers sind mit der fachlichen Unabhängigkeit des (Zahn-) Arztes nicht zu vereinbaren. Hinzu kommen Konflikte mit den berufsrechtlichen Werbeverboten, welche allerdings selbst verfassungsrechtlich umstritten sind. 38 Ansonsten verläuft die verfassungs- und europarechtliche Beurteilung parallel zu den Ärzten. Wie im ärztlichen Bereich ist das Verbot des Fremdbetriebs und der berufsfremden Beteiligung auf Gesellschaftsebene vor den Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG; Art. 43 Abs. 1 EG nicht zu rechtfertigen und daher als verfassungs- bzw. europarechtswidrig zu qualifizieren. 39 Ebenso ist die Auslegung der standes- und vertragsärztlichen Vorschriften, nach der stille Gesellschaften und partiarische Verträge in Bezug auf Zahnarztpraxen unzulässig sind, mit dem Grundgesetz und dem europäischen Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar.
38 39
Hierzu: Schwarze, S. 1 ff.; Balzer, S. 121 ff.; Kämpfe, G+G 2005, 43 ff. Siehe Teil 2 Kapitel 3; Teil 2 Kapitel 4.
Teil 4
Beteiligung Dritter an sonstigen Heilberufsunternehmen Kapitel 1
Drittbeteiligung an psychotherapeutischen Praxen § 1 Beschränkungen aus Allgemeinem Gesellschaftsrecht und HPG Die Bezeichnung Psychologischer Psychotherapeut dürfen gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1, 5 Abs. 1 Psychotherapeutengesetz (PsychThG) nur Diplom Psychologen führen, die nach mindestens dreijähriger Zusatzausbildung bzw. dreijährigem Aufbaustudium eine gesonderte Staastprüfung erfolgreich abgelegt haben. § 1 Abs. 2 PartGG führt den Diplom Psychologen als freien Beruf auf. Da aber der psychologische Psychotherapeut auch immer diplomierter Psychologe ist, ist auch der psychologische Psychotherapeut anerkanntermaßen freier Beruf. 1 Dementsprechend weist § 1 Abs. 3 Musterberufsordnung Psychologische Psychotherapeuten / Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (MBO-PP / KjP) darauf hin, dass der Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten seiner Natur nach ein freier Beruf und kein Gewerbe sei. Zwar entfaltet die Musterberufsordnung mangels gesetzlicher Ermächtigung keine Rechtsgültigkeit, 2 allerdings drückt § 1 Abs. 3 MBO-PP / KjG unabhängig hiervon das Selbstverständnis der psychologischen Psychotherapeuten aus und wurde dementsprechend in die rechtsverbindlichen Berufsordnungen der Landeskammern fast ausnahmslos übernommen. 3 Mangels gewerblicher Berufstätigkeit stehen psychologischen Psychotherapeuten die handelsrechtlichen Personengesellschaftsformen zur Berufsausübung folglich 1 http://www.freie-berufe.de/Heilkundliche-Berufe.225.0.html; Ratzel / Küpper, in Ratzel / Luxenburger, § 5 Rn. 306. 2 Stellpflug / Berns, II Rn. 1. 3 Siehe: § 1 I BO-PP / KjG BY; § 1 III BO-PP / KjG NRW; § 2 II BO-PP / KjG BW; § 1 III BO-PP / KjG Sr; § 2 I BO-PP / KjG He; 1 III BO-PP / KjG Nds.; nicht unmittelbar umgesetzt dagegen in BO-PP / KjG RLP.
Kap. 1: Drittbeteiligung an psychotherapeutischen Praxen
301
nicht offen. 4 Das HPG steht dagegen, wie in Bezug auf die Ärzte bereits gezeigt, einer Fremdbeteiligung nicht entgegen. 5
§ 2 Berufsrechtliche Bewertung Ein Verbot von Drittbeteiligungen kann aus der Zugehörigkeit der Psychotherapeuten zu den freien Berufen ebenso wenig wie bei den Ärzten abgeleitet werden. 6 Allerdings stellt § 20 Abs. 1 und 5 MBO-PP / KjP parallel zu § 17 Abs. 1 i.V. m. §§ 19 Abs. 1 MBO-Ä klar, dass der Betrieb einer psychotherapeutischen Praxis durch Berufsfremde mit Hilfe angestellter Psychologischer Psychotherapeuten grundsätzlich nicht zulässig ist. 7 Denn auch hier ist die abhängig beschäftigte Tätigkeit grundsätzlich nur in Praxen erlaubt, die von selbständigen Psychotherapeuten geleitet werden. Den Zusammenschlusses mit anderen Heilberuflern erlaubt § 21 Abs. 1 MBO-PP / KjP mit Angehörigen anderer Gesundheitsoder Beratungsberufe zu aktiven Berufsausübungsgemeinschaften. Insoweit geht die Vorschrift über § 23b Abs. 1 MBO-Ä hinaus und erweitert die Gesellschafterfähigkeit an einer psychotherapeutischen Berufsausübungsgemeinschaft auf jegliche Beratungsberufe. Im Umkehrschluss ergibt sich aber zum einen auch für Psychologische Psychotherapeuten ein Verbot des Zusammenschlusses zu Berufsausübungsgemeinschaften mit anderen als den in § 21 Abs. 1 MBO-PP / KjP genannten Berufsgruppen (Fremdgesellschaftsverbot). 8 Zum anderen macht die explizite Beschränkung auf Berufsausübungsgemeinschaften deutlich, dass Organisationsgemeinschaften auch mit berufsfremder Beteiligung möglich sind. 9 Darüber hinaus können aus § 21 Abs. 1 MBO-PP / KjP ebenso wenig wie aus den § 18 ff. MBO-Ä weitere Verbotswirkungen abgeleitet werden. 10 Eine dem § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä entsprechende Norm sucht man genauso vergebens wie eine sonstige passive Beteiligungen beschränkende Bestimmung. Daher steht das psychotherapeutische Standesrecht passiven Beteiligungen so4
Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 3 B. Teil 2 Kapitel 2 § 3 A. 6 Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 4. 7 § 20 Abs. 1 MBO-PP / KjP: „Die selbständige Ausübung psychotherapeutischer Behandlungstätigkeit ist grundsätzlich an die Niederlassung in einer Praxis gebunden, soweit nicht gesetzliche Vorschriften etwas anderes zulassen.“ § 20 Abs. 5 MBO-PP / KjP: „Die Beschäftigung von Psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Ärzten oder Zahnärzten durch Psychotherapeuten setzt die Leitung der Praxis durch den niedergelassenen Psychotherapeuten voraus.“ 8 Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. 9 Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. II. 1. b). 10 Vgl. Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. II. 5
302
Teil 4: Beteiligung Dritter an sonstigen Heilberufsunternehmen
lange aufgeschlossen gegenüber, wie die konkreten Gestaltungen nicht die in der Freiberuflichkeit begründete und in zahlreichen Normen 11 statuierte fachliche Unabhängigkeit wesentlich beeinträchtigen. Dementsprechend sind Organisationsgemeinschaften und passive Beteiligungsmodelle (stille Gesellschaft / partiarisches Darlehen) mit Berufsfremden im ambulant psychotherapeutischen Bereich standesrechtlich grundsätzlich zulässig.
§ 3 Zulassungsrechtliche Bewertung Zulassungsrechtlich bestehen keinerlei Abweichungen zum Vertragsarzt, da Psychologische Psychotherapeuten und Jugendlichenpsychotherapeuten gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 Ärzte-ZV ebenfalls von der Ärzte-ZV erfasst werden. Analog zur Ärzteschaft ergibt sich daher aus dem Zulassungsrecht ein Fremdbetriebsverbot und eine Begrenzung der Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft auf andere zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Leistungserbringer. 12 Passive Beteiligungen sind dagegen grundsätzlich erlaubt. 13
§ 4 Verfassungs- und europarechtliche Bewertung Verfassungs- und europarechtlich stellt sich die Situation entsprechend zum ärztlichen Berufs- und Zulassungsrecht dar. Insbesondere kann bei Psychologischen Psychotherapeuten keine andere Gefährdungs- und Interessenlage hinsichtlich Gesundheits- und Mittelstandsschutz festgestellt werden, als bei den Ärzten. Daher ist auch das §§ 21 Abs. 1 MBO-PP / KjP; 33 Abs. 2 Ärzte-ZV zu entnehmende Fremdgesellschaftsverbot sowie das § 20 Abs. 1 und 5 MBO-PP / KjP; § 32b Abs. 1 Ärzte-ZV zu entnehmende Verbot des Praxisfremdbetriebs verfassungs- und europarechtlich nicht haltbar. 14
11 12 13 14
Vgl. §§ 25 I-III, 20 IV, 19 II, 3 IV, V MBO-PP / KjP. Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 2 C. III.; Teil 2 Kapitel 2 § 3 D. II. 2. Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. V. 1. Siehe Teil 2 Kapitel 3; Teil 2 Kapitel 4.
Kap. 2: Drittbeteiligung an Heilpraktikereinzelpraxen
303
Kapitel 2
Drittbeteiligung an Heilpraktikereinzelpraxen und Heilpraktikergesellschaften Heilpraktiker üben gemäß § 1 Abs. 1 HPG die Heilkunde aus, ohne als Arzt bestallt zu sein. Heilpraktikergesellschaften meint die gemeinschaftliche Heilkundebzw. Berufsausübung von Heilpraktikern i. S. e. Berufsausübungsgemeinschaft. Teilweise wird insoweit auch missverständlich von Heilkundegesellschaft gesprochen. 15 Terminologisch ist dies allerdings insoweit inkorrekt ist, als Heilkundegesellschaft den Überbegriff darstellt, der neben Heilprakitkergesellschaften auch Ärzte-, Zahnärzte- und andere Heilberufsgesellschaften erfasst. 16 Schließlich können auch diese die Heilkunde gemeinschaftlich ausüben. Das HPG schreibt keine Beschränkung hinsichtlich der Beteiligung Dritter an Heipraktikerpraxen vor. 17 Ärzte-ZV und MBO-Ä finden auf die Heilpraktiker zudem keine Anwendung. Die Berufsordnung der Heilpraktiker bezeichnet in § 1 Abs. 2 BOH, beschlossen durch den Fachverband Deutscher Heilpraktiker e.V., den Heilpraktiker als freien Beruf, der seinen Beruf eigenverantwortlich auszuüben hat. Allerdings hat die BOH keinen rechtsverbindlichen Charakter. Eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zu ihrem Erlass ist nicht vorhanden. 18 Dementsprechend kommt ihr anders als etwa den Berufsordnungen der Ärzte oder Apotheker keine materielle Gesetzeskraft zu. Sie ist reines Innenrecht des Fachverbands Deutscher Heilpraktiker e.V. 19 Verstöße gegen sie können daher nur im Falle bestehender Mitgliedschaft und nur auf privatrechtlichem Wege geahndet werden. Davon abgesehen wurde im Rahmen dieser Untersuchung bereits aufgezeigt, dass mit der eigenverantwortlichen freiberuflichen Berufsausübung nicht zwingend die wirtschaftlich selbständige Berufsausübung ohne jeglichen Drittbezug gemeint ist, 20 zumal die Freiberuflichkeit des Heilpraktikers nicht 15 16
3034. 17
Vgl. Taupitz, NJW 1996, 3033/3034. Schiller / Broglie, in Halbe / Schirmer, A 1600 Rn. 13 f.; Taupitz, NJW 1996, 3033/
Schiller / Broglie, in Halbe / Schirmer, A 1600 Rn. 14. BVerwG, MDR 1957, 503; BVerwG, NJW 1967, 1525; VG München, Urt. v. 20. 07. 2004, Az.: M 16 K 03.541 Rn. 71 (zitiert nach juris). 19 Die genaue Rechtsnatur einer Vereinssatzung ist strittig: teils wird sie als Vertrag qualifiziert, Weick, in Staudinger, Vor § 21 Rn. 35 ff., § 25 Rn. 15 ff.; Hadding, in Soergel, § 25 Rnr. 14; Lutter, AcP 180 (1980), 84/95, 97; teils als Norm(ähnlich) bezeichnet, Reuter, in MüKo-BGB, § 25 Rn. 18 m.w. N.; die h. M unterscheidet: Bei Vereinsgründung geht sie von einer vertraglichen Struktur der Satzung aus, die in der Folge normähnliche Qualität annimmt, RGZ 165/143, 144; BGHZ 47, 172, 179. 18
304
Teil 4: Beteiligung Dritter an sonstigen Heilberufsunternehmen
unbestritten ist. 21 Daher ist bei Heilpraktikergesellschaften und Heilpraktikereinzelpraxen eine gesellschaftliche Beteiligung möglich und selbst der Fremdbetrieb mittels angestellter Heilpraktiker ist de lege lata erlaubt.
Kapitel 3
Drittbeteiligung an Krankenhäusern Im Krankenhausrecht existieren keine expliziten Beteiligungsverbote, 22 so dass anerkanntermaßen ein Krankenhaus auch von ausschließlich berufsfremden Trägern gegründet werden kann. 23 Gründet allerdings ein Arzt mit einem Berufsfremden ein Krankenhaus und möchte zudem in dem Krankenhaus beruflich tätig werden, könnten dem die §§ 23a ff. MBO-Ä entgegenstehen. Schließlich ist auch im Krankenhaus der Arzt seinem Berufsrecht unterworfen. Im Ergebnis können trotzdem keine Einwände gegen die gemeinsame Krankenhausgründung von Arzt und Berufsfremden erhoben werden. Denn wenn schon der Berufsfremde allein ein Krankenhaus betreiben darf, kann man dies – argumentum a maiore ad minus – einer Gesellschaft mit ärztlicher Beteiligung nicht vorenthalten. Ferner spricht die systematische Nähe der §§ 23a ff. MBO-Ä zu § 17 Abs. 1 MBO-Ä und § 19 Abs. 1 MBO-Ä, die von ambulanter ärztlicher Tätigkeit bzw. Praxis sprechen, für die Unanwendbarkeit der § 23a ff. MBO-Ä im stationären Bereich. Daneben setzt auch die Generalnorm ärztlicher Kooperationen, § 18 MBO-Ä, in Abs. 3 S. 2 für eine Berufsausübungsgemeinschaft einen Praxissitz voraus, so dass soweit ersichtlich auch zu Recht von niemandem die Unzulässigkeit einer gemeinsamen Krankenhausgründung von Arzt und Nichtarzt gefordert wird. Bei privater Trägerschaft bedürfen die Krankenhausträger zudem einer Gewerbekonzession gemäß § 30 Abs. 1 S. 1 GewO. 24 Über § 30 GewO hinausgehende gesetzliche Reglementierungen für eine Krankenhausinbetriebnahme bestehen nicht. 25 Voraussetzung für den Erhalt der Konzession ist gemäß § 30 Abs. 1 S. 2 20
Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. b) (2); Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 3. Vgl. Taupitz, NJW 1991, 1505 m.w. N. 22 Willebrand, in Halbe / Schirmer, C 1700 Rn. 12; Deutsch / Spickhoff, Rn. 46; Fleßa, S. 261. 23 Genzel, in Laufs / Uhlenbruck, § 85 Rn. 33; Lach, S. 117 Fn. 1; Ganster, S. 610, der auf ein Beispiel bereits aus dem Jahre 1970 verweist, in dem die Anteile einer Klinik AG vollständig von Dritten (u. a. von der Siemens AG und der Allianz AG als Großaktionären) gehalten wurden und im Vorstand sich neben Medizinern auch Berufsfremde befanden. 24 Auch gemeinnützige Träger fallen unter den Anwendungsbereich des § 30 I GewO, wenn sie das Krankenhaus mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben, VG Neustadt a. d. W., DVBl. 1976, 683/684; Dettling, in Lenz et al, S. 71/148 Rn. 208. 25 Deutsch / Spickhoff, Rn. 46. 21
Kap. 3: Drittbeteiligung an Krankenhäusern
305
Nr. 1 GewO die Zuverlässigkeit des Betreibers, wobei sich diese ausschließlich auf die Leitung oder Verwaltung der Klinik bezieht. 26 Der Begriff der Zuverlässigkeit ist deckungleich zum Gebot der Zuverlässigkeit eines jeden Gewerbetreibenden, wie es sich aus § 35 Abs. 1 GewO ergibt. 27 Zuverlässig verhält sich daher derjenige Krankenhausträger, der nach seinem Gesamtbild die Gewähr dafür bietet, den Krankenhausbetrieb ordnungsgemäß auszuüben. 28 In concreto kann sich die Unzuverlässigkeit dabei etwa im wahrscheinlichen Fehlen ausreichender finanzieller Mittel zur Erfüllung zukünftiger Verbindlichkeiten, 29 in einschlägigen Vorstrafen des Betreibers oder in der mangelnden Sicherstellung ausreichender ärztlicher Betreuung und Beaufsichtigung der Kranken durch rechtzeitige Einstellung von Personal manifestieren. 30 Bereits an anderer Stelle wurde darauf hingewiesen, dass die Norm allerdings nicht vor den Gefahren aus der Tätigkeit der Ärzte und anderer Heilberufe schützen will. 31 Dieser Schutz wird bereits durch die Heilberufsgesetze und das weitere Gesundheitsrecht gewährleistet. 32 Vielmehr geht es um die Abwehr möglicher Nachteile, die sich aus der Eingliederung der Patienten in das Organisationsgefüge der Klinik ergeben. Daher fallen Gefahren einer übermäßigen oder unzureichenden Behandlung grundsätzlich nicht unter § 30 GewO. 33 Gleichwohl ist anerkannt, dass der Krankenhausträger bei der Organisation seines Krankenhauses auch die Berufspflichten des medizinischen Personals und somit auch die ärztliche Weisungsfreiheit gemäß § 2 Abs. 4 MBO-Ä zu achten hat. 34 Ein Verstoß hiergegen kann aber allenfalls im Nachinein mit einer Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit sanktioniert werden. Ein präventives Beteiligungsverbot ist dem Krankenhausrecht dagegen fremd. Insoweit hält der Gesetz- und Satzungsgeber in der stationären Versorgung mithin ein niedrigeres Schutzniveau hinsichtlich der Gefahr fachlicher Beeinflussung für ausreichend und belässt es bei einer ausschließlich mittelbar wirkenden, abstrakt generellen Verpflichtung des Betreibers zur Achtung des ärztlichen Berufsrechts. 35
26
Lente-Poertgen, in Pielow, § 30 Rn. 44. Marcks, in Landmann / Rohmer, § 30 Rn. 19. 28 Marcks, in Landmann / Rohmer, § 30 Rn. 20. 29 OVG Münster, GewArch 1990, 210. 30 BVerwG, GewArch 1967, 162. 31 BVerwG, NJW 1985, 1414; Marcks, in Landmann / Rohmer, GewO, § 30 Rn. 8; Laufs, MedR 1005, 11/14; Taupitz, NJW 1992, 2317/2320 f.; Braun, NJW 1985, 2739 ff.; vgl. Teil 1 Kapitel 3 § 2 C. I. 1. 32 Taupitz, NJW 1992, 2317/2320. 33 Attermeyer, S. 71; Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 47; ders., NJW 1996, 3033/ 3041; ders. NJW 1992, 2317/2320 f.; Katzenmaier, MedR 1998, 113/116 Fn. 63. 34 Dettling, in Lenz et al., S. 71 / 149 Rn. 210, Deutsch / Spickhoff, Rn. 51. 27
306
Teil 4: Beteiligung Dritter an sonstigen Heilberufsunternehmen
Kapitel 4
Drittbeteiligung an Rehabilitationszentren Unter Rehabilitationszentren versteht man wohnortnahe Einrichtungen i. S. d. § 40 Abs. 1 Hs. 2 SGB V, d. h. Einrichtungen, die ambulante und teilstationäre Rehabilitationsleistungen 36 erbringen, da die Leistungserbringung durch eine stationäre Reha-Einrichtung i. S. d. § 111 SGB V (Reha-Klinik) im konkreten Einzelfall nicht bedarfsgerecht oder unwirtschaftlich ist oder anderweitig einer leistungsfähigen Versorgung nicht entspricht. 37 Wie Krankenhäuser müssen die Zentren nach § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V „fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen [...].“ Spezielle Einschränkungen bei der Trägerschaft oder sonstigen Beteiligungsvarianten gibt es nicht. Häufig werden die Rehabilitationszentren auch von kapitalgesellschaftlich organisierten Klinikträgern betrieben. 38 Gesellschafter sind hier typischerweise Berufsfremde. Bedenken gegen die Zulässigkeit der berufsfremden Beteiligungen an Rehabilitationszentren wurden bisher nicht geäußert. 39
Kapitel 5
Ergebnis des vierten Teils der Untersuchung Die beteiligungsrechtliche Situation bei den psychologischen Psychotherapeuten und Jugendlichenpsychotherapeuten ist ähnlich zu der der Ärzte. Beide sind im sozialversicherungsrechtlichen Bereich an die Ärzte-ZV gebunden und kennen im Berufsrecht die interprofessionelle gemeinschaftliche Zusammenarbeit mit fachnahen Berufen. Im Umkehrschluss ergibt sich damit die Unzulässigkeit anderer aktiver Zusammenschlüsse. 40 Ebenso ist aus § 32b Ärzte-ZV die Unzulässigkeit des Fremdbetriebs zu folgern. Dagegen ist mangels Bestehens 35 Allgemein kritisch gegenüber der Privilegierung von Krankenhäusern und Rehabilitationszentren hinsichtlich der Möglichkeit berufsfremder Beteiligung: Ganster, S. 609 ff.; siehe auch Teil 1 Kapitel 3 § 2 C. I. 1.; Teil 2 Kapitel 3 § 2 B. I. 36 Zum Begriff siehe Höfler, KassKomm, § 40 SGB V Rn. 3, 8a. 37 Höfler, KassKomm, § 40 SGB V Rn. 10; Vollmöller, in Ratzel / Luxenburger, § 35 Rn. 53. 38 So etwa beim Rehabilitationszentrum München, welches zur m&i Enzensberger Klinikgruppe gehört, deren Anteile wiederum berufsfremde Personen halten. 39 Dahm, MedR 1998, 70/71. 40 Vgl. Dujmovits, in Holoubek / Potacs, S. 435; Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. II. 3.
Kap. 5: Ergebnis des vierten Teils der Untersuchung
307
eines expliziten Verbots, die grundsätzliche Zulässigkeit von partiarischem Vertrag und stiller Gesellschaft anzunehmen. Im Unterschied zu den Ärzten kennt das Berufsrecht der Psychotherapeuten allerdings keine dem § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä entsprechende Norm. Daher haben die Ausführungen zur Beteiligung an ärztlichen Einzelpraxen und Ärztepersonengesellschaften auch für Psychotherapeutenkapitalgesellschaften Gültigkeit, so dass auch an Psychotherapeutenkapitalgesellschaften passive Beteiligungen möglich sind. Verfassungsund europarechtlich ergeben sich dieselben Bedenken gegen die Beteiligungsbeschränkungen wie bei den arztrechtlichen Bestimmungen. 41 Bei Krankenhäusern und Rehabilitationszentren bestehen dagegen keine Normen, die einer Drittbeteiligung von Berufsfremden im Wege stehen. Selbst der Fremdbetrieb ist uneingeschränkt erlaubt. Gleiches gilt für Heilpraktikereinzelpraxen oder Heilpraktikergesellschaften. Auch hier fehlt es an Bestimmungen, die einer Beteiligung berufsfremder Dritter im Wege stehen könnten.
41
Siehe Teil 2 Kapitel 3; Teil 2 Kapitel 4.
Teil 5
Gesamtergebnis / Zusammenfassung § 1 Beteiligungen an Apotheken 1. Das apothekenrechtliche Fremdbesitzverbot ist im Apothekengesetz nicht ausdrücklich normiert. Vielmehr handelt es sich um einen vom juristischen Schrifttum entwickelten Oberbegriff, der eine Vielzahl von Einzelverboten im Apothekengesetz umfasst. Richtigerweise muss daher bei der Diskussion um das Fremdbesitzverbot zwischen Fremdbetriebsverbot (§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 13 Abs. 1 ApoG), Fremdgesellschaftsverbot (§§ 8 S. 1, 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 7 S. 1 ApoG), Verpachtungsverbot (§ 9 Abs. 1 ApoG), Verbot stiller Gesellschaftsbeteiligung (§ 8 S. 2 Alt. 1 ApoG) und dem Verbot partiarischer Vertragsgestaltungen (§ 8 S. 2 Alt. 2 ApoG) unterschieden werden. Sedes materiae des Fremdbesitzverbots sind somit §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 7 S. 1, 8 S. 1 und 2, 9 Abs. 1, und 13 Abs. 1 ApoG. 1 2. In ihrem Zusammenspiel führen diese Verbote dazu, dass ein Auseinanderfallen von Apothekeneigentum und Apothekeninhaberschaft nicht möglich ist. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Berufsfremder kein Apothekeneigentum erwerben könnte. Der dingliche Eigentumserwerb ist rechtlich grundsätzlich möglich. Jedoch ist ihm eine wirtschaftliche Nutzung seines Eigentums vollständig untersagt, so dass der Begriff des Fremdnutzungsverbots die Rechtslage präziser beschreibt als der Terminus Fremdbesitzverbot. 2 3. Das Fremdbetriebs- und das Fremdgesellschaftsverbot greifen sowohl in die Berufsfreiheit der Apotheker als auch in die Berufsfreiheit der Berufsfremden ein, die sich an einer Apotheke beteiligen wollen. Je nach Perspektive und Verbot können sie sich daher als Berufsausübungsbeschränkung oder sogar Berufswahlbeschränkung darstellen. Unabhängig von der terminologischen Qualifizierung der „Eingriffsstufe“ ist die Intensität der Eingriffe im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung angemessen zu berücksichtigen. 3
1 2 3
Siehe Teil 1 Kapitel 2 § 1. Siehe Teil 1 Kapitel 1 § 2. Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. I., II und III.
Teil 5: Gesamtergebnis / Zusammenfassung
309
4. Das Fremdbetriebsverbot und Fremdgesellschaftsverbot kann nicht mit dem Schutzgut einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung gerechtfertigt werden. Denn eine qualitativ hochwertige und den Versorgungsinteressen der Bevölkerung gerecht werdende Arzneimittelversorgung kann auch durch angestellte Apotheker gewährleistet werden, wenn deren Unabhängigkeit durch gesetzliche und vertragliche Bestimmungen sichergestellt wird. 4 5. Eine erhöhte Gefährdung der pharmazeutischen Unabhängigkeit ist beim Fremdbetrieb nicht zu befürchten, da bereits heute der Apotheker wirtschaftlichen Zwängen ausgesetzt ist, die existenziell die Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte bei seiner Berufsausübung erforderlich machen. Daher ist der angestellte Apothekenleiter aufgrund seines fixen Einkommens sowie der sozial- und arbeitsrechtlichen Schutzvorkehrungen auch bei rechts- bzw. vertragswidrigem Verhalten des berufsfremden Arbeitgebers in seiner Entscheidung nicht „unfreier“ als der selbständige Apotheker, zumal der Berufsfremde mit seinem die Betriebserlaubnis gefährdenden Verhalten seine eigene unternehmerische Existenz bedroht. 5 6. Auch der Aspekt einer vertikalen Apothekenkonzentration, also der Apothekenbetrieb durch die pharmazeutische Industrie oder den Arzneimittelgroßhandel, kann das Fremdbetriebsverbot nicht rechtfertigen. Denn zum einen wird der mit einer solchen Konzentration verbundenen Gefahr der kommerziellen Absatzsteuerung bereits durch eine lückenlose gesetzliche Abgabensteuerung für verschreibungspflichtige Arzneimittel begegnet (aut idem Regelung). Zum anderen wäre ein Fremdbetriebsverbot, welches nur Unternehmer der Gesundheitsbranche erfasst, gegenüber dem jetzigen allumfassenden Verbot ein eindeutig milderes Mittel. Daher ist das Fremdbetriebsverbot zumindest in seiner jetzigen Form auch unter diesem Aspekt nicht erforderlich. 6 7. Das Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot kann auch nicht aus Gründen des Mittelstandsschutzes gerechtfertigt werden. Denn die bestehende Beschränkung auf vier Apotheken pro Betreiber in § 1 Abs. 2 ApoG verhindert auch bei Fortfall der Verbote eine mittelstandsgefährdende Kettenbildung. 7 8. Das Verpachtungsverbot greift in Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG ein, je nachdem ob der Verpächter die Verpachtung beruflich oder privat vornimmt. Eine Rechtfertigung scheitert, da es zum Schutze der Unabhängigkeit des Apothekers keines Verpachtungsverbots bedarf. Denn der Pächter ist selbst Apotheker und alleiniger, eigenverantwortlicher Betreiber der Apotheke und unterfällt dem Berufsrecht. Unter Abhängigkeitsgesichtspunkten macht es keinen 4 5 6 7
Siehe Siehe Siehe Siehe
Teil Teil Teil Teil
1 1 1 1
Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel
3 3 3 3
§ § § §
2 2 2 2
A. IV. 3. a); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 4. a). A. IV. 3. a) (3). A. IV. 3. a) (1); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 3. a) (3) (d). A. IV. 3. d); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 4. c).
310
Teil 5: Gesamtergebnis / Zusammenfassung
Unterschied, ob Inventar und Apothekenräumlichkeiten über einen Pachtvertrag zusammen oder nur die Apothekenräume im Wege der allgemein für zulässig erachteten Miete entgeltlich überlassen werden. Zudem ist das Apothekengesetz inkohärent, wenn es Angehörigen von Apothekern oder verhinderten Apothekern die Verpachtung über sehr lange Zeiträume erlaubt. Ginge mit der Verpachtung tatsächlich eine Gesundheitsgefährdung einher, wären die weitreichenden Ausnahmeregelungen vor dem staatlichen Schutzauftrag nicht zu rechtfertigen. Ebenso wenig führt eine Verpachtung zu höheren Arzneimittelpreisen, da diese zum einen durch die Arzneimittelpreisverordnung vorgeschrieben werden und zum anderen der Pachtzins den Apotheker nicht mehr belastet als Miet- und Darlehensverbindlichkeiten. 8 9. Auch zum Schutz des Mittelstands ist das Verpachtungsverbot nicht erforderlich, da die Verpachtung nichts daran ändert, dass der pachtende Apotheker selbständig auf mittelständische Weise den Apothekenbetrieb führt. Sind dagegen Verpächterkonzerne ordnungspolitisch unerwünscht, reicht es aus, ein Mehrverpachtungsverbot gesetzlich zu fixieren. 9 10. Das Verbot stiller Gesellschafter ist in den meisten Fallgestaltungen zum Schutz der pharmazeutischen Unabhängigkeit bereits ungeeignet, im Übrigen aber zumindest nicht erforderlich. So hat der typisch stille Gesellschafter de iure keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten auf den Apotheker, und auch de facto unterscheidet er sich kaum von einem Darlehensgeber. Die Möglichkeit, über den Weg der typisch stillen Gesellschaft Fremdkapital gegen Einräumung einer Gewinnbeteiligungsberechtigung zu akquirieren, eröffnet dem Apotheker gerade aufgrund der Erfolgsabhängigkeit der zu erbringenden Gegenleistung finanzielle Spielräume und ermöglicht damit eine größere Unabhängigkeit von finanziellen Erwägungen bei der pharmazeutischen Entscheidungsfindung. Auch aus Mittelstandsgesichtspunkten ist das Verbot typisch stiller Gesellschaften kontraproduktiv, da es gründungswilligen Apothekern eine attraktive Finanzierungsmöglichkeit verbaut. Soweit das Verbot stiller Gesellschaften Konstrukte erfasst, in denen dem atypischen stillen Gesellschafter Mitwirkungs- oder sogar Geschäftsführungsrechte eingeräumt sind, ist das Verbot zur Sicherstellung der Unabhängigkeit des Apothekers zwar nicht ungeeignet, aber nicht erforderlich. Für die Bewahrung der pharmazeutischen Unabhängigkeit ist es nämlich insoweit ausreichend, dass die Geschäftsführungs- und Mitwirkungsrechte des Berufsfremden auf diejenigen wirtschaftlichen Angelegenheiten des Apothekenbetriebs begrenzt werden, die nur einen unwesentlichen bis gar keinen Bezug zur eigentlichen Arzneimittelversorgung haben. 10 8
Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 B. I. 2.; Teil 1 Kapitel 3 § 2 B. II. 2.; Teil 1 Kapitel 3 § 2 C. III. 1. 9 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 B. I. 2.; Teil 1 Kapitel 3 § 2 B. II. 2.; Teil 1 Kapitel 3 § 2 C. III. 1.
Teil 5: Gesamtergebnis / Zusammenfassung
311
11. Analog zum Verbot der stillen Gesellschaft ist das Verbot partiarischer Vertragsgestaltungen zum Gesundheits- und Mittelstandsschutz grundsätzlich ungeeignet. Auch hier führt gerade die Erfolgsabhängigkeit der vom Apotheker zu erbringenden Leistung in den meisten Fallgestaltungen zur Kontraproduktivität des Verbots. 11 12. Soweit das Verbot partiarischer Rechtsverhältnisse und stiller Gesellschaften Fälle betrifft, in denen die Umsatz- oder Gewinnbeteiligung des Berufsfremden unangemessen hoch bemessen sind, ist es zum Schutze der Volksgesundheit zwar ausnahmsweise geeignet, jedoch nicht erforderlich. Geeignet ist es deswegen, weil der Apotheker hier tatsächlich gezwungen sein kann, zur eigenen wirtschaftlichen Existenzsicherung entgegen seiner pharmazeutischen Überzeugung Arzneimittel auszugeben. Allerdings unterliegen extrem unangemessene Vertragsgestaltungen bereits dem Nichtigkeitsverdikt des § 138 BGB bzw. § 7 S. 1 ApoG i.V. m. 134 BGB und werden zudem durch § 4 Abs. 2 S. 1 ApoG sanktioniert. Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 i.V. m. § 7 S. 1 ApoG führt die einer solchen Vertragsgestaltung innewohnende Verletzung der Unabhängigkeit des Apothekers nämlich zum Verlust der Betriebserlaubnis, so dass gegen bedenkliche Vertragsgestaltungen auch bereits vor Erreichen der Sittenwidrigkeitsgrenze eingeschritten werden kann. Darüber hinaus können auch Schadenseratzansprüchen nach § 826 BGB entstehen. Neben den dem Einzelfall gerecht werdenden §§ 134, 138, 826 BGB, 4 Abs. 2 S. 1, 7 S. 1 ApoG ist das pauschale Verbot stiller Gesellschaften und partiarischer Rechtsverhältnisse in § 8 S. 2 ApoG nicht erforderlich. 12 13. Das Fremdnutzungsverbot verletzt zudem den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG in mehrfacher Hinsicht, 13 indem: − es öffentliche Apotheken gegenüber Krankenhausapotheken schlechter stellt, die von privaten, respektive berufsfremden Krankenhausträgern betrieben werden; − es die Apotheker einer stärkeren Reglementierung unterwirft, insbesondere hinsichtlich Verpachtung, typischer stiller Gesellschaft und partiarischen Verträgen, als dies bei allen anderen freien Berufen, eingeschlossen der Ärzteschaft der Fall ist; − es nur die Apothekenverpachtung, nicht dagegen die Vermietung untersagt. 14. Europarechtlich kollidiert das deutsche Fremdnutzungsverbot mit der Niederlassungs-, Kapital- und Dienstleistungsfreiheit berufsfremder Apothekenbe10
Siehe; Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. d). Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. a) (2); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. d); Teil 1 Kapitel 3 § 2 B. II. 2.; Teil 1 Kapitel 3 § 2 C. III.; Teil 1 Kapitel 3 § 2 C. IV. 12 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. a) (1) (a); Teil 1 Kapitel 3 § 2 A. IV. 5. d). 13 Siehe Teil 1 Kapitel 3 § 2 C. 11
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Teil 5: Gesamtergebnis / Zusammenfassung
treiber, Verpächter, Vermieter, Darlehensgeber und Anleger aus anderen Mitgliedstaaten, die in Deutschland eine (Zweig-)Apotheke gründen, verpachten, partiarisch finanzieren oder sich im Wege einer stillen Gesellschaft an ihr beteiligen wollen. Als Rechtfertigungsgrund kommt in allen Fällen nur der Gesundheitsschutz in Betracht. 14 Wirtschaftspolitische Zielsetzungen werden europarechtlich dagegen als Rechtfertigung nicht anerkannt. 15. Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit auf ein Diskriminierungsverbot aufgrund der fehlenden Kompetenz der EG im Gesundheitssektor ist abzulehnen. Die hierfür bemühte Norm des Art. 152 Abs. 5 EG stellt weder einen Rechtfertigungstatbestand noch eine Bereichsausnahme dar. Die besondere Bedeutung der Organisation des Gesundheitswesens für die Mitgliedstaaten kann allenfalls als Angemessenheitserwägung im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung einer Maßnahme berücksichtigt werden. 15 16. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit hat sich bereits auf nationaler Ebene gezeigt, dass es zumindest an der Erforderlichkeit der Verbote mangelt. Nichts anderes ergibt sich bei der europarechtlichen Bewertung. 16 17. Der in den Urteilen zum deutschen und italienischem Fremdnutzungsverbot gegenteiligen Auffassung des EuGH ist zu widersprechen. Zum einen beruhen die entsprechenden Urteile maßgeblich auf der prozessualen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Dabei hat sich der EuGH nicht nur in Widerspruch zu seiner bisherigen Rechtsprechung begeben, sondern auch die im Prozessrecht allgemein anerkannte Darlegungs- und Beweislastregel missachtet, nach der jede Partei die Voraussetzungen der für sie günstigen Norm beweisen muss. Schon deswegen kann den Urteilen keine abschließende Aussagekraft zur europarechtlichen Vereinbarkeit des deutschen Fremdnutzungsverbots entnommen werden. Daneben ist der EuGH bei der Gewährung mitgliedstaatlicher Beurteilungsspielräume selbst innerhalb der Urteile zum deutschen und italienischen Fremdbetriebsverbot nicht konsequent verfahren und im Hinblick auf einen effektiven Grundfreiheitenschutz bedenklich großzügig gewesen. 17 18. Das Fremdnutzungsverbot ist trotz der aktuellen Rechtsprechung des Gerichtshofs als unverhältnismäßig zu qualifizieren und verstößt daher in seiner Gesamtheit gegen Gemeinschaftsrecht. 18
14
Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 2 Teil 1 Kapitel 4 § 3 Teil 1 Kapitel 4 § 4. Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. III. 2. a). 16 Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. III. 2. c); Teil 1 Kapitel 4 § 2 E. 17 Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. III. 2. a). 18 Siehe Teil 1 Kapitel 4 § 2 D.; Teil 1 Kapitel 4 § 2 D. III. 2. a); Teil 1 Kapitel 4 § 2 E.; Teil 1 Kapitel 4 § 6. 15
Teil 5: Gesamtergebnis / Zusammenfassung
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§ 2 Beteiligungen an Arztpraxen 1. Die Bezüge zur Freiberuflichkeit des Arztes im Berufs- und Vertragsarztrecht sind einheitlich zu verstehen. In beiden Fällen wird hiermit nur die fachliche Unabhängigkeit des Arztes betont. Weitere Rechtswirkungen können dem Freiberuflichkeitsbegriff nicht entnommen werden. 19 2. Ein ausdrückliches Fremdbetriebsverbot findet sich weder im Berufs- noch im Vertragsarztrecht. Allerdings machen § 17 Abs. 1 i.V. m. § 19 Abs. 1 S. 2 MBO-Ä, § 32b Ärzte-ZV deutlich, dass der niedergelassene (Vertrags-) Arzt grundsätzlich weiterhin selbständiger Unternehmer und der Fremdbetrieb ausgeschlossen ist. 20 3. Die §§ 18, 23a, 23b, 23c MBO-Ä und § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV verhindern in ihrem Zusammenspiel, dass Berufsfremde sich auf gesellschaftsrechtlicher Ebene als aktive Gesellschafter an dem Honorar ärztlicher Leistungen beteiligen können. Eine Ausnahme von diesem Fremdgesellschaftsverbot besteht nur für privilegierte, fachnahe Berufsgruppen, die in § 23b MBO-Ä aufgeführt sind. Ebenso beschränkt § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV die Gesellschafterfähigkeit bei Berufsausübungsgemeinschaften mit Vertragsarztbeteiligung auf andere zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Leistungserbringer. 21 4. Bei Organisationsgemeinschaften ist die Beteiligung Berufsfremder grundsätzlich zulässig, da hier Gesellschaftszweck nicht die Heilkundeausübung ist und somit weder § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV noch die §§ 23 ff. MBO-Ä einschlägig sind. Der diesem Ergebnis vordergründig entgegenstehende Wortlaut des § 33 Abs. 1 Ärzte-ZV ist teleologisch zu reduzieren, da sonst die vertragsarztrechtliche Beteiligtenfähigkeit bei Organisationsgemeinschaften (ausschließlich Ärzte) höheren Anforderungen unterliegen würde, als bei Berufsausübungsgemeinschaften (alle zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer). 22 Eine Ausnahme gilt für Praxisverbünde, bei denen gemäß § 23d Abs. 3 MBO-Ä nur die fachnahen Berufsgruppen des 23b Abs. 1 MBO-Ä sowie Krankenhäuser und Vorsorge- bzw. Rehabilitationseinrichtungen gesellschafterfähig sind. 5. Typisch stille Gesellschaften werden von den berufs- und vertragsarztrechtlichen Organisationsformen nicht erfasst. Diese enthalten nämlich nur Regelungen zu aktiven Gesellschaften, zu der die typische stille Gesellschaft gerade nicht zählt. 23 Eine Ausnahme hiervon gilt für Ärztekapitalgesellschaften, da 19 20 21 22 23
Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe
Teil Teil Teil Teil Teil
2 2 2 2 2
Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel
2 2 2 2 2
§ § § § §
2 C.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III. 3. 3. 4 A.; Teil 2 Kapitel 2 § 3 C. II. 1. b). 4 B. II. 3. a) (1); Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. II. 3. b).
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Teil 5: Gesamtergebnis / Zusammenfassung
§ 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä ausdrücklich auch passive Beteiligungen an Berufsausübungsgesellschaften in Kapitalgesellschaftsform verbietet. 6. Auch aus den ärztlichen Generalklauseln (§§ 1 Abs. 2 BÄO, 1 Abs. 1 S. 2 und 3, 18 Abs. 2 MBO-Ä; §§ 20 Abs. 2, 32 Abs. 1 Ärzte-ZV), die den Arztberuf als freien, von persönlicher, eigenverantwortlicher und nichtgewerblicher Tätigkeit geprägten Beruf darstellen, kann kein generelles Verbot berufsfremder Beteiligungen abgeleitet werden. Denn die hierdurch verbürgte Unabhängigkeit bezieht sich nur auf die fachlich unabhängige Berufsausübung und kann nicht mit wirtschaftlicher Selbständigkeit gleichgesetzt werden. Die fachliche Unabhängigkeit des Arztes wird von typisch stillen Beteiligungen Berufsfremder grundsätzlich nicht beeinträchtigt. 24 7. Ein ausdrückliches Verbot der typischen stillen Gesellschaft besteht somit für Einzelpraxen und Ärztepersonengesellschaften de lege lata nicht, so dass schon der Vorbehalt des Gesetzes sowie der Bestimmtheitsgrundsatz eine in diese Richtung zielende Interpretation der bestehenden Regelungen verbietet. Daher sind typisch stille Gesellschaften grundsätzlich zulässig, solange nicht vollkommen einseitige Vertragsgestaltungen wie etwa ein unangemessener Gewinnverteilungsschlüssel den Arzt in einem Maße benachteiligt, das ihn zur Ausrichtung seines Handelns an ausschließlich wirtschaftlichen Gesichtspunkten zwingt. An die Einseitigkeit bzw. Unverhältnismäßigkeit der einzelnen Vertragsklauseln sind aber hohe Anforderungen zu stellen, da der Arzt bei seiner Tätigkeit ohnehin stets auch wirtschaftliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen hat. 25 8. Für die atypisch stille Gesellschaft ergibt sich keine abweichende Bewertung, sofern die Atypik nur in einer schuldrechtlichen Beteiligung am Unternehmenswert der Praxis besteht. Denn auch hier kann keine Beeinträchtigung der fachlichen Unabhängigkeit festgestellt werden. Besteht dagegen die Atypik in der Einräumung von weitreichenden Geschäftsführungs- und Vertretungsrechten bezüglich des Praxisbetriebs, nähert sich die atypische Gesellschaft der aktiven Gesellschaft in einem Maße an, das keine unterschiedliche Behandlung mehr rechtfertigen kann. Daher verstößt eine solche atypisch stille Gesellschaft gegen das Fremdgesellschaftsverbot und ist demnach de lege lata unzulässig. 26 9. Ähnliches gilt für Franchiseverträge mit ärztlicher Beteiligung. Ist der franchisenehmende Arzt Kontroll-, Weisungs- oder sonstigen Einwirkungsrechten des Franchisegebers unterworfen, so ist dessen fachliche Unabhängigkeit betroffen und der Vertrag damit nichtig. 27 24 25
C.
26
Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. III.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. IV. Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. VI.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 B. VIII.; Teil 2 Kapitel 3 § 2 Siehe Teil 2 Kapitel 2 § 4 C.
Teil 5: Gesamtergebnis / Zusammenfassung
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10. Partiarische Vertragsgestaltungen sind bei Ärztekapitalgesellschaften nach § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä unzulässig. Dies gilt unabhängig davon, ob der partiarische Vertrag gewinn- oder umsatzabhängig ausgestaltet ist. Denn das (angebliche) Schutzgut der ärztlichen Unabhängigkeit wird von einer umsatzabhängigen Vertragsgestaltung nicht weniger beeinträchtigt als von einer gewinnabhängigen. Abgesehen von dieser Sonderregelung für Ärztekapitalgesellschaften existiert kein Verbot für partiarische Vertragsgestaltungen. Auch die Patientensicherheit erfordert kein Verbot. Denn bei partiarischer Gestaltung stärkt die Interdependenz zwischen Leistungspflicht und eigenem wirtschaftlichen Erfolg die fachliche Unabhängigkeit des Arztes bei medizinischen Entscheidungen. Allerdings kann im Einzelfall ein partiarischer Vertrag unzulässig sein, wenn die konkrete Höhe der Umsatz- oder Gewinnbeteiligung geeignet ist, die fachliche Unabhängigkeit zu beeinträchtigen. Ebenso können zu einseitige Kündigungsregelungen im Zusammenspiel mit der erfolgsabhängigen Gewinnbeteiligung dem Berufsfremden realiter Einflussmöglichkeiten auf die ärztliche Heilkundeausübung verschaffen und müssen daher unterbleiben. 28 11. Gegen partiarische Vertragsgestaltungen, die dem Arzt umsatz- bzw. gewinnunabhängig ein Mindesthonorar (sog. Mindesthonorarklauseln) versprechen bestehen ebenso wenig Bedenken. Denn auch diese führen zunächst zu einer Stärkung einer von finanziellen Erwägungen unbeeinflussten ärztlichen Entscheidungsfindung. Fällt die Verabredung eines relativ hohen Mindesthonorars mit Vereinbarungen zusammen, welche eine mehr oder weniger vollständige Abschöpfung der Erträge des Praxisbetriebs zugunsten des Berufsfremden vorsehen und zugleich dem Berufsfremden zumindest Mitsprachrechte bei der Praxisführung einräumen, bekommt das Vertragsgefüge Züge eines bloßen Strohmannverhältnisses. Solche Verträge sind mit dem bestehenden Fremdbetriebsverbot für ambulant tätige Ärzte als unzulässige Umgehungsversuche nicht zu vereinbaren. 29 12. Im MVZ ist die aktive Beteiligung Dritter an den wirtschaftlichen Ergebnissen ambulanter ärztlicher Tätigkeit aufgrund der Gründungsfähigkeit privater Krankenhausträger konstruktionsbedingt. Letztlich ist über den Umweg Krankenhaus-MVZ Fremdbetrieb auch in der ambulanten Versorgung bereits heute de lege lata möglich. 30 Hier zeigt sich die Widersprüchlichkeit zur beteiligungsfeindlichen Grundausrichtung des Berufs- und Vertragsarztrechts. 13. Auch das Fremdgesellschaftsverbot gilt im Krankenhaus-MVZ nur eingeschränkt. Denn die von § 95 Abs. 1 S. 6 SGB V vorgesehene gemeinschaftliche MVZ-Gründung durch Krankenhaus und Vertragsarzt ist in der Praxis trotz 27 28 29 30
Siehe Siehe Siehe Siehe
Teil Teil Teil Teil
3 2 2 2
Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel
1 2 2 2
§ § § §
4 4 4 6
B. B. VI.; Teil 2 Kapitel 2 § 4 E. E. IV. A. II. und III.
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Teil 5: Gesamtergebnis / Zusammenfassung
des eigentlich entgegenstehenden § 23b MBO-Ä zu Recht anerkannt. Es macht nämlich keinen Sinn, dem Krankenhaus den Betrieb eines MVZ mit angestellten Ärzten zu erlauben, ihm aber die Gründung einer MVZ-Trägergesellschaft nur mit nichtärztlichen Leistungserbringern zu gestatten. Mit dem Schutz der ärztlichen Unabhängigkeit ist dies jedenfalls nicht zu begründen und stellte für die ausgeschlossenen Vertragsärzte auch eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG dar. Dogmatisch kann die normativ vorgegebene Reduktion des Anwendungsbereichs des § 23b MBO-Ä mit Hilfe der Öffnungsklausel in § 17 Abs. 1 Hs. 2 erreicht werden, nach der gesetzliche Bestimmungen Abweichungen vorsehen können. 31 14. Verfassungs- und europarechtlich sind die bestehenden Beteiligungsverbote, mithin Fremdbetriebs-, Fremdgesellschaftsverbot und das umfassende Beteiligungsverbot für Ärztekapitalgesellschaften denselben Bedenken ausgesetzt wie das apothekenrechtliche Fremdnutzungsverbot. Vor allem gegenüber dem in Rechtsprechung und Lehre überwiegend als zulässig angesehenen Einnahmepooling erscheint ein passives Beteiligungsverbot, wie in § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä ausdrücklich normiert, mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. 32 Auch bestehen Ungleichbehandlungen gegenüber Krankenhäusern und Heilpraktikern, die trotz ähnlicher Tätigkeit jegliche Drittbeteiligung eingehen dürfen. 33 Hinzu kommt, dass die Regelungen in den ärztlichen Berufsordnungen gegenüber den apothekenrechtlichen Bestimmungen weniger eindeutig und konkret sind und daher vor dem Bestimmtheitsgrundsatz zweifelhaft erscheinen. Die Herleitung eines Verbots stiller Beteiligungen ausschließlich aus standesrechtlichen Normen ist zudem im Lichte der Wesentlichkeitstheore mit dem Gesetzesvorbehalt in Art. 12 Abs. 1 S. 2, Art. 2 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Im Ergebnis sind die bestehenden Beteiligungsverbote daher in Gänze als verfassungs- und europarechtswidrig abzulehnen. Erst recht gilt dies für eine Auslegung, welche passive Beteiligungen wie stille Gesellschaften und partiarische Vertragsgestaltungen an bzw. mit Arztpraxen ausnahmslos untersagt. 34
§ 3 Beteiligungen an Zahnarztpraxen und sonstigen Heilberufsunternehmen 1. Die berufs- und zulassungsrechtlichen Bestimmungen der Zahnärzte, Psychologischen Psychotherapeuten und Jugendlichenpsychotherapeuten ähneln den ärztlichen oder sind sogar identisch, so dass auch diese Berufstätigkeiten einem 31 32 33 34
Siehe Siehe Siehe Siehe
Teil Teil Teil Teil
2 2 2 2
Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel
2 2 3 3
§ § § §
6 A. III.; Teil 2 Kapitel 2 § 7. 4 F.; Teil 2 Kapitel 3 § 2 B. II. 2 B. 3; Teil 2 Kapitel 4 § 4.
Teil 5: Gesamtergebnis / Zusammenfassung
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Fremdbetriebs- und einem Fremdgesellschaftsverbot unterworfen sind. Allerdings kennen das zahnärztliche und psychotherapeutische Standesrecht keine dem § 23a Abs. 1 S. 4 lit. c) MBO-Ä entsprechende Norm. Daher sind passive Beteiligungen an psychologischen Psychotherapeuten- und Zahnärztekapitalgesellschaften im Gegensatz zu passiven Beteiligungen an Ärztekapitalgesellschaften möglich. Gegen Fremdbetriebs- und Fremdgesellschaftsverbot bestehen darüber hinaus dieselben verfassungs- und europarechtlichen Bedenken wie bei Ärzten und Apothekern. 35 2. Bei allen übrigen untersuchten Heilberufen bestehen hingegen keine Einschränkungen hinsichtlich der Einbindung Dritter und deren Partizipation an den wirtschaftlichen Ergebnissen. 36
35 36
Siehe Teil 3. Siehe Teil 4.
Teil 6
Anhang § 1 Begriffsbestimmungen Aktive Beteiligung / Aktive Gesellschaft / Aktiver Gesellschafter: Mit aktiver Beteiligung sind gesellschaftsrechtliche Beteiligungen gemeint, die nach ihrem gesetzlichen Leitbild dem Beteiligten Einfluss auf die Gesellschaftsführung bzw. den operativen Betrieb des Unternehmens gewähren. Mit dem Begriff der aktiven Gesellschaft soll die gegenüber der stillen Gesellschaft „aktivere Form“ der Einbringung der Gesellschafter durch Mitwirkungs-, Geschäftsführungs- oder Vertretungsrechte deutlich gemacht werden, weswegen ihre Gesellschafter im Rahmen dieser Arbeit zur Abgrenzung zum stillen Gesellschafter auch als aktive Gesellschafter bezeichnet werden. Berufsausübungsgemeinschaft / Gemeinschaftspraxis: Die Berufsausübungsgemeinschaft ist der engste für Ärzte mögliche organisatorische Zusammenschluss. Eine Berufsausübungsgemeinschaft klassischer Prägung ist die Gemeinschaftspraxis, 1 wobei beide Begriffe (fälschlicherweise) oft synonym verwendet werden. 2 Bei exakter Betrachtung stellt die Gemeinschaftspraxis aber nur eine, wenn auch die am häufigsten vorzufindende Fallgruppe einer Berufsausübungsgemeinschaft dar. Daneben stellen aber auch Medizinische Versorgungszentren (MVZ) 3 oft und medizinische Kooperationsgemeinschaften immer Berufsausübungsgemeinschaften dar. 4 Eine Definition findet sich bisher nur in § 1a Nr. 12 BMV-Ä bzw. § 1a Nr. 12 EKV-Ä. 5 Hiernach sind Berufsausübungsgemeinschaften „rechtlich verbindliche Zusammenschlüsse von Vertragsärzten oder / und Vertragspsychotherapeuten oder Vertragsärzten, Vertragspsychotherapeuten und Medizinischen Versorgungszentren oder Medizinischen Versorgungszentren untereinander zur gemeinsamen Ausübung der Tätigkeit.“ Die Gemeinschaftspraxis als 1
BSG, GesR 2004, 47/48. Halbe / Rothfuß, in Halbe / Schirmer, A 1100 Rn. 11; Reiter, GesR 2005, 6/7; zu Recht kritisch: Weimer, in Rieger et al., 840 Rn. 4 ff. 3 Siehe zu Medizinischen Versorgungszentren allgemein: Teil 2 Kapitel 2 § 6 A. I. 4 Ob ein MVZ eine Berufsausübungsgemeinschaft darstellt, hängt von dem konkreten Aufbau im Einzelfall ab, siehe Teil 2 Kapitel 2 § 6 A. I. 5 DÄBl. 2007, A-1684 ff., 1691 ff. 2
Teil 6: Anhang
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(noch) wichtigster Anwendungsfall zeichnet sich durch den organisatorischen Zusammenschlusses von zwei oder mehr Ärzten in gemeinsamen Räumen mit gemeinschaftlichen Einrichtungen und Personal mit einer gemeinsamen Organisation, Karteiführung 6 und Abrechnung aus. 7 Gemeinsamer Gesellschaftszweck ist die Verpflichtung des Arztes, seine ärztliche Tätigkeit nur im Rahmen der Gemeinschaftspraxis auszuüben, der er angehört, seine Einkünfte aus der Honorierung dieser Tätigkeit zu erzielen und an der Organisation und Führung der Gemeinschaftspraxis mitzuwirken. 8 Nach außen tritt die Gemeinschaft grundsätzlich als Einheit auf. 9 Normiert ist die Berufsausübungsgemeinschaft in § 18 Abs. 1 MBO-Ä und § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV. Beteiligungsverbot: Beteiligungsverbot im weitesten Sinne ist das Verbot jeder Partizipation an der Tätigkeit eines anderen. Betreiben einer Apotheke: Was unter Betreiben einer Apotheke im Sinne des Apothekengesetzes zu verstehen ist, ist unklar. 10 Kurz gefasst wird man Betreiben als unmittelbares Inganghalten der Apotheke zu definieren haben. 11 Dritte: Ohne weitere Konkretisierung sind mit Dritten im Rahmen dieser Untersuchung alle berufsfremden Personen gemeint, d. h. alle Personen, die nicht Angehörige der Berufsgruppe sind, für welche das Berufsrecht Geltung beansprucht. Fremdbesitzverbot: Siehe zum Begriff des apothekenrechtlichen Fremdbesitzverbots Teil 1 Kapitel 1 § 2 und Teil 1 Kapitel 2 § 1. Fremdnutzungsverbot: Der Begriff Fremdnutzungsverbot beschreibt allgemein die Untersagung der berufsfremden (wirtschaftlichen) Partizipation an einem Heilberufsunternehmen. Es umfasst dabei sowohl den unmittelbaren Fremdbetrieb wie auch die nur mittelbare Partizipation durch partiarisch ausgestaltete Verträge. Gemeinschaftspraxis: Bei einer Gemeinschaftspraxis finden sich zwei oder mehr Ärzte zusammen, die gemeinschaftlich ihre Praxis betreiben, gemeinschaftlich gegenüber Patienten abrechnen, ihren Gewinn aufteilen. 12 Die Gemeinschaftspraxis ist eine Berufsausübungsgemeinschaft. 6 Zumindest ein gemeinsamer Patientenstamm wird auch nach Einführung der Teilgemeinschaftspraxis für erforderlich gehalten, vgl. BSG, GesR 2004, S. 47/48. 7 BSGE 23, 170/171; BSG, GesR 2004, 47/48; Ratzel, in Ratzel / Lippert, § 18 MBO Rn. 4; die Zeitgemäßheit der Def. bezweifelnd: Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 16. 8 BGH NJW-RR 1987, 1137; BGH, NJW 1972, 101; Gollasch, S. 111; BÄK, DÄBl. 2006, A 801/802 f.; kritisch Cramer, MedR 2004, 552. 9 BGH, NJW 2003, 1445. 10 Siehe hierzu eingehend: Teil 1 Kapitel 2 § 1 A. I. 11 BT-Drucks. 3/1769, 3.
320
Teil 6: Anhang
Heilberuf: Der Begriff des Heilberufs ist nicht legaldefiniert. Im Heilpraktikergesetz (HPG) findet sich zumindest eine Definition der „Heilkunde“. Nach § 1 Abs. 2 HPG ist hierunter die „berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen [zu verstehen], auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.“ Daher sind die Berufe des Arztes, Zahnarztes, Tierarztes und Apothekers als (höhere) Heilberufe anerkannt. 13 Daneben finden sich auch für unterstützende medizinische Tätigkeiten die Bezeichnungen des Heilhilfsberufs oder des Medizinalhilfsberufs, 14 auf die es im Rahmen dieser Untersuchung aber nicht weiter ankommt. Integrierte Versorgung: Mit integrierter Versorgung ist eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung gemeint. Hierbei wird den Krankenkassen erlaubt, mit Leistungserbringern direkt, d. h. ohne Zwischenschaltung von Krankenkassenverbänden oder der Kassenärztlichen Vereinigungen Verträge abzuschließen. 15 Die Leistungserbringer übernehmen in diesen Integrationsverträgen als Verbund unmittelbar Versorgungsverantwortung für diejenigen Versicherten, die am Versorgungsmodell teilnehmen. 16 Der Versicherte ist für die Zeit der Teilnahme an der integrierten Versorgung im Umfang seiner Teilnahmeerklärung auf die Versorgung durch die teilnehmenden Leistungserbringer beschränkt. Medizinische Kooperationsgemeinschaft: Der Begriff der Medizinischen Kooperationsgemeinschaft findet seinen Ursprung in § 23b MBO-Ä und beschreibt den Zusammenschluss von Ärzten mit anderen Heilberuflern bzw. mit Naturwissenschaftlern oder Angehörigen sozialpädagogischer Berufe zur kooperativen Berufsausübung. 17 Die separate Nennung der medizinischen Kooperationsgemeinschaft in § 18 Abs. 1 MBO-Ä verdeutlicht zwar zum einen die Eigenständigkeit dieser Kooperationsform neben Praxisverbund, Organisations- und Berufsausübungsgemeinschaft, zum anderen ist sie dennoch als Form der gemeinschaftlichen Berufsausübung Berufsausübungsgemeinschaft i.w. S. 18 Die Berufsausübungsform der medizinischen Kooperationsgemeinschaft stellt das berufsrechtliche Pendant zum sozialversicherungsrechtlich normierten Medizinischen 12 13
S. 48.
Wilms, in Halbe / Schirmer, A 1100 Rn. 196. BVerfGE 5, 25/29 f.; BVerfGE 17, 232/239; BGH, NJW 1994, 808; Dettling / Mand,
14 Ring, in Bülow / Ring, HWG, § 2 Rn. 5; Deutsch / Spickhoff, Rn. 71 f.; Taupitz et al., S. 5 ff.; Schnitzler, S. 36, 114 f, 120 f.; Pitz, S. 4. 15 Hess, in KassKomm, Vor. § 140a SGB V, Rn. 2; Genzel, in Kern et al., FS Laufs, S. 817/824. 16 Hess, in KassKomm, Vor. § 140a SGB V, Rn. 2; ausführlich zur integrierten Versorgung: Genzel, in Kern et al., FS Laufs, S. 817/821 ff. 17 Krieger, in ArGe MedR, S. 169/170 ff.; Ratzel, in Ratzel / Lippert, § 23 a-d, Rn. 7. 18 Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 314 ff.; Weimer, in Rieger et al., 840 Rn. 7 m.w. N.; wohl auch Ratzel, in Ratzel / Lippert § 23a-d Rn. 7; a. A. Reiter, GesR 2005, 6.
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Versorgungszentrums (MVZ) dar, wobei es sich nur um ähnliche, keineswegs identische Formen der interdisziplinären Zusammenarbeit handelt. 19 Voraussetzung für die Gründung einer medizinischen Kooperationsgemeinschaft ist gemäß § 23b Abs. 1 S. 3 MBO-Ä, dass die Verbindung von Arzt und Berufsangehörigen der in § 23b Abs. 1 MBO-Ä genannten Fachberufe einen gleichgerichteten oder integrierenden diagnostischen oder therapeutischen Zweck erfüllt. Medizinisches Versorgungszentrum: Siehe hierzu Teil 2 Kapitel 2 § 6 A. I. Mehrbesitzverbot: Im Grundsatz soll das Mehrbesitzverbot dem Apotheker die Möglichkeit nehmen, mehr als eine Apotheke zu betreiben. Es geht jedoch auch hier nicht darum, dem Apotheker die Inhaberschaft weiterer Apotheken im Sinne der tatsächlichen Sachherrschaft oder der Verfügungsgewalt zu untersagen, sondern allein um die Frage, ob bzw. wie der Mehrbesitzer seinen Mehrbesitz nutzen bzw. verwerten darf. 20 Seine Grundlage hat bzw. hatte das Verbot in § 1 Abs. 2 und 3 sowie § 3 Nr. 5 a. F. ApoG 21. Nach § 3 Nr. 5 a. F. ApoG erlosch die Betriebserlaubnis einer Apotheke, wenn die Erlaubnis dem Apotheker für eine andere Apotheke erteilt wurde, so dass ein Apotheker in der Regel nur eine Apotheke nutzen konnte. In voller Konsequenz besteht das Mehrbesitzverbot inzwischen allerdings nicht mehr. Auf Druck der Kommission der EG wurde es aufgeweicht, so dass ein Apotheker inzwischen bis zu drei weitere Filialapotheken betreiben darf, die jedoch alle im selben oder zumindest benachbarten Landkreis bzw. in der selben oder benachbarten Stadt liegen müssen, § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 4 und 5 ApoG. 22 Organisationsgemeinschaft: Organisationsgemeinschaften sind im Gegensatz zu Berufsausübungsgemeinschaften auf bestimmte Bereiche des Praxisbetriebs begrenzt. Bei ihnen ist lediglich die (Praxis-)Organisation vergesellschaftet, indem Räume, Personal und Gerätschaften gemeinsam genutzt werden. 23 Der Gesellschaftszweck ist nicht auf eine gemeinsame, sondern auf eine getrennte Ausübung des ärztlichen Berufs gerichtet. 24 Im Außenverhältnis treten die Ärzte mithin getrennt auf und führen ihre Praxen selbständig mit eigener Klientel und Patientenkartei. Die Abgrenzung zur Berufsausübungsgemeinschaft ist oft schwierig. 25 Generell wird man sagen können, dass eine Berufsausübungsgemeinschaft und keine Organisationsgemeinschaft vorliegt, wenn die Beteiligten 19
Vgl. Wigge, MedR 2004, 123/126; Ratzel / Lippert, MedR 2004, 525/529. Vgl. Taupitz, Fremd- und Mehrbesitz, S. 5 f. 21 In der Fassung vom 23. 8. 1994 (BGBl. I 1994, 2189). 22 Die Absätze IV und V wurden durch Art. 20 Nr. 3 Gesetz v. 4. 11. 2003 (BGBl. I 2003, 2190) mit Wirkung zum 1. 1. 2004 eingeführt. 23 Ratzel, in Ratzel / Lippert, § 18 Rn. 12, 14. 24 Schäfer-Gölz, in Halbe / Schirmer, A 1200 Rn. 14; Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 325. 25 Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 325. 20
322
Teil 6: Anhang
gegenseitig an Gewinn, Verlust und stillen Reserven beteiligt sind, d. h. das Unternehmerrisiko mittragen und gemeinsam Entscheidungen treffen bzw. die Praxis führen sowie ihren Willen zur gemeinsamen Berufsausübung durch entsprechende Ankündigung gegenüber dem Patienten dokumentieren. 26 Klassische Beispiele der Organisationsgemeinschaft sind die Praxisgemeinschaft, die Apparategemeinschaft und die Laborgemeinschaft. Aber auch Betriebsgesellschaften, bei denen Ärzte mit Gewinnerzielungsabsicht medizinische Geräte etc. erwerben, um sie an sich und andere gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen, werden den Organisationsgemeinschaften zugeordnet. 27 Erwähnt wird die Organisationsgemeinschaft in § 18 Abs. 1 MBO-Ä und § 33 Abs. 1 Ärzte-ZV. Passive Beteiligung: Mit passiven Beteiligungen sind in dieser Arbeit alle Möglichkeiten der Beteiligung am Gewinn eines Heilberufsunternehmens gemeint, die nicht mit dem Erhalt von Geschäftsführungs-, Mitwirkungsrechten oder sonstigen Möglichkeiten der unmittelbaren Einflussnahme auf den Unternehmensinhaber einhergehen. Partiarische Rechtsverhältnisse: Unter einem partiarischen Rechtsverhältnis versteht man die Beziehung zwischen zwei Personen, auf Grund derer in Verfolgung unterschiedlicher eigener Interessen die eine Person einen Teil des Erwerbs der anderen erhalten soll. 28 Partiarische Rechtsverhältnisse liegen immer dann vor, wenn die Gegenleistung sich am Erreichen eines gemeinsamen Ziels orientiert. Klassisch sind hierbei umsatz- oder gewinnorientierte Entgelte. Im Unterschied zur typischen stillen Gesellschaft ist der Vertragspartner nur am Gewinn, nicht jedoch am Verlust beteiligt. 29 Trotz der Parallelen zur stillen Gesellschaft wird man daher nur von einer Gesellschaftsähnlichkeit partiarischer Rechtsverhältnisse sprechen können. 30 Vor allem bei Darlehens- und Mietverträgen finden sich in der Praxis partiarische Vertragsgestaltungen. Praxisgemeinschaft: Die Praxisgemeinschaft ist der Zusammenschluss zweier oder mehrerer Ärzte gleicher und / oder verschiedener Fachrichtung zum Zweck gemeinsamer Nutzung von Praxisräumen und / oder Praxiseinrichtungen und / oder gemeinsamer Inanspruchnahme von Praxispersonal bei sonst selbständiger Praxisführung mit jeweils eigenem Patientenstamm, eigener Patientenkartei und selbständiger privat- und vertragsärztlicher Abrechnung. 31 Die Praxisgemeinschaft ist Organisationsgemeinschaft. 26 BFH, Urt. v. 14. 4. 2005, Az.: XI R 82/03; BSG, GesR 2004, 50/52. Reiter, GesR 2005, 6/8; Gollasch, S. 111. 27 Eisenberg, S. 299; Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 370 f. 28 Köbler, S. 447; Creifelds, S. 865. 29 Sprau, in Palandt, § 705 Rn. 9. 30 Sprau, in Palandt, § 705 Rn. 9. 31 Kremer, in Rieger et al., 4270 Rn. 1; Uhlenbruck / Schlund, in Laufs / Uhlenbruck, § 18 Rn. 9; Ehmann, MedR 1994, 141/144.
Teil 6: Anhang
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Praxisverbund: Der Praxisverbund ist die loseste Verbindung aller ärztlichen Zusammenschlüsse. Aufgeführt in § 23d MBO-Ä umfasst er den Zusammenschluss von Ärzten bzw. von Ärzten mit Berufsangehörigen i. S. d. § 23b Abs. 1 MBO-Ä unter Beibehaltung ihrer selbständigen Berufsausübung und ihrer getrennten Praxissitze zur Erfüllung eines durch gemeinsame oder gleichgerichtete Maßnahmen bestimmten Versorgungsauftrags oder zur Patientenversorgung durch eine andere Form der Zusammenarbeit. Er wird teilweise als besondere Variante der Organisationsgemeinschaft 32, teilweise als eigenständige Organisationsform neben Berufs- und Organisationsgemeinschaft qualifiziert. 33 Grundsätzlich steht er allen beteiligungswilligen Ärzten offen. 34 Provisor: Apothekenverwalter, der in abhängiger Beschäftigung die Apotheke für den Apothekenbetreiber (pharmazeutisch) leitet. Stille GbR: Bei der stillen GbR handelt es sich um eine GbR-Innengesellschaft, die sich im Wesentlichen von einer stillen Gesellschaft des HGB nur dadurch unterscheidet, dass Beteiligungsobjekt kein Handelsgewerbe ist. Die Bestimmungen der stillen Gesellschaft des HGB sind weitestgehend analog anzuwenden. Stille Gesellschaft: Die stille Gesellschaft ist in den §§ 230 ff. HGB geregelt. Subsidiär gelten die §§ 705 ff. BGB. 35 Von einer stillen Gesellschaft kann immer dann ausgegangen werden, wenn zwischen einem Unternehmensträger und einem stillen Gesellschafter ein Gesellschaftsvertrag geschlossen wurde, kraft dessen der stille Gesellschafter mit einer im Vermögen des Unternehmensinhabers befindlichen Einlage am Unternehmen beteiligt ist und dafür eine Gewinnbeteiligung erhält. 36 Ihrer Rechtsnatur nach ist die stille Gesellschaft eine Innengesellschaft. Sie kann nicht Träger von Rechten und Pflichten sein und es kann kein der Gesellschaft als Rechtsträger zugeordnetes Gesellschaftsvermögen gebildet werden. 37 Daher wird allein der Inhaber des Unternehmens aus den in dem Betrieb geschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet. 38 Stille Gesellschaft, typische: Die typische stille Gesellschaft ist von der atypischen stillen Gesellschaft zu unterscheiden. Bei der typischen stillen Gesellschaft ist der stille Gesellschafter weder an den stillen Reserven noch am Firmenwert beteiligt. 39 Seine Beteiligung ist auf eine Beteiligung am Gewinn und Verlust
32
Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 365. Sänger, NZS 2001, 234; Krahe, MedR 2005, 691/695. 34 Ratzel, in Ratzel / Lippert, § 23 a-d Rn. 9. 35 Creifelds, S. 1100 f. 36 U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 4.3; K. Schmidt, GesR, § 62 II 1. 37 K. Schmidt, GesR, § 62 I 1, m.w. N. 38 § 230 II HGB; Creifelds, S. 1100 f.; vgl. zu Haftungsfragen bei der stillen Gesellschaft: Bayer / Riedel, NJW 2003, 2567 ff. 33
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Teil 6: Anhang
reduziert. Seine Rechte beschränken sich auf die in § 233 HGB vorgesehenen Kontrollrechte. 40 Stille Gesellschaft, atypische: Bei der atypischen stillen Gesellschaft wird im Gesellschaftsvertrag von dem dispositiven Recht der §§ 230 ff. HGB abgewichen und es finden sich Regelungen im Gesellschaftsvertrag, die den stillen Gesellschafter an der Entwicklung des Unternehmensvermögens teilhaben lassen oder ihm gesellschaftsrechtliche Mitwirkungsrechte einräumen, die über den Rahmen des § 233 Abs. 1 HGB hinausgehen. 41 Teilgemeinschaftspraxis: Unter einer Teilgemeinschaftspraxis versteht man einen Zusammenschluss von Ärzten zur punktuellen gemeinsamen Berufausübung. 42 Es handelt sich hierbei um eine Variante der Berufsausübungsgemeinschaft, welche in § 18 Abs. 1 MBO-Ä; § 33 Abs. 2 S. 3 Ärzte-ZV geregelt ist. Treuhand: Von einem Treuhandverhältnis spricht man bei einem Rechtsverhältnis, bei dem ein Teil (Treuhänder) nach außen mindestens ein Vermögensrecht als eigenes Recht hat, dieses aber aufgrund einer schuldrechtlichen Abrede ganz oder teilweise im Interesse des anderen Teils (Treugebers) ausüben soll. 43 Näheres in Teil 2 Kapitel 2 § 5 C. Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft: Bei der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft handelt es sich um eine Berufsausübungsgemeinschaft mit mehreren Praxissitzen bzw. Vertragsarztsitzen. 44 Unterbeteiligung: Eine Unterbeteiligung ist eine stille Gesellschaft an einem Gesellschaftsanteil. 45 Näheres in Teil 2 Kapitel 2 § 5 A.
39
U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 1.28; K. Schmidt, GesR, § 62 II 2; Haack, NWB Fach 18, 4251/4253. 40 U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 12.65 ff.; Haack, NWB Fach 18, 4251/4256. 41 BGH, NJW-RR 1994, 1185; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 4.32; Haack, NWB Fach 18, 4251/4256. 42 BÄK, DÄBl. 2006, A 801/A 804; B. Koch, GesR 2005, 241/243, Reiter, GesR 2005, 6/8. 43 Köbler, S. 417. 44 Vgl. § 18 Abs. 3 S. 3 MBO-Ä; § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV; Möller, in Ratzel / Luxenburger, § 15 Rn. 260; Schallen Rn. 1177. 45 Weipert, in Riegger / Weipert, § 12 Rn. 62; U. Blaurock, Gesellschaft, Rn. 30.1, K. Schmidt, in MüKo-HGB, § 230 Rn. 192 m.w. N.; mit terminologischen Abweichungen aber ohne Unterschied in der Sache, Obermüller / Obermüller, in Hadding, FS Werner, S. 607/616 m.w. N.
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§ 2 Gesetzesauszüge I. Gesetz über das Apothekenwesen § 1 ApoG (1) Den Apotheken obliegt die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. (2) Wer eine Apotheke und bis zu drei Filialapotheken betreiben will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. (3) Die Erlaubnis gilt nur für den Apotheker, dem sie erteilt ist, und für die in der Erlaubnisurkunde bezeichneten Räume. § 2 ApoG (1) Die Erlaubnis ist auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller 1. Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes, Angehöriger eines der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates, dem Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, oder heimatloser Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer ist; 2. voll geschäftsfähig ist; 3. die deutsche Approbation als Apotheker besitzt; 4. die für den Betrieb einer Apotheke erforderliche Zuverlässigkeit besitzt; dies ist nicht der Fall, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Antragstellers in Bezug auf das Betreiben einer Apotheke dartun, insbesondere wenn strafrechtliche oder schwere sittliche Verfehlungen vorliegen, die ihn für die Leitung einer Apotheke ungeeignet erscheinen lassen, oder wenn er sich durch gröbliche oder beharrliche Zuwiderhandlung gegen dieses Gesetz, die auf Grund dieses Gesetzes erlassene Apothekenbetriebsordnung oder die für die Herstellung von Arzneimitteln und den Verkehr mit diesen erlassenen Rechtsvorschriften als unzuverlässig erwiesen hat; 5. die eidesstattliche Versicherung abgibt, dass er keine Vereinbarungen getroffen hat, die gegen § 8 Satz 2, § 9 Abs. 1, § 10 oder § 11 verstoßen, und den Kauf- oder Pachtvertrag über die Apotheke sowie auf Verlangen der zuständigen Behörde auch andere Verträge, die mit der Einrichtung und dem Betrieb der Apotheke in Zusammenhang stehen, vorlegt; 6. [...] (2) Abweichend von Absatz 1 ist einem approbierten Antragsteller, der nicht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 der Bundes-Apothekerordnung die pharmazeutische Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden hat, die Erlaubnis nur zu erteilen, wenn sie für eine Apotheke beantragt wird, die seit mindestens drei Jahren betrieben wird. (2a)[...] (4) Die Erlaubnis zum Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken ist auf Antrag zu erteilen, wenn
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1. der Antragsteller die Voraussetzungen nach den Absätzen 1 bis 3 für jede der beantragten Apotheken erfüllt und 2. die von ihm zu betreibende Apotheke und die von ihm zu betreibenden Filialapotheken innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten liegen. (5) Für den Betrieb mehrerer öffentlicher Apotheken gelten die Vorschriften dieses Gesetzes mit folgenden Maßgaben entsprechend: 1. Der Betreiber hat eine der Apotheken (Hauptapotheke) persönlich zu führen. 2. Für jede weitere Apotheke (Filialapotheke) hat der Betreiber schriftlich einen Apotheker als Verantwortlichen zu benennen, der die Verpflichtungen zu erfüllen hat, wie sie in diesem Gesetz und in der Apothekenbetriebsordnung für Apothekenleiter festgelegt sind. Soll die Person des Verantwortlichen geändert werden, so ist dies der Behörde von dem Betreiber eine Woche vor der Änderung schriftlich anzuzeigen. § 7 ApoG Die Erlaubnis verpflichtet zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung. Im Falle des § 2 Abs. 4 obliegen dem vom Betreiber nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 benannten Apotheker die Pflichten entsprechend Satz 1; die Verpflichtungen des Betreibers bleiben unberührt. Die persönliche Leitung einer Krankenhausapotheke obliegt dem angestellten Apotheker. § 8 ApoG Mehrere Personen zusammen können eine Apotheke nur in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft betreiben; in diesen Fällen bedürfen alle Gesellschafter der Erlaubnis. Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge sind unzulässig. Pachtverträge über Apotheken nach § 9, bei denen die Pacht vom Umsatz oder Gewinn abhängig ist, gelten nicht als Vereinbarungen im Sinne des Satzes 2. Die Sätze 1 bis 3 gelten für Apotheken nach § 2 Abs. 4 entsprechend. § 9 ApoG (1) Die Verpachtung einer Apotheke oder von Apotheken nach § 2 Abs. 4 ist nur in folgenden Fällen zulässig: 1. wenn und solange der Verpächter im Besitz der Erlaubnis ist und die Apotheke aus einem in seiner Person liegenden wichtigen Grund nicht selbst betreiben kann oder die Erlaubnis wegen des Wegfalls einer der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 widerrufen oder durch Widerruf der Approbation wegen des Wegfalls einer der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Bundes-Apothekerordnung erloschen ist; 2. nach dem Tode eines Erlaubnisinhabers durch seine erbberechtigten Kinder bis zu dem Zeitpunkt, in dem das jüngste der Kinder das 23. Lebensjahr vollendet. Ergreift eines dieser Kinder vor Vollendung des 23. Lebensjahres den Apotheker-
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beruf, so kann die Frist auf Antrag verlängert werden, bis es in seiner Person die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis erfüllen kann; 3. durch den überlebenden erbberechtigten Ehegatten oder Lebenspartner bis zu dem Zeitpunkt der Heirat oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft, sofern er nicht selbst eine Erlaubnis gemäß § 1 erhält. [...] § 13 ApoG (1) Nach dem Tode des Erlaubnisinhabers dürfen die Erben die Apotheke für längstens 12 Monate durch einen Apotheker verwalten lassen. (2) [...]
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Teil 6: Anhang
II. EG / EU-Vertrag und Synopse zum EUV (Lissabon) / AEUV Die sich entsprechenden Artikel sind gegenübergestellt, wobei die Änderungen durch Kursivdruck signalisiert werden. Vertrag über die Gründung der Europäi- Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Gemeinschaft (EG) schen Union (AEUV) Art. 3k EG(1)
Art. 6 AEUV
Die Tätigkeit der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 umfaßt nach Maßgabe dieses Vertrags und der darin vorgesehenen Zeitfolge:
Die Union ist für die Durchführung von Maßnahmen zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten zuständig. Diese Maßnahmen mit europäischer Zielsetzung können in folgenden Bereichen getroffen werden:
... p) einen Beitrag zur Erreichung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus;
a) Schutz und Verbesserung der menschlichen Gesundheit,... Art. 9 AEUV Bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen trägt die Union den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, mit der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung.
Art. 4 EG(1)
Art. 119 AEUV
Die Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 umfaßt nach Maßgabe dieses Vertrags und der darin vorgesehenen Zeitfolge die Einführung einer Wirtschaftspolitik, die auf einer engen Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, dem Binnenmarkt und der Festlegung gemeinsamer Ziele beruht und dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist.
(1) Die Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Union im Sinne des Artikels 3 des Vertrags über die Europäische Union umfasst nach Maßgabe der Verträge die Einführung einer Wirtschaftspolitik, die auf einer engen Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, dem Binnenmarkt und der Festlegung gemeinsamer Ziele beruht und dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist.
Teil 6: Anhang
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(2) Parallel dazu umfaßt diese Tätigkeit nach Maßgabe dieses Vertrags und der darin vorgesehenen Zeitfolge und Verfahren die unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse im Hinblick auf die Einführung einer einheitlichen Währung, der ECU, sowie die Festlegung und Durchführung einer einheitlichen Geld- sowie Wechselkurspolitik, die beide vorrangig das Ziel der Preisstabilität verfolgen und unbeschadet dieses Zieles die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft unter Beachtung des Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb unterstützen sollen.
(2) Parallel dazu umfasst diese Tätigkeit nach Maßgabe der Verträge und der darin vorgesehenen Verfahren eine einheitliche Währung, den Euro, sowie die Festlegung und Durchführung einer einheitlichen Geld- sowie Wechselkurspolitik, die beide vorrangig das Ziel der Preisstabilität verfolgen und unbeschadet dieses Zieles die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union unter Beachtung des Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb unterstützen sollen.
(3) Diese Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft setzt die Einhaltung der folgenden richtungweisenden Grundsätze voraus: stabile Preise, gesunde öffentliche Finanzen und monetäre Rahmenbedingungen sowie eine dauerhaft finanzierbare Zahlungsbilanz.
(3) Diese Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Union setzt die Einhaltung der folgenden richtungweisenden Grundsätze voraus: stabile Preise, gesunde öffentliche Finanzen und monetäre Rahmenbedingungen sowie eine dauerhaft finanzierbare Zahlungsbilanz.
Art. 43 EG
Art. 49 AEUV
Die Beschränkungen der freien Nieder- Identisch, lediglich der Verweis auf Art. 48 lassung von Staatsangehörigen eines Mit- wird entsprechend der neuen Nummeriegliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen rung auf Art. 53 abgeändert. Mitgliedstaats sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfaßt die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.
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Teil 6: Anhang
Art. 46 EG
Art. 52 AEUV
(1) Dieses Kapitel und die aufgrund des- Abs. 1 ist identisch selben getroffenen Maßnahmen beeinträchtigen nicht die Anwendbarkeit der Rechtsund Verwaltungsvorschriften, die eine Sonderregelung für Ausländer vorsehen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind. (2) Der Rat erläßt gemäß dem Verfahren (2) Das Europäische Parlament und der Rat des Artikels 251 Richtlinien für die Koor- erlassen gemäß dem ordentlichen Gesetzgedinierung der genannten Vorschriften. bungsverfahren Richtlinien für die Koordinierung der genannten Vorschriften. Art. 47 EG
Art. 53 AEUV
(1) Um die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten zu erleichtern, erläßt der Rat nach dem Verfahren des Artikels 251 Richtlinien für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise.
(1) Um die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Tätigkeiten zu erleichtern, erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Richtlinien für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähi(2) Zu dem gleichen Zweck erläßt der gungsnachweise sowie für die KoordiRat gemäß dem Verfahren des Artikels nierung der Rechts- und Verwaltungsvor251 Richtlinien zur Koordinierung der schriften der Mitgliedstaaten über die AufRechts- und Verwaltungsvorschriften der nahme und Ausübung selbstständiger TäMitgliedstaaten über die Aufnahme und tigkeiten. Ausübung selbständiger Tätigkeiten. Der Rat beschließt im Rahmen des Verfahrens des Artikels 251 einstimmig über Richtlinien, deren Durchführung in mindestens einem Mitgliedstaat eine Änderung bestehender gesetzlicher Grundsätze der Berufsordnung hinsichtlich der Ausbildung und der Bedingungen für den Zugang natürlicher Personen zum Beruf umfaßt. Im übrigen beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit. (3) Die schrittweise Aufhebung der Beschränkungen für die ärztlichen, arztähnlichen und pharmazeutischen Berufe setzt die Koordinierung der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe in den einzelnen Mitgliedstaaten voraus.
(2) Die schrittweise Aufhebung der Beschränkungen für die ärztlichen, arztähnlichen und pharmazeutischen Berufe setzt die Koordinierung der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe in den einzelnen Mitgliedstaaten voraus.
Teil 6: Anhang Art. 48 EG
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Art. 53 AEUV
Für die Anwendung dieses Kapitels stehen Identischer Inhalt die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind. Als Gesellschaften gelten die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen. Art. 49 EG
Art. 56 AEUV
Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.
Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.
Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschließen, daß dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Gemeinschaft ansässig sind.
Das Europäische Parlament und der Rat können gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließen, dass dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Union ansässig sind.
Art. 56 EG
Art. 63 AEUV
(1) Im Rahmen der Bestimmungen dieses Identischer Inhalt Kapitels sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten. (2) Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Zahlungsverkehrs zwischen den Mitglied-
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Teil 6: Anhang
staaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten. Art. 81 EG
Art. 101 AEUV
(1) Mit dem Gemeinsamen Markt unver- (1) Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und einbar und verboten sind alle Vereinba- verboten ... (keine weiteren Änderungen) rungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen; b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen; c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen; d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden; e) die an den Abschluß von Verträgen geknüpfte Bedingung, daß die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen. (2) Die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig. (3) Die Bestimmungen des Absatzes 1 können für nicht anwendbar erklärt werden auf – Vereinbarungen oder Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen, – Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen, – aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen,
Teil 6: Anhang
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die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne daß den beteiligten Unternehmen a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerläßlich sind, oder b) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten. Art. 82 EG Art. 102 AEUV Mit dem Gemeinsamen Markt unverein- (1) Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und bar und verboten ist die mißbräuchliche verboten ... (keine weiteren Änderungen) Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Dieser Mißbrauch kann insbesondere in folgendem bestehen: a) der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen; b) der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher; c) der Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden; d) der an den Abschluß von Verträgen geknüpften Bedingung, daß die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen. Art. 86 EG (1) Die Mitgliedstaaten werden in bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine die-
Art. 106 AEUV Abgesehen von der Änderung der Nummerierung bei dem Verweis auf andere Vorschriften des Vertrags in Abs. 1 keine inhaltlichen Änderungen.
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sem Vertrag und insbesondere dessen Artikeln 12 und 81 bis 89 widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten. (2) Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Vorschriften dieses Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft. (3) Die Kommission achtet auf die Anwendung dieses Artikels, richtet erforderlichenfalls geeignete Richtlinien oder Entscheidungen an die Mitgliedstaaten. Art. 152 EG
Art. 168 AEUV
(1) Bei der Festlegung und Durchführung aller Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen wird ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt.
(1) Bei der Festlegung und Durchführung aller Unionspolitiken und -maßnahmen wird ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt.
Die Tätigkeit der Gemeinschaft ergänzt die Politik der Mitgliedstaaten und ist auf die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, die Verhütung von Humankrankheiten und die Beseitigung von Ursachen für die Gefährdung der menschlichen Gesundheit gerichtet. Sie umfaßt die Bekämpfung der weitverbreiteten schweren Krankheiten; dabei werden die Erforschung der Ursachen, der Übertragung und der Verhütung dieser Krankheiten sowie die Gesundheitsinformation und -erziehung gefördert.
Die Tätigkeit der Union ergänzt die Politik der Mitgliedstaaten und ist auf die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, die Verhütung von Humankrankheiten und die Beseitigung von Ursachen für die Gefährdung der körperlichen und geistigen Gesundheit gerichtet. Sie umfasst die Bekämpfung der weit verbreiteten schweren Krankheiten, wobei die Erforschung der Ursachen, der Übertragung und der Verhütung dieser Krankheiten sowie Gesundheitsinformation und -erziehung gefördert werden; außerdem umfasst sie die Beobachtung, frühzeitige Meldung und Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren.
Teil 6: Anhang Die Gemeinschaft ergänzt die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verringerung drogenkonsumbedingter Gesundheitsschäden einschließlich der Informations- und Vorbeugungsmaßnahmen.
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Die Union ergänzt die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verringerung drogenkonsumbedingter Gesundheitsschäden einschließlich der Informations- und Vorbeugungsmaßnahmen.
(2) Die Gemeinschaft fördert die Zusam- (2) Die Union fördert die Zusammenarbeit menarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in zwischen den Mitgliedstaaten in den in dieden in diesem Artikel genannten Berei- sem Artikel genannten Bereichen und unchen und unterstützt erforderlichenfalls de- terstützt erforderlichenfalls deren Tätigkeit. ren Tätigkeit. Sie fördert insbesondere die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, die darauf abzielt, die Komplementarität ihrer Gesundheitsdienste in den Grenzgebieten zu verbessern. Die Mitgliedstaaten koordinieren untereinander im Benehmen mit der Kommission ihre Politiken und Programme in den in Absatz 1 genannten Bereichen. Die Kommission kann in enger Verbindung mit den Mitgliedstaaten alle Initiativen ergreifen, die dieser Koordinierung förderlich sind.
Die Mitgliedstaaten koordinieren untereinander im Benehmen mit der Kommission ihre Politiken und Programme in den in Absatz 1 genannten Bereichen. Die Kommission kann in enger Verbindung mit den Mitgliedstaaten alle Initiativen ergreifen, die dieser Koordinierung förderlich sind, insbesondere Initiativen, die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten. Das Europäische Parlament wird in vollem Umfang unterrichtet.
(3) Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit dritten Ländern und den für das Gesundheitswesen zuständigen internationalen Organisationen.
(3) Die Union und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit dritten Ländern und den für das Gesundheitswesen zuständigen internationalen Organisationen.
(4) Der Rat trägt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen mit folgenden Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels bei: a) Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Organe und Substanzen menschlichen Ursprungs sowie für Blut und Blutde-
(4) Abweichend von Artikel 2 Absatz 5 und Artikel 6 Buchstabe a tragen das Europäische Parlament und der Rat nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe k gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen mit folgenden Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels bei, um den gemeinsamen Sicherheitsanlie-
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rivate; diese Maßnahmen hindern die gen Rechnung zu tragen: Mitgliedstaaten nicht daran, strengere a) Maßnahmen zur Festlegung hoher QuaSchutzmaßnahmen beizubehalten oder litäts- und Sicherheitsstandards für Oreinzuführen; gane und Substanzen menschlichen Urb) abweichend von Artikel 37 Maßnahsprungs sowie für Blut und Blutdemen in den Bereichen Veterinärwesen rivate; diese Maßnahmen hindern die und Pflanzenschutz, die unmittelbar den Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Schutz der Gesundheit der Bevölkerung Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zum Ziel haben; einzuführen; b) Maßnahmen in den Bereichen Veterinärwesen und Pflanzenschutz, die unmittelbar den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zum Ziel haben; c) Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Arzneimittel und Medizinprodukte. c) Fördermaßnahmen, die den Schutz und die Verbesserung der menschlichen Ge- (5) Das Europäische Parlament und der sundheit zum Ziel haben, unter Aus- Rat können unter Ausschluss jeglicher schluß jeglicher Harmonisierung der Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten gemäß dem ordentlichen Mitgliedstaaten Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen auch Fördermaßnahmen zum Schutz und zur Verbesserung der menschlichen Gesundheit sowie insbesondere zur Bekämpfung der weit verbreiteten schweren grenzüberschreitenden Krankheiten, Maßnahmen zur Beobachtung, frühzeitigen Meldung und Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren sowie Maßnahmen, die unmittelbar den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor Tabakkonsum und Alkoholmissbrauch zum Ziel haben, erlassen. Der Rat kann ferner mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission (6) Der Rat kann ferner auf Vorschlag der für die in diesem Artikel genannten Zwe- Kommission für die in diesem Artikel gecke Empfehlungen erlassen. nannten Zwecke Empfehlungen erlassen. (5) Bei der Tätigkeit der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit der Bevölkerung wird die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung in vollem Umfang gewahrt. Insbesondere las-
(7) Bei der Tätigkeit der Union wird die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung ge-
Teil 6: Anhang sen die Maßnahmen nach Absatz 4 Buchstabe a die einzelstaatlichen Regelungen über die Spende oder die medizinische Verwendung von Organen und Blut unberührt.
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wahrt. Die Verantwortung der Mitgliedstaaten umfasst die Verwaltung des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung sowie die Zuweisung der dafür bereitgestellten Mittel. Die Maßnahmen nach Absatz 4 Buchstabe a lassen die einzelstaatlichen Regelungen über die Spende oder die medizinische Verwendung von Organen und Blut unberührt.
Vertrag über die Gründung der Europäi- Vertrag über die Gründung der Europäischen Union in der Fassung von Nizza (EU) schen Union in der Fassung von Lissabon (EUV) Art. 6 EU
Art. 6 EUV
(1) Die Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit; diese Grundsätze sind allen Mitgliedstaaten gemeinsam.
(1) Die Union erkennt die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 7. Dezember 2000 in der am 12. Dezember 2007 in Straßburg angepassten Fassung niedergelegt sind; die Charta der Grundrechte und die Verträge sind rechtlich gleichrangig. Durch die Bestimmungen der Charta werden die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union in keiner Weise erweitert. Die in der Charta niedergelegten Rechte, Freiheiten und Grundsätze werden gemäß den allgemeinen Bestimmungen des Titels VII der Charta, der ihre Auslegung und Anwendung regelt, und unter gebührender Berücksichtigung der in der Charta angeführten Erläuterungen, in denen die Quellen dieser Bestimmungen angegeben sind, ausgelegt.
(2) Die Union achtet die Grundrechte, wie sie in der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Ver-
(2) Die Union tritt der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei. Dieser Beitritt ändert nicht die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union.
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fassungsüberlieferungen der Mitgliedstaa- (3) Die Grundrechte, wie sie in der Euten als allgemeine Grundsätze des Gemein- ropäischen Konvention zum Schutz der schaftsrechts ergeben. Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, sind als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts. (3) Die Union achtet die nationale Identität ihrer Mitgliedstaaten.
Art. 3 EUV
(4) Die Union stattet sich mit den Mitteln (1) Ziel der Union ist es, den Frieden, ihre aus, die zum Erreichen ihrer Ziele und zur Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu Durchführung ihrer Politiken erforderlich fördern. sind. (2) Die Union bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen, in dem – in Verbindung mit geeigneten Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, das Asyl, die Einwanderung sowie die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität – der freie Personenverkehr gewährleistet ist. (3) Die Union errichtet einen Binnenmarkt. ... (4) Die Union errichtet eine Wirtschafts- und Währungsunion, deren Währung der Euro ist. ...
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III. Musterberufsordnung Ärzte § 1 MBO-Ä – Aufgaben der Ärztinnen und Ärzte (1) Ärztinnen und Ärzte dienen der Gesundheit des einzelnen Menschen und der Bevölkerung. Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe. Er ist seiner Natur nach ein freier Beruf. (2) [...] § 17 MBO-Ä – Niederlassung und Ausübung der Praxis (1) Die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit außerhalb von Krankenhäusern einschließlich konzessionierter Privatkliniken ist an die Niederlassung in einer Praxis (Praxissitz) gebunden, soweit nicht gesetzliche Vorschriften etwas anderes zulassen. (2) Ärztinnen und Ärzten ist es gestattet, über den Praxissitz hinaus an zwei weiteren Orten ärztlich tätig zu sein. Ärztinnen und Ärzte haben Vorkehrungen für eine ordnungsgemäße Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten an jedem Ort ihrer Tätigkeiten zu treffen. (3) [...] (4) Der Praxissitz ist durch ein Praxisschild kenntlich zu machen. Ärztinnen und Ärzte haben auf ihrem Praxisschild – den Namen, – die (Fach-) Arztbezeichnung, – die Sprechzeiten sowie – ggf. die Zugehörigkeit zu einer Berufsausübungsgemeinschaft gem. § 18a anzugeben. Ärztinnen und Ärzte, welche nicht unmittelbar patientenbezogen tätig werden, können von der Ankündigung ihres Praxissitzes durch ein Praxisschild absehen, wenn sie dies der Ärztekammer anzeigen. (5) [...] § 18 MBO-Ä – Berufliche Kooperationen (1) Ärztinnen und Ärzte dürfen sich zu Berufsausübungsgemeinschaften, Organisationsgemeinschaften, Kooperationsgemeinschaften und Praxisverbünden zusammenschließen. Der Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung des Arztberufs kann zum Erbringen einzelner Leistungen erfolgen, sofern er nicht lediglich einer Umgehung des § 31 dient. [...] Verträge über die Gründung von Teil-Berufsausübungsgemeinschaften sind der Ärztekammer vorzulegen. (2) Ärztinnen und Ärzte dürfen ihren Beruf einzeln oder gemeinsam in allen für den Arztberuf zulässigen Gesellschaftsformen ausüben, wenn ihre eigenverantwortliche, medizinisch unabhängige sowie nicht gewerbliche Berufausübung gewährleistet ist. Bei beruflicher Zusammenarbeit, gleich in welcher Form, hat jede Ärztin und jeder Arzt zu gewährleisten, dass die ärztlichen Berufspflichten eingehalten werden. (3) Die Zugehörigkeit zu mehreren Berufausübungsgemeinschaften ist zulässig. Die Berufsausübungsgemeinschaft erfordert einen gemeinsamen Praxissitz. Eine Berufsausübungsgemeinschaft mit mehreren Praxissitzen ist zulässig, wenn an dem jeweiligen
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Praxissitz verantwortlich mindestens ein Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft hauptberuflich tätig ist. (4) [...] § 19 MBO-Ä – Beschäftigung angestellter Praxisärztinnen und -ärzte (1) Ärztinnen und Ärzte müssen die Praxis persönlich ausüben. Die Beschäftigung ärztlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Praxis setzt die Leitung der Praxis durch die niedergelassene Ärztin oder den niedergelassenen Arzt voraus. Die Ärztin oder der Arzt hat die Beschäftigung der ärztlichen Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters der Ärztekammer anzuzeigen. (2) [...] § 23a MBO-Ä– Ärztegesellschaften (1) Ärztinnen und Ärzte können auch in der Form der juristischen Person des Privatrechts ärztlich tätig sein. Gesellschafter einer Ärztegesellschaft können nur Ärztinnen und Ärzte sowie Angehörige der in § 23b Absatz 1 Satz 1 genannten Berufe sein. Sie müssen in der Gesellschaft beruflich tätig sein. Gewährleistet sein muss zudem, dass a) die Gesellschaft verantwortlich von einer Ärztin oder einem Arzt geführt wird; Geschäftsführer müssen mehrheitlich Ärztinnen und Ärzte sein, b) die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und der Stimmrechte Ärztinnen und Ärzten zustehen, c) Dritte nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sind, d) eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung für jede / jeden in der Gesellschaft tätige Ärztin / tätigen Arzt besteht. (2) [...] § 23b MBO-Ä – Medizinische Kooperationsgemeinschaft zwischen Ärztinnen und Ärzte und Angehörigen anderer Fachberufe (1) Ärztinnen und Ärzte können sich auch mit selbständig tätigen und zur eigenverantwortlichen Berufsausübung befugten Berufsangehörigen anderer akademischer Heilberufe im Gesundheitswesen oder staatlicher Ausbildungsberufe im Gesundheitswesen sowie anderen Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern und Angehörigen sozialpädagogischer Berufe – auch beschränkt auf einzelne Leistungen – zur kooperativen Berufsausübung zusammenschließen (medizinische Kooperationsgemeinschaft). Die Kooperation ist in der Form einer Partnerschaftsgesellschaft nach dem PartGG oder aufgrund eines schriftlichen Vertrages über die Bildung einer Kooperationsgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer juristischen Person des Privatrechts gem. § 23a gestattet. Ärztinnen und Ärzten ist ein solcher Zusammenschluss im Einzelnen nur mit solchen anderen Berufsangehörigen und in der Weise erlaubt, dass diese in ihrer Verbindung mit der Ärztin oder dem Arzt einen gleichgerichteten oder integrierenden diagnostischen oder therapeutischen Zweck bei der Heilbehandlung, auch auf dem Gebiete der Prävention und Rehabilitation, durch räumlich nahes und koordiniertes Zusammenwirken aller beteiligten Berufsangehörigen erfüllen können. Darüber hinaus muss der Kooperationsvertrag gewährleisten, dass
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a) die eigenverantwortliche und selbständige Berufsausübung der Ärztin oder des Arztes gewahrt ist; b) die Verantwortungsbereiche der Partner gegenüber den Patientinnen und Patienten getrennt bleiben; c) medizinische Entscheidungen, insbesondere über Diagnostik und Therapie, ausschließlich die Ärztin oder der Arzt trifft, sofern nicht die Ärztin oder der Arzt nach ihrem oder seinem Berufsrecht den in der Gemeinschaft selbständig tätigen Berufsangehörigen eines anderen Fachberufs solche Entscheidungen überlassen darf; d) der Grundsatz der freien Arztwahl gewahrt bleibt; e) die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt zur Unterstützung in seinen diagnostischen Maßnahmen oder zur Therapie auch andere als die in der Gemeinschaft kooperierenden Berufsangehörigen hinzuziehen kann; f) die Einhaltung der berufsrechtlichen Bestimmungen der Ärztinnen und Ärzte, insbesondere die Pflicht zur Dokumentation, das Verbot der berufswidrigen Werbung und die Regeln zur Erstellung einer Honorarforderung, von den übrigen Partnerinnen und Partnern beachtet wird; g) sich die medizinische Kooperationsgemeinschaft verpflichtet, im Rechtsverkehr die Namen aller Partnerinnen und Partner und ihre Berufsbezeichnungen anzugeben und – sofern es sich um eine eingetragene Partnerschaftsgesellschaft handelt – den Zusatz „Partnerschaft“ zu führen. Die Voraussetzungen der Buchstaben a–f gelten bei der Bildung einer juristischen Person des Privatrechts entsprechend. Der Name der juristischen Person muss neben dem Namen einer ärztlichen Gesellschafterin oder eines ärztlichen Gesellschafters die Bezeichnung „Medizinische Kooperationsgemeinschaft“ enthalten. Unbeschadet des Namens sind die Berufsbezeichnungen aller in der Gesellschaft tätigen Berufe anzukündigen. (2) Die für die Mitwirkung der Ärztin oder des Arztes zulässige berufliche Zusammensetzung der Kooperation im einzelnen richtet sich nach dem Gebot des Absatzes 1 Satz 3; es ist erfüllt, wenn Angehörige aus den vorgenannten Berufsgruppen kooperieren, die mit der Ärztin oder dem Arzt entsprechend ihrem oder seinem Fachgebiet einen gemeinschaftlich erreichbaren medizinischen Zweck nach der Art ihrer beruflichen Kompetenz zielbezogen erfüllen können. § 23c MBO-Ä – Verträge über ärztliche Tätigkeit Ärztinnen und Ärzten ist es gestattet, in Partnerschaften gemäß § 1 Absatz 1 und Absatz 2 PartGG mit Angehörigen anderer Berufe als den in § 23b beschriebenen zusammenzuarbeiten, wenn sie in der Partnerschaft nicht die Heilkunde am Menschen ausüben. Der Eintritt in eine solche Partnerschaftsgesellschaft ist der Ärztekammer anzuzeigen.
IV. Sozialgesetzbuch V § 95 SGB V – Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung (1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrich-
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tungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Eine Einrichtung nach Satz 2 ist dann fachübergreifend, wenn in ihr Ärzte mit verschiedenen Facharzt- oder Schwerpunktbezeichnungen tätig sind; sie ist nicht fachübergreifend, wenn die Ärzte der hausärztlichen Arztgruppe nach § 101 Abs. 5 angehören und wenn die Ärzte oder Psychotherapeuten der psychotherapeutischen Arztgruppe nach § 101 Abs. 4 angehören. Sind in einer Einrichtung nach Satz 2 ein fachärztlicher und ein hausärztlicher Internist tätig, so ist die Einrichtung fachübergreifend. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die medizinischen Versorgungszentren können sich aller zulässigen Organisationsformen bedienen; sie können von den Leistungserbringern, die auf Grund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung der Versicherten teilnehmen, gegründet werden. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz). (2) [...]
V. Ärzte-Zulassungsverordnung § 32 Ärzte-ZV (1) Der Vertragsarzt hat die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben. [...] § 32b Ärzte-ZV (1) Der Vertragsarzt kann Ärzte nach Maßgabe des § 95 Abs. 9 und 9a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anstellen. In den Bundesmantelverträgen sind einheitliche Regelungen zu treffen über den zahlenmäßigen Umfang der Beschäftigung angestellter Ärzte unter Berücksichtigung der Versorgungspflicht des anstellenden Vertragsarztes. (2) [...] § 33 Ärzte-ZV (1) Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte ist zulässig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind hiervon zu unterrichten. Nicht zulässig ist die gemeinsame Beschäftigung von Ärzten und Zahnärzten; dies gilt nicht für medizinische Versorgungszentren. (2) Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist zulässig unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern an einem gemeinsamen Vertragsarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft). Sie ist auch zulässig bei unterschiedlichen Vertragsarztsitzen der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft (überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft), wenn die Erfüllung der Versorgungspflicht des jeweiligen Mitglieds an seinem Vertragsarztsitz unter Berücksichtigung
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der Mitwirkung angestellter Ärzte und Psychotherapeuten in dem erforderlichen Umfang gewährleistet ist sowie das Mitglied und die bei ihm angestellten Ärzte und Psychotherapeuten an den Vertragsarztsitzen der anderen Mitglieder nur in zeitlich begrenztem Umfang tätig werden. Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistung, ist zulässig, sofern diese Berufsausübungsgemeinschaft nicht zur Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit überweisungsberechtigten Leistungserbringern gebildet wird.
VI. Heilpraktikergesetz § 1 HPG (1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis. (2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.
VII. Partnerschaftsgesellschaftsgesetz § 1 PartGG – Voraussetzungen der Partnerschaft (1) Die Partnerschaft ist eine Gesellschaft, in der sich Angehörige freier Berufe zur Ausübung ihrer Berufe zusammenschließen. Sie übt kein Handelsgewerbe aus. Angehörige einer Partnerschaft können nur natürliche Personen sein. (2) Die Freien Berufe haben im allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt. Ausübung eines Freien Berufs im Sinne dieses Gesetzes ist die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen, Heilmasseure, Diplom-Psychologen, Mitglieder der Rechtsanwaltskammern, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer (vereidigte Buchrevisoren), Steuerbevollmächtigten, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Lotsen, hauptberuflichen Sachverständigen, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer und ähnlicher Berufe sowie der Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Lehrer und Erzieher.
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Sachverzeichnis Aktive Beteiligungsverbote 48 – Fremdbetriebsverbot 38 – 39, 85, 96, 98 – 99, 113 – 114, 117, 167, 174, 180, 184, 186, 190, 247, 250 – 251, 257, 273, 278 – 279, 286, 292, 299, 302, 308 – 309, 312 – 313, 315 – Fremdgesellschaftsverbot 38, 41, 51, 80, 100 – 102, 106, 109, 115, 129, 133 – 136, 144, 147 – 148, 155, 159, 162, 164 – 165, 167 – 168, 174 – 177, 179 – 180, 190, 237, 255, 266, 273, 278 – 279, 286, 288 – 289, 298, 301 – 302, 308 – 309, 313, 315 – 317 Allg. Beteiligungsverbot 207 Altruismus 227 Apotheken-/Praxisgründung 74, 98, 101, 109, 224 – 225 Apothekenallokation 74 Apothekenbevorratung 81 Apothekenleiter 33, 40, 68, 71, 79, 81, 84, 87, 113, 162, 172, 309, 326 Apothekenmarkt 50 – 52, 75 – 76, 84, 94, 97 – 98, 133, 175, 358 Apothekenrealrechte 34 Apothekenurteil – Erstes Apothekenurteil 36, 62 – Zweites Apothekenurteil 62 Apothekenverantwortlicher 87, 113, 170 Apothekenvermietung 127 Apparategemeinschaft 322 Approbation 36, 47, 55, 69 – 70, 74, 147, 149, 185, 243, 259, 273, 325 – 326 Arzneimittelkosten 76, 118
Ärztekapitalgesellschaft 193, 212, 214, 237, 254, 271, 275, 282 –283, 289, 297 – Aktiengesellschaft 163, 200, 210, 249 – Ärzte-GmbH 85, 200, 210, 212, 214, 222, 266, 280, 284 Ärztepersonengesellschaft 200 –201, 215, 239, 284 Arztpraxis 28, 32, 41, 182 –184, 190, 192, 195, 201, 203 –204, 206, 211, 213, 215, 217, 226, 229, 232 –236, 240 –241, 243 – 244, 252, 254, 256 –259, 261, 267, 271 – 273, 275 –279, 282, 284, 286, 288, 316, 361, 366 Bedürfnisprüfung 36 –38 Beratungsqualität 31, 55, 76, 78 –79, 84, 87, 89 – 90, 94, 105, 154, 162, 167, 195, 238, 273, 295, 356 Bereichsausnahme 139 –140, 151 Berufsausübungsgemeinschaft 125, 182, 193 – 194, 197, 203, 206, 215, 218, 301 – 304, 318, 320 –321, 324, 339, 342 – allgemein 193, 196, 199, 203, 206, 215, 217, 229, 236, 263, 292 – teilbereichsbeschränkte 182, 228 – überörtliche 182, 188, 235, 277 –278, 342 Berufsbildfixierung 62 Berufsbildlehre 62, 69 Berufsfreiheit 67 –68, 73, 92, 96, 102, 126, 179 –180, 273 –274, 282 –283, 308, 353, 360 –361 – Berufsfreiheit der Apotheker 67, 308
Sachverzeichnis – Berufsfreiheit der Ärzte 273, 282 – 283 – Berufsfreiheit Dritter 67 Berufsrecht 79, 100, 107, 111, 127, 159, 170, 172, 183, 185, 187, 189, 192, 195 – 196, 198 – 199, 202, 216 – 218, 221 – 223, 226, 237, 239, 253, 270, 273 – 275, 282, 291 – 292, 296, 299, 304, 306, 309, 319, 341, 344, 355 – 356, 358, 360 Beschränkungsverbot 138 – 139, 141, 143, 177 – 178 Bestimmtheitsgrundsatz 214, 221, 314, 316 Beteiligungshürde 147 Betreibergesellschaft 204, 225 Betriebserlaubnis 36 – 37, 39, 46, 70, 74, 102, 105, 114 – 115, 129, 133 – 134, 136, 147, 152, 165, 173, 309, 311, 321 Betriebsform 49, 121 Bindungswirkung von BVerfGE 63 – 65 Binnenmarkt 156, 328, 332 – 333 Bundesmantelvertrag 25, 184 Bundesrecht 272, 359 Corporate Identity 50, 56, 58, 296 – 298 Dienstleistungsfreiheit 131, 137 – 138, 145 – 146, 148, 178 – 179, 284, 289, 311 Diskriminierungsverbot 137 – 138, 140, 150, 312, 358 Doc Morris 27, 32, 50 – 51, 57, 133 – 136, 140, 153, 159, 161 – 162, 165, 172, 356, 361, 364 Doc Morris Urteil 159 Drei Stufen Lehre – Berufsausübung 71 – Berufswahl 61, 70 – 71 Drittbeteiligungsformen 251, 284 Eigentumsfreiheit 179 Einnahmepooling 233, 251 – 253, 279, 283, 290, 316
369
Einzelpraxis 192, 215, 217, 224, 239, 263, 277, 284, 289, 357 Entscheidung des BayObLG vom 6. 11. 2000 241 Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 16. 03. 1973 240 Filialbesitz 52, 57, 165 Franchising 56, 58, 60, 180, 235, 251, 293 – 294, 296 –298, 356, 364, 366 Freiberuflichkeit 73, 91 –93, 99, 187 – 189, 206, 215, 219 –221, 223 –225, 234 – 235, 239 –240, 243 –244, 246, 255, 271, 275, 292, 302 –303, 313, 361 Freiverkäufliche Arzneimittel 84, 86 Fremdbesitz 32, 85, 118, 168, 355 Fremdbetrieb 41, 58, 109, 121, 168, 171, 185, 191, 278 –279, 304 Fremdnutzung 32 –36, 76, 78, 111 Gefahrenpotenzial 54, 168, 252, 279 Gemeinschaftspraxis 188, 197, 217, 230, 232, 234, 243, 277 –279, 318 –319, 360 Gesellschaftsrecht 100, 183, 191, 273, 291, 300, 363 Gesellschaftsvertragsgestaltung 232 Gesellschaftszweck 191, 193 –195, 198, 203 – 204, 206, 217, 228 –229, 233, 252, 257, 260, 291, 319, 321 Gesetzesvorbehalt 214, 274 –275, 278, 316 Gewerblichkeitsverbot 226, 228, 239 – 241, 243 Gewinnbeteiligung, s. a. part. Rechtsverhältnis 43, 45, 104, 200, 206, 212, 216 – 217, 229, 231, 237 –238, 240 – 242, 244, 249, 257, 271, 279, 283, 311, 315, 323 Gleichheitssatz 120 –121, 130, 267, 311 – Ungleichbehandlung 120 –121, 123 – 124, 126 –127, 130, 246, 266, 278 –280, 283
370
Sachverzeichnis
Haftpflichtversicherung 166, 174, 340 Haftungsrisiken 168, 174, 287 Handelsgesetzbuch 364 Heilpraktiker 25, 191, 194, 223, 279, 303, 343, 365 Heilpraktikergesetz 26, 183, 185, 190, 320, 343
Mehrbesitzverbot 31, 36, 38, 49, 61 –64, 66, 70, 75, 77, 84 –85, 95, 98, 112 – 113, 120, 129 –130, 143, 159, 165, 321
Inkohärenz 84 – 85 Internationaler Vergleich 51, 60, 86, 88, 149, 171, 175 – 176, 284, 288
Nachwuchs 63
Kammer 134, 136, 172, 212, 228, 272, 280, 282 Kapitalverkehrsfreiheit 131, 144 – 145, 147, 176, 179, 284, 288, 365 Kommerzialisierung 154, 214, 227 Kontrollfunktion 81 Krankenhaus 121 – 122, 130, 262, 264, 266 – 268, 278 – 279, 283, 287, 298, 304, 315 Krankenhausapotheke 40, 49, 85, 120, 122 – 123, 326, 366 – Krankenhausapotheker 85, 122 Kündigung 59, 80, 118, 232, 245, 250, 315 Leistungserbringer 47, 202 – 203, 229 – 230, 238, 263 – 264, 267 – 269, 302, 313, 320, 364 Leitbild 28, 38, 42, 62 – 63, 65 – 66, 71, 82, 92, 105, 112, 271, 318, 355 McDent 293, 295 – 297 McZahn 27, 293, 295 Medizinische Kooperationsgemeinschaft 194, 320, 340 – 341 Medizinisches Versorgungszentrum 184, 262, 321, 362, 366 Mehrbesitz 32, 41, 65, 76, 88 – 89, 91, 98 – 99, 107 – 108, 117, 123, 129 – 130, 133, 305, 321, 358, 365
Mindesthonorarklausel 250, 255, 315
232, 246 –248,
Monopolkommission 77 –78, 86, 88, 90, 92, 97, 357
Niederlassungsfreiheit 31, 36, 38, 62, 66, 72, 85, 130 –131, 137 –144, 146, 148 – 150, 158, 160, 166, 175, 179, 284, 312, 329, 354, 356 Optikerentscheidung 80, 161, 165 –168 Organisationsgemeinschaft 17, 196, 198 – 199, 201 –204, 216, 218, 263, 271, 321, 361 OTC Arzneimittel 26, 84, 86 Outsourcing 54, 57, 60 Partiarische Rechtsverhältnisse 48, 246, 315 – Darlehensvertrag 260 – Mietvertrag 128 Partnerschaftsgesellschaft 356 – 357
26, 343, 352,
Passive Beteiligungsverbote 48 – Verbot stiller Gesellschaften und part. Rechtsverhältnisse 38, 42, 48, 102, 104 – 106, 110, 113, 118, 130, 148, 179, 212 – 213, 218 –219, 274 –275, 282, 288, 310 –311 – Verpachtungsverbot 38, 42, 48, 57, 68, 111 –113, 115, 117 –118, 126 –128, 137, 146, 148, 164, 168, 176 –177, 179 – 180, 258, 308 –310 Patientenverhältnis 86 Personalkonzession 34 –35 Pharmazeutische Unabhängigkeit s. a. Unabhängigkeit 46, 81, 100, 108
Sachverzeichnis Pick-up Stelle 52 Praxisführung 202, 224, 242, 246, 254 – 255, 260, 315, 322 Praxisgemeinschaft 199, 201, 217, 225, 233, 252 – 253, 279, 283, 322, 356 Praxisinhaberschaft 189 Praxisniederlassung, Praxissitz 51, 57, 186 – 187, 193, 268, 304, 331, 339 Praxisverbund 47, 194, 196, 199, 204, 271, 320, 323 Psychotherapeut
371
214, 220 –223, 226, 242, 246 –247, 251, 253, 255, 258, 261 –262, 264 –266, 271, 275, 280, 286, 288, 290, 292, 294 –296, 299, 302, 309 –311, 313 –314, 316, 359, 362 – fachliche 58 – 59, 78, 82, 171, 228, 231, 295 – freiberufliche 93, 108, 187, 219 – wirtschaftliche 18, 56, 154, 221 Unterbeteiligung 46, 103, 257 –258, 324, 359, 363
– Praxis 300
Urteil des BSG vom 16. 07. 2003 234
Regelungsziele 188, 194, 198, 201 – 202, 204, 216 – 217, 225, 229 – 230, 232, 234, 251, 321 – 322, 330, 340 – 341, 366
Verbraucherschutz 154, 156
Urteil des OLG Celle vom 5. 10. 1994 232
– Europ. Anerkennung 156
Verfassungsrecht 104, 154 –155, 165
– Öffentlicher Zweck 91, 95, 123, 154 – 155, 159
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
Rehabilitationszentrum 306 – 307
– Erforderlichkeit 73, 98, 113, 119, 154, 160, 164 –165, 174, 276, 286, 312
29, 201, 276,
Schutzbereichsverengung 140 Standesrecht 317
195, 222, 274 – 275, 301,
Stille Gesellschaft – atypische 42, 105, 236, 255, 324 – stille GbR 207, 323 – typische 42, 102, 206, 254, 313, 323 Tätigkeitsfeld 94, 167 Treuhand 80, 259 – 260, 324 – Gesellschaftsanteile 260 – Gesellschaftsrechte 261 – Praxisinventar 259 Umsatzbeteiligung, s. a. part. Rechtverhältnis 237 – 238, 244 Unabhängigkeit 78, 82, 84, 99 – 100, 102, 104 – 105, 110, 155, 164, 171, 173, 199,
– Angemessenheit 73, 154, 164 –165
– Geeignetheit 73, 102, 112, 127, 154, 160, 164, 286 Verpachtung 44 –45, 68, 112, 115, 118 – 120, 127 –128, 130, 177 –178, 258, 309 – 311, 326 – Apothekenverpachtung 33, 35 –36, 40, 42, 111, 118, 127, 173, 237 – Praxisverpachtung 258, 272 Versandhandel 51 Versorgungsstruktur 74 Vertragsarzt 184, 186, 188 –189, 202, 248, 263, 267 –269, 273, 279, 287, 302, 342 Vertragsarztrecht 186, 188, 196, 201, 203, 222, 244, 262, 313, 360 Vertragsarztstatuts 189 Vertragszahnarzt 268 Werbeverbot 296
372
Sachverzeichnis
Werbung 68, 295, 297, 341 Wesentlichkeitstheorie 210, 280 – 282 Wettbewerbszentrale 97 Zahnarztpraxis 293 Zulassung 33, 47, 57, 111, 175, 186, 222, 245, 248, 254, 263, 266, 272, 342, 358 Zulassungsgremium 228, 232 Zusammenarbeitsverbot 202, 215 Zwingende Gründe des Allgemeinwohls – Gesundheitsschutz 95, 104 – 105, 107, 113, 117, 124, 127 – 128, 141, 143,
149 – 150, 156 –157, 159, 166, 177, 265, 276, 285 –286, 312 – Konzentrationsgefahr 49, 63, 74 –75, 84 – 85, 110, 112, 119, 126, 135, 155, 173 – 174, 277, 309 – Mittelstandsschutz 66, 73, 95 –96, 101, 130, 158, 277, 302, 311, 353, 356 – Standesrecht 195, 222, 274 –275, 301, 317 – Wettbewerbsschutz 31, 76, 89, 93, 95, 97, 101, 110, 126, 151, 155 –158, 175, 328 – 329, 333, 353, 357