Die Bestimmung des erlangten Etwas bei der Einziehung von Taterträgen nach §§ 73 ff. StGB – insbesondere von Erlösen aus Kapitalmarktdelikten – [1 ed.] 9783428557158, 9783428157150

Die Arbeit thematisiert die Einziehung von Erträgen aus Straftaten, wobei Erträge aus Kapitalmarktdelikten vordergründig

128 118 1MB

German Pages 168 Year 2019

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Die Bestimmung des erlangten Etwas bei der Einziehung von Taterträgen nach §§ 73 ff. StGB – insbesondere von Erlösen aus Kapitalmarktdelikten – [1 ed.]
 9783428557158, 9783428157150

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Schriften zum Strafrecht Band 342

Die Bestimmung des erlangten Etwas bei der Einziehung von Taterträgen nach §§ 73 ff. StGB – insbesondere von Erlösen aus Kapitalmarktdelikten –

Von

Tim Gebauer

Duncker & Humblot · Berlin

TIM GEBAUER

Die Bestimmung des erlangten Etwas bei der Einziehung von Taterträgen nach §§ 73 ff. StGB

Schriften zum Strafrecht Band 342

Die Bestimmung des erlangten Etwas bei der Einziehung von Taterträgen nach §§ 73 ff. StGB – insbesondere von Erlösen aus Kapitalmarktdelikten –

Von

Tim Gebauer

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hat diese Arbeit im Jahre 2017 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2019 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 978-3-428-15715-0 (Print) ISBN 978-3-428-55715-8 (E-Book) ISBN 978-3-428-85715-9 (Print & E-Book)

Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Wintersemester 2017/2018 als Dissertation angenommen. Besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Christian Schröder. Er begleitete und förderte mich als akademischer Lehrer nicht nur während der Anfertigung der Arbeit, sondern bereits während meiner Studien­ zeit, in der ich an seinem Lehrstuhl als studentische Hilfskraft tätig war. Er weckte bereits früh mein Interesse für das Wirtschaftsstrafrecht und ermutigte mich zur Erstellung dieser Arbeit. Die Zeit an seinem Lehrstuhl war nicht nur in fachlicher, sondern in jeglicher Hinsicht eine Bereicherung. Herrn Professor Dr. Hans Lilie danke ich insbesondere für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Für die finanzielle Förderung danke ich der Graduiertenförderung des Landes Sachsen-Anhalt, die es mir ermöglichte, die Arbeit zügig fertig zu stellen. Maßgeblich für den Erfolg der Arbeit waren die anregenden Diskussionen und das mühsame Korrekturlesen, wobei ich mich für die wertvolle Unterstützung besonders bei Herrn Dr. Marcus Bergmann, Frau Annabell Blaue und Herrn Franz Frach bedanken möchte. Herzlich danken möchte ich meinen Freunden, die stets für mich da waren. Dabei denke ich vor allem an Maik Dubberke und Steffen Köppe, die ich am ersten Tag des Studiums kennenlernen durfte. Euch verdanke ich es auch, dass ich mich stets mit Freude an das Studium und die Zeit der Promotion zurückerinnern werde. Meine Eltern haben mich auf ganz besondere Weise in all meinen Lebensphasen unterstützt. Ihnen ist diese Arbeit in Dankbarkeit gewidmet. Halle (Saale), im Mai 2019

Tim Gebauer

Inhaltsverzeichnis A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 C. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Historische Entwicklung der Einziehungsvorschrift (§ 73 StGB) . . . . . . . 1. Entwicklung bis 1992 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entwicklung von 1992 bis 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung . . . . . II. Gesetzgeberische Intention und deren Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Systematik und Merkmale der §§ 73 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsprechungsüberblick zum „erlangten Etwas“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Urteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Folgen der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14 14 14 16 17 18 20 26 26 36

D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“ . I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einziehung von Taterträgen als Maßnahme eigener Art . . . . . . . . . . . . 2. § 73 StGB als Strafe bzw. strafähnliche Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . a) Kondiktionsähnlicher Charakter trotz Bruttoprinzip . . . . . . . . . . . . b) Ausschließlicher Präventionszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Intention des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ziel der Verfahrensvereinfachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vereinbarkeit mit Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Was ist eigentlich Strafe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Rechtsprechung des EGMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Widerspruch im OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konsequenzen des strafrechtlichen Charakters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ein- oder zweistufige Bestimmung des Bruttoprinzips? . . . . . . . . . . . . . . III. Trennung nach Bemakelung trotz § 73d StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ansichten in der Literatur und deren Bewertung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Normativer Unrechtszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Restriktives Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums . . . . . . . . . . . 3. Reine Vorteilsabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40 40 40 42 43 48 50 52 53 59 65 66 68 68 73 75 82 82 87 90

E. Die Bestimmung des „erlangten Etwas“ anhand der Maßstäbe der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 I. Herleitung der Zulässigkeit der objektiven Zurechnung für die Einziehung von Taterträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

6 Inhaltsverzeichnis II. Umfang der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Risikoverringerung bzw. Risikoersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutzzweckzusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hypothetischer Kausalverlauf / Pflichtwidrigkeitszusammenhang . . . . . 4. Atypischer Kausalverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Konsequenzen der Anwendung der objektiven Zurechnungfür einzelne Delikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Delikte des BtMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Delikte des AWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Korruptionsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Insiderhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Marktmanipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verstöße gegen das ZAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Geldwäsche  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96 96 98 100 102

F. Tatsächliche Berechnung der Einziehungshöhe im Prozess . . . . . . . . . . . . I. Berechnung bei mehreren Einziehungsadressaten bzgl. einer Tat . . . . . . . II. Zeitpunkt der Berechnung des Wertersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Berechnungsweise beim Handel mit Wertpapieren . . . . . . . . . . . . . . . . . .

113 113 120 124

G. Dritteinziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendbarkeit von § 73b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zurechnungszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unstreitige Fallkonstellationen vor der Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Streitige Fallkonstellationen vor der Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

131 131 131 132 133 134

104 104 105 106 107 108 110 111 112

H. Einziehung nach OWiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 I. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

Abkürzungsverzeichnis a. A.

andere / r Auffassung

a. a. O.

am angegebenen Ort

Abl. Amtsblatt Abs. Absatz a. E.

am Ende

a. F.

alte Fassung

AG Aktiengesellschaft Alt. Alternative Anm. Anmerkung Art. Artikel Aufl. Auflage AWG Außenwirtschaftsgesetz Az Aktenzeichen BaFin

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

BB Betriebs-Berater BeckOK

Beck’scher Online-Kommentar

BFH Bundesfinanzhof BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BörsG Börsengesetz bspw. beispielsweise BT-Drucks.

Bundestag Drucksachen

BtMG Betäubungsmittelgesetz BVerfG Bundesverfassungsgericht bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise CCZ

Corporate Compliance Zeitschrift

DB

Der Betrieb

ders. derselbe

8 Abkürzungsverzeichnis dies. dieselben Diss. Dissertation DM

Deutsche Mark

DRiZ

Deutsche Richterzeitung

EC

Electronic Cash

EG

Europäische Gemeinschaft

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention

EStG Einkommensteuergesetz E-StGB

Entwurf eines Strafgesetzbuches

EU

Europäische Union

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

f. / ff.

folgend / e

FK

Frankfurter Kommentar

Fn. Fußnote FS Festschrift GA

Goltdammer’s Archiv für Strafrecht

GG Grundgesetz GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHR

Die GmbH-Rundschau

GVG Gerichtsverfassungsgesetz GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

HdB Handbuch h. M.

herrschende Meinung

HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Hrsg. Herausgeber HWSt

Handbuch Wirtschaftsstrafrecht

i. d. R.

in der Regel

i. E.

im Ergebnis

i. e. S.

im engeren Sinne

i. H. v.

in Höhe von

i. S. d. / i. S. v.

im Sinne des / der / im Sinne von

i. V. m.

in Verbindung mit

i. w. S.

im weiteren Sinne

JA

Juristische Arbeitsblätter

JR

Juristische Rundschau

Jura

Juristische Ausbildung

Abkürzungsverzeichnis9 jurisPR

juris PraxisReport

JuS

Juristische Schulung

JZ JuristenZeitung KG Kammergericht KK

Karlsruher Kommentar

KöKo

Kölner Kommentar

LG Landgericht LK

Leipziger Kommentar

MAH

Münchener Anwaltshandbuch

MaKonV

Verordnung zur Konkretisierung des Verbotes der Marktmanipulation

m. a. W.

mit anderen Worten

Mio. Million MK

Münchener Kommentar

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NK

Nomos Kommentar

Nr. Nummer NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NStZ-RR

Neue Zeitschrift für Strafrecht Rechtsprechungs-Report

NZG

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

NZWiSt

Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer-, und Unternehmensstrafrecht

OGHZ

Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs für die Britische Zone in Zivilsachen

OLG Oberlandesgericht OWiG

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

PKS

Polizeiliche Kriminalstatistik

Prot. Protokoll RGBl. Reichsgesetzblatt RIW

Recht der internationalen Wirtschaft

Rn. Randnummer s. siehe S.

Seite / Satz

SK

Systematischer Kommentar

sog. sogenannte SSW

Satzger / Schluckebier / Widmaier

StGB Strafgesetzbuch

10 Abkürzungsverzeichnis StPO Strafprozessordnung StraFo StrafverteidigerForum StrRG Gesetz zur Reform des Strafrechts StV Strafverteidiger SVR Straßenverkehrsrecht Tz. Textziffer u. a. unter anderem u. ä. und ähnlich UK United Kingdom USA United States of America UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Var. Variante vgl. vergleiche Vorb. Vorbemerkungen VVG Gesetz über den Versicherungsvertrag wistra Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht WM Wertpapier-Mitteilungen WpHG Gesetz über den Wertpapierhandel ZAG Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten z. B. zum Beispiel ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZJS Zeitschrift für das juristische Studium ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik ZStW Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft z. T. zum Teil

A. Einführung „Crime does not pay“ – dieser Grundsatz1 erlangt eine zentrale Bedeutung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht. Durch die Vorschriften der Einziehung von Taterträgen gem. §§ 73 ff. StGB und § 29a OWiG hat der Gesetzgeber den Gerichten und den (Strafvollstreckungs-)Behörden ein Instrument zur Seite gestellt, um dem Täter die wirtschaftlichen Vorteile einer rechtswidrigen Tat zu entziehen. Dieses Instrument erlebte im vergangenen Jahrzehnt eine spürbare Wahrnehmung in der strafrechtlichen Praxis und Gesetzgebung und war daher schon Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion.2 Jedoch ist ein Ende dieser Diskussion über die Einziehung nach § 73 StGB nicht in Sicht, was insbesondere die uneinheitliche höchstrichterliche Rechtsprechung hinsichtlich der Kapitalmarktdelikte in den letzten Jahren in Bezug auf die vorherige Verfallsvorschrift beweist. Höchstrichterlich wurde dabei entschieden, dass die Vorschriften zum Verfall keine Strafe darstellen und damit einhergehend keine Anwendung des Schuldgrundsatzes stattfindet.3 Dies bedarf einer kritischen Auseinandersetzung insbesondere in Hinblick auf die neue Rechtslage und den tatsächlichen Belastungen für natür­ liche und juristische Personen. Ferner zeigen die Kapitalmarktdelikte deut­ licher als andere Delikte das zentrale Thema dieser Arbeit auf: die Bestimmung des „erlangten Etwas“ nach §§ 73 und 73d StGB.4 Ist hierbei die erste – entscheidende – Hürde der allgemeinen Bestimmung des erlangten Etwas überwunden, ist daraufhin zu fragen, wie die prozessuale Feststellung des erlangten Etwas konkret beim Börsenhandel erfolgt. Diese und die damit verbundenen Fragen werden lebhaft zwischen den einzelnen Strafsenaten des BGH und innerhalb des Schrifttums diskutiert.5 Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, welches am 01.07.2017 in Kraft

1  Vgl. Berg, Beweiserleichterungen bei der Gewinnabschöpfung, S. 1 m. w. N. oder Mitsch, in: KK-OWiG, § 29a Rn. 1 m. w. N. 2  Vgl. u. a. Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, passim; Wolters, Die Neufassung der strafrechtlichen Verfallsvorschrift, passim; Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, passim. 3  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 29; BVerfG, Beschluss vom 14.01.2004 – 2 BVR 564 / 95. 4  Vgl. Kudlich / Noltensmeier, wistra 2007, 121 ff.; Trüg, NZG 2016, 459 (460); Brockhaus / Ulrich, ZWH 2016, 312 ff.; Gehrmann, WM 2016, 542 ff. 5  Statt vieler Heine, NStZ 2015, 127 ff.

12

A. Einführung

trat,6 bezweckte u. a. auch die Lösung dieser Probleme. Ob dies gelang, bleibt zu hinterfragen. All diese Fragen sind für die Praxis und Rechtssicherheit von erheblicher Bedeutung. Dass eine Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung erhebliche Konsequenzen für die Betroffenen hat und zur Rechtsun­ sicherheit führt, ist auf den ersten Blick erkennbar. Mithin begründet schon dies die Notwendigkeit für eine klärende Untersuchung. Die Untersuchung bezieht sich nicht nur ausschließlich auf die aktuelle Rechtslage. Sie nimmt insbesondere Bezug auf die Rechtslage vor der Reform im Jahr 2017. Zwar greift § 2 Abs. 5 StGB auf Grund einer eigens für die Reform geschaffenen Übergangsvorschrift in Art. 316h EGStGB nur noch in Fälle ein, in denen bereits eine gerichtliche Entscheidung erlassen wurde. Gleichwohl sind Erwägungen zur früheren Rechtslage für die Bewertung der aktuellen Rechtslage erforderlich.

6  BGBl. I

2017, 872.

B. Gang der Untersuchung Auch wenn die Normen der Einziehung und deren Inhalt überschaubar wirken, so ist die Handhabung dieser Vorschriften derartig komplex ausgestaltet, dass eine logisch aufgebaute Darstellung ohne Wiederholungen schwierig ist. Bei einer Darstellung der Einziehungsvorschriften läuft man zudem schnell Gefahr, die einzelnen Aspekte zu vermengen.7 Aus diesem Grund soll ein kurzer Überblick über die nachstehende Untersuchung gegeben werden, die das Ziel einer klaren und stringenten Herangehensweise an die Probleme verfolgt. Zu Beginn ist ein Blick auf die historische Entwicklung der gesetzgeberischen Tätigkeit zu den §§ 73 ff. StGB für die darauf folgenden Darstellungen sinnvoll. Die Änderungen sind grundlegend für die Wahrnehmung und Auslegung der Normen. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf die zeitlich gleichlaufende Entwicklung der Kapitalmärkte zu legen und zu untersuchen, inwiefern deren Entwicklung Einfluss nahm bzw. Berücksichtigung fand. Daran schließen sich weitere Grundlagen wie eine kurze Darstellung der Merkmale und der Systematik der §§ 73 ff. StGB sowie ein Überblick über die Rechtsprechung zu den §§ 73 ff. StGB an (Kapitel C.). Die dargestellte Rechtsprechung wird aufzeigen, dass der Verfall innerhalb der Rechtsprechung seit jeher nicht als Strafe bewertet wird. Dies muss unter besonderer Berücksichtigung der erheblichen Kapitalflüsse und den damit verbundenen hohen Abschöpfungsbeträgen womöglich neu bewertet werden (Kapitel D.). Anschließend widmet sich das Kernstück der Arbeit der abstrakten Bestimmung des erlangten Etwas. Nach Darstellung und Bewertung der Ansichten aus Rechtsprechung und Literatur unter Berücksichtigung neuester Gesetzgebungstätigkeit wird ein eigener Ansatz zur Bestimmung des erlangten Etwas entwickelt, welcher sogleich auf ausgewählte Delikte bzw. Deliktsgruppen angewendet werden soll (Kapitel E.). Nach der abstrakten dogmatischen Bestimmung sollen Probleme der konkreten Feststellung des erlangten Etwas im Prozess dargestellt und gelöst werden (Kapitel F.). Anschließend wird die zusätzliche Brisanz der Zurechnung des erlangten Etwas gegenüber einem Dritten mittels der Dritteinziehung nach § 73b StGB untersucht (Kapitel G.). Abschließend wird ein Vergleich zum OWiG und dessen Besonderheiten unter Berücksichtigung der für das Strafrecht geltenden Lösung angestellt und ein Überblick über die Thesen der Arbeit gegeben (Kapitel H.–I.). 7  Ebenso

Joecks, in: MK-StGB, § 73 Rn. 15.

C. Grundlagen I. Historische Entwicklung der Einziehungsvorschrift (§ 73 StGB) 1. Entwicklung bis 1992 Zwar ist die Einziehung gegenwärtig aus Rechtspraxis und wissenschaft­ licher Diskussion nicht mehr wegzudenken und nicht zuletzt deshalb Gegenstand dieser Arbeit. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Einziehung nach § 73 StGB nicht eine neue Errungenschaft gesetzgeberischer Tätigkeit darstellt. Vielmehr handelt es sich bei dieser Rechtsfolge um einen „alten Hut“, dessen Ursprung bis in das römische Recht zurückreicht8 und der nunmehr aus seinem „Dornröschenschlaf“9 erwacht ist. Zu berücksichtigen ist, dass die Einziehung von Taterträgen bis zum Jahr 2017 als Verfall bezeichnet wurde. Der nachfolgende Überblick geht von diesem Begriffsverständnis aus. Eine Kodifizierung im deutschen Recht lässt sich erstmals in § 27c Abs. 2 StGB a. F. vom 06.02.1924 ausfindig machen.10 Die Vorschrift war ihrerzeit derart ausgestaltet, dass das Entgelt, das der Täter für die Tat empfangen hat, und der Gewinn, den der Täter aus der Tat gezogen hat, durch die Geldstrafe abgeschöpft werden sollten. Dabei konnte das Höchstmaß der Geldstrafe überschritten werden, womit letztlich eine vergleichbare Regelung zur gegenwärtigen Geldbuße des OWiG nach §§ 30, 17 Abs. 4 OWiG bestand. Jedoch ermöglichte die Norm nur eine allgemeine und mittelbare Entgelt- und Gewinnabschöpfung und war nur für solche Straftatbestände möglich, die eine Geldstrafe androhten.11 Diese Regelung wurde sodann wortgleich in § 27b StGB a. F. transferiert,12 wobei nur auf den ersten Absatz des § 27c StGB a. F. verzichtet wurde, welcher auf die Geldstrafe als solche Bezug nahm, sodass mit § 27b StGB a. F. nunmehr die erste verfallsnahe Vorschrift bestand. Daneben bestanden Verfallsvorschriften nur in den 8  Dazu näher und mit Nachweisen Eser, Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum, S.  13 ff.; Arnold, Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung, S. 8 f. 9  Treffend Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 7. 10  RGBl. I, S. 44. 11  Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 1. 12  Durch das 1. StrRG vom 25.06.1969, vgl. BGBl. I, S. 645.



I. Historische Entwicklung der Einziehungsvorschrift (§ 73 StGB) 15

jeweiligen Strafvorschriften als gesonderte Ermächtigung wie z. B. in § 296a Abs. 2 a. F., § 335 a. F. StGB, § 401 Reichsabgabenordnung, § 8 Wirtschaftsstrafgesetz.13 Die Verlagerung der Verfallsvorschrift in den heute bekannten § 73 StGB erfolgte am 01.01.197514 und begründete das erste allgemeine Rechtsfolgeninstitut des Verfalls im deutschen Recht.15 Zurückzuführen ist dies auf den Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1962 (E-StGB), welcher eine Neugestaltung des Geldstrafenrechts vorsah. Damit war auch eine Änderung der Verfallsvorschriften die notwendige Konsequenz, welche im E-StGB in den §§ 109–112 geregelt waren.16 Eine wesentliche Änderung zum vorherigen § 27b StGB bestand darin, dass nunmehr nicht mehr zwischen Entgelt und Gewinn unterschieden wurde, sondern nur noch allgemein ein Vermögensvorteil vorausgesetzt wurde. Dies diente der Verdeutlichung, dass durch den Verfall dem Täter grundsätzlich jeder Vermögensvorteil zu entziehen ist.17 Demzufolge waren alle wirtschaftlichen Vorteile erfasst.18 Damit einhergehend sollte die Rechtsprechung entlastet werden, da sie nicht mehr zwischen dem Entgelt und dem Gewinn differenzieren musste, sodass diesbezügliche Feststellungen entbehrlich waren.19 Entgegen dem E-StGB von 1962, aber in Übereinstimmung mit § 83 des Alternativentwurfs einiger deutscher und schweizerischer Strafrechtswissenschaftler sowie der Formulierungshilfe des Bundesjustizministeriums,20 hat der Sonderausschuss des Bundestags eine rechtswidrige Tat für die Voraussetzungen der Anordnung der Verfallsvorschriften genügen lassen und damit bewusst auf eine schuldhafte Begehung der Tat verzichtet.21 Eine wesentliche Änderung der Verfallsvorschrift ist auf das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer 13  Schmidt, in: LK, vor. § 73 Rn. 11; E-StGB 1962 = BT-Drucks. IV / 650, § 109, S. 241. 14  Durch Art. 1 Nr. 1 des 2. StrRG vom 04.07.1969, vgl. BGBl. I, S. 717. 15  Arnold, Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung, S. 196; Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 1. 16  Schmidt, in: LK, vor § 73 Rn. 2, 11, ders., Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, Rn. 6. 17  Wolters, Die Neufassung der strafrechtlichen Verfallsvorschrift, S. 36. 18  So z. B. auch die Überlassung eines Leihwagens als Bestechungsentgelt für den Täter, vgl. BT-Drucks. V / 4095, S. 39. 19  Wolters, Die Neufassung der strafrechtlichen Verfallsvorschrift, S. 36; Alternativ­ entwurf eines StGB, 2. Aufl., S. 169. 20  Prot. V / 556, 1019. 21  BT-Drucks. V / 4095, S. 39, E-StGB 1962, § 109 entsprechend sollte bei einer rechtswidrigen aber nicht schuldhaften Tat nur ein Rückgriff auf das Zivilrecht möglich sein.

16

C. Grundlagen

Gesetze vom 28.02.1992 zurückzuführen.22 Während in der Fassung vor 1992 der Abschöpfungsgegenstand als Vermögensvorteil umschrieben wurde, beinhaltete die neue Regelung die Bezugnahme auf das „Etwas“. Damit wurde ersichtlich, dass der Gesetzgeber vom Nettoprinzip23 auf das Bruttoprinzip umsteigen und damit alles aus der Tat Erlangte abschöpfen wollte.24 Demnach konnten gewinnmindernde Aufwendungen nicht mehr erfasst werden.25 Dies war getragen von der Erwartung, dass der Tatrichter dadurch erneut Erleichterungen erfahren sollte, indem er nicht mehr notwendige Feststellungen zu möglichen Aufwendungen treffen musste. Dies ist insbesondere deshalb nicht zu unterschätzen, da auch der § 73d Abs. 2 StGB, welcher die Grundlage für eine Schätzung des erlangten Etwas bietet, nicht zur vollständigen Entlastung der Feststellung führen kann, da eine Schätzung eine fundierte Grundlage erfordert, welche unter Ausschöpfung der Beweismittel anzuführen ist.26 Historisch ist damit festzustellen, dass in der gesetzgeberischen Entwicklung der Anwendungsbereich der Norm stetig ausgeweitet wurde und eine ökonomischere Handhabung im Vordergrund stand. 2. Entwicklung von 1992 bis 2016 Mit dieser entscheidenden Entwicklung gewann der Verfall zunehmend an Bedeutung in der Rechtspraxis. Dabei waren die bereits erwähnten Gründe der Erweiterung des Anwendungsbereiches und die geringeren Anforderungen an die prozessualen Feststellungen nicht allein ausschlaggebende Faktoren. Wegweisend für diese Entwicklung waren auch prozessuale Neuerungen, insbesondere die Einführung der Rückgewinnungshilfe nach §§ 111b Abs. 1 und 5, 111c und 111d a. F. StPO, welche den früher als „Totengräber des Verfalls“27 bezeichneten § 73 Abs. 1 S. 2 a. F. StGB in seiner Wirkung erheblich einschränkte.28 War bis dahin der Verfall bereits beim bloßen Bestehen von Ansprüchen der Verletzten einer Straftat ausgeschlossen, wurde nunmehr 22  BGBl. I

1992, S. 372. wurde allgemein aus der Formulierung des Vermögensvorteils geschlossen, vgl. BT-Drucks. 12 / 1134, S. 12; früher jedoch zum Ende hin zweifelnd BGH, Urteil vom 14.09.1989 – 4 StR 306 / 89 – juris Rn. 5. 24  Dazu bereits begriffliche Bedenken Göhler, wistra 1992, 133 (136); Dreher /  Tröndle, 47. Aufl., § 73 Rn. 3a. 25  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 12. 26  BT-Drucks. 12 / 1134, S. 12; BGH, Urteil vom 30.04.1952  – III ZR 198 / 51 = BGHZ 6, 62; BGH, Beschluss vom 18.02.2016  – 2 StR 251 / 14  – juris Rn. 14; Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 4. 27  BGH, Urteil vom 19.10.1999 – 5 StR 336 / 99 – juris Rn. 52 = NJW 2000, 297 (300); Eberbach, NStZ 1987, 486 (491); Joecks, in: MK-StGB, vor § 73 Rn. 38. 28  Reichhart, Die Vermögensabschöpfung im Strafverfahren, S. 29. 23  Dies



I. Historische Entwicklung der Einziehungsvorschrift (§ 73 StGB) 17

durch die Rückgewinnungshilfe die Möglichkeit geschaffen, die Vermögenswerte bereits vorab zu beschlagnahmen oder zu arrestieren, um sie dem Geschädigten oder dem Staat gemäß § 111i Abs. 5 a. F. StPO nach Ablauf von drei Jahren über den Auffangrechtserwerb übereignen zu können.29 Nicht zu vernachlässigen ist aber auch eine sensiblere Wahrnehmung der Verfallsvorschriften durch motivierte Ermittlungsbeamte und die Errichtung von Sonderdezernaten mit geschulten Finanzermittlern.30 Allgemein ist für das Wirtschaftsstrafrecht anzuführen, dass die Zeiten zurückhaltender Ermittlungs­ beamte und Staatsanwälte insbesondere bei größeren und medienwirksamen Wirtschaftsverfahren der Vergangenheit angehören. Es darf auch nicht verkannt werden, dass sich durch den Verfall ein lukratives Betätigungsfeld für den Staat entwickelt hat, da sich die daraus erzielten Einnahmen auf einen nicht unerheblichen Stand befinden.31 Zur Verdeutlichung sei der Anstieg der Verfalls- und Einziehungsanordnungen von 2002 in Vergleich zu 2013 mit 17.744 auf 36.881 angeführt.32 Dies verdeutlicht noch einmal, dass es sich bei den Verfallsvorschriften um ein lebendiges Instrumentarium der Staatsanwaltschaft und der Gerichte handelt und deren möglicher Anordnung für den Rechtsadressaten immer mehr Bedeutung beizumessen ist. 3. Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung Um diese steigende Wahrnehmung und Anwendung des Verfalls durch Staatsanwaltschaften und Gerichte noch weiter voranzutreiben, hat der Gesetzgeber die Verfallsvorschriften weiter vereinfachen und effizienter gestalten wollen, sodass er eine Reform der strafrechtlichen Verfallsvorschriften im Jahr 2016 in Angriff nahm.33 Trotz der überwiegend kritischen Beiträge zu den konkreten Inhalten des Gesetzgebungsvorhabens,34 wurde das Gesetz am 21.04.2017 verkündet und trat schließlich am 01.07.2017 in Kraft.35 Um die umfassende Reformbereitschaft zu unterstreichen, wurde der Begriff 29  Theile,

ZJS 2011, 333 (338). Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 2 und 4 (1. Aufl.); Schilling, StraFo 2011, 128 (128 f.). 31  Pelz, in: FS-I. Roxin, 181; Korte, in: FS-Samson, 65 (66). 32  Vgl. Statistisches Bundesamt, Strafverfolgung, Fachserie 10 Reihe 3 der Jahre für 2002 und 2013. 33  Vgl. BT-Drucks. 18 / 9525; BR-Drucks. 418 / 16. 34  Erste Anmerkungen zur Reform von Bittmann, NZWiSt 2016, 131  ff.; Mück / Köllner / Cyrus, NZI 2016, 329 ff.; Gebauer, ZRP 2016, 101 ff.; Begemeier / Rön­ nau, NZWiSt 2016, 260 ff.; Frind, NZI 2016, 674 ff.; Loeffelmann, Recht+Politik 6 / 2016, 1 ff.; Emmert, NZWiSt 2016, 449 ff.; Greier, jurisPR-StrafR 21 / 2016 Anm. 1; Lindemann, in: Leitner / Rosenau, Vorb. §§ 73 ff.; Saliger, in: NK, Vorb. §§ 73 Rn. 3c. 35  BGBl. I 2017, 872. 30  Rönnau,

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C. Grundlagen

„Verfall“ durch „Einziehung“ (von Taterträgen) ersetzt und lehnt sich damit an die im Recht der Europäischen Union gebräuchliche Begrifflichkeit („confiscation“) an.36 Die mit der Reform einhergehenden inhaltlichen Neue­ rungen, die zugleich den aktuellen Gesetzesstand wiedergeben, sind in einen eigenen Gliederungspunkt ausführlich dargestellt.37

II. Gesetzgeberische Intention und deren Umsetzung Wurde bislang schlicht die historische Entwicklung der Einziehung objektiv nachgezeichnet, so ist auch auf die Intention des Gesetzgebers einzugehen. Hieraus können Erkenntnisse gewonnen werden, ob und inwiefern der Gesetzgeber gegenwärtige Situationen regeln wollte oder vielleicht gar nicht im Blick hatte oder auch haben konnte. Aus den Gesetzgebungsunterlagen und den entsprechenden Vorlagen ergibt sich, dass einstimmig ein kriminalpolitisches Bedürfnis gesehen wurde, dem Täter die Vorteile einer begangenen Tat abzuschöpfen.38 Dies umschreibt mithin die Zwecksetzung der Einziehungsvorschriften. Erfolgte hierbei keine Differenzierung nach bestimmten Delikten, lässt sich bei der Umstellung auf das Bruttoprinzip eine andere Feststellung treffen: Ursprung für die Umstellung auf das Bruttoprinzip waren nämlich nicht die genannten Erwägungen, wie eine erleichterte Handhabung der Verfallsvorschrift, sondern die Einführung des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB a. F. Denn die bekannten Gründe wurden erst zeitlich später als Begründung angeführt. Der Bundesrat sah nämlich im Gesetzgebungsverfahren einen Widerspruch zum § 73 StGB a. F., da der Verfall nach § 73 StGB a. F. vom Nettoprinzip und der an geringeren Anforderungen anknüpfende § 73d StGB a. F. vom Bruttoprinzip ausging.39 Um diesen Widerspruch zu lösen, beschloss die Bundesregierung schlicht, das Bruttoprinzip auch auf den einfachen Verfall nach § 73 StGB a. F. gesetzgeberisch zu übertragen.40 Ursprünglich sah das Bundesjustizministerium vor, neben der Einführung eines erweiterten Verfalls die Verfallsvorschriften grundsätzlich neu zu gestalten.41 Dieses Vorhaben wurde sodann nicht mehr umgesetzt, sodass einzig die vorzeitige Umstellung auf das Bruttoprinzip verblieb. Ein mögliches Korrektiv konnte damit nicht mehr gesetzt werden. Im Ergebnis erfolgte damit die Umwandlung auf das Bruttoprinzip durch Schaffung des § 73d 36  BT-Drucks.

18 / 9525, S. 48. unten unter C. III. auf S. 20 ff. 38  BT-Drucks. V / 4095 S. 39; E-StGB 1962, vor § 109; Alternativ-Entwurf eines Strafgesetzbuches, S. 157. 39  BT-Drucks. 11 / 6623, S. 11. 40  BT-Drucks. 11 / 6623, S. 13. 41  BT-Drucks. 11 / 5525, S. 13. 37  Siehe



II. Gesetzgeberische Intention und deren Umsetzung19

StGB a. F. Allerdings ist die Zwecksetzung des § 73d StGB a. F. eine andere als die des § 73 StGB a. F. Anders als § 73 StGB a. F., der, wie erwähnt, aus einem kriminalpolitischen Bedürfnis zur Vorteilsabschöpfung von Straftaten erschaffen wurde, hat § 73d StGB a. F. den Zweck, die organisierte Kriminalität und den Betäubungsmittelhandel intensiver zu bekämpfen.42 Dass also ein höheres Bedürfnis dahingehend bestand, dem Täter mehr als nur seine Vorteile der Tat abzuschöpfen, war damit nicht primäre Zwecksetzung des Gesetzgebers im Hinblick auf sämtliche Delikte. Dies zeigt sich auch dadurch, dass in den darauf folgenden Gesetzgebungsunterlagen zur Modifizierung des § 73 StGB die Zielsetzung mit der Anpassung an die außenwirtschaftsrechtliche Praxis und Rechtsentwicklung umschrieben wurde.43 Die Delikte des AWG, BtMG und der organisierten Kriminalität sind aber spe­ zieller Natur, sodass die Änderung des § 73 StGB zur Bildung eines einheit­ lichen Verfallssystems führen sollte, ohne dass jedoch die weitergehenden Folgen bedacht wurden. Schließlich gilt die Verfallsvorschrift unabhängig von der ursprünglichen Zielsetzung des Gesetzgebers für alle Delikte und ist nicht bloß auf die hier benannten Deliktsfelder oder nur auf Vermögens­ delikte anzuwenden.44 Dieser Gesetzeszustand wirkt bis heute fort, weshalb dem Gesetzgeber entweder eine Billigung dieses Ergebnisses oder eine diesbezüglich mangelnde Einsichtsfähigkeit zu attestieren ist. Besonders beachtlich ist dies deshalb, da die hier in Frage stehenden Kapitalmarktdelikte weitestgehend erst viel später in den Blickpunkt des Gesetzgebers gerückt sind. Dies wird besonders am Beispiel des Verbots des Insiderhandels deutlich, welches erst mit dem zum 01.01.1995 in Kraft getretenen WpHG erstmalig im deutschen Recht kodifiziert worden ist.45 Damit konnten diesbezüglich womöglich bestehende Besonderheiten keine Berücksichtigung finden. Das Insiderrecht gestaltete sich zuvor bloß durch einen freiwilligen Verhaltenskodex in Form einer sog. Insiderhandelsrichtlinie, die durch eine vom Bundeswirtschaftsminister gegründete Börsensachverständigenkommission im Jahre 1970 entwickelt worden war.46 Bemerkenswert ist an dieser Stelle, dass diese Richtlinie eine Maßnahme statuierte, nämlich die Abführung des erlangten Gewinns des Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieds an die Gesellschaft.47 Dies mag an sich wenig überraschend sein, waren doch Vorschriften zum Verfall und verfallsähnliche Vorschriften bis zur Schaffung des § 73 42  Zu den Zielsetzungen des § 73d StGB  a. F. vgl. BT-Drucks. 11 / 6623, S. 4; so auch Arnold, Einziehung, Verfall und Unbrauchbarmachung, S. 257 ff. 43  BT-Drucks. 12 / 1134, S. 12; BT-Drucks. 12 / 1952, S. 6. 44  Fischer, StGB, § 73 Rn. 8a; Theile, ZJS 2011, 333 (334). 45  Vogel, in: Assmann / Schneider, Vor § 38 Rn. 1. 46  Altenhain, in: KöKo-WpHG, §  38 Rn. 8; Richtlinie abgedruckt bei Hopt /  Will, Europäisches Insiderrecht, M-100 ff. 47  Altenhain, in: KöKo-WpHG, § 38 Rn. 9.

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C. Grundlagen

StGB auch in den Gesetzen einzeln verstreut, sodass dies, bezüglich des noch nicht normierten Insiderhandels, auch in einer als bloßen Empfehlung ausgestalteten Richtlinie geregelt sein kann. Das Bemerkenswerte hieran ist jedoch, dass die Insiderhandelsrichtlinie bis 1994 in Kraft war, also deutlich länger als die bereits eingetretene Änderung der Verfallsvorschriften. Natürlich kann man darin einerseits keinen Widerspruch sehen, da der Insiderhandel strafrechtlich noch nicht normiert war. Dennoch zeigt es andererseits, dass sich der Gesetzgeber widersprüchlich verhält, wenn er zum einen bzgl. aller Straftaten eine Bruttoabschöpfung vornimmt und zum anderen bzgl. des Insiderhandels die bloße Nettoabschöpfung toleriert, obwohl die Schaffung des WpHG bereits 1992 abzusehen war. Oder anders gewendet: Statt diesen Umstand zu beseitigen, unterließ der Gesetzgeber ein Einschreiten völlig, schließlich war es dem deutschen Gesetzgeber Jahrzehnte lang zuvor nicht wichtig genug, ein gesetzliches Verbot des Insiderhandels zu schaffen,48 sodass dann der sofortige Durchgriff ab 1995 einschließlich der Bruttoabschöpfung doch überraschend ist. Dies liegt wohl daran, dass der Gesetzgeber die innere und daraus folgende äußere Reichweite des § 73 StGB nicht vor Augen hatte. Eine andere Erklärung könnte aber auch darin liegen, dass der Gesetzgeber zunächst bewusst für das Insiderrecht eine gesonderte Regelung vorsehen wollte. Hierin hätte eine Chance bestanden, den Insiderhandel vom Anwendungsbereich des Verfalls nach §§ 73 ff. StGB auszuschließen. Eine Übertragung dieses Gedankens wäre durch die spätere Schaffung einer Verfallsvorschrift für sämtliche Kapitalmarktdelikte im WpHG denkbar gewesen. Dass der gegenwärtige Gesetzgeber diesen Gedanken jedoch nicht aufgreift, zeigt die neueste Gesetzesreform auf dem Gebiet der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Denn während für eine Vielzahl der Delikte durch § 73d StGB eine Annäherung an die frühere Nettomethode erfolgte, soll dies nach Auffassung des Gesetzgebers für den Insiderhandel und die Marktmanipulation gerade nicht gelten.49

III. Systematik und Merkmale der §§ 73 ff. StGB Zur besseren Orientierung und für die nachstehenden Ausführungen ist es hilfreich, einen skizzenhaften Überblick über die systematische Ausgestaltung der Einziehung von Taterträgen zu geben und deren Merkmale darzustellen. Nicht zuletzt hat die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöp48  Anders bspw. die USA, welche seit 1934 strafbewehrte Insiderverbote einführten, vgl. Altenhain, in: KöKo-WpHG, § 38 Rn. 8. 49  BT-Drucks. 18 / 9525, S. 68.



III. Systematik und Merkmale der §§ 73 ff. StGB21

fung auch deutliche Änderungen herbeigeführt, die folglich dargestellt werden. Die Grundnorm für die Einziehung von Taterträgen bildet weiterhin § 73 Abs. 1 StGB. Erforderlich ist zunächst nach § 73 Abs. 1 StGB eine rechtswidrige Tat. Gemeint ist damit eine Tat i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB, welche von der Anklage erfasst und vom Tatrichter festgestellt sein muss.50 Für die vorliegende Arbeit kommen vor allem Delikte in Betracht, die häufig Gegenstand richterlicher Entscheidung waren, also vor allem Korruptionsdelikte sowie Delikte aus dem Außenwirtschaftsgesetz, dem Betäubungsmittelgesetz und dem Wertpapierhandelsgesetz. Für das Vorliegen einer rechtswidrigen Tat ist es zudem unbeachtlich, ob eine Vollendung oder ein Versuch51, eine vorsätzliche oder fahrlässige Begehungsweise52 oder nur eine Teilnahme vorliegt.53 Wie schon erläutert, verzichtet das Gesetz bewusst auf eine schuldhafte Begehung, weshalb auch ein Verbotsirrtum nach § 17 StGB, der insbesondere im Wirtschaftsstrafrecht oft als Schutzbehauptung herangezogen wird, unbeachtlich ist.54 Weiterhin muss der Täter oder Teilnehmer für oder durch diese rechtswidrige Tat etwas erlangt haben. Die Formulierung, dass etwas „durch“ die Tat erlangt wurde, stellt eine Neuerung der Reform dar und löst insoweit die Formulierung „aus“ der Tat ab. Das „Etwas“ meint dabei jedenfalls die Gesamtheit des materiell tatsächlich Erlangten.55 Dabei sind aber stets nur einzelne, konkrete Gegenstände erfasst.56 Ist das Erlangte in seiner Beschaffenheit nicht für die Einziehung geeignet oder aber in der ursprünglichen Form nicht mehr vorhanden, wie bspw. konkrete Geldscheine, ist dann auf § 73c

50  BGH, Beschluss vom 28.03.1979  – 2 StR 700 / 78  – juris Rn. 4; Theile, ZJS 2011, 333 (334). 51  Siehe bspw. BGH, Urteil vom 29.06.2010  – 1 StR 245 / 09 = NStZ 2011, 83; ferner ist auch ein wirksamer Rücktritt vom Versuch unbeachtlich, Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 16; zur systematischen Einordnung des strafbefreienden Rücktritts s. Roxin, in: FS-Heinitz, 251 (273 ff.). Allerdings dürfte ein Verfall bei einem Versuch oftmals daran scheitern, dass mangels Erfolg meist auch nichts erlangt wurde und es somit bereits an den weiteren Voraussetzungen des Verfalls fehlt, ebenso Wolters / Horn, in: SK, § 73 Rn. 6. 52  Bspw. BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 8; Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 15. 53  Theile, ZJS 2011, 333 (334). 54  Eser, in: Schönke / Schröder, § 73 Rn. 4; Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, S. 33; Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 15; Wolters / Horn, in: SK, § 73 Rn. 6. 55  BT-Drucks. 12 / 989, S. 23; Fischer, StGB, § 73 Rn. 8. 56  OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2012 – 3 RVs 7 / 12 – juris Rn. 8 = NZWiSt 2013, 307.

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C. Grundlagen

StGB zurückzugreifen, welcher die Einziehung von Wertersatz ermöglicht.57 Die Anwendung des § 73c StGB hat erhebliche praktische Bedeutung, da bisher etwa 95 % der Verfallsanordnungen auf den Verfall von Wertersatz gerichtet waren.58 Dadurch, dass die Einziehung seit der letzten Reform bei allen Delikten anwendbar ist, also auch bei solchen, die ein individuelles Rechtsgut schützten, muss davon ausgegangen werden, dass sich das Verhältnis der Anwendung zwischen § 73c und § 73 StGB etwas verschieben wird. Unstreitig ist weiterhin, dass für § 73 Abs. 1 StGB das „Etwas“ unmittelbar erlangt sein muss.59 Dies folgt aus der Gesetzessystematik, da über § 73 Abs. 2 StGB die mittelbaren Vorteile wie Nutzungen und Surrogate erfasst werden.60 Höchst streitig bleibt allerdings, wie das „Etwas“ bestimmt werden soll und welchen Einfluss bzw. welche Auswirkungen das Bruttoprinzip an dieser Stelle hat.61 Fraglich ist in diesem Zusammenhang, inwieweit die Neuregelung des § 73d Abs. 1 StGB, wonach die Bestimmung des Wertes des Erlangten konkretisiert wird, Abhilfe verschafft. Dies wird aber erst im Verlauf der Untersuchung ausführlich erörtert werden. Für die prozessuale Feststellung ist in diesen Zusammenhang noch § 73d Abs. 2 StGB bedeutsam, da mit Hilfe dieser Norm das erlangte Etwas in seiner Höhe und in seinem Umfang geschätzt werden kann.62 Das erwähnte Kriterium der Unmittelbarkeit folgte bislang auch daraus, dass das erlangte Etwas „aus“ der oder „für“ die Tat erlangt sein muss. Die bisherige Unterscheidung, ob etwas aus der oder für die Tat erlangt wurde, kam deshalb erheblicher Bedeutung zu, da sich § 73 Abs. 1 S. 2 StGB a. F. nur auf das aus der Tat Erlangte bezog.63 Dadurch, dass der Gesetzgeber § 73 Abs. 1 S. 2 StGB a. F. gestrichen hat und das „aus“ durch das „durch“ ersetzt hat, ist die Bedeutung der Unterscheidung geschmälert worden. Hinzu kommt, dass die Formulierung durch die Tat entgegen der Auffassung des Gesetzgebers keine praktischen Veränderungen im Vergleich zur Formulierung aus der Tat hervorbringt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass künftig jeder Vermögenswert dadurch abgeschöpft werden kann, da eine Kausalbeziehung zwischen der Tat und dem Erlangten genügen soll, sodass dem bisherigen Unmittelbarkeitskriterium der Boden entzogen werde.64 Allerdings 57  Schmidt,

in: LK, § 73 Rn. 17, Theile, ZJS 2011, 333 (337). JA 2011, 481 (483); Podolsky, in: Wabnitz / Janovsky, Kap. 26 Rn. 40. 59  BGHSt 47, 260 (268); OLG Celle, Beschluss vom 30.08.2011 – 322 SsBs 175 / 11 – juris Rn. 6. 60  BGH, Urteil vom 21.03.2002 – 5 StR 138 / 01 – juris Rn. 39. 61  Fischer, StGB, § 73 Rn. 8h, der auf die krass divergierende und unübersicht­ liche Rechtsprechung der BGH-Senate hinweist. 62  Theile, ZJS 2011, 333 (335) m. w. N. 63  Zutreffend Saliger, in: NK, § 73 Rn. 4. 64  BT-Drucks. 18 / 11640, S. 87. 58  Walter,



III. Systematik und Merkmale der §§ 73 ff. StGB23

bleibt unklar, wie der Gesetzgeber zu dieser Schlussfolgerung kommt. Denn auch bei der Formulierung aus der Tat, konnte man rein sprachlich eine bloße Kausalbeziehung genügen lassen. Dass praktisch keine anderen Ergebnisse erzielt werden, bestätigt der Gesetzgeber selbst, indem er feststellt, dass das durch die Tat Erlangte dem entspricht, was der Täter aus der Tat erlangt hat und die Formulierung den quasi-kondiktionellen Charakter der Norm unterstreicht.65 Denn letztere Aussage führt keine Erweiterung des Anwendungsbereichs herbei. Insofern sind für das Merkmal durch die Kenntnisse bzgl. des früheren Merkmals aus anzuwenden. Aus der Tat erlangt ist der Gegenstand, welcher dem Beteiligten auf Grund der Tatbegehung zufließt.66 Dazu zählen vor allem die unmittelbar durch die Tat zugeflossenen Sachen, wie insbesondere die Tatbeute,67 aber auch gezogene Tatvorteile, wie bspw. Gewinne aus verbotenen Devisengeschäften.68 Für die Tat erhält der Beteiligte demgegenüber den Vorteil dann, wenn die Vermögenswerte als Gegenleistung für die Tatbegehung geleistet werden und dabei aber nicht selbst auf der Tatbestandsverwirklichung beruhen.69 Häufigste Anwendungsfälle sind dabei Entgelte i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 9 StGB, wie bspw. Bestechungsgelder.70 Das Erlangen ist dahingehend auszulegen, dass der Beteiligte zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Verfügungsgewalt über den Gegenstand bekommen hat.71 Diese Verfügungsgewalt muss nach § 73 Abs. 1 StGB der Täter oder Teilnehmer der Tat innehaben. Jedoch kann die Einziehung nach § 73b StGB auch gegenüber einem Dritten angeordnet werden. Entgegen § 73 Abs. 3 StGB a. F. ist der Wortlaut von § 73b StGB deutlich weiter gefasst, sodass nunmehr unstreitig die aus der Rechtsprechung bekannten Verschiebungsfälle (§ 73b Abs. 1 Nr. 2a StGB) und der bösgläubige Erfüllungsfall (§ 73b Abs. 1 Nr. 2b StGB) erfasst werden. Neu sind zudem die sog. Erbfälle (§ 73 Abs. 1 Nr. 3 StGB), wonach die Abschöpfung des Erlangten beim Erben oder Pflichtteilsberechtigten möglich ist.

65  BT-Drucks.

18 / 9525, S. 55 und 62. in: Schönke / Schröder, § 73 Rn. 9. 67  BGH, Beschluss vom 22.10.2002  – 1 StR 169 / 02  – juris Rn. 6 = NStZ-RR 2003, 10; Eser, in: Schönke / Schröder, § 73 Rn. 9; Joecks, in: MK-StGB, § 73 Rn. 41. 68  Eser, in: Schönke / Schröder, § 73 Rn. 9. 69  Joecks, in: MK-StGB, § 73 Rn. 42. 70  BGH, Urteil vom 20.02.1981  – 2 StR 644 / 80  – juris Rn. 22; Eser, in: Schönke / Schröder, § 73 Rn. 8. 71  BGH, Beschluss vom 10.09.2002  – 1 StR 281 / 02  – juris Rn. 4 = NStZ 2003, 198 (199). 66  Eser,

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C. Grundlagen

Dieser Dritte kann auch eine juristische Person sein, weshalb damit die Möglichkeit der verbandsbezogenen Einziehung besteht.72 Voraussetzung für die Einziehung beim Dritten ist jedoch ein Zusammenhang zwischen der Handlung des Täters und der Erlangung des Etwas beim Dritten. Wie die konkrete Ausgestaltung dieses Zusammenhangs erfolgt, wird jedoch erst an einer späteren Stelle dieser Arbeit vertieft nachgegangen, sodass der bloße Hinweis auf das Erfordernis an dieser Stelle genügen soll.73 Liegen diese Voraussetzungen vor, durfte früher die Ausschlussklausel des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB nicht vorliegen. Der Telos der Norm bestand darin, dass einerseits der Geschädigte dahingehend geschützt werden sollte, dass der Verfallsadressat vor einer doppelten Beanspruchung durch den Staat und den Geschädigten geschützt wird.74 Hinzu kam noch, dass § 73 Abs. 1 S. 2 StGB dort ohnehin keine Anwendung fand, wo es an einer Verletzung eines individuellen Rechtsguts mangelte.75 Dies hatte im Kapitalmarktstrafrecht entscheidenden Einfluss, da bzgl. der Delikte des WpHG überwiegend davon ausgegangen wird, dass die Funktionsfähigkeit des Markts das geschützte Rechtsgut ist und damit ein allgemeines Rechtsgut geschützt wird.76 Durch den Wegfall dieser Norm wird die Einziehungsvorschrift künftig universell Anwendung finden. Der Zweck des Schutzes vor doppelter Inanspruchnahme des Einziehungsadressaten wird künftig dadurch gewahrt, dass der Verletzte grundsätzlich durch das Strafverfahren entschädigt werden soll. Gem. § 459h StPO hat der Verletzte dann einen Anspruch auf den eingezogenen Gegenstand. Ob die damit verfolgte Stärkung des Opferschutzes tatsächlich erreicht wird, kann nicht nur wegen der wohl langen Verfahrensdauer bezweifelt werden, sondern auch, weil der Verletzte weiterhin den Zivilrechtsweg bestreiten muss, wenn dieser etwaige Zins- oder Schmerzensgeldansprüche durchsetzen will. 72  Theile,

ZJS 2011, 333 (335). den unterschiedlichen Ansätzen vgl. Eser, in: Schönke / Schröder, § 73 Rn. 36 ff. und in Bezug auf ein Unternehmen als Dritten Hofmann, wistra 2008, 401 ff. 74  Eser, in: Schönke / Schröder, § 73 Rn. 23. 75  BGH, Urteil vom 04.02.2009  – 2 StR 504 / 08  – juris Rn. 5; BGH, Urteil vom 24.06.2010 – 3 StR 84 / 10 – juris Rn. 15 = wistra 2010, 439 (440). 76  BGH, Urteil vom 27.11.2013  – 3 StR 5 / 13  – juris Rn. 9; Pananis, in: MKStGB, § 38 WpHG Rn. 7; Walter, JA 2011, 481 (483); der BGH hat allerdings auch schon zu erkennen gegeben, dass bspw. ein drittschützender Charakter bei § 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG naheliegt, wenn die Tat manipulativ unmittelbar auf die Schädigung der Erwerber der Wertpapiere gerichtet ist, vgl. BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 254 / 09 – juris Rn. 6 f. = NStZ 2010, 326; vgl. auch Waßmer, in: Fuchs, § 38 Rn. 224 m. w. N. und besonders Brockhaus / Ullrich, ZWH 2016, 312 (313 ff.) zu der neueren Tendenz in Einzelfällen zivilrechtliche Ansprüche wie § 826 BGB, §§ 37b, c WpHG Anwendung finden zu lassen. 73  Zu



III. Systematik und Merkmale der §§ 73 ff. StGB25

Liegen die Voraussetzungen der Einziehung vor, sieht § 73 Abs. 1 StGB von jeher eine gebundene, also zwingende, Anordnung der Einziehung vor.77 Angesichts der früheren Zurückhaltung beim Erlass der Verfallsanordnungen ist dies etwas verwunderlich, wird dadurch doch der Eindruck vermittelt, dass die Gerichte entweder aus mangelnder Kenntnis wegen der Komplexität der Vorschriften78 oder aber bewusst wegen der mühsamen Auseinandersetzung mit den Vorschriften ihrer Pflicht nicht nachgekommen sind. Die erweiterte Einziehung ist in § 73a StGB geregelt. Entgegen § 73d StGB a. F. nimmt die erweiterte Einziehung nach § 73a StGB keinen Bezug mehr auf einen bestimmten Deliktskatalog; vielmehr ist die erweiterte Einziehung bei jedem Delikt anwendbar.79 Noch weitreichender als die erweitere Einziehung ist die im deutschen Recht bislang unbekannte Form der Einziehung nach § 76a Abs. 4 StGB. Diese Maßnahme ermöglicht es, insbesondere bei Delikten des Terrorismus und der organisierten Kriminalität, Vermögen unklarer Herkunft einzuziehen. Ein Nachweis der illegalen Herkunft ist nicht mehr erforderlich; es genügt, dass das Gericht überzeugt ist, dass das Vermögen aus (irgend-)einer rechtswidrigen Tat herrührt. Die Begrifflichkeit des „Herrührens“ orientiert sich bewusst an der Formulierung des § 261 StGB, da beide Begriffe nach der Vorstellung des Gesetzgebers, gleichbedeutend sind.80 Dies stellt zugleich die wesentliche Erweiterung im Vergleich zu § 73a StGB dar. Entscheidende Bedeutung erlangt dabei § 437 StPO, der eine Orientierungshilfe für die Überzeugungsbildung des Gerichts beinhaltet. Kritische Stimmen zu dieser Vorschrift81 ignorierte der Gesetzgeber während des Gesetzgebungsverfahrens. Die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme sieht der Gesetzgeber als gewahrt an, da die Vorschrift als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist.82 In Bezug auf die Verhältnismäßigkeit ist bemerkenswert, dass das neue Einziehungsrecht für den Grundfall des § 73 StGB keine Härtevorschrift mehr statuiert.83 Der § 73c StGB a. F., der eine Härtevorschrift beinhaltete, 77  BGH, Urteil vom 19.04.1989 – 2 StR 688 / 88 – juris Rn. 10; BGH, Urteil vom 19.11.1993 – 2 StR 468 / 93 – juris Rn. 8; Saliger, in: NK, § 73 Rn. 38. 78  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 2 oder Achenbach, in: FSBlau, S. 7 (11), welcher die Vorschriften zum Verfall als „legislatorisches Monstrum“ bezeichnete. 79  Ablehnend aus Gründen der Verfassungswidrigkeit Saliger, in: NK, Vorb. §§ 73 Rn. 3c. 80  BT-Drucks. 18 / 9525, S. 73. 81  Gebauer, ZRP 2016, 101 (104); Löffelmann, recht+politik, Ausgabe 6 / 2016, 1 (5); Rönnau / Begemeier, NZWiSt 2016, 260 (264). 82  BT-Drucks. 18 / 9525, S 73. 83  Dazu kritisch Köllner / Mück, NZI 2017, 593 (598).

26

C. Grundlagen

um grobe Unbilligkeiten zu vermeiden und die Einhaltung des Übermaßverbots zu garantieren,84 wurde abgeschafft. Lediglich im Rahmen der Vollstreckung von Nebenfolgen sieht § 459g Abs. 5 StPO ein Unterlassen der gerichtlichen Anordnung bei Unverhältnismäßigkeit vor. Ein Ausschluss einer Einziehungsanordnung ist somit nur noch in den Grenzen des § 73e StGB möglich. Schließlich sei erwähnt, dass die Einziehungsvorschriften auch prozessual umfassend überarbeitet worden sind. Da sich die Arbeit aber auf das erlangte Etwas fokussiert, sollen diese Änderungen nicht weiter erläutert werden.85

IV. Rechtsprechungsüberblick zum „erlangten Etwas“ Die soeben dargestellten Merkmale erlangten durch eine jahrzehntelange Rechtsprechung ihre Konturen. Insbesondere gilt dies für das Merkmal des aus der Tat Erlangten. Allerdings ist die Rechtsprechung der einzelnen Strafsenate in den letzten Jahren und vor allem in Bezug auf dieses Merkmal klar divergierend.86 Auch dies prägte die Reform zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Deshalb werden nachfolgend in einem ersten Schritt entscheidende Urteile für das erlangte Etwas beim Verfall und anschließend die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Entscheidungen dargestellt. 1. Urteile •• BGH, Urteil vom 19.11.1993 – 2 StR 468 / 93 Das wohl erste höchstrichterliche Urteil seit der Gesetzesänderung zum Verfall im Jahr 199287 betraf einen unerlaubten Betäubungsmittelhandel. Im Rahmen dieser Entscheidung wies der Senat darauf hin, dass durch die Gesetzesänderung des § 73 StGB nunmehr vom Netto- auf das Bruttoprinzip übergegangen werde, was aus einem Vergleich der früheren mit der jetzigen Formulierung der Norm und der Absicht des Gesetzgebers folge.88 Dies bedeute, dass fortan „all das, was der Täter für die Straftat oder aus ihr erlangt hat, ohne Abzug gewinnmindernder Kosten abgeschöpft werden“ soll. Als Beispiel für früher abzugsfähige Posten, die nun nicht mehr abgezogen wer84  Heine, NStZ 2015, 127 (135); Schmidt, in: LK, § 73c Rn. 3; Lohse, JR 2009, 188 (192). 85  Zu den wichtigsten Neuerungen im Überblick Trüg, NJW 2017, 1913 ff. 86  Einführend der Überblick bei Schilling, StraFo 2011, 128 (131 f.) und Heine, NStZ 2015, 127. 87  So auch Heine, NStZ 2015, 127. 88  BGH, Urteil vom 19.11.1993 – 2 StR 468 / 93 – juris Rn. 13 und 15.



IV. Rechtsprechungsüberblick zum „erlangten Etwas“27

den sollen, zählt der Senat in diesem Zusammenhang dabei den Einkaufspreis, die Transportkosten und den Kurierlohn auf.89 •• BGH, Urteil vom 21.03.2002 – 5 StR 138 / 01 = BGHSt 47, 260 ff. Erstmaligen Streit bei der Bestimmung des erlangten Etwas warf eine Entscheidung über eine Bestechungshandlung auf. Der Täter bestach hierbei einen Bauamtsleiter dahingehend, dass dieser bei der Beratung über einen Bebauungsplan darauf hinwirken solle, dass das Gebiet, in dem der Täter zuvor Grundstücke gekauft hatte, zu einem allgemeinen Wohngebiet ausgewiesen wird. Dadurch sollten sich die Werte der Grundstücke des Täters erheblich erhöhen, womit der Täter durch den anschließenden Verkauf einen deutlichen Gewinn erzielen wollte. Dies hat sich sodann auch tatsächlich realisiert. Der 5. Strafsenat erklärte jedoch, dass nicht der gesamte Verkaufspreis der dann gestiegenen Grundstückspreise für verfallen zu erklären sei, sondern – unter Berufung auf das für die Feststellung des erlangten Etwas notwendigen Kriteriums der Unmittelbarkeit – die Gewinnchance, also die Möglichkeit, einen erheblichen Spekulationsgewinn zu realisieren.90 Schließlich bedürfe es für den Verkauf noch weiterer vermittelnder Tätigkeiten, sodass es an einer Unmittelbarkeit bzgl. des Endverkaufspreises mangelt. Hinsichtlich des Inkrafttretens des den Vorstellungen des Täters entsprechenden Bebauungsplans läge aber Unmittelbarkeit vor.91 Dieses Ergebnis steht nach Auffassung des Senats auch nicht im Widerspruch zum Bruttoprinzip, da dieses keine Aussagen für das erlangte Etwas als solches, sondern nur für dessen Umfang treffen kann, weshalb die Bestimmung des erlangten Etwas der Anwendung des Bruttoprinzips bereits logisch vorgelagert sei.92 •• BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 = BGHSt 47, 369 ff. Nur kurze Zeit später konnte sich der erste Strafsenat umfassend zur Rechtsnatur des Verfalls äußern, wobei er an seiner Auffassung weiterhin festhielt, dass der Verfall – trotz Umstellung auf das Bruttoprinzip – keine Strafe sei. Zudem stellte er klar, dass der Verfall nicht nur auf die Betäubungsmitteldelikte beschränkt sei, sondern – wie es dem Wortlaut des Gesetzes entspricht – auf alle Delikte und damit auch bei dem vorliegenden Ver89  BGH,

Urteil Urteil 91  BGH, Urteil 92  BGH, Urteil 90  BGH,

vom vom vom vom

19.11.1993 – 2 StR 468 / 93 – juris Rn. 13. 21.03.2002 – 5 StR 138 / 01 – juris Rn. 39 ff. 21.03.2002 – 5 StR 138 / 01 – juris Rn. 40 f. 21.03.2002 – 5 StR 138 / 01 – juris Rn. 40.

28

C. Grundlagen

stoß gegen das AWG, wegen einer Lieferung von Zigarettenpapier entgegen eines Embargos, Anwendung finde.93 Leider geht der Senat nicht auf die Aussagen der kurz zuvor getroffenen Entscheidung des 5. Senats zum erlangten Etwas ein, sondern stellt lediglich fest, dass das Bruttoprinzip nicht nur den Gewinn, sondern alles, was der Täter aus oder für die Tat erlangt hat, erfasst und damit auch im zur Entscheidung vorliegenden Fall der gesamte Verkaufserlös abzuschöpfen sei.94 •• LG Augsburg, Urteil vom 27.11.2003  – 3 KLs 502 Js 127369 / 99 = NStZ 2005, 109 ff. = „Infomatec“ Wenn auch nicht höchstrichterlich, liegt mit einem Urteil des LG Augsburg, soweit ersichtlich, eine erste veröffentlichte Entscheidung zu einer Verfallsanordnung bei einem Kapitalmarktdelikt, dem Insiderhandel, vor. In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt verkaufte ein Mitglied des Vorstands in zwei Fällen Aktien. Im ersten Fall nutzte der Angeklagte seine Kenntnis von der, der Öffentlichkeit nicht erläuterten, Qualität eines in einer Ad-hoc-Meldung verbreiteten angeblichen, tatsächlich jedoch nicht existierenden, Finanzerfolges aus. Im zweiten Fall nutzte er demgegenüber die Kenntnis über die bevorstehende Berichtigung früher Ad-hoc-Meldungen aus, um einen profitablen Gewinn zu erzielen.95 Die Kammer erklärte, dass bei der unerlaubten Veräußerung von Insiderpapieren der gesamte Verkaufspreis das erlangte Etwas darstellt und damit im vorliegenden Fall 15.224.120,16 Euro erlangt wurden.96 Eine andere Berechnungsweise würde nach Ansicht der Kammer zur erneuten Anwendung des Nettoprinzips führen, dessen Probleme durch die Einführung des Bruttoprinzips gerade verhindert werden sollten, wobei sie darauf hinweist, dass besondere Härten über § 73c StGB a. F. abgefangen werden können.97 Deshalb wurden im konkreten Fall 380.000 Euro für verfallen erklärt, da dies nach Feststellung des Gerichts den verbleibenden Betrag des Vermögens des Angeklagten ausmachte. Ferner wies die Kammer darauf hin, dass § 14 WpHG a. F. nur die Funk­ tionsfähigkeit des Marktes und nicht die Individualinteressen der einzelnen Kapitalanleger schütze.98

93  BGH,

Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 19. Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 12. 95  LG Augsburg, NStZ 2005, 109 (110). 96  LG Augsburg, NStZ 2005, 109 (111). 97  LG Augsburg, NStZ 2005, 109 (111). 98  LG Augsburg, NStZ 2005, 109 (111). 94  BGH,



IV. Rechtsprechungsüberblick zum „erlangten Etwas“29

•• BGH, Urteil vom 02.12.2005 – 5 StR 119 / 05 = BGHSt 50, 299 ff. = „Köl­ ner Müllskandal“ Demgegenüber schränkte der 5. Strafsenat das Merkmal des erlangten Etwas weiter ein. In seiner Entscheidung im „Kölner Müllskandal“, in welcher die Angeklagten u. a. nach § 299 Abs. 1 StGB verurteilt wurden, da sie bei der Vergabe eines Bauauftrages über eine Restmüllverbrennungsanlage Schmiergelder zahlten, nahm der Senat nicht etwa den gesamten Werklohn des daraufhin erfolgten Zuschlages i. H. v. 792 Mio. DM als erlangtes Etwas an, sondern nur den Wert des Auftrags zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.99 Dieser Wert setze sich aus dem (zu erwartenden) Gewinn und anderer Vorteile, wie z. B. die konkrete Chance auf Abschluss von Wartungsverträgen für eine errichtete Anlage, die Chance zur Erlangung weiterer Aufträge für vergleichbare Anlagen oder die Steigerung des wirtschaftlich werthaltigen „Goodwill“ eines Unternehmens, zusammen.100 Erneut knüpft der Senat zur Begründung seines Ergebnisses an das Kriterium der Unmittelbarkeit an, wobei unmittelbar nur der schuldrechtliche Vertragsschluss und nicht der erst daraus folgende Werklohn, welcher erst durch die Ausführung des Auftrages realisiert wird, erlangt sei.101 Die Begründung wird aber noch dadurch ergänzt, dass der Senat feststellt, dass, anders als bei Verstößen gegen das BtMG oder AWG, nicht die spätere Ausführung des Geschäfts bzw. des Auftrages strafrechtlich bemakelt ist, sondern nur die Art und Weise der Auftragserlangung.102 Durch den Hinweis auf die Unterschiede zu Verstößen gegen das AWG und BtMG und einer damit verbundenen Entscheidung des 1. Strafsenats103 umgeht der Senat geschickt § 132 Abs. 2 GVG. Schließlich stellt der Senat in seiner Entscheidung fest, dass aus dem Bruttoprinzip, nach der Feststellung des erlangten Etwas folge, dass Aufwendungen wie bspw. die Bestechungssumme nicht abgezogen werden können.104 •• BGH, Urteil vom 30.05.2008 – 1 StR 166 / 07 = BGHSt 52, 227 ff. Mit dem zuvor genannten Urteil setze sich dieses Mal sodann der 1. Strafsenat im Rahmen einer Verurteilung nach § 16 Abs. 1 UWG auseinander. In dem Fall wurden Briefe in erheblicher Anzahl an Verbraucher versendet, 99  BGH,

Urteil vom 02.12.2005 – 5 StR 119 / 05 – juris Rn. 48. Urteil vom 02.12.2005 – 5 StR 119 / 05 – juris Rn. 48 und 52. 101  BGH, Urteil vom 02.12.2005  – 5 StR 119 / 05  – juris Rn. 50 mit Hinweis auf die anderen gerichtlichen Ansichten wie OLG Köln, ZIP 2004, 2013 und OLG Thüringen, wistra 2005,114. 102  BGH, Urteil vom 02.12.2005 – 5 StR 119 / 05 – juris Rn. 50. 103  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02. 104  BGH, Urteil vom 02.12.2005 – 5 StR 119 / 05 – juris Rn. 55. 100  BGH,

30

C. Grundlagen

wobei ihnen ein Gewinn versprochen wurde, zu dessen Auszahlung es jedoch nie oder nur zu einem erheblich niedrigeren Wert kam. Stattdessen waren die Briefe an ein Bestellformular gekoppelt, in dessen Folge es zu mehreren Bestellungen einschließlich entsprechender Zahlungen kam. Der Senat sah hierbei aber nicht nur die Vertragsabschlüsse, sondern auch die daraus folgenden Verkaufserlöse der bestellten Ware als erlangtes Etwas an. Schließlich sei kein Grund ersichtlich zwischen dem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft und dem dinglichen Erfüllungsgeschäft zu unterscheiden.105 Dabei betont der Senat, dass dieses Ergebnis nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des 5. Strafsenats stehe: Denn der vorliegende Zweck des § 16 UWG bestehe darin, den Verbraucher vor einem vermögensmindernden Mitteleinsatz zu bewahren, weshalb der dann erfolgte Mitteleinsatz bei der Warenbestellung strafrechtlich nicht neutral sein kann.106 Zudem wäre es, im Gegensatz zu dem Bau der Restmüllverbrennungsanlage, nie zu den Bestellungen gekommen, wenn die Briefe nicht versandt worden wären.107 Der Senat sieht aber eine mögliche Rechtfertigung des Ergebnisses des 5. Strafsenats für den Bestechungsfall darin, dass § 299 StGB unmittelbar nur den freien Wettbewerb schütze.108 Allerdings äußert der Senat auch grundsätzliche Bedenken an der Entscheidung des 5. Strafsenats in zweierlei Hinsicht: Zum einen fehle eine Begründung für die Differenzierung zwischen Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft, da es nach dem Bruttoprinzip nahe liege, dass der Anspruch auf Leistung aus dem Verpflichtungsgeschäft (Werklohn) so bewertet wird, dass die Gegenleistung der Verpflichtung (Bau der Anlage) nicht berücksichtigt wird.109 Zum anderen verstoße das enge Verständnis des Krite­ riums der Unmittelbarkeit gegen die Systematik des § 73 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 StGB a. F., da § 73 Abs. 2 StGB a. F. dem § 818 Abs. 1 BGB nachgebildet sei und damit im Sinne des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts gerade auch die dingliche (Rück-)Übertragung bei unwirksamen schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts umfasst sein soll.110 •• LG Bonn, Urteil vom 27.03.2009 – 27 KLs 11 / 08 Auch das LG Bonn äußerte sich – wenn auch knapp – zum Verfall im Fall eines Insiderhandels. Dabei schloss sich das LG nicht der Anklage der Staatsanwaltschaft an, welche jeden Erlös aus den Wertpapiergeschäften für 105  BGH, 106  BGH, 107  BGH, 108  BGH, 109  BGH, 110  BGH,

Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil

vom vom vom vom vom vom

30.05.2008 – 30.05.2008 – 30.05.2008 – 30.05.2008 – 30.05.2008 – 30.05.2008 –

1 1 1 1 1 1

StR StR StR StR StR StR

166 / 07 – 166 / 07 – 166 / 07 – 166 / 07 – 166 / 07 – 166 / 07 –

juris juris juris juris juris juris

Rn. 102. Rn. 104 f. Rn. 105. Rn. 105. Rn. 108. Rn. 108.



IV. Rechtsprechungsüberblick zum „erlangten Etwas“31

verfallen erklären wollte, womit insgesamt ein Betrag von etwa 6 Mio. Euro abgeschöpft werden sollte, sondern erklärte nur den erzielten Gewinn, welcher vorliegend 2,4 Mio. Euro betrug, für verfallen.111 Die Kammer begründete das Ergebnis damit, dass anderenfalls strafrechtlich nicht belastetes Vermögen für verfallen erklärt worden wäre, was jedoch nicht mit dem Grundsatz in Einklang zu bringen sei, dass der Verfall keine zusätzliche Strafe ist.112 Interessant ist, dass die Kammer dann sogar noch Bankgebühren und Zahlungen des Angeklagten an einen Mitangeklagten vom Gewinn abzog, sodass letztlich ein Betrag i. H. v. 761.400 Euro für verfallen erklärt wurde.113 •• BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 = „Freenet“ Scheinbar unbeeindruckt von der Kritik des 1. Strafsenats setzte der 5. Strafsenat seine Rechtsprechung zum erlangten Etwas fort und konnte im Fall „Freenet“ seine Auffassung beim Insiderhandel weiter konkretisieren. Mit der Entscheidung stellte der Senat die bisher geltenden Leitlinien für die Verfallsrechtsprechung zum erlangten Etwas auf. In der Sache machten sich die Angeklagten wegen Insiderhandels strafbar, da sie trotz der Kenntnis von rückläufigem Umsatz und gesunkenem Gewinn eigene Aktien veräußerten, ohne zuvor eine entsprechende Ad-hoc-Meldung zu tätigen. Die Vorinstanz hatte dabei den gesamten Verkaufserlös für verfallen erklärt.114 Der BGH wiederholt in seinem Beschluss zunächst seine These, dass das Bruttoprinzip für die Bestimmung des erlangten Etwas unbeachtlich sei und erst Anwendung nach der Feststellung des erlangten Etwas finden könne.115 Deshalb soll der dem Verfall unterliegende Vorteil danach zu bestimmen sein, was letztlich strafbewehrt ist.116 Während bei Verstößen gegen das AWG oder BtMG die Geschäfte an sich bereits verboten sind und damit der gesamte Verkaufserlös abgeschöpft werden kann, stelle die nur strafrechtlich bemakelte Art und Weise der Ausführung des Geschäfts nur die Möglichkeit zur Abschöpfung des Sondervorteils dar.117 Der realisierte Sondervorteil mache gerade den Unrechtsgehalt der Tat aus, sodass nur dieser unmittelbar aus der Tat erlangt wurde. Deshalb läge beim Insiderhandel der Vorteil in der Verscho111  LG

Bonn, Urteil vom 27.03.2009 – 27 KLs 11 / 08 – juris Rn. 223 ff. Bonn, Urteil vom 27.03.2009 – 27 KLs 11 / 08 – juris Rn. 224. 113  LG Bonn, Urteil vom 27.03.2009 – 27 KLs 11 / 08 – juris Rn. 226 f. 114  LG Hamburg, Urteil vom 30.01.2009  – Az: 620 KLs 1 / 08  – 5500 Js 38 / 06  – nicht veröffentlicht. 115  BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 30. 116  BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 30. 117  BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 30. 112  LG

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C. Grundlagen

nung vor dem Wertverlust, welchen der uninformierte Marktteilnehmer infolge verspäteter Veröffentlichung der aktienkursrelevanten Tatsache erleiden würde.118 Die Aktien selbst wurden legal erworben, weshalb diese nicht das erlangte Etwas darstellten und somit vom Bruttoprinzip unangetastet blieben.119 Das Bruttoprinzip entfalte aber bspw. dadurch seine Wirkung, dass etwaige Kreditzinsen oder Provisionen bei der Veräußerung der Aktien unberücksichtigt blieben.120 Zur Berechnung des Sondervorteils führt der Senat ferner aus, dass es nicht genüge, den Kursverlauf der Aktie lediglich anhand eines Tages zu bewerten, sondern, dass insbesondere bei Quartalszahlen eine längerfristige Beobachtung notwendig sei, um beurteilen zu können, wie der Markt die Informationen aufgenommen hat.121 •• BGH, Urteil vom 29.06.2010 – 1 StR 245 / 09 = „Falk“ Demgegenüber blieb auch der 1. Strafsenat seiner Rechtsprechung treu. In der Revisionsentscheidung, die einen Aktienverkauf unter Manipulierung der Umsatz- und Ertragszahlen der betroffenen AG zum Gegenstand hatte, hob der Senat das landgerichtliche Urteil hinsichtlich der Verfallsanordnung auf.122 Das Landgericht war nicht in der Lage, einen Vermögensschaden sicher zu bestimmen, sodass das Gericht die Handlung als versuchten Betrug bewertete.123 Das Landgericht stellte weiterhin fest, dass nur der Vertragsschluss und damit der Saldierungsbetrag aus Leistung und Gegenleistung erlangt sei. Dabei ist auf Grund der nicht sicheren Bezifferung der Leistungen im Ergebnis ein erlangtes Etwas nicht feststellbar.124 Unter Verweis und Bezugnahme auf einen für das betroffene Strafverfahren geltenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts125 erklärte der 1. Strafsenat, dass der gesamte Verkaufserlös der Aktien, welcher sich aus einem Aktienpaket im Wert von 552 Mio. Euro und einer Barkomponente i. H. v. 210 Mio. Euro zusammensetzte, für verfallen zu erklären sei.126 Auch hier soll kein Fall der Divergenz nach § 132 Abs. 2 GVG vorliegen, was bereits aus dem Beschluss des BVerfG geschlussfolgert wird, da vorliegend im Gegensatz zu den Fällen des 5. Strafsenats die Vermögensgegenstände des Beschwerdeführers selbst Ge118  BGH,

Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 31. Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 31. 120  BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 31. 121  BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 27. 122  BGH, Urteil vom 29.06.2010 – 1 StR 245 / 09 – juris Rn. 36. 123  LG Hamburg, Urteil vom 09.05.2008  – Az: 620 KLs 5 / 04  – 5500 Js 97 / 03  – nicht veröffentlicht. 124  BGH, Urteil vom 29.06.2010 – 1 StR 245 / 09 – juris Rn. 30. 125  BVerfG, Beschluss vom 11.12.2008 – 2 BVR 1871 / 08. 126  BGH, Urteil vom 29.06.2010 – 1 StR 245 / 09 – juris Rn. 39. 119  BGH,



IV. Rechtsprechungsüberblick zum „erlangten Etwas“33

genstand der mutmaßlichen Tathandlung waren.127 Der Senat bestätigte erneut, dass weder eine Trennung vom schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft zum dinglichen Erfüllungsgeschäft noch eine Saldierung der Leistungen im Einklang mit der Verfallsvorschrift steht, da anderenfalls im Ergebnis nur der Gewinn abgeschöpft würde, was letztlich wieder zur – nicht mehr beabsichtigten – Anwendung des Nettoprinzips führen würde.128 Mögliche Härten sind jedoch nach § 73c StGB a. F. zu berücksichtigen, sodass der Senat im konkreten Fall in Betracht zog, dass sich das weitere Verfahren auf die Barkomponente beschränkt.129 •• BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 = BGHSt 57, 79 ff. In BGHSt 57, 79 ff. hatte nun auch der 3. Strafsenat Gelegenheit, seine Ansicht zur Bestimmung des erlangten Etwas im Rahmen eines fahrlässigen Verstoßes gegen das AWG zu äußern. Die Angeklagte lieferte Jagd- und Sportselbstladeflinten in Drittländer, ohne die behördliche Genehmigung zu besitzen. Entgegen der Vorinstanz bewertete der Senat aber nicht den gesamten Verkaufserlös als erlangtes Etwas, sondern nur den durch das nicht durchgeführte Genehmigungsverfahren erlangten (Sonder-)Vorteil.130 Der Senat führt dazu aus: „Es werden daher nur solche Vorteile erfasst, die der Tatteilnehmer oder Dritte nach dem Schutzzweck der Strafnorm nicht erlangen und behalten dürfen soll, weil sie von der Rechtsordnung – einschließlich der verletzten Strafvorschrift – als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung bewertet werden.“131 Dieses Ergebnis bekräftigt der Senat mit dem Telos des Verfalls, welcher keinen Strafzweck verfolge, sondern in der Abschöpfung des illegitimen Vermögensvorteils bestehe.132 Deshalb soll die Bestimmung des erlangten Etwas danach erfolgen, was letztlich strafbewehrt ist.133 Diesem Ergebnis soll auch das für § 73 StGB geltende Bruttoprinzip nicht entgegenstehen, da dieses für die Bestimmung des erlangten Etwas unbeachtlich sei und erst nach dessen Feststellung Anwendung finde.134 Im Ergebnis waren damit nur die ersparten Aufwendungen des unter127  BGH, Urteil vom 29.06.2010 – 1 StR 245 / 09 – juris Rn. 39 mit Zitierung der genannten Entscheidung des BVerfG. 128  BGH, Urteil vom 29.06.2010 – 1 StR 245 / 09 – juris Rn. 41 ff. 129  BGH, Urteil vom 29.06.2010 – 1 StR 245 / 09 – juris Rn. 50. 130  BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 17; bereits OLG Koblenz, Beschluss vom 28.09.2006  – 1 Ss 247 / 06  – juris Rn. 22; LG Münster, Beschluss vom 09.03.2011 – 9 Qs 6 / 11 – juris Rn. 10. 131  BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 14. 132  BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 15. 133  BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 16. 134  BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 18.

34

C. Grundlagen

lassenen Genehmigungsverfahrens erlangt. Der Senat bewegt sich damit auf einer Linie mit dem 5. Strafsenat. •• BGH, Urteil vom 27.11.2013 – 3 StR 5 / 13 = BGHSt 59, 80 ff. Die Rechtsauffassung in der vorgenannten Entscheidung bestätigte der 3. Strafsenat, unter Wiederholung seiner Begründung für die Bestimmung des erlangten Etwas, ein Jahr später, wobei diesmaliger Gegenstand der Entscheidung eine Marktmanipulation war. Der Senat bestätigte dabei die Verfallsanordnung des vorinstanzlichen Gerichts, die den gesamten Verkaufserlös der 14.000 Aktien, die im Rahmen der ersten Tat durch die matched orders135 bzw. prearrenged trades136 erzielt wurden, für verfallen erklärte.137 Im Gegensatz zum Insiderhandel soll bei der Marktmanipulation das Geschäft als solches verboten sein, sodass der Verkaufserlös einen unmittelbaren Zufluss aus der verbotenen Handlung und damit das erlangte Etwas darstelle.138 •• OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13 Die gegenwärtig jüngste und wegweisendste Entscheidung zum Verfall bei der Marktmanipulation betraf einen Fall, in dem der Angeklagte über das eigene Depot und das Depot eines Freundes, für das der Angeklagte eine Bankvollmacht besaß, mehrere sich schlecht entwickelnde Aktienpakete verkaufte und umgehend zum nahezu gleichen Preis zurückkaufte, um den eingetretenen Wertverlust der Aktien für das Finanzamt zu dokumentieren und somit die Einkommenssteuer zu minimieren. Die Revision beschränkte sich auf den Rechtsfolgenausspruch, sodass die in der Handlung erblickte Marktmanipulation als gegeben anzusehen war.139 Der Senat schließt sich sodann der Rechtsauffassung des 3. Strafsenats aus der Entscheidung BGHSt 57, 79 ff. an und stellt fest, dass damit zunächst grundsätzlich der gesamte aus dem Geschäft erzielte Erlös dem Verfall unterliege.140 Allerdings sieht er im vorliegenden Fall eine Besonderheit: Durch die alsbald aufeinanderfolgenden Verkaufs- und Rückkaufgeschäfte käme es zu einer Verdoppelung des Vermögensgegenstandes, wenn man beide Geschäfte als Grundlage für den Verfallsgegenstand bewerte. Dabei hätten der Verkauf und Rückkauf den Begriff s. Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 491. inhaltsgleich mit den matched orders sind, vgl. Zieschang, in: Park, § 263 StGB Rn. 137, 141. 137  BGH, Urteil vom 27.11.2013 – 3 StR 5 / 13 – juris Rn. 28. 138  BGH, Urteil vom 27.11.2013 – 3 StR 5 / 13 – juris Rn. 30 f. 139  OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13. 140  OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13 – juris Rn. 12. 135  Zum

136  Welche



IV. Rechtsprechungsüberblick zum „erlangten Etwas“35

gleichen Vermögenswert als Gegenstand, wobei der Telos der Verfallsvorschriften gerade darin bestünde, diesen Vermögenswert und nicht den doppelten Wert abzuschöpfen.141 Der Senat wertete deshalb die Geschäfte dergestalt, dass bei den Rückkaufgeschäften der zunächst erzielte Verkaufspreis unberücksichtigt bliebe und nur die dann erlangten Aktien dem Verfall unterlägen.142 Dem solle auch nicht das Bruttoprinzip entgegenstehen, da dieses nichts dazu erkläre, wie zwei gleiche Geschäfte zueinander in Beziehung stehen.143 Des Weiteren schließt sich der Senat der Auffassung an, dass für die Bestimmung des Wertersatzes auf den Wert des Etwas zum Zeitpunkt der Entstehung des Wertersatzanspruchs abgestellt werden muss.144 •• BGH, Beschluss vom 11.06.2015 – 1 StR 368 / 14 Schließlich vollzog der 1. Strafsenat des BGH im Juni 2015 womöglich eine Kehrtwende, als dieser bei einer Revision über die Rechtmäßigkeit einer Verfallsanordnung bei einem Verstoß gegen das ZAG zu entscheiden hatte. Hierbei wiederholte der BGH überraschend die Grundsätze der Verfallsrechtsprechung des 3. und 5. Strafsenats.145 Auch wenn der Senat die Grundsätze nach seiner Auffassung bei seinem Beschluss nicht anwenden konnte, ist wohl von einer Abkehr seiner bisherigen restriktiven Rechtsprechung auszugehen. Dem Beschluss lag folgender, vereinfacht dargestellter, Sachverhalt146 zu Grunde: Ein Spielhallenbetreiber hatte in seiner Spielhalle (GmbH) einen von der L-AG ausgeliehenes Electronic Cash Terminal aufgestellt, damit die Spieler für die Glücksspiele ausreichend Bargeld zur Verfügung haben konnten. Dabei fehlte die für das Erbringen eines Zahlungsdienstes erforderliche Erlaubnis der BaFin, sodass sich die Spielhallenbetreiber zunächst nach § 31 Abs. 2 ZAG wegen fahrlässigen und anschließend nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 ZAG wegen vorsätzlichen Handelns strafbar gemacht haben.147 Für jede Auszahlung mussten die Spieler zusätzlich eine Gebühr von einem Euro entrichten. Nach jeweils fünf Auszahlungen übermittelte der Spielhallenbetreiber die verwendeten Daten an die L-AG, welche die entstandenen Forderungen gegenüber der Banken der Spielkunden geltend machte. Die daraufhin getätigten Überweisungen gingen auf ein Sammelkonto der L-AG ein. Später überwies die L-AG sodann den Gesamtbetrag an 141  OLG

Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13 – juris Rn. 13. Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13 – juris Rn. 14. 143  OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13 – juris Rn. 13. 144  OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13 – juris Rn. 19. 145  BGH, Beschluss vom 11.06.2015 – 1 StR 368 / 14 – juris Rn. 36, 42 ff. 146  Vgl. BGH, Beschluss vom 11.06.2015 – 1 StR 368 / 14 – juris Rn. 3 ff. 147  Dazu kritisch Heinze / Safferling, wistra 2015, 81 (82 ff.). 142  OLG

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C. Grundlagen

die Spielhallen-GmbH. Die Kunden nutzten insgesamt 7.526-mal im betroffenen Zeitraum das EC-Terminal und nahmen Auszahlungen i.  H.  v. 444.230 Euro vor. Zudem entrichteten die Kunden dadurch eine Gebühr von 7.526 Euro, womit der Spielhallen-GmbH insgesamt 451.756 Euro überwiesen wurden. Der Senat sah dabei die vollständige Summe als das erlangte Etwas an, da schließlich, unter Berufung auf die Grundsätze der Rechtsprechung des 3. Strafsenats, auch eine Genehmigung auf Grund von § 9 Nr. 3c und Nr. 6 ZAG nicht erteilt werden konnte. 2. Folgen der Rechtsprechung Der vorangegangene Überblick zur Rechtsprechung der vergangenen Jahre zeigt, dass sich der BGH in die Bildung von Kasuistik zum Verfall verstrickt hat und damit ein stark differenziertes und nur schwer überschaubares Bild kreiert hat. Aus den Entscheidungen wird ersichtlich, dass zwischen den BGH-Senaten zumindest Einigkeit dahingehend besteht, dass mit der Gesetzesänderung des Verfalls im Jahr 1992 vom Vermögensvorteil auf das erlangte Etwas ein Übergang vom Netto- auf das Bruttoprinzip vollzogen wurde.148 Ebenso besteht Konsens, dass die Verfallsvorschriften keine Strafe, sondern eine Maßnahme eigener Art darstellen.149 Zudem wurde ausdrücklich erklärt, dass der Verfall auf alle Delikte Anwendung findet150; auch die anderen Entscheidungen lassen kein gegenteiliges Ergebnis zu. Unstimmigkeiten zwischen den Senaten tauchen jedoch im Rahmen der Bestimmung des erlangten Etwas auf.151 Die Bestimmung ist dabei sehr abhängig vom vorgeworfenen Delikt. Vielfach nehmen die einzelnen Senate zwar Bezug auf die jeweils anderen Entscheidungen, dabei vermeiden sie aber eine eindeutige Auseinandersetzung mit diesen und orientieren sich jeweils am Einzelfall, sodass die Aussagen der Senate stets keine sichere Deutung zulassen und damit auch eine Vorlagepflicht nach § 132 Abs. 2 GVG umgehen.152

148  BGH, Urteil vom 19.11.1993 – 2 StR 468 / 93; BGH, Urteil vom 21.03.2003 – 5 StR 138 / 01  – juris Rn. 36; BGH, Urteil vom 30.05.2008  – 1 StR 166 / 07  – juris Rn. 101. 149  BGH, Urteil vom 21.08.2002  – 1 StR 115 / 02– juris Rn. 21 ff.; BGH, Urteil vom 21.03.2003 – 5 StR 138 / 01 – juris Rn. 34; BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 15. 150  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 18 f. 151  Bittmann, NStZ 2016, 28 (30). 152  Vgl. dazu Lilie, Obiter dictum und Divergenzausgleich in Strafsachen, S. 54 ff.



IV. Rechtsprechungsüberblick zum „erlangten Etwas“37

Dies beginnt damit, dass die einzelnen Strafsenate eine unterschiedliche Herangehensweise zur Bestimmung des erlangten Etwas wählen. Der 5. Strafsenat zieht das Bruttoprinzip nicht zur Bestimmung des erlangten Etwas heran; zunächst wird das erlangte Etwas selbständig bestimmt und sodann wird das Bruttoprinzip für dessen Umfang herangezogen.153 Demgegenüber wendet der 1. Strafsenat in der UWG-Entscheidung das Bruttoprinzip bei der Bestimmung des erlangten Etwas an.154 Dadurch ergeben sich jedoch für identische Sachverhalte unterschiedliche Abschöpfungssummen.155 Damit besteht ein erster wesentlicher Unterschied.156 Auch in Bezug auf das Kriterium der Unmittelbarkeit des § 73 Abs. 1 StGB besteht ein unterschiedliches Verständnis. Der 1. Strafsenat hat die weite Auslegung dieses Kriteriums durch den 5. Strafsenat kritisiert; nach Auffassung des 1. Strafsenats sei das Unmittelbarkeitskriterium nicht derart eng zu verstehen, dass bei Austauschverträgen nur der vertragliche, nicht aber mehr der zur Erfüllung geleistete Teil erfasst sei.157 Der 1. Strafsenat trennt demnach nicht zwischen Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft, was ebenfalls zu unterschiedlichen Abschöpfungssummen trotz gleicher Sachverhalte führt. Der 3. Strafsenat schließt sich sodann der Rechtsauffassung des 5. Strafsenats an158 und führt zudem die Begründung zur Herleitung des Kriteriums der strafrechtlichen Bemakelung weiter aus. So nimmt der 3. Strafsenat Bezug auf das Unmittelbarkeitskriterium und folgert hieraus ebenfalls eine Verknüpfung zum Unrechtsgehalt der Tat, weshalb beim Insiderhandel nur der (Sonder-)Vorteil erlangt sei. Eine wesentliche Abweichung zwischen dem 1. Strafsenat auf der einen sowie dem 3. und dem 5. Strafsenat auf der anderen Seite besteht darin, dass der Telos der Verfallsvorschriften unterschiedlich gedeutet wird. Zwar sehen die Senate übereinstimmend in dem Verfall eine Präventionsfunktion. Allerdings bezweckt der Verfall nach Ansicht des 3. Senats die Abschöpfung des illegitimen Vermögensvorteils, wodurch der Allgemeinheit vor Augen geführt werden soll, dass sich Straftaten finanziell nicht lohnen.159 Dem 1. Strafsenat genügt dies jedoch offensichtlich alleine noch nicht, da dieser feststellt, dass sich Straftaten, sofern man einer anderen Auffassung als der vom entspre153  BGH,

Urteil vom 21.03.2002 – 5 StR 138 / 01 – juris Rn. 40. Urteil vom 30.05.2008 – 1 StR 166 / 07 – juris Rn. 108. 155  Siehe unten unter D. II. auf S. 73. 156  So auch Bittmann, NStZ 2016, 28 (31). 157  BGH, Urteil vom 30.05.2008 – 1-StR 166 / 07 – juris Rn. 108. 158  BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 1; BGH, Urteil vom 27.11.2013 – 3 StR 5 / 13. 159  BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 1 – juris Rn. 15. 154  BGH,

38

C. Grundlagen

chenden Senat folgt, als risikolos erweisen würden.160 Die Risikolosigkeit ist aber weiter gefasst als ein bloßes „sich nicht lohnen“. Während das „sich nicht lohnen“ bei einem Zustand vorliegt, welcher den Status quo markiert, ist gerade dieser Status noch risikolos. Damit der Zustand nicht risikolos ist, müsste also ein noch tieferer Eingriff erfolgen, damit der Präventionsgedanke i. S. d. 1. Strafsenats hinreichend gewahrt ist. Zudem übersieht der 1. Strafsenat dabei, dass nahezu jede Straftat mit einem zeitlichen und personellen Eigenaufwand verbunden ist; insofern besteht für den Täter ohnehin ein gewisses Verlustrisiko. Daneben ist seit der zitierten Spielhallenentscheidung eine Positionierung des 1. Strafsenats zum Kriterium der strafrechtlichen Bemakelung vorhanden. Bislang konnte der 1. Strafsenat noch keine Entscheidung zum Verfall beim Insiderhandel oder der Marktmanipulation treffen. Der 1. Strafsenat, der beim Insiderhandel wohl den gesamten Veräußerungserlös abgeschöpft hätte, hätte sich damit in guter Gesellschaft einiger erstinstanzlicher Entscheidungen befunden.161 Dies wird jedoch mit dem jetzigen Wandel wohl hinfällig sein.162 Trotz einer Annäherung des 1. Strafsenats an die Rechtsprechung des 3. und 5 Strafsenats bleiben große Zweifel an einer einheitlichen Rechtsprechung bestehen.163 Dies zeigt die Spielhallenentscheidung auf, in der der 1. Strafsenat erneut alle Erlöse abschöpft, da das gesamte Geschäft verboten sein soll.164 Demgegenüber widersprach der 5. Strafsenat in einer Revisionsentscheidung der vorherigen Entscheidung des LG Leipzig bzgl. der Verfallssumme nicht, welches in einem Fall des „Hawala-Banking“165 nur die erzielte Provision für verfallen erklärte und nicht etwa auch die zunächst erhaltenen Einzahlungen der Kunden.166 Auch in der erstinstanzlichen Rechtsprechung verbleiben große Unsicherheiten. Das LG Frankfurt am Main hat bspw. in 160  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 24; BGH, Urteil vom 29.06.2012 – 1 StR 245 / 09 – juris Rn. 43. 161  Vgl. LG Augsburg, NStZ 2005, 109 (111) und LG Hamburg, Urteil vom 30.01.2009 – 620 KLs 1 / 08 – 5500 Js 38 / 06; für eine vollständige Erlösabschöpfung beim Insiderhandel auch Victoria Villeda, Prävention und Repression von Insiderhandel, S. 249. 162  Dennoch bleibt der Ruf nach einer Entscheidung des Großen Senats bestehen, vgl. Heinze / Safferling, wistra 2015, 81 (87); Ordner, NZWiSt 2016, 110 (111). 163  So wohl auch Bittmann, der von einer „Kontroverse“ zwischen den Strafsenaten spricht, obwohl die Spielhallenentscheidung zu diesem Zeitpunkt schon bekannt war, NStZ 2016, 28 (30). 164  BGH, Beschluss vom 11.06.2015 – 1 StR 368 / 14 – juris Rn. 45. 165  Zu dieser Form des Zahlungssystems vgl. Patzak, in: Körner, § 29 Rn. 112; Schneider, EuZW 2005, 513. 166  BGH, Beschluss vom 28.10.2015 – 5 StR 189 / 15.



IV. Rechtsprechungsüberblick zum „erlangten Etwas“39

einem Fall des „Scalpings“ eine Verfallsanordnung in Höhe des erzielten Sondervorteils von etwa 2,9 Mio. Euro angeordnet;167 das OLG Frankfurt am Main entschied demgegenüber durch Beschluss, dass in dem Fall jedoch der vollständige Erlös i. H. v. etwa 7,84 Mio. Euro abzuschöpfen ist.168 Dass die Reform zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung eine einheitliche Rechtsprechung herbeiführen wird, kann bezweifelt werden. Denn wie bereits aufgezeigt, folgt aus der Umformulierung des 73 Abs. 1 StGB („durch“ statt „aus“), dass auch weiterhin ein Unmittelbarkeitszusammenhang als ungeschriebenes Merkmal in die Norm hineingelesen werden kann. Dann bestünde die Problematik über dessen Reichweite fort. Ein weiteres Problem, welches nicht zwingend mit einem Delikt auf dem Kapitalmarkt zusammenhängt, hat ein Senat des OLG Stuttgarts anhand der Marktmanipulation aufzeigen können. Das Problem der Handlungswiederholung eines Delikts, wie es z. B. für wash sales169 üblich ist, führt beim Verfall zur Vervielfältigung des Verfallgegenstands.170 Überraschend ist, dass der 3. Strafsenat dies in einer Entscheidung über die Marktmanipulation mit dem entsprechenden Problem scheinbar übersehen und schlicht auf die erste Handlung abgestellt hat.171 Damit bleibt es zunächst dabei, dass die Rechtsprechung zum Verfall erheblich von verschiedenen Umständen abhängig ist. Für die Bestimmung des erlangten Etwas sind vor allem die jeweilige Senatszuständigkeit, das betroffene Delikt und die Handlung des Verfallsadressaten für die Bewertung entscheidend. Für den Rechtsanwender ergibt sich aus alledem eine erhebliche Rechtsunsicherheit.

167  LG

Frankfurt am Main, Urteil vom 31.10.2016 – 5-12 KLs 9 / 16. Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.01.2017 – 2 Ws 901 / 16. 169  Dazu Schröder, HdB – Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 488 ff. 170  Siehe dazu unten unter E. III. 5. auf S. 104 f. 171  BGH, Urteil vom 27.11.2013 – 3 StR 5 / 13 – juris Rn. 28. 168  OLG

D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“ Nach den bislang überwiegend grundlegenden Ausführungen soll jetzt der Frage nach der Werthaltigkeit der Rechtsprechung zum erlangten „Etwas“ und den in diesem Zusammenhang entscheidenden Aspekten zur Einziehung nachgegangen werden. Gleiches gilt für die im Schrifttum vertretenen Ansichten.

I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen Entscheidend für die Bestimmung und die Umfangsbemessung des erlangten Etwas ist, welche Rechtsnatur der Einziehungsvorschrift nach § 73 StGB zugeschrieben werden muss.172 1. Einziehung von Taterträgen als Maßnahme eigener Art Die Rechtsprechung geht für § 73 StGB seit jeher nicht von einer Strafe oder strafähnlichen Maßnahme, sondern von einer Maßnahme eigener Art aus.173 Der BGH führt zu seiner Begründung verschiedene Argumente an. Zum einen setze § 73 StGB keine schuldhaft begangene Tat voraus,174 wobei gerade die Schuld Voraussetzung für eine Bestrafung ist.175 Deshalb soll die Einziehung auch nicht dem Schuldausgleich dienen können.176 Deswegen liege keine Verletzung des Schuldgrundsatzes vor, da dieser für § 73 StGB nicht anwendbar sei.177 Zum anderen ist § 73 StGB im Strafgesetzbuch nicht 172  Vgl. auch Jescheck / Weigend, Strafrecht AT, § 75 S. 789 wonach die Voraussetzungen nur unter Berücksichtigung des Wesensgehalts des Verfalls bestimmt werden können. 173  Explizit für das neue Recht: BGH, Urteil vom 15.05.2018 – 1 StR 651 / 17; bereits im alten Recht: BVerfG, Beschluss vom 14.01.2004 – 2 BVR – 564 / 95; BGH, Urteil vom 21.03.2002 – 5 StR 138 / 01; BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02; BFH, Urteil vom 06.04.2000 – juris Rn. 41 und 47 aber nur für den vorliegenden Fall das nur der Nettoerlös abgeschöpft wurde. 174  BGH, Urteil vom 21.08.2002  – 1 StR 115 / 02  – juris Rn. 22; Burghart, in: SSW, § 73 Rn. 2. 175  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 31. 176  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 28. 177  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 29.



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen41

unter „Strafen“ eingeordnet, sondern hat mit § 74 StGB einen eigenen Teil bekommen.178 Auch die Umstellung auf das Bruttoprinzip habe keine Änderung des Wesensgehalts herbeigeführt,179 da der Täter bei zahlreichen Deliktsformen keine nennenswerten Aufwendungen haben soll180 und durch die Abschöpfung primär ein Präventionszweck verfolgt wird.181 Dies gelte auch für § 73b StGB, insbesondere wenn juristische Personen Nutznießer der Tat sind, da gerade im Bereich der Wirtschaftskriminalität oder der organisierten Kriminalität ein Zugriff auf das Vermögen sonst kaum möglich wäre.182 Der Präventionsgedanke entfaltet hier gerade dadurch seine Wirkung, dass Anreize zur Implementierung eines wirksamen Compliancesystems geschaffen werden sollen.183 Zudem wird auf § 817 S. 2 BGB verwiesen, dessen Rechtsgedanke, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren ist, entsprechend bei der Einziehung nach § 73 StGB Geltung finden solle und ohne dessen Berücksichtigung ein Wertungswiderspruch innerhalb der Rechtsordnung entstehe.184 Schließlich diene § 73 StGB einem Ausgleich unrechtmäßiger Vermögensverschiebungen.185 Mit der Umstellung auf das Bruttoprinzip werde vielmehr eine weitere Annäherung an das Bereicherungsrecht bezweckt, da auch § 819 Abs. 1 BGB nur den gutgläubigen Bereicherungsschuldner schützt und dem bösgläubigen Schuldner wirtschaftliche Verlustrisiken zuweist.186 Der Gesetzgeber sprach zudem dem Verfall die gleiche Rechtsnatur wie dem erweiterten Verfall zu,187 wonach der Verfall, dem Willen des Gesetzgebers folgend, nicht als Strafe, sondern als Maßnahme eigener Art mit kondiktionsähnlichem Cha178  BGH,

Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 22. Ansicht der Rechtsprechung innerhalb der Literatur folgend: Wolters, Die Neufassung der strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S 52 ff.; Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 11; Kracht, wistra 2000, 326 (329); Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S.  24 ff.; Victoria Villeda, Prävention und Repression von Insiderhandel, S.  248 f.; Joecks, in: MK-StGB, § 73 Rn. 14 ff.; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, § 73 Rn. 1; Altenhain, in: Matt / Renzikowski, § 73 Rn. 1; wohl auch Retemeyer, wistra 2012, 56 (57); Burghart, in: SSW, § 73 Rn. 3; Heine, NStZ 2015, 127 (133); Bitt­ mann, NStZ 2016, 28 (31). 180  BGH, Urteil vom 01.03.1995 – 2 StR 691 / 94 – juris Rn. 8. 181  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 22. 182  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 25; Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 50. 183  Von der Errichtung von Kontrollmechanismen sprechend BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 26. 184  BVerfG, Beschluss vom 14.01.2004 – 2 BVR 564 / 95 – juris Rn. 79; Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 12. 185  BGH, Urteil vom 01.03.1995 – 2 StR 691 / 94 – juris Rn. 6. 186  BVerfG, Beschluss vom 14.01.2004 – 2 BVR 564 / 95 – juris Rn. 78. 187  BT-Drucks. 12 / 989, S. 23. 179  Der

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

rakter zu verstehen sei.188 Der BGH erkennt zwar die Möglichkeit der Zufügung eines erheblichen wirtschaftlichen Nachteils für den Verfallsadressaten durch das Bruttoprinzip an, sieht eine Rechtfertigung jedoch darin, „dass nicht auf Wohlerworbenes, sondern auf Vermögen zugegriffen wird, das durch vorausgegangene rechtswidrige Taten bemakelt ist.“189 Schließlich besteht der Zweck der Maßnahme auch weder darin, eine Repression noch eine Vergeltung oder eine Abschreckung zu erreichen.190 Gerade dies sei aber im Gegensatz zu einer reinen Präventionsmaßnahme Kennzeichen der Strafe.191 Ferner ist für das Vorliegen einer Strafe maßgeblich, ob ein sozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen werden kann.192 Auch für strafähnliche Maßnahmen genügt es noch nicht, dass die Maßnahme mit einem Eingriff in die Freiheit oder in das Vermögen verbunden ist, da noch weitere Kriterien, wie der Rechtsgrund der Anordnung und der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, berücksichtigt werden müssten.193 Etwas anderes kann sich auch nicht aus Art. 14 Abs. 1 GG ergeben, da auch hierbei kein Verstoß nach der Rechtsprechung festgestellt werden kann.194 Der BGH verneint bereits die Eröffnung des Schutzbereiches, da hierbei festzustellen sei, dass es sich ausschließlich um nicht wohlerworbenes Vermögen handeln soll.195 Zudem werde dem Übermaßverbot ausreichend Rechnung getragen, da durch § 73c StGB entsprechende Härten abgefangen bzw. gemildert werden können.196 Im Ergebnis ist damit nach der Rechtsprechung kein Verstoß gegen den Schuldgrundsatz, die Unschuldsvermutung und Art. 14 Abs. 1 GG feststellbar. 2. § 73 StGB als Strafe bzw. strafähnliche Maßnahme Während bis zur Geltung des Nettoprinzips der Verfall auch in der Literatur überwiegend als Maßnahme eigener Art bzw. als quasi-kondiktionelle 188  BT-Drucks. 11 / 6623, S. 4 ff.; BT-Drucks. 12 / 989, S. 23; BVerfG, Beschluss vom 14.01.2004 – 2 BVR 564 / 95 – juris Rn. 64 f. 189  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 28. 190  Vgl. BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 28. 191  BGH, Urteil vom 21.08.2002  – 1 StR 115 / 02  – juris Rn. 31; BVerfG, Beschluss vom 14.01.2004 – 2 BVR 564 / 95 – juris Rn. 74. 192  BVerfG, Beschluss vom 14.01.2004  – 2 BVR 564 / 95  – juris Rn. 58; BGH, Urteil vom 21.08.2002  – 1 StR 115 / 02  – juris Rn. 31; nur diesbezüglich auch Weß­ lau, StV 1991, 226 (231); Kühl, Unschuldsvermutung, Freispruch und Einstellung, S.  14 ff. 193  BVerfG, Beschluss vom 14.01.2004 – 2 BVR 564 / 95 – juris Rn. 59. 194  BVerfG, Beschluss vom 14.01.2004 – 2 BVR 564 / 95 – juris Rn. 86. 195  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 32. 196  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 33.



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen43

Ausgleichsmaßnahme bewertet wurde,197 wandelte sich dieses Bild mit der Einführung des Bruttoprinzips vollständig, da dadurch regelmäßig mehr als der bloße Gewinn erfasst wird.198 Dass § 73 StGB mit Einführung des Brutto­ prinzips in eine strafähnliche Maßnahme gehoben wurde, verdient Zustimmung. Dies soll im Folgenden unter Aufschlüsselung der einzelnen Thesen der Rechtsprechung nachgewiesen werden. a) Kondiktionsähnlicher Charakter trotz Bruttoprinzip Dass die Einziehung von Taterträgen keine Strafe oder strafähnliche Maßnahme sein kann, wird seit jeher damit begründet, dass § 73 StGB einen kondiktionsähnlichen Charakter habe.199 Durch die Umstellung auf das Brutto­prinzip sollte eine verstärkte Angleichung an diesen Charakter erfolgen, da der Wertungswiderspruch zu § 817 S. 2 BGB aufgehoben werden sollte und auch die §§ 818 Abs. 4, 819 BGB dem bösgläubigen Bereicherungsschuldner ein Verlustrisiko zuweisen. Es fragt sich aber bereits in einem ersten Schritt, ob im Rahmen des Strafrechts überhaupt mit Hilfe des Zivilrechts argumentiert werden kann, da beide Rechtsgebiete unterschiedliche Funktionen erfüllen. Während das ­Zivilrecht die Beziehung zwischen den Bürgern, also zwischen gleichrangigen Rechtssubjekten, regelt, sichert der Staat mit Hilfe des Strafrechts die Rechtsordnung und setzt diese einseitig als übergeordnetes Rechtssubjekt 197  Vorrangig Eser, Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum, S. 284; Eberbach, NStZ 1987, 486 (489 f.); anders jedoch bereits Maurach / Gössel / Zipf, Strafrecht AT 2, § 61 II B Rn. 15; Zipf, JuS 1974, 273 (279). 198  Einen (teilweise) bestrafenden Charakter bejahend: Eser, in: Schönke / Schröder, Vorb. § 73 Rn. 19; ders., FS-Stree / Wessels, 833 (844); Weßlau, StV 1991, 226 (231 f.); Franzheim, in: FS-Gaul, 135 (143); Hoyer, GA 1993, 406 (414); Perron, JZ 1993, 918 (919); Hellmann, GA 1997, 503 (521 f.); Jescheck / Weigend, Strafrecht AT, § 76 S. 793; Kaiser, wistra 2000, 121 (123); Kilching, wistra 2000, 241 (244); Cra­ mer, in: FS-Meyer-Gossner, 733 (739); Mainzer, DRiZ 2002, 97 (98); Lesch, StraFo 2003, 6; Minoggio, wistra 2003, 121 (122); Sedemund, DB 2003, 323 (328); Hohn, wistra 2003, 325; Michalke, in: Nelles, Money, money, money …, S. 98; Faure, in: FS-Eser, 1311 (1325); Keusch, Probleme des Verfalls im Strafrecht, S. 59 f.; Geiger, Die Rechtsnatur der Sanktion, S. 304 ff.; Bach, wistra 2006, 46 (49); Dannecker, NStZ 2006, 683; Hofmann, wistra 2008, 401 (405 f); Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, S. 167; Eisenberg, Kriminologie, § 32 Rn. 10; Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 369; Pelz, in: FS-I. Roxin, 181 (183); Saliger, in: NK, Vorb. §§ 73 ff. Rn. 5; Lackner, in: Lackner / Kühl, § 73 Rn. 4b; Hellmann / Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 994; Achenbach, in: HWSt, 1. Teil 2. Kap. Rn. 39; Waßmer, HRRS 2014, 336 (341); zumindest bei der Marktmanipulation Gehrmann, WM 2016, 542 (547); Brockhaus / Ullrich, ZWH 2016, 312 (318); Lindemann, in: Leitner / Rosenau, Vorb. §§ 73 ff. Rn. 4. 199  BT-Drucks. 18 / 9525, S. 48 und 55.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

gegenüber dem Bürger durch.200 Das Zivilrecht muss dabei stets wegen der Gewährleistung des staatlichen Gewaltmonopols die Möglichkeit einer – im Rahmen eines staatlich abgesicherten Verfahrens – Streitschlichtung garantieren. Demgegenüber hat das Strafrecht nur eine Ultima-Ratio-Funktion.201 Schon hieraus folgt, dass alles, was im Strafrecht verboten ist, auch im Zivilrecht verboten sein muss, aber umgedreht alles im Zivilrecht Verbotene nicht im Strafrecht verboten sein muss, sog. asymmetrische Zivilrechtsakzessorietät.202 Dieser Gedanke beschränkt sich auch nicht nur auf den Besonderen Teil des Strafrechts, sondern entfaltet im gesamten Strafrecht, also auch für den Allgemeinen Teil, Wirkung. Diesem Grundsatz entsprechend besteht also gerade kein Wertungswider­ spruch,203 wenn im Zivilrecht eine Regelung wie § 817 S. 2 BGB existiert und im Strafrecht nicht. Zudem ist § 817 S. 2 BGB nicht einmal ein allgemeiner Rechtsgedanke zu entnehmen.204 Dafür spricht schon der Wortlaut und die Stellung von § 817 S. 2 BGB im Gesetz, wonach die Norm nur unmittelbar für das Bereicherungsrecht gilt.205 Ein allgemeiner Rechtsgedanke, dass ein Rechtsschutz bei anstößigem Verhalten entfällt, wie ihn § 817 S. 2 BGB für das Bereicherungsrecht vorsieht, hätte zumindest im Allgemeinen Teil des BGB platziert werden können; dies ist jedoch nicht geschehen. Außerdem hat Geiger zutreffend ausgeführt, dass der Bezug zu § 817 S. 2 BGB ohnehin hinkt: Während § 817 S. 2 BGB im Zivilrecht nicht nur auf die erbrachte, sondern auch auf die erhaltene Leistung anwendbar ist, ist nach dem Bruttoprinzip nur der Einziehungsadressat einseitig betroffen.206 Zudem stellt § 817 S. 2 BGB eine Norm dar, die einen Ausschluss eines zur Verfügung stehenden Rechts nach §§ 812 ff. BGB herbeiführt, während die Einziehung anstelle eines Ausschlusses einen zwingenden Eingriff durch den Staat darstellt.207 Während also der Vermögensgegenstand im Bereicherungsrecht auf Grund von § 817 S. 2 BGB an einem zufälligen Parteienort hinterlassen wird, bewirkt die Einziehung stets eine Verschiebung des Vermögensgegenstands zu Gunsten des Staates.208 Damit geht die Wirkung der Einziehung über die von § 817 S. 2 BGB hinaus. Roxin, Strafrecht AT I, § 1 Rn. 5; Rengier, Strafrecht AT, § 2 Rn. 2 und 8. Roxin, Strafrecht AT, § 2 Rn. 97. 202  Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht EAT, Rn. 172, 222; Schünemann, in: LK, § 266 Rn. 93. 203  So aber BT-Drucks. 12 / 1134, S. 12. 204  BGH, Urteil vom 14.06.1951 – IV ZR 37 / 50; BGH, Urteil vom 20.05.1964 – VIII ZR 56 / 63 – juris Rn. 24. 205  BGH, Urteil vom 20.05.1964 – VIII ZR 56 / 63 – juris Rn. 24. 206  Geiger, Die Rechtsnatur der Sanktion, S. 305  ff.; Gebauer, ZRP 2016, 101 (102). 207  Gebauer, ZRP 2016, 101 (102); ähnlich auch Bauer, NStZ 2011, 396 (396 f.). 200  Vgl.

201  M. w. N.



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen45

Ein anderer Unterschied zwischen der Einziehung als Institut des Strafrechts und den §§ 812 ff. BGB besteht in den unterschiedlichen Interessenlagen und Beweisanforderungen, welche an beide Rechtsinstitute zu stellen sind. Während es nämlich dem Betroffenen gleichgültig sein kann, ob dieser einen gleichen Vermögenswert durch ein Strafverfahren oder ein Zivilverfahren verliert, sind die Interessen auf der Seite des Begünstigten verschieden: Während der Staat mit der Einziehung des Tatertrags Prävention erreichen möchte, will der Bürger mit Hilfe des Bereicherungsrechts einen Vermögenswert erlangen, der ungerechtfertigt verschoben wurde.209 Bei den Bürgern ist die Rechtslage jedoch so, dass einer der beiden Parteien verlieren muss, da sie keinen Anspruch hat, weshalb das Gericht eine Entscheidung treffen muss und es damit gerecht ist, nach der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu verfahren.210 Anders ist dies aber im Strafverfahren. Eine präventive Wirkung schlägt erst recht dann fehl, wenn der Betroffene tatsächlich keine Tat begangen hat. Deshalb ist auf Grund der Unschuldsvermutung ein eindeutiger Tatnachweis erforderlich und es liegt damit gerade kein „Null-Summen-Spiel“ wie im zivilrechtlichen Bereicherungsrecht vor.211 Mithin sind die der Normen zu Grunde liegenden Zwecke grundverschieden. Weiterhin besteht der Grundgedanke des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts darin, einen Vermögensausgleich dergestalt vorzunehmen, dass der Status quo ante erreicht wird.212 Bei einer reinen Gewinnabschöpfung stand der Täter finanziell genauso, wie vor der Tat. Alles, was über diese Abschöpfung jedoch hinausgeht, stellt ein Mehr dar und ist somit eine Verschlechterung im Vergleich des Status quo ante. Alleine der Hinweis auf §§ 818 Abs. 4, 819 BGB kann diesen Umstand nicht relativieren, da der Schuldner beim Vorliegen der Voraussetzungen der genannten Normen gerade nicht mehr bereicherungsrechtlich, sondern nach den allgemeinen Vorschriften haftet.213 Damit kann dem Verstoß gegen den „obersten Grundsatz des Bereicherungsrechts“, wonach der Bereicherte nicht mehr als den Betrag der Bereicherung herausgeben muss, nicht entgegengehalten werden, dass nach § 819 Abs. 1 BGB im Bereicherungsrecht nur der gutgläubige Bereicherte 208  Hohn,

wistra 2003, 321 (326); Gebauer, ZRP 2016, 101 (102). GA 1993, 406 (417 f.). 210  Hoyer, GA 1993, 406 (418). 211  Hoyer, GA 1993, 406 (419 f.). 212  Wenn auch unter bestimmter Vorsicht sieht Perron deshalb in dem erweiterten Verfall daher auch die Möglichkeit einer Entfaltung von positiver Generalprävention, JZ 1993, 918 (923). 213  Hoyer, GA 1993, 406 (415); a. A. Wolters, Die Neufassung der strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S.  64 ff.; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, § 73 Rn. 1, welcher dem Verfall ausschließlich einen Ausgleichscharakter zuspricht. 209  Hoyer,

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

diesem Grundsatz unterliege.214 Auch der Einwand, dass es im Strafrecht eines vergleichenden Schutzes, wie § 818 Abs. 3 BGB ihn herstellt, grundsätzlich nicht bedarf,215 ist zumindest bei einem schuldlos Handelnden äußerst fragwürdig. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang ebenso wenig der Hinweis, dass das Bereicherungsrecht gerade den Gegenstand vom Umfang des Herausgabeanspruchs, im angeblichen216 Gegensatz zur Einziehung, trennt,217 wenn doch im gleichen Atemzug im Ergebnis für die Kondiktionsähnlichkeit des § 73 StGB argumentiert werden soll. Aber auch der Vergleich des § 73 StGB mit einem zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch geht fehl, da sich der Geschädigte im Schadensersatzrecht Vorteile, die durch die schädigende Handlung hervorgerufen wurden, im Rahmen des Schadensersatzumfanges anrechnen lassen muss, während das Bruttoprinzip dies bei der Einziehung gerade nicht berücksichtigt.218 Schließlich gilt unabhängig davon, ob man auf eine Kondiktionsähnlichkeit oder Schadensersatzähnlichkeit abstellt, dass das Zivilrecht den Ausgleich oder die Restitution von Vermögensinteressen zwischen den Bürgen anstrebt. Die Vorschrift des § 459h StPO bringt damit auch mittelbar zum Ausdruck, dass der Verfall ein Äquivalent zum Bereicherungsrecht insoweit darstellt, als dem Einziehungsadressaten nicht mehr genommen werden darf, als dem Bereicherungsschuldner zustünde. Immerhin gehen die Verletztenansprüche der staatlichen Einziehung vor und ein Schutz vor doppelter Inanspruchnahme sollte, jedenfalls bei Delikten die ausschließlich Individualrechtsgüter verletzten, voraussetzen, dass jedenfalls nur der zivilrechtliche Anspruch höher als die Einziehungssumme ist. Anderenfalls müsste man bei einem konsequenten Handeln darüber nachdenken, dass die Einziehung zumindest teilweise über die Höhe des Verletztenanspruches angeordnet werden müsste, sofern die eigentliche Einziehungssumme höher als die Höhe des Anspruchs aus §§ 812 ff. BGB ist. Dies war jedoch in der Rechtsprechung schon in Bezug auf § 73 Abs. 1 S. 2 StGB a. F. nicht feststellbar, weshalb sie sich damit selbst widersprach.

214  So

S. 84.

aber Wolters, Die Neufassung der strafrechtlichen Verfallsvorschriften,

215  Kracht, wistra 2000, 326 (229 f.); Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 35. 216  Bereits dies ist streitig, vgl. unten unter D. II. auf S. 73 ff. 217  Wolters, Die Neufassung der strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 84; Wall­ schläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 35. 218  Hoyer, GA 1993, 406 (415); Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, S. 163; zudem soll nicht beim Geschädigten, sondern vielmehr beim Schädiger, also dem Täter, ein bestimmter Zustand wieder hergestellt werden, Geiger, Die Rechtsnatur der Sanktion, S. 305.



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen47

Auch der Verweis auf die Zustandsstörerhaftung im öffentlichen Recht,219 welche nicht an eine schuldhafte Handlung knüpft, erweist sich nicht als konsistent. Schließlich nimmt das BVerfG auch hierbei eine ausführliche Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vor.220 Die Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und die damit folgenden Einschränkungen im öffentlichen Recht hätten beim Verfall dazu geführt, dass § 73c StGB a. F. regelmäßige Anwendung gefunden hätte, was dessen Wesensgehalt zuwidergelaufen wäre.221 De lege lata führt das Fehlen einer Härtevorschrift dazu, dass eine Korrektur über eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit nicht mehr möglich ist.222 Somit ist ein Verweis auf das Zivilrecht für die Einziehung im Allgemeinen untauglich. Aber auch wenn man der Einziehung eine Nähe zum zivilrechtlichen Bereicherungsrecht unterstellen möchte, ist festzustellen, dass mit der Einführung des Bruttoprinzips keine Annäherung, sondern vielmehr eine Distanzierung zum Bereicherungsrecht erfolgte. Auch der Gesetzgeber der 18. Legislaturperiode beharrt weiterhin darauf, dass § 73 StGB einen quasikondiktionellen Charakter habe; dies soll nunmehr auch verstärkt durch die Formulierung „durch“ im Wortlaut von § 73 Abs. 1 StGB erkennbar sein.223 Weshalb diese Umformulierung den bereicherungsrechtlichen Charakter unterstreichen soll, bleibt jedoch unklar. Wenn man, wie die Rechtsprechung und einige Stimmen in der Literatur, den Kondiktionscharakter der Einziehung bejahen möchte, so kann die Auslegung im Ergebnis nichts an einem Strafcharakter der Einziehung ändern, vielmehr verwandeln sie dadurch die Grundsätze des Kondiktionsrechts in ein strafendes Instrument um. Deshalb ist es nicht überraschend, dass schon der BGH in Zivilsachen daran erinnert hat, dass eine Ausdehnung von § 817 S. 2 BGB auf alle Bereicherungsansprüche mit dem Charakter dieser Bestimmung als Strafvorschrift begründet worden ist.224 Demnach sagt auch die Annahme eines Kondiktionscharakters für die Einziehung nichts darüber aus, ob die Rechtsfolge einen Strafcharakter hat.

219  U. a.

Kracht, wistra 2000, 326 (330). Beschluss vom 16.02.2000  – 1 BvR 242 / 91, 1 BvR 315 / 99 juris

220  BVerfG,

Rn. 54. 221  Vgl. dazu die Ausführungen unter D. I. 2. e) auf S. 53 f. 222  Weshalb Köllner / Mück, NZI 2017, 593 (598) zurecht verfassungsrechtliche Bedenken äußern. 223  BT-Drucks. 18 / 9525, S. 55 und 62. 224  BGH, Urteil vom 14.06.1951 – IV ZR 37 / 50.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

b) Ausschließlicher Präventionszweck Auch der vorgetragene Einwand, dass § 73 StGB lediglich einen Präventionszweck verfolge und damit kein für eine Strafe genügendes Kriterium vorläge, erweist sich als falsch. Dies folgt schon daraus, dass der Präventionsgedanke nach h. M. Hauptbestandteil der Legitimation der Strafe ist.225 Gewiss ist darüber hinaus eine belastende Maßnahme, wie die Gewinnabschöpfung von illegal erworbenen Vermögenswerten, wohl auch als notwendig anzusehen, um der Allgemeinheit vorzuführen, dass sich Straftaten nicht lohnen und damit die Wertevorstellung innerhalb der Gesellschaft gestärkt wird, sodass künftige Straftaten auch unterbleiben.226 Bereits Hoyer hat zutreffend ausgeführt, dass eine Maßnahme, welche nicht an die Schuld des Täters knüpft und somit auch Unschuldige treffen kann, keinerlei präventive Wirkung entfalten kann.227 Denn bei einer Einziehungsanordnung gegenüber einem Unschuldigen erhält niemand „etwas“. Während der Adressat entreichert wird, kann der Staat keine Prävention erlangen. Wenn eine belastende Maßnahme gegenüber einem Unschuldigen verhängt wird, wird bei der Allgemeinheit eher das Gegenteil als die erwünschte Präventionswirkung erreicht. Denn die Pönalisierung unschuldigen Verhaltens führt nicht zur Stärkung des Rechtsempfindens und damit verbundener Akzeptanz normengemäßen Verhaltens, sondern zu einer bedenklichen Rechtsunsicherheit. Zudem setzt das Erreichen der präventiven Wirkung voraus, dass die der Prävention dienende Maßnahme überhaupt wahrgenommen wird.228 Schließlich kann sich eine Effizienz der Norm nur dann ergeben, wenn die jeweilige Gesellschaft einen bestimmten Grad an Information über die Existenz und insbesondere über den Inhalt und Reichweite der Norm verfügt.229 Jedoch ist das Recht der Einziehung auch weiterhin so verworren und in Rechtspraxis und Wissenschaft umstritten, dass der gemeine Bürger kaum dessen Tragweite erfassen kann. Man wird davon ausgehen können, dass in größeren Unternehmen mit entsprechenden Rechtsabteilungen ein derartiges Bewusstsein bereits existiert. Außerhalb dieses Bereiches wird dies jedoch nur vereinzelt bei Rechtskundigen der Fall sein. Der mögliche Einwand, dass eine Maßnahme aber auch stets Zeit für ihre Realisierung und Verinnerlichung innerhalb der Rechtsgesellschaft benötigt, kann schon deshalb nicht greifen, 225  So Rönnau, in: MAH, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 13 Rn. 45. 226  Vgl. Rengier, Strafrecht AT, § 3 Rn. 16; Perron, JZ 1993, 918 (921). 227  Hoyer, GA 1993, 406 (420). 228  Popitz, Über die Präventivwirkung des Nichtwissens, S. 9 ff., 13 ff. 229  Eisenberg, Kriminologie, § 41 Rn. 5.



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen49

da mittlerweile zweieinhalb Jahrzehnte seit der Einführung des Bruttoprinzips keine spürbar veränderte Wahrnehmung gebracht haben. Auch der Hinweis, dass der Präventionseffekt weitestgehend verblassen würde, da die Nettomethode nur dazu führen würde, dass die Tat als finan­ ziell risikolos anzusehen wäre,230 kann nicht überzeugen. Einerseits wurde bereits aufgezeigt, dass der Grundsatz, dass sich Straftaten nicht lohnen dürfen, damit überzogen werden würde. Andererseits soll § 73 StGB insbesondere nach der Rechtsprechung keine Strafe sein, sodass nicht nachvollziehbar ist, dass § 73 StGB dann aber ein Risiko darstellen soll. Ein Risiko kann hier nur die Drohung mit einem finanziellen Übel meinen. Außerdem besteht in der Regel neben der Einziehungsanordnung auch eine Geld- oder Freiheitsstrafe. Allein wegen dieser Strafe erweist sich die Handlung nicht als (finanziell) risikolos. Damit kann bereits das Bedürfnis dieses Hinweises hinterfragt werden. Dass sich der beabsichtigte Präventionsgedanke auch als Trugschluss beweist, zeigt das folgende von Franzheim dargestellte Beispiel: Der Arbeitgeber, der seine Arbeitnehmer illegal beschäftigt und einen Hungerlohn zahlt, steht in Bezug auf die Höhe der Einziehungsanordnung besser da, als der Arbeitgeber, der seinen illegalen Arbeitskräften einen angemessenen Lohn zahlt, da dieser geringere Aufwendungen hat.231 Demnach könnte sich der Schluss aufdrängen, dass sich Straftaten doch lohnen, sodass der Präven­ tionsgedanke vielmehr in das Gegenteil verkehrt wird.232 In dem Zusammenhang ist anzumerken, dass sich die Vorstellung des BGH, dass sich der Präventionsgedanke auch dahingehend auswirken soll, dass ein Implementierungsanreiz von Compliance geschaffen werden soll,233 ebenfalls als Trugschluss offenbart. Das Unternehmen wird über § 73b StGB zum Einziehungsadressaten deklariert. Allerdings werden sich Zuwiderhandlungen im Unternehmen trotz eines wirksamen Compliancesystems und intensivster Bemühungen der Unternehmensleitung nicht immer verhindern lassen.234 Trotz der unternommenen Anstrengungen würde dann aber die Einziehung angeordnet werden müssen.235 Dadurch könnte das Unternehmen 230  BGH, Urteil vom 21.08.2002  – 1 StR 115 / 02  – juris Rn. 24; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.01.2017 – 3 Ws 901 / 16 – juris Rn. 8; Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 12. 231  Franzheim, FS-Gaul, 135 (143); Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 57. 232  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 57. 233  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 26. 234  Hofmann, wistra 2008, 401 (408). 235  Michalke, in: money, money money …, S. 108, sieht dadurch einen unzumutbaren Eingriff in das Vermögen.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

zu dem Entschluss gelangen, dass sich Compliance nicht auszahle. Der Effekt wäre also gegenteilig. Ferner trifft auch nicht der Einwand zu, dass andere Kriterien, wie Abschreckung oder Repression, nicht betroffen seien.236 Dies wird z. B. an der bereits erläuterten Entscheidung des OLG Stuttgarts deutlich.237 Der Angeklagte wollte durch die Matched Orders letztlich die Abgaben zur Einkommenssteuer minimieren und erzielte aus dem Aktienhandel keinen nennenswerten Gewinn. Wegen der Entdeckung der Tat konnte der Angeklagte letztlich auch nicht sein Ziel der Steuerersparnis erreichen. Dennoch wurden bei dem Angeklagten ca. 47.500 Euro für verfallen erklärt. Zudem bekam der Angeklagte eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 150 Euro, also insgesamt 13.500 Euro. Warum nun die Geldstrafe mit 13.500 Euro Repression und Abschreckung und der Verfallsbetrag i. H. v. 47.500 Euro nur Generalprävention zum Zweck haben sollen, ist nicht nachvollziehbar. Die tatsäch­ liche Wirkung beider Maßnahmen ist für den Betroffenen und die Allgemeinheit identisch.238 Die Argumentation der Rechtsprechung und des Gesetzgebers ist in dieser Hinsicht vielmehr gekünstelt. Sehr verwunderlich ist zudem, wenn die Rechtsprechung eine Änderung des Wesens von § 73 StGB trotz Umstellung auf das Bruttoprinzip dann damit begründet, dass den Adressaten kaum nennenswerte Aufwendungen treffen.239 Denn gerade in dem beispielhaften Fall treffen ihn vielmehr kaum nennenswerte bis gar keine Gewinne. Mit dieser direkten Schwächung der Betroffenen geht auch ein repressiver, sowie abschreckender Effekt einher.240 Während also an dem erklärten Ziel, eine präventive Wirkung erzielen zu wollen, deutliche Zweifel geäußert werden können, liegt jedenfalls eine – nicht gewollte – repressive Wirkung vor. c) Intention des Gesetzgebers Die Argumentation, dass der Gesetzgeber in den Materialien zur Gesetzesbegründung mehrfach zum Ausdruck gebracht hat, dass der Verfall keine Strafe darstellen soll,241 ist für die Beurteilung des Wesensgehalts der Einzie236  Wobei Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 8 auch eingesteht, dass auch spezialpräventive Aspekte mit dem Verfall einhergehen. 237  OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13. 238  Die Einbuße ist durch den deutlich höheren Einziehungsbetrag für den Adressaten sogar intensiver. 239  BGH, Urteil vom 01.03.1995 – 2 StR 691 / 94 – juris Rn. 8; kritisch bzgl. dieses schlichten Hinweises zur Begründung des fehlenden Strafcharakters Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 33. 240  Perron, JZ 1993, 918 (920) in Bezug auf § 73d StGB. 241  Zu kritischen Stimmen bereits im Gesetzgebungsverfahren, vgl. Arnold, Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung, S. 266.



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hung von Taterträgen dann unbeachtlich, wenn die tatsächliche Wirkung eine andere ist. Denn nur die tatsächliche Wirkung einer Maßnahme kann über deren Wesensgehalt entscheiden, angestrebte Regelungszwecke sind insofern unbeachtlich.242 Der zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers kann somit nur eine indizielle Wirkung entfalten. Schließlich wird ein rotes Auto auch nicht grün, nur weil man dies in einer Verkaufsanzeige entsprechend angegeben hat. Der Einwand, dass nach einer systematischen Auslegung folge, dass die Einziehung gem. § 73 StGB keine Strafe sei,243 kann ebenfalls nicht überzeugen. Die bloße Bezeichnung des § 73 StGB als Maßnahme ist in Bezug auf seine Rechtsnatur nichtssagend.244 Dass § 73 StGB und § 74 StGB ein eigenes Kapitel im StGB erhalten haben und nicht unter „Strafen“ stehen, ist aus den gleichen, wie zuvor bei dem Willen des Gesetzgebers vorgetragenen Erwägungen, unbeachtlich. Nicht eine Titulierung, sondern nur die inhalt­ liche Ausgestaltung der Norm kann eine treffende Aussage über deren Rechtsnatur vornehmen. Anderenfalls könnte der Gesetzgeber auch die bisherige Geldstrafe schlicht unter eine Maßnahme eigener Art fassen und damit den Wesensgehalt ändern, was offensichtlich verfehlt wäre.245 Zudem wäre aber auch die Einordnung der Einziehungsvorschriften innerhalb des Kapitels „Strafen“ nicht angemessen, da es, je nach Fallgestaltung246, möglich ist, dass die Einziehung vom Tatertrag keine Strafe darstellt. Diese Ambivalenz der Einziehung von Taterträgen247 rechtfertigt die Schaffung eines speziellen Kapitels innerhalb des Strafgesetzbuches. Weiterhin stellt es einen Zirkelschluss dar, wenn ein strafrechtlicher Charakter deshalb verneint wird, weil § 73 StGB keine schuldhafte Begehung voraussetzt.248 Denn die Aussage, dass der Strafcharakter wegen der fehlenden Schuldvoraussetzung fehle und dann aber eine schuldhafte Begehung wegen des fehlenden Strafcharakters nicht eingefordert werden kann, ist zir242  Hoyer, GA 1993, 406 (414); Eser, in: Schönke / Schröder, Vorb. § 73 Rn. 19; ders., in: FS Stree / Wessels, 845 f.; Wolters, Die Neufassung der strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S.  65 f.; Keusch, Probleme des Verfalls im Strafrecht, S. 45; Hof­ mann, wistra 2008, 401 (405); Waßmer, HRRS 2014, 336 (341). 243  BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02 – juris Rn. 22. 244  Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 19. 245  Hofmann, wistra 2008, 401 (406). 246  Wenn den Einziehungsadressaten bspw. keine Aufwendungen treffen und tatsächlich nur der Gewinn abgeschöpft wird. 247  Ebenso Eser, in: Schönke / Schröder, Vorb. § 73 Rn. 19 a. E.; Jescheck / Wei­ gend, Strafrecht AT, S. 793. 248  Eser, in: Schönke / Schröder, Vorb. § 73 Rn. 19; Hoyer, GA 1993, 406 (413); Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 27; Michalke, in: Nelles, money, money, money …, S. 107; Geiger, Die Rechtsnatur der Sanktion, S. 307.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

kulär.249 Dabei würde vielmehr gerade durch die Schuldunabhängigkeit ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung vorliegen, wenn § 73 StGB seiner Wirkung entsprechend als Strafe oder strafähnliche Maßnahme zu qualifizieren wäre.250 Dieser Zirkelschluss führte auch dazu, dass der Verfall im E-StGB von 1962 als Nebenstrafe allgemein anerkannt war,251 da dieser ­ noch eine schuldhafte Begehungsweise erforderte. Wie aufgezeigt, ist aber die tatsächliche Wirkung entscheidend und dabei sind diesbezüglich keine Abweichungen zwischen dem Entwurf und der späteren Verfallsvorschrift feststellbar, sodass man dem Gesetzgeber durchaus unterstellen kann, dass er den Verfallsvorschriften einen Strafcharakter beigemessen hat. Nicht hilfreich zur Klärung der Rechtsnatur der Einziehung und für deren Auslegung insgesamt ist der Hinweis von Heine auf die Richtlinie 2014 / 42 / EU252 des Europäischen Parlaments und Europäischen Rates vom 03. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten.253 Denn einerseits bezieht sich die Richtlinie in Art. 4 Abs. 1 auf eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer Straftat und verlangt damit eine schuldhafte Begehungsweise und andererseits wird in Art. 2 Nr. 1 der Ertrag als jeder wirtschaftliche Vorteil definiert, sodass insbesondere deshalb und allgemein nicht erkennbar ist, dass die §§ 73 ff. StGB die Richtlinie nicht in ihrem Mindestmaß bereits erfüllen.254 d) Ziel der Verfahrensvereinfachung Die Befürworter der Annahme, dass die Einziehung von Taterträgen lediglich eine Maßnahme eigener Art sei, erwähnen oft, dass § 73 StGB durch die Umstellung auf die Bruttomethode praktikabler gemacht werden sollte,255 um letztlich eine höhere Wahrnehmung in der Praxis erzielen zu können. Unklar bleibt, warum die Befürworter das an dieser Stelle erwähnen.256 Schließlich ist dabei nicht ersichtlich, was die Praktikabilität einer Maßnahme über deren Wesensgehalt aussagen soll. Auch hier ist zu sagen, dass 249  Hoyer,

GA 1993, 406 (413). StV 1991, 226 (231), Hoyer, GA 1993, 406 (413). 251  Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 7. 252  ABl. Nr. L 127 / 39 vom 29.04.2014, korrigiert in ABl. Nr. L 138 / 114 vom 13.05.2014. 253  Heine, NStZ 2015, 127 (136). 254  Änderungsbedarf bestand ausschließlich in einer Erweiterung der Katalogtaten des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB a. F., entsprechend den Delikten gem. Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2014 / 42 / EU. 255  BGH, Urteil vom 21.08.2002  – 1 StR 115 / 02  – juris Rn. 24; Urteil vom 16.05.2006 – 1 StR 46 / 06 – juris Rn. 12. 256  Bspw. Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 12. 250  Weßlau,



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es nicht darauf ankommt, was der Gesetzgeber erreichen wollte, sondern was er letztlich erreicht hat. Zudem erweist sich diese Zielsetzung selbst kaum als praktikable Lösung. Denn durch § 73d StGB ist das Gericht wieder verpflichtet teilweise Aufwendungen zu berücksichtigen, sodass es in einem ersten Schritt zumindest die Aufwendungen feststellen muss. Hierfür wird man sicherlich nicht immer die exakte Berechnung einfordern müssen, aber eine in etwa vergleichbare Situation zu § 73d Abs. 2 StGB schaffen können. Allerdings stand mit § 73b StGB a. F. eine entsprechende Norm auch bereits zuvor zur Verfügung, sodass von einer Erleichterung tatsächlich nicht ausgegangen werden kann. Zudem sind die Strafprozesse um Kapitalmarktdelikte oftmals äußerst komplex und weisen viele prozessuale Schwierigkeiten bzgl. einiger Feststellungen auf. So kommt es, dass das Gericht ohnehin aufwendige Feststellungen vornehmen muss, da im Rahmen der Marktmanipulation der Einwirkungserfolg der Tathandlung nachgewiesen werden muss.257 Diese ohnehin erforderlichen Berechnungen stellen zugleich eine solide Grundlage für die spätere Berechnung des Einziehungsbetrags dar, sodass diese spätere Berechnung auch keine erheblichen zusätzlichen Schwierigkeiten mehr aufweist. Man könnte in der Hervorhebung der praktikableren Zielsetzung den Gedanken erblicken, dass das Effizienzgebot im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK erzielt werden soll. Aber auch eine solche Zwecksetzung dient letztlich der Schaffung von Rechtssicherheit für die Allgemeinheit und den Beschuldigten,258 nicht aber der Klärung, ob eine Strafe oder eine Maßnahme ohne Strafcharakter vorliegt. Damit verbleibt die Unklarheit, warum das Ziel der Verfahrensvereinfachung und der damit verbundene Wunsch der neuen Praktikabilität der Einziehungsvorschriften jedenfalls im Zusammenhang mit der Klärung des Wesensgehalts des Verfalls erwähnt werden. Schließlich ist zu betonen, dass die Nichterreichung des Ziels einer vereinfachten Feststellung im Prozess vom Rechtsstaat in Kauf genommen werden muss und insofern die Einziehungsvorschriften als gescheitert angesehen werden müssten, da sie ihren gesetzgeberischen Zweck mangels anderer Handhabe folglich nicht erfüllen können.259 e) Vereinbarkeit mit Art. 14 Abs. 1 GG Des Weiteren hat sich das Strafrecht am Maßstab der Grundrechte messen zu lassen.260 Vermag der BGH den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG 257  Zur problematischen Feststellung des Einwirkungserfolgs vgl. Schröder, Hdb Kapitalmarktstrafrecht, Rn.  564 ff.; Vogel, in: Assmann / Schneider, § 38 Rn. 54 ff. 258  BVerfG, Beschluss vom 15.11.2001 – 1 BvR 728 / 01 – juris Rn. 17 m. w. N. 259  Keusch, Probleme des Verfalls im Strafrecht, S. 60, 224. 260  Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, passim.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

deshalb nicht eröffnet sehen, weil es sich um illegal erlangtes Vermögen handelt,261 ist dies bis dahin richtig,262 allerdings lässt der BGH außen vor, dass durch das Bruttoprinzip auch legal erlangtes Vermögen abgeschöpft wird. Hat bspw. ein Händler vor mehreren Jahren Aktien für 50.000 Euro erworben und diese dann durch einen Insiderhandel für 100.000 Euro veräußert, so kann man zwar zu dem Schluss kommen, dass der Händler 100.000 Euro erlangt hat, aber nicht, dass die 100.000 Euro illegal aus der Tat stammen. Denn die rechtswidrige Tat vermag die ursprünglich legalen erlangten 50.000 Euro nicht in illegales Vermögen umwandeln, weil sich dieses Vermögen bereits vor der Tat in der Obhut des Händlers befand. Weiterhin ist die Eröffnung des Schutzbereiches auch nicht mit der Begründung zu versagen, dass Art. 14 Abs. 1 GG das Vermögen als solches nicht schütze,263 da bei § 73 StGB nicht das Vermögen als solches, sondern stets ein konkreter Vermögensgegenstand betroffen ist.264 Aus der Eröffnung des Schutzbereichs folgt die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Einziehung. Schließlich hat der Gesetzgeber mit den Einziehungsvorschriften eine Bestimmung nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG geschaffen.265 Der notwendige legitime Zweck besteht in den bereits erläuterten Präven­ tionsgedanken. Dieser Zweck kann auch neben der Annahme stehen, dass § 73 StGB ein bloßer kondiktionsähnlicher Charakter zugeschrieben wird.266 Schließlich stellt ein generalpräventiver Zweck kein entscheidendes oder zumindest ausschließliches Kriterium für eine Strafe dar,267 da hiervon nicht der

261  BGH, Urteil vom 21.08.2002  – 1 StR 115 / 02  – juris Rn. 32; BVerfG, Beschluss vom 14.01.2004  – 1 BvR564 / 94  – juris Rn. 87. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn die Vermögensverhältnisse des Betroffenen grundlegend beeinträchtigt sind, vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.11.1984 – 1 BvR 1157 / 82 – juris Rn. 53. 262  Z. B. weil man davon ausgeht, dass der Täter damit seinen Grundrechtsschutz i. S. v. Art. 18 GG verwirkt hat, vgl. Eser, Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum, S. 176; zumindest gegen diese Begründung mit guten Erwägungen und weiteren Nachweisen, Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 41 f.; Julius, ZStW 109 (1997), 58 (60 ff.). 263  Ständige Rechtsprechung, vgl. statt vieler BVerfG, Beschluss vom 08.04.1997 – 1 BvR 48 / 94 – juris Rn. 133. 264  Vgl. Perron, JZ 1993, 918 (919). 265  Julius, ZStW 109 (1997), 58 (89), der dabei zutreffend ausführt, dass die Verfallsvorschriften keine Enteignungstatbestände nach Art. 14 Abs. 3 GG sind, da der Zweck der Verfallsvorschriften jedenfalls nicht darin besteht, dass die privaten Vermögenswerte dem gemeinwohlorientierten Nutzen zufallen sollen; ebenso Wallschlä­ ger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 43. 266  A. A.  Julius, ZStW 109 (1997), 58 (90), der scheinbar davon ausgeht, dass ein Präventionszweck zugleich mit einem Strafzweck einhergehen muss und daher nur die Annahme einer Strafähnlichkeit des Verfalls die Begründung eines legitimen Zwecks ermöglichen kann.



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen55

Handelnde betroffen ist, sondern die Gesellschaft.268 Fraglich ist aber bereits, ob die Vorschriften eine solche positive Generalprävention erreichen können. Wie bereits erläutert, verkehrt sich der gewünschte Präventionserfolg bei Einziehungsanordnungen in Bezug auf Unschuldige eher ins Gegenteil. Aber auch im Falle von schuldhaft Handelnden muss der Frage nach der tatsächlichen Wirkung der Einziehung von Taterträgen nachgegangen werden. Schließlich ist die Wirkung der Inaussichtstellung der Vermögensabschöpfung auf die Vor- bzw. Nichtvornahme einer späteren Straftat nicht messbar.269 Sofern Studien darüber einigen Aufschluss zulassen könnten, ist jedoch bemerkenswert, dass bspw. die Studie durch Smettan aufzeigte, dass negative Spezialprävention eher gering zu bewerten ist, da der Täter eine mögliche Gewinnabschöpfung weniger als rationalen Hinderungsgrund an der Begehung einer Straftat erachtet als die Entdeckung der Tat und der damit verbundenen herkömmlichen Sanktionierung.270 Aber auch eine geringe negative Spezialprävention kann eine entsprechende Wirkung erreichen. Ob und inwieweit die Einziehung von Taterträgen daneben eine positive Generalprävention entfaltet, ist bislang auch nicht hinreichend erforscht.271 Allerdings wurde damit bislang auch nicht die gegenteilige Wirkung nachgewiesen. Deshalb und mit dem Hintergrund, dass die bewusste Bindung an Normen und Werte, welche durch eine Kodifizierung nach außen tritt, förderlich ist,272 kann man für die Einziehung eine präventive Wirkung grundsätzlich annehmen und damit auch einen legitimen (Straf-)Zweck als geeignetes Mittel bewerten.273 Sodann muss die Maßnahme auch erforderlich sein. Demnach muss die Einziehungsanordnung das mildeste Mittel darstellen, um den Zweck zu erreichen, weshalb es kein Mittel geben darf, das den Zweck in gleicher Weise erfüllt, aber die grundrechtlich geschützte Freiheit weniger stark beschränkt.274 Zunächst könnte der Einziehung die Geldstrafe entgegenstehen. 267  BVerfGE 22, 125 (132); BVerfG, Beschluss vom 14.01.2004 – 2 BvR 564 / 95 – juris Rn. 76. 268  Außerdem ist umgekehrt bereits die Strafe per se nur begrenzt für präventive Belange bestimmt, vgl. Eisenberg, Kriminologie, § 24 Rn. 28. 269  Perron, JZ 1993, 918 (921). 270  Smettan, Kriminelle Bereicherung in Abhängigkeit von Gewinnen, Risiken, Strafen und Moral, S. 200 f., 210; Perron, JZ 1993, 918 (921). 271  Problematisch ist dabei vor allem, dass ein empirischer Nachweis auch gar nicht möglich ist, vgl. Eisenberg, Kriminologie, § 15 Rn. 8. 272  Die durch positive Generalprävention, die sich auf die Stabilisierung der gesellschaftlichen Normtreue bezieht, erreicht werden kann, vgl. hierzu Streng, Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 59, und im Überblick die Darstellung bei Albrecht, Kriminologie, S. 46. 273  I. E. ebenso Perron, JZ 1993, 918 (923). 274  BVerfGE 100, 313 (375); Huster / Rux, in: BeckOK-GG, Art. 20 Rn. 196.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

Schließlich ist die Verhängung der Geldstrafe gemäß § 41 StGB auch neben einer Freiheitsstrafe möglich.275 Dass die Geldstrafe einen repressiven Wesensgehalt nach Auffassung des Gesetzgebers hat, ist nach der hier vertretenen Ansicht jedoch irrelevant, da der Wesensgehalt der Einziehungsvorschriften vorliegend in Frage gestellt wird. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Geldstrafe anhand der Schuld des Täters zu bemessen ist, was für die Einziehung gemäß § 73 StGB nicht gelten solle. Denn hier wird die Auffassung vertreten, dass die Einziehung gem. § 73 StGB eine strafähnliche Maßnahme darstellt und daher ebenfalls eine Berücksichtigung der Schuld des Täters erfolgen müsste. Begreift man § 73 StGB jedoch als reine Abschöpfungsmaßnahme von rechtswidrig erlangtem Vermögen, so verfolgt er einen anderen Zweck als die Geldstrafe und kann auch über den Umfang der möglichen Geldstrafe hinausgehen. Insofern ist die Einziehung auch nicht mit dem Tagessatzsystem der Geldstrafe kompatibel,276 weshalb letztlich die Geldstrafe kein milderes Mittel bei gleicher Eignung darstellt. Als milderes Mittel kommt jedoch die Anwendung der Nettomethode in Betracht. Damit würde die Einziehungsnorm zwar wieder in ihre Ursprungsform umgewandelt werden, jedoch ist die verfassungskonforme Auslegung geboten, bevor die Norm als Ganze für verfassungswidrig erklärt werden müsste.277 Allerdings soll der Regelungszweck der Norm gerade eine Abschöpfung nach dem Bruttoprinzip ermöglichen, was die Neuschaffung von § 73d StGB zusätzlich beweist, sodass eine Anwendung der Nettomethode und eine damit verbundene geringere präventive Wirkung nicht mehr den gleichen verfolgten Zweck erfüllen würde. Daher stellt auch die Anwendung der Nettomethode kein milderes Mittel dar. Mithin ist die gegenwärtige Einziehungsregelung erforderlich. Schließlich muss die Einziehung auch verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Dies bedeutet, dass der Nutzen der Maßnahme zu den dadurch herbeigeführten Beeinträchtigungen nicht außer Verhältnis stehen darf.278 Die da­ raus folgende Zumutbarkeit für den Betroffenen279 erfordert eine Abwägung zwischen dem Nutzen der Maßnahme und den aus der Maßnahme resultierenden Beeinträchtigungen.280 Bereits bei der Geeignetheit wurde aufgezeigt, dass die Einziehung die ihr zu Grunde liegenden Zwecke nur teilweise erfüllen kann. Der erzielte Mehr275  Perron,

JZ 1993, 918 (924). Strafrechtliche Sanktionen, Rn. 367. 277  Vgl. Kuhlen, Die verfassungsgemäße Auslegung von Strafgesetzen, S. 5. 278  BVerfGE 50, 217 (227); 99, 202 (212 ff.); Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Art. 20 Rn. 117. 279  BVerfGE 13, 97 (113); 78, 77 (85 ff.); 102, 1 (20). 280  Grzeszick, in: Maunz / Dürig, Art. 20 Rn. 117. 276  Streng,



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen57

wert im Vergleich zur vorherigen Nettomethode ist eher marginal. Dies zeigen auch die bislang erschienenen Untersuchungen bzw. der fehlende Rückgang bestimmter Kriminalitätsformen,281 wobei insbesondere die im Visier des Gesetzgebers stehende organisierte Kriminalität nicht effizient getroffen wurde. Dies liegt zum einen daran, dass die Struktur der organisierten Kriminalität derartige Verflechtungen aufweist, dass das Handeln vieler einzelner Gruppierungen im Vordergrund steht und der Hintermann meist kaum für die Strafverfolgungsbehörden erreichbar ist, sodass zumeist nur die Vordermänner erreicht und somit nur Nadelstiche in den Sumpf organisierter Kriminalität gesetzt werden können.282 Zum anderen muss das erhoffte Ziel, dass durch eine Mehrzahl möglicher Einzelerfolge der Endpreis von Betäubungsmitteln beim Verbraucher erhöht wird und dieser dadurch Abstand vom Erwerb nimmt, eher als kaum realisierbar gelten.283 Denn der Drogenmarkt erweist sich insbesondere durch seine Globalisierung als schier unendlich, sodass auch einzelne Erfolge bei der ohnehin eingeplanten großen Gewinnspanne beim Verkauf keine besonderen Auswirkungen auf den Endpreis erzielen dürften.284 Ebenso ist danach zu fragen, ob ein gestiegener Endpreis nicht auch zu vermehrter Beschaffungskriminalität und Prostitution zwingen würde.285 Im Gegensatz dazu sind auf Grund der zwingenden Einziehungsanordnung nicht nur Täter der organisierten Kriminalität, sondern alle Täter, unabhängig vom begangenen Delikt, betroffen. Dies gilt mittlerweile auch für die erweiterte Einziehung. Die genannte Entscheidung des OLG Stuttgarts286 aus dem Jahr 2014 zeigt, wie intensiv die Einziehungsanordnung den Einzelnen treffen kann. Während kaum Gewinne erzielt werden, wird dennoch ein Betrag abgeschöpft, welcher schnell im mehrstelligen Millionenbereich liegen kann. Dabei ist zu beachten, dass die Einziehungsanordnung „nur“ neben der eigentlichen Kriminalstrafe angeordnet wird. Sofern ein Unternehmen durch die Einziehungsanordnung betroffen ist, kann dieses dadurch auch an den Rand der Existenz gedrängt werden. Schon dieser kurze Einblick zeigt, dass die Interessen des Einziehungsadressaten stark beeinträchtigt sind und gegen281  Dies zeigt alleine ein Vergleich der Polizeilichen Kriminalstatistik im Bereich der Rauschgiftdelikte, welche in den vergangenen Jahrzehnten zunahmen, vgl. z. B. PKS 1991 = 117.204 Delikte, PKS 2001 = 246.518 Delikte, PKS 2014 = 486.248 Delikte. 282  Perron, JZ 1993, 918 (921 f.). 283  Perron, JZ 1993, 918 (922 f.). 284  Perron, JZ 1993, 918 (922). 285  Perron, JZ 1993, 918 (922 f.), welcher zudem für das Ausland aufzeigt, dass bspw. in den USA und dem UK bei der Einziehung ähnlichen Vorschriften kein entsprechender Erfolg verzeichnet werden konnte. 286  OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

über dem Präventionszweck überwiegen.287 Jedoch hatte der Gesetzgeber mit § 73c StGB a. F. eine Norm geschaffen, die den hier zu prüfenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hinreichend Rechnung tragen soll. Diese Norm war auch das entscheidende Argument für die Annahme der Verhältnismäßigkeit der Verfallsvorschriften durch den BGH.288 Dabei ist zuzugeben, dass durch § 73c StGB a. F. die Möglichkeit geschaffen wurde etwaige Härten, wie in der Entscheidung des OLG Stuttgarts, entsprechend zu berücksichtigen. Faktisch wurde die Norm jedoch nur restriktiv angewandt, sodass auch das OLG Stuttgart die Versagung einer Herabsetzung der Verfallssumme mittels § 73c StGB a. F. als rechtsfehlerfrei ansah.289 Jedoch würde eine hinreichende Gewährleistung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine extensivere Auslegung der Härtevorschrift erfordern. Dieser Einwand trifft jedoch nur die Anwendung der Vorschrift in praxi, nicht aber die Vorschrift als solche, da sie die notwendigen Eingriffsmechanismen zur Verfügung stellte, diese aber nur unzureichend durch die Rechtsprechung beachtet wurden. Allerdings gilt zu berücksichtigen, dass es dem Wesen einer solchen (Härte-)Vorschrift immanent ist, dass die Norm keine regelhafte Anwendung findet, sondern der besonderen Berücksichtigung einer dem Einzelfall zu Grunde liegenden Härte dient. Die Norm soll demnach nur in besonderen Fällen zur Anwendung gelangen.290 Jedoch folgte auf Grund der hohen Summen von Verfalls­ anordnungen, der fehlenden Voraussetzung der Schuld als möglichem Korrektiv sowie einer geringen positiv-generalpräventiven Wirkung die Konsequenz, dass insbesondere bei Kapitalmarktdelikten, aber auch vielen anderen Deliktsbereichen, welche nicht der organisierten Kriminalität zuzuschreiben sind, § 73c StGB a. F. stetig Anwendung finden müsste. Dieser Umstand widerspricht aber dem Wesen einer Härtevorschrift. Außerdem fehlt dem Revisionsgericht für die Beurteilung der für § 73c StGB a. F. entscheidenden Umstände regelmäßig die Prüfungskompetenz.291 Ebenso wurde im Wesentlichen nur das Nachtatverhalten über § 73c StGB a. F. erfasst.292 Insgesamt 287  A. A. Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 44 f.; Keusch, Probleme des Verfalls im Strafrecht, S. 71 f.; Julius, ZStW 109 (1997), 58 (92 ff.), was offensichtlich nur daran liegt, dass Julius – anders als Keusch – davon ausgeht, dass der Betroffene beim Verfall den Abschöpfungsbetrag erst vollständig durch die Tat erlangt hat. Für diesen Fall ist eine Verhältnismäßigkeit auch gut annehmbar, jedoch zeigt gerade der Fall des OLG Stuttgart, dass auch zuvor rechtmäßiges Vermögen durch den Verfall betroffen sein kann. 288  Vgl. BGH, Urteil vom 01.03.1995  – 2 StR 691 / 94  – juris Rn. 9; BGH, Urteil vom 21.08.2002 – 1 StR 115 / 02. 289  OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss541 / 13 – juris Rn. 24 f. 290  Ähnlich Michalke, in: Nelles, money, money, money …, S. 108. 291  Lohse, JR 2009, 188 (192); Wagner, NStZ 2012, 381; Rönnau / Krezer, NZWiSt 2012, 144 (149). 292  Eser, in: Schönke / Schröder, Vorb. § 73 Rn. 19 a. E.



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen59

war die Härtevorschrift auch zu unbestimmt formuliert und konnte keinen hinreichenden Schutz293 und damit nur weniger Rechtssicherheit bieten.294 Deshalb konnte alleine § 73c StGB a. F. nicht als „Allheilmittel“ für die Schwächen des Verfalls beigezogen werden.295 Diesem Widerspruch war aber Vorzug gegenüber einer unverhältnismäßigen Anwendung zu gewähren, weshalb § 73 StGB nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstieß und demnach mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar und nicht verfassungswidrig war. Allerdings fehlt de lege lata eine Härtevorschrift, die dem bestimmten Einzelfall einen verhältnismäßigen Eingriff garantieren kann. Deshalb kann gegenwärtig – je nach Einzelfall – sogar ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG vorliegen.296 f) Was ist eigentlich Strafe? Wurde bislang nachgewiesen, dass die Begründung der Rechtsprechung und deren Befürworter im Schrifttum für die Ablehnung eines Strafcharakters von § 73 StGB wenig überzeugend ist, soll der bereits jetzt bestehende Eindruck, dass es sich bei den Einziehungsvorschriften um eine Strafe handelt, verfestigt werden. Zunächst ist zu fragen, was eine Strafe überhaupt ist. Eine allgemeingültige Definition ist hierzu nicht ausfindig zu machen. Jedoch herrscht überwiegend Einigkeit, dass die Strafe anhand von drei Kriterien bewertet wird: Die Zufügung eines Übels, die Verfolgung eines Strafzwecks und eine damit einhergehende sozialethisch missbilligende Ausstrahlung.297 Für den Fall, dass dem Einziehungsadressaten tatsächlich nur der Nettobetrag abgeschöpft wird, lässt sich feststellen, dass damit kein zusätzliches Übel aufgebürdet wird. Schließlich stellt ein solcher Eingriff die notwendige Bedingung für einen effektiven Strafeingriff dar,298 da die daneben bestehende Geldstrafe ins Leere laufen würde, wenn der Gewinn aus einer Straftat bei dem Täter verbleiben würde und dieser sogar höher als die Geldstrafe wäre, da die Geldstrafe durch die Vorschriften im StGB eine Begrenzung erhält.299 Damit ist die 293  Sedemund,

DB 2008, 323 (328). NZWiSt 2012, 144 (149); Bittmann, NStZ 2016, 28 (30). 295  Vgl. Hohn, wistra 2003, 321 (326); Bauer, NStZ 2011, 396 (396 f.). 296  Von einer herrschenden Einigkeit, dass der einfache Verfall Art. 14 GG nicht verletze, wie Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 40, kann damit nach gegenwärtiger Lage nicht mehr gesprochen werden. 297  Vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.02.1959 – 2 BvL 10 / 56 – juris Rn. 45; ähnlich auch Androulakis, ZStW 108 (1996), 300 (303); Meier, Strafrechtliche Sanktionen, S. 15; Weigend, in: LK, Einleitung Rn. 63. 298  Geiger, Die Rechtsnatur der Sanktion, S. 230. 299  So ergibt sich nach § 40 Abs. 1 und 2 StGB ein rechnerisches Limit von 10,8 Mio. Euro. 294  Rönnau / Krezer,

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

Nettoeinziehung aber oftmals Voraussetzung dafür, dass durch die Geldstrafe überhaupt ein Übel zugefügt werden kann. Die bloße Wiederherstellung des Status quo ante stellt aber keine Verschlechterung für den Täter dar, deshalb liegt keine Schlechter-, sondern eine Gleichstellung300 und mithin keine Zufügung eines Übels vor. Diese Begründung steht demnach eng im Zusammenhang mit der Frage der Kondiktionsähnlichkeit der Vorschrift. Für die Bruttoabschöpfung wurde diese bereits abgelehnt. Deshalb liegt auch eine zusätzliche Einbuße im Vermögen des Täters vor, wenn das Vermögen des Einziehungsadressaten bei einer Saldierung der Vermögenslagen vor und nach der Tat einen negativen Saldo aufweist. Damit liegt eine Schlechterstellung vor. Jede Schlechterstellung stellt aber zugleich die Schaffung eines Übels dar.301 Nach der Rechtsprechung gilt in diesem Sinne für den Täter nicht nur der Grundsatz, dass sich Straftaten nicht lohnen, sondern auch, dass diese ihm schaden. Die Intensität des Eingriffs ist für die Bejahung eines Übels zunächst weniger von Bedeutung. Dennoch ist aber ersichtlich, dass mit Zunahme der Einziehungssumme die Schwere des Eingriffs zunimmt. Angesichts der z. T. horrenden Abschöpfungsbeträge bei zeitgleich kaum erzielten Gewinnen ist die Ablehnung eines Übels kaum vertretbar. Daran ändert auch nichts, sofern dies überhaupt gefordert werden darf, dass die Strafe in ihrer Wirkung mit der Geld- oder Freiheitsstrafe vergleichbar sein müsste.302 Ein zu enger Vergleich zu den bereits bestehenden Strafen kann keine tauglichen Aussagen über den Strafcharakter einer Norm erbringen. Neuen Normen liegt es gerade zu Grunde, dass sie sich von den bereits Bestehenden unterscheiden, sodass die Einstufung einer neuen Vorschrift als Strafe nicht anhand der älteren Regelungen erfolgen kann. Dies wäre vielmehr ein Zirkelschluss. Der Bezug zur Intensität des Eingriffs kann als allgemeines Kriterium der Strafe nicht derart als Vergleich dienen, dass die Freiheits- und Geldstrafe als Mindestmaß der Eingriffsintensivität von Strafen angesehen werden. Kracht, welcher einen wesentlichen Unterschied zur Geldstrafe darin erblicken will, dass die Geldstrafe den Täter aus seinem allgemeinen Vermögen belastet, während § 73 StGB einen direkten Bezug zur Tat hat und auf Vermögenswerte zugreift, die durch die Tat erlangt wurden,303 kann damit nicht überzeugen. Die gegenwärtige Anwendung des Bruttoprinzips durch die Recht300  Geiger,

Die Rechtsnatur der Sanktion, S. 230. auch Kracht, wistra 2000, 326 (329), der die Zufügung eines Übels

301  Insoweit

bejaht. 302  Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 28 mit Nachweisen zur Rechtsprechung. 303  Kracht, wistra 2000, 326 (330) mit Zustimmung Wallschläger, Die strafrecht­ lichen Verfallsvorschriften, S. 28.



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen61

sprechung führt dazu, dass ebenfalls in das allgemeine Vermögen des Adressaten eingegriffen werden kann. Verkauft jemand Aktien, welche bereits vor Jahren legal erworben wurden, und begeht er dabei jedoch eine marktmanipulative Handlung, wird der gesamte Verkaufserlös abgeschöpft, auch wenn der Handelnde dabei gar keinen Gewinn realisieren konnte.304 Dass dabei nicht in das allgemeine Vermögen eingegriffen werden soll, stellt eine unnatürliche Betrachtungsweise dar. Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, danach zu differenzieren, ob ein direkter Bezug zur Tat vorliegt. Dass der Handelnde z. B. bei der Marktmanipulation eigenes Vermögen als Tatmittel nutzt, während der Räuber seine Fäuste benutzt, ist eine Frage der Eignung der Tatmittel für das jeweilige Delikt. Dies kann aber keinen erheblichen Unterschied zur Geldstrafe ausmachen. Im Gegenteil: Dadurch dass auch unbelastetes Vermögen betroffen ist und die Abschöpfung nicht, wie bei der Geldstrafe, an der Schuld bemessen wird, besteht die konkrete Wahrscheinlichkeit, dass die Einziehung im Einzelfall eine deutlich intensivere Belastung als die Geldstrafe darstellt. Dass ungerechte Ergebnisse durch schlichten Austausch der Tatmittel oder Tatvarianten entstehen, verdeutlicht auch folgendes Beispiel: Jemand hält eine bestimmte Anzahl der x-Aktie und möchte damit einen möglichst hohen Gewinn erzielen. Ihm bieten sich dabei u. a. zwei Möglichkeiten. Zum einen unterstellen wir dem Aktienverkäufer, dass dieser durch eine falsche Meldung im Sinne einer informationsgestützten Marktmanipulation den Preis der Aktie in die Höhe treiben kann. Nach bislang h. M. kann der Handelnde bei der informationsgestützten Marktmanipulation keinen Vermögenswert erlangen.305 Dies ist jedoch deshalb nicht zutreffend, da der Handelnde den Wertzuwachs der von ihm gehaltenen Aktien und damit einen Vermögenswert erlangt.306 Spätestens bei einem späteren Verkauf würde dieser Vorteil zumindest sichtbar werden. Zum anderen könnte der Aktienverkäufer den Preis der Aktie auch durch eine handelsgestützte Marktmanipulation, bspw. durch Matched Orders, in die Höhe treiben und, nachdem andere Händler auf den fahrenden Zug aufgesprungen sind, die Aktien gewinnbringend verkaufen. Bei dieser Tatvariante wäre unstreitig eine Einziehungsanordnung möglich und dieses Mal sogar – auf Grund der Benutzung eines vermögensrecht­lichen Tatmittels i. S. d. § 73d Abs. 1 S. 2 1. HS StGB – in Höhe des gesamten ge304  BGH, Urteil vom 27.11.2013 – 3 StR 5 / 13 – juris Rn. 28; OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13. 305  Pananis, in: MK-StGB, § 38 WpHG Rn. 255; Sorgenfrei, in: Park, T3 Kap 4 Rn. 300. 306  BGH, Beschluss vom 25.02.2016 – 3 StR 142 / 15 – juris Rn. 33; Altenhain, in: KöKo-WpHG, § 38 Rn. 161; Waßmer, in: Fuchs, § 38 Rn. 226; Schömann, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG, S. 168; Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, S. 180.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

tätigten Geschäfts. Es bestehen also bei beiden Varianten die gleichen Tatanreize und Zielstellungen des Handelnden. Auch das Unrecht ist auf einem vergleichbaren Niveau, da lediglich die Tatvariante innerhalb eines Straftatbestands ein Differenzierungskriterium aufweist. Abgeschöpft werden jedoch, trotz gleicher Gewinnerzielung, jeweils zwei völlig andere Beträge. Die Anwendung der Verfallsnorm wies zuletzt schon deutliche Nähe zu der für verfassungswidrig erklärten307 Vermögensstrafe nach § 43a StGB auf.308 Wie schon bei der Vermögensstrafe orientiert man sich bei der Einziehung des Tatertrags ausschließlich anhand des Vermögens(-wertes), nicht aber an der individuellen Schuld der Handelnden. Eben dadurch wird aber ein Ungleichgewicht zur Geld- / Freiheitsstrafe geschaffen, da hier keine Berücksichtigung der Vermögensabschöpfung innerhalb der Strafzumessung erfolgt.309 Der aus Art. 103 Abs. 2 GG folgende Tatschuldgrundsatz ergibt jedoch, dass jede weitere Sanktion im Sinne des Asperationsprinzips das Schuldmaß bzgl. der Hauptstrafe mildern muss.310 Die Nähe zur Vermögensstrafe führt auch dazu, dass die dagegen vorgetragenen Einwände gegen die Einziehungsvorschriften teilweise gelten.311 Verwunderlich ist zudem die Wortwahl des § 43a StGB, welcher in Abs. 1 S. 2 der Norm in Bezug auf den Verfall von Vermögensvorteilen spricht. Der Gesetzgeber nahm hierbei bis zur Nichtigkeitserklärung der Norm im Jahre 2002 keine Änderung des Wortlauts mehr vor. Dass die fehlende Angleichung des § 43a StGB an den Verfall nicht sorgfältig erfolgte, kann zwar der Ungeduld des Gesetzgebers zugeschrieben werden,312 erklärt jedoch nicht, warum eine spätere Berichtigung ausblieb. Man könnte stattdessen die Überlegung anstellen, dass eine Anpassung des § 43a StGB an den § 73 StGB dazu geführt hätte, dass die eigentliche Klärung des Verhältnisses beider Normen zueinander verschwommen wäre, da sich die Einziehung mit seiner Änderung der Vermögensstrafe deutlich angenähert hat. 307  BVerfG,

Urteil vom 20.03.2002 – 2 BvR 794 / 95. GA 1997, 503 (522); Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 56; Kudlich / Noltensmeier, wistra 2007, 121 (123); Gehrmann, wistra 2010, 345 (347). 309  Vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2015  – 5 StR 486 / 14  – juris Rn. 6; Rönnau, in: MAH, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 13 Rn. 384; der 4. Strafsenat hat in seinem Urteil vom 10.10.2002 – 4 StR 233 / 02 – juris Rn. 7 jedoch nicht die Auffassung der Vorinstanz beanstandet, dass die Resozialisierung des Angeklagten nicht durch zu hohe finanzielle Belastungen gefährdet werden soll, womit er jedenfalls mittelbar den Verfall in der Strafzumessung berücksichtigt, vgl. auch Joecks, in: MK-StGB, § 73 Rn. 15. 310  Eser, in: FS Stree / Wessels, 833 (839). 311  Zu den Einwänden vgl. Radtke, in: MK-StGB, 1. Aufl. § 43a Rn. 14 ff.; Eser, in: FS Stree / Wessels, 833 (837 ff.). 312  Dreher / Tröndle, 47. Aufl. § 43a Rn. 9. 308  Hellmann,



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen63

Die mit der Einziehung einhergehende Belastung verdeutlicht insgesamt, dass beim Adressaten damit ein tatvergeltendes Übel eintritt.313 Für die Auswirkungen gegenüber dem Betroffenen wurde einer restriktiven Anwendung der Vorschriften bislang exemplarisch die Entscheidung des OLG Stuttgarts aus dem Jahr 2014 entgegengehalten. Zeigte die Entscheidung auf, dass trotz kaum erzielter Gewinne ein Betrag i. H. v. etwa 47.500 Euro abgeschöpft wurde, weisen andere Entscheidungen in der Abschöpfungssumme noch deutlich höhere Beträge auf. Allein dieses Ausmaß lässt erkennen, dass der Einziehung ein bestrafender Charakter zugesprochen werden muss.314 Denn im Mittelpunkt muss stets die tatsächliche Belastung für den Betroffenen stehen, was sich im Kern auch mit den dogmatischen Begründungsansätzen, was eine Strafe sei, deckt. Betrachtet man ausschließlich die Sichtweise des Betroffenen, so wird es für diesen gleichgültig sein, ob er nun eine Zahlung wegen einer Geldstrafe oder wegen einer Einziehungsanordnung vornehmen muss. Vielmehr hat für ihn die Höhe der Zahlung Bedeutung und dabei wird der Einziehungsbetrag regelmäßig deutlich höher ausfallen als die eigentliche (Geld-)Strafe.315 Im Fall „Frick“ wurde neben einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten der Wertersatzverfall von 660.000 Euro an­ geordnet.316 Weiterhin wurden im Fall „Infomatec“ etwa 380.000 Euro für verfallen erklärt, was letztlich dem Restbestand des Vermögens des An­ geklagten entsprach.317 Demgegenüber zeigt aber auch bspw. die Entscheidung im „Kölner Müllskandal“, in der ein möglicher Verfallswert von 792 Mio. DM durch die Staatsanwaltschaft im Raum stand, dass der Höhe des Einziehungsbetrages scheinbar keine Grenzen gesetzt sind.318 Daneben erfüllen die Einziehungsvorschriften auch das zweite Merkmal einer Strafe. Die Strafe soll jedenfalls spezial- und / oder generalpräventiv wirken.319 Wie bereits dargestellt, erzielen die Vorschriften eine ebensolche Wirkung, auch wenn diese teilweise bestritten wird oder nur geringfügig ist. Zudem führt die Umsetzung der Bruttomethode dazu, dass die Einziehungsvorschriften zusätzlich repressive Wirkung entfalten.

313  Ebenso Eser, in: Schönke / Schröder, Vorb. § 73 Rn. 19; Hofmann, wistra 2008, 401 (406). 314  Zutreffend spricht Michalke, in: money money money …, S. 108. von „ruinös hohen Summen“. 315  Vgl. auch die Fälle bei BaFin, Jahresbericht 2012, S. 184 ff. 316  LG Frankfurt am Main – Urteil vom 20.05.2014 – 5 / 28 KLs – 7521 Js 230590 /  12 (12 / 13) – Entscheidung nicht veröffentlicht. 317  LG Augsburg, Urteil vom 27.11.2003 – 3 KLs 502 Js 127369 / 99 = NStZ 2005, 109 ff. 318  BGH, Urteil vom 02.12.2005 – 5 StR 119 / 05 – juris Rn. 48. 319  Hohn, wistra 2003, 321 (325); Horn, in: SK-StGB, § 46 Rn. 5 ff.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

Bezüglich des letzten Kriteriums werden die größten Zweifel geäußert.320 Für die Bejahung des Merkmals müsste die Einziehung ein Unwerturteil darstellen, wobei hierfür entscheidend ist, dass § 73 StGB eine sozialethisch missbilligende Ausstrahlung zukommt und der Betroffene damit eine diskriminierende Ächtung innerhalb der Gesellschaft erfährt. Zunächst ist dazu festzustellen, dass die Einziehung auch Ausspruch im Strafurteil findet. Damit ist die Einziehung jedenfalls für die Gesellschaft wahrnehmbar.321 Dass die Einziehungsanordnung den Einziehungsadressaten vollkommen unberührt in seiner sittlichen Persönlichkeit lassen soll,322 würde bedeuten, dass die Gesellschaft ebenfalls unberührt davon wäre. Dies entspricht jedoch nicht der gegenwärtigen Situation. Gerade die heutige Gesellschaft sieht in hohen Einziehungssummen, wie sie für Wirtschaftsstrafverfahren und damit auch bei Kapitalmarktdelikten typisch sind, die Strafe für die Gier der „Großen und Mächtigen“. Dieser Zusammenhang zieht damit eine tadelnde Wertung nach sich. Schon der E-StGB von 1962 pflichtete dem Verfall eine ergänzende Wirkung zur eigentlichen Kriminalstrafe bei.323 Wenn die Einziehung von Taterträgen dies aber tun soll, dann unterstützt sie die Strafe auch in ihrem Bereich der diskriminierenden Wirkung. Würde man wie Wall­ schläger das fehlende Schulderfordernis für eine fehlende Diskriminierung anführen, da ohne Schulderfordernis kein bestimmtes Verhalten missbilligt werden soll,324 so würde dies, wie schon bei der Feststellung, dass allgemein keine Strafe mangels Schulderfordernis vorliegen soll,325 einen Zirkelschluss darstellen. Nicht zuletzt sollte aber auch die Erforderlichkeit dieses Merkmals für die Feststellung einer Strafe hinterfragt werden. Schließlich sind einige Handlungen wie der Versicherungsmissbrauch, das „Schwarzfahren“ oder der Besitz von geringen Mengen Cannabis strafbare Handlungen und mit den klassischen Kriminalstrafen des StGB strafbewehrt, jedoch gelten diese Handlungen überwiegend als „Kavaliersdelikte“. Deshalb werden diese Taten innerhalb der Gesellschaft kaum sozialethisch missbilligt. Dennoch wird man den Strafcharakter der damit möglicherweise verbundenen Geld- und Freiheitsstrafen nicht ernsthaft bestreiten wollen bzw. können.326 Dadurch fällt auf, dass die sozialethische Missbilligung kein allgemeines Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 32. ist dies lediglich für das selbständige Verfahren. 322  Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S, 32. 323  E-StGB 1962 = BT-Drucks. IV / 650, vor § 109, S. 240 f. Gewiss wird dabei nicht verkannt, dass der Entwurf noch an eine schuldhaft begangene Handlung anknüpfte. Dennoch wird dadurch erkennbar, dass dem Gesetzgeber teilweise die Wirkung durchaus bewusst war. 324  Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 32 f. 325  Vgl. oben unter D. I. 2. c) auf S. 50. 326  Hoyer, GA 1993, 406 (416). 320  U. a.

321  Anders



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen65

Merkmal zur Feststellung einer Strafe sein kann. Hoyer weist in diesem Zusammenhang auch zutreffend auf einen erneuten Zirkelschluss hin: Die ­sozialethische Missbilligung kann nur dann erfolgen, wenn die Gesellschaft von der Schuld des Handelnden überzeugt ist, da anderenfalls Zweifel an dem Vorwurf bestehen bleiben.327 Da § 73 StGB aber, wie hier gefordert, Schuld voraussetzen muss, würde dann auch die sozialethische Missbilligung greifen. Die Frage nach der Schuld, ist aber gerade die umstrittene Frage nach dem strafrechtlichen Gehalt. Deshalb kann die sozialethische Missbilligung auch keine geeignete Antwort auf die Frage nach dem Strafcharakter einer Norm geben. Aus den genannten Kriterien, deren Existenz selbst nicht unbestritten bleibt,328 geht hervor, dass die Einziehungsvorschriften eine Strafe darstellen. g) Rechtsprechung des EGMR Auch aus europarechtlicher Sicht lassen sich Bedenken dagegen anführen, der Einziehung den bestrafenden Charakter abzusprechen.329 Der EGMR hat in seiner Entscheidung zur rückwirkenden Verlängerung der Sicherungsverwahrung in Deutschland im Rahmen der Prüfung von Art. 7 Abs. 1 S. 2 EMRK wesentliche Grundsätze für das Vorliegen einer Strafe entwickelt.330 Dort heißt es: „Aus dem Wortlaut von Artikel 7 Abs. 1 Satz 2 ergibt sich, dass der Ausgangspunkt für die Prüfung, ob es sich bei der betreffenden Maßnahme um eine Strafe handelt, die Frage ist, ob sie im Anschluss an eine Verurteilung wegen einer ‚Straftat‘ verhängt wird. Weitere erhebliche Faktoren sind die Charakterisierung der Maßnahme nach innerstaatlichem Recht, die Art und der Zweck der Maßnahme, die mit ihrer Schaffung und Umsetzung verbundenen Verfahren und die Schwere der Maßnahme. Die Schwere der Maßnahme an sich ist jedoch nicht entscheidend, denn beispielsweise können viele Maßnahmen präventiver Art, die keine Strafen darstellen, erhebliche Auswirkungen auf die betroffene Person haben.“331

Subsumiert man die deutsche Einziehungsnorm unter diese Grundsätze, stellt man fest, dass die Einziehung infolge einer rechtswidrigen Tat angeordnet wird. Da damit keine Schuld vorausgesetzt wird und damit nicht alle Merkmale einer Straftat vorliegen, könnte man auf den ersten Blick das erste Erfordernis verneinen. Jedoch ist gerade die Frage nach dem Schulderforder327  Hoyer,

GA 1993, 406 (416 f.). im Einzelnen dazu Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 28 ff. und die hiesigen Ausführungen bzgl. der sozialethischen Missbilligung. 329  Ebenso Gehrmann, wistra 2010, 345 (347). 330  EGMR, Urteil vom 17.12.2009 – 19359 / 04 – juris Rn. 117 ff. 331  EGMR, Urteil vom 17.12.2009 – 19359 / 04 – juris Rn. 120. 328  Vgl.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

nis Bestandteil des vorliegenden Streits, sodass dieses Erfordernis nicht zu der hier erfolgenden Auslegung genutzt werden kann. Die Charakterisierung der Maßnahme nach innerstaatlichem Recht ist, wie bereits dargelegt, nichtssagend, da § 73 StGB sowohl strafrechtliche als auch bereicherungsrechtliche Wirkung entfalten kann, was mit der konkreten Anwendung im Einzelfall zusammenhängt, sodass die Einordnung als Maßnahme eigener Art keinen Aufschluss bewirken kann. Der Zweck der Maßnahme besteht auf Grund des Bruttoprinzips jedoch nicht mehr nur in einer ausgleichenden Funktion, sondern in einer darüber hinausgehenden Vermögensabschöpfung. Die Einziehungsanordnung erfolgt im Rahmen eines, unter Geltung der Strafprozessordnung ablaufenden, Strafverfahrens332 und die erheblichen Belastungen wurden ebenfalls bereits erläutert. Diese kurze Subsumtion lässt erkennen, dass nach den Grundsätzen des EGMR die deutsche Einziehungsvorschrift eher als Strafe zu qualifizieren ist. Gewiss würde die Gegenansicht nunmehr äußern, dass dies bei der Bejahung der Ausgleichsfunktion und der Ablehnung eines Schulderfordernisses auch nach den Grundsätzen des EGMR eher keine Strafe festzustellen sei. Allerdings hatte der EGMR in einer vorherigen Entscheidung schon festgestellt, dass die confiscation order des Vereinigten Königreichs von Großbritannien, welche in ihrer konkreten Ausgestaltung den §§ 73 ff. StGB a. F. sehr nahe kommt, als Strafe zu bewerten ist.333 Demzufolge wird der EGMR wohl eher die hier vertretende Auffassung teilen. Dies sollten die deutschen Gerichte für eine europarechtskonforme Auslegung entsprechend berücksichtigen.334 h) Widerspruch im OWiG Dass der Gesetzgeber seiner Tätigkeit nicht sorgfältig nachgekommen ist, beweist ein sich aus dem im OWiG geregelten Verfallsrecht ergebender Widerspruch.335 Ohne den nachstehenden Widerspruch an dieser Stelle auflösen bzw. vertiefen zu wollen, soll dieser aber aufzeigen, dass die Arbeitsweise des Gesetzgebers auch darauf schließen lassen kann, dass ihm nicht vollends bewusst war, welche Wirkungen die Einziehungsregelungen beinhalten. So ist im Ordnungswidrigkeitengesetz mit § 29a OWiG eine dem § 73 StGB sehr nahe kommende Norm geschaffen worden.336 Allerdings ist § 29a OWiG 332  Pelz,

in: FS-I. Roxin, 181 (183). Urteil vom 09.02.1995 – 1 / 1994 / 448 / 527. 334  Vgl. BVerfG, Urteil vom 04.04.2011 – 2 BVR 2365 / 09 = BVerfGE 128, 326; Begrenzungen sind nur insoweit möglich als das ein Bruch der Verfassungsidentität vorliegt, vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.12.2015 – 2 BvR 2735 / 14 – juris Rn. 36 ff. 335  Dazu bereits Göhler, wistra 1992, 133 (136); Brenner, NStZ 2004, 256. 336  Vgl. auch Cramer, in: FS-Meyer-Gossner, 733  f.; Rönnau / Krezer, NZWiSt 2012, 144 (149). 333  EGMR,



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen67

nicht anwendbar, wenn gem. § 29a Abs. 1 OWiG eine Geldbuße festgesetzt wurde. Die Geldbuße hat den zusätzlichen Zweck nach § 17 Abs. 4 OWiG den wirtschaftlichen Vorteil der Tat abzuschöpfen. Dieser Wortlaut entspricht aber, wie die Verfallsregelung vor 1992, dem Nettoprinzip.337 Wird also eine Geldbuße festgesetzt, wird nach der Nettomethode, also unter Berücksichtigung der Aufwendungen, verfahren. Wird demgegenüber keine Geldbuße verhängt, kann gemäß § 29a OWiG nach der Bruttomethode abgeschöpft werden. Das hat zur Folge, dass der Handelnde im Ergebnis finanziell mehr belastet werden kann, obwohl die Geldbuße, die den eigentlichen ahndenden Charakter ausmachen soll, entfällt. Ein bizarres Ergebnis.338 Widersprüchlich ist ferner die Regelung des § 81 Abs. 4 S. 2, Abs. 5 GWB im Verhältnis zu dem bestehenden Einziehungsrecht. In § 81 Abs. 4 S. 2 GWB ist geregelt, dass die Geldbuße gegen ein Unternehmen oder eine Unternehmensvereinigung zehn Prozent des Gesamtjahresumsatzes bei einer Kartellordnungswidrigkeit nach Satz 1 betragen kann. Nach § 81 Abs. 5 S. 1 GWB kann dabei der wirtschaftliche Vorteil der Tat entsprechend des § 17 Abs. 4 OWiG abgeschöpft werden. Für Kartellordnungswidrigkeiten gilt also, dass neben der Geldbuße ein Ermessen besteht, ob darüber hinaus der wirtschaftliche Wert der Tat abgeschöpft wird.339 Dadurch, dass bei Kartellordnungswidrigkeiten im Gegensatz zu den anderen Ordnungswidrigkeiten, welche ausschließlich § 17 Abs. 4 OWiG unterfallen, eine Abschöpfung gänzlich unterlassen werden kann,340 entsteht eine nicht nachvollziehbare Ungleichbehandlung. Zwar wird gegen eine solche Ungleichbehandlung vorgetragen, dass es deshalb einen Verzicht auf eine Abschöpfung nicht geben kann,341 jedoch kann dieser Vortrag nicht über den eindeutigen Wortlaut und dem sich daraus ergebenden Widerspruch hinwegtäuschen. Insgesamt ist dies nur ein weiterer Beleg unsorgfältiger gesetzgeberischer Tätigkeit.342

Mitsch, in: KK-OWiG, § 17 Rn. 119. den Lösungsmöglichkeiten der Praxis vgl. Korte, in: FS-Samson, 65 (75 f.), welcher aber zugleich überzeugende Einwände gegen die genannten Lösungsmöglichkeiten vorbringt. 339  Dannecker / Biermann, in: Immenga / Mestmäcker, § 81 Rn. 410, 548. 340  Dannecker / Biermann, in: Immenga / Mestmäcker, § 81 Rn. 554, dem kann auch nicht die gesonderte Abschöpfungsvorschrift des § 34 GWB abhelfen, da auch diese der Behörde ein Ermessen einräumt. 341  Achenbach, in: FK § 81 GWB 2005 Tz. 586 ff.; Klusmann, in: Wiedemann, § 57 Rn. 79 Fn. 264; Raum, in: FS Hirsch, S. 301 (307 f.). 342  Vgl. auch schon die fehlende Harmonisierung des § 43a StGB, oben unter D. I. 2. f) auf S. 59 f. 337  M. w. N.

338  Zu

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

i) Zwischenfazit Nach den getroffenen Feststellungen bleibt von den Argumenten derjenigen, die der Einziehung von Taterträgen einen bestrafenden Charakter absprechen wollen, wenig übrig. Der bestrafende Charakter der Einziehung gem. § 73 StGB drängt sich vielmehr auf. Auffällig bei den vorgetragenen Argumenten der Gegenauffassung ist vor allem, dass diese überwiegend schon zum Zeitpunkt der Geltung des Nettoprinzips geäußert wurden. Während die Argumente dieser Zeit durchaus überzeugen konnten, änderte sich dies mit der Einführung des Bruttoprinzips. Es ist bedauerlich, dass der Gesetzgeber der 18. Legislaturperiode keine klarstellende Änderung herbeigeführt hat. Neben einer sprachlichen Gleichstellung zu § 74 StGB, wäre eine Gleichstellung bei der Rechtsnatur ebenfalls angezeigt gewesen. Weiter bleibt zu fragen, welche Konsequenzen aus dem Ergebnis folgen, dass die Einziehung von Taterträgen eine Strafe ist. 3. Konsequenzen des strafrechtlichen Charakters Zunächst ergibt sich aus den vorherigen Feststellungen, dass bei der bloßen Nettoabschöpfung keine Unterschiede zur bisherigen Rechtspraxis ausfindig zu machen sind. Dadurch, dass in diesen Fällen der kondiktionsrechtliche Charakter fortbesteht, sind auch nicht die an eine Strafe anknüpfenden Anforderungen zu stellen. Rechtfertigung erlangt diese Differenzierung auf Grund der Ambivalenz der Einziehungsvorschriften. Für die Anwendung der Einziehungsvorschriften unter Beachtung der Bruttomethode ergeben sich aus dem strafrechtlichen Charakter jedoch andere Konsequenzen. Zwingende Folge für eine Strafe ist die Geltung des verfassungsrechtlich garantierten Schuldprinzips.343 Dieses entfaltet seine Wirkung in zweierlei Hinsicht: Zum einen setzt die Strafe, also die Einziehungsanordnung, Schuld voraus (Strafbegründungsschuld) und zum anderen ist die Strafe in ihrer Höhe an der Schuld auszurichten (Strafzumessungsschuld).344 Fraglich ist, wie die Strafbegründungsschuld umgesetzt werden soll, da die Norm schließlich ausdrücklich nur eine rechtswidrige Tat verlangt. 343  BVerfG, Beschluss vom 25.10.1966 – 2 BvR 506 / 63; übereinstimmend für den Verfall Eser, in: Schönke / Schröder, Vorb. § 73 Rn. 19; Hoyer, GA 1993, 406 (422); Lackner, in: Lackner / Kühl, § 73 Rn. 4b; Saliger, in: NK, Vorb. §§ 73 ff. Rn. 5; Achenbach, in: HWSt, 1. Teil 2. Kap. Rn. 39; zur verfassungsrechtlichen Herleitung des Schuldprinzips Berg, Beweiserleichterung bei der Gewinnabschöpfung, S. 91 f. 344  Berg, Beweiserleichterungen bei der Gewinnabschöpfung, S. 95; Achenbach, Historische und dogmatische Grundlagen der strafrechtssystematischen Schuldlehre, S, 2 ff.



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen69

Als mögliche Lösung kommt die Deklarierung der Norm als verfassungswidrig in Betracht. Bevor eine Norm jedoch als verfassungswidrig zu bewerten ist, muss zunächst der Versuch unternommen werden, die Norm verfassungskonform auszulegen.345 Demzufolge nimmt u. a. Achenbach eine verfassungskonforme teleologische Reduktion des § 73 StGB vor, indem er die Schuld als Voraussetzung in die Norm bei Anwendung des Bruttoprinzips hineinliest.346 Eine andere Lösung verfolgt demgegenüber u. a. Hoyer, welcher schlicht die Geltung des Nettoprinzips fordert, sofern die Schuld nicht vorliegt oder nachgewiesen werden kann.347 Diese Idee löst allerdings nicht das Problem als solches, sondern gibt Antworten auf die fraglichen Konsequenzen beim Fehlen der Schuld. Hoyer leitete dieses Konzept durch eine Anwendung der Härtevorschrift nach § 73c StGB a. F. her.348 Positiv hervorzuheben an der Lösung von Hoyer ist zwar, dass er sich ausschließlich bereits bestehender Normen bediente, jedoch ist die Lösung nach Achenbach systematisch und teleologisch vorzugswürdiger. Schließlich existiert de lege lata keine Härtevorschrift für die Einziehung von Taterträgen. Demgegenüber bringt eine teleologische Reduktion keine Widersprüche in das bereits bestehende Einziehungsrecht mit sich. Ein Widerspruch zum Wortlaut der Norm würde dadurch auch nicht entstehen. Denn die Forderung erfolgt zu Gunsten des Betroffenen und die Schuld ist verfassungsrechtlich für eine Strafe zwingend geboten, sodass es einer expliziten Nennung nicht bedarf. Demnach ist eine verfassungsrechtliche teleologische Erweiterung der Norm dahingehend zu fordern, dass die Schuld Bestandteil von § 73 Abs. 1 StGB ist. Hat der Einziehungsadressat ohne Schuld gehandelt, kann folglich nicht mit Hilfe der Bruttomethode abgeschöpft werden. Raum bleibt dann nur noch für eine Abschöpfung im Rahmen der Netto­ methode.349 Auf der Ebene der Zumessung ist die Berechnung der Höhe des Einziehungsbetrags nur in einem schuldangemessenen Rahmen möglich.350 Demnach muss die Einziehung in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen.351 Dies führt auch dazu, dass 345  Kuhlen, Die verfassungskonforme Auslegung von Strafgesetzen, S. 5; Schrö­ der, Europäische Richtlinien und deutsches Strafrecht, S. 354. 346  Achenbach, in: HWSt, 1. Teil 2. Kap. Rn. 39. 347  Hoyer, GA 1993, 406 (422). 348  Hoyer, GA 1993, 406 (422). 349  Keusch, Probleme des Verfalls im Strafrecht, S. 51, 59 f. 350  Eser, in: Schönke / Schröder, Vorb. § 73 Rn. 19; Achenbach, in: HWSt, 1. Teil 2. Kap. Rn. 39. 351  Achenbach, in: FK-KartellR, § 81 Rn. 159 mit Nachweisen zu diesem Grundsatz durch die Rechtsprechung.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

die Einziehung Berücksichtigung bei der Hauptstrafe finden muss.352 Damit es nicht zu einer doppelten Bestrafung des begangenen Unrechts kommt, darf die (bisherige) Kriminalstrafe deshalb nicht vollständig neben der Bruttoeinziehung in gleicher Höhe wie bisher ausgeurteilt werden.353 Vielmehr muss die Einziehung, sofern eine weitere Strafe hinzutreten soll, Bestandteil der Gesamtstrafe sein, welche dem begangenen Unrecht entspricht. Fraglich ist aber die praktische Umsetzung dessen. Der Abschöpfungsbetrag, welcher über die Nettoabschöpfung hinausgeht, bildet den bestrafenden Teil. Auch wenn ein unmittelbarer Vergleich zur Geldstrafe, bspw. auf Grund der mangelnden Tagessatzregelung, fehlgeht, ist die Wirkung identisch. Sofern das Gericht eine Geldstrafe ohnehin anordnen wollte, ist diese gedanklich zu ermitteln und der bestrafende Teil der Einziehung von dieser Summe abzuziehen. Nunmehr sind drei Konstellationen denkbar: Nachdem eine Geldstrafe gedanklich ohne Berücksichtigung der Einziehung gebildet wurde, verbleibt entweder ein Restbetrag der gedanklichen Geldstrafe; die Höhe der Geldstrafe entspricht genau der Höhe des bestrafenden Teils der Einziehung oder die Geldstrafe genügt nicht, um den bestrafenden Teil der Einziehung abzudecken. In Anbetracht der bisherigen hohen Verfallssummen und der im Gegensatz dazu geringen Geldstrafen dürfte insbesondere die letzte Variante praxisrelevant sein. Dabei sind die ersten beiden Varianten unkompliziert. Denn hierbei kann im ersten Fall der Restbetrag in einer nebenstehenden Geldstrafe verhängt werden, während im zweiten Fall das Unrecht mit der Einziehungsanordnung vollständig abgegolten ist, sodass eine Geldstrafe unterbleiben kann. Auch die letzte Variante ist wenig kompliziert, führt aber zu einer erneuten Einschränkung der Einziehungsvorschriften.354 Die frühere, isolierte Geldstrafe hat das Unrecht vollkommen abgegolten. Also darf der Gesamtwert der früheren Geldstrafe nunmehr auch nicht durch die Bruttoeinziehung bei gleichem Unrecht überschritten werden. Denn das Unrecht ist auch weiterhin mit der Geldstrafe abgegolten. Die Einziehung des noch entstandenen Überschusses der letzten Variante würde über das schuldangemessene Strafen hinausgehen, sodass dieser nicht weiter berücksichtigt werden darf. Zusätzlich erfolgt jedoch die Anordnung der Nettoeinziehung. Im Ergebnis entspricht dies dem Gedanken des § 17 Abs. 4 OWiG.

352  Eser, Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum, S. 112; ders., in: Schönke / Schröder, § 73 Rn. 44; a. A. BGH, Urteil vom 01.03.1995  – 2 StR 691 / 94; BGH, Urteil vom 28.01.2015 – 5 StR 486 / 14 – juris Rn. 6. 353  Dies entspricht dem bekannten Verhältnis von Anwendung der Geldstrafe neben der Freiheitsstrafe, vgl. insofern BGH, Urteil vom 21.03.1985  – 4 StR 53 / 85  – juris Rn. 3. 354  Zur Einschränkung der Einziehung schon auf der Ebene seiner Merkmale, vgl. Kapitel E. auf S. 92 ff.



I. Wesensgehalt der Einziehung von Taterträgen71

Schwierig ist die vorzunehmende Berücksichtigung, wenn das Gericht gedanklich nie eine Gelstrafe, sondern eine Freiheitsstrafe erlassen würde. Eine schlichte mathematische Rechnung ist mangels vergleichbarer Sanktionen nicht möglich. Die entsprechende Berücksichtigung liegt dabei im Ermessen des Gerichts, wobei sich dieses an den Grundlagen der Strafzumessung zu orientieren hat.355 Auswirkungen ergeben sich ferner für die Dritteinziehung nach § 73b StGB. Da die Einziehung als Strafe einen Eingriff in die Rechte des Dritten darstellt, ist auch für diesen das Vorliegen der Schuldvoraussetzungen zu fordern, sofern nach dem Bruttoprinzip abgeschöpft werden soll. Insbesondere für Unternehmen ergibt sich dann aber das Problem, dass die Einziehungsvorschrift ihren gesetzgeberischen Zweck nicht mehr erfüllen kann.356 Schließlich ist die Schuld an die Existenz einer natürlichen Person geknüpft,357 sodass einem Unternehmen im Speziellen, und juristischen Personen im Allgemeinen, kein Schuldvorwurf entgegengebracht werden kann. Zwar kann man an dieser Stelle darüber streiten, ob die Existenz einer natürlichen Person für den Schuldvorwurf dogmatischer Natur ist oder in der Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers liegt.358 Letztlich liegt gegenwärtig keine gesetzgeberische Handlung diesbezüglich vor, sodass diese Frage nicht beantwortet werden muss und jedenfalls im Ergebnis ein schuldhaftes Handeln zu fordern ist. Schon deshalb kann einer juristischen Person keine Strafe auferlegt werden. In Anbetracht der gegenwärtigen Reformdiskussionen über die Einführung eines Unternehmensstrafrechts,359 kann sich dieser Umstand aber auch in naher Zukunft ändern. Nicht möglich ist eine schuldhafte Zurechnung durch das Handeln von verantwortlichen Leitungspersonen bzw. ein organschaftsähnliches Zurechnungsverhältnis,360 auch nicht beschränkt i.  S.  v. § 74e StGB oder § 30 OWiG auf einen bestimmten Personenkreis.361 Denn § 74e StGB verweist ausdrücklich nur auf § 74 StGB. Eine Anwendung der Norm wäre eine Analogie zu Lasten des „Täters“ und damit nach Art. 103 Abs. 2 GG verfassungswidrig. Vielmehr bedürfte es dazu einer gesetzlichen Zurechnungsregelung, die eine Überwälzung der Schuld eines Vertreters auf die vertretene Person ermöglicht, um das Rechtsstaatsprinzip hinreichend zu 355  Vgl.

BGH, Beschluss vom 24.07.2014 – 3 StR 176 / 14 – juris Rn. 8. Hofmann, wistra 2008, 401 (408). 357  BVerfG, Beschluss vom 24.10.1996 – 2 BvR 1851 / 94 – juris Rn. 132; BVerfG, Beschluss vom 09.07.1997  – 2 BvR 1371 / 96  – juris Rn. 10; BGH, Beschluss vom 18.03.1952 – GSSt 2 / 51 – juris Rn. 15; Roxin, Strafrecht AT I § 3 Rn. 52. 358  Vgl. Vogel, StV 2012, 427 (427 f.). 359  Statt vieler für eine Einführung, Kutschaty, ZRP 2013, 74. 360  Achenbach, in: HWSt 1. Teil Kap. 2 Rn. 39; Eser, in: Schönke / Schröder, § 73 Rn. 37; Böse, in: FS-Jakobs, 15 (19 ff.). 361  So jedoch Hellmann / Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn.  994 f. 356  Vgl.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

wahren. Zudem darf nicht verkannt werden, wen die Strafe faktisch betrifft. Angeklagte sind zwar die Leitungspersonen und das Unternehmen ist als Kollektiv Adressat der Strafe, allerdings werden dadurch die hinter dem Unternehmen stehenden Eigentümer als Aktionäre oder Gesellschafter getroffen.362 Umso mehr ist dies in Zeiten beachtlich, in denen sich der Staat immer mehr aus der sozialen Daseinsvorsorge zurückzieht und der Bürger dazu aufgerufen wird, selber Vorsorge zu treffen und damit insbesondere staatlich geförderte Vorsorgemodelle in Anspruch zu nehmen, die in unmittelbaren Bezug zu den Kapitalmärkten stehen.363 Eine Ausnahme davon ist nur möglich, wenn der Täter das erlangte Etwas der juristischen Person zuwendet und zugleich selbst alleiniger Eigentümer ist. Dies ist also für die Fälle der sog. Ein-Mann-GmbH relevant. Für die darüberhinausgehende Anwendung einer Strafe gegenüber einer juristischen Person ist zudem de lege lata mit einem umfassenden Instrumentarium zur Verhinderung von Verstößen durch eine juristische Person durch das OWiG genüge getan.364 Für § 30 OWiG gilt gleichermaßen, dass hier ausschließlich die Rechtsfolge der Geldbuße möglich ist. Zudem handelt es sich beim Ordnungswidrigkeitenrecht gerade nicht um Strafrecht, sodass eine Norm des OWiG nicht für eine Strafe des StGB als Zurechnungsnorm dienen kann. Vielmehr wäre der Gesetzgeber dann aufgerufen, eine entsprechende Zurechnungsnorm zu schaffen. Gegenwärtig verbliebe damit aber jedenfalls nur die Anwendung der Nettomethode.365 Dies mag aus Sicht des Gesetzgebers unbefriedigend erscheinen, fügt sich jedoch in systematischer Sicht stimmig in das Einziehungsgeflecht des OWiG ein.366 Denn der oben geschilderte Widerspruch im OWiG würde damit auch hinfällig werden, da sowohl nach § 17 Abs. 4 OWiG als auch nach § 29a OWiG367 nur noch eine einheitliche Abschöpfung nach der Nettomethode vollziehbar wäre. Entscheidende Auswirkungen hat der Strafcharakter zudem auf die Steuerberechnung. Schließlich kommt nunmehr § 12 Nr. 4 EStG in Betracht, sodass die Einziehungsbeträge nicht mehr steuermindernd berücksichtigt werden könnten. Allerdings kann § 12 Nr. 4 EStG nur in Bezug auf den Wert ange362  Schmitt, Strafrechtliche Maßnahmen gegen Verbände, S. 197; Peglau, JA 2001, 606 (609 f.); Seelmann, in: FS-Schmid, 169 (182); entspricht auch der Sichtweise in Großbritannien, vgl. Schneider, CCZ 2008, 18; a. A. Böse, in: FS-Jakobs, 15 (24). 363  Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 1b. 364  Dazu Grützner, CCZ 2015, 56; umfassend Kindler, Das Unternehmen als haftender Täter, S.  130 ff. 365  Cramer, in: FS-Meyer-Gossner, 733 (740); Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 129 f.; Hofmann, wistra 2008, 401 (408); Kindler, Das Unternehmen als haftender Täter, S. 178; im Ergebnis auch Korte, in: FS-Samson, 65 (80). 366  Vgl. dazu auch Korte, in: FS-Samson, 65 (74). 367  Gewiss gelten für die Ahndung keine Unterschiede im Vergleich zur Schuld.



II. Ein- oder zweistufige Bestimmung des Bruttoprinzips?73

wendet werden, welcher über die Nettoabschöpfung hinausgeht, weshalb nach wie vor eine (teilweise) steuerliche Berücksichtigung erfolgt.368 Nach der hier vertretenen Auffassung verstößt Art. 316h EGStGB gegen das Rückwirkungsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG.369 Deshalb müsste § 2 Abs. 5 StGB für Altfälle entsprechend Anwendung finden. Aber die Feststellung des teilweisen strafrechtlichen Charakters der Einziehung erübrigt nicht das Erfordernis, dass das erlangte Etwas exakt ermittelt werden muss.

II. Ein- oder zweistufige Bestimmung des Bruttoprinzips? Unklarheit besteht zwischen den BGH-Senaten hinsichtlich der Frage, ob das Bruttoprinzip unmittelbar im Rahmen der Prüfung des erlangten Etwas oder erst bei der Berechnung des Umfanges der Einziehungssumme Anwendung finden kann.370 Zuzustimmen ist der Auffassung des 3. und 5. Strafsenats, welche zuerst das erlangte Etwas bestimmen und anschließend das Bruttoprinzip für die Berechnung des Umfangs der Einziehungsanordnung anwenden.371 Das Bruttoprinzip geht zwar aus dem Wort „etwas“ hervor372 und ist damit kein selbstständiges Merkmal des § 73 StGB in dem Sinne, dass es eigens genannt ist, jedoch trifft es inhaltlich nur die Aussage, dass das erlangte Etwas an sich vollständig, also ohne Abzug von Aufwendungen, abgeschöpft werden soll, nicht jedoch, was das erlangte Etwas als solches ist.373 Das Bruttoprinzip entfaltet damit seine Wirkung für die rechtswidrige Erlangung des Etwas, während das Etwas das Ergebnis der rechtswidrigen Handlung ist.374 Damit ist die Bezeichnung des erlangten Etwas 368  Claus,

Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 54. Ergebnis auch LG Kaiserslautern, Urteil vom 20.09.2017 – 7 KLs 6052 Js 8343 / 16 (3); a. A. BGH, Urteil vom 15.05.2018 – 1 StR 651 / 17; OLG Köln, Urteil vom 23.01.2018  – III-1 RVs 274 / 17; Hanseatisches OLG Hamburg, Urteil vom 19.04.2018  – 2 Rev 6 / 18  – 1 Ss 10 / 18; OLG München, Urteil vom 19.07.2018  – 5 OLG 15 Ss 539 / 17. 370  Vgl. Fischer, § 73 Rn. 8b ff. 371  BGH, Urteil vom 21.03.2002  – 5 StR 138 / 01  – juris Rn. 40; Beschluss vom 27.01.2010  – 5 StR 224 / 09  – juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 19.01.2012  – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 18; ebenso Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 30; Saliger, NJW 2006, 3377 (3380); ders., in: NK, § 73 Rn. 9d; Lohse, JR 2009 188 (189); Theile, ZJS 2011, 333 (335); Hellmann / Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 992; Wittig, Wirtschaftsstrafrecht, § 9 Rn. 13; Peters, in: MAH Strafverteidigung, § 20 Rn. 25; Trüg, NZG 2016, 459; Lindemann, in: Leitner / Rosenau, § 73 Rn. 12. 372  Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 18; a. A. Göhler, wistra 1992, 133 (136). 373  Wehnert / Mosiek, StV 2005, 568 (574). 374  Sedemund, DB 2003, 323 (326). 369  Im

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

der Anwendung des Bruttoprinzips logisch vorgelagert.375 Nur diese eindeutige dogmatische und methodische Vorgehensweise stellt keine Verschleifung der einzelnen Merkmale des § 73 StGB dar.376 Zudem werden dadurch sinnwidrige Ergebnisse verhindert. Als Beispiel dient der folgende Fall: Ein Drogendealer verkauft Drogen für 100 Euro und wendet dabei 50 Euro auf; einmal erhält er dafür einen 100 Euro-Schein und ein anderes Mal einen 200 Euro-Schein, wobei er 100 Euro zurückzahlen muss. Würde man das Bruttoprinzip direkt bei der Ermittlung des erlangten Etwas anwenden, müsste man einmal 100 Euro und das andere Mal 200 Euro abschöpfen, obwohl eine identische Tathandlung und wirtschaftliche Bereicherung des Täters vorlag.377 Insofern wirkt sich bereits hier ein normativer Unrechtszusammenhang zwischen der rechtswidrigen Tat und dem der Einziehungsanordnung zu Grunde liegendem Etwas aus. Schließlich spricht für eine Trennung auch ein Vergleich zur ursprünglich gedachten Nähe zum Bereicherungsrecht, da dieses auch zunächst nach den Anspruchsvoraussetzungen (z. B. §§ 812, 816 BGB) und anschließend nach dem Umfang des Anspruchs (§§ 818, 819 BGB) fragt.378 Dieser Auffassung folgt auch der Gesetzgeber, da dieser mit der Schaffung des § 73d StGB zusätzlich zum Ausdruck bringen wollte, dass das erlangte Etwas zweistufig bestimmt wird.379 Die Systematik der Normen verdeutlicht, dass zunächst das erlangte Etwas in seiner Gesamtheit i. S. d. § 73 StGB bestimmt wird und sodann der Umfang nach § 73d StGB berechnet wird. Gegen diese logische Trennung und die Einführung von § 73d StGB kann auch nicht der Einwand erhoben werden, dass dadurch das Bruttoprinzip unterlaufen werde.380 Schließlich bleiben im Anschluss nach wie vor Auf375  BGH, Urteil vom 21.03.2002 – 5 StR 138 / 01 – juris Rn. 40; BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 18; KG Berlin, Beschluss vom 01.03.2016 – 4 Ws 6 / 16 – 161 AR 2 / 16 – juris Rn. 46; Odenthal, wistra 2002, 338; Wehnert / Mosiek, StV 2005, 568 (574); Wolters / Horn, in: SK, § 73 Rn. 7a; Saliger, in: NK, § 73 Rn. 9d; Bauer, NStZ 2011, 396 (397). 376  Ähnlich Lindemann / Ordner, Jura 2014, 18 (27). 377  Sedemund, DB 2003, 323 (326) hat auch dazu folgendes Beispiel trefflich gebildet: Ein Dealer verkauft Drogen für 200.000  Euro und hat dafür selbst 100.000  Euro aufgewendet. Einmal bekommt der Dealer die 200.000 Euro bar und ein anderes Mal bekommt er einen Luxuswagen im Wert von 400.000 Euro, wobei bei dem Wagen noch eine Rate von 200.000 Euro offen ist, welche der Dealer übernimmt. Würde man das Bruttoprinzip direkt bei der Ermittlung des erlangten Etwas anwenden, würde man im ersten Fall 200.000 Euro und im zweiten Fall 400.000 Euro abschöpfen. 378  Hohn, wistra 2003, 321 (322). 379  BT-Drucks. 18 / 9525, S. 62. 380  Vgl. Vogel, JZ 2010, 370 (372); Schmidt, NZWiSt 2015, 401 (402); Emmert, NZWiSt 2016, 449.



III. Trennung nach Bemakelung trotz § 73d StGB75

wendungen unberücksichtigt.381 Folgt man dem 5. Strafsenat im „Kölner Müllskandal“, so ist an dieser Stelle bspw. die Schmiergeldzahlung nicht vom erlangten Etwas abzuziehen.382 Ebenso bleiben etwaige Aufwendungen, die im tatbestandlichen Zusammenhang stehen, wie Kreditzinsen oder Provisionen, von der Einziehung unberücksichtigt.383 Nimmt man nur § 73d StGB in den Blick, zeigt die Norm außerdem selbst, dass durch § 73d Abs. 1 S. 2 StGB bestimmte Aufwendungen nicht berücksichtigt werden.

III. Trennung nach Bemakelung trotz § 73d StGB Demgegenüber kann der Rechtsaufassung des 3. und 5. Strafsenats in der Hinsicht nicht weiter gefolgt werden, dass das erlangte Etwas mit Hilfe des Kriteriums der strafrechtlichen Bemakelung festgestellt wird. Während der 5. Strafsenat dieses Kriterium erstmals in der Entscheidung zum „Kölner Müllskandal“ aufstellte,384 folgte der 3. Strafsenat diesem in seiner Entscheidung über einen Verstoß gegen das AWG aus dem Jahre 2012.385 Demnach kann als Grundlage für die Feststellung des erlangten Etwas nur das in Betracht kommen, was auch strafrechtlich bemakelt ist. Dies bedeutet: „Soweit das Geschäft bzw. seine Abwicklung an sich verboten und strafbewehrt ist, unterliegt danach grundsätzlich der gesamte hieraus erlangte Erlös dem Verfall. Ist dagegen strafrechtlich nur die Art und Weise bemakelt, in der das Geschäft ausgeführt wird, so ist nur der hierauf entfallende Sondervorteil erlangt.“386

Für den Bau der Müllverbrennungsanlage im „Kölner Müllskandal“ ist damit festzustellen, dass der Bau als solcher eine legale Handlung darstellte, weshalb das Erfüllungsgeschäft strafrechtlich neutral ist.387 Demgegenüber war die Erlangung des Auftrags, also das Verpflichtungsgeschäft, durch die Korruptionshandlung strafrechtlich bemakelt. Bei einer durch Korruption erlangten Auftragsvergabe ist dann aber nicht der vereinbarte Werklohn, sondern nur der Vorteil, der durch die Erlangung des Auftrages entstand, als er381  Anders als das LG Bonn, Urteil vom 27.03.2009  – 27 KLs 11 / 08, welches Aufwendungen gänzlich unberücksichtigt ließ und damit gegen das Bruttoprinzip verstoßen hatte. 382  Hohn, wistra 2003, 321 (324). 383  BGH, Beschluss vom 27.10.2010 – 5 StR 224 / 09 – jurs Rn. 31. 384  BGH, Urteil vom 02.12.2005 – 5 StR 119 / 05. 385  BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 343. 386  BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 16; BGH, Urteil vom 02.12.2005  – 5 StR 119 / 05  – juris Rn. 50; BGH, Urteil vom 27.11.2013  – 3 StR 5 / 13 – juris Rn. 29. 387  Und ein solches Geschäft wird durch die Rechtsordnung auch nicht missbilligt, vgl. BHGZ 141, 357 (360); Lohse, JR 2009, 188 (189).

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

langtes Etwas zu bewerten.388 Anders soll dies bei verbotenen Betäubungsmitteldelikten und AWG-Verstößen sein, da hier auch das Geschäft als solches illegal ist, sodass der gesamte Kaufpreis abgeschöpft werden muss.389 Damit nehmen die Senate eine unterschiedliche Bewertung anhand der Unterscheidung zwischen Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft vor. Bzgl. dessen was bei einem Insiderhandel und einer Marktmanipulation strafrechtlich bemakelt ist, erfolgt durch die Senate eine Differenzierung beider Delikte: Soll bei einem Insiderhandel die Veräußerung oder der Erwerb eines Insiderpapiers ein an sich legales Geschäft sein,390 so stellt die Marktmanipulation ein verbotenes Geschäft dar.391 Dadurch wird bei einem Insiderhandel nur der insiderspezifische Sondervorteil392 und bei der Marktmanipulation der gesamte Erlös abgeschöpft.393 Dieser Rechtsprechung ist anzuerkennen, dass sie den Versuch unternimmt, dem ausufernden Wesen des Verfalls Einhalt zu gebieten und dabei nicht schlicht auf § 73c StGB a. F. Bezug nahm, dessen allgemeiner Rückgriff schon keine taugliche Lösung darstellte. Das Kriterium der strafrechtlichen Bemakelung leidet jedoch an deutlichen Schwächen. Dies beginnt schon damit, dass nicht eindeutig erkennbar ist, was unter strafrechtlicher Bemakelung zu verstehen ist.394 Dabei muss dieses Kriterium, welches nicht unmittelbar aus dem Wortlaut von § 73 StGB hervorgeht, auch dem Bestimmtheitserfordernis des Art. 103 Abs. 2 GG genügen. Man mag vertreten können, dass der BGH mit seiner obigen Definition einen klaren Rahmen für sein Kriterium geschaffen hat, in dem er danach trennt, ob das Geschäft als solches oder nur die Art und Weise bemakelt ist. Bei konsequenter Anwendung dieser Definition sind dann aber die vom BGH erzielten Ergebnisse nicht nachvollziehbar. Während die Marktmanipulation ein an sich verbotenes Geschäft darstellt, soll bei einem Insiderhandel nur die Art und Weise der Ausführung strafrechtlich bemakelt sein.395 Dabei wird verkannt, dass beiden Delikten, je nach Wahl der Tatbestandsvariante, der 388  BGH,

Urteil vom 02.12.2005 – 5 StR 119 / 05 – juris Rn. 50. Urteil vom 02.12.2005 – 5 StR 119 / 05 – juris Rn. 50. 390  BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 31; BGH, Urteil vom 27.11.2013 – 3 StR 5 / 13 – juris Rn. 31. 391  BGH, Urteil vom 27.11.2013 – 3 StR 5 / 13 – juris Rn. 30. 392  BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 31. 393  BGH, Urteil vom 27.11.2013 – 3 StR 5 / 13 – juris Rn. 29 ff. 394  Dies sieht auch der 1. Strafsenat so, wenn er nicht weiß, ob die strafrechtliche Bemakelung so zu verstehen sei, dass die Ausführung des Vertrags strafbar sein müsste, vgl. BGH, Urteil vom 30.05.2008  – 1 StR 166 / 07  – juris Rn. 107; Heine, NStZ 2015, 127 (130). 395  So auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.09.2015  – 4 Ws 283 / 15  – juris Rn. 13, 19. 389  BGH,



III. Trennung nach Bemakelung trotz § 73d StGB77

Handel mit Aktien zu Grunde liegt. Ob die Aktien nun deshalb erworben oder veräußert werden, weil damit ein Kurs bspw. in die Höhe getrieben oder wegen besonderer Kenntnis ein Vorteil daraus gezogen werden soll, ist zwar für die Frage relevant, ob sich der Händler wegen Insiderhandel oder Marktmanipulation strafbar gemacht hat, kann aber nicht dazu führen, dass das eine Geschäft an sich verboten und das andere erlaubt ist. Tatsächlich stellt der Handel mit Aktien und die damit verbundene Verwirklichung einer Marktmanipulation oder eines Insiderhandels jeweils ein verbotenes Geschäft dar.396 Denn gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG a. F. ist es verboten, unter Verwendung einer Insiderinformation Insiderpapiere für eigene oder fremde Rechnung oder für einen anderen zu erwerben oder zu veräußern. Liest man dazu noch § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG a. F., wonach es verboten ist, Geschäfte vorzunehmen oder Kauf- oder Verkaufsaufträge zu erteilen, die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen, dürfte deutlich werden, dass eine sachliche Differenzierung beider Delikte nicht gegeben ist. Im Kern verbieten beide Delikte den Handel unter jeweils bestimmten Umständen. Nach dem Kriterium der strafrechtlichen Bemakelung müssten dann aber bei ­beiden Delikten die Verkaufserlöse vollends abgeschöpft werden, womit man wieder am Anfangspunkt stünde. Letztlich würde man etwas Gleiches ungleich behandeln, was dem verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitssatz zuwiderläuft. Abermals widersprüchlich397 ist die Auffassung des OLG Düs­ seldorf, dass nach dieser Rechtsprechung bei einer Marktmanipulation in Form des Scalpings398 nur die Art und Weise des Geschäfts bemakelt sei.399 Auch wenn die unmittelbare Kurserhöhung beim Scalping durch die Anleger erfolgt, kann gleichwohl nicht von einem „unbeeinflussten Kurs“400 gesprochen werden. Schließlich setzt gerade der Täter den Handelsanreiz. Der Täter handelt vielmehr durch die Anleger; ähnlich dem Konstrukt der mittelbaren Täterschaft, sodass auch diese Geschäfte an sich verboten sind. Die inkonsequente Anwendung der Bemakelung setzt sich aber bei den anderen Delikten fort. So ist in diesem Zusammenhang auch nicht verständ396  Dass der Insiderhandel ein an sich verbotenes Geschäft ist, Vogel, JZ 2010, 370 (372); Heine, NStZ 2015, 127 (130); wohl auch Pelz, jurisPR-Compliance 1 / 2016, Anmerkung 2. 397  A. A. Brockhaus / Ullrich, ZWH 2016, 312 (318). 398  Zum Scalping vgl. Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 142 und 557. 399  OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.05.2014 – III – 2 Ws 178 / 14, S. 3 – nicht veröffentlicht, mittelbare Wiedergabe bei Brockhaus / Ullrich, ZWH 2016, 312 (317); demgegenüber konsequent vom OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.01.2017 – 3 Ws 901 / 16, welches den gesamten Erlös abschöpft. 400  Brockhaus / Ullrich, ZWH 2016, 312 (317).

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

lich, warum nach Auffassung des BGH Verstöße gegen das AWG ausschließlich illegale Geschäfte darstellen, immerhin ist der Handel mit Waffen größtenteils erlaubt und steht lediglich unter einem Genehmigungsvorbehalt, sodass nur der Handel mit Waffen ohne Genehmigung verboten ist, weshalb diese Geschäfte konsequenterweise dann auch als nicht verboten bewertet werden dürften.401 Genau so könnte dann die Marktmanipulation auch nur in der Art und Weise bemakelt sein, da der bloße Kauf und Verkauf ebenfalls eine legale Handlung darstellt.402 Dass der BGH dies anders sieht, führt nur zu weiterer Verwirrung und zeigt, dass keine klaren Konturen der strafrechtlichen Bemakelung existieren. Letztlich nachvollziehbar ist die Aussage des BGH nur im Bereich des BtM-Handels, da hier, ausgenommen im arzneimittelrechtlichen Bereich, der Handel stets verboten ist. Sollte man die strafrechtliche Bemakelung des Geschäfts so verstehen, dass kein legaler Markt existiere,403 würde dies zwar zunächst zu einem stimmigen Ergebnis dahingehend führen, dass dann auch der Insiderhandel wiederum doch nur in seiner Durchführung strafrechtlich bemakelt sein könnte, jedoch müsste dies dann auch für AWG-Verstöße und die Marktmanipulation gelten. Auch wenn der BGH nicht auf die Existenz eines legalen Marktes abstellt, könnte dies ohnehin keinen geeigneten Maßstab darstellen, da letztlich die Tathandlung der rechtswidrigen Tat und nicht der äußere Rahmen der Tat entscheidend ist. Weiterhin ist allgemein die Trennung zwischen dem Geschäft an sich und der Ausführung des Geschäfts untauglich. Nimmt man den „Kölner Müll­ skandal“ in den Blick, fragt sich, was unter „Geschäft“ zu verstehen sein soll. In Betracht kommen dafür die Zahlung des Schmiergeldes und der Werkvertrag. Offenkundig kann aber nur eine wirtschaftliche Betrachtungsweise für das „Geschäft“ zu Grunde gelegt werden, weshalb der BGH auch von dem Werkvertrag als Geschäft ausgeht. Ausgangspunkt für den Verfall ist aber die rechtswidrige Tat, also die hier erfolgte Bestechung. Aus dieser muss etwas erlangt worden sein, was vorliegend der Vertragsschluss sein soll. Warum nun danach differenziert werden muss, ob das Geschäft an sich verboten ist oder der Makel der Bestechung bei der Ausführung weiter anhaftet, bleibt durch den BGH unbeantwortet.404 Gegen das Kriterium spricht weiterhin, dass aus einer strafrechtlich bemakelten Ausführung eines legalen 401  Vogel, JZ 2010, 370 (372), vgl. auch Hellmann / Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 993, Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 167. 402  So oder in der Weise, dass der Insiderhandel gleichermaßen ein an sich verbotenes Geschäft darstellen könnte, Kudlich, JZ 2014, 746 (748); Bittmann, NStZ 2016, 27 (31); Ordner, NZWiSt 2016, 110 (111). 403  So ein Denkansatz bei Heine, NStZ 2015, 127 (131). 404  BGH, Urteil vom 30.05.2008 – 1 StR 166 / 07 – juris Rn. 108.



III. Trennung nach Bemakelung trotz § 73d StGB79

Geschäfts die Illegalität des Geschäfts folgt, sodass man sich letztlich im Kreis dreht und der Versuch der Restriktion im Sande verlaufen würde. Außerdem zeigt der „Kölner Müllskandal“, dass der 5. Strafsenat nicht davon ausgehen kann, dass der Vertrag an sich strafrechtlich verboten sein muss,405 schließlich kann wiederholend nur gesagt werden, dass ein Werkvertrag über den Bau einer Anlage nicht illegal ist, sodass nur die strafrechtlich relevante Korruption dem Werkvertrag anhaftet und damit der strafrechtliche Makel gesetzt wird. Dadurch, dass der Senat dies so sieht, könnte er aber auch die dann folgende Erfüllung des Vertrages als strafrechtlich bemakelt ansehen,406 da der Makel wohl kaum geheilt werden kann, sondern ähnlich wie bei der Geldwäsche, den Vertrag infiziert hat, sodass der BGH damit auch der Aussage schuldig bleibt, wie lange und warum sich der strafrechtliche Makel (nicht) fortsetzt. Durch die auch jetzt noch bestehenden Unstimmigkeiten zwischen dem 1. Strafsenat und dem 3. sowie 5. Strafsenat folgt für den Rechtsadressaten eine erhebliche Rechtsunsicherheit.407 Diese Rechtsunsicherheit wird noch dadurch verstärkt, dass nicht erkennbar ist, bei welchem Delikt ein damit verbundenes Geschäft als solches oder nur dessen Ausführung verboten ist. Dies hat die Differenzierung zwischen dem Insiderhandel und der Marktmanipulation gezeigt. Damit erweckt die Rechtsprechung den Eindruck, willkürliche Ergebnisse zu erzielen,408 die teilweise davon getragen sind eine Einzelfallgerechtigkeit herbeizuführen, aber letztlich zu einer fast unüberblickbaren Kasuistik geführt haben. Im Ergebnis verbleiben damit erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich einer ausreichenden Bestimmtheit. Darüber hinaus sieht Hohn in dem Bemakelungsargument des BGH einen Wertungswiderspruch zu § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB a. F.409 Schließlich ermöglicht die genannte Norm gerade den Zugriff auf Gegenstände, die für die Tat verwendet wurden, so wie es der BGH nunmehr bei § 73 StGB handhabt, weil der Gegenstand dadurch bemakelt, also tatverstrickt, ist.410 Im Gegen405  Unklar nach BGH, Urteil vom 30.05.2008  – 1 StR 166 / 07  – juris Rn. 107, indem der 5. Strafsenat aber die Bemakelung des Werkvertrages bejaht, obwohl er dessen Rechtmäßigkeit festgestellt hat, bringt er konkludent zum Ausdruck, dass die Ausführung des Vertrages nicht selbst strafbar sein muss, vgl. auch Schlösser, NStZ 2011, 121 (124). 406  So bewertet der 1. Strafsenat die betroffenen Verträge in seiner UWG-Entscheidung, Urteil vom 30.05.2008 – 1 StR 166 / 07 – juris Rn. 105. 407  Heine, NStZ 2015, 127 (130). 408  Hellmann / Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 993; Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 169. 409  Hohn, wistra 2003, 321 (326). 410  Hohn, wistra 2003, 321 (326).

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

satz zur Einziehung nach § 74 StGB verlangt der BGH aber für § 73 StGB keine Schuld, sodass er damit einen Widerspruch hervorruft. Schade ist, dass der dogmatische Ansatz der strafrechtlichen Bemakelung, welcher durch den 1. und 3. Strafsenat aufgestellt wurde, nicht weiter aufgegriffen und vertieft wurde. Dieser Ansatz scheint grundsätzlich ein fundierter Weg zu sein, eine gesetzeskonforme Lösung zu finden. Während der 1. Strafsenat die beiläufige Aussage traf, dass das für den jeweiligen Fall betroffene Rechtsgut das erlangte Etwas zu bestimmen vermögen könnte,411 stellt der 3. Strafsenat auf einen Schutzzweckzusammenhang zwischen der verletzen Strafnorm und dem erlangten Etwas ab.412 Dies folgert er zum einen daraus, dass nach dem Wortlaut des § 73 StGB nicht alles, was der Täter aus der Tat erlangt hat, § 73 StGB unterliegt, sondern nur „derjenige Vermögenszuwachs, den er gerade – gleichsam spiegelbildlich – aus der Tat erzielt hat“413 und zum anderen auf Grund des Telos der Vorschriften, wonach diese keinen Strafcharakter haben und die vermögensrechtliche Wiederherstellung der verletzten Rechtsordnung bezwecken.414 Es fragt sich jedoch, weshalb dieser brauchbare Ansatz in das Kriterium der strafrechtlichen Bemakelung münden soll. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein Verpflichtungsgeschäft strafrechtlich bemakelt ist, aber keine Auswirkungen auf das Erfüllungsgeschäft haben und damit bei dessen selbstständiger Legalität nicht mehr unter den Schutzzweck einer Strafnorm zu fassen sein soll. Nicht zuletzt sind die Senate inkonsequent, wenn sie den Delikten scheinbar nach freiem Belieben einen Verbotsgehalt an sich oder bei deren Ausführung zuweisen und somit mal einen Schutzzweck bejahen und mal verneinen. Entgegen der Auffassung des Gesetzgebers415 ist nicht davon auszugehen, dass der neu eingeführte § 73d StGB eine vollständig klare Bestimmung des erlangten Etwas ermöglicht, sodass auch der BGH in vielen Fällen an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalten wird. Zuzugeben ist, dass die Norm im Ergebnis in weiten Teilen eine befriedigende Lösung herbeiführt. Gleichwohl bestimmt § 73d StGB nicht das erlangte Etwas, da die Norm erst nach der Feststellung des erlangten Etwas überhaupt Anwendung findet. Denn § 73d StGB trifft inhaltlich nur die Aussage, ob gegebenenfalls Aufwendungen berücksichtigt werden müssen. Damit konkretisiert die Norm das Bruttoprinzip und wird somit aber erst bei der Bemessung des Umfangs der Einziehung 411  BGH,

Urteil vom 30.05.2008 – 1 StR 166 / 07 – juris Rn. 105. Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 27.11.2013 – 3 StR 5 / 13 – juris Rn. 29. 413  BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 14. 414  BGH, Urteil vom 19.01.2012  – 3 StR 343 / 11  – juris Rn. 15; Detter, NStZ 2014, 441 (445 f.). 415  BT-Drucks. 18 / 9525, S. 67 ff. 412  BGH,



III. Trennung nach Bemakelung trotz § 73d StGB81

angewendet. Dadurch wird die schwierige Bestimmung des erlangten Etwas nicht ersetzt. Eine Rechtsprechungsänderung ist daher nicht angezeigt. Schließlich setzt die bisherige Rechtsprechung zur Bemakelung bei der ersten Stufe – der Bestimmung des erlangten Etwas – an; § 73d StGB hat somit für den bisherigen Streit keine Relevanz.416 Damit ist nicht ersichtlich, weshalb eine Änderung der Rechtsprechung erfolgen sollte. Dies gilt vor allem für die Delikte des Kapitalmarktstrafrechts. Denn diese Delikte werden zudem, wie sämtliche Delikte, die keine individuellen Vermögenswerte schützen, von § 73d Abs. 1 S. 2 HS. 2 StGB nicht berücksichtigt.417 Deshalb soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers entgegen der bisherigen Rechtsprechung bei der Marktmanipulation und dem Insiderhandel der vollständige Erlös abgeschöpft werden.418 Allerdings hat der Gesetzgeber dabei übersehen, dass dies für Fälle der informations- und handlungsgestützten Marktmanipulation nicht gelten kann. Denn bei diesen Tatbestandsalternativen werden die Finanzmittel nicht „für die Begehung der Tat“ eingesetzt, sodass ein entsprechender Abzug nach § 73d Abs. 1 S. 1 StGB zu erfolgen hat.419 Damit entsteht gewiss ein Wertungswiderspruch, wenn sich die Einziehungshöhe im Ergebnis daran orientiert, ob der Täter im Rahmen der Marktmanipulation informations- oder handelsgestützt tätig wird, obwohl doch in beiden Fällen ein gleichwertiges Unrecht verwirklicht und gleiche wirtschaftliche Vorteile erzielt werden. Eine Korrekturmöglichkeit über eine Härtevorschrift ist mangels Existenz für das Erkenntnisverfahren auch nicht mehr möglich. Das wird die Rechtsprechung aber vor eine größere Herausforderung stellen, wie die Fälle „Infomatec“420 oder „Falk“421 zeigen.422 Demnach müsste die Recht­ sprechung wohl entgegen der Erwartungshaltung des Gesetzgebers bzgl. des Insiderhandels weiterhin nur den Sondervorteil abschöpfen; inwieweit die Rechtsprechung eine Korrektur bei der Marktmanipulation vornehmen wird, bleibt mit Spannung abzuwarten. Aber auch bzgl. anderer Delikte, bspw. bei Straftatbeständen des ZAG oder des AWG, brachte die Reform nur geringfügige Besserung. Da bei De416  Ebenso Emmert, NZWiSt 2016, 449 (451); zumindest in der Konsequenz zustimmend Korte, wistra 2018, 1 (3). 417  So auch Köhler, NStZ 2017, 497 (509). 418  BT-Drucks. 18 / 11640, S. 89 f.; auch Korte, wistra 2018 1 (4); Köhler, NStZ 2017, 497 (507); kritisch: Saliger, in: NK, Vorb. §§ 73 Rn. 3c; Meißner, KriPoZ 2017, 237 (241). 419  Zutreffend Rönnau / Wegner, in: Meyer / Veil / Rönnau, § 28 Rn. 160, 162. 420  LG Augsburg, Urteil vom 27.11.2003 – 3 KLs 502 Js 127369 / 99 = NStZ 2005, 109 ff. 421  BGH, Urteil vom 29.06.2010 – 1 StR 245 / 09. 422  Vgl. auch OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.01.2017  – 3 Ws 901 /  16 – juris Rn. 9.

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

likten, die allgemeine Rechtsgüter schützen, § 73d Abs. 1 S. 2 2. HS StGB nicht eingreift, ergeben sich Änderungen im Vergleich zur alten Rechtslage nur, wenn getätigte Aufwendungen im Sinne des § 73d Abs. 1 S. 2 1. HS StGB keinerlei Bezug zur Tathandlung aufweist. Dies gilt z. B. für Materialund Personalkosten für den Bau eines Gebäudes, dessen Auftrag durch Korruption erlangt wurde. Anders ist dies aber z. B. in der „Spielhallenent­ scheidung“423, schließlich führt die Auszahlung des Geldes zur Strafbarkeit und damit zur Anwendung des § 73 StGB. Der Gesetzgeber überrascht, wenn er die Auffassung vertritt, dass diese Fälle doch nicht vom Abzugsverbot des § 73d Abs. 1 S. 2 1. HS StGB erfasst seien, da die Norm fahrlässige Verstöße nicht erfasse.424 Dadurch sollen ungerechte Ergebnisse vermieden werden.425 Problematisch ist jedoch, dass der Wortlaut von § 73d Abs. 1 StGB eine wissen- und willentliche Tätigung von Aufwendungen für die Tat nicht erfordert. Der Gesetzgeber hätte dies vielmehr ausdrücklich in den Wortlaut der Norm aufnehmen müssen. Allein die Formulierung, dass Aufwendungen außer Betracht bleiben, die der Täter „für“ die Tat getätigt hat, kann nicht ausreichend sein, um auf eine subjektive Komponente schließen zu können.426 Diese gegenwärtige Formulierung lässt nämlich eine reine Kausalbeziehung zwischen Aufwendungen und der Tat genügen. Dies zeigt, dass die Problematik um die Bestimmung des erlangten Etwas nach wie vor aktuell und ungelöst ist.

IV. Ansichten in der Literatur und deren Bewertung Auch innerhalb der Literatur wurde die Bestimmung des erlangten Etwas von § 73 StGB kontrovers diskutiert, woraufhin Ansätze entwickelt wurden, um die Verfallsvorschriften einzuschränken. Auch diese haben trotz § 73d StGB weiterhin erhebliche Relevanz. Nachstehend werden diese Ansätze dargestellt und bewertet. 1. Normativer Unrechtszusammenhang Soweit ersichtlich, stellte Lenz erstmalig eine Einschränkung der Verfallsvorschriften anhand des Erfordernisses eines Schutzzweckzusammenhangs auf, um eine „unkontrollierte Ausuferung des Verfallsrechts auf alle nur denkbaren Rechtsgebiete mit Straftatbeständen“ einzudämmen,427 und dies, 423  BGH,

Beschluss vom 11.06.2015 – 1 StR 368 / 14. 18 / 9525, S. 55; BT-Drucks. 18 / 11640, S. 88. 425  BT-Drucks. 18 / 11640, S. 88. 426  A. A. Köhler, NStZ 2017, 497 (507 f.). 427  Lenz, Einziehung und Verfall, S. 279. 424  BT-Drucks.



IV. Ansichten in der Literatur und deren Bewertung83

obwohl zu dieser Zeit noch das Nettoprinzip galt. Lenz verlangt nicht nur die formelle, sondern auch die materielle Illegalität des erzielten Vermögensvorteils, da formell illegale Vermögensvorteile auch rechtmäßig hätten erzielt werden können.428 Dies fußt auf dem Schutzzweck der jeweiligen Anknüpfungsnorm der Verfallserklärung. Daraus zieht Lenz zwei Forderungen: Die Anknüpfungstat muss zur Erzielung eines Wettbewerbsvorteils begangen werden und der erzielte Vorteil darf niemals rechtmäßig entstehen können.429 Jedenfalls diese Forderungen, insbesondere am jetzigen Wortlaut des § 73 StGB gemessen, sind zu restriktiv, da das „Etwas“ sprachlich nicht nur einen Wettbewerbsvorteil erfassen kann. Zudem bestehen auch Bedenken hinsichtlich der zweiten Forderung, da deren Reichweite nicht verständlich ist. Schließlich kann man bspw. jederzeit Aktien verkaufen, sodass ein solches Geschäft legal ist. Jedoch würde wohl ein verständiger Anleger bei einer nach ihrem äußeren Anschein guten Unternehmenslage keine Aktien verkaufen. Wenn aber nunmehr ein überraschender Umsatzeinbruch kommen würde und ein entsprechender Primärinsider seine Aktien verkauft und damit einem Verlust von 2 Mio. Euro entgeht, fragt sich, ob dieser ersparte Verlust nun auf rechtmäßige Weise niemals hätte erzielt werden können. Eine Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich. Zudem kann auch nicht entscheidender Ausgangspunkt sein, ob die Anknüpfungstat einen vermögensrechtlichen Schutzbereich aufweist, da anderenfalls die Delikte des Kapitalmarktes weitestgehend nicht erfasst werden, weil diese größtenteils nur die Funktions­ fähigkeit des Marktes an sich schützen.430 Dies widerspräche gerade dem Ziel von Lenz, die Wirtschaftsdelikte zu erfassen.431 Gewiss konnte Lenz diesen Widerspruch seiner Zeit nicht erkennen. Die Grundaussage von Lenz, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem Erzielten und dem Unrecht der Anknüpfungstat vorliegen muss, wurde jedoch weiter aufgegriffen. Rönnau nahm zunächst eine Einschränkung des erlangten Etwas ausdrücklich nur anhand einer Berücksichtigung rechtmäßiger hypothetischer Kausalverläufe vor.432 Danach dürfe sich eine Haftung des Tatbeteiligten für die 428  Lenz,

Einziehung und Verfall, S. 269 ff. Einziehung und Verfall, S. 279. 430  Für Insiderhandel und Marktmanipulation bspw. vgl. Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 109, 372, wenn auch mit teilweiser Funktion eines überindivi­ duellen Vermögensschutzes, Rn. 373. 431  Lenz, Einziehung und Verfall, S. 279. 432  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 195; auch schon für § 29a OWiG Cramer, wistra 1996, 248 (250 f.); dagegen: OLG Celle, Beschluss vom 30.08.2011 – 322 SsBs 175 / 11; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.02.2012 – 2 429  Lenz,

84

D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

Auswirkungen der Tat nur soweit erstrecken, wie sich das vom Tatbeteiligten durch sein Verhalten geschaffene unerlaubte Risiko realisiert hat.433 Allerdings ist es verwunderlich, dass er die Berücksichtigung rechtmäßiger hypothetischer Kausalverläufe erst innerhalb des Umfanges der Verfallsanordnung diskutiert.434 Schließlich bringt Rönnau an anderer Stelle zutreffend zum Ausdruck, dass die Bestimmung des Etwas logisch vorverlagert ist und zeigt auch anhand seiner Beispiele, dass unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden, wenn man rechtmäßig hypothetische Kausalverläufe zulässt und anschließend die aus dem Bruttoprinzip zwingend folgende Nichtabzugsfähigkeit von Aufwendungen berücksichtigt.435 Dies ist aber der entscheidende Punkt. Für das Bruttoprinzip ist lediglich maßgeblich, dass Aufwendungen nicht weiter berücksichtigt werden. Davon ist jedoch die Bestimmung dessen zu trennen, was bereits vorher i. S. v. § 73 StGB erlangt wurde. Um die Zulässigkeit rechtmäßiger hypothetischer Kausalverläufe zu begründen, stützt sich Rönnau auf die Umgehung absurder und unbilliger Ergebnisse, da ein Insiderhändler bspw. nach öffentlicher Bekanntgabe der Insiderinformation seine Aktien grundsätzlich rechtmäßig veräußern könnte, sodass der dann erlangte Verkaufspreis rechtmäßig erworben worden wäre und ein Großteil dessen darstellen würde, was der Insider erlangt, wenn er bereits vor der öffentlichen Bekanntgabe die Aktien veräußert.436 Insofern sei nur der hier entstehende positive Differenzbetrag wegen der Schaffung eines unerlaubten Risikos durch den Verfall abschöpfbar.437 Dieses Ergebnis lasse sich auch darauf stützten, dass bei § 17 Abs. 4 OWiG eine gleiche Handhabe erfolge bzw. diskutiert werde.438 Jedoch weisen § 29a OWiG und § 17 Abs. 4 OWiG derartige Unterschiede auf (Vorteil / Etwas), sodass dieser Umstand bereits dazu führt, dass einer vergleichenden Betrachtung der Boden entzogen wird. Im Ergebnis ist das erlangte Etwas also nur der Vermögenswert, der durch ein unerlaubtes Risiko geschaffen wurde und bei einem rechtmäßigen Alternativverhalten nicht eingetreten wäre. (69) Ss Bs 457 / 11, 2 (6) Ss Bs 457 / 11 – AK 169 / 11 – Entscheidung nicht veröffentlicht. 433  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 195. 434  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 182 ff. 435  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 170 und 199 f. 436  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 195. 437  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 195. 438  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 196; vgl. bspw. den Fall, dass ein Verstoß gegen ein Genehmigungserfordernis vorliegt, obwohl die Voraussetzungen zur Erteilung der Genehmigung vorlagen, Mitsch, in: KK-OWiG, §  17 Rn.  116 m. w. N.



IV. Ansichten in der Literatur und deren Bewertung85

Bei den Restriktionen Rönnaus ist auffällig, dass deren Grundlage bekannte Lehren der objektiven Zurechnung sind. Dabei kann es dahinstehen, ob deren Grundsätze überhaupt auf Rechtsfolgen anwendbar sind. Denn die Rechtsfolge ist selbst nicht betroffen, sondern die Beziehung zwischen der Handlung des Täters und dem erlangten Etwas. Dennoch bleibt die Frage nach der Anwendbarkeit der Grundsätze der objektiven Zurechnung auf Tätigkeits- bzw. abstrakte Gefährdungsdelikten offen. Schließlich ist dies bspw. beim hier relevanten Insiderhandel beachtlich.439 Ein Teil der Literatur verneint die ­ ­Anwendbarkeit der Grundsätze der objektiven Zurechnung, da anderenfalls rechtmäßiges Alternativverhalten berücksichtigt werden könnte, womit faktisch die Deliktsgruppe der Tätigkeitsdelikte abgeschafft werden würde.440 Dies kann auch nicht bestritten werden. Allerdings wird dabei verkannt, dass die Kriterien der objektiven Zurechnung und insbesondere die hier umstrittene Figur des hypothetischen, rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht dahingehend verwendet werden sollen, dass diese bei der Prüfung einer Strafbarkeit wegen Insiderhandels (oder anderer Tätigkeitsdelikte) Anwendung finden sollen. Erst nach der Feststellung der materiellen Strafbarkeit sollen die Grundsätze für die Frage der Beziehung zwischen der Strafbarkeit und § 73 StGB Anwendung finden. Deshalb stellt sich erst gar nicht die Frage nach einer Zulässigkeit von rechtmäßigen Alternativverhalten bei Tätigkeitsdelikten. Die Berücksichtigung bei § 73 StGB führt gerade nicht dazu, dass dann die Anordnung vollständig entfällt, wie es bei der Frage nach der Strafbarkeit wäre, sondern dazu, dass der entstandene Mehrwert aus der Tat im Vergleich zu einer rechtmäßigen Handlung noch abgeschöpft wird. Dies entspräche auch dem eigentlichen, durch den Gesetzgeber gesetzten, Zweck von § 73 StGB, dass sich Straftaten nicht lohnen dürfen. Für § 73 StGB gilt jedoch, dass schon wegen des Unmittelbarkeitskriteriums nicht jede Kausalität genügen kann441 und es somit, vergleichbar mit der objektiven Zurechnung, einer Einschränkung bedarf, die auf diese Weise bereits erfolgen könnte. Nur die Reichweite dieser Einschränkung ist ungeklärt. Ein anderer Einwand, wonach bei abstrak439  Da ein Erfolg, wie die Erzielung eines Gewinns oder die Beeinträchtigung oder Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Börsen und Märkte nicht erforderlich ist, vgl. Hilgendorf, in: Park, § 38 Rn. 202; Vogel, in: Assmann / Schneider, § 38 Rn. 2; Rüben­ stahl / Tsambikakis, in: MAH, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 23 Rn. 27. 440  Altenhain, in: KöKo-WpHG, § 38 Rn. 160. Grundsätzlich ablehnend u. a. Wes­ sels / Beulke / Satzger, Strafrecht AT, Rn. 153; ablehnend für den Verfall, Drathjer, Die Abschöpfung rechtswidrig erlangter Vermögensvorteile im Ordnungswidrigkeitenrecht, S. 99 f.; gegen die ausschließliche Anwendbarkeit der objektiven Zurechnung auf Verletzungsdelikte, Zieschang, Die Gefährdungsdelikte, S. 101 Fn. 168. 441  Dass das Unmittelbarkeitskriterium nicht bloß der Abgrenzung zu dem mittelbaren Erlangten dient, dürfte allgemein anerkannt sein, da jedenfalls über dessen Reichweite Uneinigkeit herrscht, vgl. Schlösser, NStZ 2011, 121 (128).

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

ten Gefährdungsdelikten weder eine Schädigung noch ein damit einhergehender Vermögensvorteil auszumachen sei,442 kann schon deshalb nicht überzeugen, da ein Gefährdungsdelikt nicht zwingend der Erlangung eines Vorteils entgegensteht. Gürtler verneint eine Berücksichtigung rechtmäßiger, hypothetischer Kausalverläufe auf Grund der Wertungswirkung des § 817 S. 2 BGB.443 Dass § 817 S. 2 BGB nicht als tragfähige Argumentationsgrundlage für die Einziehung dienen kann, wurde bereits im Rahmen der Überprüfung des Rechtscharakters aufgezeigt.444 Diese Überlegungen gelten auch hier. Allerdings ist dies zugleich der einzige dogmatische Einwand, den Gürtler gegen eine Berücksichtigung rechtmäßiger, hypothetischer Kausalverläufe erhebt. Mithin kann der generelle Einwand von Gürtler nicht überzeugen. Die Berücksichtigung rechtmäßig, hypothetischer Kausalverläufe als Ausfluss des erlaubten Risikos ist allerdings nur eine Gruppe der objektiven Zurechnung. Lässt man die Grundsätze der objektiven Zurechnung generell für § 73 StGB zu, so spricht auch einiges dafür, auch andere Gruppen der objektiven Zurechnung, wie etwa Schutzzweckbestimmungen, zuzulassen.445 Schließlich wird dem Adressaten der Vorschrift damit ein zusätzlicher Schutz gewährt. Diese Grundlage erweiterte Rönnau sodann auch um das Kriterium des Schutzzweckes der Norm, was nunmehr insgesamt unter dem Gesichtspunkt der objektiven Zurechnung zu fassen sein soll.446 Dies entspricht auch der in weiteren Teilen der Literatur vertretenden Auffassung, die ihre Überlegungen auf einen normativen Unrechtszusammenhang stützt.447 Dieser normative Unrechtszusammenhang besteht zwischen der rechtswidrigen Tat und dem Vorteil und ist Maßgabe für das Unmittelbarkeitskriterium des § 73 Abs. 1 S. 1 StGB.448 Dieses Unmittelbarkeitskriterium ist als eine räumlichzeitliche Komponente eines normativen Unrechtszusammenhangs zu verstehen.449 Aus diesem Unrechtszusammenhang folgen zwei weitere Unterkom442  Kempf / Schilling, Vermögensabschöpfungsrecht, Rn. 69; Ordner, NZWiSt 2016, 110 (111). 443  Gürtler, in: Göhler, § 29a Rn. 12. 444  Siehe oben unter D. I. 2. a) auf S. 43 f. 445  So auch Wolters / Horn, in: SK, § 73 Rn. 9. 446  Vgl. Rönnau / Krezer, NZWiSt 2012, 144 (149); Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 43. 447  Wolters / Horn, in: SK, § 73 Rn. 7a ff.; Saliger, in: NK, § 73 Rn. 9a ff.; Kudlich /  Noltensmeier, wistra 2007, 121 (124); Hohn, wistra 2003, 321 (323); Wagner, NStZ 2012, 189; Bittmann, NStZ 2016, 28 (31 f.); in diese Richtung auch Klöhn, DB 2010, 769 (772 f.). 448  Saliger, in: NK, § 73 Rn. 9a. 449  Saliger, in: NK, § 73 Rn. 9a.



IV. Ansichten in der Literatur und deren Bewertung87

ponenten: Der Schutzzweck der betroffenen Strafnorm und der Pflichtwidrigkeitszusammenhang.450 Diese Komponenten sind zum Teil bereits durch Lenz und Rönnau in Erscheinung getreten. Nunmehr wird aber auf einen normativen Unrechtszusammenhang Bezug genommen, ohne die Forderungen von Lenz zu berücksichtigen. Für den Insiderhandel gilt damit, dass der reine Erwerb bzw. die Veräußerung von Aktien nur die äußere Begleiterscheinung darstellen, da der eigentliche Unrechtskern darin besteht, dass sich eine Chance auf den Vorteil verschafft wird, der aus der Vermögens­ disposition vor öffentlicher Bekanntgabe der Insiderinformation gezogen werden könnte.451 Da der Erwerb bzw. die Veräußerung von Aktien sozialübliche Verhaltensweisen darstellen, soll im Ergebnis dann nur die (Sonder-) Chance erlangt sein.452 2. Restriktives Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums Mangels Begründung des Kriteriums der strafrechtlichen Bemakelung durch den 5. Strafsenat und einer fehlenden Herleitbarkeit einer Schutzzweckerwägung aus § 73 StGB453 ist nach Schlössers Auffassung ein anderer Weg zur Einschränkung der Verfallsvorschriften geboten, nämlich eine sehr restriktive Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums für das „aus der Tat“ erlangte Etwas.454 Bei in Folge von Straftaten abgeschlossenen Verträgen geht danach mit Verstößen gegen § 299 StGB und § 16 UWG ein Vertrag nicht einher, vielmehr ist nach der entsprechenden Tathandlung noch eine weitere Handlung, nämlich der Vertragsabschluss, notwendig.455 Diese Tathandlung markiert aber nach Auffassung Schlössers eine Zurechnungsgrenze.456 Für dieses enge Verständnis führt Schlösser zum einen die anderenfalls unnötige Existenz von § 73 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StGB a. F. und § 73 Abs. 2 StGB a. F. an. Schließlich sind mittelbare Vorteile gesondert von § 73 Abs. 2 StGB a. F. erfasst und es wäre ansonsten jede Folge der rechtswidrigen Tat, wie auch die spätere Gegenleistung, von § 73 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 StGB a. F.

450  Wolters / Horn, in: SK, § 73 Rn. 9; Saliger, in: NK, § 73 Rn. 9b f.; im Ergebnis ebenso, jedoch ohne zu differenzieren: Kudlich / Noltensmeier, wistra 2007, 121 (124); Hohn, wistra 2003, 321 (323). 451  Kudlich / Noltensmeier, wistra 2007, 121 (124); a. A. Victoria Villeda, Prävention und Repression von Insiderhandel, S. 249. 452  Kudlich / Noltensmeier, wistra 2007, 121 (124 f.); Hohn, wistra 2003, 321 (323); im Ergebnis auch Trüg, NZG, 459 (460). 453  Schlösser, NStZ 2011, 121 (127). 454  Schlösser, NStZ 2011, 121 (125 ff.). 455  Schlösser, NStZ 2011, 121 (125 f.). 456  Schlösser, NStZ 2011, 121 (126).

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D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

erfasst.457 Teleologisch ist dieses Ergebnis auch dadurch begründet, dass „die nächste in den Kausalzusammenhang eingreifende Handlung zum Bezugspunkt der Zurechnung wird“, sodass ein bloßer Kausalzusammenhang zwischen der Tathandlung und dem eingetretenen Vermögenszuwachs nicht ­genügen kann.458 Deshalb ist nach Schlösser im „Kölner Müllskandal“ der spätere Werkvertragsabschluss für die Tat erlangt, während in der UWG Entscheidung des 1. Strafsenats die Chance auf Warenbestellungen erlangt wurde.459 Während dann im letzteren Fall mangels Bestimmbarkeit eines Wertes eine Verfallsanordnung wohl unterbleiben müsste, ist im ersten Fall zu beachten, dass ein (Werk-)Vertrag aus gegenseitigen Ansprüchen besteht, weshalb dieses Synallagma insgesamt, also der Saldo der Ansprüche, erlangt wurde.460 Zutreffend ist der oben stehende Gedanke Schlössers, dass „die nächste in den Kausalzusammenhang eingreifende Handlung zum Bezugspunkt der Zurechnung wird.“ Dabei nimmt Schlösser unbewusst Bezug auf die Lehre der objektiven Zurechnung, da dieser Gedanke Schlössers auch der Figur des Dazwischentretens eines eigenverantwortlich Handelnden entspricht. Gegen die Ansicht von Schlösser muss angeführt werden, dass sie zu sehr an dem „Kölner Müllskandal“ orientiert war und damit nur eine einschränkende Lösung für Bestechungsdelikte bieten kann. Bei vielen anderen Delikten, wie z. B. der handelsgestützten Marktmanipulation, ist der Kaufpreis ohne Zweifel unmittelbar aus der Tathandlung erlangt. Ein restriktives Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums ist hierbei nicht hilfreich. Außerdem stellt es keinen Widerspruch dar, wenn der Abschluss des Werkvertrages als „aus der Tat“ Erlangtes, statt als „für die Tat“ Erlangtes bewertet wird. Richtig ist zwar, dass nicht jede spätere Leistung auch „aus der Tat“ stammen kann, da anderenfalls die Alternative „für die Tat“ überflüssig wäre. Allerdings ist der Unmittelbarkeitszusammenhang als räumlich – zeitliche Komponente eines normativen Unrechtszusammenhangs zu verstehen, sodass bei den §§ 298, 331 StGB der Täter nicht nur den Einfluss auf die Manipulation eines Vergabeverfahrens, sondern auch die Erteilung des Auftrages anstrebt, was letztlich der Realität von Bestechungsvereinbarungen und dem normativen Unrecht entspricht.461 Daher ist die Auftragserteilung 457  Schlösser,

NStZ 2011, 121 (126). verdeutlicht Schlösser, NStZ 2011, 121 (127) zudem am Beispiel der §§ 25 ff. StGB, da das Genügenlassen einer reinen Kausalbeziehung einem extensiven Täterbegriff entsprechen würde, welche durch die Tatherrschaftslehre aber nicht existiere. 459  Schlösser, NStZ 2011, 121 (131). 460  Schlösser, NStZ 2011, 121 (130), ebenso bereits Sedemund, DB 2003, 323 (326). 458  Dies



IV. Ansichten in der Literatur und deren Bewertung89

das „aus der Tat“ erlangte Etwas. Gewiss mag die Schmiergeldzahlung auch eine Nähe zur Alternative „für die Tat“ aufweisen, aber die normative Verknüpfung zur Tathandlung im Rahmen von § 298 StGB führt vorliegend dazu, dass die Alternative „aus der Tat“ einschlägiger ist. Denn § 298 StGB erfordert eine rechtswidrige Absprache. Diese rechtswidrige Absprache wird durch die Schmiergeldzahlung hervorgerufen. Schließlich könnte man auch bei der Variante „für die Tat“ feststellen, dass nur die Zusage zur Manipulation erlangt wurde, wenn man das restriktive Verständnis von Schlösser fortsetzt. Unklar ist, warum Schlösser bei der UWG-Entscheidung die Chance auf Warenbestellungen als das „aus der Tat“ Erlangte bewertet, statt hier dann auch wie beim „Kölner Müllskandal“ auf den Abschluss des Vertrages als „für die Tat“ Erlangtes abzustellen. Andererseits könnte Schlösser beim „Kölner Müllskandal“ bereits auf die Chance auf einen Abschluss als „aus der Tat“ Erlangtes abstellen. Weiterhin muss generell gegen die Ansicht von Schlösser wie auch von denjenigen, die auf eine „Chance“ auf Auftragserteilung oder Sonstiges abstellen, eingewandt werden, dass deren Wertberechnung erhebliche Probleme bereitet und deren Erforderlichkeit überhaupt fraglich erscheint. Denn dadurch, dass eine „Chance“ keinen körperlichen Gegenstand darstellt, kommt nur noch eine Wertersatzeinziehung in Betracht. Mangels konkreter äquivalenter Vermögensgegenstände liegt bereits kein Anhaltspunkt für eine Berechnung vor. Wenn zudem aber z. B. die Bestechungshandlung keinen Erfolg hat, hat der Täter zwar zunächst die „Chance“, einen Auftrag zu erhalten, erlangt, im Endergebnis bekommt er jedoch nichts, sodass es nicht zu einer Störung einer Vermögensordnung kam und eine Korrektur somit nicht erforderlich ist.462 Nicht zutreffend ist ferner der Gedanke von Sedemund und Schlösser, dass bei einem aus einer rechtswidrigen Handlung folgenden Vertrag das Synallagma, als Bestand von Leistung und Gegenleistung, erlangt werde. Würde man dies konsequent anwenden, hätte das zur Folge, dass auch bei einem Kauf von Drogen die Leistungspflicht des Dealers berücksichtigt werden müsste, was der Lieferung der Drogen und damit deren Wert entspräche. Dies würde aber letztlich – nunmehr tatsächlich – die Rückkehr zum Nettoprinzip bedeuten, da der Anspruch wohl mit den Anschaffungskosten der Drogen gleichzusetzen wäre.463 Dass eine Unterscheidung dahingehend vor461  Saliger,

in: NK, § 73 Rn. 9a. in: SK, § 73 Rn. 7a. 463  Differenzierend geht Rönnau vor, indem er eine Saldierung der Leistungen wohl nur in den Fällen zulassen würde, in denen die Wertermittlung, bspw. bei einer durch 462  Wolters / Horn,

90

D. Bewertung der Rechtsprechung und Literatur zum erlangten „Etwas“

genommen werden soll, dass solche Geschäfte schon zivilrechtlich, anders als die Durchführung eines Vertrages, welcher durch Korruption erlangt wurde, nichtig sind, wurde nicht dargetan. Aber auch dann müsste man einwenden, dass die zivilrechtliche Nichtigkeit nicht gleichsam Auswirkungen auf die strafrechtliche Vorschrift hat.464 Zudem verhindert eine solche rechtliche Betrachtungsweise die Einhaltung des vom Gesetzgeber tatsächlich gesetzten Zwecks des § 73 StGB, der Abschöpfung von unrechtmäßig erworbenem Vermögen. Würde der Bauunternehmer durch Korruption einen Auftrag und eine Anzahlung des Werklohns erhalten, ohne jedoch selbst mit seiner Leistung begonnen zu haben und diese Leistung auch nicht mehr vornehmen, so hat der Bauunternehmer faktisch etwas erlangt, ohne selbst eine Leistung zu erbringen. Lässt man die Berücksichtigung des Synallagmas zu, könnte noch nichts abgeschöpft werden, da der Gegenanspruch noch geltend gemacht werden kann. Dieses Ergebnis ist mit dem tatsächlichen Zweck des § 73 StGB unvereinbar, da sich ansonsten Straftaten lohnen würden. Deshalb erweist sich die Auffassung von Schlösser als nicht überzeugend. 3. Reine Vorteilsabschöpfung Schließlich nimmt eine Auffassung eine Restriktion dadurch vor, indem sie nur den wirtschaftlichen Vorteil der Tat als erlangtes Etwas bewertet.465 Se­ demund zieht diesen Schluss aus einer verfassungsrechtlich und durch die Ratio der Norm bedingten Notwendigkeit.466 Für einen Vertrag sieht Sede­ mund den sich aus dem Vertrag ergebenden Anspruch auf Durchführung als erlangtes Etwas an, wobei, wie bei Schlösser, die vertragliche Gegenleistung auch Bestandteil des erlangten Etwas sei, da sich diese nicht von dem anderen Anspruch trennen lasse.467 Dies bilde dann den wirtschaftlichen Vorteil, welcher sich aus dem Gewinn und anderen wirtschaftlich messbaren Werten, wie etwa einem Wettbewerbsvorteil, zusammensetze.468

Korruption erlangten Chance auf einen Zuschlag, nur vage zu bestimmen ist, vgl. Rön­ nau, in: MAH, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 13 Rn. 43. 464  Entspricht der asymmetrischen Zivilrechtsakzessorietät im Strafrecht, vgl. dazu Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht EAT, Rn. 172, 222; Schünemann, in: LK, § 266 Rn. 93. 465  Sedemund, DB 2003, 323 (328); aus der Rechtsprechung auch LG Bonn, Urteil vom 27.03.2009 – 27 KLs 11 / 08 – juris Rn. 225 f. 466  Sedemund, DB 2003, 323 (328). 467  Sedemund, DB 2003, 323 (326). 468  Sedemund, DB 2003, 323 (328).



IV. Ansichten in der Literatur und deren Bewertung91

Hier gelten die bereits gegen Schlösser vorgetragenen Einwände.469 Zudem weist Sedemunds Lösung eine sprachliche Ungenauigkeit auf. Die vorgenommene Bezeichnung des erlangten Etwas als wirtschaftlichen Vorteil erinnert zu sehr an die vorherige Nettomethode. Da Sedemund aber zugleich zutreffend Aufwendungen unberücksichtigt lässt, sollte insofern jedenfalls nicht von Vorteil gesprochen werden. Damit kann auch diese Auffassung, wie schon die von Schlösser, wenig überzeugen.

469  Gemeint ist damit, dass es untunlich ist das Synallagma als erlangtes Etwas zu bewerten, vgl. oben unter D. IV. 2. auf S. 87.

E. Die Bestimmung des „erlangten Etwas“ anhand der Maßstäbe der objektiven Zurechnung Soweit hier wenig Kritik an dem in der Literatur vertretenen Gesichtspunkt des normativen Unrechtszusammenhangs geäußert wurde, ist dies der grundsätzlichen Zustimmung dieser Auffassung gegenüber geschuldet. Die Bestimmung des Etwas soll durch die Zuhilfenahme der Maßstäbe der objektiven Zurechnung, welche für § 73 StGB als „Quasi-Tatbestand“ Anwendung finden, erfolgen. Insgesamt reichen die in der Literatur von Lenz fortgeführten Überlegungen deutlich über die vom 3. Strafsenat hinaus. Schon früher war überhaupt fraglich, ob der Schutzzweckgedanke für die Auslegung der einzelnen Tatbestände des Besonderen Teils Bedeutung hat, oder ob dieser im Allgemeinen Teil des StGB verortet werden müsste.470 Schon diese frühen Überlegungen legen den Gedanken nahe, dass sich bei der heutigen Zuordnung der objektiven Zurechnung zu den einzelnen Deliktstatbeständen vielmehr ein verfestigtes Denken eingestellt hat, ohne dabei zu hinterfragen, ob nicht der Telos der objektiven Zurechnung es zulässt, die Maßstäbe der objektiven Zurechnung generell im Strafrecht wirken zu lassen.

I. Herleitung der Zulässigkeit der objektiven Zurechnung für die Einziehung von Taterträgen Der vorgetragene Einwand, dass die Anwendung der Lehre der objektiven Zurechnung auf § 73 StGB nicht zulässig sei,471 ist unzutreffend. Denn § 73 Abs. 1 StGB stellt durch die „rechtswidrige Tat“ einen Bezug zwischen anordnungsauslösendem Delikt und dem dadurch oder dafür erlangten Etwas her. Dieser (Kausal-)Zusammenhang erlaubt es, auf die Grundsätze der objektiven Zurechnung zurückgreifen zu können. Die rechtswidrige Tat des § 73 StGB beinhaltet einerseits ein Erfolgs- und Handlungsunrecht. Andererseits folgt aus der Systematik von § 73 Abs. 1 und 2 StGB und dem Wortlaut „für“ bzw. „durch“, dass zwischen der rechtswidrigen Tat und dem erlangten Etwas ein Unmittelbarkeitszusammenhang 470  Lukas, „Tatbestandsmäßiges Verhalten“ vs. „objektive Zurechnung“ im Strafrecht, S. 65. 471  OLG Celle, Beschluss vom 30.08.2011 – 322 SsBs 175 / 11 – juris Rn. 8.



I. Herleitung der Zulässigkeit der objektiven Zurechnung93

bestehen muss.472 Dadurch existiert zunächst eine Kausalität zwischen den einzelnen Merkmalen. Die Merkmale des § 73 StGB stehen demnach auch nicht selbstständig nebeneinander, sondern in einem bestimmten Zusammenhang. Aus dieser Verknüpfung folgt, dass das erlangte Etwas nur Ausfluss des Erfolgs- und Handlungsunrechts sein kann, da das einziehungsgeeignete erlangte Etwas die spiegelbildliche Kehrseite des Unrechts der rechtswidrigen Tat darstellt.473 Denn das Unrecht der Handlung war kausal für das später Erlangte i. S. v. § 73 Abs. 1 StGB. Alles, was sonst unabhängig vom Unrecht der Tat erlangt wurde, ist vielmehr ein Zufallsprodukt oder adäquate Lebensführung. Eine darüber hinausgehende Abschöpfung wäre mit dem Telos des § 73 StGB nicht vereinbar. Die Feststellung der Kausalität allein reicht also nicht. Der Zweck der objektiven Zurechnung, einer kausalen Folge Einhalt zu gebieten,474 führt an dieser Stelle die notwendige Korrektur herbei. Nicht zuletzt ist § 73 StGB ein Instrument des strafrechtlichen Sanktionssystems, dessen Anwendung dem Ultima-Ratio-Prinzip des Strafrechts unterworfen ist. Eine Anwendung des Strafrechts ohne einen unmittelbaren Bezug zu einem begangen Unrecht, ist unserer Rechtsordnung fremd. Das Strafrecht hat die Funktion, unmittelbar betroffene Rechtsgüter zu schützen.475 Liegt ein Eingriff in ein Rechtsgut nicht vor, kann das Strafrecht nicht zu Rate gezogen werden. Liegt demgegenüber ein Eingriff in ein Rechtsgut vor, kann das Strafrecht aber auch nur im Rahmen des Eingriffes und nicht außerhalb dessen seine Wirkung entfalten. Demnach kann § 73 StGB auch nur das abschöpfen, was spiegelbildlich verletzt wurde. Dies zu gewährleisten ist auch Funktion der objektiven Zurechnung. Die objektive Zurechnung ist nach allgemeiner Ansicht gegeben, wenn eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen wurde, welche sich im tatbestandlichen Erfolg realisiert hat.476 Die objektive Zurechnung überprüft damit die rechtliche Verantwortung des Handelnden für einen „als sein Werk“ eingetretenen Erfolg.477 472  In Bezug auf das alte Recht m. w. N. Fischer, § 73 Rn. 15; Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 31, 36; gegen ein Unmittelbarkeitserfordernis schon früher, Burghart, in: SSW, § 73 Rn. 17d. 473  BGH, Urteil vom 19.01.2012  – 3 StR 343 / 11  – juris Rn. 14; Rönnau / Krezer, NZWiSt 2012, 144 (147). 474  Rengier, Strafrecht AT, § 13 Rn. 38. 475  Wolter, Objektive und personale Zurechnung von Verhalten, Gefahr und Verletzung in einem funktionalen Straftatsystem, S. 24; Kudlich, JA 2010, 681 m. w. N. 476  Roxin, Strafrecht AT I, § 11 Rn. 46; Rudolphi / Jäger, in: SK, Vor § 1 Rn. 96; Freund, in: MK-StGB, vor § 13 Rn. 350; Wessels / Beulke / Satzger, Strafrecht AT, Rn. 179; Rengier, Strafrecht AT, Rn. 46, 50; Fischer, vor § 13 Rn. 25; m. w. N. Puppe, GA 2015, 203 (205). 477  Rengier, in: FS-Roxin, 811; Kühl, Strafrecht AT, § 4 Rn. 3 f.

94

E. Die Bestimmung des „erlangten Etwas“

Bekanntermaßen wird die objektive Zurechnung auf einen Tatbestand angewendet. Unabhängig davon ob man die Vorschrift des § 73 StGB als Tatbestand im eigentlichen Sinn bewertet, hindert das die Anwendung der objektiven Zurechnung nicht. Denn einerseits kann man schon terminologische Überlegungen anführen, ob die Vorschrift nicht doch bereits einen Tatbestand aufweist, da der Begriff des Tatbestands offen gehalten ist und von diesem nicht nur materielle, sondern auch prozessuale Voraussetzungen erfasst werden können.478 Entscheidend ist aber andererseits vielmehr die inhaltliche Ausgestaltung eines Tatbestands. Ein Tatbestand beinhaltet Merkmale, welche ein Unrecht verkörpern. Die Grundnorm der Einziehung von Taterträgen beinhaltet kein eigenständiges unrechtsspezifisches Merkmal, jedoch das Merkmal der rechtswidrigen Tat. Dieser Tat wiederum liegt aber ein Tatbestand zugrunde. Diese Verbindung führt dazu, dass sich die Unrechtsmerkmale der rechtswidrigen Tat in der Einziehung widerspiegeln müssen. Deshalb ist die Einziehung von Taterträgen zwar nicht als Tatbestand, jedoch als „Quasi-Tatbestand“ einzuordnen, dessen Wirkungen dem des Tatbestands entsprechen. Schafft die objektive Zurechnung bei einem Delikt eine Verantwortungsebene zwischen Handlung und Erfolg, schafft sie dies bei § 73 StGB zwischen rechtswidriger Tat und erlangtem Etwas. Die bekannten Maßstäbe der objektiven Zurechnung müssen für die Einziehung gem. § 73 StGB modifiziert werden. Im Ergebnis kommt dieser Zurechnung damit auch die entscheidende Aufgabe einer haftungsbeschränkenden Korrektur zu.479 Die bereits angeführten, aus der Praxis bekannten und theoretisch möglichen, Beispiele haben die z. T. wenig überzeugenden Konsequenzen der gegenwärtigen Rechtspraxis bei § 73 StGB offengelegt und gezeigt, dass es hierbei einer Korrektur bedarf. Dadurch, dass das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung eine Härtevorschrift gestrichen hat, da der Reformgeber keine Notwendigkeit mehr für eine Härte­vorschrift sah,480 ist das Erfordernis für eine entsprechende Korrektur gestiegen. Dies soll an einem allgemeinen Beispiel verdeutlicht werden und aufzeigen, dass das bloße Unmittelbarkeitskriterium keine genügende Korrektur bietet. Sofern sich ein Täter wegen einer handelsgestützten Marktmanipulation strafbar gemacht hat, in dem wash sales die Tathandlung darstellten, müsste nach gegenwärtiger Rechtspraxis der gesamte Verkaufserlös abgeschöpft werden. Dass der Verkaufserlös „aus der Tat“ stammt bzw. „durch die Tat“ erlangt wurde und das Unmittelbarkeitskriterium erfüllt ist, ist hierbei unstreitig, da der Verkaufserlös direktes Erzeugnis der Tathandlung ist. Bedenkt Jakobs, Strafrecht AT, 6. Abschn. Rn. 53. in: BeckOK-StGB, § 13 Rn. 23. 480  BT-Drucks. 18 / 9525, S. 56. 478  Vgl.

479  Heuchemer,



I. Herleitung der Zulässigkeit der objektiven Zurechnung95

man aber nun, dass die Manipulationshandlung des wash sales gerade darin besteht, dass mehrere Kauf- und Verkaufsaufträge hintereinander geschaltet werden, um somit den Kurs manipulieren zu können, müsste jeder neu erzielte Verkaufspreis abgeschöpft werden. Verkauft der Täter also zunächst 1.000 Aktien im Wert von jeweils 10 Euro je Aktie – welche zudem noch legal erworben wurden und das einzige Vermögen des Täters darstellen – zehn Mal „hin und her“, müsste man letztlich 100.000 Euro abschöpfen, obwohl erstens der Kurs wohl nur minimal gestiegen ist und der Gewinn damit besten Falls nicht höher als dreistellig ausfallen dürfte, und zweitens sich das Vermögen des Täters damit auch nur marginal auf etwas über 10.000 Euro belaufen dürfte. Dieses Ergebnis kann, auch vom Gesetzgeber, nicht gewollt sein.481 Zudem kann der Anwendungsbereich von § 73 StGB als Rechtsfolge nicht weiter reichen als der der § 73 StGB zugrundeliegenden rechtswidrigen Tat. Sanktioniert diese ein bestimmtes Verhalten, können darauffolgende legale Handlungen nicht berücksichtigt werden, ebenso wie damit in Verbindung stehende legale Verhaltensweisen. Ferner darf nicht verkannt werden, dass es nicht fremd ist, dass auch Normen im Allgemeinen Teil des StGB Zurechnungsbezüge aufweisen. So ist nach zutreffender Ansicht die Handlung, ob jemand als Vertreter i. S. v. §  14 StGB handelt, anhand einer rechtlich wertenden Betrachtung zuzurechnen.482 Noch eindeutiger ist jedoch wohl der Hinweis auf die gegenseitige Zurechnung im Rahmen der Mittäterschaft.483 Im Ergebnis sind damit die Maßstäbe der objektiven Zurechnung auch für § 73 StGB anwendbar. Nur beiläufig sei erwähnt, dass die vorherigen Erwägungen auch größtenteils auf die Einziehung nach § 74 StGB übertragbar sind. Jedoch sollen die genaueren Unterschiede nicht weiter verfolgt werden, da eine objektive Zurechnung im Rahmen der Einziehung wohl jedenfalls keine praktische Bedeutung gewinnen kann, da – die Zulässigkeit der objektiven Zurechnung unterstellt – kaum Fallkonstellationen denkbar sind, bei denen die einzelnen Gruppen der objektiven Zurechnung greifen könnten.

481  A. A.

OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13 – juris Rn. 13. bereits Reiß, wistra 1989, 81 (85); Radtke, GmbHR 1998, 361 (369); ders., in: MK-StGB, § 14 Rn. 65 ff.; Hoyer, in: SK, § 283 Rn. 105. 483  Vgl. Heine / Weißer, in: Schönke / Schröder, § 25 Rn. 61. 482  Im Ansatz

96

E. Die Bestimmung des „erlangten Etwas“

II. Umfang der objektiven Zurechnung Die Prüfung der objektiven Zurechnung erfolgt in zwei Schritten: zunächst muss eine rechtlich missbilligte Gefahr484 geschaffen werden und diese Gefahr muss sich sodann im Erfolg realisiert haben.485 An der Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr dürften zunächst wenig Zweifel bzgl. des Vorliegens bei § 73 StGB geäußert werden. Schließlich erfordert die Prüfung des § 73 StGB das Vorliegen einer rechtswidrigen Tat. Diese rechtswidrige Tat indiziert die rechtlich missbilligte Gefahr. Grundsätzlich würde eine Korrektur über die objektive Zurechnung bei einem erlaubten Risiko oder einer Risikoverringerung vorliegen.486 Ein erlaubtes Risiko liegt vor, wenn die Handlung sozialadäquat ist.487 Eine rechtswidrige Tat kann jedoch nie eine sozialadäquate Handlung darstellen. So einfach diese Feststellung ist, desto überraschender ist es, dass für den In­ siderhandel jedoch mit eben dieser Sozialüblichkeit argumentiert wurde.488 Dabei wird jedoch die Handlung des Täters nicht hinreichend im Gesetzeszusammenhang betrachtet. Allein das bloße Kaufen oder Verkaufen von Aktien stellt zwar eine sozialübliche Handlung dar, dies ändert sich jedoch, sofern ein solcher Handel unter Ausnutzung einer Insiderinformation erfolgt.489 Genau dies stellt aber den Vorwurf der rechtswidrigen Tat dar und ist damit Anknüpfungspunkt für das erlangte Etwas. Im Gegenzug dafür dürfen Handlungen, die außerhalb der rechtswidrigen Tat erfolgen, nicht von § 73 StGB berücksichtigt werden. Eine Einschränkung der Einziehung auf Grund eines erlaubten Risikos ist damit wegen des fehlenden Vorliegens ausgeschlossen. Im Gegensatz dazu sind jedoch andere bekannte Fallgruppen der objektiven Zurechnung auf die Einziehung nach § 73 StGB übertragbar. 1. Risikoverringerung bzw. Risikoersetzung Grundsätzlich vorstellbar, wenngleich für die Praxis wohl nicht relevant, dürfte eine Einschränkung auf Grund der sog. Risikoverringerung sein. Diese 484  Zu den alternativen, aber inhaltlich gleichen Formulierungen vgl. Kühl, Strafrecht AT, § 4 Rn. 43. 485  Vgl. Freund, in: MK-StGB, vor § 13 Rn. 350; Wessels / Beulke / Satzger, Strafrecht AT, Rn. 179; Rengier, Strafrecht AT, Rn. 50; m. w. N. Puppe, GA 2015 203 (205). 486  Kudlich, JA 2010, 681 (685); Kühl, Strafrecht AT, § 4 Rn. 48 und 53; Rengier, Strafrecht AT, Rn.  49 ff. 487  Rengier, Strafrecht AT, Rn. 51. 488  Kudlich / Noltensmeier, wistra 2007, 121 (124 f.); Hohn, wistra 2003, 321 (323). 489  Deshalb kann eine Handlung (z. B. ein Insiderhandel) nicht in seinen legalen und illegalen Teil aufgespaltet werden. Dies kann nur Berücksichtigung in der Realisierung aus diesem Risiko in dem erlangten Etwas finden.



II. Umfang der objektiven Zurechnung97

ist gegeben, wenn in einen bereits angelegten Kausalverlauf eingegriffen wird und das Verletzungsrisiko des betroffenen Rechtsguts oder der Schadens­ umfang gemildert wird.490 Sofern der Handelnde dadurch aber eine eigenständige Gefahr begründet, kommt nur noch eine Risikoersetzung in Betracht, deren Berücksichtigung selbst umstritten ist.491 Wie schon beim erlaubten Risiko geäußert, wird aber durch die rechtswidrige Tat stets eine Gefahr geschaffen werden, sodass für eine objektive Zurechnung im Rahmen des § 73 StGB auch nur die Risikoersetzung in Betracht kommt. Denkbar wäre eine folgende Konstellation: T1 ist Vorstandsmitglied der X-AG und Ehemann der T2. T1 schließt am Abend durch den Online-Broker-Account seiner Ehefrau einen Kaufauftrag von 1.000 Aktien, wobei die Kauforder erst am morgigen Tag, kurz vor Veröffentlichung einer für das Unternehmen positiven Mitteilung, ausgeführt werden soll. T2, die über die Unternehmenslage durch ihren Ehemann stets bestens informiert ist, loggt sich am späteren Abend in ihren Account ein. Dort sieht sie die anstehende Kauforder und durchschaut sofort den Plan ihres Mannes. Da sie meint, dass ein Aktienkauf in dieser Höhe zu auffällig sei, ändert sie die Kauforder dahingehend ab, dass nur noch 100 Aktien gekauft werden sollen. Die Handlung der Ehefrau stellt einen Insiderhandel dar. Eine Verwendung der Insiderinformation kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die Frau durch ihr Verhalten den rechtsgutsbezogenen Zweck des Insiderhandels im Vergleich zur Handlung von T1 verringerte,492 da der Insiderhandel ein abstraktes Gefährdungs- und Tätigkeitsdelikt ist, sodass es genügt, dass der Handelnde auf Grund der Insiderinformation tätig wird. Eine Risikoersetzung innerhalb der Frage der Strafbarkeit kommt für den Insiderhandel nicht in Betracht, da die Lehre der objektiven Zurechnung auf abstrakte Tätigkeits- und Gefährdungsdelikte nicht anwendbar ist.493 Fraglich ist, was die Ehefrau aus der Tat im Hinblick auf § 73 StGB erlangt hat. Geschütztes Rechtsgut ist für den Insiderhandel nach h. M. die Funktionsfähigkeit der Märkte und das hierauf gerichtete Vertrauen.494 Als Insider hat man gegenüber der Öffentlichkeit einen Vorteil, welcher dazu führt, dass bei einem nunmehr erfolgenden Handel eine Chancenungleichheit vieler Wessels / Beulke / Satzger, Strafrecht AT, Rn. 194. JuS 2011, 116 (117), Rengier, Strafrecht AT, Rn. 59; dagegen Wessels /  Beulke / Satzger, Strafrecht AT, Rn. 195. 492  Hiergegen könnte man auch einwenden, dass eine „Verringerung“ schon gar nicht möglich ist, da es sich um ein Gefährdungsdelikt handelt und damit eine Gefahr genügt. 493  Vgl. Altenhain, in: KöKo-WpHG, § 38 Rn. 160. 494  Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 109; Diversy, in: Graf / Jäger / Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 38 WpHG Rn. 1; Schmitz, ZStW 115 (2003), 501 (505); Waßmer, in: Fuchs, WpHG, § 38 Rn. 5. 490  Statt

491  Frisch,

98

E. Die Bestimmung des „erlangten Etwas“

der Marktteilnehmer entstehen würde, was zu einer verzerrten Preisbildung und damit zu einem Vertrauensverlust der Anleger in die Märkte und deren Integrität führt.495 Würde man – andere Gruppen der objektiven Zurechnung ausgelassen – annehmen, dass der vollständige Kaufgegenstand, also die Aktien, unmittelbar kausal aus der ersten rechtswidrigen Tat stammt, so könnte dieses Ergebnis anhand einer Risikoersetzung eingeschränkt werden. Während die erste Tat durch T1 das Rechtsgut beeinträchtigt hat, erfolgte durch die Handlung der Ehefrau, die bewusst auf Grund der ersten Handlung tätig wurde, ein Gegensteuern, wobei durch eine neue Gefahr in einen bestehenden Kausalverlauf eingegriffen wurde. Dies hat zwar für die Strafbarkeit der Handlung keine Auswirkung,496 führt aber dazu, dass das Rechtsgut weniger intensiv beeinträchtig ist und die erlangten Aktien der Ehefrau nicht als Etwas für § 73 StGB zugerechnet werden können, sodass aus der rechtswidrigen Tat der T2 nichts erlangt wäre.497 Zugegeben mag diese Konstellation sehr theoretisch gebildet sein und im Widerspruch zum Zweck des § 73 StGB stehen, da die Ehefrau auch die Möglichkeit hatte, die Gefahr gänzlich zu beseitigen. Letzteres ruft nicht unbegründet Unbehagen auf; weshalb die Risikoersetzung im Strafrecht wohl generell abzulehnen ist. Nichtsdestotrotz sollte die Risikoersetzung hier nicht unerwähnt bleiben, da der Fall zeigt, in welcher Weise Gedanken der Risikoersetzung auch für § 73 StGB fruchtbar gemacht werden könnten, wenn man hierin grundsätzlich einen Zurechnungsausschlussgrund sieht. 2. Schutzzweckzusammenhang Zu beachten ist aber der Schutzzweckzusammenhang, der ohnehin eine wesentlich höhere Bedeutung erlangt. Ob der Schutzzweckzusammenhang eher bei der Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr oder bei dessen Realisierung eingeordnet werden soll, ist einerseits unklar, kann andererseits jedoch dahinstehen, da beide Aspekte häufig ineinander übergehen und sich überschneiden.498 Aus dem Schutzzweckzusammenhang zwischen der rechtswidrigen Tat und dem erlangten Etwas folgt, dass nicht jedes Erlangte aus 495  Sethe,

in: Assmann / Schütze, § 8 Rn. 8. ist auch dann der Fall, sofern man auch hier schon die Strafbarkeit wegen der späteren Handlung scheitern lassen wollte, da es jedenfalls kaum in der Hand des Täters liegen dürfte, wann die Insiderinformation öffentlich wird. 497  Jedoch würde man an dieser Stelle auf eine Dritteinziehung gegenüber der Ehefrau zurückgreifen, indem man an den Insiderhandel des Ehemanns anknüpft. Denn der verringerte Eingriff bzw. Erfolg wird dem ursprünglichen Täter zugerechnet. Letztlich ist somit eine Abschöpfung des Erlöses in Bezug auf die 100 Aktien möglich. 498  Vgl. Wessels / Beulke / Satzger, Strafrecht AT, Rn. 181. 496  Dies



II. Umfang der objektiven Zurechnung99

der Tat, sondern nur das Erlangte, was dem Schutz des betroffenen Rechtsguts bestimmt ist, Gegenstand der Einziehung ist. Denn der Täter soll diejenigen Vermögenswerte nicht behalten dürfen, welche von der Rechtsordnung einschließlich der verletzten Strafvorschrift als Ergebnis einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung bewertet werden.499 Vermögenswerte, welche ebenfalls Ergebnis der rechtswidrigen Tat sind, aber nicht in Bezug zu der grundlegenden Norm der rechtswidrigen Tat zu bringen sind, da sie selbst das entsprechende Rechtsgut nicht verletzten, stellen Zufallsprodukte dar. Diese können dann nicht mehr als erlangtes Etwas aus der rechtswidrigen Tat bewertet werden. Eine Norm, die ein Geschäft nicht als solches, sondern nur eine bestimme Art und Weise der Durchführung strafrechtlich verbietet, kann im Zusammenhang mit § 73 StGB nur dazu dienen, dass der durch sie zu verhindernde rechtswidrige Gehalt der Tat den Anknüpfungspunkt für die Abschöpfung darstellt. Ausgangspunkt muss daher stets das Rechtsgut der betroffenen Norm der rechtswidrigen Tat sein. Bei einigen Delikten birgt dies gewisse Schwierigkeiten. So ist für die Marktmanipulation streitig, ob neben der Funktionsfähigkeit des Marktes auch bzw. nur individuelle Rechtsgüter wie das Vermögen der Anleger (mit-)geschützt werden.500 Stellt man nur auf den Markt als geschütztes Rechtsgut ab, wird man vorerst feststellen, dass aus dessen Verletzung nichts erlangt werden kann; anders als beispielsweise beim Betrug, in dem das Opfer einen Vermögensschaden erleidet. Allerdings kann der Schutz von einem überindividuellen Rechtsgut nur dann gewährleistet werden, wenn den dem Rechtsgut zuwiderlaufenden Tatanreizen entgegengewirkt wird.501 Die Tatanreize bestehen bei der Marktmanipulation und dem Insiderhandel in aller Regel darin, dass Gewinne erzielt werden, indem entweder ein Kurs manipuliert oder ein Sonderwissen ausgenutzt wird. Dies wiederum führt aber zur Beeinträchtigung des Rechtsguts des Marktes, sodass grundsätzlich auch überindividuelle Rechtsgüter für die Erlangung von „Etwas“ bei § 73 StGB in Betracht kommen. Der Schutzzweckzusammenhang bietet im Übrigen auch die Erklärung dafür, weshalb die Fälle, in denen der Täter „für die Tat“ etwas erlangt hat, keine Probleme bereiten. Denn der Schutzzweckzusammenhang ist stets zwingend gegeben, wenn der Täter ein Entgelt für die Vornahme der strafrechtlichen Handlung erlangt.

499  BGH, Urteil vom 19.02.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 14; Wolters / Horn, in: SK, § 73 Rn. 9; Saliger, in: NK, § 73 Rn. 9b. 500  Zum Meinungsstand siehe Vogel, in: Assmann / Schneider, § 20a Rn. 26 ff. 501  So ist Burghart, in: SSW, § 73 Rn. 22d zumindest in der Hinsicht zuzustimmen, dass die Rechtsgutsverletzung das notwendige Zwischenziel für den Täter darstellt, um einen wirtschaftlichen Gewinn (Tatanreiz) zu erzielen.

100

E. Die Bestimmung des „erlangten Etwas“

3. Hypothetischer Kausalverlauf / Pflichtwidrigkeitszusammenhang Eng verbunden mit dem Schutzzweckzusammenhang ist der Pflichtwidrigkeitszusammenhang. Aus diesem folgt, dass die Realisierung der Gefahr sich erst dann im Erfolg niederschlägt, wenn der Erfolg bei pflichtgemäßem Alternativverhalten mit zumindest an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermeidbar gewesen wäre.502 Unterschiedlich, aber im Ergebnis gleich zu beurteilen sind die Fälle des rechtmäßig hypothetischen Kausalverlaufs.503 Der (rechtmäßig) hypothetische Kausalverlauf unterscheidet sich vom Pflichtwidrigkeitszusammenhang dadurch, dass dieser zum einen innerhalb der Kausalitätsprüfung erläutert wird504 und, dass der Erfolg zum anderen an sich vermeidbar ist, jedoch später auf Grund einer anderen rechtswidrigen oder rechtmäßigen Handlung oder eines Ereignisses ohnehin eintreten würde. Dies hat seinen Ursprung darin, dass ein anderes als das wirkliche Geschehen zu Grunde gelegt wird. Beim Pflichtwidrigkeitszusammenhang, welcher für die Fahrlässigkeitsdelikte uneingeschränkt angewendet wird, tritt der Erfolg also unmittelbar durch die getätigte Handlung ohne eine Reserveursache in jedem Fall – bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – ein. Während also das Rechtsgut beim Pflichtwidrigkeitszusammenhang in jedem Falle durch den Täter verloren ist, ist das Rechtsgut beim (rechtmäßig) hypothetischen Kausalverlauf nicht zwingend verloren, jedoch zumindest unmittelbar bedroht. Beide Male ist also ein Schutz der Rechtsordnung nicht erreichbar bzw. gefährdet. Während der Pflichtwidrigkeitszusammenhang in der Strafrechtswissenschaft allgemein anerkannt ist, werden hypothetische Kausalverläufe generell als unbeachtlich eingestuft.505 Dies hat gerade den Hintergrund, dass bei einem (rechtmäßig) hypothetischen Kausalverlauf das 502  Wessels / Beulke / Satzger, Strafrecht AT, Rn. 197; strittig bei Ungewissheit über die Vermeidbarkeit des Erfolgs bei pflichtgemäßem Alternativverhalten, für die Risikoerhöhungslehre vgl. Roxin, Strafrecht AT, § 11 Rn. 74, 90 m. w. N. 503  Zutreffend merkt Frister, Strafrecht AT, Kap. 9 Rn. 27 an, dass die generelle Ablehnung von hypothetischen Kausalverläufen vielerorts in der objektiven Zurechnung wieder relativiert wird. 504  Zutreffend führt Kaufmann dagegen aus, dass hypothetische Kausalverläufe nichts an der Kausalität der konkreten Handlung ändern, weshalb hypothetische Kausalverläufe keine Frage der Kausalität, sondern der Haftung sind, vgl. Kaufmann, in: FS-Schmidt, 200 (207 f.). 505  BGH, Urteil vom 08.11.1999  – 5 StR 632 / 98  – juris Rn. 114; Welzel, Das deutsche Strafrecht, S. 44; Roxin, Strafrecht AT § 11 Rn. 23; Jescheck / Weigend, Strafrecht AT, § 28 II Rn. 4; Rengier, Strafrecht AT, § 13 Rn. 15 ff.; Freund, in: MKStGB, vor § 13 Rn. 336, anders jedoch z. B. im Versicherungsrecht, vgl. Looschel­ ders, in: MK-VVG, § 81 Rn. 50 m. w. N. zur Rechtsprechung oder im allgemeinen Zivilrecht s. schon OGHZ 1, 308, wobei dem Kläger durch die Anlegung eines Luftschutzteiches durch den Beklagten ein Schaden entstanden ist, welcher allerdings auch beim Vorliegen der behördlichen Erlaubnis eingetreten wäre, sodass der OGH



II. Umfang der objektiven Zurechnung101

Rechtsgut gerade noch nicht völlig verloren ist und eine Berücksichtigung eines solchen Kausalverlaufs dazu führen würde, dass das Strafrecht seinen Schutz den Rechtsgütern gegenüber verwehren würde.506 Dabei wird aber überwiegend verkannt, dass es jeweils nicht darum geht, dass eine Handlung für einen Erfolg nicht kausal ist, denn dies ist jeweils gegeben, sondern, ob der Handelnde für den Erfolg die Verantwortung tragen muss.507 Anders als die rein materiell-rechtliche Beurteilung bei einem Straftatbestand muss hier besonders berücksichtigt werden, dass das Erlangte die Voraussetzung des § 73 StGB bildet. Jedoch ist § 73 StGB eine Rechtsfolge und hypothetische Kausalverläufe werden auch von einigen Vertretern der Gegenpartei jedenfalls in der Strafzumessung berücksichtigt.508 Eine Strafbarkeit scheidet demnach nicht aus, sodass auch keine unbilligen Ergebnisse entstehen, lediglich auf Seiten der Rechtsfolgen werden im Ergebnis Einschränkungen vorgenommen. Denn auch wenn der Eingriff in das Rechtsgut bestehen bleibt, so ist das vorwerfbare Verhalten deutlich gemindert, da der Erfolg, also das Erlangte, auch ohne die Handlung eingetreten wäre. Für § 73 StGB ist diese Situation beachtlich, insbesondere wenn man die Vorschrift zutreffend als Strafe bewertet und damit in der Strafzumessung berücksichtigen muss. Würde man nur den rechtswidrigen Teil der Handlung bei der Einziehung wegdenken, hätte der Handelnde in vielen Konstellationen auch diesen Vermögenswert durch legale Handlungen erlangt, sodass dies zeigt, dass (rechtmäßig) hypothetische Kausalverläufe berücksichtigt werden sollten.509 Zwar wäre das kausal erlangte Etwas, also z. B. die Aktien durch eine Marktmanipulation, bei einem rechtmäßigen Handeln nicht erlangt, jedoch wäre unter Beachtung des rein legalen Teils – dem Handel mit Aktien – der Großteil des legalen Vermögens noch im Vermögen des Handelnden. Entscheidend ist mithin, dass die Handlung durch einen legalen Mitteleinsatz erfolgte. Bei einem rechtmäßigen hypothetischen Kausalverlauf kann deshalb nur der dies als beachtlich eingestuft hat; generell für eine Berücksichtigung schon Samson, Hypothetische Kausalverläufe, S. 96 ff. 506  Eisele, in: Schönke / Schröder, vor § 13 Rn. 97. 507  Kaufmann, in: FS- Schmidt, 200 (214 ff.). 508  Haas, GA 2015, 86 (92); Eisele, in: Schönke / Schröder, vor § 13 Rn. 97; für eine allgemeine Beachtung hypothetischer Kausalverläufe die zum Entfall oder zur Milderung der Strafe führen, Kaufmann, in: FS-Schmidt, 200 (223 ff.). 509  A. A. OLG Celle, Beschluss vom 30.08.2011 – 322 Ss Bs 175 / 11 – juris Rn. 7. Dabei stützt sich das Gericht ausschließlich auf praktische Erwägungen, indem es feststellt, dass die Berücksichtigung von hypothetischen Kausalverläufen zu Problemen bzgl. der Feststellung und Nachweisbarkeit des erlangten Etwas führen wird, was der Intention des Gesetzgebers, eine erleichterte Handhabe der Verfallsvorschrift durch die Einführung des Bruttoprinzips, zuwiderlaufen würde. Einziger dogmatischer Ansatz ist die Begründung des Ergebnisses auf Grund des fehlenden Straf­ charakters des Verfalls (juris Rn. 8).

102

E. Die Bestimmung des „erlangten Etwas“

Mehrwert, der über dem legalen Mitteleinsatz liegt, abgeschöpft werden.510 Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang gewinnt demgegenüber insbesondere Bedeutung in Fällen von Tathandlungen die gegen einen Genehmigungsvorbehalt verstoßen, wobei die Voraussetzungen der Genehmigung bestanden und der Behörde dabei kein Ermessen zustand.511 Denn relevant ist nur die Handlung, die sich gegen das allgemeine Rechtsgut der rechtswidrigen Tat richtet, da anderenfalls schon kein pflichtwidriges Verhalten vorliegt. In diesen Fällen wäre das kausal erlangte Etwas, z. B. der Verkaufspreis, in jedem Fall auf rechtmäßige Weise erzielbar gewesen und damit an sich nicht vermeidbar. Deshalb sind dann sogar nur die ersparten Aufwendungen des Genehmigungsverfahrens das erlangte Etwas.512 4. Atypischer Kausalverlauf Das Etwas, das kausal aus der rechtswidrigen Tat stammt, kann aber auch atypisch und damit nicht zurechenbar erlangt sein. Geeignetes Beispiel ist der vom 4. Strafsenat entschiedene Fall, in dem illegal erlangte Vermögenswerte für ein Glücksspiel verwendet wurden und der anschließende Gewinn nach der Auffassung der Vorinstanz dem Verfall unterlag.513 Zu Recht verneinte der 4. Strafsenat eine Verfallsanordnung bzgl. des Gewinns aus dem Glückspiel, da der Gewinn lediglich einen mittelbaren Gewinn darstellt, auf den sich der Verfall nicht erstrecken kann.514 Dieses Ergebnis, welches also die Unmittelbarkeit verneint, ist schon deshalb zutreffend, weil – anders als bei Korruptionshandlungen – der Gewinn aus Glücksspielen nicht mehr in einen Zusammenhang zum Unrecht der Anknüpfungstat zu bringen ist und es nicht mehr einer realitätsnahen Betrachtung entspricht, dass Glücksspielgewinne durch die Anknüpfungstat erzielt werden sollen. Genau deshalb folgt auch aus einem atypischen Verlauf, dass die Gewinne nicht als erlangtes 510  Vgl. insofern auch Rönnau, in: MAH, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, §13 Rn. 41; ders., Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 196 und Kudlich / Oğlakcıoğlu, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 626, die dies unter der Bezeichnung eines legalen Tatanteils / Sockels diskutieren. 511  Siehe nur BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11 – juris Rn. 10 ff.; BGH, Beschluss vom 11.06.2015 – 1 StR 368 / 14 – juris Rn. 36; OLG Celle, Beschluss vom 30.08.2011 – 322 SsBs175 / 11. 512  Also insbesondere die Kosten der Genehmigung als solche, aber auch bspw. Kosten für die Benutzung eines anderen Fahrzeugs oder den Einsatz von Begleitfahrzeugen bzw. anderen möglicherweise erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen, vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 28.09.2006 – 1 Ss 247 / 06 – juris Rn. 22. 513  BGH, Beschluss vom 12.03.1994 – 4 StR 24 / 96. 514  BGH, Beschluss vom 12.03.1994  – 4 StR 24 / 96  – juris Rn. 4; Herzog, in: Herzog / Mühlhausen, § 23 Rn. 17.



II. Umfang der objektiven Zurechnung103

­ twas dem Täter zugerechnet werden. Letztlich bezweckt eben dies das UnE mittelbarkeitskriterium. Das bislang vorliegende Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums hilft aber z. B. nicht weiter, wenn jemand durch eine fahrlässige Tötung zum Erben wird und aus dieser Erbschaft einen Vermögenswert erhält. Unmittelbar ist dann auch die Erbschaft erlangt. Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang hilft hierbei nicht weiter, da die Erbschaft ohne die fahrlässige Tötung ausgeblieben wäre. Aber auch der Schutzzweckzusammenhang hilft nicht weiter, da das Leben das geschützte Rechtsgut von § 222 StGB ist.515 Diesem Rechtsgut ist kein unmittelbarer Vermögenswert zu entnehmen. Auch auf einen Tatanreiz kann bei der fahrlässigen Tötung, anders als z. B. beim Mord wegen Habgier, nicht abgestellt werden. Denn während gerade beim Mord aus Habgier das Bestreben nach einem Gewinn im Vordergrund steht und damit Anreiz zur Tötung ist, ist dies bei der fahrlässigen Tötung nicht der Fall. Damit ist auf Grund von Schutzzweckerwägungen nichts erlangt. Gleiches Ergebnis folgt hierbei aber auch aus einem atypischen Verlauf. Allgemein wird man einen solchen Fall wohl kaum vorfinden. Denn diese Fälle setzen voraus, dass der Täter zugleich Erbe des Opfers ist. Denkbar sind aber Fälle der Sterbehilfe bzw. der Tötung auf Verlangen nach § 216 StGB, die oftmals durch nahe Angehörige begangen werden. Eine Erbschaft ist in diesen Fällen auch nicht ausgeschlossen. Denn ein bestehender Erbschaftsanspruch ist zum einen bei einer fahrlässigen Tötung nach § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht anfechtbar. Zum anderen gilt dies nach h. M. auf Grund der Verzeihung nach § 2343 BGB auch für die Tötung auf Verlangen.516 Deshalb kann der Täter in diesen Fällen kausal etwas erlangen. Da bei einer vorsatzlosen Tat der Erfolg aber nicht gewollt ist, führt schon dies dazu, dass eine aus dem Erfolg heraus resultierende Folge für einen umsichtigen objektiven Dritten grundsätzlich nicht vorhersehbar sein wird. Ist dies, wie z. B. bei einem entstandenen Erbschaftsanspruch, der Fall, kann das erlangte Etwas nicht mehr als aus oder für die rechtswidrige Tat erlangtes Etwas dem Täter zugerechnet werden. Hierbei bedarf es stets einer Prüfung des konkreten Einzelfalls. Bei einer vorsätzlichen Tat wird man eher davon ausgehen, dass ein Dritter auch die damit einhergehenden Folgen, wie das Auslösen des Erbschaftsanspruchs, vorhersieht. Für diese Fälle ist demnach nur über den Schutzzweckzusammenhang eine befriedigende Lösung zu suchen.

515  Kühl,

in: Lackner / Kühl, Vorb. §§ 211 ff. Rn. 1. Helms, in: MK-BGB, § 2339 Rn. 13; Müller-Christmann, in: BeckOKBGB, § 2339 Rn. 8. 516  M. w. N.

104

E. Die Bestimmung des „erlangten Etwas“

III. Konsequenzen der Anwendung der objektiven Zurechnungfür einzelne Delikte Die vorherigen Grundsätze sollen nunmehr auf die einzelnen Delikte und Deliktsgruppen, die häufig Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen waren, angewendet werden. Dabei wird man feststellen, dass die Regelung des § 73d Abs. 1 StGB nicht notwendig gewesen ist; da bzgl. aller Delikte eine angemessene und im Rahmen des Rechts befindliche Abschöpfung nach § 73 StGB möglich ist. 1. Delikte des BtMG Klassischer Anwendungsfall des § 73 StGB waren und sind Delikte gegen das Betäubungsmittelgesetz. Zentrale Strafvorschrift ist dabei § 29 BtMG. Hiernach ist u. a. der Verkauf von unerlaubten Betäubungsmitteln verboten. Verkauft also ein Dealer Drogen, macht sich dieser nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG strafbar, womit eine rechtswidrige Tat für § 73 Abs. 1 StGB vorliegt. Schlicht kausal betrachtet erlangt der Dealer daraufhin den Verkaufspreis. Mit der rechtswidrigen Tat wird die rechtlich missbilligte Gefahr indiziert. Vorliegend ist auch keine Fallgruppe der objektiven Zurechnung für eine fehlende Realisierung der rechtswidrigen Tat in das erlangte Etwas für § 73 StGB einschlägig. Man könnte zunächst zwar behaupten, dass die §§ 29 ff. BtMG nicht den Kaufpreis über das Vermögen als Rechtsgut schützen, da nämlich die §§ 29 ff. BtMG sowohl die individuelle Gesundheit als auch die Gestaltung des sozialen Zusammenlebens ohne die negativen Folgen des Drogenmissbrauchs als Rechtsgut schützen.517 Wie bereits erläutert, besteht der Schutzzweckzusammenhang aber auch dann, wenn die Rechtsgüter nur dadurch wirksam geschützt werden können, dass auch die Tatanreize genommen werden, welche letztlich zur Verletzung des Rechtsguts führen. Diese Zwecksetzung ist übereinstimmend mit dem Zweck von § 73 StGB. Beim Drogenhandel besteht der Tatanreiz für den Dealer in der Erzielung eines hohen Entgelts. Nur durch den Entzug dieses Entgelts lohnt sich die Tat nicht mehr. Wenn sich die Tat aber nicht mehr lohnt, fällt der Anreiz zur Tatbegehung weg und das Rechtsgut wird im Ergebnis geschützt. Somit besteht zwischen der rechtswidrigen Tat und dem erlangten Entgelt ein Schutzzweckzusammenhang. Dass der Tatanreiz hierbei im gesamten Erlös und nicht nur in allen wirtschaftlichen Vorteilen zu sehen ist, liegt daran, dass der unerlaubte Handel mit Betäubungsmitteln als solcher strafrechtlich verboten ist und deshalb nie ein Teil des Erlöses auf legale Weise erlangt werden kann, sodass sich das Unrecht der Tat auf den gesamten Erlös erstreckt und den 517  Rahlf,

in: MK-StGB, Vorb. §§ 29 ff. BtMG, Rn. 24.



III. Konsequenzen der Anwendung der objektiven Zurechnung 105

Tatanreiz darstellt. Eine Einschränkung wegen des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs ist deshalb nicht gegeben, weil ein rechtmäßiges Alternativverhalten darin bestehen würde, keinen Verkauf der unerlaubten Betäubungsmittel zu tätigen. Durch dieses Unterlassen würde der Dealer allerdings auch nichts erlangen, sodass bei pflichtgemäßen Handeln auch nichts erlangt worden wäre. Im Ergebnis ist damit beim Betäubungsmittelhandel der vollständige Verkaufserlös erlangtes Etwas nach § 73 Abs. 1 StGB. Von diesem Etwas sind auf Grund des Bruttoprinzips anschließend keine Aufwendungen abzuziehen, sodass im Ergebnis der gesamte Verkaufserlös abzuschöpfen ist. 2. Delikte des AWG Auch die Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz stellen einen klassischen Anwendungsbereich für die Einziehungsvorschrift dar. Hierbei ist allerdings entscheidend, dass zwischen den generellen Verboten (u. a. § 18 Abs. 1 Nr. 1 AWG) und Verstößen gegen ein Genehmigungserfordernis (u. a. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AWG) unterschieden wird. Denn für die generell verbotenen Geschäfte gilt wie bei den Betäubungsmitteldelikten, dass im Ergebnis der gesamte Verkaufserlös abgeschöpft wird, da aus den gleichen Gründen keine Fallgruppe der objektiven Zurechnung die Einziehung ausschließt. Anderes gilt jedoch für die Verstöße gegen ein Genehmigungserfordernis. Hier kann der gesamte Verkaufserlös mangels Schutzzweck- und Pflichtwidrigkeitszusammenhangs schon nicht als Etwas zugerechnet werden. Das geschützte Rechtsgut der Strafnormen des AWG besteht nach h. M. in der quasi vorgelagerten Einhaltungsverpflichtung staatlicher Normbefehle.518 Einerseits lautet der Normbefehl, dass bestimmte Geschäfte gar nicht stattfinden sollen und andererseits, dass Geschäfte an sich erlaubt sind, aber deren Genehmigung beantragt werden muss. Handelt nunmehr jemand ohne erforderliche Genehmigung, obwohl die Voraussetzungen der Genehmigung vorlagen, liegt zwar ein Verstoß vor, jedoch nur insoweit, dass nicht das Geschäft als solches, sondern dass das Geschäft wegen der fehlenden Genehmigung vollzogen wurde. Der Tatanreiz besteht in den ersparten Aufwendungen aus dem unterlassenen Genehmigungsverfahren. Darüber hinaus wurde schutzzweckmäßig nichts erlangt. Noch klarer ist dieses Ergebnis auf Grund des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs. Das rechtmäßige Alternativverhalten wäre die Beantragung der Genehmigung, welche dann mangels Ermessens erteilt werden müsste.519 Daraufhin hätte der Handel erfolgen können und der Kaufpreis wäre auch erlangt worden. Lediglich die Kosten der Genehmigung John, in: Hohmann / John, Teil 3 § 34 Rn. 117. der gebundenen Verwaltung, vgl. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 305. 518  M. w. N.

519  Entspricht

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E. Die Bestimmung des „erlangten Etwas“

wären beim rechtmäßigen Alternativverhalten angefallen. Lagen die Voraussetzungen der Genehmigung vor, dürfen demnach nur die ersparten Aufwendungen für die Genehmigung als Etwas bewertet werden.520 3. Korruptionsdelikte Auch bezüglich der Korruptionsdelikte in Bezug auf Vertragsschlüsse l­assen sich mit Hilfe der Zurechnung befriedigende Ergebnisse erzielen. Rein kausal betrachtet wurde durch die Korruptionshandlung der Vertragsschluss erlangt. Dass dieser auch unmittelbar aus der Tat stammt, wurde bereits nachgewiesen, da dies der Realität von Bestechungsvereinbarungen und dem normativen Unrecht entspricht.521 Einschränkungen ergeben sich dann jedoch auf Grund des Schutzweckzusammenhangs zwischen der Bestechungstat und dem erlangten Etwas. Während § 298 StGB den freien Wettbewerb schützt,522 wobei zusätzlich das individuelle Vermögen zumindest sekundär geschützt sein soll,523 schützen die §§ 331 ff. StGB die Lauterkeit des öffentlichen Diensts und das Vertrauen der Allgemeinheit in diese Lauterkeit.524 Sofern man nicht auf den individuellen Vermögensschutz abstellen kann, kann aus diesen Rechtsgütern grundsätzlich spiegelbildlich kein wirtschaftlicher Wert erlangt werden. Aber auch diese Rechtsgüter werden wiederum nur effektiv geschützt, wenn die der Tat zugrundeliegenden Anreize genommen werden, was in den wirtschaftlichen Vorteilen, wie dem finanziellen Gewinn, dem Imagegewinn, der Verdrängung von Konkurrenten und Ähnlichem zu sehen ist. Das gleiche Ergebnis folgt aus dem notwendigen Pflichtwidrigkeitszusammenhang. Das rechtmäßige Alternativverhalten wäre das Unterlassen der Korruptionshandlung, wie bspw. die Nichtvornahme der Schmiergeldzahlung. Dann wäre aber schon unklar, ob nicht auch so der Auftrag und damit ein Vertragsschluss erlangt worden wäre,525 sodass man untersuchen muss, in520  I. E. ebenso OLG Koblenz, Beschluss vom 28.09.2006  – 1 Ss 247 / 06; BGH, Urteil vom 19.01.2012 – 3 StR 343 / 11. 521  Saliger, in: NK, § 73 Rn. 9a. 522  Bosch, in: SSW, §  298 Rn. 1; Hellmann / Beckemper, Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 665. 523  BT-Drucks. 13 / 5584, S. 9, 13; Achenbach, in: HWSt, 3. Teil 4. Kap. Rn. 11; Fischer, StGB, § 298 Rn. 2; Lackner / Kühl, § 298 Rn. 1; Tiedemann, in: LK, § 298 Rn. 9; ders., Wirtschaftsstrafrecht BT, Rn. 184. 524  M. w. N. Fischer, § 331 Rn. 2. 525  Dies entspricht auch der Auffassung des 1. Strafsenats, der davon ausgeht, dass der Bau der Restmüllverbrennungsanlage in jedem Falle auch (rechtmäßig) erfolgt wäre, womit der Senat hypothetische Erwägungen zulässt, vgl. BGH, Urteil vom 30.05.2008 – 1 StR 166 / 07 – juris Rn. 105.



III. Konsequenzen der Anwendung der objektiven Zurechnung 107

wieweit die Auftragserlangung auch ohne die Korruptionshandlung wahrscheinlich war. Entscheidender ist aber, dass bei einem Unterlassen ein Großteil des legalen Vermögens weiterhin beim Täter verblieben wäre, da weder ein Vermögenszuwachs noch ein Vermögensabfluss erfolgt wären. Der (mögliche) Auftrag besitzt einen wirtschaftlichen Wert, welcher sich aus den beidseitigen Leistungsverpflichtungen der Vertragsparteien ergibt. Ohne den Auftrag würde ein Großteil des Vermögens noch beim Täter verbleiben. Denn dadurch, dass der Auftrag auch die vertragliche Leistungspflicht des Täters umfasst und dieser dann auch nicht geleistet werden müsste, spart sich der Täter die späteren vertraglichen Aufwendungen. Dass dies beim BtM-Handel nicht vorgetragen wurde, liegt an folgender Erwägung: Beim BtM-Handel ist schon die Herstellung der unerlaubten Betäubungsmittel nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG strafrechtlich verboten, sodass sich der Handelnde hier nicht darauf berufen kann, dass er bei einem unterlassenen Handel dann noch einen Großteil seines vorherigen legalen Vermögens gehabt hätte. Anders als bei der Ausführung eines legalen Vertrags, welcher durch den Einsatz legaler Mittel vollzogen wird, sind unerlaubte Betäubungsmittel oder verbotene Geschäfte i. S. d. AWG explizit strafrechtlich verboten. Die Pflichtwidrigkeit zwischen der rechtswidrigen Tat und dem erlangten Etwas bezieht sich jedoch nur auf Letzteres. Diese Feststellungen sind dem aus der Rechtsprechung bekannten Kriterium der strafrechtlichen Bemakelung ähnlich, allerdings wird an dieser Stelle das strafrecht­ liche Verbot des Mitteleinsatzes gefordert. Sind die eingesetzten Mittel strafrechtlich verboten, kann nicht auf deren hypothetischen Verbleib bei einem Unterlassen abgestellt werden. Aus dem gleichen Grund gilt auch für den Schutzzweckzusammenhang, dass das gesamte Entgelt beim unerlaubten BtM-Handel als Tatanreiz erlangt wurde. Für Korruptionsdelikte kann daher auch wegen des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs das erlangte Etwas nur in dem Wert gesehen werden, welcher den Vorteilen des Auftrages entspricht. Gleichwohl dürfen hier keine Aufwendungen abgezogen werden, die im Zusammenhang mit der Tathandlung stehen, was dadurch gewährleistet wird, dass die Bestimmung des erlangten Etwas und dessen Umfang getrennt werden. 4. Insiderhandel Für einen Fall des Insiderhandels, dessen rechtmäßiges hypothetisches Alternativverhalten in einem Unterlassen des Handels besteht, ist wie bei der Korruption festzustellen, dass sich der nicht getätigte legale Mitteleinsatz noch im Vermögen des Täters befinden würde, sodass der Wert des Mittel­ einsatzes nicht pflichtwidrig erlangt ist. Aus dem überindividuellen Rechts-

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E. Die Bestimmung des „erlangten Etwas“

gut des Insiderhandels folgt zudem aus Schutzzweckerwägungen, dass nur die Tatanreize aus der rechtswidrigen Tat erlangt werden können. Nicht treffend ist dagegen der Einwand, dass bei einem Erwerb eines Insiderpapiers nichts erlangt werden kann, da die Sonderchance nur in der Werterhöhung gesehen werden könne, die uninformierte Marktteilnehmer infolge der verspäteten Veröffentlichung verlieren.526 Auch wenn ein Verlust für die gehaltenen Papiere der Anleger hier nicht vorliegt, wird bei einer solchen Sichtweise verkannt, dass § 73 StGB zum einen keine Stoffgleichheit erfordert, sodass der Schaden der Anleger dem Vorteil des Täters nicht entsprechen muss und zum anderen, dass nicht (nur) das Vermögen der Anleger durch die Strafvorschrift zum Insiderhandel, sondern ein überindividuelles Rechtsgut geschützt wird, welches auch gerade beim Erwerb von Insiderpapieren betroffen ist. Mithin ist auch in einem solchen Fall eine Abschöpfung unter Anwendung einer schutznormorientieren Einziehungsgegenstandsbestimmung konsequent.527 Im Ergebnis erfolgt eine Abschöpfung des Wertes der dem ersparten Kursverlust bzw. dem erzielten Kursgewinn entspricht, ohne jedoch z. B. Provi­ sionen oder entstandene Gebühren abzuziehen. 5. Marktmanipulation Die Marktmanipulation lässt sich in informations-, handels- und handlungsgestützte Tathandlungen einteilen.528 Während bei der informationsgestützten Marktmanipulation streitig ist, ob überhaupt etwas erlangt werden kann,529 ist dies für die handelsgestützte Tathandlung unproblematisch. Aus einer handelsgestützten Marktmanipulation wird kausal der gesamte Verkaufspreis oder die gekauften Finanzinstrumente erlangt. Schließlich sind die Vermögenswerte auch Ausfluss der Tathandlung, sodass sie auch unmittelbar aus der Tat erlangt sind. Eine Einschränkung folgt sodann über den Schutzzweckzusammenhang. Stellt man auf das überindividuelle Rechtsgut ab, kann nur der Tatanreiz, also der Mehrwert des hypothetisch erzielten Aktienwerts erlangt werden. Aber auch wenn man auf den individuellen Vermögensschutz der Anleger abstellen würde, kann dort nur der Schaden der Anleger als Ansatzpunkt für den erzielten Vorteil des Täters als erlangtes Etwas dienen, da der Schaden gerade nicht mit dem erlangten Etwas übereinstimmt. Das Unterlassen der Geschäfte als rechtmäßig hypothetisches Alternativver526  Ordner,

NZWiSt 2016, 110 (111). Ordner, NZWiSt 2016, 110 (111). 528  Sorgenfrei, in: Park, T3 Kap. 4, § 20a Rn. 69; Worms, in: Assmann / Schütze, § 10 Rn. 84. 529  Vgl. die Darstellungen unter D. I. 2. f) auf S. 59 f. 527  A. A.



III. Konsequenzen der Anwendung der objektiven Zurechnung 109

halten würde dazu führen, dass auch der Großteil des legalen Mitteleinsatzes beim Täter verblieben wäre, sodass dieser Vermögenswert nicht aus der Tat als erlangtes Etwas zugerechnet werden kann, sondern nur der darüber­ hinausgehende Restwert. Für die Marktmanipulation kann jedoch nicht eine hypothetisch rechtzeitig erfolgte Ankündigung nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaKonV mit den dargestellten Genehmigungsfällen gleichgesetzt werden.530. Denn mit großer Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, dass sich auch die übrigen Marktteilnehmer bei einer entsprechenden Ankündigung des Handels anders verhalten hätten und der Händler damit einen anderen Wert erlangt hätte, sodass bereits damit keine vergleichbare Ausgangslage zu den Genehmigungsfällen vorliegt. Diese hypothetischen Erwägungen führen zudem in eine nicht überschaubare Flut an potenziellen Szenarien. Deshalb ist eine Gleichstellung unzulässig. Bei der Marktmanipulation tritt darüber hinaus ein Problem besonders hervor. Wenngleich dieses Problem auch andere Delikte betreffen kann,531 wird es in der Praxis zumeist nur bei der Marktmanipulation in Erscheinung treten. Dies zeigt auch die bereits mehrfach zitierte Entscheidung des OLG Stuttgarts aus dem Jahre 2014.532 Einige Manipulationshandlungen bestehen gerade darin, dass Geschäfte mehrfach hintereinander getätigt werden, indem der Täter die an sich gleichen Vermögenswerte erlangt und wieder rechtlich verliert. Diese Spirale wurde bereits im Zusammenhang der kuriosen Ergebnisse des § 73 StGB erwähnt. Wendet man nunmehr die vorherigen Grundsätze an, wird man das erlangte Etwas aller einzelnen Geschäfte bewerten müssen und diese anschließend addieren. Dabei zeigt sich dann, dass nach der hier vertretenen Auffassung aber auch stets ein anderer Vermögenswert erlangt wurde.

530  OLG

Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13 juris Rn. 12. wäre es denkbar, dass ein Dieb ein von ihm gestohlenes Auto wieder an den Eigentümer herausgeben muss oder es ihm selbst gestohlen wurde und der Dieb es dann abermals stiehlt. Hier hat der Dieb zweimal das Auto erlangt. Ist zwischenzeitlich nach dem ersten Diebstahl bereits die Einziehungsanordnung ergangen, liegt durch die Einziehungserklärung des Gerichts eine derartige zeitliche Zäsur vor, dass das erlangte Etwas nicht mehr als einheitlicher Prozess verstanden werden kann, sodass eine erneute Einziehungsanordnung bzgl. des Autos bzw. dessen Werts ergehen muss. Kam es jedoch zwischenzeitlich nicht zu einer Einziehungsanordnung, liegt zwar jeweils ein Diebstahl vor, jedoch wurde durch den einheitlichen Prozess nur das Auto an sich erlangt, sodass auch nur der einfache Wert des Autos und ersparte Aufwendungen für die Nutzung eines Autos beim ersten Diebstahl als Einziehungsgegenstand zu bewerten sind. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass der Einwand der Entreicherung restriktiv gehandhabt wird. 532  OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13. 531  So

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E. Die Bestimmung des „erlangten Etwas“

Nicht zulässig wäre demgegenüber eine Endsaldierung in dem Sinne, dass das erste Geschäft zu dem letzten Geschäft in Bezug genommen wird und nur angesichts dessen die wirtschaftlichen Vorteile ermittelt werden, da anderenfalls mögliche Verluste und andere Umstände womöglich nicht berücksichtigt werden würden. Dies ist wiederum nicht mit dem Bruttoprinzip ­vereinbar. Ebenfalls unzulässig ist die Vorgehensweise des OLG Stuttgart, wonach lediglich die letzte Handlung als Bezugspunkt für die Einziehung ­herangezogen wird.533 Denn § 73 Abs. 1 StGB verlangt die Abschöpfung des Erlangten jeder einzelnen rechtswidrigen Tat. Zwar ist die Aussage des OLG Stuttgart konsequent, dass nach der Rechtsprechung dann bei jeder Handlung ein Großteil desselben Vermögenswertes betroffen wäre;534 dies ist bei den sog. Handelskettengeschäften aber auch unbeachtlich,535 da gerade eine neue bzw. andere rechtswidrige Tat vorliegt. 6. Verstöße gegen das ZAG Die Konsequenzen bei Verstößen gegen das ZAG sollen am Beispiel der „Spielhallenentscheidung“ des BGH536 im Überblick aufgezeigt werden. Da es sich bei § 73 StGB je nach Einzelfall um eine Strafe handelt und die Anordnung gegenüber der Spielhallen-GmbH erfolgte, darf nur die Nettomethode angewendet werden, sodass von der insgesamt erhaltenen Summe von 451.756 Euro folgende Posten ohnehin abgezogen werden müssten: Die ausgezahlten Gelder i. H. v. 444.230 Euro, die Mietkosten des EC-Terminals, Druckkosten, Gebühr gegenüber der L-AG, Kosten für die Bereitstellung des Sammelkontos und anderer Dienstleistungen. Im Ergebnis würde damit wohl nur ein Betrag im unteren vierstelligen Bereich für eingezogen erklärt werden können. Aber auch bei der hypothetischen Erwägung, dass ein Bruttoverfall gegenüber einer juristischen Person möglich wäre oder der gleiche ZAG-Verstoß eine natürliche Person betreffen würde, ist die Anordnung auf Grund des Schutzzweckzusammenhangs zu begrenzen. Das ZAG dient der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie537 und damit der Harmonisierung von Aufsichtsnormen innerhalb der Europäischen Union.538 Damit werden 533  OLG

Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13 – juris Rn. 13 f. Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13 – juris Rn. 13. 535  Vgl. dazu die Ausführungen unter F. I. auf S. 119. 536  BGH, Beschluss vom 11.06.2015 – 1 StR 368 / 14. 537  Richtlinie 2007 / 64 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97 / 7 / EG, 2002 / 65 / EG, 2005 / 60 / EG und 2006 / 48 / EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97 / 5 / EG, Abl. L 319 vom 05.12.2007, 1. 538  BGH, Beschluss vom 11.06.2015  – 1 StR 368 / 14  – juris Rn. 58 f.; Findeisen, in: Ellenberger / Findeisen / Nobbe, § 1 Rn. 55 f. 534  OLG



III. Konsequenzen der Anwendung der objektiven Zurechnung 111

aber keine Individualrechtsgüter, sondern ausschließlich Kollektivrechts­ güter und zwar die Effektivität der staatlichen Aufsicht und das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit dieser Aufsicht geschützt.539 Hierbei kann der Tatbeteiligte also nur die Tatanreize erlangen. Bei der Spielhallenentscheidung bestand dieser in der Erwartungshaltung, dass den Spielern ausreichend ­liquide Mittel zur Verfügung stehen, um an den Glücksspielen teilnehmen zu können und in der Erzielung einer Gebühr i. H. v. einem Euro je unzulässiger Erbringung des Zahlungsdienstes. Dem zuvorderst genannten Tatanreiz ist einerseits kein wirtschaftlicher Wert zu entnehmen und andererseits ist dieser auch nicht verwerflich, da das Betreiben von Glücksspielen unter Einhaltung der gewerberechtlichen Voraussetzungen zulässig ist. Einzig die Erzielung einer Gebühr bei einer unerlaubten Erbringung eines Zahlungsdienstes kann wirtschaftlich bestimmt werden und bildet einen Anreiz für einen Verstoß gegen das ZAG. Deshalb hätte bei einer natürlichen Person die erzielte Gebühr i. H. v. 7.526 Euro für eingezogen erklärt werden müssen, ohne die Aufwendungen wie bspw. die Miete für die EC-Terminals abzuziehen, wobei dies dann noch mit der erfolgten Geldstrafe in Einklang zu bringen wäre. Hätte zudem eine Genehmigung erfolgen müssen, käme das gleiche Ergebnis auch auf Grund des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs zu Stande. 7. Geldwäsche Dass § 73 StGB im Rahmen der Geldwäsche keine besondere Bedeutung zukommt, lässt sich schon an fehlenden Gerichtsentscheidungen feststellen. Dies ist der Ausgestaltung der Norm geschuldet. Denn der Anwendungsbereich für § 73 StGB ist vor allem dann eröffnet, wenn der Geldwäscher für die Tat etwas erlangt hat.540 Aus der Geldwäschehandlung des § 261 Abs. 1 oder 2 kann der Geldwäscher grundsätzlich nichts Neues erlangen.541 Zwar kann man dies für eine Handlung nach § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB anders bewerten, da dem Vortäter hier in der Regel ein Ersatzwert zufließen wird, sodass der Geldwäscher dann den Geldwäschegegenstand aus der Tat erlangt hat.542 Allerdings ist dieses Tatmittel dann als Beziehungsgegenstand wegen § 267 Abs. 7 StGB einzuziehen. Im Gegensatz zur geringeren Bedeutung des § 73 StGB für die Geldwäsche darf die wechselseitige Wirkung nicht unterschätzt werden, da jedenfalls die Geldwäsche die Einzie539  Terlau,

in: Casper / Terlau, § 31 Rn. 8. Ergebnis auch Arzt, JZ 1993, 913 (915 f.). 541  Denkbar sind aber bspw. Zinsgewinne, in dem der Geldwäscher das illegal erlangte Vermögen des Vortäters auf seinem Konto verwahrt. 542  Vgl. Arzt, JZ 1993, 913 (916). 540  Im

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E. Die Bestimmung des „erlangten Etwas“

hung nach § 73 StGB von den in § 261 StGB aufgelisteten Vortaten sichern soll.543

IV. Fazit Es wurde dargelegt, dass die gegenwärtige Behandlung der Vorschriften nach §§ 73 ff. StGB durch die Rechtsprechung eine erhebliche Belastung für den Betroffenen darstellt und deren Versuche zur Einschränkung nur teilweise befriedigen können. Ein Lösungsansatz bestand zwar dahingehend, dass eine Einschränkung durch einen normativen Unrechtszusammenhang zwischen rechtswidriger Tat und erlangtem Etwas vorgenommen wurde. Unklar war jedoch, wie die genaue Ausgestaltung des normativen Unrechtszusammenhangs erfolgt. Zudem war unklar, weshalb die Einschränkung auf Grund des Schutzzweckzusammenhangs und der Berücksichtigung von rechtmäßig hypothetischen Alternativverhalten zulässig ist. Die Anwendbarkeit der bekannten Maßstäbe der objektiven Zurechnung ermöglicht es, rechtskonforme und rationale Ergebnisse zu erzielen, welche im Einklang mit dem Wesen und dem gesetzten Zweck der Einziehung von Taterträgen stehen. Denn die Tatanreize werden dem Täter entzogen, sodass diesem und der Allgemeinheit vor Augen geführt wird, dass sich Straftaten nicht lohnen, da sie trotz Entdeckung nicht besser als zuvor dastehen. Eine darüber hinausgehende Vermögensabschöpfung ist ein zusätzliches Übel, das zeigt, dass sich Straftaten nicht nur nicht lohnen, sondern bestraft werden. Dies soll aber nicht die ursprüngliche Funktion der Einziehung von Taterträgen sein.

543  Arzt,

JZ 1993, 913.

F. Tatsächliche Berechnung der Einziehungshöhe im Prozess Die nachstehenden Ausführungen dienen dazu, das erlangte Etwas im Prozess konkret feststellen zu können. Denn auch wenn die Frage geklärt ist, wie das erlangte Etwas abstrakt bestimmt wird, so ergeben sich für die konkrete Feststellung im Prozess einige offene Fragen.

I. Berechnung bei mehreren Einziehungsadressaten bzgl. einer Tat Fraglich ist bereits, wem gegenüber und in welcher Höhe mit Hilfe der Einziehung abgeschöpft werden muss, wenn mehrere Personen an einer Tat beteiligt waren. Auch in dieser Frage hat sich inzwischen eine nur schwer überschaubare Rechtsprechung unter den einzelnen Strafsenaten des BGH herausgebildet. Es besteht Einigkeit dahingehend, dass jeder Beteiligte etwas dergestalt erlangt haben muss, dass er zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche aber nicht notwendig rechtliche (Mit-)Verfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben muss.544 Deshalb verneint der 4. Strafsenat z. B. bei Kurieren bzw. Boten auf der Käuferseite, demgegenüber aber nicht auf der Verkäuferseite, die lediglich den Erlös aus einem unerlaubten BtMHandel übermitteln, auf Grund ihrer fehlenden Tatherrschaft, die Verfügungsgewalt.545 Demgegenüber verneint der 5. Strafsenat diese Verfügungsgewalt auch beim Boten auf Seiten des Verkäufers.546 Haben mehrere Beteiligte einer Tat Mitverfügungsgewalt an dem Vermögensgegenstand erlangt, so haften diese nach Auffassung des BGH allesamt gesamtschuldnerisch.547 In 544  BGH, Beschluss vom 21.10.2008 – 4 StR 437 / 08 – juris Rn. 11; OLG Hamm, Beschluss vom 28.10.2014 – III – 5 Ws 322 / 14, 5 Ws 322 / 14 – juris Rn. 19. 545  BGH, Beschluss vom 30.03.2011 – 4 StR 25 / 11 – juris Rn. 5. 546  BGH, Beschluss vom 27.10.2009 – 5 StR 242 / 09 – juris Rn. 3; zweifelnd am Bestehen einer (Mit-)Verfügungsgewalt auch Fischer, StGB, § 73 Rn. 16. 547  BGH, Beschluss vom 10.09.2002 – 1 StR 281 / 02 – juris Rn. 4; BVerfG, Kammerbeschluss vom 14.06.2004 – 2 BvR1136 / 03 – juris Rn. 53; BGH, Beschluss vom 05.07.2011 – 3 StR 129 / 11 – juris Rn. 15; BGH, Beschluss vom 25.09.2013 – 4 StR 351 / 13  – juris Rn. 11; BGH, Beschluss vom 22.03.2016  – 3 StR 517 / 15  – juris Rn. 13; BGH, Beschluss vom 11.09.2018 – 2 StR 305 / 18.

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F. Tatsächliche Berechnung der Einziehungshöhe im Prozess

diesem Zusammenhang sieht der BGH auch ein inhaftiertes Bandenmitglied in der gesamtschuldnerisch haftenden Verantwortung, wenn die anderen Bandenmitglieder weiterhin verbotene Rauschgiftgeschäfte vollziehen und die Erlöse aufteilen.548 Aus der Gesamtschuldnerschaft folgt, dass bei demjenigen, der die gesamte Tatbeute zunächst erhält und diese anschließend unter den anderen Beteiligten aufteilt, das gesamte erlangte Etwas abgeschöpft werden kann.549 Dabei konnte nach der Rechtsprechung bisher jedoch § 73c Abs. 1 S. 2 StGB a. F. zu beachten sein.550 Unklar ist, ob eine gesamtschuldnerische Haftung in Betracht kommt, wenn sich die Beteiligten vorher darüber einig waren, dass jeder von ihnen die Verfügungsmacht haben sollte, diese jedoch daraufhin tatsächlich nicht hatten.551 Eine Ausnahme der gesamtschuldnerischen Haftung macht der BGH bei sog. Handelskettengeschäften, also Geschäften, bei denen der Täter den Vermögensgegenstand ganz oder zum Teil weiterleitet.552 Hier soll keine Begrenzung des Abschöpfungswertes in Maximalhöhe des einmalig erlangten Etwas erfolgen, sondern eine darüber hinausgehende Einziehungssumme für den Staat insgesamt abschöpfbar sein, indem das erlangte Etwas eines jeden einzelnen Kettenmitglieds zu Grunde gelegt wird.553 Neben einigen Befürwortern wie Schäfer554 ist diese Rechtsprechung schon länger deutlicher Kritik ausgesetzt.555 Zum einen wird für die gesamtschuldnerische Haftung angeführt, dass der Gesetzgeber bewusst auf eine klarstellende Norm in seiner Begründung zum StGB-Entwurf von 1962 verzichtete, da er davon ausging, dass die Gerichte eine gesamtschuldnerische 548  Brenner / Podolsky, Vermögensabschöpfung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren, S. 53 unter Nennung eines Urteils, welches jedoch nicht nachverfolgt werden konnte. 549  BGH, Beschluss vom 10.09.2002  – 1 StR 281 / 02  – juris Rn. 4; BGH, Urteil vom 02.07.2015 – 3 StR 157 / 15 – juris Rn. 11 ff., anders dagegen die Vorinstanz, vgl. LG Verden, Urteil vom 22.12.2014 – 2 KLs 9 / 14; BGH, Beschluss vom 22.03.2016 – 3 StR 517 / 15 – juris Rn. 13. 550  BGH, Urteil vom 02.07.2015  – 3 StR 157 / 15  – juris Rn. 13; Fischer, § 73 Rn. 16. 551  Saliger, in: NK, § 73 Rn. 7c. 552  M. w. N. Fischer, § 73 Rn. 14. 553  BGH, Urteil vom 16.05.2006 – 1 StR 46 / 06 – juris Rn. 26. 554  Schäfer, in: LK (10. Aufl.), § 73 Rn. 20; aber auch Podolsky / Brenner, Vermögensabschöpfung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren, S. 50 ff.; Heger, in: Lackner / Kühl, § 73 Rn. 8; Fischer, § 73 Rn. 16. 555  Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, S. 51 f.; Schultehin­ richs, Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, S. 46 f.; Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S.  138 f.; Keusch, Probleme des Verfalls im Strafrecht, S. 81; Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 90 ff.; ders., JZ 2009, 1125 (1126 ff.); Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 72; Lindemann, in: Leitner / Rosenau, § 73 Rn. 6.



I. Berechnung bei mehreren Einziehungsadressaten bzgl. einer Tat 115

Haftung anwenden würden.556 Die zustimmungswürdige Gegenauffassung sieht in eben dieser fehlenden gesetzlichen Grundlage einen Einwand gegen eine gesamtschuldnerische Haftung.557 Zwar ist nicht zu verkennen, dass der Gesetzgeber zu damaliger Zeit wohl eine Regelung getroffen hätte, hätte er von dem vorliegenden Streitpotenzial gewusst. Jedoch sorgt die dem Streitpotenzial geschuldete frühere und gegenwärtige Ungewissheit der Haftungszurechnung bei mehreren Tatbeteiligten gerade für die Notwendigkeit der Schaffung einer klarstellenden Regelung. Sein gesetzgeberisches Unterlassen kann sowohl für als auch gegen eine gesamtschuldnerische Haftung sprechen. Leider hat der Gesetzgeber auch bei der Reform im Jahr 2017 erneut eine Klarstellung unterlassen. Der entscheidende Aspekt für das Erfordernis einer entsprechenden Regelung ist jedoch, dass das Strafrecht gegenüber dem Zivilrecht grundverschieden ist. Ein staatlicher Eingriff bedarf dabei auch hinsichtlich der angedrohten Sanktionen einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Regelung.558 Eine aus dem Zivilrecht bekannte gesamtschuldnerische Haftung läuft strafrechtlichen Grundprinzipen zuwider, sodass dies eine gesetzliche Klarstellung unabdingbar macht. Die gesamtschuldnerische Haftung, die auf § 830 BGB und § 840 BGB gestützt werden kann,559 verfolgt insbesondere den Zweck, die Interessen des Gläubigers zu schützten, indem diesem Beweiserleichterungen zu Gute kommen und sich der Täter nicht durch die anderen Beteiligten entlasten kann, damit der Schaden des Geschädigten effizienter restituiert werden kann.560 Im Gegensatz dazu gilt im Strafverfahren der Untersuchungsgrundsatz, wonach das Gericht den Sachverhalt in der Hauptverhandlung von Amts wegen erforscht und den Beweisstoff gewinnt.561 Eine Beweisverschiebung zu Lasten des Angeklagten deckt sich nicht mit den strafrechtlichen Grundsätzen. Einen Schutz, wie er dem Bürger gewährt wird, benötigt der Staat jedoch nicht, da ihm zugemutet werden kann, dass die genaue Aufteilung des Vermögensgegenstands zwischen den Beteiligten ermittelt wird.562 Anders als dem Bürger im Zivilverfahren, stehen dem Staat die personellen und sachlichen Mittel dafür zur Verfügung.563 Barreto da Rosa wendet dagegen ein, dass diese Ansicht nicht realitätsnah sei, da es bei vollständiger Aussageverweigerung der Beteiligten 556  BT-Drucks.

IV / 650, S. 245. in: SK, § 73 Rn. 26; Rönnau, Vermögensabschöpfung in der

557  Wolters / Horn,

Praxis, Rn. 91. 558  Eser / Hecker, in: Schönke / Schröder, § 1 Rn. 1. 559  Keusch, Probleme des Verfalls im Strafrecht, S. 80. 560  BGH, Urteil vom 30.05.1972  – VI ZR 6 / 71  – juris Rn. 35; Schultehinrichs, Gewinnabschöpfung bei Betäubungsmitteldelikten, S. 46. 561  Krehl, in: KK-StPO, § 244 Rn. 28. 562  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 93. 563  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 93.

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F. Tatsächliche Berechnung der Einziehungshöhe im Prozess

nahezu unmöglich sei, die interne Aufteilung des erlangten Etwas beweis­ sicher nachzuzeichnen.564 Dabei wird aber verkannt, dass gerade bei der betroffenen organisierten Kriminalität eine Strafbarkeit auf Grund einer Ban­ dentätigkeit in Frage stehen wird und die StPO damit auch grundsätzlich umfassende Ermittlungsmaßnahmen bereithält, die zu den notwendigen Beweismitteln auch ohne Einlassung der Angeklagten führen kann. Für den Fall, dass aber auch dann kein Nachweis gelingen kann, lässt bereits der Indubio-pro-reo-Grundsatz Zweifel an der Äußerung von Barreto da Rosa aufkommen. Denn dann spricht der Zweifel gerade dafür, dass der (mutmaßliche) Täter nichts erlangt hat. Aber jedenfalls muss ein Rechtsstaat es aushalten können, in einigen Ausnahmefällen keine Einziehungsmaßnahmen ergreifen zu können. Zudem wird ein Angeklagter durch die Möglichkeit, dass ein Täter vollständig haften muss, obwohl er nur noch einen Teil der Beute besitzt, in die Situation gedrängt, Mittäter zu verraten.565 Sofern ein solches Ergebnis, also die Entdeckung weiterer Täter, erreicht wird, mag dies zwar ein insbesondere von den Strafverfolgungsbehörden begrüßenswertes Ergebnis sein, jedoch ist der Weg zu diesem Ergebnis rechtsstaatlich bedenklich, auch wenn noch nicht gegen § 136a StPO verstoßen wird. Daneben lassen sich die zivilrechtlichen Grundsätze der gesamtschuldnerischen Haftung auf das Strafrecht nicht vollumfänglich übertragen, was insbesondere bei der Anstiftung deutlich wird.566 Wird jemand zu einem Raub angestiftet, kann das Opfer Ansprüche gegen den Täter und den Anstifter aus unerlaubter Handlung geltend machen. Dies umfasst dann auch einen Schadensersatz für die erlangte Tatbeute. Die Einziehungsvorschrift passt aber nicht ggü. dem Anstifter, da dieser i. d. R. nichts durch die Tat erlangt, sodass sich die Einziehung dann nur gegen den Täter richtet. Obwohl eine gleiche Interessenlage bestehen müsste, greift die gesamtschuldnerische Haftung nur für den zivilrechtlichen Fall, weil sie auch eigens dafür kreiert worden ist. Auch ein Vergleich des § 73 StGB mit dem Wertersatzverfall nach § 73c StGB in Bezug auf eine gesamtschuldnerische Haftung zeigt, dass dieses Haftungsmodell nicht überzeugen kann. Dies verdeutlicht folgendes Beispiel: T1, T2 und T3 stehlen in Mittäterschaft drei wertvolle Gemälde, welche jeweils einen Wert von 100.000 Euro haben. Jedoch erlangt nur T1 tatsächliche Verfügungsgewalt, während T2 und T3 andere Tatbeiträge leisten. In der ersten Fallvariante verbleiben die Bilder vollständig bei T1, da nur dieser ein Interesse an Kunst besitzt, und er zahlt T2 und T3 für deren Tatbeitrag jeweils 100.000 Euro aus. In der zweiten Fallvariante reicht T1 jeweils ein Bild an T2 und T3 weiter; die Bilder werden anschließend jedoch durch ei564  Barreto

da Rosa, NJW 2009, 1702 (1703). Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 233. 566  Barreto da Rosa, NJW 2009, 1702 (1703). 565  Rönnau,



I. Berechnung bei mehreren Einziehungsadressaten bzgl. einer Tat 117

nen Brand zerstört. Beide Taten haben gemein, dass das gleiche Unrecht verübt wurde und ein wirtschaftlicher Wert von drei Gemälden im Gesamtwert von 300.000 Euro verschoben wurde. In der ersten Fallvariante würde nach der Rechtsprechung aber gegenüber T1 alleine eine Einziehungsanordnung nach § 73 Abs. 1 StGB über die Gemälde und gegenüber T2 und T3 in Höhe von jeweils 100.000 Euro nach § 73c StGB, sofern die konkreten Geldscheine nicht mehr vorhanden sind, erlassen, da sie dieses Entgelt für die Tat erlangt haben. In der zweiten Fallvariante würden die Täter gesamtschuldnerisch für 300.000 Euro haften.567 Für T2 und T3 wäre diese Fallkonstellation also die deutlich ungünstigere, da im schlimmsten Fall einer von ihnen für den vollen Betrag aufkommen müsste, wenn die anderen zwischenzeitlich vermögenslos geworden sind. Dass in der ersten Variante trotz gleicher Tathandlung insgesamt 200.000 Euro mehr von T1 eingezogen werden könnte verdeutlicht, dass die Trennung von der Bestimmung des erlangten Etwas und dem Bruttoprinzip gerade nicht zur Aushöhlung des Bruttoprinzips führt. Denn die späteren Zahlungen von T1 bleiben in dieser Fallvariante unberücksichtigt. Aber in Bezug auf T2 und T3 sind die Ergebnisse sachlich nicht nachvollziehbar, da sie einmal eigenständig i. H. v. 100.000 Euro und ein anderes Mal als Gesamtschuldner für 300.000 Euro haften sollen. Eine gesamtschuldnerische Haftung fügt sich nicht stimmig in die Einziehungssystematik ein, welche zwischen dem noch existierenden und dem zu ersetzenden Wert trennt. Bei § 73 Abs. 1 StGB wird in der Regel der Beteiligte immer alleine die Verfügungsmacht über den Gegenstand haben, während dies auf Grund der „Teilungsfähigkeit“ des Vermögenswerts bei § 73c StGB gegenteilig verläuft. Die gesamtschuldnerische Haftung passt also überwiegend nur zu § 73c StGB. Jedoch kann das entscheidende Ergebnis der Einziehungshöhe nicht davon abhängig sein, ob nun die unmittelbare Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB oder die Einziehung von Wertersatz nach § 73c StGB angeordnet wurde, da dies oftmals auch vom Zufall abhängig sein kann, wie es auch im Beispielsfall bzgl. des Brands erkennbar ist. Richtig wäre es gewesen, jeden Beteiligten einzeln in Anspruch zu nehmen, sodass von jedem 100.000 Euro in der zweiten Variante abgeschöpft werden. Dass T1 im Vergleich zur ersten Variante weniger betroffen ist, liegt in seinem individuellen Verantwortungsbereich, Aufwendungen vorzunehmen oder zu unterlassen. Gleichwohl wäre in dieser Konstellation eine Härtevorschrift hilfreich. Zudem ist eine gesamtschuldnerische Haftung nicht mit dem Zweck des § 73 StGB vereinbar.568 Durch eine gesamtschuldnerische Haftung besteht die konkrete Gefahr, dass bei einem Beteiligten mehr oder weniger abge567  Vgl.

auch BGH, Beschluss vom 07.01.2003 – 3 StR 421 / 02 – juris Rn. 6. Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 138; Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 72. 568  Vgl.

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F. Tatsächliche Berechnung der Einziehungshöhe im Prozess

schöpft wird als dieser tatsächlich erlangt hat.569 Ist beispielsweise das Strafverfahren aus irgendwelchen Gründen nur gegen einen der Beteiligten durchführbar, müsste gegen diesen der gesamte Wert abgeschöpft werden.570 Gleiches gilt für den Fall, dass unter Mittätern der Erlös in unterschiedlicher Höhe aufgeteilt wird. Dies steht nicht mit dem gesetzlichen Ziel in Einklang, unrechtmäßige Vermögenszuwächse zu beseitigen.571 Dagegen kann auch nicht ein Hinweis auf § 426 Abs. 2 S. 1 BGB analog erfolgen,572 wonach sich der Täter nach Begleichung der vollen Summe an die anderen Schuldner wenden kann. Denn dem Täter darf nicht das Insolvenzrisiko der anderen Mittäter aufgebürdet werden. Spürbar wird dieses Problem für den Betroffenen jedoch schon viel eher und zwar im Ermittlungsverfahren. Denn hier besteht für die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, die Vermögenswerte vorzeitig zu sichern. Das Ermessen der Behörde reicht dabei so weit, dass sie auf Grund der Ungewissheit der fortlaufenden Umstände von jedem Beteiligten die gesamte Einziehungssumme vorläufig arrestieren kann. Damit tritt regelmäßig eine Übersicherung ein, die den Betroffenen unverhältnismäßig belastet.573 Die Belastung durch die Maßnahme verschärft sich dadurch, dass der Schuldnachweis noch nicht erfolgt ist und die Unschuldsvermutung gelten muss. Speziell für den Verfall zeigte schon § 73c Abs. 1 StGB a. F., dass sich der Verfall am individuell Erlangten ausrichtet.574 Gleiches gilt für die explizite Aufzählung von „Täter oder Teilnehmer“ in § 73 Abs. 1 StGB, wobei die Formulierung anderenfalls „haben die Beteiligten …“ hätte lauten können. Diese Formulierung und Systematik verdeutlichen, dass die Beteiligten nicht als Kollektiv, sondern individuell ihre Verantwortung tragen sollen. Entscheidender noch ist aber der Umstand, dass § 73 StGB durch die fehlende Berücksichtigung von Aufwendungen eine Strafe darstellt und daraus folgt, dass die Einziehungshöhe an der individuellen Schuld des Adressaten zu bemessen ist.575 Der Schuldgrundsatz verbietet daher eine gesamtschuldnerische Haftung. Auch das Prinzip der Eigenverantwortung576 steht einer ge569  Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 72; Wolters / Horn, in: SK, § 73 Rn. 26; Wallschlä­ ger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 138. 570  Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 72. 571  Wolters / Horn, in: SK, § 73 Rn. 26. 572  Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 139. 573  Vgl. Park, HdB Durchsuchung und Beschlagnahme, Rn. 826 ff.; Saliger, in: NK, § 73 Rn. 7b. 574  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 91; Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 72. 575  Siehe oben unter D. I. 3. auf S. 68 ff. 576  Vgl. hierzu Matthes-Wegfraß, Der Konflikt zwischen Eigenverantwortung und Mitverantwortung im Strafrecht, S. 77 ff.



I. Berechnung bei mehreren Einziehungsadressaten bzgl. einer Tat 119

samtschuldnerischen Haftung entgegen. Zwar ist eine gegenseitige Zurechnung im Strafrecht bspw. bei der Mittäterschaft möglich, jedoch erfolgt dabei nur eine Zurechnung von Tatbeiträgen und damit auf der Ebene der Tatbestandsmäßigkeit.577 Damit kann jeder auch nur für sein eigenes Handeln die Verantwortung, die sich in den Rechtsfolgen widerspiegelt, tragen.578 Eine Ausnahme von der gesamtschuldnerischen Haftung macht die Rechtsprechung bei sog. Handelskettengeschäften, da dadurch keine Begrenzung des einmaligen Werts des Etwas erfolgen soll.579 Dies sind Geschäfte, bei denen zuerst ein Täter das Etwas vollständig erlangt und anschließend einen Teil davon weiterleitet. Nach der Rechtsprechung soll das zuerst erlangte Etwas und das weitergeleitete Etwas jeweils vollständig abschöpfbar sein. Schäfer meint, dass sich § 73 StGB immer auf das ursprünglich unmittelbar erlangte Etwas beziehe.580 Dies ist zwar richtig, kann aber auch nur in Bezug auf eine Tat Geltung beanspruchen. Sofern also durch die Handelskette eine neue Straftat entstanden ist, kann auch aus dieser stets das erlangte Etwas neu abgeschöpft werden.581 Erst recht kann in diesem Zusammenhang der Auffassung von Podol­ sky / Brenner nicht gefolgt werden, die für die an ein und derselben Straftat beteiligten Personen eine Abschöpfung im Falle der Weiterleitung des Erlöses dergestalt vornehmen wollen, dass bei jedem der vollständig erhaltene Erlös abgeschöpft werden kann.582 Erlangt T1 also aus einem unerlaubten Betäubungsmittelhandel 100.000 Euro und leitet jeweils 20.000 Euro an T2 und T3 weiter, sollen insgesamt 140.000 Euro abgeschöpft werden, obwohl die Täter mittäterschaftlich handelten. Hierbei wird jedoch die Bestimmung des Etwas mit dem Bruttoprinzip in unzulässiger Weise vermischt, denn durch die Tat sind nur die 100.000 Euro erlangt.583 Das Etwas kann sich aber 577  § 25 Abs. 2 StGB für die Zurechnung der Verfügungsgewalt ggü. Mittätern ebenfalls ablehnend Wolters / Horn, in: SK, § 73 Rn. 26, anders OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.08.2002 – 1 Ws 407 / 02 – juris Rn. 7. 578  Ausgenommen ist hier die Konstellation der mittelbaren Täterschaft. 579  M. w. N. Fischer, StGB, § 73 Rn. 14. 580  Schäfer, in: LK (10. Aufl.), § 73 Rn. 20. 581  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 94. Deswegen entsteht auch bei jeder neuen Geldwäschehandlung durch einen neuen Täter die einzelne Möglichkeit der Einziehung des Gegenstandes nach § 261 Abs. 7 StGB. Dies kann man zwar wie Arzt, JZ 1993, 913 (916) als Perpetuum mobile bezeichnen, die Konsequenz entspricht aber der gesetzlichen Regelung. 582  Podolsky / Brenner, Vermögensabschöpfung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren, S. 50, die jedoch dann die gesamtschuldnerische Haftung wegen § 421 BGB zumindest auf die individuelle Höhe beschränken wollen, S. 53. 583  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 241; anders der oben gebildete Fall mit den Gemälden, wonach die drei Gemälde aus der Tat und die 100.000 Euro jeweils für die Tat erlangt wurden.

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F. Tatsächliche Berechnung der Einziehungshöhe im Prozess

nicht plötzlich künstlich vermehren. Würde man zudem annehmen, dass der gleiche Fall bzgl. eines Raubes stattfinden würde, könnte der Verletzte auch nur Ansprüche i. H. v. 100.000 Euro geltend machen, wobei dann fraglich wäre, ob der Staat noch 40.000 Euro für sich abschöpfen müsste.584 Eine gesamtschuldnerische Haftung, deren Notwendigkeit grundsätzlich schon bestritten werden kann,585 ist jedenfalls auf Grund der zuvor genannten Erwägungen abzulehnen. Im Ergebnis muss für jeden Beteiligten das erlangte Etwas individuell betrachtet werden.586 Nur im Rahmen dessen kann der Beteiligte in Anspruch genommen werden. Der Ausgangspunkt der Rechtsprechung, dass jeder Beteiligte zunächst (Mit-)Verfügungsgewalt gehabt haben muss, ist richtig, allerdings genügt es nicht, wenn ein Beteiligter für einen anderen die vorzeitige Entgegennahme des Vermögenswertes tätigt und dies dem gemeinsamen Tatplan entspricht.587 Denn eine gegenseitige Zurechnung erfolgt zwar für Tathandlungen, nicht jedoch für das Erlangen des Etwas. Diese Fälle unterscheiden sich nämlich nicht von den Botenfällen, bei denen auch die Rechtsprechung zutreffend eine für das Erlangen erforderliche Verfügungsgewalt verneint. Der Täter übt zwar die tatsächliche Sachherrschaft aus, jedoch getragen von dem Willen der Mittäter, sodass die Entgegennahme des Etwas dem Institut der Besitzdienerschaft entspricht.588 Dieses Ergebnis fügt sich auch trefflich in die Systematik der Einziehungsvorschriften ein. Schließlich ist bei der Dritteinziehung nach § 73b StGB die Konstellation bereits hinreichend bekannt, in der der für den Dritten Handelnde zunächst den Vermögenswert in Besitz nimmt und diesen anschließend zum Dritten verschiebt, wobei dann auch nur beim Dritten abgeschöpft wird.

II. Zeitpunkt der Berechnung des Wertersatzes Für den Wertersatzverfall nach § 73c StGB muss die Frage nach dem Zeitpunkt der Bemessung für die Einziehungsanordnung beantwortet werden. Schließlich sind hierbei verschiedene Zeitpunkte vorstellbar, nach denen die Bemessung erfolgen kann. Gewiss ist die Beantwortung der Frage nur für solche Fälle relevant, in denen sich der ursprüngliche Wert des erlangten Etwas erhöht oder verringert hat. 584  Rönnau,

JZ 2009, 1125 (1128 – Fn. 23). NStZ 2010, 568 (569). 586  Auch Schork, in: Schork / Groß, Bankstrafrecht, § 11 Rn. 1469, der aber trotzdem eine gesamtschuldnerische Haftung anschließend zulässt. 587  In diese Richtung auch BGH, Beschluss vom 08.08.2013  – 3 StR 179 / 13  – juris Rn. 2, indem der Senat eine Mitverfügungsgewalt des Angeklagten während des Transports der Diebesbeute für das Erlangen nicht ausreichen lässt. 588  Vgl. auch Rönnau, JZ 2009, 1125 (1127); ders., in: MAH, Verteidigung in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen, § 13 Rn. 93. 585  Spillecke,



II. Zeitpunkt der Berechnung des Wertersatzes121

Zunächst könnte an den Zeitpunkt der Erlangung des Etwas angeknüpft werden.589 Ebenfalls möglich ist es, den Zeitpunkt der Entstehung des Wert­ ersatzanspruchs zu Grunde zu legen, was jenen zeitlichen Moment meint, in dem der Originalverfall wegen § 73c S. 1 Var. 1 oder Var. 2 StGB nicht mehr möglich ist.590 Als zeitlich letzter Anknüpfungspunkt wird der Wert zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung erachtet.591 Schließlich möchte eine Ansicht zwischen den Varianten des § 73c StGB differenzieren: Für den Primärwertersatz, also wenn von Anfang an ausschließlich nur die Wertersatzeinziehung in Frage kam, soll der Zeitpunkt der Erlangung maßgeblich sein, wohingegen beim Sekundärwertersatz der Zeitpunkt der Entstehung des Wertersatzanspruchs entscheidend ist.592 Dass je nach Auffassung erhebliche Differenzen in der Abschöpfungssumme entstehen können, ist offensichtlich, soll aber an folgendem Beispiel noch verdeutlicht werden: Ein Täter erlangt 1.000 Aktien im jeweiligen Wert von 10 Euro durch einen Betrug und veräußert diese einen Monat später auf Grund eines Kursanstiegs für insgesamt 11.000 Euro. Nach der Ansicht, die auf den Zeitpunkt der Erlangung abstellt, müssten dem Täter 10.000 Euro abgeschöpft werden, während mit der Veräußerung der Aktien ein Wertersatzeinziehungsanspruch in Höhe von 11.000 Euro entsteht. Diesen Betrag würden damit die Ansicht, die auf den Zeitpunkt des Wertersatzanspruchs abstellt, und die differenzierende Ansicht abschöpfen. Eine gerichtliche Entscheidung folgt erst ein Jahr später, wobei sich der Kurs der Aktie inzwischen auf 12,50 Euro je Aktie entwickelt hat. Nach der Auffassung die auf den Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung abstellt, müssten 12.500 Euro abgeschöpft werden. Je nachdem welcher Auffassung man also folgt, können im Beispielsfall 10.000, 11.000 oder 12.500 Euro abgeschöpft werden. Vorzugswürdig ist die Ansicht, welche auf den Zeitpunkt der Entstehung des Wertersatzanspruchs abstellt. Zwar spricht für die erste Ansicht, dass 589  So ist nach KG Berlin, Beschluss vom 01.03.2016 – 16 – 161 AR 2 / 16 – juris Rn. 36, grundsätzlich der Verkehrswert einer Sache maßgeblich, also etwa der gewöhnliche inländische Verkaufspreis für Waren gleicher Art und Güte, wobei (etwa beim Drogenhandel) auf die jeweilige Umsatzstufe abzustellen sei. 590  Vgl. Güntert, Vermögensabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, S. 67  f.; Schäfer, in: LK (10. Aufl.), § 73b Rn. 3; Wolters / Horn, in: SK, § 73a Rn. 3; Linde­ mann, in: Leitner / Rosenau, § 73 a Rn. 6; BGH, Urteil vom 06.06.2018  – 4 StR 569 / 17 – juris Rn. 28 ff. 591  BGH, Urteil vom 27.08.1963 – 1 StR 781 / 52 = BGHSt 4, 305 ff.; Schmidt, in: LK, § 73a Rn. 13; Fischer, StGB, § 73a Rn. 3; Eser, in: Schönke / Schröder, § 73a Rn. 11; Saliger, in: NK, § 73a Rn. 6; Heger, in: Lackner / Kühl, § 73a Rn. 4; Kudlich /  Noltensmeier, wistra 2007, 121 (125). 592  OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13 – juris Rn. 17; Wallschlä­ ger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 116 f.; Joecks, in: MK-StGB, § 73a Rn. 16; Keusch, Probleme des Verfalls im Strafrecht, S. 129.

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F. Tatsächliche Berechnung der Einziehungshöhe im Prozess

diese Bezug auf das unmittelbar Erlangte nimmt, welches letztlich Gegenstand der Einziehung ist. Jedoch ist dem § 73c StGB eine Hilfsfunktion zu § 73 StGB zuzuschreiben.593 Ist die Anwendung von § 73 StGB nicht möglich, bildet § 73c StGB das Substitut für § 73 StGB. Deshalb müssen Wertsteigerungen oder Wertminderungen berücksichtigt werden, weil der Wert­ ersatzverfall das Äquivalent zum Originalverfall bildet594 und bei Herausgabe dessen eine Wertsteigerung oder Wertminderung dem Originalgegenstand innewohnt und damit gleichermaßen herausgegeben wird. Denn § 73c StGB ermöglicht insofern die spiegelbildliche Wiedergabe des Originals. Der Täter würde bei Vorhandensein des Originals und dessen Wertschwankungen auch entsprechend be- oder entreichert sein, sodass für den Wertersatz nichts anderes gelten kann. Wenn die Sache unwiederbringlich veräußert wurde, ist nicht nachvollziehbar, dass bis dahin erfolgte Wertsteigerungen oder -minderungen nicht berücksichtigt werden sollten. Wenn zudem der Täter mit seiner Entdeckung rechnet, hat er es auch in der Hand, ob er den Originalgegenstand, den er erlangt hat, unwiederbringlich veräußert und damit nur noch die Wertersatzeinziehung möglich ist. Die gewichtigsten Bedenken lassen sich aber gegen die Auffassung anführen, die auf die letzte gerichtliche Entscheidung abstellt. Wie im Beispielsfall zu sehen ist, hat sich nach der Veräußerung der Wert der Aktie zwar erhöht, jedoch ist dieser Wertanstieg nicht mehr im Vermögen des Täters realisiert worden, sodass dieser Wert auch nicht mehr aus der Tat stammt und er dem Täter auch nicht zugeflossen ist.595 Dagegen lässt sich auch § 73c S. 2 StGB anführen,596 wonach die Wertersatzeinziehung neben der Originaleinziehung angeordnet werden kann, wenn deren Wert hinter dem zunächst Erlangten zurückbleibt. Damit hat der Gesetzgeber eine explizite Regelung für Wertschwankungen bei der Originaleinziehung geschaffen. Die sehr restriktive Handhabe der Norm zeigt aber, dass Wertschwankungen gerade nicht regelmäßig, sondern nur in krassen Missverhältnissen Berücksichtigung finden sollen,597 weshalb eine allgemeine Berücksichtigung bei § 73c StGB nicht angezeigt ist. Zudem läuft diese Ansicht damit dem vom Gesetzgeber gesetzten Zweck des § 73 StGB zuwider. Straftaten sollen sich nicht lohnen, sodass beim Täter keine Vorteile 593  Wallschläger,

Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 117. auch E-StGB 1962 = BT-Drucks. IV / 650, § 110, S. 245, wonach Wertersatz der Verfall des Geldbetrages ist, der dem Wert des erlangten Etwas des Originalverfalls entspricht. 595  OLG Stuttgart, Urteil vom 06.06.2014 – 2 Ss 541 / 13 – juris Rn. 17; Wallschlä­ ger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 117; Joecks, in: MK-StGB, § 73a Rn. 16. 596  Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 117. 597  Vgl. E-StGB 1962 = BT-Drucks. IV / 650, § 110, S. 241, wonach beispielhaft die Veräußerung zu einem Schleuderpreis oder einer teilweisen Schenkung genannt wird. 594  So



II. Zeitpunkt der Berechnung des Wertersatzes123

aus der Tat verbleiben sollen.598 Dabei soll die Einziehung bewusst eine Nähe zum Bereicherungsrecht aufweisen.599 Deshalb lohnt sich ein vergleichender Blick auf § 818 Abs. 2 BGB.600 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die überwiegende Auffassung im Zivilrecht im Rahmen des § 818 Abs. 2 BGB den Zeitpunkt bei Entstehung des Wertersatzanspruchs als den wesentlichen Zeitpunkt betrachtet.601 Schließlich gehe es bei den §§ 812 ff. BGB auch nicht um einen Schadensersatzanspruch,602 sodass nach § 818 Abs. 2 BGB dem Bereicherungsgläubiger auch nicht etwas zugesprochen werden kann, was sich nicht im Vermögen der Bereicherungsschuldners realisiert hat. Für den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sollen die Gründe der Rechtssicherheit und die Entbehrlichkeit von schwierigen und streitigen Ermittlungen der Höhe des Wertersatzanspruchs sprechen.603 Warum dies allerdings der Rechtssicherheit dienen soll, ist nicht verständlich. Stellt man auf den Zeitpunkt der Erlangung ab, womit die Einziehung ausgelöst wird, liegt die gerichtliche Entscheidung in der Zukunft und es ist vollkommen unklar, welchen Wert das Erlangte dann haben könnte. Rechtssicherheit entsteht damit eher, wenn man auf den Wert des Ersatzanspruchs abstellt, denn bis zu diesem Zeitpunkt ist für alle Beteiligten erkennbar, welcher Wert erlangt wurde. Ebenfalls ist dann eine genaue Bezifferung des Werts möglich. Ob diese Bezifferung unter Umständen tatsächlich aufwendiger ist als die Bezifferung zum Verfahrensende, ist zum einen fraglich und zum anderen ist eine Verfahrensvereinfachung maximal ein unterstützendes Argument, da dem Rechtsstaat grundsätzlich aufwendige Ermittlungen zumutbar sind. Beachtlich ist jedoch, dass der Gesetzgeber bewusst auf eine Regelung verzichtete, obwohl er im Entwurf eines Strafgesetzbuches von 1962 ausdrücklich auf den Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung abstellen wollte.604 Dabei ist aber festzustellen, dass es, wie schon bei der Frage der Zurechnung des Etwas bei mehreren Tatbeteiligten,605 einer klarstellenden Reglung im Strafrecht bedurft hätte. Deshalb ist das gesetzgeberische Unterlassen kein argumentativer Anknüpfungspunkt. Damit verbleibt noch die differenzierende Ansicht, deren Differenzierung es jedoch gar nicht bedarf, da die Ergebnisse stets deckungsgleich mit der Ansicht sind, die nur auf den Zeitpunkt des Wertersatzanspruchs abstellt. Denn wenn die Origi598  BT-Drucks.

11 / 6623, S. 8. 12 / 1134, S. 12. 600  Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 116. 601  Hadding, in: Soergel, § 818 Rn. 25; Lorenz, in: Staudinger, § 818 Rn. 31 m. w. N. 602  BGH, Urteil vom 27.02.1952 – II ZR 191 / 51 – juris Rn. 19. 603  Heuchemer, in: BeckOK-StGB, § 73c Rn. 10.1. 604  E-StGB 1962 = BT-Drucks. IV / 650, § 110, S. 241. 605  Vgl. hierzu die Ausführungen oben unter F. I. auf S. 113. 599  BT-Drucks.

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F. Tatsächliche Berechnung der Einziehungshöhe im Prozess

naleinziehung von Anfang an unmöglich ist, liegt der Zeitpunkt der Entstehung des Wertersatzanspruchs sowieso in dem Moment der Erlangung. Man mag dies aus dogmatischer Sicht differenzieren, ergebnisorientiert lassen sich aber keine Unterschiede feststellen. Folglich ist auf den Zeitpunkt der Entstehung des Wertersatzanspruchs für die Berechnung des erlangten Etwas abzustellen. Nach Auffassung von Kudlich / Noltensmeier hat dieser Streit jedoch keine Bedeutung für die Fälle, in denen man der Auffassung folgt, dass nur ein Sondervorteil erlangt werden kann.606 Dem ist jedoch auf Grund einiger Aspekte zu widersprechen: Denn der These liegt die Ansicht zu Grunde, dass der Sondervorteil beim Insiderhandel zum Zeitpunkt der Transaktion ermittelt wird, wie es wohl der gängigen deutschen Rechtsprechung im Rahmen der zivilrechtlichen Schadensberechnung entsprechen würde.607 Allerdings ist es auch vertretbar, nicht diesen, sondern einen späteren Zeitpunkt als Anknüpfungspunkt zu wählen, indem der „verfestigte“ Wert des Wertpapieres als zeitlicher Bezugspunkt dient,608 wie es auch der Supreme Court der USA handhabt.609 Deshalb sind also auch hier verschiedene Zeitpunkte denkbar. Dies wird auch bspw. bei der Bestimmung des Sondervorteils bei Korrup­ tionsdelikten sichtbar, wonach der BGH auch die Chance auf Folgeaufträge u. ä. berücksichtigen will,610 wobei deren tatsächliche Ermittlung oftmals nur schwer sofort bestimmbar ist, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt wirklich ersichtlich wird. Gleiches gilt insbesondere für die hier in Frage stehende Ermittlung der Tatanreize. Auch diese können Wertschwankungen unterliegen. Der Täter hat nämlich nur eine abstrakte Vorstellung von der Erzielung seines Tatanreizes, die Realisierung dessen erfolgt jedoch erst zu einem späteren, dem hier fraglichen, Zeitpunkt.

III. Berechnungsweise beim Handel mit Wertpapieren Ein spezifisches Problem der Kapitalmarktdelikte besteht darin, den jeweiligen Wert des erlangten Etwas konkret zu ermitteln. Denn der zu ermittelnde Abschöpfungsbetrag muss im direkten Zusammenhang zur Tathandlung stehen, sodass ein schlichter Vergleich zweier Kurswerte auf Grund der poly606  Kudlich / Noltensmeier,

wistra 2007, 121 (125). nimmt der BGH bei der Ermittlung des Schadens nach § 826 BGB auf diesen Zeitpunkt Bezug, vgl. BGH, Urteil vom 19.07.2004 – II ZR 402 / 02 – juris Rn.  40 f. 608  So auch BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 27. 609  Dazu Klöhn, DB 2010, 769 (774), ders., RIW 2005, 728 (729). 610  BGH, Urteil vom 02.12.2005 – 5 StR 119 / 05 – juris Rn. 52. 607  Jedenfalls



III. Berechnungsweise beim Handel mit Wertpapieren125

kausalen Einwirkungen auf den Börsenpreis611 zur Bestimmung nicht genügen kann. Dieses Problem weist deutliche Überschneidungen zur problematischen Feststellung des Einwirkungserfolgs bei der Marktmanipulation auf. Hier ist gem. § 38 Abs. 1 WpHG Voraussetzung für die Strafbarkeit, dass durch die Tathandlung auf den Börsenpreis eingewirkt wird. Die diesbezüglich entwickelten Ansichten können zwar eine Hilfestellung für das einziehungsbezogene Problem bereithalten, allerdings besteht ein wesentlicher Unterschied darin, dass es für den Einwirkungserfolg genügt, dass dieser als solcher nachgewiesen wird, während eine exakte Ermittlung des Ausmaßes des Einwirkungserfolgs nicht notwendig ist.612 Demgegenüber ist es für die Einziehungssumme unabdingbar, dass ein konkreter Wert bestimmt wird. Zudem folgt aus einem Einwirkungserfolg nicht zwingend, dass auch etwas erlangt wurde. Schließlich können aus einer Manipulationshandlung auch für den Täter Verlustgeschäfte hervorgehen, sodass er keine wirtschaftlichen Vermögenswerte aus der Tat erlangt hätte. Aus diesem Grunde fallen einige der vertretenen Ansichten zur Nachweisbarkeit des Einwirkungserfolges für die Bestimmung der Einziehungshöhe als mögliche Grundlage offensichtlich heraus. So ist der Vorschlag, das Merkmal der Preisbeeinflussung zu streichen,613 zwar dazu geeignet, die Beweisschwierigkeiten einer Strafbarkeit wegen einer Marktmanipulation zu umgehen, jedoch steht einem damit geschaffenen Gefährdungsdelikt nicht entgegen, dass der Täter aus dieser Tat dennoch etwas erlangen kann. In Hinblick auf § 73 StGB erfolgt damit keine Änderung der Problematik. Gleiches gilt, wenn man es genügen lassen will, dass ein Anleger gefunden wird, welcher auf Grund der Täuschung eine Transaktion mit einem bestimmten Volumen tätigt.614 Zwar kann aus einer dann erfolgten Befragung durch den ermittelten Anleger exakt ermittelt werden, was der Täter auf Grund dieser Transaktion und der dadurch hervorgerufenen Kursänderung erlangt hat, jedoch wird dies nur einen Teil des gesamten Erlangten ausmachen. Die vorgeschlagene Lösung gilt nur für den unrealistischen Fall, dass der gefundene Anleger zugleich der einzige Anleger war. Auch ein Vergleich mit anderen Kausalitätsfallgruppen, wie z. B. beim Holzschutzmittelfall,615 ist wenig hilfreich, da die bloße Feststellung einer Kursmitbeeinflussung nicht dazu ge611  BGH, Urteil vom 06.11.2003  – 1 StR 24 / 03  – juris Rn. 30; Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, Rn.  566 f.; Sorgenfrei, in: Park, T3 Kap. 4 Rn. 269. 612  Hellgardt, ZIP 2005, 2000 (2003); Schröder, HdB Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 585c. 613  Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß §  20a WpHG, S. 166. 614  Ziouvas / Walter, WM 2002, 1483 (1487). 615  BGH, Urteil vom 02.08.1995 – 2 StR 221 / 94 – juris Rn. 42.

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nügt, das exakt aus der Tat erlangte Etwas zu bestimmen, weil hierbei gerade nicht die tatexternen Umstände vernachlässigt werden dürfen.616 Der BGH verfolgt eine Indizienlösung.617 Dabei soll über mehrere Tage der Kursverlauf des Finanzinstruments verfolgt werden, wobei die Zeitdauer nicht allgemein angegeben werden kann, sondern abhängig von der Volatilität des Finanzinstruments ist.618 Als Indizien werden der Vergleich vom bisherigen Kursverlauf und Umsatz, die Kurs- und Umsatzentwicklung des betroffenen Finanzinstruments am gehandelten Tag und das Volumen der Handelsorder genannt.619 Insgesamt sollen an diese Anforderungen aber nach Ansicht des BGH keine „überspannten Anforderungen“ gestellt werden.620 In der Literatur wurden diese Indizien noch durch weitere ergänzt, sodass dem Ergebnis mehr Aussagekraft beigemessen werden kann. Diese wurden sodann, jedoch ausschließlich für den Fall der Ermittlung des Sondervorteils, vom BGH übernommen.621 Diese Ergänzungen sind namentlich der Vergleich mit dem Aktienverlauf unmittelbarer Wettbewerber, tatzeitnahe Börsen- und Markttrends und die übliche Schwankungsbreite des betroffenen Wertpapiers.622 Durch all diese Parameter ist es auch möglich, einen hypothetischen Preis zu ermitteln. Inwieweit dieser ermittelte Wert dem Wert nahe kommt, der tatsächlich ohne die Manipulationshandlung entstanden wäre, kann unmöglich festgestellt werden. Jedoch lassen sich durch die Kapitalmarkttheorie623 realitätsnahe Berechnungsgrundlagen ermitteln, sodass diese Ansicht auch für die Einziehung nähere Beachtung verdient. Als unpraktikabel, da undurchführbar,624 wird die Ansicht bewertet, die eine Befragung der Anleger für erforderlich hält.625 Allerdings ermöglicht 616  In Bezug auf den Einwirkungserfolg von Hellgardt, ZIP 2005, 2000 (2004) erwogen. 617  BGH, Urteil vom 06.11.2003 – 1 StR 24 / 03 – juris Rn. 30. 618  BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 27 f. 619  BGH, Urteil vom 06.11.2003  – 1 StR 24 / 03  – juris Rn. 30; OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.09.2015 – 4 Ws 283 / 15 – juris Rn. 21; dabei bereits ein Indiz genügen lassend LG Düsseldorf, Urteil vom 14.07.2010 – 14 KLs 6 / 09 – juris Rn. 360. 620  BGH, Urteil vom 06.11.2003  – 1 StR 24 / 03  – juris Rn. 30; Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 28: OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.09.2015 – 4 Ws 283 / 15 – juris Rn. 21. 621  Vgl. BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 27. 622  Vogel, in: Assmann / Schneider, § 38 Rn. 54; Altenhain, in: KöKo-WpHG, § 38 Rn. 117; Hellgardt, ZIP 2005, 2000 (2006 f.). 623  Dazu näher Hellgardt, ZIP 2005, 2000 (2004 f.). 624  Hellgardt, ZIP 2005, 2000 (2005); Eichelberger, Das Verbot der Marktmanipulation, S.  330 f. 625  LG München, Urteil vom 08.04.2003 – 4 KLs 305 Js 5237300 = NJW 2003, 2328 (2330); Schröder; HdB Kapitalmarktstrafrecht Rn. 585b; Altenhain, in: KöKoWpHG, § 38 Rn. 116; Schönwälder, Grund und Grenzen einer strafrechtlichen Regu-



III. Berechnungsweise beim Handel mit Wertpapieren127

diese Ansicht eine konkrete Bezifferung des erlangten Etwas. Schließlich kann jede einzelne Transaktion eines Anlegers, welche nicht getätigt worden wäre, aus der Orderliste nachträglich für die Berechnung „herausgestrichen“ werden, sodass damit ein neuer, der wahre, Kurs entsteht.626 Neben der Nähe zur Problematik des Einwirkungserfolgs weist die Schadensberechnung aus dem Zivilrecht für geschädigte Anleger eine noch deut­ ­ lichere Überschneidung zu dem einziehungsspezifischen Problem auf. Schließlich muss der Geschädigte auch hier einen klar bezifferten Wert angeben. Der Schaden wird dadurch ermittelt, dass der tatsächliche Kauf- oder Verkaufspreis mit dem wahren Preis verglichen wird.627 Dieser wahre Preis wiederum wird dadurch ermittelt, indem die Kursänderung unmittelbar nach Bekanntwerden der Manipulationshandlung und der wahren Sachlage zu Rate gezogen wird.628 Dabei müssen jedoch die Transaktionen herausgerechnet werden, die unabhängig von der Tathandlung erfolgt sind. Dies soll mit Hilfe des Capital Asset Pricing Model629 zu einem mit hoher Wahrscheinlichkeit zutreffenden Ergebnis führen.630 Auf die Einziehung übertragen folgt zwar aus dem Schaden eines einzelnen Anlegers nicht zwingend der Vorteil des Täters, jedoch kann dies als Grundlage für weitere Überlegungen zum insgesamt erlangten Vermögenswert in Form des Tatanreizes dienen. Voraussetzung für die Erarbeitung einer einziehungsspezifischen Lösung ist, dass im Ergebnis ein eindeutig ermittelter Wert bestimmt wird und diesbezüglich ein eindeutiger Nachweis erfolgt. Anders als im Zivilrecht, muss dieser Nachweis durch das Gericht ermittelt und festgestellt werden. Für die Einziehung gilt es bei der Marktmanipulation zudem zu differenzieren. Einerseits sind die konkrete Tathandlung (handels- oder informationsgestützt) und das damit verbundene abstrakt erlangte Etwas (Mehrerlös / Wertzuwachs) entscheidend, andererseits kommt es auf die Häufigkeit der getätigten Transaktion im Anschluss an die Tathandlung an. Einfacher sind die Fälle zu behandeln, in denen der Täter selbst Finanzinstrumente erwirbt oder veräußert, also handelsgestützt tätig wird. Hier ist das erlangte Etwas der erzielte Mehrwert, welcher entstanden ist, wenn man den Kurswert unmittelbar vor der lierung der Marktmanipulation S. 304; Yim, Die Zurechnung des Einwirkungserfolgs, S. 307. 626  Schröder, in: HWSt, 10. Teil 2. Kap. Rn. 90. 627  Fleischer, BB 2002, 1869 (1872); Möllers, NZG 2008, 413 (414); Sorgenfrei, in: Park, T3 Kap. 4 Rn. 269; insofern auch i. S. d. Out of Pocket Damages nach USRechtsprechung, vgl. Fleischer, a. a. O. m. w. N. 628  Fleischer, BB 2002, 1869 (1872). Dabei könnte man zeitlich auch an einen etwas späteren Moment denken, in dem sich der Wert verfestigt hat, damit plötzlich auftretende Überreaktionen des Marktes ausgeschlossen werden. 629  Vgl. Perridon / Steiner / Rathgeber, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 270 ff. 630  Fleischer, BB 2002, 1869 (1873).

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F. Tatsächliche Berechnung der Einziehungshöhe im Prozess

Manipulationshandlung mit dem Wert zum Zeitpunkt der Entstehung des Wertersatzanspruchs vergleicht. Dennoch bleibt auch hierbei das Problem bestehen, dass die Transaktionen, die nicht auf der Tathandlung beruhen, herausgerechnet werden müssen.631 Ist die Orderlage in einem solchen Fall überschaubar, müssen alle Händler befragt werden. Die Ermittlung der Personen ist dabei über § 7 Abs. 1 S. 2 BörsG bzw. nach § 9 WpHG möglich, indem zunächst über die Handelsüberwachungsstellen die Orderdaten mit den dahinterstehenden Personen entschlüsselt werden und sodann diese als Zeugen im Ermittlungsverfahren vernommen werden.632 Aber auch die so gewonnenen Aussagen über die Motivation des Handels sind mit Vorsicht zu genießen. Ob die Anleger den Handel dann doch unterlassen hätten, können sie nur ex post entscheiden. Da zu diesem Zeitpunkt die Situation vollkommen bekannt ist und die Schlüsse daraus gezogen werden konnten, bleiben immer einige Zweifel bestehen, ob sie sich ex ante nicht doch anders verhalten hätten.633 Zudem besteht eine Schwäche darin, dass bei Sachverhalten, in denen Anleger durch die Tathandlung vom Erwerb eines Finanzinstruments Abstand nehmen bzw. grundsätzlich einen Handel unterlassen,634 eine Befragung derjenigen Anleger nicht möglich ist, da diese schlicht unbekannt sind bzw. anderenfalls jedermann befragt werden müsste. Aus den sodann ge­ wonnenen Ergebnissen lässt sich übereinstimmend mit den Erkenntnissen der Wirtschaftswissenschaften, insbesondere durch die Kapitalmarkteffizienz­ hypothese, ein hypothetischer Kurswert ermitteln, welcher dem wahren Kurswert sehr nahe kommt. Zudem ist aus den genannten Unsicherheiten ein Sicherheitsabschlag vorzunehmen. Dieser kann nicht pauschal beziffert werden, sondern muss sich an den Umständen des Einzelfalles und insbesondere an dessen Komplexität orientieren. Je komplexer sich der Fall gestaltet, desto ungenauer wird die Wertermittlung ausfallen, weshalb dann der Sicherheitsabschlag umso höher sein muss. Dieser Sicherheitsabschlag und die Erwägung, dass das Fundament der Bestimmung auf einer hypothetischen Ermittlung beruht, ist für die Einziehung wegen § 73d Abs. 2 StGB möglich und unschädlich. Der § 73d Abs. 2 StGB erfordert, dass die Voraussetzungen des § 73 StGB gegeben sind und eröffnet damit sodann hinsichtlich des Umfangs der Abschöpfung eine Möglichkeit zur Schätzung.635 Ist die Orderlage kaum noch überschaubar, da ein solch erheblicher Handel stattfand, sind in erster Linie diejenigen Anleger mit einem sehr hohen Handelsvolumen herauszufiltern. Dies hat die Vorteile, dass einerseits der Ermittlungsaufwand im Rah631  Sorgenfrei,

in: Park, T3 Kap. 4 Rn. 269. HdB Kapitalmarktstrafrecht, Rn. 585b. 633  Hellgardt, ZIP 2005, 2000 (2005) mit Nachweisen der Erkenntnisse der modernen Kapitalmarktpsychologie. 634  Altenhain, in: KöKo-WpHG, § 38 Rn. 116. 635  Eser, in: Schönke / Schröder, § 73b Rn. 2; Joecks, in: MK-StGB, § 73b Rn. 3. 632  Schröder,



III. Berechnungsweise beim Handel mit Wertpapieren129

men des Möglichen bleibt und andererseits damit zwangsläufig der größte Teil der Kursveränderung nachgezeichnet und das erlangte Etwas damit ermittelt werden kann. Je nachdem, wie viel Prozent des Ordervolumens dadurch ermittelt werden konnte, ist damit schon eine genügende Grundlage für § 73d Abs. 2 StGB geschaffen. Anderenfalls werden die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte sich mit dem dann berechneten hypothetischen Kurswert und dem dann auch eher geringeren als tatsächlich erlangten Wert des Etwas begnügen müssen und nur diesen Wert als Schätzungsgrundlage heranziehen, ohne noch die weiteren Anleger bei der Schätzung in Bezug nehmen zu können. Was dadurch wie ein (Teil-)Verzicht wirkt, steht aber nicht im Widerspruch zu der Einziehungsvorschrift, die mangels Ermessens die vollständige Abschöpfung des erlangten Etwas bezweckt. Denn gerade die Anwendung von § 73d Abs. 2 StGB setzt voraus, dass eine konkrete Feststellung des Etwas einen unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit oder Kosten erfordern würde.636 Genau dies ist vorliegend der Fall: Zwar ist es theoretisch möglich, tausende Orderdaten auszuwerten und hunderte Zeugen zu vernehmen, allerdings ist dies praktisch nicht durchführbar. Schließlich müsste man diese Prozedur in jedem Ermittlungsverfahren vollziehen, sodass ein Fall für sich schon Jahre in der Aufarbeitung benötigen und durch die Kumulation von mehreren Verfahren ein Stau von Jahrzehnten entstehen würde, welcher auch nicht durch eine weitere Ausstattung der Ermittlungsbehörde mit Ressourcen annähern eingedämmt werden könnte. Demnach stützt auch der nach Art. 6 Abs. 1 EMRK garantierte Beschleunigungsgrundsatz das Ergebnis.637 Der Gesetzgeber hat diesen Gedanken auch aufgegriffen. Denn gem. § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Einziehung absehen, wenn das Verfahren, soweit es die Einziehung betrifft, einen unangemessenen Aufwand erfordert oder die Herbeiführung einer Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen erschwert. Sind die einzelnen Anleger zu einer Aussage nicht bereit, obwohl dies auch ihren Interessen zuwiderlaufen würde, verbliebe die Möglichkeit, als Schätzungsgrundlage die Ereignisstudie638 heranzuziehen. Allerdings würde dadurch eine noch ungenauere Grundlage geschaffen werden, wobei fraglich ist, ob dies für § 73d Abs. 2 StGB genügen kann. Es müsste ein noch höherer Sicherheitsabschlag vorgenommen werden als der auf Grund der Unmöglichkeit der exakten Berechnung ohnehin Vorgenommene. Diese insgesamt zu 636  Joecks,

in: MK-StGB, § 73b Rn. 4. ist zu beachten, dass Art. 6 Abs. 1 EMRK auch für eine Verfallsanordnung im selbstständigen Verfahren gilt. 638  Grundsätzliche Einwände zur Ereignisstudie bei Yim, Zurechnung des Einwirkungserfolgs, S.  318 ff. 637  Dabei

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F. Tatsächliche Berechnung der Einziehungshöhe im Prozess

unsichere Berechnungsgrundlage muss, wie eine gänzlich nicht mögliche Feststellung, dazu führen, dass dem Grundsatz in dubio pro reo zufolge keine Einziehung angeordnet werden kann. Noch etwas schwieriger sind die Fälle der informationsgestützten Marktmanipulation zu behandeln. Denn auch hier kann der Täter unter Umständen etwas erlangen. Diese Umstände sind bspw. darin zu sehen, dass selbst gehaltene Aktien im Wert durch die Tathandlung steigen.639 Auf eine Realisierung des gestiegenen Wertes durch eine Veräußerung kommt es dabei nicht an.640 Immerhin wird das Vermögen bereits durch den Anstieg des Kurses vermehrt. Auf Grund der stetig dynamischen Entwicklung des Wertes des Tatobjekts bereitet hierbei zusätzlich die zeitliche Fixierung eines Kurswertes Probleme. Dieses Problem besteht konkret darin, dass die Tathandlung das erlangte Etwas nicht mit einmal, sondern zeitlich schleichend hervorruft. Fraglich ist dann, wann eine zeitliche Zäsur erfolgt. Diese erfolgt mit dem Zeitpunkt der Beendigung der Marktmanipulation, also wenn keine getätigten Geschäfte mehr auf Grund der Tathandlung erfolgen.641 Dies wird regelmäßig spätestens dann der Fall sein, wenn die Tathandlung öffentlich wurde. Für den Insiderhandel gestaltet sich die Berechnungslage einfacher. Das erlangte Etwas ist hierbei der Differenzbetrag der beiden Kurswerte, die bei der Transaktion des Täters und bei der Veröffentlichung der Insiderinformation vorliegen. Einzig der Begriff der Veröffentlichung bedarf einer näheren Konkretisierung. Denn durch die Bekanntgabe der Insiderinformation bildet sich zwar der Preis, welcher sich entsprechend der Marktregularien bilden soll, allerdings kommt es direkt nach Bekanntgabe oftmals zu Überreaktionen des Marktes, sodass erst ein späterer Wert, als verfestigter Wert, taug­ liche Grundlage sein kann. Hier können die vom BGH aufgestellten Grundsätze beachtet werden, welche eine längere Beobachtung der Kursentwicklung unter Berücksichtigung verschiedener Parameter fordern, um eine solide Schätzung vornehmen zu können.642 Anders als bei den Fällen der Marktmanipulation müssen bei dem letzten Kurswert keine Transaktionen von Anlegern herausgerechnet werden, da der Insiderhändler bis zur Veröffentlichung der Insiderinformation keinen Handel betreiben darf. Demnach erlangt der Täter aus jeder der kurserhöhenden Transaktionen etwas.

639  Altenhain, in: KöKo-WpHG, § 38 Rn. 161; Schömann, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 38 Abs. 2 WpHG, S. 168; Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß § 20a WpHG, S. 180. 640  Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipulation gemäß §  20a WpHG, S. 180. 641  Pananis, in: MK-StGB, § 38 WpHG Rn. 251. 642  BGH, Beschluss vom 27.01.2010 – 5 StR 224 / 09 – juris Rn. 27 f.

G. Dritteinziehung Einer Einziehungsanordnung muss nicht entgegenstehen, dass nicht der Täter selbst, sondern ein Dritter das Etwas durch oder für die Tat erlangt hat. Denn nicht nur beim Täter oder Teilnehmer, sondern auch bei einem tatun­ beteiligten Dritten kann gemäß § 73b StGB das erlangte Etwas abgeschöpft werden.

I. Anwendbarkeit von § 73b StGB Entscheidend ist, dass § 73b StGB entgegen der bisherigen allgemeinen Auffassung deutlichen Einschränkungen in seiner Anwendung unterliegt. Schließlich folgt aus dem Strafcharakter, dass dem Dritten ebenfalls ein schuldhaftes Handeln vorgeworfen werden muss, weshalb sich eine natür­ liche Person stets selbst wegen Beihilfe zur Ursprungstat oder vor allem wegen Hehlerei oder Geldwäsche strafbar gemacht haben wird. Deshalb wird gegenüber dieser Person § 73 Abs. 1 StGB schon unmittelbar anwendbar sein, sodass es § 73b StGB nicht bedarf. Ausgenommen ist nur der Fall der Nettoabschöpfung. Hierbei ist mangels Strafcharakters keine Schuld erforderlich. In Bezug auf juristische Personen gilt letzteres im gleichen Maße. Damit erfolgt eine Anwendung von § 73b StGB auf Grund des Verhältnisses zu §73 Abs. 1 StGB und seines Strafcharakters nur bzgl. des Nettoverfalls.643

II. Zurechnungszusammenhang Dafür ist gemäß § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB jedoch erforderlich, dass der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt und dieser durch die Tat etwas erlangt hat. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, richtet sich § 73 StGB direkt gegen den Dritten. Die Norm ist damit äußerst offen formuliert, wobei eine Auslegung des Wortlauts sowohl eine extensive als auch eine restriktive Anwendung der Norm zulässt.644 Jedenfalls stellen beide Normbestandteile einen gegenseitigen Bezug her. Durch die Formulierung „für einen anderen“ wird zwischen dem Tatbeteiligten und dem Dritten eine Beziehung her­gestellt und durch „durch die Tat“ wird das Erlangte des Dritten zur Tat in Beziehung 643  Näher 644  Vgl.

dazu oben unter D. I. 3. auf S. 68 ff. Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 267.

132

G. Dritteinziehung

gesetzt. Fraglich ist allerdings die konkrete Ausgestaltung dieser gegenseitigen Beziehungen. 1. Unstreitige Fallkonstellationen vor der Reform Unproblematisch waren seit jeher die Fälle erfasst, in denen der Dritte das Etwas unmittelbar, also ohne Zwischenschritte bzw. ohne eine Erlangung des Etwas durch den Täter, erlangte.645 Dies gilt ebenfalls für die sogenannten Vertretungsfälle i. e. S.646 Das sind die Fälle, in denen ein vertretungsberechtigtes Organ nach § 14 StGB handelt oder eine wirksame Stellvertretung nach §§ 164 ff. BGB vorliegt.647 Dabei wird häufig im Zusammenhang erwähnt, dass das vertretungsberechtigte Organ zumindest im Interesse des Vertretenden gehandelt haben muss.648 Das Merkmal „für einen anderen“ liegt jedenfalls dann vor, wenn jemand nach § 14 StGB „als“ Organ gehandelt hat. Liegen die Voraussetzungen von § 14 StGB vor, wird man auch ein Handeln für einen anderen nach § 73b StGB bejahen müssen. Ebenfalls ohne Probleme waren Fälle mit Drittbereicherungsabsicht des Tatbeteiligten erfasst.649 Dies folgt schon daraus, dass der Tatbeteiligte selbst keinen Willen in Bezug auf die Erlangung des Vermögenswerts besitzt, sodass ein vergleichbarer Fall der Besitzdienerschaft oder des Geheißerwerbs650 vorliegt und damit der Dritte den Vermögenswert ohne einen Zwischenakt erlangt hat.651 Schließlich wurde einheitlich ein gutgläubiger Erfüllungsfall nicht innerhalb von § 73 Abs. 3 StGB a. F. zugerechnet.652 Ein solcher Fall ist gegeben, wenn der Tatbeteiligte einem gutgläubigen Dritten das erlangte Etwas bzw. einen Teil dessen zuwendet, und zwar in Erfüllung einer nicht bemakelten entgeltlichen Forderung, deren Entstehung und Inhalt in keinem Zusammenhang mit der Tat stehen.653 Schließlich dürfe § 73 StGB nicht weitreichender sein als das zivilrechtliche Bereicherungsrecht, welches in § 822 BGB eine 645  Rönnau,

Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 111. Urteil vom 19.10.1999 – 5 StR 336 / 99 – juris Rn. 42. 647  BGH, Urteil vom 19.10.1999  – 5 StR 336 / 99  – juris Rn. 42; Fischer, § 73 Rn. 31; Joecks, in: MK-StGB, § 73 Rn. 66; Hofmann, wistra 2008, 401 (402); Korte, in: FS-Samson, 65 (68). 648  BGH, Urteil vom 19.10.1999 – 5 StR 336 / 99 – juris Rn. 44. 649  Joecks, in: MK-StGB, § 73 Rn. 66; Fischer, StGB, § 73 Rn. 31. 650  Dazu Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 115. 651  Vgl. oben unter F. I. auf S. 113. 652  BGH, Urteil vom 19.10.1999 – 5 StR 336 / 99 – juris Rn. 48; vgl. Rhode, wistra 2012, 85 (86). 653  BGH, Urteil vom 19.10.1999 – 5 StR 336 / 99 – juris Rn. 46. 646  BGH,



II. Zurechnungszusammenhang133

Herausgabepflicht des Dritten nur bzgl. einer unentgeltlichen Zuwendung statuiert.654 2. Streitige Fallkonstellationen vor der Reform Alle übrigen Fälle, die sich nicht den vorherigen Fallgruppen zuordnen lassen, waren äußerst umstritten.655 Dies lag nicht zuletzt an einer vielfältigen Bandbreite von Auslegungsmöglichkeiten und der kasuistischen Lösung des BGH. Für die Beantwortung der einzelnen Fallgestaltungen wurden eine Reihe an Kriterien herangezogen: Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung, Art und Umfang der zwischengeschalteten Rechtsgeschäfte, Entgeltlichkeit, Interesse, Erkennbarkeit des Verhältnisses zwischen Tatbeteiligten und Dritten nach außen, Kenntnis des Dritten von der Tat.656 Der BGH hatte all diese Kriterien in drei Fallgruppen verarbeitet und unterschied damit zwischen Vertretungs-, Verschiebungs-, und Erfüllungsfällen.657 Die Vertretungsfälle wurden wiederum in die bereits erläuterten Vertretungsfälle i. e. S. und in Vertretungsfälle i. w. S. unterteilt. So wurde überwiegend vertreten, dass das Vorliegen von § 14 StGB nicht notwendig sei.658 Damit wären die zuvor getroffenen Aussagen über das Vorliegen von § 14 StGB überflüssig. Nach der Rechtsprechung genügt es für die Vertretungsfälle i. w. S., dass sonstige Angehörige einer Organisation, die im Organisationsinteresse tätig werden, handeln, was bei betrieblichen Organisationen die Angestellten umfasse.659 Denn dieser Personenkreis handelt zumindest auch im faktischen Interesse des Unternehmens, sodass ein Bereicherungszusammenhang durch das betriebliche Zurechnungsverhältnis entstanden sei.660 Die Verschiebungsfälle sind dadurch gekennzeichnet, dass der Tatbeteiligte dem Dritten einen Vermögenswert entweder unentgeltlich oder durch ein bemakeltes Rechtsgeschäft zukommen lässt.661 Dabei wird der Tatbeteiligte allerdings primär im eigenen Interesse handeln und nicht im Einflussbereich 654  BGH,

Urteil vom 19.10.1999 – 5 StR 336 / 99 – juris Rn. 49. Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 106. 656  Siehe nur Fischer, StGB, § 73 Rn. 33; Eser, in: Schönke / Schröder, § 73 Rn. 37a. 657  BGH, Urteil vom 19.10.1999  – 5 StR 336 / 99  – juris Rn. 41 ff.; BGH, Urteil vom 23.10.2013 – 5 StR 505 / 12 juris Rn. 54; BGH, Urteil vom 03.12.2013 – 1 StR 53 / 13 – juris Rn. 36 ff. 658  Wallschläger, Die Neufassung der strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 100; Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 54; Heger, in: Lackner / Kühl, § 73 Rn. 9; Wolters / Horn, in: SK, § 73 Rn. 14d. 659  BGH, Urteil vom 19.10.1999 – 5 StR 336 / 99 – juris Rn. 42. 660  BGH, Urteil vom 19.10.1999 – 5 StR 336 / 99 – juris Rn. 44. 661  BGH, Urteil vom 19.10.1999 – 5 StR 336 / 99 – juris Rn. 45. 655  Rönnau,

134

G. Dritteinziehung

des Dritten stehen.662 Die Bemakelung des Rechtsgeschäfts meint dabei, dass der Dritte Kenntnis von der rechtswidrigen Erlangung des Vermögenswertes hat.663 Für den oben erwähnten Erfüllungsfall ist von entscheidender Bedeutung, dass zwischen der Gut- und Bösgläubigkeit des Dritten differenziert wird, da nach dem BGH nur bei der Bösgläubigkeit, also der Kenntnis des bemakelten Rechtsgeschäfts, eine Zurechnung der Vermögensverschiebung auf den Dritten nach § 73 Abs. 3 StGB a. F. erfolgen konnte.664 Diese von der Rechtsprechung geprägte Kasuistik hat der Gesetzgeber aufgegriffen und durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung in § 73b Abs. 1 Nr. 2 StGB eingefügt. Damit ist der Streit665 über die Zulässigkeit dieser Fallgruppen weitestgehend beigelegt. Gleichwohl bestehen Unklarheiten bzgl. § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB fort, da das Merkmal „für ihn gehandelt“ nach wie vor auslegungsbedürftig ist. Eine Ansicht verlangt, dass die Handlung des Tatbeteiligten im tatsächlichen Interesse des Dritten vollzogen wurde, damit der Täter für den Dritten gehandelt hat.666 Nach anderer Ansicht genügt für eine Zurechnung für das „für einen anderen“ bereits ein eigenes Interesse des Tatbeteiligten.667 3. Eigene Ansicht Nach der hier vertretenen Ansicht ist eine Zurechnung gegenüber einem Dritten als nicht natürliche Person wie folgt zu beurteilen: „Für einen anderen“ ist gegeben, wenn den Tatbeteiligten i. S. d. Zurechnungsmodells Pflichten des Dritten treffen, wobei aber keine Beschränkung auf den von § 14 StGB aufgezählten Täterkreis vorgenommen wird, sondern dessen dahinterstehender Gedanke auf jedermann der Personengesellschaft oder juristischen Person668 übertragen werden soll.669 Das Merkmal „durch die Tat“ ist erfüllt,

662  BGH,

Urteil vom 19.10.1999 – 5 StR 336 / 99 – juris Rn. 45. wistra 2012, 85 (86). 664  BGH, Urteil vom 19.10.1999 – 5 StR 336 / 99 – juris Rn. 46 ff. 665  Die Rechtsprechung erhielt aber auch im alten Recht teilweise Zustimmung, vgl. Schmid / Winter, NStZ 2002, 8 (12); Heger, in: Lackner / Kühl Rn. 9; Rhode, wistra 2012, 85 (86); Saliger, in: NK, § 73 Rn. 36. 666  Eser, in: Schönke / Schröder, § 73 Rn. 37; ders., Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum, S. 287 ff.; Brenner, DRiZ 1977, 203. 667  Schäfer, in: LK (10. Aufl.), § 73 Rn. 41, 43; Schmidt, in: LK, § 73 Rn. 54. 668  Für alle Arbeitnehmer im Unternehmen auch Schäfer, in: LK (10. Aufl.) § 73 Rn. 44; Ransiek, Unternehmensstrafrecht, S. 123; Korte, in: FS-Samson, 65 (80) und für eine Erweiterung des Personenkreises von § 14 StGB in Bezug auf den Drittverfall auf Grund kriminalpolitischer Bedürfnisse schon E-StGB 1962 = BT-Drucks. IV / 650, § 109, S. 242. 663  Rhode,



II. Zurechnungszusammenhang135

wenn nicht der Tatbeteiligte, sondern nur der Dritte den Vorteil erlangt hat. Dies ist aber schon dann gegeben, wenn ein Unternehmensangehöriger keinen Willen zum dauerhaften Besitz des Vorteils hat. Dass schon nicht nur das eigene Interesse des Tatbeteiligten für § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB genügen kann, folgt bereits aus dem Wortlaut der Norm. Denn käme es nur auf die eigenen Ziele an, wäre die Formulierung „für einen anderen“ bedeutungslos.670 Demnach ist in jedem Falle ein Bezug zum Dritten notwendig. Dabei ist das Interesse allgemein ein ungeeignetes Kriterium für die Zurechnung. Denn Ziel der Dritteinziehung ist immer noch die Abschöpfung illegitimer Vermögensvorteile, welche unabhängig von der Willensrichtung des Tatbeteiligten entstehen können. Deshalb ist es auch nicht ausreichend, den Bezug zwischen dem Tatbeteiligten und dem Dritten ausschließlich anhand eines subjektiven Merkmals festzustellen, vielmehr bedarf es einer objektiven Herangehensweise. Für die Zurechnung des Handelns für einen anderen hat der Gesetzgeber mit § 14 StGB eine explizite Norm im Strafgesetzbuch geschaffen mit einer ebensolchen Titulierung der Norm.671 Allerdings soll § 14 StGB als solcher nicht Anwendung finden, sondern nur der dahinterstehende Gedanke. Denn bei der Dritteinziehung soll es nicht um die Zurechnung eines Merkmals eines Sonderdelikts und der damit einhergehenden Strafbarkeitsausweitung gehen, sondern um den Teil, welcher regelt, wann eine Handlung jemand anderem grundsätzlich zugerechnet werden kann.672 Dafür werden die Erwägungen des „als“ von § 14 StGB auf das „für einen anderen“ des § 73b StGB übertragen. Wie bereits oben erläutert, nimmt die Rechtsprechung, aber auch die Literatur, dabei Bezug auf das Interesse der betroffenen Personen. Dieser hervorgerufene Zusammenhang zu § 14 StGB ist jedoch ungeschickt, da die Interessentheorie jedenfalls im Zusammenhang mit § 14 StGB nicht mehr vertreten wird.673 Will man also das Vorliegen von § 14 StGB als unstreitigen Fall der Dritteinziehung erfassen, muss man zumindest fordern, dass ein Vertreterbezug nach 669  Nach Radtke, in: FS-Schünemann, 927 (936 f.), soll an dieser Stelle stets § 73 Abs. 3 a. F. StGB gegeben sein. 670  Ransiek, Unternehmensstrafrecht, S. 123; Wilts, in: KK-OWiG (1. Aufl.), §29a Rn. 17. 671  Hofmann, wistra 2008, 401 (407). 672  Vgl. auch E-StGB 1962 = BT-Drucks. III / 2150, S. 229. 673  Rechtsprechungsänderung durch BGH, Urteil vom 10.02.2009 – 3 StR 372 / 08, gefolgt von BGH, Beschluss vom 29.11.2011  – 1 ARs 19 / 11; BGH, Beschluss vom 10.01.2012 – 4 Ars 17 / 11. In der Literatur wurde die Interessentheorie in Bezug auf § 14 StGB ohnehin seit Jahrzehnten überwiegend kritisiert, vgl. nur Labsch, wistra 1985, 59 ff.; Arloth, NStZ 1990, 570; Kindhäuser, in: NK, § 14 Rn. 18; Leipold / Schä­ fer, NZG 2009, 937; Tiedemann, in: LK, Vorb. § 283 Rn. 85; Hoyer, in: SK, § 283 Rn. 103; Schwarz, HRRS 2009, 341.

136

G. Dritteinziehung

der sogenannten Funktionstheorie674 oder dem Zurechnungsmodell675 vorliegt. Nach der sogenannten Funktionstheorie soll eine Handlung „als“ Organ und damit eine Zurechnung über § 14 StGB vorliegen, wenn das Organ zur Verwirklichung seines Verhaltens gerade diejenigen rechtlichen oder tatsächlichen Wirkungsmöglichkeiten einsetzt, die ihm aus seiner Organstellung erwachsen, m. a. W., wenn der Vertreter in seiner Funktion als Vertreter tätig wird.676 Dabei ist wie folgt zu differenzieren: Bei rechtsgeschäftlichem Handeln ist der Vertreterbezug zu bejahen, wenn der Vertreter im Namen des Vertretenen tätig wird.677 Dagegen wird bei einem rein tatsächlichen Handeln darauf abgestellt, ob die Tätigkeit ihrer Art nach den Anschein erweckt, dass sie der Wahrnehmung von Angelegenheiten des Vertretenen dient.678 Dies ist zu bejahen, wenn der Vertreter die rechtlichen oder tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten nach außen einsetzt, die ihm seine Organstellung einräumt.679 Die Vertreter dieser Ansicht richten sich demnach grundsätzlich nach den im Zivilrecht entwickelten Methoden.680 Damit sind also auch Handlungen, die bei bloßer Gelegenheit erfüllt werden oder die von einem beliebigen Dritten getätigt werden könnten, hierbei nicht umfasst.681 Nach dem Zurechnungsmodell erfolgt die Anwendbarkeit von § 14 StGB auf Sonderdelikte danach, ob das Handeln des Vertreters auf Grundlage einer rechtlich wertenden Betrachtung dem Vertretenen zugerechnet werden kann, m. a. W., dass den Vertreter Pflichten des Vertretenen treffen.682 Dabei ist jeweils auf das in Frage stehende Sonderdelikt individuell einzugehen.683 Das Zurechnungsmodell setzt zwar, wie die Funktionstheorie, ein Handeln im Geschäftskreis des Vertretenen voraus, verlangt jedoch weitere Bedingungen.684 Als weitere Bedin674  Arloth, NStZ 1990, 570 (574); Labsch, wistra 1985, 59 (60); Perron, in: Schön­ke / Schröder, § 14 Rn. 26; Tiedemann, in: LK, Vorb. § 283 Rn. 85, m. w. N. Rn. 81. 675  Im Ansatz bereits Reiß, wistra 1989, 81 (85); entwickelt von Radtke, GmbHR 1998, 361 (369); ders., JR 2010, 233, (237); ders., in: MK-StGB, § 14, Rn. 65 ff.; Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co. KG, S. 234 f.; Hoyer, in: SK, § 283 Rn. 105. 676  Arloth, NStZ 1990, 570 (574); Labsch, wistra 1985, 59 (60); Perron, in: Schönke / Schröder, § 14 Rn. 26; Tiedemann, in: LK, Vorb. § 283 Rn. 85, m. w. N. Rn. 81. 677  Perron, in: Schönke / Schröder, § 14 Rn. 26; Böse, in: NK, § 14 Rn. 18. 678  Labsch, wistra 1985, 59 (61); Habetha, NZG 2012, 1134 (1136); Perron, in: Schönke / Schröder, § 14 Rn. 26. 679  Tiedemann, NJW 1986, 1842 (1844); Habetha, NZG 2012, 1134 (1136). 680  Labsch, wistra 1985, 59 (60); Tiedemann, in: LK, Vorb. § 283 Rn. 85. 681  Arloth, NStZ 1990, 570 (574); Schmucker, ZJS 2011, 30 (33). Zur zivilrecht­ lichen Bewertung beim Handeln bei bloßer Gelegenheit vgl. Larenz, AT BGB § 10 II d). 682  Radtke, JR 2010, 233, (237); ders., in: FS-Schünemann, 927 (937). 683  Brand, Untreue und Bankrott in der KG und GmbH & Co. KG, S 234 f. 684  Radtke, in: MK-StGB, § 14 Rn. 65.



II. Zurechnungszusammenhang137

gungen erwähnt Radtke die Anforderungen an den jeweils einschlägigen Straftatbestand, sowie die Qualität des Verhaltens des handelnden Vertreters.685 Bei rechtsgeschäftlichem Handeln muss entweder ein Handeln im Namen des Vertretenden erfolgen, insofern liegt eine Übereinstimmung mit der objektiv-funktionalen Theorie vor, oder die Rechtswirkungen des Geschäftes müssen den Vertretenden treffen.686 Dies setzt jedoch, ebenso wie bei einem tatsächlichen Verhalten des Vertreters, die Zustimmung der Gesellschafter für die Handlung voraus.687 Entscheidend ist deshalb, ob der Tatbeteiligte im Pflichtenkreis des Dritten tätig wird.688 Dies ist beim Handeln von Angestellten im Unternehmen grundsätzlich anzunehmen, sofern es sich nicht um eine Exzesstat des Tatbeteiligten handelt. Für das „durch die Tat“ ist das Verhältnis von § 73 Abs. 1 zu § 73b StGB der Norm von Bedeutung. Denn solange § 73 Abs. 1 StGB gegenüber dem Tatbeteiligten anwendbar ist, darf § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB keine Anwendung finden. Schließlich ist eine vollständige Abschöpfung möglich, sobald § 73 Abs. 1 StGB gegeben ist. Dies gilt auch für den Fall des § 73 Abs. 1 Nr. 2 StGB, da insofern dem Tatbeteiligten das entsprechende Surrogat nach § 73 Abs. 2 StGB entzogen werden kann.689 Würde man die Dritteinziehung parallel bzw. alternativ anwenden wollen, so würde dies faktisch zu einer Beweiserleichterung zu Gunsten des Staates und zu Lasten des solventeren Adressaten führen. Dies entspricht aber nicht dem Zweck der Dritteinziehung, die dazu dient, das Erlangte einzig deshalb zu entziehen, da es dem Gesetzgeber ungerecht erschien, wenn das Erlangte beim Dritten verbleiben würde, obwohl dies in einer engen und nach außen erkennbaren Beziehung zu den Vermögensangelegenheiten des anderen erlangt wurde.690 Dem Gericht soll daher nicht eine Wahlmöglichkeit für den besseren Schuldner zur 685  Radtke, 686  BGH,

in: MK-StGB, § 14 Rn. 65. Beschluss vom 10.02.2009 – 3 StR 372 / 08; Radtke, in: MK-StGB, § 14

Rn. 66. 687  BGH, Beschluss vom. 15.05.2012 – 3 StR 118 / 11; Radtke, in: MK-StGB, § 14 Rn.  66 f.; Böse, in: NK, § 14 Rn. 19. 688  Auch wenn beide Ansichten oftmals zum gleichen Ergebnis gelangen (Schüne­ mann, in: LK, § 14 Rn. 52; Radtke, JR 2010, 233 (238)) ist das Zurechnungsmodell vorzugswürdiger, da die sog. Funktionstheorie nur eine unscharfe Trennung bzgl. des Handelns bei bloßer Gelegenheit darbietet (Radtke, GmbHR 1998, 361 (369)) und keine tatsächlichen Verhaltensweisen des Handelnden erfasst (Hellmann / Esakov / Go­ lovnenkov, Bestimmung des Sondersubjekts bei Wirtschaftsstraftaten im russischen und deutschen Recht, S. 37), wobei dies aber dem Zweck der Einziehung in vielen Fällen zuwiderlaufen und die Norm, weiter als vom Wortlaut erfordert, einschränken würde. 689  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 286; Wolters /  Horn, in: SK, § 73 Rn. 14e. 690  E-StGB 1962 = BT-Drucks. IV / 650, § 109, S. 242.

138

G. Dritteinziehung

Verfügung stehen.691 Bei einem entgeltlichen Rechtsgeschäft ist es nicht vorstellbar, dass der Tatbeteiligte den Vorteil nicht erlangt hat, da er anderenfalls nicht wirksam über diesen verfügen könnte. Deshalb ist es zutreffend, wenn im Ergebnis bei entgeltlichen Rechtsgeschäften die Dritteinziehung ausgeschlossen ist.692 Für die früher umstrittenen Fallkonstellationen hat der Gesetzgeber nunmehr durch § 73b Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB eine klarstellende Regelung und Rechtssicherheit geschaffen.693 Dennoch mag deren Notwendigkeit kritisch hinterfragt werden. Für unentgeltliche Rechtsgeschäfte konnte zunächst durchaus § 822 BGB in Betracht gezogen werden.694 Denn § 822 BGB regelt den Fall einer unentgeltlichen Vermögensverschiebung an einen Dritten. Der Einwand Fischers, dass es inkonsequent wäre, § 818 Abs. 3 BGB nicht, aber § 822 BGB gleichwohl berücksichtigen zu wollen,695 kann für die hier vorgeschlagene Lösung nicht gelten. Denn während für § 73 Abs. 1 StGB eine Anwendung des Bruttoprinzips stattfindet, steht für §73b StGB nur eine Nettoabschöpfung im Raum, sodass die Dritteinziehung wieder kondiktionsähnlich ist und damit auch rechtfertigt, dass auf die Grundzüge des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts Bezug genommen wird. Allerdings kann § 822 BGB aus einem anderen Grunde keine Geltung beanspruchen. Dies ist den unterschiedlichen Interessenlagen im Zivil- und Strafrecht geschuldet. Denn § 822 BGB durchbricht den bereicherungsrechtlichen Grundsatz des Vorrangs der Leistungskondiktion.696 Dem Grundsatz zufolge müsste man sich immer zunächst an den Tatbeteiligten wenden. Für das Zivilrecht ist diese Durchbrechung des Grundsatzes allerdings deshalb gerechtfertigt, da es für den Gläubiger unbillig wäre, wenn dieser keine Möglichkeit mehr hätte seine ursprüngliche Vermögensposition einnehmen zu können, mithin bezweckt § 822 BGB die Realisierung seines Restitutionsinteresses.697 Da der Dritte die Leistung unentgeltlich empfangen hat, ist es den widerstreitenden Interessen nach am gerechtesten, dass der Dritte ausnahmsweise belastet werden kann, wenn der vorrangige Schuldner nicht solvent ist. Im Strafrecht ist allerdings der Staat der Empfänger der Leistung. 691  Rönnau,

Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 276. E. auch Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 120. 693  So auch Saliger, in: NK, Vorb. §§ 73 Rn. 3c. 694  Wegen der durch die Gesetzesänderung von 1992 bedachten Annäherung an das Bereicherungsrecht von Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, S. 105, bejaht. 695  Fischer, StGB, § 73 Rn. 37; a. A. Heuchemer, in: BeckOK-StGB, § 73 Rn. 28. 696  Zum Vorrang der Leistungskondiktion Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 285; allgemein BGH, Urteil vom 04.02.1999  – III ZR 56 / 98  – juris Rn.  19 m. w. N. 697  Schwab, in: MK-BGB, § 822 Rn. 1. 692  I.



II. Zurechnungszusammenhang139

Dieser hatte keinen ursprünglichen Verlust, sondern wäre ausschließlich Nutznießer. Deshalb besteht schon gar kein Interessenwiderspruch und der Staat muss ein mögliches „Leerausgehen“ in Kauf nehmen. Deshalb wäre die Entgeltlichkeit für eine Dritteinziehung unbeachtlich. Entscheidend wäre folglich nur, ob der Tatbeteiligte den Vorteil bereits selbst erlangt hat.698 Dieses Erlangen müsste dann allerdings restriktiv ausgelegt werden. Denn ein Angestellter im Unternehmen kann zwar einen Vermögenswert erhalten, wird diesbezüglich allerdings keinen Willen zum Besitz haben, sodass dann ein vergleichbarer Fall der Besitzdienerschaft bzw. des Geheißerwerbs vorliegt. Deshalb genügt nicht nur die bloße faktische Verfügungsgewalt.699 Erst bei der anschließenden Weiterleitung des Vermögenswertes erlangt dann überhaupt jemand, nämlich der Dritte, den Vorteil i. S. v. § 73 StGB. Damit wäre dann die Dritteinziehung mangels Vorliegens der unmittelbaren Einziehung möglich. Dass der Tatbeteiligte den Vorteil verschiebt oder für eine rechtsgeschäftliche Erfüllung verwendet, liegt ausschließlich in dessen Risikosphäre. Das gilt insbesondere für Verlustgeschäfte des Tatbeteiligten.700 Nicht fruchtbar gemacht werden kann der Einwand, dass die Abschöpfung fehlschlägt, wenn der Tatbeteiligte den Vorteil unentgeltlich verschiebt, weil er beabsichtigt sich mittellos zu machen, damit bei ihm der Vorteil nicht eingezogen werden kann. Denn in einem solchen Fall ist die Vermögensverschiebung sittenwidrig.701 Außerdem macht sich der Dritte selbst strafbar, sofern er Kenntnis hinsichtlich dieser Umstände hätte, sodass nach § 73 Abs. 1 StGB dann auch gegen den „Dritten“ unmittelbar abgeschöpft werden kann. In Betracht kommt dabei vor allem eine Strafbarkeit wegen Begünstigung, Geldwäsche oder Strafvereitelung.702 Somit würden zwischengeschaltete Rechtsgeschäfte dazu führen, dass eine Dritteinziehung ausgeschlossen ist. Dies zeigt die mangelnde Notwendigkeit von § 73b Abs. 1 Nr. 2 StGB.

698  Ähnlich schon der E-StGB 1962 = BT-Drucks. IV / 650, § 109 S. 242, indem der Gesetzesentwurf Fälle ausschließen wollte, bei denen der Tatbeteiligte für sich selbst tätig wird und das Erlangte zunächst in sein Vermögen erwirbt. 699  BVerfG, Beschluss vom 29.05.2006  – 2 BVR 820 / 06  – juris Rn. 27; Heuche­ mer, in: BeckOK-StGB, § 73 Rn. 25.1. 700  Auch dann besteht, beim Entzug eines Surrogats kein Bedürfnis für die Anwendung der Dritteinziehung, schließlich verfolgt die Einziehung nicht eine irgendwie geartete Wiederbringung des Vorteils, sondern den Entzug des Vorteils. Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht, wie von Rhode, wistra 2012, 85 (87) in Fußnote 37 angenommen, aus der bloßen fakultativen Anwendung von § 73 Abs. 2 StGB, da dieser nur deshalb fakultativ ist, weil der unmittelbare Verfall sachlich näher ist. 701  Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, Rn. 286 f.; zumindest ist eine Anfechtung nach dem AnfG erfolgsversprechend. 702  Vgl. Joecks, in, MK-StGB, § 73 Rn. 76; Fischer, StGB, § 73 Rn. 38; Eser, in: Schönke / Schröder, § 73 Rn. 37a.

H. Einziehung nach OWiG Dass mit § 29a OWiG eine den §§ 73 ff. StGB entsprechende Norm für das Ordnungswidrigkeitenrecht geschaffen wurde, wurde bereits erwähnt. Der gravierendste Unterschied ist die Geltung des Opportunitätsprinzips bei § 29a OWiG. Bemerkenswert ist ferner der Unterschied, dass § 73d Abs. 1 StGB nicht inhaltsgleich in § 29a OWiG transferiert wurde, da § 29a Abs. 3 OWiG keine Regelung entsprechend § 73 Abs. 1 S. 2 2. HS StGB enthält. Sonst gelten jedoch alle übrigen Voraussetzungen der §§ 73 ff. StGB auch für § 29a OWiG. Probleme bereitet allerdings der strafrechtliche Charakter der Einziehungsvorschrift durch die Anwendung des Bruttoprinzips. Zwar könnte man auch hier die Vorwerfbarkeit fordern703 und dies durch eine konsequente Anwendung des Opportunitätsprinzips praktisch umsetzen,704 allerdings würde dies nichts an dem Umstand ändern, dass § 29a StGB eine Strafe darstellt und demnach mit dem Ordnungswidrigkeitenrecht nicht kompatibel ist, welches nur einen Pflichtenappell bezweckt, aber kein dem Unrecht entsprechendes zu vergeltendes Tatübel bereit stellt.705 Demnach verbietet sich eine Anwendung des Bruttoprinzips bei § 29a OWiG und führt nur noch zur möglichen Abschöpfung der Tatvorteile durch das Nettoprinzip. Zwar würde dies der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen, welcher mit der Umformulierung der Norm vom Tatvorteil auf das Etwas das Bruttoprinzip einführen wollte, jedoch wird trotzdem das Ziel erreicht, dass sich die Tat für den Tatbeteiligten nicht gelohnt hat. Dieses Ergebnis birgt zudem den Vorteil, dass es sich systematisch in das Gesamtgefüge des OWiG einfügt. Denn damit würde auch der schon erwähnte Widerspruch zwischen der subsidiären Bruttoeinziehung nach § 29a OWiG706 und der vorrangigen Nettoabschöpfung durch die Geldbuße nach § 17 Abs. 4 oder § 30 Abs. 5 OWiG aufgelöst werden.707 703  Cramer, wistra 1996, 248 (250); Drathjer, Die Abschöpfung rechtwidrig erlangter Vermögensvorteile im Ordnungswidrigkeitenrecht, S. 51; Mitsch, in: KKOWiG, § 29a Rn. 12. 704  M. w. N. Mitsch, in: KK-OWiG, § 29a Rn. 14. 705  Auch der Einwand, dass dem Betroffenen im OWiG-Verfahren nicht die gleiche sozialethische Missbilligung wie im Strafverfahren entgegengebracht wird (vgl. Meier, Strafrechtliche Sanktionen, S. 16) ist an sich zwar zutreffend, zeigt aber vielmehr auch dass dieses Merkmal alleine nicht zur Definition einer Strafe tauglich ist, da die Belastungen jenen der Geldstrafe entsprechen. Dies ist bspw. schon länger bei hohen Geldbußen, wie es für das Kartellrecht üblich ist, fraglich. 706  Mitsch, in: KK-OWiG, § 29a Rn. 2.



H. Einziehung nach OWiG141

Unabhängig von der hier getroffenen, notwendigen Konsequenz soll aber noch ein kritischer Blick auf die gegenwärtige Praxis geworfen werden. Vielfach wird nämlich vertreten, dass es im Ermessen der Behörde stehe, ob eine Geldbuße einschließlich der Abschöpfung nach § 17 Abs. 4 OWiG oder aber ausschließlich eine Abschöpfung nach § 29a OWiG erfolgen soll.708 Dadurch, dass die Rechtsprechung für § 29a OWiG das Bruttoprinzip weiterhin anwendet,709 liegt es auf der Hand, dass sich bei der Höhe der Abschöpfungsbeträge nach § 17 Abs. 4 und § 29a OWiG erhebliche Differenzen ergeben können.710 Meyberg ist allerdings der Auffassung, dass § 29a OWiG nicht stets mehr als § 17 OWiG an Vermögen einvernehme, da bei § 17 OWiG neben der Abschöpfung noch der Ahndungsteil hinzukomme.711 Richtig ist, dass der Betrag nach § 17 OWiG höher ist, wenn die Geldbuße insgesamt höher ist als das vom Täter erlangte Etwas einschließlich der getätigten Aufwendungen. Wie jedoch aufgezeigt, greift die gegenwärtige Behandlung des Verfalls auch auf legale Teile des Vermögens zurück, welche auch einen erheblichen Umfang einnehmen, sodass schon aus diesem Grunde die abgeschöpfte Summe nach § 29a OWiG höher sein wird als die Summe bei der Geldbuße und die These von Meyberg schon daher fragwürdig erscheint. Hinzu kommt, dass die Geldbuße eine maximale Begrenzung durch §§ 17, 30 OWiG erfährt, wohingegen die Einziehungshöhe grenzenlos ist. Deshalb ist die These diesbezüglich nur bei kleinen Abschöpfungsbeträgen plausibel.712 Ferner ist die These aus einem anderen Grund heraus schon nicht haltbar: Denn gerade nach der Auffassung von Meyberg und der Rechtsprechung verfolgen die Geldbuße und die Abschöpfung jeweils eine andere Funktion, sodass auch ihr Rechtscharakter verschieden beurteilt wird. Die Vorwerfbarkeit, die für die Einziehung gerade nicht verlangt wird,713 ist aber Grundlage für die Ahndung und Bemessung der Geldbuße. Die Vorwerfbar707  Vgl.

oben unter D. I. 2. h) auf S. 66 ff. Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2012  – 1 Ss 730 / 11  – juris Rn. 10; Drathjer, Die Abschöpfung rechtwidrig erlangter Vermögensvorteile im Ordnungswidrigkeitenrecht, S. 55 f., 158; Rebmann / Roth / Herrmann, § 29a Rn. 13; Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, Rn. 1276; Brenner, NStZ 2004, 256 (259); Meyberg, in: BeckOK-OWiG, § 29a Rn. 30, 33; Bohnert / Krenberger /  Krumm, § 29a OWiG Rn. 10. 709  Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 27.08.2015 – 2 Ss OWi 95 / 15 (60 / 15) – juris Rn. 16; Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 02.07.2015 – 3 Ss OWi 181 / 14 – juris Rn. 35; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.08.2013 – 1 Ws 13 / 13 OWi  – juris Rn. 8; OLG Celle, Beschluss vom 15.05.2013  – 322 SsBs 108 / 13 – juris Rn. 12. 710  Vgl. Brenner, NStZ 2004, 256 (256 und 258 f.). 711  Meyberg, in: BeckOK-OWiG, § 29a Rn. 4. 712  Korte, in: FS-Samson, 65 (75). 713  Meyberg, in: BeckOK-OWiG, § 29a Rn. 18. 708  OLG

142

H. Einziehung nach OWiG

keit kann dann nicht dafür dienen, dass eine Anwendung der subsidiären Einziehung nach § 29a OWiG in der Höhe als geringer dargestellt wird als eine Abschöpfung nach § 17 OWiG. In Bezug auf die Intention des Strafens bzw. Ahndens ist es zudem verblüffend, wenn der Betroffene den anwalt­ lichen Rat erhalten müsste, eine Geldbuße zu begehren anstatt eine Verfahrenseinstellung anzustreben und „nur“ die Einziehung auferlegt zu bekommen, da der Betroffene durch die Geldbuße insgesamt meist besser gestellt sein wird, obwohl diese gerade die ahndende Funktion erwirken soll. Wegen des eindeutigen Wortlauts des § 29a Abs. 1 OWiG ist einheitlich anerkannt, dass eine Anordnung nach § 29a OWiG unterbleiben muss, wenn eine Geldbuße nach § 17 OWiG festgesetzt wurde.714 Es ist fraglich, ob die momentane Praxis der Behörden rechtmäßig ist, wonach die Behörden nach freiem Belieben entscheiden, ob sie eine Gewinnabschöpfung durch die Geldbuße vornehmen oder aber das Verfahren z. B. aus Opportunitätsgründen einstellen und dann die Einziehung nach § 29a OWiG anordnen.715 Demnach könnte die Behörde zurzeit bewusst auf die Festsetzung einer Geldbuße trotz Schuld des Handelnden verzichten und sodann die Einziehung eines höheren Betrages nach § 29a OWiG anordnen. Dieses Ergebnis ist mit dem ursprünglichen Gedanken von § 29a OWiG jedoch nicht vereinbar. Diesem kommt nämlich eine lückenschließende Funktion zu.716 Sofern eine Geldbuße nach § 17 OWiG nicht möglich ist, da entweder keine Vorwerfbarkeit gegeben ist oder aber ein Dritter den Vorteil erlangt hat, ist es auch nicht möglich, den Vorteil abzuschöpfen.717 Da sich aber Straftaten nicht lohnen sollen, musste die daraus folgende Lücke geschlossen werden, weshalb § 29a OWiG vom Gesetzgeber geschaffen wurde.718 Damit wurde die Möglichkeit geschaffen, unrechtsbedingte Vorteile grundsätzlich entziehen zu können. Dadurch, dass dies aber erst dann möglich ist, wenn keine Geldbuße erlassen wird, ist die Anwendung von § 29a OWiG gegenüber § 17 Abs. 4 OWiG subsidiär.719 Wenn die Behörde nun § 29a OWiG anwendet, obwohl eine Geldbuße möglich war, wird keine Lücke mehr geschlossen, da es dann gar keine Lücke mehr geben würde. Insofern widersprechen sich auch die Bearbeiter, die einerseits die lückenschließende Funktion sehen und zugleich § 29a OWiG 714  Cramer,

in: FS-Meyer-Gossner, 733 (736). Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2012 – 1 Ss 730 / 11 – juris Rn. 10; Reb­ mann / Roth / Herrmann, § 29a Rn. 13; Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, Rn. 1276; Brenner, NStZ 2004, 256 (259); Meyberg, in: BeckOKOWiG, § 29a Rn. 30, 33; Retemeyer, wistra 2012, 56 (57). 716  BT-Drucks. 10 / 318, S. 36; Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis (1. Aufl.), Rn. 79; Göhler, § 29a OWiG Rn. 1, 29. 717  Cramer, in: FS-Meyer-Gossner, 733 (735); Göhler, § 29a OWiG Rn. 1. 718  BT-Drucks. 10 / 318, S. 35 f. 719  Göhler, § 29a OWiG Rn. 2. 715  OLG



H. Einziehung nach OWiG143

nach freiem Ermessen von der Behörde anwenden lassen wollen.720 Auch die Subsidiarität der Norm wird damit untergraben. Vielmehr bildet das gegenwärtige Verwaltungshandeln eine Umgehung von § 17 Abs. 4 OWiG bzw. insbesondere von § 30 Abs. 5 OWiG.721 Hinzu kommt, dass eine Anordnung nach § 29a OWiG gegenüber einem Dritten im selbstständigen Verfahren nicht zulässig ist. Denn auch im Ordnungswidrigkeitenrecht gilt auf Grund von § 46 Abs. 1 OWiG die Vorschrift nach § 435 Abs. 1 StPO. Gem. § 435 Abs. 1 StPO kann die Staatsanwaltschaft den Antrag stellen, die Einziehung selbständig anzuordnen, wenn dies gesetzlich zulässig ist. Eine Zulässigkeit folgt aus einer Normierung wie sie in § 29a Abs. 5 OWiG umgesetzt wurde. Allerdings erwähnt § 29a Abs. 5 OWiG nur den „Täter“, sodass andere Personen eindeutig ausgeschlossen werden. Da der „Täter“ nur eine natürliche Person sein kann, fehlt es an einer Zulässigkeitsvoraussetzung für das selbstständige Verfahren gegenüber einer juristischen Person oder Personenvereinigung, weshalb eine Einziehungsanordnung gegenüber einer juristischen Person oder Personenvereinigung de lege lata nicht möglich ist.722 Außerdem wies zudem schon Neufang darauf hin, dass die Schlechterstellung des Betroffenen durch § 29a OWiG gegenüber einem schuldhaft Handelnden, der gem. § 17 Abs. 4 OWiG sanktioniert und insofern zu Unrecht privilegiert wird, einen Wertungswiderspruch hervorruft und dadurch auch Zweifel an einer Verfassungsrechtmäßigkeit nach Art. 3 GG bestehen.723 Jedoch kommen diese Zweifel nicht nur für die Normen an sich auf, sondern auch für das hier diskutierte Verwaltungshandeln. Denn selbst wenn man vertreten mag, dass es im Ermessen der Behörde stehe, über das Anwendungsverhältnis von § 29a OWiG und § 17 OWiG zu entscheiden, so ist die Behörde dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung unterworfen. Dieser aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Grundsatz konkretisiert das Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit und führt dazu, dass die Ausübung eines Ermessens- oder Beurteilungsspielraums der Verwaltung bei einer bestimmten Verwaltungsübung wie ein Präzedenzfall für künftige Entscheidungen wirkt.724 Sofern bei gleichartig zu regelnden Fällen sachlich unbegründete Unterschiede entstehen, liegt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.725 Eine eben solche Verletzung kommt aber bei der gegenwärtigen Verwaltungspraxis in Betracht. Bei absolut gleichwertigen Tathand720  Z. B.

29.

Rebmann / Roth / Herrmann, § 29a Rn. 1 und 13; Göhler, § 29 Rn. 1 und

721  Cramer,

in: FS-Meyer-Gossner, 733 (735). in: FS-Meyer-Gossner, 733 (738). 723  Neufang, SVR 2011, 324 (327). 724  Gubelt, in: Münch / Kunig, Art. 3 GG Rn. 39 m. w. N. 725  BVerfG, Beschluss vom 03.09.1957 – 2 BvR 7 / 57; Gubelt, in: Münch / Kunig, Art. 3 GG Rn. 39. 722  Cramer,

144

H. Einziehung nach OWiG

lungen kann die Zuständigkeit des entsprechenden Sachbearbeiters über die Sanktion entscheiden. Neben der damit geschaffenen Rechtsunsicherheit für die Adressaten liegt darüber hinaus eine willkürliche Verwaltungspraxis vor, für die zumindest eine sachliche Rechtfertigung notwendig ist. Sachliche Erwägungen können aber nicht in der Arbeitsauslastung der Behörde gesehen werden, da insofern zunächst die notwendigen Ressourcen bereitgestellt werden müssen und eine Einziehungsanordnung wohl kaum weniger Aufwand bedarf. Sachlich nachvollziehbar ist die Anwendung von § 29a OWiG jedoch dann, wenn eine Geldbuße nach § 17 OWiG nicht möglich gewesen wäre. Erlässt die Behörde aus anderen Erwägungen heraus keine Geldbuße und wendet § 29a OWiG an, ist das Handeln rechtswidrig. Dies gilt umso mehr für den Fall, dass die Behörde sogar bewusst keine Geldbuße festsetzen will, einzig aus der Erwägung heraus, dem Fiskus einen höheren Vermögenswert zuschieben zu können. Schließlich sollen Sanktionen jedweder Art nicht dem Staate finanziell zu Gute kommen, sondern auf den Tatbeteiligten und die Gesellschaft positiven Einfluss ausüben. Insofern ist der Behörde kein Ermessen einzugestehen im Zusammenhang mit der Frage, ob sie § 29a OWiG auch dann anwenden kann, wenn eine Geldbuße möglich wäre. Tut die Behörde dies dennoch, liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor. Die Befürworter des Ermessensgebrauchs begründen ihre Ansicht mit dem gesetzgeberischen Willen, welcher vorsah, dass der Verfall nach § 29a OWiG immer dort Anwendung finden sollte, wo die Geldbuße tatsächlich unterbleibt, wobei das Absehen von einer Geldbuße aus Opportunitätsgründen ausdrücklich genannt wurde.726 Diese h. M. kann sich in ihrer Begründung aber für die heutige Rechtslage nicht auf die Gesetzgebungsunterlagen stützen. Zwar ist es zutreffend, dass der Gesetzgeber ursprünglich vorsah, dass es für die Anwendung von § 29a OWiG auch genügt, dass eine Geldbuße aus Opportunitätsgründen nicht festgesetzt wird, allerdings sprach der gleiche Gesetzentwurf auch noch vom Vermögensvorteil, welcher nach dem Willen des Gesetzgebers sogar enger als der Begriff des wirtschaftlichen Vorteils war, der z. B. nicht die Verbesserung der Marktposition erfasst.727 Damit konnte der Adressat durch § 29a OWiG auch nicht strenger als mit § 17 OWiG sanktioniert werden, sodass die gegenwärtigen Kritikpunkte nicht bestanden und damit einer Anwendung des früheren Verfalls auf Grund der Einstellung des Verfahrens aus Opportunitätsgründen nichts entgegenstand. Bei der Änderung von § 29a OWiG hat der Gesetzgeber wohl überhastet reagiert und die damit folgenden Konsequenzen, wie das Anwendungsverhältnis von § 17 OWiG zu § 29a OWiG, nicht ins Auge gefasst, was insofern nicht verwundert, da festzustellen ist, dass der Gesetzgeber im Gesetzesent726  BT-Drucks. 727  BT-Drucks.

10 / 318, S. 37. 10 / 318, S. 37.



H. Einziehung nach OWiG145

wurf die Anpassung von § 29a OWiG an § 73 StGB mit nur einem Satz abgefertigt hat.728 Im Ergebnis ist der Behörde damit kein Wahlrecht zuzusprechen, wenn die Möglichkeit besteht, dass eine Geldbuße festgesetzt werden kann.729 Eine ebenfalls systematisch stimmige Lösung wäre es zwar, wenn man auch § 17 Abs. 4 OWiG nach dem Bruttoprinzip bestimmt,730 jedoch wäre dies eine über den Wortlaut hinausgehende, zu Lasten des Handelnden erfolgende Auslegung der Norm731 und verstieße damit gegen Art. 103 Abs. 2 GG und § 3 OWiG. Damit ist Anwendungsvoraussetzung von § 29a OWiG, dass eine Geldbuße nach § 17 OWiG aus tatsächlichen Gründen nicht festgesetzt werden kann. Damit verbleibt es zwar bei dem unbefriedigenden Ergebnis, dass die Rechtsprechung einen Dritten oder jemanden, der nicht vorwerfbar gehandelt hat, härter sanktioniert, jedoch sind damit aber zumindest die Fälle willkürlicher Verwaltungspraxis hinfällig geworden. Zudem mag noch einmal betont werden, dass dieses unbefriedigende Ergebnis entfiele, sofern man die strafrechtliche Rechtsnatur der Norm anerkennen würde. Hat die Behörde rechtswidrig von § 29a OWiG Gebrauch gemacht und liegt somit keine gültige Einziehungsanordnung vor, besteht allerdings noch die Möglichkeit der nachträglichen Festsetzung einer Geldbuße, sofern die Tat noch nicht verjährt ist.732

728  BT-Drucks.

12 / 1134, S. 13. in: FS-Meyer-Gossner, 733 (738); wohl auch Poller, Verbandgeldbuße und Steueranspruch, S. 31. 730  Brenner, NStZ 2004, 256 (259). 731  So auch Korte, in: FS-Samson, 65 (74). 732  Cramer, in: FS-Meyer-Gossner, 733 (738 Fn. 10). 729  Cramer,

I. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 1. Die vergangenen Jahre waren geprägt von einer kasuistischen und kaum durchschaubaren uneinheitlichen Rechtsprechung zum Verfall. Zwar näherte sich der erste Strafsenat zuletzt der Position des dritten und des fünften Strafsenats deutlich an, dennoch verbleiben Zweifel an einer einheitlichen Rechtsprechung, sowie der Bedarf der Klärung offener Fragen, wodurch eine damit verweilende Rechtsunsicherheit trotz der Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung weiterhin bestehen bleibt.733 2. Die Anwendung des Bruttoprinzips stellt eine Strafe dar. Demgegenüber ist die Anwendung des Nettoprinzips eine kondiktionsähnliche Abschöpfungsmaßnahme und stellt keine Strafe dar. Dies führt zu einem ambivalenten Charakter der Einziehungsvorschriften.734 3. Aus der vorherigen These ergeben sich einige zwingende Konsequenzen735: a) Die Bruttoeinziehung erfordert die Schuld des Einziehungsadressaten. Entgegen des Wortlauts von § 73 Abs. 1 StGB ist die Norm um dieses Erfordernis entsprechend verfassungskonform teleologisch zu erweitern. b) Daraus folgt auch, dass de lege lata nur gegenüber natürlicher Personen die Bruttoeinziehung möglich ist. Gegenüber juristischen Personen und Personenvereinigungen kann nur die Nettoeinziehung angewendet werden. c) Zudem muss der über die Nettoeinziehung abzuschöpfende Betrag innerhalb der Strafzumessung bei der Bildung der Gesamtstrafe berücksichtigt werden. Dafür sind die bekannten Grundsätze der Strafzumessung anzuwenden. d) Eine steuerliche Berücksichtigung ist für den über die Nettoabschöpfung hinausgehenden Betrag nicht mehr möglich.

733  Siehe

oben unter C. IV. auf S. 26 ff. oben unter D. I. 2. auf S. 42 ff. 735  Siehe oben unter D. I. 3. auf S. 68 ff. 734  Siehe



I. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse147

4. Die Bestimmung des „Etwas“ erfolgt durch die Zuhilfenahme der Maßstäbe der objektiven Zurechnung, welche für § 73 StGB als „Quasi-Tatbestand“ Anwendung finden.736 a) Der zwischen dem einziehungsauslösenden Delikt und erlangtem Etwas bestehende Kausalzusammenhang wird dadurch ergänzt, dass sich das Unrecht des Ursprungsdelikts im erlangten Etwas widerspiegeln muss. Dadurch entsteht eine Verbindung, welche es neben der Ausuferung der Einziehungskonsequenzen wegen absurder und immenser Summen rechtfertigt, die Maßstäbe der objektiven Zurechnung Anwendung finden zu lassen, um eine Haftungseinschränkung erreichen zu können. b) Erhebliche Bedeutung erlangen der Schutzzweck- und Pflichtwidrigkeitszusammenhang bzw. hypothetische Kausalverläufe. Durch den Schutzzweckzusammenhang können nur Vermögenswerte abgeschöpft werden, die aus einer Verletzung desjenigen Rechtsguts resultieren, welches im Ursprungsdelikt geschützt wird. Bei Rechtsgütern, denen kein wirtschaftlicher Wert zu entnehmen ist, gilt dabei zu beachten, dass hierbei jedoch deren Schutz nur erreicht werden kann, wenn die den Täter zur Tat führenden und erzielten Anreize entzogen werden, weshalb diese dann abzuschöpfen sind. Aus dem Pflichtwidrigkeitszusammenhang folgt, dass nur dasjenige abgeschöpft werden kann, was nicht auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten hätte erzielt werden können. Damit kann letztlich ein legaler Tatmitteleinsatz nicht Bestandteil des Etwas sein. c) Dadurch werden nur bei Geschäften, bei denen schon der Mitteleinsatz illegal ist, wie grundsätzlich beim unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln, die insgesamt erzielten Erlöse für eingezogen erklärt. In allen anderen Fällen wird regelmäßig eine Einschränkung entsprechend der Zurechnung vorzunehmen sein. 5. Haben mehrere Tatbeteiligte etwas erlangt, ist es notwendig das erlangte Etwas für jeden einzeln zu bestimmen. Nur das jeweils individuelle erlangte Etwas kann dabei abgeschöpft werden, sodass eine Gesamtschuldnerschaft ausgeschlossen ist. Entscheidend ist hierbei, dass ein Erlangen nicht schon mit der bloßen Sachherrschaft einhergeht, sondern auch ein darauf bezogener Wille notwendig ist.737 6. Die Berechnung der Wertersatzeinziehung erfolgt zu dem Zeitpunkt, in dem der Wertersatzanspruch entsteht.738 736  Siehe

Kapitel E. auf S. 92 ff. oben unter F. I. auf S. 113 ff. 738  Siehe oben unter F. II. auf S. 120 ff. 737  Siehe

148

I. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

7. Die konkrete prozessuale Ermittlung des erlangten Etwas beim Börsenhandel erfordert eine Befragung der betroffenen Anleger. Dies ist jedoch nur soweit erforderlich bis eine ausreichende Grundlage für § 73d Abs. 2 StGB geschaffen wurde.739 8. Für die Abschöpfung bei einem Dritten nach § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB ist es erforderlich, dass das durch den Täter erlangte Etwas dem Dritten zugerechnet werden kann. Für den Dritten handelt der Täter, wenn er i. S. d. Zurechnungsmodells von Pflichten des Dritten betroffen ist, wobei aber keine Beschränkung auf den von § 14 StGB aufgezählten Täterkreis vorgenommen wird, sondern dessen dahinterstehender Gedanke auf jedermann (der Personengesellschaft oder juristischen Person) übertragen werden soll. Das Merkmal „durch“ ist erfüllt, wenn nicht der Tatbeteiligte, sondern nur der Dritte den Vorteil erlangt hat. Dies ist aber schon dann gegeben, wenn der Täter, bspw. ein Unternehmensangehöriger, keinen Willen zum dauerhaften Besitz des Vorteils hat.740 9. Die Einziehungsvorschrift des OWiG ermöglicht nur eine Nettoabschöpfung. Unabhängig davon kann die Behörde nicht von § 29a OWiG Gebrauch machen, sofern die Festsetzung einer Geldbuße möglich ist. Ein Ermessen besteht mithin nicht.741

739  Siehe

oben unter F. III. auf S. 124 ff. oben unter G. II. auf S. 131 ff. 741  Siehe Kapitel H. auf S. 140 ff. 740  Siehe

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der

strafrechtlichen

Vermögensabschöpfung,

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Stichwortverzeichnis Aufwendungen  73 ff., 80 ff. Atypischer Kausalverlauf  102 ff. AWG, Außenwirtschaftsgesetz  33 f., 76 ff., 105 f.

Korruptionsdelikte  75, 90, 106 f.

Bemakelung  37 f., 75 ff. Bereicherungsrecht  43 ff., 74, 123 Bruttoprinzip  16, 18, 27 f., 30 ff., 36 ff., 43 ff., 73 ff. BtMG, Betäubungsmittelgesetz  104 f.

Nettoprinzip 16, 18, 28, 42, 69, 89, 140

Dritteinziehung  71 f., 131 ff. Etwas, erlangtes –– aus der Tat, durch die Tat  21 ff., 87 –– Bestimmung  92 ff., 73 ff., 82 ff. –– durch die Tat, aus der Tat  21 ff., 87 –– für die Tat  22 f., 88 f., 99 –– mehrere Tatbeteiligte  113 ff. –– tatsächliche Feststellung  124 ff. –– zeitliche Feststellung  120 ff. Geldwäsche  111 f., 139 Härteklausel  25, 47, 58 f., 81, 94 Hypothetischer Kausalverlauf  83 ff., 100 ff., 107 ff. Insiderhandel  19 f., 28, 30 f., 37 f., 54, 76 ff., 97, 99, 107 f., 124, 130 Juristische Person  24, 71 f., 131, 134, 143 Kausalität  85, 93, 100 Kondiktionsähnliche Maßnahme  43 ff.

Marktmanipulation 20, 34, 39, 61, 76 ff., 88, 99, 101, 108 ff., 125 ff.

OWiG, Ordnungswidrigkeitenrecht  66 f., 70 ff., 140 ff. Pflichtwidrigkeitszusammenhang 87, 100 ff. Reform  12, 17 f., 20 ff., 39, 75 ff. Risikoverringerung  96 ff. Rückgewinnungshilfe  16 f. Schätzung  16, 128 ff. Schutzzweckzusammenhang  80, 82, 98 ff., 104, 107 ff. Strafe  27, 36, 42 ff. Unmittelbarkeitszusammenhang  39, 88, 92 Unrechtszusammenhang  74, 82 ff. Vorteilsabschöpfung  19, 90 ff. Wertersatz  22, 116 f., 120 ff. Wesensgehalt, der Einziehung von Taterträgen  40 ff. ZAG, Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz  35 f., 81, 110 f. Zurechnung, objektive  82 ff., 92 ff., 96 f.