Die Bedeutung der Religion für die Gesellschaft: Erfahrungen und Probleme in Deutschland und den USA [1 ed.] 9783428515608, 9783428115600

Der vorliegende Band enthält die Referate des 7. Deutsch-Amerikanischen Kolloquiums vom 11. bis 16. Juli 2002, veranstal

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German Pages 278 Year 2004

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Die Bedeutung der Religion für die Gesellschaft: Erfahrungen und Probleme in Deutschland und den USA [1 ed.]
 9783428515608, 9783428115600

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Soziale Orientierung Band 17

Die Bedeutung der Religion für die Gesellschaft Erfahrungen und Probleme in Deutschland und den USA

Herausgegeben von

Anton Rauscher

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

ANTON RAUSCHER (Hrsg.)

Die Bedeutung der Religion für die Gesellschaft

Soziale Orientier ung Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Kommission bei der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle Mönchengladbach

In Verbindung mit

Karl Forster y · Hans Maier · Rudolf Morsey herausgegeben von

Anton Rauscher

Band 17

Die Bedeutung der Religion für die Gesellschaft Erfahrungen und Probleme in Deutschland und den USA

Herausgegeben von

Anton Rauscher

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6917 ISBN 3-428-11560-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Bedeutung der Religion für die Gesellschaft war die Thematik, mit der sich das 7. Deutsch-Amerikanische Kolloquium vom 11. bis 16. Juli 2002 in Wildbad Kreuth befaßte. Die Anregung hierzu ging von dem Philosophen Jude P. Dougherty aus, der die angesehene School of Philosophy der Catholic University of America in Washington DC stark geprägt hat. Der deutsch-amerikanische Gedankenaustausch, den die Katholische Sozialwissenschaftliche Zentralstelle in Mönchengladbach seit 1990 intensiviert hat, greift Problembereiche auf, die für die Menschen und Nationen diesseits und jenseits des Atlantiks von großer Aktualität sind. Kann die christliche Ethik auf der Grundlage des christlichen Menschen- und Gesellschaftsbildes Wege finden und sichtbar machen, wie in einer immer mehr zusammenwachsenden Welt diese Probleme gemeinsam angegangen und gelöst werden können? Im Mittelpunkt des Kolloquiums standen Fragen, die sich, wenngleich in sehr verschiedener Weise, sowohl in den USA als auch in Deutschland und in Europa bemerkbar machen. In beiden Kontinenten haben die Bestrebungen zugenommen, unter Berufung auf die weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates und die pluralistische Gesellschaft die Religion aus allen staatlichen Einrichtungen zu verdrängen und sie womöglich auch aus der gesellschaftlichen Öffentlichkeit zu verbannen. Dies zeigt sich zum Beispiel an den aggressiv verfochtenen und bisweilen über die gerichtlichen Instanzen erkämpften Verboten des Betens in staatlichen Schulen und Bildungseinrichtungen. In den USA gibt es ein religiöses Bewußtsein, das bis zu den Vätern der amerikanischen Verfassung zurückreicht. Erinnert sei an jede Dollarnote mit der Prägung: „In God we trust“, an die Vereidigung des neugewählten Präsidenten, bei der abwechselnd ein Katholik, ein Protestant und ein Jude das Gebet spricht, an die Eröffnung jeder Plenarsitzung des amerikanischen Kongresses und ebenso der Sitzung des „Supreme Court“, die mit einem Gebet beginnen. Dieses religiöse Bewußtsein soll jetzt – nach mehr als zweihundert Jahren – mit der amerikanischen Verfassung nicht mehr vereinbar sein. Ähnliche Fronten werden im Fall der Tötung des ungeborenen Lebens und neuerdings im Hinblick auf die Grundwerte von Ehe und Familie aufgebaut, denen homosexuelle Paare gleichgestellt werden sollen. In Deutschland hat es ebenfalls den hessischen Schulgebetsstreit gegeben, das skandalöse Kruzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (1995), den Kampf gegen die Abtreibung – trotz der bedrohlichen Bevölkerungsentwicklung, die

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Vorwort

Probleme der Bioethik und der Gentechnik, wobei man im Falle der Manipulation der Gene des Menschen weit weniger Bedenken hat als im Falle gentechnischer Veränderungen bei Nutzpflanzen. Bei Neuinterpretationen des Grundgesetzes beruft man sich gerne auf das Prinzip der Gleichheit, dem geradezu eine Priorität auf sämtlichen Lebensgebieten eingeräumt werden soll. Die Forderung nach Gleichheit vor dem Gesetz schlägt um in Gleichmacherei. Es besteht Gefahr, daß dem „demokratischen“ Anspruch der Gleichheit auch die für den Christen maßgebliche Schöpfungswirklichkeit geopfert werden soll und die Identitäten nicht mehr zu ihrem Recht kommen. Auf diesem Hintergrund entfaltet das Programm des Kolloquiums die Frage nach der Bedeutung der Religion für die Gesellschaft in drei Schritten. Im ersten Teil geht es um das Verhältnis von Religion und Kultur. In eindrucksvoller Weise reflektiert Professor William Frank von der University of Dallas über die kulturellen Dimensionen des Christentums, die das gesellschaftliche Leben in den USA wie auch im „alten Europa“ durchziehen. Professor Winfried Becker erweitert diese Ansätze, indem er die Entstehung der Konfessionen seit der Zeit der Reformation nachzeichnet und ihre kulturprägende Wirkung untersucht. Weihbischof Anton Losinger von der Diözese Augsburg zeigt die Bedeutung der Begründung unveräußerlicher Menschenrechte auf, die ohne eine Besinnung auf die Transzendenz nur unzureichend gelingt. Im zweiten Teil des Kolloquiums stehen einige Aspekte des Verhältnisses von Staat – Kirche – Gesellschaft auf dem Prüfstand. In seiner bekannt souveränen Art wendet sich Michael Novak vom American Enterprise Institute in Washington der Bedeutung zu, die die Religion zur Zeit der Gründung der Vereinigten Staaten hatte. Daran schließen sich zwei Beiträge, die die Maxime „Religion ist Privatsache“ aus deutscher (Professor Anton Rauscher, Augsburg/Mönchengladbach) und aus amerikanischer Sicht (Professor Brian Benestad, Scranton) beleuchten. Professor Bernard Dobranski von der Ave Maria School of Law in Ann Arbor analysiert die Rechtsprechung in den USA zum First Amendment. Professor Martin Heckel von der Evangelischen Theologie der Universität Tübingen – ein Experte auf dem Gebiet des Staat-Kirche-Verhältnisses in Deutschland – geht der Ausstrahlungswirkung der Religionsfreiheit auf das Kulturverfassungsrecht des säkularen Staates nach. Höchst aktuell sind die Beiträge von Professor Wolfgang Ockenfels von der Universität Trier über Religion und Gewalt und von Ambassador Professor Alberto Piedra von der Catholic University of America in Washington über Islam und Christentum. Die Spannungen zwischen Religion und säkularer Gesellschaft, die im dritten Teil offengelegt werden, konzentrieren sich auf die Frage der Säkularisierung von Erziehung und Bildung in den USA, mit der sich Professor Jude P. Dougherty seit langem beschäftigt. Jürgen Aretz, Staatssekretär im Wissenschaftsministerium in Thüringen, nimmt zur religiösen Erziehung und zu den Säkularisie-

Vorwort

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rungstendenzen in Schule und Bildung Stellung. Professor Timothy Smith vom Thomas Aquinas College in Santa Paula CA wirft die Frage auf, wie die sittliche Orientierung in einer Gesellschaft wiedergewonnen werden kann. Die Vorträge des in den USA bekannten Autors Russell Shaw über die Kirche und die Medien und von Professor Lothar Roos über Glaube in der Zivilgesellschaft runden das Spektrum ab. Den Abschluß fand das Kolloquium in der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidel-Stiftung in München. Im Mittelpunkt standen die religiösen, gesellschaftlichen und kulturellen Probleme, die sich beim Zusammenleben von Christen und Muslimen auftun. Dieser Teil wird in dem Band nicht dokumentiert. Für die großzügige Förderung und die Mitwirkung an dem Deutsch-Amerikanischen Kolloquium sage ich der Hanns-Seidel-Stiftung, insbesondere Herrn Dr. Reinhard C. Meier-Walser, dem Leiter der Akademie, meinen aufrichtigen Dank. Ein herzlicher Dank gilt meinem Kollegen und Partner Jude P. Dougherty für die Gewinnung der amerikanischen Teilnehmer, die umsichtige Planung des Kolloquiums und die Besorgung der amerikanischen Beiträge. Ich danke auch Mrs. Mary Rakow, Sekretärin von Jude P. Dougherty, Frau Wilma Cremer, die das Sekretariat der KSZ betreut, und den Wissenschaftlichen Referenten der KSZ, Herrn Günter Baadte und Herrn PD Peter Paul Müller-Schmid. Sie haben zum Gelingen des Kolloquiums und des vorliegenden Berichtsbandes nach Kräften beigetragen. Mönchengladbach, im März 2004

Anton Rauscher

Inhaltsverzeichnis

I. Religion und Kultur Western Irreligion and Resources for Culture in Catholic Religion By William A. Frank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Die Entstehung der Konfessionen und ihre kulturprägende Wirkung Von Winfried Becker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Die Begründung unveräußerlicher Menschenrechte im Kontext neuzeitlicher kultureller Differenzen Von Anton Losinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Staat – Kirche – Gesellschaft Religion at the Time of the American Founding. Tocqueville on Religion: What Faith adds to Reason By Michael Novak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Die Maxime „Religion ist Privatsache“ Von Anton Rauscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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The Liberal Insistence that Religion is a Private Affair By J. Brian Benestad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 First Amendment Jurisprudence: The Religion Clauses By Bernard Dobranski . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Die Ausstrahlungswirkung der Religionsfreiheit auf das Kulturverfassungsrecht des säkularen Staates Von Martin Heckel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Religion und Gewalt Von Wolfgang Ockenfels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Islam: A Threat or a Challenge to the Christian West By Alberto M. Piedra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

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Inhaltsverzeichnis III. Religion und säkulare Gesellschaft

The Secularization of Education in the United States By Jude P. Dougherty . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Schwierige Orientierungssuche. Anmerkungen zu Jugend, Bildung und Kirche in den neuen Ländern Von Jürgen Aretz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Rebuilding the Community of Morality By Timothy L. Smith . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Can the Media be used for Evangelization? By Russell Shaw . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Glaube in der Zivilgesellschaft Von Lothar Roos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

I. Religion und Kultur

Western Irreligion and Resources for Culture in Catholic Religion By William A. Frank From its beginning Christian faith has inspired and informed great works of the human spirit. It has provided the cultural bedrock for a great deal of Western civilization. Christianity’s influence is unmistakable in masterpieces of literature, music, art and architecture and in the intellectual traditions and spiritual movements given birth in the monasteries, cathedrals, and universities of the West as well as by the lives of the saints. In this essay, however, I do not intend to retrace the steps of those who have set before us this rich cultural patrimony. Nor do I intend to play the apologist for Christianity’s contribution to the world’s great cultural achievements. I am interested, rather, in thinking about the mental or spiritual soil, as it were, that gave rise to such works. Whereas masterpieces are peak achievements, I am interested in the distinctive cultural forces at sea level or even at the subterranean level of a society. If the practice of the Christian religion has been a major force in the constitution of broad features of Western culture over the last two millennia, in the contemporary scene it seems to have lost a good deal of its influence. Major achievements of contemporary culture stem from a prevailing cast of mind marked by a kind of practiced indifference to the deep claims of religion. The idea of this essay rests upon two assumptions, neither of which is particularly controversial. First of all, I assume that within the history of mankind religion has played an architectonic role in the cultural life and identity of human communities. In world historical terms, philosophy’s and natural science’s claims to provide the governing vision of the world and mankind’s place in it are only recently arrived. Secondly, I also assume that contemporary culture, or at least Western culture, is in an important sense profoundly irreligious. The nature of this Western irreligion will have to be spelled out. But the main point is that the common foundational mentality and sensibility that now largely condition our judgments and aspirations as a people and a culture are no longer keyed to religion. Religious people cannot rest easy with the contemporary situation. It is with this concern in mind that I examine the Catholic religion for the kind of imagination, the network of sensibilities and understandings that its practice inculcates in its believers. I believe that the elements of such a cast of mind – which

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are the “sea-level” or “subterranean” elements of common culture – are genuine resources for the development of a more authentic broader culture. The point of this essay, therefore, is to explore the possibilities inherent in the practice of the Catholic religion for the development of culture in an era heavily influenced by Western irreligion. I shall develop my thoughts as a series of reflections centering on four questions. In what sense is contemporary Western culture irreligious? What is the nature of culture? What is the nature and dynamic of religion? What resources are there in the practice of Catholic religion for the development of a more authentic culture? I. Western Irreligion Contemporary Western irreligion is more significant in the absence of or indifference to religion than in overt hostility to it. We now live in the Secular Age, what others have called the Technological Culture or the Opulent Society, or what I think might best be termed the age of Western Irreligion1. The main point, however, is that the immanent realm of history and material reality, the finite world of Man and the Cosmos provides the final horizon for human life. In this cultural situation, wherever the human spirit stretches out, it engages either only itself and its own imaginative constructions or impersonal cosmic forces. Mankind’s cosmic loneliness is the conviction that informs and fructifies the governing culture of our day. As a dominant cultural force irreligion is relatively new to history. Doubts about Divinity and the refusal of Transcendence have been options as far back as the written word takes us. One finds moments of doubt in Socrates. The existential angst, or more properly the laments and the skepticism that lace Hebrew wisdom literature, especially Ecclesiastes (Qoheleth), Job, and certain of the Psalms, show that great thinkers before us had envisioned a godless world. These earlier temptations of irreligion were of different character, however, than the condition that now besets the West. In some cases they were explored as thought-experiments and limit conditions testing the religious mind. Others occurred as a stage of abandonment in a religious journey. Still others were the privileged philosophies of the private soul or the secret of an aberrant sect within a dominant religious society. Today I think it is different. Irreligion constitutes a dominant formative strain in Western culture; it has become mainstream. The basic convictions of our intellectual elite and the institutions that 1 My understanding of status of Christian religion in contemporary culture is influenced by the ideas of Augusto Del Noce. See esp. his Il problema dell’ateismo, 4th ed. (Bologna: Società editrice il Mulino, 1990) and the interpretation of Rocco Buttiglione in “Augusto Del Noce and the Irreligion of the West,” chapter 7 of his Augusto Del Noce. Biografia di un pensiero (Casale Monferrato: Piemme, 1991), pp. 203–25.

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their ideas govern do not come to rest in theistic belief. They do not draw their inspiration from nor are they celebrated in religious rituals. Calling attention to the demise of religion’s influence in Western society is not a new theme; I only echo a venerable opinion that has been the concern of Catholic thinkers of the nineteenth and twentieth centuries.2 Thomism emerged during the latter decades of the nineteenth century as a response to the surge of philosophies that harrowed Western culture with secular and irreligious principles. In the middle of the twentieth century, the Council Fathers of Vatican II approached the same problem in a hopeful, positive fashion. But for all the appearances of joy and hope, the great pastoral constitution, Gaudium et Spes, proceeds out of a profound concern over the prevalence of atheistic inclinations at the cultural foundations of the contemporary world. Religion does not provide the horizon for contemporary Western culture; it has become an option within it. The various analyses of secularism, be they historical, sociological, political, philosophical, or theological, are common fare in the academy. Questioning the legitimacy of religion in the public life of a nation has become commonplace in the legislatures and courts of law in Europe and North America. The irrelevance of religion to a full and fulfilling engagement in the world is characteristic of today’s dominant Western Way. I do not mean to suggest that there are not many believing people practicing religion in the West. If practicing believers are not the majority, then they are at least a large plurality. But I do believe that the practice of religion has evaporated at the centers of cultural formation. Outposts where its waters still give life lie far from the headwaters of cultural development. Moreover, even within the practice of religion, secular tendencies have weakened the religious person’s commitment to transcendence and attenuated his encounter with the sacred. Have I overstated the case? Is it not hyperbole to describe a culture as rich and populous and prolific as the West of contemporary Europe and North America as irreligious? There is a view, to which I subscribe, that religion is as natural and invariant a social reality as language. Religion provides the bond of society. Christopher Dawson, drawing upon the work of Emile Durkheim, observed that “religion is like the womb from which come all the germs of civilization.”3 At the end of his historical study of Western civilization, the English 2 For a complementary assessment of the cultural ascendancy of secularism in contemporary Western culture, see Jude P. Dougherty’s Western Creed, Western Identity. Essays in Legal and Social Philosophy (Washington. D. C.: The Catholic University of America, 2000), esp., “What Was Religion? The Demise of a Prodigious Power,” pp. 28–43, and “Marx, Dewey, and Maritain: The Role of Religion in Society,” pp. 44–65; also his “Rational Belief or Poetical Satisfaction,” Sapientia 56 (2001), 481–92, and Christopher Dawson’s Progress and Religion: An Historical Inquiry, with a Foreword by Christiana Scott and an Introduction by Mary Douglas (London: Sheed and Ward, 1929; reprinted, Washington, D. C.: The Catholic University of America, 2001). Their analyses have confirmed and deepened my understanding of religion in society.

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scholar remarks that “we are only just beginning to understand how intimately and profoundly the vitality of a society is bound up with its religion. It is the religious impulse that supplies the cohesive force which unifies a society and culture . . . [T]he great religions are the foundations upon which the great civilizations rest. A society which has lost its religion becomes sooner or later a society which has lost its culture.”4 If this is so, then the idea of an irreligious culture is a genuine perplexity, since hithertofore cultural identity has gone hand-in-hand with religious practice. Religion provides for a community of people the ultimate rationale for life. It gives all the members of its community a common vision and personal motivation with respect to the most important concerns of life. Birth, education, marriage, work, death, group identity, knowledge of good and evil – no major concern of human life is left without its religious significance. In short, civilizations emerge due to the direction and the inspiration of religious authority. A religious practice and the culture that attends it provide the bond of society, for it alone can respond to man’s deepest yearning for perfection. Perhaps religion’s role in the fashioning of a people, however, was necessary only in the absence of a viable alternative. One might object that there is no essential, natural good that religion answers to. In fact, the objection might continue, modern social theories have developed precisely in order to dispense with religion’s influence and replace it with more earthly, rational interests. For instance, do not social contract theories provide an adequate, albeit secular, foundation for the overarching commitments of society? Early modern thinkers imagined the establishment of societies as a rational calculation of the conditions for material well being and civic peace. The social contract, however, is not a quasi-historical event. It is a fictional thought-experiment that helps the political theorist to reduce society to its basic principles. It is also a clever piece of imaginative rhetoric gauged to detach nation states and the civilizations that inhabit them from their religious foundations and to reestablish them on rationalistic, immanent grounds. As a case in point, Thomas Hobbes thought that men establish commonwealths out of fear of death or the desire for security. The social contract rescues human life from a brutish existence in the state of nature engaged in a futile war of each against all. For John Locke, the social contract secures the natural rights of life, liberty, and property. In both these views, the bond of society is tethered to concerns that need rise no higher than personal material existence and the freedom of self-determination in the pursuit thereof. Other than perhaps the political freedom of self-determination, the bond of society forged in these social contracts has about it no intrinsic nobility. To put it perhaps too simply, the bond of society aims at the good of security and 3 4

Dawson, Progress and Religion, p. 69. Dawson, Progress and Religion, p. 180.

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property. These, of course, are fundamentally necessary goods. It is important to emphasize here, however, that in such modern theories the commonwealth subsists independently of any covenant with God. Membership in society and participation in its goods requires no allegiance to or instruction from God or his revelation. Nevertheless it is interesting to note that religion was one of the driving impulses at the origin of European liberalism, which secured a fundamental autonomy of the individual against the claims of the state. The political principles of liberalism make room for religious freedom. Not for the freedom from religion, as we would be inclined to understand matters today, but freedom for the practice of different religions in civil peace.5 The case can be made, therefore, that the modern secular or liberal state originates in a vital concern for religion. It introduces the possibility of a civilization that fosters both the practice of religion as a natural virtue and political freedom for the practice of different religions. If this concern for religious freedom be an inherent concern for liberal political theory, then we must face the predicament that there does not seem to be a religion of freedom. Liberalism is a political construct. Perhaps it did arise as an expedient in order to fashion the union of civil concord and pluralistic religious practices. Let us grant that the right of conscience and the law of tolerance emerged as fundamental social values, along with the other Lockean rights of life, liberty, and property. In this scheme of things, however, the social exercise of religious values is conditioned by the more embracing values of personal and political freedom. It is therefore not surprising that at some point in its development political and personal liberty would become a dominant end of culture and the political systems that support it. But what is the truth of personal and political freedom? What authority legitimizes it? The moral habits needed to sustain a liberal democratic politics committed to tolerance and respect for inalienable rights seem to require adherence to an authority beyond the claims of instrumental reason, self-interest, and personal autonomy. If this is so, then the practice of religion and the mentality and sensibility that it requires are not dispensable or even optional within a common life founded in modern social theory.6

5 See Guido de Ruggiero, The History of European Liberalism, translated by R. G. Collingwood (Glouster, MA: Peter Smith, 1981), pp. 13–23. 6 It is noteworthy that John Locke, despite his plea for tolerance, thought that atheists should not be allowed citizenship in his sort of liberal state, for without belief in God there would be no basis for adherence to the natural law that gives legitimacy to the institutions of states. Locke thought that atheists would not make good citizens. See Locke’s Epistola de Tolerantia (A Letter Concerning Toleration), translated by William Popple, in A Letter Concerning Toleration in Focus, ed. by John Horton and Susan Mendus (London and New York: Routledge, 1991), p. 47.

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Before proceeding, let me emphasize that when I speak of Western irreligion I am not particularly concerned with cases in which state power actively suppresses the practice of religion. Within the twentieth century we have witnessed fantastic and awful atheistic social projects. The totalitarianism that devastated the Soviet block countries and other communist states throughout the world was the most sustained effort in history to eliminate the presence of the religion in human affairs. What we now experience as the softer secularism of Europe and North America is not a culture or a society without its religions. There is no state policy against the practice of religion. Contemporary Western irreligion is not manifest as the active suppression of religion. Rather, it is the reality of the manifest absence of a religious mentality among the cultural elite. Irreligion also shows itself as the irrelevancy of religion to the judgments and actions of religious people. It is no refutation of my view to point out how full the churches are. At issue is the role of religion in culture. Does religious practice inform and strengthen the bonds of society? Do the judgments and values acquired in religion influence world making? Does the personal and communal encounter with the sacred condition the web of solidarity that englobes our world? Do religious persons resist the secularization of their belief? Western irreligion names a concrete modality of judgment and sensibility. Irreligious persons act in the conviction that the immanent realm of history and material existence is the final horizon for human life. When this personal conviction begins to inform the dominant forces of world making and to condition the basic relationships of solidarity, then we can speak of the culture of irreligion. II. The Relevant Sense of Culture I have implicitly characterized culture in terms of a mentality and sensibility. It is an important idea that needs to be developed more carefully. As I use the term in this essay “culture” signifies a quality or cast of mind – particular habits of intelligence, a set of sensibilities, and settled patterns of judgment – that are ordered toward the practical interpretation of the world.7 As such it mediates between the raw powers of desire, will, and intellect and the things or realities every person encounters in lived experience. Culture molds a person’s affective 7 The ideas of culture expressed in these reflections do not have a clear lineage. The core of idea of culture as mediation was provoked by remarks of Rocco Buttiglione throughout his Karol Wojtyla. The Thought of the Man Who Became Pope John Paul II, translated by Paolo Guietti and Francesca Murphy (Grand Rapids, MI and Cambridge, U.K.: Eerdmans, 1997), pp. 303, 360-6. I have discovered ideas kindred to my own in Jerome Bruner, The Culture of Education (Cambridge, MA and London: Harvard University Press, 1996), esp. ch. 1 “Culture, Mind, and Education,” and Michael Oakeshott, The Voice of Liberal Learning, with Foreword and Introduction by Timothy Fuller (Indianapolis: Liberty Fund, 1989), pp. 16–7.

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responses. It provides the models for interiorizing the fundamental values or norms that govern life. In the midst of our work and action, culture particularizes and lubricates the soul’s engagement with the things of the world. For example, bread answers to our hunger. But bread is impossible without the culture that directs the harvesting and sowing of grain, the milling of flour, the mixing, kneading, and baking of the loaf. Manners are another example of culture; the gesture of a handshake, for instance, mediates the civility that obtains between two persons. Proverbs and the great epics, to take a final example, model for us the possibilities of human character. Any particular religion is also a work of culture. In and through its many particular forms religion mediates the human spirit’s engagement with the Being, whose excellence exceeds all human and worldly beings, and who appears as the agent responsible for the existence and order of the world. A religion consists of distinctive living forms through which a community worships and reveres God. The particulars of any culture are relative and contingent. There is no universality or necessity about them. The particulars could always be otherwise. This is evident in the simple fact that there are different languages, different social customs, different cuisines, different religions. Religion, cuisine, manners, and language are not optional capabilities of the human community. But the particular shapes they take are a function of choice and historical development, and thus could always be otherwise. Some notion of the Good governs cultural artifice. It is instructive, therefore, therefore, to discover that the Indo-European kwel lies behind both the Latin cultus and the Greek telos.8 It makes sense that “teleology” and “culture” would have a common source. Cultivation and culture signify the work of making the incomplete complete, the imperfect perfect. Just as the farmer wants healthy, fertile plants and animals, so does the doctor aim to restore the organs of the body to their proper, well-functioning operations. The intervention of productive and practical intelligence, always under the mediation of cultural forms, contributes to the goodness of the world.9 8 The English language derives “cult” and “culture” from the Latin cultus, the past participle of the verb colere, whose basic meaning is to till, to cultivate. Its Indo-European stem is kwel, which has a very interesting history of diffusion. The core meaning of kwel – is “to revolve, move around, sojourn, dwell.” In Latin the root breaks forth in colere, meaning to cultivate and to inhabit. Whence the English words: “colony,” “cult,” and “cultivate.” In Greek, the same Indo-European root gave rise to telos, with the basic meanings of completion of a cycle, consummation, perfection, end, result. Whence the English words, “telic,” “teleology,” “entelechy.” In Old English, with origins in the Germanic language, the root kwel comes forth in words such as “wheel” and “circle.” See“ Indo-European Roots,” an appendix to The American Heritage Dictionary of the English Language (New York: American Heritage and HoughtonMifflin, 1969).

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There are two key points to keep in mind in this understanding of culture. The first is that culture mediates one’s personal encounter with the fundamental interests and values of life. This mediation is evident, for example, in the way advanced forms of communication are made real capabilities by the culture of reading and writing, or consider how the basic needs of eating are mediated by agriculture and cuisine. Foreigners are painfully aware of how much knowledge is required to mediate such common practices as riding a bus or buying food or mailing a package, knowledge that is almost completely tacit in the prevailing culture. Secondly, in the primary sense, culture signifies a quality of soul. It represents a mentality and sensibility, consisting of a network of acquired capacities for understanding, judgment, and taste, which largely operate with an unreflective immediacy characteristic of a second nature. III. The Nature and Central Dynamic of Religion The cogency of my thesis requires a clear concept of religion. It is important to see just what happens in religious action. Ambiguity or vagueness regarding the nature of religion is one of the effects of irreligious strains in our culture.10 Religion is an art or a practice by which men honor or reverence God. Thomas Aquinas considers religion to be a natural moral virtue.11 The religious person, by virtue of his religion, maintains a relationship to God through a series of actions and interior dispositions. What this means is that the religious person possesses a kind of knowledge and the correlative dispositions of the heart and will that enable him to perform particular kinds of action. The direct, immediate object of these acts is God. They acknowledge God’s superior excellence by virtue of his being the first principle of creation and its governance. They also acknowledge that in virtue of his excellence, God exercises a teleological pull upon human desire. Confronted with Divine Excellence, men and women respond with expressions of honor and reverence; they carry out acts of worship and sacrifice. These religious acts establish and sustain an active bond between created man and Creator. When the relationship is broken by sin, it is religion that directs the acts of belief and confession, which restore man’s ordination to God.12 9

Art perfects nature, as Aristotle succinctly put the point (Phys. 2.2; 194a22). Although I have not incorporated the particulars of his controversial theory into the argument I have learned much from René Girard’s understanding of religion and its foundational role in society. His Things Hidden Since the Foundation of the World, translated by Stephen Bann and Michael Metteer (Stanford, CA: Stanford University Press, 1987) and I See Satan Fall Like Lightning, translated, with a Foreword by James G. Williams (Maryknoll, NY: Orbis, 2001) are particularly insightful in considering the uniqueness of Christianity among religions. 11 Summa theologiae 2-2, 81, 5c. 10

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In addition to performance of its public, external rituals and customs, religion equally, if not more fundamentally, cultivates interior dispositions and acts. In the great monotheistic religions, for instance, the reverence due God in religious action is essentially the interior action of a pure and steadfast heart. External acts are signs and visible manifestations of this interior action. They lift up or arouse man’s mind and heart, and they also express publicly those interior thoughts and sentiments, which are themselves a genuine transformation of the interior person. Insofar as we understand religion as an operative disposition that disposes man toward acts of reverence and worship, generally and for the most part this would be an invariant feature of human existence. Of course, because religious acts are always particular, concrete, determinate acts – the particular, determinate character of religious cults, deriving from human or divine law, vary widely from people to people and age to age. In the United State of America alone, there are currently some 1500 sects and religions actively practiced.13 Religion also has a moral dimension. It is within the practice of religion that men and women encounter the reality that transforms their hearts and the human community into suitable habitats for God’s presence. In so doing people become holy. In Christian understanding, for instance, they realize the potential of their nature as images and likenesses of God. The nature of man’s encounter with God in religion requires a constancy of purpose and a purity of intention and an order of life – that can only be called moral. Why does God require a moral way of life? What is the inner logic connecting religion and morality? God’s self-manifestation to Moses on Mount Sinai (Ex 19) is followed by his giving of the Decalogue (Ex 20). It was also from a mountaintop that Jesus taught his disciples the Beatitudes and the elements of the new law (Mt. 5–7). As the late Cistercian philosopher, Gilbert Hardy explains it, “If the sacred constitutes the highest possible good, human perfection consists in the maximum possible appropriation of the sacred. The bridge between the sacred and human perfection is the expanse of moral life: The perfection of man is built upon the pillars of morality, but morality draws its supporting strength from the eternal resources of the sacred.”14 Religion goes beyond the positive affirmation of the dictates of natural law. God’s covenant requires a total way of life. Hence in many religions there are prescriptions for clothing, eating, the order of time in its hours, days and seasons, sexual relations, management of money, in addition to detailed prescriptions for the rites of 12

Aquinas, ST 2-2, 81, 1c. Walter Berns, Making Patriots (Chicago and London: University of Chicago Press, 2001), p. 36. 14 Gilbert Hardy, Transcendence and the Sacred. Vol. I. Transcendence and Vol. II, The World of the Sacred (Budapest: Osiris, 1998, 1999), II, 35. 13

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worship and sacrifice. In effect, religion has traditionally provided the embracing cultural framework in which most people seek human perfection. Among the moral virtues, religion is the superior, architectonic virtue. It is superior by virtue of its object. “Religion approaches nearer to God than the other moral virtues, insofar as its actions are immediately and directly ordered to the honor of God. Hence religion excels among the moral virtues.”15 Moreover, it can employ all the other arts and virtues in its service, for it can direct human acts of art, morality, speculative activity, each with its own natural being and goodness, its own independent value, to a higher good. The hegemonic status that religion has among all virtues is that it permits one to direct or offer all virtuous acts toward the reverence of God.16 Religion can give to other human actions a religious significance, even though they have their own complete significance apart from religion. Because they can be put to the service of worship and adoration, their pursuit can occasion and deepen our awareness of God’s excellence and his governance. The aspiration of religion can motivate human actions whose proper reality has nothing to do directly with God. Up to this point we have followed Thomas Aquinas in his understanding of religion as a natural virtue, a species of justice, in which men perform actions rendering to God what is due him. But it also serves our purposes to understand religious experience from within and to observe the essential elements of religious person’s encounter with the Divine.17 Religious acts involve man in transcendence. Transcendence refers to acts of spiritual freedom in which a person practically acknowledges the limited capacity of material reality and works of human hand to satisfy mankind’s deepest desires. The religious person finds in finite beings a fundamental poverty. The full and complete engagement with beings raises the question and prompts a desire for Being Itself that is beyond beings. This transcendence, however, is only a question and a desire. The human spirit imagines the possibility of, or even feels the desire for, a degree of perfection not limited to the values of finite temporal beings. The question and the desire suffice to disengage man from the horizon of the finite world. The human spirit inclines itself to reach beyond. But is there truly any Beyond? Is transcendence a faithful promise, a legitimate offer of Being? Or is it rather the trick of a false imagination? Perhaps there is no God. The impulse of transcendence itself does not resolve the question of the metaphysical reality of God. But it is an essential condition for the religious belief in God. Religion universally answers on behalf of the reality of a Transcendent Being. This answer 15

Aquinas, ST 2-2, 81, 6c. Aquinas, ST 2-2, 81, 4, ad 1. 17 Throughout the following account of religious experience I have been instructed by the late Cistercian philosopher, Gilbert Hardy in his Transcendence and the Sacred, Vol. I Transcendence and Vol. II The World of the Sacred (Budapest: Osiris, 1998, 1999). 16

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does not come as a philosophical argument. It is not an exercise in metaphysics. Rather religion answers with its encounter of the Sacred. In a moment I shall elaborate the religious idea of the Sacred. At this point it suffices to see that religion requires the openness, the question of transcendence, which in effect raises man from within the dynamism of his own spirit (mind, heart, and will) above the horizon of engagement with worldly beings limited by time and materiality. The transcendence at the basis of religion is the outworking of the deeper ontological reality of the human person. If we experience Transcendence as the inclination for a life not limited to finite realities, then the encounter with the Sacred is the answering response to this impulse. Encounters of this sort are omnipresent in religious experience. Moses encountered the sacred in the burning bush on mount Horeb. In the New Covenant the incarnate Word is the quintessential Sacred. The sacred is not God himself but his presence in the world. Even though we might say that God is always the substance or the form of the sacred, his Divinity is still concealed in its mode of presentation. The sacred always has something of the sign or symbol about it. The religious mind directly engages with his heart and mind that which directs him to what lies Beyond. We can also, in a more positive vein, speak of Divinity as inhabiting the particular material foundation of his manifestation. As Gilbert Hardy put it: “. . . the sacred, by itself, is not God himself. It is only a pointer toward God, some channel of grace, or the reflection of the divine light in created nature. Yet the sacred always speaks to us about God. It invites us to lift up to heaven the eyes and our heart.”18 The religious mind, disposed toward the transcendent dimension of reality, recognizes in what we call the Sacred some transcendent presence. Again, as Hardy puts it: “we become instinctively aware of some special relation that exists between God and man: his objective, creative presence in the universe is now turned into a subjective call, into a presence-for-me, a presence as inviting and mysterious as it is also arresting and frightening. At the intersection of this sense of his dominion over the world, on the one hand, and his call to me, on the other, the sacred is perceived.”19 The sacred is “the presence of God for man.”20 The very presencing of God, his self-communication, as it were, presupposes on the part of man the ears to hear and the eyes to see. This readiness requires an interior disposition that is a disciplining of mind, will and desire grounded in transcendence.

18 19 20

Hardy, II, 79. Hardy, II, 13. Hardy, II, 14.

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At the conclusion of these reflections on religion, transcendence, and the sacred, several points should be lifted up for the sake of emphasis. First of all, it is evident that the religious person is confident that the meaning of life is not ultimately limited to history and nature, to the confines time and matter. Furthermore, this awareness is expressed in personal and communal action worshiping and reverencing God. IV. The Practice of Catholic Religion and the Development of a More Authentic Culture As we have noted in the first section, religion has been edged to the sidelines in contemporary Western society. The irreligious spirit tries to satisfy itself with the finality of history and impersonal cosmic forces. Transcendence and the Sacred become unseen beggars with no home in such a world. However, culture is essentially fluid, for its particulars are relative and contingent, since it subsists in the creative freedom of human intelligence and imagination. Therefore, it might prove useful to examine Catholic religion for cultural elements that might serve more broadly for the advancement of society. In order to enter into the broader culture of a society, these elements, with their origins in religious practice, must be attractive to honest souls in touch with their deepest desires. The argument I am pursuing here depends on understanding religion as action. Religious action, as we have seen in the previous section, establishes a personal relationship between man and God. Through the living culture of a religious practice believers worship and reverence God, and thus become a people who have honored him. Religious acts become facts of existence. It is important to insist upon religion’s public action. What I have said here is for the most part true of any religion, but I am interested especially in Catholicism and the complex of sensibilities, understandings, and judgments that it employs in its worship. We shall lose sight of the cultural vitality of Catholicism if we try to objectify it as a cognitive, credal system. It is that, but it is much more. It is a form of life. Emphasizing the actuality of religious action also protects against a tendency to psychologize religion as a matter of subjective sentiments or dispositions. The cast of mind acquired in the practice of Catholic religion will spill over into the different spheres of life. The practice of Catholic religion leaves its tracks in history. So long as the faith is practiced and God is reverenced, then the human spirit does not rest its engagements with reality on the unstable sands of history and the impersonal forces of the cosmos. It permits men and women to engage reality in terms of that transcendent Being who is most excellent. It permits God to enter into history through the free will and practical intelligence of the members of a community.

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People for whom this activity is a central part of their lives acquire a cast of mind that carries over into all dimensions of culture. Many elements of this mentality are attractive. They respond to powerful desires that our contemporary irreligious culture neglects. In what follows I shall identify certain elements of culture that emerge from the practice of the Catholic religion. What is characteristic of each of these elements is that they situate us and our world within the broader horizon of transcendence and the encounter with the sacred, but they do so in a way that respects the relative autonomy of worldly reality. I also believe that these elements answer to persistent desires that are neglected in the prevailing Western culture of irreligion. I think that many who have been reared in a secular culture will find the possibilities for understanding, for action, or for world making that are opened up by this cast of mind attractive. The question I ask, therefore, is this: Do men and women formed in the practice of the Catholic religion acquire any particular forms of sensibility, understanding, or judgment that would be effective in the development of a more authentic culture? If we were to appreciate how intelligence, volition, and imagination are conditioned by religious practice, then I believe we shall also discover in it remarkable cultural resources. Hierarchy. If we live vitally our Catholic religion we cannot devalue hierarchical relationships. This is because, in the end, religious action acknowledges that God’s own agency is the most important reality in the world. The idea of authority rooted in a superior Being becomes natural to the religious mind. It is inescapable when the acts of worship and reverence have become familiar acts of moral virtue. Even if honor, piety, authority, hierarchy have all become suspect in the postmodern age, in the Catholic religious life, however, they are essential and good. It is not offensive to judge that some things are greater or more excellent than others are. To the contrary, it seems only right that honor, deference, reverence are due superior persons, most especially God, but also those who by virtue of their office share in the authority by which Christ governs history. This authority is broadly diffused, for instance, to mothers and fathers, teachers, legitimate political powers, and legitimate religious authorities. Honor is an endangered moral reality in our irreligious age. Relative autonomy. Because the Catholic mind understands hierarchy, it is also disposed to see that things and persons have transcendent significance. Catholicism regards created entities as possessed of a surplus of meaning. Each thing has its own intrinsic nature and corresponding intelligibility, which includes its relationality to other things in the order of creation. The Council Fathers of Vatican II called this natural integrity the iusta terrenarum rerum autonomia (the appropriate autonomy of the things of the world).21 Yet, to comprehend the full significance of created beings is to recognize that their relative

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autonomy opens to another more final, absolute level of existence. This is not to deny that the things and events of nature and history are what they are, with their own density of being and luminosity of intelligibility. But it does insist that in addition to that density and luminosity, which is relative to the Cosmos and to History, they also have meaning that transcends their worldly autonomy.22 Natural Science. A cast of mind, with its imagination and set of expectations, formed in Christian faith, influences one’s disposition toward the empirical knowledge of nature. In his Science and the Modern World, the noted American philosopher, Alfred North Whitehead, argued that the animating faith of modern natural science arose from within medieval theology. His argument is a subtle one that the very project of natural science, its distinctive methodical inquiry after natural truths of the material world, rests upon a conviction that is given from outside of natural science itself. The founding conviction of the scientific movement is “the inexpugnable belief that every detailed occurrence can be correlated with its antecedents in a perfectly definite manner, exemplifying general principles.”23 He thinks that the origin of “this instinctive conviction, vividly poised before the imagination, which is the motive power of research . . . stems from the medieval insistence on the rationality of God, conceived as the personal energy of Jehovah and with the rationality of a Greek philosopher. Every detail was supervised and ordered: the search into nature could only result in the vindication of the faith in rationality.”24 It is no accident, therefore, that Catholicism fosters scientific research in its academies, faculties and universities. Natural science gains from Christian belief in a second way, for from within the practice of science there is a tendency to reduce reality – be it physical, chemical, or biological – to material conditions and impersonal forces. This reductive tendency leads to a pervasive skepticism regarding the truth of natural forms or essences and purposes in nature. The mentality formed in the practice of Catholic religion, however, with its culture of dialogue with God the Creator and Providential Governor, can accept the project of modern science and at the

21 See Anton Losinger’s insightful analysis of iusta terrenarum rerum autonomia, in his Relative Autonomy. The Key to Understanding Vatican II (Frankfurt am Main: Peter Lang, 1997). 22 Robert Sokolowski, Eucharistic Presence. A Study of the Theology of Disclosure (Washington D. C.: The Catholic University of America Press, 1994) has a particularly attractive way of getting at the unique quality of Christian understanding and the integrity of nature and its intelligibility. 23 Alfred North Whitehead, Science and the Modern World, Lowell Lectures, 1925 (New York and Toronto: Mentor, 1925), 19. 24 Ibid. The details of this historical thesis have since been worked out by Stanley L. Jaki, most notably in his The Road of Science and the Ways to God (Chicago and London: University of Chicago Press, 1978).

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same time resist a tendency within it to deny the intelligibility of natural forms and purposes or designs in nature.25 Persons as agents. The Catholic understanding of persons is a most important part of its culture. Because he is fashioned by God in his own image and likeness, each human person possesses an inviolable dignity. Seeing man in this light deepens our understanding of the power of reason and freedom. In part, this personal dignity is lived out by respecting the intrinsic being of worldly things by virtue of which they possess their just autonomy within the cosmos and in their relationship to man. The human person perfects himself by being engaged in the world. But this engagement is not sufficient. Human perfection is completed only in communion with God himself. The Catholic mind is keenly aware of the contingency of the world and our life in it. The poet, T. S. Eliot caught the existential ambiguity to the Christian involvement in the world in his simple prayer: “Teach us to care and not to care.”26 History. Nothing is more evident to the mind of those who practice their Catholic faith than the temporal reality of the personal interaction between mankind and God. This religion imbues history with a unique meaning. The very idea of history with a linear time line emerged from Hebraic-Christian understanding of the development of God’s world from creation to consummation. History comes to its crisis in the actual birth, life and teaching, death and resurrection of Christ. Divine revelation takes place in history. Sin and salvation are personal events that take place in time. Christianity has no essence that can be abstracted from its history. The manifestation of God’s glory and mankind’s participation in eternal life rest upon free, unrepeatable events of history. Despite attempts to treat events of salvation history as myths, its historicity resists the attempts to idealize it. History’s authentic intelligibility also has eternal significance. History is not the final horizon. The uniqueness of history – of human and divine choice, freedom and contingency – is a taproot in Christianity. It is no accident that the Catholic mind seeks out the truth of history. Persons as subjects. Freedom and the self-determination that is at the foundation of our agency also carry implications for how we regard others. Because each of us is fashioned in the image and likeness of the Creator, each person is possessed of an inviolable dignity. Each of us is most what we are in the fact that we are loved by God and made for communion with him. Respecting the dignity of human persons means taking them seriously as acting persons, en-

25 The tension and compatibility between contemporary scientific inquiry and Christian faith are explored in Physics, Philosophy, and Theology: A Common Quest for Understanding, 3rd edition, edited by Robert J. Russell, William R. Stoeger, and George V. Coyne (Vatican City State: Vatican Observatory, 1997). 26 Ash Wednesday.

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dowed with will, intellect, heart, bound to the moral law, and signed with an eternal destiny. Intimacy. This deeply personal relationship with God shows itself in a special way in those moments of Christian belief in which each of us is offered intimacy with God. In John the Evangelist’s supper discourse, Jesus says, “I call you friends”(Jn 15.15). And in the Gospels he teaches us to pray “Our Father.” The point here is that one whose mentality is formed in the practice of the Catholic religion knows God as both a lover and a beloved. This intimate relationship to God can help us appreciate the possibilities and the dignity of our intimate relationships in family and friendship. It is true that Christ is depicted as the Pantokrator enthroned in Eternity with all the signs of his majesty, but he is also depicted as the infant cuddled in his mother’s arms nursing at her breast. Is there a more attractive or needful good in today’s world than the intimacy of friendship, of loving and being loved in a love that treasures the unrepeatable and inestimable worth that God has willed each of us to be? In this context it is important to note how the Catholic religion elevates marriage. Here marriage is a sacrament, in which the union of man and woman in marriage embodies sanctifying power. God’s life is made present in the married love, which symbolizes his covenantal love for his people. It is steadfast, fruitful, intimate, and everlasting love. Marriage and the family that it begets is the domestic church, a place where many souls first encounter sacred love. This is especially true of a couple’s children, but also of the many visitors in a Catholic home. Catholic cult begets a cast of mind that conditions and elevates the spheres of our most private and intimate interpersonal relationships. Literature. The Catholic Christian imagination has distinguished itself in the field of literature in two important respects. First of all, its literature typically delights in the unique unrepeatability of the individual person and of the dramatic situation. This tendency is not accidental to minds reared in the practice of Catholic religion. Chaucer, Dante and Shakespeare are the classical models of this tendency of the creative imagination to delight in the variety of persons and situations. The poet Gerard Manley Hopkins developed a distinctive poetics to express the transcendent, divine significance of created individuality.27 In addition to this regard for individuality, the Catholic mind also cultivates the symbolic imagination. This tendency results from minds tutored in Sacred Scripture, which is figurative discourse, where, for example, Moses and the exodus anticipate Christ and his Redemption, and Genesis 1 points to John’s Prologue. One accustoms oneself to viewing the unique things, persons and events of history as what they are, but at the same time to be aware that they 27 Bernadette Waterman Ward, World as Word. Philosophical Theology in Gerard Manley Hopkins (Washington D.C.: The Catholic University of America, 2002), esp. pp. 183–97.

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signify more. The symbolic imagination is further cultivated in the central event of Catholic religion, the Eucharistic Sacrifice – mystery and symbol and sacrament – that extends the senses, imagination, and reason in an extraordinary fashion. The Catholic religion demands a symbolic imagination, in which the moral and metaphysical meaning of things rooted in their own substance, as it were, reaches beyond history and nature to the transcendence of the Sacred. Suffering and Forgiveness. Those steeped in the practice of the Catholic Christianity will find in themselves unique resources for dealing with the personal loss or pain or evil. In this regard, I believe that Christian life draws out possibilities for virtuous action that might otherwise be undiscovered. First of all, it elevates suffering to an act of virtue. Some loss or pain is so profoundly felt that it reduces one to the center of one’s personal being where one feels oneself emptied of the taste for life. In the Christian life, suffering can become something more than the sheer endurance of pain or loss. However noble the refusal to be conquered by loss or pain might be, it still amounts to a moment of sheer self-assertion against hostile forces of the world. Christian understanding discloses the possibility of an interior act of will that permits the self to find meaning in what would otherwise be meaningless. In Christian faith one is disposed to trust in the presence of Christ along side oneself throughout the siege of loss or pain, and this trust transforms the sheer self-assertion of endurance into an act of solidarity with the one who accompanies the sufferer. Suffering is elevated into human action that affirms transcendence and the mystery of the sacred in the midst of even the most intense loss and pain. The practice of the Catholic religion also enables us to elevate forgiveness to a virtue. When I forgive another person, I regard him as beloved of God and therefore to be loved by me, even though this person has intentionally done harm to me or to those persons or institutions that I hold dear. In saying that I regard this person as to be loved I mean that I take him as a person demanding from me acts of self-donation. Forgiveness does not mean that I have forgotten the crime or the sin that he has perpetrated. Nor does it mean that I should not pursue justice against the offender. But it does mean that moral evil does not establish a final horizon for my relationship to this person.28

28 It is interesting to observe how forgiveness combines with the virtue of hope to encourage freedom of action. If one believe in the possibility of forgiveness for error or failure that could result in great harm to others then one might be better disposed to risk the unknown in action. The courage to act finds its confidence, in part, in the conviction that possibility of error or failure need not be the final determination of one’s worth. Neither moral failure nor the miscalculations of prudence need ultimately determine one’s place in either history or the kingdom of heaven. Hannah Arendt considered Jesus to have discovered the critical role of forgiveness in the active life. See her The Human Condition (Chicago and London: University of Chicago Press, 1958), pp. 236–47.

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Forgiveness and suffering repair sin and undo evil beyond what is possible in the worldly strategies of tragedy, stoicism, vengeance, and retribution. Christianity seems unique in its prizing of these two virtues. Such personal confrontation of loss, pain, and moral evil is powerful witness to the possibilities of transcendence and the intimacy of the God in Christian practice. Fine Art. What is common to the Christian virtues of suffering and forgiveness is the refusal to take self-assertion as final. Insofar as pride and self-will seem to lie at the essence of much contemporary fine art, it is useful to examine the influence that the Catholic mentality might bring to fine art. The question of religious influence in art is complex. However, I believe that the distinguishing mark of the Catholic artist must be that he cannot reject meaning that points to transcendent Being.29 This puts him at odds with the current standard of postmodern irony.30The ironist works the matter and forms of his art in the conviction that their significance is exhausted in the contingency of history or impersonal cosmic forces. The irreligious artistic spirit spends itself in confronting history’s whimsy, for example, or its injustice, or matter’s brute presence. Intentions such as playfulness, surprise, shock value, consciousness raising are prized, so long as the art does not seem to take itself too seriously. Any authority of tradition or standard of craft or commitment to the essences of things must be subordinated to the freedom to fashion things otherwise. The opportunity for unbridled self-assertion in the creative imagination seems one of the great attractions in much contemporary art. The best art of the irreligious mind can tell us something true about iusta terrenarum rerum autonomia. It can also bring to sensory immediacy the logic of irreligion, where the meaning of life stops with contingency of history and cosmic forces. But it fosters a thin culture insofar as it inducts others into a world where our finer sensibilities and judgments are rooted in the denial of transcendence and the possibility of encounter with the sacred. An artist whose sensibilities and judgments have been formed in the practice of the Catholic religion, however, believes that he participates in God’s own creative power. He also knows that the matter he works with is ingredient in the substance of Christ and that it is the bearer of the Sacred in the sacraments.31 29 I have learned much about the problem of meaning in contemporary art from conversations with Clare P. Frank during the last few years. 30 Richard Rorty, in his Contingency, irony, and solidarity (Cambridge: Cambridge University Press, 1989) gives a pellucid portrait of the contemporary ironist. 31 Architecture, painting, sculpture, and music have flourished under the patronage of Catholic Christianity. In his decisive intervention during the Iconoclast Controversy, John Damascene argued that if the Word assumed fleshly human nature, then the artifice of form and matter bears within it the potentiality for signifying transcendent reality. “I worship the Creator of matter, who became matter for me, taking up his abode in matter, and accomplishing my salvation through matter . . . I salute matter and I approach it with reverence, and I worship that through which my salvation has

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Two authorities: temporal/spiritual. “Alone among the monotheistic religions, Christianity – not Judaism, not Islam – effected a separation, not of church and state (that comes later), but of the temporal and the spiritual, or, as Jesus put it, between the things that are Caesar’s; and the things that are God’s.”32. Walter Berns develops the uniqueness of this Christian reality and its effect on citizenship by contrasting it with the expectations for Pericles’s Athenians. Athenians were expected to be “lovers” of their city and its institutions with the same bonds that tied them to their gods. The demands of one’s religion were identical to the demands of one’s city. “By separating the spiritual from the temporal, Jesus not only provided the basis for the subsequent separation of church and state, but, even before the advent of the liberal state, he made it impossible for a Christian to be a patriotic citizen in the classical sense. From this time forward, . . . Europeans would have two masters – one civil, the other ecclesiastical . . .” (24) This duality of authorities is not a dispensable accident of Christianity. In the Roman republic executive power was shared between two consuls, but it was one power shared between two persons. In the case at hand, we have two distinct authorities, each with its own intrinsic logic and body of commitments – the temporal realm with the directive rule of reason and the spiritual realm with its directive rule of revelation. V. Practical Consequences These reflections have aimed at bringing out the cultural significance of religious practice. If my views are correct, then this understanding provides a good reason for living more fully the Catholic religion. Let me conclude by drawing three practical consequences. come. I honor [matter], not as God, but because it is full of divine grace and strength.” (St. John of Damascus, On Divine Images. Three Apologies against Those Who Attack the Divine Images, translated by David Anderson (Crestwood, N.Y.: St. Vladimir’s Seminary Press, 1980), II, 14. The doctrines of the Creation and Incarnation and hope in the Resurrected body permit the beauty of the natural and the human to be brought out without impiety. This point can be illustrated by a personal anecdote. A friend of mine, whose liberal humanist commitments do not include Christian belief, was baffled by what he saw as incongruity between the sheer beauty of Michaelangelo’s art of the human body in the Sistine Chapel and their situation in a papal place of sacred worship. Their beauty for him was so compelling that he could only take their situation as act of impiety. I believe that for my friend the beauty of creation left no room for the sacred. Yet it seems to me that classical artists such as Giotto, Raphael, Michaelangelo, and Bernini work the matter and form of their art fully cognizant of the mystery potential with them. Beautiful art and the sacred need not be in competition. Whereas the Greek pagan gods were jealous of human artifice, the Christian artist believes that God blesses his participation in God’s own creative power. He knows that the matter he works with is ingredient in the substance of Christ and that it is the bearer of the Sacred in the sacraments. 32 Berns, Making Patriots, 24.

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First, it would follow that bishops, priests, religious and laity who have active roles in ecclesiastical ministry should take care to keep clearly in view the action-line of religion. The worship and reverence of God are its highest ends. Accordingly, liturgical practice should call forth the participants’ capacity for transcendence. It should especially intend to stir awareness of the presence of the Sacred in the midst of the worshiping community. Secondly, it follows that a mentality learned in history, literature, ethics, and metaphysics is indispensable to the care and transmission of the Catholic faith. It requires clear thinking and an ample grasp of basic distinctions and principles. Those involved in preaching, teaching, counseling, advocacy, and parenting must have some rational basis behind the conviction that the meaning of human life does not terminate in the contingencies of history or the brute necessities of impersonal cosmic forces. Finally, it seems evident that Catholics ought to become experts in the care for personal freedom. It is the same personal freedom exercised in the worldmaking activities of art, economy, or politics that we respect in the right of conscience, tolerance, or ecumenism. It is also identical with the personal freedom that makes possible the virtues of suffering and forgiveness. The “sacred canopy” that once extended over Christendom has faded away. There is no reason, however, that the Catholic faith cannot enrich contemporary culture through the lives of those who practice its religion and take their places in the world. And there is good reason to hope that through these lives and their works God will attract others into his cult.33 Summary This essay opens with the claim that a spirit of irreligion governs contemporary Western culture in large part. Irreligion refers to a concrete modality of judgment and sensibility that does not acknowledge transcendence and the sacred. Irreligious persons act in the conviction that the immanent realms of history and material existence provide the final horizon for human life. Against this background, the essay then develops the thesis that practice of Catholic religion fosters minds and hearts disposed for the development of a more authentic culture. At the center of religious experience lie a capacity for transcendence and an encounter with the Sacred. Although it is unrealistic to expect 33 I am grateful for the critical comments of Scott Crider, Bernadette Waterman Ward, and Gerard Wegemer, which have helped me see some issues of this paper more clearly. I also wish to acknowledge helpful comments of participants of the 7th German–American Colloquium on a shorter version of this paper. – Permission by the editors of Logos: A Journal of Catholic Thought and Culture to use portions of an expanded version of this conference paper is gratefully acknowledged.

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the return of the sacred canopy that once extended over Western culture, religion, and especially the Catholic religion, can form minds and hearts of people disposed toward the formation of a more authentic culture. In particular, I show that the Catholic mind is formed with a ready disposition toward hierarchy, the relative autonomy of earthy things, natural science, the dignity of personal freedom, history, the inherent dignity of persons, intimacy, literature, the virtues of suffering and forgiveness, fine art, and the separation between the spiritual and temporal authorities. What is characteristic of each of these elements is that they situate us and our world within the broader horizon of transcendence and the encounter with the sacred, but they do so in a way that respects the relative autonomy of worldly reality. Zusammenfassung Der Beitrag beginnt mit der Behauptung, daß ein Geist der Areligiosität weite Teile der gegenwärtigen westlichen Kultur beherrscht. Areligiosität bezieht sich auf eine konkrete Weise des Urteilens und Empfindens, die das Transzendente und das Heilige nicht anerkennt. Areligiöse Personen handeln in der Überzeugung, daß die immanenten Mächte der Geschichte und der materiellen Existenz den Zielhorizont des menschlichen Lebens ausmachen. Vor diesem Hintergrund entwickelt der Beitrag die These, daß ein Handeln aus katholischem Glauben Geist und Seele des Menschen befähigt, eine mehr authentische Kultur zu entwickeln. Im Zentrum der religiösen Erfahrung gedeiht der Sinn für Transzendenz und die Begegnung mit dem Heiligen. Obgleich es unrealistisch wäre, auf eine Rückkehr der einst die westliche Kultur formenden Welt des Heiligen zu warten, so kann doch davon ausgegangen werden, daß die Religion, insbesondere der katholische Glaube, Geist und Herz der Menschen inspirieren können, die die Ausprägung einer mehr authentischen Kultur erstreben. Insbesondere will ich zeigen, daß das katholische Denken offen ist für das Hierarchische, für die relative Autonomie der irdischen Wirklichkeiten, für die Naturwissenschaften, für die Würde der Freiheit des Menschen, für Geschichte, für die inhärente Würde der Person, für die Achtung der Intimsphäre, für die Literatur, für die Tugenden des Leidens und Verzeihens, für die schönen Künste, für die Trennung von geistlicher und weltlicher Autorität. Was für alle diese Elemente charakteristisch ist, ist der Tatbestand, daß sie uns und unsere Welt mit dem breiteren Horizont der Transzendenz und der Begegnung mit dem Heiligen vertraut machen; dies allerdings in einer Art und Weise, die die relative Autonomie der irdischen Wirklichkeiten respektiert.

Die Entstehung der Konfessionen und ihre kulturprägende Wirkung* Von Winfried Becker Das Grundverhältnis von Kirche und Kultur läßt sich vielleicht am ehesten dialektisch auffassen, gemäß dem Bild einer Bewegung zwischen zwei Polen. Es konnte sich positiv entwickeln, wenn die Kirche sich der sie umgebenden Welt zuwandte, sich mit ihr verband, sich ihr gleichsam inkulturierte. Die negative Dialektik ist dadurch gekennzeichnet, daß das Christliche der Welt gegenübertritt, ihr gegenüber einen Trennungsstrich zieht, ihr widerspricht, sie gar verneint1. Da das Christentum sich als kulturübergreifend versteht, wird es auch Empfänglichkeit zeigen für das vielen Kulturen Gemeinsame, für Universalien, Urgedanken oder Ideen der Menschheit; als solche können Eigentum, Gerechtigkeit, Vertrag, Opfer, Ehre, Pflege der Familie und der Nachkommen angesehen werden. I. Aufgang und Ende des Universalismus Die Ausbreitung des aus Palästina stammenden frühen Christentums scheint eher dem Modell der positiven Dialektik zu folgen. Die christliche Universalität entfaltete sich im Raum der hellenistisch-römischen Kultur, von dieser vielfältige Anregungen aufnehmend. Der Logos-Begriff und andere tragende Vorstellungen der griechischen Philosophie verbanden sich mit Grundgedanken des christlichen Glaubens. Das griechische Ideal der Paidaia ließ sich den ersten Vorstellungen christlicher Erziehung anverwandeln. Eine anerkannte Stellung, eine sozusagen imperiale Reichweite wuchs dem Christentum, kaum daß die Märtyrergräber sich geschlossen hatten, im Rom der nachkonstantinischen Zeit * Erweiterte Fassung von: Winfried Becker, Konfessionen und Kultur. Historische Betrachtungen zu ihrem Verhältnis in Deutschland (Kirche und Gesellschaft, Nr. 294), Köln 2002. 1 Heinrich Fries, Kultur (II), in: Staatslexikon Recht – Wirtschaft – Gesellschaft, hg. von der Görres-Gesellschaft, 7., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 3, Freiburg-Basel-Wien 1987, Sp. 752–757; Mohammed Rassem, Kultur (I), in: ebd. Sp. 746–752, 751; Justin Stagl, Kulturelle Bindungskräfte der Religionen, in: Jahres- und Tagungsbericht der Görres-Gesellschaft 1998, Köln, S. 115–131; unter Rückgriff auf J. Burckhardt: Karl Löwith, Weltgeschichte und Heilsgeschehen. Die theologischen Voraussetzungen der Geschichtsphilosophie, Stuttgart 2. Aufl. 1953, S. 36 f.

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zu. Seine Ausbreitung folgte den Kommunikationslinien des Römischen Reiches, fand Stützpunkte in den Handelsstädten, in der mobilen Schicht der Freigelassenen, in den mittels Reisen und Briefen aufgenommenen Kontakten der ersten Gemeinden. Dennoch standen die Jünger mit ihrer Mission, ihren zeitgeschichtlichen Berichten über Jesus, vor einem schwer zu durchdringenden „Massiv heidnischer Kultur und Religion“2. Das Erbe der Antike und der griechisch-römischen Philosophien, das Christentum und die germanisch-romanischen Völker mit ihren unterschiedlichen Rechtsformen verschmolzen seit der Völkerwanderungszeit und führten die Kulturgemeinschaft des Mittelalters herauf. Das Streben nach Ganzheit, nach Einheit von Kirche und Welt verdankte sich auch der alle Lebensbereiche erfassenden, intensiven Ausrichtung auf eine jenseitige Welt, an die der mittelalterliche Mensch fest glaubte. Von der mittelalterlichen Universalität zeugten die gotischen Kathedralen, die Synthese von Philosophie und Theologie bei Albertus Magnus, die „Summa theologiae“ (1273) des Thomas von Aquin oder die korporative Idee der Universitäten. Im Bildungswesen und vielfach auch in wirtschaftlicher Hinsicht herrschte eine länderübergreifende Mobilität, die erst durch die in der Frühen Neuzeit beginnenden Verdichtungs-, Territorialisierungs- und Nationalisierungsprozesse eingeschränkt worden ist. Im christlichen Mittelalter blieb aber stets auch die Auffassung lebendig, daß Kirche und Welt, daß der transzendente Glaube und die im Diesseits eingeübten („kulturellen“) Lebensformen oder Leistungen Gegensätze darstellen würden, ja miteinander im Kampf stünden. Diese Haltung bezeugte sich in der anachoretischen Flucht vor der Welt, in der Askese, im Mönchtum, in der Mystik und in den Armutsbewegungen des Mittelalters. Unter Berufung auf die allein von Gott, von außen gegebene Gerechtigkeit wandte sich dann Luther gegen die nach seiner Meinung total verweltlichte Kirche und gegen das Rom der Renaissance-Päpste. Durch einen gleichsam doppelten Bruch hob sich die europäische Neuzeit vom Mittelalter ab. Zum einen zerfiel die mittelalterliche Einheit von Kirche und Welt, das Ineinander von kirchlicher und weltlicher Ordnung löste sich auf. Die bisherigen, vorwissenschaftlichen Synthesen des philosophischen, des beschränkten naturkundlichen und des theologischen Wissens wurden fragwürdig. Die „Welt“ verselbständigte sich, wenn dies auch erst allmählich und über lange Zeiträume ins Bewußtsein trat. Zum andern zerfiel die Einheit des Glaubens. Es bildeten sich in einem längeren Prozeß drei Konfessionen aus, die katholischaltgläubige, die lutherische und die calvinische Konfession. Doch wurden der alte und der neue (lutherische) Glaube 1555, im Jahr des Augsburger Religionsfriedens, von den Zeitgenossen immer noch als eine – wenngleich „spaltige“ – 2 Klaus Rosen, Der Historiker und die Evangelien, in: Jahres- und Tagungsbericht der Görres-Gesellschaft 1997, Köln, S. 17–34, 27.

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Religion aufgefaßt. Die Ausgangspunkte dieser Glaubensspaltung lagen in theologischen Differenzen, die mit dem Widerstreit theologischer Schulmeinungen des Spätmittelalters zusammenhingen. Sie entsprangen keineswegs nur den weitverbreiteten Wünschen nach einer Reform der Kirche, die auch von vielen Humanisten und Altgläubigen geteilt wurden. Die für Deutschland charakteristische Ausbildung von Territorien hat die Durchsetzung der Reformation wesentlich begünstigt; und die Konfessionalisierung hat ihrerseits die Länder gestärkt: Im Folgenden können die vielschichtigen Prozesse der Säkularisierung, dann die Konfessionalisierung in der Frühen Neuzeit (ca. 1500 bis 1800) nur ganz knapp angesprochen werden. II. Die Säkularisierung bricht sich Bahn Die Trennung von Glauben und Wissen, diesseitiger und jenseitiger Welt, entband eine Tendenz zur Säkularisierung des kulturellen Lebens. Viele Forscher haben in diesem Vorgang den ausschlaggebenden Trend gesehen, der das Mittelalter von der Neuzeit schied. In der Bewertung des neuzeitlichen oder modernen Säkularisierungsphänomens gingen die Meinungen weit auseinander. Friedrich Nietzsche lehnte die angeblich lähmende christlich-abendländische Tradition ab, betonte den Willen zum Leben, den prometheischen Aufschwung für jene, die dazu fähig seien3. Romano Guardini warnte davor, die in Transzendenz begründete „Personalität“ des Menschen dem neuzeitlichen Autonomismus zu opfern, und er betonte mit seiner Kritik der Neuzeit gerade die Gültigkeit der in der Vergangenheit zutage getretenen christlichen Werte4. Allerdings kann man die Neuzeit nicht nur von ihren letzten Stadien her betrachten, die durch nachhaltige geistige oder gesellschaftliche Säkularisierungstendenzen gekennzeichnet waren. Wenn wir nur kurz auf zwei Kulturbereiche blicken, die Rechtsordnung und die Wissenschaft, so scheinen hier bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Bezugsebenen zu den christlichen Grundlagen der Kultur erhalten zu bleiben. Der Passauer Vertrag von 1552, der Augsburger Religionsfriede von 1555 und schließlich der Westfälische Friede von 1648 unterbanden und beendeten den Krieg der Konfessionsparteien dadurch, daß sie die Friedens- und Rechtsordnung des Reiches gewissermaßen säkularisierten. Das rechtliche Zusammen3 Aufruf zum Zerbrechen der Vergangenheit „im Dienste des Lebens“. Friedrich Nietzsche, Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben (1874). Druck bei Wolfgang Hardtwig (Hg.), Über das Studium der Geschichte, München 1990, S. 154– 181,173. 4 Romano Guardini, Das Ende der Neuzeit. Ein Versuch zur Orientierung, Würzburg 31951 (11950, 91965), S. 63–125. Vgl. Helmut Kuhn, Guardini, in: Staatslexikon (wie Anm. 1), Bd. 2, Freiburg-Basel-Wien 1986, Sp. 1144–1146; zuletzt (mit wichtigen Angaben zur Literatur): Guardini Weiterdenken. Schriftenreihe des Forum Guardini, hg. v. Hans Maier u. a., Bd. 1 u. 2, Berlin 1993 u. 1999; Robert A. Krieg (Ed.), Romano Guardini. Proclaiming the Sacred in a Modern World, Chicago 1995.

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leben der Menschen sollte ungestört bleiben, friedlich verlaufen, ohne daß alle einem Glauben anhängen mußten. Die Glaubenseinheit des Reiches war nicht mehr für alle verbindlich vorgeschrieben. Damit wurde das friedliche Zusammenleben im Rahmen der staatlichen Gemeinschaft des Heiligen Römischen Reiches der gewaltsamen Durchsetzung der Glaubensüberzeugung, ob diese vom Kaiser oder von den Konfessionsparteien ausging, übergeordnet5. Wenn das hohe Kulturgut des Friedens auf eine neue, bisher nicht übliche Weise, auf Kosten der Glaubenseinheit, gesichert wurde, so war auch dies mit einer christlichen Lebenshaltung in Einklang zu bringen. Jedenfalls zogen die Reichsstände, die Fürsten und Räte der Territorien, nicht zuletzt jene habsburgischen Herrscher, die diese Friedensverträge eingingen, ein friedliches, doch fast stets spannungsgeladenes Nebeneinander dem gewaltsamen Austragen von Religionsstreitigkeiten vor. Die Gültigkeit dieser Feststellung wird nicht dadurch aufgehoben, daß damit eine Lösung gefunden wurde, die auch dem landesfürstlichen Interesse der Beteiligten entsprang: „cuius regio, eius religio“. Auf der Ebene des Reiches, wo die hohen und niederen Reichsstände institutionell zusammengeführt wurden, ist aber keineswegs die „Identität des Religiösen, des Konfessionellen mit dem Politischen“ herbeigeführt worden, umfaßte eben nicht „der Begriff der Macht die Herrschaft über den Glauben in essentieller Weise“6. Aufs Ganze gesehen, bildete das Alte Reich ein Staatswesen, in dem die Koexistenz der Konfessionen, ein Vorläufer der modernen Religionsfreiheit, durchaus bestand; sie mußte allerdings mit einer gewissen Gebrochenheit der Rechtsordnung und des Gemeinschaftshandelns erkauft werden. Im Vergleich zu den konfessionell geschlossenen, herrschaftlich von der Spitze her organisierten, abweichende Konfessionen verfolgenden Staaten Frankreich und England war das Alte Reich auf dem religiösen Sektor nach 1648 trikonfessionell verfaßt. Der Gegensatz zwischen dem Luthertum und den Reformierten erhielt sich auch in Universitätsstädten: In Bremen existierten Gymnasien beider Konfessionen unter der Oberhoheit und Aufsicht des katholischen Kaisertums. Nicht erst heute, sondern schon seit Jahrzehnten scheint die stille Übereinkunft zu herrschen, daß auf dem Gebiet der Profanwissenschaften, besonders der Naturwissenschaft, die Forschungsarbeit begleitende theoretische Reflexio5 Albrecht P. Luttenberger, Glaubenseinheit und Reichsfriede. Konzeptionen und Wege konfessionsneutraler Reichspolitik 1530–1552 (Kurpfalz, Jülich, Kurbrandenburg), Göttingen 1982, S. 698–701, 714 ff. 6 Dies gegen Bernd Roeck (Hg.), Gegenreformation und Dreißigjähriger Krieg 1555–1648, Stuttgart 1996, Einleitung, S. 9. Vgl. Hartmut Lehmann (Hg.), Säkularisierung, Dechristianisierung, Rechristianisierung im neuzeitlichen Europa. Bilanz und Perspektiven der Forschung, Göttingen 1997; Anton Rauscher (Hg.), Säkularisierung und Säkularisation vor 1800, Paderborn u. a. 1976; zum Folgenden auch K. Holl, Bremen, in: Laetitia Boehm u. Rainer A. Müller (Hg.), Universitäten und Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Eine Universitätsgeschichte in Einzeldarstellungen. Hermes Handlexikon, Düsseldorf 1983, S. 87–91.

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nen, die der religiösen Problematik der neu gewonnenen Erkenntnisse gewidmet sind, als unwissenschaftlich angesehen werden oder bestenfalls am Rande figurieren bzw. auf „Ethik“ reduziert sind. Die Tendenz der Emanzipation der Wissenschaft vom Glauben begann nachhaltig wohl schon im 17. Jahrhundert. Die Gelehrten dieser Zeit verlangten zunehmend nach naturkundlichen Erkenntnissen, die auf dem Experiment anstatt auf aristotelisch-scholastischen Vorgaben beruhten. Die Bedeutung des Subjekts und die Macht der Vernunft traten mehr und mehr in ihr Blickfeld. Dennoch: Die Physiker Petrus Gassendi (1592–1655) und Robert Boyle (1627–1691) verfaßten neben ihren naturwissenschaftlichen noch religiöse Werke und suchten ihre neuen Erkenntnisse mit der christlichen Lehre in Einklang zu bringen. René Descartes (1596–1650) hielt an zwei Gottesbeweisen fest, obwohl er die philosophische Kategorie der Subjektivität einführte und Bahnbrechendes für die mathematisch-analytische Methode leistete. Die danach einsetzende Aufklärung war eine zu vielschichtige Bewegung, um einfach als religionslos etikettiert werden zu können. Sie bekannte sich zur Gesetzmäßigkeit und Ordnung des Weltlaufs, der wohl mit der Philosophie des Deismus, kaum mit der des Atheismus erklärt werden konnte. Ihr Streben nach einer Zusammenfassung des Wissens, nach der Enzyklopädie7 (im Mittelalter: „Summa“), enthüllte noch das Festhalten an einem objektiv von außen Gegebenen, das, auf andere Weise, auch vom christlichen Glauben vorausgesetzt wurde. Dieses Vorgegebene oder ein dem speziellen Wissen vorgelagerter Ganzheitsbegriff, erschien aus der modernen, subjektiven Perspektive zwar zunehmend als unbeweisbar, aber seine Zusammenhänge konnten so gedacht werden, als ob sie auf einen ursprünglichen Schöpfungsplan zurückverweisen würden. III. Das gegenläufige Paradigma: Konfessionalisierung Die kulturellen Auswirkungen der Glaubensspaltung waren in Deutschland bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts wahrscheinlich einschneidender als die der beginnenden Säkularisierung. Hier kann nur skizzenhaft angedeutet werden, welche Folgen der unterschwellig fortdauernde Konfessionskonflikt auf den Gebieten des Geisteslebens, der Verfassungsgeschichte, der Sozial- und Wirtschaftspolitik hatte. „Konfessionalisierung“ meint hier weniger den Prozeß der Herausbildung der Konfessionen als ihre langfristige milieu- und kulturprägende Wirkung.

7 Auch im Sinne kritischer, gelehrter Ermittlung des verschiedenen Disziplinen zuzuweisenden Wissens: Peter Krauss, Enzyklopädische Bildungsidee, frühe Aufklärung und Wissenschaftspopularisierung. „Historie“ im Parnassas Boicus (1722–1740), in: Winfried Müller/Wolfgang J. Smolka/Helmut Zedelmaier (Hg.), Universität und Bildung. Festschrift Laetitia Boehm zum 60. Geburtstag, München 1991, S. 223–234. Vgl. Johann Heinrich Zedler, Grosses vollständiges Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 1–65, Erg.-Bd. 1–4, Leipzig u. Halle 1732–1754.

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In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstand eine Kontroversliteratur zwischen den protestantischen Konfessionen über theologische Fragen8 sowie zwischen diesen und den Katholiken über Rechtsfragen wie die Wegnahme der Kirchengüter und über die Auslegung des Augsburger Religionsfriedens. Die „Gegenreformation“, auch „Katholische Reform“, „Katholische Reformation“, „katholische Erneuerung“ oder „Katholische Restauration genannt9, die zur Selbstbehauptung und inneren Erneuerung der altgläubig gebliebenen Teile des Reiches notwendig war, brachte eine juristisch-historisch argumentierende Publizistik hervor. Diese Reformbewegung suchte auch durch anspruchsvolle Unterhaltung, z. B. das Jesuitentheater, wieder Tugenden und Grundbegriffe der durch das Trienter Konzil prägnanter definierten katholischen Glaubens- und Morallehre zu verbreiten. Auf dem Gebiet des staatsrechtlichen Schrifttums, des an den Universitäten (seit etwa 1630) gelehrten ius publicum10, machte sich ein Übergewicht protestantischer Autoren bemerkbar. Nach 1556 verblieben in Deutschland der alten Kirche nur noch sieben Universitäten (Wien, Freiburg, Ingolstadt, Köln, nominell Mainz, Trier, Erfurt); hinzu kamen in Bayern die Neugründungen Dillingen (1554), Bamberg (1586) und Würzburg (1582). Obwohl viele Entwicklungen der Bildungsgeschichte das Unterrichtswesen aller drei Konfessionen erfaßten11, wäre es ein lohnendes Untersuchungsziel, den Einfluß zu ermitteln, den die Konfessionszugehörigkeit auf die Lehre von Recht, Staat und Geschichte an den deutschen Universitäten ausübte. Wenn Samuel Pufendorf und Bogislav Philipp Chemnitz die Gewaltenteilung und das Recht der Reichsstände, an der Gesetzgebung und Außenpolitik des Reiches weitestgehend mitzuwirken, hervorhoben, dann wollten sie durch die Aufwertung der protestantischen Territorien zugleich die Stellung der evangelischen Konfession befestigen. Vielgelesene und bekannte Gelehrte des „teutschen 8 Hierzu Karl-Heinz zur Mühlen, Reformation und Gegenreformation, Teil I–II, Göttingen 1999, Teil II, S. 77–102; vgl. Martin Heckel, Deutschland im konfessionellen Zeitalter, 2. Aufl. Göttingen 2001, S. 76–82. 9 Vgl. den Abschnitt „Die historischen Begriffe“, in Hubert Jedin (Hg.), Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. IV, Reformation, Katholische Reform und Gegenreformation, Freiburg i. Br. 1985 (1. Ausg. 1967), S. 449 f. 10 Vgl. die Sammlung historisch-politischer Titel bei Konrad Repgen unter Mitarbeit von Elisabeth Müller-Luckner (Hg.), Krieg und Politik 1618–1648. Europäische Probleme und Perspektiven, München 1988, S. 361–421; Winfried Becker (Bearb.), Dreißigjähriger Krieg und Zeitalter Ludwigs XIV. (1618–1715) (= Quellenkunde zur deutschen Geschichte der Neuzeit von 1500 bis zur Gegenwart, 2), Darmstadt 1995, S. 18–24, 70–82; Bibliographie auch bei [Johann Stephan] Pütter, Litteratur des Teutschen Staatsrechts, Theil 1–3, Göttingen 1776, 1781, 1783. 11 Arno Seifert, Das höhere Schulwesen. Universitäten und Gymnasien, in: Notker Hammerstein unter Mitwirkung von August Buck (Hg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. 1, 15. bis 17. Jahrhundert. Von der Renaissance und der Reformation bis zum Ende der Glaubenskämpfe, München 1996, S. 197–374, 283 ff., 312 ff., 342 f.; Rainer A. Müller, Hochschulen und Gymnasien, in: Walter Brandmüller (Hg.), Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte, Bd. 2, Von der Glaubensspaltung bis zur Säkularisation, St. Ottilien 1993, S. 535–556, hier S. 549–555.

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Staatsrechts“ wie Johann Jakob Moser, Burkhard Gotthelf Struve und Johann Stephan Pütter waren evangelischer Konfession. Neben katholischen stellten allerdings auch protestantische Autoren des 17. Jahrhunderts (Wilhelm Witzendorff, Theodor Reinkingk), die Prärogativen des (katholischen) Kaisers und die dadurch gegebene Stärkung der staatlichen Ordnung des Reiches heraus. Bezüglich der verfassungsmäßigen Stellung der Kirchen nahmen protestantische und katholische Territorien von 1526 bis 1918 eine getrennte Entwicklung. In den weltlichen katholischen Staaten blieb eine grundsätzliche Trennung zwischen geistlichen und weltlichen Strukturen erhalten, wenn auch Landesfürsten wie Maximilian I. von Bayern ihre Untertanen strenger Kirchenzucht unterwarfen und die Frömmigkeit zum Herrschaftsstil der Wittelsbacher gehörte12. Die katholische Kirche blieb insoweit unabhängig, als sie ein Oberhaupt außerhalb der sie jeweils umschließenden Staatsgrenzen anerkannte. Hier setzte sich ein historischer Dualismus fort. Die mit Staatsgewalt ausgestatteten geistlichen Fürsten förderten besonders seit dem Barock das Geistesleben, die Universitäten und Bibliotheken und damit die weltliche Kultur und Kunst. Die Aufklärung, die viele geistliche Staaten intensiv erfaßte, bestärkte die bischöflichen Landesherren in dem Bestreben, die rechtlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufgaben gemäß den Regeln von Natur und Vernunft zu lösen. Das Militär als bedeutsamer Faktor absolutistischer Staatsgewalt war in den geistlichen Fürstentümern notorisch unterentwickelt. Teilhaber der geistlichen Landesherren an der Landesverwaltung waren die drei bevorrechtigten Stände des Domkapitels, der Ritterschaft und der Städte. Die innere Entwicklung verlief hier doch anders als in den weltlichen Fürstentümern13, wo der Absolutismus diese Gegengewalten allmählich aufsog. Protestantische Staaten hingegen tendierten mehr zur Einheit von staatlicher und kirchlicher Gewalt unter der Dominanz des Landesfürstentums. Schon für die Reformationszeit hat Otto Dibelius festgestellt: „Widerstandslos gab sich das Kirchenwesen der weltlichen Obrigkeit in die Hände. Die Befugnisse der geistlichen Leitung gingen auf die Behörden über, die aus Juristen und Theologen zusammengesetzt waren und in denen [. . .] stets ein Jurist die Präsidialgeschäfte führte“14. In der Aufklärung, so fährt Dibelius fort, „wird das protestantische Kirchenwesen ein Zweig der Staatsverwaltung“15. Dieser (spätere) evan12 Alois Schmid, Vom Westfälischen Frieden bis zum Reichsdeputationshauptschluß. Altbayern, in: Brandmüller, Handbuch (wie Anm. 11), S. 293–356, 304–311. 13 Anschaulich: Anton Schindling, Kurfürst Clemens August, der „Herr Fünfkirchen“. Rokokoprälat und Reichspolitiker 1700–1761, in: Landkreis Emsland (Hg.), Clemens August. Fürstbischof, Jagdherr, Mäzen. Katalog zu einer kulturhistorischen Ausstellung aus Anlaß des 250jährigen Jubiläums von Schloß Clemenswerth, Meppen 1987, S. 15–28. 14 Otto Dibelius, Das Jahrhundert der Kirche. Geschichte, Betrachtung, Umschau und Ziele, Berlin 1927, S. 28. Dibelius war 1927 Generalsuperintendent der Kurmark.

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gelische Landesbischof teilt auch das Gerücht mit, „daß sich ein Pfarrer erboten habe, statt im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, im Namen Friedrichs des Großen zu taufen“16. Besonders der neue Stand der bürgerlichen Juristen wirkte in den protestantischen Staaten nicht nur am Ausbau der Territorialherrschaft, sondern auch an der Konfessionalisierung mit. Der protestantische Adel sah sich mehr auf den Fürstendienst angewiesen als der katholische, unter anderm weil mit den adligen Domkapiteln seine Versorgungsmöglichkeiten in diesen Korporationen geschwunden waren. Die Pfarrer verkündeten staatliche Verordnungen und zogen die öffentlichen Abgaben von den Gemeindemitgliedern ein. Auch das gehörte zu ihrer Vorbildfunktion als christlicher, der Obrigkeit gehorsamer Hausstand, der als Kulturfaktor im protestantischen Deutschland hochbedeutsam war17. Luther hatte das Prinzip „Sola-Fide“ eingeführt, das den Glauben von den Einmischungen der Welt und ihrer moralischen Zwänge hatte befreien wollen. Aber die evangelischen Kirchen sahen sich bis zur demokratischen Wandlung des Staats 1918 sehr der staatlichen Ordnung der deutschen Dynastien anheimgegeben. Bekanntlich hat Max Weber dem Calvinismus – im Gegensatz zum Luthertum – einen besonderen Anteil an der Schaffung der modernen Wirtschaftskultur zugewiesen. Die Praktizierung der „protestantischen Ethik“, von Askese, Selbstzucht und Verinnerlichung der Prädestinationslehre, habe bevorzugt das protestantische Unternehmertum instandgesetzt, Investitionsbereitschaft zu entwickeln, für die Rationalität und die Gesetze des Marktes einzutreten und damit wichtige Voraussetzungen des modernen Kapitalismus zu schaffen18. Manche Auswüchse der Globalisierung mögen das Augenmerk wieder mehr auf die konkreten Zusammenhänge von Kultur, Region, Wirtschaft und Religion lenken. Dann erweisen sich wissenschaftstheoretisch-geistesgeschichtliche Erklärungen wie die Max Webers als weit hergeholt. In Deutschland entstand seit dem Spätmittelalter eine vielfältige, teils schon die ländlichen Räume in ihrer Tiefe erfassende, binnenwirtschaftliche Struktur und Kultur. Sie brachte mit sich, daß, anders wohl als in den zentralistischen Nachbarstaaten Frankreich 15

Dibelius (wie Anm. 14), S. 50. Dibelius (wie Anm. 14), S. 52. 17 Günter Franz (Hg.), Beamtentum und Pfarrerstand 1400–1800, Limburg 1972. 18 Die These wurde entwickelt in dem ersten von Max Webers „Gesammelten Aufsätzen zur Religionssoziologie“: „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ (1904/05); dann u. a. veröffentlicht in: Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Bd. 1, Tübingen 1920, S. 17–206: 1920 faßte Weber übrigens auch „die Bedeutung des biologischen Erbgutes“, der „Rassen-Psychologie“ für seine hier entwickelte Fragestellung, wenn auch vorsichtig, in den Blick (ebd. S. 15 f.). Kritik der Thesen M. Webers und anderer Verfechter der Unvereinbarkeit von „Katholizismus“ und „Kapitalismus“ (in Italien etwa Amintore Fanfanis): Michael Novak, Die Katholische Ethik und der Geist des Kapitalismus. Deutsche Bearbeitung und Übersetzung Johannes Stemmler, 2. Aufl. Trier 1998, S. 25–57. 16

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und England, die Entstehung eines übergroßen Kultur- und Wohlstandsgefälles zwischen der Hauptstadt und der Provinz vermieden wurde. Es bildeten sich viele kleine Zentren, darunter die Residenz- und Bischofsstädte. Investitionen in Kunst, Architektur und Städtebau schufen, über mehrere Jahrhunderte gesehen, kulturelle Anziehungspunkte, die die Wirtschaftskraft stärkten: zunächst dadurch, daß eine Nachfrage, ein Arbeitsmarkt für Handwerker und Künstler entstand, auf lange Sicht insofern, als die historischen Stätten kulturelle Attraktionskraft ausstrahlten – bis hin zur neu entdeckten Kultur-Touristik unserer Tage. Die süddeutschen Klosterlandschaften fanden während der Neuzeit kein Pendant mehr im Norden Deutschlands. Sie bereicherten und erhielten einen ländlichen Kulturraum, über den der aus Rügen stammende Beobachter Ernst Moritz Arndt, als er 1798 von Bayreuth über Regensburg und Passau nach Wien reiste, begeistert berichtet hat. Der niederösterreichische Bauer schien ihm ungleich reicher zu sein als der pommersche Landmann. In der Metropole der Habsburger mit ihrem reichen Handel, mit ihren Adelspalais und fortschrittlichen medizinischen Anstalten erblickte dieser protestantische Nationalpoet am Vorabend des Zusammenbruchs des Alten Reiches immer noch Deutschlands Hauptstadt19. Aus vielen kleinräumigen Mittelpunkten war so eine Kulturlandschaft entstanden. Die zwischen den Konfessionen andauernden, begrenzten Konflikte und Spannungen prägten ihr Lokalkolorit mit. Die jeweils vorherrschende konfessionelle Eigenart verlieh dem Brauchtum, den Festen, den Feiern, dem Alltag Reichtum, Farbe und lokale Besonderheit. Man mag mit Heinrich Lutz bedauern, daß die konfessionelle Spaltung die zu Anfang des 16. Jahrhunderts zusammenwachsende „deutsche Kulturszene“ wieder auseinanderriß: Die katholischen Teile gerieten „unter den Einfluß der gegenreformatorischen Kultur Südeuropas“, schnürten sich vom evangelischen Norddeutschland ab, dieses rückte seinerseits auf Kosten der Kontakte zu den katholischen Landsleuten den Niederlanden, England und Skandinavien nahe20.

19 Winfried Becker, Ernst Moritz Arndts „Bruchstücke aus einer Reise von Baireuth bis Wien im Sommer 1798“, in: Winfried Becker/Werner Chrobak (Hg.), Staat, Kultur, Politik. Beiträge zur Geschichte Bayerns und des Katholizismus. Festschrift zum 65. Geburtstag von Dieter Albrecht, Kallmünz 1992, S. 165–175; vgl. Winfried Becker, Das Italienbild Ernst Moritz Arndts 1798/99, in: Hermann H. Wetzel (Hg.), Reisen in den Mittelmeerraum, Passau 1991, S. 103–127. 20 Heinrich Lutz, Die deutsche Nation zu Beginn der Neuzeit. Fragen nach dem Gelingen und Scheitern deutscher Einheit im 16. Jahrhundert, in: Historische Zeitschrift 234 (1982), S. 529–559, 557 f.: Frage nach der tiefgreifenden „anthropologischen“ Dimension der Glaubensspaltung in Deutschland; Hans Schmidt, Die politischen und kulturellen Folgen der Reformation, in: Herbert Immenkötter (Hg.), Die fromme Revolte. Ursachen – Faktoren – Folgen von Luthers Reformation, St. Ottilien 1982, S. 129–170.

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Doch diese Entwicklung förderte auch kulturelle Kontakte nach außen, verstärkte im Süden die Latinität, im Norden das Aufkommen des Deutschen als Gelehrten- und Verwaltungssprache. Zudem diente die konfessionelle Prägung der Kultur auch der Einwurzelung der Menschen in ihrer Stadt, ihrem Land, ihrer Region, ob es sich um die bürgerlichen Juristen in Preußen und Sachsen, die Bauern, den Klerus, den Adel im Kurfürstentum Bayern, die Landbevölkerung und Kleinbürger im Erzstift Mainz handelte, die beim Einmarsch der französischen Revolutionstruppen ihres Lokalpatriotismus überhaupt erst gewahr wurden. Die friedliche Ausdifferenzierung der deutschen Konfessionskulturen vollzog sich unter dem Dach einer Verfassungskultur, die Freiheit und Lebensrecht für die zugelassenen Konfessionen sicherte. Nach dem Herkommensrecht des Heiligen Römischen Reiches, niedergelegt vor allem in den Reichsabschieden, mußten die konfessionellen Gegensätze, die, über das kirchliche Leben hinaus, auch die Rechtskultur, die Ausübung der Reichsjustiz, etwa die Besetzung der höchsten Gerichte, beeinflußten, nach den Grundsätzen der Parität und der „amicabilis compositio“, durch Verhandeln unter Ausschaltung des Mehrheitsprinzips, ausgetragen oder beigelegt werden. Obwohl der Kreis der Verhandlungspartner dadurch verengt war, daß sie privilegierten Ständen angehören mußten, verdient dieses Verfahren wieder Beachtung in einer Zeit, in der Konsens und Dialog als konstituierende Faktoren einer nationalen Gesellschaft gelten (Papst Johannes Paul II. für Polen 1979–1989). IV. Politische und geistige Wandlungen im 19. Jahrhundert Dies alles zusammengenommen kann wohl, neben den politischen Faktoren, zur Erklärung dafür herangezogen werden, daß – wie oft vorschnell beklagt wurde – eine Große Revolution in Deutschland ausblieb. Im 19. Jahrhundert wandelte sich freilich dieses friedliche Klima. Die Kleinräumigkeit und Abschließung etwa in wirtschaftlicher Hinsicht, durch Zünfte und Zölle, hemmten den Fortschritt und auf lange Sicht wohl die materiellen Aufstiegschancen breiterer Bevölkerungsschichten. Eine Verschlechterung des Verhältnisses zwischen den Konfessionen war sicherlich auch auf den sich verstärkt fortsetzenden Prozeß der Säkularisierung zurückzuführen, dessen kulturelle Wirkungen die Phänomene der Konfessionskulturen überlagerten, veränderten, schließlich ablösten. Viele Katholiken kamen infolge der Großen Säkularisation von 1803 unter fremde, neue Obrigkeiten; sie wurden protestantischen Staaten zugeschlagen. Diese ordneten alle Kirchenangelegenheiten, unabhängig von der Konfession, unter Berufung auf ihre neu hervorgekehrte, weltliche Souveränität. In der kurzen Periode der Romantik herrschten noch versöhnliche Töne vor: Der Katholizismus erlebte eine Blüte mit der Rückbesinnung auf die christliche Kultur des Mittelalters, mit seinem Universalismus, seiner frühen Entdeckung

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des sozialen Problems. Doch das romantische Denken konnte sich nicht aus dem Schlepptau der spätestens 1848 abgebrochenen Restauration lösen. Hingegen amalgamierte sich der Protestantismus nachhaltig und dauerhaft mit den „modernen“ Weltanschauungen. Ein neuer „protestantischer Geist“ entstand aus der Verbindung des religiösen Subjektivismus, der nun in Luthers Auftreten hineininterpretiert wurde, mit dem erkenntnistheoretischen, philosophischen Subjektivismus, zu dem sich der deutsche Idealismus bekannte. Der Protestantismus adaptierte auch die dialektische Fortschrittsidee, in der die neue Nationalkultur einen besonderen Rang einnahm. Ein Protestantismus, dessen Wesen in der Emanzipation der Religion gesehen wurde, konnte leicht in Parallele gesetzt werden zur Emanzipation der Völker. Die Nation wurde als freie, fortschrittliche Kultur- und Geistesmacht verstanden, weil sie das Joch der römisch-katholischen Hierarchie und des Kaisertums abgeschüttelt habe. Kulturliberale Protestanten übertrugen den alttestamentlichen Gedanken des Bundes zwischen Gott und seinem Volk auf das besondere Verhältnis Gottes zum deutschen Volkstum und zur preußischen Hohenzollerndynastie; diese erschien ihnen als berufen, die ganze, endlich geeinte und zur religiösen Freiheit im Protestantismus gelangte deutsche Nation zu führen. Daß diese Ideologie im 19. Jahrhundert zur großen Herausforderung für die Katholiken Deutschlands wurde, resultierte aus älteren historischen Bedingungen und neuen politischen Entwicklungen. 1866 und 1871 siegten Bismarck und die Hohenzollern über Österreich-Ungarn und Frankreich – in den Augen maßgeblicher protestantischer Intellektueller ein Sieg des Germanismus über den Romanismus. Infolge der Großen Säkularisation war das Besitz- und Bildungsreservoir der deutschen Katholiken zusammengeschrumpft. Hingegen zahlte sich für die Protestanten im kleindeutschen Reich ein gewisser, seit dem 16. Jahrhundert erworbener Vorsprung im Rechts- und Bildungswesen aus. Das soziologische Phänomen des evangelischen Pfarrhauses förderte die Ausbreitung einer protestantisch-bürgerlichen Bildungsschicht. Die Gymnasien, die zur Herausbildung des Verwaltungs- und Akademiker-Nachwuchses dienten, lagen oft in den Städten, von denen die meisten evangelisch geworden waren. Es bestehen Anhaltspunkte für die Annahme, daß die schreibende Zunft der protestantischen Juristen, Historiker und Kameralisten schon im 18. Jahrhundert die der Katholiken, die Orden abgerechnet, an Zahl und Bedeutung übertraf. Nun war infolge der Großen Säkularisation die Gelehrtentätigkeit in den Klöstern und geistlichen Herrschaften als Gegengewicht weggefallen. Protestantische Historiker prägten das politische Selbstbewußtsein des neu entstandenen Nationalstaats: Die Namen von Leopold von Ranke, Ludwig Häusser, Heinrich von Sybel, Heinrich von Treitschke, Johann Gustav Droysen und des Schriftstellers Gustav Freytag stehen für viele andere. Protestantismus und Historismus hingen zwar miteinander zusammen, doch ist es sehr fraglich, ob die „lutherische Bibelhermeneutik“ und die innerprotestantischen Auslegungsstreitigkeiten wirk-

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lich jene Form des historischen Verstehens hervorgerufen haben, die als Errungenschaft der deutschen Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts gilt21. Nicht erst aufgrund der Entscheidungen von 1866 und 1870/71 mußte die großdeutsch-österreichische Geschichtskonzeption der kleindeutsch-protestantischen Historiographie weichen22. Man hat – allerdings zu schablonenhaft – von einer nachreformatorischen Zweiteilung der deutschen Kultur gesprochen. Ein süddeutscher, romantisch beeinflußter Kulturzweig, wo die Musik, die Repräsentation, die bildenden Künste vorherrschten, sei einer norddeutschen Kultur des Worts, der Philosophie, der Literatur gegenüber getreten. Unter dem Einfluß der politischen Verhältnisse und der Industrialisierung, die die entscheidenden gesellschaftlichen Wandlungen des 20. Jahrhunderts vorbereitete, neigte sich die Waagschale zugunsten der norddeutsch-protestantischen Bildungslandschaft. Ob dies der kulturellen Entwicklung nützte, ist eine jedenfalls nicht kurzschlüssig zu beantwortende und nicht allein die Historiker angehende, weil weltanschauliche Frage. V. Konstituierung des Katholizismus Aus der Defensivposition, in die er durch den Kulturkampf geriet, entwickelte der deutsche Katholizismus vor allem eine politische Kultur. Früher hat man oft die Abschließung, die Getto-Situation, betont, in die er sich begeben habe. Daran ist soviel richtig, daß die Katholiken von eigenen Glaubensgenossen dazu aufgerufen werden mußten, sich in den Schulen, im geistigen Leben der Nation, an den Universitäten, mit allen Kräften dem Wettbewerb zu stellen. Aber das Beziehen einer Verteidigungsposition war unumgänglich, wollte man sich nicht dem herrschenden Zeitgeist ausliefern. Eine geistige Konstituierung des Katholizismus ging dessen politischem Auftreten voraus und lief dann mit diesem parallel. Sie erwuchs aus der Ablehnung des Nationalprotestantismus, des wirtschaftlichen Liberalismus, aber auch bestimmter weltanschaulicher Tendenzen, die christliches Kulturerbe nicht nur national umdeuteten, sondern auch gänzlich negierten. Das waren ein die Möglichkeit metaphysischer Aussagen ablehnender Agnostizismus, der Materialismus verschiedener Spielart, eine z. B. von dem Naturforscher Ernst Haeckel vertretene mechanistische oder evolutionistische, den Schöpfergott kategorisch ausschließende Kosmologie23. Grundlagenreflexion, die Ablehnung des Volksmy21 Dies behauptet Wolfgang Weber, Historische Methode, in: Dieter Nohlen (Hg.), Lexikon der Politik, Bd. 2, Politikwissenschaftliche Methoden, München 1994, S. 161– 165, 162. 22 Rudolf Lill, Katholizismus und Nation bis zur Reichsgründung, in: Albrecht Langner (Hg.), Katholizismus, nationaler Gedanke und Europa seit 1800, Paderborn u. a. 1985, S. 51–63; Thomas Brechenmacher, Großdeutsche Geschichtsschreibung im neunzehnten Jahrhundert. Die erste Generation (1830–1848), Berlin 1996, S. 445, 503.

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thos, Sachgerechtigkeit, positivistisch-faktenbezogene Geschichtswissenschaft, Föderalismus, Problemlösung von abstrakt-abwägenden Prämissen her, die sich vom Naturrecht und von der philosophia perennis inspirieren ließen – das waren einige der Antworten, die der Katholizismus zu geben versuchte und über die er gewissermaßen erst als politisch relevante und autonome Bewegung zusammenwuchs. Er vertrat eigentlich liberale, grundrechtliche Anliegen gegenüber dem nationalen Liberalismus, der sich einer repressiven Gesetzgebungsmaschinerie bediente, um die ultramontanen „Reichsfeinde“ niederzuhalten. Die Auseinandersetzungen um die säkularistische und nationalistische Kultur, obzwar von noch fortdauernden konfessionellen Frontlinien durchkreuzt, lagen auf einer anderen Ebene als die konfessionellen Streitigkeiten des 16. und 17. Jahrhunderts, entsprangen also nicht primär einer „Rekonfessionalisierung“ in einem „Zweiten konfessionellen Zeitalter“ 24. Ihre Konsequenzen führten zunächst zu einer neuen politischen und gesellschaftlichen Organisation der deutschen Katholiken. Deren politisch aktiv werdende Teile erkannten zunehmend die Vorteile des Parlaments, einer eigenen Presse, des parteimäßigen Zusammenschlusses, damit auch der innerstaatlichen Freiheit und des Pluralismus. Neben der Zentrumspartei entstanden, diese in der katholischen Bevölkerung verankernd, gesellschaftliche Organisationen, Zusammenschlüsse katholischer Studierender und Berufstätiger, Arbeitervereine, Pressevereine, Jugendverbände bis hin zu dem soziale und apologetische Ziele verfolgenden Volksverein für das katholische Deutschland25. Hier vollzog sich keineswegs eine Rekonfessionalisierung nach Analogie der „Gegenreformation“. Sondern die neuen politischen und gesellschaftlichen Vereinigungen erzeugten in einem sich modernisierenden staatlichen und gesellschaftlichen Umfeld bei ihren Mitgliedern langfristig neue Orientierungen; bei ihnen entstanden gerade aus der Oppositionshaltung Ansätze eines staatsbürgerlichen Bewußtseins. Nach 1918 und 1945 rekrutierten sich aus den Reihen des politischen und sozialen Katholizismus entschiedene Befürworter des Weimarer Verfassungsstaats und der parlamentarischen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland. Doch zunächst konnten sich die Katholiken dem Anpassungsdruck, der von dem 1871 gegründeten Nationalstaat ausging, nur ganz schwer entziehen; dies blieb für sie eine Art Trauma bis 1933 und darüber hinaus. 23 Georg von Hertling, Wissenschaftliche Voraussetzungslosigkeit und Katholizismus (7.10.1903), in: Adolf Dyroff (Hg.), Reden, Ansprachen und Vorträge des Grafen Georg von Hertling. Mit einigen Erinnerungen an ihn, Köln 1929, S. 70–87. 24 Die hier bestrittene These von O. Blaschke vernachlässigt die philosophie-, theologie- und geistesgeschichtlichen Wandlungen (bis 1970). Olaf Blaschke, Der „Dämon des Konfessionalismus“. Einführende Überlegungen, in: ders. (Hg.), Konfessionen im Konflikt. Deutschland zwischen 1800 und 1970: ein zweites konfessionelles Zeitalter, Göttingen 2002, S. 13–69. 25 Anton Rauscher (Hg.), Der soziale und politische Katholizismus. Entwicklungslinien in Deutschland 1803–1963, Bd. 1–2, München 1981, 1982.

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VI. Der Kampf um den Einfluß auf die nationale Kultur setzt sich fort Die Katholiken bildeten eine wenngleich beachtliche Minderheit im kulturellen und politischen Deutschland, das nach Konfessionen, aber auch nach Parteizugehörigkeiten, Milieus, Regionen und Staaten aufgegliedert war. Dieses Land entwickelte keine einheitliche nationale Kultur, die aus sich heraus den Übergang zu einer demokratischen Entwicklung unterstützend hätte begleiten können; aber das war auch nicht unbedingt ein Nachteil. Die verschiedenen konfessionellen Milieus und sozialen Subkulturen erwiesen Beharrungskraft. Weltanschauliche Divergenzen belasteten weiterhin das politische Zusammenleben, nachdem der Konfessionskonflikt von der nationalen Fortschrittsideologie überlagert, verändert und verfremdet worden war. Noch im Jahr 1905 verwarf der Reichskanzler Bernhard von Bülow aus nationalistischer Einstellung, allerdings konfessionalistisch argumentierend, den Gedanken einer Einbeziehung Österreichs in das Deutsche Reich, weil der Zuwachs von 15 Millionen Katholiken, durchsetzt „mit unverdautem Slaventhum“, den inneren Hader vermehren, wahrscheinlich eine erneute Spaltung herbeiführen und das Reich seiner eigentlichen Stärke, nämlich der inneren „Übereinstimmung [. . .] der nationalen Bestrebungen und Ziele“, berauben würde26. Zu Beginn der Weimarer Republik trat der Katholizismus kulturell gestärkt, selbstbewußter hervor. Das beruhte nicht auf einem Sieg in einem (längst anachronistisch gewordenen) Konfessionskrieg, sondern war zunächst schlicht darauf zurückzuführen, daß die Weimarer Verfassung ihm bisher vorenthaltene Freiheiten gab. Orden, die der Kulturkampf ins Ausland getrieben hatte, durften sich wieder in Deutschland niederlassen. Dies erregte viel protestantisches Mißtrauen, ebenso wie die katholische Jugendbewegung, die Erneuerung der Liturgie und die von Rom ausgehenden Aussöhnungsversuche mit der orthodoxen Kirche. Die angesehene, der Pflege christlicher Literatur und Kultur sich widmende Zeitschrift „Hochland“, von Carl Muth im Kaiserreich gegründet, zeigte sich zuweilen kämpferisch, aber durchwegs dialogbereit. Immanuel Kant oder Thomas von Aquin, lautete ein Kampfruf zwischen den Konfessionen27. Vertreter des Protestantismus setzten dem Auftreten eines universellen, historisch weit zurückgreifenden, sich die Welt anverwandelnden Katholizismus Appelle zur Selbstbesinnung auf den modernen, freiheitlichen, starken, darum interne Diffe26 Schreiben Bülows an den deutschen Gesandten in Washington. Zit. nach H. Schmidt (wie Anm. 20), S. 140–142; vgl. zu dem Komplex auch: Wolfgang Altgeld, Katholizismus, Protestantismus, Judentum. Über religiös begründete Gegensätze und nationalreligiöse Ideen in der Geschichte des deutschen Nationalismus, Mainz 1992. 27 Heinrich Hermelink, Katholizismus und Protestantismus in der Gegenwart. Vornehmlich in Deutschland, Gotha 3. Aufl. 1926, S. 3 ff., 20 ff., 89 ff., 105 ff., 135 f.; vgl. Albrecht Langner, Weimarer Kulturkatholizismus und interkonfessionelle Probleme, in: Anton Rauscher (Hg.), Probleme des Konfessionalismus in Deutschland seit 1800, Paderborn u. a. 1984, S. 71–115.

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renzen aushaltenden protestantischen Individualismus entgegen. Sie betonten erneut die Affinität des protestantischen Prinzips zu dem modernen Entwicklungsgang der Wissenschaft. Solche Trennungslinien zwischen den Konfessionen, aber auch die Gegensätze zwischen dem Säkularismus, den Tendenzen zur Nationalreligion und einem „positiven Christentum“ trugen dazu bei, daß kein demokratischer Konsens von staatstragender Bedeutung zustande kam, der einer einigermaßen geeinten politischen Mitte hätte zugute kommen und so dem politischen Extremismus hätte wehren können. Die Bedeutung dieser unübersichtlichen weltanschaulichen Ursachenfaktoren für den Untergang der Weimarer Republik ist freilich kaum exakt zu bestimmen. Gegenüber dem Nationalsozialismus reagierten die katholische und die evangelische Kirche unterschiedlich, und sie wurden vom Regime auch bezüglich ihrer Resistenzkraft unterschiedlich eingeschätzt. Im Prinzip vermochte die katholische Kirche das Eindringen des Nationalsozialismus in ihre Verfassung, Lehre und in das kirchliche Leben abzuwehren. Das war sicherlich auch eine in der allgemeinen Diskussion zu wenig beachtete positive Spätfolge ihrer ihr durch den Kulturkampf auferlegten Abgrenzung oder Subkultur. Von der katholischen Kirche in Deutschland ex post zu erwarten, sie hätte den Nationalsozialismus zumal nach der „Machtergreifung“ an seiner Herrschaft hindern oder gar überwinden können, verkennt die bis 1933 gegebene Situation und die Minoritätsposition des Katholizismus in Deutschland. Die kirchliche Bereitschaft zum Abschluß eines Reichskonkordats im Jahr 1933 nahm Rücksicht auf diese historisch schon lange bestehende Lage, wenngleich dieser Vertrag zur Erhaltung der kirchlichen Rechte mit der Zustimmung zur Auflösung der Deutschen Zentrumspartei teuer genug erkauft war. Die größere Staatsnähe des Protestantismus, seine herkömmlich nationale Prägung, seine lehrmäßige und organisatorische Vielfalt und Uneinheitlichkeit schwächten seine Resistenz gegenüber dem Nationalsozialismus. Aber 1934 grenzte sich die Barmer Bekenntnissynode von den Irrlehren der „Deutschen Christen“ ab. Zunehmend zielten die Tendenzen des Widerstands beider Kirchen auf die Entdeckung ihrer gemeinsamen christlichen Verbundenheit gegenüber der ungeahnten Herausforderung und Verfolgung durch eine religions- und menschenverachtende Rassenideologie. Es kann heute als gesichertes Ergebnis der Forschung gelten, daß die durch Verfolgung und Widerstand hervorgerufene gemeinsame Vergewisserung über Grundwerte des Christentums, über ihre Bedeutung für Staat und Gesellschaft, die politische Zusammenarbeit von Evangelischen und Katholiken in der zweiten deutschen Demokratie maßgeblich vorbereitet hat.

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VII. Die Zusammenarbeit der Konfessionen nach 1945 Nach 1945 hatte sich die Situation grundlegend gewandelt. Der Neubeginn hatte unter der Kuratel der Besatzungsmächte stattgefunden; traditionelle politische Führungsschichten waren entmachtet. Anders als nach 1871 spielten nach 1945 und 1949 Katholiken beim Aufbau des neuen Staatswesens eine wichtige und anerkannte Rolle. Anders auch als 1871 belastete 1949 kein tiefer Bruch zwischen christlicher Kultur einerseits, den Kulturwerten von Nation, Fortschritt und Wissenschaft andererseits das Staatsleben. Praktizierende Christen mußten sich nicht von vornherein des Verdachts erwehren, potentielle Staatsgegner oder „Reichsfeinde“ zu sein. Das war ein unschätzbarer Gewinn, eigentlich ein Geschenk für die Kirchen. Doch finden sich bereits in der kultur- und konfessionspolitischen Literatur der Weimarer Zeit Reflexionen darüber, wie die „Spaltung zwischen Religion und Leben“, wie die „Kulturfremdheit“ des Christentums und die „Kirchenfremdheit“ der Kultur zu überwinden seien. Otto Dibelius und der katholische Theologieprofessor Arnold Rademacher (Bonn) beklagten von unterschiedlichen Voraussetzungen her, doch in der Intention übereinstimmend, die Folgen des seit der Reformation bzw. der Renaissance einsetzenden Säkularisierungsprozesses und suchten nach Vereinigungspunkten zwischen Kirche und Welt, etwa in der sozialen Frage und im Rechtswesen28. Trotz Festhaltens am Kulturprotestantismus plädierte der Marburger protestantische Kirchenhistoriker Heinrich Hermelink für einen neuen „modus vivendi“ zwischen den Konfessionen und für eine offene, um die Wahrheit ringende „geistige Auseinandersetzung“29. Er erkannte die kulturelle und politische Bedeutung der Geschlossenheit des de facto katholischen Zentrums im Parteienstaat der Weimarer Republik, bevorzugte indes den Individualismus des protestantischen Prinzips und zeigte sich darin vom liberalen Protestantismus des 19. Jahrhunderts beeinflußt. Diese konfessions- und kulturpolitischen Erörterungen waren wohl auf beiden Seiten von einem neuen Geltungsanspruch und Selbstbehauptungswillen getragen – bezeichnend ist schon der Titel von Dibelius’ Buch „Das Jahrhundert der Kirche“ (gemeint ist das 20. Jahrhundert). Doch unschwer lassen sich in ihnen Vorstufen des politischen Interkonfessionalismus und der praktischen Zusammenarbeit der Kirchen in der Bundesrepublik Deutschland erkennen. Gemeinsam war beiden Konfessionsgruppen vor allem die Sorge, den Anschluß an die moderne Kultur zu verlieren. Ein neuer „Kul28 Arnold Rademacher, Religion und Leben. Ein Beitrag zur Lösung des christlichen Kulturproblems, Freiburg i. Br. 1926, S. 53 ff., 67, 85 ff.; Dibelius (wie Anm. 14), S. 223–231, erhob die Forderung nach einem evangelischen „Kulturprogramm“. 29 Hermelink, Katholizismus (wie Anm. 27), S. 118–136, 122. H. Hermelink wurde 1935 von den Nationalsozialisten zwangsemeritiert und befaßte sich als einer der ersten wissenschaftlich mit dem Konflikt zwischen Kirche und Nationalsozialismus.

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turkampf“ sollte angesichts der „nationalen Zerrissenheit“ in der Weimarer Republik vermieden werden30. 1949 zitierte Hermelink zustimmend den Kölner Philosophen Johannes Hessen, der darauf hingewiesen habe, „daß in den großen Weltanschauungsgegensätzen der Gegenwart (Positivismus und Idealismus, Materialismus und Spiritualismus, Naturalismus und Personalismus, Monismus und Dualismus, Pantheismus und Theismus, Optimismus und Pessimismus) beide Konfessionen, jeweils auf derselben Seite des Gegensatzes stehen“. [. . .] „Es gibt keine weltanschauliche Kluft zwischen den beiden Konfessionen“31. Die konfessionspolitische Debatte der Weimarer Republik setzte sich also in der ersten Nachkriegszeit, nun mehr auf Gemeinsamkeiten ausgerichtet, fort. Gerhard Schmidtchen ermittelte noch für die 1960er und 1970er Jahre interessante Zusammenhänge zwischen Konfession und Mentalität, d. h. konfessionsspezifische soziale und kulturelle Verhaltensweisen. Protestanten tendierten danach mehr zum Lesen, entwickelten einen größeren Drang zur Bildung, waren mehr zur Reform und Weltverbesserung geneigt, pochten mehr auf die eigene Gewissensentscheidung, befanden sich aber in einer offenen Gesellschaft mehr auf „Systemsuche“, traten gesellschaftlich sicherer auf und waren pünktlicher als Katholiken. Diese wiederum wiesen eine festere Kirchenbindung auf, erkannten das Wort der Kirche als wichtigen Teil ihrer geistigen Welt, orientierten sich mehr an allgemeinen Verhaltensregeln, bevorzugten in Fragen anerkannter Moral deutlich weniger die Isolation oder Alleingänge, schätzten das bescheidene Auftreten und waren eher als Protestanten bereit, die Arbeit und ihre Vorliebe für bestimmte Tätigkeiten zu trennen, d. h. auch ungeliebte Arbeiten oder Berufe anzunehmen. Katholiken zeigten sich im Wahlverhalten stabiler, während Protestanten die meisten Wechselwähler stellten, und sie begehrten gegen staatliche Kontrollen und Verbote weniger auf als Evangelische: Der protestantischen Bereitschaft zur Gesellschaftsveränderung und Utopie stehe eine katholische Beharrungskraft gegenüber; beide suchten indes Autonomie zu definieren32. Deuten diese empirischen Untersuchungen auf die Beharrungskraft konfessionell-kultureller Differenzierungen und Prägungen, so setzte andererseits seit den ausgehenden 1960er Jahren33 in der Bundesrepublik ein anhaltender Wertewan30

Hermelink, Katholizismus (wie Anm. 27), S. 121 (1926). Heinrich Hermelink, Die katholische Kirche unter den Pius-Päpsten des 20. Jahrhunderts, Zollikon-Zürich 1949, S. 135, 133; vgl. auch Johannes Hessen, Luther in katholischer Sicht, Bonn 1947. 32 Gerhard Schmidtchen, Protestanten und Katholiken. Soziologische Analyse konfessioneller Kultur, Bern-München 2. Aufl. 1979 (1. Ausg. 1973), S. 28–250, 441– 503, 497; vgl. H. Schmidt (wie Anm. 20), S. 161–166. 33 „Epochenbruch“ von 1968 nach dem Allensbacher Institut für Demoskopie. Gerhard Hirscher, Wertewandel in Bayern und Deutschland. Klassische Ansätze, aktuelle Diskussionen, Perspektiven (= Aktuelle Analysen 2), hg. v. d. Hanns-Seidel-Stiftung, 1995, S. 10 ff. 31

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del und Säkularisierungsschub ein. Er läßt sich einem international zu beobachtenden gesellschaftlichen Wertewandel einordnen, einhergehend mit der Auflösung kirchlicher und herkömmlicher familialer bzw. ehelicher Bindungen, mit einem allgemeinen Streben nach individueller Selbstverwirklichung und Glückserfüllung. Doch wurde auch manche Enge abgestreift. Die Kirchen mußten allerdings dramatische Rückgänge des religiösen Praktizierens bei ihrer Gläubigenschar hinnehmen; sie sahen sich zunehmend in der Gesellschaft und in den Medien zurückgesetzt; auch die staatliche Gesetzgebung orientierte sich immer mehr an in der Gesellschaft angeblich vorherrschenden Trends. Die inzwischen diskutierten Probleme um die Grenzen des Wohlfahrtsstaats eröffnen vielleicht die Chance, gesellschaftliches Handeln wieder eigenständiger aus der personalen Mitte der Einzelnen zu gestalten, wobei die Bedeutung traditioneller, familiärer, subsidiärer Eigentumskultur möglicherweise zunehmen wird. Auch die säkularisierte Gesellschaft bedarf der Aufklärung über vorstaatliche Grundwerte, ob in Form von Kritik, Ermutigung oder historisch-politischer Besinnung. Die Spaltung der Konfessionskulturen hatte für Deutschland auch ihr Gutes – verhinderte sie doch eine problematische Identifikation von Nation und Kultur. Gemeinsam leisteten die Konfessionskulturen einen Beitrag zum Aufbau der europäisch-atlantischen Zivilisation. Jahrhundertelang wurden statt staatlichkirchlicher Identifikation der Dialog und die Dialektik eingeübt; auch die Rolle des Rechts ist im historischen Verhältnis der Konfessionen nicht zu vernachlässigen. Das Spannungsverhältnis von Glauben und Welt brachte Kräfte der Freiheit und des Fortschritts hervor. Die nicht zuletzt unter dem christlichen Kultureinfluß erfolgte Verabschiedung der Blutrache, des Clanwesens, selbst eines unsinnigen Ehrenkodex’, wie des Duells, ermöglichte funktionale und menschenwürdige Verhaltensweisen und Umgangsformen und damit die Normalität und alltagsgewohnte Effizienz der modernen Gesellschaft. In der Kultur der Gegenwart bleibt es aufgegeben, die Welt in personhaften, teleologischen Zusammenhängen zu denken und damit in der Gesellschaft präsent zu sein. Andererseits stehen die jüdisch-christliche Hoffnung und transzendente Enderwartung heute wie oft schon quer zur profanen, nunmehr säkularisierten Gesellschaft, deren Streben nach innerweltlichem Fortschritt sie aus sich entlassen hat, seit sie das naturhafte Kreislauf-Denken der griechischen Antike überwand (K. Löwith). Zusammenfassung Die dialektische Spannung zwischen Kirche und Kultur, ihre Unterschiedenheit und beiderseitige Durchdringung, reicht bis in die Antike zurück. Parallel zur rechtlichen Eröffnung einer säkularen Entwicklung seit dem 17. Jahrhundert entstanden nach der Reformation zwei Konfessionskulturen in Deutschland. Deren getrennte Entwicklung stand einem inneren Zusammenwachsen des Alten

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Reiches, des Deutschen Bundes und noch des Kaiserreichs entgegen, begründete aber auch Pluralität. Die kulturellen Trennungslinien der Konfessionskulturen überdauerten sogar den Zweiten Weltkrieg. Namhafte Vertreter beider Konfessionen entdeckten allerdings ihre gemeinsamen religiösen Grundlagen angesichts der großen Herausforderungen durch den Nationalsozialismus und dessen totalitäre Weltanschauung. Inzwischen sind subtilere Formen einer säkularistischen Lossagung von den Wurzeln der christlichen Kultur Europas entstanden, die es ratsam erscheinen lassen, daß die Anhänger der christlichen Kirchen sich erneut auf ihre tieferen Gemeinsamkeiten besinnen. Summary This essay is dealing with the cultural implications of the specific development of denominations in Germany. The tension between culture and Christian religion dates back to the antiquity. It became a more intricate problem by the impact of the reformation in Germany. There arose two denominational cultures, gradually overlapped by the tendencies of secularization beginning with the 17th century. The division of cultures impeded the interior unification of Germany, but also generated typical forms of pluralism in Germany. The denominational divisions continued their existence after the Second World War, but prominent representatives of the protestant and catholic religion made common cause with their resistance against national socialism. Perhaps they realize as a task of the future to stand together against certain European forms of secularization which contest the phenomenon of a deeply rooted Christian culture.

Die Begründung unveräußerlicher Menschenrechte im Kontext neuzeitlicher kultureller Differenzen Von Anton Losinger Die Gefangenenhilfsorganisation „Amnesty international“ und ihr globaler Einsatz im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen erregt auf internationaler Ebene hohes Aufsehen, trotz mancher spektakulärer Aktion an der Grenze der Legalität. Immer neu zeigt dieses Engagement ein zweifaches: Erstens, daß die praktische Durchsetzung der Menschenrechte und die Verwirklichung einer der unveräußerlichen Würde jedes Menschen entsprechenden Rechtsstellung auch unter den neuzeitlichen Bedingungen am Beginn des 3. Jahrtausends immer noch im Argen liegt, und zweitens, daß die unbedingte und globale Respektierung der Menschenrechte eine wesentliche und unerläßliche Grundbedingung für das humane Miteinander der Menschen und Völker in der mehr und mehr zusammenwachsenden neuzeitlichen Welt darstellt.

I. Zur Lage der Menschenrechte Das Grundanliegen der Menschenrechte und ihre Beachtung auf allen Ebenen des menschlichen Zusammenlebens gilt trotz der Tatsache anhaltender weltweiter Menschenrechtsverletzungen inzwischen in den meisten Staaten der Erde als formell bereits akzeptierter und dringend zu realisierender Standard. Zugleich entwickelt sich in der überwiegenden Mehrzahl der rechtsstaatlich orientierten Gesellschaftsordnungen ein stetig wachsender Konsens darüber, daß die Garantie der Menschenrechte als „conditio sine qua non“ für die Grundlegung humaner Lebensbedingungen eines Landes zu gelten hat. Ohne die in den Grundrechten auf Leben, Freiheit, Gleichheit und Unverletzlichkeit der Person kodifizierte und vor allen staatlichen Eingriffsmöglichkeiten geschützte Rechtsstellung jedes Menschen ist ein sicheres und geordnetes Zusammenleben der Menschen nicht denkbar. Es gibt einen je nach geschichtlicher, geographischer, kultureller und politischer Situation zwar unterschiedlichen, aber immerhin überall spürbaren politischen Druck zur weltweiten Verwirklichung der Menschenrechte. Dieser politische Druck entspringt offensichtlich einem auf Dauer nicht zu unterdrückenden Drang der Menschen, sich in allen denkbaren Situationen gegen eine unmensch-

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liche, ungerechte und entwürdigende Behandlung zur Wehr zu setzen und die Durchsetzung gerechter und humaner Bedingungen zu erstreben.

1. Die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“

Die Verabschiedung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für alle Menschen und alle Völker der Erde“ in der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 markiert auf diesem Weg der weltweiten Verwirklichung der Idee der Menschenrechte einen Meilenstein von unübersehbarer geschichtlicher Bedeutung.1 Trotz der sich bereits abzeichnenden politischen Gegensätze der Nachkriegsära, die sich im Ost-West-Konflikt verfestigten und mit ideologischer Verhärtung im „Kalten Krieg“ nach dem Ende des II. Weltkrieges fortdauerten, zugleich aber auch über alle Grenzen der ethnischen, kulturellen, sozialen und weltanschaulichen Unterschiede hinweg, welche die westliche Welt und ihren Kulturkreis etwa von der arabischen, asiatischen oder afrikanischen Kultur und deren Menschenbild und Weltverständnis trennt, kam es auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 zu einer überwältigenden Mehrheit für den eingebrachten Menschenrechtskatalog. Einen bedeutsamen Hinweis sowohl auf die überwältigende Akzeptanz der Menschenrechtsidee bei der überwiegenden Mehrheit der Völker, aber auch auf die unübersehbaren politischen Spannungen und die weltanschaulich-kulturellen Differenzen, unter denen die Menschenrechtserklärung zustande kam, liefert eine Analyse des damaligen Abstimmungsergebnisses: 48 Ja-Stimmen, keine Gegenstimme, Stimmenthaltung bei einer Reihe von Staaten des Ostblocks, Südafrika und Saudi-Arabien. Die Frage nach der Interpretation dieses Abstimmungsergebnisses, insbesondere nach den Motiven für die einzelnen Enthaltungspositionen, fördert ein Ergebnis zutage, das in den wesentlichen Zügen die praktischen und theoretischen Grundwidersprüche gegen die Menschenrechtsidee spiegelt: (1) Im Fall der Ostblockstaaten folgte die Stimmenthaltung zwingend aus dem politisch-ideologischen Konzept des real existierenden Sozialismus auf der 1 Zwar handelt es sich bei dieser „UNO-Charta“ des Jahres 1948 nicht um eine im strengen völkerrechtlichen Sinn verbindliche Rechtsgrundlage für alle Staaten der Erde, wie das für Nachfolgedokumente, insbesondere für spätere Menschenrechtskataloge oder die einzelnen KSZE-Schlußakten, etwa der Helsinki-Konferenz zutrifft, doch kommt der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für alle Menschen und alle Völker der Erde“ in der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948 eine Schlüsselposition zu. Sie nimmt durch ihre Entstehung in einer entscheidenden geschichtlichen Epoche – dem Übergang vom Ende des II. Weltkrieges zur Nachkriegszeit, der weltweit vom bedrängenden Eindruck der Inhumanität und der Menschenrechtsverletzungen des Dritten Reiches begleitet war – eine prominente und für alle Nachfolgedokumente ideell leitende Position ein.

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Grundlage des Marxismus-Leninismus, das den elementaren Freiheitsanspruch der Person, wie er in der Menschenrechtscharta gefordert wird, zum damaligen Zeitpunkt vor „Perestroika“ und „Glasnost“ weder gesellschaftspolitisch einzulösen, noch in der Theorie ideologisch zu integrieren bereit war. (2) Für die Entscheidung von Südafrika stand damals ohne Zweifel die Apartheitsfrage der Forderung nach Gleichberechtigung aller Menschen ohne Rücksicht auf Hautfarbe und Rasse im Wege und verhinderte so die Zustimmung zur Menschenrechtserklärung. (3) Exemplarisch für die Staaten im islamischen Kulturbereich darf schließlich das Votum von Saudi-Arabien gewertet werden. Die praktische Frage der Gleichberechtigung der Frauen ebenso wie das Problem der Bejahung von Religionsfreiheit und Toleranz in der Auseinandersetzung mit anderen Weltanschauungen und Religionen stand wohl in diesem Fall einer vorbehaltlosen Zustimmung im Weg und dürfte – soweit das zum gegenwärtigen Zeitpunkt absehbar ist – künftig noch deutlicher zu sich verschärfenden Friktionen und Widersprüchen führen, sollte sich die fundamentalistisch-integralistische Tendenz im politischen und weltanschaulichen Selbstverständnis einer wachsenden Zahl von islamischen Staaten verstärken.

2. Das Dilemma unveräußerlicher Menschenrechte in den Verfassungen

Die beiden prominentesten Verfassungen der neuzeitlichen Epoche, die trotz unterschiedlicher historischer Genese auf je eigene Weise den Geist der Menschenrechte atmen, sollen an dieser Stelle mit ihren zentralen Menschenrechtsaussagen zu Wort kommen: (1) Die „Amerikanische Unabhängigkeitserklärung“ vom 4. Juli 1776 stellt fest: „Folgende Wahrheiten erachten wir als von selbst einleuchtend: Daß alle Menschen gleich geboren sind; daß sie von ihrem Schöpfer mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind; daß dazu Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören.“ (2) Die „Déclaration des droits de l’homme et du citoyen“ vom 26. August 1789 stellt das Prinzip voran: „Die Menschen sind frei und gleich an Rechten geboren und bleiben es.“ Obwohl das beiden Verfassungen zugrunde liegende aufgeklärte Programm zu wesentlichen Fortschritten auf dem Gebiet der Humanität führen sollte, muß abschließend doch auf die tiefen humanitären Widersprüche hingewiesen werden, die sowohl in der französischen, als auch in der amerikanischen Revolutionsgeschichte unverkennbar sind. Trotz der feierlichen Beteuerung des Freiheits-, Gleichheits- und Brüderlichkeitsethos, wie es sich in den Menschen-

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rechtskatalogen niederschlug, konnte weder die massive Verletzung des Rechts auf Leben während der Französischen Revolution verhindert, noch die Unmenschlichkeit und Ungleichbehandlung der Sklaverei in Amerika beseitigt werden. Die Ironie der Geschichte bestand gerade im Fall der amerikanischen Kolonisten darin, daß sie sich zwar selbst die unveräußerlichen Menschenrechte erkämpft hatten, die gleichen Rechte aber den Indianern ebenso wie ihren schwarzen Sklaven vorenthielten.2 Die Menschenrechtsfrage der Neuzeit steht historisch insgesamt unter einem problematischen Vorzeichen, das eine äußerst zwiespältige Situation kennzeichnet: Einerseits datiert die prominente UNO-Charta der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für alle Menschen und Völker der Erde“ im 20. Jahrhundert. Gleichzeitig wird im Prozeß der immer dichter werdenden weltweiten Vernetzung der Menschheit erstmals der überzeugende politische Wille zur weltweiten Durchsetzung der Menschenrechte deutlich. Auch halten die Menschenrechte als ideelle Grundlage der Rechtsstaatlichkeit immer mehr Einzug in die Verfassungen moderner freiheitlicher Staaten. Einen bedeutsamen Beleg dieser Rezeption der Menschenrechtsidee und ihrer verfassungsmäßigen Fixierung bietet gerade das „Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland“ vom 23. Mai 1949, das in Art. 1 formuliert: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten, zu schützen ist die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Das deutsche Volk bekennt sich darum zu den unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“ Andererseits aber steht gerade das 20. Jahrhundert unter dem drückenden historischen Schatten, der Zeitraum der wohl schwerwiegendsten Menschenrechtsverletzungen seit Beginn der menschlichen Geschichtsschreibung gewesen zu sein. Die systematisch durchgeführte Massenvernichtung wurde im Dritten Reich zum geschichtlichen Ernstfall dieses gegenwärtigen Säkulums. Ein erschwerendes Moment ergibt sich zudem aus der fatalen Verknüpfung ideologischer Blindheit mit der flächendeckenden Reichweite eines totalitären Machtsystems, dessen Zugriff sich kaum ein Mensch entziehen konnte. Allein gegenüber allen Inhumanitäten der zweitausendjährigen Geschichte „post Christum natum“ nimmt sich die Neuzeit in Gestalt der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Epoche der Menschenrechtsverletzungen von ganz neuer Qualität aus. Was nun die Grundproblematik der Menschenrechtsdebatte am Beginn des 3. Millenniums angeht, seien die wichtigsten Anfragen an das Menschenrechtsthema auf folgende drei pointierte Thesen zugespitzt:

2 Vgl. dazu grundlegend: D. Davis, The Problem of Slavery in the Age of Revolution 1770–1823, Ithaca 1975, 267 ff.

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– Der Menschenrechtskatalog der UNO-Charta des Jahres 1948 entstand unter dem bedrängenden Eindruck der Inhumanität und Menschenrechtsverletzungen des Dritten Reiches und ist wohl durch diese geschichtliche Situation begünstigt zustande gekommen. Ein für alle Zeiten gleichermaßen bleibender und gültiger Grundkonsens scheint in einer gewandelten geschichtlichen Situation nicht garantiert zu sein. – Die hypothetische Frage entsteht, ob diese Erklärung der „Allgemeinen Menschenrechte für alle Menschen und Völker der Erde“ auch unter den politisch, kulturell und weltanschaulich in weitaus größerem Maße divergierenden und pluralen Verhältnissen der Gegenwart in der gleichen Form und Weise noch einmal so zustande kommen würde. – Schließlich stellt sich das Problem der Begründung der Menschenrechte heute noch in verschärfter Form: Die Kardinalfrage nach dem tragenden Grund, nämlich nach einem den Menschenrechten zugrundeliegenden weltweit konsensfähigen Menschenbild ist gerade in der heutigen politischen und geistigen Weltsituation bei weitem nicht beantwortet. II. Das Problem der Begründung von Menschenrechten Mit der spektakulären Verabschiedung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für alle Menschen und Völker der Erde“ des Jahres 1948 verbindet sich in der nachträglichen Wertung nicht weniger Historiker eine problematische Aporie. Mit einem gewissen Erstaunen stellt etwa Jaques Maritain in seiner Einführung zu einer Reihe von Beiträgen des Symposions zur Vorbereitung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte „Um die Erklärung der Menschenrechte“ fest, daß Verteidiger ganz verschiedener, ja sogar entgegengesetzter Ideologien über eine ganze Reihe wichtiger Grundlagen von Menschenrechten übereingekommen waren. Allerdings zeigt eine nüchterne, von optimistischer Überschätzung befreite Analyse, daß es sich zwar um eine Übereinstimmung auf der Ebene der Praxis, keineswegs aber um eine Übereinstimmung in den Gründen handelt. „Ja, wir sind uns über diese Reihe einig, unter der Bedingung, daß man uns nicht fragt, warum!“3 1. Das Begründungsdefizit der UNO-Menschenrechtserklärung

In der Tat läßt sich ohne weiteres aufzeigen, daß in der UNO-Charta des Jahres 1948 eine Bündelung verschiedener, teils äußerst divergenter weltanschaulicher, politischer und kultureller Positionen in zentralen anthropologi3 J. Maritain, Man and State (Mens en Staat), Den Haag, 1966, 90; Vgl. ders., Einführung, in: Um die Erklärung der Menschenrechte [Hrsg.: UNESCO], Zürich/Wien/ Konstanz 1951, 13.

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schen Grunddaten zu einer gemeinsamen Entschließung gebündelt werden konnten. Die Vertreter der einzelnen Staaten waren sich dabei „durchaus im klaren über den pragmatischen Charakter der Menschenrechtserklärungen, aber auch über die Schwierigkeiten bei deren Interpretation und Verwirklichung, d.h. sie verzichteten daher bewußt auf eine gemeinsame theoretische Begründung.“4 Es handelt sich nach der Meinung Jaques Maritains, was die Qualität und Eigenart der Grundlegung dieser Rechte angeht, letztendlich um „praktische Prinzipien,“5 um gemeinsame Zielsetzungen, die „einen gemeinsamen Nenner“6 darstellen, ein „ungeschriebenes, gemeinsames Gesetz bilden und zwar gerade an dem Punkt, wo die verschiedensten theoretischen Ideologien und geistigen Traditionen zusammentreffen.“7 Dieser äußerste Konvergenzpunkt des „kleinsten gemeinsamen Nenners“ – wie Jaques Maritain realistisch und treffend bemerkt –, in dem „die verschiedenen Ideologien“ auf rein praktischem Gebiet und sehr schmaler Basis zusammenkamen, ist die Grundannahme, daß jedem Menschen als einem vernünftigen und geistbegabten Wesen nach dem ersten Artikel der UNO-Erklärung eine Würde zukommt, die „zu ehren und zu achten“8 als gemeinsames Handlungsprinzip und „zu erreichendes gemeinsames Ideal“9 gelten soll. So läßt sich die kritische Frage stellen, ob die feierlichen Menschenrechtserklärungen der neuzeitlichen Epoche nicht doch letztlich in ihrer Grundlage tautologisch sind, und den Optimismus aufklärerischer anthropologischer Prämissen reproduzieren, der vorher in ihre Begründung investiert wurde.10 „Wie immer man im 18. Jahrhundert die Menschenrechte auch betrachtete, ob man sich mehr auf die Freiheit oder auf die Gleichheit verlegte, im allgemeinen wurde versucht, ohne eine tiefere Dimension auszukommen. Hinter den naturrechtlichen Forderungen an das positive Recht steht nicht ein objektiv begründetes Naturrecht, sondern das Emanzipationspostulat des neuzeitlichen, autonomen Menschen, der nur dasjenige als Naturrecht anerkennt, was als positives Recht vor der Vernunft bestehen kann.“11 Damit befinden wir uns im Zentrum der Problematik der Allgemeinen Menschenrechtserklärung, bei der Frage nämlich: Wo liegt der letzte Grund für die umfassende Gültigkeit und Unveräußerlichkeit dieser hehren Rechte aller Men4

J. Punt, Die Idee der Menschenrechte, 222. J. Maritain, Einführung, 13. 6 Ebd. 13. 7 Ebd. 13. 8 Vgl. die Präambel der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für alle Menschen und Völker“ in: W. Heidelmeyer (Hrsg.), Die Menschenrechte. Erläuterungen, Verfassungsartikel, Internationale Abkommen, Paderborn 1977, 225. 9 Ebd. 225. 10 F. Klüber, Naturrecht als Ordnungsnorm der Gesellschaft, Köln 1966, 35 ff. 11 J. Punt, Die Idee der Menschenrechte, 162. 5

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schen. Selbst wenn es heute nicht an Stimmen fehlt, die meinen, man könne ohne weiteres mit einer rein praktischen Übereinstimmung in humanitären Prinzipien auskommen,12 so zeigt die geschichtliche Wirklichkeit des ausgehenden 20. Jahrhunderts mit seinen Konfliktpotentialen immer deutlicher, wie sehr das Fehlen einer allgemein anerkannten Anthropologie als Fundament der Menschenwürde und Menschenrechte die Gefahr der Auflösung in die Beliebigkeit hinein mit sich bringt. Unter Umständen kann so fast alles, je nach Blickwinkel des betroffenen Menschen, als Menschenrecht ausgegeben werden oder auch nicht. „Von der Hilfe bei Katastrophen bis zur Euthanasie und Abtreibung als Verfügungsrecht über den eigenen Leib kann leicht jeder vermeintlich humane Akt oder jedes individuelle Bedürfnis in die Forderung eines Menschenrechts gekleidet werden.“13 2. Ein „zweistufiges Begründungsmodell“ ist notwendig

Im „Lexikon für Theologie und Kirche“ definiert H. Vorgrimler die Menschenrechte von einem grundlegenden Naturrechtsansatz aus: „Menschenrechte nennt man die Summe jener unveräußerlichen und unverwirkbaren Grundrechte, die jedem einzelnen Menschen (auch dem Kind und dem Verbrecher) aufgrund seines menschlichen Wesens (als einer Person) nach dem Naturrecht (in dessen jeweiliger historischer Gestalt) eingeräumt werden müssen, damit er sich wirklich als freie, eigenverantwortliche Person vollziehen kann.“14 Diese Naturrechtsbasis dürfte auch ohne die Voraussetzung expliziter religiöser Gründe allen Menschen gleich welcher Kultur, Weltanschauung oder Religion vom Grundansatz reiner vernünftiger Evidenz aus zugänglich sein. Sie geht von der Grundannahme aus, daß „die Menschenrechte eine natürliche Evidenz besitzen, die ideologisch nie völlig zerstört werden kann. Es ist diese Eigendynamik, die dem Menschen das Bewußtsein seiner Würde und Rechte als Person einschärft, gewissermaßen unabhängig von den verschiedenen theoretischen Ausgangspunkten, von denen her die Menschenrechte konzipiert worden sind.“15 So wird auf der naturrechtlichen Argumentationsbasis mit dem Anspruch „unmittelbarer Evidenz“ eine Begründungskonzeption geschaffen, die – im Bild gesprochen – jedenfalls in zentralen Punkten Pflöcke gegen den Dammbruch der Inhumanität

12 So zum Beispiel H. Cox, The Secular City, New York 1965/66. Vgl. H. Marcuse, Versuch über die Befreiung, Frankfurt 1969. Kritisch dazu W. Huber/H.-E. Tödt, Menschenrechte. Perspektiven einer menschlichen Welt, Stuttgart/München 1978, 25 ff. 13 J. Punt, Die Idee der Menschenrechte, 223–224. J. Schwartländer, Menschenrechte – eine Herausforderung der Kirche, München/Mainz 1979, 25 spricht von der Gefahr der „Hypertrophie der Menschenrechte“, die ihren juristischen Gehalt so verlieren könnten und nur noch subjektive Ansprüche und Bedürfnisse widerspiegeln. 14 H. Vorgrimler, Art. Menschenrechte, in: LThK 2VII (1962), 297. 15 J. Punt, Die Idee der Menschenrechte, 225.

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einrammt, zugleich aber die Frage nach weiterführenden Gründen, insbesondere theologischer Herkunft offenhält. 3. Das „zweistufige Begründungsmodell“ der Theologie

In diese Richtung nun weist die theologische Tradition der Menschenrechtsbegründung, die vor allem in der modernen katholischen Soziallehre vertreten wird und ein „zweistufiges Begründungsmodell“ anführt. Ausgangspunkt ist auch hier die naturrechtlich fundierte unantastbare Würde der menschlichen Person, die zunächst als ein für jeden Menschen – sei er gläubig oder nicht – einsichtiges allgemein humanes Ethos vorausgesetzt wird. Die Begründung wird dann aus der Sicht der christlichen Schöpfungs- und Erlösungslehre vertieft: Nach der Konzeption einer „dualen Erkenntnisordnung“, wie sie insbesondere das II. Vatikanische Konzil16 vertritt, wird die prinzipielle Erkennbarkeit der Würde der menschlichen Person und ihrer Unantastbarkeit der Einsehbarkeit der natürlichen Vernunftordnung zugewiesen. Eine tiefere Einsicht in die Gründe der Würde und Berufung des Menschen kommt allerdings im Vollsinn erst der „zweiten Erkenntnisordnung“ zu, die ihren Grund in der Offenbarung Gottes selbst hat. Hier ist nun der Weg geöffnet für eine theologische Letztbegründung der menschlichen Würde als „Ebenbild Gottes“. H. Vorgrimler folgert darum: „Letztlich gründen alle Menschenrechte in jenem Verständnis der absoluten Würde und Gültigkeit der Person, die das Christentum gebracht und selber langsam zu verstehen gelernt hat.“17 Es geht schließlich um den Zugang zu einer transzendenten Begründung der Würde der menschlichen Person, den die Kirche in ihrem Selbstverständnis als „Zeichen und Schutz der Transzendenz der menschlichen Person“18 im Dialog mit allen Kräften der Gesellschaft immer neu zu vermitteln und begründen hat.19 Im Zuge der dargestellten Begründung wird zudem die besondere Stellung des Menschenrechtsanspruches und der sich daraus ableitenden Normen im Vergleich zur Geltung und Reichweite des positiven Rechts deutlich. H. Vorgrimler betont in seinem genannten Artikel „Menschenrechte“ im „Lexikon für Theologie und Kirche“ den unterschiedlichen systematischen Stellenwert der Menschenrechte in Beziehung zur positiven Rechtsstruktur: „Sie sind 16 II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“, 59; Vat. I, Dogm Konst. „Dei filius“ Kap. IV, D 1795/1799 (3015/3019). 17 H. Vorgrimler, Art. Menschenrechte, in: LThK 2VII (1962), 297. 18 II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“, 76. 19 Vgl. zur Bestimmung der Rolle und Aufgabe der Kirche K. Forster, Die Menschenrechte – aus katholischer Sicht, in: ders., Glaube und Kirche im Dialog mit der Welt von heute II, Würzburg 1982, 538–548, hier bes. 544; E. Schrofner, Kirche unterwegs zum Menschen. Katholische Theologie nach dem II. Vatikanum, in: Geist und Leben 4 (1984), 267–278, bes. 276.

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nicht rechtspositivistisch zu deutende Konzessionen der Gesellschaft oder des Staates an den Einzelnen“, die der Staat aus eigener Hoheit seinem Bürger sozusagen „huldvoll“ gewähren oder auch wieder entziehen könnte; vielmehr begründet sich die Geltung der Menschenrechte in einem absolut vorpositiven und vorstaatlichen Rahmen, „sie werden als vom Staat und seiner positiven Rechtsordnung zu respektierende betrachtet.“20 III. Aktuelle Problemfelder der Menschenrechtsdiskussion In diesem abschließenden Teil soll es nun darum gehen, an einigen exemplarischen Fragestellungen das Dilemma des Menschenrechtsanspruchs und seiner Verifikation unter den diversen Bedingungen der neuzeitlichen Weltsituation aufzuzeigen. Die hier angeführten Problemgebiete wollen weder diskriminieren, noch provozieren. Vielmehr sollen sie deutlich machen, wie der in den Menschenrechtskatalogen implizierte Gerechtigkeitsbegriff im Spannungsfeld kultureller, weltanschaulicher und religiöser Widersprüche aufgelöst, wie er aber auch im Kontext extremer und radikaler politischer Bewegungen zerbrochen werden kann. Die im folgenden gewählten Beispiele wollen an drei verschiedenen Ansatzpunkten reale Auflösungstendenzen der Menschenrechtsidee und Menschenrechtspraxis sichtbar machen und zur Diskussion stellen: 1. Menschenrechte im Spannungsfeld weltanschaulich-religiöser Widersprüche

Gerade die jüngste geschichtliche Entwicklung im islamischen Kulturkreis, insbesondere die restaurative Revitalisierung des Koran als geltendes Staatsrecht und die teilweise ideologisch anmutende Verschärfung der Bestimmungen in der Bewegung des islamischen Fundamentalismus geben Anlaß zur Sorge um die Garantie der Freiheits- und Gleichheitsrechte der Menschen. Als Anstoß zur Diskussion sollen hier Textbeispiele aus zwei Themenbereiche angeführt werden, bei denen die maßgeblichen Bestimmungen des Koran in einen eklatanten Widerspruch zu den Freiheits- und Gleichheitsrechten der Menschenrechtserklärung führen:

20 H. Vorgrimler, Art. Menschenrechte, in: LThK 2VII (1962), 297. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der interpretative Unterschied, der zwischen der Weimarer Verfassung und dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland herrscht. Während im Text der Weimarer Verfassung die Grundrechtsartikel am Ende des Verfassungscorpus gleichsam als Nachtrag nach den positiven Bestimmungen der Verfassung erscheinen, sind sie im Grundgesetz der Bundesrepublik als unveränderliche Verfassungsbestandteile in den Artikeln 1–19 den übrigen Artikeln des Grundgesetzes vorangestellt.

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Problemfeld 1: Die Stellung der Frau in der islamischen Gesellschaft Sure 4,25: „Ihr könnt euch nach den Verhältnis eures Vermögens Frauen nehmen, nur keine schlechten und liederlichen; gebt ihnen aber für die Freuden, die ihr durch sie habt, eine Morgengabe.“ Sure 4,4: „Überlegt gut, und nehmt nur eine, zwei, drei, höchstens vier Ehefrauen. Fürchtet ihr auch so noch, ungerecht zu sein, nehmt nur eine Frau oder lebt mit Sklavinnen.“21 Problemfeld 2: Die Verpflichtung zum „Heiligen Krieg“ (Dschihad) Sure 47,5: „Wenn ihr im Krieg mit den Ungläubigen zusammentrefft, dann schlagt ihnen die Köpfe ab, bis ihr eine große Niederlage unter ihnen angerichtet habt. Die übrigen legt in Ketten und gebt sie, wenn des Krieges Lasten zu Ende gegangen sind, entweder aus Gnade umsonst oder gegen Lösegeld frei. . . . Die für Allahs Religion kämpfen, deren Werke werden nicht verloren sein.“ 2. Menschenrechte und Terrorismus

Die Frage nach dem Verpflichtungsgrad und der Operationalisierbarkeit höchster Menschenrechtsideale in der konkreten gesellschaftlichen Praxis des demokratischen Rechtsstaates stellt sich dann vordringlich, wenn sich ein Teil oder eine Gruppe eines Gemeinwesens vollständig über die Respektierung der Gesetze eines Staates und der Menschenrechte pauschal hinwegsetzt. Die terroristische Szene zeichnet sich – abgesehen von der dekadentesten Form des kommerziell organisierten Verbrechens – dadurch aus, daß Teile einer Gesellschaft mit Gewalt spezifische Gruppenziele durchzusetzen bereit und willens sind, die im demokratischen Prozeß nicht mehrheitsfähig und damit politisch aussichtslos erscheinen. So definiert U. Backes in seinem Artikel „Terrorismus“ im Staatslexikon treffend: „Terrorismus wird eine im Dienste extremistischer Ziele (Radikalismus) stehende Methode genannt, die zur Festigung und Erweiterung (Terror von oben) oder zur Destabilisierung und Beseitigung (Terror von unten) politischer Herrschaft den systematischen Einsatz massiver Gewaltakte mit Überraschungseffekt vorsieht.“22 Im Kontext der politischen und rechtlichen Strukturen der modernen rechtsstaatlichen Demokratien ist klar festzustellen: „Mit der 21 Zwar muß bei der Beurteilung dieser Stellen der soziokulturelle Kontext zur Zeit des Propheten Mohammeds, der zu beduinischen Wüstenstämmen vor dem Hintergrund uneingeschränkter Vielehe predigte, berücksichtigt werden, doch geben insbesondere neuere fundamentalistische Tendenzen im islamischen Kulturbereich Anlaß zur Sorge, ob die auch in verschiedenen arabischen Ländern in Gang gekommene Befreiungsbewegung der Frauen an ihr Ziel gelangen kann. Theoretisch hat ein Mann in den Ländern, in denen die Vorschriften des Koran Gesetzeskraft haben, nach wie vor das Recht auf vier Frauen. Eine bestehende Ehe kann er auflösen, indem er die Scheidungsformel ausspricht, wobei der Frau im Gegenzug keineswegs das Recht zusteht, die Scheidung zu fordern. Im Fall der Scheidung kann sie ihre Versorgungsansprüche kaum durchsetzen und hat insbesondere kein Recht auf die Kinder. 22 U. Backes, Art. Terrorismus, in: StL 7V, 439.

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Ethik des demokratischen Verfassungsstaates (Demokratie) sind terroristische Strategien unvereinbar. Selbst im Rahmen eines Widerstandes gegen diktatorische Regime könnte der gezielte Einsatz von Gewalt nur ,ultima ratio‘ sein.“23 In der gegenwärtigen Weltsituation wird das durch den Terrorismus gegebene Konfliktpotential zudem noch dadurch gesteigert, daß terroristische Aktionen ein weltweites Ausmaß annehmen und der Einsatz moderner technischer Mittel eine geradezu unausdenkbare Ausweitung der Inhumanität ermöglicht. Das Kardinalproblem der „Geißel des Terrorismus“ und die Frage der Bekämpfung liegt einerseits sicherlich auf der exekutiven Ebene der Verbrechensbekämpfung und Verbrechensvorbeugung, andererseits aber geht es im Hinblick auf die Menschenrechtsfrage um die Grundaporie der Ursachenbekämpfung: Wie sind die im begrenzten subjektiven Gerechtigkeitsempfinden einer radikalen Gruppe durchaus als gerecht empfundenen Momente einer gesellschaftlichen oder politischen Forderung zu behandeln, daß es nicht zum äußersten Konflikt mit dem objektiven Recht des Staates und im terroristischen Regelfall zur Mißachtung des Menschenrechts auf Leben kommt? Denn – so diagnostiziert U. Backes in seinem genannten Artikel im Hinblick auf „Ursache und Therapien“ des Terrorismus im Fall der rechtsstaatlichen Struktur etwa der Bundesrepublik Deutschland zu Recht – „Die Frage nach den Ursachen eines Terrorismus im demokratisch regierten Sozialstaat wirft deswegen Probleme auf, weil eine Kluft zwischen der sozialen Wirklichkeit und der Gesellschaftsanalyse der Terroristen besteht.“24 3. „Menschenrechte“ und „soziale Grundrechte“

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland stellt anders als die Weimarer Reichsverfassung von 1919 an die Spitze des Verfassungstextes die wichtigsten grundrechtlichen Ansprüche. Auch wenn sich darin ein „Grundzug der neuen demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung“ der Bundesrepublik zeigt, nämlich „die konstituierende Bedeutung der Grundrechte nach der Zeit der Mißachtung und schweren Verletzung der Menschenrechte durch das nationalsozialistische Regime,“25 so ist in der Tendenz K. Hesse Recht zu geben, wenn er feststellt: „Es beschränkt sich im wesentlichen auf die ,klassischen’ Menschen- und Bürgerrechte und verzichtet auf darüber hinausgehende Regelungen des wirtschaftlichen, des sozialen und des kulturellen Lebens in der Form grundrechtlicher Gewährleistungen.“26 Das trifft sich in der Tendenz mit 23 Ebd. 439–440. Vgl. insbesondere zur Frage des Widerstandsrechtes Ch. Stark, Art. Widerstandsrecht, in: StL 7V, 989–993. 24 Ebd. 442; Vgl. ders., Politischer Extremismus in demokratischen Verfassungsstaaten, Opladen 1989. 25 K. Hesse, Art. Grundrechte, in: StL 7II, 1112. 26 Ebd. 1112.

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der Feststellung H. Lamperts: „Im Gegensatz zur Weimarer Reichsverfassung enthält das Grundgesetz vom 8. Mai 1949 wenig Normen zur Wirtschafts- und Sozialordnung, an denen sich der Bundesgesetzgeber bei der Erfüllung seiner sozialpolitischen Aufgaben im einzelnen hätte orientieren können. Ausdrücklich sind nur allgemein sozialpolitisch relevante Grundrechte enthalten, nämlich das Recht auf Schutz der Menschenwürde (Art. 1), das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2), der allgemeine Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1), der Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3 Abs. 2) und das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 3), das Recht auf Versammlungsfreiheit (Art. 8) und auf Koalitionsfreiheit (Art. 9), das Recht auf Freizügigkeit (Art. 11) und das Recht der freien Berufs- und Arbeitsplatzwahl (Art. 12). Daneben findet sich noch die in den Art. 20 und 28 enthaltene sozialstaatliche Zentralnorm.“27 In der Interpretation der materialen Reichweite und Bedeutung der Grundrechte, insbesondere der Frage, ob und inwieweit aus dem Grundrechtskatalog des Grundgesetzes der Bundesrepublik analog zu den „klassischen“ Bürgerrechten materiale soziale Ansprüche im Sinne eines sozialen Grundrechts beansprucht und notfalls eingeklagt werden können, tut sich damit eine dialektische Spannung auf, die in einer wechselseitigen Beziehung wahrzunehmen, nicht aber auf eine Extremposition hin extrapolierbar ist: Einerseits wird deutlich, daß die hehren Freiheits- und Gleichheitsrechte der UNO-Charta nicht ohne Bezug zur jeweiligen sozialen Wirklichkeit gesehen werden dürfen. Die ökonomische und soziale Grundlegung eines Gemeinwesens ist im Gegenteil sogar eine direkte Voraussetzung für die konkrete geschichtliche Verwirklichung der Menschenrechte. Andererseits wird aber ebenfalls deutlich, daß die „ökonomische Basis“ keinesfalls zum ermöglichenden Grund der Menschenrechte schlechthin hochstilisiert werden darf, weil sowohl die unterschiedliche weltweite ökonomische Situation, die Produktivität einer Volkswirtschaft oder zuletzt die im konkreten Bereich eines Sozialsystems nie völlig und flächendeckend zu verwirklichende soziale Gerechtigkeit in Einzelfällen zu einer Form „praktischer Widerlegung“ der Menschenrechtsidee ausgebaut werden könnte. So ist abschließend H. Vorgrimler Recht zu geben, der in seinem Artikel „Menschenrechte“ die problematische Differenz der Positionen in der Interpretation der Menschenrechte als „soziale Grundrechte“ expliziert: „Weder besagen sie [die Menschenrechte] an sich absolute materiale Gleichheit der Rechte eines jeden, noch ist jede berechtigte sozialpolitische Forderung schon zu den Menschenrechten gehörig.“28

27 H. Lampert, Lehrbuch der Sozialpolitik, Berlin/Heidelberg/New York/Tokyo 1985, 92. Vgl. auch zur Problematik des Sozialstaatsprinzips M. Spieker, Art. Sozialstaat, in: StL 7V, 72–78. 28 H. Vorgrimler, Art. Menschenrechte, in: LThK 2VII (1962), 297.

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Zusammenfassung An der Grenze zum Dritten Jahrtausend erlebt die Debatte um die Menschenrechte eine neue Phase kritischer Auseinandersetzung. Indizien für die Debatte um die Begründung von allgemeinen und unveräußerlichen Menschenrechten sind im US-amerikanischen Raum die Diskussion um den „Zusammenprall der Kulturen“ (Samuel P. Huntington) und in Europa der Streit um die elementaren Grundrechte des Menschen in der EU-Grundrechtecharta. Dieser Beitrag zeigt die kulturellen Defizite in der Frage der Begründung der Grundrechte auf immanenter Basis auf und plädiert für eine doppelte Begründungsstufe, die eine transzendente Begründung der Menschenrechte ermöglicht: Die notwendige transzendente Fundierung der Würde der Person ist die Voraussetzung für die globale Sicherung unveräußerlicher Menschenrechte. Summary At the beginning of the third millennium the discussion of human rights is undergoing a new critical examination. In the American sphere there is renewed discussion of the basis of universal and inalienable human rights with regard to concerns about the clash of civilizations (Samuel P. Huntington). Europe is witnessing a new controversy over basic rights with regard to the European Union Charter. This article shows the cultural deficits of an immanentistic reasoning regarding basic human rights. The transcendent foundation of the dignity of the human person is a necessary condition for the recognition of inalienable human rights on a worldwide scale.

II. Staat – Kirche – Gesellschaft

Religion at the Time of the American Founding Tocqueville on Religion: What Faith adds to Reason By Michael Novak Better than any other great social thinker of modern times, Tocqueville perceived in a profound and sophisticated way the crucial importance of religion to the modern democratic republic; and he meant by ‘religion’ the Jewish and Christian religion. He also wrote with unparalleled clarity of the special role of the Catholic Church as a major defender of democracy. Since most secular scholars understandably lay no stress upon this central theme in Tocqueville’s thought, some of what we must reflect upon today may seem new; but really it isn’t. Allow me first to recall briefly some of Tocqueville’s most important discoveries, and then to turn to his arresting and original views of the crucial importance of religion to democracy. I. Tocqueville’s most Important Discoveries Alexis de Tocqueville was born in the wake of the sanguinary French Revolution of 1789, into a family of the minor nobility that had suffered their share of martyrs to what the bloodthirsty were pleased to call ‘Reason’. The circumstances of his birth assured him of certain sinecures and preferments, which by chance came to include an assignment to voyage abroad to study the prison system of the new American republic, then not yet forty-five years old. Tocqueville completed this long voyage, including many months touring through various states of America, during the years 1831–32. Returning to France, he discovered that his report on the prisons was the least interesting part of what he had observed. He wrote that Providence had raised up in America a new model of self-governance – of liberty and equality – that was bound to sweep Europe and, indeed, the rest of the world.1 He felt an obligation to try to under1 Tocqueville wrote in his Author’s Introduction: “If patient observation and sincere meditation have led men of the present day to recognize that both the past and the future of their history consist in the gradual and measured advance of equality, that discovery in itself gives this progress the sacred character of the will of the Sovereign Master. In that case effort to halt democracy appears as a fight against God Himself, and nations have no alternative but to acquiesce in the social state imposed by Providence.”

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stand what was coming, and to prepare his fellow Europeans for it, the French of course most of all. What constituted this new model? What were its principles and its preconditions? What were its weaknesses, and its likely fate? Around the world, Tocqueville is regarded as a genius who wrote more intelligently about the American experiment than anyone before or since. No fewer than four English translations of Democracy in America have appeared in America over the years, the latest having arrived only last year from the hands of the eminent political philosopher from Harvard, Harvey Mansfield, and his wife and fellow scholar Debra Winthrop.2 No one has ever traced in more elegant detail the subtle differences of imagination, sensibility, habits and expectations engendered by life in an aristocratic order, as compared with those engulfed by a democratic order; no one paid more attention to the strong and weak points of each than Tocqueville.3 No one saw more clearly the concrete, lived meaning of ‘equality’ in the new order;4 George Lawrence, trans. and J. P. Mayer, ed., Democracy in America (New York: Anchor Books, 1969), p. 12. 2 The English translations of “Democracy in America” are: the Henry Reeve (1853) text revised by Bowen now further corrected and edited with a Historical Essay, editorial Notes, and Bibliographies by Philip Bradley (New York: Vintage Books, 1945); George Lawrence, trans. and J. P. Mayer, ed. (New York: Anchor Books, 1969); Harvey C. Mansfield and Delba Winthrop, trans. and eds. (Chicago: University of Chicago Press, 2000). 3 Among many other passages: “Among democratic peoples new families continually rise from nothing while others fall, and nobody’s position is quite stable. The woof of time is ever being broken and the track of past generations lost. Those who have gone before are easily forgotten, and no one gives a thought to those who will follow. All a man’s interests are limited to those near himself. As each class catches up with the next and gets mixed with it, its members do not care about one another as strangers. Aristocracy links everybody, from peasant to king, in one long chain. Democracy breaks the chain and frees each link. As social equality spreads there are more and more people who, though neither rich nor powerful enough to have much hold over others, have gained or kept enough wealth and enough understanding to look after their own needs. Such folk owe no man anything and hardly expect anything from anybody. They form the habit of thinking of themselves in isolation and imagine that their whole destiny is in their own hands.” Lawrence and Mayer, op. cit., pp. 507–8. 4 Tocqueville’s focus on “equality” begins early in his volume and pervades the whole: “The gradual development of the principle of equality is a providential fact. It has all the chief characteristics of such a fact: it is universal, it is durable, it constantly eludes all human interference, and all events as well as all men contribute to its progress.” Mansfield, op. cit., p. 6. This translation is better than the Lawrence text: “Therefore the gradual progress of equality is something fated. The main features of this progress are the following: it is universal and permanent, it is daily passing beyond human control and every event and every man helps it along.” Lawrence, op. cit., p. 12.

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and the precise lineaments of that new phenomenon in human history, the democratic ‘individual’, which had no exact counterpart in European cultures.5 Tocqueville also grasped the extraordinary pervasiveness of voluntary associations in the daily texture of American life, as a social force far more potent and extensive than the state. What the French turn to “l’état” to do, he wrote, and the English turn to the aristocracy to do, the Americans do by turning to one another and forming an association.6 It is through associations that Americans practice self-government, he said; they do not depend on government, they organize themselves to accomplish their own ends. He concluded that the law of association is the first law of democracy.7 He did not think that there were ten men in all of France in 1835 who had the habit of forming associations as the Americans did every day.8 Tocqueville feared that, in the end, the experiment in democracy would end in tyranny, when the lust of democrats for equality led them to demand such an extensive governmental network of services to remove the insecurities, edges, and hardships from life that they would be ensnared under a new ‘soft despotism.’9

5 “‘Individualism’ is a word recently coined to express a new idea. Our fathers only knew about egoism. Egoism is a passionate and exaggerated love of self which leads a man to think of all things in terms of himself and to prefer himself to all. Individualism is a calm and considered feeling which disposes each citizen to isolate himself from the mass of his fellows and withdraw into the circle of family and friends; with this little society formed to his taste, he gladly leaves the greater society to look after itself.” Lawrence, op. cit., p. 506. 6 Ibid., 517. 7 “Nothing, in my view, more deserves attention than the intellectual and moral associations in America. American political and industrial associations easily catch our eyes, but the others tend not to be noticed. And even if we do notice them we tend to misunderstand them, hardly ever having seen anything similar before. However, we should recognize that the latter are as necessary as the former to the American people; perhaps more so. In democratic countries knowledge of how to combine is the mother of all other forms of knowledge; on its progress depends that of all the others. Among laws controlling human societies there is one more precise and clearer, it seems to me, than all the others. If men are to remain civilized or to become civilized, the art of association must develop and improve among them at the same speed as equality of conditions spreads.” Ibid., p. 517. 8 “When the Revolution started, it would have been impossible to find, in most parts of France, even ten men who before the Revolution were used to acting in concert and defending their interests without appealing to the central power for aid.” Alexis de Tocqueville, The Old Regime and the French Revolution, trans. Stuart Gilbert (Garden City: Doubleday, 1955), p. 206.

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Americans of all persuasions have found Tocqueville’s prediction of the inevitable contradiction between liberty and equality sobering. Even the partisans of ever greater equality are careful to couch their appeals in terms of “choice,” thinking in that way to avoid the inevitable collision. Those of us who are known as neo-conservatives10 (or, as I prefer, whigs11) believe that Tocqueville presciently foresaw precisely that state of willing servility into which the welfare state of social democracy has been inexorably leading us. Tocqueville was also uncommonly astute in his analysis of the totally different meanings of “self-interest” in Europe, rooted in an aristocratic moral vision, 9 “I am trying to imagine under what novel features despotism may appear in the world. In the first place, I see an innumerable multitude of men, alike and equal, constantly circling around in pursuit of the petty and banal pleasures with which they glut their souls. Each one of them, withdrawn into himself, is almost unaware of the fate of the rest . . . Over this kind of men stands an immense, protective power which is alone responsible for securing their enjoyment and watching over their fate. That power is absolute, thoughtful of detail, orderly, provident, and gentle. It would resemble parental authority if, fatherlike, it tried to prepare its charges for a man’s life, but on the contrary, it only tries to keep them in perpetual childhood. It likes to see the citizens enjoy themselves, provided that they think of nothing but enjoyment. It gladly works for their happiness but wants to be sole agent and judge of it. It provides for their security, foresees and supplies their necessities, facilitates their pleasure, manages their principal concerns, directs their industry, makes rules for their testaments, and divides their inheritances. Why should it not entirely relieve them from the trouble of thinking and all the cares of living? Thus it daily makes the exercise of free choice less useful and rarer, restricts the activity of free will within a narrower compass, and little by little robs each citizen of the proper use of his own faculties. Equality has prepared men for all this, predisposing them to endure it and often even regard it as beneficial. Having thus taken each citizen in turn in its powerful grasp and shaped him to its will, government then extends its embrace to include the whole of society. It covers the whole of social life with a network of petty, complicated rules that are both minute and uniform, through which even men of the greatest originality and the most vigorous temperament cannot force their heads above the crowd. It does not break men’s will, but softens, bends, and guides it; it seldom enjoins, but often inhibits, action; it does not destroy anything, but prevents much being born; it is not at all tyrannical, but it hinders, restrains, enervates, stifles, and stultifies so much that in the end each nation is no more than a flock of timid and hardworking animals with the government as its shepherd.” Ibid., pp. 691-2 [emphasis added]. 10 The necessity of the free market, the limited priority of politics over economics, and the primacy of the spirit – that is a fairly good summary of the neoconservative position, as outlined in Irving Kristol’s Reflections of a Neoconservative: Looking Back, Looking Ahead (New York: Basic, 1983). See also his Neoconservatism: Selected essays 1949–1995 (New York: The Free Press, 1995). 11 For more on the Catholic Whig tradition see Michael Novak, “Thomas Aquinas, the First Whig” in: This Hemisphere of Liberty (Washington, D.C.: The AEI Press, 1992), pp. 107–112. See also “The Catholic Whig Revisited,” First Things (March 1990), reprinted in: On Cultivating Liberty (Lanham, MD: Rowman & Littlefield, 1999).

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and in America.12 The European aristocratic vision of life is at root Catholic, feudal, Thomistic, Aristotelian, Greek. A sharp distinction is drawn between those things that are mere means, vulgar and servile, and those that are ends-inthemselves and noble. The liberal arts, for instance, are distinguished from the servile, manual, mechanical arts. A related distinction is drawn between deeds that are merely useful and those that are beautiful. The truly good is contrasted with the merely utilitarian; so also the noble with the servile. As much as possible, people of noble rank devote themselves to the cultivation of the beautiful, the good, ends in themselves. The ways and means to their ends are supplied by their inferiors, to whom belongs the servile work. Noblesse oblige. All these traditional distinctions have their proper validity and all make an important point, which Tocqueville does not mean to deny. Nonetheless, his own eyes and ears have revealed to him that Americans have an altogether different way of speaking about self-interest.13 Practically every American, being a descendant of immigrants, knows that the same quantum of work performed in America as elsewhere reaps him a more ample reward. Clearly, it was not personal effort alone that led to the increase. The system is more beneficent than those their families had experienced elsewhere, and for this discernible difference in blessings he or she gives thanks for the system. Thus virtually every 12 “When the world was under the control of a few rich and powerful men, they liked to entertain a sublime conception of the duties of man. It gratified them to make out that it is a glorious thing to forget oneself and that one should do good without self-interest, as God himself does. That was the official doctrine of morality at the time. I doubt whether men were better in times of aristocracy than at other times, but certainly they talked continually about the beauties of virtue. Only in secret did they study its utility. But since imagination has been taking less lofty flights, and every man’s thoughts are centered on himself, moralists take fright at this idea of sacrifice and no longer venture to suggest it for consideration. So they are reduced to inquiring whether it is not to the individual advantage of each to work for the good of all, and when they have found one of those points where private advantage does meet and coincide with the general interest, they eagerly call attention thereto. Thus what was an isolated observation becomes a general doctrine, and in the end one comes to believe that one sees that by serving his fellows man serves himself and that doing good is to his private advantage.” Lawrence, op. cit., p. 525. See also Michael Novak, chapter 2 on Madison and Tocqueville on “self-interest” in Free Persons and the Common Good (Lanham, MD: Madison Books, 1989). 13 “The Americans, on the other hand, enjoy explaining almost every act of their lives on the principle of self-interest properly understood. It gives them pleasure to point out how an enlightened self-love continually leads them to help one another and disposes them freely to give part of their time and wealth for the good of the state. I think that in this they often do themselves less than justice, for sometimes in the United States, as elsewhere, one sees people carried away by the disinterested, spontaneous impulses natural to man. But the Americans are hardly prepared to admit that they do give way to emotions of this sort. They prefer to give the credit to their philosophy rather than to themselves.” Ibid., p. 526.

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American, by the same measure, is sensible of an obligation to contribute to the common good, in order to assure the continuance of this same beneficent system into the future. Americans imagine that it is in their own interest to make contributions to the common welfare and the public good, Tocqueville observes; it is more than a duty, since it inures to their own future benefit and that of their children. Americans consider the public good to be their own personal good, and they link their own self-interest to the public good. Every day, Tocqueville notes, Americans perform generous deeds for the common good, but they do not describe these as deeds performed for the common good; they describe them as deeds performed in their own self-interest, broadly understood. They do not speak, Tocqueville says, of beauty but of utility.14 They never speak of solidarity, but of self-interest. Clearly, this is a novel type of self-interest, Tocqueville deduces, and he calls it by a novel name, selfinterest rightly understood. Europeans formed to aristocratic manners, he notes, disdain the merely useful and the motive of self-interest. “Americans, on the contrary, are pleased to explain almost all the actions of their life with the aid of self-interest well understood; they complacently show how the enlightened love of themselves constantly brings them to aid each other and disposes them willingly to sacrifice a part of their time and their wealth to the good of the state.”15

In fact, he notes, Americans are likely to insist that they are acting from selfinterest even when by European standards they are not. In short, Tocqueville discerned with great delicacy and uncanny perspicacity the many subtle and powerful ways by which the inner life of Americans differed from that of Europeans in his time – and still does today, I believe, despite the many convergences of the intervening generations. Nonetheless, Tocqueville wrote as a Catholic. Indeed, it is highly unlikely that any mind unformed by the Catholic tradition would have so readily discerned, and been able to articulate, the subtle differences between the new democratic way of life and the Catholic aristocratic roots of European thought and sensibilities. Precisely because America was Protestant in sensibility and Tocqueville Catholic, his sensitivity and fine intelligence took note of minute differences in the slightest vibrations of the soul. He came to America as an outsider not only 14 “In the United States there is hardly any talk of the beauty of virtue. But they maintain that virtue is useful and prove it every day. American moralists do not pretend that one must sacrifice himself for his fellows because it is a fine thing to do so. But they boldly assert that such sacrifice is as necessary for the man who makes it as for the beneficiaries.” Ibid., p. 525. 15 Ibid., p. 502.

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because he was French and aristocratic, but also because he was Catholic. In his book, in fact, he described himself as a practicing Catholic who, on this account, came into frequent contact with Catholic priests wherever he went in America, and had many long and intelligent conversations with them.16 He learned to see America from their vantage point, too, and thus drew on a perspective that he and they partly shared in common (since the Catholic theology studied by the priests of the time – often in Europe – is necessarily steeped in the intellectual origins of European culture). Along with Tocqueville, in fact, virtually all other Catholic visitors to America also discovered in the United States a fresh way of thinking about Catholicism, which seemed to reveal new possibilities in their faith, as if in America it might achieve a more fundamental self-expression than it had ever achieved in Europe. For at least two ideas at the heart of the American experiment are also at the heart of the Catholic faith: the twin ideas of the common equality of all men and women (whatever their rank) before the face of God, and the high dignity of the individual, who has been given by the Creator the awesome liberty to say yes or no, to choose his or her own destiny. In the Catholic faith humans are the only creatures in this world who are, as images of God, ends in themselves, not means.17

16 “I questioned the faithful of all communions; I particularly sought the society of clergymen, who are the depositaries of the various creeds and have a personal interest in their survival. As a practicing Catholic I was particularly close to the Catholic priests, with some of whom I soon established a certain intimacy. I expressed my astonishment and revealed my doubts to each of them; I found that they all agreed with each other except about details; all thought that the main reason for the quiet sway of religion over their country was the complete separation of church and state. I have no hesitation in stating that throughout my stay in America I met nobody, lay or cleric, who did not agree about that.” Ibid., p. 295 [emphasis added]. 17 “Person signifies what is noblest in the whole of nature” (Summa Theologica, Ia. xxix. 2). “Among substances the individual merits a special name, and so is termed hypostasis, suppositum, or first substance. Particular individuals have a still more special and perfect existence in rational substances who are masters of their own activity and act of themselves, unlike other things which are acted upon. Therefore singular rational substances receive the special name of persons” (Summa Theologica, Ia. xix. I). An individual who is governed for the sake of the species is not governed because of any inherent worth. But human persons come under divine providence in their own right, for the activities of rational creatures alone are divinely directed for the sake of the individual as well as of the species (III Contra Gentiles, 113). St. Thomas Aquinas, Philosophical Texts, trans. Thomas Gilby (New York: Oxford University Press, 1960), pp. 389, 392. The historical emergence of personal dignity was beautifully treated by Jacques Maritain with respect to the arts in Creative Intuition in Art and Poetry, Bollinger Series (New York: Pantheon books, 1953); and with respect to politics in: The Person and the Common Good, trans. John J. Fitzgerald (New York: Charles Scribner’s Sons, 1947).

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In this recognition of America as a homeland of their souls, Tocqueville was like Philip Mazzei, the Marquis de Lafayette, Thaddeus Kosciusko, Casimir Pulaski and others who befriended the revolutionary generation of Americans and cast their lot with them; and like many European visitors before and since, who have written on the meaning of America, such as Michel de Crevecoeur, Jacques Maritain and Raymund Bruckberger, Raimundo Pezzamenti, Rocco Buttiglione, Michael Zoeller, and others.18 We are confronted, therefore, with the great importance for democracy that Tocqueville ascribed to religion. II. Religion is the first Political Institution of Democracy Tocqueville claimed that the first of the political institutions of the Americans was their religion. This claim has always seemed odd to those secular writers who accept the secularization thesis, namely, that the main trend of the modern era is the decline of religion vis-à-vis an ascendant secular philosophy. In the main, secular writers have explained Tocqueville’s claim by interpreting it as a comment on an earlier historical stage in which, admittedly, religion was highly visible and vocal. Unfortunately for this thesis, however, empirically, religion has not grown more impotent in recent times. On the contrary, in region after region, religion seems more dynamic, and the secular tendency weaker and less self-assured, than at any time in the last two hundred years.19 In the United States, it appears that more Americans go to church and engage in daily or weekly religious activities than in 1776.20 Over any given weekend in the autumn, more Americans attend church, synagogue or mosque than attend all the football games (professional, college, and secondary school) in the nation; more attend church in person, even, than watch football on television Sa18 Two important books on this theme are: Jacques Maritain, Reflections on America (New York, Scribner 1958), and Raymond-Léopold Bruckberger, Image of America (New York, Viking Press, 1959). 19 The first major summary of the evidence against the secularization thesis is found in Richard John Neuhaus, Unsecular America (Grand Rapids: William B. Eerdmans Publishing Co., 1986). 20 See Michael Medved’s apt summary: “As Newsweek magazine reported in January 1992: “This week, if you believe at all in opinion surveys, more of us will pray than will go to work, or exercise, or have sexual relations.” According to Newsweek’s research, 78 percent of Americans pray at least once a week, and more than 40 percent attend worship services on a weekly basis. This means that the number of people who go to church in a given week is more than five times larger than the number of people who go to the movies. . . . Perhaps most astonishing of all, a poll reported in U.S. News and World Report (December 1991) asked American voters to describe “their greatest objective in life”; fully 56 percent listed “a closer relationship to God” as their top personal priority.” Hollywood Vs. America: Popular Culture and the War on Traditional Values (New York: Harper Collins Publisher, 1992), p. 71. Medved also cites Gallup and other polling data.

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turday and Sunday. The religious factor is highly potent in American electoral politics, some would even say the single most important factor today.21 The pro-life movement, for instance, is the largest and best-organized such movement in the world (this movement of course includes some atheists). A second shocking claim of Tocqueville – admittedly more an implicit suggestion than an outright proposition – is that one day Catholics might be in the best intellectual position to explain and defend the presuppositions of democracy. Recently, Pierre Manent of France, a Tocqueville scholar himself, noted that the church has been better able over the last century to adapt itself to democracy than secular democracy to religion; and the church, regarding the future, may be in a more assertive, creative, optimistic mode than the secular democracies.22 I would add that the premises of Catholic faith include the premises of democracy, while the premises of secular thought, left to itself, not only do not suffice for the defense of the premises of democracy, but actually undermine them. On what generally agreed grounds today, for example, do secular philosophers defend human rights or the distinctive dignity of human beings among other creatures?

21 The survey done by John Green for the Pew Charitable trust shows that religious traditions do matter in politics. He summarizes the result as follows: “84 percent of observant white evangelical Protestants voted for Bush. . . . Less observant white evangelical Protestants did not vote as strongly Republican, just 55 percent. . . .With Roman Catholics, a pattern continues that had been developing all through the 1990s: more observant Roman Catholics voted more Republican, less observant more Democratic. . . . In contrast to their white counterparts, black Protestants voted overwhelmingly for Gore: 96 percent. Of course, African Americans generally vote Democratic, but the black Protestant church is the strongest Democratic component of the African American community. Hispanics voted for Gore as well, particularly Hispanic Catholics, at 76 percent. Hispanic Protestants were a little more divided but still gave Gore 67 percent of their votes.” “How the Faithful Voted,” Center Conversations, published by the Ethics and Public Policy Center March 2001, number 10, p. 2. On the Catholic vote, see Steve Wagner “Election 2000,” Crisis (January 2001), pp. 10–16. 22 Manent’s final paragraph: “[T]he political submission of the Church to democracy is, perhaps, finally, a fortunate one. The Church willy-nilly conformed herself to all of democracy’s demands. Democracy no longer, in good faith, has any essential reproach to make against the Church. From now on it can hear the question the Church poses, the question which it alone poses, the question Quid sit homo – What is man? But democracy neither wants to nor can respond to this question in any manner or form. On democracy’s side of the scale, we are left with political sovereignty and dialectical impotence. On the Church’s side, we are left with political submission and dialectical advantage. The relation unleashed by the Enlightenment is today reversed. No one knows what will happen when democracy and the Church become aware of this reversal.” Pierre Manent, “Christianity and Democracy” in Michael Novak, William Brailsford, and Cornelis Heesters, eds., A Free Society Reader (Lanham, MD: Lexington Books, 2000), p. 125.

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However that may be, even if we were to concede that secular philosophy is perfectly adequate to the defense of democracy, still, many today are no longer persuaded that a merely secular philosophy offers a credible philosophy of human destiny. Among such people, the suggestion of Tocqueville that over time the Catholic faith would prove to be an important ally of democracy has been too little discussed. “America,” he wrote, “is the most democratic country in the world, and at the same time, according to reliable reports, it is the country in which the Roman Catholic religion is making the most progress . . . If Catholicism could ultimately escape from the political animosities to which it has given rise [in Europe, carried over into America], I am almost certain that that same spirit of the age which now seems so contrary to it would turn into a powerful ally, and that it would suddenly make great conquests.”23 What is it about the Jewish/Christian religions, in particular Catholicism, that led Tocqueville to see them as the primary political institution of democracy? The first reason is their powerful conviction about the centrality of human liberty to the entire purpose of the universe. The axis of creation is human liberty and destiny; every story in the Bible confirms this. The primacy of liberty is the very ground not only of the whig view of the world. The Bible, too, understands liberty in a way that lends human persons unsurpassed dignity. In addition, it understands liberty as the opposite of licence, as the triumph of practical reason over animal instinct, as self-government and self-mastery over libertinism. It is not an accident that descendants of Tocqueville and Rochambeau were among those Frenchmen who designed the Statue of Liberty as a tribute to the American idea of liberty: a sober woman with the torch of reason raised aloft with one arm, and the book of the law clasped in the other – reason over passion, bigotry, and ignorance; and liberty under law.24 But the dignity of the free person is not the only underpinning that Catholicism gives to democracy. It also offers a thorough and profound underpinning to the idea of equality. For equality is not (in an empirical sense) an idea reached by natural reason. When the Athenians bade the citizens of Melos to treat with them in a spirit of equality, they received the following scornful reply: “You know as well as we do that right, as the world goes, is only in question between equals in power, while the strong do what they can and the weak suffer what they must.”25

23

Lawrence and Mayer, op. cit., p. 450. Barry Moreno, The Statue of Liberty Encyclopedia (New York: Simon & Schuster, 2000). 25 Thucydides, The Peloponnesian Wars (New York: Modern Library, 1951), p. 331. 24

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Yet the Hebrew tradition introduced to the whole world by Christians taught a different lesson: that in the eyes of our Creator, all men and women of whatever station or rank are equal. This Judge is impressed neither by power nor wealth nor position. In nature, some are strong and some are weak, some handsome and some plain, some richly talented and others not. He calls every one, equally, to be His friend. If humans are equal, therefore, it is solely in His eyes. The Catholic faith, Tocqueville observes, over many centuries firmly established the idea of equality in the consciousness of the world: “Among the various Christian doctrines Catholicism seems one of those most favorable to equality of conditions. For Catholics religious society is composed of two elements: priest and people. The priest is raised above the faithful; all below him are equal. In matters of dogma the Catholic faith places all intellects on the same level; the learned man and the ignorant, the genius and the common herd, must all subscribe to the same details of beliefs; rich and poor must follow the same observances, and it imposes the same austerities upon the strong and the weak; it makes no compromise with any mortal, but applying the same standard to every human being, it mingles all classes of society at the foot of the same altar, just as they are mingled in the sight of God. Catholicism may dispose the faithful to obedience, but it does not prepare them for inequality. However, I would say that Protestantism in general orients men much less toward equality than toward independence.”26

In addition, the Catholic faith emphasizes the incommensurable value of the human person through its teaching on the immortality of body and soul. This teaching bathes human rights in a brilliant light. Human rights arise not just from nature but from the higher destiny with which God gifted humans. As Alexander Hamilton wrote: “Moral obligation, according to [Hobbes], is derived from the introduction of civil society; and there is no virtue but what is purely artificial, the mere contrivance of politicians, for the maintenance of social intercourse. But the reason he ran into this absurd and impious doctrine was that he disbelieved the existence of an intelligent superintending principle, who is the governor and will be the final judge of the universe . . . To grant that there is a supreme intelligence who rules the world and has established laws to regulate the actions of his creatures; and still to assert that man, in a state of nature, may be considered as perfectly free from all restraints of law and government, appears to a common understanding altogether irreconcilable. Good and wise men, in all ages, have embraced a very dissimilar theory. They have supposed that the deity, from the relations we stand in to himself and to each other, has constituted an eternal and immutable law, which is indispensably obligatory upon all mankind, prior to any human institution whatever. This is what is called

26

Lawrence and Mayer, op. cit., p. 288.

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the law of nature . . . Upon this law depend the natural rights of mankind [emphasis added].”27

Take away the immortality of the soul, and it is difficult to establish the dignity of man any higher than that of any other animal. Even if such a difficult philosophical task is successful, its result is not likely to have the radiance that it would gain from Jewish and Christian faith. It is obvious, then, that if the foundations of democracy lie in the three principles of (1) the dignity of the free person, (2) the equality of all in the eyes of God, and (3) the immortal value of every person before God, then democracy owes an enormous debt to Jewish and Christian faith. This point may not be obvious to those to whom President Washington referred in his “Farewell Address” as “minds of a peculiar character,”28 but for large majorities, including many of the most brilliant and learned, faith adds powerful arguments to the weaker arguments presented by philosophy, on the three great questions: of human dignity, equality, and immortal value. III. What Does Faith Add to Reason? Beyond noting that religion is the first political institution of democracy because of the fundamental principles it lowers into place, Tocqueville also notes that Jewish and Christian faith adds several other indispensable benefits to democratic experiments. First, faith corrects morals and manners. As an ill-fated bill in the Virginia Assembly put it in 1784, “The general diffusion of Christian knowledge hath a tendency to correct the morals of men, restraining their vices, and preserve the peace of society.”29 Although Americans are bold and enterprising in making their fortunes, Tocqueville writes: “American revolutionaries are obliged ostensibly to profess a certain respect for Christian morality and equity, and that does not allow them easily to break the laws when those are opposed to the executions of their designs; nor would they find it easy to surmount the scruples of their partisans even if they were able to get over their own. Up till now no one in the United States has dared to profess the maxim that everything is allowed in the interests of society, an impious maxim apparently invented . . . to legitimatize every future tyrant.”30

27 “The Farmer Refuted” (1775), in: Harold C. Syrett, ed., Papers of Alexander Hamilton (New York: Columbia University Press, 1961), vol. 1, p. 87. 28 George Washington, “Farewell Address,” in W. B. Allen, ed., George Washington: A Collection (Indianapolis: Liberty Classics, 1988). 29 From “A Bill Establishing a Provision for Teachers of the Christian Religion,” quoted in John Eidsmoe, Christianity and the Constitution: The Faith of Our Founding Fathers (Grand Rapids: Baker Books, 1987), p. 310.

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Thus, while in a free society “the law allows the American people to do everything, there are things which religion prevents them from imagining and forbids them to dare”31 – such as breaking the law. When consciences are active, policemen need be few; citizens are law-abiding willingly. Colonial Americans had already experienced periods of declines in religion, accompanied by a steady moral decline. They had also seen religious awakenings lead to tangible improvements in social peace. This is why they all believed that religion “is necessary for the maintenance of republican institutions. That is not the view of one class or party among the citizens, but of the whole nation; it is found in all ranks.”32 Second, Tocqueville noted: “Fixed ideas about God and human nature are indispensable to men for the conduct of daily life, and it is daily life that prevents them from acquiring them.”33 But these “fixed ideas” are difficult for most men to reach. Even great philosophers stumble in trying to come to them. But biblical faith provides to reason something that only a very few philosophers, and they only uncertainly, can reach for themselves. Thus, sound religion, tested in long experience, gives a culture an immense advantage. For men cannot act without living out general ideas. Clarity of soul prevents enervation and the dissipation of energies. Some ideas, Tocqueville writes, are a particular boon to free men: Ideas rooted in the unity of humankind, duties to neighbor, truth, honesty, and love for the law of reason. Regarding these essential ideas, the answers biblical religion gives are “clear, precise, intelligible to the crowd, and very durable.”34 Third, religion adds to reason indispensable support for the view that every human being is not simply a bundle of pleasures and pains, a higher kind of cow or kitten or other contented domestic animal. “Democracy favors the taste for physical pleasures,” Tocqueville writes. “This taste, if it becomes excessive, soon disposes men to believe that nothing but matter exists. Materialism, in its turn, spurs them on to such delights with mad impetuosity. Such is the vicious circle into which democratic nations are driven. It is good that they see the danger and draw back.”35 The principle of equality that animates democracies, pulling men downwards, will slowly destroy what is most human in them, their souls. It is religion that checks and reverses this process and, more than that, spurs greatness, Tocqueville thinks. Faith sows its good effects in art and man-

30 Tocqueville, Democracy, op. cit., vol. I, Part II, 9, p. 292. It is here that Tocqueville calls religion “the first of their political institutions.” A powerful phrase. 31 Ibid. 32 Ibid., p. 293. 33 Ibid., p. 443. 34 Ibid., pp. 442–46. 35 Ibid., pp. 542 ff.

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ners, as well as in the arena of practical action. Belief in immortality prods humans to aspire upwards, and in this way grounds their awareness of their own special dignity and natural rights. Fourth, faith adds to a morality of mere reason an acute sense of acting in the presence of personal and undeceivable Judge, Who sees and knows even actions performed in secret, even willful acts committed solely in one’s heart. Thus, faith adds motives for maintaining high standards, and for seeking to do things perfectly even when no one is looking. Faith gives us reasons to paint the bottom of the chair, and clean the unseen corners of a room: godliness entails attention to details that no one but God sees. Whereas morality construed within the bounds of reason alone is, at best, a matter of utilitarian calculation or deontological rules, faith sees moral behavior in terms of relations between two persons, ourselves and the God to whom we owe much. In this vein, Ben Franklin chastised his colleagues at the Constitutional Convention for their ingratitude to their beneficent Friend Who had assisted them when they were in need. “In this situation of this Assembly, groping as it were in the dark to find political truth, and scarce able to distinguish it when presented to us, how has it happened, Sir, that we have not hitherto once thought of humbly applying to the Father of lights to illuminate our understandings? In the beginning of the contest with G. Britain, when we were sensible of danger we had daily prayer in this room for the divine protection. – Our prayers, Sir, were heard, and they were graciously answered. All of us who were engaged in the struggle must have observed frequent instances of superintending providence in our favor. To that kind providence we owe this happy opportunity of consulting in peace on the means of establishing our future national felicity. And have we now forgotten that powerful friend? Or do we imagine that we no longer need his assistance? I have lived, Sir, a long time, and the longer I live, the more convincing proofs I see of this truth – that God governs in the affairs of men.36 [Emphasis in the original].”

Fifth, in America, Tocqueville writes, religion “reigns supreme in the souls of women, and it is women who shape mores.” Faith in America has had a dramatic effect on mores, especially in the home. “Certainly, of all the countries in the world, America is the one in which the marriage tie is most respected and where the highest and truest conception of conjugal happiness has been conceived.” Tocqueville has no doubt that the “great severity of mores which one notices in the United States has its primary origin in beliefs.” The comparative laxity of morals in Europe breeds mistrust even in the home, and even broader ripples of mistrust in the public sphere beyond the home. “In Europe almost all the disorders of society are born around the domestic hearth and not far from the nuptial bed. It is there that men come to feel scorn for natural ties and legitimate pleasures and develop a taste for disorder, restlessness of spirit, 36 Quoted by James Madison, Notes of Debates in the Federal Convention of 1787 (New York: W. W. Norton and Company, 1987), pp. 209–210.

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and instability of desires. Shaken by the tumultuous passions which have often troubled his own house, the European finds it hard to submit to the authority of the state’s legislators.”37

When there is no trust in the home, trust in public life is highly improbable. Where there is a lack of self-government at home, self-government in the public sphere has little probability of success. If one cannot say “that in the United States religion influences the laws or political opinions in detail,” Tocqueville continues, “it does direct mores, and by regulating domestic life it helps to regulate the state.”38 In sum, to say nothing of otherworldly benefits, Tocqueville argues that faith adds to reason five worldly strengths: (1) restraint of vice and gains in social peace; (2) fixed, stable, and general ideas about the dynamics of life; (3) a check on the downward bias of the principle of equality and the materialism toward which it gravitates; (4) a new conception of morality as a personal relation with our Creator, and thus a motive for acting well even when no one is looking; and (5) through the high honor paid to the marriage bond, the quiet regulation of mores in marriage and in the home. IV. The Spirit of Religion and the Spirit of Liberty One of Tocqueville’s most penetrating passages has always touched me very deeply, ever since I was a young man. This is his passage on the historically novel combination of the spirit of religion and the spirit of freedom. The passage deserves to be read in its entirety, but I here content myself with an excerpt: “I have already said enough to put Anglo-American civilization in its true light. It is the product of two perfectly distinct elements which elsewhere have often been at war with one another but which in America it was somehow possible to incorporate into each other, forming a marvelous combination. I mean the spirit of religion and the spirit of freedom . . . Far from harming each other, these two apparently opposed tendencies work in harmony and seem to lend mutual support. Religion regards civil liberty as a noble exercise of men’s faculties, the world of politics being a sphere intended by the Creator for the free play of intelligence. Religion, being free and powerful within its own sphere and content with the position reserved for it, realized that its sway is all the better established because it relies only on its own powers and rules men’s hearts without external support. Freedom sees religion as the companion of its struggles and triumphs, the cradle of its infancy, and the divine source of its rights. Religion is considered as the guar-

37 38

Tocqueville, Democracy, op. cit., p. 291. Ibid.

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dian of mores, and mores are regarded as the guarantee of the laws and pledge for the maintenance of freedom itself.”39

What are the implications of these Tocquevillian insights today? First, that the Catholic faith puts in place three crucial pre-conditions of democracy: truth, freedom, and dignity. Enunciated in a little more detail, these three ideas are: a strong idea of truth, in the sense of a regulative ideal of our minds driving our inquiries to weed out all that is bogus, false, and unworthy of reasoned assent; a moral conception of human freedom; and a profound sense of the dignity and nobility of the human being, body and soul. These are the three background beliefs that make intelligible the conception of human rights and the spiritual primacy of liberty. Without the regulative ideal of truth, the practice of liberty lapses into licence, and self-government decays into self-indulgence. From Tocqueville’s point of view, the spirit of religion is indispensable to the successful incarnation of the spirit of liberty. That was also, he noted, the view of the early Americans without exception. Yet these ideas, Tocqueville argued, are not American. They are universal. They are global. They are catholic (small “c”). They are worth recalling at this happy moment, as this new Institute advances in its first sequence of lectures for a wider public. Summary Tocqueville perceived the crucial importance of religion to the modern democratic republic; and he meant by ‘religion’ the Jewish and Christian religion. This paper recalls briefly some of Tocqueville’s most important discoveries, and then explicates his views of the crucial importance of religion to democracy. Tocqueville grasped lived meaning of ‘equality’ in the new order, the extraordinary pervasiveness of voluntary associations, and the totally different meanings of “self-interest” in Europe and in America. Tocqueville also discovered in the United States a fresh way of thinking about Catholicism, for at least two ideas at the heart of the American experiment are also at the heart of the Catholic faith: the twin ideas of the common equality of all men and women before the face of God, and the high dignity of the individual. Tocqueville claimed that the first of the political institutions of the Americans was their religion and that one day Catholics might be in the best intellectual position to explain and defend the presuppositions of democracy. Catholic faith emphasizes the dignity of the free person, a profound idea of equality, and 39

Tocqueville, Democracy, op. cit., pp. 46-7.

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the incommensurable value of the human person through its teaching on the immortality of body and soul. Tocqueville also notes that Jewish and Christian faith adds several other indispensable benefits to democratic experiments: (1) faith corrects morals and manners; (2) religion provides fixed, stable, and general ideas about the dynamics of life (3) faith spurs greatness; (4) faith adds an acute sense of acting in the presence of personal and undeceivable Judge; (5) Religion honors the marriage bond and regulates mores in marriage and in the home. Zusammenfassung Tocqueville erkannte die entscheidende Bedeutung der Religion für den modernen demokratischen Staat. Unter „Religion“ verstand er die jüdische und die christliche Religion. Dieser Beitrag ruft kurz einige der grundlegenden Entdekkungen Tocquevilles in Erinnerung, um dann seine Sicht von der überragenden Bedeutung der Religion für die Demokratie zu erklären. Tocqueville wußte um den gelebten Sinn von „Gleichheit“ in der neuen Ordnung, den großen Einfluß freier Vereinigungen sowie den grundverschiedenen Bedeutungsgehalt von „Selbstinteresse“ in Europa und in Amerika. Tocqueville entdeckte in den Vereinigten Staaten auch eine neue Weise des Denkens über den Katholizismus, bilden doch wenigstens zwei Ideen das Herzstück des amerikanischen Weges, die auch im Zentrum des katholischen Glaubens stehen: die Gleichheit von Mann und Frau vor Gott sowie die hohe Würde des Individuums. Tocqueville vertrat die Ansicht, daß unter den politischen Institutionen der Amerikaner die Religion die erste Stelle einnehme. Eines Tages würden die Katholiken intellektuell am ehesten in der Lage sein, die Voraussetzungen der Demokratie zu erklären und zu verteidigen. Der katholische Glaube betont die Würde der freien Person, eine tiefgründige Idee von Gleichheit und den unvergleichlichen Wert der menschlichen Person, die in der Lehre von der Unsterblichkeit von Leib und Seele gründet. Tocqueville weist auch darauf hin, daß der jüdische und der christliche Glaube noch weitere unentbehrliche Elemente für das demokratische Experiment liefert: (1) der Glaube gibt der Moral und den Sitten die Orientierung; (2) die Religion ist ein Hort für stabile allgemeine Ideen über die Dynamik des Lebens; (3) der Glaube spornt an zu großen Taten; (4) der Glaube schärft den Sinn dafür, daß alles menschliche Handeln vor einem persönlichen und nicht zu täuschenden Richter zu verantworten ist; (5) die Religion ehrt den Ehebund und gibt Regeln für das eheliche und häusliche Leben.

Die Maxime „Religion ist Privatsache“ Von Anton Rauscher Besucher aus Deutschland, die sich längere Zeit in den Vereinigten Staaten von Amerika aufhalten und dort Gelegenheit haben, die religiös-kirchliche Praxis der Katholiken kennenzulernen, sind meist überrascht von der Vitalität in den christlichen Gemeinden. Während die katholische Kirche in Deutschland, die nach der Katastrophe des Nationalsozialismus eine kurze Phase der Erholung verzeichnen konnte, seit Ende der 1960er Jahren einem kontinuierlichen Schrumpfungsprozeß unterliegt, ist sie in den USA zahlenmäßig gewachsen und mit 65 Millionen Menschen zur größten religiösen Gemeinschaft geworden. Die Wiedervereinigung Deutschlands von 1989/90 hat den Schwundprozeß der Kirchen nicht stoppen können. Im Gegenteil: mit der Deutschen Demokratischen Republik kam ein weithin entchristlichtes Land mit einem hohen Anteil von Nicht-Gläubigen beziehungsweise Atheisten hinzu. Der Anteil der evangelischen Kirche, die früher in Ostdeutschland ihre Stammlande hatte, ist von über 80 auf 20 Prozent der Bevölkerung zurückgegangen. Für die katholische Kirche war Ostdeutschland – ebenso wie Norddeutschland – Diasporagebiet. Die Flüchtlingsströme nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem aus Schlesien, haben die Zahl der Katholiken etwas ansteigen lassen, die heute 6 bis 7 Prozent ausmachen.

I. Unterschiedliche Ausgangspositionen Woher kommt es, daß die Entwicklung des kirchlichen Lebens diesseits und jenseits des Atlantik so unterschiedlich verläuft, obwohl es sich hier wie dort um hochindustrialisierte Gesellschaften handelt? In Deutschland ist die Zahl der katholischen Kirchgänger in den letzten 35 Jahren stark zurückgegangen. Nach neuesten Angaben besuchen durchschnittlich nur noch 16 Prozent der Katholiken regelmäßig den Sonntagsgottesdienst. In den Großstädten und Ballungsgebieten, aber auch in kleineren und mittleren Städten und auf dem Land ist die Distanz vieler Katholiken zu ihrer Kirche und zu den von ihr vertretenen Werten gewachsen. Volkskirchliche Elemente haben sich noch in Bayern, Baden, im Rheinland und in Westfalen, in der Pfalz und im Saarland gehalten. Da aber viele Familien und auch die öffentlichen Schulen nicht mehr in der Lage sind, die Inhalte des christlichen Glaubens und die sittliche Wertorientierung der nach-

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wachsenden Generation zu vermitteln, nehmen die religiöse Unwissenheit und mit ihr neuheidnische Einstellungen und Verhaltensweisen zu. Die Situation in den protestantischen Kirchen ist eher noch schwieriger. Die Kirchenaustritte und die Zunahme der nicht mehr getauften Kinder und Jugendlichen haben ein beängstigendes Ausmaß angenommen. Demgegenüber sind die Gottesdienste in den USA an Sonn- und Feiertagen in allen Landesteilen sehr gut besucht, und zwar aus allen Schichten und Altersgruppen der Katholiken. Was die Eucharistiefeiern an Werktagen betrifft, so kann man nur staunen, wie viele Frauen und Männer, besonders wenn sie nicht mehr erwerbstätig sind, daran teilnehmen. In Deutschland sind auch an Sonntagen die mittleren und vor allem die jüngeren Jahrgänge nur noch spärlich vertreten. Viele Kinder begehen noch die Feier der ersten hl. Kommunion, aber dann sieht man sie kaum noch in der Kirche – wohl deshalb, weil die Eltern ihre religiöse Praxis längst aufgegeben haben und ihre Kinder und Jugendlichen dazu nicht mehr anhalten. Auch die Schulgottesdienste, an denen sich früher viele Lehrkräfte beteiligt haben, sind selten geworden. Wo liegen die Gründe dafür, daß die katholische Kirche in den USA ihre Gläubigen offenbar besser erreicht und anspricht, als dies der Kirche in Deutschland und anderen europäischen Ländern gelingt? Der alte Kontinent Europa besitzt eine großartige christliche Kultur und Tradition und wundervolle Kirchen und Dome – aber werden sie nicht immer mehr nur noch zu Zeugen der Vergangenheit? Es gibt eine Reihe von Faktoren, Ereignissen und Entwicklungen, die hier bedacht werden müssen. Europa steht nach wie vor im Banne der Aufklärung, der Loslösung des wissenschaftlichen Denkens aus den Verankerungen in der Metaphysik, der Verselbständigung der gesellschaftlichen Lebensbereiche und ihrer Trennung von Religion und Kirche. Mit der Französischen Revolution von 1789 ging jene Epoche zu Ende, in der die Kirche die prägende Kraft der Gesellschaft und Kultur war, in der das sogenannte Bündnis von Thron und Altar, von weltlicher und geistlicher Macht bestimmend war. Auch die Reformation hatte an den überkommenen Strukturen nicht viel geändert. Hier ist an den Grundsatz: „cuius regio eius religio“ und an die besondere Stellung der weltlichen Fürsten in den protestantischen Kirchen zu erinnern. Im 19. und 20. Jahrhundert trat an die Stelle der bäuerlichen Wirtschaft und des Handwerks die arbeitsteilige Industriegesellschaft, an die Stelle der festgefügten Ständegesellschaft trat die moderne freie (später „pluralistische“) Gesellschaft und an die Stelle der Erbmonarchie der Rechtsstaat und die Demokratie. Die katholische Kirche, die sich an die bisherigen Strukturen gewöhnt hatte, geriet ins Abseits, ja vorübergehend in einen Gegensatz zur modernen Gesellschaft und Kultur, auch zum Staat, der nicht mehr Schutzherr des christlichen Glaubens und der Kirche sein konnte und wollte, der vielmehr den Kirchen und Glaubensgemeinschaften gegenüber zur weltanschaulichen Neutralität verpflichtet ist.

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Ganz anders gestaltete sich die Entwicklung in Nordamerika. Die Immigranten, die seit dem 17. Jahrhundert vor allem aus England kamen, waren bemüht, die wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Verhältnisse in der neuen Heimat so einzurichten, wie sie es von ihren Herkunftsländern gewohnt waren. Sie sorgten dafür, daß in den sogenannten Gründerstaaten im Nordosten der USA protestantische Kirchenstrukturen entstanden, die – wie in England – den Charakter einer „Staatskirche“ hatten. Die Väter der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 wollten jedoch verhindern, daß zwischen den verschiedenen protestantischen Kirchen Religionskriege ausbrechen, die in den europäischen Ländern so viel Unheil anrichteten. Das „First Amendment“ sollte die volle Freiheit und Unabhängigkeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften schützen und jegliche staatliche Privilegierung im Sinne einer Staatskirche, aber auch jede Einmischung des Staates in Angelegenheiten der Kirchen und Glaubensgemeinschaften unterbinden. Was die bereits bestehenden „Staatskirchen“ betraf, so sollte ihr Status unangetastet bleiben; aber auf Bundesebene sollte das First Amendment die weitere Entwicklung bestimmen. Die katholischen Immigranten, die erst im 19. Jahrhundert in größeren Schüben aus Irland, Italien und Deutschland in die USA einwanderten, waren beim Aufbau kirchlicher Strukturen auf sich selbst gestellt. Anders als in Europa, wo man sich auf die gewachsenen festgefügten Strukturen verlassen konnte, mußten sie sich in der konfessionell pluralistischen Situation zurechtfinden. Von Anfang an gehörten ein missionarisches Bewußtsein ebenso wie die Bereitschaft zum „Dialog“ und zur Zusammenarbeit mit den Andersgläubigen im zivilen Leben zu ihrer geistig-religiös-kulturellen Grundausstattung. Die Katholiken, die meistens der Arbeiterschicht angehörten, schickten ihre Kinder auf die bestehenden protestantischen Schulen, weil sie zu arm waren, um eigene Schulen zu gründen und zu unterhalten. Der Aufbau der katholischen Schulen, und zwar von der Grundschule bis hin zu den Universitäten, erfolgte erst im 20. Jahrhundert, als die Zahl der geistlichen Berufe gewaltig anstieg und die männlichen und weiblichen Ordensgemeinschaften vor allem auf den Feldern von Erziehung und Bildung tätig wurden. Das First Amendment wird aus europäischer Perspektive vornehmlich als ein Dokument der Trennung von Staat und Kirche betrachtet. Zu wenig kommt dabei in den Blick, daß es den Kirchen und Glaubensgemeinschaften die Unabhängigkeit von politischer und staatlicher Einflußnahme und Bevormundung gewährleistet.1 Die Christen waren auf sich selbst gestellt und konnten sich zur Bewältigung von Aufgaben und zur Lösung von Problemen nicht an den Staat wenden und auch nicht mit staatlicher Unterstützung und Förderung rechnen. Dies wiederum hatte zur Folge, daß die Wirkmöglichkeiten der Kirchen nicht 1 Vgl. Jude P. Dougherty, Western Creed, Western Identity. Essays in Legal and Social Philosophy, Washington DC 2000, S. 83 ff.

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vom Staat beziehungsweise den Regierenden, sondern von den Gläubigen selbst abhingen. Die Kirchen waren darauf angewiesen, daß die Gläubigen vor Ort viele Dinge selbst in die Hand nahmen und Initiativen entfalteten. Damit waren gute Voraussetzungen für eine engagierte Kirche und weniger für eine verwaltende Kirche gegeben.

II. Das ursprüngliche liberale Anliegen Um das Verhältnis von Glaube und Gesellschaft, von Religion und Politik, von Kirche und Staat, wie es sich in Europa entwickelt hat, richtig einordnen zu können, muß man sich die Umbruchsituation vor Augen halten, die mit der Französischen Revolution eintrat. Der Zusammenbruch der Feudalherrschaft und der ständischen Gesellschaftsordnung brachte auch das Ende der historisch gewachsenen Verflechtungen von Thron und Altar mit sich. Auch die Reformation hatte an diesen Grundstrukturen nicht gerüttelt, sondern sie an die konfessionellen Grenzen angepaßt. Auch wenn die Gewissensfreiheit der „Untertanen“ unter den damals bestehenden Rahmenbedingungen durchaus gewährleistet war, so war die Kirche doch Staatskirche und die christliche Religion Staatsreligion. Insofern gab es damals auch nicht die Religionsfreiheit im heutigen Sinn, weil der Staat vom religiösen Bekenntnis und von der kirchlichen Praxis seiner Untertanen unmittelbar berührt war. Die Reformation hat diese Situation noch verstärkt, insofern die Landesherren die Konfession der Untertanen bestimmten. Weil die christliche Religion Staatsreligion und die Kirche Staatskirche mit allen Prärogativen war, bildete sich auch jenes eigenartige Wechselverhältnis von Thron und Altar heraus. Die Kaiser, Könige, Fürsten und Landesfürsten fühlten sich nicht nur als die „Schutzherren der Kirche“, für deren Wohlergehen sie zu sorgen hatten; auf der anderen Seite war die Staatsreligion beziehungsweise die Staatskirche einer der wichtigsten Garanten der inneren Einheit und des Zusammenhalts des Volkes. Daß die religiöse und kirchliche Einheit nicht an Kraft verlor und womöglich zerbrach, daran waren nicht nur die Kirche interessiert, sondern genauso die Regierenden. Auch wenn verschiedene Bekenntnisse und andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen mehr oder minder „geduldet“ wurden, so war doch die Auffassung bestimmend: Ein Glaube, ein Reich, ein Kaiser. Die Französische Revolution war die Geburtsstunde des modernen Staates. Im Zuge der Aufklärung war immer stärker der „Bürger“ als Subjekt und Träger von Rechten und Pflichten hervorgetreten. Der Bürger war nicht mehr Untertan, sondern mit Freiheitsrechten ausgestattet, die er sogar gegen den Staat geltend machen konnte; er bildete den Grundpfeiler der neuen gesellschaftlichen und politischen Ordnung. Der Staat war nicht mehr Glaubensstaat, sondern wandelte sich allmählich zum religiös und weltanschaulich neutralen Staat,

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wobei der weltanschaulich neutrale Staat zum Pendant der sich entwickelnden „pluralistischen Gesellschaft“ wurde. Für die liberalen Bewegungen, die im 19. Jahrhundert in vielen Ländern Europas bestimmend wurden, waren die Freiheitsrechte der Bürger und der Rechtsstaat die politischen Zielvorstellungen. Unter diesen veränderten Voraussetzungen muß die Idee „Religion ist Privatsache“ gesehen werden. Wenn sie sich bei den tonangebenden Schichten in Gesellschaft, Kultur, Wissenschaft und Politik, auch in kirchlichen Kreisen rasch durchsetzen konnte, dann deshalb, weil sie mit einer zum Anachronismus gewordenen Regelung Schluß machte. Auf keinem anderen Feld stand der Untertanengeist der alten Ordnung dem bürgerlichen Freiheitsverständnis der neuen Ordnung so konträr gegenüber wie auf dem Gebiet von Glaube und Religion. Glaube und Religion, Gewissensfreiheit und Religionsfreiheit gehören zum innersten Kern der menschlichen Person. Die Formel „Religion ist Privatsache“ wandte sich gegen die nunmehr als Anmaßung empfundenen Ein- und Übergriffe des Staates, insbesondere des absolutistischen Staates in die Privatsphäre des Bürgers. Er ließ sich vom Landesherrn nicht mehr vorschreiben, was er denken, was er tun sollte, schon gar nicht mehr, welchen Glauben er bekennen und welche Wertorientierungen er leben sollte. Das Zeitalter der christlichen Staatsreligion und der Staatskirche neigte sich in Europa seinem Ende entgegen. Das liberale Anliegen, den Bürger aus den vielfältigen Umklammerungen und den Bevormundungen zu befreien, fand Anklang auch bei jenen Christen, die in den revolutionären Umbrüchen der Zeit auch neue Chancen für die Glaubensund Gewissensfreiheit der Bürger und für die Freiheit der Kirche erblickten. In Frankreich, wo im Anschluß an die revolutionären Jahre von katholischer Seite zunächst der „traditionalistische Widerspruch“ gegen die Revolution artikuliert wurde, bildete sich seit 1830 ein „liberaler Katholizismus“ heraus, der die Trennung von Politik und Religion ins Positive wenden wollte und sich um eine Versöhnung zwischen Demokratie und Kirche bemühte.2 In Deutschland kam es zu ähnlichen Initiativen, die sich vor allem gegen die Herrschaftsansprüche des mit dem liberalen Protestantismus eng verbundenen preußischen Staates richtete. Erinnert sei an das Kölner Ereignis von 1837, als der Kölner Erzbischof Droste zu Vischering wegen seiner Haltung in Ehe- und Familienfragen, in der Schulpolitik und wegen seiner Proteste gegen die Benachteiligung der Katholiken bei der Besetzung von öffentlichen Ämtern von der preußischen Regierung verhaftet und auf der Festung Minden gefangen gehalten wurde. Es war Joseph Görres, der diesen staatlichen Übergriff zum Anlaß nahm, um seine vielgelesene Kampfschrift „Athanasius“ (1838) zu verfassen. Die Katholiken begannen, aus ihrem Dämmerschlaf und aus der Resignation, in 2 Hans Maier, Revolution und Kirche. Zur Frühgeschichte der christlichen Demokratie, 5. Aufl., Freiburg i. Br. 1988, S. 167–232.

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die sie das Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation (1806) und die Säkularisation von 1803 versetzt hatten, aufzuwachen. In vielen Orten kam es zur Gründung von Pius-Vereinen, die offensiv für die Einheit der Katholiken mit dem Papst eintraten. Auch der in die Frankfurter Nationalversammlung von 1848 gewählte Abgeordnete und bald darauf zum Bischof von Mainz ernannte Wilhelm Emmanuel von Ketteler erhoffte sich von der liberalen Bewegung größere Freiheitsräume für die Kirche. Er suchte zunächst bei den Liberalen Anschluß, mußte aber schnell erkennen, daß es ihnen zwar um die Freiheitsrechte der Bürger gegen den Staat ging, nicht aber um die religiöse Freiheit und um die Freiheit der Kirche. Deshalb wandte er sich dem „katholischen Club“ in der Nationalversammlung zu. In seiner Schrift „Freiheit, Autorität und Kirche“ von 1862 vertrat er ganz neue Ansätze für das Verhältnis von Kirche und Staat. Die Bürger haben ein Recht darauf, „daß die Staatsgewalt ihre religiöse Gesinnung in ihrem kirchlichen Verbande achte und ehre, beschütze und unterstütze“. Über das Zerbrechen der bisherigen Verbindung von Thron und Altar war Ketteler nicht traurig; er wies auf die Kehrseite hin: Wie viele Fürsten haben die Religion mißbraucht. Wir wünschen wahrhaft nicht solche Könige wieder, die sich die allerchristlichsten nennen und als solche gepriesen werden, die Kirche und Religion aber nur beschützen, um sie zu Werkzeugen ihrer Politik zu machen.3 Worauf es ankommt, ist nicht ein Bündnis zwischen Politik und Religion, sondern die innere Bindung zwischen politischem Handeln und sittlichen Grundsätzen. III. Die antikirchliche Stoßrichtung Eigentlich wäre es durchaus möglich und wünschenswert gewesen, wenn mit dem Anliegen „Religion ist Privatsache“ eine ähnliche Entwicklung in Deutschland in Gang gekommen wäre, wie sie das „First Amendment“ für die USA bewirkt hat. Die geistesgeschichtliche Entwicklung Europas verlief jedoch anders. Die Forderung „Religion ist Privatsache“ wurde schon bald zu einer Kampfformel der liberalen Bewegung gegen die Kirche. Während die Väter der amerikanischen Verfassung davon überzeugt waren, daß ein Gemeinwesen und der Staat ohne Religion schwerlich die notwendige Konsistenz und Einheit behaupten können, verhalf die Französische Revolution jenen aufklärerischen und revolutionären Kräften zum Durchbruch, die in der Religion und in der christlichen Tradition in Frankreich und in Europa eine Barriere gegen die Selbstfindung des Menschen und gegen seine geistig-sittliche Autonomie erblickten. Der Kampf richtete sich gegen die alten gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Strukturen, die die schöpferische Freiheit des Menschen nicht zum Durch3 Vgl. Erwin Iserloh/Christof Stoll, Bischof Ketteler in seinen Schriften, Mainz 1977, S. 69, 107 f.

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bruch kommen ließen und die sich gegen den wissenschaftlich-technischen Fortschritt und gegen die Emanzipation der Gesellschaft und der Politik aus der Bevormundung und Gängelung durch die Kirche und den Klerus stemmten. Es ist erstaunlich, wie sich ideologische Verhärtungen bis in unsere Zeit durchhalten. Die liberale Zielrichtung von damals kommt noch in der Forderung des Landesverbandes der Deutschen Jungdemokraten von Nordrhein-Westfalen vom 7. Januar 1973 zum Ausdruck: „Die Durchsetzung liberaler Politik unter den sozioökonomischen Bedingungen einer spätkapitalistischen Gesellschaft setzt im Verhältnis von Staat und Kirche, Bürger und Religion zunächst die Einlösung der frühliberalen Emanzipationsforderungen voraus. Erst eine konsequente Trennung von Kirche und Staat unter Beachtung des Verfassungsgebotes der strikten weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates schafft eine wesentliche Voraussetzung für die reale Befreiung des Menschen von ökonomischer und ideologischer Abhängigkeiten.“4 Während sich in den USA eine „freundschaftliche“ Trennung zwischen Staat und Kirche beziehungsweise den Religionsgemeinschaften anbahnte, weil der Staat zwar religiös und weltanschaulich neutral war, gleichwohl aber um die Bedeutung wußte, die der Religion im gesellschaftlichen und politischen Leben zukommt, setzte sich in europäischen Staaten eine eher feindselige Trennung von Staat und Kirche durch, wobei die antiklerikalen und laizistischen Kräfte häufig die Richtung bestimmten. Jetzt trat auch die antikirchliche Stoßrichtung der Maxime „Religion ist Privatsache“ zutage. Es ging nicht wie in den USA um die Unabhängigkeit und Freiheit der Religion und der Glaubensgemeinschaften, sondern um ihre Verdrängung aus dem gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Glaube und Kirchenzugehörigkeit sollten nur noch als „Privatsache“ gelten, nicht mehr öffentliche Bedeutsamkeit haben und schon gar nicht auf die gesellschaftlichen und politischen Lebensverhältnisse irgendeinen Einfluß ausüben. „Privat“ hatte in der liberalen Perspektive auch nicht mehr den Charakter des Höchstpersönlichen, der ureigensten Überzeugung des Menschen, die gleichsam heilig und unantastbar ist, in die niemand, schon gar nicht der Staat dreinzureden hat. „Privat“ erhielt mehr und mehr die Bedeutung des Subjektiven, ja des Beliebigen, dessen, was man denken und tun kann oder auch nicht. Die „private“ Meinung war ohne Belang für andere, sie war Nebensache. Das heißt also: Religion und Moral wurden in dieser Perspektive zu etwas Subjektivem, zu etwas Beliebigem, zur Nebensache. Deshalb sollte und mußte sich die Gesellschaft, die „Öffentlichkeit“, von Religion und Moral emanzipieren und in Zukunft selbst bestimmen, was gut und recht, was böse und falsch sein sollte, welche Ordnung, welche 4 Quellennachweis und Abdruck der Forderungen im einzelnen bei: Anton Rauscher, Soll die Kirche aus dem öffentlichen Leben verbannt werden? (Reihe: Kirche und Gesellschaft, Nr. 1), Köln 1973, S. 3, 4 f.

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Normen und Gesetze für alle Bürger Geltung haben sollten. Dabei machte man keinen Unterschied zwischen Grundrechten, die, wie die amerikanische Verfassung feststellt, jeder Bürger unmittelbar von seinem Schöpfer erhält, und den Rechten und Pflichten, die der Staat im Zuge der kulturellen Entwicklung positiv formuliert und seinen Bürgern einräumt. Weil der Religion nur noch „private Qualität“ zugesprochen wurde, sollten die öffentlichen Räume und Einrichtungen wie Schulen, Gerichte, Verwaltungen von religiösen Zeichen und Symbolen gesäubert werden. Hier stoßen wir auf die Wurzel der modernen Bilderstürmerei, die das Kreuz und alle anderen religiösen Zeichen und Symbole aus den „öffentlichen“ Räumen, angeblich weil der Staat weltanschaulich neutral sei, verbannen möchte. Dies wäre nicht nur ein Freibrief für Religionslose und Atheisten, sondern der Versuch, die Religion aus der Kultur zu vertreiben und eine rein innerweltliche „Kultur“ aufzurichten. Ernsthaft praktiziert wurde dieser Aufstand gegen die Religion in den kommunistischen totalitären Systemen: Ihre Ideologie sollte die Religion ersetzen. Es lag nahe, daß der weltanschauliche Liberalismus neben der Trennung von Kirche und Staat seine Bemühungen vor allem darauf konzentrierte, Religion und Kirche aus den Bereichen Schule und Erziehung, Bildung und Kultur zu verdrängen. Hier lagen die Quellen des bisherigen kirchlichen Einflusses auf die Gesellschaft, die man allmählich austrocknen wollte. Gerade die totalitären Systeme des Nationalsozialismus und des Kommunismus haben erkannt, wie wichtig die Gewinnung und Erziehung der jungen Menschen für ihre Ziele ist. Sie haben alles darangesetzt, um nicht nur die äußeren Formen des Mittuns und der Beteiligung in Gesellschaft und Politik ihrem System dienstbar zu machen, sie wollten auch das Denken und Handeln, die innere Gesinnung und das, was wir Verantwortung nennen, ihrer Ideologie unterwerfen. Wenn die geschichtliche Entwicklung des Verhältnisses von Kirche und Staat in Deutschland anders verlief als in zahlreichen Staaten Europas, so ist dies darauf zurückzuführen, daß Preußen-Deutschland nach dem Untergang des „Heiligen römischen Reiches deutscher Nation“ (1806) den Anspruch erhob, das neue politisch-religiöse, preußisch-protestantische Zentrum zu sein. Dies war der Grund dafür, warum in Deutschland Religion und Kirche nicht zur Privatangelegenheit deklariert wurden, warum Staat und Kirche – zunächst nur die protestantischen Kirchen, und, nachdem die Katholiken ihre Gleichberechtigung im Kulturkampf erzwungen hatten, auch die katholische Kirche – in den Fragen der Gestaltung des öffentlichen Schul- und Bildungswesens, der theologischen Fakultäten und in vielen sozialen Bereichen weiterhin zusammenarbeiteten.

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IV. Religion und Kultur Was der Liberalismus bei seinem Kampf gegen die etablierten Mächte des ancien régime und gegen die Verbundenheit von Thron und Altar zu wenig bedachte, ist die grundlegende Bedeutung der Religion für den Menschen und für die Kultur. Die Fragen des Menschen nach dem Sinn des Lebens, nach dem Woher und Wohin, nach dem Verständnis der Welt, in der er lebt, nach den vielfältigen Grenzen, die vor allem auch der Tod, Krankheiten und Elend aufwerfen, nicht zuletzt die Frage nach Gott bewegen seit jeher die Menschen. Nun könnte man meinen, genau dies bringe die Maxime „Religion ist Privatsache“ zum Ausdruck. Aber ist die Religion wirklich eine Privatsache? Schon die Tatsache, daß die Antwort auf die Frage nach Gott und nach dem Sinn des Daseins niemals im stillen Kämmerlein verbleibt, sondern sich auf das Bewußtsein und auf die gesamte Lebenspraxis der Menschen erstreckt und sich mittelbar auf das ganze soziale Leben auswirkt, muß uns nachdenklich stimmen. Soziologische Untersuchungen in Amerika haben aufgewiesen, wie sich die religiöse Überzeugung, der Glaube und die aktive Mitgliedschaft in der Kirche positiv auf das Lebensgefühl der Menschen und Familien auswirken – eine Kraft, die sich natürlich auch der Umgebung mitteilt, in der ein Mensch lebt, wohnt und arbeitet. Oder: Die Trauer um den Verlust eines geliebten Menschen erhält einen anderen Charakter, je nachdem man davon überzeugt ist, die gemeinsam verbrachte Zeit sei unwiederbringlich dahin oder man werde sich „im anderen Leben“ wiedersehen. Ob ein Mensch gläubig ist und sich auf Gott einläßt, ist keineswegs nur eine „Privatsache“. Es wirkt sich auf das engere und weitere gesellschaftliche Leben aus, ähnlich wie auch Entscheidungen und Tätigkeiten der Menschen in Wirtschaft, Wissenschaft oder Politik Wellen schlagen und Wirkung zeigen können. Noch viel weiter reicht die Bedeutung der Religion für das soziale Leben der Menschen und Völker und für die Entfaltung von Kultur. Weil Religion immer dort aufbricht, wo Menschen über die Sinnfragen nachdenken, ist sie ein integrierender Bestandteil der Anthropologie. Diese wiederum ist Grundlage und Bedingung der Sozialwissenschaften, die über das gemeinsame Handeln und über die sozialen Institutionen und Prozesse reflektieren. Überall stoßen wir auf die schriftlichen und baulichen Zeugen der Antike: Die Religion gehörte zu den sozialen Grunderfahrungen der Menschen, und zwar in allen Kulturkreisen der antiken Welt. In Ägypten, in Griechenland, in Persien, im Vorderen Orient, im Römischen Reich entwickelten sich religiöse Gebräuche und Institutionen. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, daß von der Religion starke Bindekräfte ausgegangen sind, die dazu beigetragen haben, die Menschen zusammenzubringen und zu einen. Besonders deutlich wird dies in der christlichen Religion. Der Gedanke, daß jeder Mensch Bild Gottes ist und ihm deshalb eine unantastbare Würde von seinem Schöpfer verliehen ist, hat ohne Zweifel die Entstehung der Menschen-

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rechte und die Anerkennung der gleichen Würde jedes Menschen beeinflußt. Ähnlich ist es mit der sozialen Natur des Menschen, der ja nicht als selbstmächtiges Individuum auf die Welt kommt, der vielmehr auf seine Eltern und in seinem ganzen Leben auf das Miteinander und die Zusammenarbeit angewiesen ist und nur so die gemeinsamen Zwecke und Ziele erreichen kann. Je weniger der Mensch als soziales Wesen erkannt und reflektiert wird, desto mehr kann er als Individuum gedacht werden, der nur, wenn es ihn danach gelüstet, sich mit anderen zusammentut und womöglich „Verträge“ abschließt. In besonderem Maße ist die moralische Ordnung des Zusammenlebens der Menschen auf die Religion angewiesen, ob es eine Instanz gibt, die das Gute verbürgt und das Böse verurteilt und die, wenn der Mensch gegen sein Gewissen handelt, ihn zur Rechenschaft zieht. Die geschichtliche Erfahrung enthält zahlreiche Beispiele, wo die sittliche und rechtliche Ordnung, wenn das Bewußtsein um Gott abhanden gekommen ist oder unterdrückt wurde, zerfallen ist oder versucht wurde, anstelle des transzendenten Gottes eine „drakonische“ Strafgewalt des Staates zu setzen. Genauso töricht wäre es zu meinen, die freiheitliche Gesellschaft und der moderne Staat könnten auf Gott als den Garanten der sittlichen Ordnung verzichten. Weil der Liberalismus in der Gesellschaft lediglich eine Summe von Individuen erblickte, brauchte er sich um „vorgegebene Werte und Rechte“ keine Gedanken zu machen. Es genügte die Beachtung und Einhaltung der Regeln des Marktes. Eine Religion, die die sittliche Verbindlichkeit und den sozialen Zusammenhalt auf die soziale Natur des Menschen begründet, konnte um so eher dort zur Privatsache erklärt werden, wo die liberale Gesellschaftsauffassung innere Bindungen nicht kennt. In der Antike hätte man über die Vorstellung, Religion sei Privatsache wohl nur den Kopf geschüttelt. Nicht, daß es die Frage nach Gott und den Atheismus damals nicht gegeben hätte. Aber der Atheismus war in der Gesellschaft und im Staat sozusagen nicht hoffähig. Wer ihn öffentlich vertrat, wurde mit dem Tode bestraft. Der Grund lag nicht darin, daß die Griechen oder die Römer oder die Ägypter besonders fromm gewesen wären; vielmehr war man sich bewußt, daß die Gesellschaft beziehungsweise das Gemeinwesen ohne Religion nicht über die erforderlichen Bindekräfte verfügen würde und deshalb seine Gemeinschaftsaufgaben nur mangelhaft erfüllen könnte. Gewiß ist heute die Situation anders. Aber die Schwierigkeiten für den Staat, das Gemeinwohl in einer Interessen-Gesellschaft durchzusetzen, werden zusehends größer, zumal die sozialen Reserven, die von dauerhaften Institutionen wie Ehe und Familie oder von der nachbarschaftlichen Verbundenheit oder von den vielfältigen sozialen und karitativen Einrichtungen ausgehen können, schwächer geworden sind. Und bei aller Globalisierung, die viele wirtschaftliche, soziale und kulturelle Felder erfaßt hat, sind zugleich die Gegensätze zwi-

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schen den Völkern, zwischen den Kulturen und zwischen den Staaten nicht geringer geworden. Die Vernachlässigung der Religion, und zwar als prägender Kraft der „Öffentlichkeit“, ist mit ein Grund für die Zunahme der individualistischen Bestrebungen.

V. Die Weltimmanenz des revolutionären Sozialismus Die sozialistische Bewegung, die sich im 19. Jahrhundert in Europa entwikkelte und die in der „sozialen Frage“ zum Gegenspieler des Liberalismus auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet avancierte, wurzelte wie der Liberalismus in der Aufklärung und im Kampf gegen die überkommenen Machtstrukturen. Auch bei der sozialistischen Bewegung mit ihren verschiedenen Gruppierungen und Richtungen traf die Maxime „Religion ist Privatsache“ auf einen aufnahmebereiten Nährboden. Sehr viel stärker freilich wurde die Entwicklung des Sozialismus durch die Lehren von Karl Marx bestimmt. Dazu gehörte die radikale Religionskritik von Ludwig Feuerbach, die Marx im Kreise der Linkshegelianer an der Berliner Universität kennengelernt hatte. Sie bildete die Voraussetzung für die von ihm entwickelte materialistische Geschichtsauffassung, die parallel zu den damals herrschenden und ebenfalls materialistisch orientierten Naturwissenschaften stand. Der Atheismus und die Religions- und Kirchenfeindlichkeit waren integrierende Bestandteile des revolutionären Marxismus. Ihre Vorkämpfer waren davon überzeugt, daß die Religion absterben und ihnen die Zukunft gehören würde. Unter diesen Auspizien blieb für die Religion nicht einmal jener Privatbereich übrig, den der Liberalismus dem Einzelnen noch zugestand. In der neuen Kollektiv-Wirklichkeit der Klassengesellschaft mit dem Ziel der klassenlosen Gesellschaft konnte es die Unterscheidung zwischen „privat“ und „öffentlich“ gar nicht mehr geben, die vom römischen Rechtssystem in den christlich-germanischen Kulturkreis eingegangen war und die rechtlichen und sittlichen Strukturen im Mittelalter geprägt hatten. Dort, wo der Kommunismus und mit ihm die materialistische Geschichtsauffassung und die marxistische Analyse von Wirtschaft und Gesellschaft an die Macht gelangten, war man sich bewußt, daß die neue Zeit nur auf den Trümmern der vergangenen und auf der Vernichtung der Religion und des religiösen Bewußtseins in den Menschen und Familien sowie in Gesellschaft und Staat erbaut werden könne. Dies war eines der Hauptziele von Lenin und Stalin und des von ihnen den Völkern der Sowjetunion aufgezwungenen totalitären Systems. Im Zweiten Weltkrieg machte Stalin notgedrungen den orthodoxen Kirchen einige wenige Zugeständnisse, um mit ihrer Hilfe den „nationalen Krieg“ gegen den Nationalsozialismus organisieren zu können. Dies bedeutete jedoch keine grundlegende Wende. Im Gegenteil: Nach dem mit Hilfe der USA und

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der Westmächte errungenen Sieg über Nazi-Deutschland gingen Stalin und seine Nachfolger daran, im gesamten hinzugewonnenen Einflußbereich in Ostdeutschland, in Ost- und Südosteuropa die christlichen Kirchen in Polen, in der Tschechoslowakei und in den anderen Satellitenstaaten radikal zu unterdrücken und nach Möglichkeit auszumerzen.5 Um nur an ein Beispiel zu erinnern: Krakau, eines der großen geschichtlichen Zentren des christlichen Glaubens und der katholischen Kirche sollte die neue „Stadt ohne Gott“ werden, in der die materialistischen Produktionsverhältnisse (Stahlwerk: Nowa Huta) und nicht mehr die geistig-religiös-kulturellen Kräfte und Orientierungen das Leben bestimmen sollten. Das polnische Volk konnten die Kommunisten nicht kleinkriegen, weil es an der katholischen Kirche Halt hatte und weil in der Zeit der Bedrängnis alle Schichten des Volkes sich dieses Schutzes bewußt wurden. Anders in der Deutschen Demokratischen Republik: Hier ist es den Kommunisten gelungen, den Glauben an Gott nicht nur aus dem Öffentlichen Leben weithin zu verdrängen, sondern den größeren Teil der Bevölkerung für eine atheistische Einstellung und eine weltimmanente Grundhaltung zu gewinnen.6 Nur noch eine Minderheit der Bevölkerung bekennt sich zu den christlichen Kirchen. Die Weltimmanenz im Denken und in den Verhaltensweisen machen sich auf allen Gebieten des Zusammenlebens bemerkbar, so wie die in totalitären Systemen aufgewachsenen Menschen sich schwertun, in der Demokratie und in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung sich zurechtzufinden. VI. Die Entwicklung im demokratischen Sozialismus Die sozialistische Bewegung in Europa ist durch zahlreiche Spaltungen und Abspaltungen gekennzeichnet.7 Während die kommunistischen Parteien und Flügel im Gefolge der Marxschen Ideologie meist atheistische und kirchenfeindliche Ziele verfolgten, gab es im sogenannten demokratischen Sozialismus zum Teil erhebliche Wandlungsprozesse. In Deutschland, wo sich von Anfang an zwei Richtungen bildeten: Die Lassalleaner und die (marxistisch orientierten) Sozialisten, kam es auf dem Parteitag in Erfurt (1891) zu einem Zusammen-

5 Dazu: Jan Siedlarz, Kirche und Staat im kommunistischen Polen. 1945–1989, bes. S. 57–140. 6 Eine gute Übersicht bietet: Detlef Pollack, Bleiben sie Heiden? Religiös-kirchliche Einstellungen und Verhaltensweisen der Ostdeutschen nach dem Umbruch von 1989, in: Religiöser Wandel in den postkommunistischen Ländern Ost- und Mitteleuropas, hrsg. von Detlef Pollack, Irena Borowik und Wolfgang Jagodzinski, Würzburg 1998, S. 207–252. 7 In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß in den angelsächsischen Ländern Großbritannien und USA keine sozialistischen Parteien entstanden sind. Dies dürfte an der in diesen Ländern vorherrschenden Pragmatik des Denkens liegen, die der Ausprägung von Ideologien nicht förderlich war. Übrigens trägt auch die liberale Partei in Großbritannien ein eher pragmatisches Gesicht.

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schluß der beiden Parteien unter marxistischem Vorzeichen. Was das Verhältnis zur Religion betrifft, bemerkte der prominente Sozialdemokrat und langjährige Vorsitzende der SPD Hans-Jochen Vogel: „Das Erfurter Programm war in seinem theoretischen Teil erfüllt von der Gewißheit, daß mit dem Sozialismus, das hieß nach dem damaligen Verständnis mit der im Wege des Klassenkampfes zu verwirklichenden Vergesellschaftung der Produktionsmittel, nicht nur die Befreiung des Proletariats, sondern die Befreiung des gesamten Menschengeschlechtes und damit ein geschichtlicher Endzustand eintreten werden. Diese Gewißheit war mit einer uneingeschränkten Fortschrittsgläubigkeit verbunden, die für religiöse Bindungen kaum Raum ließ und die sich auch auf die Überzeugung bezog, daß die Entwicklung zum Sozialismus zwingend sei. Dem lagen Marxsche Gedankengänge zugrunde, so etwa die Lehre von dem durch die Ökonomie determinierten Bewußtsein der Menschen. Die im Programm ebenfalls enthaltene Formulierung ,Religion ist Privatsache’ hat diese Grundgedanken eher bekräftigt als modifiziert.“8 Erst mit dem Heidelberger Programm (1925) sagte sich die SPD von der marxistischen Ideologie der materialistischen Geschichtsauffassung los, bekannte sich jedoch weiterhin zur marxistischen Analyse von Wirtschaft und Gesellschaft und zum Klassenkampf. Allerdings war die politische Praxis der SPD in der Weimarer Zeit, als sie nach dem Ersten Weltkrieg politische Verantwortung übernahm und mit der Partei des Zentrums eine Koalition einging, durchaus von Realismus geprägt. Dies wurde erleichtert durch die Tatsache, daß das Zentrum – eine im Kulturkampf entstandene und fast ausschließlich von Katholiken gewählte Partei – über einen verhältnismäßig langen Zeitraum hinweg sich als die „sozialpolitisch fruchtbarste Partei“ erwiesen hatte.9 Die Sozialgesetzgebung im Kaiserreich wurde von der Zentrumspartei maßgebend mitgestaltet, besonders auf dem Gebiet des Arbeiterschutzrechtes, das durch den katholischen Sozialpolitiker Franz Hitze nach der Entlassung Bismarcks in den neunziger Jahren seine Formung erhielt. Auch Prälat Heinrich Brauns, der in der Notzeit nach dem Ersten Weltkrieg von 1920 bis 1928 ununterbrochen das Amt des Reichsarbeitsministers innehatte, hat die politische Zusammenarbeit zwischen seiner Zentrumspartei und den Sozialdemokraten durch seine sozialpolitischen Initiativen gefördert.10 Seine fachliche Kompetenz und sein Engagement in sozialen Fragen wurden von allen Seiten anerkannt, so sehr, daß er sein Amt auch dann behielt, als die Führung der Reichsregierung auf einen Sozialdemokraten überging. Übrigens war es Heinrich Brauns, der 1927 die Arbeitslosenversicherung in Deutschland als erstem 8 Hans-Jochen Vogel, Von der Konfrontation zur Normalität. Zur Entwicklung des Verhältnisses zwischen Katholiken und Sozialdemokraten, in: Religion ist keine Privatsache, hrsg. von Wolfgang Thierse, Düsseldorf 2000, S. 47. 9 Vgl. Ludwig Heyde, Abriß der Sozialpolitik, 12. Aufl., Heidelberg 1966, S. 33. 10 Vgl. Hubert Mockenhaupt, Weg und Wirken des geistlichen Sozialpolitikers Heinrich Brauns, Paderborn 1977.

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Land eingeführt hat. Die sozialpolitische Annäherung hat auch den Weg dazu geebnet, daß die SPD die Weimarer Reichsverfassung mittrug, die einerseits die weltanschauliche Neutralität des Staates betonte, die andererseits das Verhältnis von Staat und Kirche nicht im Sinne der Maxime „Religion ist Privatsache“, sondern in einer für beide Seiten zuträglichen Art regelte. Nach 1945 knüpfte die SPD zunächst an die Positionen des Heidelberger Programms wieder an. Ihr Vorsitzender Kurt Schumacher hat sich in der SPD für die Bedeutung des Grundwertes der Freiheit gegenüber totalitären Systemen eingesetzt und seine Partei gegen alle Umgarnungsversuche durch die Sozialistische Einheitspartei (SED) eigenständig erhalten. Leider hatte er nie über die innere Verbindung zwischen der Freiheit des Menschen und ihre Verankerung in der Transzendenz nachgedacht. Er nannte die katholische Kirche die „fünfte Besatzungsmacht“, reklamierte aber eine gewisse Offenheit der Sozialdemokratie für unterschiedliche Begründungen ihrer Zielsetzungen. Als mögliches Motiv für die Mitarbeit von Christen in der SPD verwies er auf den Geist der Bergpredigt. Im Parlamentarischen Rat stimmten auch die Vertreter der SPD der Anrufung Gottes in der Präambel des Grundgesetzes zu, ebenso den religiös relevanten Grundrechten und der Übernahme der Regelungen des Staat-Kirche-Verhältnisses aus der Weimarer Reichsverfassung. Besonders wurde um den Religionsunterricht an allen staatlichen Schulen gerungen, dem schließlich auch die SPD aus der bitteren Erfahrung heraus, wohin eine Erziehung und Bildung ohne Gott führen kann, Rechnung trug. Hier wird der große Unterschied sichtbar, der zwischen der deutschen Sozialdemokratie und den sozialistischen Parteien in Frankreich, Italien oder Spanien besteht. Dort ist die Maxime „Religion ist Privatsache“ immer noch am Werk, was sich neuerdings in den Bestrebungen zeigt, religiöse Symbole wie das „Kopftuch“ aus den staatlichen Schulen zu verbannen. Die erfolgreiche Politik der christlichen Unionsparteien unter Konrad Adenauer ließ in der SPD die Bereitschaft zu einer tiefgreifenden Reform wachsen. Das Godesberger Programm von 1959 entledigte sich nicht nur der marxistischen Restbestände, sondern bekannte sich auch zur Sozialen Marktwirtschaft und zu einer Werteordnung, die sich an den Menschenrechten orientierte. Darüber hinaus bekannte es sich zum Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen. Damit war die alte Formel „Religion ist Privatsache“ und die damit verbundene kirchenkritische Grundhaltung aufgegeben. Das Berliner Programm von 1989 hat diese Position bekräftigt und durch die Feststellung, es sei zu begrüßen, wenn Kirchen und Religionsgemeinschaften, kirchliche Gruppen und einzelne Gläubige durch Kritik, Anregung und praktische Mitarbeit auf die Gestaltung des gesellschaftlichen und politischen Lebens einwirken und sich damit auch öffentlicher Kritik stellen, noch verstärkt. Allerdings: Parteiprogramme sind die eine Seite; ob Christen innerhalb der SPD für die Grundwerte der christlichen Menschen- und Gesellschaftsauffas-

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sung eintreten und etwas erreichen können, ist die andere Seite. Schon ein Jahrzehnt nach Godesberg kam es zu einer „Reideologisierung“ der SPD nach links. Die Auseinandersetzungen um die Grundwertfragen (Abtreibung, Euthanasie, Ehe und Familie), die bald nach der Bildung der sozialliberalen Koalition (1969) einsetzten, zeigen, daß in der SPD nach wie vor Kräfte tonangebend sind, die mit dem christlichen Glauben, mit der Kirche und mit der katholischen Soziallehre wenig anzufangen wissen. Es finden zwar Begegnungen zwischen der SPD-Führung und den Kirchen, auch der Deutschen Bischofskonferenz statt; dennoch scheinen die Christen vor allem als Wähler willkommen, nicht aber als Mitgestalter der Politik. Es berührt einen merkwürdig, wenn in zentralen ethischen Fragen wie dem Lebensrecht des ungeborenen Kindes oder der Bedeutung von Ehe und Familie in der SPD sich keine Stimme rührt, die sich auf das christliche Menschenbild beruft oder auf das Grundgesetz, das in dieser Frage in gleicher Weise jedes Leben schützt. Es gibt nur wenige Bereiche wie das Klonen eines Menschen oder die Verfügbarkeit über Embryonen, wo die sozialdemokratische Politik noch nicht dem Ungeist der Machbarkeit erlegen ist. Diese Barriere wird aber nur Bestand haben, wenn die Werte des christlichen Menschen- und Gesellschaftsbildes in ihrer Tragweite in der SPD erkannt und für die praktische Politik fruchtbar gemacht werden. VII. Im Sog des Säkularisierungsprozesses Es ist schon erstaunlich, in welchem Ausmaß der geistig-sittliche, der wirtschaftliche und soziale, der rechtliche und politische Wiederaufbau in der Bundesrepublik Deutschland nach der Katastrophe des Nationalsozialismus gelungen ist. Dabei konnte man auf die Wertorientierungen des christlichen Menschenund Gesellschaftsbildes zurückgreifen, wie sie von der katholischen Soziallehre vermittelt wurden. Auch die naturrechtliche Begründung und Argumentation erlebten eine Renaissance. Religiöse Bindungen, der christliche Glaube und das Sittengesetz, die Kirchen waren wieder gefragt. Was sich allerdings bereits in den 1960er Jahren abzeichnete, war ein erneuter Säkularisierungsschub. Man sprach damals von der zweiten oder dritten Aufklärung, die vermittels der modernen Massenmedien in mehreren Schüben die Gesellschaften in Westeuropa erfaßte. Der Säkularisierungsprozeß richtete sich nicht unmittelbar gegen die Grundwerte und Grundrechte, die das Grundgesetz festhält und die in der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen von 1948 weltweit Anerkennung finden, wohl aber gegen ihre Verankerung und damit auch gegen ihre Begründung. Das Grundgesetz geht von „vorgegebenen“ Grundrechten aus, zu denen es sich „bekennt“. Dies hängt mit dem aus der christlichen Anthropologie herkommenden Verständnis des Menschen zusammen, dem eine unantastbare Würde eignet. Ohne den christlichen Verstehenshorizont zu nennen, wie dies die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von

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1776 tut, impliziert das Grundgesetz die transzendente Verankerung der Grundwerte. Demgegenüber bemüht der Säkularisierungsprozeß allein die Vernunft des Menschen für die Grundrechte, wobei der geschichtliche Wandel gegebenenfalls neue „Interpretationen“ oder sogar Veränderungen der Grundrechtssubstanz bewirken kann, denen das Parlament durch eine entsprechende Beschlußfassung Rechnung tragen kann. Der Säkularisierungsprozeß leistet dem Ungeist der Machbarkeit Vorschub, der heute in der Bioethik und in der Gentechnologie wirksam ist.11 Sowohl in der SPD als auch in der FDP, die 1969 die sozialliberale Koalition bildeten und „innere Reformen“ proklamierten, traf der Säkularisierungsprozeß sozusagen auf alte Verbündete. Die Absage an „vorgegebene Werte“ ließ sich mit der Maxime „Religion ist Privatsache“ verbinden. Religion hat in der säkularen Perspektive nicht dreinzureden, wie das Zusammenleben der Menschen, wie die gesellschaftlichen Lebensbereiche und der Staat gestaltet sein sollen. Die Frage des umfassenden Rechtsschutzes des ungeborenen Lebens wurde zum unlösbaren Konflikt zwischen den tonangebenden Kräften der sozialliberalen Koalition und jenen Kräften, die aus den schrecklichen Erfahrungen mit dem totalitären Machtsystem das Grundgesetz formuliert hatten. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht das Abtreibungsgesetz als verfassungswidrig verworfen. Es kam zu einem unlösbaren Konflikt mit der katholischen Kirche und dem damals noch geschlossenen Katholizismus. Der Säkularisierungsprozeß stand im Gegensatz zum christlichen Menschenbild, das die radikale Machbarkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse und damit auch die Gefahr der Entartung blockierte. Diese Entwicklung verstärkte sich seit der Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands. Die Säkularisierung im Sinne der Entchristlichung aller gesellschaftlichen Lebensbereiche, die in Ländern wie Frankreich oder in den skandinavischen Staaten schon seit langem eingesetzt hatte, beschleunigte sich jetzt auch in Deutschland, zumal die nachgewachsene Generation die totalitäre Herrschaft des Nationalsozialismus nicht mehr am eigenen Leib erfahren und deshalb auch die Abkehr von den falschen Göttern nach 1945 und den geistig-sittlichkulturellen Aufbau des neuen Deutschland nur aus der zeitlichen Distanz erlebt hatte. Es war nicht mehr die Maxime „Religion ist Privatsache“, mit der man sich auseinandersetzen mußte, sondern die neue Geistigkeit der Emanzipation und der individuellen Autonomie, der „Weltlichkeit der Welt“, des Antiautoritären und des Feminismus, die Gott und die Religion, Glaube und Kirche in die Ecke des Privat-Intimen zu drängen suchte. Ein ungeheurer Erosionsprozeß, von den Massenmedien gefördert, die selber die Richtung der öffentlichen Meinungsbildung bestimmen und vorgeben wollen, was die Menschen tun und 11 Zum Säkularisierungsprozeß vgl. den aufschlußreichen Artikel von Erhard Forndran, Religion und Politik – Eine einführende Problemanzeige, in: Religion und Politik in einer säkularisierten Welt, hrsg. von Erhard Forndran, Baden-Baden 1991, S. 9–63.

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was sie lassen sollen, hat inzwischen die Christen und die Kirchen selbst erfaßt. Die Wahrheiten und Werte des christlichen Menschen- und Gesellschaftsverständnisses werden nicht mehr in der erforderlichen Weise an die nachwachsende Generation vermittelt. Viele christliche Werte und Traditionen werden regelrecht säkularisiert. Es ist bezeichnend, daß die Frage nach den christlichen Wurzeln Europas von denjenigen Politikern, die immer noch von der Maxime „Religion ist Privatsache“ bestimmt sind, ängstlich vermieden wird. Nicht einmal der historische Tatbestand, in welcher Weise der christliche Glaube und die Kirche die Entwicklung in Europa geprägt haben, soll in der Präambel der europäischen Verfassung genannt werden. Hier treffen sich sogar Politiker, die ansonsten wenig miteinander gemein haben: Der französische Sozialist und frühere Ministerpräsident Jospin und Präsident Jacques Chirac, die beide verhindern möchten, daß Gott, daß die christlichen Wurzeln, daß die Kirchen in der europäischen Verfassung auftauchen. Obwohl sich die Mehrheit der Bevölkerung in der Europäischen Union zum Christentum und zu den Kirchen bekennt, soll diese Wirklichkeit ausgeblendet werden. Als vor kurzem der Beitritt der Türkei zur Europäischen Union diskutiert wurde und von verschiedener Seite auf die Problematik für die Einheit von so verschiedenen Kulturen, der christlichen und der islamischen, hingewiesen wurde, verstieg sich der neugewählte türkische Ministerpräsident zu dem Ausspruch, Europa sei doch kein „christlicher Club“, weshalb die Religion in dieser Frage nichts zu suchen habe. Offensichtlich schlug sich darin die laizistische Auffassung nieder, die seit dem Staatsgründer Atatürk zumindest für den staatlichen Raum in der Türkei gilt. Wenn allerdings der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder diese Position sich zu eigen macht und hinzufügte, Religion sei Privatsache, dann zeigt dies nur, wie wenig er über den Zusammenhang von Religion und Kultur nachgedacht hat und wie wenig er von Grundwerten hält, die den materiell-wirtschaftlichen Rahmen übersteigen. Wird die säkularisierte Gesellschaft unregierbar?12 Je mehr die Säkularisierung und ein gewisser Wertrelativismus voranschreitet, um so drängender wird freilich die Antwort auf eine Frage, die schon vor Jahren Ernst-Wolfgang Böckenförde aufgeworfen hat: Sind die Bürger, sind sich die Politiker bewußt, daß der freiheitliche und säkulare Staat die Voraussetzungen, auf denen er beruht, nicht selber schaffen kann? Bedarf der weltanschaulich neutrale Staat nicht der Gegengewichte, wenn sich seine Entscheidungen und Entschlüsse nicht in einem rein innerweltlichen Nutzenmodell erschöpfen sollen? Und woher sollen diese Gegengewichte kommen, wenn einerseits die religiösen und die christlichen Kräfte in der Politik schrumpfen, die in der Lage wären, die Grenzen einer rei12 Vgl. zum Folgenden: Anton Rauscher, Christlicher Glaube und politische Ethik (Reihe: Kirche und Gesellschaft, Nr. 288), Köln 2002, S. 9 f.

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nen innerweltlichen Sicht- und Politikweise zu durchbrechen? Oder gehen wir erneut einem Zeitalter entgegen, in dem bei aller Rationalität wieder ideologische Ansätze, ja sogar inhumane Verführungen und Zerstörungen zunehmen? Wird der weltanschaulich neutrale Staat auf die Dauer womöglich unregierbar, wenn das Bewußtsein und der Bezug zu vorgegebenen Werten und Normen und zu den sozialen beziehungsweise solidarischen Bindungen verlorengeht? Zusammenfassung Der Beitrag befaßt sich mit der Maxime „Religion ist Privatsache“. Der Ursprung dieser Maxime geht zurück auf das 19. Jahrhundert in Europa. Nach der Französischen Revolution zerbrach das traditionelle Bündnis von Thron und Altar. Die liberale Bewegung in Deutschland war eine Reaktion gegen das alte System und den fürstlichen Absolutismus. Die Revolution richtete sich in besonderem Maße gegen das Recht des Herrschers, die Konfession seiner Untertanen zu bestimmen, was seit der Reformation in Geltung war („cuius regio, eius religio“). Für die Liberalen war Religion eine Sache der persönlichen Überzeugung; das war der ursprüngliche Sinn des Wortes „privat“. In den Vereinigten Staaten gab es eine parallele Entwicklung. Die Väter der amerikanischen Verfassung anerkannten die Bedeutung der Trennung von Kirche und Staat. Sie wollten Religionskriege vermeiden, die die Immigranten in Europa erlebt hatten. Ihr Ziel war, jedwede politische Beherrschung des Glaubens und der Religionsgemeinschaften durch den Staat auszuschließen. Aber die amerikanische Erfahrung war grundverschieden von der europäischen. Die Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften war eine „freundschaftliche“, weil der Staat um die Bedeutung wußte, die die Religion im gesellschaftlichen und politischen Leben besitzt. In vielen europäischen Ländern jedoch kam es zu einer eher feindseligen Trennung von Kirche und Staat, und die Maxime „Religion ist Privatsache“ erhielt eine antikirchliche Stoßrichtung. Für die Liberalen galt die Kirche als ein Relikt des alten Systems. „Privat“ erhielt mehr und mehr die Bedeutung des Subjektiven oder Beliebigen. Die Religion sollte keinerlei Einfluß haben auf das öffentliche Leben, auf Schulen, auf die Politik, auf die Rechtsprechung, an den Universitäten. In Frankreich, aber auch in Italien und in Spanien, kamen radikale antiklerikale und laizistische Bestrebungen auf, besonders in den liberalen und sozialistischen Parteien mit dem Ergebnis, daß diese Kräfte versuchten, die christliche Kultur zu säkularisieren. Summary The article discusses the maxim “Religion ist Privatsache\) (religion is a private matter). The origins of this saying date back to 19th century Europe when the old “alliance of throne and altar\) had broken down after the French Revolu-

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tion. The liberal movement in Germany was a reaction against the ancient system and absolutism. There was especially strong opposition to the right of the sovereign to determine the confession of his citizens, which had been in effect since the Reformation. For the liberals, religion was a matter of personal conviction; that was the original meaning of the word “private.\) In a parallel development in the United States, the fathers of the American Constitution recognized the importance of the separation between church and state. They wanted to avoid religious wars, which the immigrants had experienced in Europe. Their aim was that there be no political domination of faith and religious communities by the state. But the American experience was quite different from the European one. The separation between the state and religious communities in the United States was a friendly one because all were convinced of the importance of religion in social and political life. In many European countries, however, the maxim that religion is a private matter soon became a slogan with an antichurch flavor. For the liberals the Church was a relic of the old system. The word “private\) came to be interpreted in a subjective and arbitrary manner. As such, religion was not to have any influence on public life, on schools, on politics, on the courts, or on the universities. In France, but also in Italy and in Spain, radical anticlerical and laicist tendencies emerged, especially in the liberal and socialist parties, with the result that these forces are trying to secularize the Christian culture.

The Liberal Insistence that Religion is a Private Affair By J. Brian Benestad The purpose of this essay is to explain on what grounds liberal theorists insist on describing religion as a private affair. To that end I will briefly examine John Locke’s Letter on Toleration and then turn to the writings of several contemporary liberal theorists: John Rawls (through the eyes of Michael Sandel), Stephen Macedo and William Galston. I will also note in passing that religious believers themselves are tending to understand their faith as a private matter. I. John Locke’s Toleration The liberal insistence that religion is a private affair is a very old opinion. It goes back at least to Locke’s Epistola de tolerantia (A Letter Concerning Toleration), published in 1689. Locke’s liberalism requires religion and the church to stay out of the affairs of the commonwealth. I do not propose to summarize his arguments, but only to mention a few of his points that will shed light on the contemporary attempt to limit the influence of religion, to impair its transmission and even to transform its content. Locke argues that the commonwealth should be constituted solely for the purpose of preserving and advancing civil goods, namely, life, liberty, bodily health, freedom from pain and the various forms of wealth.1 One condition for the realization of this end is the establishment of the proper relation between the commonwealth and the church, i. e. absolute separation between the two institutions. “The church itself is absolutely separate and distinct from the commonwealth and civil affairs. The boundaries on both sides are fixed and immovable.”2 Locke achieves this clear-cut separation by defining each institution in such a way that their respective ends are mutually exclusive. The commonwealth attains and preserves civil goods and the church works for the salvation of souls. To realize its purpose, the church will be absolutely free both to propose speculative doctrines for belief and to observe those forms of worship which are judged helpful unto salvation. By describing religion most frequently 1 John Locke, Epistola de Tolerantia (A Letter Concerning Toleration), translated by J. W. Gough (Oxford: Clarendon Press, 1968), 67. 2 Epistola de Tolerantia, 85.

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(no less than thirty times) as belief in doctrines or dogmas or faith or opinions, and as belief in, and observance of forms of worship or rites, Locke theoretically excludes religion from the domain of civil affairs. Without harm to the state, people may freely embrace the doctrines and worship of their choice. Beliefs and worship are to have no effect on civil life. As Locke puts it, “In this society [i. e., the church] nothing is or can be done that relates to the possession of civil or earthly goods.”3 Locke, of course, knows that neatly separating the concerns of church and state is not so simple. He tacitly concedes the dubious validity of the absolute distinction between them by his remarks on religiously grounded moral actions. Locke admits that practical doctrines and some forms of worship have as their consequence moral actions which can affect the end of the state. In the case of conflict the government should not tolerate any moral actions that are “contrary to the good morals which are necessary for the preservation of civil society.”4 Clearly, Locke implies that the business of the commonwealth and the church are not so distinct as he proclaimed elsewhere. Nevertheless, he spends a good deal of his Letter making a seemingly impressive case for the absolute separation of church and state. Locke goes further than recommending toleration of one religious group or church by another. He asserts that “Mutual toleration among Christians . . . is the chief distinguishing mark of a [or the] true church.”5 This implies that two or more groups of Christians exhibit the chief mark of a true church when they tolerate each other. Another implication is that the true church or churches would probably not insist on orthodoxy, but rather emphasize toleration of dissenters. Locke’s dogmatic statement is remarkable given that neither Scripture, nor Tradition, nor the Magisterium teach such a doctrine. How could Locke fail to mention belief in the Trinity, the Incarnation and Redemption or at least love of God and neighbor as chief distinguishing marks? Locke’s statement could, of course, be interpreted in a way that doesn’t break with traditional Christian convictions. Christians getting along with each other in a spirit of love has always been regarded as a sign of true Christianity. In John’s Gospel we read that Christians are recognized by the love they show each other. In other New Testament passages Christians are urged to bear with one another’s faults. Mutual toleration could then be read as a new way of expressing this venerable teaching. It is more likely, however, that Locke is giving a new interpretation of the Christian religion in order to promote his political ends. Mutual toleration among Christians contributes to peace and prosperity.

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Political theorist, Stephen Macedo, makes reference to Locke’s extraordinary comment on toleration in a few illuminating sentences. “So toleration (the basic liberal virtue) is in the first instance defended as a religious mandate. . . . Strikingly, the principal theme of much of the Letter is that Christ and the Gospels command toleration.”6 Striking indeed! How convenient for Locke that Christ and the Gospels mandated the practice of toleration, the mainspring of political liberalism. Locke knew that the success of his liberalism depended upon the support of private beliefs and practices. Locke does favor religiously grounded morality in so far as it contributes to the good order of his kind of state. “I can say . . . God alone is the judge, who at the last judgment will repay everyone according to his merits, that is, according to his sincerity and uprightness in endeavoring to promote the public good [i. e. life, liberty, bodily health, freedom from pain and the possession of outward things].”7 Locke surely has in mind the transformation of Christian morality into a code of behavior that is subordinate to the ends of the state. Otherwise, he would have mentioned the traditional Christian teaching that God will reward all according to their degree of love for God and neighbor. This love may or may not promote the public good sought by a particular commonwealth. Locke’s commonwealth, with its emphasis on gain and security, is in tension with the Christian emphasis on detachment from material goods and trust in God. Thus, traditional Christian moral teaching would not promote the public good exactly as Locke understands it. Christian moral teaching, therefore, has to be transformed to help insure the success of Locke’s new regime. Locke prudently provides for situations in which the wrong kind of religiously grounded morality would be taken seriously. He lays down a hard and fast rule: no religious doctrines with practical consequences “incompatible with human society, and contrary to the good morals which are necessary for the preservation of civil society, are to be tolerated by the magistrate.”8 Religiously grounded moral actions are to be clearly subordinate to the ends of the commonwealth. To de-emphasize this crucial subordination, Locke quickly adds that the advocacy of illegal moral actions by a church would be rare. “For no sect is likely to reach such a degree of madness as to think fit to teach, as doctrines of religion, things which manifestly undermine the foundations of society, and are therefore condemned by the judgment of all mankind” (my emphasis).9 From Locke’s perspective the possibility of conflict between church and state will be reduced in the measure that people come more and more to accept the exclusive 6 Stephen Macedo, “Transformative Constitutionalism and the Case of Religion: Defending the Moderate Hegemony of Liberalism,” Political Theory, 26 (1998): (Page 7 in Proquest). 7 Epistola de Tolerantia, 129. See page 66 for a list of bona civilia (civil goods). 8 Epistola de Tolerantia, 131. 9 Epistola de Tolerantia, 131.

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role of belief and worship for the attainment of salvation; and in the measure that Christian morality is subtly transformed from a “faith working through love” into a code of behavior that promotes Lockean civil goods. In my mind, le sage Locke was not averse to redefining Christianity in a way that might be plausible to Christians and singularly beneficial to his political aims. One last point. Locke’s reliance on “the judgment of mankind” as a protection against the advocacy of subversive religious doctrines might seem to be the height of naivete. Stanley Fish even takes Locke to task for making such a statement. “How can there be something called “the judgment of mankind” if the entire project of toleration is a response to the bottom line fact of plural judgments issuing form plural orthodoxies? How can you get to the judgment of all mankind, to what we now call ‘common ground,’ if you begin by declaring that differences are intractable because every church is orthodox to itself.” After posing these questions Fish adds, “these are questions no one has been able to answer to this day, although answers are forthcoming all the time.”10 In my mind, Locke could have asked these questions himself if it served his purposes. He knew very well that mankind’s judgment is not so reliable as he says. Three hundred plus years after Locke, liberalism continues to find various ways to keep religion and Churches out of the public square. Supreme Court decisions, political theories such as Rawls’s political liberalism, the self-limitation of theologians and churches in addressing public problems, and the typical American understanding of religion as a private affair have all contributed to the separation of religion and politics. In reflecting on Alan Wolfe’s One Nation, After All, a sociological survey of Americans, Jean Bethke Elshtain noticed that the middle-class respondents to Wolfe’s survey “begin by viewing religion as a private matter to be discussed only reluctantly.” She notes with dismay that they many really want religion “reduced to a purely private role.” The separation of Church and state is now interpreted by many to mean that society should be secularized. “To a good many of the middle-class respondents in the book,” adds Elshtain, “public expression itself is forcing something on someone else: you have already crossed a line because you are supposed to keep quiet about what you believe most strongly. . . . Consider the remarks of Jody Fields, one of Wolfe’s respondents. ‘If you are a Hindu and you grew up being a Hindu, keep it to yourself. . . . Don’t impose your religion, and make me feel bad because I do this and you do that.’ I submit that is not tolerance at all but, rather an intolerance of religious pluralism: if one changes Hindu to Jew in the comment that becomes clearer.”11 Locke, of course, would be pleased with middle-class Americans who think like Jody Fields. 10 Stanley Fish, “Mission Impossible: Settling the Just Bounds between Church and State,” Columbia Law Review, 97 (1997): 2262.

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One of America’s premier theologians, Avery Cardinal Dulles, also believes that many Americans tend to regard religion as a private matter. He writes: “Any effort by a church to say what is morally permitted, required or prohibited by the law of God in the spheres of politics medicine, business or family life is resented as an intrusion into alien territory. . . . Anyone who sees religion as determinative for secular activities is likely to be regarded as a fanatic. Teachers, businessmen, politicians or judges who let religion impinge in a major way on their professional activities are considered eccentric.”12 Back in 1983 I attended a seminar at the University of Virginia on biomedical ethics given by a religious ethicist. After a short time I realized that nothing theological was going to be said. The leader of the seminar and all the participants, whether theologians or philosophers, all talked the same language and it wasn’t in the least theological. My experience was not unique. America’s most insightful bioethicist, Leon Kass, has noted the paucity of theological reflection by theologians on bioethical issues: “Most religious ethicists entering the public practice of ethics leave their special religious insights at the door and talk about ‘deontological vs. consequentialist’, ‘autonomy vs. paternalism’, ‘justice vs. utility’, just like everybody else.”13 Kass also notes that the non-religious mainstream in the field regard theological insights “as hopelessly parochial or sectarian.”14 To be a player and to be taken seriously religiously ethicists conclude that they must limit themselves to the reigning philosophical language and concepts. II. John Rawls’s Political Liberalism Following in the footsteps of Locke, contemporary political theorists have tried to provide a theoretical justification for excluding religion from the public square. Michael Sandel provides a nice summary of the liberal project to set up a government that “should be neutral among competing conceptions of the good life. Despite their various accounts of what rights we have, rights-oriented liberals agree that the principles of justice that specify our rights should not depend for their justification on any particular conception of the good life.”15 In other words, liberals believe that “rights can be identified and justified in a way that does not presuppose any particular conception of the good.”16 This is, of course, 11 Jean Bethke Elshtain, “How should we talk?” Case Western Reserve Law Review, 49 (1999): 744. 12 Avery Dulles, “Orthodoxy and Social Change,” America, 178, no 21 (1998): 10. 13 Leon Kass, “Practicing Ethics: Where’s the Action?” Hastings Center Report, (January/February, 1990): 7. 14 “Practicing Ethics: Where’s the Action?” 6. 15 Michael Sandel, Review of Political Liberalism by John Rawls, Harvard Law Review, 107 (1994):1766.

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an extraordinary claim that we can adequately understand justice without appealing to some notion of the good or to our ends as human beings. Sandel’s questions about this project reveal its far-reaching implications. “[In reflecting on justice] why must we ‘bracket,’ or set aside, our moral and religious convictions, our conceptions of the good life? Why should we not base the principles of justice that govern the basic structure of society on our best understanding of the highest human ends?”17 In Political Liberalism John Rawls, for example, argues that there are neutral principles of justice on which everyone can and should agree. These indisputable principles of justice, he argues, can be determined without relying on any theological and philosophical views of the good, about which there is and always will be reasonable pluralism. Once accepted these so-called neutral principles of justice establish the parameters within which citizens are to make moral arguments about public matters. Just as there is an absolute separation between the affairs of the church and the commonwealth for Locke, so for Rawls there is an absolute separation between justice and conceptions of the good, whether theological or philosophical. Sandel’s most serious objection to this political arrangement is cogent. “According to the ideal of public reason advanced by political liberalism,” writes Sandel, “citizens may not legitimately discuss fundamental political and constitutional questions with reference to their moral and religious ideals. But this is an unduly severe restriction that would impoverish political discourse and rule out important dimensions of public deliberation.”18 Rawls and his defenders would reply that neutral principles of justice would prevent people of different religious and philosophical conviction from disrupting the constitutional and political order with their interminable arguments and would enable them to cooperate for the common good. Rawls is assuming that “the exercise of human reason under conditions of freedom will not produce disagreements about justice.” Even a cursory glance at political reality indicates that Rawls’s position can not be true. As Sandel says, “Consider, for example contemporary debates about affirmative action, income distribution and tax fairness, health care, immigration, gay rights, free speech versus hate speech, and capital punishment, to name a few. Or consider the divided votes and conflicting opinions of Supreme Court justices in cases involving religious liberty, freedom of speech, privacy rights, voting rights, the rights of the accused, and so on. Do not these debates display a ‘fact of reasonable pluralism’ about justice?”19

16 17 18 19

Political Political Political Political

Liberalism, Liberalism, Liberalism, Liberalism,

1767. 1772–73. 1776. 1783.

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Consider how Rawls’s principles of justice work in practice with respect to abortion. Government neutrality on abortion would mean that the political values of toleration and women’s equality would prevail and that any moral and religious convictions about the origin of life and the status of the embryo would be bracketed. That is to say, it would not be appropriate or permissible to argue against the legality of abortion on the basis of some comprehensive moral or religious viewpoint. So a neutral principle of justice would require the toleration of a woman’s right to choose abortion and would not allow Catholic doctrine on abortion to be debated in the public arena. “In the debate about abortion rights,” explains Sandel, “those who believe that the fetus is a person from the moment of conception and that abortion is therefore murder could not seek to persuade their fellow citizens of this view in open political debate. Nor could they vote for a law that would restrict abortion on the basis of this moral or religious conviction.”20 The bracketing or exclusion of these comprehensive views in the public arena would extend to all matters pertaining to justice and rights. Rawls argues that “the ideal of public reason” requires the exclusion of all comprehensive religious and moral views from the affairs of the commonwealth. Sandel explains, “According to this ideal [of public reason], political discourse should be conducted solely in terms of ‘political values’ that all citizens can reasonably be expected to accept. Because citizens of democratic societies do not share comprehensive moral and religious conceptions, public reason should not refer to such conceptions.”21 This very narrow understanding of public reason would keep the church out of the public square. Just as Locke erected sharp boundaries between church and commonwealth by narrow and questionable descriptions of both institutions, so too does Rawls separate religion from the political order by a narrow and questionable description of what counts as “public reason,” and by limiting the teachings of the Church to the private realm. From the point of view of the Catholic Church and other churches as well, Rawls’s political theory unduly restricts religious freedom. As Jean Bethke Elshstain says, “But a private religion makes no sense. One must have public expression of a faith in order for it to be faith.”22 If Rawls’s theory were accepted by religious believers, it would lead to a transformation of their faith into something other than it is. Theologian Stanley Hauerwas is famous for pointing out that Churches and religious believers sometimes imprudently accept the place carved out for them by political liberalism and then address political questions on the world’s terms, and not on the basis of their own teachings. In reviewing Hauerwas’s work, Thomas Hibbs 20 21 22

Political Liberalism, 1790. Political Liberalism, 1789. “How we should talk?,” 744.

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directs attention to the theologian’s problems with the language of the pro-life movement, i. e. right to life instead of the gift of life, as taught by Scripture. Hibbs explains, “Right-to lifers may thereby gain a hearing in the public realm, but they also distort the distinctively Christian understanding of human dependence – and thus unwittingly reinforce the notion that our humanity consists in our prized autonomy, our self-conscious independence from others.”23 I would add that the American Catholic Bishops are much more comfortable using the language of rights in addressing public questions than the language of virtue. Even secular political thinkers use the language of virtue (civic and liberal virtues) in the public realm more than the Catholic bishops. Political liberalism leads to a “liberal monism” to use Elshstain’s phrase. All political participants are induced in various ways to use the same language: rights, toleration, fairness, values, etc. III. Stephen Macedo’s and William Galston’s Views Not only do individuals, groups and Churches voluntarily trim their religious teachings under the influence of political liberalism, but some political theorists are intent on inducing Churches and their adherents to reshape their teachings so that they are more compatible with Rawls’s understanding of “public reason.” A good example of this tendency can be found in the writings of Stephen Macedo. He wants religions to be transformed so that they are more in harmony with political liberalism. He notes with satisfaction the liberalizing effect that American democracy has had on the Catholic Church making it “a positive and in many instances decisive force for liberalization around the world. The indirect, educative effects of American liberal democracy may have altered, in this way, not only the beliefs of American Catholics but also the official doctrine of the Roman Catholic Church itself, and thereby the beliefs of Catholics around the world. This story represents a dramatic triumph of the spirit of transformative constitutionalism”24 Macedo envisages the kind of transformation that operates indirectly on the sentiments and thoughts of believers and is, therefore, not oppressive in the traditional sense. Parents are indirectly induced not to educate their children in, say, an Aristotelian or Augustinian understanding of politics. Children so raised would develop a view of citizenship at odds with the liberal one, “which we have good reason to see as the best conception available. . . . We have good reason to hope that there will be fewer families raising such children in the future. We should, therefore, preserve liberal institutions, practices, rituals, and norms that psychologically tax people unequally, for if that has the

23 Thomas Hibbs, “Stanley Hauerwas’s Pacifism: the Radical Gospel,” The Weekly Standard 7, no. 34 (2002): 38. 24 “Transformative Constitutionalism and the Case of Religion,” (p. 9 in Proquest).

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effect of turning people’s lives-including their most ‘private’ beliefs – in directions that are congruent with and supportive of liberalism, thank goodness it does. This is what transformative constitutionalism is all about.”25 Macedo also calls this approach “the ‘moderate hegemony’ of liberal public values.” He doesn’t understand himself to be introducing a new approach to the problem of religion in America. Macedo reminds his readers that “on Herberg’s account, the three great religions of America have . . . followed . . . at least the basic imperatives of liberalism in America.”26 In reflecting on how educational vouchers work in practice Macedo shows how a liberal regime might induce religious institutions to transform themselves. Voucher plans in Milwaukee and Cleveland require participating private schools “to admit voucher students on a random basis and to excuse voucher students from compulsory religious exercises.”27 Macedo applauds the likely results of these public requirements on religiously affiliated schools. “The school’s affiliation with the particular sponsoring religious community may be somewhat muted, even attenuated, or at least revised as a consequence; religious references in the curriculum may become more ecumenical, or else perhaps robust expressions of sectarianism will tend to be confined to certain voluntary aspects of the curriculum.”28 Commenting on this reflection by Macedo, Michael McConnell writes, “In other words, private religious schools would be forced by the internal pressure of a diverse student body to soften, and perhaps abandon, their religious identity and message.”29 I don’t think that Macedo wants religious schools to “abandon” their religious identity, but he definitely would like to see it watered down in case of conflict with political liberalism. What he especially desires from religious schools is indoctrination in the core values of political liberalism, because he knows that the survival of liberalism depends on educating citizens to practice the liberal virtues. Macedo also knows that liberal civic education, given in a public or religious school, “is bound to have the effect of favoring some ways of life or religious convictions over others.” Macedo’s comment on this fact: “So be it.”30 25

“Transformative Constitutionalism and the Case of Religion,” (p. 13 in Proquest). “Transformative Constitutionalism and the Case of Religion,” (p. 10 in Proquest). Will Herberg wrote a well known book on religion in America entitled Protestant, Catholic and Jew: An Essay in American Religious Sociology (Chicago: University of Chicago Press, 1983, c1960). 27 Michael W. McConnell, “Religion and Civic Education: The New Establishmentarianism,” Chicago-Kent Law Review 75 (2000): 470. 28 Stephen Macedo, “Religion and Civic Education Constituting Civil Society: School Vouchers, Religious Nonprofit Organizations, and Liberal Public Values,” Chicago-Kent Law Review 75 (2000): 437. 29 “The New Establishmentarianism,” 471. 30 Stephen Macedo, “Liberal Civic Education and Religious Fundamentalism: The Case of God v. John Rawls?” Ethics 105 (April 1995): 485. 26

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Macedo’s political liberalism not only confines religion to the private sphere, but also recommends modifying the content of religions not content with their private status, or whose teachings can’t accommodate the fundamental principles of political liberalism. This modification or transformation would be effected by the pervasive influence of liberal principles on the minds and hearts of religious believers. A liberal thinker who is more tolerant of religion and religious diversity is William Galston. Not Surprisingly, Macedo believes that Galston “seems . . . to go well beyond giving ’diversity its due’ when he advances an interpretation of liberalism as the ’Diversity State,’ a state that affords ’maximum feasible space for the enactment of individual and group differences, constrained only by the requirements of liberal social unity.’”31 Throughout the 1990’s William Galston has continued to write about the requisite conditions for the viability of the liberal state. His fundamental principles have not changed. He still believes that a liberal regime is “a community of subcommunities,” which is unified on the basis of core principles inculcated by public and private education and enforced by law.32 While Galston allows more space for religion and Churches in the public square, his recommendation of silence on certain matters would infringe on the religious liberty of Catholics, other Christians and people of other religious persuasions. While allowing considerable diversity in the subcommunities, a liberal community, Galston admits, does have a distinctive influence on the lives of most individuals, families, groups and churches. In other words, individuals are free in principle to choose a way of life, but liberal public principles exercise a gravitational pull on people’s day-to-day life. Galston’s description of liberalism’s influence is imaginative and, in my mind, quite accurate. “To understand this dimension think of the social space constituted by liberal political principles as a rapidly flowing river. A few vessels may be strong enough to head upstream. Most, however, will be carried along by the current. But they still choose where in the river to sail and where along the shore to moor. The mistake is to think of the liberal regime’s public principles as constituting either a placid lake 31

“The Case of God v. John Rawls?” 470, footnote 8. For example, Galston argues that the liberal state properly aims to protect human life, to ensure the development of every citizen’s basic capacities, and to promote social rationality, “the kind of understanding needed to participate in the society, economy, and polity.” In the name of these goals the state would rightly prohibit human sacrifice by the Aztecs and mistreatment of the young by any individual or group. It could also prevent any kind of private or public education from hindering the development of “social rationality.” Cf. William Galston, “Two Concepts of Liberalism,” Ethics 105 (April 1995): 525. See also my article for a more complete list of the goods Galston believes are accepted by citizens in a liberal polity. “William Galston’s Defense of Liberalism: Forging Unity Amid Diversity,” in Liberalism at the Crossroads: An Introduction to Contemporary Liberal Political Theory and Its Critics, edited by Christopher Wolfe and John Hittinger (Lanham, MD: Rowman & Littlefield, 1994), 172. 32

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or an irresistible undertow. Moreover, the state may seek to mitigate the effect of its public current on the navigation of specific vessels whenever the costs of such corrective intervention are not excessive.”33

For example, the shape of liberalism today inclines people to think more about their rights than their duties. In cultural matters liberalism pulls people to “embrace an expansive notion of personal autonomy.” Galston observes that the “idea of autonomy becomes a hyper-expansive notion of individual choice, which is the closest thing to an inviolable norm that now exists in American culture.”34 Galston even notes that liberal public principles contribute to the generation of pluralism within various churches.35 For example, even Catholicism, once known for great unity among believers, now has to deal with individual Catholics deciding that “x” number of Catholic teachings (such as those on divorce, assisted-suicide and same-sex marriage) are not compatible with their thinking or way of life. Galston points out that some liberal theorists, such as Amy Gutmann and Stephen Macedo, want to intensify the pull of liberal principles through law, political rhetoric and civic education. For example, they argue that public education should induce all students to engage in a Socratic questioning of the way of life handed on to them by their parents. Galston opposes this approach, arguing that public education should only inculcate the core beliefs and virtues needed for the viability of the liberal state. Galston’s guiding principle is “maximum feasible accommodation of diverse ways of life, limited only by the minimum requirements of civic unity.”36 In one of his major scholarly articles Galston says that “liberal societies can and must make room for individuals and groups whose lives are guided by tradition, authority, and faith.”37 For example, Catholic hospitals should not be forced to do abortions; the Boy Scouts should remain free to choose their own leaders; and the Amish rightfully enjoy the government-granted privilege of keeping their children out of school after the eighth grade (Macedo objects to this exemption granted by the Supreme Court).38 Galston calls the attempt to impose liberal norms on individuals and groups “exclusionary liberalism” or “liberal imperialism.”39 “At the heart of the liberal democratic settlement,” Galston argues, “is a principled refusal to allow religions to engulf the political order, or politics to invade and dominate reli33

“Two concepts of Liberalism,” 530. William Galston, “Contending with Liberalism: Some Advice for Catholics,” Commonweal, 127, no. 7 (2001): 13. 35 William Galston, “Expressive Liberty, Moral Pluralism, Political Pluralism: Three Sources of Liberal Theory,” William and Mary Law Review, 40 (1999): 880. 36 “Expressive Liberty, Moral Pluralism, Political Pluralism,” 902. 37 “Expressive Liberty, Moral Pluralism, Political Pluralism,” 889–90. 38 “Two Concepts of Liberalism,” 516. 39 “Contending with Liberalism: Some Advice for Catholics,” 14. 34

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gion.”40 Acceptance of the core liberal beliefs and virtues by all groups prevents religious tyranny and the renunciation of liberal imperialism creates breathing space for individuals and groups. Maximum feasible accommodation not only carves out space for revealed religions, but also serves to benefit the liberal state in the long run. Galston believes that the beliefs and virtues taught by the revealed religions will, for the most part, contribute to the viability and unity of the liberal state by supporting its core principles and requisite virtues. Galston welcomes opposition to such tendencies as individualism, egoism and unthinking conformity to reigning public opinions. He even says that Catholics “must reject . . . versions of liberalism” that “embrace skepticism or relativism about the human good; . . . downplay the role of the state or seek to exclude faith-based arguments from public discourse; [or] . . . emphasize the prerogatives of the state at the expense of family and associational autonomy.”41 Galston is willing to tolerate whatever teachings that he thinks might unduly burden liberal regimes, all the while trying to persuade groups and Churches not to oppose core liberal principles. He specifically urges Catholic social thinkers both to critique “the expansive and unnuanced account of personal autonomy that is the long pole in a number of liberal theoretical tents these days” and to oppose “exclusionary liberalism.”42 But he also urges Catholics not to use theology or natural law to “impose” on non-Catholics their views on abortion, assisted-suicide or homosexuality. He reasons, “Catholics may be affronted by a legal code that permits acts they view as abominable. But in circumstances of deep moral diversity, the alternative to enduring these affronts is even worse.”43 Galston does not advert to the fact that Catholic social thinkers may see, for example, the legalization of physician-assisted suicide as just one more improper use of choice, and consequently may rightfully attempt – arguably on the basis of Galston’s principles – to “persuade” their fellow Americans not to go the way of Oregon and legalize it. At any rate, Galston believes the advantages of “maximum feasible accommodation,” will outweigh the disadvantages by a wide margin, despite the problems that may arise from improper advocacy on the part of the Churches or anyone else. As a second major theme, Galston addresses the requirements of civic unity in a good liberal community. Galston never tires of reiterating his conviction that a liberal community must be established and maintained. It can not be a good community if citizens abuse their liberty, think only of their rights and fail to maintain strong bonds in the family, neighborhoods and voluntary asso40 41 42 43

“Expressive Liberty, Moral Pluralism, Political Pluralism,” 905. “Contending with Liberalism: Some Advice for Catholics,” 15. “Contending with Liberalism: Some Advice for Catholics,” 15. “Contending with Liberalism: Some Advice for Catholics,” 15.

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ciations. Galston is especially worried about the relativism gaining a foothold in the lives of so many citizens. “This new morality – do what you choose, when you choose, without fear of legal coercion or social disapproval – is an experiment without precedent in human history. Perhaps it will succeed; I doubt it. At some point, we will be called upon for sacrifices that we can’t pay others to make on our behalf. And then we will see whether the self-protective nonjudgmentalism Wolfe so ably describes constitutes an adequate basis for a free society.”44

Galston is referring to the work of sociologist, Alan Wolfe, who published his findings about America’s moral condition several years ago in One Nation, After All. From his conversations with middle-class Americans over a two year period Wolfe found that they are willing to be personally accountable, but reluctant to make judgments about what anyone else is doing or to assume responsibility for righting what they see as wrong in society. On the basis of the evidence presented by Wolfe, Galston says that the sociologist “pulls his punches” in not raising “far more serious questions.” “A choice-based conception of social life leads to instrumental bonds, a cult of conflict avoidance, an absence of real engagement, and a loss of seriousness. Worst of all it is hard to see how this new morality provides any basis for sacrifice, in either personal or civic life. Marriages are ended when they become inconvenient; religions are selected like new fashions in the mall and then cast aside when they cease to meet our personal needs.”45

In Galston’s mind this level of morality is insufficient to build and maintain a good liberal community. Consequently, Galston addresses America’s moral deficiencies in many of his writings and proposes helpful solutions. Like a growing number of other public intellectuals Galston argues that families, public schools, voluntary associations and churches can become more effective seed beds of good habits, virtues and salutary beliefs.46 To that end he advocates public support for the two-parent family, public discouragement of divorce and teen pregnancy, parents taking responsibility for giving a moral education to their children, a limited character formation in the public schools (as needed by a good liberal community), respect for religion, including its contribution to the public square, and a reinvigoration of civic associations. Galston would like to see marriage preparation mandated by the state and carried out by faith-based institutions.47 He would further welcome the repeal of no-fault divorce laws, which have contributed to the high rate of divorces. And Galston 44 Review of Alan Wolfe, One Nation, After All, The Public Interest, no 133 (Fall 1998): 116–120. 45 Review of Alan Wolfe, One Nation, After All, The Public Interest, no 133 (Fall 1998): 116–120. 46 William Galston, “A Public Philosophy for the 21st Century,” The Responsive Community, (Summer 1998): 21.

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would like all citizens to understand the difference between asserting a right and doing what is right. In his mind there has been too much “rights talk” and not enough talk about personal and social responsibilities. He also expresses “grave doubts” about the encouragement of gambling by the state. Galston believes that the rising popularity of gambling “not only reflects but also reinforces a loss of confidence in hard work as a source of social advancement.”48 Doing productive work is one of the ways citizens contribute to the viability of the liberal state. Galston’s expectations of colleges and universities reveal still another facet of his sustained effort to shore up a liberal community. He wants all colleges to transmit “the principles, beliefs, and virtues that liberal societies (indeed, all societies) require for their perpetuation.”49 He also wants them to make a “gentlemanly liberal education” available, which “equips talented individuals to exercise farsighted and public spirited leadership within the framework of an established order.”50 Those capable of such an education are the “natural aristoi,” men and women of talent and virtue. Galston himself, of course, is one of those men who has received such an education and has dedicated his life to promoting the good of civil society and the liberal state. Galston admires and cherishes the liberal state because it enables people of different points of view to live together in relative peace and harmony. But there is an even more profound reason for his admiration and affection. Galston describes himself as a value pluralist and a political liberal. According to value pluralism, “there is no summum bonum that enjoys a rationally grounded priority for all individuals.”51 Otherwise stated, “Contrary to the teachings of classical philosophical and theological traditions, human nature does not prescribe a single, generally valid model of human flourishing or perfection.”52 Therefore, it would never be right for the state to impose on citizens any one model of a dominant good. On the other hand, value pluralism “is not the same as relativism. Philosophical reflection supports what ordinary experience suggests – a non-arbitrary distinction between good and bad . . .”53 Hence, Galston believes that the minimal perfectionism of the liberal state can be defended on objective grounds: it is a true account of human beings in society. Galston is really saying 47 Cf. William Galston, “Divorce American Style,” The Public Interest, 124 (Summer, 1996): 12–26. 48 William Galston, “Gambling away our Moral Capital,” The Public Interest, 123 (1996): 58–71. 49 William Galston, “Moral Inquiry and Liberal Education in the American University,” Ethics, 110 (July 2000): 814. 50 “Moral Inquiry and Liberal Education in the American University,” 816. 51 William Galston, “Value Pluralism and Liberal Political Theory,” American Political Science Review, 93 (1999): 770. 52 “Value Pluralism and Liberal Political Theory,” 772. 53 “Value Pluralism and Liberal Political Theory,” 770.

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that reason can arrive at a certain number of basic truths valid for all human beings, but is incapable of discerning a summum bonum for all. In other words, Galston claims to know that neither reason nor faith can legitimately say that human nature “prescribe[s] a single, generally valid model of human flourishing or perfection.”54 Of course, Galston’s definitive position on the limits of reason and faith presupposes a philosophical vision as grand as that of Kant. To deny that neither reason nor faith can discern a summum bonum is implicitly a claim to possess an extraordinary degree of knowledge. While continuing to admire what Galston is trying to do for liberal society, I am not at all persuaded that he has made good arguments for his assertions about the limits of faith and reason. I am surprised that he didn’t confess an inability to evaluate the claims of the classical theological traditions or argue that faith would be required to accept the teachings of Revelation about the highest good. He has only shown me that his view of a smooth-running liberal polity requires the avowal of an incapacity to know the summum bonum on the part of philosophers, theologians, Church authorities and political leaders. Galston seems to believe that lives lived without aspirations for a summum bonum would offer protection against religious and political tyranny. Secondly, Galston’s public commitment to the Democratic Party may generate some blind spots as would a similar commitment to the Republican Party. For example, he really has nothing significant to say about “the culture of death” in America. On the other hand, his political principles led him to break with the mainstream of the Democratic Party on, at least, two significant issues. Galston deplored the Democratic Party’s decision not to allow Governor Robert Casey to speak at the 1992 Democratic Convention. “I protested against it to no avail. I believe the Democratic Party has made a serious and indeed historic mistake in turning Roe v. Wade into a litmus test for party leadership.”55 Recently, Galston also pointed out that he “published an article . . . recommending a carefully monitored national voucher experiment.”56 This position, contrary to the platform of the Democratic Party, does fit in with his belief that faith-based groups can serve public purposes. IV. Conclusion The few writings examined in this essay clearly show that some prominent liberal theorists, especially Rawls and Macedo, want to keep religion out of the public square in order to promote peace and harmony. What they recommend is an undue restriction on religious liberty with harmful consequences both for 54 55 56

“Value Pluralism and Liberal Political Theory,” 772. “Contending with Liberalism: Some Advice for Catholics,” 15. “Contending with Liberalism: Some Advice for Catholics,” 14.

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churches and civil society. The Catholic Church, for example, has to give public witness to the sacredness of human life and is obliged to call upon public authorities to prevent the killing of unborn children. If churches are not allowed to speak on all matters pertaining to justice, then civil society has less of a chance of arriving at a more complete understanding and practice of justice. The Rawlsian position on justice should prompt religious believers and philosophers to insist in season and out of season both that justice can not be understood apart from theological and philosophical views of the good, and that there are no “neutral” principles of justice upon which everyone does and should agree. This liberal position on the neutrality of justice unduly narrows the concept and prematurely cuts off political discussion among the citizens of a nation. To accept the liberal proposition that religion is a private affair is also to narrow the scope of political philosophy and theological ethics and to reduce the depth and breadth of religion. We have seen that the privatizing of religion goes hand in hand with the establishment of principles of justice that are sundered, at least in theory, from comprehensive views of the good. That religious liberty is curtailed is too obvious to merit any more comment. Galston is very aware that Rawlsian political liberalism unduly narrows religious liberty and, therefore, argues for maximum feasible accommodation of religion out of respect for religion and desire to promote the good of liberal regimes. Galston knows that religions generally promote the practice of the virtues necessary for the survival of liberal regimes. But even this most accommodating liberal doesn’t want the Catholic Church to argue against the legalization of abortion. Locke’s argument for toleration and Macedo’s argument for the moderate hegemony of liberalism should alert believers to the ever present danger of their faith being transformed and truncated in order to serve the ends of the liberal state. The self-censorship of typical American believers, described by Wolfe and Elshtain, and the avoidance of theological language and concepts by religious ethicists and social activists, as reported by Kass and Hauerwas respectively, should make believers aware that liberal regimes are able to induce changes in the practice of religious believers without using the law or any other palpable force. The liberal theorists’ desire to keep religion out of the public square is a sign of respect for the power of religious truth to be persuasive. They rightly fear the disruptive influence of religious fanaticism and religiously inspired utopian politics. But the fear of Catholics criticizing abortion laws, proposals to legalize same-sex marriage, and cultural trends is unreasonable and short-sighted. A Catholic critique of policy and culture can be carried out in a way respectful of liberal democratic regimes.

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Summary The purpose of this essay is to explain on what grounds liberal theorists insist on describing religion as a private affair. To that end I briefly examine John Locke’s Letter on Toleration and then turn to the writings of several contemporary liberal theorists: John Rawls (through the eyes of Michael Sandel), Stephen Macedo and William Galston. Macedo not only confines religion to the private sphere so as to promote the hegemony of political liberalism, but also recommends modifying the content of religions not satisfied with their private status, or whose teachings can’t accommodate the fundamental principles of political liberalism. This modification or transformation would be effected by the pervasive influence of liberal principles on the minds and hearts of believers. Galston is aware that the political liberalism of Rawls and Macedo unduly narrows religious liberty and, therefore, argues for maximum feasible accommodation of religion both to show respect for religion and to promote the good of liberal regimes. Galston know that religions generally promote the practice of the virtues necessary for the survival of liberal regimes. But even this most accommodating liberal urges Catholics not to use theology or natural law to “impose” on non-Catholics their views on abortion, assisted suicide or homosexuality.

Zusammenfassung Ziel dieser Abhandlung ist es, den Gründen nachzugehen, warum liberale Theoretiker darauf insistieren, Religion als Privatsache zu beschreiben. Als Ausgangspunkt dienen zunächst einige kurze Anmerkungen zu John Locke’s „Letter on Toleration“. Daran schließen sich Überlegungen an zu den Schriften einiger zeitgenössischer liberaler Theoretiker – John Rawls (aus der Sicht von Michael Sandel), Stephen Macedo und William Galston. Macedo begrenzt nicht nur Religion auf die private Sphäre, um dem politischen Liberalismus die Vorherrschaft zu sichern, sondern geht darüber hinaus und empfiehlt auch eine Modifizierung der Lehren von Religionen, die sich mit dem privaten Status nicht begnügen wollen oder deren Lehren an die grundlegenden Prinzipien des politischen Liberalismus nicht angepaßt werden können. Diese Modifizierung bzw. Anpassung kann erreicht werden durch den beherrschenden Einfluß liberaler Prinzipien an Herz und Verstand der Gläubigen. Galston ist sich bewußt, daß der politische Liberalismus von Rawls und Macedo einer übermäßigen Einschränkung der Religionsfreiheit gleichkommt. Er plädiert daher für eine höchstmögliche Akkommodation der Religion. Er will beides: den Respekt für die Religion und die Förderung liberaler Herrschaft.

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Galston weiß darum, wie sehr die Religion die Tugenden befördert, die für das Überleben liberaler Herrschaft unverzichtbar sind. Aber selbst dieser so entgegenkommende Liberale verlangt von den Katholiken, daß sie ihre Theologie bzw. das Naturrechtsdenken nicht dazu benützen, um Nicht-Katholiken ihre Auffassung zu Abtreibung, Euthanasie oder Homosexualität „aufzuzwingen“.

First Amendment Jurisprudence: The Religion Clauses By Bernard Dobranski Few things are more confusing about U.S. constitutional law than my topic for presentation today – the Religion Clauses of the First Amendment to the United States Constitution,1 or, as more popularly known, the notion of the separation of church and state.2 Barely a term of the U.S. Supreme Court passes by without one or more significant decisions from the Court dealing with this aspect of our Constitution and, unfortunately more often than not, these decisions create even more confusion. Candor requires me to acknowledge that the confusion and bafflement experienced is not limited to those with sparse knowledge of the intricacies of constitutional law interpretation. Paradoxically, the more you know about the provision, its intent, its history, and its various interpretations, the more confused and baffled you become. My purpose today is talk about the reasons for this well-founded confusion and inability to make consistent sense of this body of law; to pinpoint the roots of this confusion; to explain how and why it happened, and to offer an approach that would dissolve most of the confusion surrounding it and restore the original meaning to the provision. I begin with a few general observations about the nature of law and its role in our culture. First, nothing is more fundamental to the proper functioning of a democratic republic than the rule of law, and in the United States, the rule of law is upheld and maintained by our Constitution, properly interpreted. Moreover, and even more fundamental to its preservation, is that the rule of law must be grounded in something outside itself and not subject to the whim and caprice of the moment, the majority, or the culture; grounded, in other words, in a transcendent morality, or, to be more precise, in the natural law.

1

U.S. Const. amend. I. This statement derives from Thomas Jefferson’s 1802 letter to the Danbury Baptist Association where he expressed that the religion clauses of the First Amendment acted as “a wall of separation between Church & State.” See Philip Hamburger, Separation of Church and State 55 (2002). 2

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This grounding, I believe, is a necessary foundation for both the rule of law and the proper functioning of democracy. A third general observation is the profound effect the interpretation of the Constitution by the U.S. Supreme Court has had on the development and evolution of our culture. Law – interpretation of the law, particularly at the constitutional level – has profoundly affected the culture, for good or for ill, and this has been particularly true in the determination of what role religion and religious institutions are permitted to play in our public life. This is not to suggest that culture is not influenced in other important ways or that culture itself does not shape the law. My point simply is that the two – law and culture – are inextricably intertwined, each affecting the other. Thus, some of the most important and divisive social controversies in the United States are addressed and arguably resolved through constitutional interpretation by our Supreme Court, an un-elected body, appointed for life.3 (I say this not in a pejorative way, but simply to state the fact.) As indicated earlier, my paper addresses one of those areas of particular controversy and divisiveness in our society – the separation of church and state or, perhaps more precisely and more deeply, the role – particularly the public role – religion and religious values play and should play in our society. Hardly a Supreme Court term goes by without the presentation of serious issues of the meaning of the religion clauses to the Supreme Court for resolution. Prayer at school events, nativity scenes in public spaces, posting of the Ten Commandments in classrooms and courtrooms, language referring to God on public coinage and, most recently, the inclusion of the words “under God” in our Pledge of Allegiance are just a few examples of the kinds or controversies that must be resolved.4 This list could go on and on, but the point is obvious. These are current, live controversies raised to a constitutional level in our cultural battles of the day. How they are resolved not only profoundly affects the public role religion will be permitted to play in our society, but also affects the nature and direction of our society. 3 U.S. Const. Art. III, § 1, cl. 1. For more discussion on the intricate relationship between law and culture see Francis Cardinal George, Law and Culture, 1 Ave Maria L. Rev. 1 (2003). 4 See e. g. Santa Fe Indep. Sch. Dist. v. Doe, 530 U.S. 290 (2000) (disallowing prayer at public school before football games); County of Allegheny v. ACLU, 492 U.S. 573 (1989) (holding that display of crèche on public property violated establishment clause); Stone v. Graham, 449 U.S. 39 (1980) (holding unconstitutional a Kentucky statute that required posting of copy of Ten Commandments on walls of each public school classroom in state); Gaylor v. U.S., 74 F. 3 d 214 (10th Cir. 1996) (holding that statutes establishing “In God we trust” as national motto and providing for its reproduction on United States currency do not violate establishment clause); Newdow v. U.S. Cong., 292 F. 3 d 597 (9th Cir. 2002) (finding that words “Under God” in the Pledge of Allegiance violated the establishment clause of the first amendment).

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It is only recently – in the last 50 years – that these and similar issues have been a controversial and bitterly divisive part of our constitutional landscape. For most of our constitutional history – arguably until the late 1940’s – the religion clauses were understood to require only that the state not discriminate among religions.5 In the late 1940’s, however, this long-standing principle of constitutional law, was stood on its head and replaced with the requirement that the government be neutral on matters of religion, including those involving religion versus non-religion. In other words, “a wall of separation” between church and state, one impregnably high, was found to exist in the First Amendment.6 The result has been a torrent of confused, chaotic, inconsistent and incoherent decisions, which continue to this day. How has the Court got us into this mess? Was it inevitable? If so, was it inevitable because of the structure of the First Amendment and its treatment of religion? For the reasons set forth below, I believe the answers to the latter two questions are in the negative. First, it should be noted that the phrase “separation of church and state” is not part of the constitutional language. In relevant part, the First Amendment reads: “Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof.”7 Only sixteen words, but every year there are major fights over what they mean. It is the U.S. Supreme Court, which ultimately decides, often by the barest of margins, one vote, what these words and phrases mean. These decisions determine the role and the place of religion in public life, in public discourse, and in the public square. By the way, in interpreting the meaning of these sixteen words, it is common to refer to them as containing two separate religion clauses – the establishment or, as it is sometimes known, the non-establishment clause, and the free exercise clause – and cases are analyzed as falling under one clause or the other. An increasing number of scholars, however, argue that there really is just one clause with two phrases and they must be read to harmonize rather than to conflict with each other. In other words, the non-establishment phrase is there to secure the free exercise one. Although I find this latter interpretation more per5

See Wallace v. Jeffree, 472 U.S. 38, 92–105 (1985) (Rehnquist, J., dissenting). Everson v. Bd. of Ed. Of Ewing Township, 330 U.S. 1, 16 (1947) (“In the words of Jefferson, the clause against establishment of religion by law was intended to erect ‘a wall of separation between Church and State.’”). 7 U.S. Const. amend. I. Although the language of the Constitution refers to “Congress,” the Supreme Court has made it clear, through the doctrine known as the incorporation theory, that this and most of the other first ten individual amendments to the Constitution apply to the states. 6

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suasive, it is not the one used by the Supreme Court and, therefore, I have assumed for purposes of analysis and discussion that there are two separate clauses and that a given case is analyzed under one or the other. The particularly troublesome clause has been the establishment clause and that will be my main focus. Three important principles or values seem to underlie the religion clauses. One is that of the separation of church and state, even though that phrase is not used in the Constitution. This involves the recognition that each is a separate and distinct institution and that neither has any role in directing the internal governance of the other. This value, at least in the way just described, although a somewhat new concept at the time the founding of our republic, is one well accepted by virtually all scholars of the U.S. Constitution today. The second value or principle embedded in the religion clauses is that of equal treatment or nondiscrimination. In its clearest form, this means that government may not prefer one religious denomination over another or others. More controversially, this proposition can be and, in fact, has been stretched to mean that religion should not be favored over non-religion. The third value that underlies the religion clauses is that of religious liberty. One fundamental aim of the religion clauses is to preserve liberty, and the pursuit of that goal may on some occasions involve creating some contact between church or state, or in treating religion differently from other ideas or activities. At a minimum, the idea of religious liberty means that government should not directly coerce anyone to practice or not practice a religion. As suggested earlier, for most of the history of our republic, these provisions and the values underlying them posed little difficulty for the Court in understanding, accepting and applying their meaning. A little more than fifty years ago, however, the Supreme Court, in two separate cases decided less than a year apart, drastically revised and amended our understanding and interpretation of the constitutional law of church and state. The Court did this first in 1947 in the case of Everson v. Board of Education of Ewing Township8 and then again in 1948, in McCollum v. Board of Education of Champaign.9 In Everson, the public school board, using tax – supported funds, reimbursed parents for the cost of sending their children to school on county buses, and included in this program parents of parochial school children.10 Although the Supreme Court majority, speaking through Justice Hugo Black, upheld the reimbursements to parochial school families on the theory that they were part of a general program to help students go back and forth from school,11 the Court’s 8

330 U.S. 1. 333 U.S. 203 (1948). 10 330 U.S. 1, 3. 9

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rationale was quite radical, and, in effect, dramatically amended the constitutional law of church and state. In fact, the, dissenters in Everson enthusiastically embraced the majority’s embrace of a “complete and uncompromising separation” but found it “utterly discordant” with the result reached by the majority.12 In reaching its conclusion, the Supreme Court introduced for the first time in its church-state jurisprudence, the Jeffersonian metaphor of a “wall of separation” between church and state, a wall, said the Court, which must be kept “high and impregnable.”13 In short, the Everson majority introduced for the first time the notion of a strict separation between church and state. The following year, in McCollum, the Court, again speaking through Justice Black, struck down a program of released time under which public school students were let out of school early to attend religion classes held in the same public school building.14 The program was unconstitutional, according to the Court, because the state was using its “compulsory public school machinery” to encourage attendance at the religion classes.15 Building on the rationale created in the Everson case, the Court struck down the program on the newly emerged principle that “aid to religion,” even if it was non-discriminatory and non-coercive, was a violation of the “establishment of religion” clause of the First Amendment.16 Moreover, the Court indicated – again – that the constitutional “wall of separation,” recognized for the first time in the Everson dictum, was one that “must be kept high and impregnable.”17 The result in McCollum set the tone for all future churchstate cases. This new interpretation of the First Amendment was strongly criticized by some. In November 1948, for example, the U.S. Catholic bishops criticized the decisions for adopting an “entirely novel . . . interpretation of the First Amendment, one which would endanger our original American tradition of free cooperation between government and religious bodies – cooperation involving no special privileges to any group and no restriction of the religious liberty of any citizen.”18 The bishops were quite right. This was indeed the tradition to that point. The constitutional guarantee of “free exercise” of religion included public encouragement and assistance, so long as all churches were treated equally and no 11 12 13 14 15 16 17 18

Id. at 17. Id. at 19. Id. at 18. 333 U.S. 203, 209–10. Id. at 212. Id. at 211. Id. at 212. Administrative Board of NCWC, Christian in Action (1948).

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one was coerced. The state could, and on a regular basis did, promote the religious life of the people by assisting them to live out their freely chosen religious commitments.19 It was this tradition that was undone by Everson and McCollum. The net result of Everson and McCollum was that public authority could no longer aid religion, even where it could do so without discrimination or coercion, for fear of seeming to prefer religion to what the Court called “non-religion.” In this sense, the Court modified the First Amendment tradition in a very significant way and the justices subordinated the free exercise of religion to the appearance of its establishment. Moreover, as Father John Courtney Murray, the leading American Catholic expert on church – state relations in the post-war era, a man whose arguments in support of religious freedom were embedded in the Vatican II Council’s statement on religious liberty, observed at the time, “the First Amendment has been stood on its head. And, in that position, it cannot but gurgle juridical nonsense.”20 Unfortunately, the Court has continued to “gurgle juridical nonsense” in the succeeding decades. Decision after decision throughout the tenure of the Warren and Burger Courts, maintained, the strict separation wall constructed by the Court in Everson and McCollum and kept it at an impregnably high level.21 And during this strict separationist era, school prayer disappeared from public schools, as did crèches from city hall Christmas displays22 – unless perhaps Rudolph the Red-Nosed Reindeer, or Frosty the Snowman accompanied them. This is not to state that all the decisions were completely in the strict separationist direction or that every attempt of government to aid religion was struck down on First Amendment grounds. In fact, as noted earlier, the accurate way to describe the Supreme Court jurisprudence of this era is inconsistent, chaotic, analytically confused, and incoherent, though the thrust was clearly in the strict separationist direction. For example, only four years after the McCollum decision, the Supreme Court in Zorach v. Clauson23 upheld another release time program on the ground that it was different from McCollum and therefore not constitutionally infirm because the religious classes were held not on public school grounds but in local religious schools.24 To say that the Supreme Court’s ground of distinction in Zorach case was inconsistent with the result in 19 See, e. g. Matthew Spalding, Introduction to Religion, Duty and Liberty, at xiii (Acton Institute 2001). 20 As cited by Gerard V. Bradley, Legal Beagle: ECE’s Best Friend May Be the Civil Law, Fellowship of Catholic Scholars Quarterly, vol. 22, no. 4 (Fall 1999). 21 See, e. g. Walz v. Tax Commission of N.Y., 397 U.S. 664 (1970); Roemer v. Board of Public Works Maryland, 426 U.S. 376 (1976). 22 Supra note 5. 23 343 U.S. 306 (1952). 24 Id. at 314–315.

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McCollum is to put it mildly. If the problem with release time programs in McCollum was that they were used to pressure students to attend religion classes on the public school campus, that problem hardly went away when they were released early to attend them off campus as well. Justice Antonin Scalia, in a 1987 dissent in Edwards v. Aguillard, referred to the Court’s Establishment Clause jurisprudence as “embarrassing” and cited with approval one commentator who characterized it as “a euphemism . . . for . . . the absence of any principled rationale.”25 To give you a better flavor of some of the incoherence that has existed since McCollum and Everson were decided, let me recap in summary fashion the state of the First Amendment law that has been created in the last fifty years, mainly by the Warren and Burger Courts. The chaotic nature of the doctrine created by the Warren and Burger Courts, a doctrine that essentially gave them the freedom to reach almost any result they wanted in almost any case, was strikingly pointed out by Professor Michael McConnell, one of our most distinguished constitutional law scholars. Professor McConnell, writing as a Professor of Law at the University of Chicago, and today, a federal judge on the U.S. Circuit Court of Appeals for the Tenth Circuit, observed that, “As of the end of the twentieth century, it is constitutional for a state to hire a Presbyterian minister to lead the legislature in daily prayers, but unconstitutional for a state to set aside a moment of silence in the schools for children to pray if they want to; it is unconstitutional for a state to require employers to accommodate their employees’ work schedules to observe their Sabbath observances; but [it is] constitutionally mandatory for a state to require employers to pay workers compensation when the resulting inconsistency between work and Sabbath leads to discharge; it is constitutional for the government to give money to religiously-affiliated organizations to teach adolescents about proper sexual behavior, but not teach them science or history; it is constitutional for the government to provide religious school pupils with books, but not with maps. [Fortunately, the Court did not have to deal with the issue of an Atlas, which, of course, is nothing more than a book with maps. Is an Atlas constitutionally prescribed or not?]; it is constitutional for government to provide students with bus rides to religious schools, but not from school to a museum on a fieldtrip; with cash to pay for state – mandated standardized tests, but not to pay for safety-related maintenance.” 26

This is just a small sample of what the Court has “gurgled” in the years following its creation of a new interpretation of the First Amendment in religion cases. This incoherence, of course, could have been avoided if the Court had not created its new jurisprudence to the First Amendment in 1947 and 1948, in Everson and in McCollum. 25

482 U.S. 578, 639–40 (1987). Michael W. McConnell, Religious Freedom at a Crossroads, 59 U. Chi. L. Rev. 115, 118–20 (1992). 26

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Having criticized the doctrine repeatedly, it is incumbent on me to explain in more detail the basis of that criticism and also to advance the theory that I think should have been followed by the Supreme Court. My view is that the true principles of the Establishment Clause can be discerned from its text, and from the legislative history and the contemporaneous practice that places that text in context. This, I believe, is the only appropriate standard to be used.27 The historical argument, it seems to me, is a particularly important one in resolving the legal question of interpretation here. Justice Black’s opinion for the majority in McCollum makes my point – at least in a reverse (or perhaps perverse) way. In his opinion, there is no appeal to history or even to legal argument. Although the brief submitted to Court for the Champaign County School Board advanced lengthy historical and legal justifications for its position that the release time was appropriate, and that the government was free under the First Amendment to promote religion as long as it did not discriminate in favor of, or against, particular faiths,28 Justice Black curtly dismissed these appeals by indicating that the Supreme Court had made a rule of constitutional law in the Everson case and that he was now appealing to that rule to strike down the Champaign plan.29 As Professor Robert George, the holder of the McCormick Chair of Jurisprudence at Princeton University, has observed, “Black wrote for the Court no refutation or rejoinder, no rebuttal or counter argument.”30 Black’s response for the Court, in full, was simply: “We are unable to accept the argument. As we stated in Everson we must keep the wall high and impregnable.”31 And As Professor George further pointed out, “the McCollum Court’s imperviousness or indifference, to evidence and cogent argument is, unfortunately, characteristic of the church-state cases.”32 What is interesting about the Black response in McCollum is that when the rule of law was announced in the Everson case, it was a new rule of law and 27 I do not share the view of the late Justice William Brennan and many others, that the Constitution is a living, constantly evolving document. William J. Brennan, The Constitution of the United States: Contemporary Ratification, 27 S. Tex. L. J. 433, 438 (1986). It is this philosophy that has created so much mischief in the interpretation of our Constitution, not only in the area of religion, but in many others areas as well. I find much more palatable Justice Scalia’s description of the Constitution as an “enduring” document. See Sally K. Hilander, Justice Scalia Debunks the “Living Constitution” Theory, 24 Oct. Mont. Law 1 (1998). 28 Brief for Appellant, McCollum v. Bd. of Ed. of Champaign, 333 U.S. 203 (1948). 29 McCollum, 333 U.S. 203, 210–212. 30 Robert George, Address at the Ave Maria School of Law Federalist Society Meeting (Fall 2002). 31 See 333 U.S. 203, 211–212. 32 Id. at 210.

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no argument had been previously advanced by counsel on either side to support it. In short, in Everson, the Court gave a meaning to the First Amendment religion clauses that they never before were thought to bear, and it did so on its own initiative. But the historical argument ignored by Black is a powerful one. Historically, the First Amendment, in essence, prohibited the national establishment of religion. In other words, it prohibited the establishment of a national or preferred or State Church like ones found in most European countries at that time, and still found in some today. To put it another way, the Establishment Clause forbade our national government, and, through the incorporation doctrine, our state governments, from preferring one religion over or above another, or to make observance or support of a particular religion obligatory by law. The new interpretation advanced by Everson and reaffirmed in McCollum went much further than this. It essentially stated that, neither state nor federal government can pass laws which aid one religion, aid all religions, or prefer one religion over another. Thus, the notion of “no aid to religion” was added to the textual statement of no “establishment of religion.” What the Everson – McCollum constitutional doctrine affirmed was much more radical and sweeping than what the text stated, resulting in the so-called principle of the absolute separation of church and state, a doctrine hitherto unknown in our constitutional jurisprudence. My view of the proper interpretation of the First Amendment is buttressed by the arguments presented by Justice Stanley Reed, the sole dissenter in the McCollum case, whose dissenting opinion was called by some as one of the great dissents of our times. Reed’s arguments in McCollum were not refuted at the time by the majority nor have they been anytime since. Justice Reed stated that he was “convinced that the interpretation of the First Amendment [given by the majority] is erroneous.”33 The original and up to then developed meaning of the First Amendment was that it simply prohibited a State Church. In other words, it protected citizens from the imposition on them by law of a national faith and mode of worship. Justice Reed also recognized that the passing of the years had brought about acceptance of a somewhat broader meaning to the First Amendment, and that was that it also forbade government not merely to prefer one religion over another, but also “to aid any or all religions.”34 This evolved, broader meaning of “no aid to religion,” however, could not be made into a rule of law to cover all cases. For it to be applied, two very necessary distinctions had to be made, distinctions which Thomas Jefferson himself made and which have become, according to Justice Reed, “so much a part of our tradition and culture that they are accepted without more.”35 33 34 35

333 U.S. 203, 239 (Reed, J., dissenting). Id. at 250–56. Id. at 239.

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The first distinction is between the relation of government to religion – religion in the sense of the church as such, its faith, its worship, its strictly ecclesiastical functions – and the relation of government to religious education. This is a distinction well recognized by Jefferson himself when he was Rector of the University of Virginia. Although he spoke of a wall of separation between government and the church as such, he thought it “undesirable” that there be a wall of separation between government and religious education, and in fact, as Rector of the university, he approved of cooperation between it and various religious educational endeavors.36 According to John Courtney Murray, neither Jefferson nor James Madison considered that this was in anyway a violation of the Constitution.37 As succinctly stated by Justice Reed in his dissent in McCollum: “The difference between the generality of his statement on separation of church and state and the specificity of his conclusions on education are considerable. A rule of law should not be drawn from a figure of speech.”38 This is, of course, precisely what the McCollum majority did. It took Jefferson’s metaphor of the “wall of separation” and applied it directly to an education situation, ignoring the fact that Jefferson himself believed that the field of education, including religious education, is a special field and one in which the church and state meet on common ground. In short, McCollum drew a rule of law from a figure of speech in an area for which the figure was never intended to operate. The failure of the McCollum Court to make this first distinction led directly to it overlooking the second significant distinction – the need to make a distinction in the concept of “aid to religion.” According to Justice Reed, the broader, developed meaning of the First Amendment that he referred to forbids only “purposeful assistance directly to the church itself or some religious group or organization doing religious work of such a character that it may fairly be said to be performing ecclesiastical functions.”39 Examples of this would be government paying ministers or priests, the printing of missals or hymnals, and such related things. “Aid to religion” does not forbid, Justice Reed goes on to say, “those incidental advantages that religious bodies, with other groups similarly situated, obtain as a by-product of organized society.”40 This latter distinction, Justice Reed finds embodied in the “well recognized and long established practice” of our legislatures and to him, this explains the unchallenged constitutionality of such things as tax exemption for church property, chaplains in legislatures and in the armed forces, the GI Bill of Rights, and 36 37 38 39 40

Id. Id. Id. Id. Id.

at 245–247. at 42. at 248. at 249.

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religious activities at the various military academies.41 Although all of these governmental practices involve some manner of “aid to religion” the churches involved derive an incidental advantage as a by-product of the government’s organizing activity. By overlooking these vital distinctions, the Court has engaged in an erroneous interpretation of the First Amendment, erroneous not only because it is at odds with the text and history, but also because it is rigid, ruthless, and sweeping in its interpretation that the separation of church and state in this country is “absolute.” The entire history of our country as well as the context in which the amendment was drawn, amply demonstrates that this is not so. Nor is it something that the people in our country as a whole want. It is for these reasons, so well articulated by Justice Reed, that I conclude that the Supreme Court made a serious turn in the wrong direction with the rationale it fabricated in Everson and McCollum. One of the especially negative effects of this rationale was not only to misapprehend the letter of the First Amendment, but also to alter its spirit. In its original conception, the spirit of the First Amendment was the spirit of a friendly separation between church and state.42 It was a friendly separation because it allowed latitude for cooperation between church and state in many matters, particularly in the field of education.43 However, the Everson – McCollum rationale makes separation of church and state less friendly than it was before – in a sense, it is almost hostile. That was so in the late 1940’s and it is even more so today. In many important ways, the church and state are further apart today – there is more hostility – than in anytime in American history – and this is at a time when the crisis in our culture demands, especially in the imparting of religious values and the education of our youth, that the two groups work more closely together. Not in ways that confuse their respective functions, but rather in common cause and in conformity to a First Amendment interpreted in light of, to quote Justice Reed, “the precedents, customs and practices” of the American people.44 The Supreme Court has not been alone in a desire and preference for a strict separationist model. This has been the view also of many members of the American intellectual elite. John Rawls, the Harvard political philosopher, proclaimed by some as the premier political philosopher of the twentieth century, makes much of the doctrine of the separation of church and state in his writings. The state he envisions is thoroughly secular. It is solely concerned with the material well-being of its citizens. Spiritual well-being is the burden of each 41

See Id. at 249, 254–255. See Kevin De Young, The Freedom of Religion in Religion, Duty and Liberty, at xiii (Acton Institute 2001). 43 Cf. supra note 37. 44 333 U.S. 203, 255 (Reed, J., dissenting). 42

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individual.45 What Rawls ignores – and, of course, so does the Court – is the role which religion has played in the western world, indeed in creating the great civilizations of the world, that is that religion is and always has been a moral guide for all societies whose influence over the ages has not been exceeded by any social or philosophical current. In summary, the U.S. Constitution while proscribing the establishment of a single church, did not promulgate the doctrine of strict separation developed by the Supreme Court. The Constitution certainly did not seek to remove religion as a spiritual and moral force. Nor did it put non-religion on par with religion. The strict separation doctrine, as we have come to understand it, is a late twentieth century construct, the result of a maverick and erroneous interpretation of the Constitution by the Supreme Court, ruling in light of the same principles articulated by John Rawls. In a period when government is supportive of a wide range of institutions, including many private ones and some only remotely connected to the common good, the failure to support religious institutions devoted to the common good and religious education reflective of the desires of parents in an equal way to those other institutions, can only be regarded as the triumph of secular humanism and the failure of those charged with the responsibility of interpreting our Constitution to do it properly. Lest I sound too critical and pessimistic, there is real reason for hope for a change to a more authentic interpretation. In recent years, the Supreme Court, while not yet repudiating the false jurisprudence of Everson – McCollum, has been chipping away at it. Although strict separationism that evolved from that doctrine commanded the support of the majority of the Supreme Court justices throughout the sixties, seventies and into the late eighties, it now appears that the impregnable barrier created under that doctrine is tumbling down. As Jeffrey Rosen, a law professor at George Washington University, has pointed out, the traditional defenders of church – state strict separation are “increasingly on the defensive, legally and politically.”46 From a legal standpoint, it appears as if the Supreme Court is on the verge of replacing the principle of strict separation with a very different constitutional principle, one that demands equal treatment for religion. Although it may be too much to hope that the Court will repudiate the entire Everson – McCollum rationale of the meaning of the establishment clause, it is quite likely that that principle will suffer significant erosion. And we may get some definitive answers soon. In fact, last year, the Supreme Court, in Zelman v. Simmons-Harris,47 held that a state program that provided 45 See e. g., Bernard G. Prusak, Politics, religion & the public good: an interview with philosopher John Rawls, Commonweal, Sept. 25, 1998; available at http:// www.commonwealmagazine.org/19998/980925/98092512.htm. 46 Jeffrey Rosen, Is Nothing Secular?, N.Y. Times, Jan. 30, 2000, § 6 at 40. 47 122 S. Ct. 2460 (2002).

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“tuition aid for students in kindergarten through third grade, expanding each year through eighth grade, to attend a participating public or private school of their parent’s choosing [even if it is a religious school]”48 did not offend the Establishment Clause of the United States Constitution.49 The beneficiaries of the tuition assistance were “defined only by financial need and residence in a particular school district”50 and the state was not endorsing religion when it gave the freedom to the beneficiaries in choosing which school they wanted their children to attend.51 In arriving to this decision, the Zelman court to some degree, repudiated, or at least weakened, the Everson-McCollum rational and its legacy.52 School vouchers are likely to be the watershed issue in the development of church-state jurisprudence in the twenty-first century, and Zelman’s ruling is the first step to returning to jurisprudence more in line with what the text and history requires and what the founders originally intended. As the Court prepares to do this, I would like to add a final comment, drawn from the theology of the great Protestant theologian, Karl Barth: fundamental to Barth’s theology was the belief “that if we get God wrong – we get everything wrong – our politics, our science, our art, our very lives.”53 To that I would add that if we get our relationship to God and to religion wrong in our Constitution, then we will get wrong everything else of importance that we deal with – our politics, our science, our art, our lives, and the very culture we imbibe. Summary This article explores the reasons for the confusion of the Supreme Court’s decisions in interpreting the Religion Clauses of the First Amendment to the United States Constitution and its inability to remain consistent in this area of the law. First, the role of the law and culture in shaping the societal and judicial views in the United States is discussed. Then, the jurisprudence of the last fifty plus years is reviewed, with a focus on Everson v. Board of Education of Ewing Township and McCollum v. Board of Education of Champaign, the two cases that signified the break from the traditional understanding and interpretation of 48

Id. at 2463. Id. at 2462–63. 50 Id. at 2473. 51 Id. 52 Although Justice Rehnquist argued that this case was in line with rationale in Everson which, contrary to Justice Souter’s interpretation of the case in his dissent, “requires the state to be a neutral in its relations with groups of religious believers and non-believers; it does not require the state to be their adversary.” Id. at 2476 (internal citation omitted). 53 Stanley Hauerwas, Karl Barth: Dogmatics in Outline, First Things, March 2000, available at http://www.firstthings.com/ftissues/ft0003/articles/barth/html. 49

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the constitutional law of church and state. These cases are discussed in detail, with an emphasis on how they drove a wedge between the church and state without any basis in history or sound legal thinking. Finally, a solution on how to restore the original meaning of the Religion Clauses of the First Amendment is proposed and consideration is given to the possible direction for future legal developments in this area of the law. Zusammenfassung Der Artikel geht den Gründen nach für die Konfusion, die die Entscheidungen des Supreme Court hinsichtlich der Interpretation der Religionsklauseln des First Amendment der Verfassung der Vereinigten Staaten hervorgerufen haben, ebenso für die Unfähigkeit des Obersten Gerichts, in dieser Rechtsmaterie konsistent zu bleiben. Zunächst wird die Rolle von Recht und Kultur bei der Ausbildung der gesellschaftlichen und juristischen Auffassungen in den Vereinigten Staaten diskutiert. Es folgt eine kritische Sicht der Rechtsprechung der letzten 50 Jahre mit dem Schwerpunkt auf den Fällen Everson v. Board of Education of Ewing Township und McCollum v. Board of Education of Champaign – jenen zwei Fällen, die einen Bruch mit dem traditionellen Verständnis und der Interpretation des Verhältnisses von Kirche und Staat markieren. Diese Fälle werden im Detail analysiert unter besonderer Berücksichtigung der Frage, wie auf diese Weise ein Keil zwischen Kirche und Staat getrieben wurde, ohne daß es dafür einen Anknüpfungspunkt in der Geschichte oder im vernünftigen Rechtsempfinden gegeben hätte. Schließlich wird ein Weg aufgezeigt, wie der ursprüngliche Sinn der Religionsklauseln des First Amendment wiederhergestellt werden kann. Darüber hinaus werden Überlegungen angestellt, in welche Richtung künftig gesetzliche Entwicklungen auf diesem Gebiet des Rechts gehen können.

Die Ausstrahlungswirkung der Religionsfreiheit auf das Kulturverfassungsrecht des säkularen Staates* Von Martin Heckel I. Die Problematik 1. Die Kulturpolitik und das Kulturverfassungsrecht der Bundesrepublik werden sich in Zukunft vermutlich wachsend mit religionsrelevanten Problemen konfrontiert sehen. Das ergibt sich zum einen aus der fortschreitenden Säkularisierung des allgemeinen Geisteslebens und Empfindens, zum anderen aus dem zunehmenden Pluralismus und Schwund der religiösen Homogenität in der Bevölkerung, insbesondere auch aus der Ausbreitung des Islam in Europa. Die Wirkung der christlichen Verkündigung, die das allgemeine Lebensgefühl nach dem Zweiten Weltkriege in der Reaktion auf die totalitäre Herrschaft nachhaltig prägte, hat unübersehbar abgenommen. Der Einfluß der Großkirchen auf das öffentliche Leben ging in der Bundesrepublik schon seit Jahrzehnten zurück; in der DDR wurde er durch eine scharfe antireligiöse Kulturpolitik so massiv bekämpft, daß die Christen dort zur Minderheit geworden sind. Vor allem in den neuen Bundesländern wird die Forderung nach einer strikten Trennung des Staates von den Religionsgemeinschaften im laizistischen Sinne laut. Aber auch im Westen ist der Ruf nach schärferer Trennung mit unterschiedlichen Tendenzen zu hören, darunter selbst aus manchen kirchlichen Kreisen, welche die institutionelle Verbindung mit dem weltlichen Staat als erstickende Umarmung und als Versuchung zur weltlichen Verfälschung des reinen Glaubenszeugnisses empfinden – man denke an die Schwierigkeiten der katholischen Kirche mit der Schwangerenberatung und der evangelischen Kirche mit der Militärseelsorge und dem Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen. – Sodann bringt die massive Verbreitung des Islam brisante Herausforderungen für die staatliche Kulturgestaltung in Schule, Hochschule und Bildungswesen mit sich, deren christliche Wurzeln auch in ihrer säkularen Gestalt dem Islam ganz fremd sind. Sie verschärfen sich durch die Spaltung der Muslime in verschiedene Glaubensrichtungen. Sie komplizieren sich weiter durch das Aufkommen neuer Sekten und esoterischer Gruppierungen. * Zur Raumersparnis muß ich auf die ausführlichen Literatur- und Judikaturangaben in meinen zitierten Arbeiten aus dem Staatskirchenrecht verweisen.

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Das hat die strittige Diskussion über die kulturelle Tradition und Identität Deutschlands – als „Leitkultur“ – angefacht und die Frage nach den systemnotwendigen kulturellen Voraussetzungen seines demokratischen und rechtsstaatlichen Integrationsprozesses neu aufgeworfen. Der moderne Kulturstaat muß diesen Herausforderungen mit einer differenzierten Lösung gerecht werden, die einerseits seine weltliche Einheit und Struktur im demokratischen Integrationsprozeß behauptet und die dafür notwendigen Voraussetzungen lebendiger Kultur wahrt, andererseits aber zugleich der Kultur in pluralistischer Offenheit einen weiten staatsfreien Entfaltungsraum im Staat wie in der Gesellschaft eröffnet – also Einheit und Vielheit in rechtlichen Formen der Freiheit und Gleichheit ermöglicht, fördert und schützt. 2. Welche Rolle spielt die Religion im Kulturstaatssystem der Gegenwart? Welcher Kulturbegriff liegt der Verfassung zugrunde? Und wie steht es um die Beziehung zwischen Kultur und Kultus in Staat und Recht? Der Kruzifix-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Mai 19951 hat die tiefere Verfassungsproblematik blitzartig ausgeleuchtet: Die Senatsmehrheit charakterisiert das Kreuz staatlicherseits als „Glaubenssymbol schlechthin“ für „die im Opfertod Christi vollzogene Erlösung des Menschen von der Erbschuld, zugleich aber auch den Sieg Christi über den Satan und Tod und seine Herrschaft über die Welt“, um das Kreuz eben deswegen als unzumutbar für die Andersgläubigen aus der öffentlichen Schule zu entfernen – während die Senatsminderheit, um es in der Schule zu halten, das Kreuz dort nur als „Kulturund Bildungsfaktor“ und „Gemeingut des abendländischen Kulturkreises“ verstanden wissen will. Die Senatsmehrheit beansprucht so, den originär religiösen Charakter des christlichen Dogmas und Symbols mit pointiert theologischen Formulierungen von Staats wegen im profanen Recht für jedermann (gerade auch für die Nichtchristen) authentisch zu definieren – ohne sich durch das Fehlen ihrer Kompetenz hierfür sonderlich gehemmt zu fühlen. Die Senatsminderheit jedoch geht zur Abwehr der damit intendierten Säkularisierung und zur Erhaltung der Religion paradoxer Weise voll in Deckung hinter einen säkularisierten Kulturbegriff. Bei beiden wird die Freiheit der Grundrechtsträger verkürzt, kraft ihrer Religions- und Meinungsfreiheit selbst zu entscheiden, was sie glauben und wie sie religiöse Gehalte und Symbole jeweils für sich bewerten wollen. 3. In allen religiös qualifizierten Phänomenen überlagert sich das Kulturverfassungsrecht in voller Breite mit dem Staatskirchenrecht. Wie ist ihr gegenseitiges Verhältnis zu begreifen? Im Kulturkampf wurde hierum jahrzehntelang er1 BVerfGE 93, 1. Dazu M. Heckel, Das Kreuz im öffentlichen Raum, DVBl 1996, S. 453 (454 f.) = ders., Gesammelte Schriften. Staat Kirche Recht Geschichte, Bd. IV, 1997, S. 1069.

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bittert gerungen2, und die Kulturkampferfahrungen haben beide Rechtsbereiche tief geprägt3. II. Zum Kulturauftrag des säkularen Staates 1. Der Staat der Gegenwart ist ein säkularer Staat. Die Weimarer Verfassung hat 1919 die tausendjährige „Konstantinische Verbundenheit“ von Staat und Kirche aufgelöst, die Staatsaufgaben und Staatsorganisation sowie den Status der Bürger in Unabhängigkeit vom religiösen Bekenntnis konstituiert. Der christliche Staat und das Christentum als Staatsbekenntnis gehören der Vergangenheit an. Nach dem Zusammenbruch der totalitären religionsfeindlichen Systeme in den Jahren 1945 und 1989 hat – rechtlich – keine Restauration des „christlichen Abendlandes“ das liberale, religiös relativierte Staatskirchenrecht von 1919 überwunden. Der Staat hat sich die Entscheidung der theologischen Wahrheitsfrage konstitutionell versagt, das strapazierte ius reformandi in seinen letzten Restformen aufgegeben. Er hält sich aus dem Streit der Religionen und Weltanschauungen nach jahrhundertelangen bitteren Erfahrungen heraus. Er müht sich um religiös-weltanschauliche Neutralität, so verschiedenartig deren Konsequenzen im Kulturverfassungsrecht ausgeformt werden. 2. Das Staatskirchenrecht ist deshalb längst zum säkularen Rahmenrecht4 geworden. Seine staatskirchenrechtlichen Grundbegriffe haben sich dadurch theologisch ganz entleert und ihre Prägung im Sinn der früher dominanten Staatsreligion eingebüßt: „Glaube“, „Bekenntnis“, „Freiheit“, „Religionsausübung“, „Religionsgesellschaft“, „Amt“ und „Kirchengut“ sind heute durch Art. 4 und 2

E. R. Huber. Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. IV, 1969, S. 637–831. M. Heckel, Kulturkampfaspekte. Der Kulturkampf als Lehrstück modernen Staatskirchenrechts, in: FS Mikat, 1989, S. 545–563 = ders., Ges. Schr.(Fn. 1), Bd. III, 1997. S. 471–489. – Wird das Kulturverfassungsrecht in Deutschland, das sich die Pflege der Kultur in liberaler Weite und pluralistischer Unvoreingenommenheit zum Ziele setzt, beeinträchtigt durch kulturfremde staatskirchenrechtliche Beschränkungen, etwa durch überholte dogmatische Bindungen, traditionelle Kirchenprivilegien und Traditionsreste des christlich-monarchischen Obrigkeitsstaates? Oder wird das deutsche Staatskirchenrecht durch das Kulturverfassungsrecht im kulturellen und religionssoziologischen Kontext minimalisierend entwertet? Führen die Spannungen in einen unüberbrückbaren Widerspruch? Oder lassen sie sich zum normativen Ausgleich bringen, so daß sich die geistliche Freiheit und Bindung in den weiten weltlichen Rechtsformen des säkularen Staates unverfälscht und unverkürzt entfalten läßt? Und wie ist der Kulturbegriff der Verfassung in der verwaltungsrechtlichen Konkretisierung umzusetzen? Zu welchen Konsequenzen führt dabei die Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften, die (positive wie negative) Religionsfreiheit, die Neutralität und Säkularisierung des Staates und des Rechts, das Pluralismusproblem? 4 Dazu Heckel, Kontinuität und Wandlung des deutschen Staatskirchenrechts unter den Herausforderungen der Moderne, ZevKR 44, 1999, S. 340 (347 ff., 360 ff.).; ders., Religionsfreiheit, Ges. Schr. Bd. IV (Fn. 1), S. 647 (676 ff.); P. Kirchhof, Der Beitrag der Kirchen zur Verfassungskultur der Freiheit, FS Heckel, 1999, S. 775 (782, 790). 3

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140 GG i.V. m. Art. 3 III GG konfessionell neutral im Sinne aller Religionen und für alle Religionen gewährleistet. Jedweder Glaube, Irrglaube, Aberglaube, Unglaube ist gleichermaßen ohne staatliche Wertung seiner religiösen Dignität und Seriosität geschützt5. 3. Der Kulturstaatsauftrag des Staates ist heute in der Staatsrechtslehre6 unbestritten und auch vom Bundesverfassungsgericht mit plakativem Pathos bestätigt worden7. Aber dessen normative Verortung und Bedeutung bereitet der Lehre Verlegenheiten, zumal dem Grundgesetz eine eigene Kulturstaatsklausel8 als Staatszielbestimmung bekanntlich bis heute fehlt. Klarheit schafft nur die schärfere Unterscheidung zwischen der Staatstheorie und dem Verfassungsrecht: Staatstheoretisch ist es evident, daß jeder Nationalstaat auf einer Nationalkultur beruht; desgleichen bedarf die supranationale Öffnung und internationale Einbindung der europäischen Nationalstaaten einer entsprechenden Offenheit ihres Kulturverständnisses und ihrer Kulturaktivitäten. Freiheitliche Demokratie ist lebensfähig nur kraft der lebendigen Bejahung und Bekräftigung ihrer metajuristischen Kulturvoraussetzungen durch ihre Bürger9. Das setzt in der Gesell5

BVerfGE 12,1 (4); 12,45 (56); 32,98 (106); 33,23 (29); 52,223 (239); 74,244 (252). Zur Kulturstaatlichkeit vgl. richtungweisend Ernst Rudolf Huber, Zur Problematik des Kulturstaates, 1958; Thomas Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, 1969; Ulrich Scheuner, Die Bundesrepublik als Kulturstaat, in: Bitburger Gespräche, Jg. 1977/78, S. 113 ff.; Udo Steiner/Dieter Grimm, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, in: VVDStRL 42, 1984, S. 7 ff., 46 ff.; Peter Häberle, Kulturverfassungsrecht im Bundesstaat, 1980; ders. (Hrsg.), Kulturstaatlichkeit und Kulturverfassungsrecht, 1982; ders., Verfassungslehre als Kulturwissenschaft, 2. Aufl., 1998; ders., Das Problem des Kulturstaats im Prozeß der deutschen Einigung, JöR NF 40, 1991/92, 292–499; Werner Maihofer, Kulturelle Aufgaben des modernen Staates, in: E. Benda/W. Maihofer/H. J. Vogel (Hrsg.), HdbVerfR, 1983, S. 953 ff., 973; Udo Steiner, § 86 Kulturpflege, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. III, 1988, S. 1235 ff.; Thomas Oppermann, § 135 Schule und berufliche Ausbildung sowie ders., § 145 Forschung und Lehre, HStR Bd. VI, 1989, S. 329 ff., 809 ff.; Erhard Denninger, § 146 Freiheit der Kunst, HStR Bd. IV, 1989, S. 847 ff.; Max-Emanuel Geis, Kulturstaat und kulturelle Freiheit, 1990, S. 15 ff., 181 ff., 201 ff.; Klaus Stern, Kulturelle Werte im deutschen Verfassungsrecht, FS Hekkel, 1999, S. 857 (860 ff., 865). – Zu den staatskirchenrechtlichen Beziehungen s. Hekkel, Staat Kirche Kunst, 1968, S. 125 ff.; ders., Die theologischen Fakultäten im weltlichen Verfassungsstaat, 1986, S. 17 ff., 326 ff.; ders., Religionsbedingte Spannungen im Kulturverfassungsrecht, in: Festschrift für H. Maurer, 2001, S. 351–379; Alexander Hollerbach, § 140 Freiheit kirchlichen Wirkens, HStR Bd. VI, 1989, S. 595 ff. 7 BVerfGE 36, 321 (331); 35 79 (114); ferner Stern (Fn. 6), S. 859, Fn 10 ff., Steiner (Fn. 6), S.13. 8 Dazu Oppermann, Ergänzung des Grundgesetzes um eine Kultur(Staats)Klausel?, FS Bachof 1984, S. 3 ff; Steiner (Fn. 6), S. 38. In der Staatsrechtslehre wurde der Einfügung einer Kulturstaatsklausel in die Staatszielbestimmungen des Art. 20 und 28 GG überwiegend mit Skepsis begegnet, weil sie im Ergebnis wenig nütze, aber zu Mißdeutungen im bundesstaatlichen Kompetenzgefüge und im Gewaltenteilungssystem verleite. 9 Grimm, VVDStRL 42 (1984), S. 58 ff., 64 ff., aus der Diskussion dort z. B. Badura, S. 105; Brohm, S. 106 f., Böckenförde, S. 108 ff.; Püttner, S. 136 ff. 6

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schaft das Funktionieren komplexer kultureller Traditions-, Reproduktions-, Innovationsvorgänge in stets erneuerter Sinndeutung und kritischer Wertbegründung voraus; und das erfordert die personale Sozialisation des Einzelnen, die ihn zu selbstverantwortlichem, sinnhaftem und wertbegründetem Handeln fähig macht. Kultur ist fraglos die Existenzvoraussetzung für den Integrationsprozeß des Verfassungslebens und für die Legitimation der Verfassungsordnung, desgleichen für die Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit der Bürger. Verfassungsrechtlich jedoch enthält diese staatstheoretische Allgemeinaussage keine hinreichenden Maßstäbe für die Konkretisierung des Kulturstaatsauftrags. Sie finden sich zum einen in den kulturrelevanten Kompetenzen10 von Bund, Ländern, Gemeinden und anderen Trägern, zum anderen in den kulturell einschlägigen Grundrechten, die als Abwehrrechte und als objektivrechtliche Elemente und Leitprinzipien des Verfassungsrechts11 die Kulturstaatstätigkeit inhaltlich entscheidend prägen und begrenzen. 4. Dem Grundgesetz liegt keineswegs – wie früher angenommen – ein einheitliches System der Kulturstaatlichkeit zugrunde, das durchgängig nach gleichen Prinzipien ausgestaltet sein soll12. Die Unterschiedlichkeit der kulturstaatlichen Bereiche ist im geltenden Kulturverfassungsrecht fundamental: Die Kunst ist im Prinzip staatsfrei. Die Hochschule hingegen ist staatlich verfaßt, aber mit korporativen Autonomiestrukturen und Abwehrfreiheiten wie Leistungsansprüchen der staatlich berufenen Wissenschaftler ausgestattet. Der Schule jedoch fehlen diese Autonomiestrukturen und ebenso diese Abwehrfreiheiten und Leistungsansprüche, da die Lehrer unter der staatlichen Programmgestaltung und intensiven Schulaufsicht stehen. Und ebenso fehlen diese etwa dem Theater, den Museen und vielen anderen öffentlichen Einrichtungen des anstaltlich verfaßten Bildungs- und Kulturbetriebs. 5. Der Kulturstaatsauftrag der Verfassung und sein Kulturbegriff ist deshalb nur im bereichsspezifischen13 Verständnis zu erfassen14. Die Suche nach einem maßgeblichen Oberbegriff und Grundprinzip der Kulturstaatlichkeit in der Verfassung führt in die Irre15, weil sie das kulturstaatliche Spektrum des Grundge-

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Statt anderer Steiner, VVDStRL 42 (Fn. 6), S. 19 ff. Steiner; VVDStRL 42 (Fn. 6), S. 16, 19 ff.; Grimm; VVDStRL 42 (Fn. 6), 72, 81; Zacher; VVDStRL 42 (Fn. 6 Disk.), S. 100. 12 Das hat sich als Ergebnis der neueren Diskussion herausschält. Vgl. Geis (Fn. 6), S. 204; Stern (Fn. 6), S. 862. 13 Geis (Fn. 6), S. 204; Stern (Fn. 6), S. 860. Auf die Notwendigkeit der Differenzierung wurde schon in der Diskussion der Staatsrechtslehrertagung 1983 nachdrücklich hingewiesen, VVDStRL 42 (Fn. 6), S. 124 (Leisner), 129 (Heckel), auch S. 100 (Zacher). 14 Vgl. passim Steiner (Fn. 6), S. 9 ff.; Grimm (Fn. 6), S. 58 ff.; Stern (Fn. 6), S. 860 ff. 11

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setzes zumeist auf ein Teilmoment verkürzt, dieses als pars pro toto herausgreift und dann generalisierend verabsolutiert16. Der Begriff des Kulturstaats muß deshalb nicht aufgegeben werden17, besitzt jedoch einen bereichsspezifisch variablen Gehalt. Entsprechend werden seine verschiedenen Bereiche vom deutschen Kulturstaat verwaltungsrechtlich in unterschiedlichen Strukturen nach verschiedenartigen Prinzipien und Normen geregelt und betrieben. Keineswegs gilt in allen diesen Teilbereichen jenes „besondere Maß“ an Freiheit, Autonomie und Distanz von staatlicher Zwangsgewalt, in dem die herrschende Lehre18 auf der Fährte der deutschen idealistischen Philosophie das Charakteristikum des deutschen Kulturstaats schlechthin erblikkte19. In der Verfassung ist eben nicht nur das „kulturstaatliche“ Modell Humboldts und Fichtes verwirklicht, so markant es die große Tradition der deutschen Universität trotz aller fragwürdigen hochschulreformerischen Mutationen bis heute prägt20. Es ist charakteristisch für eine facettenreiche, historisch gesättigte und modern emanzipierte Spätkultur, daß sich in ihr Kulturschichten und Kulturvorstellungen verschiedener Herkunft und Richtung überlagern und ihr Existenzrecht behalten. 15 So widmen sich die zahlreichen Entscheidungen des BVerfG zur Kunstfreiheit und Wissenschaftsfreiheit, zu Hochschule, Schule und Rundfunk und Bildungswesen jeweils den speziellen Sachbereichen, ohne diese zu einem übergreifenden Kulturbegriff zusammenzufassen. Vgl. die Übersicht bei Stern (Fn. 6), S. 857, Fn. 10–15. 16 Deshalb ist die Ableitung rechtlicher Folgerungen aus einer allgemeinen staatstheoretischen Definition des Kulturstaatsbegriffs und des Kulturauftrags, wie sie im Gefolge der Schrift Ernst Rudolf Hubers, Zur Problematik des Kulturstaates, 1958, die verfassungsrechtliche Diskussion durch drei Jahrzehnte bestimmte, zurecht auf Kritik gestoßen. – Überzeugend Geis (Fn. 6), S. 15 ff., 181 ff., 201 ff.; Stern (Fn. 6), S. 857 (860 ff., 865). 17 Wie dies Geis (Fn. 6), S. 260, 269, und ihm folgend Stern (Fn. 6), S. 865, vorschlagen. 18 Oppermann, Kulturverwaltungsrecht (Fn. 6), S. 9; Stern (Fn. 6), S. 861. 19 Für die Staatstheorie ist die Besinnung auf den Kulturbegriff und die Kulturaufgabe des modernen Staates wichtig und hilfreich zur kritischen Hinterfragung der Rechtsordnung und Rechtswissenschaft. Deshalb sollte die große Leistung der deutschen Kulturtradition seit den preußischen Reformen des frühen 19. Jahrhunderts und die Vertiefung des Kulturverständnisses durch die deutsche idealistische Philosophie, wie sie die bedeutenden Studien Ernst Rudolf Hubers systematisierend auf den Begriff gebracht haben, auch heute ungeschmälert in Erinnerung bleiben und weiter reflektiert werden. Vgl. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. I, 1957, S. 260 ff.: – Die Verfassungsauslegung aber muß in Nüchternheit erkennen, daß diese Konzeption in der geltenden Verfassungsordnung nur teilweise juristisch realisiert worden ist und unter anderen staats- und kulturphilosophischen Voraussetzungen und Leitgedanken entwickelt wurde. – Zu ihrer Kritik weiterführend insbes. Geis (Fn. 6), S. 20 ff., 48 ff., 82 ff., 120 ff. 20 Dazu Grimm (Fn. 6), S. 58 ff.; Stern (Fn. 6), S. 864. Andererseits Heckel, VVDStRL 42 (Fn. 6, Disk.), S. 130.

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So ist der Kulturbegriff des Grundgesetzes inhaltlich nicht auf ein geistesgeschichtliches Epochenleitbild „der“ Säkularisierung bzw. „der“ Emanzipation (des „Bürgertums“ oder anderer Klassen) festgelegt, wie vielfach im großen kulturhistorischen Gestus angenommen wird21. Ähnliche Bedenken richten sich gegen die Annahme einer zentralen Generalgrundnorm der Verfassung für den staatlichen Kulturauftrag. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Kulturstaatlichkeit und den Kulturförderungsauftrag des Staates aus der Freiheitsgarantie der Kunst und Wissenschaft in Art. 5 III GG gefolgert. Aber die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit umfaßt eben nur einen Teilbereich der Kultur insgesamt. Und aus den Grundrechtsgarantien lassen sich nicht ohne weiteres Leistungspflichten zur realen Grundrechtsentfaltung, geschweige denn staatliche Kompetenzen, ableiten22. 6. Aber gibt es gewisse übergreifende Gemeinsamkeiten der Teilgebiete? Für unsere Frage ist das besonders relevant. Aber auch solche Strukturgemeinsamkeiten lassen sich nicht aus plakativen Allgemeinbegriffen der Staats- und Kulturtheorie ableiten, sondern müssen aus den einschlägigen Verfassungsnormen in juristischer Einzelanalyse erhoben werden: Aus den Grundrechtsgarantien der Art. 4 und 5 ergibt sich insbesondere, daß der freiheitliche Kulturstaat durchgängig die Selbstbestimmung der Bürger und die Eigengesetzlichkeit der religiösen und der kulturellen Sphäre zu achten und zu schützen verpflichtet ist23. III. Staatliche Kulturverantwortung auch für die religiös geprägte Kultur 1. Der säkulare Kulturstaat wird durch die religiös geprägte Kultur vor eine zweifache Herausforderung gestellt: Hat er sich hier auf den säkularen Sektor der Kultur zu beschränken und den religiösen aus der staatlichen Kulturverantwortung auszuscheiden? Wenn nicht: Muß oder darf er dann ihre besonderen religiösen Sachgesetzlichkeiten und Maßstäbe ignorieren bzw. säkularisieren? Diese beiden Formen der Säkularisierung des Kulturbegriffs – durch äußere Eliminierung und innere Verfremdung des Religiösen – werden in anderen Län21 So aber Grimm (Fn. 6), S. 47 ff. – Kritische rechtshistorische und rechtsdogmatische Besinnung hat sich vor geistesgeschichtlichen Kurzschlüssen zu hüten; das gilt vor allem für das Grundproblem der Säkularisierung, wie auch die Debatte um LER in Brandenburg passim erweist. 22 Steiner (Fn. 6), S. 14. 23 Kulturstaatliches Handeln bedarf freilich keiner ausdrücklichen Ermächtigung in einem Spezialgesetz, steht also nicht unter speziellem Gesetzesvorbehalt. Seine Berechtigung muß auch nicht (gleichsam als Kompetenzsurrogat) aus einzelnen Grundrechtsnormen, etwa des Art. 5 III GG als „objektiver Wertentscheidung“ abgeleitet werden, vgl. Steiner (Fn. 6), S. 17; Grimm (Fn. 6), S. 67; Böckenförde, VVDStRL 42 (1984, Diskussion), S. 108.

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dern vielfach praktiziert, zunehmend aber auch in Deutschland mit Verve als Gebot des Grundgesetzes vorgebracht und gegen die Landesverfassungen geltend gemacht: Die Theologie sei von der Universität zu entfernen oder wenigstens aus ihrer Bekenntnisbindung zu lösen, der Religionsunterricht abzuschaffen oder durch Religionskunde im Brandenburger Sinn (LER) zu ersetzen, die staatliche Kulturförderung mit religiösen Bezügen einzustellen. 2. Der deutsche Verfassungsgeber hat beides abgelehnt. Zwei übergreifende Grundsätze lassen sich herausstellen, wenn man das breite Spektrum der modernen Kulturstaatlichkeit durchmustert. Sie werden freilich unterschiedlich konkretisiert. Zum ersten: Die Kulturstaatsverantwortung umfaßt auch den Bereich der religiösen Kultur, ohne diskriminierende Einschränkung. Art. 3 III GG verbietet die Diskriminierung oder Privilegierung aus religiösen und weltanschaulichen Gründen. Der Staat darf deshalb aus Gründen der Gleichheit und Neutralität auch der religiös qualifizierten Kultur weder seinen Schutz noch seine Förderung versagen. Zum zweiten: Die Kulturstaatsverantwortung hat den besonderen religiösen Charakter der religiösen Kultur zu achten und im Rahmen des Kulturschutzes und der Kulturpflege bei der Abwägung mit anderen Rechtsgütern mit dem durch Art. 4 und 140 GG gebotenen Rang zu berücksichtigen. Wie aber soll der weltliche Staat den Sinn des Religiösen bestimmen, wenn es ihm heute im pluralistischen Antagonismus der Religionen weder eindeutig noch einheitlich, sondern mit einer wirren Vielzahl dissonanter Stimmen entgegenschlägt? IV. Respektierung der religiösen Selbstbestimmung durch den säkularen Staat 1. Grundlegend ist hierfür die Religionsfreiheit der Bürger und das Selbstbestimmungsrecht ihrer Religionsgemeinschaften gemäß Art. 4, 140 GG/137 III WRV. Das religiöse Selbstverständnis in der Selbstdarstellung der Grundrechtsträger ist in den staatskirchenrechtlichen und kulturverfassungsrechtlichen Beziehungen entscheidend: Der säkulare, aber freiheitliche Staat hat keine Kompetenz, den Sinn der Religion seiner Bürger eigenmächtig, abweichend von ihrem Selbstverständnis authentisch zu definieren24; so darf er solche religiöse Fremd24 So „kann und darf der weltanschaulich neutrale Staat den Inhalt dieser Freiheit nicht näher bestimmen, weil er den Glauben oder Unglauben seiner Bürger nicht bewerten darf“: BVerfGE 12,1 (4); 12,45 (56); 32,98 (106); 33,23 (29); 52,223 (239); 74,244 (252). – Vgl. P. Kirchhof (Fn. 4), S. 775 (782, 790); Isensee, Das Dilemma der Freiheit im Grundrechtsstaat, FS Heckel 1999, S. 739 (743, 753, 771); Heckel, Kontinuität und Wandlung (Fn. 4), S. 357 ff.; ders., Religionsfreiheit (Fn. 4),

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bestimmung auch nicht seiner kulturverfassungsrechtlichen Schutz- und Pflegetätigkeit als Ziel und Maßstab zugrunde legen25. 2. Das schafft besondere Koordinationsbedürfnisse im Religionsunterricht, den Theologischen Fakultäten, dem Betrieb von kirchlichen Krankenhäusern und Altenheimen, aber u. a. m. Sie erfordern besondere rechtliche Vorkehrungen in Schrankengesetzen und Kirchenverträgen, worauf noch zurückzukommen ist. Diese müssen sie in gewissem Maße an die religiösen Besonderheiten (z. B. die Ordination, den Zölibat) der jeweils betroffenen Religionsgemeinschaft „anknüpfen“, um sie sachgerecht zu regeln, sei es um sie zu beschränken oder auch zu fördern. 3. In der „Anknüpfung“ an das religiöse Selbstverständnis liegt kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 I und III GG. Das wird in den Leitentscheidungen zur Grenze der Schrankengesetze nach Art. 137 III GG in extenso ausgebreitet26; das sollte auch terminologisch präzise ausgedrückt werden27. Die S. 676 ff.; ders., Religionsunterricht in Brandenburg, 1998, S.46, 68 ff. – Dies ist ein Hauptmangel des Brandenburgischen LER-Unterrichts. 25 Der Pluralismus der Religionen, die säkulare Natur des modernen Staates, die Trennung von Staat und Kirche und die Freiheitsgarantien für Kultur und Religion führen so zum gleichen Ergebnis. Der Staat hat ja kein Staatsbekenntnis und deshalb auch kein ius reformandi mehr, kraft dessen z. B. der Kultusminister des weltlichen Staates bei der Lehrplangestaltung des Religionsunterrichts, bei Besetzung der Theologieprofessuren das Wesen des „Katholischen“ oder des „Evangelischen“ richtiger beurteilen könnte als die zuständige Kirchenleitung der betroffenen Religionsgemeinschaft. 26 Vgl. die ausdrückliche und ausführliche Anknüpfung an das katholische Selbstverständnis der Diakonie (bzw. Caritas ) als kirchlicher Aufgabe und des Laien als kirchlichen Mitarbeiters in BVerfGE 24, 236 (249 ff.); 46, 73 (85 ff., 92 ff.); 70, 138 (165); in BVerfGE 42, 312 (335) an das evangelische Verständnis des Pfarramtes; an das kirchliche Verständnis des Gebets als Anrufung Gottes in BVerfGE 52, 223 (238 ff.); an die geistlichen Besonderheiten der Organisationsstruktur kirchlicher Krankenhäuser in 53, 366 (401 ff.); 57, 220 (243 ff.); an die Bekenntnisinhalte des konfessionellen Religionsunterrichts in 74, 244 (252 ff.); an die „glaubensbedingten Anforderungen an die innere Organisation“ einer hierarchischen Religionsgemeinschaft entgegen dem allgemeinen Vereinsrecht in BVerfGE 83, 341 (357 ff.); an das Kreuz als Sinnbild und Symbol des Leidens Christi in BVerfGE 35, 366 (374); 93, 1 (19). 27 Das Bundesverfassungsgericht spricht in vielen neueren Entscheidungen zu Art. 3 III GG korrekt vom „Diskriminierungsverbot“ und von der Unzulässigkeit der „Benachteiligung“ wie der „Bevorzugung“ und vermeidet dabei sorgfältig den irreführenden Ausdruck „Differenzierungsverbot“, vgl. BVerfGE 2, 266 (286); 11, 277 (281); 37, 217 (244); 39, 335 (367); 44, 125 (143); 48, 327 (337); 51, 1 (30); 59, 128 (157, 160); 63, 266 (281, 302 ff.); 64, 135 (157); 75, 40 (69 f.); 83, 341 (354 ff.). – Aber andere, namentlich ältere Entscheidungen sprechen unpräzis von „Differenzierungsverbot“, insbesondere um die traditionelle Benachteiligung der Frau im Familienrecht gemäß der scharfen Maßstabregelung des Art. 3 III GG aufzuheben, vgl. BVerfGE 3, 225 (240 f.); 6, 389 (422, 424); 9, 124 (128 f.); 10, 59 (74); 15, 337 (344 f.); 21, 329 (343); 26, 265 (277); 31, 1 (6); 39, 169 (186); 43, 213 (225); 48, 346 (365); 52, 369 (374); 57, 335 (342, 345). – Jedoch: Eine gleichwertige Differenzierung, wie sie dem Staat zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften gemäß deren Freiheit und

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Lehre irrt, wenn sie das Privilegierungs- und Diskriminierungsverbot zum generellen „Ignorierungsgebot“ und „Anknüpfungs- und Differenzierungsverbot“28 ausdehnen will. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht die Verabsolutierung der „negativen Religionsfreiheit“ zurückgewiesen (in der hessischen Schulgebetsentscheidung), um dies durch die Verpflichtung des Gesetzgebers zur „negativen Religionsgleichheit“ wieder zurückzunehmen. 4. Der unterschiedliche Gebrauch der gleichen Verfassungsnormen durch die verschiedenen Religionsgemeinschaften führt hierbei – notwendig – zu ungleichen Ergebnissen. Der säkulare Staat hat diese auf dem religiösen Feld zu respektieren und nicht durch Staatseingriff nivellierend einzuebnen oder auszugleichen. Die großen Religionsgemeinschaften sind deshalb wegen ihrer Zuwendung zur „Welt“ vielfach anders zu behandeln als die kleinen in ihrer Weltabkehr, die evangelische Kirche bezüglich ihres Amtsverständnisses anders als die katholische, etwa hinsichtlich des Zölibats und der missio canonica des katholischen Religionslehrers oder der Amtspflichten des evangelischen Pfarrers bei der Kandidatur für ein politisches Mandat29. Der Gleichheitssatz der liberalen Verfassungen garantiert die gleiche rechtliche Freiheit zur Entfaltung des Verschiedenen; er erzwingt nicht faktische Gleichheit des sozialen Endzustands, schon gar nicht auf dem religiösen Feld, auf dem der säkulare Staat nicht jedermann den gleichen (bzw. einen gleichwertigen) Glauben zu verpassen hat. 5. Religionsbedingte Grundrechtskollisionen von Individuen und Religionsgemeinschaften muß der Staat in einem normativen Ausgleich30 lösen, welcher der positiven und negativen, individuellen und korporativen Religionsfreiheit

Selbstverständnis geboten ist und in den Entscheidungen zu Art. 137 WRV konsequent entwickelt wird, steht in diesen Urteilen gar nicht zur Diskussion und Entscheidung an. 28 So statt anderer M. Sachs, Grenzen des Diskriminierungsverbotes, 1987, S. 36, 221 ff., 244 ff., 329, 396 ff., 421 ff., 428 ff.; ders., Besondere Gleichheitsgarantien, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V: Allgemeine Grundrechtslehren, § 126 Rn. 20 ff., 37 ff., 59 ff., 70 ff. – Die verfassungswidrige Verabsolutierung der negativen Religionsfreiheit wird damit zum allgemeinen Gebot der Religionsnegierung für den Gesetzgeber fortgesponnen. – Vgl. dazu Heckel, Das Gleichbehandlungsgebot im Hinblick auf die Religion, J. Listl/ D. Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl., 1994, S. 621 (626 ff., 635 ff.). – Differenzierungsverbote finden sich zwar nicht in Art. 3 III GG, aber in manchen besonderen Maßstabnormen wie in Art. 33 III GG, denen jedoch die Spezialbestimmungen über die konfessionsgebundenen Staatsämter (Religionslehrer, Theologieprofessoren) wiederum vorgehen. 29 BVerfGE 42, 312 (335 ff.). 30 Dazu Heckel, Religionsfreiheit (Fn. 4), S. 762 ff., 773 ff., 781 f., 785 ff., und S. 788 ff. mit einer Analyse der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts zu den religionsbedingten Grundrechtskollisionen, insbes. aus dem Schulbereich. Vgl. auch ders., Spannungen (Fn. 6), S. 369 f., auch S. 373 ff., 375 ff.

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der betroffenen Grundrechtsträger jeweils in größtmöglichem Umfang („optimierend“) gerecht zu werden hat. 6. Der deutsche Kulturstaat erreicht dies vornehmlich dadurch, daß er den Bürgern gleichen Glaubens besondere, bekenntnismäßig ausgerichtete Institutionen anbietet, um dort – auf der Basis der Freiwilligkeit – in religiös homogenen Gruppen ihre unterschiedlichen religiösen Bedürfnisse ihrem Bekenntnis gemäß zu befriedigen. In dieser Weise sind der Religionsunterricht, die Theologenfakultäten, die Militärseelsorge organisiert, um die Entfaltung der Religionsfreiheit ohne Behinderung und Benachteiligung von Andersgläubigen und Glaubenslosen zu ermöglichen. Diese Pluriformität des Staatskirchenrecht und Kulturverfassungsrechts entspricht dem Pluralismus der Gesellschaft und Kultur. 7. Diese Separierung nach Konfessionen in Gleichwertigkeit ist kein Verstoß gegen Art. 3 III GG31. Religionsgemeinschaften, welche die staatlichen Angebote des Religionsunterrichts, der Militärseelsorge, der Kirchensteuererhebung usw. nicht annehmen bzw. ihre weltlichen Voraussetzungen (nach Größe, Organisationsgrad, Kulturniveau, Kooperationsbereitschaft) nicht erfüllen, sind nicht diskriminiert, wenn die anderen von diesen staatlichen Hilfen zur Grundrechtsverwirklichung der Religionsfreiheit Gebrauch machen. V. Verschiedene Formen der Freiheitswahrung Im Ergebnis sucht also der deutsche Staat der Freiheit der Kultur wie der Religion gerecht zu werden durch drei unterschiedliche Rechtsformen: 1. In der ersten durch strikte Trennung und Staatsfreiheit der Religion und Kultur, etwa hinsichtlich des Konfirmanden- und Firmunterrichts, des religiösen 31 Wenn alle Religionen dabei durch gleiche Angebote des Staates nach gleichen äußeren Voraussetzungen und Maßstäben gleichbehandelt werden (z. B. hinsichtlich ihrer äußeren Größe, der Mindestschülerzahlen im Religionsunterricht, ihrer Kooperationsbereitschaft mit dem Staat), ist rechtlich nichts dagegen einzuwenden: Der besondere Gleichheitssatz des Art. 3 III GG verbietet eben nur die Privilegierung und Diskriminierung aus religiösen Gründen und Zielen, nicht aber eine streng gleichwertige Verschiedenbehandlung des Verschiedenen, zumal wenn sie – wie hier – um der religiösen Freiheit willen unumgänglich ist. Art. 3 III GG gebietet mithin keineswegs die Ignorierung und Nivellierung des Religiösen, auch wenn dies heute eine verbreitete Fehlinterpretation des besonderen Gleichheitssatzes i. S. eines „Anknüpfungsverbots“ behauptet, vgl. Sachs, Besondere Gleichheitsgarantien, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V, 1992, § 126, S. 1017 ff., Rn. 21, 70 ff., 116; dagegen Heckel, Gleichheit oder Privilegien? 1993, S. 69 ff., 87 ff., 90 ff., auch S. 47 ff., 61 ff. – Die nivellierende staatliche Zwangsfusion der katholischen und evangelischen Theologenfakultäten, wie man sie in Frankfurt 1986 plante, aber auch des Religionsunterrichts, wie sie manche Religionslehrer wünschen, wäre als Verstoß gegen die Religionsfreiheit verfassungswidrig. Heckel, Organisationsstrukturen der Theologie an der Universität, 1987, S. 13 ff., 24 ff., 30, 39 ff., 66 ff.; ders., Theologische Fakultäten (Fn. 6), S. 7 ff., 17 ff., 127 ff., 197 ff., 201 ff., 232 ff., 270 ff.

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Schrifttums, der kirchlichen Kulturveranstaltungen und Kunstsammlungen, der kirchlichen Ausbildungsstätten und Akademien. Der Staat übt hier in kulturellen und religiösen Dingen strikte Enthaltsamkeit und gleichmäßige Distanz von der Religion32 und verweist sie in den außerstaatlichen Bereich. 2. In der zweiten Rechtsform durch neutrale Respektierung und Berücksichtigung des Religiösen gerade auch in der staatlichen Kulturbetreuung. Denn der deutsche Staat hat sich schon im 19. Jh. im Bereich der Kultur nicht auf diese Form der äußeren Trennung von Staat und Gesellschaft beschränkt. Er blieb vielmehr der beherrschende Träger der Erziehung, der große Heger der Wissenschaft an den Universitäten, der Hüter der Kunst in den Museen und der Pfleger der nationalen Baudenkmäler. Die Kultur insgesamt – einschließlich ihrer religiös geprägten Bereiche – blieb dadurch weithin in der Obhut des Staates, seiner Förderung und seinem Schutz anvertraut33. Neutralität kann hier nicht in der gleichmäßigen Ausschaltung der Religion und der sie tragenden Religionsgemeinschaften bestehen, da der Staat die offizielle Religionslosigkeit – d. h. einen praktischen Agnostizismus oder theoretischen Atheismus – nicht zur gemeinsamen Grundlage erheben und nicht in den Fragen der Religion zum Maßstab seines Kulturverständnisses machen darf. Das Grundgesetz verlangt vielmehr Neutralität der „Offenheit“ des Kulturstaats für die religiösen und weltanschaulichen Auffassungen und Gruppierungen der Bevölkerung34. – In 32 Die staatliche Kulturverantwortung äußert sich dabei in der Freigabe der religiösen Kultur von jeder staatlichen Parteinahme, Hinderung und Vergünstigung, Protektion und Schikane; sie beschränkt sich also auf den äußeren Schutz durch das Zivilrecht und die Polizei. Dadurch bleibt hier der Staat von allen religionsbedingten Spannungen unberührt, die ihn seit dem Eintritt des Christentum in den antiken Staat bis ins 20. Jahrhundert umgetrieben haben. – Durch die Art. 3, 4, 5 GG wird ein kulturelles Staatsdiktat (erst recht ein Staatsmonopol) nach dem Leitbild einer autoritativen Staatsideologie und Staatsreligion, Staatskunst und Staatswissenschaft verboten und eine entsprechende Diskriminierung und Indoktrination verwehrt. Steiner (Fn.6), S. 15, Grimm (Fn. 6), S. 72 ff.; Böckenförde, VVDStRL42 (1984 Diskussion), S. 108. 33 Diese zweite Form der staatlichen Kulturverantwortung wurde von der Gesetzgebung der Länder und des Reichs bzw. Bundes so unumstritten wahrgenommen, daß sie in den Verfassungstexten nur in verstreuten Einzelnormen verbürgt zu werden brauchte und dem zuständigen Gesetzgeber deshalb ein weiter Spielraum zur Gestaltung des Kulturbereichs verblieb. 34 „In dieser Offenheit bewährt der freiheitliche Staat seine religiöse und weltanschauliche Neutralität.“ (BVerfGE 41, 29 [50]). – Diese beiden aufgezeigten Formen staatlicher Neutralität stehen selbständig nebeneinander, doch darf keine von ihnen einseitig verabsolutiert werden. Sie widersprechen einander nicht, sondern ergänzen sich auch gegenseitig, ja sind in mannigfachen Kombinationen miteinander verknüpft. So ist etwa die staatliche Kultusverwaltung in ihrer Organisationsstruktur und ihren Amtsfunktionen nach Art. 33 III und Art. 3 III GG gerade auch deshalb konfessionell neutral organisiert (im ersten Sinne der Distanz und Unvoreingenommenheit), damit sie neutral (im zweiten Sinne der Aufgeschlossenheit und Achtung) den unterschiedlichen religiösen Bedürfnissen der Bevölkerungsgruppen und ihrer Religionsgemeinschaften in ihren Entscheidungen über den Religionsunterricht und die theologischen Fakultäten gerecht zu werden vermag. – Aus der ausgedehnten Literatur über die beiden unter-

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diesem Sinne sind der Religionsunterricht, das theologische Fakultätenwesen, das Denkmalrecht, die Diakonie im Sozialstaatssystem u. a. m. von den einschlägigen Verfassungsnormen in ihrer geistlichen Eigenart besonders gewährleistet worden. Theologie und Religionsunterricht sind nun einmal wegen ihres besonderen religiösen Charakters von der Verfassung besonders garantiert. Die Abstrahierung von der Religion ist hier undurchführbar, weil der Staat – aus kulturellen wie verfassungsrechtlichen Gründen – hier das Gesamtspektrum der Kultur nicht durch diskriminierende Eliminierung ihres religiösen Sektors verkürzen und dessen religiöse Eigenart nicht durch Ignorierung der religiösen Sachgesetzlichkeit verfälschen und zerstören darf. Die Freiheit der Kultur wurde also weithin nicht nur durch Ausgrenzung aus dem Staat mit Abwehrund Ausgrenzungsrechten gesichert, weil dies die Kultur dem rüden Konkurrenzkampf der Mächtigen, der Nivellierung und Materialisierung, Vermassung und Vulgarität wie im Privatfernsehen ausliefern würde. Freiheit wird hier durch die freiheitliche Organisation staatlicher Kulturinstitutionen in Formen der körperschaftlichen Autonomie35 gewahrt und überdies durch vielfältige institutionelle und finanzielle Förderungsmaßnahmen für die reale Verwirklichung ihrer Freiheit gesorgt36. schiedlichen Formen der Neutralität im Staatskirchenrecht vgl. insbes. Schlaich, Neutralität als verfassungsrechtliches Prinzip, 1972, S. 131 ff., 157 ff., 169 ff., 192 ff., 212 ff., 221 ff., 233 ff.; ferner: Scheuner, System der Beziehungen von Staat und Kirche im Grundgesetz, in: HdbStKirchR, Bd. 1, 1974, S. 5 (50 ff., 61 ff.); ders., Verfassungsrechtliche Fragen der christlichen Gemeinschaftsschule, in: FS f. Th. Maunz, 1971, S. 307–328 auch in: ders., Schr. zum Staatskirchenrecht, 1973, S. 279–298 (282 ff., 288, 294 ff.); Böckenförde, Religionsfreiheit und öffentliches Schulgebet, DÖV 1966, S. 30 (34 ff.); Heckel, Staat Kirche Kunst (Fn. 6), S. 97 ff., 129, 173 ff., 207 ff.; ders., Die theologischen Fakultäten (Fn. 6), S. 24 ff., 40 ff., 68 ff., 95, 114, 125, 168 ff., 199, 203; ders., Gleichheit oder Privilegien (Fn. 31), S. 41 ff., 65 ff., 80 ff., bes. 85; ders., Religionsunterricht in Brandenburg (Fn. 24), S. 58 ff., bes. S. 60; Hollerbach, Grundlagen des Staatskirchenrechts, HStR, Bd. VI, 1989, § 138 Rn. 80 ff., 95, 101, 113, 127 ff.; v. Campenhausen, Der heutige Verfassungsstaat und die Religion, HdbStKirchR Bd. I, 2. A., 1994, S. 47 (77 ff.); Isensee, Das Dilemma der Freiheit, in: Festschrift f. M. Heckel, 1999, S. 739 (753, 771); P. Kirchhof (Fn. 4), S. 775 (790, 793). – Zu LER als Neutralitätsverstoß Kästner, Religiöse Bildung und Erziehung in der öffentlichen Schule, in: Essener Gespräche 32 (1998), S. 84. 35 Die Rechtsform der Autonomie schützte die Kulturbereiche vor dem Zugriff der politischen Kräfte und wirtschaftlichen Gewalten, ermöglichte die individuelle Entfaltung des geistig Schaffenden in Unabhängigkeit vom Druck des Parteienstaates und vom gesellschaftlichen Gruppendiktat, zog seine Kraft aus dem Ethos der wissenschaftlichen Wahrheitssuche und der Persönlichkeitsbildung, verpflichtete zur humanen und solidarischen Erziehung, äußerte sich in der Bewahrung und Achtung der geistigen Sinnhaftigkeit des kulturellen Werkes. 36 Kulturförderung wurde so als institutionelle staatliche Kulturaufgabe, aber zugleich als institutionelle Hilfe zur Grundrechtsverwirklichung verstanden; dazu dient auch der Religionsunterricht. Vgl. auch P. Kirchhof (Fn. 4), S. 786 ff., 791 ff. So ist der realen Verwirklichung der Grundrechte im Staatskirchenrecht durch die einschlägigen Institutionen seit langem und in vielfältigen Formen Rechnung getragen worden, längst bevor in den späten 1968er Jahren die Grundrechtsverwirklichung durch frag-

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3. Die dritte Form aber ist der Kompromiß in wechselseitiger Toleranz. Sie ist z. B. im gemeinsamen Pflichtunterricht der christlichen Gemeinschaftsschule unumgänglich, wo einerseits maßgebliche religiöse Kulturgemeinsamkeiten zu pflegen sind, aber wegen der negativen Religionsfreiheit der Atheisten und Andersgläubigen ihr religiöses proprium nur begrenzt, auf ihren allgemein zumutbaren Kulturgehalt reduziert, zur Wirkung kommen können37. VI. Säkularisierung des Staates – keine Kompetenz zur Säkularisierung der Kultur Alle religionsbedingten Spannungen münden letztlich aus in die Frage der Säkularisierung des Staates und des staatlichen Kulturauftrags. 1. Auch hier ist der Rechtsbegriff und der dahinterstehende geistesgeschichtliche Vorgang exakt zu unterscheiden. Unbestritten ist der moderne Staat wie auch die Gegenwartskultur insgesamt das Ergebnis eines jahrhundertelangen Säkularisierungsprozesses, der schon im Mittelalter einsetzte, in der frühen Neuzeit durch Renaissance und Glaubensspaltung befördert und in der Aufklärung breit vorangetrieben wurde, im 19. und 20. Jahrhundert den christlichen Obrigkeitsstaat und das Staatskirchentums beseitigte und zur säkularen Verfassungsstruktur der rechtsstaatlichen Demokratie und ihres Bürgerstatus geführt hat. Die Geistesgeschichte kennt eine überbordende Vielzahl divergenter Säkularisierungsbegriffe und -tendenzen, vor allem auf den Spuren Hegels und der rechten wie der linken Hegelianer, in ihrem Gefolge auch ihre fragwürdigen Verwirklichungsversuche durch die modernen Weltanschauungsdiktaturen. In ihnen sind drei klassische Säkularisierungsprogramme – (1) die verweltlichende Anverwandlung und Vereinnahmung der Religion, (2) zum andern ihre prinzipielle Bekämpfung und Verdrängung, (3) zum dritten ihre Ausschaltung durch strikte Ignorierung und radikale laizistische Trennung – in vielen Varianten entwickelt und auch im Kirchenkampf der totalitären Systeme historisch realisiert worden. Schon 1848 wurden diese drei Konzeptionen von den Radikalen in der Paulskirche mit vehementer Verve propagiert. Doch fanden sie ihre entschiedene Ablehnung schon 1848 durch die Erste deutsche Nationalversammlung38 und dann auf deren Spuren durch die Weimarer Verfassung und das Grundgesetz: würdige „Demokratisierungs“- und „Sozialisierungs“-Modelle zu einem rasch verblühenden Modethema geworden ist. Heckel, Religionsfreiheit (Fn. 4), S. 724 ff. 37 Vgl. BVerfGE 41, 29 (50). Ebenso 41, 65 (72 ff., 78); 41, 88 (108 ff.); 52, 223 (226 ff.). 38 Ihre große Mehrheit hat 1848 alle Tendenzen einer etatistischen Zwangsemanzipation, Zwangsliberalisierung und Zwangsdemokratisierung der Religionsgemeinschaften und religiösen Kultur damals entschieden verworfen und eine Lösung des säkularen Ausgleichs in der Freiheit des Religiösen entworfen, der im Staatskirchenrecht von

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2. Der juristische Säkularisierungsbegriff hat seine eigenen, scharf umrissenen Konturen, die streng zu unterscheiden sind von der Vielzahl der philosophie- und geistesgeschichtlichen Säkularisierungskonzeptionen und ebenso von den rechts- und kulturpolitischen Säkularisierungstendenzen in deren Gefolge. Die Säkularisierung des Verfassungsrechts in der deutschen Tradition von 1848, 1919, 1949 beschränkt sich auf den äußeren Rechtsrahmen und bedient sich dafür typischer Rahmenbegriffe39: Die weltliche Verfassung gibt eine säkulare Rahmenordnung, die allen Bürgern und Richtungen der pluralistischen Gesellschaft gewährleistet, in Freiheit und Gleichheit nach ihren eigenen weltanschaulichen und religiösen Maximen zu denken und zu leben, unbehelligt und ungezwungen von fremdem Religions- und Weltanschauungszwang. Die säkularen Grundrechtsgarantien sichern zwar die Emanzipation des Staates und Staatsbürgerstatus aus der konfessionellen Bindung, Privilegierung und Diskriminierung des Staatskirchentums und der Staatskirchenhoheit. Aber weil der pluralistische Staat die religiöse Wahrheitsfrage prinzipiell offen läßt, hat er ihre Entscheidung durch die Religionsfreiheit seinen Bürgern in Selbstverantwortung nach ihrem religiösen Selbstverständnis anheimgegeben40. Die Garantie der Religionsfreiheit des säkularen Staates ist eine offene weltliche Schale, in der die Religion der Grundrechtsträger unverfälscht geborgen und vor dem Zugriff der Staatsgewalt wie auch der konkurrierenden Religionen und Weltanschauungen geschützt, aber auch durch die fundamentalen Schranken der Ver1919 und 1949 wesentlich verwirklicht worden ist. Vgl. Nachw. bei Heckel, Säkularisierung. Staatskirchenrechtliche Aspekte einer umstrittenen Kategorie, ZRG 97, Kan. Abt. 66, 1980, S. 54 ff., 80, 82 ff. = ders., Ges. Schr., Bd. II, 1989, S. 773 (818, 839 ff., 842 ff.). 39 Als solcher entspricht sie der Rahmennatur des modernen pluralistischen Staatskirchenrechts insgesamt. Seine staatskirchenrechtlichen Zentralbegriffe (des Glaubens, der Religion, der Religionsgesellschaft u. a. m.) sind säkulare, abstrahierte Allgemeinbegriffe, welche die Vielzahl der speziellen Glaubensvorstellungen der Religionsgemeinschaften umfassen, um diese alle (trotz ihrer Gegensätzlichkeiten) übergreifend zu schützen und zu begrenzen. Der Grundrechtstatbestand des Art. 4 GG gibt ihnen allen einen allgemeinen Schutzrahmen, der sich in seiner liberalen Weite von den speziellen Glaubensvorstellungen der Religionsgemeinschaften (ihrem religiösem Absolutheitsanspruch) lösen und diese alle in sich schließen muß. 40 Die Säkularisierung der staatskirchenrechtlichen Begriffe und Rechtsformen vereint in sich unterschiedliche Elemente zum abgestimmten Ganzen: Die inhaltliche Relativierung und Entleerung tradierter theologischer Gehalte (aus dem früheren Staatsbekenntnis) hat das Staatskirchenrecht auf allgemeine, (in theologischer Hinsicht) inhaltsleere Rahmenformen reduziert. Deren „Ausfüllungsbedürftigkeit“ verweist Bezug nehmend auf das Selbstverständnis der betreffenden Bürger und Religionsgemeinschaft, das der Staat durch seine säkularen Rahmenformen schützt. – Zu diesen Varianten im einzelnen Heckel, Säkularisierung (Fn. 38), S. 127 ff., 133 ff., 138 ff., 143 ff., 147 ff. = ders., Ges. Schr., Bd. II, S. 880 ff., 885 ff., 890 ff., 893 ff., 897 ff.; ders., Kontinuität und Wandlung (Fn. 4), S. 371; ders., Religionsunterricht in Brandenburg (Fn. 24), S. 57. – Für die Nachweise zur Geschichte vgl. im einzelnen ders., Säkularisierung (Fn. 38), S. 40 ff., 54 ff., 80, 82ff, 149 ff. = ders., Ges. Schr., Bd. II, S. 805 ff., 818, 839 ff., 842 ff., 899 ff.

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fassung begrenzt sein soll. M. a. W.: Die Pointe des juristischen Säkularisierungsbegriffs liegt im säkularen Schutz des Religiösen – und damit gerade auch in der Abwehr ideologischer Säkularisierungsversuche. Im Spiegelbild entspricht dies seit 1919 der Abwehr der konfessionellen Fremdbestimmung durch die frühere Staatskirche. Säkularisierung des Rechts bedeutet im freiheitlichen Rechtsstaat Selbstbeschränkung des säkularen Staates auf das Säkulare. Art. 4, 3 III und 140 GG / 137 Abs. I und III WRV verwehren, daß sich der säkulare Staat als säkularisierender Staat geriert und das Religiöse bekämpft oder verfälscht. Die Säkularisierung bedeutet hier Rahmensäkularisierung der Rechtsform, nicht Substanzsäkularisierung der Kultur. Deshalb darf der Staat die religiösen Momente der Kultur weder in radikaler Trennungsideologie ignorierend übergehen noch säkularisierend eliminieren. Denn auch die unumgänglichen Beschränkungen der Religionsfreiheit sind nur aus Gründen des weltlichen Gemeinwohls zulässig41. Die Grundrechtsgarantie gibt dem Grundrechtsträger nicht nur einen Freiraum im höchstpersönlichen Bereich, sondern entfaltet auch eine eminente Ausstrahlungswirkung42 auf das Gesamtgebiet des staatlichen Rechts, gerade auch auf das komplexe Gefüge der Kulturstaatlichkeit. Insoweit ist die Kulturgestaltungskompetenz der staatlichen Gesetzgebung und Verwaltung durch die Ausstrahlungswirkung der Religionsfreiheit bestimmt und begrenzt. Philosophen wie Hans Blumenberg und Hermann Lübbe täuschen sich43, wenn sie in den Kirchengutssäkularisationen (etwa von 1803) den „Prototyp“ der Säkularisierung des Rechts schlechthin erblicken und deshalb ihre Definition der Säkularisierung des modernen Staates am Leitbild des staatlichen 41 Zum Schutz der Grundrechte Dritter und vorrangiger Verfassungsgüter (insbes. des interreligiösen Friedens), nicht aber aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen und Zielen, wie dies etwa im Kulturkampf des 19. Jhs. und im Kirchenkampf des 20. Jhs. geschah. – Zur Schrankenproblematik vgl. Hesse, Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, HbStKirchR., 2. A. 1994, S. 543 ff, 549 ff.; Heckel, Religionsfreiheit (Fn. 4), S. 753 ff., 757. 42 Vgl. BVerfGE 24, 236 (245 ff., 248, 251); 32, 98 (109); 35, 366 (375 f.); 46, 73 (95); 46, 266 (267); 53, 366 (399, 401); 66, 1 (22); 70, 138 (163 ff., 167 ff.); 83, 341 (356 ff.). Vgl. die Übersicht bei Heckel, Religionsfreiheit (Fn. 4), S. 715 ff., 742 ff., 799 ff.; ders., Kontinuität und Wandlung (Fn. 4), S. 380; ders., Religionsbedingte Spannungen (Fn. 6), S. 255 ff., 259 ff. – Die Ausstrahlungswirkung ist insbes. für das Kulturverfassungsrecht und im Bereich der staatlichen Erziehung aktuell: BVerfGE 41, 29 (50); 41, 65 (78); 41, 88 (107 ff.); 52, 223 (236 ff.) betonen die „Offenheit“ gegenüber dem Pluralismus religiöser Anschauungen und die Verletzung des Neutralitätsgebotes und der Glaubensfreiheit durch die „Ausschaltung aller religiösen und weltanschaulichen Bezüge“ des Erziehungswesens. 43 Hans Blumenberg, Säkularisierung und Selbstbehauptung, 2. Aufl., Frankfurt 1979, S. 31 ff.; Hermann Lübbe, Säkularisierung, 2. Aufl., Freiburg/München 1975, S. 14. – Dazu Heckel, Säkularisierung (Fn. 38), S. 4 ff., 27 ff., 74 ff., 77 ff. = ders., Ges. Schr., Bd. II, S. 774, 793 ff., 835 ff., 837 ff.

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Kampfes gegen die Kirche und der gewaltsamen Einverleibung ihres (materiellen und immateriellen) Vermögens ausrichten. Deren metaphorische Verallgemeinerung führt in die Irre, denn die rechtsstaatliche Verfassung hat bekanntlich Kirchengutssäkularisationen durch das Säkularisationsverbot ihrer Kirchengutsgarantien paradigmatisch untersagt – durchaus in Übereinstimmung mit der Religionsfreiheitsgarantie 44. VII. Organisatorische Konsequenzen im Staatskirchen- und Kulturverfassungsrecht 1. Weil der säkulare Staat keine Kompetenz für religiöse Entscheidungen und Maßstäbe besitzt, kann er – wo es um Eingriffe in die Religionsfreiheit der Bürger und/oder ihrer Religionsgemeinschaften geht – die religiöse Seite der religiös qualifizierten Kulturerscheinungen nicht mehr45 aus eigener Vollmacht über den Kopf der Betroffenen hinweg, d. h. nicht im Gegensatz zu ihrem religiösen Selbstverständnis entscheiden46. – Er kann diese Fragen auch nicht zur Disposition der einzelnen verbeamteten Staatsdiener stellen, weil der Religionslehrer, Universitätstheologe, Denkmalspfleger usw. hier nicht in seiner freien individuellen Grundrechtsentfaltung, sondern in staatlichen Amtsfunktionen47 tätig wird, deshalb an deren Kompetenzen und Grenzen gebunden ist und die Religionsfreiheit der anderen, d. h. der Bürger wie der Religionsgemeinschaften, nicht beeinträchtigen darf. 44 Heckel, Säkularisierung (Fn. 38), S. 80 ff., 127 ff., 133 ff. = ders., Ges. Schr., Bd. II, S. 840 ff., 880 ff., 885 ff. 45 Im scharfen Gegensatz zum christlichen Obrigkeitsstaat, der dies jahrhundertelang kraft der göttlichen Berufung des Herrschers (gerade auch zur Korrektur versagender geistlicher Gewalten durch seine Kirchenvogtei und sein ius reformandi) in Anspruch nahm und dies über die staatliche Ausrichtung der theologischen Fakultäten und des Religionsunterrichts realisierte. – Die Versuche mancher Theologen (mit progressivem Sendungsgefühl) innerkirchliche Reformen gegen den Widerstand ihrer „Amtskirche“ mit Hilfe des säkularen Staates über die Besetzungspolitik der Theologenfakultäten durchzusetzen, verkennen die historische Entwicklung und systematische Struktur des Staatskirchenrechts. 46 Die Verwandlung der Theologie in allgemeine Religionswissenschaft bzw. Religionskritik, des Religionsunterrichts in konfessionslose Religionskunde, der Sakraldenkmäler mit liturgischer Funktion in „Kirchenmuseen“ (sowjetischen Musters) widerspräche den Freiheitsgarantien des Art. 4 und 5 III GG und dem Verbot der religiösen Diskriminierung bzw. ideologischen Privilegierung nach Art. 3 III GG. Vgl. Heckel, Der Rechtsstatus der theologischen Fakultäten im freiheitlichen, religiös neutralen Verfassungsstaat, in: A. Franz (Hrsg.), Bindung an die Kirche oder Autonomie?, 1999, S. 44 (59 ff.). 47 Nicht aber aufgrund seines Grundrechts aus Art. 4 und 5 GG, das ihm persönlich die Freiheit der Amtsübernahme und Amtsaufgabe garantiert, jedoch als Abwehrrecht keinen Leistungsanspruch auf Verleihung des Amtes und Veränderung seines konfessionsbestimmten Charakters, geschweige denn auf Beeinflussung der Schüler und Studenten abweichend von ihrem religiösen Bekenntnis verleiht.

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2. So ist der Kulturstaat in diesen grundrechtsrelevanten Bereichen auf die Koordination und Kooperation mit den betroffenen Religionsgemeinschaften angewiesen. Diese Kooperationspflicht ist in den sensiblen Fragen des Religionsunterrichts und des theologischen Fakultätenrechts aus den historischen Erfahrungen heraus in den Bundes- und Landesverfassungen vorgezeichnet und in den Kirchenverträgen48 konkretisierend ausgestaltet worden. Was die göttliche Offenbarung im evangelischen bzw. im katholischen Selbstverständnis bedeutet und verlangt, kann nur die evangelische bzw. die katholische Kirche (und jeweils nur für sich!) bestimmen. Der weltliche Staat hat dies als „Unternehmer“ des Religionsunterrichts nach Art. 7 III GG als maßgeblich zugrunde zu legen, soweit es um die spezifisch religiösen Elemente und Maßstäbe der Lehrplangestaltung, Religionslehrerausbildung und -bestellung geht. Hingegen muß er sich die Fülle der weltlichen Aspekte und Kriterien (des pädagogischen und wissenschaftlichen Niveaus, der Schulorganisation und Schulaufsicht, des Beamten- und Disziplinarrechts) zur eigenen, demokratisch verantworteten Entscheidung vorbehalten und insoweit kirchliche Übergriffe zurückweisen. – Entsprechend ist für ihn die kirchliche Stellungnahme über die Grenze des „Katholischen“ bzw. „Evangelischen“ bei der Berufung von Universitätstheologen maßgeblich, weil ihm die Kompetenz fehlt, über die spezifisch religiöse Seite der Eignung für das evangelische bzw. katholische theologische Lehramt zu befinden, d. h. die Inhalte und die Reichweite der kirchlichen Lehre und Lehrverpflichtung etatistisch festzustellen. 3. Die weltlichen Rahmenbegriffe des freiheitlichen Staatskirchenrechts und Kulturverfassungsrechts (Glaube, Bekenntnis, Religion, Religionsunterricht, Theologie usw.) haben insoweit eine Verweisungsfunktion auf das religiöse Selbstverständnis49 – weil eben der freiheitliche Kulturstaat bei der Beschäftigung mit religiösen Phänomenen und Institutionen nicht zur religiösen Sinndeutung zuständig50 ist, sondern die Religionsfreiheit der betroffenen Bürger und Religionsgemeinschaften achten muß und den hohen Wert dieser Grundrechte in der Abwägung mit seinen Gemeinwohlbelangen zu berücksichtigen hat. 48 Vgl. die missio canonica bzw. Vokation bei der Anstellung von Religionslehrern sowie das bischöfliche nihil obstat bzw. Votum ev. Kirchenleitungen bei der Berufung der Theologieprofessoren; Heckel, Theologische Fakultäten (Fn. 6), S. 48 ff., 84 ff., 94 ff.; ders., Der Rechtsstatus des Religionsunterrichts, Teil I, Z. f. Theol. u. Kirche 96 (1999), 525 (552). – Lücken auf diesem und anderen Feldern sind in verfassungskonformer Interpretation der gesetzlichen Regelung und Verwaltungspraxis zu schließen. 49 Darin liegt kein überholtes Relikt des christlichen Obrigkeitsstaates, wie manche meinen. Das ist vielmehr die Folge der Selbstbeschränkung der säkularen Staatsfunktionen auf den säkularen Rahmen und ergibt sich gerade aus der Trennung, aus der Säkularisierung und aus der relativierten Religionsfreiheitsgarantie im pluralistischen modernen Staatskirchenrecht. 50 Vgl. oben Fn. 24.

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4. Das „Trennungsprinzip“ (exakter formuliert: das „Verbot der Staatskirche“ in Art. 140 GG/ 137 I WRV) steht dieser ihrer Koordinierung nicht entgegen, sondern erfordert sie. Denn das deutsche Verfassungsrecht verlangt nicht Bereichstrennung in geschiedene staatliche und kirchliche Materien; die Religionsgemeinschaften und der Staat betätigen sich wetteifernd vielfach in denselben sozialen und kulturellen Bereichen. Die Konkurrenz und Überlagerung ihrer Aktivitäten ist charakteristisch für die Ordnung des freiheitlichen Sozial- und Kulturstaates. – Aber das Verbot der Staatskirche in Art. 140 GG/ 137 I WRV befiehlt die exakte Trennung ihrer Kompetenzen, Maßstäbe und Verantwortlichkeiten51: Wo sich der Staat und die Kirche in der gemeinsamen Pflege geistlichweltlicher Sinneinheiten treffen, muß sich der Staat auf die weltlichen, die Kirche auf die geistlichen Aspekte und Maßstäbe beschränken, dabei die einschlägigen Kriterien und Entscheidungen der anderen Seite anerkennen und sie insoweit der eigenen Entscheidung zugrunde legen. So wahrt die Trennung die ungeschmälerte Kulturhoheit und Kulturverantwortung des Staates und zugleich die geistliche Selbstbestimmung der Religionsgemeinschaften und der Bürger. Diese Trennung, gegenseitige Anerkennung und Rezeption, Koordination und Kooperation hat sich in den sensiblen Kulturbereichen der religiösen Erziehung und der Universitätstheologie reibungslos eingespielt. 5. Selbstsäkularisierung wird mithin weder den Bürgern insgesamt noch ihren Religionsgemeinschaften abverlangt – im freiheitlichen Kultur- und Rechtsstaat wird sie keineswegs gleichsam als Preis der kulturstaatlichen Förderung geschuldet. Theologen, Religionslehrer und Kirchenleitungen irren, wenn sie sich dazu im vorauseilenden Gehorsam vom weltlichen Verfassungsrecht verpflichtet wähnen52, etwa die Theologie in allgemeine Religionswissenschaft, den Religionsunterricht in konfessionslose Religionskunde verwandeln zu müssen glauben. 51 Vgl. BVerfGE 42, 312 (330 ff.); 46, 73 (85); 74, 244 (251ff.). – Dazu K. Hesse, Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: E. Friesenhahn/U. Scheuner (Hrsg.), Handbuch der Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 1. Aufl. 1974, S. 409 (441), 2. Aufl. 1994, S. 543; Heckel, Die Kirchen unter dem GG, VVDStRL 26, 1968, S. 36 ff., 43 ff.; ders, Staat, Kirche, Kunst, Rechtsfragen kirchlicher Kulturdenkmäler, Tübingen 1968, S. 10, 138 ff., 173 ff., 204, 232; ders., Theologische Fakultäten (Fn. 6), S. 31, 47, 51 f., 114 ff., 203, 227, 300 ff., 329, 343, 380; A. Hollerbach, Theologische Fakultäten und staatliche Pädagogische Hochschulen, in: J. Listl/D. Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. 1995, S. 549 ff. (564, 565 ff., 569, 571 ff.); E.-L. Solte, Theologie an der Universität, 1971, S. 80, 91 f., 154, 186 ff., 191; Ch. Link, Religionsunterricht, in: J. Listl/D. Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 2. Aufl. Berlin 1995, S. 439 (488 ff.). 52 Heckel, Rechtsstatus der theologischen Fakultäten (Fn. 46), S. 54; ders., Rechtsstatus des Religionsunterrichts (Fn. 48), Teil I, S. 543.

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Im Gegenteil: Die Existenzberechtigung und Legitimität der institutionellen Sondergarantien der Theologischen Fakultäten und des Religionsunterrichts im weltlichen Kulturstaatssystem fußen auf dem besonderen Wissenschaftscharakter der Theologie, die nach ihrem unbestreitbaren Selbstverständnis ihren Grund in Gottes Offenbarung und ihren Gegenstand in Gottes Schöpfungs- und Erlösungshandeln hat. Sie werden nicht zu erhalten sein, wenn die Theologie diese ihre Eigenart und Sachgesetzlichkeit verleugnet und sich statt dessen wie die anderen Geisteswissenschaften als Humanwissenschaft versteht, die sich mit den religiösen Selbstprojektionen und sozialen Weltgestaltungsaufgaben des Menschen begnügen. VIII. Unterschiedlichkeit und Unverzichtbarkeit der staatlichen Kulturverantwortung 1. Die Unterschiedlichkeit der religiös qualifizierten Kulturbereiche und Rechtsbeziehungen ist freilich auch hier zu beachten. Die vorstehenden Maximen gelten dort, wo staatliche Kulturpflege die Bekenntnispositionen der Bürger bzw. Religionsgemeinschaften unmittelbar tangiert und prägt und deshalb deren religiöse Sachgesetzlichkeit (etwa im Religionsunterricht, bei theologischen Berufungen usw.) respektieren muß53. Aber das läßt sich nicht generell auf andere Materien übertragen. Keine Kirche hat ein Monopol auf die Alleinvertretung ihrer Version des Christlichen im staatlichen Kulturbereich, etwa bei der Anschaffungspolitik der Museen und Bibliotheken, geschweige denn bei der Spielplangestaltung des Theaters. In Schule, Universität, Denkmalschutz, Museen, Theater, kommunaler Kulturgestaltung u. a. m. werden die subjektiven Grundrechte der Bürger und Religionsgemeinschaften sehr verschieden (oder auch gar nicht) betroffen; deshalb wirkt sich auch die Ausstrahlungswirkung der objektiven Grundrechtselemente unterschiedlich aus, wie an vielen Einzelbeispielen zu zeigen wäre. 2. Ebenso ist heute die Unverzichtbarkeit der staatlichen Kulturverantwortung zu betonen: Sie darf auch für die religiös geprägte Kultur nicht geschmälert werden! Sie wird heute namentlich von laizistischen, aber auch von manchen integralen kirchlichen Kreisen54 in Frage gestellt, die hier unbewußt und 53 Das gilt für staatliche Eingriffsakte, aber auch für staatliche Leistungen, zumal beides vielfach verbunden ist. Die Berufung eines Professors, Religionslehrers, die Finanzierung eines theologischen Lehrstuhls, Seminars usw. enthält Leistungen für die Betroffenen und für ihre Kirche, aber tangiert auch ihr Bekenntnis und kann bei Lehrabweichungen vom Bekenntnis zu erheblichen Eingriffen in die Religionsfreiheit führen. 54 Das – wenn man so apostrophieren will – „laizistische“ Kulturverständnis sucht die Wirkung des Religiösen in der Welt zurückzudrängen, während integrale kirchliche Kreise den Rückzug (ins „Ghetto“) aus dem öffentlichen Kulturbereich anstreben, um

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ungewollt zusammenwirken: Doch sollte die religiöse Kultur nicht in ein Ghetto zurückgedrängt bzw. zurückgezogen werden, sondern zur lebendigen wechselseitigen Bereicherung und Vertiefung in den Gesamtbereich unseres weltlichen Kulturstaatssystems eingegliedert bleiben. Nur so läßt sich die vielberufene, existentiell notwendige Wirkung des Kulturprozesses für die Integration der Gesellschaft und für die Legitimierung der freiheitlichen Verfassungsordnung unverkürzt in seiner geistigen Vielseitigkeit und sittlichen Vitalität erhalten. Der Religionsunterricht sollte auch in Zukunft gemäß Art. 7 III GG in der Breite vom Staat als Unternehmer (und nicht wie in Berlin von der Kirche allein) betrieben werden. Art. 141 GG ist in unserem Kulturstaatssystem eine Ausnahme55 und sollte es bleiben: Nur dann können das kulturelle und pädagogische Niveau des Unterrichtsinhalts, der wissenschaftliche Standard der Lehrerbildung, die kulturstaatliche Schulaufsicht gewahrt werden und unverkürzt in die Kooperation mit den Religionsgemeinschaften eingebracht werden, die ihrerseits die spezifisch religiösen Gehalte nach ihrem religiösen Selbstverständnis kompetent zu bestimmen haben. – Auch für Muslime sollte der Staat Religionsunterricht einrichten56 und sie nicht der religiösen Subkultur der Koranschulen überlassen, die sich außerhalb der Reichweite der deutschen Schulverwaltung und Erziehungsverantwortung destruktiv für die Verfassungs- und Kulturgrundlagen entwickeln können. Die Integration der muslimischen Zuwanderer wird nur gelingen, wenn diese ihre religiöse und kulturelle Identität auch in den Formen des öffentlichen Schulwesens ohne Assimilationszwang nach ihrem religiösen Selbstverständnis geachtet und gesichert wissen werden. Nur wenn die Theologie ihre Heimstatt an der deutschen Universität behält, kann sie durch ihre fruchtbaren Querverbindungen mit vielen anderen Geisteswissenschaften einer Verengung des Kulturhorizontes hüben wie drüben vorbeugen. Der pluralistische Staat ist darauf angewiesen, daß sich die Bevölkerungsgruppen nicht fundamentalistisch gegeneinander abgrenzen, sondern im religiödem Verströmen und Verlust der religiösen Kernsubstanz im weiten Bereich des Weltlichen vorzubeugen. Beides tendiert zu einer scharfen Trennung von Staat und Kirche, aber auch von Staat und Kultur im religiösen Kulturbereich, die dem Kulturstaat und dem Staatskirchenrecht der deutschen Tradition fremd ist und verfassungspolitisch verhängnisvoll erscheint. 55 Das wird von den Vertretern Brandenburgs im LER-Verfassungsstreit zu unrecht bestritten. Vgl. Heckel, Religionskunde im Lichte der Religionsfreiheit, Zur Verfassungsmäßigkeit des LER-Unterrichts in Brandenburg, ZevKR 44 (1999), S. 207. 56 Heckel, Religionsunterricht für Muslime?, Juristenzeitung (JZ) 1999, S. 741, 758. – Voraussetzung dafür ist eine Organisation von muslimischer Gruppen (mit festen Mitgliedschaftsverhältnissen der Eltern und Schüler!), die als Ansprechpartner zur Kooperation mit der Schulverwaltung bereit ist und von ihren Mitgliedern zu verbindlichen Äußerungen über die spezifisch religiösen Fragen der Lehrplangestaltung und Religionslehrerausbildung und anstellung autorisiert ist. Die Kultusverwaltung kann ohne sie nicht eigenmächtig die („sunnitischen“, „schiitischen“, „alewitischen“?) Lehrinhalte festlegen.

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sen Dialog miteinander verbunden bleiben und das großartige Forum der Universität zur Wahrheitssuche in Einsamkeit und Freiheit nützen können. Gewiß wird es künftig politische Probleme nach sich ziehen, daß Millionen von Anhängern fremder Religionen hierzulande von Geistlichen betreut werden, die sich nie der geistigen Herausforderung eines akademischen Theologiestudiums stellen mußten. Der Denkmalschutz sollte in der ungeschmälerten kulturstaatlichen Verantwortung des Staates verbleiben. Er sollte ihm nicht von den Kirchen abgenommen werden, die nicht in der Lage sind, eine Denkmalpflegeorganisation aufzubauen, welche an Erfahrung, Sachverstand, kulturhistorischem und künstlerischem Niveau des Personals im ganzen der traditionellen deutschen Denkmalpflege vergleichbar ist. Analoges gilt für die Diakonie und Karitas der Kirchen. Sie sollten – natürlich unter Wahrung ihrer religiösen Selbstbestimmung – nicht nach dem laizistischen Trennungsprinzip behandelt, sondern voll in die koordinierende und unterstützende Verantwortung des Sozialstaatssystems einbezogen bleiben. Zum Abschluß noch einige Fragen der staatlichen Erziehung, die auch ein Licht auf andere, normativ weniger durchgearbeitete Gebiete werfen. IX. Kultur und Religion in der Erziehung: Zulässigkeit religiöser Bezüge Die Zulässigkeit religiöser Bezüge in den öffentlichen Schulen hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach richtungweisend klargestellt. 1. Für den Kulturbegriff der Verfassung hat dies grundlegende Bedeutung. Die Leit-Entscheidungen zur Verfassungsmäßigkeit der christlichen Gemeinschaftsschule, zur Religionsfreiheit und Neutralität57 entfalten Bindungswirkung für alle öffentlichen Institutionen58. Eine einseitige Verabsolutierung der negativen Religionsfreiheit wird dadurch zurückgewiesen. 2. Gewisse Spannungen und Sinnvariationen des „Religiösen“ sind freilich bemerkenswert: Zwar darf das Christentum kraft des allgemeinen staatlichen Erziehungsauftrags zur Grundlage des staatlichen Unterrichts in der christlichen Gemeinschaftsschule gemacht werden. Aber im staatlichen Pflichtunterricht darf die (negative) Religionsfreiheit der Andersgläubigen und Atheisten nicht durch staatliche Zwangserziehung zum Glauben verletzt werden. Deshalb kann das 57 BVerfGE 41,29 (51 ff.); 41,65 (78 ff.); 41,88 (107 ff.); 52, 223; 19, 206; 24, 236; 32, 98. 58 Zumal sie auch vom Kruzifix-Beschluß, BVerfGE 93, 1 ff.; 74, 244, zu seiner Begründung herangezogen und bestätigt wurden und durch die Entscheidung über die Maßgeblichkeit des kirchlichen Bekenntnisses für den staatlichen Religionsunterricht vervollständigt worden sind BVerfGE 74, 244.

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„Christliche“ – wo immer in den Fächern Deutsch, Geschichte, Kunst, Philosophie und Ethik davon die Rede ist – inhaltlich nur als allgemeiner „Kultur- und Bildungsfaktor“ „der abendländischen Geschichte“ dargeboten werden59, darf jedoch nicht als „Glaubenswahrheit“ und nicht „missionierend“ vermittelt werden60, wie dies natürlich im Religionsunterricht und in den Schulgottesdiensten, Schulandachten und Schulgebeten angebracht und rechtlich unbedenklich ist, weil dort nur die Kinder gleicher Konfession bzw. kraft freiwilliger Teilnahme unterrichtet werden. 3. „Kultur- und Bildungsfaktor“ hier und „Glaubenswahrheit“ dort sind also klar zu unterscheiden. Aber sie bilden keinen Gegensatz, sondern ergänzen sich wechselseitig und verweisen auf einander: Der staatliche Pflichtunterricht muß sich nach seinen weltlichen Erziehungszielen und weltlichen Maßstäben in diesen „weltlichen“ Fächern darauf beschränken, die religiösen Phänomene nur in ihrer weltlichen Außenseite und in ihren weltlichen Auswirkungen auf Geschichte und Kultur darzustellen. Im Religionsunterricht aber kann und soll dies dann im Lichte der göttlichen Offenbarung hinterfragt und im Sinne des eigenen Bekenntnisses gedeutet, abgegrenzt und vertieft werden, damit sich die religiöse Position des Einzelnen im Schutz der Religionsfreiheit bilden und festigen kann. Die eigentliche religiöse Stellungnahme und Bewertung (etwa zur theologischen „Wahrheit“ und Berechtigung der Reformation Martin Luthers oder des Unfehlbarkeitsdogmas von 1870) muß der Geschichts- und Deutschlehrer jeweils dem Religionsunterricht für die evangelischen bzw. katholischen Schüler überlassen, da die spezifisch religiöse Bewertung dem konfessionsneutralen Staat verwehrt und gemäß Art. 4 GG dem Selbstverständnis der Religionsgemeinschaften vorbehalten ist, denen der weltliche Staat die Entscheidung der religiösen Wahrheitsfrage anheimgegeben hat61. Diese Grenzen sind natürlich auch an der anderen Seite peinlich einzuhalten: Sowenig der staatliche Pflichtunterricht christlich „missionierend“ sein darf, darf er sich antichristlich „indoktrinierend“ betätigen. 59 Nach den klaren Darlegungen des Bundesverfassungsgerichts einerseits zur christlichen Gemeinschaftsschule in BVerfGE 41,29 (47 f., 49 f.); 41,65 (78 ff., 85 ff.); 41, 88 (107 ff.), andererseits zum Religionsunterricht in BVerfGE 74, 244 (252 ff.) und zur Zulässigkeit des Schulgebets in BVerfGE 52, 223 (238 ff.) hat das „Christliche“ – dort als „Kultur- und Bildungsfaktor“, hier als „Glaubenswahrheit“ – eine verschiedene Bedeutung. – Zur doppelten Begründung, Inhaltsbestimmung und Rechtsfolge der „christlichen Bezüge“ einerseits durch den staatlichen Kultur- und Erziehungsauftrag, andererseits durch die Rücksichtnahme auf die positive Religionsfreiheit der Bürger vgl. m. Nachw. Heckel, Religionsfreiheit (Fn. 4), S. 806–812. 60 BVerfGE 41, 29 (51 ff., 62 f., 64); 41, 65 (78 ff., 82 ff.); 41, 88 (109 ff.): „Die Schule darf daher keine missionarische Schule sein und keine Verbindlichkeit christlicher Glaubensinhalte beanspruchen; sie muß auch für andere weltsanschauliche und religiöse Inhalte und Werte offen sein.“ 61 BVerfGE 12, 1 (4); 33, 23 (29).

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X. Zur Stellung des Religionsunterrichts im staatlichen Schulsystem 1. Der Religionsunterricht ist nach Art. 7 III GG eine originäre Staatsfunktion: Seine Erteilung ist nach Art. 7 III GG eine Staatsaufgabe, der weltliche Staat ist als Veranstalter („Unternehmer“) des Religionsunterrichts bestellt62: Aber der säkulare Staat beschränkt sich im Religionsunterricht auf weltliche Intendanturfunktionen gemäß den Kompetenzen und Kriterien seiner weltlichen Kulturstaatsverantwortung, die so in voller und konsequenter Übereinstimmung des Kulturverfassungsrechts mit dem Staatskirchenrechts steht. 2. Seine Ziele: Der Religionsunterricht dient dabei dem Doppelziel der Grundrechtsverwirklichung und der staatlichen Kulturaufgabe, die sich ergänzen und miteinander verschränken: Er dient nicht nur zur Grundrechtsverwirklichung der Religionsfreiheit63 der Bürger wie der Religionsgemeinschaften 64. Der weltliche Staat hat auch ein eigenes Interesse an der religiösen Bildung seiner Bürger, weil er sich aus der Förderung ihrer religiös motivierten Sozial- und Individualethik zugleich eine Festigung seiner eigenen sittlichen Grundlagen und Verfassungsvoraussetzungen verspricht – weil also die weltlichen Wirkungen der religiösen Unterweisung auch einer säkularisierten Gesellschaft und Rechtsordnung weltlich von Nutzen sind65: 62 Dazu Entscheidung BVerfGE 74, 244; A. v. Campenhausen, Erziehungsauftrag und staatliche Schulträgerschaft, 1967, S. 159; Heckel, Religionsfreiheit (Fn. 4), S. 794; Chr. Link, Religionsunterricht, in: Listl/Pirson (Hrsg.), Handbuch des Staatskirchenrechts (HdbStKirchR), Bd. II, 2. A., 1995, S. 439–509 (459 ff.; 497 ff.); St. Mückl, Staatskirchenrechtliche Regelungen zum Religionsunterricht, Archiv des öffentlichen Rechts (AöR) 122 (1997), S. 513–557 (524). 63 Zum Religionsunterricht als Instrument der Grundrechtsverwirklichung vgl. m. Lit. Heckel, Religionsfreiheit (Fn. 4), S. 724; P. Kirchhof, Der Beitrag der Kirchen (Fn. 4), S. 776, 790, 796. 64 Die staatliche Erziehungshoheit nach Art. 7 I GG wird durch die Grundrechtsbindung an die positive und die negative Religionsfreiheit der Bürger und der Religionsgemeinschaften nach Art. 4 GG und an das Elternrecht nach Art. 6 GG inhaltlich bestimmt und zugleich eingeschränkt. Vgl. BVerfGE 41,29 (47 ff.); 41,65 (78 ff.); 41,88 (107 ff.); E.-W. Böckenförde, Religionsfreiheit und öffentliches Schulgebet, in: Die öffentliche Verwaltung (DÖV) 1966, S. 30–35 (34); U. Scheuner, Verfassungsrechtliche Fragen der christlichen Gemeinschaftsschule, FS f. Theodor Maunz, 1971, S. 307–328, auch in: ders., Schriften zum Staatskirchenrecht, 1973, S. 279–298 (282 ff., 288, 294 ff.); J. Oebbecke, Reichweite und Voraussetzungen der grundgesetzlichen Garantie des Religionsunterrichts, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl) 1996, S. 336–344 (340). – Zusammenfassend zu Religionsfreiheit und staatlicher Erziehungshoheit Heckel, Religionsfreiheit (Anm. 4), S. 773 (784 ff., 799 ff.); ferner ders., Religionskunde im Lichte der Religionsfreiheit. Zur Verfassungsmäßigkeit des LER-Unterrichts in Brandenburg, Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht (ZevKR) 44 (1999), S. 147–225 (165 ff., 177 ff.). 65 Der Religionsunterricht soll die Jugend der verschiedenen Bekenntnisse zur selbständigen Auseinandersetzung mit ihrer religiösen Herkunft und zur freien Einsicht in die tragenden Werte führen, auf die zum guten Teil die kulturellen Leistungen und die

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3. Zwischen dem allgemeinen Pflichtunterricht und dem Religionsunterricht herrscht somit ein Verbundsystem der Konvergenz und der gegenseitigen Bezugnahme. Sie sollten durch die Lehrplan- und Unterrichtsgestaltung intensiviert werden. Die stärkere Integration von Elementen bzw. Teilen des Religionsunterrichtes in den allgemeinen Unterricht ist etwa in Brandenburg in verschiedenen religionspädagogischen Konzepten entwickelt worden, die jedoch durch den Landesgesetzgeber zugunsten des fragwürdigen LER-Unterrichts nicht weiter verfolgt wurden. 4. Der Religionsunterricht dient hierbei der Ergänzung und Vertiefung des allgemeinen Pflichtunterrichts. Dieses Verbundsystem hat für beide seine besondere Bedeutung: Der religiöse Sinn und Grund der großen Offenbarungsreligionen kann nur im Religionsunterricht ohne säkularisierende Verkürzung und Verfälschung dargeboten werden66. Aber auch als Kulturerscheinungen und Phänomene der Weltgeschichte können die Religionen letztlich nur im Religionsunterricht ohne sinnentstellende Veräußerlichung vorgestellt und verständlich gemacht werden. Denn nur aus dem Verstehen ihres religiösen Kerns und Anspruchs läßt sich die Urkraft und Wirkungsmächtigkeit der Religionen auf die Kulturentwicklung und auf die politische Welt begreifen, nur so auch ihre Botschaft zur kulturellen Weiterwirkung der religiösen Tradition im Leben bringen: damit aus geistlicher Ergriffenheit hier kulturelle Einsicht erwachsen kann und aus vitaler religiöser Triebkraft die geistliche Nachfolge zur weltlichen Kulturgestaltung drängt und führt. Nur im Religionsunterricht kann im weltlichen Erziehungswesen der eigentliche Zusammenhang von Kultus und Kultur, des Glaubens und der Werke, der religiösen Botschaft und der weltlichen Kulturentwicklung wie Sozialgestaltung ohne Abstriche entfaltet und weitergegeben werden. sittlichen Fundamente auch des weltlichen Gemeinschaftslebens gegründet sind. – Die religiöse Erziehung zu persönlicher Verantwortung, Nächstenliebe, Gemeinsinn, Solidarität soll insbesondere dazu beitragen, daß die gemeinsame demokratische Willensbildung und die mißbrauchsgefährdeten Freiheiten und Hilfsangebote des modernen Rechtsstaats und Sozialstaats im Geiste jener Verantwortung wahrgenommen werden, den die Präambel als Leitmotiv des Grundgesetzes formuliert hat. Das entspricht auch den Präambeln und Erziehungszielen der deutschen Landesverfassungen. Seit dem bekannten Diktum E.-W. Böckenfördes (ders., Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation, in: Säkularisation und Utopie, FS für Ernst Forsthoff zum 65. Geburtstag, 1967, S. 75–94) ist dies in der jüngsten Diskussion zunehmend hervorgehoben worden. 66 Nur in ihm darf von der Strenge des göttlichen Gesetzes und Gerichts, nur in ihm von der tröstenden und mahnenden Kraft des göttlichen Evangeliums, von der befreienden und helfenden Verheißung der Gnade und der Erlösung aus Not und Schuld im rechten Glauben die Rede sein, wie sie dem Selbstverständnis der christlichen Kirchen und der anderen abrahamitischen Religionsgemeinschaften entspricht – der säkulare Staat kann dies nicht kraft seiner allgemeinen Erziehungshoheit im allgemeinen Pflichtunterricht vermitteln, sondern nur im Religionsunterricht, d. h. im Konsens mit der betreffenden Religionsgemeinschaft und auf der Basis der Freiwilligkeit der Teilnahme und Erteilung seitens der betroffenen Eltern, Kinder, Lehrer tun, weil er deren negative Religionsfreiheit unangetastet lassen muß.

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5. Durch dieses Verbundsystem werden die Religionsfreiheit des Art. 4 GG und die Grundprinzipien des Staatskirchenrechts nach Art. 140 GG im Schulrecht verfassungskonform ausgeformt, zugleich aber auch die Kulturstaatsverantwortung umfassend gewahrt. Weil sich der Staat die Erziehung im öffentlichen Schulwesen insgesamt zur Staatsaufgabe gemacht hat67, hat er den religiösen Sektor der Kultur weder diskriminierend aus dem Gesamtspektrum der Erziehung eliminiert noch inhaltlich verfremdet, sondern durch den Religionsunterricht freiheitlich darin einbezogen und pluralistisch nach dem Selbstverständnis der betreffenden Religionsgemeinschaft ausgestaltet. Durch das „Übereinstimmungsgebot“ des staatlichen Religionsunterrichts mit den „Grundsätzen der Religionsgemeinschaften“ in Art. 7 III S. 2 GG ist dies verfassungsrechtlich konkretisiert. Die Garantie des Religionsunterrichts erweist sich so als eine bereichsspezifische Präzisierung und institutionelle Ausformung der allgemeinen Garantie der Religionsfreiheit in Art. 4 I und II GG, aber auch der Kulturstaatlichkeit des Grundgesetzes. Der Staat ist der „Unternehmer“ des Religionsunterrichts geblieben, aber ohne sich seines religiösen Inhalts zu bemächtigen und ohne das Religiöse lediglich als weltlich-immanentes Kulturphänomen zu behandeln. 6. Die Ausgleichslösung: So hat der moderne freiheitliche Verfassungsstaat den jahrhundertelangen, weltlich unlösbaren Streit um den wahren Glauben aus seinem Schulsystem ausgeklammert, aber die Offenheit für die Transzendenz bewahrt: Er hat sich weder mit einer herrschenden Staats- bzw. Mehrheitsreligion noch mit der Religionslosigkeit identifiziert, sondern der Religionsfreiheit in seinen öffentlichen Institutionen „Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung“68 gegeben. Er hat die Entscheidung der religiösen Wahrheitsfrage deshalb aus der Kompetenz des Staates ausgegrenzt und sie den Religionsgemeinschaften zur unverkürzten Selbstdarstellung ihres Glaubens anheimgegeben, dabei ihren Mitgliedern die volle Freiwilligkeit der Teilnahme an diesen Formen des staatlichen Erziehungswesens garantiert – ohne den theologischen Wahrheitsgehalt ihres Bekenntnisses in Zweifel zu ziehen, wie dies ein Unterricht über Religion durch agnostizistische Lehrer nicht vermeiden kann.

67 Um – wie eingangs umrissen – die ganze Bevölkerung durch eine gemeinsame und zugleich freiheitlich-gegliederte Erziehung entscheidend in ihrem Denken, Fühlen, Wollen zu prägen und damit die Voraussetzungen für die demokratische Willensbildung und für die Entfaltung einer reich ausdifferenzierten, traditionsreichen und zukunftsoffenen gesellschaftlichen Kultur zu schaffen. 68 BVerfGE 41,29 (49).

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XI. Ersetzung oder Ergänzung des Religionsunterrichts durch Religionskunde? 1. Die Umwandlung des freiwilligen, bekenntnismäßigen Religionsunterrichts in säkularisierte („bekenntnisfreie“) Religionskunde als allgemeines Pflichtfach wird von verschiedenen Seiten vorgeschlagen. Sie könnte natürlich nur durch Verfassungsänderung mit Zweidrittelmehrheiten des Bundestages und des Bundesrates geschehen. Aber sie würde eine große Einbuße an Freiheit, Offenheit, Vielfalt und kulturellem Niveau mit sich bringen. Sie würde das Kulturstaatssystem tief verändern: Sie würde die Freiheit durch Zwangsstrukturen im Pflichtunterricht ersetzen, pluralistische Bekenntnisvielfalt durch staatlich verordneten Konformismus beschneiden, die Offenheit des Kulturstaates für das religiöse Selbstverständnis durch staatliche Festlegung verschließen. Für eine religiös gespaltene Gesellschaft soll Religion in einem freiheitlichen Verfassungsstaat gemäß Art. 4, 7 III GG pluralistisch – also in der Vielfalt und nach der Überzeugung der Grundrechtsträger – unterrichtet werden, ohne Gleichschaltung nach den weltanschaulichen Präferenzen der herrschenden Parteienkonstellation. Religionskunde als allgemeiner Pflichtunterricht nach etatistischer Alleinbestimmung der religiösen Unterrichtsgegenstände und -maßstäbe würde die positive wie die negative Religionsfreiheit als subjektives Recht und objektives Rechtsprinzip entscheidend mindern. – Aber ebenso ist zu betonen: 2. Das Bedürfnis nach einem gewissen religionskundlichen Basisunterricht besteht unbestreitbar für diejenigen Kinder, die an überhaupt keinem Religionsunterricht – sei er nun katholischer, evangelischer oder künftig eventuell auch muslimischer Art – teilnehmen und folglich auch nicht einmal die elementarsten Mindestkenntnisse über ihre eigene und über die fremden Religionen vermittelt bekommen können69. Ein solcher religionskundlicher Mindestunterricht muß jedoch auf diejenigen Kinder beschränkt sein, die nicht an einem Religionsunterricht nach Art. 7 III GG teilnehmen und deshalb nicht die unverfälschte Kenntnis ihrer eigenen Religion erhalten (einschließlich ihrer Abgrenzung von fremden Religionen und deren bekenntnisgemäßer Beurteilung), wie sie durch die Lehrpläne des Religionsunterrichts von der Kultusverwaltung im Zusammenwirken mit den Religionsgemeinschaften vorgezeichnet ist70. 69 In einer religiös gemischten und weltanschaulich zersplitterten Bevölkerung, wie sie sich in der Bundesrepublik zunehmend herausbildet, dürfte es zu den schwer bestreitbaren Aufgaben der Erziehung des religiös neutralen Staates gehören, den Bürgern die äußeren Kenntnisse von den religiösen Einstellungen und Geboten der anderen Bevölkerungskreise zu vermitteln, die für ein gedeihliches, tolerantes und solidarisches Zusammenleben von alt und jung unterschiedlichster Herkunft und Prägung unentbehrlich erscheinen.

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Inhaltlich muß er sich auf eine äußere sozio-kulturelle Information über religiöse Einrichtungen, Lehren und Verhaltensweisen beschränken, da er weder Glaubenswerbung noch antireligiöse Indoktrinierung für und gegen einzelne Glaubensrichtungen oder die Religionen insgesamt betreiben darf71. – Dieser Unterricht dürfte deshalb zweckmäßiger Weise im bisherigen „Ethik“-Unterricht unterzubringen sein. Es sollte jedenfalls vermieden werden, daß er dem bekenntnisgemäßen Religionsunterricht nach Art. 7 III GG als eine Konkurrenzveranstaltung abträglich wird. Die Zukunft der kulturpolitischen Landschaft Deutschlands zehn Jahre nach der Wiedervereinigung wird von dieser Weichenstellung zwischen dem bekenntnisgemäßen Religionsunterricht nach Art. 7 III GG oder einer säkularisierten Religionskunde abhängen. 3. Das Modell des traditionellen – bekenntnisgemäßen – Religionsunterrichts nach Art. 7 III GG ist dem Berliner Modell weit vorzuziehen. Nach dem Berliner Modell ist der Religionsunterricht aus dem Erziehungsprogramm und aus der Kulturverantwortung des Staates eliminiert. Die Aufstellung der Lehrpläne, die Ausbildung und Anstellung der Religionslehrer, die organisatorische Durchführung, die Schulaufsicht und die Finanzierung des Religionsunterrichts gehört dort nicht zu den Staatsaufgaben. Dieser wird ausschließlich von den Religionsgemeinschaften gestaltet, verantwortet, durchgeführt. Der Staat stellt dafür nur die staatlichen Schulräume zur Verfügung. Der Staat verzichtet hier nicht nur auf die Bestimmung des religiösen Gehaltes, sondern auch auf die Wahrung des kulturellen und pädagogischen Niveaus des Religionsunterrichts. Daß die angeblich „liberale“ Berliner Gestaltung weder den Zielen der Integration noch den Anforderungen der Kulturstaatlichkeit in wünschenswerter Weise gerecht werden kann, liegt auf der Hand. Damit wird insbesondere manchen („obskuren“) fundamentalistischen Richtungen des Islam ein Einfluß auf die Erziehung der Jugend eingeräumt, der den Vätern des GG bei ihrem Beschluß über die „Bremer Klausel“ des Art. 141 GG völlig fern lag. XII. Verfassungswidrigkeit der Abschaffung des Religionsunterrichts und seiner Ablösung durch Religionskunde (LER) in Brandenburg Neuerdings wird der Religionsunterricht nach Art. 7 III GG in Frage gestellt durch das Brandenburger LER-Modell72, erteilt durch konfessionslose, auch 70 Vgl. Heckel, Religionsunterricht in Brandenburg (Fn. 24), 84 ff.; sowie ders., Religionskunde im Lichte der Religionsfreiheit (Fn. 64), S. 147 ff. (165 ff., 177 ff.). 71 Vgl. dazu die einschlägigen Aussagen in der Gemeinschaftsschulentscheidung, BVerfGE 41,29 (51 ff., 62 f., 64); 41,65 (78 ff., 82 ff.); 41,88 (109 ff.); ferner Heckel, Religionsunterricht in Brandenburg (Fn. 24), S. 92 ff.; ders., Religionskunde (Fn. 64), S. 191 f.

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atheistische Lehrer. Die verfassungsrechtlichen Bedenken73 sind hier nur kurz zu resümieren. 1. LER verstößt gegen Art. 7 III GG: Art. 7 III GG ist exklusiv, soweit sein Tatbestand reicht und er nicht durch Art. 141 GG ausgeschlossen wird, der auf die neuen Bundesländer unanwendbar74 ist. Art. 7 III GG bestimmt, daß ein Unterricht in „Religion“ vom säkularen Staat als Regel vorrangig in den Unterrichtsformen und -maximen des Art. 7 III GG – also bekenntnisgemäß und freiwillig – erteilt werden muß und darf. Aber „Religion“ gemäß dem Selbstverständnis und in der Selbstdarstellung der betroffenen Religionsgemeinschaft wurde durch LER aus dem staatlichen Unterrichtsprogramm entfernt und in bewußtem Gegensatz durch deren säkularisierende Fremddarstellung ersetzt75. 2. Schon die Rechtsgrundlage fehlt; LER kann nicht auf die allgemeine Erziehungshoheit des Art. 7 I GG gestützt werden, da diese durch die Spezialnorm des Art. 7 III GG spezifiziert und insoweit ausgeschöpft wird. Die staatliche Erziehungsaufgabe soll in religiösen Dingen ja gerade durch den regulären Religionsunterricht nach Art. 7 III GG erfüllt werden, weil nur dies nach dem Willen des Verfassungsgebers der Religionsfreiheit, der religiösen Spaltung der Bevölkerung und der Trennung von Staat und Kirche entspricht. – Religionskunde kann folglich nicht allgemein als Pflichtfach, sondern nur subsidiär für diejenigen Schüler vorgesehen werden, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen; sie müßte auf äußerliche sozio-kulturelle Information ohne religiöse bzw. weltanschauliche Werbung und Wertung beschränkt bleiben. Auch inhaltlich entwickelt LER eine entschiedene Gegenposition zu den Maximen, die das Bundesverfassungsgericht für den staatlichen Unterricht in Religion gemäß Art. 7 III GG allgemeinverbindlich geklärt hat76. Dies wird von seinen Befürwortern auch nicht bestritten, sondern als „Fortschritt“ gewertet 72 Das Brandenburgische Schulgesetz vom 12.4.1996 hat bekanntlich in § 11 Abs. 2– 4 den Religionsunterricht abgeschafft und durch einen staatlichen Pflichtunterricht über Religion ersetzt, der „bekenntnisfrei“ und „religiös neutral“ von Lehrern ohne religiöse Bindung und ohne Beauftragung seitens einer Religionsgemeinschaft erteilt werden soll. 73 Heckel, Religionskunde (Fn. 64), S. 147–225; ders., Religionsunterricht in Brandenburg (Fn. 24). 74 Heckel, Religionskunde (Fn. 64), S. 207. 75 LER als Pflichtunterricht für alle Schüler verstößt gegen die rechtsstaatliche Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit: Den Schüler können ihre eigene und die fremden Religionen im regulären Religionsunterricht nach 7 III GG von theologisch ausgebildeten Lehrern viel besser und tiefer vermittelt werden als in einem Religionskundeunterricht, der alle tieferen theologischen Fragen über Gott und die Welt, Offenbarung und Vernunft, Schöpfung und Erlösung, Gericht und Gnade mit Rücksicht auf die Andersdenkenden übergehen muß, und der die Schüler überdies in eine unverhältnismäßige Zusatzbelastung und in unzumutbare Spannungen und Konflikte mit ihrer bekenntnisgemäßen Erziehung durch Elternhaus und Kirche führt. 76 BVerfGE 74, 244 (252).

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und kulturpolitisch wie rechtspolitisch begrüßt. – Und überdies wird durch den Zwang zur Teilnahme an LER als offizieller Konkurrenzveranstaltung der außerschulische, kircheneigene Religionsunterricht nach § 9 II BbgSchulG faktisch verdrängt und im Ergebnis ausgehebelt. Damit wird die Eliminierung des Religionsunterrichts durch die sowjetische Besatzung nach 1945 festgeschrieben und die Homogenität des Kulturstaatssystems im Felde der Erziehung aufgesprengt, was die künftige Vollendung der inneren Einheit Deutschlands in der Kulturpolitik erschwert. 3. Dieser staatliche Pflichtunterricht in Religion durch glaubensfremde und glaubensfeindliche Lehrer verletzt auch die Religionsfreiheit der Schüler, Eltern und ihrer Religionsgemeinschaften: Ein Grundrechtseingriff ist nicht zu bestreiten, wenn (nach dem Kruzifix-Beschluß) schon der Anblick eines schlichten kleinen Holzkreuzes seitlich neben der Klassentür als unzumutbare Beeinträchtigung der Religionsfreiheit gelten soll. Der Eingriff ist verfassungswidrig, weil er in unmittelbarer Staatseinwirkung der Ausbildung ihres Glaubens und der Entfaltung ihres Bekenntnisses nach ihrem – dafür maßgeblichen – religiösen Selbstverständnis in bewußter Tendenz entgegenwirkt77. 4. Denn das Selbstverständnis der in Europa verbreiteten abrahamitischen Offenbarungsreligionen des Judentums, Christentums und Islam ist ganz entscheidend von der Offenbarung Gottes im göttlichen Gebot und Heilsgeschehen bestimmt. So haben alle biblischen Begriffe einen kerygmatischen und soteriologischen Gehalt und einen paränetischen und parakletischen Bezug. Sie bezeugen alle den untrennbaren Zusammenhang von Erkenntnis und Bekenntnis, Wissen und Glauben, Gottesliebe und Menschenliebe, Glaube und Werken, Gottes- und Menschendienst. Sie lehren das Gefordertsein und Geborgensein in Gottes Gebot und Gnade, wollen zum Leben aus Gott und zu Gott hin führen, weil von Gott im Sinn der biblischen Schriften letztlich nur existentiell geredet werden kann. Der lebendige Gott ist für sie das A und O der Schöpfung und Erlösung, der Glaube deshalb keine beliebige menschliche Meinung, sondern Erkenntnis Gottes, verpflichtend zur Nachfolge und zur Weitergabe an die Welt. Freiheit bedeutet für sie Befreiung von Schuld und Not durch Gnade, Glaube, Sakrament, damit aus dieser Freiheit ein Ethos der Verantwortung vor Gott dem Schöpfer, Richter und Erlöser zum Nutzen der Welt erwächst. 5. LER aber vermittelt ein Bild von „Religion“ in prinzipieller Relativierung und Säkularisierung, das den spezifischen Sinn des Religiösen im Verständnis

77 Nach den offiziellen „Unterrichtsvorgaben“ des Brandenburgischen Ministeriums für Bildung, Unterricht und Sport zu LER v. 25.6.1996 soll der LER- Unterricht „Vorurteile in Religionen“ bewußt machen (S. 32), die „Mechanismen von Manipulation und Indoktrination“ entlarven und „engagiert gegen solche Angebote Stellung beziehen, die Abhängigkeiten erzeugen“ (S. 34). – Heckel, Religionsunterricht in Brandenburg (Fn. 24), S. 43 und S. 92 f.

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der Offenbarungsreligion verschweigt und (wie aller staatliche Pflichtunterricht mit Rücksicht auf die Andersgläubigen und Atheisten) auch verschweigen muß: LER lehrt notwendig „Religion“ ohne den lebendigen Gott und ohne den existentiellen Bezug des menschlichen Denkens und Handelns zu ihm, d. h. in einem Religionsverständnis der „Gott-losigkeit“. Den Schülern wird damit – auch wenn es nicht offen angeordnet wird – ein Agnostizismus oder Atheismus vermittelt, der auf den Spuren Feuerbachs die Auflösung der Theologie in Anthropologie oder die Entlarvung der Existenz Gottes als „Chimäre“ im Sinne marxistischer Religionskritik suggeriert. Gottes Wort muß so als menschliche Einbildung, Gottes Gebot und Gericht als menschliche Machtanmaßung und Repression, Gottes Heil als Selbstbetrug erscheinen. – Diese Form von Unterricht in Religion wirkt nicht nur antireligiös, sondern auch kulturell kontraproduktiv auf die eingangs genannte Funktion der Kultur für Staat und Gesellschaft. Wird durch die Auflösung religiöser Verbindlichkeiten in dieser Art von Erziehungskultur etwa die „Verantwortung vor Gott“ nach der Präambel der Verfassung gestärkt und der Integrations- und Legitimationsbedarf der pluralistischen Gesellschaft und Verfassungsordnung erfüllt? Da doch – nach Ernst-Wolfgang Böckenförde – der freiheitliche Staat auf Werte und Kräfte angewiesen ist, die er in seiner pluralistischen Offenheit selbst nicht zu schaffen vermag. Nach der Entscheidung des Grundgesetzes für Art. 7 III GG als Regelform des Unterrichts in Religion sollen diese Kräfte gerade auch aus der religiösen Überzeugung des kirchlich gebundenen Teils des Volkes in voller Freiheit nach Art. 4 GG gewonnen werden78. 78 Der Verfassungsrechtsstreit über LER wurde inzwischen nach dem Vorschlag des BVerfG durch einen Vergleich beendet (Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht [NVwZ] 2002, S. 980) und dieser durch die Novellierung des Schulgesetzes vom 10. Juli 2002 und die Vereinbarung des Landes mit den Kirchen vom 1. August 2002 umgesetzt (Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Brandenburg, 2002 Teil I, S. 55, Teil II, S. 481), da sich das Land Brandenburg in der mündlichen Verhandlung zu der Aufwertung des kirchlichen Religionsunterrichts bereit erklärte und die Vertreter der Kirchen die künftige Zusammenarbeit mit den staatlichen Instanzen nicht durch die Verhärtung der juristischen Kontroversen erschweren wollten. Beide Streitparteien haben aber ihre gegensätzlichen Rechtsstandpunkte prinzipiell aufrecht erhalten. Nach dem Vorschlag des Bundesverfassungsgerichts wurde zwar nicht ein staatlicher Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach nach dem Modell des Art. 7 III GG eingeführt, aber der von den Religionsgemeinschaften erteilte Religionsunterricht dem Status des Art. 7 III GG wesentlich angenähert und durch die gesetzliche Regelung in das staatliche Schulsystem integriert (unter „Nutzung aller schulorganisatorischen Möglichkeiten“ und „Einordnung in den Schulbetrieb“, insbes. „in die reguläre Unterrichtszeit“, in „den für die staatlichen Unterrichtsfächer zulässigen Unterrichtsformen“, in „Gleichwertigkeit“ der „curricularen Vorgaben der Kirche oder Religionsgemeinschaft“ mit den „staatlichen Rahmenlehrplänen“, mit „wechselseitiger Information und Zusammenarbeit“, Benotung der Leistungen gemäß den „Grundsätzen der Leistungsbewertung“ nach dem brandenburgischen Schulgesetz, Aufnahme der Leistungsbewertung in das Zeugnis, „hinreichende Ausbildung“ der Lehrkräfte der Kirche, ihrer Mitgliedschaft in der Lehrer- und Klassenkonferenz, mit Anrechnung des Religionsunterrichts auf das Pflichtstundendeputat der staatlichen Lehrkräfte, deren religions-

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Zusammenfassung Der Beitrag untersucht die Bedeutung der Religionsfreiheit für das Kulturverfassungsrecht des säkularen Staates. Der moderne Staat ist ein säkularer Staat, ein religiös und weltanschaulich neutraler Staat. Ist der säkulare Staat verantwortlich für die religiös geprägte Kultur oder kann er sich auf den säkularen Sektor beschränken? Muß oder darf er die religiösen Tatbestände und Maßstäbe ignorieren beziehungsweise säkularisieren? Grundlegend ist hierfür die Religionsfreiheit der Bürger und das Selbstbestimmungsrecht ihrer Religionsgemeinschaften. Der Staat muß jede Benachteiligung oder Bevorzugung einzelner Relipädagogischer Weiterbildung, maßgeblicher finanzieller Unterstützung des Religionsunterrichts durch staatliche Personalkosten- und Sachkostenzuschüsse, Unterstützung der Schule bei der Information der Eltern und Schüler über den Religionsunterricht, mit Anwendung der staatlichen Bestimmungen über die Aufsicht, Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen u. a. m.). Durch diese Eingliederung in das öffentliche Schulsystem hat das Land Brandenburg den Religionsunterricht der Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften in seine Gesamtverantwortung für die Erziehung der Jugend gemäß Art. 7 I GG einbezogen und der staatlichen Schulaufsicht unterworfen, die sich auf die allgemeinen kulturstaatlichen und schulischen Rahmenbedingungen und Inhalte des Religionsunterrichts in sachlicher wie in personeller Hinsicht bezieht; sie soll die Wahrung eines mit den anderen Fächern vergleichbaren Niveaus im Unterricht, in der Lehrerbildung, in der allgemeinen schulrechtlichen Ausgestaltung, in den pädagogischen Standards, in der Schuldisziplin u. ä. gewährleisten. Hingegen fällt die Entscheidung über die spezifisch religiösen Inhalte des Religionsunterrichts und über die religiöse Qualifikation der Religionslehrer in die ausschließliche Kompetenz der Religionsgemeinschaften gem. Art. 4 und 140 GG/137 III WRV, wie dies auch sonst im Religionsunterricht nach Art. 7 III GG der Fall ist (vgl. BVerfGE 74, 244). Vor einer radikalen Trennung zwischen Staat und Religionsgemeinschaften, die von politischen Kreisen und seitens der LER-Lehrer virulent gefordert wurde, kann keine Rede sein. Entscheidend ist die Befreiung der an diesem Religionsunterricht teilnehmenden Schüler von der Pflicht zur Teilnahme am Unterricht in dem Fach LebensgestaltungEthik-Religionskunde (LER) nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BbgSchulG. Sie tritt kraft Gesetzes mit der entsprechenden Erklärung der Eltern bzw. religionsmündigen Schüler ein, ist nicht in das Ermessen der Schulverwaltung gestellt und muß nicht einmal durch einen besonderen Zulassungsakt genehmigt werden. Die Schüler dürfen nicht einem staatlichen Pflichtunterricht über ihre Religion unterworfen werden, der ihrem religiösen Selbstverständnis widerspricht und ihnen durch bekenntnisfremde und religionslose, u. U. auch religionsfeindliche Lehrer erteilt wird. Im Ergebnis besteht damit ein Wahlrecht zwischen dem staatlichen LER-Unterricht und dem – staatlich organisierten und mitunterhaltenen – kirchlichen Unterricht nach dem Bekenntnis der Grundrechtsträger, das der Religionsfreiheit und dem Elternrecht gem. Art. 4 I und II und 6 I GG entspricht. Es ist zu wünschen, daß die Hoffnungen der Vergleichspartner und des Bundesverfassungsgerichts auf das Funktionieren der Abreden in der von den religionsfeindlichen Aktivitäten der DDR nachwirkend stark geprägten pädagogischen Landschaft nicht enttäuscht werden. – Da die staatskirchenrechtlichen und kulturverfassungsrechtlichen Grundfragen des Unterrichts über Religion vom Bundesverfassungsgericht ausgespart wurden, werden diese auch künftig die Parlamente, die Kirchen, die Schulverwaltungen, die Gerichte und vor allem die betroffenen Schüler, Eltern und Lehrer in allen Bundesländern beschäftigen.

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gionsgemeinschaften vermeiden; aber das Privilegierungs- und Diskriminierungsverbot darf nicht zum Ignorierungsgebot und Differenzierungsverbot werden, was auf eine Verabsolutierung der „negativen Religionsfreiheit“ hinauslaufen würde. Der säkulare Staat würde gegen die Religionsfreiheit verstoßen, wenn er das Religiöse bekämpfen oder verfälschen würde, wenn er die Säkularisierung der Kultur betriebe. Der Beitrag bietet einen differenzierten Blick in das deutsche Staatskirchenrecht. Summary The article analyzes the importance of religious liberty in the context of German constitutional law. The modern state is secular. There is no state religion, but rather a separation of church and state. On the other hand, the secular state is responsible for the culture. This state of affairs raises a number of questions. Is the state also responsible for the religious culture, or should it limit its activities to secular concerns? Can or must the secular state ignore the religious elements and features of the cultural life of its citizens, or should it secularize even those? The answers lie in the important principles of religious liberty and the right of religious communities to self-determination. Certainly the state must avoid discrimination or favoritism toward one religion over another. However, in the interest of the common good the state cannot ignore religion or prohibit different religions from flourishing. The principle of religious liberty cannot be defined in a negative way. If the secular state tried to secularize the culture, it would violate its obligation to protect the religious liberty of all. The article also surveys the present church-state relationship in Germany.

Religion und Gewalt Von Wolfgang Ockenfels I. Einführung und Begriffsklärung Die optimistische Annahme, jede Religion sei grundsätzlich gewaltfrei und auf Frieden ausgerichtet, scheint durch Geschichte und Gegenwart widerlegt werden zu können. Mit Blick auf den Nationalsozialismus, den man als „politische Religion“ typisieren kann, läßt sich sogar von einer „Religion der Gewalt“ reden. Freilich handelte es sich dabei eher um eine Ersatzreligion oder – wie beim marxistischen Kommunismus – um einen ideologischen Religionsersatz. Auf diese Quasi-Religionsformen möchte ich in meinen Überlegungen nicht weiter eingehen. Betrachtet man die reale Geschichte der beiden Weltreligionen, nämlich Christentum und Islam, von denen hier die Rede sein soll, so scheinen auch diese nicht frei von Gewalt zu sein, worauf die zahlreichen Konflikte in und zwischen den beiden Religionsgemeinschaften in der Geschichte hinweisen. Obwohl beide sich auf denselben absolut-transzendenten Gott berufen, unterscheiden sie sich deutlich in den Glaubensvorstellungen, und zwar vor allem hinsichtlich der Offenbarung und des in ihr vorgezeichneten Gottes- und Menschenbildes. Diese elementaren theologischen Differenzen sind gewiß zu beachten, wenn es um das Verhältnis dieser Religionen zueinander und zum Phänomen der Gewalt geht. Und ein künftiger christlich-islamischer Dialog wird gerade diese theologischen Grundlagenfragen nicht aussparen können. Im folgenden konzentriere ich mich jedoch in knappen Streifzügen auf eine Darlegung der religiösen Gewaltproblematik. Wie bei der „Religion“ so handelt es sich auch bei der „Gewalt“ um einen Begriff, der sehr weit gefaßt und unterschiedlich geprägt werden kann. „Gewalt“ wird hier vornehmlich als „vis bruta“, als Waffengewalt in Krieg und Terror anzusprechen sein, und zwar im politischen wie religiösen Kontext. Das Thema „Revolution“ und „Tyrannenmord“ steht, obwohl wieder sehr aktuell, hier nicht zur Debatte, ebenfalls nicht der problematische Begriff der sogenannten „strukturellen Gewalt“. Meine Problemskizze beginnt mit dem Islam und den Ereignissen des 11. September – und leitet dann über auf christliche Vorstellungen von Krieg und Frieden. Es scheint sich die paradoxe Aussage des hl. Augustinus zu bestätigen, wonach Kriege um des Friedens willen geführt werden. Und dies zuweilen sogar im Namen Gottes. Aber welche Friedenswerte stehen hier auf dem

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Spiel, die es unter Umständen gewaltsam zu verteidigen und durchzusetzen gilt? Kann der friedliche Zweck alle Mittel der Gewalt heiligen – oder diskreditieren gerade diese Mittel das angestrebte Ziel?

II. Der Islam und der 11. September „Wo war Gott am 11. September?“ Das war und ist nach den Terroranschlägen von New York und Washington eine bange und schwierige Frage, die nicht bloß von Skeptikern und Agnostikern aufgeworfen wird, sondern auch von gläubigen Christen und Muslimen. Präziser gestellt lautet diese Frage: Warum hat Gott diesen Terror zugelassen – und warum läßt er ihn weiterhin zu, etwa in Israel und Palästina? Werden wir in aller Zukunft mit Kriegen und Terror zu rechnen haben? Warum greift Gott, der allmächtige und barmherzige Gott, nicht einfach in die Geschichte ein, um Schluß zu machen mit der Macht des Bösen, mit Gewalt und Unterdrückung, mit Not und Elend, mit Hunger und Krankheit, mit Terror und Krieg? Solange Menschen an Gott glauben, werden sie Grund gehabt haben, solche zweifelnden und anklagenden Fragen zu stellen. Aber auch Ungläubige stellen diese Fragen – und richten sich dabei an die Religionsgemeinschaften, an denen nicht selten und nicht immer zu unrecht der Vorwurf der Unglaubwürdigkeit und des moralischen Versagens hängenbleibt. Diese alttestamentliche „Hiob-Frage“ spielte in der Philosophie der Aufklärung als sog. „Theodizee“-Frage eine große Rolle: Nämlich, wie läßt sich der gütige und zugleich allmächtige Gott angesichts des Übels und des Bösen in der Welt noch rechtfertigen? Damit wurde Gott auf die Anklagebank gesetzt und war der Verteidigung durch den Menschen bedürftig. Entweder – so hieß es – ist Gott angesichts des von ihm zugelassenen Übels zwar gütig, aber nicht allmächtig, oder er ist allmächtig, dann aber nicht gut. Man entschied sich philosophisch für die erste Variante: Gott wurde entmachtet, man ließ ihn einen „guten, aber harmlosen alten Mann“ sein und ermächtigte statt Seiner den Menschen als Subjekt der Geschichte. Doch die modernen Geschichtsideologien, nach denen nun der Mensch seine eigene Vorsehung, sein eignes Schicksal in die Hand nehmen und also an die Stelle Gottes treten sollte, entpuppten sich als utopische Allmachtsphantasien mit nicht selten katastrophalen Folgen. Es erwies sich, daß die Theodizee-Frage nicht ganz richtig gestellt war: Nicht Gott gehört auf die Anklagebank, sondern Menschen, die sich an seine Stelle setzen, sich eine geheime Mitwisserschaft an seinem Geschichtswillen anmaßen und sich als Vollstrecker seines Willen, als Richter über Leben und Tod aufspielen. Denn die meisten Katastrophen – wie vor allem Terror und Krieg, die wir nicht einfach als Schicksal ertragen, über die wir vielmehr zu klagen haben, sind Menschenwerk und können nicht Gott angelastet werden. Gott läßt zwar

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das Böse zu und setzt das Gute nicht mit Zwang und Gewalt durch, aber dies geschieht nicht aus Ohnmacht oder Lieblosigkeit, sondern einzig um der Freiheit des Menschen willen, der dafür aber am Ende der Zeit zur Rechenschaft gezogen wird. Der Mensch, und zwar jeder einzelne ist grundsätzlich mündig, d.h. schuldfähig, und sollte die Schuld nicht nur bei anderen suchen und auf sie abladen wie auf Sündenböcken. Dieser Gedanke der mündigen Schuldfähigkeit, durch die freie Subjektivität und individuelle Selbstverantwortung erst konstituiert werden, scheint mir im Christentum wesentlich stärker ausgeprägt zu sein als im Islam, der die Ergebenheit in den vermeintlichen Willen Gottes, also in ein unabwendbares Schicksal, genannt „Kismet“, traditionell hochhält. Nach christlicher Tradition ist der Geschichtswille Gottes nicht eindeutig erkennbar und verfügbar, wohl aber der Gesetzeswille Gottes, der sich vor allem in seinen Zehn Geboten zeigt, die übrigens für Christen, Juden und Muslime gleichermaßen gelten – und es eigentlich verdient hätten, von allen Menschen anerkannt zu werden. Wir können aber nicht wissen, wie Gott aus üblen Ereignissen dennoch Gutes zusammenfügt – und wie Er also auch „auf krummen Zeilen geradeschreiben“ kann. Es gehört freilich zu jenen beachtenswerten „Zeichen der Zeit“, daß wir in ihnen auch nach den Fingerzeigen Gottes suchen sollten, allerdings „im Licht des Evangeliums“, wie „Gaudium et spes“ (GS 4) hervorhebt – und nicht nach der Logik irgendeines gerade vorherrschenden Zeitgeistes. Innerkirchlich verlief und verläuft diese Logik manchmal jedoch genau umgekehrt: Die „Zeichen der Zeit“ werden nicht „im Licht des Evangeliums“ gedeutet, sondern das Evangelium im Licht der ominösen „Zeichen der Zeit“. Freilich wäre es sehr gewagt und gefährlich, etwa in den Ereignissen des 11. September eine direkte Strafe Gottes für die kollektiven Sünden „des Westens“ zu erblicken – oder in Figuren wie Hitler oder Bin Ladin eine „Geißel Gottes“ auszumachen. Wer kann sich dieses Pseudowissen anmaßen? Es handelt sich dabei allerdings um Prüfungen, die den Menschen religiös und moralisch herausfordern, um Prüfungen also, die er vor Gott bestehen muß. Gott hat immer seine Hand im Spiel der Geschichte, aber wie und wo und wann – das wird bis zum Ende der Tage Sein Geheimnis bleiben. Was läßt sich vom Standpunkt der christlichen Ethik über den 11. September sagen? Bin Ladin und seine Helfer mit Hitler zu vergleichen liegt nach allem, was der 11. September an heillosem Elend über die Welt zu bringen droht, nahe. Sie müssen eine Privatoffenbarung des Teufels gehabt und ihn mit Gott verwechselt haben, als sie ihre Bereitschaft zum Selbstmord mit der Entscheidung zum Massenmord verbanden. Sie schlugen die USA mit deren eigenen Waffen einer technischen Zivilisation, die oft mit der „Kultur des Westens“ verwechselt wird. Mit dem apokalyptischen Anschlag, der die einschlägigen, ästhetisch goutierten Katastrophenfilme plötzlich zu einer Realität werden ließ, die „wirklich“ unter die Haut so vieler Opfer ging, schienen sich die Pforten der Hölle zu öffnen.

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Die von allen guten Geistern des Islams verlassenen Terroristen – man könnte sie auch als gottverlassene islamistische Häretiker bezeichnen – haben sich ausgerechnet die Zerstörung eines Landes vorgenommen, das sich unter dem besonderen Schutze Gottes weiß und in Seinem Auftrag bereits die gleichermaßen gottlosen wie menschenverachtenden Systeme des Nationalsozialismus und des Kommunismus niederwarf. Die USA sind von Anfang an nicht nur von einer deistischen Zivilreligion, sondern auch von (inzwischen weitgehend säkularisierter) christlicher Hoffnung geprägt worden. Aus einigen besonders „frommen“ amerikanischen Stimmen hört man jedenfalls heraus, daß die USA auch im Zuge der Terrorbekämpfung eine welt- und heilsgeschichtliche Mission erfüllen könnten. Der Begriff der „militärischen Mission“ enthält jedoch ein gefährliches Gemisch aus Politik und Religion, wie überhaupt die allzu enge Verbindung von politischen und theologischen Begriffen eine gewisse Sorglosigkeit erkennen läßt: Als hätte es in der Geschichte des Christentums keine Kreuzzügler, revolutionäre Wiedertäufer und gewaltbereite Befreiungstheologen gegeben, die der christlichen Glaubwürdigkeit schweren Schaden zugefügt haben. Die religiöse Sprache zieht wieder in die öffentliche Debatte ein und sorgt für eine Verschärfung der politischen Fronten. Dabei ist das theologische Vokabular kein bloßer Bestandteil psychologischer Kriegsführung oder patriotischer Rhetorik. Im Namen Gottes werden auch heute Gewaltverbrechen begangen und vergolten, die den Namen Gottes beleidigen, besonders ausdrücklich bei bestimmten sog. „Islamisten“. Läßt sich Terrormord rechtfertigen, gar noch unter Berufung auf Gott? Natürlich nicht, beteuern Christen und viele gläubige Muslime gleichermaßen. Für sie ist Terror individualisierte und ungerechte Gewalt, die sich nicht als Freiheitskampf ausgeben kann. In der Tat kann sich der Terror am allerwenigsten auf den barmherzigen Gott berufen. Denn Gottes Gesetzeswille steht auf seiten einer Rechts- und Friedensordnung, die den Antiterror gebietet und ihm zugleich den Gebrauch terroristischer Mittel untersagt. Diese Ordnung ist wesentlich auf Verteidigung ausgerichtet und unterliegt der Rationalität einer universalisierbaren und reziprok geltenden bellum iustum-Lehre, die zum Zweck der Eindämmung militärischer und polizeilicher Gewalt auf immer neue Anpassungen an die reale Situation angewiesen ist. Das geschichtliche Bewußtsein einer islamischen Bedrohung scheint in weiten Teilen der Welt, weniger in der westlichen (wo sich Muslime überwiegend friedlich verhalten), neue Nahrung zu finden. Von „islamistischen“ Muslimen angezettelte Konflikte und Bürgerkriege auf den Philippinen, in Indonesien, Tschetschenien, Libanon, Algerien, Sudan, Nigeria, Uganda, Eritrea, Bosnien, Kosovo etc. sorgen für ein Bedrohungsszenario, das keineswegs nur so von Christen wahrgenommen wird. Vielmehr erinnert es an die These von Samuel Huntington „The Clash of Civilizations“ (1993). Und daran, daß es sich beim

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Islam weithin nicht nur um ein religiöses und kulturelles, sondern zugleich auch um ein politisch-staatliches Phänomen handelt. In den „islamisch“ dominierten Staaten ist die Religionsfreiheit stark eingeschränkt, in den „islamistisch“ beherrschten ist sie – wie die übrigen Menschenrechte – so gut wie aufgehoben. Dabei gilt die Gewährleistung von Religionsfreiheit als Grundlage, Voraussetzung und Signum der Geltung von Menschenrechten überhaupt. Freilich wollen sich nun (fast) alle diese Staaten mehr oder weniger an dem Kampf gegen den Terrorismus beteiligen, der sie schließlich selber bedroht. Den Koran zitierend pochen sie auf den Gesetzeswillen Gottes, der Willkür und Terror untersagt. Denselben Koran zitierend berufen sich hingegen die Terroristen, die sich ohnehin lieber als „Freiheitskämpfer“ ausgeben, auf einen göttlichen Geschichtswillen, als dessen Mitwisser und Vollstrecker sie sich aufspielen. Sie verstehen sich als Avantgardisten eines „Heiligen Krieges“, als Werkzeuge Gottes, als Märtyrer, die garantiert in den Himmel kommen, wenn sie den USA, dem kollektiven Satan, die Hölle auf Erden bereiten. Alles Irrsinn, Verblendung oder Ketzerei? Was unterscheidet eigentlich den „Islam“ vom „Islamismus“, gläubige Muslime von Islamisten? Dazu hätte man gern ein bindendes Urteil. Doch im Islam gibt es keine Instanz verbindlicher Interpretation, kein zentrales Lehr- oder Hirtenamt, das ihn wirksam vor „islamistischer“ Verfälschung und politischem Mißbrauch bewahrt. Die Terroristen sollten vielleicht besser als islamistische Häretiker bezeichnet werden, die vor allem von der islamischen Religionsgemeinschaft selber diszipliniert oder exkommuniziert werden müßten. Der Islam kennt aber keine Kirche. Seine institutionalisierte Autorität ist zu gering entwickelt, um eine gemeinverbindliche Lehre zu formulieren. Ihm fehlt überdies auch das rationale, philosophisch-theologische Instrumentarium, um den Glauben mit der „modernen“ Welt zu vermitteln und die Dialogfähigkeit zu gewährleisten. Der Islam braucht heute eine Aufklärung, wie sie das Christentum bereits im Mittelalter durch Thomas von Aquin erfuhr. Der heute noch maßgebende christliche Theologe konnte dabei übrigens nur deshalb auf Aristoteles zurückgreifen, weil dessen Schriften durch arabisch-islamische Philosophen in Europa zur Geltung gebracht worden waren. (z. B. durch Averroes in Córdoba). An diese mittelalterliche Tradition könnte auch der jetzt anstehende christlich-islamische Dialog anknüpfen. Und zwar auf der metaphysischen Basis des aristotelisch-thomasischen Naturrechtsdenkens, das im Christentum für eine grundlegende Unterscheidung zwischen Glaube und Politik, Kirche und Staat, Moral und Recht gesorgt hat. Die Gewaltenteilungen einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung mitsamt den Menschenrechtsgarantien gründen auf diesem Denken. Insofern lassen sich Fundamentalismus und Despotie nicht als „Rückfall“ ins Mittelalter deuten, sondern stellen eher einen „Unfall“ oder „Abfall“ der Moderne dar.

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Der Groß-Scheich der Ashar-Universität von Kairo hat zwar eine hohe geistliche Autorität, aber keine Richtlinienkompetenz für die islamische Welt. Wie viele andere Würdenträger betreibt er zwar eine mehr oder weniger rationale Koran-Interpretation, aber Abstriche an der Lehre des Propheten werden kaum vorgenommen oder zugelassen. Und theologische Neuerungen gelten meist als Verrat an heiligen Prinzipien. Freilich ist der Koran viel konkreter und politischer in seinen Lebensregeln als die Evangelien. Er enthält ein gefährliches Gemisch aus Politik und Religion, und die allzu enge Verflechtung von politischen und theologischen Begriffen läßt sich nachträglich nicht einfach auflösen. Der islamische Monotheismus drängt zur einheitlich-totalitären Staatsbildung und begünstigt nicht, wie der christliche Trinitätsglaube, die gesellschaftliche Pluralität und die staatliche Gewaltenteilung, also das Prinzip der Einheit in der Vielfalt. Die religiös begründete Glaubensgemeinschaft (die „umma“) ist auch eine politische Größe, sie schuldet Gott und seinem Gesandten (dem Propheten Mohammed) Gehorsam und findet in ihnen die Garanten der Einheit und des Friedens (Sure 8 Vers 46). Dementsprechend ist die „scharia“ nicht bloß ein moralisches, sondern auch ein erzwingbar rechtliches Regelwerk. In vielen islamischen Ländern wird heute noch bei Abkehr vom islamischen Glauben, bei Blasphemie und bei Ehebruch die Todesstrafe verhängt. Frauen haben in der Öffentlichkeit dieser Länder nichts zu suchen. Und wie steht es um den „dschihad“, den sogenannten „Heiligen Krieg“? Er läßt sich nicht bloß als „Anstrengung für den Glauben“ auslegen, sondern bedeutet hauptsächlich ein militärisches Vorgehen. Die Koran-Sure 47,4 lautet (nach der Übersetzung von Rudi Paret, dessen Interpretation in Klammern eingefügt ist): „Wenn ihr (auf einem Feldzug) mit den Ungläubigen zusammentrefft, dann haut (ihnen mit dem Schwert) auf den Nacken. Wenn ihr sie schließlich vollständig niedergekämpft habt, dann legt (sie) in Fesseln, (um sie) später entweder auf dem Gnadenweg oder gegen Lösegeld (freizugeben). (Haut mit dem Schwert drein) bis der Krieg (euch) von seinen Lasten befreit (und vom Frieden abgelöst wird).“ Sogenannte Ungläubige, aber auch Christen, die in islamischen Gemeinwesen nur diskriminierend toleriert werden, müssen existentiell an der Frage interessiert sein, ob diese Koran-Sure nach wie vor Gültigkeit hat. Diese Frage wird freilich nicht hinreichend und verbindlich durch die Interpretation einzelner intellektueller, „westlich“ eingestimmter Koran-Gelehrter beantwortet. Entscheidend und von politischer Wirksamkeit ist vielmehr das Koran-Verständnis der islamischen Massen und der politischen Führer. Eine zentrale und globale politische Ordnungsfrage ist: Wie läßt sich das Menschenrecht auf Religionsfreiheit, das für alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verpflichtend ist, auch wirksam, d.h. institutionell abgesichert und kontrolliert, durchsetzen? Von der Beantwortung dieser Frage hängt es wesentlich ab, ob sich die Gefahr von Religionskriegen abwenden läßt. Vor jedem

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interreligiösen Dialog um ein „Weltethos“ müssen zunächst die Bedingungen der Freiheit für alle Religionsgemeinschaften und Staaten geklärt werden, die an diesem Dialog teilnehmen sollen. Die Preisfragen für den künftigen Dialog lauten also: Wie weit kann sich der Islam 1. auf die allgemeine Religionsfreiheit einlassen. 2. Wie weit läßt er sich entpolitisieren, d. h. von staatlicher Macht trennen? Und 3. Wie weit läßt sich die islamische Glaubensgemeinschaft institutionalisieren oder verkirchlichen, ohne ihre „Identität“ preiszugeben? Auf diese Fragen hätte zunächst ein innerislamischer Dialog zwischen den rivalisierenden Gruppen (etwa zwischen Schiiten und Sunniten) Antworten zu finden. Überdies bedürfte es des innerislamischen Dialogs zwischen den zahlreichen Gruppen schon deshalb, um repräsentative Partner für den interreligiösen Dialog zu benennen. Speziell in Deutschland würde man gerne einiges über die Inhalte des geplanten islamischen oder islamistischen Religionsunterrichts erfahren, bevor er staatlich eingerichtet wird. Was den Dialog behindert, sind nicht allein die Tabus in den islamischen Ländern. Auch im freien Westen kann die Aufklärung über den Islam sehr riskant sein. Gemeint sind nicht die lyrischen Verunglimpfungen im Stile eines Salman Rushdies und seiner „Satanischen Verse“. Es ist die moderne theologische Forschung, die auf eine kritische Exegese des Korans, mithin auf eine Entmythologisierung Mohammeds hinausliefe. Doch vor einer solchen „Blasphemie“, die dem Christentum nicht erspart blieb, schrecken sogar westliche Islamforscher zurück – aus Angst vor muslimischen Sanktionen. Im Dialog sind also noch viele Toleranzgrenzen zu überwinden.

III. Christentum zwischen Krieg und Frieden 1. Zur Geschichte

Was das katholisch geprägte Christentum, zumal in Deutschland, betrifft, so muß es sich gegenwärtig viele Vorwürfe hinsichtlich seiner Geschichte gefallen lassen. Vergangenheitsbewältigung ist eine deutsche Spezialität. Der Vorwurf des militanten Fundamentalismus konzentriert sich auf die Kirchengeschichte, hat aber dabei – mit Anspielung auf den Islamismus – auch die Gegenwart im Blick. Mit der Verspätung von einigen hundert Jahren werden nun genüßlich die Greueltaten der Kreuzzüge, der spanischen Konquista, der Inquisition und der Hexenverfolgungen rekapituliert und als Werk der Kirche dargestellt, um diese moralisch und geschichtlich zu diskreditieren. Diese Form moralisierender Historiographie ist freilich nicht geeignet, Aufschluß über die Geschichte zu geben. Das Mittelalter besteht nicht nur aus Kreuzzügen und dergleichen, sondern hat große Friedenswerke hinterlassen, von denen wir heute noch zehren. Übri-

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gens erwuchs die Kreuzzugsidee paradoxerweise aus einer kirchlichen Friedensbewegung, der „treuga Dei“ (was der Historiker Carl Erdmann herausgearbeitet hat). Natürlich sind uns die genannten Fehlformen heute hinreichend als unmoralisch geläufig. Dabei setzen wir aber immer noch die Existenz von zeit- und kulturübergreifend gültigen Maßstäben der Moral und des Rechts voraus, an deren naturrechtlich-vernunftgemäßer Begründung gerade die mittelalterliche Theologie hervorragend beteiligt war. Rein glaubensbegründete Moralnormen unterliegen hingegen viel leichter einer zeitgebundenen Interpretation, so daß besonders die biblischen Texte „zeitgemäß“ oft so zurechtgebogen wurden, daß sie in den jeweiligen Zeithorizont hineinpaßten. Das zeigte sich besonders in der mit Bibelsprüchen legitimierten spanischen Konquista, die sich auf das lukanische „Compelle intrare“ stützte: „Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige die Leute einzutreten, auf daß mein Haus voll werde“ (Lk 14, 23) – das moralische „Nötigen“ wurde als rechtlicher Bekehrungszwang gedeutet. Ein tragisches Beispiel für diese Methode ist auch der Satz Cyprians „Extra Ecclesiam nulla salus“. Das Dogma von der absoluten Heilsnotwendigkeit der Kirche wurde bis ins späte 19. Jahrhundert so verstanden, daß die Angehörigen anderer Konfessionen und Religionen nicht das Heil erlangen könnten. Aus dieser Sicht mußte die Ablehnung der Religionsfreiheit und die Inanspruchnahme des Staates für kirchliche Missionszwecke als plausibel erscheinen. Die spanischen Kolonialethiker haben nicht immer konsequent genug zwischen Glaubensoffenbarung und Naturrecht, zwischen Glaubensmoral und Vernunftmoral, zwischen ethischer und positiv-rechtlicher Ebene zu unterscheiden und zu vermitteln gewußt, ein Problem übrigens, das die christliche Theologie immer noch und bleibend beschäftigt. Das Festhalten an einem für alle Menschen und Völker analog gültigen, also geschichts- und kulturübergreifenden Naturgesetz der göttlichen Schöpfungsordnung bewahrte die Scholastiker immerhin davor, sich einer Herren- und Kolonialvolk-Ideologie anzuschließen, die im 19. Jahrhundert ihren Gipfel erreichte. Die spanische Conquista des 16. Jahrhunderts wurde von kirchlichen Theologen wie Bartolomé de Las Casas und Francisco de Vitoria naturrechtlich kritisiert. Beide Theologen gelten als Avantgardisten der Naturrechtsidee im Sinne der Menschenwürde, der Menschenrechte und des Völkerrechts. Ohne die Annahme eines vorpositiven Naturrechts ist es unmöglich, ein Widerstandsrecht gegen die Tyrannei zu begründen (siehe Kant) und gerechte von ungerechten Kriegshandlungen zu unterscheiden. Zur Eindämmung der Willkür erwies sich überdies eine verbindliche lehramtliche Interpretation als notwendig. Das Fehlen einer zentralen kirchlichen Entscheidungsinstanz, die verbindlich zwischen friedlicher Rechtgläubigkeit und terroristischer Häresie unterscheidet, macht sich gegenwärtig besonders im Islam bemerkbar.

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Jedenfalls sollten die kirchenkritischen Vergangenheitsbewältiger einmal der Frage nachgehen, warum die französische oder die russische Revolution in den wenigen Jahren, in denen sie für die vermeintliche Humanität über Leichen ging, mehr Menschen auf dem Gewissen hatte als Kreuzzüge und Inquisition in Jahrhunderten. Ganz zu schweigen von den modernen Weltkriegen, Völkermorden und Massenvernichtungen des 20. Jahrhunderts. Wem ist die geschichtliche Verantwortung für längst vergangene Fehlentwicklungen anzulasten – und wer hat Schuld auf sich geladen? Hier macht man es sich heute allzu leicht, „die“ Kirche als Sündenbock vorzuführen. Von der oft unheiligen Allianz der Kirche mit dem Staat ist nicht die Rede, auch nicht davon, daß nach mittelalterlichem Ordnungsdenken der Abfall vom Glauben als gemeinwohlschädlich und strafbar angesehen wurde. Ähnlich übrigens wie heute noch in den islamischen Staaten. Die säkularisierten „westlichen“ Staaten lehnen heute aber jede Mitverantwortung für die längst vergangenen Verfehlungen ab – so daß nur noch die katholische Kirche übrig geblieben ist, auf der man die geschichtlichen Fehler abladen kann. Das wirkt auf viele Christen wie eine schwere Hypothek, wie ein lähmender Resignationsfaktor, wobei diese Wirkung teilweise bewußt angestrebt wird. 2. Zur Bergpredigt

Zurück zu einigen systematischen Fragen von Krieg und Frieden aus christlicher Sicht. Im Evangelium, speziell der Bergpredigt, finden sich einige radikale und rücksichtslos klingende Forderungen Jesu, die sich nicht als soziale oder politische Ethik verstehen und auch keine allgemeingültige Gesetzesethik zu sein beanspruchen. Zu dieser „eschatologischen“ Ethik zählen beispielsweise die „evangelischen Räte“, also der Verzicht auf Ehe, Besitz und Macht, den jene nachfolgebereiten Jünger auf sich nehmen können, die dazu berufen sind. „Wer es fassen kann, der fasse es!“ Das gilt in ähnlicher Weise auch für die Forderungen, die die radikale Güte Gottes zum Ausdruck bringen. Und zwar sowohl für die Gebote der Feindesliebe und der grenzenlosen Vergebungsbereitschaft – als auch für die in der Bergpredigt ausgesprochenen Verbote des Zürnens und des Widerstandes. Diese Forderungen lassen sich nicht als sozialethische Normen verallgemeinern oder gar mit politischer Macht und rechtlichen Zwangsmitteln durchsetzen. Letzteres würde auch gegen die Religionsfreiheit verstoßen. Denn diese Anforderungen richten sich an einzelne gläubige Jünger, die ihnen nur entsprechen können, wenn ihr Handeln zuvor durch Gnade ermöglicht wurde. Ein politisches und ökonomisches Ordnungshandeln, das auf Glaube und Gnade setzt, ist vielleicht in einem Kloster möglich. Die weitgehend säkularisierte und pluralisierte Großgesellschaft kann aber ihr sozialethisches Maß nicht an der Bergpredigt nehmen.

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Bezeichnend ist, daß sich die Befürworter einer „Politik der Bergpredigt“ selektiv nur auf jene Gebote und Verbote berufen, die in ihr politisches Konzept passen. Zum Beispiel Pazifisten, die nicht nur ihre eigene Wange, sondern auch die der anderen hinhalten wollen. Die kirchliche Tradition ging aber nicht den pazifistischen Weg, sondern hielt Selbstverteidigung, Notwehr und Nothilfe für sittlich erlaubt oder gar geboten, auch auf zwischenstaatlicher Ebene. Dazu entwickelte sie die sog. „bellum iustum“-Theorie, die ein wesentlicher Bestandteil der kirchlichen Friedenslehre wurde.

3. Zur kirchlichen Friedenslehre

Mit „Frieden“ wird ein zentraler politischer und zugleich theologischer Wertbegriff bezeichnet. Die Begriffsinhalte unterscheiden sich nach der jeweiligen politischen, ideologischen und religiösen Perspektive. Darum ist der Begriff manipulationsanfällig und wurde in der Geschichte oft von totalitären Ideologien propagandistisch mißbraucht. Die Frage nach dem Wesen des Friedens bestimmt auch die Verfahrensweisen praktischer Friedenspolitik. In einer wertpluralistischen Gesellschaft ist es freilich nicht leicht, sich auf fundamentale Friedenswerte zu einigen oder zu besinnen: Welcher Frieden ist verteidigenswert? Diese Frage ist entscheidend auch für die Verteidigungsbereitschaft. Vom „politischen“ Friedensbegriff (auf interpersonaler, sozialer, nationaler und internationaler Ebene) zu unterscheiden ist ein theologischer. Im Christentum wird das Reich Gottes als ein ewiges Friedensreich vorgestellt, das menschlicher Verfügung und politisch-ideologischer Vereinnahmung entzogen bleibt. Versuche, diesen „eschatologischen Vorbehalt“ zu negieren und das Reich Gottes für politisch oder ökonomisch machbar zu halten, hat es in der Geschichte immer wieder gegeben; sie haben nach Karl R. Popper stets die Hölle hervorgebracht. Mit der christlichen Tradition unvereinbar ist auch ein konsequenter Pazifismus, der sich auf die Bergpredigt beruft, mit der aber – wie Bismarck im Einklang mit der katholischen Tradition meinte – „keine Politik zu machen“ ist. Christlich orientierte Politik konzentriert sich auf eine Strategie der Gewaltminimierung und auf die Realisierung positiver Friedenswerte. Frieden ist mehr als das (nur negative) Fehlen von Krieg und Terror, Friedenspolitik mehr als Terrorbekämpfung und Rüstungskontrolle. Augustinus definierte den Frieden als „Ruhe (in) der Ordnung“, was nicht mit statischer Zwangsordnung gleichzusetzen ist. Frieden ist vielmehr eine dynamische Gemeinwohlordnung, die auf mehr Wahrheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Freiheit ausgerichtet ist. Diese Grundwerte hebt Papst Johannes XXIII. in seiner Enzyklika „Pacem in terris“ (1963) hervor. In der Mißachtung dieser Werte liegt die eigentliche Ursache des Unfriedens, vor allem von Krieg und Terror.

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Umgekehrt gilt die Sicherung des „negativen“ Friedens (durch Abschreckung oder Abrüstung) als notwendige Bedingung für den Aufbau eines „positiven“. Vor allem seit der Erfindung moderner ABC-Waffen kann der Krieg kein normales Mittel der Politik zur Herstellung des Friedens sein. Mit dem Zusammenbruch des Ostblock-Kommunismus scheint die Gefahr der (christlich zu ächtenden) Anwendung von Massenvernichtungswaffen leider noch nicht völlig gebannt zu sein, wenn man sieht, wie technisch aufgerüstet heute Terroristen sind. Andererseits entzünden sich vielerorts (Balkan, Afrika etc.) neue inner- und zwischenstaatliche Konflikte um die Rechte ethnischer oder kultureller Minderheiten. Zunehmend werden völkerrechtliche Souveränitätsansprüche durch menschenrechtlich begründete „humanitäre Interventionen“ relativiert. Dies wirft erneut Fragen nach dem sog. „gerechten Krieg“ auf. Die klassische „bellum iustum“-Theorie wird in ihrer christlichen Intention, Gewalt zu minimieren, neu zu formulieren und zu aktualisieren sein. Dies vor allem hinsichtlich der terroristischen Herausforderung. Wie soll man heute mit einem Terrorismus verfahren, der zwischen globalem Bürgerkrieg, Kamikaze-Aktion und Partisanenkampf angesiedelt ist? Auf diese Frage gibt es noch keine schlüssige Antwort des kirchlichen Lehramtes, außer der, daß jede Art von Terror, der sich willkürlich gegen Zivilisten und Non-Kombattanten richtet, abzulehnen sei. Nach der klassischen Lehre vom „gerechten Krieg“ hängt die Legitimität militärischer Gewalt von universalisierbaren und reziprok geltenden Kriterien ab: nämlich 1. von einem gerechten Grund, 2. von einer rechtmäßigen (staatlichen oder supranationalen) Entscheidungsinstanz, 3. von einer wertgebundenen Friedensordnung als Ziel, 4. vom ultima ratio-Prinzip, 5. von der Abwägung möglicher Folgen – und 6. von der Erlaubtheit der Mittel. Bei der inhaltlichen Füllung dieser Kriterien beginnen freilich erst die praktisch-politischen Schwierigkeiten. Sie können nur im Dialog mit den Beteiligten gelöst werden. Die Frage ist, wie sich die Chancen für einen globalen Friedensdialog („Weltethos“) verbessern und institutionell festigen lassen. Daß sich besonders die christlichen Kirchen sowie die muslimischen und anderen Glaubensgemeinschaften an diesem Dialog beteiligen sollten, darf man für wünschenswert und sogar notwendig erachten.

Zusammenfassung Christentum und Islam sind nicht frei von Gewalt, worauf zahlreiche Konflikte in und zwischen den beiden Religionsgemeinschaften in der Geschichte hinweisen. Nach dem 11. September stellt sich die Theodizee-Frage in erneuter Dringlichkeit: Warum läßt Gott Terror und Krieg zu? Die religiöse Sprache zieht wieder in die öffentliche Debatte ein und sorgt für eine Verschärfung der politischen Fronten. Im Namen Gottes werden Gewaltverbrechen begangen und

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vergolten, besonders von „Islamisten“. Dies erschwert einen Dialog zwischen Christen und Muslimen und macht ihn zugleich notwendig. Dieser Dialog setzt freilich die innerislamische Klärung des Verhältnisses von Glaube/Religion und Politik/Gewalt voraus. Es geht um eine gewaltminimierende Friedensordnung, die wesentlich auf Verteidigung ausgerichtet ist und der Rationalität einer universalisierbaren und reziprok geltenden bellum iustum-Lehre unterliegt. Summary The history of Christianity and Islam is not free of violence. From their beginnings, there have been many conflicts both within and between these religious communities. Since September 11, 2001, however, a fundamental question of theodicy has reappeared with new prominence: why does God not prevent terror and war? The religious roots of political orientation are once again part of the public debate and bring about an increasing gravity on the political front. Terrorist acts are being committed “in the name of God\) and retaliated against under the same rubric, particularly by “Islamists.\) This makes dialogue between Christians and Muslims both difficult and necessary. Before a fruitful dialogue can begin, Islam must clarify the relationship between faith and religion and politics and power. The basic question is: how can a peaceful solution be achieved and defended with a minimum of power? A solution must follow the rationality of a universally and reciprocally accepted doctrine of bellum iustum.

Islam: A Threat or a Challenge to the Christian West By Alberto M. Piedra I. Introduction The well known British writer and historian Hilaire Belloc wrote these words in 1938: “Cultures spring from religions; ultimately the vital force which maintains any culture is its philosophy, its attitude toward the universe; the decay of a religion involves the decay of the culture corresponding to it – we see that most clearly in the breakdown of Christendom today.”1 Can these words be applied also to Christianity and other world religions at the beginning of the twenty first century? The West, as well as other parts of the world, seems to have lost the real meaning of man under a quagmire of materialism, hedonism and other “isms” which have made him forget the transcendental nature of his being. Even though multiple attempts have been made to deny the existence of evil, the reality of history has demonstrated the falsehood of such a misleading belief. The German nineteenth century philosopher Friedrich Nietzche predicted in his last major work Beyond Good and Evil that Western civilization was ready to move to a new era in which both good and evil were things of the past. How illusory proved to be these unfounded forecasts in the wake of the barbarous mass killings that took place during the past twentieth century and which culminated in the present day suicide bombings and premeditated destruction of innocent lives. The recent criminal and murderous attack on defenseless civilian populations of no military value whatsoever has once again brought to light the existence of evil in the world and how the distinction between good and evil has been blurred to such an extent that these barbarous acts, not limited to any particular group or nation, are done in the name of ideologies which remind us of the darkest pages in history. The reality of the existence of evil should convince our contemporary society of the fallacy of the ideas of such progressive philosophers as John Dewey and his disciples who contend that evil can be eradicated through education and social reform. For them, the very concept of evil is considered unprogressive 1 Hilaire Belloc, The Great Heresies (Manassas, Virginia: Trinity Communications, 1987). First published in 1938. p. 91.

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and incompatible with the “utopian” belief in the infinite perfectibility of man. Apparently, the Christian concept of the fallen nature of man and his tendency toward evil is, for all practical purposes, rejected. It had to take the terrorist bombing of the New York World Trade Centre on September the eleventh 2001 to awaken the complacent and hedonistic Western World to the crude reality of evil. Hopefully, the world will become aware of the need for all men of good will to join forces in their struggle against the sources of evil. But, to do so effectively the human family must come to the realization that peace and order can only be brought about through man’s inner transformation. The recent tragic events that took place on the eleventh of September have brought about legitimate cries of indignation from all sectors of the civilized world. The immediate reaction was to blame the religious foundations of Islam as responsible for the evil deeds perpetrated by the self defined Islamic suicide bombers. Thus, can it be concluded from these abominable acts that Islam’s theology not only justifies them but encourages them? Is there any solid foundation to believe that, as a result of Islamic law, the clash between the followers of Mohammed and the non Islamic world is inevitable? Can the three monotheistic religions, Judaism, Christianity and Islam, live in peace and harmony or is the world destined to the inevitability of conflict and future conquests and devastation? This paper, divided into five parts, will try to answer some of these questions but special attention will be given to the shaky relationship that historically has always existed between Christianity and Islam since the rise of the Islamic crescent in what is now Saudi-Arabia. The first part will review Islam’s past military and ideological penetration in both the eastern and western flanks of continental Europe and the threat its messianic message represented for the Christian faith. Secondly, a brief analysis of the Qu’ran will be given, stressing the powerful religious-political message it sent to the followers of Mohammed. The third part will deal with the various interpretation of the jihad or Holy War. The issues related to the different theological foundations separating Islam from Christianity, together their potential points of contact, will be discussed briefly in the fourth part. Whether Islam’s apparent reawakening after many years of a dormant existence constitutes a threat or a real challenge to the West and its Christian heritage in the 21st century will occupy the fifth and final part of this paper. Finally, some conclusions will be given, stressing the need for a revival of both Christian and Islamic principles, proclaiming a merciful and compassionate God, if true peace and a better understanding between the West and Islam is to be attained.

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II. Islam’s Militant Tradition and the Threat it Represented to the Christian West

I don’t believe that anyone can deny the obvious fact that the vicious and premeditated attacks on the New York Trade Centre and the Pentagon in Washington were a direct act of war against not only the United States of America but against the basic principles and values of civilized societies: basic principles which lie at the core of the spiritual and technological advancement of mankind. The entire Western tradition with its roots in ancient classical philosophy and Christian European thought has been challenged to a degree never witnessed for many centuries. However, it is not the first time that Western culture has come under attack from sources alien to its fundamental Christian principles. Throughout history Christendom has experienced threats to its very existence. Nomadic Mongol tribes led by Attila overran Western Christian Europe in the fifth century and were only defeated in or near Chalon in present day France after disseminating terror and death along their path. Then again in the thirteenth century the Asiatic Mongol unleashed a streak of terror in Western Europe that only culminated with the death of its leader. Other threats to Christendom came from the north, as Scandinavian pirates raided the British Isles, Ireland and continental Europe reaching as far as Paris and Cologne. However, the greatest challenge to Western Christian culture has come from Islam; a religious faith, founded by the prophet Mohammed and which originated in modern day Arabia in the seventh century. By the middle of the eighth century Islam had mastered Syria, North Africa, occupied most of Spain, and had reached the rich plains of France. It was only at the battle of Poitiers that the forces of Islam were defeated by Charles Martel and had to retreat to central and southern Spain. With the capture of Constantinople by Mohammed II in 1467, the Byzantine Empire was finally dismantled and all political power fell into the hands of the new Moslem masters. Soon afterwards Islam extended eastwards into Mesopotania and finally reached Persia and the very borders of India. But Islam’s successes were not limited to the East and the Balkans. Turkish ships ravaged the northern coasts of the Mediterranean and threatened the very heart of Christianity in the Italian peninsula. Suleiman I, called the Magnificent, won a great victory over the Hungarians at the battle of Mohacs in 1526 and spread despair and terror over Europe. It was only after the famous battle of Lepanto in 1571, led by Don Juan de Austria, that the Turkish fleet under the command of Ali Pasha was destroyed and the danger receded. As a result of the continued expansionist policies of the Ottoman Empire, the threat to Christianity continued during the following years. It reached a climax

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in 1663 when Grand Vizier Koprili victoriously swept over eastern Europe making thousands of prisoners and selling more than 80,000 men in the slave markets of Constantinople. The situation became so grim and the danger so imminent that in Germany the Türkenglocken were rung at noon in every town and every day as a reminder of the coming onslaught from the advancing Turks.2 The Ottoman threat was temporarily removed with the Christian victory of St. Gothard at Raab in 1664. A few years later the Grand Vizier Kara-Mustafa with two hundred thousand men led a new offensive against Christendom and reached the gates of Vienna. It was only on the eleventh of September of the year 1683 that the armies of the Grand Vizier Kara Mustafa were defeated at the battle of Kahlenberg, near the Wiener Wald, by a heroic expeditionary force led by the King of Poland, John III Sobieski.3 But the tide only turned against the Turks after the battle at Zenta in 1697 and the final capture of Belgrade by Prince Eugene of Savoy. It is not pertinent to analyze in this paper the reasons for the extraordinary success of Islam through the centuries and its rapid expansion across Europe.4 Its great contributions in the arts and sciences, not to mention philosophy, cannot be denied. The names of Averroes, Avicenna and others are well known to all students of St. Thomas Aquinas.5 At the same time, however, it must be admitted also that the violent Ottoman assaults at the heart of Europe threa2 The name “turk” was given to the fierce Mongol hordes who originally had come from the steppes of Asia and later established themselves in the neighborhood of the Black Sea and the Middle Danube. Islam opened its doors to these Mongol tribes, later identified as Turks (Seljuk Turlks), who quickly adopted the religion of Mohammed. These newly converted Turkish hordes under the banner of Islam delivered an almost mortal wound to Christendom. They not only besieged Vienna but threatened to reach the Rhine. 3 The English writer G. K. Chesterton expressed himself in less than favourable terms about radical Islam. He went as far as claiming that: “The very dogma that there is only one Mahomet produces an endless procession of Mahomets. Of these the mightiest in modern times were the man whose name was Ahmed, and whose more famous title was the Mahdi; and his more ferocious successor Abdullahi, who was generally known as the Khalifa. These great fanatics, or great creators of fanaticism, succeeded in making a militarism almost as famous and formidable as that of the Turkish Empire on whose frontiers it hovered, and in spreading a reign of terror such as can seldom be organized except by civilization . . .” See G. K. Chesterton, “Lord Kitchener” in Volume 5 of the Collected Works of Chesterton. 4 One of the great literary contributions of Islamic mysticism is the work of the Persian poet Farid Ud-Din Attar. His great mystical poem “The Conference of the Birds” written in the twelve century has been compared with the poetry of Milton or Dante. 5 In a paper entitled “Indestructible Islam” (March 4,2002), the philosopher Jude Dougherty states correctly that: “Arabic philosophy became a major source of medieval scholasticism. Once Aristotle was translated into Arabic, his influence spread to the limits of Islam‘s dominion.” To study Aquinas, he continues, “is also to study medieval Arabic philosophy. No major Catholic university is without its specialist in medieval Arabic thought. It remains part of the scholastic curriculum.”

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tened to destroy Christendom and the basic principles on which it stands. As the British historian Hilaire Belloc stated: “. . . the successive wave of Mongol abomination, which came out of Asia in the eleventh century and to which Islam opened its door, overwhelmed what was left of the Christian East and provoked the Crusades.”6 This view is basically rejected by many Islamic scholars. For them the “jihad” or holy war against Christianity was, on the contrary, a reaction to what they called the Christian jihad from the West (the Crusades). The question that has to be raised is not only whether the acts of aggression and violence perpetuated in the past under the banner of Islam were in clear violation of the traditions of Islamic law but also and more importantly whether Islam can be held responsible for the terrorist acts of the radical fundamentalist movements of the twenty first century. Can the outrageous act of September 11, 2001 fall under the category of a jihad and, thus, justified according to the Qur’an, the sacred book of Islam? Does the Qur’an justify and even foster the holy war against the infidel or is its message one of compassion and forgiveness? To answer these questions it becomes worthwhile to review the basic postulates of the Qur’an which, according to Islamic tradition, is considered a sacred text revealed by God (Al-Lah) to Muhammad in the early seventh century. III. The Religious Dimension: The Qu’ran and its Messianic Message The Qu’ran contains Muhammad’s alleged revelations from God through the Archangel Gabriel. It is the word of God dictated from heaven. Mohammed considered himself the last of the prophets; the successor of Abraham, Moses and Jesus. The main ideas and goals of Islam are contained in the first Surah or chapter (also known as the Fatiha) of the Qu’ran. It reads as follows: “In the Name of God, the Compassionate, the Merciful, Praise be to God, Lord of the Universe, the Compassionate, the Merciful, Sovereign of the Day of Judgment! You alone we worship, and to you alone we turn for help. Guide us to the straight path, the path of those whom You have favoured, not of those who have incurred Your wrath, nor of those who have gone astray.”7 The Qu’ran clearly speaks of a single God, the All-high and the All-glorious, the Master of the Day of Judgment.8 He is merciful, compassionate and will guide men in the Straight Path, the path of those whom He has blessed but not of those against whom He is wrathful nor of those who have gone astray. 6 Hilaire Belloc, The Crusades (Rockford, Illinois: TAN Books and Publishers, 1937, reprinted in 1992). p. 11. 7 The Qu‘ran, Surah1: 1–7 (London: Penguin Books, 1999), p. 9. 8 Islam is one of the three monotheistic religions, the other two being Christianity and Judaism.

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The Fatiha stresses the pivotal role of Al-Lah as the Lord of all being and His concern for the wellbeing of those that He has favoured. But, at the same time, the passage speaks of God’s anger with those who have gone astray. There is only one straight path and those who follow it receive the blessings of AlLah. Those who do not are the object of His wrath. On the Day of Judgment Al-Lah will vindicate those who have followed the straight path and condemn the others to a horrible fate. The Qu’ran specifically speaks of the friends and enemies of Al-Lah. It promises paradise to those who are true believers and follow the mandates prescribed in the sacred book. The unbeliever (kafir), on the contrary, is not on the side of God. Thus, the believer must be cautious in not associating others with Him. With respect to the unbelievers the Koran says quite clearly that they will not escape God’s judgment and will be humbled. Chapter nine reminds Islam’s followers that “God and his apostle are under no obligation to the idolaters. If you repent, it shall be well with you; but if you pay no heed, know that you shall not be immune from God’s judgment.” It continues: “Proclaim a woeful punishment to the unbelievers, except to those who have honoured their treaties with you in every detail and aided none against you. With these keep faith, until their treaties have run their term. God loves the righteous.”9 With respect to the idolaters, the Qur’an has no compunction about slaying them if they don’t repent. It clearly states that: “When the sacred months are over slay the idolaters where ever you find them.” But, “. . . if they repent and take to prayer and render the alms levy, allow them to go their way. God is forgiving and merciful.”10 Referring to other religions the Qu’ran says the following: “Have nothing to do with those who have split up their religion into sects. God will call them to account and declare to them what they have done. He that does a good deed shall be repaid tenfold; but he that does evil shall be rewarded only with evil. No one shall be wronged. Say: My Lord has guided me to a straight path, to an upright religion, to the faith of saintly Abraham, who was no idolater.”11 Only those who are believers are on the right side of God, not the unbelievers. Thus, believers must be scrupulous in not associating others with Al-Lah. IV. The Jihad and the West This defiant attitude towards the unbelievers leads us to the concept of the Jihad or Holy War. According to the Qu’ran the term is used as man’s personal struggle for goodness. The jihad, a term cited by the Qu’ran, was one of the 9

The Qu’ran, op.cit., 9:4, p. 133. Ibid., 9:5, p. 133–134. 11 Ibid., 6:158–6:165, op. cit., p. 108. 10

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basic tasks bestowed by Mohammed to his followers. It meant literally “striving” toward righteousness. It was only later that certain jurists in the late eighth and early ninth centuries interpreted the jihad as an armed struggle for the defense and advancement of not only the Islamic faith but also of Muslim power. They defined it in terms of the community’s relations with the non Islamic world and established a legal division of the world into two distinct domains: the home of Islam (dar al-Islam) and the rest of the world torn by conflict and war (dar al-harb). It was the right and duty of every Moslem not only to defend the homeland (dar al Islam) against the attacks coming from the dar al-harb but also to wage a perpetual war against the non Moslems. According to this radical interpretation of the jihad, a state of war against the infidel should last until the entire world is converted to Islam and submitted to the rule of an Islamic state.12 The jihad was not always applied in violent and brutal ways. The state of war could be interrupted by treaties between the dar al Islam and the non Moslem societies; “truces” similar to the ones signed by the warring European kingdoms that brought temporary peace to the opposing sides. But, some of the more radical fundamentalists still maintain that permanent peace can only take place when the dar al-Islam is universally established and the dar al-harb ceases to exist. The entire world must submit to the law of Islam. The jihad, maintain some Islamic jurists, was a reaction to the Christian invasion of the Islamic world and the occupation of Jerusalem. It was merely a defensive measure against what the Arab world considered a Christian jihad which brought destruction and penury to such places as Ma’arrat and other enclaves in the Middle East.13 The Muslim leaders, having fully realized the magnitude of what they considered an outrageous occupation of “their land, quickly organized a counter crusade.14 Finally, the unexpected capture, occupation and massacre of thousands in Jerusalem in 1099 sent shock waves through the Mus-

12 It is significant to point out that in the Dome of the Rock in Jerusalem some of the inscriptions that appear on it have an anti-Christian tone. See Bernard Lewis “The Revolt of Islam”, The New Yorker April, 320 2, 2002. For a very negative view of Islam see Ibn Warraq, What the Koran Really Says, A Textual Commentary. Prometheus Press. 13 It must not be forgotten that less than one hundred years after the founders death, Islam had already overran the Persian Empire, Egypt, Palestine, Syria, Roman North Africa, penetrated into Spain and had reached the very heart of France, only to be defeated at Poitiers (732). In 717 they had laid siege to Constantinople and almost captured it. As Philip Hughes writes: “The siege of Christendom had begun, and in every generation, for another nine hundred years, there was made upon it, from some quarter of the Mahometan world, a violent assault.” See Philip Hughes, A Popular History of the Catholic Church (New York: Macmillan Company, 1962), p. 93. 14 See: Robert Irwin, “Islam and the Crusades, (1096–1699)” in: The Oxford Illustrated History of the Crusades (London: Oxford University Press, 1995), p. 225.

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lim community and killed any possibility of a policy of conciliation and tolerance between the Moslem chiefs and the Crusaders.15 The position of the jihad as a defensive measure was taken by the Islamic scholar Ali ibn Tahir al Sulami who wrote the first treatise on the Holy War called the Kitab al jihad (1105). It appeared after the arrival of the crusaders in the Near East. According to Robert Irwin, Al Sulami saw the crusades as a Christian “jihad” from the West. Thus, the invasion of Arab lands by the Franks had to be seen “. . . within the broader context of a struggle between the two religions, extending all the way across the Mediterranean.”16 However, the idea of the “jihad” goes farther back in history and can be traced to the Qu’ran itself. The need to wage war against the infidel was never totally absent from the Qu’ran. Numerous sharahs of the Sacred Book call upon the believers to “March in the cause of God” and threatens them if they do not want to go to war, Al-Lah will punish them sternly and will replace them by other men.17 Whether unarmed or well-equipped, believers must march on and fight for the cause of God with your wealth and with your persons.18 Yet, in spite of this apparent aggressiveness and outright condemnation of the infidel, the Qu’ran also stresses the following: “There shall be no compulsion in religion. True guidance is now distinct from error. He that renounces idle-worship and puts his faith in God shall grasp firm handle that will never break. God hears all and knows all.”19 The development of the concept of jihad as warfare has led in the last decades to a more radical interpretation of the Qu’ran. As Professor Johnson of Rutgers University has stated; ”First appearing in North Africa as an ideology for resistance against colonialism, by 1960 it was being used as a justification for terrorist attacks against Israel, and in the 1970’s and 1980’s it was adapted to justify armed struggle by terror and assassination in such states as Iran, Egypt, and Algeria against rulers who were nominally Muslim but were judged to be tools of the West. It is out of this tradition that bin Laden’s fatwa has emerged”.20 15 “The awful story of what happened in Jerusalem would make the pursuit of such a policy (conciliation and tolerance) for the future more difficult.” The carnage that took place in Jerusalem was an ill ending to the First Crusade. See Belloc, op. cit. pp. 115–116. 16 Irwin, op. cit., p. 226. 17 Ibid., 9:38, p. 137. 18 Ibid., 9:41, p. 137. 19 Ibid., 2:256, p. 38. 20 James Turner Johnson, “Jihad and Just War” in: First Things June/July 2002, Number 124. p. 13. See also by the same author: The Holy War Idea in Western and Islamic Tradition. (University Park, PA, Pennsylvania State University Press, 1997).

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V. Different Theological Interpretations of Islam Are the theological differences between Islam and Christianity so great as to conclude that an eventual clash between both civilizations, based on religious belief alone, is inevitable? Islam may be a militant religion but, in many ways, it stands close to Christianity against the opponents of a divine order and the materialistic and atheistic doctrines of philosophies such as Marxist communism.21 There are many points in common between Christianity, including orthodox Catholicism, and Islam. The unity and omnipotence of God, as well as many of his attributes, are part of the teachings of both religions. The same can be said of the immortality of the soul and the doctrine of reward and punishment after death. Moslems, in general, have a great respect for Jesus Christ as a prophet and have a great reverence for the mother of Christ whom they call “Lady Miriam”. But, it must be stressed also that there are major theological differences between Islam and Christianity. Islam rejects the doctrine of the Trinity, denies the mystery of the Incarnation and the entire sacramental structure of the Catholic Church. In these area there is no agreement.22 Thus, can it be said that, in the light of the historical experience of the past and the undeniable significant religious differences that exists between both faiths, the danger of a future clash between them is very real and even inevitable? Various schools of theology exist among Islamic scholars.23 There prevails a militant or fundamentalist understanding of strict Islamic law that goes back to For a review of the book see: Kahlab Abou El Fadl, “The Use and Abuse of Holy War” , Carnegie Council on Ethics and International Affairs, 2002. Fatwah is the term related to a legal opinion of a religious scholar on a matter of Islamic law. 21 “. . . while Christ is downgraded and distorted in the Koran, there is a whole chapter devoted to His blessed mother, whose virginity is affirmed and whose holiness is exalted, though at the same time it is stridently asserted that God could not have a Son.” See William H. Carroll, The Building of Christendom, A History of Christendom, Vol.2. ( Christendom College Press: Front Royal, Virginia, 1987), p. 218. 22 St. Thomas Aquinas did not write very favourably about Mohammed. He claimed that Mohammed: “:. . . perverts almost all the testimonies of the Old and New Testaments by making them into fabrication of his own, as can be seen by anyone who examines the law. It was, therefore, a shrewd decision on his part to forbid his followers to read the Old and New Testaments, lest these books convict him of falsity”. Thomas Aquinas, Summa Contra Gentiles, Book I, Chapter 6. As quoted by Jude Dougherty, Indestructible Islam, March 4, 2002. footnote, pp. 5–6. 23 Muslim theologians reject the Christian doctrine of the Trinity and the divinity of Christ. In the eyes of Islam these doctrines are blasphemous and are explicitly rejected by the Qur‘an. See Qur‘an (5:75 and 5:110–120). With reference to the theology of Islam, Chesterton says the following: “There is in Islam a paradox which is perhaps a permanent menace. The creed born in the desert creates a kind of ecstasy out of the very emptiness of its own land, and even, one may say, out of the emptiness of its own theology. It affirms, with no little sublimity, something that is not merely the singleness but rather the solitude of God. There is the same extreme simplification in the solitary figure of the Prophet; and yet this isolation perpetually reacts into its own opposite. A void is made in the heart of Islam which has to be filled up again and

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the Qu’ran and documented traditions of the teachings and actions of Mohammed.24 According to this interpretation, conversions and other public expressions of Christianity are forbidden and violators are guilty of treason; the building of new Christian churches is forbidden and even the older ones cannot be repaired.25 They follow to the letter the commands of the Qu’ran when it says that believers in Islam must fight against those who believe neither in God nor the Last Day and do not embrace the true faith. However, at the same time, it claims that Allah will show mercy to whom He will and that he is forgiving and merciful.26 It is clear that the Qur’an lends itself to different interpretations. On the one hand, it clearly condemns in the harshest of terms the unbelievers but on the other it continuously asserts the existence of a compassionate and forgiving God. Surahs 2:256 and 9:27 seem to suggest that Islam can coexist with what it considers the false religions. However, “for the traditional scholars . . . such a declaration of unconditional – not to say indiscriminate – tolerance was an embarrassment; they had to find ways and means of getting it out of the way.”27 The Islamic fundamentalist, following a more radical interpretation of the Qu’ran, rejects the concept that Islam is a religion of tolerance but, on the contrary, claims that it is a faith that must be spread by the sword. Michael Cook, on the other hand, takes the position that modern man must resist the allegation that “Islam is a religion of intolerance and violence. He says in defense of Islam that: “The ‘no compulsion’ verse accordingly takes on the status of one of the ‘great principles’ and ‘mighty pillars’ of Islam.” Following Sayyid Qutb, a founding figure of Muslim fundamentalism in Egypt, Cook talks about Christian intolerance in late antiquity and then, he claims, came Islam, and one of the first things it did was to announce this great principle of ‘no compulsion”. Freedom of belief (note the Western turn of phrase) is fundamental to human rights, and it was Islam that first proclaimed this value.”28

again by a mere repetition of the revolution that founded it. There are no sacraments; the only thing that can happen is a sort of apocalypse, as unique as the end of the world; so the apocalypse can only be repeated and the world end again and again. There are no priests; and yet this equality can only breed a multitude of lawless prophets almost as numerous as priests.” See Chesterton, op. cit., (Lord Kitchener). 24 The Arabic term for these documented traditions or reports is hadith. 25 This compassion and forgiveness seems to run counter to the following bitter and aggressive statement in the Qu’ran: “. . . the most implacable of men in their enmity to the faithful are the Jews and the pagans, and that the least in affection to them are those who say ‘We are Christians‘.‘‘ (Qu’ran, 5:82). 26 Ibid., 9:27, p. 136. 27 Michael Cook, The Koran, A Very Short Introduction (New York: Oxford University Press, 2000), p. 35. 28 Cook, op. cit., p. 35.

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Bernard Lewis, the distinguished professor of Near Eastern Studies at Princeton University takes a different position. He maintains that religion for Islam is not only a system of belief and worship. It cannot be considered as a compartment of life distinct from other compartments of life which are the concern of non religious authorities administering non religious laws. Rather, it is “the whole of life, and its rules include civil, criminal, and even what we would call constitutional law.”29 The governing institution of Islam combines both church and state. There is no separation between them. From the lifetime of its founder, Lewis reminds us, “. . . Islam was the state, and the identity of religion and government is indelibly stamped on the memories and awareness of the faithful from their own sacred writings, history, and experience”.30 Thus, the titular head of the Islamic state combined in himself both political and religious authority. In contrast to Christianity, there could be no conflict between church and state.31 Religion and its clerics continue to play a dominant role in the Muslim world. This is important to understand in the light of past historical events but particularly in relation to the various acts of terrorism which have taken place recently. Mohammed himself founded and became the sovereign of the first Islamic state. After his death, his religious and political mission continued with his successors. As indicated earlier, it spread rapidly during the following centuries. The semisacred early history of the Islamic state “tells a story of swift and uninterrupted advance, in which the leaders of false and superseded religions were overcome, and the way was prepared for the eventual triumph of the Muslim faith and of Muslim arms, bringing the word of God to all mankind and imposing the law of God on all the world.”32 The gradual decline of power and influence of Islam in more recent times slowed this process of eventual victory. Its weakening strength is attributed by many Islamic believers to the relaxation of the fundamental precepts of the Qur’an, the teachings of the prophet Mohammed and the other early religious texts. Religious revival is the best way to maintain the purity of Islam against the threat posed by the infidels and other dangers such as, what it considers today western modernization trends. 29

Bernard Lewis, Islam and the West (New York: Oxford University Press, 1993),

p. 4. 30

Ibid., p. 135. In Islam insists Dawson “. . . the whole of life is brought into direct relation with the religious conception. Terrestrial life loses its intrinsic importance, it is but as ‘the beat of a gnat‘s wing‘ in comparison with the eternal. But it acquires importance as a preparation, a time of training and warfare, of which the discipline and suffering are repaid by the eternal joys of paradise.” See Christopher Dawson, The Dynamics of World History, (New York: A Mentor Omega Book, 1956), p. 125. 32 Lewis, op. cit., p. 4. 31

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It is important to stress that for Muslims Islam is by definition superior to all other faiths and any failures or defeats of Muslims in this world “. . . can only mean that they are not practicing authentic Islam and that their states are not true Islamic states.”33 Thus, as Lewis stresses, “the remedy, therefore, is a return to the pure authentic Islam of the Prophet and his Companions, a rejection and elimination of the accretions and innovations that had debased and corrupted the faith and enfeebled the Islamic society, making it incapable of resisting its external enemies.”34 One of the major controversial issues of Islam concerns the role of women in society. Karen Armstrong in her book Islam a Short History claims that: “The emancipation of women was a project dear to the Prophet’s heart. The Qur’an gave women rights of inheritance and divorce centuries before Western women were accorded such status. The Qur’an prescribes some degree of segregation and veiling for the Prophets wives, but there is nothing in the Qur’an that requires the veiling of all women or their seclusion in a separate part of the house.”35 However, Armstrong’s interpretation of the Qu’ran does not seem to agree with other categorical statements found in the sacred book of Islam. In surah 7: 34–36 it is written: “ Men have authority over women because God has made the one superior to the other, and because they spend their wealth to maintain them. Good women are obedient. They guard their unseen parts because God has guarded them. As for those from whom you fear disobedience, admonish them, forsake them in beds apart, and beat them. Then if they obey you, take no further action against them. Surely God is high, supreme.”36 As to the rights of inheritance the Koran specifies that “ a male shall inherit twice as much as the female. If there be more than two girls, they shall have two thirds of the inheritance; but if there be only one, she shall inherit the half.”37 The above quoted philosopher Jude Dougherty believes that probably “the most conspicuous but not the most profound difference between Islamic and Christian civilizations lies in the status of women.” He argues that: “The fruit of Islam’s subjugation of women is felt not only in the family but in society as a whole. In this as in so many of its prescriptions and prohibitions, Islam is devoid of principled law. Islamic law is positive law. It is not grounded in a metaphysics or in a philosophy of nature and of human nature. Its arbitrary character stands at variance with Roman law and British common law, the sources of the rule of law as we know it in the West.”38 33 34 35 36 37

Ibid., p. 137. Ibid., p. 137. Karen Armstrong, Islam, A Short History (London: Phoenix Press, 2001), p. 14. The Qu’ran, op. cit., 4:34–36. Ibid., 4:10.

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VI. The Challenge of Islam in the Twenty First Century Were the vicious attacks on America by radical Islamic fundamentalists a symptomatic expression of a new interpretation of jihad directed against the West? Were these malicious acts performed in accordance with the basic teachings of Islam? These are questions which should not remain unanswered. Otherwise, the impression might be held that these evil acts are part of the basic teachings of Islam and not limited to certain radical fundamentalist sects that operate under the banner of Islam.39 Unfortunately, as we have seen, the Qu’ran and other juridical documents lend themselves to various interpretations some of which can be applied as a justification for the “use of the sword” and/or the abolishment of a country’s secular legal system in order to replace it with a version of imposed and enforced shariah, the basic goal of which is the transformation of a given country into an Islamic state run by Muslim clerics.40 A state which strives toward the creation of a homogeneous religious life, based on the sacred law of the shariah.41 Islam’s theology, depending on the interpretation given to the teachings of the Prophet Mohammed and his successors, has and can still be used by radical fundamentalist groups as a powerful political weapon against the West. The concept of jihad (holy war) can serve these passionate Islamists as a theological justification for their aggressiveness against the traditional Christian West. But, not only can the Qu’ran be interpreted by fanatical Islamic movements as an excuse for aggressive actions against the West but also by more moderate Moslems who resent both the secularism of the West and the abuses of the existing regimes in power. Gwen Okruhlik, professor of political science at the University of Arkansas wrote the following in an article on the politics of dissent in Saudi Arabia: “The internal and external grievances of the Islamists resonate broadly. The former involve authoritarianism and repression, maldistribution and inequity, the absence of representation in the political system, and the seemingly permanent stationing of United States military forces in the country. The latter involve American backing of Israel, United States – led sanctions on Iraq, and American support for repressive regimes in the region, particularly Saudi 38

Dougherty, op. cit., pp. 12–13. For a very pro Islam article defending the “true, peaceful face of Islam” see the before quoted Karen Armstrong, “The True, Peaceful Face of Islam“, Time, October 1, 2001. 40 The shariah gives a comprehensive account of the customal law and religious practices which, according to some Islamic authors, preserves the original sunnah (customs) of the Prophet’s community. It is also political and constitutes a protest against what its followers believe a corrupt society. 41 See: Rajiv Chandbasekaban, “Indonesian Style Taliban Fights for Islamic Law”, The Washington Post, May 4, 2002. 39

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Arabia, Egypt, Algeria and Jordan.”42 In purely theological terms, the concept of jihad can be applied as a defensive measure against what some Muslims consider an intrusion into their “traditional territories”.43 Perhaps the best way to mitigate the use of Islamic theology as an excuse for an ongoing conflict with the West is to make Islamists aware that in the twenty first century the struggle is not necessarily: “between Islam and non-Islam but among ideas and movements within Islamic culture as a whole.”44 There are many Muslims who do not believe that Islam as a faith is the problem that eventually will lead to a clash between Islam and Christianity. For example, Fuller and Lesser in a study for the Rand Corporation claim that: “The battle is over the uses of Islam. The challenge is to develop tactics by which extremist or fringe religious elements can legally be politically sidelined without violence or repression.”45 Fortunately, there are many followers of Mohammed who reject the basic premises, whether theological or otherwise, on which the radical fundamentalists establish their vindictive and brutal goals. Thus, it is imperative that the forces of moderate Muslims succeed in their efforts to overcome the more radical elements of Islam. The God of forgiveness and compassion must triumph over the “users of the sword” who, with their radical interpretations of the Qu’ran, foster an aggressive and outmoded jihad. Undoubtedly, a difficult but necessary task in the light of the role played by the European powers in the nineteenth and early twentieth centuries, especially as a result of the carving up of the Middle East after the First World War. Neither have recent events contributed to a new era of “forgiveness and compassion”, the only way that can lead to a peaceful solution to the many problems that plague the entire Middle Eastern area. However, the possibility of a resurgent militant and aggressive Islam cannot be discarded. As mentioned earlier, Belloc had already predicted in his writings that in the near future a secularized Europe devoid of its religious and cultural heritage could again become the prime target of Islamic fundamentalism.46 What would the British historian have said today, when the West has lost much 42 Gwen Okruhlik, “Network of Dissent: Islamism and Reform in Saudi Arabia” in: Current History, January, 2002. p. 22. See also: “Roots of Resentment”. by John Rossant in Paris, with Pete Engardio in New York, Dexrer Roberts in Beijing, Susan Postiewaite in Cairo, and Paul Starobin in Moscow (New York: Business Week, October 1, 2001). For an excellent analysis of the background leading to many of the problems affecting the Middle East see: George Lenczowsky, The Middle East in World Affairs (New York: Cornell University Press, 4th edition, 1982). 43 According to Islam jihad implies a permanent religious obligation to struggle for the expansion of the faith. 44 Fuller and Lesser, A Sense of Siege, The Geopolitics of Islam and the West (A Rand Study, Boulder, Colorado: Westview Press, 1995), p. 104. 45 Ibid., p. 106. 46 Belloc, op. cit., p. 55.

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of its Christian endowment and is in the process of rejecting the very concept of the transcendental. Belloc was convinced that religion is at the root of all great cultures and its decline was symptomatic of the decay of a given civilization. Under such conditions an a-religious and a-moral West is an easy target for “conversion” by a deeply religious faith that places its trust and confidence in the “Lord of the Universe, the Compassionate, the Merciful”. The dar al-Islam would have little difficulty in overcoming the dar al harb. The greatest danger facing Western Christian culture at the beginning of the third millennium lies not only on external evil forces such as the one represented by radical Islamic fundamentalism and other extremist groups but also and primarily on the abandonment or cheapening of those basic principles and values which have contributed to Europe’s greatness and of which Belloc and other contemporary intellectuals have warned us in their writing about sacrificing them in the alter of a false modernity.47 No wonder contemporary authors like Fuller and Lesser have claimed that for some Islamists: “. . . a central problem of the West is precisely that it has abandoned its religious and moral ideas, many of which are quite compatible with Islam. Instead, Western populations who once thought of themselves primarily as Christians have created a secular, modern culture that in Moslem eyes is now conspicuous for its seeming absence of Christian or moral principles in personal behavior: it is precisely the export of this seeming Western amorality that constitutes a perceived cultural threat to the traditional principles of the Muslim community.”48 It is ironic, as Samuel P. Huntington points out in his book The Clash of Civilizations, that: “In the Cold War the West labeled its opponent ‘godless communism’; in the post-Cold War conflict of civilizations Muslims see their opponent as the ‘godless West’.”49 It must be admitted that Islam is critical of the West, not only for adhering to a blasphemous theology but primarily for not following any religion at all. It resents, in a very special way, Western influence upon local customs which they claim are demoralizing their youth. According to Huntington, Muslims “see Western culture as materialistic, corrupt, decadent, and immoral. They also see it as seductive, and hence stress all the more the 47 Christopher Dawson also shared some of these fears when he wrote: “But our generation has been forced to realize how fragile and unsubstantial are the barriers that separate civilization from the forces of destruction. We have learnt that barbarism is not a picturesque myth or a half forgotten memory of a long-passed stage of history, but an ugly underlying reality which may erupt with shattering force whenever the moral authority of a civilization loses its control.” See Christopher Dawson, Religion and the Rise of Western Culture (New York: Image Books, 1958), p. 24. 48 Graham E. Fuller and Ian O. Lesser, op. cit., pp. 8–9. 49 Samuel P. Huntington. The Clash of Civilizations and the Remaking of the World Order (New York: Simon and Schuster, 1996), pp. 213–214.

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need to resist its impact on their way of life”.50 Muslims attack the West, continues Huntington, “not for adhering to an imperfect, erroneous religion, which is nonetheless a ‘religion of the book,’ but for not adhering to any religion at all. In Muslims eyes Western secularization, irreligiosity, and hence immorality are worse evils than the Western Christianity that produced them.”51 Contrary to a secular West that has lost much of its Christian theocentric foundations, Islam continues to be a powerful point of reference in the Muslim world. The notion of jihad is still very much alive. It can be used by the radical fundamentalists as a powerful religious weapon against what they perceive as a Western society that has lost its religious roots and lacks the will to defend those basic Christian principles on which its greatness was founded.52 A materialistic and purely economic oriented West is hardly a match for a deeply religious Islam. The dream of the new business oriented “enlightened” society cries for a vacant freedom and indeterminate progress that is deprived of a solid spiritual foundation. The science and material wellbeing that contributed so much to industrial progress did not bring about moral enlightenment. As the Spanish philosopher George Santayana has told us: “Intellectual chaos and political folly could thus come to coexist strangely with an irresistible dominance of mechanical industry.”53 Modern society, he continues, lacks altogether “that essential trait of rational living, to have a clear, sanctioned ultimate end.”54 Under such conditions, the West, having abandoned to a large extent its cultural and spiritual patrimony, finds itself in a weakened position if and when it has to face the onslaught of a culture that is more spiritually endowed. As Dougherty warns us with respect to Islam: “Given the universal breakup of Christianity in Europe, the culture based upon it has undergone a similar decay. The same is not true of Islam. The whole spiritual strength of Islam remains, from Egypt to Indonesia.”55 As far back as the early nineteenth century, the brilliant Spanish writer Donoso Cortes had also alerted his contemporaries about the dangers that would befall upon Western civilization if it abandoned its religious foundations. He repeatedly stressed that there is little hope of survival for those societies that discard the belief in absolute truth. Once a society turns its back on God, only 50

Ibid., p. 213. Ibid., p. 213. 52 Dawson had already said in the last century that: “Of all the changes that the twentieth century has brought, none goes deeper than the disappearance of that unquestionable faith in the future and the absolute value of our civilization which was the dominant note of the nineteenth century.” Dawson, op. cit., p. 62. 53 George Santayana, Persons and Places (Cambridge, Massachusetts: MIT Press, 1987), p. 544. 54 Ibid., p. 544. 55 Dougherty, op. cit., p. 544. 51

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darkness appears in the horizon.56 The danger facing the West lies less in the threat of an external jihad than in the loss of its true Christian identity. VII. Conclusions Evil in the world is very much a reality. Recent and past events in the history of mankind have amply demonstrated the devastation that a man, devoid of his religious foundation, is capable of inflicting on his fellow men. The recent acts of terrorism of the last decades are another example of this truth. It is unfortunate that it had to take the tragic events of September 11 to make people aware of the existence of evil. But, let us not fall into the temptation of believing that evil acts are the exclusive domain of the Islamic radical fundamentalist groups that were responsible for such reprehensible and criminal acts. Abhorrent violations of natural law are also committed by other radical and fanatical groups around the globe, not excluding the “Christian” West. Lewis has clearly indicated that the actions of the radical fundamentalists, both as tyrants at home and as terrorists abroad, are in violation of Islamic morality. Their criminal acts must be condemned by all civilized societies. Regrettably, they have not always been repudiated by Moslem authorities. But, as Lewis points out: “. . . these are crimes against civility, decency and humanity, not against non-Muslims as such, and those who have committed them, along with those who direct them, deal as badly or worse with their own coreligionists.”57 Thus, it would be dangerous and unfair to blame the monotheist religion of Islam for the atrocities perpetuated by some of its radical elements who interpret the teachings of the Prophet in an aggressive and destructive way. Many Moslems stress the more peaceful and benign objectives which can also be found in not a few surahs of the Qu’ran. God is merciful and forgiving, according to the Sacred Book of Islam. Even the concept of the Straight Path (al-sirat al-mustaquim), the path of those whom God has blessed does not necessarily lead to war and the destruction of those whom they consider the “infidel”. The jihad can also be interpreted as a personal struggle against the evils that lie in the hearts of men. Instead of stressing the theological differences that undoubtedly exist between Islam and Christianity, men of good will, both Christians and Muslims, should try to emphasize the common beliefs shared by both monotheistic religions. Bridges conducive to a better understanding between both faiths should be built 56 Donoso Cortes, Ensayo sobre El Catolicismo, El Liberalismo y El Socialismo (Madrid: Espasa Calpe, S.A. 1973), pp. 12–13. 57 Lewis. op. cit.

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on the foundations of accepted principles of basic morality and natural law. The danger that Western hedonism and loose moral living can endanger the more strict traditions of Islam is very much in the minds of certain sectors of Muslim society. Muslims, in general, resent the arrogant materialism, not to mention the flagrant relativism of the so called modern Western (Christian) man which they believe pose a threat to their traditional code of conduct. Christianity must not give ground for this criticism.58 But, to do so, it must confront the challenge posed by Islam and revitalize and put into practice the basic principles of its faith. This would eliminate a crucial point of contention that often serves as an excuse for aggressive attitudes towards the West. Christianity must become the beacon of light in the midst of a sea of darkness, where confusion and despair tend to prevail. Otherwise, darkness will endure and Western civilization will become easy prey to the advances of other younger cultures (Islam) which find repulsive the implacable materialism which has overwhelmed the West. The so-called inevitability of a future clash of civilizations need not occur. Differences in religions and cultures should not serve as a pretext for acts of aggression and domination. Islam and Christianity, together with Judaism can learn to live together in peace and harmony under the protection and guidance of the same all powerful and mighty God. The three monotheistic religions must live at peace with each other, especially Israel with its close neighbours, the Islamic populations of the embattled Middle East. Before concluding this brief paper on Islam and the challenge it poses to Christianity at the beginning of the twenty first century, permit me to quote again from Donoso Cortes; a quote which can very well be applied to our contemporary Western society. The Spanish historian reminded his contemporaries that the day in which society forgets its doctrinal foundation and begins to ask the media and the assemblies what is truth and what is error, that day the very concepts of truth and error are confused and distorted in the minds of everyone. It can then be said that society has entered the region of shadows and has fallen under the empire of pure fiction.59 The shadow of evil does exist but it is still not too late to overcome it with the bright light of goodness. Only then can a new era of brightness be visualized in which truth and error are no longer blurred but are clearly differentiated.

58 Whilst Moslems bend their knees in adoration of the one true God, many Christians have deserted their wonderful cathedrals and pray little or not at all. See: John Paul II., Crossing the Threshold of Hope, 1994. 59 Donoso Cortes, op. cit., p. 33.

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It is proper and fitting to finish with a note of optimism. More than a decade ago the great French author and member of the Académie Française, André Frossard, expressed this hoped-for objective better than anyone else when, in his book Dieu en Question, he wrote about the three monotheistic religions, Judaism, Christianity and Islam, in the following way: “These three branches of monotheism diverge from each other at an earthly level and act as if they were strangers because of historical, cultural climatic and psychological reasons. But the more they avoid being obsessed with daily affairs and rise to the level of their own spirituality, the more they speak the same language, which is that of praising God. At the summit of Judaism, Christianity and Islam, the mystics speak the same language. It is only when men are not able to reach such heights, and fall into the temptation of power, spirit of conquest or some other form of illusion, that they confront each other and give the impression of serving religions that are mutually incompatible.”60 Hopefully, as Cardinal Pignedoli once said, all three religions will be committed to giving “absolute priority of respect, submission, and love to the same one God who accompanies us with His providence and who, at the end of time, will judge us according to the law of right and wrong which He had written in our hearts”.61 Thus, Islam may very well become, instead of a threat, a challenge to all men of good-will, believers in the same universal God, to return to the basic universal principles embodied in natural law. Summary Do the tragic events of September the eleventh which brought about the destruction by Islamic extremists of the twin towers of the New York Trade Center, justify a condemnation by the West of Islam, one of the three world monotheistic religions? Is religious Islam a real threat to the Christian West or, on the contrary, a challenge that has to be met by a Western culture that is being 60 See Alberto M. Piedra, Resource Mobilization and Investment in an Islamic Economic Framework. Proceedings of the Third International Islamic Economic Seminar 1990. Published by The International Institute of Islamic Thought (Brentwood, Maryland: International Graphics Printing Services, 1990). 61 Cardinal Sergio Pignedoli, “The Catholic Church and the Jewish and Muslims Faiths; Trialogue of the Three Abrahamic Faiths” in: Trialogue of the Abrahamic Faiths, edited by Isma il Raji al Faruqui (Herndon, Virginia: International Institute of Islamic Thought, 1986).

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eroded by rampant materialism and generalized relativism? These are the major questions that this paper tries to answer. The paper reviews the shaky relationship that has existed between Islam and the Christian West through the centuries. A brief analysis of the religious foundations of Islam, in particular the Qu’ran and other juridical documents. Do these religious texts suggest an aggressive Islam and justify a jihad or Holy War against the Christian West? There is no doubt that, as the paper tries to demonstrate, the Qu’ran lends itself to different interpretations. On the one hand, it praises God, “Lord of the Universe, the Compassionate, the Merciful, Sovereign of the Day of Judgement” who guides us to the straight path . . . On the other hand, however, it also says quite clearly that the unbelievers will not escape God’s judgement and will be humbled. If they do not repent slay them where ever you find them but wait until the sacred months are over. The paper concludes with a note of optimism. It would be wrong to blame the monotheist religion of Islam for the atrocities perpetuated by some of its radical elements who interpret the teachings of the Prophet in an aggressive and destructive way. It must not be forgotten that there are many Moslems who stress the more peaceful and benign objectives found in many surahs of the Qu’ran. The path of those whom God has blessed does not necessarily have to lead to war and the destruction of those whom they consider “infidels”. Therefore, bridges must be built founded on accepted principles of basic morality and natural law so as to reach a better understanding between the three world monotheistic religions, Judaism, Christianity and Islam. Thus, Islam may very well become, instead of a threat, a challenge to all men of good-will, believers in the same universal God.

Zusammenfassung Rechtfertigen die tragischen Ereignisse des elften September, die zur Zerstörung der Zwillingstürme des New York Trade Center durch islamistische Extremisten führten, eine Verurteilung des Islam, einer der drei monotheistischen Weltreligionen, durch den Westen? Ist der religiöse Islam eine echte Bedrohung für den christlichen Westen, oder ist er nicht im Gegenteil eine Herausforderung für eine durch Materialismus und Relativismus in Auszehrung begriffene westliche Kultur? Dies sind die Grundfragen, auf die der folgende Artikel eine Antwort zu geben versucht. Der Text erinnert an die wechselhafte Beziehung, die es durch die Jahrhunderte hindurch zwischen Islam und christlichem Westen gab. Zunächst erfolgt eine kurze Analyse der religiösen Fundamente des Islam, im besonderen, was den Koran und andere juristische Dokumente angeht. Legen diese religiösen Texte einen aggressiven Islam nahe, und rechtfertigen sie einen jihad oder Hei-

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ligen Krieg gegen den christlichen Westen? Wie die Abhandlung zu zeigen versucht, gibt es keinen Zweifel, daß der Koran Ansätze für unterschiedliche Interpretationen liefert. Einerseits preist der Koran Gott, den Herrn des Universums, den Gütigen und Barmherzigen, den Herrn des Jüngsten Gerichts, der uns den geraden Weg führt. Andererseits sagt er auch ganz klar, daß die Ungläubigen Gottes Gericht nicht entgehen und gedemütigt werden. Wenn sie nicht bereuen, sollt ihr sie, wo immer ihr sie findet, niedermachen; wartet jedoch, bis die heiligen Monate vorüber sind. Der Beitrag schließt mit einer optimistischen Note. Es wäre falsch, die monotheistische Religion des Islam verantwortlich zu machen für die Greueltaten, begangen von einigen ihrer radikalen Elemente, die die Lehren des Propheten in einer aggressiven und destruktiven Weise interpretieren. Darüber darf nicht vergessen werden, daß es viele Moslems gibt, die mehr die friedlichen und wohltätigen Ziele betonen, die in vielen Suren des Koran enthalten sind. Der Weg derjenigen, die Gott gesegnet hat, muß nicht notwendigerweise zu Krieg und zur Zerstörung derjenigen führen, die sie als “Ungläubige“ betrachten. Daher müssen Brücken gebaut werden auf der Grundlage akzeptierter Prinzipien der Moral und des Naturrechts, um so ein besseres Verständnis zwischen den drei monotheistischen Weltreligionen des Judentums, des Christentums und des Islams zu erreichen. So könnte der Islam sehr wohl anstelle einer Bedrohung zu einer Herausforderung werden für alle Menschen guten Willens, die an den einen Gott glauben.

III. Religion und säkulare Gesellschaft

The Secularization of Education in the United States By Jude P. Dougherty I. As seen from the presentations of Michael Novak and Bernard Dobranski, the role of religion in society may have been well understood by the framers, but the relationship between church and state was not easily resolved. Attempts to deal with that relationship resulted in deliberate ambiguity. America was able to live with that ambiguity for approximately one hundred and fifty years, but as the intellectual and moral foundations of society shifted in the decades following World War II, the relationship became troublesome. The Congress of 1789 could not have imagined that the establishment clause, clear within the historical context that produced it, would one day be regarded as significantly ambiguous to give rise to policies diametrically opposed to those that were intended. The Puritan outlook of colonial New England was to give way over the course of time to the secular philosophy which prevails today, a transition that reflects the course of Western civilization itself. There are undoubtedly many readings of what happened during the intervening two centuries. Two lines of approach suggest themselves. One takes cognizance of the juridical process, I say “juridical” rather than “legislative,” because most of the relevant law has been framed not by legislative intent but by decisions of the United States Supreme Court. The second line follows the intellectual currents of the past two centuries, although the two are intertwined. It is the second that I will focus upon. It is only within the past fifty-five years, since 1947, that the United States Supreme Court has produced a significant gloss on the Constitution’s First Amendment. In those fifty-five years the neutrality doctrine that governed legislation and the courts in the early days of the Republic came to be construed not simply as neutrality among sects but a neutrality between religion and irreligion. Legislation affecting religion, the Court came to hold, must have a secular purpose and a primary effect that neither advances nor inhibits religion. While Justice William Douglas in the Zorach decision (1952) may have reflected the sentiment of the court when he wrote, “We are a religious people whose institutions presuppose a Supreme Being,” he was before his death to emerge as a spokesman for an entirely different doctrine, namely, that of benevolent neutrality

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which affirms that the state does not have a stake in the success of religion. Such a turn might have surprised Jefferson who, while he spoke of “a wall of separation,” never wanted to divorce religion from public life. Like Hobbes and Locke he believed in the social utility of religion. Commonly held religious beliefs, Jefferson thought, are necessary to the smooth functioning of the body politic. Religious people make the best citizens, but it is not necessary to have an established church to get the benefits of religion in the civic arena. Small churches, as voluntary societies, can accomplish quite automatically all that is claimed for an established church and without the cumbersome operations of state power behind them. The Enlightenment rationalism of which Jefferson was a representative emphasized a belief in the sufficiency of human reason applied to all aspects of life. Belief in God was part of the system, but it was a God who had created the universe and set it to run according to immutable laws, both physical and moral. Man’s task is to discover these laws and to conduct his life accordingly. The essence of religion is morality – that is, living according to the eternal principles of right and wrong, principles that are discernable by the free operation of human reason. Jefferson held that this pure moral code of religion found its perfect expression in the teachings of Jesus, teachings which were, however, unfortunately entangled in a web of irrelevant doctrine. Jefferson’s attempt to free this teaching from its dogmatic shackles is well known. He created his own version of the New Testament, selecting those sayings of Jesus which he considered indubitably authentic, omitting those texts that referred to the divinity of Christ. Since the Enlightenment the West has witnessed the development of a set of philosophical views which may be considered the wellsprings of contemporary attitudes toward religion and therefore of judicial interpretation. The story is well known. Voltaire urged the eradication of Christianity from the world of higher culture, but he was willing to have it remain in the stables and in the scullery lest a servant class in the absence of divine sanction be tempted to steal. John Stuart Mill repudiated Christianity but not the religion of humanity which he thought to be, from the point of view of the state, a useful thing. August Comte, more benevolent in his attitude to Christian practice than either Voltaire or Mill and in spite of his denial of all metaphysical validity to religious belief, was willing to accept as a civic good the moral and ritual traditions of at least Catholic Christianity. Emile Durkheim was not so positive. For him the major task of the state is to free individuals from partial societies, such as families, religious collectives, and labor and professional groups. Modern individualism, Durkheim argues, depends on preventing the absorption of individuals into secondary or mediating groups. In antiquity, religious and political institutions were but parts of a whole social fabric, an organized social life to which men could not but conform. It is, says Durkheim, only in modern circum-

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stances, brought about by the centralization of government, that individuals acquire personal freedom. In the twentieth century on the North American side of the Atlantic, John Dewey advanced the views of both Mill and Durkheim. Although the youthful John Dewey could speak of our obligation to know God, the mature Dewey became over the course of a long career a pragmatic naturalist. Dewey’s naturalism had no place for religion or religious institutions, whatever roles they may have played in the past. Religion, he came to hold, is an unreliable source of knowledge and, in spite of contentions to the contrary, even of motivation. Many of the values held dear by the religious, he would say, are worthy of consideration and they should not be abandoned, but a proper rationale ought to be sought for those deemed commendable. The thrust of Dewey’s critique of religion is not merely to eliminate the churches from political life but to reduce their effectiveness as agencies in private life. Religion he deemed socially dangerous insofar as it gives practical credence to a divine law and attempts to mold personal or social conduct in conformity with norms that look beyond temporal society. The thrust of Dewey’s educational philosophy could be summed up in the phrase, “The function of education is to challenge the inherited.” Absent restraints, in the second half of the twentieth century, we have witnessed governments taking upon themselves more and more the role which Alexis de Tocqueville feared most, namely, that of an immense and tutelary power catering to all needs. In an age of limited government, before government began to play a role in ordering a vast range of social and economic activities, the doctrine of “strict separation” or of “a benevolent neutrality” requiring that the government give no aid of any kind to religion may have made some sense. What would de Tocqueville have to say in the present age of aggressive government? Surely he would recognize that a strict “no aid” position may be less than neutral. The framers of the U.S. Constitution expected religion to play a part in the established social order and also assumed that the state would play a minimal role in forming that order. In our own time the question of how to treat religious groups and interests has become a fundamentally different one. The case can be made that political equality for religious groups requires that they be able to participate in and be given access to the benefits of government programs on the same basis as other groups. A “no aid” policy may not be enough if those elements the framers took for granted are to be perpetuated. In contrast to the confidence that Mill, Durkheim, and Dewey placed in the dynamism of a secular society, a number of contemporary thinkers have serious reservations. It has been suggested that we are only now beginning to understand how intimately and profoundly the vitality of any society is bound up with its religion. Lord Patrick Devlin has argued that the survival of Western

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culture demands unity as well as freedom. “If men and women try to create a society in which there is no fundamental agreement about good and evil, they will fail; if, having based it on common agreement, the agreement goes, the society will disintegrate.” Robert Nisbet, the sociologist, speaks of “the predemocratic strata of values and institutions which alone make political freedom possible.” To lose, as I believe we are losing,” says Nisbet, “the structure provided by inherited values is surely among the more desolating facts in the present decline of the West.” The cultural historian Christopher Dawson maintains that it is the religious impulse which supplies the cohesive force which unifies the society and the culture. The greatest civilizations of the world, Dawson suggests, do not produce the great religions as a kind of by-product; in a very real sense, the great religions are the foundations on which the great civilizations rest. And John Courtney Murray wrote, “Nothing more imperils both the common good of the earthly city and the supra-temporal interests of truth in human minds than a weakening and breaking down of the internal springs of conscience.” II. From the time of the Stoics until the eighteenth century, moral reflection for the most part took God and an immaterial order for granted. In the eighteenth century, dramatic changes occurred. We may say that David Hume freed morality from creed and Immanuel Kant plucked it from its roots in natural theology. I wish that time permitted the examination of certain features of the moral theory of Hume and Kant which are relevant to the present question. It was David Hume who drove home the point that religion and morality are distinct and even disparate in their respective bases and ultimate references, their motivations, and consequences for human existence. Morality, says Hume, cannot afford to wait upon the efforts of natural theology. Man must have some commonly available principles and grounds for moral judgment. As a matter of experience, a natural inclination to humanity and benevolence has a more constant and reliable effect on man’s conduct than the most pompous view suggested by theological theories and systems. In this as well as in other matters, Kant was to accept too much from Hume. In the First Critique, Kant denies that there is evidence for the existence of God or for freedom or for immortality, but he was nevertheless convinced that these notions were required for morality. For Kant, it is axiomatic that the moral law requires justice, which means happiness, in proportion to virtue. Because of the absolute separation between the realm of phenomena and the realm of freedom, only God can ensure this. As he has obviously not done so in this life, there must be a future life and a God; otherwise there could be no happiness to reward virtue properly. Kant writes,

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“There is only one possible condition under which . . . there can be a God and a future world. I . . . know with complete certainty that no one can be acquainted with any other conditions which lead to the same unity of ends under the moral law. Since, therefore, the moral precept is at the same time my maxim (reason prescribing that it should be so), I inevitably believe in the existence of God and in a future life, and I am certain that nothing can shake this belief, since my moral principles would thereby be themselves overthrown, and I cannot disclaim them without becoming abhorrent in my own eye . . . No one knows that there is a God and a future life . . . My conviction is not logical, but moral certainty; and since it rests on subjective grounds, I must not say, ‘It is morally certain that there is a God, etc.,’ but I am morally certain, etc.”

For many Jewish and Christian theologians who come after Kant, the only genuine base for morality is religion. This is true of theologians such as Brunner, Buber, Barth, Niebuhr, and Bultmann, who hold that without belief in God there is no ground or reason for being moral. Surprisingly, it is true also of some Catholic thinkers who assert, “Only if we believe in God as a lawgiver can we come to believe that there is anything a man is categorically bound to do on pain of being a bad man.” Those thinkers maintain that the moral use of obligation statements makes no sense apart from a divine law conception of ethics. When in the eighteenth century God was removed as the source of moral life, something also happened to the notion of “obligation”; it required a different sort of grounding. The notion of social contract was introduced to impose obligation and to legitimate coercion by virtue of consent given in some hypothetical primitive state. Since the eighteenth century, the societal contract theory has been the prevailing one and perhaps the only modern rival for the doctrine that power proceeds from the barrel of a gun. III. There is no doubt that the Constitution of the United States itself embodies a moral outlook, i. e., a respect for truth, a willingness to tolerate religious plurality (or should one say “dissent” since a kind of orthodoxy was assumed), and a willingness to arbitrate differences and abide by majority decision when differences are beyond resolution. Concepts regarding human dignity and natural rights are likewise presupposed, although one can ask how deeply certain principles were held in colonies where slavery was to flourish almost from the start. The question for our time is, can the principles upon which the Constitution was founded and the nation’s laws created be unified into a coherent whole by a secular philosophy, given the repudiation of the religious outlook on which they were actually based? Does the state, short of imposing an ideology of its own, not depend upon religion to bring some things about? Can the state remain indifferent to religion?

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I am taking for granted the judgment that religion has ceased to be an intellectual or cultural influence in the United States. This is not to overlook the fact that when asked, a large majority of people declare membership in a religious body. Even a majority attend religious services regularly. But if a culture is composed of a moral outlook in all of its implications, both for personal behavior and for the creation of civil law; if it consists in painting, architecture, music, and literature; if it consists in attitudes towards one’s country and toward the family, then judging from prevailing standards, one would have to say that the developing culture, as opposed to the received, is untouched by religion. But could it be otherwise? Can religion speak with a divided voice and still effectively teach? If the religious mind is unsure of itself or is itself overwhelmed by the secular mind, what moral or other force can it wield? Is the problem of social disintegration the problem of the disintegration of religion itself? If religion cannot supply the basic tenets that hold a society of free people together, will a faith in the democratic charter produce the requisite reverence for human life, freedom, and justice? Such was the program of the Enlightenment: the common faith, it was thought, need not be religious. The purpose of social contract theory was in fact the grounding of rights and obligations in something other than the divine will or in a natural law. Most agree that a civic outlook requires a sense of devotion and mutual respect, if not love, as well as a sense of justice and law. Most, too, would acknowledge that these are attitudes of mind which are learned primarily in the family and through education. The life and preservation of the body politic obviously depends upon the accumulation of wisdom and technique, depends upon a sense of historical continuity, and depends on an awareness of those factors which caused the community to come into existence in the first place. Common inherited experience, common moral and intellectual outlooks are undoubtedly the basis of political life. Hobbes saw education, particularly the university, as the key to the establishment of a proper political order. Locke, by contrast, taught that the government has nothing to do with making men good, only with making them free and secure. According to Locke, government need not be concerned with the task of instilling virtue except insofar as it is required to render lives, liberty, and property secure. This is not to say that Locke had no interest in education. Locke simply depended on the family and the school to prepare men to exercise the civic franchise. What are the givens, the intellectual commitments, which the civic order presupposes? To draw up a list from a neutral Lockean point of view, one would have to mention: representative government, separation of powers, hostility to all forms of tyranny, insistence on rule of law, toleration, limited government, and some regulation of property in the interest of the common good. If a consensus exists with respect to the correctness of these principles, is anything more required? Jefferson certainly thought so. Although he looked upon reli-

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gion in its dogmatic aspects as a hindrance, the purely moral form as expressed in the teachings of Jesus he regarded as indispensable. In our day, T.S. Eliot’s solution is not unlike Jefferson’s. Eliot advocated a return to the classics as a way of bridging the gap between secular and religious intelligence. He thought that Greece and Rome gave us a set of principles which believer and nonbeliever alike could employ in reaching agreement on many of the elements contained in personal and civic morality. Alasdair MacIntyre has repeated this notion to much acclaim in his widely read and commented upon book, After Virtue (1981). The significance of that work is exemplified by the fact that we now have a book with the title, After MacIntyre (1994). Natural intelligence also has a way of providing a standard against which religious outlooks can be seen in relief. The subjective tone of much contemporary religious witness begs to be measured by classical ontological categories. Biblical faith may indeed generate understanding, but faith by itself does not give one the intellectual tools needed to combat philosophies that would render belief absurd or reduce it to mere aesthetic insight or to an instrument of moral suasion. If there is among the people a moral and spiritual reserve nourished in part by the Scriptures, then civic interest demands that that reserve be allowed to develop to its full intellectual height. Unfortunately, the nation has allowed the secular mind to arrogate to itself the powers of a pedagogical demiurge. The religious mind has consequently been placed at a disadvantage. This has come about largely as a result of judicial decision, not as a result of constitutional mandate or legislated statute. The Puritan mind was eventually compelled by its own lights to adopt an attitude of tolerance. One could wish for as much from the secular mind. But given its arrogant intolerance and its propensity to use the courts to eradicate opposition, only social chaos and a groundswell of political opposition are apt to mitigate its influence. Forces that have been at work for almost a generation cannot be easily reversed. The hedonistic franchise, which the courts also provided, has been eagerly embraced by great numbers, so much so that it is now difficult for our youth to even imagine a former order. Given the march of events, one can wonder if ever again a consensus can be achieved with respect to the wrongfulness of divorce, abortion, homosexuality, and pornography. Will we ever again believe that murder and rape deserve the severest sanctions that society can devise? Will we ever again place a premium on personal moral virtue and upon hard work and thrift? Not long ago people were assumed to be responsible for themselves and accountable for the consequences of their acts. The social determinism embraced by the intelligentsia and translated largely through the federal courts into law has to be challenged. Values defended largely by the religious mind have given way. Obviously some of those values can be defended on grounds other than religious ones, as Jefferson clearly saw. But their authoritative promulgation is a different matter. Will a divided religious community in

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the imaginable future again be able to serve as a spiritual and moral guide? If given fair treatment in the halls of the academy, would the babble of religious voices now heard in the land be reduced to a few identifiable chords? The specter of enlightened debate among evenly matched parties is more attractive than the judicial imposition of values that have not gained acceptance in the marketplace. If the nation is true to the principles embodied in its Constitution, the electorate should be permitted to decide, and will ultimately have to decide, the social order it chooses to live under in the light of principles proposed and freely adopted. IV. The secular outlook embraced by Dewey and his disciples eventually penetrated all levels of education, leading to a deterioration of both moral and intellectual standards. Deprived of its anchorage in classical learning and biblical morality and without any discernable moral compass, the system became vulnerable to every passing fad. The current fad of multiculturalism has resulted in a “dumbing down” of the curriculum to accommodate all. The educational philosophy of John Dewey had already resulted in a depreciation of history as well as the classical and even foreign languages that prepared students for advanced study. Technical education soon replaced a love for liberal education. Dewey himself would undoubtedly be shocked by the total loss of a moral compass within the public school system, particularly by the “sex education” that in fact promotes promiscuity. Parents concerned about the quality of public education have opted for private education and home schooling. The latter is especially favored by the nation’s evangelical sector revolted by both the educational and moral deterioration of the state schools. The fate of public education may have been determined in 2002 by the United States Supreme Court when it ruled on the constitutional legality of a voucher system which allows parents to choose the kind of education they desire for their children. The trend to moral relativism may be reversible. Some of the best minds who have publicly reflected on the current situation are pessimistic, but Catholics have reason to hope. They find their support in the Church herself, in the sacraments, in the Catholic intellectual tradition, fostered by those educational institutions which have remained faithful to their charters. Outside her domain, we find an interesting suggestion in the work of the satirist Tom Wolfe. In his latest novel, A Man in Full, he points to a time-honored source of moral education that cuts across religious and secular boundaries. One of his characters, while unjustly incarcerated, discovers the Stoics, specifically Epictetus, and as a consequence of reading and following Stoic philosophy finds a better way of life. Unwittingly perhaps, Wolfe has highlighted the tutorial role which classical antiquity, Greek and Roman, has played in times past.

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Clearly education is the key to moral behavior. Plato, long ago, taught that tending the soul through education is even more important than tending the body by providing it with material things. “Sickness and death affect the body, but ignorance and vice affect the soul” (Apology, 29). It is regrettable that classical studies have been all but abandoned at the university level but even more so in secondary education. Exposure to the Latin language in the high school years has always carried with it some knowledge of the moral philosophy of Cicero and Seneca as the texts of these Stoic philosophers were employed in language instruction. When a significant proportion of the student population was obliged to study the Latin classics, those students acquired in the process a common vocabulary, a set of distinctions and definitions, and with these a moral compass that encouraged virtues such as fidelity, courage, veracity, and piety. History reminds us that the result of moral skepticism is a deadening of purposive aspiration and a consequent falling back upon animal appetite and purposeless drift into cultural decay. Classical education may be one of those unrecognized communal goods worth working toward, a worthy next step to reverse the unwholesome moral trend now widely recognized. Summary The term “Bill of Rights” is commonly given to the first ten amendments to the U.S. Constitution. The First Amendment reads in part, “Congress shall make no law respecting the establishment of religion or prohibiting the free exercise thereof.” The first of the religion clauses has come to be known as “the establishment clause”; the second, as “the free exercise clause.” Religion was taken for granted by the founding fathers of the new nation. The churches were regarded as not only the guardians of worship but also the guardians of morality. Over the course of time the Puritan outlook of colonial New England was to give way to a secular philosophy that came to greatly influence judicial interpretation. Since 1957, the United States Supreme Court has produced a significant gloss on the First Amendment, particularly the free exercise clause. In the intervening years the neutrality doctrine that governed legislation and the courts in the early days of the Republic came to be construed not simply as neutrality between sects but a neutrality between religion and irreligion. The implication of this shift in interpretation has been felt in public education at all levels. This presentation explores some of the consequences for society. Zusammenfassung Den Begriff „Bill of Rights“ verbindet man gewöhnlich mit den ersten zehn Zusatzartikeln („Amendments“) der Verfassung der Vereinigten Staaten. Im ersten Amendment heißt es u. a.: „Der Kongreß darf kein Gesetz erlassen, das die

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Einführung einer Staatsreligion zum Gegenstand hat oder die freie Religionsausübung verbietet.“ Die erste dieser Religionsklauseln ist als die „establishment clause“, die zweite als die „free exercise clause“ bekannt geworden. Für die Gründungsväter der neuen Nation galt Religion als selbstverständlich. Die Kirchen wurden nicht nur als Wächter der Gottesverehrung, sondern ebenso der Moral angesehen. Im Laufe der Zeit wurde die durch die Siedler bestimmte puritanische Prägung Neuenglands von einer säkularen Philosophie abgelöst, die großen Einfluß auf die Interpretation des Rechts gewann. Seit 1957 ist es durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten (Supreme Court) zu einer neuen Deutung des First Amendment gekommen, insbesondere was die „free exercise clause“ betrifft. In den Jahren der Neuinterpretation wurde die Lehre von der Neutralität, die zu Beginn der Republik die Gesetzgebung und die Gerichte bestimmte, völlig umdefiniert: nicht einfach als Neutralität gegenüber den verschiedenen Religionsgemeinschaften, sondern als Neutralität gegenüber der Religion und der Nichtreligion. Diese Neuinterpretation hat sich auf die öffentliche Erziehung ausgewirkt und zwar auf allen Ebenen. Der Beitrag untersucht einige der Konsequenzen, die für die Gesellschaft entstanden sind.

Schwierige Orientierungssuche Anmerkungen zu Jugend, Bildung und Kirche in den neuen Ländern Von Jürgen Aretz „Warum hängt hier Spartacus?“ – Die Frage eines Jugendlichen, der nach den so genannten Wendezeiten der DDR erstmals eine Kirche von innen sah und überrascht auf ein Kruzifix blickte, hätte in jedem der heutigen fünf neuen Länder gestellt werden können. Die Geschichte hat sich tatsächlich so in Thüringen zugetragen. Der Gegensatz zwischen einem Schüler mit DDR-Biografie und einem gleichaltrigen aus Bayern könnte plastischer kaum beschrieben werden: Als Ergebnis ihres ideologisch geprägten Schulunterrichts dürften viele DDR-Schüler beim Anblick des Gekreuzigten an den Anführer eines Sklavenaufstandes gedacht haben. Für den Schüler aus Bayern, der im Zweifelsfalle täglich in seinem Klassenzimmer das Kruzifix vor Augen hatte, konnte dies nur Jesus von Nazareth sein – selbst wenn dieser Schüler nicht mehr aus einer praktizierenden christlichen Familie stammte. Mit dieser Feststellung soll einem möglichen Missverständnis vorgebeugt werden: Die Säkularisierung kann natürlich nicht als ein Phänomen gesehen werden, das auf die östlichen Länder der Bundesrepublik Deutschland beschränkt wäre. Der Begriff Säkularisierung wird im Folgenden als religiöse Entfremdung und fortschreitende Verweltlichung verstanden und nur auf die christlichen Kirchen angewandt; er bezieht sich also nicht auf den mitunter synonym verwendeten Begriff „Säkularisation“ und damit auf die historischen Vorgänge, die 1803 kulminierten. Das Ausmaß und die historisch-politischen Hintergründe des Säkularisierungs-Prozesses sind – besonders so weit es die Entwicklung nach 1945 betrifft – für den Bereich der ehemaligen DDR anders zu beurteilen als für die alte Bundesrepublik. Über den tatsächlichen Grad der Säkularisierung in den alten Ländern, der Anlass zu großer Sorge sein müsste, geben religionssoziologische Untersuchungen und kirchliche Statistiken beredten Ausdruck. Die neuen Länder umfassen das historische Mitteldeutschland und damit die Ursprungsgebiete der Reformation; in Thüringen und Sachsen-Anhalt liegen deren Zentren. Lediglich kleine Gebiete Mitteldeutschlands blieben katholisch, so das nach 1945 zwischen Ost und West geteilte Eichsfeld, Teile der Lausitz und, aus territorialgeschichtlichen Gründen, kleinere Einzelgemeinden etwa in Thüringen.

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Tatsächlich bilden die Christen heute zwischen Ostsee und Erzgebirge, Harz und Oder eine Minderheit. Sind es in Thüringen immerhin noch knapp 37% (28,2% Protestanten, 8,5% Katholiken), so gehören nur 24% der Brandenburger einer christlichen Kirche an (20,3% Protestanten, 3,7% Katholiken)1. Von den etwas mehr als 15 Millionen Menschen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR (unter Einschluss von Berlin-Ost) waren 1999 ca. 70% konfessionslos; in den alten Ländern der Bundesrepublik lag der Anteil bei etwa einem Drittel. Über die kirchliche Bindung sagen die statistischen Zahlen noch nichts aus; das gilt auch für die wahrscheinlich rund 800.000 Katholiken in den neuen Ländern und Berlin-Ost. Exakte Daten lassen sich nicht ermitteln, da das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt eine entsprechende Erhebung nicht führt und Berlin die Daten nicht länger nach West und Ost getrennt erhebt. I. Christen und die friedliche Revolution in der DDR Das politische, ökonomische und moralische Versagen derer, die den alten Staat DDR getragen hatten, führte in der Zeit der so genannten „Wende“ – die eigentlich eine friedliche Revolution war – dazu, dass gerade die bisher gesellschaftlich und politisch an den Rand Gedrängten besondere Verantwortung übernahmen. Unter ihnen spielten aktive Christen beider Konfessionen eine herausragende Rolle. Interessant ist die Frage nach dem Verhalten der Katholiken als Minderheit in der Minderheit der ausgehenden DDR. Beim Aufbau der Demokratie in den neuen Ländern haben sie einen zum Teil weit überproportionalen Anteil gehabt, obwohl sie sich auf die neuen Herausforderungen nicht besser oder intensiver vorbereiten konnten als andere Bevölkerungsgruppen. Bei dem demokratischen Neubeginn 1990, so registrierte der Dresdener Bischof Joachim Reinelt, stellten die Katholiken in seinem Bistum etwa 700 Amts- und Mandatsträger für Bund, Länder und Gemeinden – und das bei einem Anteil an der Bevölkerung von lediglich 4%2. Sie sind später in der Regel auch wiedergewählt worden. Ähnliche Beobachtungen sind in anderen Diözesen bzw. neuen Ländern zu treffen. Der Beitrag engagierter Christen zu den grundlegenden Veränderungen in der DDR ist freilich nicht allein und nicht einmal primär auf die nahe liegende Erklärung zurückzuführen, dass nach der Überwindung einer Diktatur die bisher 1 Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland bzw. Statistische Jahrbücher der Länder. 2 Joachim Reinelt, Das Verhältnis von Kirche und Gesellschaft in den neuen Bundesländern nach der Wende, in: Manfred Spieker (Hg.), Nach der Wende: Kirche und Gesellschaft in Polen und in Ostdeutschland, Paderborn u. a. O. 1995, S. 53–57, hier S. 53.

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Unterdrückten bei der Neuordnung des Gemeinwesens die zentrale Rolle spielen. Der Soziologe Gerhard Schmidtchen ist zu dem Ergebnis gekommen, „je enger die Verbindung zur Kirche“ sei, desto höher entwickle sich der „Typus eines ideellen Altruismus“ und die „Selbstbezogenheit tritt zurück“. Keine andere soziale Organisation gebe dem „ethischen Denken und Fühlen“ eine vergleichbar „deutliche Richtung“3. Dieser frühere westdeutsche Befund wiederholte sich im Grundsatz, als nach der Wiedervereinigung die völlig andere kirchliche Situation in den neuen Ländern untersucht wurde: Das kirchliche Leben habe, so Schmidtchen, auch hier eine signifikante Bedeutung „für die ethische Ordnung“. Die Christen beider Konfessionen, die aktiv am Leben ihrer Gemeinden teilnehmen, erfahren ein „System der ethischen Verhaltenslehre“; das Zusammenleben werde besser, Konflikte würden eher lösbar, das Bewusstsein für die Probleme der Mitmenschen nehme zu. Der Schluss ist naheliegend: Je mehr aktive Christen, desto besser kann der Aufbau, die Weiterentwicklung und Stabilisierung eines demokratischen Gemeinwesens gelingen. Ihr Engagement und die Anerkennung dieses Engagements finden ihre Erklärungen wohl in der Haltung während des DDR-Regimes und in ihrem konkreten Handeln während der „Wende-Zeit“ und danach. Eine auf die letzten Jahre zurückblickende Ergänzung scheint ebenso notwendig: „Das Lamentieren über manche Erschwernisse durch marktwirtschaftliche Herausforderungen“ sei „in unseren katholischen Gemeinden . . .“ kaum zu hören gewesen (J. Reinelt). Freilich: eine „Magnetwirkung“ der Kirche hat es nicht zur Folge gehabt, dass gerade katholische Laien, Geistliche und Bischöfe in der DDR Mut bewiesen und so vielen ein Vorbild gegeben haben. Eine Neuchristianisierung ist nach 1990 ausgeblieben – trotz des positiven christlichen Beispiels und angesichts der Tatsache, dass mit „dem Zusammenbruch des alten ideologischen Systems“ ein „Vakuum“ entstanden war4. Christen sind auch heute noch eine Minderheit, wie die Statistik belegt. II. Traditionelle Entchristlichung Der hohe Anteil Konfessionsloser auf dem Gebiet der früheren DDR ist allerdings kein Phänomen, das – historisch gesehen – in kurzer Zeit entstanden ist. Die meisten Konfessionslosen sind bereits in einer entsprechenden Tradition aufgewachsen, die zum Teil mehrere Generationen zurückreicht. 3 Gerhard Schmidtchen, Wie weit ist der Weg nach Deutschland? Sozialpsychologie der Jugend in der postsozialistischen Welt, 2. durchgesehene Auflage, Opladen 1997, im Folgenden bes. S. 149–172. 4 Joachim Wanke, Kirche und Gesellschaft in Ostdeutschland, s. Anm. 2, S. 41–51, hier S. 44.

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Die religiösen Traditionen waren freilich östlich von Elbe und Saale „nie so ausgeprägt wie im Rheinland oder im Süden Deutschlands“ – Folge u. a. der deutlich späteren Christianisierung eines Landes, in dem danach „Aufklärungsgedanken mehr Leidenschaften erwecken konnten als kirchliche Frömmigkeit“ (G. Schmidtchen). Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert war dann in Teilen Deutschlands ein spezieller Autoritätsverlust der Kirchen verbunden. Die evangelische Kirche traf dies stärker als die katholische. Durch die Entwicklung der katholischen Soziallehre, die Kritik am kapitalistischen Wirtschaftssystem und den Aufbau eines dichten Organisationsnetzes wirkte sie der Entwurzelung der katholischen Arbeiter entgegen. Das katholische Milieu blieb auch in der Arbeiterschaft bis weit in das 20. Jahrhundert hinein erhalten. Die evangelischen Kirchen dagegen galten durch die Verbindung von Thron und Altar, der sie auch nach dem Ende der Monarchie „nachtrauerten“, als diskreditiert5. Vielfach wurde die allmähliche kirchliche Entfremdung der Arbeiter durch eine ressentimentgeladene und von sozialistischer Seite geförderte politische Feindschaft überlagert – ein Prozess, der sich – unterschiedlich intensiv – in den ursprünglich protestantisch geprägten Industriestädten vollzog. Mit Ausnahme der norddeutschen Großstädte lagen diese Zentren auf dem späteren DDR-Gebiet. Bezeichneten sich etwa im Reichsgebiet 1925 lediglich 1,8% der Bevölkerung als konfessionslos, so waren es in dem ursprünglich nahezu rein protestantischen Leipzig bereits 10%, acht Jahre später schon deutlich über 14%. Es wird überdies oft und nicht immer absichtslos verkannt, dass die Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1945 eine kirchenfeindliche und im Besonderen antikatholische Politik betrieben haben. Deren konsequente Zielführung wurde nur dadurch verhindert, dass der Zweite Weltkrieg ausbrach und damit die Notwendigkeit bestand, die „Heimatfront“ nicht weiter zu belasten. Insofern fiel die antikirchliche und antichristliche Politik und Propaganda, die die Kommunisten in ihrem Herrschaftsgebiet nach 1945 betrieben, auf einen seit langem vorbereiteten Boden. Das SED-Regime stellte Religion und christlichen Glauben als rückständig dar, als hinderlich für die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft. Bei vielen in der DDR geriet der Glaube im Laufe der Zeit in den Verdacht, er „verderbe das Denken der Menschen“ (J. Wanke). Die Intensität des Kampfes gegen Glauben und Kirche unterlag im Laufe der 40 DDR-Jahre gewissen Schwankungen, aber es war zu jeder Zeit undenkbar, dass ein praktizierender Christ eine herausgehobene und tatsächlich entschei5 Dazu auch im Folgenden Michael Rudloff, Die Entstehung des Jugendweihegedankens am Beispiel Leipzigs, in: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte, Weimar u. a. O., 6/1999, S. 97–121.

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dende Position in Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft erreichen konnte. Vielmehr mussten gläubige Christen ihre Haltung mit vorsätzlichen Benachteiligungen und Zurücksetzungen bezahlen.

III. Die Jugendweihe Die atheistische Politik der SED zielte im Besonderen auf die junge Generation. Sie wuchs seit Mitte der 50-er Jahre mit einer intensiven Propaganda für die Jugendweihe auf und einer gleichzeitigen Agitation gegen Konfirmation und Firmung. Eine Erfindung der DDR war die Jugendweihe keineswegs. Der atheistische Initiations- oder „Passage“-Ritus, mit dem der Übergang von der Kindheit bzw. Jugend in die Jungerwachsenenzeit begangen werden soll, geht in seinen Anfängen auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Als Fest freireligiöser Gemeinden entstanden und später unter anderem durch den Deutschen Freidenkerverband übernommen, fand die Jugendweihe in der Weimarer Republik Eingang in die Arbeiterfestkultur der KPD und der damals programmatisch noch atheistischen SPD. Neben den Feuerbestattungen diente die Jugendweihe als „antikirchliche Demonstration“: Der Anspruch der Kirchen als alleinige Vermittler und Bewahrer sittlicher Werte sollte bestritten und der Sozialismus als die „Volksreligion der Zukunft“ propagiert werden – bewusst untermauert durch kultische Formen, die auf emotionale Wirkung zielten. Bezeichnenderweise suchten auch die Nationalsozialisten ein vergleichbares Jugendfest zu etablieren. Die SED griff die sozialistischen Traditionen auf und führte die Jugendweihe 1955 offiziell ein: In einem Festakt legten die Jugendlichen nach der 8. Schulklasse ein Gelöbnis zur DDR und zum Sozialismus ab – Teil eines atheistischen Staatskultes mit antikirchlicher Zielsetzung. Der kirchliche Widerstand ließ als Folge einer veränderten Kirchenpolitik im Besonderen auf evangelischer Seite wenige Jahre später nach, so dass in den 60-er Jahren nach offiziellen Angaben bereits 97% der Jugendlichen „freiwillig“ an der Jugendweihe teilnahmen. Manche Christen akzeptierten die Jugendweihe neben Konfirmation bzw. Firmung, aber eine kleine Minderheit entzog sich der Jugendweihe grundsätzlich. In aller Regel hatte das zur Folge, dass der Weg zum Abitur und damit meist auch zum Hochschulstudium ausgeschlossen war – Nachteile, die von kaum einem der Betroffenen nach 1990 ausgeglichen oder aufgeholt werden konnten. Ganz falsch wäre es allerdings, aus der Teilnahme an einer sozialistischen Feier mit atheistischer Zielsetzung auf die Grundhaltung der Jugendlichen zu schließen. Das Ritual zum Abschluss der Kindheit war eher Ersatz für die in früheren Generationen übliche religiöse Familienfeier. Die bei dieser Gelegen-

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heit überreichten Geschenke hatten eine weit größere Bedeutung als die weltanschaulich-politische Botschaft der sozialistischen Staatspartei. Gut zwölf Jahre nach der Wiedervereinigung und der Wiederherstellung der religiösen Freiheit in ganz Deutschland hat die Jugendweihe auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nur wenig von ihrer jedenfalls familiären Bedeutung verloren. Ein hoher Anteil, wahrscheinlich die Mehrheit der Jugendlichen nimmt immer noch an ihr teil. Die jährlichen Teilnehmerzahlen liegen im sechsstelligen Bereich. Meist fehlt heute aber bei den entsprechenden Veranstaltungen, die von verschiedenen Trägerinitiativen durchgeführt werden, die politische, sprich: sozialistische Botschaft. IV. Der reale DDR-Atheismus und die Folgen Joachim Wanke, Bischof von Erfurt, hat darauf hingewiesen, dass die meisten Nichtgläubigen in den neuen Ländern „nicht dezidierte Atheisten“ seien, vielmehr Menschen, die sich „ihre eigene Lebensdeutung zusammenbasteln: aus Resten der DDR-Bildung, aus dem westdeutschen Neopositivismus, aus Fernsehwissen, aus eigenen Erfahrungen und biografischen Versatzstücken. Da kommt Kirche gar nicht dazwischen.“6 Die Kirche hat auf diese Situation pastoral reagiert. So finden im Erfurter Dom „Lebenswendefeiern“ statt, die ein katholischer Geistlicher für kirchlich nicht gebundene Jugendliche organisiert und durchführt. Für manchen Katholiken, der aus dem weniger problemorientierten Mehrheitschristentum Westdeutschlands kommt, ist dies eine auf den ersten Blick befremdliche Angelegenheit. Bischof Wanke spricht dagegen von „präkatechumenalen Formen“ – Wegen, die der realen Situation der Kirche in den neuen Ländern Rechnung tragen. Die kirchlich ungebundenen Menschen in den neuen Ländern begegnen dem Christentum meist keineswegs feindselig, sondern eher uninteressiert oder gleichgültig. Der Zugezogene erfährt mitunter auch aufklärerische Hilfsbereitschaft, wenn es um die christliche Minderheit geht. An einem Tag wie Christi Himmelfahrt – in der DDR längst kein Feiertag mehr – wird ihm Aufhellung zuteil: „Die Christen“ würden heute ein Fest feiern, und darum müsse man nicht arbeiten. Die reale Erfahrung zeigt, dass ein Christ heute mitten in Deutschland als gesellschaftlicher Sonderling erscheinen kann. Dem entgegen zu wirken, zumal in der älteren Generation, fällt schwer. Auch die Medien tragen wenig dazu bei, die Wissenslücken über Christen und Christentum zu schließen. Kirchliche Nachrichten sucht man in den gedruckten Medien in der Regel vergeblich, und die Berichterstattung über das kirchliche Le6 „Heraus aus dem Ghetto“ – Ein Gespräch mit dem Erfurter Bischof Joachim Wanke, in: Herder-Korrespondenz 53, 7/99, S. 340–345.

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ben steht, soweit sie überhaupt stattfindet, oft auf der Stufe des allgemeinen Vereinslebens. Dass „Kirche“ zumindest unter kulturellen Gesichtspunkten eine Institution besonderer Art sein müsste, wird meist nicht gesehen. Älteren, in der DDR ausgebildeten Journalisten ist – vorsichtig formuliert – dieses Denken fremd geblieben. Dem Sozialdemokraten Wolfgang Thierse ist zuzustimmen, der formuliert: „Wenn die Menschen in Deutschland nichts mehr vom Alten und Neuen Testament wissen, verstehen sie drei Viertel ihres kulturellen Erbes nicht mehr.“7 Mit der so genannten „Wende“ von 1989/90 und der Wiedervereinigung waren die Menschen der DDR respektive in den neuen Ländern einer nicht vorhergesehenen „Nachmodernisierung“ ausgesetzt (J. Wanke) – in der Wirtschaft, in der Politik und der Gesellschaft. Diese „Nachmodernisierung“ war für die Älteren eine harte, oft bis heute nicht wirklich bewältigte Herausforderung. Die Tatsache, dass etwa ein Fünftel in den neuen Ländern für die Partei votiert, die die ehemalige Staatspartei SED als PDS fortsetzt, lässt sich teilweise so erklären. Bischof Reinelt hat festgestellt, dass die Folgen einer 40-jährigen sozialistischen Desorientierung viel schlimmer „gewesen seien als erwartet“8. Allerdings hat diese Nachmodernisierung auch Auswirkungen auf Christen und ihre Kirchlichkeit gehabt, die nach Aufhebung der faktischen Zwangsghettoisierung und der gesellschaftlichen Randexistenz mancherorts nachgelassen hat. Bischof Wanke schreibt dazu: „Seelsorge in einer offenen, liberalen Gesellschaft, Kritik an vorgegebenen kirchlichen Verhaltensmustern, Abschmelzen der religiösen Milieus und Nachlassen der prägenden Kraft von Traditionen, eine starke Subjektivierung des Glaubensvollzugs, verbunden mit öffentlicher Kritik an der Institution Kirche, ein ,Auswahlchristentum’, das sich vor Verbindlichkeiten drückt – dieses und vieles andere mehr wird jetzt auch unsere seelsorgliche Erfahrung im Osten.“9 V. Kirchliche Schulen War früher die religiöse Unterweisung der katholischen Kinder Teil der Selbstbehauptung, die unter großen Schwierigkeiten in Kirchengebäuden durchgeführt wurde, so ist heute die Teilnahme am Religionsunterricht verfassungsrechtlich gesichert und unter gesellschaftlichen Aspekten in aller Regel unproblematisch.

7 Evamaria Bohle, „Wir gehen gern auf diese Schule!“ Immer mehr Schüler wollen in das Evangelische Gymnasium Neuruppin aufgenommen werden, in: Zeitzeichen 4/2002, S. 31–33, hier S. 32. 8 Joachim Reinelt, wie Anm. 2, hier S. 55. 9 Joachim Wanke, wie Anm. 4, hier S. 45.

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Allerdings gab es 1990 weder eine Tradition kirchlicher Schulen noch wenigstens des Religionsunterrichtes an staatlichen Schulen. Beides stellte faktisch einen völligen Neubeginn dar – in einer Zeit, in der nicht nur für die Masse der Ungetauften, sondern ebenso für viele Christen andere, zum Teil existenzielle, zum Teil aber auch nur scheinbar existenzielle Probleme Vorrang hatten. Seit den frühen 90-er Jahren sind in den fünf neuen Ländern und im früheren Berlin-Ost etwa 90 Schulen in konfessioneller Trägerschaft entstanden, darunter etwa 40 katholische. Es gibt auf einem Gebiet, das ungefähr halb so groß ist wie die alte Bundesrepublik, 9 katholische Gymnasien, mehrere Grundschulen und auch Berufsfachschulen. Das Bedürfnis nach katholischen Schulen ist viel größer als das vorhandene Angebot. Aus Kapazitätsgründen muss in jedem Jahr eine große Zahl von Schülerinnen und Schülern zurückgewiesen werden. Viele kirchenferne Eltern suchen für ihre Kinder den Zugang zu katholischen Schulen. Auch katholische Eltern haben die Möglichkeiten als unzureichend empfunden. Manche allgemeinbildende Schule verdankt ihre Entstehung der Initiative von Eltern, die sich über die meist nachvollziehbaren Bedenken der Ordinariate hinweggesetzt haben. Selbstkritische Fragen lassen sich vor diesem Hintergrund aber nicht vermeiden. Aus jahrhundertelanger Erfahrung wissen wir in der Kirche, dass die Jugend nicht besser erreicht und die Heranbildung christlich geprägter Führungskräfte nicht besser gelingen kann als über kirchliche Bildungseinrichtungen. Das früher oft diskutierte „katholische Bildungsdefizit“ fand seine Erklärung nicht zuletzt in der Tatsache, dass mit der Säkularisation vor 200 Jahren das maßgeblich von Klöstern getragene kirchliche Bildungswesen vernichtet und damit katholischen Kindern häufig der Weg zu einer besseren Bildung genommen wurde. Angesichts der geistigen Situation gerade der jungen Menschen in den neuen Ländern muss fast vierzehn Jahre nach der Wiedervereinigung gefragt werden dürfen, ob nicht mit einer noch ausgeprägteren finanziellen Solidarität und personellen Unterstützung aus den westdeutschen Ortskirchen ein weit größerer – nicht zuletzt pastoraler – Gewinn möglich gewesen wäre. An den bestehenden katholischen Schulen ist in der Regel etwa ein Drittel der Schüler katholisch, ein Drittel evangelisch und ein Drittel ungetauft. Die Lehrer kommen zur Hälfte aus den westlichen Ländern, haben also eine andere „geistige Sozialisierung“ erfahren als ihre Kollegen mit einer Biografie, die bis in die DDR-Zeit zurückreicht. Aus Westdeutschland stammende Lehrer unterrichten häufig die Fächer, die für die geistige Prägung der Kinder besondere Bedeutung haben, also zum Beispiel Deutsch, Geschichte, Religion oder Philosophie. An den öffentlichen Schulen sind dagegen auch heute noch meist Lehrer tätig, die ihre Ausbildung in der DDR absolviert haben. Kaum ein Lehrer aus

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DDR-Zeiten ist entlassen worden oder hat seinen Beruf aufgegeben. Bischof Wanke stellt fest, die Schule sei „ein Bereich, in dem die DDR zum Teil noch weiterlebt“. Die Situation ist auch dadurch gekennzeichnet, dass als Folge des spezifischen Geburtenrückgangs in den neuen Ländern Planstellen an den Schulen abgebaut werden müssen; aus sozialen bzw. arbeitsrechtlichen Gründen sind dann häufig gerade solche Lehrer bzw. Bewerber betroffen, die nach 1990 ausgebildet und eingestellt wurden. Inwieweit ältere Lehrkräfte innerlich den Weg von der sozialistischen Diktatur in den demokratischen und sozialen Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland gegangen sind, lässt sich nicht generell sagen. Manche Kollegien staatlicher Schulen weisen eine Bandbreite vom engagierten katholischen oder evangelischen Lehrer bis zum aktiven Mitglied der PDS auf. Vor diesem Hintergrund kann man nicht davon ausgehen, dass der ideologisch-antikirchliche Unterricht der DDR-Zeit in jedem Fall durch einen Schulgeist abgelöst wurde, in dem es Bedeutung hat, dass sich das Grundgesetz nicht nur auf den Menschen, sondern auch auf Gott bezieht. Freilich ist diese Frage keineswegs auf die neuen Länder beschränkt.

VI. Streitpunkt Religionsunterricht Um so größere Bedeutung hat neben den christlichen Schulen der Religionsunterricht an den staatlichen Schulen. Im Grundsatz ist der Religionsunterricht inzwischen in allen neuen Ländern gewährleistet. Neben rechtlichen und politischen Unterschieden gibt es vielfach praktische, nicht zuletzt organisatorische Probleme. Katholische und evangelische Religionslehre sind ordentliche Schulfächer in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Während die drei Letztgenannten den Religionsunterricht gemeinsam mit dem Ethikunterricht in ihren Verfassungen als ordentliches Schulfach festgelegt haben und somit Artikel 7,3 GG modifiziert anwenden, hat Mecklenburg-Vorpommern keine verfassungsrechtliche Regelung getroffen. Hier gelten die Bestimmungen des Grundgesetzes unmittelbar. Mit unterschiedlichen Regelungen ist der Ethikunterricht bzw. der Philosophieunterricht (Mecklenburg-Vorpommern) in den vier Ländern Ersatz für den oder Alternative zum Religionsunterricht. Das Land Berlin hat seine traditionelle Sonderregelung (konfessioneller Religionsunterricht in Verantwortung der Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften in den Räumen der Schule) nach der Wiedervereinigung auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt.

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Einen Sonderweg ist das Land Brandenburg gegangen, in dem mit Manfred Stolpe (SPD) über fast zwölf Jahre ein ehemaliger evangelischer Konsistorialrat Ministerpräsident war. Mit der Einführung eines Pflichtfaches „Lebensgestaltung/Ethik/Religion“ (LER) wurde die Einrichtung eines wenigstens gleichberechtigten evangelischen respektive katholischen Religionsunterrichtes zunächst verhindert. Die schulische Wertevermittlung sollte in alleiniger Verantwortung und Kompetenz des Staates stattfinden. Ein Abgeordneter der SPD – und nicht etwa der PDS – formulierte im Brandenburger Landtag offen: „Was Werte sind in diesem Land, bestimmen wir“, und die Süddeutsche Zeitung (27.02.1996) kommentierte: „Der Staat will lieber selber Kirche spielen.“ Haben manche sozialdemokratischen Bildungspolitiker der alten Länder in der Vergangenheit die Gesamtschule propagiert, die eigenen Kinder aber gleichwohl in traditionelle Schulen geschickt, so ist in Brandenburg zu beobachten, dass Sozialdemokraten ihren Nachwuchs gerne in kirchlichen Einrichtungen anmelden. Inzwischen ist durch einen Vergleich vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe auch für das Land Brandenburg eine Lösung gefunden worden, die den Mindestansprüchen der Kirchen Rechnung trägt. Der Religionsunterricht wird in deren alleiniger Verantwortung erteilt – gleichberechtigtes ordentliches Unterrichtsfach ist er allerdings in Brandenburg ebensowenig wie in Berlin oder Bremen. Der grundsätzliche Kampf für den Religionsunterricht an den staatlichen Schulen der neuen Länder ist zwar im Prinzip entschieden, aber es bleiben vielfältige praktische und organisatorische Fragen. So nehmen in Mecklenburg-Vorpommern, dem Land mit der geringsten Bevölkerungsdichte der Bundesrepublik, nur 1,1% der Schüler am katholischen Religionsunterricht teil. Noch niedriger ist der Anteil in Sachsen-Anhalt mit 0,5%; allerdings gab es dort im Bezugsjahr 1999/2000 ein vollständiges Fächerangebot nur an ca. 100 von 1.400 öffentlichen Schulen. In Sachsen besucht etwa ein Fünftel der Schüler und Schülerinnen den Religionsunterricht, den katholischen Religionsunterricht je nach Schulform zwischen 1,7% (Realschule) und 3% (Grundschulen). Am weitesten sind die Fächer Religion und Ethik in Thüringen gesichert. 23% der Schüler nehmen hier am evangelischen, 7% am katholischen Religionsunterricht und 66% am Ethikunterricht teil10. Die ungünstigen Zahlen, die zum Teil deutlich unter dem Anteil der Katholiken an der Bevölkerung liegen, haben neben der geografischen Zerstreuung eine wesentliche Ursache im Mangel an Religionslehrern. Unabhängig davon liegt es 10 Vgl. dazu Michael Domsgen, Große Unterschiede. Wie in Ostdeutschland das Fach Religion unterrichtet wird, in: Zeitzeichen 4/2002, S. 15–17.

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angesichts der Bedeutung des Ethikunterrichtes im Interesse der Kirche, dass sich Katholiken – wie es Bischof Wanke offen fordert – auch als Ethiklehrer zur Verfügung stellen. Die Religionslehrerausbildung erfolgt in den Theologischen Fakultäten der Universitäten. Neben mehreren Evangelisch-Theologischen Fakultäten (Greifswald, Rostock, Berlin, Halle, Leipzig, Jena) gibt es in Erfurt eine KatholischTheologische Fakultät. Sie wurde 1952, also in der frühen DDR-Zeit, mit Unterstützung westdeutscher Diözesen gegründet, damals aber nicht staatlich anerkannt. Die Fakultät befand sich in kirchlicher Trägerschaft und war die einzige ihrer Art auf dem Gebiet der DDR. Auf der Grundlage eines Staatsvertrages zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Heiligen Stuhl wurde sie zum Jahresbeginn 2003 in die wiederbegründete staatliche Universität Erfurt integriert. Neben der Priesterausbildung für die Diözesen der neuen Ländern übernimmt die Erfurter Fakultät auch die Ausbildung katholischer Religionslehrer. Die Universitäten der östlichen Bundesländer haben nach 1990 umfassende Veränderungen erfahren. Vor allem in den ideologisch weniger beeinflussten Fächern – also den naturwissenschaftlichen, medizinischen und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen – sind nach der Wiedervereinigung viele Hochschullehrer in ihren Funktionen geblieben. In den anderen Fächern wurden häufig Professoren aus den westdeutschen Ländern berufen. Damit traten manchmal die spezifischen Säkularisierungsphänomene ein, die westdeutschen Hochschulen nicht fremd sind. Freilich konnten oft auch junge, engagierte Hochschullehrer gewonnen werden, die sich zum Christentum bekennen oder dieses Bekenntnis in einem nichtchristlichen Umfeld für sich wiederentdeckten. Ähnliches gilt für die immer noch viel zu geringe Zahl westdeutscher Studierender, die den Weg in die neuen Länder finden – und damit neben einer wichtigen Lebenserfahrung im wiedervereinigten Deutschland auch akademische Ausbildungs- und Betreuungschancen gewinnen, die es in den alten Ländern so in der Regel nicht mehr gibt.

VII. Ein Postskriptum zum kirchlichen Leben Katholisches Leben in den neuen Ländern – das bedeutet Diaspora in der Diaspora. In der durch das SED-Regime forcierten Säkularisierung hatte das konsequente Bekenntnis zur katholischen Kirche die politische Ausgrenzung und die soziale Marginalisierung zur Folge. Die „Wende“ beendete die offene, bis weit in das tägliche Leben hineinreichende Diskriminierung der bekennenden Christen in der DDR. Bischof Wanke spricht für diesen historischen Zeitpunkt von einem „Freisetzungsschock“, der die Menschen erfasst habe. Mit dem Ende des staatlich-ideologischen Zwanges, der zum Zusammenhalt der meist stark binnenkirchlich orientierten Katholiken

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beitrug, entfiel freilich eine solidarisierende Klammer. Die gläubigen Menschen leben nun in einer im Grundsatz offenen Gesellschaft. Im Alltag wird das Leben faktisch bestimmt durch eine in DDR-Zeiten säkularisierte Mehrheitsgesellschaft, deren materialistische Grundeinstellung ergänzt, teilweise überlagert wird durch den weniger vorsätzlich ideologischen als vielmehr materiell-konsumistischen Säkularisierungsdruck, mit dem die westdeutsche Meinungsmehrheit das Leben in den neuen Ländern beeinflusst. Ein Beleg sind die Kirchenaustritte, die inzwischen auch im Osten der Bundesrepublik meist mit dem Hinweis auf die Kirchensteuer begründet werden. Angesichts eines auch aus anderen Gründen (wirtschaftliche Lage, demographische Entwicklung, Wanderungsverlust der neuen Länder) abnehmenden Kirchensteueraufkommens sinken die Einnahmen der Diözesen und damit ihre konkreten Handlungsmöglichkeiten, nicht zuletzt im Bereich des Bildungswesens. Allen objektiven Problemen zum Trotz gibt es keinen Anlass zu einem grundsätzlichen Pessimismus. Praktizierende Christen müssen in diesem Teil Deutschlands seit 1990 kein Nischendasein mehr führen; ihr soziales und politisches Engagement ist beispielgebend, ihre Glaubenskraft oft ermutigend. In den Gottesdiensten ist auch die Generation der bis 40-jährigen vertreten, die man in Westdeutschland oft schmerzlich vermisst. Für die Gruppe der 15- bis 30-jährigen Katholiken liegen statistische Angaben vor: 30% gehen im Osten jeden oder fast jeden Sonntag zur Kirche, im Westen sind es lediglich 12%. Beobachtet man in westdeutschen Pfarreien bisweilen krampfhaft anmutende Versuche, durch liturgische Selbstverwirklichungsübungen die Lücken in den Bankreihen zu schließen, so bleibt dafür in den neuen Ländern angesichts ernsthafter Herausforderungen und historisch erprobter Gläubigkeit wenig Raum. Diese Erfahrung scheint auch die Zuversicht zu rechtfertigen, dass die in besonderer Weise geprägte Säkularisierung der neuen Länder die Selbstbehauptungskraft der katholischen Kirche nicht überfordert. Vieles wird von der Auseinandersetzung um die Jugend und der Sicherung eines Bildungssystems abhängen, das die Rechte und den Auftrag der Kirche zumindest nicht behindert. Die Aufmerksamkeit und das Problembewusstsein der Katholiken in den neuen Ländern ist gegeben – es wird aber auch in Zukunft der weiteren ideellen und materiellen Solidarität der westdeutschen Katholiken bedürfen, um den spezifischen säkularen Herausforderungen in Schwerin, Erfurt oder Dresden nachhaltig begegnen zu können. Diese Herausforderungen sind auch mit Chancen verbunden: Kurt Biedenkopf hat darauf hingewiesen, dass bei der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2002 die Menschen nicht in die Kulturhäuser, sondern in die Kirchen geströmt seien, und nach dem furchtbaren Geschehen am Erfurter Gutenberg-Gymnasium versammelten sich 300.000 Menschen auf dem Domplatz zu einem ökumenischen

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Gottesdienst – unter ihnen ein großer Anteil junger Menschen. Vielleicht ist der Glaube letztlich doch die Antwort, nach der die Menschen suchen. Zusammenfassung Der Beitrag befasst sich mit der geistig-kulturellen und religiös-kirchlichen Situation in den neuen Bundesländern, also dem Gebiet der ehemaligen DDR. Der Prozess der Säkularisierung und Entkirchlichung, der dort schon nach dem Ersten Weltkrieg einsetzte, ist weit fortgeschritten. Die totalitäre Herrschaft zunächst des Nationalsozialismus und dann des Kommunismus haben bewirkt, dass 1999 von den 15 Millionen Bürgern 70 Prozent konfessionslos waren. Die nach der Wiedervereinigung (1989/90) erhoffte religiös-kirchliche Erneuerung ist ausgeblieben. Ein gutes Zeichen ist es jedoch, dass engagierte Christen, auch wenn sie nur eine kleine Minderheit bilden, bei der Neuordnung der politischen Verhältnisse eine führende Rolle übernommen haben. Die neuen Schulen in konfessioneller Trägerschaft – darunter neun katholische Gymnasien – sind sehr gefragt, auch von kirchenfernen Eltern. Der Religionsunterricht an den staatlichen Schulen ist im Wesentlichen gewährleistet, aber es fehlen die Lehrkräfte, die den Glauben und die sittliche Orientierung vermitteln können. Summary The article discusses the spiritual and cultural situation as well as the position of religion and church communities in the regions of former East Germany (DDR). Since the Reformation, the Catholic Church in many of these regions has been a diaspora church. Secularization and dechristianization, which began after World War I, are now quite advanced. Totalitarian powers – first the National Socialists (NSDAP) and then the communists – labored relentlessly to suppress faith and religious thinking. By 1999, seventy percent of the fifteen million citizens of former East Germany no longer belonged to Christian churches. Unfortunately the reunification of Germany in 1989–1990 did not mark a renewal of religious observance. Churches were too weakened to embark on a new missionary initiative. Nevertheless, there are hopeful signs. Although active Christians are only a minority, they have played an important role in rebuilding society and democracy. Catholic and protestant schools established since 1990 attract many pupils from families that lack a religious background. Although the teaching of religion in public schools is essentially guaranteed, there are still not enough teachers capable of explicating the Christian faith and its ethical implications.

Rebuilding the Community of Morality By Timothy L. Smith In the past century, American Catholics have successfully moved into the mainstream of American culture. Catholics no longer are part or even feel themselves to be a part of a ghetto but are now almost as at home and welcome in American society as their Protestant brothers and sisters.1 There is a widespread concern among more traditional Catholics, however, that American Catholics have become all too closely identified with the dominant culture. Many American Catholics, for example, define “freedom” more by a lack of constraints than by the knowledge and ability to act according to one’s nature, to know and love God and to love one’s neighbor and thereby grow as a human person. When debates arise on such issues as contraceptives, homosexuality, clerical celibacy and the hierarchy of Church leadership, it quickly becomes evident that most do not begin with the natural law or revelation but often only end, accidentally as it were, by noting disagreement or agreement with Church doctrine. The primary assertion is a typically American right to self-determination in every way. Such tenuous agreement leaves Church teaching open to question especially when the practical dynamics change. For example, if celibacy is understood primarily as a way of simplifying the priestly vocation, a shortage of priests can be the occasion to rethink the priesthood itself. Many American Catholics have become concerned with this “crisis of identity,” and not a few have advocated a return to the ghetto, a retreat from society into the shelter of homogeneous communities in order to rediscover and protect specifically Catholic values and norms. One might argue that the proliferation of Catholic media and even newly formed schools and colleges dedicated to the Magisterium are evidence of a new ghetto. And to the Church as a whole, they pose a serious question: how can we evangelize the world if we are so disunited, with so many Catholics being poorly formed or misformed in the faith? Should we not return to the ghetto precisely in order to reform the community of morality so that we may have a strong and clear voice in the world? Moreover, many would argue that American society is not only atheistic but fiercely secular. In this climate of anti-religious sentiment, in a time of open “culture wars,” any hope of evangelization appears to be naïve and untimely. 1 The notable exception would be in American academia where anti-Catholicism remains the only accepted “racism” left in America.

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According to John Paul II, however, the Church is more ready to deliver its message than at any time in history. Moreover, there is evidence that American culture is more ready and open to Catholic influence than ever before. How can this be? I will argue in the next few pages that if we do retreat into the ghetto, we will lose the best opportunity to evangelize American culture that we have ever had. As Mark Massa has argued in a recent book, American Catholics did not gain entrance into mainstream American culture by compromising their identity. It was not by questioning Church authority in the late 1960’s that Catholics became acceptable to the wider society. On the contrary, it was in the 1940’s and 50’s that Catholicism entered mainstream American culture and this through very identifiably Catholic personalities and movements. Through the work of a few prominent and popular Catholics, the popular writings of the trappist monk, Thomas Merton, the television shows of Bishop Fulton Sheen, the social work of Dorothy Day and the presidency of John F. Kennedy, the Catholic Church in the United States moved from the fringe of American culture to its core. By the time Vatican II had its first session, the average American no longer looked upon the Church with fear, suspicion, much less hatred, as was the case at the beginning of the twentieth century.2 One of the main forces in this movement was none other than a bishop, Rev. Fulton Sheen, whose masterful use of print, radio and television media brought Catholic Culture into the homes of millions of Americans. His television broadcast, “Life is Worth Living,” was the longest running and most successful religious program even to this day. He made no apologies for his Catholicism but took pains to make his faith intelligible for his viewers and readers. Dorothy Day and Thomas Merton were also instrumental in making things Catholic familiar, non-threatening and even comforting for Americans who were and are predominantly Protestant. Americans became comfortable with Catholicism because there was something universal yet new and particular about it. In Day’s Catholic Worker Movement, Merton’s spiritual writings and Sheen’s televized addresses, there was an attention to common concerns and problems of the day and a distinctive way of dealing with them. Uncommon answers to common questions and problems. But these uncommon answers were in the case of Bishop Sheen, nothing less than natural law Thomism. The intelligibility of Bishop Sheen’s analysis and directives were not due to a watering down of Catholic teaching but of communicating to men as men according to the truth. It should have been no surprise that his teaching seemed quite “natural” to many because it was. Bishop Sheen was not entertaining his audiences but leading them to see the truth of nature – which is moving, delightful and indeed 2 Anti-Catholic sentiment persisted, however, in academic circles and has only recently begun to subside in certain fields.

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makes sense. Americans discovered that Catholic teaching was far from some set of irrational, disconnected, unpleasant dogmas, but a beautiful system of thought that brought meaning and unity to every aspect of human existence. Moreover, according to Massa, by challenging the culture of the day, these representatives of Catholic culture were laying claim to the highest status of being American. Many of the heroes of American history have been those who have challenged and subsequently shaped American society. It is due to such heroes that we enjoy religious, economic, educational, occupational freedoms, that we are persistently though fallibly involved in all manners of foreign affairs and abhor isolationism, that we are slowly but surely stumbling toward a society of real equality and trying to right the wrongs embedded in our culture. And it is due to heroes of the faith, great saints and preachers that so many churches in America remain relatively full and continue to grow. It is not the ruler of peaceful times that Americans admire but the one who brings challenge and change, however dramatic or unsettling. What Bishop Sheen and Thomas Merton brought was a radically all-encompassing faith that brought both meaning and responsibility to every aspect of human existence. Thus, rather than compromising with the culture, it was by engaging and criticizing such culture in the tradition of Emerson and Thoreau that Catholics in the mid-twentieth century laid claim to American culture.3 Unfortunately, American society has a strong tendency to weaken the prophetic voice as such precisely by assimilating it. Hence, a protest for a right can all too quickly lead to a mandate. The right to offensive speech becomes a right to limit non-offensive speech. The right to an abortion becomes the obligation to have an abortion if the child has certain “defects.” With all its talk of tolerance and freedom, the United States does in fact fall into the trap Alexander de Tocqueville pointed out years ago: the tyranny of the majority. And this is precisely where the danger lies for Catholics as they have become part of that majority: the impulse to fall into step with the rest and be assimilated. Those who advocate a retreat from society are all too aware of this problem. The move into the mainstream did not come by any real loss of Catholic identity, and yet the continuance of this same acceptance by the wider culture seems to be dependent upon doing just that, i. e., giving up one’s particular religious identity, or at least privatizing it. The truly interesting question, however, is who is demanding that Catholics give up something of their identity, their culture? John F. Kennedy was directly confronted with such a request from a group of Protestant ministers in Houston in 1960. Kennedy responded to these religious leaders then by assuring them of the private nature of his religious belief. But religious leaders of all stripes were equally aghast at his insist3

Massa, Catholics and American Culture (New York: Crossroad, 1999), p. 227.

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ent separation of religion from public life. What many feared was that the president would be directed by Rome. What Kennedy gave them was the promise not even to be directed by God. It is interesting that most every president since then has made a concerted effort to connect himself with a religious tradition and even to publicize such faith. President Carter even taught a Sunday School class for a time. For Americans, such high office requires at least some measure of faith, at least some reliance upon divine aid. No matter their own faith or lack thereof, Americans expect their leaders to go to church and pray. Another interesting question is who is pressuring Catholic colleges and universities to protect “academic freedom“ from doctrinal constraints? And who is pressuring Catholic couples to control their reproductive activities? Liberal theologians and activists have argued that the only way Catholics can have a voice in the public forum is to be like everyone else. In other words, we must follow the Kennedy model. In order to affect the group in a powerful way, we have to first be a part of the group and that means putting off the tribal appearance and taking up the appearance and minimal norms of the wider society. Against such arguments, numerous encyclicals and apostolic constitutions in the past century have consistently proposed that the best means of evangelizing the world is by being authentically Catholic.4 And “authentic Catholicism” is not a short list of propositions at the heart of the Catholic faith, not worship alone with certain moral obligations but the sum total of Catholic belief and practice as it has been defined and proposed in official documents. The disciple of Christ is indeed impelled by love “to speak the saving truth to all men.”5 The better path to evangelizing the world is to build upon what brought the Church respect and recognition some years ago; namely, saying what we believe and why, speaking the truth as it concerns people at this time offering particularly Catholic answers to human problems. The first step in such engagement, according to the Council Fathers, is to identify the common concerns of society. “The joys and the hopes, the griefs and the anxieties of the men of this age, especially those who are poor or in any way afflicted, these too are the joys and hopes, the griefs and anxieties of the followers of Christ.”6

This opening line to Gaudium et Spes is both a declaration and exhortation. Indeed, the joys and hopes of this age should be ours as well because the Church is a community of such men. We are not separated from the world but are inextricably part of it. The difference is that we are a part that can bring healing to the rest. We must be “as soul to the world.” The Council Fathers declared that 4 Cf. Pius X, Pascendi Dominic Gregis, (1907); Pius XII, Humani Generis, ((1950); Vatican II, Gaudium et Spes, (1964); John Paul II, Redemptoris Missio, (1990); John Paul II, Dominus Jesus, (2000). 5 Gaudium et Spes, 28. 6 Gaudium et Spes, 1.

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there can be no better proof of their “solidarity with the entire human family . . . as well as its respect and love for that family, than by engaging with it in conversation” about these various griefs and sorrows. It is not sufficient, however, to be in solidarity with society. We must have something distinctive and helpful to contribute. To the degree that we hide part of our identity in order to enter the public forum, to that degree do we lose our very message. What the People of God have to offer is the gospel of life and truth which includes the “saving resources” entrusted to the Church by Christ, her Founder.7 It is not “their” problems that we are addressing. On the contrary, we are charged to recognize the common nature of these problems, for they are common to the “entire human family” of which we are a part. Just as a pain in one part of the body affects the whole person, so suffering of one segment of the population is or should affect the whole society. Only by a renunciation of our identity and unity can one ignore such problems. Solidarity is not a choice but a reality with an moral obligation. As the Council declared: “By her relationship with Christ, the Church is a kind of sacrament of intimate union with God, and of the unity of all mankind, that is, she is a sign and instrument of such union and unity.”8

By sacrament is understood that the Church is both “sign and instrument” of the unity of the entire human family itself and of its members with God. She is both the sign and means of achieving such unity. It is “through the members of the Church” that Christ will “progressively illumine the whole of human society with his saving light.”9 What the Council made evident then is that involvement with the world is not an option, it is not something extra over and above our duties as Catholics. Such involvement proceeds from our very identity as members of the human family and our special status as witnesses to the truth about God and man, the saving truth that reunites man with man and man with God. But the question remains, is contemporary American society ready to listen? And has the Church not lost a great deal of credibility in the wake of recent scandals, especially in Boston? I. The State of American Society The world is not by any means a rosier place today than it was a half century ago: we still have wars, famines, economic crises, revolts, oppression of one nation by others, of one people by another, and the ever-growing plague of terrorism. We have, however, gotten over our naïve belief in creating the world 7 8 9

Gaudium et Spes, 3. Lumen Gentium, 1. Lumen Gentium, 36.

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in our own image or according to our imagination. We are at least beyond the 19th century naïve belief in human perfection. Surely the recent history of world wars and the even more recent upsurge in terrorism and even massive business fraud remind us of the inescapably sinful nature of man. We have once again accepted the world as it is, the place in which we live, for better or for worse. And the better or worse depends on us, on our response to the situation in which we find ourselves. In the popular self-help books and advice columns, one finds a return to self-knowledge and the acceptance of responsibility both for one’s family and community. There is a concern not for fleeing problems but for coping, living rightly, and finding meaning in all of this mess we call life. In America the shift in national outlook can be explained at least in part by the aging of the population. As the large post-war generation moves through society, it tilts the balance of concern in its favor. Quite apart from the advertising fixation on the ever younger crowd, American society is increasingly mature in its concerns. We have a more future-oriented society that we had forty years ago. Moreover, with so many living so long, the retirement community as a whole is enjoying something it did not have before: significant intellectual and physical ability at leisure. The retired are neither decrepit nor senile in large part but are extremely active and capable members of society with a unique and very influential perspective on life. As J. Pieper has argued, the sine qua non of true culture is leisure.10 And in the United States where the work ethic is such a powerful force, leisure has been a rather rare commodity, at least until now. Now we have vast numbers of intellectually active and interested members of society from all levels and regions of that society. Volunteer organizations have sprung up to address most every imaginable need in local communities as well as on the international scene. No longer must such organizations be dependent upon idealistic youth but are finding more and more interested, capable and financially supportive retired persons. Bill Gates, Sr., for example, was the driving force behind his son’s new-found philanthropy and the establishment of the largest such foundation in the world today. Many such foundations in the United States exert an incredible force for good, often targeting groups and issues left out of public policy and sometimes pursuing such policy. The nihilism and escapism of the 60’s and 70’s has in large measure died out. Another important trend that has continued through the last forty years is the moving away from dependency upon government and experts. Fired in large part by the dissemination of information via the internet but also by the scandals among leaders in business and political office, the contemporary society of 10

J. Pieper, Leisure: the Basis of Culture.

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the empowered citizen continues to mature. Take, for example, the tragedy of September 11. On that day, all Americans were New Yorkers. People did not wait for official agencies but came in large numbers from all over the country to help in any way they could. Steel workers, firemen, rescue crews, doctors, construction workers of all types and many others continually appeared on the scene to offer whatever help they could. Many gave money, and many more prayed. Such reactions were in past generations found only in small towns where people worked together and helped each other because they knew each other. The national response to the tragedy of last September 11 was different. The American public was in this instance embracing their responsibility. A far cry from the nihilism of the 1960’s. Churches all over the country also saw larger congregations after this great tragedy as people dealt with loss of loved ones or were faced with the uncertainties of life in this world. For the first time in years, many priests encountered lines at the confessional. It was not an escape that people sought but involvement and meaning, and so they turned to their friends and family and to God. Americans largely also resisted the temptation to vilify national, ethnic or religious groups. This past year has seen a surge of interest in Arabic and Eastern cultures and Islam. Interfaith dialogues between Christians and Muslims have sprung up on most every major university campus as well as in many high schools. A similar attack by the Japanese almost 60 years ago did not prompt the same response. There was no interest in the nation or culture or religion from which the attackers came. There was no interest in distinguishing the attackers from other Japanese, even from Japanese Americans. The culture, the nation, and the people were vilified. Something is different now. When Bishop Karol Wojtyla sent in his submission to the Second Vatican Council ante-preparatory committee, he asked, why had a century which had begun with such great expectations of a maturing humanity, growing into a new solidarity, why had this century produced, within 50 years, two world wars, 3 totalitarianisms, oceans of blood, mountains of corpses, and the greatest persecution of the Church in history? His answer, quite simply, was that all of the sorrow of the 20th century derived, in one way or another, from defective humanisms, that is, from defective concepts of the human person, human origins, human community, and human destiny. American society is slowly but surely waking up to see the truth of what Karol Wojtyla saw many years ago. The culture of death has woken up to its inevitable future and is sickened by what it sees. The culture of death is not happy with itself. Contrary to all expectation in light of polls over the last five years, there was a wide acceptance of the Bush administration’s rollback of population control measures being bound up with international aid packages. No longer must the doctors in the recipient country document a quota of abortions or sterilizations. There has also been a notable enthusiasm for President

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Bush’s proposal to involve religious groups in dealing with social problems by funding such initiatives directly. There is a growing recognition that the attention to the whole person including the spiritual dimension is most appropriate. Contrary to the rapant secularism on university faculties, religion remains in American one of the most fundamental points of self-identification. It is the basis of one’s sense of community and the best predictor of one’s actions. Coming of age in America means more often than not, embracing a religious tradition. It is no mistake that a politician can rarely get elected in America without such commitment. There is something missing, something backwards in a leader with no religious roots, no connection to the spiritual. The tradition of the Washington Prayer Breakfast is itself an acknowledgement that the higher the position and the greater the responsibility, the more one must need supernatural assistance. Far from waning the presence of chaplains, priests, and pastors in government posts is more appreciated than ever before. What is new is the appreciation for all religious traditions, for a wider variety of religious expressions which comes not from a relativistic standpoint but from a recognition that human life in whatever country or situation is an encounter with God. To be human is to be in some relation with God. Such is often the basis, explicit or otherwise, of most any declaration of rights in the modern era. There is indeed a “growing awareness of the exalted dignity proper to the human person, since he stands above all things and his rights and duties are universal and inviolable.”11 This insight from the Second Vatican Council is clearly more true today than it was then, especially as such assertions today proceed not so much from a protest as from an understanding of such dignity. There are many developments in the United States that point to an openness for cultural change, one toward a more Gospel-oriented concept of humanity and the human person. But if American society is exhibiting an openness to evangelization, an openness to learning about the value and dignity of the human person in all its stages of life and in all its aspects of existence, the question remains as to whether we as American Catholics are ready to evangelize our culture, our society? Can we carry out our mission to “purify and perfect” all human activities by the power of Christ’s cross and resurrection?12 II. The State of the American Catholic Church In the aftermath of Vatican II, there have been a remarkable number of efforts among American Catholics to enact such reforms as outlined by the Council and in the best possible spirit of that same Council. Early on there were

11 12

Gaudium et Spes, 25. Gaudium et Spes, 37.

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many false attempts to remake the Church entirely and to obliterate the distinctions between religions. The abject failure of those movements brought many Catholics to their senses within a generation after the Council. By the 1990’s there were in the United States, numerous attempts to recover what was essential to Church teaching and practice and make authentic Catholicism a priority without apology. The success of such journals as Crisis and First Things as well as the success of mission-oriented publishers such as Ignatius Press bear witness to the growing hunger for authentic teaching and formation in the faith. Many monasteries are finding themselves inundated with requests for retreats for laity. Other groups have established programs for targeted evangelization of high school and college students. There is much that is good in the life of the American Catholic Church. We are, to be sure, a far cry from the unity of practice evident a century ago, but American Catholics are more than ever aware of their responsibility for the work of the Church. Because of fewer clergy and disputes among theologians, laypersons have had to do more. Certain priests and bishops have also had to be more courageous. And while the difficulties of the post-Vatican II Church are no cause for celebration, it is true that the Church “greatly profits from the antagonism of those who oppose or persecute her.”13 There is some measure of fear, however, that the recent scandals of abuse in Boston and elsewhere have severely damaged the Church. Some fear that attendance and contributions would drop. They have not. According to a recent poll, only one in ten persons say that the scandals have damaged their faith in any way. There has been a surprising lack of rage against the Church as an institution. Catholics have not left the Church in droves nor called for radical changes in the priesthood such as the ordination of women or married clergy. Cardinal Law himself attempted to blame the system of Canon Law for his failure to defrock offending priests, but the people of his diocese continued to focus their concern on him. In an earlier time, the people would have cried out for institutional change and would have been sympathetic for such victims or “pawns” of the systems as Cardinal Law has claimed to be. Such scandals would have caused many to leave the Church, become cynical or even try to bring down the institution. On the contrary, Catholics and others have responded with the knowledge that systems are flawed only in so far as the individuals running them are flawed. They have focused their ire on the offending person rather than the institution and have even reiterated their loyalty to the Church in the process. We certainly do not want to diminish the importance of that one in ten whose faith has been hurt, nor do we wish to devalue the pain of those actually involved. What we do want to do is call attention to the good that has come out of these scandals and to the opportunity it presents to the American Catholic 13

Gaudium et Spes, 44.

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community to purify itself, reexamine its faith and to teach others what it means to be Catholic, “so that the sign of Christ can shine more brightly on the face of the Church.”14 This scandal has provided a remarkable forum for public discussions in the media on the nature of Catholicism, the formation of Catholic priests and the theoretical as well as practical underpinnings of clerical celibacy. And, deo gratias, on national news programs we have been invited to listen to Catholic priests and laymen talk about how they are coping with the situation, detailing aspects of their parish ministry, describing why one remains Catholic in the face of imperfect leadership and talking about every aspect of priestly formation. Some priests have even encountered newfound support and encouragement from their parishioners. There is a greater understanding and appreciation of the priestly vocation. Many are indeed angry and hurt, but the response has been not of rejection but of responsible assessment and action and seeking assurances for the continuance of good priestly formation and work. Admittedly, American Catholic seminaries are not as full as they once were, but it is not for lack of applicants. St. John’s Seminary in California interviewed over 200 applicants this past year and admitted 45, its largest class in years. It is certainly healthy and helpful for many Catholic priests to discuss their commitment and formation in the faith in the secular media. Who could have predicted that in the year 2002, we would hear a sincere, conservative Catholic describe on National Public Radio why he is and remains a Catholic: because he believes in God the Father, the Son and the Holy Spirit and in the sacraments. Also, because he believes that God guides his Church and that the imperfections of some of its members do not negate its divine character. Catholics are like everyone else. They have problems. Their leaders commit grave offenses. Catholics are also not like everyone else. They remain attached to an institution ten times as old as the United States, a divine institution that is much more than its human members. III. Direction for the Future Being in such a position, what should we do now? Msgn. George Kelly in a recent book, The Second Spring of the Church in America, says that bishops must first assert their authority and remake the Church from the top down and reinstill discipline. In this time of episcopal weakness, there has been a veritable explosion of formal and informal groups and efforts aimed at preserving or recovering the norms of the Church. These projects are predominantly layfounded and lay-directed endeavors. Such efforts are to be applauded but never14

Lumen Gentium, 15.

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theless represent a defect in the Church. Initiatives should come from the bishops at least in terms of vision if not in direct oversight. The laity should be implementing what has been outlined by the local bishop, otherwise, there is a grave risk that their respective agendas will diverge. Moreover, it does the body no good for certain members to be acting autonomously. What is needed is direction. As Msgn. Kelly argues, the bishops need to be in front and not lagging behind.15 In order for the Church to be a “kind of soul for society,” the bishops must ensure that such movements are animated by the spirit of the gospel of Christ.16 And if history is any indication, the people will certainly follow when the bishops lead, if only they lead with courage and conviction. It is not greater bureaucracy that we need but greater men, greater bishops. Ironically, with the current pedophilia scandal, it is the media and the wider society that is now forcing bishops to discipline their own priests and become the leaders they were meant to be. It may very well be a blessed turn of events that a Cardinal of the Catholic Church in America is now being vilified by liberals and conservatives of most every religious body in the U.S. for putting up with dissenting morality, for allowing Church norms to be flaunted. It may be that the American public will be the driving force behind a newfound courage among bishops. Present bishops must pray for courage. And with this strengthening of the episcopal office in the United States, we can expect that there will be a “mending of the Christian fabric of ecclesial communities.”17 All Catholics must also recognize their responsibility to be authentic witnesses to the truth and to fulfill their special obligation to make themselves “the neighbor of absolutely every person” and to teach the saving truth to all.18 If Catholics are known and respected for being different, they will retain such respect only in so far as they continue to be different and are authentically Catholic. By being the People of God in the fullest sense, the Church will remain above culture as its members will forever fall short of the Gospel. Without going along with culture, Catholics must be attentive to the present times and address their fellow citizens where they are. The Church must identify what is good and just for the human community and support it and encourage it. The best support is one that provides a better understanding and reasoning for such activity or thinking. As Fr. Anton Rauscher has argued, we cannot simply “decorate” our statements with Scripture and let the conceptions be dictated by culture.19 We must put on Christ . . . The Church, 15 George A. Kelly, The Second Spring of the Church in America (South Bend, IN: St. Augustine’s Press, 2001). 16 Gaudium et Spes, 40. 17 Christifideles Laici, 34. 18 Gaudium et Spes, 27. 19 A. Rauscher, Kirche in der Welt, Bd. I (Würzburg: Echter Verlag, 1988), pp. 610 f.

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“must in no way be confused with the political community, nor bound to any political system. For she is at once a sign and safeguard of the transcendence of the human person. . . . The Church, founded on the Redeemer’s love, contributes to the wider application of justice and charity within and between nations. By preaching the truth of the Gospel and shedding light on all areas of human activity through her teaching and the example of the faithful, she shows respect for the political freedom and responsibility of citizens. . . . For it is her task to uncover, cherish, and ennoble all that is true, good, and beautiful in the human community.”20

The Church need not wait for society, however, but “can and indeed should initiate activities on behalf of all men.”21 It is indeed the duty of the laity to see that the divine law is inscribed in the life of the earthly community. There cannot be any false opposition between professional and social activities on the one hand and religious activities on the other, but all must be gathered into “one vital synthesis with religious values.”22 The Church must also stand against all that opposes the good of the human community. “Whatever is opposed to life itself . . . whatever violates the integrity of the human person . . . whatever insults human dignity . . . are a supreme dishonor to the Creator” and must be opposed by every member of His Church.23 And such indignities would certainly include abuse by clergy. Catholics will be heard by the world to the extent that they live what they say, that their lives are a testimony to the very Gospel they proclaim. As the lights of media interest focus on the crimes of a few priests and bishops, Catholics everywhere will be forced to reflect upon who they are and what they are and what it means to be a part of the Body of Christ. And they will pray more earnestly than ever before that the Holy Spirit will raise up “those great-souled persons who are so desperately required by our times.”24 This is precisely where one’s attitude to the Catholic tradition, to the fullness of revelation in the Scriptures and in the Church becomes crucial. For if one does not know what he believe, how can he know what he ought to do? It is an unassailable equation that the order of living follows the order of knowing. What one knows or believes to be true determines what one believes to be good, the standard of right conduct. Fuzziness in the first can only lead to fuzziness in the second. It is not, then, a choice between forming one’s mind or living rightly. A person cannot give up on knowing the truth in favor of simply living rightly because there would be in that case no basis for living rightly. One would have only a set of inherited habits that usually amount to little more than public courtesy. One’s reaction to a new situation or new stresses will 20 21 22 23 24

Gaudium Gaudium Gaudium Gaudium Gaudium

et et et et et

Spes, Spes, Spes, Spes, Spes,

76. 42. 43. 27. 31.

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inevitably reveal the faults on the level of knowing and show the weakness of such habits. The current crisis is not a moment for despair for Catholics because Catholics believe that out of suffering comes new life. The Church’s darkest hour came long ago, when the founder was captive and the followers scattered, that is, Holy Thursday. No scandal can compare to that day. It may be somewhat mysterious for others in America to see how the faithful deal with this problem. On the one hand, it makes Catholics seem more human, more like the rest of humanity, beset with problems. But this crisis is not only an occasion of sadness but also one of hope. To uncover a wound is the first step in healing. And as painful as it might be to uncover it, it is necessary, for health is all the nearer. Hidden from view and denied, it cannot be healed. And so the Church takes this opportunity to throw open the doors to its seminaries for examination. Catholic seminaries are more ready than ever before to give an account of what they do and why, of how decisions are made and the importance of such decisions. The Holy Spirit may very well use this period of publicity to his advantage as he calls heroic young men to be heroic priests and bishops. The greater the need, the greater the response must be. And in this period of public healing, Catholics are all presented with the best opportunity to mend the Church and to evangelize society. Catholics are unlike others because they believe in God, the Father, the Son and the Holy Spirit and in the sacraments, but also because they believe God guides His Church. The Church has always had men who were sinful and even villainous. She has frequently been scandalized by her own members and not only those at the bottom. Peter was himself a sinful man and denied Jesus before others in his very hour of need. But Jesus made him the leader of this church. It is not men who lead but God who leads through them. The Church cannot turn its back on the world to heal its own wounds but must heal its wounds publicly so that it can call upon the world to do the same.

Summary In the current “crisis of identity” among American Catholics, some have advocated a return to the ghetto, a retreat from society into the shelter of homogeneous communities in order to rediscover and protect specifically Catholic values and norms. This paper argues that such response fails to take account of the history of the Catholic Church in the United States and constitutes a renunciation of responsibility for society. Catholics did not gain entrance into American society by sheer numbers of closed communities nor by compromising their faith in public but by being authentically Catholic in a very visible way. It was by engaging and criticizing such culture in the tradition of Emerson and

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Thoreau that Catholics in the mid-twentieth century laid claim to American culture. Maintaining a voice in the public arena requires a continuance of such authentic faith and practice even in the light of scandal. The way Catholics deal with sin should not be hidden from public view but is, in fact, an opportunity to teach society what Catholics believe and why. If the Church turns its back on society to heal its wounds and rebuild, it will lose the best opportunity it has had to evangelize American society. Zusammenfassung Angesichts der „Identitätskrise“, die heutzutage unter amerikanischen Katholiken anzutreffen ist, gibt es Stimmen, die für eine Rückkehr ins Ghetto, einen Rückzug aus der Gesellschaft in den Schutz gleichgesinnter Gemeinschaften plädieren in der Absicht, spezifisch katholische Werte und Normen wiederzuentdecken und zu bewahren. Dieser Beitrag will zeigen, daß derartige Antworten den Weg der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten nicht richtig einschätzen und im Grunde zu einer Verweigerung von Verantwortung für die Gesellschaft führen. Die Katholiken fanden Beachtung und Gewicht in der amerikanischen Gesellschaft weder aufgrund der wachsenden Zahl geschlossener Gemeinden noch dadurch, daß sie ihren Glauben vor der Öffentlichkeit verbargen, sondern durch eine öffentlich gelebte Authentizität des Katholischen. Engagiert und in kritischer Auseinandersetzung mit jenen Zeiterscheinungen, wie sie auch von Emerson und Thoreau kritisiert wurden, meldeten die Katholiken in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts ihren Anspruch auf Mitgestaltung der amerikanischen Kultur an. Um in der Öffentlichkeit gehört zu werden, bedarf es eines beständigen echten Glaubens und der religiösen Praxis, selbst im Licht von Skandalen. Die Art und Weise, wie Katholiken mit der Sünde umgehen, sollte nicht unter Ausschluß der Öffentlichkeit geschehen; sie bietet vielmehr eine Chance, der Gesellschaft zu zeigen, was und warum Katholiken glauben. Wenn die Kirche der Gesellschaft den Rücken kehrt, um ihre Wunden zu heilen und sich wieder aufzubauen, wird sie die beste Gelegenheit verlieren, die sie hatte, um die amerikanische Gesellschaft zu evangelisieren.

Can the Media be used for Evangelization? By Russell Shaw I must say a word at the start about the sex abuse scandal in the United States. Although it is too early to attempt anything like a definitive analysis of the role played by the media in this affair, there is no doubt that most of the damage inflicted on the Church has been self-inflicted. The Church failed to do a satisfactory job of cleaning its own house, so the media stepped in and forced it to do the job. At the same time, it seems clear that the media often exaggerated and distorted the nature of the problem. Much of what I say in what follows sheds light on the media-related aspects of these events. I. At the moment, though, my focus is the use of the media for evangelization. It is a truism of Church documents that the Church should use the media of communication for this purpose. For example, Aetatis Novae, a pastoral instruction published by the Pontifical Council for Social Communications to mark the twentieth anniversary of an earlier postconciliar pastoral instruction, Communio et Progressio, says that, along with traditional means like witness of life, personal relationships, popular piety, and liturgy, “the use of the media is now essential in evangelization and catechesis.”1 The document quotes a familiar dictum of Pope Paul VI, in the apostolic exhortation On Evangelization in the Modern World: “The Church would feel guilty before the Lord if she did not utilize these powerful means.”2 Pope John Paul II often makes the same point: As the Areopagus in St. Paul’s day was the place where Athenians exchanged information and ideas, so the media of social communication are “the first Areopagus of the Modern Age.”3 Aetatis Novae also makes another point which it says is of “great importance,” and to do so quotes John Paul: “It is not enough to use the media simply to spread the Christian message and the Church’s authentic teaching. It is also necessary to integrate that message into the ‘new culture’ created by mod1 2 3

Aetatis Novae, 11. Evangelii Nuntiandi, 2. Redemptoris Missio, 37.

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ern communications . . . with new languages, new techniques and a new psychology.”4 This insight is, naturally, central to the statement The Church and Internet, published in February, 2002, by the Council for Social Communications, which says that among the activities of the Church in which the Internet can profitably be used is “evangelization, including both re-evangelization and new evangelization and the traditional missionary work ad gentes.”5 It would be easy to multiply quotations from official documents extolling the use of media for evangelization. But there is a serious question here: How realistic is all this? In the United States, I am afraid, the answer at the present time is: Not very. In a Pastoral Plan for Church Communication, issued in 1997, the American bishops placed evangelization first on a list of seven activities by the Church in which the media could be a help. To their credit, though, they acknowledged that using the media to evangelize is not so easy to do. “Church representatives . . . do not have control over how the secular media portray the Church. Of great interest to many in the media, the Church is, for others, only one voice among many. Some, who are actively hostile, make Church teaching an object of attack or ridicule. Still others see the Church merely as a stereotype of the large institution, to be treated with the skepticism that all such institutions seem to receive in our society. Even Catholic media can project conflicting ideologies which sometimes leave the Church’s teaching barely discernible, let alone communicable. Other limitations include the inherent difficulty of adequately conveying complex Church teaching and policy in a culture that has become accustomed to the sound bite. An equally complex Church structure of overlapping national and local responsibilities can result in a lack of coordination of communication efforts. Finally, financial limitations make it difficult to compete in the expensive world of American media.”6

To this list we should also add the obstacles that the institutions of the Church often impose on themselves, including the frequent incompetence of Church personnel in dealing with the media and the unnecessary and repellent secrecy with which Church affairs often are conducted.7 Let us take a closer look at this situation. Start with broadcast media. One reason why it is especially difficult to use secular broadcast media in the United States for evangelization resides in the government’s policy decision to deregulate broadcasting in the 1980s. Before then, local television and radio stations were required to carry public service programming as a condition of obtaining and keeping their licenses to operate. Religious programming was an important part of this public service content. In 4

Aetatis Novae, 11, quoting Redemptoris Missio, 37. The Church and Internet, 5. 6 Pastoral Plan for Church Communication (Washington: United States Catholic Conference, 1997), 5. 7 Cf. Russell Shaw, “Lifting the Church’s Veil of Secrecy,” Crisis, January 2001. 5

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response to this situation, the three major television networks – ABC, CBS, and NBC –obliged their local stations by producing a substantial amount of religious programming in cooperation with Catholic, Protestant, and Jewish groups. With deregulation, local stations no longer were required to carry religious and other public service programs free of charge. Instead, they could sell this valuable air time. So the stations eliminated religious programming, and the networks naturally stopped producing it. That, practically speaking, was the end of religious programming on network television. Since then, of course, the emergence of cable television has made it possible for religion to find a niche in the cable world. There also are several hundred Protestant-run Christian radio stations, as well as a handful of Catholic radio stations. In other words, it is possible to find religion in American broadcasting if you care to look for it – but you will find it in a ghetto of its own. As far as broadcast television is concerned, religion has virtually disappeared. Another very serious obstacle to evangelization is that media people do not fancy themselves as message-bearers for outside interests for which they have little sympathy at best. The prickly independence of journalists in particular is legendary. Of course it is true that the secular media time and again not only do carry messages they find ideologically congenial but go out of their way to present them in a favorable light. The messages of feminism and gay rights are examples. It hardly needs saying that the Catholic Church is not so favored. Secular communicators feel no duty to (as they might put it) propagandize for the Catholic Church or conceal its failings. They would consider any suggestion to the contrary absurd. As a veteran newsman once remarked, “As journalists we are under no obligation to give superior weight or credence to an institutional declaration of the Pope or the cardinals or whatever.”8 But the resistance of secular media to being the Church’s partners in evangelization goes deeper. Some media people are hostile to the Church and, perhaps, to religion in general. Journalists of course find the charge that they are antiCatholic deeply offensive. Moreover, they are convinced that, as professional communicators, they do not permit personal attitudes, toward the Catholic Church or anything else, to influence their reporting. This conviction was expressed in a letter that Katharine Graham, the late publisher and board chairperson of The Washington Post who died in 1991, sent to John Ehrlichman, a top aide to President Nixon, on the eve of the 1972 8 Richard Harwood, “The Secular Character of Our Press,” in Patrick Riley and Russell Shaw, editors, Anti-Catholicism in the Media: An Examination of Whether Elite News Organizations Are Biased Against the Church (Huntington, Ind.: Our Sunday Visitor, 1993), 162.

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presidential election. At the time, the Post was actively pursuing the Watergate scandal that eventually led to Nixon’s resignation and the convictions of Ehrlichman and others. The White House was furious at the newspaper and deeply suspicious of its motives; sometimes it was said that the Post was digging into Watergate because Katharine Graham “hated” the President. Mrs. Graham denied that she hated Richard Nixon. And she wrote: “I also want you to know that the fiction doesn’t stop there. For the story suggests . . . that somehow editorial positions on public issues are taken and decisions made on the basis of the publisher’s personal feelings and tastes. This is not true, even when the sentiments attributed to me . . . may be real. What appears in the Post is not a reflection of my personal feelings.”9 Most other journalists would say the same, and they would be sincere in saying it. Yet many sober observers perceive bias in the way the American media treat the Catholic Church. Evidently, this requires a closer look. II. To some extent, how secular media treat the Church is a question within a larger question: How do the media treat most things? Media critics detect a significant change in the attitudes and tone of American journalism in the last three or four decades – a marked shift away from healthy skepticism toward unhealthy cynicism.10 This has happened in the case of the Church. But it also has certain special aspects where the Church is concerned. Part of it is the long history of antiCatholicism in American society and in American media. In the last few years, two serious studies have examined the latter problem as it now exists. The first study was carried out by the Center for Media and Public Affairs in Washington, D.C., and its director, Dr. S. Robert Lichter, with the results published in 1991.11 Using a technique called content analysis, Lichter and his colleagues examined four elite news organizations: The New York Times, The Washington Post, Time magazine, and the CBS Television evening news. The

9 Quoted in Katharine Graham, Personal History (New York: Alfred A. Knopf, 1997), 473. 10 Cf., for example, Lee Edwards, Mediapolitik: How the Mass Media Have Transformed World Politics (Washington: Catholic University of America Press, 2001), James Fallows, Breaking the News: How the Media Undermine American Democracy (New York: Pantheon Books, 1996). 11 S. Robert Lichter, Daniel Amundson, Linda S. Lichter, Media Coverage of the Catholic Church (Washington: The Center for Media and Public Affairs, the Knights of Columbus, the Catholic League for Religious and Civil Rights, 1991). The report also is included in Riley and Shaw, eds., Anti-Catholicism in the Media.

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analysis studied coverage of the Catholic Church in three five-year time blocs: 1964 through 1968, 1974 through 1978, and 1984 through 1988. The study did not support the idea that overt anti-Catholicism was rampant at these four news organizations between 1964 and 1988. Neither did it support the idea that there were no problems. Leaving out a number of interesting details, I can get to the heart of the findings by quoting from the executive summary: “On most controversies involving Church teachings, the Church came out on the losing side of the issue debate reported in the media. Although the opinion breakdown varied from one issue to another, sources supporting the Church were in the minority on the broad range of debates involving sexual morality and Church authority that dominated the coverage. These included heated controversies over birth control, clerical celibacy, the role of women and minorities in the Church, and its response to internal disputes and issues involving freedom of expression. The major exception to this pattern involved ecumenical efforts, which the media treated as a kind of ‘motherhood and apple pie’ issue, supported by all people of good will. Even on this dimension, however, opinion was split over whether the Church was helping or hindering efforts to promote interreligious unity. Similarly, opinion was about evenly divided on the Church’s involvement in political affairs. But most of the praise was for Church pronouncements condemning war. On domestic disputes over church-state relations, most sources opposed the Church’s positions or activities. Controversial issues were frequently presented as conflicts between the Church hierarchy, on the one side, and lower-level clergy, lay Catholics, and non-Catholics on the other. Journalists frequently approached this subject matter from a secular perspective, structuring their coverage of theological issues along the familiar lines of political reportage. The result was a long-running media drama that pitted a hide-bound institutional hierarchy against reformers from within and without. This portrayal was reinforced by the language used to describe the Church in media accounts. The descriptive terms most frequently applied to the Church emphasized its conservative theology, authoritarian forms of control, and anachronistic approach to contemporary society . . . Ultimately, journalists are less fact-collectors than story-tellers. And the stories they tell about the Catholic Church rely on politics as much as religion for their dramatic appeal. Increasingly, the story revolves around a beleaguered authority struggling to enforce its traditions and decrees on a reluctant constituency.”12

Someone might argue that this story line simply reflected how things were in the Catholic Church in the United States between 1964 and 1988. There is much truth in that. And if this was the reality, then the media were right to report it, and those who objected were just blaming the messenger – as undoubtedly often was done. But someone also might argue – and I do – that in 12

Anti-Catholicism in the Media, 13–14.

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important respects the story line had the character of a self-fulfilling prophecy. The more often the media told the story, the more its telling shaped reality to conform with it (an example, I suppose, of what Oscar Wilde called life imitating art). These two propositions are not mutually exclusive: The reality may very well have been like this and the media may very well have helped make it even more that way. In fact, I think that is exactly what happened. Wishing to know what happened in the decade after the first study, the Catholic League for Religious and Civil Rights and Our Sunday Visitor, a Catholic publishing house, commissioned the Center for Media and Public Affairs to do a new study of leading print and broadcast outlets in the 1990s. Along with the original news organizations, the ABC and NBC television evening news broadcasts were added, as were USA Today, U.S. News & World Report, and Newsweek. The study covered news coverage from 1993 through 1998.13 It found that two issues pertaining to the Catholic Church received particular attention from national news organizations in the United States during the 1990s. They were clergy sex abuse and the controversy over women’s issues. By any definition of news, of course, these really were important stories. The mere fact that they were a conspicuous part of the coverage did not demonstrate bias on the part of the media. To some extent, also, sex abuse and women’s issues displayed the Church doing injury to itself, albeit in different ways. These were instances in which Church people, including people in positions of authority, brought a great deal of grief upon themselves and on the rest of us, too, by their mishandling of sensitive matters. But the media also had something to do with it. Again, let me quote from the study’s executive summary: “On the whole, national media coverage of the Catholic Church in the 1990s continued to treat it primarily within a framework of political news. This applied to both its external relations to political issues and institutions and its internal authority structures. As it has over the past four decades, the coverage again emphasized the need for the Church to adapt to the more egalitarian and democratic norms and procedures that characterize the secular institutions of American society. In the 1990s this perspective focused mainly on the Church’s treatment of women and heightened attention to clerical wrongdoing. As we found in our earlier study, this was not a matter of overtly opinionated or muckraking coverage. It would be more accurate to see it as the reflection of the prism through which one institution – the media – views another with very different norms and traditions.”14 13 Linda S. Lichter, S. Robert Lichter, and Dan Amundson, “Media Coverage of the Catholic Church 1963–1998” in Robert P. Lockwood, ed., Anti-Catholicism in American Culture (Huntington, Ind.: Our Sunday Visitor Publishing Division, 2000), 159– 249. 14 Ibid., 220.

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Or, as I would put it: On the subject of clerical sex abuse, the media were animated in part by the secular culture’s antipathy to Catholic sexual morality, especially clerical celibacy; and on women’s issues, including ordination to the priesthood, the media faithfully reflected the values of the secular culture by lining up on the side of feminism against a Church perceived as sexist and patriarchal. At this point, it might help if I set aside these abstractions for a moment and illustrated the existential reality of the situation with a personal anecdote. Since I have told this story elsewhere,15 I shall leave out a number of the details and get as quickly as possible to the point. It happened at a day-long conference on media coverage of religion held at the Educational Testing Service in Princeton, N.J., in early December of 1992. Among those participating were present or former staff members from such important publications as The New York Times, The Washington Post, and The Los Angeles Times. Growing a bit weary with the evasions and unreality of the discussion, I had the temerity to question the objectivity and fairness of The New York Times in its treatment of abortion and questions of sexual morality as they applied to the Catholic Church. This greatly upset several of the journalists. One of them in particular said something I found very interesting because very revealing. This was a woman who until recently had worked for The New York Times, who lately had quit to do freelance writing, and who earlier in the day had told us all that she had been raised as a Catholic but had left the Church because it oppressed women. The heart of her comments to me was this statement: “Our secular society has certain needs and imperatives of its own. And it will satisfy those needs and it will act on those imperatives, no matter who objects. And if you and people like you don’t like it – that’s your problem.”

Quite so. This attitude of deep-seated ideological antipathy is directly related, I believe, to the problem of trying to carry on evangelization through the secular media in the United States. III. Now, how are we to explain all of this? The best, because most bluntly honest, answer I have ever encountered from a secular media source was provided in 1991 by a journalist named Richard Harwood at a symposium organized to discuss the first Lichter report, Media Coverage of the Catholic Church.16 Harwood, a veteran journalist, was a man of stature in his profession who at that 15 Russell Shaw, “Catholicism: Troubled Relationship Between Church and Media Attributed to a Clash of Values,” Nieman Reports, summer 1993.

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time was ombudsman of The Washington Post and later wrote a column for that newspaper dealing mainly with issues in journalism. He readily conceded that, as he put it, the “secular character of our newspapers is not totally divorced from the interests or character of the people who produce them.” Noting the repeated finding that journalists with elite news organizations typically have “weak” religious attachments, he said: “That is true in my own case and is consistent with my impression of my colleagues. We were educated in secular institutions [and] are quite sensitive to changing fashions in secular intellectual thought and to the pseudo-secularism preached in many pulpits.” With regard to the Catholic Church he made the point that its increased involvement in public issues – which he tellingly termed an “intrusion of religious bodies and individuals into secular affairs” – made it a legitimate object of interest for journalists. In this, it could expect to receive no favors or special treatment. As for the study’s finding that in news coverage of controversies about Church teaching sources critical of the teaching outnumbered sources in support of it, he candidly remarked: “One reason for the disparity of numbers is . . . that the position of the Church on many of these issues is a minority position among Americans in general and quite possibly among American Catholics as well. I think people who ignore the teachings on birth control probably far exceed those who observe them . . . The teachings on contraception, in my view, really have no intellectual standing in our society outside the Church, and perhaps with a minority within the Church. Possibly that could be said of other issues. But as journalists we are under no obligation to give superior weight or credence to an institutional declaration of the Pope or the cardinals or whatever . . . The story of religion in America is starting to resemble other stories. It has come to resemble a great political story. It has begun to have high-profile scandals, and all the rest. It is becoming less of an institutional story which can be handled by covering established bodies and their actions. Religion . . . is becoming more diverse and privatized, and is finding its way into the news in new and different ways and places. I think that is what we are seeing today in our newspapers and in the other media. There is no question whatever that these media are secular institutions. There is no question that secular thought is the preferred body of thought within the media . . . We should not be surprised at that because these media mirror the popular culture. I think that is not going to change; and if Bob Lichter comes back a few years from now and does a similar study, he going to get the same results.”

The truth of these remarks has been overwhelmingly demonstrated during the past decade and, in a special way, during the last several months. 16 Richard Harwood, “The Secular Character of Our Press,” in Riley and Shaw, eds., Anti-Catholicism in the Media, 156–163.

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But do journalists’ personal beliefs and attitudes affect the way they treat an issue or an institution or do they not? We have two seemingly conflicting views on the table. Katharine Graham, the publisher and board chairperson of The Washington Post, argued that “personal feelings and tastes” do not determine editorial positions. Richard Harwood, a veteran member of the Post’s editorial staff, readily acknowledged that “the secular character of our newspapers is not totally divorced from the interests or character of the people who produce them” – people who, in his words, were “educated in secular institutions [and are] quite sensitive to changing fashions in secular intellectual thought.” In my view, both of them were right. Mrs. Graham was right because, as a matter of professional conduct, responsible journalists really do try to be fair, which means not consciously misrepresenting issues and events. Like many other people, I believe this laudable ideal has suffered a disturbing erosion in American journalistic practice in recent decades; still, serious practitioners in the field continue to subscribe to the ideal. But Richard Harwood also was right: The people in key secular media generally are themselves ideologically secular, perhaps secularistic, and that has a considerable bearing on how they treat religion in general and the Catholic Church in particular. Secular ideology places them in a certain stance in relation to the Catholic Church. Long before the threshold level of conscious bias is reached, ideology leads them to approach the Church with the suspicious mindset that is reflected in Harwood’s use of the word “intrusion” to describe religious participation in the public policy debate. With respect, then, to the question of media – at least, traditional media such as newspapers, magazines, motion pictures, television, and radio – several conclusions are inescapable. First, in many if not most circumstances, it would be unreasonable, at least in the United States, to think of using the secular media for direct evangelization. For one thing, they are not available to be used. For another, they often are an obstacle to evangelization, not a means, a vehicle, for accomplishing it. Second, where media evangelization is concerned, the Church must rely on its own media – the Catholic press, church-sponsored radio and television, and so on. But Church media also have severe limitations, including the fact that they are divided – conservative against liberal, traditional against progressive, right against left – and the fact that, with few exceptions, they reach only Catholics who already are convinced and committed. The role of Catholic media mainly should be motivating and educating potential evangelizers rather than communicating directly with those most in need of being evangelized. Third, without overlooking the crucial role of media in shaping the culture within which evangelization must take place, without failing to do whatever

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can be done to evangelize them, and remaining alert to such opportunities for evangelization through media as may exist or arise, the emphasis in evangelization still must be on traditional means – on individual and corporate witnessing to the gospel and personal contact. This is not to discount the importance of the media, which is very great; it is to be realistic about what media can be expected to do. Finally, though, I must say something about the Internet as a potential tool of evangelization. Many of the limitations present in traditional media do not exist in cyberspace. Obviously, the Internet has serious faults and weaknesses of its own. But where evangelization is concerned, its greatest weakness is also its greatest strength – namely, the opportunity it offers for direct, immediate, unfiltered, uncensored communication of a message – in this case, the message of the gospel – to an audience that is potentially very, very large. Already, in fact, religious bodies, including the Catholic Church, are making extensive use of the Internet. This seems certain to grow, and the recent document from the Holy See offers strong encouragement in this direction. In part it says: “Although the virtual reality of cyberspace cannot substitute for real interpersonal community, the incarnational reality of the sacraments and the liturgy, or the immediate and direct proclamation of the gospel, it can complement them, attract people to a fuller experience of the life of faith, and enrich the religious lives of users.”17

And a little later it adds: “It is important . . . that people at all levels of the Church use the Internet creatively to meet their responsibilities and help fulfill the Church’s mission. Hanging back timidly from fear of technology or for some other reason is not acceptable, in view of the very many positive possibilities of the Internet.”18

For evangelization, the Internet may not be the answer to a prayer but it is probably about as close to that as we are going to come any time soon. Summary Although documents of the Magisterium commend the use of media of social communication for evangelization, using the media for this purpose is far from easy in the United States. Deregulation of broadcasting in the 1980s denied churches access to free television and radio air time previously available to them. Evangelization via cable television is possible, but religious programming on cable TV is ‘niche’ programming that reaches only a limited audience; the 17 18

The Church and Internet, 5. Ibid., 10.

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same is true of religious radio stations. More fundamentally, secular communicators tend to be indifferent or hostile toward religion. Studies of coverage of the Catholic Church by major U.S. secular news organizations between 1964 and 1998 support this conclusion, as do anecdotal evidence and personal testimony. While responsible secular journalists try to be fair, their view of Catholicism typically is colored by the fact that many, if not most, subscribe to secularist ideology. Church media can and should be used to form and motivate committed Catholics for evangelization, and the Internet offers new possibilities. For now, however, the Church in the U.S. must look to traditional means, not the media, to carry on direct evangelization. Zusammenfassung Auch wenn in Dokumenten der Kirche die Empfehlung ausgesprochen wird, die sozialen Kommunikationsmittel für die Evangelisierung einzusetzen, ist dies in den Vereinigten Staaten alles andere als einfach. Die Deregulierung von Rundfunk und Fernsehen in den 1980er Jahren versperrte den Kirchen den bisher freien Zugang zu Fernsehen und Radio. Die Evangelisierung über das Kabelfernsehen ist möglich, jedoch sind die religiösen Programme im Kabelfernsehen Nischenprogramme, die nur einen begrenzten Publikumskreis erreichen. Dasselbe gilt für Radiostationen mit religiösem Programm. Viel gravierender freilich ist, daß die säkularen Kommunikatoren eine indifferente, wenn nicht gar feindselige Haltung gegenüber der Religion an den Tag legen. Studien zur Berichterstattung über die katholische Kirche durch wichtige säkulare Nachrichtenorganisationen in den Vereinigten Staaten zwischen 1964 und 1998 bestätigen diese Schlußfolgerung ebenso wie so manche Anekdote und persönliche Erfahrung. Sicherlich sind verantwortungsvolle Journalisten bemüht, fair zu sein, aber ihre Sicht des Katholizismus ist typischerweise gefärbt durch die Tatsache, daß viele von ihnen, wenn nicht die meisten, einer säkularen Ideologie zuneigen. Kirchliche Medien können und sollen eingesetzt werden, um engagierte Katholiken für die Aufgabe der Evangelisierung zu bilden und zu motivieren. Neue Möglichkeiten bietet das Internet. Dennoch muß die Kirche in den USA heute darauf bedacht sein, sich der traditionellen Wege zu bedienen – nicht so sehr der Medien –, um die direkte Evangelisierung fortzuführen.

Glaube in der Zivilgesellschaft Von Lothar Roos Das Thema „Glaube in der Zivilgesellschaft“ hat in jüngster Zeit in den USA und in Deutschland durch zwei gleichermaßen umstrittene Gerichtsurteile die öffentliche Diskussion bewegt. Eine Richterkammer des kalifornischen „U.S. Court of Appeals for the Ninth District“ erklärte: Es verstoße gegen das „First Amendment“ der amerikanischen Verfassung, wenn die Schüler zu Beginn des Unterrichts den Fahneneid („Pledge of Allegiance“) sprächen, in dem sich die Formulierung „eine Nation unter Gott“ findet. Kläger war ein Atheist, der nicht wollte, daß sich seine Tochter unter Benutzung einer religiösen Formel zu Amerika bekenne1. Nach der Meinung der Richtermehrheit verstoße jede auch noch so indirekte Förderung irgendwelcher Religiosität gegen das Gebot der Trennung von Staat und Kirche. Das Trennungsgebot („Wall of Separation“) verbiete staatliche Unterstützung für Religion auf Kosten des Atheismus.2 Ein auf den ersten Blick ganz ähnliches Urteil hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München Ende des letzten Jahres (2001) gefällt: Für den amerikanischen Leser muß dabei vorausgeschickt werden: Nicht nur in den – im Vergleich zu den USA wenigen – deutschen katholischen Privatschulen hängen Kreuze in den Klassenzimmern, sondern auch in vielen öffentlichen (staatlichen) Schulen. In Bayern ist dies aufgrund eines eigens erlassenen Gesetzes sogar der Regelfall. Nun hat ein Lehrer erklärt, es sei für ihn unzumutbar, „unter dem Kreuz“ zu unterrichten. Dies verstoße gegen seine (negative) Religionsfreiheit. Er hat in der letzten Instanz des Verwaltungsgerichtes mit dieser seiner Auffassung Recht bekommen.3 1 In etwa der Hälfte der amerikanischen Bundesstaaten ist ein solches Treuegelöbnis gesetzlich vorgeschrieben, in anderen empfohlen. 2 Würde das Urteil rechtskräftig, dann müßte man ja wohl auch die Dollarnote aus dem Verkehr ziehen, auf der geschrieben steht „In God we trust“. Wenn der Streit schließlich vor dem „Supreme Court“ landet, „dann steht womöglich auch eine Zeremonie in seinem eigenen Haus zur Debatte“, denn jede Sitzung beginnt dort mit den Worten „God save the United States and this Honorable Court“ (Katja Gelinsky, in: FAZ vom 28.06.02 Nr. 147, 45). – Bereits vor einiger Zeit hatte der amerikanische Supreme Court Gebete im Schulunterricht für verfassungswidrig erklärt, selbst wenn diese freiwillig seien. Erlaubt sei es dagegen, in amerikanischen Gemeinden zur Weihnachtszeit Krippen aufzustellen, da das Weihnachtsfest mitsamt seinen Symbolen inzwischen auch säkularen Charakter habe.

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Die beiden eben skizzierten Urteile haben unter den Fachjuristen beider Länder heftigen Widerspruch ausgelöst und sind beim Volk auf Unverständnis und Widerstand gestoßen. Dies ist insofern erstaunlich, als in den USA und in Deutschland sehr unterschiedliche Traditionen des Verhältnisses von Religion, Kirche und Staat bestehen. Um so mehr überrascht es, daß sich in beiden Urteilen dieselben Denkmuster finden: In beiden Fällen wird der negativen Religionsfreiheit eines einzelnen Atheisten mehr öffentliches Gewicht gegeben als der positiven Religionsfreiheit derer, die an Gott glauben. Den Richtern scheint also die negative Religionsfreiheit eines Einzelnen wichtiger als die positive Religionsfreiheit möglicherweise aller anderen Staatsbürger. Was muß in den Köpfen der betreffenden Richter vorgegangen sein, daß sie zu diesen Urteilen kamen? Sowohl die amerikanische Tradition der First-Amendment-Rechtssprechung als auch die deutschen Urteile im Streit um das Kruzifix in Schulen dürften ihre Ursache in einem Verlust an rechtshistorischem und sozialethischem Bewußtsein haben. Beide Urteile sind Folgen einer mangelhaften Klärung des Beziehungsverhältnisses zwischen Glaube, Zivilgesellschaft, demokratischem Verfassungsstaat und Zivilreligion. Diese These soll im folgenden historisch und systematisch begründet werden. I. Historische Typologie der Relation von Glaube und Zivilgesellschaft Bevor wir über das heutige Verhältnis von Glaube und Zivilgesellschaft nachdenken, scheint es uns hilfreich zu sein, einen Blick in die spätmittelalterliche und neuzeitliche Vorgeschichte dieser Relation zu werfen4. 3 Das Gericht berief sich dabei auf ein früheres „Kruzifix-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts (Supreme Court) von 1995. Dort ging es freilich nicht um einen Lehrer, sondern um die negative Religionsfreiheit eines Schülers, dessen Eltern gegen das Kreuz im Klassenzimmer geklagt hatten. – Verfassungsrechtlich besteht freilich in dieser Frage ein großer Unterschied zwischen den USA und Deutschland: Das deutsche Verfassungsrecht kennt keineswegs eine ähnlich strikte Trennung von Staat und Kirche wie das amerikanische. Insbesondere die Länderverfassungen (constitutions of the states), wie z. B. in Bayern, sehen eine Erziehung „nach den Grundsätzen der christlichen Konfessionen“ vor. – Aus diesem Grund war schon die Entscheidung von 1995 heftig umstritten, ob die negative Religionsfreiheit eines Einzelnen höher stehe als die positive Religionsfreiheit aller anderen Schüler einer Schulklasse. Noch einmal anders sieht die Sache im Fall des Lehrers aus: Er mußte ja um die eben genannten Bestimmungen der Bayerischen Verfassung bzw. des Schulgesetzes wissen und muß dementsprechend seinen Beruf in Loyalität gegenüber seinem Dienstherrn und den ihm anvertrauten Kindern bzw. deren Eltern ausüben. Wenn sich also ein atheistischer Lehrer der christlichen Orientierung der Erziehung verweigern will, dann ist ihm dies unbenommen. Er darf aber dann nicht den Beruf eines Lehrers an Bayerischen Schulen ausüben wollen (vgl. dazu ausführlicher: Lothar Roos, Aus Gewissensgründen gegen die Grundwerte? In: Die neue Ordnung 56 (2002) 54–57). 4 Dabei zeigen sich zwei typische Varianten einer Lösung: a) Die Zivilgesellschaft und der von ihr hervorgebrachte Staat werden von vorpolitischen anthropologischen

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1. Glaube als eigenständige Größe in der Zivilgesellschaft

Die Idee einer Zivilgesellschaft, der eine eigenständige politische Ordnungsaufgabe zukommt, findet sich erstmals im Hochmittelalter 5. Sie ist wissenschaftstheoretisch grundgelegt in der durch Albertus Magnus und Thomas von Aquin begründeten Unterscheidung und gegenseitigen Unersetzbarkeit von Glaube und Wissen. Für die christliche Anthropologie und Gesellschaftslehre führt dies zur Herausbildung dessen, was man den Typ einer christlichen Naturrechtsphilosophie nennt. Ihr erster Vertreter im Bereich der politischen Ethik ist Johannes von Salisbury (ca. 1115–1180), Bischof von Chartres. In seiner Schrift „Policraticus“ geht er davon aus, daß Gott den Menschen mit Vernunft und freiem Willen ausgestattet und ihn so befähigt hat, die politische Herrschaft als Amt (officium) zu verstehen, das auf der Grundlage von Gerechtigkeit (suum cuique) und Billigkeit (aequitas) der „publica utilitas“ (Gemeinwohl) dient. Wenn politische Herrschaft nicht diesen „Lebensspuren der Philosophen“ (vestigiis philosophorum) folgt und zur Tyrannei entartet, hält Johannes von Salisbury den Tyrannenmord als „ultima ratio“ für legitim6. Ungefähr ein halbes Jahrhundert später formuliert Marsilius von Padua (ca. 1290–1343) in seinem „Defensor pacis“ ausdrücklich die Idee eines „Gesellschaftsvertrages“, also einer Zivilgesellschaft, der das Recht zukommt, die politische Ordnung zu konstituieren und die politische Macht zu begrenzen. Fast gleichzeitig postuliert Wilhelm von Ockham (1285–1349) in seinem „Breviloquium“ (ca. 1340) die naturrechtlich begründete politische Gestaltungsfreiheit des Menschen als eines sozialen Wesens. Daraus ergibt sich auch ein im Naturrecht legitimiertes Widerstandsrecht gegen die Staatsgewalt.7 Ausdrücklich stellt Ockham fest, daß dieses Recht keineswegs von der Kirche verliehen wird, sonund religiösen Vorgaben her verstanden und in ihren Funktionen, Aufgaben und Grenzen definiert. In diesem Fall zeigt sich die Religion (der Glaube) als unabhängige Variable im Beziehungsverhältnis beider Größen. b) Die Zivilgesellschaft versteht sich absolut autonom gegenüber jeglicher Religion und konstituiert auf dieser Basis den Staat. Dabei zeigt jedoch die historische Analyse, daß sie ihrerseits jeweils eine legitimierende „Ersatzreligion“ hervorbringt, die man dann – bei Rousseau geschieht dies wörtlich – als „Zivilreligion“ bezeichnen kann. In diesem Fall zeigt sich die Religion als abhängige Variable der staatlich organisierten Zivilgesellschaft. 5 In der mittelalterlichen politischen Idee des „Heiligen Reiches“ gibt es keine eigenständige „Zivilgesellschaft“. Die gesamte kirchliche und politische Ordnung geht auf eine direkte „Anordnung“ Christi zurück, wie dies in der „Zwei-Gewalten-Lehre“ Papst Gelasius I. (492–496) am Ende des 5. Jahrhunderts formuliert wurde. 6 Auf derselben Grundlage betont Thomas von Aquin die Unterscheidung und relative Eigenständigkeit derer, die für das „salus animae“ (Seelenheil) und das „bonum civile“ (politisches Gemeinwohl) zuständig sind. 7 „Der König steht im Regelfall über seinem gesamten Reich. Und dennoch ist er im besonderen Fall seinem Reich unterworfen, denn im Fall der Not (in casu necessitatis) kann das Reich seinen König absetzen und im Gefängnis verwahren und das kraft Naturrecht“.

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dern zur anthropologischen Grundausstattung aller Menschen gehört (non tantum fidelibus sed etiam infidelibus).8 Ungefähr zweihundert Jahre später legten in der theologischen Schule von Salamanca Franz von Vitoria (y1546) und Franz Suarez (y1617) die naturrechtlichen Fundamente der modernen Völkerrechtslehre, des „ius gentium“. Sie betonten gegen die sich theokratisch legitimierende spanische „Conquista“ das Existenzrecht der indianischen Kulturen und ihrer Staaten als naturgegeben und deshalb gottgewollt. 2. Glaube als von der Zivilgesellschaft instrumentalisierte Größe

Leider gingen diese historischen Ansätze einer Rückbindung der politischen Macht an eine „Zivilgesellschaft“, die mit Hilfe der christlichen Naturrechtslehre begründet waren, in den Wirren des Spätmittelalters und der Reformation geistesgeschichtlich weitgehend verloren. Insofern entstanden in den frühneuzeitlichen politischen Philosophien des Jean Bodin (1576: „Les Six livre de la République“) in Frankreich und des Thomas Hobbes (1651: „Leviathan“) in England ideologische Begründungen einer absoluten Staatssouveränität, in denen eine „Zivilgesellschaft“ nicht oder nur in einem einmaligen historischen Akt existiert. Bei Jean Bodin läßt sich der politische Frieden nur durch die „summa potestas et majestas“ eines absolut herrschenden Souveräns erreichen, der aufgrund eines natürlichen, gottgegebenen Rechts das Abbild der unendlichen Souveränität Gottes darstellt. Bei Thomas Hobbes wird die Gesellschaft als Agglomerat von Individuen verstanden, die sich gemäß seiner Anthropologie des „homo homini lupus“ in einem „Krieg aller gegen alle“ befinden. Diesen für sie gefährlichen Zustand können sie nur dadurch beenden, daß sie sich zwar in einem einmaligen Gesellschaftsvertrag (pactum unionis) als Zivilgesellschaft konstituieren, aber dann das Monopol der Gewaltausübung in einem pactum subjectionis einem absoluten Herrscher, dem Leviathan, übertragen. Dieser herrscht über die Zivilgesellschaft sowohl in ihren bürgerlichen wie religiösen Dimensionen. Entsprechend lautet der Untertitel des Leviathan: „The Matter, Forme and Power of A Commonwealth Ecclesiastical and Civil“. Mit dem Abschluß des pactum subjectionis hört die Zivilgesellschaft auf zu existieren. Im Titelbild des Leviathan führt dieser in der rechten Hand das Schwert und in der linken Hand den Bischofsstab. Aus den zwei Obrigkeiten des mittelalterlichen Dualismus wird eine einzige, absolut herrschende. Deshalb hat der Leviathan auch für eine „Zivilreligion“ zu sorgen, die die Untertanen religiös an seine absolute Souveränität bindet9. 8 Nebenbei sei erwähnt, daß beide Theologen ihre politische Philosophie am Königshof Ludwigs des Bayern formulieren konnten, der ihnen vor päpstlicher Verfolgung Asyl gewährte.

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Vom „Gesellschaftsvertrag“ des Thomas Hobbes führt ein direkter Weg zum „Contrat social“ des Jean-Jacques Rousseau. Dort begegnet uns die Zivilgesellschaft in ihrer schlechthin autonomen Gestalt. Sie ist deshalb notwendigerweise mit einer ihr entsprechenden „Zivilreligion“ (Religion civile) verknüpft. Die Zivilgesellschaft bringt nicht den Staat hervor, sondern sie ist der Staat. Das Staatsoberhaupt ist die Volksversammlung aller stimmfähigen Bürger. Sie kann beschließen, was immer sie will (demokratischer Voluntarismus). Die „Volontés des tous“, also die unterschiedlichen Willensäußerungen der Glieder der Gesellschaft, werden durch einen bei Rousseau ideologisch konstruierten Trick zur „Volonté générale“, zum allgemeinen Willen der Gesellschaft stilisiert. Diese „Volonté générale“ ist „heilig“, wer sich ihr widersetzt, verdient den Tod. Damit hat Rousseau erstmals einen Typ von Zivilgesellschaft geschaffen, in der die Zivilreligion vollständig eine Funktion der Zivilgesellschaft darstellt. Dem demokratischen Absolutismus der Volonté générale entspricht die „Heiligkeit“ des „Contrat social“. Die Volonté générale ist mit religiösem Gehorsam anzunehmen. Dagegen gibt es keine Appelationsinstanz. Zu erwähnen ist noch, daß eine direkte Linie vom „Leviathan“ des Thomas Hobbes bzw. dem „Contrat social“ von Rousseau zu Hitler bzw. Karl Marx führt: Im ersten Fall geschieht die Vermittlung ausdrücklich durch den deutschen Staatsrechtslehrer Carl Schmitt (1868–1985), der im „Leviathan“ ein großartiges Zeichen der Wiederherstellung politischer Einheitlichkeit sieht, die dem mittelalterlichen Pluralismus und seiner Einschränkung der politischen Macht die rationale Einheit einer eindeutigen Staatsmacht entgegengesetzt habe. Hitler hat diese Idee dankend aufgegriffen. In der Politökonomie von Marx und Engels wird an die Stelle der absolut herrschenden „Volonté générale“ Rousseaus die absolute Herrschaft des „Proletariats“ gesetzt, die dann von Lenin in die Herrschaft der Partei umgedeutet wurde. In beiden politischen Ideologien bzw. Systemen wird religiös begründeter Widerstand verboten. Die herrschende politische Ideologie trägt Züge einer säkularen Religion, sie ist Religionsersatz, neben der es keine anderen Götter geben darf. 3. Glaube und Zivilgesellschaft bei John Locke

Politische Macht bedarf immer einer transpositiven Legitimation. Nach dem Zerbrechen des mittelalterlichen Menschen- und Weltbildes war an die Stelle der christlich-religiösen bzw. christlich-naturrechtlichen Begründung von Gesellschaft und Politik ein legitimatorisches Vakuum getreten. Diese Leere wird

9 Dafür ist nach Hobbes das Christentum unter der Voraussetzung geeignet, daß es nichts anderes als den friedlichen Satz beinhaltet: „That Jesus is the Christ“. Da aber die Katholiken darüber hinaus noch dem Papst als einem „ausländischen“ Herrscher untertan sind, ist ihre Konfession zu verbieten.

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gefüllt durch die absolute Herrschaft („rex legibus solutus“) bei Jean Bodin und im „Leviathan“ von Thomas Hobbes10. Zum Glück blieb dies nicht der einzige neuzeitliche Ansatz des Verhältnisses von Religion, Zivilgesellschaft und Staatsmacht. Der abgerissene Faden christlichen Naturrechtsdenkens wird vielmehr von dem englischen Staatsphilosophen John Locke (1631–1704) zumindest im Ansatz wieder aufgenommen. Er erlebte in den Diktaturen Cromwells und der Stuarts persönlich einen Staatsabsolutismus à la Hobbes und konstituiert deshalb die Zivilgesellschaft auf der Basis von Personen, die ihre Vernunft im Sinne eines von Gott geschenkten Selbstbesitzes gebrauchen können. Das in Lockes „Subjektphilosophie“ begründete Commonwealth setzt Leben, Freiheit und Eigentum als individuelle, dem Staat vorgeordnete Naturrechte voraus. Der Staat hat sie nicht zu gewähren, sondern zu gewährleisten, wie die moderne Rechtssprache sagen würde. Die Konstituierung der Staatsmacht von seiten der Zivilgesellschaft geschieht nicht, wie bei Hobbes, ein für allemal, sie ist vielmehr widerrufbar, wenn sich die Inhaber der staatlichen Macht gegen die naturgegebenen Rechte der Bürger wenden. Was die Religion angeht, so finden sich bei Locke durchaus Anklänge an die spätmittelalterliche Naturrechtsphilosophie. Dies kommt auch in der von ihm geistig beeinflußten Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von 1776 zum Ausdruck. Dort wird bekanntlich die letzte Begründung der Menschenrechte darin gesehen, daß diese allen Menschen „by their creator“ verliehen worden seien. Folglich kann man nach John Locke mit Atheisten „keinen Staat machen“, eben weil sie diesen letzten transzendenten Grund der Unverfügbarkeit der menschlichen Person nicht anerkennen11. Was John Locke im Vergleich zu Thomas Hobbes für England war, das war Charles de Montesquieu (1689–1755) im Vergleich zu Bodin für Frankreich. In seinem Hauptwerk „De l’Esprit des Lois“ (1748) überwindet er geistig den politischen Absolutismus und setzt an dessen Stelle seine Gewaltenteilungslehre. In ihr versteht sich die Zivilgesellschaft als eigenständige Größe, die sich selbst 10 Die „Philosophische Dramatik“ seines Unternehmens besteht in dem Versuch, „in eine gottentleerte, auf naturwissenschaftlich beschreibbare Tatsächlichkeit reduzierte Wirklichkeit Verbindlichkeit zu bringen.“ Seine Konstruktion der politischen Macht des „Leviathan“ gleicht darum einer „Creatio ex nihilo“ (vgl. Wolfgang Kersting: In die Leere tritt der Leviathan. Neue Blicke auf die politische Theorie von Thomas Hobbes, in: FAZ vom 25.01.1999 Nr. 20 S. 51). Wie zutreffend diese These ist, zeigen die Ideologien von Hitler, Marx und Lenin und alle anderen politischen Totalitarismen, die politische Macht ohne Rückbindung an eine transzendent begründete Würde des Menschen konstruieren und praktizieren. 11 Dies scheint für Locke allerdings auch für Katholiken nicht gegeben zu sein, weil sie dem Papst als einer außerstaatlichen Macht unterstellt seien. Hier ist er in den gleichen Vorbehalten wie Thomas Hobbes befangen. Dabei muß man freilich die damalige historische Lage und den gegenreformatorischen Katholizismus vor Augen haben, wie er von den Stuarts vertreten und in der „Glorious Revolution“ von 1688 politisch neutralisiert wurde.

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eine politische Verfassung gibt, dabei aber alle jene Bereiche in eigener Regie behält (Selbstregierung), die sie aus eigenen Kräften wahrnehmen kann. Montesquieu sieht seine politische Anthropologie und Philosophie in einem pantheistisch verstandenden absoluten „Naturgesetz“ begründet. Das ist seine „Zivilreligion“. Interessant ist noch, daß sowohl Locke als auch Montesquieu politische Tugenden der Bürger für unverzichtbar dafür halten, daß die Zivilgesellschaft jene Form des Politischen hervorbringen bzw. erhalten kann, die der Autonomie des Subjekts entsprechen. Der Staat ist also im Unterschied zu Bodin und Hobbes kein soziotechnischer Automat, der quasi physikalisch-naturgesetzlich funktioniert und insofern keiner politischen Tugenden bedarf. Ohne eine ethisch agierende Zivilgesellschaft kann es keinen die Bürgerrechte respektierenden Staat geben.12 II. Christlicher Glaube, Zivilgesellschaft und demokratischer Verfassungsstaat Wir wollen im zweiten Teil unserer Überlegungen die Relevanz des christlichen Glaubens für die Zivilgesellschaft und den aus ihr hervorgehenden demokratischen Verfassungsstaat bedenken. Dabei wird uns die vorausgegangene historische Reflexion in vieler Hinsicht hilfreich sein. 1. Die transpositiven Wurzeln des demokratischen Verfassungsstaates

In seiner Typologie der Regierungsformen unterscheidet Aristoteles bekanntlich die „Politie“ (Bürgerherrschaft) als gute Staatsform von der negativ bewerteten „Demokratie“ als gewaltsame Unterdrückung durch die Macht der Masse. Entsprechend dem griechischen Wort „ochlos“ für Masse spricht man auch von „Ochlokratie“. Wie läßt sich aber verhindern, daß Rousseaus „Volonté générale“ als uneingeschränkte Herrschaft der Mehrheit genau diese Gestalt annimmt? Die Anwort lautet: wenn überhaupt, dann nur dadurch, daß die menschliche Person mit ihrer Würde und den damit zusammenhängenden Menschenrechten dem Staat und folglich auch der Demokratie vorausgeht, ihr also zugrunde liegt. Die so verstandene Demokratie wäre dann jene Staatsform, in der die politische Macht durch die jeweilige Mehrheit der Wähler bzw. ihrer Repräsentanten auf der Basis und innerhalb der Grenzen unveräußerlicher Bürgerrechte ausgeübt wird. Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung bringt die transpositive Quelle der Menschenrechte durch die Formel „by their creator“ zum Ausdruck. 12 Vgl. zu den hier behandelten „Klassikern“ der politischen Philosophie: HansJoachim Lieber (Hrsg.): Politische Theorien von der Antike bis zur Gegenwart, Bonn 2 1993.

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Die deutsche Verfassung verweist mit ihrer „Invocatio-Dei-Formel“ in der Präambel und durch die Aussage, daß sich der Verfassungsgesetzgeber zu den Menschenrechten „bekennt“ und sie nicht „erläßt“, auf deren transpositive Wurzeln13 Woher aber kommt diese politische Anthropologie? Die Verfassungen der westlichen Demokratie tragen zwar antikes, aufklärerisches und christliches Erbgut in sich, aber all dies findet, so der deutsche Staatsrechtslehrer Paul Kirchhof, „im abendländischen, also im christlich geprägten Menschenbild seine Mitte“.14 Zur Erläuterung sagt er in diesem Zusammenhang: „Die imago-DeiLehre enthält den radikalsten Freiheits- und Gleichheitssatz der Rechtsgeschichte“. Dies besagt freilich nicht, daß jeder einzelne Bürger auf eine solche Letztbegründung der Bürgerrechte verpflichtet werden kann. Er muß lediglich die Würde des Menschen und die daraus abgeleiteten Rechte und Pflichten unbedingt anerkennen. Aber läßt sich dies ohne diese Letztbegründung durchhalten? Paul Kirchhof gibt zu bedenken: „Die bloße Einigkeit im Unbegründeten oder Unbegründbaren verfällt, wenn sie nicht von einem einigenden Rechtsgedanken, einer rechtfertigenden Idee getragen wird. Deshalb ist und bleibt das Christentum in seiner nunmehr 2000 Jahre alten Entwicklung das Fundament des Verfassungsrechts, das die Verfassungsordnung nicht allein zu tragen hat, aber eine wesentliche – alternativlose – Verfassungsstütze bietet.“15 Insofern lebt die freiheitliche Demokratie von Voraussetzungen, die sie sich selber nicht geben kann (vgl. Ernst-Wolfgang Böckenförde). Kirchhof macht dies am Bild eines „Verfassungsbaumes“ deutlich: „Dieser Baum gründet in einer unsichtbaren, in keinem Verfassungstext geschriebenen Wurzel, der christlich-abendländischen Idee von dem würdebegabten, mit Personalität ausgestatteten, zur Freiheit befähigten Menschen.“ Die „bloße Rechtserkenntnisquelle“ des Verfassungstextes würde „zu einem Stück Papier ohne Gestaltungsmacht, wenn die Rechtsentstehungsquellen – hier die Religion und Philosophie – die Grundsatzwertungen nicht lebendig hielten, den kulturellen Humus für ein Gedeihen der Rechtsordnung nicht mehr erneuerten.“16 13 Dieses Bekenntnis impliziert notwendigerweise die universale Gültigkeit von „unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“ (Artikel 1, Abs. 2 GG). 14 Auf christlichem Nährboden, in: Rheinischer Merkur Nr. 14 vom 7. April 2000 S. 8. 15 Ebd. 16 Ebd.; vgl. auch Paul Kirchhof: Die Kirchen und Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts, in: Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. von Joseph Listl und Dietrich Pirson, Berlin 21994, 651–687. – Dabei ist wichtig zu betonen: Die Aufgabe der Begründung der Menschenrechte und der so verstandenen Demokratie leistet nicht „irgendeine“ Religion, sondern die biblisch-christliche Lehre von der Gottebenbildlichkeit des Menschen. Auch dort, wo sie durch die Aufklärung interpretiert und vermittelt wird, wie etwa bei John Locke, wird dieser innere Zusammenhang sichtbar. – Vgl. dazu auch: Jozef Punt, Die

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Als Ergebnis läßt sich festhalten: Die Zivilgesellschaft kann historisch den demokratischen Verfassungsstaat als politische Ordnung unter Wahrung der Menschenwürde überhaupt nur dann hervorbringen, wenn sie sich selbst als Zivilgesellschaft versteht, die sich zu einer der Gesellschaft vorgegebenen Würde des Menschen bekennt. Diese Würde ist gemäß christlichem Naturrechtsdenken auch ohne die biblische Offenbarung im Lichte der gottgegebenen natürlichen Vernunft des Menschen zumindest in soweit zu erkennen, daß sie, wie es die amerikanischen Unabhängigkeitserklärung sagt, als „self-evident“ von allen Bürgern anerkannt werden kann. Die wichtigste politische Aufgabe des christlichen Glaubens und der Kirchen im Blick auf die Zivilgesellschaft besteht darin, die politische Philosophie der Menschenrechte durch den christlichen Glauben theologisch zu unterfangen. So kann die Zivilgesellschaft überhaupt erst in die Lage versetzt werden, den demokratischen Verfassungsstaat hervorzubringen und ihn so zu gestalten, daß er im Dienst der Würde und der daraus abgeleiteten Rechte und Pflichten des Menschen steht und entsprechend handelt. 2. Der rechtliche Schutz des „kulturellen Humus“ des demokratischen Verfassungsstaates

Gerade weil der demokratische Verfassungsstaat seine letzten Grundlagen in der Menschenwürde weder selbst zu begründen noch administrativ zu verordnen vermag, ist er auf entsprechende Aktivitäten der Zivilgesellschaft angewiesen. Dieser „kulturelle Humus“, von dem er seine Nährkraft jeweils neu empfängt, ist freilich selbst immer von der Auszehrung bedroht. Die Nährstoffe müssen jeweils neu entstehen und dem Verfassungsbaum zugeführt werden. Dies geschieht durch die entsprechende ethische und religiöse Sozialisierung der Glieder der Gesellschaft, wie sie insbesondere durch die Erziehung in der Familie, die Sozialverkündigung der Kirche und die entsprechende politische Bildung in den Schulen erfolgt. Dazu trägt aber auch die Gestalt der „öffentlichen Meinung“ bei, also die von den Massenmedien ausgeübten Einflüsse auf die Qualität der jeweiligen Kultur. Kulturen haben einen langen Entstehungsprozeß17, aber sie können sehr schnell zerfallen. Wenn die Bürger, insbesondere die Eltern und Lehrer, nicht mehr bereit sind, die Grundwerte (basic values) in Erziehung und Bildung zu vermitteln, gehen diese schnell verloren. Das Mindeste, was der Staat zu ihrer Wahrung beitragen kann, besteht darin, diesen gesellschaftlichen Kräften und Institutionen durch seine Rechtsordnung Schutz und Stütze zu bieten. Dies geschieht nicht zuletzt durch eine entsprechende öffentliche Symbolik und Rhetorik. Wenn also in deutschen Schulen Kruzifixe hängen Idee der Menschenrechte, Paderborn u. a. 1987; Alexander Saberschinsky, Die Begründung universeller Menschenrechte, Paderborn u. a. 2002. 17 Der Philosoph Karl Jaspers spricht von der abendländischen Kultur als dem Produkt eines über dreitausendjährigen historischen Optimierungsprozesses.

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oder im amerikanischen Fahneneid („Pledge of Allegiance“) die Formel einer „Nation under God“ auftaucht, dann sind dies keine von den Staatsbürgern abzufordernden religiösen Glaubensbekenntnisse, vielmehr verweisen sie als kulturelle Symbole auf den „kulturellen Humus“, aus dem letztlich der demokratische Verfassungsstaat mit seinem Schutz auch der negativen Religionsfreiheit hervorgeht. Deshalb ist es wichtig, bei öffentlichen feierlichen Anlässen diese Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaates sinnfällig vor Augen zu führen. Das Kreuz in deutschen Schulen oder die religiöse Formel des amerikanischen Fahneneides sind also nicht nur, ja nicht einmal in erster Linie, für gläubige Christen bedeutsam. Sie sind vielmehr Ausdruck einer gesellschaftlichen Kultur der Menschenwürde und der Menschenrechte, aus denen letztlich der demokratische Verfassungsstaat hervorgeht und denen er seine Zukunft verdankt. Insofern sind Kreuz und religiöser Fahneneid fundamentale Symbole einer politischen Kultur der Menschenwürde18. Beim „First Amendment“ der amerikanischen Verfassung ging es ursprünglich in keiner Weise darum, die religiösen Wurzeln der Menschenrechte zu leugnen. Man wollte nur verhindern, daß der Staat als solcher irgendeine spezifische religiöse Überzeugung gegenüber anderen bevorzugt. Der demokratische Verfassungsstaat muß geradezu ein Interesse daran haben, daß die Zivilgesellschaft jene ethischen und religiösen Begründungs- und Vermittlungsprozesse leistet, die für ihn als anthropologische Grundlage seiner selbst unverzichtbar sind. Wenn also bei bestimmten staatlichen Veranstaltungen wie etwa dem Fahneneid der Bezug auf Gott öffentlich artikuliert wird, dann verweist der Staat auf nichts anderes als die unverzichtbaren Grundlagen der Bürgerrechte. Wenn einzelne Bürger dies nicht (mehr) verstehen oder verstehen wollen, dann dürfen sie für diese ihre Position durchaus die negative Religionsfreiheit in Anspruch nehmen. Der Staat darf es aber der Mehrheit der Bürger oder anderen Minderheitengruppen nicht verwehren, ihre religiöse Überzeugung auch öffentlich und in entsprechender Symbolik wie etwa der des Kreuzes an öffentlichen Schulen oder eines religiösen Fahneneides zum Ausdruck zu bringen. Solche Symbolik gehört zur unabdingbaren „Zivilreligion“ des demokratischen Verfassungsstaates, insofern sie auf eine transzendente Letztbegründung der Menschenwürde und der Menschenrechte hinweist. Daß diese „Zivilreligion“ überhaupt nur wirksam werden kann, wenn hinter ihr die religiöse Kraft des christlichen Glaubens steht, soll noch einmal betont werden. Insofern muß dem religionsneutralen demokratischen Verfassungsstaat unbeschadet dieser seiner Neutralität alles daran gelegen sein, das Wirken der christlichen Kirchen, soweit ihm dies ohne Verletzung der Parität und der Religionsfreiheit möglich ist, zu fördern und zu stützen. 18 Dieser „kulturelle Humus“ war bei der Entstehung des Bonner Grundgesetzes nach den geistigen Verwüstungen des Nationalsozialismus und seiner antichristlichen Agitation für Deutsche ebenso selbstverständlich wie der Glaube an Gott als Basis der Menschenwürde für die Väter der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung.

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3. Religion und Zivilgesellschaft als Wissensgesellschaft

Wertüberzeugungen und Wertentscheidungen als Grundlage einer der Menschenwürde verpflichteten Zivilgesellschaft haben nur solange Bestand, als man sich ihrer bewußt ist. Werte müssen also jeweils neu begründet, gepflegt und vermittelt werden. Die moderne „Wissensgesellschaft“ wird jedoch gerade in dieser Hinsicht tendenziell immer „dümmer“. So entsteht allmählich die Ideologie einer „wertfreien“ Gesellschaft. Die Fähigkeit, das jeweilige Sachwissen in seiner Bedeutung für das Ganze der Kultur, also in das Wertwissen einzuordnen, geht laufend zurück. Typisch dafür sind jene eingangs erwähnten deutschen und amerikanischen Gerichtsurteile, die nach äußerlichen Formalitäten die positive und die negative Religionsfreiheit gegeneinander abgrenzen, ohne die Relevanz der positiven Religionsfreiheit für die kulturellen Wurzeln des demokratischen Verfassungsstaates überhaupt noch in den Blick zu bekommen. Damit besteht die Gefahr, daß an die Stelle der dadurch erzeugten Leere ähnlich wie beim Leviathan des Thomas Hobbes ein rein positivistischer Fundamentalismus tritt, der das gesamte Bildungswesen zu zersetzen droht.19 Wie sind wir in diese Situation geraten? Die moderne Wissensgesellschaft glaubte am Beginn der Neuzeit, die eigene Entwicklung immer mehr ohne Rückgriff auf ethische oder gar religiöse Vorentscheidungen treffen zu können. Inzwischen hat die so entfaltete moderne Kultur aber nicht nur Großartiges, sondern auch den Menschen bis hin in seine physische Existenz Bedrohliches hervorgebracht. Und diese Entwicklung schreitet fort, wie man gegenwärtig insbesondere im Fall der sogenannten „Lebenswissenschaften“ sehen kann. Damit wächst aber auch, ob man will oder nicht, die Unausweichlichkeit von Entscheidungen darüber, was der Mensch mit sich selber machen darf oder was er unterlassen soll. Dies aber sind ethische Entscheidungen. Und da sich letzte Begründungen dafür nur in einem Transzendenzbezug des Menschen finden lassen, kann es sich die moderne Wissensgesellschaft bildungsmäßig nicht mehr leisten, ethische und religiöse Fragen aus dem Konzept der öffentlichen Vernunft auszuklammern. Gott hat den ihm neuzeitlich entlaufenen Menschen wieder eingeholt.20

19 Ein kurioses Beispiel dafür wird uns in jüngster Zeit aus Großbritannien berichtet: Zwei notorische Kirchen- und Religionskritiker, Richard Dawkins und Peter Atkins (Oxforder Chemiker) kritisierten heftigst die englische Schulaufsichtsbehörde, weil sie nicht verhindert hat, daß an einer bekannten englischen Eliteschule nicht nur der Darwinismus, sondern auch die christliche Schöpfungslehre als „gleichberechtigte Theorien“ dargestellt werden. Der Protest reichte bis zu einer Anfrage im Unterhaus, die allerdings von Tony Blair „lauwarm“ beantwortet wurde. Einige Beobachter, so schrieb die FAZ, fragten sich daraufhin, „ob der bekanntlich sehr gläubige Blair etwa selbst kreationistische Sympathien habe“ (Rückschläge der Evolution, in FAZ vom 26.06.02–145–N3). In einem Leserbrief an die FAZ erklärte eine promovierte Medizinerin, hier sei „nicht theologischer, sondern biologischer Fundamentalismus“ am Werk.

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Lothar Roos 4. Zivilgesellschaft, christliche Anthropologie und Sozialstaat

Der auf der Idee der Menschenwürde beruhende demokratische Verfassungsstaat hält es um dieser Würde willen geboten, seinen Bürgern nicht nur Freiheitsrechte zu gewährleisten, sondern ihnen auch solidarische Hilfe bei existenzbedrohenden materiellen Sorgen zu gewähren. Bereits die Virginia Bill of Rights kennt den Begriff der „freedom from need“21. In der heutigen Verfassung spricht man deshalb vom „Sozialstaatsprinzip“ als einem Staatsziel (vgl. Artikel 20 (1) GG). Die Idee des Sozialstaats verdankt sich christlicher Anthropologie und Sozialethik22. Anthropologische Grundlage dafür ist die von Gott dem Schöpfer allen Menschen geschenkte gleiche Würde und die Identifikation Jesu mit dem Geringsten seiner und unserer Brüder und Schwestern. Auch der Gedanke einer universalen Solidarität zwischen allen Völkern entstammt der Bibel. Auch hier gilt: Der demokratische Verfassungsstaat kann sozialstaatliche Gesinnung nicht von sich aus erzeugen, wenn sie in der Zivilgesellschaft nicht gepflegt wird. Er kann existenzieller Not mit administrativen Mitteln nur sehr begrenzt begegnen, wenn sich in der Zivilgesellschaft nicht Menschen, Gruppen und Bewegungen finden, die entsprechende Einrichtungen wie z. B. Pflegeheime für behinderte Menschen bereitstellen, wenn es nicht Menschen gibt, die in den Familien, kirchlichen Gemeinden und karitativen Einrichtungen ein persönliches Ethos der Hilfsbereitschaft und Barmherzigkeit aufbringen. Für das deutsche Staatskirchenrecht folgt aus dieser Überlegung die Pflicht zur freundschaftlichen Kooperation mit den Kirchen, aber auch eine gewisse finanzielle Ausstattung der sozial-karitativen Tätigkeit der freien Wohlfahrtsverbände durch den Staat. Daß dies faktisch trotz des „First Amendment“ auch in den USA der Fall ist, haben wir beim zweiten deutsch-amerikanischen Kolloquium 1991 in New York eindrücklich vor Augen geführt bekommen: Ein katholischer Priester mit einer organisierten Gruppe von Sozialarbeitern hatte sich bereit erklärt, ein völlig verwahrlostes, von Menschen weithin verlassenes und zerfallenes Stadtviertel New Yorks sozial zu sanieren. Der Staat hatte dazu weder die Idee noch die Menschen zur Verfügung, die dies verwirklichen konnten. Die Stadt New York stellte aber dieser Organisation der kirchlichen Caritas einen Zuschuß von meh20 Insofern müßte der Staat dankbar sein, daß es Eltern und Lehrer gibt, die schulische Erziehung und Bildung auf jenem ethischen und religiösen Fundament betreiben, auf dem er selber als demokratischer Verfassungsstaat steht. 21 Verfassungsrechtlich wurde dies in Deutschland erstmals in Artikel 151 der Weimarer Reichsverfassung mit der Bestimmung festgehalten: „Die Ordnung des Wirtschaftslebens muß den Grundsätzen der Gerechtigkeit mit dem Ziel der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle entsprechen“. 22 Über die Schiene christlich-sozialer und christlich-politischer Bewegungen hat die Sozialstaatsidee Eingang in die modernen Verfassungen gefunden und so die „liberale“ Demokratie durch die „soziale“ ergänzt.

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reren Millionen Dollar zur Verfügung, um das Projekt in Angriff zu nehmen, das dann auch erfolgreich verwirklicht wurde. Interessanterweise ist hier kein Atheist vor Gericht gezogen, um die Stadt New York wegen Verstoßes gegen das „First Amendment“ zu verklagen. Hätte sich einer gefunden, so weiß man nicht, ob die zuständigen Juristen über die notwendige Bildung verfügt hätten, um dieses Ansinnen zurückzuweisen. Im übrigen erfuhren wir, daß die einzelnen Staaten in den USA durchaus findig sind, unter Umgehung des „First Amendment“ freie religiös-caritative Kräfte bei ihrer Arbeit zu unterstützen, weil sie sehr genau wissen, daß der Sozialstaat als solcher keine Arme und keine Füße hat, wenn die Zivilgesellschaft sie ihm nicht zur Verfügung stellt. Gerade auch in diesem Bereich wird deutlich, wie „vormodern“ die eingangs erwähnten Gerichtsurteile über das „First Amendment“ der amerikanischen Verfassung klingen. 5. Staatsbürgerliches Tugendethos und christliche Religiosität

Bei der vorausgehenden historischen Typologie wurde darauf hingewiesen, daß John Locke und Charles de Montesquieu ihren von der Zivilgesellschaft hervorgebrachten Staat nur dann für lebensfähig halten, wenn die Bürger ein entsprechendes politisches Tugendethos aufbringen. Bei den amerikanischen Kommunitaristen wird diese Einsicht neuerdings aufgegriffen und vertieft. Für Christen ist sie selbstverständlich. Im Blick auf die gegenwärtige Gesellschaft in Deutschland – und dies gilt wohl mehr oder weniger für alle westlichen Demokratien – hat der Soziologe Gerhard Schmidtchen als Resumé einer Wertestudie festgestellt: „Die säkulare Gesellschaft erzeugt jene Verhaltensorientierungen nicht, die sie dringend braucht“.23 Woher aber kommen sie dann? In Deutschland läßt sich die positive Korrelation zwischen staatsbürgerlichem Tugendethos und aktiver Kirchlichkeit statistisch nachweisen: „Aktive Christen“ haben ein größeres persönliches „Zukunftsvertrauen“, tendieren in ihrem „Lebensgefühl . . . stärker zum Positiven“. Sie haben „mehr gute Nachbarn und Freunde und sind allgemein aktiver im Vereinsleben, auch außerkirchlich“. Aktives Christentum geht also Hand in Hand mit einer erhöhten sozialen Motivation. „Selbstbezogene Orientierungen treten zurück. Diese werden um so stärker, je größer die Entfernung von der Kirche ist“ (G. Schmidtchen). Fragt man nach der statistischen Korrelation zwischen christlichem Glauben und den Grundwerten des demokratischen Verfassungsstaates, dann stößt man auf eine „überragende Bedeutung des religiösen Faktors“: „Kirchenverbundene Christen lassen eine weit überdurchschnittliche Akzeptanz des Gewaltverbots erkennen“. Sie sind auch gegen radikale politische Inhalte stärker immunisiert, sie weisen 23 Gerhard Schmidtchen: Ethik und Protest. Moralbilder und Wertkonflikte junger Menschen. Mit Kommentaren von Lothar Roos und Manfred Seitz, Obladen2 1993, 224.

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ein „intakteres Rechtsbewußtsein“ auf als der Durchschnitt der Bevölkerung. „Die unberechtigte Inanspruchnahme von staatlichen Sozialleistungen, Steuerhinterziehung, . . . Versicherungsbetrug und ähnliche Delikte werden von kirchennahen Christen zu 15–25 % häufiger bedingungslos abgelehnt als von Bürgern ohne und mit anderer Konfession“. Der Politologe A. Püttmann sieht den Grund für diese signifikanten Unterschiede im „christlichen Bewährungsgedanken, der dem grassierenden Hedonismus entgegensteht“. Er resümiert: „Zusicherung und Vertrauen in den Sinn sittlichen Handelns sind nicht aus der Ethik allein, sondern nur durch eine religiöse Begründung von Sittlichkeit zu gewinnen“, also „im religiösen Glauben an den transzendenten Ausgleich von Sittlichkeit und Glückseligkeit für die unsterbliche Seele“.24 6. Die Bedeutung der religiös-kulturellen Identität auf dem Weg zu einer Weltzivilisation

Das für Generationen von Religionssoziologen wichtigste Dogma war die Säkularisierungsthese. Sie besagt: Die neuzeitliche Zivilisation bedarf zu ihrer geistigen Begründung und tatsächlichen Entfaltung immer weniger religiöser Überzeugungen. Sie ist vielmehr ein Produkt der Wissenschaften und ihrer Anwendung in Technik, Ökonomie und Politik. Religion bedient lediglich noch die Privatsphäre der Menschen. Öffentlich wird sie immer weniger relevant. Dies führe tendenziell zu ihrem Aussterben, wie insbesondere der „Vater der Soziologie“, Auguste Comte, gemeint hat. Inzwischen ist genau die gegenteilige Entwicklung eingetreten: Die moderne Gesellschaft ist, ohne es zunächst zu wissen und zu wollen, wieder geradezu „religionsproduktiv“ geworden, wie es Gerhard Schmidtchen ausdrückt25. Und zwar im Gefolge ihrer eigenen Entfaltung. Denn diese führt den Menschen immer mehr in Situationen, in denen er unausweichlich die Wert- und Sinnfrage stellen muß. Dessen ungeachtet führt die Säkularisierungsthese ein zähes Dasein. Neuerdings meinen viele, die Globalisierung bringe ihren endgültigen Beweis. Die technisch-ökonomische Zivilisation des Westens werde alle religiös-kulturellen Widerstände so lange einebnen, bis in der Welt alle Coca-Cola trinken und bei McDonald’s essen. Dem hat bereits 1993 Samuel Huntington bekanntlich seine These vom „Clash of Civilizations“ entgegengestellt.26 Huntington sieht die Welt durch acht Kulturkreise (civilizations) geprägt, die jeweils über eine gemeinsame, über Sprache, Geschichte, Religion, Gebräuche, gesellschaftliche In24 Andreas Püttmann, Ziviler Ungehorsam und christliche Bürgerloyalität. Konfession und Staatsgesinnung in der Demokratie des Grundgesetzes, Paderborn 1994, 120– 123 passim. 25 Gerhard Schmidtchen, Was den Deutschen heilig ist, München 1979, 197 f. 26 Samuel Huntington: The Clash of Civilizations. Foreign Affairs 72, 3 (1993) 22– 49.

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stitutionen und Verhaltensweisen definierte Identität ihrer Mitglieder gekennzeichnet seien. Ziel seiner Darlegungen ist es, die amerikanische Außenpolitik darauf aufmerksam zu machen, daß es keine global erfolgreiche Politik geben könne, ohne diese Identitäten und ihre jeweiligen zivilisatorischen und religiösen Hintergrund zu beachten. Seine zunächst auch von vielen Theologen zurückgewiesene These hat durch den 11. September 2001 neue Aktualität gewonnen. Sie gilt auf jeden Fall dann, wenn man Politik machen will mit Ländern, in denen der islamische Glaube in der Gestalt des politischen Islamismus ein realer Faktor ist27. Für den muslimischen Sprachgebrauch ist der Begriff „säkular“ identisch mit „gottlos“. Muslime halten die westlichen Demokratien in soweit für „gottlose Gesellschaften“. Daß sie diesen Eindruck gewinnen, liegt gewiß nicht in den ideellen Grundlagen der westlichen Zivilisationen, wohl aber im augenblicklichen, weit verbreiteten öffentlichen Bewußtsein darüber. Anders gesprochen: Darin, daß wir uns der eigenen geistigen und religiösen Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaates nicht mehr bewußt sind und diese deshalb auch nicht öffentlich vertreten. Wenn es zu einem wirklichen christlich-islamischen Dialog kommen soll, dann lautet der entscheidende Gegenstand dieses Dialogs: Läßt sich die Religion aus dem Konzept der „öffentlichen Vernunft“ ausklammern? Eine Weltzivilisation unter Ausklammerung von Ethik und Religion wird und kann es nicht geben, nicht nur wegen der politischen Stärke des Islam. Die großen Zukunftsfragen der Menschheit: die Bewahrung von Frieden und Sicherheit, die effektive Durchsetzung der Menschenrechte für jedermann, der Kampf gegen Hunger und Krankheit, die Sorge um die Weltökonomie und die ökonomisch-soziale Weltentwicklung, all dies sind Probleme, die nicht ohne ein entsprechendes Ethos und letztlich jene religiösen Kräfte gelöst werden können, die ein solches Ethos begründen und ermöglichen. Insofern erweist sich die kulturethische Grundthese der Enzyklika „Centesimus annus“, wie sie Papst Johannes Paul II. 1991 formulierte, immer mehr als richtig und zukunftsweisend: Eine wirklich humane Gesellschaft und eine „wahre Demokratie“ lassen sich nur auf der Basis eines verbindlichen Ethos errichten. Dessen sicherste Verankerung liegt in einer „transzendenten“ Begründung der Menschenwürde. Der innerste Kern dieser „transzendenten Würde des Menschen“ besteht darin, „sichtbares Abbild des unsichtbaren Gottes“ (CA 44, 2) zu sein.28 Mehr kann man über das Verhältnis von Glaube und Zivilgesellschaft nicht sagen, man sollte sich aber auch nicht mit weniger begnügen. Sonst erweist sich die Zukunft dieser Gesellschaft als prekär. 27 Schon einige Jahre vor 2001 hat der persische Präsident Chatami, der in Deutschland in Philosophie promoviert hat, anläßlich eines Staatsbesuchs die Frage gestellt: „Meint ihr wirklich, daß eine Gesellschaft ohne Gott zum Guten führt und die Probleme der Menschheit lösen kann?“ 28 Vgl. dazu Karl Jüsten, Ethik und Ethos der Demokratie, Paderborn 1999.

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Zusammenfassung Zu Beginn der Untersuchung wird daran erinnert, daß die Idee der Zivilgesellschaft bereits im Hochmittelalter entwickelt wurde. Die naturrechtlichen Fundamente werden in der Neuzeit in Frage gestellt, auch wenn bei John Locke und Charles de Montesquieu die Bedeutung von Religion und Ethik betont wird. Auch die heutigen Demokratien stehen vor der Erkenntnis, daß sie von Voraussetzungen leben, die sie selber nicht schaffen können. Vor allem ist es die vorgegebene Würde des Menschen und die daraus abgeleiteten Rechte und Pflichten, die im christlichen Verstehenshorizont ihre Begründung in der Imago-DeiLehre finden. In seinem eigenen Interesse muß der Staat diesen „kulturellen Humus“ pflegen und schützen. Auch die großen Zukunftsfragen der Menschheit können nicht durch Ausklammerung von Ethik und Religion gelöst werden. Summary The natural law basis of civil society has been criticized since the 17th century, although both John Locke and Charles de Montesquieu emphasized the importance of religion and ethics for society. Democracies of today are living from sources that they cannot produce themselves, i. e., the idea of the “dignity of man” and his ensuing basic rights and obligations. In the Christian understanding, human dignity is connected with the Imago Dei doctrine. In its own interest the state should protect and care for this “cultural humus.” The great problems of humanity today and tomorrow cannot be solved when ethics and religion are excluded.

Autorenverzeichnis Dr. phil. Jürgen Aretz, Historiker, Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Erfurt Prof. Dr. Winfried Becker, Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Universität Passau J. Brian Benestad, Professor of Theology, Scranton, PA Prof. Dr. Bernard Dobranski, Ave Maria School of Law, Ann Arbor, MI Jude P. Dougherty, Dean Emeritus, School of Philosophy, The Catholic University of America, Washington, DC Prof. William A. Frank, Department of Philosophy, University of Dallas, TX Prof. Dr. iur. Dr. theol. h. c. Martin Heckel, Universität Tübingen Weihbischof Dr. theol. Dr. rer. pol. Anton Losinger, Augsburg Michael Novak, The George F. Jewett Chair in Religion and Public Policy at the American Enterprise Institute, Washington, DC Prof. Dr. Dr. Wolfgang Ockenfels, Lehrstuhl für Christliche Sozialwissenschaft an der Theologischen Fakultät Trier Ambassador (Ret.) Dr. Alberto M. Piedra, The Catholic University of America, Washington, DC Prof. Dr. Dr. h. c. Anton Rauscher, Universität Augsburg, Direktor der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle (KSZ), Mönchengladbach Prof. Dr. Lothar Roos, Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre und Pastoralsoziologie an der Universität Bonn Russell Shaw, Catholic author and editor; Our Sunday Visitor’s Encyclopedia of Catholic Doctrine, Washington, DC Prof. Timothy L. Smith, Thomas Aquinas College, Santa Paula, CA