Die bandenmäßige Begehung: Eine umfassende Darstellung der Bandenmäßigkeit unter besonderer Berücksichtigung der Beteiligung von Kindern [1 ed.] 9783428541478, 9783428141470

Durch die Grundsatzentscheidung des Großen Strafsenats von 2001 (BGHSt 46, 321) schienen viele Fragen der Bandenmäßigkei

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German Pages 353 Year 2014

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Die bandenmäßige Begehung: Eine umfassende Darstellung der Bandenmäßigkeit unter besonderer Berücksichtigung der Beteiligung von Kindern [1 ed.]
 9783428541478, 9783428141470

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Schriften zum Strafrecht Band 254

Die bandenmäßige Begehung Eine umfassende Darstellung der Bandenmäßigkeit unter besonderer Berücksichtigung der Beteiligung von Kindern

Von

Sandra Flemming

Duncker & Humblot · Berlin

SANDRA FLEMMING

Die bandenmäßige Begehung

Schriften zum Strafrecht Band 254

Die bandenmäßige Begehung Eine umfassende Darstellung der Bandenmäßigkeit unter besonderer Berücksichtigung der Beteiligung von Kindern

Von

Sandra Flemming

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin hat diese Arbeit im Jahre 2012 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 978-3-428-14147-0 (Print) ISBN 978-3-428-54147-8 (E-Book) ISBN 978-3-428-84147-9 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Dezember 2012 von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung wurden bis März 2013 berücksichtigt. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Bernd Heinrich, für die hervorragende Betreuung. Er hat sich stets kurzfristig für mich Zeit genommen, fertiggestellte Abschnitte der Arbeit schnell und kritisch gewürdigt und war jederzeit zu konstruktiven Diskussionen bereit. Zudem hat er mir während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl ausreichend Freiraum für die Promotion gegeben. Auch aufgrund der äußerst angenehmen und kollegialen Atmosphäre am Lehrstuhl habe ich diese Zeit dort in sehr schöner Erinnerung. Weiterhin möchte ich Frau Prof. Dr. Tatjana Hörnle für die Übernahme und sehr schnelle Durchführung der Zweitkorrektur danken. Herr Prof. Dr. ArturAxel Wandtke darf an dieser Stelle ebenfalls nicht unerwähnt bleiben, da er sich bereit erklärte, den Vorsitz der Prüfungskommission der Disputation zu übernehmen. Meiner Familie und meinen Freunden danke ich für ihre liebe Unterstützung, ihre Aufmunterungen sowie für die entgegengebrachte Nachsicht. Hervorzuheben ist die Hilfe von Frau Dr. Claire Dietz, die die Kapitel dieser Arbeit immer wieder unermüdlich und kritisch Korrektur gelesen hat. Ihre Anregungen und die vielen inhaltlichen Diskussionen mit ihr haben zum Gelingen der Dissertation erheblich beigetragen. Auch Frau Isabel Struve und Herr Thomas Flor nahmen die Bürde des Korrekturlesens auf sich und haben mir hilfreiche Anregungen gegeben. Bei meinen ehemaligen Lehrstuhlkollegen, in erster Linie Herrn Dr. Tobias Reinbacher und Herrn Dr. Martin Piazena, möchte ich mich nicht nur für die tolle Arbeitsatmosphäre, sondern auch für ihre fachlichen Ratschläge bedanken. In technischer Sicht ist Herrn Dr. Tom Großmann Dank auszusprechen, da er mir bei der Formatierung der Arbeit geduldig zur Seite stand. Das ausführliche Sachregister wurde in guter Zusammenarbeit mit Herrn Jochen Fassbender erstellt. Auch die Hilfe von Herrn Dr. Jörg Polte bei der Erstellung einer Power-Point-Präsentation für die Disputation ist an dieser Stelle hervorzuheben. Die Staatsanwaltschaft Berlin und deren Mitarbeiter im Archiv Westhafen haben durch die gewährte Akteneinsicht diese Arbeit ebenfalls gefördert.

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Vorwort

Zudem waren die Befragungen von Herrn Dr. Dieckmann, Vorsitzender Richter der 24. Kammer des Landgerichts Berlin, und Herrn Müllensiefen, Staatsanwalt in der Abteilung 47 der Staatsanwaltschaft Berlin, sehr erkenntnisreich. Ebenfalls zu nennen ist das Online-Stipendium und Karrierenetzwerk e-fellows.net, das es mir ermöglichte, jederzeit Zugriff auf juristische Datenbanken zu erhalten, was die Erstellung der Dissertation erheblich erleichterte. Ein besonderer Dank gilt schließlich der FAZIT-STIFTUNG Gemeinnützige Verlagsgesellschaft mbH, die den Druck dieses Buchs zum großen Teil finanzierte. Berlin, im März 2013

Sandra Flemming

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die „Bande“ mit Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Methodisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21 21 29

1. Teil Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit A. Römisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31

B. Rechte der germanisch-fränkischen Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

C. Rechte des Hoch- und Spätmittelalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

D. Rechte der frühen Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

E. Rechte des 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erste Hälfte des 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37 37 41

F. Strafrecht des Norddeutschen Bundes bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Norddeutscher Bund und Deutsches Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entwürfe zu einem Strafgesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43 43 45 47

G. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

2. Teil Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit A. Bestehen einer Bande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Mindestanzahl der Bandenmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklung des Merkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konsequenzen und offene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Fortgesetzte Begehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklung des Merkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konsequenzen und offene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zu begehende Delikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklung des Merkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konsequenzen und offene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58 59 59 59 63 64 64 65 71 71 72

10

Inhaltsverzeichnis IV. Bandenabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklung des Merkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konsequenzen und offene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74 74 78

B. Bandenmäßige Begehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Als Mitglied einer Bande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bandenbezug der Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konsequenzen und offene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Täterkreis: Bandenmitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konsequenzen und offene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Strafbarkeit von Nichtbandenmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konsequenzen und offene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklung des Merkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konsequenzen und offene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80 80 80 80 83 84 84 86 88 88 90 92 92 97

C. Ergebnisse zum 2. Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Teil Überprüfung des herrschenden Verständnisses der Bandenmäßigkeit A. Systematische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abgrenzung zu anderen Formen des Zusammenschlusses Mehrerer . . . . 1. Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mittäterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Abzugrenzende Konstellation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Äußere Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Innere Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Abgrenzungsschwierigkeiten der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Komplott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ausgeführtes Komplott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unausgeführtes Komplott . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Abgrenzung von Bande und § 30 II Alt. 3 StGB . . . . . . . . . . . (4) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kriminelle Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterscheidung von Bande und krimineller Vereinigung . . . . . . . . b) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

102 102 103 104 105 105 106 106 108 110 110 111 111 113 116 116 119 120 124

Inhaltsverzeichnis

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3. Organisierte Kriminalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abgrenzung zur Gewerbsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

126 129 131 134

B. Teleologische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gefährlichkeit der Verbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gefährlichkeit der Tatbegehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gefährlichkeit der Verbindung und Gefährlichkeit der Tatbegehung a) Gefährlichkeit der Verbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gefährlichkeit der Tatbegehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gefährlichkeit des Täterwillens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gefährlichkeit der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gefährlichkeit der organisierten Begehungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zur Gefährlichkeit des Täterwillens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zur Gefährlichkeit der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zur Gefährlichkeit der organisierten Begehungsweise . . . . . . . . . . . . . 4. Zur Gefährlichkeit der Verbindung und der Tatbegehung . . . . . . . . . . a) Gefahr der Tatbegehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gefahr der Verbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung: „Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr“ und „Mitwirkungsgefahr“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

135 135 135 136 138 138 138 139 141 144 145 146 146 147 147 148 149 152 152 153 157

C. Ergebnisse zum 3. Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

4. Teil Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder A. Banden und Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine Problematisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ansicht in RGSt 19, 192 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ansicht von Tsai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ansicht von Ellbogen/Wichmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vorüberlegungen anhand der vorgetragenen Meinungen . . . . . . . . . . . . . . 1. Auswirkungen auf Strafmündige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beteiligung der Kinder an konkreter Straftat . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ohne Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

160 160 161 161 162 163 163 164 166 166 166

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Inhaltsverzeichnis (2) Mit Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bandenmitgliedschaft und bandenmäßige Begehung der Kinder . . (1) Bandenmitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bandenmäßige Begehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

166 167 167 170 171

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden . . . . . . . . . . . . I. Anwendung von Strafnormen auf Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendung von Bandennormen auf Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bandenmitgliedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kein spezielles Schuldmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schuldunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Andere Altersgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 828 I BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 104 Nr. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Möglichkeit der teleologischen Einschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz anhand der Strafschärfungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gefährlichkeit von Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gefährlichkeit einer Bande mit Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Korrektur wegen Bekämpfung der Organisierten Kriminalität . . . (1) Einfluss auf alle Banden mit Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einfluss auf bestimmte Bandentypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Meinungsstand in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Korrektur bei originär sozialen, nicht delinquenten Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

172 173 175 176 176 177 179 179 180 182 182 182 182 184 185 185 186 187 191 194 201 204

C. Einzelfallbezogene (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden I. Bandenabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mitgliederzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verabredung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schlüssiges Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbindung auch zu sozialen, nicht kriminellen Zwecken . . . . . . . c) Fehlende persönliche Verabredung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Geheimer Vorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Erzwungene Verabredung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beteiligungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gehilfentätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anstiftertätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Tätigkeiten eines mittelbaren Täters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Aufkündigen einer Bandenabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

205 205 207 207 208 209 210 213 217 221 222 225 229 230

Inhaltsverzeichnis

13

3. Fortgesetzte Begehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anforderungen an die verabredeten Straftatgattungen . . . . . . . . . . b) Anforderungen an die verabredeten Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bandenmäßige Begehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatbestandsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Tatsubjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Allgemein- und Sonderdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Bandenmitgliedschaft als besonderes persönliches Merkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Fehlen der Sondereigenschaft Bandenmitglied . . . . . . . . . (d) Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Tatobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Tathandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Taterfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Kausalität und objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Mitwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Sonstige subjektive Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtswidrigkeitsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schuldebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schuldfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unrechtsbewusstsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Entschuldigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

231 233 233 235 239 241 242 242 242 242 243 245 246 249 254 255 256 257 263 263 266 267 267 268 270 271 273

D. Ergebnisse zum 4. Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 5. Teil Strafmündige Beteiligte als Bandentäter A. Mittelbare Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorüberlegung: Auswirkung der Behandlung von Kindern als Werkzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nicht tatbestandsmäßig, rechtswidrig oder (konkret) schuldhaft handelndes bandenexternes Kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nicht tatbestandsmäßig, rechtswidrig oder (konkret) schuldhaft handelndes bandeninternes Kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tatbestandsmäßig, rechtswidrig und (konkret) schuldhaft handelndes bandenexternes Kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

276 276 277 277 279 280

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II.

III. IV. V.

4. Tatbestandsmäßig, rechtswidrig und (konkret) schuldhaft handelndes bandeninternes Kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kinder als Werkzeuge aufgrund § 19 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mittelbare Täterschaft trotz Einsichts- und Steuerungsfähigkeit . . . . . 2. Mittelbare Täterschaft durch Veranlassung bei Einsichts- und Steuerungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mittelbare Täterschaft bei fehlender Einsichts- und Steuerungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unmittelbare Täterschaft bei fehlender Einsichts- und Steuerungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mittelbare Täterschaft durch Veranlassung bei fehlender Einsichtsund Steuerungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Teilnahme bei fehlender Einsichts- und Steuerungsfähigkeit . . . . . . . . 7. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kinder als Werkzeuge aufgrund fehlender Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . Kinder als Werkzeuge aufgrund Organisationsherrschaft . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B. Unmittelbare Täter durch Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Auswirkungen einer Unterlassensstrafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Garantenpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gefahrenquelle Bande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eingehen einer Bandenabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beherrschung einer Bande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gefahrenquelle Kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entsprechungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Täterschaft oder Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 297 299 303 304 304 305 306 306 307 308 309 310 312 312

C. Ergebnisse zum 5. Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Endergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ergebnisse hinsichtlich der Bande allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ergebnisse hinsichtlich Banden und Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

314 314 318 323

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338

Abkürzungsverzeichnis a. A. ABCWaffAWÜVerbG

Abs. a. F. AG AG Rumba ALR Alt. a. M. AMG Anm. AnwKomm AO AsylVfG AT AufenthG

Aufl. AWG AWGÄndG Az. BayStGB BeckOK BGB BGBl. BGH BGHSt Bsp. BT

andere Ansicht Gesetz zur Verbesserung der Überwachung des Außenwirtschaftsverkehrs und zum Verbot von Atomwaffen, biologischen und chemischen Waffen Absatz alte Fassung Amtsgericht Arbeitsgruppe rumänische Bandenkriminalität Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Alternative am Main Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz) Anmerkung AnwaltKommentar (siehe Literaturverzeichnis) Abgabenordnung Asylverfahrensgesetz Allgemeiner Teil Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz) Auflage Außenwirtschaftsgesetz Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung Aktenzeichen Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern Beck’scher Online-Kommentar (siehe Literaturverzeichnis) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt (zitiert nach Jahrgang und Band) Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen (zitiert nach Band) Beispiel Besonderer Teil

16 BT-Drucks.

Abkürzungsverzeichnis

Bundestagsdrucksache (zitiert nach Legislaturperiode und Nummer) BtMG Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz) BtMGBek Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz) BtMRNOG Gesetz zur Neuregelung des Betäubungsmittelrechts bzw. beziehungsweise CCC Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karl V. (Constitutio Criminalis Carolina) CWÜAG Ausführungsgesetz zu dem Übereinkommen vom 13. Januar 1993 über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen (Ausführungsgesetz zum Chemiewaffenübereinkommen) D/D/R Dölling/Duttge/Rössner (Kommentar, siehe Literaturverzeichnis) DDR Deutsche Demokratische Republik DDR-StGB Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik ders. derselbe d.h. das heißt Diss. Dissertation (ohne Verlag) DopingBekämpfG Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport DVJJ-Journal Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e. V. – Journal (Zeitschrift, zitiert nach Jahrgang) E Entwurf (zu einem Strafgesetzbuch/eines Strafgesetzbuchs; nach Jahr und teilweise Monat) EGStGB Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch etc. et cetera EURaBes68/2004UmsG Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie, 2004/68/JI f. und der/die/das folgende ff. und die folgenden Fn. Fußnote FS Festschrift GA Goltdammer’s Archiv für Strafrecht (Zeitschrift, zitiert nach Jahrgang) GE Gegenentwurf zum Vorentwurf zu einem Strafgesetzbuch (nach Jahr) gem. gemäß

Abkürzungsverzeichnis GG GÜG

GÜGNOG h. M. HS. i. d. R. i. S. i. V. m. JA JGG JR JURA jurisPR-StrafR JuS JZ Kap. KG kg KorrBG KrWaffKontrG LG lit. LK LZ MDR MüKo MüKoBGB m. w. N. Ndschr. n. F. NJW NK

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Grundgesetz Gesetz zur Überwachung des Verkehrs mit Grundstoffen, die für die unerlaubte Herstellung von Betäubungsmitteln mißbraucht werden können (Grundstoffüberwachungsgesetz) Gesetz zur Neuregelung des Grundstoffüberwachungsrechts herrschende Meinung Hauptsatz in der Regel im Sinne in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift, zitiert nach Jahrgang) Jugendgerichtsgesetz Juristische Rundschau Juristische Ausbildung (Zeitschrift, zitiert nach Jahrgang) juris PraxisReport Strafrecht (online Zeitschrift, zitiert nach Nr. und Jahrgang) Juristische Schulung (Zeitschrift, zitiert nach Jahrgang) Juristenzeitung (Zeitschrift, zitiert nach Jahrgang) Kapitel Kammergericht Kilogramm Gesetz zur Bekämpfung der Korruption Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes (Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen) Landgericht litera (Buchstabe) Leipziger Kommentar (siehe Literaturverzeichnis) Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (zitiert nach Jahrgang) Monatsschrift für Deutsches Recht (zitiert nach Jahrgang) Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch (siehe Literaturverzeichnis) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (siehe Literaturverzeichnis) mit weiteren Nachweisen Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission (zitiert nach Band) neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (zitiert nach Jahrgang) NomosKommentar (siehe Literaturverzeichnis)

18 Nr. NStZ NStZ-RR

Abkürzungsverzeichnis

Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht (zitiert nach Jahrgang) Neue Zeitschrift für Strafrecht, Rechtssprechungsreport (zitiert nach Jahrgang) OK Bundeslagebild 2011 Organisierte Kriminalität, Bundeslagebild 2011 (siehe Literaturverzeichnis) OLG Oberlandesgericht OpiumG Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Opiumgesetz) OrgKG Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität OrgKVerG Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität PKS Polizeiliche Kriminalitätsstatistik PrStGB Strafgesetzbuch für die preußischen Staaten RAO Reichsabgabenordnung RGBl. Reichsgesetzblatt (zitiert nach Jahrgang und Band) RGR Rechtsprechung des Deutschen Reichsgerichts in Strafsachen (zitiert nach Band) RGSt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen (zitiert nach Band) RiStBV Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren Rn. Randnummer RStGB Reichsstrafgesetzbuch S. Satz, Seite SK Systematischer Kommentar (siehe Literaturverzeichnis) sog. sogenannte SprengstoffG Gesetzes gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen S/S Schönke/Schröder (Kommentar, siehe Literaturverzeichnis) S/S/W Satzger/Schmitt/Widmaier (Kommentar, siehe Literaturverzeichnis) StGB Strafgesetzbuch StPO Strafprozessordnung StraFo Strafverteifiger Forum (Zeitschrift, zitiert nach Jahrgang) StrÄndG Strafrechtsänderungsgesetz StrRG Strafrechtsrahmengesetz StV Strafverteidiger (Zeitschrift, zitiert nach Jahrgang) StVBG Gesetz zur Bekämpfung von Steuerverkürzungen bei der Umsatzsteuer und zur Änderung anderer Steuergesetze (Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz)

Abkürzungsverzeichnis TKÜNReglG

u. a. UStG v. VerbrBG

vgl. Vorbem. vs. VZG WaffG WaffRÄndG WaffRNeuRegG wistra z. B. ZIS ZJJ ZRP ZStW ZuwandG

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Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG unter anderem Umsatzsteuergesetz von Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) vergleiche Vorbemerkung versus Vereinszollgesetz Waffengesetz Gesetz zur Änderung des Waffenrechts Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (zitiert nach Jahrgang) zum Beispiel Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik (zitiert nach Jahrgang) Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe (zitiert nach Jahrgang) Zeitschrift für Rechtspolitik (zitiert nach Jahrgang) Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (zitiert nach Band und Jahrgang) Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz)

Einleitung I. Die „Bande“ mit Kindern „Kriminelle Kinder wegsperren“. So titelte der Tagesspiegel, als im Sommer 2010 eine intensive Debatte um den Umgang mit kriminellen Kindern entbrannte.1 Auslöser waren zwei vermutlich 11- und 13-jährige Drogendealer, die über Wochen die Berliner Behörden „narrten“.2 Die beiden sind mehrfach von der Polizei aufgegriffen und an Jugendeinrichtungen übergeben worden, aus denen sie jedoch immer wieder flüchteten und vorerst verschwunden blieben.3 Zur Fahndung wurden die beiden Delinquenten dabei nicht ausgeschrieben, sondern lediglich als vermisst gemeldet4, denn bis zum 14. Lebensjahr sind Kinder in Deutschland gem. § 19 StGB strafunmündig. Eine Strafverfolgung und erst recht eine strafrechtliche Sanktionierung von Kindern ist unzulässig. Es besteht weder ein Festnahmerecht5, noch die Möglichkeit einer Beschuldigtenvernehmung. Nur sofern die Strafunmündigkeit zweifelhaft ist, können auch tatverdächtige Kinder unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgebots festgehalten, durchsucht und erkennungsdienstliche Maßnahmen getroffen werden.6 Kriminelle Kinder sind allerdings kein Novum in Berlin oder anderen deutschen Städten. „Die Namen wechseln, die Problematik bleibt“.7 Kinder 1 Der Tagesspiegel [online] vom 30.07.2010, „Wowereit: Kriminelle Kinder wegsperren“ [http://www.tagesspiegel.de/berlin/wowereit-kriminelle-Kinder-wegsperren/ 1893284.html (zuletzt abgerufen am 31.03.2013)]. 2 Vgl. nur Der Tagesspiegel vom 29.07.2010, „Auch 13-jähriger Dealer wieder gefasst“, S. 9. Allerdings stellten spätere medizinische Untersuchungen fest, dass die beiden weitaus älter waren, als sie angaben, vgl. Berliner Zeitung vom 13.10. 2010, „Alt genug fürs Dealen, zu jung für die Haft?“, S. 17; Berliner Zeitung vom 15.10.2010, „Dealer ist 15, nicht erst elf Jahre alt“, S. 15. 3 Vgl. dazu Der Tagesspiegel vom 26.07.2010, „Junge Dealer bleiben spurlos verschwunden“, S. 7. Der 11-jährige wurde z. B. bereits 11 Mal von der Polizei beim Drogenhandel aufgegriffen, Der Tagesspiegel vom 21.07.2010, „Geschlossene Heime für Kinder sind kein Tabu mehr“, S. 8. 4 So ein Polizeisprecher in Der Tagesspiegel vom 26.07.2010, „Junge Dealer bleiben spurlos verschwunden“, S. 7. 5 Siehe zur vorläufigen Festnahme nach § 127 StPO noch unten im 4. Teil B.II.2.a)(2). 6 Körner6, BtMG, § 29 Rn. 589. 7 Der Tagesspiegel vom 02.08.2010, „Mit gebotener Ungeduld“, S. 1. Wobei nicht zu vergessen ist, dass der größte Teil kindlicher Delinquenz eine Episode

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machten z. B. 1990 4,3 %, 2000 sogar 6,4 % und 2010 wieder 4,3 % der ermittelten Tatverdächtigen aus.8 Stehen heute insbesondere dealende Kinder im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, wurden vor nicht allzu langer Zeit neben „abziehenden Jugendbanden“ besonders die sog. „Klaukinderbanden“ als Problem empfunden.9 Wie immer, wenn sich Berichte über kriminelle Kinder häufen, werden Forderungen nach einer Herabsenkung der Strafmündigkeitsgrenze laut.10 „Sind nicht Kinder, die Diebesbanden angehören, und die, wenn sie gefasst werden, die Polizeibeamten triumphierend auf ihre fehlende Strafmündigkeit hinweisen, der beste Beleg dafür, daß sie über die nach § 3 JGG verlangte Einsichts- und Handlungsreife verfügen“?11 bleibt, die schnell wieder vergessen wird und keine negativen Auswirkungen hinterlässt; vgl. hierzu Wolfslast, FS-Bemmann 1997, S. 274 (274 f.). 8 PKS-Zeitreihen, Tabelle 20, S. 1. 9 Es fanden sich u. a. die folgenden Schlagzeilen in der Presse zu Jugendbanden: „Kinderbande festgenommen“, Berliner Zeitung [online] vom 11.07.1996 [http:// www.berliner-zeitung.de/archiv/kinderbande-festgenommen,10810590,9150990.html (zuletzt abgerufen am 31.03.2013)]; „‚Killer Boy‘ wegen Raubserie vor Gericht“, Focus [online] vom 18.09.2007 [http://www.focus.de/panorama/welt/jugendgang _aid_133151.html (zuletzt abgerufen am 31.03.2013)]; und zu den Klaukinderbanden: „Als Klaukind nach Berlin – Rumänische Banden dominieren den Straßen- und Trickdiebstahl“, Welt [online] vom 03.02.1998 [http://www.welt.de/print-welt/arti cle598947/Als-Klaukind-nach-Berlin.html (zuletzt abgerufen am 31.03.2013)]; „Polizei nahm vier Hintermänner der rumänischen ‚Klau-Kinder‘ fest – Bande soll 85 Minderjährige angeheuert haben / Millionenschaden“, Berliner Zeitung [online] vom 31.03.1999 [http://www.berliner-zeitung.de/archiv/bande-soll-85-minderjaehrige-an geheuert-haben- - -millionenschaden-polizei-nahm-vier-hintermaenner-der-rumae nischen- -klau-kinder- -fest,10810590,9619044.html (zuletzt abgerufen am 31.03. 2013)]; „‚Die Kinder wurden wie Vieh gehalten‘ – Prozess gegen rumänischen Bandenchef, der Minderjährige zum Stehlen schickte“, Berliner Zeitung [online] vom 01.04.2000 [http://www.berliner-zeitung.de/newsticker/prozess-gegen-rumaenischenbanden-chef--der-minderjaehrige-zum-stehlen-schickte--die-kinder-wurden-wie-viehgehalten-,10917074,9786730.html (zuletzt abgerufen am 31.03.2013)]; „Kinder auf Diebestour – Die Polizei hat eine Rumänen-Bande im Visier / Die Täter sind aber oft zu jung für Strafen“, Berliner Zeitung [online] vom 19.06.2007, [http://www.berli ner-zeitung.de/archiv/die-polizei-hat-eine-rumaenen-bande-im-visier- - -die-taetersind-aber-oft-zu-jung-fuer-strafen-kinder-auf-diebestour,10810590,10484892.html (zuletzt abgerufen am 31.03.2013)]. 10 Kritisch zu den aktuellen Forderungen das Deutsch-Arabische-Zentrum in Der Tagesspiegel vom 29.07.2010, „Auch 13-jähriger Dealer wieder gefasst“, S. 9; der Polizeipräsident zu Berlin, Dieter Glietsch, in Der Tagesspiegel vom 02.08.2010, „Nicht warten bis zur zehnten Festnahme“, S. 8; Heisig, S. 98; vgl. zur Diskussion ferner z. B. gegen eine Herabsenkung Momsen, ZJJ 2005, 179; für eine Herabsenkung für Intensivtäter Paul, ZRP 2003, 204; für eine teilweise Anhebung Schaffstein, FS-Schüler-Springorum 1993, S. 371; vgl. ferner die Übersicht bei Ostendorf, DVJJ-Journal 1997, 375 (376), zu den Altersgrenzen strafrechtlicher Verantwortlichkeit in Europa.

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Der Fall der beiden Kinderdrogendealer setzte zudem eine Diskussion um die Einführung von geschlossenen Heimen für kriminelle Kinder in Gang. Beklagt wurde, dass die Kinder aus den Berliner Einrichtungen, in die Kinder übergeben werden, wenn sie wieder beim Drogenhandel von Polizisten aufgegriffen werden, in der Regel alsbald wieder verschwinden, denn für die Mitarbeiter gibt es keine Möglichkeit, dies zu verhindern.12 Das geforderte Instrument der geschlossenen Heime ist dabei nicht neu. Berlin hatte Anfang der 90er Jahre diese Heime abgeschafft, wohingegen es solche in anderen Bundesländern weiterhin gab.13 Wie die verstorbene Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig14 spricht sich auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit für geschlossene Heime aus, weil eine Gesellschaft das Recht habe, vor Kindern und Jugendlichen geschützt zu werden, die Gesetzeslücken ausnutzen – und vor den Hintermännern, die die Kinder instrumentalisieren.15 Im August 2011 wurde schließlich in Berlin ein geschlossenes Heim eröffnet mit zunächst vier Plätzen für Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren, die „in einer Regeleinrichtung der Jugendhilfe nicht problemangemessen betreut und geschützt werden können“.16 Doch oftmals sind die Kinder keine Täter, sondern selbst Opfer17. Es kommt leider nicht selten vor, dass Kinder von organisierten Banden nach 11

So provokant von Wolfslast, FS-Bemmann 1997, S. 274 (280) gefragt. Der Tagesspiegel vom 22.07.2010, „Heime in Berlin: Wer weist wo ein?“, S. 10. Es mangelt beispielsweise an Personal, das die Kinder täglich zur Schule bringt, überwacht und abholt; so Der Tagesspiegel vom 21.07.2010, „Geschlossene Heime für Kinder sind kein Tabu mehr“, S. 8. 13 Der Tagesspiegel vom 21.07.2010, „Geschlossene Heime für Kinder sind kein Tabu mehr“, S. 8. Das Familiengericht kann gem. § 1631b BGB eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung anordnen. In Eilfällen darf dies auch vorläufig das Jugendamt gem. § 42 SGB VIII. 14 Heisig, S. 98, 113. 15 Der Tagesspiegel [online] vom 30.07.2010, „Wowereit: Kriminelle Kinder wegsperren“ [http://www.tagesspiegel.de/berlin/wowereit-kriminelle-Kinder-wegsperren/1893284.html (zuletzt abgerufen am 31.03.2013)]. Die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig forderte neben geschlossenen Heimen auch einen besseren Datenaustausch zwischen Schulbehörde, Polizei und Justiz, denn nahezu alle Intensivtäter hätten bereits eine Schwänzerkarriere hinter sich; vgl. dazu und zur sog. „Schülerdatei“ Der Tagesspiegel vom 30.07.2010, „Junge Kriminelle profitieren vom Datenschutz“, S. 7; Heisig, S. 109. Generell vertrat Heisig die Devise „Kinderschutz vor Datenschutz“, Heisig, S. 114. 16 Der Tagesspiegel [online] vom 08.06.2011, „Berlin bekommt geschlossenes Heim“, [http://www.tagesspiegel.de/berlin/kriminelle-kinder-berlin-bekommt-ge schlossenes-heim/4262058.html (zuletzt abgerufen am 31.03.2013)]. Es ist als Übergangseinrichtung geplant, in der sie maximal drei bis vier Monate bleiben, bis ihr Alters- und Rechtsstatus geklärt und eine Anschlusshilfe gefunden worden ist. 17 So das Deutsch-Arabische-Zentrum in Der Tagesspiegel vom 29.07.2010, „Auch 13-jähriger Dealer wieder gefasst“, S. 9. 12

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Deutschland eingeschleust werden, um hier Straftaten zu begehen.18 Mitunter stehen auch Großfamilien dahinter, die ihre Kinder zu kriminellen Handlungen anstiften, so dass die Kinder unweigerlich in kriminelle Strukturen hineinwachsen.19 Der SPD-Abgeordnete Thomas Kleineidam bezeichnet den Einsatz von Kindern zum Dealen als „perfide Form des Kindesmissbrauchs“.20 Wie auch im Fall des 11-jährigen Drogendealers müssen die Kinder vor den Menschen geschützt werden, die sie zu illegalen Handlungen missbrauchen.21 Daher plädieren auch diejenigen, die gegen „Kinderknäste“ sind, zumindest für eine kurzzeitige Verwahrungsmöglichkeit von Kindern. In solchen geschützten Orten könne nicht nur der Sachverhalt geklärt, sondern auch die Kinder vor dem Zugriff krimineller Hintermänner geschützt werden.22 Jugendhilfeexperten appellieren weiterhin, dass die Polizei verstärkt die Hintermänner verfolgen müsse.23 Eines macht die erneute Debatte aber deutlich: Es erscheint viel leichter, gegen die – strafunmündigen – Kinder vorzugehen, als gegen etwaige – strafmündige – Hintermänner. Und genau der Strafbarkeit solcher Hintermänner, die Kinder zur Straftatbegehung einsetzen, und sonstigen an Taten von Kindern beteiligten Strafmündigen widmet sich diese Arbeit. Hierbei soll jedoch nicht die Frage einer möglichen mittelbaren Täterschaft im Zentrum stehen, sondern vielmehr die Frage einer bandenmäßigen Tatbege18 Vgl. dazu sogleich das Beispiel zur sog. „rumänischen Klaukinderbande“; vgl. ferner die Beschreibung der Einschleusung von Kindern und Jugendlichen aus palästinensischen Flüchtlingslagern durch die „arabische Drogenmafia“ bei Heisig, S. 96 f. 19 In Berlin sind z. B. 2010 vier arabische Großfamilien bekannt; vgl. Ali Maarouf, Projektleiter im Deutsch-Arabischen-Zentrum, in Der Tagesspiegel vom 22.07.2010, „Die Vorschläge drücken reine Hilflosigkeit aus“, S. 10. Der damalige Polizeipräsident von Berlin, Dieter Glietsch, gibt an, es gebe zwar mehr als 20 libanesisch-kurdische Großfamilien in Berlin, auffällig sind davon jedoch nur sechs, in Der Tagesspiegel vom 02.08.2010, „Nicht warten bis zu zehnten Festnahme“, S. 8. 20 In Der Tagesspiegel vom 21.07.2010, „Die Wege zur Härte“, S. 1. 21 So die damalige Bezirksstadträtin für Jugend und Familie von Marzahn-Hellersdorf Manuela Schmidt in Der Tagesspiegel vom 29.07.2010, „Auch 13-jähriger Dealer wieder gefasst“, S. 9. 22 So der Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks Lazarus, Siegfried Dreusicke in Der Tagesspiegel vom 02.08.2010, „Jugendhelfer fordern Schutz der Kinder vor Drogenclans“, S. 7. 23 Der Tagesspiegel vom 02.08.2010, „Jugendhelfer fordern Schutz der Kinder vor Drogenclans“, S. 7. Der damalige Polizeipräsident zu Berlin, Dieter Glietsch, hebt in Bezug auf arabische Großfamilien hervor, dass diese Clans nicht so abgeschottet sind gegen staatliche Kontrolle, wie dies oftmals in der Presse dargestellt wird, denn es liefen hunderte Ermittlungsverfahren gegen manche Angehörige und einige sitzen zudem in Untersuchungs- oder Strafhaft; vgl. Der Tagesspiegel vom 02.08.2010, „Nicht warten bis zur zehnten Festnahme“, S. 8.

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hung. Im Zusammenhang mit kriminellen Kindern fällt häufig das Stichwort „Bande“, wie z. B. bei den bereits angesprochenen „Klaukinderbanden“.24 Dies indiziert eine strafrechtliche Wertung. Eine Auseinandersetzung mit dem strafrechtlichen Bandenbegriff unterbleibt jedoch. Gegenstand dieser Arbeit ist daher die „Bande“ mit Kindern. Insbesondere soll die Möglichkeit der Bandenstrafbarkeit strafmündiger Beteiligter untersucht werden, sofern Kinder in die Tatausführung involviert sind. Unter Kindern sind dabei Personen unter 14 Jahren zu verstehen (Legaldefinition in § 176 I StGB).25 Beispielhaft für die vielen denkbaren Konstellationen, in denen Kinder und Banden zusammentreffen, seien hier zwei ganz unterschiedliche Fälle aus der Rechtsprechung vorgestellt: eine sog. „rumänische Klaukinderbande“ und eine „Jugendbande“26. • Beispiel „Die Angeschuldigten [S, G und I] sowie die gesondert verfolgten [T, L, H, C und Mo] sind Führungspersonen einer Gruppe, die sich darauf spezialisiert hat, seit Herbst 1993 Kinder, Jugendliche und Heranwachsende aus Rumänien [. . .] einzuschleusen, damit diese in Einkaufszentren, Geschäften u. ä. Taschendiebstähle bzw. Einbrüche begingen. [. . .] Die Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden wurden [. . .] durch erfahrene Taschendiebe trainiert. Nach ihrer Ankunft in Berlin kamen sie entsprechend der vereinbarten arbeitsteiligen Vorgehensweise zumindest zunächst überwiegend in von dem Angeschuldigten [M] angemieteten Wohnungen unter, wo sie sich jeweils mit mindestens einer weiteren Führungsperson aufhielten, welche die Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden überwachten und instruierten“.27 Hierbei entwendeten z. B. am 21. Dezember 1995 die Kinder K1 und K2 eine Geldbörse aus der Jackentasche einer Geschädigten.28

24 Vgl. auch Focus 23/2007, S. 32: „Chlor im Wasserglas – Wie eine Bande Kinder und Jugendlicher eine 80 Jahre alte Witwe auf beispiellose Weise über mehrere Tage quälte und tyrannisierte“. 25 Für die Altersberechnung gelten mangels strafrechtlicher Vorschriften die §§ 186 ff. BGB. Mit dem 14. Geburtstag tritt die Strafmündigkeit ein (vgl. § 187 II 2 StGB), so dass der Anwendungsbereich des JGG eröffnet ist (§§ 1 II, 3 JGG); vgl. BeckOK-v. Heintschel-Heinegg im Lexikon des Strafrechts, Stichwort „Das Kind im Strafrecht“, Rn. 3. 26 Unter „Jugendbande“ ist nicht bloß der Zusammenschluss von Jugendlichen i. S. der § 1 II JGG zu verstehen, sondern auch ein solcher, an denen Kinder oder Heranwachsende beteiligt sind. 27 Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift vom 23.07.1999, Az. 80 Js 2655/97, S. 8 [Akteneinsicht]; vgl. dazu auch KG, Beschluss vom 01.12.1999, Az. 1 AR 133/98 – 5 Ws 672/99 [juris]. 28 Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift vom 23.07.1999, Az. 80 Js 2655/97, S. 21 [Akteneinsicht].

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Die erwachsenen Angeschuldigten S, G, I und M wurden u. a. angeklagt, gemeinschaftlich handelnd Diebstähle nach § 244a StGB begangen zu haben.29 Allerdings wurden die Anklagepunkte bezüglich der durch die Kinder begangenen Taten auf Antrag der Staatsanwaltschaft gem. § 154 II StPO vorläufig eingestellt, weil die im Übrigen zu erwartende Sanktion die Voraussetzungen des § 154 I Nr. 2 StPO erfüllte.30 In der Anklageschrift und in den Urteilen wurde nicht diskutiert, inwiefern die Kinder neben den Strafmündigen als Bandenmitglieder angesehen wurden.31 Es wurde lediglich in der Anklageschrift ausgeführt, dass die „entsprechend rekrutierten Kinder, Jugendlichen und Heranwachenden [. . .] unter der geschilderten Anleitung ihrer Führungspersonen und der zur Verfügung gestellten Logistik des Angeschuldigten [M] als Teil der Gruppe“ die aufgeführten Straftaten begingen.32 • Beispiel „Im Jahr 2006 hatte sich die Gruppierung ‚N.K.boys‘ darauf spezialisiert, bevorzugt in öffentlichen Verkehrsmitteln und deren Nahbereich Kinder und Jugendliche zu überfallen. [. . .] Die erlangte Beute wurde unter den Mitgliedern der 29 Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift vom 23.07.1999, Az. 80 Js 2655/97, S. 7 [Akteneinsicht]. 30 Die vorläufige Einstellung erfolgte am 26. Verhandlungstag der 22. Großen Strafkammer des LG Berlin am 08.11.2000 bezüglich der Angeklagten M und I und am 27. Verhandlungstag der 22. Großen Strafkammer des LG Berlin am 17.11.2000 bezüglich des Angeklagten S in der Strafsache Az. (522) 80 Js 2655/97 Kls (53/99) bzw. (49/00) [Akteneinsicht]. S, I und M hatten geflüchtete „Klaukinder“ unter Anwendung von Nötigung, Freiheitsberaubung und Körperverletzung wieder zurückgeholt. Auf diesen Sachverhalt beschränkte sich ihre Verurteilung; vgl. LG Berlin, Urteil vom 08.11.2000, Az. (522) 80 Js 2655/97 Kls (53/99) und LG Berlin, Urteil vom 17.11.2000, Az. (522) 80 Js 2655/97 Kls (49/00) [Akteneinsicht]. Das LG Berlin, Beschluss vom 15.10.1999, Az. (530) 80 Js 2655/97 (52/99), S. 3, 6 [Akteneinsicht] hat die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Angeschuldigten G in vollem Umfang abgelehnt. Durch Beschluss des KG vom 01.12.1999, Az. 1 AR 133/98 – 5 Ws 672/99 [juris] wurde zwar die Eröffnung des Hauptverfahrens für G in sechs Fällen wieder zugelassen, jedoch wurde G dann nicht zusammen mit S, I und M abgeurteilt. Eine Akteneinsicht bezüglich des Verfahrens gegen G konnte nicht erfolgen. 31 In dem zu diesem Verfahren ergangenen Beschluss des LG vom 15.10.1999, Az. (530) 80 Js 2655/97 (52/99), S. 3, 9 f. [Akteneinsicht] wurden die Angeklagten jedoch darauf hingewiesen, dass eine Strafbarkeit wegen Anstiftung zum schweren Bandendiebstahl gem. §§ 244a, 243 I 2 Nr. 3, 26 StGB und keine täterschaftliche Begehung mangels ihrer Anwesenheit am Tatort in Betracht kommt. Daraus ergibt sich, dass die tatausführenden Kinder als Bandenmitglieder angesehen werden. Zum örtlichen und zeitlichen Zusammenwirken siehe noch ausführlich unten im 2. Teil B.II. und im 4. Teil C.II.1.a)(6). 32 Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift vom 23.07.1999, Az. 80 Js 2655/97, S. 16 [Akteneinsicht].

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‚N.K.boys‘ aufgeteilt und für Disco und Kinobesuche, Essen bei McDonalds, Kleidung und Sonstiges ausgegeben. [. . .]. Aufgrund des gemeinschaftlich geschlossenen Tatplanes zwischen den [größtenteils jugendlichen] Bandenmitgliedern kam es schließlich in unterschiedlicher Besetzung, teilweise auch in alleiniger Begehungsweise zu Gunsten der Gruppierung, unter anderem zu“33 der folgenden Tat: „Am 26. März 2006 gegen 17.00 Uhr warteten der 13-jährige O. D. und der 14-jährige S. De. auf dem Bahnsteig des U-Bahnhofs [. . .], als der Angeklagte in Begleitung des gesondert Verfolgten A. S. und des strafunmündigen Kindes W. M. sie ansprach und aufforderte, zu einer nahe gelegenen Bank mitzukommen, was die beiden Jugendlichen taten. Dort wurden sie nun von dem Angeklagten und seinen Begleitern umzingelt. Das strafunmündige Kind durchsuchte zunächst den De., von dem er 1,90 e nahm. Sodann durchsuchte es den anderen Jugendlichen, von dem es ein Handy [. . .] sowie ein Apple i-Pod wegnahm, um die Gegenstände für sich und seine Begleiter zu verwenden. Die Geschädigten duldeten aus Angst vor den zahlenmäßig überlegenen Angreifern die Durchsuchung und Wegnahme“.34

Eine Anklage wegen der Begehung von und eine Verurteilung aus Bandennormen, wie den §§ 244 II, 244a, 250 I Nr. 2, 253 IV StGB, erfolgte hier nicht. Insgesamt ergab auch der Einblick in die Akten anderer verfolgter „N.K.boys“-Mitglieder keinen Aufschluss darüber, inwiefern die Staatsanwaltschaft oder die Gerichte die Gruppierung „N.K.boys“ als Bande i. S. des Strafrecht eingestuft haben.35 Allerdings wurde die „Bande“ dahingehend berücksichtigt, dass aufgrund „der Bandenstruktur, die hinter den Taten steht, der Bandenchefposition des Angeklagten [. . .] minder schwere Fälle des (schweren) Raubes bzw. Erpressung nicht angenommen werden“ konnten.36 In den geschilderten Fällen wurde die Frage ausgespart, ob Kinder als Bandenmitglieder anzusehen sind. Zudem illustrieren die zwei Beispiele aus der Praxis, dass oftmals in Fällen, in denen Kinder und Banden zusammentreffen, keine Anklage und erst recht keine Verurteilung wegen banden33 LG Berlin, Urteil vom 27.09.2007, Az. (524) 47 Js 1256/06 KLs (27/07), 52427/07 [juris; Rn. 17-20]. 34 LG Berlin, Urteil vom 27.09.2007, Az. (524) 47 Js 1256/06 KLs (27/07), 52427/07 [juris; Rn. 37], wobei dieser Fall nicht Teil der Anklage (Az. 47 Js 1256/06) war, sondern sich auf eine frühere Anklage (Az. 47 Js 626/06) bezog. Der Fall wurde ausgewählt, weil er auch der Vorgehensweise der angeklagten Taten entspricht, jedoch hier ein Kind beteiligt war. 35 Ebenfalls keine Bandennormen wurden angeklagt oder abgeurteilt in Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift vom 08.02.2007, Az. 47 Js 1022/06 und AG Berlin, Urteil vom 22.06.2007, Az. 47 Js 1022/06 Ls (12/07) [Akteneinsicht]; Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift vom 27.02.2007, Az. 47 Js 754/06 und LG Berlin, Urteil vom 27.07.2007, Az. 47 Js 754/06 KLs (33/07) [Akteneinsicht]. 36 AG Berlin, Urteil vom 07.12.2006, Az. 47 Js 546/06 Ls (46/06), S. 20 [Akteneinsicht].

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mäßiger Begehung erfolgen. Im Jugendstrafrecht könnte sich dies bei Begehung mehrerer Straftaten damit erklären lassen, dass dort das Prinzip der Einheitsstrafe37 (vgl. §§ 31 ff. JGG) gilt. Anders als im Erwachsenenstrafrecht wird nach dem JGG die Strafe einheitlich am gesamten in den Taten hervorgetretenen Erziehungs- und Ahndungsbedürfnis orientiert und nicht bezogen auf einzelne Taten (§ 53 StGB).38 Insofern sind die für die Taten verhängten Einzelstrafen und damit die für die Ermittlung des Strafrahmens relevanten straferhöhenden Umstände wie die Bandenmäßigkeit eben nicht ausschlaggebend.39 Ferner werden gerade bei jugendlichen Serientätern die für die Jugendstrafe nach § 17 II JGG erforderlichen schädlichen Neigungen zu bejahen sein,40 so dass es für deren Annahme nicht mehr darauf ankommt, inwiefern die Jugendlichen auch als Mitglieder einer Bande anzusehen sind. Dies erspart eine aufwändige und zeitintensive Beweisaufnahme, die durch Ladung der übrigen Bandenmitglieder entstehen würde. Dennoch können diese – ohnehin nur auf das Jugendstrafrecht bezogenen – Argumente keinen Grund dafür darstellen, auf die Prüfung des Vorliegens einer bandenmäßigen Begehung zu verzichten. Nicht immer waren die jugendlichen Angeklagten an mehreren Tathandlungen beteiligt, so dass einerseits nicht aus dem Vorliegen von Serientaten auf schädliche Neigungen eines jugendlichen Bandenmitglieds geschlossen werden kann. Außerhalb des Jugendstrafrechts wird bei Verletzung mehrerer Strafgesetze durch eine Handlung die Strafe aus dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht (§ 52 II StGB) und hierbei ist relevant, ob neben den verwirklichten Grunddelikten zudem eine strafschärfende bandenmäßige Tatbegehung gegeben ist. Zudem findet bei der Begehung mehrerer Straftaten das Prinzip der Gesamtstrafe Anwendung. Im letzteren Fall muss bei realkonkurrierenden Handlungen für jede Handlung zunächst eine Einzelstrafe festgesetzt werden, um aus diesen Einzelstrafen in einem weiteren Strafzumessungsakt nach Maßgabe der §§ 53-55 StGB bzw. § 460 StPO eine Gesamtstrafe bilden zu können.41 Für die Bemessung der Einzelstrafe ist der konkrete Straf37 Vgl. zur Diskussion um die Einführung der Einheitsstrafe im Erwachsenenstrafrecht MüKo-v. Heintschel-Heinegg, Vor §§ 52 ff. Rn. 3 ff. 38 Meier/Rössner/Schöch/Rössner, § 1 Rn. 24. 39 Siehe zu den Anforderungen an die Urteilsformel jedoch sogleich. 40 So z. B. AG Berlin, Urteil vom 07.12.2006, Az. 47 Js 546/06 Ls (46/06), S. 21 [Akteneinsicht]: „Bereits aus der Vielzahl der Taten, die der Angeklagte in dem kurzen Zeitraum seit seiner Strafmündigkeit bis zu seiner Inhaftierung begangen hat, ergeben sich derartig schwerwiegende Charakter- und Persönlichkeitsmängel, dass schädliche Neigungen in einem solchen Umfang zu bejahen sind, dass nur durch die Verhängung von Jugendstrafe auf den Angeklagten erzieherisch eingewirkt werden kann.“ 41 MüKo-v. Heintschel-Heinegg, Vor §§ 52 ff. Rn. 3.

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rahmen Ausgangspunkt und hierfür ist es von Bedeutung, aus welcher konkreten Norm bestraft wird (vgl. § 260 V StPO). Da die Bandennormen gegenüber den Grunddelikten einen erhöhten Strafrahmen eröffnen, ist die Frage der Bandenmäßigkeit besonders dann wesentlich, wenn keine weiteren Erschwerungsgründe eingreifen. Nicht nur für die Strafbemessung, sondern bereits bei der Urteilsformel ist das Vorliegen einer bandenmäßigen Tatbegehung entscheidend. Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wurde (§ 260 IV 1 StPO). Hierzu gehören auch verwirklichte Qualifikationsmerkmale, wie eben die bandenmäßige Begehung z. B. in § 244 I Nr. 2 StGB.42 Das Einsetzen von Kindern zur Straftatbegehung erscheint für Strafmündige praktisch vorteilhaft, weil Kinder aufgrund ihrer altersbedingten Strafunmündigkeit nicht Beschuldigte eines Strafverfahrens sein und somit nicht strafrechtlich verfolgt werden können. Auch wenn Kinder auf frischer Tat festgenommen werden, müssen sie dennoch freigelassen werden, wodurch sie alsbald wieder für neue Straftaten zur Verfügung stehen. Würde für die einsetzenden Strafmündigen eine straferhöhende bandenmäßige Tatbegehung ausgeschlossen sein, könnte der Einsatz von Kindern für sie zudem strafrechtlich von Vorteil sein: Ein Ergebnis, welches zumindest rechtspolitisch nicht zu begrüßen ist.

II. Methodisches Vorgehen Eine Diskussion über etwaige Auswirkungen der Beteiligung von Kindern auf die Bestrafung Anderer aus Bandennormen43 setzt zunächst das Verständnis der Bandenmäßigkeit im Allgemeinen voraus. So wird im 1. Teil die historische Entwicklung der Bandennormen und damit auch die des Bandenbegriffs dargestellt, um so den Grundstein für das im 2. Teil darzustellende heutige Bandenverständnis zu legen. In diesem Teil werden die einzelnen Voraussetzungen der bandenmäßigen Begehung betrachtet und Unklarheiten sowie erste Konsequenzen in Bezug auf Kinder und Banden gezogen. Der 3. Teil der Arbeit widmet sich der Überprüfung des herrschenden Bandenverständnisses aus systematischer und teleologischer Sicht. Im 4. Teil werden die bisher gefundenen Ergebnisse auf Banden und Kinder übertragen. Der 5. Teil befasst sich abschließend mit der Frage der anzuwendenden Beteiligungsform desjenigen, der an der Tat eines Kindes be42 Beulke, StPO, Rn. 500; die Bandenmäßigkeit als Regelbeispiel, z. B. in § 263 III 2 Nr. 1 Alt. 2, gehört dagegen nicht in die Urteilsformel. 43 Der Begriff „Bandennorm“ wird i. S. dieser Arbeit der Einfachheit halber für besonders schwere Fälle und Qualifikationen verwendet, obwohl nur eine Bandenqualifikation einen Straftatbestand darstellt.

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teiligt ist. Die Arbeit schließt mit einem Überblick der nach geltendem Recht bestehenden Möglichkeiten, Beteiligte an den Taten von Kindern zu bestrafen, wobei überlegt wird, ob de lege ferenda weitere Maßnahmen zu ergreifen sind, um die strafmündigen Beteiligten angemessen zu sanktionieren.44

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Siehe unten im Endergebnis unter III.

1. Teil

Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit Es ist davon auszugehen, dass es schon immer Personen gab, die sich mit anderen zu einer Bande zusammengeschlossen und Straftaten begangen haben, genauso wie es auch schon immer Mittäter, Anstifter oder Gehilfen gegeben hat. Es ist jedoch ein anderer Punkt, inwiefern die Bande auch rechtliche Beachtung fand und inwiefern eine solche rechtliche Beachtung unserem heutigen Rechtsverständnis entspricht. Heute versteht die Rechtsprechung1 und der Großteil des Schrifttums2 unter einer Bande einen Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Bandenregelungen finden sich nur bei einigen Deliktsarten und somit nur im Besonderen Teil des StGB wie auch im Nebenstrafrecht. Eine bandenmäßige Tatbegehung bei diesen Deliktsarten führt zur Straferhöhung. Vor dem Hintergrund dieses kurz umrissenen herrschenden Bandenverständnisses wird nun die Entwicklung der Bande und der Bandennormen aufgezeigt. Dabei wird sich die Darstellung der Bandengeschichte auf die wesentlichen Entwicklungstendenzen beschränken, wobei den Phasen ein größerer Raum gewidmet wird, deren Auswirkungen bis heute spürbar sind. Insofern wird der Grundstein gelegt, um an späterer Stelle das Verständnis von noch zu behandelnden Fragen durch Aufzeigen des historischen Zusammenhangs zu vertiefen.

A. Römisches Recht Schon im Römischen Recht fanden sich Taten, die heute als „Bandendelikte“ gelten würden.3 Dies waren die Taten der „latrones“, der in Truppen vereinigten bewaffneten Banditen, und die der „grassatores“, der gemein1 Ständige Rspr. seit BGHSt 46, 321; siehe ausführlich zum heute herrschenden Verständnis der Bandenmäßigkeit unten im 2. Teil. 2 Arzt/Weber/Heinrich, § 14 Rn. 60; Kindhäuser, § 244 Rn. 29, 31; Lackner/ Kühl, § 244 Rn. 6; Rengier, BT I, § 4 Rn. 89; siehe ausführlich zum heute herrschenden Verständnis der Bandenmäßigkeit unten im 2. Teil. 3 Kosmalla, S. 31 f.; Tsai, S. 36.

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1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

sam arbeitenden Straßenräuber.4 Zumindest im älteren römischen Recht wurden diese durch Gewalt geprägten Delikte nur als „furtum“, d.h. als deliktische Eigentumsaneignung behandelt.5 In den strafrechtlichen Satzungen ab dem 2. Jahrhundert fanden sich dann qualifizierte Formen der deliktischen Eigentumsaneignung, bei der jedoch die bewaffnete Ausführung, sofern es zur Verwundung kam, ausgenommen war, da sie unter das Mordgesetz fiel.6 Das nach unserem Verständnis bandenmäßige, von Gewalt unabhängige Element führte in diesem Zusammenhang nicht zu einer Straferhöhung7 und hatte auch sonst keine eigenständige strafrechtliche Bedeutung8. Überhaupt fand sich im Römischen Recht eine Vielzahl von Begriffen9 für das unterschiedliche Zusammenwirken von mehreren Personen bei der Begehung von Straftaten – nach heutiger Terminologie eher eine Frage der Täterschaft und Teilnahme –, an welche jedoch größtenteils keine unterschiedlichen Rechtsfolgen geknüpft waren.10 So kannte das Römische Recht die Verabredung mehrerer Personen zu Straftaten, welches u. a. als „factio“ bezeichnet wurde.11 Uneinigkeit besteht jedoch darüber, ob sich diese Verabredung nur auf die Begehung bestimmter Straftaten bezog, welches dem Komplott entsprechen würde,12 oder auch auf die Begehung noch unbestimmt vieler Straftaten, welches dann der Bande gleichkommen würde.13 Darüber hinaus lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, inwiefern die „factio“ eine eigene strafrechtliche Bedeutung hatte.14 4

Kosmalla, S. 31; Mommsen, S. 629 Fn. 4; Tsai, S. 36. Mommsen, S. 629 Fn. 4, S. 733. 6 Mommsen, S. 773 ff. 7 Tsai, S. 36. 8 Mommsen, S. 629 Fn. 4. 9 Vgl. zu den Begriffen Mommsen, S. 98 f. 10 Bloy, S. 47; Mommsen, S. 99 f. 11 Andere Bezeichnungen waren z. B. „pactio“, „societas“, „coniuration“ oder „conspiratio“; so Kosmalla, S. 31; Scherer, S. 9; vgl. auch Schütze, S. 234. 12 Scherer, S. 9; so wohl auch Loeber, S. 7, der ohne Bezug auf die „factio“ davon ausgeht, dass es den Begriff Bande im Römischen Recht nicht gab. Zum Komplott, das sich heute noch in der Mittäterschaft und in der Verbrechensverabredung widerspiegelt, siehe noch unten E.I. und im 3. Teil A.I.1.b). 13 Köstlin, S. 339; Tsai, S. 35. 14 Nach Köstlin, S. 339, kam der „factio“ als Begehungsform keine „besondere technische Bedeutung“ zu. Tsai, S. 35, spricht die „factio“ im Rahmen von Teilnahmeformen an, wobei sie jedoch nur begriffliche und nicht auch strafrechtliche Bedeutung erlangte. Dagegen meint Scherer, S. 9, dass diese Zusammenschlüsse selbstständig strafbar waren, wenn sie sich gegen den Staat richteten und ebenfalls – „soweit überhaupt – bei der Bestrafung der einzelnen Delikte berücksichtigt“ wurden. 5

B. Rechte der germanisch-fränkischen Zeit

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B. Rechte der germanisch-fränkischen Zeit In den germanischen Rechten fanden sich ebenfalls Vorformen der heutigen Bande und zwar im Zusammenhang mit Taten, die eine sog. „Gefolgschaft“ voraussetzten.15 Besonders die Rechte der Friesen und der Franken dienten der Erfassung der Gefolgschaft als gemeinsame Tatausführung durch mehrere verbündete Personen.16 Es lässt sich dabei eine begriffliche Unterteilung in Bande17 und – ab einer bestimmten Personengröße – in Heer18 erkennen,19 wobei die jeweils erforderliche Personenzahl in den einzelnen Gesetzen variierte.20 Als Hauptfall dieser Gefolgschaftsdelikte zählte die „Heimsuche“,21 welche als bewaffneter Überfall auf Haus und Hof zu verstehen ist.22 Bei der Gefolgschaft stand die zeitliche und örtliche gemeinsame Tatbegehung im Vordergrund und daher bedurfte es, anders als beim heutigen Bandenbegriff, keiner Verbindung zur fortgesetzten Deliktsbegehung.23 Die Gefolgschaft führte, wie heute die bandenmäßige Tatbegehung, bei einigen Delikten zur Straferhöhung.24 Beispielsweise wurde die Heimsuche durch ein Heer als qualifizierte Heimsuche angesehen.25 In der fränkischen Lex Salica (Anfang 6. Jahrhundert) fiel etwa die Strafe bei Raub für Einzelne anders aus als für mehrere, wobei wiederum nach der Zahl der Beteiligten unterschieden wurde.26 Andererseits spielte die Gefolgschaft mitunter 15

Scherer, S. 9; Tsai, S. 37. Kosmalla, S. 32; Scherer, S. 9. 17 U. a. im friesischen Recht des Lex Frisionum als „manus collecta“, später in den Fivelgoer Küren als „multitudo collecta“ (His, Friesen, S. 83, m. w. N.) und im fränkischen Recht der Lex Salica als „contubernium“ (Wilda, S. 619, m. w. N.) bezeichnet. 18 Im Friesischen u. a. als „exercitus“ benannt; vgl. His, Friesen, S. 83. Gerade der Begriff des Heeres lässt auf eine gewisse militärische Organisation schließen; vgl. Bloy, S. 50; Loeber, S. 7; Zillgen, S. 40. So wurde in friesischen Volksrechten auch ein Heer als unrechtes bezeichnet, weil kein Volksbeamter an deren Spitze stand; so Wilda, S. 613. 19 Kosmalla, S. 32; Loeber, S. 7; Scherer, S. 10. 20 Vgl. His, Karolina, S. 25; Loeber, S. 8; Wilda, S. 618. 21 His, Friesen, S. 85; ders., Karolina, S. 178; Loeber, S. 8. 22 His, Karolina, S. 178; ähnlich Loeber, S. 8. 23 Kosmalla, S. 32; Scherer, S. 10; vgl. auch Wilda, S. 613. Für die Gefolgschaft war eine enge Bindung kennzeichnend, so dass man sie nicht bloß mit der heutigen Mittäterschaft oder Beihilfe gleichsetzten kann; vgl. Kosmalla, S. 32. Dennoch erinnert die Gefolgschaft auch an das Komplott; siehe zum Komplott unten E.I. und im 3. Teil A.I.1.b). 24 Ausdrücklich zumindest Scherer, S. 9. 25 His, Karolina, S. 178; Tsai, S. 38. 26 Bloy, S. 53; Schmidt, S. 34; Tsai, S. 38. 16

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1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

als Teilnahmeform eine Rolle.27 Es geht z. B. aus der fränkischen Lex Ribuaria (7. Jahrhundert) oder der friesischen Lex Frisionum (Anfang 9. Jahrhundert) hervor, dass die Gefolgschaftsmitglieder eine geringere Buße zu entrichten hatten als die Anführer.28 Eine Verbindung zwischen den Beteiligungsformen und den Bandendelikten besteht jedenfalls insofern, als die Strafbarkeit der Beihilfe (Gehilfen als sog. „Folger“29) ihren Ausgangspunkt bei der Teilnahme an Bandendelikten genommen hat.30

C. Rechte des Hoch- und Spätmittelalters Aus dem späteren Mittelalter ist ebenfalls eine Vielzahl von rechtssprachlichen Begriffen überliefert, die auf Bandendelikte hinweisen, wie z. B. „Häuptling“, „Hauptmann“ oder „gesammelte Gefährten“.31 Die Strafe für Anführer und Gefolgsleute zeigt weiterhin Differenzierungen.32 Teilweise wurde wieder die Zahl der Bandenmitglieder festgelegt, wie z. B. in der Handfeste von Kennemerland 1292, die einen Anführer und fünf Folger nennt.33 Obwohl die Bandenheimsuche der Regelfall war, gehörte die Beteiligung eines (bewaffneten) Gefolges nicht mehr überall zum Tatbestand der Heimsuche.34 Mitunter führte die Teilnahme einer Bande zum Erschwerungsgrund.35 Abgesehen vom friesischen Recht nahmen die Regulierungen von Bandendelikten im Mittelalter dennoch eher ab,36 vielleicht deshalb, weil sich die Beihilfe langsam von ihrem ursprünglichen Bezugspunkt, den Bandendelikten, ablöste.37 Anhand zahlreicher Quellen, wie den Acht- und Bekenntnisbüchern der einzelnen Städte, lässt sich erkennen, dass Bandenkriminalität weit verbrei27

So Kosmalla, S. 33; vgl. auch Loeber, S. 7; Wilda, S. 612 ff. His, Friesen, S. 87, für die Lex Frisionum; Tsai, S. 37, für die Lex Ribuaria; vgl. auch Conrad, S. 173. 29 Vgl. Bloy, S. 51; Conrad, S. 443; His, Mittelalter I, S. 118 ff. 30 Bloy, S. 50 f.; Conrad, S. 173, 443; His, Mittelalter I, S. 118; Kosmalla, S. 33. 31 Vgl. His, Mittelalter I, S. 119. 32 His, Mittelalter I, S. 135; Tsai, S. 39. 33 His, Mittelalter I, S. 118; vgl. auch Tsai, S. 39. 34 His, Mittelalter II, S. 334. 35 His, Friesen, S. 353; ders., Mittelalter II, S. 334; Tsai, S. 40. 36 So zumindest His, Mittelalter I, S. 118 f.; ders., Karolina, S. 26. 37 Vgl. Bloy, S. 51; His, Mittelalter I, S. 122. Generell ist eine Ausformung der verschiedenen Beteiligungsformen erkennbar, welches auch durch den Einfluss des italienischen Rechts bedingt ist; vgl. Tsai, S. 39. Erwähnenswert ist auch, dass das kanonische Recht die von mehreren Landstreichern begangenen kleineren Räubereien mit der Exkommunikation sanktionierte; vgl. dazu Katz, S. 133. 28

D. Rechte der frühen Neuzeit

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tet war.38 Besonders interessant ist, dass sich nun Umschreibungen fanden, die dem heutigen Bandenbegriff in dem Sinne ähneln, dass der Zusammenschluss mehrerer Personen gerade mit der Absicht erfolgte, mehrere noch unbestimmte Straftaten gewisser Gattungen zu begehen.39 Etwa enthielten die Achtbücher der freien Reichsstadt Speyer ab dem 14. Jahrhundert und das Ächtbuch von Bamberg aus dem 15. Jahrhundert Aufzeichnungen über Verbrecherbanden, bei denen sich die Mitglieder unter Eid verbanden, um beispielsweise zu nehmen, zu rauben und zu morden.40

D. Rechte der frühen Neuzeit Die für das Strafrecht der Neuzeit grundlegende Constitutio Criminalis Carolina von 1532 (Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karl V., CCC) sowie die ihr als Vorlage dienende Constitutio Criminalis Bambergensis von 150741 enthielten keine Bandennormen,42 aber dafür erstmalig von den einzelnen Tatbeständen losgelöste Teilnahmeregelungen.43 Eine besondere Art der Verbindung mehrerer Personen regelte Art. 148 CCC44 (Art. 174 Bambergensis), der das Mordkomplott beinhaltete.45 Diese Norm, aus der sich eine der eigentlichen Tatbegehung vorgeschaltete Verabredung herauslesen lässt, gilt als Grundlage der gemeinrechtlichen Lehre vom Komplott,46 welche wiederum für die Entwicklung des Bandenbegriffs bedeutsam ist.47 In den der CCC nachfolgenden partikulären Kodifikationen war ebenfalls kein Begriff für die Bande enthalten.48 Allerdings fanden sich Wendungen, die auf Banden hindeuten. Beispielsweise wurde im 44. Titel der Freybergischen Ordnung von 1582 bei „Diebstahl, so von vielen Dieben samtlich 38 Harster, S. 52 f.; Loeber, S. 8, 10; laut Zillgen, S. 40, wurde die Bandenkriminalität regelrecht als Plage empfunden. 39 Loeber, S. 9 f.; Kosmalla, S. 33. 40 Harster, S. 52; Loeber, S. 9 f.; vgl. auch Tsai, S. 39; Zillgen, S. 40. 41 Welche daher später auch als „mater Carolinae“ bezeichnet wurde; Gmür/Roth, Rn. 327. 42 Kosmalla, S. 34; Tsai, S. 41. 43 Vgl. ausführlich Bloy, S. 58 ff. 44 Art. 148 S. 1 CCC lautet: „Item so etlich Personen mit fuergesetztem und vereynigtem Willen und Mut jemandt bösslich zu ermorden einander Hilfe und Beistand tun: diesselben Täter alle haben das Leben verwirkt“ (zitiert nach Bloy, S. 18). 45 Vgl. Bloy, S. 18; Tsai, S. 141. 46 Bloy, S. 18; Wehrstedt, S. 12. 47 Siehe unten E.I. 48 Loeber, S. 10; Tsai, S. 41; Zillgen, S. 41.

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1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

begangen“ bzw. für die „Diebgesellschaft“ die Strafe vom Wert des Tatobjekts abhängig gemacht.49 Obwohl solche Formulierungen genauso gut auf Mittäterschaft oder Komplott hindeuten können,50 lässt besonders der Begriff der „Gesellschaft“ auf ein nicht nur zufälliges Zusammentreffen zur Tatbegehung schließen, sondern vielmehr auf eine festere, bandengleiche Verbindung.51 In den Partikularstrafgesetzbüchern des 18. Jahrhunderts52 erscheint dann erstmals ausdrücklich der Begriff „Bande“. Beispielshalber nannte der Codex Juris Bavarici Criminalis von 1751 in § 5 im 2. Kapitel des 1. Teils die „zusamm rottirten ganzen Diebsbanden“ im Rahmen des gefährlichen Diebstahls und regelte somit für die Diebesbande eine erhöhte Strafe.53 Ferner sah die umfassendste Kodifikation der Aufklärungszeit, das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 (ALR), die bandenmäßige Begehung wie heute als Erschwerungsgrund an. So befassten sich die §§ 1208–1217 im 20. Titel des 2. Teils des ALR mit dem „Diebstahl und Raub in Banden“. Zunächst behandelte § 1208 ALR die bandenmäßige Diebstahlsverabredung, bei der durch Verweis die allgemeine Komplottregelung des § 73 ALR54 Anwendung fand. Danach haftete jedes Bandenmitglied für sämtliche verabredeten Handlungen, auch wenn es „nur zu Einer behülflich“ war. Weiterhin führte beim Diebstahl nach § 1209 ALR55 ein „gemeinschaftliches Gewerbe“, also Gewerbsmäßigkeit56, zur Straferhöhung. Die §§ 1210 f. ALR sahen dann nochmals eine höhere Strafe vor, wenn „von einer zusammengerotteten Bande gewaltsame Diebstähle“ begangen wurden. Unter „gewaltsamen Diebstählen“ sind jedoch nicht Raubtaten zu verstehen, sondern Einbruchsdiebstähle (i. S. der heutigen §§ 243 I 2 Nr. 1, 244 I Nr. 3 StGB).57 Hierbei fällt auf, dass die Strafe der „Rädels49 Loeber, S. 10. Ähnlich in späteren Normen, wie beispielsweise dem Markgraffischen Recht von Baden und Hachberg 1710; vgl. Loeber, S. 11; Tsai, S. 43. 50 So Zillgen, S. 41; zum Komplott siehe sogleich E.I. 51 In diese Richtung Loeber, S. 11; vgl. auch Tsai, S. 42 f. 52 Zum organisierten Bandenwesen im 18. und frühen 19. Jahrhundert vgl. ausführlich Küther; zusammenfassend Formella, S. 19 ff. 53 Vgl. dazu Tsai, S. 43. 54 Als solche ausdrücklich von Kosmalla, S. 35, und Tsai, S. 45, bezeichnet. 55 „Haben Mehrere sich verbunden, den Diebstahl als ein gemeinschaftliches Gewerbe zu betreiben: so hat der Rädelsführer zehnjährige bis lebenswierige, die andern Mitverbundenen aber eine sechs- bis zehnjährige Zuchthaus- oder Festungsstrafe, welche durch Willkommen und Abschied geschärft wird, verwirkt.“ 56 Vgl. Hälschner, S. 426 f.; Kosmalla, S. 35. 57 §§ 1163 ff. ALR, wonach sich ein gewaltsamer Diebstahl „durch gefährliches Einsteigen oder Erbrechen“ definiert. Tsai, S. 45, spricht auch in Bezug auf §§ 1210 f. ALR vom schweren Bandendiebstahl. Zum Begriff der Zusammenrottung vgl. Scherer, S. 10.

E. Rechte des 19. Jahrhunderts

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führer“ (§ 1209 ALR) bzw. „Anführer“ (§ 1210 ALR) gegenüber den „anderen Mitverbundenen“ (§ 1209 ALR) bzw. „übrigen Mitgenossen“ (§ 1211 ALR) erhöht ausfiel. Dennoch wurden hier Teilnahme und Bande wie in früheren Epochen nicht mehr tatbestandlich verbunden, denn die Teilnahmeregeln finden sich wie auch im Codex Juris Bavarici Criminalis in einem eigenen Teil losgelöst von den einzelnen Delikten, wobei das ALR in den §§ 1218 auch spezielle Regelungen zur „Theilnehmung an Raub und Diebstahl“ kannte.58 Ebenfalls wurde in beiden Kodifikationen keine Personenzahl mehr für die Bande benannt.

E. Rechte des 19. Jahrhunderts Die Komplottlehre prägte im 19. Jahrhundert nicht nur den Bandenbegriff, sondern wirkte sich überdies auch auf die Bandenregelungen in den Partikulargesetzbüchern der ersten Hälfte des Jahrhunderts aus.59

I. Erste Hälfte des 19. Jahrhunderts Die Rechtslehre des 19. Jahrhunderts beschäftigte sich weiterhin mit der Ausprägung und Strafbarkeit der verschiedenen Beteiligungsformen.60 Im Zuge dessen entwickelte Feuerbach am Anfang des Jahrhunderts den Begriff der Bande aus der Komplottlehre und stellte damit zugleich, entgegen unseres heutigen Verständnisses, die Bedeutung der Bande als Beteiligungsform heraus.61 Ein Komplott ist die Verbindung mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen Begehung einer bestimmten Straftat und spiegelt sich heute noch in der Mittäterschaft und in der Verbrechensverabredung wider.62 Nach Feuerbach hieß es dann „Bande, wenn dessen Zweck die Verübung mehrerer, einzeln noch unbestimmter Verbrechen einer gewissen Art, oder auch mehrerer Arten, zum Gegenstand hat“.63

58 Im Codex Juris Bavarici Criminalis finden sich Teilnahmeregeln in §§ 1 ff. des 12. Kapitels des 1. Teils und im ALR in den §§ 64 ff. 59 Zu den Erscheinungsformen der Diebesbanden im 19. Jahrhundert, besonders in Holstein, und deren Unterscheidung von den im 18. Jahrhundert agierenden großen Diebes- und Räuberbanden vgl. Formella, S. 19 ff. 60 Vgl. dazu ausführlich Bloy, S. 67 ff. 61 Feuerbach, S. 82; dazu Hälschner, S. 427; Loeber, S. 12; Volk, JR 1979, 426 (428). 62 Siehe dazu noch im 3. Teil A.I.1.b). 63 Feuerbach, S. 82.

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1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

Galt dieses Begriffsverständnis weitgehend als herrschend,64 war jedoch umstritten, welche genauen Rechtsfolgen an die Bande zu knüpfen sind. Dies lag zum einen daran, dass das Verhältnis von Bande und Komplott umstritten war. So verstand Feuerbach die Bande als Unterfall des Komplotts,65 wohingegen Berner sie als „das die besonderen Komplotte aus sich entlassende Allgemeine“, also etwas „viel Tieferes“ betrachtete.66 Zum anderen wurde die dogmatische Begründung der Komplotthaftung lebhaft diskutiert, da man versuchte, sie mit dem Ende des 18. Jahrhunderts aufgekommenen Begriff der „Miturheberschaft“ in Einklang zu bringen.67 Die gemeinrechtliche Komplottlehre stellte eine Solidarhaftung aller Komplottanten für die ausgeführte Tat dar, wobei die Verabredung als Zurechnungsfaktor und somit auch derjenige als „Urheber“ (Täter)68 galt, der an der Ausführungshandlung selbst nicht beteiligt war, also in eigener Person nicht den Erfordernissen des Urheberbegriffs entsprach.69 Den Miturheber dagegen traf die Strafe des Urhebers nur dann, wenn er mit anderen zugleich die Ausführungshandlung beging und demnach in eigener Person die Voraussetzungen eines Urhebers erfüllte.70 Daher fragte sich die Rechtswissenschaft, inwiefern die Haftungserweiterung des Komplotts weiterhin begründbar war.71 Ab dem 19. Jahrhundert wurde zudem aufs heftigste die Strafbarkeit des unausgeführten Komplotts diskutiert, also die Strafbarkeit der bloßen Verbrechensverabredung.72 Aufgrund der engen Verwandtschaft der Bande zum Komplott wurde ebenfalls für die Bande diskutiert, ob bzw. in welchem Grade dem an einer konkreten Tat unbeteiligten Bandenmitglied diese zugerechnet werden 64 Vgl. Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (116) m. w. N.; Schütze, S. 238, hebt dabei jedoch als Hauptmerkmal der Bande die Gewerbsmäßigkeit hervor. 65 Feuerbach, S. 82; vgl. hierzu Kosmalla, S. 35; Loeber, S. 12. 66 Berner, S. 12. 67 Zum Einfluss der Miturheberschaft auf die Komplottlehre Fieber, S. 22 ff.; Wehrstedt, S. 14 ff. 68 Die durch die Aufklärung geprägte Rechtslehre teilte die Beteiligungsformen vornehmlich anhand von Kausalitätserwägungen in „Urheberschaft“ und „Beyhülfe“ ein, wobei die Handlung des Urhebers die eigentliche Ursache für das Verbrechen darstellte; vgl. Bloy, S. 67. Somit wurden unter den Begriff der Urheberschaft alle Beteiligungsformen mit Ausnahme der Beihilfe gefasst; Ebrahim-Nesbat, S. 232; Noltenius, S. 26. 69 Fabian, S. 4; Fieber S. 22 f.; Wehrstedt, S. 14 f. 70 Fieber S. 22; Wehrstedt, S. 14 f. 71 Ausführlich zu den sog. Komplotttheorien Fieber, S. 31 ff.; Wehrstedt, S. 15 ff.; vgl. auch Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (116) m. w. N. Besonders die Theorie von Feuerbach ist hierbei hervorzuheben; vgl. dazu Fabian, S. 5 ff. 72 Als herrschend hatte sich die Auffassung der Versuchsstrafbarkeit durchgesetzt; vgl. dazu Fabian, S. 8 ff.; Fieber, S. 41 ff.; Letzgus, S. 103, jeweils m. w. N.

E. Rechte des 19. Jahrhunderts

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könne73 und ob sogar schon der bloße Zusammenschluss zu einer Bande strafbar sei74. Die Uneinigkeit der Lehre spiegelte sich auch in der Partikulargesetzgebung der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wider,75 so dass die Bande nun anders als im Codex Juris Bavarici Criminalis und im ALR nicht nur im Rahmen der Strafschärfung Beachtung fand. Exemplarisch soll hier näher auf das von Feuerbach verfasste Bayerische StGB von 1813 (BayStGB 1813) eingegangen werden.76 Die Bande war im 2. Kapitel des 1. Buchs (Art. 54-56 BayStGB 1813), also in einem Allgemeinen Teil, neben dem Komplott (Art. 50-53 BayStGB 1813) als Beteiligungsform77 aufgeführt. Die Bande wurde gem. Art. 54 BayStGB 1813 als Unterfall des Komplotts aufgefasst,78 wobei die Normen über das Komplott auch auf die Bande Anwendung fanden. Nach Art. 55 BayStGB 1813 waren die Bandenmitglieder für die Verbrechen u. a. schon dann als Miturheber anzusehen, wenn sie diese „selbst mit verabredet“ oder an „der Ausführung auf irgend eine Weise mitgewirkt“ haben. Als „Gehülfen“ wurden gem. Art. 56 BayStGB 1813 diejenigen Bandengenossen bestraft, die „an keinem einzelnen Verbrechen auf eine oder andere Art Theil genommen haben“, womit bereits die bloße Mitgliedschaft in einer Bande zur Zurechnung führte. Als Gehilfen wurden auch diejenigen bestraft, die gem. Art. 53 BayStGB 1813 zurückgetreten sind, wobei sie allerdings Straffreiheit erlangen konnten, wenn sie ein Verbrechen vorher „der Obrigkeit angezeigt“ hatten. Für die „Häupter“, 73 Gegen eine Zurechnung z. B. Berner, S. 499; Hälschner, S. 427 ff.; a. A. Köstlin, S. 359; Schütze, S. 241; vgl. dazu Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (116) m. w. N. Eine Gleichbehandlung von Komplott und Bande war insofern gerechtfertigt, wenn es um die Frage der Bestrafung der am Komplott beteiligten Bandenmitglieder ging, da i. d. R. zwischen die Bandenabrede und das ausgeführte Bandendelikt ein Komplott tritt, also die Verabredung zur Begehung eines bestimmten Bandendelikts; vgl. Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (116). 74 Gegen eine Versuchsstrafbarkeit z. B. Hälschner, S. 427 f., der jedoch polizeiliche Sicherungsmaßregeln forderte; ähnlich Schütze, S. 242, der die bloße Bandenbildung vorübergehend mit relativ bestimmter Strafe belegen wollte, falls zeitweilig das Bandenwesen grassieren sollte; dagegen sprach Köstlin, S. 358, von entferntem Versuch. Daraus zeigt sich, dass die Bande ebenfalls im Rahmen der Entwicklung der Versuchslehre von Relevanz war. 75 Welches natürlich nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass viele Rechtsgelehrte an den Strafgesetzbüchern einzelner Länder mitgewirkt und/oder diese kommentiert haben. 76 Zu den Komplottbestimmungen in den einzelnen Partikulargesetzbüchern vgl. Fieber, S. 43 ff.; zu den Bandenbestimmungen vgl. Loeber, S. 13 ff.; Tsai, S. 46 ff. 77 Kosmalla, S. 36; Loeber, S. 13. 78 Als Banden wurden solche Komplotte verstanden, „welche zur Verübung mehrerer, einzeln noch ganz unbestimmter Verbrechen einer gewissen Art oder Gattung eingegangen [worden] sind“.

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1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

also die „Anstifter“ und „Rädelsführer“, war nach Art. 51 BayStGB 1813 die Strafe immer geschärft. Für die übrigen Mitglieder konnte die Strafe innerhalb des Strafrahmens je nach Beitrag variieren. Gem. Art. 52 BayStGB 1813 war die bloße Bandenbildung79 je nach Nähe der Ausführung als „nächster oder entfernter Versuch“ sanktioniert. Neben diesen Zurechnungsund Versuchsregeln existierte im Besonderen Teil80 für den in Verbindung Mehrerer begangenen Diebstahl (Art. 221 Nr. 1 BayStGB 1813) und Raub (Art. 237 Nr. 3 BayStGB 1813) eine Straferschwerung. Hiermit dürfte aber eine komplottmäßige und keine bandenmäßige Verbindung gemeint gewesen sein.81 Andere Partikulargesetze enthielten jedoch die Bandenmäßigkeit (daneben) im Besonderen Teil vornehmlich bei den Vermögensdelikten als Erschwerungsgrund.82 Interessant ist zudem, dass einige Gesetze eine Mindestpersonenzahl von zwei, teilweise von drei festsetzten.83 Vor dem Hintergrund der in dieser Arbeit diskutierten Problematik ist die Verordnung der Herzogtümer Schleswig und Holstein vom 23. März 1814, die „die Bestrafung der in Gesellschaften und Banden herumziehenden verdächtigen Personen“ betrifft,84 herauszustellen. Diese Verordnung richtete sich gegen Personen des sog. herumziehenden Gewerbes und setzte Strafen für das Vagabundieren, Passfälschen oder Reisen mit unrichtigen Pässen fest. Ebenfalls befasste sich die Verordnung in den §§ 12-14 mit Strafschärfungsregeln in Bezug auf Diebstahl. § 12 der Verordnung bestimmte, dass ein „durch Einbruch, Einsteigen oder bewaffnet verübter Diebstahl, der in den bestehenden Gesetzen mit zeitlicher Zuchthaus- oder Karrenstrafe85 bedroht ist“, mit ein- bis vierjähriger Zuchthaus- oder Karrenstrafe mehr belegt wird, „wenn derselbe von zwei oder mehreren erwachsenen Mannspersonen begangen worden“ ist. Hierbei fällt auf, dass eine Strafschärfung 79

Vgl. Kosmalla, S. 36. Im 3. Kapitel des 1. Titels des 2. Buchs. 81 So Kosmalla, S. 36 Fn. 81, für Art. 221 Nr. 1 BayStGB 1813; vgl. dazu den Wortlaut: „wenn sich der Dieb mit einem oder mehreren zur Ausführung dieses Verbrechens verbunden [. . .] hat“. Art. 237 Nr. 3 BayStGB 1813 lautet: „wenn der Raub in verabredeter Verbindung eines oder mehrerer Raubgenossen begangen worden ist“. Die Begehung des Raubes in „verabredeter Verbindung“ ist ebenfalls eine komplottmäßige, allerdings muss die Verbindung aus „Raubgenossen“ bestehen und das Wort Genossen findet sich nur bei den Bandenbestimmungen, nicht aber bei denen über das Komplott (Art. 56 BayStGB 1813: „Genossen einer Bande“). 82 Vgl. die Ausführungen bei Loeber, S. 15 ff. 83 Vgl. Loeber, S. 14. 84 Vgl. dazu Loeber, S. 15, der allerdings für die Verordnung 1914 anstelle von 1814 als Erlasszeitpunkt angibt; Schirach, Handbuch, S. 72 ff.; ders., Criminalgesetze, S. 20 f. 85 Als Karrenstrafe wurde eine Arbeitsstrafe bezeichnet, bei dem der Straftäter an einen „Karren“, d.h. Arbeitsgerät, geschmiedet wurde, um beispielsweise Straßenbau zu verrichten; vgl. dazu Cipolla, S. 127. 80

E. Rechte des 19. Jahrhunderts

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nur dann relevant wurde, wenn der Diebstahl von erwachsenen männlichen Personen verübt wurde und somit die Begehung von noch nicht erwachsenen als auch von weiblichen Personen außer Betracht blieb. Obwohl die Verordnungsbezeichnung ausdrücklich „die Bestrafung der in Gesellschaften und Banden herumziehenden verdächtigen Personen“ hervorhob, dürfte es sich bei dem vorgenannten § 12 jedoch nicht um eine bandenmäßig qualifizierte Diebstahlsnorm handeln.86 Vielmehr begründet sich die Strafschärfung durch die Begehungsformen des Einbrechens, des Einsteigens oder der Bewaffnung, so dass keine bandenmäßige, d.h. fortgesetzte Verbindung erforderlich war, sondern eine bloße komplottmäßige, d.h. gemeinschaftliche Tatbegehung genügte.87 Eine Bandenqualifikation fand sich dagegen in § 14,88 wonach „der Anführer einer Bande, bei welcher drei oder mehrere Mannspersonen sich befinden, so wie der, welcher die übrigen dazu anweiset, was sie bei einem Diebstahle thun sollen, [. . .] immer mit lebenswieriger Freiheitsberaubung bestraft“ wurde, sofern von der Bande ein Diebstahl begangen worden ist. Nur in dieser Norm fand sich die Bezeichnung „Bande“ und somit grenzte sie sich dadurch von § 12 ab. § 14 bezog sich ebenfalls auf „Mannspersonen“, verzichtete dabei jedoch auf die Einschränkung „erwachsene“. Eine Beschränkung des Bandenbegriffs auf erwachsene Personen wird demnach nicht gewollt gewesen sein. Vielmehr grenzte sich eine Bande von den für das herumreisende Gewerbe dieser Zeit typischen Familien89 dadurch ab, dass eine Bande eine förmlich organisierte verbrecherische Verbindung von mindestens drei Männern darstellte, die über einen Anführer oder einen Anweisenden verfügte.90 Die übrigen Bandenmitglieder konnten zwar nicht gem. § 14 bestraft werden, jedoch kam für die erwachsenen, männlichen Bandenmitglieder eine verschärfte Strafe aus § 12 in Betracht.91

II. Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts In der Mitte des 19. Jahrhunderts verlor die Komplottlehre an Bedeutung. Zum einen wurde das Komplott als Beteiligungsform durch die Mittäterschaft ersetzt, wodurch eine Solidarhaftung durch Zurechnung fremder Tatbeiträge ebenfalls erreicht werden konnte.92 Zum anderen setzte sich die 86

A. A. Loeber, S. 16. So spricht Schirach, Handbuch, S. 73, von „bloßer Complicität“. 88 Schirach, Handbuch, S. 441; ders., Criminalgesetze, S. 20 f. 89 Vgl. nur § 1 der Verordnung. 90 Vgl. Schirach, Handbuch, S. 74. 91 Vgl. Schirach, Handbuch, S. 74. 92 Fieber, S. 40 f.; Kosmalla, S. 36 f. Dennoch findet sich im PrStGB keine Regelung der Mittäterschaft. Diese wurde vielmehr als bekannt vorausgesetzt und so 87

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1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

ohnehin konroverse (Versuchs-)Strafbarkeit des unausgeführten Komplotts vor dem Hintergrund der Oberhand gewinnenden objektiven Unrechtslehre nicht durch.93 Somit wurde auch die Bande nicht mehr im Zusammenhang mit den beim Komplott vormals diskutierten Fragen erörtert. Die landesrechtlichen Strafgesetzbücher dieser Zeit gingen dazu über, die Bande nicht mehr als Beteiligungsform, sondern nur noch als Straferhöhungsgrund bei einzelnen Delikten des Besonderen Teils zu berücksichtigen.94 So fand sich die Bandenmäßigkeit im Preußischen StGB von 1851 (PrStGB) wie auch im Bayerischen StGB von 1861 (BayStGB 1861) lediglich bei Diebstahl95 und Raub96, ohne das jedoch das Wort Bande gebraucht wurde.97 So lautete § 218 I Nr. 8 PrStGB: „wenn zu dem Diebstahle zwei oder mehrere Personen als Urheber oder Theilnehmer mitwirken, welche sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl verbunden haben“.

Entgegen dem BayStGB 1861 („drei oder mehrere“) reichten demnach gem. § 218 I Nr. 8 PrStGB für eine Bande schon zwei Personen aus. Das Merkmal der „fortgesetzten Verübung“ spiegelt die heutige Formulierung der „fortgesetzten Begehung“ wider.98 Aus dem Passus „mehrere Personen als Urheber oder Theilnehmer mitwirken“ wird deutlich, dass dasjenige Bandenmitglied, welches die Tat alleine und damit ohne zumindest die Teilnahme eines anderes Bandenmitglieds begeht, nicht aus § 218 I Nr. 8 PrStGB bestraft werden konnte.99 Dem liegt unser heutiges Mitwirkungserfordernis zugrunde100. Obwohl die Bande nun nicht mehr als Zurechleitete beispielsweise das preußische Obertribunal für Strafsachen die Figur der Mittäterschaft aus § 35 PrStGB ab; vgl. dazu Ebrahim-Nesbat, S. 201 ff. m. w. N. Zum Komplott, das sich heute noch in der Mittäterschaft und in der Verbrechensverabredung widerspiegelt, siehe noch unten im 3. Teil A.I.1.b). 93 Fieber, S. 46 f. 94 Zur weiteren Entwicklung des Komplotts siehe unten im 3. Teil A.I.1.b)(1) und (2). 95 § 218 I Nr. 8 PrStGB und Art. 274 Nr. 5 BayStGB 1861, mit insofern abgestimmtem Wortlaut. 96 § 232 I Nr. 2 PrStGB und Art. 301 Nr. 3 BayStGB 1861, mit insofern abgestimmtem Wortlaut. 97 Jedoch wurden diese Normen schon damals von der Rechtsprechung und Lehre als Bandennormen bezeichnet; vgl. RGSt 16, 173 (174); Schütze, S. 242; dazu Kosmalla, S. 38. 98 Auch nach Art. 274 Nr. 5 BayStGB 1861 muss sich die Bande zur „fortgesetzten Verübung“ verbunden haben. 99 Vgl. Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (118). 100 Art. 274 Nr. 5 BayStGB 1861 stellte ebenfalls bestimmte Mitwirkungserfordernisse auf, wobei auch auf allgemeine Regeln zur Teilnahme (Art. 54 Ziff. 4) verwiesen wurde.

F. Strafrecht des Norddeutschen Bundes bis heute

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nungsfigur Bedeutung erlangen sollte, liegt die Vermutung nahe, dass dieser Passus noch einen Ausläufer eines solchen Bandenverständnisses darstellte.101 Denn bei der Bande, wie auch beim (ausgeführten) Komplott, war zuvor umstritten, wem die Tat zugerechnet werden konnte.102 Indem der Gesetzgeber die Formulierung „als Urheber oder Theilnehmer mitwirken“ in den Bandentatbestand mit aufnahm, bezog er zugleich zu dem Meinungsstreit Stellung.103 Somit wurde klargestellt, dass diejenigen, die zwar an der Verbindung beteiligt waren, nicht jedoch an dem Diebstahl mitwirkten, nicht aus der Bandennorm bestraft werden konnten.104

F. Strafrecht des Norddeutschen Bundes bis heute I. Norddeutscher Bund und Deutsches Reich Das PrStGB prägte weitgehend das 1870 erlassene StGB für den Norddeutschen Bund, welches aufgrund der Reichsgründung mit leichten Veränderungen als StGB für das Deutsche Reich (RStGB) am 1. Januar 1872105 in Kraft trat. So fanden sich ebenfalls nur die beiden Bandenqualifikationen des PrStGB zum Diebstahl und Raub leicht verkürzt in § 243 I Nr. 6 und § 250 Nr. 2 RStGB wieder. So lautete § 243 I Nr. 6 RStGB: „wenn zu dem Diebstahle Mehrere mitwirken, welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben“.

Die Worte „zwei oder mehrere Personen als Urheber oder Teilnehmer“ wurden durch das Wort „Mehrere“ ersetzt und anstelle „Verübung“ wurde „Begehung“ verwendet. Eine inhaltliche Änderung sollte damit nicht erfolgen, so dass vor allem weiterhin eine Mindestpersonenzahl von zwei ausreichte.106 Die strafrechtlichen Nebengesetze enthielten ebenfalls Bandenregelungen, die sich allerdings von denen des RStGB unterschieden.107 § 146 I Vereinszollgesetz von 1869 (VZG) bestimmte eine Strafschärfung, „wenn drei oder 101

Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (117); Goltdammer, S. 487. Siehe dazu oben E.I. 103 Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (117). 104 Vgl. Oppenhoff, § 218 Anm. 65. Für Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (118), ergibt sich dies schon daraus, dass die Bande nicht in den Allgemeinen Teil aufgenommen worden ist. Goltdammer, S. 487, sah dies noch enger und wollte nur diejenigen bestrafen, die bei der „Ausführung zugegen gewesen sind“. 105 RGBl. 1871, S. 127; vgl. dazu Wesel, Rn. 291. 106 RGSt 16, 173 (175); vgl. dazu Kosmalla, S. 62; Loeber, S. 23; Tsai, S. 117. 107 Vgl. auch die Ausführungen von Tsai, S. 52, zum Militär-Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich von 1872 und zum Gesetz zum Schutz der Republik von 1922. 102

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1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

mehr Personen zur gemeinschaftlichen Ausübung einer Kontrebande oder Defraudation sich verbunden haben“. § 146 III VZG regelte eine Zusatzstrafe, wenn „eine derartige Verbindung für die Dauer eingegangen worden“ war. Absatz 1 erfasste demnach den komplottmäßigen und Absatz 3 den bandenmäßigen Schmuggel.108 Absatz 3 erlangte jedoch kaum praktische Bedeutung, was maßgeblich auf die für das Schmuggelkomplott geltende Beweiserleichterung nach Absatz 2 zurückzuführen ist.109 Mitunter wurde die Bande beim Schmuggel weniger als dauerhafte Verbindung aufgefasst, sondern eher als das durch mindestens drei Personen nach außen hin räumlich-zeitlich in Erscheinung tretende Moment des komplottmäßig ausgeführten Schmuggels.110 Daher verwundert es nicht, dass die Überschrift zu § 401 b II Nr. 1 der Reichsabgabenordnung (RAO), der 1939 eingeführten Nachfolgeregelung des § 146 VZG111, von bandenmäßigem Schmuggel sprach, jedoch dem Sinn nach nur eine dem § 146 I VZG entsprechende Komplottbestimmung darstellte.112 Interessant ist zudem § 6 des Gesetzes gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch von Sprengstoffen von 1884 (SprengstoffG)113, der wie § 146 VZG das Komplott und die Bande in einer Norm behandelte. Danach wurde die Verabredung der Ausführung einer oder mehrerer Sprengstoffanwendungen i. S. von § 5 SprengstoffG (Alternative 1) oder die Verbindung zur fortgesetzten Begehung von solchen, im Einzelnen noch nicht bestimmten Sprengstoffanwendungen (Alternative 2) bestraft, „auch ohne daß der Entschluß der Verübung des Verbrechens durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung enthalten, bethätigt worden 108

Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (123); Kosmalla, S. 65; ähnlich Schild, GA 1982, 55 (61). Eine „Verbindung für die Dauer“ kann also mit „zur fortgesetzten Begehung“ gleichgesetzt werden, RGSt 66, 236 (241). § 146 VZG sprach zwar von „Kontrebande“ und „Defraudation“, womit Bannbruch und Zollhinterziehung zu verstehen sind (vgl. Altenhain, ZStW 113 [2001], 112 [123]; Kosmalla, S. 65 Fn. 243), dennoch wurde dies seither als Schmuggel bezeichnet; vgl. nur RGSt. 9, 42 (44). 109 Schild, GA 1982, 55 (61). Vielmehr wurde § 146 VZG – ohne Differenzierung der einzelnen Absätze – als Bandenschmuggel bezeichnet; vgl. z. B. RGSt. 9, 42 (44 ff.); Scherer, S. 80. 110 RGSt 23, 330 (332): „diese komplottmäßig handelnde Personenmehrheit [muss] auch äußerlich als solche, als Bande, in Erscheinung treten“; vgl. dazu Kosmalla, S. 65; Schild, GA 1982, 55 (61). 111 Das VZG wurde durch das Zollgesetz vom 20. März 1939 außer Kraft gesetzt, RGBl. 1939 I, 529 (548). § 401 b II Nr. 1 RAO wurde durch das Gesetz zur Änderung der Reichsabgabenordnung vom 4. Juli 1939 eingeführt, RGBl. 1939 I, 1181 (1184). 112 Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (123 Fn. 48); Kosmalla, S. 66; Scherer, S. 80; ähnlich Schild, GA 1982, 55 (61 f.); vgl. auch BGH NStZ 2000, 474 (476). 113 RGBl. 1884, S. 61 (62); vgl. zum historischen Hintergrund der Einführung dieser Vorschrift Raiser, JZ 1963, 663 (665).

F. Strafrecht des Norddeutschen Bundes bis heute

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ist“. Bestraft wurde hier folglich das unausgeführte Sprengstoffkomplott nach Alternative 1 sowie der bloße bandenmäßige Zusammenschluss nach Alternative 2. Anhand der Tatbestandsformulierung griff eine der Alternativen bei einer Verabredung mehrerer Personen also immer ein.114 Diese Vorbereitungshandlung sah ein höheres Mindestmaß als der Grundtatbestand des § 5 I SprengstoffG vor, wodurch deutlich wird, dass § 6 SprengstoffG nicht zwangsläufig hinter dem ausgeführten Verbrechen nach § 5 SprengstoffG zurücktrat.115

II. Entwürfe zu einem Strafgesetzbuch Die Entwürfe zu einem Strafgesetzbuch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ließen gravierende Reformbewegungen gegenüber den im RStGB geregelten Bandennormen erkennen.116 Hervorzuheben ist zunächst der Gegenentwurf von 1911 (zu dem Vorentwurf von 1909; GE StGB 1911), der zwar noch eine Bandenqualifikation beim Diebstahl vorsah, jedoch mit der „Verabredung von Verbrechen“ in § 181 GE StGB 1911 eine allgemeine Strafdrohung für die Bandenbildung und das (unausgeführte) Komplott enthielt, wobei Straffreiheit durch Rücktritt (und tätige Reue) erreicht werden konnte.117 Im Entwurf von 1919 (E StGB 1919) findet sich ebenfalls eine solche Bestimmung samt Rücktrittsregelung im Besonderen Teil in § 232 E StGB 1919 unter der Überschrift „Komplott und Bande“, ohne jedoch die Bandenmäßigkeit beim Diebstahl straferschwerend zu berücksichtigen.118 Auch der Entwurf von 1925 (E StGB 1925) sah im „Fehlen einer allgemeinen Bestimmung [der Verabredung von Verbrechen] eine wesentliche Schwäche des geltenden Rechts“.119 In der Begründung heißt es: „Der Staat darf im Interesse der Verbrechensverhütung nicht darauf verzichten, von der Strafgewalt Gebrauch zu machen, wenn sich der verbrecherische Wille bereits zu bestimmten Verabredungen verdichtet hat, oder wenn es gelingt, eine Bande auszuheben [. . .]. Ein Einschreiten ist hier um so dringender, als es sich in der Regel um gewerbsmäßige Verbrecher handeln wird.“120 Der 114

Tsai, S. 59. RGSt 58, 296 (297). 116 Zu den Entwürfen bis 1927 vgl. Loeber, S. 37 ff. 117 Wie in späteren Entwürfen fand sich auch eine Strafbestimmung über Landstreicherbanden, wobei die Bandenmäßigkeit dort jedoch eine andere Bedeutung hatte und vielmehr die Landstreicherei bekämpft werden sollte; vgl. Loeber, S. 40 f. 118 Die Norm findet sich im 13. Abschnitt „Vorbereitung von Straftaten. Begünstigung. Strafvereitelung“. 119 Begründung zu § 183 E StGB 1925; wie schon Denkschrift zu § 232 E StGB 1919. 120 Begründung zu § 183 E StGB 1925; fast wortgleich zu § 232 E StGB 1919. 115

46

1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

Entwurf von 1927 (E StGB 1927) trennte zwischen der „Verabredung eines Verbrechens“ in § 197 und der „Bande“ in § 198. Die Bandenbildung sollte danach nicht mehr nur bei Verbrechen, sondern bereits bei „Vergehen des Diebstahls, des Betrugs, der Erpressung oder des unberechtigten Jagens oder Fischens“ strafbar sein. Die so erfolgte Erweiterung auf bestimmte praktisch besonders bedeutsame und häufig bandenmäßig begangene Vergehen wurde wiederum mit der Bekämpfung des gewerbsmäßigen Verbrechertums begründet.121 In diesem Sinne verfuhren auch die der Weimarer Zeit nachfolgenden Entwürfe, wobei die Verbrechensverabredung nun im Rahmen des Allgemeinen Teils im Abschnitt über „Versuch und Vorbereitung strafbarer Handlungen“ diskutiert wurde.122 Später sollte die Bandenbildung nicht bloß in Bezug auf Verbrechen und bestimmte Vergehen, sondern generell bei „Straftaten“ geahndet werden.123 Die Bandenbildung war dabei in einem Abschnitt124 u. a. gemeinsam mit der Zusammenrottung, dem Auflauf, der Teilnahme an einer staatsfeindlichen Verbindung und der Geheimbündelei geregelt. Daraus wird deutlich, dass Vorbereitungshandlungen von Zusammenschlüssen verschiedenster Art umfassend sanktioniert werden sollten. So regelte z. B. § 298 E StGB 12/1936 die Teilnahme an einer staatsfeindlichen Verbindung, wobei deren Absatz 1 den geltenden § 129 RStGB ersetzen sollte. Der gegenüber § 129 RStGB inhaltlich neue Abs. 2 E StGB 12/1936 sah eine Bestrafung für die Teilnahme oder Unterstützung einer Verbindung, „die einen den Strafgesetzen zuwiderlaufenden Zweck oder ihren Zweck durch strafbare Mittel verfolgt“ vor. Damit sollte die Lücke zwischen den Tatbeständen der staatsfeindlichen (§ 298 I E StGB 12/1936; vgl. § 129 RStGB) und der geheimen Verbindung (§ 299 E StGB 12/1936; vgl. § 128 RStGB) sowie der Bandenbildung (§ 300 E StGB 12/1936) geschlossen werden.125 Die Bande sollte im Gegensatz zur Vereinigung keine „Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit“, sondern lediglich „ein loses, freies, ungebundenes Zusammengehen und Zusammenhalten“ voraussetzen.126 Die Bande fand sich aber in diesen

121

Begründung zu §§ 197, 198 E StGB 1927. Vgl. § 32 d E StGB 1933. Die Einordnung einer solchen Vorbereitungshandlung in den Allgemeinen Teil entsprach somit dem geltenden Recht, denn auch § 49 a RStGB (sog. „Duchesne-Paragraph“) sanktionierte bereits ähnliche Vorbereitungshandlungen; siehe dazu noch unten im 3. Teil A.I.1.b)(2). 123 Vgl. § 300 E StGB 12/1936 und § 307 E StGB 12/1939. 124 Z. B. im 19. Abschnitt des E StGB 12/1936 mit der „zeitgemäßen“ Überschrift „Störung des Volksfriedens“. 125 Begründung zu § 298 E StGB 12/1936. 126 Begründung zu § 300 E StGB 12/1936. 122

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späteren Entwürfen nicht lediglich als delictum sui generis,127 sondern zusätzlich als schwerer Fall des Raubes (z. B. § 453 E StGB 12/1936). Dagegen wurde die bandenmäßige Begehung beim Diebstahl weiterhin nicht erfasst. Dies wurde neben dem gewerbsmäßigen Diebstahl insofern für entbehrlich erachtet, da mehrere, die sich zur fortgesetzten Begehung von Diebstählen zusammenschließen, auch immer gewerbsmäßig handeln würden.128 Trotz all dieser Reformbestrebungen blieb es bei den beiden (unveränderten) Bandenqualifikationen in § 243 I Nr. 6 (R)StGB und § 250 Nr. 2 (R)StGB, ohne daneben die Gewerbsmäßigkeit aufzuführen.129 Allerdings zog 1943 die Verbrechensverabredung als Alternative 3 des § 49 a II ins StGB ein,130 wobei sogar schon der Versuch einer Verabredung nach Alternative 4 sanktioniert wurde.131

III. Bundesrepublik Deutschland Obwohl die Strafbarkeit der bloßen Bandenbildung letztendlich nicht durch das StGB sanktioniert wurde – und damit die Bande im StGB keine strafbegründende Rolle erlangte – ist jedoch der durch das 1. StrÄndG von 1951132 neugefasste § 129 StGB hervorzuheben, der dem oben erwähnten § 298 II E StGB 12/1936 ähnelt.133 Die vorherige Fassung der Norm, § 129 RStGB134, pönalisierte noch die Teilnahme an einer Verbindung, zu deren Zwecken oder Beschäftigung es gehört, Maßregeln der Verwaltung oder die Vollziehung von Gesetzen durch ungesetzliche Mittel zu verhindern oder zu entkräften. Dagegen bestrafte § 129 StGB jetzt die Gründung, Mitgliedschaft, Unterstützung oder Aufforderung zur Gründung einer Vereinigung, die die Begehung strafbarer Handlungen bezweckt. Durch diese 127

Vgl. Loeber, S. 42. Begründung zu § 456 E StGB 12/1936; vgl. bereits die Begründung zu § 299 E StGB 1925. 129 Vgl. die Bekanntmachung des Wortlautes des StGB vom 25. August 1953 (BGBl. 1953 I, S. 1083). 130 Und zwar im Abschnitt zur Teilnahme, RGBl. 1943 I, S. 339. § 49 a (sog. „Duchesne-Paragraph“) wurde bereits 1876 in das RStGB eingeführt, RGBl. 1876, S. 25 (36), dessen Absatz 2 sich auf das Erbieten und die Annahme eines Erbietens beschränkte. Nach Fieber, S. 50, war die Verbrechensverabredung „als ein gegenseitiges, mit einer jeweiligen Annahme verbundenes Erbieten“ jedoch ebenfalls positiv in dieser Norm geregelt. 131 So lautete § 49 a II Alt. 4 RStGB: „oder in eine ernsthafte Verhandlung darüber eintritt“. Diese Regelung wurde durch das 3. StrÄndG 1953 wieder gestrichen, BGBl. 1953 I, S. 735 (739); vgl. dazu Fieber, S. 53. 132 BGBl. 1951 I, S. 739. 133 Siehe oben F.II.; so auch § 305 II E StGB 12/1939. 134 RGBl. 1871, S. 127. 128

48

1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

Neufassung hat die Norm einen „Sinnwandel“ erfahren,135 denn die Tatbestandsstruktur ist seitdem nicht mehr speziell auf politisch motivierte Bestrebungen zugeschnitten.136 Somit erlangte mit der kriminellen Vereinigung eine der Bande ähnliche Verbindung strafbegründende Funktion. Obwohl die kriminelle Vereinigung einen erhöhten Organisationsgrad erfordert,137 verfolgen dennoch beide Personenverbindungen das Ziel, eine Vielzahl von Straftaten zu begehen, wobei die kriminelle Vereinigung nicht auf bestimmte Gattungen von Straftaten beschränkt ist.138 1964 wurde durch das 7. StrÄndG schließlich der seit 1884 geltende § 6 SprengstoffG139 aufgehoben, der die bloße Bandenbildung sanktionierte.140 Hauptkritik dieser Norm war deren sehr hohe Mindeststrafe von fünf Jahren, obwohl sonstige Vorbereitungshandlungen lediglich aus § 49 a II StGB als Versuch des Verbrechens milder bestraft wurden.141 Der gesetzestechnische Begriff der Bande wurde erst durch das 1. StrRG von 1969142 in das Strafgesetzbuch eingeführt, als die bisherige Bandenqualifikation des § 243 I Nr. 6 StGB a. F. durch den neu geschaffenen Bandendiebstahl in § 244 I Nr. 3 StGB a. F. (§ 244 I Nr. 2 StGB n. F.) ersetzt wurde: „Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt“.

Nun hieß es nicht mehr „Mehrere mitwirken“, sondern „unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds“, obwohl nach Fassungsvorschlägen 135

BVerfGE 17, 155 (165). SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 1; ausführlich zur Reformdiskussion des § 129 StGB im Zusammenhang mit dem 1. StrÄndG vgl. Felske, S. 276 ff. 137 Vgl. nur Lackner/Kühl, § 129 Rn. 2; siehe dazu unten im 3. Teil A.I.2. 138 Dies erinnert an § 300 E StGB 12/1936, der die bloße Bandenbildung in Bezug auf Straftaten generell sanktionierte; siehe bereits oben F.II. 139 Siehe dazu oben F.I. 140 BGBl. 1964 I, S. 337 (338); vgl. dazu Lackner, JZ 1964, 674 (675). 141 Lackner, JZ 1964, 674 (675) m. w. N.; Raiser, JZ 1963, 663 (665), der allerdings nur vom Komplott und nicht von der Bande spricht. 142 BGBl. 1969 I, S. 645. Das StGB der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 (DDR-StGB), das das RStGB und das Gesetz zur Ergänzung des Strafgesetzbuches vom 11. Dezember 1957 aufhob, enthielt den Begriff „Bande“ nur an einer Stelle und zwar in § 86, der die Vorbereitung und Durchführung von Aggressionsakten sanktionierte. Danach machte sich strafbar, wer Banden zur Begehung von Aggressionsakten organisierte oder förderte. Allerdings fanden sich auch schwere Fälle u. a. beim Diebstahl und Betrug, die eher auf das Vorliegen einer Bande im bundesdeutschen Verständnis hindeuten (vgl. dazu Kosmalla, S. 125), auch wenn der Kommentar zum DDR-StGB des Ministeriums der Justiz diese Zusammenschlüsse bei den einschlägigen Normen nicht als Bande bezeichnete (vgl. z. B. § 162 I 2 Nr. 2 DDR-StGB). 136

F. Strafrecht des Norddeutschen Bundes bis heute

49

der Großen Strafrechtskommission auf das Mitwirkungserfordernis verzichtet werden sollte.143 Eine gesetzliche Definition der Bande erfolgte dabei jedoch nicht, was in Anbetracht der nun aufgekommenen Diskussion um die Mindestmitgliederzahl der Bande144 sinnvoll gewesen wäre. Jedoch ging die Rechtsprechung weiter von der Möglichkeit einer Zweierbande aus.145 Das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Opiumgesetz) vom 22. Dezember 1971146 schuf mit § 10 IV 3 Nr. 4 ein Regelbeispiel des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 11 IV 3 Nr. 4 Alt. 2 BtMG a. F.147, § 30 I Nr. 1 BtMG n. F.148): „[. . .] als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat“.

Neu an dieser Regelung ist, dass der Gesetzgeber auf das Mitwirkungserfordernis verzichtete, wobei aus den Gesetzesmaterialien diesbezüglich keine Begründung ersichtlich ist.149 Dies wurde in der Literatur als Indiz dafür gesehen, dass die bandenmäßige Begehung nun nicht mehr als einheitlicher Begriff der Rechtsordnung aufzufassen war.150 Der Diskussion um den Grund der erhöhten Strafbarkeit von bandenmäßiger Begehung wurde dadurch neuer Anreiz gegeben.151 Durch das EGStGB152 vom 2. März 1974 wurde der schwere Raub in § 250 I Nr. 4 StGB a. F.153 (§ 250 I Nr. 2 StGB n. F.) dem Wortlaut des Bandendiebstahls, § 244 I Nr. 3 StGB a. F., angepasst. Gleiches gilt für den Bandenschmuggel in § 373 II Nr. 3 AO vom 16. März 1976154, der ent143

Ndschr. 6, S. 295. Gegen die Zweierbande z. B. Dreher, NJW 1970, 1803. 145 BGHSt 23, 239; BGH, NStZ 1986, 408. 146 BGBl. 1971 I, S. 2092. 147 Diese Nummerierung erfolgte durch die Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz) vom 10. Januar 1972, BGBl. 1972 I, S. 1. 148 Gesetz zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechts vom 18. Juli 1981, BGBl. 1981 I, S. 681. 149 Vgl. BGHSt 50, 160 (166); Altenhain, ZStW 113 (2001), 112; Kosmalla, S. 80. 150 Schild, NStZ 1983, 69 (70). Dagegen sprach RGSt 66, 236 (241) von der „Annahme, daß die Rechtsordnung von einem einheitlichen Begriff der bandenmäßigen Begehung ausgeht“. 151 Schild, GA 1982, 55; ders., NStZ 1983, 69 (70). 152 BGBl. 1974 I, S. 469. 153 BGBl. 1974 I, S. 469 (490). 154 BGBl. 1976 I, S. 613 (690); vgl. dazu BT-Drucks. VI/1982, S. 196. 144

50

1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

gegen seinen Vorgängernormen nicht mehr den komplottmäßig ausgeführten Schmuggel sanktionierte und damit nun eine echte Bandenorm darstellte.155 Kannte bis dahin das Strafrecht lediglich vier Bandennormen, kam in der Folgezeit eine Vielzahl neuer hinzu. Viele der neu eingefügten Bandennormen gehen auf Gesetze zur Eindämmung der Organisierten Kriminalität zurück.156 Der folgenden Tabelle sind die aktuell geltenden 55 Bandennormen zu entnehmen. Norm

(Grund-) RegelTatbestand beispiel

157

QualifiMitEinführung durch kation wirkung

Strafgesetzbuch Geldfälschung, § 146 II Alt. 2





+



6. StrRG 1998

Fälschung von Zahlungskarten, Schecks und Wechseln, § 152a III Alt. 2





+



6. StrRG 1998 (§ 152a II Alt. 2)

Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion und Vordrucken für Euroschecks, § 152b II Alt. 2





+



35. StrÄndG 2003

Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften, § 184b III Alt. 2





+



27. StrÄndG 1993 (§ 184 IV Alt. 2)

Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Schriften, § 184c III Alt. 2





+



EURaBes68/ 2004UmsG 2008

155 Siehe oben F.I. zu § 401 b RAO, der durch das Zweite Gesetz zur Änderung strafrechtlicher Vorschriften der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetz vom 12. August 1968 leicht modifiziert als § 397 fortgalt, BGBl. 1968 I, S. 953 (954). 156 Vgl. das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992, BGBl. 1992 I, S. 1302; ferner das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994, BGBl. 1994 I, S. 3186; siehe dazu noch unten im 3. Teil A.I.3. 157 Relevant ist hierbei jeweils die Fassung des Gesetzes, durch das die bandenmäßige Strafschärfungsregelung erstmalig eingeführt wurde. Auf spätere Neufassungen wird nur dann hingewiesen, sofern der Wortlaut der Bandenregelung wesentlich geändert wurde.

F. Strafrecht des Norddeutschen Bundes bis heute Norm

(Grund-) RegelTatbestand beispiel

51

QualifiMitEinführung durch kation wirkung

Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, § 232 III Nr. 3 Alt. 2





+



37. StrÄndG 2005

Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft, § 233 III i. V. m. § 232 III Nr. 3 Alt. 2





+



37. StrÄndG 2005

Förderung des Menschenhandels, § 233a II Nr. 3 Alt. 4





+



37. StrÄndG 2005

Kinderhandel, § 236 IV Nr. 1 Alt. 3





+



6. StrRG 1998

Bandendiebstahl, § 244 I Nr. 2





+

+

RStGB 1871 (§ 243 I Nr. 6); 1. StrRG 1969 (§ 244 I Nr. 3)

Schwerer Bandendiebstahl, § 244 a I





+

+

OrgKG 1992

Schwerer Raub, § 250 I Nr. 2





+

+

RStGB 1871 (§ 250 I Nr. 2); EGStGB 1974 (§ 250 I Nr. 4); 6. StrRG 1998

Schwerer Raub, § 250 II Nr. 2 i. V. m. I Nr. 2





+

+

6. StrRG 1998

Erpressung, § 253 IV 2 Alt. 2



+





VerbrBG 1994

Bandenhehlerei, § 260 I Nr. 2





+



OrgKG 1992

Gewerbsmäßige Bandenhehlerei, § 260 a I





+



OrgKG 1992

Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte, § 261 I 2 Nr. 4 Alt. 2

+







VerbrBG 1994 (§ 261 I 2 Nr. 3); OrgKVerG 1998

Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte, § 261 IV 2 Alt. 2



+





OrgKG 1992

(Fortsetzung nächste Seite)

52

1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

(Fortsetzung) Norm

(Grund-) RegelTatbestand beispiel

QualifiMitEinführung durch kation wirkung

Betrug, § 263 III 2 Nr. 1 Alt. 2



+





6. StrRG 1998

Betrug, § 263 V





+



6. StrRG 1998

Computerbetrug, § 263a II i. V. m. § 263 III 2 Nr. 1 Alt. 2



+





6. StrRG 1998

Computerbetrug, § 263a II i. V. m. § 263 V





+



6. StrRG 1998

Subventionsbetrug, § 264 III i. V. m. § 263 V





+



6. StrRG 1998

Untreue, § 266 II i. V. m. § 263 III 2 Nr. 1 Alt. 2



+





6. StrRG 1998

Urkundenfälschung, § 267 III Nr. 1 Alt. 2



+





6. StrRG 1998

Urkundenfälschung, § 267 IV





+



6. StrRG 1998

Fälschung technischer Aufzeichnungen, § 268 V i. V. m. § 267 III Nr. 1 Alt. 2



+





6. StrRG 1998

Fälschung technischer Aufzeichnungen, § 268 V i. V. m. § 267 IV





+



6. StrRG 1998

Fälschung beweiserheblicher Daten, § 269 III i. V. m. § 267 III Nr. 1 Alt. 2



+





6. StrRG 1998

Fälschung beweiserheblicher Daten, § 269 III i. V. m. § 267 IV





+



6. StrRG 1998

Vorbereitung der Fälschung von amtlichen Ausweisen, § 275 II Alt. 2





+



6. StrRG 1998

Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen, § 276 II Alt. 2





+



6. StrRG 1998

F. Strafrecht des Norddeutschen Bundes bis heute Norm

(Grund-) RegelTatbestand beispiel

53

QualifiMitEinführung durch kation wirkung

Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels, § 284 III Nr. 2





+



OrgKG 1992

Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 300 S. 2 Nr. 2 Alt. 2



+





KorrBG 1997

Computersabotage, § 303 b IV S. 2 Nr. 2 Alt. 2



+





41. StrÄndG 2007

Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung, § 335 II Nr. 3 Alt. 2



+





KorrBG 1997

§ 95 III Nr. 2 lit. b Alt. 2 AMG



+





DopingBekämpfG 2007

§ 95 III Nr. 3 Alt. 2 AMG



+





DopingBekämpfG 2007

Steuerhinterziehung, § 370 III 2 Nr. 5 AO



+





StVBG 2001 (§ 370 a Alt. 2); TKÜNReglG 2007

Bandenmäßiger Schmuggel, § 373 II Nr. 3 AO





+



RAO 1939 (§ 401 b RAO); AO 1976; TKÜNReglG 2007

Steuerhehlerei, § 374 II Alt. 2 AO





+



TKÜNReglG 2007

Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung, § 84 III Nr. 2 AsylVfG





+



VerbrBG 1994

Gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung, § 84a I AsylVfG





+



VerbrBG 1994

Einschleusen von Ausländern, § 96 II Nr. 2 AufenthG





+



ZuwandG 2002

Nebengesetze

(Fortsetzung nächste Seite)

54

1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

(Fortsetzung) Norm

(Grund-) RegelTatbestand beispiel

QualifiMitEinführung durch kation wirkung

Gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen, § 97 II AufenthG





+



ZuwandG 2002 (§ 96a II); ZuwandG 2004

§ 34 VI Nr. 2 Alt. 2 AWG





+

+

5. AWGÄndG 1990 (§ 34 III Nr. 1 Alt. 2); 12. AWGÄndG 2006

§ 30 I Nr. 1 BtMG





+



OpiumÄndG 1971 (§ 10 IV 3 Nr. 4 Alt. 2 OpiumG); BtMGBek 1972 (§ 11 IV 3 Nr. 4 Alt. 2); BtMRNOG 1981

§ 30 a I BtMG





+



OrgKG 1992

§ 16 III 2 Nr. 2 Alt. 2 CWÜAG



+





CWÜAG 1994

§ 19 III 2 Nr 2 GÜG



+





GÜG 1994 (§ 29 III 2 Nr. 2); GÜGNOG 2008

§ 19 II Nr. 1 Alt. 2 KrWaffKontrG





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ABCWaffAWÜVerbG 1990

§ 22 a II 2 Alt. 2 KrWaffKontrG



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WaffRÄndG 1978 (§ 16 II 2 Alt. 2); ABCWaffAWÜVerbG 1990

Bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens, § 26 c Alt. 2 UStG





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StVBG 2001

§ 51 II 2 Alt. 2 WaffG



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WaffRÄndG 1978 (§ 52 a II 2 Alt. 2); WaffRNeuRegG 2002

§ 52 V 2 Alt. 2 WaffG



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WaffRNeuRegG 2002

F. Strafrecht des Norddeutschen Bundes bis heute

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Wie sich aus der Tabelle ergibt, findet sich die Bandenmäßigkeit nahezu durchweg als Regelbeispiel oder als Qualifikation und damit kommt ihr heute allein eine strafschärfende Wirkung zu. Die Bandenmitgliedschaft wird von der überwiegenden Ansicht als besonderes persönliches Merkmal i. S. des § 28 II StGB angesehen.158 Einzig bei der Geldwäsche in § 261 I 2 Nr. 4 StGB hat die Bande nicht eine solche straferhöhende Funktion,159 sondern sie ist Tatbestandsmerkmal in dem Sinne, dass sie sich auf bestimmte Vortaten bezieht, an welche die Tathandlung des § 261 StGB anknüpft.160 War das Mitwirkungserfordernis früher wesentlicher Bestandteil der Bandennormen, fehlt es heute größtenteils.161 Dennoch wird diesem Erfordernis vom Gesetzgeber auch heute noch Bedeutung beigemessen, wie sich aus der Einführung neuer Bandennormen mit Mitwirkungserfordernis (z. B. § 52 V 2 Alt. 2 WaffG) zeigt. Besonders das OrgKG vom 15. Juli 1992162 und das 6. StrRG vom 26. Januar 1998163 sind bei der Anzahl der neu eingeführten Bandennormen hervorzuheben. Hauptsächlich ist die bandenmäßige Begehung im Bereich der Vermögenskriminalität angesiedelt, wobei auch außerhalb der Vermögensdelikte eine Erzielung von beachtlichen Gewinnen möglich ist. Häufig regelt der Gesetzgeber daher neben der bandenmäßigen zugleich die gewerbsmäßige Begehung als straferhöhendes Merkmal. Ebenfalls greift für Bandendelikte und bestimmte banden158 BGHSt 46, 120 (128); BGHSt 47, 214 (216); BGH NStZ 2013, 102 (103); AnwKomm-Kretschmer, § 244 Rn. 40; Fischer, § 244 Rn. 44; v. Heintschel-Heinegg/Wittig, § 244 Rn. 16; Krey/Hellmann/Heinrich, BT 2, Rn. 195; SK-Sinn, § 250 Rn. 41; Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 296; a. A. BGHSt 6, 260; BGHSt 8, 205 (208); SK-Hoyer, § 244 Rn. 35; S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 28; Valerius, JURA 2013, 15 (19); siehe dazu ausführlich unten im 2. Teil B.I.3. und im 4. Teil C.II.1.a)(1)(b). 159 Straferhöhung bezieht sich hier sowohl auf Qualifikationen, bei denen die Bandenmäßigkeit in einzelnen Tatbeständen straferhöhend wirkt, als auch für Regelbeispiele, bei denen der Bandenmäßigkeit bei der Strafzumessung eine straferschwerende Funktion zuteil kommt; vgl. zur Terminologie S/S/Stree/Sternberg-Lieben, Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 96. 160 § 261 I 1, 2 Nr. 4 StGB: „Wer einen Gegenstand, der aus einer in Satz 2 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, verbirgt, dessen Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind [. . .] Vergehen [. . .], die gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, begangen worden sind“. Demnach gilt die Bandenmitgliedschaft hier ausnahmsweise als ein strafbegründendes besonderes persönliches Merkmal i. S. von § 28 I StGB. 161 Siehe ausführlich zum Mitwirkungserfordernis unten im 2. Teil B.II. und im 4. Teil C.II.1.a)(6). 162 BGBl. 1992 I, S. 1302. 163 BGBl. 1998 I, S. 164.

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1. Teil: Historische Entwicklung der Bandenmäßigkeit

mäßig begangene Delikte die besondere Rechtsfolge des erweiterten Verfalls (§ 73 d StGB).164 Alle Bandennormen sind heute insofern uniform verfasst, dass sie jeweils voraussetzen, dass die Bande „sich zur fortgesetzten Begehung“ von den im Gesetz benannten Delikten „verbunden hat“. Die Tathandlung erfordert, dass jemand „als Mitglied einer Bande“ handelt, wobei dies bei einigen Normen zusätzlich „unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds“ erfolgen muss.

G. Schlussfolgerung Die Betrachtung der Geschichte der Bandennormen und des Bandenbegriffs lässt noch keine Rückschlüsse auf etwaige Auswirkungen eines Mitwirkens von Kindern in Bezug auf Bandentaten zu. Einzig in § 12 der Verordnung der Herzogtümer Schleswig und Holstein von 1814 findet bei der Strafschärfung des Diebstahls mehrerer eine Begrenzung auf erwachsene Personen statt.165 Jedoch stellt dieser § 12 lediglich eine Komplottregelung dar. Die bandenmäßige Diebstahlsqualifikation in § 14 der Verordnung enthält dagegen keine Begrenzung auf Erwachsene. Bei der geschichtlichen Untersuchung zeigte sich vielmehr die Unfertigkeit des Bandenverständnisses bis ins 19. Jahrhundert hinein. So erlangte die Bande früher als Zurechnungsnorm und im Rahmen des Versuchs Bedeutung. Trotz einiger deutlich abweichender Reformbestrebungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geht unser heutiges Bandenverständnis maßgebend auf das PrStGB zurück. Hier findet die Bande ausschließlich bei der bandenmäßigen Begehung als Straferhöhungsgrund Beachtung, wobei die beiden Bandennormen bereits ähnlich den heutigen gefasst waren. Obwohl die Mindestmitgliederzahl einer Bande im Laufe der Zeit unterschiedlich bewertet wurde, stand schon beim dortigen Bandenbegriff der Zusammenschluss zu noch unbestimmten Straftaten im Vordergrund. Insbesondere bei Fragen, die die Erörterung des Strafgrundes erfordern, ist zu beachten, dass die Motive der Gesetzgeber im 19. Jahrhundert nicht mit denen der Gesetzgeber der heutigen Zeit übereinstimmen. Hier ist besonders an die Einführung von Bandennormen ohne Mitwirkungserfordernis und auch an die zahlreichen – vornehmlich zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität – neu geschaffenen Bandennormen seit dem Ende des 20. Jahrhunderts zu denken. 164

Durch das OrgKG eingeführt, wie auch die Vermögensstrafe in § 43a StGB, welche jedoch gem. BVerfGE 105, 135 wegen Unvereinbarkeit mit Art. 103 II GG verfassungswidrig und nichtig ist. 165 Siehe oben E.I.

G. Schlussfolgerung

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Eine Legaldefinition des Bandenbegriffs fand und findet sich jedoch nicht. Somit kommt der Rechtsprechung eine bedeutende Rolle bei der Ausgestaltung der einzelnen Bandenmerkmale zu, von der besonders die Entscheidungen Ende des 20. Jahrhunderts und zu Beginn des 21. Jahrhunderts hervorzuheben sind, wie sogleich zu zeigen sein wird.166

166

Siehe im 2. Teil.

2. Teil

Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit Wurde im geschichtlichen Teil1 besonders die heutige Rolle der Bande als Straferhöhungsgrund herausgearbeitet, wird in diesem Abschnitt das Augenmerk auf die einzelnen Voraussetzungen der Bandenmäßigkeit gerichtet. Als schwierig erweist sich hierbei, dass die Anforderungen an die einzelnen bandenmäßigen Tatbestandsmerkmale heftig umstritten waren und teilweise immer noch sind. Dementsprechend wird im Folgenden die Herausbildung des heute herrschenden Verständnisses der einzelnen Voraussetzungen aufgezeigt und sodann hinterfragt. Aus den gewonnen Erkenntnissen werden bereits erste Rückschlüsse hinsichtlich der Einbeziehung von Kindern gezogen. Grundvoraussetzung der Bandenmäßigkeit ist das Vorliegen einer Bande, die „sich zur fortgesetzten Begehung“ von den in der jeweiligen Norm benannten Delikten „verbunden hat“. Da heute im Strafrecht jedoch nicht die bloße Bandenbildung bestraft wird,2 erfordern die Bandennormen weiterhin eine konkrete Tat, die jemand „als Mitglied einer Bande“ begeht. Obwohl die Bandennormen insofern alle einheitlich gefasst sind, ist bei manchen Delikten eine bandenmäßige Begehung nur gegeben, sofern die Tat „unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds“ begangen wird.3 Darüber hinaus setzen einige Bandennormen die gleichzeitige Erfüllung eines weiteren Merkmals voraus, wie bei § 244a StGB u. a. das Beisichführen eines gefährlichen Werkzeugs oder bei § 260a StGB die Gewerbsmäßigkeit. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um bandenspezifische Voraussetzungen, da diese Merkmale für sich bereits strafschärfend wirken. Insofern wird im Folgenden untersucht, welche Anforderungen an eine „Bande“ und an die bandenmäßige Begehung einer bestimmten Tat zu stellen sind.4 Die dabei gewählte Unterteilung nach einzelnen Voraussetzungen orientiert sich am Wortlaut der Bandennormen, jedoch kann deren Eignung zur sachgerechten 1

Siehe oben im 1. Teil. Siehe oben im 1. Teil insbesondere E. und F.; siehe aber noch die Ausführungen zur Bildung einer kriminellen Vereinigung unten im 3. Teil A.I.2. 3 Siehe hierzu die Tabelle oben im 1. Teil F.III. 4 Liegt also eine Bande vor und ist zudem eine bandenmäßige Begehung gegeben, sind die Voraussetzungen der Bandenmäßigkeit erfüllt. 2

A. Bestehen einer Bande

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Erfassung der Bandenmäßigkeit erst nach Darstellung der einzelnen Merkmale bewertet werden.5

A. Bestehen einer Bande Der Zentralbegriff wird vom Gesetz nur insofern näher umschrieben, als die Bande „sich zur fortgesetzten Begehung“ der in den jeweiligen Normen benannten Delikte „verbunden“ haben muss. Aus dieser Fassung aller Bandennormen lassen sich damit folgende grobe Bandenvoraussetzungen herleiten: (1) eine Bande kann nicht lediglich aus einer Person bestehen, (2) sie ist auf eine fortgesetzte Straftatbegehung angelegt, (3) sie ist auf bestimmte Deliktsgruppen festgelegt und (4) die Bandenmitglieder sind miteinander auf irgendeine Weise verbunden.

I. Mindestanzahl der Bandenmitglieder 1. Entwicklung des Merkmals Im heutigen Strafgesetzbuch und den Nebenstrafgesetzen wird – wie schon im RStGB – keine Mindestanzahl von Bandenmitgliedern festgesetzt. Dies war in einigen älteren Regelungen noch anders. So bestimmte das PrStGB als nötige Personenzahl zwei, dahingegen das BayStGB 1861 drei.6 Da die Bandennormen des PrStGB fast wortgleich in das RStGB übernommen wurden und eine inhaltliche Änderung durch die neue Fassung „mehrere“ anstelle von „zwei oder mehrere Personen als Urheber oder Teilnehmer“ nicht bezweckt war, sah die Rechtsprechung den Begriff „mehrere“ schon bei zwei Personen als erfüllt an.7 „Mehrere“ sollte nämlich die Mehrzahl im Gegensatz zur Einzahl bezeichnen und wo nicht ausdrücklich eine Mindestzahl genannt ist, sollten daher zwei genügen.8 Allerdings ist gegen diese Auslegung einzuwenden, dass der Wortlaut eher den Schluss zulässt, 5 Schöch, NStZ 1996, 166 (169), z. B. nennt als begriffliche Merkmale die Bandenmitgliedschaft, Straftaten im Rahmen des Bandenzwecks und die Bandenabrede; siehe ferner den anderen Aufbau unten im 4. Teil C. bei der einzelfallbezogenen Nichtberücksichtigung. 6 Siehe dazu oben im 1. Teil E.II. 7 Siehe dazu oben im 1. Teil E.II.; vgl. ausführlicher zum historischen Willen des Gesetzgebers BGH NStZ 2000, 474 (476 f.). Bei der Schmuggelbande gem. § 401 b II Nr. 1 RAO sollten dagegen nicht schon zwei Personen genügen, denn das Gesetz sprach hier davon, dass sich jemand „mit zwei oder mehreren Personen [. . .] verbindet“; vgl. dazu Tsai, S. 118. Allerdings wurde oben im 1. Teil F.I. bereits aufgezeigt, dass diese Bestimmung eher eine Komplottregelung darstellte. 8 RGSt 16, 173 (175).

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

dass zumindest der preußische Gesetzgeber unter „mehrere“ gerade nicht schon zwei verstand, denn sonst hätte er nicht die Formulierung „zwei oder mehrere“ gewählt.9 Die „Zweierbande“ („Dyade“10) war für die nächsten Jahrzehnte dennoch herrschende Meinung.11 Angefacht wurde die Diskussion um die Mindestpersonenzahl der Bande, als durch das 1. StrRG 196912 der bisherige § 243 I Nr. 6 StGB a. F. durch den neu geschaffenen Bandendiebstahl in § 244 I Nr. 3 StGB a. F. (§ 244 I Nr. 2 StGB n. F.) ersetzt wurde und damit schließlich der Begriff der Bande in das Strafgesetzbuch einzog.13 Aus den Gesetzesmaterialien geht dabei keine Mindestzahl hervor. Es wurde lediglich angeführt, dass der Entwurf, wie im geltenden Recht auch, als Bande den Zusammenschluss mehrerer, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben, bezeichne.14 Aus diesem Vergleich mit dem „geltenden Recht“, in dem, wie eben ausgeführt, von einer Zweierbande ausgegangen wurde, konnte daher geschlossen werden, dass auch weiterhin zwei Personen ausreichen sollten.15 Die Auslegung des Wortes „Bande“ deutet allerdings eher auf einen Zusammenschluss von mehr als zwei Personen hin, schließt jedoch eine Mindestmitgliederzahl von zwei nicht zwingend aus.16 Beispielsweise wird sprachgeschichtlich die Bande auf den französischen Begriff „bande“ (Truppe, Schar) zurückgeführt, der wohl auf den gotischen Begriff „bandwa“ (Feldzeichen) zurückgeht,17 wodurch ursprünglich als Bande größere militärisch organisierte Gruppen zu verstehen waren.18 Für Bande lassen sich laut Duden Synonyme wie „Horde“, „Gruppe“ oder „Gang“ nennen.19 Wobei nicht auszuschließen ist, dass im allgemeinen Sprachgebrauch auch „Duo“ oder „Paar“ als Synonyme verwendet wurden bzw. werden.20 Der 2. Strafsenat des BGH entschied 1970 dennoch, dass der Wortsinn nicht 9

Ellbogen, wistra 2002, 8 (9); Schmitz, NStZ 2000, 477; vgl. aber auch Schild, GA 1982, 55 (60). 10 LK-Vogel, § 244 Rn. 53. 11 Vgl. BGHSt 46, 321 (325 f.); Krings, S. 56. 12 BGBl. 1969 I, S. 645; siehe oben 1. Teil F.III. 13 Bezog sich zuvor die „Verbindung der fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl“ auf „Mehrere mitwirken“, wird seit der Neufassung damit die „Bande“ konkretisiert. Obwohl § 243 I Nr. 6 StGB a. F. noch nicht den Begriff der „Bande“ enthielt, sprachen Rechtsprechung und Literatur jedoch bereits regelmäßig von Bandendiebstahl; vgl. dazu Krings, S. 1 m. w. N. 14 BT-Drucks. IV/650, S. 407. 15 Krings, S. 59. 16 Zur grammatikalischen Interpretation Kosmalla, S. 42 ff.; Krings, S. 56 f.; Schild, GA 1982, 55 (57 ff.). 17 Duden, Etymologie, S. 67; vgl. dazu BGH NStZ 2000, 474 (476). 18 Kosmalla, S. 43. 19 Duden, Synonyme, S. 107 f. und Duden, Synonyme5, S. 173.

A. Bestehen einer Bande

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zu einer Änderung der Rechtsprechung, nach der bereits zwei Personen für eine Bande ausreichen, zwinge.21 Vielmehr sprächen sachliche Gründe entscheidend gegen eine Änderung. So liege der Grund der besonderen Gefährlichkeit der Bande nicht in der Vielzahl der Mitglieder, sondern in der engen Bindung, die die Mitglieder für die Zukunft eingehen und die einen ständigen Anreiz zur Fortsetzung bildet.22 Dem hielten eine Reihe von Autoren entgegen, dass bei einer Zweierbande schon das einzelne Mitglied selbst jederzeit die enge Bindung lösen könne und der erforderliche gruppendynamische Prozess erst innerhalb einer größeren Gruppe entstehe.23 Die Einführung von Bandennormen ohne Mitwirkungserfordernis24 (sog. nicht konvergente Bandennormen25) führte vereinzelt zur Ansicht, die Einheit des Bandenbegriffs aufzugeben.26 Da die Strafschärfung bei diesen Bandennormen ohne Mitwirkungserfordernis nicht mehr auch mit der erhöhten Aktionsgefahr durch die Mitwirkung von mindestens zwei Personen am Tatort begründet werden könne, komme der Gefährlichkeit der Verbindung selbst eine erhöhte Bedeutung zu und es sei – jedenfalls für die nicht konvergenten Bandendelikte – ein Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zu fordern.27 Aus den Materialien zur ersten Bandennorm ohne Mitwirkungserfordernis, § 10 IV 3 Nr. 4 BtMG a. F., geht jedoch hervor, dass nach Ansicht des damaligen Gesetzgebers bereits ein „Zusammenschluß von zwei Personen [. . .] das Merkmal einer Bande“ erfüllen soll.28 Durch die Einführung neuer Bandennormen (z. B. § 260 I Nr. 2 StGB) und der erhöhten Strafdrohung bereits bestehender Bandendelikte durch Hinzutreten weiterer Voraussetzungen (z. B. § 244a StGB) im Zuge des OrgKG von 1992 verschärften sich die Einwände der Literatur gegen die Zweierbande.29 Nicht wenige Stimmen wollten nunmehr bei der Definition 20 Vgl. Dreher, NJW 1970, 1802 (1803); Kosmalla, S. 45. Weder der Duden von 1964 noch der von 2010 nennen „Duo“ oder „Paar“ als Synonyme für Bande; vgl. Duden, Synonyme, S. 107 f. und Duden, Synonyme5, S. 173. 21 BGHSt 23, 239 (240). 22 BGHSt 23, 239 (240). 23 Dreher, NJW 1970, 1802 (1803); Hohmann, NStZ 2000, 258 (259); Krings, S. 83 ff.; dazu BGHSt 46, 321 (326) m. w. N.; vgl. ferner Krings, S. 50 ff., die einige Ansichten von Befürwortern der Dreierbande kurz darstellt. 24 Z. B. die Einführung von § 10 IV 3 Nr. 4 Opiumgesetz durch BGBl. 1971 I, S. 2092 (2096); siehe dazu oben im 1. Teil F.III. 25 Vgl. zum Begriff der Konvergenz Küper, GA 1997, 301. 26 Schild, NStZ 1983, 69 (70); dazu Krings, S. 54 f. m. w. N. 27 Schild, NStZ 1983, 69 (70), der die Bande des § 30 I Nr. 1 BtMG als „Vereinigung“ i. S. des § 129 StGB auffasst. 28 BT-Drucks. VI/1877, S. 10. 29 BGHSt 46, 321 (326).

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

des Bandenbegriffs die Besonderheiten dieser Kriminalitätsform einfließen lassen.30 Es wurde vertreten, dass gerade bei Zweierverbindungen die besonderen Strukturen der Organisierten Kriminalität regelmäßig nicht vorlägen und daher die Zweierbande aufgegeben werden sollte.31 Zudem wurde dieses Ergebnis dadurch erreicht, dass eine Auslegung des Bandenbegriffs im Sinne des Begriffsverständnisses der Organisierten Kriminalität gefordert wurde, bei dem mindestens drei Mitglieder gegeben sein müssen.32 Im Gegensatz dazu wurde von anderen Autoren angenommen, dass eine Zweierverbindung ausreiche, wenn sich diese durch das Vorliegen von bestimmten, für die Organisierte Kriminalität typischen Gefährlichkeitskriterien auszeichne.33 Dennoch hielt die Rechtsprechung weiterhin an einer Mindestzahl von zwei fest. Allerdings vertrat die Rechtsprechung, dass die Bande gegenüber der Mittäterschaft eine gesteigerte, über die aktuelle Tat tendenziell hinausreichende deliktische Zusammenarbeit erforderte. Um nun die Bande von der Mittäterschaft – besonders für die Fälle der Verbindung zweier Personen – abzugrenzen, verlangten letztlich alle Strafsenate, dass der Bandentäter zusätzlich mit einem gefestigten Bandenwillen handelt.34 Zum Nachweis des Vorliegens eines solchen Bandenwillens entwickelte die Rechtsprechung bestimmte Kriterien,35 die wiederum zu einer unübersichtlichen und mitunter uneinheitlichen Kasuistik führten.36 Zudem wurde der Begriff der Bande durch dieses zusätzliche Merkmal in die Nähe des Organisationsdelikts des § 129 StGB gerückt.37 Der Rechtsprechungswandel zur erforderlichen Mindestanzahl von Bandenmitgliedern wurde schließlich durch einen Rechtsprechungswandel in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal „unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds“38 ausgelöst. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde angenommen, dass eine täterschaftliche Begehung beim Bandendiebstahl nur dann in Be30

Engländer, JR 2001, 78; Erb, NStZ 1998, 537; ders., NStZ 2001, 561 (562); Krings, S. 122 ff. 31 Engländer, JR 2001, 78. 32 Erb, NStZ 1998, 537; ders., NStZ 2001, 561 (562). Die Gesetzesbegründung zum OrgKG sprach zwar noch von „mehrere Beteiligte“ (BT-Drucks. 12/989, S. 24), aber die in Anl. E zu den RiStBV getroffene Definition hat sich heute durchgesetzt und dort sind „mehr als zwei Beteiligte“ erforderlich. 33 Krings, S. 122 ff.; vgl. auch Schild, NStZ 1996, 166 (170). 34 Zusammenfassend BGHSt 46, 321 (327); siehe ausführlicher unten B.I.1.a). 35 BGHSt 46, 321 (327). BGH NStZ 1996, 443 nennt als Indizien z. B. die sorgfältige Planung und Vorbereitung, zweckmäßige Arbeitsteilung, genaue Buchführung, gemeinsame Kasse, umfassende Absicherung, gegenseitige Kontrolle und den gegenseitigen Schutz. 36 Kosmalla, S. 51 und S. 133 f. 37 BGHSt 46, 321 (327); Altenhain, JURA 2001, 836 (840). 38 Siehe dazu ausführlich unten B.II.

A. Bestehen einer Bande

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tracht komme, wenn ein Bandenmitglied mit einem anderen örtlich und zeitlich zusammenwirkt.39 Nach zwei uneinheitlich beantworteten Anfragebeschlüssen, zunächst vom 3. Strafsenat40 und danach vom 4. Strafsenat41, die sich mit einer erweiterten Auslegung des Mitwirkungserfordernisses bei gleichzeitig erhöhten Anforderungen an die Mindestmitgliederzahl beschäftigten, legte der 4. Senat die beiden Rechtsfragen dem Großen Senat für Strafsachen zur Entscheidung vor.42 Dieser entschied 2001 zum einen, dass es nicht mehr erforderlich sei, dass zwei Bandenmitglieder örtlich und zeitlich den Diebstahl zusammen begehen43 und zum anderen, dass der Begriff der Bande den „Zusammenschluss von mindestens drei Personen“ voraussetzt, wobei ein „gefestigter Bandenwille“ oder ein „Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse“ nicht erforderlich ist.44 Nachdem sich der BGH der vorherrschenden Literaturmeinung angeschlossen hat, entspricht es heute der h. M., dass eine Bande mindestens drei Mitglieder voraussetzt.45 2. Konsequenzen und offene Fragen Die Heraufsetzung der Mindestmitgliederzahl von zwei auf drei Personen entspricht dem Wortlaut „Bande“ und wird insbesondere der ursprünglichen Formulierung „mehrere“ im PrStGB und RStGB gerecht. Diese Heraufsetzung führt jedoch zu einer Einschränkung der Strafbarkeit46 und schließt damit z. B. Verbindungen einer Person mit einem Kind von vornherein aus. Überhaupt führt eine Mindestpersonenzahl dazu, dass genau geprüft werden 39

RGSt 66, 236 (241); BGHSt 8, 205 (206 f.); BGHSt 25, 18; BGHSt 33, 50 (52), vgl. dazu BGH NStZ 2000, 255 (256) m. w. N. 40 BGH NStZ 2000, 255: Der 3. Senat gab hier zu erkennen, dass er eine Person auch dann als Täter eines Bandendiebstahls ansehen wollte, wenn sie zwar nicht am Tatort selbst unmittelbar an der Tatausführung beteiligt ist, aber auf eine andere Weise einen täterschaftlichen Tatbeitrag erbringt, sofern zwei weitere Bandenmitglieder den Diebstahl im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang begehen. 41 BGH NStZ 2000, 4744: Der 4. Senat wollte ganz auf das zeitliche und örtliche Zusammenwirken der Bandenmitglieder beim Bandendiebstahl verzichten, jedoch dabei die Mindestmitgliederzahl auf drei anheben. 42 BGH NJW 2001, 380. 43 BGHSt 46, 321 (2. Leitsatz). 44 BGHSt 46, 321 (1. Leitsatz). 45 Rengier, BT I, § 4 Rn. 91 m.w.N; vgl. aber auch die nach der Rechtsprechungsänderung bestehende a. A. von Küper, S. 45 f.; S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 24, der zudem noch an der Voraussetzung des Gesamtwillens festhält; ferner Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 297, 299. 46 Dessecker, NStZ 2009, 184 (186), erachtet diese Einschränkung als kriminalpolitisch wünschenswert.

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

muss, ob die nötige Anzahl an Bandenmitgliedern vorhanden ist. Gerade bei Kindern stellt sich die Frage, inwiefern sie als Bandenmitglieder anzusehen sind. • Beispiel A, B und das Kind K verabreden, in Wohnungen einzubrechen. Wenn K kein Bandenmitglied ist, dann mangelt es an der für eine Bande nötigen Mindestpersonenzahl von drei. A und B können dann nicht als Beteiligte aus den Bandennormen der §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB bestraft werden.

Aus dem formellen Kriterium der Mindestmitgliederzahl allein lässt sich die besondere Gefährlichkeit der Bande nicht herleiten. Wird der Strafgrund mit der herrschenden Meinung in den in einer Bande wirkenden besonderen Gruppenkräften und somit in der sog. „Organisationsgefahr“ gesehen,47 könnte daraus ebenso eine weitere Erhöhung der Mindestmitgliederzahl abgeleitet werden.48 Insofern muss der Bandenbegriff durch weitere, materielle Kriterien ausgestaltet werden.

II. Fortgesetzte Begehung 1. Entwicklung des Merkmals Die Bandennormen setzen allesamt voraus, dass sich die Bande zur „fortgesetzten Begehung“ der jeweils in den einzelnen Bandennormen angegebenen Delikte verbunden haben muss. Eine „fortgesetzte Verübung“ verlangte schon das PrStGB, während seit dem RStGB 1871 nun die jetzige Formulierung gilt. Das Reichsgericht49 führte bereits aus, dass die Bande gleich der Verbindung, aber im Gegensatz zum Komplott, auf einen über die Ausführung bloß einer konkreten Handlung hinausreichenden längeren Bestand angelegt sei. Hierin spiegelt sich die Feuerbach’sche Definition vom Beginn des 19. Jahrhunderts wider, wonach eine Bande „die Verübung mehrerer, einzeln noch unbestimmter Verbrechen einer gewissen Art, oder auch mehrerer Arten, zum Gegenstand hat“50. Heute wird allgemein gefordert, dass sich die Bandenmitglieder mit dem Willen verbunden haben müssen, 47 Der Strafgrund der Bandennormen ist nach h. M. zweigeteilt: Die sog. „Organisationsgefahr“ knüpft an die Verbindung der Mitglieder an, wohingegen die sog. „Ausführungsgefahr“ die Tatbegehung im Blick hat; siehe dazu ausführlich unten im 3. Teil B. 48 Dessecker, NStZ 2009, 184 (185 f.); Kosmalla, S. 129; Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 299. 49 RGSt 13, 273 (281). 50 Feuerbach, S. 82; siehe ausführlich oben im 1. Teil E.I.

A. Bestehen einer Bande

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künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen.51 Eine „gewisse Dauer“ und „mehrere [. . .] ungewisse Straftaten“ sind selbst unbestimmte Begriffe und lassen Raum für weitere Konkretisierung. Eine solche findet sich jedoch kaum in der Rechtsprechung. In zeitlicher Hinsicht wird lediglich negativ formuliert, dass eine auf wenige Stunden angelegte Verbindung nicht ausreiche.52 Hinsichtlich der Anzahl der Straftaten ist bereits dem Wortlaut der Bandennormen zu entnehmen, dass eine Verbindung zur Begehung nur einer Tat nicht ausreichen kann.53 Eine Straftatbegehung i. S. der früher anerkannten Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung wurde ebenfalls als nicht ausreichend angesehen.54 Durch diesen sog. Fortsetzungszusammenhang sollten mehrere auf den gleichen Erfolg gerichtete Handlungen – von in der Regel einer Person – zu einer rechtlichen Einheit und somit zu einer Tat im Sinne der Konkurrenzlehre verbunden werden.55 Einzelne Straftatbestandsverwirklichungen wurden demnach bloß als unselbstständige Teilakte einer Tat angesehen. War von vornherein aber lediglich eine solche fortgesetzte Straftat geplant, könne, so wurde argumentiert, das Merkmal der fortgesetzten Begehung i. S. der Bandendelikte nicht erfüllt sein, da dieses gerade auf die Begehung mehrerer selbstständiger Delikte angelegt sei.56 2. Konsequenzen und offene Fragen Die Rechtsprechung knüpft an die fortgesetzte Verbindung keine derart konkreten Anforderungen wie bei der Mitgliederzahl in Form von präzisen 51

BGHSt 38, 26 (31); BGHSt. 46, 321; BGHSt 50, 160 (161); Fischer, § 244 Rn. 34, 40; S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 25; Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 297. 52 OLG Hamm NJW 1981, 2207; zustimmend Fischer, § 244 Rn. 40; Kosmalla, S. 151; Krings, S. 136; S/S/W/Kudlich, § 244 Rn. 31; vgl. aber RGSt 9, 296, wonach mehrere Diebstähle während eines Jahrmarktbesuches als ausreichend angesehen wurden. 53 Vgl. BGH NStZ 2009, 35 (36). Nach Hermesmann, S. 73, lässt der Wortlaut auch eine begangene und eine weitere geplante Tat nicht genügen; ähnlich Schild, GA 1982, 55 (81). 54 RGSt 56, 90 (91); RGSt 66, 236 (238); BGH NStZ 1986, 408; BGH StV 1991, 519; dazu Kosmalla, S. 143 ff. Die Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhangs wurde durch BGHSt 40, 138 (teilweise) aufgegeben; vgl. dazu Heinrich, Rn. 1424 und MüKo-v. Heintschel-Heinegg, § 52 Rn. 62, jeweils m. w. N. Kritisch zur Entwicklung der fortgesetzten Handlung in der damaligen Rechtsprechung Fischer, NStZ 1992, 415. 55 Heinrich, Rn. 1424 f.; Kosmalla, S. 149. 56 RGSt 66, 236 (238); Fischer, § 244 Rn. 40, hebt immer noch die Selbstständigkeit der Taten hervor; zur Kritik vgl. Kosmalla, S. 145.

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

Mindestvoraussetzungen. Tatsächlich erscheint eine Festsetzung von Mindestvoraussetzungen bezüglich der Unbestimmtheit der Straftaten nicht möglich, da keine positiven, sondern nur negative Anforderungen aufgestellt werden können, indem ausgeschlossen wird, dass einzelne oder sogar alle Modalitäten zukünftiger Taten bereits feststehen. So schadet es nach der Rechtsprechung nicht, dass die geplanten Taten auf eine bestimmte Begehungsart begrenzt sind.57 Dagegen wird die Bandenabrede nicht derart eingeschränkt, dass nach ihr lediglich eine maximale Anzahl von Tatmodalitäten festgelegt sein dürfen (z. B. Tatzeit und -ort oder Art der Tatbeute). Aber auch bezüglich der zeitlichen Dauer des Zusammenschlusses und der Anzahl der zu begehenden Taten werden keine Mindestanforderungen von der Rechtsprechung festgesetzt, sondern ebenfalls nur negativ formuliert, was nicht ausreichend ist. Rückschlüsse für den Begriff der fortgesetzten Begehung können sich jedoch aus dem Vergleich zur soeben angesprochenen Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung ergeben. Allerdings muss im Rahmen dieser Arbeit nicht diskutiert werden, inwiefern die Rechtsfigur der fortgesetzten Handlung noch heute ihre Berechtigung hat.58 Ein Ausschlussverhältnis von fortgesetzter Handlung und fortgesetzter Begehung ergibt sich nämlich bereits dann, wenn für die Annahme des Fortsetzungszusammenhangs das Vorliegen eines „Gesamtvorsatzes“59 gefordert wird. Danach müsse der Vorsatz des Täters von Anfang an sämtliche Teile der Handlungsreihe in den wesentlichen Grundzügen nach Zeit, Ort, Art der Begehungsweise und Person des Verletzten umfassen und auf einen Gesamterfolg gerichtet sein.60 Wie sich aus der Entwicklung der Bande in Abgrenzung zum Komplott (Mittäterschaft bzw. Verbrechensverabredung) ergibt,61 müssen sich die Bandenmitglieder jedoch anfangs zusammenschließen, um – neben bereits 57

BGH bei Holtz, MDR 1978, 624. Diese Rechtsfigur wurde zudem mit der Zeit immer weiter ausgeweitet; vgl. Fischer, Vor § 52, Rn. 47. Zu den Vor- und Nachteilen dieser Rechtsfigur vgl. Heinrich, Rn. 1247 f. 59 BGHSt 1, 313 (315); BGHSt 15, 268 (271); BGH NStZ 1986, 408; dazu Heinrich, Rn. 1426 m. w. N. 60 Vgl. Heinrich, Rn. 1426. Der BGH hat in späteren Entscheidungen wie BGHSt 19, 323 (324), BGHSt 21, 319 (322) und BGHSt 23, 33 (35) sogar einen sog. „erweiterten Gesamtvorsatz“ anerkannt, wonach ein einmal gefasster Gesamtvorsatz bis zur Beendigung des letzten von der Planung umfassten Teilakts um einen oder mehrere Teilakte erweitert werden kann; vgl. dazu Fischer, NStZ 1992, 415 (417). Die Literatur forderte teilweise die Ersetzung des Gesamtvorsatzes durch einen sog. „Fortsetzungsvorsatz“ i. S. einer Fortsetzung oder gleichgelagerten Erneuerung des Handlungsentschlusses, was also auch nach Abschluss des letzten geplanten Teilaktes möglich war; so Maurach/Gössel/Zipf, AT 2, § 54 Rn. 78; vgl. dazu Heinrich, Rn. 1426. 61 Siehe oben im 1. Teil E.I. und unten im 3. Teil A.I.1.b). 58

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bestimmten – noch weitere unbestimmte Taten zu begehen. Demnach erfordert der Gesamtvorsatz, wie die Komplottabrede, einen höheren Konkretisierungsgrad der geplanten Straftaten als die Bandenabrede.62 Schließen sich Personen also bloß zur (fortgesetzten) Tatbegehung unter einem solchen Gesamtvorsatz zusammen, genügt(e) dies schon von daher nicht den Anforderungen an die Bandenabrede.63 Bandenmitglieder werden beim Zusammenschluss allerdings nicht nur abstrakte Überlegungen anstellen, sondern sich zumindest vage Vorstellungen über die einzelnen Tatumstände machen.64 Im Einzelfall muss demnach stets ermittelt werden, inwiefern bei einer Verabredung der Konkretisierungsgrad der Straftaten so hoch ist, dass eine Bandenabrede auszuschließen ist. • Beispiel A, B und C verabreden, innerhalb des nächsten Jahres jeden ersten Sonntag im Monat nach Holland zu fahren, um beim Händler X jeweils eine bestimmte Menge Kokain zu kaufen und es in Deutschland an den Händler Y weiter zu veräußern. Die Begehung weiterer, noch unbestimmter Taten wird dabei ausgeschlossen. Obwohl hier ein für die fortgesetzte Handlung nötiger Gesamtvorsatz ausgemacht werden kann, scheitert die Annahme einer Bande in diesem Fall nicht am Vorliegen eines Fortsetzungszusammenhangs, weil A, B und C nur eine (fortgesetzte) Tat begehen wollten. Die Annahme einer Bande muss vielmehr abgelehnt werden, weil die Gruppe neben diesen bestimmten Taten nicht weitere unbestimmte verabredet hat. Somit kann hier keine Bandenabrede angenommen werden und es kommt bei Begehung keine Strafbarkeit aus den Bandennormen der § 30 I Nr. 1 BtMG bzw. § 30a I BtMG in Betracht.65

Durch die Forderung, dass die Bandenmitglieder sich zur Begehung mehrerer unbestimmter Taten zusammengeschlossen haben müssen, folgt demnach keine Aussage über bestimmte Mindestvoraussetzungen des Zusammenschlusses. Dabei wären Mindestanforderungen im Hinblick auf die Verbindungsdauer oder die Anzahl der Straftaten einfach festsetzbar und der Rechtssicherheit dienend. Fraglich ist aber, ob eine zeitliche oder zahlen62

Kosmalla, S. 149; ähnlich bereits Loeber, S. 24. Vgl. Kosmalla, S. 148 ff., zur zu verneinenden Frage, inwiefern die neue Rspr. eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Bandennormen darstellt. 64 Kosmalla, S. 147; Tenckhoff, JR 1982, 208 (209). 65 Allerdings dürfte eine solche auf lange Zeit angelegte Verbindung, die nicht als Bandenabrede anzusehen ist, eher die Ausnahme darstellen. Zum einen bringt ein die Bandenabrede ausschließender konkreter Gesamtvorsatz grundsätzlich eine zeitliche Limitierung mit sich und zum anderen wird in der Praxis eine solche Begrenzung auf bereits genau konkretisierte Taten nicht über einen solchen langen Zeitraum ohne zumindest konkludente Modifizierungsmöglichkeit einzuhalten sein. Nach BGHSt 39, 216 stellt der von vorneherein auf einen Gesamterfolg gerichteten Gesamtvorsatz beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln einen „Ausnahmefall“ dar. 63

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mäßige Einschränkung überhaupt notwendig erscheint. Wird als Strafgrund wesentlich auf eine gesteigerte Ausführungsgefahr66 abgestellt, könnte bereits eine kurzfristige Bindungsdauer genügen. Wird die Ausführungsgefahr nämlich derart verstanden, dass mindestens zwei Mitglieder am Tatort anwesend sein müssen, wodurch die Durchsetzungskraft gegenüber dem potentiellen Opfer erhöht wird,67 wäre diese Gefahr bereits mit der ersten Straftatbegehung gegeben, wie es z. B. bei bloßer Mittäterschaft der Fall ist.68 Allerdings könnte auch mehr in den Mittelpunkt gerückt werden, dass sich die Täter erst aufeinander einstellen und schon praktische Erfahrung in der Zusammenarbeit miteinander entwickelt haben müssen. Danach wäre wohl noch keine erhöhte Gefahr bei der ersten Tat gegeben,69 was für die Festsetzung einer bestimmten Mindestanzahl von zu begehenden Straftaten spricht. Wird andererseits der Schwerpunkt der besonderen Gefährlichkeit der Bande in der engen Bindung gesehen, die die Mitglieder für die Zukunft eingehen und die einen ständigen Anreiz zur Fortsetzung bildet, mithin in der Organisationsgefahr,70 spricht dies zumindest gegen eine nur kurze Dauer von wenigen Stunden. Denn es bedarf einiger Zeit bzw. einiger Taten, um eine gewisse Gruppendynamik zu entfalten.71 Unabhängig von der Frage nach dem Grund der erhöhten Strafbarkeit72 wird sich die Festsetzung von Mindestmerkmalen als zu starr erweisen, da kaum eine Bande mit einer anderen vergleichbar ist.73 Entscheidend ist vielmehr, dass der angestrebte Verbindungszeitraum die Möglichkeit eröffnet, eine Vielzahl von Taten zu begehen.74 Wobei einige Meinungen eher die Vielzahl i. S. einer unbestimmten Anzahl von Taten75 betonen und an66

Siehe zur teleologischen Auslegung unten im 3. Teil B. Vgl. BGH NJW 2000, 2907 (2909); in Bezug auf diese Entscheidung spricht BGH NJW 2001, 380 (381) allerdings von „Aktionsgefahr“. 68 Vgl. Kosmalla, S. 152. 69 So Krings, S. 136 f., die dies jedoch im Zusammenhang mit der Frage hervorhebt, ab welcher Tat im Rahmen einer Bandenabrede diese dem verschärften Strafmaß des Bandendelikts unterfällt und damit nicht wie im hiesigen Kontext, wo gefragt wird, wie viele Taten mindestens verabredet werden müssen, um von einer Bandenabrede und damit Bande zu sprechen. 70 Siehe zur teleologischen Auslegung der Bandenmäßigkeit unten im 3. Teil B. 71 Kosmalla, S. 152. 72 Siehe dazu noch ausführlich unten im 3. Teil B. 73 Ähnlich Kosmalla, S. 152, der dennoch drei Tage als unterste zeitliche Grenze ansieht. Nach Hermesmann, S. 70 ff., ist die Dauer des Zusammenschlusses gänzlich ohne Bedeutung. 74 BGH wistra 2010, 347. Dem Moment der Anzahl der Taten ist eine höhere Relevanz beizumessen als dem Moment der Bindungsdauer, denn nur die Anzahl der verübten Taten und nicht die dazwischenliegende Dauer wirkt unrechtserhöhend; vgl. Hermesmann, S. 72. 75 So Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (134); Eisele, BT II, Rn. 219. 67

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dere Meinungen eher die Unbestimmtheit der Taten76 in den Vordergrund stellen. Je länger der geplante Verbindungszeitraum und je mehr Taten vereinbart werden, desto unbestimmter werden die Taten gehalten sein. Dadurch, dass das Gesetz fordert, dass sich die Bande(nmitglieder) zur fortgesetzten Begehung verbunden haben müsse(n), wird jedoch deutlich, dass es in erster Linie auf die getroffene Abrede und nicht auf die tatsächlich bestandene Dauer bzw. die begangenen Taten ankommt und demnach nicht darauf, ob sich z. B. tatsächlich Routine, Spezialisierung oder gruppendynamische Prozesse herausgebildet haben. Daran schließen sich jedoch weitere Fragen an. Auf welchen Zeitpunkt ist abzustellen bei der Bestimmung des Vorliegens der fortgesetzten Begehung: auf die Gründung der Bande bzw. den Beitritt eines weiteren Mitglieds oder auf den Zeitpunkt der konkreten Tatbegehung? Letzterer Zeitpunkt wird als relevant anzusehen sein, da für die Bestimmung der Strafbarkeit immer nur die konkrete Tathandlung entscheidend sein kann (vgl. § 16 i. V. m. § 8 StGB). Ferner ist zu fragen, auf wen dabei abzustellen ist: die Bande im Allgemeinen oder das einzelne, die Tat begehende Mitglied? Dies ist unproblematisch, wenn sich alle Bandenmitglieder vor der ersten Tatbegehung zur fortgesetzten Begehung zusammenschließen und die Bandenmitglieder erst nach einer Tat festlegen, keine weiteren Taten zu begehen. Schwieriger ist hingegen die Beurteilung für den Fall, dass ein Mitglied erst später hinzutritt und die Bande dann bloß noch eine bestimmte Anzahl konkreter Taten begehen will. • Beispiel D tritt einer Diebesbande bei, die auf Einbrüche spezialisiert ist. D hat dabei den Willen, mit den anderen unbestimmt viele Taten zu begehen. Bevor es zum nächsten Einbruchsdiebstahl kommt, beschließen alle Bandenmitglieder bis auf D jedoch mehrheitlich, nur noch eine konkrete Tat zu begehen, um danach rechtschaffene Bürger zu werden. An diesem Einbruchsdiebstahl ist der D beteiligt. Für eine bandenmäßige Begehung des D spricht, dass unzweifelhaft zum Zeitpunkt seines Beitritts eine Bande zur fortgesetzten Begehung vorlag und sich die Tat im Rahmen der Bandenabrede bewegt.77 Fraglich ist jedoch, inwiefern zum Zeitpunkt der Tatbegehung überhaupt noch eine Bande bestanden hat. Fast alle Mitglieder haben vor Begehung der letzten Tat bekundet, neben der konkret geplanten Tat keine weiteren, noch unbestimmten Taten mehr begehen zu wollen. Damit wurde die Bande, die sich ursprünglich zur fortgesetzten Begehung zusammengeschlossen hatte, aufgelöst. Der anders gerichtete Wille des D ist dabei 76 Nach Hermesmann, S. 73 f., muss die Anzahl der geplanten Taten nicht ungewiss sein. Kindhäuser, BT II, § 4 Rn. 33, begründet allerdings anhand eines Beispiels das Vorliegen einer Bande damit, dass eine unbestimmte Anzahl von Taten verabredet worden ist. 77 Siehe zur Bandenabrede unten A.IV.

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit ohne Relevanz, denn es muss zum Zeitpunkt der fraglichen Tatbegehung (vgl. §§ 8, 16 StGB) eine Bande und mithin eine Verabredung mit anderen Bandenmitgliedern zur fortgesetzten Begehung bestehen.78 Dies liegt hier jedoch nicht vor. Demnach kommt in diesem Fall für D, wie auch für die anderen Beteiligten, bezüglich des letzten Delikts keine Bestrafung aus einer Bandennorm (§§ 244 I Nr. 2, 244a StGB) in Betracht.

Zudem ist fraglich, wie es zu beurteilen ist, wenn sich Personen zur Straftatbegehung zusammenschließen, sich jedoch vorbehalten, nur dann weitere Taten zu begehen, wenn die erste Tat erfolgreich verläuft und sie demnach die fortgesetzte Begehung von einer Bedingung abhängig machen.79 • Beispiel A, B und C planen einen Einbruchsdiebstahl. Dabei verabreden sie, zukünftig in wechselnder Beteiligung weitere, noch unbestimmte Einbruchsdiebstähle zu begehen, falls dieser Einbruch erfolgreich von ihnen durchgeführt wird. Die geplante Tat war ein voller Erfolg, so dass sie weitere Taten begehen. Hier ist problematisch, inwiefern diese erste Tat bereits als Bandentat anzusehen ist.80

Die Ausführlichkeit der hier vorgenommenen Schlussfolgerung zeigt auf, dass die mangelnde Konkretisierung des Merkmals der fortgesetzten Begehung durchaus auf Probleme stoßen kann. Die fortgesetzte Begehung ist kein formelles Kriterium wie die Mindestanzahl der Bandenmitglieder, sondern ein materielles, welches in der Bandenabrede zum Ausdruck kommt. Eine endgültige Beantwortung der hier aufgeworfenen Fragestellungen wie auch die Anwendung des Merkmals auf Fälle mit Kindern erfordert daher zunächst eine eingehende Befassung mit der Bandenabrede.81

78 Vgl. dazu Fischer, § 244 Rn. 40, der für das Erfordernis der beabsichtigten wiederholten Tatbegehung auf die Vorstellung der Gesamtbande abstellt; zustimmend S/S/W/Kudlich, § 244 Rn. 31. Hierzu nimmt Fischer auf BGHSt 49, 177 (188) Bezug, wo festgestellt wird, dass es für die Bande irrelevant ist, wenn die Tatbeiträge einzelner Mitglieder bezüglich mehrerer Taten zu einer Tat im Sinne gleichartiger Tateinheit verknüpft werden. 79 So stehen nach dem BGH die Bedingungen des Abwartens einer günstigen Gelegenheit (BGH bei Dallinger, MDR 1967, 369; BGH wistra 2012, 433 [435]) für einen Taschendiebstahl oder des Eintritts von Geldmangel (BGH GA 1974, 308) einer Bandenabrede nicht entgegen. In BGH NStZ 1996, 443 wurde allerdings eine Bandenabrede abgelehnt, weil zunächst ein Testkauf erfolgen sollte; vgl. dazu Kosmalla, S. 146. 80 Siehe dazu unten im 4. Teil C.I.3. 81 Siehe unten A.IV.

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III. Zu begehende Delikte 1. Entwicklung des Merkmals Die Bande muss sich zur Begehung der in der jeweiligen Bandennorm benannten Delikte verbunden haben.82 Dabei beziehen sich die Bandennormen nicht allein auf die durch sie zu schärfenden Grunddelikte, sondern oftmals zudem auf verwandte Delikte. Beispielsweise kann sich die Bande beim Bandendiebstahl neben der Begehung von Diebstahlstaten auch zur Begehung von Raubtaten verbunden haben. Ausreichend ist dabei jeweils, wenn sich die Vorstellung auf die Verwirklichung der Grunddelikte richtet.83 Eine Beschränkung der Bande auf Deliktsgattungen ist keine Erfindung des modernen Strafrechts. Bereits als die Bande im 19. Jahrhundert als Zurechnungsfigur angesehen wurde, erfolgte eine solche Beschränkung. Zwar bezog Feuerbach die Bande noch auf unbestimmte Verbrechen „einer gewissen Art, oder auch mehrerer Arten“.84 Im von Feuerbach mitverfassten BayStGB 1813 wurde die Bande jedoch weiter eingeengt auf unbestimmte Verbrechen „einer gewissen Art oder Gattung“ (Art. 54). Lediglich in den nie Gesetz gewordenen Entwürfen zu einem Strafgesetzbuch Anfang des 20. Jahrhunderts wurde bei der Strafbarkeit der bloßen Bandenbildung teilweise auf eine auf Deliktsgattungen begrenzte Verbindung verzichtet.85 Jedoch fand bei der Bande in ihrer Funktion als Strafschärfungsgrund durchweg eine Begrenzung der Straftaten auf den jeweils im Gesetz genannten Deliktstypus statt. Welche Konsequenzen sich beispielsweise für eine aus Hehlern und Dieben gemischte „Bande“ aus der Begrenzung auf Deliktsgattungen ergeben, wird durch den Beschluss des 4. Strafsenats von 2006 verdeutlicht.86 So ist es zwar möglich, dass ein Angeklagter zugleich an einer Diebesbande und einer Hehlerbande beteiligt gewesen war. Zu beachten ist jedoch, dass das Gesetz eine aus Dieben und Hehlern bestehende „gemischte“ Bande als 82 Die Begrenzung auf bestimmte Delikte erfolgt dabei in den einzelnen Bandennormen auf unterschiedliche Weise. So lautet z. B. § 146 II StGB: „Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Geldfälschung verbunden hat“. Dagegen spricht § 284 III Nr. 2 StGB nur von der „fortgesetzten Begehung solcher Taten“, wobei sich aus Absatz 3 ergibt, dass es sich dabei um Taten des Absatzes 1 handeln muss. Der Bezug auf einen bestimmten Absatz kann jedoch auch wie in § 152 b II StGB erfolgen, wo die Bande sich zur „fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1“ verbunden haben muss. 83 Fischer, § 244 Rn. 38. 84 Feuerbach, S. 82. 85 Vgl. z. B. § 300 E StGB 12/1936. 86 BGH NStZ 2007, 33 (34).

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Qualifikationsmerkmal nur bei der Hehlerei (§§ 260 Abs. 1 Nr. 2, 260a Abs. 1 StGB) vorsieht, nicht dagegen beim Diebstahl (§§ 244 Abs. 1 Nr. 2, 244a Abs. 1 StGB). Damit scheidet die Annahme einer aus der Mindestanzahl von Mitgliedern bestehenden Diebesbande aus, wenn sich jemand, der nur Hehler ist, mit zwei anderen am Diebstahl Beteiligten zusammenschließt, nicht aber, wenn der Betreffende zugleich an den Diebstahlstaten teilnehmen soll.87 2. Konsequenzen und offene Fragen Dieses Tatbestandsmerkmal wird von der Rechtsprechung wie auch in der Literatur eher stiefmütterlich behandelt. Dabei könnte dieses Merkmal genutzt werden, um die Bandenstrafbarkeit auf solche Fälle zu beschränken, in denen sich Personen lediglich zur Begehung der in der jeweiligen Bandennorm benannten Deliktsgattung verabredet haben. Dies dürfte allerdings oft nicht praxistauglich und somit kriminologisch nicht sachgerecht sein. Soweit ersichtlich, hat die Rechtsprechung jedoch noch nicht ausdrücklich dazu Stellung genommen, inwiefern eine Personenverbindung bei einer Straftatbegehung zu bestrafen ist, die sich allgemein zur Begehung von Straftaten verbunden hat. • Beispiel Eine Gruppe Jugendlicher schließt sich zusammen, um zukünftig Straftaten zu begehen. Die Mitglieder A und B führen daraufhin einen Diebstahl aus.88

In Bezug auf eine stillschweigend getroffene Bandenabrede hat der BGH jedoch klargestellt, dass diese aus dem konkret feststellbaren wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen hergeleitet werden kann.89 Dies gelte sogar dann, wenn die Tätergruppe außer den gesetzlich umschriebenen Bandentaten weitere Straftaten anderer Art begeht.90 Die dem Fall zugrunde liegenden anderen Delikte waren insbesondere Körperverletzungs- und Brandstiftungsdelikte, die laut BGH mit den – in § 244 StGB – gesetzlich umschriebenen Bandentaten im Zusammenhang standen und daher ein Indiz für einen bandenmäßigen Zusammenschluss darstellten. Somit wird dieses Merkmal einzig so zu verstehen sein, dass es den Zusammenhang zwischen Grunddelikt und Bandenschärfung darstellt, indem Bandenmitgliedern nur dann der Vorwurf gemacht wird, Mitglieder einer Bande 87

Siehe dazu noch unten im 4. Teil C.I.4.a). Eine solch unkonkrete Abrede zur Begehung von „Straftaten“ dürfte allerdings lebensfremd sein. Siehe dazu noch unten im 4. Teil C.I.4.a). 89 BGHSt 47, 214 (219 f.); BGH NStZ 2009, 35 (36). 90 BGH NStZ 2009, 35 (36); vgl. auch Hermesmann, S. 75. 88

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zu sein, wenn sie eine von der Bandenabrede dem Deliktstypus nach gedeckte Tat begehen.91 • Beispiel Eine Gruppe Jugendlicher schließt sich zusammen, um zukünftig jugendtypische Aggressionstaten wie Sachbeschädigung oder Körperverletzungen zu begehen. Dabei kommt es immer wieder vor, dass die Mitglieder Begleittaten nach den §§ 242, 249 StGB verüben. Für eine Anwendung der Bandennormen der §§ 244 I Nr. 2, 244a oder 250 I Nr. 2 StGB ist erforderlich, dass diese Begleittaten in die Bandenabrede aufgenommen worden sind.92

Im Einzelfall dürfte sich oftmals die Frage stellen, inwiefern die Tat eines Bandenmitglieds einen Exzess darstellt und somit eine Bandentat abzulehnen ist oder ob die Bande vielleicht ihre ursprünglich bei Zusammenschluss getroffene Abrede auf weitere Straftatstypen erweitert hat und damit eine Bandentat doch gegeben ist.93 • Beispiel Ein Gruppe Jugendlicher hat sich zu Sachbeschädigungs- und Körperverletzungsdelikten zusammengeschlossen. Im Laufe der Zeit kommt es vermehrt zu Diebstahls- und Raubtaten. Eine Strafbarkeit wegen eines bandenmäßigen Diebstahls oder Raubes kommt bloß dann in Betracht, wenn die Bandenabrede ausdrücklich oder stillschweigend auf solche Taten erstreckt worden ist.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass das Merkmal der Begrenzung auf bestimmte Deliktsgattungen erst durch das sogleich darzustellende Merkmal der Bandenabrede Gestalt gewinnt.94 In Bezug auf Banden und Kinder ist anzumerken, dass viele, die Kinderkriminalität prägende Delikte95 nicht zu den Deliktsgattungen zählen, für die eine bandenmäßige Begehung vorgesehen ist. Für strafmündige Personen, die mit Kindern diese nicht erfassten Delikte begehen, kommt folglich keine bandenmäßige Strafschärfung in Betracht. • Beispiel Die Mitglieder einer Clique zerstören in ihrer Freizeit regelmäßig fremdes Eigentum. In diesem Sinne entzünden der 18-jährige A und der 13-jährige B ein fremdes Auto, welches abbrennt. A kann somit wegen einer Sachbeschädigung, § 303 StGB, und wegen Brandstiftung, § 306 I Nr. 4 StGB, bestraft werden. Eine Straf91

Vgl. Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (138). Vgl. BGH NStZ 2009, 35; LK-Vogel, § 244 Rn. 65. 93 Vgl. hierzu Hermesmann, S. 74 f.; Kosmalla, S. 153 ff.; ferner auch LK-Vogel, § 244 Rn. 66, wobei sie dies für auf bestimmte Tatmodalitäten konkretisierte Deliktsgattungen und nicht für unterschiedliche Deliktsgattungen diskutieren. 94 Siehe sogleich unter A.IV. 95 Vgl. zur Kinderkriminalität Schwind, § 3 Rn. 9 ff. 92

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit schärfung für bandenmäßige Begehung ist weder bei der Sachbeschädigung noch bei der Brandstiftung vorgesehen. Zu erörtern bleibt in solchen Fällen, inwiefern sich die „bandenmäßige Begehung“ auf eine mögliche Strafzumessung auswirken kann.

IV. Bandenabrede 1. Entwicklung des Merkmals Wie bereits in den Bandennormen des PrStGB vorausgesetzt, muss sich die Bande als weitere Voraussetzung „verbunden“ haben. Dem lässt sich die allgemeine Forderung96 nach einer deliktischen Vereinbarung der Mitglieder, der sog. Bandenabrede, zugrunde legen. Dies setzt den Willen der Mitglieder voraus, sich mit anderen zu verbinden, um künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Delikttyps zu begehen.97 Mit der Bandenabrede gehen die zuvor genannten Voraussetzungen der fortgesetzten Begehung und der Begrenzung auf Deliktsgattungen einher und zugleich wird durch sie die Eigenschaft einer Person als Bandenmitglied begründet.98 Somit kommt der Bandenabrede eine zentrale Bedeutung innerhalb der Begriffsbestimmung zu. Dies zeigt sich auch insofern, als ihr die abstrakte Gefährlichkeit der Bande, die sog. Organisationsgefahr, zugeschrieben wird, die – neben der Ausführungsgefahr bei den konvergenten Bandennormen – den Rechtsgrund für die qualifizierte Strafbarkeit bilden soll.99 Die Gefährlichkeit der Bandenabrede liege nämlich in der engen Bindung, die die Mitglieder für die Zukunft und daher für eine gewisse Dauer eingehen und die einen ständigen Anreiz zur Fortsetzung bildet.100 Trotz dieser wesentlichen Bedeutung der Bandenabrede finden sich in den Gesetzesmaterialien keine näheren Hinweise auf die an die Bandenabrede zu stellenden Voraussetzungen.101 Die Rechtsprechung wie auch die herrschende Meinung in der Literatur nehmen an, dass die Bandenabrede nicht nur durch eine ausdrückliche, son96 Z. B. BGHSt 47, 214 (216); BGHSt 50, 160 (161); BGH NStZ 2006, 176; Fischer, § 244 Rn. 36. 97 BGHSt 50, 160 (161). 98 Vgl. BGHSt 47, 214 (216); BGHSt 50, 160 (161). Schöch, NStZ 1996, 166 (169), definiert die Bandenabrede als Vereinbarung bezüglich der Mitgliedschaft und des Zwecks. 99 BGHSt 46, 321 (334); BGH NStZ 2006, 342 (343); Eisele, BT II, Rn. 212; Körner/Patzak, BtMG, § 30 Rn. 36; Rengier, BT I, § 4 Rn. 90; siehe zur Gefährlichkeit der Bande unten im 3. Teil B. 100 BGHSt 46, 321 (336); BGHSt 47, 214 (216 f.); BGH NStZ 2007, 33 (34). 101 Vgl. dazu BGHSt 50, 160 (165 f.).

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dern bereits durch eine stillschweigende Vereinbarung erfolgen kann.102 Die Bandenabrede und damit die Gründung einer Bande sowie auch der Beitritt eines Mitglieds bedürfen also keiner besonderen Form. Es ist lediglich erforderlich, dass Personen mit Wissen und Wollen die Bande gründen bzw. der Bande beitreten und insofern Vorsatz haben bezüglich der Umstände, die zur bandenmäßigen strafschärfenden Wirkung führen.103 Eine gegenseitige Verpflichtung der Mitglieder zur Straftatbegehung wird dabei nicht gefordert.104 Dennoch fand sich insbesondere in der Zeit, als die Rechtsprechung noch von einer Mindestpersonenzahl von zwei Personen ausging, oft die Formulierung, dass sich mindestens zwei Personen „mit dem ernsthaften Willen“ zusammengeschlossen haben müssen.105 Seit der Grundsatzentscheidung des Großen Senats für Strafsachen106 zur Mitgliederzahl der Bande ist diese Wendung kaum noch zu lesen, vielmehr heißt es heute regelmäßig nur noch, dass sich drei Personen „mit dem Willen“ verbunden haben müssen. Jedoch ist nicht eindeutig, dass durch die geforderte „Ernsthaftigkeit“ zugleich erhöhte Anforderungen an die Bandenabrede gestellt wurden. Auch wenn der BGH in der besagten Grundsatzentscheidung zugleich eine Absage an die Mitte der 90er Jahre aufgekommene restriktive Forderung nach einem „verbindlichen Gesamtwillen“107 bzw. der Betätigung in einem „übergeordneten (Banden-)Interesse“108 erteilt hat, steht dies nicht im Zusammenhang mit dem geforderten „ernsthaften Willen“ zum Zusammenschluss, da sich bereits vor als auch nach diesen restriktiven Auslegungsbestrebungen in manchen Entscheidungen die Formulierung „ernsthafter Wille“ findet.109 Obwohl die Bandennormen heute der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität dienen sollen110 und die Rechtsprechung manchmal von „banden102 BGHSt 38, 26 (31); BGHSt 47, 214 (219); BGHSt 50, 160 (162, 164); BGH NStZ 1986, 408; BGH NStZ 2006, 176; Eisele, BT II, Rn. 218; Fischer, § 244 Rn. 36; vorsichtiger Schild, GA 1982, 55 (81). Gleiches gilt für die Auflösung der Bande; BGHSt 50, 160 (162). 103 Kosmalla, S. 153. 104 BGHSt 31, 202 (205); BGHSt 46, 321 (326); BGH GA 1974, 308. 105 BGHSt 38, 26 (31); BGHSt 42, 255 (257); BGH NStZ 1996, 442; BGH NStZ 1996, 443; BGH NStZ-RR 1997, 375 (376); vgl. aber auch den Anfragebeschluss BGH NStZ 2000, 474. 106 BGHSt 46, 321. 107 BGH NStZ 1996, 443; in BGHSt 42, 255 (259 f.); BGH NJW 1996, 2316 (2317): „gefestigten Bandenwillen“. 108 BGHSt 42, 255 (259 f.); BGH NStZ-RR 1997, 375 (376); siehe dazu unten B.I.1.a). 109 So in BGHSt 38, 26 (31); BGH, Urteil vom 11.02.2009, Az. 2 StR 528/08 [juris, Rn. 14]; vgl. auch Oglakcioglu, JURA 2012, 770 (771). 110 BT-Drucks. 12/989, S. 25.

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

mäßig organisierten Gruppen“ spricht111, soll es dennoch nicht erforderlich sein, dass eine feste Organisation vereinbart wurde, in der den einzelnen Mitgliedern ganz bestimmte Rollen zugewiesen sind.112 Andererseits ist es aber nicht notwendig, dass Mitglieder gleichrangig in die Bandenstruktur eingegliedert sind.113 Typischerweise ist eine Bande gerade durch eine hierarchische Struktur mit einem das Geschehen beherrschenden Bandenchef gekennzeichnet.114 In diesem Sinne entschied Anfang 2002 der BGH115 die bis dahin unentschiedene Frage116, inwiefern ein Bandenmitglied auch derjenige sein kann, der nach der Bandenabrede nur Gehilfenfunktion ausüben soll. Da es für das Mitwirkungserfordernis bereits ausreichend sei, dass ein Mitglied mit einem anderen auf irgendeine Weise, etwa als Gehilfe, zusammenwirkt, spreche nichts dafür, an die Mitgliedschaft selbst erhöhte Anforderungen zu stellen.117 Demnach setze die Bandenabrede nicht die Zusage künftiger täterschaftlicher Tatbeiträge voraus.118 Jedoch dürften die in Aussicht genommenen Tatbeiträge nicht von gänzlich untergeordneter Bedeutung sein, da insofern eine Organisationsgefahr schwerlich begründet oder gesteigert werden könne.119 2005 stellte der 3. Strafsenat120 erstmals fest, dass es nicht erforderlich ist, dass sich sämtliche Bandenmitglieder persönlich verabredet haben und sich untereinander kennen, sofern jeder den Willen hat, sich zur zukünfti111

BGHSt 50, 160 (164). BGHSt 38, 26 (31); BGHSt 42, 255 (258); BGH NStZ 1996, 442; BGH NStZ 1996, 443; BGH NStZ-RR 1997, 375 (376). Insbesondere ist kein Organisationsgrad i. S. von § 129 StGB erforderlich, jedoch wurde durch das Erfordernis eines Bandenwillens die Bandentat in die Nähe des Organisationsdelikts des § 129 StGB gerückt; BGHSt 46, 321, (327). 113 BGHSt 47, 214 (219). 114 BGHSt 47, 214 (219). 115 BGHSt 47, 214. 116 BGHSt 47, 214 (216); dazu auch Gaede, StV 2003, 78. 117 BGHSt 47, 214 (218) mit Verweis auf BGHSt 46, 321 (338); BGH NStZ 2007, 33 (34); vgl. aber Rath, GA 2003, 823; Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (71 f.). 118 Eine Differenzierung zwischen den einzelnen Beteiligungsformen in Bezug auf die Bandenabrede ist allerdings schon insofern schwierig, da die Beteiligungsformen nur anhand konkreter Taten bestimmt werden können und die Bandenabrede regelmäßig einer konkreten Tatbegehung vorausgeht. So wird im Zeitpunkt der deliktischen Vereinbarung oftmals noch gar nicht feststehen, welcher Art die später bei den konkreten Taten im Einzelnen zu erbringenden arbeitsteiligen Tatbeiträge sein werden; BGHSt 47, 214 (219); vgl. dazu auch Toepel, StV 2002, 540 (541). Noch komplizierter erscheint diese Einstufung der Beteiligtenrollen dann, wenn die einzelnen Bandenmitglieder sich nicht alle persönlich verabredet haben und gar nichts von den Rollen der anderen Mitglieder wissen und ihre eigenen Rollen somit auch schwer einschätzen können. 119 BGHSt 47, 214 (217); BGH NStZ 2007, 33 (34). 120 BGHSt 50, 160; vgl. auch BGH NStZ 2008, 575. 112

A. Bestehen einer Bande

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gen Begehung von Straftaten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden. Die Organisationsgefahr liege sogar dann vor, wenn sich der Bindungswille des Einzelnen auf mindestens zwei andere Personen bezieht. Die enge Bindung und der ständige Anreiz zur Fortsetzung der kriminellen Tätigkeit seien nämlich auch dann gegeben, wenn sich nicht alle Mitglieder untereinander kennen oder bloß eine – untereinander verbundene – Mehrheit von Zweierbeziehungen besteht.121 • Beispiel A will eine Bande gründen, die in verschiedenen Städten Diebstähle begeht. Dazu startet er einen Aufruf im Internet. B und C, die sich untereinander nicht kennen, melden sich bei ihm. A und B begehen in Folge dessen den ersten Diebstahl. Sofern sowohl B als auch C mit A verabreden, in der Folgezeit Diebstähle mit noch mindestens einer weiteren Person zu begehen, wäre es nach Ansicht des BGH unerheblich, ob sich B und C kennen und untereinander verabredet haben. A wäre dann das die Mitglieder B und C verbindende Moment. Demzufolge wäre der Diebstahl von A und B als Bandentat (§§ 244 I Nr. 2, 244a StGB) einzustufen.122

Demnach ist eine gleichzeitige Vereinbarung ebenfalls nicht erforderlich, so dass eine Person sich an eine bereits bestehende Bande anschließen kann.123 Sie muss in dem Fall die bereits vereinbarte Bandenabrede anerkennen.124 Durch den Beitritt zu einer Verbindung kann zudem erst die für eine Bande erforderliche Personenzahl erreicht werden.125 • Beispiel A und B beschließen, gemeinsam in Zukunft Einbruchsdiebstähle zu begehen. Nach erfolgreicher Durchführung einiger Taten, erzählt B seinem Kumpel C von der mit A getroffenen Vereinbarung. C ist von dieser „Freizeitbeschäftigung“ der beiden derart begeistert, dass er B bittet, ebenfalls mit den beiden zukünftig solche Einbruchsdiebstähle begehen zu dürfen. B ist darüber erfreut und fragt bei A an, ob er damit einverstanden wäre. Auch A ist froh, noch einen weiteren Verbündeten zu haben. Die nächste Tat begehen B und C gemeinsam. Diese letzte Tat ist im Gegensatz zu den vorherigen Taten aufgrund der nun geschlossenen Bandenabrede als Bandentat anzusehen (§§ 244 I Nr. 2, 244a I StGB). 121

BGHSt 50, 160 (167); siehe zur Organisationsgefahr noch unten im 3. Teil

B.I.1. 122 Vgl. BGH, Urteil vom 28.03.2012, Az. 2 StR 398/11 [juris], zu einem „Internetfall“ aus dem Bereich des bandenmäßigen Verbreitens kinderpornografischer Schriften, bei dem sich die Mitglieder nur teilweise untereinander aus persönlichen Kontakten mit ihren Namen kannten und auf einer Internetplatform anonymisiert unter Verwendung von Pseudonymen kommunizierten. 123 BGHSt 50, 160 (164). 124 Vgl. Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (76). 125 BGHSt 50, 160 (164).

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

Das Vorliegen einer Bandenabrede wird nicht selten von der Rechtsprechung aus objektiven Umständen hergeleitet, obwohl die Bandenabrede selbst keine tatbestandsmäßige Handlung darstellt und andererseits eine tatbestandsmäßige Handlung noch keinen zwingenden Schluss auf eine Bandenabrede zulässt.126 Da für die Bandenabrede aber jede Form und damit sogar eine stillschweigende Vereinbarung ausreichen soll, kann häufig das Bestehen einer Abrede nur aus dem konkret feststellbaren wiederholten Zusammenwirken mehrerer Personen hergeleitet werden.127 Jedoch darf dieses wiederholte deliktische Zusammenwirken allein nicht zur Annahme der Bandenabrede führen,128 auch nicht dann, wenn eine Person mit erweislich als Bandenmitgliedern handelnden Personen agiert.129 Dennoch werden die Beweisanforderungen hinsichtlich der deliktischen Vereinbarung umso geringer sein, je stärker die Gefährlichkeit einer Tätergruppe durch die Zahl ihrer Mitglieder, durch deren Präsenz bei der Tatausführung oder durch eine organisatorische Stabilität hervortritt.130 2. Konsequenzen und offene Fragen Die Bandenabrede definiert die Bande und nimmt daher für die Bandenmäßigkeit eine zentrale Rolle ein. Aufgrund der teilweise massiven Straferhöhung, die die Bandenabrede auszulösen vermag, hätte erwartet werden können, dass der Gesetzgeber oder die Rechtsprechung an diese „willensmäßige Bindung der Bandenmitglieder“ strenge Voraussetzungen stellt.131 Dennoch werden keine konkreten Anforderungen an die Bandenabrede, die die Annahme deren Vorliegens voraussehbar und bestimmbar machen, durch den Gesetzgeber oder die Rechtsprechung erhoben. Obwohl die Rechtsprechung132 heute kaum noch fordert, dass sich jemand „ernsthaft“ mit dem Willen zur fortgesetzten Straftatbegehung mit anderen verbunden haben muss, impliziert jedoch bereits die bloße Forderung „mit dem Willen“ eine gewisse Ernsthaftigkeit. Ist allen Verabredenden bewusst, dass ihre Verabredung nicht ernst gemeint ist, kann keine Bandenabrede zustande gekommen sein (vgl. § 118 BGB). Schwieriger ist dies jedoch zu beurteilen, wenn jemand bloß zum Schein eine solche Bandenabrede eingeht. 126

Dessecker, NStZ 2009, 184 (186). BGHSt 47, 214 (219 f.); dazu Rath, GA 2003, 823 (824). 128 Dessecker, NStZ 2009, 184 (186). 129 Vgl. BGHSt 50, 160 (163); ferner BGH, Beschluss vom 06.10.2010, Az. 2 StR 394/10 [juris, Rn. 3]. 130 BGHSt 50, 160 (163); zustimmend LK-Vogel, § 244 Rn. 65. 131 Vgl. Schild, GA 1982, 55 (65); Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (131). 132 Seit BGHSt 46, 321. 127

A. Bestehen einer Bande

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• Beispiel A, B und C verabreden, in Zukunft jeweils zu zweit Diebstähle zu begehen. C behält sich jedoch insgeheim vor, sich an keiner der zukünftigen Taten zu beteiligen. A und B begehen sodann den ersten Diebstahl. Hier haben A und B den für eine Bandenabrede nötigen Willen, sich jeweils mit zwei anderen zur Straftatbegehung zu verbinden. C, die nach heutiger Ansicht für eine Bande nötige dritte Person, hat gerade nicht einen solchen Bindungswillen.133

Die Forderung der Rechtsprechung134, dass die in Aussicht genommenen Tatbeiträge nicht von gänzlich untergeordneter Bedeutung sein dürfen, wirft die Frage auf, wann dies der Fall sein soll. Die Einstufung von Tatbeiträgen als nicht nur von untergeordneter Natur wird eine differenzierte Betrachtung erfordern, welches nicht unbedingt zu einer vorhersehbaren Kasuistik führt.135 In Bezug auf Banden und Kinder wären insbesondere konkrete Anforderungen an die Eingehung der Bandenabrede und an die an den Eingehenden selbst zu stellenden Voraussetzungen wünschenswert. So stellt sich hinsichtlich der Eingehung einer Bandenabrede beispielsweise die Frage, inwiefern diese einen freiwilligen Konsens erfordert. • Beispiel A und B zwingen das Kind K dazu, von nun an mit ihnen gemeinsam Einbruchsdiebstähle zu begehen. K soll dabei aufgrund seiner Größe jeweils durch offene Fenster in Wohnungen und Gebäude klettern, sodann A und B hereinlassen, um gemeinsam mit ihnen Wertgegenstände zu entwenden. In diesem nötigungsnotstandsgleichen Fall handelt K gerade nicht freiwillig und daher könnte es bei Voraussetzung eines freiwilligen Konsenses nicht als Bandenmitglied eines § 244a StGB anzusehen sein.136

Bezüglich der Person des Eingehenden selbst stellt sich die Frage, ob sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss, um überhaupt fähig zu sein, eine Bandenabrede zu schließen. Gerade bei Kindern ist von Interesse, ob das Bandenmitglied ein bestimmtes Alter oder Schuldfähigkeit haben muss. • Beispiel Ähnlich dem obigen Fall, nur dass das Kind K diesmal nicht gezwungen wird, sondern das Ganze für ein spannendes Spiel hält und sich gar nicht bewusst ist, Unrecht zu tun. Hier ist fraglich, ob K überhaupt wirksam eine Bandenabrede i. S. von § 244a StGB treffen konnte, so dass es als Bandenmitglied anzusehen ist.137 133

Siehe dazu unten im 4. Teil C.I.2.d). BGHSt 47, 214 (217); BGH NStZ 2007, 33 (34). 135 Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (80); zur Kritik an der Unbestimmtheit dieses Kriteriums Rath, GA 2003, 823 (827 f.). 136 Siehe dazu unten im 4. Teil C.I.2.e). 137 Siehe dazu unten im 4. Teil C.I.4.b). 134

80

2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

Sofern bei einer Person ein Mangel bezüglich der Bandenabrede vorliegt, welcher die Bandenmitgliedschaft ausschließt, muss erörtert werden, inwiefern sich dies auf die übrigen Mitglieder auswirkt. Haben sich wie in den zwei Beispielsfällen lediglich drei Personen verabredet, von denen eine Person, z. B. das Kind, jedoch kein Bandenmitglied ist, wird es an der für eine Bande nötigen Mitgliederzahl von drei fehlen. Bei einer Tatbegehung wären A und B demnach in keinem der beiden Fälle wegen eines schweren Bandendiebstahls, § 244a StGB, zu bestrafen. Zu prüfen wäre dann aber eine versuchte bandenmäßige Begehung.

B. Bandenmäßige Begehung Die Strafbarkeit der „Bande“ wird erst durch die bandenmäßige Begehung des Grunddelikts herbeigeführt. Hierbei ist es zunächst erforderlich, dass zumindest ein Täter als Bandenmitglied handelt. Knapp ein Fünftel aller Bandennormen setzen zudem noch voraus, dass diese Handlung unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds geschieht.138

I. Als Mitglied einer Bande Zurückgehend auf die Neufassung des Bandendiebstahls durch das 1. StRG von 1969139 setzen heute alle Bandennormen voraus, dass der Täter140 „als Mitglied einer Bande“ handelt. Daraus lassen sich zunächst zwei Voraussetzungen ableiten: Zum einen muss die Straftat einen Bandenbezug aufweisen und zum anderen können Täter einer Bandennorm nur Bandenmitglieder sein. Ferner wirkt sich das Merkmal der Bandenmitgliedschaft auf die Strafbarkeit von sonst beteiligten Nichtbandenmitgliedern aus. 1. Bandenbezug der Tat a) Entwicklung Die konkrete Tat muss sich als Ausfluss der Bandenabrede darstellen.141 Insofern begeht dasjenige Bandenmitglied keine Bandentat, das die kon138 Irreführend insofern Rath, GA 2003, 823 (824 Fn. 6), wonach nur die konvergenten Bandendelikte eine bandenmäßige Begehung voraussetzen würden. 139 BGBl. 1969 I, S. 645. 140 Nach h. M. ist das in fast allen Tatbeständen vorkommende Merkmal „wer“ als „wer als Täter“ zu lesen; vgl. Heinrich, Rn. 1200. 141 BGH NStZ 2005, 567 (568); BGH NStZ 2006, 342 (343); BGH NStZ 2007, 33; LK-Vogel, § 244 Rn. 66; Rengier, BT I, § 4 Rn. 103.

B. Bandenmäßige Begehung

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krete Einzeltat ausschließlich im eigenen Interesse ausführt.142 Das ist der Fall, wenn ein Bandenmitglied nur bandenfremde Zwecke verfolgt und somit außerhalb der Bandenabrede handelt.143 • Beispiel Entwendet A, der Mitglied einer Autoschieberbande ist, unter Beihilfe eines anderen Bandenmitglieds ein Auto entgegen der Bandenabrede nicht zum Weiterverkauf, sondern ausschließlich für seinen eigenen Gebrauch, handelt A nur im eigenen Interesse und der Diebstahl kann nicht als Ausfluss der Bandenabrede gewertet werden.144

Eine nähere Begründung wird das Vorliegen des Handelns mit Bandenbezug bei solchen Taten erfordern, an denen – bei den nicht konvergenten Bandennormen – keine weiteren Bandenmitglieder oder nur außenstehende Personen beteiligt sind oder die nach ihrer Begehungsweise an sich nicht der Bandenabrede entsprechen.145 Bei Taten, die entsprechend der Bandenabrede von mehreren Bandenmitgliedern begangen werden, nimmt die Rechtsprechung ohne nähere Begründung einen ausreichenden Bandenbezug an.146 Darüber hinaus wird heute nicht mehr gefordert, dass die Täter ein gemeinsames „übergeordnetes Bandeninteresse“147 verfolgen müssen. Dieses am Ende des letzten Jahrhunderts von der Rechtsprechung herangezogene zusätzliche subjektive Kriterium sollte als Gegensatz zum lediglich vorliegenden Individualinteresse von Beteiligten zu verstehen sein.148 Es diente vornehmlich der Ausklammerung der wiederholten Mittäterschaft aus dem Bereich der Bandenstrafbarkeit.149 Einer gemeinschaftlich begangenen Tat sollte, um als Bandentat zu gelten, ein auf eine gewisse Dauer angelegter und verbindlicher Gesamtwille zugrunde liegen. Dafür sollte kennzeichnend sein, dass sich ein Bandentäter im übergeordneten Interesse der bandenmäßigen Verbindung betätigte.150 Dieses übergeordnete Bandeninteresse ging auf eine häufige Erscheinung in der Betäubungsmittelkriminalität zu142

BGH NStZ 2006, 342 (343). Rengier, BT I, § 4 Rn. 103, mit Beispielen, in denen ein Bandenmitglied gerade nicht „als Mitglied einer Bande“ handelt. 144 BGH NStZ 2007, 33 (33 f.); dazu Rengier, BT I, § 4 Rn. 104. 145 BGH NStZ 2005, 567 (568). 146 Vgl. BGH NStZ 2005, 567 (568). 147 Vgl. z. B. BGHSt 42, 255 (259 f.); nach BGH NJW 1996, 2316 (2317) „gefestigter Bandenwille“ oder nach BGH NStZ 1996, 443 „verbindlicher Gesamtwille“; zustimmend z. B. Endriß, StV 1999, 445 (450); a. A. Lackner/Kühl, § 244 Rn. 6. 148 BGHSt 46, 321 (327). 149 Sowada, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (389). 150 BGH NStZ 1996, 443. 143

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

rück, in der Veräußerer und Erwerber schon durch die Art der Deliktshandlung notwendig zusammenwirken müssen.151 Diese Täter besitzen zwar oft ein auf Dauer und wiederholte Tatbegehung angelegtes eingespieltes Bezugs- und Absatzsystem, werden aber auf eigene Rechnung tätig, so dass sie sich verhalten, „wie es unter selbständigen, jeweils eigene Interessen verfolgenden ‚Geschäftspartnern‘ üblich ist“.152 In diesem Fall liege aber gerade keine Betätigung in einem übergeordneten Bandeninteresse vor. • Beispiel Der in den Niederlanden lebende A hat in 20 Fällen insgesamt 67.000 EcstasyPillen an B oder dessen Kurierfahrer geliefert. B setzte die Tabletten zunächst allein, später gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin G in Deutschland ab. Die Ecstasy-Pillen bezog A von R auf Kommission. Als Vergütung gab R dem A Kokain zum Eigenbedarf im Wert zwischen 10 und 20 Cents für jede an B gelieferte Ecstasy-Pille. Für ausgebliebene Zahlungen wurde A von R persönlich haftbar gemacht.153 Der Umstand, dass A von R für die ausgebliebenen Zahlungen der Abnehmer haftbar gemacht wurde, verdeutliche nach Ansicht des BGH ein Gebaren, wie es unter selbstständigen, jeweils eigene Interessen verfolgenden Geschäftspartnern üblich sei. Daher hätten A und R kein gemeinsames, übergeordnetes Bandeninteresse verfolgt. Im Verhältnis zu den Abnehmern B und G bzw. den eingesetzten Kurierfahrern fehle es laut BGH wegen der festgestellten Zahlungsmodalitäten ebenfalls an der für das Bandenhandeln notwendigen Gleichgerichtetheit der verfolgten Interessen.154 Eine Strafbarkeit wegen Bandenhandels nach § 30a I BtMG wurde demnach vom BGH abgelehnt.

Ob nun ein Täter mit einem solchen Bandenwillen gehandelt hat, konnte nur anhand von Indizien ausgemacht werden, sofern der Täter nicht ausnahmsweise diesen Willen zugab.155 Als Indizien galten dabei z. B. das Eingebundensein in eine bandenmäßige Organisation, eine geschäftsmäßige Auftragsverwaltung, gegenseitige Kontrolle und Schutz.156 Die so durch Indizien gewonnene Umschreibung und Anwendung dieses Kriteriums durch die Rechtsprechung führte aber zu einer unübersichtlichen und mitunter uneinheitlichen Kasuistik.157 Die Rechtsprechung wollte gerade nicht den Begriff der Bande ändern.158 Allerdings wurde durch diese Kasuistik die 151

BGHSt 42, 255 (259). BGHSt 42, 255 (259); vgl. dazu Altenhain, JURA 2001, 836 (839 f.). 153 Fall nach BGHSt 42, 255. 154 BGHSt 42, 255 (260). 155 Altenhain, JURA 2001, 836 (840). 156 BGH NStZ 2001, 32 (33); dazu Altenhain, JURA 2001, 836 (840); Sowada, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (389). 157 Vgl. dazu Kosmalla, S. 51 und S. 133 f. 158 Altenhain, JURA 2001, 836 (839). Daher hätte das Vorliegen eines verbindlichen Gesamtwillens auch unter dem Punkt „Bestehen einer Bande“ und somit 152

B. Bandenmäßige Begehung

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Bande in die Nähe der kriminellen Vereinigung gerückt,159 welche durch eine gewisse Organisationsstruktur und eben einen verbindlichen Gesamtwillen gekennzeichnet ist.160 In Konsequenz dessen stellte der Große Senat fest, „daß es bisher nicht gelungen ist, die materiellrechtlichen Voraussetzungen“ dieses übergeordneten Bandenwillens „konkret zu umschreiben und rechtliche Maßstäbe festzulegen, die es den Tatgerichten ohne Weiteres ermöglichen, im Einzelfall unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu prüfen, ob ein Zusammenschluss von zwei Personen eine Bande darstellt“.161 Folglich hat der Große Senat dieses zusätzliche Erfordernis – unter gleichzeitiger Anhebung der Mindestpersonenzahl auf drei – aufgegeben. Demnach können die Bandenmitglieder also ihre eigenen Interessen an einer risikolosen und effektiven Tatausführung sowie besonders im Hinblick auf eine Beute- und Gewinnerzielung verfolgen.162 Dennoch werden heute auch ohne Rückgriff auf ein Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse solche eingespielten Bezugs- und Absatzsysteme aus dem Bandenbegriff ausgeschlossen, in denen sich maximal zwei Personen jeweils auf der Verkäufer- und Erwerberseite gegenüberstehen.163 In diesen Fällen fehle es nämlich an der Verbindung zur gemeinsamen Deliktsbegehung zwischen den Käufern und Verkäufern164 und somit bereits an der Bandenabrede.165 b) Konsequenzen und offene Fragen Aufgrund der Annäherung an die kriminelle Vereinigung und die allgemein unübersichtliche Jurisprudenz ist die Aufgabe des Merkmals des übergeordneten Bandeninteresses zu begrüßen. Allerdings hat sich die Rechtsprechung durch die Aufgabe dieses restriktiven Kriteriums eine Mögbeim Bandenbegriff nicht nur angesprochen, sondern bereits ausführlich diskutiert werden können. 159 BGHSt 46, 321 (327); Altenhain, JURA 2001, 836 (840). 160 Siehe dazu unten im 3. Teil A.I.2.a). 161 BGHSt 46, 321 (328). 162 BGHSt 46, 321 (330); vgl. ferner BGH StraFo 2013, 128 (130), wonach es nicht notwendig ist, dass alle Bandenmitgleider am Erlös beteiligt werden. 163 BGH NStZ 2004, 696; BGH NStZ 2007, 533; BGH NStZ 2012, 49; vgl. z. B. dazu die Fallkonstellation in BGH StraFo 2007, 387, wo der Angeklagte in 36 Fällen jeweils mindestens 3 kg Marihuana zu gewinnbringendem Weiterverkauf von B und T erworben hat. Auf Käuferseite war neben dem Angeklagten noch W beteiligt, der jeweils vor der Lieferung des Rauschgifts den überwiegenden Teil des Kaufpreises zu den Verkäufern brachte. 164 BGH NStZ 2007, 533; BGH NStZ 2012, 49. 165 Nach Fischer, § 244 Rn. 37, kann es jedoch beim notwendigen Zusammenwirken in einer Absatzkette anders sein.

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

lichkeit genommen, bestimmte, vielleicht als weniger gefährlich zu erachtende Gruppen aus dem Bereich der Bandenstrafbarkeit auszuschließen.166 Das ist im Rahmen dieser Arbeit einerseits bei solchen Zusammenschlüssen relevant, die ursprünglich lediglich der Verfolgung legaler Zwecke dienten, wie Familien oder Sportvereine, welche später durch kriminelle Zwecke überlagert werden.167 Dies erinnert zugleich an kriminelle Großfamilien, bei denen auch Kinder Straftaten begehen bzw. zur Straftatbegehung eingesetzt werden. Heute gilt es jedoch als herrschend, dass eine familiäre oder sonst persönliche Verbindung der Annahme einer Bande nicht entgegensteht.168 Andererseits wirkt sich die Aufgabe des übergeordneten Bandeninteresses auf solche Banden aus, die dem Bereich der Bagatellkriminalität zuzuordnen sind, wie z. B. viele Jugendbanden.169 2. Täterkreis: Bandenmitglied a) Entwicklung Aus der Formulierung „als Mitglied einer Bande“ ergibt sich weiterhin, dass Täter einer Bandentat nur Bandenmitglieder sein können.170 Da die Bandenmitgliedschaft strafschärfend und nicht bereits strafbegründend wirkt, zählen die Bandennormen zu den unechten Sonderdelikten.171 Der Täter muss spätestens bei Begehung der konkreten Tat seinen Willen zumindest stillschweigend bekundet haben, sich mit anderen zu verbinden, um künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen.172 166

Vgl. dazu ausführlich Kosmalla, S. 137 ff. Kosmalla, S. 138 f.; siehe zu diesem Problem ausführlich unten im 4. Teil B.II.2.c) und C.I.2.b). Als für eine Bande noch zwei Personen ausreichen sollten, wurde besonders die Strafbarkeit einer „Ehegatten-Bande“ bestritten; vgl. dazu ausführlich Krings, S. 150 ff. 168 BGH NStZ 2007, 339 (440); Fischer, § 244 Rn. 36; LK-Vogel, § 244 Rn. 60; S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 24. 169 Kosmalla, S. 139 f.; wobei die Erfassung von Jugendbanden auch teilweise von einigen Landgerichten abgelehnt wird; vgl. dazu ausführlich Möller, StraFo 2009, 92; siehe zu diesem Problem ausführlich unten im 4. Teil B.II.2.b). 170 Vgl. LK-Vogel, § 244 Rn. 71; Rengier, BT I, § 4 Rn. 106; S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 28. 171 Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (85), bezeichnet sie als Sonderdelikte im weiteren Sinne. Zum Begriff der echten und unechten Sonderdelikte vgl. Heinrich, Rn. 173 ff. 172 BGHSt 50, 160 (161). 167

B. Bandenmäßige Begehung

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2001 hat der BGH ausgeführt, dass die Wegnahmehandlung beim Diebstahl und damit die unmittelbare Tatausführung durch ein Nichtmitglied begangen werden kann und dennoch eine Bandentat vorliegt, sofern zwei Bandenmitglieder mitwirken und zumindest einem davon die unmittelbare Tatausführung als Täter zuzurechnen ist.173 Um die Bandenmäßigkeit bejahen zu können, muss demnach einem Bandenmitglied die Tat stets als Täter zugerechnet werden können.174 • Beispiel Bandenboss B hat eine günstige Diebstahlsgelegenheit ausfindig gemacht und sodann einen Tatplan ausgearbeitet. Da keiner seiner Bandenmitglieder für die Tatausführung als geeignet erscheint, weiht er seinen Bekannten X in seine Pläne ein. X erklärt sich zur Tatbegehung bereit und führt den Diebstahl alsbald problemlos durch. Das Mitglied A fungiert dabei lediglich als Fahrer des Fluchtwagens. Weder A noch B als Bandenmitglieder sind an der Tatausführung beteiligt. Dennoch ist B die unmittelbare Tatausführung des X zuzurechnen, da er aufgrund seiner wesentlichen Vorbereitungshandlung als Mittäter anzusehen ist.175

Ist allerdings kein Bandenmitglied als Täter, sondern lediglich als Teilnehmer anzusehen, kommt für keines der Beteiligten eine Strafbarkeit aus einer Bandennorm in Betracht.176 • Beispiel Begehen die Bandenmitglieder A und B einen Raub und C, der nicht Mitglied der Bande ist, fährt den Fluchtwagen, so beeinflusst die Gehilfenstellung des C nicht die Bestrafung von A und B aus § 250 I Nr. 2 StGB, da die beiden als Täter anzusehen sind. Anders verhält es sich jedoch, wenn dagegen das Nichtmitglied C den Raub begeht und die Bandenmitglieder A und B dazu lediglich Beihilfe leisten. In diesem Fall können den beiden Bandenmitgliedern keine täterschaftlichen Beiträge zugerechnet werden und so scheidet die Annahme eines Bandenraubes aus. Alle Beteiligten können dann bloß aus dem Grunddelikt bestraft werden, sofern keine anderen Erschwerungsgründe eingreifen (C wegen § 249 StGB, A und B wegen §§ 249, 27 StGB).

In diesem Zusammenhang erlangt auch der bereits dargestellte Bandenbezug der Tat177 Bedeutung. Auf die Beteiligungsfähigkeit von Bandenmit173

BGHSt 46, 321 (338); a. A. Erb, NStZ 2001, 561 (564). S/S/W/Kudlich, § 244 Rn. 33, spricht von mindestens einem „Allein- oder Mittäter“, der Bandenmitglied sein muss, wobei diese Formulierung die Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft offen lässt. 175 Vgl. Fischer, § 25 Rn. 13. 176 Siehe zur Frage der Behandlung der Bandenmitgliedschaft als besonderes persönliches Merkmal sogleich unter B.I.3. 177 Siehe oben B.I.1. 174

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

gliedern wirkt es sich aus, wenn der Täter zwar Bandenmitglied ist, im konkreten Fall jedoch gar nicht als solches handeln will. • Beispiel Entwendet beispielsweise A, Mitglied einer Autoschieberbande, unter Beihilfe des Bandenmitglieds B ein Auto entgegen der Bandenabrede nicht zum Weiterverkauf, sondern ausschließlich für seinen eigenen Gebrauch, handelt A nur im eigenen Interesse. Somit kann die Tat nicht als Ausfluss der Bandenabrede gewertet werden und A kann daher nicht wegen eines Bandendiebstahls nach § 244 I Nr. 2 StGB bzw. eines schweren Bandendiebstahls nach § 244a StGB bestraft werden, sondern bloß aus dem Grundtatbestand des § 242 StGB.178 B, der zwar davon ausgeht, dass das Auto zum Weiterverkauf entwendet werde und insofern als Bandenmitglied handeln wollte, kann dann bloß wegen Beihilfe zu § 242 StGB bestraft werden.179

b) Konsequenzen und offene Fragen Darauf aufbauend stellt sich dann die von der Rechtsprechung noch nicht ausdrücklich entschiedene Frage, inwiefern eine Bandentat anzunehmen ist, wenn bei den konvergenten Bandennormen zwar ein Bandenmitglied als Täter i. S. des Grunddelikts anzusehen ist und dabei im Rahmen der Bandenabrede handeln will, aber das einzig mitwirkende andere Bandenmitglied gerade die konkrete Tat nicht gemäß der Bandenabrede begehen will. • Beispiel Ähnlich dem zuvor genannten Autoschieberbandenfall begehen A und B gemeinsam einen Autodiebstahl, A möchte jedoch anders als B den Wagen wiederum allein für sich behalten und gerade nicht gemäß der Bandenabrede weiterveräußern. Anders als in der obigen Fallkonstellation handelt das Bandenmitglied B als (Mit-)Täter eines Diebstahls. Das mitwirkende Bandenmitglied A möchte jedoch gerade nicht als Bandenmitglied handeln. Daher ist fraglich, ob trotzdem das Merkmal unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds180 und somit die Voraussetzungen des Bandendiebstahls als erfüllt anzusehen sind.181 Anderenfalls 178

BGH NStZ 2007, 33 (33 f.), wo allerdings noch das Vorliegen eines besonders schweren Falles nach § 243 StGB bejaht worden ist; dazu Rengier, BT I, § 4 Rn. 104. 179 BGH NStZ 2007, 33 (34). Wäre B jedoch nicht lediglich Gehilfe, sondern Mittäter, käme ein Versuch eines (schweren) Bandendiebstahls in Betracht. Hätte B als Anstifter gehandelt, wäre an eine Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung zum schweren Bandendiebstahl nach § 30 I i. V. m. § 244a StGB in Tateinheit mit Anstiftung zum Diebstahl nach §§ 242, 26 StGB zu denken; vgl. zur Tateinheit BGHSt 9, 131; Fischer, § 30 Rn. 18. 180 Somit ist dies eine Problematik, die auch erst unten bei der Mitwirkung (B.II.) hätte angesprochen werden können. 181 Siehe dazu unten im 4. Teil C.II.1.b)(1).

B. Bandenmäßige Begehung

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kann B neben § 242 bzw. § 243 StGB lediglich einen Versuch eines (schweren) Bandendiebstahls gem. §§ 244 I Nr. 2, II (244a), 25 II, 22, 23 I StGB begangen haben.

Für die Annahme einer Bandentat ist es gleichgültig, ob Kinder die einzigen Täter darstellen, vorausgesetzt sie gelten als Bandenmitglieder. Sie können zwar wegen ihrer Schuldunfähigkeit gem. § 19 StGB nicht als Täter bestraft werden, allerdings wird jeder Beteiligte gem. § 29 StGB nach seiner Schuld bestraft ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen. • Beispiel Die Bandenmitglieder A und B begehen einen Raub und das Bandenmitglied C fährt den Fluchtwagen. Auch wenn A und B Kinder sind, können sie dennoch Täter eines Bandenraubes nach § 250 I Nr. 2 StGB sein. Trotz der fehlenden Strafbarkeit von A und B aufgrund § 19 StGB kann C wegen Beihilfe aus §§ 250 I Nr. 2, 27, 29 StGB zu bestrafen sein.

Beim Einsatz von Kindern zur Tatausführung ist aufgrund deren Schuldunfähigkeit nach § 19 StGB allerdings eine täterschaftliche Zurechnung in Form von mittelbarer Täterschaft nahe liegend. • Beispiel Eine Bande setzt regelmäßig Kinder ein, die Passanten bestehlen sollen. Dazu werden die Kinder in einer vom Mitglied A angemieteten Wohnung untergebracht, wobei das Bandenmitglied B die Kinder dort betreut und das Bandenmitglied C abends die Diebesbeute entgegennimmt. Die tatausführenden Kinder weisen gem. § 19 StGB einen Strafdefekt auf, so dass sie dadurch bereits die für die Anwendung des § 25 I Alt. 2 StGB nötige Werkzeugeigenschaft besitzen könnten. Somit könnten die beteiligten Bandenmitglieder A, B und C hier als mittelbare Täter anzusehen sein. In diesem Fall wäre es unerheblich für ihre Bestrafung aus der Bandennorm des § 244 I Nr. 2 StGB bzw. des § 244a StGB in Verbindung mit § 29 StGB, ob die Kinder selbst als Bandenmitglieder gelten.

Aufgrund des gem. § 19 StGB stets vorliegenden Strafmangels von Kindern wird teilweise vertreten, immer eine mittelbare Täterschaft der strafmündigen Beteiligten anzunehmen.182 Dies soll sogar in den Fällen gelten, in denen unter Annahme der Schuldfähigkeit des Werkzeugs lediglich eine Teilnahme vorliegen würde.183 Damit wäre die Möglichkeit der täterschaftlichen Bestrafung aus einer Bandennorm beim Einsatz von Kindern erheblich erweitert. Dies stellt sich nun allerdings nicht vordergründig als typisches Problem der Bandennormen dar. Jedoch erscheint bei den Bandennormen gerade fraglich, ob es nicht einen Widerspruch darstellen könnte, die Kinder einerseits als Bandenmitglieder anzusehen und sie andererseits als 182 183

Siehe dazu ausführlich unten im 5. Teil A.II.1. Krey/Esser, AT, Rn. 898 ff.

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

Werkzeuge zu betrachten. Dadurch wären die Kinder nämlich den strafmündigen Bandenmitgliedern gleichgestellt, wenn es um die Bewertung ihrer Bandenmitgliedschaft ginge, wohingegen sie bei der Frage der Beteiligungsform und mithin ihrer Einstufung als bloßes Werkzeug nicht den anderen beteiligten Bandenmitgliedern gleichgestellt wären. • Beispiel Bandenmitglied A fährt das Kind K zum Einsatzort. Dort führt K den Diebstahl durch. Andere Bandenmitglieder waren an der konkreten Tat nicht beteiligt. Hier ist K der unmittelbare Bandentäter, sofern es als Bandenmitglied anzusehen ist. Die Beteiligung des A wäre bei Schuldfähigkeit des Werkzeugs nur als Beihilfe zu werten. Aufgrund der Schuldunfähigkeit des Kindes nach § 19 StGB könnte A nun jedoch als mittelbarer Täter anzusehen sein. Die Einstufung des K als Bandenmitglied und andererseits als Werkzeug ist für A aus zweierlei Gründen negativ. Zum einen wirken durch die Einstufung des K als Bandenmitglied in diesem Fall zwei Bandenmitglieder an dem Diebstahl mit, wodurch die Voraussetzungen der konvergenten Bandennormen der §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB erfüllt sind und dadurch ein erhöhter Strafrahmen eröffnet ist. Zum anderen wird die Strafe des A nicht nach §§ 27 II, 49 I StGB gemildert, da er als mittelbarer Täter und nicht als Gehilfe bestraft wird.184

3. Strafbarkeit von Nichtbandenmitgliedern a) Entwicklung Dass zur Annahme einer Bandenstrafbarkeit jeweils ein Bandenmitglied als Täter gehandelt haben muss, sagt noch nichts über die Strafbarkeit von Nichtmitgliedern aus, die an Bandentaten beteiligt sind. • Beispiel Die Bandenmitglieder A und B begehen einen Raub und C, der nicht Mitglied der Bande ist, fährt den Fluchtwagen. A und B sind als Täter aus § 250 I Nr. 2 StGB strafbar. Zu klären ist für das Nichtmitglied C, ob es wie die beteiligten Bandenmitglieder A und B ebenfalls verschärft aus der Bandennorm bestraft werden kann oder ob nur eine Bestrafung aus dem Grunddelikt in Betracht kommt.

Entscheidend für die Beantwortung dieser Frage ist, ob die Bandenmitgliedschaft ein besonderes persönliches Merkmal i. S. von § 28 II StGB oder lediglich ein tatbezogenes Merkmal darstellt. Besondere persönliche Merkmale, welche auch als täterbezogene Merkmale bezeichnet werden, knüpfen die Strafbarkeit an das Vorliegen von besonderen persönlichen Umständen, Motiven, Beweggründen oder einer besonderen Pflichtenstellung 184

Siehe dazu unten im 5. Teil A.II.7.

B. Bandenmäßige Begehung

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an (§ 14 StGB).185 Weist ein Beteiligter nun ein solches Merkmal, das die Strafe schärft, mildert oder ausschließt, nicht auf, kann er gem. § 28 II StGB nur nach dem Grunddelikt bestraft werden.186 Stellt die Bandenmitgliedschaft ein täterbezogenes Merkmal dar, könnten Nichtmitglieder, weil ihnen dieses Merkmal fehlt, nicht aus einer Bandennorm bestraft werden. Tatbezogene Merkmale dagegen beschreiben die Tat und damit die Art und Weise der Tatbegehung, den Tathergang, den Taterfolg oder besondere Tatumstände.187 Für sie gilt § 28 II StGB nicht, so dass bei Einstufung der Bandenmitgliedschaft als tatbezogenes Merkmal auch an Bandentaten beteiligte Nichtmitglieder verschärft aus einer Bandennorm bestraft werden könnten. Der historische Gesetzgeber hat sich in den Materialien zu § 218 I Nr. 8 PrStGB dafür ausgesprochen, Nichtmitglieder aus Bandennormen bestrafen zu können.188 In diesem Sinne hielt das Reichsgericht auch eine Bestrafung von einer „außerhalb der Bande stehenden Person“ beim Bandendiebstahl für möglich.189 Ebenso urteilte der 1. Strafsenat des BGH anfangs bezüglich des – eher als Komplottnorm ausgestalteten – Bandenschmuggels gem. § 401b II Nr. 1 RAO.190 Der Grund der Strafschärfung beruhe demnach „nicht entscheidend auf den besonderen Verhältnissen der Täter, sondern in der besonderen Gestaltung der Tat“.191 Der 2. Senat sah dies zunächst anders und wollte Nichtmitglieder nicht aus dem verschärften Strafrahmen des § 401b II Nr. 1 RAO bestrafen.192 Kurz darauf schloss er sich jedoch dem 1. Senat an und urteilte, dass auch ein Außenstehender Beihilfe zum Bandenschmuggel leisten kann, solange er „weiß und billigt, daß die Haupttäter der von ihm unterstützten Hinterziehung bandenmäßig handeln“.193 Der 3. Senat äußerte bezüglich des Bandendiebstahls, dass zwar „die der 185

Heinrich, Rn. 1350, 1353. Es findet insofern eine Tatbestandsverschiebung statt; vgl. Heinrich, Rn. 1357. 187 Heinrich, Rn. 1350. 188 Goltdammer, S. 486: Bei der früheren Fassung dieses Erschwerungstatbestands bestand das Bedenken, dass „die Qualifikation sich nur auf Mitglieder der Bande allein beziehe, während sie jetzt auch diejenigen einschließt, welche nicht Bandenmitglieder sind, aber doch in diesem Falle am Verbrechen teilhaben“; vgl. dazu Krings, S. 203 f. 189 RG LZ 1925, 46 Nr. 6 (zitiert nach BGHSt 3, 40 [46]; BGHSt 6, 260 [262]). 190 BGHSt 3, 40 (46); BGHSt 6, 260 (261 f.); siehe zur Einstufung des § 401b II Nr. 1 RAO als Komplottnorm oben im 1. Teil F.I. 191 BGHSt 6, 260 (262). 192 BGHSt 4, 32 (35); allerdings definiert er dort ein Nichtbandenmitglied als jemand, der „nicht unmittelbar körperlich mit den übrigen Teilnehmern zusammengewirkt hat“, welches die Einstufung des Bandenschmuggels als Komplottnorm unterstreicht. 193 BGHSt 8, 70 (72). 186

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

Tat vorausgehende Verbrechensverbindung nach § 243 Nr 6 StGB ein persönliches Verhältnis der Beteiligten zueinander bildet“, jedoch der „Grund der Strafschärfung des Bandendiebstahls nicht hierin allein, sondern offensichtlich auch in der besonderen Gefährlichkeit örtlich gemeinsamer Tatbegehung“ liege. Ist ein persönliches Verhältnis jedoch nicht allein Strafschärfungsgrund, habe § 50 II StGB a. F. (§ 28 II StGB) außer Betracht zu bleiben.194 1958 wurde diese Rechtsprechung jedoch auf Anfrage des 1. Senats195 bezüglich des Bandenschmuggels vom Großen Senat für Strafsachen geändert. Danach sei die bandenmäßige Teilnahme ein persönlicher Strafschärfungsgrund und somit könne ein Nichtmitglied keine Beihilfe zu einer Bandentat leisten.196 Dieser Standpunkt fand sich dann auch in den Gesetzesmaterialien zum Bandendiebstahl gem. § 244 I Nr. 3 StGB a. F. wieder.197 Bis heute ist es ganz herrschende Rechtsprechung, dass „das Tatbestandsmerkmal ‚als Mitglied einer Bande‘ – im Unterschied zum tatbezogenen Mitwirkungserfordernis – als ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB betrachtet“ wird.198 Diese Auffassung wird auch vom Großteil des Schrifttums geteilt.199 Demnach wäre im eingangs angeführten Beispiel der C – vorbehaltlich anderer Erschwerungsgründe – nur wegen Beihilfe aus dem Grunddelikt des § 249 StGB zu bestrafen. b) Konsequenzen und offene Fragen Die Anwendbarkeit des § 28 II StGB wirkt sich nicht nur auf die Strafbarkeit von Nichtbandenmitgliedern aus, sondern kann – vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der täterschaftlichen Zurechnung der Tat zu einem Bandenmitglied – zugleich Auswirkungen auf die Strafbarkeit der beteiligten Bandenmitglieder haben. Eine Tatbestandsverschiebung ist nämlich bei den Bandennormen als unechte Sonderdelikte lediglich in der Konstellation möglich, dass der oder die Täter aus einer Bandennorm bestraft werden und 194

BGHSt 8, 205 (209). Zitiert in BGHSt 12, 220 (221): „Ist derjenige, der einen Bandenschmuggel fördert, ohne Mitglied der Bande zu sein, wegen Beihilfe zum Bandenschmuggel gemäß § 401b AbgO oder wegen Beihilfe zur Zollhinterziehung gemäß § 396 AbgO [. . .] strafbar?“. 196 BGHSt 12, 220 (226 f.). 197 BT-Drucks. VI/650, S. 407. 198 BGHSt 47, 214 (216). 199 AnwKomm-Kretschmer, § 244 Rn. 40; Arzt/Weber/Heinrich, § 14 Rn. 62; Eisele, BT II, Rn. 232; Fischer, § 244 Rn. 44; v. Heintschel-Heinegg/Wittig, § 244 Rn. 16; Krey/Hellmann/Heinrich, BT 2, Rn. 195; Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 296; a. A. jedoch Mitsch, BT 2/1, § 1 Rn. 258; NK-Kindhäuser, § 244 Rn. 48; Otto, BT, § 41 Rn. 65; Rengier, BT I, § 4 Rn. 107; SK-Hoyer, § 244 Rn. 35; S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 28; Valerius, JURA 2013, 15 (19). 195

B. Bandenmäßige Begehung

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andere Beteiligte aus dem Grunddelikt, nicht aber dass Teilnehmer aus einer Bandennorm bestraft werden, wenn der (einzige) Täter nur aus dem Grunddelikt belangt werden kann. • Beispiel Begehen die Bandenmitglieder A und B einen Raub und C, der nicht Mitglied der Bande ist, fährt den Fluchtwagen, so sind A und B als Täter aus § 250 I Nr. 2 StGB strafbar und C wird als Gehilfe mangels Bandenmitgliedschaft wegen § 28 II StGB aus § 249 StGB zu bestrafen sein. Ein Bandenraub kann dagegen nicht angenommen werden, wenn das Nichtmitglied C den Raub begeht und die Bandenmitglieder A und B dazu bloß Beihilfe leisten. In diesem Fall können den beiden Bandenmitgliedern keine täterschaftlichen Beiträge zugerechnet werden und demnach gibt es keinen Bandentäter. Alle Beteiligten können dann lediglich aus dem Grunddelikt bestraft werden (C wegen § 249 StGB, A und B wegen §§ 249, 27 StGB), sofern keine anderen Erschwerungsgründe eingreifen.

Die Auswirkungen der Einstufung der Bandenmitgliedschaft als besonderes persönliches Merkmal werden bei Beteiligung an Taten von Kindern jedoch etwas entschärft. Wie bereits angesprochen,200 besteht bei der Beteiligung an Taten von strafunmündigen Kindern die Besonderheit, dass die Beteiligten als mittelbare Täter i. S. des § 25 I Alt. 2 StGB anzusehen sein könnten und somit eine täterschaftliche Zurechnung erreicht werden kann, obwohl unter Annahme der Schuldfähigkeit der Kinder lediglich eine Teilnahme vorliegen würde.201 Ist das Nichtbandenmitglied C im letzten Beispiel ein Kind, könnte sich daher dennoch eine Bandenstrafbarkeit für A und B ergeben. Die Behandlung der Bandenmitgliedschaft als Merkmal i. S. von § 28 II StGB spielt allerdings für die Strafbarkeit derjenigen Personen eine wesentliche Rolle, die sich beispielsweise einer Kinderbande bedienen, ohne selbst Mitglied dieser Bande geworden zu sein.202 • Beispiel Eine Kinderbande entwendet regelmäßig aus Elektronikmärkten elektronische Geräte. A wendet sich an die Mitglieder dieser Bande und bietet an, ihnen besonders teure Geräte zu einem fairen Preis abzukaufen. So geschieht es in der Folgezeit. Werden die Kinder als Bande i. S. von § 244 I Nr. 2 StGB bzw. § 244a StGB angesehen, könnte A als Nichtmitglied bei Anwendbarkeit des § 28 II StGB nur wegen Anstiftung zu § 242 StGB bzw. § 243 I 2 Nr. 3 StGB bestraft werden. Wird entgegen der herrschenden Meinung jedoch die Bandenmitgliedschaft nicht als besonderes persönliches Merkmal angesehen, wäre eine Strafbarkeit wegen Anstiftung zu den Bandentaten der §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB möglich. 200

Siehe oben B.I.2.b). Siehe dazu ausführlich unten im 5. Teil A. 202 Vorausgesetzt, dass eine Kinderbande auch eine Bande i. S. des Strafrechts darstellt; siehe dazu unten im 4. Teil B.II.2.a)(2). 201

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

II. Unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds 1. Entwicklung des Merkmals Das heutige Mitwirkungserfordernis geht auf das PrStGB zurück, das beim Diebstahl in § 218 I Nr. 8 sowie beim Raub in § 232 I Nr. 2 den Passus „mehrere Personen als Urheber oder Theilnehmer mitwirken“ enthielt.203 Dabei sollte es sich nicht um beliebig mitwirkende Personen handeln, sondern nur um Bandenmitglieder, was sich aus der Umschreibung der Personen, „welche sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl verbunden haben“, ergibt. Aus dieser Formulierung wird ersichtlich, dass dasjenige Bandenmitglied, welches die Tat alleine und damit ohne zumindest die Teilnahme eines anderen Bandenmitglieds beging, nicht aus den genannten Bandennormen bestraft werden konnte.204 Im RStGB205 wurde der Mitwirkungspassus dann verkürzt auf „Mehrere mitwirken“. Mit dem 1. StRG von 1969206 fand die heutige Fassung „unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds“ Einzug beim Bandendiebstahl und später in die weiteren Bandennormen mit Mitwirkungserfordernis.207 Orientierte das Reichsgericht das Mitwirkungskriterium anfangs stark am Begriff der Mittäterschaft,208 stellte es später die Eigenständigkeit der Mitwirkung gegenüber der Mittäterschaft heraus.209 So verlangte die Rechtsprechung210, wie ein Großteil des Schrifttums211, bis zum Ende des letzten Jahrhunderts für die Mitwirkung ein räumlich-zeitliches, wenn auch nicht notwendig körperliches Zusammenwirken am Tatort oder in dessen unmit203

Siehe dazu oben im 1. Teil E.II. Vgl. Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (118); strenger Engländer, GA 2000, 578 (586). Zur Auslegung der Bandennormen im PrStGB vgl. Kosmalla, S. 172 ff. 205 RGBl. 1871, S. 127. 206 BGBl. 1969 I, S. 645. 207 Siehe dazu die Tabelle oben im 1. Teil F.III. Wobei erst die ab dem 1.1.2008 geltende Fassung des § 373 II Nr. 3 AO auf das Mitwirkungserfordernis verzichtet. 208 RGR 6, 644 (646), wonach die Mitwirkung „keinesfalls ein Mehreres voraussetzen kann, als der Begriff der Mitthäterschaft“ (zitiert nach Kosmalla, S. 156); vgl. dazu RGSt 66, 236 (239 f.). Aber auch in RGSt 66, 236 (240 ff.) wird zur Erfassung von lediglich geistiger Mitwirkung auf die nunmehr erweiterte Auslegung der Mittäterschaft Bezug genommen. 209 RGSt 66, 236 (241), wonach die Mitwirkung „gegenüber dem in der neuen Rechtsprechung herrschend gewordenen weiten Begriff der ‚Mittäterschaft‘ insofern enger ist, als ein irgendwie geartetes zeitliches und örtliches Zusammenwirken mehrerer Mitglieder der Bande bei der Ausführung [. . .] wesentlich ist“. 210 RGSt 66, 236 (242); RGSt 73, 322 (323); BGHSt 8, 205 (206); BGHSt 25, 18; BGH StV 1995, 586. 211 Vgl. dazu die Nachweise bei Kosmalla, S. 169 Fn. 758. 204

B. Bandenmäßige Begehung

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telbarer Nähe.212 Diese Mitwirkung musste jedoch nicht in einer mittäterschaftlichen Beteiligung bestehen, sondern es genügte dafür schon eine gehilfenschaftliche.213 Dadurch, dass die Bande durch mindestens zwei Personen am Tatort aktiv repräsentiert sein musste, wurde die besondere Gefährlichkeit, die sog. Aktionsgefahr, der konvergenten Bandennormen gesehen, die über die bereits durch die Bandenabrede begründete Gefährlichkeit, die sog. Organisationsgefahr, hinausging.214 Die Mitwirkung von mindestens zwei Bandenmitgliedern bei der Tatbegehung führe nämlich einerseits zu einer gesteigerten Flexibilität, Arbeitsteilung und Spezialisierung und damit zu einer gesteigerten Effizienz der Tathandlung. Andererseits werde die Durchsetzungsmacht gegenüber dem Opfer erhöht, weil sich das Opfer in geteilter Abwehrkraft der gefährlichen Übermacht gegenübersieht.215 • Beispiel A, B und C gehören einer Diebesbande an. A begeht einen Diebstahl nach Anweisung und Tatplan des nicht vor Ort anwesenden C. Hier mangelt es an einem räumlich-zeitlichen Zusammenwirken von zwei Mitgliedern am Tatort, so dass nach der damaligen Ansicht der Rechtsprechung das Mitwirkungserfordernis nicht erfüllt war. Eine erhöhte Aktionsgefahr sei demnach nicht gegeben. Für A käme somit keine Bestrafung wegen Bandendiebstahls nach § 244 I Nr. 2 StGB, sondern nur eine Bestrafung aus § 242 StGB (bzw. § 243 I StGB) in Betracht. Für C wäre somit bloß eine Strafbarkeit als Mittäter nach §§ 242, 25 II StGB (bzw. §§ 243 I, 25 II StGB) gegeben.216

Diese Rechtsprechung führte zu einer „Sonderregelung der Täterschaft“, da die tatortbezogene Mitwirkung als ein notwendiges Täterschaftsmerkmal angesehen wurde.217 Demnach konnte ein Bandenmitglied, das nach allgemeinen Regeln als (Mit-)Täter angesehen wurde, nur (Mit-)Täter des 212 Nach diesem engen Tatortbegriff muss es den Beteiligten möglich gewesen sein, sich beispielsweise durch Rufen oder Winken jederzeit verständigen zu können; BGHSt 7, 33 (34); dazu Müller, GA 2002, 318. 213 BGHSt 12, 220 (224 f.); vgl. aber BGHSt 3, 40 (45) zum – als Komplott zu wertenden – Bandenschmuggel nach § 401b II Nr. 1 AO, wonach jeder örtlich und zeitlich Mitwirkende notwendig als Täter anzusehen ist, „auch wenn er mit seinem Tun nur die Hinterziehung eines anderen fördern will“; vgl. dazu Kosmalla, S. 158 ff. m. w. N. 214 Vgl. dazu Küper, S. 50 m. w. N. 215 BGH NJW 2000, 2907 (2909) m. w. N. zu Vertretern aus der Literatur. Der BGH unterteilt hier jedoch diese besondere Gefahr der Mitwirkungsdelikte in eine „Aktionsgefahr“, die die gesteigerte Effizienz der Tathandlung betreffe, und in die „Ausführungsgefahr“, die sich auf die potentielle Täter-Opfer-Konfrontation beziehe; so auch Kosmalla, S. 79 ff. Siehe ausführlich zum Grund der Strafschärfung bei Bandendelikten unten im 3. Teil B. 216 Vgl. dazu auch Engländer, GA 2000, 578 (579). 217 BGHSt 8, 206 (207); BGHSt 33, 50 (52); vgl. dazu Küper, S. 49 f.

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

Bandendelikts sein, wenn es bei der Tatausführung auch örtlich und zeitlich mitwirkte. Somit war ein an der Tat beteiligtes, aber nicht am Tatort präsentes Bandenmitglied bloß als Teilnehmer zu bestrafen.218 Dies führte wiederum zu einer „gespaltenen Täterschaft“ in dem Sinne, dass das nicht vor Ort anwesende Bandenmitglied zwar Täter des Grunddelikts sein konnte, aber nur Teilnehmer der Bandentat.219 • Beispiel Wie im obigen Beispiel, nur dass diesmal A und B gemeinsam einen Diebstahl nach Anweisung und Tatplan des nicht vor Ort anwesenden C begehen. Hier ist aufgrund des räumlich-zeitlichen Zusammenwirkens von A und B am Tatort das Mitwirkungserfordernis zu bejahen. Demnach wären A und B wegen eines Bandendiebstahls nach §§ 244 I Nr. 2, 25 II StGB zu bestrafen. Nach der bisherigen Rechtsprechung konnte C jedoch nicht als Mittäter an dem Bandendiebstahl bestraft werden, weil ihm das notwendige Täterschaftsmerkmal der Mitwirkung vor Ort gerade fehlte. Für C kam lediglich eine täterschaftliche Strafbarkeit nach §§ 242, 25 II StGB (bzw. §§ 243 I, 25 II StGB) in Betracht. Da die Mitwirkung dennoch ein tatbezogenes und kein täterbezogenes Merkmal darstellt(e), konnte C aber als Teilnehmer an der Bandentat, §§ 244 I Nr. 2, 26 StGB, bestraft werden.220

Dieser strengen Auslegung des Mitwirkungserfordernisses stand ein nicht unwesentlicher Teil des Schrifttums kritisch gegenüber.221 Für die Beurteilung einer täterschaftlichen Beteiligung an einem Bandendelikt sollte maßgeblich auf die allgemeine Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme abgestellt werden.222 Insbesondere dürfe das Mitwirkungserfordernis als tatbezogenes Merkmal nicht die allgemeinen Regeln der mittäterschaftlichen Zurechnung einschränken. Daher könne einem nicht vor Ort tätigen Bandenmitglied auch die von einer örtlichen „Ausführungsbande“ begangene Tat zugerechnet werden.223 Dieser „Zurechnungslösung“224 folgte schließlich 218 Vgl. aber noch RGSt 66, 236 (242), wonach hier sogar nur Teilnahme am Grunddelikt möglich war; dazu Kosmalla, S. 161 f. 219 BGH NStZ 2000, 255 (257). Damit wurde nicht bloß die Bandenmitgliedschaft, sondern auch die Mitwirkung als ein eigenhändig zu verwirklichendes Täterschaftsmerkmal aufgefasst; Sowada, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (384). 220 Vgl. dazu auch Engländer, GA 2000, 578 (579 f.). 221 Vgl. dazu die Nachweise in BGH NStZ 2000, 255 (256 f.) und bei Engländer, GA 2000, 578 Fn. 3. 222 Jakobs, JR 1985, 342 (343); Küper, GA 1997, 301 (333 f.); Tsai, S. 128 ff.; vgl. auch Engländer, GA 2000, 578 (588 f.); ders., JR 2001, 78; Sowada, GSSchlüchter 2002, S. 383 (394 f.). 223 Küper, GA 1997, 301 (333 f.); ferner Engländer, GA 2000, 578 (588 f.); ders., JR 2001, 78.; Sowada, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (394 f.). Noch weiter gingen z. B. Arzt, JuS 1972, 576 (579) und Schild, GA 1982, 55 (83), nach denen keine zwei Bandenmitglieder vor Ort tätig sein mussten. Anzumerken ist jedoch, dass eine Ansicht im Schrifttum fordert, dass ein Mittäter generell – also auch hinsichtlich des Grunddelikts – im Ausführungsstadium mitzuwirken habe. Vereinzelt wird

B. Bandenmäßige Begehung

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Ende 1999 der 3. Strafsenat in seinem Anfragebeschluss.225 Nach Ansicht des 3. Senats könne eine Person demnach als Täter eines Bandendiebstahls angesehen werden, wenn sie zwar nicht am Tatort selbst unmittelbar an der Tatausführung beteiligt ist, aber auf eine andere Weise einen täterschaftlichen Tatbeitrag erbringt, sofern zwei weitere Bandenmitglieder den Diebstahl in zeitlichem und örtlichen Zusammenwirken begehen. Denn die besondere Aktionsgefahr und damit der Schutzzweck sei bereits durch die zwei vor Ort handelnden Bandenmitglieder erfüllt226 und diese spezielle Gefahr werde dann dem nicht am Tatort anwesenden Mitglied zugerechnet.227 • Beispiel Im zuletzt genannten Bespiel würde es somit für eine täterschaftliche Strafbarkeit des C nach §§ 244 I Nr. 2, 25 II StGB ausreichen, dass die Bandenmitglieder A und B räumlich und zeitlich am Tatort zusammengewirkt haben.

Durch den Anfragebeschluss des 3. Strafsenats wurde eine Rechtsprechungsänderung eingeleitet. Nicht nur stimmten die übrigen Strafsenate dem Anfragebeschluss zu,228 sondern der 4. Senat legte das Mitwirkungserfordernis sogar noch weiter aus.229 In einem eigenen Anfragebeschluss forderte der 4. Senat, ganz auf das zeitliche und örtliche Zusammenwirken der Bandenmitglieder beim Bandendiebstahl zu verzichten,230 wodurch die erhöhte Strafdrohung nicht mehr mit der Anwesenheit des Bandendiebes am Tatort begründet werden konnte. Dieser weiten Auslegung der Mitwirkung setzte der 4. Senat aber, wie bereits ausgeführt231, die Forderung nach einer Anhebung der Mindestmitgliederzahl auf drei entgegen.232 Die Antwortbeschlüsse der übrigen Senate waren in diesen Fragen jedoch nicht einheitlich. Lehnten der 1.233 und 2. Senat234 eine Rechtsprechungsänderung ab, trat dagegen der 5. Senat der beabsichtigten Entscheidung nicht entdabei vertreten, dass ein Kontakt über Telefon etc. nicht ausreiche, sondern nur die Anwesenheit am Tatort; vgl. dazu Heinrich, Rn. 1227 m. w. N. 224 Zu dieser Bezeichnung Küper, S. 50; Sodawa, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (394). 225 BGH NStZ 2000, 255; vgl. auch BGHSt 46, 120. 226 Vgl. BGH NStZ 2000, 255 (257). 227 Vgl. zusammenfassend zur sog. „Zurechnungslösung“ Küper, S. 50. 228 1. Senat: BGH StV 2000, 315; 2. Senat: dazu nur Hinweis in der Entscheidung des 3. Senats, BGHSt 46, 120 (127 f.); vgl. dazu auch die Fortführung des 2. Senats in BGHSt 46, 138; 5. Senat: BGH NStZ-RR 2000, 301. 229 BGH NStZ 2000, 474. 230 BGH NStZ 2000, 474 (2. Leitsatz). 231 Siehe oben A.I.1. 232 BGH NStZ 2000, 474 (1. Leitsatz). 233 BGH NJW 2000, 2907. 234 BGH, Beschluss vom 21.6.2000, Az. 2 ARs 76/2000, dazu der Hinweis in Beschluss des 3. Senats, BGH NStZ 2001, 33.

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

gegen,235 wohingegen der 3. Senat dazu neigte, auf das zeitliche und örtliche Zusammenwirken jedoch unter Beibehaltung der Zweierbande zu verzichten.236 Daraufhin legte der 4. Senat, wie bereits vom 3. Senat angeregt,237 die beiden Rechtsfragen dem Großen Senat zur Entscheidung vor.238 Dieser entschied dann 2001 neben der Heraufsetzung der Mindestmitgliederzahl auf drei, dass das Mitwirkungserfordernis beim Bandendiebstahl nicht voraussetze, dass „wenigstens zwei Bandenmitglieder örtlich und zeitlich den Diebstahl zusammen begehen“, sondern es genüge, „wenn ein Bandenmitglied als Täter und ein anderes Bandenmitglied beim Diebstahl in irgendeiner Weise zusammenwirken“.239 Es sei ferner nicht erforderlich, dass mehrere Personen überhaupt am Tatort anwesend sind. Mit diesem Verzicht auf ein tatortbezogenes Zusammenwirken hat sich damit die Frage nach der „Sonderregelung der Täterschaft“ bei den konvergenten Bandennormen erledigt.240 • Beispiel A, B und C gehören wiederum einer Diebesbande an und A begeht einen Diebstahl nach Anweisung und Tatplan des nicht vor Ort anwesenden C. Hier mangelt es zwar an einem räumlich-zeitlichen Zusammenwirken von zwei Mitgliedern am Tatort, jedoch ist dies nach der neueren Rechtsprechung gerade nicht mehr notwendig, um das Mitwirkungserfordernis zu begründen. Ebenfalls ist eine tatortbezogene Mitwirkung kein notwendiges Täterschaftsmerkmal mehr, so dass nicht nur A als Täter (§ 244 I Nr. 2 StGB), sondern auch C als Mittäter eines Bandendiebstahls (§§ 244 I Nr. 2, 25 II StGB) bestraft werden kann.

Obwohl viele Stimmen im Schrifttum diese Ansicht teilen,241 wird hauptsächlich kritisiert, dass durch eine solche weite Auslegung die gesetzliche Differenzierung zwischen den konvergenten und den nicht konvergenten Bandennormen eingeebnet werde und die Aktionsgefahr242 letztendlich auf die bloße Organisationsgefahr reduziert werde.243 Hierzu äußerte der Große 235

BGH, Beschluss vom 04.04.2000, Az. 5 ARs 20/00 [juris]. BGH NStZ 2001, 33 (34 f.). 237 BGH NStZ 2001, 33. 238 BGH NJW 2001, 380. 239 BGHSt 46, 321 f., 2. Leitsatz. 240 Vgl. dazu Küper, S. 50. Sowada, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (392), meinte zu diesem Rechtsprechungswandel sehr passend, dass so der Große Senat innerhalb kürzester Zeit am anderen Ende des Meinungsspektrums landete. 241 AnwKomm-Kretschmer, § 244 Rn. 38; Fischer, § 244 Rn. 42; v. HeintschelHeinegg/Wittig, § 244 Rn. 17. 242 Welche nun oftmals als Ausführungsgefahr bezeichnet wird; vgl. Joerden, JuS 2002, 329; Sowada, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (396 ff.). 243 Engländer, GA 2000, 578 (581 f.); ders. JR 2001, 78 (79); Erb, NStZ 2001, 561 (564 f.); Lackner/Kühl, § 244 Rn. 8; MüKo-Schmitz, § 244 Rn. 50 ff.; Sowada, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (399), der die von der Rechtsprechung neu verstandene 236

B. Bandenmäßige Begehung

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Senat für Strafsachen, dass dem Mitwirkungserfordernis nicht jegliche Bedeutung und somit nicht der Unterschied zu den nicht konvergenten Bandennormen genommen sei, da weiterhin ein „irgendwie geartetes Zusammenwirken des Täters mit einem weiteren Bandenmitglied“ gefordert werde. Somit seien lediglich die Fälle nicht erfasst, in denen ein Mitglied die Bandentat ohne Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds verübt, also entweder alleine oder nur mit bandenfremden Personen handelt.244 Eine erhöhte konkrete Rechtsgutsgefährdung ergebe sich nicht bloß durch die an den Tatort gebundene Aktionsgefahr, sondern vielmehr auch durch die Zusammenarbeit von Mitgliedern bei der Planung, Vorbereitung oder durch tatbegleitende Maßnahmen, die gerade für organisierte und spezialisierte Banden typisch sei.245 Die Tatbeiträge der einzelnen Mitglieder würden dabei in die Tatausführung einfließen und sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken und mithin die Effizienz der Tathandlung steigern. Eine in dem Sinne verstandene Ausführungsgefahr sei daher nicht gleichbedeutend mit der schon durch den bandenmäßigen Zusammenschluss begründeten Organisationsgefahr. Diese abstrakte Gefährlichkeit der Bandenabrede erfolge vielmehr aus der engen Bindung der Mitglieder, die sich für die Zukunft und eine gewisse Dauer verbinden wollen und dadurch entstehe ein ständiger Anreiz zur Fortsetzung.246 Weiterhin sei eine potentielle Täter-OpferKonfrontation dem Diebstahlstatbestand nicht immanent. Dem Einschüchterungseffekt sowie der gesteigerten Durchsetzungsmacht mehrerer Täter gegenüber dem Opfer komme beim Bandendiebstahl nämlich nur sekundäre Bedeutung zu.247 2. Konsequenzen und offene Fragen Der Verzicht auf einen zeitlichen und örtlichen Bezug des Mitwirkens ist zu begrüßen. Die beiden soeben genannten Fälle zeigen einerseits auf, dass sich auch ohne ein gemeinsames Zusammenwirken am Tatort die Tatausführung effizienter gestalten kann. Andererseits wird durch den Verzicht die Möglichkeit eröffnet, nicht am Tatort agierende Hintermänner sachgerecht zweite Komponente der Bandengefahr jedoch als „Ausführungsgefahr“ bezeichnet; Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 301; Zopfs, Jura 2007, 510 (516); vgl. dazu Küper, S. 50 f. 244 BGHSt 46, 321 (335 f.). Fraglich dürfte hierbei sein, ob auch eine Mitwirkung gegeben ist, wenn der Mitwirkende zwar ein Bandenmitglied ist, jedoch bei der konkreten Tat nicht als solches handeln will. 245 BGHSt 46, 321 (334 f.). Wobei sich hier die Frage stellt, welche Auswirkung diese Aussage auf unorganisierte und unspezialisierte Gruppen hat. 246 BGHSt 46, 321 (336). 247 BGHSt 46, 321 (334).

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

zu erfassen. Weil sich die Diskussion um die Auslegung des Mitwirkungserfordernisses jedoch auf die Problematik eines zeitlichen und örtlichen Zusammenwirkens konzentrierte, wurde daneben die Qualität der Mitwirkungshandlung nicht erörtert. Die vom Großen Senat benutzte Formulierung, dass für ein Mitwirken ein „irgendwie geartetes Zusammenwirken“ reiche,248 scheint die Qualität der Mitwirkungshandlung nicht zu begrenzen. Daher muss im Rahmen dieser Arbeit geklärt werden, inwiefern neben mittäterschaftlichen Tathandlungen und physischer Hilfeleistung auch bloße mittelbare Täterschafts-, Anstiftungs- sowie psychische Beihilfehandlungen und sogar Handlungen, die keiner Beteiligungsform entsprechen, dem Mitwirkungserfordernis gerecht werden.249 Diese neue weite Auslegung des Mitwirkungserfordernisses zeigt besonders ihre Relevanz, wenn Kinder gezielt von Hintermännern zur Tatausführung eingesetzt werden, wie z. B. in dem in der Einleitung geschilderten Fall einer Klaukinderbande.250 • Beispiel Bandenboss A macht günstige Tatgelegenheiten für Einbruchsdiebstähle ausfindig und plant die jeweiligen Taten. Für die konkrete Tatausführung setzt er jeweils Kinder aus seiner Bande ein. Gelten die tatausführenden Kinder als Bandenmitglieder, kann demnach A trotz des Fehlens eines tatortbezogenen Zusammenwirkens als Mittäter der Bandentat (§§ 244 I Nr. 2, 244a StGB) angesehen werden.

Die konsequente Anwendung dieser neuen weiten Auslegung würde zudem bedeuten, dass einem Bandenmitglied die Ausführung einer Tat durch eine nicht als Bandenmitglied handelnde Person über den Weg der mittelbaren Täterschaft als täterschaftliche Begehung zugerechnet werden kann, sofern ein weiteres Bandenmitglied ebenfalls auf irgendeine Weise beteiligt ist. • Beispiel Bandenmitglied A fährt ein bandenexternes Kind zum Einsatzort. Dort führt das Kind einen Einbruchsdiebstahl aus. Das dafür nötige Einbruchswerkzeug hat ihm das Bandenmitglied B besorgt. Hier ist das Kind der unmittelbare Täter. Die Beteiligung von A und B wäre bei Schuldfähigkeit des Werkzeugs jeweils nur als Beihilfe zu werten. Aufgrund der Schuldunfähigkeit des Kindes nach § 19 StGB könnten A und B nun jedoch als mittelbare Täter anzusehen sein.251 Dann wären 248

BGHSt 46, 321 f., 2. Leitsatz. Dazu ausführlich unten im 4. Teil C.II.1.a)(6). 250 In dem zu diesem Verfahren ergangenen Beschluss des LG vom 15.10.1999, Az. (530) 80 Js 2655/97 (52/99), S. 3, 9 f. [Akteneinsicht] wurden die Angeklagten darauf hingewiesen, dass nur eine Strafbarkeit wegen Anstiftung zum schweren Bandendiebstahl gem. §§ 244a, 243 I 2 Nr. 3, 26 StGB und keine täterschaftliche Begehung mangels ihrer Anwesenheit am Tatort in Betracht kommt. 249

C. Ergebnisse zum 2. Teil

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beide Bandenmitglieder Täter eines Bandendiebstahls, §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB. Auch wenn A und B nicht zeitlich und örtlich bei der Tatausführung mitgewirkt haben, wäre das Mitwirkungserfordernis erfüllt.

Dieses Beispiel verdeutlicht noch einmal, dass ein Bandenmitglied als Täter anzusehen sein muss.252 Dadurch wird hier eine Abhängigkeit des Mitwirkungserfordernisses von der Entscheidung über die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme erzeugt. Diese Abgrenzung stellt sich gerade dann als problematisch dar, wenn Kinder die Tat ausführen, da die Reichweite der mittelbaren Täterschaft beim Vorliegen einer Tatausführung durch Kinder umstritten ist.253

C. Ergebnisse zum 2. Teil Durch den Einzug des Begriffs „Bande“ in die Strafnormen ab 1969, die Einführung von Bandennormen ohne Mitwirkungserfordernis ab 1971 und von Bandennormen zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ab 1992 wurde die Diskussion um den Bandenbegriff bzw. die Bandenmäßigkeit maßgeblich vorangetrieben. Besonders kritisiert wurde von der Literatur die Ansicht der Rechtsprechung, wonach für eine Bande bereits zwei Personen als ausreichend angesehen wurden und eine Mitwirkung ein örtliches und zeitliches Zusammenwirken erfordern sollte. Durch mehrere richtungsweisende Entscheidungen des BGH am Anfang dieses Jahrhunderts, die der Kritik der Literatur Rechnung trugen, ist die Diskussion um den Bandenbegriff heute weitgehend verstummt. So wurden einerseits die Voraussetzungen der Bande verschärft, indem nun drei Personen für die Bildung einer Bande als erforderlich angesehen werden. Im Gegenzug wurde das zwischenzeitlich geforderte subjektive Kriterium eines Bandenwillens, welches zugleich erhöhte Anforderungen an die Organisation der Bande mit sich brachte, wieder aufgegeben. Weiterhin wurden die Voraussetzungen der bandenmäßigen Begehung bei den konvergenten Bandennormen gelockert. Jetzt genügt es für das Mitwirkungserfordernis, wenn ein irgendwie geartetes Zusammenwirken mit einem anderen Bandenmitglied gegeben ist, wodurch auch Hintermänner als Bandentäter anzusehen sein können, beispielsweise von einer durch Kinder vor Ort ausgeführten Tat. Fragen nach einer bandenmäßigen Bestrafung können sich nach heutigem Verständnis trotz Vorliegens einer Bande nur dann ergeben, wenn die zu beurteilende Person selbst als Bandenmitglied anzusehen ist, denn anders als das Mitwirkungs251 252 253

Dazu ausführlich unten im 5. Teil A. Siehe dazu oben B.I.2. Siehe dazu ausführlich unten im 5. Teil A.II.

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2. Teil: Herrschendes Verständnis der Bandenmäßigkeit

erfordernis soll die Bandenmitgliedschaft ein besonderes persönliches Merkmal i. S. von § 28 II StGB darstellen. Obwohl heute die Voraussetzungen der Bandenmäßigkeit geklärt scheinen, hat die Darstellung gezeigt, dass dennoch viele Detailfragen offen sind. Dies betrifft vor allem die Bandenabrede, welche als entscheidendes Merkmal für das Vorliegen einer Bande anzusehen ist. Durch sie wird sowohl eine Bande gebildet als auch die Bandenmitgliedschaft begründet. Handelt ein Bandenmitglied außerhalb der Bandenabrede, fehlt es an einer bandenmäßigen Begehung. Zudem wird der Bandenabrede die abstrakte Gefährlichkeit der Bande, die sog. Organisationsgefahr, zugerechnet.254 Gerade weil die Bandenabrede eine solch wichtige Stellung einnimmt, verwundert es, dass an sie so geringe Anforderungen gestellt werden. Insbesondere werden keine Parameter aufgestellt, die festsetzen, wann jemand zum Schließen einer Bandenabrede fähig ist. Da somit keine Ausschlusskriterien aufgestellt werden, wird auch die Bandenmitgliedsfähigkeit von Kindern im Allgemeinen nicht angezweifelt.255 In dieser Arbeit wird daher der Frage nachgegangen, ob ein Bandenmitglied ein bestimmtes Alter oder Schuldfähigkeit besitzen muss.256 Weitere zu klärende Fragen im Rahmen der Bandenabrede sind insbesondere, inwiefern die Abrede freiwillig257, ernsthaft258 oder bedingungslos259 eingegangen werden muss. Wird bezüglich der Bandenabrede nicht nur das einzelne Mitglied, sondern die Verbindung als solche betrachtet, stellt sich die Frage, inwiefern jede Personengruppe, die sich zur fortgesetzten Straftatbegehung verbunden hat, als Bande anzusehen ist. Obwohl beispielsweise die Bande heute keine Organisationsstruktur und keinen Bandenwillen (mehr) aufweisen muss, finden sich immer noch Stimmen, die die Bande i. S. der Organisierten Kriminalität auslegen möchten. Hierbei wäre dann fraglich, inwieweit z. B. Jugendbanden diesen Anforderungen genügen können.260 Ferner sollte herausgearbeitet werden, wann trotz Bejahung des Vorliegens einer Bande bzw. einer Bandenmitgliedschaft im Einzelfall die Tatbegehung dennoch als nicht bandenmäßig anzusehen ist. Dabei ist zu erörtern, inwiefern zwischen Ursachen bezüglich des Grunddelikts und solchen der Bandenmäßigkeit zu unterscheiden ist.261 Für das Mitwirkungserforder254 255 256 257 258 259 260 261

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

zur teleologischen Auslegung der Bandenmäßigkeit unten im 3. Teil B. dazu ausführlich unten im 4. Teil A. dazu ausführlich unten im 4. Teil B.II.1. dazu ausführlich unten im 4. Teil C.I.2.e). dazu ausführlich unten im 4. Teil C.I.2.d). dazu ausführlich unten im 4. Teil C.I.3. dazu ausführlich unten im 4. Teil B.II.2.b). dazu ausführlich unten im 4. Teil C.

C. Ergebnisse zum 2. Teil

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nis wurde zwar ausführlich in Rechtsprechung und Literatur diskutiert, ob ein örtliches und zeitliches Zusammenwirken erforderlich ist, nicht jedoch, welche Qualität eine Mitwirkungshandlung haben muss. Daher ist zu klären, inwiefern bloße mittelbare Täterschafts-, Anstiftungs- oder psychische Beihilfehandlungen und sogar Handlungen, die keiner Beteiligungsform entsprechen, ein Mitwirken darstellen.262 Ist eine handelnde Person nicht als Bandenmitglied anzusehen oder handelt sie konkret nicht bandenmäßig, muss ermittelt werden, wie sich ein solcher Mangel auf die Strafbarkeit der anderen beteiligten Bandenmitglieder auswirkt. Dabei ist zu beachten, dass auch von bandenmäßiger Begehung gesprochen werden kann, wenn ein Nichtmitglied eine Bandentat ausführt und einem Bandenmitglied diese Tat als Täter zugerechnet werden kann. Bei der Beteiligung von Kindern stellt sich besonders aufgrund ihrer absoluten Schuldunfähigkeit die Frage, ob für beteiligte Strafmündige mittelbare Täterschaft oder nur Teilnahme gegeben ist.263 Die Annahme von mittelbarer Täterschaft würde nämlich die Möglichkeit der täterschaftlichen Bestrafung von Beteiligten aus einer Bandennorm beim Einsatz von Kindern erheblich erweitern. Bei Beteiligung von bandenexternen Personen an Bandentaten ist zu klären, ob diese ebenfalls erhöht aus einer Bandennorm bestraft werden können. Nach herrschender Ansicht, die die Bandenmitgliedschaft als ein besonderes persönliches Merkmal i. S. von § 28 StGB einordnet, wäre dies zu verneinen.264 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass im Einzelnen viele Unklarheiten in Bezug auf die Bandenmäßigkeit bestehen. Um die Auswirkungen der Einbeziehung von Kindern auf die Bandenmäßigkeit zu diskutieren, bedarf es einer Klärung dieser Unklarheiten. Bezüglich Banden und Kindern sind insbesondere drei Problemkreise zu erörtern: (1) die Bandenmitgliedsfähigkeit von Kindern265, (2) die Einstufung einer „Kinderbande“ als Bande i. S. der Bandennormen266 sowie (3) die Beteiligungsform von strafmündigen Beteiligten an Taten von Kindern267.

262 263 264 265 266 267

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

dazu dazu dazu dazu dazu dazu

ausführlich ausführlich ausführlich ausführlich ausführlich ausführlich

unten unten unten unten unten unten

im im im im im im

4. 5. 4. 4. 4. 5.

Teil C.II.1.a)(6). Teil A. Teil C.II.1.a)(1)(b). Teil A. und B. Teil B.II.2. Teil.

3. Teil

Überprüfung des herrschenden Verständnisses der Bandenmäßigkeit Wie durch die Darstellung der einzelnen Voraussetzungen der bandenmäßigen Begehung im vorherigen Teil aufgezeigt, sind trotz einer Fülle von richtungsweisenden Entscheidungen heute viele Fragen ungeklärt und mitunter gar nicht diskutiert. Bevor auf etwaige Besonderheiten der Einbeziehung von Kindern eingegangen werden kann, muss das heute herrschende Verständnis der Bandenmäßigkeit einer umfassenden Untersuchung und Überprüfung unterzogen werden. Dafür eignet sich in erster Linie eine systematische Untersuchung, weil hierdurch die Voraussetzungen der bandenmäßigen Begehung zu den Voraussetzungen anderer Rechtsfiguren abgegrenzt und die Bedeutung und Funktion der Bandennormen aufgezeigt werden können. Für eine Auslegung der einzelnen Voraussetzungen ist es ferner unerlässlich, sich über die Strafgründe der Bandenmäßigkeit im Klaren zu sein.

A. Systematische Bedeutung Die bisherige Darstellung hat gezeigt, dass die Entwicklung der Bande und mithin das heute herrschende Verständnis der Bandenmäßigkeit auch von der Entwicklung bzw. dem Vorhandensein bestimmter anderer Rechtsinstitute geprägt ist. Hierzu zählen zunächst andere Personenzusammenschlüsse, aber ebenfalls der Straferschwerungsgrund der Gewerbsmäßigkeit. Auf diese Rechtsinstitute wird im Folgenden näher eingegangen, um sie von der Bande abzugrenzen und dadurch die Rolle der Bande in diesem System aufzuzeigen. Dafür werden die zu unterscheidenden Merkmale herausgearbeitet, wodurch zugleich das oben dargelegte herrschende Verständnis der Bande und bandenmäßigen Begehung einer ersten Überprüfung unterzogen wird.

A. Systematische Bedeutung

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I. Abgrenzung zu anderen Formen des Zusammenschlusses Mehrerer Grundsätzlich gehen die Straftatbestände von Handlungen einer Einzelperson aus. So ist die Strafbarkeit, beispielsweise des Diebes („Wer eine fremde bewegliche Sache [. . .] wegnimmt“, § 242 I StGB), unabhängig von einem irgendwie gearteten Zutun anderer Personen. Mitunter kann jedoch ein Tatbestand gar nicht anders erfüllt werden, als durch die Beteiligung von noch mindestens einer weiteren Person.1 Zu diesen Fällen der notwendigen Teilnahme zählen die sog. Begegnungsdelikte, bei denen ein Beteiligter auf Täterseite und ein Beteiligter auf Opferseite freiwillig zusammenwirken (z. B. §§ 174, 291 StGB).2 Andererseits gibt es Fälle der notwendigen Teilnahme, bei der sich die Mitwirkenden nicht als Opfer und Täter gegenüberstehen, sondern nebeneinander oder nacheinander gleichgerichtete Tätigkeitsakte im Hinblick auf dieselbe Rechtsgutsbeeinträchtigung ausführen (z. B. §§ 121, 224 I Nr. 4 StGB).3 Zu diesen sog. Konvergenzdelikten zählen diejenigen Bandennormen, die die Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds voraussetzen (z. B. § 244 I Nr. 2 StGB). Bandennormen, die dieses Konvergenzkriterium nicht aufweisen (z. B. § 253 IV StGB), erfordern dennoch – bedingt durch den Begriff der Bande – eine Verbindung mehrerer Personen. Dabei kennt das Strafgesetz – auch unabhängig von einer notwendigen Teilnahme – noch weitere solcher Personenzusammenschlüsse: die Vereinigung (§§ 85 f., 129 f. StGB), die Partei (§§ 84 ff. StGB), die Gruppe (§§ 88, 127 StGB) und die Menschenmenge (§§ 124 f. StGB). Zudem finden sich im Allgemeinen Teil des StGB mit den Regeln zur Beteiligung (§§ 25 ff. StGB) und dem Versuch zur Beteiligung (§ 30 StGB) Bestimmungen über kriminelles Handeln mehrerer Personen. Wie sich bei der bisherigen Betrachtung der Entwicklung der Bandenmäßigkeit gezeigt hat, stellen sich Abgrenzungsfragen bei der Bande besonders in Bezug auf die Beteiligung, das Komplott, die kriminelle Vereinigung und die Organisierte Kriminalität. Daher wird im Folgenden eine systematische Einordnung der Bande innerhalb dieser strafrechtlich relevanten Zusammenschlüsse vorgenommen, um klarzustellen, durch welche Merkmale sich die Bande von den anderen Zusammenschlüssen abgrenzt. Hierbei ist ferner interessant, inwiefern bei Verneinung der Bandenmäßigkeit, z. B. bei Einschaltung von Kindern, trotzdem eine andere Form eines Personenzusammenschlusses gegeben ist bzw. sogar gegeben sein muss.

1 2 3

Vgl. nur SK-Hoyer, Vor § 26 Rn. 70. Heinrich, Rn. 1376. SK-Hoyer, Vor § 26 Rn. 71.

104

3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

1. Beteiligung Oftmals ist die Tatbestandsverwirklichung auf ein Zusammenwirken mehrerer Personen zurückzuführen, wenngleich dies nicht von dem jeweiligen Tatbestand vorausgesetzt wird. In diesem Fall bestimmen die unterschiedlichen Beteiligungsformen der §§ 25 ff. StGB, in welchem Verhältnis die Beiträge der Einzelpersonen zueinander stehen4 und inwiefern die Beteiligten als Täter (§ 25 StGB) oder Teilnehmer (§§ 26, 27 StGB) einzustufen sind. Einst wurde die Bande auch im Zusammenhang mit Zurechnungsfragen behandelt, doch ist dies seit der Mitte des 19. Jahrhunderts überholt.5 Heute dient die Bande ausschließlich der Straferhöhung. Zwar setzen die Bandennormen schon begrifflich einen Zusammenschluss mehrerer Personen voraus, dennoch ist dieser Zusammenschluss für sich alleine (zumindest unter dem Aspekt der Bande) nicht strafbar. Vielmehr bedarf es einer von Bandenmitgliedern begangenen Straftat. Somit setzt jede bandenmäßige Tatbegehung und damit Straferhöhung die Beteiligung von zumindest einem Bandenmitglied bei den nicht konvergenten und von zwei Bandenmitgliedern bei den konvergenten Bandennormen voraus. Es gibt folglich keine (zeitliche) Trennung von bandenmäßiger Begehung und Beteiligung. Nicht jeder Beteiligte an einer von einer Bande ausgeführten Tat ist jedoch als Bandenmitglied anzusehen.6 • Beispiel Leistet die Ehefrau des Bandenmitglieds A im Einzelfall Hilfe, indem sie A zum späteren Tatort fährt, macht sie das noch nicht zum Bandenmitglied.

Umgekehrt ist nicht jedes Bandenmitglied gleich als Beteiligter an einer Bandentat zu qualifizieren.7 • Beispiel Verabreden A, B und C, in Zukunft eine Vielzahl von Diebstählen zu begehen und führen dann A und B eine solche Tat aus, ohne den C in ihre Pläne eingebunden zu haben, kann C nicht als Beteiligter dieser konkreten Bandentat angesehen werden.

4 5 6 7

S/S/Heine, Vorbem. §§ 25 ff. Rn. 1. Siehe oben im 1. Teil E. H.M., siehe z. B. BGH NStZ-RR 2007, 112; Fischer, § 244 Rn. 39. Vgl. BGHSt 57, 88 (92 f.).

A. Systematische Bedeutung

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Vielmehr richtet sich die Abgrenzung der Beteiligungsformen auch bei einer Tatbeteiligung an einer Bandentat nach den allgemeinen Regeln.8 Somit ist es also genauso möglich und notwendig, bei Bandentaten nach Tätern und Teilnehmern zu unterscheiden.9 a) Mittäterschaft Trotz der Unterschiedlichkeit der Institute Bande und Beteiligungsform kann es dennoch zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen ihnen kommen. Der BGH sieht solche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Mittäterschaft gem. § 25 II StGB, also der gemeinschaftlichen, i. d. R. arbeitsteiligen Begehung einer Straftat durch mindestens zwei Personen im Wege des bewussten und gewollten Zusammenwirkens auf der Grundlage eines gemeinsamen Tatplans10. Der Große Senat hat nämlich seine Rechtsprechungsänderung zur Anhebung der Mindestmitgliederzahl einer Bande auf drei Personen wesentlich mit der Erleichterung der Abgrenzung „in der praktischen Rechtsanwendung durch die Tatgerichte“ begründet, weil dadurch „Zwei-Personen-Zusammenschlüsse von vornherein nicht mehr dem Bandenbegriff unterfallen“. Diese Erhöhung sei somit „ein einfaches und erfolgversprechendes Mittel, um die Abgrenzung der wiederholten gemeinschaftlichen Tatbegehung durch Personen, die nur Mittäter sind, von derjenigen der bandenmäßigen Begehung zu vereinfachen“.11 (1) Abzugrenzende Konstellation Da sich Bandenmäßigkeit und Mittäterschaft nicht gegenseitig ausschließen, bezieht sich in einem konkreten Fall die vorzunehmende Abgrenzung auch nicht auf die Frage, ob entweder Mittäter oder Bandenmitglieder12 bzw. eine mittäterschaftliche oder eine bandenmäßige Begehung gegeben sind. Vielmehr kann in der Praxis nur die Konstellation der bloßen mittäter8 BGHSt 46, 321 (338); BGH NStZ 2007, 288; BGH StV 2008, 575; BGH NStZ 2012, 517; BGH StV 2012, 669; BGH NStZ-RR 2013, 79; v. Heintschel-Heinegg/ Wittig, § 244 Rn. 17. Allerdings war dies bei den Konvergenzdelikten lange Zeit heftig umstritten; siehe dazu oben im 2. Teil B.II.1. 9 Siehe dazu ferner unten im 5. Teil. 10 Vgl. nur Heinrich, Rn. 1218. 11 BGHSt 46, 321 (329); vgl. dazu Kosmalla, S. 50; Rengier, BT I, § 4 Rn. 91. 12 Eine Bezeichnung als Abgrenzung zwischen Bandenmitglied und Mittäter wäre zudem begriffstechnisch unsauber. Denn eine Person kann nur als „Mittäter“ bezeichnet werden, wenn sie auch mittäterschaftlich an einer Straftat beteiligt gewesen ist. Dagegen hängt bloß die Strafbarkeit, nicht aber die Bezeichnung einer Person als „Bandenmitglied“ von deren Straftatbeteiligung ab.

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

schaftlichen Begehung von der bandenmäßigen Begehung durch Mittäter13 zu unterscheiden sein.14 (2) Äußere Komponente Ohne eine (versuchte) Tatbegehung tritt keine bandenmäßige Strafschärfung ein. Ist also bei einer Straftat die bandenmäßige Begehung der Mittäter zu bejahen, bedeutet dies, dass die mittäterschaftliche Begehung zugleich die Straferhöhungswirkung der Bande aktiviert hat. Mittäterschaftliche und bandenmäßige Begehung gehen sozusagen ineinander auf. Äußerlich sind sie nicht voneinander zu trennen. Demnach kann eine Abgrenzung der hier fraglichen Konstellation nicht anhand dieser nach außen in Erscheinung tretenden, also die tatsächliche Begehung einer konkreten Straftat betreffenden Komponenten der Mittäterschaft und Bandenmäßigkeit getroffen werden. Ausgenommen sind lediglich die Fälle, in denen die begangene Straftat über keine Bandenschärfung verfügt, denn dann kann rechtlich nur bloße Mittäterschaft vorliegen. (3) Innere Komponente Relevanter für eine Abgrenzung ist vielmehr die innere Komponente der Mittäterschaft und der Bandenmäßigkeit, also ein die Mittäter bzw. die Bandenmitglieder verbindendes Element, welches nicht schon allein durch die Art der Tatbegehung ersichtlich wird. So führte der Große Senat aus, dass sich die Bande von der Mittäterschaft „durch das Element der auf eine gewisse Dauer angelegten Verbindung mehrerer Personen zu zukünftiger gemeinsamer Deliktsbegehung“ unterscheidet.15 Eine Bande hat sich, wie bereits dargestellt16, „zur fortgesetzten Begehung“ zusammengeschlossen. Die Bandenmitglieder müssen sich also mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen.17 Diese 13 Die Bezeichnung „mittäterschaftliche Begehung durch Bandentäter“ ist nicht eindeutig, da diese nicht ausschließt, dass Personen Bandenmitglieder und Mittäter sind, dennoch die Mittäter die Tat nicht in ihrer Eigenschaft als Bandenmitglieder begehen, z. B. wenn A und B, die einer Einbruchsbande angehören, gemeinschaftlich einen Betrug begehen; siehe dazu oben im 2. Teil A.III. 14 Der Große Senat, BGHSt 46, 321 (329), betont bei der Abgrenzung jedoch, dass diese Begehung jeweils wiederholt sein muss. Abgrenzungsfragen in Bezug auf andere Beteiligungsformen sollen hier außen vor bleiben. 15 BGHSt 46, 321 (329). 16 Siehe oben im 2. Teil A.II. 17 H.M., vgl. z. B. BGHSt 46, 321; Rengier, BT I, § 4 Rn. 89.

A. Systematische Bedeutung

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Verabredung kann ausdrücklich oder konkludent getroffen werden, wobei sich nicht sämtliche Bandenmitglieder persönlich verabredet haben und sich untereinander kennen müssen.18 Eine Beschränkung der Taten nach Tatzeit, -ort oder -objekten ist dabei unschädlich.19 Eine von Anfang an bestehende Beschränkung auf bereits bestimmte Taten reicht jedoch nicht aus.20 Gleich dieser Bandenabrede liegt bei der Mittäterschaft mit dem gemeinsamen Tatplan ebenfalls eine Absprache der einzelnen Personen als verbindendes Element vor.21 Dieser Tatplan setzt voraus, dass die Mittäter den Entschluss gefasst haben, gemeinsam ein bestimmtes Delikt zu verwirklichen.22 Wobei der Plan sowohl vor der Tatbegehung – so der Regelfall23 – als auch noch während der Ausführung der Tat gefasst werden kann.24 Eine konkludente Übereinkunft genügt dabei.25 Nur in den Grenzen des gemeinsamen Tatplans werden einem Mittäter Ausführungshandlungen seiner Mittäter zugerechnet.26 Gleichwohl muss sich der gemeinsame Tatplan nicht auf jedes Detail der Tat beziehen, so dass den Mittätern gewisse Freiräume bei der Ausführung bleiben.27 Der Unterschied der Abreden besteht somit darin, dass sich die Abrede der Mittäter nur auf bereits bestimmte Delikte, die Abrede der Bande hingegen – gegebenenfalls neben bereits bestimmten – auf weitere noch unbestimmte Taten bezieht. Damit stellt eine mittäterschaftliche Verbindung bedingt durch den konkreten gemeinsamen Tatplan immer eine Verbindung auf Zeit dar. Die Bande ist dagegen auf eine längere, über konkret geplante Taten hinausgehende deliktische Zusammenarbeit gerichtet.28 Folglich hängt die Unterscheidung zwischen bloßer mittäterschaftlicher Begehung und bandenmäßiger Begehung von Mittätern von dem Nachweis ab, ob in 18

BGHSt 50, 160 (164); Fischer, § 244 Rn. 36; siehe ausführlich oben im 2. Teil A.IV. 19 BGH bei Holtz, MDR 1978, 624; Fischer, § 244 Rn. 40; LK-Vogel, § 244 Rn. 62; siehe dazu bereits oben im 2. Teil A.IV. 20 SK-Hoyer, § 244 Rn. 33; siehe ausführlich oben im 2. Teil A.II. 21 Kosmalla, S. 49; vereinzelte Stimmen halten den gemeinsamen Tatplan jedoch für entbehrlich; vgl. Jakobs, AT, Abschnitt 21 Rn. 43; sowie seine Schüler Derksen, GA 1993, 163 und Lesch, ZStW 105 (1993), 271. 22 Vgl. z. B. Heinrich, Rn. 1223. 23 So Jescheck/Weigend, § 63 II.2. 24 Vgl. z. B. Heinrich, Rn. 1223. 25 RGSt 49, 239 (241); BGHSt 37, 289 (292); Fischer, § 25 Rn. 17; MüKoJoecks, § 25 Rn. 230. 26 Fischer, § 25 Rn. 11 f. 27 LK-Schünemann, § 25 Rn. 176; vgl. dazu RGSt 57, 307 (308); RGSt 59, 245 (246 f.); BGH NStZ 2005, 261. 28 Vgl. BGHSt 46, 321 (327).

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

letzterem Fall die konkrete Tat Ausfluss einer Bandenabrede und somit der gemeinsame Tatplan als konkretisierte Bandenabrede anzusehen ist. Planen Mittäter gleich mehrere Taten, so dass sich ihre Abrede auf eine bestimmte Anzahl von Straftaten beschränkt, genügt dies nicht den Anforderungen einer Bandenabrede.29 Treten Mittäter wiederholt in Erscheinung, liegt trotzdem die Vermutung nahe, dass sie dies aufgrund einer bandenmäßigen Abrede tun und daher die jeweiligen gemeinsamen Tatpläne als Konkretisierung der Bandenabrede einzustufen sind. Eine wiederholte (mittäterschaftliche) Begehung ist dennoch keine Voraussetzung für eine bandenmäßige Strafschärfung, denn wenn schon die erste Tatbegehung einer Bande die bandenmäßige Bestrafung auslösen soll30, muss dies gleichermaßen für die erste Tatbegehung von (zu einer Bande gehörenden) Mittätern gelten, sofern ihr Handeln Ausfluss der Bandenabrede ist. Indessen kann aus Personen, die anfangs nur als bloße Mittäter in Erscheinung getreten sind, später eine Bande entstehen, beispielsweise wenn die deliktische Zusammenarbeit der Mittäter reibungslos funktioniert hat, so dass sie beschließen, auch zukünftig gemeinsam Straftaten zu begehen.31 Jedoch macht eine erst nach der Begehung einer Tat gefasste Bandenabrede eine solche Tat nicht nachträglich zur Bandentat.32 (4) Abgrenzungsschwierigkeiten der Praxis Eine Abgrenzung von wiederholter mittäterschaftlicher Begehung und bandenmäßiger Begehung von Mittätern wird durch die Anhebung der Mindestpersonenzahl den Gerichten nicht erspart bleiben. Zum einen treten vielleicht nur zwei Personen als Mittäter in Erscheinung, dennoch schließt dies eine bandenmäßige Verbindung von mindestens drei Personen nicht aus, denn bei einer Bande müssen gerade nicht alle Bandenmitglieder an den Bandentaten beteiligt sein33 und zum anderen ist nicht gesagt, dass drei 29 Dies gilt auch, wenn es vor oder während der Tatbegehung zu Änderungen des ursprünglichen Plans kommt. Um dies noch der mittäterschaftlichen Zurechnung zu unterwerfen, ist die zumindest konkludente Modifizierung des gemeinsamen Tatplans erforderlich. 30 BT-Drucks. IV/650, S. 407; BGHSt 49, 177 (188); Fischer, § 244 Rn. 40; Schild, GA 1982, 55 (82); S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 25; S/S/W/Kudlich, § 244 Rn. 31; siehe dazu noch unten im 4. Teil C.I.3. 31 Siehe zu Bedingungen, die die fortgesetzte Begehung betreffen, noch unten im 4. Teil C.I.3. 32 BGH NStZ 2006, 176; Fischer, § 244 Rn. 40. 33 Hierbei könnte man noch weitere Konstellationen bilden. Beispielsweise können zwei Mittäter handeln, von denen jedoch nur einer Bandenmitglied ist – dann hängt die Einstufung als Bandentat davon ab, ob die Bandennorm eine Mitwirkung

A. Systematische Bedeutung

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Mittäter auch bei wiederholter Begehung sich zu einer unbestimmten Vielzahl von Delikten verbunden haben und somit eine Bande darstellen. Beweisanforderungen, die an eine Bandenabrede zu stellen sind, verringern sich, „je stärker die Gefährlichkeit einer Tätergruppe durch die Zahl ihrer Mitglieder, durch deren Präsenz bei der Tatausführung oder durch organisatorische Stabilität hervortritt“.34 Solche geringeren Beweisanforderungen werden somit eingreifen, wenn drei oder mehr Mittäter wiederholt unter gleicher Rollenverteilung Delikte einer Gattung begehen.35 Die vom Großen Senat angesprochenen Abgrenzungsschwierigkeiten in der praktischen Rechtsanwendung36 ergaben sich allerdings weniger daraus, dass den (bandenmäßig handelnden) Mittätern nicht nachgewiesen werden konnte, dass sie sich von vornherein zur Begehung noch unbestimmter Delikte zusammengeschlossen haben. Vielmehr resultierten sie daraus, dass die Gerichte die für weniger gefährlich bewerteten Verbindungen wie die Zweierbande – trotz Vorliegens einer Bandenabrede – nicht erhöht aus Bandennormen bestrafen wollten.37 Als Konsequenz dessen wurde bis BGHSt 46, 321 der Begriff der Bande, wie oben bereits dargestellt38, durch das zusätzliche Kriterium des sog. „übergeordneten Bandeninteresses“39 konkretisiert, das im Gegensatz zum lediglich vorliegenden Individualinteresse von bloßen Beteiligten zu verstehen war. Gab der Täter nicht ausnahmsweise zu, in einem übergeordneten Bandeninteresse gehandelt zu haben, konnte dieses Bandeninteresse nur anhand von Indizien ausgemacht werden.40 Diese Indizien führten zu einer unübersichtlichen und auch uneinheitlichen Kasuistik,41 denn es ist der Rechtsprechung nicht gelungen, die materiellen Voraussetzungen des übergeordneten Bandeninteresses konkret zu umschreiben.42 Mangels rechtlicher Maßstäbe war es den Tatgerichten daher nicht ohne Weiteres möglich, im Einzelfall unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtssprechung zu prüfen, ob ein Zusammenschluss von zwei Personen eine Bande darstellt.43 Folglich wurde dieses zusätzliche eines anderen Bandenmitglieds voraussetzt und ob sich das Bandenmitglied im Rahmen der Bandenabrede bewegt. 34 BGHSt 50, 160 (163). 35 Vgl. BGH wistra 2012, 433 (434 f.). 36 BGHSt 46, 321 (329). 37 Kosmalla, S. 51; vgl. dazu BGH NJW 1998, 2913; Sowada, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (390). 38 Siehe oben im 2. Teil B.I.1.a). 39 Z. B. in BGHSt 42, 255 (259). 40 Altenhain, JURA 2001, 836 (840). 41 Vgl. dazu Kosmalla, S. 51 und S. 133 f. 42 BGHSt 46, 321 (328). 43 BGHSt 46, 321 (328).

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

Kriterium durch den Großen Senat in der besagten Entscheidung wieder abgeschafft und gleichzeitig die erforderliche Mindestanzahl von Bandenmitgliedern auf drei heraufgesetzt. (5) Zusammenfassung Zwischen Bande und Mittäterschaft besteht kein Ausschlussverhältnis. Die Tatbegehung als Bandenmitglied führt zur Straferhöhung und die Mittäterschaft dient der wechselseitigen täterschaftlichen Zurechnung der jeweiligen Tatbeiträge – und damit auch der Taterfolge – der einzelnen Personen. Daher ist die Bandenmitgliedschaft keine intensivere Form der Mittäterschaft, sondern vielmehr ein aliud.44 Mittäter haben also dann bandenmäßig gehandelt, wenn sie durch zwei Absprachen, also die Bandenabrede und den gemeinsamen Tatplan, miteinander verbunden sind. Dabei muss der gemeinsame Tatplan die Bandenabrede konkretisieren. Der Nachweis, dass eine Tatbegehung Ausfluss einer Bandenabrede ist, muss im Einzelfall also immer erfolgen, egal ob es sich um Mittäterschaft oder eine andere Beteiligungsform handelt.45 Somit unterscheidet sich die mittäterschaftliche Begehung von der bandenmäßigen Begehung durch Mittäter dadurch, dass bei letzterer noch das Vorliegen einer Bandenabrede hinzutritt. Diese Gegenüberstellung verdeutlicht zugleich die Relevanz der Bandenabrede in Bezug auf den Strafgrund der Bandennormen, der diesbezüglich mehr Bedeutung zukommt als der eigentlichen Tatbegehung.46 b) Komplott Wie im geschichtlichen Teil aufgezeigt,47 ist die Entwicklung der Bande und insbesondere deren Begriffsherausbildung eng mit dem Komplott verknüpft. Das Komplott als Verbindung mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen Begehung einer bestimmen Straftat erlangte vorwiegend als Betei44

BGHSt 47, 214 (218); anders noch BGHSt 42, 255 (259), der die „bandenmäßige Begehung als eine gegenüber der Mittäterschaft intensivere Form gemeinsam deliktischen Vorgehens“ bezeichnete; so auch heute noch MüKo-Schmitz, § 244 Rn. 42. Aliud versteht sich als etwas „anderes“, was jedoch nicht bedeutet, dass sich Bande und Mittäterschaft gegenseitig ausschließen. 45 Vgl. aktuell zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Teilnahme und zur Bandenabrede BGH wistra 2012, 433; dazu Hecker, JuS 2013, 177. 46 Zu den Gründen der erhöhten Strafbarkeit der bandenmäßigen Begehung siehe insbesondere unten B.III. 47 Siehe insbesondere oben im 1. Teil E.I.; vgl. auch Flemming/Reinbacher, NStZ 2013, 136 (139 f.).

A. Systematische Bedeutung

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ligungsform Bedeutung, bevor es ab Mitte des 19. Jahrhunderts an Relevanz verlor. In heutigen Strafgesetzen findet sich der Begriff „Komplott“ nicht mehr, so dass es eigentlich keiner Abgrenzung von Bande und Komplott bedarf. Andererseits wird der Begriff heute von Rechtsprechung48 und Literatur49 mitunter noch gebraucht, was zeigt, dass die Idee des Komplotts sogar noch heute im Strafrecht zu finden ist. Daher wird im Folgenden die Bande sowohl vom ausgeführten als auch vom unausgeführten Komplott abgegrenzt. (1) Ausgeführtes Komplott Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurde lediglich das ausgeführte Komplott bestraft. Danach begründete die Teilnahme des Komplottanten an der Verabredung seine Haftung für die später ausgeführte Straftat. Der Grund der Zurechnung lag also nicht in der Tatausführung, sondern bereits in der Verabredung.50 In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Komplott in dieser Funktion von der Mittäterschaft abgelöst, wobei jedoch die gemeinschaftliche Ausführung gegenüber der Verabredung das entscheidende Merkmal der Zurechnung bildete.51 Die Verabredung der gemeinschaftlichen Tatbegehung vor der Tat hat heute bei der Mittäterschaft keine eigenständige Bedeutung mehr, da der gemeinsame Tatplan nicht nur vor der Tatbegehung, sondern auch erst während der Tatausführung begründet werden kann.52 (2) Unausgeführtes Komplott In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde zudem die Strafbarkeit des Komplotts an sich, also der bloßen Verabredung unabhängig von deren Ausführung, diskutiert. Die herrschende subjektive Lehre wollte dies als Versuch der vollendeten Tat bestrafen, wohingegen einige Vertreter einer 48 So findet sich in Urteilen vereinzelt noch die Bezeichnung „Mordkomplott“; vgl. BGH, NStZ-RR 2006, 236 (237); BGH, Urteil vom 18.03.2004, Az. 4 StR 533/03 [juris, Rn. 6, 10; wobei sich in NStZ 2004, 499 dieser Begriff nicht findet]. Als Mordkomplott wurde die früher in § 49 b RStGB enthaltene Strafnorm der Verabredung zum Mord (RGBl. 1922 I, S. 585 [590], 1927 außer Kraft getreten wegen beschränkter Geltungsdauer) bzw. der Teilnahme an oder die Unterstützung einer Verbindung oder Verabredung zu einem Verbrechen wider das Leben (RGBl. 1932 I, S. 548 [549], aufgehoben durch das 2. StrRG [BGBl. 1969 I, S. 717]) verstanden. 49 Vgl. z. B. Jescheck/Weigend, AT, § 63 II.2.; LK-Schünemann, § 30 Rn. 68 ff. 50 Fieber, S. 41; Letzgus, S. 102; siehe dazu auch oben im 1. Teil E.I. 51 Fieber, S. 40; Letzgus, S. 103. 52 Siehe oben A.I.1.a)(3).

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

objektiven Theorie in der bloßen Verabredung keinen Anfang einer Ausführungshandlung sahen und daher einer solchen Vorbereitungshandlung keine strafrechtliche – teilweise aber ordnungsrechtliche – Relevanz beimaßen.53 Die Gesetze dieser Zeit enthielten daher das Komplott sowohl als Zurechnungsfigur als auch in Form der bloßen Verabredung als Versuch.54 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzten sich, bedingt durch den Einfluss des Liberalismus, die objektiven Unrechtslehren durch.55 Im PrStGB, im BayStGB 1861 sowie im RStGB 1871 fanden sich keine Bestimmungen über die Strafbarkeit des unausgeführten Komplotts mehr. Der Fall „Duchesne“56 führte 1876 jedoch dazu, dass zwar nicht das Komplott selbst, jedoch ähnliche Vorbereitungshandlungen von Verbrechen in § 49a RStGB selbstständig unter Strafe gestellt wurden. Wurden diese Vorbereitungshandlungen nicht schriftlich, sondern nur mündlich erklärt, musste an sie die Gewährung von Vorteilen irgendeiner Art geknüpft werden. Im Nebenstrafrecht fanden sich dagegen einige Regelungen zum unausgeführten Komplott, ohne jedoch den Begriff „Komplott“ zu benutzen.57 Diese Regelungen bezogen sich jeweils auf eine bestimmte Straftat und galten nicht als Versuch dieser Tat, sondern setzten einen eigenen Strafrahmen fest. In den Entwürfen zu einem Strafgesetzbuch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts tauchte das Komplott dann wieder auf.58 Zunächst sollte es im Besonderen Teil in einer Norm zusammen mit der Bandenbildung geregelt werden, sich dabei auf Verbrechen beziehen und einen eigenen Strafrahmen festsetzen.59 Später wurde vorgesehen, es von der Bande getrennt im Allgemeinen Teil als Versuch zu bestrafen, wobei die angedachte Überschrift 53

Fieber, S. 41 ff. m. w. N.; Letzgus, S. 103 m. w. N. Eine Übersicht der Komplottbestimmungen in den Partikularstrafgesetzbüchern findet sich bei Fieber, S. 43 ff.; zum BayStGB 1813 siehe oben im 1. Teil E.I. 55 Fieber, S. 46; zum Liberalismus vgl. Fabian, S. 9 ff. 56 Im Zuge des von Bismarck geführten Kulturkampfs gegen die katholische Kirche bot sich der belgische Schmied Duchesne dem Erzbischof von Paris zur Ermordung Bismarcks unter Zahlung einer Geldsumme an. Dieses Angebot wurde nicht angenommen. Die deutsche Regierung drängte Belgien daraufhin, derartige Vorgehensweisen unter Strafe zu stellen. Der belgische Gesetzgeber erließ im Juli 1875 ein Gesetz, dass neben dem Erbieten auch weitere Vorbereitungshandlungen unter Strafe stellte. Dies war der Auslöser, dass ein entsprechendes Gesetz, der sog. Duchesne-Paragraph, am 16. Februar 1876 auch in das RStGB (RGBl. 1876 S. 25 [36]) eingefügt wurde; vgl. Fieber, S. 47 f.; MüKo-Joecks, § 30 Rn. 6. 57 Z. B. in § 59 Militär-Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 20. Juni 1872 (RGBl 1872, S. 174 [185]): „Haben Mehrere einen Kriegsverrath verabredet, ohne daß es zur Ausführung oder zu einem strafbaren Versuche desselben gekommen ist, so tritt Zuchthaus nicht unter fünf Jahren ein“. Siehe auch zu § 6 SprengstoffG vom 9. Juni 1884 oben im 1. Teil F.I. 58 Siehe dazu oben im 1. Teil F.II. 59 Z. B. in § 232 E StGB 1919 oder § 183 E StGB 1925. 54

A. Systematische Bedeutung

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nun nicht mehr von „Komplott“, sondern von „Verabredung eines Verbrechens“ sprach.60 Dabei lautete die Formulierung der Regelung im Besonderen wie im Allgemeinen Teil in den Entwürfen zunächst jeweils: „Wer mit einem anderen ein Verbrechen verabredet“. Spätere Entwürfe ließen bereits die Verabredung einer mit Zuchthaus bestraften Tat genügen, wobei schon ein Versuch einer Verabredung („in eine ernste Verhandlung“ darüber eintreten) zur gleichen Bestrafung wie die Begehung der Tat führte.61 Abermals auf Verbrechen beschränkt, zog 1943 die Vorbereitungshandlung der Verabredung als Alternative 3 des Absatzes 2 in den oben erwähnten § 49 a RStGB ein.62 Durch das 3. StrÄndG 1953 wurde der Versuch einer Verabredung wieder gestrichen und anstelle der fakultativen Strafmilderung rückte eine obligatorisch gemilderte Versuchsstrafe.63 1975 wurde aus § 49 a II StGB dann § 30 II StGB,64 dessen Fassung bis heute gilt. Hervorzuheben ist an dieser Neufassung der Verweis auf die Unverstandsklausel des § 23 III StGB, aus der sich die Strafbarkeit der untauglichen Verabredung begründet.65 Anhand dieser Entwicklung zeigt sich, dass die heutige Verbrechensverabredung in § 30 II Alt. 3 StGB als unausgeführtes Komplott bezeichnet werden kann.66 (3) Abgrenzung von Bande und § 30 II Alt. 3 StGB Eine Verabredung i. S. von § 30 II Alt. 3 StGB setzt die Willenseinigung von mindestens zwei Personen zur gemeinsamen mittäterschaftlichen Ausführung eines Verbrechens i. S. von § 12 I StGB (oder einer gemeinsamen 60

Z. B. in § 32d E StGB 1933. Z. B. § 12 E StGB 12/1936 oder § 12 E StGB 1938. 62 RGBl. 1943 I, S. 339: „[. . .] wer die Begehung eines Verbrechens verabredet oder in eine ernsthafte Verhandlung darüber eintritt“. Entgegen der ursprünglichen Fassung des „Duchesne-Paragraphen“ von 1876, aber im Sinne der einzelnen Entwürfe zur Verbrechensverabredung enthielt § 49a RStGB auch eine Rücktrittsregelung. 63 BGBl. 1953 I, S. 735 (739). 64 BGBl. 1975 I, S. 1 (13). 65 LK-Schünemann, § 30 Rn. 69; nach a. A. kann die Verweisung aber nur für die in Aussicht genommene Tat und nicht auch für die Vorbereitungshandlung selbst gelten; so D/D/R/Letzgus, § 30 Rn. 90. 66 So Fieber, S. 41; Kosmalla, S. 53; Letzgus, S. 104; ähnlich Schild, GA 1982, 55 (78). Das ausgeführte Komplott ist dann die Begehung der verabredeten Haupttat, also die mittäterschaftlich begangene Tat. Kommt es auch nur zum Versuch des ausgeführten Komplotts, tritt das unausgeführte Komplott zurück; vgl. Fischer, § 30 Rn. 17. 61

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

Anstiftung dazu) voraus.67 Eine Verabredung von Täter und Teilnehmer kommt demnach nicht in Betracht.68 Die Verbrechensverabredung bezieht sich auf ein in seinen Grundzügen im Wesentlichen bestimmtes Verbrechen.69 Auch wenn die Meinungen über die Intensität der Verabredung auseinandergehen,70 kann doch im Grunde auf die obigen Ausführungen71 zum gemeinsamen Tatplan i. S. von § 25 II StGB verwiesen werden. Die Verbrechensverabredung wird allgemein als Vorstufe der Mittäterschaft angesehen,72 so dass es wie zwischen Mittäterschaft und Bande auch zwischen Verbrechensverabredung und Bande kein Ausschlussverhältnis geben kann. Bandenmitglieder können selbstverständlich die gemeinschaftliche Begehung eines Bandenverbrechens verabreden. Während bei der Mittäterschaft nur derjenige Mittäter, der auch als Bandenmitglied gehandelt hat, erhöht aus einer Bandennorm bestraft werden kann, ergeben sich beim unausgeführten Komplott ganz eigene, im Folgenden dargestellte Konsequenzen. • Beispiel Verabreden A, B und C, in eine Wohnung einzubrechen, um dort Wertgegenstände zu stehlen, wäre dies nach § 244 I Nr. 3 StGB nur ein Vergehen und nicht nach § 30 II Alt. 3 StGB strafbar. Wollen A, B und C jedoch in ihrer Eigenschaft als Bandenmitglieder handeln, stellt ihre geplante Tat einen schweren Bandendiebstahl gem. § 244 a I StGB und somit ein Verbrechen dar, wodurch ihre Verabredung aus § 30 II Alt. 3 StGB strafbar wäre.

Insofern würde die Bandenmitgliedschaft, welche an sich nur straferhöhend wirkt, in diesem Fall strafbegründend wirken. • Beispiel Ähnlich dem obigen Beispiel verabreden A, B und C, in eine Wohnung einzubrechen, um dort Wertgegenstände zu stehlen. Allerdings sind diesmal bloß A und B Bandenmitglieder, nicht jedoch C. 67 BGH NStZ 1988, 406; BGH NStZ 1993, 137; Jescheck/Weigend, § 65 III.1.; MüKo-Joecks, § 30 Rn. 53. Auf einige Vergehen ist § 30 StGB jedoch ausdrücklich entsprechend anwendbar, vgl. § 159 StGB. 68 LK-Schünemann, § 30 Rn. 72; MüKo-Joecks, § 30 Rn. 54. Bei einer „Verabredung“ zwischen Täter und Anstifter kann sich der Täter wegen einer Bereiterklärung nach § 30 II Alt. 1 StGB und der Anstifter nach § 30 I StGB strafbar gemacht haben. Eine versuchte Beihilfe ist jedoch straflos. 69 Letzgus, S. 105; LK-Schünemann, § 30 Rn. 60; ähnlich Begründung zu § 35 E StGB 1960. 70 Vgl. dazu MüKo-Joecks, § 30 Rn. 55 ff. 71 Siehe A.I.1.a)(3). 72 OLG Hamm NJW 1959, 1237; Begründung zu § 35 E StGB 1960; Fieber, S. 57; Letzgus, S. 106; LK-Schünemann, § 30 Rn. 72.

A. Systematische Bedeutung

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Wird mit dem herrschenden Verständnis73 die Bandenmitgliedschaft als besonderes persönliches Merkmal i. S. von § 28 II StGB begriffen, müsste C konsequenterweise im Gegensatz zu den aus § 30 II Alt. 3 StGB strafbaren A und B in diesem Fall straflos bleiben, da die Tat in der Person des C lediglich ein Vergehen darstellen würde.74 • Beispiel Verabreden A, B und C, mehrere im Einzelnen noch unbestimmte Wohnungseinbrüche zu Diebeszwecken in der Zukunft zu begehen und planen sie daneben auch schon ihre erste gemeinschaftliche Bandentat, ist fraglich, ob eine Bestrafung aus § 30 II Alt. 3 StGB in Frage kommt.

Als Konsequenz daraus, dass im deutschen Recht die bloße Bandenbildung nicht strafbar ist, sollte die unausgeführte Bandenabrede zwischen A, B und C keine Berücksichtigung finden dürfen, so dass die verabredete Tat nur als Vergehen nach § 244 I Nr. 3 StGB strafbar wäre und somit § 30 II Alt. 3 StGB nicht greifen würde. Wenn auch nicht alle Bandennormen Verbrechen darstellen, würde eine andere Sichtweise die Trennung zwischen strafbarer Verbrechensverabredung und strafloser Bandenbildung ad absurdum führen und es wäre letztlich – contra legem – die Rechtslage eingetreten, die in den Entwürfen eines Strafgesetzbuchs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts75 angestrebt, aber nicht umgesetzt wurde.76

73

Siehe oben im 2. Teil B.I.3. Bei Nichtanwendung des § 28 II StGB wäre C bei Ausführung der Tat mangels Vorliegens einer Bandenmitgliedschaft nicht als Täter und damit auch nicht als Mittäter, sondern nur als Teilnehmer des § 244a I StGB anzusehen; siehe dazu oben im 2. Teil B.I.2. Auch wenn die Abrede i. S. von § 30 II Alt. 3 StGB als Vorstufe der Mittäterschaft angesehen wird und für C nur eine Beihilfe vorliegend in Betracht kommt, schließt dies dennoch nicht seine Fähigkeit zur Verabredung einer solchen Tat aus. Noch problematischer gestaltet es sich, wenn sich bei einer versuchten Mittäterschaft lediglich für einen Beteiligten die anvisierte Tat als Verbrechen darstellen würde. In einem solchen Fall muss zunächst geklärt werden, ob es für die Anwendung von § 30 II StGB ausreicht, wenn allein einer der Beteiligten ein Verbrechen begehen würde. (Bei konvergenten Bandennormen kann dies natürlich nur relevant werden, sofern ein zweites Bandenmitglied mitwirkt.) Wenn dies bejaht wird, ist zu klären, ob beide Beteiligte nach § 30 II StGB bestraft werden können oder nur derjenige, in dessen Person die anvisierte Tat ein Verbrechen wäre. Zu diesem allgemeinen Problem des § 30 StGB vgl. MüKo-Joecks, § 30 Rn. 21 ff. m. w. N.; siehe zur Anwendung des § 28 StGB noch unten im 4. Teil C.II.1.a)(1)(b). 75 Siehe oben im 1. Teil F.II. 76 Damit die unausgeführte Bande nicht über § 30 StGB strafbar ist, sollte § 30 StGB nicht vor der ersten Bandentat, d.h. wenn mindestens eine Bandentat das Versuchsstadium erreicht hat, angewendet werden; vgl. dazu ausführlich Flemming/ Reinbacher, NStZ 2013, 136. 74

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

(4) Zusammenfassung Waren einst Bande und Komplott in ausgeführter und unausgeführter Variante strafrechtlich eng verwandt, haben diese Personenzusammenschlüsse heute keine gemeinsamen Funktionen mehr. Das ausgeführte Komplott geht in der Mittäterschaft auf und das unausgeführte Komplott findet sich – obwohl nicht dem Begriff nach – noch als unselbstständiger Strafausdehnungsgrund77 in § 30 II Alt. 3 StGB. Die Bande i. S. einer ausgeführten Bandenabrede hat keine Zurechnungsfunktion mehr, sondern dient allein der Straferhöhung. Dagegen ist die bloße Bandenbildung gar nicht mehr strafbar.78 Für die Abgrenzung des strafbaren unausgeführten Komplotts von der straflosen Bandenbildung ist der Nachweis entscheidend, ob zumindest ein Verbrechen hinreichend konkret i. S. von § 30 II Alt. 3 StGB verabredet wurde. Wird eine gemeinschaftliche Bandentat verabredet und dann auch begangen, tritt also zwischen die Bandenabrede und die mittäterschaftliche Bandentat ein Komplott mehrerer oder aller Bandenmitglieder. Aus dem unausgeführten Komplott ist somit ein ausgeführtes Komplott geworden. Dieses unausgeführte Komplott nach § 30 II Alt. 3 StGB tritt als subsidiär hinter der gemeinschaftlich begangenen Bandentat zurück.79 Zur Unterscheidung zwischen ausgeführtem Komplott und Bandentat gelten die obigen zur Mittäterschaft getroffenen Aussagen.80 c) Schlussfolgerung Evident ist die Unterscheidung der Personenzusammenschlüsse Bande und Komplott (Verbrechensverabredung bzw. Mittäterschaft) hinsichtlich der notwendigen Mitgliederzahl, der notwendigen (verabredeten) Beteiligungsform und der strafrechtlichen Funktion. Weniger augenfällig und zugleich interessanter sind jedoch die Unterscheidungen, die sich bei der Heranziehung vergleichbarer Sachverhalte ergeben. Hierbei sind solche Fälle zu vergleichen, bei denen sich einerseits drei Komplottanten zusammenfinden und andererseits Bandenmitglieder mittäterschaftlich handeln bzw. dies anstreben. Beispielhaft dazu die folgenden zwei Fallkonstellationen: 77

LK-Schünemann, § 30 Rn. 2; nach SK-Hoyer, § 30 Rn. 2 f., wirkt § 30 StGB jedoch nur für die versuchte Täterschaft als Strafausdehnungsgrund und für die versuchte Anstiftung und versuchte Beihilfe dagegen als Strafeinschränkungsgrund. Vgl. zur systematischen Einordnung des § 30 StGB als Versuchsbestimmung, als Sonderregelung der Teilnahme oder als selbstständig unter Strafe gestellte Vorbereitungshandlung Fieber, S. 56 ff.; LK-Schünemann, § 30 Rn. 2 f. 78 Siehe aber noch unten A.I.2. zur Bildung einer kriminellen Vereinigung. 79 Vgl. Heinrich, Rn. 1372; MüKo-Joecks, § 30 Rn. 73. 80 Siehe oben A.I.1.a).

A. Systematische Bedeutung

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• Beispiel 1 A, B und C planen, gemeinsam den Bankier X zu überfallen und ihm seine mitgeführten Wertgegenstände wegzunehmen. • Beispiel 2 A, B und C verabreden, künftig gemeinsam vermögende Personen zu überfallen, um deren Wertgegenstände wegzunehmen. • Beispiel 1a Wie geplant, rauben A, B und C den Bankier X aus. • Beispiel 2a Im Sinne ihrer Abrede rauben A, B und C den Bankier X aus.

Danach ergibt sich als erste Beobachtung, dass eine (Banden-)Abrede wie in Beispiel 2, künftig noch unbestimmte Verbrechen als Mittäter begehen zu wollen, straflos ist. Dagegen ist die Abrede der mittäterschaftlichen Begehung bestimmter Verbrechen i. S. von Beispiel 1 nach § 30 II Alt. 3 StGB strafbar. Zweitens wird die tatsächliche mittäterschaftliche Ausführung i. S. einer Abrede (zwischen drei Personen) zu unbestimmten Taten schwerer bestraft (Beispiel 2a: § 250 I Nr. 2 StGB), als die i. S. einer Abrede zu bestimmten Taten (Beispiel 1a: § 249 I StGB). Obwohl beide Vergleichspaare jeweils auf den Unterscheidungsmerkmalen „unbestimmt“ und „bestimmt“ basieren, scheint es, dass beim ersten Paar (Beispiele 1 und 2) die „Unbestimmtheit“ gegenüber der „Bestimmtheit“ gegen eine Strafbarkeit spricht, wohingegen beim zweiten Paar (Beispiele 1a und 2a) die „Unbestimmtheit“ gegenüber der „Bestimmtheit“ zu einer erhöhten Strafbarkeit führt. Aus dieser offenbaren gesetzgeberischen Widersprüchlichkeit lassen sich jedoch zwei Schlussfolgerungen treffen, an die bei einer späteren Diskussion über den erhöhten Strafgrund der Bandendelikte81 angeknüpft werden kann. In der ersten Vergleichsgruppe (Beispiele 1 und 2) stehen sich zwei Vorbereitungshandlungen gegenüber, die jeweils einen rechtsfeindlichen Willen zum Ausdruck bringen, von denen der Gesetzgeber aber allein die Abrede nach § 30 II Alt. 3 StGB für strafwürdig ansieht. Ohne hier die Diskussion über die kriminalpolitische Berechtigung des § 30 StGB aufgreifen zu können,82 wird daraus deutlich, dass der Gesetzgeber die konkrete Verbrechensverabredung für gefährlicher erachtet als die Abrede zur Begehung noch unbestimmter Verbrechen.83 Die Verbrechensverabredung hat bereits einen 81

Siehe unten B. Vgl. dazu kritisch S/S/Heine, § 30 Rn. 1; ferner zur Kriminalisierung im Vorfeld einer Rechtsgutsverletzung Jakobs, ZStW 97 (1985), 751. 83 Dies gilt erst recht für die Verabredung bestimmter Vergehen. Eine legislative Beschränkung der Strafbarkeit auf Vorbereitungshandlungen von Verbrechen und da82

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

höheren Planungsgrad erreicht als die reine Bandenabrede, so dass eine Verletzung des gefährdeten Rechtsguts näher liegt.84 Dennoch ist es nicht widersprüchlich, dass bei Begehung einer konkreten Tat die gefährlichere Verabredung im Gegensatz zur ungefährlicheren Bandenabrede gerade nicht straferhöhend wirkt (Beispiele 1a und 2a). Anders als beim ersten Vergleichspaar stehen sich beim zweiten als Voraussetzungen der Rechtsfiguren nicht lediglich verschiedene Abreden gegenüber. Vielmehr liegen bei der Mittäterschaft mit dem gemeinsamen Tatplan und der Tatbegehung zwei Merkmale vor (Beispiel 1a), wohingegen bei der bandenmäßigen Tat der Mittäter neben den gemeinsamen Tatplan und die Tatbegehung noch die Bandenabrede tritt (Beispiel 2a). Die Verbrechensverabredung (bzw. der gemeinsame Tatplan) ist nur als ein Durchgangsstadium der ausgeführten Straftat anzusehen. Bewegt sich die Tatausführung im Rahmen der Verabredung, hat sich letztendlich nur die durch die Verabredung nach § 30 II Alt. 3 StGB ergebende Gefährdung des Rechtsguts verwirklicht, so dass die Verabredung hinter der Tatausführung als subsidiär zurücktritt. Haben daneben die Komplottanten noch weitere konkrete Straftaten verabredet, wirken sich diese auf die eingetretene Rechtsgutsverletzung nicht aus.85 Dies ist aber gerade bei der Abrede zur Begehung von unbestimmt vielen Straftaten anders, denn die konkrete Tatbegehung samt ihrer vorherigen Verabredung ist jeweils Ausfluss der Bandenabrede, ohne dass sich die Bandenabrede ungleich der Verbrechensverabredung mit einer konkreten Tatbegehung erledigt.86 Wird nun die bloße mittäterschaftliche Tatbegehung im Gegensatz zur bandenmäßigen mittäterschaftlichen Tatausführung nicht höher bestraft, kommt damit zum Ausdruck, dass das Unrecht der Verbrechensverabredung anders als das der Bandenabrede durch die konkrete Tatbegehung in Bezug auf das konkrete Rechtsgut vollends ausgeschöpft ist.87 Mithin wird wieder die Bedeutung der Bandenabrede ersichtlich.

mit gravierenderen Rechtsgutsverletzungen ist Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. 84 Vgl. Kosmalla, S. 96; Krings, S. 73; Schild, GA 1982, 55 (79). 85 Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (81). 86 In dem Sinne Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (81). 87 Insofern sind Bandenabrede und Verbrechensverabredung nicht strukturell so eng übereinstimmend, dass an beide Abreden die gleichen Mindestanforderungen hinsichtlich der Beteiligungsform zu stellen wären; so aber Rath, GA 2003, 823 (835 ff.).

A. Systematische Bedeutung

119

2. Kriminelle Vereinigung Mit der kriminellen Vereinigung des § 129 StGB kennt das Strafrecht eine der Bande ähnliche, auf die Begehung von Straftaten ausgerichtete Personenverbindung. Ein historisch-grammatikalischer Vergleich lässt eine Verwandtschaft der beiden Institute dahingehend erkennen, dass sich einerseits bei einer Bande mehrere Personen „verbunden“ haben müssen88 und andererseits der § 129 (R)StGB a. F. bis zum 1. StrÄG 1951 anstelle von „Vereinigung“ noch das Wort „Verbindung“ enthielt. Diese Neuformulierung erfolgte aus primär redaktionellen Gründen,89 so dass nach allgemeiner Ansicht keine inhaltliche Änderung damit verbunden war.90 Das Reichsgericht91 betonte bereits, dass Bande und Verbindung gemeinsam haben, dass sie im Gegensatz zum Komplott solche Vereinigungen darstellen, die auf einen über die Ausführung bloß einer konkreten Handlung hinausreichenden längeren Bestand angelegt sind. Die Mitglieder einer Diebesbande könnten demnach sogar als Mitglieder einer aus § 129 RStGB strafbaren Verbindung betrachtet werden, wenn ihr Zweck einer der im § 129 RStGB bezeichneten Zwecke wäre.92 Zu dieser Zeit lag der Zweck des § 129 RStGB noch in der Verhinderung bzw. Entkräftung von Maßregeln der Verwaltung oder der Vollziehung von Gesetzen durch ungesetzliche Mittel und war damit staatsfeindlicher Natur.93 In den Entwürfen zu einem Strafgesetzbuch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die damals vorgesehene Sanktionierung der bloßen Bandenbildung sogar zusammen in einem Abschnitt mit der kriminellen bzw. staatsfeindlichen Verbindung sanktioniert.94 Heute ist es ständige Rechtsprechung und herrschende Meinung, dass die Bande wie die kriminelle Vereinigung aus mindestens drei Mitgliedern bestehen muss.95 Trotz dieser Ähnlichkeiten der beiden Per88

So schon § 218 I Nr. 8 PrStGB; siehe oben im 1. Teil E.II. Fürst, S. 28; Gräßle-Münscher, S. 47, der jedoch kritisiert, dass dem eher statisch orientierten Begriff der Vereinigung die handlungsorientierte Ausrichtung der Verbindung fehlt. Nach Welzel, § 74 V.1., ist eine Vereinigung weniger als eine Verbindung. 90 BGHSt 10, 16 (17); BGHSt 20, 45 (60); vgl. auch schon RGSt 13, 273 (280); dazu Fürst, S. 28 m. w. N. 91 RGSt 13, 273 (281). 92 RGSt 13, 273 (281). 93 Siehe oben im 1. Teil F.III. 94 Siehe oben im 1. Teil F.II. 95 Der BGH hat sich erstmals in BGHSt 28, 147 zur Personenzahl geäußert und festgestellt, dass eine kriminelle Vereinigung mehr als zwei Mitglieder voraussetzt. Die Entscheidung löste jedoch Verwirrung in Bezug auf die fortan zu stellenden Anforderungen an die Bande aus, weil der BGH die Argumente von Dreher, NJW 1970, 1802, heranzog, der sich in diesem Aufsatz jedoch gegen die Zwei-PersonenBande aussprach. Somit hätte die Entscheidung eigentlich eine Heraufsetzung der 89

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

sonenzusammenschlüsse ist lediglich die Strafdrohung bei der kriminellen Vereinigung, wie bei allen Organisationsdelikten96, vorverlagert. § 129 StGB bestraft die Gründung97, mitgliedschaftliche Beteiligung in, die Werbung für und die Unterstützung einer Vereinigung, deren Zwecke oder Tätigkeiten darauf gerichtet sind, strafbare Handlungen zu begehen. Die Teilnahme an einer solchen strafbaren Handlung wird von den Organisationsdelikten selbst jedoch nicht erfasst.98 Dies ist gerade bei den Bandennormen anders, die noch nicht im Vorbereitungsstadium, sondern erst im Rahmen der Straferhöhung eingreifen.

a) Unterscheidung von Bande und krimineller Vereinigung Unter einer Vereinigung i. S. von § 129 StGB wird nach heute allgemeiner Ansicht ein auf eine gewisse Dauer angelegter organisierter Zusammenschluss von mindestens drei Personen angesehen, die bei Unterordnung des Willens des einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und untereinander derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband verstehen.99 Bei Zugrundelegung dieser Definition lassen sich drei abgrenzungsrelevante Voraussetzungen herausstellen.100 Als erstes bedarf es eines auf eine gewisse Dauer angelegten Zusammenschlusses von mindestens drei Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes. Ein solches personell-zeitliches Element findet sich ebenfalls bei der Bande. Gleich der Bande genügt es auch für § 129 StGB nicht, dass sich die – mindestens drei – Personen von vornherein nur zu einem einzigen Zweck i. S. einer Einzelaktion verbunden haben.101 Wie bei der Bandenabrede ist es nicht erforderlich, dass einzelne Straftaten bereits konkret geplant sind.102 Der Zweck beider Zusammenschlüsse besteht gleichermaßen Bandenmitgliederzahl zur Folge haben müssen; vgl. z. B. Volk, JR 1979, 426 (427 ff.); dazu Kosmalla, S. 58 m. w. N. 96 Zu den Organisationsdelikten gehören z. B. auch die §§ 84 f. StGB; nicht jedoch die Bandennormen; vgl. BGHSt 46, 321 (329). 97 Sogar der Versuch der Gründung einer kriminellen Vereinigung ist nach § 129 III StGB strafbar. 98 Vgl. BVerfGE 17, 155 (165). 99 BGHSt 10, 16 (17); BGHSt 28, 147; BGHSt 31, 239 (239 f.); BGHSt 54, 216 (221); BGH NStZ 2008, 575; Fischer, § 129 Rn. 6; Lackner/Kühl, § 129 Rn. 2; MüKo-Schäfer, § 129 Rn. 14; SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 5; S/S/Lenckner/Sternberg-Lieben, § 129 Rn. 4. 100 Krings, S. 76; S/S/Lenckner/Sternberg-Lieben, § 129 Rn. 4. 101 RGSt 13, 273 (281); BGH NStZ-RR 2002, 300 (301) zu § 129a StGB; Lackner/Kühl, § 129 Rn. 3; MüKo-Schäfer, § 129 Rn. 27; SK-Rudolphi, § 129 Rn. 9; S/S/Lenckner/Sternberg-Lieben, § 129 Rn. 7a.

A. Systematische Bedeutung

121

in der Begehung von Straftaten, jedoch ist die Strafbarkeit der Bande auf die Begehung bestimmter Taten begrenzt, wohingegen eine kriminelle Vereinigung die Begehung aller Straftaten mit Ausnahme der §§ 84-87 StGB (§ 129 II Nr. 3 StGB) verfolgen kann, aber natürlich nicht muss. Allerdings handelt es sich nach der Ausnahmevorschrift des § 129 II Nr. 2 StGB bei einer Vereinigung nicht um eine kriminelle i. S. von § 129 StGB,103 wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung darstellt. Damit sollen solche Vereinigungen ausgenommen werden, die bloß auf die Begehung gelegentlicher oder geringfügiger Straftaten gerichtet sind.104 Es lassen sich somit Fälle der absoluten und der relativen Bedeutungslosigkeit ausscheiden.105 Erstere ist bei Bagatelltaten gegeben, auch wenn solche Taten das Hauptziel der Verbindung darstellen.106 Inwiefern die Straftaten bereits derart von Gewicht sind, dass der Ausschluss nicht greift, bestimmt sich jedoch nicht allein anhand einer an den Strafdrohungen ausgerichteten Betrachtung. Maßgeblich ist vielmehr eine Gesamtwürdigung der begangenen und/oder geplanten Straftaten unter Einbeziehung aller Umstände, wie z. B. den Tatauswirkungen, die für das Maß der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit von Bedeutung sein können.107 Bei der relativen Bedeutungslosigkeit geht es darum, die legitimen Hauptzwecke der Vereinigung zu den nur nebenbei begangenen Straftaten ins Verhältnis zu setzen.108 Die Begehung von Straftaten ist dann nicht von untergeordneter Bedeutung, wenn sie zwar bloß einen von mehreren Zwecken oder Tätigkeiten der Vereinigung darstellt, dieser Zweck bzw. diese Tätigkeit aber wenigstens in dem Sinne wesentlich und damit gleichgeordnet mit den anderen ist, dass dadurch das Erscheinungsbild der Vereinigung aus der Sicht informierter Dritter mitgeprägt wird.109 102

BGHSt 49, 268 (272 f.); BGH NStZ 1999, 503; Fischer, § 129 Rn. 11, 15; Lackner/Kühl, § 129 Rn. 3; a. A. Arzt/Weber/Hilgendorf, § 44 Rn. 14; Fürst, S. 78 ff., 288. 103 SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 13. 104 BT-Drucks. IV/2145, S. 8; vgl. auch MüKo-Schäfer, § 129 Rn. 71; S/S/Lenckner/Sternberg-Lieben, § 129 Rn. 10. 105 Arzt/Weber/Hilgendorf, § 44 Rn. 13. 106 Arzt/Weber/Hilgendorf, § 44 Rn. 13. Nach a. A. soll sich eine Einschränkung auf Taten mit einigem Gewicht bereits aus Absatz 1 ergeben; so BGHSt 41, 47 (51); LK-Krauß, § 129 Rn. 57 ff.; S/S/Lenckner/Sternberg-Lieben, § 129 Rn. 6; vgl. ferner Fischer, § 129 Rn. 12; SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 10. 107 BGHSt 41, 47 (51); Lackner/Kühl, § 129 Rn. 3; LK11-v. Bubnoff, § 129 Rn. 40; LK-Krauß, § 129 Rn. 59; vgl. SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 10, der verneint, dass die Bezugsstraftaten eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit herbeiführen müssen. 108 Arzt/Weber/Hilgendorf, § 44 Rn. 13. 109 BGHSt 41, 47 (56); LK-Krauß, § 129 Rn. 84.

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

Die beiden weiteren Voraussetzungen der kriminellen Vereinigung stellen jedoch nach allgemeiner Ansicht die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale zur Bande dar: Die kriminelle Vereinigung muss (1) ein Mindestmaß an festgefügter Organisationsstruktur und (2) einen verbindlichen Gesamtwillen ihrer Mitglieder aufweisen.110 Eine kriminelle Vereinigung erfordert eine Organisation dergestalt, dass ein gemeinsamer Zweck koordiniert und arbeitsteilig verfolgt werden kann.111 Dabei setzt die kriminelle Vereinigung zwar gleich der Bande keine bestimmte äußere Organisations- oder Rechtsform voraus,112 jedoch geht die innere Organisation über die bei der Bande erforderliche Planung und Rollenverteilung zur Straftatbegehung hinaus.113 So reicht es für § 129 StGB nicht, dass mehrere Personen den bloßen Willen haben, gemeinsam Straftaten zu begehen, auch wenn einer Person dabei die Rolle des Anführers zukommt.114 Vielmehr muss sich die arbeitsteilig koordinierte Durchsetzung der Vereinigungsziele nach bestimmten Gruppenregeln vollziehen, so dass der individuelle Gestaltungseinfluss des Einzelnen dahinter zurücktritt.115 Indizien, die für ein dauerhaft koordiniertes Vorgehen sprechen, sind beispielsweise die Wahl von Führungspersonen und die Beauftragung Einzelner mit Sonderaufgaben, regelmäßige Treffen zur Besprechung und Entscheidungsfindung in Bezug auf Zielsetzung und Begehung konkreter Straftaten sowie die Festlegung von Kommunikationsmitteln und -regeln.116 Um dauerhaft ein koordiniertes Vorgehen zur Verfolgung des Vereinigungszwecks zu erreichen, ist subjektiv zudem erforderlich, dass die Beteiligten in die internen Willensbildungsprozesse der Vereinigung eingebunden sind.117 Die Mitglieder müssen die vereinbarten Willensbildungs- und Füh110

BGHSt 46, 321 (329 f.); BGH NStZ 2008, 575; Fischer, § 244 Rn. 35; Lackner/Kühl, § 129 Rn. 2; MüKo-Schäfer, § 129 Rn. 30; S/S/Lenckner/Sternberg-Lieben, § 129 Rn. 4.; a. A. Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (140 ff.); siehe zur Ansicht von Altenhain noch unten im 3. Teil B.II.3. Gegen eine ausweitende Auslegung aufgrund des EU-Rahmenbeschlusses vom 13.06.2002 zur Terrorismusbekämpfung (ABl. EG Nr. L 164 S. 3) vgl. Winkler, jurisPR-StrafR 7/2008, Anm. 2; vgl. BGHSt 54, 216 (221 ff.) gegen eine erweiternde, europafreundliche Auslegung, insbesondere durch Art. 1 des Rahmenbeschlusses vom 24.10.2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. EG 2008 Nr. L 300 S. 42); siehe dazu noch unten im 4. Teil B.II.2.b)(2)(c). 111 D/D/R/Hartmann, § 129 Rn. 2; MüKo-Schäfer, § 129 Rn. 16. 112 MüKo-Schäfer, § 129 Rn. 16. 113 S/S/Lenckner/Sternberg-Lieben, § 129 Rn. 4; vgl. auch BT-Drucks. 12/6853, S. 28. 114 MüKo-Schäfer, § 129 Rn. 16; S/S/Lenckner/Sternberg-Lieben, § 129 Rn. 4. 115 BGH NStZ 2008, 575; MüKo-Schäfer, § 129 Rn. 16. 116 MüKo-Schäfer, § 129 Rn. 18 m. w. N.; SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 6d m. w. N. 117 BGH NStZ 2008, 575.

A. Systematische Bedeutung

123

rungsstrukturen der Vereinigung anerkennen und ihre Einzelmeinungen zurückstellen.118 Dabei ist gleichgültig, ob die Anerkennung der Entscheidungsstrukturen auf dem Demokratieprinzip oder auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam beruht.119 Das Bestehen ausdrücklicher, verbindlicher Regeln für die gruppeninterne Entscheidungsfindung ist für das voluntative Element der Verbindung nicht konstitutiv.120 Es ist jedoch nicht ausreichend, wenn die Beteiligten von Fall zu Fall eine bestimmte Person als Anführer akzeptieren oder sich nach einer Mehrheitsmeinung richten.121 Der Wille des Einzelnen bliebe dabei nämlich maßgeblich, weil keine Unterordnung unter einen Gruppenwillen erfolge.122 Somit diente die Rechtsprechungsänderung zur Personenzahl der Bande und die damit einhergehende Aufgabe des Merkmals des übergeordneten Bandeninteresses nicht nur der Abgrenzung zur wiederholten gemeinschaftlichen Mittäterschaft,123 sondern mittelbar vereinfachte es zudem die Unterscheidung der Bande von der kriminellen Vereinigung. Denn das Merkmal des übergeordneten Bandeninteresses näherte die Bande an die kriminelle Vereinigung an,124 die gerade einen solchen verbindlichen Gesamtwillen ihrer Mitglieder voraussetzt.125 Die Bandenmitglieder können demnach ihre eigenen subjektiven Interessen an einer risikolosen und effektiven Tatausführung sowie Beute- und Gewinnteilung verfolgen.126 Wird der Bandenmäßigkeit immer nur eine straferhöhende Wirkung zuteil, stellt die Bildung einer kriminellen Vereinigung dagegen einen eigenen Straftatbestand dar, womit auch eigene besonders schwere Fälle (§ 129 IV StGB) sowie Strafmilderungs- und Strafaufhebungsgründe (§ 129 V, VI StGB) geregelt werden können. Ein besonders schwerer Fall ist nach Absatz 4 zwingend anzunehmen, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder 118

MüKo-Schäfer, § 129 Rn. 22; SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 6b. BGHSt 54, 216 (227); SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 6b; S/S/Lenckner/Sternberg-Lieben, § 129 Rn. 4; nach Fischer, § 129 Rn. 8, soll der Tatbestand bei hierarchisch strukturierten Organisationen ausgeschlossen sein, die keine „Gruppen-Identität“ aufbauen können. 120 BGHSt 54, 216 (228 f.) für die Fälle, in denen die Mitglieder nicht nur kurzzeitig ein gemeinsames Ziel verfolgen und koordiniert zusammen handeln. Dies belege regelmäßig bereits hinreichend das Vorliegen und die Anerkennung des für § 129 StGB nötigen Gemeinschaftswillen; zustimmend Bader, NJW 2010, 1986 (1987). 121 SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 6b; dazu BGHSt 31, 239 (240 f.). 122 Vgl. BGHSt 54, 216 (226). 123 Siehe schon oben A.I.1.a)(4). 124 BGHSt 46, 321 (327); Altenhain, JURA 2001, 836 (840). 125 BGHSt 46, 321 (329 f.); dazu auch BGHSt 54, 216 (231). 126 BGHSt 46, 321 (329 f.); BGH NJW 2013, 883 (887); MüKo-Schäfer, § 129 Rn. 30. 119

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

Hintermännern gehört.127 Rädelsführer sind Führungskräfte der kriminellen Vereinigung oder üben auf andere Weise durch ihre Tätigkeit innerhalb der Vereinigung einen beträchtlichen Einfluss aus.128 Hintermänner sind dagegen Personen, die als Nichtmitglieder einen bestimmenden Einfluss haben.129 Hervorzuheben ist ferner das fakultative Absehen von Strafe nach Absatz 5, wenn die Schuld und zusätzlich die Mitwirkung eines Beteiligten von untergeordneter Bedeutung ist (sog. Mitläuferklausel130). Die bloße Geringfügigkeit der Schuld, wie etwa eine psychische Konstitution im Grenzbereich des § 20 StGB, reicht mithin nicht aus.131 b) Schlussfolgerung Kriminelle Vereinigung und Bande stellen beide auf längere Dauer angelegte kriminelle Personenzusammenschlüsse von mindestens drei Personen dar. Jedoch greift die Strafbarkeit bei der kriminellen Vereinigung bereits im Vorfeld konkreter Straftaten ein, wohingegen die Bande erst im Rahmen der Strafschärfung bei konkret begangenen Delikten bedeutsam wird. Dies begründet sich daraus, dass die bloße Existenz einer festgefügten Organisation i. S. von § 129 StGB kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik bereits ein Gefahrenpotential darstellt.132 Die Bande bildet demgegenüber einen loseren Zusammenschluss und setzt keine Organisationsstruktur und keinen Gesamtwillen ihrer Mitglieder voraus und daher keine solche Dauergefahr. Mithin ist die Bande nicht als „Prototyp“ der kriminellen Vereinigung anzusehen.133 Eine Personenverbindung, die anfangs lediglich die Anforderungen an eine Bande erfüllt, kann sich jedoch bei Herausbildung bestimmter Gruppenregeln und Willensbildungsprozesse in eine kriminelle Vereinigung wandeln.134 Dies bedeutet nicht, dass eine solche Vereinigung nicht trotzdem noch als Bande angesehen werden kann.135 Wie auch im Verhältnis zur 127 Nach dem Wortlaut „Täter“ dürfte sich die Strafschärfung mithin nicht auf Beteiligte, also Anstifter und Gehilfen, erstrecken. Absatz 4 setzt die Verwirklichung des Tatbestands des Absatzes 1 voraus; Fischer, § 129 Rn. 41. Allerdings spricht z. B. SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 30, von „Beteiligten“. Unabhängig davon wird zudem diskutiert, ob überhaupt eine Teilnahme an den einzelnen Tathandlungen des Absatz 1 möglich ist; vgl. dazu LK-Krauß, § 129 Rn. 158 ff. 128 MüKo-Miebach/Schäfer, § 129 Rn. 119; SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 30. 129 Fischer, § 129 Rn. 41; SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 30. 130 Fischer, § 129 Rn. 43. 131 SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 29. 132 BGHSt 31, 202 (207); BGHSt 54, 216 (229); S/S/Lenckner/Sternberg-Lieben, § 129 Rn. 3; vgl. auch Fischer, § 129 Rn. 3. 133 BGH NJW 2000, 2907 (2909). 134 Vgl. Fischer, § 129 Rn. 8a.

A. Systematische Bedeutung

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Mittäterschaft und zur Verbrechensverabredung besteht kein Ausschlussverhältnis zwischen Bande und krimineller Vereinigung, denn beide Zusammenschlüsse erfüllen ebenfalls unterschiedliche strafrechtliche Funktionen.136 Zwischen einer Bandennorm und § 129 StGB kann demnach Tateinheit bestehen.137 So können ausgeführte Straftaten einer kriminellen Vereinigung zugleich Bandentaten darstellen, sofern die kriminelle Vereinigung bandenrelevante gattungsmäßige Straftaten begeht oder begehen will. Bei § 129 StGB greift eine Strafbarkeit auch für Nichtmitglieder ein, die für die kriminelle Vereinigung werben oder diese unterstützen.138 Sogar eine Strafschärfung ist für Nichtmitglieder möglich, wenn sie als Hintermänner i. S. des Absatzes 4 anzusehen sind. Die Mitgliedschaft in einer Bande stellt nach h. M. dagegen ein besonderes persönliches Merkmal dar.139 Für eine bandenmäßige Straferhöhung eines Beteiligten muss demnach immer ermittelt werden, inwiefern er Bandenmitglied ist und als solches handelte.140 Deutlich wird dieser Unterschied insbesondere, wenn Personen andere (z. B. Kinder) gezielt zur Straftatbegehung einsetzen. Liegt eine kriminelle Vereinigung vor und stellt sich dieses Einsetzen als Unterstützen der Vereinigung dar, ist eine Strafbarkeit nach § 129 StGB völlig unabhängig davon, ob der Unterstützer selbst Mitglied der Vereinigung ist. Sogar eine Strafschärfung nach § 129 IV StGB kommt dabei in Betracht. Anders ist es jedoch bei den Bandennormen. Auch wenn die eingesetzten Personen zu einer Bande zählen, führt dies für den einsetzenden Hintermann zu keiner Strafbarkeit aus einer Bandennorm, da ihm das Merkmal der Bandenmitgliedschaft gerade fehlt.141 135

Dagegen Kosmalla, S. 58, der von einem Ausschlussverhältnis spricht. Nach Ansicht von Schild, GA 1982, 55 (72), und später auch Kosmalla, S. 123, bedeutet ein erhöhter Organisationsgrad jedoch eine Verringerung von gruppendynamischen Prozessen. Wird der erhöhte Unrechtsgehalt der Bande mit der h. M. vornehmlich in der Eigendynamik gesehen (z. B. BGH NJW 2001, 380 [383]; siehe zur teleologischen Auslegung ausführlich unten B.), müsste nach dieser Ansicht ein Organisationsgrad i. S. von § 129 StGB gegen das Vorliegen einer Bande sprechen. Allerdings wird auch die Strafbarkeit der kriminellen Vereinigung mit der auf die Begehung der vom Vereinigungszweck umfassten Taten hindrängenden Eigendynamik begründet; vgl. BGHSt 28, 147 (148); BGH NJW 2005, 80 (81); BGHSt 54, 216 (229); SK-Rudolphi/Stein, § 129 Rn. 3. 137 Vgl. BGH NStZ 2007, 31; BGH NStZ 2008, 575. § 129 StGB steht in Tateinheit zu solchen Straftaten, die der Täter als Mitglied der Vereinigung in Verfolgung ihrer Ziele begeht; BGHSt 29, 288. 138 Fischer, § 129 Rn. 25, 30. 139 Siehe dazu oben im 2. Teil B.I.3. 140 Siehe dazu oben im 2. Teil B.I.1. und 2. 141 Beispielsweise engagiert A eine Bande zur Begehung einer bestimmten Tat. Dem A fehlt dann die Abrede, mit den Bandenmitgliedern fortgesetzt Straftaten zu begehen. 136

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

• Beispiel Hintermann A unterstützt eine Gruppe finanziell, die als kriminelle Vereinigung zu bewerten ist. Er selbst möchte keine Straftaten begehen. Durch seine „Spenden“ nimmt er Einfluss darauf, welche Gruppenmitglieder die nächsten Taten ausführen sollen. A ist somit verschärft aus § 129 IV StGB strafbar. Stellen die durchgeführten Taten der Gruppe zugleich Bandentaten dar, kann A mangels Bandenmitgliedschaft nicht als Beteiligter einer Bandentat angesehen werden. Er würde beispielsweise nur als Anstifter zu §§ 242–244 StGB, nicht jedoch zu §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB bestraft werden können, § 28 II StGB.

Es zeigt sich noch ein weiterer Unterschied bei der Strafbarkeit von Bande und krimineller Vereinigung, der gerade im Zusammenhang mit „Kinderbanden“ relevant ist. Im Gegensatz zu den Bandennormen regelt § 129 StGB den Ausschluss der Strafbarkeit bei nachgewiesener Ungefährlichkeit.142 Zum einen besteht ein Ausschluss bei Ungefährlichkeit der Verbindung und zwar wenn nach § 129 II Nr. 2 StGB die Begehung von Taten lediglich ein Zweck bzw. eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist. Zum anderen kann im konkreten Fall anhand der Absätze 5 und 6 die Ungefährlichkeit des Einzelnen berücksichtigt werden. Eine solche Ausschlussmöglichkeit der bandenmäßigen Strafschärfung wegen Ungefährlichkeit der Bande an sich bzw. des einzelnen, an einer konkreten Tat beteiligten Bandenmitglieds findet sich dagegen nicht. Demnach kann in solchen Fällen der Ungefährlichkeit ein Ausschluss der bandenmäßigen Strafschärfung nur über eine restriktive Auslegung der Bandennormen erreicht werden. Besonders geeignet ist hierbei insbesondere der gesetzlich nicht definierte Begriff der Bande. Der Vergleich von Bande und krimineller Vereinigung lässt im Hinblick auf den erhöhten Strafgrund der bandenmäßigen Begehung erkennen, dass die Gefährlichkeit der Verbindung selbst bei der Bande nicht so schwer wiegt wie bei der kriminellen Vereinigung.143 3. Organisierte Kriminalität Das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992144 führte eine Vielzahl neuer Bandennormen ein.145 Auch einige später eingefügte Bandennormen gehen auf Gesetze zur Eindämmung der 142

Kosmalla, S. 122. Vgl. BGHSt 31, 202 (207); BGH NJW 2000, 2907 (2909); siehe ferner unten B.III.4.b). 144 BGBl. 1992 I, S. 1302. 145 Siehe dazu die Tabelle oben im 1. Teil F.III. 143

A. Systematische Bedeutung

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Organisierten Kriminalität zurück,146 wie dem Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994147 und dem Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997148. Die organisierte Begehungsweise selbst ist anders als die bandenmäßige nicht strafrechtlich sanktioniert.149 Unter den Begriff der „Organisierten Kriminalität“ lassen sich eine Vielzahl von Erscheinungsformen fassen. Durchgesetzt hat sich die 1990 von der „gemeinsamen Arbeitsgruppe Justiz/Polizei zur Strafverfolgung Organisierter Kriminalität“ hervorgegangene Definition, die als Anlage E Nr. 2.1 der RiStBV veröffentlicht ist.150 Hiernach definiert sich die Organisierte Kriminalität als die von Macht- und Gewinnstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrem Gewicht von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere und unbestimmte Dauer arbeitsteilig (1) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen oder (2) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder (3) unter dem Bemühen, auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft Einfluss zu nehmen, zusammenwirken.151 Verfolgt eine solche Organisation das Ziel, wirtschaftliche oder politische Machtpositionen zu erringen, wird dies generell als „Mafia“ bezeichnet.152 Zudem wird zur Bestimmung von organisiertem Verbrechen oftmals eine Indikationsliste herangezogen, die auf Merkmale wie straffer Führungsstil, konspiratives Täterverhalten, Internationalität und Mobilität sowie Zeugenbeeinträchtigungen abstellt.153 Der Bereich der Organisierten Kriminalität überschneidet sich damit in weitem Umfang mit der bandenmäßigen Begehung, wie auch mit der Begehung von Straftaten durch eine kriminelle Vereinigung.154 So wurde die bandenmäßige Begehung neben der gewerbsmäßigen als besonders „organisationsverdächtige“, gefährliche Begehungsweise herausgehoben und als Grundlage für die Anordnung von Vermögensstrafe155 und erweitertem Ver146

Zu den einzelnen Gesetzen Schwind, § 29 Rn. 35 ff. BGBl. 1994 I, S. 3186; siehe dazu die Tabelle oben im 1. Teil F.III. 148 BGBl. 1997 I, S. 2038; siehe dazu die Tabelle oben im 1. Teil F.III. Auch die bereits vor dem OrgKG bestehenden Tatbestände lassen sich dem Bereich der Organisierten Kriminalität zuordnen; Hermesmann, S. 40. 149 Vgl. dazu BT-Drucks. 12/989, S. 24. 150 Hermesmann, S. 4. 151 Vgl. auch OK Bundeslagebild 2011, S. 10; Hermesmann, S. 5; Schwind, § 29 Rn. 3; BT-Drucks. 12/989, S. 24 spricht dagegen nur von mehreren Beteiligten. 152 Schwind, § 29 Rn. 5. 153 Anlage E zu Nr. 2.4 der RiStBV; Hermesmann, S. 5; Schwind, § 29 Rn. 4 m. w. N. 154 BT-Drucks. 12/989, S. 24, wo darauf hingewiesen wird, dass das Verhältnis dieser drei Kriminalitätsformen zueinander bisher noch nicht ausreichend geklärt wurde. 155 Zur Verfassungswidrigkeit der Vermögensstrafe vgl. BVerfGE 105, 135. 147

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

fall genommen.156 In der Praxis spielen die Bandennormen eine bedeutendere Rolle bei der Verfolgung Organisierter Kriminalität als der § 129 StGB, der insbesondere höhere Anforderungen an die Nachweisbarkeit der Organisationsstruktur stellt.157 Der Begriff der Bande und der der Organisierten Kriminalität entsprechen sich somit nicht. Zum einen ist die Bande an bestimmte Delikte gebunden, die Organisierte Kriminalität soll jedoch prinzipiell hinter allen Delikten stehen können. Weiterhin bleibt die lose Verbindung der Bande hinter den Vorstellungen über den Organisationsgrad der Organisierten Kriminalität zurück.158 Es finden sich jedoch mehrfach Stimmen, die aufgrund der Einführung von Bandennormen durch die Gesetze zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität eine Modifizierung des Bandenbegriffs als geboten ansehen. Besonders deutlich wurde dies bei der Diskussion um die Heraufsetzung der Mindestmitgliederzahl auf drei.159 Vereinzelt wurde dabei sogar angenommen, dass eine Zweierverbindung für die Einordnung als „Organisierte Kriminalität“ ausreiche, wenn sich diese durch das Vorliegen von bestimmten, für die Organisierte Kriminalität typischen Gefährlichkeitskriterien auszeichnet.160 Aber trotz Anhebung der Personenzahl wird noch heute teilweise mit Blick auf die gesetzgeberische Zielsetzung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität eine Auslegung des Bandenbegriffs im Sinne des Begriffsverständnisses der Organisierten Kriminalität vertreten.161 Diese Diskussion wird besonders dann relevant, wenn es um die Strafbarkeit von Jugendbanden aus Bandennormen geht162. Denn diese weisen oftmals keine „mafiösen“ Strukturen, wie es eben bei der Organisierten Kriminalität der Fall ist, auf.163 • Beispiel Eine Gruppe von 13- und 14-Jährigen trifft sich regelmäßig im Park und bei Gelegenheit und aus Langeweile stehlen sie aus dem gegenüberliegenden Supermarkt Bier oder Computerzeitschriften. Diese „Bande“ hat keine Organisation, sie geht nicht planmäßig vor, wendet auch keine Einschüchterungsmittel an und 156

BT-Drucks. 12/989, S. 24. Kosmalla, S. 57 m. w. N. 158 Lange, S. 161. 159 Erb, NStZ 1998, 537 (542). 160 Krings, S. 122 ff.; Schöch, NStZ 1996, 166 (169 f.). 161 Erb, NStZ 2001, 561 (562). Auch finden sich Forderungen nach Abschaffung der bandenmäßigen Strafschärfungen unter Erweiterung des § 129 StGB; so Kosmalla, S. 201 f. 162 Hier wird vor allem die Anwendbarkeit des § 244a StGB auf Jugendbanden diskutiert; dazu Förtig, S. 172 ff.; Glandien, NStZ 1998, 197; Kosmalla, S. 139 ff.; Möller, StraFo 2009, 92, siehe dazu noch unten im 4. Teil B.II.2.b). 163 Möller, StraFo 2009, 92 (95). 157

A. Systematische Bedeutung

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ihre Taten sind nicht von erheblicher Bedeutung. Mithin handelt es sich nicht um Organisierte Kriminalität. Würde daher das Vorliegen einer Bande verneint werden, könnten die strafmündigen Jugendlichen nicht aus § 244 I Nr. 2 StGB oder sogar § 244a StGB bestraft werden.

Inwiefern diese Überlegungen zur Restriktion des Bandenbegriffs Zustimmung verdienen, erfordert zunächst eine Auseinandersetzung mit den Strafschärfungsgründen der Bande und wird daher an späterer Stelle noch ausführlich diskutiert.164 4. Zusammenfassung Die Bande unterscheidet sich nach derzeitiger Rechtslage von den hier besprochenen anderen Personenverbindungen augenscheinlich von der strafrechtlichen Funktion her. Während die Beteiligungsformen der Zurechnung von Tatbeiträgen dienen, die Verbrechensverabredung und die kriminelle Vereinigung bereits Vorbereitungshandlungen erfassen und die Mitgliedschaft in ihnen somit strafbegründende Funktion erlangt, dient das Tätigwerden im Rahmen einer Bande der Straferhöhung. Daneben ist die Organisierte Kriminalität selbst keiner strafrechtlichen Funktion zuzuordnen, vielmehr kann sie grundsätzlich hinter allen Straftaten stehen. Verdeutlicht wird diese Unterscheidung bei Betrachtung der „Stufen“ der Bandenmäßigkeit. Bandenmäßigkeit vollzieht sich in drei Stufen, die – zumindest theoretisch – nacheinander erfolgen. Auf der ersten – straflosen – Stufe steht die Gründung der Bande durch Treffen einer Bandenabrede. Diese kann mit der – bereits strafbaren – Gründung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB verglichen werden. Auf der zweiten Stufe folgt die – immer noch unter dem Aspekt der Bandenmäßigkeit straflose – Planung einer konkreten Bandentat. Auf dieser Stufe ist auch die – bereits strafbare – Verbrechensverabredung nach § 30 StGB anzusiedeln. Die Bandenmäßigkeit ist erst vollendet und damit für die Strafbarkeit relevant, wenn es auf der dritten Stufe zur zumindest versuchten konkreten bandenmäßigen Begehung kommt. Auf dieser Ebene der Tatbegehung ist ebenfalls die Zurechnungsnorm der Mittäterschaft lokalisiert. Weiterhin zeigt die Bande auch beim Vergleich der Voraussetzungen der einzelnen Zusammenschlüsse Unterschiede. So kann sich die Abrede bei der Verbrechensverabredung eben bloß auf Verbrechen beziehen, während sich die übrigen Zusammenschlüsse zudem auf die Begehung von Vergehen richten können. Jedoch findet die Bande nur strafrechtliche Bedeutung bei bestimmten Straftatgattungen, sofern die Mitglieder die Begehung dieser 164

Siehe dazu unten im 3. Teil B.

130

3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

Straftatgattungen auch verabredet haben.165 Ferner müssen sich die Abreden bei Mittäterschaft und Verbrechensverabredung jeweils auf konkrete Taten beziehen, jedoch sind die Abreden, wie die Zusammenschlüsse selbst, mit der konkreten Tatbegehung „erledigt“. Dies ist gerade bei § 129 StGB und der Bande anders. Weiterhin genügen für die Beteiligungsformen und die Verbrechensverabredung jeweils schon zwei Personen, wohingegen die Bande und die kriminelle Vereinigung mindestens drei Mitglieder erfordern. Wenngleich die kriminelle Vereinigung in ihrer Funktion eher der ebenfalls im Vorbereitungsstadium eingreifenden Verbrechensverabredung als der Bande ähnelt, ist deren Verbindungsstruktur in Bezug auf die Dauerhaftigkeit und Personenzahl doch eher mit der der Bande zu vergleichen. Die Gefährlichkeit der Bande wird vom Gesetz erst dann als strafrechtlich relevant angesehen, wenn eine konkrete Straftat begangen wird. Demgegenüber liegen bei der kriminellen Vereinigung eine Organisationsstruktur und ein Gruppenwille vor, die eine strafrechtlich fassbare Gefährlichkeit schon im Vorfeldstadium konkreter Taten begründen lassen. Somit steht die Bande vom Organisationsgrad zwischen den Beteiligungsformen bzw. der Verbrechensverabredung einerseits und der kriminellen Vereinigung andererseits.166 Die Bejahung von Mittäterschaft, Verbrechensverabredung, krimineller Vereinigung oder Organisierter Kriminalität schließt keinesfalls das Vorliegen einer Bande in einem konkreten Fall aus, da zwischen all diesen Zusammenschlüssen kein Ausschlussverhältnis besteht. So kann beispielsweise die Strafbarkeit wegen einer Bandentat in Tateinheit mit § 129 StGB stehen. Diese Überschneidung der Anwendungsbereiche bedeutet wiederum, dass auch bei Verneinung der Bandenmäßigkeit dennoch andere Zusammenschlüsse vorliegen können. Bedingt durch die unterschiedliche strafrechtliche Funktion kommt den anderen Zusammenschlüssen dabei jedoch keine Auffangfunktion zur Vermeidung von Straflosigkeit zu. Da die bandenmäßige Strafschärfung nur bei Begehung einer konkreten Straftat eingreifen kann, wird bei Verneinung der Bandenmäßigkeit eine Strafbarkeit nach dem Grunddelikt gegeben sein. Dies gilt nach § 28 II StGB auch für diejenigen Beteiligten, die zwar an einer Bandentat mitwirken, aber selber nicht Bandenmitglieder sind. Zudem gibt es Konstellationen, deren Gefährlichkeit vom Gesetzgeber für so gering angesehen wurde, dass sie strafrechtlich 165

Der Zusammenschluss mehrerer Personen zur Straftatbegehung zwecks Erhöhung der Effektivität des Vorgehens kann auch außerhalb von Bandennormen straferschwerend wirken, da so die Tatbegehung eine erhöhte Gefährlichkeit aufweist. Andererseits können gruppendynamische Prozesse strafmildernd wirken, wenn Personen, die alleine nie eine Straftat begehen würden, erst dadurch zu Straftätern werden; vgl. dazu Schäfer/Sander/van Gemmeren, Rn. 622; siehe ausführlich unten B.III.4.b). 166 Vgl. D/D/R/Duttge, § 244 Rn. 20; Kosmalla, S. 131.

A. Systematische Bedeutung

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überhaupt nicht erfasst sind. Dies ist einerseits der Fall bei einer bloßen Verabredung zu einem bestimmten Vergehen, da § 30 II StGB nur bei der Verabredung von Verbrechen greift. Andererseits ist der bloße Zusammenschluss mehrerer Personen zur Begehung einer Vielzahl noch unbestimmter Taten straflos, sofern die für § 129 StGB nötige Organisationsstruktur und der Gruppenwille nicht vorliegen.

II. Abgrenzung zur Gewerbsmäßigkeit Die Betrachtung der historischen Entwicklung der Bande zeigte nicht nur Verflechtungen der Bande mit anderen Personenzusammenschlüssen, sondern auch mit der Gewerbsmäßigkeit, die wie die Bande ebenfalls als Strafschärfungsgrund dient.167 So sah § 1209 ALR nur eine Strafschärfung für Diebesbanden vor, wenn diese zugleich gewerbsmäßig handelten.168 Dagegen verzichteten das PrStGB, das RStGB und anfangs noch das StGB auf den gewerbsmäßigen Diebstahl,169 wohingegen der bandenmäßige Diebstahl geregelt war.170 Im Gegensatz dazu wurde in den Entwürfen zu einem Strafgesetzbuch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die bandenmäßige Strafschärfung beim Diebstahl neben der gewerbsmäßigen für entbehrlich erachtet, da davon ausgegangen wurde, dass mehrere Personen, die sich zur fortgesetzten Begehung von Diebstählen zusammenschließen, auch immer gewerbsmäßig handeln würden.171 Heute allerdings steht die bandenmäßige Tatbegehung beim Diebstahl und ebenfalls bei anderen Normen in einem Konkurrenzverhältnis zur gewerbsmäßigen.172 Darüber hinaus hat das OrgKG, das die gewerbsmäßige und die bandenmäßige Begehung als besonders organisationsverdächtig bewertet, die beiden Erschwerungsgründe kombiniert und als Verbrechen (§§ 244a, 260a StGB) eingestuft, so dass bereits Vorfeldhandlungen einer solchen Bande nach § 30 StGB strafrechtlich fassbar sind.173 167 Vereinzelt hat die Gewerbsmäßigkeit jedoch strafbegründende Funktion, so bei §§ 180 a, 181 a II StGB; vgl. S/S/Stree/Sternberg-Lieben, Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 96. 168 Siehe oben im 1. Teil D. 169 Das gewerbsmäßige Handeln findet sich seit dem 1. StRG 1969 (BGBl. 1969 I, S. 645) als Regelbeispiel in § 243; vgl. auch Kosmalla, S. 87. 170 Siehe oben im 1. Teil E.II., F.I. und III. Daher wurde damals auch diskutiert, ob die „Bandenmäßigkeit begriffsnotwendig das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit umfaßt“; vgl. Loeber, S. 29 f. 171 Siehe oben im 1. Teil F.II. 172 So in § 243 I 2 Nr. 3 StGB und § 244 I Nr. 2 StGB beim Diebstahl oder in § 263 III Nr. 1 Alt. 1 und 2 StGB beim Betrug. 173 BT-Drucks. 12/989, S. 25. Nach Erb, NStZ 1998, 537 (541), stellt die Gewerbsmäßigkeit bei Diebes- oder Hehlerbanden eine typische Begleiterscheinung dar, weshalb die „Basisqualifikationen“ der §§ 244 I Nr. 2, 260 StGB de facto nur

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

Unter Gewerbsmäßigkeit wird das Motiv des Täters verstanden, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und nicht lediglich unerheblicher Dauer zu verschaffen.174 Die Gewerbsmäßigkeit ist auf eine wiederholte Tatbegehung angelegt und auch die Bande bezweckt die Begehung mehrerer Straftaten. Somit ist beiden Strafschärfungsgründen gemeinsam, dass sie für die betroffenen Rechtsgüter potentiell eine länger andauernde Gefahr darstellen. Beide Merkmale sollen jedoch schon mit der ersten Tatbegehung erfüllt sein, sofern es entgegen der ursprünglichen Intention nicht zu weiteren Taten kommt.175 Allerdings stellt das für das gewerbsmäßige Handeln erforderliche Merkmal der (beabsichtigten) wiederholten Tatbegehung auf den Willen des einzelnen Täters ab, wohingegen das Tatbestandsmerkmal der (beabsichtigten) fortgesetzten Tatbegehung nach dem Gesetzeswortlaut die Vorstellungen der Bande in ihrer Gesamtheit im Blick hat.176 Will der Gesetzgeber mit dem Strafschärfungsgrund der Gewerbsmäßigkeit der Motivation solcher Täter entgegenwirken, die meinen, bestimmte Straftaten – besonders Diebstahl – „lohnen sich“,177 zielt die erhöhte Strafandrohung der Bandenmäßigkeit vielmehr der Gefahr entgegnen, dass durch gruppendynamische Prozesse innerhalb eines Zusammenschlusses mehrerer tatgeneigter Personen ein ständiger Anreiz zur Begehung weiterer einschlägiger Straftaten geschaffen wird.178 Die Gewerbsmäßigkeit verlangt einen zielgerichteten Erwerbswillen179 des Täters, wobei es sich bei den angestrebten Einnahmen um eigene handeln muss.180 Dabei ist es ausreichend, wenn sich der Täter noch in Ausnahmefällen von Bedeutung wären, weil im Normalfall die §§ 244a, 260a StGB eingreifen würden. 174 BGHSt 1, 383; BGHSt 49, 177 (181); BGH NStZ 1995, 85; Fischer, Vor § 52 Rn. 61; MüKo-Schmitz, § 243 Rn. 40; S/S/Stree/Sternberg-Lieben, Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 95. 175 Für die Bande: BT-Drucks. IV/650, S. 407; BGHSt 49, 177 (187); D/D/R/Duttge, § 244 Rn. 23; Fischer, § 244 Rn. 40; S/S/W/Kudlich, § 244 Rn. 31; irreführend allerdings Buse/Bohnert, NJW 2008, 618 (621), in Bezug auf § 370 III 2 Nr. 5 AO; siehe dazu noch unten im 4. Teil C.I.3. Für die Gewerbsmäßigkeit: BGHSt 49, 177 (181); BGH NStZ 1995, 85; BGH NJW 1998, 2913 (2914); Fischer, Vor § 52 Rn. 61a; vgl. aber MüKo-Schmitz, § 243 Rn. 41, der hier regelmäßig noch keine Indizwirkung eines schweren Falles als gegeben ansieht; a. A. Kindhäuser, § 243 Rn. 25; D/D/R/Duttge, § 243 Rn. 37. Anders verhält es sich bei der Gewohnheitsmäßigkeit, bei der mindestens die Begehung von zwei Taten erforderlich ist; Fischer, Vor § 52 Rn. 63. 176 BGHSt 49, 177 (188); Fischer, § 244 Rn. 40. 177 D/D/R/Duttge, § 243 Rn. 33; MüKo-Schmitz, § 243 Rn. 39. 178 BGHSt 49, 177 (188 f.); vgl. auch BGHSt 23, 239 (240). 179 H.M., so z. B. D/D/R/Duttge, § 243 Rn. 37; S/S/Stree/Sternberg-Lieben, Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 96. 180 S/S/Stree/Sternberg-Lieben, Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 95.

A. Systematische Bedeutung

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mittelbare geldwerte Vorteile über Dritte aus der Tathandlung verspricht.181 Die Gewerbsmäßigkeit ist somit durch ein subjektives Moment geprägt.182 Die Tatbegehung stellt sich dann als Manifestation dieses Willens und damit des erhöhten Unrechts- und Schuldgehalts des Täters dar.183 Der bloße Wille zur wiederholten (alleinigen) Tatbegehung wird daneben jedoch nicht bestraft. Dies verhält sich bei der Bandenmäßigkeit etwas anders. Das Strafgesetz bestimmt bereits, wann der Wille, mit anderen (fortgesetzt) Straftaten zu begehen, für so gefährlich erachtet wird, dass er unter Strafe gestellt werden soll, nämlich bei Hinzutreten weiterer Faktoren184 als Vorbereitungshandlung nach §§ 30 II, 129 f. StGB.185 Somit kommt der Tatbegehung selbst bei der Bande eine höhere Wertigkeit als bei der Gewerbsmäßigkeit zu. Damit kann das subjektive Moment für den Begriff der Bandenmäßigkeit nicht – zumindest nicht allein – prägend sein.186 Ohne an dieser Stelle die Diskussion zur erhöhten Gefährlichkeit der Bande zu vertiefen,187 bleibt festzuhalten, dass die Voraussetzung der (beabsichtigten) wiederholten Tatbegehung bei der Gewerbsmäßigkeit und die Voraussetzung der (beabsichtigten) fortgesetzten Tatbegehung bei der Bandenmäßigkeit strukturell identisch sind.188 Daher sind bei Vorliegen von Bandenmäßigkeit oftmals zugleich die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit erfüllt.189 Bei der Bandenmäßigkeit kommen jedoch weitere bzw. andere Gefährdungsmerkmale zum Tragen als die Motivation des Täters. Daher sind mehrere Konstellationen denkbar, in denen bloß eine der beiden Strafschärfungsgründe greift und nicht beide. Offensichtlich ist nur Gewerbsmäßigkeit und nicht auch Bandenmäßigkeit gegeben, wenn eine Verbindung von maximal zwei Personen gegeben ist oder Bandenmitglieder eine Tat außerhalb der Bandenabrede begehen, aber dabei mit der Absicht handeln, sich durch eine wiederholte Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Fehlt andererseits den Banden181

BGH NStZ 1998, 622. D/D/R/Duttge, § 243 Rn. 34; Fischer, Vor § 52 Rn. 61a; vgl. aber Kindhäuser, § 243 Rn. 25. 183 Vgl. D/D/R/Duttge, § 243 Rn. 37; Kosmalla, S. 88. 184 Siehe dazu die Ausführungen zur Abgrenzung der Bande zur Verbrechensverabredung und zur kriminellen Vereinigung oben A.I.1.b)(3) und A.I.2. 185 Vgl. Kosmalla, S. 88; Schild, GA 1982, 55 (79). 186 Vgl. aber Schild, GA 1982, 55 (76 ff.), der die Bandendelikte als Delikte mit überschießendem Täterwillen ansieht und damit die Gefährlichkeit des Täterwillens herausstellt; ähnlich Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (140 ff.), der daher fordert, an die Bande die gleichen Anforderung wie bei § 129 StGB in Bezug auf den Organisationsgrad zu stellen; ferner Krings, S. 68 f. 187 Siehe dazu sogleich B. 188 BGHSt 49, 177 (188). 189 BT-Drucks. 12/989, S. 53; LK-Vogel, § 244 Rn. 62. 182

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

mitgliedern bei der Tatbegehung eine solche Erwerbsabsicht, weil es ihnen z. B. gerade nicht darauf ankommt, die gestohlenen Sachen im eigenen Bereich zu verwenden,190 sondern sie – wie i. d. R. bei den „Klaukinderbanden“ – diese dem Bandenboss zukommen lassen (müssen), kann allein Bandenmäßigkeit, aber keine Gewerbsmäßigkeit vorliegen.

III. Schlussfolgerung Zunächst zeigte die systematische Untersuchung, dass die Bande im System der anderen Personenzusammenschlüsse mit der Funktion der Strafschärfung nicht mit den anderen zu vergleichen ist. Wird die Bandenmäßigkeit im Einzelfall verneint, kommt den anderen Zusammenschlüssen keine Auffangfunktion zu. Im Bereich der Strafschärfung wiederum findet die Bandenmäßigkeit eine ihr ähnelnde Rechtsfigur in Gestalt der Gewerbsmäßigkeit. Weiterhin stellte dieser Abschnitt die einzelnen Merkmale heraus, die die Bande und bandenmäßige Begehung von den anderen Rechtsfiguren abgrenzen. Sollten im Folgenden die einzelnen Merkmale der Bandenmäßigkeit entgegen der heute herrschenden Ansicht anders ausgelegt werden, muss beachtet werden, dass das oben aufgezeigte System nicht verschoben wird und die Bande ihre – hier dargestellte – selbstständige Bedeutung beibehält. Zwar ändert eine etwaige andere Auslegung nichts an der Funktion der Bande bzw. bandenmäßigen Begehung, sie kann jedoch im Widerspruch zu anderen Instituten stehen. Beispielsweise wird gelegentlich gefordert, den Bandenbegriff an der kriminellen Vereinigung zu orientieren und mithin restriktiv zu interpretieren, so dass eine Organisationsstruktur und ein Gesamtwille vorausgesetzt werden. Dabei ist fraglich, wieso das Gesetz dann nicht einheitlich nur von „Bande“ oder „krimineller Vereinigung“ spricht oder warum die Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB bereits strafbar ist, aber bei der Bande erst eine Tatbegehung strafrechtliche Relevanz herbeiführt. Zudem könnte eine Anpassung der Definition von Bande und krimineller Vereinigung dazu führen, dass sich die Bedeutung der Bandennormen in der Praxis gleich der des § 129 StGB gestalten würde. Für die Täter ist eine restriktive Auslegung zwar grundsätzlich willkommen, weil dies die Annahme einer straferhöhenden bandenmäßigen Begehung erschwert. Jedoch ist zu vermuten, dass die Praxis es nicht begrüßt, wenn der Bande gleich der kriminellen Vereinigung kaum noch eine praktische Relevanz mehr zukommen würde.191 So sollen die Bandenregelungen 190

Vgl. dazu S/S/Stree/Sternberg-Lieben, Vorbem. §§ 52 ff. Rn. 95. Vgl. Dessecker, NStZ 2009, 184 (188), wonach eine Ausrichtung des Bandenbegriffs an § 129 StGB faktisch seine Abschaffung bedeuten würde. 191

B. Teleologische Bedeutung

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auch der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität dienen,192 beispielsweise indem durch die Anordnung des erweiterten Verfalls für bandenmäßige Begehungsweisen solchen Kriminalitätsformen frühzeitig die finanziellen Ressourcen entzogen werden.193 Daher ist es auch denkbar, dass zwar eine ursprünglich restriktive Auslegung durch Anpassung zur Folge hat, dass die Anforderungen an das Vorliegen von Organisationsstruktur und Gesamtwille gesenkt werden. Dies führt aber nicht nur zur Sicherung der praktischen Bedeutung der Bande, sondern letztlich zu einer vermehrten Anwendung des § 129 StGB und damit zur Strafausweitung.

B. Teleologische Bedeutung Anhand der systematischen Betrachtung konnten die einzelnen Voraussetzungen der bandenmäßigen Begehung zu denen anderer strafrechtlicher Institute abgegrenzt werden. Detailfragen zu den einzelnen Merkmalen der Bandenmäßigkeit können jedoch nur hinreichend unter Einbeziehung des Strafzwecks beantwortet werden.

I. Rechtsprechung Die Rechtsprechung begründet die Strafschärfung mit zwei Gefahrmomenten: der Gefährlichkeit der Verbindung und der Gefährlichkeit der Tatbegehung.194 1. Gefährlichkeit der Verbindung Aus dem Bandenzusammenschluss und somit aus dem Tatbestandsmerkmal der Bandenmitgliedschaft ergebe sich eine erhöhte abstrakte Gefährlichkeit, welche heute als „Organisationsgefahr“ bezeichnet wird.195 Im Gegensatz zum Komplott bzw. der Mittäterschaft ist der Bande eine Dauergefahr immanent.196 Im Zuge der Diskussion um die Mitgliederzahl einer 192 Zur Heranziehung der Kriterien der Organisierten Kriminalität siehe unten im 4. Teil B.II.2.b). 193 Vgl. BT-Drucks. 12/989, S. 24. 194 RGSt 66, 236 (242); BGHSt 8, 205 (209); BGHSt 46, 321, 336; BGHSt 50, 160 (167). 195 BGHSt 46, 321 (336); vgl. aber zur irreführenden Bezeichnung als „Ausführungsgefahr“ BGHSt 47, 214 (217); dazu Toepel, StV 2002, 540 (541). 196 RGSt 66, 236 (242); BGH NStZ 2001, 35 (38). In älteren Entscheidungen wurde aufgrund des Vergleichs zum Komplott im Übrigen betont, dass die strafschärfende Gefährlichkeit bei der Bande zunächst in der allgemeinen Verbrechens-

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

Bande begründete die Rechtsprechung ihre Ansicht der Zweierbande damit, dass der Grund der besonderen Gefährlichkeit der Bande nicht in der Vielzahl der Mitglieder liegt, sondern in der engen Bindung, die die Mitglieder für die Zukunft eingehen und die einen ständigen Anreiz zur Fortsetzung bildet.197 Als zum Jahrhundertwechsel innerhalb der Strafsenate des BGH eine Diskussion um das Festhalten an einer Mindestmitgliederzahl von zwei entbrannte, wurde mit der Eigendynamik von größeren Zusammenschlüssen argumentiert und damit ein Vergleich zur kriminellen Vereinigung aufgestellt. Die Eigendynamik eigne sich dazu, beim einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten zu erleichtern und bei ihm das Gefühl persönlicher Verantwortung zurückzudrängen.198 Im Gegensatz zur normalen Komplizenschaft werden durch die für die Bande charakteristische Gruppendynamik die kriminellen Energien in besonders gefährlicher Weise gebündelt.199 Der Große Senat referierte zudem auch die in der Literatur vorgebrachten Argumente, dass eine Willensbildung als gruppendynamischer Prozess erst innerhalb einer größeren Gruppe entstehe und die Gefährlichkeit einer Bande erst bei mehr als zwei Mitgliedern unabhängig vom Aus- oder Hinzutreten einzelner Mitglieder gegeben sei.200 Jedoch begründete er die Heraufsetzung der Mindestmitgliederzahl auf drei hauptsächlich mit der vereinfachten Abgrenzung zur Mittäterschaft.201 Schließlich umschrieb der Große Senat die abstrakte Gefährlichkeit nach Heraufsetzung der Mitgliederzahl und Verzicht auf eine Organisationsstruktur und einen Bandenwillen lediglich mit der bereits bekannten Formel: Sie bestimme sich durch die enge Bindung, die die Mitglieder für die Zukunft und für eine gewisse Dauer eingehen und die einen ständigen Anreiz zur Fortsetzung bilde.202 2. Gefährlichkeit der Tatbegehung Das zweite Gefährlichkeitspotential sei auf das Merkmal der Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds bei der Tatbegehung zurückzuführen und wird heute als sog. „Ausführungsgefahr“ bezeichnet.203 Bis zur Rechtsprechungsänderung zum Mitwirkungserfordernis204 wurde die konkrete Gefährverabredung und erst in zweiter Linie in der örtlichen Tatgefahr liege; so in RGSt 66, 236 (242); BGHSt 8, 205 (209). 197 BGHSt 23, 239 (240). 198 BGH NStZ 2000, 474 (277); BGH NStZ 2001, 35 (38). 199 BGH NStZ 2001, 35 (38). 200 BGHSt 46, 321 (326). 201 BGHSt 46, 321 (329); vgl. Sowada, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (389). 202 BGHSt 46, 321 (336); so auch schon BGHSt 23, 239 (240). 203 BGHSt 46, 321 (336). 204 BGHSt 46, 321.

B. Teleologische Bedeutung

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lichkeit der Tatbegehung durch das Zusammenwirken zumindest zweier Bandenmitglieder am Tatort geprägt.205 Zum einen wurde in einem solchen Zusammenwirken wegen der gesteigerten Flexibilität, Arbeitsteilung und Spezialisierung die Effizienz der Tathandlung als erhöht angesehen.206 Zum anderen wurde bei der Tatbegehung durch mehrere die Durchsetzungsmacht gegenüber potentiellen Tatopfern als erhöht erachtet, denn das Opfer sehe sich einer Übermacht gegenüber, welche die Verteidigung der bedrohten Rechtsgüter erschwere.207 Heute verzichtet die Rechtsprechung auf ein Zusammenwirken am Tatort, wodurch die erhöhte Durchsetzungsmacht gegenüber dem Opfer für die Strafgründe nicht mehr als ausschlaggebend anzusehen ist. Vielmehr wird die Ausführungsgefahr jetzt in der erhöhten Effizienz der Tathandlung gesehen, da die Tatbeiträge der einzelnen Bandenmitglieder in die Tatausführung einflößen und sich in ihrer Wirkung gegenseitig verstärkten.208 Die vertikale Arbeitsteilung von der Planung der Tat bis zur Verwendung der Beute sei ebenso gefährlich wie die horizontale Arbeitsteilung.209 Das Gefährlichkeitsmoment der Steigerung der Effektivität der Tatausführung unterscheidet somit die Mitwirkungsdelikte von den Nichtmitwirkungsdelikten. Bei letzteren genüge die Realisierung der Organisationsgefahr, indem ein Bandenmitglied die Tat für die Bande begeht.210 Verwirrend ist insofern die Bezugnahme auf die „Ausführungsgefahr“ im Zusammenhang mit den nicht konvergenten Normen der §§ 30 I Nr. 1, 30a I BtMG in BGHSt 50, 160. Dort heißt es, dass „auch in diesen Fällen die Gefährlichkeit im Hinblick auf die Beteiligung mindestens von zwei weiteren, durch die Abrede mit dem handelnden Täter verbundenen Personen, die oft abrufbereit zur Verfügung stehen und erforderlichenfalls die Tatausführung unterstützend oder sichernd begleiten oder bei einem Ausscheren des Handelnden aus der Planung eingreifen können, gegenüber der Tatbegehung durch Einzel- oder Mittäter merklich erhöht“ ist.211

205

BGH NJW 2000, 2907 (2909). BGH NJW 2000, 2907 (2909) bezeichnete dies als „Aktionsgefahr“; so auch Kosmalla, S. 79 ff. 207 BGH NJW 2000, 2907 (2909) bezeichnete dies als „Ausführungsgefahr“; so auch Kosmalla, S. 79 ff. Nicht immer hat die Rechtsprechung diese zwei Komponenten der Gefährlichkeit der Tatbegehung genau unterschieden und ihnen die Termini der Aktions- und Ausführungsgefahr zugewiesen; vgl. RGSt 66, 236 (242); BGHSt 8, 205 (209); BGHSt 38, 26 (29); BGHSt 46, 120 (125); BGH NStZ 2000, 255 (256); BGH NStZ 2000, 474 (475); BGHSt NStZ 2001, 33 (34); ferner BGHSt 46, 321 (334). 208 BGHSt 46, 321 (336). 209 BGH NStZ 2000, 255 (258); BGH NStZ 2001, 35 (36). 210 BGHSt 46, 321 (336); auch BGHSt 50, 160 (167). 211 BGHSt 50, 160 (167 f.). 206

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

3. Zusammenfassung Bereits die Rechtsprechung des Reichsgerichts führte die Strafschärfungsgründe der bandenmäßigen Begehung auf die Gefährlichkeit der Verbindung und auf die Gefährlichkeit der Tatbegehung zurück. Gewandelt hat sich im Laufe der Zeit jedoch sowohl die Schwerpunktsetzung als auch die Begründung dieser Gefahren, was hauptsächlich mit der Einführung von nicht konvergenten Bandennormen sowie dem Rechtsprechungswandel zur Mitgliederzahl und zur Auslegung des Mitwirkungserfordernisses einherging. Gerade bei der Organisationsgefahr, die die Hauptlast der Strafschärfung tragen soll, wäre jedoch eine konkretere Ausgestaltung wünschenswert. Zwar ermöglicht die vage Umschreibung der Organisationsgefahr eine Abgrenzung zur Vereinigung und Mittäterschaft, jedoch ist insbesondere unklar, wie sich der ständige Anreiz zur Fortsetzung begründet. Ferner wird die Organisationsgefahr als abstrakte Gefahr aufgefasst, wenngleich der BGH äußert, dass sie sich realisiere, indem ein Bandenmitglied die Tat für die Bande begeht.212

II. Literatur In der Literatur wurde sich ausführlicher als in der Rechtsprechung mit den Strafgründen befasst.213 Die Diskussion geht größtenteils einher mit der Auslegung des Bandenbegriffs in Bezug auf die Mitgliederzahl und den Anforderungen an das Mitwirkungserfordernis. 1. Gefährlichkeit der Verbindung und Gefährlichkeit der Tatbegehung Auch die herrschende Meinung in der Literatur unterteilt die Strafgründe überwiegend in eine Gefahr, die aus dem Bandenzusammenschluss hervorgeht, und in eine, die sich auf die bandenmäßige Ausführung bezieht.214 Ein Großteil der Literatur orientiert sich dabei stark an der Ansicht der 212

BGHSt 46, 321 (336). Vgl. nur die ausführliche Auseinandersetzung bei Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 ff.; Kosmalla, S. 73 ff.; Krings, S. 64 ff.; Schild, GA 1982, 62 ff.; Toepel, ZStW 115 (2003), 60 ff. 214 AnwKomm-Kretschmer, § 244 Rn. 38; Arzt, JuS 1972, 576 (579); Arzt/Weber/Heinrich, § 14 Rn. 5, 62; Eisele, BT II, Rn. 212; Ellbogen, wistra 2002, 8 (9, 11 f.); Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116); Engländer, GA 2000, 578 (581 ff.); Erb, NStZ 2001, 561 (564); Fischer, § 244 Rn. 33, 42; Joerden, JuS 2002, 329 (332); Küper, GA 1997, 301 (329); LK-Vogel, § 244 Rn. 54 f.; Müller, GA 2002, 318 (323 ff.); NK-Kindhäuser, § 244 Rn. 34; Rengier, BT I, § 4 Rn. 90; Sowada, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (394 ff.); S/S/Eser/Bosch, § 250 Rn. 26; Toepel, 213

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Rechtsprechung und übernimmt dabei auch die Bezeichnung der Gefahrmomente als Organisationsgefahr und Ausführungsgefahr.215

a) Gefährlichkeit der Verbindung Nach Rengier kennzeichnet sich die Organisationsgefahr durch Serienstraftaten, Ausbildung bestimmter Organisationsstrukturen, Arbeitsteilung und Spezialisierung, Zusammengehörigkeitsgefühl und Gruppendynamik.216 Ähnlich argumentiert Müller, demzufolge sich die abstrakte Gefahr der Bandenverbindung im Wesentlichen durch eine sorgfältige Planung und Vorbereitung sowie eine zweckmäßige Arbeitsteilung charakterisiert.217 Die erhöhte Gefährlichkeit der Bande (gegenüber der Mittäterschaft) folgt nach Ellbogen daraus, dass wegen des gemeinschaftlich verfolgten Bandeninteresses der Einzelne hinsichtlich seiner Funktion und für den Zusammenhalt der Gruppe austauschbar ist.218 Dadurch werde eine Effizienzsteigerung und Eigendynamik des Handelns entwickelt. Kennzeichen der Bande seien nämlich die Willensbildung als gruppendynamischer Prozess sowie die Existenz eines Bandenchefs, der sich in kriminellen Gemeinschaften herausbilde, deren Bestand vom Wechsel der Mitglieder unabhängig ist.219 Eine Gruppendynamik könne nach allgemeiner Ansicht nur bei einer Verbindung von mehr als zwei Personen bestehen.220 Nach Krings beispielsweise kann bei einer solchen Verbindung eine der kriminellen Verbindung vergleichbare Dauergefahr vorliegen, ohne dass es einer festen Organisation bedarf. Einer größeren Personenvereinigung sei eine Macht des Gruppenwillens zu eigen, die sich in der Entwicklung einer gewissen Eigendynamik und in einem besonderen Gruppendruck widerspiegle, der den Einzelnen in seiner Entscheidungsfreiheit in großem Maße beeinflussen könne.221 Kindhäuser erachtet die Organisationsgefahr erst als virulent, wenn sie durch das Gelingen gemeinsamer Taten gruppendynamische Prozesse auslösende BeStV 2002, 540 (541 ff.); ders., ZStW 115 (2003), 60 (61 ff.); Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 301; differenzierend Krings, 149 f. 215 Z. B. Eisele, BT II, Rn. 212; Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116); Rengier, BT I, § 4 Rn. 90, 99. 216 Rengier, BT I, § 4 Rn. 90. 217 Müller, GA 2002, 318 (328). 218 Ellbogen, wistra 2003, 8 (10). 219 Ellbogen, wistra 2003, 8 (10). 220 Vgl. Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (115); Joecks, § 244 Rn. 32; S/S/W/Kudlich, § 244 Rn. 30. 221 Krings, S. 90.

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stätigung erfahren hat.222 Eser/Bosch zufolge ist jedoch die aus einer wechselseitigen Zweierverpflichtung erfolgende Fortsetzungsdynamik aufgrund des durch beiderseitige Verpflichtung zurückgedrängten Gefühls persönlichindividueller Verantwortung kaum geringer als die Gruppendynamik.223 Rath kritisiert die Beschreibung der abstrakten Gefahr der Bande durch den BGH224, welche darauf hinausliefe, dass die Bandenabrede die konspirative Bindung sicherstelle. Jedoch könne sie immer nur einen gewissen Wahrscheinlichgrad wiedergeben.225 Ferner gibt er zu Bedenken, dass dieses Gefahrenpotential inhaltlich in keiner Weise näher spezifiziert sei. Nach seiner Ansicht kann dies nicht mit der Natur der abstrakten Gefährdungsdelikte begründet werden.226 Kosmalla erkennt zwar grundsätzlich bei der Bandenmäßigkeit eine Gefährlichkeit der Verbindung, sieht diese jedoch nicht als ausreichend für eine rechtsstaatliche Legitimation an. Die an die Organisationsgefahr zu knüpfende spezifische Unrechtssteigerung der Bandentat könne nicht widerspruchsfrei begründet werden.227 Einerseits liege bei der Bande nicht eine der Verbrechensverabredung nach § 30 II StGB vergleichbare Gefährlichkeit der konspirativen Willensbindung zugrunde, da die Verbrechensverabredung auf eine intensivere Zusammenarbeit angelegt sei.228 Eine Bande habe zudem nicht eine solche situative Kollektivdynamik wie die emotional aufgeladenen Spontangruppe.229 Ferner stelle die Bande mangels Organisationserfordernisses keine solche Dauergefahr wie die kriminelle Vereinigung dar, bei der aufgrund der Organisation kaum gruppendynamische Prozesse stattfinden können. Ein Plus an Organisation bedeute nämlich ein Minus an Gruppendynamik. Weil die kriminelle Vereinigung aber weniger empfänglich für gruppendynamische Prozesse sei, ist sie mehr verselbstständigt und damit eine zukünftige Tatbegehung mehr als nur möglich.230 222

Kindhäuser, StV 2006, 526 (528). S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 24; ähnlich Dessecker, NStZ 2009, 184 (185). 224 Genauer BGHSt 47, 214 (216 f.), wonach die Bandenabrede „die enge Bindung sicher[stellt], die die Mitglieder für die Zukunft und für eine gewisse Dauer eingehen und die einen ständigen Anreiz zur Fortsetzung der kriminellen Tätigkeit bildet“. 225 Rath, GA 2003, 823 (825), der dies im Zusammenhang mit der Frage diskutiert, ob die Zusage bloßer späterer Gehilfentätigkeit für die Begründung einer Bandenmitgliedschaft ausreichend ist, was er im Ergebnis verneint (S. 840). 226 Rath, GA 2003, 823 (826). 227 Kosmalla, S. 123. 228 Kosmalla, S. 96 f., der herausstellt, dass die Verbrechensverabredung keine Beihilfe erfasst und die Taten bereits konkretisiert sind. 229 Kosmalla, S. 123. 230 Kosmalla, S. 119 ff. 223

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b) Gefährlichkeit der Tatbegehung In Bezug auf die zweite Gefahrkomponente, die sog. Ausführungsgefahr, meint Heinrich, dass das Gesetz durch das Mitwirkungserfordernis lediglich darauf hinweist, dass sich die in der Bandenbildung steckende Arbeitsteilung in der Einzeltat niederschlagen müsse, womit ein räumlich-zeitliches Zusammenwirken am Tatort nicht notwendig sei.231 Auch Rengier stimmt der neuen Auslegung der Rechtsprechung zu. Der Verzicht auf das „ZweiPersonen-Erfordernis“ sei vom Wortlaut gedeckt und vermeide insbesondere schwer nachvollziehbare Ergebnisse. So sei insbesondere bei modernen organisierten und spezialisierten Banden die Arbeitsweise und -teilung so organisiert, dass am Tatort regelmäßig nur ein Mitglied auftauche und dann im Extremfall kein Mitglied jemals eine konvergente Bandennorm erfüllen werde.232 Nach Ellbogen entfaltet das der Bande immanente Phänomen der Gruppendynamik seine Gefährlichkeit nicht bereits bei der Tatausführung durch mindestens zwei Mitglieder vor Ort. Vielmehr stehe das einzelne Mitglied bereits bei der Planung der Tat unter der Kontrolle und dem Erwartungsdruck der Bande, so dass der Gruppendruck selbst dann auf das einzelne Mitglied fortwirke, wenn es allein am Tatort agiere.233 Schmitz sieht beim Bandendiebstahl dagegen eine spezifische Ausführungsgefahr erst als gegeben an, wenn die Wegnahme fremder Sachen und damit die Rechtsgutsverletzung dadurch wahrscheinlicher wird, dass der Täter nicht allein vor Ort agiert, sondern sich auf die Mitwirkung eines weiteren Bandenmitglieds verlassen kann.234 Nach Hillenkamp führe die neue Rechtsprechung, die auf das Mitwirken vor Ort verzichtet, dazu, dass für alle Bandendelikte nur noch die Organisationsgefährlichkeit als Strafgrund anzusehen sein könne.235 Um der Einebnung der gesetzlichen Differenzierung zwischen Mitwirkungs- und Nichtmitwirkungsdelikten entgegenzutreten, fordert er weiterhin, dass die unmittelbare Beteiligung zweier Mitglieder der Bande deren Gefährlichkeitspotential vor Ort repräsentiere.236 Nach Erb ermöglicht nur das räumlich-zeitliche Zusammenwirken bei der Tatausführung eine Form der Effizienzsteigerung, die nicht bereits durch die besonders günstige Ausgangsposition des Täters als Bandenmitglied geprägt 231

Arzt/Weber/Heinrich, § 14 Rn. 62. Rengier, BT I, § 4 Rn. 99. 233 Ellbogen, wistra 2003, 8 (12). 234 MüKo-Schmitz, § 244 Rn. 50. 235 Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 301; ähnlich Otto, BT, § 41 Rn. 64. 236 Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 301 f., der diese Gefahr einmal als Ausführungs- und einmal Aktionsgefahr bezeichnet; ebenfalls Engländer, GA 2000, 578 (582); ähnlich Sowada, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (399); kritisch auch Lackner/ Kühl, § 244 Rn. 8. 232

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werde.237 Denn der Effektivitätsgewinn, der dem allein handelnden Täter auf Grund seiner Bandenmitgliedschaft in mehr oder weniger großem Umfang zuteil werde, stelle bereits die Realisierung der Organisationsgefahr in der Einzeltat dar.238 Andere Stimmen fordern ebenfalls ein örtliches und zeitliches Zusammenwirken von mindestens zwei Bandenmitgliedern bei der Tatausführung, aber begründen dies ausdrücklich mit der erhöhten Gefahr für das Opfer.239 Nach Eser/Bosch schützt der Bandenraub auch die persönliche Freiheit und daher gilt es, beim Bandenraub im Gegensatz zum Bandendiebstahl die tatbestandliche Aktions- bzw. Ausführungsgefahr aufgrund der gesteigerten Durchsetzungsmacht der Täter gegenüber dem Opfer zu erfassen.240 Dem auf Eigentumsschutz beschränkten Diebstahlstatbestand sei eine solche personale Konfrontation dagegen nicht zu eigen und daher bedürfe es dort keines zeitlichen und örtlichen Zusammenwirkens,241 womit sich die Gefährlichkeitsbegründung nach Eser/Bosch beim Bandenraub und Bandendiebstahl unterscheiden. Vogel hält dagegen das Argument, dass dem Diebstahl eine potentielle Täter-Opfer-Konfrontation nicht immanent sei, für „intellektuell unredlich“.242 Nach Müller erschöpft sich das Mitwirkungserfordernis darin, die bandenmäßige Begehung i. S. einer Mitwirkungsgefährlichkeit nach außen zu manifestieren.243 Diese untergeordnete Mitwirkungsgefährlichkeit sei eine abstrakte, da es nicht entscheidend sei, ob tatsächlich eine Effizienzsteigerung eingetreten sei.244 Dazu müsse der Mitwirkungsbeitrag die Gefährlichkeit der konkreten Tat zumindest potentiell erhöhen bzw. eine Manifestation der bandenmäßigen Durchführung darstellen.245 Das Merkmal der Ban237

Erb, NStZ 2001, 561 (565). Erb, NStZ 2001, 561 (565), dennoch sei die Organisationsgefahr eine abstrakte. 239 LK-Vogel, § 244 Rn. 54, 70; MüKo-Sander, § 250 Rn. 56; Sowada, GSSchlüchter 2002, S. 383 (397); S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 26. 240 S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 26, § 250 Rn. 26; ebenso MüKo-Sander, § 250 Rn. 56. 241 S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 26; nach Erb, NStZ 2001, 561 (564), gehe es beim Bandendiebstahl nicht in erster Linie um Gefahren, die aus einer möglichen Eskalation des Geschehens im Falle einer überraschenden Konfrontation mit dem Opfer resultieren. 242 LK-Vogel, § 244 Rn. 70. Da er die Möglichkeit einer Täter-Opfer-Konfrontation für wesentlich erachtet, verlangt er auch weiterhin für den Bandendiebstahl, dass zwei Bandenmitglieder tatortpräsent mitwirken. 243 Müller, GA 2002, 318 (329). 244 Müller, GA 2002, 318 (324). 245 Müller, GA 2002, 318 (333 ff.). Nach seiner Ansicht ist es nicht erforderlich, dass zwei Bandenmitglieder zeitlich und örtlich bei der Tatbegehung zusammenwirken; Müller, GA 2002, 318 (336). 238

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denmitgliedschaft und das der Mitwirkung unterschieden sich dadurch, dass sich das Mitwirkungserfordernis auf eine konkrete Tat und nicht auf den tendenziellen Willen zur Begehung unbestimmter Bandentaten beziehe.246 Auch Joerden erachtet die Ausführungsgefahr als abstrakte, denn bei einer konkreten Gefahr müsste der Gegenbeweis zulässig sein, dass eine Mitwirkung im konkreten Fall die Gefahr für das Opfer eben nicht vergrößert hat.247 Diese Konsequenz ziehe der Große Senat aber gerade nicht.248 Krings zufolge liegt bei den Nichtmitwirkungsdelikten der Grund für die erhöhte Bestrafung neben der engen Bindung ebenfalls in der konkreten Tatgefährlichkeit.249 Daher könne auch eine Verbindung von zwei Personen ausreichend für die Anwendung einer bandenmäßigen Strafschärfung sein. Die genauen Voraussetzungen würden jedoch differenzieren. Bei den Mitwirkungsdelikten liege der Schwerpunkt im arbeitsteiligen Zusammenwirken am Tatort.250 Bei einer Verbindung von drei oder mehr Personen werde die Tatbegehung regelmäßig durch bestimmte Gefährlichkeitskriterien der professionellen oder Organisierten Kriminalität gekennzeichnet sein, welches jedoch keine zwingende Voraussetzung sei. Bei einer Zweierbande fehle es zwar an einer Dauergefahr, jedoch sei eine Strafschärfung dennoch gerechtfertigt, wenn die Tatbegehung von Merkmalen der professionellen oder Organisierten Kriminalität gekennzeichnet ist.251 Bei den Nichtmitwirkungsdelikten manifestiere sich bei einer Verbindung von mindestens drei Personen die Dauergefahr in der konkreten Tat durch das Handeln im übergeordneten Interesse.252 Bei einer Zweierverbindung könne die fehlende Dauergefahr dadurch kompensiert werden, dass die Bandentat bestimmte Kriterien besonderer bandenspezifischer Gefährlichkeit aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität aufweise.253 Nach Kosmalla kann die erhöhte abstrakte Tatgefahr nur eine Frage der Konvergenzdelikte sein und daher weder als alleiniges noch als zusätzliches 246 Müller, GA 2002, 318 (326), wobei er noch von dem Erfordernis eines verbindlichen Gesamtwillens ausgeht. 247 Weil sich z. B. die beteiligten Bandenmitglieder gegenseitig behindert haben oder ein Mitglied die Wegnahmehandlung genauso gut hätte alleine durchführen können; Joerden, JuS 2002, 329 (332); vgl. ferner Küper, GA 1997, 301 (329). 248 Joerden, JuS 2002, 329 (332), stimmt im Ergebnis dennoch dem Großen Senat, BGHSt 46, 321, zu und fordert keine Mitwirkung von zwei Bandenmitgliedern am Tatort. 249 Krings, S. 148. 250 Krings, S. 139. 251 Krings, S. 139. 252 Krings, S. 145. 253 Krings, S. 149; Krings entwickelte ihre Ansichten noch vor der Entscheidung des Großen Senats, BGHSt 46, 321; vgl. auch Schöch, NStZ 1996, 166.

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Kriterium zur Bestimmung des Strafgrundes aller Bandennormen herangezogen werden.254 Weil die an die Organisationsgefahr anknüpfende spezifische Unrechtssteigerung der Bandentat nicht widerspruchsfrei begründet werden könne,255 fehle es bei den nicht-konvergenten Bandennormen an einer ausreichend rechtsstaatlichen Legitimation.256 2. Gefährlichkeit des Täterwillens Für Schild stellt sich weder die Verbindung noch die Tat als gefährlich dar.257 Seiner Ansicht nach ist der Täter selbst gefährlich, weil er einen Willen auf Begehung von Straftaten gefasst hat, der über die bereits begangene Tat hinausgeht.258 Die Verbindung als willensstärkende Bindung der Bandenmitglieder aneinander sei demnach gar nicht erforderlich. Vielmehr gehe vom einzelnen Mitglied bereits eine Dauergefahr aus.259 Somit würden auch keine gruppendynamischen Einflüsse oder eine Organisation eine Rolle spielen.260 Der Bandenwille müsse sich jedoch in einer konkreten Tat manifestiert haben.261 Diese Ansicht wirkt sich auf die Merkmale der Bandennormen dergestalt aus, dass die Tat von ihrer Qualität, Bandentat zu sein, in allen Merkmalen geprägt sein muss262 und strenge Anforderungen an den Bandenwillen zu stellen sind.263 Allerdings hat Schild diese Ansicht später selbst korrigiert in Bezug auf die Bandenbestimmung des § 30 I Nr. 1 BtMG, die bis dato einzige Ban254

Kosmalla, 83. Siehe dazu bereits oben B.II.1.a). 256 Die Lösung Kosmallas ist daher die Streichung aller Bandennormen. Der Tatbestand des § 129 StGB sei dahingehend zu modifizieren, dass eine Strafschärfung für von Mitgliedern der Organisation begangenen Taten möglich ist; Kosmalla, S. 200 ff. 257 Schild, GA 1982, 55 (76); anders aber ders., NStZ 1983, 69 (70). 258 Schild, GA 1982, 55 (76). 259 Schild, GA 1982, 55 (77). 260 Schild, GA 1982, 55 (81). Insofern reiche eine Verbindung von zwei Personen für eine Bande aus; Schild, GA 1982, 55 (82). 261 Schild, GA 1982, 55 (80). 262 Schild, GA 1982, 55 (80). Bei den Mitwirkungsdelikten sei es nicht erforderlich, dass überhaupt ein Bandenmitglied am Tatort tätig sein muss. Daher genügt es, wenn ein Bandenmitglied ein mittelbarer Täter ist, sofern Planung und Ausführung im Rahmen der Bandenverbindung aufgrund des Bandenwillens erfolgen; Schild, GA 1982, 55 (83). 263 Schild, GA 1982, 55 (81). Bei der Annahme einer bloß stillschweigenden Übereinkunft sei Vorsicht walten zu lassen und die künftige Begehung von Straftaten dürfe nicht nur Nebenzweck der Verbindung – wie z. B. bei Eheleuten – sein; Schild, GA 1982, 55 (81 f.). 255

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dennorm ohne Mitwirkungserfordernis.264 Danach sei die von ihm zuvor herausgestellte Gefährlichkeit des Bandenwillens des Täters für ein rechtsstaatliches Strafrecht nicht ausreichend, denn der Bandenwille müsse sich in der konkreten Tat verwirklicht haben und zwar dergestalt, dass notwendig zwei Mitglieder zusammenarbeiten.265 Vielmehr sei die Bande i. S. des § 30 I Nr. 1 BtMG als Vereinigung aufzufassen und mit den Merkmalen des § 129 StGB zu bestimmen.266 3. Gefährlichkeit der Organisation Nach Altenhain erwächst weder aus der Bandenabrede eine Gefahr zur fortgesetzten Tatbegehung267 noch kann auf eine erhöhte Tatgefahr zurückgegriffen werden.268 Seiner Ansicht nach begründe sich die Gefahr zukünftiger Taten nicht in der Abrede, sondern durch die Einbindung in eine Organisation. Dadurch werde der Einzelne, der den organisatorischen Willensbildungsprozess mitträgt und dessen Entscheidungen für verbindlich anerkennt, zur Erbringung der seinerseits zur Tatbegehung erforderlichen Beiträge motiviert. Zudem werde die Tatbegehung durch organisiertes und arbeitsteiliges Vorgehen erleichtert.269 Dies bedeute zugleich, dass § 129 StGB als Grundtatbestand der Bandennormen anzusehen sei, womit Altenhain die revidierte Ansicht Schilds aufgreift.270 Die Gefahr künftiger Straftaten müsse sich in der Tat eines Bandenmitglieds realisieren. Der Gefahrzusammenhang zwischen § 129 StGB und der Bandentat werde durch zwei Erfordernisse sichergestellt: Die Tat müsse einerseits auf den organisatorischen Willensbildungsprozess der Vereinigung bzw. Bande zurückgehen, also eine Anstiftung von Seiten der Bande ausgehen.271 Andererseits sei bei allen Bandennormen ein Mitwirken eines anderen Bandenmitglieds als Ausdruck eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens erforderlich.272 264

Siehe dazu die Tabelle oben im 1. Teil F.III. Schild, NStZ 1983, 69 (70). 266 Schild, NStZ 1983, 69 (70). 267 Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (131 ff.). 268 Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (122 ff.). 269 Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (142). 270 Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (141); Schild, NStZ 1983, 69 (70); vgl. auch Erb, NStZ 1998, 537 (541 f.); ders., NStZ 2001, 561 (562 f.); ders., JR 2002, 338 (340), der aufgrund der gesetzgeberischen Intention der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität eine feste Organisationsstruktur fordert; ebenfalls in Anlehnung an die Organisierte Kriminalität will Dessecker, NStZ 2009, 184 (189), den Bandenbegriff durch das Merkmal der geschäftsähnlichen Organisation bestimmen. 271 Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (143). 272 Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (143 f.). 265

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

4. Gefährlichkeit der organisierten Begehungsweise Nach Hermesmann kann der auf die Zukunft gerichtete Wille des Täters und die Verbindung nicht zur Begründung der Straferhöhung herangezogen werden, weil somit die §§ 30, 129 StGB umgangen werden würden.273 Ebenfalls könne auch nicht allein die besondere Gefahr, die sich für das Opfer aus dem Zusammenwirken mehrerer Angreifer ergibt, die erhöhte Strafschärfung rechtfertigen, denn diese bestehe ebenso bei der Mittäterschaft.274 Seiner Ansicht nach liege der Strafgrund dagegen in der organisierten Begehungsweise, wodurch die Organisierte Kriminalität bei der Auslegung des Bandenbegriffs mitberücksichtigt werde.275 So würden Tätergruppierungen der Organisierten Kriminalität ebenso wie herkömmliche Banden „organisiert“ handeln.276 Die organisatorischen Aspekte, die sich durch eine Vielzahl von Taten herausbilden, würden sich einerseits auf die eingespielte arbeitsteilige Art der Tatausführung und andererseits auf die in organisatorischen, auf Erfahrungen und Routine beruhenden Planungsmöglichkeiten beziehen.277 Da sich die einzelnen Bandendelikte hinsichtlich der organisatorischen Anforderungen unterscheiden, variieren auch die Anforderungen an den Bandenbegriff.278 An die innere Struktur und den Aufbau der Bande seien jedoch keine organisatorischen Anforderungen zu stellen.279 Damit wird zugleich deutlich, dass nicht die Gefahr einer Organisation wie nach Ansicht Altenhains für maßgeblich erachtet wird.

5. Zusammenfassung Die herrschende Literatur stimmt mit der Rechtsprechung darin überein, dass sie die Strafgründe zum einen in der Gefährlichkeit der Verbindung und zum anderen in der Gefährlichkeit der Tatbegehung erblicken. Die Schwerpunktsetzung sowie die Begründung der Gefahrmomente und damit auch die Auslegung der einzelnen Merkmale divergieren jedoch im Einzelnen. Dies begründet sich dadurch, dass die Erörterung der Strafgründe weniger allgemein, sondern vorwiegend in Bezug auf die Auslegung einzelner 273

Hermesmann, S. 53. Hermesmann, S. 47. 275 Hermesmann, S. 63. 276 Hermesmann, S. 60. 277 Hermesmann, S. 61. 278 Bei der Geldfälschung liege z. B. der Schwerpunkt in der Tatplanung und Mittelbeschaffung, wohingegen er beim Raub und Diebstahl mehr in Richtung Organisation und Umsetzung der Tatausführung geht; Hermesmann, S. 64. 279 Hermesmann, S. 66. 274

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Bandenmerkmale, insbesondere der Mitgliederzahl und dem Mitwirkungserfordernis, erfolgte.

III. Stellungnahme Kindhäuser kritisiert, dass die Gründe der Strafschärfung der bandenmäßigen Tatbegehung in den Anwendungsbedingungen des Bandenbegriffs kaum verankert sind.280 Nun mag seine Ansicht dadurch getragen sein, dass er mit der konkreten Auslegung der bandenmäßigen Begehung des BGH nicht einverstanden ist. Entscheidender wiegt hierbei jedoch, dass die Strafschärfungsgründe sehr unbestimmt sind. Ziel muss es daher sein, die Strafschärfungsgründe derart zu umschreiben, dass die Rechtsprechung auf diese bei der Anwendung der Bandennormen – und insbesondere bei „Kinderproblemen“ – als zuverlässige Auslegungshilfe zurückgreifen kann. Diesem Bestreben wird in der Praxis am ehestens Beachtung geschenkt werden, wenn eine Orientierung an der Ansicht der Rechtsprechung und herrschenden Literatur stattfindet. Auf Ressentiments würden daher die Strafgründe der Gefährlichkeit des Täterwillens, der Organisation oder der organisierten Begehungsweise stoßen.281 Allerdings kann eine etwaige praktische Voreingenommenheit nicht als maßgebend erachtet werden. Vielmehr müssen die Strafschärfungsgründe rechtsstaatlich haltbar sein.

1. Zur Gefährlichkeit des Täterwillens Die Ansicht von Schild, wonach der Täterwille den maßgeblichen Strafschärfungsgrund bildet, stellt sich aufgrund ihrer gesinnungsstrafrechtlichen Tendenz als problematisch dar. Selbst Schild räumt für die Delikte ohne Mitwirkungserfordernis ein, dass die Gefährlichkeit eines Täterwillens allein nicht für ein rechtsstaatliches Strafrecht als ausreichend angesehen werden kann.282 Bei den nicht konvergenten Normen würde sich der Täterwille lediglich in der Tat einer einzigen Person manifestieren. Dies ist aber an sich nicht gefährlicher als eine Tatbegehung von Nichtmitgliedern.283 Dies wird deutlich, wenn der bloße Wille, der auf die Begehung noch unbestimmter zukünftiger Straftaten gerichtet ist, von der konkreten Tatbege280

Kindhäuser, StV 2006, 526 (528), in Bezug auf BGHSt 50, 160. Im Folgenden findet zunächst eine Auseinandersetzung mit den Mindermeinungen (siehe B.II.2.–4.) statt, bevor sich der herrschenden Meinung von Literatur (siehe B.II.1.) und Rechtsprechung (siehe B.I) zugewendet wird. 282 Schild, NStZ 1983, 69 (70). 283 Kosmalla, S. 89. 281

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

hung isoliert betrachtet wird.284 Wie oben285 herausgestellt, kann im Gegensatz zum Strafschärfungsgrund der gewerbsmäßigen Begehung die bandenmäßige Begehung nicht allein durch ein subjektives Moment geprägt sein. Das Strafgesetz bestimmt, wann bereits der Wille, mit anderen (fortgesetzt) Straftaten zu begehen, für so gefährlich erachtet wird, dass er unter Strafe gestellt werden soll, nämlich bei Hinzutreten weiterer Faktoren286 als Vorbereitungshandlung nach §§ 30 II, 129 f. StGB. Dagegen hat der bloße (gewerbsmäßige) Wille zur wiederholten (alleinigen) Tatbegehung im Gesetz keine strafbegründende, sondern nur eine strafschärfende Wirkung. 2. Zur Gefährlichkeit der Organisation Die Meinungen, die die Organisation als entscheidenden Strafschärfungsgrund ansehen und daher die Bande i. S. von § 129 StGB auffassen bzw. dem § 129 StGB angleichen, widerstreben dem Gesetzeswortlaut, der Gesetzessystematik und dem Willen des Gesetzgebers. Gegen eine Angleichung von Bande und krimineller Vereinigung spricht die unterschiedliche gesetzliche Bezeichnung dieser beiden Zusammenschlüsse. Hätte der Gesetzgeber bei der Bande ebenfalls die gleichen Strafgründe und damit die gleiche Auslegung wie bei der kriminellen Vereinigung gewollt, wäre nicht nur eine sprachliche Anpassung, sondern auch eine Modifikation des § 129 StGB angebracht, so dass dieser auch die „bandenmäßige“ Begehung erfasst. So hätte in § 129 StGB klargestellt werden können, dass die Begehung einer Tat als Mitglied einer kriminellen Vereinigung immer dann schwerer bestraft wird, wenn das Gesetz dies vorsieht. Insbesondere der systematische Vergleich mit anderen Personenzusammenschlüssen287 hat jedoch gezeigt, dass die Bande bzw. die bandenmäßige Begehung eine eigenständige Funktion im Strafrechtssystem wahrnimmt, wenn keine Organisation und damit kein Gleichlauf mit § 129 StGB gefordert wird. Zudem fordert Altenhain als Ausdruck der Gefahr der Organisation einerseits, dass bei allen Bandennormen ein Mitwirkungserfordernis im Wege der teleologischen Reduktion aufgestellt wird.288 Dies widerspricht jedoch dem Willen des Gesetzgebers, der dieses Erfordernis eben nur bei bestimmten Bandennormen aufgestellt hat.289 Andererseits fordert Altenhain, dass von der Bande zur konkreten Tat angestiftet wurde.290 Es ist jedoch gerade fraglich, 284 285 286 287 288 289 290

Vgl. Hermesmann, S. 51. Siehe A.II. Siehe dazu oben A.I.1.b) und A.I.2. Siehe oben A.I. Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (143 f.). Siehe oben im 1. Teil F.III. die Tabelle. Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (143 f.).

B. Teleologische Bedeutung

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inwiefern ein gesteigertes Unrecht anzunehmen ist, wenn der Täter sich selbst (mit-)angestiftet hat, da er ja Teil der Bande ist.291 Eine Organisation i. S. dieser Ansicht zu verlangen, kann daher nur ein bloßes kriminalpolitisches Postulat, aber kein mögliches Ergebnis einer Auslegung darstellen.292 3. Zur Gefährlichkeit der organisierten Begehungsweise Auf keine Resonanz scheint die Ansicht von Hermesmann gestoßen zu sein, wonach der Strafgrund der bandenmäßigen Begehung in der organisierten Begehungsweise zu erblicken ist. Dies verwundert zunächst, da er doch einen objektiven Ansatz wählt. Auch ermöglicht ein solcher Strafgrund eine differenzierte Behandlung, da sich die organisatorischen Anforderungen hinsichtlich der einzelnen Bandennormen unterscheiden lassen sollen. Dies führt allerdings zu einer uneinheitlichen Auslegung des Bandenbegriffs und mithin zu einer unübersichtlichen Kasuistik. So soll beispielsweise bei der bandenmäßigen Geldfälschung der Schwerpunkt in der Tatplanung und Mittelbeschaffung liegen, wohingegen beim bandenmäßigen Diebstahl mehr die organisierte Tatplanung und dessen Ausführung entscheidend sei.293 Es erscheint nachvollziehbar, dass der Bande als Verbindung verschiedener tatgeneigter Personen die Gefahr innewohnt, dass die ihr angehörenden Mitglieder organisiert vorgehen. Eine hinreichende Legitimation eines Strafschärfungsgrundes wäre dabei ohne Zweifel gegeben, wenn sich daraus eine erhöhte Gefahr für das geschützte Rechtsgut ergibt und dies dem einzelnen, die Tat ausführenden Bandenmitglied zugerechnet werden kann.294 Nach Hermesmann ist beim Diebstahl die organisierte Tatplanung dadurch gekennzeichnet, dass aufgrund von Erfahrungen aus vorherigen Taten eine präzisere Planung und Optimierung der Arbeitsteilung ermöglicht werden. Art und Umfang der zu entwendenden Gegenstände könnten aufgrund der Kenntnisse des Absatzmarktes vorher festgelegt werden, so dass es keiner zeitraubenden Entscheidungen am Tatort bedürfe.295 Die organisierte Tatausführung werde durch die Möglichkeit der Rollenverteilung effizienter und sei daher gefährlicher.296 Im Sinne dieser Umschreibung liegt es zu291

Vgl. dazu Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (64 f.). Vgl. LK-Vogel, § 244 Rn. 55. 293 Hermesmann, S. 64 f. 294 Vgl. Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (62), der fordert, dass auch im Rahmen der Strafschärfungsgründe die konkrete Gefahr auf ein bestimmtes pflichtwidriges Verhalten des Täters zurückgeführt werden muss. 295 Hermesmann, S. 65. 296 Hermesmann, S. 66. 292

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

nächst nahe, die organisierte Begehungsweise als eine konkrete Gefahr aufzufassen. Andererseits sagt Hermesmann, dass die Bande die Möglichkeit biete, organisiert und damit gefährlich vorzugehen. Ob die Mitglieder diese Möglichkeit tatsächlich vollends ausschöpfen oder nicht, solle jedoch nichts an der Bestrafung ändern.297 Hermesmann vergleicht sodann die Bande mit dem Beisichführen einer Waffe i. S. von § 244 I Nr. 1 lit. a StGB, wo auch nur die Möglichkeit des Einsatzes und ein darauf gerichteter Wille ausreichend seien.298 Dies deutet darauf, dass er die Gefahr einer bandenmäßigen Begehungsweise als abstrakte auffasst.299 Allerdings hinkt der Vergleich zum Beisichführen einer Waffe, da ein Täter die bandenmäßige Begehungsweise anders als eine Waffe nicht bei sich führen und bei Bedarf „ziehen“, d.h. einsetzten kann. Richtiger Weise muss eine abstrakte Gefahr der organisierten Begehungsweise so verstanden werden, dass die organisierte Begehungsweise nicht immer zur Gefahrsteigerung führen muss. Problematisch an einer solchen Gefahr der organisierten Begehungsweise ist dabei, dass Hermesmann keine Organisationsstruktur fordert300 und ferner den Bandenmitgliedern lediglich Routine und Erfahrung in Bezug auf die speziellen Bandentaten unterstellt.301 Daher wird es gerade bei einer neu gegründeten Bande an Organisationsstrukturen oder bei einem neu hinzutretenden Mitglied an Routine und Erfahrung in Bezug auf die speziellen Bandentaten fehlen, die eine organisierte, über die Möglichkeiten der einfachen Mittäterschaft hinausgehende Vorgehensweise ermöglichen. Dies wiegt umso schwerer, wenn kein anderes Bandenmitglied an einer Tatbegehung mitwirkt, was gerade vom Wortlaut her bei den nicht konvergenten Bandennormen für die Annahme einer bandenmäßigen Begehung ausreichend ist. Inwiefern solche Banden bzw. Bandenmitglieder aus der Bandenstrafbarkeit ausscheiden, wird jedoch bei Hermesmann nicht ersichtlich.302 Für die Begründung der Strafschärfung kann es ferner nicht ausreichend sein, wenn die Tatausführung einer noch unerfahrenen Bande bzw. eines noch unerfahrenen Bandenmitglieds die Gefahr birgt, dass sich Erfahrungen und Routine erst entwickeln. Dadurch können zwar zukünftige Taten organisierter und damit gefährlicher werden, nicht jedoch die konkret ausgeführte Tat, für die aber gerade die erhöhte Strafschärfung eingreifen soll. Hermesmann kommt unter Zugrundelegung seines Strafschärfungsgrundes 297

Hermesmann, S. 67. Hermesmann, S. 67; vgl. auch MüKo-Schmitz, § 244 Rn. 51. 299 Vgl. MüKo-Schmitz, § 244 Rn. 51; Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 269. 300 Hermesmann, S. 66. 301 Hermesmann, S. 78, im Vergleich zu einem Nichtmitglied. 302 Vgl. dazu die Ausführungen zu den einzelnen Merkmalen der Bande bei Hermesmann, S. 68 ff. 298

B. Teleologische Bedeutung

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selbst sogar zu dem Ergebnis, dass die erhöhte Strafschärfung der bandenmäßigen Begehung kaum begründbar ist und es keiner Figur zwischen Mittäterschaft und krimineller Vereinigung bedarf, so dass die Bande aus den Strafgesetzen gestrichen werden könne.303 Das Hauptargument von Hermesmann für den Strafgrund einer organisierten Begehungsweise und damit gegen die herrschende Meinung ist, dass anderenfalls die §§ 30 II, 129 StGB umgangen werden würden.304 Denn diese Normen sollen bereits abschließend vor der Verbindung schützen. Würde in der engen, gegenseitigen Willensbindung der Bande ein Strafschärfungsgrund erblickt werden, so ist nach seiner Ansicht der zulässige Boden des Tatstrafrechts verlassen worden, weil neben der Mitwirkung an der Tat auch die gesetzesuntreue Gesinnung des Mitglieds bestraft werde.305 Wie jedoch der systematische Vergleich der Bande zur Verbrechensverabredung und zur kriminellen Vereinigung gezeigt hat, kommt zum einen der Verbindung bei der Bande nicht dieselbe Bedeutung zu wie bei den anderen beiden Zusammenschlüssen. Wird z. B. die bloße mittäterschaftliche Tatbegehung im Gegensatz zur bandenmäßigen mittäterschaftlichen Tatausführung nicht höher bestraft, kommt damit zum Ausdruck, dass das Unrecht der Verbrechensverabredung (gemeinsamer Tatplan) anders als das der Bandenabrede durch die konkrete Tatbegehung in Bezug auf das konkrete Rechtsgut vollends ausgeschöpft ist.306 Der Vergleich von Bande und krimineller Vereinigung lässt im Hinblick auf den erhöhten Strafgrund der bandenmäßigen Begehung erkennen, dass die Gefährlichkeit der Verbindung selbst bei der Bande allein nicht so schwer wiegt, wie bei der kriminellen Vereinigung, die sich durch eine herausgebildete Organisationsstruktur und einen Gruppenwillen kennzeichnet.307 Zum anderen unterscheidet sich die Strafbarkeit der bandenmäßigen Begehung durch das Erfordernis einer konkreten Tatbegehung von der Strafbarkeit der anderen beiden Personenverbindungen. Wenn die konkrete Tatbegehung in den Kontext der Gefährlichkeit der Verbindung gesetzt werden kann, stehen der Begründung der erhöhten Strafbarkeit i. S. der herrschenden Meinung keine Bedenken gegenüber.

303 304 305 306 307

Hermesmann, S. 104, 113. Hermesmann, S. 53. Hermesmann, S. 50. Siehe dazu bereits oben A.I.1.c). Siehe dazu bereits oben A.I.2.

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

4. Zur Gefährlichkeit der Verbindung und der Tatbegehung a) Gefahr der Tatbegehung Eine bandenmäßige Begehung setzt immer eine konkrete Tatbegehung voraus, worin sich die Strafbarkeit der bandenmäßigen Begehung von derjenigen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und der Verbrechensverabredung unterscheidet. Nach Ansicht der herrschenden Meinung ist jedoch nicht jede bandenmäßige Tatbegehung aufgrund einer konkreten Ausführungsgefahr gefährlicher. Die Ausführungsgefahr solle sich nur bei denjenigen Delikten widerspiegeln, die die Mitwirkung eines anderen Mitglieds erfordern, wodurch bei den nicht konvergenten Bandennormen die Organisationsgefahr allein die Strafschärfung trägt. Die Rechtsprechung stellt keine hohen Anforderungen (mehr) an die Mitwirkung und verzichtet insbesondere auf einen zeitlich-räumlichen Bezug zum Tatort. Daher kann der Schwerpunkt der Ausführungsgefahr nur in der erhöhten Effektivität der Tatausführung durch Arbeitsteilung und nicht in der – nicht ausgeschlossenen – Bedrohung von Opfern durch gemeinsames Auftreten am Tatort erblickt werden. Dem ist zuzustimmen, denn auch eine Zusammenarbeit von Mitgliedern bei der Planung, Vorbereitung oder durch tatbegleitende Maßnahmen kann eine erhöhte Gefahr für die Rechtsgüter und damit für die Tatopfer darstellen. Insbesondere wird es bei einer gut strukturierten Bande aufgrund von Spezialisierung und tatvorbereitender Planung keiner Tatortpräsenz mehrerer Mitglieder bedürfen, um die Effizienz der Tathandlung zu steigern. Wohingegen dies bei einer noch unerfahrenen Bande oftmals anders sein wird, so dass vor Ort mehrere Mitglieder „anfassen“ müssen.308 Die Rechtsprechung bezeichnet zwar die Ausführungsgefahr als konkrete, fordert aber nicht, dass im konkreten Fall tatsächlich eine erhöhte Gefährdung für die Rechtsgüter bestand.309 So ist es durchaus denkbar, dass sich z. B. die mitwirkenden Bandenmitglieder gegenseitig behindern.310 Demnach führt die Mitwirkung zu einer abstrakten Gefahr,311 denn bei dieser wird vom Gesetz lediglich die Bedingung einer generellen Gefährlichkeit beschrieben, ohne die Gefährdung eines bestimmten Objekts im Einzelfall zu verlangen.312 Die Bezeichnung als konkrete Gefahr ließe sich nur dann erklären, wenn nicht auf die Gefährdung des Rechtsguts durch die Mitwirkung abgestellt wird, sondern auf die Gefahr zur Mitwirkung aufgrund der 308 309 310

Kosmalla, S. 184. Joerden, JuS 2002, 329 (332). Vgl. Joerden, JuS 2002, 329 (332); Kosmalla, S. 179; Müller, GA 2002, 318

(324). 311 312

LK-Vogel, § 244 Rn. 55. Lackner/Kühl, Vor § 13 Rn. 32.

B. Teleologische Bedeutung

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Bandenverbindung. Die Bande ermöglicht es – ähnlich der Ansicht von Hermesmann313 –, bestimmte Organisationsstrukturen auszubilden, sich zu spezialisieren und besonders auch arbeitsteilig vorzugehen.314 Insofern birgt die Bande eine abstrakte Ausführungsgefahr in sich. Wenn ein anderes Bandenmitglied mitwirkt, hat sich diese Gefahr der Verbindung in der bandenmäßigen Begehung und damit bei der Ausführung konkretisiert.315 Dies gilt für Normen, die das Mitwirkungserfordernis voraussetzen, genauso wie für diejenigen ohne dieses Erfordernis. Bei einigen Straftaten, wie z. B. dem Diebstahl, erachtet es der Gesetzgeber als effizienter, wenn ein weiteres Bandenmitglied an der Tat mitwirkt. Bei anderen Normen, wie z. B. dem Handel mit Betäubungsmitteln, soll das Mitwirken die Effizienz der Tathandlung dagegen nicht steigern und somit fehlt dort das Mitwirkungserfordernis.316 Somit kann das vom Gesetzgeber bloß bei einigen Normen zusätzlich geregelte Mitwirkungserfordernis als Umschreibung des bei diesen Normen für typisch erachteten Bandenverhaltens angesehen werden.317 Die konkrete Ausführungsgefahr ist daher lediglich ein zusätzliches, restriktives Erfordernis der konvergenten Normen.318 Dennoch ist die Bezeichnung als „konkrete“ Gefahr missverständlich, denn die in der Mitwirkungshandlung liegende Gefahr für die Rechtsgüter ist nur eine abstrakte, weil eine Arbeitsteilung nicht tatsächlich die Tatausführung effizienter machen muss. Insofern ist die eindeutigere Bezeichnung der „abstrakten Mitwirkungsgefahr“ der Bezeichnung konkreter Ausführungsgefahr vorzuziehen. b) Gefahr der Verbindung Konkretisiert sich in der Mitwirkung demnach die durch die Bandenabrede geschaffene Gefahr, ist fraglich, wie diesbezüglich die Aussage des BGH zu beurteilen ist, wonach sich einerseits die Organisationsgefahr realisiere, indem ein Bandenmitglied die Tat für die Bande begeht und anderer313

Siehe oben B.II.4. Vgl. auch Rengier, BT I, § 4 Rn. 90. 315 Vgl. Arzt/Weber/Heinrich, § 14 Rn. 62. 316 Vgl. Kosmalla, S. 179 ff., der die Grundtatbestände nach deren spezifischer Besonderheit hin untersucht, um einen Grund für die Differenzierung zwischen konvergenten und nicht konvergenten Bandenregelungen herauszufinden. Seiner Ansicht nach ist die Mitwirkung eines anderen Mitglieds bei bestimmten Bandenregelungen (wie z. B. bei §§ 30 f. BtMG und §§ 260 f. StGB) entbehrlich, weil einerseits bei einigen Straftaten kein typisches Täter-Opfer-Verhältnis bestehe und andererseits eine Mitwirkung gerade aus Furcht vor Entdeckung bewusst vermieden werde. Jedoch sei diese Einteilung nicht konsequent vom Gesetzgeber durchgehalten. 317 Vgl. Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (86). 318 Vgl. Leipold/Schmidt, NJW-Spezial 2005, 423 (424), die von „einschränkendem Korrektiv“ sprechen. 314

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

seits die Organisationsgefahr eine abstrakte sei.319 Eine sich realisierende Gefahr ist jedoch keine abstrakte, sondern eine konkrete Gefahr.320 Als konkrete Gefahr müsste sich die durch die enge Bindung der Bandenabrede geschaffene Gefahr des Anreizes zur fortgesetzten Tatbegehung, wie die Organisationsgefahr allgemein umschrieben wird,321 immer in der jeweiligen konkreten Tatbegehung und damit in der Rechtsgutsverletzung realisiert haben. Dem stehen jedoch drei Probleme entgegen. Erstens würden die Unterschiede zwischen der Ausführungsgefahr und der Organisationsgefahr verwischen und letztendlich die Ausführungsgefahr in der Organisationsgefahr – wie oftmals kritisiert322 – aufgehen. Denn der Tatbeitrag des mitwirkenden Bandenmitglieds wäre genau wie der des allein handelnden Bandenmitglieds (bei den nicht konvergenten Bandennormen) dann ebenfalls lediglich die Realisierung der Organisationsgefahr.323 Um die Ausführungsgefahr deutlich von der Organisationsgefahr abzugrenzen, müssten erhöhte Anforderungen an das Mitwirkungserfordernis gestellt werden, z. B. ein zeitlich-örtliches Zusammenwirken.324 Dies soll jedoch nach der neuen Rechtsprechung gerade nicht mehr der Fall sein.325 Zweitens fragt sich, worin die gegenüber dem Grunddelikt eigenständige, straferhöhende Rechtsgutsverletzung dann zu sehen ist. Wird die Gefahr der Bande als Dauergefahr aufgrund gruppendynamischer Effekte verstanden,326 könnte das einzelne Bandenmitglied durch seinen Beitritt bzw. die Bandenmitgliedschaft seinen Beitrag dazu geleistet haben.327 Verwirklicht sich diese Dauergefahr nun in der konkreten Bandentat, kann jedoch keine von der Verwirklichung des Grunddelikts unabhängige oder vertiefende Rechtsgutsverletzung erblickt werden.328 Der 319

BGHSt 46, 321 (336). Toepel, StV 2002, 540 (541); ders., ZStW 115 (2003), 60 (63 Fn. 10). 321 Siehe oben B.I.1. und B.II.1.a). 322 Siehe oben im 2. Teil B.II.1. 323 Vgl. Gaede, StV 2003, 78 (79). 324 Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (87). 325 Siehe dazu ausführlich oben im 2. Teil B.II.1. 326 Vgl. dazu z. B. BGH NStZ 2000, 474 (477); BGH NStZ 2001, 35 (38). 327 Wobei fraglich ist, inwiefern der Beitritt zu bzw. die Mitgliedschaft in der Bande tatsächlich die Gruppendynamik erhöht, also inwiefern dies als konkrete, auf den Täter rückführbare Gefahr verstanden werden kann. Dies ist insbesondere problematisch, wenn von einer bereits bestehenden Bande bereits eine hohe Gruppendynamik ausgeht und ein Mitglied später hinzutritt; vgl. Kosmalla, S. 111; Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (65). 328 Nach Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (63), stellt die Organisationsgefahr in diesem Falle lediglich ein Durchgangsstadium der Rechtsgutsverletzung des Grunddelikts dar, wobei dieses Durchgangsstadium gerade kein notwendiges für die Verletzung war. 320

B. Teleologische Bedeutung

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Beitrag des Täters zur Gruppendynamik und damit zum Anreiz der anderen Bandenmitglieder zur Begehung weiterer Taten und damit Rechtsgutsverletzungen stellt folglich eine gegenüber der Realisierung des Grunddelikts hinausgehende Gefahr dar.329 Tatbeiträge der anderen können zudem dem Bandenmitglied nicht lediglich aufgrund der Bandenabrede zugerechnet werden, denn schließlich fungiert die Bande heute nicht (mehr) als Zurechnungsfigur.330 Drittens spräche auch einiges dafür, gruppendynamische Prozesse nicht strafschärfend, sondern strafmildernd zu berücksichtigen, weil sie die Verantwortlichkeit des Täters herabsetzen können.331 Von der Bandenabrede kann mithin nur eine abstrakte Gefahr ausgehen. Die bloße Verbindung bzw. die Mitgliedschaft in der Bande an sich kann die Strafschärfung nicht rechtfertigen. Dies ergibt sich bereits aus dem Vergleich zu § 129 StGB, der ebenfalls vor einer Dauergefahr aufgrund einer Verbindung schützt, jedoch erhöhte Anforderungen an die Organisation und den Verbindungswillen stellt. Auch die Verbrechensverabredung nach § 30 II Alt. 3 StGB sanktioniert bereits die Verbindung zur konkreten Tatbegehung, wohingegen dort keine Dauergefahr in Bezug auf noch unbestimmte Straftaten besteht, sondern sich die Gefahr auf eine konkret geplante Tat bezieht und daher die konspirative Willensbindung der Verabredenden im Vordergrund steht. Die Bande wird erst im Rahmen der Strafschärfung relevant, was bedeutet, dass eine Tatbegehung erfolgt sein muss. Das Erfordernis der Tatbegehung unterscheidet somit die Strafbarkeit der Bande bzw. der bandenmäßigen Begehung von derjenigen der anderen beiden Personenzusammenschlüsse. Dieses zusätzliche Erfordernis der Tatbegehung ist zugleich die Verwirklichung des Grunddelikts. Die bandenmäßige Begehung bewirkt daher keine eigene Rechtsgutsverletzung. Allerdings kann sie das Unrecht des Grunddelikts steigern.332 Eine solche Unrechtssteigerung sieht Toepel darin, dass der Täter, der eine Tat i. S. der Bandenabrede begeht, dadurch seinen Willen demonstriert, die Bandenabrede einzuhalten. Dies stellt zugleich eine Aufforderung an die anderen Mitglieder zum Weitermachen dar.333 Dadurch 329 Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (64); vgl. ferner zur Individualschuld Kosmalla, S. 110 f. 330 Siehe aber im 1. Teil E.; vgl. auch Joerden, JuS 2002, 329 (330). Die Bandenstrafbarkeit umfasst insbesondere nicht die konkrete Gefährlichkeit aus dem Komplott als Zwischenstufe, denn dem Komplott kommt keine eigenständige Bedeutung zu, wenn die Tat begangen wird, da sie vollständig von der Tatbegehung konsumiert wird; vgl. Kosmalla, S. 92 und siehe oben im 3. Teil A.I.1.c). 331 Kosmalla, S. 110; Toepel, StV 2002, 540 (542); ders., ZStW 115 (2003), 60 (64); vgl. ferner zur Möglichkeit eines Schuldausschlusses Laubenthal/Baier/Nestler, Rn. 72; Schumacher, NJW 1980, 1880 (1883 f.); vgl. zur Diskussion um eine Schuldmilderung aufgrund gruppendynamischer Prozesse Förtig, S. 174 ff. 332 Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (67). 333 Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (68).

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

rückt der Täter die Rechtsgutsverletzung des Grunddelikts bewusst in einen – möglicherweise – gefährlichen Zusammenhang und intensiviert den Normwiderspruch.334 Der Vorteil einer solchen Sichtweise ist, dass die Tatbegehung des Mitglieds in den Kontext der Gefährlichkeit der Verbindung gesetzt wird. Die Ansicht der herrschenden Meinung, dass aus der Bandenabrede eine Dauergefahr durch die enge Bindung und den Anreiz zur Begehung weiterer Taten entstehen kann, wird somit präzisiert.335 Entscheidend für die Strafschärfung ist nicht mehr der bloße Zusammenschluss der Bande, der durch die Bandenabrede – als eher subjektives Merkmal – ausgedrückt wird, sondern die – objektive – Kundgabe des Willens des Täters, der durch seine Tatbegehung signalisiert, dass die anderen Mitglieder auch in Zukunft mit ihm rechnen können. Insofern ist der mögliche Anreiz der anderen nicht nur für zukünftige Rechtsgutsverletzungen entscheidend, sondern charakterisiert zugleich die mit dem Grunddelikt begangene Rechtsgutsverletzung.336 Ob jedoch die anderen Mitglieder tatsächlich zur Tatbegehung angereizt werden, ist gerade bei einer abstrakten Gefahr nicht erforderlich. Zudem lässt sich diese Auffassung auf den Wortlaut der Bandennormen stützen, denn alle Normen fordern, dass der Täter „als“ Mitglied einer Bande handelt.337 Handelt er als solches, bestätigt er die Bandenabrede und kann sie dadurch bestärken. Die Bezeichnung einer solchen Gefahr als „Organisationsgefahr“ erscheint jedoch misslich. So ist die Abgrenzung zu den Ansichten nicht eindeutig, die die Strafschärfungsgründe in der Gefährlichkeit der Organisation338 oder der organisierten Begehungsweise339 erblicken. Das Wort „Organisation“ impliziert aber, dass die Bande organisiert ist bzw. sein könnte, sei es in der Struktur oder in der Vorgehensweise. Dies wird allerdings gerade nicht gefordert. Vorzugswürdiger ist daher die Bezeichnung als „Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr“. Dieser neue – zugegebenermaßen etwas sperrige – Begriff erfasst zum einen die abstrakte Gefährlichkeit der Bande, die darin besteht, dass innerhalb einer solchen Verbindung tatgeneigter Per334

Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (68 f.); vgl. auch NK-Kindhäuser, § 244 Rn. 42. Allerdings sollte eine enge Bindung der Mitglieder nicht als eine enge persönliche Bindung verstanden werden, weil dies bei großen und besonders organisierten Banden nicht der Fall wäre; siehe dazu unten im 4. Teil B.II.2.b) und c) sowie ferner C.I.2.c). 336 Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (68); vgl. auch Kosmalla, S. 110. 337 So hätte z. B. § 244 I Nr. 2 StGB auch lauten können: „wer ein Mitglied einer Bande ist, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat und unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt“. 338 Siehe oben B.II.3. 339 Siehe oben B.II.4. 335

B. Teleologische Bedeutung

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sonen eine kriminelle Dynamik entstehen kann und sich für die Rechtsgüter gefahrerhöhende Routine, Spezialisierung, Aufgabenverteilung etc. herausbilden können („Verbindungsgefahr“). Dabei kann diese Gefahr letztendlich den Grad erreichen, der auch bei einer kriminellen Vereinigung gegeben ist, aber sie muss es nicht. Zum anderen stellt dieser Begriff die die Strafschärfung auslösende bandenmäßige Begehung in den Mittelpunkt. Nach der hier vertretenen Ansicht wird die Tatbegehung des Bandenmitglieds als Kundgabeakt zur Aufrechterhaltung der Bandenabrede und somit der abstrakt gefährlichen Bande verstanden. 5. Zusammenfassung: „Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr“ und „Mitwirkungsgefahr“ In Anlehnung an die herrschende Meinung ist die Gefährlichkeit der bandenmäßigen Begehung in der Gefährlichkeit der Verbindung und in der Gefährlichkeit der Tatbegehung zu erblicken. Die Hauptlast der Legitimation trägt die Gefährlichkeit der Verbindung, denn sie liegt allen Bandennormen zugrunde und spiegelt sich im Merkmal „als Mitglied einer Bande“ wider. Die Bandenabrede begründet eine enge Bindung, die die Mitglieder für die Zukunft und für eine gewisse Dauer eingehen, so dass die (abstrakte) Gefahr des ständigen Anreizes zur Straftatbegehung besteht.340 Die Verbindung bildet zudem die Grundlage dafür, dass sich die Mitglieder spezialisieren und organisieren. Allerdings muss die konkrete Tatbegehung noch in den Kontext der Gefährlichkeit der Verbindung gesetzt werden, insbesondere ohne dabei zu verlangen, dass sich die Gefahr und insbesondere gruppendynamische Effekte in der Bandentat tatsächlich konkretisiert haben müssen. Dies wird erreicht, wenn die Tatbegehung als ein Kundgabeakt verstanden wird, mit dem der Täter seine Tat bewusst in den gefährlichen Zusammenhang der Bandenabrede stellt und somit zur Aufrechterhaltung der Bandenabrede bzw. Bande beitragen kann („Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr“), sei es nun durch die Möglichkeit der Auslösung gruppendynamischer Prozesse, einer Drucksituation oder einfach einer positiven Erwartungshaltung bei den anderen, dass die Bande ihr Vorhaben fortsetzt. Insofern steigert die bandenmäßige Begehung das Unrecht des Grunddelikts. Allein diese Sichtweise erklärt die Strafschärfung der bandenmäßigen Begehungsweise gegenüber der Begehung des Grunddelikts sinnvoll und fügt sich in das System ein, wonach die Bandenbildung bzw. Bandenmitgliedschaft oder -unterstützung an sich straflos ist. 340 Die h. M. umschreibt diese Gefahr als Organisationsgefahr; siehe dazu oben B.I.1.a) und B.II.1.a) sowie kritisch B.III.4.b).

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3. Teil: Überprüfung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit

Daneben erachtet der Gesetzgeber als zusätzliches restriktives Erfordernis bei einigen Bandennormen noch die Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds für notwendig. Die Bandenverbindung bildet einen Nährboden dafür, dass sich die Mitglieder spezialisieren und organisieren, welches insbesondere zur arbeitsteiligen Ausführung von Straftaten führen kann (abstrakte Ausführungsgefahr). Wirkt ein anderes Mitglied bei einer Tatausführung mit, hat sich diese Gefahr konkretisiert (konkrete Ausführungsgefahr). Die bei einigen Normen geforderte Mitwirkung i. S. einer Arbeitsteilung ist daher Ausdruck des bei diesen Delikten für typisch erachteten Bandenverhaltens und stellt eine zusätzliche Gefahrkomponente für die Rechtsgüter des Grunddelikts dar, die jedoch gleichfalls bei den nicht konvergenten Bandennormen vorliegen kann. Die Mitwirkungsgefahr ist nicht als konkret erhöhte Gefahr zu verstehen, denn die Effizienz der Tathandlung kann, aber muss nicht durch die Mitwirkung gesteigert werden. Diese abstrakte Mitwirkungsgefahr besteht bereits aufgrund einer Mitwirkung bei der Planung, Vorbereitung oder durch tatbegleitende Maßnahmen,341 denn nicht bloß ein Zusammenwirken am Tatort zur Tatzeit ist geeignet, die Effizienz der Tatbegehung zu steigern. Die Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr intensiviert das Unrecht der Rechtsverletzung des Grunddelikts, wohingegen die Mitwirkungsgefahr darin zu sehen ist, dass das Rechtsgut des Grunddelikts erhöht durch arbeitsteiliges Vorgehen gefährdet ist. Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr und Mitwirkungsgefahr sind demnach zwei Gefahrkomponenten, die erst bei einer konkreten Tatbegehung zum Ausdruck kommen und somit den konkret tatbegehenden Bandenmitgliedern zugerechnet werden können. Darin liegt der Unterschied zur nur auf unbestimmte Taten bezogenen Gefahr der Verbindung, die unter den strengeren Anforderungen des § 129 StGB bereits zur Strafbarkeit der bloßen Mitgliedschaft in einer Verbindung führen kann.

C. Ergebnisse zum 3. Teil In diesem Teil wurde herausgearbeitet, durch welche Funktion und Merkmale sich die Bande von den Personenzusammenschlüssen des Komplotts bzw. der Verbrechensverabredung und der Mittäterschaft und der kriminelle Vereinigung sowie vom Strafschärfungsgrund der Gewerbsmäßigkeit unterscheidet. Die Überprüfung der vertretenden Ansichten zu den Gefahrmomenten der bandenmäßigen Begehung ergab, dass diese die erhöhte Strafbarkeit nicht befriedigend erklären konnten. Insbesondere die von Rechtsprechung und Literatur allgemein aufgeführte sog. „Organisations341

Zur Mitwirkung siehe noch unten im 4. Teil C.II.1.a)(6).

C. Ergebnisse zum 3. Teil

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gefahr“ vermochte nicht genügend den Unterschied zur kriminellen Vereinigung erklären. Daher war eine Präzisierung der Gefahrmomente erforderlich, die mit den Begriffen „Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr“ und „Mitwirkungsgefahr“ umschrieben werden können. Vor allem durch die Verlagerung der Fokussierung auf die konkrete Tatbegehung des Bandenmitglieds weg von der allgemeinen Gefahr der Bandenverbindung wurde die Abgrenzung zur kriminellen Vereinigung wie auch dem Komplott unter Aufrechterhaltung der Eigenständigkeit der Bandenmäßigkeit im System der anderen Institute verdeutlicht.

4. Teil

Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder Die im 3. Teil gefundenen Ergebnisse, insbesondere zu den Strafschärfungsgründen der Bandenmäßigkeit, werden im Folgenden angewendet, um die im 2. Teil aufgezeigten Unklarheiten zu klären1 und die Besonderheiten des Zusammentreffens von Kindern und Banden herauszufiltern.

A. Banden und Kinder Als erstes wird der Frage nachgegangen, inwiefern Kinder im Rahmen der Subsumtion von Bandennormen als Bandenmitglieder berücksichtigt werden. Für die Kinder selbst ist dies ohne strafrechtliche Bedeutung, da sie gem. § 19 StGB als absolut schuldunfähig gelten und daher strafunmündig sind. Für sie kommt folglich keine Bestrafung aus dem Grunddelikt in Betracht und somit erst recht keine Strafschärfung wegen bandenmäßiger Begehung. Anders sieht es dagegen für strafmündige Personen aus. Bei ihnen wird die Frage nach der Fähigkeit des bandenmäßigen Handelns von Kindern relevant, sofern davon die Bejahung der Bande bzw. der bandenmäßigen Begehung und damit ihre eigene bandenmäßige Strafschärfung abhängt. • Beispiel A, B und das Kind K verabreden, in Wohnungen einzubrechen, um dort Wertgegenstände zu entwenden. In diesem Sinne begehen A und K gemeinsam einen Wohnungseinbruchsdiebstahl. Wird K nicht als Bandenmitglied berücksichtigt, dann liegt einerseits die für eine Bande nötige Mindestpersonenzahl von drei2 nicht vor und andererseits haben keine zwei Bandenmitglieder am Diebstahl mitgewirkt, so dass für A keine (vollendete) bandenmäßige Strafschärfung nach § 244 I Nr. 2 StGB bzw. § 244a StGB in Betracht kommt.

1 2

Siehe zusammenfassend die Ergebnisse zum 2. Teil. Siehe dazu oben im 2. Teil A.I.

A. Banden und Kinder

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I. Meinungsstand 1. Keine Problematisierung Diese Thematik wird in der Rechtsprechung, wie bereits die zwei Beispielsfälle in der Einleitung verdeutlichten, und in der Literatur kaum diskutiert. Teilweise wird eine Bandendelinquenz trotz Beteiligung von Kindern unproblematisch für möglich gehalten.3 Beispielsweise gibt Streng4 lediglich an, dass die Strafunmündigkeit das Vorliegen einer rechtswidrigen Tat i. S. von § 11 I Nr. 5 StGB nicht beeinflusst und somit die Beteiligung eines Kindes eine Qualifikation i. S. von §§ 244 I Nr. 2 oder 250 I Nr. 2 StGB begründen kann. Vielfach wird auf diese Problematik aber überhaupt nicht eingegangen.5 Dies kann zum einen daran liegen, dass eine Berücksichtigung von Kindern als so unproblematisch angesehen wird, dass es keiner Diskussion diesbezüglich bedarf, oder zum anderen daran, dass eine solche Berücksichtigung gar nicht erst in Betracht gezogen wird. So bildet Joecks im Rahmen des § 244 StGB das folgende Beispiel, in dem Kinder lediglich als Außenstehende betrachtet werden: • Beispiel Der im Hintergrund agierende Bandenchef schickt 13-jährige Jungen auf Diebestour im Supermarkt. Sein „Mitarbeiter“ G fährt die Kinder zum Tatort und wartet in der Nähe.6

3 S/S/W/Schöch, § 19 Rn. 2. Wolfslast, FS-Bemmann 1997, S. 274 (275), zählt als kindertypische Taten im Rahmen der Diskussion um eine Herabsetzung der Strafmündigkeitsgrenze u. a. „bandenmäßig ausgeführte Eigentumsdelikte“ auf. 4 MüKo-Streng, § 19 Rn. 9. 5 Vgl. SK-Rudolphi, Vor § 19 und § 19; S/S27 /Lenckner/Perron, § 19 und S/S27 /Eser, § 244 Rn. 23 ff., wobei in der 28. Aufl. in S/S/Perron, § 19 Rn. 3 und S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 24, zumindest auf den Aufsatz von Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114, verwiesen wird. Diskutiert wird aber, welche Beteiligungsform bei Beteiligung an Taten von Kindern vorliegt; vgl. SK-Rudolphi, § 19 Rn. 4; S/S/Heine, Vorbem. §§ 25 ff. Rn. 37 und § 25 Rn. 39. Eisele, BT II, Rn. 227, stellt beispielsweise ohne Kinderbezug fest, dass eine Qualifikation auch dann verwirklicht ist, wenn das mitwirkende Bandenmitglied zur Tatzeit schuldunfähig ist. 6 Joecks, § 244 Rn. 38. Dieses Beispiel dient der Veranschaulichung der Ansicht des BGH, wonach auch Bandenmäßigkeit gegeben ist, wenn Außenstehende die eigentliche Wegnahmehandlung vornehmen, solange jedenfalls ein Bandenmitglied Täter und ein weiteres mindestens Gehilfe ist; siehe dazu oben im 2. Teil unter B.I.2.a). Allerdings findet sich unabhängig von diesem Beispiel nun (seit der 8. Auflage) in Rn. 32 die nicht näher ausgeführte Bemerkung: „Nicht alle drei Mitglieder müssen auch strafmündig sein“, wobei Joecks auf den Aufsatz von Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116), verweist; siehe dazu sogleich am Ende dieses Abschnitts.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

2. Ansicht in RGSt 19, 192 Nur ganz vereinzelt wird dieser Fragestellung etwas ausführlicher nachgegangen. In RGSt 19, 192 wurde gefragt, ob „zur Herstellung des Thatbestands bandenmäßig betriebenen Schmuggels und der hierfür gesetzlich erforderlichen Dreizahl von Mitthätern auch die Mitthäterschaft solcher Personen verwertet werden [darf], welche das zwölfte Lebensjahr7 noch nicht vollendet haben“. Dem Urteil lag folgender Fall zugrunde: • Beispiel Die zwei Angeklagten und ein 11-jähriger Junge haben in gemeinschaftlicher Ausführung zollpflichtige Ware (mehrere Säcke Roggen) aus den Niederlanden nach Deutschland geschmuggelt und somit den Eingangszoll hinterzogen.

Die hier relevante Bandennorm des ehemaligen § 146 VZG verfügt in Absatz 1 über eine komplottmäßige und in Absatz 3 über eine bandenmäßige Begehungsweise.8 Allerdings wurde damals i. d. R. nicht zwischen den einzelnen Absätzen differenziert, was sich auch in diesem Urteil widerspiegelt. Das Reichsgericht gab als Argument gegen eine Einbeziehung von Kindern zu bedenken, dass das Komplott wie die Bande eine Mehrheit innerlich vereinigter verbrecherischer Willenskräfte voraussetze9 und „deshalb Personen, denen das Gesetz strafbaren Willen, beziehungsweise strafrechtliche Handlungsfähigkeit schlechthin aberkennt, [. . .] auch niemals zur Herstellung der für Komplott und Bande erforderlichen Mehrzahl von Delinquenten verwertet werden dürften“.10 Dem hielt das Reichsgericht jedoch sogleich entgegen, dass § 55 RStGB nur „die gesetzliche Unverfolgbarkeit der im strafmündigen Lebensalter befindlichen Personen bestimmt“. Auch bei strafunmündigen Kindern könne nämlich „das objektive, wie subjektive Vorhandensein einer Mißthat [. . .] nicht absolut verneint“ werden.11 Demnach könnten auch Kinder Mitglieder einer Bande sein und es komme für die Anwendung der Bandennorm nicht darauf an, dass alle Bandenmitglieder bestraft werden können.12 Die beiden Angeklagten konnten daher aus der Komplott-/Bandennorm des § 146 VZG bestraft werden. 7 § 55 RStGB bestimmte 12 – und nicht wie heute 14 – Jahre als Grenze der absoluten Strafunmündigkeit. 8 Dazu oben im 2. Teil unter F.I. 9 RGSt 19, 192 (193). Das Reichsgericht meint zudem, „das gerade in dieser quantitativ gesteigerten Stärke des zu einer Einheit verbundenen verbrecherischen Willens mehrerer Delinquenten die erhöhte Strafbarkeit dieser Form der Mitthäterschaft zu suchen ist“. 10 RGSt 19, 192 (193). 11 RGSt 19, 192 (193). 12 RGSt 19, 192 (194); vgl. dazu auch Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116); Schild, GA 1982, 55 (82).

A. Banden und Kinder

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3. Ansicht von Tsai 1964 führte Tsai aus, dass es streitig sei, ob Bandenmitglieder eine Straftat schuldhaft ausführen müssen, um als Bandenmitglieder zu gelten.13 Zurechnungsunfähige,14 wie Kinder, könnten mangels Einsichtsvermögens nicht am gemeinsamen Willensentschluss mit anderen teilhaben. Auf die Frage der Zurechnungsfähigkeit komme es allerdings lediglich bei der Vornahme einer strafbaren Handlung an und nicht schon bei Vorbereitungshandlungen oder bloßen Willensentschlüssen. Zurechnungsunfähige könnten jedoch strafbare Ausführungshandlungen mit anderen vornehmen. Dennoch habe ein Zusammenschluss von lediglich Zurechnungsunfähigen keine strafrechtliche Relevanz für den nachfolgenden strafrechtlichen Erfolg.15 Bei der Ausführung einer Tat durch einen Zurechnungsfähigen gemeinsam mit einem Zurechnungsunfähigen16 sei zweifelhaft, inwiefern der Zurechnungsunfähige der Personenzahl der Bande zuzurechnen sei. Wird der Zurechnungsunfähige als Bandenmitglied angesehen, folge daraus die Bestrafung des Zurechnungsfähigen aus der Bandennorm. Dies entspräche der Rechtsprechung des Reichsgerichts,17 welche ebenfalls von der Literatur geteilt werde, wonach auch derjenige, der sich mit einem Zurechnungsunfähigen verbinde, ebenso gefährlich sei wie derjenige, der sich mit einem Zurechnungsfähigen verbinde. Ferner seien auch Personen, die zur Straftatbegehung gezwungen werden und daher schuldlos handelten, als Bandenmitglieder zu zählen, da ihre Tat tatbestandsmäßig und rechtswidrig bliebe.18 4. Ansicht von Ellbogen/Wichmann Lediglich Ellbogen/Wichmann diskutieren auch heute noch kurz, „ob die Subsumtion unter den Begriff der Bande bei § 244 I Nr. 2 StGB die Strafmündigkeit aller Bandenmitglieder voraussetzt“.19 Sie bilden dabei den folgenden Fall: 13

Tsai, S. 118, wobei er keine Fundstellen angibt, die diese Fragen diskutieren. Der Begriff der Schuldfähigkeit hat den der Zurechnungsfähigkeit (§ 51 StGB a. F.) ersetzt; Fischer, Vor §§ 19-21. 15 Tsai, S. 119. 16 Tsai, S. 119, schreibt zwar „Zurechnungsunfähiger mit einem Zurechnungsunfähigen gemeinsam“, jedoch ergibt sich aus dem Kontext, dass er nicht das Zusammenwirken zweier Zurechnungsunfähiger, sondern das eines Zurechnungsfähigen mit einem Zurechnungsunfähigen meint. 17 Tsai, S. 119, verweist hier auf RGSt 19, 192 (193). 18 Tsai, S. 121. 19 Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116). 14

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

• Beispiel Eine Gruppe von zwei 12-Jährigen und einem 14-Jährigen unternimmt regelmäßig Einbrüche in Wochenendhäuser. Dort gefundene Gegenstände werden verkauft und davon gemeinsame Ausgaben für Alkohol und PC-Spiele beglichen.20

Da ein Kind nach § 19 StGB schuldunfähig ist und „deshalb für eine begangene Tat nicht bestraft werden kann, könnte man daraus schließen, dass es im strafrechtlichen Sinn kein Bandenmitglied sein kann“.21 Gegen ihre aufgeworfene These wenden Ellbogen/Wichmann sogleich ein, dass Kinder tatbestandlich und rechtswidrig agieren können. Einem Strafmündigen können die Tatbeiträge der Kinder dann nämlich nach dem Grundsatz der limitierten Akzessorietät gem. §§ 26, 27, 29 StGB zugerechnet werden. Demnach seien Kinder bei der Bestimmung der Bande zu berücksichtigen.22 Wie bereits das Reichsgericht – im oben dargestellten Fall23 – festgestellt habe, komme es gerade nicht darauf an, dass alle drei Mitglieder bestraft werden können.24 Dies untermauern sie mit einem Urteil des BGH, wonach Kinder auch Vortäter einer Hehlerei sein können.25 Somit sei für die Strafmündigen ihre Bandenmitgliedschaft strafschärfend zu berücksichtigen, wofür auch der Sinn und Zweck der Bandendelikte spreche. Der Schutz gegen eine gegenüber der Mittäterschaft erhöhte Ausführungs- und Organisationsgefahr sei ebenfalls bei Banden erforderlich, an denen Kinder beteiligt sind.26 In dem von Ellbogen/Wichmann geschilderten Fall kann der 14-Jährige folglich aus § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB bestraft werden.

II. Vorüberlegungen anhand der vorgetragenen Meinungen Werden die wenigen soeben aufgezeigten Argumente zusammengefasst, scheint die Berücksichtigung von Kindern als Bandenmitglieder unproblematisch möglich zu sein. Strafmündige beteiligte Bandenmitglieder können 20

Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (115). Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116). 22 Zustimmend Exner, JURA 2013, 103 (109); Joecks, § 244 Rn. 32; S/S/Eser/ Bosch, § 244 Rn. 24. 23 Siehe A.I.2. 24 RGSt 19, 192 (194). 25 BGHSt 1, 47. In diesem Urteil wird wesentlich mit dem Grundsatz der limitierten Akzessorietät argumentiert. So sei jeder nach seiner eigenen Schuld zu bestrafen und deshalb die Strafbarkeit des Hehlers – wie auch des Teilnehmers – von derjenigen des Vortäters – wie auch des Haupttäters – unabhängig (S. 49); siehe dazu unten B.II.1.b). 26 Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116); ihnen zustimmend Exner, JURA 2013, 103 (109). Im Anschluss bejahen Ellbogen/Wichmann sodann, dass Mitwirkende – wie bei §§ 244 I Nr. 2, 244a I und 250 I Nr. 2 StGB – auch Kinder sein können. 21

A. Banden und Kinder

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demnach grundsätzlich strafschärfend aus einer Bandennorm bestraft werden. Dies wird nach dem Kernargument der herrschenden Meinung damit begründet, dass strafunmündige Kinder tatbestandsmäßig und rechtswidrig handeln können, also zur Begehung einer rechtswidrigen Tat i. S. von § 11 I Nr. 5 StGB27 durchaus in der Lage sind. Insofern dürften keine Besonderheiten gegenüber nicht strafmündigen Personen bestehen. Tatbestandsmäßige und rechtswidrige Tatbeiträge der Kinder können den strafmündigen Beteiligten nach dem Grundsatz der limitierten Akzessorietät (§§ 26, 27, 29 StGB) zugerechnet werden.28 Die Argumentation mit der Möglichkeit der tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Tatbegehung sowie die jeweils herangezogenen Beispiele lassen zunächst vermuten, dass die Frage nach der Berücksichtigung von Kindern im Rahmen der Bandennormen zum einen ausschließlich relevant wird, sofern die Kinder an einer konkreten (Banden-)Tat beteiligt sind. Allerdings kann die bloße Bandenmäßigkeit bereits schon dann Bedeutung erlangen, wenn es um die Frage des Vorliegens der Mindestpersonenzahl einer Bande und damit um das Bestehen einer Bande an sich geht. Diese Beschränkung auf eine tatsächliche Tatbeteiligung lässt sich zum einen damit erklären, dass für die Bandenmäßigkeit ein Anknüpfungspunkt gesucht wurde. Einen solchen stellt die Begehung des Grunddelikts dar, für dessen Vorliegen gerade eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Tatbegehung erforderlich ist. Zum anderen erscheint es denkbar, dass in der Praxis – wie in RGSt 19, 192 – immer nur Fälle relevant wurden, in denen Kinder auch tatsächlich beteiligt waren und Rechtsprechung wie Literatur sich in ihrer Diskussion eben immer bloß auf solche Fälle bezogen. Weiterhin scheint sich die Diskussion lediglich auf die Möglichkeit der Bandenmitgliedschaft von Kindern, aber nicht auf die der bandenmäßigen Begehung durch Kinder zu konzentrieren. Daraus könnte auf den ersten Blick der Schluss zu ziehen sein, dass Kinder dann als Bandenmitglieder eingestuft werden können, wenn sie konkret tatbestandsmäßig und rechtswidrig handeln. Dies entpuppt sich jedoch als Zirkelschluss, denn die Bandenmitgliedschaft ist notwendiger Teil der Tatbestandsmäßigkeit und somit des tatbestandsmäßigen Handelns. Wie oben bei der Darstellung des herrschenden Verständnisses der Bandenmäßigkeit29 hervorgehoben, ist die Bandenmäßigkeit zweigeteilt: das Vorliegen einer Bande bzw. der Bandenmitgliedschaft und die bandenmäßige Begehung. Daraus folgt, dass die Bandenmitgliedschaft von der konkreten Tatbegehung zu differenzieren ist. Diese Differenzierung ist 27 Eine rechtswidrige Tat erfordert eine straftatbestandsmäßige und strafrechtswidrige, aber keine schuldhafte Tatbegehung; vgl. nur MüKo-Radtke, § 11 Rn. 107. 28 Die Grundsätze der limitierten Akzessorietät gelten jedoch nicht für die Mittäterschaft. 29 Siehe im 2. Teil.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

gleichfalls für die bandenmäßige Strafschärfung derjenigen relevant, die Kinder einbeziehen. 1. Auswirkungen auf Strafmündige a) Beteiligung der Kinder an konkreter Straftat (1) Ohne Beteiligung Wird zunächst allein an das Vorliegen einer Bande angeknüpft, kann eine Berücksichtigung von Kindern schon dann relevant werden, wenn die Kinder sich nicht einmal an der konkreten, in Frage stehenden (Banden-)Tat beteiligt haben. Hier ist an solche Fälle zu denken, in denen einer kriminellen Personenmehrheit neben Kindern nur maximal zwei Strafmündige angehören. Dann muss erörtert werden, ob die für eine Bande nötige Mindestpersonenzahl überhaupt gegeben ist. Besteht nämlich eine kriminelle Personenmehrheit neben Kindern bloß aus einem oder zwei Strafmündigen, könnte es bei fehlender Bandenmitgliedsfähigkeit der Kinder an der für eine Bande erforderlichen Mindestpersonenzahl von drei mangeln.30 Die daraus resultierende fehlende Bandenqualität der Verbindung würde dazu führen, dass Strafmündige nicht erhöht wegen der Begehung eines (vollendeten) Bandendelikts bestraft werden könnten.31 • Beispiel A, B und das Kind K verabreden, in Wohnungen einzubrechen, um dort Wertgegenstände zu entwenden. In diesem Sinne begehen A und B gemeinsam einen Wohnungseinbruchsdiebstahl. Wenn K die Fähigkeit abgesprochen wird, Bandenmitglied zu sein, dann mangelt es an der für eine Bande nötigen Mindestpersonenzahl von drei. A und B können dann nicht als Beteiligte aus der als Verbrechen ausgestalteten Bandennorm des § 244a StGB bestraft werden.

(2) Mit Beteiligung Sind neben den Kindern allerdings mindestens drei Bandenmitglieder existent, erlangt die Frage der Berücksichtigung von Kindern im Rahmen der Bandennormen für die Strafmündigen erst dann Bedeutung, wenn die Kinder an der Ausführung eines konkreten Delikts beteiligt sind. Wären beispielsweise Strafunmündige nicht bandenmitgliedsfähig, so wäre es ihnen auch nicht möglich, eine Tat „als Mitglied einer Bande“ zu begehen. 30

Zur Mindestmitgliederzahl einer Bande siehe oben im 2. Teil A.I.1. Zur Frage des untauglichen Versuchs eines Bandendelikts siehe unten C.II.1.a) (1)(d). 31

A. Banden und Kinder

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Für eine Bestrafung aus einer Bandennorm ist es jedoch erforderlich, dass zumindest ein Täter als Bandenmitglied handelt.32 • Beispiel Das Kind K begeht eigenhändig einen Raub und die Bandenmitglieder A und B leisten dazu lediglich Beihilfe. Ist das Kind nicht als Bandenmitglied anzusehen, hat kein Bandenmitglied die Tat als Täter begangen, da die beiden beteiligten Bandenmitglieder nur Gehilfen waren. Daher scheidet die Annahme eines (vollendeten) Bandenraubes (§ 250 I Nr. 2 StGB) aus. A und B können dann bloß aus dem Grunddelikt (§§ 249, 27 StGB) bestraft werden, sofern keine anderen Erschwerungsgründe eingreifen. Eine täterschaftliche Stellung der Bandenmitglieder und somit ein Vorliegen einer Bandentat könnte in solchen Fällen allerdings durch die Annahme von mittelbarer Täterschaft erreicht werden.33

b) Bandenmitgliedschaft und bandenmäßige Begehung der Kinder (1) Bandenmitgliedschaft Die bandenmäßige Strafschärfung derjenigen, die Kinder einbeziehen, kann bereits durch eine fehlende Bandenmitgliedschaft der Kinder beeinflusst werden. Wie soeben gezeigt, ist dafür noch nicht einmal eine Beteiligung der Kinder an einer konkreten Tat notwendig. Wenn die herrschende Meinung davon ausgeht, dass Kinder grundsätzlich tatbestandsmäßig und rechtswidrig handeln können, bedeutet dies, dass Kinder grundsätzlich Bandenmitglieder sein können. Im Einzelfall muss daher geprüft werden, ob sie tatsächlich als Bandenmitglieder anzusehen sind. Hierfür ist die Bandenabrede bzw. der Beitritt zu einer Bande ausschlaggebend. Insoweit ist eine Anlehnung an die rechtfertigende Einwilligung möglich, deren Wirksamkeit nur gegeben ist, sofern sie frei von Willensmängeln ist.34 Dabei ist zu bedenken, dass die bloße Bandenbildung bzw. der Beitritt zu einer Bande selbst noch nicht tatbestandsmäßig ist.35 Für die Bestimmung der Strafbarkeit ist vielmehr die konkrete Tathandlung entscheidend (vgl. §§ 16, 8 StGB) und im Zeitfenster zwischen Bandenabrede und Tatbegehung kann beispielsweise ein bestehendes Defizit hinsichtlich einer Voraussetzung jederzeit korrigiert werden. 32

Siehe oben im 2. Teil B.I.2. Siehe dazu unten im 5. Teil A. Im vorliegenden Fall wäre unproblematisch eine Strafbarkeit von A und B wegen bandenmäßiger Begehung anzunehmen, sofern A und B als Mittäter anzusehen wären und K lediglich als Gehilfe. 34 Heinrich, Rn. 461; vgl. zur Einwilligung von Kindern Exner, JURA 2013, 103 (104 f.). 35 Siehe allerdings oben im 3. Teil A.I.2. zur strafbaren Bildung einer kriminellen Vereinigung. 33

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

• Beispiel A, B und das Kind K verabreden, in Zukunft in Wohnungen einzubrechen, um Gegenstände zu entwenden. K wird dabei jedoch vorgetäuscht, dass lediglich bestimmte Gegenstände wiedergeholt werden sollen, die A und B Freunden geborgt hätten und die diese Freunde nicht zurückgegeben hätten. Somit wären die wegzunehmenden Sachen für A und B keine fremden und K würde der (Dritt-)Zueignungsvorsatz fehlen. Daher haben nicht die für eine Bande erforderlichen drei Personen die Abrede getroffen, zukünftig Diebstahlstaten zu begehen. Würde nun der erste Wohnungseinbruchsdiebstahl begangen werden, käme mangels Vorliegens einer Bande für A und B keine Strafbarkeit wegen einer vollendeten Bandentat nach § 244a StGB in Betracht. Jedoch kann es sein, dass K im Laufe der Zeit versteht, dass nicht geborgte, sondern fremde Gegenstände aus den Wohnungen geholt werden, es sich dennoch mit dem Vorhaben einverstanden zeigt. Dann liegt bei ihm kein Vorsatzmangel mehr vor und es wäre als Bandenmitglied anzusehen. Würde nach diesem – schwer feststellbaren – Zeitpunkt ein Wohnungseinbruchsdiebstahl begangen werden, müsste dieser dann folglich eine Bandentat i. S. von § 244a StGB darstellen.

In solchen – nicht nur auf Kinder bezogenen – Fallkonstellationen gilt als entscheidender Zeitpunkt für das Vorliegen einer wirksamen Bandenabrede nicht das erste Verabreden, sondern die konkrete Tatbegehung der (anderen) Bandenmitglieder.36 Es muss dann geklärt werden, ob die Kinder zu diesem Zeitpunkt strafmängelfrei – abgesehen von ihrer Strafunmündigkeit – eine Bandenabrede hätten eingehen können. Hier kann ein Vergleich zur Einwilligung gezogen werden, denn diese muss im Zeitpunkt der Tatbegehung noch gültig sein37 und somit müssen auch ihre Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt (noch) vorliegen. Für ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Tatbegehung bezüglich der wirksamen Eingehung einer Bandenabrede spricht zudem, dass nach allgemeiner Ansicht die Bandenabrede konkludent geschlossen werden kann. Ist eine konkludente Eingehung aber möglich, muss ein späteres Verständnis der die Bandenabrede ausmachenden Umstände genügen. Daraus wird deutlich, dass die Berücksichtigung von Kindern nicht pauschal beantwortet werden kann. Die Voraussetzungen der Bandenabrede werfen jedoch – wie oben bereits gezeigt38 – viele Fragen auf. Dennoch wäre es verfehlt, diese schwierige Frage dadurch zu umgehen, dass aus einer konkreten Tatbegehung der Kinder Rückschlüsse auf ihre Bandenmitgliedschaft gezogen werden. 36 Vgl. auch S/S/Stree/Hecker, § 260 Rn. 3, wonach die Bande zum Zeitpunkt der Tatbegehung bestehen muss. Weiß ein Mitglied bei der Tatbegehung nicht, dass sich die Bande z. B. wegen eines Todesfalls oder der Inhaftierung eines Mitglieds aufgelöst hat, kommt jedoch eine versuchte Bandenstrafbarkeit in Betracht. 37 Heinrich, Rn. 460. 38 Siehe im 2. Teil A.IV.2.

A. Banden und Kinder

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• Beispiel A, B und das Kind K verabreden, zukünftig in Wohnungen einzubrechen, um Gegenstände zu entwenden. K soll aufgrund seiner Größe durch Fensterluken klettern, um sodann A und B den Eintritt in die Wohnung ermöglichen zu können. In diesem Sinne begehen die drei einen Wohnungseinbruchsdiebstahl. K hält das ganze altersbedingt jedoch für ein spannendes Spiel und ist sich gar nicht bewusst, dass fremde Sachen weggenommen und sich rechtswidrig zugeeignet werden und handelt daher vorsatzlos. Würde in diesem Fall aufgrund des vorsatzlosen Handelns des Kindes auf dessen Bandenmitgliedsunfähigkeit geschlossen werden, könnten A und B mangels Vorliegens einer Bande nicht wegen einer (vollendeten) Bandentat gem. § 244a StGB bestraft werden. Begehen A und B im Folgenden ohne Mitwirkung des K eine weitere Tat im Sinne der „Bandenabrede“, liegt keine konkrete Tatbeteiligung des K vor, anhand der beurteilt werden könnte, ob es tatbestandsmäßig und rechtswidrig gehandelt hat und somit ob es als Bandenmitglied zu berücksichtigen ist.

Würde bei diesem Beispiel auch für diejenigen Taten, an denen das Kind nicht beteiligt ist, angenommen werden, dass es nicht als Bandenmitglied anzusehen ist, erscheint dies noch nachvollziehbar, weil das Kind hier generell nicht verstanden hat, dass rechtswidrige Taten begangen werden und es auch keine Bandenabrede mit anderen eingehen konnte.39 Anders ist es jedoch, wenn sich ein Strafbarkeitsmangel wirklich nur auf eine konkrete Tatbegehung bezieht und nicht auch die Bandenabrede betrifft. • Beispiel Wiederum verabreden A, B und das Kind K, zukünftig in Wohnungen einzubrechen, um Gegenstände zu entwenden. K ist sich dabei völlig bewusst, dass grundsätzlich fremde Sachen weggenommen und diese sich rechtswidrig zugeeignet werden sollen. Als die drei in eine besonders große, gut gesicherte Villa einbrechen wollen, kommen K jedoch Bedenken. Diese Bedenken fegen A und B hinfort, indem sie K vorspiegeln, dass hier nur an den Villeneigentümer ausgeliehene Gegenstände zurückgeholt werden sollen, was K glaubt. Somit handelt K wiederum vorsatzlos und hat keine rechtswidrige Tat i. S. von § 11 I Nr. 5 StGB begangen. Würde man ihn deswegen nicht als Bandenmitglied einstufen, könnten A und B mangels Vorliegens einer Bande nicht wegen § 244a StGB bestraft werden. Für K ist jedoch klar, dass sie sich bei zukünftigen Taten fremde, bewegliche Sachen rechtswidrig zueignen wollen. Wirkt K jedoch an der folgenden Tat nicht mit, gebe es abermals keine konkrete Tatbeteiligung des K, anhand derer beurteilt werden könnte, ob es tatbestandsmäßig und rechtswidrig gehandelt hat und somit ob es als Bandenmitglied zu berücksichtigen ist. Hier erscheint es jedoch im Vergleich zum obigen Fall äußerst fragwürdig, nicht vom Vorliegen einer Bande auszugehen, bloß weil K bei der letzten Tat nicht tatbestandsmäßig handelte. 39 Dann würde aber letztendlich an die Bandenabrede und weniger an die konkrete Tatbegehung angeknüpft werden; siehe dazu unten C.I.4.b).

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Gerade der letzte Fall verdeutlicht, dass von einem Strafmangel in Bezug auf eine konkrete Tat nicht generell auf das Nichtvorliegen einer Bandenmitgliedschaft geschlossen werden kann. Schließlich können Strafbarkeitsmängel bei jedem und somit ebenfalls bei einem strafmündigen Mitglied bei einer Tatbegehung vorliegen und wiederum bei einer anderen nicht. Davon sollte die die Bandenmitgliedschaft begründende Bandenabrede jedoch unberührt bleiben. (2) Bandenmäßige Begehung Andererseits kann ein Kind zwar als Bandenmitglied eingestuft werden, jedoch seine Tatbegehung nicht als bandenmäßig gewertet werden. Hier ist insbesondere zu erwägen, ob das Hauptargument der herrschenden Meinung – Begründung der Berücksichtigung von Kindern bei Bandentaten damit, dass Kinder zur Begehung einer rechtswidrigen Tat i. S. von § 11 I Nr. 5 StGB grundsätzlich in der Lage sind – so verstanden werden kann, dass Kinder, die nicht tatbestandsmäßig und/oder rechtswidrig handeln, eben nicht als bandenmäßig handelnde Bandenmitglieder berücksichtigt werden. Dies verdeutlicht besonders, dass es sich dabei allein um eine fallorientierte Lösung handeln kann. Im Gegensatz zur absoluten Strafunmündigkeit nach § 19 StGB gibt es schließlich keinen anderen Strafmangel, der absolut für alle Kinder gilt.40 • Beispiel Wieder verabreden A, B und das Kind K, zukünftig in Wohnungen einzubrechen. K ist sich dabei bewusst, dass grundsätzlich fremde Sachen weggenommen und diese sich rechtswidrig zugeeignet werden sollen. Beim bevorstehenden Einbruch von K und A in eine besonders große, gut gesicherte Villa kommen K jedoch Bedenken, welche A damit begegnet, indem er K weismacht, dass nur an den Villeneigentümer ausgeborgte Gegenstände zurückgeholt werden sollen, was K glaubt. Somit handelt K wiederum vorsatzlos und begeht keine rechtswidrige Tat i. S. von § 11 I Nr. 5 StGB. Es kann somit weder als Täter noch als Teilnehmer angesehen werden. Seine Einstufung als Bandenmitglied würde davon jedoch unberührt bleiben, da es mit zwei anderen Mitgliedern gerade die Abrede getroffen hat, fortgesetzt Straftaten zu begehen. Als Täter, zumindest als mittelbarer41, wäre somit nur das Bandenmitglied A anzusehen. Für eine Strafbarkeit des A aus dem (vollendeten) § 244a StGB bedarf es allerdings einer Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds. Im Gegensatz zum vorherigen Beispiel liegt hier jedoch keine Mitwirkung des B vor. Zu klären ist somit, ob die vorsatzlose Handlung des Bandenmitglieds K dennoch als Mitwirkung anzusehen ist.42 40

Siehe unten B.I. dazu, ob Kinder zu einer Handlung fähig sein können. Siehe zur mittelbaren Täterschaft des strafrechtlich Verantwortlichen beim Einsetzen von Kindern unten im 5. Teil A. 42 Siehe dazu unten C.II.1.a)(6). 41

A. Banden und Kinder

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Es erscheint angebracht, für jeden Strafmangel eine einzelfallgerechte Lösung zu finden, die sich vornehmlich an den Strafzwecken der Bandenmäßigkeit orientiert und daher diesen gerecht wird.43 Dabei werden die oben im Abschnitt zum herrschenden Verständnis der Bandenmäßigkeit44 aufgeworfenen Fragen Bedeutung erlangen. 2. Schlussfolgerung Als Hauptproblem der soeben kurz dargelegten Fälle in möglicher Anwendung der herrschenden Meinung wird Folgendes deutlich: Auf der einen Seite steht die generelle Aussage, dass Kinder grundsätzlich als Bandenmitglieder Berücksichtigung finden und auf der anderen Seite die einzelfallbezogene Prüfung, ob Kinder tatsächlich tatbestandsmäßig und rechtswidrig gehandelt haben. Dieses stellt allerdings keine kinderspezifische Problematik dar, denn die gleichen Aussagen lassen sich ebenfalls für Jugendliche und Erwachsene treffen. Allerdings sind Kinder leichtgläubiger und beeinflussbarer als Ältere und werden altersbedingt eher Strafmängel aufweisen, welches sich in der Norm des § 19 StGB widerspiegelt. Im Folgenden wird daher zu klären sein, welche Strafbarkeitsmängel im konkreten Einzelfall zur Nichtberücksichtigung als Bandenmitglied führen und wann dadurch die konkrete bandenmäßige Tatbegehung insgesamt für die strafmündigen beteiligten Bandenmitglieder verneint werden muss. Gerade weil die Bandenabrede grundsätzlich der Tatbegehung vorausgeht und von dieser getrennt zu behandeln ist, stellt sich ferner die Frage nach den Anforderungen an die Bandenabrede selbst, deren „stiefmütterliche“ Behandlung durch Rechtsprechung und Literatur bereits mehrfach45 angemerkt wurde. Insbesondere kann die Einstufung als Bandenmitglied unabhängig von der konkreten Mitwirkung eines Mitglieds bei der Tatbegehung für die Annahme einer Bande von Relevanz sein. Als entscheidender Zeitpunkt für das Vorliegen einer Bandenabrede ist jedoch immer die konkrete Tat der (vermeintlichen) Bandenmitglieder anzusehen, weil etwaige Mängel beim Schließen der Bandenabrede später geheilt worden sein könnten.46 Eine einzelfallbezogene und gerade nicht kinderspezifische Diskussion erscheint jedoch dann überflüssig, sofern entgegen der herrschenden Meinung davon ausgegangen wird, dass Kinder generell keine Berücksichtigung 43

Siehe dazu ausführlich unten C. Siehe im 2. Teil B., wobei insbesondere die Fragen zum „Täterkreis: Bandenmitglied“ hervorzuheben sind. 45 Siehe z. B. im 2. Teil A.IV.2. 46 Etwa weil das Kind erst im Laufe der Zeit versteht, dass fremde Sachen weggenommen werden sollen. 44

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

im Zusammenhang mit Bandennormen finden können. Insbesondere muss dargelegt werden, dass aus der gem. § 19 StGB bestehenden Sonderrolle der absoluten Schuldunfähigkeit von Kindern nicht auf deren absolute Bandenmitgliedsunfähigkeit zu schließen ist.

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden Eine Nichtberücksichtigung von Kindern im Zusammenhang mit Banden könnte sich daraus herleiten, dass Kindern, bedingt durch § 19 StGB, von vornherein strafrechtlich eine Sonderrolle zukommt. Hierzu geben Ellbogen/Wichmann – wie oben im Diskussionsstand dargestellt47 – zu Bedenken, dass Kinder für eine begangene Tat nicht bestraft werden und daraus geschlossen werden könnte, dass sie im strafrechtlichen Sinne keine Bandenmitglieder sein können.48 Etwas konkreter wurden in diesem Zusammenhang noch das Reichsgericht in RGSt 19, 192 und Tsai, die – nach heutigem Verständnis – bei der die Bandenmitgliedschaft begründenden Bandenabrede ansetzten. So äußerte das Reichsgericht, dass gegen eine Verwertung von Kindern zur Herstellung einer für Bande und Komplott nötigen „Mehrheit innerlich vereinigter verbrecherischer Willenskräfte“ sprechen könnte, dass Kinder solche Personen sind, denen das Gesetz einen strafbaren Willen bzw. eine strafrechtliche Handlungsfähigkeit schlechthin aberkennt.49 Tsai gab diesbezüglich über Zurechnungsunfähige, wie z. B. Kinder50, an, dass ein Zurechnungsunfähiger wegen des Mangels an Einsichtsvermögen nicht am gemeinsamen Willensentschluss mit einem anderen teilhaben kann.51 Im Ergebnis verneinen diese drei Vertreter jedoch eine absolute Nichtberücksichtung von Kindern im Zusammenhang mit der Bandenmäßigkeit.52 Die Schuldunfähigkeit der Kinder sei deshalb ohne Bedeutung, weil nach dem Grundsatz der limitierten Akzessorietät gem. §§ 26, 27, 29 StGB jeder nach seiner eigenen Schuld bestraft werde. Kinder könnten tatbestandsmäßige und rechtswidrige Tatbeiträge erbringen, welche dann den strafmündigen Beteiligten zugerechnet werden. Neben der grundsätzlichen Fähigkeit von Kindern zur tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Tatbege47 48 49 50 51 52

Siehe oben A.I.4. Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116). RGSt 19, 192 (193). Tsai, S. 118. Tsai, S. 119. Siehe oben A.I.2.–4.

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden

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hung wird zudem mit der Gefährlichkeit der Bande argumentiert. Bei einer Bande unter Beteiligung von Kindern bestehe ebenfalls eine erhöhte Ausführungs- und Organisationsgefahr.53 Derjenige, der sich mit einem Kind verbindet, sei also gleich gefährlich, wie derjenige, der dies mit einem anderen Strafmündigen tut. Auch wenn diese Argumente für sich gesehen zutreffend sind, erscheint es problematisch, dass hier zum einen keine klare Trennung zwischen Bande bzw. Bandenabrede einerseits und bandenmäßiger Tatbegehung andererseits deutlich wird. Dies mag damit zusammenhängen, dass die Frage nach der Berücksichtigung von Kindern – wie oben herausgestellt54 – nur dann als relevant angesehen wird, wenn Kinder an einer konkreten (Banden-)Tat beteiligt sind und es mithin um die Auswirkung ihrer konkreten Tatbeiträge auf die strafmündigen Beteiligten geht. Zum anderen ist problematisch, dass diese Gegenargumente zwei Anknüpfungspunkte vermengen: auf der einen Seite die Kinder selbst und auf der anderen Seite die Bande als Ganzes. Es sollte jedoch richtigerweise zunächst bei den Kindern angeknüpft werden, um zu klären, inwiefern sie überhaupt als Bandenmitglieder gelten können. Hier muss insbesondere ausgeschlossen werden, dass die absolute Schuldunfähigkeit zu einer absoluten Bandenmitgliedsunfähigkeit führt. Die i. S. des § 19 StGB verstandene Schuldunfähigkeit darf keinen Einfluss auf die Fähigkeit des Schließens einer Bandenabrede bzw. zum Beitritt zu einer Bande haben. Die Argumentation, dass die die Strafschärfung tragenden Gefahren auch bei einer Bande mit Kindern vorliegen, knüpft weniger an die Bandenmitgliedschaft des Kindes an, sondern vielmehr an die Bande als Ganzes.

I. Anwendung von Strafnormen auf Kinder Eine Berücksichtigung von Kindern setzt zunächst einmal voraus, dass Strafnormen grundsätzlich von Kindern verwirklicht werden können. Anderenfalls wäre eine strafrechtlich relevante Tatbegehung von Kindern im Rahmen von Bandennormen gar nicht denkbar. Jedoch ergibt sich bereits aus § 19 StGB selbst, dass Straftatbestände durch Kinder erfüllt werden können. § 19 StGB spricht lediglich davon, dass „schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist“. Nach dem heute herrschenden dreigliedrigen Straftataufbau erfordert eine Strafbarkeit die Tatbestandsmäßigkeit, die Rechtswidrigkeit und die Schuld des Täters.55 Die Begehung einer tatbestandsmäßigen – und hier insbesondere vorsätzlichen – 53 54 55

Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116); vgl. auch Tsai, S. 119. Siehe oben A.II. Heinrich, Rn. 87.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

sowie rechtswidrigen Tat durch Kinder ist mithin nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht von vornherein ausgeschlossen. Vielmehr gilt eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Tat von Kindern lediglich als nicht schuldhaft56 und somit als nicht strafbar. Insbesondere ist bei Kindern nicht von Vornherein ausgeschlossen, dass sie handlungsfähig im strafrechtlichen Sinne sind. Die von natürlichen Willenskräften abhängende Handlungsfähigkeit ist von der Schuldfähigkeit zu trennen.57 Bereits kleine Kinder besitzen einen solchen natürlichen Willen.58 Sie sind beispielsweise fähig, Gewahrsam zu haben oder ihr Einverständnis zu einer Gewahrsamsaufhebung zu erklären.59 Für alle Strafnormen, also auch solche in Nebengesetzen, gelten gem. Art. 1 EGStGB grundsätzlich die Regeln des Allgemeinen Teils des StGB. Dort findet sich jedoch neben § 19 StGB keine weitere Regelung, die sich auf Kinder bezieht. Lediglich für Jugendliche und Heranwachsende wird in § 10 StGB auf Sondervorschriften im JGG verwiesen. Daraus, dass gerade für die noch jüngeren Kinder eine solche Bestimmung fehlt, kann hingegen nicht geschlossen werden, dass das StGB und damit Strafvorschriften für sie allesamt nicht gelten. Das JGG enthält nämlich keine besonderen Strafrechtsnormen für Jugendliche und Heranwachsende,60 sondern beschränkt sich auf das formelle Strafrecht. Materiell-rechtliche Regelungen beziehen sich lediglich auf die Rechtsfolgenseite. Das JGG regelt also, wann Jugendliche für ihre Taten verantwortlich sind. Dass es sich um Taten handelt, ergibt sich – und so auch für Kinder – bereits aus dem StGB. Solche Sondervorschriften sind für Kinder aber nicht erforderlich, weil ihre gem. § 19 StGB bestehende Schuldunfähigkeit zugleich auch ihre Strafunmündigkeit und damit ein Prozesshindernis darstellt.61 Gegen Kinder darf demnach kein Strafverfahren durchgeführt und somit keine Strafe verhängt werden.62 56 Vgl. nur Eisenberg, JGG, § 1 Rn. 1. Durch § 17 StGB ist ferner gesetzlich fixiert, dass das Unrechtsbewusstsein nicht Teil des Vorsatzes, sondern Teil der Schuld ist; vgl. dazu Heinrich, Rn. 549 ff. 57 Heinrich, Rn. 207; Wessels/Beulke, AT, Rn. 94. Der strafrechtliche Handlungsbegriff ist im Einzelnen jedoch stark umstritten; vgl. dazu z. B. Wessels/Beulke, AT, Rn. 85 ff. Im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von delinquentem Verhalten im Kindesalter hinsichtlich der Rechtsfolgenauswahl und -bemessung zweifelt Eisenberg, JuS 1983, 569 (579), aus erziehungswissenschaftlicher Sicht an, ob sich Verfehlungen von Kindern als tatbestandsmäßige und rechtswidrige Taten verstehen lassen oder ob dabei nicht vielmehr eine andere Qualität von Verhalten im Hinblick auf den Handlungsbegriff vorliegt. 58 Heinrich, Rn. 207. 59 MüKo-Schmitz, § 242 Rn. 82. 60 Eisenberg, JGG, Einleitung Rn. 16, § 1 Rn. 23. 61 Fischer, § 19 Rn. 2.

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden

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Dass der Tatbegehung von Kindern durchaus strafrechtliche Relevanz beigemessen wird, lässt sich ebenfalls anhand von § 11 I Nr. 5 StGB aufzeigen. Danach erfordert eine rechtswidrige Tat lediglich die Verwirklichung des Tatbestands eines Strafgesetzes. Eine Verwirklichung des Tatbestands durch Personen ab 14 Jahren wird gerade nicht verlangt. Hätte der Gesetzgeber eine Tatbestandsverwirklichung von Kindern allgemein ausschließen wollen, hätte er z. B. das in allen Tatbestandsmerkmalen vorkommende Merkmal „wer“ in § 11 I StGB aufnehmen und in dem Sinne definieren können, dass „wer“ nur Personen ab 14 Jahren sind. Es wird zwar davon auszugehen sein, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung von Straftatbeständen grundsätzlich voll verantwortlich handelnde Erwachsene und gerade keine Kinder als Täter vor Augen haben wird,63 gleichwohl hat ein solcher Wille nicht Einzug in die einzelnen Straftatbestände gehalten. Kinder sind mithin auch Normadressaten.64 Insbesondere sind Kinder nicht ausdrücklich in Tatbeständen als Täter ausgeschlossen. Lediglich bei wenigen Normen ist der Täterkreis auf über 18oder 21-Jährige beschränkt (z. B. §§ 176 I Nr. 1 StGB, 29a I Nr. 1 BtMG). Ferner scheidet bei einigen Normen eine Tatbestandsverwirklichung durch Kinder zwar nicht explizit, aber faktisch aus. Dies ist z. B. bei den Amtsdelikten wie §§ 331, 332, 340 StGB der Fall, denn es ist nicht ersichtlich, inwiefern ein Kind als Amtsträger i. S. von § 11 I Nr. 2 StGB anzusehen sein könnte. Ebenfalls können Kinder keine Gefangenmeuterei, § 121 StGB, begehen, da Kinder als Strafunmündige nicht Straf- oder Untersuchungsgefangene sein können.

II. Anwendung von Bandennormen auf Kinder Die Berücksichtigung von Kindern im Zusammenhang mit der Bandenmäßigkeit setzt voraus, dass nicht nur Strafnormen im Allgemeinen, sondern Bandennormen im Speziellen bei Kindern grundsätzlich zur Anwendung gelangen können. Dem wäre nicht so, wenn Kinder überhaupt nicht Bandenmitglieder sein könnten. Wie oben65 bereits dargelegt, wurde diesbezüglich ganz vereinzelt zu bedenken gegeben, ob eine Bandenabrede mit 62 Ein Strafverfahren gegen ein Kind ist jedoch denkbar, wenn zunächst das Alter des Täters festgestellt werden muss. Steht fest, dass es sich bei dem Täter um ein Kind handelt, muss das Verfahren dann aber eingestellt werden; vgl. dazu Meier/ Rössner/Schöch/Meier, § 5 Rn. 2. 63 Vgl. Exner, JURA 2013, 103, der von einem „auf Erwachsene ausgerichteten StGB“ spricht. 64 Vgl. Schumann, S. 106. 65 Siehe A.I.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Kindern möglich sei.66 Diesen Bedenken wurde mit dem bereits oben67 bestätigten Argument entgegengetreten, dass Kinder tatbestandsmäßig und rechtswidrig handeln können. Dabei wurde jedoch nicht konkret dargelegt, warum die Schuldunfähigkeit keinen Einfluss auf die Annahme einer Bandenabrede und somit die Bandenmitgliedschaft haben soll. Es wird argumentiert, dass für eine Berücksichtigung von Kindern weiterhin die Gefährlichkeit spreche, die auch bei Banden mit Kindern vorliege. Dieses Argument hat nun nicht das Kind selbst im Zentrum, sondern knüpft an die Bande als Ganzes an. Diese soeben aufgezeigten Argumentationsstränge – Bandenabrede von Kindern und Gefährlichkeit einer Bande mit Kindern – werden im Folgenden ausführlicher dargelegt. 1. Bandenmitgliedsfähigkeit Die Bandenmitgliedschaft erfordert das Eingehen einer Bandenabrede mit anderen bzw. die Anerkennung einer bereits bestehenden Bandenabrede.68 a) Kein spezielles Schuldmerkmal Eine Bandenmitgliedschaft von nach § 19 StGB schuldunfähigen Kindern ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Bandenmitgliedschaft als spezielles Schuldmerkmal anzusehen wäre. Spezielle Schuldmerkmale sind Merkmale, die nicht das Unrecht der Tat betreffen, sondern die Tat durch einen besonderen Gesinnungsunwert auf der Schuldebene charakterisieren, wie z. B. die böswillige Vernachlässigung in § 225 StGB oder die Rücksichtslosigkeit in § 315c StGB.69 Zwar impliziert die der Bande immanente Bandenabrede und somit der Wille des Einzelnen, sich mit anderen zur fortgesetzten Straftatbegehung zusammenzuschließen, auch eine rechtlich verwerfliche Gesinnung des Einzelnen. Jedoch reicht für das Merkmal „als Mitglied einer Bande“ eine solche Gesinnung des Täters eben gerade nicht aus. Vielmehr müssen sich objektiv gerade mehrere Personen zu einer Bande verbunden haben. Die Bandenmitgliedschaft beschreibt die Tätereigenschaft und ist daher mit der herrschenden Meinung als objektives Tatbestandsmerkmal anzusehen.70 Da somit die Bandenmitgliedschaft kein spe66

RGSt 19, 192 (193); Tsai, S. 119; vgl. auch Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116). 67 Siehe A.II. 68 Siehe bereits oben im 2. Teil A.IV. 69 Heinrich, Rn. 545. 70 H.M., so z. B. Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 304.

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden

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zielles Schuldmerkmal darstellt, kommt es folglich nicht darauf an, ob Kindern grundsätzlich eine verwerfliche Gesinnung abzusprechen ist. b) Schuldunfähigkeit Schuldfähig ist gem. §§ 3 JGG, 20 StGB, wer bei Begehung einer Tat fähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Ein jugendlicher Delinquent benötigt dafür eine gewisse sittliche und geistige Reife (§ 3 S. 1 JGG). Die Unrechtseinsicht erfordert dabei nicht die Kenntnis der konkret verletzten Strafnorm, sondern es genügt das Bewusstsein, etwas rechtlich nicht Erlaubtes zu tun.71 Nach Ansicht von Tsai kann ein Zurechnungsunfähiger wegen des Mangels an Einsichtsvermögen nicht am gemeinsamen Willensentschluss mit anderen zusammen teilhaben.72 Damit dürfte nach seiner Ansicht auch die Möglichkeit der Eingehung einer Bandenabrede ausgeschlossen sein, was dazu führen müsste, dass Zurechnungsunfähige keine Bandenmitglieder sein können. Diesen konsequenten Schluss vollzieht Tsai jedoch nicht, obwohl er Zweifel andeutet, ob Zurechnungsunfähige als Bandenmitglieder gelten können. Die Zurechnungsfähigkeit werde lediglich bei einer konkreten Straftat und nicht bereits bei Vorbereitungshandlungen oder bloßen Willensentschlüssen relevant und Zurechnungsunfähige könnten gerade strafbare Ausführungshandlungen begehen. Ohne auf die Beziehung von Bandenabrede und Bandenmitgliedschaft einzugehen, stellt Tsai letztendlich fest, dass ein Zurechnungsunfähiger, der gemeinsam mit einem Zurechnungsfähigen eine Tat ausführt, der Personenzahl der Bande zuzurechnen sei.73 In Weiterführung der Gedanken von Tsai ist daher zu überlegen, ob für das Eingehen einer Bandenabrede und mithin für die Begründung der Bandenmitgliedschaft Steuerungsfähigkeit und vor allem Unrechtseinsicht erforderlich sind. Durch die Bandenabrede bringen die einzelnen Mitglieder ihren Willen zum Ausdruck, sich zur fortgesetzten Straftatbegehung zusammenzuschließen. Fehlt die Unrechtseinsicht bei einem an einer Bandenabrede beteiligten Kind, wird es ihm nicht bewusst sein, dass es sich zur Straftatbegehung und somit zur Begehung von etwas rechtlich nicht Erlaubten mit anderen zusammenschließt. Damit würde das Unrechtsbewusstsein, welches sonst nur über §§ 17, 19 und 20 StGB in der Schuld berücksichtigt wird, nun zu einer notwendigen Voraussetzung für ein Tatbestandsmerkmal (und zwar die Bandenmitgliedschaft) hochgestuft werden. 71 72 73

Laubenthal/Baier/Nestler, Rn. 68. Tsai, S. 119. Siehe zu der Ansicht von Tsai bereits oben A.I.3.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Allerdings wird bei Kindern nach § 19 StGB lediglich unwiderleglich vermutet, dass sie aufgrund von Reifedefiziten schuldunfähig sind. Es ist gerade nicht ausgeschlossen, dass ein Kind im konkreten Fall bereits über die für Unrechtseinsicht und Handlungssteuerung erforderliche Reife verfügt.74 Für die Festsetzung der Altersgrenze waren medizinisch-psychologische, soziologische und auch kriminalpolitische Erwägungen maßgebend.75 Bei jedem Kind ist der Reifeprozess anders und es werden sich die Einsichtsfähigkeit und das Hemmungsvermögen unterschiedlich entwickeln. Insbesondere gibt es keine Altersreife in Bezug auf das Unrecht als solches. Grundlegende Rechtspflichten, wie die Achtung des Lebens oder fremden Eigentums, werden einem Kind eher bewusst sein als die Achtung von gesellschaftlichen Rechtsgütern.76 Eine altersbezogene Generalisierung erspart eine aufwendige, einzelfallbezogene Prüfung der die Schuldfähigkeit begründenden Fähigkeiten zur Unrechtseinsicht und zur Handlungssteuerung bezüglich einer von einer unter 14-jährigen Person begangenen rechtswidrigen Tat.77 Demnach können Kinder, insbesondere mit zunehmendem Alter, durchaus unrechtseinsichtsfähig sein und mithin verstehen, dass sich die Bandenabrede auf die Begehung von etwas rechtlich nicht Erlaubten bezieht. Auch wenn die Bandenabrede Schuldfähigkeit erfordern sollte, kann die nach § 19 StGB unterstellte Schuldunfähigkeit nicht zur absoluten Bandenmitgliedsunfähigkeit führen. Allenfalls eine konkrete Nichtberücksichtigung könnte sich aus der im Einzelfall festzustellenden konkreten Schuldunfähigkeit i. S. von fehlender Einsichts- und Steuerungsfähigkeit eines Kindes ergeben.78 Ellbogen/Wichmann untermauern ihre Ansicht, dass Kinder auch Bandenmitglieder sein können, zudem mit dem – nicht näher ausgeführten – Argument, dass auch Kinder als Vortäter einer Hehlerei anzusehen sind.79 Die Vortat einer Hehlerei muss lediglich eine rechtswidrige Tat und daher gerade nicht schuldhaft begangen worden sein.80 Allerdings darf es nach verbreiteter Ansicht dem Vortäter nicht an den intellektuellen Voraussetzungen für ein einvernehmliches Zusammenwirken fehlen.81 Nach überwiegender 74

LK-Schöch, § 19 Rn. 1; MüKo-Streng, § 19 Rn. 1. A. Fischer, Strafmündigkeit, S. 90. 76 Vgl. A. Fischer, Strafmündigkeit, S. 88. 77 MüKo-Streng, § 19 Rn. 1. 78 Siehe dazu unten C. 79 Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116). Dabei beziehen sie sich auf BGHSt 1, 47; siehe dazu bereits oben A.I.4. 80 BGHSt 1, 47 (49); Mitsch, BT 2/1, § 10 Rn. 13; MüKo-Maier, § 259 Rn. 22; NK-Altenhain, § 259 Rn. 9; SK-Hoyer, § 259 Rn. 5. 81 LK11-Ruß, § 259 Rn. 4; MüKo-Maier, § 259 Rn. 22; NK-Altenhain, § 259 Rn. 9; S/S/Stree/Hecker, § 259 Rn. 9; a. A. LK-Walter, § 259 Rn. 15. 75

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden

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Ansicht setzen alle vier Tatmodalitäten der Hehlerei als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein einverständliches Zusammenwirken des Hehlers mit dem Vortäter und damit einen abgeleiteten Erwerb voraus.82 Fehlt es an einem solchen Zusammenwirken, mangelt es somit zwar nicht an der rechtswidrigen Vortat, aber an der erforderlichen Qualität der Hehlereihandlung.83 Somit hat die Schuldunfähigkeit des Vortäters keine absolute Auswirkung auf seine Bewertung als Vortäter oder für die Vornahme eines abgeleiteten Erwerbs. Konkret könnte dennoch gerade bei Schuldunfähigen, wie z. B. bei einem Kleinkind oder Geisteskranken, kein einvernehmliches Zusammenwirken vorliegen. Dieser Vergleich zur Hehlerei verdeutlicht zweierlei: Erstens bestätigt er die Ablehnung einer grundsätzlichen Auswirkung der Schuldunfähigkeit auf die bandenmäßige Berücksichtigung. Zweitens unterstreicht die gewisse Ähnlichkeit der Bandenabrede mit dem einvernehmlichen Zusammenwirken, dass die Bandenabrede bestimmte geistige Voraussetzungen erfordern könnte, die besonders bei kleineren Kindern oftmals nicht vorliegen werden und somit im konkreten Fall eine Berücksichtigung der Kinder als Bandenmitglieder ausscheiden könnte. c) Andere Altersgrenzen Ferner ist zu überlegen, ob anhand anderer gesetzlich normierter Altersgrenzen eine Bandenmitgliedschaft auszuschließen ist. Im Zivilrecht spielt das siebente Lebensjahr eine bedeutende Rolle. Bei Kindern unter sieben Jahren sind die zivilrechtliche Verantwortlichkeit für deliktisches Handeln nach § 828 I BGB sowie die Geschäftsfähigkeit nach § 104 Nr. 1 BGB gänzlich ausgeschlossen. (1) § 828 I BGB Nach § 828 I BGB gelten Kinder unter sieben Jahren als nicht deliktisch verantwortlich, wohingegen nach § 828 III BGB Personen bis zum 18. Lebensjahr nur dann als verantwortlich gelten, wenn sie bei Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatten. Die deliktische Verantwortlichkeit nach § 828 BGB ähnelt der strafrechtlichen Schuldfähigkeit insofern, als beide auf das Merkmal der „Einsicht“ abstellen. Allerdings ist im Zivilrecht die Erkenntnis der Verantwortlichkeit und im Strafrecht hingegen die Unrechtseinsicht entscheidend. Die Einsichtsfähigkeit nach § 828 III BGB setzt einen Stand der geistigen Entwicklung voraus, der es dem Jugendlichen ermöglicht, das Ge82 83

Vgl. dazu MüKo-Maier, § 259 Rn. 68 ff. m. w. N. MüKo-Maier, § 259 Rn. 22.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

fährliche seines Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewusst zu sein.84 Dies impliziert, dass das Unrecht der Handlung erkannt wird.85 Dennoch kann nicht gesagt werden, dass bei Kindern unter sieben Jahren diese – eventuell für die Bandenabrede erforderliche – Unrechtseinsicht tatsächlich immer fehlt. Zwar wird bei sechsjährigen Kindern die Wahrscheinlichkeit des Fehlens der Einsichtsfähigkeit weitaus höher sein als bei 13-jährigen. Letztendlich stellt § 828 I BGB genau wie § 19 StGB lediglich eine generelle Vermutung auf, dass Personen unterhalb der Altersgrenze eine solche Einsicht nicht besitzen. Zudem ist die strafrechtliche Verantwortlichkeit insoweit spezieller, als sie zusätzlich das voluntative Merkmal der Steuerungsfähigkeit erfordert.86 Auch wenn die Bandenabrede Unrechtseinsicht erfordern sollte, kann die nach § 19 StGB, § 828 I BGB unterstellte fehlende Einsichtsfähigkeit nicht zur absoluten Bandenmitgliedsunfähigkeit für Kinder unter sieben Jahren führen. Wieder ist auf die noch zu prüfende87 Möglichkeit einer einzelfallbezogenen Nichtberücksichtigung zu verweisen. (2) § 104 Nr. 1 BGB § 104 Nr. 1 BGB regelt die altersbedingte Geschäftsunfähigkeit. Damit können Kinder unter sieben Jahren nicht selbsttätig vollwirksam Rechtsgeschäfte vornehmen.88 Ihre Willenserklärungen sind nach § 105 BGB nichtig. Minderjährige, die das siebente Lebensjahr vollendet haben, sind nach Maßgabe der §§ 107-113 BGB beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB). Würde die Eingehung der Bandenabrede Geschäftsfähigkeit voraussetzen, wäre dies mithin bei Kindern unter sieben Jahren absolut ausgeschlossen. Dazu müsste die Bandenabrede ein Rechtsgeschäft bzw. die Eingehung oder Anerkennung einer Bandenabrede eine Willenserklärung darstellen oder zumindest als geschäftsähnliche Handlung, auf die die §§ 104 ff. BGB grundsätzlich entsprechend anwendbar sind,89 einzustufen sein. Ein Rechtsgeschäft kennzeichnet sich dadurch, dass es aus mindestens einer Willenserklärung – und oft aus weiteren Elementen – besteht und dass die Rechtsordnung daran den Eintritt des gewollten rechtlichen Erfolgs knüpft.90 Die Bandenabrede setzt den Willen der Mitglieder voraus, sich 84

BGHZ 161, 181 (187); BGH NJW-RR 2005, 327 (328). Vgl. MükoBGB-Wagner, § 828 Rn. 9. 86 Vgl. BGHZ 161, 181 (187); A. Fischer, Strafmündigkeit, S. 67; MükoBGBWagner, § 828 Rn. 8. 87 Siehe unten C. 88 Vgl. MüKoBGB6-Schmitt, § 104 Rn. 1. 89 Jauernig/Jauernig, BGB, § 104 Rn. 5. 90 Brox/Walker, Rn. 96. 85

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden

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mit anderen zu verbinden, um künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Delikttyps zu begehen.91 Wie für Rechtsgeschäfte typisch kommt die Bandenabrede und damit die Bandenmitgliedschaft durch die Erklärung eines Willens zustande. Als angestrebten Rechtserfolg könnte die Begehung von Straftaten angesehen werden und mithin würden sich die einzelnen Mitglieder i. S. eines Verpflichtungsgeschäfts zur Straftatbegehung verpflichten. Eine gegenseitige (vertragsähnliche) Verpflichtung der Bandenmitglieder zur Straftatbegehung ist jedoch mit der herrschenden Meinung nicht zu fordern.92 Die Bandenabrede begründet eine enge Bindung, die die Mitglieder für die Zukunft und für eine gewisse Dauer eingehen, so dass die (abstrakte) Gefahr des ständigen Anreizes zur Straftatbegehung besteht.93 Dieser Anreiz benötigt jedoch keine bindende Verpflichtung der Mitglieder. Dazu ist die Abrede auch zu unbestimmt. Es steht oftmals gar nicht fest, wer welche konkrete Straftat wann begehen soll. Vielmehr stellt die enge Bindung und eine tatsächliche Tatbegehung eines oder mehrerer Mitglieder i. S. der Bandenabrede bereits einen Anreiz für die übrigen Mitglieder dar, selbst ebenfalls zur Tat zu schreiten. Zudem tritt ein Rechtserfolg nicht schon deshalb ein, weil die Parteien ihn wollen, sondern die Rechtsordnung muss den gewollten Rechtserfolg auch anerkennen.94 Ein Rechtsgeschäft, dass die Verabredung zur Straftatbegehung beinhaltet, wäre allerdings aufgrund des rechtswidrigen Vertragsinhalts und des Verstoßes gegen die guten Sitten nach §§ 134, 138 BGB nichtig. Der Zweck der §§ 104 ff. BGB spricht zudem gegen eine entsprechende Anwendung. Die volle oder teilweise Vorenthaltung der Geschäftsfähigkeit dient dem Schutz des nicht voll Geschäftsfähigen ohne Rücksicht auf den rechtsgeschäftlichen Verkehr.95 Für keines der Mitglieder einer Bande würde die Bandenabrede als nichtiges Rechtsgeschäft irgendwelche Vertragspflichten bewirken können. Insofern müssen Kinder nicht davor geschützt werden, dass sie durch die Bandenabrede unbedacht Verpflichtungen eingehen, die dann auch notfalls gerichtlich durchgesetzt werden können. Die Bandenabrede ist daher nicht als Rechtsgeschäft anzusehen im Gegensatz z. B. zum Beitritt zu einem Verein. Die Bandenabrede erzeugt zwar faktische Wirkungen, jedoch keine Vertragspflichten. § 104 Nr. 1 BGB ist daher nicht anwendbar. 91

BGHSt 50, 160 (161); siehe dazu ausführlich oben im 2. Teil. BGHSt 31, 202 (205); BGHSt 46, 321 (326); BGH GA 1974, 308; Fischer, § 244 Rn. 36; LK-Vogel, § 244 Rn. 60; S/S/W/Kudlich, § 244 Rn. 32. 93 Diese Gefahr wird hier als Verbindungsgefahr bezeichnet, während die h. M. diese als Organisationsgefahr umschreibt; siehe dazu oben im 3. Teil B.III.5. 94 Brox/Walker, Rn. 98. 95 Jauernig/Jauernig, BGB, § 104 Rn. 3. 92

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

d) Zusammenfassung Es hat sich gezeigt, dass bei Kindern die Bandenmitgliedsfähigkeit nicht absolut aufgrund natürlicher Unfähigkeit ausgeschlossen ist. Für die Bandenmitgliedschaft genügt der Wille, sich mit anderen zu verbinden, um künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Delikttyps zu begehen. Die Fähigkeit, einen solchen Willen zu bilden, ist bei Kindern gerade nicht grundsätzlich ausgeschlossen. 2. Möglichkeit der teleologischen Einschränkung a) Grundsatz anhand der Strafschärfungsgründe Die bisherige Darstellung ergab, dass Kinder im Zusammenhang mit Bandennormen grundsätzlich Berücksichtigung zu finden haben. Zu überlegen bliebe schließlich, ob eine Nichterfassung jedoch de lege lata aus teleologische Erwägungen geboten erscheint. Für eine grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern soll jedoch nach Ansicht von Tsai und Ellbogen/ Wichmann gerade die Gefährlichkeit von Banden sprechen, die auch bei solchen Zusammenschlüssen bestehe, an denen Kinder beteiligt sind. Tsai betont, dass derjenige, der sich mit einem Zurechnungsunfähigen verbinde, ebenso gefährlich sei wie derjenige, der dies mit einem Zurechnungsfähigen tue.96 Nach Ellbogen/Wichmann ist der Schutz vor einer gegenüber der Mittäterschaft erhöhten Ausführungs- und Organisationsgefahr ebenfalls bei Banden erforderlich, an denen Kinder beteiligt sind.97 Es sollten hier jedoch deutlicher zwei Aspekte unterschieden werden. Zum einen die Gefährlichkeit eines Kindes selbst und deren Auswirkung auf dessen Bandenmitgliedschaft und zum anderen die Gefährlichkeit eines Zusammenschlusses mit Kindern und deren Auswirkung auf deren Einstufung als Bande. (1) Gefährlichkeit von Kindern Um die Kinder als Bandenmitglieder zu berücksichtigen, müssen folglich bei Kindern bzw. beim Tätigwerden von Kindern die beiden oben98 herausgearbeiteten Gefahrmomente der Verbindungsaufrechterhaltungs- und Mitwirkungsgefahr entstehen können. Unerheblich ist dabei, dass Kinder selbst wegen § 19 StGB nicht bestraft werden können und damit bei ihnen keine 96 97 98

Tsai, S. 119. Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116). Siehe im 3. Teil B.III.4. und 5.

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden

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bandenmäßige Strafschärfung gerechtfertigt werden muss. Jedoch wirkt sich ihre (Nicht-)Berücksichtung als Bandenmitglied auf die Bandenmäßigkeit der anderen Mitglieder aus.99 Die Gefährlichkeit der Bande kennzeichnet sich dadurch, dass die Verbindung eine geeignete Grundlage für die Entwicklung einer Gefahr zur Begehung weiterer Bandentaten ermöglicht – z. B. durch die bloße Verfestigung vorhandener Strukturen – und dass diese Gefahr bereits durch eine konkrete Bandentat eines Bandenmitglieds ausgelöst werden kann.100 Dies zeigt die Verknüpfung zwischen der Gefahr der Bande an sich und der Gefahr des einzelnen Bandenmitglieds. Trotz dieser Verknüpfung muss entgegen der herrschenden Ansicht deutlich zwischen diesen beiden Gefahren differenziert werden. So ist zwischen der in der Verbindung selbst angelegten Gefahr (sog. „Organisationsgefahr“ oder hier „Verbindungsgefahr“) und der hier entwickelten Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr durch die bandenmäßige Begehung zu unterscheiden. Für die bandenmäßige Strafschärfung ist zwar erforderlich, dass ein Bandenmitglied eine Tat i. S. der Bandenabrede begeht, jedoch ist ein Mitglied, das nicht durch andere angereizt werden kann, aus Sicht der Bandennormen nicht gefährlich. Es ist hier folglich weniger die tatbezogene Mitwirkungsgefahr als die täterbezogene101 Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr relevant. Von Kindern kann also keine bandenmäßige Gefahr ausgehen, wenn sie weder andere durch ihre Tatbegehung zur täterschaftlichen Straftatbegehung anreizen, noch selbst durch die Tatbegehung anderer angereizt werden könnten. Grundlegend für das Vorliegen einer erhöhten Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr ist, dass das Kind eine Bandenabrede getroffen hat und insofern Bandenmitglied ist. Wie bereits dargelegt,102 sind Kinder grundsätzlich dazu fähig, eine Bandenabrede einzugehen. Ferner ist nicht ersichtlich, inwiefern bei einer Verbindung mit Kindern nicht ein ständiger Anreiz zur Fortsetzung zur Straftatbegehung entstehen sollte. Zum einen ist es durchaus denkbar, dass die Tatbegehung eines anderen Bandenmitglieds die Kinder selbst zur Begehung von Straftaten motiviert. Insbesondere die Tatbegehung durch ältere Bandenmitglieder kann für die Kinder eine Vorbildfunktion innehaben, so dass bei den Kindern ein Nachahmungseffekt ausgelöst werden kann. Speziell jüngere Täter verüben eher in Gruppen Straftaten,103 welches hauptsächlich auf – für eine Bande als typisch erachtete104 – grup99

Siehe oben im 3. Teil A.II. Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (71). 101 Siehe dazu noch unten C.II.1.a)(1)(b). 102 Siehe oben B.II.1. 103 Brückner, S. 97; Schwind, § 3 Rn. 22. 104 Vgl. BGH NStZ 2000, 474 (277); BGH NStZ 2001, 35 (38); Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (115); Joecks, § 244 Rn. 32, 34; S/S/W/Kudlich, § 244 Rn. 30. 100

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

pendynamische Prozesse zurückgeführt wird.105 Zum anderen ist keinesfalls ausgeschlossen, dass auch ältere Bandenmitglieder durch die Tatbegehung eines Kindes zur Tatbegehung angereizt werden bzw. zumindest zum Festhalten ihrer eingegangenen Bandenabrede motiviert werden. Die Mitwirkungsgefahr entsteht, wenn die Tatbeiträge der einzelnen Bandenmitglieder in die Tatausführung einfließen und sich so in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken können. Auch bei Kindern ist es durchaus möglich, dass sie solche, die Tatausführung verstärkenden Tatbeiträge erbringen können. Zwar kann es sein, dass Kinder aufgrund ihrer körperlichen oder geistigen Konstitution weniger geeignet sind, zum „erfolgreichen“ Begehen einer Straftat beizutragen. Beispielsweise können bei Raubtaten schmächtige oder ängstliche Kinder weniger tauglich sein, gegen ein Opfer Gewalt auszuüben, es zu bedrohen oder die schwere Beute abzutransportieren. Andererseits können Kinder auch für eine Straftatbegehung von Vorteil sein, weil sie z. B. bei Diebstahlstaten bedingt durch ihre Größe durch enge Fensterluken in Gebäude eindringen können oder niemand sie aufgrund ihres Alters als Täter wahrnimmt. Es zeigt sich also, dass keine generelle Aussage über die Gefährlichkeit eines Kindes getroffen werden kann. (2) Gefährlichkeit einer Bande mit Kindern Genauso wenig, wie generell gesagt werden kann, dass Kinder als Bandenmitglieder ungefährlich sind, lässt sich dies für eine Bande allgemein feststellen, an der Kinder beteiligt sind. Ferner ist zu bedenken, dass sich Kinder gerade aufgrund ihrer Strafunmündigkeit als aktive Bandenmitglieder besonders qualifizieren. Das Verfahrenshindernis der Strafunmündigkeit ist in jeder Verfahrenslage zu beachten.106 Zwar ist nach umstrittener Ansicht eine vorläufige Festnahme nach § 127 StPO von Kindern unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht gänzlich ausgeschlossen.107 Ebenfalls kommt eine Ingewahrsamnahme nach den Polizeigesetzen der Länder (z. B. § 30 ASOG Berlin) in Betracht. Allerdings darf diese Festnahme oder der Gewahrsam nur kurzzeitig andauern. Oftmals, gerade bei ausländischen Kindern, die sich ohne Eltern in Deutschland aufhalten, werden die Kinder an Jugendhilfeeinrichtungen, wie den Kindernotdienst übergeben, von wo sie nicht selten alsbald wieder flüchten.108 Daher können Kinder baldmöglichst wieder zur Schwind18, § 3 Rn. 21. Eisenberg, JGG, § 1 Rn. 4. 107 Pfeiffer, StPO, § 127 Rn. 2. 108 Vgl. z. B. Der Tagesspiegel vom 21.07.2010, „Geschlossene Heime für Kinder sind kein Tabu mehr“, S. 8. 105 106

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden

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Begehung der nächsten Tat zur Verfügung stehen. Somit sind Banden mit Kindern insofern gefährlicher, als nicht ihre Auflösung droht, weil einzelne oder alle Mitglieder über einen längeren Zeitraum festgenommen und inhaftiert werden. b) Korrektur wegen Bekämpfung der Organisierten Kriminalität Einige Gerichte109 und Vertreter der Literatur110 erachten die uneingeschränkte Anwendung einer erhöhten bandenmäßigen Strafbarkeit bei allen Banden für problematisch. Dies soll zumindest für solche Verbindungen gelten, die nicht dem Bild der Organisierten Kriminalität gerecht werden.111 Diese Ansicht begründet sich dadurch, dass die Einführung vieler Bandennormen mit der gesetzgeberischen Zielsetzung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität erfolgte.112 Diese Diskussion wird besonders dann relevant, wenn es um die Strafbarkeit von sog. „Jugendbanden“ aus Bandennormen geht,113 denn diese weisen oftmals keine für die Organisierte Kriminalität typischen Strukturen auf.114 (1) Einfluss auf alle Banden mit Kindern Es ließe sich überlegen, ob Banden mit Kindern erst recht keine organisierte Kriminalitätsstruktur aufweisen, so dass sie aus dem Bandenbegriff generell herauszunehmen sind. Eine nicht der Organisierten Kriminalität zuzuordnende „Jugendbande“ muss schließlich nicht nur aus Jugendlichen be109

LG Potsdam, Urteil vom 22.01.1999, Az. 4116 Js 406/98 – 22 KLs 30/98; vgl. dazu BGH NStZ-RR 2000, 343; LG Berlin, Urteil vom 19.08.2005, Az. (507) 80 Js 2191/04 KLs (46/05); vgl. dazu BGH NStZ 2006, 574; LG Saarbrücken, Urteil vom 25.06.2007, Az. 19 Js 744/05 – 4 – 9/06 I – BGH Ss 15–18/2008; vgl. dazu BGH NStZ 2008, 625; siehe ebenfalls die in der Einleitung dargestellten Fälle. 110 Erb, NStZ 1998, 537 (538); ders., NStZ 1999, 187; ders., NStZ 2001, 561 (562); Glandien, NStZ 1998, 197; Kosmalla, S. 139 ff.; Möller, StraFo 2009, 92. 111 Die Organisierte Kriminalität wird allgemein definiert als die von Macht- und Gewinnstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrem Gewicht von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere und unbestimmte Dauer arbeitsteilig (1) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen oder (2) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder (3) unter dem Bemühen, auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft Einfluss zu nehmen, zusammenwirken; siehe dazu bereits ausführlich oben im 3. Teil A.I.3. 112 Vgl. BT-Drucks. 12/989, S. 21. 113 Hier wird vor allem die Anwendbarkeit des § 244a StGB auf Jugendbanden diskutiert; dazu Förtig, S. 172 ff.; Glandien, NStZ 1998, 197; Kosmalla, S. 139 ff.; Möller, StraFo 2009, 92. 114 Möller, StraFo 2009, 92 (95).

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

stehen, sondern ihr können auch Kinder angehören, wie es z. B. bei einer Bande aus 13- und 14-Jährigen der Fall wäre. • Beispiel Eine Gruppe von 13- und 14-Jährigen trifft sich regelmäßig auf einem Spielplatz. Dort verkaufen sie an andere Kinder oder Jugendliche aus Supermärkten gestohlene Comichefte. Von dem verdienten Geld leistet sich die Gruppe Kinobesuche oder Fast Food.

Jedoch sind gerade die bereits erwähnten Klaukinderbanden oftmals zum Bereich der Organisierten Kriminalität zu zählen.115 Es lässt sich die Prognose aufstellen, dass Kinder zwar selbst schlechter im Organisieren, dafür aber besser durch andere zu organisieren sind. So rekrutieren erwachsene Hintermänner in den Klaukinderfällen gezielt strafunmündige Kinder, die sie zu Diebstählen zwingen, um somit in den Besitz der erbeuteten Gegenstände zu kommen. Hinter den beispielsweise durchgeführten Taschen- oder Einbruchsdiebstählen verbirgt sich folglich eine geplante und strukturierte Vorgehensweise.116 Demnach können einige kriminelle Personenzusammenschlüsse, ob mit oder ohne Kinder, zur Organisierten Kriminalität gezählt werden, andere jedoch nicht. Das Merkmal „Kind“ ist folglich nicht entscheidend für die Kategorisierung der Organisierten Kriminalität und somit ließe sich auch bei Bejahung einer restriktiven Auslegung oder teleologischen Reduktion keine absolute Lösung für Banden mit Kindern treffen. Wäre das Merkmal „Kind“ entscheidend, würden Banden mit Kindern grundsätzlich gegenüber solchen ohne Kinder bevorteilt werden. Dies könnte dazu führen, dass jede Bande kindliche Bandenmitglieder hinzuziehen würde, um eine bandenmäßige Strafschärfung zu vermeiden. (2) Einfluss auf bestimmte Bandentypen Dennoch ist an dieser Stelle zu überlegen, ob bestimmte Bandentypen, die – wie oftmals Jugendbanden – nicht der Organisierten Kriminalität entsprechen, von der Bandenstrafbarkeit auszunehmen sind. Wären gerade Jugendbanden nicht erfasst, würden zugleich viele Banden mit Kindern aus der Anwendbarkeit der Bandennormen herausfallen.

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So z. B. Badische Zeitung [online] vom 07.01.2010, „Kinderbanden knacken Freiburger Häuser auf – Polizei machtlos“ [http://www.badische-zeitung.de/frei burg/kinderbanden-knacken-freiburger-haeuser-polizei-machtlos- -25284283.html (zuletzt abgerufen am 31.03.2013)]. 116 Vgl. Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift vom 23.07.1999, Az. 80 Js 2655/97, S. 89 ff. [Akteneinsicht].

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden

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(a) Meinungsstand in der Rechtsprechung Es ist gängige Rechtsprechung, dass Bandennormen auch auf Jugendbanden anzuwenden sind.117 Dennoch nehmen untere Gerichte mitunter bei Taten jugendlicher Gruppen keine bandenmäßige Begehung an, obwohl die Voraussetzungen der Bandenmäßigkeit erfüllt sind.118 Verzichtet bereits die Staatsanwaltschaft auf eine Anklage wegen bandenmäßiger Begehung, wird das Gericht die Nichtannahme der bandenmäßigen Begehung nicht begründen.119 Anders jedoch im folgenden Urteil des Landgerichts Berlin120: • Beispiel „Nach den Feststellungen waren die Angeklagten B, M, A und S seit Jahren eng miteinander befreundet. Im Spätsommer 2004 schloss sich der mit B bekannte St der Freundesgruppe an, die sich regelmäßig bei dem Angekl. A traf. Bei diesen Treffen wurden gemeinsam größere Mengen Cannabis und gelegentlich auch Kokain und Ecstasy konsumiert. Keiner der Angeklagten ging einer legalen Erwerbstätigkeit nach, sie alle lebten entweder von öffentlichen Mitteln oder vom elterlichen Taschengeld. Da sie jedoch nicht nur für den Konsum von Drogen, sondern auch für teure Markenkleidung und für den Besuch von Kinovorstellungen und Diskotheken erhebliche Geldbeträge benötigten, wollten sie sich durch Diebstahlstaten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle verschaffen. Zu diesem Zweck versteckten sie Einbruchswerkzeuge (Schraubendreher und Brecheisen) in Wohnungen oder öffentlichen Parkanlagen, auf die jeder der Angeklagten bei Bedarf Zugriff hatte. Es gab auch für jeden der Angeklagten zugängliche Keller, in denen das Beutegut versteckt wurde, das stets zu gleichen Teilen unter den jeweiligen Tätern aufgeteilt wurde. An den einzelnen Taten beteiligten sich stets nur diejenigen Personen, die gerade anwesend waren, als ein Einbruch geplant wurde, bzw. diejenigen, die Zeit und Lust hatten bzw. Geld brauchten. Einige Taten wurden auch unter Mitwirkung gruppenfremder Personen begangen. In der Zeit vom 13.6.2004 bis 7.2.2005 kam es neben anderen Straftaten in den 20 von der [Staatsanwaltschaft] benannten Fällen zu Einbrüchen oder Einbruchsversuchen in Gaststätten, Geschäftsräume, Keller oder Arztpraxen, wobei in der Regel 3 oder 4 der Angeklagten am Tatort agierten. In 7 Fällen begingen jeweils 2 der Angeklagten mit unbekannten oder gesondert verfolgten Personen die Taten.“121 – Das Landgericht Berlin hat die Angeklagten unter anderem wegen einer Vielzahl von gemeinschaftlich begangenen Diebstahlstaten in besonders schweren Fällen, davon in einigen Fällen auch wegen Versuchs, nicht jedoch we117 BGH NStZ 1996, 339 (340); BGH NStZ-RR 2000, 343; BGH NStZ 2006, 574; BGH NStZ 2008, 625; LG Koblenz NStZ 1998, 197. 118 Vgl. dazu den in der Einleitung dargestellten Fall LG Berlin, Urteil vom 27.09.2007, Az. (524) 47 Js 1256/06 KLs (27/07), 524-27/07 [juris]. 119 Vgl. LG Berlin, Urteil vom 27.09.2007, Az. (524) 47 Js 1256/06 KLs (27/07), 524-27/07 [juris]. 120 LG Berlin, Urteil vom 19.08.2005, Az. (507) 80 Js 2191/04 KLs (46/05); vgl. dazu BGH NStZ 2006, 574. 121 BGH NStZ 2006, 574.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

gen Bandendiebstahls bzw. schweren Bandendiebstahls zu Jugendstrafen zwischen zwei Jahren sowie vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

In den genannten Fällen hat die Strafkammer des Landgerichts Berlin das Vorliegen eines Bandendiebstahls bzw. eines schweren Bandendiebstahls nach §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB ausgeschlossen, weil eine Bandenabrede im Sinne dieser Vorschriften nicht festzustellen sei. Weder habe es eine ausdrückliche, noch eine stillschweigende oder schlüssige Bandenabrede zwischen den Angeklagten gegeben. Die mittäterschaftliche Begehung einer Vielzahl von gleichartigen Straftaten begründe nach Ansicht des Landgerichts Berlin nur dann eine bandenmäßige Begehung, wenn ein entsprechender Wille zur Bindung für die Zukunft und für eine gewisse Dauer bei den Tätern gegeben sei. Einen solchen Willen zur dauerhaften Einbindung nahm jedoch das Landgericht Berlin nicht an, da die Angeklagten die Taten je nach Lust und Zeit in wechselnder Beteiligung begangen und die jeweiligen Taten auf stets neu gefassten einzelnen Entscheidungen der jeweils an der Tat beteiligten Personen beruht hätten. Dementsprechend hätten bloß die jeweils an der Tat Beteiligten einen Anteil an der Beute erhalten, während die an der konkreten Tat unbeteiligten Angeklagten daran nicht partizipiert hätten. Zudem sei es den Angeklagten jederzeit und ohne Weiteres möglich gewesen, von weiteren Taten ohne Erschwerung durch die anderen Angeklagten Abstand zu nehmen.122 Der BGH123 beanstandet, dass das Landgericht zu hohe Anforderungen an die gesetzlichen Voraussetzungen für das Vorliegen der Bande gestellt habe. Schon im Hinblick auf die Vorbereitungshandlungen des Versteckens von Einbruchswerkzeugen und zudem durch die Anzahl der Täter, die Vielzahl der Taten und den beträchtlichen Tatzeitraum, liege es nahe, dass jede Tat auf einem gemeinsamen Grundkonsens beruhte. Es sei gerade nicht ausgeschlossen, dass die einzelnen Taten jeweils einem neuen Tatentschluss entspringen, solange sie als Ausfluss des gemeinsamen Willens zur Begehung von Straftaten anzusehen sind. Zwar seien die Taten als „jugendtypisch“ zu beurteilen, da sie je nach Lust, Zeit und aktuellem Geldbedarf in stets wechselnder Beteiligung begangen wurden. Jedoch stehe der Annahme einer Bande nicht entgegen, dass die Taten jugendtypisch seien. Ebenfalls könne aus dem Fehlen „mafiöser“ Strukturen kein Argument gegen die Annahme einer Bande hergeleitet werden. In diesem Fall wurde vom Landgericht die bandenmäßige Begehung deswegen nicht in Betracht gezogen, weil es die Anforderungen der Banden122 Vgl. dazu BGH, Urteil vom 22.03.2006, Az. 5 StR 38/06 [juris, Rn. 3; insoweit in NStZ 2006, 574 nicht abgedruckt]. 123 BGH NStZ 2006, 574.

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden

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abrede als nicht erfüllt ansah und somit strengere Anforderungen an die Bande stellte. Andere Gerichte wollen dagegen bloß bestimmte Bandennormen nicht anwenden und somit teleologisch reduzieren. Hierzu ein Fall des Landgerichts Potsdam124: • Beispiel „Nach den Feststellungen beschloss eine Gruppe von etwa 20 jungen Männern, der auch die [Angeklagten] angehörten, im April 1993 ihren Lebensunterhalt durch die Begehung von Diebstählen zu bestreiten. In Ausführung dieses Vorhabens brachen sie in wechselnder Besetzung in einer Vielzahl von Fällen – jeweils unter Mitwirkung mindestens eines weiteren Bandenmitglieds – Kraftfahrzeuge auf und entwendeten aus diesen insbesondere Bargeld sowie Scheck- und Kreditkarten, die anschließend zu Abhebungen oder Einkäufen genutzt wurden, gelegentlich stahlen sie auch die Fahrzeuge selbst.“125 – Das Landgericht verurteilte die Angeklagten u. a. wegen Bandendiebstahls, § 244 I Nr. 3 StGB a. F. (§ 244 I Nr. 2 StGB n. F.). Es stellte zwar fest, dass die Bandendiebstähle in allen Fällen unter den in § 243 I 2 StGB genannten Voraussetzungen begangen worden sind, jedoch verurteilte es die Angeklagten nicht wegen eines schweren Bandendiebstahls nach § 244a StGB.

Die Jugendkammer des Landgerichts Potsdam ist der Meinung, dass § 244a StGB nach der Intention des Gesetzgebers nicht auf Jugendbanden anwendbar sei. Diese Auslegung ist nach Ansicht des BGH jedoch nicht mit dem Wortlaut vereinbar.126 Zudem lasse die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ihr Normzweck eine „Intention des Gesetzgebers“, Jugendbanden aus dem Anwendungsbereich des § 244a StGB herauszunehmen, nicht erkennen.127 § 244a StGB wurde durch das OrgKG vom 15. Juli 1992128 in das Strafgesetzbuch eingefügt. Der BGH gibt an, dass der Gesetzgeber sich erhoffte, durch die gegenüber dem Vergehenstatbestand des („einfachen“) Bandendiebstahls gesteigerte Strafdrohung, eine erhöhte Abschreckungswirkung und durch die Ausgestaltung der Vorschrift als Verbrechenstatbestand zugleich eine Vorverlagerung der Strafbarkeitsschwelle zu erreichen. Der Gesetzgeber habe das Problem der Anwendung auf Jugenddiebesbanden erkannt und unter anderem deswegen davon abgesehen, den – ohne erschwerte Umstände begangenen – Bandendiebstahl allgemein als Verbrechenstatbestand umzugestalten, weil „dann auch Gruppen von Straftätern erfasst würden, die kaum dem Bereich der Organisierten Kriminalität zugerechnet werden können (z. B. Jugendliche, auch Schüler, die banden124

LG Potsdam, Urteil vom 22.01.1999, Az. 4116 Js 406/98 – 22 KLs 30/98; vgl. dazu BGH NStZ-RR 2000, 343. 125 BGH NStZ-RR 2000, 343. 126 BGH NStZ-RR 2000, 343 (344). 127 BGH NStZ-RR 2000, 343 (344). 128 BGBl. 1992 I, S. 1302.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

mäßig Ladendiebstähle begehen)“.129 Der Verbrechenstatbestand des schweren Bandendiebstahls sollte daher an zusätzliche Kriterien geknüpft werden. Sind diese aber erfüllt und der Bandendiebstahl etwa unter den in § 243 I 2 StGB genannten Voraussetzungen begangen, finde § 244a StGB auf alle Diebesbanden und somit auch auf Jugendbanden Anwendung. Das Landgericht Saarbrücken130 verneinte die Anwendbarkeit des § 244a StGB in einem ähnlich gelagerten Fall, ohne dabei grundsätzlich Jugendbanden von der Norm auszunehmen: • Beispiel „Nach den Feststellungen fassten die Angeklagten W und S sowie die gesondert verfolgte Maria L im Juni 2005 den Entschluss, ihre desolate finanzielle Situation künftig durch Einbruchsdiebstähle zu verbessern und sich so eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen, wobei Maria L nur Gehilfendienste leistete. Im Juli 2005 schlossen sich ihnen die Angeklagten Matthias und Manuel B, die Brüder der gesondert verfolgten Maria L, an, denen es ebenfalls um die Erzielung dauerhafter Einnahmen ging. Im August 2005 kam schließlich noch die gesondert verfolgte Angela P hinzu, die ihnen in Kenntnis der geplanten Straftaten Unterschlupf gewährte und sie bei den Tatausführungen unterstützte. In der Zeit vom 24.6.2005 bis zum 20.8.2005 begingen die Angeklagten in wechselnder Besetzung neben anderen Straftaten in 9 Fällen [. . .] Einbrüche in Schulen und Kindergärten, wobei jeweils zumindest 2 der Angeklagten am Tatort agierten.“131 – Das Landgericht Saarbrücken hat in den genannten Fällen das Vorliegen eines Bandendiebstahls nach § 244 I Nr. 2 StGB bejaht. Es hat zudem festgestellt, dass die jeweils beteiligten Angeklagten in allen Fällen die Bandendiebstähle unter den in § 243 I 2 StGB genannten Voraussetzungen begangen haben, dennoch hat es die Angeklagten nicht wegen schweren Bandendiebstahls nach § 244a StGB verurteilt.

Zur Begründung führt die Jugendkammer des Landgerichts Saarbrücken aus, dass zwar die Anwendbarkeit des § 244a StGB auf Jugendbanden durch die höchstrichterliche Rechtsprechung anerkannt sei, jedoch hier eine Anwendung deswegen ausscheide, weil es sich um eine Bande handele, die in einem örtlich begrenzten Bereich tätig gewesen und lediglich in Schulen oder vergleichbaren Einrichtungen eingebrochen sei und die dort nur geringe Beute gemacht habe. Auf solche Banden sei § 244a StGB nicht anzuwenden, weil die Vorschrift allein der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität diene, wobei insbesondere die „ins Ausland reichenden Verbindungen reisender Verbrecherbanden getroffen werden“ sollen.132 129

BGH NStZ-RR 2000, 343 (344) in Bezug auf BT-Drucks. 12/989, S. 25. LG Saarbrücken, Urteil vom 25.06.2007, Az. 19 Js 744/05 – 4 – 9/06 I – BGH Ss 15–18/2008; vgl. BGH NStZ 2008, 625. 131 BGH NStZ 2008, 625. 132 Vgl. dazu BGH NStZ 2008, 625. 130

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden

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Der BGH begründet wie schon im zuvor genannten Urteil die Anwendung des § 244a StGB auch auf die hier genannte Bande damit, dass weder nach der Entstehungsgeschichte noch nach dem Normzweck eine dem Bereich der Organisierten Kriminalität nicht zuzurechnende Bande aus dem Anwendungsbereich des § 244a StGB herauszunehmen ist.133 (b) Meinungsstand in der Literatur In der Literatur wird der Einfluss des Gesetzeszwecks der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität unterschiedlich bewertet. Der Großteil der Literatur folgt der Rechtsprechung und wendet die Bandennormen auch auf Jugendbanden und Banden ohne mafiöse Struktur an. Dabei wird entweder gar nicht auf die Problematik eingegangen134 bzw. lediglich auf den Gesetzeszweck hingewiesen135 oder aber die Problematik nur kurz angesprochen136. Vereinzelt wird dem Gesetzeszweck allerdings ein starker Einfluss auf die Bandenmäßigkeit und insbesondere auf die Auslegung des Begriffs Bande beigemessen.137 So fragt sich Erb, was eigentlich dagegen spreche, die nach Erweiterung der Bandenqualifikationen durch das OrgKG drohende Ausuferung der Verbrechensstrafbarkeit dadurch auszuschließen, dass die Auslegung des Gesetzes dem in der Begründung zum OrgKG dargelegten Willen angepasst wird. In diesem Zusammenhang wäre besonders eine Mindestmitgliederzahl von drei, das Vorhandensein einer Organisationsstruktur oder die planmäßige Einflussnahme auf Dritte zu fordern.138 Dessecker schlägt vor, die Bande als eine geschäftsähnliche Organisation von mindestens drei Personen mit dem Ziel der Begehung mehrerer selbstständiger, im Einzelnen noch ungewisser Straftaten zu definieren.139 Zentrale Bedeutung der in Deutschland anerkannten Definition der Organisierten Kriminalität weise in der Praxis der Strafverfolgungsbehörden nämlich das Merkmal „unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher 133

BGH NStZ 2008, 625. Eisele, BT II, Rn. 240 ff.; Rengier, BT I, § 4 Rn. 108. 135 Arzt/Weber/Heinrich, § 14 Rn. 5. 136 AnwKomm-Kretschmer, § 244a Rn. 1; D/D/R-Duttge, § 244a Rn. 2; Fischer, § 244a Rn. 2; v. Heintschel-Heinegg/Wittig, § 244a Rn. 1; Lackner/Kühl, § 244a Rn. 1; LK-Vogel, § 244a Rn. 1 f.; MüKo-Schmitz, § 244a Rn. 1; NK-Kindhäuser, § 244a Rn. 1, 2; S/S/Eser/Bosch, § 244a Rn. 2, 4. 137 Dessecker, NStZ 2009, 184 (188 f.); Gaede, StV 2003, 78 (79); Hermesmann, S. 101 ff.; Kosmalla, S. 140 f., 204; Krings, S. 25 ff., 209; Schöch, NStZ 1996, 166 (169 f.); vgl. bereits Schild GA 129 (1982), 55, (69 ff., 84). 138 Erb, NStZ 1999, 187; vgl. auch ders., NStZ 1998, 537 (538); ders., NStZ 2001, 561 (562). 139 Dessecker, NStZ 2009, 184 (189). 134

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Strukturen“ auf. Damit könne an eine auch in der kriminologischen Forschung verbreitete Betrachtungsweise angeknüpft werden, die die Organisierte Kriminalität wesentlich als wirtschaftliches Handeln begreife. Auch für die strafrechtsdogmatische Konkretisierung des Bandenbegriffs biete es sich an, auf dieses Merkmal zurückzugreifen. So habe auch der BGH in einigen Entscheidungen betont, dass geschäftsmäßiges Handeln mit gemeinsamer Buchführung, arbeitsteiliger Abwicklung von Akquisition, Vermittlungstätigkeit und Forderungseinziehung, gemeinsamer Kasse und Beteiligung an Gewinn und Verlust auf das Vorliegen einer Bande hinweise.140 Die Heraufsetzung der Mindestmitgliederzahl ist nunmehr herrschende Meinung.141 Kosmalla sieht jedoch gerade trotz dieser Neuauslegung des Bandenbegriffs aufgrund des damit einhergegangenen Verzichts auf das übergeordnete Bandeninteresse eine Möglichkeit genommen, Bandennormen restriktiv i. S. des im OrgKG zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens auszulegen.142 Früher konnte nämlich bei einer Verbindung mangels hinreichender Indizien die objektive Gefährlichkeit und damit das übergeordnete Bandeninteresse verneint werden.143 Kosmalla betont dabei, dass der deutsche Gesetzgeber gerade keine Bagatellgrenze bei den Bandennormen vorgesehen hat und somit keine andere Möglichkeit der restriktiven Handhabe bestehe.144 Manche Autoren wollen jedoch den Bandenbegriff nicht generell restriktiv auslegen. Lediglich bei solchen Bandennormen, die auf Gesetze zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität zurückgehen, sei eine Einschränkung bei Jugendbanden bzw. Banden ohne mafiöse145 Struktur vorzunehmen. Nach Ansicht von Glandien146 wollte der Gesetzgeber gerade kriminelle Jugendbanden, denen jede Struktur und Organisation fehlt, nicht nach der Vorschrift des § 244a StGB sanktionieren. Dieser Wille werde jedoch nicht durch den Wortlaut deutlich und daher seien neben einer Gesetzesänderung zwei weitere Lösungen denkbar. Zum einen könne die Norm einschränkend ausgelegt werden, so dass trotz Vorliegens der tatbestand140 Dessecker, NStZ 2009, 184 (188) unter Verweis auf BGHSt 38, 26 (31); BGH StV 1998, 599; BGH, Beschluss vom 19.10.2000, Az. 4 StR 346/00 [juris, Rn. 4]. 141 Siehe dazu ausführlich oben im 2. Teil A.I.1. 142 Kosmalla, S. 141. 143 Kosmalla, S. 139. 144 Kosmalla, S. 140 Fn. 610, stellt dabei den Unterschied zum österreichischen Recht dar. 145 Die Bezeichnung „mafiös“ ist jedoch etwas unscharf, da Mafia nicht als deckungsgleicher Begriff zur Organisierten Kriminalität zu verstehen ist. Vielmehr bezeichnet „Mafia“ einen Teilbereich der Organisierten Kriminalität; siehe dazu oben im 3. Teil A.I.3. 146 Glandien, NStZ 1998, 197 (198).

B. Grundsätzliche Berücksichtigung von Kindern bei Banden

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lichen Voraussetzungen die Norm keine Anwendung auf Banden ohne „mafiöse“ Struktur finde. Zum anderen sei es auch denkbar, bei solchen Banden zwar aus § 244a StGB zu bestrafen, jedoch nur den Strafrahmen des § 244 StGB anzuwenden. Möller147 befasste sich etwa ein Jahrzehnt später ebenfalls ausführlicher mit dieser Problematik. Auch seiner Ansicht nach sind Jugendbanden und Banden ohne mafiöse Strukturen nicht vom Schutzbereich des § 244a StGB erfasst.148 Dies begründet er ebenfalls mit der Entstehungsgeschichte und der Intention des Gesetzgebers.149 Zudem sei kein gesteigerter Unwert erkennbar, da bei Vorliegen einer Bande und eines Regelbeispiels des § 243 I 2 StGB zugleich ohne weitere tatbestandliche Voraussetzungen immer die Verbrechensnorm des § 244a StGB anwendbar sei.150 Ebenfalls erkennt Möller einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil das gesamte Spektrum an Ermittlungsmethoden gegen die Organisierte Kriminalität auch auf jugendliche Banden anwendbar sei.151 Abschließend führt er an, dass Jugendliche im Vergleich zu Erwachsenen schlechter gestellt seien, weil Jugendkriminalität nach sozialpsychologischen Besonderheiten dieser Alterstufen gerade in Gruppen begangen werde. Das strafrechtliche Verhalten Jugendlicher in Banden sei sehr stark von gruppeninternen Normen getragen.152 Nach Möller sind drei Lösungsmöglichkeiten denkbar. Wie Glandien überlegt er, den § 244a StGB nur auf Banden mit mafiösen Strukturen im Wege der teleologischen Reduktion anzuwenden oder lediglich den Strafrahmen des § 244 StGB heranzuziehen.153 Zudem erwägt Möller die Annahme eines minder schweren Falles nach § 244a II StGB mit der Folge, dass dadurch der gleiche Strafrahmen wie bei § 244 StGB gegeben wäre.154 Laubenthal spricht sich gegen eine einschränkende Auslegung des Bandenbegriffs aus.155 Es diene nicht der Rechtssicherheit, die tatbestandlichen Voraussetzungen von Deliktsnormen unter Berücksichtigung „jugendtümlicher“ Besonderheiten gesondert zu definieren. Insbesondere weil es inkonsequent erscheine, bei einer Differenzierung zwischen Erwachsenenalter und Jugendlichen- bzw. Heranwachsendenalter stehen zu bleiben. Der Be147

Möller, StraFo 2009, 92, zugleich Besprechung von BGH NStZ 2008, 625. Möller, StraFo 2009, 92 (93). 149 Möller, StraFo 2009, 92 (93 f.). 150 Möller, StraFo 2009, 92 (94); vgl. Eisenberg, NStZ 2003, 124. 151 Möller, StraFo 2009, 92 (94 f.). 152 Möller, StraFo 2009, 92 (95); so bereits Eisenberg, NStZ 2003, 124. 153 Möller, StraFo 2009, 92 (95 f.). 154 Möller, StraFo 2009, 92 (96); wobei die Höchststrafe des § 244a II StGB mit 5 Jahren sogar unter der des § 244 I StGB mit 10 Jahren liegt; ihm zustimmend nun Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 303. 155 Laubenthal, JZ 2002, 807 (813). 148

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reich unterhalb von 21 Jahren könne gerade nicht als Einheit bewertet werden. Nicht an den Tatbestand, sondern an die Anordnung einer besonderen Rechtsfolge solle angeknüpft werden. Die Straftatbegehung in der Gruppe stelle ein jugendtypisches Verhalten dar und daher könne das Eingreifen eines Tatbestands, nach dessen Vorstellung die Verübung in der Gruppe eine Deliktsverwirklichung unter Vorliegen gesteigerten Unrechtsgehalts mit sich bringt, gerade nicht gerechtfertigt sein. Die Nichtheranziehung strafschärfender, wenn auch als Tatbestand ausgestalteter Normen, füge sich besonders in die jugendstrafrechtliche Systematik ein, nachdem die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts im Jugendstrafrecht nicht gelten (§ 18 I 3 JGG). (c) Stellungnahme Zu entscheiden ist vorliegend, ob der gesetzgeberische Wille, durch die Einführung einiger bandenmäßiger Strafschärfungen die Organisierte Kriminalität zu bekämpfen, einen Ausfluss auf die Auslegung der Bandenmäßigkeit und insbesondere auf den Bandenbegriff hat oder ob die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ohne Auswirkung bleibt und somit ein bloßes gesetzgeberisches Motiv darstellt. Aus den oben dargestellten Ansichten wird deutlich, dass die Diskussion um den Einfluss der Organisierten Kriminalität nicht einheitlich geführt wird. So lassen sich maßgeblich zwei Ansätze unterscheiden. Zum einen soll die Organisierte Kriminalität bei allen Bandenregelungen Einfluss ausüben und dabei insbesondere eine restriktive Auslegung des Bandenbegriffs erfolgen156 und zum anderen soll dies nur bei bestimmten, durch Gesetze zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität eingefügten Bandenregelungen der Fall sein.157 • Restriktive Auslegung aller Bandenregelungen Grundlegend ist zunächst, dass sich der gesetzgeberische Wille, (international) Organisierte Kriminalität zu erfassen, nicht im Wortlaut der Bandenregelungen niedergeschlagen hat. Die bandenmäßige Begehung ist nach wie vor gesetzlich nicht bestimmt, ihre Ausgestaltung damit Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen. Demgemäß ist es durchaus denkbar, dass das Verständnis der Organisierten Kriminalität in die praktische Auslegung der 156 Vgl. LG Berlin, Urteil vom 19.08.2005, Az. (507) 80 Js 2191/04 KLs (46/05); vgl. dazu BGH NStZ 2006, 574; Dessecker, NStZ 2009, 184 (188 f.); Erb, NStZ 1999, 187; Hermesmann, S. 101 ff.; Kosmalla, S. 140 f., 204; Krings, S. 25 ff., 209; Schöch, NStZ 1996, 166 (169 f.). 157 Vgl. LG Potsdam, Urteil vom 22.01.1999, Az. 4116 Js 406/98 – 22 KLs 30/98; vgl. dazu BGH NStZ-RR 2000, 343; Glandien, NStZ 1998, 197 (198); Laubenthal, JZ 2002, 807 (813); Möller, StraFo 2009, 92.

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Bandenmäßigkeit einfließt. Teilweise ist dies sogar bereits geschehen. So erlangte insbesondere nach der Einführung neuer bandenmäßiger Strafschärfungen, vor allem durch das OrgKG, die Ansicht Aufschwung, die sich gegen die Zweierbande aussprach. Heute ist es herrschende Meinung, dass die Bande mindestens aus drei Mitgliedern bestehen muss.158 Dies stimmt insofern mit der herrschenden Definition der Organisierten Kriminalität überein.159 Der Verzicht auf ein zeitliches und örtliches Zusammenwirken am Tatort kommt ebenfalls dem Phänomen dieser besonderen Kriminalitätsform entgegen, da oftmals nur einzelne Personen die Taten ausführen und die leitenden Köpfe der Organisation sich im Hintergrund halten.160 Diese beiden Aspekte der Neubestimmung der Bandenmäßigkeit lassen sich aber auch auf andere, von der Organisierten Kriminalität unabhängige Gründe zurückführen. So entspricht die Heraufsetzung der Mindestmitgliederzahl dem Wortlaut „Bande“ und wird insbesondere der ursprünglichen Formulierung „mehrere“ im PrStGB und RStGB gerecht.161 Ein zeitliches und örtliches Zusammenwirken ist dem Wortlaut der konvergenten Bandenregelungen nicht zu entnehmen und würde zudem zu einer Sonderregelung der Täterschaft führen.162 Letzteres würde sich gerade bei solchen Banden, deren Mitglieder die Tat gemeinsam planen und demnach Mittäter sind, von denen aber nur einer am Tatort auftritt, als problematisch darstellen. Darüber hinausgehend wird eine Anpassung des Verständnisses der Bandenmäßigkeit mit dem der Organisierten Kriminalität besonders dadurch gefordert, dass erhöhte Anforderungen an die Organisation der Bande gestellt werden.163 Dadurch wäre jedoch der Begriff der Bande kaum noch von dem der kriminellen Vereinigung zu unterscheiden,164 für den das Vorhandensein einer Organisationsstruktur und eines Gruppenwillens kennzeichnend ist. Mithin wäre eines der Institute sogar entbehrlich.165 Der Gesetzgeber des OrgKG erkennt zwar, dass das Verhältnis der Kriminalitätsformen der Organisierten Kriminalität, der Bande und der kriminellen Vereinigung noch 158

Siehe dazu oben im 2. Teil A.I.1. Anlage E Nr. 2.1 der RiStBV; siehe ausführlich oben im 3. Teil A.I.3. 160 Vgl. BGH NStZ 2000, 474 (475): „Nach jetziger Ansicht kann selbst das Mitglied einer Verbrecher-Großorganisation mit ‚Mafia‘-Strukturen nicht wegen Bandendiebstahls (oder Bandenraubes: § 250 Absatz I Nr. 2 StGB) bestraft werden, wenn es den bandenmäßig organisierten Diebstahl (oder Raub) auftragsgemäß ‚vor Ort‘ allein durchführt“. 161 Siehe oben im 2. Teil A.I.1. 162 Siehe oben im 2. Teil B.II.1. 163 Erb, NStZ 1999, 187; Dessecker, NStZ 2009, 184 (188 f.); Kosmalla, S. 200 ff. 164 So z. B. auch Erb, NStZ 2001, 561 (562); Schild GA 129 (1982), 55, (84). 165 Kosmalla, S. 200 ff., fordert daher die Streichung der bandenmäßigen Begehung. Siehe auch oben im 3. Teil A.III. 159

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nicht ausreichend geklärt ist,166 jedoch setzt er diese nicht gleich und verwendet gerade die Begriffe der kriminellen Vereinigung und der Bande unterschiedlich.167 Noch deutlicher gegen erhöhte Anforderungen an die Organisation der Bande spricht sich der Gesetzgeber des – ebenfalls auf die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität abzielenden168 – VerbrBG169 aus. Dort heißt es explizit, dass im Unterschied zur kriminellen Vereinigung der Begriff der Bande kein Mindestmaß an fester Organisation voraussetzt.170 Diese Differenzierung von krimineller Vereinigung und Bande wird auch von der Rechtsprechung strikt eingehalten.171 Einerseits wird nicht vorausgesetzt, dass die Bande eine bestimmte Organisationsstruktur oder einen Bandenwillen erfordert.172 Zwar wurde zeitweilig – wie von Dessecker173 herausgestellt – in der Rechtsprechung zur Bestimmung bandenmäßigen Handelns auf Indikatoren wie das Eingebundensein in eine bandenmäßige Organisation, eine geschäftsmäßige Auftragsverwaltung, gegenseitige Kontrolle und Schutz, das Vorliegen einer gemeinsamen Kasse oder die Beteiligung an den gemeinsam erwirtschafteten Gewinnen und Verlusten abgestellt,174 jedoch ist diese Rechtsprechung heute überholt. Dadurch sollte das subjektive Merkmal des gefestigten Bandenwillens umschrieben werden. Dieses zusätzliche Merkmal führte jedoch aufgrund seiner Unbestimmtheit zu einer unübersichtlichen Kasuistik und wurde daher aufgegeben.175 Andererseits wird das Festhalten an der bestehenden Systematik von krimineller Vereinigung und Bande dadurch verdeutlicht, dass der 3. Senat des BGH176 sich unlängst gegen eine Modifizierung des Begriffs der kriminellen Vereinigung i. S. des Rahmenbeschlusses des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität177 aussprach. Nach Art. 1 des Rahmenbeschlusses setzt eine kriminelle Vereinigung nicht not166

BT-Drucks. 12/989, S. 24. So wurden nicht nur neue bandenmäßige Strafschärfungen eingeführt, sondern der Anwendungsbereich des § 129 StGB auf ausländische Banden durch Schaffung eines neuen § 30b BtMG erweitert; vgl. dazu BT-Drucks. 12/989, S. 31. 168 Vgl. z. B. BT-Drucks. 12/6853, S. 27 f. 169 BGBl. I 1994, S. 3186. 170 BT-Ducks. 12/6853, S. 28. 171 BGHSt 54, 216 (222); siehe zur Abgrenzung von Bande und krimineller Vereinigung ausführlich oben im 3. Teil A.I.2. 172 BGHSt 46, 321 (329 f.). 173 Dessecker, NStZ 2009, 184 (188). 174 BGH NStZ 2001, 32 (33). 175 BGHSt 46, 321 (328); dieses erkennt auch Dessecker, NStZ 2009, 184 (188 f.) an; siehe ausführlich oben im 2. Teil B.I.1.a). 176 BGHSt 54, 216. 177 ABl. EG 2008 Nr. L S. 42. 167

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wendigerweise voraus, dass förmlich festgelegte Rollen für deren Mitglieder, eine kontinuierliche Mitgliedschaft oder eine ausgeprägte Struktur bestehen. Der Senat argumentiert, dass die Übertragung dieses Begriffsverständnisses auf die kriminelle Vereinigung „zu einem unauflösbaren Widerspruch zu wesentlichen Grundgedanken des [deutschen] Systems der Strafbarkeit mehrerer zusammenwirkender Personen führen“ würde.178 Dabei wird gerade herausgestellt, dass sich anderenfalls die kriminelle Vereinigung nur noch in unwesentlichen Randbereichen von der Bande unterscheiden würde. Dadurch würde letztendlich bereits die Mitgliedschaft in einer Gruppierung, die lediglich die Voraussetzungen einer Bande erfüllt, über § 129 StGB strafbar sein, obwohl die bloße Mitgliedschaft in einer Bande gerade nicht strafbar ist. Eine Modifizierung des Begriffs der kriminellen Vereinigung sei vielmehr Sache des Gesetzgebers.179 Die Forderungen nach Modifizierung des Begriffs der kriminellen Vereinigung im Sinne der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität verdeutlichen, dass es merkwürdig anmutet, unter der gleichen Zielsetzung zu fordern, die Voraussetzungen an die Bande zu erhöhen. Eine Beibehaltung des bestehenden Systems von krimineller Vereinigung und Bande passt sich zudem dem hier vertretenen Standpunkt zum Strafzweck der bandenmäßigen Begehung (Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr) an, der gerade die Tatbegehung als Voraussetzung für die strafrechtliche Erfassung der Bande in den Mittelpunkt rückt. Besonders wenn bei einer Bande keine Organisationsstrukturen vorliegen, kommt der Tatbegehung als ein Kundgabeakt, mit dem der Täter seine Tat bewusst in den gefährlichen Zusammenhang der Bandenabrede stellt, eine größere Bedeutung bezüglich der Aufrechterhaltung der Bandenabrede zu. Ist ein Mitglied bereits in bestehende Strukturen eingebunden, so wird ihm ein Loslösen von der Vereinbarung der zukünftigen, noch unbestimmten Straftatbegehung schwerer fallen, als in einer losen Verbindung.180 Ein Einfluss des Verständnisses der Organisierten Kriminalität auf die Bandenmäßigkeit allgemein ist mithin abzulehnen. • Teleologische Reduktion bestimmter Bandenregelungen Anstelle einer einschränkenden Auslegung der Bandenmäßigkeit könnte jedoch eine teleologische Reduktion einiger Bandennormen in Betracht kommen. Für diesen Weg spricht auf den ersten Blick, dass auch in der Literatur überwiegend zwischen den Bandennormen differenziert wird, die speziell der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität dienen und solchen, 178 179 180

BGHSt 54, 216 (223). BGHSt 54, 216 (224). Vgl. Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (71, 79).

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die die schlichte Bandentatbegehung betreffen sollen.181 Allerdings werden trotz einer solchen Differenzierung von den Autoren keine unterschiedlichen Anforderungen aufgestellt.182 Dies ist auch naheliegend, da es sowohl in den Normen, die bereits vor dem OrgKG bestanden und denen, die dadurch oder danach eingeführt worden sind, der Begriff der Bande jeweils gleich verwendet wird. So heißt es z. B. in § 244 I Nr. 2 StGB genau wie in § 244a StGB: „als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von [. . .] verbunden hat“.183 Eine Differenzierung zwischen Bandennormen, die speziell der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität dienen und solchen, die die schlichte Bandentatbegehung betreffen, erscheint auch vor dem Hintergrund schwierig, dass die Organisierte Kriminalität hauptsächlich Vermögenskriminalität darstellt und dies ebenfalls für die Bandenkriminalität gilt. Wie im OrgKG herausgestellt, ist die bandenmäßige Begehung neben der gewerbsmäßigen besonders „organisationsverdächtig“. Daher könnte prinzipiell mit jeder Bandenregelung der Organisierten Kriminalität entgegenwirkt werden. Insbesondere wenn aus dem Titel oder der Zielsetzung eines Gesetzes nicht bereits hervorgeht, dass es der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität dient, müssten die Gesetzesmaterialien mühsam nach Hinweisen auf einen solchen Gesetzeszweck durchsucht werden.184 Zu überlegen wäre jedoch, ob die Bandenregelungen, die als Verbrechen ausgestaltet sind und dabei an ein weiteres Merkmal (i. d. R. die Gewerbsmäßigkeit) anknüpfen, generell als der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität dienende Regelungen aufzufassen sind. Dies begründet sich dadurch, dass der Gesetzgeber mit dem OrgKG sog. „Superqualifikationen“ wie §§ 244a, 260a StGB einführte.185 So empfand der Gesetzgeber es bei der Schaffung des speziell auf die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ausgerichteten Verbrechenstatbestands des Bandendiebstahls als nicht systemgerecht, den bereits existierenden einfachen Bandendiebstahl des 181 Vgl. dazu Krings, S. 15 ff. m. w. N.; als Gegenbeispiel Leipold/Schmidt, NJWSpezial 2005, 423, die undifferenziert meinen, dass der Begriff der bandenmäßigen Begehung als Handhabe gegen die „organisierte Kriminalität“ eingefügt wurde und sich heute in zahlreichen strafschärfenden Tatbeständen des Strafrechts wiederfindet. 182 Krings, S. 17. 183 Allerdings wird heute zunehmend, aber nicht gänzlich, auf das Mitwirkungserfordernis verzichtet. 184 Eindeutig z. B. bei Bandenregelungen, die auf das OrgKG oder OrgKVerG zurückgehen. Nicht eindeutig dagegen ist es z. B. bei den durch das 6. StrRG eingefügten §§ 263 V, 267 IV StGB; vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 42. 185 Vgl. zum Begriff Arzt/Weber/Heinrich, § 14 Rn. 1; allerdings wurde auch der Vergehenstatbestand der Bandenhehlerei, § 260 I Nr. 2, durch das OrgKG eingefügt, bei dem kein zusätzliches Merkmal gefordert wird.

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§ 244 I Nr. 3 StGB a. F., der wie der Grundtatbestand des § 242 StGB ein Vergehen darstellt, ohne zusätzliche Merkmale als Verbrechen auszugestalten. Wie hier dargestellt, wird gerade die Anwendung des § 244a StGB auf Jugendbanden bzw. Banden ohne „mafiöse“ Struktur kritisiert. Diese Diskussion wurde maßgeblich dadurch ausgelöst, weil der Gesetzgeber zur Verknüpfung der Bandenmäßigkeit mit anderen Merkmalen feststellte, dass anderenfalls „auch Gruppen von Straftätern erfasst würden, die kaum dem Bereich der Organisierten Kriminalität zugerechnet werden können (z. B. Jugendliche, auch Schüler, die bandenmäßig Ladendiebstähle begehen)“.186 Die Bezugnahme des Gesetzgebers speziell auf Schüler-/Jugendbanden erklärt damit zugleich, dass sich die Diskussion gerade auf jugendliche Banden bezieht.187 Jedoch ist es verfehlt, diese Diskussion allein in Bezug auf Jugendbanden zu führen, da auch andere Verbindungen älterer Personen nicht dem Bereich der Organisierten Kriminalität zuzurechnen sind.188 So führt der Gesetzgeber die Jugendbanden nur beispielhaft („z. B.“) auf. Problematisch an einer solchen eingeschränkten Diskussion wäre zudem, dass eine Bestimmung des Begriffs „Jugendbande“ erfolgen müsste. Dabei müsste u. a. geklärt werden, inwiefern das Alter und/oder jugendtypische Taten und Vorgehensweisen entscheidend sind. In der Gesetzesbegründung wird allerdings nicht gesagt, dass bestimmte Gruppen von Straftätern, die nicht dem Bereich der Organisierten Kriminalität zuzurechnen sind, aus dem Anwendungsbereich des § 244a StGB herausfallen oder gar nicht als „Bande“ anzusehen sind. Vielmehr wird durch die Begründung lediglich deutlich, dass solche Banden nicht vom Verbrechenstatbestand des § 244a StGB erfasst werden sollen, bei denen nicht auch zusätzliche, in § 244a StGB aufgeführte Merkmale erfüllt sind. Sind diese aber erfüllt und der Bandendiebstahl etwa unter einer in § 243 I 2 StGB genannten Voraussetzung begangen, findet § 244a StGB auf alle Diebesbanden Anwendung.189 Beim bandenmäßigen Diebstahl ist es z. B. häufig der Fall, dass auch gewerbsmäßig gestohlen wird. Gewerbsmäßigkeit scheidet nur aus, sofern sich die Bandenmitglieder nicht einmal ein Nebeneinkommen erschließen wollen, wie z. B. bei Schüler- und Jugendbanden, die die Diebstähle als Mutprobe ansehen.190 Aus den Materialien zum 186

BT-Drucks. 12/989, S. 25. So bei LG Potsdam, Urteil vom 22.01.1999, Az. 4116 Js 406/98 – 22 KLs 30/98; vgl. dazu BGH NStZ-RR 2000, 343; Laubenthal, JZ 2002, 807 (813). 188 Andererseits ist aus dem Vorliegen einer Jugendbande nicht zu schließen, dass dadurch eine Organisierte Kriminalität ausscheidet; vgl. Schneider, Kriminalistik 2000, 87 (89), wonach in den USA teilweise Jugendbanden mit dem organisierten Verbrechen zusammenarbeiten. 189 Vgl. BGH NStZ-RR 2000, 343 (344). 190 Vgl. LK-Vogel, § 244 Rn. 51. 187

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6. StrRG191 geht noch deutlicher hervor, dass es nach Ansicht des Gesetzgebers möglich ist, nicht der Organisierten Kriminalität entsprechende Banden dennoch von den als Verbrechen ausgestalteten und an zusätzliche Merkmale geknüpften Bandentatbeständen zu erfassen. So geht er zwar im Bereich des Betrugs oder der Urkundenfälschung davon aus, dass durch § 263 V StGB oder § 267 IV StGB anders als bei § 244a StGB nicht auch geringer wiegende Konstellationen, wie etwa Banden von Jugendlichen, die sich zu kleineren Straftaten verbunden haben, mit einbezogen werden, weil es Vergleichbares – soweit ersichtlich – in diesen Bereichen nicht gebe.192 Falls doch, könne dem aber durch die Annahme eines – damals neu zu schaffenden – minder schweren Falles Rechnung getragen werden.193 Die Annahme eines minder schweren Falles anstelle der Nichtanwendung von zu Verbrechen ausgestalteten Bandenqualifikationen kann zudem für den Täter unter dem Gesichtspunkt der zu verhängenden Höchststrafe von Vorteil sein. Bei den minder schweren Fällen der §§ 244a II, 260a StGB liegt das Höchstmaß bei fünf Jahren Freiheitsstrafe, wohingegen bei den einfachen Bandenqualifikationen der §§ 244, 260 StGB eine Höchststrafe von zehn Jahren Freiheitsstrafe verhängt werden kann. Dieser Gedanke findet sich auch in der Abschaffung des bis zum 6. StrRG in § 244a IV StGB vorgesehenen zwingenden Ausschlusses des Absatzes 1 für solche Fälle wieder, in denen sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezog.194 Damit hat der Gesetzgeber zugleich eine Absage an eine – wie von Kosmalla195 gewünschte – „Bagatellgrenze“ erteilt. Für die Einstufung einer Handlung nach § 244a I StGB als Verbrechen sei nicht der Wert der Tatbeute maßgeblich, sondern der hohe Unrechtsgehalt dieser Handlung sowie deren Gefährlichkeit. Sachgerechter sei es daher, Konstellationen ausnahmsweise geringer wiegenden Unrechts als minder schweren Fall nach Absatz 2 zu behandeln. Der Umfang der Diebesbeute sei nur ein Aspekt der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung.196 Insbesondere ist Laubenthal197 im Hinblick auf Jugendbanden zuzustimmen, dass es nicht der Rechtssicherheit dient, Tatbestände unter Berücksichtigung jugendtypischer Eigenarten gesondert zu definieren. Gerade im Jugendstrafrecht wirkt sich der durch die Bandennormen eröffnete erhöhte Strafrahmen weniger gravierend aus, da dort die Strafrahmen des allgemei191

BGBl. I 1998, S. 164. In Bezug auf den Verzicht des Erfordernisses der Erlangung eines Vermögensvorteils großen Ausmaßes, BT-Drucks. 13/8587, S. 64, 66. 193 BT-Drucks. 13/8587, S. 64, 66. 194 BT-Drucks. 13/8587, S. 63. 195 Kosmalla, S. 139 f. 196 BT-Drucks. 13/8587, S. 63. 197 Laubenthal, JZ 2002, 807 (813). 192

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nen Strafrechts ohnehin keine Geltung beanspruchen (§ 18 I 3 JGG).198 Aber auch darüber hinaus erscheint es schwierig, Kriterien aufzustellen, ab wann eine Bande den Anforderungen der Organisierten Kriminalität gerecht wird, ohne dass dies zu Rechtsunsicherheit führt. Hierbei sei nur auf die Rechtsprechung zum wieder aufgegebenen „übergeordneten Bandenwillen“ verwiesen.199 Es hat sich somit gezeigt, dass es vor dem Hintergrund der Organisierten Kriminalität nicht erforderlich ist, bei bestimmten Bandenregelungen eine Restriktion vorzunehmen. • Zusammenfassung Die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität ist lediglich ein gesetzgeberisches Motiv, das sich nicht auf die Auslegung der Bandenmäßigkeit in dem Sinne auswirkt, dass bestimmte Banden, wie z. B. Jugendbanden, aus dem Anwendungsbereich aller oder bestimmter Bandennormen herausfallen. Dies kann nur durch ein Einschreiten des Gesetzgebers erreicht werden. Es stimmt zwar, dass der Gesetzgeber gerade bei der pauschalen Verweisung des § 244a StGB auf § 243 I 2 StGB und § 244 I Nr. 1 StGB „nicht das Augenmaß und die Sorgfalt an den Tag gelegt hat, die bei Schaffung eines Verbrechenstatbestands angezeigt gewesen wäre“.200 Jedoch wird diese Problematik dadurch gemildert, dass die Rechtsprechung bei Tätern, die einer nicht der Organisierten Kriminalität entsprechenden Bande angehören, einen minder schweren Fall anwenden kann.201 c) Korrektur bei originär sozialen, nicht delinquenten Verbindungen Abschließend ist noch zu überlegen, ob solche Banden aus dem Bandenbegriff herauszunehmen sind, die sich nicht originär zur fortgesetzten Begehung von Straftaten zusammengeschlossen haben.202 Hierbei handelt es sich 198 Zudem kann zwar das Spektrum an Ermittlungsverfahren gegen die Organisierte Kriminalität auch auf jugendliche Banden angewendet werden, jedoch muss es das gerade nicht. 199 Siehe dazu bereits oben im 2. Teil B.I.1.a). 200 LK-Vogel, § 244a Rn. 2, der beispielhaft aufführt, dass so auch ein Mitglied einer Taschendiebesbande, der einen Betrunkenen bestiehlt oder der bei der Tat ein Pfefferspray bei sich führt, ein Verbrechen begeht. 201 Vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 64, 66; BGH NStZ-RR 2009, 320; Glandien, NStZ 1998, 197 (198); LK-Vogel, § 244a Rn. 2; Möller, StraFo 2009, 92 (96); vgl. aber Schöch, NStZ 1996, 166 (169). 202 Insbesondere als für eine Bande bereits zwei Personen als ausreichend angesehen wurden, war diese Frage für die Ehegattenbande umstritten; vgl. Krings, S. 150 ff.; Schild, GA 1982, 55 (81 f.).

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um soziale Verbindungen, bei denen die Straftatbegehung nur einen Neben-, aber keinen Hauptzweck darstellt. Zunächst ist in diesem Zusammenhang wieder an die Jugendbanden zu denken, denn Jugendliche schließen sich in der Regel erst zu sog. „Peer-groups“ zusammen und werden – wenn überhaupt – später delinquent.203 Ein besonderer „Kinderbezug“ ist zudem bei durch familiäre Bindungen überlagerten Banden zu erkennen.204 Die Beantwortung dieser Frage ist jedoch anhand des bisher Gesagten bereits vorgezeichnet. Zum einen kann eine solch überlagerte Bande dennoch gleich gefährlich sein, wie eine ausschließlich zur Straftatbegehung gegründete. Besteht zwischen den Mitgliedern die ausdrückliche oder stillschweigende Abrede, zukünftig Straftaten zu begehen, begründet sich die Gefahr des ständigen gegenseitigen Anreizes zur Fortsetzung der Straftatbegehung. Durch die soziale bzw. familiäre Beziehung der Mitglieder untereinander liegt sogar die Vermutung nahe, dass die Bande nicht so schnell auseinanderfällt wie rein kriminell verbundene Banden. Ist eine Bandenabrede nachweisbar, besteht folglich eine delinquente Bindung, welche von der sozialen Bindung getrennt werden kann. Daher erscheint es auch nicht gerechtfertigt, diese delinquenten Verbindungen und damit Banden zu privilegieren.205 Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass innerhalb solcher Banden gerade die soziale Bindung zu Druck- oder Notsituationen führt, die die Mitglieder zum Eingehen der Bandenabrede bzw. Tatbegehung veranlasst haben, wie dies z. B. bei starker elterlicher Autorität der Fall sein kann.206 Dies ist jedoch eine Frage der konkreten Nichtberücksichtigung,207 da nicht bei allen sozial verbundenen Banden Druck- oder Notsituationen bestehen müssen bzw. auch bei originär delinquenten Banden solche Situationen entstehen können. Zum anderen stößt die Herausfilterung ursprünglich legaler sozialer Bindungen auf praktische Schwierigkeiten. Größtenteils dürften Bandenmitglieder auf die eine oder andere Art sozial verbunden sein, sei es durch einen gemeinsamen Freundeskreis, die Arbeit oder ein Hobby. So müsste überlegt werden, ab welchem Grad an sozialer Bindung keine Bandenstrafbarkeit in Betracht kommen darf. Solche Differenzierungen dienen nicht der Rechtssicherheit. Speziell in Bezug auf Familienbanden ergibt sich auch aus dem grundrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 I GG keine andere Wertung. Der in Art. 6 I GG statuierte besondere Schutz der staatlichen 203

Förtig, S. 43; Middendorff, Kriminalistik 1958, 213 (217). Volk, JR 1979, 426 (428), der sich fragt, ob die „Familienbande“ die Mitglieder zur „Bandenfamilie“ verknüpfe. 205 Kosmalla, S. 138. 206 Kosmalla, S. 138 f., will dem im Strafmaß Berücksichtigung beimessen. 207 Siehe dazu unten C.I.2.e) und C.II.3.c). 204

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Ordnung für Ehe und Familie umfasst positiv die Aufgabe des Staates, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und auch durch geeignete Maßnahmen zu fördern und negativ das Verbot für den Staat selbst, die Ehe zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen.208 Diese Schutz- und Förderungspflicht kommt besonders im Steuer- und Sozialrecht, in den Regelungen der vermögensrechtlichen Beziehungen im Fall der Scheidung (§§ 1569 ff. BGB), kraft Verwandtschaft (§§ 1601 ff. BGB) und zur Pflege unehelicher Kinder (§§ 1615a ff. BGB) sowie in den Vorschriften des Ausländerrechts zur Gewährleistung der ehelichen und familiären Lebensgemeinschaft zu Geltung.209 Der verfassungsrechtliche Schutz- und Förderungsauftrag kann jedoch nicht so weit gehen, dass er Straftäter schützt.210 Es stellt gerade keine Benachteiligung oder Diskriminierung dar, Familienbanden wie andere Banden im Falle der Straftatbegehung zu bestrafen. Eine Bestrafung wegen bandenmäßiger Begehung von Mitgliedern einer Familienbande richtet sich nicht gegen die Familie an sich, sondern gegen Straftatbegehungen i. S. der Bandenabrede.211 Weder eine familiäre noch eine sonst persönliche Verbindung steht folglich der Annahme einer Bande entgegen.212 Allerdings kann ein Richter in seiner Abwägung, ob ein minder schwerer Fall gegeben ist, zu Gunsten des Angeklagten den Umstand berücksichtigen, dass die Verbindung der Bandenmitglieder primär auf einer persönlichen Verbundenheit beruht und gerade nicht dem Bild der üblichen Bandenkriminalität entspricht.213 Es verstößt jedoch gegen § 46 III StGB, wenn das Fehlen persönlicher Verbundenheit zu Lasten des Angeklagten als strafschärfender Umstand berücksichtigt wird.214 208

BVerfGE 6, 55 (76); Maunz/Dürig/Badura, GG, Art. 6 Rn. 67. Maunz/Dürig/Badura, GG, Art. 6 Rn. 67. 210 Kosmalla, S. 139. 211 Nach Krings, S. 152 ff., ist bei allen bestehenden Zusammenschlüssen eine Umfunktionierung in eine kriminelle Bande dann möglich, wenn diese Zusammenschlüsse auf einer gegenseitigen Absprache beruhen und daher inhaltlich umgestaltet werden können. Die Ehe ist jedoch auf Lebenszeit geschlossen und kann nur durch gerichtliches Urteil aufgelöst werden (§§ 1353 I 1, 1564 BGB) und demnach könne die staatlich geschützte Ehe nicht durch einfache Absprache unter den Eheleuten in ihrem Wesensgehalt geändert werden. 212 So auch BGH NStZ 2007, 339 (440); Fischer, § 244 Rn. 36; Kosmalla, S. 138 f.; LK-Vogel, § 244 Rn. 60; S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 24. 213 BGH NStZ-RR 2009, 320. 214 BGH NStZ-RR 2010, 253. In diesem Fall hatte sich der Angeklagte mit anderen Bandenmitgliedern nicht aus persönlichen Gründen, sondern „nur zur Erlangung des wirtschaftlichen Ziels des Verkaufs von Drogen“ zusammengeschlossen. Mit dem Straftatbestand des § 30a I StGB sei jedoch eine solche Intention wegen der für das Handeltreiben vorausgesetzten Eigennützigkeit jedenfalls bei täterschaftlicher Begehungsweise notwendig verknüpft. 209

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III. Zwischenergebnis Eine generelle Nichtberücksichtigung von Kindern im Zusammenhang mit Bandennormen scheidet aus. Strafrechtsnormen (und speziell Bandennormen) können grundsätzlich von schuldunfähigen Kindern genauso wie von anderen Personen verwirklicht werden. Kinder können ebenso Bandenmitglieder darstellen. Zwar kann es sein, dass Kinder im Einzelfall, wie auch Jugendliche, Heranwachsende oder Erwachsene, nicht tatbestandsmäßig (insbesondere nicht vorsätzlich), rechtswidrig oder (konkret) schuldhaft215 handeln, wodurch ihre Bandenmitgliedschaft oder ihre Möglichkeit zur bandenmäßigen Begehung ausgeschlossen sein könnte. Zudem stellen Banden mit Kindern keine generell weniger gefährlichen Banden dar, die aus dem Bereich der Bandenstrafbarkeit herauszunehmen sind. Zwar würde sich eine solche generelle Nichtberücksichtigung für den Rechtsanwender als einfache und übersichtliche Handhabe darstellen, jedoch würde eine solche starre Bewertung der Bandenfähigkeit von Kindern zu absurden Ergebnissen führen. • Beispiel A schließt sich mit dem 13-jährigen K 1 und dem 12-jährigen K 2 zur fortgesetzten Begehung von Raub- und Diebstahlstaten zusammen. K 1 und K 2 hatten beide gerade erst Geburtstag. Würden Personen erst mit Vollendung des 14. Lebensjahres als Bandenmitglieder angesehen werden, könnte in diesem Fall erst nach zwei Jahren von einer Bande gesprochen werden. Nach einem Jahr wäre K 1 zwar im „bandenfähigen“ Alter, aber K 2 wäre dann mit 13 Jahren immer noch zu jung. Auch wenn die drei regelmäßig und routiniert Straftaten begehen würden, müsste eine Bandenstrafbarkeit ausscheiden, weil noch keine für eine Bande nötigen drei Bandenmitglieder vorhanden sind. Dass sich dann am Tage des 14. Geburtstags von K 2 diese delinquente Personengruppe, die sonst unverändert agiert, plötzlich in eine Bande transformiert, kann nicht überzeugen. Zudem würden sich dann auch gravierende Irrtumsprobleme ergeben.216

Vielmehr kann die Bewertung der Bandenmitgliedschaft und der bandenmäßigen Begehung eines Kindes, wie bei strafmündigen Personen auch, nur anhand der Betrachtung der Umstände des Einzelfalls sachgerecht bewertet werden. 215

Konkret schuldhaft bedeutet hier, dass abgesehen von der absoluten Schuldunfähigkeit nach § 19 StGB im Einzelfall Unrechtseinsicht sowie Steuerungsfähigkeit vorliegt und keine Entschuldigungsgründe eingreifen. Auch spezielle Schuldmerkmale sowie individuelle Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit müssten für ein schuldhaftes Handeln vorliegen, jedoch sind diese bei den Bandennormen nicht vorausgesetzt. 216 Z. B. wenn eine Person irrtümlich davon ausgeht, sich mit 13-Jährigen und nicht mit 14-Jährigen verbunden zu haben.

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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C. Einzelfallbezogene (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden Keine generelle, aber eine einzelfallbezogene Nichtberücksichtigung von Kindern im Zusammenhang mit Bandennormen könnte sich aus dem Vorliegen eines – neben § 19 StGB bestehenden – Strafmangels ergeben. Wie oben217 bereits dargelegt, ist zwischen der Bandenabrede und der bandenmäßigen Tatbegehung zu unterscheiden. Nicht unwahrscheinlich wird das Vorliegen eines Doppelmangels sein, der sowohl die Bandenabrede als auch die Tatbegehung betrifft. Mängel bezüglich der Bandenabrede könnten bereits die Bandenmitgliedschaft des Kindes ausschließen, während Mängel bei der Tatbegehung die Einstufung der Tatbeiträge als bandenmäßige beeinflussen könnten. Liegt ein solcher Strafmangel beim Kind vor, kann dadurch auch die bandenmäßige Strafschärfung für beteiligte Strafmündige beeinflusst werden. Entscheidend ist dabei jeweils der Zeitpunkt der Tatbegehung, entweder durch das Kind selbst oder – bei dessen Nichtbeteiligung an einer konkreten Tat – durch die übrigen strafmündigen Mitglieder. Bei der Erörterung des Einflusses der Mängel findet keine Beschränkung auf Mängel der Tatbestands- oder Rechtswidrigkeitsebene statt, sondern es werden ebenfalls solche auf der Schuldebene miteinbezogen. Das Auftreten von Strafmängeln und ein möglicher Ausschluss der Bandenmäßigkeit stellen sich zwar nicht als ausschließlich kindertypische Probleme dar, jedoch sind Kinder altersbedingt eher für Strafmängel anfällig. Soweit möglich, wird diesem Umstand in den gewählten Beispielsfällen Rechnung getragen. Sofern nicht extra darauf hingewiesen wird, dass die Kinder in den Beispielsfällen nicht einsichts- und steuerungsfähig sind, ist bei ihnen diese Fähigkeit und damit deren tatsächliche Schuldfähigkeit zu unterstellen.218 Alle Beispielsfälle sind daher ebenso mit Strafmündigen vorstellbar.

I. Bandenabrede Das Bestehen einer Bandenabrede ist notwendige Voraussetzung für das Vorliegen einer Bande bzw. der Bandenmitgliedschaft einer Person. Bande und Bandenmitgliedschaft sind objektive Tatbestandsmerkmale einer – als Qualifikation ausgestalteten – Bandennorm. Die Prüfung der Bandenabrede ist folglich objektive Tatbestandsvoraussetzung einer bandenmäßigen Bege217

Siehe A.II.2. Nochmals zur Klarstellung: § 19 StGB stellt nur eine gesetzliche Vermutung auf, dass Kinder schuldunfähig, also nicht einsichts- und steuerungsfähig sind; siehe oben B.II.1.b). 218

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

hung.219 Eine von der bandenmäßigen Begehung getrennte Prüfung der Bandenabrede empfiehlt sich jedoch, da die Bandenmitgliedschaft eines Kindes schon dann von Bedeutung sein kann, wenn es nicht an einer konkreten Tat mitwirkt und es damit nicht um das bandenmäßige Handeln des Kindes geht. Wie bereits oben220 herausgestellt, ist es möglich, dass es bei einem kriminellen Personenzusammenschluss, der neben Kindern bloß aus einem oder zwei Strafmündigen besteht, aufgrund der fehlenden Bandenmitgliedsfähigkeit der Kinder an der für eine Bande erforderlichen Mindestzahl von drei Personen mangelt. Die daraus resultierende fehlende Bandenqualität würde dazu führen, dass Strafmündige nicht wegen der Begehung eines (vollendeten) Bandendelikts, sondern nur wegen des Grunddelikts bestraft werden könnten. • Beispiel A, B und das Kind K brechen regelmäßig in Wohnungen ein, um dort Wertgegenstände zu entwenden. A und B begehen gemeinsam einen Wohnungseinbruchsdiebstahl ohne Mitwirkung des K. Wenn bei K die Eingehung einer Bandenabrede abzulehnen ist, kann es nicht als Bandenmitglied angesehen werden und es würde an der für eine Bande nötigen Mindestpersonenzahl von drei mangeln. A und B können dann nicht als Beteiligte aus der Bandennorm des § 244a StGB bestraft werden.221

Auch wenn, wie hier, mehrere Personen offensichtlich kriminell verbunden sind, ist es dennoch nicht immer eindeutig, ob sie dies alle aufgrund einer gemeinsamen Bandenabrede sind. Die Bandenabrede setzt den Willen der Mitglieder voraus, sich mit anderen zu verbinden, um künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Delikttyps zu begehen.222 Daher ist es denkbar, dass sich Mängel auf die Mitgliederzahl, die Verabredung als solche, die Verbindung zur fortgesetzten Begehung oder die anvisierten Straftaten beziehen. Ob solche Mängel jedoch zu einem Strafbarkeitsmangel derart führen, dass dadurch die Bandenabrede bzw. Bandenmitgliedschaft zu verneinen ist, soll im Folgenden anhand einiger – wie erwähnt nicht nur kindertypischer – Problemkonstellationen diskutiert werden. 219 Siehe dazu unten C.II.1.a)(1). Die Bandenabrede ist kein ausschließlich objektives Merkmal, da sie einen Bindungswillen der Mitglieder voraussetzt; vgl. LK-Vogel, § 244 Rn. 60. Dennoch ist die Abrede ein im objektiven Tatbestand zu prüfendes Merkmal, da sie für das Vorliegen einer Bande erforderlich ist und das Vorliegen einer Bande ein objektives Tatbestandsmerkmal darstellt. Auch der gemeinsame Tatplan bei der Mittäterschaft ist ein subjektives Erfordernis, der jedoch nach h. M. ebenfalls im objektiven Tatbestand geprüft wird. 220 Siehe A.II.1.a)(1). 221 Siehe bereits oben im 2. Teil A.I.2. und im 4. Teil A.II.1.a)(1). 222 BGHSt 50, 160 (161); siehe ausführlich bereits oben im 2. Teil A.IV.

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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1. Mitgliederzahl Rechtsprechung und herrschende Literatur vertreten mit überzeugenden Argumenten, dass eine Bande aus drei Mitgliedern bestehen muss.223 Verabreden sich nur zwei Personen zur fortgesetzten Straftatbegehung, scheidet mithin das Vorliegen einer Bande aus. • Beispiel A und das Kind K verabreden, zukünftig gemeinsam Wertgegenstände zu stehlen. In diesem Sinne entwenden sie alsbald ein Handy.

Auch wenn A und K davon ausgehen, sie seien durch ihre Verabredung als Mitglieder einer Bande anzusehen, haben sie dennoch keine Bande gebildet. Eine Strafbarkeit wegen einer versuchten Bandentat entfällt. A und K haben die tatsächlichen Umstände richtig erfasst, halten sich jedoch aufgrund einer fehlerhaften rechtlichen Wertung für Bandenmitglieder. Dies entspricht einem straflosen Wahndelikt in der Form, dass ein Tatbestandsmerkmal falsch ausgelegt wird und somit der Tatbestand in seinem Anwendungsbereich überdehnt wird (umgekehrter Subsumtionsirrtum).224 In einer solchen Konstellation liegt die Nichtberücksichtigung des Kindes als Bandenmitglied allerdings nicht an einem in seiner Person begründeten Strafbarkeitsmangel, sondern vielmehr an einem objektiven Umstand, der gleichermaßen auch für das andere Bandenmitglied gilt. Mängel, die sich aus einer ungenügenden Mindestmitgliederzahl ergeben, sind demnach für die hiesige Untersuchung irrelevant. Relevant können allein solche Mängel sein, die sich auf die Eigenschaft als Bandenmitglied beziehen. 2. Verabredung Für das Vorliegen einer Bandenabrede ist schon begrifflich eine Verabredung notwendig. Liegt eine solche Verabredung nicht vor, fehlt es entweder an der Bandenabrede und somit an einer Bande oder zumindest an der Bandenmitgliedschaft der fraglichen Person. Der Wortlaut der Bandendelikte bietet jedoch keinen Hinweis auf die Art und Weise, wie die Bandenabrede zu Stande kommen muss.225 Es ist daher nicht in allen Fällen eindeutig erkennbar, wann eine Verabredung vorliegt oder nicht vorliegt.

223 224 225

Siehe dazu oben im 2. Teil A.I. Fischer, § 22 Rn. 49, 51; Heinrich, Rn. 681, 684; Rengier, AT, § 35 Rn. 15. Vgl. BGHSt 50, 160 (165).

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

a) Schlüssiges Verhalten Die Verabredung kann nach allgemeiner Ansicht ausdrücklich oder auch nur stillschweigend erfolgen.226 Die Gründung einer Bande sowie der Beitritt eines Mitglieds bedürfen keiner besonderen Form. Ist demnach keine ausdrückliche Bandengründung oder sind keine ausdrücklichen Beitrittserklärungen nachzuweisen, kann sich das Vorliegen einer Bandenabrede dennoch aus dem schlüssigen Verhalten der betreffenden Personen ergeben.227 Entscheidend sind dafür jeweils die Umstände des Einzelfalls.228 Insbesondere kann – aber nicht muss – die Bandenabrede aus einem wiederholten Zusammenwirken hergeleitet werden.229 Gerade ein kriminelles Handeln als schlüssiges Verhalten kann die Bindung an den kriminellen Bandenzweck der fortgesetzten Straftatbegehung oftmals besser belegen als eine bloße wörtliche Erklärung und darüber hinaus zugleich die Bandenabrede bestärken.230 • Beispiel Die Bandenmitglieder A, B und C begehen immer wieder gemeinsam Einbruchsdiebstähle. Für die nächste Tat erachtet es A von Vorteil, nicht mit B und C, sondern mit einer zierlichen und damit besonders gut für die Tatausführung geeigneten Person zusammenzuwirken. A wendet sich an das Kind K, welches sich sogleich zu dem Vorhaben bereit erklärt. In diesem Sinne begehen die beiden einen Einbruchsdiebstahl. Es hat sich dabei herausgestellt, dass die geringe Körpergröße des K gerade für Einbrüche von Vorteil ist. Daher wendet sich nicht nur A in der Folgezeit an K, sondern auch B und C begehen regelmäßig mit K Einbruchsdiebstähle.

Obwohl K hier nicht ausdrücklich seinen Beitritt zur Bande erklärt hat, könnte es dennoch durch schlüssiges Verhalten mit den anderen Bandenmitgliedern eine Bandenabrede eingegangen sein. Dafür ist erforderlich, dass 226 BGHSt 38, 26 (31); BGHSt 47, 214 (219); BGHSt 50, 160 (162, 164); BGH NStZ 1986, 408; BGH NStZ 2006, 176; Eisele, BT II, Rn. 218; Fischer, § 244 Rn. 36; vorsichtiger Schild; GA 1982, 55 (81); siehe dazu bereits oben im 2. Teil A.IV.1. 227 Vgl. Körner/Patzak, BtMG, § 30 Rn. 37, 38. 228 Körner/Patzak, BtMG, § 30 Rn. 37. 229 BGHSt 47, 214 (219); BGH, Urteil vom 06.03.2008, Az. 3 StR 514/07 [juris, Rn. 11; insoweit in NStZ 2008, 478 nicht abgedruckt]; Körner/Patzak, BtMG, § 30 Rn. 36; siehe bereits oben im 2. Teil A.IV.1. 230 Siehe zur Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr oben im 3. Teil B.III.4.b). Nach Leipold/Schmidt, NJW-Spezial 2005, 423 (424), stößt eine schlüssige Bandenabrede dann an ihre Grenzen, wenn zwar eine künftige Begehung von Straftaten gewünscht ist, aber gerade „keine persönlichen Beziehungen in einem weiten, den Kategorien einer Bande entsprechenden Umfang gewollt sind“. Siehe zum Erfordernis einer persönlichen Beziehung sogleich C.I.2.c).

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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K den Vorsatz hat, sich mit mindestens zwei anderen Personen zur fortgesetzten Straftatbegehung zu verbinden. Fraglich ist allerdings der Zeitpunkt, ab wann eine stillschweigende Bandenabrede anzunehmen ist. Wird das wiederholte Zusammenwirken bei der Straftatbegehung als ein die Bandenabrede begründendes schlüssiges Verhalten angesehen, ist zu beachten, dass die Bandenabrede nur für die Zukunft wirkt. So wird insbesondere die erste Tat regelmäßig nicht als Bandentat einzustufen sein.231 K ist demnach bei dem ersten Einbruchsdiebstahl mit A nicht als Bandenmitglied anzusehen und konnte daher nicht tatbestandsmäßig i. S. von § 244a StGB handeln. Da insofern keine zwei Bandenmitglieder an der Tat mitwirkten, entfällt auch für A eine Strafbarkeit aus § 244a StGB. In Betracht kommt für A neben der Begehung der §§ 242, 243 I 2 Nr. 1 und 3 bzw. § 244 I Nr. 3 StGB zudem ein Versuch des § 244a StGB. Nicht ausreichend ist dafür, dass A denkt, die Verabredung zu einer konkreten Tatbegehung mit einer anderen Person sei als Erklärung i. S. einer Bandenabrede anzusehen.232 Diese fehlerhafte rechtliche Wertung ist nur als strafloses Wahndelikt anzusehen.233 Vielmehr muss A davon ausgegangen sein, dass K bereits der Bande beigetreten sei, weil es z. B. mit einem anderen Mitglied zuvor eine Bandenabrede getroffen habe.234 b) Verbindung auch zu sozialen, nicht kriminellen Zwecken Oftmals werden ursprünglich soziale, nicht kriminelle Verbindungen durch kriminelle überlagert.235 Hier ist Vorsicht geboten, zu schnell eine Bandenabrede anzunehmen. • Beispiel A begeht regelmäßig kleinere Diebstähle. Nun plant er jedoch einen etwas aufwändigeren Wohnungseinbruchsdiebstahl. Dabei ist er auf Hilfe angewiesen. Er bittet seine Frau B und seinen 13-jährigen Sohn K, ihm zu helfen. Die drei führen gemeinsam den Diebstahl durch.

Wie bereits dargelegt,236 hindert eine familiäre Bindung von Delinquenten nicht deren Einstufung als Bandenmitglieder. Die Familienbande allein 231

Körner/Patzak, BtMG, § 30 Rn. 36; vgl. auch BGH NStZ 2006, 176. Siehe insofern die Abgrenzung der Bande vom Komplott oben im 3. Teil A.I.1.b). 233 Vgl. zum Wahndelikt bereits oben C.I.1. 234 So ist es gerade nicht erforderlich, dass sich alle Mitglieder persönlich verabredet haben, BGHSt 50, 160 (167); siehe dazu sogleich C.I.2.c). 235 Siehe dazu oben B.II.2.c). 236 Siehe oben B.II.2.c). 232

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

darf aber kriminelle Familienmitglieder nicht zu einer Bandenfamilie verbinden.237 Entscheidend muss eine Verabredung zur fortgesetzten Straftatbegehung sein. Diese kann, wie gesehen238, auch aus schlüssigem Verhalten erfolgen, z. B. der wiederholten gemeinsamen Tatbegehung. Dies ist hier jedoch (noch) nicht der Fall. Somit können A und B nicht wegen einer bandenmäßigen Tatbegehung aus § 244a I StGB, sondern nur aus § 244 I Nr. 3 StGB bestraft werden. c) Fehlende persönliche Verabredung Für die Annahme einer Bandenabrede ist es nach herrschender Meinung nicht erforderlich, dass sich sämtliche Mitglieder persönlich verabredet haben und untereinander kennen, sofern jeder den Willen hat, sich zur künftigen Begehung von Straftaten mit (mindestens) zwei anderen zu verbinden.239 Es entspricht gerade dem typischen Bild der Organisierten Kriminalität, dass ein Bandenchef aus der Anonymität heraus agiert. So kann er sein kriminelles Vorhaben wirksam umsetzen, ohne einem großen Entdeckungsrisiko ausgesetzt zu sein. Es wäre unangemessen, einen solchen Bandenboss nicht als Bandenmitglied anzusehen und gegenüber den am Tatort gemeinsam auftretenden Mitgliedern der Bande zu privilegieren.240 Dennoch gilt dies nicht ausschließlich für hierarchisch aufgebaute Bandenstrukturen, sondern für jegliche Bandenverbindungen, die nicht dem typischen Bild der Organisierten Kriminalität entsprechen.241 • Beispiel A führt für B aus den Niederlanden regelmäßig Marihuana nach Deutschland ein, welches B größtenteils selbst konsumiert. Weil dies reibungslos funktionierte und auch Bekannte der beiden immer häufiger nach Marihuana fragen, sollen nun größere Mengen eingeführt werden. Daher beschließen A und B, eine dritte Person hinzuzuziehen, um die anstehenden Rauschgifttransporte im gemeinsamen Zusammenwirken zu begehen. B soll dabei die Koordination der Geschäfte, A und der dritten Person der Transport obliegen. Die Auswahl der weiteren Person ist B gleichgültig und bleibt A überlassen. A ist der Meinung, dass sich als dritte Person ein Kind besonders gut eignen würde, da es beim Verladen etc. helfen kann, jedoch aufgrund seines Alters weniger tatverdächtig wirkt. A kommt daher mit dem Kind K überein, dass es bei den Drogentransporten eingesetzt wird, wo237

Vgl. Volk, JR 1979, 425 (428). Siehe oben C.I.2.a). 239 BGHSt 50, 160; vgl. auch BGHSt 43, 158 (164). 240 BGHSt 50, 160 (168). 241 Irreführend insofern BGHSt 50, 160, wo von „bandenmäßig organisierten Gruppen“ gesprochen wird. Siehe zum Einfluss der Organisierten Kriminalität auf den Begriff der Bande ausführlich oben B.II.2.b). 238

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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bei K weiß, dass diese von B jeweils geplant sind. In der Folgezeit kommt es zu mehreren Rauschgifttransporten, bei der B zwar von der Existenz einer dritten Person, aber nicht von der genauen Identität des K weiß.242

Vorliegend haben A, B und K den Willen, sich zur zukünftigen Begehung von Rauschgifttransporten mit zwei anderen Personen zu verbinden. Indem sich der Bindungswille jedes Einzelnen auf zwei andere Personen bezieht, entsteht zwischen den Beteiligten ein enges Band bzw. eine enge Verbindung, auch wenn die Personen sich untereinander nicht persönlich verabredet haben.243 Entscheidend ist nämlich, dass für die Entstehung der Verbindungsgefahr gerade keine persönliche, sondern nur eine kriminelle Verbindung nötig ist. Auch wenn sich nicht alle Personen kennen, bewirkt eine solche Verabredung eine gewisse Selbstbindung der Beteiligten an das Zugesagte, so dass eine spätere Willensänderung erschwert wird. Zudem besteht auch in einer Kette von Zweierverbindungen die Möglichkeit der Einflussnahme auf das einzelne Mitglied.244 Die Tatbeiträge der einzelnen Mitglieder sind somit grundsätzlich geeignet, die Bande aufrechtzuerhalten. Wenn die einzelnen Mitglieder um die Tatbeiträge der anderen zumindest in den groben Grundzügen wissen, besteht die Gefahr, dass sich eine vom Willen des Einzelnen unabhängige Eigendynamik herausbildet, die das Ausscheiden Einzelner gegen den Willen der übrigen Beteiligten erschwert.245 Somit haben sich vorliegend drei Personen verabredet und daher können A und B aus der Bandenqualifikation des § 30a I BtMG bestraft werden. Problematisch ist es jedoch, wenn ein Mitglied mit einer bestimmten anderen Person gerade keine Bandenabrede eingehen möchte. • Beispiel Wie im obigen Beispiel treffen A und B die Vereinbarung, zukünftig gemeinsam mit noch einer weiteren Person Rauschgifttransporte durchzuführen. B soll wieder die Organisation und A sowie die dritte Person den Transport übernehmen. A schlägt daraufhin dem B vor, das Kind K in die Verbindung aufzunehmen. B lehnt dies ab, da er den verzogenen K nicht ausstehen kann und dieser ohnehin kein Auto fahren darf. Wer die dritte Person sein soll, ist dem B jedoch letztendlich egal und er erkundigt sich auch bei A in der Folgezeit nicht nach deren Identität. A kommt dennoch mit K überein, dass K sich in Zukunft an den von B organisierten Transporten beteiligt. Im Sinne dieser Absprache findet eine Vielzahl von Drogentransporten statt. 242

Sachverhalt in Abwandlung von BGHSt 50, 160. BGHSt 50, 160 (167). 244 BGHSt 50, 160 (167). 245 Vgl. BGHSt 50, 160 (167). Nach BGHSt 43, 158 (164), ist für die Annahme einer Bande keine konkrete Kenntnis eine Mitglieds von den Aktivitäten anderer Mitglieder erforderlich. 243

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Vorliegend haben A, B und K jeweils den Vorsatz, sich mit zwei anderen Personen zur fortgesetzten Begehung von Drogentransporten zu verbinden. Zwar möchte B solche Taten nicht mit K begehen, jedoch ist ihm gleichgültig, wer zusammen mit A die Transporte durchführt. Weiß B also, dass eine dritte Person jeweils beteiligt ist, zeigt aber kein Interesse an deren Identität, billigt er letztendlich die durch diese Person ausgeführten Tatbeiträge. Und solange ersichtlich ist, dass B die Identität der dritten Person auch nicht herausfinden möchte, tragen die Tathandlungen der dritten Person zur Aufrechterhaltung der Bandenabrede bei. Dass B dabei denkt, die dritte Person sei nicht K, ist wie ein unbeachtlicher Motivirrtum zu bewerten.246 Das Billigen der Tatausführung der dritten Person ist damit wie ein (schlüssiges) Eingehen einer Bandenabrede von Seiten des B zu werten. Somit haben sich vorliegend drei Personen i. S. des § 30a I BtMG verabredet. Eine solche Sichtweise stößt jedoch an ihre Grenzen, wenn einem Mitglied ganz verheimlicht wird, dass überhaupt noch eine weitere Person in die Straftatausführung eingebunden ist. • Beispiel Wie im zuvor genannten Drogentransportfall wollen A und B eine dritte Person hinzuziehen. Auch hier lehnt B den Vorschlag des A ab, das Kind K in die Verabredung mit einzubeziehen. Daraufhin spiegelt A gegenüber B vor, dass er keine geeignete dritte Person gefunden habe, obwohl er mit K längst eine Verabredung getroffen hat. In der Folgezeit werden mehrere Drogentransporte durchgeführt, jedoch wird dem B verschwiegen, dass eine dritte Person an den Taten beteiligt war.

Hier sind sich zwar A und K bewusst, mit jeweils zwei anderen Personen Rauschgifttransporte durchzuführen. Jedoch gilt dies nicht für B. Aus seiner Sicht besteht keine Bandenabrede zwischen drei Personen und somit keine Bande. B kann daher bezüglich der Einfuhr nicht aus der Bandennorm des § 30a I BtMG bestraft werden, sondern nur aus § 30 I Nr. 4 BtMG.247 Objektiv fehlt es am Vorliegen einer Bandenabrede zwischen drei Personen und daher kann auch A nicht aus einem vollendeten § 30a I BtMG bestraft werden. Fraglich ist jedoch, ob A daneben einen versuchten § 30a I BtMG begangen hat. Schließlich hat sich A mit jeweils zwei anderen Personen zur fortgesetzten Straftatbegehung verabredet. Auch würde es die Strafbarkeit stark einengen, wenn sich der Vorsatz auf eine streng juristische Auslegung des Begriffs Bande beziehen müsste. Für A bewirkt die Verabredung mit B und mit K eine gewisse Selbstbindung, so dass eine spätere Willensände246 Vgl. zum Motivirrtum Heinrich, Rn. 1102 f. Bei Kenntniserlangung wird B wohl die Bandenabrede kündigen, somit ist die Kenntniserlangung mit dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung vergleichbar. Eine solche Bedingung hindert jedoch nicht das Bestehen einer Bandenabrede; siehe dazu C.I.3. 247 Vgl. NK-Altenhain, § 260 Rn. 5.

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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rung erschwert wird. Diese Selbstbindung wird gerade durch das Wissen um die Tatbeiträge des B und des K bestärkt. Andererseits ist für die Strafbarkeit aus einer Bandennorm die Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr entscheidend. Die Tatbeträge des A können hier nicht bei zwei anderen Personen zum Anreiz der Aufrechterhaltung der Bandenabrede führen, denn es fehlt objektiv an einer solchen Bandenabrede zwischen drei Personen. Dem A ist gerade bewusst, dass sich B konkret bloß mit einer Person verabredet hat und somit auch, dass seine Tatbegehung bei B nicht als Kundgabeakt verstanden werden kann, mit dem A die Bandenabrede einhält. Die irrige Annahme, die Rechtsordnung würde dennoch die hier vorliegende Verabredung als Bandenabrede zwischen drei Personen werten und damit eine Bande annehmen, stellt lediglich ein strafloses Wahndelikt dar. Für A kommt daher kein versuchter § 30a I BtMG in Betracht.248 d) Geheimer Vorbehalt Die deliktische Vereinbarung setzt den Willen voraus, sich mit anderen zur fortgesetzten Straftatbegehung zu verbinden. Eine gegenseitige Verpflichtung der Mitglieder zur Straftatbegehung wird darüber hinaus nicht gefordert.249 Allerdings muss der Bindungswille ernsthaft sein, so dass eine erkennbar nur zum Spaß eingegangene Verabredung zur fortgesetzten Straftatbegehung keine Bandenabrede darstellt.250 Fraglich ist jedoch, wie sich ein geheimer Vorbehalt eines an der Verabredung Beteiligten auf die Wirksamkeit der Bandenabrede auswirkt. • Beispiel A, B und das Kind K verabreden, in Zukunft Diebstähle zu begehen. K nimmt an der Verabredung jedoch nur Teil, weil es A und B nicht verärgern möchte und behält sich daher insgeheim vor, sich an keiner der zukünftigen Taten zu beteiligen. In der Folgezeit schafft K es durch geschickte Ausreden, an keiner der Tatplanungen und -begehungen mitzuwirken. A und B begehen daher allein mehrere Diebstahlstaten.251

Dem äußeren Anschein nach sind hier drei Personen eine Bandenabrede eingegangen. Allerdings haben allein A und B, nicht aber K, den für eine 248 Für K kann jedoch die Annahme eines (untauglichen) Versuchs in Betracht kommen, wenn K gar nicht weiß, dass es verheimlicht wird, denn dann würde nach seiner Vorstellung eine Bandenabrede zwischen drei Personen bestehen. Jedoch ist dies aufgrund der Strafunmündigkeit des K hier irrelevant. 249 BGHSt 31, 202 (205); BGHSt 46, 321 (326); BGH GA 1974, 308; siehe dazu oben B.II.1.c)(2). 250 Siehe dazu bereits oben im 2. Teil A.IV.1. 251 Vgl. zu einem ähnlichen Fall Eisele, BT II, Rn. 215.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Bandenabrede nötigen Willen, sich jeweils mit zwei anderen zur fortgesetzten Straftatbegehung zu verbinden. Dies ist jedoch für A und B nicht erkennbar, denn K hat durch seine objektive Abrede den Anschein erweckt, auch einen Bindungswillen zu haben. Anders als im Strafrecht findet sich im Zivilrecht für solche geheimen Vorbehalte eine Regelung. Im Zivilrecht gilt für Willenserklärungen, dass solche nicht deshalb nichtig sind, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen (§ 116 S. 1 BGB). Eine Erklärung ist nur dann nichtig, wenn der Erklärungsempfänger den „geheimen“ Vorbehalt kennt (§ 116 S. 2 BGB). A und B kennen hier den geheimen Vorbehalt des K nicht. Dennoch kann der Gedanke der Norm des § 116 BGB nicht auf die Bandenabrede übertragen werden. § 116 BGB durchbricht das Willensdogma im Sinne des Verkehrsschutzes und des allgemeinen Rechtsbewusstseins,252 so dass auch der insgeheim Vorbehaltende an die Rechtsfolgen seiner Erklärung gebunden ist. Wie bereits oben253 herausgestellt, handelt es sich bei der Bandenabrede jedoch nicht um ein Rechtsgeschäft. Aus ihm erwachsen keine Verpflichtungen für die Beteiligten. Insofern besteht auch kein Schutzbedürfnis für die anderen an der Verabredung Beteiligten. Zudem ist die Wirksamkeit der Bandenabrede wegen ihrer straferhöhenden Wirkung für die Verabredenden rechtlich von Nachteil. Die zivilrechtlichen Überlegungen helfen insofern bei der Bewertung der hiesigen Scheinabrede des K nicht weiter. Zu überlegen ist, ob hier ein Vergleich zur rechtlichen Behandlung des sog. Lockspitzels bzw. agent provocateurs weiterhilft. Auch in diesen Fällen handelt es sich um eine Art Scheinbeteiligung und zwar gibt eine Person, der agent provocateur, gegenüber einer anderen Person vor, an dem Eintritt eines strafrechtlichen Erfolgs Interesse zu haben. Dies geschieht i. d. R. derart, dass der agent provocateur anreizende Tatsituationen schafft. In Wirklichkeit will er die andere Person nur überführen. Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden: Die Straftat soll lediglich versucht oder sie soll vollendet werden. In ersteren Fällen scheidet die Anstifterstrafbarkeit aus, weil dem agent provocateur der Vorsatz für die Tatvollendung fehlt.254 Im letzteren Fall ist jedoch umstritten, ob der auf die Vollendung der Haupttat gerichtete Vorsatz verneint werden kann.255 Eine Strafbarkeit erscheint zumindest dann fragwürdig, wenn der agent provocateur es nicht zu einer irreparablen 252 MüKoBGB6-Armbrüster, § 116 Rn. 1. Die Norm hat kaum praktische Relevanz, da es unter Geschäftsfähigen nur selten vorkommen wird, dass jemand eine rechtsgeschäftliche Erklärung abgibt und sich gleichzeitig insgeheim vorbehält, die Rechtsfolgen seiner Erklärung nicht anerkennen zu wollen; vgl. MüKoBGB6-Armbrüster, § 116 Rn. 1. 253 Siehe B.II.1.c)(2). 254 Vgl. dazu Heinrich, Rn. 1312; Rengier, AT, § 45 Rn. 65. 255 Vgl. dazu Heinrich, Rn. 1312 ff.; Rengier, AT, § 45 Rn. 69 ff.

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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Rechtsgutsverletzung kommen lassen will.256 Dieser Vergleich legt auf den ersten Blick nahe, dass im hiesigen Beispielsfall K als Bandenmitglied anzusehen ist, da K eine Straftatbegehung von A und B zumindest in Kauf nimmt und es ihm gerade nicht darum geht, dass A und B überführt werden. Jedoch ist der bedeutende Unterschied, dass sich die Handlung des agent provocateur auf eine konkrete Tat bezieht, an der er sich auch objektiv beteiligt und zwar durch eine Anstiftungshandlung. Vorliegend ist eine Beteiligung des K an einer konkreten Tat gerade nicht erfolgt. Die Bandenabrede ist von der konkreten Tat zu trennen, auch wenn sie zeitlich mit der Planung einer solchen zusammenfallen kann. Dass sich A und B eventuell durch die vermeintliche Eingehung der Bandenabrede des K motiviert fühlen, stellt keine Anstiftung dar. Sofern eine solche Motivation als objektive Förderung anzusehen sein sollte, macht dies K jedoch auch nicht zum Gehilfen. K müsste für eine psychische Beihilfe zumindest von der jeweiligen konkreten Tat von A und B wissen und ihm müsste bewusst sein, dass es A und B an dieser Begehung durch eine irgendwie ausgedrückte Art der Billigung unterstützt.257 Auch dies liegt nicht vor. Letztendlich bewirkt die bloße Eingehung einer Bandenabrede keine Strafbarkeit. Mithin besteht keine zur Strafbarkeit des agent provocateur vergleichbare Situation bei einem nur zum Schein an einer Bandenabrede Beteiligten, da die Strafbarkeit des letzteren Falles nicht zur Frage steht. Relevant ist hier allein die Strafbarkeit von A und B, die im Sinne der vermeintlichen Bandenabrede eine Straftat begehen.258 Strafzweck der Bandenmäßigkeit ist, dass das fragliche Bandenmitglied durch seine Tatbeiträge die anderen zum Festhalten an der Bandenabrede motivieren kann. Dabei sollte jedoch nicht bloß auf die Vorstellung des jeweils tätigen Bandenmitglieds abgestellt werden. Anderenfalls wäre die Bandenmäßigkeit ein rein subjektives Merkmal und es würde letztlich nur der Täterwille verschärft sanktioniert, was der hier abgelehnten Ansicht von Schild entsprechen würde.259 Entscheidend ist demnach eine verobjektivierte Sichtweise. Objektiv ist die Tatbegehung von A und B gerade nicht geeignet, K zum Festhalten an der Bandenabrede zu motivieren und zur Straftatbegehung anzureizen, da K die Bandenabrede ohnehin nicht für sich 256

Heinrich, Rn. 1315 m. w. N. Vgl. BGH NStZ 2011, 637. Siehe zur psychischen Beihilfe als Mitwirkungshandlung noch unten C.II.1.a)(6). 258 In Bezug auf den Angestifteten sieht der EGMR in Fällen der Anstiftung einer bisher unverdächtigen und nicht tatverdächtigen Person durch einen staatlichen agent provocateur einen Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 I EMRK und nimmt daher ein Verfahrenshindernis an; vgl. EGMR NStZ 1999, 47. 259 Siehe dazu oben im 3. Teil B.II.2. und B.III.1. 257

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

als verbindlich anerkennt. Ein Scheinbeteiligter möchte nicht den kriminellen Zweck einer Bande fördern oder zu ihrem Erhalt und Ausbau beitragen.260 In dieser Gruppe ist es somit ausgeschlossen, dass sich drei Personen gegenseitig zur Tatbegehung anreizen. Die Verbindung zweier Personen und damit der gegenseitige Anreiz von lediglich zwei Personen reicht nach neuer und überzeugender Rechtsprechung nicht mehr für die Annahme einer Bande aus.261 Insofern haben vorliegend keine für eine Bande nötigen drei Personen eine Bandenabrede geschlossen. Für A und B kommt mangels Bildung einer Bande keine vollendete, sondern lediglich eine versuchte Bandentat nach §§ 244 I Nr. 2, II, 22, 23 I StGB in Betracht.262 Die Annahme einer versuchten bandenmäßigen Begehung ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn für A und B ersichtlich ist, dass K sich nicht an die Bandenabrede halten möchte. Anzumerken ist hierbei allerdings, dass die Relevanz einer solchen Scheinabrede von geringer Natur ist. Zunächst stellt die aktive Verabredung mit anderen Personen zur fortgesetzten Straftatbegehung ein starkes Indiz dafür dar, dass diese Abrede ernst gemeint ist. Ohne dass sich das vermeintliche Mitglied in irgendeiner Weise an konkreten Tatplanungen oder -begehungen beteiligt, kann der Schein kaum über einen längeren Zeitraum den anderen gegenüber aufrechterhalten werden. Es ist schon fraglich, warum eine Scheinabrede über einen längeren Zeitraum gewollt sein sollte. Weiterhin wird in der Praxis ohne Mitwirkung des vermeintlichen Mitglieds an einer Tat kaum nachgewiesen werden können, dass es sich an einer Abrede beteiligt hat, womit der Frage nach dem Schein dieser Abrede gar nicht nachgegangen werden muss. Hat sich das vermeintliche Mitglied aber an einzelnen Bandentaten beteiligt, sollte eine Scheinabrede ausscheiden. • Beispiel Wie im zuvor genannten Fall geht K die Abrede anfangs nur zum Schein ein. Dennoch kann K sich nicht immer herausreden und begeht schließlich ab und zu zusammen mit A oder B einen Diebstahl.

Ist der sich insgeheim vorbehaltenden Person bereits beim Eingehen einer Bandenabrede bewusst, dass sie sich nicht der Beteiligung an zukünftigen Taten entziehen wird können, ist die Annahme ihrer Bandenmitgliedschaft bereits von Anfang an gerechtfertigt. Das objektive Eingehen einer Bandenabrede, welches durch das Handeln bestätigt wird, verdrängt etwaige subjektive und für die anderen Verabredenden nicht ersichtliche Vor260

Eisele, BT II, Rn. 215. Siehe dazu oben im 2. Teil A.I. 262 Im Ergebnis zustimmend Eisele, BT II, Rn. 215; Mitsch, BT 2/1, § 1 Rn. 256; S/S/W/Kudlich, § 244 Rn. 33. 261

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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behalte. Für das Vorliegen einer Bandenabrede spricht in diesem Beispielsfall, dass die Tatbegehung des K als objektiver Kundgabeakt zu verstehen ist, mit dem es den anderen beiden Mitgliedern gegenüber ausdrückt, an der Bandenabrede festzuhalten (Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr). Im Gegensatz zum vorherigen Beispielsfall ist eine Tatbegehung des K gerade nicht ausgeschlossen und demnach besteht objektiv und nicht allein aus Sicht von A oder B die Möglichkeit, dass ihre Tatbegehungen die jeweils anderen Bandenmitglieder – und damit auch K – zum Festhalten an der Bandenabrede motivieren. Eine Bestrafung von A und B aus einer vollendeten Bandenqualifikation (§§ 244 I Nr. 2 bzw. 244a StGB) ist daher sachgerecht. Sollte K sich hier jedoch erst später entschlossen haben, entgegen seines ursprünglichen Vorbehalts doch an Straftaten mitzuwirken und damit den Bandenzweck zu unterstützen, ist dies als konkludente Bandenabrede zu werten.263 Demnach wäre erst ab dem Zeitpunkt dieser konkludenten Eingehung einer Bandenabrede vom Bestehen einer Bande auszugehen und die Möglichkeit einer (vollendeten) bandenmäßigen Strafschärfung für A und B gegeben. Dass A und B von diesem Willensmangel nichts mitbekommen haben, stört nicht. Denn erst wenn K bereit ist, sich an Taten zu beteiligen, erkennt es die Bandenabrede an. Nur dann kann es durch die Taten anderer zum Festhalten daran angereizt werden. Mag dies im Einzelfall auch zu Beweisschwierigkeiten führen, ist dennoch eine solche restriktive Ansicht zu bevorzugen. Schließlich muss für jede Tat gesondert geprüft werden, ob die konkreten Voraussetzungen der Strafbarkeit vorliegen. In Bezug auf die Bandenmäßigkeit muss also bezüglich jeder Tatbegehung festgestellt werden, ob eine Bande besteht und die fragliche Person – noch oder schon – ein Bandenmitglied ist. e) Erzwungene Verabredung Nicht immer finden sich Personen freiwillig zur Straftatbegehung zusammen. Gerade in Fällen, in denen Kinder mit dem Ziel der Straftatbegehung nach Deutschland eingeschleust werden, werden die Kinder oftmals durch Drohungen oder sogar Gewaltanwendungen zur Straftatbegehung gezwungen. Es wäre hier verfehlt, eine stillschweigende Erklärung i. S. einer Bandenabrede schon deshalb anzunehmen, weil ein solches Kind wiederholt mit anderen Personen zusammen Straftaten begangen hat. Auch das Vorliegen einer ausdrücklichen, aber auf Zwang beruhenden Bandenabrede bedarf der genauen Überprüfung. 263

Siehe dazu oben C.I.2.a).

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

• Beispiel A und B drohen dem Kind K, ihm die Beine zu brechen, sofern es nicht sein Versprechen abgibt, von nun an mit ihnen gemeinsam Einbruchsdiebstähle zu begehen. K soll dabei aufgrund seiner Größe jeweils durch offene Fenster in Wohnungen und Gebäude klettern, sodann A und B hereinlassen, um gemeinsam mit ihnen Wertgegenstände zu entwenden. K erklärt sich unter dem Eindruck der Drohung dazu bereit und begeht zusammen mit A oder B mehrere Einbruchsdiebstähle.

Vorab ist anzumerken, dass es sehr realitätsfern ist, dass eine ausdrückliche Willensbekundung i. S. der Bandenabrede erzwungen wird, sondern dass diese vielmehr durch den Zwang zur tatsächlichen fortgesetzten Tatbegehung konkludent abgefordert wird. Zur Verdeutlichung der Trennung zwischen Bandenabrede und der konkreten Tatbegehung wurde jedoch hier das Beispiel so gewählt. Vorliegend haben A, B und K demnach eine Verabredung getroffen, indem sie ihren Willen bekunden, sich zur zukünftigen Begehung von Diebstählen mit zwei anderen Personen zu verbinden. Jedoch wurde K durch Drohung zum Eingehen der Bandenabrede genötigt. Es stellt sich mithin die Frage, inwiefern die Bandenabrede einen freiwilligen Konsens erfordert. Dabei ist zu beachten, dass für das Vorliegen einer Bandenabrede nicht die erstmalige (ausdrückliche) Verabredung entscheidend ist, sondern immer der Zeitpunkt der konkreten Tatbegehung, da sich zwischenzeitlich Umstände ändern können. Wirkt also zum Zeitpunkt der konkreten Tatbegehung kein Zwang mehr, hat sich die anfangs erzwungene Bandenabrede in eine ungezwungene gewandelt. Beispielsweise wenn K Gefallen an den Einbrüchen gefunden hat, da es so Geld verdienen kann. Mithin bestehen keine Besonderheiten. Besteht dagegen der Zwang bei Begehung einer konkreten Tat fort,264 erlangt die Frage nach der Freiwilligkeit der Eingehung bzw. Aufrechterhaltung der Bandenabrede Bedeutung. Dabei ist jedoch „Zwang“ nicht gleich „Zwang“. Eine Nötigung mit extremer Gewaltanwendung oder eine Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit ist anders zu bewerten als eine Nötigung mit einer Gewalteinwirkung im unteren Bereich oder der Drohung mit einem kleineren Übel. Erreicht die Gewalt einen Grad, der sie als vis absoluta und nicht nur als vis compulsiva erscheinen lässt, scheidet eine willensgesteuerte Handlung ohnehin aus.265 264 In Fällen einer durch Zwangswirkung eingegangenen Bandenabrede wird auch die konkrete Tatbegehung durch Zwang motiviert sein. Läge kein Zwang zum Zeitpunkt der Tatbegehung mehr vor, würde auch die (Einhaltung der) Bandenabrede nicht mehr auf Zwang beruhen. 265 Heinrich, Rn. 206.

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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Zudem kann bei einer Nötigung, die die Voraussetzungen eines Nötigungsnotstands erfüllt, nicht mehr davon gesprochen werden, dass die Tatbegehung als Kundgabeakt verstanden wird, mit dem die Bandenabrede aufrechterhalten werden soll. In einem Nötigungsnotstand handelt – im Allgemeinen – derjenige, der eine Tat begeht, um einen Dritten von der Realisierung eines Übels abzuhalten, das dieser gerade deshalb angedroht hat, um die Begehung der Tat zu erzwingen266. Da der Nötigungsnotstand im Zusammenhang mit der – umstrittenen – Frage nach seiner rechtfertigenden oder entschuldigenden Wirkung relevant wird, bestimmt sich der Begriff des Nötigungsnotstands im Einzelnen danach, ob er nach § 34 StGB oder § 35 StGB zu behandeln ist.267 Beide Normen setzen gleichsam voraus, dass die Gefahr nicht anders abwendbar sein darf, wobei nach § 35 I 1 StGB die geschützten Rechtsgüter und der geschützte Personenkreis begrenzt sind. Nach § 34 StGB muss zudem das geschützte Interesse, also das des Genötigten, das beeinträchtigte wesentlich überwiegen, wobei bei § 35 StGB eine gewisse Proportionalität genügt268. Schließlich gilt nach § 34 S. 2 StGB einschränkend, dass die Tat ein angemessenes Mittel sein muss, die Gefahr abzuwenden, wobei nach § 35 I 2 StGB die Gefahrhinnahme unzumutbar sein muss. Unabhängig davon, welcher Ansicht gefolgt wird, kann sowohl bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 StGB als auch des § 35 StGB davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen allein der Zwang der Grund dafür ist, dass eine Tat begangen wurde. Die Tatbegehung dient der Vermeidung des angedrohten Übels. Demnach drückt eine solche abgenötigte Tatbegehung nicht den Willen des Genötigten aus, eine Bandenabrede aufrechtzuerhalten. Eine Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr besteht also beim Nötigungsnotstand nicht.269 Aber auch wenn die genötigte Person irrig das Vorliegen der Voraussetzungen von §§ 34, 35 StGB annimmt und z. B. fälschlich davon ausgeht, dass die Gefahr nicht anders abwendbar ist, kann letztlich die Zwangswirkung so intensiv sein, dass sie allein die Tatbegehung bedingt. Gerade Kinder werden sich über Handlungsalternativen weniger bewusst sein als Erwachsene und bei ihnen wird die Schwelle zu einer Zwangslage i. S. eines – wenn auch nur vermeintlichen – Nötigungsnotstands eher erreicht sein als bei Erwachsenen. Im Beispielsfall erscheint die angedrohte Körperverletzung einen solchen Grad erreicht zu haben, dass K sich nicht anders zu helfen weiß, als sich zur Tatbegehung bereit zu erklären. K ist daher nicht eine Bandenabrede i. S. von §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB mit A und B eingegangen. Mangels Vorliegens 266

MüKo-Erb, § 34 Rn. 144. Vgl. zum Streit Rengier, AT, § 19 Rn. 51 ff. 268 Rengier, AT, § 26 Rn. 30; SK-Rogall, § 35 Rn. 18; Wessels/Beulke, AT, Rn. 439. 269 Siehe dazu noch unten C.II.3.c). 267

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

der erforderlichen Mindestbandenmitgliederzahl kommt für A und B keine Strafbarkeit aus einer Bandennorm in Betracht. Zu überlegen ist ferner, ob für die Bandenabrede generell verlangt werden sollte, dass sie freiwillig eingegangen bzw. nicht aufgekündigt wird, so dass auch Nötigungen im unteren Bereich einer wirksamen Bandenabrede entgegenstehen. Für die Notwendigkeit einer freiwilligen Verabredung könnte sprechen, dass die Gefährlichkeit der Bande oftmals mit gruppendynamischen Prozessen begründet wird.270 Wird dies in dem Sinne verstanden, dass die Mitglieder sich gegenseitig zu kriminellem Handeln hochschaukeln, weil die kriminellen Energien in besonders gefährlicher Weise gebündelt werden,271 könnte dies für das Erfordernis einer gewissen Gleichrangigkeit der Mitglieder und damit der kriminellen Energien sprechen. Gegen die Entstehung einer Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr durch eine Tatbegehung könnte angeführt werden, dass die Nötigenden nicht durch die Tatbegehung der Genötigten motiviert werden, selbst Taten auszuführen, sondern „nur“ dazu, weiterhin Druck auszuüben. Spiegelbildlich könnten die Genötigten nicht durch die Tatbeiträge der Nötigenden, sondern bloß durch deren Zwang zur Fortsetzung bestimmt werden. Für die Entbehrlichkeit einer freiwilligen Verabredung ist allerdings einzuwenden, dass eine Tatbegehung bereits dann als Kundgabeakt zu verstehen ist, mit dem der Täter seine Tat bewusst in den gefährlichen Zusammenhang der Bandenabrede stellt, wenn diese Tatbegehung zur Aufrechterhaltung der Bandenabrede bzw. Bande beitragen kann. Dabei ist es irrelevant, ob die Tatbegehung auf gruppendynamischen Prozessen oder Druckausübung beruht, denn sie ist dennoch geeignet, Gruppendynamik, Drucksituationen oder einfach eine positive Erwartungshaltung bei den anderen zu wecken, was zur Fortsetzung des Bandenzusammenschlusses führen kann.272 Es ist gerade keine Voraussetzung einer Bande, dass alle Mitglieder gleichberechtigt sind. Vielmehr ist es typisch, dass es einen Bandenboss gibt, der die anderen Mitglieder anleitet und anweist.273 Nicht nur in Bezug auf Kinder, die sich aufgrund ihrer altersbedingten mangelnden Herausbildung von Durchsetzungsfähigkeit gerade gegenüber Erwachsenen besonders schwer gegen auf sie ausgeübte Zwänge wehren können, wird eine erzwungene Verabredung bzw. erzwungene Einhaltung einer Bandenabrede zum Tragen kommen. Insbesondere in mafiaähnlichen Verbindungen ist es üblich, abkehrende Mitglieder durch Drohungen und Gewaltanwendungen zu maßregeln. Es 270 Vgl. z. B. Rengier, BT I, § 4 Rn. 90; siehe dazu bereits oben im 3. Teil B.I.1. und B.II.1.a). Kosmalla, S. 99 ff., unterscheidet bei den in einer Gruppe wirkenden Kräften zwischen dem Gruppendruck und der Gruppendynamik. 271 Vgl. BGH NJW 2001, 380 (383). 272 Siehe zur Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr oben im 3. Teil B.III.4.b). 273 Vgl. BGHSt 47, 214 (219).

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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würde der Bekämpfung organisierter Kriminalitätsformen entgegenstehen, solche Druck ausübenden und dadurch gefährlicheren Banden von der verschärften Bandenstrafbarkeit auszunehmen. Druck ausübende Banden bzw. -mitglieder würden anderenfalls „anständigeren“ Banden bzw. -mitgliedern gegenüber bevorteilt. Eine Bestrafung wegen des Vergehens der Nötigung (§ 240 StGB) kann dieses Unrecht nicht vollends kompensieren. In sachgerechter Weise sollte die Druck- und Zwangausübung im Strafrahmen des genötigten Täters berücksichtigt werden.274 Allerdings ist dies bei Kindern aufgrund ihrer Strafunmündigkeit gerade nicht erforderlich. Die hier vorgeschlagene Differenzierung nach den Graden der Zwangswirkung erfordert zwar für die Staatsanwaltschaft und Gerichte, dass im Einzelfall jeweils geprüft werden muss, ob eine die Bandenabrede ausschließende Zwangswirkung vorgelegen hat und somit nicht jede Einwirkung eines Zwangs gleich behandelt werden kann. Allerdings ist eine solche Prüfung der Praxis nicht fremd. So erfolgt nach der Rechtsprechung eine Bewertung des Grads des ausgeübten Zwangs im Rahmen der Prüfung des Vorliegens eines Nötigungsnotstands, um festzustellen, ob dadurch die Schuld eines Delinquenten ausgeschlossen ist.275 Die Besonderheit besteht lediglich darin, dass hier diese Prüfung nicht erst auf der Schuldebene, sondern bereits auf der Tatbestandsebene im Rahmen der Bandenmitgliedschaft relevant wird und dass bei Kindern grundsätzlich keine Prüfung eines Nötigungsnotstands erfolgt, da sie ohnehin nach § 19 StGB als schuldunfähig gelten. f) Beteiligungsformen Voranzustellen ist, dass es schwierig ist, genaue Beteiligungsrollen anhand der Bandenabrede zu bestimmen, denn die Bandenabrede ist von der konkreten Tatbegehung zu trennen. Die Beteiligungsformen dienen jedoch der Zurechnung konkreter Taterfolge.276 Noch komplizierter ist eine solche Einstufung der Beteiligtenrollen, wenn die einzelnen Bandenmitglieder sich nicht alle persönlich verabredet haben und gar nichts von den Rollen der anderen Mitglieder wissen und ihre eigenen Rollen somit schwer einschätzen können. Lebensfremd ist eine Verabredung, in der sich jemand nur auf die Begehung einer bestimmten Beteiligungsform beschränkt. Typisch ist 274 Vgl. dazu Tsai, S. 121, wonach auch Personen, die zur Straftatbegehung gezwungen werden und daher schuldlos handeln, als Bandenmitglieder zu zählen sind, da ihre Tat tatbestandsmäßig und rechtswidrig bleibt. 275 Vgl. BGHSt 5, 371 zum Meineid im Nötigungsnotstand, wonach alle Maßnahmen entschuldigt sind, die zur völligen Abwendung der Gefahr notwendig sind. Wie zuvor aufgezeigt, soll nach a. A. bereits die Rechtswidrigkeit entfallen. 276 Siehe zur Beteiligung oben im 3. Teil C.I.1.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

dagegen, dass nach der Bandenabrede einem Mitglied bestimmte Aufgaben zukommen. Dabei können sich diese Aufgaben auf solche Handlungen beschränken, die es voraussehbar machen, dass sich das Mitglied beispielsweise bloß als Gehilfe betätigen wird, wie z. B. Schmierestehen277. (1) Gehilfentätigkeiten Nach herrschender Ansicht muss sich die Bandenabrede nicht auf künftige täterschaftliche Tatbeiträge beziehen.278 Insbesondere soll auch derjenige Bandenmitglied sein, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen.279 • Beispiel A und B haben sich zur fortgesetzten Begehung von Wohnungseinbrüchen verabredet. Das Kind K weiß von dem kriminellen Vorgehen der beiden und möchte diese unterstützen, indem es vor den Tatobjekten Wache hält. So geschieht es auch.280

Hier haben A, B und K die Abrede getroffen, im gemeinsamen Zusammenwirken zukünftig Einbruchsdiebstähle zu begehen und zwar dergestalt, dass A oder B die Taten jeweils ausführen und K ihnen dazu lediglich Hilfe leistet. Die Beihilfe von K macht die konkrete Tatausführung für A und B sicherer. A und B können mit mehr Ruhe ihre Taten durchführen, wodurch sie effizienter vorgehen können. Die Beihilfehandlungen steigern somit die konkrete Ausführungsgefahr. Fraglich ist jedoch, ob hier bereits eine ausreichende Verbindungsgefahr vorliegt, welche durch die Tatbegehung des Einzelnen aufrechterhalten wird. Führen A und B eine Tat mithilfe von K aus, wird deutlich, dass die Bandenabrede für sie Geltung beansprucht. K hat sich lediglich zu Gehilfentätigkeiten bereit erklärt. Die Initiative zur Tatbegehung geht in dieser Konstellation nie von K, sondern nur von A oder B aus. Natürlich können in einer solchen Konstellation bloß die täterschaftlichen Tatbeiträge von A und B die Erwartung wecken, dass sie, also A und B, auch weiterhin solche täterschaftlichen Beiträge er277 Vgl. zum „Schmierestehen“ als typische Gehilfenhandlung z. B. BGH StV 2012, 669. 278 Siehe dazu oben im 2. Teil A.IV.1. 279 BGHSt 47, 214; vgl. bereits BGHSt 46, 321 (338); BGH NStZ 2007, 33 (34); BGH NStZ 2008, 570; Eisele, BT II, Rn. 223 f.; Fischer, § 244 Rn. 39; Joecks, § 244 Rn. 35, 38; LK-Vogel, § 244 Rn. 59; Kindhäuser, § 244 Rn. 29; Rengier, BT I, § 4 Rn. 92; Toepel, StV 2002, 540 (541); a. A. Gaede, StV 2003, 78 (80); Lackner/Kühl, § 244 Rn. 6; MüKo-Schmitz, § 244 Rn. 42; Rath, GA 2003, 823 ff.; vgl. auch Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (71 f.); Wessels/Hillenkamp, BT 2, Rn. 300. 280 Vgl. zu einem ähnlichen Fall Eisele, BT II, Rn. 223.

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bringen werden. Aber diese Effekte werden durch den Gehilfen verstärkt, der das tatausführende Mitglied physisch unterstützt.281 Somit können die Tatbeiträge aller Mitglieder dazu geeignet sein, die anderen zum Festhalten an der Bandenabrede zu motivieren. Zudem ist es kennzeichnend für eine Bande, dass den einzelnen Mitgliedern verschiedene Rollen zukommen.282 Insbesondere eine festgelegte Rollenverteilung kann die Tatbegehung erleichtern, weil der Tatablauf in Grundzügen bereits feststeht. Auch der Wortlaut der Bandenregelungen steht dem nicht entgegen.283 Zwar wird verlangt, dass eine Bande besteht, die sich zur fortgesetzten „Begehung“ verbunden haben muss, jedoch bedeutet dies nicht, dass jedes Mitglied Straftaten als Täter begehen muss. So lautet der Wortlaut nur, „als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung [. . .] verbunden hat“ und nicht „als Mitglied einer Bande, das sich mit anderen zur fortgesetzten Begehung [. . .] verbunden hat“. Die Bande in ihrer Gesamtheit muss also Straftaten begehen wollen.284 Mithin liegt hier eine Bandenabrede vor, so dass nicht allein A und B, sondern ebenfalls K als Bandenmitglieder anzusehen sind.285 A und B können aus der Bandenqualifikation des § 244a I StGB bestraft werden. Bei einer Bande, in der sich (mindestens) drei Personen zu täterschaftlichen Handlungen und andere lediglich zu Gehilfenbeiträgen bereit erklärt haben, sind die Gehilfen damit erst recht als Bandenmitglieder zu berücksichtigen. Anschließend ist zu untersuchen, ob eine Bandenabrede auch dann anzunehmen ist, wenn in einer Dreierverbindung zwei Personen ihre Mitwirkung auf Gehilfentätigkeiten beschränken. • Beispiel A begeht regelmäßig Einbruchsdiebstähle. Er möchte diese nun intensivieren. Um dabei der Gefahr entgegenzuwirken, auf frischer Tat überrascht zu werden, verabredet er mit den Kindern K 1 und K 2, dass diese ihm helfen. Sie sollen jeweils an einer der Straßenecken der Straße, indem sich das zu bestehlende Objekt befindet, Wache stehen und dafür 10 Euro erhalten. Im Sinne dieser Abrede wird sodann der erste Einbruchsdiebstahl begangen.286 281 Vgl. Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (70 f.). Zu reinen psychischen Beihilfehandlungen siehe noch unten C.II.1.a)(6). 282 Eisele, BT II, Rn. 224. 283 LK-Vogel, § 244 Rn. 59; a. A. MüKo-Schmitz, § 244 Rn. 42. 284 Vgl. BGHSt 49, 177 (188). 285 Nach Ansicht von Gaede, StV 2003, 78 (80), ist die Verabredung dreier Personen erforderlich, die sich zur Erbringung zumindest täterschaftsgleicher Tatbeiträge bereit erklären. 286 Vgl. zu ähnlichen Fällen BGH NStZ 2007, 33; BGH NStZ 2008, 570; Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (71 f.).

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Hier haben A, K 1 und K 2 die Abrede getroffen, im gemeinsamen Zusammenwirken zukünftig Einbruchsdiebstähle zu begehen und zwar dergestalt, dass A die Taten jeweils ausführt und K 1 und K 2 ihm dazu lediglich Hilfe leisten. Führt A eine Tat mithilfe von K 1 und K 2 aus, entspricht dies der Bandenabrede und macht daher deutlich, dass sich alle Beteiligten an die Bandenabrede halten. Im Unterschied zum vorherigen Beispiel geht die Initiative zur Tatbegehung in dieser Konstellation bloß von A und damit lediglich von einer Person aus. Er bestimmt hier ausschließlich allein, ob und wie Straftaten ausgeführt werden sollen. Es ist daher als unwahrscheinlich anzusehen, dass diese Verbindung unabhängig von der Initiative des A jemals Straftaten begehen wird, weil K 1 und K 2 nicht zur täterschaftlichen Tatbegehung angereizt werden können.287 Im Gegensatz zur vorherigen Konstellation ist es von vornherein ausgeschlossen, dass eine zur täterschaftlichen Tatbegehung bereite Personenzahl die Überhand gewinnt. Ergreift A keine Initiative, lässt sich demnach die Prognose treffen, dass diese kriminelle Verbindung untätig bleibt bzw. auseinanderfällt. A ist somit nicht auswechselbar in seiner Funktion innerhalb der Verbindung. Eine solche Verbindung stellt jedoch kaum eine erhöhte Gefahr der Begehung von Straftaten gegenüber (gewerbsmäßig handelnden) Einzeltätern oder Personen, die zwar wiederholt, aber bloß zur Begehung bestimmter Taten zusammenkommen, dar. Mithin ist in einem solchen Fall eine restriktive Auslegung geboten und eine Bande abzulehnen und keine bandenmäßige Strafschärfung für A anzunehmen. Er ist nicht aus der Bandenqualifikation des § 244a I StGB zu bestrafen.288 Ist A der Überzeugung, er sei dennoch Mitglied einer Bande und habe bandenmäßig gehandelt, überdehnt er den Tatbestand in seinem Anwendungsbereich. Dies entspricht lediglich einem straflosen Wahndelikt. Eine versuchte bandenmäßige Begehung kommt für A nur dann in Betracht, wenn er irrig annimmt, K 1 und K 2 haben sich nicht ausschließlich zu Gehilfentätigkeiten bereit erklärt. Als der BGH erstmals feststellte, dass auch gehilfenschaftliche Tatbeiträge eine Bandenmitgliedschaft begründen, wurde zugleich eingeschränkt, dass „die in Aussicht genommenen Tatbeiträge des Einzelnen nicht gänzlich untergeordneter Natur“ sein dürfen.289 Diese Einschränkung ist jedoch aufgrund ihrer Unbestimmtheit sehr kritisch zu bewerten. Es wird nicht deutlich, ab wann eine gänzlich untergeordnete Natur vorliegen soll bzw. welche Kriterien für deren Vorliegen angewendet werden sollen.290 Die Kriterien der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme können dafür nicht 287

Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (71); vgl. auch Gaede, StV 2003, 78 (80). Anders jedoch, sofern K 1 und K 2 nur typischerweise Beihilfehandlungen begehen wollen, ohne täterschaftliche Handlungen auszuschließen. 289 BGHSt 47, 214 (217); vgl. später BGH NStZ 2007, 33 (34). 288

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herangezogen werden, denn der Einstufung als Gehilfentätigkeit liegt diese Abgrenzung bereits zugrunde. Rath wirft die Frage auf, ob eine solche Einschränkung konsequenterweise nicht gleichfalls für gänzlich untergeordnete Mittäterschaftsbeiträge gelten sollte.291 Anhand der zwei aufgeführten Beispielsfälle hat sich jedoch gezeigt, dass eine solche zusätzliche Einschränkung für eine sachgerechte Entscheidung nicht notwendig ist. Im Rahmen der Strafzumessung kann jedoch der Rolle eines Mitglieds in der Bande ausreichend Rechnung getragen werden.292 (2) Anstiftertätigkeiten Soweit ersichtlich, scheint – zumindest höchstrichterlich – noch nicht entschieden worden zu sein, inwiefern derjenige Bandenmitglied sein kann, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Anstiftertätigkeit darstellen.293 Vorab ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine reine Beschränkung auf eine Anstiftung im Zusammenhang mit einer Abrede zur fortgesetzten Straftatbegehung unwahrscheinlich erscheint. Sofern für die zu untersuchende Person eine Einbindung in die Tatplanung zu erkennen ist oder Umstände hervortreten, die für ein eigenes Tatinteresse, wie etwa die Erwartung eines Beuteanteils, sprechen, wird in der Praxis Mittäterschaft vorliegen.294 • Beispiel A, B und das Kind K haben sich zur Begehung von Taschendiebstählen verabredet. Im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass B und K im Gegensatz zu A sehr geschickte Diebe sind. B und K sind allerdings beide recht träge und daher hat A immer mehr die Rolle übernommen, die beiden zum Stehlen anzutreiben. Schließlich beschränkt sich seine Aktivität auf Anstiftungshandlungen.295

Die ursprüngliche Bandenabrede, nach der alle drei Mitglieder täterschaftliche Tatbeiträge zusagten, wurde später (konkludent) geändert. Nunmehr kommt A nach der Bandenabrede nur noch eine typische Anstifter290 Vgl. Gaede, StV 2003, 78 (80), der sich fragt, ob dies als geringere Form der Beihilfe zu verstehen ist, die von der Vollform zu unterscheiden sein soll; Rath, GA 2003, 823 (827 f.). 291 Rath, GA 2003, 823 (828). 292 Das Essenkochen für einen Dieb vor der Tatausführung als Stärkung wiegt natürlich anders als das tatbezogenere Wachestehen während der Tatausführung. 293 Dies bejahen Gaede, StV 2003, 78 (80); S/S/W/Kudlich, § 244 Rn. 33. 294 Vgl. BGH NStZ-RR 2002, 74; BGH NStZ 2006, 94. 295 Vor dem Hintergrund der hier zu erörternden Frage, wann Kinder nicht als Bandenmitglieder anzusehen sind, müsste in dem Beispiel eigentlich K der Anstifter sein. Dies erscheint jedoch realitätsfern, sofern es sich nicht um eine Jugendbande, die beispielsweise aus zwei 14-Jährigen und einem 13-jährigen Kind besteht, handelt.

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stellung i. S. von § 26 StGB zu.296 Gegen die Berücksichtigung von Personen als Bandenmitglieder, die lediglich reine Anstifterhandlungen zugesagt haben, spricht, dass der Angestiftete bloß zur Tat schreitet, wenn er konkret zu dieser angestiftet wird. Der Angestiftete würde ohne die Anstiftung vielleicht gar keine Tat begehen. Dieses spricht gegen die Möglichkeit der Entwicklung einer auf die Begehung noch unbestimmter Taten hinzielenden Dynamik, die von der einzelnen Tat losgelöst ist und damit gegen eine gesteigerte Gefährlichkeit dieser Verbindung. Andererseits gibt A durch die Anstiftungshandlungen B und K zu verstehen, an der zwischen ihnen bestehenden Abrede festzuhalten. Indem B und K auf die Anstiftung des A dadurch reagieren, dass sie zur Tat schreiten, bekunden sie ebenfalls ihren Willen, diese Abrede weiterhin anzuerkennen und einzuhalten. Dies tun sie auch dann, wenn sie ohne eine konkrete Anstiftung eine Tat begehen. Zwar wird die konkrete Tatbegehung durch eine Anstiftung dazu nicht grundsätzlich gefährlicher i. S. von einer gesteigerten Effektivität, da eine Anstiftung in erster Linie dazu führt, dass ein Tatentschluss hervorgerufen wird und somit eine Tat „lediglich“ stattfindet. Jedoch zählen zu den Anstiftungshandlungen nicht allein rein tatmotivierende, sondern auch tatgestaltende Einwirkungen. Es erscheint unwahrscheinlich, dass mit einer Anstiftungshandlung nicht zugleich auch Taten in irgendeiner Weise gefördert werden und damit zugleich eine subsidiäre Beihilfe erfolgt, z. B. durch Hinweis auf günstige Tatgelegenheiten oder durch Nahelegung einer bestimmten Vorgehensweise.297 Es sollte jedem Mitglied, das sich mit anderen zur Straftatbegehung zusammenschließt, daran gelegen sein, sich mit anderen gegenseitig zu ergänzen und durch die Kombination der Kräfte und Fähigkeiten bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.298 Eine gegenseitige Ergänzung wird ebenfalls durch eine Zuteilung von Aufgaben anhand der Stärken der einzelnen Mitglieder erreicht. So ist im vorliegenden Beispiel das Stehlen eine Stärke von B und K, nicht jedoch des A. Wird in einer Bande sichergestellt, dass bestimmten Personen konkret tatanreizende Aufgaben zukommen, wird die Bande in ihrer Gesamtheit effizienter und damit gefährlicher, weil sie mehr Taten begeht und somit dem Bandenzweck der fortgesetzten Begehung von Straftaten nachkommt. Demnach ist auch der Anstifter als Bandenmitglied zu berücksichtigen und somit bilden A, B und K eine Bande.299 296 Eine Anstiftung bereits zur Tat entschlossener Personen ist nicht möglich, jedoch eine von lediglich tatgeneigten Personen; Heinrich, Rn. 1295. 297 Vgl. Heinrich, Rn. 1298 ff., zu der Problematik, inwiefern eine Aufstiftung nach § 26 StGB oder § 27 StGB zu behandeln ist. 298 Krings, S. 128. 299 So im Ergebnis auch Gaede, StV 2003, 78 (80). Fraglich ist jedoch, ob eine Anstiftungshandlung dem Mitwirkungserfordernis der konvergenten Bandenregelun-

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Zu klären ist in diesem Zusammenhang noch, ob auch eine Bandenabrede anzunehmen ist, wenn in einer Dreierverbindung lediglich eine Person zu täterschaftlichen Tatbeiträgen bereit ist und sich die anderen beiden auf Anstiftertätigkeiten beschränken. • Beispiel Wieder haben sich A, B und das Kind K zur Begehung von Taschendiebstählen verabredet. Nach einigen Tatausführungen wurde allen Beteiligten klar, dass nur K ein sehr geschickter Dieb ist und zudem auch als Kind unauffälliger wirkt. K ist allerdings aufgrund seines Alters weniger diszipliniert in Bezug auf seine „Diebstahlsarbeit“ und daher haben A und B mit der Zeit immer mehr die Rolle übernommen, den K zum Stehlen anzutreiben. Schließlich beschränken sich A und B auf reine Anstiftungshandlungen.300

Hier ist bloß eine Person zur Erbringung täterschaftlicher Tatbeiträge bereit und damit hängt es nur von einem Mitglied allein ab, ob und wann Straftaten ausgeführt werden. Es erscheint daher unwahrscheinlich, dass diese Verbindung unabhängig von der Ausführung des K jemals Straftaten begehen wird. Im Gegensatz zum zweiten Fall zur Beihilfe sind jedoch hier die anderen beiden Personen nicht nur zu tatunterstützenden, sondern zu tatinitiierenden Beiträgen bereit. Mit der Zeit hat sich in dieser Verbindung eine Rollenverteilung herausgebildet, in der K konkret angestiftet werden will und oftmals muss, um eine Tat zu begehen. Diese Verbindung hat sich somit in einem gewissen Grad organisiert und die Bandenrollen anhand der Stärken der Mitglieder ausgerichtet, wodurch die Gefahr des Anreizes zur weiteren Tatbegehung manifestiert wird. Diese Verbindungsgefahr kann durch die Tatbeiträge aller Mitglieder aufrechterhalten werden. Die von A und B vorgenommenen Anstiftungshandlungen machen deutlich, dass sie sich an die Bandenabrede halten und erwecken den Eindruck, auch weiterhin im Sinne der Abrede zu handeln. Begeht K einen Taschendiebstahl, egal ob er von A und B dazu konkret angestiftet wurde oder sich selbst dazu motivieren konnte, zeigt auch K, dass es sich an die Vereinbarung zur fortgesetzten Begehung von Taschendiebstählen hält. Eine Restriktion, wie sie im Beispielsfall zu einem Täter und zwei Gehilfen angenommen wurde,301 ist hier gen gerecht wird; siehe dazu unten C.II.1.a)(6). Im Übrigen ist nicht jeder Anstifter von Bandenmitgliedern immer als Bandenmitglied anzusehen. Wenn beispielsweise eine Person einer Diebesbande gelegentlich Tipps gibt, wo sich ein Diebstahl lohnen würde und dafür an der dadurch erlangten Tatbeute beteiligt wird, muss darin keine Verabredung dieser Person zur fortgesetzten Begehung mit anderen Personen erblickt werden. Vielmehr scheint in solchen Fällen der Schwerpunkt mehr auf der konkreten Beteiligung an bestimmten Taten zu liegen. 300 Wie schon beim ersten Fall zur Anstiftung wäre es lebensfremd, dass Kind als Anstifter anzusehen. 301 Siehe das letzte Beispiel oben C.I.2.f)(1).

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somit nicht geboten. Gerade weil sich neben dem Täter zwei Personen nicht lediglich zu tatunterstützenden, sondern sogar zu tatinitiierenden Beiträgen bereit erklärt haben, ist diese Verbindung stabiler und damit als gefährlicher anzusehen. Somit können zwei Anstifter und ein Täter grundsätzlich eine Bande bilden. Jedoch erfordert eine bandenmäßige Diebstahlsbegehung immer die Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds. Und ob eine reine Anstifterhandlung den Anforderungen an die Mitwirkung genügen kann, erscheint problematisch. Dies soll jedoch nicht im Rahmen der Bandenabrede, sondern erst im Rahmen der bandenmäßigen Begehung diskutiert werden.302 Abschließend lässt sich in Bezug auf verabredete Teilnahmehandlungen noch die Konstellation bilden, bei der in einer Dreierverbindung nur einer Person Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Täterschaft darstellen, während einer anderen allein Aufgaben eines Gehilfen und der dritten Aufgaben eines Anstifters zukommen. • Beispiel Abermals haben sich A, B und das Kind K zur Begehung von Taschendiebstählen verabredet. Nach einigen Tatausführungen wurde allen Beteiligten klar, dass nur K ein sehr geschickter Dieb ist und zudem als Kind unauffälliger agieren kann. Die Tatausführungen des K gestalten sich jedoch viel effektiver, wenn B ihm dabei Hilfe leistet. K ist allerdings ziemlich undiszipliniert und daher hat A mit der Zeit immer mehr die Rolle übernommen, den K zum Stehlen anzutreiben.303

Auch hier liegt die Entscheidung, ob Straftaten begangen werden, letztendlich nur bei einer Person. Dennoch hat sich diese Verbindung in einem gewissen Grad organisiert und die Bandenrollen anhand der Stärken der Mitglieder ausgerichtet. Dies begründet eine Verbindungsgefahr. Die Beteiligungshandlungen aller drei Mitglieder sind ebenfalls geeignet, die Verbindung aufrechtzuerhalten. Demnach kann eine Verbindung zwischen einem Täter, einem Anstifter und einem Gehilfen grundsätzlich eine Bande darstellen.304 Davon getrennt ist die Frage zu behandeln, inwiefern im konkreten Fall die Anforderungen an eine Mitwirkung erfüllt sind.305

302 303 304 305

Siehe unten C.II.1.a)(6). Vgl. zu einem ähnlichen Fall Gaede, StV 2003, 78 (80). A. A. Gaede, StV 2003, 78 (80). Siehe unten C.II.1.a)(6).

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(3) Tätigkeiten eines mittelbaren Täters Schließlich ist es möglich, dass nach der Bandenabrede einer Person lediglich Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Tätigkeiten eines mittelbaren Täters darstellen. • Beispiel A, B und das Kind K haben sich zusammengeschlossen, um sich durch den Verkauf von Marihuana einen netten Nebenverdienst zu verschaffen. K ist jedoch aufgrund seiner schulischen Aufgaben stark eingebunden, so dass es keine Zeit hat, selbst das Marihuana zu verkaufen. Es bittet daher seine Großmutter, die einen kleinen Lebensmittelladen hat, das Marihuana dort zu verkaufen. Allerdings schwindelt es seiner Großmutter O vor, dass es sich dabei um einen sehr teuren Tee handele. Der Kundenkreis von A, B und K wird über den Erwerbsort informiert.

Hier weiß O nicht, dass sie Drogen verkauft und handelt daher vorsatzlos. Diesen Defekt macht sich K zu Nutze. Nach § 25 I StGB ist es für die täterschaftliche Zurechnung gleichgültig, ob eine Person eine Tat alleine oder durch eine andere Person begeht. Verabredet sich eine Person mit anderen, zukünftig Straftaten zu begehen, kann sie sich bei der Tatausführung auch menschlicher Werkzeuge bedienen. Daher ist K als Bandenmitglied anzusehen und somit bilden die drei eine Bande i. S. der §§ 30 f. BtMG. Dagegen ist es – zumindest in einer Dreierbande – kaum vorstellbar, dass einem anderen Bandenmitglied nach der Bandenabrede die Rolle des menschlichen Werkzeugs zukommt. Schließlich macht sich ein mittelbarer Täter eine unterlegene Stellung des Tatausführenden zu Nutze und hat dabei zugleich eine überlegene Stellung inne, welche sich z. B. durch überlegenes Wissen kennzeichnet.306 Eine solche Rollenverteilung bereits in der Bandenabrede festzulegen, würde die unterlegene Stellung des Werkzeugs bzw. die überlegene Stellung des mittelbaren Täters grundsätzlich ausschließen.307 Dennoch kann bei einer bandenmäßigen Begehung im Einzelfall durchaus ein Bandenmitglied ein anderes als menschliches Werkzeug benutzen. Zu fragen ist dann jedoch, ob eine solche Benutzung noch geeignet sein kann, die Bandenabrede aufrechtzuerhalten308 und ob das Werkzeug als Mitwirkender gilt309.

306 Vgl. dazu Heinrich, Rn. 1244; siehe zur mittelbaren Täterschaft ausführlich unten im 5. Teil A. 307 Siehe jedoch noch ausführlich unten im 5. Teil A.II. zur der Problematik, ob der Einsatz von Kindern immer zur mittelbaren Täterschaft der Hintermänner führt. 308 Siehe dazu unten C.I.4.b). 309 Siehe dazu unten C.II.1.a)(6).

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g) Aufkündigen einer Bandenabrede Eine Verabredung kann durch ausdrückliche Erklärung oder durch schlüssiges Verhalten aufgekündigt werden.310 Erfolgt dies durch alle Mitglieder, ist die Bande aufgelöst. Beim Aufkündigen durch einzelne Mitglieder ist bloß deren Bandenmitgliedschaft ausgeschlossen, sofern noch mindestens drei weitere Personen der Bande angehören. • Beispiel A, B und das Kind K sind die einzigen Mitglieder einer Dealerbande. K möchte jedoch nicht mehr mit A und B zusammenarbeiten. Daher erklärt es B gegenüber seinen sofortigen Austritt. A hat davon keine Kenntnis, als er am nächsten Tag i. S. der Bandenabrede Marihuana verkauft.

Ursprünglich bestand zwischen A, B und K die Verabredung, sich zur künftigen Begehung von Rauschgifttransporten miteinander zu verbinden. K hat gegenüber B seinen Austritt bekundet, nicht jedoch gegenüber A. Ebenso wie es für die Begründung einer Bandenmitgliedschaft ausreicht, sich nur mit einem von mehreren Bandenmitgliedern persönlich zu verabreden,311 muss dies auch für den Bandenaustritt gelten. Anderenfalls wäre das Ausscheiden aus einer sehr großen Bande erheblich erschwert. Durch das Ausscheiden des K fehlt es nun objektiv an einer bestehenden Bandenabrede zwischen drei Personen. Durch die Tatbegehung des A können keine anderen zwei Personen mehr angereizt werden und es mangelt an einer – gerade für gruppendynamische Prozesse entscheidenden – Überzahlsituation.312 A weiß jedoch bei der letzten Tat nichts vom Ausscheiden des K und daher hat er eine versuchte bandenmäßige Begehung des § 30 I Nr. 1 BtMG bzw. des § 30a I BtMG begangen.

310

BGHSt 50, 160 (162). Siehe oben C.I.2.c). 312 An das Aufkündigen der Bandenmitgliedschaft sind insofern geringere Anforderungen als an das Aufkündigen eines gemeinsamen Tatplans i. S. der Mittäterschaft zu stellen. Dort ist für ein Aufkündigen des gemeinsamen Tatplans notwendig, dass dies den anderen Mittätern bekannt gegeben wird; vgl. BGHSt 37, 289 (293); Heinrich, Rn. 1234 f.; Rengier, AT, § 44 Rn. 14 ff. Der Unterschied erklärt sich daraus, dass die Mittäterschaft zur Zurechnung von Tatbeiträgen führt. Wissen die anderen Mitglieder nichts vom Ausscheiden, wirken die bereits geleisteten Tatbeiträge, welche auch gewichtige Vorbereitungshandlungen sein können, fort und der gemeinsame Tatplan bildet die Grundlage für die gegenseitige Zurechnung; vgl. BGHSt 11, 268 (271 f.); BGHSt 37, 289 (292 ff.). Dieses Fortwirken bezieht sich jedoch bloß auf die konkret verabredete Tat. Die Bande ist dagegen keine Zurechnungsform und die Bandenabrede auf unbestimmte Taten bezogen und kann demnach kein vergleichbares Fortwirken erzeugen. 311

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3. Fortgesetzte Begehung Zweck der Bandenverbindung ist die Begehung einer Vielzahl noch unbestimmter Taten. Auch bezüglich dieser Voraussetzung können sich Probleme ergeben, die sich auf die Wirksamkeit der Bandenabrede auswirken können. • Beispiel A, B und das Kind K verabreden, zukünftig gemeinsam Wohnungseinbrüche zu begehen. Dabei verstehen A und B die Abrede derart, dass sie für einen unbestimmten Zeitraum eine Vielzahl von Taten begehen. K dagegen versteht die Abrede in dem Sinne, dass es nur einmal mit A und B einen Diebstahl begeht. A, B und K brechen kurz darauf in eine Villa ein und entwenden eine Vielzahl von Wertgegenständen.

Schon die erste Tat einer Bande kann als Bandentat anzusehen sein,313 da es für die Bandenmäßigkeit insbesondere nicht auf Routine und bereits herausgebildete Spezialisierung ankommt. Entscheidend ist, dass einer Verbindung die Gefahr innewohnt, weitere Straftaten zu begehen (Verbindungsgefahr) und das diese Gefahr bereits durch die Tat eines Einzelnen aufrechterhalten werden kann (Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr).314 Zur Aufrechterhaltung der Bande trägt aber schon die erste Tatbegehung bei, sofern sie sich als Kundgabeakt darstellt, mit dem das Mitglied seine Tat bewusst in den gefährlichen Zusammenhang der Bandenabrede stellt. Nach der Vorstellung von A und B haben hier zwar drei Personen eine Abrede zur fortgesetzten Tatbegehung getroffen. Tatsächlich haben dies allein zwei Personen verabredet. K hat gerade keinen Bindungswillen. Die Tatbeiträge von A und B sind nicht geeignet, den K zum Festhalten an der Bandenabrede zu motivieren und zur weiteren Straftatbegehung anzureizen. K möchte weder den kriminellen Zweck der Bande fördern noch zu ihrem Erhalt und Ausbau beitragen. Zwar können A und B den Tatbeitrag des K als Beweis dafür ansehen, dass es sich an die Abrede zur fortgesetzten Begehung von Straftaten hält, jedoch ist K keine Abrede zur fortgesetzten Begehung eingegangen und daher ist sein Tatbeitrag nicht Ausfluss einer solchen Abrede. Damit liegt objektiv keine Bandenabrede zwischen drei Personen zum Zeitpunkt der Tatbegehung und somit keine Bande vor.315 Auf die Vorstellung von A und B kann nicht abgestellt werden, um diesen Mangel zu heilen. Hierfür gibt es die Versuchsstrafbarkeit. Neben der Verwirklichung eines Diebstahls gem. §§ 242, 243 I StGB kommt mithin für A und B nur ein Versuch eines Bandendiebstahls gem. §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB in Betracht. 313 314 315

Siehe dazu oben im 3. Teil A.II. Siehe dazu ausführlich oben im 3. Teil B.III.4.b). Siehe auch oben C.I.2.d) zum geheimen Vorbehalt.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Zudem ist fraglich, wie es zu beurteilen ist, wenn sich ein Bandenmitglied zur Straftatbegehung mit anderen zusammenschließt, sich jedoch vorbehält, bloß dann weitere Taten zu begehen, wenn die erste Tat erfolgreich verläuft und es demnach die fortgesetzte Begehung von einer Bedingung abhängig macht. • Beispiel A, B und das Kind K planen einen Einbruchsdiebstahl. Dabei kommen A und B zu dem Entschluss, auch zukünftig weitere, noch unbestimmte Einbruchsdiebstähle zu begehen. K findet dies gut, behält sich jedoch ausdrücklich vor, nur an Folgetaten mitzuwirken, falls der erste Einbruch erfolgreich von ihnen durchgeführt wird und sie nicht auffliegen. Die geplante Tat konnte von A, B und K reibungslos und gewinnbringend durchgeführt werden.

Hier ist problematisch, inwiefern im Zeitpunkt der Tatbegehung bereits zwischen drei Personen eine Verabredung zur fortgesetzten Straftatbegehung bestand. Zwar haben hier alle Personen bereits vor der Durchführung der Tat ihren Willen ausdrücklich bekundet, grundsätzlich zukünftig Straftaten begehen zu wollen. K hat dabei jedoch seine Bereitschaft zur weiteren Straftatbegehung von einer Bedingung abhängig gemacht. Es steht einer Bandenabrede nicht entgegen, wenn die Durchführung von Straftaten von Bedingungen abhängig gemacht wird, wie z. B. das Abwarten einer günstigen Gelegenheit316 oder der Eintritt von Geldmangel317. In solchen Fällen haben sich jedoch die Personen grundsätzlich zu einer Vielzahl von Taten bereit erklärt, nur der Zeitpunkt der Tatbegehung wurde unter eine Bedingung gestellt. In der vorliegenden Abrede wird jedoch nicht der Zeitpunkt der Tatbegehung, sondern das „Ob“ der zukünftigen Begehung bedingt. Demnach war K zum Zeitpunkt der Abrede bis zur Beendigung der Tatbegehung noch nicht entschlossen, mit A und B weitere Taten zu begehen. Da A und B die Bedingung des K kannten, haben auch sie keine entsprechende Abrede mit K vor Beendigung des Einbruchsdiebstahls getroffen.318 Vergleichbar einer aufschiebenden Bedingung von Rechtsgeschäften nach § 158 I BGB tritt die Wirksamkeit der Bandenabrede erst mit Beendigung der ersten erfolgreichen Tat konkludent ein. Somit können A und B nicht wegen einer bandenmäßigen Begehung aus §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB bestraft werden. Ebenfalls kann kein Versuch angenommen werden, weil A und B um die Bedingung des K wissen.

316 317 318

BGH bei Dallinger, MDR 1967, 369; BGH wistra 2012, 433 (435). BGH GA 1974, 308. Vgl. BGH NStZ 1996, 443.

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4. Straftaten Die Bandenabrede zielt auf die fortgesetzte Begehung von Straftaten i. S. des Grunddelikts ab. Erörterungsbedürftig ist dabei, welche Anforderungen an diese Straftaten zu stellen sind. a) Anforderungen an die verabredeten Straftatgattungen Eine Bande definiert sich immer nur vor dem Hintergrund der zu untersuchenden Straftat. Es gibt keine strafrechtlich bedeutsame Bande, wenn sich deren Mitglieder lediglich zu solchen Tatgattungen zusammenfinden, die nicht einen besonders schweren Fall oder eine Qualifizierung durch eine bandenmäßige Begehung vorsehen. Offensichtlich ist dies beispielsweise, wenn sich alle Personen ausschließlich zur fortgesetzten Begehung von noch unbestimmten Sachbeschädigungen zusammenschließen.319 Weniger offensichtlich ist dies jedoch, wenn sich Personen zwar grundsätzlich zu tauglichen Bandentaten verabreden, aber nicht alle Personen zu den gleichen Taten. • Beispiel Die Jugendlichen A und B verabreden sich dazu, regelmäßig elektronische Geräte zu stehlen, um sie weiterzuveräußern. Das Kind K erklärt sich dazu bereit, ihnen zukünftig geeignete erbeutete Gegenstände abzukaufen, weil es den X kennt, der für Elektrogeräte einen guten Preis zahlt. A und B stehlen sodann drei Smartphones.

Fraglich ist, ob K hier als Mitglied einer Diebesbande zu werten ist. K hat jedoch selbst nicht verabredet, Diebstähle zu begehen. Vielmehr hat sich K zum Abkauf der erbeuteten Waren und damit zu einer typischen Hehlereihandlung bereit erklärt. Eine bandenmäßige Begehung eines Diebstahls setzt jedoch voraus, dass sich die Bandenmitglieder zur Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben (§§ 244 I Nr. 2, 244a StGB). Das Gesetz sieht dagegen nur bei den Qualifikationen der Hehlereitatbestände (§§ 260 I Nr. 2, 260a StGB) eine aus Räubern, Dieben und Hehlern gemischte Bande vor. Allerdings genügt für eine Bandenmitgliedschaft grundsätzlich das Bereiterklären zu Gehilfentätigkeiten.320 Der Ab- und Verkauf des Diebesgutes ist aber den Diebstahlstaten nachgelagert, so dass eine physische Beihilfehandlung ausscheidet. Auch ist nicht erkennbar, dass K in irgendeiner Art und Weise Einfluss auf die Zahl der Diebstahls319 320

Siehe dazu bereits oben im 2. Teil A.III. Siehe oben C.I.2.f)(1).

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taten oder die Beschaffenheit der Diebesbeute nimmt, indem es z. B. jeweils mitteilt, welche elektronischen Gegenstände gerade besonders gut absetzbar sind. Das Versprechen des K zur Abnahme der Diebesbeute könnte dann höchstens als psychische Beihilfehandlung zu den Taten von A und B gewertet werden. Es ist durchaus möglich, dass eine Person Mitglied in einer Diebesbande und zugleich in einer Hehlerbande ist und ihr dabei einmal eine Teilnehmerstellung und einmal eine Täterstellung zukommt.321 So kann es sein, dass A und B in der Begehung von Diebstählen dadurch bestärkt werden, dass sie wissen, ihr Diebesgut wird ihnen von K abgenommen. Ob jemand durch die Zusage späterer Verwertung als Gehilfe anzusehen ist, hängt u. a. davon ab, ob bei dieser Zusage die Haupttat ausreichend bestimmt war. Dabei gelten für den Gehilfen niedrigere Anforderungen als für den Anstifter.322 Bezieht sich eine Beteiligungshandlung auch auf eine Mehrzahl von Taten des Haupttäters, ist dennoch zu fordern, dass der Teilnehmer wenigstens in Umrissen eine Vorstellung von Anzahl und Zeitraum der Taten hat.323 Sofern K lediglich abwartet, welche Gegenstände A und B anbringen und es dann jeweils entscheidet, ob es sie ihnen abkauft, wird eine solche Vorstellung abzulehnen sein. Für den Ab- und Verkauf der gestohlenen Ware ist es nicht notwendig, dass K überhaupt von den einzelnen Diebstählen Kenntnis erlangt.324 K will die Diebstahlstaten von A und B weder physisch noch psychisch fördern, sondern lediglich das Diebesgut an- und verkaufen, also damit hehlen. Entscheidend ist hier, dass der Abund Verkauf des Diebesgutes den Diebstählen nachgelagert ist und auch sonst dem K nach der Abrede keine Tätigkeiten zufallen, die einen konkreten Bezug zu den Diebstahlstaten haben.325 Dies reicht nicht für die Annahme der Eingehung einer Abrede des K zur fortgesetzten Begehung von Diebstählen und somit haben keine drei Personen eine Bandenabrede i. S. der §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB geschlossen. A und B können daher nicht wegen bandenmäßigen Diebstahls bestraft werden. Es käme allenfalls ein versuchter Bandendiebstahl in Betracht, sofern A und B irrig annahmen, K würde sich auch an den Diebstählen in irgendeiner Art und Weise beteiligen. Probleme hinsichtlich des Vorliegens einer strafrechtlich bedeutsamen Bande ergeben sich ferner, wenn sich deren Mitglieder nicht zu konkreten, sondern zu Straftatgattungen allgemein zusammenfinden. 321

BGH NStZ 2003, 32 (33); BGH NStZ 2007, 33 (34); vgl. ferner Erb, NStZ 1998, 537 (540). 322 BeckOK-v. Heintschel-Heinegg, § 27 Rn. 18. 323 BGH NStZ 2002, 200 (201). 324 Vgl. BGH NStZ 2003, 32 (33). 325 Vgl. BGH NStZ 2007, 33.

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• Beispiel Eine Gruppe Jugendlicher schließt sich zusammen, um zukünftig Straftaten zu begehen. Meistens begehen sie Körperverletzungs- und Sachbeschädigungsdelikte. Im konkreten Fall begehen die Mitglieder A und B jedoch einen Diebstahl.326

Lediglich bei Diebstahl, nicht jedoch bei Körperverletzung und Sachbeschädigung ist eine bandenmäßige Begehung vorgesehen. Zu überlegen ist nun, ob sich die Jugendlichen „zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden“ haben, wie es in § 244 I Nr. 2 StGB gefordert wird. Dies könnte deshalb angenommen werden, weil sich die Jugendlichen grundsätzlich zur Begehung von Straftaten jedweder Art zusammengefunden haben, denn dies beinhaltet eben auch Raub und Diebstahl. Dem Wortlaut des § 244 I Nr. 2 StGB ist nicht zu entnehmen, dass ausschließlich eine Verbindung zu Raub- und Diebstahlstaten vorliegen muss. Ebenfalls kann eine konkrete Tatbegehung, z. B. ein Diebstahl, als Kundgabeakt verstanden werden, mit dem das Mitglied den anderen signalisiert, an der Abrede zur fortgesetzten Straftatbegehung festzuhalten (Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr). Allerdings darf die Begehung von Raub- und Diebstahlstaten nicht nur gebilligt werden, sondern es muss deren fortgesetzte Begehung angestrebt werden. Bei einer – praktisch wohl unwahrscheinlichen – Verabredung zur Begehung von Straftaten aller Art dürfte dies bereits schwer anzunehmen sein. Wenn aber wie im vorliegenden Fall sich die Gruppe mit der Zeit auf Körperverletzungs- und Sachbeschädigungsdelikte festgelegt hat, ist dies als konkludente Abänderung der ursprünglichen Abrede anzusehen. Die Begehung eines Diebstahls kann dann nicht als Einhaltung der Bandenabrede verstanden werden. Obwohl eine Bande keine Organisation, Routine, Spezialisierung, Aufgabenverteilung etc. verlangt, ist doch die Herausbildung solcher Erscheinungsformen eine der Bande immanente Gefahr (Verbindungsgefahr).327 Für die Begehung artfremder Taten einer Bande ist es gar nicht möglich, dass dafür Routine, Spezialisierung oder Aufgabenverteilung bestehen. Mithin ist hier eine Bande abzulehnen. b) Anforderungen an die verabredeten Straftaten Für die Verbindung zur Begehung von tauglichen Straftatgattungen müssen sich die Straftaten für die einzelnen Mitglieder als objektiv tatbestandsmäßig darstellen. Eine Diebesbande ist beispielsweise ausgeschlossen, sofern sich die Personen verabreden, herrenlose und damit keine fremden Gegenstände zu stehlen. Eine Verabredung zur Begehung von noch unbe326 327

Siehe auch oben im 2. Teil A.III.2. Siehe zu den Strafzwecken oben im 3. Teil B.III.4.b) und 5.

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stimmten, aber gerechtfertigten Taten ist nicht denkbar, denn nur in einem konkreten Einzelfall kann erwogen werden, ob ausnahmsweise eine Erlaubnis vorliegt, die die Tatbestandsverwirklichung rechtfertigt.328 Zu klären ist jedoch, ob den Verabredenden bewusst sein muss, dass sich ihre Abrede auf die Begehung von tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Taten bezieht. Hier wird besonders die Verknüpfung zwischen Bandenabrede und der konkreten Tatbegehung deutlich. Liegt ein Mangel in Bezug auf die verabredeten Straftaten zum Zeitpunkt der Tatbegehung vor, wird sich dieser Mangel in der konkreten Tat widerspiegeln. • Beispiel A verabredet mit den Kindern K 1 und K 2, in Zukunft in Wohnungen einzubrechen, um Gegenstände zu entwenden. K 1 und K 2 sollen aufgrund ihrer geringen Größe durch geöffnete Fenster in die Wohnungen gelangen. Den naiven K 1 und K 2 wird dabei jedoch weisgemacht, dass lediglich bestimmte Gegenstände wiedergeholt werden sollen, die A Freunden geborgt hätte und die diese Freunde einfach nicht zurückgeben würden. A und K 1 begehen sodann den ersten Wohnungseinbruchsdiebstahl.

Vorliegend haben sich zwar drei Personen objektiv zu Wohnungseinbruchsdiebstählen verabredet, jedoch sind nach der Vorstellung von K 1 und K 2 die wegzunehmenden Sachen für A keine fremden. K 1 und K 2 sind sich zwar bewusst, dass sie in fremde Wohnungen einbrechen, jedoch haben sie sich weder untereinander noch mit A zur Wegnahme fremder Sachen bereit erklärt und somit nicht zur Begehung von Diebstählen. Dessen ist sich auch A bewusst, da er die Kinder über die Fremdheit der Gegenstände getäuscht hat. Demnach liegt nicht zwischen drei Personen eine Verabredung zur Begehung von Diebstählen vor. Zwar wohnt einer solchen Verbindung ebenfalls eine Gefährlichkeit in Bezug auf die Begehung weiterer Straftaten inne, insbesondere weil die Kinder gar nicht erkennen, dass sie objektiv Diebstähle begehen und somit die Warnfunktion der Diebstahlsnormen für sie gar nicht zur Geltung kommen können oder weil sich auch in einer solchen Verbindung eine die Effizienz steigernde Rollenverteilung herausbilden kann. Ebenfalls stellt das Vorgehen von A ein verwerfliches Unrecht dar, da er die Kinder bewusst über die Fremdheit täuscht und damit wie Werkzeuge lenkt, jedoch wird durch seine Tatbegehungen die Rechtsgutsverletzung des Grunddelikts nicht bandentypisch intensiviert. Weder die Tathandlungen von K 1 oder K 2 noch von A können als Kundgabeakt verstanden werden, mit denen eine kriminelle Bandenabrede zwischen drei Personen eingehalten bzw. aufrechterhalten wird. Über das Vorliegen von Straftaten Getäuschte wollen nämlich den kriminellen Zweck einer Bande nicht fördern oder zu ihrem Erhalt und Ausbau beitragen. Die fortgesetzte 328

Vgl. Heinrich, Rn. 311.

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Begehung von Hausfriedensbrüchen ist im Zusammenhang mit Banden ohne Interesse, da ein Hausfriedensbruch nicht durch eine bandenmäßige Begehung qualifizierbar ist oder zur Annahme eines in der Regel vorliegenden besonders schweren Falles führt. K 1 und K 2 haben folglich keine Bandenabrede zu Diebstahlstaten getroffen, wodurch es an der für eine Bande nötigen Anzahl von drei Personen fehlt. A kann vorliegend bloß wegen eines Wohnungseinbruchsdiebstahls nach § 244 I Nr. 3 StGB, jedoch nicht wegen eines (schweren) Bandendiebstahls nach §§ 244 I Nr. 2, 244a I StGB bestraft werden. Weiterhin scheidet eine versuchte bandenmäßige Begehung aus, da A die Kinder über die Fremdheit der Gegenstände getäuscht hat. Somit hat A sich gerade nicht über das Bestehen einer Bandenabrede und damit die tatsächlichen Voraussetzungen einer bandenmäßigen Begehung geirrt.329 Gerade im Zusammenhang mit Kindern ist besonders relevant, ob sich die Verabredenden für ihre Einstufung als Bandenmitglieder bewusst sein müssen, Unrecht zu begehen. • Beispiel Der Tierschützer und Lehrer A behandelt im Unterricht das Thema Tiere und deren Haltung. In diesem Zusammenhang schlägt er seinen etwa 10-jährigen Schülern vor, dass sie alle fortan Äpfel in fremden Gärten pflücken wollen, damit er diese zu den Tieren im nahe gelegenen Tierpark bringen kann. Die Kinder sind von dieser Idee begeistert, wobei sie entweder schon nicht erkennen, dass ein solches Vorhaben unrechtmäßig ist oder es zwar erkennen, aber dem Reiz eines solchen Vorhabens nicht standhalten können. Zur Sicherheit seines Vorhabens rät A den Kindern zudem, den Eltern nichts davon zu erzählen, da viele Erwachsene nicht tierlieb wären und gegen diese tolle Idee sein würden. Am nächsten Tag sammelt A mit dem Kind K auf einem fremden Grundstück einen Korb Äpfel ein.

Vorliegend haben sich mindestens drei Personen zur fortgesetzten Begehung von Diebstahlstaten verabredet. Im Gegensatz zu A sind sich die Kinder jedoch aufgrund mangelnder Reife nicht bewusst, dass ein solches Verhalten Unrecht darstellt oder wissen dies zwar, aber können sich nicht entsprechend steuern.330 Sie wollen vielmehr Tieren helfen. Für ihre Berücksichtigung als Bandenmitglieder spricht im Unterschied zum vorherigen 329 Es ist unwahrscheinlich, dass im Einzelfall einsichts- und steuerungsfähige Kinder nicht die Tatbestandsmäßigkeit der Straftaten erkennen, zu dessen Begehung sie sich verabredet haben, ohne dass eine dritte Person sie diesbezüglich getäuscht hat. 330 Die fehlende Fähigkeit des Täters, das Unrecht seines Handelns zu erkennen, lässt die Steuerungsfähigkeit generell entfallen, BeckOK-v. Heintschel-Heinegg, § 20 Rn. 65. Siehe zur Abgrenzung von fehlender Einsichtsfähigkeit i. S. von §§ 20 StGB, 3 JGG und fehlendem Unrechtsbewusstsein i. S. von § 17 I StGB unten C.II.3.b).

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Fall, dass ihnen nicht verschleiert wird, dass fremde Sachen weggenommen werden sollen. Dazu ist jedoch anzumerken, dass besonders bei jüngeren Kindern die Grenze zwischen fehlendem Vorsatz und fehlender Einsichtsfähigkeit oftmals schwer zu ziehen sein wird. Sofern die Kinder jedoch vorliegend verstehen, dass fremde Sachen weggenommen werden sollen, können sie sich zu Diebstählen auch bewusst zusammenschließen. Ihre Tatbegehung kann auch bei fehlender Unrechtseinsicht und Steuerungsfähigkeit Ausdruck der von ihnen bewusst eingegangen Bandenabrede sein. Durch eine Tatbegehung anderer können sie zudem selbst zum Festhalten an der Abrede motiviert werden. Zwar könnte gerade bei nicht unrechtseinsichtigen Personen argumentiert werden, dass sie schon nicht erkennen, dass die Begehung des Grunddelikts Unrecht darstellt und sie somit auch nicht durch eine im Rahmen der Abrede platzierte Tatbegehung bewusst dieses Unrecht steigern wollen. Denn schließlich führt die Bandenmäßigkeit zu einer individuellen Strafschärfung, weil die bandenmäßige Begehung das Unrecht des Grunddelikts steigert. Jedoch stellt ein tatbestandsmäßiges und rechtswidriges Begehen des Grunddelikts ein objektives Unrecht dar, unabhängig davon, ob dies für die Tatausführenden selbst erkennbar ist oder nicht. Entscheidend für ihre Einstufung als Bandenmitglieder ist also allein, ob sie ihre Tatbegehung bewusst im Rahmen der Bandenabrede platzieren können und nicht, ob sie erkennen, dass die Begehung des Grunddelikts bereits Unrecht darstellt. Dass sie dies nicht erkennen, wirkt sich für sie dahingehend positiv aus, da sie somit schuldunfähig sind und eine Strafbarkeit und erst recht eine individuelle Strafschärfung ausscheiden. Eine willentliche, im Rahmen einer Bandenabrede platzierte Tatbegehung wird auch von den anderen Mitgliedern als solche wahrgenommen. Würde jedoch nur eine Tatbegehung von einsichts- und schuldfähigen Personen als geeignet angesehen werden, eine Bandenabrede aufrechtzuerhalten, würde die Bandenmäßigkeit zu sehr eingeschränkt werden. Denn letztlich würde verlangt werden, dass jedem Mitglied ersichtlich sein muss, dass die anderen Mitglieder fähig sind, das Unrecht der Abrede einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zum einen ist eine persönliche oder ausdrückliche Abrede aller Bandenmitglieder untereinander nicht zu fordern.331 Zum anderen ist äußerlich oft schwer erkennbar, ob eine Person einsichts- und steuerungsfähig ist, besonders weil eine fehlende Einsichts- und Steuerungsfähigkeit von individuellen Fähigkeiten abhängt und insofern nicht hervorgerufen werden kann wie ein fehlender Vorsatz durch Verschleiern von Tatumständen. Eine fehlende Unrechtseinsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit steht also dem Eingehen einer Bandenabrede grundsätzlich nicht entgegen. Daher sind die Kinder als Bandenmitglieder anzusehen. Für A kommt wegen der 331

Siehe oben C.I.2.a) und c).

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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Begehung der Apfeldiebstähle eine Strafbarkeit wegen bandenmäßiger Begehung gem. §§ 244 I, 244a StGB in Betracht.332 Es ist jedoch zu überlegen, ob eine Restriktion derart geboten ist, eine Bandenabrede dann abzulehnen, wenn für ein Mitglied offensichtlich erkennbar ist, dass keines der anderen Verabredenden einsichtsfähig und/oder steuerungsfähig ist. Gerade A als Lehrer der Kinder kann wissen, dass sie das Unrecht nicht verstehen bzw. nicht demgemäß handeln können. Das Verhalten des A eignet sich hier in erster Linie dazu, die Kinder darin zu bestärken, dass ihr Verhalten rechtmäßig ist. A setzt die gutgläubigen Kinder demnach wie Werkzeuge i. S. von § 25 I Alt. 2 StGB ein. Für eine Ablehnung der Bandenabrede spricht vorliegend, dass die nicht einsichtsfähigen Kinder nicht böswillig handeln und, sofern dies für A erkennbar war, bei ihm keine eventuell aufkommenden Zweifel ausräumen können in Bezug auf die Unrechtmäßigkeit des Vorhabens. Dies könnte dazu führen, dass sich in einer solchen Verbindung keine kriminelle Dynamik entfalten kann. Allerdings gilt dies nicht für lediglich steuerungsunfähige Mitglieder, da diese das Unrecht erkennen. In einer Bande ist es gerade typisch, dass aufgrund von Gruppenkräften die Mitglieder nicht standhalten können und Straftaten begehen.333 Da vorliegend die Kinder nicht allesamt einsichtsunfähig sind, erscheint eine Restriktion nicht angemessen. 5. Zusammenfassung Die angeführten Beispiele verdeutlichen, dass im Einzelfall genau geprüft werden muss, ob die Voraussetzungen des Eingehens einer Bandenabrede gegeben sind und somit eine Person als Bandenmitglied betrachtet werden kann. Für das Vorliegen einer Bandenabrede ist nicht die erstmalige (ausdrückliche) Verabredung entscheidend, sondern immer der Zeitpunkt der konkreten Tatbegehung, da sich zwischenzeitlich Umstände ändern können. Im Einzelfall wird es praktisch schwierig zu beurteilen sein, wann die Voraussetzungen einer wirksamen Bandenabrede zu bejahen sind. Insgesamt ist bei dieser Beurteilung eine restriktive Sichtweise zu bevorzugen. Bezüglich der Verabredung zu einer Bande ist zunächst festzustellen, dass das Eingehen einer solchen auch durch schlüssiges Handeln möglich ist, wobei jedoch insbesondere bei wiederholtem Zusammenwirken genau zu prüfen ist, ab wann eine solche Schlüssigkeit anzunehmen ist. Die Annahme einer Bandenabrede kann dabei nur für die Zukunft wirken.334 332 333 334

Siehe zu diesem Fall auch noch unten C.II.3.a). Vgl. Laubenthal/Baier/Nestler, Rn. 72. Siehe dazu oben C.I.2.a).

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Ebenfalls ist es unschädlich, wenn sich nicht alle Mitglieder untereinander persönlich verabredet haben. Allerdings kann eine Person dabei nicht als Bandenmitglied angesehen werden, wenn sie gar nicht weiß, dass sich überhaupt drei Personen zur fortgesetzten Straftatbegehung verabredet haben.335 Auch das Aufkündigen einer Bandenabrede kann schlüssig und muss nicht allen Bandenmitgliedern gegenüber erfolgen.336 Eine familiäre oder sonstige soziale Bindung von Delinquenten hindert nicht deren Einstufung als Bandenmitglieder. Entscheidend ist nämlich, dass neben die soziale auch eine kriminelle Verbindung i. S. der Bandenabrede tritt.337 Eine Bandenmitgliedschaft eines Verabredenden, der nur zum Schein eine Abrede eingeht, ist ausgeschlossen. Dies gilt aber nur, sofern bzw. solange sich der Verabredende nicht tatsächlich an einer Tatbegehung beteiligt.338 Das erzwungene Eingehen einer Bandenabrede schließt eine wirksame Bandenmitgliedschaft nur dann aus, wenn der Zwang einen Grad erreicht hat, der einem – die Rechtswidrigkeit oder die Schuld ausschließenden – Nötigungsnotstand gleicht.339 Eine Verabredung zur Begehung von bloßen Gehilfentätigkeiten steht einer Bandenmitgliedschaft nicht entgegen. Sind aber unter den Verabredenden neben Gehilfen nur ein Täter, ist die Annahme einer Bande verfehlt.340 Hinsichtlich der Verabredung zur fortgesetzten Begehung ist zu beachten, dass bei einer aufschiebend wirkenden Bedingung auch erst ab Eintritt dieser Bedingung eine Bandenabrede anzunehmen ist.341 Die Straftaten, zu deren fortgesetzter Begehung sich ein Mitglied verabreden muss, sind durch die jeweilige Bandennorm vorgegeben.342 Dabei muss der Verabredende erkennen, dass er sich zu tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Taten verabredet. Fehlende Unrechtseinsicht und Steuerungsfähigkeit hindert grundsätzlich nicht das Bestehen einer Bandenmitgliedschaft. Eine Einschränkung erscheint jedoch bei Fehlen der Unrechtseinsicht geboten, wenn für ein Mitglied offensichtlich ist, dass sonst kein anderes Mitglied in der Lage ist, den Unrechtswert der Abrede zu erkennen.343 Eine solche Offensichtlichkeit kann dann anzunehmen sein, wenn die Unrechtseinsicht gezielt aufrechterhalten wird. Nicht alle hier aufgeworfenen Problemkreise sind solche, die typischerweise im Zusammenhang mit Kindern Bedeutung erlangen. Nicht kinder335 336 337 338 339 340 341 342 343

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

dazu dazu dazu dazu dazu dazu dazu dazu dazu

oben oben oben oben oben oben oben oben oben

C.I.2.c). C.I.2.g). C.I.2.b). C.I.2.d). C.I.2.e). C.I.2.f). C.I.3. C.I.4.a). C.I.4.b).

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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typisch sind die Konstellationen des schlüssigen Eingehens einer Bandenabrede, der fehlenden persönlichen Verabredung, des geheimen Vorbehalts, der Beteiligungsformen – wobei es insbesondere untypisch ist, wenn ein Kind weitaus ältere Personen anstiftet –, des Aufkündigens einer Bandenabrede sowie der Bedingungen bezüglich der fortgesetzten Begehung. Im Zusammenhang mit Kindern ist es allerdings oftmals der Fall, dass zwischen den Kindern und den Strafmündigen eine familiäre Verbindung besteht. Dies steht einer Bande dann nicht entgegen, wenn daneben eine kriminelle Verbindung i. S. der Bandenabrede vorliegt. Da Kinder aufgrund ihres Alters weniger Durchsetzungskraft besitzen, erscheint eine bestimmende Einflussnahme durch andere typisch. Aber auch eine durch Zwang vermittelte Eingehung einer Verabredung stellt eine wirksame Bandenabrede dar, sofern der Zwang nicht den Grad einer vis absoluta oder eines Nötigungsnotstands erreicht. Auch ist es typisch für Kinder, dass sie aufgrund ihrer altersbedingten Leichtgläubigkeit eher manipulierbar und damit leichter zu täuschen sind. Erkennen die Kinder aufgrund der Täuschung nicht, dass sie sich zur Begehung von Straftaten verabreden und sind somit gutgläubig, scheidet die Annahme einer Bandenabrede und damit ihrer Bandenmitgliedschaft aus. Unter dem Aspekt der Bandenmäßigkeit kann es für Strafmündige insofern vorteilhafter sein, Kinder zu täuschen als sie zu zwingen. Das Unrecht eines solchen Einsatzes von Kindern wird demnach nicht von der bandenmäßigen Begehung erfasst.344

II. Bandenmäßige Begehung Bereits ohne konkrete Tatbeteiligung ist die Einstufung einer Person, z. B. eines Kindes, als Bandenmitglied für die bandenmäßige Strafschärfung anderer relevant, sofern davon das Vorliegen einer Mindestpersonenzahl von drei Bandenmitgliedern und damit die Annahme einer Bande abhängt.345 Im Folgenden wird dagegen geklärt, unter welchen Voraussetzungen die konkrete Tatbeteiligung einer Person der bandenmäßigen Bestrafung von (strafmündigen) Beteiligten entgegensteht. Insbesondere stellt sich die Frage, wann ein Handeln trotz Vorliegens von Strafbarkeitsmängeln noch als bandenmäßig gilt.

344 Siehe unten im Endergebnis unter III. dazu, wie dem Unrecht noch begegnet werden kann. 345 Siehe dazu oben C.I.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

1. Tatbestandsebene Strafbarkeitsmängel können sowohl auf der Ebene des objektiven als auch des subjektiven Tatbestands auftreten und sich auf das Grunddelikt und/oder auf die Bandennorm beziehen. Hier ist speziell zu klären, ob Mängel in Bezug auf das Grunddelikt und Mängel in Bezug auf die bandenmäßigen Voraussetzungen in gleicher Weise eine Auswirkung auf das bandenmäßige Handeln haben. Ferner ist zwischen Bandennormen mit Mitwirkungserfordernis und solchen ohne zu unterscheiden.346 Ebenfalls ist die Beteiligtenrolle des beteiligten Bandenmitglieds bedeutsam. a) Objektiver Tatbestand Bei den Bandennormen handelt es sich jeweils um vorsätzliche Begehungsdelikte.347 Im objektiven Tatbestand sind daher zunächst die geschriebenen Tatbestandsmerkmale, wie die Subjektsqualität oder das Tatobjekt, zu prüfen. Bezüglich der Tathandlung ist zu bedenken, dass diese nicht eigenhändig vorgenommen werden muss, sondern auch eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Beteiligungslehre denkbar ist. Bei den konvergenten Bandennormen ist besonders noch das Merkmal der Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds an der Tatbegehung hervorzuheben. Ferner müssen bei Erfolgsdelikten die ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale der Kausalität und objektiven Zurechnung vorliegen. All diese Merkmale können im Einzelfall nicht erfüllt sein und insofern zu einem Strafbarkeitsmangel führen. (1) Tatsubjekt (a) Allgemein- und Sonderdelikte Der objektive Tatbestand legt fest, wer tauglicher Täter sein kann. Die Grunddelikte der Bandennormen sind durchweg Allgemeindelikte, welche sich regelmäßig durch ein „Wer“ auszeichnen. Bei ihnen kommt jedermann 346

Als Beispiel für ein Delikt ohne Mitwirkungserfordernis ist § 30 I Nr. 1 BtMG anzuführen, der lautet: „Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat“. § 244 I Nr. 2 StGB als Beispiel für eine Norm mit Mitwirkungserfordernis lautet dagegen: „als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt [. . .]“. 347 Siehe zu den einzelnen Bandennormen die Tabelle oben im 1. Teil F.III.

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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als Täter in Betracht.348 Eine Tatbestandsverwirklichung wird daher nicht an der mangelnden Subjektsqualität eines Kindes scheitern und somit auch nicht deren Berücksichtigung als Bandenmitglied beeinflussen. Bei den Sonderdelikten kommt als Täter ausschließlich ein bestimmter Personenkreis, wie Ärzte oder Amtsträger, in Betracht.349 Die Bandennormen zählen zu den unechten Sonderdelikten, denn aus der Formulierung „als Mitglied einer Bande“ ergibt sich, dass Täter einer Bandentat ausschließlich Bandenmitglieder sein können.350 Beteiligte müssen, um als Mitwirkende i. S. einer konvergenten Bandennorm zu gelten, ebenfalls Bandenmitglieder sein. Dies ergibt sich aus der Formulierung „unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds“ (z. B. in § 244a I StGB).351 Dabei genügt nicht die Mitgliedschaft in irgendeiner Bande, sondern nur die in einer, die sich gerade zur Begehung solcher Straftatgattungen zusammengeschlossen hat, die in der fraglichen Bandennorm bezeichnet sind.352 (b) Bandenmitgliedschaft als besonderes persönliches Merkmal Umstritten ist, inwiefern Beteiligte, um aus einer Bandennorm bestraft zu werden, immer Bandenmitglieder sein müssen. Dies ist also eine Frage, die über die Notwendigkeit der Bandenmitgliedschaft für die Annahme von Täterschaft oder Mitwirkung i. S. einer Bandenorm hinausgeht. Entscheidend für die Beantwortung dieser Frage ist, ob die Bandenmitgliedschaft ein besonderes persönliches oder ein tatbezogenes Merkmal darstellt. Besondere persönliche Merkmale (oder täterbezogene Merkmale) kennzeichnen sich dadurch, dass sie die Strafbarkeit an das Vorliegen von besonderen persönlichen Umständen, Motiven, Beweggründen oder einer besonderen Pflichtenstellung knüpfen (§ 14 StGB).353 Die tatbezogenen Merkmale dagegen beschreiben die Tat und damit die Art und Weise der Tatbegehung, den Tathergang, den Taterfolg oder besondere Tatumstände. Wie historisch, systematisch und teleologisch aufgezeigt, legitimiert das bloße Bestehen einer Bande nicht die Strafschärfung. Die Art und Weise der Tatbegehung ist 348

Rengier, AT, § 8 Rn. 5. Rengier, AT, § 8 Rn. 5. 350 Vgl. Rengier, BT I, § 4 Rn. 106; S/S/Eser/Bosch, § 244 Rn. 28; siehe dazu bereits oben im 2. Teil B.II.2. Bei den echten Sonderdelikten kommt der Sonderstellung des Täters strafbegründende Bedeutung zu (Heinrich, Rn. 174), was bei den Bandennormen gerade nicht der Fall ist, da den Grundtatbestand jeder verwirklichen kann und somit ein Allgemeindelikt vorliegt. 351 Siehe dazu bereits oben im 2. Teil B.II.1. 352 Siehe bereits oben C.I.4.a). 353 Siehe bereits oben im 2. Teil B.I.3.a). 349

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

bei den konvergenten Bandennormen zwar dadurch charakterisiert, dass ein anderes Bandenmitglied mitwirkt, jedoch bedingt dies das Merkmal der Mitwirkung und nicht das der Bandenmitgliedschaft. Das Bestehen einer Bande und die Stellung als Bandenmitglied führen nicht zwangsläufig dazu, dass ein Bandenmitglied die Tat auf eine andere Weise begeht als ein Nichtmitglied und sich der Taterfolg anders gestaltet. Für die Annahme eines tatbezogenen Merkmals könnte dennoch sprechen, dass die Bandenmitgliedschaft den Rahmen kennzeichnet, der die Rechtsgutsverletzung und damit die Tatbegehung als besonders intensiv erscheinen lässt,354 weil das Bandenmitglied eine Tat i. S. der Bandenabrede begeht und dadurch seinen Willen demonstriert, die Bandenabrede einzuhalten. Allerdings kann dieser Umstand allein die Tat noch nicht dergestalt definieren, dass die Bandenmitgliedschaft als tatbezogenes Merkmal eingeordnet werden kann. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass nur ein Bandenmitglied durch seine Tatbegehung zur Aufrechterhaltung der Bandenabrede beitragen kann, indem seine Tatbegehung als Kundgabeakt zum Festhalten an der Bandenabrede verstanden wird. Dem Bandenmitglied kommt damit zwar keine Pflichtenstellung gegenüber dem verletzten Rechtsgut zu, wie es z. B. beim Amtsträger im Rahmen der §§ 331, 332 StGB der Fall ist, jedoch setzt das Bandenmitglied durch sein Festhalten an der Bandenabrede eine Gefahr für die Rechtsgüter, die eventuell durch zukünftige, auf die Bandenabrede gestützte Taten verletzt werden. Die Bandenmitgliedschaft als solche beruht auf dem Willen des Täters, der Bande beizutreten und ihr weiterhin anzugehören, welches am deutlichsten durch die Begehung von Straftaten i. S. der Bandenabrede demonstriert wird. Damit charakterisiert die Bandenmitgliedschaft vielmehr den Täter als die Tat und stellt ein besonders persönliches Merkmal i. S. von § 28 StGB dar. Folglich kann ein Nichtbandenmitglied, das sich an einer Bandentat beteiligt, nicht aus einer Bandennorm bestraft werden. Dies ist im Zusammenhang mit tatsubjektslos handelnden Kindern jedoch ohne Auswirkung. Beteiligte Kinder können zum einen nicht – aus einer Bandennorm – bestraft werden und zum anderen können sie als bandenexterne und damit tatsubjektslose Täter keine Bandentat begehen, die die Strafbarkeit aus einer Bandennorm für beteiligte Nichtbandenmitglieder eröffnen könnte.355 Anders gestaltet sich dies für tatsubjektslos handelnde Strafmündige. Beteiligen sie sich an einer Bandentat, ist für sie die Frage von Bedeutung, ob sie dem erhöhten Strafrahmen der Bandennorm unterliegen. 354

So Toepel, ZStW 115 (2003), 60 (84). Bei Verneinung der Behandlung der Bandenmitgliedschaft als besonderes persönliches Merkmal könnte jedoch ein Versuch für den (bandenexternen) Beteiligten in Betracht kommen, der denkt, an einer Tat eines Bandenmitglieds beteiligt zu sein. 355

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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(c) Fehlen der Sondereigenschaft Bandenmitglied Offensichtlich kann ein Kind, welches kein Bandenmitglied ist, nicht tatbestandsmäßig i. S. einer Bandennorm handeln. Seine Berücksichtigung als Bandenmitglied wäre folglich ausgeschlossen. Entscheidend ist dabei natürlich, dass das Kind nicht Mitglied irgendeiner Bande ist, sondern einer, die sich zur Begehung solcher Straftaten verbunden hat, die in der jeweils zu prüfenden bandenmäßig begehbaren Norm festgelegt sind. Damit ein Kind als Bandenmitglied anzusehen ist, muss es – wie jede andere Person auch – der Bande beigetreten sein. Dafür muss entweder eine Bande bereits bestehen bzw. durch den Beitritt des Kindes eine solche gegründet werden. Erforderlich ist also das Vorliegen einer Bandenabrede.356 Wann jemand nicht wirksam eine Bandenabrede eingehen kann, wurde bereits oben unter I. dargelegt.357 Ist ein Kind kein Bandenmitglied, kann es nicht Täter einer Bandentat sein.358 In einem solchen Fall kommt bei einer Tatbegehung des Kindes für die lediglich als Teilnehmer und nicht als Täter beteiligten Bandenmitglieder keine Bestrafung wegen Teilnahme an einer vollendeten Bandennorm in Betracht. Eine Bandenstrafbarkeit kann hingegen anzunehmen sein, wenn bei den nicht konvergenten Bandennormen ein Bandenmitglied als Mittäter anzusehen ist und ihm die Tatbeiträge eines Nichtbandenmitglieds zugerechnet werden können.359 Bei den konvergenten Bandennormen muss zudem noch ein weiteres Bandenmitglied beteiligt sein. • Beispiel A, Mitglied einer Diebesbande, betritt nachts zusammen mit dem bandenexternen Kind K ein Villengrundstück. Dort öffnet A gewaltsam ein Fenster, durch das der kleine K klettern kann, um so in die Villa zu gelangen. A verlässt unterdessen das Grundstück, um davor unbehelligt Wache stehen zu können. In der Villa ergreift K so schnell wie möglich eine Vielzahl von Wertgegenständen, klettert durch das Fenster und verlässt das Grundstück. Gemeinsam mit A steigt K in das um die Ecke geparkte Fahrzeug des Bandenmitglieds B ein, der sie bereits vor dem Haus abgesetzt hatte.

Das Bandenmitglied A ist weder selbst in die Villa eingestiegen, noch hat A Sachen aus der Villa entwendet. Die Tatbeiträge des K können ihm jedoch mittäterschaftlich zugerechnet werden. Das Mitwirkungserfordernis ist aufgrund der Beihilfe des Bandenmitglieds B erfüllt. Daher kann A hier 356

Siehe dazu bereits oben im 2. Teil A.IV. Siehe noch unten C.II.1.b)(1) zu den Fällen, in denen ein Bandenmitglied eine bestimmte Tat nicht als Bandenmitglied begeht. 358 Siehe dazu bereits oben im 2. Teil B.I.2. 359 BGHSt 46, 321 (338). 357

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

als Täter der §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB angesehen werden und B als Gehilfe. Scheidet eine mittäterschaftliche Zurechnung aus, so dass kein Bandenmitglied als (Mit-)Täter anzusehen ist, besteht ferner die Möglichkeit der täterschaftlichen Zurechnung über § 25 I Alt. 2 StGB in Form der mittelbaren Täterschaft.360 Bei einem Kind, das kein Bandenmitglied ist, entfällt ferner die Möglichkeit seiner bandenmäßigen Mitwirkung. Daher ist bei den konvergenten Bandennormen auch eine Strafbarkeit wegen einer vollendeten Bandentat für das (einzige) strafmündige beteiligte Bandenmitglied ausgeschlossen. • Beispiel Wie im soeben genannten Fall öffnet das Bandenmitglied A gewaltsam ein Fenster der Villa, das bandenexterne Kind K entwendet aus der Villa fremde Sachen und A steht vor dem Grundstück Wache. Diesmal ist das Bandenmitglied B nicht beteiligt, sondern A fährt den Fluchtwagen selbst.

K kann als bandenexterne Person nicht als anderes Bandenmitglied mitwirken, so dass neben A kein weiteres Bandenmitglied an der konkreten Tat mitwirkte. Daher scheitert hier eine Bandenstrafbarkeit des A aus §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB. (d) Versuch Kann keine Strafbarkeit wegen einer vollendeten Bandentat angenommen werden, bleibt die Strafbarkeit wegen Versuchs einer Bandentat zu prüfen. Bereits bei den Beispielsfällen im Rahmen der Darstellung der Bandenabrede361 wurde jeweils auf die Möglichkeit einer Versuchsstrafbarkeit hingewiesen, wenn die Strafmündigen irrtümlich das Vorliegen einer Bande und somit eine Tatsache annahmen, die sie selbst als Bandenmitglieder qualifizieren würde. Hier soll nunmehr der Fokus auf diejenigen Fälle gerichtet werden, in denen ein strafmündiges Bandenmitglied irrtümlich annimmt, ein Kind sei Bandenmitglied und es handele bandenmäßig. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden. Zum einen diejenigen, in denen ein Bandenmitglied selbst wegen eines eigenhändigen Versuchs eines Bandendelikts bestraft werden könnte und zum anderen diejenigen Fälle, in denen ein Bandenmitglied bloß an einem versuchten Bandendelikt eines Nichtbandenmitglieds teilnimmt. 360

Was jedoch aufgrund des Diskussionsumfangs gesondert unten im 5. Teil unter A. erörtert wird. Speziell zum Fehlen der Sondereigenschaft der Bandenmitgliedschaft siehe unten im 5. Teil A.III. 361 Siehe oben C.I.

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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Die erste Versuchsfallgruppe kommt bei Delikten in Betracht, die über eine bandenmäßige Strafschärfung mit Mitwirkungserfordernis verfügen und wenn einem Bandenmitglied eine täterschaftliche Stellung und dem tatbestandslos handelnden Kind eine Mitwirkungsrolle zukommt. Hier kann das strafmündige Bandenmitglied wegen untauglichen Versuchs der Bandennorm bestraft werden, sofern er das Kind für ein Bandenmitglied hielt. • Beispiel Bandenmitglied A begeht im Sinne der Bandenabrede einen Diebstahl. Dabei hilft ihm das bandenexterne Kind K. A hat allerdings den K mit dem Bandenmitglied X verwechselt und denkt daher, gemeinsam mit einem anderen Bandenmitglied die Tat zu begehen.

Hier fehlt es objektiv an der Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds und somit kann der Tatbestand des § 244 I Nr. 2 StGB nicht erfüllt werden. A hat jedoch neben der Verwirklichung eines einfachen Diebstahls aufgrund seines Tatsachenirrtums zudem einen versuchten Bandendiebstahl, §§ 244 I Nr. 2, II, 22, 23 I StGB, begangen. Problematischer ist die zweite Versuchsfallgruppe, in denen das Bandenmitglied nur an einer Tat eines Nichtbandenmitglieds teilnimmt, das sich irrtümlich für ein Bandenmitglied hält. Hier stellt sich nämlich die Frage, ob bei Untauglichkeit des Tatsubjekts eine Versuchsstrafbarkeit in Betracht kommt. Für das tatsubjektslos handelnde Kind ist dies aufgrund seiner Strafunmündigkeit selbst ohne Bedeutung, jedoch nicht für an Taten von Kindern Beteiligte, denn ein Bandenmitglied kann beispielsweise wegen Beihilfe zum versuchten Bandendelikt eines Kindes bestraft werden. Die Teilnahme setzt u. a. eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat voraus, welche auch ein Versuch sein kann.362 Eine schuldhafte Haupttat wird gerade nicht verlangt.363 Auch wenn ein Bandenmitglied lediglich Beihilfe zu einer vollendeten Tat leisten wollte, schließt dies seinen Vorsatz nicht aus, da im Vorsatz bezüglich der Vollendung der Vorsatz bezüglich des Versuchs enthalten ist.364 Die Strafbarkeit eines untauglichen Versuchs wird allgemein mit § 23 III StGB begründet, der den grob unverständigen Versuch regelt und für diesen eine weitergehende Strafmilderung bzw. sogar ein Absehen von Strafe vorsieht.365 Der Versuchstäter müsste davon ausgehen, eine bestimmte Subjektsqualität, die Bandenmitgliedschaft, zu besitzen, obwohl diese in Wirklichkeit fehlt. Es ist allerdings umstritten, inwiefern bei Untauglichkeit des 362 363 364 365

Heinrich, Rn. 1286. Vgl. Heinrich, Rn. 1278 ff. Heinrich, Rn. 1286. Fischer, § 23 Rn. 6; Rengier, AT, § 35 Rn. 2.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Tatsubjekts eine Versuchsstrafbarkeit gegeben sein kann.366 § 23 III StGB nennt nämlich die Fallgruppe der Untauglichkeit des Tatsubjekts nicht, sondern allein die Untauglichkeit des Tatobjekts und -mittels.367 Richtigerweise kann daraus aber nicht geschlossen werden, dass in diesen Fällen ein Versuch ausscheidet. § 23 III StGB regelt den grob unverständigen Versuch, der lediglich einen kleinen Teilbereich des untauglichen Versuchs darstellt.368 So ist ein untauglicher Versuch auch denkbar, wenn die Untauglichkeit des Objekts, Mittels oder eben des Subjekts nicht aus grobem Unverstand verkannt wird. Entscheidend ist in Fällen der Untauglichkeit des Tatsubjekts vielmehr die Abgrenzung zwischen Versuchsstrafbarkeit und straflosem Wahndelikt.369 • Beispiel Das Kind K gehört einer Skaterbande an, die sich regelmäßig zum gemeinsamen Skaten trifft. Straftaten verüben die Mitglieder jedoch nicht. K verkauft allerdings gelegentlich Drogen an seiner Schule. A, Mitglied einer Bande, die mit Betäubungsmitteln handelt, verkauft dem K die Drogen. Im Anschluss fährt der zufällig vorbeikommende und mit K befreundete B, Mitglied der Drogenbande, K zur Schule. K ist der Meinung, da es Mitglied einer Skaterbande und somit einer Bande ist, gelte es bei Straftatbegehung automatisch als Bandenmitglied. B wusste um den Verkauf der Drogen des K in der Schule und nahm an, K sei mittlerweile Mitglied seiner Bande.

Die Fehlvorstellung des K betrifft lediglich die rechtliche Reichweite des Begriffs der Bande bzw. Bandenmitgliedschaft und nicht, wie es beim Versuch typisch ist, tatsächliche Umstände.370 Daher liegt hier bezüglich der Bandennormen der §§ 30 I Nr. 1, 30a I BtMG bloß ein Wahndelikt vor. Das Handeln des K wäre somit nicht als Versuch einer Bandentat einzustufen. Mangels einer vorsätzlichen und rechtswidrigen (Banden-)Haupttat kommt für B keine Bestrafung wegen Beihilfe zur versuchten Bandentat des K in Betracht.371 Hier liegt für B nur eine Beihilfe zum vollendeten Grunddelikt vor. Insofern wirkt sich der Mangel der Subjektsqualität auf die bandenmäßige Bestrafung beteiligter Bandenmitglieder aus. • Beispiel Das Kind K belauscht die Bandenmitglieder A und B, die sich unterhalten und sagen, dass K als Bandenmitglied aufgenommen werde. K freut sich darüber, 366

Vgl. zum Streit Heinrich, Rn. 672; ders., JURA 1998, 393 (394). S/S/Eser, § 22 Rn. 75. 368 Rengier, AT, § 35 Rn. 2. 369 BeckOK-Beckemper, § 22 Rn. 68; Heinrich, Rn. 672; MüKo-Herzberg/Hoffmann-Holland, § 22 Rn. 67; Rengier, AT, § 35 Rn. 6; S/S/Eser, § 22 Rn. 76. 370 Vgl. Rengier, AT, § 35 Rn. 6. 371 Und eine versuchte Beihilfe ist nicht nach § 30 StGB strafbar. 367

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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dass es nun Bandenmitglied ist. K hofft, fortan nicht mehr erst selbst die Drogen von der Bande ankaufen zu müssen, bevor es diese an seiner Schule veräußern kann, weil es dabei das finanzielle Risiko allein zu tragen hat. Kurz darauf holt es sich vom Bandenmitglied C wieder eine Wochenration Drogen, wobei C jedoch vergisst, sogleich den Kaufpreis einzufordern. Im Anschluss fährt das zufällig vorbeikommende Bandenmitglied D, dass mit K befreundet ist, ihn sogar zur Schule. Dies sieht K alles als Bestätigung dafür, dass es nun Bandenmitglied ist. In diesem Glauben verkauft es die Drogen an der Schule. Allerdings haben die Bandenmitglieder gar nicht vor, den K in die Bande aufzunehmen, sondern vielmehr den Kah.

Hier hat sich K einen tatsächlichen Umstand, seine Aufnahme in die Bande, vorgestellt, der bei Vorliegen zu seiner Bandenmitgliedschaft geführt hätte, womit der Tatbestand der Bandennormen der §§ 30 I Nr. 1, 30a I BtMG erfüllt wäre. Die Einstufung seines Handelns als versuchte Bandentat ist somit sachgerecht. Demnach liegt hier eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat in Form der versuchten Bandentat des K vor und somit kommt für D eine Bestrafung wegen Beihilfe in Betracht. Dies erfordert, dass D den K ebenfalls irrtümlich für ein Bandenmitglied hält und dass er weiß und fördern will, dass K an der Schule die Drogen verkaufen möchte. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei alleiniger täterschaftlicher Tatausführung eines bandenexternen und damit tatsubjektslos Handelnden die beteiligten Bandenmitglieder selbst nicht wegen Beteiligung an einer vollendeten bandenmäßigen Tatbegehung strafbar sind. Sofern der Bandenexterne jedoch irrtümlich Tatsachen annimmt, die seine Bandenmitgliedschaft begründen und er daher einen Versuch einer Bandentat begeht, kommt für die daran Beteiligten nicht nur eine Beteiligung am vollendeten Grunddelikt, sondern auch eine Beteiligung an der versuchten bandenmäßigen Tat in Betracht. Dafür müssen sie den bandenexternen Täter ebenfalls für ein Bandenmitglied halten. (2) Tatobjekt Ferner kann die Erfüllung des Tatbestands scheitern, weil ein nicht taugliches Tatobjekt verletzt wurde. Die Bandendelikte sind größtenteils dem Bereich der Vermögenskriminalität zuzuordnen.372 Tatobjekte sind oftmals fremde Sachen oder Vermögen, wie z. B. in den §§ 244 I Nr. 2, 244a, 260 I Nr. 2 StGB, oder bestimmte zur Gewinnerzielung verwendbare Gegenstände, wie z. B. Betäubungsmittel in §§ 30 I Nr. 1, 30a I BtMG. Zunächst wird ein Beispiel zu einer Bandennorm ohne Mitwirkungserfordernis behandelt. 372

Siehe dazu oben die Tabelle im 2. Teil F.III.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

• Beispiel Das Kind K gehört einer Bande an, die mit Betäubungsmitteln handelt. Als es eines Tages die „Geschäftszentrale“ der Bande betritt, um weitere Ecstasy-Tabletten zu holen, die es für die Bande verkaufen möchte, sieht es auf dem Tisch eine kleine Tüte mit Tabletten. Weil niemand anwesend ist und K es eilig hat, nimmt es die Tüte an sich und hinterlässt eine Notiz. Später trifft es das jugendliche Bandenmitglied A. K bittet A, ihm zu helfen, in einen angesagten Club zu gelangen, weil es die Tabletten dort besonders gut absetzen kann. So geschieht es dann auch. K und A wissen dabei nicht, dass es sich bei den Tabletten lediglich um die Lieblingsdrops des Bandenbosses handelt.

Die Bandennormen der §§ 30 I Nr. 1, 30a I BtMG setzen voraus, dass jemand mit Betäubungsmitteln z. B. Handel treibt. Vorliegend hat K im Club keine Ecstasy-Tabletten und mithin keine Betäubungsmittel angeboten und verkauft. Unberücksichtigt der sogleich darzustellenden Rechtsprechung des BGH, erscheint es naheliegend, hier ein taugliches Tatobjekt zu verneinen, womit das Handeln des K als nicht tatbestandsmäßig zu begreifen wäre. Da dem A selbst keine täterschaftliche Stellung zukommt, würde folglich eine Strafbarkeit des A wegen Beihilfe an einer vollendeten Bandentat am Vorliegen einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat des K scheitern. In diesem Fall ergebe sich allerdings kein Unterschied zur Strafbarkeit des A aus dem Grunddelikt, denn auch hierfür würde es an einer tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Handlung des K mangeln. Insofern würde ein durch ein untaugliches Tatobjekt begründeter Strafbarkeitsmangel in Fällen der Teilnahme nicht dazu führen, nur speziell die Bandenmäßigkeit auszuschließen.373 Das Verhalten des K wäre in diesem Beispiel als ein versuchter bandenmäßiger Handel mit Betäubungsmitteln anzusehen, der allerdings aufgrund seiner Strafunmündigkeit für ihn selbst straflos wäre. Für A käme mangels Täterstellung374 zwar kein versuchter Handel mit Betäubungsmitteln, aber zumindest eine Beihilfe zum versuchten bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln in Betracht (§§ 30 I Nr. 1 bzw. 30a I BtMG, 22, 23 I, 27 StGB). Diesem Ergebnis steht jedoch im konkreten Fall die weite Auslegung des Begriffs des Handeltreibens durch den BGH entgegen.375 Nach der Rechtsprechung des BGH gilt die Lieferung einer vom Täter fälschlich für 373 Auch für das Bandenmitglied A wäre das Tatobjekt untauglich und somit käme auch keine Strafbarkeit wegen einer vollendeten Bandentat über den Weg der mittäterschaftlichen Zurechnung in Betracht. 374 Bei Annahme einer mittelbaren Täterstellung des A käme ein versuchter bandenmäßiger Handel mit Betäubungsmitteln in mittelbarer Täterschaft in Betracht (§§ 30 I Nr. 1 bzw. 30a I BtMG, 22, 23 I, 25 I Alt. 2 StGB). Zur mittelbaren Täterschaft siehe ausführlich unten im 5. Teil A. 375 Vgl. ausführlich zum Begriff des Handeltreibens und den jeweiligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur Körner/Patzak, BtMG, § 29 Teil 4 Rn. 28 ff.

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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Rauschgift gehaltenen Scheindroge ebenfalls als rechtlich vollendetes Handeltreiben und nicht bloß als untauglicher Versuch.376 Maßgeblich soll die Vorstellung des Täters von Art und Wirkstoffgehalt der Drogen im Zeitpunkt der Abrede sein. Auf nachträgliche Abweichungen bei der Lieferung komme es nicht an.377 Das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln stelle gerade kein Erfolgsdelikt in dem Sinne dar, dass es zu seiner rechtlichen Vollendung tatsächlich zum Umsatz von Betäubungsmitteln gekommen sein müsste.378 Diese weite Auslegung ist sehr kritisch zu bewerten, da sie zu einer erheblichen Vorverlagerung der Strafbarkeit führt und die Grenzen zwischen Vollendung, Versuch und Vorbereitungshandlung verwischt. Eindeutiger ist daher das folgende Beispiel zu einer konvergenten Bandennorm, bei der Tatobjekt und Tathandlung nicht derart ineinandergreifen. • Beispiel Das Kind K gehört einer Bande an, die sich auf den Diebstahl von Fahrrädern spezialisiert hat. Mithilfe des Bandenmitglieds A entwendet es ein vor dem Kino angeschlossenes Rad. Dabei erkennt K nicht, dass es sich dabei um sein eigenes Rad handelt, welches sich sein Bruder ungefragt ausgeborgt hatte, um damit schnell zum Kino zu gelangen.

Somit handelt es sich bei dem Rad nicht um eine für K fremde Sache und folglich nicht um ein taugliches Tatobjekt. K hat in diesem Fall nicht tatbestandsmäßig gehandelt und konnte daher nur einen versuchten Diebstahl wie auch eine versuchte bandenmäßige Begehung eines solchen begehen. A hat mangels Täterstellung379 selbst keinen eigenhändigen Versuch eines Bandendiebstahls begangen, aber er hat Hilfe zum versuchten Bandendiebstahl des K geleistet (§§ 244 I Nr. 2, II bzw. 244a, 22, 23 I, 27 StGB). Liegt jedoch bei dem beteiligten strafmündigen Bandenmitglied nicht nur eine Teilnehmerrolle, sondern eine täterschaftliche Stellung bezüglich des Grunddelikts vor, ergibt sich bei den konvergenten Bandennormen eine Besonderheit. Hier stellt sich nämlich die Frage nach der Erfüllung des Mitwirkungserfordernisses, wenn der Mitwirkende nicht tatbestandsmäßig gehandelt hat. 376 BGH NStZ 1992, 191; BGH NStZ-RR 2006, 350; vgl. dazu Körner/Patzak, BtMG, § 29 Teil 4 Rn. 239. 377 BGH NStZ-RR 2006, 350. 378 BGH NStZ 1992, 191. 379 Zur Möglichkeit einer mittelbaren Täterschaft siehe ausführlich unten im 5. Teil A.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

• Beispiel Wie im soeben genannten Fall, gehören das Kind K und der strafmündige A einer Bande an, die sich auf den Diebstahl von Fahrrädern spezialisiert hat. Diesmal entwenden sie zusammen in arbeitsteiliger Mitwirkung ein vor dem Kino angeschlossenes Rad. Wiederum erkennt K nicht, dass es sich dabei um sein eigenes Rad handelt.

Somit stellt das Rad keine für K fremde Sache und folglich kein taugliches Tatobjekt dar. K hat in diesem Fall nicht tatbestandsmäßig gehandelt und konnte daher kein vollendetes (Banden-)Delikt begehen. Für A hingegen ist das Fahrrad eine fremde Sache und mithin ein taugliches Tatobjekt. Ebenfalls liegt kein tatbestandsausschließendes Einverständnis des K als Betroffenem vor, der sich mit dem Gewahrsamsbruch einverstanden zeigt. Zwar muss ein Einverständnis nicht ausdrücklich erklärt noch konkludent zum Ausdruck gebracht werden, jedoch muss der Betroffene bewusst zustimmen.380 K hat hier aber überhaupt nicht erkannt, dass es sich um sein Rad handelt und konnte daher nicht bewusst zustimmen. Bezüglich des Grunddelikts des Diebstahls gilt, dass A eine vollendete Tat und K eine versuchte Tat begangen haben. Dies gilt auch, falls A nicht alle Tathandlungen selbst vorgenommen hat, sondern eine Zurechnung über § 25 II StGB erfolgen muss. Eine Mittäterschaft ist nämlich ebenfalls möglich, wenn das Handeln des einen Mittäters nicht tatbestandsmäßig ist, aber dessen Handlung – vom anderen Beteiligten vorgenommen – tatbestandsmäßig wäre.381 Interessant ist nun, ob trotz des nicht tatbestandsmäßigen Handelns des K sein versuchter Tatbeitrag als bandenmäßig relevant gewertet werden kann. Dies ist daher bedeutsam, weil der hier einschlägige Bandendiebstahl, § 244 I Nr. 2 StGB bzw. § 244a StGB, eine Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds voraussetzt. Wird eine solche Mitwirkung des K vorliegend abgelehnt, kann A lediglich wegen eines vollendeten einfachen Diebstahls und eines versuchten Bandendiebstahls belangt werden, nicht aber wegen eines vollendeten Bandendiebstahls. Fraglich ist daher, ob die Mitwirkung tatbestandsmäßig sein muss oder ob es ausreichend ist, dass überhaupt ein anderes Bandenmitglied tatsächlich bei der Begehung mitwirkte und sich deren Tatbeitrag lediglich als Versuch darstellt. Für das Ausreichen einer nicht tatbestandsmäßigen Begehung spricht zunächst der Wortlaut der Bandenregelungen, die lediglich ein Mitwirken eines anderen Bandenmitglieds festsetzen. K ist ein Bandenmitglied und es hat an der konkreten Tat des A auch als Mittäter mitgewirkt. Dem Wortlaut ist nicht 380

Wessels/Beulke, AT, Rn. 368. S/S/Heine, § 25 Rn. 89. Verwirrend allerdings Geppert, JURA 2011, 30 (31), der meint, dass bei den Konvergenzdelikten, wie dem Bandendiebstahl, eine wechselseitige Zurechnung der Tatbeiträge nach § 25 StGB schlechterdings ausgeschlossen sei. 381

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zu entnehmen, dass der Mitwirkende selbst alle Tatbestandsmerkmale erfüllen muss. So kann eine Mitwirkung eben nicht allein durch Täter, sondern genauso durch Teilnehmer erfolgen.382 Auch die Betrachtung der Strafzwecke führt nicht zu einer einschränkenden Auslegung derart, dass eine versuchte bandenmäßige Begehung nicht als Mitwirkung zu erfassen wäre. Die Mitwirkung ist bloß als zusätzliches, die Strafbarkeit einschränkendes Merkmal zu verstehen.383 Demnach sind keine zu strengen Anforderungen an sie zu stellen. Wenn, wie hier, ein anderes Bandenmitglied mitwirkt, hat sich die Gefahr der Verbindung in der bandenmäßigen Begehung und damit bei der Ausführung konkretisiert. Obwohl die abstrakte Mitwirkungsgefahr keine tatsächliche Erhöhung der Effizienz erfordert, scheint eine solche hier aufgrund der Arbeitsteilung sogar gegeben zu sein. Auch haben A und K mit ihrer Tat deutlich gemacht, dass sie sich an die Bandenabrede halten und somit dient ihre Tatbegehung als Kundgabeakt zur Aufrechterhaltung der Bandenabrede. Die versuchte bandenmäßige Begehung des K stellt demnach hier eine vollwertige Mitwirkung i. S. der §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB dar. Damit hat A einen vollendeten (schweren) Bandendiebstahl begangen. Zu beachten ist ferner, dass die Tatobjekte durch die Bandenabrede konkretisiert sein können. • Beispiel Das Kind K gehört einer Bande an, die ausschließlich Fahrräder entwendet. Das Bandenmitglied A fährt K mit einem Kleintransporter zu einem Fahrradladen. Dort steigt K durch ein angekipptes Fenster in den Laden ein. Anstelle aber wie geplant, die Ladentür zu öffnen und mehrere Räder in den Lastwagen zu laden, nimmt K lediglich die im Laden entdeckten Kartons voller Comics weg. A bemerkt nicht, dass K anstelle von Rädern Kartons in den Wagen gestellt hat.

Hier hat K unter Beihilfe des A fremde bewegliche Sachen i. S. der §§ 242 ff. StGB weggenommen. Allerdings war der Diebstahl von Comics nicht durch die Bandenabrede gedeckt. Da der Tatbestand der §§ 242 ff. StGB lediglich von einer fremden beweglichen „Sache“ spricht und nicht von einem z. B. durch eine Abrede konkretisierten Gegenstand, kann eine solche Konkretisierung nicht die Tauglichkeit des Tatobjekts beeinflussen.384 Dennoch wird an späterer Stelle385 zu berücksichtigen sein, dass es 382

Siehe dazu bereits oben im 2. Teil unter B.II. Siehe dazu ausführlich oben im 3. Teil B.III.4.a). 384 Auch bei der aberratio ictus wird beispielsweise nicht an der Tauglichkeit des fälschlich verletzten Tatobjektes gezweifelt, obwohl ein anderes anvisiert und somit konkretisiert wurde; vgl. zur aberratio ictus Heinrich, Rn. 1105 ff. 385 Siehe unten C.II.1.b)(1). 383

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

bei den Bandenmitgliedern an einem Handeln innerhalb der getroffenen Bandenabrede fehlt.386 (3) Tathandlung Ferner kann die Erfüllung des Tatbestands daran scheitern, dass keine taugliche Tathandlung gegeben ist. Die Tathandlung umschreibt das strafbare Verhalten, z. B. „wegnehmen“ beim Diebstahl oder „herstellen“, „verfälschen“ oder „gebrauchen“ bei der Urkundenfälschung.387 Ein Täter muss allerdings nicht alle Tathandlungen selbst durchführen, sondern ihm können solche anderer über § 25 I Alt. 2, II StGB zugerechnet werden. Die Tathandlung ist kennzeichnend für eine Straftat. Fehlt die den Straftatbestand kennzeichnende Handlung bzw. ein zurechenbarer kausaler Tatbeitrag, lässt sich das Verhalten bereits objektiv schwerlich einer bestimmten Strafnorm zuordnen. Eine Ausnahme bilden diejenigen Tathandlungen, die ein Handeln gegen oder ohne den Willen des Rechtsgutträgers voraussetzen. • Beispiel Das Kind K, das vor kurzem einer Fahrraddiebesbande beigetreten ist, entwendet mithilfe des Bandenmitglieds A ein Fahrrad des X. K und A wissen dabei jedoch nicht, dass der X das ihm gehörende Rad extra so positioniert hat, dass K dieses sehen und stehlen sollte. Dadurch wollte X die Diebstahlsquote des K erhöhen helfen, um somit das Ansehen des K innerhalb der Bande – besonders gegenüber A – zu steigern.

Hier steht der natürliche Wille des Rechtsgutträgers X der Gewahrsamsaufhebung durch K nicht entgegen,388 wodurch es an einem Gewahrsamsbruch mangelt und keine Wegnahmehandlung des K vorliegt. Das vorliegende Einverständnis des X führt also dazu, dass K nicht tatbestandsmäßig handeln konnte. Da K hier nichts vom Einverständnis weiß, hat es jedoch einen versuchten (Banden-)Diebstahl begangen.389 A dagegen hätte das Rad wegnehmen können, da sich das Einverständnis des X nicht auf den Gewahrsamswechsel durch A bezog. Allerdings handelt A vorliegend nur als Gehilfe und somit kommt für ihn mangels Tatherrschaft keine eigenhändige Tatbegehung in Betracht, sondern bloß eine Zurechnung über § 27 StGB der versuchten Bandentat des K, §§ 244 I Nr. 2, II bzw. 244a, 22, 23 I, 27 StGB. Handelt jedoch ein Bandenmitglied als Täter bezüglich des Grunddelikts, stellt sich wiederum die Frage nach der Erfüllung des Mitwirkungserfordernisses, wenn der Mitwirkende nicht tatbestandsmäßig gehandelt hat. 386 387 388 389

Vgl. Rengier, BT I, § 4 Rn. 105. Vgl. Rengier, AT, § 8 Rn. 7. Dieser Wille braucht nicht erklärt zu werden; vgl. BayObLG NJW 1979, 729. Vgl. BayObLG NJW 1979, 729; Fischer, § 242 Rn. 22.

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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• Beispiel Wiederum entwendet das Kind K, das seit kurzem einer Fahrraddiebesbande angehört, in arbeitsteiliger Zusammenarbeit mit dem Bandenmitglied A ein Fahrrad. K und A wissen dabei nicht, dass der X das ihm gehörende Rad extra so positioniert hat, dass K dieses sehen und stehlen sollte. Dadurch wollte X die Diebstahlsquote des K erhöhen helfen, um somit das Ansehen des K in der Bande – besonders gegenüber A – zu steigern.

Aufgrund des Einverständnisses des X an der Gewahrsamserlangung des K hat K wiederum nur einen versuchten (Banden-)Diebstahl begangen. Das Einverständnis des X bezog sich jedoch nicht auf eine Gewahrsamserlangung durch A. Daher konnte A das Rad wegnehmen. Im Unterschied zum obigen Fall nimmt A auch eine täterschaftliche Stellung ein. A hat einen vollendeten Diebstahl begangen. Die Strafbarkeit eines (schweren) Bandendiebstahls erfordert jedoch die Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds. Wie schon bei der Darstellung der Mängel bezüglich des Tatobjekts390 dargelegt, stellt die versuchte bandenmäßige Begehung des K eine vollwertige Mitwirkung i. S. der §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB dar und damit hat A einen vollendeten (schweren) Bandendiebstahl begangen. Ebenfalls ist es wie schon beim Tatobjekt möglich, dass die Art und Weise der Tathandlung durch die Bandenabrede konkretisiert ist, z. B. könnten sich Bandenmitglieder darauf verständigt haben, nur zur Nachtzeit Gegenstände zu entwenden. Jedoch kann auch hier nicht eine durch die Bandenabrede erfolgte Konkretisierung der Tathandlung die Tauglichkeit der tatbestandsmäßigen Tathandlung i. S. des Grunddelikts beeinflussen.391 (4) Taterfolg An der Tatbestandsmäßigkeit fehlt es zudem, wenn der Taterfolg ausbleibt. Nicht bei allen bandenmäßig zu begehenden Delikten braucht allerdings neben die Tathandlung noch ein Erfolg zu treten. So stellt sich beispielsweise das Handeltreiben i. S. der §§ 30, 30a BtMG als schlichtes Tätigkeitsdelikt dar.392 Andere bandenmäßig zu begehende Delikte sind dagegen zu den Erfolgsdelikten zu zählen, so dass deren Tatbestand ein Tun umschreibt, das einen bestimmten Erfolg auslöst, der noch nicht in der Handlung selbst eingeschlossen ist.393 390

Siehe oben C.II.1.a)(2). Zur Frage, inwiefern ein Handeln im Rahmen der Bandenrede gegeben ist, siehe unten C.II.1.b)(1). 392 BGH NJW 2002, 3486; Fischer, Vor § 13 Rn. 18. 393 Vgl. Fischer, Vor § 13 Rn. 18; zum Diebstahl als sog. kupiertes Erfolgsdelikt vgl. Heinrich, Rn. 160; siehe aber noch unten im 5. Teil B.III. 391

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

• Beispiel Das Kind K gehört einer Bande an, die gewerbsmäßig Betrug betreibt. K hat den Plan, ins Altersheim zu fahren und dort eine demente ältere Dame zu finden, der es vorspiegeln kann, ihr Enkel zu sein. Durch diese Vorspiegelung erhofft sich K, von der älteren Dame Geld geschenkt zu bekommen. Bandenmitglied A, der den Plan des K gut findet, erklärt sich bereit, den K zum nächstgelegenen Altersheim zu fahren. Nach längerem Suchen im Heim entdeckt K eine geeignete ältere Dame D, die es mit „Oma“ begrüßt. Die ältere Dame hält K aufgrund ihrer Demenz tatsächlich für ihren Enkel und ist über seinen Besuch sehr erfreut. Gerne möchte sie auch die angebliche Klassenfahrt des K finanziell unterstützen, jedoch kann sie sich nicht erinnern, wo sie ihr Portemonnaie aufbewahrt. K verlässt das Heim ohne Geld. Zu weiteren Besuchen kommt es nicht mehr.

K hat bei D einen täuschungsbedingten Irrtum über seine Identität und die anstehende Klassenfahrt erzeugt. Zu einer Vermögensverfügung und zu einem Vermögensschaden ist es jedoch nicht gekommen und somit ist der für den Tatbestand des Betrugs notwendige Taterfolg ausgeblieben. K hat bloß einen Versuch eines gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs nach § 263 V StGB begangen. Für A kommt daher nur eine Beihilfe zu §§ 263 V, 22, 23 I StGB in Betracht. In Fällen, in denen trotz tauglicher Tathandlung des Kindes kein Taterfolg eintritt, ist ebenfalls aus Sicht der anderen Beteiligten kein Erfolg eingetreten, so dass für alle Beteiligten ausschließlich ein Versuch bzw. eine Beteiligung an einer versuchten Bandentat in Betracht kommt. (5) Kausalität und objektive Zurechnung Ein Bandenmitglied kann ebenfalls nicht tatbestandsmäßig handeln, wenn es am Vorliegen von ungeschriebenen Tatbestandsmerkmalen mangelt. So können insbesondere bei den Erfolgsdelikten im Gegensatz zu den schlichten Tätigkeitsdelikten im Bereich der Kausalität und objektiven Zurechnung Probleme auftreten.394 Besonders im Bereich der Körperverletzungs- und Tötungsdelikte scheitert häufig die Tatbestandsmäßigkeit an der fehlenden Kausalität oder objektiven Zurechnung.395 Viele bandenmäßig zu begehenden Delikte zählen jedoch gar nicht zu den (reinen) Erfolgsdelikten, wie z. B. der Handel mit Betäubungsmitteln, der Diebstahl oder die Hehlerei. Bei den wenigen bandenmäßig zu begehenden Erfolgsdelikten wird die Tat394

Vgl. Heinrich, Rn. 214. Die objektive Zurechnungslehre ist weitgehend bei den Fahrlässigkeitsdelikten anerkannt, wobei sie bei den Vorsatzdelikten teilweise bestritten wird; vgl. dazu Wessels/Beulke, AT, Rn. 178 m. w. N. Die Rechtsprechung sieht im Gegensatz zum Großteil der Literatur Probleme der Zurechnung im subjektiven Tatbestand verortet; vgl. BGHSt 7, 325 (329); BGHSt 14, 193 (194). 395

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bestandsmäßigkeit eher wegen des Fehlens geschriebener Tatbestandsmerkmale als wegen des Fehlens der Kausalität oder objektiven Zurechnung zu verneinen sein. • Beispiel Wie im Fall zuvor, wird das Kind K von seinem Bandenkollegen A ins Altersheim gefahren. Dort täuscht das Kind K der dementen älteren Dame D vor, ihr Enkel zu sein und Geld für die anstehende Klassenfahrt zu benötigen. D möchte dem K daraufhin am nächsten Tag Geld auf sein Sparbuch einzahlen. Noch am gleichen Tag legt der Pfleger P der D ein gefälschtes Schreiben des Altersheims vor, aus dem hervorgeht, dass D noch nicht ihren Anteil der Pflegekosten für den letzten Monat überwiesen habe. Dem Schreiben liegt auch ein vorgedruckter Überweisungsträger bei, der jedoch die Kontodaten des Pflegers und nicht die des Altersheims beinhaltet. D überweist am nächsten Tag das angebliche Pflegegeld, tätigt jedoch keine Überweisung an ihren vermeintlichen Enkelsohn.

K hat bei der älteren Dame einen täuschungsbedingten Irrtum über seine Identität und die anstehende Klassenfahrt erzeugt. D hat zudem über ihr Vermögen verfügt und so einen Vermögensschaden erlitten. Jedoch basieren Vermögensverfügung und -schaden nicht auf der Täuschung des K, sondern auf der des P. Es fehlt somit an der Kausalität zwischen Tathandlung und Taterfolg. Letztlich ist ein solcher Fall des fehlenden kausalen Taterfolgs jedoch genauso wie ein Fall eines gänzlich ausbleibenden Taterfolgs zu behandeln. Für alle beteiligten Bandenmitglieder kommt daher nur eine versuchte Bandentat (§§ 263 V, 22, 23 I StGB) bzw. eine Beteiligung an einer versuchten Bandentat in Betracht. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Beteiligte selbst durch seine Handlung den Taterfolg unmittelbar herbeiführen muss, sondern hierbei auch eine Zurechnung der Tathandlungen anderer beteiligter Mitglieder über die §§ 25 ff. StGB möglich ist. (6) Mitwirkung Einige Bandennormen stellen sich als konvergente Regelungen dar, so dass deren Erfüllung zudem die Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds voraussetzt. Für eine Mitwirkung fordert die Rechtsprechung heute lediglich ein irgendwie geartetes und nicht auf Tatort und -zeit beschränktes Zusammenwirken des Täters mit einem weiteren Bandenmitglied.396 Dem ist auch im Grundsatz zuzustimmen, wobei jedoch darzulegen ist, ob nicht bestimmte Anforderungen an die Qualität des Handelns des Mitwirkenden zu stellen sein sollten. Insbesondere ist fraglich, ob jedwede Form der 396

Siehe ausführlich oben im 2. Teil B.II.1.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Beteiligung i. S. der §§ 25–27 StGB zugleich eine Mitwirkung darstellen kann.397 Wie bereits erörtert,398 liegt auch dann eine taugliche Mitwirkung vor, wenn ein bandeninternes Kind tatbestandslos handelt, aber dabei bösgläubig ist. Dies ist der Fall, wenn in Bezug auf seine Person kein taugliches Tatobjekt oder keine taugliche Tathandlung gegeben ist und es insofern nur einen Versuch begangen hat. Davon sind jedoch die Fälle zu unterscheiden, in denen sich ein Kind an der Tat eines Bandenmitglieds beteiligen will, aber sich dabei über das Vorliegen seiner eigenen Beteiligungshandlung irrt. • Beispiel A und das Kind K sind Mitglieder einer Bande, die sich auf Wohnungseinbruchsdiebstähle spezialisiert hat. A verabredet mit K, dass K ihm beim nächsten Diebstahl helfen soll, indem K vor dem Haus Wache steht. K hat jedoch noch Probleme mit dem Lesen der Uhrzeit und steht daher zum falschen Zeitpunkt vor dem Haus Wache.

Physisch hat zum Zeitpunkt der Tatbegehung kein anderes Bandenmitglied an der konkreten Tat des A mitgewirkt. Auf das Erfordernis eines örtlichen und zeitlichen Zusammenwirkens ist jedoch – entgegen früherer Ansicht399 – zu verzichten, da auch eine Mitwirkung im Vorfeld die Effizienz einer Tat steigern kann. Eine Mitwirkung erfordert zudem nicht, dass eine Tat tatsächlich effektiver durchgeführt werden konnte. Die Mitwirkung führt nämlich – wie in dieser Arbeit herausgestellt – nur zu einer abstrakten Gefahr.400 Allerdings ist eine gewisse Beziehung der Handlung eines mitwirkenden Bandenmitglieds zur Tatbegehung des Bandentäters erforderlich. Für das Vorliegen einer solchen Beziehung spricht, wenn ein weiteres Bandenmitglied als Beteiligter (des Grunddelikts) i. S. der §§ 25 ff. StGB anzusehen ist. Hier könnte K als Gehilfe gelten. Offensichtlich hat K die Tatausführung des A nicht tatkräftig unterstützt und daher keine physische Beihilfe geleistet. In Betracht kommt aber eine psychische Beihilfe, welche in den Fällen der technischen Rathilfe und in der Bestärkung des Tatentschlusses denkbar ist.401 Ratschläge hat K dem A nicht gegeben, womit hier bloß eine Form der psychischen Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses vorliegen könnte. Bemerkt A hier nicht vor Eintritt ins Versuchsstadium, dass K nicht vor Ort ist und Wache steht, erscheint eine fortwirkende Be397

Siehe bereits oben im 2. Teil B.II.2. Siehe oben C.II.1.a)(2) und (3). 399 Siehe dazu oben im 2. Teil B.II.1. 400 Siehe zur abstrakten Mitwirkungsgefahr ausführlich oben im 3. Teil B.III.4.a) und B.III.5. 401 Heinrich, Rn. 1322; Rengier, AT, § 45 Rn. 85 ff.; wobei eine psychische Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses umstritten ist. 398

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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stärkung des Tatentschlusses denkbar, und zwar dadurch, dass K dem A vor der Tatbegehung Hilfe zusagte und dass A sich während der Tatausführung durch das vermeintliche Wachestehen in Sicherheit wiegt.402 Inwiefern eine Beihilfehandlung i. S. von § 27 StGB kausal für den Taterfolg sein muss, ist indessen umstritten.403 Gerade im vorliegenden Beispiel würde die Annahme einer Beihilfe – für Strafmündige – die Grenze zwischen strafloser versuchter physischer Beihilfe und strafbarer psychischer Beihilfe verwischen. Trotz alledem sollte die Annahme einer ausreichenden Mitwirkungshandlung nicht mit der Annahme oder der Verneinung einer den §§ 25–27 StGB genügenden Beteiligungshandlung stehen und fallen. Vielmehr sind die Begriffe „beteiligen“ und „mitwirken“ gerade nicht deckungsgleich.404 Das Wort „mitwirken“ deutet auf eine aktive Handlung in Bezug auf eine konkrete Tat hin und muss Ausdruck einer gewissen, in der Bandenverbindung angelegten Arbeitsteilung sein. Mithin stellt es kein Mitwirken dar, wenn ein Bandenmitglied zur Aufrechterhaltung der Bandenabrede lediglich beiträgt und dadurch ein anderes Mitglied zu einer Tat entschlossen bzw. bestärkt wird. Aber auch in bestimmten psychischen Unterstützungs- und Anstiftungshandlungen, wie einem bloßen Gutheißen eines konkreten Tatplans oder einem bloßen Animieren zu einer Tatbegehung, kann kein Mitwirken erblickt werden, da sonst lediglich ein marginaler Unterschied zu den nicht konvergenten Bandennormen bestehen würde.405 Bei den nicht konvergenten Bandennormen ist keine irgendwie geartete Arbeitsteilung von Bandenmitgliedern notwendig, sondern bereits die alleinige Tat eines Bandenmitglieds i. S. der Bandenabrede ausreichend. Bei diesen Delikten ist nicht entscheidend, ob die Tat eines Bandenmitglieds effizienter ist als die von Nichtbandenmitgliedern. Im Vordergrund steht vielmehr, dass die Tatbegehung als ein Kundgabeakt verstanden wird, mit dem der Täter seine Tat bewusst in den gefährlichen Zusammenhang der Bandenabrede stellt und somit zur Aufrechterhaltung der Bandenabrede bzw. Bande beiträgt.406 Bei den Mitwirkungsdelikten muss dagegen zumindest die Möglichkeit bestehen, dass eine Tat effektiver durchgeführt werden kann als durch einen einzelnen Bandentäter. Es tritt neben das Gefährdungsmoment der Verbindung noch das der Tatbegehung. Dabei reicht es nicht, wenn ein anderes Banden402

Vgl. BGH NStZ 2011, 637. Vgl. dazu Heinrich, Rn. 1325 ff. m. w. N. 404 Vgl. LK-Vogel, § 244 Rn. 70. Ein Unterschied zwischen Mitwirkung und Beihilfe ist schon darin zu sehen, dass für eine Beihilfestrafbarkeit der Haupttäter keine Kenntnis von der Hilfeleistung haben muss, sofern es sich nicht lediglich um eine psychische handelt; vgl. Rengier, AT, § 45 Rn. 83. 405 Ähnlich Lackner/Kühl, § 244 Rn. 8. 406 Siehe zur teleologischen Auslegung oben im 3. Teil B. 403

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

mitglied im Vorfeld lediglich Einfluss auf das „Ob“ einer Tat nimmt, aber nicht auch auf das „Wie“. Beispielsweise kann ein bloßes Animieren (z. B.: „Nun mach doch auch mal wieder einen Bruch.“) dabei nicht genügen. Ein Bandenmitglied hat sich nämlich durch das Eingehen der Bandenabrede bereits grundsätzlich dazu bereit erklärt, solche Taten zu begehen. Und ein solches ausdrückliches Ermutigen ist kaum mehr als das ohnehin für Banden typische Wirken von Gruppenkräften. Vielmehr muss der Beitrag des anderen Mitglieds die konkrete Tatausführung gestalten. Dies ist unproblematisch, wenn ein Mitglied zur Tatzeit am Tatort agiert. Aber auch Beiträge im Vorfeld gestalten die Tat, wenn z. B. Hilfe bei der Tatplanung geleistet oder Tatwerkzeug organisiert wird. Demnach reicht es vorliegend für ein Mitwirken nicht schon aus, dass A durch die versprochene Beihilfe des K in seinem Entschluss zur Tatbegehung konkret bestärkt worden ist. Nimmt A an, dass K während des Einbruchsdiebstahls vor dem Haus Wache steht, hat A neben einem Wohnungseinbruchsdiebstahls nach § 244 I Nr. 3 StGB zudem einen Versuch eines Bandendiebstahls gem. § 244 I Nr. 2 StGB und § 244a I StGB begangen. Nur wenn K im Beispielsfall bereits im Vorfeld der Tatbegehung den A bei der Tatvorbereitung und -planung unterstützt hat, kann eine Mitwirkungshandlung angenommen werden, so dass A wegen vollendeten schweren Bandendiebstahls zu bestrafen ist. Dabei kommt es dann nicht mehr darauf an, ob A fälschlich davon ausgeht, dass K vor dem Haus Wache steht. Offensichtlich kann ein Kind nicht als Bandenmitglied mitwirken, wenn es selbst kein Bandenmitglied ist.407 Trotzdem kommt bei alleiniger Tatausführung durch ein bandenexternes Kind für die strafmündigen Beteiligten eine bandenmäßige Begehung in Betracht, wenn einem anderen Bandenmitglied die Tat als Täter (§ 25 I Alt. 2 StGB oder § 25 II StGB) zugerechnet werden kann und bei den konvergenten Bandennormen ein weiteres Bandenmitglied daran mitwirkt. Unerheblich ist dabei, ob das Nichtmitglied den Bandenbezug seines Handelns erkennt oder nicht.408 • Beispiel Die Bandenmitglieder A und B wollen für ihren nächsten Bandendiebstahl ein Kind einsetzten, da dieses aufgrund der geringen Größe besonders leicht durch geöffnete Fenster in Wohnungen gelangen kann. Dem Kind K täuschen sie dabei vor, dass sie einige an den Wohnungsinhaber verliehene Gegenstände lediglich wiederholen wollen, da dieser sich weigere, die Gegenstände zurückzugeben. Im Sinne dieses Plans klettert K durch ein angekipptes Fenster in das Haus und nimmt einige der angeblich verborgten Gegenstände an sich. Außerhalb des Grundstücks nehmen A und B die Gegenstände in Empfang. 407 408

Siehe dazu bereits oben C.II.1.a)(1). Kritisch dazu Sowada, GS-Schlüchter 2002, S. 383 (398).

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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A und B kann die Tatausführung des vorsatzlos handelnden K als mittelbare täterschaftliche Tatbegehung über § 25 I Alt. 2 StGB zugerechnet werden,409 so dass hier die Voraussetzungen des § 244a I StGB erfüllt sind. Problematisch ist dagegen, ob auch eine Mitwirkung anzunehmen ist, wenn das „mitwirkende“ Bandenmitglied von einem anderen Bandenmitglied wie ein Werkzeug gesteuert wird. • Beispiel Ähnlich dem vorherigen Fall will der A, Mitglied einer Diebesbande, bei seinem nächsten Einbruchsdiebstahl in eine Villa ein Kind einsetzen, da dieses aufgrund der geringen Größe besonders leicht durch geöffnete Fenster in Wohnungen gelangen kann. Das kleine, 13-jährigen Bandenmitglied K ist bei größeren Einbruchsdiebstählen immer sehr ängstlich und daher täuscht A ihm vor, dass lediglich einige an den Wohnungsinhaber verborgte Gegenstände wiedergeholt werden sollen, da dieser sich weigere, die Gegenstände zurückzugeben. Im Sinne dieses Plans klettert K durch ein angekipptes Fenster in das Haus und reicht dem A einige der angeblich geliehenen Gegenstände heraus.

Objektiv wirken bei dieser Tat zwei Bandenmitglieder mit. K kann jedoch nicht als Täter betrachtet werden, da ihm die Zueignungsabsicht fehlt. Jedoch ist A als (mittelbarer) Täter eines Diebstahls anzusehen. Fraglich ist hierbei, ob K als Werkzeug zugleich als mitwirkendes Bandenmitglied i. S. der §§ 244 I Nr. 2, 244a I StGB gilt. Dagegen spricht, dass eine bandenmäßige Bestrafung voraussetzt, dass das Bandenmitglied i. S. der Bandenabrede und damit als Bandenmitglied handelt.410 Dies bedeutet, dass das Bandenmitglied eine Straftat i. S. der Bandenabrede begehen will und dies ist gerade bei K nicht der Fall. Für die Berücksichtung des K als mitwirkendes Bandenmitglied spricht jedoch, dass es vorliegend nicht um die bandenmäßige Bestrafung des K, sondern um die des A geht. Eine Mitwirkung ist gerade nicht mit einer strafbaren Beteiligung i. S. der §§ 25–27 StGB gleichzusetzen. Der Wortlaut aller konvergenten Bandennormen verlangt lediglich, dass der Täter „als Mitglied einer Bande handelt“ und zwar „unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds“. Als Mitglied einer Bande handelt hier A und das unter der Mitwirkung des K als anderem Bandenmitglied. Die Tat gestaltet sich ebenfalls objektiv als Bandentat, denn Zweck der Bande ist die Begehung von Diebstählen. Somit kann die Tatbegehung als Kundgabe des Willens des A – nicht jedoch des K – verstanden werden, der durch seine Tatbegehung signalisiert, dass die anderen Mitglieder auch 409

Vgl. zur Fallgruppe des nicht vorsätzlich handelnden Tatmittlers Heinrich, Rn. 1249. Schwieriger sind jedoch diejenigen Fälle zu beurteilen, in denen die Hintermänner das Kind nicht täuschen und somit die Annahme von mittelbarer Täterschaft allein durch § 19 StGB ausgelöst werden könnte; siehe ausführlich unten im 5. Teil A.II. 410 Siehe dazu bereits oben im 2. Teil B.I.1.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

in Zukunft mit ihm rechnen können (Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr).411 Die Mitwirkungsgefahr zeichnet sich dadurch aus, dass durch die Mitwirkung eines anderen Mitglieds eine effizientere Tatbegehung als durch ein einzelnes Bandenmitglied möglich ist.412 Im Beispielsfall handeln K und A arbeitsteilig und dadurch effizienter. Obwohl der Mitwirkungsgefahr selbst neben der Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr keine große Bedeutung zu Gute kommt, ist die Mitwirkung dennoch ein die Strafbarkeit einschränkendes Merkmal. Jedoch würde bei Berücksichtigung des K als Mitwirkender kaum ein Unterschied zu den nicht konvergenten Bandennormen bestehen, bei denen ein Bandenmitglied ein Nichtbandenmitglied benutzt, so dass kaum von einer merklichen Einschränkung der Strafbarkeit gesprochen werden kann. Umso mehr muss dies gelten, wenn K im vorliegenden Fall gerade erst der Bande beigetreten ist und damit noch keine Routine und Spezialisierung bezüglich der einschlägigen Straftaten sammeln konnte. Die Mitwirkung ist in der Bandenverbindung angelegt und zwar dadurch, dass die Bande es ermöglicht, bestimmte Organisationsstrukturen auszubilden, sich zu spezialisieren und besonders auch arbeitsteilig vorzugehen. Durch die Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds hat sich diese Gefahr der Verbindung in der bandenmäßigen Begehung und damit bei der Ausführung konkretisiert. Ist dem Bandenmitglied jedoch gar nicht bewusst, dass eine Bandentat begangen wird, kann nicht von einer solchen Realisierung gesprochen werden. Demnach sollte auch für das mitwirkende Bandenmitglied verlangt werden, dass es eine Tat bewusst als Bandenmitglied begeht. Dies ist zudem kein Widerspruch zu dem oben413 gefundenen Ergebnis, dass sogar bei nicht tatbestandsmäßigem Handeln eine Mitwirkung gegeben sein kann. Dort war entscheidend, dass das tatbestandslose Mitglied eine Bandentat begehen wollte, es jedoch verkannte, dass es gar nicht in der Lage ist, tatbestandsmäßig zu handeln. Eine solche Bösgläubigkeit fehlt dem K vorliegend jedoch. Damit scheidet hier die Annahme eines Bandendiebstahls nach § 244 I Nr. 2 StGB bzw. § 244a I StGB aus. Eine versuchte bandenmäßige Begehung kommt ebenfalls nicht in Betracht, da A als der den K Täuschender weiß, dass K nicht als Bandenmitglied handelt.

411 412 413

Siehe dazu oben im 3. Teil B.III.4.b). Siehe dazu oben im 3. Teil B.III.4.a). Siehe C.II.1.a)(2) und (3).

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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b) Subjektiver Tatbestand (1) Vorsatz Alle durch bandenmäßige Begehung erhöht strafbaren Delikte erfordern, dass sie vorsätzlich begangen werden. Der Vorsatz muss sich auf alle Merkmale des Grunddelikts und der Bandenmäßigkeit beziehen. Dabei kommt es nicht auf die Kenntnis der abstrakten Tatbestandsmerkmale an, sondern der ihnen im Einzelfall zugrunde liegenden Tatsachen, also der Tatsachen, die diese Tatbestandsmerkmale verwirklichen.414 Nur in den seltensten Fällen wird ein Bandenmitglied, dass eine Straftat ausführt oder sich daran beteiligt, die sich äußerlich wie eine Tat i. S. einer Bandenabrede darstellt, nicht wissen, dass es eine Straftat begeht. Denkbar ist dies trotzdem und zwar vor allem dann, wenn wie im vorherigen Fall zur Mitwirkung das vorsatzlos handelnde Bandenmitglied von einer anderen Person getäuscht und damit als Werkzeug i. S. von § 25 I Alt. 2 StGB benutzt wird. Ein vorsatzlos handelndes Werkzeug kann nicht als Bandenmitglied berücksichtigt werden und für beteiligte strafmündige Bandenmitglieder kommt keine versuchte bandenmäßige Begehung in Betracht. Weiterhin ist es denkbar, dass ein Bandenmitglied zwar bewusst eine Straftat begeht, dabei jedoch nicht um das Vorliegen der Voraussetzungen der bandenmäßigen Begehung weiß. • Beispiel Das Kind K, Mitglied einer Diebesbande, will sich beweisen und einen Einbruchsdiebstahl alleine durchführen. Das Bandenmitglied A bemerkt, was K plant. So das K diesen finden kann, lässt A einen Zettel liegen, auf dem mehrere Häuser aufgelistet sind, die sich als Tatobjekte sehr gut eignen. K entschließt sich auch, in eines der Häuser einzubrechen, um dort zu stehlen. A folgt dem K unauffällig zum Tatort und steht dort von K unbemerkt Wache.

Die objektiven Voraussetzungen einer Bandentat liegen vor. K ist Bandenmitglied und begeht eine Straftat, die sich im Rahmen der Bandenabrede bewegt. Ebenfalls wirkt ein anderes Mitglied als Gehilfe mit. Für das Vorliegen von physischer Beihilfe ist es im Gegensatz zur psychischen Beihilfe nicht erforderlich, dass der Haupttäter um die Hilfeleistung weiß.415 Allerdings setzt der subjektive Tatbestand der bandenmäßig begangenen Norm voraus, dass der Täter um die Mitwirkung eines anderen Mitglieds weiß.416 Die Mitwirkung ist u. a. Ausdruck einer durch die Ban414 415 416

Lubig, JURA 2006, 655 (656); so auch Heinrich, Rn. 266. Heinrich, Rn. 1322. NK-Kindhäuser, § 244a Rn. 4; S/S/Eser/Bosch, § 244a Rn. 7.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

denverbindung ermöglichten Arbeitsteilung der einzelnen Mitglieder. Weiß ein Mitglied jedoch gar nicht, dass ein anderes mitwirkt, kann es sich auch nicht auf die Hilfe eines anderen Mitglieds im Ernstfall verlassen. Hier weiß K nichts von der Mitwirkung eines anderen Mitglieds und somit nichts von den Umständen einer bandenmäßigen Begehung, so dass K nicht als Täter eines schweren Bandendiebstahls nach § 244a I StGB anzusehen ist, sondern nur als solcher der geringer sanktionierten Diebstahlsnormen der §§ 242, 243 I, 244 I Nr. 3 StGB (vgl. § 16 II StGB). Mangels einer vorsätzlichen rechtswidrigen Bandenhaupttat kann A nicht als Gehilfe einer solchen angesehen werden, sondern ebenfalls nur als solcher der milder zu bestrafenden Taten. Andererseits kann es sein, dass ein Bandenmitglied zwar weiß, dass es eine Straftat (unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds) begeht, jedoch bei dieser Tat gar nicht als Bandenmitglied handeln möchte. Unerheblich muss dabei sein, wenn ein Bandenmitglied für sich selbst entscheidet, die Tat nicht als Bandenmitglied zu begehen, obwohl die Tat insgesamt einer Bandentat entspricht.417 In solchen Fällen ist eine bandenmäßige Begehung anzunehmen, denn eine solche Tat ist Ausdruck der Bandenabrede und kann diese aufrechterhalten.418 Dies gilt umso mehr, wenn das Bandenmitglied sich die Strukturen der Bande für die Tatbegehung zu Nutze macht. Allerdings muss sich der Täter innerhalb der Bandenabrede bewegen.419 • Beispiel Das Kind K gehört einer Bande an, die ausschließlich Fahrräder entwendet. Das Bandenmitglied A fährt K mit einem Kleintransporter zu einem Fahrradladen. Dort steigt K durch ein angekipptes Fenster in den Laden ein. Allerdings sind die Räder alle angeschlossen und K und A fehlt das nötige Werkzeug, so dass eine Wegnahme der Räder ausscheidet. K entdeckt im Laden jedoch einen Karton voller Comics und nimmt diese an sich, um sie sich selbst zuzueignen.420 A und K fahren dann ohne Räder, aber mit den Comics, mit dem Transporter zurück.

Bezüglich der Fahrräder ist der Diebstahl nicht vollendet, so dass K und A bloß einen versuchten Bandendiebstahl (§ 244a I StGB) begangen haben. Allerdings hat K zudem Comics entwendet und somit einen vollendeten 417 Vgl. BGH NStZ-RR 2013, 208 (209 f.), wonach eine Gesamtwürdigung notwendig ist. 418 Siehe auch oben C.I.2.d) zum geheimen Vorbehalt. 419 Begeht ein Bandenmitglied jedoch eine ganz andere Tat, die nicht Bestandteil der Bandenabrede ist, liegt bereits objektiv keine bandenmäßige Begehung vor, da der Täter nicht Mitglied einer Bande ist, die sich zur Begehung solcher Taten verbunden hat; siehe bereits oben C.II.1.a)(1). 420 Sachverhalt in Anlehnung an BGH NStZ 2000, 30.

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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Diebstahl verübt. Jedoch war der Diebstahl von Comics nicht durch die Bandenabrede gedeckt. In einem ähnlichen Fall hat der BGH421 im Jahre 1999 die Bandenmäßigkeit noch deshalb verneint, weil der Angeklagte mit der Entwendung der Sachen ausschließlich eigene Interessen, nicht aber (auch) gemeinsame übergeordnete Interessen der Bande verfolgte. Heute ist zu Recht kein solcher Bandenwille mehr zu fordern.422 Entscheidend ist vielmehr, ob die Tatbegehung grundsätzlich der Aufrechterhaltung der Bandenabrede dienen kann. Dies tut sie bereits dann, wenn sie sich im Rahmen der Bandenabrede bewegt und den anderen Mitgliedern grundsätzlich die Möglichkeit gegeben wird, auch von der Tatbegehung zu erfahren. Relevant ist gerade nicht, ob der Täter lediglich eigene materielle Interessen verfolgt. Obwohl i. d. R. Bandenmitglieder eine Beuteteilung anstreben, ist doch eine solche gerade keine Voraussetzung der Bandenmäßigkeit.423 Es kann bereits als Gewinn für die Bande angesehen werden, wenn eine Tat i. S. der Bandenabrede ausgeführt wird. Im vorliegenden Fall bewegt sich der Diebstahl von Comics aber nicht im Rahmen der Bandenabrede, wonach ausschließlich Fahrräder gestohlen werden sollen. Da sich diese konkrete Tatbegehung außerhalb der Bandenabrede bewegt, ist sie nicht als Ausdruck des Willens des K zu verstehen, mit der K den anderen Bandenmitgliedern signalisiert, dass es sich zukünftig an die Bandenabrede hält. Eine Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr liegt beim Diebstahl der Comics folglich nicht vor. Damit ist unabhängig davon, ob hier eine Mitwirkung des A an dem Diebstahl der Comics anzunehmen ist oder nicht424, dieser Diebstahl keine Bandentat.425 Für A kommt demnach keine Beteiligung an einer vollendeten Bandentat bezüglich der Comics in Betracht. Für eine Beteiligung des A am einfachen Diebstahl der Comics stellt sich die Frage, inwiefern die Entwendung von Comics anstelle der geplanten Fahrräder eine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf darstellt. Schwieriger gestaltet es sich, wenn sich die Tat zum Zeitpunkt der Tatbegehung äußerlich im Rahmen der Bandenabrede bewegt. • Beispiel A und B sind Mitglieder einer Autoschieberbande. Sie begehen gemeinsam einen Autodiebstahl, A möchte jedoch, anders als B, den Wagen allein für sich behalten und gerade nicht gemäß der Bandenabrede weiterveräußern. 421

BGH NStZ 2000, 30. Siehe oben im 2. Teil B.I.1.a). 423 Bei der Gewerbsmäßigkeit ist dagegen erforderlich, dass die Beute im eigenen Bereich verwendet wird; siehe dazu oben im 3. Teil A.II. 424 Vgl. dazu BGH NStZ 2000, 30; Rengier, BT I, § 4 Rn. 105. 425 Vgl. BGH NStZ-RR 2010, 170 zur Tateinheit zwischen versuchtem Bandendiebstahl und vollendetem Diebstahl. 422

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Das Bandenmitglied B handelt als (Mit-)Täter eines Diebstahls. Das mitwirkende Bandenmitglied A möchte jedoch gerade nicht als Bandenmitglied handeln. Daher ist fraglich, ob trotzdem das Merkmal unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds und somit die Voraussetzungen des Bandendiebstahls als erfüllt anzusehen sind. Wie bereits zuvor betont, ist es unerheblich, wenn ein Bandenmitglied lediglich für sich selbst entscheidet, die Tat nicht als Bandenmitglied zu begehen, sich dies aber nicht irgendwie äußerlich auswirkt. Im vorliegenden Fall stellt sich zwar zum Zeitpunkt der Tatbegehung der Diebstahl als Bandentat dar. Jedoch hat sich die Bande mit dem Ziel zusammengeschlossen, die gestohlenen Wagen zu verkaufen. Setzt sich der A hier durch und behält den Wagen für sich, ist die Tat nicht mehr Ausdruck der Bandenabrede und kann diese nicht aufrechterhalten.426 Daher ist A nicht als Bandenmitglied zu berücksichtigen, so dass A nur wegen § 242 StGB bzw. § 243 StGB zu bestrafen ist. Für B kommt neben der Beteiligung daran noch ein Versuch eines (schweren) Bandendiebstahls gem. §§ 244 I Nr. 2, II (244a), 25 II, 22, 23 I StGB in Betracht.427 (2) Sonstige subjektive Merkmale Einige durch bandenmäßige Begehung erhöht strafbare Delikte setzen zudem noch das Vorliegen besonderer subjektiver Merkmale, wie die Zueignungsabsicht beim Diebstahl oder die Bereicherungsabsicht beim Betrug, voraus. Auch hier verhält es sich wie beim Vorsatz, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass ein Bandenmitglied eine Straftat, zu deren fortgesetzter Tatbegehung es sich grundsätzlich bereit erklärt hat, ausführt oder sich daran beteiligt, ihm dabei jedoch die notwendigen subjektiven Merkmale fehlen. Denkbar ist dies dennoch besonders dann, wenn das ohne subjektive Merkmale handelnde Bandenmitglied von einer anderen Person getäuscht und damit als Werkzeug i. S. von § 25 I Alt. 2 StGB benutzt wird. • Beispiel A und das Kind K sind Mitglieder einer Diebesbande. Auf einer Party überredet A den K, ihm das Handy des Gastgebers X zu bringen. A erzählt dem K, dass er sich das Handy lediglich kurz ausborgen möchte, um die Funktionen zu testen, weil er sich überlegt, ein gleiches Modell zu erwerben. A hatte jedoch nie vor, dass Handy zurückzugeben. K bringt A das Handy.428

K hat zwar eine fremde bewegliche Sache weggenommen, dabei jedoch ohne Drittzueignungsabsicht gehandelt, weil es davon ausging, es liege nur 426 427 428

Vgl. BGH NStZ 2007, 33; Oglakcioglu, JURA 2012, 770 (773). Vgl. BGH NStZ-RR 2010, 170. Fall in Anlehnung an Heinrich, Rn. 1250.

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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eine (straflose) Gebrauchsanmaßung durch A vor. K agiert hier folglich als absichtslos-doloses Werkzeug i. S. des § 25 I Alt. 2 StGB, so dass der die Tat veranlassende A als mittelbarer Täter eines Diebstahls nach § 242 StGB anzusehen ist. Eine objektive Tatbegehung eines gutgläubigen Bandenmitglieds kann nicht als Aufrechterhaltung einer Bandenabrede verstanden werden.429 Ein absichtslos-dolos handelndes Werkzeug kann nicht als Bandenmitglied und damit nicht als Mitwirkender i. S. des § 244 I Nr. 2 StGB berücksichtigt werden. Da A die Gutgläubigkeit des K kannte, kommt ebenfalls keine versuchte bandenmäßige Begehung in Betracht.430 2. Rechtswidrigkeitsebene Der Strafbarkeit eines Bandenmitglieds steht es entgegen, wenn dessen Tatbegehung nicht rechtswidrig, also durch einen Rechtfertigungsgrund wie z. B. § 32 StGB oder § 34 StGB gedeckt ist. Dabei kommt es einem großen Zufall gleich, wenn gerade eine der Bandenabrede äußerlich entsprechende Straftat gerechtfertigt ist. Zudem sind die bandenmäßig begehbaren Delikte hauptsächlich der Vermögenskriminalität zuzuordnen, wohingegen Rechtfertigungsgründe hauptsächlich bei Delikten gegen Personen, wie §§ 223 ff. StGB, und Delikten gegen Sachen, wie § 303 StGB, Bedeutung erlangen. Die nachrangige Bedeutung von Strafbarkeitsmängeln auf der Rechtfertigungsebene im Rahmen dieser Untersuchung wird zudem noch dadurch deutlich, dass eine fehlende Rechtswidrigkeit anders als mitunter eine fehlende Tatbestandsmäßigkeit keine kindertypischen, weil nicht entwicklungstypischen Ursachen hat.431 3. Schuldebene Trotz Vorliegens eines tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Verhaltens kann ein Täter dennoch nicht bestraft werden, wenn ihm eine Straftat nicht persönlich zum Vorwurf gemacht werden kann. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter nicht schuldfähig ist, er ohne Unrechtsbewusstsein handelt oder Entschuldigungsgründe eingreifen.432 Für die Beteiligung 429

Siehe dazu oben C.I.4.b) und C.II.1.a)(6). Eine bandenmäßige Bestrafung kommt für mittelbare Täter bei Einsatz von absichtslos-dolosen Werkzeugen allerdings bei den nichtkonvergenten Bandennormen in Betracht. 431 Siehe aber noch zum Nötigungsnotstand unten C.II.3.c). 432 Daneben kann die Schuld noch entfallen wegen des Fehlens von speziellen Schuldmerkmalen oder – bei Fahrlässigkeitsdelikten – wegen der individuellen Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit; vgl. Heinrich, Rn. 531, 544 f., 555 ff. Dies ist allerdings bei den bandenmäßig zu begehenden Delikten ohne Relevanz. 430

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

i. S. der §§ 25 ff. StGB gilt nach § 29 StGB, dass jeder Beteiligte ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld bestraft wird. Dennoch ist zu überlegen, ob für Beteiligte an Taten ohne Schuld handelnder Bandenmitglieder immer auch die Bandenmäßigkeit zu bejahen ist, insbesondere ob in solchen Fällen gerade bandentypische Gefahren verwirklicht werden können. a) Schuldfähigkeit Wie bereits mehrfach herausgestellt,433 ist zwischen der absoluten Schuldunfähigkeit nach § 19 StGB und der tatsächlichen Schuldunfähigkeit i. S. von fehlender Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nach §§ 20 StGB, 3 JGG zu unterscheiden. Auf die Strafbarkeit der an Taten von Kindern Beteiligten hat es dabei keine Auswirkung, dass Kinder als absolut schuldunfähig gem. § 19 StGB gelten.434 Aber auch bei einer tatsächlich fehlenden Einsicht- und Steuerungsfähigkeit ist – wie oben435 aufgezeigt – eine bandenmäßige Begehung durch Kinder möglich, sofern sie sonst tatbestandsmäßig handeln. Dies erspart die Prüfung der Frage, ob Kinder trotz ihrer absoluten Schuldunfähigkeit im Einzelfall tatsächlich nicht einsichtsoder steuerungsfähig sind. Eine auf Reifedefiziten beruhende fehlende Einsichts- und Steuerungsunfähigkeit beschränkt sich im Übrigen nicht auf die konkrete Tatbegehung, sondern betrifft zugleich die Bandenabrede. • Beispiel Der Tierschützer und Lehrer A behandelt im Unterricht das Thema Tiere und deren Haltung. In diesem Zusammenhang schlägt er seinen etwa 10-jährigen Schülern vor, dass sie alle fortan Äpfel in fremden Gärten pflücken wollen, damit er diese zu den Tieren im nahe gelegenen Tierpark bringen kann. Die Kinder sind von dieser Idee begeistert, wobei sie entweder schon nicht erkennen, dass ein solches Vorhaben unrechtmäßig ist oder es zwar erkennen, aber dem Reiz eines solchen Vorhabens nicht standhalten können. Am nächsten Tag sammelt A mit dem Kind K auf einem fremden Grundstück einen Korb Äpfel ein.436

Vorliegend haben sich A und die Kinder zur fortgesetzten Begehung von Diebstahlstaten verabredet. Jedoch sind sich die Kinder im Gegensatz zu A aufgrund mangelnder Reife nicht bewusst, dass ein solches Verhalten Unrecht darstellt oder wissen dies zwar, aber können sich nicht entsprechend steuern.437 Sie wollen vielmehr Tieren helfen. Für ihre Berücksichtigung 433

Siehe z. B. oben B.II.1.b). Siehe bereits oben B.II.1.b). 435 Siehe C.I.4.b). 436 Siehe zu diesem Fall bereits oben C.I.4.b). 437 Siehe zur Abgrenzung von fehlender Einsichtsfähigkeit i. S. von §§ 20 StGB, 3 JGG und fehlendem Unrechtsbewusstsein i. S. von § 17 I StGB unten C.II.3.b). 434

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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als Bandenmitglieder spricht dennoch, dass sie verstehen können, dass fremde Sachen weggenommen werden sollen und sie sich damit bewusst zu Diebstahlstaten zusammenschließen können. Eine konkrete Tatbegehung kann sich dann trotz fehlender Unrechtseinsicht und Steuerungsfähigkeit als Ausdruck der von ihnen bewusst eingegangenen Bandenabrede darstellen. Somit sind die Kinder grundsätzlich als Bandenmitglieder anzusehen und damit können sie auch bandenmäßig handeln. Ihre fehlende Schuldfähigkeit und damit Bestrafung steht dem nicht entgegen.438 Für A kommt wegen der Begehung der Apfeldiebstähle eine Strafbarkeit wegen bandenmäßiger Begehung gem. §§ 244 I, 244a StGB in Betracht.439 Daneben ist es denkbar, dass sich die fehlende Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht bereits auf die Bandenabrede erstreckt, sondern lediglich die konkrete Tatbegehung betrifft. Dies ist vor allem bei temporären Störungen wie einem Alkoholrausch i. S. vom § 20 StGB denkbar. • Beispiel A und das Kind K sind Mitglieder einer Diebesbande. Eines Abends trinken A und K gemeinsam Bier. Der nicht an Alkohol gewöhnte K gerät dabei bereits nach ein paar Flaschen Bier in einen seine Steuerungsfähigkeit ausschließenden Alkoholrausch. In diesem Zustand begehen A und K gemeinsam einen Diebstahl eines angeschlossenen Rads, wie es für die Bande typisch ist.

A und K begehen zusammen einen Diebstahl. K gilt dabei nicht nur als absolut schuldunfähig i. S. von § 19 StGB, sondern es ist aufgrund seiner fehlenden Steuerungsfähigkeit im konkreten Fall als schuldunfähig i. S. von § 20 StGB anzusehen.440 Dennoch begeht es auch diese Tat bewusst und gewollt als Bandenmitglied. Für die anderen Mitglieder stellt sich diese Begehung durchaus als Kundgabeakt dar, der bezeugt, dass sich K an die Bandenabrede hält. A hat demnach unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds gehandelt und ist nicht bloß wegen §§ 242 I, 243 I 2 Nr. 2 und 3 StGB, sondern ebenfalls wegen eines vollendeten Bandendiebstahls nach §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB strafbar.441 Ein solches Ergebnis erscheint allerdings dann nicht sachgemäß, wenn ein Bandenmitglied im nüchternen und schuldfähigen Zustand selbst kaum 438 Siehe oben C.I.4.b) zur Möglichkeit einer Restriktion, wenn die fehlende Unrechtseinsicht für die anderen Beteiligten offensichtlich ist; vgl. zudem das nächste Beispiel. 439 Siehe noch unten im Endergebnis unter III. zu der Frage, inwiefern der Einsatz von Kindern zur Tatbegehung der Annahme eines minder schweren Falles entgegensteht. 440 Der Alkoholrausch wird wegen seiner körperlichen Ursache überwiegend als krankhafte seelische Störung und nicht als tiefgreifende Bewusstseinsstörung eingeordnet; Rengier, AT, § 24 Rn. 8. 441 In diesem Sinne wohl Eisele, BT II, Rn. 227; Mitsch, BT 2/1, § 1 Rn. 260.

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Taten begehen würde und daher die anderen Mitglieder jeweils dafür sorgen, dass das fragliche Mitglied einen schuldausschließenden Zustand erreicht. In solchen Fällen kann die Tatbegehung nicht mehr als Kundgabe verstanden werden, mit dem das schuldunfähige Bandenmitglied ausdrückt, die Bandenabrede aufrechtzuerhalten. Vielmehr ist die Tatbegehung Ausdruck der werkzeuggleichen Steuerung (vgl. § 25 I Alt. 2 StGB) durch die anderen Mitglieder. b) Unrechtsbewusstsein Unter dem Unrechtsbewusstsein ist die Einsicht des Täters zu verstehen, Unrecht zu tun (§ 17 S. 1 StGB).442 Fälle fehlenden Unrechtsbewusstseins und Fälle fehlender Unrechtseinsichtsfähigkeit gem. §§ 20 StGB, 3 JGG überschneiden sich oft. So wird in § 20 StGB nach der herrschenden Meinung wegen der gleichen Formulierung der Einsichtsunfähigkeit ein Unterfall des § 17 StGB gesehen.443 Dadurch kann die Unfähigkeit des § 20 StGB als „unvermeidbar“ i. S. von § 17 StGB aufgefasst werden.444 Die Unfähigkeit zur Unrechtseinsicht i. S. von § 20 StGB beruht auf bestimmten temporären oder permanenten biologischen Störungen445 und die i. S. von § 3 JGG auf Reifedefiziten. Das fehlende Unrechtsbewusstsein nach § 17 StGB wird (daneben) relevant, wenn der Täter trotz voller Tatsachenkenntnis zu seinen Gunsten eine rechtlich unzutreffende Bewertung vornimmt.446 Der Täter kannte also das Verbot nicht und hielt deshalb sein Verhalten für erlaubt („direkter“ Irrtum) oder er ging zwar vom grundsätzlichen Verbotensein aus, hielt im konkreten Fall jedoch irrtümlich das Eingreifen einer rechtfertigenden Norm für gegeben („indirekter“ Irrtum).447 Nur bei Unvermeidbarkeit eines solchen Verbotsirrtums ist die Schuld ausgeschlossen. Insbesondere die Rechtsprechung setzt diesbezüglich strenge Maßstäbe.448 In Bezug auf Bandentaten ist es kaum vorstellbar, dass ein Bandenmitglied nicht weiß, dass eine verbotene (Banden-)Tat begangen wird. Zum einem wird ein Bandenmitglied wissen, dass ein entsprechendes Verbot existiert, denn schließlich hat sich das Mitglied zur Begehung solcher Taten mit anderen gerade verabredet. Auch stellen die Bandennormen grundsätzlich 442

Heinrich, Rn. 546; Lackner/Kühl, § 17 Rn. 2. Vgl. NK-Schild, § 20 Rn. 62 m. w. N. 444 NK-Schild, § 20 Rn. 62. 445 Vgl. S/S/Perron, § 20 Rn. 5 ff. 446 Heinrich, Rn. 1114, der zudem darauf hinweist, dass auch demjenigen das Unrechtsbewusstsein fehlen kann, der sich gar keine Gedanken über das Erlaubtsein seiner Tat macht. 447 S/S/Sternberg-Lieben, § 17 Rn. 10. 448 Vgl. Lackner/Kühl, § 17 Rn. 7 m. w. N. 443

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

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keine Normen dar, bei denen in der Gesellschaft nicht ein breiter Konsens hinsichtlich deren Unrechtsgehalts besteht. Daher sind sie nicht besonders „irrtumsgeeignet“. Zum anderen sind die Bandennormen keine solchen Normen, in denen typische Rechtfertigungssituationen bestehen,449 so dass es eher unwahrscheinlich ist, dass ein Irrtum hinsichtlich einer Gebotsnorm auftritt. Sollte dennoch ein Irrtum i. S. von § 17 StGB vorliegen, wird nicht nur die konkrete Bandentat betroffen sein, sondern bereits die Bandenabrede. • Beispiel Die Bandenmitglieder A und B verabreden mit dem Kind K, fremde Sachen zu entwenden. A und K begehen sodann gemeinsam einen Diebstahl. K ist sich dabei nicht bewusst, dass dies verboten ist.

Ein Irrtum über das Bestehen einer Verbotsnorm ist vorliegend eigentlich nur denkbar, wenn K – wie im obigen Beispiel zum Apfeldiebstahl450 – reifebedingt überhaupt nicht fähig ist, das Unrecht von Diebstählen zu erkennen (vgl. § 3 JGG). Jedoch wirkt sich eine solche fehlende Einsichtsfähigkeit und damit ein unvermeidbarer Verbotsirrtum grundsätzlich weder auf die Bandenmitgliedschaft noch auf die bandenmäßige Begehung aus.451 Für A kommt daher eine Strafschärfung wegen bandenmäßiger Begehung eines Diebstahls in Betracht. c) Entschuldigungsgründe Die Schuld des Täters entfällt bei Eingreifen eines Entschuldigungsgrundes. Kennzeichnend für einen Entschuldigungsgrund ist, dass sich der Täter in einer außergewöhnlichen Situation einem so großen Motivationsdruck ausgesetzt sieht, dass für ihn die Einhaltung von Ge- und Verboten nicht möglich erscheint.452 Das StGB nennt mit dem entschuldigenden Notstand (§ 35 StGB) und dem Notwehrexzess (§ 33 StGB) zwei geschriebene Entschuldigungsgründe. Wie bereits bei den Rechtfertigungsgründen dargelegt,453 ist es sehr unwahrscheinlich, dass bandenmäßig zu begehende Delikte, die vornehmlich dem Bereich der Vermögenskriminalität zuzuordnen sind, in einer Notstandslage begangen werden. Eine Ausnahme bildet insoweit jedoch der Nötigungsnotstand als Spezialfall des entschuldigenden 449

Siehe oben C.II.2. Siehe C.II.3.a). 451 Siehe oben C.I.4.b) und II.3.a). Siehe dort auch zur Möglichkeit einer Restriktion, wenn die fehlende Unrechtseinsicht von den anderen Beteiligten gezielt ausgenutzt wird. 452 Heinrich, Rn. 563. 453 Siehe oben C.II.2. 450

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4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

Notstands, also eine Situation, in welcher der Täter von einem anderen zu einer Tatbegehung genötigt wird.454 Es wurde bereits oben455 herausgearbeitet, dass eine erzwungene Verabredung bzw. Mitgliedschaft gleichwohl als wirksame Bandenabrede anzusehen sein kann, sofern der Zwang sich im unteren Bereich bewegt. Ebenso steht eine durch Zwang ausgelöste Tatbegehung grundsätzlich nicht der Annahme einer bandenmäßigen Begehung entgegen. Als typisch für eine Bande gilt gerade das Wirken von Gruppenkräften.456 Dazu ist der Gruppendruck zu zählen, dessen sich eine Gruppenmehrheit bedient, um das einzelne unwillige oder unentschlossene Mitglied zum Mitmachen zu zwingen.457 Obwohl dadurch die Verantwortlichkeit des einzelnen herabgesetzt sein mag,458 sind doch solche Zwänge nicht von einer Intensität, die die Schuld ausschließen. Hingegen kann dies bei der Ausübung eines Zwangs in Gestalt einer Gewalteinwirkung oder Drohung mit einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit anders sein. • Beispiel A und das Kind K sind Mitglieder einer Bande, die sich auf alle Arten von Diebstählen spezialisiert hat. A möchte sich der Bande gegenüber beweisen und hat daher einen großen Einbruchsdiebstahl geplant, für den er die Mithilfe des K vor Ort für unbedingt erforderlich hält. K sind Einbruchsdiebstähle jedoch grundsätzlich zu gefährlich, so dass es allenfalls im Vorfeld helfen möchte. A entführt daher den kleinen Bruder des K und fordert den K zur gemeinsamen Tatbegehung auf, anderenfalls würde er den Bruder töten. K sieht daher keine andere Möglichkeit, das Leben seines Bruders zu retten, als den Einbruchsdiebstahl mit A zu begehen.459

Hier wurde K durch die Drohung des A mit einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben seines Bruders zur Tatbegehung genötigt. Für K war diese Gefahr nicht anders abwendbar, als den Einbruchsdiebstahl zu begehen. K handelte also im Nötigungsnotstand, der teilweise bereits rechtfertigend wirken soll, wohingegen nach anderer Ansicht lediglich eine Entschuldigung in Betracht kommt.460 In jedem Fall liegen die Voraussetzungen eines entschuldigenden Notstands hier vor.461 Bei einem solchen Grad des Zwangs 454 455 456 457 458 459 460 461

Vgl. Heinrich, Rn. 580. Siehe C.I.2.e). Vgl. dazu Kosmalla, S. 98 ff. Kosmalla, S. 103. Vgl. Förtig, S. 174 ff. In Anlehnung an das Beispiel (1) bei Heinrich, Rn. 580. Siehe dazu bereits oben C.I.2.e). Vgl. Heinrich, Rn. 580.

C. (Nicht-)Berücksichtigung (von Kindern) bei Banden

273

kann die Tatbegehung nicht mehr als Kundgabe verstanden werden, mit dem das Bandenmitglied K ausdrückt, die Bandenabrede aufrechtzuerhalten. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass K Mitglied einer Diebesbande ist, da K zur Begehung von Einbruchsdiebstählen gerade nicht bereit war. Vielmehr steuert A durch seine Nötigung das Verhalten des K derart, dass K lediglich als Werkzeug des A (§ 25 I Alt. 2 StGB) anzusehen ist. Demnach fehlt hier für die Anwendung der Bandenregelungen der §§ 244 I Nr. 2, 244a I StGB die notwendige Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds, so dass für A bloß eine Strafbarkeit aus den milder zu bestrafenden §§ 242, 243 I 2 Nr. 1, Nr. 3 StGB und gegebenenfalls aus § 244 I Nr. 3 StGB in Betracht kommt. 4. Zusammenfassung Mängel bei der konkreten Tatbegehung können sich zum einen bereits auf das Grunddelikt und zum anderen allein auf die Bandenmäßigkeit beziehen. Bei beiden Sorten von Mängeln kann für das beteiligte strafmündige Bandenmitglied die bandenmäßige Begehung zu verneinen sein. Eine vorsätzliche rechtswidrige Tatbegehung einer Person kann dann nicht als bandenmäßig angesehen werden, wenn dieser die Subjektsqualität fehlt, sie also nicht als Bandenmitglied anzusehen ist. Dies wirkt sich besonders bei den konvergenten Bandennormen aus, da dort die Bandenmäßigkeit insgesamt zu verneinen ist, sofern nur ein Beteiligter als Bandenmitglied anzusehen ist. Bei den nicht konvergenten Bandennormen kommt für das beteiligte Bandenmitglied dann eine bandenmäßige Begehung in Betracht, wenn es selbst als Täter eingestuft wird, sei es auch bloß durch Zurechnung der Tatausführung des subjektslos Handelnden.462 Spezifisch für die Bandenmäßigkeit ist zudem das Erfordernis der Mitwirkung, welches offensichtlich nicht durch eine Person, die kein Bandenmitglied ist, erfüllt werden kann. Aber auch wenn ein Bandenmitglied als Anstifter oder Gehilfe des Grunddelikts angesehen werden kann, muss darin nicht immer zugleich eine wirksame Mitwirkung i. S. der konvergenten Bandenregelungen erblickt werden, weil die Qualität der Beteiligung zu gering ist.463 Zuletzt kann zwar eine Tatbegehung i. S. des Grunddelikts bei einem Bandenmitglied vorliegen, jedoch deren Bandenmäßigkeit bei den konvergenten Bandennormen zu verneinen sein, wenn das Bandenmitglied gar nicht weiß, dass ein anderes Mitglied mitwirkt.464 Für die einzigen beteiligten strafmündigen Bandenmitglieder kommt in all diesen Fällen jedoch bei entspre462 463 464

Siehe dazu oben C.II.1.a)(1). Siehe dazu oben C.II.1.a)(6). Siehe dazu oben C.II.1.b)(1).

274

4. Teil: Übertragung der Ergebnisse auf Banden und Kinder

chender Vorstellung eine versuchte bandenmäßige Tatbegehung bzw. eine Beteiligung daran in Betracht. Andere Mängel betreffen bereits das Grunddelikt. Bei solchen Mängeln auf der Tatbestandsebene und – unwahrscheinlich – der Rechtswidrigkeitsebene fehlt es an der Verwirklichung des Grunddelikts, so dass auch keine bandenmäßige – täterschaftliche – Begehung in Betracht kommt.465 Strafmündige beteiligte Bandenmitglieder können dennoch wegen der Verwirklichung des Grunddelikts und der bandenmäßigen Begehung bestraft werden, sofern ihnen die tatbestandslosen bzw. rechtmäßigen Tatbeiträge als täterschaftliche zugerechnet werden können und bei den konvergenten Bandennormen noch ein weiteres Mitglied mitwirkt.466 Bei den konvergenten Bandennormen besteht zudem die Möglichkeit, dass eine taugliche Mitwirkung des tatbestandslos handelnden Bandenmitglieds auch dann anzunehmen ist, wenn in Bezug auf seine Person kein taugliches Tatobjekt oder keine taugliche Tathandlung gegeben ist, es aber davon fälschlich ausgeht, also insofern selbst einen Versuch begangen hat.467 In den anderen Fällen kommt für den strafmündigen Beteiligten bei entsprechender Vorstellung eine versuchte bandenmäßige Tatbegehung oder eine Beteiligung an einer solchen in Betracht. Ein Mangel auf der Ebene der Schuld eines Beteiligten wirkt sich für die anderen Beteiligten unter dem Aspekt kaum aus, dass jeder Beteiligte nach seiner Schuld bestraft wird, § 29 StGB. Insofern liegt zumindest eine vollendete Tatbegehung des Grunddelikts vor. Die absolute Schuldunfähigkeit i. S. von § 19 StGB hat auf die bandenmäßige Begehung überhaupt keine Auswirkung. Wird allerdings im Einzelfall ein schuldausschließender Zustand eines Mitglieds durch ein anderes herbeigeführt oder ausgenutzt, kann unter Umständen nicht mehr die Bandenabrede, sondern allein die werkzeuggleiche Steuerung den Grund für die Tatbegehung bilden. Eine derart gesteuerte Tatbegehung kann nicht als Kundgabe verstanden werden, die die Bandenabrede aufrechterhält.468 Bei einer solchen Steuerung scheidet dann ebenfalls aufgrund des Wissens um die Steuerung eine versuchte bandenmäßige Begehung für den Steuernden aus. Allerdings ist in diesen Fällen der Steuernde selbst mittelbarer Täter, so dass seine Täterschaft die Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr trägt. Bei den konvergenten Bandenregelungen ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine weitere Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds erforderlich ist. Ein Tatbeitrag eines wie ein Werkzeug gesteuerten Bandenmitglieds stellt keine solche Mitwirkung dar.469 465 466 467 468

Siehe Siehe Siehe Siehe

dazu dazu dazu dazu

oben noch oben oben

C.II.1. und 2. unten im 5. Teil. C.II.1.a)(2) und (3). C.II.3.a).

D. Ergebnisse zum 4. Teil

275

Wie schon für die Bandenabrede festgestellt, bei der die Verneinung der Bandenmitgliedschaft eines Kindes nicht auf kindertypische Mängel beschränkt ist, gelten die hier aufgezeigten Ausschlussgründe der Bandenmäßigkeit einer konkreten Tatbegehung gleichfalls für Strafmündige und Kinder. Allerdings sind Kinder aufgrund ihrer altersbedingten Naivität anfälliger für Irrtümer und daher leichter zu täuschen. Gerade wenn die Kinder daher gutgläubig handeln, weil sie nicht merken, dass sie eine rechtswidrige Tat begehen, wollen und können sie nicht bandenmäßig handeln.

D. Ergebnisse zum 4. Teil Eine generelle Nichtberücksichtigung im Zusammenhang mit Bandennormen ist bei Kindern genauso wie bei anderen Personen ausgeschlossen. Die absolute Schuldunfähigkeit eines Kindes nach § 19 StGB hat keine Auswirkung: Kinder können Bandenmitglieder sein und ebenfalls bandenmäßig handeln. Außerdem stellen Banden mit Kindern keine generell weniger gefährlichen Banden dar, die aus dem Bereich der Bandenstrafbarkeit herauszunehmen sind. Im Einzelfall ist es jedoch möglich, dass Kinder – wie andere Personen auch – nicht tatbestandsmäßig, rechtswidrig, einsichts- und steuerungsfähig sowie entschuldigt handeln, wodurch ihre Bandenmitgliedschaft und/oder ihre Fähigkeit zur bandenmäßigen Begehung ausgeschlossen sein kann. Sofern eine Verbindung lediglich aus drei Personen besteht und/oder das Kind alleine eine konkrete Tat ausführt, kommt der Bandenmitgliedschaft bzw. der bandenmäßigen Begehung des Kindes für einen strafmündigen Beteiligten eine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Ist das tatausführende Kind im Einzelfall also nicht als Bandenmitglied zu berücksichtigen, kommt für einen strafmündigen Beteiligten nur dann eine bandenmäßige Begehung in Betracht, wenn ihm die Tatbeiträge des Kindes täterschaftlich zugerechnet werden können.470 Wobei eine solche Zurechnung bei den konvergenten Bandennormen dann nicht zu einer bandenmäßigen Begehung führt, wenn sonst kein weiteres Bandenmitglied an der konkreten Tat mitgewirkt hat. Ist kein Bandenmitglied als Täter anzusehen oder fehlt eine erforderliche Mitwirkungshandlung eines anderen Bandenmitglieds, kann der strafmündige Beteiligte neben dem Grunddelikt unter Annahme eines entsprechenden Vorsatzes bloß wegen versuchter bandenmäßiger Begehung belangt werden.

469

Siehe dazu oben C.II.1.a)(6). Siehe zu den Besonderheiten einer Zurechnung im Zusammenhang von Kindern und Banden unten im 5. Teil. 470

5. Teil

Strafmündige Beteiligte als Bandentäter Für die Strafbarkeit der Beteiligten an Taten von Kindern spielt es nicht nur eine Rolle, ob Kinder als Bandenmitglieder berücksichtigt werden, sondern zudem, welche Beteiligungsform für sie eingreift. Dies begründet sich zum einen dadurch, dass die Beihilfe milder bestraft wird als die Täterschaft und die Anstiftung (§ 27 II 2 StGB). Zum anderen ist die Beteiligungsform von Bedeutung, weil die Bejahung der bandenmäßigen Begehung eine täterschaftliche Stellung zumindest eines Bandenmitglieds voraussetzt.1 Das ist besonders in denjenigen Fällen relevant, in denen lediglich ein bandenexternes Kind oder ein nicht tatbestandsmäßig und rechtswidrig handelndes Kind die Bandentat ausführt und insofern kein Bandenmitglied mangels eigenhändiger Begehung als Täter i. S. von § 25 I Alt. 1 StGB anzusehen ist und auch eine mittäterschaftliche Zurechnung nach § 25 II StGB ausscheidet. Die erforderliche täterschaftliche Stellung des strafmündigen Bandenmitglieds kann sich jedoch durch Zurechnung der Tatbeiträge des Kindes nach § 25 I Alt. 2 StGB ergeben. Zudem ist zu überlegen, ob die strafmündigen Beteiligten sogar als Täter durch Unterlassen anzusehen sein könnten.

A. Mittelbare Täter Mittelbarer Täter ist gem. § 25 I Alt. 2 StGB, wer die Straftat „durch einen anderen“ begeht. Dies erfolgt dergestalt, dass ein mittelbarer Täter (auch „Hintermann“) die tatbestandsmäßige Handlung nicht eigenhändig, sondern durch ein von ihm beherrschtes menschliches Werkzeug (sog. „Tatmittler“ oder „Vordermann“) vornehmen lässt.2 Kennzeichnend ist dabei, dass der Vordermann aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eine unterlegene Stellung innehat und dass der Hintermann dagegen eine beherrschende Stellung einnimmt, weil er die Sachlage richtig erfasst und das Gesamtgeschehen kraft seines planvoll lenkenden Willens in der Hand hat.3 1 2 3

Siehe dazu oben im 2. Teil B.I.2. Heinrich, Rn. 1243; Rengier, AT, § 43 Rn. 1. Wessels/Beulke, AT, Rn. 535.

A. Mittelbare Täter

277

Der mittelbare Täter macht sich dabei i. d. R. einen Defekt, d.h. einen Strafbarkeitsmangel des Tatmittlers zu eigen.4

I. Vorüberlegung: Auswirkung der Behandlung von Kindern als Werkzeuge An mehreren Stellen dieser Arbeit wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich die Einstufung von Kindern als Werkzeuge und damit die Behandlung von strafmündigen Beteiligten als mittelbare Täter i. S. des § 25 I Alt. 2 StGB auf die Strafbarkeit der Beteiligten aus Bandennormen auswirken kann.5 Im Wesentlichen können bezüglich der Auswirkungen die folgenden vier Sachverhaltskonstellationen unterschieden werden. 1. Nicht tatbestandsmäßig, rechtswidrig oder (konkret) schuldhaft handelndes bandenexternes Kind Für Bandenmitglieder, die sich an Taten von bandenexternen Kindern beteiligen, die nicht tatbestandsmäßig, rechtswidrig oder (konkret) schuldhaft6 handeln, kommt dennoch eine bandenmäßige Strafschärfung in Betracht, sofern die Beteiligten als mittelbare Täter i. S. des § 25 I Alt. 2 StGB anzusehen sind. Dies ist in erster Linie bedeutsam, wenn allein das Kind die Tat ausführt, es aber nicht tatbestandsmäßig handelt und für Beteiligte eine mittäterschaftliche Zurechnung ausscheidet, so dass kein Bandenmitglied als unmittelbarer Täter oder Mittäter anzusehen ist und mithin für die Teilnahme eine zurechenbare vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat fehlt. • Beispiel A und B sind Mitglieder einer auf den Diebstahl von teuren Haustieren spezialisierten Bande. Sie haben einen kleinen, für sie interessanten Hund in einem umzäunten Gartengrundstück entdeckt. Dem gerade vorbeikommenden Kind K erzählen sie, dass es sich bei dem Hund um ihren entlaufenen Hund handele. Da die Hausbesitzer nicht anwesend und sie selbst für das Klettern über den hohen Zaun nicht sportlich genug seien, bitten sie K, schnell über den Zaun zu klettern und ihnen ihren Hund zu geben. K hilft gerne. 4 Heinrich, Rn. 1243; vgl. allerdings die Ausnahmefälle des „Täters hinter dem Täter“. 5 Siehe z. B. die einzelnen Beispiele im Rahmen der konkreten Nichtberücksichtigung oben im 4. Teil C. 6 Konkret schuldhaft bedeutet hier, dass abgesehen von der absoluten Schuldunfähigkeit nach § 19 StGB im Einzelfall Unrechtseinsicht, Steuerungsfähigkeit sowie sonstige Schuldmerkmale vorliegen und keine Entschuldigungsgründe eingreifen.

278

5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

Die eigentliche Wegnahmehandlung hat hier K durchgeführt, der jedoch ohne Vorsatz handelte. Dies haben A und B bewusst ausgenutzt und somit das Tatgeschehen beherrscht. Sie haben daher als (mittäterschaftlich handelnde) mittelbare Täter einen Diebstahl unter der jeweiligen Mitwirkung des anderen begangen und daher sind sie wegen eines schweren Bandendiebstahls, § 244a StGB, zu bestrafen. Komplizierter ist es jedoch, wenn dem Hintermann gar nicht bewusst ist, dass das Kind einem Strafmangel unterliegt. • Beispiel A und B, Mitglieder einer auf den Diebstahl von teuren Haustieren spezialisierten Bande, haben wieder einen kleinen, für sie interessanten Hund in einem umzäunten Gartengrundstück entdeckt. Dem gerade vorbeikommenden Kind K bieten sie 10 Euro an, wenn es ihnen hilft, den Hund zu stehlen. K klettert über den Zaun und gibt ihnen den Hund. Dabei hat K nicht erkannt, dass es sich um seinen Hund handelt, der mal wieder von zu Hause weggelaufen ist.

Da der Hund dem K selbst gehört, stellt er keine für K fremde Sache und folglich kein taugliches Tatobjekt dar. K hat in diesem Fall nicht tatbestandsmäßig gehandelt. Eine Strafbarkeit von A und B wegen Anstiftung zu einer vollendeten (Banden-)Tat scheitert am Fehlen einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat des K. Für A und B ist der Hund jedoch fremd und somit ein taugliches Tatobjekt. Käme bei ihnen nicht bloß eine Anstiftung, sondern sogar eine täterschaftliche Zurechnung in Betracht, wären sie als Täter eines vollendeten Bandendiebstahls anzusehen. Falls ein gemeinsamer Tatplan i. S. des § 25 II StGB zwischen A, B und K abgelehnt wird, weil K lediglich den Hund über den Zaun hebt und dafür eine geringe Entlohnung erhält,7 käme noch eine mittelbare Täterschaft aufgrund des Strafdefektes des K auf der Tatbestandsebene in Betracht. Jedoch waren sich A und B – entgegen des vorherigen Beispiels – nicht bewusst, dass K nicht objektiv tatbestandsmäßig handelte. Somit haben sie sich den Defekt des K nicht zu Nutze gemacht, indem sie kraft ihres planvoll lenkenden Willens das Gesamtgeschehen in der Hand hielten. Allerdings ist eine weitere anerkannte Fallgruppe der mittelbaren Täterschaft die des nicht schuldhaft handelnden Tatmittlers.8 Kinder gelten gem. § 19 StGB als absolut schuldunfähig und da7

Nach ständiger Rechtsprechung hat die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Teilnahme aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände (z. B. dem Grad des eigenen Tatinteresses, dem Umfang der Tatbeteiligung oder der Tatherrschaft) zu erfolgen, BGH wistra 2012, 433 (434). Die von der Rechtsprechung vertretende subjektive Theorie hat sich heute der in der Literatur herrschenden Tatherrschaftslehre weitgehend angenähert, Exner, JURA 2013, 103 (107). 8 H.M., so z. B. Heinrich, Rn. 1252 f.

A. Mittelbare Täter

279

her wird vertreten, sie immer als Werkzeuge i. S. des § 25 I Alt. 2 StGB einzustufen.9 K ist als Kind absolut schuldunfähig und sofern A und B dies bewusst war, könnten sie als mittelbare Täter des § 244a StGB anzusehen sein. 2. Nicht tatbestandsmäßig, rechtswidrig oder (konkret) schuldhaft handelndes bandeninternes Kind Auch ein Bandenmitglied kann eine Tat begehen, die sich zwar objektiv in die Bandenabrede einfügt, sich jedoch im Einzelfall nicht als tatbestandsmäßig, rechtswidrig oder (konkret) schuldhaft darstellt. Die Annahme von mittelbarer Täterschaft wird wieder (für die Bandenmäßigkeit) besonders dann bedeutsam, wenn sonst kein Bandenmitglied als unmittelbarer Täter oder Mittäter anzusehen ist und mithin für die Teilnahme eine zurechenbare vorsätzliche rechtswidrige (Banden-)Haupttat fehlt. Mittelbare Täterschaft kommt zunächst in Betracht, wenn ein anderes Bandenmitglied als Hintermann den Strafmangel des Kindes selbst verursacht und damit gekannt hat. • Beispiel A, B und das Kind K sind Mitglieder einer auf den Diebstahl von Haustieren spezialisierten Bande. Sie haben einen kleinen, für sie interessanten Hund in einem umzäunten Gartengrundstück entdeckt. K ist jedoch der Diebstahl von Tieren, die sich auf fremden Grundstücken befinden, zu riskant. Daher erzählen A und B ihm, dass es sich bei dem Hund um den entlaufenen Hund von A handelt. Da die Hausbesitzer nicht anwesend und sie selbst für das Klettern über den hohen Zaun nicht sportlich genug seien, bitten sie K, schnell über den Zaun zu klettern und ihnen den Hund zu geben. K hilft gerne.

Die eigentliche Wegnahmehandlung hat zwar K durchgeführt, es handelte jedoch ohne Vorsatz. Da A und B dies bewusst ausgenutzt und somit das Tatgeschehen beherrscht haben, sind sie als mittelbare Täter eines schweren Bandendiebstahls, § 244a StGB, anzusehen.10 Wenn dem Hintermann gar nicht bewusst ist, dass das bandeninterne Kind im Einzelfall einem Strafmangel unterliegt, wird wieder relevant, ob mittelbare Täterschaft auf die absolute Schuldunfähigkeit i. S. des § 19 StGB gestützt werden kann. • Beispiel A, B und das Kind K sind Mitglieder einer auf den Diebstahl von teuren Haustieren spezialisierten Bande. K hat einen kleinen Hund in einem umzäunten Gartengrundstück entdeckt. Es bittet A und B, Wache zu stehen, während es über den Zaun klettert und den Hund holt. Dabei hat K nicht erkannt, dass es sich um seinen eigenen Hund handelt, der mal wieder von zu Hause weggelaufen ist. 9 10

Siehe dazu ausführlich unten A.II.1. Siehe dazu den ersten Fall oben A.I.1.

280

5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

Da der Hund dem K selbst gehört, stellt er keine für K fremde Sache und folglich kein taugliches Tatobjekt dar. K hat in diesem Fall nicht tatbestandsmäßig gehandelt und konnte daher kein Bandendelikt begehen. Eine Strafbarkeit von A und B wegen Beihilfe an einer vollendeten Bandentat scheitert am Fehlen einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat des K.11 Für A und B ist der Hund jedoch fremd und somit ein taugliches Tatobjekt. Käme bei ihnen nicht bloß ein gehilfenschaftlicher Tatbeitrag, sondern sogar eine täterschaftliche Zurechnung in Betracht, wären sie als Täter eines vollendeten Bandendiebstahls anzusehen. Ein gemeinsamer Tatplan i. S. des § 25 II StGB kann nicht zwischen A, B und K angenommen werden. Eine mittelbare Täterschaft aufgrund des Strafdefektes des K auf der Tatbestandsebene scheitert daran, dass A und B hier gar nicht bewusst war, dass K nicht objektiv tatbestandsmäßig handelte. Sofern der Ansicht gefolgt wird, die bereits aufgrund der absoluten Schuldunfähigkeit i. S. des § 19 StGB eine der mittelbaren Täterschaft genügende Werkzeugqualität annehmen wollen,12 könnten A und B bei entsprechendem Vorsatz hier mittelbare Täter eines schweren Bandendiebstahls sein.13 3. Tatbestandsmäßig, rechtswidrig und (konkret) schuldhaft handelndes bandenexternes Kind Aufgrund der Einstufung der Bandenmitgliedschaft als besonderes persönliches Merkmal14 gilt für die strafschärfend wirkenden Bandennormen § 28 II StGB. Danach kommt für einen Beteiligten, also Täter oder Teilnehmer, eine Strafschärfung dann in Betracht, wenn der Beteiligte über das besondere persönliche Merkmal verfügt. Bei den Bandennormen besteht jedoch die Besonderheit, dass es sich um Sonderdelikte handelt und somit zumindest ein Bandenmitglied als Täter handeln muss. So ist eine Tatbestandsverschiebung nach § 28 II StGB allein in der Konstellation möglich, dass der oder die Täter aus einer Bandennorm bestraft werden und andere Beteiligte aus dem Grunddelikt, nicht aber dass Teilnehmer aus einer Bandennorm bestraft werden, wenn der (einzige) Täter lediglich aus dem Grunddelikt belangt werden kann. Bei der Teilnahme von Bandenmitgliedern an Taten von bandenexternen Kindern könnte jedoch eine Ausnahme bestehen. Obwohl die Kinder tatbestandsmäßig, rechtswidrig, mit Unrechtseinsicht und Steuerungsfähigkeit sowie unentschuldigt handeln, könnten nämlich die Bandenmitglieder aufgrund der nach § 19 StGB beste11 12 13 14

Siehe Siehe Siehe Siehe

zu einem ähnlichen Fall bereits oben im 4. Teil C.II.1.a)(2). dazu ausführlich unten A.II.1. dazu den zweiten Fall oben A.I.1. dazu oben im 4. Teil C.II.1.a)(1)(b).

A. Mittelbare Täter

281

henden Strafunmündigkeit der Kinder nicht nur als Teilnehmer, sondern auch als mittelbare Täter i. S. von § 25 I Alt. 2 StGB anzusehen sein. • Beispiel Klettern diesmal die Bandenmitglieder A und B selbst über den Zaun und entwenden den wertvollen Hund und das Kind K, das nicht Mitglied der Bande ist, steht lediglich Wache, so sind A und B als Täter aus § 244a StGB strafbar. K wäre bei Schuldfähigkeit wegen § 28 II StGB nur als Gehilfe aus § 242 I, 243 StGB zu bestrafen. Anders verhält es sich jedoch, wenn dagegen das Nichtmitglied K den Diebstahl begeht und die Bandenmitglieder A und B dazu lediglich Beihilfe leisten.

In der zweiten Fallvariante hat kein Bandenmitglied die Tat als Täter i. S. des § 25 I Alt. 1, II StGB begangen. Mangels Bandentäters scheidet die Annahme eines Bandendiebstahls aus. Ohne Bandentat ist eine Tatbestandsverschiebung i. S. des § 28 II StGB nicht möglich, auch wenn Beteiligte über das besondere persönliche Merkmal der Bandenmitgliedschaft verfügen.15 A und B können dann bloß wegen Beihilfe zu dem von K begangenen Grunddelikt bestraft werden (§§ 242 I, 243, 27 StGB). Wären jedoch A und/oder B als mittelbare Täter anzusehen aufgrund der absoluten Schuldunfähigkeit des K, würden die Voraussetzungen einer Bandentat vorliegen, wodurch eine Strafbarkeit gem. §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB eröffnet wäre. Fraglich ist allerdings in solchen Fällen, in denen das Kind zwar nicht die Sondereigenschaft der Bandenmitgliedschaft besitzt und damit nicht bandenmäßig, aber sonst i. S. des Grunddelikts tatbestandsmäßig handelt, ob es angebracht erscheint, eine mittelbare Täterschaft anzunehmen.16 4. Tatbestandsmäßig, rechtswidrig und (konkret) schuldhaft handelndes bandeninternes Kind Aufgrund des gem. § 19 StGB stets vorliegenden Strafmangels von Kindern könnte zudem in den Fällen, in denen ein bandeninternes Kind tatbestandsmäßig, rechtswidrig und (konkret) schuldhaft handelt, immer eine mittelbare Täterschaft für die an Taten von Kindern beteiligten Strafmündigen anzunehmen sein. Dies würde bedeuten, dass sogar in den Fällen, in denen unter Annahme der Schuldfähigkeit des Werkzeugs lediglich eine Teilnahme gegeben wäre, durch die Anwendung der Zurechnung über § 25 I Alt. 2 StGB die Möglichkeit der täterschaftlichen Bestrafung – nicht nur aus einer Bandennorm – beim Einsatz von Kindern erheblich erweitert wäre. Gerade bei Bandennormen erscheint es fraglich, ob es nicht einen 15 16

Siehe oben im 2. Teil B.I.3.b). Siehe dazu zugleich unten A.II. und III.

282

5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

Widerspruch darstellt, ein tatbestandsmäßig, rechtswidrig, einsichts- sowie steuerungsfähig und nicht entschuldigt handelndes Kind einerseits als Bandenmitglied anzusehen, es aber andererseits als Werkzeug zu betrachten. Zum einen wären die Kinder dadurch den strafmündigen Bandenmitgliedern gleichgestellt, sofern es um die Bewertung ihrer Bandenmitgliedschaft ginge, zum anderen würden sie bei der Frage der Beteiligungsform und mithin ihrer Einstufung als bloßes Werkzeug nicht den anderen beteiligten Bandenmitgliedern gleichgestellt werden. • Beispiel A und das Kind K sind Mitglieder einer auf den Diebstahl von teuren Haustieren spezialisierten Bande. K hat einen kleinen Hund in einem umzäunten Gartengrundstück entdeckt. Es bittet A, Wache zu stehen, während es über den Zaun klettert und den Hund holt. Andere Bandenmitglieder waren an der konkreten Tat nicht beteiligt.

Hier ist K der unmittelbare Bandentäter. Die Beteiligung des A wäre bei Schuldfähigkeit des Werkzeugs lediglich als Beihilfe zu werten. Aufgrund der Schuldunfähigkeit des Kindes nach § 19 StGB könnte A jedoch als mittelbarer Täter anzusehen sein. Die Einstufung des K als Bandenmitglied und gleichzeitig als Werkzeug ist für A aus zweierlei Gründen negativ. Zum einen würden durch die Einstufung des K als Bandenmitglied zwei Bandenmitglieder an dem Diebstahl mitwirken, wodurch die Voraussetzungen der konvergenten Bandennormen der §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB erfüllt wären und dadurch ein erhöhter Strafrahmen eröffnet wäre. Zum anderen würde die Strafe des A nicht nach §§ 27 II, 49 I StGB gemildert werden, da er als mittelbarer Täter und nicht als Gehilfe bestraft werden würde.17 5. Zusammenfassung Die Annahme von mittelbarer Täterschaft beim Einsatz von Kindern stellt sich folglich als unproblematisch dar, wenn die Kinder ein Strafdefizit aufweisen und dies von einem Hintermann – wie im jeweils ersten Beispiel zu 1 und 2 – bewusst ausgenutzt wird und er daher Herrschaft über das Tatgeschehen besitzt.18 Als typische Formen der mittelbaren Täterschaft gelten dabei diejenigen, in denen der Tatmittler nicht objektiv tatbestandsmäßig, nicht vorsätzlich, ohne subjektive Merkmale, nicht rechtswidrig oder nicht schuldhaft handelt.19 Wie in den aufgeführten Beispielsfällen verdeut17 18 19

Siehe dazu zugleich unten A.II. Vgl. Heinrich, Rn. 1243. Vgl. Heinrich, Rn. 1247 ff.; Rengier, AT, § 43 Rn. 7 ff.

A. Mittelbare Täter

283

licht, besteht jedoch beim Einsatz von Kindern die Besonderheit, dass sie immer ein rechtliches Defizit gem. § 19 StGB aufweisen. Damit könnten sie auch dann als Werkzeuge i. S. des § 25 I Alt. 2 StGB angesehen werden, wenn sie sonst strafmängelfrei – wie im Beispiel unter 4 – handeln. Dies soll im Folgenden unter II. dargelegt werden. Daneben ist fraglich, ob mittelbare Täterschaft auch noch anderes begründet werden kann. Zu überlegen ist, ob sich eine Werkzeugqualität i. S. des § 25 I Alt. 2 StGB daraus herleiten lässt, dass einem sonst tatbestandsmäßig, rechtswidrig und (konkret) schuldhaft handelnden Kind – wie im Fall zu 3 – allein das qualifizierende Merkmal der Bandenmitgliedschaft fehlt. Dieser Frage wird unter III. nachgegangen. Ferner wird die Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft für die Fälle diskutiert, in denen der Tatmittler für die Tat voll verantwortlich ist und somit selbst bestraft werden kann, jedoch aufgrund des steuernden Einflusses des Hintermanns eine Anstiftung verfehlt wäre („Täter hinter dem Täter“).20 Kindliche Vordermänner können zwar aufgrund des § 19 StGB nie für eine Tat bestraft werden, dennoch bietet sich eine Betrachtung dieser Fallgruppe dann an, wenn bei Kindern im Einzelfall – wie im Fall zu 4 – keine anderen Mängel als § 19 StGB vorliegen. Gerade bei Banden ist nämlich an eine mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft zu denken, welches unter IV. diskutiert wird.

II. Kinder als Werkzeuge aufgrund § 19 StGB Zwar gilt die Schuldlosigkeit des unmittelbar Handelnden größtenteils als typische Fallgruppe der mittelbaren Täterschaft,21 jedoch ist umstritten, inwiefern auch die absolute Schuldunfähigkeit und damit die Strafunmündigkeit nach § 19 StGB zwangsläufig zur mittelbaren Täterschaft führt.22

20

Vgl. dazu Heinrich, Rn. 1254 ff. m. w. N. Siehe zur a. A. die unter A.II.6. genannten Autoren. 22 Bei der Erörterung der Fallgruppe schuldlos handelnder Werkzeuge wird jedoch nicht immer zwischen absoluter Schuldunfähigkeit nach § 19 StGB und anderen Formen der Schuldunfähigkeit bzw. deren Anforderungen unterschieden; vgl. z. B. Baumann/Weber/Mitsch, § 29 Rn. 137 ff.; Bockelmann/Volk, § 22 II.2.c); Fischer, § 25 Rn. 5; Gropp, § 10 Rn. 56 ff.; Maurach/Gössel/Zipf, AT 2, § 48 Rn. 79 ff.; Kindhäuser, AT, § 39 Rn. 28; Noltenius, S. 301 ff.; Wessels/Beulke, AT, Rn. 537 f.; ferner Stratenwerth/Kuhlen, § 12 Rn. 46 ff. 21

284

5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

1. Mittelbare Täterschaft trotz Einsichtsund Steuerungsfähigkeit Vielfach wird vertreten, dass Beteiligte an Taten von Kindern immer als mittelbare Täter anzusehen sind.23 Entscheidend ist bei dieser Ansicht, dass es nicht auf die Fähigkeiten des Kindes ankommt, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Somit wird nicht je nachdem, ob diese Fähigkeit vorliegt oder nicht, Teilnahme oder mittelbare Täterschaft angenommen. Es bestehe nach Rengier kein Anlass, die in § 19 StGB getroffene klare Entscheidung und damit Verantwortungszuweisung des Gesetzgebers in impraktikabler Weise in Frage zu stellen.24 Der deliktische Wille sei bei Kindern aufgrund der gesetzlichen Wertung unbeachtlich.25 Da der Gesetzgeber von der Möglichkeit wisse, dass es in ihrer Moralentwicklung frühzeitig vorangeschrittene Kinder gibt, sich jedoch in § 19 StGB beredt über die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung ausschweigt, spreche nach Bottke nichts dafür, die Klarheit einer solchen Regelung bei der Benutzung von Kindern durch das Erfordernis zu mindern, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob das Kind vorzeitig zur Normkenntnis und -befolgung reif ist.26 Jescheck/Weigend verstehen Tatherrschaft als die Beherrschung des Geschehens aufgrund rechtlicher Überlegenheit des Hintermanns und daher sei in den Fällen, in denen bewusst ein Schuldunfähiger eingesetzt werde, mittelbare Täterschaft anzunehmen, auch wenn der schuldunfähige Vordermann tatsächlich in der Lage war, das Unrecht seines Verhaltens zu erkennen und sich normgemäß zu verhalten.27 Ähnlich begründet sich nach Heine die mittelbare Täterschaft dadurch, dass der Hintermann einen ihm konstitutionell unterlegenen Tatmittler, der strafrechtlich entlastet ist, zum Einsatz bringt und daher selbst über die Tat Herrschaft besitze.28 Roxin erachtet es anders als bei Jugendlichen für unerheblich, ob das Kind im konkreten Fall nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug war, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu 23 Bottke, S. 65.; D/D/R/Ingelfinger, § 25 Rn. 29; Frister, Kap. 27 Rn. 37; Fuhrmann, S. 90; v. Heintschel-Heinegg/Kudlich, § 25 Rn. 26.1; Jescheck/Weigend, § 62 II.4.; Koch, JuS 2008, 399 (401); Krey/Esser, AT, Rn. 898 ff.; Rengier, AT, § 43 Rn. 28; Roxin, AT II, § 25 Rn. 143; S/S/Heine, § 25 Rn. 39; S/S/W/Murmann, § 25 Rn. 18; wohl auch Otto, AT, § 21 Rn 73. 24 Rengier, AT, § 43 Rn. 28. 25 Rengier, AT, § 43 Rn. 29. 26 Bottke, S. 65. 27 Jescheck/Weigend, § 62 II.4. 28 S/S/Heine, § 25 Rn. 39.

A. Mittelbare Täter

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handeln.29 Er argumentiert vielmehr mit einem Vergleich zum genötigten Tatmittler. Beim Ausführenden einer Notstandstat nach § 35 StGB liege nämlich ein Rest von Schuld vor, ohne dass an der mittelbaren Täterschaft des die Tat veranlassenden Hintermanns gezweifelt würde. Hier wie dort gelte, dass nach dem Verantwortungsprinzip die strafrechtliche Entlastung des Ausführenden den allein verantwortlichen Hintermann zur Zentralgestalt des Geschehens und damit zum (mittelbaren) Täter mache. Zudem wäre es sinnwidrig, wenn Kinder zur Prüfung ihrer Täterschaft in Strafprozesse hineingezogen werden müssten, obwohl der Gesetzgeber ihnen mithilfe des § 19 StGB aus erzieherisch und präventiv wohlerwogenen Gründen ersparen wollte, bei Strafprozessen mitzuwirken und zum Objekt von Untersuchungen zu werden.30 Krey/Esser stellen ausdrücklich heraus, dass nicht nur der Schuldfähige, der die Tat eines Schuldunfähigen in Kenntnis dessen fehlender strafrechtlicher Verantwortung veranlasst, sondern auch derjenige, der dazu Hilfe leistet, faktisch und wegen der gesetzlichen Wertung in §§ 19, 20 StGB normativ als Zentralgestalt des Geschehens erscheine. Durch eine solche Zurechnung sei die sachwidrige Konsequenz einer Straftat ohne strafbaren Täter vermieden.31 Frister stellt dagegen weniger auf die rechtliche Wertung ab, will aber dennoch stets mittelbare Täterschaft annehmen.32 Obwohl das Gesetz die wegen mangelnder Reife verminderte Schuldunfähigkeit nicht ausdrücklich regelt, solle für die Annahme mittelbarer Täterschaft bereits die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit ausreichend sein. Kindern unter 14 Jahren würden selbst bei Berücksichtigung ihres tatsächlichen Entwicklungsstands nicht voll schuldfähig sein und daher sei auch ohne die Vermutung des § 19 StGB stets eine mittelbare Täterschaft anzunehmen. 2. Mittelbare Täterschaft durch Veranlassung bei Einsichts- und Steuerungsfähigkeit Nicht alle Vertreter der soeben genannten Ansicht stellen deutlich heraus, inwiefern jede unterstützende Tätigkeit seitens des Hintermanns ausreicht, 29 Roxin, AT II, § 25 Rn. 142 f.; vgl. auch ders., Täterschaft und Tatherrschaft, S. 239. 30 Roxin, AT II, § 25 Rn. 143. 31 Krey/Esser, AT, Rn. 899. Bei vielen der hier unter 1. genannten Vertreter wird nicht deutlich, inwiefern sie auch Hilfeleistungen ausreichen lassen; siehe dazu auch noch die folgende, unter 2. genannte Ansicht. 32 Frister, Kap. 27 Rn. 37.

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um mittelbare Täterschaft zu begründen.33 Allerdings beziehen sich viele Autoren im Rahmen ihrer Erörterung auf die Verantwortlichkeit des veranlassenden Hintermanns,34 wobei nur vereinzelt Förderungshandlungen ausdrücklich ausgeschlossen werden.35 So gibt Roxin an, dass bei den Taten strafunmündiger Kinder der veranlassende Hintermann in jedem Falle mittelbarer Täter sei. Es sei jedoch Beihilfe anzunehmen, wenn ein Strafunmündiger oder -unreifer den konkreten Tatentschluss selbstständig gefasst hat und ein anderer ihn bloß unterstützt, ohne ihm die Ausführung der Tat erst zu ermöglichen.36 Zur Begründung verweist Roxin allerdings auf die Diskussion zur Deliktsbegehung durch Unzurechnungsfähige und zwar wenn deren Defekt im voluntativen und nicht im intellektuellen Bereich liege.37 Sofern der Hintermann die Tat nicht dadurch in der Hand habe, dass sie von seinem Beitrag abhängig sei, könne sich die Tatherrschaft nur dadurch ergeben, dass sich die Willensbildung beim Vordermann infolge des vom Hintermann ausgehenden Anstoßes als dessen Werk darstelle. Habe sich der Vordermann jedoch bereits unabhängig vom Beitrag des Hintermanns zur Tatbegehung entschlossen, könne sich diese Willensbildung nicht als das Werk des Hintermanns darstellen.38 Mithin soll nach Roxin lediglich bei Veranlassung bzw. Ermöglichung der Tat des Kindes durch den Hintermann mittelbare Täterschaft vorliegen. 3. Mittelbare Täterschaft bei fehlender Einsichts- und Steuerungsfähigkeit Oftmals wird verlangt, dass nicht bereits die absolute Schuldunfähigkeit gem. § 19 StGB ausreichend ist, sondern dass das Kind konkret nicht einsichts- und/oder steuerungsfähig handelt.39 33 Außer Krey/Esser, AT, Rn. 899, 901; Rengier, AT, § 43 Rn. 29; vgl. ferner OLG Hamm, Urteil vom 13.04.1983, Az. 6 Ss 2151/82 [juris]. 34 Freund, § 10 Rn. 77 f.; Fuhrmann, 90; Haft, H.III.2.c)ee)(1) i. V. m. H.III.2.a); LK-Schünemann, § 25 Rn. 113, der aber auch unter bestimmten Umständen Unterstützungshandlungen genügen lassen will; MüKo-Streng, § 19 Rn. 9; Murmann, JA 2008, 321 (324). 35 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 239. 36 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 239; verwirrend Jescheck/Weigend, § 62 II.4., die sich zwar in Fn. 27 gegen die Ansicht Roxins aussprechen, aber selbst nur die Fallgruppe erörtern, in denen jemand ein Kind eine Straftat ausführen lässt und sich damit bloß auf die Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung beziehen. 37 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 235 f. 38 Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, S. 236. 39 RGSt 61, 265; Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116); Exner, JURA 2013, 103 (107 f.); Jakobs, AT, Abschnitt 21 Rn. 96; MüKo-Joecks, § 25 Rn. 102 ff.;

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Das Reichsgericht bejahte dann mittelbare Täterschaft, wenn dem strafunmündigen Kind jede Einsicht über die Tragweite seines Tuns aus geistiger oder sittlicher Unreife oder aus einem sonstigen Grunde gefehlt hat.40 Ellbogen/Wichmann differenzieren danach, ob das Kind im Einzelfall einen eigenen Willen gebildet bzw. die Tragweite der Tat erkannt hat.41 Tatherrschaft setze nicht nur eine rechtliche, sondern eine tatsächliche Überlegenheit voraus. Diese fehle, wenn das Kind bereits einen eigenen Willen entfalten kann. Bei § 19 StGB handele es sich um eine unwiderlegliche gesetzliche Vermutung, die aber nicht ausschließe, dass die für die Schuld erforderliche Einsichts- und Steuerungsfähigkeit im Einzelfall bei einem Kind gegeben sein kann. Auch nach Joecks sei die Definition der Tatherrschaft als rechtliche Überlegenheit verfehlt.42 § 19 StGB ändere nichts daran, dass die Internalisierung von Normen ebenfalls bei Kindern so weit fortgeschritten sein kann, dass aus dem bloßen Lebensalter Schlüsse auf eine tatsächliche Unterlegenheit nicht zwingend sind. Mit der Rechtsprechung des Reichsgerichts sei davon auszugehen, dass auch beim Einsatz kindlicher Werkzeuge geprüft werden müsse, ob der Hintermann tatsächlich überlegen war. Schmidhäuser will im Einzelfall nicht nur prüfen, ob dem Strafunmündigen die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun, sondern zudem, ob ihm jedes Widerspruchsvermögen fehlt. So erwähnt er auch nicht die Fallgruppe des schuldlos handelnden Tatmittlers gesondert, sondern lediglich die des persönlichkeitsbedingt abhängigen Tatmittlers.43 Es komme auf die jeweils konkrete Beziehung zwischen den Beteiligten in der konkreten Situation an. Nicht jeder Geisteskranke oder jedes Kind mache den Hintermann zum mittelbaren Täter. Mittelbare Täterschaft sei insbesondere dann zu bejahen, wenn dem Vordermann jede kritische Reflektion für das vom Hintermann angesonnene Verhalten fehle und er sozusagen automatisch tätig werde. 4. Unmittelbare Täterschaft bei fehlender Einsichts- und Steuerungsfähigkeit In Abweichung von der Tatherrschaftslehre sind nach Schumann Situationen, in denen der unmittelbar Handelnde nicht verantwortungsfähig ist, gegenüber der mittelbaren Täterschaft als eigenständige Fallgruppe zu behanwohl auch Kindhäuser, § 25 Rn. 32; vgl. auch Schmidhäuser, Kap. 10 Rn. 94; Schuhmann, S. 104 f. Fn. 121. 40 RGSt 61, 265 (267); zustimmend Welzel, § 15 II.2.b). 41 Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (116). 42 MüKo-Joecks, § 25 Rn. 102; vgl. ferner Joecks, § 25 Rn. 34; siehe dazu unten A.II.5. 43 Schmidhäuser, Kap. 10 Rn. 94.

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deln. Unter Anwendung des Prinzips der Selbstverantwortung sei die Verantwortung des Hintermanns nämlich gerade nicht von seiner vorsätzlichen und bewussten Lenkung des fremden Willens abhängig.44 Bei Schuldunfähigen würden die für die unmittelbare, durch Verursachung von Naturkausalität begründete Täterschaft geltenden Grundsätze entsprechend gelten.45 Wenngleich der Schuldunfähige als Normadressat anzusehen sei, müsse er jedoch als untauglich behandelt werden. Sein Tun sei nicht als Handlung, deren Zurechnung zum Hintermann dessen Handlungsherrschaft erfordere, sondern lediglich wie ein Naturereignis in Ansatz zu bringen.46 Jede Art der Mitverursachung der fremden Handlung, also sogar eine Unterstützungshandlung, begründe bei einem verantwortungsunfähigen Vordermann, wie bei einem tatsächlich schuldunfähigen Kind47, die Verantwortung des Hintermanns. Lediglich bei Verantwortungsfähigkeit des Vordermanns müssen besondere Umstände wie die Beherrschung der fremden Handlung durch Willenslenkung hinzukommen.48 Beruhe die Verantwortung des mitverursachenden Hintermanns für Rechtsgutsverletzungen eines verantwortungsunfähigen Vordermanns jedoch nicht auf der Ausübung von Handlungsherrschaft, sei kein entsprechendes Herrschaftsbewusstsein und damit keine Kenntnis vom Defekt des Vordermanns erforderlich.49 Zur Begehung eines Fahrlässigkeitsdelikts genüge es daher, wenn der Hintermann50 bei seinem Tun damit hätte rechnen müssen, dass es zur Mitursache einer von einem Schuldunfähigen begangenen Rechtsgutsverletzung werden könnte. 5. Mittelbare Täterschaft durch Veranlassung bei fehlender Einsichts- und Steuerungsfähigkeit Die unter 3. herausgearbeitete Ansicht wird mitunter derart eingeschränkt, dass für die Annahme mittelbarer Täterschaft nicht nur erforderlich ist, dass das Kind tatsächlich unreif ist, sondern zudem, dass die Tat durch den Hintermann veranlasst wurde.51 Allerdings ist nicht auszuschließen, dass sich diese Ansicht daraus herleitet, dass die Autoren nicht deutlich genug zwischen Kindern und anderen 44

Schumann, S. 72. Schumann, S. 107. 46 Schumann, S. 106. 47 Schumann, S. 104 f. Fn. 121. 48 Schumann, S. 105. 49 Schumann, S. 107. 50 Schumann, S. 107, spricht hier von „Vordermann“, jedoch wird aus dem Kontext deutlich, dass er den Hintermann meint. 51 Joecks, § 25 Rn. 33; Kühl, § 20 Rn. 66 f.; wohl auch Exner, JURA 2013, 103 (107 f.); Heinrich, Rn. 1252a. 45

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tatsächlich Schuldunfähigen differenzieren. Nach Kühl liegt in der Veranlassung eines nach §§ 19, 20 StGB Schuldunfähigen keine Anstiftung, sondern eine mittelbare Täterschaft, weil der „normale“ Hintermann einen ihm konstitutionell unterlegenen Vordermann zur Tatbegehung gebracht hat. Indem er dessen unterlegene Position kennt, könne er seine Überlegenheit ausnutzen, indem er dem Werkzeug seinen Willen aufdrücke.52 Dies könne er dadurch erreichen, dass er entweder die mangelnde Widerstandskraft oder die fehlende Einsicht des Tatmittlers für seine Zwecke benutze.53 Andererseits wird zwar deutlich zwischen Kindern und anderen Schuldunfähigen unterschieden, jedoch bei der Erörterung lediglich Bezug auf Anstiftungshandlungen genommen.54 Joecks zufolge kann Anstiftung oder mittelbare Täterschaft vorliegen, wenn ein Hintermann ein Kind initiiert, eine vorsätzliche, rechtswidrige Tat zu begehen. § 19 StGB besage nämlich nicht, dass ein Kind im Einzelfall tatsächlich unfrei gehandelt habe.55 6. Teilnahme bei fehlender Einsichtsund Steuerungsfähigkeit Als die für die Annahme von mittelbarer Täterschaft engste Ansicht kann diejenige angesehen werden, die selbst bei fehlender Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Vordermanns lediglich Teilnahme annehmen möchte.56 Insofern ist hier keine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Formen der (verminderten) Schuldunfähigkeit erforderlich, weil es nach dieser Ansicht nicht darauf ankomme, ob tatsächlich keine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit vorliegt. Vielmehr könne sich die Werkzeugeigenschaft nur aus anderen Strafdefiziten ergeben.57 Nach Schild ist aufgrund der seit 1975 geltenden §§ 26, 27 StGB bei einem schuldunfähigen Werkzeug nicht mehr mittelbare Täterschaft, sondern alleine Teilnahme anzunehmen.58 Da ein Kind trotz der Strafunmündigkeit tatbestandsmäßig, vorsätzlich und rechtswidrig handeln kann, sei wegen der 52

Kühl, § 20 Rn. 66. Kühl, § 20 Rn. 67. 54 Exner, JURA 2013, 103 (107 f.); Joecks, § 25 Rn. 33; weniger eindeutig MüKo-Joecks, § 25 Rn. 100 ff., der von „Einsatz“ der Kinder spricht; siehe dazu oben A.II.3. 55 Joecks, § 25 Rn. 34. 56 Köhler, Kap. 9, 2.4.2.2.; Noltenius, S. 305 f.; vgl. auch NK-Schild, § 19 Rn. 4; deutlicher noch NK2-Schild, § 25 Rn. 62. 57 Zu prüfen wäre dann noch bei den Vertretern dieser Ansicht, inwiefern beim Vorliegen anderer Mängel auch unterstützende Tätigkeiten des Hintermanns genügen. 58 NK2-Schild, § 25 Rn. 62. 53

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ausdrücklich vorgesehenen limitierten Akzessorietät Teilnahme des Hintermanns möglich, wenn nicht sogar angemessen.59 Köhler zufolge liegt mittelbare Täterschaft begrifflich vor, wenn der andere mangels Einsichtsfähigkeit schon überhaupt ohne Verletzungswissen (Tatvorsatz) handelt. Anders sei es aber, wenn der unmittelbare Täter mit Verletzungswissen agiert, aber aufgrund noch ungefestigter oder schwer gestörter Normhaltung den Unrechtsentschluss fasst. Die bestimmende Einflussnahme eines anderen beziehe sich in diesem Fall auf ein überhaupt normreflektierendes Subjekt und daher sei der Bestimmende nicht unmittelbarer Täter, sondern Anstifter.60 In diesem Sinne argumentiert ebenfalls Noltenius. Ein Hintermann, der einen schuldlos oder vermindert schuldfähigen Handelnden zu einer Tat bestimme, beherrsche nicht dessen Willen, sondern nehme nur Einfluss auf dessen Entscheidungsprozess, tatsächlich zur eingesehenen Verletzungshandlung überzugehen.61 Damit realisiere der Vordermann, wenn auch nicht schuldhaft, seine eigene Unrechtsmaxime und nicht die des Hintermanns. Obwohl der Hintermann den (vermindert) Schuldlosen für seine Zwecke einsetze, sei dieser dennoch in seiner willentlichen Wirkweise frei und somit stelle sich die Rechtsverletzung immer noch als sein Werk dar. Eine Änderung der Herrschaftsverhältnisse über die Verletzungstat zugunsten des Hintermanns liege damit nicht vor, so dass der Hintermann lediglich Teilnehmer sei.62 7. Stellungnahme Die soeben vorgenommene Herausarbeitung und Kategorisierung der verschiedenen Ansichten zu kindlichen Werkzeugen zeigt auf, dass die gesamte Bandbreite möglicher Positionen vertreten wird. Eine umfassende Erörterung dieser Problematik erfordert die Auseinandersetzung mit der grundlegenden Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme, welche bereits für sich kontrovers diskutiert wird.63 Im begrenzten Rahmen dieser Arbeit kann eine solch umfangreiche Diskussion nicht erfolgen. Vielmehr werden die Vor- und Nachteile der einzelnen Ansichten gerade in Bezug auf die Besonderheiten der bandenmäßigen Begehung herausgestellt, eine Vorgehensweise, die in diesem Zusammenhang noch nicht durchgeführt wurde. Dabei NK3-Schild, § 19 Rn. 4; in der 4. Auflage verzichtet Schild auf den Zusatz „wenn nicht sogar angemessen“; vgl. aber NK-Schild, § 25 Rn. 114. 60 Köhler, Kap. 9, 2.4.2.2. 61 Noltenius, S. 305. 62 Noltenius, S. 306. 63 Vgl. dazu z. B. die Darstellung bei Heinrich, Rn. 1203 ff. 59

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werden dennoch auch allgemeingültige Abgrenzungskriterien aufgestellt, die außerhalb von Bandennormen ebenfalls Gültigkeit erlangen. Bei Annahme von mittelbarer Täterschaft trotz des Vorliegens von Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Kinder (Ansichten 1 und 2) würde in allen unter A.I. genannten Fallgruppen eine mittelbare Täterschaft der Strafmündigen in Betracht kommen. Es wäre demnach für die Annahme von mittelbarer Täterschaft nicht nur ohne Bedeutung, ob der kindliche Tatmittler im Einzelfall tatbestandsmäßig und rechtswidrig handelt, sondern auch, ob er dabei einsichts- und steuerungsfähig ist. Allerdings wird nicht bei allen Autoren der Ansicht 1 deutlich, was unter „Einsetzen“64 oder „Benutzen“65 von Kindern zu verstehen ist. Wäre dabei wie – ausdrücklich von Krey/Esser66 herausgestellt – auch eine solche Beteiligung des Hintermanns als mittelbare Täterschaft anzusehen, die bei Schuldfähigkeit des Werkzeugs bloß als Beihilfe zu werten ist, wäre sogar im oben unter A.I.4. genannten Beispielsfall A als mittelbarer Täter anzusehen. Nach Ansicht 2 müsste die Tat des Kindes jedoch nicht nur unterstützt, sondern vielmehr veranlasst oder irgendwie gesteuert worden sein. Der Vorteil der weiten Ansicht liegt ganz klar auf der Hand: Sie erspart mühselige Differenzierungen bezüglich des Vorliegens von Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Werkzeugs sowie bezüglich des Tatbeitrags der beteiligten Bandenmitglieder. Die mittelbare Täterschaft dient gerade dem Zweck, Straflosigkeit zu vermeiden. Durch den Grundsatz der limitierten Akzessorietät, §§ 26, 27, 29 StGB, kommt in den Fällen eines schuldlos handelnden Werkzeugs der mittelbaren Täterschaft diese Aufgabe nicht (mehr) zu, da auch bei Fehlen der Schuld eine vorsätzliche und rechtswidrige Tat vorliegt und somit eine Strafbarkeit wegen Teilnahme gegeben sein kann. Für die Bandenmäßigkeit gilt indes die Besonderheit, dass eine bandenmäßige Strafschärfung ausscheidet, wenn kein Bandenmitglied als Täter einzustufen ist.67 In diesen Fällen hilft die Annahme von Teilnahme gerade nicht weiter. Weiß der Hintermann, dass der Vordermann ein nach § 19 StGB strafunmündiges Kind ist, kann daher nach der weiten Ansicht bei Tatbegehung durch bandenexterne Kinder unter Beteiligung von Bandenmitgliedern die Bandenmäßigkeit nicht deshalb verneint werden, weil kein Bandenmitglied als (mittelbarer) Täter anzusehen ist. Gegen das Ausreichen eines rein rechtlichen Strafdefizits des Vordermanns nach § 19 StGB spricht der Vergleich zu den anderen Fallgruppen der mittelbaren Täterschaft. Dort wird jeweils ein tatsächlicher Mangel ver64 65 66 67

Z. B. Jescheck/Weigend, § 62 II.4.; S/S/Heine, § 25 Rn. 39. Z. B. Bottke, S. 65. Krey/Esser, AT, Rn. 899, 901. Siehe dazu bereits oben im 2. Teil B.I.2.

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langt, der i. d. R. zugleich einen rechtlichen Mangel darstellt, z. B. wenn ein Vordermann verkennt, dass er eine fremde Sache entwendet und daher nicht subjektiv tatbestandsmäßig handelt. Aber sogar bei den Fallgruppen des sog. „Täters hinter dem Täter“, in denen die Strafbarkeit des Vordermanns gerade nicht ausgeschlossen ist und mithin kein rechtliches Strafdefizit vorliegt, kann das Handeln des Vordermanns nicht als vollkommen frei bezeichnet werden. Nach der Einteilung von Heine beispielsweise lassen sich die folgenden Fallgruppen des „Täters hinter dem Täter“ nennen: (1) der voll deliktisch handelnde Vordermann macht sich unzutreffende Vorstellungen über das Ausmaß der Schuld, (2) obliegt einem error in persona vel obiecto, (3) handelt ohne qualifizierende Tatbestandsmerkmale oder (4) ist in eine Organisationsstruktur eingebunden68. Andere ordnen zur Fallgruppe des „Täters hinter dem Täter“ noch diejenigen Fälle ein, in denen (5) das Werkzeug einem vermeidbaren Verbotsirrtum unterliegt und (6) der Hintermann auf das Werkzeug einen Zwang unterhalb der Schwelle zum § 35 StGB ausübt.69 Während der tatsächliche Mangel in den Fällen (1) bis (3) sowie (5) und (6) offensichtlicher ist, lässt sich auch in den Fällen der sog. Organisationsherrschaft ein solcher aufzeigen. Im Einzelnen sind die Voraussetzungen dieser Fallgruppe sehr umstritten, jedoch gilt es gemeinhin als typisch, dass dort der Vordermann keine Kontrolle über die eigentliche Tatausführung hat.70 Zum einen unterliegt er der Anordnungsgewalt der Hintermänner und zum anderen ist er letztendlich austauschbar, so dass, wenn nicht er, doch ein anderes Mitglied am Ende einer Anordnungskette die Tat ausführen wird. Weiterhin erscheint es unklar, inwiefern bei einem rein rechtlichen Mangel der Hintermann den Vordermann und damit das Geschehen beherrscht bzw. lenkt. Beispielsweise stellen auch Heine71 und Rengier72, die bei kindlichen Vordermännern stets § 25 I Alt. 2 StGB annehmen wollen, grundsätzlich für die Fälle der mittelbaren Täterschaft diese Forderung auf, indem sie eine Täuschung oder Nötigung seitens des Hintermanns verlangen, die das Defizit des Vordermanns begründet oder aufrechterhält. Bezieht sich jedoch die Anknüpfung der mittelbaren Täterschaft allein auf den Umstand, dass der Vordermann nach § 19 StGB strafunmündig ist, kann der Hintermann diesen Umstand nicht durch Täuschung oder Nötigung herbeiführen oder ausnutzen. Allein die Kenntnis der Strafunmündigkeit könnte dann für den Beteiligten mittelbare Täterschaft begründen. Leiht beispielsweise der 68 69 70 71 72

S/S/Heine, § 25 Rn. 21 ff. So z. B. Heinrich, Rn. 1258 ff.; Rengier, AT, § 43 Rn. 40 ff. S/S/Heine, § 25 Rn. 25a; siehe dazu noch unten A.IV. S/S/Heine, § 25 Rn. 6a. Rengier, AT, § 43 Rn. 3.

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14-jährige A seinem nur wenige Tage jüngeren, 13-jährigen Freund K für das Abziehen anderer Kinder auf dem Spielplatz seine Wasserpistole, die einer Schusswaffe täuschend ähnlich sieht, und weiß dabei um die strafrechtliche Unverfolgbarkeit des K, wäre A als mittelbarer Täter eines Verbrechens (§§ 249, 250 I Nr. 1 lit. b StGB) mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren anzusehen.73 Zwar kann es sein, dass der Hintermann die Strafunmündigkeit des Vordermanns begrüßt und sogar in seinen Gesamtplan als notwendigen Teil aufgenommen hat, weil bei Festnahme der Kinder gegen sie keine Ermittlungen geführt werden dürfen. Erhofft sich der Hintermann dadurch, dass seine Tatbeteiligung nicht aufgedeckt wird oder die Kinder alsbald wieder für neue Taten zur Verfügung stehen, stellt dies jedoch kein Unrecht dar, das über die Beteiligungsform berücksichtigt werden sollte. Die Beteiligungslehre widmet sich der Aufgabe, zu erfassen, wann jemand als Täter eine eigene Tat begeht oder sich lediglich als Teilnehmer an der Tat eines anderen beteiligt. Entscheidend ist, dass jeder Tatbeitrag eines Beteiligten dabei entsprechend seines sachlichen Gewichts und seinem persönlichen Verhaltensunwert eingeordnet wird.74 Die Ermittlung der Beteiligungsform und damit die Zurechnung von Tatbeiträgen erfolgt daher anhand geleisteter physischer oder psychischer Tatbeiträge und nicht anhand von Werturteilen. Dass das Ausnutzen der Strafunmündigkeit kein die Tatherrschaft begründender Aspekt ist, wird zudem dadurch deutlich, dass Kinder sich oftmals ihrer Strafunmündigkeit derart bewusst sind, dass sie beispielsweise nach Festnahme gegenüber der Polizei schadenfroh ihr Alter angeben in der Gewissheit, strafrechtlich nicht belangt werden zu können. Zu überlegen ist allenfalls, ob als Ansatzpunkt für eine Beherrschung bei rechtlichem Mangel gelten könnte, dass das Recht auf Kinder keinen motivierenden Einfluss hat. Durch die Regelung des § 19 StGB müssen Kinder für ihre Tatbegehungen nicht mit einer Bestrafung rechnen, welches zu einer Art Enthemmung führen und sie so anfälliger für eine Straftatbegehung machen könnte. Allerdings ist zu bedenken, dass die Straftatbestände dennoch Verbote aufstellen, die gleichfalls für Kinder gelten. Insofern ist § 19 StGB nicht als Freifahrtschein für die Begehung von Straftaten zu verstehen. Sollten Kinder jedoch davon ausgehen, dass sie aufgrund ihrer gesetzlichen Strafunmündigkeit gar kein Unrecht begehen können, dann sind sie gerade nicht einsichts- und/oder steuerungsfähig und damit unterliegen sie nicht bloß einem rechtlichen, sondern auch einem tatsächlichen Defizit. Macht sich ein Hintermann dies zu Nutze, ist die Annahme von mittelbarer Täterschaft begründet. 73 74

Vorausgesetzt, A ist gem. § 3 JGG strafrechtlich verantwortlich. Wessels/Beulke, AT, Rn. 505.

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5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

Wird für die mittelbare Täterschaft mehr als ein bloßer rechtlicher Mangel auf Seiten des Kindes als Werkzeug verlangt, ergeben sich keine Widersprüche zu den oben gewonnenen Ergebnissen zur (Nicht-)Berücksichtigung von Kindern im Rahmen der Bande.75 Dort hat sich gezeigt, dass die bloße Schuldunfähigkeit der Kinder nach § 19 StGB ihrer Bandenmitgliedschaft nicht entgegensteht. Zwar sind Bandenmäßigkeit und Beteiligungsform keine gleichlaufenden Rechtsinstitute,76 jedoch stellt es in einem solchen Fall einen Wertungswiderspruch dar, ein Kind einerseits als vollwertiges Bandenmitglied anzusehen und es andererseits als Werkzeug einzustufen. Daneben ist es nicht widersprüchlich, dass ein Kind sogar trotz eines tatsächlichen Mangels auf der Tatbestandsebene ausnahmsweise als mitwirkendes Bandenmitglied berücksichtigt werden kann. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen das bandeninterne Kind im Einzelfall irrtümlich davon ausgeht, tatbestandsmäßig zu handeln, dies in Wirklichkeit jedoch nicht tut. • Beispiel Das Kind K und der strafmündige A gehören einer Bande an, die sich auf den Diebstahl von Haustieren spezialisiert hat. Sie entwenden zusammen in arbeitsteiliger Mitwirkung einen Hund aus einem Garten. Dabei erkennt K nicht, dass es sich um seinen eigenen Hund handelt.77

In solchen Fällen eines bösgläubigen Kindes wird nämlich für die beteiligten Bandenmitglieder keine mittelbare Täterschaft wegen fehlender Beherrschung des Tatgeschehens anzunehmen sein. Allerdings gilt dies eben nur, sofern nicht für die Annahme von mittelbarer Täterschaft ein bloßes Ausnutzen der Strafunmündigkeit als ausreichend gewertet wird. Verkennt das Kind dagegen, dass es eine Straftat begeht und ist somit gutgläubig, scheidet seine Berücksichtigung als Bandenmitglied aus. Ist dieses tatsächliche Defizit durch das beteiligte Bandenmitglied hervorgerufen oder ausgenutzt worden, nimmt dieses Mitglied die Stellung eines mittelbaren Täters ein. • Beispiel A, Mitglied einer auf den Diebstahl von Tieren spezialisierten Bande, will einen teuren, weil zu einer seltenen Rasse gehörenden Hund aus einer Villa stehlen. Dafür möchte er ein Kind einsetzen, da dieses aufgrund der geringen Größe besonders leicht durch geöffnete Fenster in Wohnungen gelangen kann. Das kleine, 13-jährige Bandenmitglied K ist bei größeren Einbruchsdiebstählen immer sehr ängstlich und daher täuscht A ihm vor, dass lediglich sein entlaufener Hund wiedergeholt werden soll. Im Sinne dieses Plans klettert K durch ein angekipptes Fenster in das Haus und reicht dem A den Hund heraus.78 75 76 77

Siehe oben im 4. Teil jeweils unter B. und C. Siehe oben im 3. Teil A.I.1. Siehe oben im 4. Teil C.II.1.a)(2).

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Wie im Rahmen der Bandenmäßigkeit geprüft werden muss, ob das Kind aufgrund eines tatsächlichen und nicht nur rechtlichen Mangels im Einzelfall als Bandenmitglied unberücksichtigt bleibt, muss ebenfalls bei der mittelbaren Täterschaft eine einzelfallbezogene Prüfung erfolgen. Mittelbare Täterschaft liegt vor, wenn ein Mangel des Vordermanns vom Hintermann gezielt hervorgerufen oder aufrechterhalten wird, welches jeweils bei rein rechtlichen Mängeln nicht der Fall sein kann. Ein Hervorrufen einer Schuldunfähigkeit i. S. von § 19 StGB ist – anders als z. B. die tiefgreifende Bewusstseinsstörung i. S. von § 20 StGB – nicht möglich, da es sich um ein gesetzlich vermutetes Reifedefizit handelt. Der Hintermann kann jedoch eine tatsächlich vorliegende fehlende Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit von Kindern für seine Zwecke ausnutzen.79 Dies erfordert zunächst, dass das jeweilige Kind tatsächlich nicht einsichts- und/oder steuerungsfähig gewesen ist und damit Werkzeugqualität aufweist. Dies muss im Einzelfall für jedes Delikt gesondert festgestellt werden. Roxin ist zuzustimmen, wenn er angibt, dass der Gesetzgeber mithilfe des § 19 StGB den Kindern aus erzieherisch und präventiv wohlerwogenen Gründen ersparen wollte, bei Strafprozessen mitzuwirken und zum Objekt von Untersuchungen zu werden.80 Jedoch ist zu bedenken, dass es hier nicht um die Strafbarkeit der Kinder, sondern um die der Beteiligten geht. Das Kind wird eben nicht als Beschuldigter behandelt und demnach nicht gleichermaßen in den Strafprozess hineingezogen.81 Sind Kinder an Straftaten aktiv oder auch nur passiv als Opfer beteiligt, wird ohnehin eine Vernehmung des Kindes unumgänglich sein. Die Ermittlung der tatsächlichen Schuldunfähigkeit wird sich daneben nicht als wesentlich intensiver für das Kind darstellen. Zumal deren Ermittlung bereits im Vorfeld einer Gerichtsverhandlung erfolgen kann. Weiterhin sollte § 19 StGB als widerlegbare Vermutung für das Fehlen von Einsichts- und Steuerungsfähigkeit verstanden werden. Lediglich wenn sich konkrete Anhaltspunkte für die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit des Kindes aufdrängen, beispielsweise wenn das Kind den Tatentschluss und -plan selbstständig gefasst hat, sich im oberen Bereich des strafunmündigen Alters befindet oder bereits mehrfach wegen ähnlicher Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten ist, sollte eine genauere Prüfung erfolgen. Nach der engsten, unter 6. dargestellten Ansicht erübrigt sich dagegen die Feststellung des konkreten Reifegrads des Kindes. Dieser Ansicht nach 78

Siehe oben im 4. Teil C.II.1.a)(6). Vgl. zur Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft durch Unterlassen und unmittelbarer Täterschaft durch Unterlassen S/S/Heine, § 25 Rn. 54 f., 59/60. 80 Roxin, AT II, § 25 Rn. 143. 81 Siehe bereits oben im 4. Teil B.II.2.a)(2). 79

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5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

soll trotz fehlender Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit lediglich Teilnahme anzunehmen sein. Zum einen ergebe sich dies bereits aufgrund der ausdrücklich vorgesehenen limitierten Akzessorietät82 und zum anderen, weil der Vordermann, wenn auch nicht schuldhaft, seine eigene Unrechtsmaxime und nicht die des Hintermanns realisiere.83 Jedoch wird eine solche strikte Sichtweise im Einzelfall nicht dem sachlichen Gewicht und dem persönlichen Verhaltensunwert des Beteiligten gerecht. So kann sich danach zwar eine Beteiligung an der Tat eines schuldunfähigen Kindes eher als Anstiftung oder Beihilfe darstellen. Anders ist dies jedoch, wenn der Hintermann sich die fehlende Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit des Kindes lenkend für eigene Zwecke zu Nutze macht und damit letztendlich das Tatgeschehen beherrscht. Daher ist weiterhin für die Annahme von mittelbarer Täterschaft erforderlich, dass sich der Hintermann zum einen bewusst ist, dass das Kind tatsächlich nicht einsichts- und/oder steuerungsfähig ist und zum anderen, dass das Tatgeschehen in irgendeiner Form vom Hintermann beherrscht wird. Auch hierbei dürfen keine allzu strengen Anforderungen aufgestellt werden. Jedenfalls reicht nicht die bloße Verteidigung, dass das Kind älter als 14 Jahre aussah und man es daher als strafmündig eingestuft habe.84 Eine genaue Prüfung wird jedoch dann erforderlich sein, wenn das Kind den Tatentschluss und -plan selbstständig gefasst hat und der Hintermann die Tatbegehung bloß unterstützt. Zu bedenken ist dabei, dass sogar unmittelbare Täterschaft durch bloßes Unterlassen und damit ohne konkrete Herrschaftshandlung angenommen werden kann, wenn ein Garant ein Kind an der Tatbegehung nicht hindert.85 So kann auch dann von einem bewussten Beherrschen gesprochen werden, wenn aufgrund eines persönlichen Näheverhältnisses zum Kind dessen fehlende Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit auf der Hand liegt und die Tat dann lediglich unterstützt wird. Letztendlich lässt sich für ein Beherrschen oder Lenken i. S. der mittelbaren Täterschaft keine typische Handlung festsetzen, genauso wie es keine mustergültige und nicht widerlegbare Anstifter-, Gehilfen- oder Mittäterhandlung gibt. Dies spricht zugleich gegen eine Beschränkung der mittelbaren Täterschaft auf Fälle, in denen der Hintermann den Vordermann erst zur Tat veranlasst hat (Ansicht 5). Nach Ansicht 4 sind keine Kenntnis der Einsichts- und Steuerungsunfähigkeit und kein Ausüben von Handlungsherrschaft erforderlich. Zur Bege82 NK-Schild, § 19 Rn. 4; deutlicher noch in der 3. Auflage; vgl. auch NK2-Schild, § 25 Rn. 62. 83 Noltenius, S. 305. 84 Vgl. zu Irrtümern über das deliktische Minus Rengier, AT, § 43 Rn. 76 ff. 85 Zum Unterlassen siehe noch ausführlich unten B.

A. Mittelbare Täter

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hung eines Fahrlässigkeitsdelikts genüge es danach bereits, wenn der Hintermann bei seinem Tun damit hätte rechnen müssen, dass es zur Mitursache einer von einem Schuldunfähigen begangenen Rechtsgutsverletzung werden könnte. Da die bandenmäßig zu begehenden Delikte jedoch keine Fahrlässigkeitsdelikte darstellen, kann diese Ansicht hier unberücksichtigt bleiben. Für die Werkzeugeigenschaft eines tatbestandsmäßig und rechtswidrig handelnden Kindes i. S. der mittelbaren Täterschaft ist mit der Ansicht 3 somit nicht bereits die absolute Schuldunfähigkeit gem. § 19 StGB ausreichend, sondern erforderlich, dass das Kind tatsächlich schuldunfähig, d.h. nicht einsichts- und/oder steuerungsfähig, handelt. Dieses tatsächliche Defizit muss sich der Hintermann zu Nutze gemacht haben. Stellt sich also heraus, dass das Kind tatbestandsmäßig, rechtswidrig sowie einsichts- und steuerungsfähig sowie nicht entschuldigt gehandelt hat, kann der beteiligte „Hintermann“ in sachgerechter Weise nur als Teilnehmer nach §§ 26, 27 StGB bestraft werden, sofern nicht bereits Mittäterschaft bejaht werden kann. Daneben bleibt gerade bei Banden noch an die Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft zu denken.86 Zudem ist zu überlegen, wie es sich auf die Beteiligungsform auswirkt, dass dem tatausführenden bandenexternen Kind das qualifizierende Merkmal der Bandenmitgliedschaft fehlt.87

III. Kinder als Werkzeuge aufgrund fehlender Qualifikation Eine nicht kinderspezifische, wie die vorherige Fallgruppe, dennoch bandenspezifische Fallgruppe der mittelbaren Täterschaft könnte sich daraus herleiten, dass zur Tatbegehung ein bandenexternes Kind eingesetzt wird und somit dem Vordermann das Qualifikationsmerkmal der Bandenmitgliedschaft fehlt. • Beispiel A, Mitglied einer Diebesbande, betritt nachts zusammen mit dem bandenexternen Kind K ein Villengrundstück. Dort hilft A dem K, durch ein geöffnetes Fenster in die Villa einzusteigen. A verlässt das Grundstück wieder, um davor unbehelligt Wache stehen zu können. In der Villa ergreift K eine Vielzahl von Wertgegenständen, klettert durch das Fenster und verlässt das Grundstück. Gemeinsam mit A steigt K in das um die Ecke geparkte Fahrzeug des Bandenmitglieds B ein, der sie bereits vor dem Haus abgesetzt hatte. 86 87

Siehe dazu zugleich unten A.IV. Siehe dazu zugleich unten A.III.

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5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

Sofern vorliegend für A und B eine mittäterschaftliche Zurechnung der Tatbegehung durch K ausscheidet, wäre kein Bandenmitglied als (Mit-)Täter anzusehen. Eine bandenmäßige Begehung scheidet dann aus. Dies wäre jedoch anders, sofern A und/oder B als mittelbare Täter i. S. von § 25 I Alt. 2 StGB anzusehen wären. Da K aber tatbestandsmäßig, rechtswidrig, einsichts- und steuerungsfähig sowie nicht entschuldigt einen Diebstahl begeht, kann für seine Einstufung als Werkzeug einzig auf seine fehlende Bandenmitgliedschaft abgestellt werden. Rengier beispielsweise sieht mittelbare Täterschaft dann als gegeben an, wenn sich der vom Hintermann beherrschte Irrtum des Vordermanns auf ein qualifizierendes objektives Tatbestandsmerkmal bezieht.88 Als Beispiel nennt Rengier einen Fall, in dem der Hintermann den Vordermann darüber täuscht, dass das Tatwerkzeug nicht nur ätzend, sondern darüber hinaus leicht entflammbar wirkt und somit der Vordermann objektiv nicht bloß eine Sachbeschädigung nach § 303 StGB, sondern auch eine Brandstiftung an einem Fahrzeug nach § 306 I Nr. 4 StGB begeht.89 Die Annahme von mittelbarer Täterschaft rechtfertigt Rengier zutreffend damit, dass die Täuschung das Ausmaß der Schädigung betrifft und das zusätzliche objektive Unrecht in § 306 I Nr. 4 StGB vertatbestandlicht ist.90 Mithin ähnelt diese Konstellation der des vorsatzlos handelnden Werkzeugs. In den hier relevanten Fällen, in denen ein Bandenmitglied die Tat durch einen bandenexternen Täter ausführen lässt, wird der bandenexterne Täter wissen, dass er kein Bandenmitglied ist. Dies ist unabhängig von der Tatsache, ob der Hintermann dem Vordermann verheimlicht, dass er selbst Mitglied einer Bande ist und damit sich die Tat i. S. der von ihm eingegangen Bandenabrede bewegt. Der „Hintermann“ kann folglich lediglich über den Bandenzusammenhang täuschen, nicht jedoch über die Täterqualifikation der Bandenmitgliedschaft des Vordermanns. Ist der Vordermann kein Bandenmitglied, kann objektiv keine bandenmäßige Tatbegehung des Vordermanns vorliegen. Bei der Bandenmitgliedschaft handelt es sich um ein besonderes persönliches Merkmal91 und daher erfolgt keine Wissenszurechnung, sondern der jeweilige Beteiligte muss selbst über das Merkmal verfügen. Hätte ferner der Tatausführende um die Bandenmitgliedschaft des Beteiligten gewusst, wäre dies wohl kein Umstand, der ihn von der Tatbegehung abhalten würde. Die Bandennormen stellen nicht nur – Regelbeispiele und – Qualifizierungen dar, sondern auch Sondertatbestände. Für Heine ist der Inhaber einer 88 89 90 91

Rengier, AT, § 43, Rn. 54. Rengier, AT, § 43, Rn. 55 f. Rengier, AT, § 43, Rn. 56. Siehe dazu oben im 4. Teil C.II.1.a)(1)(b).

A. Mittelbare Täter

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Sondereigenschaft bei eigentlichen Sonderdelikten stets mittelbarer Täter und zwar ohne Rücksicht auf Tatherrschaft und animus auctoris.92 Begründet wird dies damit, dass dem Sonderpflichtigen spezielle Schutz- und Treupflichten gegenüber dem verletzten Rechtsgut obliegen und deshalb die Strafvorschrift umfassend den Eintritt bestimmter Erfolge oder Gefährdungen verhindern will. Die Bandennormen zählen jedoch nicht zu den eigentlichen oder echten Sonderdelikten, sondern zu den unechten Sonderdelikten, da die Bandenmitgliedschaft lediglich strafschärfend, aber nicht strafbegründend wirkt.93 Dem Bandenmitglied kommt gegenüber dem Rechtsgut des Grunddelikts gerade keine besondere Pflichtenstellung zu.94 Für die Frage der Tatherrschaft spielt es keine Rolle, ob ein Beteiligter dem bandenexternen Tatausführenden seine Bandenmitgliedschaft verschweigt oder nicht. Der Tatausführende begeht objektiv keine bandenmäßige Begehung, unabhängig davon, ob sich der „Hintermann“ als Bandenmitglied oder als Nichtmitglied einer Bande an der Tatbegehung des Vordermanns beteiligt. Umgekehrt stellt sich seine Tatbegehung mit oder ohne Vorliegen der Bandenmitgliedschaft des Hintermanns als das gleiche objektive wie subjektive Unrecht dar. Aus dem Umstand allein, dass ein Kind als Nichtmitglied eine Tat unter Beteiligung eines Bandenmitglieds begeht, kann keine mittelbare Täterschaft des Beteiligten hergeleitet werden. Im Beispielsfall sind also weder A noch B als mittelbare Täter anzusehen.

IV. Kinder als Werkzeuge aufgrund Organisationsherrschaft Nicht kinderspezifisch stellt sich ebenfalls die Fallgruppe der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft dar. Jedoch scheint die Fallgruppe im Zusammenhang mit Banden von erhöhter Bedeutung zu sein, da sie ausschließlich bei Personenzusammenschlüssen greift. Kennzeichnend und damit erhöht begründungsbedürftig für die Täterschaft kraft Organisationsherrschaft ist, dass der Vordermann voll umfänglich strafbar und damit selbst Täter ist. Für kindliche Vordermänner gilt dies zwar nicht, da sie aufgrund des § 19 StGB nie strafbar sind. Dennoch lohnt es sich auch bei Kindern als Vordermännern, die Rechtsfigur der Täterschaft kraft Organisationsherrschaft zu erörtern, weil eine Vergleichbarkeit dann gegeben ist, wenn bei Kindern keine anderen Mängel als § 19 StGB vorliegen. Zudem entspricht es dem herrschenden Bild einer Bande, dass es einen im Hintergrund agie92 93 94

S/S/Heine, § 25 Rn. 44. Vgl. Heinrich, Rn. 174 f. Siehe bereits oben im 4. Teil C.II.1.a)(1)(b).

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5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

renden Bandenboss gibt. Dieser könnte über diese Rechtsfigur als mittelbarer Täter der durch Kinder ausgeführten Taten eingestuft werden. Die Rechtsfigur der Täterschaft kraft Organisationsherrschaft wurde 1963 von Roxin entwickelt, um die sog. „Schreibtischtäter“, die die Befehle für Unrechtstaten während des NS-Regimes gaben, sachgerecht als Täter zu bestrafen.95 Danach sei derjenige Täter, der (1) über einen Machtapparat gebiete und damit der Ausführung seiner Anweisungen sicher sein könne. Nicht etwa eingesetzte Mittel des Zwangs oder der Täuschung wie bei den anderen Fallgruppen der mittelbaren Täterschaft seien ausschlaggebend für die Tatherrschaft, sondern (2) die beliebige Austauschbarkeit des befehlsmäßig agierenden unmittelbaren Täters (sog. Fungibilität). Dabei sei entscheidend, dass (3) der vom Hintermann gelenkte Machtapparat sich von den Normen des Rechts gelöst hat, denn anderenfalls würden die Gesetze den höheren Stellenwert haben und im Normalfall die Durchführung rechtswidriger Befehle und damit die Willensmacht des Hintermanns ausgeschlossen sein.96 Der 5. Strafsenat des BGH hat die Rechtsfigur schließlich 1994 aufgegriffen, als er über die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Mitgliedern des Nationalen Verteidigungsrates der DDR für vorsätzliche Tötungen von Flüchtlingen durch Grenzsoldaten der DDR zu urteilen hatte.97 Der BGH geht sogar noch weiter, indem er sich nicht nur auf staatliche Machtapparate begrenzt, sondern ebenfalls in mafiaähnlichen Organisationen und sogar in wirtschaftlichen Unternehmen die bestimmten Rahmenbedingungen erkennt, in denen ein Hintermann regelhafte Abläufe als mittelbarer Täter ausnutzen kann.98 Der Vorteil einer mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft ist in der Beweiserleichterung und der sachgerechten Bestrafung der Hintermänner zu sehen. Gegen die Bestrafung der Hintermänner als Mittäter99 95 Roxin, GA 1963, 193; heute ders., Täterschaft und Tatherrschaft, S. 242 ff., 704 ff. 1965 erschien zu dem Thema die Monographie von Schroeder „Der Täter hinter dem Täter. Ein Beitrag zur Lehre von der mittelbaren Täterschaft“; vgl. dazu Schünemann, ZIS 2006, 30. 96 LK-Schünemann, § 25 Rn. 123; Roxin, AT II, § 25 Rn. 129 ff. 97 BGHSt 40, 218. In BGHSt 48, 77 wurde für die Mitglieder des Politbüros des Zentralkomitees der SED sogar eine mittelbare Täterschaft durch Unterlassen angenommen, weil sie es pflichtwidrig unterlassen haben, ein bestehendes, von Weisungen abhängiges organisiertes System zu ändern, das die Gefahr jederzeitiger rechtswidriger Tötung von Menschen birgt. 98 BGHSt 40, 218 (236); BGHSt 43, 219 (231); BGHSt 48, 331 (342); BGHSt 49, 147 (163). 99 Mittäterschaft befürwortend Frister, Kap. 27 Rn. 40; Jakobs, AT, Abschnitt 21 Rn. 103; Jescheck/Weigend, § 62 II.8.; Joecks, § 25 Rn. 60; Otto, AT, § 21 Rn. 92.

A. Mittelbare Täter

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spricht, dass schwer ein gemeinsamer Tatentschluss angenommen werden kann, wenn der befehlsgebende Hintermann den unmittelbar Handelnden und die konkreten Tatumstände gar nicht kennt.100 Für die Einstufung der Befehlshaber als Anstifter101 ist fraglich, ob dafür bereits die Erteilung allgemeiner Befehle genügen kann, da die Anstiftung die Bestimmung zur Begehung einer konkreten Einzeltat erfordert.102 Wird der Hintermann daher zumindest als Gehilfe angesehen, sprechen – noch mehr als bei der Anstiftung – rechtspolitische Erwägungen dagegen, den Hintermann trotz seiner zentralen Rolle allein als Randfigur des Geschehens einzuordnen.103 Schroeder beschrieb dies damit, dass die Verantwortlichkeit mit größerem Abstand zum Tatort nicht ab-, sondern zunimmt.104 Während eine mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft in staatlichen oder mafiaähnlichen Machtapparaten von der Literatur weitestgehend befürwortet wird,105 ist die Ausdehnung auf wirtschaftliche Unternehmen äußerst umstritten.106 Insbesondere wird kritisiert, dass in wirtschaftlichen Unternehmen keine Rechtsgelöstheit bestehe und daher von den Mitarbeitern erwartet werden könne, dass rechtswidrigen Anordnungen nicht Folge geleistet werde.107 Zudem sei ein Mitarbeiter in einem Unternehmen aufgrund arbeitsrechtlicher Vorgaben nicht beliebig austauschbar.108 Folglich besteht bei Wirtschaftsunternehmen keine Rechtsgelöstheit und Fungibilität und damit fehlen zwei der drei von Roxin als wesentlich erachteten Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft. Bei Banden ist dagegen aufgrund der Bandenabrede zumindest teilweise eine Rechtsgelöstheit anzunehmen. Indem sich die einzelnen Bandenmitglieder zur Begehung einer Vielzahl im Einzelnen noch unbestimmter Straftaten verabredet haben, ist gerade bezüglich der verabredeten Straftatgattungen eine Rechtsgelöstheit anzunehmen. Erfolgt eine Anordnung zur Begehung einer Straftat, die sich im Rahmen der Bandenabrede bewegt, kann bei den Bandenmitgliedern erwartet werden, dass diese Tat ausgeführt wird, weil für sie das Recht kein Hindernis darstellt. Daraus wird zugleich deutlich, dass eine mittelbare Täterschaft nach der Roxinschen Rechtsfigur nur 100

Heinrich, Rn. 1257. Anstiftung befürwortend Köhler, Kap. 9, 2.4.2.2.; NK-Schild, § 25 Rn. 123, wobei er in der 4. Auflage diese Ansicht einschränkt. 102 Heinrich, Rn. 1257. 103 BGHSt 40, 128 (237); Heinrich, Rn. 1257. 104 Schroeder, S. 166; so auch BGHSt 40, 128 (237); BGHSt 48, 77 (97). 105 Vgl. die Nachweise bei Roxin, AT II, § 25 Rn. 108 ff. 106 Befürwortend Lackner/Kühl, § 25 Rn. 2; ablehnend MüKo-Joecks, § 25 Rn. 150; Rengier, AT, § 43 Rn. 69; S/S/Heine, § 25 Rn. 25b. 107 MüKo-Joecks, § 25 Rn. 151; Rengier, AT, § 43 Rn. 69. 108 Rengier, AT, § 43 Rn. 69. 101

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5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

denkbar ist, sofern die tatausführenden Kinder in die Bande eingebunden sind und demnach Bandenmitglieder darstellen.109 Zwar wird bei Banden die Fungibilität nicht infolge des Bestehens einer Arbeitsrechtsordnung eingeschränkt sein, jedoch wird oftmals aus anderen Gründen keine beliebige Austauschbarkeit des Tatausführenden möglich sein. Dies ist zunächst bei kleineren Banden der Fall, wenn aufgrund der begrenzten Mitgliederzahl gar kein beliebiger Austausch der tatausführenden Mitglieder möglich ist. Sollen – auch bei einer großen Bande – gerade Kinder zur Tatbegehung eingesetzt werden, weil sie sich durch ihre Körpergröße oder ihre Straflosigkeit dafür besonders qualifizieren, müssen der Bande mehrere Kinder angehören. Wobei sich dabei zugleich die Frage stellt, wie klein eine Bande oder der Kreis der Kinder innerhalb der Bande sein muss, um eine Fungibilität auszuschließen. Selbst wenn eine teilweise Rechtsgelöstheit der Bande als genügend angesehen und auf das Kriterium der Fungibilität verzichtet wird, muss dennoch eine Organisationsstruktur derart vorliegen, dass ein Hintermann bestimmte Rahmenbedingungen ausnutzen kann, in denen sein Tatbeitrag – i. d. R. ein Befehl – regelhafte Abläufe auslösen kann. Eine Organisationsstruktur ist bei einer Bande zwar nicht ausgeschlossen, jedoch anders als bei einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB nicht erforderlich.110 In einer neu gegründeten Bande werden sich noch keine Organisationsstrukturen aufgebaut haben. Viele Banden mögen vielleicht über einen Bandenboss verfügen, jedoch nicht dergestalt, dass die anderen Bandenmitglieder sich dessen Anordnungen bedingungslos – wie in mafiaähnlichen Organisationen – unterordnen. Vornehmlich in kleineren Banden fehlt es an Ressourcen, durch Befehle regelmäßige Abläufe in Gang zu setzen. Obwohl eine Bande einen kriminellen Personenzusammenschluss darstellt, ist letztlich für Banden die Anzahl der Fälle stark beschränkt, in denen bei Tatausführungen von Kindern beteiligte Bandenmitglieder als mittelbare Täter allein aufgrund Organisationsherrschaft anzusehen sind. Und zwar sind dies die Fälle, in denen die Kinder selbst Bandenmitglieder sind bzw. Bandenmitglieder die Kinder als Werkzeuge einsetzen und die Bande derart organisiert ist, dass sie einem Machtapparat gleicht. In solchen Fällen besteht jedoch auch nicht der Vorteil, dass lediglich über die mittelbare Täterschaft die für die Bandenmäßigkeit notwendige Voraussetzung der Begehung der Tat durch ein Bandenmitglied erfüllt werden kann. Da bereits die tatausführenden Kinder bzw. die sie als Werkzeuge einsetzenden Bandenmitglieder der Bande angehören, sind diese selbst als Täter eines Bandendelikts anzuse109 Bei Nötigung der Kinder zur Tatbegehung wird sich bereits daraus Tatherrschaft begründen lassen; vgl. Heinrich, Rn. 1261. 110 Siehe dazu ausführlich oben im 3. Teil A.I.2.

A. Mittelbare Täter

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hen, so dass es vor dem Hintergrund der Bandenmäßigkeit nicht erforderlich ist, den bandeninternen Hintermann als Täter anzusehen. Weiterhin ist diese Form der mittelbaren Täterschaft nicht auf jeden strafmündigen Beteiligten an Taten von Kindern anwendbar, sondern bloß auf denjenigen, der über Anordnungsgewalt verfügt, also i. d. R. denjenigen, der räumlich-zeitlich fernab der Tatausführung ist.111 Dabei ist zu beachten, dass für eine bandenmäßige Bestrafung erforderlich ist, dass sich die Tatbegehung als Kundgabeakt zur Aufrechterhaltung der Bandenabrede darstellt (Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr). Ein solcher Kundgabeakt lässt sich schwer für den Bandenboss annehmen, der gar keinen direkten Bezug zur konkreten Tatbegehung hat, sondern lediglich allgemeine Befehle gegeben hat.112 Mithin reduziert sich die Annahme von mittelbarer Täterschaft kraft Organisationsherrschaft im Rahmen der Bandenmäßigkeit auf die allgemeinen Vorteile dieser Rechtsfigur: Beweiserleichterung und sachgerechte Bestrafung der Hintermänner. Durch die mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft hat sich der BGH die Möglichkeit geschaffen, schwierige Sachverhalte zu lösen, in denen die Annahme anderer Beteiligungsformen aus Beweisnot scheitern muss. Einem auf handhabbare Abgrenzungskriterien angelegten Beteiligungssystem läuft dies freilich entgegen.113 Zumindest wenn ein Bandenboss keine Kenntnis von der Planung und Durchführung einer konkreten Tat hat, erscheint eine Strafbarkeit als Rädelsführer einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung nach Absatz 4 der bis jetzt kaum große praktische Relevanz114 genießenden Normen der §§ 129, 129a StGB der Strafbarkeit wegen Beteiligung an der konkreten Tat vorzugswürdig.

V. Zusammenfassung Die bloße Schuldunfähigkeit eine Kindes nach § 19 StGB führt nicht dazu, dass Beteiligte als mittelbare Täter anzusehen sind. Vielmehr ist ein weiterer tatsächlicher Strafdefekt des Kindes erforderlich, den sich der Hintermann zu Nutze macht. Gerade bei jüngeren Kindern wird eher ein Defekt anzunehmen sein. Handelt ein Kind tatsächlich tatbestandsmäßig, rechtswidrig, einsichts- und steuerungsfähig sowie nicht entschuldigt, kann der beteiligte „Hintermann“ in sachgerechter Weise nur als Teilnehmer 111 Nach S/S/Heine, § 25 Rn. 25a, kann sich innerhalb einer hierarchischen Organisation je nach individueller Anordnungsgewalt und Zuständigkeit eine Kette von mittelbaren Tätern ergeben. 112 Siehe in diesem Zusammenhang zugleich unter B.III. zum Unterlassen. 113 Rotsch, NStZ 2005, 13 (18). 114 Fischer, § 129 Rn. 4 und § 129a Rn. 3.

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5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

nach §§ 26, 27 StGB bestraft werden, sofern er nicht bereits als unmittelbarer Täter oder Mittäter anzusehen ist.115 Ist das tatausführende Kind bandenextern, kann aus dem Fehlen der Eigenschaft als Bandemitglied allein keine mittelbare Täterschaft begründet werden.116 Kommt gar kein Bandenmitglied als Täter in Betracht, entfällt die Möglichkeit, wegen vollendeter bandenmäßiger Begehung zu bestrafen. In eingeschränkten Fällen ist es zudem möglich, einen Bandenboss als mittelbaren Täter kraft Organisationsherrschaft einer durch ein Kind ausgeführten Tat anzusehen, jedoch erweitert dies nicht die Möglichkeit der Annahme einer bandenmäßigen Begehung.117

B. Unmittelbare Täter durch Unterlassen Abschließend bleibt die Möglichkeit zu erörtern, strafmündige Bandenmitglieder bezüglich der Taten von Kindern als Unterlassenstäter einzustufen. Obwohl insbesondere bei klassischen Erfolgsdelikten von Bedeutung, kann sich mithilfe der Zurechnungsnorm des § 13 StGB grundsätzlich aus jedem Vorsatzdelikt eine Strafbarkeit wegen unechten Unterlassens ergeben.118

I. Auswirkungen einer Unterlassensstrafbarkeit Eine Unterlassensstrafbarkeit kommt nur dann in Betracht, sofern die Strafmündigen keine „aktiven“ Beteiligten sind, denn anderenfalls liegt ein aktives Tun vor und ein Unterlassen ist ausgeschlossen.119 In den hier relevanten Fällen muss sich folglich der „Tatbeitrag“ des strafmündigen Bandenmitglieds darauf beschränken, ein Kind nicht an der Ausführung einer Tat zu hindern. • Beispiel Das Kind K hat aus einem Haus Wertgegenstände entwendet. A, Vater des K und Mitglied einer auf Einbruchsdiebstahl spezialisierten Bande, hat im Vorfeld vom Bandenboss B erfahren, dass K diesen Diebstahl plant. Weder A noch B haben K in irgendeiner Weise beim Diebstahl unterstützt oder dazu bestimmt, jedoch es auch nicht von der Begehung abgehalten, obwohl ihnen dieses ohne Weiteres möglich gewesen wäre. 115

Siehe oben A.II.7. Siehe oben A.III. 117 Siehe oben A.IV. 118 Rengier, AT, § 49 Rn. 1, 7. 119 Im Einzelfall ist die Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen jedoch nicht immer einfach; vgl. dazu Heinrich, Rn. 863 ff. 116

B. Unmittelbare Täter durch Unterlassen

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Hier ist zunächst fraglich, ob A und B überhaupt für den Einbruchsdiebstahl des K strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Im Unterschied zur oben120 erörterten mittelbaren Täterschaft erlangt das Unterlassen gerade nicht seine herauszustellende Bedeutung dadurch, dass ein beteiligtes Bandenmitglied aufgrund seines Tatbeitrags nicht allein als Teilnehmer, sondern sogar als Täter zu bestrafen ist. Vielmehr kann anhand des § 13 StGB bereits ohne konkrete Beteiligungshandlung eine (Unterlassens-)Strafbarkeit für das strafmündige Bandenmitglied an der Tat des Kindes erreicht werden. Die Bestimmung der Beteiligungsform ist dabei eher zweitrangig. Zudem kann die Strafe eines Unterlassenstäters anders als die des mittelbaren Täters nach § 49 I StGB gemildert werden. Sofern grundsätzlich eine Unterlassensstrafbarkeit in Betracht kommt, ist zu erörtern, inwiefern dies bandenmäßig erfolgen kann. Sollte K im Beispielsfall ein Bandenmitglied sein, muss mangels aktiver Beteiligung anderer Bandenmitglieder das Unterlassen von A und/oder B als Mitwirkung i. S. der §§ 244 I Nr. 2, 244a I StGB anzusehen sein. Ist dagegen K kein Bandenmitglied muss A und/oder B zusätzlich als Bandentäter einzustufen sein. Wobei dann die umstrittene Frage121 der Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme durch Unterlassen bei Nichtverhinderung einer Begehungstat eines Dritten besondere Bedeutung erlangt.

II. Garantenpflicht Für die Gleichstellung des unechten Unterlassungsdelikts mit einem Begehungsdelikt ist primär erforderlich, dass den Unterlassenden eine besondere Rechtspflicht (sog. Garantenpflicht) zum Handeln trifft. Allgemein wird zwischen zwei Arten von Garantenpflichten unterschieden: Einerseits solchen, die daraus resultieren, dass der Garant eine Schutzpflicht für bestimmte Rechtsgüter hat (Beschützergarant) und andererseits solchen, die sich aus der Pflicht zur Überwachung bestimmter Gefahrenquellen ergeben (Überwachergarant).122 Bei Banden kommt die zweite Fallgruppe in Betracht. Es ist zu überlegen, ob das Eingehen einer Bandenabrede ein gefährliches Vorverhalten darstellt bzw. durch eine Bande eine Gefahrenquelle geschaffen wird, wodurch dem einzelnen Bandenmitglied eine Pflicht zur Abwendung eines von der Bande drohenden Schadens obliegt. Weiterhin ist bei familiär verbundenen Bandenmitgliedern, wie dies bei den sog. Fami120

Siehe A. Nach Rengier, AT, § 51 Rn. 15, zählt die Abgrenzung zu den umstrittensten Fragen des Allgemeinen Teils. 122 BGHSt 48, 77 (91 f.); S/S/Stree/Bosch, § 13 Rn. 9. 121

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5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

lienbanden der Fall ist, zu erörtern, ob den Familienmitgliedern bezüglich der tatausführenden Kinder eine Beaufsichtigungspflicht obliegt. 1. Gefahrenquelle Bande Die These, aufgrund der Bande selbst bzw. der Mitgliedschaft in ihr für Bandenmitglieder eine Garantenstellung anzunehmen, beruht auf zwei in Rechtsprechung und Literatur diskutierten Fallgruppen: vorangegangenes pflichtwidriges Verhalten (sog. Ingerenz) und Pflicht zur Überwachung von Gefahrenquellen. a) Eingehen einer Bandenabrede Nach dem Grundgedanken der ersten Fallgruppe ist derjenige, der durch ein objektiv gefährliches Verhalten eine Gefahr für einen (weiteren) Schadenseintritt anderer Rechtsgüter geschaffen hat, zur Abwendung dieses drohenden Schadens verantwortlich.123 Als das objektiv gefährliche Vorverhalten kann in der hier interessierenden Diskussion das Eingehen einer Bandenabrede bzw. die Mitgliedschaft in einer Bande angesehen werden, weil hierdurch die abstrakte Gefahr geschaffen wird, dass andere Bandenmitglieder eine Straftat begehen. Daraus könnte sich die Pflicht des Bandenmitglieds ergeben, die anderen Bandenmitglieder von der Straftatbegehung abzuhalten. Für die Fallgruppe der Ingerenz ist umstritten, ob das Vorverhalten lediglich gefahrschaffend oder sogar pflichtwidrig sein muss.124 Ein Vorverhalten ist pflichtwidrig, wenn es schon als solches missbilligt werden kann.125 Dabei werden insbesondere solche Fälle diskutiert, in denen jemand eine andere Person gerechtfertigt verletzt und es nach Beendigung der Rechtfertigungslage unterlässt, die verletzte Person zu retten. Eine Bandenabrede wird zwar kaum aufgrund einer Rechtfertigungslage eingegangen werden, jedoch stellt das Eingehen einer Bandenabrede selbst noch keine Rechtsgutsverletzung – anders als eben eine Körperverletzung – dar. Obwohl die Verabredung zur fortgesetzten Straftatbegehung bereits dafür spricht, dass das Bandenmitglied ein gestörtes Verhältnis zur Rechtsordnung aufweist, begründet eine Bandenabrede selbst gerade noch keine strafbare Pflichtverletzung und damit rechtliche Missbilligung, zumindest wenn die Bande keine kriminelle Vereinigung nach § 129 StGB darstellt oder zugleich eine Verbrechensverabredung nach § 30 II StGB erfolgt.126 Aber 123 124 125 126

Heinrich, Rn. 953. Vgl. zum Streitstand Heinrich, Rn. 957 ff. S/S/Stree/Bosch, § 13 Rn. 35. Siehe dazu bereits oben im 3. Teil A.I.1.b) und A.I.2.

B. Unmittelbare Täter durch Unterlassen

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auch wenn kein pflichtwidriges, sondern lediglich ein gefahrschaffendes Vorverhalten für die Fallgruppe der Ingerenz als ausreichend angesehen wird, muss dennoch das Vorverhalten eine nahe Gefahr des Eintritts des konkret zu untersuchenden tatbestandsmäßigen Erfolgs geschaffen haben.127 Eine solche Nähe muss zwischen der Bandenabrede zur unbestimmten Tatbegehung und der Tatbegehung einer konkreten Bandentat aber abgelehnt werden. Obwohl ein Bandenmitglied eine Tat im Rahmen der Bandenabrede begeht, handelt dieses Mitglied letztlich eigenverantwortlich. Den anderen Bandenmitgliedern ist ohne konkrete Mitwirkung an der Tatplanung oder -ausführung diese Bandentat nicht zuzurechnen. Würde allein aus dem Eingehen einer Bandenabrede eine Garantenpflicht entstehen, wodurch bei Nichtverhinderung von Straftaten anderer Bandenmitglieder eine Unterlassensstrafbarkeit begründet werden würde, wäre damit die gesetzgeberische Entscheidung der Straflosigkeit der Bandenbildung bzw. Eingehung einer Bandenabrede ausgehebelt. b) Beherrschung einer Bande Zu einem anderen Ergebnis könnte die Heranziehung der zweiten Fallgruppe führen, nämlich der Pflicht zur Überwachung von Gefahrenquellen. Dort gilt, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle in Gang setzt oder die Herrschaft über einen Gefahrenbereich ausübt, dafür Sorge zu tragen hat, dass dadurch keine Rechtsgüter Dritter geschädigt werden.128 Diese Fallgruppe bezieht sich auf die erlaubte Nutzung von Sachen als Gefahrenquellen, wie das Halten eines Hundes oder das Betreiben einer Industrieanlage. Straftaten begehende Bandenmitglieder sind offensichtlich keine Sachen. Obwohl diese Fallgruppe damit nicht unmittelbar greift, könnte gleichwohl ihr Rechtsgedanke hier angewendet werden. Von einer Bande als Personenverbindung geht die abstrakte Gefahr der Straftatbegehung aus129 und somit stellt sie selbst eine Art Gefahrenquelle dar. Das einzelne Bandenmitglied als Teil der Bande ist damit Teil dieser Gefahrenquelle. Wird dieser Rechtsgedanke der Beherrschung einer Gefahrenquelle hier herangezogen, wird nicht mehr allein an die bloße Bandenmitgliedschaft als gefahrbegründendes Vorverhalten angeknüpft, sondern an das Beherrschen der Bande bzw. der Bandenmitglieder. Mithin scheint die gesetzgeberische Entscheidung der Straflosigkeit der bloßen Bandenbildung bzw. Eingehung einer 127 BGH NStZ 1998, 83; BGH NStZ 2000, 583; Rengier, AT, § 50 Rn. 72, wobei jeweils nicht lediglich gefährliches, sondern darüber hinaus pflichtwidriges Vorverhalten gefordert wird. 128 Heinrich, Rn. 963. 129 Siehe dazu oben im 3. Teil B.III.4.b).

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5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

Bandenabrede nicht über die Annahme einer Garantenstellung umgangen zu werden. Eine so begründete Garantenpflicht wäre ähnlich der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft130 zwar nicht für jede Bande bzw. jedes Bandenmitglied denkbar, sondern nur für hierarchisch strukturierte Banden und für leitende Bandenmitglieder. Allerdings ist zu beachten, dass in §§ 129 IV, 129a IV StGB bereits die Beherrschung einer kriminellen bzw. terroristischen Vereinigung und damit diese abstrakte Gefahr (qualifiziert) sanktioniert ist. Somit fangen die §§ 129 f. StGB gerade solche Fälle auf, in denen Mitgliedern eines besonders organisierten kriminellen Zusammenschlusses keine konkreten Tatbeiträge an Straftaten zugerechnet werden können. Die Begehung von Straftaten, die zugleich der Verfolgung der Vereinigungszwecke dienen, steht in Tateinheit zu § 129 StGB.131 Dazu ist aber eine konkrete Beteiligung bzw. Zurechnung erforderlich. Würde jede Beherrschung einer solchen organisierten Vereinigung zugleich zu einer Zurechnung der einzelnen konkret begangenen Straftaten führen, würde die Wertung der §§ 129 IV, 129a IV StGB unterlaufen werden. Im Endeffekt würden die §§ 129 IV, 129a IV StGB eine Zurechnungsnorm darstellen. Vielmehr muss für eine Zurechnung eines leitenden Verbindungs- bzw. Bandenmitglieds eine Beherrschung bezüglich der konkreten Tat erkennbar sein. In solchen Fällen wird jedoch kaum mehr ein Unterlassen anzunehmen sein können.132 c) Zusammenfassung Bei Heranziehung der Rechtsgedanken beider Fallgruppen kann festgestellt werden, dass die bloße Bandenmitgliedschaft nicht zu einer Garantenpflicht bezüglich der Überwachung anderer Bandenmitglieder führt. Aber auch die allgemeine Herrschaft über eine Bande bzw. einzelne Bandenmitglieder kann keine Garantenstellung begründen. Im Einleitungsfall133 130 Siehe dazu oben A.IV. Die Ähnlichkeit von Garantenpflicht und mittelbarer Täterschaft im vorliegenden Zusammenhang wird in BGHSt 48, 77 (91 f.) deutlich, wo die Mitglieder des Politbüros des Zentralkomitees der SED als Überwachergaranten angesehen werden, da sie verpflichtet gewesen seien, das Grenzregime in der Weise zu überwachen, dass eine Tötung von Flüchtlingen unterblieb. Anstelle wie der BGH hier mittelbare Täterschaft durch Unterlassen anzunehmen, wird vereinzelt der unterlassende Hintermann als unmittelbarer Täter eingestuft; vgl. Rengier, AT, § 51 Rn. 5 f.; ferner S/S/Heine, § 25 Rn. 55, für Fälle, in denen der Hintermann die Pflicht hat, einen Erfolg abzuwenden, der durch nicht verantwortliches Handeln eines anderen verursacht zu werden droht. 131 Vgl. Fischer, § 129 Rn. 50 m. w. N. 132 Als Beteiligungsform ist dann an mittelbare Täterschaft zu denken; siehe dazu oben unter A.III. Siehe zur Entsprechungsklausel noch unten B.III. 133 Siehe oben B.I.

B. Unmittelbare Täter durch Unterlassen

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kann A demnach nicht als Überwachergarant des K anzusehen sein, selbst wenn A die Bande beherrscht und K selbst Mitglied dieser Bande ist. 2. Gefahrenquelle Kind Eine Garantenpflicht eines Bandenmitglieds zur Verhinderung der Straftatbegehung durch Kinder könnte sich daraus ergeben, dass das Bandenmitglied für das Handeln eines Kindes verantwortlich ist. Aus dem Prinzip der Eigenverantwortlichkeit folgt, dass grundsätzlich keine Pflicht besteht, andere Personen an der Begehung von Straftaten zu hindern.134 Bestehen jedoch besondere Aufsichtsverhältnisse, kann sich eine Beaufsichtigungspflicht ergeben. Dies ist insbesondere bei Eltern oder sonstigen Sorgeberechtigten gegenüber ihren Kindern der Fall, vgl. § 1626 I 1 BGB. Wie bereits dargestellt, gibt es Banden, die aus Familienmitgliedern bestehen.135 Im eingangs erwähnten Beispielsfall136 ist das Bandenmitglied A der Vater des K und daher obliegt ihm die Pflicht, zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um diese Straftat des K zu verhindern. Insofern knüpft eine solche Garantenpflicht im Rahmen der Bande nicht an die Bandenmitgliedschaft als gefährdendes Vorverhalten, sondern an das Aufsichtsverhältnis einer Person zum Kind selbst. Die Tatsache, dass die Aufsichtsperson gleichzeitig ein Bandenmitglied ist, ist für die Garantenpflicht ohne Belang. Daher läuft eine solche Garantenpflicht auch nicht der gesetzlichen Wertung der Straflosigkeit der bloßen Bandenmitgliedschaft entgegen. Folglich begründet die Bandenabrede allein kein Aufsichtsverhältnis der einzelnen Bandenmitglieder untereinander. Neben den Aufsichtspflichten der Eltern sind ebenfalls weitere Aufsichtspflichten anerkannt, wie z. B. des Lehrers für seine Schüler oder des Vollzugsbeamten für die Insassen der Strafvollzugsanstalt.137 Diese Aufsichtspflichten sind jedoch auf den jeweiligen Aufsichtsbereich beschränkt138 und werden bei Banden kaum zur Geltung kommen. Die Garantenpflicht für Kinder als Gefahrenquellen ist mithin auf wenige Sachverhaltskonstellationen beschränkt.

134 135 136 137 138

Rengier, AT, § 50 Rn. 62. Siehe oben im 4. Teil B.II.2.c). Siehe oben B.I. Heinrich, Rn. 969. Vgl. Rengier, AT, § 50 Rn. 64.

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5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

III. Entsprechungsklausel Um das unechte Unterlassungsdelikt dem Begehungsdelikt gleichzusetzen, ist nach § 13 I HS. 2 StGB weiterhin erforderlich, dass das Unterlassen einem Tun entspricht. Die Bedeutung dieser Entsprechungsklausel ist nicht geklärt.139 Allgemein kann die Entsprechungsklausel zunächst derart verstanden werden, dass sämtliche Merkmale des Begehungstatbestands gleichfalls zum entsprechenden Unterlassungstatbestand gehören, wobei insbesondere auch alle Tätermerkmale erfüllt sein müssen.140 Spezieller gesehen, besagt die Klausel, dass eine sinngemäße Übertragung der meist auf Handlungen zugeschnittenen Tatbestandsformulierungen auf Unterlassungen zu erfolgen hat.141 Anhand welcher Kriterien dies geschehen soll, ist der Klausel nicht zu entnehmen. Letztlich muss eine Interpretation der einzelnen Tatbestandsmerkmale der jeweiligen Strafnorm erfolgen.142 Ob nun bei allen Delikten das Entsprechen extra geprüft werden muss, ist dabei umstritten. Allgemein wird eine Prüfung bei reinen Erfolgsdelikten wie den §§ 212, 223, 303 StGB für entbehrlich erachtet.143 Bei diesen wird die Gleichwertigkeit bereits durch die Garantenstellung begründet.144 Bei den verhaltensgebundenen Erfolgsdelikten erlange die Entsprechungsklausel dagegen nach überwiegender Ansicht Beachtung.145 Dies sind solche Delikte, bei denen neben der Erfolgsherbeiführung eine Bewirkung des Erfolgs durch eine besondere Handlungsweise vorausgesetzt wird, wie etwa bei den §§ 211, 240, 263 StGB.146 Die bandenmäßig begehbaren Delikte zählen nicht zu den klassischen Erfolgsdelikten, so dass schon unter diesem Aspekt das Entsprechen zu prüfen wäre. Hier soll jedoch bezogen auf den Schwerpunkt der Arbeit ausschließlich die bandenmäßige Begehung betrachtet werden. Demnach ist fraglich, ob es möglich ist, durch Unterlassen eine Tat bandenmäßig zu begehen. Dazu müsste das Unterlassen denselben sozialen Sinngehalt wie eine aktive Tatbegehung des bandenmäßigen Grunddelikts aufweisen.147 Wie in dieser Arbeit herausgearbeitet, lässt sich die erhöhte 139

So z. B. Roxin, AT II, § 32 Rn. 218. SK-Rudolphi/Stein, § 13 Rn. 10, nach deren Ansicht dieses Ergebnis jedoch bereits durch Interpretation ohne diese Klausel zu erzielen ist. 141 SK-Rudolphi/Stein, § 13 Rn. 10. 142 SK-Rudolphi/Stein, § 13 Rn. 10. 143 Rengier, AT, § 49 Rn. 30; a. A. Arzt, JA 1980, 712 (716 f.); MüKo-Freund, § 13 Rn. 205. 144 Fischer, § 13 Rn. 86. 145 Vgl. Fischer, § 13 Rn. 85 m. w. N. 146 Rengier, AT, § 49 Rn. 32. 147 Vgl. Fischer, § 13 Rn. 85; Rengier, AT, § 49 Rn. 33. 140

B. Unmittelbare Täter durch Unterlassen

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Strafbarkeit einer bandenmäßigen Begehung allein dadurch sinnvoll begründen, dass die Tatbegehung als Kundgabeakt verstanden wird, mit dem der Täter sein Festhalten an der Bandenabrede ausdrückt (Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr).148 Unterlässt jemand jedoch bloß eine Handlung und lässt damit lediglich eine Tat durch einen anderen geschehen, kann die Tat schwerlich als ein Kundgabeakt des Unterlassenden verstanden werden.149 Vielmehr muss einem Bandenmitglied die Tatbegehung erkennbar zugerechnet werden, um sie als seinen Kundgabeakt aufzufassen. Dies wird bei einer Garantenstellung aufgrund Steuerung einer Bande als Gefahrenquelle erfordern, dass die konkrete Tat und nicht nur die Bande an sich oder die Bandenmitglieder allgemein gesteuert werden. Hierbei wird jedoch kein Unterlassen mehr anzunehmen sein, wie bereits oben im Rahmen der Erörterung der Garantenstellung betont.150 Bei einer Garantenstellung aufgrund von Aufsichtspflichten gegenüber Kindern ist zu beachten, dass Aufsichtspflichtige wie Eltern eine andere Art der Kontrolle über die Kinder ausüben, als es z. B. ein Bandenboss über die Bandenmitglieder tut. Das Handeln eines Kindes ist den Eltern zuzuschreiben, wie sich aus der Wertung der § 19 StGB, §§ 104 ff., 828, 832, 1626 ff. BGB ergibt. Dennoch sollte hier ebenfalls als Kundgabeakt zur Aufrechterhaltung einer Bandenabrede mehr als die bloße Kenntnis der durch das aufsichtspflichtige Kind begangenen Tat gefordert werden. Die konkrete Tat des Kindes sollte durch die Aufsichtspflichtigen gelenkt werden. In solchen Fällen werden die Kinder zugleich als Werkzeuge i. S. des § 25 I Alt. 2 StGB anzusehen sein. Hierbei wird jedoch i. d. R. kein Unterlassen, sondern ein aktives Handeln vorliegen. Dabei ist zudem problematisch, inwiefern bei den konvergenten Bandennormen die erforderliche Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds erfüllt wäre. Das gesteuerte, werkzeuggleiche Kind wird dabei kaum als Mitwirkender anzusehen sein können. Entweder ist es schon bereits kein Bandenmitglied oder es handelt nicht bewusst im Rahmen einer Bandenabrede.151 Im Ausgangsfall152 ist jedenfalls keine Steuerung des Vaters A über den durch K begangenen Diebstahl zu erkennen. Damit kann A, der zwar als Überwachergarant des K anzusehen ist, die Tatbegehung des K nicht als bandenmäßige zugerechnet werden. Bezüglich der bandenmäßigen Begehung wäre im Rahmen der Entsprechungsklausel zudem fraglich, inwiefern ein Unterlassen überhaupt eine 148

Siehe dazu oben im 3. Teil unter B.III.4.b). Noch weniger kann ein solches Unterlassen ein Mitwirken i. S. der konvergenten Bandennormen darstellen. 150 Siehe unter B.II.1. 151 Siehe oben A.II.7. 152 Siehe oben B.I. 149

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5. Teil: Strafmündige Beteiligte als Bandentäter

Mitwirkung darstellen kann. Wie oben153 dargestellt, ist dies für Fälle der psychischen Beihilfe bereits problematisch. In Unterlassensfällen wird der Täter oftmals keine Kenntnis von der konkreten Unterlassung haben, womit noch nicht einmal eine Förderung des Tatentschlusses als Möglichkeit einer Effektivitätssteigerung in Betracht kommt. Es ist folglich kaum denkbar, ein Unterlassen als bandenmäßig einzustufen.

IV. Täterschaft oder Teilnahme Sehr umstritten ist die Frage, inwiefern ein Garant, der eine Begehungstat eines Drittem nicht verhindert, als Täter oder Teilnehmer zu sanktionieren ist. Dazu werden im Wesentlichen fünf Ansichten vertreten.154 Bezogen auf die Bandenmäßigkeit hat sich jedoch gezeigt, dass ein bandenmäßiges Unterlassen kaum möglich ist. Daher wird sich diese Frage im Hinblick auf die bandenmäßige Bestrafung von – am Grunddelikt durch Unterlassen – beteiligten Strafmündigen kaum stellen. Wenn überhaupt die Hürde der Entsprechungsklausel genommen wird, dann nur in Fällen, in denen das Kind bezüglich der Tat wie ein Werkzeug gesteuert wird. In solchen Fällen sollte der Strafmündige als mittelbarer Täter nach § 25 I Alt. 2 StGB anzusehen sein.

V. Zusammenfassung Eine unmittelbare Bandentäterschaft durch Unterlassen ist grundsätzlich nicht möglich. Eine Garantenstellung eines Bandenmitglieds über ein anderes aufgrund der Bandenmitgliedschaft allein ist zu verneinen. Dies gilt auch für den Bandenboss. In Betracht kommt bei Tatbegehung durch Kinder jedoch eine Garantenstellung von Aufsichtspflichtigen. Allerdings wird es kaum Fälle geben, in denen ein Unterlassen einer bandenmäßigen Begehung entspricht. Sollte dies ausnahmsweise anzunehmen sein, wird der unterlassende Strafmündige als mittelbarer Täter anzusehen sein. Bei den konvergenten Bandennormen kann in solchen Fällen jedoch kaum das Kind als mitwirkendes Bandenmitglied berücksichtigt werden. Insofern wird ein Unterlassen nicht dazu führen, dass ein strafmündiger Beteiligter (am Grunddelikt) als Täter aus einer konvergenten Bandennorm bestraft wird, sofern ein Mitwirken weiterer Bandenmitglieder fehlt.

153 154

Siehe im 4. Teil C.II.1.a)(6). Vgl. die Übersicht bei Heinrich, Rn. 1212 ff.

C. Ergebnisse zum 5. Teil

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C. Ergebnisse zum 5. Teil Eine täterschaftliche Zurechnung für an Tatausführungen von Kindern Beteiligte ergibt sich nicht allein aus der Tatsache, dass Kinder gem. § 19 StGB als absolut schuldunfähig gelten. Vielmehr muss eine konkrete Steuerung des Kindes vorliegen, die mit einem tatsächlichen und nicht nur rechtlichen Mangel des Kindes einhergeht. Insofern bestimmt sich das Vorliegen einer mittelbaren Täterschaft bei kindlichen genauso wie bei erwachsenen Werkzeugen. Wenngleich es bei Kindern wahrscheinlicher ist, dass sie entwicklungsbedingt tatsächliche Defizite bei der Straftatbegehung aufweisen, die andere Personen als mittelbare Täter ausnutzen. Darüber hinaus ist bei kindlichen gegenüber sonstigen Tatausführenden die Möglichkeit nicht erweitert, eine für die bandenmäßige Begehung erforderliche Täterstellung eines Bandenmitglieds anzunehmen. Dem garantenpflichtigen Unterlassen der Verhinderung einer Tat eines Kindes kommt im Rahmen der Bandenmäßigkeit keine eigenständige Rolle zu, da insbesondere ein Unterlassen kaum als ein Aufrechterhalten der Bandenabrede anzusehen sein kann und somit einer aktiven Beteiligung nicht gleichzusetzen ist.

Endergebnis I. Ergebnisse hinsichtlich der Bande allgemein Die historische Untersuchung im 1. Teil veranschaulicht, dass unser heutiges Bandenverständnis – trotz einiger deutlich abweichender Reformbestrebungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – maßgebend auf das PrStGB zurückgeht. Dort fand sich die Bande ausschließlich im Zusammenhang mit der bandenmäßigen Tatbegehung und damit als Straferhöhungsgrund. Auch die beiden Bandennormen des PrStGB ähnelten in ihrer Fassung bereits sehr den heutigen. Die Voraussetzungen einer bandenmäßigen Begehung standen zwar seitdem im Groben fest, jedoch kritisierten viele Vertreter der Literatur lange Zeit die von der Rechtsprechung verwendete Auslegung. Nachdem der BGH insbesondere seine Ansicht zur Mindestmitgliederzahl einer Bande und den Anforderungen an die Mitwirkung änderte, kehrte Anfang dieses Jahrhunderts zunehmend Ruhe in die Diskussion ein. Bis auf wenige Ausnahmen ist heute allgemein anerkannt, dass der Begriff der Bande einen Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraussetzt, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Dabei seien eine Organisation und ein Bandenwille nicht erforderlich und das Mitwirkungserfordernis setze kein örtliches und zeitliches Zusammenwirken voraus. Obwohl diese Neuauslegung zu begrüßen ist, verdeutlicht die im 2. Teil vorgenommene Betrachtung des herrschenden Verständnisses der Bandenmäßigkeit, dass dennoch im Detail viele ungeklärte Fragen bestehen, welche teilweise bis jetzt noch nicht diskutiert wurden. Daher erfolgt im 3. Teil eine Überprüfung des herrschenden Verständnisses der Bandenmäßigkeit. Diese Untersuchung zeichnet sich gegenüber vielen anderen dadurch aus, dass sie losgelöst von einzelnen Streitfragen, wie z. B. der mindestens erforderlichen Mitgliederzahl einer Bande, und damit nicht ergebnisorientiert erfolgt. Dabei zeigt sich vor allem, dass die nach herrschender Ansicht bestehenden Gründe für die Strafschärfung der Bandenmäßigkeit (sog. Organisations- und Ausführungsgefahr) besonders aus systematischen Gründen nicht vollständig überzeugen können. Vielmehr sind folgende Gründe maßgebend:

Endergebnis

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• Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr: Der herrschenden Meinung ist dahingehend zuzustimmen, dass der Bande eine Gefährlichkeit der Verbindung selbst innewohnt. Die Bandenabrede führt zu einer engen Bindung, die die Mitglieder für die Zukunft und für eine gewisse Dauer eingehen, so dass die (abstrakte) Gefahr des ständigen Anreizes zur Straftatbegehung besteht (sog. Organisationsgefahr bzw. hier Verbindungsgefahr). Da dies allein jedoch kaum mehr als einen bloßen Gefahrverdacht im Vorfeld der Tatbegehung darstellt, muss die konkrete Tatbegehung noch in den Kontext der Gefährlichkeit der Verbindung gesetzt werden, also dem einzelnen, schärfend zu bestrafenden Mitglied zugerechnet werden. Dies ist der Fall, wenn die Tatbegehung als ein Kundgabeakt aufgefasst werden kann, mit dem der Täter seine Tat bewusst in den gefährlichen Zusammenhang der Bandenabrede stellt und dadurch zur Aufrechterhaltung der Bandenabrede bzw. Bande beitragen kann (Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr). Unerheblich ist dabei, ob sich die Aufrechterhaltung durch die Auslösung gruppendynamischer Prozesse, einer Drucksituation oder einfach einer positiven Erwartungshaltung bei den anderen Mitgliedern ergeben kann. • Mitwirkungsgefahr: Daneben kann eine erhöhte Gefährlichkeit der Tatbegehung bei Bandentaten bestehen. Die Bandenverbindung bildet die Grundlage dafür, dass sich die Mitglieder spezialisieren und organisieren, welches insbesondere zur arbeitsteiligen Ausführung von Straftaten führen kann (abstrakte Ausführungsgefahr). Wirkt ein anderes Mitglied bei einer Tatausführung mit, hat sich diese Gefahr konkretisiert und daher wird nach herrschender Meinung von einer konkreten Ausführungsgefahr als zweitem Strafgrund gesprochen. Der Gesetzgeber fordert jedoch als zusätzliches restriktives Erfordernis nur bei einigen Bandennormen die Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds. Daher ist lediglich bei diesen Delikten eine Mitwirkung i. S. einer Arbeitsteilung als Ausdruck des für typisch erachteten Bandenverhaltens anzusehen und als zusätzliche Gefahrkomponente für die Rechtsgüter des Grunddelikts erforderlich. Diese Mitwirkungsgefahr ist nicht als konkret erhöhte Gefahr zu verstehen, denn die Effizienz der Tathandlung kann, aber muss nicht durch die Mitwirkung gesteigert werden. Die abstrakte Mitwirkungsgefahr besteht bereits aufgrund einer Mitwirkung bei der Planung, Vorbereitung oder durch tatbegleitende Maßnahmen. Eine Effizienzsteigerung erfordert kein Zusammenwirken am Tatort zur Tatzeit, muss aber mehr sein, als das bloße Festhalten an der Bandenabrede ohne Bezug zur konkreten Tat. Im 4. Teil unter C. werden insbesondere anhand der gewonnenen systematischen und teleologischen Erkenntnisse die einzelnen Voraussetzungen der Bandenmäßigkeit dargelegt und offene Fragen beantwortet.

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Endergebnis

• Um bei einer Straftatbegehung als Bandenmitglied berücksichtigt zu werden, ist erforderlich, dass die fragliche Person eine Bandenabrede eingegangen ist und dass sich die konkrete Tatbegehung als bandenmäßig darstellt.1 • Bandenabrede: Eine Bandenabrede kann nicht nur durch ausdrückliches, sondern auch durch schlüssiges Handeln eingegangen werden. Dabei ist genau zu prüfen, ab wann eine solche Schlüssigkeit und mithin eine Bandenabrede anzunehmen ist.2 Weiterhin ist es unschädlich, wenn sich nicht alle Mitglieder untereinander persönlich verabredet haben. Jedoch kann eine Person nicht als Bandenmitglied angesehen werden, wenn sie gar nicht weiß, dass sich mindestens drei Personen zur fortgesetzten Straftatbegehung verabredet haben.3 Das Aufkündigen einer Bandenabrede kann ebenfalls schlüssig und nicht allen Bandenmitgliedern gegenüber persönlich erfolgen.4 Eine familiäre oder sonstige soziale Bindung von Delinquenten hindert nicht deren Einstufung als Bandenmitglieder.5 Eine Bandenmitgliedschaft eines Verabredenden, der lediglich zum Schein eine Abrede eingeht, ist dann ausgeschlossen, sofern bzw. solange sich der Verabredende nicht tatsächlich an einer Tatbegehung beteiligt.6 Das erzwungene Eingehen einer Bandenabrede schließt eine wirksame Bandenmitgliedschaft dann aus, wenn der Zwang einen Grad erreicht hat, der einem – die Rechtswidrigkeit oder die Schuld ausschließenden – Nötigungsnotstand gleicht.7 Eine Verabredung zur Begehung bloßer Gehilfentätigkeiten steht einer Bandenmitgliedschaft nicht entgegen. Die Annahme einer Bande ist aber verfehlt, wenn sich in einer Gruppe nur eine Person zu täterschaftlichen Beiträgen bereit erklärt hat und die anderen allein Gehilfentätigkeiten ausüben wollen.8 Machen die Verabredenden die fortgesetzte Begehung von einer aufschiebend wirkenden Bedingung abhängig, ist auch erst ab Eintritt dieser Bedingung eine Bandenabrede anzunehmen.9 Für eine Verabredung zur fortgesetzten Begehung – und zwar von in der jeweiligen Bandennorm genannten Straftatgattungen – muss der Verabredende erkennen, dass es sich um tatbestandsmäßige und rechtswidrige Taten handelt.10 Fehlende Unrechtseinsicht und Steuerungs1

Siehe oben im 4. Teil C. Siehe oben im 4. Teil C.I.2.a). 3 Siehe oben im 4. Teil C.I.2.c). 4 Siehe oben im 4. Teil C.I.2.g). 5 Siehe oben im 4. Teil C.I.2.b). 6 Siehe oben im 4. Teil C.I.2.d). 7 Siehe oben im 4. Teil C.I.2.e). 8 Siehe oben im 4. Teil C.I.2.f). 9 Siehe oben im 4. Teil C.I.3. 10 Siehe oben im 4. Teil C.I.4.a) und b). 2

Endergebnis

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fähigkeit steht einer Bandenmitgliedschaft nicht entgegen. Die Annahme einer Bande erscheint jedoch dann nicht geboten, wenn für ein Mitglied offensichtlich ist, dass sonst kein anderes Mitglied in der Lage ist, den Unrechtswert der Abrede zu erkennen. Eine solche Offensichtlichkeit kann dann anzunehmen sein, wenn das Fehlen der Unrechtseinsicht gezielt aufrechterhalten wird. Für das Vorliegen einer Bandenabrede ist nicht die erstmalige (ausdrückliche) Verabredung entscheidend, sondern immer der Zeitpunkt der konkreten Tatbegehung, da sich zwischenzeitlich Umstände ändern können.11 • Bandenmäßige Tatbegehung: Ob eine konkrete Tatbegehung als bandenmäßig zu werten ist, hängt zum einen von den Voraussetzungen des Grunddelikts und zum anderen von den speziellen Anforderungen der Bandenmäßigkeit ab. Die konkrete Tat muss tatbestandsmäßig und rechtswidrig begangen worden sein. Allerdings ist eine taugliche Mitwirkung eines tatbestandslos handelnden Bandenmitglieds auch dann gegeben, wenn es fälschlich davon ausgeht, dass ein taugliches Tatobjekt oder eine taugliche Tathandlung vorliegt und es insofern selbst einen Versuch begangen hat.12 Grundsätzlich ist es unerheblich, ob die konkrete Tat schuldhaft begangen worden ist. Wird jedoch der schuldausschließende Zustand durch andere herbeigeführt oder ausgenutzt, kann unter Umständen nicht mehr die Bandenabrede, sondern allein die werkzeuggleiche Steuerung als Grund für die Tatbegehung angesehen werden.13 Eine zwar i. S. des Grunddelikts vorsätzliche rechtswidrige Tatbegehung einer Person ist nicht als bandenmäßig anzusehen, wenn diese kein Bandenmitglied ist,14 nicht als solches handeln will oder – bei den konvergenten Bandennormen – nicht um die Mitwirkung eines anderen Mitglieds weiß.15 Eine Handlung, die als bloße Anstiftung oder psychische Beihilfe zum Grunddelikt angesehen werden kann, muss nicht zugleich eine wirksame Mitwirkung i. S. der konvergenten Bandenregelungen sein, da die Qualität der Beteiligung zu gering sein kann.16 • Für Beteiligte an Taten von Bandenmitgliedern kommt nur dann eine bandenmäßige Strafschärfung in Betracht, wenn die Beteiligten selbst Mitglieder der Bande sind (§ 28 II StGB).17 Für die bandenmäßige Strafschärfung eines Beteiligten ist die Annahme einer Bandenmitgliedschaft 11 12 13 14 15 16 17

Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe Siehe

oben oben oben oben oben oben oben

im im im im im im im

4. 4. 4. 4. 4. 4. 4.

Teil Teil Teil Teil Teil Teil Teil

C.I.4.b). C.II.1.a)(2) und (3). C.II.3.a). C.II.1.a)(1). C.II.1.b)(1). C.II.1.a)(6). C.II.1.a)(1)(b).

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Endergebnis

bzw. einer bandenmäßigen Begehung einer anderen Person dann entscheidungserheblich, wenn eine Verbindung lediglich aus drei Personen besteht und/oder die andere Person alleine eine konkrete Tat ausführt.18 Ist die andere Person nämlich nicht als Bandenmitglied anzusehen, kann es zum einen bereits an der erforderlichen Personenzahl einer Bande fehlen. Dann kommt es für die Strafbarkeit einer Person gar nicht darauf an, ob diese andere Person selbst an der fraglichen Tat beteiligt war. Ist zum anderen die tatausführende andere Person nicht als Bandenmitglied zu berücksichtigen, kommt für das beteiligte Bandenmitglied nur dann eine bandenmäßige Begehung in Betracht, wenn ihm die Tatbeiträge täterschaftlich zugerechnet werden können. Eine solche Zurechnung führt jedoch bei den konvergenten Bandennormen allein nicht zu einer bandenmäßigen Begehung, wenn sonst kein weiteres Bandenmitglied an der konkreten Tat mitgewirkt hat. Ist kein Bandenmitglied als Täter anzusehen oder fehlt eine erforderliche Mitwirkungshandlung eines anderen Bandenmitglieds, kann das beteiligte Bandenmitglied neben dem Grunddelikt unter Annahme eines entsprechenden Vorsatzes bloß wegen versuchter bandenmäßiger Begehung belangt werden.

II. Ergebnisse hinsichtlich Banden und Kindern Die Darstellungen im 4. Teil unter A. verdeutlichen, dass in der bisherigen Rechtsprechung und Literatur nur vereinzelt und in Kürze diskutiert wurde, ob Kinder als Bandenmitglieder gelten und bandenmäßig handeln können. Diese Thematik wird nun erstmalig in dieser Arbeit im 4. Teil unter B ausführlich erörtert. • Kinder bleiben nicht generell im Rahmen der Bandenmäßigkeit unberücksichtigt. Insbesondere hat die absolute Schuldunfähigkeit eines Kindes nach § 19 StGB keine Auswirkung auf seine Fähigkeit, ein Bandenmitglied zu sein.19 Jedoch gilt bei Kindern wie bei anderen Personen auch, dass sie aufgrund bestimmter Strafdefizite im Einzelfall nicht als Bandenmitglieder anzusehen sind oder bandenmäßig handeln. Gegenüber älteren Personen besteht jedoch die Besonderheit, dass bei Kindern aufgrund altersbedingter Defizite eher eine bandenmäßige Berücksichtigung ausscheidet.20 Für die strafmündigen Bandenmitglieder stellt sich die Frage, ob und wie ihnen Taten von Kindern zugerechnet werden können. Da für die Bejahung der bandenmäßigen Begehung zumindest ein Bandenmitglied als Täter anzu18 19 20

Siehe oben im 4. Teil A.II.1. Siehe oben im 4. Teil B. Siehe oben im 4. Teil C.

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sehen sein muss, kommt der täterschaftlichen Zurechnung besonders dann im Rahmen der Bandenmäßigkeit eine wesentliche Rolle zu, wenn das Kind bandenextern ist oder nicht tatbestandsmäßig und rechtswidrig handelt. Daher widmet sich der 5. Teil dieser Arbeit bestimmten Zurechnungsfragen. • Mittelbare Täterschaft: Bei Beteiligung an Tatausführungen von Kindern liegt eine täterschaftliche Zurechnung über § 25 I Alt. 2 StGB nahe. Die Annahme von mittelbarer Täterschaft allein kann aber nicht aus der Tatsache hergeleitet werden, dass Kinder gem. § 19 StGB als absolut schuldunfähig gelten. Vielmehr muss eine konkrete Steuerung des Kindes vorliegen, die mit einem tatsächlichen und nicht nur einem rechtlichen Mangel des Kindes einhergeht. Bei tatsächlichen Mängeln auf der Schuldebene kann es dabei sein, dass ein Kind zwar als Bandenmitglied berücksichtigt wird, jedoch zugleich als Werkzeug i. S. des § 19 StGB anzusehen ist. Insgesamt bestimmt sich das Vorliegen einer mittelbaren Täterschaft bei kindlichen genauso wie bei erwachsenen Werkzeugen, wenngleich es bei Kindern wahrscheinlicher ist, dass sie entwicklungsbedingt tatsächliche Defizite aufweisen, die andere Personen ausnutzen. Darüber hinaus ist bei kindlichen im Vergleich zu sonstigen Tatausführenden die Möglichkeit nicht erweitert, eine für die bandenmäßige Begehung erforderliche Täterstellung eines Bandenmitglieds anzunehmen.21 • Unterlassen: Einem garantenpflichtigen Unterlassen der Verhinderung einer Tat eines Kindes kommt im Rahmen der Bandenmäßigkeit keine eigenständige Rolle zu, da insbesondere ein Unterlassen kaum als ein Aufrechterhalten der Bandenabrede anzusehen sein kann und somit nicht einer aktiven Beteiligung gleichzusetzen ist.22 In der Praxis wird oftmals beim Zusammentreffen von Banden und Kindern eine bandenmäßige Begehung noch nicht einmal in Erwägung gezogen. So war dies beispielsweise auch im zweiten, in der Einleitung unter I. dargestellten Fall betreffend der Jugendbande. Im zuerst vorgestellten Fall zur sog. „rumänischen Klaukinderbande“ erfolgte zwar eine Anklage, aber keine Verurteilung wegen bandenmäßiger Begehung, weil die relevanten Taten nach § 154 II StPO eingestellt wurden. Da Kinder jedoch selbst Bandenmitglieder sein und bandenmäßig handeln können oder einem strafmündigen Bandenmitglied eine Tatbegehung eines bandenexternen Kindes täterschaftlich zugerechnet werden kann, muss zumindest eine Auseinandersetzung mit der Bandenmäßigkeit erfolgen. Bei der in dieser Arbeit im Einzelnen herausgearbeiteten Voraussetzungen der bandenmäßigen Begehung werden gerade auch kindertypische Fallkonstellationen aufgezeigt, so 21 22

Siehe oben im 5. Teil A. Siehe oben im 5. Teil B.

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dass dies eine gute Orientierung dafür darstellt, was bei der Prüfung der Bande im Zusammenhang mit Kindern beachtet werden muss. • „Rumänische Klaukinderbande“: Diese Gruppe hatte sich darauf spezialisiert, Kinder, Jugendliche und Heranwachsende aus Rumänien nach Deutschland einzuschleusen, damit diese Taschendiebstähle und Einbrüche begehen. Dazu wurden die Eingeschleusten von erfahrenen Dieben trainiert und nach ihrer Ankunft in Berlin überwiegend in von dem Angeschuldigten M angemieteten Wohnungen untergebracht, wo sie sich jeweils mit mindestens einer weiteren Führungsperson aufhielten, welche sie überwachten und instruierten. In diesem Zusammenhang entwendeten z. B. die Kinder K1 und K2 eine Geldbörse aus der Jackentasche einer Geschädigten. – Hier liegt eine Bande i. S. der §§ 244 I Nr. 2, 244a StGB vor. Zunächst sind M und die anderen Führungspersonen als Mitglieder einer Diebesbande anzusehen, denn es schadet nicht, dass sie sich auch zum Einschleusen von Ausländern i. S. von §§ 96 II Nr. 2, 97 II AufenthG sowie Nötigungen und Gewaltanwendungen verabredet hatten23. Ebenfalls ist es unerheblich, dass sie nicht selbst Diebstähle ausführten, sondern dies die eingeschleusten „Klaukinder“ taten, denn sie waren zumindest an (einigen) Diebstählen beteiligt.24 Den „Klaukindern“ wurden zwar keine konkreten Diebstahlsaufträge erteilt, jedoch wurden sie – mitunter gewaltsam – angehalten, täglich eine bestimmte Summe zu stehlen.25 Dazu lebten sie unter Aufsicht von Führungspersonen in speziell angemieteten Wohnungen. Mitunter wurden die „Klaukinder“ auch zu Tatorten im übrigen Bundesgebiet gefahren.26 Dagegen ist die Mitgliedschaft der „Klaukinder“ in der Bande schon problematischer. Ihre fehlende Strafmündigkeit oder eventuell fehlende Unrechtseinsicht und Steuerungsfähigkeit hindern zwar nicht ihre Einstufung als Bandenmitglieder, jedoch wurden sie von den Führungspersonen nicht nur zur Tatbegehung angehalten, sondern auch gezwungen. Dies geschah teilweise unter Androhung sexueller Handlungen oder durch Fesseln des Geschwisterteils.27 Erbrachten sie nicht das vorgegebene Beuteziel, wurden sie beschimpft, bedroht, geschlagen und misshandelt. Wollten sich „Klaukinder“ absetzen, wurden sie oft unter Einsatz von Waffen und körperlicher Gewalt wieder zurückgeholt und zum Weitermachen gezwungen.28 Auch 23

Siehe oben im 4. Teil C.I.4.a). Siehe oben im 4. Teil C.I.2.f). 25 Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift vom 23.07.1999, Az. 80 Js 2655/97, S. 90, 93 [Akteneinsicht]. 26 Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift vom 23.07.1999, Az. 80 Js 2655/97, S. 9 [Akteneinsicht]. 27 Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift vom 23.07.1999, Az. 80 Js 2655/97, S. 91 [Akteneinsicht]. 24

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wenn die „Klaukinder“ bei ihrer Einschleusung zunächst der Begehung von Diebstählen zugestimmt haben sollten, ist jedenfalls dann, wenn solche Gewalt- und Drohmaßnahmen angewendet wurden, allein dies und nicht mehr eine Bandenabrede der Grund dafür, dass Diebstähle begangen wurden. Die Tatbegehungen dienten dann nämlich der Vermeidung des angedrohten Übels. Solche abgenötigten Diebstahlstaten konnten kaum als Ausdruck dafür angesehen werden, eine Abrede zur fortgesetzten Diebstahlsbegehung aufrechterhalten zu wollen.29 Sollten im konkreten Fall K1 und K2 daher nicht als Bandenmitglieder angesehen werden, müsste für die Annahme einer bandenmäßigen Begehung zunächst zumindest einem der Bandenmitglieder der Taschendiebstahl täterschaftlich zugerechnet werden. Ein gemeinsamer Tatplan und damit Mittäterschaft hinsichtlich der konkreten Tat scheint aufgrund der allgemeinen Anweisung, jede Gelegenheit zu nutzen, sich fremden Eigentums zu bemächtigen, unwahrscheinlich. Gerade der vorliegende Taschendiebstahl basierte auf einer günstigen Tatgelegenheit und erforderte keine vorherige Planung. Zudem erscheint es fraglich, von einem „gemeinsamen“ Tatplan zu sprechen, wenn die Kinder zur Tatbegehung genötigt werden. Aufgrund der Zwangswirkungen ist daher eine mittelbare Täterschaft (in Mittäterschaft) näher liegend. Dies wird für diejenigen Führungspersonen anzunehmen sein, die K1 und K2 zu der konkreten Diebstahlstat zwangen. Für diejenige Führungsperson, die mit K1 und K2 zum damaligen Zeitpunkt zusammenwohnte und sie überwachte, lässt sich eine mittelbare Täterschaft daher wohl begründen. Bei den Führungspersonen der Bande, denen andere Klaukinder unterstanden, fällt hingegen die Annahme einer mittelbaren Täterschaft aufgrund Nötigungsherrschaft schwer, sofern man nicht auf das Vorliegen von Tatherrschaft bezüglich des konkreten Diebstahls verzichten möchte. Auch wenn die Überwachung und Steuerung anderer „Klaukinder“ das System der Bande aufrechterhält und somit einen wesentlichen Aspekt der Vorgehensweise der Bande darstellt, liegt darin keine konkrete Nötigung und damit Steuerung von K1 und K2. Die Bande fungiert im heutigen Recht gerade nicht als Zurechnungsfigur. Eine bandenmäßige Begehung erfordert, dass das fragliche Bandenmitglied an der konkreten Tatbegehung derart beteiligt ist, dass die konkrete Tat als Ausdruck seines Festhaltens an der Bandenabrede anzusehen ist. Beziehen sich die Handlungen eines Bandenmitglieds jedoch nicht auf die konkrete Tat, sind aber dennoch für die Bande von Nutzen, können diese sachgemäß über § 129 StGB erfasst werden. Auch unter dem Aspekt der Organisationsherrschaft wird sich daher für die anderen Füh28 Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift vom 23.07.1999, Az. 80 Js 2655/97, S. 10, 91 [Akteneinsicht]. 29 Siehe oben im 4. Teil C.I.2.e).

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rungspersonen kaum eine mittelbare bandenmäßige Begehung des hier vorliegenden Taschendiebstahls herleiten lassen. Es ist bereits fraglich, inwiefern in dieser Bande mit mehreren Führungspersonen und damit Gleichgeordneten eine Organisationsherrschaft – zumindest über die Kinder, die anderen Führungspersonen unterstanden – gegeben sein kann.30 Ebenfalls wird auch die für den Bandendiebstahl erforderliche Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds an dem konkreten (mittelbaren) Diebstahl nicht einfach zu begründen sein. Die Grenzen der Beteiligungslehre und bandenmäßigen Begehung sind aber zumindest dann erreicht, wenn alle angeschuldigten Führungspersonen – wie von der Staatsanwaltschaft angenommen – als Mittäter eines schweren Bandendiebstahls eingestuft werden. Gelten K1 und K2 vorliegend jedoch als Bandenmitglieder, weil bei ihnen keine Nötigung erforderlich war, damit sie Straftaten begingen, ist eine bandenmäßige Begehung gegeben. Um aber überhaupt Mitglieder der Bande dafür bestrafen zu können, muss die Bandentat der beiden Kinder zumindest einem strafmündigen Bandenmitglied zugerechnet werden. Auf eine täterschaftliche Zurechnung kommt es dann allerdings nicht entscheidend an. • Jugendbande: Die aus Kindern und Jugendlichen bestehende Gruppierung „N.K.boys“ hatte sich darauf spezialisiert, bevorzugt in öffentlichen Verkehrsmitteln und deren Nähe andere Kinder und Jugendliche zu überfallen. Die erlangte Beute wurde unter den Mitgliedern aufgeteilt und z. B. für Disco- und Kinobesuche verwendet. Bei einer solchen Tat sprach der 14-jährige Angeklagte und Anführer der „N.K.boys“, der in Begleitung eines gesondert Verfolgten und eines Kindes war, zwei etwa Gleichaltrige auf einem Bahnsteig an und forderte sie auf, zu einer nahe gelegenen Bank mitzukommen, was diese auch taten. Dort wurden die beiden von dem Angeklagten und seinen Begleitern umzingelt. Das Kind durchsuchte zunächst die Opfer und nahm einem der Opfer 1,90 Euro und dem anderen ein Handy sowie ein Apple i-Pod ab, um die Gegenstände für sich und seine Begleiter zu verwenden. – Der Angeklagte hat den Raub bandenmäßig i. S. von § 250 I Nr. 2 StGB begangen. Gegen das Vorliegen einer Bande spricht zunächst nicht, dass sie nur aus Kindern und Jugendlichen besteht oder jugendtypische Taten (sog. „Abziehen“) begeht31. Es ist ferner unerheblich, dass sich die Kinder und Jugendlichen daneben auch zu anderen Zwecken, wie der gemeinsamen Freizeitgestaltung, zusammengefunden haben.32 Weiterhin beging die Gruppierung vorwiegend Raub- und Erpressungstaten und somit hatten sich die Mitglieder zumin30 31 32

Siehe auch oben im 5. Teil A.II.–IV. Siehe oben im 4. Teil B.II.2.a) und b). Siehe oben im 4. Teil B.II.2.c).

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dest konkludent zur Begehung von Raubtaten gem. § 250 I Nr. 2 StGB verabredet. Der Angeklagte war der Anführer dieser Bande und zumindest das beteiligte Kind ebenfalls Mitglied der Bande.33 Bei der begangenen Tat wurden wiederum etwa Gleichaltrige im Bereich der öffentlichen Verkehrsbetriebe überfallen und die erlangte Beute unter den Mittätern aufgeteilt, womit sich diese Tat im Rahmen der Bandenabrede bewegt. Schließlich handelten die Beteiligten gemeinschaftlich und somit ebenfalls unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds.

III. Fazit Der Vergleich beider Fälle zeigt, dass die Annahme einer bandenmäßigen Begehung der strafmündigen Mitglieder – insbesondere der Bandenbosse – bei der Jugendbande weniger auf Probleme stößt als bei der größeren und organisierten „rumänischen Klaukinderbande“. Dies liegt insbesondere daran, dass bei letzterer die Erwachsenen die Kinder zum Stehlen schickten und dabei selbst im Hintergrund blieben. Das System der „rumänischen Klaukinderbande“ zielte zwar darauf ab, durch Diebstahls- und Raubtaten große Gewinne zu erlangen, jedoch hatten sich die Führungspersonen gerade nicht auf die eigenhändige Begehung von Diebstahls- und Raubtaten spezialisiert. Hinter der Durchführung eines Diebstahls oder Raubes stand ein komplexes System, bei dem Kinder, Jugendliche und Heranwachsende aus Rumänien nach Deutschland eingeschleust, zu Dieben trainiert, durch zugeteilte Führungspersonen überwacht, durch Nötigungen und körperliche Gewalt zum Stehlen gezwungen und ihnen die Beute abgenommen wurde. Die Hintermänner konzentrierten sich weniger auf die Planung konkreter Diebstahls- und Raubtaten, sondern auf die Aufrechterhaltung ihrer kriminellen Organisation. Anders ist dies bei der Jugendbande, wo der Anführer selbst Raub- und Erpressungstaten beging. Diese Gegenüberstellung verdeutlicht, dass der Strafschärfungsgrund der bandenmäßigen Begehung nicht den gesamten Unrechtsgehalt widerspiegelt, der bei einer Bande zum Tragen kommen kann. Während sich bei der hier beispielhaft angeführten Jugendbande das Unrecht auf die i. S. der Bandenabrede liegenden ausgeführten Taten beschränkt, ist dies bei der „rumänischen Klaukinderbande“ nicht der Fall. Daher kommt für die Führungspersonen noch die Anwendung anderer Strafnormen in Betracht: gewerbsund bandenmäßiges Einschleusen von Ausländern, §§ 96 II Nr. 2, 97 II AufenthG, Körperverletzung, § 223 StGB, gefährliche Körperverletzung 33 LG Berlin, Urteil vom 27.09.2007, Az. (524) 47 Js 1256/06 KLs (27/07), 524-27/07 [juris; Rn. 23, 49, 52].

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§ 224 StGB, Freiheitsberaubung, § 239 StGB, und Nötigung, § 240 StGB. Weiterhin sind sie als führende Mitglieder einer kriminellen Vereinigung nach § 129 IV StGB strafbar. Bis auf § 97 II AufenthG handelt es sich bei den genannten Normen jedoch lediglich um Vergehen. Und nicht jede gleichsam organisierte Bande wird Ausländer einschleusen. Ein schwerer Bandendiebstahl nach § 244a StGB stellt dagegen ein Verbrechen dar. Da jedoch die Zurechnungs- und Beweisanforderungen bei einer bandenmäßigen Begehung – auch wenn vielleicht wünschenswert – nicht umgangen werden können, wird für im Hintergrund agierende Bandenmitglieder nach jetziger Gesetzeslage oftmals die Anwendung einer Verbrechensnorm ausscheiden müssen. Für solche aktiven Organisationen, die auf psychische und physische Druckmittel zurückgreifen, wäre de lege ferenda eine Modifikation des § 129 StGB, z. B. durch Einführung einer als Verbrechen ausgestalteten Qualifikation, eine sachgerechte Lösung. Ebenfalls käme die Einführung einer als Verbrechen ausgestalteten Bandenqualifikation der Nötigung in Betracht. Ein weiterer als Unrecht zu wertender Aspekt des Vorgehens der „rumänischen Klaukinderbande“ ist gar nicht gesetzlich erfasst: das gezielte Einsetzen von Kindern zur Straftatbegehung. Dass Kinder leichter zu manipulieren und zu steuern sind, kann im Einzelfall über die Anwendung von mittelbarer Täterschaft berücksichtigt werden. Für eine mittelbare Täterschaft kann es jedoch allein nicht ausreichen, dass die Kinder strafunmündig gem. § 19 StGB sind.34 Die Führungspersonen haben vorliegend jedoch gezielt diese Strafunmündigkeit für ihr Vorhaben ausgenutzt. Den Kindern wurden die Pässe weggenommen und sie wurden angehalten, dass sie sich immer als Kinder ausgeben sollten, damit ihnen in strafrechtlicher Hinsicht nichts passieren konnte. So kamen die Kinder zwar in Heime, wenn sie aufgegriffen wurden, jedoch konnten sie aus diesen leicht wieder fliehen.35 Überhaupt bietet der Einsatz von Kindern noch weitere Vorteile für eine Straftatbegehung, z. B. erscheinen sie grundsätzlich unverdächtiger als ältere Personen und gegen sie sind nur eingeschränkte Notwehrmaßnahmen erlaubt. § 171 StGB erfasst zwar die Förderung eines kriminellen Lebenswandels von Personen unter 16 Jahren, jedoch gilt dies ausschließlich für Fürsorgeoder Erziehungspflichtige. Die Führungspersonen der „rumänischen Klaukinderbande“ werden danach kaum Täter sein können, denn sie haben nicht von Gesetz wegen, durch Vertrag oder faktisch die Aufgabe übernommen, die gesunde körperlich-seelische Entwicklung der Kinder zu gewährleis34

Siehe oben im 5. Teil A.II.7. Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift vom 23.07.1999, Az. 80 Js 2655/97, S. 90 [Akteneinsicht]; Direktion 2 VB AG Rumba, zeugenschaftliche Vernehmung des K1 vom 13.11.1997, S. 4, 6 [Akteneinsicht]. 35

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ten,36 denn die Kinder wurden von Anfang an allein zum Stehlen rekrutiert. Anders gestaltet sich dies bei sog. Familienbanden. Es genügt für § 171 StGB zudem nicht, dass der Schutzbefohlene nur mal eine Tat begeht, denn eine Einzeltat lässt regelmäßig noch keinen Schluss auf das künftige Legalverhalten des Schutzbefohlenen zu.37 Damit steht bei § 171 StGB gerade nicht das verwerfliche, weil gezielte Einsetzen von Strafunmündigen zur Straftatbegehung im Vordergrund. Anders ist dies bei § 30a II Nr. 1 BtMG, wonach es mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren geahndet wird, wenn eine Person über 21 Jahren eine Person unter 18 Jahren bestimmt, Betäubungsmittelstraftaten zu begehen. Diese Norm wurde durch das OrGKG eingeführt, weil die Benutzung Minderjähriger für die Durchführung des Betäubungsmittelverkehrs in besonderer Weise verabscheuungswürdig und strafwürdig sei.38 Diesem neuen Verbrechenstatbestand lag die Erfahrung zugrunde, dass Drogenhändler immer häufiger Minderjährige und auch Kinder wegen deren geringerer Straferwartung bzw. Strafunmündigkeit als lebende Drogenbunker und Transporteure zur Abwicklung ihrer Drogengeschäfte missbrauchen.39 Auch wenn von einer solchen Betäubungsmitteltat für Kinder höhere gesundheitliche Gefahren ausgehen als vielleicht von einem Taschendiebstahl, verdeutlicht § 30a II Nr. 1 BtMG jedoch, dass das Benutzen von Kindern zur Straftatbegehung grundsätzlich als verwerflich und strafwürdig anzusehen ist und auch außerhalb des Betäubungsmittelrechts sanktioniert werden sollte. Das Benutzen von Kindern zur Straftatbegehung sollte de lege lata zumindest bei der Strafzumessung berücksichtigt werden. Nach § 46 III StGB dürfen bei der Strafzumessung aber nicht solche Umstände herangezogen werden, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestands sind. Der Grund für dieses Verbot liegt darin, dass erst das Vorliegen dieser Merkmale das Verhalten zu einem strafbaren macht und sie somit bereits in die Festlegung des Strafrahmens eingeflossen sind.40 Basiert also das Einsetzen der Kinder auf einer Gewalteinwirkung oder Drohung, kann dies nicht bei den Taten strafschärfend berücksichtigt werden, die dies bereits im Tatbestand erfordern (z. B. Körperverletzung oder Nötigung). Allerdings kann das Ausnutzen speziell der Strafunmündigkeit und der altersbedingten geringeren Widerstandsfähigkeit der Kinder in die Strafzumessung dieser Taten einfließen. 36

Vgl. Neuheuser, NStZ 2000, 174 (175). Neuheuser, NStZ 2000, 174 (177 f.). 38 BT-Drucks. 12/989, S. 55. Die Notwendigkeit, ein derartiges Verhalten zu ahnden, ergibt sich auch aus Art. 3 V lit. f des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen; vgl. BGBl. 1993 II, S. 1144. 39 Körner/Patzak, BtMG, § 30a Rn. 26. 40 S/S/Stree/Kinzig, § 46 Rn. 45. 37

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De lege ferenda wäre jedoch eine gesetzlich normierte Regelung wünschenswert. Zunächst wäre auch außerhalb des Betäubungsmittelrechts die Einführung von Regelbeispielen oder Qualifikationen bei den Straftaten denkbar, bei denen der Einsatz von Kindern wahrscheinlich ist, z. B. beim Diebstahl. Dies hätte jedoch den Nachteil, dass eine konkrete Beteiligung an dem durch das Kind ausgeführten Grunddelikt nachgewiesen werden müsste. Weiterhin käme hier ebenfalls für kriminelle Vereinigungen eine Modifikation des § 129 StGB durch Einführung einer Qualifikation in Betracht. Jedoch sind nicht alle Personen, die sich Kindern bedienen, Mitglieder einer kriminellen Vereinigung. Sofern Personen psychische und physische Druckmittel einsetzten, um Kinder zur Tatbegehung zu zwingen, könnte dieses Unrecht durch die Einführung einer als Verbrechen ausgestalteten Qualifikation der Nötigung aufgefangen werden. Dabei wäre bereits der Versuch strafbar. Sofern auch keine Nötigungsmittel vorliegen, wäre an die Schaffung einer eigenen Strafnorm zu denken. Diese sollte über eine Versuchsstrafbarkeit verfügen, so dass bereits eine Strafbarkeit eintritt, wenn es nicht zur Tatbegehung des Kindes kommt oder irrig angenommen wurde, es handele sich um ein Kind. Im Vergleich zum Maßstab der Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht müsste der Strafrahmen einer solchen Norm jedoch unterhalb des Strafrahmens des § 171 StGB liegen. Allerdings sind hierbei Regelbeispiele und Qualifikationen möglich. Diese Tat würde im Übrigen nicht hinter der Beteiligung an der Tat des Kindes zurücktreten. Gerade der Fall der „rumänischen Klaukinderbande“ verdeutlicht, dass beim Zusammentreffen von Kindern und Banden die tatausführenden Kinder nicht nur Täter, sondern oftmals selbst Opfer sind. Die sie einsetzenden Hintermänner und nicht die „kriminellen Kinder“ sind dann das eigentliche Problem, dem begegnet werden muss. Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag dazu leisten, dass dieser Thematik nicht nur mediale Aufmerksamkeit zuteil kommt, sondern rechtliche Konsequenzen folgen.

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Sachverzeichnis 19. Jahrhundert siehe auch Bayerisches StGB; Preußen; Reichsstrafgesetzbuch – Entwicklung im 37–43, 43–45 20. Jahrhundert siehe auch Reichsstrafgesetzbuch – Entwicklung im 45–50 Aberratio ictus 253 Fn. 384 Abrede siehe Bandenabrede; Gemeinsamer Tatplan; Komplott; Verbrechensverabredung Absolute Bedeutungslosigkeit 121 Absolute Schuldunfähigkeit 172, 173, 177–179, 268, 283–297 Abstrakte Gefahr 152 f., 153–157, 157 f., 315 Achtbücher 35 Agent provocateur 214 f. Aktionsgefahr 93, 95 siehe auch Ausführungsgefahr Akzessorietät, limitierte 164, 165, 172, 290, 291 Aliud, Bandenmitgliedschaft als 110 Alkoholrausch, keine Steuerungsfähigkeit durch 269 Allgemeindelikte 242 f. Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten (ALR, 1794) 36 f. Alter – bandenfähiges (Bsp.) 204 – Differenzierung 193 f. – falsche Angabe 21 Fn. 2 – Feststellung 175 Fn. 62 – Reifeprozess 178 Altersbedingte Strafbarkeitsmängel 171, 205, 241, 275, 325

Altersgrenzen, zivilrechtliche 179–182 Altersheim, Identitätstäuschung im (Bsp.) 256, 257 Amtliche Ausweise, Fälschung von 52 Anführer 34, 36 f., 41 Anklage, keine wegen bandenmäßiger Begehung (Bsp.) 27 f. Anstifter und Anstiftung – agent provocateur 214 f. – und Bandenabrede 225–228 Apfeldiebstahl (Bsp.) 237–239, 268 f. Arabische Großfamilien 24 Fn. 23 Arzneimittelgesetz 53 Asylantragstellung, missbräuchliche 53 Aufkündigen – Bandenabrede 69 f., 230 – gemeinsamer Tatplan 230 Fn. 312 Aufsichtspflichten 309, 311 Ausführungsgefahr siehe auch Aktionsgefahr – Abgrenzung zur Organisationsgefahr 96 f., 154 – abstrakte vs. konkrete 152 f., 158, 315 – bei Diebstahl 97, 142 – herrschende Meinung 136 f., 141–144 – und Mitwirkungserfordernis 96 f., 136 f., 142 f., 152 f. Ausgeführtes Komplott 111, 113 Fn. 66, 116 Ausländer, Einschleusen von 53 f. Außenwirtschaftsgesetz 54 Austauschbarkeit, von Bandenmitgliedern 300, 302

Sachverzeichnis Ausweise, Fälschung von 52 Autoaufbrüche (Bsp.) 189 Autodiebstahl (Bsp.) 81, 86 f., 265 f. Banden siehe auch Historische Entwicklung; Systematische Bedeutung; Teleologische Auslegung – Austritt aus 230 – Beherrschung von 307 f., 311 – Einsatz von Kindern 23 f. – gemischte 71 f., 233 f. – als geschäftsähnliche Organisation 145 Fn. 270, 191 f. – grammatikalische Auslegung 60 – Gründung, und Strafbarkeit 40, 44 f., 45–47, 48, 115, 167, 307 – Jugendbande N.K.boys (Bsp.) 26 f., 322 f. – mit Kindern, Gefährlichkeit 182, 184 f., 185 f., 201–203 – Klaukinderbanden, rumänische (Bsp.) 25 f., 319, 320–322, 323 f. – Landstreicherbanden 40 f., 45 Fn. 117 – ohne mafiöse Struktur 185–201 – Nichtmitglieder 85, 88–91, 243 f., 245 f., 246–249, 297–299 – Organisationsstruktur 76, 130, 150, 302 – Rechtsgelöstheit 300, 301 – soziale Verbindungen 201–203, 209 f. – Ungefährlichkeit 126 – Zweierbande 42, 43, 49, 59–62, 136, 143 Bandenabrede 74–80, 205–241, 316 f. siehe auch Organisationsgefahr; Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr – Abgrenzung zum gemeinsamen Tatplan 107 f., 117 f. – und Anstifter 225–228 – Aufkündigen 69 f., 230

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– besondere persönliche Merkmale 55, 88–90, 90 f., 115, 125, 243 f., 280 f., 298 – und Beteiligung 76 Fn. 118, 221–229 – Beweisanforderungen 78, 109 – bei Drogenhandel (Bsp.) 67, 210–213, 230 – und Ehe 203 Fn. 211 – erzwungene 79, 217–221 – Fähigkeit zur (Kinder) 79 f., 176–182 – fortgesetzte Begehung 42, 64–70, 117 f., 132 f., 231 f. – freiwillige 79, 217–221 – und Garantenpflicht 306 f. – geheimer Vorbehalt 78 f., 213–217 – und Gehilfen 76, 222–225 – historische Entwicklung 74–78 – von Jugendbanden (Bsp.) 73, 235 – und Mindestpersonenanzahl 75, 207, 216 – und mittelbare Täter 229 – persönliche 76 f., 210–213 – als Rechtsgeschäft 180 f. – bei sozialen Verbindungen 203 Fn. 211, 209 f. – stillschweigende 72, 74 f., 168, 208 f., 217 f. – Strafbarkeitsmängel 205–241 – Taten, verabredete 235–239 – Tatgattungen, verabredete 46, 71–74, 233–235 – Überschreiten von 81, 86, 253 f., 264–266 Bandenaustritt 230 Bandenbildung siehe Bandengründung Bandenbosse 299–303 siehe auch Anführer; Führungspersonen; Rädelsführer Bandendiebstahl siehe Diebstahl Bandenexterne Personen siehe Nichtmitglieder

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Sachverzeichnis

Bandengefahr siehe Teleologische Auslegung Bandengründung siehe auch Bandenabrede – Strafbarkeit von 40, 44 f., 45–47, 48, 115, 167, 307 Bandenhehlerei siehe Hehlerei Bandeninteresse siehe Übergeordnetes Bandeninteresse Bandeninterne Personen siehe Bandenmitglieder und -mitgliedschaft Bandenmäßige Begehung 80–99, 241–275, 317 siehe auch Ausführungsgefahr; Bandenabrede; Mittelbare Täter und Täterschaft; Mitwirkungsgefahr; Straferhöhung; einzelne Beispiele – und Entschuldigungsgründe 271–273 – Grunddelikt 242, 274 – Kausalität 256 f. – Mitwirkung 92–99, 257–262 – objektive Zurechnung 256 f. – Rechtswidrigkeit 267 – Schuldfähigkeit 268–270 – Strafbarkeitsmängel 205, 241–275 – subjektive Merkmale, sonstige 266 f. – Taterfolg 255 f. – Tathandlung 254 f. – Tatobjekt 249–254 – Tatsubjekt 242–249 – Unrechtsbewusstsein 270 f. – durch Unterlassen 304–312, 319 – Vorsatz 263–266 Bandenmitglieder und -mitgliedschaft 80–91, 242–249 siehe auch Bandenabrede; Kinder; Mindestpersonenanzahl; Mittelbare Täter und Täterschaft; Mitwirkungserfordernis; Unterlassen; einzelne Beispiele Bandenmitgliedsfähigkeit (Kinder) 79 f., 177–179 siehe auch Kinder: Berücksichtigung bei Banden . . .

Bandennichtmitglieder siehe Nichtmitglieder Bandennormen – aktuelle 50–54 – Begriff 29 Fn. 43 – Jugendbanden, Anwendbarkeit auf 28, 128 f., 185–194, 197–201 – Kinder, Anwendung auf 175–203 – ohne Mitwirkungserfordernis 50–54, 61, 242 Fn. 346 – Organisierter Kriminalität, Einfluss von 62, 126–129, 185–201 – und Tatgattungen 71 Fn. 82 Bandenqualifikationen – Bandennorm (Begriff) 29 Fn. 43 – Bandennormen 50–54 – historische Entwicklung 41, 43, 47 – und mittelbare Täterschaft 297–299 – Straferhöhung (Begriff) 55 Fn. 159 – Superqualifikation 198–201 Bandenregelungen siehe Bandennormen Bandenwille, Gefährlichkeit des siehe Täterwille Bandenwille, gefestigter siehe Übergeordnetes Bandeninteresse Bayerisches StGB (1813) 39 f. Bayerisches StGB (1861) 42 Beaufsichtigungspflichten 309, 311 Bedeutungslosigkeit, von Taten 121 Beihilfe siehe Gehilfen und Beihilfe Besondere persönliche Merkmale – Bandenabrede 55, 88–90, 90 f., 115, 125, 243 f., 280 f., 298 – Begriff 88 f., 243 Bestechlichkeit 53 Bestrafung siehe Strafen Betäubungsmittelgesetz 49, 54, 144 f., 242 Fn. 346 siehe auch Drogenhandel Beteiligte und Beteiligung siehe auch Täter und Täterschaft; Teilnehmer und Teilnahme; sowie Komplott; Verbrechensverabredung

Sachverzeichnis – Abgrenzung zum Mitwirkungserfordernis 259 – Abgrenzung zur Bande 104–118 – und Bandenabrede 76 Fn. 118, 221–229 – historische Entwicklung 32, 34, 35, 37–39, 41, 92, 111 – Schuld von 267 f. Betrug – Bandennormen 52 – Kausalität (Bsp.) 257 – Taterfolg (Bsp.) 256 Beweisanforderungen, an Bandenabrede 78, 109 Beweiserhebliche Daten, Fälschung von 52 Bindungswille siehe auch Bandenabrede – ernsthafter 75, 78 f., 213 f. Brandstiftung (Bsp.) 73 f. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Altersgrenzen 179–182 Chemiewaffenübereinkommen, Ausführungsgesetz zum 54 Codex Juris Bavarici Criminalis (1751) 36 Comics, Diebstahl von (Bsp.) 186, 253, 264 f. Computerbetrug 52 Computersabotage 53 Constitutio Criminalis Carolina (CCC) 35 DDR – Machtapparat 300, 308 Fn. 130 – StGB 48 Fn. 142 Dealen siehe Drogenhandel Defekte siehe Strafbarkeitsmängel Delikte siehe Taten Deutsches Reich – Duchesne-Fall 112 – Militär-Strafgesetzbuch (1872) 112 Fn. 57

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– RStGB (1871) 43, 46 f., 59, 112 f., 119, 162 – Schmuggel mit Beteiligung von Kind (Bsp.) 162 Diebstahl siehe auch einzelne Beispiele – Ausführungsgefahr 97, 142 – Bandennormen 51 – Gewerbsmäßigkeit 47, 131, 199 – und Hehlerei 71 f., 233 f. – historische Entwicklung 35 f., 40 f., 42, 43, 47, 48 – organisierte Begehungsweise 149 f. – Täter-Opfer-Konfrontation 97, 142 – mit Verbotsirrtum 271 Drogenhandel siehe auch Betäubungsmittelgesetz – und Bandenabrede (Bsp.) 67, 210–213, 230 – und Bandeninteresse 81–83 – durch Kinder (Bsp.) 21 – in mittelbarer Täterschaft 229 – durch Nichtbandenmitglied 248 f. – durch Personen unter 18 Jahren 325 – mit Scheindrogen 250 f. Drohungen siehe Erzwungene . . . Duchesne-Fall 112 Ehe und Familie, Schutz von 202 f. Eigendynamik siehe Gruppendynamik Eigeninteresse siehe Individualinteresse Einbruchsdiebstahl siehe einzelne Beispiele Einheitsstrafe, im Jugendstrafrecht 28 Einmalige Tatbegehung 231 Einschleusen (Ausländer) 53 f. Einsichtsfähigkeit siehe Unrechtseinsicht Einzelstrafe 28 Entschuldigungsgründe 271–273 Entsprechungsklausel 310–312 Erfolgsdelikte 255, 256 f., 310

342

Sachverzeichnis

Ernsthafter (Bindungs-)Wille 75, 78 f., 213 f. Erpressung 51 Erwachsene siehe Strafmündige Personen Erziehungspflicht 324 f. Erzwungene Bandenabrede 79, 217–221 Erzwungene bandenmäßige Begehung 271–273 Etymologie, des Wortes Bande 60 Factio 32 Fahrraddiebstahl (Bsp.) 251–253, 254 f., 264, 269 Falsche Altersangabe 21 Fn. 2 Fälschungen 50, 52 Familien – Großfamilien, kriminelle 24, 84 – Schutz von Ehe und Familie 202 f. Familienbanden 202 f., 209 f., 305 f., 309 Feuerbach, Anselm von 37–39, 71 Fortgesetzte Begehung 42, 64–70, 117 f., 132 f., 231 f. Fortgesetzte Handlung 65, 66 f. Fränkisches Recht 33, 34 Freiwilligkeit siehe Erzwungene . . . Freybergische Ordnung (1582) 35 f. Friesisches Recht 33, 34 Frühe Neuzeit, Rechte der 35–37 Führungspersonen siehe auch Bandenbosse; Hintermänner; Rädelsführer – rumänischer Klaukinderbande (Bsp.) 25 f., 320–322 Fungibilität siehe Austauschbarkeit Fürsorgepflicht 324 f. Garantenpflicht 305–309 Gefährlichkeit siehe auch Ausführungsgefahr; Organisationsgefahr; Teleologische Auslegung; Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr

– abstrakte Gefahr 152 f., 153–157, 157 f., 315 – Aktionsgefahr 93, 95 – von Banden mit Kindern 182, 184 f., 185–201, 201–203 – Gruppendruck 139, 141, 220, 272 – Gruppendynamik 125 Fn. 136, 136, 139 f., 141, 154 f., 220 – von Kindern als Bandenmitglied 182–184 – konkrete Gefahr 136 f., 152 f., 154 f., 158, 315 – von kriminellen Vereinigungen 124, 130, 140, 151, 155 – Mitwirkungsgefahr 152 f., 158, 184, 253, 262, 315 – der Organisation 145, 148 f. – der organisierten Begehungsweise 146, 149–151 – der Tatbegehung 136 f., 141–144, 152 f. – des Täterwillens 144 f., 147 f. – der Verbindung 135 f., 139 f., 153–157 Gefestigter Bandenwille siehe Übergeordnetes Bandeninteresse Gefolgschaft 33 f. Geheimer Vorbehalt 78 f., 213–217 Gehilfen und Beihilfe – und Bandenabrede 76, 222–225 – historische Entwicklung 34, 39 – als Mitwirkende 98, 258–260 Geldfälschung 50 Geldwäsche 51, 55 Gemeinsamer Tatplan – Aufkündigen von 230 Fn. 312 – bei Klaukinderbande (Bsp.) 321 – von Mittätern 105, 107 f., 110, 117 f. Gemischte Banden 71 f., 233 f. Germanische Rechte 33 f. Gesamtstrafe 28

Sachverzeichnis Gesamtvorsatz 66 f. Gesamtwille 122 f. siehe auch Übergeordnetes Bandeninteresse Geschäftsähnliche Organisation, Banden als 145 Fn. 270, 191 f. Geschäftsunfähigkeit 180 Geschichte siehe Historische Entwicklung Geschlossene Heime 23 Gewerbsmäßigkeit – Abgrenzung zur Bandenmäßigkeit 131–134 – Bandennormen 51–54 – Diebstahl 47, 131, 199 – historische Entwicklung 36, 47, 131 Glücksspiel, unerlaubtes 53 Grammatikalische Auslegung 60, 119 Großfamilien, kriminelle 24, 84 Grunddelikt – als Bandennormen 51 – und Strafbarkeitsmängel 242, 274 – Unrecht des 155 f., 157, 238 Grundstoffüberwachungsgesetz 54 Gruppendruck 139, 141, 220, 272 Gruppendynamik 125 Fn. 136, 136, 139 f., 141, 154 f., 220 Gruppenwille siehe Gesamtwille; Übergeordnetes Bandeninteresse Handlungsfähigkeit 174 Handy, Diebstahl von (Bsp.) 266 f. Häupter siehe Anführer Hauseinbrüche siehe einzelne Beispiele Hehlerei – Bandennormen 51, 53 – und Diebesbande 71 f., 233 f. – Vortäter 164, 178 f. Heime, geschlossene 23 Heimsuche 33, 34 Hintermänner siehe auch Mittelbare Täter und Täterschaft; Unterlassen; einzelne Beispiele

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– von Klaukinderbande (Bsp.) 25 f., 98, 186, 320–322 – von krimineller Vereinigung 123 f., 125 f. – Problemaufriss 24–29 – als Täter 287 f., 296 f. – als Teilnehmer 289 f., 295 f. Historische Entwicklung 31–57 siehe auch DDR; Deutsches Reich; Preußen; Strafgesetzbücher (historische) – 19. Jahrhundert 37–45 – 20. Jahrhundert 45–50 – Bandenabrede 74–78 – Bandenqualifikationen 41, 43, 47 – besonderes persönliches Merkmal 89 f. – Beteiligungsformen 32, 34, 35, 37–39, 41, 92, 111 – Diebstahl 35 f., 40 f., 42, 43, 47, 48 – fortgesetzte Begehung 42, 64 – frühe Neuzeit 35–37 – Germanen 33 f. – Gewerbsmäßigkeit 36, 47, 131 – Kinder als Bandenmitglieder 56, 162, 163 – Komplott 35 f., 37–41, 41 f., 43–45, 45–47, 110 f., 111–113 – kriminelle Vereinigungen 46, 47 f., 119 – Mindestpersonenanzahl 33, 34, 40, 41, 42, 43, 49, 59–63 – Mittelalter 34 f. – Mitwirkungserfordernis 42 f., 48 f., 62 f., 92–96 – Raub 40, 42, 43, 47, 49 – Römer 31 f. – Schmuggel 43 f., 49 f., 59 Fn. 7, 89 f., 93 Fn. 213, 162 – Straferhöhung 33 f., 36 f., 40 f., 42, 43 f., 45 – Tatgattungen, verabredete 46, 71

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Sachverzeichnis

– Verbrechensverabredung 45–47, 111–113 – Versuch 39 Fn. 74, 40, 112 f. Hundediebstahl (Bsp.) 277–279, 279 f., 282, 294 Identitätstäuschung 256, 257 Individualinteresse 81–83, 86 f. Indizien, für Bandeninteresse 62, 82, 109 Ingerenz 306 f. Irrtümer siehe auch Täuschung – über Bandenmitgliedschaft 246–249 – über Mitwirkung 258–260, 263 f. – über Tathandlung (Wegnahme) 254 f. – über Tatobjekt (Drogenhandel) 250 f. – über Tatobjekt (Fremdheit) 251–253, 278 f., 279 f., 294 – Verbotsirrtum 270 f. Jugendbanden – Anwendbarkeit von Bandennormen 28, 128 f., 185–194, 197–201 – Begriff 25 Fn. 26 – N.K.boys (Bsp.) 26 f., 322 f. – und Organisierte Kriminalität 128 f., 185–201 – Tatgattungen, verabredete 73, 235 Jugendliche siehe auch einzelne Beispiele – Drogenhandel 325 – als mittelbarer Täter 292 f. Jugendpornographische Schriften 50 Jugendstrafrecht 28, 174 Karrenstrafe 40 Kausalität 256 f. Kinder siehe auch Steuerungsfähigkeit; Strafmündigkeit; Unrechtseinsicht; einzelne Beispiele

– Alter, bandenfähiges (Bsp.) 204 – Altersangabe, falsche 21 Fn. 2 – Altersgrenzen, zivilrechtliche 179–182 – Aufsichtspflichten gegenüber 309, 311 – Austauschbarkeit von 302 – Bandenmitgliedsfähigkeit 79 f., 176–182 – Bandennormen, Anwendung von 175–203 – Berücksichtigung bei Banden, grundsätzliche 172–204 – Berücksichtigung bei Banden, historische 56, 162, 163 – Berücksichtigung bei Banden im Einzelfall 205–275 – Berücksichtigung bei Banden, Meinungsstand 160–172 – Definition 25 – und Drogenhandel 21, 325 – Einsatz durch Banden 23 f. – Fürsorge- und Erziehungspflicht gegenüber 324 f. – Gefährlichkeit als Bandenmitglied 182–184 – Gefährlichkeit von Banden mit 182, 184 f., 185–201, 201–203 – Geschäftsunfähigkeit 180 – in geschlossenen Heimen 23 – Handlungsfähigkeit 174 – in Jugendbande (Bsp.) 26 f., 322 f. – Klaukinderbande, rumänische (Bsp.) 25 f., 319, 320–322, 323 f. – und mittelbare Täter 87 f., 98 f., 276–303, 319 – und Organisationsherrschaft 299–303 – Reifeprozess 178 – Strafbarkeit 21 – Strafbarkeit des Einsatzes von 324–326 – Strafbarkeitsmängel, altersbedingte 171, 205, 241, 275, 325

Sachverzeichnis – Strafmündige, Auswirkung auf 91, 164 f., 166–171, 277–283, 318 f. – Strafnormen, Anwendung von 173–175 – Strafunmündigkeit (Definition) 21 – Strafverfahren gegen 175 Fn. 62 – Taten, kindertypische 73 – und Täter 287 f., 296 f. – als Tatverdächtige (Statistik) 21 f. – und Teilnehmer 289 f., 295 f. – als Vortäter 164, 178 f. – Vorteile bei Einsatz von 29 Kinderbanden siehe Klaukinderbanden, rumänische Kinderhandel 51 Kinderpornographische Schriften 50, 77 Fn. 122 Klaukinderbanden, rumänische (Bsp.) 25 f., 319, 320–322, 323 f. Komplott siehe auch Mittäter und Mittäterschaft; Verbrechensverabredung – Abgrenzung zur Bande 110–116, 116–118 – ausgeführtes 111, 113 Fn. 66, 116 – historische Entwicklung 35 f., 37–41, 41 f., 43–45, 45–47, 110 f., 111–113 – Mordkomplott 35, 111 Fn. 48 – Schmuggelkomplott 43 f., 89 – unausgeführtes 38, 44 f., 111–113, 113–115, 116 Konfrontation, Täter-Opfer- 68, 93, 97, 137, 142, 146, 152, 153 Fn. 316 Konkludente Bandenabrede 72, 74 f., 168, 208 f., 217 f. Konkrete Gefahr 136 f., 152 f., 154 f., 158, 315 Konkrete Schuldhaftigkeit 204 Fn. 215, 277 Fn. 6 Konvergenzdelikte 61, 103 Kriegswaffenkontrollgesetz 54

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Kriminelle Vereinigungen – Abgrenzung zur Bande 119–126, 129–131, 148, 151, 155, 195–197 – absolute Bedeutungslosigkeit 121 – Beherrschung von 308 – Definition 120, 122 – Gefährlichkeit 124, 130, 140, 151, 155 – Gruppendynamik 140 – Hintermänner 123 f., 125 f. – historische Entwicklung 46, 47 f., 119 – Nichtmitglieder 123 f., 125 f. – Organisationsstruktur 122, 125 Fn. 136, 140 – Rädelsführer 123 f., 303, 308 – Ungefährlichkeit 126 Ladendiebstahl (Bsp.) 91, 128 f., 186 Landstreicherbanden 40 f., 45 Fn. 117 Limitierte Akzessorietät 164, 165, 172, 290, 291 Lockspitzel 214 f. Machtapparate, staatliche 300, 308 Fn. 130 Mafiöse Struktur siehe Organisierte Kriminalität Mängel siehe Strafbarkeitsmängel Menschenhandel 51 Menschliches Werkzeug siehe Mittelbare Täter und Täterschaft Militär-Strafgesetzbuch (1872) 112 Fn. 57 Minder schwere Fälle 193, 200, 201, 203 Mindestpersonenanzahl (Bande) 59–64, 207 – mit Anstiftern 225–228 – und Bandenabrede 75, 207, 216 – bei gemischter Bande 72 – mit Gehilfen 222–225 – herrschende Meinung 31, 63, 207

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Sachverzeichnis

– historische Entwicklung 33, 34, 40, 41, 42, 43, 49, 59–63 – und Kinder 80, 166 – und Mittäterschaft 105, 108 f. – und Mitwirkungserfordernis 62 f., 95 f. – und Organisationsgefahr 64 – und Scheinabrede 216 – und Strafbarkeitsmängel 206, 207 – mit Werkzeugen (mittelbare Täterschaft) 229 Missbräuchliche Asylantragstellung 53 Mitglieder siehe Bandenmitglieder und -mitgliedschaft Mitläuferklausel 124 Mittäter und Mittäterschaft siehe auch Komplott – Abgrenzung 105–110, 116–118, 278 Fn. 7 – gemeinsamer Tatplan 105, 107 f., 110, 117 f. – historische Entwicklung 41, 92, 111 – und Mindestpersonenanzahl (Bande) 105, 108 f. – und Mitwirkungserfordernis 92–96, 98, 260 – und nicht tatbestandsmäßiges Handeln 252 – und Nichtbandenmitglieder 245 f. Mittelalter, Rechte des 34 f. Mittelbare Täter und Täterschaft 276–304 siehe auch Hintermänner – und Bandenabrede 229 – und Bandenmäßigkeit, Auswirkung auf 277–283 – Definition 276 f. – bei fehlender Qualifikation 297–299 – bei Klaukinderbande (Bsp.) 321 f. – und Mitwirkungserfordernis 98 f., 260–262 – durch Organisationsherrschaft 299–303 – und Sonderdelikte 298 f. – und staatliche Machtapparate 300

– und Strafunmündigkeit des Werkzeugs 87 f., 98 f., 283–297, 319 – Täter hinter dem Täter 292, 299–303 – und Wirtschaftsunternehmen 301 Miturheberschaft 38, 39 Mitwirkungserfordernis 92–99, 257–262 – Abgrenzung zur Beteiligung 259 – und Ausführungsgefahr 96 f., 136 f., 142 f., 152 f. – Bandennormen mit 51–54, 55, 242 Fn. 346 – Bandennormen ohne 50–54, 61, 242 Fn. 346 – historische Entwicklung 42 f., 48 f., 62 f., 92–96 – und Mindestpersonenanzahl 62 f., 95 f. – und Mittäterschaft 92–96, 98, 260 – und mittelbare Täterschaft 98 f., 260–262 – und Mitwirkungsgefahr 152 f., 158, 184, 253, 262, 315 – und nicht tatbestandsmäßiges Handeln 251–253, 254 f., 258 – und Nichtbandenmitglied 98 f., 260 f. – und Organisationsgefahr 96 f. – und örtlich-zeitliches Zusammenwirken 92–97, 141 f. – und psychische Beihilfe 98, 258–260 – und Versuch 251–253, 254 f., 258 – und Vorsatz 263 f. Mitwirkungsgefahr 152 f., 158, 184, 253, 262, 315 Mordkomplott 35, 111 Fn. 48 Nebengesetze, strafrechtliche siehe auch Betäubungsmittelgesetz – aktuelle 53 f. – Reichsabgabenordnung (1939) 44, 89

Sachverzeichnis – Sprengstoffgesetz (1884) 44 f., 48 – Vereinszollgesetz (1869) 43 f., 162 Nichtmitglieder siehe auch Besondere persönliche Merkmale – und Bande 85, 88–91, 243 f., 245 f., 246–249, 297–299 – und kriminelle Vereinigung 123 f., 125 f. N.K.boys (Jugendbande, Bsp.) 26 f., 322 f. Normen siehe Strafnormen Nötigung siehe Erzwungene . . . Notwendige Teilnahme 103 Objektive Zurechnung 256 f. Objektiver Tatbestand 242–262 Opiumgesetz siehe Betäubungsmittelgesetz Organisation, Gefährlichkeit der 145, 148 f. Organisationsgefahr siehe auch Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr – Abgrenzung zur Ausführungsgefahr 96 f., 154 – und Bandenabrede 74, 77 – und fortgesetzte Begehung 68 – herrschende Meinung 135 f., 139 f. – Kritik 153–157 – und Mindestpersonenanzahl 64 – und Mitwirkungserfordernis 96 f. Organisationsgrad siehe Organisationsstruktur Organisationsherrschaft 299–303, 321 f. Organisationsstruktur – Banden 76, 130, 150, 302 – kriminelle Vereinigungen 122, 125 Fn. 136, 140 – Organisierte Kriminalität 128 Organisierte Begehungsweise, Gefährlichkeit der 146, 149–151 Organisierte Kriminalität – Abgrenzung zur Bande 126–129 – und Ausführungsgefahr 143

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– Bandennormen, Einfluss auf 62, 185–201 – und Bandenqualifikationen 297–299 – Definition 127, 185 Fn. 111, 191 f. – und Jugendbanden 128 f., 185–201 – Organisationsstruktur 128 Örtlich-zeitliches Zusammenwirken 63, 92–97, 141 f. Partikularstrafgesetzbücher 36 f., 39 f., 42 f., 59, 92, 314 Personenanzahl siehe Mindestpersonenanzahl Personenzusammenschlüsse 103–131 siehe auch Banden; Beteiligte und Beteiligung; Komplott; Kriminelle Vereinigungen; Organisierte Kriminalität Persönliche Merkmale siehe Besondere persönliche Merkmale Persönliche Verabredung 76 f., 210–213 Pflichtwidriges Vorverhalten 306 f. Planung siehe Gemeinsamer Tatplan; Verbrechensverabredung Preußen – ALR (1794) 36 f. – PrStGB (1851) 42 f., 92, 314 Psychische Beihilfe 98, 258–260 Qualifikationen siehe Bandenqualifikationen Rädelsführer 36 f., 40, 123 f., 303, 308 RAO (Reichsabgabenordnung, 1939) 44, 89 Raub – Ausführungsgefahr 142 – Bandennormen 51 – historische Entwicklung 40, 42, 43, 47, 49 – durch Jugendbande (Bsp.) 26 f., 322 f.

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Sachverzeichnis

Räumlich-zeitliches Zusammenwirken 63, 92–97, 141 f. Rauschgift siehe Drogenhandel Rechtsgelöstheit 300, 301 Rechtsgeschäft, Bandenabrede als 180 f. Rechtswidrigkeit 267 Regelbeispiele 29 Fn. 43, 48 Fn. 142, 49, 50–54, 55 Fn. 159, 123 f., 326 siehe auch Minder schwere Fälle Reichsabgabenordnung (RAO, 1939) 44, 89 Reichsstrafgesetzbuch (1871) 43, 46 f., 59, 112 f., 119, 162 Reifeprozess 178 Relative Bedeutungslosigkeit 121 Rollenverteilung, von Bandenmitgliedern 76, 221–229 Römisches Recht 31 f. Rücktrittsregelung 45 Rumänische Klaukinderbande (Bsp.) 25 f., 319, 320–322, 323 f. Sachbeschädigung (Bsp.) 73 f., 298 Sanktionen siehe Strafen Schecks, Fälschung von 50 Scheinabrede 78 f., 213–217 Scheindrogen (Bsp.) 250 f. Schleswig und Holstein, Verordnung der Herzogtümer (1814) 40 f., 56 Schlüssiges Verhalten (Bandenabrede) 72, 74 f., 168, 208 f., 217 f. Schmuggel – Bandennorm 53 – historische Entwicklung 43 f., 49 f., 59 Fn. 7, 89 f., 93 Fn. 213, 162 – und Kind als Bandenmitglied 162 – Komplottnorm 43 f., 89 – Mindestpersonenanzahl (Bande) 59 Fn. 7 – und Mitwirkungserfordernis 93 Fn. 213 – durch Nichtbandenmitglieder 89 f.

Schreibtischtäter 300 Schuld siehe auch Limitierte Akzessorietät – von Beteiligten 267 f. Schuldfähigkeit siehe Steuerungsfähigkeit; Unrechtseinsicht Schuldhaftigkeit, konkrete 204 Fn. 215, 277 Fn. 6 Schuldmerkmal, Bandenmitgliedschaft als 176 f. Schuldunfähige und Schuldunfähigkeit siehe Kinder; Steuerungsfähigkeit; Unrechtseinsicht Schwere Fälle siehe Regelbeispiele Schwerer Raub 49, 51 Sonderdelikte 84, 90 f., 243, 280, 298 f. Soziale Verbindungen 201–203, 209 f. Sprengstoffgesetz (1884) 44 f., 48 Staatliche Machtapparate 300, 308 Fn. 130 Staatsfeindliche Verbindungen 46, 119 Stehlen siehe Diebstahl Steuerhehlerei 53 Steuerhinterziehung 53 Steuerungsfähigkeit – und bandenmäßige Begehung 268–270 – und Bandenmitgliedsfähigkeit (Kinder) 177–179 – und mittelbare Täterschaft 283–297 – und Täterschaft 287 f., 296 f. – und Teilnahme 289 f., 295 f. – und verabredete Taten 237–239 Stillschweigende Bandenabrede 72, 74 f., 168, 208 f., 217 f. Strafbarkeit – von Bandengründung 40, 44 f., 45–47, 48, 115, 167, 307 – des Einsatzes von Kindern 324–326 – von Kindern 21 – des untauglichen Versuchs 247 f.

Sachverzeichnis Strafbarkeitsmängel siehe auch Mittelbare Täter und Täterschaft; einzelne Beispiele – und Bandenabrede 205–241 – und bandenmäßige Begehung 205, 241–275 – kindertypische 171, 205, 241, 275, 325 Strafdefekte siehe Strafbarkeitsmängel Strafen – Einheits- vs. Gesamtstrafe 28 – Einzelstrafe 28 – Karrenstrafe 40 Straferhöhung (bandenmäßige Begehung) siehe auch Bandenqualifikationen; Gewerbsmäßigkeit; Regelbeispiele; Teleologische Auslegung – Begriff 55 Fn. 159 – historische Entwicklung 33 f., 36 f., 40 f., 42, 43 f., 45 Straffähige siehe Strafmündige Personen Straffreiheit, durch Rücktrittsregelung 45 Strafgesetzbuch (StGB) – Bandenbegriff 48 f. – Bandennormen 50–53 Strafgesetzbücher (historische) – BayStGB (1813) 39 f. – BayStGB (1861) 42 – CCC 35 – DDR-StGB 48 Fn. 142 – Entwürfe im 20. Jahrhundert 45–47 – Militär-Strafgesetzbuch (1872) 112 Fn. 57 – PrStGB (1851) 42 f., 92, 314 – RStGB (1871) 43, 46 f., 59, 112 f., 119, 162 Strafgründe siehe Gefährlichkeit Strafmängel siehe Strafbarkeitsmängel Strafmündige Personen siehe auch einzelne Beispiele

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– Auswirkung von Taten mit Kindern auf 91, 166–171, 276, 277–283, 318 f. Strafmündigkeit – Eintritt 25 Fn. 25 – Herabsenkung 22 Strafnormen siehe auch Bandennormen – Anwendung auf Kinder 173–175 Strafschärfung siehe Straferhöhung Straftaten siehe Taten Straftäter siehe Täter und Täterschaft Strafunmündige und Strafunmündigkeit siehe Kinder Strafverfahren, gegen Kinder 175 Fn. 62 Strafzweck siehe Teleologische Auslegung Subjektiver Tatbestand 263–267 Subventionsbetrug 52 Superqualifikation 198 Synonyme, zum Wort Bande 60 Systematische Bedeutung (Bande) 102–135 – Abgrenzung zur Beteiligung 104–118 – Abgrenzung zur Gewerbsmäßigkeit 131–134 – Abgrenzung zur kriminellen Vereinigung 119–126, 148, 151, 155, 195–197 – Abgrenzung zur Organisierten Kriminalität 126–129 – Stufen der Bandenmäßigkeit 129 Taschendiebstahl (Bsp.) 25 f., 225–228, 320–322 Tatbegehung siehe Bandenmäßige Begehung Tatbezogene Merkmale 88 f., 243 f. Taten siehe auch Bandenqualifikationen; Grunddelikt; Regelbeispiele; Verbrechen; Vergehen; einzelne Tatarten

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Sachverzeichnis

– Allgemeindelikte 242 f. – und Bandenabrede 46, 71–74, 233–239 – Bedeutungslosigkeit von 121 – Erfolgsdelikte 255, 256 f., 310 – kindertypische 73 – Konvergenzdelikte 61, 103 – durch kriminelle Vereinigung 120 f. – Sonderdelikte 84, 90 f., 243, 280, 298 f. – unbestimmte 64–70, 117 f. Täter hinter dem Täter 292, 299–303 Täter-Opfer-Konfrontation 68, 93, 97, 137, 142, 146, 152, 153 Fn. 316 Täter und Täterschaft siehe auch Mittäter und Mittäterschaft; Mittelbare Täter und Täterschaft – Bandenmitglied als 80, 84 f., 243 – und Mitwirkungserfordernis 63 Fn. 40, 93–96, 98 f. – Nichtbandenmitglied als 85 – und Werkzeuge ohne Unrechtseinsicht und Steuerungsfähigkeit 287 f., 296 f. – durch Unterlassen 304–312 Täterbezogene Merkmale siehe Besondere persönliche Merkmale Taterfolg 255 f. Täterwille, Gefährlichkeit des 144 f., 147 f. Tatgattungen, verabredete 46, 71–74, 233–235 Tatgefahr siehe Ausführungsgefahr Tathandlung 254 f. Tatherrschaft 284, 286, 287, 293 siehe auch Organisationsherrschaft Tatmittler siehe Mittelbare Täter und Täterschaft Tatobjekt 249–254 Tatort siehe Örtlich-zeitliches Zusammenwirken Tatplan siehe Gemeinsamer Tatplan Tatsubjekt 242–249

Tatverdächtige, Kinder als (Statistik) 21 f. Tatzeit siehe Örtlich-zeitliches Zusammenwirken Täuschung siehe auch Irrtümer; Mittelbare Täter und Täterschaft – und Fehlen von subjektiven Merkmalen 266 f. – über Fremdheit Tatobjekt 168, 169 f., 236 f., 260–262, 277 f., 279, 294 – geheimer Vorbehalt bei Bandenabrede 78 f., 213–217 – über Identität (Bsp.) 256, 257 – durch Kind als mittelbarer Täter (Bsp.) 229 Technische Aufzeichnungen, Fälschung von 52 Teilnehmer und Teilnahme siehe auch Anstifter und Anstiftung; Gehilfen und Beihilfe – Abgrenzung 278 Fn. 7 – bei krimineller Vereinigung 124 Fn. 127 – notwendige 103 – und Werkzeuge ohne Unrechtseinsicht und Steuerungsfähigkeit 289 f., 295 f. Teleologische Auslegung (Bande) 135–158, 182–203 siehe auch Gefährlichkeit Überfälle siehe Heimsuche; Raub Übergeordnetes Bandeninteresse 62 f., 75, 81–83, 109 f., 123, 195 f. Überwachergarant 305–309 Umsatzsteueraufkommen, Schädigung des 54 Unausgeführtes Komplott 38, 44 f., 111–113, 113–115, 116 Unbestimmte Taten 64–70, 117 f. Unerlaubtes Glücksspiel 53 Unmittelbare Täter siehe Täter und Täterschaft

Sachverzeichnis Unrecht, des Grunddelikts 155 f., 157, 238 Unrechtsbewusstsein 270 f. Unrechtseinsicht – und bandenmäßige Begehung 267–270 – und Bandenmitgliedsfähigkeit (Kinder) 177–179 – und mittelbare Täterschaft 283–297 – und Täterschaft 287 f., 296 f. – und Teilnahme 289 f., 295 f. – vs. Unrechtsbewusstsein 270 – und verabredete Taten 237–239 Untaugliche Tathandlung 254 f. Untauglicher Versuch 247 f., 250 f. Untaugliches Tatobjekt 250–254 Untaugliches Tatsubjekt 245 f., 246–249 Unterlassen 304–312, 319 Unternehmen, Wirtschafts-, und mittelbare Täterschaft 301 Untreue 52 Urheber und Urheberschaft 38 f., 42 f., 59, 92 Urkundenfälschung 52 Urteilsformel (bandenmäßige Begehung) 29 Verabredung siehe Bandenabrede; Gemeinsamer Tatplan; Komplott; Verbrechensverabredung Verbindungen siehe Personenzusammenschlüsse Verbindungsaufrechterhaltungsgefahr 153–157, 157 f., 315 siehe auch Organisationsgefahr; einzelne Beispiele im 4. Teil C. – und Gefährlichkeit von Kindern 182–184 – Herleitung 153–157, 157 f. – und mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft 303 – und Organisationsstruktur 197

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Verbindungsgefahr siehe Organisationsgefahr Verbotsirrtum 270 f. Verbrechen siehe auch Bandennormen; Verbrechensverabredung – Begriff 113 – Superqualifikation 198 Verbrechensverabredung siehe auch Gemeinsamer Tatplan; Komplott – Abgrenzung zur Bande 113–115, 116–118, 129–131 – historische Entwicklung 45–47, 111–113 Vereinszollgesetz (VZG, 1869) 43 f., 162 Vergehen 46, 114 f., 131 siehe auch Bandennormen Vermögenskriminalität 55, 198, 249, 271, 276 Versuch siehe auch einzelne Beispiele – und agent provocateur 214 – historische Entwicklung 39 Fn. 74, 40, 112 f. – und Mitwirkungserfordernis 251–253, 254 f., 258 – und Tatsubjekt 246–249 – untauglicher 247 f., 250 f. Versuchsstrafbarkeit 231, 246–249, 326 Verurteilung, keine wegen bandenmäßiger Begehung (Bsp.) 26–28 Vorbereitungshandlungen siehe Gemeinsamer Tatplan; Kriminelle Vereinigungen; Verbrechensverabredung Vordermänner siehe Mittelbare Täter und Täterschaft Vorsatz – und bandenmäßige Begehung 263–266 – Gesamtvorsatz 66 f. Vortäter, Kinder als 164, 178 f. VZG (Vereinszollgesetz, 1869) 43 f., 162

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Werkzeug, menschliches siehe Mittelbare Täter und Täterschaft Wille siehe auch Bindungswille; Übergeordnetes Bandeninteresse – bei Gewerbsmäßigkeit 132 f. – von krimineller Vereinigung 122 f. – Täterwille, Gefährlichkeit des 144 f., 147 f. Willenserklärungen 214 Wirtschaftsunternehmen, und mittelbare Täterschaft 301 Wohnungseinbrüche siehe einzelne Beispiele

Zahlungskarten, Fälschung von 50 Zeitlich-örtliches Zusammenwirken 63, 92–97, 141 f. Zueignungsabsicht, fehlende 266 f. Zurechnung, objektive 256 f. Zurechnungsunfähige siehe Kinder Zusammenschlüsse siehe Personenzusammenschlüsse Zusammenwirken, zeitlich-örtliches 63, 92–97, 141 f. Zwang siehe Erzwungene . . . Zweierbande 42, 43, 49, 59–62, 136, 143