Die Auswahl der Richter in der englischen und amerikanischen Rechtspraxis [1 ed.] 9783428419890, 9783428019892


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Die Auswahl der Richter in der englischen und amerikanischen Rechtspraxis [1 ed.]
 9783428419890, 9783428019892

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 94

Die Auswahl der Richter in der englischen und amerikanischen Rechtspraxis Von

Uwe Kayser

Duncker & Humblot · Berlin

UWE KAYSER

Die Auswahl der Richter i n der englischen und amerikanischen Rechtspraxis

Schriften

zum ö f f e n t l i c h e n Band 94

Recht

Die Auswahl der Richter in der englischen und amerikanischen Rechtspraxis

Von Dr. Uwe Kayser

D U N C K E R & H U M B L O T / B E R L I N

Gedruckt m i t Unterstützung des Marburger Universitätsbundes

Alle Rechte vorbehalten © 1969 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1969 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Prlnted in Germany

Für Renate

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand i n ihren wesentlichen Teilen während eines sechsmonatigen Aufenthaltes i n London i m Jahre 1966 und eines viermonatigen Aufenthaltes an der Yale University, New Häven, Conn., i m ersten Halbjahr 1967. Sie geht auf eine Anregung meines verehrten Lehrers Professor Dr. Erich Schwinge zurück. I h m möchte ich auch an dieser Stelle für seine stets wohlwollende Förderung danken. Mein besonderer Dank gilt auch Professor Dr. Rudolf Bruns, der m i r wertvolle Hinweise und vielfache Unterstützung zukommen ließ. Marburg/Lahn, i m Februar 1969

Inhalt A. Einleitung

15

B.

23

Die Auswahl der Richter in England I. Historische Einführung I I . Die Richterstellen an den englischen Gerichtshöfen

23 46

1. Ordentliche Gerichte

46

2. Weitere Richterstellen (Richterliche Hilfsbeamte)

57

3. Verwaltungstribunale

61

I I I . Die f ü r die A u s w a h l der englischen Richter zuständigen Organe

63

1. Die Krone

63

2. Der Premierminister

64

3. Der L o r d Chancellor

65

4. Weitere beteiligte Organe

73

I V . Die bei der A u s w a h l der englischen Richter angelegten Maßstäbe 1. Befähigungsvoraussetzungen

75 75

a) Der englische Anwaltsstand

75

b) Die Befähigungsvoraussetzungen i m einzelnen

87

2. Beweggründe der Ernennung a) Fachliche Erwägungen b) Politische und soziologische Erwägungen

91 91 108

V. Die Unabhängigkeit, die Qualität u n d das Ansehen der englischen Richter 134 1. Unabhängigkeit

134

2. Qualität

147

3. Ansehen

159

Inhalt

10

C.l.Die Auswahl der Richter in den Vereinigten Staaten von Amerika Die Auswahl der Richter in den Einzelstaaten 168 I. Historische Einführung I I . Die Richterstellen an den Einzelstaatengerichten

168 175

I I I . Die f ü r die A u s w a h l der Einzelstaatenrichter zuständigen Organe 180 1. Die Wählerschaften

180

2. Die Legislativen

181

3. Die Gouverneure

182

I V . Die bei der A u s w a h l der Einzelstaatenrichter angelegten Maßstäbe 185 1. Befähigungsvoraussetzungen

185

a) Der amerikanische Anwaltsstand

185

b) Die Befähigungsvoraussetzungen i m einzelnen

190

2. Beweggründe der Ernennung

192

a) Fachliche Erwägungen

192

b) Politische u n d soziologische Erwägungen

202

V. Die Unabhängigkeit, die Qualität u n d das Ansehen der Einzelstaatenrichter 212 1. Unabhängigkeit

212

2. Qualität

221

3. Ansehen

229

C.2. Die Auswahl der Richter in der Union I. Die Richterstellen an den Unionsgerichten I I . Die f ü r die A u s w a h l der Unionsrichter zuständigen Organe

233 . 233 . • 236

1. Der Präsident

236

2. Der Senat

242

I I I . Die bei der A u s w a h l der Umonsrichter angelegten Maßstäbe . • 245 1. Fachliche Erwägungen

245

2. Politische u n d soziologische Erwägungen

258

Inhalt I V . Die Unabhängigkeit, die Qualität u n d das Ansehen der Unionsrichter 279

D.

1. Unabhängigkeit

279

2. Qualität

287

3. Ansehen

295

Schlußbetrachtung

300

Schrifttum

315

Gesetze (England)

329

Entscheidungen (England)

332

Entscheidungen (USA)

333

Register

334

Abkürzungen ABl. A . C. Ala. Alas. A l l E. R. AoR AR A B A Ariz. Ark. Art(s). Aufl.

Amtsblatt The L a w Reports, Appeal Cases Alabama Alaska A l l England L a w Reports Archiv des öffentlichen Rechts A n n u a l Reports of the American Bar Association Arizona Arkansas A r t i k e l , article(s) Auflage

B.&C. Bd. betr. BGB1.

Barnewall & Cresswell Band betreffend Bundesgesetzblatt

c. Cal. ch(s). CI. CI. & Fin. Col. col(s). Cong. Cong. Rec. Conn. Const. Conv.

caput California chapter(s) Clause Clark & Finnelly Colorado column(s) Congress Congressional Record Connecticut Constitution Convention

Del ders. d. h. dies. Doug. DOV DRiZ DVB1.

Delaware derselbe das heißt dieselben Douglas, King's Bench Die öffentliche V e r w a l t u n g Deutsche Richterzeitung Deutsches Verwaltungsblatt

ed(s).

edition, editor(s)

ff. Fla. FuBn.

folgende Florida Fußnote

Ga. GB1. GVB1.

Georgia Gesetzblatt Gesetz- u n d Verordnungsblatt

Abkürzungen

13

Haw. H. C. Hg. H. i. O. H. L . H. L . C.

Hawaii House of Commons Herausgeber Hervorhebung(en) i m Original House of Lords House of Lords Cases

ib. Id. i. d. F. III. Ind. Io. i. V. m.

ibidem Idaho i n der Fassung Illinois Indiana Iowa i n Verbindung m i t

J. A m . Jud. Soc. JböffR JZ

Journal of the American Judicature Society Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Juristenzeitung

Kan. K.B. Ky.

Kansas The L a w Reports, King's Bench Division Kentucky

La. lib.

Louisiana liber

Mass. Md. MDR Me. Mich. Minn. Miss. Mo. Mon.

Massachusetts Maryland Monatsschrift f ü r Deutsches Recht Maine Michigan Minnesota Mississippi Missouri Montana

n. N. C. N. Dak. Neb. Nev. N. H. N.J. NJW N. Mex. No. ns. N. Y .

note N o r t h Carolina N o r t h Dakota Nebraska Nevada N e w Hampshire N e w Jersey Neue Juristische Wochenschrift N e w Mexico Numero notes New York

O. Oh. Okla. Ore.

Order Ohio Oklahoma Oregon

p. Pa. Pari. Deb.

page Pennsylvania Parliamentary Debates

Abkürzungen

14 pp. pt(s).

pages part(s)

Q. B.

Queen's Bench Reports

r. R. reg(s). R. I. R. S. C.

rule Rex regulations(s) Rhode Island Rules of the Supreme Court

s. S. S. C. sch. S. Dak. Sec(s). seq. ser. sess. S.I. sog. S. R. & O. ss. St. Stat. St. T r . Suppl.

section Seite(n) South Carolina schedule South Dakota Section(s) sequentes series session Statutory Instruments sogenannte(r) Statutory Rules and Orders sections statute Public Statutes at Large of of America State Trials Supplement

Tenn. Tex.

Tennessee Texas

U. S.

United United United United u n d so Utah

U . S . C. U. S. C. A. usw. Ut.

the

United

States; States Supreme Court Reports States Code (1964 Edition, Supplements) States Code Annotated weiter

Va. VB1. VerhDJT vgl. vol(s). Vt.

versus Virginia Verordnungsblatt Verhandlungen des Deutschen Juristentages vergleiche volume(s) Vermont

Wash. Wis. W. Va. Wyo.

Washington Wisconsin West Virginia Wyoming

z. B. zit. ZZP

zum Beispiel zitiert Zeitschrift f ü r Zivilprozeß

V.

States

A. Einleitung Richterliche Entscheidungen können nur dann gerecht sein, wenn i n der Person des Richters zwei Voraussetzungen erfüllt sind: die Freiheit von allen Bindungen m i t Ausnahme der Unterwerfung unter Gesetz und Recht und eine besondere fachliche und menschliche Eignung. Ein für die Freiheit und Eignung des Richters gleichermaßen bedeutsamer Faktor ist das Verfahren, nach dem er i n sein A m t berufen wird. Ist es nach seiner technischen Ausgestaltung und praktischen Handhabung allein und ausschließlich darauf gerichtet, unter den für ein Richteramt vorhandenen Kandidaten den Besten herauszufinden, so ist zwar allein deshalb die Unabhängigkeit der Richter noch nicht gewährleistet, aber das Verfahren w i r d — und das ist bereits ein gewichtiger Vorteil — i n einem solchen Fall auch keine besondere Gefahrenstelle darstellen, bei der irgendwelche Angriffe auf die richterliche Unabhängigkeit einsetzen können. Ohne weiteres lassen sich als Ergebnis eines solchen Wahlvorganges hochqualifizierte Richter vorhersagen, auch wenn die Auslese oft schwierig sein und nicht immer zu einstimmigen Ergebnissen führen w i r d 1 . Die Richterauslese muß aber nicht i n solch eindeutigen Bahnen verlaufen. Konstitutionelle Schwächen des Verfahrens oder Verantwortungslosigkeit des Auswahlorganes können die Ernennung oder Be1 Jedenfalls ist eine solche Auslese nicht unmöglich, denn sowohl über die Anforderungen an einen guten Richter als auch über den W e r t der zur Verfügung stehenden Persönlichkeiten läßt sich n u r zu einem gewissen Grad streiten. Die Frage etwa, ob es f ü r einen über Fragen des Z i v ü - oder Strafrechts i n letzter Instanz entscheidenden Richter unerläßlich ist, daß er sich i n seinem Leben auch einmal a k t i v politisch oder sonst staatsbürgerlich betätigt hat, läßt sich sicher m i t „ j a " oder „nein" beantworten. Ebenso k a n n fraglich sein, w e r bisher dien schärfsten juristischen Verstand a n den Tag gelegt hat: der Kandidat A m i t einer glänzenden Verwaltungslaufbahn, der Kandidat B m i t einer Reihe bemerkenswerter theoretischer A b h a n d lungen oder der K a n d i d a t C m i t einer A n z a h l abgewogener u n d unanfechtbarer richterlicher Entscheidungen. Aber weder läßt sich i m ersten F a l l ernsthaft bestreiten, daß die politische Tätigkeit auch nicht teilweise Ersatz f ü r eine außerordentliche juristische Begabung u n d einen ausgeglichenen u n d unabhängigen Charakter sein darf, daß es also erst einmal darauf ankommt, diese Qualitäten festzustellen, noch w i r d imi zweiten Beispiel zweifelhaft sein, daß A , B u n d C die besten Kandidaten aus einem Dutzend sind u n d daß die W a h l deshalb zwischen ihnen, u n d zwar i m Wege einer i n die Einzelheiten gehenden A b w ä g u n g ausfallen muß.

16

A. Einleitung

förderung unabhängiger und fähiger Persönlichkeiten verhindern. Typischer sind heute aber noch Störungen, die von außen kommen. Bietet der Auswahlvorgang den i m modernen Staat wirksamen Kräften m i t anderen Zielsetzungen als der einer optimalen Richterauslese die Möglichkeit, die Besetzung der Gerichte mitzubestimmen, so ist m i t einer Voreingenommenheit der ernannten Richter für die sie stützende Interessengruppe zu rechnen, vor der auch die traditionellen Unabhängigkeitsgarantien — Weisungsfreiheit bei der Spruchtätigkeit, Unabsetzbarkeit, wirtschaftliche Sicherheit — keinen hinreichenden Schutz bieten 2 . Gleichzeitig ist zu befürchten, daß geeignete Bewerber aus der engeren Wahl ausscheiden, w e i l sie ungebunden sind und deshalb nur schwache oder überhaupt keine Fürsprecher besitzen. Die Bedeutung des Richterauswahlverfahrens erschöpft sich aber nicht i n der Mitbestimmung der richterlichen Unabhängigkeit und richterlichen Qualität. Sie erstreckt sich damit zugleich auch auf das richterliche Ansehen oder, was dem gleichzusetzen ist, auf die innere Bereitschaft der Verfahrensbeteiligten, den Richterspruch anzunehmen. Ist sichergestellt und offen sichtbar, daß die Auswahl der Richter auf sachlichen Erwägungen beruht, so w i r d die Allgemeinheit dem Richter Vertrauen entgegen bringen und sich seinem als unparteiisch und überlegen anerkannten Schiedsspruch bereitwillig unterwerfen. Setzt sich aber die Überzeugung durch, daß wenig getan wird, u m die Besten zu Richtern zu machen, und w i r d bekannt, daß bei der Richtersuche Bindungen eine Rolle spielen, die m i t dem Bilde von den unparteiischen Gerichten nur schwer zu vereinbaren sind, so werden die Rechtsuchenden den Richtern kritisch gegenüberstehen und ihre Bereitwilligkeit zur Unterwerfung unter die richterlichen Entscheidungen w i r d abnehmen. Von den für die Auswahl der Richter denkbaren Systemen 3 , der Wahl durch das Volk, der Wahl durch das Parlament, der Ernennung durch die Regierung oder das Staatsoberhaupt, der Berufung durch die Richterschaft selbst (Kooptation) und der Einschaltung besonderer zwischen den Gewalten stehender Wahlgremien sind i n der Bundesrepublik Deutschland gleich mehrere Spielarten vertreten, es fehlen 2 Die W i r k u n g dieser Garantien erschöpft sich darin, Einflußnahmen auf den Richter nach seiner Ernennung zu hemmen u n d dem Richter behilflich zu sein, der sich nach seiner Ernennung u m eine möglichst große Uberparteilichkeit bemüht. Sie bieten aber keinerlei Gewähr, daß politisch, w e l t anschaulich oder religiös voreingenommene Richter ihre persönlichen A n sichten zugunsten einer höheren neutralen Position aufgeben oder gar, daß n u r Persönlichkeiten aus dem Ausleseprozeß erfolgreich hervorgehen, die schon vor ihrer Berufung eine solche H a l t u n g an den Tag gelegt haben oder von denen doch erwartet werden kann, »daß sie sie als Richter an den Tag legen werden. 3 Vgl. dazu Loewenstein, Verfassungslehre, S. 235 ff.; Bundes Justizministerium, Referenten-Denkschrift, S. 17.

A . Einleitung n u r V o l k s w a h l u n d K o o p t a t i o n . Sieben d e r e l f L ä n d e r h a b e n nach 1945 a n d i e i n D e u t s c h l a n d t r a d i t i o n e l l e 4 B e r u f u n g d e r R i c h t e r d u r c h die E x e k u t i v e a n g e k n ü p f t . D i e L ä n d e r B e r l i n , B r e m e n , H a m b u r g u n d Hessen h a b e n die A u s w a h l d e r R i c h t e r dagegen i n d i e H a n d v o n besonderen Wahlausschüssen gelegt, die t e i l s a l l e i n ( B r e m e n , H a m b u r g ) , t e i l s g e m e i n s a m m i t d e r obersten J u s t i z b e h ö r d e entscheiden u n d sich w i e f o l g t zusammensetzen: Mitglieder insgesamt Berlin Bremen Hamburg Hessen

Parlamentsmitglieder

8 11 14 13

Regierungsmitglieder

5 5 6 7

D i e M i t g l i e d e r d e r Verfassungsgerichte den Volksvertretungen 4



3 3 —

Richter

Rechtsanwälte

2 3 3 5

werden i n den Ländern

1 —

2 1 von

gewählt5.

Bis zum Jahre 1934 w u r d e n die Richter der Länder durch die Länderregierungen — bis zur Revolution von 1918 i n (dien monarchischen Bundesstaaten durch die Landesfürsten — ernannt. Eine Ausnahme bestand aber i n Bremen, w o die Richter seit 1854 durch einen Wahlausschuß gewählt wurden, der zu gleichen Teilen m i t Vertretern der Legislative, Exekutive u n d J u d i k a t u r besetzt war. Die Mitglieder des Reichsgerichts w u r d e n i n der Monarchie auf Vorschlag des Bundesrates durch den Kaiser u n d i n der Weimarer Republik auf Vorschlag des Reichsrates durch den Reichspräsidenten ernannt. Der Nationalsozialismus übernahm die gesamte Justiz i n die Zuständigkeit des Deutschen Reiches, u n d die Richter w u r d e n bis 1945 auf Vorschlag des Reichsjustizministers durch dien „ F ü h r e r " ernannt. Vgl. Ruscheweyh, Berufung i n das Richteramt, S. 14 ff.; Anschütz, Verfassung des Deutschen Reiches, S. 484—485. 5 Siehe näher A r t . 51, 68 I I I der Verfassung des Landes Baden-Württemberg v o m 11. Nov. 1953 (GBl. S. 173); A r t . 4, 68 I I I der Verfassung des Freistaates Bayern v o m 2. Dez. 1946 (GVB1. S. 333) i. V. m. A r t . 1 des Gesetzes v o m 17. Nov. 1956 (GVB1. S.249); A r t . 69, 72 der Verfassung v o n B e r l i n v o m 1. Sept. 1950 (VB1. S. 433) i. d. F. des Gesetzes v o m 11. J u l i 1957 (GVB1. S. 741) i. V. m. §§ 2, 9 .dies Gesetzes v o m 18. Jan. 1963 (GVB1. S. 93); A r t . 1361, 139 I I I der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen v o m 21. Okt. 1947 (GBl. S. 251) i. V. m. §§ 1, 3 des Gesetzes v o m 18. Dez. 1953 (GBl. S. 119); A r t . 631, 65 I der Verfassung der Freien u n d Hansestadt H a m burg v o m 6. J u n i 1952 (GVB1. S. 117) i . V . m . §§ 2 ff. des Gesetzes v o m 8. J u l i 1952 (GVB1. S.137); A r t . 127 I I I , 130 I I der Verfassung des Landes Hessen v o m 1. Dez. 1946 (GVB1. S. 229) i . V . m . §§ 8 ff. des Gesetzes v o m 19. Okt. 1962 (GVB1. S.455); A r t . 29 I I , 42 I I I der Vorläufigen Niedersächsischen Verfassung v o m 13. A p r i l 1951 (GVB1. S. 103); A r t . 58, 76 I der V e r fassung f ü r das L a n d Nordrhein-Westfalen v o m 28. J u n i 1950 (GVB1. S. 127) i. V. m. § 1 der Verordnung v o m 7. Sept. 1954 (GVB1. S. 225) i. d. F. der V e r ordnung v o m 6. Febr. 1962 (GVB1. S.79); A r t . 1221, 134 I I I der Verfassung f ü r Rheinland-Pfalz v o m 18. M a i 1947 (VB1. S.209); A r t . 98, 114 I I der V e r fassung des Saarlandes v o m 15. Dez. 1947 (ABl. S. 1077); A r t . 26 der Landessatzung f ü r Schleswig-Holstein v o m 13. Dez. 1949 (GVB1. 1950 S. 3) i . d . F . des Gesetzes v o m 26. März 1956 (GVB1. S. 59). Wie der Richterwahlausschuß des Bundes sind auch die Richterwahlausschüsse der vier Länder n u r f ü r die Berufsrichter zuständig. 2 Kayser

18

A. Einleitung

A u f Bundesebene werden die Richter der unteren Bundesgerichte vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der zuständigen Fachminister ernannt 6 . Über die Berufung der Richter der oberen Bundesgerichte entscheidet der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister gemeinsam m i t einem Richterwahlausschuß, der aus den für das jeweilige Sachgebiet zuständigen Landesministern und einer gleichen Anzahl von Migliedern besteht, die vom Bundestage gewählt werden. Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes werden je zur Hälfte von einem zwölfköpfigen Wahlmännerausschuß des Bundestages und vom Bundesrate gewählt 7 . Das Nebeneinander von ministerieller Ernennung, parlamentarischer Wahl und Richterwahlausschüssen sowie die unterschiedliche Ausgestaltung der Wahlausschüsse i m einzelnen deuten darauf hin, daß i n den meisten konstituierenden Versammlungen bei der Festsetzung des Richterauswahlverfahrens eine gewisse Unsicherheit über den einzuschlagenden Weg geherrscht hat. Keine der angenommenen Methoden fand denn auch ungeteilten Beifall, und besonders an den bundesrechtlichen Bestimmungen über die Berufung der oberen Bundesrichter entzündete sich die Diskussion u m ein besseres Richterauswahlverfahren immer wieder neu. Bei den meisten Ernennungen auf Grund der neuen Gesetze bestanden zwar keine Zweifel, daß die ernannten Richter ihren Aufgaben v o l l gewachsen waren und daß i n dem Ausleseprozeß nur sachliche Erwägungen eine Rolle gespielt hatten. Gleichzeitig w a r aber zu erkennen, daß die neugeschaffenen Wahlausschüsse, wie befürchtet 8 , parteipolitischen Einflüssen ausgesetzt waren und daß die aus Verfassungsleben und Beamtenrecht bekannte parteipolitische Aufschlüsselung der Ämter auch i n sie eingedrungen war. Der Schluß lag nahe und wurde durch zahlreiche Beobachtungen bestätigt, daß damit auch die Richterstellen selbst immer mehr zur willkommenen Beute i m parteipolitischen Machtkampf geworden waren 9 . Die Richterwahlausschüsse 6 § 3 6 b des Patentgesetzes i . d . F . v o m 9. M a i 1961 (BGBl. I S.550); § 36 der Bundesdisziplinarordnung v o m 28. Nov. 1952 (BGBl. I S.761); § 53 der Wehrdisziplinarordnung i . d . F . v o m 9. J u n i 1961 ( B G B l . I S. 697); A r t . I der Anordnung des Bundespräsidenten v o m 17. M a i 1950 (BGBl. S. 209) i . d . F . der Verordnimg v o m 13. J u n i 1953 (BGBl. I S. 383). 7 A r t . 94 I 2, 95 I I I , 96 I I 1 des Grundgesetzes f ü r die Bundesrepublik Deutschland v o m 23. M a i 1949 (BGBl. S. 1) i. V. m. §§ 1 ff. des Richterwahlgesetzes v o m 25. Aug. 1950 (BGBl. S. 368) u n d §§ 6, 7 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht v o m 12. März 1951 (BGBl. I S. 243). Ehrenamtliche Richter an oberen Bundesgerichten werden v o m zuständigen Fachminister ernannt. Siehe dazu Kreft, Zuständigkeit, S. 165—166. 8 Siehe etwa Ruscheweyh, Richteranklage, S. 261; Glossen, i n : AöR, Bd. 75 (1949), S. 371—372; AöR, Bd. 76 (1950/51), S. 232 ff.; Dahs, Stellung des Richters, S. 688. 9 Siehe etwa Weber, Spannungen, S. 28, 46—47; 102—103; Breithaupt, Richterernennung, S. 230; Schowingen, Selbstverwaltung, S. 531; Kern, M i t -

A . Einleitung der L ä n d e r u n d die verschiedentlich benutzten Legislativverfahren w u r d e n ebenfalls als p o l i t i s c h a n f ä l l i g k r i t i s i e r t 1 0 . A b e r auch das überkommene ministerielle Ernennungsverfahren vermochte i m mod e r n e n P a r t e i e n s t a a t n i c h t m e h r zufriedenzustellen. H i e r w u r d e n e b e n p a r t e i p o l i t i s c h e n B e v o r z u g u n g e n auch ö f t e r die B e s e t z u n g h o h e r R i c h terstellen m i t laufbahnfremden Ministerialbeamten beklagt11. Die Ford e r u n g e n g i n g e n d a h i n , e i n d e r R e c h t s z e r s p l i t t e r u n g abhelfendes e i n heitliches B e r u f u n g s v e r f a h r e n z u schaffen, das sich d u r c h F a c h k u n d e u n d M e n s c h e n k e n n t n i s des z u r R i c h t e r a u s w a h l eingesetzten O r g a n s auszeichnete, k e i n e n Beeinflussungen v o n Seiten der I n t e r e s s e n v e r t r e t u n g e n ausgesetzt w a r u n d auch b e i h e i k l e n B e s e t z u n g e n u n d i n p o l i tisch b e w e g t e n Z e i t e n sachdienliche E n t s c h e i d u n g e n v e r s p r a c h 1 2 . Wirkung, S. 301, 304; ders., Begriff des Richters, S. 127; Schmidt, Diskussionsbeitrag, i n : V e r h D J T 1953, S . C 6 5 ; Gross, Beitrag, i n : DVB1. .1956, S.331. 10 Siehe zu dem ersten: Breithaupt, Richterernennung, S. 230; Schmidt, Richtertum, S. 326; Wagner, Richter, S. 148. Z u dem zweiten: Weber, Spannungen, S. 46, 109; Breithaupt, Richterernennung, S. 230; Schowingen, Selbstverwaltung, S. 531; Eschenburg, Beamte i n Partei u n d Parlament, S. 117 ff.; Kern, Begriff des Rechtes, S. 127; Willms, Kunstvolles Gleichgewicht, S.1209 ff. Siehe allgemein auch Zorn, Führungsauslese, S. 5,7. 11 Breithaupt, Richterernennung, S. 230; Schowingen, Selbstverwaltung, S. 532; Schmidt, Richtertum, S. 325; Kern, M i t w i r k u n g , S. 301—302; Wagner, Richter, S. 148; Verweyen, Magna cum diligentia, S. 155. Z u dem Einfluß der Parteien u n d Interessengruppen auf die A u s w a h l der Laien- u n d ehrenamtlichen Richter siehe Kern, Gerichtsverfassungsrecht, S. 110, 169; Wagner, Richter, S. 192—193; Weber, Spannungen, S.47. 12 I n den Einzelfragen wichen die Vorstellungen freilich erheblich v o n einander ab. Sie reichten von einer behutsamen A n k n ü p f i m g an die W e i marer T r a d i t i o n (Ernennung durch die Exekutive bei gleichzeitiger Heranreifung der personalpolitischen Entscheidungen i m Richterkorps selbst), so v o r allem Weber, Spannungen, S. 100 ff., 115; Scheuner, Selbständigkeit, S. 523, bis zur „Entfesselung der D r i t t e n Gewalt" durch richterliche Selbstv e r w a l t u n g u n d Selbstergänzung (Richterauswahl durch einen neuzuschaffenden, v o n hohen Richtern, Rechtsprofessoren u n d Anwaltschaftsvertretern gewählten Chef der Justizverwaltung oder ein nach demselben Prinzip geschaffenes Justizdirektorium), so v o r allem Husen, Entfesselung, S. 49, 53, 55, 59; Eschenburg, Verfassung u n d Verwaltungsaufbau, S. 45, 73 ff.; Schmidt, Richtertum, S.325. Vgl. ferner aus der Fülle der Stellungnahmen das Referat v o n Ipsen u n d die Diskussionsbeiträge v o n Schmidt, K o n r a d u n d Friesenhahn, i n : VerhDJT 1953, S. C24ff., 39, 65 ff., 113—114; die Vorschläge der Konferenz der Rechtswissenschaftlichen . . . Fakultäten, i n : DVB1. 1956, S. 330; die Vorschläge des Deutschen Richterbundes v o m 25. Febr. u n d 14. Aug. 1958, i n : D R i Z 1958, S. 101, 103, 237; v o m 7. Jan. 1960, i n : D R i Z 1960, S. 65; Hülsmann, Situation, S. 138; Schowingen, Selbstverwaltung, S. 534; Schumacher, Aufbau, S. 18; Müller, Unabhängigkeit, S. 307; Breithaupt, Richterernennung, S. 231—232; Furtner. M i t w i r k u n g , S. 157—158; Kern, M i t w i r k u n g , S. 301 ff. Zurückhaltend m i t dem Wunsch nach Reformen Bockelmann, Problematik, S. 529 ff.; Amelunxen, Selbstverwaltung, S. 52—53; Coing, Aufbau, S. 244; A r n d t , B ü d des Richters, S. 18; siehe auch das Gutachten v o n Ridder, das Referat v o n A r n d t , den Diskussionsbeitrag von Schmid sowie letztlich auch die Beschlüsse der öffentlich-rechtlichen A b t e i l u n g des 40. Deutschen J u ristentages, i n : V e r h D J T 1953, S. 122 ff., 133, C 44—45, 47 ff., 111, 140. r

20

A . Einleitung

D i e E r w a r t u n g e n , d i e sich i n s o w e i t a n d i e V e r a b s c h i e d u n g des Deutschen Richtergesetzes k n ü p f t e n , e r f ü l l t e n sich n i c h t 1 3 . Schon d i e R e f e r e n t e n - D e n k s c h r i f t des B u n d e s j u s t i z m i n i s t e r i u m s v o n 1954 u n d die R e g i e r u n g s e n t w ü r f e v o n 1957 u n d 1958 h a t t e n eine g r u n d l e g e n d e Ä n d e r u n g d e r R i c h t e r a u s w a h l f ü r rechtspolitisch u n e r w ü n s c h t e r k l ä r t u n d Vorschläge f ü r m i t d e r V e r f a s s u n g u n v e r e i n b a r gehalten, die a u f eine s t ä r k e r e M i t w i r k u n g d e r Richterschaft b e i E r n e n n u n g e n u n d B e f ö r d e r u n g e n a b z i e l t e n 1 4 . Das Gesetz selbst b e g n ü g t e sich m i t d e r E i n f ü h r u n g v o n Präsidialräten, denen i n bestimmten Fällen der Richterb e r u f u n g e i n u n v e r b i n d l i c h e s A n h ö r u n g s r e c h t zugesprochen w u r d e 1 5 . S e i t d e m h a b e n die R u f e nach e i n e r verbesserten R i c h t e r a u s w a h l n i c h t nachgelassen 1 6 . D i e H o f f n u n g e n a u f eine E n t p o l i t i s i e r u n g a l l e r Z w e i g e d e r Rechtspflege u n d e i n e n w e i t e r e n S c h r i t t v o r w ä r t s a u f d e m W e g e z u e i n e m p e r s ö n l i c h u n d fachlich u n a n g r e i f b a r e n R i c h t e r t u m s i n d h e u t e v o r a l l e m a u f die sogenannte Große J u s t i z r e f o r m ger i c h t e t . Diese w i r d sich d a m i t e r n e u t m i t d e m T h e m a z u befassen haben, w i e die M ä n g e l d e r g e g e n w ä r t i g e n M e t h o d e n a l l e n W i d e r s t ä n d e n z u m T r o t z b e h o b e n u n d w i e d i e i n d e n E i n z e l h e i t e n ganz e r h e b l i c h v o n e i n a n d e r a b w e i c h e n d e n V o r s t e l l u n g e n v o n e i n e m besten R i c h t e r a u s w a h l v e r f a h r e n i n die W i r k l i c h k e i t umgesetzt w e r d e n k ö n n e n . 13 Vgl. Kern, Gerichtsverfassungsrecht, S. 108: „ Z u r Gesamtbewertung des D R i G könnte m a n beinahe sagen: P a r t u r i u n t montes, nascetur ridiculus mus." Enttäuschung auch bei Wagner, Richter, S. 225; Schumacher, Das Deutsche Richtergesetz, S. 86. 14 Bundesjustizministerium, Referenten-Denkschrift, S. 18 ff.; Begründung zum E n t w u r f eines Deutschen Richtergesetzes I V , 5, abgedruckt i n : DRiZ 1957, S. 133; E n t w u r f eines Deutschen Richtergesetzes 1958, S. 29, 51. 15 §§ 55, 75 I des Deutschen Richtergesetzes v o m 8. Sept. 1961 (BGBl. I S. 1665). Diese Regelung stellte eine Reform n u r i n beschränktem Maße dar. Ein unverbindliches Anhörungsrecht hatte es schon a m Preußischen Oberverwaltungsgericht u n d seit 1878 am Bayrischen Verwaltungsgerichthof gegeben Die Verwaltungsgerichte der süddeutschen Länder u n d das Bundesverwaltungsgericht hatten es ebenfalls besessen. Auch die Verwaltungsgerichtsordnung sah es vor. Das ehemalige L a n d Württemberg-Baden hatte ein A n hörungsrecht zuletzt 1950 f ü r die ordentliche Gerichtsbarkeit geregelt. Ä h n liche Regelungen bestanden i n den Ländern Baden-Württemberg u n d seit 1958 i n Berlin. Siehe Bundes Justizministerium, Referenten-Denkschrift, S. 17 bis 18; Wagner, Richter, S. 150 m i t Belegen. 16 Vgl. schon Kommission des Deutschen Richterbundes f ü r die Große Justizreform, Leitsätze m i t Begründimg, i n : DRiZ 1959, S. 346; DRiZ 1960, S. 34; sowie die Ansprache des scheidenden Präsidenten des Bundesgerichtshofs, Weinkauff, bei Lewaldt, i n : N J W 1960, S. 761. Siehe außerdem Kern, Gerichtsverfassungsrecht, S. 367; Schiigen, Richtervertretungen, S. 102; Schmidt, Das deutsche Richtergesetz, S. 78; Wassermann, Unbehagen, S. 348—349; ders., Wege u n d Ziele, S.45; Philipp, M i t wirkung, S. 251—252; Barth, Gegenwartsprobleme, S. 107—108; Brack, Richter, S. 255; Hennies, Richter, S. 394; Leverenz, B i l d des Richters, S. 116; Z w e i gert, Z u r inneren Unabhängigkeit, S. 713, 722. Siehe auch die Stimmen v o n Richtern, i n : D R i Z 1962, S. 27 ff., die Auszüge aus der hessischen L a n d -

A. Einleitung Es ist nun eine bemerkenswerte Tatsache, daß i n den Beiträgen und Stellungnahmen zu einer Reform des Richterrechts die englischen und teilweise auch die amerikanischen Verhältnisse immer wieder rühmend hervorgehoben werden 1 7 . Das Ansehen der englischen Richter ist i n der Tat i n und außerhalb Englands sehr groß, und es ist eine weitverbreitete Meinung, daß sie eine enge Auslese der Besten des englischen Juristenstandes darstellen. Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes muß es unter diesen Umständen als nützlich erscheinen, einmal genauer zu untersuchen, nach welchen Gesichtspunkten und i n welchem Verfahren die Engländer ihre Richter i n ihr A m t berufen. Die Verhältnisse i n den Vereinigten Staaten sind für den deutschen Betrachter nicht nur deshalb interessant, weil die USA auf dem englischen Rechtssystem aufgebaut haben. I m vergangenen Jahrhundert ging eine Bewegung durch die Einzelstaaten, die eine weitgehende Demokratisierung der Richterauswahl erstrebte und auch verwirklichte. Es w i r d nun gerade i n unserer Zeit i n den Vereinigten Staaten lebhaft erörtert, bis zu welchem Grade damit eine A r t Aristokratie der Richterbank durch eine mehr oder weniger politische Herrschaft eingetauscht wurde, die der Qualität der Richter abträglich sein und ihre Unabhängigkeit untergraben mußte. Die Reformbestrebungen stehen damit, wenn auch von der Volkswahl der Richter ihren Ausgang nehmend, vor ähnlichen Fragestellungen wie i n Deutschland. Die Absicht dieser Arbeit ist es, dem deutschen Leser die Einzelheiten des englischen 18 und des amerikanischen Richterauswahlverfahrens — nicht auch des Geschworenenauswahlverfahrens 19 — näher tagsdebatte, i n : ib., S. 689 IT., 423—424 u n d die Auszüge aus einem Beschluß der Disziplinarkammer bei dem Verwaltungsgericht F r a n k f u r t am Main, i n : Zeit, 17. Febr. 1967, S. 15. 17 Siehe etwa Kern, Richtergesetze, S. 605; Hülsmann, Situation, S. 138; Schowingen, Selbstverwaltung, S. 532, 534; Richterstimme, i n : DRiZ 1962, S. 28; Zweigert, Z u r inneren Unabhängigkeit, S. 712, 721—722. Der Verweis auf die englischen Gegebenheiten bedieutet i n der Geschichte des deutschen Gerichtsverfassungsrechtes keine Neuigkeit. I n größerem Z u sammenhang hatte bereits der langjährige Frankfurter Oberbürgermeister Adickes — erstmalig i n einer Rede v o r dem Preußischen Herrenhaus i m Jahre 1906 (Text i n : D R i Z 1965, S. 258 ff.) — idas englische Modell gelobt u n d teilweise zur Nachahmung empfohlen. Überblick über das Schrifttum aus jener Zeit bei Kern, Geschichte, S. 137—138. 18 Der Begriff englisch erstreckt sich i m gerichtsverfassungsrechtlichen Zusammenhang i m m e r auch auf Wales. Er geht aber nicht so w e i t w i e die staatsrechtlichen Begriffe Großbritannien, Vereinigtes Königreich u n d B r i tische Inseln. Der G r u n d f ü r diese Begrenzung liegt darin, daß sich Schottland, Nordirland, die Insel M a n u n d die vier Kanalinseln, obgleich politisch m i t England u n d Wales verbunden, weitgehend getrennte u n d unabhängige Gerichtsorganisationen bewahrt haben. Siehe etwa die Verwendung des Begriffes bei Jackson, Machinery of Justice i n England, p. 1; Megarry, L a w y e r and L i t i g a n t i n England, p. 3. 19 Die Auslese der Geschworenen ist nicht m i t i n die Darstellung einbezogen, da Geschworenenauswahl n u r i n einem weiteren Sinn auch Richter-

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A. Einleitung

zu bringen, wobei nicht nur das Recht, sondern gerade auch die politischen und sozialen Gegebenheiten betrachtet werden sollen. N u r der Klarheit wegen sei darauf hingewiesen, daß es sich nicht darum handeln kann, m i t dieser Betrachtung unmittelbar greifbare Schlußfolgerungen für die Frage nach der Berufung der Richter i n Deutschland gewinnen zu wollen. Dazu ist die geschichtliche, rechtliche und gesellschaftliche Entwicklung i n den angelsächsischen Ländern von der unsrigen zu verschieden. Es lassen sich aus den Einzelheiten eines gut oder schlecht funktionierenden Systems, auch wenn es zu einem fremden Rechtskreis gehört, aber doch jedenfalls Anregungen und Argumente für die Diskussion i m eigenen Lande gewinnen.

auswahl ist, Parallelen zwischen den angelsächsischen u n d den deutschen Gerichtsverfassungssystemen hier k a u m bestehen u n d das Thema auch zu umfangreich ist, als daß es i m Rahmen dieser A r b e i t hätte erschöpfend m i t behandelt werden können.

B. Die Auswahl der Richter in England L Historische E i n f ü h r u n g 1

Die frühe englische Gerichtsverfassung stand i m Zeichen des Königs und seines Hofes. Wilhelm der Eroberer (1066—1087) hatte zwar die aus der angelsächsischen Epoche herrührenden örtlichen Gerichte, bei denen alle freien Männer der dörflichen Bezirke oder alle Krön- und Untervasallen sowie die größeren Freisassen der Grafschaften als Gerichtsmänner zusammentrafen, beibehalten 2 , und es entwickelten sich auch rasch örtliche Gerichte der Feudal- und Gutsherren 3 . I n allen Fällen der Rechtsverweigerung und des Rechtsanspruchs gegen übermächtige Parteien konnte aber der König selber angerufen werden. Dazu kamen eine Gerichtsbarkeit über Kronlehen und weitere Vorbehalte i n den wichtigsten Z i v i l - und Strafsachen 4 . Wie andere Staatsgeschäfte pflegte der König auch seine Rechtsprechungsaufgaben i n einem wechselnd großen Kreis von Hofbeamten und Kronvasallen, der Curia Regis, wahrzunehmen. Genauere Bestimmungen über die Zusammensetzung der Curia Regis i n ihrer Eigenschaft als Königsgericht gab es nicht. Die Mitglieder waren für gewöhnlich bestimmte Minister und Hofbeamte — die wichtigsten der den König vertretende Justiciarius Angliae und der die Stellung eines Hofkaplans und königlichen Privatsekretärs bekleidende Cancellarius Regis — sowie einige andere geistliche oder weltliche Herren, die wegen ihrer Klugheit oder Macht zu befragen der König für ratsam hielt und die er deshalb, auch gegen ihren Willen, zu Gerichtsmännern für den einzelnen Fall ernannte 5 . 1 „The logic of the l a w looks to history rather than to mathematics for its rules." Archer, Queens Courts, p. 14. 2 A r t . 8 1 des Dokumentes „ H i c intimatur, q u i d Willelmus rex A n g l o r u m cum principibus suis constituit post conquisitionem Angliae", abgedruckt bei Liebermann, Gesetze der Angelsachsen, S. 488. 3 Siehe Holdsworth, History of English L a w , vol. 1, pp. 17, 24 et seq., 87 et seq., 176 et seq. 4 „ O f Judges, Whereof first of the K i n g Himself", heißt es i n der Überschrift eines alten Buches: Dudgdale, Origines Juridiciales, p. 19; siehe auch Vollkommer, Richter u n d Gerichte, S. 149—150. 5 „ . . . quidam sunt Capitales, generales, perpetui; et majores a latere Regis residentes", Henricus de Bracton, De legibus et consuetudinibus Angliae, ca. 1250, lib. 3, c. 10; zit. nach Dudgdale, Origines Juridiciales, p. 28. Siehe auch Gneist, Englische Verfassungsgeschichte, S. 146, 209 ff., 216, 220; Holdsworth, History of English L a w , vol. 1, pp. 34 et seq.

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B. Richterauswahl England

Diese frühnormannische Gerichtsverfassung vermochte sich jedoch nur für eine kurze Übergangsperiode zu behaupten. Die örtlichen Gerichte waren den schwierigen Rechtsfragen, die die vielschichtigen Besitz- und Standesverhältnisse aufwarfen, nicht gewachsen, und die Anrufung der königlichen Immediatjustiz wurde durch die Entfernungen und das Umherziehen des Königs erschwert. Es kam deshalb der Wunsch nach einer wirksameren Gerichtsorganisation auf, und dieser Wunsch begegnete dem Interesse der Krone, durch einen Ausbau ihrer Gerichtsbarkeit ihre Macht i m Lande zu befestigen und ihre Einnahmequellen zu vermehren. I n richtiger Einschätzung der Lage nahm König Heinrich I L (1154—1189) für sich und seine Curia Regis daher nicht nur eine ständig erweiterte Straf- und Zivilgerichtsbarkeit i n Anspruch 8 , sondern begann auch m i t einer breitgestreuten und regelmäßigen Aussendung von Reiserichtern, Justiciarii Itinerantes, auf das Land. Ihre Aufgabe war es, einen großen Teil dieser Prozesse an Ort und Stelle zu verhandeln, dergestalt, daß nunmehr ein königlicher Richter die Gerichte m i t den bald die Gestalt der Jury annehmenden lokalen Gerichtsmännern abhielt 7 . Zugleich mußte aber auch eine Richterauswahl einsetzen, die mehr als bisher auf Rechtskenntnisse achtete, denn nur von juristisch geschulten Persönlichkeiten konnte erwartet werden, daß sie sich i n dem Gewirr angelsächsischer, normannischer, römischer und kanonischer Rechtsgrundsätze zurechtfinden würden. Die Männer, die sich i m Rahmen ihrer allgemeinen Studien u m solche Fähigkeiten bemühten, waren zumeist Geistliche 8 . Es waren deshalb geistliche Würdenträger, die an den Reiserichtern dieser Epoche einen hervorragenden Anteil hatten 9 . Der König sah auch i n der Curia Regis darauf, daß rechtskundige Kräfte die Gerichtsverhandlungen führten. Neben dem Justiciarius Angliae und dem Cancellarius Regis tauchten hier erstmalig wirkliche Richterper6 Durch die Assize of Clarendon (1166) (zit. bei Stubbs, Select Charters, pp. 170 et seq.) zog der K ö n i g die gesamte Strafgewalt über Räuber, M ö r der u n d Diebe, durch die Assize of Northampton (1176) (zit. ib., pp. 179 et seq.) diejenige über Fälscher, Verräter u n d Brandstifter an sich. M i t der Ordinance of the Grand Assize (1179 ?) (zit. bei Holdsworth, History of English Law, vol. 1, p. 651) u n d der Petty Assize-Gesetzgebung (zit. ib., pp.651—652) begründete er eine eigene Zuständigkeit neben den örtlichen Gerichten f ü r die meisten freien Grunid u n d Boden betreffenden Streitigkeiten. Z u dem Ganzen Radcliffe & Cross, English Legal System, pp. 34 et seq. 7 Liste der ausgesandten Richter bei Dudgdale, Origines Juridiciales (Chronica Series), pp. 2 et seq.; Foss, Judges of England, vol. 1, pp. 174 et seq.; siehe auch schon pp. 73, 92—93. 8 „Nullus Clericus nisi Causidicus" heißt es i n einem Geschichtsbuch aus dem Jahre 1093. W i l l i a m of Malmesbury, De gest. Reg. Angl., lib. 4, c. 315; zit. nach Pulling, Order of the Coif, pp. 9—10. 0 Foss, Judges of England, vol.1, pp.161, 171; vol.2, pp. 190—191, 195.

I. Historische Einführung

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sönlichkeiten auf, Justiciarii genannt und auch sie für gewöhnlich Geistliche, während der Anteil der juristisch unqualifizierten Vasallen und Hofbeamten bei der Urteilsfindung immer kleiner wurde 1 0 . Lag das Verdienst Heinrichs II. vor allem darin, die Gerichtsbarkeit des Königs sachlich und personell ausgedehnt und so die Grundlagen für ein das ganze Land erfassendes Rechts- und Richtersystem geschaffen zu haben, so war es seinem Enkel Heinrich I I I . (1216—1272) und dessen Nachfolgern 11 vorbehalten, neue und richtungweisende Wege bei der Richterauswahl einzuschlagen. Mehrere wichtige Ereignisse fallen i n die Regierungszeit des ersten dieser Monarchen. Z u der Curia Regis trat ein bereits i n der Magna Charta (1215) erwähntes weiteres Königsgericht hinzu, das für gewöhnliche Privatrechtsstreitigkeiten zuständig war und an einem festen Ort (Westminster) abgehalten wurde. Dieser Court of Common Pleas wurde m i t einem Chief Justice und weiteren drei bis acht Richtern besetzt. Außerdem w u r den für Prozesse, die die Einkünfte des Königs betrafen, erstmals besondere Richter ernannt, so daß sich neben der Curia Regis und dem Court of Common Pleas ein Court of Exchequer m i t einem Chief Baron und vier bis sechs Barons zu bilden begann, der seine Zuständigkeit über Finanzstreitigkeiten hinaus immer mehr auch auf allgemeine Hoheitsrechte und königliche Verleihungen und schließlich auch auf gewöhnliche Privatrechtsstreitigkeiten ausdehnte. Schließlich begann sich innerhalb der Curia Regis ein dritter Rechtsprechungskörper zu konsolidieren und von dem Regierungsapparat abzuspalten. Das neue Gericht, der m i t einem Chief Justice und drei bis fünf weiteren Richtern besetzte Court of King's Bench, w a r m i t Prozessen des Königs wie der Kontrolle über die unteren Gerichte und königliche Beamte, größeren Strafsachen sowie Berufungen gegen Urteile des Court of Common Pleas befaßt, dehnte seine Zuständigkeit darüber hinaus aber ebenfalls auf Privatrechtsstreitigkeiten aus, die bald ganz i n den Vordergrund traten 1 2 . 10

Foss, Judges of England, vol. 1, p. 161, berechnet unter den Cancellarii Regis u n d Justiciarii zwischen 1145 u n d 1189 fünf Erzbischöfe, acht Bischöfe, drei Äbte, acht Archidiakone, zwei Königskaplane u n d einen Domherrn. Diese Geistlichen hatten zumeist i n der Kanzlei oder dem königlichen Schatzamt gedient, ehe sie zu Richtern ernannt wurden. Der berühmteste der aus der Geistlichkeit hervorgegangenen Richter w a r Henricus de Bracton, Verfasser des ersten Lehrbuchs des englischen Rechts (s. o. Fußn. 5). 11 Eduard I. (1272—1307), Eduard I I . (1307—1327), Eduard I I I . (1327—1377). 12 Z u der Frühgeschichte dieser drei Gerichte siehe näher Holdsworth, History of English L a w , vol. 1, pp. 42 et seq.; 51 et seq., 56; 204—205; zu ihren sich überschneidenden u n d deshalb dauernde Rivalitäten herausfordernden Zuständigkeiten siehe ib., pp. 195—196, 198 et seq.; 212 et seq.; 234, 238 et seq. Z u i h r e m Personal siehe besonders Foss, Judges of England, vol. 3, pp. 17 et seq. (Edward I), 193 et seq. (Edward I I ) , 338 et seq, (Edward I I I ) u n d i n den weiteren Bänden zu den jeweüigen Regenten.

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B. Richterauswahl England

Die bedeutsamste Änderung aber war, daß Heinrich I I I . diese drei neuen Gerichte fast nur noch m i t Angehörigen eines neuen Laienanwaltsstandes besetzte, der sich i n Wechselwirkung m i t dem Aufkommen von echten Rechtsprechungskörpern und der sich ständig wiederholenden Aussendung von Reiserichtern wenn nicht gebildet, die Anfänge liegen i m Dunkeln 1 3 , so doch gefestigt hatte und die folgenden drei Gruppen von Mitgliedern erkennen ließ: 1. Servientes ad Legem, englisch: Serjeants at L a w . Sie stellten eine A r t Meisterklasse dar u n d erlangten ihren T i t e l k r a f t königlichen Befehls 1 4 . Sie durften v o r allen Gerichten, insbesondere auch dem Court of Common Pleas auftreten u n d erblickten i h r e Aufgabe weniger darin, Rechtsuchende zu vertreten oder zu beraten, als vor Gericht erschienene Parteien auf G r u n d ihrer Gelehrtheit u n d ihrer Geschicklichkeit zu unterstützen 1 5 . 13 Die Formierung dieses neuen Berufsstandes ist aber w o h l durch das Eindringen normannischer M u n d a r t i n die lateinische Rechtssprache und durch eine gewisse Standeseifersucht des weltlichen Adels gegenüber den bis dahin i n Rechtsangelegenheiten tonangebenden Geistlichen begünstigt worden. Noch größere Bedeutung dürfte der Wunsch des päpstlichen Stuhles nach einer weniger häufigen Verwendung von Geistlichen auf dem Gebiete der Rechtsberatung u n d Vertretung v o r Gericht erlangt haben. I n einem Erlaß „De bono Pacis" des Bischofs v o n Sarisbury aus dem Jahre 1217 w i r d dazu angeordnet: „Nec advocati sint clerici, v e l sacerdotes i n foro seculari, nisi v e l proprias causas, v e l miserabilium personarum prosequantur". Nach Dudgdale, Origines Juridiciales, p. 21. Siehe auch als die ersten den neuen Berufsstand erwähnenden Gesetze 1275 Statute of Westminster, the First; 1290 Modus levandi Fines; 1300 A r t i c u l i super Chartas, c. 11; 1305 Statute of Champerty. 14 Nach Fortescue, De Laudibus Legum Angliae, p. 44, wurde niemand zum Serjeant befördert, „ q u i non i n praedicto generali Legis Studio sexdecem Annos ad minus antea complevit". Der K ö n i g beanspruchte die Ernennung als einen Ausfluß seiner Eigenschaft als oberster Gerichtsherr. Die N o m i nierung, obgleich als Beförderung u n d Gunst gedacht, n a h m so die Form eines Befehls an. So Foss, Judges of England, vol. 4, p. 21. Dagegen meint Dudgdale, Origines Juridiciales, p. 110, wegen der m i t der Beförderung verbundenen hohen Unkosten sei ein sanfter Druck nötig gewesen. F ü r das Jahr 1555 berechnet er beispielsweise einen Unkostenanteil v o n über 100 Pfund pro neuernannten Serjeant, nämlich f ü r Roben u n d Livreen 35/15/5 f ü r verschenkte goldene Ringe 21/12/1 f ü r Essen, Löhne u n d Belohnungen 43/19/7. W i r k l i c h hatten die hohen Unkosten auch die Folge, daß der Rang eines Serjeant gelegentlich abgelehnt wurde. Siehe Foss, Judges of England, vol. 4, pp. 21, 139, 195—196, 228—229. Feste u n d Vergabe v o n Livreen dauerten aber bis 1759, die Vergabe v o n Goldringen bis zum Ende des Serjeant Ordens an. Pulling, Order of the Coif, pp. 241, 246. Listen der v o n 1275 an namentlich bekannten Servientes ad Legem bei Dudgdale, Origines Juridiciales (Chronica Series), p. 25 u n d Foss, Judges of England, vol. 3, pp. 48—49, 208, 371 usw. 15 Ursprünglich w u r d e n sie daher auch narratores, counteurs genannt. Näher Holdsworth, History of English L a w , vol. 2, pp. 311 et seq.

I. Historische Einführung

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2. A p p r e n t i c ü oder, w i e sie v o m Ende des 15. Jahrhunderts an genannt wurden, Barristers. Sie erblickten w i e die Servientes ad Legem, die aus i h r e n Reihen hervorgingen, i n dem Plädoyer ihre Hauptbeschäftigung, durften aber i m Gegensatz zu diesen noch nicht v o r dem Court of Common Pleas auftreten. Die Erfahrensten unter ihnen leiteten u n d beaufsichtigten unter der Oberaufsicht der Richter die Ausbildung v o n Studenten u n d entschieden auch über die Zulassung z u m Beruf des Apprenticius 16. 3. Attornati, englisch: Attorneys. Sie erblickten nicht w i e die A p p r e n t i c i i u n d die Servientes ad Legem ihre Hauptaufgabe i n dem Auftreten u n d Fürsprechen v o r Gericht, sondern waren echte Vertreter u n d betrieben alle Geschäfte der A d v o k a t u r 1 7 .

Von 100 Richtern, die der König i n seiner langen Regierungszeit i n den Court of Common Pleas und die Curia Regis (Court of King's Bench) einsetzte, hatten so bereits 89 vor ihrer Ernennung i n irgendeiner Weise als Anwälte vor Gericht praktiziert 1 8 . Seine Nachfolger 16 Die A p p r e n t i c i i scheinen anfangs Männer gewesen zu sein, die zu den Servientes ad Legem i n einer A r t Gesellenverhältnis standen u n d hofften, w i e diese zum Auftreten v o r den Richtern des Königs ermächtigt zu w e r den, dabei aber schon kleinere sich ergebende Geschäfte eines A n w a l t s wahrnahmen. Dies änderte sich offenbar m i t der Ordonnanz Eduards I. „De Attornatis et Apprenticiis" aus dem Jahre 1292 (Text bei Strachey, R o t u l i Parliamentarum, vol. 1, p. 84), m i t der den Richtern des Court of Common Pleas aufgegeben wurde, aus den „melioribus et legatioribus et libentius adidiscentibus" der A t t o r n a t i (dazu siehe gleich oben) u n d A p prenticii 140 M a n n auszuwählen u n d v o r der durch Abwanderung der Serjeants zu dem Court of Common Pleas „anwaltlos" geworden Curia Regis (Court of King's Bench) zuzulassen. Die A p p r e n t i c i i w u r d e n jetzt die zum Auftreten v o r den Richtern des Königs m i t Ausnahme des Court of Common Pleas berechtigten Anwälte. Wahrscheinlich waren die Richter zu beschäftigt, u m persönlich die Ausbildung u n d Zulassung der v o m K ö n i g gewünschten neuen A p p r e n t i c i i zu übernehmen. Sie veranlaßten deshalb die Errichtung von besonderen Rechtsschulen — die erstmalig v o n Fortescue, De Laudibus Legum Angliae (ca. 1465), pp. 40 et seq., 167 et seq. beschriebenen Hospitia (englisch: Inns), auf halbem Wege zwischen Westminster u n d der City of London gelegene Internate, i n denen sich die meist adligen Studenten nicht n u r m i t dem S t u d i u m der Rechte befaßten, sondern auch i n Musik, Tanzkunst, Disziplin u n d „ommi genere harmoniae" übten — u n d überließen den m i t der L e i t u n g dieser Schulen betrauten Personen, besonders erfahrenen u n d kurz v o r der Beförderung zum Serviens ad Legem stehenden A p p r e n t i c i i schließlich auch das Recht zur Zulassung neuer Apprenticii. Siehe Bolland, T w o Problems i n Legal History, pp. 392 et seq.

Siehe auch R. v. Benchers of Gray's I n n (1780), 1 Doug. 353, w o es heißt, daß die Benchers (so w u r d e n die an der Spitze der Inns stehenden A p prenticii = Barristers später genannt) i h r Recht zur Zulassung der B a r risters n u r als ein von den Richtern abgeleitetes ausübten, sowie Dudgdale, Origines Juridiciales, pp. 311 et seq. m i t einer Aufzählung der von den Richtern noch i m 17. Jahrhundert erlassenen Orders über die V e r w a l t u n g der ins Leben gerufenen Rechtsschulen. 17 Näher zu dieser f ü r die Richterauswahl weniger bedeutsam werdenden Gruppe v o n A n w ä l t e n Holdsworth, History of English L a w , vol. 2, pp. 315 et seq., 504 et seq. 18 Foss, Judges of England, vol. 3, pp. 1 et seq.

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B. Richterauswahl England

besetzten die Gerichte noch häufiger m i t den neuen Laienjuristen, und zwar immer m i t Angehörigen der Spitzengruppe der Serjeants at Law. Von 1316 an wurde m i t einer Ausnahme kein Geistlicher mehr an den Court of Common Pleas berufen 1 9 , und diese Übung dehnte sich noch i m gleichen Jahrhundert auf den Court of King's Bench aus 20 . Die Beförderung von Serjeants at Law, von denen Plucknett für diese Epoche des ausgehenden 13. und 14. Jahrhunderts schreibt, ihre Gruppe sei „small, very busy and amazingly clever" gewesen 21 , war damit auf lange Zeit zum Gesetz geworden. Niemand konnte mehr Richter an den höchsten ordentlichen Gerichten werden, der nicht vorher sein Können als ein Meister der Advokatenzunft unter Beweis gestellt hatte. Eine Ausnahme machte zuerst nur der Court of Exchequer. Zwar wurde der seit 1317 ständig berufene Chief Baron häufiger den Serjeants entnommen. Die gewöhnlichen Barons waren aber zumeist keine Juristen, vielmehr wurden sie auf Grund ihrer praktischen Kenntnisse aus dem Personal der Schatzverwaltung ausgewählt. Von der Regierungszeit der Tudors i m 16. Jahrhundert an gingen aber auch sie mehr und mehr aus dem gehobenen Advokatenstand der Serjeants at L a w hervor und kamen den übrigen Richtern auch an Gehalt und Rang gleich 22 . Das Recht zur Auswahl der Richter lag uneingeschränkt bei dem König, wie auch sonst die Richter noch stark von seinem persönlichen Willen abhingen 23 . Die Reichsstände versuchten anders als bei den Ministerämtern niemals, ein Mitspracherecht bei der Besetzung der hohen Richterstellen geltend zu machen. Soweit i n dieser uneingeschränkten Macht des Königs ein Mangel hätte liegen können, machte der Geist der monarchischen Regierung diesen aber nur wenig fühlbar. Das königliche Recht zur Besetzung der Gerichte wurde so würdig und unbefangen ausgeübt, daß alle neuen Dynastien des ausgehenden 14. und des 15. Jahrhunderts das vorgefundene Richterpersonal unverHoldsworth, History of English L a w , vol. 1, pp. 197, 318. 20

Vgl. die Tabellen der Servientes ad Legem u n d der A p p r e n t i c i i m i t Hinweisen auf ihre Erhebung bei Foss, Judges of England, vol. 3, pp. 48, 208—209, 370 et seq. usw. 21 22

Concise History of the Common L a w , p. 222.

Vgl. das den Wandel verdeutlichende Ernennungspatent Robert Shutes aus dem Jahre 1579 bei Dudgdale, Origines Juridiciales (Chronica Series), p. 25. 23 Z. B. hatten sie i h r A m t n u r „ d u r i n g King's pleasure" inne. Eine Ausnahme machten aber der Chief Baron u n d die Barons, die „ q u a m d i u se bene gesserint" angestellt waren. Holdsworth, History of English L a w , vol. 1, p. 195, n. 2. Siehe auch Gneist, Englische Verfassungsgeschichte, S. 319 if., 455.

29

I. Historische Einführung ändert

beibehielten24

und

die

drei

Reichsgerichte

immer

mehr

in

A c h t u n g gebietender G e s t a l t h e r v o r t r a t e n . D i e Reiserichter u m f a ß t e n zunächst auch w e i t e r h i n noch a l l e S t u f e n d e r G e i s t l i c h k e i t sowie G r a f e n , B a r o n e , R i t t e r u n d G r o ß g r u n d b e s i t z e r aus d e m L a i e n s t a n d . A l l m ä h l i c h ü b e r n a h m e n die aus d e n S e r j e a n t s a t L a w h e r v o r g e g a n g e n e n R i c h t e r d e r K ö n i g s g e r i c h t e aber auch ganz die r i c h t e r l i c h e n A u f g a b e n d e r w e g e n i h r e r H a b g i e r u n d K o r r u p t h e i t v e r h a ß t e n 2 5 Reiserichter u n d zogen w i e f r ü h e r diese i n periodischen A b s t ä n d e n z u m Z w e c k e d e r Z i v i l - u n d S t r a f r e c h t s p r e c h u n g ü b e r das L a n d , dabei das ungesetzte Recht, w i e es i m V o l k s b e w u ß t s e i n v e r a n k e r t w a r , f o r m u l i e r e n d u n d das S y s t e m des C o m m o n L a w e n t w i c k e l n d u n d v e r b r e i t e n d . N e b e n i h n e n w u r d e n n u r noch A n g e h ö r i g e d e r Spitze des n e u e n L a i e n a n w a l t s s t a n d e s als aushilfsweise Reiser i c h t e r zugelassen 2 6 . 24 Vgl. dazu Foss, Judges of England, vol. 4, p. 127: Bestätigung aller von seinem Vorgänger Richard I I . (1377—1399) aus dem Hause Anjou-Plantagenet eingesetzten Richter durch Heinrich I V . (1399—1413) aus dem Hause L a n caster. Von diesem K ö n i g w i r d auch die folgende Geschichte erzählt: Prinz Heinrich, sein Sohn, hatte von dem Chief Justice des Court of King's Bench, Sir W i l l i a m Gascoigne, stürmisch die Freigabe seines wegen eines schweren Verbrechens angeklagten Dieners verlangt. Dies w u r d e i h m v e r weigert, worauf er m i t seinem Schwert auf den Richter losging. Seine Leidenschaft w u r d e aber augenblicklich durch das w ü r d i g e Gebaren von Gascoigne gebremst, der i h n r u h i g zur Besinnung rief, i h n an seine k ü n f tige hohe Stellung erinnerte u n d schließlich wegen seiner Mißachtung u n d seines Ungehorsams gefangen nahm. Der Prinz gab sofort nach und w u r d e ins Gefängnis abgeführt. Als der Vorfall dem K ö n i g berichtet wurde, rief dieser aus: „ H o w much am I bound to your infinite goodness, O merciful God! for having given me a judge w h o feareth not to minister justice, and a son w h o can thus nobly submit to it." Ib. p. 128. Siehe ferner ib., p. 380: Bestätigung der meisten von Heinrich V I . (1422 bis 1461) aus dem Hause Lancaster eingesetzten Richter durch Eduard I V . (1461—1483) aus dem Hause Y o r k u n d vol. 5, p. 1: Bestätigung der v o n Richard I I I . (1483—1485) aus dem Hause Y o r k eingesetzten Richter durch Heinrich V I I . (1485—1509) aus dem Hause Tudor. Diese Stabüität w a r freilich nicht ganz v o n selbst gekommen. Die drei Eduarde (s. o. Fußn. 11) haben noch große Anstrengungen machen müssen, u m i h r Gerichts personal zu reinigen, das sich noch häufig v o n Prinzen, Adligen, Gönnern u n d Freunden beeinflussen ließ u n d überhaupt k o r r u p t war. Als Eduard I. nach einer Reise nach Frankreich i m Jahre 1289 viele Klagen über Bestechungsgelder u n d Erpressungen hörte, entließ er nahezu alle Richter. Einer, Thomas de Weyland, Richter a m Court of Common Pleas, w u r d e f ü r schuldig befunden, seine Diener z u m M o r d angestiftet u n d dann vor Bestrafung geschützt zu haben. Das Ausmaß der Schuld der übrigen w i r d an Geldstrafen (Lösegeldern) bis zu 7000 Goldmark deutlich. Das Jahresgehalt eines Chief Justice lag i n dieser Zeit bei 60, das eines einfachen Richters bei 40 und 50 Goldmark! Siehe ib., vol. 3, pp.38 et seq.; siehe auch pp. 205—206, 364 et seq. 25 Die Einwohner Cornwalls flüchteten i m Jahre 1233 v o r ihnen sogar i n die Wälder. Archer, Queen's Courts, p. 138. Siehe auch die zeitgenössischen Spottgedichte bei Foss, Judges of England, vol. 3, pp. 35—36. 26 1285 Statute of Westminster, the Second, c. 30; 1340 Statutes made at Westminster, c. 16.

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B. Richterauswahl England

Durch die allmähliche Erweiterung der Zuständigkeiten der Königsrichter auf nahezu alle Z i v i l - 2 7 und die größeren Strafsachen war den alten örtlichen Gerichten des Landes am Ende des 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts nur noch eine unbedeutende Gerichtsbarkeit für die kleineren Strafsachen geblieben. I m 14. Jahrhundert sah es dann vorübergehend so aus, als ob diese Gerichte wegen der ständig zunehmenden Anzahl königlicher Polizei- und Gewerbeverordnungen ihre alte Bedeutung noch einmal zurückerlangen könnten. Es zeigte sich jetzt aber, daß das traditionelle Aufgebot der gesamten Bevölkerung zu Rechtsprechungszwecken den neuen nach Schlagkraft und Beweglichkeit rufenden Justizaufgaben nicht mehr gewachsen war und auch den zur Gerichtshaltung Aufgerufenen selber wenig mehr als eine Last bedeutete. Nach mehrfachen Ansätzen schon seit dem 12. Jahrhundert wurden daher i m Jahre 1361 für die Grafschaften Polizeiherren m i t richterlichen Befugnissen ernannt, die man Friedensrichter, Justices of the Peace, nannte 2 8 . I n ihrer schließlich ganz i n den Vordergrund tretenden richterlichen Eigenschaft erledigten sie einen ständig erweiterten Kreis von Büß- und Bagatellsachen 29 . Zur Verhängung mittelschwerer Kriminalstrafen trafen sie vier mal jährlich i n den Grafschaften unter Zuziehung von Geschworenen zusammen 30 . Das Bestreben des Königs und seiner Ratgeber w a r es, rechtskundige Personen zu Justices of the Peace zu machen. Hiergegen meldeten die Stände aber Bedenken an. Sie wollten die Friedensrichter lieber dem Großgrundbesitz entnommen sehen. Daraufhin wurden zunächst Angehörige beider Gruppen ernannt. I n den folgenden Jahren ergingen aber Gesetze, daß sie dem ländlichen Adel und Gutsherrent u m entnommen werden, i n den Grafschaften ansässig sein und Land m i t dem jährlichen Wert von 20 Pfund haben sollten 3 1 . Die letzte Voraussetzung wurde i m Jahre 1732 auf 100 Pfund jährlich erhöht 3 2 , wobei es bis 1906 blieb. Diese Besitzanforderungen und der üblich 27 1278 Statutes made at Gloucester untersagte den Richtern des Königs die Verhandlung v o n Schuldforderungen v o n weniger als 40 Schilling, räumte ihnen also praktisch eine Rechtsprechungsbefugnis über diesem geringen Betrag ein. 28 Das maßgebliche Gesetz ist 1360 Statutes made at Westminster. 29

Siehe Osborne, Justices of the Peace, pp.. 7—8, 11 et seq.

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Vgl. 1362 Statutes made at Westminster.

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1389 Statutes made at Westminster, c. 7; 1414 Statutes made at L e i cester; 1439 Statutes made at Westminster. N u r ausnahmweise, w e n n nicht genügend grundansässige, geeignete Personen i n der Grafschaft vorhanden waren, sollten nach dem letzten Gesetz andere rechtskundige Personen zu Friedensrichtern gemacht werden können. 32 1732 A n A c t for the further qualification of justices of the peace.

I. Historische Einführung

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werdende Verzicht auf Diäten führten dazu, daß Advokaten und M i n derbegüterte völlig aus dem A m t verdrängt wurden 3 8 . Das Recht zur Ernennung der Justices nahm der König für sich i n Anspruch. Die Stände meldeten zwar auch hier Widerstände an und reichten i m Jahre 1364 eine Petition ein, daß der König ihnen gestatten möge, die Friedensrichter i m Parlament zu wählen und daß die so Gewählten nicht wieder entfernt würden, jedoch ohne Erfolg. I m Jahre 1377 erfolgte nochmals eine Petition, doch die A n t w o r t lautete wiederum: „Die Richter sollen ernannt werden vom König und seinem Rat 3 4 ." Praktisch mußte der König sich freilich doch beraten lassen, da er unmöglich selbst einen Überblick über die i n Betracht kommenden Persönlichkeiten haben konnte. Vor allem die i m Land limherreisenden Königsrichter gaben hier wertvolle Ratschläge, und da die Ernennungen unter dem Großen Siegel m i t Patenturkunde vollzogen wurden, war es der seit Eduard I I . Lord Chancellor genannte Cancellarius Regis als Siegelbewahrer, der gewöhnlich über die Auswahl entschied 35 . I n derselben zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, i n der das Friedensrichtersystem eben i m Begriff war, die noch verbliebenen lokalen Sheriffs (und Lehns-)gerichte abzulösen, begannen sich auf zentraler Ebene neben den drei schon bestehenden Königs- oder Common L a w Gerichten zwei weitere wichtige Tribunale zu bilden, die beide nicht an die frühnormannische Gerichtsverfassung anknüpften und neue und eigene Probleme der Richterauswahl stellten. Von Anfang an bemüht, der Piraterie vor den Küsten ihres Landes Herr zu werden, war es den englischen Königen schon immer als Mangel erschienen, daß es ein sachkundiges Gericht für die i m Zusammenhang m i t Piraterie, Schiffbruch, aber auch Überseehandel und Schiffsverkehr auftauchenden Rechtsfragen nicht gab. Nach dem Sieg Englands über Frankreich i n der Seeschlacht von Sluys (1340) verlieh Eduard I I I . deshalb kurzerhand seinen Flottenadmiralen eine entsprechende Gerichtsbarkeit und stattete sie 1361 m i t der Befugnis aus, ihre richterliche Tätigkeit durch einen Stellvertreter auszuüben 36 . So 33 Die 139 zwischen 1495 u n d 1506 berufenen Friedensrichter waren z. B. der Prinz von Wales, der Erzbischof von Canterbury, 6 Bischöfe, 5 Ä b t e u n d Geistliche, ein Herzog, 10 Marquis, Grafen u n d Lords, 35 Ritter u n d 80 Grundherren. Osborne, Justice of the Peace, p. 29. Die Teilnahme der großen Herren w a r jedoch schon frühzeitig n u r eine nominelle geworden. 34 Nach Gneist, Englische Verfassungsgeschichte, S. 303. 35 Siehe dazu Campbell, Lives of the L o r d Chancellors, vol. 1, p. 18, u n d 1535 A n act for recontinuing liberties i n the crown, s. 2; siehe aber auch s. 5 (besondere Verhältnisse i n Lancaster). 36 Siehe Marsden, Select Pleas i n the Court of A d m i r a l t y , vol. 1, pp. x i v x v , x x x v - x x x v i ; siehe auch die auf pp. x l i i - x l i i i , l v wiedergegebenen E r nennungspatente.

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B. Richterauswahl England

konnte sich ein Court of Admiralty m i t einem ständigen Richter entwickeln, der ein bewegliches am römischen Recht und an den internationalen Handelsbräuchen orientiertes Recht anwandte und, durch Gesetze unterstützt 3 7 , seine zivilrechtliche Zuständigkeit immer mehr ausdehnte, bis er unter den Tudors zum bevorzugten Gericht der Kaufleute überhaupt wurde 3 8 . Wenn diesem Gericht auch gelegentlich Common Law Juristen — m i t diesem Begriff ließen sich die Serjeants at Law, die Barristers und die Attorneys jetzt zusammenfassen — präsidierten, so wurde es doch zumeist m i t einer anderen A r t von Advokaten besetzt, deren Aufgabengebiet abseits der drei Königsgerichte, nämlich bei den kirchlichen Gerichtshöfen lag. Diese Gerichte übten unangefochten seit der Zeit noch vor der Entstehung des Common L a w die gesamte Rechtsprechung i n Ehe- und seit dem Ende des 14. Jahrhunderts auch die i n Nachlaßsachen aus 39 . Das von ihnen angewandte Recht war stark von römisch-kanonischen Rechtssätzen beeinflußt, und die Anwälte, die vor ihnen praktizierten, waren allesamt Doktoren des zivilen Rechts, die eine von den Common L a w Anwälten gesonderte Gemeinschaft m i t Sitz i n der City of London, Doctors' Commons genannt, bildeten 4 0 . Als die führenden Autoritäten des römischen Rechts monopolisierten die Doktoren bald auch den Court of Admiralty, und es dauerte dann nicht mehr lange, bis auch die Richter dieses Gerichts ähnlich den Richtern der geistlichen Gerichte aus den Mitgliedern von Doctors' Commons ausgewählt wurden 4 1 . Die Wahl traf der jeweilige Durch 1389 Statutes made at Westminster, c. 5, unid 1391 Statutes made at Westminster wurde die Gerichtsbarkeit der A d m i r a l i t ä t näher festgelegt. 37 1540 Statutes made a t Westminster. Seine strafrechtliche Zuständigkeit verlor es durch 1536 Statutes made at Westminster aber wieder, w o h l deshalb, w e i l „no record has been found of a pirate being hanged b y (it) . . . " . Siehe Holdsworth, History of English L a w , vol. 1, p. 551. 38 Marsden, Select Pleas of the Court of A d m i r a l t y , vol. 1, pp. l v et seq., l x v et seq. 39 Siehe Holdsworth, History of English L a w , vol. 1, pp. 621, 625. Erst durch 1857 A n act to amend the L a w relating to Probates and Letters of Administration i n England u n d 1857 A n A c t to amend the L a w relating to Divorce and M a t r i m o n i a l Causes i n England w u r d e den kirchlichen Gerichten diese Rechtsprechungsmacht endgültig genommen. Gleichzeitig wurden zwei weltliche Gerichte geschaffen, der Court of Probate u n d der Court of Divorce and M a t r i m o n i a l Causes. E i n Common L a w - J u r i s t , Sir Cresswell Cresswell, w u r d e i h r erster Richter. Die Doktoren praktizierten zunächst noch weiter vor den neuen Gerichten, doch löste sich ihre Gemeinschaft bald auf. Radcliffe & Cross, English Legal System, p. 237. 40 Siehe näher Foster, Doctors* Commons, pts. 1 et seq. 41 Die Richter zwischen 1527—1547 waren z. B. Dr. Christopher Middleton, Dr. John Tregonwell, Dr. W i l l i a m Rokeley, Dr. A n t h o n y Husse, Dr. G r i f f i n Leyson sowie als Stellvertreter Dr. W i l l i a m Jeffery, Dr. W i l l i a m Trevor. Nach 1547 folgten Dr. Cooke, Dr. David Lewes, Dr. Julius Caesar. Marsden, Select Pleas of the Court of A d m i r a l t y , vol.1, p p . l i v et seq.; vol.2, pp. xi-xii.

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Admiral, jedoch „not by any authoritie that the Lord A d m i r a l l had soe to doe i n his owne person, but by the right derived from the King's letters p a t e n t . . . ; and he is Judge by the Crown though not imediatelie!" 4 2 . Die Entstehung des anderen Gerichtes hatte ihre Ursache darin, daß das Common Law, nach dem die Richter des Königs urteilten, den Anforderungen der Zeit nur noch unvollkommen genügte. Es war m i t seinen Regeln und Rechtsbehelfen hauptsächlich auf Grundbesitz abgestimmt, das Verfahren war langsam und formalistisch geworden 43 . Z u diesen i m Zeitalter wachsender Bevölkerung und zunehmenden Handels offenbar werdenden Mängeln traten noch gelegentliche Einflußnahmen mächtiger Herren auf Richter und Geschworene hinzu. Rechtsuchende, die der Meinung waren, daß sie vor den ordentlichen Gerichten kein Recht finden würden, und solche, die nach dem Landrecht getroffene Entscheidungen als unbillig empfanden, wandten sich deshalb, getreu der Vorstellung von dem König als Hort des Rechts und der Gerechtigkeit, unmittelbar an diesen i n seinem Council 4 4 . Der König und sein Council befaßten sich aber nur i n Ausnahmefällen m i t dieser A r t von Beschwerden. Wenn sie die Bittsteller nicht an die Gerichte zurückverwiesen, gaben sie die Sache erst einmal an den Lord Chancellor weiter, der nach der Abschaffung des Amtes des Justi42 Aus der Unterweisung der K ö n i g i n Elisabeth anläßlich der durch den Tod des Grafen von L i n c o l n auftauchenden Frage nach den Kompetenzen des Court of A d m i r a l t y während der Vakanz des Amtes des Admirals. Z i t . nach Marsden, Select Pleas of the Court of A d m i r a l t y , vol.2, p . x i i ; vgl. auch vol. 1, p. l i x - l x . Ausgelöst durch den Neid der Common Law-Gerichte und eine Reihe hervorragender Richter v o n Coke bis Mansfield, die das Handelsrecht zum Bestandteil des Common L a w erklärten, setzte v o m Ende der Tudorepoche an eine rückläufige Bewegung von dem Court of A d m i r a l t y auf die Common Law-Gerichte ein. Siehe Holdsworth, History of English L a w , vol.1, pp.547, 553 et seq.; Radcliffe & Cross, English Legal System, 249 et seq. Nach 1857 w u r d e dann das Richteramt a m Court of A d m i r a l t y von derselben Person verwaltet, die auch schon Richter am Court of Probate u n d dem Court of Divorce and M a t r i m o n i a l Causes war. Siehe oben Fußn. 39 u n d Archer, Queen's Courts, p. 48. 43 „ O u r thirteenth-century judges considered that they were empowered to do w h a t justice demanded: after the early fourteenth century the judges considered that their duty was to apply the law." Jackson, Machinery of Justice, p. 5. 44 Der Council w a r als eine A r t Ministerrat aus der Curia Regis hervorgegangen. I h m oblag die gesamte Reichsregierung einschließlich der Beratung des Königs bei Ausübung der iurisdictio extraordinaria, welche f ü r die allerwichtigsten Fälle i h m auch nach der Abspaltung der Königsgerichte vorbehalten blieb. Siehe Gneist, Englische Verfassungsgeschichte, S. 326ff.; Holdsworth, History of English L a w , vol. 1, pp. 399, 477, 481 et seq. Siehe ferner Baildon, Select Cases i n Chancery, pp. x x x et seq. (Liste von Petitionen wegen Unzulänglichkeit des Common Law) u n d pp. x x i et seq. (Liste von Petitionen wegen „power and violence of the defendant").

3 Kayser

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ciarius Angliae durch Heinrich III. i m Jahre 1232 allgemein als des Königs wichtigster Ratgeber i n Rechtsangelegenheiten und als sein natürlicher Premier galt. Von hier war es nur ein kleiner Schritt, bis der König seinen Kanzler zum unmittelbaren Adressaten der Rechtsgesuche bestimmte und i h n schließlich auch i n eigener Verantwortung darüber entscheiden ließ 4 5 . Dem neuen besonderen Aufgabenbereich — Anpassung und Weiterentwicklung des privaten Rechts, zu der das starr an Präzedenzien gebundene Common L a w nicht i n der Lage w a r 4 6 — entsprach es, daß i m Mittelalter vor allem hohe Geistliche zu Lord Chancellors gemacht wurden, die erfahrene Kenner des römisch-kanonischen Rechts waren und noch immer als Hauptautoritäten einer allgemeineren juristischen Bildung gelten konnten. Wolsey (1515—1529) w a r solch ein großer geistlicher Kanzler mittelalterlichen Stiles. Nach der Reformation und als die richterlichen Verpflichtungen des Ministers nach Umfang und Zahl zunahmen und i n dem Billigkeits- oder Equityverfahren nunmehr seinerseits eine starre Präzedenzrechtsprechung die freie Rechtsfindung zu verdrängen begann, suchten sich die englischen Könige ihre Lord Chancellors aber mehr und mehr aus den Spitzen der Common L a w Anwälte aus. Nachdem bereits Heinrich V I I I . (1509 bis 1547) zwei Kanzler dieses neuen Typus, darunter Sir Thomas More (1529—1532), ernannt hatte und Eduard VI. (1547—1553) zeitweilig ebenfalls einen Laienjuristenkanzler eingesetzt hatte, setzte sich diese Übung endgültig unter Elisabeth I. (1558—1603) durch 4 7 . Das A m t war und blieb ein jederzeit widerrufliches Vertrauensamt, wie es auch selbstverständlich war, daß bei seiner Besetzung politische Erwägungen eine Rolle spielten. Die Prälaten und Barone machten zwar i m Mittelalter auf seine Besetzung einen gewissen Einfluß geltend, doch trat m i t dem Rückgang der Adelsmacht unter den Tudors der persönliche Wille des Königs wieder i n den Vordergrund. „The King's w i l l is the sole constituent of a p r i v y councillor", lautet ein Ausspruch von Coke 4 8 . 45 Z u dieser Entwicklung Baildon, Select Cases i n Chancery, pp. x v i i et seq. 46 Die Gruppe der „power and violence of the defendant" -Fälle streifte das Gericht noch i m 15. Jahrhundert ab. Ib., p. x x i . 47 Ausnahmen v o n der Regel waren lediglich Bischof Williams (1621—1625) u n d Shaftesbury (1672—1673). Der letztere w a r als A d v o k a t erzogen, hatte aber nie praktiziert. Die dem L o r d Chancellor seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei seiner Rechtsprechungstätigkeit zur Seite stehenden Vice Chancellors w a r e n ebenfalls Common L a w Juristen. Siehe Foss, Judges of England, vol. 8, p. 201 u n d 1841—5 Vict., c. 5, s. 19. 48

Zit. nach Gneist, Englische Verfassungsgeschichte, S. 503.

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Von der Regierung Heinrichs V I I I . an hatten auch die dem Kanzler bei seiner vielseitigen Tätigkeit seit jeher zur Seite stehenden Hilfskräfte einen gewissen Anteil an dessen Rechtsprechung. Es war dies außer den elf Masters i n Chancery, die der Kanzler ernannte, vor allem der Master of the Rolls, der vom König persönlich i n sein A m t eingesetzt wurde und i n der Rangordnung schließlich noch vor den Richtern der drei Common Law-Gerichte stand 4 9 . Diese richterlichen Hilfskräfte waren bis etwa zu der Mitte der Regentschaft Heinrichs V I I I . ausnahmslos Geistliche und Doktoren des zivilen und kanonischen Rechts 50 . Von da an fanden zuerst i n das A m t des Master of the Rolls und nach und nach auch i n das A m t der Masters auch Common Law Juristen Eingang 5 1 . Die königliche Gerichtsbarkeit, so wie sie sich damit am Ende des 15. Jahrhunderts m i t fünf zentralen Gerichten, dem Reiserichtersystem und den Justices of the Peace ergab, hatte zweifellos nur deshalb so stetig und erfolgreich auf Kosten der alten lokalen Gerichte ausgebaut werden können, w e i l die englischen Könige des 14. und 15. Jahrhunderts bei der Auswahl ihrer Richter i m allgemeinen große Sorgfalt und hohes Verantwortungsbewußtsein an den Tag gelegt und w e i l sie ihren Richtern auch trotz deren persönlicher Abhängigkeit vom Willen des Königs eine verhältnismäßig sichere und unabhängige Stellung eingeräumt hatten. Die Tudors, die die Geschicke Englands das ganze 16. Jahrhundert hindurch lenkten, setzten diese Ernennungspolitik i m wesentlichen fort, wenn es auch ihre Regierungszeit war, i n der die alte Regel, daß nur Serjeants at L a w zu Richtern der Common L a w Gerichte gemacht werden durften, faktisch auf alle Barristers ausgedehnt w u r d e 5 2 49 Siehe dazu Holdsworth, History of English L a w , vol.1, pp.416 et seq.; Spence, Equitable Jurisdiction, pp. 357 et seq., 365—366. 50 Siehe dazu den zwischen 1596 u n d 1603 anzusetzenden Treatise of the Maisters of the Chauncerie, pp.309—310. 51 Spence, Equitable Jurisdiction, p. 363 sowie die Listen bei Foss, Judges of England, vol.5, pp. 90—91, 279, 401; vol.6, pp.8, 215 usw. I m 18. Jahrhundert gelangten keine Doktoren mehr i n die Ämter. — M i t der unkontrollierten Patronage des L o r d Chancellor u n d dem f ü r die Masters geltenden Gebührensystem waren Grundsteine f ü r Mißbräuche bei der Besetzung u n d Ausübung des Amtes der Masters gelegt. Siehe dazu den Treatise of the Maisters of the Chauncerie, p. 314, w o eine schon 1382 geführte Beschwerde erwähnt ist, „ t h a t they were over fatt, both i n boddie and purse, and over w e l l furred i n their benefices .. 52 Die Voraussetzung, daß ein Richter Serjeant at L a w gewesen sein, d . h . i n seinem ursprünglichen Sinn: eine außerordentliche Rechtskenntnis u n d Erfahrung i m Auftreten v o r Gericht erworben haben mußte, ließ sich leicht damit umgehen, daß m a n Barristers zu Serjeants at L a w machte, n u r u m sie sogleich i n Richterstellen zu befördern. Solche Kunstgriffe kamen von dieser Epoche an häufiger vor. Siehe Foss, Judges of England,



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B. Richterauswahl England

u n d i n d e r die i m persönlichen D i e n s t d e r K r o n e stehenden A n w ä l t e , d e r A t t o r n e y G e n e r a l u n d d e r S o l i c i t o r General, b e i der B e s e t z u n g d e r höchsten Ä m t e r , n ä m l i c h d e r L o r d C h a n c e l l o r u n d d e r b e i d e n C h i e f Justice Stellen, das erste A n r e c h t e i n g e r ä u m t b e k a m e n 5 3 . Selbst die S t a r C h a m b e r , i n d e r v o n 1487 a n u n d ausgelöst d u r c h d i e v i e l fachen T u m u l t e u n d U n g e s e t z l i c h k e i t e n j e n e r Z e i t eine seit der C u r i a Regis n i e m a l s aufgegebene a u ß e r o r d e n t l i c h e G e r i c h t s g e w a l t des K ö n i g s eine neue gestraffte F o r m f a n d u n d i n d e r b e s t i m m t e v o m K ö n i g ausgesuchte M i n i s t e r u n t e r B e i z i e h u n g d e r C h i e f Justices u n d ohne J u r y eine e x z e p t i o n e l l e S t r a f - u n d Z i v i l j u s t i z a u s ü b t e n 5 4 , w a r u n t e r i h n e n noch k e i n I n s t r u m e n t d e r W i l l k ü r oder U n t e r d r ü c k u n g 5 5 . vol. 4, p. 223; vol. 8, p. 200; vol. 9, p. 8. Daß sie keinen größeren Schaden anrichteten, lag daran, daß die Barristers, auch ohne den kostspieligen Rang eines Serjeant angenommen zu haben, über beträchtliche Gerichtserfahrung verfügen konnten, hatten sie doch n u r nicht das Recht, vor dem Court of Common Pleas zu praktizieren. I m 19. Jahrhundert w u r d e n dann auch einfache Barristers z u m Plädoyer vor dem Court of Common Pleas zugelassen (1846 A n A c t to e x t e n d . . . ) u n d die Regel, daß n u r ein Serjeant at L a w Richter eines Common L a w Gerichtes werden durfte, abgeschafft (1873 Supreme Court of Judicature Act, s. 8). Der Orden der Serjeants löste sich 1877 auf. L o r d Lindley, der letzte Überlebende, starb 1921. Halsbury, Laws of England, vol. 3, p. 3. 53 Der K ö n i g w a r i m Mittelalter häufig i n Prozesse verstrickt u n d benötigte dafür w i e andere Rechtsuchende auch seine Serjeants u n d Attorneys. A m Ende des 15. Jahrhunderts traten an die Stelle mehrerer u n d ad hoc beauftragter Attorneys u n d Solicitors (die ähnliche Aufgaben w i e die A t torneys erfüllten) ein einzelner Attorney General u n d ein einzelner Solicitor General, während vor Gericht noch weiter Serjeants, die King's Serjeants, die Krone vertraten. Unter dem Tudor-Absolutismus k a m es jedoch zu Schwierigkeiten. Die Serjeants w a r e n v o r allem i m Court of Common Pleas beheimatet, ihre eigentliche Domäne w a r das Liegenschaftsrecht, u n d politisch waren sie f ü r dias Common L a w u n d gegen die königliche Prärogative u n d eine hieraus abgeleitete Kabinettsjustiz eingenommen. Die Könige wünschten sich aber gerade Männer, die m i t ihrer P o l i t i k sympathisierten und f ü r diese v o r Gericht u n d Parlament auch eintreten wollten. Dem K o n f l i k t begegneten sie damit, daß sie die ihnen ergebenen Attorney Generals und Solicitor Generals v o n n u n an aus politisch genehmen Barristers ausw ä h l t e n u n d sich so weitgehend aus der Abhängigkeit der Serjeants befreiten. Z u m L o h n f ü r ihre Dienste w u r d e n die beiden Kronanwälte dann regelmäßig m i t einem der höchsten Richterämter bedacht. Siehe Holdsworth, History of English L a w , vol.5, p.341; vol.6, pp.466 et seq.; Radcliffe & Cross, English Legal System, pp. 386—387. 54 1487 A n A c t giving the Court of Star Chamber A u t h o r i t y to punish divers Misdemeanors. Das durch dieses Gesetz geschaffene Gericht ging unter Eduard V I . (1547—1553) aber praktisch wieder i n dem Plenum des Council, jetzt P r i v y Council genannt, auf. Die Richter erhielten n u r noch eine beratendle Stimme. Die v o n dem P r i v y Council ausgeübte u n d i n den gewöhnlichen Gaing der politischen Geschäfte eingebettete Justiz formierte aber n u n selber unter der Gerichtsbezeichnung Star Chamber. Sie betraf Prozesse, die i n besonderer Weise den Staat angingen u n d private Streitigkeiten, die anderswo nicht gut ausgetragen werden konnten. Näher Holdsw o r t h , History of English L a w , vol. 1, pp. 493 et seq.

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Eine Verkehrung dieser Grundsätze trat aber m i t der Thronbesteigung der Stuarts ein, denen, auf absolutistische Staatstheorien gestützt und i n verhängnisvollem Mangel an Pflichtgefühl, die Geltung ihres persönlichen Willens zum Selbstzweck wurde. Jakob I. (1603—1625) nahm das von seinen Vorgängern längst aufgegebene Recht zur persönlichen Teilnahme an den Gerichtsverhandlungen wieder für sich i n Anspruch, was zu einem berühmten Disput m i t dem Chief Justice Coke i m Jahre 1607 führte 5 6 , und mischte sich auch sonst i n die Praxis der Gerichte ein. L o r d Ellesmere, seinem Lord Chancellor, schrieb er vor, eine Klage zugunsten des Beklagten zögernd zu behandeln, „because he had i n the parliament house showed himself forward i n our service" 5 7 , unwillfährige Richter zog er zur Verantwortung, und zuletzt entließ er Chief Justice Coke, w e i l dieser sich geweigert hatte, den König während eines Prozesses zu konsultieren 5 8 . Zugleich begann er einen Verkauf der Richter- und Serjeant-Titel, der m i t den traditionellen Geschenken der neuernannten Serjeants at L a w — bei Richtern waren sie ohnehin niemals üblich gewesen — nichts mehr gemein hatte und den Ruf der Königsgerichte zu erschüttern begann. Für eine Richterstelle am Court of Common Pleas wurden bis zu 4 000 Pfund, für die Beförderung zum Serjeant at Law 600 Pfund geboten und genommen 59 . M i t Sir Francis Bacon, der von 1613—1621 zunächst die Stelle des Attorney General und dann die des Lord Chancellor bekleidete, zog der König einen Mann an sich, der offen aussprach, daß die Richter nicht nur Recht anwenden, sondern auch die Regierung unterstützen, daß sie „lions under the throne" sein sollten, die sich davor zu hüten hätten, die königliche Souveränität zu hemmen oder sich ihr gar zu widersetzen 60 . Seinem König empfahl er, „to make some 55 „Überhaupt — schreibt Gneist, Englische Verfassungsgeschichte, S. 514 bis 515 — erscheint die Besetzung der Gerichte und die persönliche Stell u n g idler Richter trotz ihrer widerruflichen Anstellung und ihrem V e r hältnis als Justitiarien des Council als eine würdige und bewahrt sich w ä h rend der ganzen Zeit ein hohes Ansehen und den Ruf der Unparteilichkeit. Ihre persönlichen Wünsche haben die Tudors niemals bei ihren Reichsgerichten geltend gemacht, i n die ordentliche Rechtsprechung sich überhaupt nicht eingemischt. I h r würdiges Verhalten i n diesem Gebiet erinnert an die besten Zeiten der Monarchie i n Deutschland." Siehe auch Holdsworth, History of English L a w , vol. 1, p. 291: Keine M a n i pulationen bei der A u s w a h l der Justices of the Peace, keine Entlasssungen. U n d pp. 507—508: Ansehen der Star Chamber. 56 Siehe 12 Coke 63. 57 Egerton Papers p. 464, zit. nach Foss, Judges of England, vol. 6, p. 2. 58 Siehe Denning, Road to Justice, pp. 10—11. 59 Foss, Judges of England, vol. 6, pp. 3,31. Z u entsprechenden Mißbräuchen a m Court of Chancery siehe den am Ende dieser Regierungszeit geschriebenen Aufsatz von Norburie, Abuses anid Remedies of Chancery, insbesondere p. 433. 60 Anson, L a w and Custom of the Constitution, p. 44.

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example against the presumtion of a judge i n cases that concern your Majesty, whereby the whole body of those magistrates may be contained i n better awe" 6 1 . K a r l I. (1625—1645) erhob die von seinem Vater begonnenen Mißbräuche zum politischen System. Widerstrebende Richter wurden kurzerhand entlassen oder suspendiert wie z. B. 1626 Chief Justice Crewe, 1630 Chief Baron Walter und 1634 Chief Justice Heath 6 2 . Neu einrückende Richter verdankten ihre Posten vor allem ihrer Zahlungskraft und ließen die früher angelegten strengen Maßstäbe nicht mehr erkennen. Der bei dem König einflußreiche Erzbischof Laud, von einem Sir Charles Caesar nach der freien Stelle des Master of the Rolls gefragt, erklärte diesem freimütig, „that as things then stood, the place was not like to go without more money than he thought any wise man would give for i t ! " 6 3 . Sir Charles scheint trotz dieser Warnung 15 000 Pfund gegeben zu haben sowie ein zusätzliches Darlehen an den König i n Höhe von 2000 Pfund. Auch Chief Justice Richardson soll für sein A m t 17 000 Pfund gezahlt haben. Bei Foss heißt es dazu: The shameful practice was no doubt general, though m a n y instances remain unrecorded, the details being as discreditable t o the giver as to the receiver, to the tempted as to the tempter. One inevitable consequence of this was, t h a t m e n were afraid of losing the places they had paid for; and another, t h a t the public, to w h o m the corruption of some was known, attributed, i t to all, and distrusted the motives of an adverse judgement, though that judgement m i g h t be r i g h t l y pronounced. So strong was the general feeling t h a t bribery exercised an influence i n the courts, t h a t i t even found vent f r o m the pulpit, and the judges were sometimes compelled to listen to charges against their o r d e r 6 4 .

Außer von finanziellen ließ sich der König auch von persönlichen und politischen Motiven leiten und besetzte die kleine Zahl der Richterstellen, auf die es ankam, m i t Männern seines unbedingten Vertrauens 65 . Die Folge war, daß bald kein Verfassungsgrundsatz und 61 Bacon's Works (Montagu), vol. 12, p. 36; zit. nach Foss, Judges of England, vol. 6, p. 81. Z u der charakterlich fragwürdigen Gestalt Bacons, seiner Verachtung für jede A r t richterlicher Unabhängigkeit u n d seinem Sturz durch das Parlament (1621) wegen der Annahme v o n Geschenken u n d Bestechungsgeldern von über 11 OOO Pfund, siehe ib., pp. 78 et seq. 62 Siehe dazu ib., pp. 215—216, 323, 370. 63 Zit. ib., p. 208. 64 Ib., pp. 208—209. 65 Sir Nicholas Hyde hatte sich zum Beispiel bei der Verteidigimg des v o m Unterhaus schwerer Verfehlungen angeklagten Duke of Buckingham verdient gemacht u n d t r a t an Crewes Stelle, obwohl unter normalen U m ständen ein anderer den Vorrang erhalten hätte. Ib., p. 289. Das Porträt eines dier verhaßtesten Richter dieser Zeit, Chief Justice Finch, der 1634 wegen seiner Bewährung als Sprecher i m Unterhaus an

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k e i n Gesetz v o r d e r I n t e r p r e t a t i o n d e r b e a m t e t e n R i c h t e r m e h r s t a n d h i e l t 6 6 . D i e S t a r C h a m b e r , i n d e r b i s h e r noch i n gemessenem V e r f a h r e n u n d d u r c h rechtssachverständige M i t g l i e d e r v e r h a n d e l t w o r d e n w a r , w u r d e d u r c h e i n v e r t r a u l i c h e s G r e m i u m aus d e r gesellschaftl i c h e n U m g e b u n g des Hofes abgelöst u n d e r l a n g t e n u n m e h r als I n s t r u ment königlicher Macht u n d W i l l k ü r ihre Berühmtheit 67. Die A u s w a h l d e r Justices of t h e Peace e r f o l g t e nach e i n e m a n a l o g e n System, w e n n auch m i t g e r i n g e r e m E r f o l g 6 8 . N a c h d e m i m I n t e r r e g n u m (1649—1660) — u n t e r B e i b e h a l t u n g des E r n e n n u n g s p r i n z i p ö 6 9 — eine v e r a n t w o r t u n g s b e w u ß t e r e Gesinnung b e i d e r B e s e t z u n g d e r R i c h t e r s t e l l e n zutage g e t r e t e n u n d d e r e h r l i c h e u n d erfolgreiche V e r s u c h u n t e r n o m m e n w o r d e n w a r , d i e G e r i c h t e m i t befähigten u n d charakterfesten M ä n n e r n zu besetzen70, w u r d e u n t e r

die Stelle von Heath trat u n d durch seinen wiederholten Ausspruch Ber ü h m t h e i t erlangte, daß ein Befehl des Königlichen Council „should be always ground enough for h i m to make a decree i n Chancery", findet sich ib., pp. 310 et seq. 66 Drei Entscheidungen erregten großes Aufsehen u n d trugen ihren T e i l zum Sturz u n d zur Hinrichtung des Königs bei. Die erste w a r Darnel's, or the Fife Knights' Case (1627), 3 S t . T r . 1. Der K ö n i g hatte fünf Adlige ins Gefängnis werfen lassen, w e i l sie keine Anleihe hatten unterschreiben wollen. Die Richter entschieden servil, daß ein auf Befehl des Königs festgenommener M a n n nicht von den Richtern entlassen werden dürfe. I n dem zweiten Verfahren, R. v. Elliot, Hollis, Valentine (1629), 3 St. T r . 293, w u r d e n Parlamentarier unzulässigerweise wegen ihrer i m Parlament geäußerten K r i t i k an dem K ö n i g i n H a f t genommen. Der dritte F a l l w a r der berühmte Ship Money Case R. v. Hampden (1637), 3 St. T r . 825. Der K ö n i g hatte ohne Ermächtigimg durch das Parlament Steuern erhoben, u n d die Richter entschieden unter dem Einfluß von Finch, der, u m ihre Stimme zu erhalten, auch vor Drohungen u n d Bestechungen nicht zurückschreckte (siehe Holdsworth, History of English L a w , vol. 5, pp. 351—352, n. 11), daß dies rechtmäßig sei. 67

Die E n t w i c k l u n g schloß hier ¡mit 1640 A n act for the regulating of the p r i v y council . . . ab, der die gesamte exzeptionelle Straf gewalt u n d Z i v i l justiz des Königs i n seinem Council u n d allen Nebenorganen aufhob. 68 Der G r u n d w a r , daß i n den Grafschaften, aus denen die Justices zu entnehmen waren, ein ergebenes Beamtentum fehlte. Siehe Osborne, Justices of the Peace, pp. 89, 109—110. 691 Z u Bemühungen des Parlaments u m ein Mitbestimmungsrecht siehe aber Haynes, Selection and Tenure of Judges, p. 71. 70 Die anfangs noch häufigeren Wechsel der höchsten Staatsgewalt z w i schen Parlament, Protektoren u n d Armee hatten allerdings auch i n dieser Zeit noch Entlassungen, V e r - u n d Wiedereinsetzungen zur Folge. Entlassen w u r d e beispielsweise auch Dr. Richard Zouche, der Richter des Court of A d m i r a l t y , dessen Sympathien w i e die der meisten „civilians" auf der Seite des Königs gestanden hatten. Holdsworth, History of English L a w , vol.5, p. 18. A b e r 1657 konnte Cromwell erklären: „ I do not t h i n k , under favor, t h a t the Laws have had a more free exercise, more uninterrupted b y any hand of Power, i n those years ( = of Elizabeth and James) than n o w ; or that the Judges have been less solicited b y letters or private interpositions

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der Restauration das königliche Ernennungsrecht noch einmal und sogar i n noch stärkerem Maße als bisher als Hebel bei den politischen Auseinandersetzungen der Zeit mißbraucht. K a r l II. (1660—1685) legte zwar zunächst eine vorsichtigere Haltung an den Tag 7 1 . Aber als seine Regierung voranschritt und das Land sich wieder i n zwei Parteien spaltete, fand er es wie sein Vater erforderlich, zu der Umbesetzung von Richtern Zuflucht zu nehmen und Richter, die zu unabhängig waren oder der Politik der Krone zu sehr widerstrebten, durch Männer m i t größerer Dienstbereitschaft und m i t genehmeren politischen Anschauungen zu ersetzen. Von den 55 Richtern, die während seiner Regentschaft ein A m t innehatten, wurden auf diese Weise nicht weniger als zwölf aus politischen Gründen entlassen, nämlich drei Lord Chancellors, drei Chief Justices und sechs, eventuell sogar acht weitere Richter 7 2 . Alle neu eingeführten Männer konnten als geschmeidige Bewerber u m die Gunst des Hofes oder des Volkes und als gefügige Instrumente der Regierung gelten 7 3 . Die Einmischungen der Stuarts i n den Gang der Rechtspflege fanden unter der kurzen Regentschaft Jakobs II. (1685—1688) eine nochmalige und letzte Steigerung. Das große Ziel dieses Monarchen war es, den katholischen Glauben i n England wiederherzustellen. Diesem Plan standen ein seinem Vorgänger aufgezwungenes Gesetz, nach dem alle Staatsbeamten das Sakrament nach den Riten der Kirche von England einnehmen, einen Eid auf die Oberhoheit des Königs leisten und der Lehre von der Transsubstantiation abschwören mußten 7 4 , sowie 30—40 gegen Dissenters gerichtete Strafgesetze entgegen. Jakob II. nahm sich vor, gegen beide Arten von Gesetzen vorzugehen, und bei diesem Kampf sollten i h m die Richter eine wichtige verfassungsmäßige Waffe sein. Er erwartete von ihnen, daß sie seine Befugnisse so weit interpretierten, daß sie auch die Aufhebung dieser Gesetze umfaßten, und zögerte nicht, hierfür durch Entlassungen ungefügiger und Neuerneneither of m y o w n or other men's i n double so many years i n all those timies named of Peace!" Zit. nach Haynes, Selection and Tenure of Judges, p. 70. V o n den 15 Richtern, die bei der Rückkehr der Stuarts vorhanden waren, w u r d e n i m m e r h i n neun von dem neuen Regime bestätigt oder i n gleichwertige Positionen versetzt. Foss, Judges of England, vol. 7, p. 3. 71 Er setzte auch die i m Interregnum begonnene Übung, die Richter auf Lebenszeit zu ernennen, fort, kehrte aber bald zur Ernennung „ d u r i n g King's pleasure" zurück. Foss, Judges of England, vol. 7, p. 4. 72 Ib., pp. 2 et seq. 73 Holdsworth, History of English L a w , vol.6, pp.502 et seq.: „ T h e effect upon the quality of the bench was disastrous ... The type of m a n that the crown found to be most amenable to its wishes was the political lawyer, w i t h o u t principles, w i t h a fluent tongue, and w i t h a l i t t l e knowledge of law." 74 1672 A n act for preventing dangers w h i c h may happen f r o m popish recusants.

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nung katholischer Richter eine gute Stimmung zu schaffen 75 . Als es i n einem arrangierten Fall zu einer ersten Entscheidung kam — der König hatte Sir Edward Haies, einem Offizier, der gegen das Gesetz von 1672 verstoßen hatte, strafrechtlichen Suspens erteilt — waren die meisten Richter auch dienstbeflissen genug, diesen Suspens für zulässig zu erachten 76 . Vier Bedenken äußernde Richter wurden unverzüglich entlassen 77 . I n einem zweiten Prozeß mußte der König dann freilich eine Niederlage hinnehmen. Er hatte diesmal versucht, auf einen Schlag alle Strafgesetze gegen Dissenters m i t einer allgemeinen Toleranzerklärung außer K r a f t zu setzen, und schließlich verlangt, daß eine zweite solche Erklärung i n den Kirchen verlesen wurde. Sieben Bischöfe griffen daraufhin zu dem legalen Ausweg einer Petition an den König und wurden prompt wegen Hochverrats angeklagt. Diesmal waren zwei Richter gegen die Angeklagten und zwei für sie. Die Entscheidung fiel durch die Geschworenen, die einstimmig und i n der Annahme freisprachen, daß der König nicht das Recht Englands außer K r a f t setzen könne 7 8 . Seit Coke war dies die erste unmittelbar gegen die Krone gerichtete Entscheidung. Die beiden opponierenden Richter büßten sie wiederum m i t ihrer Entlassung 79 . Insgesamt kam Jakob i n seiner kurzen Regierungszeit von nicht ganz vier Jahren noch einmal auf zwölf Entlassungen. Daß keiner von den zehn Richtern, die bei seinem Sturz amtierten, von dem neuen Königshaus i m A m t behalten wurde und sieben von ihnen sich vor dem Parlament Wilhelms und Maries wegen schwerer Verfehlungen zu verantworten hatten, war ein eindrucksvoller Beweis für ihre Inkompetenz und Verdorbenheit und bestätigte zugleich noch einmal das pauschale Urteil, das einige Zeit vorher schon Chief Justice 75 S i r Thomas Jones erklärte der König, als er i h n entließ: „ I am determined to have twelve judges w h o w i l l be a l l of m y m i n d as to this matter." Die A n t w o r t soll gelautet haben: „ Y o u r Majesty may find twelve judges of your mind, but hardly twelve lawyers!" Macaulay, History of England (ed. 1879), vol. 2, p. 84; zit. nach Haynes, Selection and Tenure of Judges, p. 76, n. 55. Siehe auch Holdsworth, History of English L a w , vol. 6, pp. 509 et seq. 76 T r i a l of Sir E d w a r d Hales (1686), 11 St. Tr. 1165. 77 Haynes, Selection and Tenure of Judges, p. 73. 78 T r i a l of the Seven Bishops (1688), 12 St. Tr. 183. Z u dieser Gerichtsverhandlung siehe Radcliffe & Cross, English Legal System, p. 390: „ T h e Court of King's Bench was composed of four judges none of w h o m was a lawyer of eminence and one of w h a m was a m a n of infamous character, w h i l e among the great lawyers w h o appeared as counsel for the bishops were men w h o had formerly been judges and had been dismissed f r o m office. As L o r d Halifax said, »Westminster H a l l was standing on its head/" 79 I h r e Nachfolger w a r e n nach Holdsworth, History of English L a w , vol. 6, p. 510 „objects of contempt to the nation at large".

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Jeffreys, selber an Würdelosigkeit von keinem englischen Richter übertroffen, über seine Kollegen gefällt hatte: „As for the judges, they are most of them rogues 80 ." Die Justices of the Peace waren von politisch motivierten Ernennungen nicht ausgenommen, doch erwiesen sie sich wie schon unter den ersten Stuarts so auch diesmal wieder als weniger brauchbar für die Zwecke der Krone als die Richter i n der Nähe des Hofes. Auf diese Weise galt die Friedensgerichtsbarkeit „trotz einer noch etwas patriarchalischen Handhabung und übergroßen Eifers gegen Wilddiebe doch als eine rechtschaffene Justiz i n einer verderbten Z e i t " 8 1 . So sehr die Stuarts ihre Gerichte für persönliche und politische Zwecke auch mißbraucht hatten, fand sich nach ihrer Vertreibung doch keine Stimme, die dem König und seinem Council das Recht zur Richterauswahl nehmen und es einem anderen Staatsorgan anvertrauen wollte. Nur insoweit glaubte das Parlament eine Hürde errichten zu müssen, als es die höheren Richter vor willkürlichen Entlassungen schützte* 2 . Die neuen Monarchen rechtfertigten dieses Vertrauen, indem sie ihre Richter wieder m i t Bedacht auswählten und so die richterliche Qualität wieder anhoben 83 . A u f einem anderen Wege gingen sie ihrer Verantwortung dann freilich doch verlustig. 80 Nach Foss, Judges of England, vol. 7, p. 201. Z u r der F i g u r Jeffreys, auf den Beurteilungen w i e brutal, grausam, u n beherrscht, taktlos, devot, häufig betrunken u n d gotteslästernd paßten, siehe das Porträt pp. 226 et seq. 81 Gneist, Englische Verfassungsgeschichte, S. 604—605, Fußn.; siehe auch Osborne, Justices of the Peace, pp. 153—154. 82 1700 A n act for the further l i m i t a t i o n of the crown, s. 3: „be i t enacted . . . that . . . judges commissions be made quamdiu se bene gesserint, and their salaries ascertained and established; b u t upon the address of both houses i t may be l a w f u l to remove them." Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts schieden sie allerdings noch bei einem Thronwechsel aus ihrem A m t . 1707 A n act for the security of her Majesty's person and g o v e r n m e n t . . . , s. 8, bestimmte aber, daß sie i h r A m t noch sechs Monate nach dem Thronwechsel behalten sollten, u n d 1760 A n act for rendering more e f f e c t u a l . . . , s. 1, bestimmte die lebenslängliche A n stellung auch über einen Thronwechsel hinaus. Eine Ausnahmestellung nahm lediglich der L o r d Chancellor ein, der m i t den Regierungen ausgewechselt wurde. 83 Siehe Radcliffe & Cross, English Legal System, p. 390. Diese Ernennungen vermochten freilich die Erinnerung an 85 Jahre Stuart-Justiz n u r schwer auszulöschen. Auch w u r d e i h r W e r t durch einen Verfall der j u ristischen Ausbildung i m 17. u n d 18. Jahrhundert (siehe Holdsworth, History of English L a w , vol. 12, pp. 15 et seq., 77 et seq.) u n d nach w i e v o r herrschende Mißstände am Court of Chancery w i e Verkauf der Master-Stellen u n d Gebührenunwesen (ib., vol. 1, pp. 439 et seq.) weitgehend relativiert. V o r diesem Hintergrund w i r d m a n eine der bittersten Anklagen sehen müssen, die jemals gegen die englischen Richter u n d A n w ä l t e erhoben wurde u n d die i n den 1726 erschienenen Gulliver's Travels v o n Jonathan S w i f t (Pt. I V , Ch. V) enthalten ist.

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I n der parlamentarischen Regierungsweise, so wie sie sich noch i m 18. Jahrhundert herausbildete, war für eine uneingeschränkte Kompetenz des Königs kein Raum mehr. So war es nur eine Frage der Zeit, bis ein dem Parlament verantwortlicher Minister auch die Auswahl der Richter wenigstens faktisch selber vollzog®4. Diese Entwicklung leitet zum Recht der Gegenwart über und braucht hier nicht länger verfolgt zu werden. Es genügt festzustellen, daß, wenn auch die leitenden Männer des Staates sich nunmehr regelmäßig i n der einen oder anderen Parteienrichtung bewegten und dies nicht ohne Folgen für die Richterauslese blieb, Tories und Whigs doch gleichermaßen das Verhalten der Stuarts gegenüber den Gerichten verurteilten, die Verfassungen der Gerichte und Anwaltsinnungen unberührt ließen, von der parteimäßigen Entlassung von Justices of the Peace absahen und England auf diese Weise — wie Gneist es ausgedrückt h a t 8 5 — i n eine „new era of judicial p u r i t y " hinüberführten. Nur noch einmal und bereits i m 19. Jahrhundert erfolgte ein prinzipieller Wandel bei der Besetzung eines englischen Gerichts. Er betraf jenes Organ, i n das die alte Curia Regis i n ihrer Eigenschaft als alle Großen des Landes vereinigende Versammlung schließlich übergegangen war, das House of Lords. Waren diese Zusammenkünfte bis zum 13. Jahrhundert ohne festen Geschäftsgang und w o h l auch m i t wechselndem Personal erfolgt, so nahmen sie von diesem Zeitpunkt an immer mehr die Gestalt vom König einberufener periodischer Versammlungen der Größten unter den geistlichen und weltlichen Kronvasallen und der zur Baronie gehörigen Minister des Königs an 8 6 . Nach dem historischen Ablauf ergab sich ganz von selbst, daß dieser Körper Beschwerden über Entscheidungen der von der Curia Regis zuerst abgespaltenen Common L a w Gerichte hören sollte, genauer, über Entscheidungen des Court of King's Bench, sei es als Gericht der ersten Instanz oder als Rechtsmittelgericht über dem Court of Common Pleas, sowie über Entscheidungen eines seit 1357/1358 über dem Court of Exchequer errichteten Court of Exchequer Chamber 8 7 , 84 Z u der Übergangszeit siehe Todd, Parlamentarische Regierung, Bd. 2, S. 576: Noch L o r d Chancellor Eldon (1801—1806; 1807—1827) sollen bei der Ausübung seiner Anstellungsbefugnisse „die Anliegen der königlichen F a m i l i e die meisten Verlegenheiten bereitet haben". 85 Englische Verfassungsgeschichte, S. 704; siehe auch Laski, Parliamentary Government i n England, p. 361; Holdsworth, History of English L a w , vol. 10, p. 644. 86 Der K ö n i g l u d anfangs auch die Reichsrichter u n d eine Anzahl Serjeants at L a w , die nicht z u m hohen A d e l gehörten. Das Mißtrauen der großen Herren gegen das Beamtenelement w a r aber so groß, daß diese immer m e h r i n eine n u r beratende Stellung gedrängt wurden. Gneist, Englische Verfassungsgeschichte, S. 352—353; 475—476. 87 1357 Statutes made at Westminster m i t der Bestimmung, daß „les chaunceller et tresorer facent venir devant eux . . . le record du proces

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und daß die Commons an dieser Rechtsprechungsfunktion keinen A n teil hatten 8 8 . Durch die Adelskämpfe der beiden Rosen (1455—1485) und durch die Wirren der Reformation trat das Gericht i n seiner Bedeutung zwar wieder zurück, durch die Schaffung eines besonderen Obergerichtes für den Court of King's Bench unter den Tudors 8 9 wurde es sogar weitgehend entbehrlich. Doch kehrte es von der Restauration Karls II. an wieder i n seine alte Stellung als höchste Instanz i n Common Law-Streitigkeiten zurück und beanspruchte darüber hinaus seit dem Prozeß Shirley v. Fagg (1675) auch die letzte Entscheidung i n Equitysachen 90 . Die Verbindung von Mitgliedschaft i m House of Lords und höchstem Richteramt konnte auf die Dauer aber kein Erfolg sein. Die meisten Pairs waren rechtsunkundig und ließen sich wohl auch eher von familiären und politischen Interessen als von rechtlicher Logik leiten. Wenn die Laien-Lords die Rechtsprechung vom 18. Jahrhundert an auch mehr und mehr ihren geschulten Kollegen überließen, so nahmen sie i n spektakulären Prozessen i h r Stimmrecht doch u m so hartnäckiger wahr. Auch entschied das Gericht noch i m Jahre 1834 einen Fall, ohne daß auch nur ein berufsmäßiger Jurist anwesend war91. Einen Wandel brachte erst der Fall O'Connell v. Regina aus dem Jahre 1844 92 . O'Connell hatte gegen seine Verurteilung durch ein irisches Gericht appelliert. Der Fall war von bedeutendem politischem Interesse, und i n dem Haus war eine große Anzahl von Pairs versammelt. Als der Sprecher des Hauses die Frage stellte, ob das Urteil des Untergerichts aufgehoben werden sollte, gaben auch ein oder hors de leschequier et prises a eux justices et autres sages t i e u x come leur semblera qe sont aprendre . . . et si ascun errour y soit trouve les facent corriger et amendre les roules". 88 Z u diesem Prozeß Holdsworth, History of English L a w , vol. 1, pp. 361 et seq.; 370 et seq.; Plucknett, Concise History of English L a w , pp.152, 200—201. Zugleich w u r d e i n i h m die auf die Magna Charta zurückgehende Forder u n g des hohen Adels nach einem j u d i c i u m p a r i u m i n wichtigeren Strafsachen durchgesetzt. Das Privileg w u r d e erst durch 1948 Criminal Justice Act, s. 30 (1) abgeschafft, das letzte durchgeführte Verfahren w a r R. v. L o r d de Clifford, Times, Dec. 13, 1935, pp. 15—16. 89 1585 A n act for redress of erroneous judgments . . . Richter dieses Gerichts waren „ . . . the justices of the common bench and the barons of the exchequer . . . or six of t h e m . . . " . 90 6 St. T r . 1121. I m Mittelalter w a r dies Sache des Council gewesen, an den a u d i Berufungen i n Seesachen gelangten. I m 19. u n d zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die Appellationsgerichtsbarkeit f ü r fast alle Gerichte i n England neu geordnet wurde, erweiterte sich die Zuständigkeit des House of Lords nochmals. 91 Beven, Appellate Jurisdiction of the House of Lords, p. 369. 92 11 CI. & Fin. 155.

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zwei Laien-Pairs ihre Stimme ab. Der Sprecher unterließ eine Erklärung über den Urteilsspruch und stellte die Frage erneut, worauf dieselben Antworten gegeben wurden. Daraufhin meldete sich Lord Wharncliffe, selber ein Laien-Lord, zu Wort und hielt eine leidenschaftliche Ansprache gegen die Teilnahme von Laien bei Rechtsprechungsgeschäften des Hauses 93 . Diese Rede bedeutete praktisch den Todesstoß für die Gerichtsbarkeit der Laien-Lords. Zwar wurde für diesmal der Streitpunkt noch dadurch entschieden, daß die Laien das Haus vor der neuen Abstimmung verließen, doch war m i t diesem Stimmenverzicht ein Präzedenzfall geschaffen, und als Lord Denman i n einem Prozeß i m Jahre 1883 noch einmal seine Hand zur Stimmabgabe erhob, wurde dies von dem Sprecher einfach ignoriert 9 4 . Aber selbst ohne die Interventionen der Laien-Pairs war nicht alles zufriedenstellend. Oft fehlte es an gleichzeitig adligen und rechtskundigen Personen, und i m Jahre 1856 sprach der Lord Chancellor Lord Campbell offen aus, daß die Appellationsgerichtsbarkeit des Hauses i n traurigen Verruf gekommen sei 95 . I n demselben Jahr wurde deshalb versucht, einen herausragenden Richter zum Pair auf Lebenszeit zu machen. Richter Parke, ein Mitglied des Court of Exchequer und bedeutender Common Law-Jurist 9 6 , wurde zum Lord Wensleydale geadelt. Dieser Versuch scheiterte aber, da das Privilegienkomitee des Hauses darauf bestand, daß — obgleich die Krone möglicherweise einen Pair auf Lebenszeit schaffen könne — dieser doch nicht als Richter sitzen und abstimmen könne 9 7 . Der unter der liberalen Regierung Gladstone erlassene Supreme Court of Judicature Act von 1873 versuchte deshalb, den Pairs ihre Rechtsprechungsbefugnisse gänzlich M

Ib., 421—422. Beven, Appellate Jurisdiction of the House of Lords, p. 370. L o r d Denman w a r i m m e r h i n seit 50 Jahren Barrister, doch wurde seine praktische Erfahrung offenbar als v ö l l i g unzureichend angesehen. Siehe dazu auch Parcq, Final Court of Appeal, pp. 7—8; Megarry, L a y Peers i n Appeals to the House of Lords, pp. 22 et seq. 95 Lives of the L o r d Chancellors, vol.8, p. 193. Siehe dort auch n.: „ I t was notorious that Cranworth anid St. Leonards, w h o often sat w i t h o u t a t h i r d l a w Lord, frequently differed, and sometimes left the decision to depend on the m a x i m praesumitur pro negante. I f Brougham happened to be present, he was occupied w i t h various matters w h i c h interested h i m more than the appeal." Siehe dazu auch die bittere Rede dies Solicitor General Sir Richard Bethell i n Pari. Deb. (Hansard), H. C., 3d ser., vol. 139 (1855), cols. 2119 et seq. sowie die Erinnerung Graf Spencers, daß er, „ w h e n a mere boy", aufgefordert worden sei, ein Quorum zu bilden, u n d daß er zu Gericht gesessen u n d Appellationen angehört habe. I n re L o r d Kinross, [1905] A . C. 476. 96 Siehe dazu Fifoot, Judge and Jurist i n the Reign of Victoria, pp. 12 et seq. 97 Wensleydale Peerage Case (1856), 5 H. L . C. 981. 94

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zu nehmen. Das war jedoch eine zu revolutionäre Bestimmung, die einmal die Frage aufwarf, vor welches Gericht Berufungen von Schottland und Irland gelangen sollten, und zum anderen dazu führen konnte, daß das House of Lords auch i n seiner Eigenschaft als zweite Kammer i n Frage gestellt wurde. Noch bevor sie i n K r a f t trat, wurde sie daher von der 1874 neu angetretenen Regierung Disraeli suspendiert und schließlich ganz aufgehoben 98 . Eine Reform war jedoch unausweichlich, und so sorgte das Gesetz gleichzeitig dafür, daß die Idee der Pairs auf Lebenszeit entsprechend der heute geltenden Regelung doch noch verwirklicht w u r d e " . I I . Die Richterstellen an den englischen Gerichtshöfen 1. Ordentliche Gerichte Magistrates' Courts und Courts of Quarter Sessions Die Magistrates' Courts stehen am Fuße der englischen Gerichtspyramide und sind i n kleineren Gerichtsbezirken, den petty sessions areas, organisiert 1 . Ihre Gerichtsgewalt erstreckt sich auf sogenannte civil debts, zu denen etwa Verpflichtungen aus Einkommensteuer oder aus Gas-, Wasser- und Elektrizitätsverbrauch rechnen, auf kleinere Lohn- und Pachtstreitigkeiten, auf bestimmte örtliche Abgaben und auf einige familienrechtliche Unterhaltsklagen einschließlich der A l i mentenklagen. Außerdem fallen eine Reihe familienrechtlicher Maßnahmen wie die Ernennung von Vormündern und die Zustimmung zur Eheschließung Minderjähriger und zu Adoptionen i n ihre Zuständigkeit 2 . I m Vordergrund steht bei den Magistrates' Courts aber die Zuständigkeit für Strafsachen, nämlich alle leichteren sogenannten summary offences, deren Skala von geringfügigen Übertretungen bis zu Delikten wie Trunkenheit am Steuer 3 reicht, und einen Delikte 98 1875 Supreme Court of Judicature Act, s. 2 (2); 1876 Apellate Jurisdiction Act, s. 24. 99 1876 — Act, s. 6. N u r die Z a h l der Pairs ist inzwischen erhöht worden. 1 Solche areas sind: a borough having a separate commission of the peace, a county not divised into petty sessional divisions and a petty sessional division of a county. 1949 Justices of the Peace Act, s.44 (1); 1952 Magistrates' Courts Act, s. 126 (1). Es gibt über 1000 Magistrates' Courts i n England u n d Wales, d . h . Gebäude, i n denen Gericht abgehalten w i r d . 2 Halsbury, Laws of England, vol. 9, pp.459—460; vol.25, pp.183 et seq. m i t Belegen. 3 Verkehrsdelikte machen 2/z aller summary offences aus. K i r a l f y , Engl i s h Legal System, p. 226. W i r d eine Straftat verhandelt, wegen der mehr als drei Monate Ge-

II. Riditerstellen

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wie Diebstahl, Sachbeschädigung, Körperverletzung umfassenden Großteil der schwereren sogenannten indictable offences 4. I m ersten Fall richtet sich ihre Strafgewalt nach Einzelgesetzen, i m zweiten Fall ist sie einheitlich m i t sechs Monaten Gefängnis oder 100 Pfund Geldstrafe oder beidem gleichzeitig begrenzt 5 . Sie sind außerdem Jugendgerichte und Voruntersuchungsinstanz i n allen vor die höheren Gerichte gelangenden Strafprozessen 6 « 7 . Die Magistrates' Courts kennen keine festen Richterstellen. Die petty sessions areas werden vielmehr so m i t Richtern versorgt, daß für bestimmte commission areas genannte größere Regionalbezirke, nämlich die 58 Grafschaften (counties), die einer Grafschaft gleichstehenden fünf Bezirke von Großlondon (Greater London areas) und die City of London sowie die 101 größeren Städte (boroughs und Gleichgestellte) Namenslisten, commissions of the peace genannt, aufgestellt werden 8 . Fallen i n die commission area mehrere petty sessions areas, so können die i n den Namenslisten aufgeführten Richter i n allen tätig werden. Üblich ist aber, daß sie nur i n einer petty sessions area auftreten, und i m Hinblick auf diese erfolgt auch ihre Ernennung 9 . A n Richtern müssen unterschieden werden 1. die ex officio- Justices of the Peace f ü r die commission area, bei denen es sich u m höchste Richter u n d Personen des nationalen öffentlichen Lebens, aber auch u m politische u n d höhere richterliche Personen v o n lokalem Rang handeln k a n n ; sie nehmen an den Gerichtsverhandlungen gewöhnlich nicht t e i l 1 0 ; u n d fängnis verhängt werden können, so k a n n der Beschuldigte i n der Regel die Verhandlung vor einem höheren Gericht erzwingen. 1952 Magistrates* Courts Act, s. 25. 4 Hier muß der Angeklagte dem Verfahren v o r dem Magistrates* Court stets zustimmen. 5 Halsbury, Laws of England, vol. 9, p.459; vol. 25, pp. 175 et seq. m i t Belegen. 6 Z u dem ersten 1963 Children and Young Persons Act, 2d sch.; zu dem zweiten 1952 Magistrates* Courts Act, ss. 4 et seq. 7 I n Zusammenhang m i t der Voruntersuchungsgewalt des Justice of the Peace ist das A m t des Coroner wenigstens zu erwähnen. Aufgabe der etwa 350 Coroners, die A n w ä l t e oder Ärzte sind, ist es, i n verdächtigen Todesfällen der Todesursache nachzugehen u n d unter bestimmten Umständen den F a l l zur Gerichtsverhandlung zu bringen. „ A committal b y a coroner is a relic of the days before police forces, and today i t serves no useful p u r pose", schreibt Jackson, Machinery of Justice, p. 111. Siehe dort Näheres. 8 1949 Justices of the Peace Act, s. 10 (1); 1964 A d m i n i s t r a t i o n of Justice Act, s. 2 (1,3). T e x t einer commission of the peace bei Halsbury, Laws of England, vol.25, pp. 344—345. 9 Halsbury, Laws of England, vol.25, p. 118, n . r . Die Gerichtsgewalt der Richter ist örtlich durch die commission area begrenzt, doch gibt es viele u n d verwickelte Ausnahmen. Siehe ib., pp. 116 et seq. 10 Nicht alle ex officio-Justices sind i n der commission of the peace aufgeführt, teilweise ergeben sie sich aus Gesetzen. Zusammenstellung der ex

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B. Richterauswahl England

2. die ordentlichen Justices of the Peace f ü r die commission area, die sich regelmäßig aus juristischen Laien zusammensetzen, das A m t als Ehrenamt, d. h. unbesoldet ausüben 1 1 u n d deren Zahl sich nach Bedarf richtet. E i n Magistrates* C o u r t w i r d d a n n i m m e r d a n n g e b i l d e t , w e n n e i n oder m e h r e r e Justices of t h e Peace i n A u s ü b u n g i h r e r Befugnisse, n i c h t aber b e i d e n Q u a r t e r Sessions t ä t i g w e r d e n 1 2 . D i e G e s a m t z a h l d e r Justices of t h e Peace oder, m i t e i n e m a n d e r e n N a m e n , M a g i s t r a t e s , w u r d e i m J a h r e 1948 a u f 19 000 geschätzt. D i e e x o f f i c i o - R i c h t e r s i n d i n dieser Z a h l n i c h t e n t h a l t e n . I h r e A n z a h l b e l i e f sich i n d e r Schätz u n g a u f noch e i n m a l 2500 1 8 . D a s S y s t e m d e r m i t L a i e n besetzten M a g i s t r a t e s ' C o u r t s e r f ä h r t eine gewisse D u r c h b r e c h u n g dadurch, daß es f ü r d e n i n n e r e n B e z i r k v o n G r o ß l o n d o n 40 B e r u f s r i c h t e r s t e l l e n g i b t , die m i t j u r i s t i s c h geschulten sogenannten M e t r o p o l i t a n S t i p e n d i a r y M a g i s t r a t e s besetzt s i n d 1 4 . F e r n e r k ö n n e n S t ä d t e m i t eigener c o m m i s s i o n of t h e peace, G r a f s c h a f t e n u n d V e r b i n d u n g e n derselben f ü r i h r G e b i e t d i e E i n setzung v o n h a u p t b e r u f l i c h t ä t i g e n , j u r i s t i s c h v o r g e b i l d e t e n sogenannt e n S t i p e n d i a r y M a g i s t r a t e s b e a n t r a g e n 1 5 . D e r z e i t (1966) h a b e n 14 S t ä d t e v o n dieser M ö g l i c h k e i t G e b r a u c h gemacht u n d s i n d 12 R i c h terstellen besetzt16. of ficio-Richter ib., pp. 110 et seq. — Kürzlich gab der L o r d Chancellor der Regierung Wilson, L o r d Gardiner, seine Absicht bekannt, die ex officioJustices abzuschaffen. Times, Oct. 15, 1966, p. 1. 11 Auslagen (Reisekosten, Unterkunft, Verpflegung) werden aber ersetzt, Justices' Allowances Regulations 1965 (S. I. 1965, No. 1522). I m Oktober 1966 hat die Regierung Wilson ihre Absicht bekanntgegeben, auch Lohnausfall zu ersetzen. Times, Oct. 15, 1966, p. 1. 12 1952 Magistrates' Courts Act, ss. 124 (1), 129. F ü r einen Spruchkörper sind i n der Regel zwei Justices erforderlich; ib., s. 98 (1). Die Maximalbesetzung ist sieben. 1949 Justices of the Peace Act, s. 13(1); Justices of the Peace (Size and Chairmanship of Bench) Rules 1953 (S.I. 1964, No. 1107), s. 2 (2). 13 Royal Commission on Justices of the Peace, Report, pp. 6, 38. I n einer neueren Parlamentsanfrage gab der Attorney General die Gesamtzahl der Justices of the Peace einschließlich der ex officio-Justices m i t 22 107 (davon 3 021 i n der Duchy of Lancaster m i t davon 320 ex officioRichtern) an. Pari. Deb. (Hansard), H. C., 5th ser., vol. 634 (1960—1961), W r i t t e n Answers, col. 165. 14 Siehe 1964 Administration of Justice Act, ss. 9 (1,2), 10(1); L a w List 1966, p. 93: 37 Stellen sind besetzt. Der Metropolitan Stipendiary Magistrate hat dieselben Befugnisse w i e zwei Friedensrichter zusammen u n d darüber hinaus noch eine erweiterte Gerichtsgewalt. I n der City of London kann der Assistant Judge des Mayor's and City of London Court ein entsprechendes Gericht konstituieren, w e n n er sich i n den Mansion House oder G u i l d h a l l Justice Rooms aufhält. — 1949 Justices of the Peace Act, s. 11 (2) i . V . m . 1952 Magistrates' Courts Act, s. 121 (la, 3); 1964 City of London (Courts) Act, ss. 11, 13, sch. 16 1949 Justices of the Peace Act, ss. 29, 30. Auch der Stipendiary Magistrate hat die Befugnisse w i e zwei Friedensrichter zusammen. 16 L a w L i s t 1966, p. 93.

II. R i t e r s t e l l e n

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Über den Magistrates' Courts erheben sich die Courts of Quarter Sessions, Erstinstanz- und Rechtsmittelgerichte m i t örtlich und sachlich begrenzter Zuständigkeit, die nach Bedarf, mindestens aber viermal jährlich abgehalten werden. Sie sind auf der Ebene der 58 Grafschaften, der 5 Bezirke von Großlondon, der City of London und von 93 Städten m i t eigener commission of the peace errichtet 1 7 . Ihre Gerichtsgewalt erstreckt sich außer auf einige wenige ausgefallene Z i v i l streitigkeiten auf alle indictable offences. Einige wenige, wie Hochverrat, Mord, Blasphemie oder Bestechung, sind aber davon ausgenommen. Sie hören auch Berufungen von den Magistrates* Courts 1 8 . Auch an den Courts of Quarter Sessions gibt es i m Grundsatz keine festen Richterstellen. So sind i n den Grafschaften alle i n der jeweiligen commission of the peace angeführten Richter und die sonstigen ex officio-Richter berechtigt, die Gerichte abzuhalten 19 . Die Gerichte konnten aber schon seit 1938 die Einsetzung eines besonderen rechtlich geschulten Chairman (oder Deputy Chairman) beantragen 20 . Die Folge einer solchen Einsetzung war, daß bestimmte von der Gerichtsgewalt an und für sich ausgenommene Delikte doch vor dem Gericht verhandelt werden konnten. Durch ein Gesetz aus dem Jahre 1962 ist jetzt sichergestellt, daß stets ein qualifizierter Chairman präsidiert. Der Court of Quarter Sessions kann nämlich, wenn er von seinem A n tragsrecht keinen Gebrauch macht, nur noch einen solchen Chairman aus eigener Initiative wählen, der als rechtlich geschult gilt, w e i l er Jurist ist und eines von bestimmten öffentlichen, meist höheren richterlichen Ämtern bekleidet oder bekleidet h a t 2 1 . 17 Halsbury, Laws of England, vol. 25, pp. 258, 263, 265. I n sechs der 101 Städte m i t eigener commission of the peace finden keine Quarter Sessions statt. Hier springen die Gerichte der zuständigen Grafschaften ein. I n Liverpool u n d Manchester sind durch 1956 Criminal Justice A d m i n i s t r a t i o n Act, s. 1 (1) besondere Gerichte, die C r o w n Courts, errichtet worden, die als Courts of Quarter Sessions u n d als ranghöhere Gerichte fungieren. 18 Halsbury, Laws of England, vol.25, pp.283 et seq., 290 et seq. m i t Belegen. Der Court of Quarter Sessions der City of London beschränkt sich i n Strafsachen gewohnheitsrechtlich auf die A n h ö r u n g von Rechtsmitteln u n d überläßt erstinstanzliche Sachen dem Central Criminal Court. Hierzu u n d zu der auch sonst leicht modifizierten Gerichtsbarkeit ib., vol. 9, p. 497. 19 A n den Gerichtsverhandlungen nehmen mindestens zwei u n d höchstens neun Richter teil. Justices of the Peace (Size and Chairmanship of Bench) Rules 1964 (S.I. 1964, No. 1107), s. 2 (1). 20 1938 Administration of Justice (Miscellaneous Provisions) Act, ss. 1 (1, 4), 2 (1), 1st sch. 21 1962 Criminal Justice Administration Act, s. 5, i. V. m. 1938 A d m i n i s t r a tion of Justice (Miscellaneous Provisions) Act, ss. 1, 2. Rechtlich geschulte Vorsitzende können notfalls allein sitzen. 1962 — Act, s. 4 (5). Derzeit sind 57 Chairmen-Stellen besetzt, davon 17 unter dem 1938 — Act. Siehe L a w L i s t 1966, p. 111 u n d Who's W h o 1966.

4 Kayser

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B. Richterauswahl England

Für die fünf Bezirke Großlondons werden rechtlich geschulte Chairmen ernannt, ohne daß es eines Antrages bedarf. Sie üben ihr A m t anders als die Chairmen i n den Grafschaften hauptberuflich aus. Außerdem können bis zu 25 Deputy Chairmen ernannt werden 2 2 . Eine A r t fester Richterstellen kennen auch die 93 Courts of Quarter Sessions i n den Städten. Hier hält die Gerichte stets ein juristisch ausgebildeter, nebenberuflich tätiger Richter, der Recorder, ab 2 3 . County Courts und Mayor's and City of London Court Die erst seit 1846 24 bestehenden County Courts sind reine Z i v i l gerichte m i t örtlich und sachlich beschränkter Zuständigkeit. England und Wales (mit Ausnahme der City of London) sind zu diesem Zweck i n 61 circuits m i t 417 Gerichten, das heißt Gebäuden, i n denen Gericht gehalten wird, eingeteilt 2 5 . I m Rahmen bestimmter ziffernmäßig festgelegter Grenzen 26 hören die Grafschaftsgerichte nahezu alle zivilrechtlichen Klagen 2 7 . So fallen i n ihre Zuständigkeit Klagen aus Vertrag und unerlaubter Handlung bis zu einem Streitwert von 400 Pfund, Streitigkeiten über Grundstücke m i t jährlichem Steuerwert bis zu 400 Pfund, Billigkeitssachen bis zu Werten von 500 Pfund, Erbschaftsstreitigkeiten bis zu Werten von 1000 Pfund und Seesachen bis zu Werten von 1000 Pfund und i n einigen Fällen 3500 Pfund. Dazu treten eine lange Reihe spezialgesetzlicher Zuweisungen, kraft derer sie z. B. Liquidationsgerichte für Aktiengesellschaften m i t einem Stammkapit a l unter 10 000 Pfund und Konkursgerichte sind 2 8 . Die County Courts sind so besetzt, daß grundsätzlich für jeden circuit nur eine Richterstelle besteht, die Richter also auf Umzug gehen müssen. Dieses Prinzip ist aber für dichter besiedelte circuits 22 1964 A d m i n i s t r a t i o n of Justice Act, s. 4 (1); siehe auch s. 7 (4) (allein sitzen). I n der City of London sitzt als Richter des Court of Quarter Sessions der Recorder of London des Mayor's and City of London Court. Vgl. 1949 Justices of the Peace Act, s. 11 (3, 4) u n d L a w L i s t 1966, p. 95. 23 1882 M u n i c i p a l Corporations Act, ss. 163, 165 (1, 2) i. V. m. 1962 C r i m i nal Justice Administration Act, 5th sch., pt. 2; 1938 A d m i n i s t r a t i o n of Justice (Miscellaneous Provisions) Act, s. 2 (2) i. V. m. 1956 Criminal Justice Administration Act, ss. 12, 21 (3), 3 d sch., pt. 2. Der Recorder g i l t als rechtlich geschulter Chairman. Siehe auch L a w L i s t 1966, p. 95: derzeit 92 Recorders. U n d 1882-Act, s. 166 (1), 168; 1949 Justices of the Peace Act, s. 39 (2); 1956-Act, s. 15 (1); 1962-Act, s. 7; 5th sch., pt. 1: bei Bedarf Deputy Recorders u n d Assistant Recorders. 24 1846 A n A c t for the more easy Recovery of Small Debts and Demands i n England. 25 Siehe hierzu 1959 County Courts Act, ss. 1, 2; die auf alle einschlägigen Erlasse Bezug nehmende County Court Districts (Miscellaneous) Order 1964 (S. I. 1964 No. 1977) u n d L a w L i s t 1966, pp. 32 et seq. 26 Prorogation ist aber i n der Regel möglich. 1959 County Courts Act, ss. 42, 53, 56 (5). 27 Die wichtigste Ausnahme sind Ehesachen. 28 Halsbury, Laws of England, vol. 9, pp. 141 et seq. m i t Belegen.

II. Richterstellen

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durchbrochen. Hier können zwei und, wenn sie i n Großlondon gelegen sind, drei Richter ernannt werden. Die Höchstzahl der Richterstellen liegt bei 9 0 2 9 ' 3 0 . I n der City of London n i m m t die Stelle eines County Court der Mayor's and City of London Court ein. Planmäßig angestellte Richter dieses Gerichtes sind der Recorder of London, der Common Serjeant und der Assistant Judge 3 1 . High Court (einschließlich Assize Courts, Central Criminal Court und Crown Courts) Der 1873/1875 errichtete H i g h C o u r t 3 2 m i t Sitz i n London ist ein örtlich für das gesamte Rechtsgebiet von England und Wales zuständiges m i t umfassender sachlicher Zuständigkeit ausgestattetes Erstinstanz- und Rechtsmittelgericht. Seine erstinstanzliche Zuständigkeit erstreckt sich i n Zivilsachen auf alle Arten von Klagen und ist höhenmäßig nicht begrenzt 33 . I n Strafsachen umfaßt sie alle indictable offences. Als Appellationsgericht befindet er nicht nur über Rechtsmittel gegen bestimmte Entscheidungen der Magistrates' Courts, der Courts of Quarter Sessions und der County Courts, sondern auch einer ganzen Anzahl von Verwaltungstribunalen wie z.B. der Rent Tribunals 3 4 . Für die leichtere Erledigung der Geschäfte sind drei Abteilungen gebildet, die Chancery Division, die Queen's Bench Division und die Probate, Divorce and Admiralty Division. 29

1959 County Courts Act, s. 4 (1, 4), 5; 1964 Administration of Justice Act, s. 5 (2), 3d sch., s. 25. L a w L i s t 1966, pp. 28 et seq.: 84 Stellen besetzt. Die Richter entscheiden stets als Einzelrichter, 1959-Act, s. 90 (1). Siehe auch 1959-Act, s. 12 (1): bei Bedarf Deputy Judges. 30 Den County Courts vergleichbar sind die alten lokalen Gerichte v o n Bristol (Tolzey Court), Liverpool (Court of Passage), Norwich (Guildhall or Sheriff's Court) u n d Salford Hundred (Court of Record). Wegen ihres Ausnahmestatus u n d ihrer f ü r das englische Richterauswahlverfahren untergeordneten Bedeutung (an zwei Gerichten sitzt ohnehin der jeweilige Recorder) sind sie aus der Betrachtung ausgeklammert. 31 1959 County Courts Act, s. 197 (1); 1964 City of London (Courts) Act, ss. 10, 11 (1), 12; 1872 Borough and Local Courts of Record A c t , s.7; L a w L i s t 1966, p. 64. 32 Die heutige Gesetzesgrundlage ist 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act. Der H i g h Court ist (unterer) T e i l des Supreme Court of Judicature. Sein voller T i t e l ist „ H e r Majesty's H i g h Court of Justice". 33 Der H i g h Court ü b t also vor allem zu den County Courts eine k o n kurrierende Gerichtsbarkeit aus. Er w i r d aber durch indirekte Maßnahmen w i e vor allem Kostennachteile von vielen Prozessen aus dem Bereich dieser Gerichte freigehalten. Siehe 1959 County Court Act, ss. 47, 60 u n d Jackson, Machinery of Justice, pp.36 et seq. 34 Siehe dazu 1958 Tribunals and Inquiries Act, s. 9, 1st sch., pt. 1 (19) u n d Halsbury, Laws of England, vol. 9, pp. 407 et seq.

4*

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B. Richterauswahl England

Als Gerichte des H i g h Court gelten auch die i n der Provinz abgehaltenen Assize Courts. Die Chancery Division 3 5 ist als Nachfolgerin des alten Court of Chancery für all die Sachgebiete zuständig, für die sich i m Mittelalter Billigkeitsrecht (Equity) herausgebildet hat, wie z.B. Nachlaßverwaltung, Auflösung von Personalgesellschaften, Tilgung von Hypotheken, Durchsetzung von Treuhandschaften, Naturalvollzug von Verträgen, Vormundschaft über Minderjährige und die Aufsicht über Mündelvermögen. Dazu kommen spezialgesetzliche Zuweisungen aus neuerer Zeit wie Konkurssachen und Liquidationen von Handelsgesellschaften. Außerdem entscheiden Richter der Chancery Division* i n Sachen Unzurechnungsfähiger 36 « 3 7 . Der Queen's Bench Division als Nachfolgerin der drei alten Common L a w Gerichte sind neben speziellen Aufgaben vor allem Streitigkeiten aus dem Bereich des Common Law (besonders also Fälle des Vertragsund Handelsrechts, des Rechts der Unerlaubten Handlungen und teilweise des Sachenrechts) sowie des Steuerrechts zugewiesen. Die an und für sich auch dieser Abteilung übertragene Strafrechtsprechung ist heute fast ganz auf Assize Courts abgewälzt und w i r d nur noch auf besonderen Beschluß i n dieser Abteilung ausgeübt. Neben diesen allgemeinen Verfahren ist die Queen's Bench Division auch für eine A r t Aufsichtsgerichtsbarkeit über untere Gerichte und Verwaltungsbehörden außerhalb des eigentlichen Rechtsmittelzuges zuständig 38 . Vor die Probate, Divorce and Admiralty Division gelangen Prozesse, für die sich ein Common L a w und Equity vergleichbares bodenständiges Recht nicht entwickelt hat, denen vielmehr — teils wegen der bis 1857 bestehenden Gerichtsbarkeit der Geistlichen Gerichte i n Nachlaß- und Ehesachen, teils wegen der am internationalen Recht orientierten Seerechtsrechtsprechung des alten Court of Admiralty — eine römisch-rechtliche Grundlage gemeinsam ist. Die Division ist außer für besonders zugewiesene Fälle für die Erteilung von Erbfolgezeugnissen und alle Testamentsstreitigkeiten zuständig. Sie hört 35 Die Verteilung der Appellationsgerichtsbarkeit auf die einzelnen D i v i sions ist i m folgenden außer Betracht gelassen. Sie entspricht weitgehend den erstinstanzlichen Zuständigkeiten. Die Appellationsgerichtsbarkeit i n Verwaltungsstreitigkeiten ist der Queen's Bench Division übertragen. R. S. C., 0 . 5 9 A , r. 1 i n : Jacob, A n n u a l Practice 1966, vol. 1, p. 1763/2. Eingehend Halsbury, Laws of England, vol. 9, pp. 407 et seq. 36 Halsbury, Laws of England, vol. 9, pp. 411—412, 470—471 m i t Belegen. 37 Der Chancery Division vergleichbar sind der Chancery Court of the County Palatine of Lancaster u n d der Chancery Court of the County Palatine of Durham. Wegen ihrer n u r lokalen Bedeutung sind sie hier ausgeklammert. 38 Halsbury, Laws of England, vol. 9, pp.412 et seq. m i t Belegen. Siehe auch vol. 11, pp. 23 et seq.

II. R i t e r s t e l l e n

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über ihren Namen hinaus sämtliche Ehestreitigkeiten, wenn die Ehescheidungen auch den Hauptanteil ausmachen. Schließlich ist sie m i t Fragen des See- und Luftrechts befaßt 39 . Die Assize Courts werden i n sieben provinziellen Umzugsgebieten m i t 61 Gerichtsstädten abgehalten 40 . I h r Wesen und ihre Gerichtsgewalt umschreibt das Gesetz wie folgt: H e r Majesty may, b y commission of assize . . . assign to such judges of the H i g h Court or other persons as are named therein, the d u t y of t r y i n g and determining w i t h i n any place or district specially f i x e d for that purpose b y the commission, ¡any causes or matters, or any questions or issues of fact or of l a w or p a r t l y of fact and p a r t l y of l a w i n any cause or matter, depending i n the H i g h Court, or the exercise of any c i v i l or c r i m i n a l jurisdiction capable of being exercised b y the H i g h C o u r t . . . 4 1 .

De facto werden vor den Assize Courts alle Streitigkeiten aus dem Bereich der Queen's Bench und die Ehestreitigkeiten aus dem Bereich der Probate, Divorce and Admiralty Division verhandelt. Wichtig ist, daß vor ihnen auch die i n den Bereich des High Court fallenden Strafsachen verhandelt werden 4 2 . I n Großlondon entspricht der straf rechtlichen Seite der Assize Courts der 1834 errichtete Central Criminal Court, der gleichzeitig auch die strafrechtlichen Funktionen eines Court of Quarter Sessions der City of London wahrnimmt und ferner das für außerhalb Englands auf See oder i m Ausland begangene Straftaten zuständige Gericht ist 4 3 . Ständige (strafrechtliche) Assize Courts sind für South Lancashire auch die Crown Courts i n Liverpool und Manchester. Diese beiden Gerichte nehmen zugleich auch die Funktionen von Courts of Quarter Sessions für Liverpool und Manchester w a h r 4 4 . 89

Ib., vol. 9, p. 414 m i t Belegen. 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act, s. 72 i. V. m. Assizes Order 1964 (S. I. 1964 No. 279) u n d Assizes Order 1965 (S. I. 1966, No. 315). Der Name Assize geht auf einen der Aufträge zurück, unter denen die alten Justiciarii Itinerantes auf das L a n d gezogen waren, nämlich die commission of assize ( = A u f t r a g zur Sitzung), k r a f t derer sie Zivilfälle hörten. Siehe Holdsworth, History of English L a w , vol. 1, pp. 275—276. 41 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act, s. 70 (1). 42 Während einige schwerste Verbrechen, so v o r allem Tötungsdelikte, stets vor die Assize Courts gelangen, besteht bei der Masse der indictable offences eine konkurrierende Zuständigkeit zu den Courts of Quarter Sessions. H i e r entscheiden die Magistrates* Courts als Voruntersuchungsinstanz nach der Regel, daß sie Fälle an die Courts of Quarter Sessions überweisen, außer w o sie der Meinung sind, „ t h a t there are circumstances which make the case an unusually grave or difficult one, or that serious delay or inconvenience w o u l d be occasioned b y committal to Quarter Sessions". 1938 Administration of Justice (Miscellaneous Provisions) Act, s. 6 (1). 43 Halsbury, Laws of England, vol. 9, pp. 450—451, 497 m i t Belegen. 44 1956 C r i m i n a l Justice Administration Act, ss. 1 (1,4), 2 (1,2), 3 (1). 40

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B. Richterauswahl England D i e i m G r u n d s a t z als E i n z e l r i c h t e r f u n g i e r e n d e n 4 5 R i c h t e r des H i g h

Court sind drei titulierte Richter, nämlich 1. der L o r d Chancellor als Gerichtspräsident u n d zugleich Präsident der Chancery Division, der aber bei der Fülle seiner sonstigen Pflichten nicht an den Sitzungen t e i l n i m m t , 2. der L o r d Chief Justice als stellvertretender Gerichtspräsident u n d zugleich Präsident der Queen's Bench Division, 3. der President der Probate, Divorce and A d m i r a l t y Division, sowie 4. m a x i m a l 63 nichttitulierte. Richter, die sog. Puisne Judges. Der Chancery Division müssen mindestens fünf, der Queen's Bench Division mindestens siebzehn u n d der Probate, Divorce and A d m i r a l t y Division m i n destens drei Puisnerichter zugewiesen sein. Derzeit sind die A b t e i l u n gen m i t 8, 37 u n d 17, insgesamt also 62 Puisnerichtern besetzt 4 6 . F ü r die Assize C o u r t s i n d e r P r o v i n z g i b t es k e i n e festen R i c h t e r stellen. Das Gesetz e r m ä c h t i g t die K r o n e , eine ganze Reihe v o n P e r sonen z u Assize Judges z u m a c h e n 4 7 . I n d e r P r a x i s w e r d e n aber n u r R i c h t e r d e r Queen's B e n c h D i v i s i o n , d e r Probate, D i v o r c e a n d A d m i r a l t y D i v i s i o n u n d d e r C o u n t y C o u r t s sowie e r f a h r e n e B a r r i s t e r s b e a u f t r a g t . D i e ersteren h ö r e n n a t u r g e m ä ß Prozesse aus d e m B e r e i c h i h r e r A b t e i l u n g , d a z u aber auch a l l e Strafsachen. D i e E h e g e r i c h t s b a r k e i t w i r d v o n d e n R i c h t e r n dieser A b t e i l u n g u n d i n z u n e h m e n d e m M a ß e v o n R i c h t e r n d e r C o u n t y C o u r t s g e h a n d h a b t , w ä h r e n d die B a r r i s t e r s nach B e d a r f eingesetzt w e r d e n 4 8 . D i e R i c h t e r des C e n t r a l C r i m i n a l C o u r t z e r f a l l e n i n z w e i G r u p p e n , 1. die ex officio-Richter, das sind der L o r d Mayor u n d die Aldermen der City of London, der Recorder of London, der Common Serjeant, der L o r d Chancellor, der L o r d Chief Justice u n d die Puisne Judges der Queen's Bench Division, u n d 2. m a x i m a l sechs A d d i t i o n a l Judges 4 9 . D i e A r b e i t w i r d p r a k t i s c h v o n d e m R e c o r d e r of L o n d o n , d e m C o m m o n S e r j e a n t u n d d e n A d d i t i o n a l Judges geleistet. D i e R i c h t e r d e r Queen's 45 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act, s. 60. Die Appellationsgerichtsbarkeit sowie die erwähnte Aufsichtsgerichtsbarkeit werden i n sog. „divisional courts" ausgeübt, die i n der Regel aus zwei, manchimal aus drei, manchmal aber auch n u r aus einem Richter bestehen. Siehe 1925Act, s. 63 (6) u n d Halsbury, Laws of England, vol. 9, pp. 407 et seq., 412 et seq. 46 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act, ss. 2 (2), 4 (1), 9 (1,3); 1944 Supreme Court of Judicature (Amendment) Act, s. 1 (1,3,5), sch.; 1965 Judges' Renumeration Act, s. 3. L a w L i s t 1966, pp. 6 et seq. 47 Vgl. 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act, s. 70 (3). 48 Jackson, Machinery of Justice i n England, pp. 39, 44, 47, 55 et seq.; siehe auch Vollkommer, Richter u n d Gerichte, S. 186. 49 1964 A d m i n i s t r a t i o n of Justice Act, 1st sch., ss. 1,2; 1964 City of L o n don (Courts) Act, s. 4 (1), 5 (2). A l l e A d d i t i o n a l Judge-Stellen sind besetzt. L a w L i s t 1966, p. 26.

II. R i t e r s t e l l e n

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Bench Division werden aber zu Verhandlungen über Mord und andere schwerste Verbrechen herangezogen 50 . Die Richter der Crown Courts von Liverpool und Manchester sind jeweils 1. alle Richter des H i g h Court u n d einige Personen des öffentlichen bens u n d 2. ein Recorder.

Le-

Zusätzlich können alle Personen als Richter ernannt werden, die für die Assize Courts herangezogen werden können 5 1 . Die Arbeit w i r d aber allein von den Recorders geleistet m i t der Ausnahme, daß Mord und andere schwere Straftaten von den delegierten Richtern der Queen's Bench Division gehört werden 5 2 » 6 8 . Court of Appeal Der 1873/1875 errichtete Court of Appeal 5 4 i n London ist m i t seiner einen Abteilung zentrales Rechtsmittelgericht i n Zivilsachen. Seine Zuständigkeit umfaßt die Anhörung von Berufungen 5 5 gegen Entscheidungen der County Courts und des Mayor's and City of London Court sowie des High Court i n seiner Eigenschaft als Erstinstanz- und Rechtsmittelgericht. Daneben befindet er auch über Rechtsmittel gegen Entscheidungen bestimmter Verwaltungstribunale wie z. B. des Transport Tribunal und des Lands Tribunal 5 6 . M i t seiner erst 1966 geschaffenen zweiten Abteilung ist der Court of Appeal auch zentrales Rechtsmittelgericht i n Strafsachen über den Courts of Quarter Sessions sowie den Assize Courts m i t ihren Gegenstücken i n London, Liverpool und Manchester 57 . 50

Vgl. Halsbury, Laws of England, vol. 9, p. 1029. 1956 Criminal Justice Administration Act, s. 1 (2,3). 62 Jackson, Machinery of Justice i n England, p. 103. 53 Gleichrangig neben dem H i g h Court steht seit 1956 als Gericht f ü r die Zulassung u n d Durchsetzung von Preisabsprachen u n d verwandte Fragen der Restrictive Practices Court. Drei der fünf Richter sind zugleich Puisne Judges des H i g h Court, die beiden anderen werden von parallelen Gerichten i n Schottland u n d Nordirland dielegiert, die zehn Beisitzer aus Industrie, Handel u n d öffentlicher V e r w a l t u n g werden f ü r eine Zeit von mindestens drei Jahren v o m L o r d Chancellor ausgewählt u n d von der K r o n e ernannt. 1956 Restrictive Trade Practices Act, ss. 2, 3, 4. 54 Der volle Namie des Gerichtes, das (oberer) T e ü des Supreme Court of Judicature ist, lautet: „ H e r Majesty's Court of Appeal." 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act, s. 1. 65 Die Verfahren sind auf G r u n d einschränkender Gerichtspraxis revisionsähnlich, d. h. auf Rechtsfragen beschränkt. Siehe Jackson, Machinery of Justice i n England, pp. 81—82. 56 Halsbury, Laws of England, vol. 9, pp. 417 et seq. 57 1907 C r i m i n a l Appeal Act, ss.3, 20 (2) i . V . m . 1966 C r i m i n a l Appeal Act, s. 1 (1,2b). 51

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B. Richterauswahl England D i e R i c h t e r dieses G e r i c h t s z e r f a l l e n w i e d e r u m i n m e h r e r e G r u p p e n ,

1. die ex officio-Richter, nämlich unter anderem der L o r d Chancellor als Präsident des Gerichts, alle e x - L o r d Chancellors, der L o r d Chief Justice, der Master of the Rolls u n d der President, v o n denen aber gewöhnlich n u r der Master of the Rolls an den Sitzungen t e i l n i m m t , u n d 2. die Lords Justices of Appeal, deren Anzahl m i t mindestens acht u n d höchstens elf festgelegt i s t 5 8 . N a c h B e d a r f k ö n n e n schließlich 3. derzeitige u n d ehemalige Richter des H i g h Court u n d ehemalige Richter des Court of Appeal zur Verstärkung der zivilen A b t e i l u n g und, was praktisch häufiger vorkommt, Richter der Quieen's Bench Division zur Verstärkung der strafrechtlichen A b t e i l u n g herangezogen w e r d e n 5 9 . House of L o r d s Das House o f L o r d s i s t höchstes R e c h t s m i t t e l g e r i c h t n i c h t n u r f ü r E n g l a n d u n d Wales, s o n d e r n auch f ü r S c h o t t l a n d u n d N o r d - I r l a n d . I n seiner Eigenschaft als höchstes englisches G e r i c h t unterscheidet es ü b e r B e r u f u n g e n 6 0 gegen R e c h t s m i t t e l e n t s c h e i d u n g e n des H i g h C o u r t ( i n Strafsachen) u n d des C o u r t of A p p e a l 6 1 . Das House o f L o r d s besteht aus ü b e r 900 w e l t l i c h e n u n d 26 geistl i c h e n Lords* 6 2 . Es f u n g i e r t aber n u r d a n n als G e r i c h t , w e n n m i n destens d r e i — m e i s t aber f ü n f — sogenannte L o r d s of A p p e a l a n w e s e n d sind. Das s i n d nach d e r D e f i n i t i o n des Gesetzes 6 3 68 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act, ss. 6, 9; 1960 A d m i n i s t r a t i o n of Justice (Judges and Pensions) Act, ss. 1 (3), 6 (1), 2d sch., pt. 1. Derzeit sind neun Richterstellen besetzt. L a w L i s t 1966, p. 6. Das Quorum ist i m allgemeinen drei. 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act, s. 68 (1). 59 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act, ss. 7, 8; 1966 Criminal Appeal Act, s. 1 (3). 60 Es besteht ein Zulassungsbedürfnis. Praktisch gelangen damit n u r Fälle, die eine bedeutende Rechtsfrage enthalten, vor das Haus. Vgl. Halsbury, Laws of England, vol. 9, pp. 363—364. 61 Ib., pp. 359 et seq. m i t Belegen; siehe dort auch zu Impeachment- und Matters of Peerage-Verfahren. 62 Whitaker's Almanack 1966, p. 304. 63 1876 Appellate Jurisdiction Act, ss. 5, 25 i. V. m. 1887 Appellate Jurisdiction Act, s. 5; 1920 Government of Ireland Act, ss. 38, 40—41; Supreme Court of Judicature (Northern Ireland) Order 1921 (S. R. & O. 1921, No. 1802); General Adaptation of Enactments (Northern Ireland) Order 1921 (S. R. & O. 1921, No. 1804) s. 5. Das Gesetz besagt nichts über die Teilnahme v o n Laien-Pairs. Es hat sich aber die Ü b u n g entwickelt, daß sie sich von Rechtsprechungsgeschäften fernzuhalten haben (siehe May, L a w , Privileges, p. 427 u n d oben S. 43 ff.), w i e sich umgekehrt die Lords of Appeal i n Ordinary i m allgemeinen der Teilnahme an politischen Diskussionen enthalten, außer w o es u m Fragen der Gerichitsverwaltung geht. Siehe K i r a l f y , English Legal System, p. 339.

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II. R i t e r s t e l l e n

1. der L o r d Chancellor, der heute aber n u r noch selten an den Sitzungen teilnehmen k a n n 6 4 , 2. die m a x i m a l n e u n 6 5 Lords of Appeal i n Ordinary, bürgerliche Juristen, die seit 1876 ernannt werden, den Hauptanteil der A r b e i t leisten u n d zur Aufrechterhaltung des aristokratischen Systems des Hauses zu Pairs auf Lebenszeit gemacht werden (die „ L a w Lords"), u n d 3. solche Pairs, die eines der folgenden richterlichen Ä m t e r innehaben oder innehatten: L o r d Chancellor, Mitglied des Judicial Committee of the P r i v y Council, L o r d of Appeal i n Ordinary, Richter des H i g h Court oder Court of Appeal, Richter des Supreme Court von Nordirland, Richter des Court of Session i n Schottland 6 6 » 6 7 . 2. Weitere

Richterstellen

(Richterliche

Hilfsbeamte)

V e r g l e i c h t m a n die Z a h l d e r B e r u f s r i c h t e r a n d e n b i s h i e r h e r gen a n n t e n G e r i c h t e n m i t d e n V e r h ä l t n i s s e n i n der B u n d e s r e p u b l i k , so e r g i b t sich das folgende B i l d : E n g l a n d m i t W a l e s h a t 47 401 090 E i n w o h n e r 6 8 u n d 232 i m B e r e i c h der o r d e n t l i c h e n J u s t i z angestellte B e r u f s r i c h t e i j 6 9 — d i e B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d h a t 59 297 000 E i n w o h n e r 7 0 u n d 8813 i m B e r e i c h d e r o d e n t l i c h e n J u s t i z angestellte B e r u f s r i c h t e r 7 1 . Selbst w e n n m a n d e n englischen B e r u f s r i c h t e r n d i e v i e l l e i c h t noch e i n m a l 150 n e b e n b e r u f l i c h t ä t i g e n C h a i r m e n , D e p u t y C h a i r m e n u n d Recorders h i n z u z ä h l t , b l e i b t e i n a u f f ä l l i g e s M i ß v e r h ä l t n i s bestehen. D i e K l u f t g i b t e i n beredtes Z e u g n i s v o n d e m g r o ß e n B e i t r a g d e r englischen L a i e n r i c h t e r z u d e r Rechtspflege i h r e s L a n d e s u n d e i n e r n i c h t w e n i g e r b e m e r k e n s w e r t e n S p a r s a m k e i t der englischen R e g i e r u n g e n b e i d e r S c h a f f u n g v o n G e r i c h t e n u n d Richterstellen. D a m i t 64 Siehe Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, p. x v i i i ; Dilhorne, S t r u k t u r u n d Funktion, S. 386; vgl. aber noch Machinery of Government Committee, Report of the, p. 65. 65 1876 Appellate Jurisdiction Act, ss. 6, 14, 25, zuletzt geändert durch 1947 Appellate Jurisdiction Act, s. 1 (1). A l l e Richterstellen sind besetzt; L a w L i s t 1966, p. 3. 66 L a w L i s t 1966, p. 3: derzeit fünfzehn. 67 I m Zusammenhang m i t dem House of Lords ist noch das Judicial Committee of the P r i v y Council zu erwähnen, das ein Relikt der exzeptionellen Gerichtsbarkeit des Council u n d seiner Nebenorgane darstellt. Dieses Gericht ist f ü r England Rechtsmittelgericht für die Probate, Divorce and A d m i r a l t y Division i n Prisensachen (1864 N a v a l Prize Act, ss. 5, 6). Seine Mitglieder sind m i t den Richtern des House of Lords weitgehend identisch. 68 Whitaker's Almanack 1966, p. 613. 69 37 Metropolitan Stipendiary Magistrates, 12 Stipendiary Magistrates, 5 Chairmen; 84 County Court Judges, 1 Recorder of London, 1 Common Serjeant, 1 Assistant Judge; 1 L o r d Chief Justice, 1 President, 62 Puisne Judges, 6 A d d i t i o n a l Judges, 2 Recorders; 1 Master of the Rolls, 9 Lords Justices of Appeal; 9 Lords of Appeal i n Ordinary. 70 Statistisches Jahrbuch . . . . 1966, S. 27. 71 Handbuch der Justiz 1966, S. 230.

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B. Richterauswahl England

a l l e i n ist die g e r i n g e Z a h l a n B e r u f s r i c h t e r n aber noch n i c h t e r k l ä r t . E i n e r d e r w i c h t i g s t e n w e i t e r e n G r ü n d e ist, daß es i n der englischen J u s t i z eine ganze R e i h e w e i t e r e r m e i s t h a u p t b e r u f l i c h angestellter P e r sonen g i b t , die gleichfalls r i c h t e r l i c h e F u n k t i o n e n w a h r n e h m e n oder doch A u f g a b e n e r f ü l l e n , d i e b e i uns i n d e n H ä n d e n d e r R i c h t e r liegen, ohne dabei jedoch Richter genannt zu w e r d e n 7 2 . A n d e n Magistrates* C o u r t s i s t so das A m t des C l e r k z u e r w ä h n e n . D e r C l e r k , f ü r die p e t t y sessions area e r n a n n t u n d nach M ö g l i c h k e i t h a u p t b e r u f l i c h a n g e s t e l l t 7 8 , n i m m t n e b e n V e r w a l t u n g s g e s c h ä f t e n die R o l l e eines j u r i s t i s c h e n Beistandes d e r Justices o f t h e Peace ein. W a s h i e r u n t e r z u v e r s t e h e n ist, h a t e i n f r ü h e r e r L o r d C h i e f J u s t i c e i n e i n e r A n w e i s u n g a n d i e P r a x i s so e r l ä u t e r t : (The Justices of the Peace) may seek his advice on questions of law, or of m i x e d l a w and fact, and also on questions regarding the practice and procedure of the c o u r t . . . They may . . . ask h i m for information of the sentences w h i c h have been imposed b y their bench, or by neighbouring benches, i n respect of similar offences to t h a t w h i c h they are t r y i n g . . . Moreover, i t w o u l d be proper for the clerk himself to call the justices' attention to the fact t h a t a question of l a w does, or may, arise i f they do not appear t o be alredy aware of it. I t w o u l d then be for t h e m to consider whether they wanted his further advice on t h a t question. I n no circumstances, however, may justices consult their clerks as to the guilt or innocence of the accused, so far as i t is simply a question of fact, but, i f a question arises as to the construction of a statute or regulation, they m a y consult h i m on whether the facts found b y t h e m constitute an offence, because that w o u l d be a question of m i x e d l a w and fact. They m a y also properly ask the clerk to refresh their memory as to any matter of evidence w h i c h has been given. They can take w i t h them, or sent for, any note the clerk may have taken, and i f there is anything i n the note which needs elucidation, or i f they t h i n k something has been omitted or w r o n g l y taken down, i t w o u l d be perfectly proper for t h e m to consult 72 Cohn, Richter, Staat u n d Gesellschaft, S. 13, hat auf den eigentümlichen Gegensatz hingewiesen, der i n dem sparsamen Gebrauch des Titels Richter i n dieser Beziehung u n d seiner verschwenderischen Verleihung an Tausende v o n i h r A m t n u r ehrenamtlich u n d n u r gelegentlich ausübende Friedensrichter liegt. Noch andere Gründe sind: Entlastung der Richter; so verfügen alle titulierten u n d nichttitulierten Richter a m H i g h Court u n d Court of Appeal über einen eigenen Clerk, die ersten auch über einen ständigen Sekretär. 1954 Suprame Court Officers (Pensions) Act, s. 2 (2). Ferner der hohe Prozentsatz der durch die A n w ä l t e gütlich erledigten Streitigkeiten, der von Cohn, Englische Gerichtstag, S. 77 auf 97°/o geschätzt w i r d . Auch darf nicht übersehen werden, daß die geringe Richterzahl zu Prozeßverzögerungen geführt hat, die auch durch einige neugeschaffene Richterstellen nicht ganz beseitigt werden konnten. Die Abwanderung i n die Schiedsgerichtsbarkeit ist unter anderem aus diesem G r u n d i n England sehr groß. Siehe Jackson, Machinery of Justice i n England, pp. 44 et seq., 62—63, 88 et seq. 73 Z u dem ersten 1877 Justices Clerks Act, s. 5; 1949 Justices of the Peace Act, ss. 20, 46 (2), 7th sch., pt. 3; zu dem zweiten Jackson, Machinery of Justice i n England, p. 167.

II. R i t e r s t e l l e n

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him. They must not ask his opinion as to the sentence w h i c h they ought to impose, b u t they may, as I have said, ask for information as to the sentences imposed for comparable offences, and they most certainly may consult h i m on w h a t penalties the l a w allows i n any particular case i f they already do not k n o w it, and on any consequential matters that may follow on conviction 7 4 .

Es leuchtet hiernach ein, daß die Beziehungen zwischen den Laienrichtern und ihren Clerks, derzeit 549 75 , weitgehend von Temperament, Charakter und Begabung der Persönlichkeiten selbst abhängen, und man w i r d den Ausführungen Archers vertrauen dürfen, daß der Clerk auf Grund seiner größeren Erfahrung nicht selten und jedenfalls i n zweifelhaften Fällen über eine gewichtige Stimme i m Magistrates' Court verfügt 7 6 . Den Richtern der County Courts steht i n den einzelnen circuits grundsätzlich ein Registrar zur Seite, der juristisch ausgebildet und je nach Geschäftsanfall neben- oder hauptberuflich angestellt ist 7 7 . Er hat neben seinen vielfachen Aufgaben i m Rahmen der Gerichtsverwaltung und des äußeren Prozeßablaufes echte richterliche Entscheidungen zu treffen. So kann er m i t Erlaubnis des Richters und bei Einverständnis der Parteien Klagen bis zu 30 Pfund Streitwert hören und m i t Erlaubnis des Richters und ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwerts Anerkenntnis- und Säumnisurteile erlassen. Ferner können dem Registrar die Entscheidung der meisten Zwischenstreitigkeiten, Schiedssachen und die Untersuchung von Einzelfragen übertragen werden 7®. Die Verteilung der Geschäfte zwischen Richter und Registrar ist nicht genau festgelegt und bemißt sich nach dem örtlichen Gerichtsgebrauch. Der Mayor's and City of London Court hat gleichfalls einen Registrar m i t weitgehenden Befugnissen 79 . A m High Court ist die Gruppe der richterlichen Hilfskräfte besonders zahlreich und vielfältig. Aus Gründen der Schnelligkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Bequemlichkeit können die Richter der Chancery Division und der Queen's Bench Division (und des Court of Appeal) veranlassen, daß 74 Practice Direction, i n : [1953] 2 A l l E.R. 1306—1307. Die Direktive n i m m t M a t r i m o n i a l cases ausdrücklich aus. Hierzu aber u n d i m gleichen Sinne Practice Direction, i n : [1954] 1 A l l E . R . 230. 75 L a w L i s t 1966, pp. 112 et seq. 76 Queen's Courts, p. 110. Siehe auch das Zusammenspiel von M r . Nupkins u n d M r . Jinks i n Dickens* Pickwick Papers, ch. 25. 77 1959 County Courts Act, ss. 18, 21—22; vgl. auch s. 19 (Ernennung v o n Assistant Registrars). 78 Halsbury, Laws of England, vol. 9, pp. 126—127 m i t Belegen. 79 Ib., vol. 25, pp. 570—571 m i t Belegen.

60

B. Richterauswahl England

der ganze Rechtsstreit oder irgendeine Tatsache vor einem planmäßig angestellten Official Referee verhandelt wird. Das Gericht kann den Official Referee auch m i t Erforschung und Berichterstattung über Einzeltatsachen beauftragen. Derzeit sind drei Official Referees ernannt. Den Richtern der Chancery Division stehen drei Conveyancing Counsel zur Seite, die für das Gericht Nachforschungen über die Gültigkeit bestimmter Rechtstitel i n Grundstücks- und Vermögensangelegenheiten sowie die Liquidation und Anlegung von Vermögenswerten anstellen. Vernehmungen von Zeugen und anderen Personen können alle Richter des High Court (außer i n Seesachen) den Examiners zuweisen, die nebenberuflich tätig sind und deren Anzahl sich auf vier beläuft. Die sieben Masters der Chancery Division haben keine unabhängige Gerichtsgewalt, doch können die Richter Untersuchungen und die Erledigung von Zwischenstreitigkeiten an sie delegieren. Aufgrund einer flexiblen Geschäftsgebarung entlasten sie die Richter von allen weniger bedeutsamen Aufgaben. I n Sachen Geisteskranker sind ein Master of the Court of Protection, ein Deputy Master und vier Assistant Masters angestellt, die i n weniger komplizierten Fällen der Entmündigung entscheiden. Die acht Masters der Queen's Bench Division haben teilweise eigene richterliche Aufgaben. Sie entscheiden als „judge i n Chamber" bestimmte Streitpunkte außerhalb der mündlichen Verhandlung wie z. B., ob ein Parteivorbringen schlüssig ist, ob der Kläger den Beklagten hinreichend über das Klageziel informiert hat, ob ein angebotenes Beweismittel zulässig ist, i n welcher Höhe vom Richter unbestimmt gelassene Schadensersatzansprüche gerechtfertigt sind und ähnliche Fragen. Entscheidungen über die Prozeßkosten bei Streitigkeiten i n der Chancery und der Queen's Bench Division treffen sieben Taxing Masters. I m Bereich der Chancery Division gibt es fünf Registrars m i t den Pflichten, den Richtern und Masters dieser Abteilung (sowie den Richtern des Court of Appeal bei Berufungen von der Chancery Division) beizustehen und die oft langen und komplizierten Entscheidungen zu notieren, aufzusetzen und weiterzugeben. Die Masse der i n den Bereich der Chancery Division fallenden Konkurs- und Liquidationsfälle werden von drei Registrars i n Bankruptcy erledigt. I m Bereich der Probate, Divorce and Admiralty Division sind acht Probate Registrars i n Nachlaß- und Ehesachen m i t der Erteilung von

II. R i t e r s t e l l e n

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Erbfolgezeugnissen i m nichtstreitigen Verfahren und m i t Zwischenstreit-Sachverhalten befaßt, und für Seesachen gibt es einen weiteren Registrar m i t entsprechenden Befugnissen. Zur Erleichterung der Tätigkeit des High Court i n der Provinz sind schließlich über das Land 122 District Registries verteilt. Sie sind mit einer etwa gleichgroßen Anzahl von District Registrars besetzt, die aber weitgehend m i t den Registrars der County Courts identisch sind. Ihre Aufgaben und Befugnisse entsprechen je nach A r t des Falles denen der Masters und Registrars der drei High Court Divisions. Besondere District Probate Registrars sind für die Erteilung von Erbfolgezeugnissen i m nichtstreitigen Verfahren zuständig. Die A n zahl der District Probate Registries beläuft sich auf 26, diejenige der District Probate Registrars auf 16 80 . 3. Verwaltungstribunale Neben den ordentlichen englischen Gerichten, das sind Gerichte, die für Z i v i l - (mit einer dem angelsächsischen Recht eigentümlichen Ausdehnung auf verschiedene öffentlich-rechtliche Streitigkeiten 8 1 ) und Strafsachen zuständig sind, gibt es i n England noch eine ganze A n zahl weiterer Gerichte, von denen vor allem eine Gruppe nicht unerwähnt bleiben darf 8 2 , auch wenn sie gefühlsmäßig noch vielfach als außerhalb der eigentlichen Gerichtshierarchie stehend angesehen wird, nämlich die Verwaltungstribunale oder Administrative Tribunals. Als i m Jahre 1957 das zwei Jahre vorher einberufene und nach seinem Vorsitzenden als Franks-Committee bekanntgewordene Committee on Administrative Tribunals and Enquiries einen Bericht über Verfassung und Arbeitsweise dieser nach dem zweiten Weltkrieg sprunghaft angewachsenen Rechtsprechungskörper vorlegte, unterschied es die folgenden sechs Typen: 1. Tribunale, die m i t Land und Eigentum befaßt sind, 2. Tribunale, die m i t öffentlicher Versicherung, öffentlicher Unterstützung und Familienhilfe befaßt sind, 3. Tribunale, die m i t dem öffentlichen Gesundheitsdienst verbunden sind, 80 Halsbury, Laws of England, vol. 9, pp. 423 et seq., 429 et seq., 435, 472 m i t Belegen. 81 Z u dem Begriffsinhalt des Wortes c i v i l i n der englischen Rechtssprache vgl. Jackson, Machinery of Justice i n England, p.24: „ . . . t h a t part of a country's l a w that is not criminal." 82 A u f die Ecclesiastioal Courts u n d die Courts Martial, die ebenfalls i n diese Gruppe gehören u n d von denen die letzteren i n der Berufungsinstanz praktisch m i t der strafrechtlichen A b t e i l u n g des Court of Appeal identisch sind, soll hier nicht näher eingegangen werden.

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B. Richterauswahl England 4. Tribunale, die m i t dem Militärdienst verbunden sind, 5. Tribunale, die m i t dem Transportwesen verbunden sind, und 6. sonstige Tribunale 8 8 .

Die Gesamtzahl dieser Tribunale w i r d heute auf über 2000 geschätzt 84 , und es w i r d angenommen, daß die Gesamtzahl ihrer Mitglieder — Juristen, Sachverständige und Laien, die alle häufig nur i m Nebenberuf tätig sind — etwa der Gesamtzahl der Justices of the Peace (etwa 22 000) entspricht 8 5 . I m Rahmen dieser Arbeit können lediglich die Tendenzen aufgezeigt werden, die die moderne englische Gesetzgebung bei der Regelung der Richterauswahl für diese Rechtsprechungsorgane verfolgt. Die jeweils näher dargelegten Verhältnisse bei den Rent Tribunals, einer Gruppe von lokalen Gerichten, sowie dem Transport Tribunal und dem Lands Tribunal, zweier zentraler Gerichte, mögen dabei helfen, die großen Linien zu verdeutlichen. Die Rent Tribunals sind auf der Ebene bestimmter kommunaler Gebietskörperschaften oder Teilen solcher organisiert und m i t der Bestätigung oder Umgestaltung von Mietpreisvereinbarungen für bestimmte möblierte Räume befaßt 86 . Sie gehören damit zu denjenigen selteneren Tribunalen, die sich m i t Streitigkeiten von Bürgern untereinander befassen. Die Gerichte, deren Anzahl sich 1964 auf 39 belief 8 7 , sind jeweils m i t einem Vorsitzenden und zwei weiteren M i t gliedern besetzt 88 . Das Transport Tribunal hört Streitigkeiten i m Zusammenhang m i t Passagiergebühren i m Bereich des Londoner Eisenbahnbezirkes und aus dem Bereich des Postwesens. Außerdem hat es eine Appellationsgerichtsbarkeit betreffend die Erteilung bestimmter Fernfahrerlizenzen. Es besteht aus einem Vorsitzenden und vier Mitgliedern. Für die Appellationsgerichtsbarkeit besteht zusätzlich eine Liste von Persönlichkeiten, die auf Abruf m i t einem ständigen Mitglied des Gerichts das Gericht abhalten können 8 9 . Das Lands Tribunal verhandelt Prozesse über den zu leistenden Ersatz bei Enteignungen, bei Beschädigungen von Land anläßlich der Suche nach Mineralien für die Produktion von Atomenergie, bei 83

Committee on Administrative Tribunals . . . , Report of the, p. iv. Phillips, Constitutional and Administrative L a w t p. 585. 85 Committee on A d m i n i s t r a t i v e Tribunals . . . , Report of the, p. 11. 86 1946 Furnished Houses (Rent Control) Act, s. 1, 2 (2); 1965 Rent Act, s. 39 (2). 87 Council on Tribunals, A n n u a l Report of the, 1964, p. 40. 88 1946 Furnished Houses (Rent Control) Act, sch., s. 1. 89 1962 Transport Act, s. 57, 10th sch., ss. 2, 6 (1,2). 84

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Widerruf von Unterstützungsprogrammen für die Landwirtschaft, bei Verbot von Entwicklungsplänen, bei Zwangspacht zum Zwecke der Landwirtschaft oder der Ansiedlung, bei Wertverlusten durch Erklärung zum Naturschutzgebiet oder durch Verlegling öffentlicher Wege und verwandte Fragen 9 0 . Mitglieder sind ein Präsident und eine vom Lord Chancellor zu bestimmende Anzahl von Beisitzern. Derzeit sind sechs Beisitzer ernannt 9 1 . I I I . Die für die Auswahl der englischen Richter zuständigen Organe 1. Die Krone Nach alter englischer Staatsrechtslehre ist der Souverän kraft seiner Prärogative, „that special pre-eminence, which the K i n g hath over and above all other persons, and out of the ordinary course of the common law, i n right of his regal d i g n i t y . . Ursprung und Brunnen aller Gerechtigkeit. Von i h m leitet sich alle Gerichtsbarkeit ab, i h m ist die Durchführung und Verwaltung des Rechts anvertraut, er gilt als anwesend, wann immer Gericht abgehalten w i r d — und er ist es auch, durch den die Richter ihre Autorität erlangen 2 . Damit übereinstimmend sehen die meisten Gesetze auch ausdrücklich vor, daß „Her Majesty" die Richter ernennen soll 3 . Der Grundsatz der unmittelbaren königlichen Ernennung ist aber zum Beispiel nicht für die richterlichen Hilfsbeamten und die Mitglieder der Verwaltungstribunale eingehalten, doch gibt es Ausnahmen wie die Official Referees und die fünf Mitglieder des Transport Tribunal 4 . I n den Fällen, i n denen der Souverän ernennt, handelt er heute aber nicht aus eigenem Entschluß, sondern auf Anraten eines dem 90

Halsbury, Laws of England, vol. 10, pp. 227 et seq. m i t Belegen. 1949 Lands T r i b u n a l Act, s.2 (1, 2); Whitaker's Almanack 1966, p.462. 1 Blackstone, Commentaries on the Laws of England, vol. 1, p. 180. 2 Ib., p. 202 u n d aus neuerer Zeit Anson, L a w and Custom of the Constitution, pp. 16—17; Wade & Phillips, Constitutional L a w , p. 314. 91

3 Z . B . 1959 County Courts Act, s. 4 (1); County Court Judges; 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) A c t s. 11 (1): Master of the Rolls, Lords Justices of Appeal. Bei den Justices of the Peace ergibt n u r noch die Formel der commission of the peace, daß die Krone auch hier i h r historisch begründetes Ernennungsrecht bewahrt hat: die Ernennung liegt bei dem L o r d Chancellor. Die A r t u n d Weise, i n der die Krone die Richter ernennt, ist i m m e r gleich: durch Patenturkunde unter dem Großen Siegel u n d i m Falle des L o r d Chancellor durch Übergabe des Großen Siegels u n d Anrede m i t dem verliehenen Titel. Siehe Anson, L a w and Custom of the Constitution, pp. 65, 67 et seq., 164. 4 1956 Administration of Justice Act, s. 9 (1); 1962 Transport. Act, 10th sch., s. 3.

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Parlament verantwortlichen Ministers. Dies ist teilweise ausdrücklich vorgeschrieben 5 . Aber auch dort, wo das Gesetz schweigt, kann die Königin nicht nach eigenem Ermessen handeln. Nach ungeschriebenem, aber festgegründetem Verfassungsrecht muß sie den Vorschlag des zuständigen Kabinettsmitgliedes einholen 6 . Was die Bindung an diese Vorschläge angeht, so steht die englische Staatsrechtslehre zwar auf dem Standpunkt, daß der Krone die Möglichkeit zur Ausübung einer A r t von „constitutional criticism" (Disraeli) gegeben werden muß, und sie befaßt sich gelegentlich sogar m i t den Konsequenzen einer Ablehnung des ministeriellen Vorschlages 7 , doch handelt es sich dabei um rein theoretische Erwägungen, die angesichts des politischen Gespürs der Krone für die tatsächlichen Machtverhältnisse nicht mehr praktisch werden dürften. Was dann noch unter constitutional criticism zu verstehen ist, hat Bagehot i n seinem Buch über die englische Verfassung auf die klassische Formulierung gebracht: „To state the matter shortly, the sovereign has, under a constitutional monarchy such as ours, three rights — the right to be consulted, the right to encpurage, the right to warn 8 ." 2. Der Premierminister Der Premierminister ist an der Auswahl der höchsten englischen Richter beteiligt. Nach alter Übung unterbreitet er der Krone den Vorschlag, wenn das A m t eines titulierten Richters am High Court oder die Richterstellen am Court of Appeal (Master of the Rolls, Lords Justices of Appeal) oder am House of Lords (Lords of Appeal i n Ordinary) zu besetzen sind 9 . Der Regierungschef nimmt dieses Vorschlagsrecht bei der Auswahl des Lord Chancellor immer i n Anspruch, da dieser nicht nur höchster Richter, sondern zugleich auch Mitglied der Regierung ist. Er wählt i h n daher wie die übrigen Mitglieder seines Kabinetts aus den A n gehörigen seiner Partei aus, ehe er den Namen der Krone zur B i l l i gung vorlegt. Bei den übrigen Richterstellen w i r d von i h m erwartet, wenn nicht sogar als eine verfassungsmäßige Pflicht angesehen, daß er sich vor 5 Z . B . 1949 Justices of the Peace Act, ss.29 (3), 39 (1): Stipendiary Magistrates, Recorders. 6 Siehe Coldstream, Judicial Appointments, p. 41. 7 Siehe Pari. Deb. (Hansard), 3d ser., vol. 188 (1867), col. 1113 u n d Halsbury, Laws of England, vol. 7, p. 359. 8 English Constitution, p. 67. 9 Siehe Ensor, Courts and Judges, pp. 5—6. Diese Übung ist i m F a l l des L o r d Chief Justice u n d des Master of the Rolls gesetzlich anerkannt. 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act, s. 11 (1).

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der Ausübung des Vorschlagsrechts m i t dem Lord Chancellor, der wichtigsten juristischen Persönlichkeit i m Kabinett, ins Einvernehmen setzt 10 . Daß dies auch i n der Praxis geschieht, haben Lord Chancellors wiederholt bestätigt 1 1 . Dennoch scheint es nicht ganz ausgeschlossen zu sein, daß Premiers ihre Patronage doch einmal v o l l i n Anspruch nehmen, wie dies i n zurückliegenden Zeiten auch häufiger der Fall w a r 1 2 . Viel hängt hier von den Beteiligten selbst ab. Wo Premierminister i n der Vergangenheit versucht haben, ihre Kompetenzen auf Ämter auszudehnen, die i n die eigene Zuständigkeit des Lord Chancellor fallen, sind sie allerdings auf Widerstand gestoßen 13 . 3. Der Lord Chancellor Unter den an der Auswahl der englischen Richter beteiligten Organen ist der Lord Chancellor die zentrale Figur. Es gibt nur wenige wichtige Richterstellen, auf deren Besetzung er nicht i n irgendeiner Weise Einfluß hat. Z u seinen Aufgaben gehört es, die Justices of the Peace i n die commissions of the peace einzusetzen. Zwar folgt er dabei gewöhnlich dem Vorschlag eines örtlichen Advisory Committee, doch ist für die Auswahl letztlich er allein verantwortlich, wie es auch seine Pflicht und Praxis ist, bei außerordentlichen Fällen aus eigener Initiative zu handeln 1 4 . Die Mitglieder der sich auf die commission areas verteilenden Advisory Committees werden ihrerseits auch von dem Lord Chancellor ernannt. Ihre Namen werden geheimgehalten, u m Stimmenwerbung und öffentliche Diskussionen auszuschließen, doch ist bekannt, daß i n den Grafschaften gewöhnlich der Lord Lieutenant, ein 10 Coldstream, Judicial Appointments, p. 43; Schuster, Office of the L o r d Chancellor, p. 177. 11 Hailsham, Duties of a L o r d Chancellor, pp. 18—19; K i l m u i r , Office of L o r d Chancellor, pp.136—137; Dilhorne, S t r u k t u r u n d Funktion, S. 386. 12 Siehe Ensor, Courts and Juidges, p. 6, n. 4; Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, pp. 52 et seq., 149—150. 13 L o r d Eldon, L o r d Chancellor von 1801—1806 u n d 1807—1827 erinnerte sich später eines solchen Vorfalles: „ O n occasion of a vacancy on the bench, by the death of one of the puisne Judges, the Prime Minister of that day took upon himself to recommend a certain gentleman to the K i n g as a very f i t person to f i l l that vacancy; and finding there was a disposition i n the K i n g to take that recommendation, I very respectfully urged that i t was on the responsibility of the L o r d Chancellor that these Judges were appointed, and that I should never consider myself w o r t h y of holding the Great Seal i f I permitted the advice of any other m a n to be taken — at the same time tendering m y resignation. The Minister gave way, and the gentleman I recommended was appointed." Zit. nach Campbell, Lives of the L o r d Chancellors, vol.7, p.678. 14 Royal Commission on Justices of the Peace, Report, p. 3.

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von der Krone auf Empfehlung des Premierministers für Zwecke der Milizverwaltung innerhalb der Grafschaft ernannter Beamter, der Vorsitzende ist 1 5 . Der Lord Chancellor empfiehlt der Krone die Metropolitan Stipendiary Magistrates, Stipendiary Magistrates, Chairmen und Deputy Chairmen, Recorders, County Court Judges, den Recorder of London, den Common Serjeant, die Puisne Judges, Additional Judges und Recorders von Liverpool und Manchester 16 . Durch seine Vorschläge an den Premierminister ist er auch an der Auswahl der höchsten Richter beteiligt. Der Lord Chancellor ernennt außerdem die Registrars der County Courts. Er empfiehlt der Krone die Official Referees und ernennt die Conveyancing Counsel und Examiners, die Masters der Chancery Division, (Einverständnis des Treasury nötig), den Master, den Deputy Master und die Assistant Masters des Court of Protection, die Taxing Masters (Einverständnis des Treasury nötig), die Registrars der Chancery Division (Einverständnis des Treasury nötig), die Registrars i n Bankruptcy und die District Registrars 17 . Endlich hat der Lord Chancellor auch i m Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit weitreichende Befugnisse. Er besetzt hier einmal solche Spruchkörper, die nach der A r t ihrer Gerichtsbarkeit, ihres Personals und ihrer Selbständigkeit gegenüber der Verwaltung dem ordentlichen Gerichtstypus besonders nahekommen. E i n Beispiel ist das Lands Tribunal, bei dem er den Vorsitzenden und die Mitglieder ernennt und hinsichtlich der letzteren nur die Meinung des President of the Royal Institution of Chartered Surveyors einholen muß. Hierher ist auch das Transport Tribunal zu zählen, bei dem er seine Verantwortung für die Empfehlung von Vorsitzenden und Mitgliedern an 15

Halsbury, Laws of England, vol.25, p. 112, n.a. Dies ergibt sich teils aus ungeschriebenem Recht, z. B. bei den Puisne Judges, teils aus dem Gesetz, z.B. 1964 Administration of Justice Act, s.4 (1): Chairmen and Deputy Chairmen i n Großlondon; 1959 County Courts Act, s. 4 (2): County Court Judges. Der Recorder of London, der zugleich der wichtigste Rechtsbeistand der City ist, w i r d an u n d f ü r sich von d e m Court of Aldermen, einem aus 25 Aldermen u n d dem Mayor zusammengesetzten Organ, gewählt. Siehe Halsbury, Laws of England, vol. 25, pp. 19, 50. Der 1964 City of London (Courts) Act, s. 12 bestimmt aber, daß der Recorder nicht als Richter tätig werden soll, „unless he is appointed by Her Majesty to exercise such functions". Den Common Serjeant schlägt der L o r d Chancellor wahrscheinlich ebenfalls erst nach Konsultation des Mayor u n d der Aldermen der City vor. Siehe Haynes, Selection and Tenure of Judges, p. 43. 17 1959 County Courts Act, s. 18; 1956 Administration of Justice Act, s. 9 (2): Official Referees; R. S. C., 0.37, r.40, i n : Jacob, A n n u a l Practice, p. 889: Examiners; 1959 Mental Health Act, s. 100; 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act, ss. 84 (5), 106 (3), 114 (1), 123 (1), 217 (2). 16

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die Krone allerdings m i t dem Minister of Transport teilt und auch nur einen gewissen Prozentsatz der Namen für die Zusatzlisten (neben dem Minister of Transport und dem Secretary of State) zusammenstellt 1 8 . Dazu t r i t t noch eine Verantwortung auf Grund des 1958 ergangenen Tribunals and Inquiries Act. Dieses Gesetz sieht vor, daß er für die Vorsitzenden bestimmter Gruppen von Administrative Tribunals Listen zusammenstellt, aus denen dann die zuständigen Fachminister die Auswahl treffen 1 9 . Das Gesetz knüpft damit an einen allerdings weitergehenden und die ausschließliche Verantwortung des Lord Chancellor propagierenden Vorschlag des Franks-Committee an. Gerichte, die unter das Gesetz fallen, sind z. B. die Rent Tribunals. Die Kompetenzen des Lord Chancellor i m Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeit lassen sich zahlenmäßig nur ungefähr erfassen. Der Permanent Secretary des Lord Chancellor's Office hat einmal von einer ganzen oder teilweisen Verantwortung für etwa 420 Tribunals und an anderer Stelle für etwa 800 bis 900 Richterstellen gesprochen 20 . I n einer neueren Arbeit heißt es, daß der Lord Chancellor auf Grund des Act von 1958 für die Ernennung von etwa 620 Vorsitzenden verantwortlich sei 2 1 . Die eminent wichtige Rolle, die der Lord Chancellor oder, wie der volle Titel lautet, Lord High Chancellor of Great Britain, hiermit i m englischen Richterauswahlverfahren spielt, machen eine eingehendere Betrachtung dieses Berufungsorgans unerläßlich. Der Lord Chancellor bekleidet ein Amt, das sich durch hohes Alter, große Bedeutung und außerordentlichen Glanz auszeichnet. Die ersten Kanzler gehen bis auf die Regierung Wilhelms des Eroberers, wahrscheinlich aber auf eine noch frühere Epoche der englischen Geschichte zurück 2 2 . Sie waren gleichzeitig königlicher Sekretär, Hofkaplan und Bewahrer des königlichen Siegels und nahmen damit eine Position ein, die eine gute Ausgangsbasis für künftige Macht und Ehre bot. Zunächst war ihre Stellung freilich keine sehr bedeutende und wurde eher als ein Meilenstein auf dem Wege zum Bischofsrock angesehen. Dies änderte sich aber, als Thomas Becket (1154—1162), W i l l i a m de Longchamps (1189—1197) und andere ehr18

1949 Lands T r i b u n a l Act, s.2 (1); 1962 Transport Act, 10th sch., s. 3. s. 3, 1st sch. 20 Coldstream, L o r d Chancellor's Office, p. 15; Judicial Appointments, p. 44. 21 McCorquodale, Composition of Administrative Tribunals, p. 314. 22 Siehe hierzu u n d zu dem Folgenden Campbell, Lives of the L o r d Chancellors, vol.1, pp.2 et seq.; Anson, L a w and Custom of the Constitution, pp.164 et seq.; Hailsham, Duties of a L o r d Chancellor, pp.2 et seq.; K i l m u i r , Office of L o r d Chancellor, pp.132 et seq.; Dilhorne, S t r u k t u r u n d Funktion, S. 385. 19

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geizige Männer das A m t verwalteten und als i m Jahre 1232 das A m t des Justiciarius Angliae abgeschafft wurde, das einer Vorrangstellung des Kanzlers immer i m Wege gestanden hatte. Von der Regierung Eduards I. (1272—1307) an traten die Kanzler dann als mächtige politische Beamte i n den Council des Königs, als das Haupt einer großen für die Beurkundung und Bewahrung aller wichtigen Staatsdokumente zuständigen Kanzlei und als Verwalter der königlichen Gnade i n Erscheinung. Wie sich hieraus am Ende des 15. Jahrhunderts eine persönliche Rechtsprechungsmacht des Kanzlers i n Gestalt des Court of Chancery entwickelte, ist bereits i n anderem Zusammenhang geschildert worden. Hier ist von Interesse, daß dieser neue Zuwachs an Aufgaben und Pflichten auf die bis dahin schon ausgeübten Funktionen keinen Einfluß hatte und daß die Lord Chancellors vor allem ihre Vorrangstellung i n der Umgebung und i m Council des Königs beibehielten, wo ihre Meinung als die geschulter Juristen Gewicht hatte und wo sie zum bedeutendsten Mitglied dieser Versammlung i n politischen, administrativen und richterlichen Geschäften wurden. Erst die Abschaffung der Kabinettsjustiz i m 17. und die Entwicklung zum parlamentarischen Prinzip i m 18. Jahrhundert brachten hier Einbußen. Doch immer noch ist das A m t eines der verantwortungsvollsten i m englischen Königreich und zugleich auch eines seiner anstrengendsten, von dem einer seiner Träger, Lord Herrschell (1886, 1892—1895) einmal erklärt hat, daß seine Strapazen zu groß seien, als daß ein Mann sie länger als drei Jahre aushalten könnte 2 3 . Einige seiner Nachfolger haben dies m i t Nachdruck bestätigt, andere haben es m i t Amtszeiten bis zu sechs Jahren widerlegt. Die Bedeutung des Amtes zeigt sich am besten an einer Aufzählung der damit verbundenen Funktionen, wobei sich solche legislativer und exekutiver und bei den letzteren wiederum solche politischer und administrativer A r t unterscheiden lassen. Ruft man sich i n Erinnerung zurück, daß dem Lord Chancellor daneben auch noch rechtsprechende Funktionen i m House of Lords übertragen sind, so w i r d man Cohn Recht geben, wenn er den Lord Chancellor als „eine jener absol u t unlogischen Zwitterbildungen, von denen getrost gesagt werden kann, daß sie nur innerhalb des traditionsreichen englischen Rechtssystems möglich sind", bezeichnet 24 . Die legislative Seite des Amtes besteht darin, daß der Lord Chancellor Sprecher der zweiten Kammer des Parlamentes, des House of Lords, ist. Seine Stellung an der Spitze dieses Organes erklärt sich dadurch, daß das Oberhaus als ein u m die großen Prälaten und 23 24

Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, p. x x . Richter, Staat u n d Gesellschaft, S. 16.

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Barone verstärkter Staatsrat entstanden w a r und der Lord Chancellor zu den prominentesten Mitgliedern eben dieses mittelalterlichen Staatsrats oder Council gezählt hatte. Er nimmt den Vorsitz heute deshalb kraft ersessenen Rechtes und ohne besondere Kommission oder Ermächtigung ein und hat als Sprecher auch keine besonderen Vorrechte 25 . Da der Wollsack, auf dem er sitzt, technisch als außerhalb des Hauses gelegen gilt, braucht er kein Pair zu sein. Tatsächlich ist es vorgekommen, daß Bewahrer des Großen Siegels jahrelang als Sprecher fungiert haben, ohne zum Pair befördert zu werden, wie sie auch i n neuerer Zeit präsidiert haben, noch ehe sie i h r Pairspatent erhalten hatten 2 6 . Doch w i r d i n moderner Zeit jeder Kanzler ausnahmslos zum Pair befördert und damit i n die Lage versetzt abzustimmen und vollwertig, d. h. m i t dem Anspruch auf Übernahme der Erklärungen i n das Protokoll und nicht nur fragend oder i n der Form einer Ratserteilung, an den Debatten teilzunehmen. Er muß sich dabei „ i n " das Haus zu seinem Platz als Pair begeben und t r i t t i n der Praxis etwas neben den Wollsack 27 . Als eine besonders wichtige seiner legislativen Pflichten w i r d es angesehen, daß er persönliche Gesetzesvorlagen zur Gerichtsverwaltung und Rechtsreform einbringt 2 8 . Die exekutiven Pflichten des Lord Chancellor und hier zunächst diejenigen politischer A r t knüpfen an seine Stellung als Kabinettsmitglied und als Beistand der Krone an. Der Lord Chancellor ist zusammen m i t dem Attorney General und dem Solicitor General der wichtigste Berater der Regierung i n Rechts- und Verfassungsfragen und deshalb und wegen seiner Eigenschaft als Siegelbewahrer fast immer ein Mitglied des engeren Kabinetts. I n welchem Ausmaß er hier w i r k t und wie sehr sein Rat begehrt ist, läßt sich daran ablesen, daß zum Beispiel Lord K i l m u i r , der langjährige Lord Chancellor der Regierungen Churchill, Eden und Macmillan i m Jahre 1960 i n 23 Kabinettsausschüssen saß, davon i n 16 Ausschüssen als Vorsitzender 29 . Z u den politischen Pflichten des Lord Chancellor gehört es auch, die Maßnahmen der Regierung nach dem Prinzip der kollektiven Verantwortung vor dem House of Lords zu erklären und zu verteidigen. Die Beziehungen des Lord Chancellor zur Krone sind mehr allgemeiner und 25 Machinery of Government Committee, Report of the, p. 64; May, L a w , Privileges, pp.243, 246. 26 Henley wurde 1757 zum Bewahrer des Großen Siegels gemacht u n d erst 1760 i n den Stand eines Baron erhoben. Campbell, Lives of the L o r d Chancellors, vol. 5, pp. 185, 194. Siehe auch Journals of the House of Lords 1945—1946, pp.15, 21: L o r d J o w i t t ; ib., 1953—1954, p. 305: L o r d K i l m u i r . 27 May, L a w , Privileges, pp. 242—243. 28 29

Schuster, Office of the L o r d Chancellor, p. 179. Coldstream, L o r d Chancellor's Office, p. 20.

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formaler A r t . So kann i h m bei der Eröffnung des Parlaments oder auch sonst eine Botschaft der Krone zur Verlesung vor dem Hause übertragen werden 3 0 . Er ist aber auch der wichtigste juristische Berater des Monarchen 81 . Die administrative Seite des Amtes knüpft einmal an den Status als Bewahrer des Großen Siegels an. Als solcher veranlaßt er die Siegelung all derjenigen Staatsdokumente, für die ein solches formelles Verfahren vorgesehen ist 3 2 . Weitreichender noch sind seine Aufgaben i m Rahmen der Gerichtsverwaltung. Er ist hier nicht nur, wie oben dargelegt, für die Ernennung nahezu sämtlicher Richter verantwortlich, zweifellos eine seiner bedeutendsten Aufgaben überhaupt, sondern w i r k t auch bei einer langen Reihe weiterer Geschäfte mit, die hier nur stichwortartig aufgezählt zu werden brauchen und bei denen zur Vereinfachung die von der judiziellen Seite seines Amtes (Präsident des High Court) sich ableitenden Handlungen miteinbezogen sind: Bestimmung von Gerichtsvorsitzenden und Vorsitzendenvertretern; Fragen der Geschäftsverteilung; Versetzung, Ruhestandsversetzung und Absetzung von Richtern; Ernennung von Beamten der reinen Gerichtsverwaltung; Festsetzung von Gerichtsgebühren und Prozeßregeln; Festsetzung der Gehälter der nebenberuflich tätigen Richter; Aufsicht über das Grundbuchwesen und alle öffentlichen Stiftungen; Reform des Rechts. Z u den übrigen etwas abseits liegenden adminsitrativen Aufgaben des Lord Chancellor zählen die Patronage über all diejenigen Pfarrstellen, die i n den Büchern Heinrichs V I I I . m i t 20 Pfund oder weniger taxiert sind (über 700), und eine Betreuung der unter dem Schutz der Gerichte stehenden Geisteskranken, denen ein Gesetz gestattet, nach Belieben an i h n zu schreiben 33 . Dem Alter und dem breiten Wirkungskreis des Amtes entspricht es, daß der Lord Chancellor zu den höchsten Würdenträgern des Staates gehört. Der derzeitige Amtsträger, The Right Honorable Lord Gardiner, der i n der Reihe der Lordkanzler der 229. ist 3 4 , rangiert nach den engsten Angehörigen der königlichen Familie und dem Erzbischof von Canterbury i n der Prioritätsliste des englischen Reiches 30

May, L a w , Privileges, pp. 283 et seq., 821—822. L o r d Cave hatte z. B. Georg V. über bestimmte sich aus dem A n t r i t t eines Minderheitskabinetts (MacDonald) ergebende Probleme zu beraten. Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, pp. 431 et seq. 32 Siehe dazu K i l m u i r , Office of L o r d Chancellor, p. 135 u n d Campbell, Lives of the L o r d Chancellors, vol. 1, pp. 22 et seq. 33 Näher Halsbury, Laws of England, vol. 7, pp. 371 et seq.; Hailsham, Duties of a L o r d Chancellor, pp. 13 et seq.; K i l m u i r , Office of L o r d Chancellor, pp. 136 et seq. 34 Vgl. Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, p. xv. Die Zählung setzt 1068 m i t Herfast ein u n d ist nicht ganz zweifelsfrei. 31

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an neunter Stelle, noch vor dem Erzbischof von York, dem Premierminister, dem Sprecher des Unterhauses und allen übrigen Herzögen und den Ministern 8 5 . M i t 14 500 Pfund jährlich bezieht er auch das höchste Gehalt, das der Staat zu vergeben hat, wiederum gefolgt von dem Premier m i t 14 000 und sodann dem Attorney General m i t 13 000 Pfund 8 6 . Die eigentümliche Anhäufung von Gewalten i n seiner Person w i r d i n England wohl als anormal empfunden, aber sie ist dem hohen Ansehen des Amtes nicht abträglich. Man sieht es so, wie es Lord Hailsham, der das A m t von 1928—1929 und 1935—1938 bekleidet hat, auf die kurze Formel gebracht hat: „When he sits as judge he has to put out of mind his executive and his legislative functions; I hope when he comes to act i n his executive or legislative capacity he brings to those duties some of the lessons which he has learned of impartiality and fairness as a judge 8 7 ." Es ist auch zu bedenken, daß seine politischen und richterlichen Pflichten nicht unbedingt i n Konflikt geraten müssen, da die Geschäfte der Strafverfolgung (und ähnliches gilt von der Strafvollstreckung) ganz bei den Kronanwälten liegen und er deshalb niemals dazu kommt, i m Gericht über Anklagen zu sitzen, die er i m Kabinett empfohlen hat. Die moderne Entwicklung, die i h m kaum noch Zeit für regelmäßige richterliche Tätigkeit beläßt, hat die Befürchtung von Konflikten noch mehr zusammenschrumpfen lassen. Daß er m i t großer Perücke, einer m i t den verschiedenen Funktionen wechselnden Amtstracht und einer eigenen kleinen Gefolgschaft bei feierlichen Anlässen auch äußerlich würdevoll auftritt, versteht sich i n England von selbst 88 . Selbstverständlich ist, daß der Lord Chancellor sich bei einem politischen Wandel m i t der Partei, der er angehört, aus seinen Ämtern zurückzieht. Er bleibt aber als ex-Lord Chancellor ex officio-Richter an einigen Gerichten und, was praktisch bedeutsamer ist, Lord of Appeal. Die meisten ex-Lord Chancellors nehmen an den Gerichtsverhandlungen i m House of Lords auch wirklich teil, u m sich die Pension, die sie beziehen — 6250 Pfund jährlich — zu verdienen. Dies ist aber nur eine moralische Pflicht 8 9 . Über die Auswahl des Lord Chancellor ist gesetzlich nichts bestimmt. Es bestehen weder juristische noch sonstige Befähigungsvor35

Whitaker's Almanack 1966, p. 216. 1965 Judges Remuneration Act, s. 2 (1); 1965 Ministerial Salaries Consolidation Act, s. 1 (1), 1st sch. 37 Duties of a L o r d Chancellor, p. 6. 38 Siehe Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, p. x v i . 39 Siehe Jackson, Machinery of Justice, p. 84; siehe auch Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, pp.396 et seq., 531. 36

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aussetzungen. Allerdings w i r d allgemein angenommen, daß nur ein Protestant das A m t bekleiden kann 4 0 . Seit langem ist jedoch die erfolgreiche Anwaltspraxis und die damit verbundene Gerichtspraxis für den Bewerber u m das hohe A m t eine unerläßliche Voraussetzung geworden. „The political advantage of a Lord Chancellor to a government would be entirely relinquished i f he were not a man of the highest eminence i n the profession", erklärte Peel i m Jahre 1850 41 , und i n der Tat ist keine Persönlichkeit i n neuerer Zeit zum Lord Chancellor ernannt worden, die nicht i m Zeitpunkt ihrer Ernennung einen soliden und meist sogar glänzenden Ruf als Jurist genoß 42 . Daneben sind die Lord Chancellors aber immer auch Männer gewesen, die eine längere Lehrzeit i n der politischen Arena durchlaufen haben. Tatsächlich ließe sich auch nur schwer vorstellen, wie jemand das exponierte A m t bekleiden sollte, der nicht i n enger politischer Verbindung m i t der Regierung des Tages stünde, denn der Lord Chancellor muß i m Kabinett sitzen und sich bei allem mäßigenden Einfluß, den er als ein m i t Rechts- und Verfassungsfragen vertrauter Fachmann ausüben kann, dabei doch auch m i t politischen Problemen befassen. Welcher A r t die politische Karriere gewöhnlich ist, zeigen die wichtigsten Who's Who entnommenen Lebensdaten der fünf seit 1945 ernannten Lord Chancellors, denen repräsentativer Charakter zukommt: L o r d J o w i t t (Attlee) Geboren 1885; Marlborough College; Oxford; Zulassimg als Barrister 1909; King's Counsel 1922; Labour-Abgeordneter 1922—1924; 1929—1931, 1939 bis 1945; A t t o r n e y General 1929—1932; Solicitor General 1940—1942; Paymaster General 1942; Minister w i t h o u t Portefeuille 1942—1944; First M i nister of National Insurance 1944—1945; L o r d Chancellor 1945—1951. L o r d Simonds (Churchill) Geboren 1881; Winchester; Oxford; Zulassung als Barrister 1906; King's Counsel 1924; Professor of L a w ; Puisne Judge 1937—1944; L o r d of Appeal i n Ordinary 1944—1951; L o r d Chancellor 1951—1954. L o r d K i l m u i r (Churchill, Eden, Macmillan) Geboren 1900; College Edinburgh; Oxford; Zulassung als Barrister 1922; King's Counsel 1934; Conservative-Abgeordneter 1935—1954; Recorder 1936—1942; Solicitor General 1942—1945; Attorney General 1945; Home Secretary 1951—1954; L o r d Chancellor 1954—1962. L o r d Dilhorne (Macmillan, Douglas Home) Geboren 1905; Eton; Oxford; Zulassung als Barrister 1927; King's Counsel 1946; Conservative-Abgeordneter 1943—1962; Solicitor General 1951—1954; A t t o r n e y General 1954—1962; L o r d Chancellor 1962—1964. 40 Die Rechtslage ist verworren. Siehe Halsbury, Laws of England, vol. 7, p. 368. 41 Zrt. nach Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, pp. x x i . 42 Siehe ib.

III. Auswahlorgane

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L o r d Gardiner (Wilson) 1900; H a r r o w ; Oxford; Zulassung als Barrister 1925; King's Counsel 1948; M i t g l i e d des Committee on Supreme Court Practice and Procedure, 1947 bis 1953; M i t g l i e d des L o r d Chancellóos L a w Reform Committee, 1952 bis 1963; Vorsitzender des General Council of the Bar 1958—1959; M i t vorsitzender der National Campaign for A b o l i t i o n of Capital Punishment; Alderman, London Country Council, 1961—1963; L o r d Chancellor 1964—.

Scheinbar wollen Lord Simonds und Lord Gardiner nicht ganz i n das B i l d hineinpassen. Beide haben zur Zeit ihrer Ernennung keinen prominenten Anteil an der Politik genommen. Doch sympathisierten beide m i t der Partei an der Macht, was besonders deutlich bei Lord Gardiner wird, dessen Vorstellungen über eine weitreichende Reform des Rechts sich weitgehend m i t dem politischen Programm der Regierung Wilson decken. Dem Lord Chancellor steht für die Bewältigung seiner administrativen Aufgaben ein auffallend kleiner Stab zur Verfügung. Bis zum Jahre 1885 gab es überhaupt nur drei Hilfskräfte, den Principal Secretary, den für die Auswahl der Friedensrichter zuständigen Secretary of Commissions und den für die geistliche Patronage zuständigen Secretary of Presentations. Jeder dieser Sekretäre wurde als persönlicher Diener des Kanzlers angesehen, dessen Dienstfertigkeit so weit zu gehen hatte, daß er nach der Aufgabe des Großen Siegels durch diesen alle A k t e n seines Büros zerstörte, damit nicht ein Nachfolger ein ungünstiges B i l d von der ausgeübten Patronage gewinnen konnte 4 3 . Seit 1885 gibt es einen Permanent Secretary, und der gesamte Stab des Lord Chancellóos Office besteht heute, abgesehen von einigen kleineren Beamten und Schreibkräften, aus dreizehn Personen, dabei nur Barristers umfassend 44 . I n Anbetracht der umfangreich gewordenen Befugnisse des Lord Chancellor i m Bereich der ordentlichen Justiz und der Einbeziehung vieler Verwaltungstribunale i n seine unmittelbare oder mittelbare Verantwortung ist das noch immer eine kleine Zahl. Sie erlaubt i h m aber, die volle Verantwortung für alle Ernennungen zu übernehmen, und beläßt die Auswahl aller höheren Richter i n seiner unmittelbaren Kompetenz. 4. Weitere beteiligte Organe Die Befugnisse des Lord Chancellor sind, was i m Vorstehenden unberücksichtigt gelassen wurde, bei einigen Gruppen von Gerichten örtlich eingeschränkt. K r a f t eines historisch begründeten Rechtes 43 44

Siehe ib., p. x x ; Schuster, Office of the L o r d Chancellor, pp. 183 et seq. Siehe L a w L i s t 1966, pp. 5, 75.

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werden i n der Duchy of Lancaster die Justices of the Peace (und auch die Mitglieder der Advisory Committees) von dem Chancellor dieser Duchy eingesetzt 45 . Er wählt auch den Stipendiary Magistrate von Salford und die i m Bereich der Duchy amtierenden County Court Judges aus 46 . Das A m t ist ein Sinekureamt der Regierung, das außer m i t der Patronage für bestimmte Richterstellen m i t keinen weiteren Pflichten verbunden ist. Frühere Chancellors sind deshalb vom Premier m i t so verschiedenen Aufgaben wie Auswärtigen Angelegenheiten oder der Koordinierung staatlicher Informationsdienste betraut worden, oder sie haben nebenbei das A m t des Parteiführers i m Unterhaus bekleidet 4 7 . Keiner der letzten drei Chancellors war Jurist, der derzeitige, Houghton, kommt aus dem Gewerkschaftsdienst und war seit 1959 Labour-Abgeordneter. A m Mayor's and City of London Court ernennt der Recorder of London den Assistant Judge 4 8 . Für die Auswahl der Clerks sind besondere Magistrates' Courts Committees zuständig, die dabei an die Billigung des Home Secretary gebunden sind. Diese Komitees haben außerdem die verwaltungsmäßigen Voraussetzungen für ein wirksames und ortsnahes Netz von Friedensrichtern zu schaffen. Sie sind für gewöhnlich auf der Ebene der commission areas organisiert und setzen sich i n den Grafschaften aus dem Custos Rotulorum 4 9 und dem Chairman des Court of Quarter Sessions als ex officio-Mitgliedern und je einem Friedensrichter pro petty sessional division als ordentlichen Mitgliedern zusammen. Die Friedensrichter werden hierfür von allen Friedensrichtern der petty sessional division gewählt. I n den Städten ist das Komitee ganz aus Friedensrichtern der jeweiligen Stadt zusammengesetzt. Beabsichtigt das Komitee die Ernennung eines Clerk, so muß es den Home Secretary über Alter, Befähigung und Erfahrung des benannten Kandidaten informieren und auf Anfrage auch über Personen Aufklärung geben, die sich selber für eine Ernennung vorgeschlagen haben. Bei Ernennungen innerhalb der Grafschaften muß das Komitee auch die Friedensrichter der jeweiligen petty sessional division befragen, und der Home Secretary muß, ehe er die Ernennung billigt, alle Vor45 46

Siehe Halsbury, Laws of England, vol.25, pp.112, n. a.; 114. 1949 Justices of the Peace Act, s.31 (4); 1959 County Courts Act, s.4 (2).

47

Siehe Wade & Phillips, Constitutional L a w , p. 215.

48

1964 City of London (Courts) Act, s. 14 (1).

49

Der Custos Rotulorum ist Hauptbeamter u n d Vertreter der Krone i n der Grafschaft m i t dem heute n u r noch dem Namen nach ausgeübten Recht zur Bewahrung von Urkunden. Das A m t ist gewöhnlich m i t dem des L o r d Lieutenant verbunden. Halsbury, Laws of England, vol.25, p. 268.

IV. Auswahlmaßstäbe

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Schläge i n Erwägung ziehen, die diese Friedensrichter i h m direkt gemacht haben 5 0 . Der Registrar am Mayor's and City of London Court w i r d von dem Common Council, dem aus Lord Mayor, Aldermen und 159 jährlich gewählter Commoners bestehenden Stadtparlament, ernannt 5 1 . Die Masters der Queen's Bench Division werden abwechselnd von dem Lord Chief Justice und dem Master of the Rolls ernannt. Die Registrars der Probate, Divorce and Admiralty Division werden von dem President ernannt. Dieser ist auch für die Auswahl der District Probate Registrars zuständig 52 . Soweit die Vorsitzenden und Mitglieder der Verwaltungstribunale nicht von dem Lord Chancellor ausgesucht werden, treten die für das Sachgebiet zuständigen Minister ein 5 3 . Diese treffen auch die Auswahl, wenn der Kanzler für Tribunalvorsitzende Listen zusammengestellt hat. Bei den Rent Tribunals wählt beispielsweise der Minister of Housing and Local Government aus den i h m zur Verfügung gestellten Listen die Vorsitzenden aus und gleichzeitig ernennt er i n eigener Verantwortung die ordentlichen Mitglieder 5 4 . IV. Die bei der Auswahl der englischen Richter angelegten Maßstäbe 1. Befähigungsvoraussetzungen a) Der englische Anwaltsstand Die englischen Richter gehen, wenn sie nicht Laienrichter sind, wie die Justices of Peace oder viele Mitglieder der Verwaltungstribunale, ausnahmslos aus den praktizierenden Anwälten hervor. Der überwiegende Anteil rekrutiert sich dabei aus dem Stande der Barristers. E i n kleinerer Prozentsatz entstammt dem Berufsstande der Solicitors. Die Zweiteilung des englischen Anwaltsstandes ist so alt wie dieser selbst. Jeder Teil hat andere Pflichten, wenn bestimmte Aufgaben auch von beiden Berufsgruppen wahrgenommen werden. Gemeinsam ist ihnen aber dies, daß für keinen von ihnen ein Studium an einer Universität vorgeschrieben ist. Die Universitäten bestehen unabhängig und ohne 50 Siehe 1949 Justices of the Peace Act, ss. 16, 19; 4th sch., s. 1; 1964 A d ministration of Justice Act, ss. 13, 15. 51 Halsbury, Laws of England, vol. 25, pp. 21, 570. 52 1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act, s. 106 (1), 114(3); Pari. Deb. (Hansard), H. C., 5th ser., vol. 453 (1947—1948). col. 25. 53 Siehe Council on Tribunals, A n n u a l Report 1963, p. 29. 54 1946 Furnished Houses (Rent Control) Act, s. 1; sch., s. 2 i. V . m . Transfer of F u n c t i o n s . . . (No. 1) Order (S. 1.1951, No. 142), s. 3 (1); sch., pt. 1 u n d 1958 Tribunals and Inquiries Act, s. 3 (1); 1st sch., s. 19.

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direkten Bezug auf die Ausbildung des Nachwuchses der englischen Anwalt- und Richterschaft 1 . Barristers 2 Die Geschäfte, die i n den Arbeits- und Aufgabenbereich eines Barrister fallen, lassen sich m i t den drei Schlagworten Auftreten vor Gericht, Aufsetzen von Schriftstücken und Rechtsberatung wiedergeben 3 . Von den Parteien und Angeklagten abgesehen — es gibt i n England keinen Anwaltszwang — sind die Barristers gewöhnlich die einzigen Personen, die vor den Courts of Quarter Sessions, dem Mayor's and City of London Court, dem High Court m i t allen seinen Abteilungen, dem Court of Appeal und dem House of Lords auftreten können. Es steht ihnen frei, auch i n den Magistrates' Courts, den County Courts und vor den richterlichen Hilfsbeamten zu erscheinen, doch geschieht dies nur seltener und müssen sie hier das Recht m i t den Solicitors teilen. Auch bei den Verwaltungstribunalen teilen sie das Recht auf Gehör fast immer m i t den Solicitors, so auch vor den Rent Tribunals, dem Transport Tribunal und dem Lands Tribunal 4 . Die Barristers befassen sich zweitens m i t dem Aufsetzen von Schriftsätzen, Übertragungsurkunden und anderen Rechtsdokumenten. Dabei nimmt der erste Aufgabenbereich den Vorrang ein. Z u den Berufspflichten der Barristers gehört es schließlich, Rechtsauskünfte und -ratschläge zu erteilen, wozu sie bei schwierigeren Sachverhalten besser befähigt sind als die Solicitors. Dem Berufsstande der Barristers sind eine Reihe eigentümlicher Standesmerkmale und Privilegien zu eigen. Sie können auf dem Wege zum oder vom High Court oder Court of Appeal nicht wegen einer 1 Erst 1755 hat Blackstone i n Oxford erstmalig Vorlesungen i m englischen, d . h . nicht zivilen Recht gehalten ( = die späteren Commentaries on the Laws of England). Erst Ende des 19. Jahrhunderts w u r d e n juristische akademische Grade geschaffen. Siehe Radcliffe & Cross, English Legal System, pp. 385—386. 2 Das W o r t k o m m t von barre (altfranzösisch) = Balken, Bank, Schranke. A u f ihnen saßen die Angehörigen der alten Hospitia (siehe oben S. 27, Fußnote 16), nach dem Fortgang ihrer Studien geordnet, während der V o r lesungen u n d Gerichtsspiele, un der Justices of the Peace Frauen. Royal Commission on Justices of the Peace, Report, p. 6. 8 E i n Justice of the Peace sitzt nach einer pauschalen Regel alle 14 Tage einmal zu Gericht, ohne daß aber vorherzusehen ist, ob die Gerichtsliste i n Stunden oder Tagen erledigt werden kann. 9 Royal Commission on Justices of the Peace, Report, Minutes of Evidence, Appendix 3, p. 81. 10 Ib., Report, p. 5. 11 Ib., p. 16. Z u der teilweise grotesken Überalterung der Mitglieder der Advisory Committees siehe ib., Minutes of Evidence, Appendix 3, p. 81.

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Service to a political party or is regarded as a reliable member of the party.. .12.

Eine soziologische Studie brachte einen erheblichen Anteil von nicht mehr berufstätigen Personen zutage. So war bei den männlichen Justices die größte Gruppe zwischen 65 und 69 Jahre alt und gehörten nicht weniger als 65 °/'o zu den über 60jährigen. Bei den weiblichen Friedensrichtern zeigte sich eine auffallend starke Zugehörigkeit zu den sozial gehobenen Schichten und ein entsprechend schwacher A n teil der einfacheren Gesellschaftskreise. Der Eindruck, daß es nicht recht gelingen wollte, eine wirklich repräsentative Auslese zu treffen, wurde noch durch die Tatsache bekräftigt, daß i n den Grafschaften 3 7 % und i n den Städten 3 3 % der Richter Angehörige der kommunalen Behörden waren 1 8 . Wie i m Jahre 1911, so standen auch diesmal der Lord Chancellor und die Lord Lieutenants außerhalb der Reformvorschläge. Dem ersteren wurde bescheinigt, daß er als oberster Richter und Minister der Krone für die Ernennungen hervorragend qualifiziert sei, den letzteren, daß sie über das nötige Prestige und häufig den Ruf der Uberparteilichkeit verfügten 1 4 . Die Kommission versuchte diesmal aber, den bestehenden Übeln m i t etwas konkreteren Empfehlungen für die Zusammensetzung der als solche unentbehrlichen Advisory Committees und die Verfahrensweise bei der Auslese der Kandidaten zu begegnen. Die Mitglieder der Advisory Committees sollten auch i n Zukunft den verschiedenen geistigen und örtlichen Bereichen der Gemeinschaft unter Einschluß der politischen Parteien entnommen werden. Der Anteil der Mitglieder, die wegen ihrer Zugehörigkeit zu politischen Parteien ernannt wurden, sollte aber beschnitten werden, so daß i h r Einfluß nicht vorherrschend und Platz für Mitglieder würde, deren Interessen und Umgang auf anderem als dem politischen Feld lägen. Der Lord Chancellor sollte sich berechtigt fühlen, auch einmal Komitees ohne Vertreter der politischen Parteien zu ernennen 15 . Für die eigentliche Auswahl sollten den Komitees Richtlinien insbesondere des In12

Ib., p. 5. Aufschlußreich auch die von Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, p. 523 mitgeteilten Zahlen: L o r d Sankey, der L o r d Chancellor i m Kabinett MacDonalds, ernannte während seiner Amtszeit von 1929—1935 insgesamt 3837 Justices, die sich so aufteilten: Labour 1166; Conservative 1401; L i b e r a l 620; Independent 650 ( = 16,5%). 13 Royal Commission on Justices of the Peace, Report, pp. 6, 8—9. 14 Ib., pp. 12, 17. Auch der Chancellor der Duchy of Lancaster sollte w e i terhin zuständig bleiben. Die Kommission schlug aber vor, den Stab des L o r d Chancellor zu erweitern, u n d erreichte, daß i h m f ü r die A u s w a h l der Justices neben dem Secretary of Commissions zwei Under Secretaries zur Seite gestellt wurden; pp. 13—14; L a w L i s t 1966, p. 5. 15 Royal Commission on Justices of the Peace, Report, p. 18 et seq.

IV. Auswahlmaßstäbe

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halts gegeben werden, daß kein Mitglied eines Advisory Committee sich als bloßen Repräsentanten einer politischen Partei ansehen sollte, daß die oberste Überlegung bei der Ernennung der Richter ihre Eignung für die richterlichen Pflichten und nicht das Ausmaß früherer politischer Dienste sein und daß Richter aus allen Bereichen der Gemeinschaft entnommen werden sollten. Die Lord Chancellors sollten die ihnen vorgelegten Namenslisten darauf überprüfen, ob irgendeine Partei dominiere. Sollte dies der Fall sein, so sollte die Liste nur dann bestehen bleiben, wenn nicht alternative Benennungen von gleichem Wert gemacht werden konnten 1 6 . Erkannte die Kommission die M i t w i r k u n g der politischen Parteien damit grundsätzlich an und mühte sie sich nur, bestimmten Mißbräuchen entgegenzuwirken, so war eine Minderheit von drei Mitgliedern kritischer; sie betonte, daß Mitglieder von Advisory Committees ganz ohne Rücksicht auf politische Zugehörigkeit ausgewählt werden sollten, da dies allein dem Übel einer politisch motivierten Richterauswahl Einhalt gebieten würde 1 7 . Die Reformvorschläge der Kommission von 1946—1948 waren i n ihrer Zielsetzung zu beschränkt, als daß sie einen entscheidenden Wandel bei der Auslese der Justices of the Peace hätten herbeiführen können. Die politischen Parteien sind als die wichtigsten Kanäle fest etabliert, durch die Namen für Freistellen i n den Advisory Committees an den Secretary of Commissions i m Lord Chancellor's Office gelangen 1 8 . Von den Advisory Committees übertragen sich Parteiherrschaft und Proporzdenken dann fast selbstverständlich auch auf die Auswahl der Justices selbst. Auf einen Vorschlag der Kommission geht es zurück, daß heute die Namen der Sekretäre der Advisory Committees öffentlich bekanntgegeben werden, damit auch Organisationen und 16

lb., pp. 21 et seq. lb., pp. 92 et seq. 18 Siehe Richards, Selection of Justices, pp. 144—145: „ T h e committees are usually small. The size is about six or seven, b u t sometimes is as l o w as three — one representative each of the Conservative, Liberal and Labour Parties. Those nominated to serve on advisory committees are themselves normally justices: thus local benches are, i n effect, self-co-opting. . . . No one above the age of 65 is now chosen and i f a new member is not already a justice, the practice is to add h i m to the local Commission at the first convenient opportunity. . . . The domination of political parties over these bodies has already been described. E x p l i c i t notice is taken of political sympathies i n order to m a i n t a i n „balance": w h e n a possible member, Smith, is thought to belong to a particular party, the L o r d Chancellor makes i n quiries at the national Headquarters of the party concerned to discover i f S m i t h is s t i l l regarded as a supporter. Should the headquarters reply „ S m i t h belongs to our party, but w e w o u l d prefer you to choose Jones" — S m i t h ist s t i l l appointed. Even so, this practice is open to objection and the Royal Commission recommended unsuccessfully that i t be stopped." 17

8 Kayser

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B. R i c h t e r a u s w h l England

P r i v a t p e r s o n e n a u ß e r h a l b der p o l i t i s c h e n P a r t e i e n Vorschläge f ü r Justices of t h e Peace b e i d e n K o m i t e e s e i n r e i c h e n k ö n n e n , jedoch, so h e i ß t es i n e i n e r U n t e r s u c h u n g aus d e m J a h r e 1961, „ o n e has t h e i m p r e s s i o n i t is f a i r l y u n c o m m o n f o r t h i s t o be d o n e " 1 9 . Das L o r d C h a n c e l l o r ' s O f f i c e a k z e p t i e r t , daß der politische E i n f l u ß b e i d e n B e n e n n u n g e n b e t r ä c h t l i c h ist, u n d h a t b e i d e r g e r i n g e n Z a h l seines P e r sonals w o h l auch k e i n e M ö g l i c h k e i t e n , d e m e n t g e g e n z u w i r k e n . Es achtet aber d a r a u f , daß die z u k ü n f t i g e n Justices sich n i c h t n u r i m P a r t e i a p p a r a t b e w ä h r t haben, daß e i n parteipolitisches G l e i c h g e w i c h t e i n g e h a l t e n w i r d , daß d e r A n t e i l d e r k o m m u n a l e n B e d i e n s t e t e n n i c h t z u groß i s t sowie, daß die n e u e n Justices n i c h t z u a l t s i n d 2 0 . M i t a l l e r D e u t l i c h k e i t t r e t e n die G e g e b e n h e i t e n d e r englischen F r i e d e n s r i c h t e r auslese i n e i n e r j ü n g s t e n p a r l a m e n t a r i s c h e n A n f r a g e ans Tageslicht, die deshalb h i e r i m W o r t l a u t w i e d e r g e g e b e n w e r d e n s o l l : M r . Robert Cooke asked the Attorney-General by w h a t authority the clerk to a county council sought to dissuade an individual, whose name has been sent to him, regarding her appointment as a magistrate. T h e Attorney-General (Sir E l w y n Jones): The clerk to w h o m the hon. Member refers holds the office of honorary secretary of the committee w h i c h advises m y noble Friend the L o r d Chancellor on the appointment of justices of the peace i n the county. I n October, 1965 m y noble Friend drew the attention of the Advisory Committee to the fact that one party and one section of the community was overrepresented on the county's benches and advised i t to seek candidates f r o m among wage-earners and Labour and Liberal Party supporters w h e n further vacancies occurred. The . . . secretary, w h e n speaking to the i n d i v i d u a l to w h o m the hon. Member refers, mentioned that m y noble Friend was anxious to f i n d candidates from among wage-earners; b u t the secretary d i d not seek to dissuade the i n d i v i d u a l f r o m applying for appointment. M r . Cook: The r i g h t hon. and learned Gentleman w i l l be aware that the clerk t r i e d to dissuade this w o m a n f r o m coming forward on political grounds. Does he realize the very grave difficulties w h i c h can result from that sort of behaviour? The Attorney-General: I do not t h i n k that there was any dissuasion of the lady i n question. Indeed, her namie is among the list of those whose names w i l l be considered w h e n further vacancies occur. B u t i n the county i n question of the 131 justices of the peace, 79 are Conservatives, 21 Labour and 8 Liberal. As the election result showed, 58 000 for the Conservatives and 67 000 for L i b e r a l and Labour, i t woulld seem that — I w i l l not say party representation — party origin was a l i t t l e unrepresentative on this county bench 2 1 . 19

Ib., p. 145. E t w a V2 der von den Advisory Committees vorgelegten Namenslisten werden von dem L o r d Chancellor's Office aus dem einen oder anderen G r u n d m i t kritischen Vorbehalten oder der Bitte u m weitere Information zurückgesandt. Ib., pp. 145—146. 21 Pari. Deb. (Hansard), H. C., 5th ser., vol.725 (1966), cols. 409—410; zu einem ähnlichen F a l l siehe Times, Sept. 23, 1966, p. 10. 20

IV. Auswahlmaßstäbe

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Bemerkenswert ist, daß nicht der hohe Anteil der parteigebundenen Justices als solcher, der immerhin bei 108 oder 8 2 % lag und vor dem Wunschbild einer optimalen Qualität der Richter sicher ebensowenig wie dem einer optimalen Repräsentation der Bevölkerung zu vertreten war, den Lord Chancellor zum Eingreifen bewogen hatte, sondern der überhöhte A n t e i l von Angehörigen der einen Partei. Bei der Auswahl der übrigen englischen Richter spielt Parteipolitik heute keine entscheidende Rolle mehr, doch ist dies eine verhältnismäßig junge Errungenschaft des englischen Richterauswahlverfahrens, aus der nicht gefolgert werden darf, daß dies auch i n vergangenen Zeiten immer so gewesen ist. Die höchsten englischen Richter werden von einer rein politischen Stelle, dem Premierminister, i n ihr A m t berufen, wenn der Lord Chancellor dabei auch i n der Praxis seinen Einfluß geltend macht. Die meisten übrigen Richter verdanken ihr A m t einer Persönlichkeit, die bei all ihren richterlichen Aufgaben doch ebenfalls eine ausgeprägte politische Figur ist, dem Lord Chancellor. Es kann deshalb nicht überraschen, daß i n England das Problem einer Besetzung der Richterämter nach parteipolitischen Gesichtspunkten auch außerhalb der Friedensgerichtsbarkeit nicht unbekannt ist. Als i m Jahre 1828 der konservative Abgeordnete und spätere Lord Chancellor Henry Brougham i n einer berühmten sechsstündigen A n sprache vor dem House of Commons eine Bestandsaufnahme des geltenden Gerichtsverfassungs- und Verfahrensrechtes lieferte und es einer vernichtenden K r i t i k unterzog — die Rede stellte den Auftakt für die allmähliche Überführung des mittelalterlichen Gerichtssystems i n seine moderne Gestalt dar —, hatte er bereits eine ganze Menge zu diesem Punkt zu sagen. Das große Ziel einer jeden Regierung bei der Auswahl der Richter des Landes, so eröffnete Brougham das Thema, sollte es sein, die geübtesten und gelehrtesten Juristen zu gewinnen und zugleich Männer zu finden, deren Charakter die beste Sicherheit für eine unparteiische Rechtsprechung abzugeben verspreche. Er schäme sich fast, das Haus m i t so einer Binsenwahrheit zu belästigen. Man sollte auch glauben, daß jede Regierung die Freiheit i n Anspruch nehmen würde, ihre Auswahl aus dem gesamten vorhandenen Kreis von Anwälten zu treffen, ja, daß sie geradezu fordern würde, daß das gesamte Feld für ihre Wahl offen sei. Aber obwohl dies einleuchtend und unbestreitbar sei und obwohl eine solche breite Suche nach den besten Kandidaten unweigerlich m i t dem größten öffentlichen Nutzen verbunden sein und dem Minister die größte persönliche Befriedigung bei der Ausübung seines Amtes geben würde, sehe die Praxis ganz anders aus: . . . there is a custom above the l a w — a custom, i n m y mind, "more honoured i n the breach than the observance", — t h a t party, as w e l l as



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merit, must be studied i n these appointments. One half of the B a r is thus excluded f r o m the competition; for no m a n can be a Judge w h o is not of a particular party. Unless he be the k n o w n adherent of a certain system of government, — unless he profess himself devoted t o one scheme of policy, — unless his party happen to be the party connected w i t h the Crown, or allied w i t h the M i n i s t r y of the day, there is no chance for h i h i ; that man is surely excluded. M e n must be on one side of the great political question to become judges; and no one miay hope to f i l l that dignified office, unless he belongs to the side on w h i c h courtly favour shines; his seat on the bench must depend, generally speaking, on his supporting the leading principles of the existing administration 2 2 .

Aber vielleicht, so fuhr Brougham fort, treibe er die Sache etwas weit und könne man nicht sagen, daß die Minister erwarten würden, daß die Anschauungen der Richter m i t den ihren i n politischen Fragen genau übereinstimmten. Er wolle nicht u m Kleinigkeiten streiten. A u f jeden Fall müsse aber zugegeben werden, daß, wenn ein Mann der Oppositionspartei angehöre, daß, wenn er für seine regierungsfeindlichen Ansichten bekannt sei, er keine Ernennung erwarten könne, möge er i m übrigen auch der beste, der fähigste und der für den Platz bestgeeignete Bewerber sein. „No one, I think, w i l l venture to deny this; or, if he do, I defy h i m to show me any instance i n the course of the last hundred years, of a man, i n party fetters, and opposed to the principles of Government, being raised to the bench. No such thing has taken place that I know of. Never have I heard of such a thing, at least i n E n g l a n d . . . 2 3 . " Ob diese besondere Rede, die m i t einem scharfen Protest gegen die bestehende Praxis abschloß, die Ernennungspolitik nachfolgender Regierungen beeinflußt hat, läßt sich nicht überprüfen. Sicher ist aber, daß die Lord Chancellors vom zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts an häufiger auch Anwälte ohne parteipolitische Bindungen ernannten und gelegentlich auch Anwälte der gegnerischen Partei zu den Richterämtern zuließen. Lord Brougham selbst empfahl 1831 als Lord Chancellor die Ernennung seines politischen Gegners Lord Lyndhurst zum Chief Baron des Court of Exchequer. Lord Campbell beförderte 1859 m i t Blackburn ebenfalls einen Mann aus dem gegnerischen Lager i n den Court of King's Bench. Sechs Jahre später hieß es i m House of Commons, daß der liberale Lord Chancellor Westbury sein Recht zur Richterauswahl ohne Rücksicht auf Parteiinteressen ausgeübt und aus fachlichen Gründen zwei Tories i n eine hohe Richterstelle und i n das A m t des Chief Registrar i n Bankrupty eingesetzt habe. Auch bei der Auswahl der County Court Judges habe er persönliche oder partei-

22

Present State of the L a w , p. 18.

23

Ib.

IV. Auswahlmaßstäbe

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politische Beziehungen ignoriert und allein auf Verdienst gesehen 24 . Ein Beispiel, wie die Lord Chancellors sich politischen Druckes zu erwehren wußten, hat auch Lord Chelmsford gegeben. I m Februar 1868 erhielt er von Disraeli, der zu dieser Zeit Chancellor of the Exchequer des konservativen Kabinetts Lord Derby war, den folgenden Brief: Dear L o r d Chancellor, — A f t e r all, I regret to observe t h a t M r . Justice Shee is no more. The claims of our legal friends i n the House of Commons, supported as they are by much sympathy on our benches, must not be treated w i t h indifference, and therefore I venture to express a hope that you w i l l not decide the successor of M r . Justice Shee w i t h any precipitation. Yours very faithfully, B. Disraeli.

Er könne den schmerzhaften Eindruck nicht beschreiben, den dieser Brief, eine Einmischung i n seine wichtigsten Pflichten als Lord Chancellor, auf ihn gemacht habe, schrieb Lord Chelmsford später. Er habe i h n beantwortet, „by stating my views of the sacred character of the trust, that fitness and not politics ought to govern me i n the choice of a judge, and that I would not suffer the smallest interference w i t h my judicial appointments, the whole responsibility of which I alone must bear" 2 5 . I n diesem Sinne offerierte er das A m t nicht dem von Disraeli vorgeschlagenen Mr. Huddieston, einem fähigen Queens Counsel und profilierten konservativen Parlamentarier, sondern Mr. James Hannen, einem Mann, der sich nur als A n w a l t einen Namen gemacht hatte und sich auch als Richter außerordentlich bewährte. Als Disraeli wenige Wochen später selber die Kabinettsführung übernahm, ersetzte er Chelmsford, m i t dem er auch sonst wenig sympathisierte, durch Lord Cairns. A l l diese Anstrengungen dürfen jedoch den Blick nicht dafür t r ü ben, daß der Löwenanteil der freien Richterstellen und die höchsten und wichtigsten von ihnen nach wie vor an die aktiven Anhänger der Partei des Lord Chancellor gingen und daß es damit i m Grunde doch bei der Praxis geblieben war, die Brougham i n seiner großen Rede so sehr mißbilligt hatte. Als i n der Mitte des 19. Jahrhunderts die County Courts geschaffen wurden, stieß die Verabschiedung des Gesetzes vor allem deshalb auf Schwierigkeiten i m House of Commons, weil die rivalisierenden Parteien einen Patronagezuwachs an den Gegner fürchteten. Der Whig-Lord Chancellor Cottenham, dem die Besetzung der 60 neuen Richterstellen dann zufiel, nahm die Gelegenheit dann auch prompt wahr, u m — so war jedenfalls aus dem Lager 24 Siehe Todd, Parlamentarische Regierung, Bd. 1, S. 331—332, Fußn. g u n d Pari. Deb. (Hansard), 3d ser., vol. 180 (1865) cols. 1128—1129. Siehe auch die günstigen Portraits von sieben hohen Richtern der Viktorianischen Epoche bei Fifoot, Judge and Jurist, pp. 12 et seq. 25 Zitate nach Atley, Victorian Chancellors, vol. 2, p. 121.

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d e r T o r i e s z u v e r n e h m e n — „ g o o d m e n a n d t r u e , of u n d o u b t e d W h i g p r i n c i p l e s " i n die S t e l l e n z u s e t z e n 2 6 . L o r d H a l s b u r y , der das A m t des L o r d C h a n c e l l o r u m die J a h r h u n d e r t w e n d e u n d ü b e r 17 J a h r e l a n g b e k l e i d e t e , w a r gleichfalls e i n M a n n , d e r sich d a f ü r einsetzte, v e r d i e n t e M i t g l i e d e r d e r eigenen P a r t e i z u b e f ö r d e r n . E r g i n g d a b e i so w e i t , daß sogar sein P r e m i e r m i n i s t e r , L o r d S a l i s b u r y , sich v e r a n l a ß t sah, i h n z u w a r n e n . E r schrieb u n t e r d e m 23. N o v e m b e r 1897: M y dear Chancellor, O f course w e must i n any case w a i t t i l l Saturday's Cabinet before anything is said to Bucknill. I do not l i k e criticising an appointment which is entirely vested i n y o u — b u t are you not over-doing a good thing? The j u d i c i a l salad requires both legal oil and political vinegar; but disastrous effects w i l l follow i f due proportion is not observed. M y feeling is that at this moment some l a w y e r of good practice — not i n the House — w h o is competent i n your judgement, should be appointed: and t h a t the promising political l a w y e r w h o m you mention m i g h t w e l l w a i t for next time, which probably is not far off. B u t follow your o w n judgement i n the matter, m y estimate of the public taste is very l i k e l y wrong. Ever yours t r u l y Salisbury 2 7 . A u f die p o l i t i s c h e n E r n e n n u n g e n d e r Epoche h a t auch der k o n s e r v a t i v e P r e m i e r v o n 1902—1905, B a l f o u r , i n e i n e r Rede v o r d e m House of Commons hingewiesen: . . . most of our Judges, f r o m the L o r d Chancellor downwards, have at one t i m e of their lives been Members of this House — ardent politicians, and sometimes vehement and intemperate politicians. I a m not m a k i n g a charge against one side rather t h a n the other. B u t is has never been alien to our j u d i c i a l system to appoint gentlemen of notoriously strong political opinions to the highest j u d i c i a l o f f i c e . . . I t has often been that distinguished capacity, shown perhaps i n our Party conflicts i n this House more t h a n i n the Courts of Laws, has raised them to their h i g h position 2 8 . Professor L a s k i h a t i n e i n e m A u f s a t z eine Reihe v o n Z a h l e n z u d e n R i c h t e r e r n e n n u n g e n des 19. J a h r h u n d e r t s m i t g e t e i l t . H i e r n a c h w a r e n i n d e r Z e i t v o n 1832 b i s 1906 v o n 139 R i c h t e r n 80 i m Z e i t p u n k t i h r e r E r n e n n u n g M i t g l i e d e r des House of C o m m o n s u n d e l f w e i t e r e h a t t e n 26

Ib., vol. 1, pp. 101 et seq., 410. Zit. nach Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, p. 57. L o r d Chief Justice Goddard erzählt, daß ein f ü r seinen Witz bekannter L o r d Justice auf die Bemerkung dieses Kanzlers „ I suppose X was m y worst appointm e n t " geantwortet haben soll: „Possibly, b u t there are others whose claims should not be overlooked." E i n anderer K r i t i k e r habe seine Überraschung zum Ausdruck gebracht, als L o r d Halsbury L o r d L i n d l e y für die Stelle des Master of the Rolls vorschlug, denn „ L i n d l e y has nothing to recommend h i m except merit." Politics and the B r i t i s h Bench, p. 131. Der neuerdings unternommene Versuch Heustons, Lives . . . , pp. 36 et seq., die Ernennungen Halsburys i n ein güstigeres Licht rücken, ist nicht recht geglückt. 28 Pari. Deb., 4th ser., vol. 160 (1906), col. 405. 27

IV. Auswahlmaßstäbe

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für einen Parlamentssitz kandidiert, davon sechs bei mehr als einer Gelegenheit. 65 °/o der Richter hatten also ausgeprägte politische Uberzeugungen, als sie i n ihr A m t eingeführt wurden. Von den 80 Männern, die über das House of Commons i n ihr A m t gelangt waren, hatten 63 der Regierungs- und 17 der Oppositionspartei angehört, was Anteilen von 79 % und 21 °/o entspricht. Das Durchschnittsalter der Richter, die vom Parlament i n die Gerichte gelangten, lag bezeichnenderweise sechs Jahre unter dem ihrer Kollegen, die allein m i t Rücksicht auf ihren Rang i n der Bar ausgewählt worden waren 2 9 . Hatten die zehn Jahre konservativer Herrschaft unter Salisbury und Balfour von 1895 bis 1905 m i t Lord Halsbury als Lord Chancellor noch einmal ganz i m Gleichgewicht von — wie Salisbury es ausgedrückt hatte — juristischem ö l und politischem Essig gestanden, so brachten die nunmehr einsetzenden zehn Jahre ungeteilter liberaler Herrschaft m i t Campbell—Bannermann (1905—1908) und Asquith (1908—1915) als Premierministern und Lord Loreburn (1905—1912) und Lord Haidane (1912—1915) als Lord Chancellors erstmalig einen deutlichen Ausschlag nach der juristischen Seite. Die Periode kann als Beginn jenes Prozesses angesehen werden, i n dessen Verlauf die englischen Lord Chancellors Einflüsse bei der Ausübung ihrer Ämterpatronage mehr und mehr abstreiften und an dessen Ende jenes klare Primat der fachlichen über den politischen Erwägungen steht, für das das englische Richterauswahlverfahren heute berühmt und Vorbild ist. Loreburn 3 0 war ein unerbittlicher Gegner von politischer Mißwirtschaft bei Ernennungen. Seine klaren Vorstellungen hatten i h n schon bei der Auswahl der Friedensrichter bewogen, sich — soweit i h m hier ein direkter Einfluß möglich war — ausschließlich von fachlichen Gründen leiten lassen, obwohl die Friedensrichterbank ein eindeutiges Ubergewicht von konservativen Richtern aufwies und er von M i t gliedern der eigenen Partei ständig gedrängt wurde, das Mißverhältnis durch verstärkte Berufung von liberalen Mitgliedern auszugleichen. Dem Chief Whip seiner Partei, der sich bei i h m darüber i n einem Brief beschwerte und auf seinen eigenen schweren Stand gegenüber den Parteimitgliedern auf dem Lande hinwies, antwortete er am 4. Dezember 1906: 29 Technique of Judicial Appointment, pp.168—169; siehe auch Gerland, Englische Gerichtsverfassung, 2. Halbband, S. 785 if. 30 Der Lebenslauf Loneburns wies f ü r einen englischen L o r d Chancellor keinerlei Besonderheiten auf: H e r k u n f t aus einer Juristenfamilie, Besuch einer führenden Privatschule, Oxford m i t hervorragendem Abschlußexamen, Student i n einem Inn, langsamer aber stetiger Erfolg an der Bar, Queen's Counsel, Member of Parliament, Solicitor General, Attorney General, L o r d Chancellor.

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Dear M r . Whiteley, I have only just seen your letter to me about Justices of the Peace. I believe you w i s h to be friendly to me and I can only say t h a t i f the L i b e r a l Party i n the Ho. of Commons wants to see done w h a t the complaining members privately asked me do do (viz. to job the Judicial Bench), I do not w i s h any longer to belong to that Party. I w i l l see you whenever y o u like, b u t a l l I can t e l l y o u is that this is an attempt to force upon me w h a t I regard as a prostitution of m y office and that I w i l l resign the Great Seal sooner than do it. Don't you t h i n k i t m i g h t be w o r t h your w h i l e to ascertain the facts before y o u take sides against me? Yours sincerely, Loreburn 81.

Dieselbe Haltung legte er auch bei der Auswahl der höheren Richter an den Tag, obwohl auch hier die Liberalen eine lange Durststrecke hinter sich hatten. Wo Ernennungen i n die Zuständigkeit der Premierminister fielen, machte er seinen Einfluß geltend, daß fähige Richter oder Anwälte befördert wurden. Eine Ernennung Asquith' veranlaßte i h n zu der Bemerkung, daß er froh sei, „there were no damned politics about ihe appointment" 3 2 . Campbell-Bannermann und Asquith, die ihrerseits abgeneigt waren, politische Kompromisse auf die Richterbank zu übertragen, folgten den Vorschlägen Loreburns i m allgemeinen und trugen so gleichfalls zu einem verhältnismäßig hohen Auswahlstandard dieser Epoche bei. Besonders Asquith scheint die neue Auswahlpolitik aktiv mitgefördert zu haben. Selber ein ehemaliger praktizierender Barrister und der einzige, der i n moderner Zeit das A m t des englischen Premierministers bekleidet hat, achtete er darauf, daß sowohl seine wie die Ernennungen seines Lord Chancellor frei von politischen Absichten waren und den ungeteilten Beifall der Fachwelt fanden 8 8 . Die Ernennungen, die i n die alleinige Patronage Loreburns fielen, waren ebenfalls fast alle von hoher Qualität und trugen i h m den Ruf der Unparteilichkeit selbst dort ein, wo er sich politische Absichten noch durchaus hätte leisten können, ohne gleichzeitig eine K r i t i k heraufzubeschwören. Ähnliche Sorgfalt verwendete er auf die Ernennung von Queen's Counsel, wenn i h m seine Gründlichkeit i n dieser Beziehung auch den V o r w u r f eintrug, er ruiniere damit die Praxen der auf eine Entscheidung wartenden Barristers 8 4 . 31

Zit. nach Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, p. 156. Ib., pp. 147, 149—150. 33 Ensor, Courts and Judges, p. 12. 34 Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, pp. 148, 150 et seq. Metropolitan Stipendiary Magistrates, Stipendiary Magistrates u n d Recorders w u r d e n zu dieser Zeit noch auf Vorschlag des Home Secretary be32

IV. Auswahlmaßstäbe

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Haidane, ein ebenso erfolgreicher Richter wie Staatsmann 85 , setzte m i t der Unterstützung Asquith' die Politik Loreburns fort, daß künftige Richter nur an ihrem beruflichen Erfolg und ihrer richterlichen Eignung gemessen werden sollten. Dies vorausgesetzt, erschien i h m politische Betätigung künftiger Richter aber durchaus erstrebenswert, und er wünschte „to record m y strong conviction that, at all events for a judge who is to sit i n the Supreme Tribunals of the Empire, a House of Commons' training is a real advantage. One learns there the nuances of the Constitution, and phases of individual and social political life which are invaluable i n checking the danger of abstractedness i n mental outlook" 3 6 . Von Lord Birkenhead (1919—1922), der 1919 für die konservative Partei und i n dem für einen Lord Chancellor außergewöhnlich jungen Alter von 47 Jahren i n das Koalitionskabinett Lloyd George eintrat und ebenfalls ein glänzender Jurist war, ist bekannt, daß er weiter auf dem Wege voranschritt, den die liberalen Vorkriegsminister Loreburn und Haidane eingeschlagen hatten 3 7 . Seine Ernennungen waren, wie es i n einer Biographie moderner Lord Chancellors heißt, „admirable and entirely unmarked by any undesirable political influence". Er beförderte zum ersten M a l einen County Court Judge i n den High Court und wehrte sich mindestens einmal erfolgreich gegen Lloyd Georges Versuch, die Wahl eines High Court Judge zu beeinflussen. Bei der Ernennung des Lord Chief Justice vermochte er sich allerdings nicht gegen den Premier durchzusetzen 88 . Birkenhead hat 1921 den Wandel selber beschrieben, der sich i n den letzten fünfzehn Jahren durch die Willensstärke und das Verantwortungsgefühl einer rufen, eine unter anderem erst durch 1949 Justices of the Peace Act, ss. 29, 39 zugunsten des L o r d Chancellor geänderte Regelung. Politische Ernennungen dauerten hier deshalb noch etwas länger an als bei den i n die Patronage des L o r d Chancellor fallenden Ämtern. Siehe die Beispiele bei Gerland, Englische Gerichtsverfassung, 2. Halbband, S. 786—787, Fußn. 3. 35 Wie Loreburn w a r er Schotte u n d i n außergewöhnlich jungen Jahren (34; Loreburn: 36) zum Queen's Counsel befördert worden. V o r seiner E r nennung hatte er als Secretary of State for W a r die englische Armee reorganisiert. I m Februar 1912 verhandelte er kurz v o r seiner Übernahme des Großen Siegels m i t Kaiser W i l h e l m II., T i r p i t z und Bethmann H o l l w e g über das deutsch-englische Flottenabkammen. Sein Interesse an Erziehungsfragen brachte i h n später Labour näher, u n d 1924 w u r d e er noch einmal L o r d Chancellor des von den Liberalen unterstützten Minderheitskabinetts MacDonalds. 36 Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, pp. 39, 219. 37 Z u den wenigen Ernennungen der Kriegs-Lord Chancellors Buckmaster (1915—1916) u n d Finlay (1916—1919) s. ib., pp. 274, 340. Siehe auch Times, Sept. 20, 1917, p. 7: „Recent Promotions to the English Bench have met w i t h general approval. I n t w o cases they were made upon grounds of legal attainment. I n a t h i r d case the appointment was political, b u t i t was certainly not successful for that reason." 38 Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, p. 383.

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Reihe starker Lord Chancellors ergeben hatte, und dabei seinen Stolz darüber zum Ausdruck gebracht, daß die Zeiten, i n denen die Lord Chancellors sich bei der Ausübung ihrer Patronage von politischen Motiven hatten leiten lassen, nunmehr endgültig der Vergangenheit angehörten: I n the past, political services have weighed far less w i t h the L o r d Chancellor t h a n common belief has supposed. Of late years, at any rate, appointments to h i g h j u d i c i a l offices, including the appointment of County Court Judges, have been made w i t h o u t any reference to political services ... I t is curious to look at the composition of the Supreme Court as i t now is. Neither the L o r d Chief Justice of England, the Master of the Rolls, nor any one of the five Lords Justices has ever sat i n Parliament. T w o out of the six Chancery Judges have so sat, as have also six out of seventeen of the Puisne Judges of the King's Bench. The President of the Probate, Divorce, and A d m i r a l t y Division has sat i n Parliament. The Puisne Judge of that Division has not. I t is difficult to state the situation as regards the County Court Judges w i t h statistical accuracy, b u t apparently about six out of f i f t y - f o u r have sat i n Parliament. I state these facts not b y w a y of apology, but to demonstrate h o w i l l - i n f o r m e d is any criticism based on the supposition that the L o r d Chancellor's patronage has for many years past been actuated b y any political motives 3 9 .

Auch die Nachfolger Birkenheads hielten sich an die neue Marschroute. A m Ende der zwanziger und zu Beginn der dreißiger Jahre glaubten zwei deutsche Beobachter zwar noch so etwas wie einen politischen Handel bei der Besetzung der englischen Gerichte bemerken zu können. 1928 schrieb Gerland, daß Richter zumeist oder doch mindestens sehr häufig aus parteipolitischen Erwägungen heraus i n ihr A m t berufen würden 4 0 , und Dibelius meinte 1931 i n seinem Englandbuch, daß bei Ernennungen zum Richteramt die Politik wesentlich mitspreche und ein Rechtsanwalt, der i n der liberalen Partei sich hervorgetan habe, wohl keine Aussicht habe, von einer konservativen Regierung zum Richter befördert zu werden 4 1 . Diese Beobachtungen halten aber einer näheren Nachprüfung nicht stand. Cave, der das A m t eines Lord Chancellor der konservativen Regierungen Bonar L a w und Baldwin m i t einer kürzeren Unterbrechung von 1922—1928 innehielt, machte gute Ernennungen, die i h m den Beifall der Richter wie der Anwaltschaft eintrugen, und mußte sich nur wegen einer von zehn Ernennungen zum High Court kritisieren lassen, die sich i m Endergebnis aber auch als eine gute erwies 4 2 . Gleiche Zustimmung fanden die Ernennungen Lord Hailshams, der das A m t von Cave übernahm und bis zum Jahre 1929 sowie von 39 40 41 42

Points of View, pp. 117—118. Beziehungen, S. 42, 65—66. England, Bd. 1, S. 263. Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, pp. 332, 436.

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1935—1937 verwaltete. „ . . . ardent Conservative politician though he was Hailsham was adamant for making judicial appointments purely on merit. His appointments to the county court and magisterial Benches were also judged sound by competent observers 43 ." Ein schönes Beispiel für den Geist der Unabhängigkeit, der sich dam i t unter den Lord Chancellors des 20. Jahrhunderts durchgesetzt hatte, bildet ein Brief, den Hailsham 1933 an seinen Nachfolger Sankey (1929—1935), den ersten Labour Lord Chancellor i n dem Minderheits- und später Koalitionskabinett MacDonalds 44 , schrieb. Sankey hatte eine Puisne Judge Stelle i n der King's Bench Division zu besetzen und sich für Atkinson, ein konservatives Mitglied des House of Commons, entschieden, daneben aber auch den Namen eines anderen Anwaltes, Singleton, i n die engere Wahl gezogen. Atkinsons Ernennung hätte Nachwahlen zur Folge gehabt, und Sankey hielt es deshalb für angebracht, seinen Premierminister und Führer einer Koalition von Labour und Konservativen auf die entsprechende politische Situation hinzuweisen. Ehe er sich zu diesem Schritt entschloß, fragte er jedoch seinen Vorgänger u m Rat. Hailsham versicherte zunächst i n einem Antwortschreiben, daß die beiden von Sankey genannten Kandidaten vollkommen für das A m t geeignet seien und auch nach seiner Meinung zu den ersten gehörten, die sein Nachfolger hätte i n die Wahl ziehen müssen. Er empfahl Sankey auch, den Premier oder den Chief Whip vor der Ernennung Atkinsons auf die entstehende Situation hinzuweisen und nach der Weisheit der Ernennung zu fragen. Zugleich warnte er aber davor, weiter zu gehen und dem Premier zwei Namen, also auch den Singletons, eines Nichtparlamentariers, zu nennen, da der Regierungschef damit praktisch zu einer Wahl zwischen den beiden Kandidaten aufgefordert würde. Zwar handle es sich u m einen besonderen Fall und würde dem Premier klargemacht, daß er nur konsultiert werde, w e i l einer der beiden Kandidaten Mitglied des House of Commons sei. Aber schon die Tatsache, daß der Premier befragt und i h m die Gelegenheit gegeben würde zu entscheiden, daß der andere Mann den Posten bekommen sollte, könnte zu einem unerwünschten Präzedenzfall werden, der dem Premier i n solchen Fällen auch i n Zukunft eine Stimme gäbe. Hailsham 43

Ib., p. 487. Sankey hatte i n jungen Jahren eher der konservativen Partei nahegestanden und, als er 1914 von Haidane zum Puisne Judge gemacht wurde, als ein Beispiel f ü r die neue Sachlichkeit bei der Richterauswahl gegolten. Die Wende i n seinem Leben trat ein, als er 1919 v o n dem Koalitionskabinett L l o y d George zum Vorsitzenden einer Kommission gemacht wurde, die die Lage des Kohlenbergbaus untersuchen sollte. Diese Tätigkeit brachte i h n Labour nahe, u n d 1929 akzeptierte er es, i n das Minderheitskabinett MacDonald einzutreten. 44

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schloß mit den Worten, daß er i m übrigen m i t Sankey v o l l darin übereinstimme, daß „a man ought to be chosen for the judicial bench because he is the best man available and for no other reason" 46 . Von den acht Männern (darunter Atkinson und Singleton), die Lord Sankey i n seiner sechsjährigen Amtszeit i n die King's Bench Division ernannte, wurden später vier zu Lords of Appeal i n Ordinary befördert, einer, Goddard, zum Lord Chief Justice, und ein weiterer, Singleton, zum Lord Justice of Appeal. Auch seine übrigen Ernennungen waren „perfectly satisfactory" 46 . A u f Lord Sankey scheinen auch die heute üblichen Konsultationen von Richtern zurückzugehen 47 . I n jüngster Zeit haben noch einmal zwei weitere Lord Chancellors persönliche Stellungnahmen abgegeben, von welchen Motiven sie sich bei der Auswahl der Richter leiten ließen. Die Äußerungen Lord Jowitts, der das A m t sechs Jahre lang unter der Labour Regierung Attlee bekleidete, sind dabei von besonderem Interesse, w e i l er am Ende seiner Amtszeit auf die außergewöhnlich hohe Zahl von 81 Ernennungen hauptberuflich tätiger ordentlicher Richter zurückblicken konnte. Schon 1947 hatte er vor dem Cleveland Meeting der American Bar Association erklärt: I am able t o t e l l y o u — and no one i n m y country w i l l deny i t a moment — t h a t I have never let political considerations ^ e i g h w i t h me to the slightest degree i n t r y i n g to get the fittest mian 4 8 .

I m Jahre 1953, zwei Jahre nach seinem Ausscheiden, resümierte er dann: I t h i n k I can f a i r l y say t h a t we have established a tradition i n which "politics" and "influences" are n o w completely disregarded. The L o r d Chancellor selects the m a n w h o m he believes to be the best able to f i l l the position. I n m y o w n case I had an unusually large number of appointments, and I can only recall appointing t w o m e n w h o were members of my own party49.

Die letzte Bemerkung Lord Jowitts ist so zu verstehen, daß nur zwei Mitglieder aktiv i m House of Commons oder i n der Organisa45

Zit. bei Heuston, Lives of the L o r d Chancellors, pp. 522—523. Siehe ib., p. 530; siehe auch p. 523. V o n L o r d Sankey selber sind die Worte überliefert, daß die bloße T a t sache, daß ein M a n n Labour, Liberal oder Conservative sei, „neither cause . . . nor obstacle" f ü r eine etwaige Ernennung sei. Times, Nov. 11, 1929, p. 8. 47 Siehe dazu den zeitgenössischen Beitrag v o n Chorley, M i n i s t r y of Justice, p. 559: „ I t is understood that promotion at the present time, i n those cases where i t does not go b y political favour, is largely influenced b y the recommendations of the L a w Lords, and the actual appointment to the Bench often follows consultation by the L o r d Chancellor w i t h other judges. As far as i t is possible t o judge, this system, i f indeed i t has reached that stage, works excellenty, and seems to provide a solution for a real d i f f i culty." 48 33 American Bar Association Journal (1947), p. 1082. 49 Zit. bei Erskinie, Selection of Judges, p. 280. 46

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tion der Labour Party tätig waren und daß die restlichen 79 entweder Mitglieder der konservativen Partei oder unpolitische Männer i n dem Sinne waren, daß sie sich hinsichtlich ihrer politischen Uberzeugungen nicht öffentlich festgelegt hatten. Diese letzte Gruppe stellte zweifellos die Mehrheit der Kandidaten. Zehn Jahre später kam der Lord Chancellor der konservativen Regierungen Macmillan und Douglas Home i n einer Ansprache vor der Juristischen Studiengesellschaft i n Karlsruhe ebenfalls auf sein Recht zur Richterberufung zu sprechen. Er erklärte, daß, würde er nach seiner wichtigsten Lebensaufgabe gefragt, er ohne Zögern die absolute Gewährleistung der richterlichen Unabhängigkeit und die Abwehr aller noch so indirekten Bestrebungen, diese Unabhängigkeit zu unterminieren, nennen würde. Auch er habe sich bei seinen Ernennungen nicht von politischen Gesichtspunkten leiten lassen, was jedoch nicht bedeute, daß i n England ein politisch aktiver Jurist nicht zum Richter berufen werden könne: K e i n L o r d Chancellor der heutigen Zeit w ü r d e sich bei einer Berufung oder Empfehlung v o n politischen Gesichtspunkten leiten lassen, was j e doch nicht bedeutet, daß ein Jurist, der Unterhausabgeordneter ist, nicht z u m Richter berufen werden kann. Die Tätigkeit i m öffentlichen Leben m i t den hiermit verbundenen Erfahrungen sollte vielmehr die Chancen eines Juristen auf eine derartige Berufimg vermehren. K e i n L o r d Chancellor w ü r d e jedoch eine Berufung als Belohnung f ü r politische Leistungen empfehlen 5 0 .

Andere englische Autoritäten haben die Richtigkeit dieser Zeugnisse bestätigt. Lord Chief Justice Goddard erinnerte sich 1959, daß während seiner zwölfjährigen Amtszeit als Lord Chief Justice, von einer Beförderung eines ehemaligen Attorney General zum Lord Justice of Appeal abgesehen, nur ein Parlamentsmitglied zum Richter befördert worden sei, der sich als einer der besten Richter i n einem starken Team herausgestellt habe, und daß insbesondere auch bei der Auswahl der County Court Judges wie der übrigen unteren Berufsrichter politische Absichten völlig ausgeschlossen gewesen seien 51 . Ähnliche Berichte stammen von den früheren oder derzeitigen Permanent Secretaries des Lord Chancellor's Office, Schuster, Napier und Coldstream 52 . Z u diesen Zeugnissen fügt sich auch, daß das englische Richterauswahlverfahren i n der jüngsten Zeit weder Gegenstand einer parlamentarischen Debatte noch einer Anfrage gewesen ist und auch i n der Literatur kaum ernsthaft kritisiert wird. Bei der, soweit ersichtlich, einzigen Ausnahme nach dem zweiten Weltkrieg i m Parlament antwor50

Dilhorne, S t r u k t u r u n d Funktion, S. 386. Politics and the B r i t i s h Bench, pp. 130, 132. 52 Schuster, Office of the L o r d Chancellor, p. 178; Napier, Office of L o r d Chancellor, pp. 88—89; Coldstream, L o r d Chancellor's Office, p. 14. 61

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tete der damalige Premierminister Sir Winston Churchill auf die Frage eines Mr. MacPherson, ob man die alte Praxis, bei Richterernennungen, wenigstens zu einem gewissen Grade auch auf die geleisteten politischen Dienste des Bewerbers zu schauen, nicht wieder aufnehmen könne: I cannot accept the implication i n the hon. Member's Question, so far as I can understand it. I t is, and has long been, the practice to appoint as judges those w h o are held to be best fitted for j u d i c i a l office 5 3 .

Einer besonderen Erwähnung verdient noch das Verhältnis der Kronanwälte zu dem A m t des Lord Chief Justice. Die Kronanwälte sind entschiedene politische Beamte der jeweiligen Regierungspartei, die — der Attorney General stets und der Solicitor General fast stets — i m House of Commons sitzen und unter anderem die Aufgabe haben, Gesetzesentwürfe der Regierung durch das Haus zu schleusen und Fragen zum Recht und seiner Verwaltung zu beantworten. A u f eine von den Tudors begonnene, wenn auch von ihnen noch nicht immer eingehaltene Praxis zurückgehend, war es etwa seit dem Ende des 17. Jahrhunderts zur festen Regel geworden, i n die freigewordene Stelle des Chief Justice am Court of Common Pleas den Attorney General des Tages zu erheben. Dieser hatte geradezu einen Anspruch auf den Sitz. Obgleich für die Chief Justice Stelle am Court of King's Bench nicht von einem gleichen Recht gesprochen wurde, war es auch hier seit der Ernennung Lord Mansfields i m Jahre 1756 üblich geworden, nur Kronanwälte i n dieses A m t einzusetzen 54 . Nach der Verschmelzung beider Gerichte (und des Court of Exchequer) i n der Queen's Bench Division des High Court erklärte der Premier des Tages, Gladstone, daß hinfort Ansprüche auf die Chief Justice Stelle nicht mehr anerkannt würden 5 5 . Tatsächlich wurden aber auch nunmehr nur Kronanwälte i n das nach dem Lord Chancellor höchste Richteramt berufen. 1921 wurde von diesem Grundsatz nur scheinbar abgegangen. Der 78jährige Lord Trevethin wurde zugegebenermaßen nur ernannt, u m das A m t solange zu behalten, bis es der Regierung Lloyd George paßte, den Attorney General Sir Gordon Hewart zu ernennen 56 . Lord Trevethin hielt das A m t einige Monate und wurde i m folgenden Jahr von dem entbehrlich gewordenen Lord Hewart abgelöst, der seinerseits 1940 von Lord Caldecote abgelöst wurde, einem langjährigen Solicitor General und Attorney General, der nur während des zweiten Weltkrieges einige Monate Lord Chancellor gewesen war. 53

Pari. Deb. (Hansard), 5th ser., vol. 536 (1954—1955), col. 902. Eine Ausnahme w a r lediglich L o r d Tenterden, der 1818 v o m Puisne Judge zum Chief Justice ernannt worden war. 55 Siehe Goddard, Politics and the B r i t i s h Bench, p. 130. 54

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Siehe Heuston, Lives of the Lord Chancellors, pp. 56, 343—344.

IV. Auswahlmaßstäbe

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Obwohl die Kronanwälte stets den Reihen der erfolgreicheren A n wälte entnommen wurden und sich als Richter auch — meist 5 7 — bewährten, war ihr „erstes Anrecht" auf dieses hohe Richteramt doch immer als soetwas wie ein Schönheitsfehler erschienen, der sich i n das neue B i l d einer reinen Verdienstauslese nicht recht fügen wollte. Autoren wie Ensor und Laski beklagten so i n den dreißiger Jahren noch m i t allem Nachdruck, daß Anwälte ohne politische Karriere, wie qualifiziert sie i m übrigen auch sein mochten, noch immer von diesem A m t ausgeschlossen waren und daß die Kronanwälte auch bevorzugt i n die Ämter des Master of the Rolls und des President Zugang fanden 5 8 . Es war deshalb eine kleine Sensation, als 1946 unter der Regierung Attlee m i t Lord Goddard erstmalig ein Mann zum Lord Chief Justice gemacht wurde, der weder ein Kronanwalt noch überhaupt ein Parlamentarier, sondern Lord of Appeal i n Ordinary und vorher Puisne Judge und Lord Justice of Appeal gewesen war. M i t seinem Nachfolger, dem derzeitigen, von der Regierung Macmillan berufenen Lord Chief Justice Lord Parker of Waddington, wurde wiederum ein Nichtparlamentarier und Lord Justice of Appeal i n das A m t berufen. Nachdem auch diese Bastion gefallen ist, kann heute für England als sicher gelten, daß selten, wenn überhaupt jemals, Politik so wenig m i t richterlichen Ernennungen zu tun hatte wie i n der Gegenwart. Daß dies nicht gleichbedeutend mit einem Ausschluß politisch aktiver Juristen von der Richterbank ist, ist i n den verschiedentlichen Zitaten der Lord Chancellors bereits angeklungen. Politik stellt nur niemals ein Motiv des Auswählenden dar. Da England hier eine besonders glückliche Synthese der bei oberflächlicher Betrachtung unvereinbaren Postulate nach einer unpolitischen Richterauswahl und einer Heranziehung auch politisch aktiver Personen gefunden hat und auch ihre Praktikabilität auf eindrucksvolle Weise demonstriert, soll zu dem entscheidenden Gedankengang noch einmal Lord Chief Justice Goddard gehört werden: I t is easy and tempting to say that politics should have nothing to do w i t h i t ( = selection of judges), but i f by that is meant that no politician 57 L o r d Hewart g i l t heute aber wegen seiner Launen u n d Parteilichkeiten als der vielleicht schlechteste L o r d Chief Justice seit dem 17. Jahrhundert. Siehe ib., pp. 603—604. Siehe auch Harvey, Advocate's Devil, p. 32: „Here was a m a n marvellously quick-witted, w i t h a superb command of the English language, w i t h a vast knowledge of public affairs and w i t h a flair for advocacy w h i c h had brought h i m to the front rank i n l a w and politics. He lacked only the one quality which should distinguish a judge: that of being judicial. He remained the perpetual advocate. The opening of a case had only to last for five minutes before one could feel — and sometimes actually see — which side he had taken; thereafter the other side had no chance.. 58 Ensor, Courts and Judges, pp.3—4, 11—12; Laski, Technique of Judicial Appointment, p. 169; ders., Judicial Function, p. 125.

128

B. Richteraus wähl England

should be miarie a judge, or that a seat on the bench should never be a reward for political service, a l i t t l e reflection w i l l show that the problem is b y no means as simple as that. I t is h i g h l y desirable there should be lawyers i n P a r l i a m e n t . . . Prominent members of the bar have always gone into Parliament w i t h the legitime ambition of becoming l a w officers or obtaining puisne judgeships. I f they are competent lawyers and show that they have j u d i c i a l temperament, i t w o u l d surely be quite as w r o n g to rule them out merely because they are i n Parliament and support the government as i t w o u l d be to appoint t h e m merely because, w h i l e they were i n Parliament, they could be relied on to vote w i t h their p a r t y 5 0 .

Goddard drückt i m Anschluß sogar sein Bedauern darüber aus, daß moderne Arbeitsbedingungen und möglicherweise die geschwundene Aussicht auf Beförderung zum Puisne Judge Barristers mehr als früher von einer Parlamentskarriere abhielten und daß der Satz nicht mehr gelte, den vor 70 Jahren Lord Herrschell, ein liberaler Lord Chancellor, den jüngeren Mitgliedern der Bar gesagt habe: „As soon as you are making 2.000 pounds a year take silk and go into Parliament 6 0 ." Doch läßt er keinen Zweifel darüber, daß es die juristischen und nicht die politischen Fähigkeiten sind, an denen der zukünftige Richter i n erster Linie gemessen werden muß und daß unter der gegenwärtigen Lage weniger die Qualität der Richterbank als diejenige des Parlamentes zu leiden habe 6 1 . Ruhte die unpolitische Richterauswahl i n England anfangs noch ganz auf dem Willen und der Standfestigkeit einiger einzelner Lord Chancellors, so scheint sie heute durch eine Reihe äußerer Umstände unterstützt zu werden, die sich gleichsam als Nebenprodukte der Anstrengungen dieser wenigen Männer ergeben haben. Man erinnert sich, daß Lord Loreburn und Lord Birkenhead sich Eingriffen von der Seite der Politik noch zu erwehren hatten. Sir Albert Napier bemerkte dagegen i m Jahre 1953, daß Versuche einflußreicher Leute, die Kandidaten eines bestimmten Kandidaten durchzusetzen, nicht vorkämen und, falls sie doch einmal vorkommen sollten, eher das Gegenteil von dem bewirkten, was sie erreichen wollten^ 2 . Lord K i l m u i r hat ein paar Jahre später diese Beobachtung bestätigen können: 59 Politics and the B r i t i s h Bench, pp.129 et seq.; siehe dieselbe Betrachtimgsweise etwa auch bei Birkenhead, Points of View, p. 117; Laski, Technique of Judicial Appointment, p. 170; Schuster, Office of the L o r d Chancellor, p. 178; Coldstream, Judicial Appointments, p. 44. 60 Heute etwa 5000 Pfund. I m m e r h i n stehen die Barristers auch heute noch a n der Spitze aller Berufsgruppen i m House of Commons. Sie stellen 78 der insgesamt 630 Mitglieder (davon offenbar 36 Labour, 40 Conservative, 2 Liberal). Außerdem gehören dem House 31 Solicitors an (18 Labour, 13 Conservative). Times, House of Commons 1966, pp. 232, 242. 61 Nach Who's Who haben von den derzeit amtierenden 341 ordentlichen Richtern 41 oder 1 2 % als Parlamientsangehörige oder Kandidat i m p o l i -

129

IV. Auswahlmaßstäbe

The absence of political pressure upon m y predecessors and myself is one of the most remarkable phenomena of the Government of Great Britain. This b u l w a r k of freedom stands f i r m 6 3 .

Ebenso dürfte auch die Meinung der juristischen Fachwelt, die das gegenwärtige System unpolitischer Ernennungen ohne Einschränkung gutheißt und als einen bedeutenden Sieg feiert, für den Lord Chancellor heute viel schwerer wiegen als noch vor 60 Jahren. E i n L o r d Chancellor, der von der Möglichkeit zu Konsultationen und Absprachen m i t den titulierten Richtern keinen oder nur flüchtigen Gebrauch machte, nachdem seine Vorgänger allen Nutzen daraus gezogen haben, würde heute wahrscheinlich bereits undenkbar sein. Ebenso würde derjenige Mann, der sich zu einer Serie politischer Bevorzugungen bereitfände, von seinen Juristenkollegen an seinen Vorgängern gemessen werden und an sozialer Anerkennung verlieren, was er an politischer gewinnen könnte. I n diesem Sinne w i r d man einer i n England häufig publizierten Ansicht zustimmen können, daß der ständige Kontakt des Lord Chancellor m i t der Richterschaft und der A n w a l t schaft die eigentliche Ursache und das tiefste Geheimnis der verhältnismäßig hohen und gleichmäßigen Auswahlstandards sei 6 4 . I n der Tat tischen Leben gestanden. Das Nähere ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle: Anzahl der amtierenden Richter 37 12 22 92 84 1 1 1 1 1 62 6 2 1 9 9

Metr. Stip. Mag. Stip. Mag. Chairmen Recorders County Ct. Js. Record, o. Lond. Common Serj. Assistant J. L o r d Chief Just. President Puisne Judges A d d i t i o n a l Js. Record., Liv., Man. Master o. t. Rolls Lords Just. O.A. L o r d o.Appeal i. O.

341 02

Politisch aktiv (Prozent)

Cons.

Lib.

Sonstige



— —

Lab.



2 ( 9°/o) 15 (16°/o) 9 (10,7 %)



1 8 4



1 3 1







1 3

3 1









































1 7 (11 °/o) 2 (33°/o) —

1 (11 ®/o) 4 (44%) 41 (12 °/o)

1 2 1

1

der etwa 3 000 000 Negerschüler i n den Südstaaten Schulen, die auch von Weißen besucht wurden. E i n Jahr vorher waren es bloß 6 ®/o gewesen. N e w Y o r k Times, A p r i l 3, 1967, p. 20. 13 71 Stat. 634 (See. 131 (c)); 74 Stat. 86 (See. 601). 14 Siehe Peltason, F i f t y - E i g h t Lonely Men, pp. 251 et seq. u n d die sich m i t dieser K r i t i k auseinandersetzende Abhandlung von Hamilton, Southern Judges, pp. 72 et seq. 15 Das 15. Amendment erklärt unzweideutig, daß kein Staat einer Person das Stimmrecht aus Gründen der Rasse oder Hautfarbe verweigern darf. Tatsächlich haben die Südstaaten aber i m m e r zu verhindern vermocht, daß Neger sich als Wähler registrieren ließen. Der Rechtsweg, obwohl seit l a n gem prinzipiell eröffnet, hat sich i n der Vergangenheit als ungeeignetes K a m p f m i t t e l gegen diese Diskriminierung erwiesen.

284

C. 2. Richterauswahl U S A — U n i o n

d a r s t e l l t e n 1 6 . D e r C i v i l R i g h t s A c t v o n 1964 b e m ü h t e sich, d e m D i l e m m a m i t V o r s c h r i f t e n ü b e r eine D r e i m a n n b e s e t z u n g d e r Gerichte, beschleunigte B e h a n d l u n g v o n Wahlrechtsprozessen u n d E i n s c h r ä n k u n g des Ermessens b e i d e r F e s t s t e l l u n g d e r F ä h i g k e i t , z u lesen u n d z u schreiben, b e i z u k o m m e n 1 7 . O b d a m i t eine V e r s a c h l i c h u n g d e r A t m o sphäre e r z i e l t w u r d e , b l e i b t a b z u w a r t e n . M i t d e n V e r h ä l t n i s s e n V e r t r a u t e h a l t e n a u f l a n g e Sicht noch eine andere R e f o r m f ü r e r f o r d e r lich, w e n n N e g e r n auch i n d e n S ü d s t a a t e n stets v o l l e G e r e c h t i g k e i t w e r d e n soll: T h e answer lies ultimately i n appointing judges w h o w i l l themselves follow the national l a w and compel obedience to i t b y the local comm u n i t y . . . The appointing authorities cannot bargain on district court judgeship i n the South since nothing they get i n r e t u r n can make u p for the problems a recalcitrant judge can create for the government. . . . The administration must refuse to give a southern senator the last w o r d on j u d i c i a l appointments i n his state i f i t is to f u l f i l its obligation to the electorate. Federal judges must be appointed w i t h courage . . . to listen to the Supreme Court and the national voice on c i v i l rights and to ignore the local d i n that w o u l d d r o w n i t out. N o t h i n g less t h a n the integrity of the j u d i c i a l process is at s t a k e 1 8 . 1 9 . D a f ü r , daß U n i o n s r i c h t e r p o l i t i s c h - w e l t a n s c h a u l i c h e n K o n z e p t e n b e i i h r e r S p r u c h t ä t i g k e i t v e r h a f t e t sind, b i l d e t schließlich auch der S u p r e m e C o u r t e i n Beispiel. Das B i l d v o n d e r K o n g r u e n z zwischen d e n p o l i t i s c h e n H o f f n u n g e n d e r P r ä s i d e n t e n u n d d e n tatsächlich z u r Schau g e t r a g e n e n A n s i c h t e n d e r R i c h t e r w i r d z w a r d a d u r c h g e t r ü b t , daß n i c h t a l l e R i c h t e r d e n e i n m a l a n g e n o m m e n e n Ü b e r z e u g u n g e n e i n L e b e n l a n g t r e u g e b l i e b e n s i n d oder daß die P r ä s i d e n t e n sich i n i h r e n U r t e i l e n ü b e r d i e ideologischen A n l a g e n i h r e r K a n d i d a t e n ganz e i n fach g e i r r t haben. So t e i l t e O l i v e r W e n d e i l H o l m e s i n seinem späteren

16

Time, Nov. 6, 1964, p. 44. 78 Stat. 242—243 (See. 101) ( = 42 U. S. C. A . § 1971, c, h). 18 Friedman, Southern Justice, pp. 212—213; ähnlich, jedoch zu den E r folgsaussichten skeptischer, der Beitrag Judicial Performance, i n : 73 Yale L a w Journal (1963—1964), pp. 106 et seq. 19 I n neuerer Zeit ist die Unvoreingenommenheit einiger Unionsrichter noch unter einem anderen Aspekt erörtert worden. Es ist i m m e r wieder Praxis der Präsidenten gewesen, verdiente Beamte des Department of Justice, f ü r die wegen des senatorischen Initiativrechtes andenenortes keine Chance auf eine Ernennung zum Richter bestand, i n die Gerichte des District of Columbia zu befördern. I m Hinblick auf die bürokratische H e r k u n f t dieser Richter ist deshalb gelegentlich der V o r w u r f laut geworden, daß diese Gerichte bei den vor ihnen besonders häufigen Verwaltungsstreitigkeiten f ü r den offiziellen Standpunkt voreingenommen seien. Siehe 77 A R A B A (1952), pp.212—213. A n dieser Stelle w i r d eine Beschwerde eines Senators zitiert, dem eine rechtsuchende Partei erklärt hatte: „ I don't see where I have any chance down there. Each one of the Panel, Circuit Court of Appeals, is an appointee from the Department of Justice, and the Department of Justice was m y opponent i n the case." 17

IV. Unabhängigkeit, Qualität, Ansehen

285

Alter nur noch wenige der konservativen Ansichten, u m deretwillen i h n Präsident Th. Roosevelt i m Jahre 1902 auserlesen hatte, so hatte der von Präsident Wilson ernannte McReynolds von Anfang an keinen Zweifel darüber gelassen, daß er den konservativen Flügel des Gerichtes verstärken wollte, und so war der von Roosevelt ernannte Richter Frankfurter während der fast 25 Jahre, die er dem Gericht angehörte, „einem Persönlichkeitswandel unterworfen, der i h n vom ausgeprägten Liberalen zum nicht selten doktrinären Konservativen werden ließ" 2 0 . Auch gilt für den Supreme Court wie für die übrigen Unionsgerichte, daß die einmal ernannten Richter sich ernsthaft darum bemühen, politischen und weltanschaulichen Bindungen zu entsagen und von einer höheren Warte aus an die unter prozessualem Kleid vor sie gelangenden politischen Tagesfragen heranzutreten. Aus der Biographie Hughes', der durch seine innere Ausgeglichenheit nicht unbeträchtlich zu der Autorität und Stabilität des Supreme Court i n der stürmischen Roosevelt Epoche beigetragen hat 2 1 , ergibt sich beispielsweise, daß er bei seiner ersten Ernennung i m Jahre 1910 und bei seiner Rückkehr i n das Gericht i m Jahre 1930 peinlich darauf achtete, daß er alle politischen Bande durchtrennte und sich auch unterschwelliger Abhängigkeiten entledigte, die i h n bei seiner neuen Tätigkeit hemmen konnten 2 2 . Als er einmal gefragt wurde, ob er sich als Liberalen oder Konservativen ansehe, erklärte er: These labels do not interest m e . . . A judge w h o does his w o r k i n an objective spirit, as a judge should, w i l l address himself conscientiously to each case, and w i l l not trouble himself about labels 2 3 .

M i t diesen Einschränkungen läßt sich aber doch an den Entscheidungen des Gerichts ablesen, daß die meisten Richter einer einmal eingeschlagenen und für ihre Ernennung ursächlichen politisch-weltanschaulichen Linie treu geblieben sind und dabei gelegentlich auch einmal jene Unbefangenheit und Vorurteilslosigkeit haben vermissen lassen, die ihrem A m t angemessen und, wie die Beispiele anderer Richter zei20 Vgl. Frankfurter, Supreme Court, p. 796; Loewenstein, Staatspolitik . . . 1955—1964, S. 82, Fußn. 169. Das Auseinanderklaffen v o n erhoffter u n d tatsächlich praktizierter W e l t anschauung veranlaßte Präsident T r u m a n i m Jahre 1959 zu diesem f r e i mütigen Bekenntnis: „ . . . packing the Supreme Court can't be done, because I ' v e tried i t and i t w o n ' t w o r k . . . Whenever you p u t a m a n on the Supreme Court he ceases to be your friend. I ' m sure of that." Zit. n a d i Abraham, Judicial Process, p. 71. 21 Siehe Pusey, Charles Evans Hughes, vol. 2, pp. 671, 677, 679, 691—693, 731 et seq., 767—768, 771—772. 22 Ernannt, aber noch nicht vereidigt, widerstand er 1910 zum Beispiel dem persönlichen B i t t e n Präsident Tafts, f ü r diesen eine Wahlkampfrede zu halten. Ib., vol. 1, pp. 273—274; siehe auch vol. 2, p. 664.

23

Ib., vol. 2, p. 691.

286

C. 2. Richterauswahl USA — Union

gen, auch erreichbar gewesen wären. Das berühmteste Beispiel hierfür ist der konservative Block des Roosevelt Gerichtes, der i n nur 15 bis 22 % der wichtigsten Prozesse nach 1933 New Deal-freundlich entschieden h a t 2 4 und dem, wie heute als sicher gelten kann, die juristischen Argumente nur als Verkleidung für starre ideologische Uberzeugungen gedient haben. Die andere Seite war m i t New Deal-freundlichen opinions i n 70 bis 7 4 % aller Fälle den eigenen politischen Wünschen nicht weniger verpflichtet, und selbst von so einem bedeutenden Mann wie Brandeis schreibt sein Biograph, daß er „like his conservative colleagues, was inclined by the pressures and drives of his own nature to translate his own economic and social views into the Constitution itself. That Constitution, an embalming fluid of status quo to the conservatives, to h i m was a fiery sword of freedom" 2 5 . Als ausgemacht gilt heute, daß Supreme Court Justices i n der Öffentlichkeit politische Zurückhaltung üben und insbesondere nicht — was i m 19. Jahrhundert noch durchaus üblich war — aktiv für ein anderes nicht richterliches A m t kämpfen 2 6 . Die Rückkehr i n das politische Leben ist aber auf dem Wege des Rücktritts möglich. I m Jahre 1916 unternahm Hughes diesen ungewöhnlichen Schritt. Er resignierte, u m die republikanische Partei, die über der Rivalität zwischen Th. Roosevelt und Taft und der wenig erfolgreichen Präsidentschaft des letzteren führerlos geworden war und zu zerfallen drohte, wieder zu einigen und i n den Präsidentschaftskampf gegen Wilson zu führen. Weniger die Rückkehr i n die Politik als die Tatsache seiner abermaligen Kandidatur für den Supreme Court bildete einen der Gründe, weshalb der Senat seinen Namen i m Jahre 1930 nur zögernd ein zweites Mal bestätigte 27 . Ob der mehrfache Wechsel zwischen Gericht 24

Ferguson & McHenry, American Federal Government, p. 289. Mason, Brandeis, p. 580. Siehe außerdem zu diesem Thema Loewenstein, Verfassungsrecht, S. 402 ff., 425; ders., Staatspolitik 1955—1964, S. 82 ff., 86 ff.; Tresolini, American Constitutional L a w , pp. 18 et seq., 22 et seq., u n d die übereinstimmenden Feststellungen von Frankfurter, Supreme Court, pp. 787—788 u n d Schmidhausen Justices of the Supreme Court, pp.43—44, daß die Supreme Court Richter m i t vorgängiger richterlicher Erfahrung als Produkte der stark politisierten Richterauswahlverfahren f ü r Einzelstaaten- u n d untere Unionsgerichte mehr noch als die übrigen Mühe gehabt hätten, ihre politischen Überzeugungen zu zügeln. 26 Siehe Haynes, Selection and Tenure of Judges, pp. 24—25. 27 Siehe die Proteste v o n Senator Nye, N. Dak., u n d Senator George, Ga., i n Cong. Ree., 71st Cong., 2d sess. (Febr. 13, 1930), pp. 3559—3560; 3585—3586. Gegen politischen Ehrgeiz eines Supreme Court Justice haben sich aber Mitglieder des Gerichts selbst ausgesprochen, so Oliver Wendell Holmes: „ I t h i n k a judge should extinguish such thoughts w h e n he goes on the Bench"; u n d Felix Frankfurter. Siehe Frankfurter, Supreme Court, pp.787 bis 788. 25

IV. Unabhängigkeit, Qualität, Ansehen

287

und Politik i m öffentlichen Interesse liegt, w i r d vielleicht neu erörtert werden, wenn Goldberg, der 1965 — angeblich unter der präsidentiellen Zusicherung, er würde bei einer Vakanz am Supreme Court neu i n Betracht gezogen werden 2 8 — vom Supreme Court i n die Stelle eines Botschafters bei den United Nations überwechselte, tatsächlich neu benannt werden sollte. Geheime politische A k t i v i t ä t haben Supreme Court Justices auch i n diesem Jahrhundert noch entfaltet. Taft versprach und leistete 1924 Coolidge und 1926 Senator McKinley politische Hilfe. Außerdem schrieb er am 5. Juni 1924 an den geschäftsführenden Direktor der New York Times einen privaten Brief, i n dem er vorschlug, daß die Zeitung bei den kommenden Präsidentschaftswahlen Coolidge unterstützen sollte. I n ihren Parteien haben auch Brandeis, Murphy und Vinson erhebliche Einflüsse ausgeübt 29 . Goldberg hat i n innenpolitischen Fragen den Präsidenten Kennedy und Johnson Rat erteilt 3 0 . 2. Qualität Die Unionsrichter sind, wie i n den USA allgemein empfunden w i r d 1 , i m Durchschnitt für i h r A m t besser qualifiziert als die Einzelstaatenrichter. Es gibt hierfür eine Reihe Erklärungen. Das Prüfungsverfahren ist gründlicher. Keineswegs alle Präsidenten und Senatoren üben ihr Patronagerecht vorrangig zu parteipolitischen Zwecken aus, und selbst wenn m i t der Förderung eines bestimmten Mannes eine politische Schuld bezahlt wird, so ist dieser Mann doch gewöhnlich einer von den besseren Aspiranten. Auch ist die Anziehungskraft der lebenslänglichen, m i t beträchtlichem Prestige und bedeutenden Gehältern verbundenen Ämtern so groß, daß sich eine verhältnismäßig große Anzahl erfolgreicher Juristen u m sie bemüht. Diese Männer wiederum haben — zumindest besteht diese Tendenz — auch die einflußreichsten Fürsprecher i n den Parteien. Vielleicht noch häufiger als unter den District Court Judges finden sich unter den Richtern der Courts of Appeals w i r k l i c h erstklassige Juristen, wie es überhaupt diese Gerichte sind, die Sachverständigen vielfach als die besten der gesamten USA gelten 2 . 28

Niew Y o r k Times, March 28, 1967, p. 19. M u r p h y , I n His O w n Image, pp. 190, 192. 30 Beckjord, Judges and Policy Making, p. 834. 1 Siehe etwa Haynes, Selection and Tenure of Judges, p. 19; Sears, A p pointment of Federal District Judges, p. 55; Mayers, American Legal System, pp.397, 401; Bailey, Samuel & Baldwin, Government i n America, p.374; Rosenman, A Better Way to Select Judges, p. 89. 2 Loewenstein, Verfassungsrecht, S. 410; Mayers, American Legal System, p. 401. 29

288

C. 2. Richiterauswahl USA — Union

Vor dem Hintergrund ihrer grundsätzlichen Überlegenheit über die Einzelstaatenrichter sind aber auch die Unionsrichter von jeher auf eine massive K r i t i k gestoßen. Die Gründe hierfür sind ebenfalls offensichtlich. Nicht alle Senatoren sind gleichmäßig darauf bedacht, über ihren politischen Absichten bestimmte qualitative Mindeststandards einzuhalten, und nicht alle Präsidenten gehen so weit oder können es sich leisten, soweit zu gehen, fragwürdige Kandidaten der Senatoren oder der eigenen Wahl zu übergehen oder durchfallen zu lassen. Die Anerkennung des senatorischen Initiativrechts hat dahin geführt, daß die Qualität der District Court Richter von Bezirk zu Bezirk erheblich variiert, je nachdem, wie streng die Maßstäbe der örtlichen politischen Organisationen sind, auf die die für die Ernennung verantwortlichen Kräfte sich verlassen. Das wirkliche, objektive Niveau der Unionsrichter sehen m i t den Verhältnissen vertraute amerikanische Autoren deshalb eher so, wie es i n dem Resümee aus einem Standardwerk zu der Richterauslese der Union zum Ausdruck kommt. Die Tatsache, heißt es hier, daß Senatoren qualifizierte Kandidaten förderten, könne nicht verschleiern, daß das Verfahren typischerweise i n politischen Ernennungen resultiere, oft auch von weniger geeigneten Personen und beschränkt auf die Mitglieder der regierenden Partei. Die Ergebnisse seien i n den Staaten am schlechtesten, i n denen die Parteiführer statt der Senatoren die Wahl diktierten. Für sie seien die Richterpositionen meist Münze (party plums), m i t der die treuesten unter den Anhängern und aktiven Mitgliedern belohnt würden 8 . Obwohl die Anstrengungen der American Bar Association zu einer veränderten Zusammensetzung der Unionsrichterbank geführt haben — der Anteil der Anwälte i n privater Praxis und ehemaligen Richter ist von etwas über 5 0 % am Ende der Truman Regierung auf über 7 5 % angestiegen, während der Anteil der reinen „politician-lawyers" sich entsprechend verringert hat 4 — sind die regionale Richterauswahl (nur 37,6% der 1961 amtierenden Richter hatte eine der bedeutenden L a w Schools besucht gegenüber 6 2 % am Supreme Court 5 ) und die politischen und persönlichen Motivationen bei der Auslese noch immer groß genug, u m eine lückenlose Gruppe v o l l qualifizierter Unionsrichter zu verhindern. Seitdem die American Bar Association i n den Ausleseprozeß auf der Unionsebene eingeschaltet ist, ist es möglich, diese allgemeine K r i t i k etwas näher zu spezifizieren. Nachdem sie i n der ersten Zeit i n ihren Berichten an das Department of Justice nur die Noten „qualifiziert" 3 4 5

Harris, Advice and Consent, pp.323—324. Grossman, Lawyers and Judges, pp. 33, 206. Jacob, Justice i n America, p. 95.

I V . Unabhängigkeit, Qualität, Ansehen

289

u n d „ n i c h t q u a l i f i z i e r t " gegeben h a t t e — i n dieser Z e i t w u r d e n m i n destens f ü n f N a m e n v o m P r ä s i d e n t e n b e i m Senat eingereicht, die als „nicht qualifiziert" beurteilt w o r d e n w a r e n (drei Richter a n District Courts, e i n e r a n e i n e m C o u r t of A p p e a l s u n d e i n e r a m C o u r t o f C l a i m s ) 6 — b e g a n n d i e O r g a n i s a t i o n i m J a n u a r 1958 d i e folgende vierfache N o t e n s k a l a a n z u w e n d e n 7 : Außergewöhnlich qualifiziert U m so eingestuft zu werden, heißt es i n einer späteren Stellungnahme 8 , müsse der Kandidat an der Spitze seines Berufsstandes stehen. Er müsse zu den allerbesten Richtern oder Rechtsanwälten gehören, die f ü r das A m t zur W a h l stünden. E r müsse nicht n u r herausragende juristische Fähigkeiten, einen Schatz an Erfahrung u n d Erfolgen u n d weitreichende Kenntnisse des Unionsgerichtssystems mitbringen, sondern auch jene u n definierbaren Qualitäten des Geistes, der Weisheit, des Intellekts, der Einsicht u n d der Unvoreingenommenheit, die zu einem vollkommenen Richter gehörten. U m so beurteilt zu werden, sollte ein Kandidat gewöhnlich auch die Weite des Blickfeldes u n d der Ansichten haben, w i e sie die Teilnahme an Bürger-, religiösen oder politischen Vereinigungen m i t sich bringe. Gut qualifiziert Diese Beurteilung sei ebenfalls eine sehr gute. Das Komitee gebe sie i m m e r dann, w e n n es, hätte es sich nicht als strenge Regel auferlegt, keine eigenen Kandidaten zu benennen, sondern n u r die i h m v o m Department of Justice vorgelegten Namen zu überprüfen, diese Personen v o r behaltlos u n d m i t Freuden als eigene Bewerber vorgeschlagen u n d gefördert haben würde. Qualifiziert Diese Sparte reiche sehr weit. Unzutreffend wäre es, alle Personen dieser Gruppe als Grenzfälle zur Inkompetenz zu bezeichnen. A l s „ n u r " q u a l i fiziert w ü r d e n beispielsweise auch jüngere Männer eingestuft, die fähig schienen u n d offenbar an der Schwelle zu vielversprechenden Karrieren stünden, bisher aber weder ihre Fähigkeiten zur Schau gestellt noch auch dazu Gelegenheit gehabt hätten. Nicht qualifiziert Diese Einstufung, die n u r nach besonders sorgfältiger Prüfung erfolge, bedeute, daß w e n i g Zweifel darüber bestünden, daß der Kandidat i m Zeitpunkt seiner Ernennung die Mindestvoraussetzungen verfehle, die f ü r das A m t eines Unionsrichters unerläßlich seien. A u s d e r n a c h f o l g e n d e n aus d e n A n n u a l R e p o r t s d e r A m e r i c a n B a r A s s o c i a t i o n z u s a m m e n g e s t e l l t e n Z a h l e n e r g i b t sich, w i e d i e nach 1958 v o n den Präsidenten benannten Richter bewertet w u r d e n :

6 7 8

1

79 A R A B A (1954), pp. 230—231; 80 A R A B A (1955), pp. 245, 247. Vgl. 83 A R A B A (1958), p. 350. Hierzu u n d zu d e m Folgenden 87 A R A B A (1962), pp. 602, 604 et seq.

290

Zeit

Anfang 1958 bis Aug. 1958 Aug. 1958 bis Aug. 1959 Aug. 1959 bis Aug. 1960 Aug. 1960 bis Aug. 1961 Aug. 1961 bis Aug. 1962 Aug. 1962 bis Aug. 1963 Aug. 1963 bis Aug. 1964 Aug. 1964 bis Aug. 1965

C. 2. Richterauswahl USA — Union

Präsident

außerBenennungen gew. o. Recessgut qualiErnenfiziert nungen

gut qualifiziert

Eisenhower

9

4

4

Eisenhower

35

5

16

Eisenhower Eisenhower/ Kennedy

18 3 10

3 3

4 3 5

Kennedy

99

15

45

Kennedy Kennedy/ Johnson

9 5 18

Johnson

17 223 (100%)





6



9 —

8

qualifiziert

nicht qualifiziert 1



14



11







2



8

31 3



1 2

11 —

130 (58,3%)

9 81 (36,3%)



12 (5,4%)

Die American Bar Association hat zugegeben, daß sie sich i n ihren Prognosen gelegentlich geirrt hat, daß also Personen, die als gut qualifiziert beurteilt wurden, sich als Versager auf der Richterbank herausgestellt haben und daß umgekehrt, wenn auch sehr selten, Personen als nicht qualifiziert bezeichnet wurden, die dennoch gute Richter geworden sind 9 . Daß die Noten dieser Organisation aber allgemein gesehen das tatsächliche Niveau der Unionsrichterbank i n etwa widerspiegeln, w i r d man kaum ernsthaft bezweifeln können. Der Befund, daß i n über 4 0 % aller Fälle Männer i n die Unionsgerichte gelangten, die bei Anlegung objektiv sachlicher Maßstäbe i m Zeitpunkt ihrer Auswahl nicht v o l l zufriedenstellten und für die bei dem großen Reservat juristischer Talente i n den USA zweifellos bessere Kandidaten hätten gefunden werden können, bestätigt die i m Schrifttum und i n der Presse immer wieder zum Ausdruck gebrachte Sorge und Gewißheit, daß die Qualität der Unionsrichter unter den Ansprüchen einer mißverstandenen und mißverstehenden Parteipolitik über das vertretbare Maß hinaus leidet. • 90 A R A B A (1965), p. 443. E i n Beispiel, i n dem ein als „außergewöhnlich gut Richter große Schwierigkeiten auf der Richterbank v o n Kennedy ernannten Miss. District Court Judge seiner mehrfach dargelegten, unter den konkreten

qualifiziert" bewerteter hatte, ist der F a l l des Cox. Offenbar i m Zuge Umständen aber unan-

I V . Unabhängigkeit, Qualität, Ansehen

291

O b das N i v e a u d e r U n i o n s r i c h t e r b a n k i n d e r nächsten Z u k u n f t a n gehoben w e r d e n k a n n , i s t u n g e w i ß . D i e P r ä s i d e n t e n s i n d z u sehr v o n d e n S e n a t o r e n a b h ä n g i g u n d selbst z u sehr i h r e n P a r t e i e n v e r p f l i c h tet, als daß m a n v o n i h n e n eine I n i t i a t i v e i n dieser R i c h t u n g e r w a r t e n k ö n n t e . U n w a h r s c h e i n l i c h i s t insbesondere, daß sie d i e i h n e n v e r b l i e benen Privilegien zugunsten v o n Richterbenennungskommissionen i m S i n n e e t w a des M i s s o u r i Planes aus d e r H a n d geben w e r d e n , o b w o h l dies besonders i n j ü n g s t e r Z e i t v e r s t ä r k t g e f o r d e r t w o r d e n i s t 1 0 . U n w a h r s c h e i n l i c h i s t insbesondere auch, daß d e r Senat die i h m v o n d e r V e r f a s s u n g zugedachte u n d ü b e r d e n G r u n d s ä t z e n v o n senatorischem I n i t i a t i v r e c h t u n d senatorischer „ H ö f l i c h k e i t " w i e d e r v e r l o r e n g e g a n gene K o n t r o l l f u n k t i o n ü b e r p r ä s i d e n t i e l l e B e n e n n u n g e n z u r ü c k e r o b e r n w i r d . D e n U m f a n g des V e r l u s t e s m a c h t v i e l l e i c h t nichts d e u t l i c h e r als die Tatsache, daß so g u t w i e a l l e K a n d i d a t e n , die v o n d e r A m e r i c a n B a r A s s o c i a t i o n i n i h r e n R e p o r t s a n das D e p a r t m e n t of J u s t i c e u n d das Senate C o m m i t t e e o n t h e J u d i c i a r y als u n q u a l i f i z i e r t bezeichnet w o r d e n sind, v o n d e m H a u s i n v o l l e r K e n n t n i s d e r E i n w ä n d e anstandslos b e s t ä t i g t w o r d e n s i n d 1 1 . N i c h t m e h r als Z u k u n f t s m u s i k i s t auch gebrachten Politik, die politischen Ansichten der i h m zugeleiteten Namen zu ignorieren, ist dem Komitee die starre u n d voreingenommene H a l t u n g dieses Richters zu der Rassenfrage entgangen. Siehe dazu 73 Yale L a w Journal (1963—1964), pp. 107—108. 10 Siehe Harris, Advice and Consent, p. 324; den i n 35 J. A m . Jud. Soc. (1951), p. 100 abgedruckten Kommentar der Washington Post, die Resolution der American Bar Association i n 83 A R A B A (1958), pp. 183—184 u n d Savage, Justice for a New Era, p. 51. F ü r eine solche Reform haben sich 1965 außerdem eine Reihe Zeitungen, darunter die New Y o r k Times u n d Chicago D a i l y News ausgesprochen. Siehe 49 J. A m . Jud. Soc (1965), p. 124. A m 30. J u n i 1966 brachte außerdem Senator Scott, Pa., eine Gesetzesvorlage zur Errichtung einer „Judicial Service Commission" ein. Siehe Cong. Ree., 89th Cong., 2d sess. (June 30, 1966), p. 14103, 14107. Die Vorlage sieht eine siebenköpfige, v o m Präsidenten m i t Zustimmung des Senats zu ernennende Benennungskommission vor. Mindestens drei Mitglieder müssen A n wälte, mindestens zwei Unionsrichter i m Ruhestand sein. Höchstens vier Mitglieder dürfen derselben Partei angehören. W a n n i m m e r der Präsident v o n den Vorschlägen dieser Kommission abweicht, hat er dies vor dem Senat m i t einer besonderen E r k l ä r u n g zu rechtfertigen. 11 Siehe 83 A R A B A (1958), p. 355; 88 A R A B A (1963), p. 195; 89 A B A B A (1964), p. 483 ; 90 A R A B A (1965), p. 162. I n einem beträchtliches Aufsehen erregenden F a l l ist ein von der American Bar Association für nicht qualifiziert gehaltener Kandidat unlängst aber doch i m Senat gescheitert, w e n n auch i n der Form, daß der Präsident seinen Vorschlag zurückzog. Der F a l l erlaubt einen ungewöhnlichen Einblick i n die Hintergründe einer Unionsrichterernennung. Seit längerer Zeit hatte Morrissey, ein wenig qualifizierter Jurist, der nicht einmal eine anerkannte L a w School besucht hatte, eine District Court Richterstelle i n Massachusetts f ü r sich beansprucht. Er w a r seit langem ergebener Anhänger des Kennedy Clan u n d hatte sich insbesondere dem Vater von John F. Kennedy politisch verpflichtet, daneben aber auch f ü r John F. Kennedy persönlich gekämpft. Präsident Kennedy u n d sein Bruder Robert als Attorney Genierai hatten sich nichtsdestotrotz nicht entschließen können, die Stelle an Morrissey zu 1

292

C. 2. Richterauswahl USA — Union

der vereinzelt vorgebrachte und zweifellos an den Kern des Übels heranrührende Vorschlag, die Richter der Union nicht für bestimmte Gerichte, sondern i n ein nationenweites Richterkorps zu ernennen 12 und m i t der damit gewonnenen größeren Austauschbarkeit und Beweglichkeit des Personals die Einflüsse der lokalen und staatlichen Parteiorganisationen zu schmälern. Eine Reform w i r d deshalb i n nächster Zukunft allenfalls i n der Richtung möglich sein, i n der sich seit einigen Jahren auch die A n strengungen der American Bar Association bewegen. I m Jahre 1961 erklärte das Committee on Federal Judiciary i n seinem jährlichen Rechenschaftsbericht an die Vollversammlung, daß es selber schon fast an den Grenzen seines möglichen Einflusses bei dem Department of Justice angekommen sei. Es bleibe aber eine weitere und kritische Aufgabe, die 1 nun allerdings die einzelstaatlichen und lokalen A n waltsorganisationen ausführen müßten. Dies sei die Aufgabe, die Senatoren, die lokalen Parteiführer und die Repräsentanten dahingehend zu beeinflussen, daß sie nur qualifizierte Namen bei dem Department of Justice einreichten. Zwar würde dies verschiedentlich schon versucht, doch seien diese Organisationen noch nicht einmal an der Oberfläche ihres potentiellen Einflusses auf das Verhalten dieser wichtigen politischen und legislativen Führer bei der Auswahl von voraussichtlichen Richterkandidaten angelangt 13 . Noch i m selben Jahr faßte das Plenum der American Bar Association daraufhin einen Entschluß, indem es sich zur Aufgabe setzte, die örtlichen Anwaltsorganisationen zu Einflußnahmen der geschilderten A r t und zu ähnlich stabiler Zusammenarbeit m i t den maßgeblichen Kräften i n den Einzelstaaten anzuhalten, wie es selbst es bei dem Department of Justice

vergeben. U m ihren Vater nicht vor den K o p f zu stoßen, hatten sie die Stelle aber seit 1961 freigelassen. V o m J u l i 1965 an begann dann Senator E d w a r d Kennedy, Mass., f ü r Morrissey einzutreten, u n d er erreichte auch, daß Präsident Johnson i h n trotz eines negativen Urteils der American Bar Association benannte. I n Verkennung der Ziele u n d Absichten dieser O r ganisation versuchte Morrissey sodann, sich durch ein direktes Schreiben an die American B a r Association zu rechtfertigen. Der I n h a l t des Briefes w a r i m wesentlichen, daß er als ein ergebener Gefolgsmann der Kennedy Familie angesehen werden müsse, der sogar soweit gegangen sei, seinen einen Sohn nach seinem größten Gönner — Joseph P. Kennedy — zu benennen. Dieser Brief erregte ungeheures Aufsehen u n d erlaubte der American B a r Association m i t H i l f e der Presse — die Zeitung Boston Globe erhielt f ü r ihre Kampagne gegen Morrissey den Pulitzer Preis; siehe Times, M a y 4, 1966 —, den Senat unter Druck zu setzen, dessen Widerstreben den Präsidenten schließlich zur Rücknahme des Namens Morrissey bewegte. Siehe W a l l Street Journal, Oct. 21, 1965, p. 1. 12 13

Mayers, American Legal System, p. 400; siehe aber auch schon p. 399.

86 A R A B A (1961), p.513; siehe auch schon 79 A R A B A (1954), pp. 231 bis 232 sowie 87 A R A B A (1962), p. 607.

IV. Unabhängigkeit, Qualität, Ansehen

293

erzwungen hatte 1 4 . Ob und i n welchem Umfang diesen Mühen Erfolg beschieden sein wird, läßt sich derzeit noch nicht absehen 1 5 ' 1 6 . Der Supreme Court fügt sich i n das allgemeine Bild. Es ist sicher, daß er ohne die Leistungen einer Reihe ausgezeichneter und bedeutender Richter nicht die Schlüsselstellung unter den Verfassungsorganen hätte erringen können, die er heute tatsächlich einnimmt. Noch i m 18. Jahrhundert w a r das A m t eines Supreme Court Justice keineswegs besonders gesucht. Zwei berühmte Persönlichkeiten ihrer Zeit, Patrick Henry und Alexander Hamilton, schlugen die erste Chief Justice Stelle aus, und John Ray, der das A m t dann übernahm, gab es noch i n der Meinung wieder auf, daß das Gericht die einzige mißratene Institution des neuen Staates sei und daß das A m t eines Gouverneurs von New York eine größere Aufgabe darstelle 17 . Erst Chief Justice Marshall (1801—1835) wurde für den enormen Einfluß des Gerichts verantwortlich. M i t seinen glänzenden Verfassungsinterpretationen und seiner berühmten Ableitung des richterlichen Prüfungsrechts aus der Normenhierarchie von Verfassung, Unionsrecht und Einzelstaatenrecht — von Loewenstein m i t Recht als „eine rechtsschöpferische Leistung allerersten Ranges" bezeichnet 18 — verhalf er dem neuen Staatsgebilde eines integrierten Bundesstaates erst zu seinem eigentlichen Erfolg 1 9 . Nachfolgende Chief Justice wie Roger B. Taney (1834—1864), Charles E. Hughes (1930—1941) und der derzeitige Chief Justice Earl Warren (seit 1953) haben ähnlich bedeutende Beiträge zur Verfassungsentwicklung ihres Landes geleistet, wie es auch unter den beisitzenden Richtern zu fast allen Zeiten bedeutende Juristen und Charaktere gegeben hat. Weniger dem Zeitgeist verhaftet als die Mehrheit und i n ihren Gedankengängen mutiger und 14

86 A R A B A (1961), pp. 346, 410. Siehe aber Grossman, Lawyers and Judges, pp. 163 et seq.; siehe auch Rosenman, A Better Way, p. 92 m i t Erfahrungen aus N e w York. 16 Wie i n den Einzelstaaten, so ist auch i n der Union die Qualität der Richter nicht n u r v o n den Anstrengungen der Auswählenden abhängig. A n zusätzlichen Reformen werden etwa für nötig gehalten: Schaffung einer Federal Bar, die zugleich Basis f ü r Ernennungen bieten könnte; so Walsh, Federal Judiciary, p. 158; Schaffung besonderer Appellationsgerichte f ü r so spezielle Bereiche w i e Patentrecht oder bestimmte Sparten des V e r w a l tungsrechts; so Mayers, American Legal System, pp. 372, 377—378, 467—468; bereits eingeleitet sind Kurse u n d Seminare zur Einführung u n d F o r t b i l dung von neuernannten Unionsrichtern; siehe Winters & A l l a r d i n : Jones, Courts, Public, L a w Explosion, p. 174; N e w Y o r k Times, Feb. 15, 1967, p. 22. Die Besoldung der Richter w i r d dagegen f ü r ausreichend gehalten, u m genug fähige Bewerber anzulocken. Siehe Walsh, Federal Judiciary, p. 157. 17 Tresolini, American Constitutional L a w , p. 15. 18 Verfassungsrecht, S. 421. 19 Bis heute hat der Supreme Court über 675 Staatengesetze u n d etwa 80 Unionsgesetze f ü r verfassungswidrig erklärt. Vgl. Mayers, American Legal System, pp. 321 et seq. 15

C. 2. Richterauswahl USA — Union

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origineller haben sich die größten Juristenpersönlichkeiten dabei häufig auf der Seite des Minderheitsflügels des Gerichts befunden. Das berühmteste Beispiel ist Oliver Wendell Holmes (1902—1932), der nicht nur als einer der bedeutendsten Richter und Rechtsdenker dieses Jahrhunderts, sondern m i t etwa 70 abweichenden opinions auch als einer der größten Dissenters aller Zeiten i n die Geschichte des Supreme Court eingegangen ist 2 0 . Den Glanz, den Richter wie Holmes auf sich und das Gericht gehäuft haben, haben aber auch am Supreme Court nicht alle Richter erreicht oder, wie amerikanische Autoren es ausdrücken: „Some of the justices have been brilliant, more have been of average ability, and a few have been decidedly mediocre 21 ." Die ausgeklügelten parteipolitischen Überlegungen, die die Präsidenten bei der Auswahl von Supreme Court Justices angestellt haben, sind also auch an diesem Gericht mitunter zu Lasten der Qualität gegangen. Aber die Präsidenten haben nicht nur wegen ihrer Sorge um ideologisch sichere Kandidaten nicht immer erstklassige Richter ernannt. Oft haben sie sich auch von der — auch für untere Richterstellen gültigen — Erkenntnis leiten lassen, daß Richterkandidaten für eine breite Schicht von Interessengruppen akzeptabel sein müssen, wenn sie erfolgreich sein sollen oder doch jedenfalls ein besonderes Aufsehen vermieden werden soll. Sämtliche für die Auswahl verantwortlichen Organe tendieren deshalb dahin, Männer auszuschalten, die Feinde haben und die ihr Temperament und ihre politischen Ansichten zu Vorkämpfern irgend welcher bedeutender Probleme gemacht haben. Die Folge ist eine gewisse Nivellierung der Unionsrichterbank i n dem Sinne, daß mutige und unpopuläre Charaktere nur geringe Aussichten auf eine Ernennung haben. Die Regel tendiert heute i n der sozialen und politischen Umgebung des Südens dahin, Anwälte von Richterämtern auszuschließen, die Gewerkschaften vertreten haben, öffentlich für die Durchsetzung der Bürgerrechte eingetreten sind oder sonst deutlich sichtbar als Liberale aufgetreten sind 2 2 . Für den Supreme Court bildet der Brandeis Fall ein Beispiel dafür, daß ein Mann, der eine führende Rolle i n einer sozialen oder wirtschaftlichen Reformbewegung gespielt, i n kontroversen öffentlichen Fragen einen festen Standpunkt bezogen und sich dabei die Feindschaft mächtiger Gruppen i n der Gesellschaft zugezogen hat, auf starke Opposition stoßen wird. Solch eine Person kann nur unter größten Anstrengungen benannt und bestätigt werden, während ein neutraler Kandidat, der niemals an solchen Macht20

Siehe i m einzelnen die Kurzportraits bei Tresolini, American Constitutional L a w , pp. 746 et seq. 21 Ferguson & McHenry, American Federal Government, p. 295.

,

i

h

, p.

6 .

IV. Unabhängigkeit, Qualität, Ansehen

295

kämpfen teilgenommen oder mächtige Gruppen verletzt hat, gewöhnlich ohne Opposition i m Senat bestätigt w i r d 2 8 . Beide Gründe zusammen sind vielleicht dafür verantwortlich, daß, als Chief Justice Stone i m Juni 1946 starb, i m Supreme Court keine große Richterpersönlichkeit vom Zuschnitt eines Holmes, Brandeis oder Cardozo mehr vertreten war, wenngleich Mitglieder wie Black, Douglas und Frankfurter als Juristen über jede K r i t i k erhaben waren. Vinson als Nachfolger Stones ragte nicht über die Mittelmäßigkeit hinaus, wie überhaupt Präsident Truman m i t seinen Ernennungen eine keineswegs immer glückliche Hand hatte und auch die übrigen i n der jüngsten Zeit ernannten Mitglieder des Gerichts m i t Ausnahme von Chief Justice Warren als ziemlich farblos beurteilt werden 2 4 . 3. Ansehen Das Gerichtssystem der Union, i n der Verfassung noch bloß skelettartig umrissen, hat m i t den Jahren nicht nur eine wichtige Bedeutung i m Leben der amerikanischen Nation erlangt, sondern sich auch trotz aller Schwächen einen guten und soliden Ruf erworben. Sein Abstand von den lokalen Gemeinschaften und sein von Alltagsstreitigkeiten fast ganz befreiter Funktionsbereich tendieren bereits als solche dahin, Respekt zu erheischen, und machen einen direkten Vergleich m i t den Gerichtssystemen der Einzelstaaten unmöglich, aber es ist seit langem anerkannt, daß die Unionsrichter auch als Persönlichkeiten i n der Regel ein höheres Prestige genießen als die Einzelstaatenrichter und dem Lande als so etwas wie eine richterliche Elite gelten. Uber parteipolitische oder weltanschauliche Voreingenommenheit der Richter w i r d gewöhnlich ebenso selten geklagt wie über persönliche Bevorzugungen, zu denen die lebenslang angestellten und hochbesoldeten Unionsrichter allerdings auch wenig Grund haben. Obwohl auch die unteren Richter immer Angehörige einer Partei waren und sich ihren Sitz vor allem durch A k t i v i t ä t i n dieser Partei verdient haben, schein dieser Umstand dem rechtsuchenden Publikum nur selten zum Bewußtsein zu kommen, wenn er i h m nicht sogar ganz unbekannt ist 1 . Gelegentliches Zögern und manchmal sogar blinder Widerstand der Richterschaft gegenüber den unausweichlichen Strömungen der Zeit haben diesem B i l d i m Einzelfall viel, aber pauschal 23

Harris, Advice and Consent, p. 113. F ü r Mayers, American Legal System, p. 402, ist es keine Frage, „ t h a t i t w o u l d have been possible to give due weight to the political role of the Court and yet have found a greater measure of juristic a b i l i t y t h a n has characterized the Court as a whole". 1 Loewenstein, Verfassungsrecht, S. 413—414. 24

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C. 2. Richiterauswahl USA — Union

betrachtet wenig zu schaden vermocht, vielleicht deshalb, w e i l die Gerichte ebenso oft und öfter als einziges Symbol für eine gerechte und leidenschaftslose Justiz gestanden haben, wo regionale oder nationale Leidenschaften die von den politischen Strömungen i n noch stärkerem Maße abhängigen Richterbanken der Einzelstaaten zu korrumpieren drohten 2 . Die besonders i n den District Courts nicht immer zufriedenstellende Qualität der Richter scheint dem allgemeinen günstigen Urteil ebenfalls nicht abträglich zu sein und oft nicht einmal bemerkt zu werden, wobei freilich zu bedenken ist, daß nur wenige Unionsrichter wirklich inkompetent sind und es sich oft nur u m Grade handelt, u m die das Niveau der Richterbank angehoben werden könnte. Das Lob, das die Unionsrichterbank gemeinhin erfährt, und das Vertrauen, das i h r oft ausgesprochen wird, erstrecken sich aber i n gleicher Weise nicht auch auf die derzeitige Methode der Richterauswahl. Das Vertrauen der Öffentlichkeit i n ihre Richter ist also indirekt doch i n Mitleidenschaft gezogen. Gelegentlich w i r d zwar bestritten, daß die Schwächen des Verfahrens, wie sie insbesondere i n der unerläßlichen politischen Dienstzeit vor der Übernahme eines Richteramtes und i n den oft durchsichtigen Motiven für die endgültige Ernennung liegen, das Verhältnis der Öffentlichkeit zu den Gerichten direkt oder indirekt trübten. Grossman sieht darin, daß Unionsrichterstellen oft eine politische Karriere krönen und erhebliche politische Anstrengungen voraussetzen und andererseits m i t einem Prestige und einer Immunität verbunden sind, die sie an die Spitze der Berufshierarchie rückt, sogar ein bemerkenswertes Paradox 3 . Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, daß die enge Verbindung von Politik und Richterauswahl ihren Eindruck auf die Öffentlichkeit, wo immer diese Einblick i n den Auswahlprozeß hat, nicht verfehlt und sich letzten Endes doch schädlich auf das Vertrauen i n die Justiz auswirkt. Sicher ist es etwas überspitzt, wenn die American Bar Association erklärt, daß die Öffentlichkeit, solange das gegenwärtige System fortdauere, den Auswahlvorgang nur m i t Zynismus verfolgen und wenig Respekt für die Unionsgerichte bekunden könne 4 , aber die zahlreichen Leitartikel, die sich vor und nach dem Amtsantritt Präsident Kennedys m i t dem präsidentiellen Ernennungsrecht befaßten, bieten doch einen 2

Vgl. Baldwin, American Judiciary, pp. 383 et seq. Lawyers and Judges, p. 7; siehe auch Jacob, Justice i n America, p. 107: „Despite their political background, American judges do not suffer from the general disapproval accorded politicians. They are respected b y most of the population and possess more prestige than any other public official, save the President." 3

4

86 AR ABA (1961), p. 509; siehe auch 87 AR ABA (1962), p. 608.

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überzeugenden Beweis dafür, daß auch die amerikanische Unionsrichterbank von einer ungeteilten Anerkennung noch ein ganzes Stück entfernt ist: President Kennedy has an opportunity to break w i t h precedent, to p u t an end to delays t h a t handicap justice and to take the judiciary out of the political p l u m category. Here is a challenge w o r t h y the N e w Frontier concept set forth b y the new President. B y subordinating partisan politics M r . Kennedy can strengthen public confidence i n government and improve the quality of justice 5 .

M i t diesen Worten äußerte sich die Zeitung Record, Troy, N.Y., i m Mai 1961. Die Zeitung New York Herald Tribune, eine der Zeitungen, die nach der ersten Flut demokratischer Ernennungen durch den Präsidenten ihre warnende Stimme erhob, schrieb unter dem 11. März 1962 nicht weniger eindringlich: The problem here is one not only of getting good judges, b u t of bolstering public confidence i n the integrity of the bench and the q u a l i t y of justice. Such confidence is undercut b y anything t h a t smacks of distributing judgeships, l i k e postmasters' jobs, as patronage plums to the p a r t y f a i t h f u l 6 .

Während das Verhältnis der breiten amerikanischen Öffentlichkeit zu den Richtern der District Courts und Courts of Appeals wegen der geringen Berührungspunkte über einige allgemeine Kenntnisse und Gefühle nur selten hinausgeht 7 , ist dies anders beim Supreme Court, dessen Schlüsselposition für die Auslegung der Verfassung und damit die Richtung der wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Entwicklung des Landes und der bürgerlichen Freiheitsrechte genau verstanden wird. Die Öffentlichkeit verfolgt deshalb nicht nur alle wichtigen Prozesse, sondern interessiert sich, wozu die stets bekanntgemachten Abstimmungsergebnisse und die laufenden Prozeßberichte i n der Presse sie i n die Lage versetzen, auch für die Richterpersönlichkeiten als solche. Wie weit dieses Interesse geht, ist für den an mehr oder minder anonyme Kollegien gewöhnten Europäer immer wieder ein Gegenstand der Verwunderung 8 . Besonders große Richter werden bereits i n den Schulen besprochen. Während der Jahre i m College b i l den einzelne Supreme Court Justices den Gegenstand von Seminaren 5

Zit. nach 86 A R A B A (1961), p. 510. Sec. 2, p. 3; siehe auch schon N e w Y o r k Times, March 9, 1962, p. 28: „ I t is shocking that President Kennedy should have named to the Federal bench anyone w h o m the B A found to be unqualified to serve — especially i n v i e w of his public pledge that ,only those of unquestioned a b i l i t y w i l l be chosen1. I t is also disconcerting that as many as 23 appointees m i g h t be called borderline cases as to competence." 7 Siehe aber Loewenstein, Verfassungsrecht, S. 399. 8 Selbst i n England gilt der Respekt noch mehr der Institution als der Person des Richters, u n d n u r wenigen Engländern sind etwa die Namen der neun L a w Lords bekannt. Siehe Sampson, Wer regiert England, S. 169. 6

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C. 2. Richterauswahl USA — Union

und Seminararbeiten. Der Supreme Court mit seinen wechselnden Besetzungen bildet den Gegenstand eigener Vorlesungen i n den Law Schools. N u r wenige Supreme Court Justices werden nicht i n Aufsätzen oder Beiträgen i n den juristischen Fachzeitschriften porträtiert, kein Lehrbuch des amerikanischen Verfassungsrechts versäumt es, auf die wichtigsten Werke über bedeutende Supreme Court Justices hinzuweisen, und i n einer neueren Veröffentlichung werden nicht weniger als 134 spezielle Biographien und Autobiographien von Mitgliedern des Gerichts aufgezählt 9 . Der häufig gehörte Hinweis, daß Supreme Court Justices i n ihrem Prestige nur noch von dem Präsidenten übertroffen werden 1 0 , ist unter solchen Umständen vielleicht nicht übertrieben. Aus dem Vorgesagten ergibt sich jedoch, daß es sicher falsch wäre, wenn man die Autorität, die die Supreme Court Justices genießen, und das Interesse, auf das sie stoßen, ausschließlich ihren persönlichen Qualitäten zuschreiben würde. Eher ist es so, daß ein Großteil der Bewunderung und der Neugier dem Supreme Court als solchem gilt, einer Institution also, die seit ihrem Bestehen immerhin über 675 Staaten- und etwa 80 Unionsgesetze für verfassungswidrig erklärt hat und von Radbruch zutreffend als das „mächtigste Gericht des Erdballs" bezeichnet worden ist 1 1 ." Von hier überträgt sich das Interesse dann auch auf die einzelnen Justices, deren Stimme und Einfluß i m Gericht und deren politische oder ideologische Lage von so außerordentlicher Wichtigkeit für die Verfassungsentwicklung des Landes sein können. Aspekte der Ernennung stützen aber dieses Interesse, und die Bemühungen der Präsidenten, bei allen politischen Absichten immer doch auch Männer aus den ersten Reihen der juristischen sowie öffentlichen Welt zu gewinnen, tragen ihren Teil zu dem Prestige des Gerichts bei. Ursächlich für das hohe Ansehen der Richter ist vielleicht auch, daß 9

Abraham, Judicial Process, pp. 341 et seq. Tresolini, American Constitutional L a w , pp. 41—42; Krislov, Supreme Court, p. 1. I n welchem Ansehen das Gericht gehalten w i r d , erhellt vielleicht auch daraus, daß A n w ä l t e f ü r einen Sitz mehrfache Gehälter geopfert haben. Als Hughes unter Präsident T a f t die Stelle eines Associate Justice übernahm, tauschte er ein jährliches Einkommen von über 100 000 Dollar gegen Bezüge i n Höhe v o n 12 500 Dollar ein. Brandeis verdiente m i t über 100 000 Dollar jährlich ebenfalls ein Vielfaches von dem, was er als Richter a m Supreme Court erhielt. Vgl. Pusey, Charles Evans Hughes, pp. 271, 273; Mason, Brandeis, p. 691. Siehe aber auch M u r p h y , I n His O w n Image, p. 170: Ablehnung eines Sitzes durch John W. Davis i m Jahre 1922 auf finanziellen Gründen. 11 Geist des englischen Rechts, S. 29; siehe auch Mayers, American Legal System, pp. 321 et seq. 10

IV. Unabhängigkeit, Qualität, Ansehen

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nur Männer i n vorgerücktem Alter und auf dem Zenit ihres beruflichen Lebens i n das Gericht befördert werden. Supreme Court Richter werden durchschnittlich erst i m Alter von mehr als 50 Jahren ernannt 1 2 . Das Durchschnittsalter des Gerichts hat i n der Roosevelt Epoche bei über 70 Jahren gelegen, und die Altersweisheit eines Oliver Wendeil Holmes oder Brandeis, die dem Gericht bis i n ihr 91. und 84. Lebensjahr angehört haben, ist sprichwörtlich geworden 13 . Man hat auch gemeint, daß der Supreme Court m i t seinen aus den ersten Familien, den besten Schulen und den berühmtesten Universitäten des Landes hervorgegangenen Richtern fast aristokratische Züge trage und für den kleinen Mann anders etwa als das A m t des Präsidenten m i t der Aura des Unerreichbaren umgeben sei 14 . Vertrauensbeweise i n die Unabhängigkeit und Integrität der Supreme Court Justices w i r d man auch i n den USA darin sehen können, daß Richter vom Staat zu besonderen und schwierigen Aufgaben herangezogen werden. Justice Jackson leitete die Pearl Harbor Untersuchung, und der derzeitige Chief Justice Warren leitete die Kommission, die sich m i t den Umständen der Ermordung Präsident Kennedys zu befassen hatte. Wie bei den Untergerichten, so w i r k t sich ein Zuviel an politischen Absichten bei der Auswahl eines neuen Justice jedoch auch am Supreme Court eher negativ auf die richterliche Autorität aus. Würde die amerikanische Öffentlichkeit selbst darauf Einfluß ausüben können, so würden politische Erwägungen bei der Auswahl der Richter wahrscheinlich reduziert sein. I n einer Gallup-Umfrage vom 6. A p r i l 1966 wurde einem Querschnitt der Bevölkerung diese Frage vorgelegt: „Political considerations as w e l l as ability enter into the selection of United States Supreme Court Justices and other federal judges. To reduce political factors, i t has been suggested that the American Bar Association draw up a list of candidates that they approve and let the President choose one of these. Does this sound like a good idea or a poor idea to you?" 61 % der Befragten hielten die Idee für gut, 22'% für schlecht, und 17 °/o hatten keine Meinung 1 5 . Auch wenn man die etwas suggestive Fragestellung berücksichtigt, ist dies noch ein aufschlußreiches Ergebnis. 12 Ferguson & McHenry, American Federal Government, p. 295; siehe auch Jacob, Justice i n America, p. 96. 13 Das Fehlen von Altersgrenzen hat andererseits aber auch immer Probleme geschaffen. Vgl. zu den M ü h e n Tafts m i t einem überalterten u n d rücktrittsunwilligen Gericht Pringle, Life and Times of W. H. Taft, vol. 1, pp. 529 et seq.; zu den näheren Umständen des Rücktritts Holmes* Pusey, Charles Evans Hughes, vol. 2, pp. 680 et seq. Roosevelts Schwierigkeiten r ü h r t e n ebenfalls zum T e i l aus der Ü b e r a l t e r u n g des Gerichts her. 14 Schmidhausen Justices of the Supreme Court, pp. 4—5. 15 50 Judicature (1966), p. 33.

D. Schlußbetrachtung England und die Vereinigten Staaten bilden, wie die vorstehende Untersuchung gezeigt hat, nicht nur plastische Anschauungsobjekte für das Abhängigkeitsverhältnis, das zwischen dem angewandten Richterauswahlverfahren und dem Standard der Rechtspflege eines Landes besteht, das Beispiel dieser Länder demonstriert auch, daß es gute und weniger gute Auswahltechniken gibt und daß Gedanken an eine Perfektionierung des Auswahlprozesses ebenso realistisch wie Anstrengungen i n dieser Richtung lohnend sind. Akzeptiert man den Satz, daß dasjenige Verfahren das erfolgreichste ist, das auf der Seite der Richterbank ein Höchstmaß an Sachverstand und Unvoreingenommenheit hervorbringt und auf der Seite der Gemeinschaft ein Höchstmaß an Anerkennung für die Justiz, so ist der Schluß unausweichlich, daß i n den beiden angelsächsischen Ländern nur das englische Modell diesem Ziele nahekommt, wenn auch nur für die verhältnismäßig kleine Gruppe seiner Berufsrichter und auch hier nur m i t gewissen Einschränkungen 1 . I n den Vereinigten Staaten weisen bestimmte Unionsgerichte wie die Courts of Appeals und der Supreme Court und selbst einige höhere Einzelstaatengerichte zwar ebenfalls einen hohen Prozentsatz sehr guter Richter auf, wie überhaupt kein Auswahltypus nur mittelmäßige oder gar schlechte Richter hervorbringt, aber es w i r d hier doch niemals die gleiche Geschlossenheit richterlichen Könnens und richterlicher Autorität erreicht, wie sie England besitzt. Ist es somit England, von woher der deutsche Beobachter an erster Stelle brauchbare Einsichten für Reformen i m eigenen Land erwarten kann, so erscheint es nützlich, abschließend die Gründe für das günstige Abschneiden des englischen Modells noch einmal etwas genauer zu untersuchen. Der Vergleich m i t den USA macht dabei deutlich, daß sie dreifacher A r t sind und i n einer klaren Zielsetzung des Richterauswahlverfahrens, einer günstigen technischen Ausgestaltung des Verfahrens und einer hohen Moralität bei dem Gebrauch des Verfahrens bestehen. Für die klare Zielsetzung des englischen Richterauswahlverfahrens, d. h. seine Ausrichtung auf das Herausfinden der fachlich und charak1 Z u diesen Einschränkungen siehe oben S. 90, 94, 95, 140—143, 156, 157 u n d Fußnoten.

D. Schlußbetrachtung terlich geeignetsten Kandidaten, ist verantwortlich, daß die richterliche Tätigkeit i n England wie selbstverständlich als eine dem politischen Geschehen nicht zugehörige und deshalb auch dessen Spielregeln nicht unterworfene Funktion verstanden wird. Rechtsprechung gilt als richtige Anwendung des Rechts, und von den Richtern w i r d nicht mehr, aber auch nicht weniger verlangt, als daß sie für eben diese Aufgabe hervorragend qualifiziert sind. Die Richter müssen integer, verständig, m i t dem Recht und seiner Methodik vertraut und m i t der sozialen und durchaus auch m i t der politischen Wirklichkeit bekannt sein, aber sie brauchen keine aktiven Politiker zu sein und das eine oder andere politische Weltbild zu besitzen. Man sieht die Leistungsfähigkeit der Justiz am besten dadurch gewahrt, daß eine völlige Trennung zu der Politik hergestellt ist. Charakteristisch sind diese Worte des früheren Lord Chancellor K i l m u i r i n einer Ansprache aus dem Jahre 1959 über „Individual Freedom under an Unwritten Constitution": O n the j u d i c i a l front . . . I t h i n k that i n d i v i d u a l freedom is i n a period of relative safety, b u t I become more and more certain that the maintenance of t h a t freedom depends i n the last resort on these t w o basic factors: first, the complete independence of the judge f r o m politics, and second, the continuation of appointing to the bench only those men who, for their qualities of integrity, learning and courage, stand i n the v e r y forefront of the legal profession 2 .

So sehr scheint dieses Verständnis des richterlichen Wirkens als eines unpolitischen i n das englische Bewußtsein eingeschrieben zu sein, daß selbst zu einer Zeit, da politische Konformität m i t der Regierung noch ein Muß für den erfolgreichen Richterkandidaten war, keine maßgebliche Stimme laut geworden ist, die diese Praxis aus dem Wesen des Richtens heraus zu rechtfertigen gesucht hätte. Die Überzeugung, daß richterliche Tätigkeit m i t der Ausübung der übrigen Staatsgewalt nicht gleichgesetzt werden kann und ihren besonderen Gesetzen nicht angepaßt zu werden braucht, hat i n England zu einer unbefangenen Betrachtung und Würdigung des i n Jahrhunderten entstandenen Richterauswahlverfahrens geführt, den Blick für dessen Brauchbarkeit geschärft und dem Land trotz solcher Belastungen wie 80 Jahren Stuart Justiz, doppelt so langer Herrschaft der politischen Parteien und vorübergehender Unaufgeschlossenheit der Richter gegenüber den Tendenzen des modernen Massen- und Sozialstaates den Übergang zu einem anderen, mutmaßlich noch weniger erfolgreichen Verfahren erspart. Ganz anders ist die Entwicklung i n den Vereinigten Staaten verlaufen. Auch hier wurde und w i r d angestrebt, daß Richter möglichst p. 4 .

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D. Schlußbetrachtung

unabhängig, möglichst fähig und möglichst angesehen sind. Richterämter sind daneben aber immer wieder auch als politische Ämter und Richter als „policy makers" deklariert worden. Wenn Richter i n der Lage seien, so folgenreiche Entscheidungen wie Marbury v. Madison oder i n neuerer Zeit Brown v. Board of Education zu treffen 3 , die der gesamten Verfassungsentwicklung der Nation eine neue Richtung gegeben hätten und von der Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung i m Zeitpunkt ihres Erlasses wahrscheinlich nicht gebilligt worden seien — so w i r d argumentiert —, dann seien sie i m Grunde Politiker und nicht, wie eine mechanistische Lehre vom Richterspruch annehme, Interpreten einer vorgegebenen, durch Gesetze, Rechtstradition und allgemeines Rechtsempfinden umrissenen Rechtsordnung. Richter hätten eigentlich immer, wie die amerikanische Geschichte zeige, i n den politischen Prozeß eingegriffen und auch ihre persönlichen und politischen Ansichten i n ihre Urteile einfließen lassen und würden dies mutmaßlich auch i n Zukunft tun. Von den politischen Organen des Staates unterschieden sie sich letztlich nur aus solchen Gründen wie dem, daß sie nicht aus eigener Initiative tätig werden könnten, sondern warten müßten, bis eine zu entscheidende Frage i n Gestalt eines Prozesses auf sie zukomme, und dem, daß sie bei ihren Beiträgen zu der allgemeinen staatlichen und rechtlichen Entwicklung an bestimmte prozessuale Verfahrensformen gebunden seien 4 . Würden aber, so w i r d weiter gefolgert, die Richter der Sache nach politische Entscheidungen treffen und sich nach ihrer Arbeit von der Tätigkeit des Gesetzgebers mehr quantitativ, d.h. durch die geringere Zahl der von ihnen getroffenen politischen Entscheidungen, als qualitativ unterscheiden, dann sei es eine vordringliche Aufgbe, sie auf die i m Staat wirkenden politischen Kräfte abzustimmen. Dies wiederum könne nur geschehen, indem den politischen Parteien als den Vorformern des Volkswillens und den Regierungen als den Exponenten des Volkswillens gestattet werde, Richter „ihrer" politischen Richtung zu berufen. Die folgenden, i n dieser Offenheit nur selten gehörten, als Symptom für ein weitverbreitetes unterschwelliges Gefühl aber durchaus charakteristischen Sätze zweier Professoren der University of Utah lassen den beschriebenen Gedankengang noch deutlicher werden: The political scientist's conviction (is) that the j u d i c i a l function is necessarüy political, and that parties are essential to democratic government. 3

Siehe oben S. 174, Fußn. 29 u n d S. 281, Fußn. 6. M i t dem Gehalt der richterlichen Tätigkeit befassen sich neuerdings Peltason, Federal Courts, pp. 3 et seq.; Grossman, Lawyers and Judges, pp.8 et seq.; Roche, Courts and Rights, pp.26 et seq., 53—54, 122—123; Jacob, Justice i n America, pp.3 et seq., 9 et seq.; 25 et seq., 31 et seq. Speziell zum Supreme Court Frankfurter, Supreme Court and the Public, pp. 330 et seq. 4

D. Schlußbetrachtung I f this is true, judges should be chosen i n a partisan manner. The traditional methods of executive appointment and partisan election meet this test 5 .

I n der Hechtswissenschaft hat diese Ansicht sicher immer nur eine verschwindende Minderheit vertreten. Aber i m praktischen und politischen Leben hat spätestens seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts, als die Einzelstaaten i n Reaktion gegen eine bis dahin noch weitgehend aristokratische Herrschaft alle öffentlichen Ämter wählbar machten und dabei auch die Richterstellen nicht aussparten, eine große Mehrheit diese Ansicht geteilt. Heute ist sie außer i n der politischen Praxis vor allem bei einigen politischen Wissenschaftlern anzutreffen. I n Verbindung m i t rein parteipolitisch motiviertem Widerstand hat sich diese Theorie als eine sehr starke Gegenkraft gegen jede A r t gerichtsverfassungsrechtlicher Reform erwiesen, sofern diese den vorhandenen Schwächen der benutzten Verfahren entgegentreten wollten. Nur m i t der Deutung des richterlichen Wirkens als eines politischen ist letzten Endes zu erklären, weshalb die Volkswahl, deren Mängel längst erwiesen sind, noch heute als das demokratischste aller Richterauswahlverfahren verteidigt w i r d und immer wieder zu hören ist, daß die Richter „close to the people" gehalten werden müßten 6 . Nur so ist verständlich, weshalb noch so häufig an den kurzen Amtsperioden festgehalten wird, obwohl diese die Unabhängigkeit der sich auf eine längere Richterlaufbahn einrichtenden Anwälte i n erhebliche 5

W o r m u t h & Rich, Politics, Bar, Selection of Judges, p. 459; siehe auch pp. 461 et seq. Ähnliche Schlußfolgerungen bei Anderson, Reorganizing Minnesota's Judiciary, pp.393—394; Davis, Judicial Selection, pp.25—26; Nagel, Political Party Affiliation, p. 850; Grossman, Lawyers and Judges, pp.218—219, 221; Jacob, Justice i n America, p. 205. A u f den Supreme Court beschränkt u n d i m einzelnen weniger kategorisch Harris, Advice and Consent, pp. 313 et seq.; Frankfurter, Supreme Court and the Public, p. 334; Cole, Role of the Senate, pp.892—893; Mayers, American Legal System, p.402. Die „Richter-Politiker"-Theorie hat i n diesem Jahrhundert vor allem dadurch neuen A u f t r i e b erhalten, daß auf dem Gebiet der Rechtsphilosophie die rechtssoziologische Schule Holmes' u n d Pounds die bis dahin akzeptierte naturrechtlich-analytische Schule verdrängt hat. Z u diesem Prozeß Commager, American M i n d , chs. 17—18; M u r p h y & Pritchett, Courts, Judges, and Politics, pp. 3 et seq. Sowohl Holmes w i e Pound hatten sich aber noch davor gehütet, von der Notwendigkeit einer auch auf die soziologischen, wirtschaftlichen u n d politischen Gegebenheiten achtenden Gesetzes- u n d Rechtsinterpretation u n d der Notwendigkeit entsprechend universell gebildeter Richter auch auf die Notwendigkeit einer politisierten Richterauswahl zu schließen. 6 Dies sei ein demokratisches Land, heißt es bei Moran, Counter-„Missouri Plan", pp. 474—475. Die B i l l of Rights erkläre, daß alle Macht bei dem V o l k liege. Als ein Liberaler wolle er das Recht des Volkes i n dieser Beziehung nicht usurpieren. Eine Verfassungsänderung i m Sinne des M i s souri Planes w ü r d e verfassungsgemäß i m technischen Sinn, aber nicht i m moralischen Sinn sein. „ I n a democracy, the people have no r i g h t to vote away their b i r t h r i g h t and still be called a democracy."

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D. Schlußbetrachtung

G e f a h r b r i n g e n 7 . N u r so w i r d m a n v e r s t e h e n k ö n n e n , w e s h a l b selbst so f o r t s c h r i t t l i c h e R e f o r m e r w i e die A n h ä n g e r des M i s s o u r i Planes m i t d e n periodischen B e s t ä t i g u n g s w a h l e n eine d e m o k r a t i s c h e K l a u s e l i n i h r S y s t e m g l a u b t e n e i n b a u e n z u m ü s s e n 8 . U n d n u r so i s t schließlich auch v e r s t ä n d l i c h , w e s h a l b d e r A n t e i l der P a r t e i p o l i t i k a n d e r A u s w a h l der E i n z e l s t a a t e n r i c h t e r u n d d e r U n i o n s r i c h t e r so a u ß e r g e w ö h n l i c h groß ist u n d t r o t z des d a m i t v e r k n ü p f t e n V e r z i c h t s e i n e r H e r a n z i e h u n g d e r j u r i s t i s c h e n E l i t e des L a n d e s z u Rechtsprechungsgeschäft e n v i e l f a c h als eine S e l b s t v e r s t ä n d l i c h k e i t h i n g e n o m m e n w i r d . Das F e s t h a l t e n a n ungeschickten A u s w a h l t e c h n i k e n u n d d i e H i n n a h m e des

7 Die gewählte J u d i k a t u r i n den Einzelstaaten, welche Nachteile sie auch habe, besitze wenigstens den Vorteil, daß ein Mann, der sage, was das Recht bedeute, seine A r b e i t vor dem V o l k verantworten müsse, genau w i e der Gesetzgeber u n d der M a n n der Verwaltung, erklärte i m Jahre 1930 Senator D i l l , Wash., v o r dem Kongreß. Er sei der D o k t r i n einer sakrosankten J u d i k a t u r überdrüssig. Richter seien Menschen w i e andere Menschen auch, u n d da sie ihre politischen Ansichten i n ihre Urteile einfließen ließen, könne er sie nicht als abseits von den übrigen öffentlichen Amtsträgern stehend ansehen. Cong. Ree., 71st Cong., 2d sess. (Febr. 12, 1930), p. 3500. 8 Die Bestätigungswahl w i r d üblicherweise so begründet: „Retention of judges for life d u r i n g good behaviour . . . is open to the criticism that i t tends to produce a j u d i c i a l autocracy over which effective control is d i f ficult. The unethical or incompetent judge is frozen into office as w e l l as the good o n e . . . The underlying purpose of the periodic merit retention provision is to reserve to the people a veto on judicial candidates, a privilege w h i c h is t h w a r t e d under appointment-for-life-tenure. The public is rarely i n a position to k n o w i n advance how good a j u d i c i a l candidate is, but i f his record as a judge is outstandingly poor, the voters can ascertain the facts, and i n the m e r i t retention they have a means of removing him." Winters & A l l a r d i n : Jones, Courts, Public, L a w Explosion, pp.162, 164. O b w o h l m a n das Wahlelement hiernach auch als eine A r t Disziplinarbefugnis ansehen kann, ist wahrscheinlicher, daß i n der Begründung die Ansicht nachklingt, daß richterliche Tätigkeit letzten Endes doch eine solche ist, f ü r die das Plebiszit die einzig mögliche F o r m der K o n t r o l l e darstellt. Verschiedentlich ist auch gemeint worden, das Element sei „ a sop to those w h o s t i l l have the false notion that there is something undemocratic i n a non-elective process". Rosenman, A Better Way, p. 90; ähnlich Vanderbilt, M i n i m u m Standards, p. x x i v . F ü r die Anhänger eines politisierten Richterauswahlverfahrens ist das demokratische Element des Planes freilich v ö l l i g unzureichend, w e i l es den Wählern n u r die W a h l zwischen einem konkreten Vorschlag („Shall Judge . . . be retained i n office?") u n d einer Alternative beläßt, die sie nicht k o n trollieren können. Siehe besonders W o r m u t h & Rich, Politics, Bar, Selection of Judges, pp. 463—464, die pathetisch von „the most familiar window-dressing of despotism" sprechen. Bisher hat sich gezeigt, daß die Klausel wieder eine echte demokratische noch eine echte disziplinarische Hürde darstellt. Die Wähler verhalten sich bei den Bestätigungswahlen noch apathischer als bei den früheren p o l i tischen, u n d Richter, die den Minderheitsparteien angehörten, sind ebenso w i e Richter, die nachweislich schlecht .arbeiteten (hier aber m i t einer A u s nahme), m i t großer Mehrheit i n i h r e m A m t bestätigt worden. Siehe Moran, Counter-„Missouri Plan", p.474; 50 Judicature (1966), p. 115.

D. Schlußbetrachtung großen Einflusses der Politik und der Parteien auf die Richterauslese, die, wie unschwer zu erkennen ist, die Hauptgründe für das durchweg mäßige, wenn i m einzelnen auch sehr unterschiedliche Abschneiden der amerikanischen Gerichtsbarkeiten und für das auffällig langsame Voranschreiten von Reformen darstellen, sind m i t anderen Worten nicht bloß das Ergebnis eines Sieges der Parteien bei dem Kampf um neue Machtpositionen oder Beweis für eine weitreichende innerstaatliche Korruption, sondern daneben auch Ausdruck eines eigenen Verständnisses von dem Gehalt der richterlichen Funktion. Der zweite wichtige Grund für den Erfolg des englischen Richterauswahlverfahrens liegt i n seiner günstigen Konstruktion. Als vorteilhaft erweisen sich der Verfahrenstypus sowie der besondere Charakter des Berufungsorganes und eine Reihe örtlich und geschichtlich bedingter Besonderheiten der englischen Gerichtsverfassung. Das englische Verfahren ist ein ungehemmtes Exekutivverfahren und vermeidet damit alle Schwächen, die dem Volkswahlverfahren, dem Legislativverfahren und selbst noch dem gehemmten Exekutivverfahren zu eigen sind. Für die Volkswahl läßt sich überhaupt nichts ins Feld führen, w e i l die Qualifikationen für das Richteramt nicht so beschaffen sind, daß eine undifferenzierte Öffentlichkeit sie richtig beurteilen könnte. Wenn sie über Kandidaten für ein A m t der Exekutive oder der Legislative entscheidet, dann w i r d von der Wählerschaft erwartet, daß sie über die Einstellung der Bewerber zu bestimmten politischen Sachverhalten und Problemen urteilt und die individuellen Persönlichkeiten zu einem gewissen Grade ignoriert. Richterkandidaten sehen ihre Aufgabe jedoch nicht darin, politische Positionen zu beziehen oder politische Kämpfe auszutragen. Sie müssen, wie selbst die Anhänger von der These der richterlichen Funktion als einer politischen annehmen, i n erster Linie auf der Grundlage persönlicher Charakteristiken wie juristischen Könnens, richterlichen Temperamentes, Blickes für das Wesentliche, ausgeglichenen Gemütes und ähnlicher Qualitäten beurteilt werden. Diese Kriterien können bestenfalls einigen wenigen bekannt sein. Die besondere Abhängigkeit dieses Verfahrens von der Mitarbeit der politischen Parteien hat weitere beträchtliche Nachteile, w e i l sie die Vorauslese der Richter i n die Hände von Gruppen legt, die — wie die Erfahrung lehrt 9 — für ihre wichtige Aufgabe weder die nötigen Voraussetzungen noch auch die Unvoreingenommenheit mitbringen, die der Suche angemessen wären 1 0 . 9 Auch die Verfechter einer politisierten Richterauswahl geben Fehlleistungen der Parteien zu, erklären aber gleichzeitig, daß dies k e i n E i n w a n d gegen den grundsätzlichen u n d theoretischen Anspruch der Parteien auf Mitarbeit sei. Anderson, Reorganizing Minnesota's Judiciary, p. 391; W o r m u t h & Rieh, Politics, Bar, Selection of Judges, p. 463. 10 Die Mängel der V o l k s w a h l sind so evident, daß zu Recht gefragt w o r -

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D. Schlußbetrachtung

Die Legislativwahl der Richter begegnet nicht den gleichen Bedenken wie die Volkswahl, aber sie ist noch immer ein nicht empfehlenswertes System. Die Anzahl der Männer, die i n einem Parlament zur Beurteilung von Richterkandidaten w i r k l i c h befähigt sind, ist immer klein, und die meisten Parlamentarier lassen sich bei ihrer Stimmabgabe von denselben politischen Erwägungen leiten wie die Wähler bei der Volkswahl. Die Wahl w i r d aller Voraussicht nach auf einen Angehörigen der stärksten Partei des Hauses fallen, dessen Persönlichkeit i n der Vergangenheit nicht so profiliert gewesen sein darf, daß sie eine einflußreiche Gruppe von Parlamentariern verletzt hat. Für die Auswahl eines Mitgliedes der Gegenpartei oder eines Außenseiters gelten dieselben Regeln. Die Wahl resultiert m i t aller Wahrscheinlichkeit nicht i n der Berufung des Besten, sondern des „Besterhältlichen". Die Legislativwahl hat i n den USA wegen ihrer Anfälligkeit gegen sachfremde parteipolitische Einflüsse, so erinnert man sich, den Ubergang vieler Einzelstaaten zur Volkswahl erst begünstigt. K a u m ein Staat ist nach den Mißerfolgen unter der Volkswahl zu i h r zurückgekehrt. Kein neuer Staat hat sie akzeptiert. Das englische Modell vermeidet aber nicht nur das Legislativverfahren als solches, sondern läßt dem Parlament auch nicht die Rolle eines Bestätigungsorganes zukommen. Die Erfahrungen, die i n den USA m i t dem Parlament als Kontrollinstanz auf der Staaten- wie auf der Unionsebene gemacht wurden, sind nirgends zufriedenstellend gewesen. Das United States Senate Committee on the Judiciary, obwohl traditionell m i t Juristen besetzt, hat sich den politischen Ansprüchen der einzelnen Senatoren seit jeher aufgeschlossener gezeigt als den fachlichen Ansprüchen i n Gestalt der Wünsche der Präsidenten oder der American Bar Association. Der Senat und die Staatenparlamente haben zwar gelegentlich inkompetente Bewerber der Regierungschefs ausgeschieden, doch haben sie bei dieser Kontrolle noch öfter versagt und umgekehrt für Personen m i t hohen richterlichen Begabungen eine unüberwindbare politische Hürde dargestellt. Das englische Verfahren repräsentiert als Exekutivverfahren m i t h i n genau den Typ, der auch i n den Vereinigten Staaten zu den relativ den ist, welches die gewichtigeren Gründe f ü r den Wechsel zu diesem System i n den amerikanischen Einzelstaaten waren, theoretische Erwägungen, w i e sie vor allem i n neuerer Zeit zur Rechtfertigung der Volkswahl angestellt werden, oder ein bloßer Enthusiasmus f ü r die demokratische Regierungsform, der die dritte Gewalt gleichsam n u r versehentlich u n d w i e am Rande miterfaßte. F ü r Haynes, Selection and Tenure, pp. 100—101 ist es „reasonable to say that the fundamental causes of that change had very l i t t l e to do w i t h the relative merits of this or t h a t system of j u d i c i a l selection and tenure, b u t were rather the ideas and impulses of a violent swing toward the democratization of government generally." Dieselbe A n sicht bei Rosenman, A Better Way, pp. 87—88.

D. Schlußbetrachtung besten Ergebnissen geführt hat und sich etwa i n der Überlegenheit der von den Gouverneuren ernannten Richter über den vom Volk oder vom Parlament gewählten Richtern oder der grundsätzlichen Überlegenheit des Unionssystems als eines Exekutivsystems über den meisten Einzelstaatensystemen zeigt. Zwar zeigt das Beispiel der USA gleichzeitig, daß die Ernennungsmethode dort, wo sie am schlechtesten ist, nicht besser als Volks- oder Legislativwahl funktioniert. Für den Regelfall besteht aber doch eine gute Wahrscheinlichkeit, daß sie bessere Ergebnisse hervorbringt. Ihre Vorteile liegen i n der klaren Verantwortung einer exponierten Einzelperson, die erfahrungsgemäß noch am ehesten zu einer sachlich abgewogenen Personalauslese geneigt und befähigt ist. Der besondere Charakter des Berufungsorganes läßt das englische System dabei noch besonders glücklich erscheinen. Traditionell den ersten Reihen des Juristenstandes entnommen, bringt der Lord Chancellor schon i n seiner eigenen Person alle Voraussetzungen für eine gerechte Beurteilung von Richteraspiranten mit. Seine besondere Stellung i m englischen Staat erlaubt es ihm, bei der Richterauswahl mehr als Richter, „judicially", als als Politiker zu agieren 11 . Der englische Lord Chancellor verkörpert i n seiner Person damit jenes besondere sich durch Sachverstand und Uberblick auszeichnende Berufungsorgan, von dem sich auch die amerikanischen Reformer — hier allerdings i n Gestalt von den Exekutivorganen an die Seite gestellten geregelten und sachverständigen Informationsdiensten — den größten Erfolg versprechen. Weitere Elemente, die die Ausgestaltung des englischen Richterauswahlverfahrens als so erfolgreich erscheinen lassen, liegen i n einer Reihe typisch englischer Besonderheiten, wie vor allem der geringen Richterzahl, der Zweiteilung und Spezialisierung der A n waltschaft und der durch die überwiegende Lokalisierung der A n wälte i n London bedingten Überschaubarkeit der zur Verfügung stehenden besten Kandidaten. Neben klarer Zielsetzung des Richterauswahlverfahrens und günstiger technischer Ausgestaltung steht als dritter gleichwertiger Grund für den Erfolg des englischen Systems die hohe Gewissenhaftigkeit, die Lord Chancellors bei ihren Ernennungen i m 20. Jahrhundert an den Tag gelegt haben. Die Ergebnisse Englands i m 19. Jahrhundert zeigen, daß eine unpolitische Sinngebung der richterlichen Funktion und eine optimale Konstruktion des Verfahrens solange eine zufrie11 Siehe Coldstream, Judicial Appointments, p. 42: „ I n the process of selection he acts, and is trusted to act, judicially, that is w i t h o u t fear or favour, affection or i l l - w i l l . " Siehe auch Jackson, Machinery of Justice, p. 257: „ . . . a L o r d Chancellor w h o is p r i m a r i l y a lawyer and secondarily a p o l i t i c i a n . . . "

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D. Schlußbetrachtung

denstellende Richterauswahl nicht garantieren, als sie nicht von der Entschlossenheit und der Willensstärke der Beteiligten begleitet sind, solche Ernennungen auch wirklich vorzunehmen. Welches sind nun die Schlüsse, die auf Grund der i n den angelsächsischen Staaten erzielten Ergebnisse i m Rahmen dieser Arbeit für die Frage nach der Richterauswahl i n Deutschland gezogen werden können? Eine geschlossene Gruppe innerlich freier, fachlich kompetenter und persönlich autoritativer Richter w i r d auch hier nur erreichbar sein, wenn an erster Stelle i n das Bewußtsein gerückt ist, daß richterliche Tätigkeit eine dem Recht und der Gerechtigkeit dienende Tätigkeit ist und sich damit von den übrigen — politischen — Äußerungen staatlicher Gewalt grundsätzlich unterscheidet. Aus einer solchen Interpretation der richterlichen Tätigkeit ergibt sich dann, daß es das alleinige und ausschließliche Ziel des wie auch immer ausgestalteten Richterauswahlverfahrens sein muß, Persönlichkeiten ausfindig zu machen, die die Aufgaben einer unparteiischen Rechtsprechung am ehesten zu erfüllen versprechen, nicht aber daneben auch noch eine nur bei den politischen Ämtern angemessene Übereinstimmung zwischen Richterschaft und den i m Staat wirkenden legitimen politischen Kräften — etwa i m Weg bevorzugter Auswahl politisch engagierter Juristen oder der Zubilligung eines Mitspracherechtes an die politischen Parteien — herzustellen. Diese erste Voraussetzung sollte i n Deutschland u m so leichter zu erreichen sein, als sie traditionellem deutschem Rechtsdenken entspricht und auch dogmatisch als die einzig haltbare Interpretation richterlichen Wirkens erscheint. Richter sind mindestens dort, wo sie Tatsachen ermitteln, keine Politiker. Aber auch dort, wo sie Ermessen ausüben, das Gesetz oder Präzedenzfälle auslegen oder — i n der Rechtswirklichkeit das Privileg einer winzigen Gruppe von Appellationsrichtern — rechtsschöpferisch tätig werden, suchen sie nicht wie Legislative oder Exekutive zu einem politischen, das heißt den Willen der Mehrheit des Volkes widerspiegelnden, sondern zu einem richtigen, gerechten Ergebnis zu kommen. Das Bestreben selbst des über die kontroversesten wirtschaftspolitischen oder sozialpolitischen Fragen entscheidenden Richters ist es, das bestehende Recht zu erkennen und i n die Wirklichkeit umzusetzen oder, wo dies nicht möglich ist, auf der Grundlage der i n der Rechtsordnung bereits angelegten Strukturen fortzuentwickeln. Selbst wo Grundsatzentscheidungen unausweichlich sind und sich i n ihren Auswirkungen von den Entschlüssen des Gesetzgebers oder der Regierung kaum unterscheiden, versucht der Richter, m i t einem Weitblick, der über politische Aktionen hinausgeht, und m i t einer Einsicht i n die großen politischen und

D. Schlußbetrachtung gesellschaftlichen Zusammenhänge zu einer billigen Entscheidung zwischen den rechtsuchenden Parteien zu gelangen. Die B r o w n v. Board of Education-Entscheidung bietet hierfür ein gutes Beispiel. Aufgabe der Richter war es nicht, bei ihrer Entscheidung auf die öffentliche Meinung zu sehen, die die volle Gleichstellung von Negern und Weißen überwiegend ablehnte, sondern das geltende Recht zu erkennen, i n Ermangelung spezialgesetzlicher Vorschriften also auf den Wortlaut der Verfassung und von dort auf ihren Geist und objektiven Sinn zurückzugreifen. Die Entscheidung konnte bei einem solchen Vorgehen kaum anders ausfallen, als sie tatsächlich ausgefallen ist 1 2 . Diese rechtsuchende Tätigkeit ist mitunter sehr schwierig, aber auch wieder nicht unmöglich, wie die Anhänger der These von der richterlichen Funktion als einer politischen anzunehmen geneigt sind. Daß Anstrengungen i n dieser Richtung erfolgreich sein können, haben Supreme Court Justices — gewöhnlich als das Musterbeispiel politisch aktiver Richter hingestellt — immer wieder und teilweise sogar i n solchen Ausnahmesituationen wie der New Deal Kontroverse bewiesen. Ohne Zweifel sehen es die meisten Richter i n allen Staaten und unter allen Auslesesystemen auch als ihre vornehmste Pflicht an, diesen überparteilichen Standpunkt zu beziehen. I m Jahre 1959 wurden 52 gewählte höhere West Virginia Richter, die sich nach ihren politischen Ansichten als Liberale, Konservative, Republikaner und ähnlich bezeichneten, gefragt, ob sie glaubten, daß ihre politischen Ansichten sie bei ihrer Rechtsprechungstätigkeit beeinflußt hätten. 47 antworteten m i t nein und fünf m i t ja. Es erscheint zulässig, dieses Ergebnis als Beweis für die Richtigkeit der hier vertretenen Meinung i n A n spruch zu nehmen, obwohl Davis, der diese Zahlen gesammelt hat, m i t ihnen nur seine eigene Ansicht bestätigt sieht, daß Richter zu einem gewissen Grade eben doch wie Politiker agierten und deshalb auch wie diese kontrolliert werden müßten 1 3 . Bei dieser letzten Schlußfolgerung w i r d offenbar von einem Umstand ausgegangen, der auch sonst gelegentlich ins Feld geführt w i r d 1 4 , 12 Anders beispielsweise Professor Bickel von Yale L a w School i n einer Ansprache vor Yale A l u m n i unter dem T i t e l „The Supreme Court at the Bar of Politics": Das Gericht hätte bei seiner Auslegung der Verfassung „(in) tune w i t h the dominant political feeling of the times" entscheiden müssen. Bickel folgert, daß „the actions of the Supreme Court may be good, but they are not democratic . . . A f t e r all, the court does make policy, and i t is hard to j u s t i f y this power i n an appointed body". Yale Daily News, Feb. 20, 1967. 13 Judicial Selection, p. 26. 14 Siehe etwa die Argumentation Nagels am Ende einer Untersuchung über das Verhältnis v o n Parteizugehörigkeit der Richter u n d richterlichen Entscheidungen (siehe oben S.221, Fußn.26): „ U l t i m a t e l y the problem is not how to remove this irreducible residue of judicial subjectivity, b u t rather w h a t direction i t should take." Political Party Affiliation, p. 850.

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D. Schlußbetrachtung

u m die „Richter-Politiker"-These zu stützen, nämlich der als solcher nicht zu bestreitenden Tatsache, daß Richter gelegentlich wirklich ihre geheimen politischen Ansichten i n ihre Urteile einfließen lassen und damit einen Boden betreten, der dem des Politikers sehr nahe kommt. Jedoch ist i n politisch beeinflußten Urteilen weniger ein Beweis für einen politischen Gehalt der richterlichen Tätigkeit als für ein Versagen des Richters vor seinen Aufgaben zu erblicken. Da die Erfahrung zeigt, daß für dieses Versagen vor allem ein politisch beeinflußtes Richterauswahlverfahren verantwortlich ist, ist es nicht mehr als ein Zirkelschluß, wenn aus „politischen" Urteilen auf eine Politikerrolle des Richters und von dieser auf die Notwendigkeit einer demokratischen Kontrolle geschlossen wird, die ihrerseits dann wieder eine neue Serie politisch beeinflußter Entscheidungen hervorbringt. Unbegründet sind schließlich auch etwaige Bedenken, eine nicht auf die legitimen politischen Kräfte abgestimmte Richterschaft sei für die Entwicklung eines demokratischen Staates gefährlich. Hier ist auf das moderne englische Beispiel zu verweisen, das augenfällig demonstriert, daß eine nicht den politischen Strömungen angepaßte, volksnah gehaltene Justiz auch i n einer Demokratie v o l l funktionsfähig ist und keinen Fremdkörper i m Staat darstellt. Wenn die englischen Richter am Beginn dieses Jahrhunderts arbeitnehmerunfreundlich waren, so waren hierfür i h r erfolgreich-kapitalistischer Lebenslauf und wahrscheinlich die am Ende des 19. Jahrhunderts noch verfolgten politischen Absichten bei der Richterauswahl verantwortlich, nicht aber ein Versäumnis, sie auf die staatstragenden politischen Strömungen abzustimmen. Die Belange von Minderheiten und ein Verständnis für neu auftauchende gesellschaftliche Probleme erscheinen unter der derzeitigen, auf fachliche, charakterliche und geistige Souveränität der Richter gerichteten Auslese viel eher gesichert als früher. Bemerkenswert ist, daß sich auch die gegen den Missouri Plan gerichteten Bedenken, der Plan werde eine demokratische Parteipolitik durch eine aristokratische BarPolitik ersetzen, bisher als haltlos erwiesen haben 1 5 . Sachkenner weisen darauf hin, daß unter dem merit selection plan Vertreter religiöser, ethnischer oder politischer Minderheiten eine größere Chance haben, Richter zu werden, als früher und so i n einem anderen Sinn ein viel volksnäheres System errichtet worden i s t 1 6 . Demgegenüber 15

Siehe Anderson, Reorganizing Minnesota's Judiciary, pp. 394—395; Moran, Counter- „Missouri Plan", p. 472; W o r m u t h & Rich, Politics, Bar, Selection of Judges, p. 461 einerseits — u n d Hunter, A Missouri Judge, p. 128; Roberts, T w e n t y - F i v e Years, p. 96 andererseits. A . zuletzt a. O. heißt es: „No complaints have been made that the appointees are conservative or liberal, p l a i n t i f f or defense-minded, or t h a t they espouse any particular cause or philosophy." 16

Winters & Allard, Two Dozen Misconceptions, p. 140.

D. Schlußbetrachtung bilden die übrigen amerikanischen Systeme m i t ihren teilweise ganz beträchtlichen Prozentsätzen voreingenommener und unqualifizierter Richter echte Beispiele dafür, welche Gefahren für die Gemeinschaft umgekehrt aus einer i n den Bereich der Politik gerückten Justiz entstehen. E i n Höchstmaß richterlicher Tugenden w i r d zweitens nur dann möglich sein, wenn das Richterauswahlverfahren konstruktiv das beste, also ein Exekutivverfahren ist. Es stellt sich damit die konkrete Frage, ob der nach 1945 von Ländern und Bund verschiedentlich beschrittene Weg von einem Exekutivverfahren zu einem einer Legislativwahl sich annähernden System i n Gestalt rein oder überwiegend politisch zusammengesetzter Richterwahlausschüsse ein Schritt i n die richtige Richtung gewesen ist oder nicht vielmehr der Rechtspflege m i t einem anderen Berufungsorgan auch eine größere Anfälligkeit gegen personalpolitische Fehlentscheidungen gebracht hat. Die verbreitete Skepsis, m i t der die Arbeit der Richterwahlausschüsse i n ihrer derzeitigen Zusammensetzung von Sachkennern beurteilt wird, fügt sich überraschend i n die mäßigen Erfahrungen, die man i n den USA m i t Legislativkörpern als Berufungs- oder Bestätigungskörpern gemacht hat. Die erfolgreichsten angelsächsischen Systeme sind ausnahmslos Exekutiwerfahren. Die volle Überlegenheit des Exekutiwerfahrens w i r d sich allerdings auch i n Deutschland erst bemerkbar machen, wenn sich die Minister der Hilfe kompetenter Informationsdienste bedienen. Der Richterschaft und der Anwaltschaft w i r d deshalb i n Form von Benennungskommissionen eine gewichtige Stimme und Möglichkeit der Kontrolle einzuräumen sein, wenn wirklich eine Auslese der Besten getroffen werden soll. Die Ansicht, daß Richter am besten von Juristen beurteilt werden können und i m Dienste der Rechtspflege beurteilt werden müssen, ist, wie sich gezeigt hat, eine i n England und i n den USA seit langem akzeptierte oder doch mehr und mehr Anerkennung findende Meinung. Wenn i n der amerikanischen Diskussion oft auch von dem Vorteil von Laien-Minderheiten i n den Benennungskommissionen die Rede ist 1 7 , so ist andererseits nicht zu übersehen, daß i n England die Auswahl praktisch nur eine solche des juristischen Sachverstandes ist, ohne daß dies der Rechtspflege i n irgendeiner Weise abträglich ist. Andererseits verbietet es sich i n einem Staat, i n dem alle Staatsgew a l t vom Volke ausgeht, den privaten oder berufsständischen Juri17

Richter Hunter hat aus seiner Erfahrung berichtet, daß zuerst die Juristen das Wort i n den Auswahlkommissionen führen, daß die Laien aber, nachdem sie eine Weile zugehört haben, i n der Lage sind, auf Versehen, Schwächen u n d Ungereimtheiten i n den Argumenten der ersteren hinzuweisen, u n d die letzte Entscheidung maßgeblich mitbeeinflussen. A Missouri Judge, pp. 131—132.

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D. Schlußbetrachtng

stenorganisationen ein absolutes Veto gegenüber einem politischen, dem Volk oder dem Parlament verantwortlichen Minister einzuräumen. Selbst i n England, dessen Verfahren einer Kooptation am nächsten kommt, ist der Lord Chancellor doch zugleich immer auch ein für seine Handlungen dem Parlament verantwortlicher Minister, und allein dieser Umstand macht i h n der englischen Öffentlichkeit annehmbar 1 8 . Der Justiz wäre auch i n Deutschland nicht gedient, wenn sich i n Ermangelung einer politisch verantwortlichen Persönlichkeit K r i t i k an der Personalauslese für Richterämter, ob gerechtfertigt oder nicht, von einem Minister auf den Juristenstand selber verlagern würde. Es lassen sich aber durchaus Wege finden, die den Ministern die volle Verantwortung für die einzelne Ernennung belassen und dem juristischen Sachverstand dennoch den gebührenden Platz einräumen. Die unlängst i m United States Congress eingebrachte Gesetzesvorlage, wonach der Regierungschef aus einer i h m von einer Sachverständigenkommission vorgelegten Namensliste ernennen muß und, wenn er davon abweichen w i l l , dies vor dem Parlament unter Angabe von Gründen öffentlich zu rechtfertigen hat 1 9 , stellt nur eine der hier möglichen Lösungen dar. Letzten Endes w i r d es aber auch i n Deutschland auf freiwillige Entschlossenheit der Berufungsorgane ankommen, von den ihnen von kompetenter Seite zur Wahl gestellten Vorschlägen den besten Gebrauch zu machen und selbst alle sachfremden Motive und E i n f l u ß r nahmen bei der Besetzung der Richterstellen zu unterdrücken. Die politischen Umwälzungen von 1933 und 1945 machen zu einem gewissen Grade verständlich, weshalb i n den jungen Staatengebilden der Bundesrepublik die Bereitschaft der Auswählenden mitunter groß war, den Ansprüchen der neuen legitimen politischen Kräfte auch bei der Richterauswahl und -beförderung nachzugeben, und weshalb der A n schluß an eine frühere, unter dem Gedanken der Verdienstauswahl stehende Tradition 2 0 unterblieb. Sie sollten den Blick aber nicht für immer dafür getrübt haben, daß jede A r t politisch motivierter Richterauswahl — auch die, die von legitimen politischen Kräften ausgeht — der Leistungsfähigkeit und dem Ansehen der rechtsprechenden Gew a l t schadet, deren vornehmste Aufgabe nach wie vor darin zu erblicken ist, die vor sie gebrachten Streitigkeiten unpartensch und fachlich kompetent zu entscheiden. 18 Siehe Coldstream, L o r d Chancellor's Office, p. 14: „ T h e B r i t i s h people have of course decided that the executive i n every field must be a minister responsible to P a r l i a m e n t . . 10 Siehe oben S. 291, FuBn. 10. 30 Dazu aus englischer Sicht Ensor, Courts of Judges, p. 74—75: „ . . . the Prussian m i l i t a r y and official tradition, w i t h its strong emphasis on duty, honesty, integrity, and realism, made on the whole for h i g h and honourable

D. Schlußbetrachtung Der Klarstellung bedarf schließlich noch, daß i n Deutschland Richterauswahl immer zugleich auch Richterbeförderung bleiben sollte. Die aufgezeigten Mängel des englischen und der amerikanischen Laienrichtersysteme dürften den Wert hinreichend deutlich gemacht haben, den m i t Berufsrichtern besetzte erstinstanzliche Gerichte des deutschen Typus besitzen. Wenn damit die Entscheidung nur für eine Beibehaltung dieses letzteren Systems ausfallen kann 2 1 , so ist damit ein Bedarf an Richtern verknüpft, der i n Deutschland, wo die Tradition und die juristische Ausbildung seit langem gegen ein Anwaltsrichtertum verlaufen sind, auch i n Zukunft nur durch ein echtes Berufsrichtertum ausfüllbar erscheint. Man mag bedauern, daß damit auf den Typ des erfolgreichen und selbstbewußten englischen A n waltsrichters verzichtet wird, doch ist zu bedenken, daß der Erfolg des englischen Systems zu einem guten Teil auf der Trennung der A n wälte i n Barristers und Solicitors beruht und daß es i n Deutschland den Typ des für ein Richteramt prädestinierten court lawyer nicht gibt. Zwar kennen die amerikanischen Systeme ebenfalls nur den einheitlichen Anwaltstypus und besitzen dennoch ein Anwaltsrichtertum, doch ist nicht zu übersehen, daß das amerikanische System auch nicht ganz so reibungslos funktioniert wie das englische, was man vor allem daran erkennen kann, daß die Ausbildung und Fortbildung von neuernannten Anwaltsrichtern als ein vordringliches Problem der Einzelstaaten- und Unionsgerichtsverwaltung angesehen und m i t Nachdruck standards of justice. Promotion went, i n the main, to the meritorious; and the Byzantinism, w h i c h under W i l l i a m I I did so much mischief on the higher levels of some of the administrations, does not seem to have greatly affected the judges. Since the advent of the Republic, parliamentary has been substituted for monarcho-oligarchic control; but not as yet i n a f o r m which gives, like the French, a l l power to the i n d i v i d u a l M . P . ' s . . . " Aus amerikanischer Sicht hat Haynes, Selection and Tenure, p. 188 f ü r die Zeit vor der nationalsozialistischen Machtergreifung ähnliche Worte der Anerkennimg gefunden: „The corrupting influences of political control, w h i c h formerly caused trouble i n France, are apparently not present i n Germany at all . . . the judges i n the higher j u d i c i a l positions were men of outstanding ability. A n d generally speaking the administration of justice i n Germany was unquestionably on a very h i g h level." 21 M a n mag sich i n diesem Zusammenhang auch vor Augen führen, daß das deutsche Gerichtsverfassungssystem gerade wegen seines Netzes l e i stungsfähiger, auf juristischen Sachverstand nicht verzichtender Erstinstanzgerichte sowohl englischen w i e auch amerikanichen Autoren wiederholt Worte der Anerkennung u n d sogar der Bewunderung abgenötigt hat. Siehe etwa Ezra Pound, der i n seiner berühmten Ansprache vor einem K o n v e n t der American Bar Association i n St. Paul, Minn., i m Jahre 1906 von „ t h e wonderful mechanism of modern German j u d i c i a l administration" gesprochen hat; Causes of Popular Dissatisfaction, p. 56; oder Ensor, der bei einem V e r gleich englischer, französischer u n d deutscher Gerichte aus dem Jahre 1933 zu dem Ergebnis gelangte, daß „the German j u d i c i a l system has . . . some serious claims to be regarded as the best i n Europe"; Courts and Judges, p. 52. Siehe auch Haynes, Selection and Tenure, p. 171.

D. Schlußbetrachtung

314

vorangetrieben w i r d 2 2 . Auch sind weder i n England noch i n den USA die Schwierigkeiten w i r k l i c h gelöst, für die untersten nicht weiterführenden Richterstellen kompetente Anwälte zu finden. M i t dem grundsätzlichen Bekenntnis zu einem Berufsrichtertum ist gleichzeitig aber auch i n Kauf genommen, daß es weiterhin Beförderungen, d.h. also ein Aufsteigen bewährter Richter von unteren i n höhere Gerichte geben wird. Das eigentliche Ziel kann unter dem deutschen System nicht ein Verzicht auf Beförderungen, sondern nur ein Verzicht auf ungerechtfertigte Beförderungen sein. Eine andere Frage ist es, wieweit die deutsche Rechtspflege sich nicht wenigstens teilweise der erfolgreichen Juristen anderer Berufe versichern sollte, so wie dies mitunter auch schon geschehen ist. Hier sollte der verstärkte Versuch unternommen werden, bei gleichzeitigem Bekenntnis zu einem echten Berufsrichtertum doch einen gewissen Anteil der Richterstellen immer auch an Persönlichkeiten anderer juristischer Berufssparten zu vergeben, die an Weitblick, Lebenserfahrung und Autorität wettzumachen versprechen, was ihnen an spezifisch richterlicher Erfahrung mangelt. Die guten Erfahrungen, die die USA i n dieser Beziehung m i t einer breiten Richterauswahl aus allen juristischen Berufen gemacht haben, und die Tatsache, daß der Wechsel von einem juristischen Beruf i n den anderen i n Deutschland durch eine auf mehrere juristische Tätigkeiten hinführende Ausbildung sogar besonders vorbereitet ist, machen einen Erfolg dieses Experimentes sehr wahrscheinlich.

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26

1300 A r t i c u l i super Chartas 28 Edw. I, st. 3, c. 11

26

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26

1340 Statutes made at Westminster 14 Edw. I l l , st. l , c . 16

29

1357 Statutes made at Westminster 31 Edw. I l l , st. 1, c. 12

43

1360 Statutes made at Westminster 34 Edw. I l l , c. 1

30

1362 Statutes made at Westminster 36 Edw. I l l , st. 1, c. 12

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32, 30

1391 Statutes made at Westminster 15 Rich. I I , c. 3

32

1414 Statutes made at Leicester 2 Hen. V , st. 1, c. 4

30

1439 Statutes made at Westminster 18 Hen. V I , c. 11

30

1487 A n A c t g i v i n g the Court of Star Chamber A u t h o r i t y to punish divers Misdemeanors 3 Hen. V I I , c. 1

36

1535 A n A c t for recontinuing liberties i n the c r o w n 27 Hen. V I I I , c. 24

31

1536 Statutes made at Westminster 28 Hen. V I I I , c. 15

32

1540 Statutes made at Westminster 32 Hen. V I I I , c. 14

32

Gesetze

330

1585 A n act for redress of erroneous judgments i n the court commonly called the King's Bench 27 Eliz. I, c. 8

44

1640 A n act for the regulating of the p r i v y council, and for t a k i n g away the court commonly called the star-chamber 16 Car. I, c. 10

39

1672 A n act for preventing dangers w h i c h m a y happen f r o m popish recusants 24 Car. I I , c. 2 40 1700 A n act for the further l i m i t a t i o n of the crown, and better securing the rights and liberties of the subject 12 & 13 W i l . I l l , c. 2

42

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42

1732 A n act for the further qualification of justices of the peace 5 Geo. I I , c. 18

30

1760 A n act for rendering more effectual the provisions i n an act made i n the t w e l f t h and thirteenth years of the reign of his late majesty K i n g W i l l i a m the T h i r d . . . relating t o the commissions and salaries of judges 1 Geo. I l l , c. 23

42

1841 5 Vict., c. 5

34

1846 A n A c t t o extend to a l l Barristers practising i n the Superior Courts at Westminster the Privileges of Serjeants at L a w i n the Court of Common Pleas 9 & 10 Vict., c. 54

36

1846 A n A c t for the more easy Recovery of Small Debts and Demands i n England 9 & 10 Vict., c. 95

50

1857 A n A c t to amend the L a w relating to Probates and Letters of A d m i n i s t r a t i o n i n England 20 & 21 Vict., c. 77

32

1857 A n A c t t o amend the L a w relating t o Divorce and M a t r i m o n i a l Causes i n England 20 & 21 Vict., c. 85

32

1864 N a v a l Prize A c t 27 & 28 Vict., c. 25

57

1872 Borough and Local Courts of Record A c t 35 & 36 Vict., c. 86

51

1873 Supreme Court of Judicature A c t 36 & 37 Vict., c. 66

36,85

1875 Supreme Court of Judicature A c t 38 & 39 Vict., c. 77

46

Gesetze 1876 Appellate Jurisdiction A c t 39 & 40 Vict., c. 59

331 46,56,57

1877 Justices Clerks A c t 40 & 41 Vict., c. 43

58

1882 Municipal Corporations A c t 45 & 46 Vict., c. 50

50,163

1887 Appellate Jurisdiction A c t 50 & 51 Vict., c. 70

56

1889 Commissioners for Oaths A c t 52 Vict., c. 10

85

1906 Justices of the Peace A c t 6 Edw. V I I , c. 16

87

1906 Trade Disputes A c t 6 Edw. V I I , c. 47

143

1907 C r i m i n a l Appeal A c t 7 Edw. V I I , c. 23

55

1919 Sex Disqualification (Removal) A c t 9 &10 Geo. V, c. 71

78

1920 Government of Ireland A c t 10 & 11 Geo. V, c. 67

56

1925 Supreme Court of Judicature (Consolidation) A c t 15 & 16 Geo. V, c. 49 51, 53, 54, 55, 56, 63,64, 66, 75 1938 Administration of Justice (Miscellaneous Provisions) A c t 1 & 2 Geo. V I , c. 63 1941 Justices (Supplemental List) A c t 4 & 5 Geo. V I , c. 27

50, 53 148

1944 Supreme Court of Judicature (Amendment Act) 7 & 8 Geo. V I , c. 9 1946 Furnished Houses (Rent Control) A c t 9 & 10 Geo. V I , c. 34

54 62,75

1947 Appellate Jurisdiction A c t 10 & 11 Geo. V I , c. 11

57

1948 C r i m i n a l Justice A c t 11 & 12 Geo. V I , c. 58

44

1949 Lands T r i b u n a l A c t 12 & 13 Geo. V I , c. 42 1949 Justices of the Peace A c t 12,13 & 14 Geo. V I , c. 101

63,67,89 ....

46,47,48, 50, 58, 64,74, 75, 87,121,149,163

1952 Magistrates' Courts A c t 15 & 16 Geo. V I & Eliz. I I , c. 55 1954 Supreme Court Officers (Pensions) A c t 2 & 3 Eliz. I I , c. 38 1956 C r i m i n a l Justice A d m i n i s t r a t i o n A c t 4 & 5 Eliz. I I , c. 34

46,47,48 58 49,50,53,55,163

332

Entscheidungen

1956 A d m i n i s t r a t i o n of Justice A c t 4 & 5 Eliz. I I , c. 46

63,66

1956 Restrictive Trade Practices A c t 4 & 5 Eliz. I I , c. 68

55

1957 Solicitors A c t 5 & 6 Eliz. I I , c. 27

85

1958 Tribunals and Inquiries A c t 6 & 7 Eliz. I I , c. 66

51,67,75,133,147

1959 Mental H e a l t h A c t 7 & 8 Eliz. I I , c. 72

66

1959 County Courts A c t 7 & 8 Eliz. I I , c. 22

50, 51,59, 63, 66,74,163

1960 Administration of Justice (Judges and Pensions) A c t 9 Eliz. I I , c. 3 1962 C r i m i n a l Justice Administration A c t 10 & 11 Eliz. I I , c. 15 1962 Transport A c t 10 & 11 Eliz. I I , c. 46 1963 The Children and Young Persons A c t 11 & 12 Eliz. I I , c. 37 1964 A d m i n i s t r a t i o n of Justice A c t 12 & 13 Eliz. I I , c. 42 1964 City of London (Courts) A c t 12 & 13 Eliz. I I , c. i v J965 Solicitors A c t 13 & 14 Eliz. I I , c. 31 1965 Ministerial Salaries Consolidation A c t 13 & 14 Eliz. I I , c. 58 1965 Judges' Remuneration A c t 13 & 14 Eliz. I I , c. 61 1965 Rent A c t 13 & 14 Eliz. I I , c. 75 1966 C r i m i n a l Appeal A c t 14 & 15 Eliz. I I , c. 31

56 49,50,163 62,63,67,89 47 47,48,50, 51, 54,66, 75 48, 51, 54, 66,74 85 71,147 54,71,165 62 55,56

Entscheidungen (England) A l l e n v. Flood [1898] A . C. 1

143

Crofter Case [1942] A . C. 435

143

Darnel's or the Fife K n i g h t s ' Case (1627) 3 St. T r . 1

39

Doe v. Hale (1850) 15 Q. B. 171

77

I n Re C ( A n Infant) Times, June 11, 1958, p. 5 I n re L o r d Kinross [1905] A . C. 468

144 45

Entscheidungen

333

Kawasaki K . K . K . of Kobe v. Bantham Steamship Company, L i m i t e d [1939] 2 K . B. 544 144 O'Connell v. Regina (1844) 11 CI. & Fin. 155

44

Q u i n n v. Leathern [1901] A. C. 495

142

R. v. Benchers of Gray's I n n (1780) 1 Doug. 353

27

R. v. Benchers of Lincoln's I n n (1825) 4 B. & C. 855

78

R. v. Elliot, Hollis, Valentine (1629) 3 St. T r . 293

39

R. v. Hampden (1637) 3 St. Tr. 825

39

R. v. L o r d de Clifford (1935) Times, Dec. 13, 1935, pp. 15—6

44

Rondel v. Worsley Times, Oct. 21, 1966, pp. 1, 17

77

Shirley v. Fagg (1675) 6 St. Tr. 1121

44

Taff Vale Case [1901] A . C. 426

143

T r i a l of Sir Edward Hales (1686) 11 St. T r . 1165

41

T r i a l of the Seven Bishops (1688) 12 St. T r . 183

41

Wensleydale Peerage Case (1856) 5 H . L . C. 958

45

Entscheidungen (USA) A . L . A . Schechter Poultry Corporation v. U n i t e d States (1935), 295 U.S. 495 270 Ashton v. Cameron County Water (1936), 298 U.S. 513

270

B r o w n v. Board of Education (1954), 347 U.S. 483

281

Carter v. Carter Coal Company (1936), 298 U.S. 238

270

Craig v. Harney (1947), 331 U.S. 367

191

Helvering v. Davis (1937), 301 U.S. 619

271

Louisville Joint Stock L a n d Bank v. Radford (1935), 295 U.S. 555

270

M a r b u r y v. Madison (1803), 1 Cranch ( = 5 U.S.) 137

174

Morehead v. N e w Y o r k E x Rel. Joseph Tipaldo (1936), 298 U.S. 587

270

National Labor Relations Board v. Jones and L a u g h l i n Steel Corporation (1937), 301 U.S. 1 271 Railroad Retirement U.S. 330

Board v. A l t o n Railroad

Company

(1935), 295 269,270

Sonzinsky v. United States (1937), 300 U.S. 506

271

Steward Machine Company v. Davis (1937), 301 U.S. 548

271

U n i t e d States v. Butler (1935), 297 U.S. 1

270

V i r g i n i a n Railway Company v. System Federation No. 40 (1937), 300 U.S. 515 271 West Coast Hotel Company v. Parrish (1937), 300 U.S. 379

271

W r i g h t v. V i n t o n (1937), 300 U.S. 440

271

Register (Die Zahlen verweisen auf die Seiten) Adams, John 239, 259, 265 A d d i t i o n a l Judges 54 Administrative Tribunals — siehe Verwaltungstribunale Advisory Committees 65, 66, 91, 92, 110—113 — f ü r Verwaltungstribunale 108 American Bar Association 200 — Zusammenarbeit m i t Department of Justice 252—256 — Forderungen, Einzelstaaten 178,

200, 201

— Forderungen, U n i o n 262, 263, 292 bis 293 Ansehen, England — Mittelalter 29 — Tudorepoche 37 — Stuartepoche 38, 41, 42 — 18. Jahrhundert 42 — Gegenwart 161—167 Ansehen, U S A — Kolonien 168—170, 173, 174 — Einzelstaaten 229—232 — Union 295—299 Anwaltschaft — U S A 168—170, 185—190, 195 — England siehe Barristers, Solicitors Appellate Courts 179 Apprenticü — siehe Barristers A s q u i t h 108, 119, 120, 121 Assistant Judge 48, 51 — A u s w a h l durch Recorder of L o n don 74 Assize Courts (Assize Judges) 53, 54 Attorney General 36, 69 — U S A 237, 238 — siehe auch Kronanwälte Attorneys (Attornati) 27, 83, 84 Bacon, Sir Francis 37, 38, 103 Balfour 118, 119 B a r 76 Barons 25, 28 Barristers 27, 35, 36, 76—85 Befähigungsvoraussetzungen

— England 87—91 — USA, Einzelstaaten 185, 190—192 — USA, U n i o n 245, 246 Beförderungen, England 99—102, 121, 145, 146 — USA, Union 249—251 — USA, Einzelstaaten 202 — Bundesrepublik Deutschland 313 bis 314 Bench 76 Berufsrichter — Anzahl i n England u n d Bundesrepublik 57, 58 — Wert 313, 314 — siehe auch Karriererichter Beutesystem, 203, 259—260 Beweggründe der Ernennung, England — elastische Handhabung der Regeln 96—98 — Berücksichtigung v o n Spezialkenntnissen 99 — richterliche Erfahrung 99—102 — charakterliche Eignimg 102, 103 — politische, 18. u. 19. Jahrhundert 43, 115—119 — politische, 20. Jahrhundert 120, 121, 124—127 — politische Erfahrung 121, 125, 127 bis 128 — soziologische 130, 131 — Bewährung als A n w a l t 92—94 — Bevorzugung v o n Barristers 94—95 — Heranziehung von Queen's Counsel 95—96 — Justices of the Peace siehe ib. — Hilfsrichter siehe ib. — Verwaltungstribunale siehe ib. siehe auch Parteieinflüsse Beweggründe der Ernennung, USA, Einzelstaaten — Courts of L i m i t e d Jurisdiction 192, 193 — Richterideal 193, 194 — Bevorzugung praktizierender A n w ä l t e 194, 202

Register — Volkswahl 194—199, 213, 216 — Legislativwahl 199 — Exekutivsystem 199—200 — Missouri Plan 201—202 — Appellate Courts 202 — politische 205—209 siehe auch Parteieinflüsse Beweggründe der Ernennung, USA, Union —» Bevorzugung praktizierender A n wälte 246, 249 — Anstrengungen der Senatoren 246—247 — Anstrengungen der Präsidenten 247—249 — richterliche Erfahrung 249—251 — Supreme Court 249—252 — i m Senat 256—258 — politische 259, 260 — politische, Supreme Court 264 bis 272 — soziologische, Supreme Court, 273—275 — politische, i m Senat 275—279 siehe auch Department of Justice, American B a r Association, Parteieinflüsse Birkenhead 121, 122 Blackburn 97, 116 Brandeis 250, 253, 267, 277, 278, 286, 299 Brougham 115, 116 B r o w n e l l 224 Campbell 45, 97, 116 Campbell-Bannermann 119, 120, 136 Cancellarius Regis — siehe L o r d Chancellor Cardozo 249, 250, 252, 268 Cave 70, 122 Central C r i m i n a l Court 49, 53—55 Chairmen 49, 50 Chancellor, Duchy of Lancaster 74, 112 Chancery Division 52, 54 Chaote, 175, 193 Chief Baron 25, 28 Chief Justices 25, 36 Churchill 126, 164, 165 Clerks 58, 59 — A u s w a h l 74, 75, siehe auch 131 Coke 37 commission of the peace 47 Committee o n Administrative T r i b u nals — siehe Franks-Committee Common L a w 29, 33 — Juristen 32 — Gerichte, 31, 52

335

Common Serjeant 51, 54, 66 Conveyancing Counsel 60 Coolidge 268 Coroners 47 Council 33, 36, 39, 44, 68 Council o n Tribunals 139, 140, 158 Counsel 76 County Courts — erste Besetzung 117, 118, siehe auch 151 — England 50, 51 — USA, Einzelstaaten, 177 Court of A d m i r a l t y 31—33, 39, 52 Court of Appeal 55, 56 Court of Chancery 33—35, 42, 52 Court of Claims 236 Court of Common Pleas 25—28 Court of Customs and Patent Appeals 236 Court of Divorce and M a t r i m o n i a l Causes 32, 33, 52 Court of Exchequer 25, 28 Court of Exchequer Chamber 43 Court of King's (Queen's) Bench 25—28 Court of Probate 32, 33, 52 court packing p l a n 268—272 Courts of Appeals 235 Courts of Last Resort 179 Courts of L i m i t e d Jurisdiction 176 bis 178 Courts of Quarter Sessions 49, 50 Cromwell 39, 40 Crown Courts 49, 53, 55 Curia Regis 23—25, 33, 43 Customs Courts 236 Demokratisierung der Richterausw a h l 21, 301—305 — Einwände 308—311 siehe auch Revolution, demokratische Department of Justice 237, 238 — Arbeitsweise 251—252 — Zusammenarbeit m i t American B a r Association 252—256 Dilhorne 72, 125 Disraeli 46, 117 District Courts 234, 235 District of Columbia 235 District Probate Registries (Registrars) 61, 75 District Registries (Registrars) 61 Doctors ('Commons) 32, 35, siehe auch schon 24, 25 Eisenhower 237, 249, 251, 255, 262, 272, 281 Equity 34, 52 Examiners 60

336

Register

Exekutivsystem — Einzelstaaten m i t 182 — Vorzüge 306, 307, 311 siehe auch Missouri Plan, Beweggründe der Ernennung, Gouverneure, Parteieinflüsse Pinch 38, 39 Fortas 251, 274 Frankfurter 249, 252, 274 Franks— Committee 61, 67, 106, 139, 158 Friedensrichter — siehe Justices of the Peace Funktion, richterliche — siehe Rechtsprechung Gardiner 70, 73, 131, 166 Gerichtsbarkeit — USA, Einzelstaaten 175, 176 — USA, Union 233, 234 Geschworene 21, 22 Gladstone 45, 126 Goddard 102—104, 124, 127 Gouverneure 170, 171, 182 — Zwischenernennungen 184, 185 Grantham 136 Hailsham 71, 122, 123, 124 Haldane 119, 121 Halsbury, L o r d 109, 118, 143, 145,152 H a m i l t o n 238, 239 Hannen 97, 117 H a r d i n g 248, 260, 267 Herrschen 109 Hewart, L o r d 126, 162 H i g h Court 51—55 — District Registries 61 — District Probate Registries 61, 75 Hilfsrichter 57—61 — Auswahlkriterien 104, 105 — K r i t i k an A u s w a h l 131, 132 — Qualität 157, 158 — Ansehen 166 — A u s w a h l durch L o r d Chancellor 66 — Befähigungsvoraussetzungen 87 88 Holmes 250, 251, 266, 284, 285, 294, 299 Home Secretary 74, 120, 121 Hoover 247—248, 268 House of Lords 43—46, 56, 57 Hughes 252, 268, 277, 278, 285, 293 indictable offences 47, 53 Inns (of Court) 27, 42, 77 — Council of Legal Education 78 Intermediate Appellate Courts 179 Interregnum 39, 40

Jackson 259, 265 Jefferson 174, 175, 239, 240, 265 Jeffreys 42, 164 Johnson 255, 256, 264 J o w i t t 72, 124, 125, 130 Jury — siehe Geschworene Justices of the Peace, England 47, 48 — erste Ernennungen 30, 31 — T u d o r - u n d Stuartepoche 37, 39, 42 — 18. Jahrhundert 43 — parteipolitische Einflüsse bei A u s w a h l 108—115 — Zusammensetzung 111, 112 — Arbeitsanfall f ü r 111 — Voreingenommenheiten 134, 135 — grundsätzliche Einwendungen 147 bis 149 — Fehlbesetzungen 149—151 — Ansehen 159—161 — Reformbestrebungen 150, 151 — A u s w a h l durch L o r d Chancellor 65, 66, 91 — Befähigungsvoraussetzungen 87 — A u s w a h l k r i t e r i e n 91, 92 siehe auch Advisory Committees Justices of the Peace, USA, Einzelstaaten 168, 176 Justiciarii 25 — Itinerantes siehe Reiserichter Justiciarius Angliae 23, 33, 34, 68 Karriererichter — englische Einstellung z u m 90, 91, 145, 146 — amerikanische Einstellung z u m 228, 249, 279, 280 Kennedy 255, 263, 264, 272, 273, 281, 282, 296, 297 K i l m u i r 69, 72, 128, 129, 301 King's Serjeants 36 Kirchengerichte (England) 32, 33, 52, 61 König — siehe K r o n e Kolonien 168—170 Kronanwälte 36, 69, 71 — Anrecht auf Beförderung 126, 127, 138 Krone — Befugnisse i m Mittelalter 23, 28, 31, 33—36 — Befugnisse i n Neuzeit 42, 43, 63, 64 — amerikanische Kolonien 170 Labour Party 134, 141, 142, 143, 165, 166, 167

Register Laienrichter 313 — englische Einstellung zum 147 bis 149, 159, 161 — amerikanische Einstellung zum 192, 193 Lancaster 48, 73, 74 — siehe auch Chancellor, Duchy of Lands T r i b u n a l 62, 63 L a w Lords 57 L a w Schools 169, 18&—189 L a w Society 85 — College of L a w 86 Lawyers — siehe Anwaltschaft U S A Legislativwahl — Staaten m i t 181, 182 — Einwände 306 siehe auch Beweggründe der Ernennung, Parteieinflüsse Lindsay 193, 201 Lokalgerichte, England 51, 52 — i m Mittelalter 23, 24, 30, 31 L o r d Chancellor — i m Mittelalter 23, 31,33—36, 67,68 — Informationsquellen 103, 104, 106, 107, 124 — Aufgaben bei der Richterauswahl 65—67 — als Richter 54, 56, 57, 71 — Ernennung zum 64, 71, 72 — sonstige Aufgaben 68—70 — Rang und Einkommen 70—71 — Stab (Lord Chancellor's Office) 73, 112 L o r d Chief Justice 54 — A u s w a h l 126, 127 — Patronage 75, 131, 132 L o r d Lieutenants 65, 66, 74, 109, 112 Lords Justices of Appeal 56 Lords of Appeal i n Ordinary 57 Loreburn, L o r d 109, 119, 120 Magistrates' Courts — England 46—48 — USA, Einzelstaaten 176 Magistrates' Courts Committees 74, 131 M a j o r T r i a l Courts 178, 179 Marshall 174, 265, 293 Master of the Rolls 35, 56 — Patronage 75, 131, 132 Masters — i n Chancery 35 — Chancery Division 60 — Court of Protection 60 — Queen's Bench Division 60, 75 — of the Bench 77

337

Mayor's and City of London Court 50, 51 Metropolitan Stipendiary Magistrates 48 Militärgerichte 61, 236 Minister, England — Ernennungskompetenzen 75, siehe auch 120 — Informationsquellen 107, 108 siehe auch L o r d Chancellor Missouri Plan 200—201 — i n California u n d Kansas 180, 181 — i n Vermont 182 — Staaten, 183, 184 — i n Birmingham, Ala. 185 — auf lokaler oder freiwilliger B a sis 193 — Bestätigungswahlen 304 Municipal Courts 176, 177 Official Referees 60 Parker of Waddington, L o r d 127, 157 Parlament, England 39, 42, 43 Parteieinflüsse, Bundesrepublik Deutschland 18—20 Parteieinflüsse, England — 18. u n d 19. Jahrhundert 43, 115 bis 119 — allmählicher Rückgang 119—130 — Auswirkungen auf Rechtsprechung 137, 138, siehe auch 142 — Auswirkungen auf Qualität u n d Ansehen siehe ib. — Justices of the Peace siehe ib. — Hilfsrichter siehe ib. — Verwaltungstribunale siehe ib. Parteieinflüsse, U S A — theoretische Rechtfertigung 202 bis 204, 301—305 — Auswirkungen auf Qualität u n d Ansehen siehe ib. Parteieinflüsse, U S A , Einzelstaaten — V o l k s w a h l 181, 195, 205—207, 213 bis 216 — Courts of L i m i t e d Jurisdiction 177, 204, 205 — Legislativwahl 207—208 — Exekutivsystem 208—209 — Missouri P l a n Staaten 209—211 — Appellate Courts 211—212 — A u s w i r k u n g e n auf Rechtsprechung 212, 215, 217—221 siehe auch Revolution, demokratische Parteieinflüsse, USA, U n i o n — Initiativrecht der Parteien 241 — Beutesystem 259—262, 264

338

Register

— Abhängigkeit der Senatoren 260, 261 — präsidentielle Bemühungen u m Gleichgewicht 262—264 — Auswirkungen auf Rechtsprechung 281—286 siehe auch Beweggründe der Ernennung, Senat Präsident der Vereinigten Staaten — Aufgaben bei der Richterauswahl 236, 237, 241 — Einflußmöglichkeiten 240—241, 247—249 siehe auch Senat, Beweggründe der Ernennung, Parteieinflüsse Premierminister 64—65 President 54 — Patronage 75 Pound 229 Primaries — siehe Vorwahlen P r i v y Council 36 — Judicial Committee 57 siehe auch Council Probate Courts 177 Probate, Divorce and A d m i r a l t y Division 52, 54 Probate Registrars 60, 75 Proctors 85 Puisne Judges 54 Qualität, England — Mittelalter 28, 29, 35 — Tudorepoche 35, 37 — Stuartepoche 38, 40—42 — Interregnum 39, 40 — 18. Jahrhundert 42, 43 — Fehlbesetzungen 127, 145, 151 bis 153 — Gegenwart 153—157 — Heranziehung v o n Rechtslehrern 90 — Justices of the Peace siehe ib. — Verwaltungstribunale siehe ib. — Hilfsrichter siehe ib. Qualität, USA, Einzelstaaten — Courts of L i m i t e d Jurisdiction, 192, 222, 223 — Fehlbesetzungen an M a j o r T r i a l Courts 223—227 — Missouri Plan Staaten 227—228 — Gründe f ü r Hinnahme unzulänglicher 227 — Appellate Courts 228—229 Qualität, USA, Kolonien 170, 174 Qualität, USA, U n i o n 287—290 — K r i t i k u n d Reformbestrebungen 288, 291—293

— Supreme Court 293—295 Queen's Bench Division 52, 54 Queen's Counsel 82, 83 Riechtslehrer — als Richter, 'England 90 — als Richter, U S A 194, 251, 274 Rechtsprechung — als politische F u n k t i o n 301—305, 308—311 Recorder of London 50, 51, 54 — A u s w a h l 66 — Patronage 74 Recorders 50 — C r o w n Courts 55 Reformbestrebungen — Bundesrepublik Deutschland 18, 19, 20 — England 150, 151, 165, 166 — USA, Einzelstaaten, 201, 228 — USA, U n i o n 291—293 Registrars — County Courts 59 — Mayor's and City of London Court 59, 75 — Chancery Division 60 — i n Bankruptcy 60 — Seesachen 61, 75 Reiserichter (England) 24, 29, 53 Rent Tribunals 62 Restrictive Practices Court 55 Revolution, demokratische 171—175, 199, 305—306 — u n d Unionsgerichte 237 Richterauswahlverfahren — Bedeutung 15, 16 — A r t e n 16 — Bundesrepublik Deutschland 16, 17, 18 — Deutschland v o r 1945 17 — Vorzüge des englischen Systems 300, 301, 305—308 — Nachteile der Richterwahl 305 bis 306 Richterwahlausschüsse 17, 18, 311 Roosevelt, F r a n k l i n Delano 249, 252, 268—274 Roosevelt, Theodore 239, 247, 265, 266 Rosenman 196, 224 Salisbury 118, 119 Sankey, L o r d 112, 123, 124 Senat 242—245 — Initiativrecht der Senatoren 238 bis 241 — senatorial courtesy 238—240, 242 bis 245 — Arbeitsweise 256—258

Register — K r i t i k an 257, 278, 279 — und Supreme Court Ernennungen 245 Senatoren — Anstrengungen bei der Richterauslese 246—247, 253 — Abhängigkeit v o n Parteien 260 Serjeants at L a w (Servientes ad Legem) 26, 28, 35, 36, 84 Simonds 72, 73 Solicitor General 36, 69 siehe auch Kronanwälte Solicitors 36, 83—87 Stände, England 28, 30, 31, 34 siehe auch Parlament Star Chamber 36, 39 Stipendiary Magistrates 48 Stone 252, 268, 272, 277, 278 Stuarts 37—42 Supreme Court 235, 236 Supreme Court of Judicature 51, 55 Taft 237, 240, 252, 266, 267 Taxing Masters 60 Territorialgerichte, USA 236 Transport T r i b u n a l 62 T r u m a n 248, 257, 258, 272 Tudors 28, 34—37 Unabhängigkeit, England — Mittelalter 28, 29, 35 — T u d o r - u n d Stuartepoche 35, 37 bis 42 — Interregnum 39, 40 — parteipolitische Bindungen 135 bis 138 — Konservatismus 140—143 — Selbstbewußtsein u n d innere Freiheit 144—146 — Justices of the Peace siehe ib. — Verwaltungstribunale siehe ib. Unabhängigkeit, USA, Einzelstaaten — parteipolitische Bindungen 212, 215, 216 — begrenzte Amtsdauer 212—217 — Courts of L i m i t e d Jurisdiction 217—218

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— Major T r i a l Courts 218—220 — Missouri Plan 220 — Appellate Courts 220—221 Unabhängigkeit, USA, Kolonien 170, 174 Unabhängigkeit, USA, U n i o n 279, 280 — Konservatismus 280 — innere Freiheit 279, 280 — Parteilichkeiten 281—284 — Supreme Court 284—287 Unabhängigkeitsgarantien 16 — England, Mittelalter 28 — England, Neuzeit 40, 42, 146, 147 — USA, Einzelstaaten 171, 192, 205, 212, 213, 216 — USA U n i o n 258, 259 Vanderbilt 194 — Umfrage 224, 225, 228, 229 Verwaltungstribunale 61—63 — Auswahlkriterien 106—108 — Parteieinflüsse 132—134 — Voreingenommenheiten 138—140 — Qualität 158—159 — Ansehen 167 — M i t w i r k u n g des L o r d Chancellor bei Besetzung 66, 67 — M i t w i r k u n g der Minister bei Besetzung 67, 75 — USA 178, 234 — Befähigungsvoraussetzungen f ü r Richter 87—89 Volkswahl — Staaten m i t 180—181 — Partisan und nonpartisan ballot 181 — Schwächen 305, 306 — Vorwahlen 181, 195, 196 siehe auch Beweggründe der Ernennung, Parteieinflüsse Vorwahlen 181, 195, 196 Wählerschaften — siehe Volkswahl Warren 251, 272, 281, 293, 295 Washington 239, 242, 243, 258, 259 Wilson, Woodrow 267