Ausländer in Mexiko: Die "Kolonien" der deutschen und US-amerikanischen Einwanderer in der mexikanischen Hauptstadt 1890-1942 9783964560056

Den Schwerpunkt der Studie bilden das Umfeld der Vereine, Schulen und Kirchengemeinden sowie die Veränderungen im Selbst

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Table of contents :
DANKSAGUNG
INHALTSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
VERZEICHNIS DER TABELLEN
1. EINLEITUNG
2. MEXIKOS BEZIEHUNGEN ZU DEN USA UND ZU DEUTSCHLAND
3. DAS PROBLEM DER EINWANDERUNG IN MEXIKO
4. DIE KOLONIEN IN MEXIKO-STADT
5. ERGEBNISSE
6. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
7. ANHANG
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Ausländer in Mexiko: Die "Kolonien" der deutschen und US-amerikanischen Einwanderer in der mexikanischen Hauptstadt 1890-1942
 9783964560056

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Silke Nagel Ausländer in Mexiko

BERLINER LATEINAMERIKA-FORSCHUNGEN Herausgegeben von Marianne Braig, Bernd Hausberger, Reinhard Liehr, Carlos Rincón, Renate Rott und Ursula Thiemer-Sachse Band 17

BERLINER LATEINAMERIKA-FORSCHUNGEN

Silke Nagel

Ausländer in Mexiko Die Kolonien der deutschen und US-amerikanischen Einwanderer in der mexikanischen Hauptstadt 1890-1942

VERVUERT • FRANKFURT / MAIN • 2005

Gedruckt mit Unterstützung der Dr. Jacques Koerfer-Stiftung

Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Zugl.: Berlin, Freie Univ., Diss., 2001 © Vervuert Verlag, Frankfurt am Main 2005 Wielandstr. 40 D-60318 Frankfurt am Main info@ i beroameri canalibros.com www.ibero-americana.net ISBN 3-86527-217-7 Alle Rechte vorbehalten Umschlaggestaltung: Michael Ackermann Gedruckt auf säure- und chlorfreiem, alterungsbeständigem Papier Printed in Spain

V

DANKSAGUNG

Unter den vielen Menschen, die mich bei der Arbeit zu dieser Dissertation unterstützten, sind an erster Stelle meine Betreuer Prof. Dr. Reinhard Liehr und Prof. Dr. Willi Paul Adams (+) von der Freien Universität Berlin zu nennen. Für die langjährige Begleitung meines Promotionsvorhabens bin ich ihnen sehr zu Dank verpflichtet. Besonders danken möchte ich Dra. Brígida von Mentz (CIESAS) für ihre herzliche Aufnahme in Mexiko und für ihre Kritik und Geduld gegenüber meinem Forschungsthema. Dra. Ma. Elena Ota Mishima ( t ) vom Colegio de México nahm mich in ihre Immigrationsforschungsgruppe auf und Mitglieder des Seminars Inmigrantes en la Historia de México (INAH) stellten mir zum Teil noch unveröffentlichte Arbeiten zur Verfügung. Ph. D. Friedrich E. Schuler (Portland State University, OR) danke ich für Diskussionen und für den Austausch von Dokumenten über die NS-Zeit. Finanzielle Förderung erhielt mein Forschungsprojekt durch die Berliner Nachwuchsförderung (NaFöG), den Deutschen Akademischen Austauschdienst und den damaligen Fachbereich Geschichtswissenschaften der FU. Ohne die Hilfe von Verwandten und Freunden hätte es allerdings nicht abgeschlossen werden können. Der Druck konnte mit Mitteln der Dr. Jacques Koerfer-Stiftung realisiert werden. In EDV-Fragen berieten mich stets zuverlässig Ingrid und Georg Drewnitzky. Sie holten meine Daten und mich aus so manchem schwarzen Loch, w o f ü r ich mich herzlich bedanke. Die vorliegende, für den Druck leicht gekürzte Dissertation wurde von der Promotionskomission des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften der FU angenommen. Die Disputation fand am 13. Juli 2001 statt.

VII

INHALTSVERZEICHNIS Abkürzungsverzeichnis Verzeichnis der Tabellen 1.

EINLEITUNG

13

2.

M E X I K O S BEZIEHUNGEN z u DEN U S A UND z u DEUTSCHLAND

21

2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4

Mexiko und die USA Das Problem der Grenze Die Beziehungen im Porfiriat Die Beziehungen während der Mexikanischen Revolution Die Beziehungen bis zum Zweiten Weltkrieg

21 21 33 43 57

2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4

Mexiko und Deutschland Frühe Handelsbeziehungen Die Beziehungen im Porfiriat Die Beziehungen während der Mexikanischen Revolution Die Beziehungen bis zum Zweiten Weltkrieg

71 71 76 81 90

2.3

Zusammenfassung

99

3.

D A S PROBLEM DER EINWANDERUNG IN MEXIKO

103

3.1 3.1.1 3.1.2

Die mexikanische Einwanderungsgesetzgebung und-politik Einwanderungsgesetzgebung und Kolonisation bis 1926 Einschränkungen der Einwanderung

103 104 124

3.2 3.2.1 3.2.2

US-Amerikaner und Deutsche in Mexiko Anzahl und regionale Verteilung nach den Zensus Naturalisierungen

137 138 148

3.3

Zusammenfassung

160

4.

D I E KOLONIEN

IN MEXIKO-STADT

163

4.1 4.1.1 4.1.2

Die Ursprünge Die deutsche Kolonie: Organisation trotz Fluktuation Die US-amerikanische Kolonie: Ein zögerlicher Beginn

163 163 172

4.2 4.2.1 4.2.2

„Paz porfiriana" Die deutsche Kolonie-. Wachstum und Differenzierung Die US-amerikanische Kolonie: Ein heftiger Boom

176 176 191

Vili

4.3 4.3.1 4.3.2

Ungleiche Entwicklungen während der Mexikanischen Revolution Die deutsche Kolonie: Der Weltkrieg dominiert Die US-amerikanische Kolonie: Opfer der Intervention

210 210 233

4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3

Die Die Die Die

245 245 276 310

4.5

Zusammenfassung

Kolonien bis zum Eintritt Mexikos in den Zweiten Weltkrieg deutsche Kolonie: Konflikte zur Weimarer Zeit deutsche Kolonie: Nationalsozialismus und Volksgemeinschaft US-amerikanische Kolonie: Reorganisation und Expansion

348

5.

ERGEBNISSE

359

6.

Q U E L L E N - U N D LITERATURVERZEICHNIS

365

6.1 6.1.1

Quellen Ungedruckte Quellen

365 365

6.1.2

Gedruckte Quellen

369

6.2

Literatur

380

7.

7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9 7.10 7.11 7.12

ANHANG

Mitglieder der National Association for the Protection of American Rights in Mexico Liste der Berufsangaben der zwischen der Unabhängigkeit und 1932 in Mexiko eingebürgerten US-Amerikaner und Deutschen Mitglieder des Vorstands der deutschen Schule von Mexiko-Stadt und Schülerzahl, 1901-1938 Im Generalkonsulat von Mexiko-Stadt registrierte US-Amerikaner, 1886 Handelshäuser in Mexiko-Stadt, die Waren aus den USA importierten, 1882 US-amerikanische Kaufleute aus Mexiko-Stadt und Umgebung, die sich für Generalkonsul Dr. Julius Skilton einsetzten Namen der 1917 auf der US-amerikanischen „Schwarzen Liste" für Mexiko verzeichneten Unternehmen Vorstände des Deutschen Hauses von Mexiko-Stadt Unterzeichner des Protestschreibens der deutschen Kolonie von Mexiko-Stadt an Dr. Wilhelm Bauer, 1911 Liste der von der mexikanischen Regierung intervenierten deutschen Häuser, 1942 Vorstände der American Chamber of Commerce of Mexico Vorstandspräsidenten und Schulleiter der American School von Mexiko-Stadt

397

397 404 406 409 410 413 414 417 420 421 424 428

IX

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS AGN AHR AHSEP AHSRE AIIIGM AO ASKI B.C. BO-SRE BSChEH D D. F. DSA DZM DVM EZA F FBI GB HAHR HM IAA IAEA IN AH JbLA MS NAP ARM NAUS NSDAP OKM PgPHR PK RNE Sp SPD SEP SRE TAm UdSSR USA VDA

Archivo General de la Nación, México, D. F. American Historical Review, New York, NY Archivo Histórico de la Secretaría de Educación Publica, México, D. F. Archivo Histórico de la Secretaría de Relaciones Exteriores Genaro Estrada, México, D. F. Anuario del Instituto de Investigaciones Interculturales Germano-Mexicanas, México, D. F. Auslandsorganisation [der NSDAP] Ausländersonderkonten für Inlandszahlungen Baja California Boletín Oficial de la Secretaría de Relaciones Exteriores, México, D. F. Boletín de la Sociedad Chihuahuense de Estudios Históricos, Chihuahua, Chih. Deutschland Distrito Federal Die Deutsche Schule im Auslande, Wolfenbüttel Deutsche Zeitung von Mexiko, México, D. F. Deutsche Volksgemeinschaft, México, D. F. Evangelisches Zentralarchiv, Berlin Frankreich Federal Bureau of Investigation, Washington, DC Großbritannien Hispanic American Historical Review, Durham, NC Historia Mexicana, México, D. F. Ibero-Amerikanisches Archiv, Berlin Inter-American Economic Affairs, Washington, DC Instituto Nacional de Antropología e Historia, México, D. F. Jahrbuch fur Geschichte von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft Lateinamerikas, Köln Manuskript National Association for the Protection of American Rights in Mexico, New York, NY National Archives of the United States, Washington, DC Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Oberkommando der Kriegsmarine Parteigenosse Pacific Historical Review, Berkeley, CA Preußischer Kulturbesitz Registro Nacional de Extranjeros Spanien Sozialdemokratische Partei Deutschlands Secretaría de Educación Pública Secretaría de Relaciones Exteriores The Americas, Washington, DC Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken United States of America Verein/Volksbund fur das Deutschtum im Ausland

X

VERZEICHNIS DER TABELLEN 1. Zielländer der mexikanischen Ausfuhr, 1872-1910 (in Millionen Pesos) 2. Herkunftsländer der mexikanischen Einfuhr, 1872-1910 (in Millionen Pesos) 3. Anzahl der in Yucatán geschiedenen Ehepaare aus den USA, 1924-1928 4. Enteignungen ausländischer Landbesitzer in Mexiko bis Oktober 1926 5. US-amerikanische Direktinvestitionen in Mexiko (geschätzt, in Millionen Dollar) 6. Der Außenhandel Mexikos 1913 und 1918 (in 1000 Dollar) 7. Der deutsche Außenhandel mit Mexiko, 1935-1937 (in Millionen Reichsmark) 8. Die Ein- und Auswanderung von Ausländern in Mexiko, 1908-1928 9. Die Bevölkerung Mexikos, 1895-1940 10. Die zehn wichtigsten ausländischen Geburtsländer der Bevölkerung Mexikos, 1895 11. Die zehn wichtigsten ausländischen Geburtsländer der Bevölkerung Mexikos, 1910 12. Die zehn wichtigsten ausländischen Geburtsländer der Bevölkerung Mexikos, 1930 13. Deutsche in den mexikanischen Zensus nach den Angaben lugar de nacimiento und nacionalidad 14. US-Amerikaner in den mexikanischen Zensus nach den Angaben lugar de nacimiento und nacionalidad 15. Deutsche in den mexikanischen Bundesstaaten, 1895-1940 16. US-Amerikaner in den mexikanischen Bundesstaaten, 1895-1940 17. Anteil der im D. F. residierenden Deutschen und US-Amerikaner an den Deutschen und US-Amerikanern in Mexiko insgesamt 18. Die Bevölkerung des Distrito Federal, 1895-1940 19. Die zehn wichtigsten ausländischen Geburtsländer für den Distrito Federal, 1910 20. Die zehn wichtigsten ausländischen Geburtsländer für den Distrito Federal, 1930 21. Die zehn größten ausländischen Nationalitätengruppen im Distrito Federal, 1930 22. Die zehn größten ausländischen Nationalitätengruppen im Distrito Federal, 1940 23. In den USA und in Deutschland geborene Einwohner des Distrito Federal, 1895-1930 24. US-Amerikaner und Deutsche im Distrito Federal, 1895-1940 25. Einbürgerungen von US-Amerikanern und Deutschen in Mexiko, 1831-1930 26. Einbürgerungen von US-Amerikanern und Deutschen in Mexiko, 1937-1953 27. Berufsangaben der bis 1932 in Mexiko eingebürgerten US-Amerikaner und Deutschen 28. Wohnorte der bis 1932 in Mexiko eingebürgerten Deutschen und USAmerikaner

38 39 59 61 71 89 99 127 139 139 140 140 141 142 143 144 145 145 145 146 146 147 147 148 154 155 156 158

XI

29. Wohnorte der in Mexiko eingebürgerten Deutschen und USAmerikaner, 1936-1953 30. Familienstand der in Mexiko eingebürgerten Deutschen und USAmerikaner, 1936-1953 31. Herkunft der in Mexiko ansässigen deutschen „Familienoberhäupter", 1851-1853 32. Zusammensetzung der Schülerschaft der deutschen Schule von Mexiko-Stadt gemäß der Nationalität der Eltern, Schuljahre 1900/01 bis 1904/05 33. Staatsangehörigkeit und Muttersprache der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt im Schulj ahr 1907 34. Todesursachen der im Distrito Federal und der näheren Umgebung verstorbenen US-Amerikaner, 1896-1906 35. Alter der im Distrito Federal und der näheren Umgebung verstorbenen US-Amerikaner, 1896-1906 36. Waffenlager der deutschen Kolonie in Mexiko-Stadt, 1914 37. Unterstützungszahlungen der Deutschen Krankenkasse von MexikoStadt, 1909-1917 38. Vereinsvermögen der Deutschen Krankenkasse von Mexiko-Stadt, 1912-1916 39. Sprachverhältnisse im Elternhaus der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, Schuljahre 1913/14 und 1915/16 40. Sprachverhältnisse im Elternhaus der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, Schuljahr 1917/18 41. Schülerzahlen „ausländischer" Schulen in Mexiko-Stadt, 1908-1914 42. Stellenvermittlung des Verbands deutscher Reichsangehöriger in Mexiko-Stadt, 1923 43. Stellenvermittlung des Verbands deutscher Reichsangehöriger in Mexiko-Stadt, 1925 44. Staatsangehörigkeit und Muttersprache der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1920 45. Staatsangehörigkeit der Schüler der deutschen Schule von MexikoStadt, 1923 46. Sprache des Hauses der Schüler der deutschen Schule von MexikoStadt, 1923 47. Staatsangehörigkeit der Schüler der deutschen Schule von MexikoStadt, 1932 48. Einnahmen der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1924-1930 (in Pesos) 49. Amtshandlungen von Pfarrer Martin Schencke, Mexiko, D. F. 50. „Volkstumszugehörigkeit" der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1936-1938 51. Sprache des Elternhauses der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1935-1938 52. Staatsangehörigkeit der Schüler der deutschen Schule von MexikoStadt, 1935-1938 53. Vollzogene Amtshandlungen der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde Mexiko, 1932-1939 54. Religionszugehörigkeit der Schüler der deutschen Schule von MexikoStadt, 1931, 1932, 1935-1938

159 160 164

185 186 206 207 213 218 218 226 226 243 250 251 259 260 260 261 262 271 295 295 296 301 302

XII

55. Nationalitäten von Ehepartnern US-amerikanischer Residenten in Mexiko, 1941 56. Berufe von US-Amerikanern im Distrito Federal 57. Mitgliederzahl der American Chamber of Commerce of Mexico in ausgewählten Jahren, 1920-1944 58. US-amerikanische Einwohner in den Delegationen des Distrito Federal 59. Verteilung der US-amerikanischen Familien auf die Colonias des Distrito Federal, 1922-1938 60. Mitgliedschaften US-amerikanischer Männer in Klubs des Distrito Federal, 1941 61. Jährliches Schulgeld verschiedener Privatschulen in Mexiko-Stadt, 1938 (in Pesos) 62. Nationalität der Schüler der American School von Mexiko-Stadt, Februar, 1941 63. Anzahl der US-amerikanischen Familien mit Kindern auf der American School von Mexiko-Stadt 64. Anzahl der Lehrer der American School von Mexiko-Stadt, die in den USA und in Mexiko ausgebildet worden waren, 1938

313 315 318 323 324 330 338 341 342 343

13

1. E I N L E I T U N G

Die vorliegende Arbeit behandelt die Geschichte deutscher und US-amerikanischer Einwanderer in Mexiko. Während die mexikanische Kolonisationspoltik wenig effektiv war, brachten die im Porfiriat wachsenden wirtschaftlichen Möglichkeiten eine steigende Zahl von Einwanderern ins Land, bis sich ab Mitte der 1920er Jahre eine nationalistische Ausländerpolitik durchsetzte und die Einwanderung stark eingeschränkt und reglementiert wurde. Deutsche und US-Amerikaner kamen vor allem als Kaufleute, Unternehmer und deren Angestellte nach Mexiko. Mexiko-Stadt war für US-Amerikaner ein häufiger, für Deutsche der bedeutendste Niederlassungsort für Immigranten.1 Hier entstanden die wichtigsten Vereine und Schulen, hier wurden auch Kirchengemeinden und ein Hospital gegründet. Die sogenannten Kolonien, die Deutsche und USAmerikaner in der Hauptstadt bildeten, stehen im Vordergrund der Untersuchung. Im Vergleich zu ländlichen Einwanderersiedlungen weisen sie mehrere Unterschiede auf: 1. Die Fluktuation der Beteiligten war hoch. Die Kolonien entstanden nicht aufgrund eines einmaligen Einwanderungsvorgangs, sondern wandelten sich ständig durch Zuund Abwanderung. Kaufleute und Unternehmer hatten häufig enge berufliche Kontakte zu ihrem Heimatland und verbrachten, ebenso wie ihre Kinder, Teile ihres Lebens dort oder im übrigen Ausland. 2. Die Abgrenzung der Kolonien gegenüber anderen Einwohnern aus demselben Herkunftsland oder derselben Kultur ist nicht eindeutig. So erreichten zum Beispiel die deutsche und die US-amerikanische Schule auch Familien, die sich sonst nicht an Vereinen oder anderen Organisationen der Kolonien beteiligten. Umgekehrt wirkten auch US-Amerikanerinnen am kirchlichen Gemeindeleben mit, die zu den übrigen Organisationen der US-amerikanischen Kolonie keinen Zugang hatten. 3. Die Kolonien in der mexikanischen Hauptstadt standen dort auch als Vertreter ihrer Herkunftsländer, was zum Teil von ihnen auch so gewollt wurde. Diplomaten und Politiker machten sich dies mit unterschiedlicher Intensität zunutze, auch wenn die Folgen für die Kolonien in solchen Fällen nicht selten negativ waren. Der Begriff Kolonie wurde sowohl von Einwanderern verschiedener Herkunft als auch von Mexikanern verwendet. Sein Inhalt hing jedoch vom jeweiligen Sprecher und der jeweiligen Situation ab.2 So konnte er sowohl für die Kolonie im engeren Sinne, daß heißt für die Gruppe der den ethnischen Organisationen verbundenen Einwanderer einer bestimmten Stadt stehen, als auch für die Gesamtheit der einer nationalen oder ethnischen Gruppe zuzurechnenden Personen im ganzen Land. Der deutsche Gesandte des Hitlerreiches, Heinrich Rüdt von Gollenberg, schloß zum Beispiel, als es ihm politisch opportun schien, die Deutschen in Mexiko als besonders zahlreich, mächtig und innerlich verbunden darzustellen, selbst aus Kanada eingewanderte Mennoniten in den Begriff der deutschen Kolonie mit ein. In der Regel bezeichnete dieser aber die Gruppe 1 2

Zum Begriff „Immigrant" beziehungsweise „Einwanderer" vgl. Kapitel 3.1 dieser Arbeit.

Davis (1942: xii) schrieb über dieses Problem in Bezug auf die US-amerikanische Kolonie: „There is no generally accepted definition of the term, yet everyone understands when someone speaks of the .American Colony.'"

14

deijenigen Personen, die mehr oder weniger aktiv am jeweiligen ethnischen Leben in Vereinen, Schulen und Kirchengemeinden teilnahmen und die häufig auch ökonomisch eng miteinander verbunden waren. Der Begriff ist nicht territorial zu verstehen und nicht identisch mit den in Kapitel 3.1.1 dieser Arbeit besprochenen Agrarkolonien.3 Die Deutschen und US-Amerikaner in Mexiko werden als ethnische Gruppen verstanden, die am Wirtschaftsleben ihres Gastlandes teilnahmen. Sie waren durch ihre Berufe und zum Teil auch durch Einheiraten integriert. Allerdings hielten sie durch ihre in Kapitel 4 beschriebenen Organisationen ihre Ethnizität aufrecht und grenzten sich in ihnen mehr oder weniger stark von der sie umgebenden Gesellschaft ab. Die vorliegende Arbeit geht nicht von der Idee einer „Assimilation" durch die mexikanische Gesellschaft aus, wie sie für Einwanderer in den USA lange diskutiert wurde.4 Eine solche gab es auf der Ebene der hauptstädtischen Kolonien im behandelten Zeitraum nicht.5 Sie wurde jedoch in den 1930er Jahren Ziel der mexikanischen Regierung. Die Begriffe „Ethnizität" oder „ethnisch" werden in der Migrationsforschung häufig gebraucht, sind aber sehr schwer befriedigend zu definieren. 6 Wenn in dieser Studie der Begriff „ethnische Gruppe" verwendet wird, lehnt er sich eng an die Definition von Gabbert (1992: 35) an:7

Die ethnische Gruppe zeichnet sich ebenso wie die Ethnie durch das Fehlen staatlicher Organisation bzw. des ideologischen Bezugs darauf aus. Dies unterscheidet beide Begriffe ja gerade vom Konzept der Nation. Im Gegensatz zur Ethnie ist die ethnische Gruppe jedoch weitgehend in die sie umgebende Gesellschaft integriert. Sie ist in deren Produktions-, Verteilungs- und Konsumtionsprozeß eingebunden, kann also nur als Teil dieses Sozialverbandes existieren. Ihre Mitglieder müssen deshalb permanent mit dem Rest der Gesellschaft interagieren. Ihr fehlt die materielle Grundlage für eine separate Existenz. Die ethnische Gruppe kann (im Gegensatz zur Ethnie) intern sehr wohl eine ausgeprägte soziale (Klassen-) Differenzierung aufweisen.

Das Problem ist offensichtlich: Während Deutsche und US-Amerikaner sich sehr gut als ethnische Gruppe im mexikanischen Sozialverband vorstellen lassen und sich dadurch zum Beispiel von der Ethnie der Mennoniten unterscheiden, ist der ideologische 3

Um Verwechslungen mit Agrarkolonien auszuschließen, wird er deshalb in dieser Arbeit kursiv gesetzt.

4

Zur Geschichte der Assimilationsfrage in der US-amerikanischen Einwandererdiskussion vgl. Adams (1984). Die Untersuchung der Assimilierung von Einwanderern spielte in der US-amerikanischen Forschung der 1960er und 1970er Jahre eine zentrale Rolle. Vgl. dazu die einflußreiche Studie von M. Gordon (1964). Zu einer Kritik dieser und anderer „Theorien der rassischen und ethnischen Beziehungen in den U.S.A." vgl. Feagin (1990). s

Es wäre wünschenswert zu untersuchen, ob dies auch auf regionaler und familiengeschichtlicher Ebene gilt. Jürgen Buchenau von der University of North Carolina (Charlotte, NC) schreibt zur Zeit anhand des Familienarchivs eine bis heute reichende Geschichte der Casa Boker (Cia. Ferretera Mexicana), die auch das Problem der „nationalen Identität" der Familie behandeln soll. 6

Vgl. zu dem Begriff aus anthropologischer Sicht Gabbert (1992: 16-37) und Elwert (1989). Gabbert (1992: 36) beschreibt ihn so: „Ethnizität ist ein Phänomen sozialer Abgrenzung: die Organisierung sozialer Gruppen auf der Grundlage realer oder angenommener kultureller und/oder phänotypischer Unterschiede." 7

Gabbert entwickelte diese Definition in seiner Studie über die ethnische Gruppe der Creoles und die Ethnie der Miskito in ihrem Verhältnis zum nicaraguanischen Nationalstaat.

15

Bezug zu einer staatlichen Organisation, anders als in der Definition postuliert, durchaus gegeben. Jedoch ist die Nation, auf die sich bezogen wird, nicht mit dem umgebenden Sozialverband identisch. Ebenso wie eine ethnische Gruppe nach Gabberts Definition können aber weder Deutsche noch US-Amerikaner „in der Auseinandersetzung mit den Integrationsbestrebungen eines Nationalstaates [hier des mexikanischen] die Forderung nach einer gesonderten Existenz und eigener politischer Souveränität" glaubhaft erheben. Die Themenstellung dieser Arbeit, die im Jahr 2001 unter dem Titel „Ausländerkolonien in Mexiko-Stadt: Deutsche und US-Amerikaner zwischen Integration und Ethnizität, 1890-1942 als Dissertation vom Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin akzeptiert wurde, hat eine längere Entwicklung hinter sich. Meine Magisterarbeit 8 über deutsche Einwanderer in Mexiko sollte ursprünglich einen Urbanen Gegenpol zu zwei Dissertationen über agrarisch geprägte Immigrantengruppen in Südamerika bilden. 9 Die Ergebnisse der damaligen Arbeit legten eine zeitlich differenziertere Untersuchung der Einwanderung und der Entwicklung der hauptstädtischen Kolonie sowie eine stärkere Berücksichtigung des Einflusses der deutschen Politik auf die Auswanderer nahe. Außerdem wurde das Fehlen einer Studie über die mexikanische Einwanderungspolitik für die Zeit nach dem Porfiriat deutlich. Durch die Einbeziehung der US-amerikanischen Einwanderer und ihrer Kolonie sollte die Analyse der Deutschen, insbesondere in Bezug auf ihr ethnisches Selbstverständnis und ihre Beziehung zum Heimatstaat, an Schärfe gewinnen. 10 Dabei schien die Gruppe der US-Amerikaner besonders interessant, da sie als „neue" Einwanderer in Mexiko später als die Deutschen Fuß faßten, sich aber während des Untersuchungszeitraumes zur dominanten und zahlenstärksten Ausländergruppe in Mexiko entwickelten. Aufgrund ihrer Herkunft aus dem klassischen Einwanderungsland der Vereinigten Staaten 11 schien gerade diese Kolonie geeignet, eine anders konstituierte Ethnizität kennenzulernen. Der Untersuchungszeitraum ist im Hinblick auf die geringe zahlenmäßige Größe der Kolonien eher lang gewählt. Ausgehend von den Hauptphasen der mexikanischen Geschichte werden die „Vorgeschichte", das Porfiriat, die bewaffnete Phase der Mexikanischen Revolution (1910-1920) sowie die Zeit von deren Konsolidierung bis zum Zweiten Weltkrieg unterschieden. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Zeit der ökonomischen Hochzeit des Porfiriats ab etwa 1890, als die Einwanderung und die Investitionen von Ausländern zunahmen, bis zum Eintritt Mexikos in den Krieg im Mai 1942. Der Kriegseintritt bedeutete einen tiefen Einschnitt in die Beziehungen zu Deutschland und

8

„Integration oder nationalistische Abgrenzung. Deutsche Einwanderer in Mexiko-Stadt 1870-1942 (Freie Universität Berlin 1991). ' Es handelt sich um Arbeiten über die deutsche Agrarkolonisation in Argentinien (Thumer MS 1986) und die Migration von Deutschen als Arbeiter im brasilianischen Kaffeeanbau (R. Wagner 1995). 10 Obwohl in der vorliegenden Arbeit keine Gesellschaften als Ganzes miteinander verglichen werden, sondern höchstens Teile von zwei Gesellschaften in einer dritten, nähert sie sich darin dem von Kaelble (1999: 64-70) beschriebenen „verstehenden Vergleich" an.

" Wenn in dieser Arbeit der Begriff „Vereinigte Staaten" verwendet wird, sind damit immer die USA gemeint, nicht die Estados Unidos Mexicanos (Mexiko). 12 Vgl. dazu Hilfrich (1997: 151) über die Vereinigten Staaten: „America was unique because, instead of coining nationalism in ethnic and historical terms, it derived its national identity from the country's democratic foundation."

16

für die deutsche Kolonie, während die Beziehungen zu den USA durch die enge militärische und wirtschaftliche Zusammenarbeit unter der klaren Dominanz der Vereinigten Staaten in eine neue Epoche des Austausches traten, die auch die Kolonie nicht unbeeinflußt ließ. In der Ausländerpolitik Mexikos vollzog sich in diesem Zeitraum ein Wandel von einer ausgesprochenen Ausländerfreundlichkeit hin zu einem starken, andere Gruppen ausgrenzenden Nationalismus. Obwohl Mexiko als Einwanderungsland nicht die Bedeutung der USA, Brasiliens oder Argentiniens erlangt hat, konnte sich die Erforschung der verschiedenen Einwanderergruppen in den letzten Jahren einen festen Platz in der mexikanischen Historiographie sichern.13 Dies liegt zum einen an dem wachsenden Interesse an der Untersuchung der heterogenen gesellschaftlichen Verhältnisse, zum anderen an der im In- und Ausland geführten älteren Diskussion um den Einfluß und die Rolle ausländischer Kaufleute und Unternehmer. Der Forschungsstand über die deutschen und die US-amerikanischen Einwanderer ist sehr unterschiedlich. Trotz ihrer für Mexiko geringeren Bedeutung ist die Gruppe der Deutschen bisher besser untersucht. Zu nennen sind vor allem die wirtschaftshistorischen Arbeiten von Brigida von Mentz, die in mehreren Studien deutschsprachige Kaufleute und Unternehmer in Mexiko-Stadt und den Bundesstaaten über einen langen Zeitraum (von der Unabhängigkeit bis zum Zweiten Weltkrieg) erforscht hat. 14 Interessanterweise beschränken sie und ihre Mitarbeiter sich nicht ausschließlich auf ökonomische Aspekte, sondern beziehen zum Teil, jedoch nicht durchgängig, auch die sozialen Beziehungen und die Vereinigungen der Gruppe in die Untersuchung mit ein.15 Allerdings ergibt sich aus diesen Kapiteln keine zusammenhängende Geschichte der deutschen Kolonie und ihrer Organisationen in Mexiko-Stadt. Von Mentz interpretiert die deutschsprachigen Kaufleute trotz ihrer Ethnizität16 vor allem als integralen Bestandteil der mexikanischen Bourgeoisie (Mentz 1988a: 241, 244-248; 1988d: 1, 3, 23, 29; 1988g: 330). Dabei werden die ideologischen Auswirkungen des Ersten Weltkriegs und der Einfluß der deutschen Politik als auf die Kolonie einwirkende Kräfte zu wenig berücksichtigt. Über die US-amerikanische Kolonie in Mexiko wurden zwei Unterschungen veröffentlicht: die Dissertationen von Ethelyn Davis (1942)17 und von William Schell (1992).18 Schell beschränkt sich auf das Porfiriat und versucht, die „Black Legend" der „Yankees" zu widerlegen. 19 Diese wurde seiner Darstellung nach von Kritikern des 13 Neben zahlreichen Einzelstudien sind hier die Sammelbände von Bonfil Batalla (1993) und Ota Mishima (1997) sowie die Arbeiten des Seminario Inmigrantes en México des INAH (1989; Colloquium „¿Aguila o Sol?" 1993) und von Martínez Montiel (1988) zu nennen. 14 Vgl. vor allem die von ihr koordinierten Bände Los pioneros del imperialismo alemán en México (1982) unter Mitarbeit von Verena Radkau, Beatriz Scharrer und Guillermo Turner, und Los empresarios alemanes, el Tercer Reich y la oposición de derecha a Cárdenas (1988, 2 Bde.) unter Mitarbeit von Verena Radkau, Daniela Spenser und Ricardo Pérez Montfort. 15

Vgl. von Mentz (1982a; 1982e; 1988a; 1988g) und Radkau (1988a).

16

Sie bezeichnet sie, auch für die Zeit vor 1871, als „grupo nacional" (Mentz 1982d: 23; 1988f: 11).

17

Ethelyn Clara Davis: The American Colony in Mexico City (1942).

18

William Schell: Integral Outsiders: Mexico City's American Political Economy in Porßrian Mexico (1992).

Colony (I876-I9II).

" Inzwischen liegt eine überarbeitete Version dieser Arbeit vor (Schell 2001).

Society

and

17

Diaz-Regimes verbreitet, in der Historiographie fortgeführt und zur Rechtfertigung der Revolution benutzt. Der Dämonisierung der US-Amerikaner setzt er das Konzept der „integral Outsiders" entgegen, demgemäß die kulturellen Außenseiter einen integralen Bestandteil der von einem „defensive modernism" charakterisierten Wirtschaft des Porfiriats bildeten. Ohne den im Verlauf seiner Arbeit durchgängig benutzen Begriff der Kolonie zu problematisieren, 20 beschreibt er anhand des zeitgenössischen Presseorgans Mexican Herald die Institutionen und Vereinigungen der Kolonie in Mexiko-Stadt. Ebenso großes Augenmerk erfahrt allerdings die tropische Plantagenwirtschaft, in die US-amerikanisches Kapital investiert war und in der Schells Erkenntnissen nach eine „tropical mafia" skrupellos ihre finanziellen Interessen verfolgte. Die Dissertation von Davis (1942) vergleicht die US-amerikanische Kolonie21 in Mexiko-Stadt der 1930er Jahre mit den Ergebnissen der soziologischen Literatur über Immigranten in den Vereinigten Staaten. Davis hat zeitweise selbst in der Kolonie in Mexiko-Stadt gelebt. Ihre Arbeit hat nicht nur dadurch auch den Charakter einer Quelle. Im Unterschied zu heutigen Forschern hatte sie noch Zugang zu Informationen und Archiven, die jetzt nicht mehr zur Verfügung stehen, so zum Beispiel auch zu den zeitgenössichen Akten der US-amerikanischen Schule, die dort nicht überliefert sind. Die Untersuchung der deutschen Einwanderer und der hauptstädtischen Kolonie in Mexiko reiht sich in die traditions- und umfangreiche Historiographie über die deutsche Auswanderung ein, die sich in zunehmendem Maß auch mit der Migration in lateinamerikanische und andere Zielländer befaßt.22 Dabei sind Arbeiten, die die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg mit einbeziehen oder sich schwerpunktmäßig mit ihr beschäftigen, noch immer stark unterrepräsentiert. Dies gilt auch für die Forschung über deutsche Einwanderer in lateinamerikanischen Städten.23 Dagegen wird das Thema der „Auslandsdeutschen" und des Nationalsozialismus vor allem als außenpolitisches Problem behandelt.24 Im Unterschied zur deutschen ist eine US-amerikanische Auswanderungsforschung nahezu unbekannt. 25 Das Interesse an US-Amerikanern in Mexiko wuchs erst aus der 20

Er tendiert allerdings dazu, alle englischsprachigen US-Amerikaner einzubeziehen (Schell 1992: 513).

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Den Begriff definiert sie so: „[...] those who seek to maintain their own racial and cultural integrity although living in an alien land which has an independent government" (Davis 1942: ii). 22

Vgl. dazu die Überblicksartikel von Bernecker/Fischer (1992), Ziegler (1996) und Potthast-Jutkeit (1998). 23

Als Ausnahme ist die Arbeit von Ronald Newton (1977) Uber Deutsche in Buenos Aires (Argentinien) von 1900 bis 1933 zu nennen. In seiner späteren Studie über die NS-Zeit (Newton 1992) steht die Kolonie nicht mehr im Mittelpunkt der Darstellung. 24

Zu den Auslandsdeutschen vgl. Hiden (1977), Rinke (1996), Pommerin (1979) und Volberg (1981). Keine dieser Studien beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Mexiko. Rinke behandelt die Auslandsdeutschen in ganz Lateinamerika, Volberg die in Argentinien. Zur NSDAP in lateinamerikanischen Ländern vgl. J. Müller (1997), Bartelt (1993), Camou (1986) und, mit einem Schwerpunkt auf der innenpolitischen Bedeutung in Chile, Gaudig/Veit (1994). 25

Das Interesse an US-Amerikanern im Ausland wurde in der breiteren Öffentlichkeit erst durch den 1958 veröffentlichten fiktionalen Text The Ugly American von William J. Lederer und Eugene Burdick geweckt, der in Asien spielt. Der zeitweilige Undersecretary of State Harlan Cleveland war an Studien über „Overseas Americans" beteiligt (Cleveland/Mangone 1957; The Overseas Americans 1960). The Ugly American und diese Studien entsprangen der politischen Notwendigkeit nach einer besseren Vorbereitung von US-Amerikanern auf ihren Auslandseinsatz für das Militär, den diplomatischen Dienst und auch in der missionarischen Tätigkeit und der Wirtschaft. 1966 veröffentlichte Richard D. Lambert einen

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Diskussion über das Problem von Klassengesellschaften in den 1970er Jahren und durch die Einwanderung von US-amerikanischen Rentnern und Pensionären sowie von Veteranen nach dem Vietnamkrieg. 26 Selbst die ökonomische Tätigkeit von US-Amerikanern ist für den Distrito Federal historisch kaum untersucht. 27 So fehlen systematische Darstellungen zu ihrem erheblichen Engagement in Grundstücks- und Immobiliengeschäften im Zusammenhang mit der Stadtentwicklung Mexikos. Auch die Investitionen im Hotel- und Gaststättengewerbe wurden in der Forschung nicht berücksichtigt. Die neue, umfangreiche Studie J. M. Harts über US-amerikanische Unternehmer in Mexiko von der Zeit des US-amerikanischen Bürgerkriegs bis zum Jahr 2000 berücksichtigt Mexiko-Stadt und seine US-amerikanische Kolonie für den hier behandelten Zeitraum kaum (Hart 2002). Die Quellen für die vorliegende Arbeit stammen aus mexikanischen, deutschen und US-amerikanischen Archiven. In Mexiko konnte ich vor allem im historischen Archiv des mexikanischen Außenministeriums (AHSRE) recherchieren. In den dort vorhandenen Schlagwortkatalogen zum 19. und 20. Jahrhundert wurden unter Personen- und Institutionennamen sowie unter weiteren Stichworten Quellen gefunden und ausgewertet. Diese Quellen beruhen zum großen Teil auf diplomatischen Schriftwechseln zwischen Mexiko und Deutschland beziehungweise Mexiko und den USA oder auf dem Austausch zwischen dem mexikanischen Außenministerium und seinen Gesandten oder Konsuln und betreffen Probleme von Ausländern, Naturalisierungen oder Einwanderungsfragen. Im mexikanischen Nationalarchiv (AGN) habe ich das vom Innenministerium ab 1930 geführte Ausländerregister (RNE) für die Nationalität der Deutschen als Datenbank aufgenommen. 28 Eine systematische Auswertung soll jedoch einer späteren Studie über die Einwanderung von Deutschen nach dem Ersten Weltkrieg vorbehalten bleiben, da eine vergleichbare Datenbank der US-Amerikaner (es sind etwa 40.000 Karteikarten vorhanden) nicht erstellt werden konnte. Das Problem liegt nicht nur in der Menge und dem zur Aufnahme und Bearbeitung benötigten Zeitaufwand des Materials über US-Amerikaner, sondern auch an der größeren Fluktuation der Migranten und ihrem dadurch verschiedenen Einwanderungsstatus. Dadurch gibt es zu vielen Personen zahlreiche Karteikarten. Sie sind, anders als die der Deutschen, nicht nach dem ersten Buchstaben des Nachnamens vorsortiert. Auch die persönlichen Angaben über diejenigen Migranten, die in einigen Fällen offensichtlich in Mexiko lebten, es aber vorzogen, keinen dauerhaften Einwanderungsstatus zu erlangen, änderten sich nach diesen Karten im Verlauf der Jahre und erschweren nicht nur eine systematische Auswertung, sondern auch den Vergleich mit der Gruppe der Deutschen. Band der Annais ofThe American Academy of Political and Social Science mit dem Thema „Americans Abroad". Mexiko wird darin nur am Rande behandelt. Der Anthropologe Dennison Nash untersuchte Ende der 1960er Jahre die damalige US-amerikanische Kolonie in Barcelona, das er als Ciudad Condal anonymisiert (Nash 1970). Erik Cohen erstellte eine 1977 erschienene soziologische Typologie von Expatríate Communities, die sich stark an US-Amerikanern und Europäern in Entwicklungsländern in Afrika und Asien orientiert. 26

Zu den Kriegsveteranen vgl. zum Beispiel Palma Mora (1990); zu ,/etirement colonies" von US-Amerikanem Stokes (1981). Aus einem von Michael Kenny 1977-1979 geleiteten Projekt gingen mehrere Studien über die damalige US-amerikanische Kolonie in Mexiko-Stadt hervor (vgl. Denman 1980; Icazuriaga 1980; Scanion 1984). An der Universidad Iberoamericana entstanden zeitgleich Arbeiten Uber damalige US-amerikanische Kirchengemeinden (Luconi Moroni 1979; Burr Muro 1985). 27 28

Zur Familie Braniff für den Zeitraum von 1865 bis 1920 vgl. jedoch Collado (1987).

In sieben Kisten sind dort etwa 9000 Karteikarten (F 14 und F 5) mit Angaben zu eingewanderten Deutschen gelagert. In der vorliegenden Arbeit wurden die Angaben des RNE bei einigen Personen zur Klärung biographischer Daten herangezogen.

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Im historischen Archiv des mexikanischen Erziehungsministeriums (AHSEP) konnte ich Material über die deutsche und die US-amerikanische Schule bearbeiten. Hierbei waren vor allem die Berichte der mexikanischen Inspektoren über die deutsche Schule in der nationalsozialistischen Zeit von höchster Bedeutung, die einen starken Kontrast zu den routinemäßig problemlosen Besichtigungen der US-amerikanischen Schule bilden. Anders als die deutsche Schule, die noch alte Jahresberichte und Veröffentlichungen besitzt und zugänglich macht, verfügt die US-amerikanische Schule über kein Archiv zum Untersuchungszeitraum und auch kaum über eigene Veröffentlichungen. Sowohl in den deutschen als auch in den US-amerikanischen Kirchengemeinden wurde außer Jubiläumsschriften kein weiteres Quellenmaterial für diese Arbeit gefunden. Das Evangelische Zentralarchiv in Berlin (EZA) verfügt dagegen über Akten über die deutsche evangelische Kirchengemeinde in Mexiko. Hier finden sich Pfarrberichte, Schreiben von Mitgliedern der Kolonie und Berichte verschiedener Autoren über die kirchliche Lage und das Deutschtum in Mexiko, darunter auch zahlreiche Abschriften von Berichten der deutschen Diplomaten und Konsuln zu diesen Fragen. In der Anglo-Amerikanischen Abteilung des Historischen Seminars der Universität zu Köln wurden die chronologisch verfilmten Berichte der US-amerikanischen Konsuln in Mexiko-Stadt für die Jahre 1876-1906 aus den National Archives of the United States (NAUS) bearbeitet, außerdem die nach Themen geordneten Berichte über die interne Lage in Mexiko für die Jahre 1910 bis 1929. Sie geben Auskunft über Heiraten und Todesfalle von US-Amerikanern, über Klubs, Institutionen und Feiertage. Kopien einzelner Dokumente aus dem Bestand der NAUS stellte mir Prof. Friedrich E. Schuler (Portland State University, OR) zur Verfügung. Ohne die reichhaltigen Bestände an gedruckten Quellen aus dem Ibero-Amerikanischen Institut PK in Berlin hätte diese Arbeit nicht realisiert werden können. Hier fanden sich nicht nur offizielle Veröffentlichungen wie das Boletín Oficial de la Secretaría de Relaciones Exteriores oder die Reports from Consuls of the United States, sondern auch Schriften aus den Kolonien wie die Jahresberichte der deutschen Schule ab 1916, Wochenschriften wie der Mexican American sowie eine Unmenge von weiteren zeitgenössischen Publikationen. Auch die Staatsbibliothek zu Berlin PK und die Bibliothek des Colegio de México (D. F.) trugen mit ihren Beständen an zeitgenössischen Schriften aus dem Untersuchungszeitraum zu dieser Arbeit bei. Im Anschluß an die Einleitung beschreibt das zweite Kapitel der Untersuchung die Beziehungen Mexikos zu den Vereinigten Staaten und zu Deutschland in den einzelnen Phasen. Der Schwerpunkt liegt auf den politischen und den wirtschaftlichen Beziehungen. Diese wirkten entscheidend auf die Konstituierung und die Entwicklung der Kolonien ein. Im darauffolgenden Kapitel untersuche ich anhand der mexikanischen Quellen aus dem AHSRE und auf der Grundlage der Gesetzestexte die mexikanische Einwanderungspolitik und die Einwanderungsgesetzgebung, die sich ursprünglich stark an der Agrarkolonisation orientierten. Dabei hebe ich besonders den Wandel hervor, den die Ausländergesetzgebung in der Zeit ab 1926/27 erfuhr. Die deutsche und die US-amerikanische Einwanderung in verschiedene Landesteile wird ebenfalls beschrieben, von den hauptstädtischen Kolonien unterschieden und mit den Zensuszahlen über andere Ausländergruppen in Beziehung gesetzt. Außerdem behandele ich das Problem der Naturalisierungen anhand von Gesetzen und von quantitativen Quellen.

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Das vierte Kapitel analysiert die Geschichte der deutschen und der US-amerikanischen Kolonien in verschiedenen Phasen. Dabei greife ich auf den chronologischen Rahmen des zweiten Kapitels zurück. Der Schwerpunkt liegt auf der Zeit vom Höhepunkt des Porfiriats, etwa 1890, bis zum Eintritt Mexikos in den Zweiten Weltkrieg 1942. In diesem Zeitraum erlebten beide Kolonien einen Aufschwung, entwickelten sich während der Mexikanischen Revolution und dem Ersten Weltkrieg entgegengesetzt und machten in den 1920er und 1930er Jahren sehr unterschiedliche Entwicklungen durch, die sich meiner Interpretation nach aus dem inneren Gefuge und dem Selbstverständnis der Kolonien sowie aus ihrem Verhältnis zu den Herkunftsstaaten erklären lassen. Allerdings ist auch die Haltung der mexikanischen Regierung zu den USA und zu Deutschland in dieser Zeit nicht mehr dieselbe wie im Porfiriat, so daß sich das Umfeld fiir die beiden ethnischen Gruppen unterschiedlich darstellt. Die Quellen für dieses Kapitel der Arbeit sind sehr heterogen. Sie stammen zum großen Teil aus den Kolonien selbst, wurden aber wesentlich ergänzt durch Dokumente aus dem AHSRE, dem AHSEP, den NAUS und dem EZA. Auch zeitgenössische Reiseberichte sowie Zeitungen und Zeitschriften wurden hinzugezogen. Bei den vielen im Verlauf der Untersuchung genannten Personennamen aus spanisch-, englisch- und deutschsprachigen Quellen ist das Problem ihrer Schreibweise kaum zufriedenstellend zu lösen. In den Zitaten und in den im Anhang aufgeführten Namenslisten wurde die Schreibweise der Quelle jeweils beibehalten und notfalls mit Zusätzen versehen. Auch im Text kann es in Einzelfallen zu unterschiedlichen Schreibweisen kommen, so wird der Name Böker häufig zu Boeker oder Boker. Ähnliches gilt für Böhme oder Schröter, Huller (Hüller) oder Braniff (Bränif). Vornamen können sowohl in der spanischen wie auch in der deutschen oder englischen Form genannt sein.

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2 . MEXIKOS BEZIEHUNGEN ZU DEN U S A UND ZU DEUTSCHLAND

2.1 Mexiko und die USA

2.1.1 Das Problem der Grenze

Die mexikanisch-US-amerikanischen Beziehungen gestalteten sich von Anfang an schwierig. Grundlegend war dabei der auch zum Zeitpunkt der mexikanischen Unabhängigkeit noch keineswegs gelöste Konflikt um die Grenze zwischen den beiden Ländern, der die gesamte erste Hälfte des 19. Jahrhunderts prägen sollte. 1819 hatte Spanien mit den Vereinigten Staaten von Amerika einen Vertrag abgeschlossen, der unter anderem die Grenze zwischen Neuspanien und den USA festlegte. Die Provinz Texas, die später zum Zankapfel zwischen Mexiko und den USA werden sollte, blieb in spanischem Besitz, Florida und die Gebiete nördlich des 42. Breitengrades fielen an die Vereinigten Staaten.1 Mexiko wurde im September 1821 unabhängig und war bis zum Sturz von Iturbide, der als Agustín I. bis 1823 regiert hatte, eine Monarchie. 2 Der 1822 in das mexikanische Kaiserreich entsandte Agent der USA, Joel R. Poinsett, mochte die Anerkennung des neuen Staates nicht empfehlen. Präsident Monroe gewährte diese jedoch, ohne Poinsetts Bericht abzuwarten, am 12. Dezember 1822, als der erste Gesandte Mexikos in Washington eintraf. Trotz anderslautender Zusagen entsandten die USA erst 1825 einen Vertreter in die mexikanische Hauptstadt. Dieser Gesandte war wiederum Poinsett (Vázquez/Meyer 1992: 28-31). Zu seinen Instruktionen gehörte es unter anderem, Übereinkunft über einen Handels- und Freundschaftsvertrag und über die Einrichtung eines Handelsweges zwischen Missouri und dem mexikanischen Santa Fe (Nuevo México) zu erzielen. Bezüglich der gemeinsamen Grenze sollte er eine Verschiebung in westlicher Richtung über den Rio Sabinas hinaus und südlich der Flüsse Rojo und Arkansas vorschlagen. Mexiko sollte also auf den größten Teil von Texas verzichten. 3 Poinsett, der in starker Konkurrenz zu seinem einflußreichen britischen Kollegen Henry George Ward stand, schreckte während seines Aufenthaltes in Mexiko nicht vor massi-

' Väzquez/Meyer (1992: 21-22); Schmitt (1974: 26); ausführlicher dazu Zorrilla (1965-1966: 1,20-21). 2

Nach dem Grito de Dolores von 1810, der den Beginn der mexikanischen Unabhängigkeitskämpfe markierte, hatte es mehrere Versuche gegeben, in den USA Unterstützung für den Freiheitskampf zu finden. Zur Enttäuschung der Betroffenen waren diese jedoch regelmäßig gescheitert (Väzquez/Meyer 1992:26-28). 3

Schmitt (1974: 38-39); Väzquez/Meyer (1992: 33); Zorrilla (1965-1966: 1,59-60).

22 ver E i n m i s c h u n g in die innermexikanischen A n g e l e g e n h e i t e n zurück. 4 D i e Regierung Guerrero sah s i c h i m Juli 1 8 2 9 w e g e n der w a c h s e n d e n Kritik an s e i n e m Auftreten g e z w u n g e n , u m Poinsetts A b b e r u f u n g z u bitten; diese erfolgte im D e z e m b e r d e s Jahres. Weder in B e z u g a u f d e n Handelsvertrag n o c h in der Grenzfrage war er erfolgreich g e wesen.5 Sein N a c h f o l g e r A n t h o n y Butler machte sich in M e x i k o e b e n s o w e n i g beliebt w i e Poinsett. Er war selbst an Landspekulationen beteiligt und versuchte mit allen Mitteln, einen Verkauf v o n T e x a s an die U S A herbeizufuhren. A u c h e i n e t e i l w e i s e B e s e t z u n g texanischen G e b i e t e s durch U S - a m e r i k a n i s c h e Truppen s c h l u g er vor, fand aber damit bei seiner e i g e n e n R e g i e r u n g kein Gehör. Schließlich stimmte er einer Bestätigung des Grenzvertrages v o n 1 8 1 9 zu, die zwar 1832 b e s c h l o s s e n wurde, aber erst 1 8 3 6 erfolgte. Erfolgreicher war er b e i m A b s c h l u ß d e s ebenfalls lange geplanten Handelsvertrages, der 1831 g e s c h l o s s e n und i m April 1 8 3 2 ratifiziert wurde. 6 A u ß e r d e m b e g a n n er damit, Reklamationsforderungen US-amerikanischer Bürger an den m e x i k a n i s c h e n Staat zu bündeln und z u unterstützen. Er führte somit ein in den f o l g e n d e n Jahren h ä u f i g (und erfolgreich) benutztes Druckmittel in die bilateralen B e z i e h u n g e n ein. 7 T e x a s war - ähnlich w i e N u e v o M é x i c o und Kalifornien - z u neuspanischer Zeit ein dünn besiedeltes, s c h w e r z u kontrollierendes Gebiet g e w e s e n . Im Z u g e der Expansionsb e w e g u n g der stark w a c h s e n d e n U S - a m e r i k a n i s c h e n B e v ö l k e r u n g siedelten s i c h immer mehr NichtSpanier in den spanischen und später m e x i k a n i s c h e n N o r d g e b i e t e n , vor all e m in T e x a s , an. D i e s g e s c h a h z u m Teil legal, z u m Teil aber auch ohne Z u s t i m m u n g und W i s s e n der m e x i k a n i s c h e n Behörden. 8

4

Dies stellen übereinstimmend mexikanische wie US-amerikanische Historiker fest (Väzquez/Meyer 1992: 34; Schmitt 1974: 39; Callahan 1967: 56-57, 37, 59). Ansonsten fällt die Bewertung seiner Aktivitäten bei mexikanischen und US-amerikanischen Historikern unterschiedlich aus; vgl. dazu Bernecker (1988: 775-777). Bei Bemecker findet sich auch eine Darstellung von Poinsetts Einwirken in die mexikanische Partei- und Innenpolitik (1988: 135-161). 5

Zorrilla (1965-1966:1,63); Väzquez/Meyer (1992: 35); Schmitt (1974: 41-42).

6

Bei der Aushandlung dieses ersten Handelsvertrages hatte es lange Zeit Unstimmigkeiten Uber einen im Interesse der USA liegenden Artikel gegeben, der die Rückführung entlaufener Sklaven garantieren sollte. In Mexiko gab es keine legale Sklaverei. Der umstrittene Artikel fehlte im ratifizierten Vertrag (Schmitt 1974: 40, 42; Väzquez/Meyer 1992: 37). Schwartz (1975) und R. Campbell (1989) behandeln das Problem der nach Mexiko (Texas) flüchtenden Sklaven und der Sklaverei in Texas. 7

Diese Schadensersatzansprüche bezogen sich anfangs auf Zwangsanleihen und erzwungene Dienstleistungen vor allem bei Aufständen und während der spanischen Invasion Mexikos 1829. Häufig bestanden sie wohl zu Recht, obwohl die Schadenssummen als meist übertrieben gelten. Butler begann auch damit, Forderungen wegen Beleidigung von Fahne und Bürgern der Vereinigten Staaten zu sammeln. Während die mexikanische Seite davon ausging, daß sich US-amerikanische Bürger wegen ihrer Ansprüche ebenso wie Einheimische an die zuständigen mexikanischen Behörden wenden müßten, akzeptierten die USA diese nicht als faire Gerichte und setzten schließlich 1839 eine spezielle Kommission zur Schiedssprechung durch. Unerfüllte Entschädigungsverpflichtungen wurden 1846 vom US-amerikanischen Präsidenten Polk als einer von drei Kriegsgründen gegen Mexiko angeführt. Zu Butler und der Reklamationsfrage bis zum Krieg von 1846-48 vgl. Zea (1971), für das 19. und das erste Drittel des 20. Jahrhunderts Dunn (1933) und Feller (1935). 8

Einer der ersten Unternehmer, der Siedler nach Texas brachte, war Stephen Austin. Sein Vater Moses hatte als früherer Bürger des bis 1800 spanischen Louisiana ein Anrecht auf Ansiedlung in spanischem Gebiet. Am 17.1.1821 erhielt er die Genehmigung, 300 US-amerikanische Familien in Texas anzusiedeln, eine Konzession, die nach seinem Tod von seinem Sohn übernommen wurde. Stephen Austin erreichte auch die Anerkennung seiner Konzession durch die folgenden mexikanischen

23 D i e v o n den m e x i k a n i s c h e n B e h ö r d e n z u g e l a s s e n e n K o l o n i s t e n mußten katholisch sein. Sie konnten Sklaven mitbringen, durften diese j e d o c h nicht verkaufen. D i e Kinder v o n Sklaven waren frei. 9 1825 war der Bevölkerungsanteil v o n U S - a m e r i k a n i s c h e n Einwanderern und Mexikanern n o c h e t w a gleich h o c h , später bildeten U S - A m e r i k a n e r eine stark w a c h s e n d e Mehrheit, 1 0 so daß sie praktisch e i n e U S - a m e r i k a n i s c h e Enklave auf m e x i k a n i s c h e m Gebiet bildeten. O b w o h l die meisten v o n ihnen die m e x i k a n i s c h e Staatsangehörigkeit annahmen, traten nur w e n i g e ( n o m i n e l l ) z u m Katholizismus über. In der Regel behielten die Siedler die englische Sprache bei. A u c h die Sklaverei existierte weiter; und die ö k o n o m i s c h e n Kontakte richteten s i c h auf die U S A (Schmitt 1974: 54). In den 1830er Jahren verschärften sich die Konflikte z w i s c h e n der m e x i k a n i s c h e n R e gierung und der ü b e r w i e g e n d U S - a m e r i k a n i s c h e n B e v ö l k e r u n g . " A m 9. Oktober 1835 attackierten K o l o n i s t e n d e n m e x i k a n i s c h e n Militärstützpunkt Goliad, i m N o v e m b e r wurde San A n t o n i o belagert. D e r mexikanische General Santa A n n a stellte in Saltillo eine A r m e e z u s a m m e n , mit der er nach N o r d e n z o g . Zunächst erlitten die texanischen K o l o n i s t e n s c h w e r e N i e d e r l a g e n . Santa A n n a eroberte a m 5. M ä r z 1 8 3 6 das Fort A l a m o und ließ i m g l e i c h e n Monat über 3 5 0 texanische K r i e g s g e f a n g e n e hinrichten (Schmitt 1972: 56; Zorrilla 1 9 6 5 - 1 9 6 6 : 1 , 1 0 7 - 1 0 8 ) . A m 21. April 1 8 3 6 aber wurden er und ein Teil seiner Leute bei San Jacinto überrascht und besiegt. D e r General befahl seinen restlichen Truppen den R ü c k z u g und ließ s i c h als G e f a n g e n e r auf Verhandlungen mit d e m U S - a m e r i k a n i s c h e n Präsidenten Jackson über T e x a s und die Regierungen und konnte später noch weitere Kolonisationsgenehmigungen - zeitweise durch die Bundesstaaten vergeben - erwirken. Insgesamt soll er an die 10.000 Einwanderer nach Texas gebracht haben, das 1835 nach Schätzungen ungefähr 40.000 Einwohner gehabt haben soll (vgl. Zorrilla 19651966: 1,102). Zorrilla hält diese Zahl allerdings für zu hoch gegriffen. Andere empresarios waren spanischer Herkunft, wie zum Beispiel Lorenzo de Zavala, der ein wichtiger mexikanischer Politiker war, bis er 1836 der erste Vizepräsident des unabhängigen Texas wurde. Ein weiterer Unternehmer, Haden Edwards, der eine Konzession für 800 Familien besaß, rief 1826 in Nacogdoches die Republik Freedonia aus, ohne sie jedoch etablieren zu können. Zu weiteren Konzessionen vgl. Vázquez/Meyer (1992: 41-42) und Zorrilla (1965-1966:1,88-89). 9

Das Kolonisationsgesetz vom 18.8.1824 regelte die Landverteilung und die Einwanderung, flir die die Bundesstaaten zuständig waren. Eine Kontrolle der Auflagen an Unternehmer und Kolonisten wurde jedoch kaum durchgeführt. Die ständig wechselnden mexikanischen Zentralregierungen konnten keine längerfristigen gesellschaftlichen oder nationalen Ziele in Texas verfolgen. 10 Nach dem Bericht von Mier y Terán von 1830 war die ausländische Bevölkerung in Texas achtmal so zahlreich wie die mexikanische (die nicht missionierte indianische Bevölkerung blieb in diesen Zahlen unberücksichtigt). Das mexikanische Militär war nur wenig vertreten und sehr schlecht ausgerüstet. Auf Miers Bericht hin wurde 1830 ein neues Kolonisationsgesetz erlassen, das eine weitere nordamerikanische Einwanderung verbot und die Konzessionsvergabe wieder zur nationalstaatlichen Aufgabe machte (vgl. Vázquez/Meyer 1992: 43-44). 11 Es ging dabei unter anderem um die Teilung des seit 1824 gemeinsam verwalteten Bundesstaates Coahuila-Texas in zwei separate Einheiten, weshalb Austin nach Mexiko-Stadt gereist war. Da er dort keine schnelle Zustimmung zu dem Plan erwirken konnte, schrieb er ungeduldig an den Ayuntamiento von San Antonio Béxar, unautorisiert eine eigene texanische Regierung zu bilden. Dieser Brief wurde von den Empfängern an den mexikanischen Vizepräsidenten weitergesandt, woraufhin Austin verhaftet wurde und achtzehn Monate lang im Gefängnis saß. Ein weiterer Konfliktherd war das Auslaufen der den Konzessionären bewilligten Befreiung von Einfuhrzöllen. Während die Konflikte unter anderem durch eine bundesstaatliche Reform, die den texanischen Einfluß stärkte und das Justizwesen dem USamerikanischen anglich, zunächst noch niedrig gehalten werden konnten, verschärfte sich die Lage 1835 durch den Regierungsantritt der Zentralisten mit Santa Anna an der Spitze der mexikanischen Regierung. Er setzte die Verfassung von 1824 außer Kraft und schränkte die Befugnisse der Bundesstaaten ein (Vázquez/Meyer 1992: 44-46).

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Aufgabe weiterer mexikanischer Gebiete ein. Er kehrte aber nach Mexiko zurück, ohne den USA feste Zusagen gemacht zu haben (Schmitt 1972: 58; Vázquez/Meyer 1992: 48; Zorrilla 1965-1966:1,122-123). Die neu gegründete texanische Armee war durch viele Freiwillige und durch Waffenlieferungen aus den USA unterstützt worden, die US-amerikanische Regierung hatte sich jedoch für neutral erklärt. Es gab in der US-amerikanischen Innenpolitik eine starke Tendenz zu einer Annexion von Texas, aber vor allem Anhänger der Anti-SklavereiBewegung waren dagegen. Im März 1837 erkannten die USA die am 2. März 1836 ausgerufene Unabhängigkeit von Texas an. Trotz des anhaltenden Interesses in Texas an einem Beitritt zur Union blieb die Regierung der Vereinigten Staaten in dieser Frage zurückhaltend. Allerdings übte sie durch das Einfordern falliger Reklamationszahlungen aus Mexiko Druck auf die dortige Regierung aus. Der seit Mai 1836 in Mexiko-Stadt amtierende Gesandte Powhatan Ellis drohte mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen, falls Mexiko nicht zahle. Ende des Jahres 1837 brachen die Beziehungen tatsächlich ab (Zorrilla 1965-1966: 1,126; Vázquez/Meyer 1992: 50). Während Frankreich 1838 wegen ungetilgter Forderungen einen Krieg gegen Mexiko begann, konnte sich der USamerikanische Kongreß nicht zu diesem Schritt entschließen. 1839 einigten sich die beiden Staaten auf die Einrichtung einer zwischen den USA und Mexiko paritätisch besetzten Kommission mit dem preußischen König als Schiedsrichter. 1843 kam es zu einem weiteren Regelungsversuch dieses Dauerproblems. Texas versuchte mit einer Ende 1841 begonnenen Expedition, das mexikanische Handelszentrum Santa Fe (Nuevo México) zu erobern. Die vorwiegend US-amerikanischen Teilnehmer gerieten dabei aber in mexikanische Gefangenschaft (Zorrilla 1965-1966: 1,133). Die USA waren seit 1840 mit ihrer Flotte im Pazifik präsent. Im Oktober 1842 nahm der US-amerikanische Commodore Thomas A. Jones den mexikanischen Hafen Monter(r)ey in Kalifornien ein, da er irrigerweise annahm, Mexiko und die USA befanden sich bereits im Krieg (Zorrilla 1965-1966:1,171-172). Mexiko war nicht in der Lage, Texas zurückzuerobern. Nach der französischen Invasion von 1838 bekämpfte es auch separatistische Bewegungen in Yucatán 12 und in Nordmexiko. 1843 erklärte aber der mexikanische Außenminister José Maria Bocanegra, daß seine Regierung jeden Versuch einer Inkorporierung von Texas in die Vereinigten Staaten als kriegerische Handlung gegen Mexiko ansehen würde (Schmitt 1972: 61; Zorrilla 1965-1966:1,161). 1844 entschloß sich die mexikanische Regierung unter Herrera, sich zu Verhandlungen mit Texas bereit zu erklären. Der texanische Kongreß, der das mexikanische Angebot etwa gleichzeitig mit einem Beitrittsangebot der USA erhielt, entschied sich Anfang Juli 1845 für die Vereinigten Staaten (Vázquez/Meyer 1992: 54).

12 Yucatán erklärte sich 1841 fiir unabhängig und schloß einen Vertrag mit Texas über eine Entleihung von texanischen Kriegsschiffen ab. 1843 inkorporierte es sich wieder in den mexikanischen Staat, unter Wahrung einiger Autonomierechte (Zorrilla 1965-1966: 1,119-120). Anfang 1846 trennte es sich erneut von Mexiko (Guerra de castas) und erklärte sich im mexikanisch-US-amerikanischen Krieg für neutral (Pletcher 1973: 77, 568-569). 1848 scheiterte der yucatekische Versuch, die USA zu einer Okkupation der Halbinsel zu bewegen.

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Ein neuer, von den USA ernannter Gesandter, John Slidell, erreichte mit Instruktionen über Verhandlungen bezüglich des Grenzverlaufs und über Kaufangebote für das umstrittene Gebiet zwischen dem Río Nueces und dem Rio Bravo 13 sowie für einen Großteil von Kalifornien und Nuevo México am 6. Dezember 1845 Mexiko-Stadt, wurde aber von der Regierung Herrera nicht empfangen. Anlaß für die Verweigerung waren Unstimmigkeiten über seinen Rang, der Hintergrund war aber wohl eher die prekäre Lage der Regierung, die bei einer zu offensichtlichen Verhandlungsbereitschaft mit den USA ihren Sturz fürchtete. Dies galt genauso für die nachfolgende Regierung des Generals Paredes, der sich zum Jahresende 1845 an die Macht geputscht hatte und Slidell ebenfalls nicht empfing (Brack 1975: 163). Die Ablehnung Slidells veranlaßte den US-amerikanischen Präsidenten Polk, die von ihm entsandten Truppen unter General Zachary Taylor bis zum Nordufer des Rio Bravo vorrücken zu lassen. Ein Gefecht in dem umstrittenen Gebiet bot Polk den Anlaß, den US-amerikanischen Kongreß am 11. Mai 1846 zur Kriegserklärung gegen Mexiko aufzurufen, wofür er auch eine Mehrheit bekam. 14 Da die Interessen der USA vor allem in den Nordregionen Mexikos lagen, entsandte man neben Taylor, der von Texas nach Monterrey (Nuevo León) vorstieß, zunächst Truppen nach Nuevo México und Kalifornien. In Kalifornien, wo in den 1840er Jahren die US-amerikanische Einwanderung zunahm, hatte es bereits Aufstände gegen die mexikanische Regierung gegeben (Zorrilla 1965-1966: 1,173-175). Die US-amerikanische Flotte hatte den Auftrag, die mexikanischen Pazifikhäfen zu besetzen, auch die Golfhäfen sollten blockiert werden. Die Eroberung von Nuevo México und Kalifornien war im Januar 1847 praktisch abgeschlossen. Ein Teil der US-amerikanischen Streitkräfte wurde von Santa Fe aus nach Chihuahua geschickt.15 Um aber den Krieg zu beenden und die Gebietseroberungen zu legalisieren, mußte man die mexikanische Regierung zur Niederlage zwingen. Deshalb entsandte die US-amerikanische Regierung General Winfield Scott mit dem Auftrag, den Hafen Veracruz einzunehmen und dann über den Landweg Mexiko-Stadt zu erobern. 16

15

Die USA betrachteten den Rio Grande (der in Mexiko Rio Bravo heißt) als Südgrenze von Texas, während Mexiko vom nördlicher gelegenen Río Nueces als Grenzfluß ausging. 14 Neben dem angeblichen Grenzübertritt mexikanischer Soldaten gab Polk in seiner Rede die Weigerung Mexikos, Slidell zu empfangen, sowie die ausstehenden Schadensersatzzahlungen als Kriegsgründe an (vgl. President James K. Polk's War Message to Cortgress, Washington D. C., 11.5.1846, in: McAfee/Robinson 1982: 11,143-151). Die Literatur über den Krieg zwischen Mexiko und den USA ist sehr umfangreich, wobei die Fragen nach der Kriegsschuld und dem Wirken von Manifest Destiny vor allem auf US-amerikanischer Seite häufig im Vordergrund stehen. Es bleiben allerdings viele Fragen ungeklärt. Hilfreiche Einführungen in die nicht selten polemischen Darstellungen bieten die historiographischen Aufsätze von Benjamin (1979) und Vázquez (1977). Neben dem Standardwerk von Pletcher (1973) und der militärhistorischen Monographie von Bauer (1974, 2. Aufl. 1992) sind vor allem die Studien hervorzuheben, die sich mit der bislang weniger behandelten und durch häufige Regierungswechsel schwierig zu durchschauenden mexikanischen Seite befassen: Brack (1975), Soto (1986), Berge (1970) und Vázquez (1994). Vgl. auch den Überblicksartikel von Benjamin/Velasco Márquez (1997), der beide Seiten berücksichtigt.

" An dieser „Expedition", die sich als militärisch überflüssig erwies, waren Kaufleute aus Missouri maßgeblich beteiligt. Vgl. R. A. Smith (1962), Bauer (1992: 145-163) und die Tagebuch- und Briefeditionen von Magoffin (1962) und Glasgow (1993). 16 Scott war mit ungefähr 10.000 Soldaten am 9.3.1847 bei Veracruz gelandet. Die mexikanischen Streitkräfte wurden von Santa Anna geführt, der, nachdem er 1844 in kubanisches Exil gegangen war, im August 1846 mit Unterstützung der Vereinigten Staaten nach Mexiko zurückkehrte.

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Bereits als Polk von Scotts erfolgreicher Landung in Veracruz hörte, veranlaßte er die Entsendung eines Unterhändlers für den Friedensvertrag. Nicholas P. Trist traf im Juni in Jalapa mit Scott zusammen. Seine Instruktionen waren flexibel, bezogen sich aber vor allem auf das Abtreten von Oberkalifornien und von Nuevo México gegen Entschädigungszahlungen, deren Höhe von der Größe des erlangten Gebietes abhängen sollten. Die Südgrenze von Texas müsse der Rio Grande sein. Erwünscht, aber keine notwendige Bedingung für den Frieden, waren ein Transitrecht für den Isthmus von Tehuantepec und für die Halbinsel Baja California. 17 Während eines Waffenstillstandes fanden vom 27. August bis zum 6. September 1847 die ersten Gespräche mit mexikanischen Unterhändlern statt, die aber scheiterten. Es folgte die vollständige Eroberung von Mexiko-Stadt am 15. September 1847 und der Umzug der mexikanischen Regierung nach Querétaro.18 In den Vereinigten Staaten hatte sich die Stimmung gegenüber Mexiko inzwischen gewandelt. Es mehrten sich die Stimmen, die sich für die Annexion des gesamten Landes aussprachen.19 Auch Präsident Polk war jetzt der Meinung, daß die Instruktionen, die er Trist mitgegeben hatte, zu milde gegenüber Mexiko waren. Im Oktober beorderte er Trist zurück nach Washington. Dieser hatte zuvor mit neuen Verhandlungen begonnen, jetzt mit dem Außenminister Luis de la Rosa. Gerade in diesem Moment traf Trists Abberufung ein. Auf Drängen der mexikanischen Regierung, die ein Abkommen auf der Grundlage seiner alten Instruktionen erreichen wollte, und auf Drängen der britischen Diplomaten und Geschäftsleute entschied sich Trist für die Fortsetzung der begonnenen Verhandlungen - gegen den Willen seines Präsidenten Polk. Sie fanden im Januar 1848 statt (Zorrilla 1965-1966:1,216-217). Am 2. Februar 1848 wurde der Krieg mit dem Vertrag von Guadalupe Hidalgo beendet.20 Die Grenze zwischen den beiden Staaten verlief nun, nach dem Wunsch der USA, entlang des Rio Grande flußaufwärts bis El Paso, von dort entlang des Rio Gila, dann dem 32. Breitengrad folgend bis zum Pazifik südlich von San Diego. Es wurden 15 Millionen Pesos als Entschädigung an Mexiko gezahlt. Mexiko konnte sich nicht mit der Forderung durchsetzen, das Verbot der Sklaverei in den abgetretenen Gebieten

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Als Trist bereits in Mexiko war, wurde ihm noch der Auftrag nachgereicht, das Tal des Flusses Gila (ein Zufluß des Colorado in Nuevo México, heute zu Arizona gehörig) für die USA zu sichern, da es fiir den Eisenbahnbau von Interesse war (Vázquez/Meyer 1992: 58). Genauer beschreiben Pletcher (1973: 500-501) und Zorrilla (1965-1966:1,201-203) die Verhandlungsoptionen. " Santa Anna legte nach der Niederlage in Mexiko-Stadt zwar die Präsidentschaft, die er zwischenzeitlich wieder innehatte, aber noch nicht das Oberkommando über die mexikanische Armee nieder. Dieses wurde ihm erst nach einer weiteren Niederlage gegen US-amerikanische Truppen in Huamantla entzogen. Danach ging er wieder für einige Jahre (bis 1853) ins Exil (Pletcher 1973: 531532). " Andere hielten die Annexion Gesamtmexikos nicht fiir wünschenswert fiir die USA, unter anderem auch Unterhändler Trist. Bei einer Reihe von Skeptikern spielte offener Rassismus gegenüber der mexikanischen Bevölkerung eine Rolle bei der Ablehnung der Annexion, so sprach zum Beispiel Secretary of State Buchanan von den „mongrel races" dort (Pletcher 1973: 500; Vázquez/Meyer 1992: 59-60). 20

Die Vereinigten Staaten ratifizierten den Vertrag am 16.3., Mexiko am 30.5.1848. Die Vertragsartikel werden von Zorrilla (1965-1966: 1,218-228) ausfuhrlich beschrieben und zum Teil transkribiert; eine sehr gute Darstellung der Ratifizierungsverhandlungen findet sich bei Suárez Arguello (1994: 71-111).

27 21

aufrechtzuerhalten. Die Halbinsel Baja California blieb in mexikanischem Besitz und auch durch einen schmalen Landweg mit Sonora verbunden. Durch den Vertrag verpflichteten sich die USA, die noch nicht entschiedenen Reklamationsforderungen US-amerikanischer Bürger an Mexiko zu übernehmen. Dafür wurde eine Kommission eingesetzt, die von 1849 bis 1851 tätig war. Die noch ausstehenden Reklamationszahlungen Mexikos aus der Zeit vor dem Krieg wurden ebenfalls übernommen (Zorrilla 1965-1966:1,225; Vázquez/Meyer 1992: 60-61). Der Vertrag von Guadalupe Hidalgo beendete zwar den Krieg, löste aber die bilateralen Probleme nicht dauerhaft. Konflikte ergaben sich bezüglich der spanischen und mexikanischen Landtitel in den verlorenen Gebieten einschließlich Texas'. Während man in Kalifornien in der Zeit des Goldrausches versuchte, die mexikanische Bevölkerung zu vertreiben und zu unterdrücken, hinderten die Behörden im dünn besiedelten Nuevo México Mexikaner an der im Friedensvertrag vereinbarten Auswanderung nach Mexiko (Vázquez/Meyer 1992: 73; Zorrilla 1965-1966: 1,259-253). Da Mexiko sein Heer erst langsam wieder organisieren konnte, war die Grenze gegen Überfalle durch Banden von Viehdieben, Indianern und durch sogenannte Filibuster, Eindringlinge, die Teile von Nordmexiko ohne Legitimation der US-Regierung für die Vereinigten Staaten okkupierten oder für unabhängig erklärten, nur ungenügend geschützt.22 Die USA waren trotz ihrer vertraglichen Verpflichtungen nicht in der Lage, diese Übergriffe effizient zu verhindern. Zu einem neuen Problem entwickelte sich der von den USA angestrebte Zugang zum Isthmus von Tehuantepec. Zu den Instruktionen des Friedensunterhändlers Nicolas Trist hatte es gehört, nach Möglichkeit (allerdings nicht als unabdingbare Bedingung) ein US-amerikanisches Transitrecht für den Isthmus im Vertrag von Guadalupe Hidalgo festzuschreiben. Mexiko ließ dies nicht zu, denn es hatte bereits 1842 eine weitreichende Konzession an José de Garay zum Kanal- und Eisenbahnbau sowie zur Kolonisation gegeben, die von diesem 1846 an das britische Haus Manning & Mackintosh übertragen worden war. Da auch die neuen Besitzer die Verpflichtungen aus der Konzession nicht erfüllen konnten, verkauften sie diese, obwohl sie bereits abgelaufen war, 1849 teilweise an die New Yorker Firma Hargous Brothers.23 1850 21

Den in den verlorenen Gebieten verbliebenen Mexikanern wurden diverse Rechte (unter anderem ihren Grundbesitz betreffend) zugesichert, aber oft nicht eingehalten (Zorrilla 1965-1966: 1,261-273). Bei den Verhandlungen spielte auch die Garantie der katholischen Religionsausübung eine Rolle. Im Artikel XI des ausgehandelten Vertrages übernahmen die Vereinigten Staaten die Verantwortung für den Schutz der mexikanischen Grenze vor Einfällen kriegerischer Indianer, eine Verpflichtung, die kaum eingehalten werden konnte und die im Vertrag von La Mesilla (Gadsden Purchase) 1853 annulliert wurde (Pletcher 1973: 549-550). 22

Die meisten dieser Expeditionen wurden in Kalifornien organisiert und richteten sich gegen Baja California und Sonora. Der bekannteste Filibuster war wohl William Walker, der in Mexiko 1853 und 1854 jeweils mit seinen Unternehmungen scheiterte, dann aber zeitweilig in Nicaragua als Präsident herrschte (Vázquez/Meyer 1992: 69-70; ausführlicher Zorrilla 1965-1966: 1,305-311; Suárez Argüello 1988; zu den Indianerüberfällen vgl. Zorrilla 1965-1966: 1,275-292). Besonderes Mißtrauen bei der mexikanischen Regierung riefen diejenigen Unternehmen hervor, die zu einer Abspaltung Nordmexikos und der Gründung der República de la Sierra Madre fuhren sollten (vgl. Zorrilla 1965-1966: 1,298; Suárez Argüello 1994: 146-148). Obwohl die Expeditionen der Filibuster nicht von der Regierung der Vereinigten Staaten unterstützt wurden, fanden sie teilweise mit Förderung der US-amerikanischen Konsuln vor Ort statt (Zorrilla 1965-1966:1,308). 23

Louis Hargous, ein in Mexiko residierender US-amerikanischer Geschäftsmann, war mit dem US-amerikanischen Gesandten Nathan Clifford (1848-1849 in Mexiko) befreundet. Während des Krieges hatte

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gründete sich auf zweifelhafter Grundlage die Tehuantepec Railroad Company. Die mexikanische Regierung, aus deren Sicht die 1842 vergebene Konzession nicht erfüllt worden war, vergab 1853 eine neue, begrenztere Konzession an den USamerikanischen Geschäftsmann A. G. Sloo, was zu einer Krise mit der USamerikanischen Regierung führte, die auf der ursprünglichen Konzession beharrte. Der Eisenbahnunternehmer James Gadsden sollte als Bevollmächtigter Minister in Mexiko die bilateralen Konflikte lösen. Gadsden verhandelte mit dem wieder an die Macht gelangten mexikanischen Präsidenten Santa Anna über eine Verschiebung der Grenze zwischen Mexiko und den USA weit nach Süden bis zur Sierra Madre, konnte dann aber nur das wesentlich kleinere, aber fruchtbare und für den US-amerikanischen transatlantischen Eisenbahnbau benötigte Gebiet von La Mesilla kaufen. Gleichzeitig wurden die USA von ihrer Verpflichtung befreit, grenzüberschreitende Indianerüberfalle zu verhindern. Die US-amerikanische Regierung erkannte nun die an Sloo vergebene Tehuantepec-Konzession an und erhielt das Transitrecht für ihre Bürger und Waren.24 Mexiko erlebte nach der Revolution von Ayutla 1855 eine Zeit der liberalen Reformen, 25 aber auch einen jahrelangen Bürgerkrieg (Guerra de reforma) zwischen Liberalen und Konservativen. Während die USA weiterhin expansionistisch Kaufangebote an die jeweils vorherrschende Partei machten, 26 hofften die mexikanischen Politiker auf ein Darlehen. Nachdem John Forsyth 1857 die Beziehungen zu den mexikanischen Konservativen, deren Regierung er zuvor noch anerkannt hatte, abbrach und als persona non grata abreisen mußte, entsandten die Vereinigten Staaten 1858 William Churchwell als Agenten, um die innenpolitische Situation zu evaluieren. Er empfahl die Anerkennung er die US-amerikanischen Truppen unterstützt. Sein Bruder, Senator Peter A. Hargous, agierte vom Firmensitz in New York aus für die gemeinsamen Interessen (Suärez Argiiello 1994: 159-160; Zorrilla 1965-1966:1,319). 24

Der sogenannte Gadsden Purchase, in Mexiko Tratado de La Mesilla genannt, wurde am 30.12.1853 unterzeichnet. Interessanterweise reduzierte der US-amerikanische Senat vor der Ratifizierung sowohl das in Frage stehende Gebiet als auch die Kaufsumme, die von 20 Millionen auf 10 Millionen halbiert wurde. Ausgehandelte Artikel über gegenseitige Schadensersatzansprüche aus der Zeit von 1848-1853 (zu denen inzwischen auch eine der Hargous Brothers wegen ihrer Tehuantepec-Konzession gehörte) wurden gestrichen. Das Gebiet von La Mesilla wurde bereits vor Abschluß der Formalitäten von den USA besetzt (Väzquez/Meyer 1992: 74-77; Zorrilla 1965-1966:1,315-360; Callahan 1967: 224-227). 25

Tiefgreifende Einschnitte bedeuteten die Ley Juärez (gegen die Privilegien der Kirche und des Militärs) und die Ley Lerdo (gegen korporativen Grundbesitz, zu jener Zeit vor allem gegen die Kirche gerichtet). 1856 wurde auch ein Gesetz erlassen, das Ausländern den Grundbesitz in Grenznähe verbot. 1857 trat eine neue Verfassung in Kraft. Sie bestätigte noch einmal die Gesetzeslage, daß entflohene Sklaven in Mexiko frei seien. In den 1850er Jahren war es zunehmend zu Grenzkonflikten wegen der Verfolgung geflohener Sklaven auf mexikanischem Territorium gekommen (Väzquez/Meyer 1992: 78). 26

1857 unterbreitete der seit 1856 in Mexiko amtierende US-amerikanische Botschafter John Forsyth dem liberalen mexikanischen Präsidenten Ignacio Comonfort ein Kaufangebot für Baja California und weite Teile Nordmexikos, dieser lehnte aber trotz Geldmangels ab. 1858 versuchte Felix Zuloaga, der im Dezember 1857 eine konservative Gegenregierung gebildet hatte, über Forsyth eine Staatsanleihe zu tätigen und bot als Gegenleistung Gebietsabtretungen an. Zu Forsyths Ärger änderte er jedoch kurz darauf seine Meinung (Suärez Argüello 1988: 137-158). Zwei Expeditionen von Filibustern und die Versuche von US-amerikanischen Geschäftsleuten, einen Anlaß für eine Intervention in Sonora herbeizuführen, belasteten die bilateralen Beziehungen in dieser Zeit stark (Suärez Argüello 1988: 133135, 141-145; Väzquez/Meyer 1992: 78).

29 der Regierung Juárez, woraufhin Robert M c L a n e als Gesandter n a c h M e x i k o geschickt wurde. 2 7

McLane

handelte

1859

langwierig

einen

Vertrag

mit

dem

liberalen

Außenminister M e l c h o r O c a m p o aus, der dann aber v o m Senat der U S A nicht ratifiziert wurde. 2 8 Der m e x i k a n i s c h e Bürgerkrieg endete mit der Eroberung v o n Mexiko-Stadt durch die Liberalen a m 1. Januar 1861, j e d o c h verhinderte die europäische Intervention ( 1 8 6 2 - 1 8 6 7 ) e i n e Konsolidierung d e s Staates. Auch der stark expandierte US-amerikanische Staat steckte wegen der unterschiedlichen E n t w i c k l u n g e n seiner R e g i o n e n in einer innenpolitischen Krise, die ab D e z e m b e r 1 8 6 0 zur S e z e s s i o n der Südstaaten v o n der U n i o n und damit z u m Bürgerkrieg ( 1 8 6 1 - 1 8 6 5 ) führte. 2 9 D i e Regierung Juárez, die s i c h ab 1863 auf der Flucht vor den französischen Interventionstruppen befand, 3 0 erklärte s i c h trotz eigener Sympathien für die U n i o n als neutral. 31 Umgekehrt sah sich die U n i o n nicht in der Lage, trotz der g e g e n ein europäisches Eingreifen auf d e m amerikanischen Kontinent gerichteten M o n r o e - D o k t r i n zugunsten M e x i k o s g e g e n die europäische Intervention und besonders die französische Eroberung weiter T e i l e d e s Nachbarlandes einzugreifen. S o w o h l die U n i o n als auch die Konföderation hatten Repräsentanten n a c h M e x i k o entsandt. T h o m a s Corwin, im April 1861 v o n der Regierung L i n c o l n z u m Gesandten ernannt, 3 2 sollte vor a l l e m den Einfluß der Konföderierten auf die m e x i k a n i s c h e R e g i e rung neutralisieren und e i n e befürchtete E x p a n s i o n der Südstaaten auf m e x i k a n i s c h e s

27

Die Anerkennung der Regierung Juárez erfolgte am 5.4.1859.

28

Der Vertrag McLane-Ocampo wird in der mexikanischen Geschichtsschreibung häufig als eine Art Sündenfall der Liberalen bedauert, da er nicht nur das US-amerikanische Transitrecht flir den Isthmus von Tehuantepec ausdehnte und es auch ftlr weitere Handelswege und Häfen einräumte, sondern auch den Vereinigten Staaten unter bestimmten Umständen die Vorrechte einer militärischen Schutzmacht fiir diese Wege und Häfen zusprach, ftir deren Eingreifen nicht in jedem Fall die Zustimmung der mexikanischen Regierung Voraussetzung war. Mexiko sollte filr die Gewährung dieser Privilegien vier Millionen Pesos erhalten. Die Ablehnung des Vertrags im US-amerikanischen Senat, der am Vorabend der Sezession zerstritten war und der Zweifel an der Legitimation von Juárez filr ein solches Abkommen hatte, verhinderte somit eine Einbuße an mexikanischer Souveränität (Suárez Argüello 1988: 140-141; Zorrilla 1965-1966: 1,393-396; vgl. dagegen Tamayo 1972 und Cué Canovas 1970, insbesondere S. 239240). 29

Am 8.2.1861 wurden die Confederate States of America mit einer vorläufigen Regierung und einer neuen Verfassung gegründet. 30

Am 17.1.1861 stellte Juárez die Zahlung der In- und Auslandsschuld ein, erklärtermaßen für zwei Jahre. Daraufhin vereinbarten Frankreich, Großbritannien und Spanien als Gläubiger ein gemeinsames militärisches Vorgehen. Im Dezember 1861 wurde der Hafen Veracruz mit seiner Zollstation eingenommen. Während Großbritannien und Spanien sich mit einer Verhandlungslösung zufrieden gaben, setzte Frankreich unter Napoleon III. die Intervention fort, um in Mexiko eine Monarchie mit einem europäischen Herrscher einzurichten. Mit der Unterstützung mexikanischer Konservativer wurde schließlich Maximilian von Habsburg Kaiser von Mexiko. 31

Diese Neutralität wurde nicht strikt eingehalten: Die Regierung Juárez erlaubte in einem Fall Truppenbewegungen der Union durch mexikanisches Gebiet; außerdem wurde die diplomatische Post des konföderierten Agenten in Mexiko, Pickett, nach dessen Aussage nicht an seine Regierung in Richmond sondern an Juárez weitergeleitet (Schoonover 1978: 24-25, 31; Zorrilla 1965-1966:1,419). 32

Da Corwin, derzeit Senator, gegen den US-amerikanischen Krieg gegen Mexiko gewesen war, galt er als geeigneter Kandidat für die Mission. Nach seiner Rückkehr in die USA 1864 erwies er sich als Fürsprecher einer Anerkennung der Regierung Maximilians. Sein Sohn William T. Corwin blieb als sein Nachfolger ad interim bis 1865 in Mexiko (Zorrilla 1965-1966:1,439-440, 459-460,461).

30 Territorium verhindern. Gebietserwerbungen für die U n i o n w a r e n zwar erwünscht, hatten aber nicht oberste Priorität. A l s M e x i k o 1861 die Raten seiner A u s l a n d s c h u l d nicht mehr zahlen konnte und die europäische Intervention drohte, m a c h t e er d e n V o r s c h l a g , die U n i o n solle den Schuldendienst vorübergehend übernehmen und als Sicherheit für die Rückerstattung d e s G e l d e s den gesamten m e x i k a n i s c h e n ö f f e n t l i c h e n Grundbesitz s o w i e Bergbaurechte in Baja California, Chihuahua, Sonora und Sinaloa beanspruchen. Eine spätere Variante d i e s e s Plans sah ein direktes Darlehen an die R e g i e r u n g Juárez und die Errichtung v o n U S - a m e r i k a n i s c h e n Militärposten in den m e x i k a n i s c h e n N o r d staaten vor, u m diese g e g e n die Konföderation z u sichern. B e i d e Pläne wurden trotz fortgeschrittener V e r h a n d l u n g e n nicht realisiert. 3 3 Corwins konföderierter Gegenspieler, John T. Pickett, 3 4 hatte v o n seiner R e g i e r u n g nur sehr ungenaue Instruktionen über die A u f n a h m e der B e z i e h u n g e n z u M e x i k o erhalten. N a c h einer Schlägerei mit d e m in M e x i k o ansässigen John A . Bennett, der mit der U n i o n sympathisierte, wurde Pickett f e s t g e n o m m e n . 3 5 A u f d e m W e g zurück in seine Heimat erreichte ihn der Rückruf seiner Regierung, die m a n g e l s Nachrichten aus M e xiko einen Gesandten dort für überflüssig hielt. 3 6 N a c h d e m Ende d e s U S - a m e r i k a n i s c h e n Bürgerkriegs wurde - a u c h D a n k der unermüdlichen Tätigkeit d e s m e x i k a n i s c h e n Gesandten Matías R o m e r o 3 7 - trotz der Zu-

33

Der erste Plan wurde von Corwin mit dem mexikanischen Außenminister Zamacona im November 1861 ausgehandelt, der zweite im April 1862 mit dem späteren Amtsinhaber Doblado. Dieser letzte Vertrag gelangte sogar vor den Unionssenat, wurde aber abgelehnt. Ein Nebeneffekt aus der erwarteten Übernahme mexikanischer Territorien sollte die Kolonisation dieses Landes durch ehemalige Sklaven sein. Schoonover erklärt Corwins Interesse an Baja California zum Teil mit dessen Verbindungen zu USamerikanischen Dampfschiffahrtsgesellschaften und zum Haus Sloo, für das er als Anwalt tätig war und das eine umstrittene Tehuantepec-Konzession besaß (Zorrilla 1965-1966: 1,419-421; Schoonover 1978: 55-58, vgl. auch Terrazas Basante 1990). 34

Ursprünglich Journalist, aber eigentlich eher Abenteurer, sammelte Pickett militärische Erfahrungen in Ungarn (wo er zum General ernannt wurde) und an der Seite des Filibusters William Walker, bevor er Konsul der Vereinigten Staaten in Jamaica und, von Juni 1853 bis Februar 1861, in Veracruz wurde. Daß er Mexikaner fiir minderwertig hielt, machte er nicht nur in seiner Korrespondenz, sondern auch im persönlichen Umgang mit Politikern deutlich, was die Aussichten einer erfolgreichen diplomatischen Tätigkeit beträchtlich verringerte. Außenminister Zamacona empfing ihn nur einmal informell (Schoonover 1978: 27-31, 38,40-41; Berbusse 1975; McCornack 1955). 35

Die Angaben zur verhängten Strafe sind widersprüchlich. Nach Schoonover wurde es Pickett erlaubt, seinen Arrest im Haus des Ungarn Gabor Naphegyi zu verbringen (1978: 43). Naphegyi war 1856 Kolonisationsagent der mexikanischen Regierung gewesen, für die er Immigranten in USamerikanischen Häfen anwerben sollte. Dafür sollte er einen Peso pro Einwanderer erhalten. Es war geplant, die Kolonisten auf der Hacienda El Lencero anzusiedeln, die Santa Anna gehörte. Obwohl Naphegyi einige Einwanderer tur das Projekt gewinnen konnte, bleibt unklar ob es tatsächlich realisiert wurde (González Navarro 1993-1994:1,354; Berninger 1974: 177). 36

Pickett ging fiir kurze Zeit zum Militär und spekulierte später mit Baumwolle. Nach dem Bürgerkrieg ernannte der im Exil lebende ehemalige mexikanische Präsident Santa Anna ihn in New York am 27.4.1867 zum General und Stabschef eines mexikanischen Befreiungsheeres. Santa Annas Plan zur Machtübernahme scheiterte kläglich. Gabor Naphegyi war zu dieser Zeit Santa Annas Sekretär (Schoonover 1978:42-47,203-204; McCornack 1955: 350-351; vgl. dazu auch Blumberg 1971: 129). 37

Romeros Arbeit in Washington wird von Topete für die Zeit von 1861 von 1867 ausführlich gewürdigt (1976, mit Dokumentenanhang). Matías Romero war später zeitweise mexikanischer Finanzminister, bevor er 1882 nach Washington zurückkehrte. Seine Arbeit in den 1860er Jahren in Washington schloß die Organisation einer mit Hilfe von US-amerikanischen Freunden, unter ihnen der spätere Präsident Ulysses Grant, einzurichtenden privaten Militäreinheit zur Unterstützung der Truppen von Juárez ein.

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rückhaltung von Secretary of State William Seward in den USA die Stimmung gegen die französische Intervention stärker. Die USA übten Druck auf Napoleon III. aus, seinen geplanten Truppenrückzug zu beschleunigen. 38 1 867 wurde Maximilian gefangengenommen und hingerichtet. Anders als einige europäische Mächte hatten die USA seine Regierung nicht anerkannt. Juárez wurde 1867 erneut zum mexikanischen Präsidenten gewählt. Am 4. Juli 1868 unterschrieben der US-amerikanische Secretary of State und der mexikanische Gesandte in Washington einen neuen Vertrag über Reklamationsforderungen US-amerikanischer Bürger, der von beiden Regierungen ratifiziert wurde. Eine daraufhin eingesetzte Kommission arbeitete mit Unterbrechung bis 1877 (Vázquez/Meyer 1992: 91-93; Zorrilla 1965-1966: 1,489-508). Streitigkeiten gab es nach wie vor wegen Banditen- und Indianerüberfallen und den damit verbundenen Viehdiebstählen in den Grenzregionen.39 Durch eine 1858 in Tamaulipas vom Gouverneur des Staates eingerichtete Freihandelszone für aus Europa eingeführte Waren blühte der Schmuggelhandel. 40 Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Mexiko und den USA (und den konföderierten Südstaaten, solange sie als solche existierten) hatten insgesamt erheblich zugenommen. Bereits vor dem US-amerikanischen Bürgerkrieg gab es einen regen Handel mit Waffen aus Texas. Auch Bergwerks- und landwirtschaftlicher Bedarf des mexikanischen Nordens wurde durch Importe aus den USA gedeckt. 41 Der Aufschwung des Handels wurde besonders im mexikanischen Nordosten an der Grenze zu Texas deutlich, wo sich die Städte Matamoros und Monterrey zu dynamischen Wirtschaftszentren entwickelten. Entscheidend hierfür war nicht nur ihre geographische Lage, sondern

Dieser Plan konnte jedoch nicht erfolgreich durchgeführt werden (Schoonover 1978: 200-201, 221-222; Zorrilla 1965-1966: 1,451-453). 38

Die französische Entscheidung zum Rückzug aus Mexiko wurde durch die Machtausdehnung Preußens in Europa entscheidend mitbedingt.

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Ab 1867 kam ein neues Grenzproblem hinzu: Der Rio Bravo, der im Osten die Grenze zu den USA markierte, änderte seinen Verlauf südöstlich von El Paso, so daß ein Teil mexikanischen Territoriums (El Chamiza!) nun an seinem linken Ufer zu liegen kam und von Texas sofort besetzt wurde (ein kleineres Stück Land wanderte auf die mexikanische Seite, blieb aber unter texanischer Hoheit). Die Streitigkeiten über die Auslegung der diese Grenze betreffenden Artikel des Vertrags von Guadalupe Hidalgo dauerten bis 1968 an, als das Gebiet schließlich an Mexiko zurückgegeben wurde (Zorrilla 1965-1966:1,458-459; Schoonover 1978: 190). 40

Zorrilla (1965-1966: 1,249-250, 380-381, 475-481; fiir die Zeit der Regierung Lerdo [1872-1876], Zorrilla 1965-1966: 1,510-526). Die Freihandelszone wurde 1884 auf die gesamte Grenze ausgedehnt und erst 1905 beseitigt (Callahan 1967: 433; Zorrilla 1965-1966:11,116; Bell/Smallwood 1982). 41

Vgl. Cerutti (1991: 219-225). Den Baumwollexport der Konföderation über Matamoros beschreiben zum Beispiel Daddysman (1984) und Tyler (1970). Vgl. auch Schoonover (1978: 78-100) und Cerutti (1996). Für die Entwicklung von Monterrey vgl. Cerutti (1989). Neben diesem Handel an der Nordostgrenze spielten die Verbindung von Santa Fe nach Süden sowie die Seeverbindungen an der Westküste und von New Orleans nach Mexiko eine gewisse Rolle. Der wichtigste Hafen für den mexikanischen Außenhandel war allerdings New York. Ähnlich wie beim Außenhandel mit Europa übertrafen die mexikanischen Importe aus den USA die Exporte dorthin, aber mit sinkender Tendenz. 1856 bestanden die mexikanischen Importe aus den USA zu 56% aus Textilien, 1872-73 nur noch zu 37%. Mexiko importierte auch pharmazeutische Produkte, Lebensmittel sowie Eisen- und Stahlwaren aus den USA. Bei den mexikanischen Exporten dominierten Metalle und Erze (1856: 84%, 1872-73: 71%) und hierbei vor allem geprägtes Silber. Produkte aus Land- und Viehwirtschaft gewannen relativ an Bedeutung (Herrera Canales 1977: 86, 87, 88, 104-105).

32 auch die politische und militärische Führung v o n Gouverneur Santiago Vidaurri, der durch Zoll- und Steuergesetze die ö k o n o m i s c h e E n t w i c k l u n g mitbestimmte. 4 2 Während M e x i k o 1 8 5 6 seine Importe vor allem aus England (38%), Frankreich ( 2 8 % ) und den Vereinigten Staaten ( 1 4 % ) b e z o g , 4 3 v e r s c h o b s i c h das B i l d 1 8 7 2 - 7 3 z u g u n s t e n der U S A , die nun mit 2 6 % hinter England ( 3 5 % ) erheblich aufgeholt hatten. 4 4 N o c h deutlicher zeigte sich der Wandel bei den m e x i k a n i s c h e n Exporten: 1 8 5 6 erhielt England 77%, e s folgten die U S A mit 16%. 4 5 1 8 7 2 - 7 3 g i n g e n nur n o c h 4 0 % der m e x i k a n i s c h e n Exporte n a c h England und bereits 3 6 % in die U S A . 4 6 N e b e n d e m Handel, in d e m die europäische Konkurrenz sehr stark war, wurde M e x i k o jetzt auch für U S - a m e r i k a n i s c h e Investitionen interessant, die den Eisenbahnbau und die A u s b e u t u n g v o n R o h s t o f f e n (Silber, K o h l e , Kupfer) z u m Ziel hatten. 4 7 1875 unterhielt M e x i k o Konsulate in neun H ä f e n und Städten der U S A : N e w York ( N e w York), N e w Orleans (Louisiana), B r o w n s v i l l e ( T e x a s ) , S a n Francisco (California), G a l v e s t o n (Texas), San A n t o n i o Béjar ( T e x a s ) , Franklin ( T e x a s ) , Panzacola (Florida) und M o b i l e (Alabama). D i e Vereinigten Staaten unterhielten in

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Vidaurri wurde 1855 Gouverneur von Nuevo León, das ab 1856 mit Coahuila einen gemeinsamen Bundesstaat bildete. Außerdem war Vidaurri Militärkommandant von Tamaulipas.Während des USamerikanischen Bürgerkriegs und der Blockade der konföderierten Häfen wurde Baumwolle der Südstaaten über Mexiko - vor allem über den Hafen Matamoros - exportiert. Vidaurri unterhielt freundschaftliche Beziehungen zur Konföderation. Nach einem Konflikt mit Juárez über Zolleinnahmen und Vidaurris Absetzung als Gouverneur 1864 floh er für kurze Zeit nach Texas, schloß sich aber dann den Truppen Maximilians an. 1867 wurde er hingerichtet (Cerutti/González 1991: 239, 245; Schmitt 1974: 87). 43

Deutschland stand mit 9% an vierter Stelle, gefolgt von Spanien (8%). Vgl. Herrera Canales (1977: 84). Der Begriff Deutschland bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Häfen Hamburg und Bremen.

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Frankreich (16%) und Deutschland (13%) folgten vor Spanien und „Südamerika" mit jeweils 5%.

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Frankreich und Spanien (mit Kuba) spielten mit vier beziehungsweise 3% eine untergeordnete Rolle.

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Frankreich erhielt 15%, Südamerika 5%, Deutschland und Spanien je 2%.

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Stärker als die US-amerikanischen Gesandten zu Beginn der bilateralen Beziehungen machten sich Diplomaten in diesem Zeitraum die Förderung des Handels und der Investitionen zur Aufgabe; vgl. dazu zum Beispiel Berbusse (1980) über General William S. Rosecrans (1868-1869 Gesandter in Mexiko) und Kaiser (1957) über John W. Foster (von 1873 bis 1880 US-amerikanischer Gesandter). Ein interessanter Fall ist Edward Lee Plumb, der von 1854 bis 1857 als Agent der Mexican Pacific Coal and Iron Mining and Land Company auf der Suche nach Bodenschätzen in Mexiko gewesen war. Als Repräsentant eines New Yorker Bankhauses kehrte er 1859-1860 nach Veracruz zurück. 1861 arbeitete er für den USamerikanischen Gesandten Thomas Corwin. Während der französischen Intervention lebte er wieder in den USA, bis er 1866 als Legationssekretär erneut nach Mexiko kam. 1867-1868 war er Chargé d'affaires der US-amerikanischen Gesandtschaft in Mexiko. Anfang der 1870er Jahre machte er sich, aus dem diplomatischen Dienst ausgeschieden, als Förderer des Eisenbahnbaus einen Namen. 1871 bis 1876 war er für die Gesellschaft International Railroad of Texas in Mexiko und wurde zum scharfen Konkurrenten seines ehemaligen Nachfolgers in der US-Legation: General Rosecrans, gelernter Ingenieur, versuchte in Mexiko eine Konzession für die von General Palmer gegründete Denver and Rio Grande Railroad geltend zu machen. Rosecrans' Pläne scheiterten 1873. Plumb erhielt 1875 eine Konzession, die einen stark reduzierten Streckenabschnitt betraf, allerdings wurde ihre Gültigkeit nach dem Putsch von Porfirio Díaz in Frage gestellt. Plumb stand 1882-1889 als Vizepräsident einer anderen Gesellschaft vor (Mexican International Railroad Company/Ferrocarril Intenacional Mexicano), die die Eisenbahnlinie zwischen Piedras Negras und Durango in Betrieb nahm (Pletcher 1952; 1958: 34-71, 72105; Knapp 1952; 1956).

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wesentlich mehr mexikanischen Orten konsularische Vertretungen: Acapulco, Tampico, Veracruz, Monterrey, Guaymas, La Paz, Matamoros, Zacatecas, Chihuahua, Manzanillo, Mérida, Minatitlán, Paso del Norte, Mazatlán, Piedras Negras, Frontera, Mier, San José del Cabo, San Juán Bautista, Oaxaca, Tehuantepec y Sabina Cruz, Camargo, Guerrero (Tamps.), Nuevo Laredo, San Blas und Tuxpan. 48

2.1.2 Die Beziehungen im Porfiriat

Nach der Zeit des sogenannten entendimiento liberal, also der Verbesserung der bilateralen Beziehungen zwischen Mexiko und den USA seit den Regierungen Juárez und Lincoln, unterbrach die Revolution von Tuxtepec im November 1876 zunächst die freundschaftlichen Beziehungen. Porfirio Díaz hatte zusammen mit Manuel González von Texas aus eine Rebellion gegen die aus umstrittenen Wahlen hervorgegangene zweite Regierung von Sebastián Lerdo de Tejada begonnen und war am 27. November 1876 siegreich in Mexiko-Stadt eingezogen. In Neuwahlen wurde er als Präsident bestätigt. In den USA, wo Rutherford B. Hayes 1877 den bisherigen Präsidenten Ulysses Grant ablöste,49 verzögerten interne Auseinandersetzungen die Anerkennung der neuen mexikanischen Regierung ebenso, wie der anfängliche Versuch des USamerikanischen Gesandten in Mexiko, John W. Foster, bei dieser Gelegenheit Zugeständnisse bezüglich der Grenzstreitigkeiten zu erwirken. Als hinderlich erwiesen sich auch Äußerungen von Díaz, die um die Sicherheit US-amerikanischer Investitionen fürchten ließen. In einem bereits vor der Machtübernahme erlassenen Dekret wurden Verträge, die Mexiko Lasten aufbürdeten, für null und nichtig erklärt und die Unterzeichner des Landesverrats bezichtigt (Zorrilla 1965-1966: 1,538). Gerüchte über die von den USA geplante Einrichtung eines Protektorats über Mexiko lebten auf. Díaz machte inzwischen deutlich, daß er an geordneten Verhältnissen interessiert war. Er veranlaßte, daß Mexiko die fallige Rate der Reklamationszahlungen an die USA pünktlich leistete und verstärkte die Militärpräsenz an der gemeinsamen Grenze. Die Grenzprobleme waren notorisch und vielfaltig. Zu gegenseitigen Klagen und Schadensersatzforderungen führten Überfalle, Vieh- und Pferdediebstähle, der unerlaubte Grenzübertritt von Sicherheitskräften bei der Verfolgung von Gesetzesbrechern und Verdächtigen, der Schmuggelhandel sowie Streitigkeiten über den Grenzverlauf am Rio Bravo. Lynchmorde wurden in den USA auch an Mexikanern begangen und führten zu empörten Presseberichten in Mexiko. Die USA beklagten sich über die mexikanischen Gesetze, die Ausländern Grundbesitz in Grenznähe verboten. Der unerlaubte Grenzübertritt durch Soldaten bei der Verfolgung von Indianern oder Viehdieben - ein Angriff auf die Souveränität des Staates, aber auf lokaler Ebene durchaus geduldet, - wurde ab dem 1. Juni 1877 zum Politikum, nachdem die US-

Die Anzahl der US-amerikanischen Vertretungen in Mexiko war mit der der deutschen und spanischen vergleichbar (jeweils 25). Mexiko hingegen unterhielt nur sehr wenige Vertretungen im Ausland. Spanien bildete mit siebzehn die Ausnahme, darauf folgten die Vereinigten Staaten. In Deutschland war Mexiko zweimal vertreten (Gaytän 1992: 75-76). 49

Auch bei diesen Wahlen hatte es Unregelmäßigkeiten gegeben.

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amerikanische Regierung den Militärkommandanten von Texas, General Edward O. C. Ord, hierzu in einem Befehl aufforderte. 50 Ords Gegenpart auf mexikanischer Seite war der von Díaz eingesetzte General und mehrmalige Gouverneur von Nuevo León, Jerónimo Treviño, der als Chef der für den Schutz der Nordgrenze zuständigen Truppen ebenfalls militärisch gegen Indianer und Banditen vorging. 5 Kurz nachdem Díaz am 5. Mai 1877 vom mexikanischen Kongreß als Präsident eingesetzt wurde, erkannten Deutschland, Spanien, El Salvador, Guatemala und schließlich auch Italien seine Regierung an (Gregg 1937 [1970]: 29). Die Vereinigten Staaten folgten mit der offiziellen Anerkennung erst im April 1878 (Callahan 1967: 395). Nach diesem schwierigen Beginn verliefen die Beziehungen zwischen Mexiko und den USA während des Porfiriats (einschließlich der Regierungszeit Manuel González' 1880-1884) weitgehend friedlich. 52 Ab 1882 war der Grenzübertritt von Truppen in bestimmten Fällen erlaubt und wurde auch in Anspruch genommen (Zorrilla 19651966: 11,3-9; Callahan 1967: 404). 1881 kündigte Mexiko den Handelsvertrag von 1831. Die USA waren an Neuverhandlungen interessiert. Ein neuer Vertrag wurde zwar 1884 von Mexiko und dem US-amerikanischen Senat ratifiziert, scheiterte dann aber im Kongreß der Vereinigten Staaten.53 Während die Grenzprobleme Schmuggel, Bandenunwesen und Indianerüberfalle sich in den 1890er Jahren reduzierten, 54 blieben Unklarheiten über den Verlauf der Grenze und die Wassernutzung der Flüsse Bravo und Colorado bestehen. 55 Weitere Krisen, die allerdings nicht eskalierten, entstanden durch die Aufhebung der ab 1883 gewährten Erlaubnis an die USA, die zur mexikanischen Pazifikküste gehörende Bahía Magdalena (Baja California) als Kohlestation und fiir militärische Übungen zu benutzen,56 sowie über den Besitz yucatekischer Inseln, die die USA wegen dortiger Guanofunde erfolglos für sich beanspruchten (Zorrilla 1965-1966:11,80-83). Wegen der mexikanischen Südgrenze kam es Anfang der 1880er Jahre zu Konflikten mit Guate50

Gegen die Instruktionen an Ord protestierten sogar die inzwischen in New York lebenden Politiker Lerdo de Tejada und José María Iglesias (Zorrilla 1965-1966:1,543). Der Befehl wurde erst am 1.3.1880 zurückgenommen (Callahan 1967: 403). 51

Zorrilla (1965-1966: 1,537-571) zählt viele Grenzprobleme aus den Jahren 1876-1880 auf. Sehr ausführlich beschreibt Cosío Villegas (1963: 3-250) die Probleme um die Anerkennung der Regierung Díaz und die zahlreichen Probleme um die Grenze. Vgl. auch Gregg (1937 [1970]) und Vázquez/Meyer (1992: 99-100). Wie Cosío Villegas beschreibt, freundeten sich Ord und Treviflo an und letzterer heiratete Ords Tochter. Die Hochzeit, als Symbol der Völkerfreundschaft gefeiert, fand in San Antonio (Texas) statt; das Paar lebte aber in Mexiko (Cosío Villegas 1963: 222-224). 52

González änderte die Verfassung von 1857, die künftig die Wiederwahl des Präsidenten zuließ. Darauf gründeten sich die Regierungen von Porfirio Díaz bis 1911. 1904 wurde die Amtsperiode des Präsidenten auf sechs Jahre verlängert (Zorrilla 1965-1966:11,1, 101). 53

Vgl. Zorrilla (1965: 11,10-12); Callahan (1967: 420-421) und Rosenzweig (1965: 716-722). Bei Espinosa de los Reyes ( 1951: 76-84) ist auch der Vertragstext abgedruckt. 54

Durch das Bevölkerungswachstum nördlich der Grenze, die Reservationspolitik der USA sowie Zwangsumsiedlungen in Mexiko und einer stärkeren Überwachung nahmen Grenzprobleme dieser Art in den 1890er Jahren ab (Vázquez/Meyer 1992: 104; Zorrilla 1965-1966: 1,558, er erwähnt Zwangsumsiedlungen in Mexiko bereits für 1878). 55 56

Zorrilla (1965-1966:1,15-21,62-65, 143-152, 165-174); Callahan (1967: 447-448,458-470).

Die Vereinigten Staaten unterhielten auf der anderen Seite der Halbinsel bereits die Kohlestation Pichilingue (Zorrilla 1965-1966:11,25, 115-116, 191).

35 mala u m das Gebiet S o c o n u s c o (Chiapas). Während Guatemala die U S A z u m Vermittler m a c h e n w o l l t e , bestand die m e x i k a n i s c h e Regierung auf direkten Verhandlungen. 5 7 Bei v i e l e n G e l e g e n h e i t e n wurde h i n g e g e n demonstriert, daß sich die B e z i e h u n g e n i m V e r g l e i c h z u den früheren Jahren erheblich verbessert hatten: D e r e h e m a l i g e U S - a m e r i kanische Präsident U l y s s e s Grant besuchte M e x i k o 1 8 8 0 und wurde als Staatsgast e m p fangen. 5 8 D í a z selbst reiste 1883, während der Präsidentschaft v o n Manuel González, durch die U S A , w o er h o c h geehrt wurde. 5 9 Im D e z e m b e r 1898 w u r d e n die Gesandtschaften der b e i d e n Staaten z u B o t s c h a f t e n erh o b e n und die B e d e u t u n g ihrer B e z i e h u n g e n damit betont. 6 0 Einige M o n a t e später e m p fing D í a z Bürger der Stadt C h i c a g o z u e i n e m Bankett im Präsidentenpalast, 6 1 und M e x i k o spendete 3 0 . 0 0 0 $ für die Opfer e i n e s Wirbelsturms in G a l v e s t o n (Texas). Secretary of State Elihu R o o t besuchte im Oktober 1 9 0 7 M e x i k o . 6 2 O b w o h l D í a z e i n Treffen mit d e m U S - a m e r i k a n i s c h e n Präsidenten W i l l i a m H o w a r d Taft ( 1 9 0 9 - 1 9 1 3 ) in El Paso/Ciudad Juárez a m 16. September 1 9 0 9 propagandistisch ausschlachten konnte, 6 3 z e i c h n e t e sich d o c h allmählich das Ende seiner E p o c h e ab. 57

Die Verhandlungen wurden zeitweise in Washington geführt, wo Matías Romero Mexiko vertrat. Wegen seiner US-nahen Positionen wurde er stark kritisiert und bot zweimal seinen Rücktritt an, ohne daß dieser vom mexikanischen Außenminister Mariscal akzeptiert wurde. Ein Grenzvertrag mit Guatemala wurde 1895 geschlossen, wobei die USA indirekt, aber nicht offiziell vermittelten (Vázquez/Meyer 1992: 106-108; Callahan 1967: 412-417, 425, 429, 432, 439-440). Zur Zentralamerikapolitik des Porfiriats vgl. Buchenau (1992; 1996). 58

Grant und Matías Romero gründeten kurz darauf eine Eisenbahngesellschaft für eine Linie, die von Mexiko-Stadt nach Oaxaca-Stadt und von dort zur guatemaltekischen Grenze führen sollte. Das Projekt wurde jedoch wegen Grants Bankrott 1884 nicht realisiert (Pletcher 1958: 157-164, 168-171, 178-179; 1959: 13). Pletcher (1958: 173-177) betont die negative Auswirkung dieses Projekts auf die Ratifizierung des zwischen Mexiko und den USA 1883 geschlossenen Handelsvertrags. Romero und Grant waren bei den Verhandlungen federführend gewesen. Protektionisten in den USA fürchteten vor allem den zollfreien Import von mexikanischem Zucker, Kaffee und Tabak, der durch den Eisenbahnbau möglicherweise gefordert worden wäre. Mexikanische Protektionisten hatten umgekehrt Bedenken, daß billige US-amerikanische Einfuhren, unter anderem auch Zucker, die heimische Produktion schädigen könnten (Espinosa de los Reyes 1951: 88-89, 98-100, 101-105; vgl. auch Romero 1890). 59

Vgl. Callahan (1967: 403,405,420); Cosío Villegas (1965: 228); Pletcher (1959: 12).

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Matías Romero, seit 1882 wieder mexikanischer Vertreter in Washington, starb 1898 bevor er die neuen Papiere an die US-amerikanische Regierung übergeben konnte. Erster mexikanischer Botschafter in den USA wurde Manuel de Aspiroz. John W. Foster, seit 1872 US-amerikanischer Gesandter in Mexiko, war 1880 von P. H. Morgan abgelöst worden. Bis zum Ende des Porfiriats sollten die Vertreter der USA noch zehnmal wechseln (Zorrilla 1965-1966:11,95-96; Vázquez/Meyer 1992: 102). 61

Einen Gegenbesuch in Chicago konnte er nicht antreten, entsandte aber Außenminister Mariseal. Dessen Rede, die die Führungsrolle der USA gegenüber Mexiko betonte und ihre Hilfe beim Kampf gegen die französische Intervention herausstrich, führte zu scharfen Protesten seiner Gegner (vgl. auch Cosío Villegas 1963: 282-284). 62

Callahan (1967: 444-445, 450-451); Zorrilla (1965-1966:11,96-97, 120-121). Vgl. auch die Redetexte anläßlich des Besuchs von Root im BO-SRE. Bd. 24, Nr. 6, 1907: 352-390. 63

Ein Foto beider Präsidenten auf der internationalen Brücke wurde in Mexiko weit verbreitet, „[...] possibly to the disadvantage of the United States because of the Mexican popular view of the contrast between the piain appearance of Taft with the distinetive military appearance of Diaz (sie)" (Callahan 1967: 452). Zorrilla (1965-1966: 1,121) besteht darauf, daß Díaz El Paso nur soweit betreten habe, wie das eigentlich zu Mexiko gehörende Gebiet El Chamizal reichte. Almada (1955: 863) zufolge hatte der damalige mexikanische Botschafter in Washington angeregt, die umstrittene Zone als neutrales Gebiet zu betrachten. Vgl. auch Cosío Villegas (1963: 286-290). Bei einem privaten Gespräch zwischen Díaz und

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Seit 1904 lebte eine Gruppe von mexikanischen Oppositionellen um Ricardo Flores Magón in den USA im Exil, die die antiporfiristische Zeitung Regeneración herausgab und jenseits der Grenze verbreitete. 1906 veröffentlichte sie ein Manifest und Programm des Partido Liberal Mexicano und organisierte mehrere bewaffnete Überfalle auf mexikanisches Territorium. Francisco Madero stand ihnen anfangs nahe, allerdings kam es aufgrund der zunehmenden Radikalisierung der Gruppe nicht zu einer dauerhaften Zusammenarbeit (Zorrilla 1965-1966: 11,104-107, 178-179, 182; Raat 1981:210-212). Im Februar 1908 gab Porfirio Díaz dem US-amerikanischen Journalisten James Creelman ein Interview für ein New Yorker Magazin, das, als Jubelartikel veröffentlicht, wegen einiger Äußerungen des mexikanischen Präsidenten der Opposition Hoffnung auf das Ende seiner Ära bei den für 1910 anstehenden Wahlen machte (Zorrilla 1965-1966: 11,107-108).64 Madero publizierte daraufhin im Oktober 1908 sein Buch La sucesión presidencial en 1910, in dem er gemäßigte demokratische Reformen vorschlug. 65 Noch vor den Wahlen wurden er und zahlreiche Regierungsgegner festgenommen. Madero, unter Hausarrest gestellt, konnte im Oktober 1910 von San Luis Potosí nach San Antonio (Texas) fliehen. Von dort aus erklärte er die Wahlen für gefälscht und rief zum bewaffneten Aufstand auf (Plan de San Luis Potosí). Während das mexikanische Außenministerium die US-amerikanische Regierung mehrmals bat, gegen Waffenkäufe von Magonisten und Maderisten vorzugehen, erklärte diese ihre Neutralität und legte dar, daß sie gegen die als legal angesehenen Geschäfte nichts machen könne (Zorrilla 1965-1966: 11,184-187; Raat 1981: 206-208). Ricardo Flores Magón organisierte 1911 von Los Angeles aus bewaffnete Interventionen nach Baja California, die allerdings eher den Charakter von Filibuster-Überfallen hatten als den einer revolutionären Kampagne. 66 Nach den militärischen Erfolgen Maderos und anderer Revolutionäre in Nordmexiko und im Hinblick auf seine geschwächte Stellung innerhalb des eigenen Lagers trat Díaz Taft diente der Gouverneur von Chihuahua, Enrique Creel, als Übersetzer. Creel, Sohn eines USAmerikaners aus Kentucky und einer Mexikanerin, war Mitglied der Terrazas-Familie und einflußreicher Bankier und Geschäftsmann. Neben seinem Amt als Gouverneur von Chihuahua (1904-1910) vertrat er Mexiko 1906-1908 als Botschafter in den USA. Von April 1910 bis März 1911 war er mexikanischer Außenminister (Wassermann 1985). 64

Ein Faksimile dieser Mischung aus Interview und bewundernder Biographie (President Dlaz, Hero of Ihe Americas) veröffentlichte die UNAM 1963 zusammen mit einer spanischen Obersetzung (Creelman 1908 [1963]). 65

Eine andere Antwort auf das Interview war eine Artikelserie (1911 als Buch unter dem Titel Barbarous Mexico erschienen) von John Kenneth Turner, einem sozialistischen Journalisten und Mitarbeiter Flores Magöns. Turner beschrieb die auf einer Reise erfahrenen negativen Seiten des Porfiriats, insbesondere das Schicksal der als Zwangsarbeiter von Sonora nach Yucatan verschleppten Yaquis und das verschuldeter Landarbeiter, sowie den Imperialismus US-amerikanischer Unternehmer und Großgrundbesitzer (Raat 1981: 54; Gill 1956: 644-647; J. K. Turner 1969). Auch während der Revolution besuchte er Mexiko mehrmals, 1913 war er zeitweise in Mexiko-Stadt inhaftiert. 66

Auch die Schriftsteller John Kenneth Turner und Jack London unterstützten die Vorbereitung dieser Aktionen. Da viele Teilnehmer US-amerikanische Sympathisanten oder Abenteurer waren, wurden die Überfälle von der mexikanischen Regierung als Verletzung der Neutralität angesehen. Nach ihrem Scheitern in Baja California schlössen sich mehrere Anhänger Flores Magöns Francisco I. Madero an. Auch prominente Arbeiterftlhrerinnen und Arbeiterführer der USA wie Mother Jones und Samuel Gompers gaben ihre Unterstützung filr Flores Magön auf (Raat 1981: 54-56, 212; Zorrilla 1965-1966: 11,188-190; Gerhard 1946; Gill 1956).

37 am 26. M a i 1911 v o m Präsidentenamt zurück und verließ das Land mit d e m Ziel Europa (Zorrilla 1 9 6 5 - 1 9 6 6 : 1 1 , 1 8 0 , 194, 1 9 7 - 1 9 8 ) 6 7 D a s entscheidende Merkmal der B e z i e h u n g e n z w i s c h e n M e x i k o und den U S A während des Porfiriats war das e n o r m e A n w a c h s e n der wirtschaftlichen Interessen US-amerikanischer Unternehmer und Geschäftsleute in M e x i k o . D i e v o n D í a z erreichte politische Stabilität hatte entscheidend dazu beigetragen, U S - a m e r i k a n i s c h e Investoren anzuziehen und den Handel z u intensivieren. Eine übergeordnete R o l l e spielte dabei der Eisenbahnbau, da er nicht nur ein w i c h t i g e s Investitionsfeld darstellte, sondern auch die Basis für die A u s w e i t u n g d e s bilateralen Handels war. 6 8 M e x i k o hatte während d e s Porfiriats aktiv u m ausländische Investitionen geworben. D i e m e x i k a n i s c h e n Gesandten Manuel de Z a m a c o n a e Inclán ( 1 8 7 8 - 1 8 8 2 ) und vor allem Matías R o m e r o knüpften Kontakte z u U S - a m e r i k a n i s c h e n G e s c h ä f t s l e u t e n und leisteten Presse- und Lobbyarbeit. D a s m e x i k a n i s c h e Entwicklungsministerium (Secretaría de Fomento, Colonización, Industria y Comercio) organisierte mit h o h e m finanziellen A u f w a n d die werbeträchtige Teilnahme M e x i k o s an internationalen A u s s t e l l u n g e n und forderte die Veröffentlichung v o n Handbüchern und anderen Publikationen über die m e x i k a n i s c h e Wirtschaft und die R e s s o u r c e n d e s Landes. 6 9 A u c h die Zahl der m e x i k a n i s c h e n Vertretungen i m A u s l a n d wurde erhöht. 1884 unterhielten die U S A 2 2 konsularische Vertretungen und Konsulate in M e x i k o . 7 0

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Dem Rücktritt gingen Verhandlungen zwischen Beauftragten des aus Europa zurückgerufenen Finanzministers Limantour (unter ihnen Oscar Braniff) und den Madero-Anhängem voraus. Provisorischer Präsident wurde bis zu Neuwahlen Francisco de la Barra, der seit dem 1.4.1911 Außenminister war. 68

Die USA vertilgten nach dem Bürgerkrieg kaum noch über eine Handelsflotte. Dampfschiffverbindungen zwischen Mexiko und den USA waren - anders als die der europäischen Konkurrenz - selten und unregelmäßig. Nach Fertigstellung der Bahnverbindungen wurden Handelsgüter meist über Land transportiert (Pletcher 1956: 22). Ebenso wichtig war die Eisenbahn natürlich für die mexikanischen Exporte (Rosenzweig 1965: 710-711). Mexikos Handelsflotte war ebenfalls klein und wenig leistungsfähig. Von 1867 bis Anfang der 1890er Jahre subventionierte die mexikanische Regierung mehrere USamerikanische Schiffahrtslinien im Golf von Mexiko und im Pazifik. Ab 1893 wurden zwar Konzessionen, aber nur noch geringfügige Subventionen für die Schiffsverbindungen mit den USA vergeben (Espinosa de los Reyes 1951: 38-49). 69

Vgl. Yeager (1977); Riguzzi (1988: 141-151); Cott (1979: 73-74, 211-218). Auch Matías Romero trug mit zahlreichen Veröffentlichungen zum „Boom" der Mexiko-Literatur bei. 1879 hatte er mit der Exposición de la Secretaría de Hacienda de los Estados Unidos Mexicanos, de 15 de enero de 1879, sobre la condición actual de México, y el aumento del comercio con los Estados Unidos, rectificando el informe dirigido por el honorable John W. Foster, enviado extraordinario y ministro plenipotenciario de los Estados Unidos en México, el 9 de octubre de 1878, al señor Carlile Masón, presidente de la Asociación de manufactureros de la ciudad de Chicago en el Estado de Illinois de los Estados Unidos de América auf die negative Darstellung der wirtschaftlichen Möglichkeiten Mexikos durch den US-amerikanischen Gesandten Foster geantwortet, die dieser in einem Brief an Geschäftsleute aus Chicago beschrieben hatte (vgl. dazu auch AHSRE 15-2-1). Eine englische Übersetzung von Romeros Exposición wurde 1880 in New York veröffentlicht und verbreitet (Pletcher 1959: 7-10; Cott 1979: 76-79; vgl. auch das Vorwort von Chávez Orozco zur einer Teilausgabe von Romeros Text, 1961). Als ein weiteres enzyklopädisches Werk Romeros ist sein Geographica! and Statistical Notes on Mexico (New York und London 1898) zu nennen, das er als Antwort auf die zahlreichen Anfragen von Geschäftsleuten über Mexiko verfaßt hat. Die Liste ließe sich erweitern. 70

Acapulco, Chihuahua, Guaymas, Guerrero de Tamaulipas, La Paz, Magdalena de Sonora, Manzanillo, Matamoros, Mazatlán, Mérida, México (Generalkonsulat), Minatitlán, Monterrey, Nuevo Laredo, Paso del Norte (Ciudad Juárez), San Blas, San José del Cabo, Saltillo, Tampico, Tuxpan, Veracruz und Zacatecas.

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Mexiko war in den USA achtzehn Mal mit Konsulaten, Generalkonsulaten und Honorarkonsulaten vertreten (Zorrilla 1965-1966: II.24-25). 71 . Der Außenhandel Mexikos wuchs in der Zeit von 1870-71 bis 1910-11 von 48,8 auf 499,7 Millionen Pesos (Espinosa de los Reyes 1951: 50). Edelmetalle blieben weiterhin Mexikos wichtigstes Exportprodukt, obwohl ihr Anteil an den Gesamtausfuhren zugunsten pflanzlicher Produkte wie Kaffee, Pflanzenfasern, Edelhölzern, Tabak und Vanille, die zusammen etwa 20 Prozent der Exporte ausmachten, zurückging. Der Außenhandel mit den USA stieg sowohl absolut als auch im Verhältnis zu den europäischen Ländern stark an. Erhielten die Vereinigten Staaten 1872-73 noch 36,1% der mexikanischen Ausfuhr, so waren es 1909-10 bereits 75,7%.72

Tabelle 1 : Zielländer der mexikanischen Ausfuhr, 1872-1910 (in Millionen Pesos) 1 Jahr 1872-73 1882-83 1892-93 1909-10

USA 11,4 36,1% 16,7 40,0% 63,9 73,0% 196,9 75,7%

GB 12,5 39,6% 17,3 41,4% 14,7 16,8% 28,5 11,0%

F 4,6 14,6% 4,2 10,0% 3,7 4,2% 12,3 4,7%

D 0,8 2,5% 1,1 2,6% 3,3 3,8% 8,4 3,2%

Sp 0,7 2,2% 2,0 4,8% 0,6 0,7% 2,0 0,8%

Andere 1,6 5,0% 0,5 1,2% 1,3 1,5% 11,9 4,6%

Summe | 31,6 100% 41,8 100% 87,5 100% 260,0 100%

Quelle: Espinosa de los Reyes (1951: 53).

Mexiko exportierte (abgesehen von Edelmetallen)73 vor allem Tierhäute und Leder (deren Anteil sich allerdings 1888 reduzierte), Pflanzenfasern (henequén), 74 sowie Farbhölzer in die USA. 1880 machte die Ausfuhr von Kaffee, die 1870 noch gar keine Rolle gespielt hatte, bereits gut 21% aus. Mexiko importierte aus den USA vor allem Fertigwaren.75 1888 bildeten Bauholz, Dampfmaschinen, Eisen und Stahl, Maschinen

71

Brownsville, Rio Grande City, Laredo, Eagle Pass, El Paso, San Diego, Galveston, New Orleans, Philadelphia, New York, San Francisco, San Antonio, St. Louis, Chicago, Tucson, Boston, Mobile und Panzacola. Pefiafiel (1901: 35) nannte in seinem Cuadro sinóptico von 1901 für die USA 36 konsularische Vertretungen Mexikos (35 für Spanien, 23 für Großbritannien, 20 für Deutschland und 12 für Frankreich). Die USA unterhielten zu dem Zeitpunkt bereits 55 konsularische Vertretungen in Mexiko (Spanien 31, Großbritannien 22, Frankreich 19, Deutschland 18). 72

Obwohl die relativen Anteile Englands, Frankreichs und mit Einschränkung Spaniens an Mexikos Ausfuhr im gleichen Zeitraum stark absanken, stiegen die Exporte dorthin ebenfalls an. Bei den Ausfuhren nach Deutschland stiegen sowohl der Wert der Exporte als auch ihr Anteil an Mexikos Gesamtausfuhr (vgl. Tabelle 1 ). 73

Der Anteil des Edelmetallexports lag für die Dekade 1870-80 bei 79,4%, für 1890-1900 bei 76% (Espinosa de los Reyes 1951: 58). 74 75

Die USA waren fast die einzigen Abnehmer des mexikanischen henequén (Rosenzweig 1965: 711).

Agrarprodukte, die vor 1875 neben Manufakturwaren bei den Importen eine Rolle spielten (49,5% der Gesamteinfuhr) verloren anteilsmäßig (1880: 34,8%) an Bedeutung (Espinosa de los Reyes 1951: 63-

39

und Apparate sowie Eisenbahnwaggons wichtige Posten auf der Liste der Einfuhren (Espinosa de los Reyes 1951: 65). 76 Das Anwachsen der Bedeutung der Importe aus den USA im Vergleich zu denen aus Europa läßt sich in Tabelle 2 verfolgen. Ähnlich wie bei den Exporten zeigt sich auch hier ein starkes Anwachsen der Summen, die trotzdem für England, Frankreich und Spanien mit einem relativen Bedeutungsverlust einhergehen, während der prozentuale Anteil Deutschlands am Einfuhrhandel eher stabil bleibt.77

Tabelle 2: Herkunftsländer der mexikanischen Einfuhr, 1872-1910 (in Millionen Pesos) 1 Jahr 1872-73 1892-93 1902-03 1909-10

USA 5,2 25,7% 26,2 60,4% 102,8 53,7% 112,8 57,9%

GB 7,2 35,6% 5,7 13,1% 26,0 13,6% 22,3 11,5%

F 3,5 17,3 4,8 11,1% 16,5 8,6% 17,4 8,9%

D 2,4 11,9% 2,9 6,7% 24,1 12,6% 20,3 10,4%

SP 1,0 5,0% 2,2 5,1% 7,7 4,0% 5,3 2,7%

Andere 0,9 4,5% 1,6 3,6% 14,2 7,5% 16,8 8,6%

Summe | 20,2 100% 43,4 100% 191,3 100% 194,9 100%

Quelle: Espinosa de los Reyes (1951: 54).

Die erste Eisenbahnlinie Mexikos wurde 1873 eingeweiht. Es war der Ferrocarril Mexicano, die von Briten erbaute Verbindung zwischen Mexiko-Stadt und dem wichtigsten mexikanischen Außenhandelshafen Veracruz.78 Trotz der bereits seit der JuárezZeit vielfach vergebenen Konzessionen zum Eisenbahnbau wurden insgesamt nur wenige Projekte realisiert.79 Die wichtigsten waren die von verschiedenen US-amerikanischen Gesellschaften errichteten Verbindungen von Mexiko-Stadt nach Ciudad Juárez (Ferrocarril Central Mexicano) und nach Nuevo Laredo (Ferrocarril Nacional Mexicano). Beide Konzessionen waren 1880 vergeben worden. Die Strecken, die Mexiko-Stadt mit den US-amerikanischen Linien der jeweiligen Gesellschaften verbanden, wurden 1884 und 1888 eröffnet und standen in starker Konkurrenz zueinander. Eine

65). Zurückzuführen ist diese Entwicklung vor allem auf die Bedürfnisse von Eisenbahnbau, Bergbau und den öffentlichen Arbeiten, die die Diaz-Regierung in Angriff nahm. 76

Für die ersten zehn Jahre dieses Jahrhunderts nennt Espinosa zusätzlich auch Baumwoll- und Wolltextilien, chemische und pharmazeutische Produkte sowie Fahrzeuge und Lebensmittel (1951: 66-67). Neben Lokomotiven und Eisenbahnwaggons wurden aus den USA in zunehmendem Maße Landmaschinen eingeführt (Oñate 1981: 396). 77

Diese Tendenz bestätigt Oñate, der Statistiken über die mexikanischen Im- und Exporte aus britischen Quellen zusammengestellt hat (1981: 394,396, 398). 78

Weitere britische Eisenbahngesellschaften bauten später den Ferrocarril Interoceánico (1888) und den Ferrocarril Mexicano del Sur (1892). 79

Die Expansion der Eisenbahnkilometer von 572 (1873) auf 666 (1876) und 19.205 (1910) zeigt Coatsworth (1981: 36-37). Die mexikanische Regierung vergab Konzessionen für festgelegte Strecken und subventionierte den Bau der Linien mit hohen Summen. Zur Bedeutung des Eisenbahnwesens in der mexikanischen Wirtschaft vgl. Kuntz Ficker (1995) und Kuntz Ficker/Riguzzi (1996).

40

weitere US-amerikanische Gesellschaft 80 baute mit dem Ferrocarril Internacional eine Verbindung zwischen Piedras Negras (zeitweise Ciudad Porfirio Díaz genannt) und dem Ferrocarril Central, die ebenfalls 1888 in Betrieb ging und 1892 Durango erreichte (Espinosa de los Reyes 1951: 21-34). 81 Seit 1903 bemühte sich die mexikanische Regierung darum, durch Aktienkäufe die USamerikanischen und britischen Eisenbahngesellschaften unter ihre Kontrolle zu bekommen. Dieser Prozeß gipfelte 1908 in der Gründung der Gesellschaft Ferrocarriles Nacionales de México, in der die wichtigsten Eisenbahngesellschaften zusammengefaßt wurden und bei der die mexikanische Regierung Hauptaktionärin war.82 Die restlichen Aktien blieben weiterhin in der Hand ausländischer Investoren, vor allem von USAmerikanern.83 Als problematisch erwies sich in der Zeit des Eisenbahnbaus der Mangel an Facharbeitern in Mexiko, der dazu führte, daß die Eisenbahngesellschaften zum großen Teil mit Personal aus dem Ausland arbeiteten. Nach Fertigstellung der Linien blieb es dabei, daß Mexikaner für die gleiche Arbeit weniger Lohn erhielten als Ausländer und weniger Aufstiegschancen hatten. Verantwortungsvolle Posten als Techniker und Lokomotivführer blieben größtenteils US-Amerikanern vorbehalten, während Mexikaner bei den weniger qualifizierten Tätigkeiten das Gros der Beschäftigten stellten und als Heizer, Bremser und Mechaniker tätig waren. Beim Ferrocarril Nacional waren noch 1907 87% der Lokführer, 80% der Techniker und 85% der leitenden Angestellten Ausländer (Parlee 1984: 465-466, 446-447, 451, 467). 84 Für verantwortungsvolle Posten waren Englischkenntnisse der Beschäftigten unerlässlich, da zum Beispiel die monatlichen Berichte von Vorarbeitern in dieser Sprache verfaßt werden mußten und Facharbeiter und Verwaltungspersonal in der Regel nur Englisch

80

Hinter ihr standen der Diaz-Freund Collis P. Huntington und die US-amerikanische Eisenbahngesellschaft Southem Pacific (Vgl. auch Cott 1979: 159). " Es gab noch weitere von US-amerikanischen Gesellschaften errichtete Eisenbahnlinien. Die Konzessionen dazu wurden entweder von der mexikanischen Regierung oder, wenn sie deren Territorium nicht verließen, von den entsprechenden Bundesstaaten vergeben. Zum Eisenbahnbau in Sonora, wo bedeutende US-amerikanische Minengesellschaften aktiv waren, vgl. Pletcher (1948b). 1882 wurde die Bahnverbindung zwischen Benson (Arizona) und Guaymas (Sonora) eröffnet (Pletcher 1948b: 23); die Verlängerung von Guaymas nach Mazatlán (Sinaloa) wurde zwischen 1905 und 1909 gebaut (Callahan 1967: 521). 82

Außerhalb dieser neuen Gesellschaft blieben der Ferrocarril Nacional de Tehuantepec und die Verbindung von Veracruz zum Pazifik, die sich sowieso vollständig in Regierungsbesitz befanden, ebenso wie viele kleinere Linien (Nicolau d'Olwer 1965: 1072). 83

Vgl. Nicolau d'Olwer (1965: 1068-1074), auch Espinosa de los Reyes (1951: 148-157). Eine Kalkulation von Nicolau d'Olwer (1965: 1085) ergibt, daß die USA für etwa 47,3% der ausländischen Investitionen im Eisenbahnbau verantwortlich waren. Großbritannien folgte mit 35,5% an zweiter Stelle. Frankreichs Investitionen machten 10,3% aus, gefolgt von den Niederlanden (2,1%) und, an vierter Stelle, Deutschland mit marginalen 1,6%. 84

Auch nach der Mexikanisierung der Eisenbahnen blieb diese Struktur erhalten: Die neue Gesellschaft Ferrocarriles Nacionales verzeichnete im Juli 1909 auf ihren Lohnlisten 1350 Beschäftigte, von denen 6% Ausländer (fast ausschließlich US-Amerikaner) waren. 83% des Personals im Management, 86% der Zugführer und 68% der Techniker waren Ausländer, während ihre Quote bei Heizern, Bremsern, Mechanikern und Telegraphisten zwischen 8% und 17% lag (Parlee 1984: 469). Zum Verhältnis mexikanischer und US-amerikanischer Arbeiter im Porfiriat vgl. auch Brown (1993b).

41 85

sprachen (Parlee 1984: 448, 451). Die unterschiedliche Arbeitssituation von Mexikanern und Ausländern führte zu starken Konfrontationen zwischen den Beschäftigten und hatte bei Streiks und für die gewerkschaftliche Organisation erhebliche Auswirkungen. Erst nachdem 1912, also während der Regierung Maderos, ein Streik von US-amerikanischen Arbeiterorganisationen gegen die Beschneidung ihrer Vorrechte in Mexiko verloren gegangen war, setzte eine Rückwanderung der USamerikanischen Beschäftigten in die Vereinigten Staaten ein (Parlee 1984: 473). Der nächstwichtige Bereich US-amerikanischer Investitionen war der Bergbau, der vor allem in Nordmexiko von Kapital aus den Vereinigten Staaten kontrolliert wurde. Der Eisenbahnbau begünstigte den Bergbau und war Voraussetzung für das erfolgreiche Betreiben von Schmelzwerken (Bernstein 1964: 21, 32-34).86 Wichtige Bergbauunternehmen in US-amerikanischer Hand waren zum Beispiel die 1880 von Alexander R. Shepard gegründete Batopilas (Silver) Mining Company (Chihuahua), die von 1901 bis zum Ende des Porfiriats und zeitweise auch danach noch profitabel war (Bernstein 1964: 22-23; Pletcher 1958: 190-206, 211-214). Durch moderne Extraktionsverfahren wurden auch scheinbar erschöpfte Bergbauregionen für US-amerikanische Investoren interessant, so zum Beispiel Guanajuato ab Ende der 1890er Jahre. Eine kleine Gruppe von US-Amerikanern (George W. Bryant, George W. McElhiney, Frank G. Peck, John H. House und J. J. Welch) gründeten dort mehrere Gesellschaften, die sie 1906 zusammenführten (Bernstein 1964: 61-63). 1906 fielen auch die Bergwerke von Real del Monte an ein US-amerikanisches Unternehmen, die United States Smelting, Refining and Mining Company (Bernstein 1964: 64). Während Erze anfanglich zum großen Teil in die USA nach Colorado und Missouri zur Verhüttung transportiert wurden und in El Paso sogar zu diesem Zweck ein neues Schmelzwerk entstand, zogen Bergbauunternehmer in Mexiko bald nach und eröffneten eigene Anlagen. 87 Wichtige Standorte waren Torreón (Coahuila) und Monterrey (Nuevo León) wegen ihres günstigen Eisenbahnanschlusses. In Monterrey begannen auch die mexikanischen Investitionen der Familie Guggenheim, die mit einer von Präsident Díaz erteilten Konzession 1892 die Gran Fundición Nacional Mexicana eröffneten und rasch expandierten. 1895 bauten sie ein zweites Schmelzwerk in Aguascalientes (Aguascalientes). Die Kapazität dieser Anlage ermöglichte es den Guggenheims 1901, die Kontrolle über die American Smelting and Refining Company (ASARCO) zu übernehmen, einen US-amerikanischen Konzern, der 1899 gegründet

85

Mitte der 1890er Jahre zahlte der Ferrocarri! Central wegen eingehender Beschwerden von Kunden einen monatlichen Bonus für Zugbegleiter, die neben Englisch auch Spanisch sprachen (Parlee 1984: 451). Einsprachig englische Beschilderungen von Läden und Fabriken waren in Nordmexiko nicht selten, in der Stadt Chihuahua schrieb der Stadtrat ab 1904 spanische Schilder vor (Wassermann 1979: 19). 16

Teilweise waren dieselben Unternehmer in beiden Bereichen aktiv, so zum Beispiel Robert S. Towne, Collis P. Huntington, und William C. Greene. Auch die ASARCO betrieb mehrere Eisenbahnlinien (Bernstein 1964: 21-22, 35, 54, 57, 60-61). Es handelte sich dabei häufig um Zubringer zu den überregionalen Verbindungen. 87

Die meisten dieser Unternehmer waren US-Amerikaner. Eine wichtige Ausnahme - nicht nur wegen des berühmten Namens - war Emesto Madero, der Onkel von Francisco I. Madero. Er eröffnete 1901 oder 1902 ein Schmelzwerk in Torreön (Coahuila) und war auch Minenbesitzer (Bernstein 1964: 36, 39, 52; Wassermann 1979: 9).

42

worden war. Die Guggenheim-Gruppe 88 war die größte und mexikanischen Bergbau (Bernstein 1964: 37-39, 40-41, 50-56). 89

wichtigste

im

Ein anderes stark mechanisiertes und profitables Unternehmen war die Compañía Minera de Peñoles in Mapimí (Durango), die vor allem Silber forderte und verhüttete. Die 1887 gegründete Gesellschaft gehörte zum Teil der American Metal Company, die wiederum von der Frankfurter Metallgesellschaft kontrolliert wurde. 90 Nach der Revolution wurde sie zu einem starken Konkurrenten der ASARCO (Bernstein 1964: 67-68). Im äußersten Norden Sonoras gründete William C. Greene fast ohne Eigenkapital die Cananea Consolidated Copper Company, S. A., 91 die trotz unsolider Geschäftsmethoden zu einem der größten Kupferproduzenten Anfang des 20. Jahrhunderts wurde (Bernstein 1964: 56; Pletcher 1958: 219-236). 1906 erlangte die Gesellschaft traurige Berühmtheit, als ein von der in den USA exilierten Liberalen Partei92 mitorganisierter Streik die Arbeit lahmlegte. 93 Bei den folgenden gewalttätigen Auseinandersetzungen, über die die Berichte stark voneinander abweichen, wurden auf beiden Seiten Menschen getötet. 94 Später im gleichen Jahr fusionierte Greene mit einem anderen Kupferunternehmen und schied kurz darauf aus der Gesellschaft aus (Bernstein 1964: 59). Die Gesamtmenge der US-amerikanischen Investitionen im mexikanischen Bergbau ist schwer zu bestimmen. 95 Nicolau d'Olwer (1965: 1105) gibt als Schätzung einen Anteil von 61,7% an.96 Neben den Bereichen Eisenbahnen und Bergbau, die den Löwenanteil der US-amerikanischen Investionen in Mexiko darstellten, spielten andere Investitionsfelder im Porfiriat nur eine untergeordnete Rolle. Ab 1901 begann sich eine Erdölindustrie zu

88

Die Familie behielt einige Interessen außerhalb der ASARCO. Zur Gruppe gehörten außerdem die American Smelters' Security Company (ASSCO) und die Guggenheim Exploration Company (Guggenex). 89

Zu den Guggenheims in Aguascalientes vgl. Gomez Serrano (1982).

90

Die Frankfurter Metallgesellschaft hatte die American Metal Co. zusammen mit einer US-amerikanischen und einer britischen Firma besessen. 1920 verkaufte sie ihre Anteile an US-amerikanische Interessenten, die britische Gesellschaft wurde liquidiert (Wilkins 1974: 10, Anmerkung). 91

Diese Gesellschaft wurde nach mexikanischem Recht gegründet. In den USA agierte die Greene Consolidated Copper Company als Holding. Greene kaufte auch Land für Viehzuchtprojekte (Zorrilla 1965-1966:11,40). 92

Vgl. dazu Raat (1981: 76-82, 86-87).

93

Die Forderungen der Streikenden schlössen eine Reduzierung der Zahl der US-amerikanischen Beschäftigten sowie bessere Aufstiegsmöglichkeiten für Mexikaner ein. Streiks waren in Mexiko ein neues Phänomen und traten erst ab Mitte der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts auf.

94 Vgl. Bernstein (1964: 58-59, er stützt sich eigenen Angaben zufolge auf J. K. Turner) und Pletcher (1958: 241-248); J. K. Turners Darstellung (1969: 181-186) weicht aber auch von der Bernsteins ab. Die Hauptunterschiede betreffen die entscheidenden Fragen nach der Rolle des sonorensischen Gouverneurs Izibal. Unklar bleibt, wer die Verantwortung für das Herbeirufen der US-amerikanischen Truppen, Rangers und Zivilisten zur Bekämpfung der mexikanischen Arbeiter trug. Außerdem bestehen Diskrepanzen über ihre tatsächliche Beteiligung an den Geschehnissen. Die Zahl der Toten weicht in den Darstellungen weit voneinander ab (vgl. auch Raat 1981: 81 -86). Der Streik von Cananea wird häufig als Ausdruck eines wachsenden Antiamerikanismus gewertet, der Auslöser fiir die Revolution von 1910 gewesen sein soll (vgl. zum Beispiel Pletcher 1958: 252). 95

Vgl. Bernstein (1964: 71-76) und Nicolau d'Olwer (1965: 1102-1105).

96

Frankreich 21,8%, Großbritannien 14,1%, andere Länder zusammen 2,4%.

43 entwickeln, die aber erst in der f o l g e n d e n D e k a d e ihre H o c h z e i t erreichen sollte. D o m i n i e r e n d waren in d i e s e m Bereich die Briten, 9 7 d e n e n aber der U S - A m e r i k a n e r Edward L. D o h e n y ( M e x i c a n Petroleum Company und Tochtergesellschaften) 9 8 und die zur Standard Oil o f N e w Jersey gehörende Waters Pierce Oil C o m p a n y 9 9

starke

Konkurrenz machten. 1 0 0 M e x i k a n i s c h e s Kapital war in der Ölindustrie, die sich an M e x i k o s Ostküste in den Bundesstaaten Tamaulipas und Veracruz konzentrierte, bis zu ihrer Nationalisierung 1938 kaum vertreten: Sein Anteil lag bei e i n e m bis drei Prozent (L. M e y e r 1981: 19). Im N o r d e n M e x i k o s m a c h t e n US-amerikanische Großgrundbesitzer v o n sich reden, a m spektakulärsten die Familie Hearst, die in Chihuahua 3 0 . 0 0 0 Quadratkilometer Land b e s e s s e n haben soll. 1 0 1 T e x a n i s c h e Viehzüchter expandierten in die Bundesstaaten S o nora, Chihuahua, Coahuila und Tamaulipas. In den tropischen R e g i o n e n M e x i k o s wurde in d e n A n b a u v o n Zucker (vor allem in Sinaloa), K a f f e e , Kautschuk, 1 0 2 B a u m w o l l e und tropischen Früchten investiert. 1 0 3

2.1.3 Die B e z i e h u n g e n w ä h r e n d der M e x i k a n i s c h e n Revolution

Während das Porfiriat zumindest bis Mitte der ersten D e k a d e d e s 20. Jahrhunderts für v e r g l e i c h s w e i s e harmonische B e z i e h u n g e n zu den U S A stand, brachten die Revoluti97

Weetman D. Pearson hatte während des Eisenbahnbaus in Tehuantepec begonnen, sich fiir Petroleum zu interessieren. Ab 1901 ließ er Bohrungen im Isthmus-Gebiet durchführen. 1908 konsolidierte er seine Ölinteressen in der Compañía Mexicana de Petróleo El Aguila, in der Mitglieder der porfiristischen Elite (Enrique Creel, Porfirio Díaz Jr., Guillermo de Landa y Escandón) als Direktoren beteiligt waren (L. Meyer 1972:47-48; Münch 1977: 142). " Dohenys Gesellschaft belieferte ab 1905 den Ferrocarril Central mit Treibstoff fiir einige technisch neue Lokomotiven. Die Lieferungen waren aber zu gering fiir die Umstellung aller Schienenfahrzeuge. Ähnlich erging es Weetman Pearson mit der Tehuantepec-Bahn, für die er Petroleum aus Texas importieren mußte (Münch 1977: 156-161; 1993a: 36). 99

Die Waters Pierce Oil Company war bereits seit 1887 in Mexiko tätig, wo sie in Tampico eine Raffinerie betrieb. Pierce verarbeitete aus den USA importiertes Öl. Die Untemehmensschwerpunkte lagen auf der Verarbeitung und dem Vertrieb, nicht auf der Förderung von Öl. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts blieb Pierce in diesem Bereich konkurrenzlos (Brown 1992: 3,6; 1993a: 16-25). 100 Nach den Angaben von Nicolau d'Olwer stellten Großbritannien und Kanada 55% der Investitionen in der Ölindustrie, es folgten die USA mit 38,5% (1965: 1129). 101 George F. Hearst besaß auch Land in Baja California. Nach Hart (1989: 160) hatte die Familie Besitzungen in Chihuahua, Oaxaca, Tabasco, Chiapas und Campeche. Er benennt auch weitere US-amerikanische Großgrundbesitzer. 102 Zu Investitionen und Spekulationen mit Kautschukplantagen vgl. Schell (1990) und Henderson (1993). Gegen Ende des Porfiriats gingen etwa 90% der mexikanischen Kautschukexporte in die USA (Rosenzweig 1965: 711). 103

Vgl. Nicolau d'Olwer (1965: 1107-1108); Callahan (1967: 513-514); Zorrilla (1965-1966: 11,40). 1912 sollen sich mehr als 15.000 US-Amerikaner in Mexiko der Landwirtschaft gewidmet haben (Nicolau d'Olwer 1965: 1113). Obwohl im Panorama der US-amerikanischen Gesamtinvestitionen nicht so bedeutend, belegten die Investitionen in den Agrarbereich im Vergleich mit denen anderer Länder den zweiten Platz (42,0%) hinter Großbritannien (46,4%). Frankreich und Deutschland folgten mit 8,2 beziehungsweise 3,1% (Nicolau d'Olwer 1965: 1114).

44 o n s k ä m p f e ab 1 9 1 0 e i n e n e u e Phase v o n Spannungen, E i n m i s c h u n g e n u n d militäris c h e n Interventionen, die durch das internationale Problem d e s Ersten Weltkriegs n o c h verschärft wurden. 1 0 4 Madero, der aus den W a h l e n v o m 15. Oktober 1911 siegreich hervorgegangen war, trat sein A m t am 6. N o v e m b e r an. W i e bei seiner Herkunft und politischen Einstellung nicht anders zu erwarten, z e i c h n e t e sich seine R e g i e r u n g nicht durch radikale U m b r ü c h e aus. 1 0 5 In N o r d m e x i k o , aber auch in M o r e l o s u n d anderen Staaten gab e s weiterhin A u f s t ä n d e g e g e n die herrschenden p o l i t i s c h e n und ö k o n o m i s c h e n Verhältnisse, d i e den U S - a m e r i k a n i s c h e n Botschafter Henry Lane Wilson 1 0 6 u m die v o n der Madero-Regierung nicht mehr garantierte Sicherheit U S amerikanischer Bürger und Interessen furchten ließen. Er forderte v o n seiner Regierung die Entsendung v o n K r i e g s s c h i f f e n in den G o l f v o n M e x i k o und an die Pazifikküste 1 0 und rief U S - a m e r i k a n i s c h e Bürger durch die Presse auf, diverse, als besonders gefährdet a n g e s e h e n e R e g i o n e n z u verlassen. 1 0 8 S e i n e A k t i o n e n schürten auf mexikanischer Seite die A n g s t vor einer militärischen Intervention der Vereinigten Staaten (Zorrilla 1 9 6 5 - 1 9 6 6 : 1 1 , 2 1 8 - 2 1 9 ) . Während im Oktober 1 9 1 2 ein Putsch v o n Félix D i a z ( e i n e m N e f f e n d e s exilierten Diktators) g e g e n M a d e r o scheiterte, brachte der Februar 1913 mit der Decena trâgica das Ende der revolutionären R e g i e r u n g Maderos (Haley 1970: 5 1 - 5 2 , 6 0 - 6 1 ) . Bernardo

104

Einen sehr gut strukturierten Überblick über die Mexikanische Revolution gibt Tobler (1992, 1. Aufl. 1984). Ausführlicher für den Zeitraum von 1910-1920 ist die zweibändige Arbeit von Knight (1986). Zwischen Knight und Hart entwickelte sich eine Polemik Uber die Interpretation der Revolution in Bezug auf den US-amerikanischen Einfluß. Während Hart (1989, 1. Aufl. 1987) die Revolution vor allem als Reaktion auf den im Porfiriat entfalteten Wirtschaftsimperialismus der Vereinigten Staaten versteht, schätzt Knight den Einfluß der USA als äußerst gering ein. In seiner auch in Bezug auf die Regionen differenzierten Interpretation ist die Revolution nicht, wie bei Hart, in erster Linie nationalistisch und antiimperialistisch. Vgl. dazu auch Knight (1987) und die Aufsätze von Knight, Coatsworth und Hart in Nugent (1988). Die Hauptwerke von Knight und Hart werden bei Tobler besprochen (1992: 629-638). Die in marxistisch-leninistischer Tradition stehende Studie von Alperövich/Rudenko (1960) über die mexikanische Revolution kann in mehrfacher Hinsicht als überholt gelten. 105 Zum Beispiel blieb das porfiristische Heer bestehen und Anhänger des früheren Finanzministers Limantour erhielten wichtige administrative Aufgaben. Auch wurden die Konzessionen an USamerikanische Unternehmen nicht zurückgenommen, sondern - zum Beispiel im Fall der in Sonora und Sinaloa aktiven Richardson Co., die umfangreiche Wasserrechte der dortigen Flüsse besaß - 1911 mit der Zustimmung des mexikanischen Kongresses verlängert (Zorrilla 1965-1966:11,211 -212,215). 106 H. L. Wilson war nach diplomatischer Tätigkeit in Chile (1897-1905) und Belgien (1905-1910) Anfang 1910 nach Mexiko gekommen. 107 Im März 1911 hatte Präsident Taft eine Verstärkung der US-amerikanischen Truppen an der Grenze veranlaßt, ein Jahr später wurden die Truppen noch einmal aufgestockt (Haley 1970: 25-27, 36). Ab 1912 bewegten sich auch US-amerikanische Kriegsschiffe in die Nähe mexikanischer Häfen (Haley 1970: 51-52). 108 Am 2.3.1912 riet H. L. Wilson US-Amerikanern, die Bundesstaaten Chihuahua, Durango, Morelos und Guerrero sowie Teile von Coahuila, Zacatecas, Sinaloa, Veracruz und Puebla zu verlassen (Haley 1970: 42-43). Im April 1912 wandte sich Wilson in einem längeren Schreiben an Außenminister Pedro Lascuaräin und forderte im Namen seiner Regierung stärkeren Schutz für US-amerikanische Bürger und Besitztümer. Dabei zeigte er sich besonders besorgt über Drohungen von Pancho Villa, die sich an USAmerikaner richteten, die in Chihuahua zu den Truppen des aufständischen Generals Orozco gehörten (AHSRE 13-9-58). H. L. Wilsons Berichte über die Sicherheitslage wichen von denen der Konsuln vor Ort häufig stark ab, eine Gefahrdung US-amerikanischer Bürger und Interessen war nach deren Meinung in den meisten Fällen nicht gegeben (Haley 1970: 35-39; Ulloa 1976: 60-63). Hart (1988: 77-82) dagegen konstatiert bedeutende Schädigungen von US-amerikanischen Interessen, vor allem an Grundbesitz und Minen. Er stützt sich dabei auf die Akten der Mixed Claims Commission.

45 R e y e s , der 1911 e r f o l g l o s geputscht hatte, und F é l i x D i a z hatten n a c h ihrer Befreiung aus d e m G e f ä n g n i s versucht, den Nationalpalast z u besetzen. R e y e s wurde getötet, ein Teil der A u f s t ä n d i s c h e n verbarrikadierte sich in der Ciudadela i m Zentrum v o n Mexiko-Stadt, w o sie v o n den föderalen Truppen unter Führung v o n General Huerta bekämpft wurden. N a c h d e m große Teile der Madero treuen Truppen g e f a l l e n waren, 1 0 9 stellte sich Huerta an die Seite v o n D i a z und ließ Präsident Madero, d e s s e n Bruder Gustavo Madero, Vizepräsident Pino Suârez und vorübergehend auch das g e s a m t e Kabinett verhaften. A m 2 2 . Februar wurden Präsident M a d e r o und Vizepräsident Suârez ermordet. 1 1 0 Der US-amerikanische Botschafter Henry L a n e W i l s o n , der Madero s c h o n lange für v ö l l i g unfähig gehalten hatte, 1 1 1 w u ß t e wahrscheinlich vorher v o n Huertas Verrat. A m 14. Februar hatte er - in Überschreitung seiner Instruktionen und bei klarer E i n m i s c h u n g in die inneren A n g e l e g e n h e i t e n M e x i k o s - versucht, g e m e i n s a m mit e i n i g e n Mitgliedern d e s diplomatischen Korps, M a d e r o z u m Rücktritt zu b e w e g e n ( H a l e y 1970: 6 1 - 6 2 ) . " 2 Sein intrigantes Verhalten vor a l l e m während der Decena trâgica und seine Unterstützung für Huerta machten ihn zu einer der umstrittensten Figuren in der Historiographie über die B e z i e h u n g e n z w i s c h e n M e x i k o und den U S A während der Revolution. 1 1 3 D i e U S A reagierten auf d e n Putsch Huertas mit einer verstärkten Präsenz ihrer Kriegss c h i f f e vor m e x i k a n i s c h e n Häfen. 1 1 4 D i e Putschisten Huerta und F é l i x D i a z handelten 109 Offensichtlich waren sie von Huerta in Absprache mit Diaz absichtlich dezimiert worden (Katz 1981: 96-97).

Vgl. Haley (1970: 61-62); Katz (1981: 95-115); Ulloa (1976: 79-84). Nach Huertas Version starben sie während eines Befreiungsversuches durch ihre Anhänger, vermutlich hat er aber ihre Tötung selbst angeordnet (zur Verantwortung Huertas und H. L. Wilsons vgl. Katz 1981: 108-112). Gustavo Madero war bereits nach seiner Festnahme gefoltert und getötet worden. Er hatte F. I. Madero vor allem als Geldbeschafferund Berater gedient (Schmitt 1974: 125). " ' H. L. Wilsons ablehnende Haltung gegenüber Madero wird zum Beispiel von Schmitt (1974: 119, 121) und Stephenson (1971: 307-308) vor allem damit begründet, daß Wilson den Auftrag hatte, die Interessen der Guggenheims zu schützen, die im metallverarbeitenden Sektor in Konkurrenz zur Familie Madero standen. Leider wird dies nicht näher ausgeführt, so daß die Erklärung von Wilsons Verhalten angesichts seiner verleumderischen Berichte über den mexikanischen Präsidenten und angesichts der Energie, mit der er dessen Sturz betrieb, unbefriedigend bleibt. H. L. Wilson selbst (1927: 242, Anmerkung) schrieb in seinen Erinnerungen: „I was instructed by the Washington government to make representations to the Madero government relative to the activities of some of the Madero family where American interests were concerned, but an auspicious moment for doing so never arrived [...]." 112

Beteiligt waren außer Wilson der deutsche Gesandte Paul von Hintze sowie die Vertreter Spaniens (Bernardo Cologan) und Großbritanniens (Francis Strange). Der spanische Gesandte überbrachte Madero die Aufforderung zum Rücktritt, die dieser ablehnte (Katz 1981: 101). 113 Die meisten US-amerikanischen Historiker stellen einen Gegensatz zwischen Botschafter H. L. Wilson, der sich ohne Autorisierung in die mexikanischen Angelegenheiten eingemischt hatte und dessen Berichte im State Department zunehmend auf Mißtrauen stießen, und seinem ab 1913 amtierenden Präsidenten Woodrow Wilson sowie dem Secretary of State Philander C. Knox (1909-1913) dar, die sein Handeln in der Decena trägica und bezüglich der Anerkennung Huertas nicht guthießen. Katz (1981: 112-113) weist dagegen anhand von deutschen Quellen auch W. Wilson und Knox eine Verantwortung an der Ermordung von Madero und Suärez durch Mitwisserschaft und Duldung von H. L. Wilsons Aktivitäten zu. Vgl. dagegen Haley (1970: 61-69), Schmitt (1974: 127-129) und Gilderhus (1977: 5-6). Auch Tobler weist auf diese unterschiedlichen Interpretationen hin (1992: 192-193). 114 Besonders die Gegend um den Ölhafen Tampico wurde abgedeckt: Am 12.2.1913 waren bereits vier Schiffe dorthin abkommandiert. H. L. Wilsons Forderung, ihn zum Befehlshaber der Flotte zu machen, wurde von seiner Regierung nicht entsprochen. In Galveston (Texas) und Guantanamo (Kuba) fanden Truppenverstärkungen statt (Haley 1970: 64-65, 66, 68-69).

46

bei einer Zusammenkunft in der US-amerikanischen Botschaft in Mexiko, mit H. L. Wilson als Mittler, ihr weiteres Vorgehen aus. Huerta wurde provisorischer Präsident,115 Díaz bildete die neue Regierung und sollte später (gewählter) Präsident werden (Haley 1970: 69-70; Katz 1981: 107-108). H. L. Wilson empfahl die Anerkennung der neuen Regierung, aber da dem US-amerikanischen Präsidenten Taft nur noch wenige Tage im Amt blieben und die Empörung über die Morde Wellen schlug, kam es vorerst nicht dazu (Haley 1970: 70-71).' 16 Als ungelöste Probleme zwischen den beiden Staaten standen die bekannten Fragen um das Gebiet El Chamizal und um Reklamationsforderungen von US-amerikanischen Bürgern im Raum. Neu hinzu kamen Konflikte der britisch-US-amerikanischen Compañía Agrícola del Tlahualilo Limitada in der Comarca Lagunera (bei Torreón) und um die Wasserverteilung bei einem Staudammprojekt am Colorado, das für die Bewässerung des Imperial-Tals in Kalifornien von entscheidender Bedeutung war (Ulloa 1976: 86).117 Woodrow Wilson, der neue US-amerikanische Präsident,118 der seit dem 4. März 1913 amtierte, erkannte Huertas Regime ebenfalls nicht an. Seine Haltung wird häufig auf seine hohen moralischen Grundsätze zurückgeführt, die ihn mit der bisherigen Tradition der USA brechen ließ, De-facto-Regierungen ohne Rücksicht auf ihre Legitimität anzuerkennen.119 Auch in Mexiko wurde Huertas Putsch nicht allgemein akzeptiert. Der Gouverneur des Bundesstaates Coahuila, aus dem Madero stammte, versuchte, militärisch eine AntiHuerta-Front aufzubauen: Venustiano Carranza proklamierte am 26. März 1913 mit dem Plan de Guadalupe die Gründung der konstitutionalistischen Armee unter seiner Führung (Tobler 1992: 203-204). 120

1 , 5 Nachdem Madero, in Gefangenschaft und kurz vor seiner Ermordung, offiziell als Präsident zurückgetreten war, folgte ihm verfassungskonform Außenminister Lascuaräin im Amt. Dieser ernannte Huerta zum Innenminister (dem nächstfolgenden Anwärter für die Präsidentschaft) und trat selbst zurück. 116 Die Regierungen von Großbritannien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Norwegen, Japan, Italien, Portugal, Belgien und China sowie die lateinamerikanischen Länder mit Ausnahme von Argentinien, Brasilien und Chile erkannten die Huerta-Regierung an. Deutsche und französische Banken organisierten im Juni 1913 eine Anleihe über 16 Millionen Pfund Sterling (Henderson 1984: 170-171). 117 Zur Vorgeschichte des Konflikts in der Comarca Lagunera, bei dem es auch um Wasserrechte ging, vgl. Meyers ( 1 9 7 7 ; 1994); Kroeber ( 1 9 7 1 ) und Hart (1989: 9 9 - 1 0 0 ) . Eine der betroffenen Familien war die von Madero. Zum Colorado-Staudamm vgl. Callahan ( 1 9 6 7 : 4 6 1 - 4 7 0 ) .

Anders als Taft, der Republikaner war, gehörte Wilson der Demokratischen Partei an. Er regierte bis 1921. Mit dem Botschafter in Mexiko war er nicht verwandt. Vgl. Henderson ( 1 9 8 4 : 158-170), Schmitt (1974: 127-128) und Gilderhus ( 1 9 7 7 : 5). Haley ( 1 9 7 0 : 8789) führt diese Haltung allerdings auf einen Wandel in der Rolle der Großmächte gegenüber weniger entwickelten und Kolonialstaaten zurück, der dazu führte, daß die Anerkennung einer Regierung auch eine Verantwortlichkeit für ihr Verhalten beinhaltete. 120 Auch in Sonora und Chihuahua (Pancho Villa kam im März 1913 aus dem US-amerikanischen Exil zurück um Huerta zu bekämpfen) gab es große Armeeverbände, die sich zeitweise Carranza anschlössen. Südlich von Mexiko-Stadt (vor allem in den Bundesstaaten Guerrero und Morelos) waren die Anhänger von Emiliano Zapata militärisch erfolgreich, obwohl es für sie sehr viel schwieriger war, Waffen und Munition zu beziehen, als für die Aufständischen an der Nordgrenze.

47

Woodrow Wilson entsandte mehrere Agenten nach Mexiko, die ihm neben seinem Botschafter zum Teil aus der Hauptstadt, zum Teil aus den Provinzen Informationen übersandten.121 Die Berichte von William Bayard Haie über H. L. Wilson und seine Verwicklung in die Ereignisse der Decena trâgica führten zu dessen Abberufung im Juli 1913. Huerta löste am 10. Oktober den noch unter Madero gewählten Kongreß auf und ließ einige seiner Mitglieder verhaften. Auch nach den Wahlen vom 26. Oktober blieb er an der Macht. Die US-amerikanische Regierung, die sich immer mehr den Konstitutionalisten annäherte,122 benutzte schließlich die vorläufige Festnahme mehrerer US-amerikanischer Matrosen in Tampico als Anlaß, einen offenen Konflikt mit Huerta entstehen zu lassen. Unter dem Vorwand, die mexikanische Regierung hätte sich nicht in gebührender Form für den Affront entschuldigt und somit die USA beleidigt, beschloß W. Wilson am 20. April 1914 die militärische Besetzung des Hafens Veracruz, fur die er die Zustimmung des Kongresses erhielt (Haley 1970: 131-133; Ulloa 1976: 259263). Bereits am 21. April landeten die ersten Marinetruppen in Veracruz, besetzten die Zollstation und einige Stunden später die gesamte Stadt.123 Sowohl Huerta als auch der militärisch immer stärker werdende Carranza verurteilte die Intervention, bei der etwa 200 Mexikaner und 19 US-Amerikaner starben.124 Beide forderten den Rückzug der US-amerikanischen Truppen. Dem Generalkonsul und Chargé d'affaires der Vereinigten Staaten in Mexiko-Stadt, Nelson J. O'Shaughnessy, wurden die Papiere ausgehändigt und dadurch die Beziehungen zu den USA abgebrochen. Einen Botschafter hatte es seit H. L. Wilsons Abberufung ohnehin nicht mehr gegeben. 125 Das Ziel der Vereinigten Staaten, Huerta einzuschüchtern und zum Rücktritt zu bewegen, wurde nicht erreicht. Jedoch hatten die Konstitutionalisten Huerta soweit in die Ecke gedrängt, daß er am 13. August 1914 seine bedingungslose Kapitulation unterzeichnete.126 Carranza zog daraufhin mit seinen Truppen in Mexiko-Stadt ein und übernahm am 22. August 1914 die Regierungsgewalt. Während sein Bündnis mit Villa im

121

Zu ihrer Tätigkeit und ihren Einschätzungen der Lage in Mexiko vgl. Rausch (1968) und Hill (1971, 1973).

122 Die bilateralen Beziehungen in den Monaten zwischen der Kongreßauflösung durch Huerta und der Intervention beschreiben ausführlich Ulloa (1976: 205-242) und Haley (1970: 107-129). 123 Der frühe Termin der Intervention hing mit der Ankunft einer Waffenlieferung filr Huerta auf dem deutschen Schiff Ypiranga zusammen. Zu dieser Affäre vgl. Kapitel 2.2.3. 124 Vgl. Ulloa (1976: 270) und ausführlicher Quirk (1962: 103). Unter den Berichterstattern der siebenmonatigen Besetzung der Hafenstadt befand sich auch Jack London. Trotz seiner früheren Sympathien für die Mexikanische Revolution sind seine Reportagen aus Veracruz und Tampico, die er für eine Hearst-Wochenschrift schrieb, chauvinistisch und rassistisch (London 1990; Ramírez Castañeda 1990: 526). 125 Die Besetzung des Hafens Veracruz durch die Vereinigten Staaten rief auch bei der mexikanischen Bevölkerung Empörung hervor. In mehreren Städten, auch in Mexiko-Stadt, kam es zu Demonstrationen und Angriffen auf US-amerikanische Institutionen und Geschäfte (Ulloa 1976: 273; Quirk 1962: 108110; F. C. Turner 1968: 223-230). 126 Mehrere seiner Generäle hatten bereits vorher das Land verlassen. Vorangegangen war dieser vollständigen Kapitulation sein Rücktritt als Präsident zugunsten des kurz zuvor ernannten Außenministers Francisco Carbajal am 15.7. (Ulloa 1976: 387-388; Haley 1970: 139-140).

48 Herbst 1 9 1 4 endgültig zerbrach, 1 2 7 kündigten die U S A ihren R ü c k z u g aus Veracruz an. A m 23. N o v e m b e r verließen die U S - A m e r i k a n e r die Hafenstadt, die kurz darauf v o n den Konstitutionalisten e i n g e n o m m e n und z u ihrem Hauptquartier 1 2 8 g e m a c h t wurde (Quirk 1962: 1 6 9 - 1 7 0 ) . D i e Regierung W i l s o n , die sich vor ihrer Intervention in Veracruz d e n Konstitutionalisten angenähert hatte, war über Carranzas ablehnende Reaktion auf ihr Eingreifen s o w i e auf die mit Unterstützung lateinamerikanischer Länder e n t w i c k e l t e n Pläne für die Zukunft M e x i k o s 1 2 9 enttäuscht. Z e i t w e i s e war ihr Villa, der in d e n ersten M o n a t e n d e s Jahres 1 9 1 5 z u s a m m e n mit den Zapatisten 1 3 0 größere T e i l e M e x i k o s kontrollierte als Carranza und der s i c h zunächst zur Kooperation eher bereit z e i g t e , als e i n e Alternative erschienen. N a c h d e m die Konstitutionalisten allerdings a m 2. A u g u s t die Hauptstadt M e x i k o zurückerobert und Truppen Villas General O b r e g ö n s A r m e e i m B a j i o bei m e h reren G e l e g e n h e i t e n e n t s c h e i d e n d g e s c h l a g e n hatten, erkannten die U S A i m Oktober 1915 Carranzas R e g i e r u n g d e facto an. Zu d i e s e m Zeitpunkt waren die U S A w e g e n d e s Krieges in Europa bereits daran interessiert, sich m ö g l i c h s t nicht militärisch in die mexikanischen

Auseinandersetzungen

einzumischen

(Haley

1970:

152-186;

Katz

1981:298-302).131 Der stark g e s c h w ä c h t e und nun w i e d e r in seiner H e i m a t Chihuahua agierende V i l l a provozierte allerdings 1916 durch einen Überfall auf die U S - a m e r i k a n i s c h e Kleinstadt CoJumbus ( N e w M e x i c o ) 1 3 2 e i n e n Konflikt, der nicht nur e i n e Strafexpedition der Ver-

127

Am 22.9.1914 hatte sich Villas Armee, die División del Norte, offiziell von Carranza losgesagt. Ein von Carranza für den 1. Oktober in Mexiko-Stadt geplantes Treffen der Revolutionsführer, bei denen Zapata und Villa aber nur beratende Funktionen haben sollten, scheiterte dadurch. Die von Alvaro Obregón, einem Verbündeten Carranzas, organisierte Konvention von Aguascalientes im Oktober 1914 stellte Carranzas zivile Machtposition in Frage und näherte Villisten und Zapatisten einander an. Es kam nun zum offenen Krieg zwischen Carranzisten und der villistisch-zapatistischen Koalition (Tobler 1992: 265-269). 128 Nachdem Obregóns Truppen Mexiko-Stadt am 19. Oktober verlassen hatten, wurde diese von den Truppen Villas und Zapatas eingenommen. 129 Am 5. August trat in Washington eine auf Initiative der USA einberufene „Mexiko-Konferenz" zusammen, an der Argentinien, Brasilien und Chile, vertreten durch ihre Botschafter, sowie Bolivien, Uruguay und Guatemala, vertreten durch ihre Gesandten, teilnahmen. Die Vorschläge dieser panamerikanischen Konferenz zu einer mexikanischen Regierungsbildung wurden am 10. September von Can-anza abgelehnt (Haley 1970: 165-180). 130

Zapata hatte für die Politik der USA nie eine große Rolle gespielt.

131

Insbesondere sollte die US-amerikanische Mexiko-Politik nicht den Interessen Deutschlands in die Hände spielen, das auf eine Ablenkung der Vereinigten Staaten durch ein Eingreifen in die Revolutionskämpfe hoffte (Haley 1970:183-184; Gilderhus 1977: 27). 132 Der Überfall fand am 9. März statt, 17 US-Amerikaner und mehr als 100 Mexikaner verloren ihr Leben. Die Motive Villas für diese Aktion, an der vermutlich 400 bis 500 seiner Männer teilnahmen, sind noch nicht endgültig aufgeklärt. Eine Rolle spielte sein Groll gegen den ansässigen Kaufmann Sam Ravel, aber auch über die Einflußnahme deutscher Agenten, die einen Konflikt der USA mit Mexiko provozieren wollten, wird spekuliert. Katz hält es für wahrscheinlich, daß Villa Carranza verdächtigte, er habe weitreichende Zugeständnisse an die USA für die Anerkennung seiner Regierung gemacht. Er hielt also einen Ausverkauf mexikanischer Interessen für gegeben. Bereits im Januar hatte die Ermordung von 16 US-amerikanischen Ingenieuren bei Santa Isabel durch Villa-Anhänger dessen neue antiamerikanische Haltung manifestiert. Nach der Anerkennung Carranzas hatten die USA im November 1915 dessen Anhänger in der Schlacht von Agua Prieta nahe der Grenze indirekt gegen Villa unterstützt. Rache scheidet als Motiv also auch nicht aus. Das Datum des Überfalls, der Jahrestag von General W.

49 133

einigten Staaten unter General Pershing sondern beinahe auch einen Krieg zwischen Mexiko und den USA zur Folge hatte. Während die Regierung Wilson vor Villas Attacke mit Henry P. Fletcher gerade einen Botschafter für Mexiko ausgewählt hatte,134 verschlechterten sich die Beziehungen durch die anhaltende US-amerikanische Intervention, zu der Carranza nie seine Zustimmung gegeben hatte und die er immer weniger zu dulden bereit war. An der Grenze kam es im Juni 1916 zu Feindseligkeiten zwischen US-amerikanischen und mexikanischen Soldaten und Zivilisten. 135 Schließlich einigten sich beide Regierungen auf die Einsetzung einer gemeinsamen Kommission, um über den Rückzug von Pershings Truppen und die Lösung der Probleme an der Grenze zu verhandeln. Nach Wilsons Vorstellung aber sollte sich Mexikos Regierung auch zum Schutz von ausländischen Bürgern und ausländischem Eigentum verpflichten, ein Schutz, der bei ihrem Versagen durch US-amerikanisches Militär geltend gemacht werden könne. 136 Carranza zog solche Forderungen nicht einmal in Erwägung und bestand auf einem bedingungslosen Truppenrückzug der USA, den er - trotz massiver Drohungen von US-amerikanischer Seite - schließlich durchsetzen konnte. 137 Wilsons Regierung wurde innenpolitisch für ihre Mexiko-Politik stark kritisiert, wobei sich insbesondere der republikanische Senator Albert Fall aus N e w Mexico und der frühere Präsident Theodore Roosevelt mit Forderungen nach einem härteren Durchgreifen hervortaten.138 Trotzdem gewann Wilson die Präsidentschaftswahlen von 1916, wenn auch nur knapp. Sein außenpolitisches Engagement war in dieser Zeit auf Europa ausgerichtet, das sich seit Juli 1914 im Krieg befand. Die Gefahr einer möglichen Annäherung zwischen Mexiko und Deutschland wurde 1917 mit der Veröffentlichung des Zimmermann-Telegramms gebannt.139 Scotts Landung in Veracruz 1847, war den Berichten zufolge mit Bedacht ausgewählt. Zu den verschiedenen Interpretationen vgl. White (1975); Katz (1978; 1981: 303-308) und Gilderhus (1977: 3335). Die Beziehungen zwischen Villa und den USA behandeln Clendenen (1961) und Katz (1988; 1998: 309-338, 655-669). 133 Der Pershing-Expedition mit anfänglich 6675, später 11.635 Soldaten gelang es nicht, Villa zu festzunehmen. Sie blieb zehn Monate lang (bis zum 5.2.1917) im mexikanischen Bundesstaat Chihuahua und drang bis etwa 350 Meilen südlich der Grenze vor. Ihr Hauptquartier schlug sie zeitweise nahe der Mormonenkolonie von Dublän (vgl. Kapitel 3.1.1) auf. Villas Truppen erhielten durch die Bedrohung neuen Zulauf (Täte 1975; Katz 1981: 308-309; Haley 1970: 200; Hall/Coerver 1988: 57-77). 134 Fletcher wurde ausgerechnet am 9.3.1916, dem Tag des Überfalls auf Columbus, auf sein neues Amt vereidigt, trat es aber wegen der Spannungen erst elf Monate später an (Gilderhus 1977: 32-34; Haley 1970: 189, 246-247). Er war vorher in Kuba, China, Portugal und Chile als Diplomat tätig gewesen und gehörte der Republikanischen Partei an. 135

In Mazatlän (Sinaloa) gab es zusätzlich Ausschreitungen gegen US-amerikanische Matrosen, von denen einer getötet wurde (Gilderhus 1977: 43, mit anderem Datum Haley 1970: 213). 136 Außerdem sollte Mexiko sich zur Einrichtung einer claims commission und zu religiöser Toleranz verpflichten (zu den Forderungen im einzelnen vgl. Haley 1970: 235-236). 137

Katz (1981: 310-314); Täte (1975: 70-71); Gilderhus (1977:40-52); Haley (1970: 187-247).

138

Auch Secretary of State Robert Lansing schloß sich zunehmend dieser Kritik an (Gilderhus 1977: 3234, 39-40, 46-47; Haley 1970: 187-188). Senator Fall war einer der beiden Anwälte William C. Greenes und mit diesem an vielen Unternehmen in Nordmexiko beteiligt. Er war mit Enrique Creel und der Familie Terrazas eng befreundet. Seine Kritik an der US-amerikanischen Mexiko-Politik datierte bereits aus der Zeit der maderistischen Revolution (Raat 1981: 72-73, 177, 223,246, 249,273). Fall behauptete, seit 1910 keine finanziellen Interessen mehr in Mexiko zu haben (Gilderhus 1977: 91). 139

Vgl. Kapitel 2.2.3. Die USA traten im April 1917 in den Krieg gegen Deutschland ein.

50

Carranza ließ sich am 11. März 1917 durch Wahlen als Präsident legitimieren. Seit Dezember 1916 hatte eine verfassungsgebende Versammlung in Queretaro die neue mexikanische Konstitution ausgearbeitet, die am 5. Februar 1917 proklamiert worden war. Größtes politisches Gewicht hatten die Artikel 123 (Regelung der Arbeitsverhältnisse) und 27. Letzterer behandelte den Grundbesitz und die Bodenschätze und sollte in den kommenden Jahren zu Konflikten zwischen der mexikanischen Regierung und den USamerikanischen Investoren fuhren, vor allem in der von ihnen dominierten Ölindustrie.140 Die Rücknahme der porfiristischen Gesetzgebung machte es für Ausländer schwieriger, in Mexiko Grundbesitz zu erwerben und beschränkte die Möglichkeit einer ungehinderten Ausbeute von Bodenschätzen. Befürchtet wurde vor allem eine rückwirkende Anwendung des neuen Verfassungsartikels beziehungsweise eine Nichtanerkennung der im Porfiriat geschlossenen Verträge.141 Noch bevor die mexikanische Regierung eine ausfuhrende Gesetzgebung erlassen konnte, wurde gegen die „konfiskatorischen" Bestimmungen Propaganda gemacht. Der mexikanische Versuch, ausländischen Besitz zunächst einmal zu registrieren, wurde mit Unterstützung des State Department boykottiert.142 Ebenso wurden die von Carranza ab April 1917 erhobenen erhöhten Steuern für die Ölindustrie - eine Exportsteuer von zehn Prozent- kritisiert (Tobler 1992: 306-333, 336-341; Gilderhus 1977: 53-58).143 Ein Dekret vom 19. Februar 1918 verhängte neue Steuern und verlangte wiederum eine Registrierung von Grundbesitz und Konzessionen. Es löste weitere Empörung aus Secretary of State Lansing autorisierte Botschafter Fletcher144 zu einer Protestnote, die dieser am 2. April präsentierte - und Carranza stimmte einer Verlängerung der Registrierungsperiode zu. Die Ölproduzenten schlössen sich im gleichen Jahr zur 0/7 Producers Association mit Edward L. Doheny als Vorsitzendem zusammen (Gilderhus 1977: 80-82).145 Da ihre Emissäre in Mexiko wenig ausrichten konnten,

140

Der Artikel 27 der Verfassung von 1917 stellte das kolonialspanische Rechtsprinzip wieder her, nach dem alle Bodenschätze der Krone (später der Nation) vorbehalten waren. Erst im Porfiriat, 1884, wurde dieser Grundsatz durch eine neue Gesetzgebung geändert, um die Industrialisierung voranzutreiben. Kohle und Petroleum gehörten nun dem Nutznießer der Bodenfläche. 1909 bestätigte ein speziell auf die Ölindustrie abzielendes Gesetz diese Rechtslage, die nun durch die neue Verfassung außer Kraft gesetzt wurde (L. Meyer 1981: 48-50, 107-114; Brown 1993: 225-229). ,4

' Zur Diskussion der mexikanischen Gesetzgebung vgl. L. Meyer(1981: 118-121).

142

Weite Teile der Erdölregion wurden nicht von Carranza, sondern von seinem Gegner Manuel Pelâez, einem Grundbesitzer aus Tamaulipas, der früher Félix Diaz und Huerta politisch nahegestanden hatte, kontrolliert. Er kassierte ab Januar 1915 Schutzgelder, die im Bereich von 10.000 bis 30.000 US$ monatlich lagen. Zu den Beziehungen zwischen der Ölindustrie und Pelâez vgl. vor allem Brown (1993a: 253-306). 143 Von US-amerikanischer Seite wurde zunächst versucht, die De-jure-Anerkennung Carranzas von einer Änderung des Artikels 27 abhängig zu machen. Schließlich erfolgte die De-jure-Anerkennung im September 1917, als klar war, daß die mexikanische Verfassung zwar nicht geändert werden, Carranza aber keine massiven Schritte gegen US-amerikanische Investoren unternehmen würde (Gilderhus 1977: 53-71). Es war Carranza allerdings nicht möglich, ohne den Verzicht auf den Artikel 27 ein Darlehen von den USA zu erhalten, so daß er Staatseinnahmen praktisch nur über eine Anhebung der Steuern erreichen konnte. 144 Fletcher war ein vehementer Verteidiger der Ölgesellschaften (L. Meyer 1981: 139). Er stand hierbei Lansing und Fall näher als seinem Präsidenten. 145 Der korrekte Name der Organisation war Association of Petroleum Producers in Mexico, vgl. Hall (1995: 14)undL. Meyer (1981: 115-116).

51 konzentrierten sie ihre Lobbyarbeit auf die U S - a m e r i k a n i s c h e R e g i e r u n g , v o n der sie die militärische B e s e t z u n g der Ölfelder forderten. W i l s o n lehnte e i n e s o l c h e Maßnahme ab. 1 4 7 Carranza stellte die Registrierungspflicht vorerst zurück, verbot aber neue B o h r u n g e n auf unbearbeiteten Ölfeldern ohne ausdrückliche G e n e h m i g u n g der Regierung (Gilderhus 1977: 86). O b w o h l ein im N o v e m b e r 1918 veröffentlichter Entwurf für ein m e x i k a n i s c h e s Petroleumgesetz Kapital, das vor d e m 1. Mai 1917 investiert w o r d e n war, w e i t g e h e n d absicherte, blieben die Ölproduzenten unzufrieden. D i e Kontroverse war e i n Grund für die V e r w e i g e r u n g der A u f n a h m e d e s i m Weltkrieg neutral g e b l i e b e n e n M e x i k o s in den Völkerbund (Gilderhus 1977: 8 7 - 8 8 ) . D i e v o m m e x i k a n i s c h e n Präsidenten a m 1. September 1918 verkündete sogenannte „CarranzaDoktrin", die s i c h v o r a l l e m g e g e n eine Einmischung in die inneren A n g e l e g e n h e i t e n und g e g e n Vorrechte v o n Ausländern gegenüber E i n h e i m i s c h e n richtete, manifestierte wiederum den W i l l e n der m e x i k a n i s c h e n Regierung, nicht v o n ihren Grundpositionen abzulassen. 1 4 8 N e b e n den Ölproduzenten s c h l ö s s e n sich auch andere U S - a m e r i k a n i s c h e Unternehmer mit starken Interessen in M e x i k o z u s a m m e n und gründeten die National Association for the Protection of American Rights in Mexico,149 N a c h e i g e n e n A n g a b e n hatte die Organisation im N o v e m b e r 1 9 1 9 e t w a 3 0 0 0 Mitglieder; ihr Ziel war es, diese Anzahl bis z u m 1. Januar n o c h zu verdoppeln. Ihre Arbeit beschrieb sie so:

Insistence by this Association upon the protection of American life and property in Mexico has taken two general directions: First A vigilant scrutiny of all Mexican developments, to insure complete information on the subject by the American government and people, and to bring the greatest possible weight of enlightened public opinion behind steps taken by [the] American government to protect our nationals in Mexico. Second Impressing upon the government and people in Mexico that a vigilant eye watches and a powerful voice discusses every move that jeopardizes American life and property in Mexico.150 146 Die Geschäftspartner James C. Garfield und Nelson Rhoades Jr., die früher als Repräsentanten Villas in Washington tätig gewesen waren, reisten im Auftrag der Vereinigung nach Mexiko und wurden am 20. Mai 1918 von Carranza zu Gesprächen empfangen, die allerdings ergebnislos blieben (Hall 1995:2122). Bei erneuten Gesprächen mit der mexikanischen Regierung hatten sich Garfield und Rhoades zu Kompromissen hinreißen lassen, die von ihrer Organisation abgelehnt wurden (Gilderhus 1977: 84-85). 147

Vgl. Gilderhus (1977: 85); Brown (1993a: 239-240); Harrison (1979).

148

Nach R. F. Smith (1972: 81-84) wurde die Doktrin erst 1919 in einem Buch von Hermila Galindo (The Carranza Doktrine and the Indo-Latin Rapprochement) zusammenhängend ausgearbeitet. 149 Ihre Arbeit ist bisher leider kaum zusammenhängend dokumentiert worden. Im Januar 1921 kam es aufgrund von Kritik am Vorgehen der großen Ölgesellschaften zu einer Abspaltung von der Organisation durch die Gründung der American Association of Mexico, die provisorisch von William F. Buckley geleitet wurde (R. F. Smith 1972: 196-197). Zu dieser Organisation, die sich mit radikalen Forderungen stark an die Empfehlungen Senator Falls anlehnte, vgl. L. Meyer (1981: 189, Anmerkung). Buckley, ein aus Texas stammender, spanischsprechender Anwalt und Besitzer der Island Oil Co., wurde im November 1921 aus Mexiko ausgewiesen. Seine Kontakte zu Esteban Cantu, dem früheren Gouverneur von Baja California, der 1920 gegen die Nationalregierung rebellierte, dürften hierfür ausschlaggebend gewesen sein (Hall/Coerver 1984: 233; Hall 1995: 40; 54-58; Brown 1993a: 107, 245; BO-SRE. Bd. 47, Nr. 1, 1926:25-42). 150 AHSRE 16-27-1, Rundschreiben der Association an ihre Mitglieder, 26.11.1919. Die Organisation unterschied eine „active" und eine „associate membership", die mit einer jährlichen Gebühr von einhundert beziehungsweise einem Dollar jährlich verbunden waren.

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Viele ihrer Mitglieder gehörten auch der Oil Producers Association an, zum Beispiel Edward L. Doheny und Frederick N. Watriss. Neben dem Ölsektor waren aber auch die Bereiche Bergbau und Hüttenwesen, Land- und Viehwirtschaft, Banken und Versicherungen sowie - in geringerem Maße - die Industrie vertreten (Gilderhus 1977: 9091).151 Nach R. F. Smith (1972: 151, Anmerkung) spielten die Banken anfangs eine geringe Rolle und verließen die Vereinigung bis 1921 fast gänzlich. Das Bankhaus J. P. Morgan trat im August 1921 aus. Die Association unterhielt Büros in Washington, El Paso (Texas) und San Antonio (Texas).152 Ihr Hauptsitz war aber ein repräsentatives Gebäude in der Fifth Avenue in New York.153 Die Gruppe agitierte 1919 und 1920 in der Presse und in Unternehmervereinigungen und verbreitete umfangreiches von ihr gedrucktes Propagandamaterial. Ihre Mitglieder erhielten das Bulletin of the National Association for the Protection of American Rights in Mexico. Es enthielt einseitige, gegen Mexiko und die Regierung Carranza gerichtete Artikel, Berichte über Gewalt in Mexiko sowie Parabeln über den Umgang mit renitenten Nachbarn. 154 Das mexikanische Außenministerium verfaßte am 15. März 1920 ein Memorandum, in dem Mitgliederfirmen der Organisation als „enemigos del Gobierno de México" aufgelistet wurden. Bereits im Februar 1920 existierte eine Liste derjenigen Personen, denen die Einreise nach Mexiko verwehrt werden sollte, darunter vor allem die fuhrenden Lobbyisten der National Association for the Protection of American Rights in Mexico.155 Florencio E. Monteverde Jr. aus Kalifornien (USA) trat der Association als active member bei, war aber ein Informant des mexikanischen Generalkonsulats in New York, dem er 1920 über die Aktivitäten der Organisation berichtete. 156 Die ablehnende Haltung der mexikanischen Regierung gegenüber der ihr feindlichen Organisation ließ nicht alle US-amerikanischen Unternehmer unbeeindruckt. Am 16. März 1920 informierte H. T. Oliver, Präsident der in Mexiko-Stadt ansässigen The Oliver American Trading Co. Inc., das mexikanische Außenministerium über seinen Austritt aus der National Association for the Protection of American Rights.151 151 Eine Mitgliederliste sowie eine Aufstellung der Mitglieder des Executive Committee findet sich in Anhang 1 dieser Arbeit. 152 Das Büro in San Antonio wurde nach Angaben des mexikanischen Konsuls dort im März 1920 geschlossen (AHSRE 17-17-337). 153 So berichtete Manuel Carpió in einem Telegramm vom 5.9.1919 an die Zeitung El Heraldo de México: „Oficinas Asociación como gran Ministerio. Mucho publico estenógrafos secretarios empleados mensajeros personas esperando audiencias. Movimiento como si tratarse fuerte institución donde ventilanse negocios Estado. Discutense asuntos Mexico con una autoridad que hiciera creer tratase gran Bureau Mexicano y no de organización especialmente arreglada para hacer efectiva reducción patria a tutela absoluta extranjera" (AHSRE 16-27-1). 154

Bulletin of the National Association for the Protection of American Rights in Mexico. Bd. 1, Nr. 5, 20.9.1919; Nr. 8,9.2.1920. 155

AHSRE 9-17-421. Zu den Listen der SRE vgl. Anhang 1.

156

AHSRE 17-17-337.

157

AHSRE 9-17-421. Die Firma Olivers („Merchants and Shippers, Operating Special Quick Despatch Trains in Mexico") war nach den Angaben ihres Präsidenten, der seine Verwurzelung in Mexiko durch die Residenz in einem von ihm gekauften Haus in Mixcoac (D. F.) belegte, im Waffenhandel und

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Am 8. August 1919 wurde eine vom Senate Committee on Foreign Relations abhängige Kommission mit der Untersuchung mexikanischer Angelegenheiten beauftragt. Sie arbeitete eng mit der National Association zusammen. Zentrale Figur in dieser neun Monate arbeitenden Kommission, in der mexikofreundliche Zeugen lächerlich gemacht oder als unwissend und unglaubwürdig hingestellt wurden, war der republikanische Senator Fall. 158 Sein Ziel war es, durch eine harte Haltung Carranza gegenüber (Abbruch der Beziehungen) dessen Gegner zu stärken. Carranza wurde deshalb unter anderem als „Bolschewist" verunglimpft und mit konspirativ-kommunistischen Umtrieben in den USA in Verbindung gebracht (Gilderhus 1977: 96-99; Hall 1995: 4046). Im November 1919 erhielt das mexikanische Außenministerium Berichte darüber, daß der US-amerikanische Geheimdienst US-Amerikaner, die in Mexiko Grundbesitz hatten, dazu aufforderte, militärisch relevante Informationen über ihre Umgebung (Verkehrswege, Topographie, Entfernungen) zu sammeln und zur Verfugung zu stellen. 159 Noch während die Fall-Kommission tagte, erkrankte Präsident Wilson am 2. Oktober 1919 schwer und konnte die Regierungsgeschäfte nur noch begrenzt ausfuhren.160 In diesem Moment sorgte die Entfuhrung des konsularischen Vertreters der USA in Puebla, William O. Jenkins, für eine Verschärfung der Krise. Die Entführung durch eine Gruppe von Aufständischen unter der Führung von Federico Córdoba161 hatte erklärtermaßen zum Ziel, die Regierung Carranza den USA gegenüber in Schwierigkeiten zu bringen. Außerdem wurde Lösegeld gefordert. Der schließlich freigelassene Jenkins wurde von den Poblaner Behörden der Komplizenschaft mit Córdoba beschuldigt. Erst nachdem Obregón Präsident geworden war, wurde Jenkins im Dezember 1920 freigesprochen (Gilderhus 1977: 99-103; Cumberland 1951). 162 Transportwesen tätig und bemühte sich um Kredite US-amerikanischer Banken für die mexikanische Regierung. ISS

Ganz anders wurde der mit Fall befreundete Ölmagnat Doheny behandelt, der ausgiebig Gelegenheit zur Selbstdarstellung erhielt. 159 AHSRE 17-17-212. Die Nachrichten bezogen sich auf eine Initiative von N. W. Campanole (War Department, Office of the Chief of Staff, Military Intelligence Division Washington). 160 Nach der Krise, zu Beginn des Jahres 1920, bildete Wilson seine Regierung um. Robert Lansing wurde wegen eigenmächtigen Handelns zum Rücktritt aufgefordert. Sein Nachfolger wurde Bainbridge Colby. Der US-amerikanische Botschafter in Mexiko, Fletcher, trat am 20. Januar von seinem Posten zurück (Gilderhus 1977: 104, 106). 161 Córdoba soll zu seiner Aktion von Manuel Peláez angeregt worden sein (Cumberland 1951: 587). Zur Entführung vgl. auch die von der mexikanischen Regierung veröffentlichten Dokumente im BO- SRE (Bd. 38, Nr. 1,1920: 53-80). 162 Die Affäre, vom mexikanischen Botschafter auch als „tempest in a teapot" bezeichnet, konnte wahrscheinlich nur aufgrund von Wilsons Erkrankung eine solche Bedeutung erlangen (Gilderhus 1977: 99). Jenkins, ein in Puebla ansässiger Unternehmer (damals besaß er eine Strumpffabrik), hatte durch sein eigenes Verhalten zur Verschärfung der Krise beigetragen. Er weigerte sich nach seiner Anklage durch die Poblaner Behörden, das Gefängnis gegen Kaution zu verlassen und heizte die Stimmung in den USA durch von ihm angeregte Telegramme unter anderen an Lansing und Fall sowie durch Presseveröffentlichungen auf. Zum Fall Jenkins vgl. auch R. F. Smith (1972: 158-166). Smith beschreibt Jenkins als Landspekulanten, dessen Entführung von US-amerikanischen Interventionisten instrumentalisiert wurde, wobei Lansing eine zweideutige Rolle zukam. Der 1874 in Choctaw im Süden der USA geborene Jenkins war als Eisenbahnangestellter nach Mexiko gekommen und arbeitete in Puebla zunächst als Angestellter einer Textilfabrik. Ab 1921 wurde er zu einem der größten Zuckerproduzenten des Landes, nachdem er die Hacienda und Raffinerie Atencingo (Puebla) von dem bei ihm verschuldeten Vorbesitzer, Manuel Díaz Rubin, übernommen hatte. Durch seine engen

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Carranza, der nach der neuen Verfassung nicht noch einmal Präsident werden konnte, war inzwischen im Vorfeld der Wahlen von 1920 von seinem ehemaligen General Alvaro Obregón gestürzt worden. Er hatte sich gegen dessen Kandidatur gewehrt, war aber mit dem Versuch, als eigenen Kandidaten den mexikanischen Botschafter in Washington, Ignacio Bonillas, durchzusetzen, gescheitert.163 Obregón wurde am 5. September 1920 zum mexikanischen Präsidenten gewählt. Die Anerkennung seiner Regierung wurde in den USA diskutiert - Fall sprach sich dagegen aus - , aber während Wilsons Amtszeit nicht mehr entschieden. In den Präsidentschaftswahlen von 1920 unterlag Wilson dem Republikaner Warren G. Harding (Gilderhus 1977: 112-113; Smith 1972: 180-183). Obwohl mit Carranza der Hauptfeind der National Association for the Protection of American Rights beseitigt war, stellte diese ihre Aktivitäten nicht ein. Sie erwartete auch von der Regierung Obregón keine Rückkehr zu den vorrevolutionären Verhältnissen und plante deshalb im Juli 1921 die Unterstützung von General Pablo González durch Geld (500.000 bis 1.000.000 US-Dollar) und Waffen bei einem Putsch.164 González hatte sich erfolglos an den Präsidentschaftswahlen beteiligt und im Wahlkampf eine Reform der Verfassung von 1917 sowie die Anerkennimg legitim erworbener Rechte von Ausländern in Aussicht gestellt (Tobler 1992: 352) Der Plan wurde nicht realisiert, González lebte seit dem 6.8.1920 in den USA im Exil und kehrte erst 1940 nach Mexiko zurück. Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Mexiko und den USA sind für die Zeit der Revolution bisher nur wenig analysiert worden. Die verbreitete Vorstellung, daß die Revolution Ursache für einen generellen Niedergang der mexikanischen Wirtschaft sei, ist so nicht zutreffend. 165 Auch wurde die Auslandsabhängigkeit nicht grundsätzlich aufgehoben, sie konzentrierte sich im Gegenteil in zunehmendem Maße auf die US-amerika-

Beziehungen zu General Maximino Avila Camacho und dessen Bruder Manuel, der von 1940 bis 1946 mexikanischer Präsident war, konnte er bis Mitte der 1940er Jahre trotz der teilweisen Enteignung und Umwandlung seines Besitzes in eine Kooperative weiterhin die Kontrolle über das Unternehmen ausüben (Crespo 1987: 88-90; Historia del azúcar en México 1988-1990: 1,111-114; 1988-1990: 11,828876; Hodges 1995: 34-47; Ronfeldt 1973). 1944 machte er Geschäfte mit der mexikanischen Regierung und der Colorado River Land Company (Kerig 1988: 393-397). 1960 galt er als reichster Ausländer in Mexiko (Hodges 1995:35). 163 Vorher hatte Carranza versucht, Obregón durch die Absetzung des sonorensischen Gouverneurs Adolfo de la Huerta die heimische Machtbasis zu entziehen. Eine Verhaftung Obregóns in Mexiko-Stadt war gescheitert und dieser rief im Plan von Agua Prieta (23.4.1920) zum Aufstand gegen Carranza auf. Unterstützt wurde er dabei unter anderen auch von Manuel Peláez und den zapatistischen Truppen unter Führung von Gildardo Magafla (Zapata war am 10.4.1919 ermordet worden). Carranza wurde nach seiner Flucht aus der Hauptstadt am 21.5.1920 im Bundesstaat Puebla ermordet (Tobler 1992: 350-364; Gilderhus 1977: 106-110). 164

Dies geht aus der Abschrift eines Schreibens der Association vom 1.7.1921 an Prof. Leon LeRoy, New York, hervor. Vgl. AHSRE 18-11-6 (1). Nach den hier dargelegten Vorstellungen der Association sollte González von „Gral. M. P. of the Huasteca", also Manuel Peláez, unterstützt werden und als erstes Tampico, wenn möglich aber gleichzeitig Matamoros, Laredo, Piedras Negras und Ciudad Juárez einnehmen. Die Petroleumsteuern würden ihm dann komplett in einer Mindesthöhe von 4.000.000 USDollar monatlich zur Verfügung gestellt werden, ebenso Waffen, darunter auch fünf oder sechs Panzer und zehn Flugzeuge. 165

Vgl. zu diesem Thema vor allem Womack (1978). Seine Studie ist m. E. immer noch gültig.

55 nische Wirtschaft. 1 6 6 Allerdings sind die E n t w i c k l u n g e n in d e n verschiedenen Wirtschaftsbereichen und R e g i o n e n sehr unterschiedlich ( W o m a c k 1978: 8 3 - 8 5 , 9 6 - 9 7 ; Tobler 1988: 2 3 1 - 2 3 3 ) . Z w e i Sektoren, die b o o m t e n , waren die Henequén-Produktion in Yucatán und die Ölindustrie 1 6 7 , die s i c h i m Porfiriat z u e n t w i c k e l n b e g o n n e n hatte und die ab 1911 durch die A u s b e u t u n g neuer V o r k o m m e n s o w i e durch die steigende N a c h f r a g e stark expandierte. 1 6 8 D i e Huasteca Oil C o m p a n y des Ölmagnaten Edward L. D o h e n y 1 6 9 begann e b e n s o w i e die El A g u i l a v o n Lord Cowdray (i. e. W e e t m a n Pearson) i m M a i 1911 mit d e m Export m e x i k a n i s c h e n Petroleums ( B r o w n 1992: 7 - 8 ) . N e u e G e s e l l s c h a f t e n wurden gegründet - auch als Filialen US-amerikanischer (Standard Oil Co. [ N e w Jersey], T h e G u l f Oil Corporation, T e x a s Oil C o . ) oder europäischer (Royal D u t c h Shell) 1 7 0 G e s e l l s c h a f t e n - und das internationale Vertriebsnetz ausgebaut. 1 7 1 Im Jahr 1919 war M e x i k o mit knapp 16% Anteil w e l t w e i t der zweitgrößte Ölproduzent ( B r o w n 1993a: 1 2 4 - 1 2 5 ) . 1 7 2 Ä h n l i c h w i e bei den Eisenbahngesellschaften im Porfiriat waren die qualifizierten Arbeiten auch in der Ölindustrie US-amerikanischen A n g e s t e l l t e n vorbehalten, die mehr verdienten und bessere W o h n u n g e n zur V e r f ü g u n g gestellt b e k a m e n als die mexikanischen Arbeiter. 1 7 3 A b 1915 k a m e s zu Arbeiterstreiks und, begünstigt durch die neue Verfassung v o n 1917, zur Gründung v o n Gewerkschaften. 1 7 4

166

Dies gilt insbesondere, wenn man die Entwicklung der Dekaden nach 1920 mit einbezieht.

167

Die Literatur über Mexikos Ölindustrie ist sehr umfangreich. Das Standardwerk von L. Meyer (1981), das vor allem den politischen Konflikt von 1917 bis 1942 behandelt, ist inzwischen durch Brown (1993a) ergänzt worden, der die frühere Periode von 1880 bis 1920 in wirtschafte- und sozialgeschichtlicher Hinsicht untersucht. Hall (1995) beschäftigt sich mit den Jahren 1917 bis 1924. Eine weitere Publikation ist ein von Brown und Knight 1992 herausgegebener Aufsatzband, der die dreißiger und vierziger Jahre stark berücksichtigt. Vgl. auch Rippy (1972). 168 Die steigende Nachfrage ergab sich aus der zunehmenden Umstellung von Kohle auf Öl beim Betrieb von Eisenbahnen und Schiffen. Der Erste Weltkrieg erhöhte Nachfrage und Preise ab 1916 noch weiter (Brown 1992: 8-9). Das meiste Öl wurde exportiert, davon etwa 80% in die USA. Nach einer 1920 veröffentlichten Zahl verblieben nur 7,7% des Petroleums in Mexiko. Es wurde vor allem für den Betrieb von Eisenbahnen und, in geringerem Maße, in der Zuckerindustrie verbraucht (Hall 1995: 15). 169 Eine sensationalistische und in einigen Fragen wenig differenzierte Biographie Dohenys ist die von La Botz(1991). 170

Die niederländisch-britische Royal Dutch Shell Company war seit 1912 mit einer Tochtergesellschaft vertreten. 1919 kaufte sie knapp fünfzig Prozent von Lord Cowdrays El Aguila und übernahm das Management dieser Gesellschaft (Brown 1993a: 163, 164-165). 171 Am Ende der Dekade waren 155 companies und 345 individual entrepreneurs and partnerships in Mexikos Ölsektor vertreten (Brown 1993a: 101,122-124). 172 Die Steigerung der Petroleumproduktion von 1901 bis 1921 (mit Ausnahme des Jahres 1909, in dem sie im Vergleich zum Vorjahr abfallt), sowie ihr langsames Absinken bis 1932 zeigt L. Meyer (1981: 21). 1921 betrug Mexikos Anteil an der Weltproduktion 25,2% (Hall/Coerver 1984: 229). 173 Auch in der Ölindustrie war die gängige Sprache Englisch. Die Wohnungen der Ausländer in der Stadt Tampico, deren Bevölkerungszahl in kurzer Zeit von 25.000 vor dem Boom auf über 70.000 Einwohner (1918) hochgeschnellt war, lagen segregiert in bestimmten Stadtteilen. Nahe der außerhalb gelegenen Raffinerien und auf den Ölfeldem entstanden neue Wohngebiete und Barrackensiedlungen. Die US-amerikanischen und europäischen Aufseher, Techniker und Bohrmannschaften lebten getrennt von den übrigen (mexikanischen) Arbeitern, worauf anscheinend vor allem Texaner und andere Südstaatler Wert legten. Das Management und die qualifizierten Arbeiter wurden von sehr schlecht

56 Während der Erdölsektor e i n e n B o o m erlebte, war die E n t w i c k l u n g i m B e r g b a u vor allem in den Jahren 1914-1915 durch einen starken Produktionsrückgang gekennzeichnet. Abgesehen v o n Überfallen und Z w a n g s a n l e i h e n litten die Bergwerksunternehmen vor a l l e m unter Transportproblemen durch den A u s f a l l der Eisenbahnen 1 7 5 und unter der A b w e s e n h e i t eines Großteils ihrer hochqualifizierten U S amerikanischen Angestellten.176 Viele Bergwerke schlössen in dieser Zeit vorübergehend. D a die U n t e r n e h m e n in ihrer Mehrzahl im Machtbereich P a n c h o V i l l a s in N o r d m e x i k o lagen, war e s für sie v o n höchster Wichtigkeit, sich mit ihm u n d seinen regionalen und lokalen Vertretern z u arrangieren. D a s g e l a n g vor a l l e m den großen Unternehmen w i e z u m B e i s p i e l der A S A R C O , die die G e l e g e n h e i t nutzte, a u f K o s t e n v o n s c h w ä c h e r e n Konkurrenten z u expandieren (Bernstein 1964: 105; M e y e r s 1991: 3 4 6 - 3 4 7 ) . In El P a s o wurde im Februar 1915 die Mine and Smelters Owners' Association of Mexico gegründet, 1 7 7 die z u m B e i s p i e l Steuerfragen erfolgreich mit V i l l a verhandelte und a u c h g e g e n ü b e r Carranza und d e m U S - a m e r i k a n i s c h e n State Department Lobbyarbeit leistete (Bernstein 1964: 107; M e y e r s 1991: 3 5 3 - 3 5 6 ) . N a c h d e m V i l l a durch O b r e g ö n s Truppen stark g e s c h w ä c h t w o r d e n war, mußte s i c h auch der Bergbausektor mit Carranzas neuer, auf die Interessen der m e x i k a n i s c h e n N a tion a b z i e l e n d e n G e s e t z g e b u n g der Verfassung v o n 1 9 1 7 auseinandersetzen. T r o t z d e m kehrten im Frühjahr 1 9 1 7 v i e l e U S - A m e r i k a n e r nach Chihuahua zurück und der m e x i k a n i s c h e B e r g b a u erholte sich wieder v o n der Krise (Bernstein 1964: 113). 1 7 8

bezahlten chinesischen Immigranten mit Dienstleistungen versorgt. Auch innerhalb der nationalen Gruppen gab es Hierarchien. Die Fluktuation der Arbeiter war sehr hoch (Brown 1993a: 309-311, 315, 319-321,327-329; 1992: 12). 1,4 Im Mai 1918 wurde die Confederación Regional Obrera Mexicana (CROM) als nationale Dachorganisation gegründet. Die zunehmenden Streiks wurden zum Teil auf die Agitation der US-amerikanischen Arbeiterorganisation Industrial Workers of the World und auf deutsche Provokateure, die die Streikenden bezahlt haben sollen, zurückgeführt (Brown 1992: 14-15; 1993a: 345-365). 175 Durch ein Embargo der Vereinigten Staaten kam es auch zu Produktionsausfällen durch den Mangel an Dynamit (Bernstein 1964: 99, 102; zu den Eisenbahnen vgl. Bernstein 1964: 101-102). 176

Diese wurden häufig auf Untemehmenskosten aus Sicherheitsgründen evakuiert (Bernstein 1964: 100). Pletcher (1948b:23) beschreibt für die Mina-Mexico Company, daß alle US-amerikanischen Angestellten Mexiko nach der Landung der US-amerikanischen Truppen in Veracruz 1914 verließen und in den Vereinigten Staaten die Hälfte ihres Gehaltes weitergezahlt bekamen. Das Bergwerk wurde bis zu ihrer Rückkehr von Mexikanern gewartet. Nach einer zweiten Evakuierung (auf Empfehlung des State Department) reichten die Mittel der Gesellschaft 1916 nicht mehr zur Finanzierung dieser Grundversorgung aus, woraufhin sie eingestellt wurde. Die Loyalität der mexikanischen Arbeiter bei revolutionären Unruhen und ihre teilweise unbezahlten Instandhaltungsarbeiten während der vorübergehenden Abwesenheit der US-amerikanischen Manager werden vor allem auch fiir die Ölfelder beschrieben (Brown 1993a: 334). 177 Ihr gehörten fast alle US-amerikanischen Minengesellschaften an. Wichtige Ausnahmen waren dennoch die Unternehmen Greene-Cananea und Phelps-Dodge (beide in Sonora), sowie die von Robert Towne kontrollierten Gesellschaften in Chihuahua und Zacatecas (Meyers 1991: 353, Anmerkung). 178 Bernstein (1964: 118-120) beschreibt diesen regional sehr unterschiedlich verlaufenden Prozeß. Indirekt trugen die kriegsbedingte Nachfrage nach Industriemetallen und der Kupferboom zur Erholung des Bergbaus in Mexiko bei.

57

Der Handel zwischen Mexiko und den USA nahm in der Dekade von 1911 bis 1920 insgesamt zu. Neben dem registrierten Handel 179 spielte vor allem der Schmuggel von Waffen eine wichtige Rolle, da deren Export von Seiten der USA die meiste Zeit mit einem Embargo belegt worden war. New York blieb der wichtigste Umschlagplatz für die exportierten und importierten Waren, gefolgt von New Orleans und El Paso (Hall/Coerver 1988: 143, 154-155).

2.1.4 Die Beziehungen bis zum Zweiten Weltkrieg

Von Mai bis November 1920 hatte Adolfo de la Huerta eine Interimspräsidentschafit inne, bis Alvaro Obregön am 1. Dezember 1920 sein Amt als mexikanischer Präsident antrat. Der kurz darauf inaugurierte US-amerikanische Präsident Harding, der der republikanischen Partei angehörte, war nicht bereit, der neuen mexikanischen Regierung die Anerkennung ohne den vorherigen Abschluß eines Vertrages zu gewähren. 180 Dieser Vertrag sollte eine Interpretation des mexikanischen Verfassungsartikels 27, die Entschädigung revolutionsbedingter Eigentumsverluste und eine Verpflichtung zur Bedienung der mexikanischen Auslandsschuld enthalten. 181 Aus innenpolitischen Gründen war dies jedoch für Obregön unmöglich. Auch die Regelung der Schuldenfrage von 1922 durch ein Abkommen zwischen dem unter Obregön als Finanzminister amtierenden de la Huerta und dem International Committee of Bankers on Mexico unter Führung des US-Amerikaners Thomas W. Lamont vom Bankhaus J. P. Morgan & Co. reichte für die US-amerikanische Anerkennung nicht aus und brachte auch nicht die erhoffte neue Anleihe (Tobler 1992: 428-432). 182 Erst 1923 setzte sich der auf Kooperation bedachte Einfluß der Bankiers zusammen mit dem seit 1920 anwachsenden Druck kleinerer, in Handelskammern und -Organisationen zusammengeschlossener Geschäftsleute im US-amerikanischen Außenministerium 179

Einen wichtigen Posten bei diesem Handel machten Maschinen fllr den Bergbau aus (Hall/Coerver 1988: 156-157). Leider gibt es bisher anscheinend keine Gesamtdarstellung über die Handelsbeziehungen zwischen Mexiko und den USA in dieser Zeit. 180 Harding verpflichtete den ehemaligen US-amerikanischen Botschafter in Mexiko, Henry P. Fletcher, als Undersecretary of State. Dieser sprach sich strikt gegen eine Anerkennung der neuen mexikanischen Regierung aus (R. F.Smith 1972: 190-191). 181 Ein Entwurf für diesen Freundschafts- und Handelsvertrag wurde der mexikanischen Regierung am 27.5.1921 vorgelegt. Harding forderte praktisch, daß US-amerikanisches Eigentum aus dem Geltungsbereich der mexikanischen Verfassung auszunehmen sei, eine Maßnahme, der die mexikanische Regierung keineswegs vertraglich zustimmen konnte. Die Auslandsschuld bestand vorwiegend gegenüber europäischen (britischen und französischen) Finanzinstituten. Durch die Gründung des International Committee of Bankers on Mexico 1919 ging die Führung der Verhandlungen aber an US-amerikanische Bankiers über. 182 Nach Hall war de la Huertas mangelndes Verständnis für Finanzfragen sowie sein Ungeschick bei den Verhandlungen in New York mit Schuld an diesem Ergebnis. Obregön, der nur mangelhaft über die Verhandlungen unterrichtet wurde, stimmte dem Abkommen erst nach langem Zögern zu. Hall (1995: 88103) sieht in de la Huertas Versagen in dieser Frage einen wichtigen Grund dafilr, daß Obregön Calles und nicht den Finanzminister als Kandidaten für die Präsidentschaftsnachfolge unterstützte. Vgl. auch R. F. Smith (1972: 207-213). Ab Mitte 1924 mußte der 1922 vereinbarte Schuldendienst „aufgeschoben" werden (R. F. Smith 1972: 227).

58

durch (R. F. Smith 1972: 200-203, 213-219). 183 Am 4. Mai begannen zwischen den beiden Regierungen Verhandlungen über die Fragen des Artikels 27 und der Entschädigungen an US-amerikanische Bürger. Die bis zum 15. August 1923 in Mexiko-Stadt tagende Bucareli-Konferenz brachte als veröffentlichtes Ergebnis zunächst die Einrichtung zweier Claims Conventions, von denen eine über die seit der letzten Regelung von 1868 aufgelaufenen gegenseitigen Entschädigungsforderungen entscheiden sollte, während die zweite exklusiv für Revolutionsschäden zuständig war. „Extraoffiziell" unterzeichneten beide Delegationen einen Pakt, in dem sich Mexiko dazu verpflichtete, den Verfassungsartikel 27 nicht rückwirkend anzuwenden und sehr großzügig mit der Auslegung der actos positivos umzugehen, die von den Ölgesellschaften auf neuen Feldern bis zum Stichtag des 1. Mai 1917 erbracht sein mußten, um nicht die Bohrrechte zu verlieren. 184 Auch die Entschädigung von im Zuge der Agrarreform zu enteignendem Grundbesitz wurde geklärt: Überstieg der Besitz die Größe von 1755 Hektar, sollte sie nicht in Schuldscheinen, sondern in bar erfolgen. Mit diesen Vereinbarungen, deren rechtlicher Status ungeklärt blieb, wurde zwar die mexikanische Verfassung formal gewahrt, in ihrer Anwendung auf US-amerikanisches Eigentum aber erheblich eingeschränkt. Im Gegenzug erkannten die USA die Regierung Ende August 185 diplomatisch an und entsandten Charles Beecher Warren, einen der Bucareli-Unterhändler, als Botschafter nach Mexiko-Stadt. 186 Bereits im Juni 1922 hatte der US-amerikanische Konsul in Progreso (Yucatán) über eine Praxis berichtet, die in der US-amerikanischen Öffentlichkeit in den 1920er Jahren ein geteiltes Echo finden sollte. Die Behörden dieses damals sozialistisch regierten Staates boten Ausländern die Möglichkeit, sich bereits nach vierundzwanzigsttindigem Aufenthalt und ohne die Angabe von Gründen scheiden zu lassen. In den USA flächendeckend publiziert („Yucatán Beats Reno"), zog diese Gesetzgebung vor allem ab 1924 Scheidungstouristen an. 187 Der US-amerikanische Konsul, der die Unterschrift des 183 Der für Mexiko negative Einfluß des Senators Albert Fall (unter Harding zum Secretary of the Interior avanciert) war bereits ab 1922 weitgehend gebannt, als ein Bestechungsskandal aufflog, in den er zusammen mit Doheny verwickelt war. Im März 1923 schied er aus dem Ministeramt aus (Hall 1995: 59, 131). Britton (1988: 5-10), Hall (1995: 131-136) und L. Meyer(1981: 185-187) beschreiben die auf die US-amerikanische Presse beziehungsweise auf Geschäftsleute und Politiker ausgerichtete Propagandatätigkeit der Regierung Obregön, die mit ähnlichen Methoden wie früher Porfirio Diaz versuchte, ein positives Bild von Mexiko zu vermitteln. Sogar W. R. Hearst warb nach einem Besuch in Mexiko 1921 um die Anerkennung der Regierung Obregön. Von Doheny finanzierte Studien hatten allerdings gegenteilige Ziele. Bei den Ölproduzenten kam es unter dem wachsenden Konkurrenzdruck zu Auseinandersetzungen über ihre Position gegenüber der mexikanischen Regierung (R. F. Smith 1972: 196-200). ,M

Diese Vereinbarung stützte sich bereits auf ein Urteil des Obersten mexikanischen Gerichtshofes von 1921 gegenüber der Texas Oil Company (Tobler 1992: 430; L. Meyer 1981: 174, Anmerkung).

185 Laut Hall (1995: 149) datierte die Anerkennung vom 3. September, die Bucareli-Vereinbarungen über die claims Conventions seien auf Wunsch des mexikanischen Außenministers Pani erst am 8. und 10. September unterzeichnet worden. 186

Vgl. Tobler (1992: 432-434) und R. F. Smith (1972: 220-223); zum Gesamtkomplex der Anerkennungsfrage im Zusammenhang mit Artikel 27 auch L. Meyer (1981: 151-217). Nach Halls Interpretation spielte die Agrarfrage bei den Verhandlungen eine größere Rolle als die Kontroverse um den Artikel 27 (1995: 139-150). Vgl. dagegen L. Meyer (1981: 203-209, insbesondere S. 208). Botschafter WarTen gab sein Amt bereits nach wenigen Monaten aus persönlichen Gründen auf. 1,7

Nach den Recherchen des US-amerikanischen Konsuls war gesetzlich jedoch eine Residenzzeit von mindestens sechs Monaten vorgesehen, die nach einer Gesetzesänderung vom 30.9.1922 auf einen Monat verkürzt wurde. Die Beteiligten konnten sich nun durch Anwälte vertreten lassen. Ab dem

59 yucatekischen Gouverneurs j e w e i l s beglaubigen mußte, sandte die N a m e n s l i s t e n der g e s c h i e d e n e n Paare an das State Department (vgl. Tabelle 3). A u c h w e n n diese Scheidungen kein zentrales Problem der zwischenstaatlichen B e z i e h u n g e n bildeten, s o dürften sie d o c h z u m n e g a t i v e n B i l d M e x i k o s in der breiten U S - a m e r i k a n i s c h e n Öffentlichkeit beigetragen haben.

Tabelle 3: A n z a h l d e r in Y u c a t á n g e s c h i e d e n e n E h e p a a r e a u s d e n U S A , 1 9 2 4 - 1 9 2 8 1.7.-31.12.1924 1.1.-31.12.1925 1.1.-31.12.1926* 1.1.-31.12.1927* 1.1.-30.9.1928*

116 189 130 72 35

* Ab April 1926 schließen die Zahlen auch Campeche mit ein. Quelle: NAUS, Microcopy No. 274 , Roll 148,812.404-812.40622/100 (0169-0170,01920194, 0229-0230,0233-0235,0243-0244,0263-0265, 0298-0301,0310-0311,0334-0335, 0338-0341,0350-0351,0429-0432, 0447-0448).

Obregóns A m t s z e i t neigte s i c h 1923 ihrem Ende zu. S e i n e Unterstützung für einen N a c h f o l g e k a n d i d a t e n war praktisch Voraussetzung für d e s s e n W a h l s i e g , und O b r e g ó n entschied s i c h für s e i n e n Secretario de Gobernación Plutarco Elias Calles, der - w i e er selbst und Finanzminister de la Huerta - aus d e m Bundesstaat S o n o r a stammte. 1 8 8 D e la Huerta sicherte zwar anfanglich seine Unterstützung für C a l l e s zu, erklärte sich im Zuge wachsender innenpolitischer Konflikte dann aber selbst zum Präsidentschaftskandidaten. Große Teile der A r m e e erhoben sich nun g e g e n die Regierung Obregón, w o b e i die B e w e g u n g allerdings sehr heterogen blieb. 1 8 9 Der erst kürzlich v o n d e n U S A anerkannte Präsident O b r e g ó n erhielt in d i e s e m M o m e n t die volle Unterstützung der Vereinigten Staaten, die nicht zuletzt aus umfangreichen W a f f e n l i e f e r u n g e n bestand. 1 9 0 Obregón schlug den Aufstand nieder und beseitigte seine

2.3.1926 galt ein ähnliches Scheidungsrecht auch in Campeche. Im April 1926 wurde die Residenzpflicht wieder auf sechs Monate verlängert, vermutlich weil die mexikanische Bundesregierung erklärt hatte, daß die 30-Tage-Scheidungen in den restlichen Gebieten der Republik nicht anerkannt würden und auch Kalifornien (USA) sie nicht anerkannte (NAUS, Microcopy No. 274, Roll 148, 812.404-812.40622/100 [0073-0076, 0263-0265, 0269]; Mexican American. 24.1.1925: 37). In dem von US-Amerikanern in Mexiko-Stadt veröffentlichten Wochenmagazin Mexican American kommentierte der Jurist Maurice Minchen mehrmals die legalen und moralischen Grundlagen des yucatekischen Scheidungsrechts (10.1.1925: 19-20; 17.1.1925: 19-20, 50; 24.1.1925: 19-20, 38, 46; 31.1.1925: 19-20, 50; 7.2.1925: 19-20, 50; 14.2.1925: 19-20, 50; 21.2.1925: 19-20, 50; 28.2.1925: 19-20, 38). Zum Thema Tourismus und Scheidungen vgl. auch Mexico. A Monthlv Commercial Magazine. Bd. 2, Nr. 4-5, 1926: 17. 188 Die zunehmenden Spannungen zwischen Obregön und de la Huerta seit dessen Zeit als Interimspräsident beschreibt Hall (1995: 155-173). 189

Ab dem Februar 1924 gehörte auch die Bekämpfung der Bucareli-Vereinbarungen zu ihren Zielen.

Zur militärischen Unterstützung Obregöns vgl. vor allem Andrews (1979: 25-43). Die von den USA unter anderem gelieferten Flugzeuge wurden nach seiner Darstellung zum Teil von US-amerikanischen Piloten geflogen. L. Meyer (1981: 213) weist daraufhin, daß die Huasteca Oil Company und andere USamerikanische Petroleumgesellschaften Obregön durch vorzeitig gezahlte Steuern Kredite zur Niederschlagung der Rebellion gewährten, was besonders im Licht ihrer Opposition zur Bucareli-Konferenz

60

Gegner in der Armee durch zahlreiche Hinrichtungen Standgerichtsurteilen (Tobler 1992: 387-392).191

nach

summarischen

Plutarco Elias Calles wurde am 30. November 1924 mexikanischer Präsident. Seine Amtszeit zeichnete sich durch eine aktive Wirtschaftspolitik aus, die er zunächst eng mit dem von Luis Morones geführten Gewerkschaftsverband CROM gestaltete. Es wurden Programme für den Straßenbau und die Elektrizitätsversorgung begonnen, Landverteilungen beschleunigt und Investoren animiert, sich in der Industrie zu engagieren. Auch die Finanzen wurden insofern konsolidiert, als 1925 der Banco de México als Nationalbank gegründet und das Steuersystem reformiert wurden.192 Außerdem wurde das Schulwesen ausgedehnt, während sich die Armee umstrukturieren und verkleinern mußte (R. F. Smith 1972: 229-231). Die Beziehungen zu den USA verschlechterten sich zunächst. Der Botschafter James Powell Sheffield, der am Ende der Regierungszeit Obregóns Mitte Oktober 1924 in Mexiko-Stadt eintraf, war diplomatisch unerfahren und an guten Beziehungen zur mexikanischen Regierung nicht interessiert. Sein Rassismus gegenüber Mexikanern ist umfangreich dokumentiert, Spanischkenntnisse hatte er nicht und gesellschaftlich umgab er sich - wenn nicht mit seinen Landsleuten oder Briten - am liebsten mit der ehemaligen porfiristischen Elite, die er auch zu offiziellen Botschaftsempfangen einlud. Von Beruf Anwalt, verstand er sich in seiner Tätigkeit als Botschafter in erster Linie als Vertreter der ansässigen US-Amerikaner und deren Interessen. Das US-amerikanische State Department erfüllte seine häufigen Forderungen nach einer härteren Haltung gegenüber Mexiko und nach militärischer Intervention allerdings nicht. Im Juni 1925 kam es zu einer Krise, als Secretary of State Kellogg (1925-1929) sich bei einem Aufenthalt Sheffields in den Vereinigten Staaten dazu hinreißen ließ, Mexiko in der Presse zu kritisieren und zu bedrohen.193 Auf diese Art düpiert, ließ es sich Calles nicht nehmen, auf dem gleichen Weg mit heftigen Worten zu reagieren (R. F. Smith 1972: 232-236; Horn 1970). Dieser Konflikt verschärfte sich, als der mexikanische Kongreß im Dezember 1925 zwei Gesetze erließ die versuchten, die Verfassungsartikel von 1917 in ausfuhrende Bestimmungen umzusetzen. Es ging hierbei um das Petroleumgesetz und das Gesetz über ausländischen Grundbesitz (R. F. Smith 1972: 229-231, 234-235). 194 Ein weiterer Spannungsherd zwischen Mexiko und den USA war bemerkenswert war. Die Secretaría de Guerra y Marina kaufte Waffen und Munition in den USA (AHSRE 37-19-159). 1,1 De la Huerta selbst entkam, wie einige seiner Mitstreiter, in die Vereinigten Staaten. Etwa 7000 Menschen fielen der Rebellion zum Opfer (Tobler 1992: 392). 192 Das International Committe of Bankers sah dies mit gemischten Gefühlen, mußten doch seine Klienten zugunsten der Bankgründung auf die Schuldentilgung vorerst verzichten. Zu den Verhandlungen im Jahr 1925 zwischen den Bankiers und dem mexikanischen Finanzminister (Secretario de Hacienda y Crédito Público) Alberto J. Pani über die Schuldenfrage vgl. R. F. Smith (1972: 241-244, 247-248). Trotz der Skepsis kam es zwischen Pani und Lamont im Oktober 1925 zu einer Vereinbarung, die unter anderem die Reprivatisierung der Eisenbahnen vorsah. 193 Der Kernsatz der Pressemitteilung lautete: „The govemment of Mexico is now on trial before the world" (zitiert bei R. F. Smith 1972: 234). Kellogg forderte die Rückgabe von illegal enteignetem USamerikanischen Besitz und eine Entschädigung. Die Beziehungen zur mexikanischen Regierung könnten nur aufrecht erhalten werden, wenn Mexiko Leben und Rechte von US-Amerikanern schütze und sich an seine internationalen Verpflichtungen hielte (Horn 1970: 279). 194 Das Landgesetz verfügte, daß Ausländer keinen Grundbesitz an Mexikos Küsten oder an den Grenzen haben dürften. Außerdem dürften ausländische Firmen nicht Mehrheitsgesellschafter von Land- und Ent-

61 der nicaraguanische Bürgerkrieg 1926/27, in d e m Mexiko den liberalen Vizepräsidenten Juan Bautista Sacasa und die U S A den konservativen General A d o l f o D i a z unterstützten (R. F. Smith 1972: 2 3 7 - 2 3 8 ) . Tabelle 4:

Enteignungen ausländischer Landbesitzer in Mexiko bis Oktober 1926 Besitztümer 231 104 26 27 14 19 421

| Nationalität Spanisch US-amerikanisch Englisch Deutsch Französisch Verschiedene Summe

Hektar | 369.966 189.910 87.111 41.558 10.937 11.286 710.768

Quelle: Sherwell (1929: 82).

In dieser Situation e r w i e s e s sich als hilfreich, daß am 23. Oktober 1927 der Bankier D w i g h t M o r r o w als N a c h f o l g e r S h e f f i e l d s in M e x i k o - S t a d t ankam. Seine A m t s z e i t steht für eine Periode der außergewöhnlich guten B e z i e h u n g e n z w i s c h e n M e x i k o und den U S A , die vor a l l e m auf seine Persönlichkeit und auf s e i n V e r h a n d l u n g s g e s c h i c k zurückgeführt werden." 5 O b w o h l der Petroleumkonflikt auch durch M o r r o w nicht dauerhaft

beseitigt

wurde,

erreichte

er

doch

einen

modus

vivendi.196

In

der

Schuldenfrage bemühte er sich s o sehr u m e i n e grundsätzliche Konsolidierung der m e x i k a n i s c h e n Staatsfinanzen, daß er schließlich in Konflikt mit d e n Interessen d e s International

Committee

of Bankers

geriet, mit d e m er - e i n e h e m a l i g e r K o l l e g e v o n

Wicklungsgesellschaften sein. Die Übergangsregelung für die Liquidierungen war sehr langfristig angelegt (10 Jahre für Gesellschaften, fünf Jahre nach dem Tod bei Einzelbesitzern). Nach Zahlen des International Committee of Bankers on Mexico war ein Achtel des bis zum 13.10.1926 enteigneten Grundbesitzes vorher in ausländischer Hand gewesen (Gordon 1941 [1975]: 42). Die gleiche Tabelle (mit differenzierteren Hektarangaben) zitiert auch Sherwell (1929: 82; vgl. Tabelle 4). Er beruft sich auf den Boletín de la Secretaría de Educación Publica als Quelle. Das Petroleumgesetz verlangte von den Ölgesellschaften, ihre Konzessionen bestätigen zu lassen. Ausgegeben würden dann Konzessionen, die für die nächsten 50 Jahre gelten sollten, wenn auf den bis zum 1.5.1917 erworbenen Feldern actos positivos nachgewiesen werden könnten. Auch hier waren flankierende Maßnahmen zugunsten der derzeitigen Konzessionshalter festgelegt. Zum Petroleumgesetz und der heftigen Krise von 1927 vgl. ausführlich L. Meyer (1981: 219-263). 195 Zur Einstellung Morrows gegenüber Mexiko und den Problemen, mit denen er während seiner Amtszeit konfrontiert war, vgl. Ross (1958). Die Verbesserung der Beziehungen war aber nicht ausschließlich sein Erfolg, denn auch das State Department machte Morrow gegenüber deutlich, daß es eine militärische Intervention in Mexiko ablehnte. 1,6 Entscheidend hierbei war wohl, daß der Einfluß der Petroleumlobby auf das State Department sank und die Interessen anderer Sektoren - vor allem der Banken - ständig an Bedeutung gewannen. Das State Department war somit nicht mehr bereit, sich die Maximalforderungen der Ölmagnaten zu eigen zu machen. Für Morrow war es in diesem Fall einfacher, sich mit Calles zu verständigen als mit den Petroleumgesellschaften. Anfang 1928 wurde ein neues Petroleumgesetz erlassen, nach dem die concesiones confirmatorias nicht mehr zeitlich beschränkt waren und Inhaber von Ölfeldem, auf denen keine actos positivos nachgewiesen werden konnten, trotz des Übergangs derselben in den Besitz der Nation bei neuen, dreißig Jahre währenden Konzessionen bevorzugt berücksichtigt werden sollten (R. F. Smith 1972: 252-257; L. Meyer 1981:266-281).

62 T h o m a s L a m o n t bei J. P. M o r g a n & Co. - e n g zusammengearbeitet hatte. 1 9 7 H o c h g e l o b t wird in der R e g e l auch seine Vermittlertätigkeit im Konflikt z w i s c h e n d e m m e x i k a n i s c h e n Staat und der Kirche ( 1 9 2 6 - 1 9 2 9 ) , der w i e d e r u m durch Calles' Versuch entstanden war, auch in d i e s e m B e r e i c h die V e r f a s s u n g v o n 1 9 1 7 durchzusetzen, die e i n e Reduzierung der g e s e l l s c h a f t l i c h e n Macht der (katholischen) Kirche verlangte. 1 9 8 In dieser letzten Frage, die j a e i n e innere A n g e l e g e n h e i t M e x i k o s war, mußte sich das State Department trotz m a s s i v e r Agitation katholischer Organisationen in den Vereinigten Staaten zurückhalten. M o r r o w s Aktivitäten beruhten stark auf s e i n e n guten persönlichen Kontakten z u Calles, der auch nach s e i n e m A u s s c h e i d e n aus d e m Präsidentenamt a m 1. September 1928 bis 1 9 3 4 der mächtigste m e x i k a n i s c h e Politiker blieb. 1 9 9 Im M ä r z u n d April 1 9 2 9 zahlte sich die Zusammenarbeit der m e x i k a n i s c h e n Regierung mit d e n Vereinigten Staaten insofern aus, als d i e s e s o g l e i c h zu umfangreichen Waffenlieferungen zur Niederschlagung der letzten großen

197 1928 wurde eine Revision des Abkommens Pani-Lamont von 1925 angestrebt. Dazu gab das International Committee of Bankers mit dem Einverständnis der mexikanischen Regierung ein Gutachten von zwei US-amerikanischen Finanzexperten (Joseph E. Sterett und Joseph S. Davis) in Auftrag, das die prekäre Situation der Staatsfinanzen dokumentierte. Nach zahlreichen Konferenzen und dem Versuch Morrows, über seine engen Beziehungen zu Finanzminister Montes de Oca den mexikanischen Staatshaushalt für 1930 mitzugestalten (vor allem sollte die Agrarreform verlangsamt werden), setzte Lamont 1930 eine Neuregelung zugunsten der Bondholders durch, deren Ratifizierung allerdings durch den Regierungswechsel in Mexiko und die Verschlechterung der ökonomischen Situation durch die Weltwirtschaftskrise verzögert wurde. Jedoch konnte sich auch Morrow mit seinen Plänen für Mexikos Finanzen nicht gegen die einheimischen Politiker durchsetzen. Finanzminister Montes de Oca entzog sich seinem Einfluß, nachdem der frühere Militárattaché der US-amerikanischen Botschaft in Mexiko, Colonel Alexander Mcnab, in einer öffentlichen Rede in den Vereinigten Staaten kolportierte, Morrow „took the Secretary of Finance under his wing and taught him finance" (zitiert bei R. F. Smith 1972: 263). Morrow verließ Mexiko 1930, um in den USA Senator zu werden. Er starb im Oktober 1931. In der Schuldenfrage kam es erst 1943 zu einer endgültigen Regelung (R. F. Smith 1972: 259-265). 191 Die Verfassung von 1917 sah ein Ende der kirchlichen Erziehung, der religiösen Kongregationen und des kirchlichen Grund- und Immobilienbesitzes vor. Priestern wurde die Ausübung ihrer staatsbürgerlichen Rechte verwehrt; sie wurden vom Erbrecht ausgeschlossen. Die entsprechenden Verfassungsartikel bezogen sich auf alle Glaubensrichtungen. Die sich seit 1917 verschärfenden Spannungen zwischen Staat und katholischer Kirche kamen Anfang 1926 anläßlich einer in der Presse veröffentlichten Kritik an der Kirchenpolitik durch den Erzbischof von Mexiko-Stadt, Mora y del Río, offen zum Ausbruch. Calles verbot die katholischen Schulen, den Religionsunterricht und die Existenz von Klöstern, ließ ausländische Priester und Nonnen sowie einen apostolischen Gesandten ausweisen und mehrere Priester verhaften. Gegen eine von ihm erlassene Registrierungspflicht sämtlicher Priester setzte der Episkopat die Androhung der Exkommunikation aller Geistlichen, die dieser nachkämen. Außerdem wurden auf Initiative der Bischöfe alle kirchlichen Handlungen ab dem 31.7.1926 eingestellt, was zu tumultartigem Andrang ftlr die letzten Gottesdienste, Taufen und Hochzeiten führte. Vor allem im Westen Mexikos (in Jalisco, Colima, Nayarit und Zacatecas) kam es zu bewaffneten Aufständen katholisch-bäuerlicher Schichten gegen die Regierung, die sich zu einem Bürgerkrieg, der Cristiada, ausweiteten. Der höhere Klerus setzte aber auf eine Verhandlungslösung. Die 1929 mit Hilfe der Vermittlungstätigkeit Morrows erreichten Vereinbarungen zwischen Staat und Kirche führten zu einer Wiederaufnahme der Gottesdienste und leiteten das Ende der Cristiada ein. Die Literatur zu diesem Thema ist umfangreich, vgl. vor allem Rice (1959), Berbusse (1966), J. Meyer (1973-79), Quirk (1973), Bailey (1974) und, mit einem Schwerpunkt auf der US-amerikanischen Lobby, Quigley (1965). 199 1928 war nach einer Verfassungsänderung, die auch die Amtszeit auf sechs Jahre verlängerte, Alvaro Obregón erneut zum Präsidenten gewählt worden. Bevor er das Amt antreten konnte, wurde er am 17.7.1928 von einem religiösen Fanatiker erschossen. Als Interimspräsident regierte daraufhin Emilio Portes Gil bis zum 5.2.1930, ihm folgten als gewählter presidente constitucional Pascual Ortiz Rubio und, nach dessen Rücktritt im August 1932, Abelardo Rodríguez als presidente substituto. Da Calles weiterhin alle wichtigen Entscheidungen traf, wird die Zeit von 1928 bis 1934 maximato genannt, nach seinem Ehrentitel Jefe máximo de la revolución.

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Armeerevolte unter General José Gonzalo Escobar bereit war (Tobler 1992: 407-410). In den 1920er und frühen 1930er Jahren hatten sich auch die kulturellen Beziehungen intensiviert. Mehrere Stiftungen und Organisationen wurden in Mexiko auf diesem Gebiet tätig. Ab 1920 führte die Rockefeiler Foundation außerdem Gesundheitskampagnen in Mexiko durch. 200 1934 trafen Mexiko und die USA eine Vereinbarung, die die nach den BucareliAbsprachen von 1923 beschlossenen Claims Conventions auflösten und somit ihr Scheitern anerkannten. Revolutionsbedingte Schäden wurden nun nicht mehr individuell sondern, wie es auch zwischen Mexiko und den europäischen Ländern praktiziert wurde, summarisch mit 2,67% der beanspruchten Summe entgolten (Schmitt 1974: 168-169, Zorrilla 1965-1966:11,383-384, 386). Die 1929 nach dem Mord an Obregón neu gegründete Partei PNR (Partido Nacional Revolucionario) bestimmte gemäß Calles1 Wunsch 1933 Lázaro Cárdenas zum Kandidaten für die anstehenden Präsidentschaftswahlen, und am 1. Dezember 1934 trat dieser sein Amt an. Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise rückten ökonomische Fragen (Landverteilung, Arbeiterrechte, Nationalisierungen) in den Vordergrund seiner bis 1940 dauernden Amtszeit. 201 Unter Cárdenas gewannen die nach dem Niedergang der CROM 1928/29 wieder neu organisierten staatlichen Gewerkschaften an Einfluß. 202 Die Durchführung der während des Maximats vernachlässigten Agrarreform wurde stark beschleunigt. Anders als vorhergesehen akzeptierte Cárdenas den Jefe máximo nicht als starken Mann im Hintergrund. Calles verbrachte bereits das Jahr 1935 zum großen Teil in den USA und mußte im Frühjahr 1936, zusammen mit dem ehemaligen CROM-Führer Morones und einigen anderen engen Mitarbeitern, ins Exil gehen (Tobler 1992: 572-575). Für die guten Beziehungen zu den USA bedeutete die Präsidentschaft Cárdenas' zunächst kein Problem. US-amerikanischer Botschafter in Mexiko war von 1934 bis 1940 Josephus Daniels. Seine Ernennung durch Franklin D. Roosevelt hatte zwar anfangs in

200

Zu den kulturellen Beziehungen, die unter anderem die Gebiete Malerei, Literatur und Archäologie umfaßten, vgl. Delpar (1992), zur Rockefeller Foundation Solorzano Ramos (1990) und Bim (1993). Der US-amerikanische Botschafter Dwight Morrow und seine Ehefrau Elizabeth Cutter Morrow beauftragten den mexikanischen Maler Diego Rivera 1929 mit der Ausführung mehrerer Fresken im Palacio Cortés in Cuernavaca (Delpar 1992: 65). Die Guggenheim Foundation finanzierte Stipendien für literarische Arbeiten, die Carnegie Institution, die Tulane University und das American Museum of Natural History archäologische Projekte (Delpar 1992: 74-75, 99-105, 194-195). Francés Toor, die 1922 aus Kalifornien (USA) nach Mexiko kam, gab ab 1925 die zweisprachige Zeitschrift Mexican Folkwavs heraus, die vom mexikanischen Erziehungsministerium finanziell unterstützt wurde. Sie bestand mit einer Unterbrechung 1931 bis 1933 (Delpar 1992: 36,62). 201

Der Parteitag des PNR im Dezember 1933, der auch Cárdenas zum Präsidentschaftskandidaten bestimmte, legte seine zukünftige Regierung durch einen Sechsjahresplan auf eine im Vergleich zum Maximat radikalere Wirtschaftspolitik fest (Tobler 1992: 417-418). 202

1934 bildete sich unter Führung von Vicente Lombardo Toledano die Confederación General de Obreros y Campesinos de México (CGOCM), zum Teil aus abgesplitterten Organisationen der CROM. Die neue Gewerkschaft zeichnete sich durch Militanz und Streikfreudigkeit aus (bereits 1934 gab es 202 Streiks, im Vorjahr waren es nur 13 gewesen), wobei sie weitgehend auf die sympathisierende Unterstützung von Cárdenas zählen konnte. Im Februar 1936 wurde ein neuer Dachverband, die Confederación de Trabajadores de México (CTM) gegründet (Tobler 1992: 493-494, 572, 576-580).

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der mexikanischen Presse ein negatives Echo gefunden.203 Allerdings konnte Daniels bald an die harmonischen Beziehungen von Dwight Morrow und seines ehemaligen Mitarbeiters und späteren Nachfolgers als Botschafter J. Reuben Clark anknüpfen. Die von Roosevelt praktizierte Good Neighbor Policy und das auch von seiner Regierung durchgeführte staatliche Eingreifen in die Wirtschaft ermöglichten eine friedliche Koexistenz trotz der offensichtlichen ideologischen Unterschiede bezüglich des Privateigentums und der im cardenistischen Mexiko proklamierten sozialistischen Erziehung. 1936 ließ Cárdenas umfangreichen Grundbesitz enteignen.204 Neben Yucatán waren die Comarca Lagunera (Coahuila/Durango) und das Valle del Yaqui (Sonora) regionale Schwerpunkte der dadurch ermöglichten Landverteilungen. In den letzten beiden Fällen - aber nicht nur dort - waren auch US-amerikanische Interessen betroffen.205 In der Comarca Lagunera, einem etwa 500.000 Hektar großen, von künstlicher Bewässerung abhängigen Baumwoll- und Getreideanbaugebiet, gehörten zahlreiche der über Hundert Haciendas Ausländern beziehungsweise ausländischen Firmen. Nach heftigen Streiks im Jahr 1935 wurden über 440.000 Hektar Land an etwa 34.000 Landarbeiter verteilt und zu 296 ejidos colectivos zusammengefaßt.206 In Sonora wurde fruchtbares, durch den Rio Yaqui bewässertes Land an Yaquis und Yoris zurückgegeben beziehungsweise verteilt. Etwa 50 US-amerikanische und weitere mexikanische Siedler durften jeweils 100 Hektar bewässertes Land behalten, erhielten aber trotz US-amerikanischer Proteste keine unmittelbare Entschädigung.207

203

Daniels war während der US-amerikanischen Okkupation von Veracruz 1914 Secretary of the Navy und damit Vorgesetzter des späteren Präsidenten Roosevelt gewesen. Der Demokrat Roosevelt war von 1933 bis 1944 Präsident der Vereinigten Staaten. Mit seiner Amtszeit verbunden ist die Politik des New Deal, die versuchte, die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise durch sozial- und wirtschaftspolitische Maßnahmen zu mildem. 204

Im Oktober 1936 wurde ein Gesetz erlassen, daß Enteignungen im öffentlichen Interesse möglich machte. Anders als seine Vorgänger enteignete Cárdenas nicht nur marginale Böden traditioneller Haciendas für subsistenzorientierte ejidos, sondern auch kommerzielle Großbetriebe, zum Beispiel aus der Baumwoll- und Sisalproduktion. Diese Betriebe wurden nicht parzelliert, sondern als ejidos colectivos weitergeführt, daß heißt als Produktionskooperativen unter der Selbstverwaltung der Arbeiter (Tobler 1992: 587-588). 205

Auch die Colorado River Land Co. (Baja California) war von Enteignung betroffen, ebenso der ehemals entführte US-amerikanische Konsul William Jenkins (González 1981: 145, 158, 169). Jenkins soll im Bundesstaat Puebla 110.000 Hektor verloren haben (Gordon 1941 [1975]: 17). Nach Crespo (1987: 90) hatte er dort in seinen besten Zeiten 123.000 Hektar besessen, konnte aber auch nach der Enteignung 1938 den Besitz kontrollieren. Jenkins, in den 1930er Jahren ein „multimillionaire landowner, industrialist, banker, and theater magnate", erwarb in Absprache mit der mexikanischen Regierung 1944 in einer komplizierten Aktion Anteile, Immobilien und (in Grenznähe gelegenes, aber nicht von der Enteignung betroffenes) Land der Colorado River Land Co., die er mit dem Verkauf von Immobilien in Los Angeles (Kalifornien) bezahlte. Das Land kaufte ihm die mexikanische Regierung vereinbarungsgemäß für Kolonisationszwecke wieder ab (Kerig 1988: 393-397). Die genannte Gesellschaft und ihre US-amerikanische Schwester, die Colorado River Irrigation Co., waren für die Bewässerung großer Gebiete mit dem Wasser des Colorado verantwortlich, was wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Nutzungsrechte ein Problem der bilateralen Beziehungen war. Vgl. neben Kerig (1988) auch Whiteford (1986: 17-24) und Zorrilla (1965-1966:11,511-522). 206

Obwohl als Produktionsgenossenschaft kollektiv verwaltet, lag die Unternehmensführung faktisch bald bei der ebenfalls neu geschaffenen Agrarkreditbank Banco de Crédito Ejidal (Tobler 1992: 588590; González 1981: 101-107). 207

Vgl. (González 1981: 157-158, 161); Vázquez/Meyer (1992: 171); Cronon (1960: 142-153).

65 Die Eisenbahngesellschaft Ferrocarriles Nacionales de México, seit 1908 zu 51% in Staatsbesitz, wurde im Juni 1937 verstaatlicht und in die Betriebsleitung der Arbeiter übergeben. Dies bedeutete, daß die US-amerikanischen Minderheitsaktionäre enteignet wurden und Entschädigung erhielten. Da die mexikanischen Eisenbahnen bereits seit langem keine Dividenden mehr abwarfen und auch die Zinszahlungen der auf dem Unternehmen lastenden Schulden nicht geleistet werden konnten, war die internationale Reaktion auf diese Enteignung gering. Die Modalitäten der Entschädigung wurden erst 1946 festgelegt. 208 Ganz anders sah es mit der Verstaatlichung der Ölindustrie aus, die nicht nur zu heftigen internationalen Protesten, sondern auch zu einer ernsthaften Beeinträchtigung der Beziehungen zwischen Mexiko und den USA führte. 209 Ähnlich wie bei einigen der Enteignungen von Grundbesitz und bei der Verstaatlichung der Eisenbahngesellschaft gingen der Maßnahme heftige Arbeitskämpfe voraus. 1936 hatten sich die etwa 18.000 Erdölarbeiter in einer Gewerkschaft {Sindicato de Trabajadores Petroleros de la República Mexicana, STPRM) zusammengeschlossen, die sich dem Dachverband CTM angliederte. Die Gewerkschaft forderte im November 1936 den Abschluß eines kollektiven Arbeitsvertrages, der unter anderem merkliche Lohnerhöhungen vorsah. Zwar erklärten sich die Petroleumgesellschaften prinzipiell zu einer neuen kollektiven Regelung bereit, lehnten aber die geforderten Lohnerhöhungen ab.210 Die Verhandlungen zogen sich hin, bis die Gewerkschaften im Mai 1937 einen Generalstreik in der Ölindustrie ausriefen, den sie im Juni beendeten indem sie sich dem Schiedsspruch des nationalen Arbeitsgerichts (Junta Federal de Conciliación y Arbitraje) unterstellten. Dieser Schritt führte zunächst einmal zur Erstellung eines umfangreichen Gutachtens über die ökonomische Situation der Ölgesellschaften auf Initiative der Behörde. 211 Der Konflikt, vordergründig immer noch ein Kampf um Lohnerhöhungen, verlagerte sich nunmehr auf eine Auseinandersetzung zwischen dem mexikanischen Staat und den Petroleumgesellschaften, die jegliche staatliche Einflußnahme auf ihre Tätigkeit ablehnten und als Verletzung ihrer Eigentumsrechte ansahen. Sie widersetzten sich dem Urteil des Arbeitsgerichts, höhere Löhne zu zahlen, auch als diese Entscheidung vom daraufhin angerufenen Obersten Gerichtshof bestätigt wurde. Dabei unterschätzten sie die Durchsetzungsfahigkeit der Regierung Cárdenas ebenso, wie sie die Bereitschaft der USA überschätzten, es in der gespannten internationalen Situation zu einem offenen Bruch mit Mexiko kommen zu lassen. Am 18. März 1938 verkündete der mexikanische

208

Vgl. Tobler (1992:580); Vázquez/Meyer (1992: 183-184); Kuntz Ficker/Riguzzi (1996: 318-322). Die außerhalb der nationalen Eisenbahngesellschaft existierenden Unternehmen - Mitte der 1920er Jahre immerhin 54 - waren anscheinend von der Verstaatlichung nicht betroffen, zumindest werden sie in diesem Zusammenhang nicht erwähnt. Angaben zu den nichtstaatlichen Eisenbahngesellschaften finden sich in der Broschüre México. El país de la riqueza (1925: 32-34). 209

Die diplomatischen Beziehungen zwischen Mexiko und Großbritannien, die durch die Enteignungen ebenfalls stark belastet wurden, brachen ab. 210

Die Forderungen der Gewerkschaft beliefen sich auf die Summe von 64.000 Pesos jährlich, während die Unternehmen 14.000 Pesos boten. 211 Das Gutachten beinhaltete, daß die Öluntemehmen Lohnerhöhungen im Umfang von 26.000 Pesos jährlich zahlen könnten. Insgesamt wurde ihre Tätigkeit als dem nationalen Interesse abträglich eingeschätzt.

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Präsident die Enteignung der ausländischen Ölunternehmen. 212 Betroffen waren vor allem britisch-niederländische und US-amerikanische Gesellschaften. Die Vereinigten Staaten stellten Mexikos Recht auf Enteignung nicht prinzipiell in Frage, forderten aber vor allem eine schnelle und angemessene Entschädigung für die Unternehmen und übten wirtschaftlichen Druck auf Mexiko aus, um diese zu erhalten. Hierbei zeigte sich das State Department unter Gordell Hull weitaus weniger konziliant als der US-amerikanische Botschafter in Mexiko, Daniels, der seinen direkten Zugang zu Präsident Roosevelt nutzte, um die kritische Situation zu entschärfen. Die Petroleumgesellschaften unter der Führung der Standard Oil Company 213 beharrten allerdings darauf, die Enteignung als illegal anzusehen. Ihre Einschätzung des Schadens berücksichtigte nicht nur die Produktions- und Förderanlagen, sondern schloß die Gesamtheit der Ölvorkommen auf ihren Feldern mit ein. Sie kamen so auf eine Gesamtsumme von 400 bis 500 Millionen Dollar (davon entfielen gut 200 Millionen auf die US-amerikanischen Unternehmen), während die mexikanischen Gutachter eine Entschädigungssumme von 40 Millionen Dollar veranschlagten. 214 Die zunächst einheitliche Front der Ölgesellschaften wurde erst im Mai 1940 gebrochen, als die Sinclair Oil Company 215 ausscherte und separat eine aus Geld und Öllieferungen bestehende Indemnisation aushandelte. Ihr folgte die weniger bedeutende City Services. Bereits ab 1939 hatte Josephus Daniels wegen der Spannungen in Europa und der Erwartung eines Krieges auf eine schnelle Einigung in allen offenen Entschädigungsfragen gedrängt. Auch dem State Department war zunehmend daran gelegen, Mexiko im Krisenfall fest an der Seite der USA zu wissen und jegliche deutsche oder japanische Einflußnahme aus strategischen Gründen zu unterbinden. 216 Die 1941/42 ausgehandelte, allerdings durch die Verzögerung der Standard Oil erst am 1. Oktober 1943 angenommene Regelung der Indemnisation war auf Initiative des State Department zustande gekommen. Mexiko verpflichtete sich, 30 Millionen Dollar in

212

Die Entscheidung zur Nationalisierung der Ölindustrie überraschte nicht nur die internationale Wirtschaft, sondern auch Botschafter Daniels. In Mexiko waren die Reaktionen darauf positiv, selbst die Kirche stellte sich auf die Seite der Regierung. Zu den organisierten Massendemonstrationen und der innenpolitischen Bedeutung der Enteignung vgl. Knight (1992). 2

" 1932 war die von Doheny gegründete Huasteca Oil Company an diese Gesellschaft gefallen (Brown 1992: 18).

214

Damit lagen sie in der Nähe der unveröffentlichten Schätzungen des State Department (L. Meyer 1981: 450-452). Gemäß dem mexikanischen Enteignungsgesetz von 1936 mußten Entschädigungen innerhalb von zehn Jahren geleistet werden. Die USA sahen aber eine Enteignung ohne unverzügliche Entschädigung als Konfiskation an. 215

Die Gruppe Sinclair repräsentierte 1938 40% der US-amerikanischen Petroleuminvestitionen (15% der Gesamtinvestitionen in Petroleum). Die enteigneten Firmen waren die Mexican Sinclair Petroleum Company, die Pierce Oil Company, die Compañía Terminal de Lobos und die Stanford y Compañía (L. Meyer 1981:405-406). 216

Cárdenas hatte der Regierung Roosevelt seit 1938 zu verstehen gegeben, daß Mexiko im Falle eines europäischen Krieges mit den Vereinigten Staaten kooperieren würde. Allerdings hatten die Boykottmaßnahmen der USA dazu geführt, daß Mexiko sein Öl fast nur noch an Deutschland und Italien (vgl. dazu Kapitel 2.2.4), zum geringeren Teil auch an Japan sowie an einige lateinamerikanische Länder verkaufen konnte. Vor der Nationalisierung der Ölindustrie waren die USA der Hauptabnehmer gewesen.

67 217

verschiedenen Jahresraten zu zahlen. Auch über die übrigen Ansprüche gegenüber Mexiko (inklusive der Auslandsschuld) 218 wurde ab 1941 verhandelt. Am 4. April 1942 begannen offiziell die Verhandlungen über einen bilateralen Handelsvertrag, der schließlich am 23. Dezember 1942 unterschrieben wurde. Er beinhaltete vor allem eine Senkung der Zölle und eine Quote für den US-amerikanischen Import von mexikanischem Erdöl. Durch zeitlich limitierte Zusatzabkommen verpflichteten sich die USA zur Abnahme der gesamten Exportproduktion bestimmter Güter, wie von Kautschuk, henequén, Kichererbsen, von diversen tropischen Früchten, Salz und Fisch (Torres 1983: 154-162). Zu diesem Zeitpunkt war bereits Manuel Avila Camacho (1940-1946) 219 mexikanischer Präsident, und eine Beendigung der gespannten Situation zwischen Mexiko und den USA erschien vor allem im Hinblick auf den Krieg, der durch die Annäherung Japans an die faschistischen Länder nun auch die Pazifikküste des nordamerikanischen Kontinents bedrohte, ausgesprochen dringend. 220 Ab Januar 1941 bemühten sich die USA um ein Abkommen mit Mexiko über Flottenstützpunkte. Im April wurde ein Vertrag über die gegenseitige Nutzung von Flughäfen geschlossen. Auch in anderen Bereichen kam es zur Zusammenarbeit, und die wirtschaftlichen, politischen und militärischen Beziehungen wurden nach dem Kriegseintritt der USA so eng wie nie zuvor.221 Eine im Januar 1942 gegründete gemeinsame Verteidigungskommission veranlaßte die Ausbildung mexikanischen Militärpersonals in den USA und die Modernisierung der Ausrüstung des mexikanischen Militärs.222 Der Schutz der gesamten mexikanischen Pazifikküste wurde dem ehemaligen Präsidenten General Cárdenas unterstellt, der sich sowohl durch seinen Antifaschismus als auch durch die Verteidigung der mexikanischen Souveränität gegenüber den USA fiir diese hochpolitische Aufgabe ausgezeichnet hatte. Nach dem Kriegseintritt Mexikos gegen Deutschland,223 bemühte sich ab 1943 eine mexikanisch-US-amerikanische Kommission (Comisión Mexicano-Norteamericana de Cooperación Económica)224 um

217

Vgl. Tobler (1992: 580-585); Vázquez/Meyer (1992: 171-176); L. Meyer (1981: 301-465). Mit den Briten kam es erst 1947 zu einer Einigung, allerdings erhielten sie eine höhere Entschädigungssumme (L. Meyer 1981:461, Anmerkung). 218

Zu den Verhandlungen über die Auslandsschuld vgl. Torres (1983: 41-62).

219

Avila Camacho war auf Wunsch von Cárdenas zum Kandidaten des 1938 aus dem PNR hervorgegangenen PRM (Partido de la Revolución Mexicana) gemacht worden. Zu seiner Amtseinführung reiste der US-amerikanische Vizepräsident Henry Wallace nach Mexiko. Seine Anwesenheit symbolisierte den Willen zu einer erneuten Verbesserung der bilateralen Beziehungen (Schmitt 1974: 185). 220

1940 schlössen Japan, Deutschland und Italien den Dreimächtepakt. Am 7.12.1941 überfiel Japan den US-amerikanischen Stützpunkt Pearl Harbor (Hawaii), woraufhin die Vereinigten Staaten am 8.12. den Krieg erklärten. Die Kriegserklärungen Deutschlands und Italiens an die USA erfolgten am 11.12. 221

US-amerikanischer Botschafter war ab Februar 1942 George S. Messersmith, dessen vorherige Karriere (Botschafter in Österreich, Undersecretary of State 1937-40) und direkter Zugang zu Präsident Roosevelt die hohe Priorität der Beziehungen zu dieser Zeit anzeigten. Das Botschaftspersonal bestand während des Krieges aus bis zu 800 Mitarbeitern (Niblo 1995: 89-90). 222

Dies betraf vor allem die Luftwaffe (Schmitt 1974: 190-191; Vázquez/Meyer 1992: 186).

223

Deutsche U-Boote hatten innerhalb weniger Tage zwei mexikanische Tankschiffe versenkt, vgl. Kapitel 2.2.4. 224

Zur Arbeit dieser Kommission, die bis zu ihrer Auflösung im Januar 1945 kurz- und langfristig angelegte Industrialisierungsprojekte betreute, vgl. Torres (1983: 181-184) und Niblo (1995: 105-109).

68

die Modernisierung der Wirtschaft und der Transportwege.225 Ungefähr 250.000 in den USA lebende Mexikaner wurden dort aufgrund von reziproken Vereinbarungen zum Kriegsdienst eingezogen (umgekehrt niemand). 226 14.000 von ihnen waren an den Kämpfen beteiligt, etwa 1000 wurden dabei getötet. Das mexikanische Militär nahm mit einer 1945 auf den Philippinen stationierten Luftwaffenschwadron am Krieg teil. 227 Wichtiger als der militärische Beitrag waren die Rohstofflieferungen Mexikos an die Kriegsindustrie der USA, vor allem der Export von Metallen wie Kupfer, Blei, Zink und Graphit, sowie der von Hartfasern. Durch eine dem Handelsvertrag vorausgehende Vereinbarung sicherten sich die Vereinigten Staaten diese Rohstoffe bereits seit Juli 1941. Überhaupt veränderten sich die Handelsbeziehungen durch den Krieg sehr stark. Für Mexiko gingen die europäischen und asiatischen Märkte verloren,228 der mexikanische Außenhandel wurde jetzt zu etwa neunzig Prozent mit den Vereinigten Staaten abgewickelt. 229 Einige Produkte, zum Beispiel Pharmazeutika und Papier, die vorher aus Deutschland importiert worden waren, mußte Mexiko nun zu offenbar höheren Preisen aus den USA beziehen. Wieder andere konnten nicht eingeführt werden, weil das US-amerikanische War Production Board sein Veto einlegte. Besonders knapp waren Maschinen (auch Traktoren) und Ausrüstungen für die Industrie, die auch gebraucht kaum zu bekommen waren. Rohstoffe für einige Industrien (zum Beispiel Holz, Papier, Aluminium) waren ebenfalls Mangelware. Durch den Verlust der europäischen Märkte und die kriegsbedingten Handelsabsprachen mit den USA war die mexikanische Wirtschaft in ein enges Korsett von Regelungen und Kontrollen eingezwängt worden (Torres 1983: 154-176). 230

225

Im August 1942 wurde ein Bracero-Programm vereinbart, durch das mexikanische Arbeiter in den USA den kriegsbedingten Arbeitskräftemangel ausgleichen sollten (Torres 1983 : 246-271). Die Migration mexikanischer Arbeitskräfte und durch Wirtschaftskrisen veranlaßten Repatriierungen hatte es allerdings auch schon früher gegeben. 226

Nach Niblo (1995: 98) waren die Vereinbarungen einseitig. Dem widersprechen nicht nur die Darstellungen von Torres (1983: 133-136) und Zorrilla (1965-1966: 11,487-488), sondern auch der bei Cabra Ybarra (1969: 305-306) auszugsweise zitierte Vertragstext: „[...] los nacionales de cada país residentes dentro del territorio del otro, podrán ser registrados y reclutados en las fuerzas armadas del país de su residencia, con los mismos derechos y privilegios de sus propios nacionales" (Convenio entre México y los Estados Unidos de Norteamérica sobre prestación de servicios en el ejército de cada uno de los países por nacionales del otro. Celebrado por cambio de notas fechadas en México el 22 de enero de 1943). Ab März 1944 informierte die US-amerikanische Botschaft das mexikanische Außenministerium auf dessen Anfrage hin über US-Amerikaner, die sich in Mexiko niedergelassen hatten, um in den USA dem Kriegsdienst zu entgehen. Die erste Liste, die auf Informationen der US-amerikanischen Konsuln beruhte, umfaßte 24 Namen, davon fünf mit einer Adresse im Distrito Federal. Im Oktober 1944 verdächtigten die US-amerikanischen Behörden bereits ungefähr 400 Personen, sich dem Kriegsdienst zu entziehen. Trotz des reziproken Abkommens machten die mexikanischen Behörden offenbar keine Anstalten, diese oder andere US-Amerikaner einzuziehen (AHSREIII-2470-I3). 227 Vgl. Schmitt (1974: 185-186, 189-190); Vázquez/Meyer (1992: 181-190); Torres (1983: 65-150); Niblo (1995: 89-122). Nach Vázquez/Meyer (1992: 186) nahmen auf US-amerikanischer Seite 15.000 Mexikaner am Krieg teil, die Verluste betrugen zehn Prozent. 228

Sie hatten zusammen gut ein Drittel der mexikanischen Exporte aufgenommen.

229

1937 gingen 56% der mexikanischen Exporte in die Vereinigten Staaten, 1940 ca. 90%. 58% der mexikanischen Importe kamen 1939 aus den USA, im folgenden Jahr waren es bereits 78,8% und 1944 90% (Torres 1983: 195). 230 Der damalige Direktor des Banco de México, Eduardo Villaseñor, hielt am 7.4.1943 eine Rede, in der er die wirtschaftlichen Probleme Mexikos analysierte und die USA für sie verantwortlich machte. Er kritisierte in diesem Zusammenhang auch den Kriegseintritt Mexikos. Seine Rede, die die Meinung

69

Die wirtschaftliche Abhängigkeit Mexikos von den USA als fast alleinigem Exportmarkt und als Bezugsquelle für viele Güter, auf die es zur Entwicklung einer eigenen Industrie angewiesen war, erscheint besonders frappant, da ja ein wesentliches Ziel der Mexikanischen Revolution gerade in der Rückgewinnung der Souveränität über bestimmte Bereiche der Wirtschaft bestand und die Hauptprobleme der bilateralen Beziehungen auf entsprechende Gesetzesänderungen zurückgingen. Die bis 1921 boomende Erdölindustrie hatte in den folgenden Jahren eine Rezession erlebt, die auf sinkende Ergiebigkeit der Ölfelder und gestiegene Kosten durch höhere Steuern und Arbeitslöhne zurückzufuhren war. Die fuhrenden Ölproduzenten Royal Dutch Shell und Standard Oil231 zogen es vor, statt teuer in Mexiko zu investieren die günstigeren Bedingungen im neuen Erdölland Venezuela auszunutzen. 232 Auf der anderen Seite wuchs die Nachfrage nach Treibstoff auf dem mexikanischen Markt, so daß einige Regionen durch billigere Importe aus den USA versorgt wurden (Brown 1985: 373-375). 1937 verblieben siebzig Prozent der mexikanischen Ölproduktion auf dem heimischen Markt (Brown 1992: 23). 2 " Nach der Enteignung der Industrie wurden die Exporte von mexikanischem Öl und Importe von Maschinen und Ausrüstung für die Industrie durch einen von den Gesellschaften Standard Oil, Royal Dutch Shell und zeitweise auch von Sinclair unterstützten Boykott stark behindert. Die Petroleumexporte nach Deutschland und Italien bis zum Kriegsbeginn waren von der Firma Davis & Company des US-Amerikaners William R. Davis durchgeführt worden, die eine Raffinerie in Hamburg besaß (L. Meyer 1981: 413-415, 431-433). 234 Ab 1940 gab es aber wieder Kaufverträge mit USamerikanischen Firmen und ab Juni 1942 versorgte sich auch die US-amerikanische Marine mit mexikanischem Öl (L. Meyer 1981: 422). Den Bergbausektor beherrschten inzwischen die beiden US-amerikanischen Unternehmen ASARCO und Compañía Minera de Peñoles,235 die sowohl Minen ausbeuteten als auch Hüttenwerke besaßen. Mexikanisches Kapital war in diesem Bereich in den zwanziger und dreißiger Jahren nur sehr schwach mit höchstens fünf Prozent vertreten (Bernstein 1964: 143). Sowohl die ASARCO als auch die Compañía Minera de Peñoles dehnten ihre Aktivitäten Mitte der 1920er Jahre nach Südmexiko (Oaxaca) aus, allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Trotz vieler regionaler Änderungen, die von den Produktionsbedingungen und der Rentabilität von Hüttenwerken abhingen, blieb der Norden Mexikos ihr Hauptaktionsgebiet. Die ASARCO expandierte stark und gründete mehrerer führender mexikanischer Politiker widerspiegelte, erregte viel Aufsehen, zumal Präsident Roosevelt gerade einen Besuch nach Monterrey (Nuevo Leon) vorbereitete (Torres 1983: 177-180). 231

Das Absinken der Petroleumpreise nach dem Ersten Weltkrieg hatte in der mexikanischen Ölindustrie zu einem Konzentrationsprozeß geführt, dem zahlreiche unabhängige Firmen (independents) zum Opfer gefallen waren. Wenige große US-amerikanische Gesellschaften hatten sich stattdessen zu den Riesen Shell und Standard Oil (New Jersey) gesellt (Brown 1985: 370). 232

Brown (1985) erklärt die Gründe für den Wechsel von Mexiko nach Venezuela unter Berücksichtigung der Firmenarchive. 233

Nach den Zahlen von L. Meyer war es allerdings weniger, er geht von vierzig bis fünfzig Prozent aus (1981:409). 234 235

Zu Davis und seinen Geschäften vgl. auch Kapitel 2.2.4.

Diese Gesellschaft war 1923-1924 finanziell umstrukturiert und zu einer hundertprozentigen Tochter der American Metal Company gemacht worden (Bernstein 1964: 146).

70

in Coahuila eine eigene Stadt mit Eisenbahnanschluß (Nueva Rosita). Bereits 1919 hatte sie der Familie Madero Kohlevorkommen in Coahuila abgekauft. Ab 1923 kontrollierte sie die Towne Mines, Inc. (früher Compañía Metalúrgica Mexicana). 1925 wurde das ASARCO-Hüttenwerk in Aguascalientes zugunsten eines moderneren in San Luis Potosí aufgegeben (Bernstein 1964: 144-146). Nachdem eine Preiskrise in den Jahren 1920-1921 zur Schließung diverser Anlagen auch bei den großen Gesellschaften gefuhrt hatte, setzte nach der Stabilisierung der Industrie im Sommer 1925 im folgenden Jahr eine neue callistische Minengesetzgebung ein, die neben der Gültigkeit von Konzessionen vor allem auch Bestimmungen über die Verpflichtung zur Einstellung und Ausbildung mexikanischer Arbeiter und Ingenieursanwärter enthielt. Der Anteil mexikanischer Arbeitskräfte sollte neunzig Prozent betragen (Bernstein 1964: 132, 152-153).236 Große Erfolge wurden durch die von Luis Morones forcierten Maßnahmen zur Unfallverhütung erzielt (Bernstein 1964: 155-156). Allerdings mußten gegen Ende der zwanziger Jahre viele Bergwerke wegen sinkender Ausbeute und fallender Preise, zum Beispiel für Silber, geschlossen werden. Im November 1932 schloß auch das Hüttenwerk der Compañía Minera de Peñoles in Torreón. Trotz der von der mexikanischen Regierung autorisierten Lohnsenkungen wurden Tausende von Arbeitern entlassen (Bernstein 1965: 171-176). In den Jahren 1934 bis 1936 kam es durch internationale Währungsmaßnahmen zu einem Silberboom, und die USamerikanische Regierung begann damit, mexikanisches Silber zur Stabilisierung des Wechselkurses aufzukaufen (Bernstein 1964: 177-181). 1937 gab es im Bergbausektor ähnliche Spannungen wie in der Ölindustrie. Jedoch mußten hier die Gewerkschaften auf Weisung der Regierung Kompromisse mit den Arbeitgebern aushandeln; zu Enteignungen kam es nicht (Bernstein 1964: 184-185). Während die USA 1939 etwa 90 Prozent der mexikanischen Silber-, Gold- und Kupferproduktion aufkauften, lagen die Märkte für Blei und Zink vor allem in Westeuropa und brachen durch den Krieg weg. Erst nach Abschluß des Handelsvertrages zwischen Mexiko und den USA im Dezember 1942 und der damit verbundenen Senkung der Zölle verbesserte sich die Situation fiir die Produzenten wieder. Schließlich regte die kriegsbedingte Nachfrage die Produktion wieder an und bereits geschlossene Minen wurden trotz der bestehenden Knappheit an Maschinen zum Teil wieder bearbeitet (Bernstein 1964: 223-231). Die zwanziger, aber vor allem die dreißiger Jahre brachten auch die Autoindustrie nach Mexiko. Die Ford Motor Co. gründete 1925, General Motors 1935 eine Niederlassung in Mexiko-Stadt. Weitere Unternehmen folgten (Bennett 1986: 130-131). Die wachsende Zahl von Autos und Straßen sowie der ebenfalls neue Flugverkehr begünstigten die Entwicklung des Tourismus mit den zugehörigen Dienstleistungen, der sich allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem der wichtigsten Devisenbringer der mexikanischen Wirtschaft entwickeln sollte (M. E. Nolan/S. Nolan 1986: 14-17).237

236

Unter Cárdenas wurden diese Maßnahmen noch verschärft. Vor allem die vorher diskriminierten mexikanischen Ingenieure mußten jetzt von den Gesellschaften eingestellt werden (Bernstein 1964: 182183). Zu den Arbeitsbedingungen im Bergbau vgl. Bernstein (1964: 192-199) und O'Brien (1995: 253284). 237

1929 ließen US-amerikanische Touristen 36 Millionen Dollar in Mexiko; 1937 waren es 44 Millionen und 1947 140 Millionen. Mexikos Anteil an dem im Ausland ausgegebenen US-amerikanischen

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Die von Wilkins zusammengestellten Zahlen (vgl. Tabelle 5) über die US-amerikanischen Direktinvestitionen in Mexiko zeigen trotz der Revolution einen stetigen Anstieg von 1897 bis 1929. Einen Rückgang der Investitionen verzeichnen nur die Bereiche Eisenbahnen (mit starken Schwankungen) und Fabriken. Die Investitionen in die Ölindustrie stiegen zwischen 1919 und 1929 nur sehr wenig. Auffallig ist das starke Anwachsen des Engagements in Versorgungsbetriebe zwischen 1919 und 1929.238 Der Bereich Handelsunternehmen verzeichnete ebenfalls starke Steigerungen, allerdings auf sehr niedrigem Niveau. Die Investitionen in die Landwirtschaft stiegen trotz der Enteignungen während der Regierung Calles auch zwischen 1919 und 1929 an. Beherrschend blieben in dem gesamten Zeitraum Bergbau und Ölindustrie, während die Bedeutung des Eisenbahnsektors sehr stark zurückging.

Tabelle 5: US-amerikanische Direktinvestitionen in Mexiko (geschätzt, in Millionen Dollar) 1897 111 6 1 68 12

Eisenbahnen Versorgungsbetriebe Petroleum Bergbau Landwirtschaft Industrie/Fabriken Handelsunternehmen Diverse Summe



2 —

200

1908 57 22 50 234 40 10 2 1 416

1914 110 33 85 302 37 10 4 6 587

1919 123 32 200 222 48 8 5 6 644

19291 82 90 206 248 58 6 9 10 709

Quelle: Wilkins (1970: 110; 1974: 55).

2.2 Mexiko und Deutschland

2.2.1 Frühe Handelsbeziehungen

Das Interesse Mexikos an dem Abschluß von Handelsverträgen mit den deutschen Staaten nach der Unabhängigkeit ging auf den Wunsch nach diplomatischer Anerkennung zurück. Die größte Bedeutung hatten die Beziehungen zu Preußen und zu den

Reisegeld stieg damit von 7% (1929) auf 13% (1937) beziehungsweise 24% (1947). Vgl. dazu Freithaler (1968:68). 238

Hierbei dürften die Elektrizitätsgesellschaften eine erhebliche Rolle gespielt haben, in die USamerikanisches Kapital ab 1928 in sehr hohem Maße investiert wurde. US-amerikanische Gesellschaften beherrschten bald den nordmexikanischen Markt, während die seit 1902 bestehende anglo-kanadische Mexican Light and Power Company sich im Bundesdistrikt und in mehreren Bundesstaaten behauptete. Hauptabnehmer des erzeugten Stroms waren bis in die 1930er Jahre die Bergbauunternehmen (Galarza 1941: 76-80, Bernstein 1964: 159).

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Hansestädten Hamburg und Bremen. 239 Bereits vor der Anerkennung Mexikos, die wegen des Legitimitätsprinzips der Heiligen Allianz, das Spanien das Recht auf die Rückeroberung seiner Kolonien zuerkannte, problematisch war, entsandte Preußen 1825 Louis Sulzer als „Handelsagenten" mit den Aufgaben eines Konsuls nach Mexiko. 1827 einigten sich Mexiko und Preußen auf eine gemeinsame Deklaration, die auch die Meistbegünstigungsklausel einschloß, allerdings wurde sie nur von Preußen, nicht aber durch den mexikanischen Kongreß ratifiziert. Ein Freundschafts- und Handelsvertrag wurde schließlich im Februar 1831 in London unterzeichnet und mit zahlreichen Änderungen 1834 von beiden Seiten ratifiziert. Der Geheime Regierungsrat Dr. Carl Wilhelm Koppe, der auch Spanisch sprach, erreichte Veracruz am 20. Februar 1830. Entgegen den Erwartungen der mexikanischen Regierung kam er nicht als Geschäftsträger, sondern als Generalkonsul.240 In dieser Funktion ernannte er Vizekonsuln in Veracruz, Tampico und Matamoros unter den dort ansässigen deutschen Kaufleuten. Sein Nachfolger wurde bis 1844 Friedrich von Gerolt, der dem in Mexiko tätigen Deutsch-Amerikanischen Bergwerksverein angehörte. Erst dessen Nachfolger Freiherr Ferdinand von Seiffart bekleidete ab dem 17. Juni 1846 schließlich das Amt eines Ministerresidenten, ebenso wie ab 1851 der neue preußische Vertreter Baron Emil Heinrich von Richthofen (Dane 1971: 9-22).241 Mexiko war der erste hispanoamerikanische Staat, mit dem die Hansestädte konsularische Beziehungen aufnahmen. 242 Bereits im Mai 1826 wurde Adolph Matthiessen nach dem preußischen Vorbild Sulzers Handelsagent in Mexiko. Im November schlössen sich Bremen und Lübeck an und übertrugen dem ebenfalls von Hamburg ernannten Handelsagenten Nolte auch ihre Agenturen. 1827 unterzeichneten Mexiko und die Hansestädte einen Handelsvertrag, auf den vor allem Bremen gedrängt hatte.243 Der Vertrag schloß neben der Meistbegünstigungsklausel auch das Recht zum Detailhandel ein, er wurde allerdings nur von den Hansestädten, nicht aber von Mexiko ratifiziert. In den 1830er Jahren kam es zu Neuverhandlungen, ein neuer Vertrag wurde erst 1841 ratifiziert. Nolte, der zwar 1827 zum Generalkonsul der Hansestädte ernannt worden war, aber nur geringes Interesse an seinem Auftrag zeigte, hatte 1830 den preußischen Handelsagenten Sulzer zu seinem Stellvertreter ernannt und Mexiko verlassen. Nach Sulzers Tod 1833 amtierte Eduard Ferdinand Faerber bis 1841 als Generalkonsul der Hansestädte in Mexiko. Die Konsulate in Tampico und Veracruz waren ihm allerdings nicht unterstellt, sie blieben selbständig.244 Faerbers Nachfolger hatten nur noch den

239

Zu den anderen deutschen Staaten vgl. Dane (1971: 37-43). Das Forschungsproblem der Beziehungen der Hansestadt Hamburg mit Lateinamerika behandelt Pietschmann (1994). 240

Somit galt er nicht als Diplomat und konnte zum Beispiel keine Reklamationen im Namen von ihm vertretener Bürger vor der mexikanischen Regierung geltend machen (Dane 1971: 8). 241

Mexikos Interesse an eigenen Vertretungen in Preußen war nicht groß. Fast alle seiner Geschäftsträger waren Generale. José Lopez Uraga, ein Gegner Santa Annas, war 1853 sogar für zwei Jahre im voraus bezahlt worden, damit er das Land verließ (Dane 1971: 22-23). 242

Zu den Beziehungen der Hansestädte zu Mexiko vgl. detailliert Becker (1984).

243

Hamburg hielt sich wegen seiner Interessen in Spanien zu diesem Zeitpunkt noch zurück (Dane 1971: 25-26). 244

Bremen unterhielt tendenziell einen umfangreicheren Handel mit Tampico und Nordmexiko, während der Hamburger Handel vornehmlich auf Veracruz und die mexikanische Hauptstadt ausgerichtet war (Dane 1971: 24). Der Handel der Hansestadt Lübeck mit Mexiko war nur sehr gering.

73 245

Rang von Konsuln. Die eingeschränkten Möglichkeiten der Konsuln bei der Vertretung von Interessen gegenüber der mexikanischen Regierung versuchten hanseatische Kaufleute häufig dadurch zu umgehen, daß sie sich dem Schutz anderer Mächte - Preußens, Englands oder der USA - unterstellten. Sie taten dies ungern, da sie im Handel viel stärker vertreten waren als ihre preußischen Kollegen (Dane 1971: 23-35). Nach der Kündigung der bisherigen Abkommen im Jahr 1854 einigten sich die deutschen Staaten mit Ausnahme von Hannover darauf, daß Preußen im Namen des Zollvereins einen gemeinsamen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag aushandeln sollte. Der preußische Ministerresident von Richthofen wurde im April 1855 mit dieser Aufgabe betraut, und bereits am 16. Juli unterzeichnete der in Mexiko zu der Zeit diktatorisch regierende Santa Anna den Vertrag. Die Ratifizierungsurkunden wurden am 31. Dezember ausgetauscht. Das neue Abkommen enthielt einige in den bisherigen Verträgen noch nicht berücksichtigte Punkte, wie zum Beispiel das Transitrecht durch den Isthmus von Tehuantepec und den Besitz von Immobilien. Die Erlaubnis des bisher eingeschränkten Detailhandels in Mexiko wurde erweitert. Das Recht auf freie Religionsausübung, an dem vor allem der sächsischen Regierung gelegen war, konnte nicht durchgesetzt werden. 246 Von Richthofen verließ Mexiko im Februar 1856, seine konsularischen Pflichten übernahm der langjährige preußische Generalkonsul Esteban Benecke. Auf diplomatischer Ebene ließ sich der Zollverein vom Gesandten Napoleons III., Vicomte Alexis de Gabriac, vertreten, bis 1860 Baron E. von Wagner als preußischer Ministerresident nach Mexiko-Stadt kam.247 Von Wagner befürwortete die französische Intervention in Mexiko. 1861, nach der Abreise des britischen und des französischen Gesandten, führte er zeitweise als Chargé d'affaires deren Geschäfte. Seine Haltung führte 1862 zu einer in der Presse, vor allem in dem Blatt El Monitor Republicano geführten Auseinandersetzung mit dem mexikanischen Schriftsteller und liberalen Politiker Ignacio Manuel Altamirano. Der Streit gipfelte darin, daß von Wagners Neffe Carlos Wagner, der als Legationssekretär beschäftigt war, bewaffnet und in Begleitung des Legationsschreibers Amédée Pichon in Altamiranos Haus auftauchte, um diesen für seine Äußerungen gewaltsam zur Rechenschaft zu ziehen. Die Akten des mexikanischen Außenministeriums über diesen Vorfall und die nachfolgenden polizeilichen Ermittlungen belegen von Wagners Überheblichkeit gegenüber den mexikanischen Behörden. 248 Baron von Wagner blieb bis 1863 in Mexiko, erst 1867 wurde sein Posten durch Anton von Magnus neu

245

Anders als die aus Preußen entsandten und bezahlten Geschäftsträger, die als preußische Beamte keine Privatgeschäfte in Mexiko ausüben durften, waren die konsularischen Vertreter der Hansestädte normalerweise in Mexiko ansässige Kaufleute, die dieses Amt ehrenhalber übernahmen. Preußische Konsuln und Vizekonsuln waren auch Kaufleute, wurden aber, wie Dane (1971: 8) schreibt, „streng überwacht und kontrolliert". 246

Die Haltung der mexikanischen Regierung in dieser Frage änderte sich unter Präsident Juárez.

247

Von Wagner hatte wegen seiner häufigen Klagen bei der mexikanischen Regierung ein sehr schlechtes Verhältnis zu den dortigen Behörden. So beschwerte er sich zum Beispiel auch über die nachts unbeleuchteten und daher unzumutbar gefährlichen Straßen der mexikanischen Hauptstadt. Nach Einschätzung des hanseatischen Konsuls und Kaufmanns Agustín Doormann konnte er deswegen wenig Einfluß nehmen. Ein 1861 von ihm initiierter Versuch, die deutsche Kolonie zu bewaffnen, scheiterte (Dane 1971: 48; Weise 1923: 18; AHSRE 3-1-3594). 248

AHSRE 6-18-1. Die Dokumente zum Fall Wagner/Altamirano sind auch bei (1970) abgedruckt.

Ramírez Cabañas

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besetzt. 249 Die Zollverein-Staaten hatten somit das Kaiserreich Maximilians in Mexiko anerkannt, weshalb die Regierung Juárez nach der Rückeroberung Mexikos die Beziehungen zu ihnen erst einmal abbrach (Dane 1971: 44-49). Auch die Hansestädte hatten 1856 einen neuen Vertrag mit Mexiko ausgehandelt. Seine Bedingungen waren für sie günstiger als die durch von Richthofen für Preußen durchgesetzten, nützten aber letztlich nichts, da die mexikanische Regierung den Vertrag nicht ratifizierte (Dane 1971: 49-51). Hanseatische Kaufleute stellten sich in dieser Zeit mehrmals unter US-amerikanischen Schutz, allerdings hatten die von USamerikanischen Diplomaten zu ihren Gunsten vorgebrachten Reklamationen nicht immer Erfolg. 250 1869 wurde schließlich ein Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen der mexikanischen Regierung und dem 1867 gegründeten Norddeutschen Bund, dem auch die Hansestädte angehörten, unterschrieben. 1870 wurde er als erster internationaler Vertrag nach dem Fall Maximilians ratifiziert.251 Er war von Kurd von Schlözer ausgehandelt worden und blieb bis 1881, als Mexiko alle bestehenden Verträge kündigte, in Kraft. Schlözer war als Generalkonsul des Norddeutschen Bundes der erste Vertreter einer europäischen Macht nach dem Ende des maximilianischen Kaiserreichs in Mexiko. 1872 folgte ihm Esteban Benecke im Amt (Dane 1971: 49; Radkau 1982: 296, 302-303). 252 Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 entsandte die deutsche Regierung Graf Gustavo von Enzenberg, vormals hessischer Gesandter in Paris, nach Mexiko. Dort traf er im April 1872 ein, wurde aber 1875 von seinem Posten abberufen. Nach einem Bericht des mexikanischen Gesandten in Berlin, A. Mufioz Ortega, war Graf von

249

Zur Haltung Preußens gegenüber dem Kaiserreich vgl. Blumberg (1971: 36-37, 102), zu Magnus' Rolle (Blumberg 1971: 131-134, 138), Kühn (1965a) und Weber (1966). 250

Dies war zum Beispiel 1859 der Fall, als der US-amerikanische Gesandte Forsyth im Namen der Kaufleute gegen eine einmalige Sondersteuer auf das Vermögen von Einheimischen und Fremden protestierte. Die hanseatischen Kaufleute wollten ihre Belange dauerhaft von den Vereinigten Staaten vertreten lassen, konnten den Hamburger Senat aber nicht zu dieser Regelung bringen. Immerhin wurde der US-amerikanischen Regierung die Bitte übermittelt, in ähnlichen Fällen für die Hanseaten einzutreten. Das State Department stimmte dem zu (Becker 1984: 87-88, 89, 93). Durch die Ankunft des preußischen Ministerresidenten A. von Magnus 1867 kam es zu Konflikten zwischen denjenigen, die den Schutz Preußens befürworteten (unter anderen der Hamburger Generalkonsul Doormann), und den von Preußen mit Mißtrauen gesehenen „Deutschamericanern". Zwei Jahre später, vor seiner Abreise aus Mexiko, übertrug von Magnus allerdings doch den Schutz der Angehörigen des Norddeutschen Bundes dem Geschäftsträger der USA (Becker 1984: 100-101, 104). 251

Die Wiederaufnahme der Beziehungen wurde dadurch vereinfacht, daß die deutschen Staaten, die die Regierung Maximilians anerkannt hatten, diese nicht militärisch oder durch Anleihen unterstützt hatten. Der Norddeutsche Bund war zudem ein neues politisches Gebilde, das nicht um eine Wiederaufnahme der Beziehungen bitten mußte. Die US-amerikanische Regierung trat als Vermittler zwischen Mexiko und dem Bund auf (Katz 1964: 152-153). 252

Esteban Benecke war vorher bereits preußischer Geschäftsträger gewesen. 1874 gründete er die mexikanische Handelskammer unter Beteiligung vieler deutscher Kaufleute und wurde ihr erster Präsident (Radkau 1982: 320; Los pioneros del imperialismo alemán en México 1982: 508; Bernecker 1988: 974). Bei Bemecker und in Los pioneros f...] finden sich chronologische Listen der diplomatischen und konsularischen Vertreter (Bernecker 1988: 974-975, 981-983; Los pioneros f...] 1982: 506-509). Zu Beneckes kaufmännischer Tätigkeit, die 1864 auch den Baumwollhandel umfaßte, vgl. Los pioneros Í...1 (1982:453-454). Hier finden sich auch Hinweise auf seine Bankgeschäfte.

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Enzenberg bei Bismarck in Ungnade gefallen. Dieser bemängelte vor allem, daß Enzenberg kein Spanisch sprach, über Handelsangelegenheiten nur ungenügend unterrichtet war und zu wenig über die mexikanische Reforma berichtete. 253 Sein Nachfolger wurde ein Sachse schweizerischer Herkunft, Rodolfo Federico Le Maistre, der seit 1869 in Buenos Aires (Argentinien) und Montevideo (Uruguay) tätig gewesen war. Er blieb bis 1879 in Mexiko akkreditiert.254 Der Handel zwischen den deutschen Staaten und dem unabhängigen Mexiko war bereits 1823 durch die Rheinisch-Westindische Kompagnie eröffnet worden. 255 Mexiko importierte vor allem Leinen und andere Textilien aus Preußen und Sachsen. Transportiert wurden diese und weitere Güter aus anderen Ländern, vor allem aus Großbritannien, über die Häfen Hamburg und Bremen mit den Zielen Tampico und Veracruz. Die Importeure waren meist in Mexiko lebende deutsche Kaufleute. 256 Ein Teil der Waren gelangte über Mexiko in die USA, vor allem nach New York und New Orleans (Dane 1971: 56-57). Durch den Krieg der USA mit Mexiko (1846-48) wurde der deutsche Handel mit Tampico stark beeinträchtigt und ging zurück. Dies betraf vor allem den Bremer Handel. Ab den 1840er Jahren stieg allerdings der Austausch mit der mexikanischen Westküste, insbesondere mit dem Hafen Mazatlän in Sinaloa (Dane 1971: 62, Mentz 1982b: 88). In den 1860er Jahren machten in Mexiko ansässige deutsche Kaufleute gute Geschäfte im Schmuggelhandel zwischen den französisch besetzten und den juaristischen Regionen und, nach dem Beginn des US-amerikanischen Bürgerkriegs und der Blockade der konföderierten Häfen, vor allem durch den Schmuggel USamerikanischer Baumwolle nach Europa (Katz 1964: 97-98; Schiff 1967: 281). Neben Leinen spielten Eisen- und Stahlwaren für den mexikanischen Import eine zunehmende Rolle.257 Mexiko exportierte dagegen vor allem Rohstoffe wie Farbhölzer und, in geringerem Maße, Koschenille, Sassaparille, Jalappe, 258 Vanille und Häute. Bremen importierte auch mexikanischen Tabak. Der Warenwert der aus Mexiko ausge-

253

Nach Mufloz Ortega war er für die mexikanischen Interessen durchaus akzeptabel („a pesar de sus genialidades"), da er sich nicht in die inneren Angelegenheiten Mexikos einmischte (AHSRE L-E-l). Nach seiner Abberufung amtierte der deutsche Konsul Esteban Benecke als Geschäftsträger, unterstützt von Legationssekretär Dr. B. Boguslawski. 254

AHSRE L-E-4.

255

Die Gesellschaft war von Kaufleuten der Rheinregionen 1821 mit 50 Aktionären gegründet worden. Ihr Ziel war der Überseehandel, vor allem der Export. Nach erfolgreichen Geschäften in Haiti wurde 1821 ein Schiff ausgerüstet, um in Veracruz eine Agentur zu gründen. Im März 1823 kamen die Agenten der Kompagnie, von denen mehrere später Konsuln wurden, wie zum Beispiel Louis Sulzer, in Mexiko an. Auch in Mexiko-Stadt wurde eine Agentur eröffnet (1824). Nach schweren Verlusten in den folgenden Jahren wurde die Gesellschaft 1833 aufgelöst, die restlichen Waren in Mexiko bis 1842 verkauft (Mentz 1982b: 90-96). 256 1 841 soll rund ein Viertel des mexikanischen Außenhandels durch deutsche Kaufleute getätigt worden sein, etwa die Hälfte davon durch hanseatische Bürger (Dane 1971: 68-69). 257

Deutsche Geschäftshäuser in Mexiko-Stadt importierten 1853 vor allem Kurzwaren, Eisenwaren, pharmazeutische Produkte und Kaninchenhaar für die Hutproduktion. Vgl. Pferdekamp (1958: 139-140). 1871-72 hatten neben Textilien Güter wie Baumwolle, Leder, Seide und Kaninchenhaar an Bedeutung gewonnen (Mentz 1982b:79-80). 258

Sassaparilla (Sarsaparille) und Jalappa (Jalapenwurzel) wurden in der Pharmazie verwendet.

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führten Güter war wesentlich geringer als der der Importe aus Deutschland und betrug etwa zehn bis zwanzig Prozent derselben (Dane 1971: 63-65).259 Obwohl bereits 1824 der Deutsch-Amerikanische Bergwerksverein 260 gegründet wurde und dieser Kapital für seine in Mexiko operierenden Agenten zur Verfügung stellte, gediehen die deutschen Interessen in diesem Bereich nicht. Der Hauptgrund für diese Entwicklung, die 1838 mit dem Scheitern des Vereins endete, lag wohl in der zu großen Dispersion seiner Tätigkeit in Mexiko, wo in kürzester Zeit sehr viele Minen und Hüttenwerke in verschiedenen Regionen Zentralmexikos gekauft worden waren. Einige von ihnen wurden nach der Auflösung des Bergwerkvereins von dessen ehemaligen Angestellten weiterbetrieben, zum Teil mit Erfolg (Mentz 1982c: 176-207). Investitionen in andere Produktionsbereiche gab es in diesem Zeitraum nur vereinzelt.

2.2.2 Die Beziehungen im Porfiriat

Die Beziehungen zwischen Mexiko und dem 1871 gegründeten Deutschen Reich verliefen während des Porfiriats harmonisch. Mexiko war daran interessiert, den wachsenden US-amerikanischen Einfluß durch eine Stärkung seiner (Wirtschaftsbeziehungen zu den europäischen Staaten auszugleichen, während das deutsche Kaiserreich mit imperialistischem Geltungsdrang seine Beziehungen auch zu den außereuropäischen Ländern intensivierte und deren wirtschaftliche Durchdringung zu fördern suchte.261 Vertreten wurde das Deutsche Reich in Mexiko durch Gesandte. Edmund von Heyking (1899-1903), der vorher in China den Pachtvertrag über die deutsche Kolonie in der Kiautschou-Bucht ausgehandelt hatte, empfand den Posten in Mexiko als Degradierung und bemühte sich um seine Versetzung. 262 Sein Nachfolger wurde bis 1909 Freiherr Hans von Wangenheim, der sich in seiner Einstellung gegenüber einer deutsch-US-amerikanischen Zusammenarbeit in Mexiko stark schwankend zeigte. Karl Bünz, der eine deutsche wirtschaftliche Dominanz in Mexiko

259

Mexiko zahlte seine Importe überwiegend in gemünztem Silber. Zum Problem der Edelmetallexporte Mexikos vgl. Bemecker (1988: 287-293). Nach den bei von Mentz zitierten Daten waren die Silberexporte deutscher Finnen aus Mexiko keineswegs unerheblich (1982b: 75-76, 79, 80, 81-83, 86, 95). 260

Die Aktionäre des Bergwerksvereins waren zum Teil mit denen der Rheinisch-Westinischen Kompagnie identisch. Beide Gesellschaften wurden in Elberfeld gegründet. Im Bergwerksverein engagierten sich auch das preußische Herrscherhaus und die preußische Staatsbank (Mentz 1982b: 94). 261

Laut Katz beschränkte sich die deutsche Diplomatie bis 1898 auf die Förderung des Handels. Da die deutschen Investitionen in Mexiko vergleichsweise gering und der US-amerikanische Einfluß dominant waren, zudem eine starke deutsche Einwandererbevölkerung fehlte, war das diplomatische Interesse an Mexiko bis zum Spanisch-Amerikanischen Krieg eher gering. Die deutschen Diplomaten agierten nicht nur als „commercial agents", sondern waren auch privat in Geschäfte involviert. Der Legationssekretär und zeitweilige Geschäftsträger von Richthofen mußte deswegen 1910 entlassen werden (Katz 1964: 153; 1965: 165-166; Platt 1967: 28). 262

Katz wertet von Heykings Ernennung zum Gesandten in Mexiko umgekehrt als Aufwertung dieses Landes innerhalb der deutschen Politik, die zuvor nur „zweit- und drittrangige" Diplomaten dorthin entsandt hatte (Katz 1964: 164).

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anstrebte, hegte ebenso wie von Heyking eine rassistische Verachtung für die Mexikaner (Katz 1964: 164, 165).263 Das herzliche Einvernehmen zwischen dem kaiserlichen Deutschland und dem porfiristischen Mexiko wurde unter anderem durch deutsche Flottenbesuche in mexikanischen Häfen manifestiert und 1904-1905 durch gegenseitige Geschenke der beiden Herrscher - jeder schenkte dem anderen sein Ölgemälde - bekräftigt. 264 Im Jahr 1888, als wenige Monate nach Wilhelm I. auch dessen Thronnachfolger Friedrich III. gestorben war, nahm Porfirio Díaz mit seinem Gefolge an den Trauergottesdiensten teil. Die öffentlichen Gebäude in Mexiko-Stadt wurden am Geburtstag des Kaisers beflaggt und die Freundschaft zwischen den beiden Völkern wurde in der Presse besungen.265 1909 überwies der deutsche Monarch über den Banco Germánico de la América del Sur 10.000 Mark für die Opfer einer Überschwemmung in Nordmexiko. 266 1902 unterhielt das Deutsche Reich zwanzig Konsulate, Vizekonsulate und Handelsagenturen in Mexiko 267 . Mexiko wurde im Deutschen Reich durch vierzehn Konsulate repräsentiert (Wilke 1905: 16-17).268 Ab 1898 wurde die Rivalität zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten auch in Mexiko spürbar, was sich vor allem in einem wachsenden wirtschaftlichen Konkurrenzdruck äußerte. 269 Auf diesem Gebiet konnte Deutschland seine Stellung verbesssern, 270 wobei die in Mexiko-Stadt ansässigen großen deutschen Geschäftshäuser (zum Teil tätigten sie auch Bankgeschäfte) ihre starke Position im wesentlichen behaupteten. Allerdings wurden sie aus dem Textilbereich, dem sie sich in den 1860er Jahren gewidmet hatten, völlig verdrängt und spezialisierten sich auf Eisenwaren, Chemikalien, Glaswaren und Spielwaren, deren Industrien in Deutschland stark entwickelt waren und deren Anteil an der mexikanischen Einfuhr im Porfiriat sprunghaft anstieg (Katz 1964: 95-99).271 263

Gleiches gilt für den späteren deutschen Gesandten in Mexiko Paul von Hintze (Katz 1964: 213; Hürter 1998: 52). 264

BO-SRE. Bd. 17, Nr. 4, 1904: 254-256; Bd. 18, Nr. 6, 1904: 389-392; George (1906: 2-4).

265

AHSRE 5-8-7986.

266

BO-SRE. Bd. 28, Nr. 6, 1909: 25-251.

267

Acapulco, Campeche, Isla Carmen, Chihuahua, Ciudad Juárez, Colima, Durango, Guadalajara, Guanajuato, Guaymas, Mazatlán, Mérida, México, Monterrey, Oaxaca, Tampico, Tapachula, Tepic, Tehuantepec und Chiapas sowie Veracruz. 268

Berlin, Bremen, Danzig, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg (Generalkonsulat), Hannover, Karlsruhe, Leipzig, Mainz, Mannheim, München und Stuttgart 269

Der deutsche Gesandte in Mexiko, Edmund von Heyking, empfahl seiner Regierung, sich aufgrund der Übermacht der Vereinigten Staaten aus Mexiko zurückzuziehen und dieses den USA zu überlassen. Nach der Venezuelakrise 1903 versuchte die deutsche Regierung, allzu auffällige Demonstrationen ihrer Militärmacht bei Flottenbesuchen zu vermeiden (Katz 1964: 105-106, 154, 164-165). Insgesamt beschreibt Katz (1964:164) die deutsche Mexikopolitik bis zum Ersten Weltkrieg als „ständiges Hin und Her", da man einerseits ein „starkes, antiamerikanisches und unter deutschem Einfluß stehendes Mexiko" wünschte, ihm andererseits zu geringe Bedeutung zumaß, um einen offenen Konflikt mit den USA zu riskieren. 270

Dies gilt für den gesamten deutschen Handel mit Lateinamerika, für den Mexiko allerdings nicht in allen Bereichen typisch war, vgl. dazu Katz (1964: 89-90, 137). 271

Im Bereich Eisen- und Stahlwaren kam es schnell zu einer Rivalität deutscher und US-amerikanischer Interessen, wie Schiff (1967: 284) beschreibt: „Soon the Americans gained trade superiority over the

78

1871 wurden 24% der mexikanischen Importe aus Deutschland bezogen, es lag damit auf dem zweiten Platz (Katz 1964: 126-127). Bis 1892/93 ging dieser Anteil sehr stark zurück, im genannten Jahr betrug er nur noch 6,6%. Bereits im folgenden Jahr wuchs Deutschlands Anteil an den mexikanischen Importen wieder an und erreichte 1910/11 12,4%. In diesem Jahr war Deutschland hinter den USA wieder das zweitwichtigste Importland für Mexiko. Neben Schmuckwaren, Spielwaren, Glaswaren und Musikinstrumenten, die zu 50% aus Deutschland kamen, setzte sich die Einfuhr aus Eisenerzeugnissen, Maschinen, Produkten der chemischen Industrie und Medikamenten, Zement und Koks zusammen. Allerdings war die deutsche Ausfuhr nach Mexiko stark zersplittert, keine der Warengruppen umfaßte mehr als fünfzehn Prozent der Gesamtausfuhr (Katz 1964: 127-128, 138). Die deutschen Exporte nach Mexiko machten 1910 nur ein Prozent der Gesamtausfuhr aus, Mexiko belegte damit Platz zwanzig unter den Ländern, in die Deutschland exportierte. Der Wert der Waren, die Mexiko an Deutschland lieferte, betrug 1910/11 nur ein Drittel des Wertes der aus Deutschland dorthin exportierten Waren. Die Ausfuhr nach Deutschland machte im gleichen Jahr nur etwa drei Prozent der Gesamtausfuhr Mexikos aus. Seit den 1890er Jahren waren die mexikanischen Hauptexportprodukte Silber und Blauholz durch Bleierze und später auch durch Kaffee, Tabak und Gummi ersetzt worden (Katz 1964: 137, 138).272 Mexiko hatte 1881 alle bestehenden Handelsverträge gekündigt. Während die langwierigen Verhandlungen mit den USA über einen Reziprozitätsvertrag scheiterten, konnte Deutschland 1882 einen neuen Handels- und Schiffahrtsvertrag mit Mexiko abschließen. Am 2. Juli 1883 trat er in Kraft (Katz 1964: 116-126) 273 Ein neuer Bereich in den Beziehungen zwischen Mexiko und Deutschland war der Finanzsektor. Die Dresdner Bank übernahm 1890 eine Anleihe für den Bau der Tehuantepec-Eisenbahn und sicherte damit dem deutschen Unternehmen Krupp einen Absatzmarkt für Schienen. Der Transport chinesischer Arbeiter zum Isthmus wurde von der deutschen Jebsenlinie übernommen (Katz 1964: 104,148). 274 Bereits 1888 wurde die sogenannte „Ära Bleichröder" eingeleitet: Ein Syndikat unter der Führung des Berliner Bankhauses Bleichröder gewährte unter Beteiligung des britischen Hauses Anthony Gibbs & Sons der mexikanischen Regierung eine Anleihe Germans in most lines, especially in cotton, iron and steel goods. Nevertheless, the Germans managed to hold their own tenaciously in such lines as the sale of machinery, fine Solingen steelware, and jewelry from southern Germany." 272

Katz schätzt, daß ein Großteil (50-60%) dieser Produkte (vor allem Kaffee, aber auch Gummi und Tabak) aus der Produktion von in Mexiko ansässigen deutschen Plantagenbesitzera stammte. Tabak wurde vor allem von spanischen, Gummi von US-amerikanischen Unternehmen produziert (Katz 1964: 138-139). 273

Im Vertrag war auch ein Artikel über den Verzicht auf das Reklamationsrecht bei Schäden durch Aufstände oder „wilde Indianerstämme" enthalten, der als Präzedenzfall für einen entsprechenden Artikel im Vertrag mit den USA dienen sollte (Katz 1964: 121-122, 123). 274

In der Geschichte des Baus der Tehuantepec-Bahn blieb dieses Engagement eine kurze Episode: Die 1894 fertiggestellte Bahnverbindung mußte bereits wenige Jahre später erneuert werden. Die chinesischen Vertragsarbeiter litten in Mexiko mehrheitlich an Beri Beri und waren, falls sie Krankheit und schlechte Nahrung überlebten, kaum arbeitsfähig (Katz 1964: 104-105). Zu den finanziellen Aspekten der Anleihe vgl. Meleghy (1983: 187-188). 1904 beteiligte sich die Dresdner Bank erneut an einer Anleihe der Tehuantepec-Bahn (Meleghy 1983: 187-188; Baecker 1971: 74-75).

79 275

über 10,5 Millionen Pfund Sterling. Eine Vertragsklausel verpflichtete die mexikanische Regierung, Bleichröder ein Optionsrecht auf jede weitere Anleihe zu gewähren, die sie ausschreiben würde. Trotzdem bemühte sie sich 1889 um eine Anleihe in Frankreich, mußte aber 1890 doch wieder auf Bleichröder und Anthony Gibbs & Sons für ein Darlehen über sechs Millionen Pfund Sterling zurückgreifen (Katz 1964: 100-101). 1893 trat die mexikanische Regierung während einer Finanzkrise erneut an Bleichröder heran, zu einem Zeitpunkt, als niemand an der Gewährung eines Darlehens interessiert war und auch dieses Bankhaus vor allem seine bisherigen Investitionen sichern wollte (Katz 1964: 105).276 1899 war Bleichröder zusammen mit dem New Yorker Bankhaus J. P. Morgan and Co., der Deutschen Bank und der Dresdner Bank an einer Anleihe über 22,7 Millionen Pfund Sterling beteiligt, wurde aber 1904 durch seine US-amerikanischen und deutschen Konkurrenten aus dem Geschäft mit mexikanischen Anleihen verdrängt. Die von der mexikanischen Regierung in diesem Jahr ausgeschriebene Anleihe ging nicht an Bleichröder und seine jetzt französischen Partner, sondern an das US-amerikanische Bankhaus Speyer und die Deutsche Bank (Katz 1964: 105-106).277 Katz (1964: 108) kennzeichnet die Zeitspanne von 1899 bis 1906 als „Periode der deutsch-amerikanischen Zusammenarbeit", in der deutsche Finanzgruppen unter Anerkennung der US-amerikanischen Vorherrschaft mit diesen kooperierten. Vor allem die Deutsche Bank trat in dieser Zeit hervor und beteiligte sich 1899 zusammen mit Bleichröder und Morgan am neugegründeten Banco Central Mexicano, aus dem sie sich aber schon ein Jahr später zurückzog.278 Eine ebenfalls neue Filiale ihrer Tochter, die Deutsche Überseeische Bank, wurde 1902 gegründet, allerdings nur mit sehr geringem Kapital ausgestattet.279 Mit dem US-amerikanischen Bankhaus Speyer gründete die Deutsche Bank, in der Rolle eines Juniorpartners, den Banco de Comercio e Industria, dessen leitende Angestellte US-Amerikaner waren (Katz 1964: 109-110, 114).280 1907 eröffnete die Deutsch-Südamerikanische Bank 281 eine Filiale in Mexiko. Diese Bank arbeitete laut Katz (1964: 112-113) nicht mit US-amerikanischen Unternehmen in

275

Zur Geschichte der mexikanischen Auslandsschuld bis etwa 1920 vgl. Marichal (1995).

276

Diese bestanden unter anderem aus einer Beteiligung an der US-amerikanischen Mexican Petroleum Company. 277

Zu den Einzelheiten über die Anleihen vgl. Meleghy (1983: 180-187) und Schaefer (1995: 423-430).

271

Nach Schäfer (1995: 431) erst 1902.

279

1906 wurde sie aufgelöst und in den Banco de Comercio e Industria überführt (Schaefer 1995:431).

280

Meleghy weist daraufhin, daß die Deutsche Bank in Europa und den USA bereits seit 1895 eng mit dem Haus Speyer zusammenarbeitete (1983: 186-187). 1906 stand der Banco de Comercio e Industria unter der Leitung folgender Personen: James Walker, Albert Fricke, Pablo Macedo, Rodolfo Stoecker, J. B. Body, Guillermo de Landa y Escandón, Franz Böker, Ernesto Otto, Oscar J. Braniff, M. J. Ribon, E. N. Brown und Hugo Scherer Jr. Als Directores residentes en el extranjero wurden genannt: Albert Ballin (Hamburg), E. Heinemann (Berlin), H. Clay Pierce (New York), James Speyer (New York), Jacob Langeloth (New York) und Georg Zwilgmeyer (Directorio General de la Ciudad de México [19091910]; Werbeanzeige ohne Seitenzählung). 2,1

Sie war 1906 von der Dresdner Bank (46%), dem SchaafThausenschen Bankverein (34%) und der Nationalbank für Deutschland (20%) gegründet worden (Baecker 1971: 75).

80

Mexiko zusammen, 282 trat stattdessen mit der britischen Pearson-Gruppe in geschäftliche Beziehungen und nahm mit der Familie Madero Kontakt auf. Sie machte im ersten Jahr bereits 12% Gewinn. 1910 bestanden von Seiten dieser Bank, die von der deutschen Diplomatie stark unterstützt wurde, Pläne für die Gründung einer deutschen Bohrgesellschaft und zur Ausbeutung von Erzvorkommen, die aber wegen der Mexikanischen Revolution nicht verwirklicht werden konnten (Katz 1964: 112-113). Von 1910 bis 1913 arbeitete eine Filiale dieser Bank erfolgreich in Torreön, wo sie hauptsächlich mit Baumwollgeschäften zu tun hatte (Baecker 1971: 75). Der deutsche Gesandte von Wangenheim schätzte die deutschen Direktinvestitionen (ohne das in Wertpapieren angelegte Geld) 1905 auf 202 Millionen Mark, die wie folgt verteilt waren (nach Katz 1964: 110-111): 115 Mill. Mark in 60 Großhandelshäusern, 21 Mill. Mark in Grundbesitz, 17 Mill. Mark in Industrieunternehmungen, 21 Mill. Mark in Minen, 28 Mill. Mark in sonstigen Unternehmen.

Grundbesitz besaßen deutsche Unternehmer unter anderem in Soconusco, wo sie ab den 1890er Jahren Kaffeeplantagen betrieben (Wilke 1905: 95-96). Industrieunternehmungen waren zum Beispiel Brauereien und Glasfabriken (Katz 1964: 107; Wilke 1905: 66-67). 283 Die deutschen Investitionen im Bergbau waren zwar im Vergleich zum Handel sehr gering (man vergleiche auch das Verhältnis der US-amerikanischen Investitionen in Mexiko), allerdings nach von Wangenheims Schätzung immer noch höher als die in der Industrie. 284 Trotz der von Katz (1964: 111-114) beschriebenen großangelegten Pläne fiir weitere Investitionen von Seiten deutscher Banken und Industrieunternehmen, die vor allem ab dem Jahr 1907 entwickelt worden waren, erhöhten sich die Direktinvestitionen zwischen 1905 und 1911 nicht. Nach der Schätzung Bruchhausens betrugen sie im letzgenannten Jahr etwa 75 Millionen Pesos (150 Millionen Mark) und setzten sich folgendermaßen zusammen (nach Baecker 1971: 68):

1. „Deutsche Geschäftshäuser - Warenbestände und Anlagen" (108 Geschäftshäuser, in denen Summen zwischen 10.000 und 4.000.000 Pesos angelegt waren); zusammen 41.675.000 Pesos. 2. „Industrie- und bergbauliche Unternehmungen" (20 Unternehmen, in denen 10.000 bis 4.000.000 Pesos angelegt waren); zusammen 10.470.000 Pesos.

282

Diese Darstellung zieht Baecker (1971: 75) in Zweifel.

283

Tischendorf berichtet von deutschen Erfolgen bei der Produktion von Gummi in Nordmexiko (1961: 109), vgl. auch Schiff (1967: 290-291) und von Mentz (1988b: 53-59) zu deutschen Industriebeteiligungen in Mexiko. Es handelt sich hierbei zum großen Teil um Unternehmungen von ansässigen Deutschen, zum Teil von Handelshäusern. 284

Im behandelten Zeitraum wird als deutsche Beteiligung am Bergbau fast nur auf die an der Compañía Minera de Peñoles beteiligte Metallgesellschaft verwiesen (vgl. zum Beispiel Wilke 1905: 84).

81 3. „Landwirtschaftliche Unternehmungen" unterschiedlicher Größe; zusammen 13.000.000 Pesos.285 4. Banken und deutsche Bankbeteiligungen (insgesamt 5 Institute); zusammen 10.000.000 Pesos.

Anders als zum Beispiel in Chile konnte die deutsche Rüstungsindustrie in Mexiko keine großen Erfolge erzielen. Die mexikanische Regierung bezog Kriegsschiffe, Waffen und Munition vorwiegend aus Frankreich. Zu einer von Deutschland 1899 ins Auge gefaßten Entsendung von Militärinstrukteuren kam es nicht, ebensowenig zur Errichtung einer Kohlestation für die Marine. Neue Überlegungen zur Entsendung von Mili-tärinstrukteuren gab es 1906, nachdem die mexikanische Regierung im Zusammenhang mit der geplanten Einfuhrung einer allgemeinen Wehrpflicht mit diesem Thema an den deutschen Gesandten von Wangenheim herangetreten war. Dieser befürwortete die Maßnahme anfangs, riet aber dann doch wegen des zu erwartenden offenen Konfliktes mit den USA davon ab. Nach weiteren Diskussionen erübrigte sich die Entsendung der Instrukteure, als die mexikanische Regierung das Heeresreformprojekt fallenließ (Katz 1964: 130-137, 153-154, 158-159; Schiff 1959). In der Elektroindustrie konnten die deutschen Firmen Siemens und AEG (Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft) mehr Erfolg bei der Akquirierung von mexikanischen Regierungsaufträgen verzeichnen. 1896 erhielt die Firma Siemens & Halske, die seit 1894 ein Büro in Mexiko-Stadt unterhielt, den Auftrag, ein Wasserkraftwerk zur Stromversorgung von Mexiko-Stadt und anderen Orten zu errichten. Im gleichen Jahr sollte die Firma im Auftrag der Stadtverwaltung damit beginnen, die Hauptstadt mit elektrischer Straßenbeleuchtung ausstatten. Zusammen mit der Dresdner Bank gründete Siemens & Halske 1897 zu diesem Zweck die Compañía Mexicana de Electricidad, S. A.,286 die allerdings 1903 an die kanadische Mexican Light & Power Co. verkauft wurde. Deutsche Firmen traten danach in der Elektroindustrie vor allem als Lieferanten von Turbinen, Transformatoren und ähnlichen Geräten auf, bis sie ab Ende der 1920er Jahre auch hier durch US-amerikanische und britische Firmen verdrängt wurden (Galarza 1941: 75-76; Mentz 1988b: 31-33; Schiff 1967: 290).

2.2.3 Die Beziehungen während der Mexikanischen Revolution

Während der Jahre 1910 bis 1920 erhielten die Beziehungen zwischen Mexiko und Deutschland eine politische Dimension, die von Deutschlands Parteinahme in der Decena trägica sowie vom Ersten Weltkrieg und den zunehmenden Spannungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten geprägt war. Die Revolution Maderos begriff man in Deutschland zunächst als eine Reformierung des porfiristischen Systems 2,5

Nach dem bei Nicolau d'Olwer (1965: 1114) genannten Schätzwert betrugen sie nur 6 Millionen Pesos und machten 3,1% der ausländischen Investitionen in Grundbesitz aus (USA 42%, Großbritannien 46,4%). 286

Die Gesellschaft wurde als britische Aktiengesellschaft mit Sitz in London gegründet, die Dresdner Bank übernahm 75% des Aktienkapitals (Jacob-Wendler 1981: 180-181) Zu Siemens & Halske in Mexiko vgl. auch Katz (1964: 130); Industrie- und Handelskammer (1989: 106); Jacob-Wendler (1982: 179).

82 unter einer n e u e n Führung (Katz 1981: 7 2 - 7 4 ) . 2 8 7 Vertreten wurde das D e u t s c h e R e i c h durch den renommierten Fernostexperten Konteradmiral Paul v o n Hintze. 2 8 8 Seine Instruktionen definierten D e u t s c h l a n d s Interessen in M e x i k o a l s rein ö k o n o m i s c h , s o daß er sich zunächst in politischen Fragen zurückhaltend verhielt. D i e a n f a n g s positive Haltung Deutschlands g e g e n ü b e r d e m neuen R e g i m e wurde allerdings durch e i n e n Vorfall aus d e m Jahr 1911 stark beeinträchtigt. Während der militärischen Auseinandersetzung maderistischer und föderaler Truppen in der Stadt Puebla (Puebla) wurden in der N a c h t v o m 12. auf den 13. Juli a u c h vier D e u t s c h e - drei Männer und e i n e Frau - v o n Anhängern Maderos getötet. D e r Vorfall ereignete s i c h in der Textilfabrik C o v a d o n g a , deren spanischer Manager einen Überfall der Maderisten befurchtet und das Feuer eröffnet hatte. D i e A n g e s t e l l t e n der Fabrik, in der die D e u t s c h e n als Monteure beschäftigt waren, wurden v o n d e n Revolutionären und den s i c h der Auseinandersetzung anschließenden A n w o h n e r n und Arbeitern überwältigt. D i e deutsche Regierung verfolgte durch v o n H i n t z e eine u n g e w ö h n l i c h a g g r e s s i v e und erfolgreiche Entschädigungspolitik, 2 8 9 die, w i e La France ( 1 9 8 6 ) feststellt, M a d e r o s Position innenund außenpolitisch nicht unerheblich schwächte. 2 9 0 Enttäuscht v o n d e m V o r g e h e n und der m a n g e l n d e n Durchsetzungskraft der mexikanischen Regierung g e g e n ü b e r d e n lokalen B e h ö r d e n in der C o v a d o n g a - A f f a r e , hielt auch v o n Hintze d e n Präsidenten für unfähig, M e x i k o z u regieren und unterstützte deshalb die Attacken d e s U S - a m e r i k a n i s c h e n Botschafters H. L. W i l s o n g e g e n die Regierung

287

Katz weist daraufhin, daß die positive Haltung Deutschlands Madero gegenüber möglicherweise mit der engen Zusammenarbeit zwischen der Familie Madero und der Deutsch-Südamerikanischen Bank zusammenhing. Leider sind über diese Zusammenarbeit bisher kaum Einzelheiten bekannt (Katz 1964: 113, 193-194, 204-205; 1981: 74, 85-86) und Baecker (1971: 74-75). Sie wären sicherlich von großem Interesse, da die Familie Madero nicht nur den ersten revolutionären Präsidenten, sondern mit dessen Onkel Ernesto Madero auch den Finanzminister stellte. Laut Katz verlagerte die Bank ihre Interessen ab 1913 nach Argentinien (Katz 1981: 86). Der britische Bankier William Bain Mitchell sagte allerdings am 1.11.1919 vor dem Untersuchungsausschuß des US-amerikanischen Senators Fall aus, die Deutsch-Südamerikanische Bank sei zur Regierungszeit Carranzas (1917-1920) bei diversen Geschäften vom mexikanischen Finanzministerium bevorzugt behandelt worden (Investigation of Mexican Affairs 1919: 691). Die 1913 geschlossene Filiale in Torreón (Coahuila) wurde 1920 wieder eröffnet (Rinke 1996: 72). 288

Zu seiner politischen Biographie vgl. Hürter (1998: 1-120).

289

Bereits 1912 wurden von der mexikanischen Regierung 400.000 Reichsmark Schadensersatz direkt und ohne Bildung einer claims commission gezahlt. Die Bestrafung der Schuldigen, von der deutschen Kolonie und auf ihre Agitation hin auch von der Presse in Deutschland sowie von der Regierung massiv gefordert, entwickelte sich aber wegen der unterschiedlichen Interessen von staatlicher und bundesstaatlicher Seite zu einer langwierigen Affäre. Schließlich wurden im März und im September 1913 insgesamt sieben Personen hingerichtet, wobei unklar ist, ob es sich um die Täter handelte. 290

Zur Covadonga-Affäre und vor allem zur Agitation gegen von Hintze durch Sanitätsrat Dr. Pagenstecher vgl. Katz (1981: 207-212). Unmittelbar nach dem Vorfall von Covadonga bat der Besitzer der Fabrik von Río Blanco (Orizaba, Veracruz) telegraphisch um den Schutz des Deutschen Reiches für 26 deutsche Familien. Die mexikanische Regierung informierte den deutschen Gesandten von Hintze mehrmals über die diesbezüglich getroffenen Maßnahmen (AHSRE 16-4-124). Bereits im Mai hatte der deutsche Gesandte sich wegen des Schutzes deutscher Bürger und Interessen in Uruapan (Michoacán), Mapimi (Durango) und Torreón (Coahuila) an das mexikanische Außenministerium gewandt (AHSRE 16-4-142). Ebenfalls im Mai 1911 wandte sich der US-amerikanische Botschafter Henry Lane Wilson mit der Bitte um Schutz US-amerikanischer und deutscher Bürger und Interessen in Cuemavaca (Morelos) an die SRE (AHSRE 16-4-147). Auch in späteren Jahren gab es gelegentlich Bitten um die Protektion von Deutschen in verschiedenen Landesteilen (AHSRE 12-9-42; AHSRE 16-18-32; AHSRE 16-11-118; AHSRE 16-13-235; AHSRE 16-20-108).

83

Madero. Im Oktober 1912 wurde das deutsche Kriegsschiff Viktoria Luise nach Mexiko entsandt. Anders als der US-amerikanische Botschafter und der britische Gesandte rief Hintze seine Landsleute aber noch nicht zum Verlassen Mexikos auf, und wie auch sein britischer Kollege Stronge stand er H. L. Wilsons Ansinnen, für die Entsendung europäischer Truppen nach Mexiko zu sorgen, ablehnend gegenüber (Katz 1964: 212-214; 1981: 89-90). Nachdem im Oktober 1912 ein Putsch gegen die Regierung Madero von Félix Diaz, den der deutsche Gesandte fur unfähig und theatralisch hielt, gescheitert war, setzte von Hintze seine Hoffnungen auf General Huerta als den künftigen starken Mann (Katz 1964: 214; 1981: 90-91). In der Decena trâgica, die mit dem Putsch der Verschwörer Félix Diaz und Bernardo Reyes am 9. November 1913 begann und mit der Machtübernahme Huertas endete, unterstützte von Hintze den US-amerikanischen Botschafter H. L. Wilson zwar in dessen Bemühen, Madero aus der Regierung zu entfernen, nicht aber in der Absicht, den USA-freundlichen Diaz zum künftigen Präsidenten Mexikos zu machen (Katz 1964: 219-226; 1981: 98-109; Baecker 1971: 121-125). Obwohl mit Huerta der Wunschkandidat von Hintzes und Kaiser Wilhelms an die Macht kam, wurde seine Regierung erst im Mai 1914 von Deutschland anerkannt, nachdem auch Großbritannien, Spanien und Frankreich sich zu diesem Schritt entschlossen hatten (Baecker 1971: 127-128; Katz 1981: 211-213). Unterstützung erhielt seine Regierung allerdings schon vorher durch deutsche Banken, die sich 1913 an einer mexikanischen Auslandssanleihe beteiligten,291 und von deutschen Waffenproduzenten, die aber ebenso Geschäfte mit den Konstitutionalisten Carranzas machten (Katz 1981: 207-208) 292 Während einer mehrmonatigen krankheitsbedingten Abwesenheit von Hintzes zu Beginn der Regierungszeit Huertas wurde er bis September 1913 von Geschäftsträger Rudolf von Kardorff vertreten, der offener als von Hintze antiamerikanisch auftrat (Katz 1981: 211-217). Von Hintze setzte auf Anweisung der deutschen Regierung nach seiner Rückkehr alles daran, die während seiner Abwesenheit entstandenen Spannungen mit den USA zu beseitigen. Ein Konflikt sollte auf jeden Fall vermieden werden. Nach der Auflösung des mexikanischen Kongresses durch Huerta im Oktober 1913 legten die USA dem Deutschen Reich nahe, ihm die Anerkennung zu entziehen. Diesem Ansinnen wurde jedoch nicht entsprochen. Gleichzeitig ließ sich von Hintze durch die Regierung Huerta inoffiziell verpflichten, zwischen ihr und den USA zu vermitteln. Seine Bemühungen hatten zum Ziel, mit Einverständnis der Vereinigten Staaten nicht die mexikanische Regierung, wohl aber Huerta als Person durch einen anderen Politiker zu ersetzen. Er dachte dabei an Huertas Schwager, den deutschstämmigen General Maas. Da Huerta zum Rücktritt nicht bereit war, blieben von Hintzes Bemühungen, die vom Auswärtigen Amt und vom Kaiser gebilligt worden waren, ergebnislos (Katz 1981: 219, 223-224, 225, 229; Baecker 1971: 149-162). Im Oktober 1913 hatte von Hintze um die Entsendung von Kriegsschiffen an die mexikanische Ostküste gebeten, um die deutschen Kolonie zu beruhigen. Für den Fall, daß 291

Beteiligt waren die Deutsche Bank, Bleichröder und die Dresdner Bank, die zusammen 19% des Darlehens stellten, neben französischen (etwa 45%), US-amerikanischen, britischen und mexikanischen Finanzhäusern (Katz 1981:203; detaillierter bei Baecker 1971: 76-78).

292

Laut Baecker (1971: 86-87) kamen nicht alle der bei Katz erwähnten Waffengeschäfte zur Ausfuhrung.

84

die europäischen Staaten sich nicht auf ein gemeinsames Handeln einigen könnten, schlug er vor, den Schutz der Deutschen und ihrer Interessen den US-amerikanischen Kriegsschiffen anzutragen. Letzteres wurde von deutscher Seite rundweg abgelehnt, stattdessen entsandte die kaiserliche Regierung ohne Absprache mit den übrigen europäischen Mächten und ohne die Vereinigten Staaten zu informieren die Kriegsschiffe Hertha und Bremen an die Golfküste, sowie - etwas später und dann doch unter Information der USA - die Nürnberg an die Westküste Mexikos. Obwohl die US-amerikanische Presse dies empört zur Kenntnis nahm, reagierte die US-amerikanische Diplomatie nicht auf diese potentielle Provokation gegen die Monroe-Doktrin (Katz 1981: 227228,213; Baecker 1971: 139). Die sogenannte „Ypiranga-Affare", in der Historiographie vielbeachtet, 293 macht deutlich, daß es 1914 kaum Konfliktpotential zwischen Mexiko und Deutschland, wohl aber zwischen Deutschland und den USA gab. Die Ypiranga, ein Schiff der Hamburger Reederei HAPAG, machte im Frühjahr 1914 ihre 26. Reise nach Mexiko. An Bord hatte sie Waffen für die Armeen Huertas, der sich im Kampf mit den Konstitutionalisten befand. Die Waffen stammten zumindest zum Teil aus den USA 294 und waren dort wahrscheinlich durch einen Beauftragten Huertas gekauft worden. Um das Waffenembargo der Vereinigten Staaten zu umgehen, verschiffte man sie zunächst nach Odessa und von dort nach Hamburg, wo sie auf die Ypiranga gelangten. Obwohl die erwartete Ankunft der Waffen in ihrem damals von Huerta kontrollierten Zielhafen Veracruz ein Grund für die Besetzung dieses Hafens durch die US-amerikanischen Truppen am 21. April 1914 gewesen war, konnte man sie - da kein Kriegszustand zwischen Mexiko und den USA bestand - nicht legal beschlagnahmen. Die Ypiranga nahm in Veracruz einige ausländische Flüchtlinge an Bord und brachte die Waffen nach dem Anlaufen von Tampico 295 und einigen US-amerikanischen Häfen in den unter Huertas Kontrolle stehenden Hafen Puerto México (Coatzacoalcos, Veracruz). Dort wurden sie schließlich am 28. Mai entladen (M. C. Meyer 1970).296 Wie M. C. Meyer und Baecker

293

Vgl. dazu auch die einige sachliche Fehler konigierenden Ausführungen von Baecker (1971: 174-187 und 1973). 254

Ein großer Teil stammte nach der Darstellung von Katz (1981: 234; 1964: 302-303) aber aus Frankreich. 2,5

Aus Tampico evakuierte die Ypiranga US-amerikanische Bürger nach New Orleans (M. C. Meyer 1970: 553-554). Von Hintze hatte den deutschen Männern in Mexiko bereits am 20.4.1914 durch eine Weisung an alle deutschen Konsulate geraten, ihre Frauen und Kinder außer Landes oder in sichere Häfen zur Ausschiffung zu bringen und, falls sie selbst keine oder nur geringe Interessen in Mexiko hätten, das Land ebenfalls zu verlassen. Hierzu empfahl er die Ypiranga (Veracruz), Dania (Tampico) und Constancia (Puerto México). Carl Heynen war der von der deutschen Kolonie bevollmächtigte Ausschußvorsitzende für Flüchtlinge (Der Wanderer. Bd. 5, Nr. 24, 23.4.1914: 3). Vgl. Kapitel 4.3.1 zur Situation der deutschen Kolonie in dieser Zeit. Die Möglichkeit zur Ausreise und die angebotenen Gesandtschaftskredite zu diesem Zweck dürften nur wenig genutzt worden sein. Von Hintze selbst machte keine zahlenmäßigen Angaben über deutsche Flüchtlinge, kaufte aber einen Schlafwagen zur Unterbringung der Frauen und Kinder an (von Hintze an AA, 16./24.4.1914; abgedruckt bei Hürter 1998:351-355). 296

Zu diesem Zweck war das Schiff von der Reichsmarine, die durch das Kriegsschiff Dresden an der mexikanischen Ostküste vertreten war, requiriert worden. Von Hintze entließ die Ypiranga am 17.5. aus dem Reichsdienst, ließ dieses aber geheimhalten. Die Reichsfahne wurde erst am 25.5., kurz vor der Ankunft des Schiffes in Puerto México, eingeholt. Durch dieses Manöver erreichte von Hintze, daß die USamerikanische Marine nicht mit einem Entladen der Waffen rechnete, da die deutsche Regierung in diesem Fall direkt in den Waffenhandel involviert gewesen wäre. Von Hintze handelte hier zugunsten

85

(1971: 174-187, 1973) nachweisen, waren weder die US-amerikanische noch die deutsche Regierung über die Angelegenheit besonders gut unterrichtet, noch nahmen sie Anteil am weiteren Verlauf der Transaktion nachdem die Ypiranga Veracruz mit den Waffen wieder verlassen hatte. Offensichtlich wollte auch die US-amerikanische Regierung einen offenen Konflikt mit Deutschland zu dem Zeitpunkt noch vermeiden (M. C. Meyer 1970: 555-556). Die Waffenlieferungen konnten Huerta nicht an der Macht halten. Nicht nur der USamerikanische Präsident, auch von Hintze arbeitete auf seinen Rücktritt hin, der allerdings erst am 15. Juli erfolgte. Huertas Abreise ins Exil erfolgte am 17. Juli auf dem deutschen Kriegsschiff Dresden, ein Teil seiner Regierung und seiner Mitstreiter wurden auf britischen Schiffen befördert (Katz 1964: 313-314; 1981: 247-248). Nach Beginn des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914 blieb die deutsche Mexikopolitik auf ihre Auswirkungen auf das deutsch-US-amerikanische Verhältnis konzentriert. Hauptanliegen war es nun, die Vereinigten Staaten vom europäischen Kriegsschauplatz fernzuhalten; Unruhen in Mexiko sollten dieses bewirken. 29 Deutschland unterstützte ab März 1915 den Versuch einiger in den USA lebender Huerta-Anhänger, unter ihnen auch Enrique Creel, den in Barcelona lebenden General wieder an die Macht zu bringen. 298 Er wurde allerdings, ebenso wie sein Mitverschwörer Pascual Orozco, vor dem Grenzübertritt im Süden der USA gefangengenommen und vor Gericht gestellt (M. C. Meyer 1966). 2 " Nach dem Scheitern dieser Aktion richtete sich die Aufmerksamkeit der deutschen Regierung auf Pancho Villa, für den der deutschstämmige Felix A. Sommerfeld 300 als der Interessen der Waffenhändler, obwohl er eine Verlängerung der Regierung Huertas nicht mehr für opportun hielt. Das Auswärtige Amt kritisierte seine Handlungen (Katz 1981: 235; 1964: 303-306). 297

Da sich die USA dieser Taktik bewußt waren, wie ein Tagebucheintrag des Secretary of State Lansing vom 10.10.1915 belegt, konnte sie nur begrenzt erfolgreich sein (vgl. Katz 1962: 93; Haley 1970: 183184). 298

Die Unterstützung erfolgte durch Finanzmittel und den Einsatz von Geheimagenten. Kontaktiert wurde Huerta durch Franz von Rintelen, einen ehemaligen Repäsentanten der Deutschen Bank in Mexiko, der nun im Dienste des deutschen Generalstabs stand (Katz 1981: 329). Der deutsche Gesandte von Eckardt bat das mexikanische Außenministerium in einem Schreiben vom 25.9.1915, angesichts der herrschenden Zensur, Presseberichte über diese Angelegenheit nicht erscheinen zu lassen („poner término a la publicación de artículos de carácter tan ofensivo a los intereses alemanes"). Anlaß fiir das Schreiben war ein Bericht des Mexican Herald gewesen (AHSRE 16-15-215). 299

Orozco wurde später auf der Flucht erschossen, Huerta starb einige Monate später bei einer Operation im Militärhospital von Fort Bliss (M. C. Meyer 1966: 88).

300

Sommerfeld wurde 1879 in Posen geboren und brach 1896 ein Ingenieurs- und Bergbaustudium (Geologie und Mineralogie) in Berlin ab, um in die USA zu gehen. 1898 trat er dort in die Armee ein und kämpfte in Kuba, desertierte aber bald und kehrte mit gestohlenem Geld nach Deutschland zurück. 1899 bekämpfte er in einer deutschen Einheit den Boxeraufstand in China. Bald darauf kehrte er in die USA zurück, arbeitete als Ingenieur und spekulierte mit Minen, bis er 1902 nach Chihuahua übersiedelte. Neben seiner Tätigkeit im Bergbau - er war an einer Minengesellschaft in Cusihuiriáchic beteiligt - war er Mitarbeiter der Associated Press, für die er über Madero berichtete. Madero machte ihn zu seinem persönlichen Agenten in den USA, wo er von El Paso aus agierte. Die Decena trágica verbrachte Sommerfeld in der deutschen Gesandtschaft. Er erlangte sowohl das Vertrauen Carranzas wie auch Villas und sandte Berichte über den letzteren sowohl an deutsche als auch an US-amerikanische Stellen. Als Villas Agent in den USA erhielt er unter anderem die exklusive (und lukrative) Konzession auf die Einfuhr von Dynamit (Katz 1981: 334-336; M. C. Meyer 1979: 548-556).

86

Agent in den USA tätig war. Es ist zwar unwahrscheinlich, daß Villas Angriff auf die US-amerikanische Stadt Columbus auf deutscher Initiative beruhte, 301 sicher aber ist der Einsatz von deutschen Geheimagenten in Villas Umfeld und wahrscheinlich die Finanzierung von Waffenlieferungen an seine Armee.302 Mit der Entsendung von Pershings Truppen nach Mexiko war die deutsche Regierung zwar sehr zufrieden, sie gab aber deshalb ihre weiteren Bemühungen um einen noch größeren Konflikt zwischen Mexiko und den USA nicht auf. Bisher waren die deutschen Verschwörungen in den USA geplant worden, wo Marineattaché Karl Boy-Ed und Militârattaché Franz von Papen tätig waren. Die Gesandtschaft in Mexiko war seit von Hintzes Abreise als Botschafter nach China nur durch den Chargé d'affaires von Magnus besetzt. Dies änderte sich im März 1915, als der vorher in Kuba stationierte Gesandte Heinrich von Eckardt nach Mexiko kam (Katz 1981:329, 342-344). Am 10. November 1915 erkannte das Deutsche Reich die Regierung Carranza, die sich bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs für neutral erklärt hatte, de facto an.303 Die Presse in Mexiko berichtete positiv über Deutschland, und Carranza entsandte mit Arnoldo Krumm-Heller 1916 einen besonders germanophilen Militârattaché nach Berlin. Vorschläge der mexikanischen Regierung zu einer engeren Zusammenarbeit vor allem im militärischen Bereich wurden allerdings vom deutschen Außenminister Zimmermann kaum beachtet (Katz 1981: 344-3 50).304 Im Zuge der deutschen Pläne, einen uneingeschränkten U-Boot-Krieg zu beginnen, gewann Mexiko für Außenminister Zimmermann eine besondere Bedeutung. Offenbar ohne Absprache mit Reichskanzler von Bethmann Hollweg oder weiteren Teilen der Regierung und ohne Absprache mit dem deutschen Gesandten in Mexiko und dem Botschafter in Washington, entwarf er mit dem ehemaligen Mexiko-Experten im Auswärtigen Amt, von Kemnitz, einen Plan, der als sogenannte „Zimmermann-Depesche" bekannt werden sollte. Aus Zeitgründen übermittelte er die Vorschläge, die Präsident Carranza gemacht werden sollten, in Form eines verschlüsselten Telegramms, das mit schwedischer Hilfe an den deutschen Botschafter in Washington, von Bernsdorff, und von dort nach Mexiko zu von Eckardt weitergesandt wurde.305 Das Deutsche Reich bot Mexiko für den Fall des durch den U-Boot-Krieg provozierten Eintritts der USA in den

301

Vgl. dazu Kapitel 2.1.3.

302

Vgl. Katz (1962); Sandos (1970); M. C. Meyer (1979); Katz (1981: 336-337). Auch der mexikanische Konsul in Laredo (Texas) warnte am 10. Februar aufgrund von Informationen aus dem USamerikanischen Justizministerium vor Aktivitäten deutscher, teilweise wegen des drohenden Kriegseintritts der USA erst kürzlich nach Mexiko ausgewanderter Personen. Konsul Melquíades García warnte vor der Gefahr eines durch „intereses bastardos" ausgelösten Krieges zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten (AHSRE 17-9-282). 303

Katz begründet diese Entscheidung mit den Interessen deutscher Kaffeepflanzer in Chiapas, einer Region, die unter Carranzas Kontrolle stand. Von Magnus und von Eckardt äußerten sich ansonsten negativ über Carranza (Katz 1981: 344, 346-347; vgl. auch Spenser 1988a: 87; 1988b: 119). 304

Auch eine Staatsanleihe, die von Eckardt ab April 1917 hartnäckig zu vermitteln suchte, kam nicht zustande. Von deutscher Seite wurde keine auch nur annähernd von Eckardts Vorstellungen entsprechende Summe zur Verfügung gestellt, auch nicht nach der in die gleiche Richtung gehenden Agitation von Geheimagent Delmar (Katz 1981: 397-403). 305

Die Details dieser Übermittlung schlüsselt Katz (1981: 354-361) auf.

87

Krieg eine Allianz - gemeinsamer Krieg, gemeinsamer Friedensschluß - an. Dafür versprach es finanzielle Hilfe und erklärte sich damit einverstanden, daß Mexiko seine ehemaligen Gebiete Texas, New Mexico und Arizona zuückeroberte. 306 Mexiko sollte außerdem Japan, das auf Seiten der Alliierten stand, in diese Allianz miteinbeziehen und als Vermittler zwischen Deutschland und Japan auftreten (Katz 1981: 350-354). Dieses Telegramm vom 15. Januar 1917 wurde vom britischen Geheimdienst abgefangen und dechiffriert. Allerdings gab er seine Informationen erst sechs Wochen später an die USA weiter, die die Nachricht am 1. März veröffentlichten. Sie rief ein großes Presseecho hervor, obwohl zum Beispiel Hearst sie für eine Fälschung hielt. Zimmermann bestätigte den Inhalt der Depesche aber öffentlich am 3. März.307 Die mexikanische Regierung hatte zum ersten Mal am 20. Februar 1917 von Zimmermanns Vorschlägen gehört, als diese Außenminister Cändido Aguilar durch von Eckardt vorgetragen wurden. Aguilar, der sich ziemlich schnell davon überzeugt hatte, daß Japan nicht zu einem Seitenwechsel geneigt war, wies die deutschen Pläne zwar nicht völlig zurück, verhielt sich aber zurückhaltend. Dies lag augenscheinlich vor allem an der ablehenenden Haltung Carranzas. Zwei Tage vor der US-amerikanischen Veröffentlichung des Telegramms sprach der neue Botschafter der Vereinigten Staaten, Fletcher, mit Aguilar und Carranza über dessen Inhalt und forderte von der mexikanischen Regierung eine bedingungslose Ablehnung der deutschen Pläne. Sowohl der mexikanische Außenminister als auch der Präsident negierten, von diesem Telegramm und seinen Vorschlägen zu wissen. Diese Strategie behielten sie auch nach der Presseveröffentlichung bei. Erst am 14. April lehnte Carranza eine Allianz mit Deutschland in einem geheimen Gespräch mit von Eckardt ab. Das deutsche Ansinnen war in Mexiko vor allem wegen seiner praktischen Undurchführbarkeit auf Kritik gestoßen, war doch das Deutsche Reich nicht in der Lage, Mexiko im Falle eines Krieges mit den USA ausreichend mit Waffen und anderen Gütern zu versorgen. Auch war die im deutschen Plan vorgesehene (Rück-)einverleibung weiter Teile des US-amerikanischen Südwestens für den mexikanischen Staat wegen des hohen angloamerikanischen Bevölkerungsteils dort eine zweischneidige Angelegenheit. Zimmermann hatte allerdings vor allem auf einen mexikanischen Angriff auf die USA spekuliert und war, wie Katz darlegt, an einer Einhaltung von möglichen Versprechen an die mexikanische Regierung nicht interessiert (Katz 1981: 363-367, 352-353). 308 Im April 1917 traten die USA auf Seiten der Alliierten in den Krieg ein. Für Deutschlands Mexikoplitik bedeutete dies ein Ende der Versuche, Mexiko in einen Krieg mit den USA zu verwickeln. Man versuchte nun, Mexiko neutral zu halten. Gleichzeitig aber wurde das Land zum Zentrum der gegen die Vereinigten Staaten gerichteten deutschen Geheimdiensttätigkeit, und das zum Teil unkoordinierte Vorgehen der verschiedenen Behörden unterstellten Agenten gefährdete diese Politik mehrmals.309 306

Kalifornien wurde nicht erwähnt.

307

Die Reaktionen auf seine Initiative und ihr Scheitern beschreibt Katz (1981: 367-378).

30

" Im August 1917 machte Zimmermann Carranza erneut ein (inhaltlich sehr krudes) Allianzangebot, das von diesem ebenfalls abgelehnt wurde. Interessiert zeigte sich Carranza jedoch an deutscher Hilfe für die Nachkriegszeit (Katz 1981: 380). 309

In Sonora war der damalige Gouverneur und spätere mexikanische Präsident Calles im Sommer 1918 offenbar bereit, einen von Geheimagent Delmer (i. e. Anton Dilger, der in den USA geborene Sohn eines deutschen Einwanderers) geplanten Angriff auf das Territorium der Vereinigten Staaten zu unterstützen. Von Eckardt war gegen dieses Unternehmen, hat die Planungen aber nicht behindert. Realisiert wurde es

88 Allerdings wurden a u c h v i e l e deutsche Pläne v o n d e n G e h e i m d i e n s t e n der U S A und Großbritanniens durchkreuzt. 3 1 0 D i e v o n mexikanischer Seite besonders gefürchteten Sabotageakte in der Ölregion u m T a m p i c o konnten nicht durchgeführt w e r d e n und boten somit auch k e i n e n V o r w a n d für eine U S - a m e r i k a n i s c h e Intervention ( K a t z 1981: 3 9 5 - 3 9 7 , 4 1 1 - 4 1 6 , 4 2 3 - 4 4 1 ; L. M e y e r 1981: 8 7 - 9 1 ) . A l s erfolgreich gilt vor a l l e m die deutsche Propagandatätigkeit, die e i n e d e m D e u t s c h e n R e i c h w o h l g e s o n n e n e S t i m m u n g in der m e x i k a n i s c h e n B e v ö l k e r u n g hervorrufen sollte und

die

hierzu

Zeitungen 3 1 1

Kinovorftihrungen,

finanzierte.

Vorträge

und

in

erheblichem

Maße

auch

N e b e n den entsprechenden Stellen d e s A u s w ä r t i g e n A m t e s

waren in diese Tätigkeit unter anderem auch Kulturinstitute s o w i e die Transozean G m b H , eine V e r e i n i g u n g großer deutscher Firmen, B a n k e n und

Handelskammern,

involviert (Katz 1981: 4 4 1 - 4 5 9 ) . 3 1 2 Der Betrieb einer mit Unterstützung der m e x i k a n i s c h e n R e g i e r u n g errichteten Funkstation auf d e m Cerro de la Estrella in Iztapalapa ( D . F.) b l i e b den V e r e i n i g t e n Staaten, e n t g e g e n der A n n a h m e v o n Eckardts, nicht verborgen. M i t dieser A n l a g e konnten die deutsche Gesandtschaft und die G e h e i m a g e n t e n mit N a c h r i c h t e n aus D e u t s c h l a n d (über N a u e n in Brandenburg) versorgt werden, aber selbst keine T e l e g r a m m e senden. 3 1 3 D i e v o n Technikern der Firma T e l e f u n k e n gebaute Station g i n g i m April 1 9 1 7 in Betrieb. N a c h Katz sorgte ihr Direktor, Verkehrsminister Mario M é n d e z , für eine sofortige Zustellung der e i n g e h e n d e n N a c h r i c h t e n an die deutsche Gesandtschaft. 3 1 4 A b Juli 1918

nicht, da auch das Auswärtige Amt, das von der politischen Sektion des Generalstabs konsultiert worden war, es zu diesem Zeitpunkt als unzweckmäßig ablehnte (Katz 1981:412,431-432). Der ehemalige deutsche Gesandte in Mexiko, Paul von Hintze, war hier inzwischen Staatssekretär. 3,0

Ein Beispiel, das auch Katz (1981: 438) erwähnt, ist die „Witzke-Affare". Wesentlich detaillierter wird sie bei C. Harris/Sadler (1990) beschrieben. Der deutsche Agent Lothar Witzke sollte mit zwei Helfern Unruhen an der US-amerikanischen Grenze hervorrufen. Einer seiner Mitarbeiter (Dr. Paul Bernardo Altendorf) war Doppelagent filr den US-amerikanischen Geheimdienst, der andere (William Gleaves) filr den britischen. Während es bei Katz heißt, Witzke hätte nach seiner Festnahme alle seine Kenntnisse über den deutschen Geheimdienst verraten, stellen C. Harris/Sadler (1990: 124) das Gegenteil fest. Nach Altendorfs Aussage hatte Calles Witzkes Pläne wohlwollend unterstützt (Harris/Sadler 1990: 120). Wichtigstes Beispiel ist die in Mexiko-Stadt publizierte Tageszeitung El Demócrata, aber auch andere Blätter in größeren Städten der Bundesstaaten erhielten Geld und Papier von deutscher Seite (Katz 1981: 446, 448). In Mexiko-Stadt erschien von 1914 bis 1918 das Boletín de la guerra por la verdad, initiiert von einem „grupo de jóvenes, estudiantes en su mayoría" (Boletín de la guerra por la verdad 5.4.1914) in der Cía. Editorial Cosmos unter der Direktion von M. León Ortega. Anfänglich wurde Oscar Richter als administrador namentlich aufgeführt, später verschwand diese Angabe. Das Boletín berichtete täglich auf ein bis zwei Seiten in spanischer Sprache über die Kriegsereignisse. Zunächst gratis verteilt, konnte das Blatt bald verkauft werden und nahm schließlich auch Werbeanzeigen auf. In Mérida (Yucatán) erschien unterdessen ebenfalls ein Boletín de la Guerra. 312

Die deutsche Schule in Mexiko-Stadt spielte in diesem Rahmen ebenfalls eine wichtige Rolle. Vgl. dazu Kapitel 4.3.1 dieser Arbeit. 313

In Chapultepec (D. F.) existierte bereits eine vor dem Krieg errichtete Empfangsanlage, die aus technischen und Sicherheitsgründen aber nicht erweitert wurde. Beide Anlagen unterstanden der mexikanischen Regierung. 314

Seit September 1917 waren andere Wege der telegraphischen Nachrichtenübermittlung ohne Kontrolle der Alliierten nicht mehr möglich (Katz 1981: 416-417).

89

begann man offenbar, Nachrichten von Chapultepec aus nach Nauen zu senden, dort konnten sie allerdings nicht empfangen werden (Katz 1981: 416-422, 429).315 Carranza setzte weiterhin auf Deutschland als Gegengewicht zu den USA, wobei seine Erwartungen sich auf eine wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Nachkriegszeit richteten. 16 Insbesondere erhoffte er sich Unterstützung bei der Industrialisierung Mexikos. Von Eckardt wurde allerdings gleich nach Kriegsende auf Drängen der USamerikanischen Regierung aus Mexiko abberufen (Katz 1981: 520, 540). Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Mexiko und Deutschland verliefen bis 1913 positiv, wurden aber dann durch die Seeblockade im Ersten Weltkrieg fast völlig unterbrochen (vgl. Tabelle 6). 1912/13 stand Deutschland für Mexiko als Handelspartner bei der Ein- und Ausfuhr an dritter Stelle, hinter den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Mexiko exportierte weiterhin vor allem land- und forstwirtschaftliche Produkte, unter denen jetzt Kaffee den größten Posten ausmachte, sowie Naturfasern, Rindshäute und Kautschuk. Aus Deutschland erhielt Mexiko vor allem Fertigwaren aus der Metall-, Maschinen- und Textilindustrie, außerdem chemische und elektrotechnische Produkte. Die Waren wurden größtenteils von deutschen Schiffahrtslinien transportiert (Baecker 1971: 80-82). Tabelle 6: Der Außenhandel Mexikos 1913 und 1918 (in 1000 Dollar) Land USA England Deutschland Frankreich Spanien Andere Summe

Einfuhr nach Mexiko 1913 1918 48.644 70.576 12.950 4.788 12.610 292 9.169 1.636 995 5.265 9.248 3.948 97.886 82.235

Ausfuhr aus Mexiko 1913 1918 116.018 175.037 15.573 2.186 8.219 3.575 3 1.091 827 5.727 5.599 150.203 183.652

Quelle: Collmann (1922:48).

Im Bereich der Wertpapiere und insbesondere der Eisenbahnanleihen weiteten die Berliner Handelsgesellschaft und die Bank für Handel und Industrie im Jahr 1913 ihr bereits bestehendes Engagement aus. Sie arbeiteten dabei eng mit US-amerikanischen

315

Nach dem Sturz Carranzas erhielt die Telefunken keine Konzession zum Ausbau der Station Chapultepec und wollte daraufhin ihre deutschen Ingenieure abziehen. Das Auswärtige Amt drängte auf ihre Weiterbeschäftigung und übernahm schließlich einen Anteil an den Gehältern für TelefiinkenTechniker in mexikanischen Diensten (Rinke 1996: 228). 316

Isidro Fabela, einer der einflußreichsten Mitarbeiter Carranzas, wurde von diesem zum Gesandten in Deutschland ernannt (Katz 1981: 542). Dort heiratete er die Tochter eines deutschen MexikoImmigranten und Minenbesitzers.

90

Banken zusammen und ließen ihre Interessen in Mexiko auch durch diese vertreten (Baecker 1971: 72-74). 317 Obwohl die mexikanische Ölindustrie im behandelten Zeitraum einen Boom erlebte, kam es nicht zu nennenswerten deutschen Investitionen in diesem Bereich, vermutlich aufgrund der ausreichenden Versorgung mit Petroleum aus Osteuropa und Rußland. 318 Die Frankfurter Metallgesellschaft weitete trotz des Krieges 1916 ihre Geschäfte in Mexiko aus und investierte allein in Chihuahua zehn Millionen Dollar in den Ankauf von Minen. Sie gefährdete dadurch die Vorherrschaft der Guggenheim-Gruppe im mexikanischen Bergbau. Möglich war diese Expansion nur durch die enge Verflechtung mit der American Metal Company. Die in Mexiko agierenden Tochterfirmen Compañía Minera de Peñoles und Compañía de Minerales y Metales de México besaßen wichtige Blei- und Kupferminen. 1917 verlegten sie ihre Firmensitze aus den Vereinigten Staaten nach Mexiko und traten als neutrale mexikanische Unternehmen auf. Die American Metal Company zeigte sich ihrer Regierung gegenüber als patriotisch, und diese verzichtete auf Sanktionen, da auch die nicht vollständig unter US-amerikanischer Kontrolle stehenden mexikanischen Tochterfirmen kriegswichtige Rohstoffe an die US-amerikanische Waffenindustrie lieferten. Erst im April 1918 wurden deutsche Angestellte der mexikanischen Tochterfirmen entlassen (Katz 1981: 391-395).319

2.2.4 Die Beziehungen bis zum Zweiten Weltkrieg

Deutschlands Außenpolitik 320 in Lateinamerika wurde nach dem Friedensvertrag von Versailles 1919 von dem Bestreben geleitet, die wirtschaftlichen Beziehungen wieder aufzubauen und einen Konflikt mit den USA zu vermeiden. In Bezug auf Mexiko wurde die Aufnahme der Wirtschaftsbeziehungen dadurch erleichtert, daß Mexiko während des Krieges neutral geblieben war und der Handelsvertrag von 1882 noch bestand. Allerdings nahm die neue deutsche Republik Rücksicht auf die Vereinigten Staaten und entsandte Adolf Graf von Montgelas als außerordentlichen Gesandten und

3,7

Vgl. auch Katz (1964: 111-112). Er interpretiert die Aktivitäten der Berliner Handelsgesellschaft wohl unzutreffend als antiamerikanisch. 318

Vgl. dazu Katz (1981: 204-205) und Baecker (1971: 87-94).

319

Vor dem Eintritt der USA in den Weltkrieg hatten die mexikanischen Tochterfirmen sich durchaus auch als „deutsche" Firmen gezeigt, so zum Beispiel 1915 durch die telegraphische Übermittlung von deutscher Propaganda, oder 1916 gegenüber Pancho Villa, um sich vor antiamerikanischen Überfallen zu schützen (Katz 1981: 391-395; 1964: 399-402). 320

Wie Stefan Rinke darlegt, trat die „offizielle Ebene" der deutschen Lateinamerikapolitik in der Weimarer Republik in den Hintergrund, weshalb diese Phase in der Historiographie bisher weitgehend unberücksichtigt blieb (1996: 26-27, 34-36). Seine Dissertation schließt diese Lücke und behandelt die deutsch-lateinamerikanischen Beziehungen für die Bereiche Wirtschaft, amtliche Außenpolitik, Deutschtums- und Kulturpolitik sowie fur den Militär- und Luftfahrtsektor.

91 321

bevollmächtigten Minister nach Mexiko, wo er bis 1924 in dieser Funktion blieb. Erst nachdem auch andere europäische Staaten und Japan angekündigt hatten, die Regierung Obregön anzuerkennen, durfte er im August 1921 sein Beglaubigungsschreiben überreichen (Rinke 1996: 175-176). Als Adolfo de la Huerta 1923 gewaltsam versuchte, Obregöns Nachfolger zu werden, trübten sich die Beziehungen zu Deutschland, da von seinen Anhängern - unter ihnen der ehemalige Militärattache Carranzas in Berlin, Krumm-Heller - Waffen auch in Deutschland gekauft wurden. Außerdem erschienen Angriffe gegen Obregön in der deutschen Presse. Allerdings war diese Beeinträchtigung der Beziehungen nicht von Dauer. Kurz vor seinem Amtsantritt als mexikanischer Präsident am 30. November 1924 besuchte Plutarco Elias Calles im Sommer bei einer Europareise als erstes Ziel Deutschland, wo er mit vielen Ehren empfangen wurde.322 Kurz darauf revanchierte sich der als äußerst deutschfreundlich bekannte Präsident323 anläßlich des Besuches des deutschen Kriegsschiffes Berlin, das 1924/25 Kolumbien, Kuba, Mexiko, Panama und Venezuela bereiste (Rinke 1996: 191-192, 183). Außerdem schenkte er Deutschland sukzessive mehr als 25.000 Bände mexikanischer Veröffentlichungen und etwa 1400 Landkarten aus den Beständen staatlicher Institutionen (Hagen 1930; Bock 1962: 328-330).324 1925 reiste eine Gruppe von über Hundert deutschen Wissenschaftlern, Kaufleuten, Künstlern und anderen Interessierten nach Mexiko, wo in der Hauptstadt eine Maschinen- und Musterausstellung gezeigt wurde (Guerra 1956: 6). Während der Regierungszeit von Calles schlössen Deutschland und Mexiko am 16. März 1925 ein Abkommen über die Reklamationen deutscher Staatsbürger aus der Zeit der Revolution (1910-1920), das den Vereinbarungen zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten nachempfunden war. Von den etwa 6,7 Millionen Goldpesos, die von 139 Personen oder Firmen gefordert wurden, akzeptierte die Schiedskommission, die als erste der bilateralen Kommissionen ihre Arbeit im Februar 1930 abschloß, etwa 500.000 Goldpesos. 325 Die Zahlungen erfolgten aber nur schleppend (Rinke 1996: 193194; Mentz 1988e: 94-95).326

321

Adolf Graf von Montgelas war mit der US-Amerikanerin Fanny Dickinson Hazeltine verheiratet (Lateinamerika [D], Nr. 3/4, 1920: 139). Sein Nachfolger wurde bis 1932 Eugen Will als Gesandter. Will war vorher als Legationsrat des politischen Referats der Lateinamerika-Abteilung des Auswärtigen Amts tätig gewesen, die aber nicht mit Mexiko befaßt war (Rinke 1996: 166, 167). 322

Zur Begrüßungsfeier im Hamburger Hotel Atlantic kamen über 500 Teilnehmer (Ibérica. Bd. 1, Nr. 2/3, 1924: 58). 323

Calles werden enge Kontakte zu deutschen Geheimagenten in den Jahren 1916 und 1918 nachgesagt (vgl. Kapitel 2.2.3). Die US-amerikanische Kritik an den deutschen Ehrungen für seine Person, die Rinke (1996: 192-193) beschreibt, dürfte sich hierdurch erklären. 324

Diese „Mexiko-Bücherei" hatte ihren Standort zunächst an der Universität Marburg. Sie ging 1930 in das vom preußischen Staat neu gegründete Ibero-Amerikanische Institut in Berlin ein. 325

Die Entschädigungszahlung aus dem Fall Covadonga ist hierin nicht enthalten. Manche Firmen erhielten keine Entschädigung, da ihr gesellschaftsrechtlicher Status mexikanisch war. Nach von Mentz zeigt die Liste der Reklamationen, daß Deutsche während der Revolution nicht besonders schwer geschädigt wurden. Mehr als 70% der Fälle bezogen sich auf ländlichen Besitz (1988e: 94-99). 326

Im Juli 1934 setzte der nationalsozialistische Gesandte Rüdt von Collenberg die sofortige Zahlung der Restsumme durch. Deutschland war das erste Land, dem dies nach der Einstellung der Zahlungen infolge der Weltwirtschaftskrise bewilligt wurde (Volland 1976: 54).

92

Im Oktober 1925 kündigte die mexikanische Regierung alle bestehenden Handelsverträge, darunter auch den seit 1882 bestehenden Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertag mit Deutschland. Bei den Verhandlungen über ein neues Abkommen kam es zu Schwierigkeiten, da die deutsche Regierung auf Anraten der Wirtschaftskreise auf dem Prinzip der Meistbegünstigung bestand und diverse Zollvorschriften abgeschafft wissen wollte. Mexiko hingegen schlug unter anderem weitreichende Ausnahmen von der Meistbegünstigung vor. Da auf dieser Grundlage keine Einigung erzielt werden konnte, regte Mexiko 1928 die Einfuhrung eines Reziprozitätssystems an, das aber für Deutschland nicht in Frage kam. Ende des Jahres wurden die Verhandlungen ergebnislos abgebrochen. Trotz des nun vertragslosen Zustands blieb es aber bis in die dreißiger Jahre hinein de facto bei einer Meistbegünstigung (Rinke 1996: 259-260). Nach Hitlers Regierungsantritt wurden 1933 personelle Veränderungen in der deutschen Gesandtschaft vorgenommen: Der ehemalige Reichspressechef Walter Zechlin (SPD), der erst kürzlich zum Gesandten in Mexiko ernannt worden war, mußte ebenso gehen wie der Konsulatssekretär Joseph (Volland 1976: 44). Zechlins Nachfolger wurde im Dezember 1933 Heinrich Freiherr Rüdt von CollenbergBödigheim, der vorher Generalkonsul in Shanghai gewesen war und der seit dem 1. November 1933 der NSDAP angehörte.327 Bis zum Frühjahr 1936 blieben die Beziehungen zur Regierung Cárdenas ungetrübt. Zechlin hatte 1933 in einem Bericht an den deutschen Außenminister Neurath die beiden Regierungssysteme und ihre Führer - Hitler und Calles - miteinander verglichen und Ähnlichkeiten festgestellt. Rüdt verfolgte diesen Weg zunächst weiter (Volland 1976: 48-50, 52).328 Nachdem aber der ehemalige Jefe máximo Calles entmachtet worden war, begann Cárdenas mit seinem Programm der Agrarreform und ging ein enges Bündnis mit der neugegründeten, unter Führung des Kommunisten Vicente Lombardo Toledano stehenden Arbeitergewerkschaft CTM ein. Die neue Macht der Linken bewirkte unter anderem auch, daß in den Jahren 1936 und 1937 die deutsche Propaganda in Mexiko eingeschränkt werden mußte. 329 Auch Cárdenas wurde nun in Deutschland als Kommunist

327

Zu seiner Zusammenarbeit mit der mexikanischen Landesgruppe der NSDAP „Gleichschaltung" der deutschen Organisationen in Mexiko-Stadt vgl. Kapitel 4.4.2.

und

zur

328

Nach Radkau wies Rildt sogar noch Anfang 1937, als es bereits Spannungen zwischen Mexiko und Deutschland gab, anläßlich einer Abschiedsrede für den von Mexiko nach Deutschland delegierten Gesandten General Azcárate auf Ähnlichkeiten in der Zielsetzung von cardenismo und Nationalsozialismus hin (Radkau 1988b: 84). Bei einer anderen Rede, vor der Sociedad Mexicana de Geografía y Estadística am 16.11.1937, verschwieg er allerdings die unterschiedlichen Auffassungen der Regimes nicht: „Pues con todas las relaciones afines, que podrían hallarse entre los anhelos de su señor Presidente y los de nuestro Jefe de Estado al establecer comparaciones serenas e imparciales, las cuales a la postre tienden a procurar la felicidad y el bienestar de sus pueblos, ideologías y conceptos divergentes acerca de la mejor forma de gobierno, por ahora nos señalan distintos derroteros. Sin embargo, es nuestro deseo y nuestra esperanza, que, una vez suprimidas las causas de los contrastes existentes, situadas fuera de los confines de nuestros dos países - lo que todos nosotros anhelamos - el recuerdo de nuestra amistad secular y los intereses culturales y económicos que nos unen, contribuyen a que podamos tomar los mismos senderos también en el terreno de la política exterior" (Rildt von Collenberg 1938: 22; vgl. auch DVM. Mitteilungen f - l . Nr. 2, 1938: 2-10, insbesondere S. 10). 329

Der für diese Propaganda verantwortliche Presseattaché der deutschen Gesandtschaft und stellvertretende Leiter der NSDAP-Auslandsorganisation in Mexiko, Arthur Dietrich, mexikanischer Staatsbürger seit 1932, verließ Mexiko aufgrund der Spannungen von Juli 1936 bis Februar 1938 und war bis Dezem-

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angesehen. Außenpolitisch gerieten beide Länder darüber hinaus in eine konfrontative Haltung während des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939). Mexiko stellte sich neben der UdSSR als einziges Land - eindeutig auf die Seite der Republik und unterstützte sie direkt mit Waffen, Lebensmitteln und Kleidung, indirekt durch großen publizistischen Einsatz und durch seine Tätigkeit im Völkerbund, dem es 1931 auf Initiative der Republik Spanien beigetreten war.330 Cárdenas versuchte auch, die USA und andere Staaten dazu zu bewegen, ihre neutrale Haltung zugunsten einer Parteinahme für die Republik aufzugeben, hatte aber hiermit keinen Erfolg. Nach dem Sieg Francos nahm Mexiko republikanische Flüchtlinge und Emigranten auf, seine Regierung wurde von Mexiko nicht anerkannt. Deutschland unterstützte mit ungleich größerem finanziellen Aufwand die Truppen Francos und intervenierte mit der Legion Condor. Außerdem verhinderte es, daß Mexiko für Spanien bestimmte Waffen aus Deutschland oder über deutsche Häfen bezog. Trotz des ideologischen Gegensatzes, der hier ganz offen zutage trat, wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko nicht abgebrochen. Dies erklärt sich vor allem durch die Notwendigkeit der Handelsbeziehungen zwischen beiden Staaten und insbesondere durch die Verkäufe mexikanischen Öls an Deutschland und Italien in Folge des Boykotts durch die USA und Großbritannien nach der Enteignung von 1938. Mexikanisches Petroleum wurde von der deutschen Kriegsmarine zum Teil direkt für den Einsatz in Spanien verwendet (Volland 1976: 58-61, 65-82; vgl. auch Radkau 1988b: 87-89).331 Der US-amerikanische Geschäftsmann William R. Davis, der Ölhandels- und Ölproduktionsgesellschaften in den USA, England, Deutschland, 332 Schweden, Irland und Mexiko333 besaß, plante seit Herbst 1933, mexikanisches Öl im Austausch gegen Industrieerzeugnisse nach Deutschland zu liefern (Volland 1976: 83).334 Das deutsche Reichswirtschaftsministerium zeigte sich interessiert, wurde aber aufgrund der langwierigen Verhandlungen in Mexiko skeptisch gegenüber Davis.335 Stattdessen arbeitete Davis zunehmend mit dem Oberkommando der Kriegsmarine (OKM) zusammen und ber 1937 in Spanien als stellvertretender Landesgruppenleiter der AO tätig (Volland 1976: 61, 66). 1940 wurde er aus Mexiko ausgewiesen (AHSRE 111-754-16; Schuler 1998: 52-53, 148, 150-151). 330

Zu Mexikos Beitritt vgl. Rinke (1996: 219). 1938 protestierte Mexiko in Genf gegen die Annexion Österreichs (Radkau 1988b: 94; Katz 1976). Laut Schuler gingen 1939 fast zwei Drittel der mexikanischen Ölexporte nach Deutschland (1985: 457). L. Meyer (1981: 428) nennt einen geringeren Anteil (Juli 1938 bis September 1939): 48% der mexikanischen Ölexporte gingen nach Deutschland, 17% nach Italien, 20% in die USA (nach Angaben des US-amerikanischen Botschafter Daniels). 332

Die Europäische Transport- und Tanklager AG, genannt Eurotank, wurde 1931 gegründet. 1934 begann Davis im Hamburger Hafengebiet mit dem Bau einer Raffinerie, in der US-amerikanisches und mexikanisches Rohöl verarbeitet werden sollte. 333

Cia. Petrolera Tuzapän S. A., seit 1936 Sabalo Transportation Co.

334

Zu Davis vgl. vor allem Schuler (1998: 51, 101-103, 107, 130-131, 133, 159-161); auch Niblo (1995: 70-74) und L. Meyer (1981:431-433). 335

Zunächst behinderten der Regierungswechsel in Mexiko und die Gründung des staatlichen Unternehmens Petromex die Verhandlungen. Durch einen Skandal um die Firma Sabalo kam es ab Ende 1936 zu heftigen Differenzen zwischen der mexikanischen Regierung und Davis, die in einen Prozeß mündeten. Der Skandal veranlaßte den Präsidenten der Petromex, Pascual Ortiz Rubio (ehemaliger mexikanischer Gesandter in Berlin, von 1930 bis 1932 mexikanischer Präsident), zum Rücktritt von diesem Amt (Volland 1976: 84-85).

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belieferte diese ab 1936 mit US-amerikanischem Öl. Ab 1937 verarbeitete Davis in Hamburg Rohöl, das er von der mexikanischen Ölhandelsgesellschaft Sabalo, die er gemeinsam mit der US-amerikanischen Firma Sinclair betrieb, geliefert bekam (Volland 1976: 85-86). Im März 1938 gehörte auch die Sabalo zu den von der mexikanischen Regierung enteigneten Firmen (Volland 1976: 126).336 Deutschland schloß sich dem Boykott mexikanischen Erdöls nicht an. Die mexikanische Regierung erklärte sich nicht nur bereit, Lieferungen aus bestehenden Verträgen zwischen den nun enteigneten Unternehmen und Deutschland über mexikanisches Öl zu erfüllen, sondern bot auch weitere Lagerbestände zum Verkauf an.337 Die deutschen Behörden befürworteten diese Geschäfte, wollten aber, um die Lieferungen der großen Konzerne Shell und Standard Oil nicht zu gefährden, nicht selbst als Käufer auftreten. Davis war in dieser Situation ein geeigneter Zwischenhändler. 338 Die Petroleumgeschäfte wurden - wie überhaupt alle Geschäfte zwischen Mexiko und dem „Dritten Reich" seit 1934 - auf Kompensationsbasis durchgeführt. In einem am 6. Juli von Cárdenas gebilligten Vertrag verpflichtete sich Davis zur Abnahme von Öl im Wert von zehn Millionen US-Dollar, die zu 40% in Bargeld, zu 60% in Waren zu bezahlen waren. Die 40%des Öls, für die er Bargeld erzielen mußte, wollte Davis in Skandinavien verkaufen, der größere Anteil sollte gegen Maschinenlieferungen vorwiegend nach Deutschland gehen. Anfang September 1938 wurde bei der DeutschSüdamerikanischen Bank in Hamburg extra ein besonderes Ölverrechnungskonto für Davis eingerichtet, ein Jahr später wurde es an den Banco Germánico de la América del Sud in Mexiko, ein Filialunternehmen der Deutsch-Südamerikanischen Bank, verlagert. 1939 schloß Davis einen wesentlich umfangreicheren Anschlußvertrag über mexikanische Öllieferungen ab. Auch einige andere Firmen machten im Auftrag des OKM Geschäfte mit der Pemex, ab April 1939 hatte Davis allerdings das Monopol für Mineralölabschlüsse mit Mexiko zur Belieferung Deutschlands inne (Volland 1976: 122-148; Schuler 1998: 101-103). Nach dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs änderten sich wiederum die Rahmenbedingungen für die deutschmexikanischen Ölgeschäfte. Am 4. September forderte der mexikanische Außenminister Eduardo Hay in einem Gespräch mit Davis Bargeldzahlung vor der Verschiffung weiterer Öllieferungen. 339 Mexiko hatte am 12. September 1939 ein Guthaben von rund 336

Versuche des OKM zwischen 1936 und 1938, sich in Mexiko eine eigene „Rohölbasis" zu schaffen, führten zu keinem Ergebnis. An den Verhandlungen war auch die Dresdner Bank beteiligt. Die Konzessionsverhandlungen scheiterten nicht direkt an der Enteignung der ausländischen Petroleumgesellschaften 1938, sondern an dem Überangebot an mexikanischem Erdöl durch den darauffolgenden Boykott, der die Regierung Cárdenas davon abhielt, weitere Förderungsprojekte zu verfolgen. Auch das OKM verlor das Interesse, da es damit rechnete, den deutschen Ölbedarf in absehbarer Zeit ausschließlich aus dem „Inland" decken zu können. Beliefert wurde es in starkem Maße von der Standard Oil Company und Shell, die ihre Position nicht verlieren wollten (Volland 1976: 86108; Schuler 1998: 51). 337

Der Abnehmerkreis für mexikanisches Erdöl war nicht nur durch den Boykott eingeschränkt, sondern auch dadurch, daß Mexiko keine eigene Handelsflotte für den Transport besaß. 331

Zu den bis 1938 divergierenden Interessen der deutschen Kriegsmarine und der übrigen Reichsbehörden vgl. Schuler (1998: 101-103). 339

Der mexikanische Gesandte in Berlin, Azcárate, hatte bereits seit April darauf gedrängt, die Gegenleistungen für das gelieferte Petroleum so schnell wie möglich und auch in Bargeld einzufordern (Radkau

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8.200.000 Reichsmark auf dem gegenseitigen Verrechnungskonto. Seine Bestellungen von Kompensationsgütern (vorwiegend für den Ausbau des Eisenbahnnetzes und der Stromversorgung bestimmt) betrugen etwa 7.500.000 Reichsmark. Allerdings mußte erst mit Großbritannien und Frankreich vereinbart werden, daß diese Güter die Atlantikblockade passieren konnten. Schließlich konnte die deutsche Industrie wegen der wachsenden Rüstungsverpflichtungen nur noch einen Teil der mexikanischen Bestellungen erfüllen. 340 Durch die Verschärfung der Seeblockade nach dem Kriegseintritt Italiens blieben umfangreiche Warensendungen in mexikanischem Besitz in deutschen Lagerhäusern liegen. 341 Die Blockade zwang Davis und die deutsche Kriegsmarine dazu, Umwege für die Verschiffung des mexikanischen Öls nach Deutschland zu suchen, wobei das besondere Augenmerk auf Japan lag. Allerdings konnten unter diesen Umständen kaum Lieferungen stattfinden (Volland 1976: 165174). 342 Nach Kriegsbeginn hatte Mexiko versucht, eine neutrale Position im Konflikt zu bewahren und Deutschland und die Vereinigten Staaten möglichst gegeneinander auszuspielen. Öffentliche Erklärungen gegen das „Dritte Reich", zum Beispiel nach dem Überfall auf Polen, wurden häufig durch den mexikanischen Wirtschaftsminister Suärez, der zu diesem Zweck die deutsche Gesandtschaft aufsuchte, heruntergespielt (Schuler 1985: 465-467). 343 Ein Wandel dieser Politik vollzog sich 1940 (J. Müller 1998). Die mexikanische Presse schwenkte im Laufe dieses Jahres auf einen proalliierten Kurs um. 344 Im April 1941 beschlagnahmte Mexiko, wie andere lateinamerikanische Staaten auch, die in seinen Häfen liegenden deutschen und italienischen Schiffe. 345

1988b: 138; vgl. auch L. Meyer 1981: 429-431). Auch Secretario de Hacienda Suárez hatte am 1.9.1939 in diesem Sinne Druck auf Davis ausgeübt (Schuler 1998: 107). 340

Schuler (1985: 463, 476; 1998: 108) hebt besonders hervor, daß die deutschen Exporte nach Mexiko nicht an der britischen Blockade, sondern an den internen Problemen der deutschen Industrie scheiterten (vgl. auch Radkau 1988b: 99, Anmerkung). 341

Radkau (1988b: 99, Anmerkung) nennt ein Wasserkraftwerk für Ixtapontongo (Wert 7,2 Millionen Reichsmark), Brückenkonstruktionen (400.000 RM), chemische Produkte, Farben und Büromaterial (1 Million RM), Rohre, Verbindungsstücke, Ventile, Bleche und Werkzeugstahl (2,5 Millionen RM). 342

W. R. Davis starb unerwartet im Juli 1941 (Volland 1976: 172). Rout/Bratzel (1985: 55) geben das Gerücht wieder, daß der britische Geheimdienst für seinen Tod verantwortlich war. Davis lieferte seit September 1939 kein mexikanisches Öl mehr nach Deutschland (Volland 1976: 169). Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 setzte der Möglichkeit eines Transits über Wladiwostok ein Ende. Außerdem machte die wachsende Kontrolle der USA über Mexiko eine Fortführung des deutschmexikanischen Ölgeschäfts undenkbar (vgl. Kapitel 2.1.4). 343

Etwas anders interpretiert Schuler die Situation in seiner Monographie (1998: 127-134). Hier betont er Cárdenas' Fähigkeit, durch seinen Briefkontakt mit Roosevelt diesen davon zu überzeugen, daß Mexiko keineswegs in Gefahr stände, unter deutschen Einfluß zu geraten. 344 345

AHSRE111-754-16; Schuler (1998: 148-151).

Es handelte sich um zehn italienische und zwei deutsche Schiffe. Zu dieser Zeit war bereits Avila Camacho mexikanischer Präsident, eine Wahl, die trotz seiner engen Bindungen an die CTM auch von deutscher Seite begrüßt worden war (Radkau 1988b: 96; Volland 1976: 162-163; Schuler 1985: 473). Zur Amtsinauguration war Rüdt besonders zuvorkommend behandelt und in der Presse herausgestellt worden, trotz - oder wegen - der Anwesenheit des US-amerikanischen Vizepräsidenten. Allerdings hatte er der neuen mexikanischen Regierung wenig zu bieten (Schuler 1985:467; 1998: 193).

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Die Regierung Roosevelt veröffentlichte am 17. Juli 1941 „Schwarze Listen", auf denen etwa 1800 Individuen und Unternehmen in Lateinamerika genannt wurden, von denen man annahm, daß sie für die Interessen Deutschlands, Italiens oder Japans arbeiteten. Vicente Lombardo Toledano und andere forderten das Einfrieren deutscher Konten und die Beschlagnahmung deutschen Eigentums in Mexiko. Rüdt von Collenberg drohte in einem an den mexikanischen Außenminister Ezequiel Padilla gerichteten Schreiben mit Wirtschaftssanktionen (!) gegen Mexiko, falls es auf den von den USA geforderten Boykott der Unternehmen einginge. Padilla reagierte wenig freundlich auf Rüdts Note, worauf dieser beide Schreiben in der Presse veröffentlichte und sich weitere Angriffe auf seine Person und Hitlerdeutschland einhandelte. Im August wurden die deutschen Konsulate in Mexiko geschlossen. Diese Maßnahme war eine Antwort auf die Schließung aller lateinamerikanischen - auch der mexikanischen Konsulate in Deutschland und den besetzten Gebieten gewesen. 346 Eine Entschuldigung für diese Maßnahme von Seiten des deutschen Auswärtigen Amtes veranlaßte die mexikanische Regierung nicht zu einer Rücknahme ihres Beschlusses, zumal die Vereinigten Staaten bereits einige Monate früher, damals erfolglos, für die Schließung plädiert hatten (Schuler 1985: 470-471). Am Tag der Kriegserklärung Deutschlands an die Vereinigten Staaten brach Mexiko, das bereits den japanischen Angriff auf Pearl Harbor verurteilt hatte, die Beziehungen am 11. Dezember 1941 ab (Radkau 1988b: 112-113).347 Etwa gleichzeitig begann eine enge militärische Zusammenarbeit mit den USA. Am 10. Dezember 1941 wurde die Region Militar del Pacífico geschaffen, über die der Ex-Präsident General Lázaro Cárdenas das Oberkommando führte (vgl. Kapitel 2.1.4). Um Sabotageakte und Spionage zu verhindern, sollten Deutsche, Japaner und Italiener, die in mexikanischen Küsten- beziehungsweise Grenzregionen lebten, in Städte des Landesinneren umgesiedelt werden. 348 Einige Spione und Agenten wurden festgenommen und in die Vereinigten Staaten oder in die Lager von Perote (Veracruz) und den Isias Marias gebracht (Torres 1983: 76-80).349 Bereits ab Januar 1942 verhandelte die mexikanische Regierung mit der schwedischen Botschaft, die die deutschen Interessen wahrnahm, über die Repatriierung deutscher Staatsbürger. Diese sollten mit dem Einverständnis der dortigen Regierung über die USA nach Deutschland transportiert werden. Die erste Liste der „elementos inconvenientes", die Mexiko gerne außerhalb des Landes wissen wollte, enthielt unter anderen die Namen von Jorge Nicolaus, Walter Westphal, Heinz Weber, Guido Otto Moebins [Moebius], Werner Barke, Hugo Setzer, Horst Hennings, Paulus Pliska, Paul Klement, Martha Preussner, Kurt Schlenker, Ewald Bork und Alejandro Holste.350 Diese Personen wurden - unter anderen - auch 346

Radkau (1988b: 109) stellt die Schließung der Konsulate in den Zusammenhang der Auseinandersetzung Padilla-Rüdt, während Schuler (1985: 471) sie als Folge der Schließung der deutschen Konsulate in den USA ansieht. 347

Die Abreise der deutschen Diplomaten erfolgte am 16. Januar 1942 (Volland 1976: 175).

348

70 Familien mußten Nueva Rosita (Coahuila) verlassen, 26 Personen Mazatlän, Sinaloa (Niblo 1995: 102). Es wurden allerdings auch Ausnahmen von dieser Maßnahme gemacht, zum Beispiel wenn Referenzen vorlagen (Zärate MS 1993: 8). Ihr genaues Ausmaß ist noch nicht bekannt. 349

Zur deutschen Spionage vgl. Rout/Bratzel (1986: 53-105) und Paz Sahnas (1997). Nach von Hanffstengel (1994-1996: 17) wurden zivile deutsche Kriegsgefangene aus Perote im Januar 1944 gegen Gilberto Bosques und seine Familie ausgetauscht. Bosques hatte als mexikanischer Generalkonsul in Marseille zahlreichen Flüchtlingen Einreisevisa filr Mexiko erteilt. 350

AHSRE II1-2435-2.

97 351

von Lombardo Toledano als Nazi-Agenten genannt. Die US-amerikanische Regierung war damit einverstanden, „political agents" zu repatriieren. Personen ohne offiziellen Status sollten aber wegen der geringen Transportkapazitäten nicht berücksichtigt werden. Allerdings waren die Vereinigten Staaten bereit, diese Personen in den USA festzusetzen. 352 Weder die Internierungen noch die Boykottierung der auf den „Schwarzen Listen" Verzeichneten wurden vom mexikanischen Innenministerium (Secretaría de Gobernación) so streng durchgeführt, wie es der US-amerikanische Botschafter Messersmith gerne gesehen hätte.353 Einige der Internierten aus Perote, vor allem Deutsche, kamen schnell wieder frei. 354 Im Mai 1942 war es mit Mexikos kaum noch vertretener Neutralität 355 vorbei: Deutsche U-Boote hatten am 13. Mai den mexikanischen Öltanker Potrero del Llano versenkt, der Petroleum in die Vereinigten Staaten bringen sollte. Eine Woche später wurde der Tanker Faja de Oro ebenfalls von einem deutschen U-Boot versenkt, insgesamt kamen 24 mexikanische Seeleute ums Leben.356 Der Gewerkschaftsführer Vicente Lombardo Toledano rief nun ebenso nach einer Kriegserklärung an Deutschland wie der Präsident des mexikanischen Senats und die Organisationen deutscher Exilanten Liga Pro Cultura Alemana und „Freies Deutschland". Am 22. Mai beschloß das mexikanische Kabinett einstimmig, den Präsidenten zur Erklärung des Kriegszustandes zwischen Mexiko und den Achsenmächten aufzufordern. Die Entscheidung wurde von beiden Häusern des Parlaments begrüßt und am 2. Juni im Diario Oficial veröffentlicht (Radkau 1988b: 115-117; Volland 1976: 177, 186-191).357 Die Handelsbeziehungen zwischen Mexiko und Deutschland hatten sich nach dem fast völligen Abbruch in Folge des Ersten Weltkrieges nach und nach erholt. Die ungleiche Struktur des Handels blieb dabei erhalten: Während Deutschland als Importland für

351

Nach Rout/Bratzel (1986) waren Nicolaus und Barke für die deutsche Abwehr tätig, ebenso der in der Liste der SRE genannte Karl Re[e/i]kowsky. 352

In einem Schreiben der US-amerikanischen Botschaft an die SRE vom 3.4.1942 heißt es, die neunzehn in der Liste aufgeführten Personen sollten zusammen mit drei weiteren (Hilda Krüger, Pablo Rubach, Wilhelm Wirtz) auf dem Schiff Lourenco Marques repatriiert werden. Die drei zusätzlichen Namen waren von der US-amerikanischen Regierung vorgeschlagen worden. Wirtz befand sich allerdings seit 1939 nicht mehr in Mexiko. Hilda Krüger kehrte vor Kriegsende vermutlich nicht nach Europa zurück. 353

Zur Polemik trug bei, daß der mexikanische Innenminister Miguel Alemán zu der Zeit nach Berichten des FBI mit der deutschen Schauspielerin Hilda Krüger liiert war. Sie wurde von den US-amerikanischen Behörden, anscheinend zu Unrecht, der Spionage für die deutsche Abwehr verdächtigt (Rout/Bratzel 1986:80-82). 354

Vgl. Rout/Bratzel (1986: 88-90); Niblo (1995: 102); von Mentz (1988c: 220).

355

Die militärische, wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit der USA mit Mexiko wurde bereits ab Januar 1941 immer enger, vgl. dazu Kapitel 2.1.4 und Volland (1976: 178-180). 356

Es ist immer noch nicht ganz geklärt, aus welchem Grund die U-Boote auf diese Weise gegen die neutralen Schiffe vorgingen. Vgl. dazu Radkau (1988b: 116-117) und Volland (1976: 180-186). Als Schriftsteller geht Moya Palencia der Frage nach (1992). Beide Tanker waren bis April 1941 in italienischem Besitz gewesen und von Mexiko beschlagnahmt worden (Moya Palencia 1992: 11,20). 357

Die diplomatischen Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland wurden 1952 aufgenommen, die zur Deutschen Demokratischen Republik erst 1973 (Rall/Rall 1992: 759-760).

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Mexiko eine wichtige Rolle spielte und mit Großbritannien und Frankreich um den zweiten Platz konkurrierte, blieb umgekehrt Mexiko als Importland für Deutschland weiterhin unbedeutend (Rinke 1996: 122).358 Es lieferte zwar weiterhin Kaffee und diverse Pflanzenfasern, aber Kautschuk bezog Deutschland jetzt aus Südostasien. Etablieren konnten sich dagegen mexikanischer Sisalhanf, Blei und vor allem Erdöl. Deutschland exportierte chemische Produkte sowie Kleineisenwaren, Motoren, Maschinen und Papier. Prozentual nahm der Anteil an Halbfabrikaten gegenüber Fertigwaren zu (Rinke 1996: 123). In den Jahren von 1924 bis 1929 hatte Deutschland einen Anteil von 9,2% an der Einfuhr und 6% an der Ausfuhr Mexikos. Als Handelspartner lag es damit für Mexiko in mehreren Jahren an zweiter Stelle, noch vor Großbritannien - allerdings mit sehr großem Abstand zu den USA (Rinke 1996: 138). Die Wertsteigerung der mexikanischen Exporte nach Deutschland sind zum einen auf die kontinuierlich steigende Ausfuhr von Kaffee, zum anderen auf die beträchtliche, allerdings auch stark schwankende Ausfuhr von Erdöl zurückzufuhren. 359 Außerdem wurde Mexiko 1929 zum wichtigsten Zinkerz- und zum drittwichtigsten Bleierzlieferanten Deutschlands, das auch 90%seiner Fiber- und Agavefaserprodukte aus Mexiko bezog (Rinke 1996: 139).360 Von der Weltwirtschaftskrise waren vor allem die deutschen Importe aus Mexiko betroffen, die sich reduzierten. Bei den Produkten steigerte Kaffee seinen Anteil auf 38,2%, Mineralöl auf 31,9%. Der Import von Zinkerzen und Blei fiel überdurchschnittlich stark, Baumwolle 361 spielte ab 1930 überhaupt keine Rolle mehr. Die deutschen Exporte nach Mexiko bestanden 1932 zu 29,3% aus Farben, Industriechemikalien und pharmazeutischen Produkten, zu 18,8% aus Eisen- und Stahlwaren und zu 14,4% aus Textilien. Maschinen und elektrotechnische Erzeugnisse aus Deutsch-land fanden nur wenig Abnehmer (Rinke 1996: 148-149). Ab dem Herbst 1934 wurde der Handel zwischen Deutschland und Mexiko wegen Deutschlands Devisenknappheit vor allem als Kompensationsgeschäft durchgeführt. Dabei wurde der Wert der Waren auf Sonderkonten miteinander verrechnet, die Währung war die sogenannte ASKI-Mark. 362 Durch ein Disagio zum normalen Kurs der Reichsmark wurden deutsche Waren für den Export verbilligt (Schröder 1970: 235-

351

Für 1923 betrug Mexikos Anteil an der deutschen Einfuhr 0,2%, an der deutschen Ausfuhr 0,6%. Die Einfuhr deutscher Waren machte 1922 in Mexiko 14% aus und übertraf damit das Vorkriegsniveau; 1923 fiel der Prozentsatz jedoch auf 6,2% ab. Als Abnehmer von mexikanischen Exportwaren spielte Deutschland in diesen Jahren keine große Rolle (Rinke 1996: 122). 359

1924/25 machten Erdöl und seine Derivate etwa 30% der mexikanischen Exporte nach Deutschland aus, 1926 und 1928 jedoch nur noch 6,9%. 1929 stieg der Prozentsatz wieder und betrug 18,3%. Kaffee war zwischen 1925 und 1929 mit 30,3% das wichtigste Produkt der deutschen Einfuhr aus Mexiko (Rinke 1996: 139). 360

Zwischen 1925 und 1929 bestand die deutsche Ausfuhr nach Mexiko zu durchschnittlich 22,2% aus Eisen- und Stahlwaren, 18,4% chemischen Erzeugnissen, 12,3% Textilwaren, 10% Maschinen, 4,8% elektrotechnischen Produkten und Motoren, 3,6% Papierwaren sowie aus verschiedenen Produkten wie Glasartikeln und Kinderspielzeug. Vor allem im elektrotechnischen Bereich waren Firmen aus den USA die Hauptkonkurrenten der deutschen Konzerne. Sinkende Papierimporte und Steigerungen bei der Einfuhr von Textilmaschinen belegen die durch Schutzzölle geförderte Entwicklung der mexikanischen Industrie (vgl. Rinke 1996: 139, 149 und die Auflistung der Hauptimportprodukte aus Deutschland für das Jahr 1926 bei von Mentz 1988c: 146). 361 362

1929 machte Baumwolle 4,8% der deutschen Einfuhr aus Mexiko aus.

ASKI steht filr „Ausländersonderkonten für Inlandszahlungen". Südamerikanische Bank profitierte vom ASKl-Handel (Volland 1976: 63).

Besonders

die

Deutsch-

99

236). In der Folge stieg der Warenaustausch stark an (vgl. Tabelle 7) und ließ sogar die US-amerikanische Konkurrenz Einbrüche befürchten (Volland 1976: 62-64).363 Tabelle 7: Der deutsche Außenhandel mit Mexiko, 1935-1937 (in Millionen Reichsmark) ] Jahr 1935 1936 1937

Einfuhr aus Mexiko 38,1 56,4 64,6

Ausfuhr nach Mexiko | 34,0 51,1 65,7

Quelle: Volland (1976: 79).

Die deutschen Investitionen in Mexiko für die Zeit von 1920 bis zum Zweiten Weltkrieg sind schwer zu bestimmen. 1926 sollen sie etwa 100 Millionen Dollar betragen haben, das entsprach 5,9% der ausländischen Investitionen dort (Mentz 1988c: 142).364 Dominant war der Handel (65%), wobei die Niederlassungen großer Konzerne zunehmend an Bedeutung gewannen. 20% der deutschen Direktinvestitionen betrafen die Industrie und die restlichen 15% Plantagen. Banken spielten bei direkten und indirekten Investitionen nur noch eine geringe Rolle (Mentz 1988c: 144).

2.3 Zusammenfassung

Die Beziehungen zwischen den USA und Mexiko hingen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von der Frage um Expansion und Grenzziehung ab. Die USA wuchsen an Bevölkerung und breiteten sich, durch die chauvinistische Ideologie der Manifest Destiny scheinbar legitimiert, nach Westen und nach Süden aus. Mexikos Norden dagegen war dünn besiedelt und die Bundesstaaten nur unzureichend in den durch ständige Bürgerkriege geschwächten Nationalstaat eingebunden. In Texas wirkte die Auseinandersetzung um föderale Rechte zusammen mit dem ethnischen Konflikt einer von den mexikanischen Behörden im Prinzip akzeptierten Besiedlung durch Angloamerikaner, die die mexikanische Bevölkerung in kurzer Zeit zahlenmäßig übertrafen. Die texanische Unabhängigkeitserklärung wurde von der mexikanischen Regierung als Verrat empfunden. Der Verlust von Texas leitete die umfangreichen Gebietsverluste nach dem Krieg von 1846-1848 ein und symbolisiert für Mexiko auch heute noch den ungeschminkten Imperialismus der Vereinigten Staaten. 1853 ging zum ersten Mal ein mexikanischer Regierungschef auf die seit Beginn der Beziehungen vorgetragenen Kaufangebote von nationalem Territorium ein. Allerdings näherte sich die Zeit der Expansion der USA ihrem Ende, tiefgreifende interne 363

Verstärkt wurden diese Befürchtungen durch die Erfolge des deutschen Handels in anderen lateinamerikanischen Staaten, insbesondere in Brasilien (vgl. Schröder 1970: 248-261).

364

Die USA hatten zum gleichen Zeitpunkt 672 Millionen Dollar investiert (Mentz 1988c: 142).

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Konflikte manifestierten sich im Sezessionskrieg. Die liberalen Regierungen von Juárez und Lincoln erreichten eine wohlwollende Koexistenz. In diese Periode fallt auch der Beginn einer engen wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die ihren ersten Höhepunkt im Porfiriat fand. Mexikos wirtschaftliche Entwicklung wurde durch die von seiner Regierung geförderten ausländischen, vor allem US-amerikanischen Investitionen entscheidend geprägt. Kennzeichnend für das Porfiriat war dabei die enge Verflechtung von mexikanischer Elite und ausländischen Investoren in den Bereichen Eisenbahnen und Bergbau, während die sich in der Dekade von 1910 bis 1920 rapide entwickelnde Petroleumindustrie weitgehend ohne mexikanische Unternehmer blieb und eine Enklave bildete. Gleich war in den drei genannten Bereichen Erdöl, Bergbau und Eisenbahnen der vorwiegende Gebrauch der englischen Sprache sowie der hohe Anteil von US-amerikanischen Arbeitskräften, insbesondere auf qualifizierten Stellen. Regional konzentrierten sich die US-amerikanischen Investitionen auf den Norden Mexikos und auf die Halbinsel von Yucatán, obwohl sie keineswegs auf diese Gebiete beschränkt blieben. Das Eingreifen der USA in die innenpolitische Entwicklung Mexikos während der Revolution sowie die militärischen Interventionen von 1914 und 1916 beendeten diese Phase der primär wirtschaftlich geprägten, friedlichen Beziehungen. Vor dem Hintergrund des Konflikts zwischen den USA und Deutschland zeigte sich, daß Mexiko für beide Länder nur eine untergeordnete Rolle spielte. Während sie Mexiko fiir ihre Zwecke zu instrumentalisieren suchten, nutzten dessen Politiker die Gelegenheit für die Verabschiedung einer Verfassung, die die Beschneidung der im Porfiriat erreichten starken ökonomischen Stellung von Ausländern und die Egalisierung der Besitzverteilung anstrebte. Der Spielraum für die Durchsetzung dieser revolutionären Ziele war begrenzt, wie die Krisen von 1926/27 belegen. Erst nach der Weltwirtschaftskrise, zur Zeit von Roosevelts New Deal, knüpfte die Regierung Cárdenas an die callistischen Ansätze zur Enteignung und zu Landverteilungen an und unterstützte die mexikanischen Arbeiter gegen in- und ausländische Arbeitgeber. Die Krise von 1938 wurde durch den Zweiten Weltkrieg aufgelöst, der für die USA wiederum Priorität vor den Konflikten mit Mexiko hatte. Der Antifaschismus der mexikanischen Regierung fiel zusammen mit einer wirtschaftlichen Umarmung durch die Vereinigten Staaten, der sich Mexiko mangels ökonomischer Alternativen nicht entziehen konnte. Während die USA und Mexiko lange Zeit territoriale Auseinandersetzungen hatten, die für Mexiko existenziell wurden, verliefen die deutsch-mexikanischen Beziehungen weit weniger dramatisch. Für Preußen und die Hansestädte standen Handelsinteressen im Vordergrund, wobei nur die Anerkennung Maximilians das Bild kurzzeitig trübte. Das Porfiriat stand dem Kaiserreich an Pomp nichts nach, und beide ergänzten sich in ihren wirtschaftlichen Zielen. Zwar kam es im Handel (vor allem im Bereich der Eisenwaren) zu einer Konkurrenz mit den USA, aber in anderen Bereichen (Eisenbahnen, Petroleum) gab es keine Rivalität. Durch die internationalen Verflechtungen der Frankfurter Metallgesellschaft und der deutschen Banken kam es im Bergbau und im Bankwesen teilweise zu einer Zusammenarbeit, wobei die USA im Bergbau dominierend waren, die Deutschen aber im Bankwesen in dieser Zeit eine sehr starke Stellung innehatten. Obwohl man von deutscher Seite das wirtschaftliche Engagement ausbauen wollte, sollte doch ein Konflikt mit den Vereinigten Staaten, die man als Hegemonialmacht Mexikos akzeptierte, vermieden werden. Auf dieser Grundlage und genährt durch die Enttäuschung über die Regierung Madero im Fall Covadonga, fiel es

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der deutschen Politik leicht, den US-amerikanischen Botschafter bei seinen Intrigen zum Sturz Maderos zu unterstützen. Huerta als General der ehemaligen Diaz-Armee erschien geeignet, die früheren Verhältnisse wiederherzustellen. Durch den Ersten Weltkrieg verschärfte sich der Konflikt zwischen Deutschland und den USA, und die Vereinigten Staaten sollten auf jeden Fall von einem direkten Eingreifen abgehalten werden. Durch die wenig sorgfaltig geplante und durchgeführte Aktion der „Zimmermann-Depesche" sollten Carranza und seine Regierung wie Marionetten benutzt werden, um in einer selbstzerstörerischen Aktion den Krieg mit den USA auf sich zu nehmen, den das Deutsche Reich von sich abwenden wollte. Trotzdem kam es zu keinem Abbruch der Beziehungen. Obwohl der wirtschaftliche Austausch mit Deutschland durch die Seeblockade praktisch zum Erliegen gekommen war, nutzte Carranza die Beziehungen zum Deutschen Reich zur Demonstration seiner Souveränität. In den zwanziger und dreißiger Jahren nahm Deutschland wieder einen wichtigen Platz als Handelspartner Mexikos ein und konnte seine Stellung vor allem auf Kosten Großbritanniens ausbauen. Obwohl eine spezielle Untersuchung zu diesem Thema noch nicht vorliegt, scheint die Persönlichkeit von Plutarco Elias Calles hieran erheblich beteiligt gewesen zu sein. Die Politik der Regierung Cárdenas gegenüber Deutschland war zweischneidig: wegen des Spanischen Bürgerkriegs und den deutschen Annexionen stand sie ab 1936 im politisch entgegengesetzten Lager, war aber durch den internationalen Boykott nach der Enteignung der Petroleumindustrie auf die faschistischen Staaten als Handelspartner angewiesen. Erst als der Handelsaustausch zwischen Deutschland und Mexiko zusammenbrach, schwenkte Mexiko auch wirtschaftlich auf die Unterstützung der US-amerikanischen Kriegsindustrie ein. Die Regierung Avila Camacho vollendete diesen Schritt politisch und trat nach den Torpedierungen von zwei mexikanischen Tankschiffen in den Krieg gegen Deutschland ein.

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3. DAS PROBLEM DER EINWANDERUNG IN MEXIKO

3.1 Die mexikanische Einwanderungsgesetzgebung und -politik

Obwohl die mexikanische Regierung der Einwanderung im Prinzip lange Zeit positiv gegenüberstand, entwickelte sich Mexiko, anders als die USA, Argentinien oder Brasilien, nicht zu einem typischen Einwanderungsland. Dieser „Makel" wurde in der vorrevolutionären Diskussion oft als Grund fiir die mangelnde wirtschaftliche Entwicklung angesehen. Besonders erwünscht war die Immigration in den wenig besiedelten Norden. Nach der Revolution und während der Weltwirtschaftskrise änderte sich die Haltung der mexikanischen Regierung. Neue Gesetze differenzierten stark zwischen und erwünschter und unerwünschter Immigration. 1 Die Begriffe Einwanderung Kolonisation wurden bis ins Porfiriat hinein synonym gebraucht, Immigranten waren per se Kolonisten (Berninger 1974: 18-19). Die moderne Migrationsforschung unterscheidet dagegen mehrere Typen der Migration, die Marschalck (1976: 14) folgendermaßen charakterisiert:

Firstly there is the ideologically, religiously motivated emigration induced by threat and taken place in the form of the migration of structured groups with the goal of closed settlement; secondly the political emigration also induced by threat, but in the form of individual migration and with the goal of the emigrants to return to their home country; thirdly the socio-economically motivated emigration caused by overpopulation and taking place in the form of mass migration of families as well as of single persons with the goal of agrarian settlement or industrial employment; and fourthly the type of personal-economic emigration induced by speculation, taking place in the form of individual migration with the goal of return.

In Mexiko läßt sich ansatzweise jeder der genannten Typen feststellen, allerdings nur bedingt bei US-amerikanischen und deutschen Immigranten. Die Begriffe Einwanderung und Immigration werden von mir in dieser umfassenden Weise verwendet. Der Begriff Kolonisation bezeichnet dagegen ein organisiertes Unternehmen mit dem Ziel der Gruppensiedlung auf (in der Regel) landwirtschaftlicher Grundlage.

' Die Diskussion um die mexikanische Einwanderung wurde bisher in der Forschung kaum behandelt. Ausnahmen fiir die Zeit vor der Reforma sind die Arbeiten von Berninger (1974; 1976) und Bernecker (1989). Zu den Vorurteilen gegen die Einwanderung von Chinesen, die in ihrer Vertreibung aus Sonora gipfelten, vgl. Gómez Izquierdo (1991) und Jacques (1976). Die cardenistische Flüchtlingspolitik mit ihrer unterschiedlichen Haltung gegenüber spanischen Republikanern und europäischen Juden behandeln Avni (1989) und Bokser-Liwerant (1990-1991). Senkman (1994) vergleicht die argentinische mit der mexikanischen Fluchtlingspolitik.

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3.1.1 Einwanderungsgesetzgebung und Kolonisation bis 1926

Das mexikanische Interesse an der Einwanderung war bereits von Beginn der staatlichen Existenz an offensichtlich. Gewünscht wurde eine Umlenkung des Einwandererstroms aus Europa, der sich statt in die Vereinigten Staaten nach Mexiko ergießen sollte und dort für „blühende Wüsten" (desiertos florecientes), eine Ausweitung des Handels, eine Wiederbelebung des Bergbaus und eine Anhebung des Zivilisationsgrads aller mexikanischen Schichten sorgen sollte (Berninger 1974: 31; 1976: 549).2 Neben den ökonomischen und sozialen Aspekten spielte auch die Sicherung der Grenze im Norden eine wichtige Rolle, da Missionare und Militärposten hierzu nicht mehr ausreichten. Insbesondere katholische Iren und Deutsche schienen als Einwanderer geeignet. Bereits während der Regierung Iturbides wurden eine Comisión de Colonización eingerichtet und Vorschläge für ein Kolonisationsgesetz diskutiert. Am 4. Januar 1823 war ein erstes Gesetz erlassen, aber durch den Sturz Iturbides wenige Monate später bereits hinfallig geworden. Ab Oktober 1823 mußten sich Ausländer von den lokalen Behörden registrieren lassen. Die maximal zulässige Ausdehnung des Grundbesitzes von Ausländern, den diese aus dem Fundus der terrenos baldíos3 erhalten sollten, wurde ebenso festgelegt wie eine Residenzpflicht im Land. 4 Auf der Grundlage dieses Gesetzes auf nationaler Ebene erließen mehrere Bundesstaaten eigene Gesetze. Erwartet wurde eine von Unternehmern organisierte Kolonisation, obwohl die Rechte und Pflichten dieser empresarios zumindest auf nationaler Ebene nicht definiert worden waren. Die Frage der religiösen Toleranz 5 spielte in den 1820er und 1830er Jahren eine wesentliche Rolle in der mexikanischen Diskussion um die Einwanderung, die als solche aber weder von den Liberalen noch von den Konservativen in Frage gestellt 2

Die Vorstellung, daß Mexiko ein ungeheuer reiches Land sei, dessen Schätze nur gehoben werden brauchten, wurde unter anderem durch die Schriften Alexander von Humboldts genährt. Humboldt hatte das heutige Mexiko 1803-1804 bereist und 1807-1811 seinen einflußreichen, in viele Sprachen übersetzten Essai politique sur le Royaume de la Nouvelle Espagne (Paris) veröffentlicht. Noch ein halbes Jahrhundert später besang eine anonyme Hymne, die anläßlich der Ankunft Maximilians verfaßt worden war, die „desiertos floridos", die nun entstehen sollten (vgl. Bopp 1965: 258). 3

Als terrenos baldíos wurden Grundstücke bezeichnet, auf die niemand Besitztitel hatte. Sie gehörten der Nation, wobei allerdings umstritten war, wem die Zuständigkeit für ihre Verteilung oblag. Mehrere Bundesstaaten, die ihre Bevölkerung erhöhen wollten, boten zu verschiedenen Zeitpunkten terrenos baldíos auch Ausländem zum Kauf an (González Navarro 1993-1994: 1,48-49, 306, 334). Ein Problem bei der Nutzung der terrenos baldíos war die fehlende Vermessung und Fraktionierung, die erst im Porfiriat in größerem Maßstab durchgeführt wurde. 4

Das Recht auf den Besitz von Immobilien blieb für Ausländer bis 1842 stark beschränkt, als Santa Anna ihn in einem Dekret vom 11. März liberalisierte. Ausnahmen für küsten- und grenznahen Besitz gab es weiterhin (Berninger 1974: 47). Der Einzelhandel - in den Bundesstaaten für Ausländer bereits teilweise beschränkt - wurde ihnen 1843 verboten, sofem sie sich nicht naturalisierten, mit einer Mexikanerin verheiratet waren oder mit ihrer Familie in Mexiko lebten. In der Praxis konnten die meisten Detailhändler ihre Geschäfte fortfuhren (Bernecker 1988: 524-528; Berninger 1974: 95-96). 5

Die mexikanische Verfassung von 1824 legte den Katholizismus als Staatsreligion fest. Mehrere ausländische Staaten versuchten, in Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsverträgen religiöse Toleranz für ihre Untertanen festzuschreiben, konnten sich hiermit aber nicht durchsetzen (vgl. dazu Bernecker 1989: 12-16; Winn 1972). Auf bundesstaatlicher Ebene scheint die Gesetzgebung zumindest in Yucatán liberaler gewesen zu sein (vgl. González Navarro 1993-1994:1,46).

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wurde. Die Liberalen sahen in der Debatte um die Immigration eine Chance, ihrer Forderung nach Religionsfreiheit Nachdruck zu verleihen. Wieviele Kolonisationsprojekte tatsächlich an dieser Frage scheiterten, ist unklar (Berninger 1974: 115-124; 1976: 549-555; Bernecker 1989). Bis zum Porfiriat wurden nur sehr wenige Projekte realisiert, wobei allerdings die Kolonisation von Texas eine Ausnahme bildete.6 In Texas, wo die legal und illegal zugewanderte, vorwiegend angloamerikanische 7 Bevölkerung bald die mexikanische überstieg, konnte zwar das Ziel eines wirtschaftlichen Aufschwungs erreicht werden, allerdings führte die rasante demographische Entwicklung dazu, daß die Region sich nach wenigen Jahren abspaltete und das Ziel der Grenzsicherung als völlig gescheitert anzusehen ist. Die früh deutlich werdenden Probleme in Texas führten unter der Regierung Alamán zu einem neuen Kolonisationsgesetz (6. April 1830), das die Einwanderung US-amerikanischer Staatsbürger dorthin verbot und die mexikanische Militärpräsenz verstärkte. Die gewünschte umfangreiche Einwanderung mexikanischer Migranten nach Texas konnte allerdings nicht erreicht werden, und die nachfolgende liberale Regierung erlaubte es Stephen Austin 1833 erneut, US-amerikanische Siedler nach Texas zu bringen. Der spätere Verlust von Texas wurde vor allem auf die mangelnde Loyalität der dortigen Kolonisten zurückgeführt und hatte nicht eine grundsätzliche Ablehnung der Immigration zur Folge. Gleichwohl ließen die ohnehin kaum ausgeprägten Versuche einer konkreten Umsetzung der Einwanderungspolitik nach, was Berninger aber eher auf die internen Probleme Mexikos zurückführt als auf den Verlust von Texas (Berninger 1974: 80-84).8 Eine liberale Einwanderungspolitik wurde trotz des Krieges mit den USA von der im November 1846 gegründeten und dem Innenministerium unterstellten Dirección de Colonización e Industria propagiert (Berninger 1974: 139-140), die sich mit ihren Vorstellungen, zusammengefaßt in einem Gesetzesprojekt vom Juli 1848, aber nicht durchsetzen konnte.9 Nach dieser Niederlage verlor die Dirección an Bedeutung und wurde 1853 bei einer Umstrukturierung der Ministerien nach der Machtübernahme Santa Annas abgeschafft (Berninger 1976: 555-565; 1974: 139-161, 164).10 Ein 1854 von 6

Ein weiteres frühes Kolonisationsprojekt, das jedoch nach kurzer Zeit scheiterte, war die Ansiedlung von mehreren Hundert Franzosen ab 1829 am Fluß Coatzacoalcos (Isthmus von Tehuantepec). Vgl. dazu Berninger (1974: 64-73); González Navarro (1993-1994: 1,178-186) und J. Meyer (1980: 7-8). 7

Die deutsche Einwanderung nach Texas spielte in dieser Zeit noch keine große Rolle. Vgl. dazu Auspurg-Hackert (1984).

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Ohne Zutun der mexikanischen Behörden kam es 1850 zur Ansiedlung einer aus den USA emigrierten Gruppe von Seminolen, Schwarzen (mascogos) und zeitweise auch Kickapoos im Bundesstaat Coahuila. Sie lebten erst bei Piedras Negras, dann in der Nähe von Múzquiz, und trugen in Militärexpeditionen zur Sicherung der Region vor Filibustem und indios bárbaros bei (Porter 1951). 9

Neu an der Debatte war die Diskussion der Rolle, die der autochtonen mexikanischen Bevölkerung zukommen sollte. Hier zeigten sich unterschiedliche Auffassungen bei Liberalen und Konservativen, die über die Polemik um die religiöse Toleranz hinausgingen. Vgl. dazu Berninger (1974: 148-153) und González Navarro (1993-1994: 1,281-282); zur Arbeit der Dirección und ihrem Gesetzesprojekt Beminger (1974: 141-145). 10

Hierdurch wurde auch der Versuch von Carl Christian Sartorius, der den Regierungen Herrera und Arista als Kolonisationsagent diente, zunichte gemacht, deutsche Auswanderer nach Mexiko zu holen. Sartorius, ein hessischer politischer Emigrant, der seit 1824 in Mexiko als Grubenverwalter und Agrarunternehmer tätig war, hatte bereits ab 1834 versucht, auf der Hacienda El Mirador (Veracruz) eine seinen liberalen Idealen verpflichtete deutsche Kolonie zu verwirklichen. Bis 1838 hatten die Siedler,

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Secretario de Fomento Joaquín Velázquez erlassenes Kolonisationsgesetz war nach der Darstellung von González Navarro von einem defensiven Nationalismus gekennzeichnet und stand im Zeichen der internen Spannungen kurz vor dem Bürgerkrieg (González Navarro 1993-1994:1,330-331)." Die auch nach dem Sieg der Reforma noch umstrittene Religionsfreiheit wurde am 4. Dezember 1860 durch ein Gesetz der Regierung Juárez eingeführt (Berninger 1976: 549). Auch die Regierung Kaiser Maximilians wollte die Einwanderung nach Mexiko fördern. Bekannt sind aus dieser Zeit vor allem die Einwanderung und Kolonisation von Konföderierten aus den besiegten Südstaaten der USA. 1 2 Von den Kolonisationsversuchen in verschiedenen Teilen Mexikos scheint der in Veracruz, nahe der Stadt Córdoba, am erfolgversprechendsten gewesen zu sein. Diese Kolonie mit dem Namen Carlota wurde von General Sterling Price organisiert. Das Land stammte aus Kirchenbesitz, das die Regierung Juárez enteignet hatte und das Maximilian zu Kolonisationszwecken zur Verfügung stellte. Im Frühjahr 1866 sollen etwa 175 bis 250 „Amerikaner" in der Region gelebt haben (Harmon 1937: 469; Rolle 1966: 89, 91, 9697, 108-113). Fast alle waren Männer, die meisten Junggesellen. Die Kolonisten wurden in der US-amerikanischen Presse stark angefeindet. Mangel an Kapital und Arbeitskräften,13 Landspekulation und Konflikte mit der mexikanischen Bevölkerung trugen neben persönlichen Anpassungsschwierigkeiten an den neuen Status zum geringen Erfolg der Kolonie bei. Der Abzug der französischen Truppen aus Mexiko bereitete ihr ein Ende. Carlota wurde im Mai 1866 zerstört. Kurz zuvor war die kleine, ebenfalls nahe Córdoba gelegene konföderierte Kolonie Omealco von Anhängern der Liberalen überfallen und ihre Bewohner vertrieben worden. 14 Auch ein Kolonisationsprojekt mit deutschen, vorwiegend aus Schlesien stammenden Siedlern in Yucatán scheiterte in diesen Jahren.15

deren Anzahl höchstens vierzig erreichte, die Kolonie aber wieder verlassen und sich zum Teil in den Städten der Region niedergelassen (vgl. Scharrer 1982, insbesondere 1982: 276-280; Mentz 1990: 4043). " Ausländer, die ab dem 30.1.1854 ohne carta de seguridad angetroffen wurden, sollten festgenommen werden, bis das Außenministerium über ihre Ausweisung oder Legalisierung entschied (La historia del pasaporte en México 1994:71). 12

Nach den Angaben des US-amerikanischen Konsuls Marcus Otterbourg hielten sich im September 1865 ungefähr 350 SUdstaatler in Mexiko-Stadt auf, kurz darauf war ihre Zahl auf 500 gestiegen (Nunn 1956 [1974]: 51). Im gesamten Kaiserreich sollen etwa 2300 Konfoderierte gelebt haben. Nach anderen Schätzungen betrug die Zahl der zwischen 1865 und 1867 nach Mexiko ausgewanderten Konföderierten nur etwa 1000 (Hanna/Hanna 1947: 234). Vgl. auch Rolle (1966: 80). Zu dem gescheiterten Kolonisationsprojekt des Südstaatlers und ehemaligen Senators von Kalifornien William M. Gwin, das von Napoleon III. gefordert, aber von Maximilian abgelehnt wurde, vgl. Suárez Argüello (1990; 1992). 13 Den früheren Plantagenbesitzem war es in Maximilians Einwanderungsdekret vom 5.9.1865 erlaubt worden, Arbeitskräfte mitzubringen - allerdings nicht als Sklaven, wie sie es gewohnt waren, sondern als peones. In Mexiko zogen diese es anscheinend vor, ihre ehemaligen Besitzer zu verlassen (Hanna/Hanna 1947: 241; Rolle 1966: 116). 14 Vgl. Harmon (1937); Rolle (1966: 92-107, 114-124, 174-186); Nunn (1956 [1974]: 57-70, 79-114). Die vertriebenen Südstaatler gingen in die USA zurück oder emigrierten zum Beispiel nach Brasilien oder Venezuela, wo bereits konfoderierte Einwanderer lebten. Einige verstreuten sich in Mexiko, ebenso wie es diejenigen konfoderierten Einwanderer getan hatten, die sich von Anfang an nicht auf das Leben in einer Agrarkolonie eingelassen hatten (Rolle 1966: 77, 108, 187-212). 15 Vgl. Bopp (1965: 264); Bopp (1979: 485); Wilke (1905: 117-118); González Navarro (1993-1994: 1,509).

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Im Porfiriat n a h m die m e x i k a n i s c h e Kolonisationspolitik e i n e n A u f s c h w u n g . In dieser Zeit war sie ein Bestandteil der a l l g e m e i n e n Förderung der Modernisierung. N a c h Äußerungen v o n Porfirio D í a z aus d e m Jahre 1 8 8 0 stellten Immigranten ein wertvolles Kontingent an Arbeitskraft, Kapital und Intelligenz dar ( G o n z á l e z Navarro 1960: 3). 1 7 O b w o h l e s Kritiker gab, die die Einfuhr v o n Kapital als dringender erachteten als die v o n Kolonisten, 1 8 konzentrierte sich die D i s k u s s i o n vor a l l e m auf die Herkunft der potentiellen Einwanderer und ihre Eignung für die Agrarkolonisation in e i n e m Land, in d e m die L ö h n e niedrig w a r e n und an Arbeitskräften in den für die Landwirtschaft nutzbaren R e g i o n e n kein Mangel herrschte. Rassistisch motivierte Vorbehalte bestanden g e g e n die Immigration v o n Chinesen 1 9 und S c h w a r z e n , 2 0 darüberhinaus auch g e g e n die Einwanderung v o n w e i ß e n US-Amerikanern. D i e s e wurde aus Furcht vor d e m U S - a m e r i k a n i s c h e n Imperialismus und aus der Erinnerung an den Krieg v o n 18461848 und d e s s e n F o l g e n abgelehnt. 2 1 O b w o h l i m Porfiriat damit b e g o n n e n wurde, Einwanderung und K o l o n i s a t i o n als nicht identisch anzusehen, 2 2 beschäftigte s i c h die Regierung b i s 1908 praktisch nur mit der 16

Über die Kolonisation im Porfiriat hat vor allem González Navarro gearbeitet (1953; 1957: 134-184; 1960). Eine Fundgrube an detaillierten Informationen über Ausländer in Mexiko und Mexikaner im Ausland (1821-1970) ist sein neueres dreibändiges Werk (1993-1994I-III). Zur Vermessung der terrenos baldíos und den damit zusammenhängenden Problemen vgl. Holden (1990; 1994) und de Vos (1984). 17 In diesem Zusammenhang spielte natürlich die Einschätzung der einheimischen, vor allem der indianischen Bevölkerung eine Rolle, die von vielen Verfechtern der Einwanderung als zivilisatorisch minderwertig erachtet wurde. Auch galt die Arbeitskraft von Ausländern in der Regel mehr als die von Mexikanern (González Navarro 1957: 147-153). 18 Diese Ansicht vertrat in den 1890er Jahren zum Beispiel der USA-freundliche Matías Romero, Mexikos Gesandter in Washington. US-amerikanischen Arbeitern riet er explizit von der Emigration nach Mexiko ab, während er die Chancen für Farmer mit Kapital und für Unternehmer im Bergbau positiv einschätzte. Die für die Einwanderung zuständige Secretaría de Fomento stimmte dem mexikanischen Gesandten in Washington, Matías Romero, darin zu, daß US-Amerikaner nicht dazu eingeladen werden sollten, sich in Mexiko anzusiedeln. In Romeros Ausführungen für das USamerikanische Publikum solle aber auch nicht der Eindruck entstehen, das Land sei unbewohnbar (AHSRE 3740-15; Romero 1898: 125-129). 19 Chinesische Immigranten wurden zum Teil aber auch deswegen kritisiert, weil sie aus der Landwirtschaft schnell in den Dienstleistungssektor abwanderten. Zum Problem der chinesischen Einwanderung im Porfiriat vgl. Cott (1987), für den größeren Zeitraum bis 1932 auch Hu-DeHart (1980). 20

In Tlahualillo (Durango) starben 1895 auf der Hacienda Rosas sehr viele Mitglieder einer von schwarzen US-Amerikanem aus Alabama gebildeten Kolonie, die ungefähr 800 Personen umfaßt hatte, an Pokken (viruela). Eine unbestimmte Anzahl von ihnen ging zurück in die USA. Die Zeitung El Tiempo nahm das Ende dieses Kolonisationsversuchs mit Erleichterung auf, und vom mexikanischen Konsulat in Eagle Pass wurden die Ereignisse als Beweis dafür angesehen, daß sich Schwarze in Mexiko auf keinen Fall adaptieren könnten (González Navarro 1960: 60-61; AHSRE 3740-26; AHSRE 3740-27). 21

González Navarro (1953: 185-192, 209-219; 1957:160-180). Vgl. dazu auch González Navarro (1960: 54-72). Insbesondere die Kolonisation in Grenznähe wurde mißtrauisch beobachtet und in der Presse polemisch behandelt. Dahinter stand die Sorge vor annexionistischen Ansprüchen der Vereinigten Staaten. Gefordert wurde dieses Mißtrauen dadurch, daß unter anderem fast die gesamte Halbinsel Baja California an die US-amerikanisch-britischen Kolonisationsgesellschaften Louis Hullers konzessioniert worden war. Der in Sonora ansässige Einwanderer deutscher Abstammung Huller (Hüller) starb 1891 (Holden 1994: 147-150). In einer Liste des mexikanischen Außenministeriums ist seine Annahme der mexikanischen Staatsbürgerschaft im Jahr 1884 verzeichnet: Luis Huller, alemán, Cumaripa (Sonora), minero (AHSRE L-E-1992). Nach Hardy (1975:257) war er auch ein „naturalized American Citizen". 22

„En nuestra [legislación] se ha establecido, sin embargo, en los últimos años, la diferencia de llamar colonos solamente a los inmigrantes que vienen a radicarse por contrato celebrado ya sea con el gobierno

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Kolonisation. Grundlage fíir diese war ein Gesetz, das bereits vom 31. Mai 1875 datierte. Es unterschied zwischen direkter, von der Regierung durchgeführter Kolonisation und indirekter von privaten Unternehmen. Die Bedingungen für diese letztere, wie Subventionen und Zollerleichterungen, wurden im Gesetz kurz umrissen. Die Kolonisten sollten die mexikanische Staatsbürgerschaft23 sowie finanzielle Hilfe für ihren Transport und ihre Ansiedlung erhalten. Vom Militärdienst und einem Teil der Steuern und Abgaben wurden sie befreit. Die neugegründeten Kolonien sollten diesen Status zehn Jahre lang behalten.24 1883 wurde dieses Gesetz durch ein differenzierteres abgelöst. 25 Es enthielt Bestimmungen zur Landvermessung, Fraktionierung und Evaluation, legte die maximal zu vergebende Ausdehnung von Land an Einzelpersonen (ausländische Einwanderer und Einheimische) auf 2500 Hektar fest und bestimmte die Bedingungen zur Bezahlung desselben. 26 Die Regierung verpflichtete sich, den Erlös aus dem Verkauf des Landes (auch aus den Hypotheken) für die Kolonisation anzulegen (Artikel 4). Der Titel colono, und damit der Zugang zu Zollund Steuererleichterungen, konnte nur von Einwanderungsagenten beziehungsweise den Konsuln vergeben werden (Artikel 5). 27 Zugrunde lag diesem Titel ein Vertrag zwischen dem Migranten und der Kolonisationsgesellschaft. Kolonisten wurden für zehn Jahre von allen Abgaben außer den städtischen (municipales) sowie von bestimmten Zöllen befreit (Artikel 7-9). 28 Sie mußten bei ihrer Ansiedlung erklären, ob sie ihre Staatsangehörigkeit behalten wollten oder die mexikanische annehmen wollten, unterstanden aber in jedem Fall der mexikanischen Verfas-

directamente o con algún particular que tenga colonos [...]", schrieb José Covarrubias 1905 (Covarrubias 1912: 211-212). Covarrubias war Beamter der Secretaría de Fomento, ihm unterstand dort der Bereich Kolonisation. Er selbst zog es vor, zwischen colonos, inmigrantes und viajeros zu unterscheiden: „Inmigrante es el extranjero que llega al pais, sin más capital que sus brazos, a ofrecer su trabajo personal en cambio de un salario. Colono es el que, siendo nacional o extranjero, se establece como propietario en una tierra para cultivarla personalmente y con ayuda de su familia, empleando, sólo en pequeña proporción y en determinadas épocas del año sirvientes." Viajeros waren Reisende zum Zwecke der Erholung oder aus geschäftlichen Gründen (Covarrubias 1912: 345). 23

Die naturalización beziehungsweise, falls bereits naturalisiert, die ciudadanía (Artikel III).

24

Ley de 31 de Mayo de 1875 autorizando al Ejecutivo Federal para que haga efectiva la colonización, abgedruckt bei Maza (1893: 826-828). 25

Ley de 15 de Diciembre de 1883, mandando deslindar, medir, fraccionar y valuar los terrenos baldíos ó de propiedad nacional, para obtener los necesarios para el establecimiento de colonos, abgedruckt bei Maza (1893: 936-945). 26

In Einzelfällen war auch die Vergabe von Landstücken unter 100 Hektar ohne Bezahlung möglich (Artikel 3). 27

Dieser Artikel führte in den folgenden Jahren zu Problemen, da es keine mexikanischen Einwanderungsagenten im Ausland gab. Die Secretaría de Relaciones Exteriores sah es 1885 nicht als Aufgabe der ihr unterstehenden Konsuln an, als solche tätig zu sein. Sie sollten nur Informationen geben und das Gesetz von 1883 verbreiten. 1888 bestand noch starke Unklarheit bei den Konsuln über ihre Aufgaben und über die Unterscheidung von colonos und inmigrantes (AHSRE 3741-20; AHSRE 3744-1). Auch in den 1890er Jahren kam es zu Unstimmigkeiten, da die Konsuln certificados como colonos zum Teil an Personen vergaben, die gemäß ihrer Nationalität oder aus anderen Gründen fiir bestimmte Kolonien nicht in Frage kamen. Die für die Kolonisation zuständige Secretaría de Fomento rügte in solchen Fällen die Konsuln (AHSRE 3740-5; AHSRE 3740-8; AHSRE 3740-9). 28

Für repatriierte Mexikaner wurden besondere Bedingungen festgelegt (Artikel 16).

109 sung und Gerichtsbarkeit (Artikel 12 und 13). A u ß e r d e m legte das G e s e t z Grundlagen für die Zusammenarbeit mit den K o l o n i s a t i o n s g e s e l l s c h a f t e n fest. 2 9 A u f dieser g e s e t z l i c h e n Grundlage wurden K o l o n i e n gegründet, die teils direkt v o n der Regierung initiiert und betreut wurden, meistens aber v o n privaten Unternehmen. D i e s e stellten sich bald als die erfolgreicheren heraus, eine Tatsache, die Porfirio D í a z bereits 1888 anerkannte. V o n den u n z ä h l i g e n Projekten, die Hunderttausende v o n K o l o n i s t e n nach M e x i k o bring e n sollten, wurden insgesamt j e d o c h nur w e n i g e realisiert. Z w i s c h e n 1878 und 1 9 1 0 waren 156 Kolonisationsverträge mit der Secretaría de Fomento a b g e s c h l o s s e n , aber nur 6 0 K o l o n i e n a u c h tatsächlich gegründet worden. S e c h z e h n v o n ihnen unterstanden direkt der Regierung, 3 0 vierundvierzig privaten Gesellschaften. Z w a n z i g der letzteren wurden g a n z oder ü b e r w i e g e n d v o n U S - a m e r i k a n i s c h e n Siedlern bewohnt. 3 1 D i e U S amerikanischen K o l o n i e n lagen an der Grenze z u den V e r e i n i g t e n Staaten und in Sinaloa, Durango, Puebla und Chiapas. Chihuahua war der Bundesstaat mit den m e i sten K o l o n i e n . D i e Gesamtzahl der Kolonisten war n a c h G o n z á l e z Navarro nicht sehr hoch. Im Jahr 1 8 8 7 betrug sie 6 7 4 7 (davon ein Drittel Ausländer); 1 8 9 5 waren e s 7 9 6 2 ( 4 3 % Ausländer), 1 9 0 0 n o c h 5 9 1 0 ( 6 3 % Ausländer). 3 2 D i e s e Zahlen sind i m V e r g l e i c h z u m unorganisierten B e v ö l k e r u n g s w a c h s t u m in v i e l e n G e g e n d e n N o r d m e x i k o s äußerst gering. 3 3 A u ß e r d e m reichten w e d e r die organisierte Kolonisation n o c h die Einwanderung insgesamt aus, u m die Emigration v o n Mexikanern in die U S A w e t t z u m a c h e n ( G o n z á l e z Navarro 1953: 2 3 0 - 2 3 1 ) . 3 4

29

Das Gesetz von 1883 erreichte seine größte Wirkung für den Komplex der Landvermessung. Viele der zwischen der Secretaría de Fomento und den Gesellschaften geschlossenen Verträge enthielten nicht einmal Bestimmungen über die Kolonisation (Holden 1994: 28-36). 1894 wurde ein neues Landgesetz verkündet, das nur noch indirekt Bezug auf die Kolonisation nahm. Durch Dekrete von 1902 und 1909 änderte sich die Landgesetzgebung weiter (González Navarro 1953: 195-198). 30

In acht dieser Siedlungen waren die Kolonisten Mexikaner, in sechs Italiener, in jeweils einer Guatemalteken und nordamerikanische Indianer. Die italienischen Kolonien wurden später zu einer zusammengefaßt. Von den acht mexikanischen Kolonien wurden drei von repatriierten Mexikanern gebildet (González Navarro 1960: 35). 31

Zehn weitere von Mexikanern (davon zwei von repatriierten Mexikanern), zwei von Deutschen, zwei von Kubanern, je eine von Franzosen, Belgiern, Spaniern, Buren, Japanern, Russen und Puertorikanem (González Navarro 1960: 35). 32

1904 betrug die Zahl der Kolonisten 6585, 1908 8481. González Navarro schränkt ein, daß die Zahlen aufgrund der Quellenlage nicht völlig exakt sind. Auch konnte der Ausländeranteil für 1904 und 1908 nicht ermittelt werden (González Navarro 1960: 36). Pombo (1893: 42-43) gibt für 1892 die Zahl von 6319 Kolonisten in zwanzig Kolonien an. Die meisten von ihnen gehörten zu den Kategorien Repatriierte und Mexikaner (2514 und 1411), darauf folgten Italiener (925), norte-americanos (832), Franzosen (130), Engländer (125), Dänen (67) und Deutsche (65). 33

Zum Beispiel wuchs Torreón, an der Kreuzung zweier Eisenbahnlinien entstanden und in der Baumwollanbauregion La Laguna gelegen, zwischen 1900 und 1910 von 13.845 auf 34.271 Einwohner an. Viele der Zuwanderer waren Ausländer, die chinesische Bevölkerung Torreóns wird für 1910 auf ungefähr 600 geschätzt (Aboites Aguilar 1995: 100-101; Urow Schifter MS 1993: 8). Die Dissertation von Aboites Aguilar behandelt die Besiedlung und Kolonisation Nordmexikos (1740-1940). 34

Am Ende seiner Regierungszeit erkannte auch Präsident Díaz das Scheitern seiner Kolonisationspolitik, gemessen am anfänglichen Optimismus, an. Gleichzeitig hob er aber das Ansteigen der „spontanen" Einwanderung hervor: „Por fortuna, lo que directamente no ha logrado el gobierno, se está consiguiendo indirectamente. Si la colonización no prospera gran cosa, en cambio la inmigración es cada día mayor. El alza de los jornales y el progreso general del país, la promueven cada día en mayor

110

1893 wurde die staatliche Kolonisation eingestellt. Sie hatte vor allem in der Regierungszeit von Manuel González (1880-1884) erhebliche finanzielle Förderung erhalten (González Navarro 1960: 1-24). 35 Danach blockte die Secretaría de Fomento die Kolonisation eher ab, als daß sie sie förderte. Dies geht zumindest aus der Korrespondenz hervor, die im AHSRE archiviert ist und die die Antworten des Entwicklungsministeriums auf die Anfragen von mexikanischen Konsuln bezüglich der Kolonisation dokumentiert.36 Stereotyp verwies das Ministerium darauf, daß die mexikanische Regierung selbst keine Kolonisation durchführte, sondern hierfür Verträge mit privaten Gesellschaften abgeschlossen hatte. Diese Gesellschaften werden in der Korrespondenz nur selten namentlich erwähnt, an einer Kontaktaufnahme zwischen ihnen und den Auswanderungswilligen war dem Ministerium anscheinend nicht gelegen. Ober Transportwege und -preise zeigte sich die Secretaría de Fomento nicht informiert. Unter den von US-Amerikanern gegründeten Kolonien wurden besonders die der Mormonen37 bekannt. Ihre Auswanderung aus den USA beruhte auf der dortigen Verfolgung wegen der von ihnen praktizierten Polygynie 38 und begann 1885 durch die zunächst noch nicht behördlich abgesegnete Einwanderung von etwa 300 Mormonen nach Chihuahua. 39 Kurz zuvor hatten Brigham Young Jr. und etwa zwanzig weitere Personen Sonora besucht und sich für eine Ansiedlung im Yaqui-Delta interessiert. Dies führte zu starker Besorgnis auf Seiten der mexikanischen Regierung, vor allem nachdem in der US-amerikanischen Presse gemeldet worden war, die Mormonen hätten mit [José María Ley va] Cajeme, dem Führer der Yaquis, einen Siedlungsvertrag geschlossen. 40 Nach einer Reise von Brigham Young Jr. und weiterer Kirchenoberer nach MexikoStadt kam es aber zu einer Einigung mit Porfirio Díaz und der Secretaría de Fomento über die Gründung von Kolonien. Zwischen 1887 und 1908 entstanden elf Kolonien, von denen zwei (genannt Oaxaca und Morelos) im Nordosten des Bundesstaates Sonora lagen und die übrigen in Chihuahua. Die wichtigsten von ihnen hießen Juárez, Díaz und

escala. Para vincular una buena parte de ella en el cultivo de la tierra, será forzoso irrigar el territorio, abrir caminos vecinales, difundir el crédito agrícola, fundar centros de propaganda, de consulta y de enseñanza agrícola, etc., etc., [...]", zitiert bei González Navarro (1953: 204). 35

Im Haushaltsjahr 1882-83 waren 14% des Haushalts der Secretaría de Fomento dafür vorgesehen. Diese Zahl entsprach 4% des mexikanischen Gesamthaushalts (González Navarro 1960: 23).

36

Es gibt einen Index zu diesen Akten (AHSRE 30-27-186).

37

Die 1830 von Joseph Smith in den USA gegründete Sekte rief 1848 unter Führung ihres ersten Präsidenten Brigham Young den Staat Deseret in der Ebene des Great Salt Lake (heute Utah) ins Leben. 1853 führte sie die Polygynie ein, die aber 1890 wieder abgeschafft wurde. Brigham Young hatte 1846 fünf Kompanien für die Teilnahme am Krieg gegen Mexiko ausgehoben, um die Migration der Sekte zum Great Salt Lake zu finanzieren. 38

1882 wurde die Poligamie in den USA verboten und es kam zu den Angriffen auf die Mormonen, die zu ihrer Auswanderung führten (Mills 1954: 166). Anders als Kanada wurde Mexiko von den Mormonen als ein Land angesehen, in dem es ihnen möglich war, in poligynen Gemeinschaften zu leben (Hardy 1969: 2-3). Aber auch in Mexiko war die Poligamie nicht erlaubt. Dem mexikanischen Gesandten in Washington, Romero, wurde von John W. Young, einem Sohn von Brigham Young Sr., 1885 versichert, die Einwanderer würden nur eine Frau mit nach Mexiko nehmen (AHSRE 15-2-58). 39

AHSRE 15-2-58; Hardy (1969: 3-4).

40

AHSRE 15-2-58.

111 41

Dublán. In einigen der Kolonien wurden auch Mexikaner angesiedelt, jedoch war ihre Einwohnerzahl gering und sank ab, während die der Mormonen wuchs. 42 Die Kolonisten hatten wenig sozialen Kontakt zu ihren mexikanischen Nachbarn. 43 Ihre Loyalität war eindeutig auf die USA ausgerichtet. Johnson (1977: 40) zitiert dazu einen mormonischen Lehrer: „We are going to make the natives good Americans and not good Mexicans for Mexico". Obwohl nach der Darstellung von Mills (1954: 171) nur wenige Kolonisten die US-amerikanische Staatsangehörigkeit aufgegeben hatten, finden sich in den Naturalisierungslisten des mexikanischen Außenministeriums 44 109 Einbürgerungen von Bewohnern der Kolonien Juárez und Dublán in den Jahren 18921898 verzeichnet, fast alle mit dem Datum vom 7. September 1897 oder 12. Oktober 1898.45 Bis auf einen Kaufmann und einen Zimmermann waren alle agricultores. 63 der eingebürgerten Kolonisten lebten in der Colonia Juárez, 46 in der Colonia Porfirio Díaz. Nicht alle von ihnen waren US-Amerikaner: Zwölf Dänen und sechs Briten, die in den Mormonenkolonien lebten, nahmen ebenfalls die mexikanische Staatsbürgerschaft an. Außerdem gab es unter den 90 US-Amerikanern, die sich naturalisierten, einige Personen, die ursprünglich offensichtlich britischer (6), dänischer (4), schweizerischer (1) oder italienischer (1) Herkunft waren. Der erwähnte Kaufmann hatte vorher die spanische Staatsangehörigkeit innegehabt. Die Einbürgerungen der Mormonen hatten vermutlich hauptsächlich mit ihrem Status als Kolonisten zu tun. Wie die zitierten Aussagen über ihre Lebensweise und Schulpolitik belegen, war ihr Interesse an einer „Mexikanisierung" gering und für die späteren Jahre sind Einbürgerungen aus den Kolonien in den Quellen nicht erkennbar. 1907 zählten die Kolonien insgesamt 665 Familien beziehungsweise 4218 Individuen (González Navarro 1960: 63-65). Das Land gehörte größtenteils der im US-amerikanischen Bundesstaat Colorado gegründeten Mexican Colonization and Agricultural Company, 46 die es verpachtete. Andere Siedler kauften sich ihr Land selbst (Mills 1954: 167). John W. Young, der älteste Sohn von Brigham Young Sr., hatte ebenfalls Land in und nahe den Kolonien erworben. Er war aber vor allem am Eisenbahnbau

41

Eine weitere war nach dem Gouverneur von Chihuahua und mexikanischen Secretario de Fomento Carlos Pacheco benannt. Die Kolonie Juárez wurde zum kulturellen Zentrum der Mormonensiedlungen und beherbergte auch eine weiterfuhrende Schule (Thomas 1980: 101). 42

Mills (1954: 167) berichtet, daß in jeder Kolonie das für mexikanische Kolonisten reservierte Viertel des Landes ungenutzt blieb. Diese Aussage erscheint angesichts der von González Navarro (1993-1994: 11,244-246) genannten (geringen) Zahlen mexikanischer Siedler übertrieben. In den Erinnerungen von Thomas (1980: 94) an das Leben in den Kolonien werden Mexikaner vor allem als angestellte Landarbeiter erwähnt. 43

Vgl. Mills (1954: 169); Thomas (1980: 94); González Navarro (1993-1994: 11,250).

44

AHSRE L-E-1992; Memoria SRE 1930-1931 1931: 899-1344. Zum Thema der Einbürgerungen vgl. Kapitel 3.2.2. 45

In elf Fällen wurde als Wohnort statt „Col." oder „Colonia" Juárez „C." Juárez angegeben, womit normalerweise Ciudad Juárez abgekürzt wird. Da das Einbürgerungsdatum in allen genannten Fällen ebenfalls der 7.9.1897 ist und alle als Beruf agricultor angaben, wurden sie den Kolonisten zugerechnet. 46

Diesen Namen nennt der US-amerikanische Konsul Sampson (Reports (rom the Consuls of the United States. Nr. 128, Mai 1891: 61), González Navarro verwendet die spanische Version. Mills (1954: 167) dagegen berichtet von der Mexican Colonization and Land Company, die von der mormonischen Kirche für die Akquisition des Landes gegründet worden war.

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interessiert, von dem sich auch mormonische Siedler gutbezahlte Arbeit erhofften (Hardy 1975:269-279). 1899 kam es in der US-amerikanischen Presse zu Vorwürfen an die Regierung des Bundesstaates Chihuahua, sie würde gegen die von den Mormonen praktizierte Poligamie nicht einschreiten. Der Gobierno del Estado de Chihuahua verwahrte sich gegen diese Kritik (AHSRE 3738-3.):

[...] no es exacto que los funcionarios del Registro Civil hayan autorizado la unión de un hombre con varias mugeres [sic] ó vice-versa, que sería jurídicamente la poligamia, ni tiene noticia que en los pocos matrimonios celebrados entre los colonos dejaron de llenarse los requisitos legales, ni menos de que los contrayentes tuvieron inhabilidad, por tazón de matrimonio anterior. - Las Colonias Díaz, Pacheco, Dublán y Juárez se establecieron en el Distrito Bravos los años de 1880 á 188747 bajo el amparo de la ley de colonización, con familias procedentes de los Estados Unidos de América, unidas por las leyes de aquel pais según lo hacen entender á las autoridades y personas que llegan á visitarles, presentando siempre ellos á una sola muger [sic] como su esposa, sobre lo que no puede hacerse investigación por el respeto que merece la vida privada.

Wegen der guten Führung („buena conducta") der Siedler und dem großen ökonomischen Fortschritt der Kolonien mochte man der Angelegenheit auf bundesstaatlicher Ebene offensichtlich nicht weiter nachgehen, auch wenn in den Kolonien kaum Ehen registriert wurden und die zu verzeichnenden Geburten selten ehelich waren. Konkubinate, stellte man fest, könnten rechtlich nicht bestraft werden; und falls der eine oder andere Kolonist bereits mit mehreren Frauen verheiratet in Mexiko eintraf, wäre das in jedem Fall ein „delito cometido en el extranjero" (AHSRE 3738-3). Ab 1904 gaben auch die Mormonen in Mexiko die Poligynie auf (Mills 1954: 296). Bemerkenswert war die wirtschaftliche Entwicklung der Kolonien, die vor allem auf die von den Siedlern durchgeführten umfangreichen Bewässerungsmaßnahmen zurückzufuhren war. Betrieben wurden Landwirtschaft, Obstanbau und Viehzucht, in Sonora auch Holzwirtschaft. Die Erfolge führten unter anderem zur Errichtung von Säge- und Getreidemühlen, geplant war nach dem Bericht des US-amerikanischen Konsuls in Paso del Norte 1891 auch eine Konservenfabrik (González Navarro 1960: 65-69).48 Die revolutionären Unruhen in Chihuahua führten vor allem nach der Erhebung von Pascual Orozco 1912 im Juli zu einer Fluchtbewegung in die USA. Besonders stark betroffen von dem Zustrom der mormonischen Siedler war die Grenzstadt El Paso (Texas).49 In den Kolonien blieben zumeist nur wenige Familienmitglieder zur Betreu47

Diese Jahreszahl widerspricht allen übrigen Darstellungen.

48

Der Bericht des US-amerikanischen Konsuls Sampson in Paso del Norte (heute Ciudad Juárez) über die wirtschaftliche Entwicklung der Mormonenkolonien fiel sehr optimistisch aus (Reports from the Consuls of the United States. Nr. 128, Mai 1891: 60-61). Vgl. auch den späteren Bericht von de la Pefia (1946), der zwar die wirtschaftlichen Erfolge anerkennt, die mangelnde Assimilation der Mormonen aber kritisiert. Aus deutscher Perspektive berichtete Lemcke über seinen Besuch in den Mormonenkolonien, in denen er einige Landsleute antraf (1900: 178-185). 49

Vgl. AHSRE L-E-741(9).

113

ung des Viehs zurück. Ein Teil der Siedler verblieb in den USA oder wanderte nach Kanada weiter, etwa 300 Mormonen kehrten aber totz der gespannten Beziehungen zwischen den USA und der Regierung Huerta nach Chihuahua zurück. Die Kolonien Juárez und Dublán wurden wieder besiedelt, Díaz dagegen war völlig zerstört worden.50 Von den Truppen Pershings, die von März 1916 bis Januar 1917 nur wenig nördlich von Dublán ihr Hauptquartier aufgeschlagen hatten, profitierten die Kolonien nicht nur militärisch, sondern auch ökonomisch. Mehrere Siedler wurden wegen ihrer Sprach- und Ortskenntnisse von den Truppen angeheuert, andere arbeiteten an der Errichtung des Lagers mit und machten dort Läden auf. Durch Konsignationsgeschäfte mormonischer Kaufleute wurden die Truppen über die Mexican Northwestern Railroad versorgt, deren Benutzung ihnen selbst verwehrt war. Nach dem Abzug der Truppen Pershings kam es wiederum zu Abwanderungen aus den Kolonien." Im Juni 1919 waren aber ungefähr 630 Mormonen im Distrikt ansässig, und 1921 waren es insgesamt 816 in fünf Kolonien. Bis 1938 stieg ihre Zahl auf 1200 (Mills 1954: 290-299). 52 1920 berichtete der US-amerikanische Konsul in Ciudad Juárez über die Mormonenkolonien. Seinen Angaben nach waren die meisten von ihnen Nachkommen von in den USA geborenen Eltern, die allerdings zum Schutze ihres Grundbesitzes die mexikanische Staatsangehörigkeit angenommen hatten. Von den 657 Bewohnern der drei wichtigsten Kolonien hatten etwa 450 (darunter auch Frauen und Kinder) darum gebeten, als USamerikanische Bürger im Konsulat registriert zu werden. Bis März 1920 waren etwa 70 von ihnen akzeptiert worden. 53 Mitte der 1880er Jahre hatte ein weiterer US-amerikanischer Kolonisationsversuch begonnen, der zwar ebensoviel Aufmerksamkeit auf sich zog wie die Mormonensiedlungen, der aber anders als diese nach wenigen Jahren scheiterte. Es handelte sich um die von Albert Kimsey Owen entworfene Kolonisation der Bucht von Topolobampo (Sinaloa) auf sozialreformerischer Grundlage. Owen, der den Norden Mexikos als Landvermesser und Ingenieur der Denver and Rio Grande Railway kennengelernt hatte,54 erhielt 1881 eine Konzession zum transkontinentalen Eisenbahnbau und der Errichtung einer Stadt. Sein Traum war eine schnelle Verbindung des US-amerikanischen Ostens mit dem Pazifik. Als Endpunkt seiner Eisenbahnlinie sollte ein großer Tiefseehafen und mit diesem eine moderne Stadt von der Größe New Yorks entstehen.55 Zusammen mit seinem Partner John H. Rice schloß er 1886 einen neuen 50

Auch nach dem Massaker von Santa Isabel 1916 (vgl. Kapitel 2.1.3) blieben etwa 500 Mormonen in den Kolonien Juárez und Dublán (Mills 1954: 169-182). Zu den Reklamationsansprüchen der Mormonen für revolutionsbedingte Schäden vgl. Mills (1954: 301-310). 51

Eine mit dem Datum vom 9.1.1917 an die Secretarla de Relaciones Exteriores übermittelte Namensliste der Ausländer nordamerikanischer Herkunft in der Colonia Juárez verzeichnet 276 Personen. Die entsprechende Liste für die Colonia Dublán trägt nur 75 Namen, hinzu kommen ein Deutscher und ein Italiener (AHSRE 44-1-23). 52

In den vierziger Jahren begann die Zahl der Mormonen wieder zu sinken (Mills 1954: 299). De la Peña (1946: 227) nennt die Zahl 765. 53

NAUS, Microcopy No. 274, Roll 151,812.42/51-812.4611 (0914-0916).

54

Ein früherer Besuch in Mexiko 1868 endete mit der Erkenntnis, daß die tropische Küste von Veracruz für Kolonisationsversuche ungeeignet sei. 1879 befaßte sich Owen im Auftrag der mexikanischen Regierung mit dem Problem der Trockenlegung des Texcoco-Sees östlich von Mexiko-Stadt (Pletcher 1958: 107, 110-112). Zu Owens Taktiken als Unternehmer vgl. auch Hart (2002: 112-117). 55

Diese Stadt war bis in die Einzelheiten geplant und auf Karten festgehalten worden (Valadés 1939: 4850; Gill 1957 [1983]). Der für sie vorgesehene Name wechselte mehrmals.

114

Vertrag mit der mexikanischen Regierung, der die Errichtung einer Modellkolonie in der Bucht von Topolobampo sowie die Vermessung und Kolonisierung weiteren Landes entlang der geplanten Eisenbahnlinie in den Staaten Sinaloa, Sonora, Chihuahua und Coahuila vorsah. 56 Topolobampo sollte 500 Siedler haben. Für ihr Zusammenleben hatte Owen Richtlinien ausgearbeitet, die den gemeinschaftlichen Besitz an Boden und natürlichen Ressourcen festlegten. Wohnung und Haushaltsartikel waren Privateigentum. Die Gemeinschaft war fíir die Bereiche Erziehung, Transportmittel, Versorgungseinrichtungen und Vergnügungen zuständig. Kolonisten, die zwischen zwanzig und fünfzig Jahre alt waren, mußten Gemeinschaftsdienste leisten. Die Führer der Kolonie wurden gewählt, die Redefreiheit war gewährt und Frauen und Männer waren gleichgestellt. Die Religionsausübung sollte auf den häuslichen Bereich beschränkt sein (González Navarro 1993-1994:11,237-238). Organisiert wurde die Kolonie von der Aktiengesellschaft Credit Foncier of Sinaloa, die von zahlreichen Idealisten finanziert wurde. Die ersten Kolonisten erreichten die Bucht von Topolobampo am 17. November 1886, bis zum Ende des Jahres kamen etwa 300. Sie waren sehr enthusiastisch, aber schlecht ausgerüstet. Sogar Trinkwasser war knapp (González Navarro 1993-1994: 11,239-240). Viele der Kolonisten hatten vorher nicht in der Landwirtschaft gearbeitet, und so blühte zwar das Kolonieleben mit Gemeinschaftsküche, Bibliothek, Schule, Festen und Hausmusik. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln erfolgte aber zum großen Teil durch Fischfang und Jagd sowie durch Lieferungen von außen. 57 Obwohl Owen die Bedingungen seines Kolonisationsvertrags nicht erfüllt hatte und auch die Eisenbahnlinie keinerlei Fortschritte machte, wurde sein Vertrag mit der mexikanischen Regierung 1890 zwar verändert, aber nicht aufgehoben. Die Regierung favorisierte das Projekt außerdem durch die Zulassung Topolobampos zum Küstenhandel (González Navarro 1993-1994:11,241). Ende 1890 änderte sich das Leben in der Kolonie durch die Zuwanderung einer Gruppe von 166 neuen Siedlern unter der Führung von Christian B. Hoffmann, denen bald weitere 195 folgten. Während sich Owen vorrangig den Eisenbahnprojekten widmete, gründete Hoffmann eine neue Gesellschaft, die Kansas-Sinaloa Investment Company, die die Credit Foncier teilweise übernahm und sich vor allem um ein Bewässerungsvorhaben kümmerte. In achtzehn Monaten wurde der Kanal Tastes gebaut, der ab dem 12. Juli 1892 Wasser vom Río Fuerte auf das Land der Kolonie umleitete. Damit stieg der Wert des Bodens beträchtlich. In der Folge spaltete sich die Kolonie, deren 56

Es sollten „colonias agrícolas, mineras e industriales" mit Siedlern aller Nationalitäten entstehen, ein Viertel von ihnen Mexikaner. Owen erhielt den Kolonisationsvertrag, obwohl Topolobampo an der Küste und damit in der Mexikanern vorbehaltenen Zone lag. Offensichtlich half die Unterstützung Matías Romeros, dieses Hindernis zu überwinden. Bei einer späteren Erneuerung des Kolonisationsvertrags am 22.3.1897 wurden US-Amerikaner von der Kolonisation Topolobampos ausgeschlossen, zugelassen waren jetzt nur noch Europäer, Japaner und Mexikaner (AHSRE 3740-9, Secretaría de Fomento an SRE, 11.4.1897). Zu diesem Zeitpunkt war die Kolonie allerdings faktisch bereits gescheitert. 57

Gill (1955: 307-308) beschreibt die Kolonisten folgendermaßen: „Era el grupo de los colonos owenistas un grupo heterogéneo; había entre ellos políticos prominentes - incluso un ex candidato a la presidencia de los Estados Unidos - , antiguos senadores, catedráticos de las Universidades, hombres de ciencia en todas las especialidades, periodistas, artistas, escritores, etc. Había muchos intelectuales y muy pocos agricultores, artesanos y obreros. [...] Aquello no era una colonia agrícola, era un Ateneo." Vgl. auch die kommentierte Namensliste bei Robertson (1964: 129-144).

115 58

Mitgliederzahl absank, in die Anhänger der ursprünglichen Idee Owens, die sich am Unterlauf des Kanals auf der sogenannten Public Farm niederließen, und in diejenigen, die das Land am Oberlauf des Tastes parzellierten und die Verteilung des Wassers kontrollierten.59 Die Kolonie war nicht nur von inneren Auseinandersetzungen bedroht, sondern auch von außen. 1891 war der US-Amerikaner Benjamin Francis Johnston, ein junger Unternehmer, in das Tal des Río Fuerte gekommen und zum Teilhaber des einheimischen Hacendados und Zuckerproduzenten Zacarías Ochoa geworden. Einige Jahre später übernahm er dessen Grundbesitz und den ingenio El Aguila. Von der mexikanischen Regierung erhielt er die Wasserrechte, die bisher Owen gehört hatten. Gleichzeitig kaufte Johnston Anteile der siechen Kansas-Sinaloa Investment Co. (Gill 1955: 309310). Johnston, der 1937 starb, wurde zum größten Zuckerproduzenten der Region und gilt als Gründer der Stadt Los Mochis im Jahr 1903. 60 Die Kolonie von Topolobampo hörte zwar auf zu existieren, aber nicht alle ehemaligen Mitglieder gingen in die USA zurück. Viele blieben in der Region, andere wanderten in das Yaqui-Tal ab.61 Eine weitere Kolonie mit vorwiegend US-amerikanischen Siedlern entstand während des Porfiriats in Tapachula (Chiapas). Sie war das Ergebnis eines Landvermessungskontraktes, der mehrmals den Besitzer gewechselt hatte und der die Verpflichtung zur Kolonisation enthielt. 1887 zählte die Kolonie 93 Siedler (González Navarro 1960: 56). Eine Liste der Cía. Clay Wise y socios vom 31. August 1898 enthält Angaben über dreizehn Kolonisten mit zusammen 33 Familienangehörigen. 62 Nach den Angaben des Kolonisten H. J. Schellenger waren aber 1893 nur noch sieben bis acht der ursprünglich 75 bis 80 Kolonisten der Cía. Wise in Tapachula ansässig. 63 5

* Im Dezember zählte die Kolonie 300 Siedler. 1895 waren es noch 251, während 1896 nur noch zwischen acht und zehn Siedlern registriert wurden (González Navarro 1993-1994:11,242-243). 59

Vgl. González Navarro (1993-1994: 11,241-242); Gill (1955: 308); Ortega Noriega (1979: 19-23).

60

Zu Johnston als Zuckerproduzenten vgl. Crespo (1987: 85-88); Historia del azúcar en México (19881990:1,106-107, 110-111; 1988-1990:11,876) und Hart (2002: 188-189, 381).

61

Der Río Yaqui wurde erst von der Sonora and Sinaloa Irrigation Co., ab 1904 von der Richardson Co. zur Bewässerung genutzt. Das Land, das ursprünglich den Yaquis gehörte, wurde vor allem an USAmerikaner verkauft (Ruiz 1988: 146-151). Pferdekamp (1958: 183-184) erwähnt aber auch eine größere Gruppe deutscher Seeleute, die 1914 versuchte dort zu siedeln, da ihre Schiffe kriegsbedingt im Golf von Kalifornien festlagen. 1937 bat die deutsche Gesandtschaft das mexikanische Außenministerium um Hilfe für deutsche (teilweise mexikanisch naturalisierte) Landbesitzer und Pächter, die sich von den cardenistischen Agrarreformen bedroht sahen (Rüdt von Collenberg an Eduardo Hay, 16.10.1937, AHSRE 111-360-10). Von den Enteignungen im Yaqui-Tal war 1937 anscheinend auch Carlos Linga betroffen, der 700 seiner 800 Hektar Land verlor (El Comercio Mexicano-Alemán. April 1957). 62 63

AHSRE 15-6-64.

Schellenger hatte sich am 12.11.1893 an den US-amerikanischen Gesandten in Mexiko gewandt, um von diesem Hilfe zu erbitten. Eine Kopie seines Briefes befindet sich im AHSRE (15-6-81). Schellenger beschreibt darin, wie er 1883 als einer von 75 bis 80 Kolonisten der Cía. Wise aus Kalifornien nach Tapachula gekommen war. Von den ursprünglichen Kolonisten seien nur noch 7 bis 8 dort, aber da jetzt neue Siedler in die Gegend kämen, sei es filr ihn von höchster Wichtigkeit, die Grenzen seines Landes, in das er zehn Jahre Arbeit und alle seine Mittel investiert habe, zu vermessen. Schellenger gibt an, regelmäßig Steuern gezahlt und aus eigenen Mitteln Straßen, Wege und Brücken gebaut zu haben. Er, der alle Unternehmungen zur Entwicklung des Landes unterstützt habe, bittet nun um die Hilfe des Gesandten bei der Erlangung des Landtitels, der ihm unter der Konzession der Cía. Wise zugesichert

116

An diesem Rückgang war vermutlich auch ihre ungesicherte gesetzliche Lage nach den Kontraktwechseln verantwortlich. Die Region Soconusco mit dem kommerziellen Zentrum Tapachula ist heute wegen der starken Position deutschstämmiger Kaffeepflanzer bekannt. Diese wanderten jedoch nicht als Kolonisten ein, sondern verfolgten individuell ihre ökonomischen Interessen.64 Kolonien mit deutschen Siedlern gab es nur wenige. González Navarro (I960: 55-56, 72-73) erwähnt neben der Kolonie San Vicente (Baja California) mit - im Jahr 1887 120 Deutschen und 18 Mexikanern nur noch eine weitere. Diese Siedlung war 1881 in der Nähe von Acapulco gegründet worden und für deutsche Kolonisten aus San Francisco (USA) gedacht, von denen aber nur 20 kamen. Zu ihnen sandte man an der Nordgrenze gefangen genommene Kickapoos und Mezcaleros. In einem 1905 formulierten Artikel erklärte der bereits erwähnte Beamte des FomentoMinisteriums, José Covarrubias, das Scheitern der mexikanischen Kolonisationspolitik mit der Obsession der Regierung, Wüsten (desiertos baldíos) mit Ausländern besiedeln zu wollen, ein Vorhaben, das von vorneherein aussichtslos wäre und auch in anderen Ländern nicht funktioniert hätte. Der individuellen Einwanderung stand er ebenso skeptisch gegenüber, solange die mexikanischen Löhne nicht auch ein für Europäer interessantes Niveau erreicht hätten (Covarrubias 1912: 346, vgl. auch 1912: 347-352):

Resulta, pues, absurdo pensar en que se puede producir la inmigración en masa por medio de simples disposiciones legislativas, cuando no existen en el país las circunstancias físicas, económicas y sociales que son la causa del fenómeno. [...] Llamar a un hombre que no cuenta sino con su jornal para subsistir, a un remoto país en que no puede ganar ese jornal, es una crueldad.

Zu den gegen Ende des Porfiriats geäußerten Ansichten über die Einwanderung gehörten auch die Kritik an der „Qualität" der Immigranten und die Angst vor der Einschleppung von Krankheiten und fremden Sitten. Während die mexikanischen Behörden einerseits die Einwanderung von gesellschaftlichen Außenseitern wie Prostituierten und Anarchisten verhindern wollten, fürchteten sie andererseits insbesondere von der asiatischen (vorwiegend chinesischen) Einwanderung die Verbreitung von Tracoma, Beulenpest und des Lasters des Opiumrauchens. 65

worden war. Aus der Sicht der Secretaría de Fomento, die aus einem Brief Fernando Leals an die Secretaria de Relaciones Exteriores hervorgeht, hat die Gesellschaft ihren Vertrag nicht eingehalten. Die Kolonisten hätten sich also irregulär angesiedelt, ohne sich um die bestehenden Gesetze Uber den Grunderwerb durch Ausländer zu kümmern. Der Brief der Secretaría de Fomento ist leider in der Akte nicht vollständig erhalten, deshalb bleibt unklar, was sie im Fall Schellengers als Lösung vorschlägt (AHSRE 15-6-81). 64

Zu den deutschen Unternehmern in Chiapas, von denen viele vorher in Guatemala ansässig waren, vgl. vor allem Spenser (1984; 1988a: 247-253,276-278; 1988b: 69-78, 86-87; 1988c: 283-311). 65

Vgl. González Navarro (1993-1994:11,197-201; 1993-1994:111,87). Bereits im Oktober 1907 hatte die Secretaría de Gobernación es dem ihr unterstehenden Consejo Superior de Salubridad erlaubt, asiatischen Einwanderern, die an Tracoma litten, die Einreise zu verweigern (BO-SRE. Bd. 25, Nr. 1, 1907: 56 und Diario Oficial. Bd. 92, Nr. 39, 16.10.1907: 631). Im gleichen Monat wurde darüberhinaus die Stationierung eines Agenten der Gesundheitsbehörde in Hongkong autorisiert. Er war für medizinische

JJ7

Am 22. Dezember 1908 wurde ein Einwanderungsgesetz erlassen, das als wichtigstes Element einen Katalog derjenigen Personen enthielt, denen die legale Einreise verwehrt werden sollte. Es reagierte aber nur auf einen Teil der Kritik und enthielt keine speziellen Bestimmungen gegen die chinesische Einwanderung, wie sie in den USA bereits seit 1882 existierten (vgl. Divine 1957: 19-20; Wendler 1978: 98-99, 104-112). Auszuschließen waren Personen, die an infektiösen und chronischen Krankheiten litten;66 Epileptiker und Geisteskranke; Alte und Personen mit physischen und mentalen Defekten, die sie zur Arbeit unbrauchbar machten; Kinder unter sechzehn Jahren, die weder unter der Obhut eines Mitreisenden noch eines in Mexiko residierenden Erwachsenen standen; Justizflüchtlinge, die für ihre Verbrechen nach mexikanischem Recht mehr als zwei Jahre Gefängnis zu gewärtigen hätten; Angehörige anarchistischer Gemeinschaften und Befürworter von gewaltsamen Regierungsumstürzen; Bettler und andere auf die öffentliche Wohlfahrt angewiesene Personen; Prostituierte und Zuhälter.67 Für nicht infektiöse Kranke und Schwache und für Familienangehörige von in Mexiko lebenden Ausländern konnten unter bestimmten Bedingungen Sondergenehmigungen erteilt werden. Diplomaten und ihre Familien waren generell von den Beschränkungen ausgenommen. Außerdem regelte das Gesetz die Einreise nach Mexiko per Schiff und auf dem Landweg. Falls erkrankte Immigranten isoliert werden mußten und die Kosten dafür nicht tragen konnten, sollten die Transportunternehmen zur Übernahme der Kosten verpflichtet werden, ebenso mußten die Schiffsunternehmen abgelehnte Einwanderer wieder mit zurücknehmen. Neu am Gesetz war auch die Rubrik inmigrante-trabajador, die Einwanderer bezeichnete, die sich körperlicher Arbeit widmen wollten. Für sie gab es, vor allem wenn sie in Gruppen von mehr als zehn Personen einreisten, besondere Bestimmungen, die vor allem die Hygiene betrafen. 68 Das Gesetz trat am 1. März 1909 in Kraft. Der Glaube an die Reichtümer Mexikos und die Vorzüge der ausländischen Einwanderung dauerte trotz der Revolution weiter an, wie eine 1918 veröffentlichte Abhandlung von Téllez Girón deutlich macht. Neben der bekannten Besiedlung bisher unvermessenen Landes (tierras nacionales in seiner Terminologie) waren die Abschaffung von Latifundien und die Parzellierung des Landes für ihn aber ebenso notwendige Schritte zur Förderung von Einwanderung und Kolonisation. Außerdem forderte er die Durchfuhrung von Bewässerungsarbeiten und die Öffnung von Verkehrswegen in den wichtigsten Regionen. Zunehmende Bedeutung gewann die Idee der autocolonización, unter

Untersuchungen, Hygienemaßnahmen und die Aussonderung von an aufgelisteten Erkrankungen leidenden Auswanderern zuständig (Diario Oficial. Bd. 92, Nr. 48,26.10.1907: 787-788). 66

„I. Los enfermos de peste bubónica, cólera, fiebre amarilla, meningitis cerebro-espinal, fiebre tifoidea, tifo exantemático, erisipela, sarampión, escarlatina, viruela, difteria, o de cualquiera otra enfermedad aguda o que deba considerarse transmisible, en virtud de declaración del Ejecutivo; Los enfermos de tuberculosis, lepra, beri-beri, tracoma, sarna egipcia o de cualquiera otra enfermedad crónica que deba considerarse transmisible, en virtud de declaración del Ejecutivo; [...]" Ley de Inmigración de los Estados Unidos Mexicanos de 22 de diciembre de 1908, Kapitel I, Artikel 3. 67

In der Einwanderungsgesetzgebung der USA waren Bestimmungen dieser Art bereits 1882 und 1903 festgelegt worden (Divine 1957: 2-4; Wendler 1978: 98-104). 61

Die im Gesetz für die Einreise vorgesehenen verwaltungstechnischen Maßnahmen wurden in einem Reglement vom 25.2.1909 näher ausgeführt. Unter dem gleichen Datum wurden durch ein Dekret von Porfirio Díaz zusätzliche Häfen und Einreiseorte für den Empfang der Immigranten autorisiert. Beide liegen in einer Veröffentlichung des Innenministeriums vor (Decreto que designa los lugares fronterizos

[...]. 1924).

118

der einerseits die A n s i e d l u n g v o n indios

auf parzelliertem Land verstanden wurde, 6 9

andererseits die K o l o n i s a t i o n durch repatriierte Mexikaner. V o n d i e s e n versprach m a n sich weitgefächerte K e n n t n i s s e über moderne A n b a u m e t h o d e n aus ihrer Tätigkeit in den U S A . Eine Agrarkreditbank ( B a n c o A g r í c o l a R e f a c c i o n a r i o N a c i o n a l ) sollte die Durchfuhrung

landwirtschaftlicher

und

industrieller

Projekte

ermöglichen

(Téllez

Girón 1918). 7 0 In d i e s e n A u s f ü h r u n g e n sind s o w o h l E l e m e n t e der porfiristischen Kolonisationspolitik

als auch

Themen

Kommunikationswege

Irrigation,

neue, nationalistischere und

Ansätze

Finanzierung

z u erkennen. verweisen

auf

Die die

Probleme der früheren Einwanderung, gehören aber z u s a m m e n mit der A b s c h a f f u n g der Latifundien e b e n s o in den B e r e i c h der neuen, revolutionären Agrarpolitik. D i e Einwanderungspolitik d e s m e x i k a n i s c h e n Präsidenten A l v a r o O b r e g ó n ( 1 9 2 0 1924) ist typisch für diese M i s c h u n g . Obregón förderte die Repatriierung v o n Mexikanern, g l e i c h z e i t i g stand er aber auch der ausländischen K o l o n i s a t i o n positiv gegenüber, vor a l l e m w e n n sie kapitalkräftig war und h e l f e n konnte, die Landwirtschaft z u modernisieren. 7 1 D i e Einwanderung v o n ausländischen Arbeitern lehnte er j e d o c h ab. 7 2 Wahrscheinlich auch als Folge der US-amerikanischen Einwanderungsbeschränkungen 7 3 nahm die Zahl der Kolonisationsprojekte in M e x i k o in den 1920er Jahren zu, und die m e x i k a n i s c h e Regierung forderte diese E n t w i c k l u n g unter anderem dadurch, daß sie ihren K o n s u l n die Funktion v o n K o l o n i s a t i o n s a g e n t e n übertrug ( A b o i t e s Aguilar 1995: 1 4 4 , 1 5 1 - 1 5 2 ) . 7 4

65

Neben ökonomischen sollten hiermit auch erzieherische Ziele verfolgt werden: Nach zeitgenössischer Ansicht würde der indio erst zum colono, dann zum ciudadano werden. 70

Vgl. auch Valenzuela (1918) und González Navarro (1993-1994: 111,9-17).

71

Mit Bezug auf das Gesetz von 1883 unterzeichnete er 1921 zwei Kolonisationsverträge. Anders als früher wurde das Land (terrenos nacionales) nicht den Kolonisationsuntemehmem überschrieben, sondern den Kolonisten (González Navarro 1993-1994:111,141). Leider wissen wir nicht, wer in diesem Fall die Kolonisten waren. Im gleichen Jahr wurde ein beim Landwirtschaftsministerium angesiedeltes Büro eröffnet, das einwanderungswilligen Kolonisten den Kontakt zu Grundbesitzern vermitteln sollte, die ihr Land verkaufen wollten. Für Kolonisten wurden die Eisenbahnpreise um 50% gesenkt. Außerdem wurden 1922 Maßnahmen getroffen, die es Ausländem erleichtern sollten, Grundbesitz zu erwerben (Will 1997: 366-369). Im Februar 1923 wurden die mexikanischen Konsuln im Ausland mittels eines Rundschreibens daran erinnert, daß „agricultores de raza blanca" als Kolonisten in Mexiko willkommen seien (BO-SRE. Bd. 43, Nr. 1, 1924: 29). 72

Die Einwanderung von US-amerikanischen Arbeitern, die sich vor allem auf die Erdölregionen konzentrierte, sollte verboten werden. Der Versuch, die Ley de Inmigración von 1908 in diesem Sinne zu reformieren, scheiterte jedoch im mexikanischen Kongreß. Lediglich die Liste der Krankheiten, die von der Einwanderung ausschlössen, wurde verlängert (González Navarro 1993-1994:111,30). 73

Ab 1921 wurde - in Erwartung einer Einwanderungsflut nach dem Ersten Weltkrieg - in den USA auch die europäische Einwanderung stark eingeschränkt. Ein Quotensystem bevorzugte Angehörige derjenigen Nationen, aus denen bereits Einwanderer in den USA lebten (Divine 1957: 5-18; Wendler 1978: 182-207). 74

Aber auch in Mexiko waren nicht alle Einwanderergruppen willkommen: Innenminister Calles sprach sich 1922 besonders gegen die Einwanderung von Schwarzen aus. Gegen Chinesen, Inder und Libanesen bestanden ebenfalls Vorbehalte (Aboites Aguilar 1995: 151, Anmerkung). Die Einwanderung von Indern wurde im Dezember 1923 verboten (González Navarro 1993-1994: 111,31). Wie im Porfiriat wurden auch in den zwanziger Jahren die meisten Einwanderungsprojekte nicht verwirklicht. Unter den wenigen Ausnahmen ist eine Kolonie mit 43 deutschen Familien in Hueyapan (Hidalgo) zu nennen (Aboites Aguilar 1995: 153-154; González Navarro 1993-1994:111,142-147). Über diese Kolonie wird auch in der Deutsch-Mexikanischen Rundschau (Bd. 3, Nr. 5, 1921: 5) berichtet, die Zahl der Familien ist hier mit 42 angegeben (52 Personen).

119 Obregöns positive Einstellung zur ausländischen Kolonisation zeigte s i c h deutlich in seiner Haltung g e g e n ü b e r einer großen Gruppe v o n kanadischen M e n n o n i t e n , die 1921 Interesse an einer Einwanderung nach M e x i k o bekundete. 7 5 In Kanada waren M e n n o niten, A n g e h ö r i g e einer im 16. Jahrhundert in den N i e d e r l a n d e n gegründeten reformatorischen Sekte, seit den 1870er Jahren ansässig. 7 6 Eine veränderte Haltung der Regierung v o n Manitoba, die bereits ab 1 8 9 0 M a ß n a h m e n zur Anglisierung der verschiedenen Einwanderergruppen traf und damit die deutschsprachigen M e n n o n i t e n s c h u l e n in der 1873 garantierten Form in Frage stellte, führten z u m A u s w a n d e r u n g s w u n s c h e i n e s Teils der Mennoniten. 7 7 Während d e s Ersten Weltkriegs verstärkten sich die P r o b l e m e der nicht a n p a s s u n g s w i l l i g e n M e n n o n i t e n mit den kanadischen Behörden. A b 1 9 1 9 sandten die Altkolonier A g e n t e n aus, die in d e n U S A , in Argentinien und Brasilien nach g e e i g n e t e m Land A u s s c h a u hielten und gleichzeitig versuchten, v o n der j e w e i l i g e n Regierung die B e f r e i u n g v o m Wehrdienst, das Recht auf freie R e l i g i o n s a u s ü b u n g s o w i e auf e i g e n e S c h u l e n und d e n uneingeschränkten Gebrauch der deutschen Sprache 7 8 zu erlangen. D i e s e r w i e s sich als ausgesprochen schwierig. Im September reiste eine D e l e g a t i o n nach M e x i k o , w o b e i der aus Kansas

75

Zu den Mennoniten in Mexiko vgl. Sawatzky (1971). Neuere und kritische, auf Chihuahua konzentrierte Darstellungen sind die Dissertation von Aboites Aguilar (1995) und ein Aufsatz von Will (1997). Zu den frühesten Darstellungen der mennonitischen Immigration dürften eine Broschüre des USamerikanischen Mennoniten Fretz(1945) und die Monographie von Schmiedehaus (1948) gehören. 76

Gründer der Glaubensgemeinschaft war der ursprünglich katholische Priester Menno Simons (14921559), der sich der Wiedertäuferbewegung anschloß. Die religiöse Verfolgung führte zu einem Rückzug seiner Anhänger in ein isoliertes Landleben, möglichst in geschlossenen Kolonien. Ab etwa 1540 siedelten viele Mennoniten im Raum von Danzig, zum Teil auch in polnischem Gebiet. Probleme mit der preußischen Regierung führten nach 1772 zur Auswanderung eines Großteils der Mennoniten nach Rußland. Gründe waren unter anderem die Behinderung beim Landerwerb, der drohende Militärdienst und Anfeindungen seitens der lutherischen Kirche wegen der Befreiung von der Zehntsteuer. Nach der Anwerbung durch einen Einwanderungsagenten wurden 1789 Chortitza und 1804 Molotschna als mennonitische Kolonien in Rußland (Ukraine) gegründet. Wirtschaftlich waren die Ansiedlungen sehr erfolgreich, allerdings führten der ab 1870 zunehmende Assimilierungsdruck (Verwendung der russischen Sprache, Militärdienst) und wiederum Landknappheit zur Emigration vieler russischer Mennoniten. Etwa ein Drittel der Rußland-Auswanderer ging in die USA. Die Kanada-Einwanderer stammten hauptsächlich aus der Kolonie Chortitza und ihren Tochterkolonien. Ungefähr 7000 Mennoniten wanderten zwischen 1874 und 1880 nach Manitoba aus und gründeten nach dem russischen Vorbild organisierte Kolonien, eine kleinere Gruppe ließ sich im heutigen Saskatchewan nieder (Sawatzky 1971: 3-12, 17-18). 77

Zu den Auseinandersetzungen innerhalb der Glaubensgemeinschaft vgl. vor allem Sawatzky (1971: 12-27). Ein Teil der Mennoniten war durchaus bereit, sich mit den Schulreformen und der englischen Sprache abzufinden. Will (1997: 356) charakterisiert die Auswanderer folgendermaßen: „The Mennonites who migrated to Mexico were from the most conservative churches in Manitoba. Their interpretations of Mennonite doctrine were uncompromising". Vgl. auch Sawatzky (1971: 9-11). Nach Mexiko gelangten hauptsächlich Mennoniten, deren Vorfahren die erste Kolonie in Rußland, Chortitza, gegründet hatten und die unter dem Namen Altkolonier bekannt sind. In der 1986 auf Deutsch erschienenen überarbeiteten Fassung von Sawatzkys Standardwerk über die Mennoniten in Mexiko, They Soughl a Country (1971), wird der Begriff Altkolonisten verwendet. Diese Bezeichnung widerspricht aber dem ursprünglichen Gemeindenamen ebenso, wie dem englischen Originaltext. Abgesehen von den Aktualisierungen bezüglich der 1970er und frühen 1980er Jahre ist der englischen Originalversion von Sawatzkys Text eindeutig der Vorzug zu geben. 71

Die Altkolonier sprechen im Alltag einen plattdeutschen Dialekt (westpreußisches Niederdeutsch), in der Kirche wird in einem altertümlichen Hochdeutsch gepredigt (Sawatzky 1971: 16, auch Fretz 1945: 24-25). Nach Sawatzky (1971: 305-306) wird das Hochdeutsche von den meisten Mennoniten in Mexiko nicht beherrscht. Neuerdings wird das Sprachverhalten der Mennoniten in Mexiko von Linguisten untersucht, vgl. Brandt (1992) und Kaufmann (1997).

120 ( U S A ) n a c h Kanada eingewanderte Mennonit Johann F. D. W i e b e , e i n I m m o b i l i e n und Versicherungsmakler, und Arturo J. BranifF, der S c h w a g e r d e s m e x i k a n i s c h e n Präsidenten Obregön, als Verbindungsleute auftraten. 7 9 D e n M e n n o n i t e n wurde in verschiedenen R e g i o n e n Land angeboten, während m a n mit O b r e g ö n über die Zusicherung der Privilegien verhandelte. D i e s e wurden d e n M e n n o n i t e n a m 2 5 . Februar 1921 in Form e i n e s B r i e f e s d e s Präsidenten zugesichert. 8 0 N a c h e i n e m gescheiterten Geschäft über d e n K a u f v o n Land i m V a l l e de Guatimape ( D u r a n g o ) vermittelte W i e b e , der i n z w i s c h e n e i n Büro in El P a s o ( T e x a s ) unterhielt, d e n Kontakt z u Carlos Zuloaga, der die H a c i e n d a B u s t i l l o s in Chihuahua veräußern wollte. 8 1 D i e Altkolonier kauften i m S o m m e r 8 2 1921 1 5 0 . 0 0 0 acres ( 6 0 . 0 0 0 Hektar) d i e s e s e h e m a l i g e n Viehzuchtbetriebes, eine weitere Gruppe kanadischer M e n n o n i t e n erwarb n o c h einmal 7 5 . 0 0 0 acres. Bereits im Frühjahr 1 9 2 2 erreichten die ersten Siedler mit der Eisenbahn San A n t o n i o de l o s Arenales ( S a w a t z k y 1971: 4 3 - 4 6 ) . 8 3 Im Winter 1 9 2 1 - 2 2 hatte der Bankier D a v i d S. R u s s e k v o n d e n Einwanderungsplänen der M e n n o n i t e n gehört. D i e Hacienda Santa Clara, z u deren Erben er zählte, grenzte im N o r d e n an B u s t i l l o s an. Eine Gruppe Sommerfelder-Mennoniten, den Altkoloniern

liberaleren

Hacienda s o w i e 3 1 2 5 acres

Gemeinde,

kaufte

12.000

einer i m V e r g l e i c h z u acres

(4800

Hektar)

der

( 1 2 5 0 Hektar) weiteren Landes, die nur 5 0 K i l o m e t e r v o n

San A n t o n i o entfernt lagen ( S a w a t z k y 1971: 5 0 - 5 2 ) . 8 4 79

Vgl. Sawatzky (1971: 31-36); Will (1997: 356, Anmerkung). Die in München erscheinende DeutschMexikanische Rundschau (Bd. 4, Nr. 9/10, 1923: 10) warnte später Migranten vor MexikoEinwanderungsbüros. Besonders genannt wurden Arturo J. Braniff in Mexiko-Stadt sowie The Mexico Land Syndicate in San Antonio (Texas). 80

Sie beinhalteten außerdem die Befreiung von Eidesschwüren und das Recht auf wirtschaftliche Selbstverwaltung. Neben Obregön hatte auch Landwirtschaftsminister A. I. Villareal unterzeichnet. Eine Übersetzung des Textes findet sich bei Sawatzky (1971: 39-40), eine andere bei Fretz (1945: 11). Man beachte die Abweichungen bezüglich der Punkte 3 und 4. Vgl. auch Aboites Aguilar (1995: 159). Am 30.10.1921 wurde in einem Brief an die Sommerfelder Mennoniten der Schutz von Leben und Eigentum sowie ihr Recht auf die Verwendung der deutschen Sprache in Schulunterricht und Kirche bekräftigt (vgl. die Übersetzungen bei Fretz 1945: 11-12). Im Oktober 1922 wurden diese Zusicherungen auch gegenüber den Altkoloniern brieflich bestätigt (vgl. die Abschrift bei Aboites Aguilar 1995: 168-169). Will (1997: 363-369) begründet die Förderung der menrtonitischen Einwanderung durch Obregön mit seinem Bestreben, Mexiko zu pazifizieren und wieder ausländisches Kapital zur Modernisierung der mexikanischen (Land)-Wirtschaft anzuziehen. Die Sicherheit von Ausländern und ihren Investitionen war indirekt die Voraussetzung für die Anerkennung seiner Regierung durch die USA: „[...] any foreigners residing in Mexico would act as living propaganda in favor of the nation which had emerged from the Revolution" (Will 1997: 367). 81

Das Guatimape-Geschäft war von Arturo J. Braniff vermittelt worden. Nach dem Scheitern wurde er von Wiebe am Bustillos-Geschäft beteiligt (Sawatzky 1971: 45). Die Zuloagas verkauften also ihr Land, bevor es ihnen durch die Agraristen genommen werden konnte (Aboites Aguilar 1995: 162). 12

Zum Datum und den Einzelheiten des Kaufvertrages vgl. Aboites Aguilar (1995: 188).

83

Das pueblo San Antonio de los Arenales wurde 1927 zu Ciudad Cuauhtemoc (Will 1997: 371). Eine weitere, kleinere Gruppe kanadischer Mennoniten kaufte 1924 doch noch Land in Durango, etwa 950 Personen ließen sich dort nieder (Sawatzky 1986: 32). 84

Diese Mennoniten hatten ursprünglich eine Auswanderung nach Paraguay geplant und von der dortigen Regierung auch die entsprechenden Zusagen erhalten. Die Unterschiede in der Lebensweise der Sommerfelder- und Altkolonier-Mennoniten hebt süffisant ein zeitgenössischer Kritiker der mennonitischen Einwanderung in Mexiko hervor (de la Pefia 1946: 237-238). Russek bot 1931 über die Secretaria de Agricultura y Fomento emeut Land der Hacienda Santa Clara zum Verkauf an. Es sollte wiederum für Kolonisationszwecke genutzt werden, und zwar von Siedlern „indo-europäischer" oder ..amerikanischer" Rasse (Memoria SRE 1930-1931 1931: 1805-1809).

121

Nach den Angaben von Sawatzky (1971: 97) wanderten vor dem Zweiten Weltkrieg, vor allem in den Jahren von 1922 bis 1926, etwa 7000 Mennoniten in Mexiko ein. Sie kamen überwiegend aus Kanada, vereinzelt aber auch aus den U S A und aus Rußland. 85 Sie siedelten mehrheitlich in den vier Hauptkolonien Manitoba, Swift Current, Santa Clara (alle in Chihuahua) und Nuevo Ideal (Durango). Die Kolonien sind jeweils in verschiedene campos unterteilt. 86 Vor allem auf dem Land der Hacienda Bustillos kam es anfanglich zu Auseinandersetzungen mit mexikanischen agraristas, die eine Parzellierung des ehemaligen Großgrundbesitzes und seine Verwandlung in ejidos erreichen wollten. Für ihr Anliegen sprach, daß in den ersten Jahren nach dem Landkauf ein Teil des Territoriums in Erwartung weiterer Einwanderer brach liegen blieb. Die mexikanische Regierung und, nolens volens, auch die chihuahuensische, stellten sich auf die Seite der Mennoniten und setzten teilweise sogar Truppen zu ihrem Schutz ein. 87 Wirtschaftlich nahmen die Kolonien nach ersten Anpassungsschwierigkeiten - der gewohnte Weizenanbau mißlang - einen positiven Verlauf. 88 Angebaut wurde hauptsächlich Hafer. Neben der Landwirtschaft spielte ab den dreißiger Jahren die Milchverarbeitung, vor allem die fabrikmäßige Produktion von Käse, eine zunehmende Rolle (Sawatzky 1971: 140-142). Rückschläge gab es durch den Kapitalverlust beim Zusammenbruch von Banken in Chihuahua. 89 Trotzdem trugen die Mennoniten nicht unwe-

85

Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen noch einmal ungefähr 800 Mennoniten aus Kanada hinzu (Sawatzky 1971: 97). Vor allem die Beziehungen nach Kanada blieben eng und führten in neuerer Zeit zu einer nicht unerheblichen Arbeitsmigration landloser Mennoniten. Die zunehmende Landknappheit auch in Mexiko ist auf das starke natürliche Wachstum der Glaubensgemeinde zurückzufuhren. Die Gründung von Tochtergemeinden in Mexiko, aber auch in Belize, Bolivien und Paraguay wurde bald nötig (Sawatzky 1971: 160-206). 86

Diese Einheiten werden in deutschsprachigen Texten als Dörfer bezeichnet und tragen Namen (zum Beispiel Bergthal, Gnadenfeld), in Mexiko sind sie aber vor allem unter dem Begriff campo mit dem Zusatz ihrer Nummer bekannt. Eine Aufstellung der Kolonien und Dörfer findet sich bei Fretz (1945, Anhänge). Nach seinen Angaben lebten 1944 11.698 Altkolonier in vier Kolonien, etwa 600 Sommerfelder in einer Kolonie, sowie 151 weitere Mennoniten verschiedener Glaubensrichtungen in Mexiko (Chihuahua und Durango). Der mexikanische Zensus verzeichnete 1930 6265 Mennoniten, 1940 8014, also wesentlich geringere Zahlen (vgl. Aboites Aguilar 1995: 253). 87

Zu diesem Problem vgl. vor allem Aboites Aguilar (1995: 170-185, 194-195, 203-211, 230-238) und Will (1997), auch Sawatzky (1971: 67-71). Die Altkolonier aus Manitoba hatten zwei Gesellschaften nach mexikanischem Recht zur Verwaltung des Landes gegründet. Ein Teil der Sommerfelder organisierte ebenfalls eine Gesellschaft, während andere sich mit dem Wunsch nach Individualbesitz durchsetzten (Sawatzky 1971: 57-58, zu neueren Entwicklungen 1971: 204-206; Aboites Aguilar 1995: 188). ,8

Vgl. Aboites Aguilar (1995: 193, weitgehend basierend auf Sawatzky 1971: 115-120). Fretz (1945: 19-20, 32) betont, daß die mennonitischen Anbaumethoden durch die Verwendung von Traktoren und anderen modernen Landmaschinen den mexikanischen weit überlegen waren. Gleichzeitig erwähnt er, daß diese Methoden nur von ungefähr zwanzig Prozent der (als Glaubensgemeinschaft extrem technikfeindlichen) Kolonisten angewandt wurden. Vgl. dazu auch Sawatzky (1971:299-302). 89

1923 brach die Bank von David S. Russek, anscheinend damals die größte in Chihuahua, zusammen. Die Einlagen der Mennoniten sollen mehrere Hunderttausend Pesos betragen haben (Sawatzky 1971: 128-129). Die Banken von Baltazar Mel&idez und Jacob A. Wiebe, dem Sohn von John F. D. Wiebe, die beide seit Beginn der 1920er Jahre in San Antonio operierten und stark von den Mennoniten abhingen, scheiterten 1928 und 1929. Sie verursachten weitere Verluste von mehr als einer Million Pesos für die Mennoniten (Sawatzky 1971: 136-137). Insgesamt sollen die Mennoniten über vier Millionen Dollar

122

sentlich zum Wachstum von Bevölkerung und Wirtschaft des Nordwestens von Chihuahua bei und erfüllten in diesem Punkt durchaus die von Obregón in sie gesetzten Erwartungen (Aboites Aguilar 1995: 250-263; Will 1997: 371-375). Allerdings blieben sie als Gruppe weitgehend isoliert von der mexikanischen Bevölkerung, genau wie es ihren Wünschen entsprach - und wie es Obregón durch seine Zusicherungen ermöglicht hatte.90 Die Befreiung vom Militärdienst ließ sich noch mit ihrer kanadischen Staatsangehörigkeit rechtfertigen,91 anders sah es jedoch mit dem Recht auf eigene Schulen und deutschsprachigen Unterricht aus.92 1935 kam es in diesem Punkt zu einem Konflikt mit der Regierung Cárdenas, nachdem ein Schulinspektor festgestellt hatte, daß die Mennonitenschulen nicht dem mexikanischen Recht entsprachen. Bei dem Versuch, die Schließung zu verhindern, wandten sich die Mennoniten auch an den deutschen Konsul in Mexiko-Stadt, Hugo Natus, der sich um eine Einigung mit der mexikanischen Regierung bemühte. Nach Sawatzky war es aber eher die Fürsprache des britischen Generalkonsuls, die Cárdenas umstimmte und die Wiederaufnahme des Unterrichts ermöglichte.93 Im Rahmen dieser Arbeit sind die Mennoniten aus verschiedenen Gründen von Interesse. Zum einen sind sie, gemessen am wirtschaftlichen und am Bevölkerungswachstum, ein außergewöhnlich erfolgreiches Beispiel für ein ausländisches Kolonisationsunternehmen; und sie waren zu einer Zeit erfolgreich, als dies aufgrund des nach Mexiko gebracht haben (Sawatzky 1971: 125, Schätzung aufgrund der Erinnerungen von Jacob A. Wiebe und Walter Schmiedehaus). 90

Sein Innenminister und Nachfolger im Präsidentenamt, Calles, stand der ausländischen Einwanderung wesentlich kritischer gegenüber. Trotzdem hob er bei einem Aufenthalt in San Antonio de los Arenales am 17. November 1925 auch die Erfolge der Mennoniten hervor und ließ sich zu einem Besuch in die Kolonien einladen (Aboites Aguilar 1995: 216; Sawatzky 1971: 130-131). Sein Antiklerikalismus führte nicht zu Aktionen gegen die mennonitische Glaubensgemeinschaft (Sawatzky 1971: 150). De la Peña (1946: 20-21) fällte zwanzig Jahre später ein schärferes Urteil über die Mennoniten: „Un extranjero que además de vivir un régimen de excepción anticonstitucional, teme contaminarse con nuestra vida social y se mantiene aparte, repudiando el mestizaje y su asimilación plena a nuestra nacionalidad, no sólo neutraliza con esto las ventajas económicas que pudiera reportarnos su actividad, sino que su estancia entre nosotros constituye, en estas condiciones, un baldón para las instituciones del país y una ofensa para los mexicanos". 91

So tat es zumindest Obregón in einem schriftlichen Interview durch den nordamerikanischen Journalisten James A. Hollomon (Aboites Aguilar 1995: 165-166). Nach Fretz (1945: 22-23, 35) besaßen 1944 alle Altkolonier die kanadische Staatsbürgerschaft, keiner die deutsche. Diese Aussage muß wohl dahingehend verstanden werden, daß sich die Altkolonier nicht aktiv um einen Staatsbürgerschaftswechsel bemühten. Nach mexikanischem Recht waren jedoch spätestens ab 1934 alle in Mexiko geborenen Kinder Mexikaner, ein Grundsatz, der auch bereits in der Verfassung von 1917 manifestiert worden war (vgl. Kapitel 3.2.2 dieser Arbeit). 92

Die Altkolonier unterhielten kleine Dorfschulen, in denen nicht speziell ausgebildete männliche Gemeindemitglieder Jungen von etwa sieben bis vierzehn Jahren und Mädchen von sieben bis dreizehn Jahren in Lesen, Schreiben, Arithmetik, Singen, Bibelstudium und Katechismus unterrichteten. Das Schuljahr umfaßte fünf bis sieben Monate Unterricht in der erntefreien Zeit zwischen November und Mai (Fretz 1945: 26-27, ausfuhrlicher und kritischer bei Sawatzky 1971: 305-311 ). 93

Vgl. Schmiedehaus (1948: 210-212); Sawatzky (1971: 150-156); Aboites Aguilar (1995: 249, Anmerkung). Sawatzky (1971: 151) bezeichnet Natus fälschlich als Konsul der „Federai Republic of Germany". Tatsächlich waren die nationalsozialistische deutsche Gesandtschaft und das Konsulat damals sehr interessiert daran, die Mennoniten dem „Auslandsdeutschtum" anzuschließen. Natus bot den Mennoniten, die im Schulkonflikt mit einer Massenauswanderung drohten, an, ihnen die deutsche Staatsangehörigkeit zu vermitteln, falls sich ihre Emigration nach Paraguay realisieren sollte. Das Angebot soll nur in einem Fall angenommen worden sein (Sawatzky 1971: 157, Anmerkung).

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revolutionsbedingten Wandels nicht selbstverständlich war. Zum anderen sind sie interessant, da sie, obwohl sie sich ethnisch stark abgrenzen, häufig als Deutsche charakterisiert werden.94 In Mexiko liegt dies wahrscheinlich auch am Wirken von Walter Schmiedehaus,95 der in seinem 1948 in einer mennonitisehen Druckerei in Blumenort bei Chihuahua erschienenen Werk Ein feste Burg ist unser Gott. Der Wanderweg eines christlichen Siedlervolkes96 die Mennoniten als „deutschen Volkssplitter", „deutsche Siedler", „deutsches Kulturvoelklein" oder „auslandsdeutsches Voelklein" bezeichnet und ihren Weg mit den Schlagworten „glaeubiges Pioniertum, Leistung und Erfolg" charakterisiert (1948: 1-5). Schmiedehaus war auch dabei, als der deutsche Gesandte Rüdt von Collenberg im Frühjahr 1937 gemeinsam mit seiner Frau die Kolonien besuchte.97 Bereits 1935 war der evangelische Pfarrer Fritz Gotthelf Fraustadt aus Mexiko-Stadt, finanziert durch den Verein für das Deutschtum im Ausland (VDA), zu den Mennoniten gereist „um die Moeglichkeiten neuer Deutschtumsarbeit unter ihnen zu erkunden". 1938 wiederholte er im Auftrag der deutschen Gesandtschaft und des VDA seinen Besuch, um einen größeren Bericht zu schreiben.98 Auch die Ausfuhrungen Bergmanns (1994: 89-95) über die Mennoniten in Paraguay machen deutlich, daß es sich lohnen würde, die Haltung von Nationalsozialisten und Deutschtumsvereinen gegenüber den Mennoniten (und umgekehrt) näher zu untersuchen.

94

Vgl. zum Beispiel Sawatzky (1986: 9-10, 52) und Schmiedehaus (1955: 220). Wilhelm spricht in ihrem teilweise fehlerhaften Artikel über Mennoniten in Mexiko in der Zeit (Nr. 52, 19.12.1997) von „Deutschstämmigen". Bergmann (1994: 75), der sich mit Auslandsdeutschen in Paraguay, Brasilien und Argentinien beschäftigt, läßt die Mennoniten „mit einer Sonderrolle unter das Auslandsdeutschtum fallen". 95

Walter Schmiedehaus kam 1920 nach Mexiko (Schmiedehaus 1960: 9). In San Antonio de los Arenales arbeitete er als Bankangestellter. Wie sein Buch (1948) belegt, empfand er sich als Vermittler zwischen den Mennoniten und den mexikanischen Behörden (vgl. seine Schilderung vom Calles-Besuch, 1948: 178-182). 1924 vertrat er die Mennoniten in den Auseinandersetzungen mit den Agraristen. Sawatzky (1971: 126) stellt ihn in eine Reihe mit Deutschen und „Russländer-Mennoniten", die als Abenteurer und Geschäftsleute in San Antonio de los Arenales ihr Glück suchten, wobei ihnen ihre deutschen Sprachkenntnisse halfen, das Vertrauen der Altkolonier zu erringen. Der 1901 in Essen geborene Schmiedehaus ist nach den US-amerikanischen Nazi Party Membership Records (1946: 131) am 1. April 1936 in die NSDAP eingetreten. Er veröffentlichte unter anderem im Jahrbuch der Hauptstelle fiir die Sippenkunde des Deutschtums im Ausland (Bd. 4, 1939: 187-194) und im Boletín de la Sociedad Chihuahuahuense de Estudios Históricos (Bd. 11, 1964, Nr. 5, S. 3-8; Nr. 6, S. 14-18) über die Mennoniten. 1938 war er deutscher Konsul in Chihuahua (Deutsch-mexikanisches Adressbuch. Directorio alemán-mexicano 1938: 249). 96

Das Buch wurde 1982, kaum verändert, unter dem Titel Die Altkolonier-Mennoniten in Mexiko von der Mennonitischen Post. Steinbach, Manitoba, emeut veröffentlicht (Schmiedehaus 1982). 97

„Deutschland und ein deutscher Volkssplitter reichten sich in fremdem Land die Hand, sahen sich ins Auge [...]", schreibt Schmiedehaus über die Begegnung des Gesandten mit dem Vorsteher der ManitobaKolonie, Gerhard J. Rempel (1948: 199). Offenbar versuchte Schmiedehaus auch, Mennoniten zur Beantragung der deutschen Staatsbürgerschaft zu bewegen (DVM. Mitteilungen 1...1. Nr. 14, 15.3.1939, S. 14). Vgl. dazu Sawatzky (1971: 157). " EZA 5/2828, Fraustadt, Bericht der Deutschen Evangelischen Gemeinden in Mexiko 1935, 23.3.1936 und Fraustadt 9.8.1938. Fraustadt betreute zeitweise auch eine evangelische Gruppe von Wolhyniendeutschen in Ciudad Cuauhtémoc und lobte den häufigen Besuch von Mennoniten in seinen Gottesdiensten (Fraustadt 1955: 233). Den Mitgliedern seines Kreises wurde, wie er nach Berlin berichtete, auf Antrag die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen (EZA 5/2828, Fraustadt, 11.3.1937). Nach Schmiedehaus (1939: 138-139) bemühten sich rußlanddeutsche Lutheraner und Mennoniten aus Cuauhtémoc - allerdings keine Altkolonier - um die deutsche Staatsangehörigkeit, die viele von ihnen auch erhielten.

124

3.1.2 Einschränkungen der Einwanderung

Das Migrationsgesetz vom 12. März 1926" bedeutete einen Einschnitt in die vergleichsweise liberale Einwanderungspolitik der mexikanischen Regierung. 100 Es fiel nicht zufallig zeitlich zusammen mit einem neuen Kolonisationsgesetz 101 und einem Gesetz über die Irrigation sowie mit Maßnahmen zur Enteignung von ausländischem Grundbesitz (vgl. Kapitel 2.1.4).102 Die neuen Gesetze waren Ausdruck der callistischen Politik einer radikaleren Umsetzung der revolutionären Ziele in Bezug auf eine Modernisierung der Landwirtschaft. Sie reagierten aber auch auf die seit dem Porfiriat gestiegene Einwanderung und die durch die Revolution zahlenmäßig gewachsene Auswanderung von Mexikanern in die USA. Die Ley de Migración von 1926 regelte sowohl die Ein- wie auch die Auswanderung. Das Kapitel I des Gesetzes legte allgemeine Bestimmungen fest, darunter die strikte Verpflichtung des Servicio de Migración auf die Einhaltung der sanitären Bestimmungen. Die mexikanischen Konsuln im Ausland und ihr Verwaltungspersonal wurden als Hilfsagenten der direkt dem Innenministerium unterstellten Migrationsbehörde in die Pflicht genommen und auf die Anwendung des Gesetzes und seiner Bestimmungen hingewiesen (Artikel 6 und 8).103 Neu eingeführt werden sollte ein „Registro de Extranjeros y Nacionales, que entren o salgan del país" (Artikel 13). Das Kapitel II des Gesetzes betraf eine neu zu erhebende Migrationssteuer.104 Das dritte Kapitel widmete 99

Ley de Migración de los Estados Unidos Mexicanos, Diario Oficial. Bd. 35, Nr. 12, 19.4.1926 [correspondiente al sábado 13 de marzo de 1926], S. 1-8. Das Gesetztrat am 1.6.1926 in Kraft.

100 Auf behördlicher Ebene war die Einwanderung von unerwünschten Ausländem bereits seit 1923 erheblich erschwert worden. Unerwünscht waren Franzosen, Schweizer und vor allem Inder. Im Oktober 1923 präsentierte Obregón den Entwurf für ein neues Einwanderungsgesetz als Ersatz für das von 1908, aus dem das Ley de Migración von 1926 entwickelt wurde (González Navarro 1993-1994: 111,30-31). 101 Das Kolonisationsgesetz vom 5.4.1926 ersetzte das alte von 1883. Es richtete sich an nationale und ausländische agricultores, wobei anders als früher die Kolonisation dem Straßenbau und der künstlichen Bewässerung nachgeordnet war (Artikel 8). Als Kolonisten kamen nur junge, gesunde Menschen mit Erfahrung in Frage, die über ausreichende Mittel verfügten und vorzugsweise aus der Region stammten oder aus dem Ausland zurückkehren wollten (Artikel 11, vgl. González Navarro 1993-1994: 111,142-143 und Lev Federal de Colonización v su Reelamento 1927). Obwohl Ausländer nicht ausgeschlossen wurden, waren Mexikaner die Zielgruppe. Ausländische Kolonisationsprojekte wie im Porfiriat oder wie die unter Obregón eingeleitete mennonitische Einwanderung sind - mit Ausnahme einiger weniger Projekte für europäische Flüchtlinge ab 1939 - für die Zeit ab 1926 nicht bekannt. Zu Kolonisationsversuchen mit aus den USA repatriierten Mexikanern vgl. Guerin-González (1994: 97109). 102 1926 veröffentlichte das Außenministerium auch eine Liste der Ausländer, die aufgrund des Verfassungsartikels 33 ausgewiesen worden waren (BO-SRE. Bd. 47, Nr. 1, 1926: 25-42). Durch die Versendung dieser Liste an die Diplomaten und Konsuln im Ausland sollte verhindert werden, daß den Ausgewiesenen erneut Einreisedokumente ausgestellt würden. Die Liste umfaßt 597 Namen und bei zwei USAmerikanern den Zusatz „y señora", so daß sie 599 Personen betrifft. Von diesen waren die meisten Spanier (203), gefolgt von US-Amerikanern (82) und Chinesen (69). Zwölf der Ausgewiesenen waren Deutsche. 103 Ihnen oblag auch die Dokumentation der Einwanderer in ihren Heimat- beziehungsweise Ausreiseländern. 104 Ab dem 25.8.1926 mußten ausländische Einwanderer den Betrag von je 20 Pesos entrichten (González Navarro 1993-1994:111,33).

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sich der Einwanderung, wobei zunächst die Kategorien inmigrante, emigrante und turista festgelegt wurden. Einwanderer waren demnach Ausländer, die nach Mexiko kamen um sich dort niederzulassen oder um mindestens sechs Monate ununterbrochen dort zu residieren.105 Touristen besuchten das Land zu Erholungszwecken und blieben weniger als sechs Monate. Geschäftsreisende, Wissenschaftler, Künstler und Familienmitglieder wurden ihnen gleichgestellt, wenn ihr Aufenthalt in Mexiko sechs Monate nicht überstieg. Explizit ausgenommen vom Status inmigrante wurden unter anderen akkreditierte ausländische Diplomaten und Konsuln, 106 Transitreisende, ausländische Residenten, die sich weniger als sechs Monate auswärts aufgehalten hatten, und illegal eingereiste Personen (Artikel 27). Nicht einreisen durften Ausländer, die wegen ihres Alters, wegen Behinderungen oder Krankheiten arbeitsunfähig waren und zu einer Last für die Gesellschaft werden könnten;107 minderjährige Männer sowie Frauen unter 25 Jahren, die jeweils nicht von einem volljährigen Familienmitglied begleitet wurden und nicht unter der Verantwortung einer ehrbaren, in Mexiko residierenden Person standen; analphabetische Männer (ausgenommen Söhne oder Väter von bereits akzeptierten Einwanderern oder residierenden Ausländern); Justizflüchtlinge; Prostituierte, Zuhälter und andere Personen ohne Beruf beziehungsweise ehrbare Lebensweise; Drogenabhängige und -händler; Anarchisten und Anhänger gewaltsamer Staatsstreiche; außerdem inmigrantes-trabajadores ohne Arbeitsvertrag (für mindestens ein Jahr) beziehungsweise ohne ausreichende Mittel für drei Monate sowie Personen, die einen Beruf hatten, dessen Ausübung in Mexiko verboten war (Artikel 29). Naturalisierte Ausländer konnten für Eltern, Kinder und jüngere Geschwister auch dann Einreisegenehmigungen erwirken, wenn sie arbeitsunfähig, unmündig, des Lesens und Schreibens unkundig oder Arbeiter ohne Vertrag und ausreichende Mittel waren (Artikel 32). Ausländer, die seit mindestens fünf Jahren legal in Mexiko lebten und sich nicht länger als sechs Monate entfernen wollten, brauchten die Einwanderungsvoraussetzungen nicht erneut nachzuweisen. Auch in diesem Gesetz war vorgesehen, die Kosten für eventuelle Abschiebungen auf die Transportunternehmen zu übertragen. 108 Kapitel VII des Gesetzes behandelt inmigrantes-trabajadores und colonos. Letztere waren als Ausländer definiert, die nach Mexiko kamen, um sich in einer bestimmten Region auf eigene Rechnung landwirtschaftlichen oder industriellen Arbeiten zu widmen (gemäß der Ley de Colonización). Die Einwanderung von inmigrantestrabajadores konnte bei Arbeitsmangel im Land durch das Innenministerium zeitweise verboten oder eingeschränkt werden (Artikel 65).109 Diese Regelung wurde die Grundlage für die in den folgenden Jahren stark zunehmenden Einwanderungsrestriktionen.

105 Artikel 26, I: „Inmigrante: El extranjero que arribe a la República con el propósito expreso de establecerse en ella, por cualesquiera causas o fines lícitos, o cuya temporalidad de establecimiento exceda, sin interrupción, más de seis meses a partir de la fecha de su internación." 106 Ebenso Gesandte in offizieller Mission, jeweils mit Familienmitgliedern, Angestellten und Bediensteten. 107

Ausnahmegenehmigungen konnten aber eingeholt werden, vgl. Artikel 31.

101

Offensichtlich waren Abschiebungen nach fünf Jahren Residenz nicht mehr vorgesehen (vgl. Artikel 34). 109

„La Secretaría de Gobernación podrá prohibir temporalmente la entrada de inmigrantes-trabajadores, cuando a su juicio, exista escasez de trabajo en el país; pero a este respecto, conservará siempre la facultad de hacer la selección que juzgue conveniente."

126

Wie man in den Memorias des Außenministeriums nachlesen kann, wurde vor allem die Einreise von Arbeitern (braceros), Schwarzen110 und Chinesen stark eingeschränkt. Letztere waren besonders unerwünscht und standen in dem Ruf, sich über die mexikanischen Gesetze hinwegzusetzen und mit gefälschten Dokumenten einzureisen.111 1926-1927 hatte das Innenministerium zum Schutz der mexikanischen Arbeiterschaft und des Kleinhandels, aber auch um eine „Rassenmischung" zu verhindern, die Einwanderung von indo-británicos, Syrern, Libanesen, Armeniern, Palestinensern, Arabern, Türken und Chinesen sowie von individuos de raza negra verboten. Gleiches galt für Zigeuner (gitanos).112 Im April 1929 wurde die Einwanderung von einfachen Arbeitern generell verboten, sie wurden aber unterschieden von den trabajadores profesionistas (die 5000 Pesos vorweisen mußten), Partnern niedergelassener Geschäfte und Technikern, falls diese nicht durch einheimische oder bereits im Lande residierende ausländische Fachkräfte ersetzt werden konnten. Komiker und Mitglieder von Künstlerkompanien durften ebenfalls noch einreisen. 113 Das Verbot der Einwanderung nicht spezialisierter Arbeiter wurde damit gerechtfertigt, daß diese für die mexikanische „Arbeiterklasse" eine Konkurrenz darstellten und sie benachteiligen könnten. Außerdem wollte man die Einreise von „extranjeros de origen poco deseable" verhindern.114 Während die Weltwirtschaftskrise zweifellos eine Erklärung für die prekäre Lage der mexikanischen Arbeiterschaft war, verwies der zweite Grund, nämlich der Ausschluß von unerwünschten Ausländern, auf die bereits vor der Weltwirtschaftskrise begonnene selektiv-rassistische Einwanderungspolitik. Als „extranjero de origen poco deseable" konnte man auch die in den zwanziger Jahren stark gestiegene Einwanderung aus Polen und Rußland verstehen, die seit 1929 strenger kontrolliert wurde, da man ihr eine umfangreiche politische Agitation unter den mexikanischen Arbeitern zuschrieb. 115 Die bürokratische Organisation der Ein- und Auswanderung oblag dem Servicio de Migración, einer dem Innenministerium unterstellten Behörde, die auf den 1908/1909

„[...] tanto para evitar el cruzamiento que por lo general provoca degeneración de la raza, como por considerárseles asimismo como elemento poco deseable" (Memoria SRE 1925-1926 1926: 158). 111 Memoria SRE 1925-1926 (1926: 157-159). Bereits 1922 waren etwa 150 Chinesen aus Mexiko ausgewiesen worden. Diese Maßnahme wurde mit ihrer Beteiligung an gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen chinesischen Logen begründet (BO-SRE, Bd. 39, Nr. 3/4, 1922: 147). 112 Memoria SRE 1926-1927 (1927: 512, 522; vgl. auch 1927: 513-515 zu Maßnahmen gegen die chinesische Einwanderung). Am 26.7.1927 verbot das Innenministerium unter Berufung auf das Einwanderungsgesetz die Einreise von syrischen, libanesischen, armenischen, palästinensischen, arabischen und türkischen Arbeitern, „[...] estimándose que la calidad de inmigrante trabajador la tiene todo extranjero de las nacionalidades señaladas, que al llegar al país, no posea un capital de diez mil pesos como mínimo." Von dem Verbot, das 1928-1929 gelten sollte, wurden Ehepartner, Eltern und Kinder von ausreichend bemittelten Einwanderern ausgenommen (Memoria SRE 1927-1928 1928: 826). 1931 wurde die anscheinend weiterhin bestehende Regelung verschärft; zusätzlich zum Kapital mußte die Bürgschaft eines Handelshauses („alguna casa comercial bien acreditada") vorgelegt werden und Immigrant und Bürge mußten sich verpflichten, innerhalb von sechs Monaten nachzuweisen, daß der Einwanderer sich mit seinem eigenen Kapital etabliert hatte (Memoria SRE 1930-1931 1931: 18221823). 113 Reglamentación del Acuerdo de 20 de abril de 1929, por el cual se prohibe la entrada en México de trabajadores extranjeros, in: Memoria SRE 1928-1929 (1929: 1546-1547).

' 14 Memoria SRE 1930-1931 (1931: 1818). 115

BO-SRE. Bd. 53, Nr. 9, 1929: 70-71.

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geschaffenen Servicio de Inspección de Inmigrantes zurückging. Seit Inkrafttreten des Gesetzes von 1926 trug diese Behörde ihren neuen Namen und war für eine erweiterte Anzahl von Aufgaben zuständig (Landa y Piña 1930: 8, 17-19). Eine vom Servicio de Migración erstellte Tabelle gibt Auskunft über die Ein- und Auswanderung von Ausländern (vgl. Tabelle 8). Sie belegt nicht nur eine hohe Fluktuation, sondern auch einen starken Einbruch der Immigration durch die Revolution. In der ersten Hälfte der 1920er Jahre steigt die Einwanderung merklich an, während sie in den Jahren 1926/27 - vor allem gemessen an der Bilanz - wieder stark zurückgeht. Die hohe Einwanderung im Jahr 1910 führte Landa y Piña (1930: 21) auf die Jahrhundertfeier der mexikanischen Unabhängigkeit zurück. Auffällig ist der vergleichsweise hohe Einwandererüberschuß in diesem Jahr. Tabelle 8: Die Ein- und Auswanderung von Ausländern in Mexiko, 1908-1928 Jahr 1908 1909 1910 1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 1921 1922 1923 1924 1925 1926 1927 1928

Einwanderung 20.853 41.379 49.682 37.610 40.667 27.193 9.184 7.280 12.525 18.469 9.719 15.608 21.400 37.323 36.941 43.042 40.721 43.959 35.434 26.304 30.191

Auswanderung Keine Angabe Keine Angabe 20.954 35.596 38.479 25.990 7.132 6.830 10.720 9.655 8.446 12.968 13.250 22.246 25.338 32.481 29.843 33.922 30.168 18.823 16.786

Differenz |

28.728 2.014 2.188 1.203 2.052 450 1.805 8.814 1.273 2.640 8.150 15.077 11.603 10.561 10.878 10.037 5.266 7.481 13.405

Quelle: Nach Landa y Piña (1930: 19-20).

Ein 1930 erlassenes neues Wanderungsgesetz entwickelte das von 1926 weiter, indem es die Struktur des Servicio de Migración näher beschrieb, die Bedeutung des Tourismus hervorhob und einen Consejo Consultativo de Migración ins Leben rief, der unter der Präsidentschaft des Leiters der Migrationsabteilung des Innenministeriums Mitglieder der verschiedensten Ministerien zu einem beratenden Gremium vereinte.116 Migranten wurden in diesem Gesetz in sechs Kategorien eingeteilt: inmigrante, transeúnte, turista, visitante local, colono, emigrante. Als Einwanderer (inmigrante) galten diejenigen, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllten und mit dem erklärten Ziel nach Mexiko kamen, sich dort niederzulassen oder zu arbeiten und diejenigen, die 116 Ley de Migración de los Estados Unidos Mexicanos, in: Diario Oficial. Bd. 61, Nr. 53 (Suplemento), 30.8.1930: 1-12, hier S. 3. Das Gesetztrat am Tag nach seiner Veröffentlichung in Kraft.

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sich legal länger als sechs Monate dort aufhielten (Artikel 35). Durchreisende (itranseúntes) waren Einwanderer, die sich aus anderen Gründen als denen der Niederlassung oder Arbeit in Mexiko aufhielten (Artikel 36). Ein Tourist war dem Gesetz nach ein „transeúnte que viene al país en viaje de recreo" (Artikel 37). Die Kategorie visitante local umfaßte Durchreisende, die sich nur in Grenz- oder Hafennähe aufhielten. Für die Definition des colono wurde auf das Kolonisationsgesetz verwiesen, während Emigranten Mexikaner oder residierende Ausländer waren, die zwecks Niederlassung oder aus Gründen der Arbeit ins Ausland gingen. Personen, die mehr als zwei Jahre aus Mexiko abwesend waren, wurden ebenfalls als Emigranten angesehen (Artikel 38-40). Für die Einreise nach Mexiko war es unabdingbar, einen Beruf beziehungsweise einen gesicherten Lebensunterhalt zu haben,117 eine gute Führung nachzuweisen und nicht durch Delinquenz, Krankheit, Drogenabhängigkeit oder Prostitution, aus politischen Gründen oder wegen falscher Angaben gegenüber den mexikanischen Behörden von der Einwanderung ausgeschlossen zu werden. Die letzte Entscheidung hierüber lag immer beim Innenministerium (Kapitel VI des Gesetzes). Von den inmigrantes wurden zusätzlich ähnliche Sicherheiten gefordert, wie vorher von den inmigrantes-trabajadores, vor allem also ausreichende Mittel beziehungsweise ein länger als sechs Monate gültiger Arbeitsvertrag mit ausreichendem Lohn, der alle sechs Monate nachgewiesen werden mußte. Außerdem mußte der Arbeitgeber eine Kaution (depósito) hinterlegen, um den Arbeiter und seine Familie gegebenenfalls wieder ausreisen zu lassen (Kapitel VI). Bei den Ausfuhrungen über die Einreise von transeúntes ist vor allem ein Abschnitt interessant, der Geschäftsreisende vom absoluten Betätigungsverbot, dem die transeúntes unterworfen waren, ausnimmt:

Artículo 5 1 - Además de los requisitos generales de Migración y de los especiales para entrar al país, los transeúntes están obligados a satisfacer los siguientes: [...] IV.- No dedicarse a actividad alguna, salvo cuando se trate de representantes de Compañías que vengan a estudiar las posibilidades económicas nacionales, con intención de establecer en el país alguna industria, por sueldo, salario u otra clase de lucro inmediato, sin obtener previamente su documentación como inmigrantes, llenando todos los requisitos correspondientes.

In Zweifelsfallen konnte der Leiter der Migrationsbehörde eine Geldsumme bestimmen, die der Einreisende bis zu seiner Ausreise zu hinterlegen hatte (Artikel 5556). Dieser Paragraph ermöglichte in den folgenden Jahren die Einreise zahlreicher europäischer Auswanderer, die zunächst nicht als inmigrantes in Frage kamen. 118 In Kapitel X des Gesetzes wurden in genereller Form Aussagen zur Einwanderungspolitik gemacht (Artikel 60):

117 118

„Tener profesión, oficio, u otro medio honesto de vivir" (Artikel 47,1).

Dies läßt sich aus vielen im mexikanischen Ausländerregister dokumentierten Fällen, bei denen der Migrantenstatus vezeichnet ist, ablesen (AGN, Registro Nacional de Extranjeros: Alemanes).

129 Se considera de público beneficio la inmigración individual o colectiva, de extranjeros sanos, capacitados para el trabajo, de buen comportamiento y pertenecientes a razas que, por sus condiciones, sean fácilmente asimilables a nuestro medio, con beneficio para la especie y para las condiciones económicas del país; y se faculta a la Secretaría de Gobernación para fomentarla por cuantos medios juzgue conveniente, así como relevar de alguno o algunos de los requisitos que fija esta Ley, a los que, viniendo en grupos y contando con elementos de provecho para la nación, puedan ser considerados por dicha Secretaría como inmigrantes benéficos y de radicación definitiva.

Trotz dieser positiv klingenden Haltung gegenüber der Immigration war der Sinn des Gesetzes der einer Auslese. Es sollte unter allen Umständen vermieden werden, daß unbemittelte Einwanderer oder solche, gegen die es rassistische Vorurteile gab, ins Land gelangen und mexikanischen Arbeitern Konkurrenz machen konnten. Umgekehrt waren die Bestimmungen über die Auswanderung aus Mexiko dazu angetan, diese zu erschweren. Bevorzugt durch die Gesetzgebung wurden allerdings solche Einwanderer, die bereits naturalisierte, ausreichend bemittelte Verwandte im Land hatten," 9 wie auch der Naturalisierung der Einwanderer und Kolonisten insgesamt ein hoher Stellenwert beigemessen wurde (Artikel 62, 65, 66). Das Kapitel XI des Gesetzes befaßt sich ausfuhrlich mit dem einzurichtenden Ausländerregister, das von den Ayuntamientos beziehungsweise den Delegaciones de los Gobiernos Locales del Distrito y Territorios Federales gefuhrt werden sollte und in das sich alle einwandernden oder bereits im Lande lebenden, aber noch nicht registrierten Ausländer innerhalb von dreißig Tagen einzutragen hatten. 120 Duplikate der Dokumentation sollten von den Lokalbehörden an das Departamento de Migración weitergegeben werden. 121 Die detaillierten Bestimmungen zum Ausländerregister belegen die seit dem Porfiriat stark gewandelte Haltung der mexikanischen Regierung gegenüber ausländischen Einwanderern, die sich vom liberalen Laisser-faire zu einer starken Kontrolle hin entwickelt hatte. Am 14. Juli 1931 erließ das Innenministerium ein Einreiseverbot für inmigrantes trabajadores, also Einwanderer, die sich körperlicher Arbeit widmen wollten. Der am 17. Juli 1931 im Diario Oficial veröffentlichte Acuerdo schloß in diese Kategorie alle Immigranten ein, die nicht in der Lage waren, ein Kapital von 10.000 Pesos vorzuweisen und dieses innerhalb von sechs Monaten in Mexiko investieren wollten.122 Ausgenommen von dieser Restriktion wurden allerdings ausdrücklich Handlungsreisende (agentes viajeros), Techniker solcher Fachrichtungen, die nach Einschätzung der Secretaría de Industria, Comercio y Trabajo in Mexiko nicht bekannt 119 Diese Bestimmungen konnten unter Umständen auch auf Verwandte angewandt werden, die zwar nicht naturalisiert waren, aber seit mehr als fünf Jahren in Mexiko lebten. 120 „Los extranjeros a que se refieren los artículos anteriores comprobarán las circunstancias de su entrada legal o de su residencia anterior al primero de mayo de 1926 [...]" (Artikel 119). 121 1926 hatte man bereits begonnen, ein Register zu erstellen, allerdings nicht in der Form der später verwendeten tarjetas. Das Ergebnis des ersten Ausländerregisters war ein Zensus, den das Innenministerium veröffentlicht hat (Landa y Piña 1930: 36-39). 122

„Se consideran también inmigrantes trabajadores las personas que no demuestren a satisfacción de esta Secretaría poseer un capital propio de S 10,000.00, por lo menos, y que no garanticen, a la propia satisfacción, que invertirán el mismo, dentro de un plazo de seis meses, en un giro agrícola, industrial, comercial, etc., cuyas ganancias sean, cuando menos, suficientes para la atención de las necesidades personales del inmigrante y de las familiares, en su caso" (Acuerdo, in: Diario Oficial. Bd. 67, Nr. 15, S. 1-2).

130 oder nur wenig verbreitet waren, sowie Einwanderer mit Berufen (profesiones), die keinerlei Beschränkungen der Gesundheitsbehörde (Departamento de Salubridad Pública) oder der nationalen Universität (Universidad Nacional Autónoma) unterlagen. Auch ausreichend bemittelte Rentiers (rentistas) und Angehörige von Staaten, mit denen spezielle Verträge bestanden, fielen nicht unter das Einwanderungsverbot. Ein 1932 erlassenes Reglamento de la Ley de Migración123 beschrieb ausführlich die Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Dokumentation und Registrierung von Einwanderern verschiedener Kategorien.124 Der Consejo Consultativo de Migración und die Regeln der in ihm zu führenden Debatten wurden kleinlichst dargestellt (Artikel 55-63). Deutlich wurde bereits in diesem Text die Idee, die Immigranten möglichst auf die Regionen zu verteilen, in denen ihre Berufe unterrepräsentiert waren (Artikel 4). Die Einwanderung von Technikern allerdings wurde strengen Kontrollen unterworfen, wobei nachgewiesen werden mußte, daß keine Mexikaner für die Arbeit zur Verfügung standen und der Techniker von einem Arbeitgeber angefordert worden war, der die Einstellung in seinem Beruf garantierte. Nachweise über die Echtheit seiner Zeugnisse durften ebensowenig fehlen wie solche über seine gute Führung und seine Gesundheit (Artikel 47, 48). Auch die Immigration von alleinreisenden Frauen wurde mit großem Mißtrauen bedacht und verlangte je nach Familienstand und Alter der Frau nach der Erlaubnis der Eltern oder des Ehemanns, der Heiratsurkunde, der Urkunde über eine schuldlose Scheidung, oder, bei Witwen, der Sterbeurkunde des Gatten (Artikel 85). Zwei Jahre später erließ das Innenministerium ein weiteres Einwanderungsverbot für Arbeiter.125 Es war zeitlich unbefristet und hob die Bestimmungen vom 14. Juli 1931 auf. Die Definition des Begriffs inmigrante trabajador war diesmal noch umfassender: „[...] entendiéndose por tales todos aquellos que pretendan venir con el propósito de dedicarse a alguna actividad remunerada con salario o sueldo." Ohne die Ausnahmen, die im Folgenden beschrieben wurden, wären also alle Lohn- und Gehaltsempfänger von der Immigration ausgeschlossen und diese nur noch für Investoren oder von ihrem Vermögen Lebende möglich gewesen. Die Ausnahmen betrafen - unter bestimmten Voraussetzungen - folgende Berufe: Techniker, Freiberufler und Professoren, Künstler und Sportler, Handlungsreisende sowie Direktoren, Manager und Repräsentanten bereits in Mexiko ansässiger Unternehmen. Außerdem enthielt der Acuerdo Richtlinien für die Einwanderung von Investoren, Grundbesitzern und Rentiers. Die Einwanderung von Technikern war allerdings nur dann möglich, wenn sie vom Wirtschaftsministerium genehmigt wurde. Die Genehmigung hing davon ab, ob ein Techniker durch einen Mexikaner oder einen residierenden Ausländer ersetzt werden konnte. Außerdem mußte sich der Techniker dazu verpflichten, während der Zeit seines Arbeitsvertrages einen oder mehrere Mexikaner in seiner Spezialität auszubilden. Dieser oder diese sollten den Techniker nach Auslaufen seines Arbeitsvertrages ersetzen, wofür sein Arbeitgeber verantwortlich gemacht werden sollte.

123

Es wurde am 14. Juni 1932 im Diario Oficial veröffentlicht (Bd. 72, Nr. 37, S. 1-36).

124

Auch das Ziel der Förderung des Tourismus wird häufig betont. Die Bestimmungen über Einzel- und Gruppenreisende sind ebenfalls im Reglement enthalten (vgl. vor allem Artikel 119-123). 125

Acuerdo por el cual se prohibe la inmigración de trabajadores, in: Diario Oficial. Bd. 82, Nr. 41, 17.2.1934, S. 677-679.

131

Die Einwanderang von Freiberuflern und Professoren unterlag der Genehmigung der Universität. Künstler und Sportler konnten einwandern, wenn ein in Mexiko ansässiges Unternehmen sie engagierte. Ihr Aufenthalt war auf maximal ein Jahr beschränkt. Handlungsreisende dagegen durften sich nur für sechs Monate in Mexiko aufhalten. Diese Genehmigung war allerdings verlängerbar, wenn sie für das gleiche Unternehmen tätig blieben. Direktoren, Manager und Repräsentanten von in Mexiko ansässigen Firmen galten als inmigrantes condicionales und mußten das Fortbestehen ihrer Funktion regelmäßig nachweisen. Um in die Kategorie inversionista eingeordnet zu werden war es notwendig, ein Kapital von mindestends 20.000 Pesos vorzuweisen. Es durfte nur in industrielle oder landwirtschaftliche Unternehmen investiert werden, auf keinen Fall in reine Handelsfirmen. Anlagen in Aktiengesellschaften galten nicht als Investitionen in diesem Sinne.126 Ein Investor erhielt eine konditionierte Aufenthaltsgenehmigung für fünf Jahre, wobei das Fortbestehen der Voraussetzungen jedes Jahr bestätigt werden mußte. Nach dieser Zeit konnte er eine definitive Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Ausländer, die bereits mindestens 20.000 Pesos in Mexiko in Grundbesitz oder ein Unternehmen („negocio lícito y honesto") investiert hatten, konnten als Immigranten ins Land zurückkehren, wenn diese Investitionen ihnen ein ausreichendes Einkommen sicherten. Für sie galten dann die gleichen Bedingungen wie für Neuinvestoren. Rentiers waren dagegen Personen, die ihr Einkommen aus Investitionen zogen, die nicht in Mexiko lagen. Sie mußten alle sechs Monate nachweisen, daß ihr Einkommen für den Lebensunterhalt von ihnen und ihren Familienangehörigen ausreichte. Nach fünf Jahren konnten auch sie eine definitive Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Für die Angehörigen mußten die Einwanderer wie für die eigene Person eine Kaution hinterlegen, durch die notfalls eine Ausreise finanziert werden konnte. Ihr aufenthaltsrechtlicher Status war von dem des Einwanderers und dessen Einkommen abhängig.127 In Ausnahmefallen konnte das Innenministerium allerdings von der Anwendung der Einwanderungsvorschriften absehen und es Ehemännern und Kindern von Mexikanerinnen erlauben, sich ohne Erfüllung derselben zur Familienzusammenführung in Mexiko niederzulassen. 128

126 „La inversión se efectuará precisamente en negocio industrial o agrícola, y por ningún motivo en negocio puramente comercial; en forma estable, distinta a la de sociedades por acciones, y que proporcione utilidades suficientes para la atención de las necesidades personales del inmigrante, y las de sus familiares, en su caso" (Acuerdo por el cual se prohibe la inmigración de trabajadores, in: Diario Oficial. Bd. 82, Nr. 41, 17.2.1934: 678.). Bereits im Dezember 1933 war ein entsprechendes Rundschreiben an die mexikanischen Konsuln im Ausland ergangen (BO-SRE. Bd. 61, Nr. 12, 1933: 120-121). 127 Auch hier zeigte sich ein gestiegenes Mißtrauen: „La franquicia de los citados artículos sólo se concederá, de acuerdo con el espíritu, a aquellos individuos que por su sexo, edad o condición, realmente deban depender económicamente de! promovente de la inmigración, y respecto de los cuales la Secretaría en cada caso, no tenga motivos para suponer que traen el propósito oculto de constituirse directa o indirectamente en elementos trabajadores" (Acuerdo por el cual se prohibe la inmigración de trabajadores, in: Diario Oficial. Bd. 82, Nr. 41, 17.2.1934: 678). 121 „En casos excepcionales, y como medida de protección y ayuda a la mujer mexicana, la Secretaría de Gobernación podrá dispensar del cumplimiento de determinados requisitos migratorios a los esposos e hijos de mujeres nacionales de origen que pretendan establecerse en el país en unión de sus citados familiares" (Acuerdo por el cual se prohibe la inmigración de trabajadores, in: Diario Oficial. Bd. 82, Nr. 41, 17.2.1934:679).

132

Ein Rundschreiben des Innenministeriums vom 17. Oktober 1933 faßte die diversen Bestimmungen über den Ausschluß bestimmter Ausländergruppen von der Einwanderung zusammen.129 Aus „ethnischen" Gründen waren „las razas amarilla, [...] negra, malaya e hindú" von der Einwanderung ausgeschlossen. Eine Ausnahme waren Japaner wegen eines noch geltenden bilateralen Vertrages. Aus politischen Gründen durften Bürger der sozialistischen Sowjetrepubliken nicht einwandern.130 Gitanos waren ebenfalls von der Immigration ausgeschlossen,131 genauso wie andarines extranjeros132 und Geistliche. Die Einwanderung von Ärzten und Professoren war eingeschränkt. Als wenig wünschenswert galt die Einwanderung osteuropäischer und aus unserer Sicht - „nahöstlicher" Nationalitätengruppen:

Por otra parte, tratándose de polacos, lituanos, checoslovacos, sirios, libaneses, palestinos, armenios, árabes y turcos, la experiencia ha demostrado que por la clase de actividades a que se dedican en el país, las que con rarísimas excepciones constituyen un motivo de competencia desventajosa para nuestros nacionales, su inmigración debe considerarse como poco deseable.

Ihre Einwanderung war nur in der Eigenschaft als inversionista mit mindestens 10.000 Pesos Kapital oder als Familienangehöriger möglich.133

129 Es wurde am 2. Januar durch das Außenministerium an den diplomatischen Dienst und die Konsuln weitergeleitet, vgl. BO-SRE. Bd. 62, Nr. I, 1934: 97-99. 130

„Por razones políticas, los nacionales de las Repúblicas Soviéticas Socialistas. De éstos quedan exceptuados los rusos de origen nacidos en otro país, los naturalizados nacionales de otros Estados y los emigrados de Rusia con anterioridad al año de 1917 (BO-SRE. Bd. 62, Nr. 1, 1934: 98). 131 „Por sus malas costumbres y actividades notoriamente inconvenientes, los individuos designados por el vulgo con la clasificación genérica de gitanos" (BO-SRE. Bd. 62, Nr. 1, 1934: 98). 132

„Por ser gente aventurera y generalmente sin recursos económicos [...]" (BO-SRE. Bd. 62, Nr. 1, 1934:98). 133

BO-SRE. Bd. 62, Nr. 1, 1934: 97-99. Carrefio (1993: 72-74, 151-156) zitiert dieses Rundschreiben vom 17.10.1933 in einer im Original verschlüsselten Version. Außerdem zitiert sie ein ergänzendes, ebenfalls im Original verschlüsseltes Rundschreiben vom 27.4.1934, das eine noch erweiterte Anzahl von Personengruppen von der Einwanderung ausschloß beziehungsweise diese stark einschränkte. Angehörigen einer verlängerten Nationalitätenliste wurde auch die Einwanderung als Investoren verwehrt. Speziell die jüdische Einwanderung sollte verhindert werden. Es ist fraglich, inwieweit die Bestimmungen dieses Rundschreibens umgesetzt wurden beziehungsweise umgesetzt werden konnten. Die Liste der Ausschlußnationen umfaßt sowohl die osteuropäischen Länder, aus denen tatsächlich eine steigende Einwanderung zu verzeichnen war, als auch Gruppen, die kaum je nach Mexiko gelangten (z. B. Perser, Afghanen, Marokkaner, Ozeanier). Im Sommer 1935 reagierten jedoch jüdische Geschäftsleute US-amerikanischer Nationalität auf den drohenden Ausschluß von der Einreise nach Mexiko. Einzelne Antragsteller beklagten die abweisende Haltung der mexikanischen Konsulate, die sich anscheinend weigerten, ihnen Visa zu erteilen. Das mexikanische Außenministerium vertrat daraufhin die Haltung, US-amerikanische Juden als US-amerikanische Staatsbürger einzustufen, um anti-mexikanische Propaganda zu vermeiden. In einer Akte des AHSRE werden die beiden von Carreño zitierten Rundschreiben, die vom Departamento de Asuntos Comerciales y de Protección der SRE ausgegeben worden waren, erwähnt. Außerdem existierte ein weiteres Rundschreiben an die Konsuln vom 15.6.1934, nach dem die Einreise von Juden nach Mexiko nicht gestattet werden sollte. Allerdings sah es als Ausnahme die Ausstellung von Touristenvisa an US-amerikanische Juden vor. 1937 wandten sich auch der US-amerikanische Botschafter Josephus Daniels und der mexikanische Botschafter in

133

Das Migrationsgesetz von 1930 wurde schließlich durch ein neues Gesetz 1936 aufgehoben. Es wurde am 24. August 1936 von Lázaro Cárdenas erlassen und trat ab dem 30. August in Kraft.134 Anders als seine Vorgänger beschäftigte es sich nicht nur mit der Ein- und Auswanderung, sondern hatte den Anspruch, die fundamentalen Bevölkerungsprobleme Mexikos zu lösen. 135 In Artikel 1 wurden dazu folgende Ziele genannt:

1. El aumento de la población; II. Su racial distribución dentro del territorio; III. La fusión étnica de los grupos nacionales entre sí; IV. El acrecentamiento del mestizaje nacional mediante la asimilación de los elementos extranjeros; V. La protección a los nacionales en sus actividades económicas, profesionales, artísticas o intelectuales, mediante disposiciones migratorias; VI. La preparación de núcleos indígenas para constituir mejor aporte físico, económico y social desde el punto de vista demográfico; VII. La protección general, conservación y mejoramiento de la especie, dentro de las limitaciones y mediante los procedimientos que señala esta ley.

Das Gesetz hatte also weitreichende bevölkerungspolitische Ziele, denen die Vorstellung einer notwendigen ethnischen Homogenisierung, 136 der mestizaje zwischen einheimischer und ausländischer Bevölkerung zu deren Assimilierung sowie der gleichmäßigen Verteilung einer möglichst homogenen Bevölkerung über das gesamte Staatsgebiet zugrunde lagen. Die mexikanische Bevölkerung sollte durch einwanderungsrechtliche Bestimmungen Protektion in wirtschaftlichen Fragen erhalten. Die Einwanderung spielte bei dem Ziel des Bevölkerungswachstums eine Rolle, wird allerdings erst an dritter Stelle hinter der Förderung des natürlichen Wachstums und der Repatriierung von Mexikanern genannt (Artikel 4). Die Auswanderung 137 sollte durch das Innenministerium möglichst verboten oder beschränkt werden. Dem Innenministerium oblag auch weiterhin die Steuerung der Einwanderung, die dazu beitragen sollte, „ethnische" Probleme zu lösen und die nach wirtschaftlichen oder kulturellen Notwendigkeiten auszuwählen war.138 Zu diesem Zweck wollte man - nach dem Vorbild der USA und einiger südamerikanischer Staaten - jährliche Tabellen für Einwandererquoten erstellen, die diesen Bedürfnissen Rechnung trugen. 139 Auch die Washington, Castillo Nájera, wegen dieser Frage an das mexikanische Außenministerium (AHSRE III2334-12). 134

Ab dem 27.12.1947 wurde es durch ein neues Bevölkerungsgesetz abgelöst.

135

Ley General de Población, in Diario Oficial. Bd. 97, Nr. 52, 29.8.1936, S. 1-11. Auch in diesem Gesetz waren wiederum Bestimmungen gegen die Einwanderung von Prostituierten, Anarchisten usw. enthalten. Die sanitären Kontrollen blieben Voraussetzung für die Einreise. 136

Hier waren vor allem indigene Gruppen gemeint.

137

„Son emigrantes los mexicanos o inmigrantes que salgan del país con el propósito de radicarse en el extranjero" (Artikel 68). 138

Neu gegründet wurde im Innenministerium die Dirección General de Población, der die Aufgabenbereiche Demographie, Migration und Tourismus unterstellt waren. 139

„Compete a la Secretaría de Gobernación: [...] Promover, de acuerdo con los requisitos y condiciones que se fijen en cada caso genérico y para resolver problemas étnicos o para llenar necesidades económicas o culturales, la venida al país de extranjeros de la nacionalidad, raza, sexo, edad, estado civil, ocupación, instrucción e ideología que considere adecuadas, en el número y por la temporalidad que sea necesaria, pudiendo otorgarse a los inmigrantes facilidades económicas para su establecimiento; [...] Formar y publicar en el mes de octubre de cada año, independientemente de lo que previene la

134

Regionen oder Orte der zukünftigen Residenz der Einwanderer sollten den Bedürfnissen der Nation und der Herkunft der Immigranten gemäß festgelegt werden. Freizügigkeit konnte erst nach fünf Jahren erreicht werden. Ausländer durften in Mexiko nur noch in Ausnahmenfallen und mit Genehmigung der Secretaría de Gobernación freie Berufe (profesiones liberales) ausüben. Kommerzielle und industrielle Aktivitäten von Ausländern sollten dort beschränkt werden, wo sie die Kontrolle von Inländern über die Wirtschaft gefährdeten. Außerdem wurden beruflich ausgeübte intellektuelle und künstlerische Tätigkeiten von Ausländern in dem Maße beschränkt, wie sie den Schutz der Inländer gefährdeten (Artikel 31-33). Die „kulturelle Assimilation" von Ausländern war ebenfalls Ziel der Politik. Hierzu konnte es ihnen auferlegt werden, sich nach kurzer Frist naturalisieren zu lassen, die offizielle Sprache zu lernen oder sich in nationale Bildungseinrichtungen einzuschreiben. Die Niederlassung (arraigo) von mit Mexikanerinnen verheirateten Ausländern sollte erleichtert werden (Artikel 34, 35). Mit Ausnahme der visitantes locales,140 turistas und transmigrantes141 waren alle Einwandernden weiterhin verpflichtet, sich in das Ausländerregister einschreiben zu lassen (Artikel 44-47). Dieser Verpflichtung unterlagen also visitantes,142 143 inmigrantes und inmigrados™*. Diese Gruppen waren es auch, die bei der Einreise eine Kaution (depósito) hinterlegen mußten, mit der gegebenenfalls ihre Rückführung und Strafgebühren wegen Verstoßes gegen die Migrationsbestimmungen bezahlt werden konnten (Artikel 75). Anerkannte Immigranten durften die Ehepartnerin (oder den Ehepartner), unverheiratete Söhne und Töchter und die Eltern, wenn sie ökonomisch von ihnen abhängig waren, mitbringen.145 Die abhängigen MitEinwanderer durften genauso lange bleiben wie der Immigrant. Bei Ehepartnern galt fracción anterior, tablas diferenciales que marquen el número máximo de extranjeros que podrán admitirse durante el aflo siguiente. Tales tablas señalarán las condiciones de nacionalidad, raza, sexo, estado civil, edad, ocupación, instrucción, medios económicos, y demás características que se juzguen pertinentes de los extranjeros admisibles, asi como la calidad migratoria y temporalidad de admisión. Se formarán teniendo en cuenta el interés nacional, el grado de asimilabilidad racial y cultural, y la conveniencia de su admisión, a fin de que no constituyan factores de desequilibrio [...]" (Ley General de Población, Artikel 7). 140 „Visitantes locales son los extranjeros que entran al país con el objeto de permanecer en los puertos marítimos o fronterizos por un tiempo que no exceda de tres días, y los residentes en ciudades extranjeras fronterizas que pasan habitualmente por razón de actividad o de paseo a las ciudades mexicanas limítrofes, sin salir de los límites de estas poblaciones ni permanecer en ellas más del término indicado" (Artikel 63). 141 Touristen durften sich bis zu sechs Monaten in Mexiko aufhalten, Durchreisende bis zu dreißig Tagen (Artikel 61, 62). Beide konnten die Migrationskategorie nicht wechseln, es sei denn, sie verheiraten sich während ihres Aufenthalts mit einer Mexikanerin. 142

Visitante war ein Tourist oder Durchreisender, hatte jedoch im Unterschied zu diesen das Recht, sich bezahlten oder einträglichen Aktivitäten (actividades remuneradas o lucrativas) zu widmen. Die maximale Aufenthaltsdauer betrug sechs Monate (Artikel 64). 143 „Inmigrante es el extranjero que entra al país con el propósito de radicarse en él, pudiendo ejercer actividades remuneradas o lucrativas. Los inmigrantes se aceptarán hasta por cinco años, siempre que anualmente demuestran que subsisten las condiciones y requisitos con que fueron admitidos" (Artikel 65). 144 145

„Inmigrado es el extranjero que obtiene derecho de radicación definitiva en el país" (Artikel 66).

Auch weitere, ökonomisch abhängige und minderjährige Blutsverwandte konnten unter Umständen mit einwandern.

135

dies allerdings nur dann, wenn die Eheschließung vor der Einreise stattgefunden hatte (Artikel 82, 83). Die Einwanderung von Arbeitern blieb weiterhin unbefristet verboten. Ausnahmen hierzu wurden vom Innenministerium in die Quotentabellen eingearbeitet (Artikel 84). Unternehmen, die illegal eingereiste Ausländer anstellten, sollten mit Strafen belegt werden (Artikel 85). Die Einwanderung von Technikern unterlag weiterhin Beschränkungen, und diejenige von Kaufleuten, die sich nicht dem Exporthandel widmeten, wurde strikt verboten. 146 Für Investoren wurde das Mindestkapital je nach Region gestaffelt festgelegt. Wer im Distrito Federal ein landwirtschaftliches, industrielles oder exportwirtschaftliches Unternehmen gründen wollte, mußte 100.000 Pesos vorweisen. In den Munizipiengrenzen der Provinzhauptstädte betrug das Mindestkapital 20.000 Pesos, in jedem anderen Ort des Landes nur noch 5000 Pesos. Das Geld sollte nicht in Aktiengesellschaften angelegt werden und dem Immigranten und seiner Familie den Lebensunterhalt ermöglichen. Die Investition muß in den ersten sechs Monaten der jährlich bestätigten Aufenthaltsdauer realisiert werden (Artikel 88). Nach fünf Jahren legalem Aufenthalt erhielt der Einwanderer den Status des inmigrado, wenn er sich in dieser Zeit nicht länger als zwei Jahre aus Mexiko entfernt hatte (Artikel 89).147 Zum inmigrado wurde auch derjenige, der sich mit einer Mexikanerin verheiratete, auch wenn er noch nicht fünf Jahre in Mexiko gelebt hatte - allerdings nur solange die Ehe bestand (Artikel 91). In der ersten tabla diferencial für die Quotierung der Einwanderer, die für 1938 galt, gab es keine Beschränkung für Immigranten aus allen amerikanischen Ländern und aus Spanien. Aus West- und Mitteleuropa durften pro Land maximal 1000 Einwanderer kommen, aus den übrigen Ländern bis zu 100. Bei den Berufen sollten Unternehmer bevorzugt werden, die Mexikaner in leitenden Funktionen beschäftigten. Unter besonderen Umständen konnte die Einreise von Einwanderergruppen erlaubt werden, wenn diese erklärten, keine rassischen Vorurteile zu haben und bereit waren, eine mestizische mexikanische Familie zu gründen. Die zweite tabla, gültig für 1939 und 1940, hob die Einwanderungsbeschränkung für Portugiesen auf, die dritte (1941-1944) die fur alle übrigen europäischen Länder (González Navarro 1993-1994:111,42-43).148 Trotz der gesetzlichen Einschränkungen der Einwanderung ab 1926, vor allem aber durch die Gesetze von 1930 und 1936, ist das cardenistische Mexiko für seine liberale Flüchtlingspoltik bekannt. Dies ist besonders auffallig, da sich mit dem von José Angel Espinoza geleiteten Comité Pro Raza und anderen rechten Oppositionsgruppen bereits ausländerfeindliche und antisemitische Organisationen149 gebildet hatten, die gegen die

146 „Queda terminantemente prohibido a los inmigrantes ejercer el comercio con excepción del de mera exportación. Sólo podrán ser admitidos para dedicarse a la agricultura, a la industria o al comercio de exportación" (Artikel 87). 147 Ausländer, die ohne Erfüllung der Einwanderungsformalitäten in den vorausgegangenen zehn Jahren in Mexiko gelebt haben und nicht länger als zwei Jahre abwesend waren, erhielten ebenfalls den Status eines inmigrado (Artikel 90). 148

Avni (1989: 28-29) gibt andere Zahlen an: Ihm zufolge betrug die Quote für Deutsche und Österreicher 1938 je 5000. 1939 wurde sie für Deutsche auf 1000 reduziert, für Österreich entfiel sie - trotz Mexikos Protest gegen seine Annexion - ganz. 149 Zu diesen Gruppen vgl. Campbell (1968), Pérez Montfort (1988a; 1988b; 1993), J. Meyer (1979) und Zetmeño/Aguilar (1988).

136

Anwesenheit vor allem von Chinesen 150 und Juden agitierten und die versuchten, eine großzügige Aufnahme von Flüchtlingen zu verhindern (Avni 1989: 12-15)." 1 Im Bevölkerungsgesetz von 1936 bezog sich erstmals der Artikel 58 auf das neue Problem: Politische Flüchtlinge sollten in den Einreisehäfen provisorisch aufgenommen werden, bis ihr Fall durch das Innenministerium entschieden worden war. In der Praxis wurde mit den Flüchtlingen sehr unterschiedlich verfahren, wobei die bisherige Forschung vor allem den Widerspruch zwischen der Behandlung von spanischen Republikanern und europäischen Juden hervorgehoben hat.152 Die spanischen Flüchtlinge wurden von Cárdenas, der versucht hatte, die Republik zu unterstützen, willkommen geheißen. 153 Mexiko nahm eine größere Menge spanischer Flüchtlinge auf als jedes andere lateinamerikanische Land. 154 Außerdem stellte es in Frankreich internierte Flüchtlinge unter seinen Schutz und verhinderte so in vielen Fällen die Deportation. Innenpolitisch war diese Haltung nur schwierig zu vertreten; und sie erlitt unter Präsident Avila Camacho auch Einschränkungen bezüglich der Auswahl der Immigranten. Trotzdem blieb die Haltung der mexikanischen Regierung gegenüber den spanischen Flüchtlingen, die als leicht assimilierbar galten, grundsätzlich positiv (Avni 1989: 33-40, 44-48). 155 Jüdische Flüchtlinge hatten es dagegen sehr schwer, in Mexiko Aufnahme zu finden. Auf Drängen der USA nahm Mexiko zwar 1938 an der internationalen Flüchtlingskonferenz von Evian (Frankreich) teil, verzögerte aber wie die übrigen Teilnehmer eine Lösung. In Mexiko ging 1938 aus der jüdischen Industrie- und Handelskammer eine Hilfsorganisation (Comité Pro Refugiados en Mexico) hervor, die sich für die Beschaf150 Vereinzelte Ausschreitungen gegen Chinesen hatte es bereits im Porfiriat gegeben, häufiger wurden sie jedoch nach dem Massaker an 303 Chinesen und 5 Japanern in Torreón (Coahuila) im Jahr 1911. Insbesondere der Bundesstaat Sonora zeichnete sich durch eine chinesenfeindliche Politik aus, indem er mit menschenunwürdigen Gesetzen, die eine örtliche Ségrégation verfügten, Ehen mit Mexikanerinnen verboten und Kaufleuten die wirtschaftliche Lebensgrundlage entzogen, bis 1931 eine fast vollständige Vertreibung der chinesischen Bevölkerung erreichte (Cumberland 1960; Jacques 1976; Gómez Izquierdo 1991: 90-162). Vgl. auch die Hetzschrift gegen die Chinesen von José Angel Espinoza (1932), in der er die Politik Sonoras lobte und als beispielhaft darstellte. Zur abweichenden Situation der Chinesen in Baja California vgl. Duncan (1994). 151

Im Oktober 1930 wurde in Mexiko-Stadt das Comité Nacional Anti-Chino y Anti-Judio gegründet. Im Mai 1931 kam es zu Ausschreitungen gegen jüdische Kleinhändler in Mexiko-Stadt (Avni 1989: 8). 152

Vgl. Anmerkung 1 dieses Kapitels.

153

Bereits 1937 hatte Mexiko etwa 460 Kinder (los"niños de Morelia") aus der spanischen Republik aufgenommen (vgl. Pia Brugat 1985). Anders als die jüdischen Flüchtlinge, um die sich gut organisierte Hilfskommitees von in Mexiko lebenden Juden kümmerten, erhielten die spanischen Republikaner nur wenig Unterstützung von den in Mexiko lebenden Spaniern, die mehrheitlich mit Franco sympathisierten (Avni 1989: 33). 154 Vgl. Pohle (1986: 4). Nach den von ihm zitierten Schätzungen aus dem 1943 erschienenen Libro Negro del terror nazi en Europa waren seit 1933 etwa 1200 nichtspanische und 15.000 spanische Flüchtlinge nach Mexiko gekommen. In den anderen lateinamerikanischen Ländern (mit der Ausnahme von Venezuela, das nach dieser Quelle nur 200 spanische, aber keine nichtspanischen Flüchtlinge aufnahm), war das Verhältnis umgekehrt. Die nicht-spanischen Flüchtlinge bildeten dort die überwiegende Mehrheit; in Argentinien standen 35.000 nichtspanische 500 spanischen Flüchtlingen gegenüber. Weitere Zahlen zum spanischen Exil finden sich bei Márquez Morfin (1988: 133-135). Pohle (1986: 5) hält die Schätzungen der Zahlen der nichtspanischen Flüchtlinge für zu niedrig. 155 Zum Exil der republikanischen Spanier vgl. vor allem Fagen (1975), Márquez Morfin (1988), Pia Brugat (MS 1994) und Lida(1997: 105-122).

137 fung v o n Einreisevisa und d e n zu hinterlegenden Kautionen einsetzte und die erfolgreich eingewanderten Juden bei der Arbeitssuche half. In e i n i g e n Fällen verweigerten die

dem

Innenministerium

unterstellten

Einwanderungsbehörden

per

Schiff

einreisenden Flüchtlingen - z u m Teil trotz gültiger Transitvisa nach Guatemala - die Landung.

In e i n e m anderen Fall wurden Touristenvisa nicht anerkannt und

die

Behörden s c h o b e n die B e t r o f f e n e n nach Europa ab. A l s politische Flüchtlinge wurden sie nicht akzeptiert. 1 5 6 Deutschsprachige Exilanten k a m e n z u m Teil als Immigranten g e m ä ß d e n g e s e t z l i c h e n E i n w a n d e r u n g s b e s t i m m u n g e n nach M e x i k o , ihre Zahl läßt sich k a u m separat ermitteln. Andere erhielten aufgrund ihres Einsatzes für die spanische Republik, deren Staatsangehörigkeit sie erworben hatten, Einreise visa als politische Flüchtlinge. 1 5 7 A u c h unter den „Schriftstellern", „Gewerkschaftsführern" und „Freiheitskämpfern", die z u m Teil aufgrund d e s direkten Eingreifens v o n Präsident Cárdenas n a c h M e x i k o k o m m e n durften, waren e i n i g e D e u t s c h e , e b e n s o unter den j ü d i s c h e n Flüchtlingen, die nach d e m Einsatz der H i l f s k o m m i t e e s einreisten. N a c h P o h l e waren e s insgesamt w o h l nicht mehr als 3 . 0 0 0 ( 1 9 8 6 : 5 - 1 6 ) . 1 5 8

3 . 2 U S - A m e r i k a n e r u n d D e u t s c h e in M e x i k o

Während die organisierte Einwanderung in M e x i k o eine untergeordnete R o l l e spielte und vor a l l e m die landwirtschaftliche Kolonisation mit Ausländern nur v o n den Mor-

156 Vgl. Avni (1989: 23-29, 40-42, 52-59); Bokser-Liwerant (1990-1991); Carrefio (1993: 91-99). Im Zuge der Bemühungen der jüdischen Hilfsorganisationen kam es ab März 1939 zu dem Versuch, mit den Flüchtlingen ein landwirtschaftliches Kolonisationsunternehmen in Coscapá (Veracruz) zu realisieren, das allerdings scheiterte. Einige Siedler versuchten danach ihr Glück auf individuell erworbenem Land in der Nähe von Monterrey (Coahuila), was ihnen den einwanderungsrechtlichen Status von Investoren einbrachte. Andere Kolonisationsprojekte mit jüdischen Flüchtlingen wurden nicht umgesetzt. In Coscapá versuchte man nach dem Scheitern der jüdischen Kolonisatoren, spanische Flüchtlinge anzusiedeln, ebenfalls ohne Erfolg. Auch die Ansiedlung von Spaniern in Santa Clara (Chihuahua) scheiterte (Avni 1989: 29-33, 36-37; Carreño 1993: 87-89, 99-101). 1942 vereinbarte die Regierung Avila Camacho mit dem Premierminister der polnischen Exilregierung, Wladyslaw Sikorsky, die Unterbringung von polnischen Flüchtlingen in der Hacienda Santa Rosa nahe León (Guanajuato). Dieses mit Hilfe der USA und Großbritanniens realisierte Unternehmen war ein isoliertes Flüchtlingslager und kann nicht als Agrarkolonisation gelten. Es bestand bis zum 30.12.1945 (Avni 1989: 48-52; Lepkowski 1991: 51-56). 157 Allerdings gab es bei der Einreise in Mexiko manchmal Schwierigkeiten, da sie keine Spanier „von Geburt" waren. Diese Unterscheidung hatte 1939 in der mexikanischen Innenpolitik eine Rolle gespielt (Pohle 1986: 9, 14). Immer wieder hervorgehoben wird das große persönliche Engagement des damaligen mexikanischen Generalkonsuls in Marseille, Gilberto Bosques, für die Flüchtlinge (Pohle 1986: 15; Hanffstengel 1990-1991; 1994-1996). 158 Zum deutschsprachigen Exil in Mexiko vgl. vor allem Pohle (1986; 1992). Auch Kießling (1981) und zur Mühlen (1988) behandeln in ihren Arbeiten zum Exil in Lateinamerika Mexiko ausführlich, da es trotz der vergleichsweise geringen Zahl der Flüchtlinge zum Zentrum des „linken" politischen Exils wurde und die Emigranten ein reiches kulturelles Leben entfalteten. Besonders bekannt wurde die Anfang 1942 gegründete, kommunistisch dominierte Bewegung Freies Deutschland, die eine (bereits im November 1941 erstmals erschienene) gleichnamige Zeitschrift herausbrachte und den Heinrich-HeineKlub gründete. Exilliteratur erschien im Verlag El Libro Libre.

138

monen und den kanadischen Mennoniten in größerem Maßstab erfolgreich durchgeführt wurde, kamen Ausländer vor allem seit dem Porfiriat als Einzelwanderer, unorganisiert und nur zum geringen Anteil mit Familie. Ihre Zahl war im Vergleich zu Ländern wie Argentinien und Brasilien gering, und zu „Einwanderungswellen" ist es nicht gekommen, obwohl sich nach dem Ersten Weltkrieg - trotz der Verschärfung der mexikanischen Einwanderungsgesetzgebung - eine stärkere Auswanderung aus Europa bemerkbar machte. Die Präsenz von US-Amerikanern und Deutschen in Mexiko soll hier anhand von zwei quantitativen Quellen untersucht werden: den Zensusdaten (18951940) und den vom Außenministerium geführten Listen über die Einbürgerung von Ausländern.

3.2.1 Anzahl und regionale Verteilung nach den Zensus

Die mexikanischen Zensus sind eine wichtige Quelle über Ausländer in Mexiko, allerdings ist ihre Aussagekraft einigen Einschränkungen unterworfen. Ihre Bearbeitimg durch Salazar Anaya (1996) macht die Daten nicht nur leicht zugänglich, sondern thematisiert in einer einleitenden historischen Studie auch die Probleme der Erhebung und Kategorisierung und korrigiert einige Übertragungsfehler älterer offizieller Veröffentlichungen (1996: 15-83, 85-96). Generell wird angenommen, daß die Zensuszahlen über Ausländer zu niedrig liegen. Ausländer wurden auf zwei Arten gezählt: nach dem Geburtsland und nach der aktuellen Staatsangehörigkeit. Für 1940 verzichtet Salazar Anaya wegen der großen Unklarheit der Originaldaten auf die Angaben über das Geburtsland.159 Ein Problem bei der Vergleichbarkeit der jeweiligen Zensuszahlen sind die stark veränderten deutschen Grenzen nach dem Ersten Weltkrieg sowie die Annexionen Österreichs und weiter Teile der Tschechoslowakei 1938/39, da nicht bewertet werden kann, wie sie die angegebenen Zahlen beeinflussen. In den Zensus von 1895, 1900 und 1910 hieß die verzeichnete Kategorie Alemania y colonias, danach Alemania. Österreich wurde im Zensus von 1940 nicht mehr genannt. Bei den Zahlen über US-Amerikaner in Mexiko muß dagegen eine möglicherweise erhebliche Zahl von Rückwanderern mexikanischer Herkunft in Betracht gezogen werden.160 Zwischen den USA und Kanada wurde 1895 noch nicht unterschieden, in der Kategorie Norteamérica waren vermutlich beide Länder zusammengefaßt. 1900 heißen die USA Estados Unidos del Norte, danach nur noch Estados Unidos.

159 Problematisch erscheint mir außerdem, daß die von Salazar Anaya als lugar de nacimiento zusammengefügten Daten in den Zensus zum Teil unter anderen Titeln aufgeführt wurden, zum Beispiel 1900 unter „nación o país de su residencia de donde han salido los extranjeros" (vgl. Salazar Anaya 1996: 58). Dies mußte nicht notwendigerweise das Geburtsland sein. Ähnliche Unklarheiten bestehen beim Zensus von 1910 (Salazar Anaya 1996: 60). 160 Nach den Angaben des Migrationsbeamten Landa y Piña (1930: 23-24), der sich auf eine Migrationsstatistik seiner Behörde beruft, war die Rückwanderung in den meisten Jahren zwischen 1910 und 1928 größer als die Auswanderung. Ausnahmen sind die Jahre 1912, 1913, 1916, 1919 und 1927.

139

Die ausländische Bevölkerung machte nur einen geringen Anteil an der Gesamtbevölkerung Mexikos aus. Deutlich werden an den Zahlen der Tabelle 9 ein sprunghafter Anstieg zwischen 1900 und 1910 sowie ein starkes Wachstum zwischen 1921 und 1930: Tabelle 9: Die Bevölkerung Mexikos, 1895-1940 Gesamtbevölkerung

Zensus 1895 1900 1910 1921 1930 1940

12.632.427 13.607.259 15.160.369 14.334.780 16.552.722 19.653.552

Ausländer (lugar de nacimiento) 54.737 58.179 116.526 108.080 140.587 177.375

Ausländer (nacionalidad) 49.196 57.139 115.871 100.856 159.768 67.542

Quelle: Salazar Anaya (1996: 99,291).

Während die in den USA Geborenen zwischen 1895 und 1930 zu den drei größten Ausländergruppen in Mexiko zählten und ab 1930 an erster Stelle standen, folgten die in Deutschland Geborenen mit Abstand erst auf Platz sechs oder sieben. Es wurden in den drei folgenden Tabellen (10-12) die Angaben über das Geburtsland, nicht über die Nationalität berücksichtigt, da angenommen wird, daß sie mehr über die Einwanderung aussagen, als die der Kategorie der Staatsangehörigkeit.161 Wegen der großen Anzahl der Herkunftsländer werden jeweils nur die zehn zahlenstärksten Gruppen genannt:

Tabelle 10: Die zehn wichtigsten ausländischen Geburtsländer der Bevölkerung Mexikos, 1895 | Geburtsland Guatemala Spanien Nordamerika Frankreich Großbritannien Deutschland Italien China Türkei/Ägypten Österreich/Ungarn

Summe 13.992 13.727 12.108 3.756 3.167 2.420 2.062 1.009 446 263

Männer 7.340 11.072 7.424 2.755 2.389 1.935 1.434 956 328 195

Frauen] 6.652 2.655 4.684 1.001 778 485 628 53 118 68

Quelle: Zusammengestellt nach Salazar Anaya (1996: 101-106; zu den Länderkategorien vgl. 1996: 55-56).

161

Vgl. dazu auch die Verwendung der Kategorien bei Pla/Zärate (1992) und Pia Brugat (1992).

140

Tabelle 11: Die zehn wichtigsten ausländischen Geburtsländer der Bevölkerung Mexikos, 1910 Geburtsland Spanien Guatemala USA China Großbritannien Frankreich Deutschland Kuba Türkei Italien

Summe 29.541 21.334 20.639 13.203 5.264 4.604 3.827 3.416 2.907 2.595

Männer 22.899 11.098 12.983 13.116 3.416 3.232 2.806 1.921 1.942 1.822

Frauen 6.642 10.236 7.656 87 1.848 1.372 1.021 1.495 965 773

Quelle: Zusammengestellt nach Salazar Anaya (1996: 101-106).

Tabelle 12: Die zehn wichtigsten ausländischen Geburtsländer der Bevölkerung Mexikos, 1930 Geburtsland USA Spanien China Guatemala Libanon/Syrien Kanada Deutschland UdSSR Frankreich Großbritannien*

Summe 36.308 28.855 15.976 13.133 6.161 5.846 4.471 3.924 2.996 2.946

Männer 18.477 21.646 15.555 6.828 3.809 2.890 3.077 2.165 1.826 1.774

Frauen | 17.831 7.209 421 6.305 2.352 2.956 1.394 1.759 1.170 1.172

* Die bei Salazar Anaya an dieser Stelle genannten Zahlen für Großbritannien sind nicht korrekt. Nach den Einzelangaben filr die Bundesstaaten bei Salazar Anaya (1996:255257) ergibt sich die Gesamtzahl von 2.947 (1.775 Männer und 1.172 Frauen). Quelle: Zusammengestellt nach Salazar Anaya (1996: 101-106).

Die Änderungen in der Gruppe der wichtigsten Einwanderungsländer belegen die wachsende Bedeutung der asiatischen Einwanderung, 1930 auch die später verbotene starke Immigration aus der UdSSR. Deutlich wird an den Zahlen der Tabellen 10-12 auch das unterschiedliche Verhältnis der Geschlechter. Bei den in Deutschland Geborenen lag es, nur langsam zugunsten der Frauen steigend, bei etwa einem Drittel, während es bei den in den USA Geborenen bis 1930 fast ausgeglichen war. Während die Angabe des Geburtsortes in den Zensus wohl am deutlichsten auf die Herkunft der Einwanderer schließen läßt, so könnte die Angabe über die Nationalität interessant in Bezug auf die Loyalität zur neuen Heimat sein (vgl. Pia Brugat 1992: 108). Die deutsche beziehungsweise die US-amerikanische Nationalität konnten bis 1934 auch in Mexiko geborene Kinder von Einwanderern haben, da sie bis dahin erst bei der Volljährigkeit wählen mußten, welche Staatsangehörigkeit sie besitzen wollten. Vermutlich wählten bis dahin nur wenige die mexikanische (vgl. Kapitel 3.2.2).

141

Dagegen nahmen zahlreiche mexikanische Ehefrauen die Staatsangehörigkeit ihrer ausländischen Männer an.162 Der umgekehrte Fall - eine Ehe zwischen ausländischen Frauen und mexikanischen Männern - kam seltener vor. Allerdings gibt es bisher keine Untersuchungen zu diesem Thema, so daß eine quantitative Einschätzung des Heiratsphänomens schwierig bleibt. Die Tabelle 13 zeigt die Unterschiede in den Angaben zum lugar de nacimiento und der nacionalidad für die Deutschen.

Tabelle 13: Deutsche in den mexikanischen Zensus nach den Angaben lugar de nacimiento und nacionalidad

1895 1900 1910 1921 1930 1940

Lugar de nacimiento Alemania Summel Männer Frauen 2.420 1.935 485 2.567 1.982 585 3.827 1.021 2.806 3.347 2.450 897 4.471 1.394 3.077

Nacionalidad alemana Männer Frauen Summe 1.841 491 2.332 2.571 592 1.979 3.775 2.770 1.005 2.613 1.228 3.841 3.770 6.401 2.631 1.815 2.852 1.037

Quelle: Salazar Anaya (1996: 101,293).

Bereits ab 1900, vor allem aber 1921 und 1930 besaßen deutlich mehr Personen die deutsche Staatsangehörigkeit, als in Deutschland geboren wurden, und ihre Zahl stieg in diesem Zeitraum stark an. Fraglich ist, wie die deutschen Gebietsverluste nach dem Ersten Weltkrieg die Zahlen beeinflußten. Wir wissen nicht, wie mexikanische Zensusbeamte Personen kategorisierten, die in Orten geboren waren, die zum Beispiel vor dem Krieg zu Deutschland, danach aber zu Polen gehörten. Da sich die Diskrepanz auch schon in den früheren Zahlen feststellen läßt, kann sie nicht allein auf diese Ursache zurückgeführt werden. Auffallig hoch ist der Anstieg bei den Frauen, 1930 besaßen etwa doppelt soviele Frauen die deutsche Staatsangehörigkeit, als dort geboren wurden. Zwischen 1930 und 1940 sank die Zahl der Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit sehr stark ab. Dies hatte vermutlich mehrere Gründe. Während der mexikanische Staat seine Gesetze änderte und vor allem durch die Arbeitsgesetzgebung einen starken Druck zum Wechsel der Staatsangehörigkeit ausübte, ließ es der Zweite Weltkrieg wohl auch nicht mehr opportun erscheinen, im Ausland zur angreifenden Nation zu gehören (vgl. Salazar Anaya 1996: 67).163 Ein ganz anderes Bild ergibt sich aus den entsprechenden Zahlen für die US-Amerikaner (vgl. Tabelle 14).

162 Dies bestätigt zum Beispiel eine Anmerkung im mexikanischen Zensus von 1930: „Entre las personas que declararon haberse naturalizado extranjeras, figura un número considerable de mujeres que dejaron de ser mexicanas por enlace matrimonial con extranjeros." Der Zensus verzeichnete an dieser Stelle die Zahl von 563 Mexikanern (551 Frauen und 12 Männern), die die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hatten. 898 Mexikaner (853 Frauen, 45 Männer) nahmen die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an (Quinto censo de población. 15 de mayo de 1930. Resúmen general 1934: 116). 163

Allein durch die Naturalisierungen läßt sich die Diskrepanz jedoch nicht erklären (vgl. Kapitel 3.2.2). Es ist aber wahrscheinlich, daß sich aufgrund des Konflikts in Europa mehr Personen auf ihre mexikanische Geburt beriefen.

142

Tabelle 14: US-Amerikaner in den mexikanischen Zensus nach den Angaben lugar de nacimiento und nacionalidad

1895 1900 1910 1921 1930 1940

Lugar de nacimiento Estados Unidos Summe Männer Frauen 12.108 7.424 4.684 15.267 9.767 5.500 20.639 12.983 7.656 12.119 21.744 9.625 36.308 18.477 17.831

Nacionalidad estadounidense Summe Männer Frauen 10.220 6.446 3.774 9.415 14.918 5.503 20.507 12.914 7.593 6.893 11.090 4.197 12.396 6.938 5.458 9.585 5.122 4.463

Quelle: Salazar Anaya (1996: 103,295).

Bei den US-Amerikanern ist ab 1910, vor allem aber in den folgenden Zensus die Zahl derjenigen, die die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besaßen, wesentlich kleiner als die derer, die dort geboren wurden. Diese Entwicklung kann zu dieser Zeit noch nicht mit einem Wandel der mexikanischen Gesetzgebung in Verbindung gebracht werden. Es ist dagegen viel wahrscheinlicher, daß die Diskrepanz auf die hohe Zahl von „Rückwanderern" zurückzufuhren ist, also auf Kinder von mexikanischen Auswanderern, die in den USA geboren worden waren und die während und stärker noch nach der Revolution, vor allem im Zuge der Weltwirtschaftskrise, die USA wieder verlassen haben. Zwar gibt es hierüber nur Schätzungen, aber Balderrama und Rodríguez (1995: 183) gehen für die 1930er Jahre davon aus, daß der Anteil der in den USA geborenen Kinder von Mexikanern etwa 60 Prozent der Rückwanderer ausmachte.164 Die unterschiedlichen Zahlen über den lugar de nacimiento und die nacionalidad bei US-Amerikanern und Deutschen belegen einen bemerkenswerten Umstand: Während mehr Personen rechtlich zu Deutschland gehörten, als dort geboren wurden, ist es bei den US-Amerikanern umgekehrt. Wenn die Annahme zutrifft, daß der Unterschied bei den US-Amerikanern vor allem auf mexikanische Migrantenkinder zurückzuführen ist, bleiben in der Kategorie nacionalidad vor allem die „echten" Einwanderer übrig. Die Zahl der US-Amerikaner wuchs bis 1910 stärker als die der Deutschen, fiel aber anders als diese zwischen 1910 und 1921 stark ab. Die Unterschiede in den Zahlen belegen die Auswirkungen der Revolution auf die USAmerikaner in Mexiko, während die Deutschen deutlich weniger betroffen waren. Bei ihnen wurde das Wachstum nur gebremst, nicht aber ins Gegenteil verkehrt. Die wirtschaftlichen Interessen der US-Amerikaner konzentrierten sich in den nordmexikanischen Staaten, die der Deutschen in Mexiko-Stadt. Dieses Grundmuster spiegelt sich an den Zahlen (gemäß der Nationalität) für Deutsche und US-Amerikaner in den

164 Nach dieser Darstellung hielten die mexikanischen Einwanderer in den USA wesentlich stärker als andere Immigranten an ihrer Staatsbürgerschaft fest. Nur fünf bis dreizehn Prozent stellten zwischen 1910 und 1930 Anträge auf Einbürgerung, bei den Europäern lag der Prozentsatz bei 45 bis 49 Prozent. Die in den USA geborenen Kinder hatten durch ihre Eltem die mexikanische, durch ihren Geburtsort aber auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Allerdings wurden die Staatsbürgerschaftsrechte minderjähriger Einwandererkinder von den US-amerikanischen Behörden häufig mißachtet (Balderrama/Rodrfguez 1995 : 20, 110., 183, 216-218). Zu dem noch wenig bearbeiteten Thema der Repatriierungen vgl. auch Guerin-Gonzalez (1985: 242, 249; 1994: 77-94).

143

mexikanischen Bundesstaaten wieder. Hier zunächst die Zahlen für die Deutschen (vgl. Tabelle 15). Tabelle 15: Deutsche in den mexikanischen Bundesstaaten, 1895-1940 Bundesstaat Aguascalientes Baja California B. C. Sur Campeche Coahuila Colima Chiapas Chihuahua D. F. Durango Guanajuato Guerrero Hidalgo Jalisco Edo. de México Michoacán Morelos Nayarit Nuevo León Oaxaca Puebla Querétaro Quintana Roo San Luis Potosí Sinaloa Sonora Tabasco Tamaulipas Tlaxcala Veracruz Yucatán Zacatecas Summe

1895 6 32 16 8 94 18 31 125 650 70 32 16 24 46 26 13 3 28 132 56 48 8

1900 18 34 59 8 138 8 25 124 777 128 43 7 23 98 79 15 8 25 122 65 62 9

85 352 78 11 80 5 171 44 24 2.332

54 105 113 15 47 2 237 94 29 2.571

1910 39 37 *

25 184 15 134 212 1.288 120 42 15 24 141 258 45 17 36 130 81 98 7 2 77 109 178 18 193 2 177 46 25 3.775

1921 11 20 11 18 120 8 142 129 2.036 67 40 10 47 127 63 34 20 36 97 43 76 4 0 31 84 125 13 173 1 209 37 9 3.841

1930 18 54 16 6 246 37 322 245 3.280 125 95 16 49 221 59 63 11 37 249 82 188 5 0 66 155 191 18 188 3 288 38 30 6.401

1940 1 7 3 1 2 105 5 110 112 1.850 29 18 17 16 84 33 6 16 6 100 23 61 1 0 36 25 50 1 47 0 70 12 6 2.852

* Es gibt nur Zahlen fllr die gesamte Baja California (vgl. Salazar Anaya 1996: 308). Für Quintana Roo finden sich in den Zensus von 1895 und 1900 keine Angaben (vgl. Salazar Anaya 1996: 386). Quelle: Salazar Anaya (1996: 423-425).

Die meisten Deutschen lebten im Distrito Federal, gefolgt von Veracruz. Aber auch die nordmexikanischen Staaten Chihuahua, Coahuila, Nuevo León, Sonora und Sinaloa,165 ab 1910 auch Tamaulipas spielten eine Rolle. Außerdem gab es eine vergleichsweise große Konzentration in Chiapas, die das Engagement deutscher Kaffeepflanzer in dieser Region widerspiegelte.

165

Dies vor allem durch die Zahlen von 1895.

144

Tabelle 16: US-Amerikaner in den mexikanischen Bundesstaaten, 1895-1940 Bundesstaat Aguascalientes Baja California B. C. Sur Campeche Coahuila Colima Chiapas Chihuahua D. F. Durango Guanajuato Guerrero Hidalgo Jalisco Edo. de México Michoacán Morelos Nayarit Nuevo León Oaxaca Puebla Querétaro Quintana Roo San Luís Potosí Sinaloa Sonora Tabasco Tamaulipas Tlaxcala Veracruz Yucatán Zacatecas Summe

1895 115 346 26 17 1.163 21 53 1.923 1.375 379 250 36 56 161 75 28 18 2 935 68 206 10

1900 214 395 44 25 1.318 44 15 2.896 2.110 709 257 33 60 387 216 86 67 83 1.146 155 321 14

438 156 570 32 1.104 10 454 20 173 10.220

650 298 1.453 69 881 11 753 51 157 14.918

1910 323 599 *

56 1.248 57 112 3.418 3.012 801 418 76 293 504 172 128 48 256 1.035 498 254 24 23 749 522 3.164 72 1.277 6 1.066 187 109 20.507

1921 102 498 42 30 345 10 22 1.557 2.548 176 112 10 175 266 114 80 20 43 268 95 65 15 2 234 490 1.051 29 1.632 1 868 50 140 11.090

1930 35 576 24 31 538 6 37 1.774 2.819 323 87 58 271 357 27 92 5 78 555 57 149 16 40 456 349 1.203 59 1.223 9 898 82 162 12.396

19401 58 172 17 5 478 14 19 1.410 3.839 158 154 66 82 372 14 126 47 20 336 27 57 6 2 278 191 511 27 780 1 134 28 156 9.585

* Es gibt nur Zahlen für die gesamte Baja California (vgl. Salazar Anaya 1996: 308). Für Quintana Roo finden sich in den Zensus von 1895 und 1900 keine Angaben (vgl. Salazar Anaya 1996: 386). Quelle: Salazar Anaya (1996: 450-452).

Von 1895 bis 1910 lebten die meisten US-Amerikaner in Chihuahua, erst danach im Distrito Federal. Große Konzentrationen fanden sich außerdem in Sonora, Tamaulipas, Coahuila und Nuevo Leon, aber auch in Veracruz. Zwischen 1910 und 1921 sank die Zahl der US-Amerikaner in allen Bundesstaaten (auch im Distrito Federal), mit der relevanten Ausnahme der Ölregion Tamaulipas. Auch wenn der Distrito Federal als Niederlassungsort wichtig war, so hatten die nordmexikanischen Staaten für die USAmerikaner eine größere Bedeutung als für die Deutschen. Diese waren allerdings in Chiapas stärker vertreten: dort war ihre Zahl ab 1910 sogar größer als die der USAmerikaner. 166 In Prozenten ausgedrückt, wird die unterschiedliche Bedeutung des Distrito Federal für Deutsche und US-Amerikaner noch klarer: 166 Landa y Pifia (1930: 39) nennt in dem 1926 erstellten Ausländerzensus auch für Puebla eine höhere Zahl von Deutschen (202) gegenüber US-Amerikanern (128).

145

Tabelle 17: Anteil der im D. F. residierenden Deutschen und US-Amerikaner an den Deutschen und US-Amerikanern in Mexiko insgesamt 1

Deutsche 27,9% 30,2% 34,1% 53,0% 51,2% 64,9%

1895 1900 1910 1921 1930 1940

US-Amerikaner | 13,5% 14,1% 14,7% 23,0% 22,7% 40,0%

Quelle: Berechnet nach den Zahlen von Salazar Anaya (1996)

Im Distrito Federal war die ausländische Bevölkerung zwar stärker vertreten als im Landesdurchschnitt, blieb aber insgesamt zahlenmäßig unbedeutend (vgl. Tabelle 18). Die Hierarchie der wichtigsten Gruppen zeigt einige Unterschiede zu den Tabellen über Mexiko insgesamt. Nach dem lugar de nacimiento wurden die Tabellen 19 und 20 erstellt. Tabelle 18: Die Bevölkerung des Distrito Federal, 1895-1940 Gesamtbevölkerung 1895 1900 1910 1921 1930 1940

476.413 541.516 720.753 906.063 1.229.576 1.757.530

Ausländer (lugar de nacimiento) 9.505 13.239 25.872 27.307 37.552

Ausländer (nacionalidad) 8.995 13.267 25.574 29.092 49.637 30.672

Quelle: Salazar Anaya (1996: 145, 334).

Tabelle 19: Die zehn wichtigsten ausländischen Geburtsländer für den Distrito Federal, 1910 | Geburtsland Spanien USA Frankreich China Deutschland Großbritannien Kuba Italien Türkei Dänemark

Summe 12.227 3.045 2.009 1.482 1.305 974 804 747 521 504

Männer 8.837 1.672 1.302 1.477 899 575 408 457 340 397

Quelle: Zusammengestellt nach Salazar Anaya (1996: 141-145).

Frauen | 3.390 1.373 707 5 406 399 396 290 181 107

146

Tabelle 20: Die zehn wichtigsten ausländischen Geburtsländer für den Distrito Federal, 1930 | Geburtsland Spanien USA Deutschland UdSSR Libanon/Syrien Frankreich Polen Kuba Italien Großbritannien

Summe 15.259 3.905 2.325 2.196 2.186 1.823 1.298 1.004 787 780

Männer 10.932 1.840 1.493 1.169 1.254 1.043 712 476 489 464

Frauen | 4.327 2.065 832 1.027 932 780 586 528 298 316

Quelle: Zusammengestellt nach Salazar Anaya (1996: 141-145).

Die europäischen Länder spielten im Distrito Federal eine wichtigere Rolle als im Gesamtvergleich,167 während Einwanderer aus Guatemala, eine der drei wichtigsten Herkunftsgruppen in Mexiko überhaupt, stark unterrepräsentiert waren. 1930 standen im Distrito Federal die spanischen Einwanderer noch an erster Stelle, obwohl sie landesweit die Stelle an der Spitze den USA überlassen mußten. Deutschland folgte bereits auf dem dritten Platz. Die neue osteuropäische Einwanderung war ebenfalls stark urban geprägt, wie die Positionen der UdSSR und Polens belegen. Ein Vergleich dieser Zahlen mit ebenso zusammengestellten Tabellen nach der Kategorie der Nationalität zeigt bis 1921 nur insignifikante Abweichungen, und in diesem Zensus bleiben die ersten vier Positionen ebenfalls - also auch die der US-Amerikaner und Deutschen - gleich. Anders sah es 1930 aus:

Tabelle 21: Die zehn größten ausländischen Nationalitätengruppen im Distrito Federal, 1930 | Nationalität Spanisch Deutsch Französisch US-amerikanisch Sowjetisch Syrisch Britisch Polnisch Italienisch Arabisch

Summe 24.009 3.280 2.830 2.819 2.255 2.254 1.387 1.337 1.188 917

Männer 14.137 1.852 1.448 1.389 1.190 1.235 737 711 636 518

Frauen | 9.872 1.428 1.382 1.430 1.065 1.019 650 626 552 399

Quelle: Zusammengestellt nach Salazar Anaya (1996: 330-334).

Die deutsche Nationalität stand bereits an zweiter Stelle hinter der spanischen, die US167

Dies gilt auch für 1895.

147

amerikanische folgte erst auf Platz vier. Im Zensus von 1940 zeigte sich - außer bei den US-Amerikanern - bei stark gesunkenen absoluten Zahlen wieder eine gewohntere Reihenfolge. Tabelle 22: Die zehn größten ausländischen Nationalitätengruppen im Distrito Federal, 1940 | Nationalität Spanisch US-amerikanisch Deutsch Französisch Polnisch Sowjetisch Libanesisch Kubanisch Chinesisch Britisch

Summe 13.855 3.839 1.850 1.225 1.211 793 791 691 623 581

Männer 9.032 2.009 1.136 682 584 423 449 366 603 332

Frauen | 4.823 1.830 714 543 627 370 342 325 20 249

Quelle: Zusammengestellt nach Salazar Anaya (1996: 330-334).

In den beiden folgenden Tabellen sind die Zahlen für Deutsche und US-Amerikaner im Distrito Federal nach den beiden Kategorien lugar de nacimiento und nacionalidad gegenübergestellt (Tabelle 23): Tabelle 23: In den USA und in Deutschland geborene Einwohner des Distrito Federal, 1895-1930

1895 1900 1910 1921 1930

Summe 1.493 2.117 3.045 2.873 3.905

USA Männer 865 1.237 1.672 1.459 1.840

Frauen 628 880 1.373 1.414 2.065

Summe 627 785 1.305 1.675 2.325

Deutschland Männer 443 558 899 1.145 1.493

Frauen 184 227 406 530 832

Quelle: Salazar Anaya (1996: 141, 143)

Während die Zahl der in Deutschland geborenen Männer und Frauen zwischen 1910 und 1921 zunahm und die Einwanderung also trotz der Revolution stieg, fiel die Zahl der in den USA Geborenen in diesem Zeitraum ab. Interessanterweise war dieser negative Saldo auf ein Sinken der Zahl der in den USA geborenen Männer zurückzufuhren, während die Zahl der Frauen sogar leicht stieg. Dies galt allerdings nur für die Kategorie lugar de nacimiento, wie die folgende Tabelle 24 zeigt. Betrachtet man die Entwicklung in der Kategorie nacionalidad, stellt man fest, daß die Zahlen bei Männern und Frauen sanken.

148

Tabelle 24: US-Amerikaner und Deutsche im Distrito Federal, 1895-1940

1895 1900 1910 1921 1930 1940

US-Amerikaner Summe Männer 1.375 823 2.110 1.231 3.012 1.658 2.548 1.383 2.819 1.389 3.839 2.009

Frauen 552 879 1.354 1.165 1.430 1.830

Summe 650 777 1.288 2.036 3.280 1.850

Deutsche Männer 449 551 890 1.281 1.852 1.136

Frauen 201 226 398 755 1.428 714

Quelle: Salazar Anaya (1996: 330, 332).

Bei einem Vergleich der Zahlen von Tabelle 24 fallt vor allem auf, daß es 1930 mehr Deutsche als US-Amerikaner im Distrito Federal gab, was sich auch bereits in der Hierarchie der zehn am häufigsten vertretenen Nationalitäten niedergeschlagen hatte. Dies galt sogar schon ab 1926, wenn man die Zahlen von Landa y Pina (1930: 39) mit berücksichtigt: Er nannte für dieses Jahr 3.353 Deutsche und 2.812 US-Amerikaner. Ein Grund dafür dürfte vermutlich die nur zögerlich wieder einsetzende Einwanderung von US-Amerikanern in den Distrito Federal sein, den viele auf Anraten ihres Botschafters während der Revolution verlassen hatten (vgl. Kapitel 2.1.3). Auf der anderen Seite wanderte nach dem Ersten Weltkrieg eine größere Zahl von Deutschen ein, und in Mexiko-Stadt bemühten sich Schule und Vereine offensichtlich erfolgreich um die „Deutschtumspropaganda" und damit auch um den Erhalt der Staatsangehörigkeit (vgl. Kapitel 4.3.1 und 4.4.1). 1940 lag die Zahl der Deutschen im Distrito Federal, wie auch im übrigen Land, sehr viel niedriger als 1930. Das durch die Revolution unterbrochene Wachstum der Gruppe der US-Amerikaner setzte sich dagegen fort, ihre Zahl lag 1940 wieder deutlich höher als 1930.

3.2.2 Naturalisierungen

Im Archiv des mexikanischen Außenministeriums (AHSRE) findet sich unter der Aktennummer L-E-1992 eine Liste der zwischen 1830 und Juli 1931 ausgestellten cartas de naturalización.168 Sie läßt sich durch eine Veröffentlichung des mexikanischen Außenministeriums für das folgende Jahr, also bis Juli 1932, ergänzen. 169 Eine weitere Liste (AHSRE L-E-1993) zählt die zwischen 1936 und 1953 ausgestellten Einbürgerungsurkunden auf. 170 Die Daten über US-Amerikaner und Deutsche, die in diesen Listen auftauchen, wurden herausgefiltert und bilden die Hauptquelle für die

168 Diese Liste wurde in der Memoria SRE 1930-1931 abgedruckt. (Lista de los extranjeros a quienes se ha otorgado carta de naturalización mexicana desde los primeros años de la Independencia hasta 1931, 1931: 899-1344). 169

Lista de los extranjeros a quienes se ha otorgado carta de naturalización mexicana, desde el mes de agosto de 1931 al 31 de julio de 1932 (Apéndice Memoria SRE 1931-1932 1932: 177-219). 170

Cartas de Naturalización expedidas por esta Secretaría, durante los años de 1936 a 1953.

149

folgenden Tabellen. Vor einer Auswertung dieser Daten ist jedoch zu fragen, was die naturalización bedeutete und welche Gesetze ihrer Gewährung zugrunde lagen. Ab dem 14. April 1828 regelte ein Dekret die Frage der Einbürgerung (naturalización) von Ausländern. Bis dahin war über jeden Antrag einzeln im nationalen Kongreß entschieden worden, nun ging die Kompetenz dezentral an die Bundesstaaten über. Die Wartezeit nach der Antragstellung war zunächst auf zwei Jahre festgelegt, dann aber auf ein Jahr reduziert worden (Berninger 1974: 48-49). Akzeptiert wurde ein Antragsteller, der Folgendes nachweisen konnte:

Primero: que es católico, apostólico, romano, o la fe de bautismo que lo acredite. Segundo: que tiene giro, industria útil o renta de qué mantenerse, debiendo expresar los testigos cuál es el giro, industria o renta. Tercero: que tiene buena conducta. La exposición con que pida su naturaleza deberá contener una renuncia expresa de toda sumisión y obediencia de cualquier nación o gobierno extranjero.171

Im Dezember 1835 legte die Ley Constitucional sobre Derechos y Obligaciones de los Mexicanos fest, wer Mexikaner war. Zu ihnen zählten die im Territorium der Republik oder im Ausland Geborenen „de padre mexicano por nacimiento o naturalización"; Ausländer, die auf die Akte der Unabhängigkeit geschworen hatten sowie Ausländer, die nach der Unabhängigkeit ins Land gekommen waren und die carta de naturalización erhalten hatten. Der mexikanischen Staatsbürgerschaft ging verlustig wer länger als zwei Jahre aus Mexiko abwesend war und sich während dieser Zeit nicht um einen mexikanischen Paß bemühte (La historia del pasaporte en México 1994: 46). Nach dem Beginn des Krieges mit den USA wurde am 1. September 1846 ein neues, liberales Staatsbürgerschaftsrecht erlassen, das Naturalisierungen unter anderem dann zuließ, wenn sich Ausländer dem Militär anschlössen. Angehörige kriegführender Staaten - die USA - waren generell von der Naturalisierung ausgeschlossen. 172 Die Urkunden wurden vom Präsidenten der Republik ausgestellt und vom Außenministerium registriert. Im gleichen Jahr versuchte das Außenministerium, durch ein Rundschreiben an die Bundesstaaten herauszufinden, wieviele Ausländer von diesen naturalisiert worden waren. Es antworteten nicht alle Staaten, einige hatten keine Informationen, andere hatten keine Anträge auf Einbürgerung erhalten (La historia del pasaporte en México 1994: 57; Berninger 1974: 49). Nach der französischen Intervention schlössen Mexiko und die USA am 4. Mai 1869 ein reziprokes Abkommen über die Nationalität von Auswanderern. US-amerikanische Staatsbürger, die sich in Mexiko naturalisiert und fünf Jahre ununterbrochen dort gelebt

171 172

La historia del pasaporte en México 0 994:42).

In der Liste der bis 1932 eingebürgerten US-Amerikaner finden sich zwei Fälle, die dieser Regelung widersprechen könnten. Der 1846 eingebürgerte Félix Sacristi erhielt seine carta de naturalización jedoch bereits am 28.2.1846, also vor der US-amerikanischen Kriegserklärung. Am 28.4.1847 wurde der in Chiapas residierende Cleto Peralta eingebürgert. In der Rubrik der vorherigen Staatsbürgerschaft wird er sowohl in der Liste des AHSRE (L-E-1992) als auch in der veröffentlichten Fassung als Americano aufgeführt. Da in den Listen die Staatsbürgerschaft Centroamericano oft mit „C. Americano" abgekürzt wurde, handelt es sich möglicherweise um einen Übertragungsfehler.

150

hatten, wurden jetzt von den Vereinigten Staaten als mexikanische Staatsbürger angesehen. Wenn ein in Mexiko naturalisierter US-Amerikaner seinen Wohnsitz in die Vereinigten Staaten zurückverlegte und nicht nach Mexiko zurückkehren wollte, wurde seine Einbürgerung als widerrufen angesehen. Eine mangelnde Rückkehrabsicht wurde bei einer Abwesenheit von mehr als zwei Jahren vorausgesetzt. Für in den Vereinigten Staaten naturalisierte Mexikaner galten entsprechende Bestimmungen (La historia del pasaporte en México 1994: 86-87). Im Porfiriat wurde am 26. Mai 1886 eine Ley de extranjería y naturalización erlassen (Dublán/Lozano 1887: 474-481). Mexikaner waren nach diesem Gesetz Kinder „de padre mexicano por nacimiento ó por naturalización"; Kinder mexikanischer Mütter und nicht legal anerkannter oder unbekannter Väter, ebenso wie Kinder mexikanischer Mütter und Väter unbekannter Nationalität (Artikel 1.1-1V des Gesetzes). Ausländische Frauen, die sich mit Mexikanern verheirateten, wurden als Mexikanerinnen angesehen und behielten diese Staatsbürgerschaft auch im Witwenstand (Artikel 1 .VI). Als Mexikaner galten außerdem Ausländer, die sich einbürgern ließen (Artikel 1 .IX), und solche, die Grundeigentum (bienes raíces) in der mexikanischen Republik erwarben und beim Kauf dem Notar oder Richter gegenüber nicht ausdrücklich darauf bestanden, ihre ausländische Nationalität zu behalten (Artikel l.X). Eltern in Mexiko geborener Kinder konnten Mexikaner werden, wenn der Vater bei der Anmeldung der Geburt im registro civil dies nicht ausdrücklich ablehnte (Artikel l.XI). Ausländer, die für die mexikanische Regierung arbeiteten, wurden aufgefordert, sich innerhalb eines Jahres einbürgern zu lassen (Artikel 1 .XII). In Mexiko geborene Kinder einer ausländischen Mutter und eines ausländischen oder unbekannten Vaters wurden bis zu ihrer Volljährigkeit als Ausländer angesehen. Danach hatten sie ein Jahr lang Zeit, vor den mexikanischen Behörden ihres Wohnortes ihre ausländische Nationalität geltend zu machen. Unterließen sie dieses, galten sie als Mexikaner (Artikel 2.II). Mexikanische Ehefrauen ausländischer Männer wurden ebenfalls als Ausländerinnen angesehen und behielten diese Eigenschaft auch im Witwenstand. Falls aber eine Ehefrau von den Behörden des Heimatlandes ihres Gatten nicht dessen Staatsangehörigkeit erhielt, blieb sie Mexikanerin. Bei der Auflösung einer Ehe zwischen einer Frau mexikanischer Herkunft und eines Ausländers konnte die Frau falls sie in Mexiko residierte - ihre mexikanische Staatsangehörigkeit zurückerhalten. Falls ein Ehemann nach seiner Eheschließung die Staatsangehörigkeit wechselte, schloß dieser Wechsel in der Regel auch die Ehefrau und die mindeijährigen Kinder mit ein, falls sie im Land der Einbürgerung residierten (Artikel 2.IV). Besondere Bestimmungen galten für Diplomaten und ausländische Regierungsvertreter. Die Einbürgerung in Mexiko wurde durch eine Rückkehr in das Heimatland (país de origen) für mehr als zwei Jahre hinfallig. Ausgenommen waren Abwesenheiten im Auftrag oder mit ausdrücklicher Erlaubnis der mexikanischen Regierung (Artikel 10). Die Artikel 11-29 des Gesetzes betreffen die Einbürgerung von Ausländern. Als ersten Schritt dazu mußte der Ausländer vor dem ayuntamiento seines Wohnortes schriftlich erklären, die mexikanische Staatsangehörigkeit annehmen und seine ausländische aufgeben zu wollen. Nach sechs Monaten konnte er dann einen Antrag auf Einbürgerung bei der Nationalregierung stellen. Voraussetzung waren ein mindestens zweijähriger Aufenthalt in der Republik bei guter Führung sowie der Möglichkeit zum Lebensunter-

151 173

halt. Für die Erlangung der mexikanischen Staatsbürgerschaft war es außerdem notwendig, sich von jeder ausländischen Nation, speziell aber von derjenigen, der man früher angehört hatte, explizit loszusagen.174 Erleichterte Einbürgerungsbestimmungen galten für „los extranjeros que se naturalizan por virtud de la ley", das heißt vor allem für ausländische Ehefrauen von Mexikanern, für auf nationalem Territorium geborene Kinder von Ausländern und für Personen, die die mexikanische Staatsangehörigkeit zurückerhalten wollten (z. B. Witwen), sowie für im Ausland geborene Kinder mexikanischer Eltern. Auch Ausländer, die in Mexiko Grundbesitz erwarben, Kinder bekamen oder für die mexikanische Regierung arbeiteten, konnten vom Außenministerium unter erleichterten Bedingungen ein certificado de naturalización erhalten, wenn sie ihre alte Nationalität explizit aufgaben. Einwanderer mit dem Status eines colono wurden als Mexikaner angesehen. Die Aufgabe ihrer ursprünglichen Staatsangehörigkeit sollte bereits in ihrem Vertrag mit der Kolonisationsgesellschaft festgelegt sein, ihr certificado de naturalización sollten sie dann vom Außenministerium erhalten (Artikel 27). Einzeln einwandernde Kolonisten oder solche, die durch private, nicht subventionierte Unternehmen nach Mexiko kamen, unterlagen den allgemeinen Bestimmungen. Naturalisierte Ausländer hatten im Prinzip dieselben Rechte wie Mexikaner, konnten aber unter Umständen als „extranjero pernicioso" ausgewiesen werden. Für bestimmte Ämter war allerdings die „nacionalidad por nacimiento" zwingend vorgeschrieben. Das Gesetz von 1886 blieb bis 1934 in Kraft. Die Bestimmungen über Ehefrauen, die dem Gesetz nach fast immer automatisch die Nationalität des Ehemanns erhielten, erklärt den sehr geringen Anteil von Frauen in den Listen über die Vergabe der Einbürgerungsurkunden. Ihr Staatsbürgerschaftswechsel wurde nur selten individuell dokumentiert.175 Der Zusammenhang zwischen mexikanischer Staatsbürgerschaft und Grunderwerb führte insbesondere nach Beginn der Revolution zu Komplikationen. Dies betraf einerseits die Reklamationsforderungen durch ausländische Legationen, andererseits die von der mexikanischen Regierung vor allem in den Jahren 1926/27 angestrebten Enteignungen ausländischen Grundbesitzes. Obwohl das Gesetz von 1886 erst im Januar 1934 explizit durch ein neues aufgehoben wurde,176 legte die mexikanische Verfassung von 1917 in ihrem Artikel 30 abweichende Kriterien für die mexikanische Staatsbürgerschaft fest:

173

„Que tiene giro, industria, profesión ó rentas de que vivir." (Artikel 13.11).

174

„[...] una renuncia expresa de toda sumisión, obediencia y fidelidad á todo gobierno extranjero, y especialmente á aquel de quien el solicitante haya sido subdito; á toda protección extraña á las leyes y autoridades de México, y á todo derecho que los tratados ó la ley internacional concedan á los extranjeros" (Artikel 14). 175 Auch wenn ausländische Behörden, zum Beispiel die US-amerikanischen, die mit Mexikanern verheirateten Frauen weiterhin als US-Amerikanerinnen ansahen, galten diese für die mexikanischen Behörden als Mexikanerinnen (AHSRE IV-430-8). 176

Ley de Nacionalidad y Naturalización, Artikel 5. Transitorio (BO-SRE. Bd. 62, Nr. 2, 1934: LXIII).

152 A. Son mexicanos por nacimiento: I. Los que nazcan en territorio de la República, sea cual fuere la nacionalidad de sus padres; II. Los que nazcan en el extranjero de padres mexicanos [...]. B. Son mexicanos por naturalización: [...] II. La mujer o el varón extranjeros que contraigan matrimonio con varón o con mujer mexicanos y tengan o establezcan su domicilio dentro del territorio nacional. 177

D i e s e Prinzipien wurden 1 9 3 4 in das neue G e s e t z a u f g e n o m m e n , o b w o h l die Einbürgerung durch E h e s c h l i e ß u n g s i c h 1 9 3 4 wieder nur auf Frauen b e z i e h t (Artikel 2.II.). 1 7 8 Wer freiwillig e i n e andere Staatsbürgerschaft annahm oder Adelstitel e i n e s anderen Staates akzeptierte, verlor die m e x i k a n i s c h e Staatsbürgerschaft (Artikel 3). M e x i k a n e rinnen,

die sich mit Ausländern verheirateten, verloren ihre Staatsbürgerschaft nicht

(Artikel 4). Für einen Antrag auf Einbürgerung {naturalización ordinaria) mußte der Antragsteller bereits m i n d e s t e n s z w e i Jahre in M e x i k o gelebt haben, seine legale Einreise n a c h w e i s e n und in B e s i t z e i n e s G e s u n d h e i t s z e u g n i s s e s s e i n (Artikel 8). Drei Jahre nach Einleitung d e s Verfahrens konnte er die Ausstellung einer caria de naturalización beantragen. S i e konnte gewährt werden, w e n n der Antragsteller m i n d e s t e n s f ü n f Jahre bei guter Führung in M e x i k o gelebt hatte, s e i n e n Lebensunterhalt n a c h w e i s e n konnte, Spanisch sprach und seiner Steuerpflicht nachkam (Artikel 12). Ein erleichtertes Verfahren der Einbürgerung, die naturalización privilegiada war sehr großzügig geregelt. S i e betraf einerseits Ehefrauen, die n a c h ihrer E h e s c h l i e ß u n g mit e i n e m M e x i k a n e r in M e x i k o lebten. 1 7 9 E s k a m e n dafür aber a u c h n o c h weitere Personen in Betracht (Artikel 21):

I. Los extranjeros que establezcan en territorio nacional una industria, empresa o negocio, que sea de utilidad para el país, o implique notorio beneficio social. II. Los extranjeros que tengan hijos legítimos nacidos en México. III. Los hijos de padre extranjero y madre mexicana, nacidos en el extranjero que residan en México, al cumplir su mayor edad, conforme a la Ley mexicana, si dentro del año siguiente manifiestan a la Secretaría de Relaciones su voluntad de ser mexicanos. IV. Los extranjeros casados con mujer mexicana. V. Los colonos que se establezcan en el país, de acuerdo con las leyes de colonización. VI. Los mexicanos por nacimiento que hubieren perdido su nacionalidad. VII. Los indolatinos que establezcan su residencia en la República180. 177 La historia del pasaporte en México (1994:120-121). Artikel 37 bestimmte den Verlust der mexikanischen Staatsangehörigkeit: „A. La nacionalidad se pierde: I. Por adquisición voluntaria de una nacionalidad extranjera; II. Por aceptar o usar títulos nobilitarios que impliquen sumisión a un Estado extranjero. III. Por residir, siendo mexicano por naturalización, durante cinco años continuos en el país de origen; y IV. Por hacerse pasar en cualquier instrumento público, siendo mexicano por naturalización, como extranjero o por obtener y usar un pasaporte extranjero" (La historia del pasaporte en México 1994: 121). 178 Ley de Nacionalidad y Naturalización (BO-SRE. Bd. 62, Nr. 2, 1934: XLIX-LXIII). Im Ausland geborene Kinder mexikanischer Väter und ausländischer Mütter oder mexikanischer Mütter und unbekannter Väter waren nach Artikel 1 .II dieses Gesetzes Mexikaner, obwohl ansonsten das ius soli galt. 179 Artikel 20: „La mujer extranjera que se case con mexicano queda naturalizada por virtud de Ley, siempre que tenga o establezca su domicilio dentro del territorio nacional." 180 Ab 1941 konnte die erleichterte Einbürgerung von Angehörigen dieser letzten Gruppe nur noch in Anspruch genommen werden, wenn sie bereits den Status von inmigrantes oder inmigrados hatten

153

Die Einbürgerang bezog minderjährige Kinder mit ein.181 Obwohl die Verwendung der Begriffe carta de naturalización und certificado de naturalización in den Gesetzen von 1886 und 1934 dies nicht deutlich macht, wurde zumindest für die Listen der Secretaría de Relaciones Exteriores der Begriff carta de naturalización für normale Einbürgerungen verwendet, während die im Boletín Oficial de la Secretaría de Relaciones Exteriores extra und sporadisch dokumentierte Ausstellung von Staatsbürgerschaftsurkunden an in Mexiko geborene Kinder von Ausländern als certificados de nacionalidad bezeichnet und von den cartas de naturalización unterschieden wurden. Diese sind in den folgenden Zahlen also nicht enthalten. Die Listen des Außenministeriums geben Auskunft über das Datum der Ausstellung der Einbürgerungsurkunde, den Personennamen und die vorherige Nationalität. Ergänzend finden sich in den vielen Fällen Angaben über den Beruf und/oder den Wohnort (meist den Bundesstaat) der eingebürgerten Person.182 In der Liste der Einbürgerungen von 1931 bis 1932 erscheint die Angabe des Wohnorts generell nicht. Da die Vornamen der eingebürgerten Personen nicht immer vollständig angegeben beziehungsweise nicht immer eindeutig Männern oder Frauen zuzuordnen sind, kann der genaue Frauenanteil nicht ermittelt werden. Offensichtlich ist, daß Frauen stark unterrepräsentiert sind. Dieser Zustand erklärt sich auch aus der rechtlichen Situation, nach der Ehefrauen automatisch der Nationalität des Ehemannes zugerechnet wurden, ohne daß dies speziell dokumentiert werden mußte. Bis zum 31. Juli 1932 erhielten 442 US-Amerikaner183 und 515 Deutsche 184 ihre carta de naturalización. Die folgende Tabelle 25 zeigt die Einbürgerungen auf die Dekaden verteilt:185

(Trujillo Echanove 1965: 163-164, Anmerkung). Die bei ihm abgedruckte Version des Gesetzes weist vor allem in Artikel 21 starke Abweichungen von dem im Boletín Oficial de la Secretaria de Relaciones Exteriores abgedruckten Gesetzestext auf (Echanove Trujillo 1965: 157-173). 181 „Los hijos sujetos a la patria potestad de extranjero que se naturalice mexicano, quedan naturalizados por virtud de la Ley si tienen o establecen su domicilio en la República" (Artikel 43). 1.2 Die maschinengeschriebenen Listen beziehungsweise die Durchschläge derselben, die sich im AHSRE befinden, wurden für die Erstellung der folgenden Tabellen mit den veröffentlichten Listen verglichen. Unstimmigkeiten wurden in der Regel im Sinne der unveröffentlichten Listen, die die Grundlage für den Druck bildeten, korrigiert. 1.3 Die vorherige Nationalität wird meist durch die Begriffe americano oder norteamericano angegeben. Selten sind die Bezeichnungen angloamericano oder E. U.A. In Ausnahmefallen wird deutlich gemacht, daß eine Person zum Zeitpunkt der Einbürgerung zwar die US-amerikanische Nationalität hatte, aber europäischer Herkunft war; zum Beispiel durch die Angaben danés-americano oder inglés N. A. 184 Zu den alemanes wurden auch achtzehn prusianos, zwei sajones, zwei bávaros, ein hamburgués, ein meklenburgués und ein Lübecker (Lubek) gerechnet. Hinzu kommen außerdem fünf Personen, die als huérfano de alemán bezeichnet wurden und die alle 1863 ihre Einbürgerungsurkunden erhielten. 185

1830 naturalisierten sich jeweils ein Deutscher und ein US-Amerikaner.

154

Tabelle 25: Einbürgerungen von US-Amerikanern und Deutschen in Mexiko, 1831-1930 Dekade 1831-1840 1841-1850 1851-1860 1861-1870 1871-1880 1881-1890 1891-1900 1901-1910 1911-1920 1921-1930 Summe

US-Amerikaner 2 20 8 30 43 37 115 29 50 85 419

Deutsche | 1 31 17 22 36 55 48 26 85 134 455

Quelle: AHSRE L-E-1992: Memoria SRE 1930-1931 1931:899-1344.

1931 naturalisierten sich zehn US-Amerikaner und zwölf Deutsche, bis zum 31. Juli 1932 weitere zwölf US-Amerikaner und 47 Deutsche.186 Obwohl nur ein Teil des Jahres 1932 dokumentiert ist, bildet es bereits mit den genannten 47 Einbürgerungen das Spitzenjahr für die Naturalisierungen von Deutschen, während 1897 das Jahr mit den meisten US-amerikanischen Einbürgerungen (58) ist. Die auffallend hohen Zahlen für die US-amerikanischen Einbürgerungen in der Dekade von 1891-1900 lassen sich eindeutig auf die Einbürgerungen von Bewohnern der Mormonenkolonien Díaz und Juárez in den Jahren 1897 und 1898 zurückführen. In diesen beiden Jahren naturalisierten sich allein 85 US-Amerikaner aus diesen Kolonien (vgl. Kapitel 3.1.1). Das im Vergleich zu den US-Amerikanern stärkere Interesse der Deutschen an einer Einbürgerung zeigt sich noch deutlicher bei den Zahlen, die sich aus den Einbürgerungslisten der Jahre 1937 bis 1953 zusammenstellen lassen (Tabelle 26).187 Diese Liste umfaßt Angaben über den Namen, die nacionalidad de origen, den Familienstand und den Wohnort.188 Zwischen der Kriegserklärung Mexikos an Deutschland Ende Mai 1942 und dem Kriegsende 1945 gab es keine Einbürgerungen von Deutschen. 189 In den 186

Apéndice Memoria SRE 1931-1932 1932: 177-219.

187

Zu den Deutschen wurden hier zwei Personen gezählt, deren Nationalität mit apátrida alemana beziehungsweise alemana (apátrida) angegeben wurde. Vier weitere Personen, bei denen in der Rubrik der vorherigen Nationalität apátrida verzeichnet ist, konnten anhand des mexikanischen Ausländerregisters (AGN, Registro Nacional de Extranjeros; Alemanes) als vormals Deutsche identifiziert werden. Ihre Angaben wurden in die folgenden Tabellen mit aufgenommen. US-Amerikaner sind in dieser Einbürgerungsliste als norteamericanos oder americanos aufgeführt. 188 Cartas de naturalización expedidas por esta Secretaria, durante los años de 1936 a 1953, AHSRE LE-1993. Die Liste umfaßt die Einbürgerungen vom 25.8.1936 bis zum 10.12.1953. Während für 1936 keine Naturalisierungen von Deutschen verzeichnet sind, wurden drei US-Amerikaner eingebürgert. 189

Bei der in Tabelle 27 aufgeführten Einbürgerung von 1942 handelt es sich um einen staatenlosen Deutschen, der am 16.4.1942 die caria de naturalización erhielt. In der Memoria de la Secretaría de Relaciones Exteriores filr das Jahr 1943-1944 wurde darauf hingewiesen, daß Deutsche, Japaner, Ungarn, Bulgaren und Rumänen von der Naturalisierung ausgeschlossen waren (1944: 240). Auch in der Memoria filr das Jahr für 1945-1946 (1946: 179) wurde noch festgehalten, daß Angehörige dieser Nationen nur in Ausnahmefällen eingebürgert werden sollten. Die Beschränkungen für Italiener waren

155

zwei vorhergehenden Jahren zeigte sich ein deutlicher Anstieg der Naturalisierungen von Deutschen, die offenbar ab Ende der 1930er Jahre ihren Status ändern wollten. Das US-amerikanische Interesse an einer Einbürgerung in Mexiko war sehr gering, vor allem, wenn man die insgesamt höhere Zahl von US-Amerikanern in Mexiko berücksichtigt.

Tabelle 26: Einbürgerungen von US-Amerikanern und Deutschen in Mexiko, 1937-1953 Jahr 1937 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 1950 1951 1952 1953 Summe

US-Amerikaner 14 5 4 8 10 8 8 9 10 8 10 16 18 6 22 15 23 194

Deutsche 16 20 16 85 129 1 0 0 0 11 7 17 33 38 64 54 35 526

Gesamtzahl der Einbürgerungen 1.508 616 779 2.560 1.941 971 483 469 627 667 652 774 1.089 939 1.176 1.074 491 16.816

Quelle: AHSRE L-E-1993.

Für die meisten Einbürgerungen bis 1932 liegen Angaben über den Wohnort und/oder den Beruf der naturalisierten Personen vor. Für die folgende Tabelle 27 wurden die Berufsangaben der US-Amerikaner und der Deutschen in Gruppen zusammengefaßt und gegenübergestellt.190 Aus den 442 Datensätzen über US-Amerikaner lassen sich 355

bereits am 13.1.1944 aufgehoben worden (1944: 240). Während die Memoria für den Zeitraum von September 1945 bis August 1946 nur sechs an Deutsche ausgestellte cartas de naturalización verzeichnete, gab sie für den gleichen Zeitraum die Zahl von 172 ausgegebenen certificados de nacionalidad mexicana an Deutsche mit einem gesetzlichen Anspruch auf die Staatsbürgerschaft an (1946: 180-181). Es ist stark zu vermuten, daß in den Kriegsjahren sehr viele Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft von der Möglichkeit einer privilegierten Einbürgerung, zum Beispiel als Eltern in Mexiko geborener Kinder, Gebrauch machten (vgl. auch das starke Absinken der Zensuszahlen zwischen 1930 und 1940). 190

Eine differenziertere Auflistung der genannten Berufsangaben findet sich in Anhang 2.

156

Berufsangaben ermitteln und verwerten,191 aus den 515 Datensätzen über Deutsche 431.192 Tabelle 27: Berufsangaben der bis 1932 in Mexiko eingebürgerten US-Amerikaner und Deutschen Berufsgruppe Angestellte Arbeiter Dienstleistende Freiberufler Handwerker Kapitalisten Kaufleute Landwirte Militärs Seeleute Summe

US-Amerikaner 33 2 5 35 38 19 57 146 1 19 355

% 9 1 1 10 11 5 16 41 0 5 99

Deutsche 50 0 7 51 31 30 215 44 1 2 431

%| 12 0 2 12 7 7 50 10 0 0 100

Quelle: AHSRE L-E-1992: Memoria SRE 1930-1931 1931: 899-1344: Apendice Memoria SRE 1931-1932 1932: 177-219.

Während bei den Deutschen die Kaufleute mit 50% an der Spitze lagen, waren es bei den US-Amerikanern die Landwirte mit 41%. Freiberufler, Angestellte und Handwerker spielten bei beiden Gruppen eine Rolle. Die äußerst geringen Zahlen von Arbeitern und Dienstleistenden sowie die fünf beziehungsweise sieben Prozent starke Gruppe der Kapitalisten belegen darüberhinaus, daß sowohl die US-Amerikaner als auch die Deutschen vor allem zur gehobenen Mittelschicht gehörten. Bei den Deutschen war diese Tendenz, gemessen an der geringeren Bedeutung des Handwerks, des leicht höheren Anteils von Freiberuflern und Angestellten sowie an der insignifikanten Zahl von Seeleuten und Arbeitern noch ausgeprägter als bei den USAmerikanern. Die überwiegende Zahl der in Mexiko eingebürgerten Deutschen gehörte zu den Kaufleuten, Freiberuflern, Angestellten und Landwirten, während die überwiegende Zahl der US-Amerikaner Landwirte, Kaufleute, Handwerker und Freiberufler waren. Aus den Daten über die 515 Deutschen und die 442 US-Amerikaner, die bis 1932 eingebürgert wurden, lassen sich 396 beziehungsweise 381 Angaben über den Wohnort beziehungsweise den Bundesstaat herausziehen. Die Tabelle 28 gibt einen Überblick über die regionale Verteilung. Bei den Deutschen blieben drei Angaben unberücksichtigt, da sie sich keinem Bundesstaat eindeutig zuordnen ließen, bei den US-Amerikanern waren es zwei. Die Angaben über die Wohnorte bestätigen weitgehend die Erkenntnisse aus den mexikanischen Zensus. Die meisten 191 Drei weitere Berufsangaben blieben wegen Diskrepanzen in den Quellen unberücksichtigt, ebenso drei Mehrfachnennungen. 1,2 Bei drei weiteren Personen deutscher Herkunft finden sich Berufsangaben, die jedoch unberücksichtigt blieben: In einem Fall stimmte die Angabe im AHSRE (L-E-1992) nicht mit dem publizierten Beruf überein, in zwei Fällen wurde mehr als ein Beruf genannt.

157

eingebürgerten Deutschen residierten im Distrito Federal (36%), überraschenderweise gefolgt vom Estado de México. Von den 57 eingebürgerten Deutschen, die diesem Bundesstaat zugerechnet wurden, war jedoch bei 53 „México" als Wohnort angegeben und es kann vermutet werden, daß bei vielen der notwendige Zusatz D. F. zur Kennzeichnung der Residenz in der Hauptstadt vergessen wurde. Allerdings hatte der Estado de México durch die Cervecería de Toluca y México und die angegliederte Glasbläserei, in der etwa 100 Deutsche beschäftigt waren, im Porfiriat eine relativ hohe deutsche Bevölkerung gehabt (Günther 1912: 273, 283). Möglicherweise stammten einige der Eingebürgerten auch aus dieser Gruppe. Veracruz, Sonora und Chiapas folgen mit starkem Abstand in der Liste der Wohnorte. Neben dem Distrito Federal, Veracruz, Chiapas und Zacatecas zeigten nur die nordmexikanischen Staaten Sonora, Chihuahua, Baja California und Tamaulipas leicht erhöhte Zahlen, während zentralund südmexikanische Staaten nur punktuell eine Rolle spielen. Bei den US-Amerikanern lag Chihuahua mit 31% an der Spitze,193 gefolgt von Baja California, Sonora, Tamaulipas, dem Distrito Federal und Veracruz. Im Estado de México,194 Sinaloa und Coahuila ließen sich auch mehrere Einbürgerungen von USAmerikanern nachweisen, in den übrigen Staaten war ihre Anzahl insignifikant. Trotz ihrer stärkeren Konzentration auf eine Region - den Distrito Federal - lagen die Wohnorte der eingebürgerten Deutschen in 28 Bundesstaaten, während die der US-Amerikaner auf 21 beschränkt waren.

193

Diese Spitzenstellung war, wie bereits beschrieben, vor allem auf die vergleichsweise hohe Zahl der 1897 und 1898 eingebürgerten Mormonen zurückzuführen.

" 4 15 davon mit der einfachen Angabe México.

158

Tabelle 28: Wohnorte der bis 1932 in Mexiko eingebürgerten Deutschen und US-Amerikaner Wohnort Aguascalientes Baja California Campeche Chiapas Chihuahua Coahuila Colima Distrito Federal Durango Guanajuato Guerrero Hidalgo Jalisco México Michoacán Morelos Nayarit Nuevo León Oaxaca Puebla Querétaro Quintana Roo San Luís Potosí Sinaloa Sonora Tabasco Tamaulipas Tlaxcala Veracruz Yucatán Zacatecas Außerhalb Mexikos* Summe

Deutsche 1 12 0 19 14 8 1 141 6 7 3 3 4 57 2 1 1 7 7 3 0 1 3 10 23 0 11 1 27 2 12 6 393

US-Amerikaner | 0 62 1 3 117 11 0 35 0 1 0 1 2 17 1 0 0 8 0 3 0 0 1 14 36 2 35 0 24 2 2 1 379

* Genannt wurden bei den Deutschen zweimal Hamburgo, Aiemania,]e einmal Alemania, Londres, Zurich und Kansas City. Bei einem der US-Amerikaner war Tucson, E. U. A., als Wohnort angegeben. Quelle: AHSRE L-E-1992; Memoria SRE 1930-1931 1931: 899-1344; Apéndice Memoria SRE 1931-1932 1932: 177-219.

Für die Einbürgerangen im Zeitraum von Ende August 1936 bis Dezember 1953 fallt vor allem die extrem starke Konzentration beider Gruppen auf den Distrito Federal auf. Die eingebürgerten Deutschen lebten zwar in 22 Bundesstaaten, aber 82% von ihnen konzentrierten sich im Distrito Federal.195 Weit abgeschlagen folgt Nuevo Leon mit knapp drei Prozent. Auffallig ist die sehr geringe Zahl von Einbürgerungen aus Chiapas, das 1930 immerhin die zweitgrößte Konzentration von Deutschen aufwies.196 195 Die Liste der im genannten Zeitraum eingebürgerten Deutschen umfaßt 526 Datensätze. Eine Angabe konnte keinem Bundesstaat zugeordnet werden. 196

Vgl. die Zensusdaten in Kapitel 3.2.1 dieser Arbeit.

159 Bei den US-Amerikanern, die sich in viel geringerer Zahl einbürgerten, wohnten 73% im Distrito Federal. In Nuevo Leon, Coahuila und Chihuahua lebten jeweils etwa fünf Prozent der eingebürgerten US-Amerikaner. Aus Baja California gab es überhaupt keine Einbürgerungen, und auch Sonora, Tamaulipas und Veracruz haben ihre Bedeutung verloren. Tabelle 29: Wohnorte der in Mexiko eingebürgerten Deutschen und US-Amerikaner, 1936-1953 | Wohnort Baja California Chiapas Chiahuahua Coahuila Colima Distrito Federal Durango Guanajuato Guerrero Hidalgo Jalisco México Michoacán Nuevo León Oaxaca Puebla Querétaro San Luís Potosí Sinaloa Sonora Tamaulipas Veracruz Yucatán Zacatecas Außerhalb Mexikos* Summe

Deutsche 4 8 5 10 1 429 1 1 0 1 8 4 1 13 0 6 1 2 5 8 5 7 4 1 0 525

US-Amerikaner | 0 1 9 10 0 143 1 0 1 0 2 0 1 10 1 0 0 1 2 5 5 2 1 1 1 197

Aus Platzgründen wurden Bundesstaaten, aus denen sich weder Deutsche noch USAmerikaner einbürgerten, nicht in die Liste aufgenommen. * Der Wohnort eines eingebürgerten US-Amerikaners war mit Texas angegeben. Quelle: AHSRE L-E-1993.

Von den 526 Deutschen und den 197 US-Amerikanern, die sich im genannten Zeitraum einbürgerten, ist neben dem Wohnort auch der Familienstand bekannt. Die meisten von ihnen waren zum Zeitpunkt der Einbürgerung bereits verheiratet. Während bei den USAmerikanern der Anteil der Ledigen höher ist, fällt bei den Deutschen die größere Zahl von Verwitweten auf. Möglicherweise ist sie ein Kennzeichen der zumindest in Teilen älteren, da kriegsbedingten Emigration (vgl. Tabelle 30).

160

Tabelle 30: Familienstand der in Mexiko eingebürgerten Deutschen und US-Amerikaner, 1936-1953 | Familienstand Ledig Verheiratet Geschieden Verwitwet Keine Angabe Summe

Deutsche 56 424 16 30 0 526

% 11 81 3 6 0 101

US-Amerikaner 34 155 3 4 1 197

% 17 79 2 2 1 101

Quelle: AHSRE L-E-1993.

Nur selten wurde im Boletín Oficial de la Secretaría de Relaciones Exteriores die Anullierung einer Einbürgerung veröffentlicht. Ausnahmen waren zum Beispiel die Fälle von Federico Albert und Carlos Hagelberg. Albert hatte sich nach seiner Einbürgerung in Mexiko deutsche Papiere ausstellen lassen,197 Hagelberg198 hatte die mexikanische Staatsbürgerschaft „fraudulentamente" erhalten.199

3.3. Zusammenfassung

Die Untersuchung der mexikanischen Einwanderungsgesetzgebung und -politik bis zum Zweiten Weltkrieg läßt einen starken Wandel in der Haltung Ausländern gegenüber erkennen. Vor dem Porfiriat bestand eine positive Einstellung zur Kolonisation, die sich auch durch die für Mexiko negativen Folgen in Texas nicht dauerhaft in eine Ablehnung von Ausländern verwandelte. Allerdings wurde erst im Porfiriat - und auch dann nur in wenigen Jahren - eine aktive Kolonisationspolitik betrieben. Die direkte staatliche und die indirekte, durch private Gesellschaften mit staatlicher Genehmigung durchgeführte Kolonisation führte zu durchaus

197 „Se declara nula de pleno derecho la carta de naturalización número 107, expedida el día 6 de agosto de 1920 a favor del señor Federico Albert, por el hecho de que dicho señor obtuvo con fecha posterior a la en que se le expidió la carta en cuéstión, documentos que lo acreditan como ciudadano de Alemania, su patria de origen, desconociendo de esa manera la soberanía nacional. México, 22 de junio de 1922 (BO-SRE. Bd. 39, Nr. 5, 1922: 9). Die 1905 gegründete Firma Julio Albert Sucs. gehörte im Porfiriat zu den erfolgreichen Textilimporthäusern in Mexiko-Stadt, und auch in späteren Jahren zählte die Familie, die in vielen sozialen Organisationen der deutschen Kolonie mitwirkte, zu den bekannteren deutschen Unternehmen (vgl. Directorio de establecimientos comerciales e industriales en manos de alemanes en ¡a ciudad de México, in: Los pioneros f.-l 1982:488-489).

"* Wie die Listen der SRE zeigen, hatte Hagelberg die mexikanische Staatsangehörigkeit 1920 erhalten. Er war für ein in den 1920er Jahren gescheitertes Siedlungsunternehmen verantwortlich (Pferdekamp 1958: 184). Vgl. auch seine an deutsche Auswanderer gerichtete Broschüre über Mexiko (Hagelberg 1919). Diese in Schleswig publizierte Schrift greift stark auf seine Erfahrungen im Bundesstaat Durango aus der Zeit vor der Machtübernahme von Carranza zurück. Hagelbergs Name steht auch auf der 1926 veröffentlichten Liste der unerwünschten Ausländer, denen eine Einreise nach Mexiko nicht mehr gestattet werden sollte (BO-SRE. Bd. 47, Nr. 1, 1926: 33). 199

BO-SRE. Bd. 39,Nr. 5 (1922: II; 16); BO-SRE.Bd. 63,Nr. 7(1934: 97).

161

widersprüchlichen Ergebnissen: Während sich die staatliche Kolonisation vorwiegend an Mexikaner richtete, holten private Unternehmen vor allem von der mexikanischen Regierung nicht als Zielgruppe intendierte US-amerikanische Siedler ins Land, die ausgerechnet an der als gefährdet geltenden Nordgrenze ihre Kolonien gründeten. Dies geschah mit Billigung der mexikanischen Regierung, die immerhin punktuell mit den erhofften wirtschaftlichen Fortschritten (etwa in den Mormonenkolonien oder durch den Bau von Bewässerungsanlagen in Sinaloa) belohnt wurde. Insgesamt wurde die staatliche Kolonisation bald aufgegeben und die Konzessionsvergabe an private, häufig ausländische Unternehmen auf die Vermessung und Fraktionierung von Regierungsland ohne Kolonisationsverpflichtung beschränkt. Informationsgesuche von europäischen Auswanderungswilligen stießen nun bei der Secretaría de Fomento auf Desinteresse. Die politische Stabilität und die gestiegenen ökonomischen Möglichkeiten, zum Beispiel auch im Handel, führten aber zu einem Anwachsen der nicht organisierten Einwanderung. In den Bereichen Eisenbahnbau, Bergbau und später der Ölindustrie, die von ausländischen Firmen dominiert wurden, kam es zu einer bedeutenden Arbeitsmigration aus den USA. Vor 1926 änderte sich die Haltung der mexikanischen Regierung gegenüber Ausländern nur wenig, allerdings bevorzugte man deutlicher als vorher kapitalkräftige Einwanderer und begann allmählich mit dem Ausschluß unerwünschter Nationalitäten und ethnischer Gruppen von der Einwanderung. Die gesellschaftliche Isolation der zwar wirtschaftlich erfolgreichen Mormonen- und Mennonitenkolonien erfolgte im Widerspruch zu der vor allem nach 1926 auch in der Gesetzgebung verankerten Forderung nach einer Assimilierung der Ausländer. Die Migrationsgesetzgebung wurde zunehmend exklusiv und kontrollierte dirigistisch nicht nur den ökonomischen Status der Einwanderungswilligen, sondern auch ihre ethnische und kulturelle Herkunft. Sie gipfelte in dem Bevölkerungsgesetz von 1936, in dem die kulturelle, aber auch die physische Homogenisierung der in Mexiko ansässigen Bevölkerungsgruppen und ihre gleichmäßige Verteilung über das nationale Territorium propagiert wurden. Obwohl die Weltwirtschaftskrise sicher mitverantwortlich für die scharfen Einwanderungsverbote gegen ausländische Arbeiter war, wurde die Emigration von mexikanischen Arbeitern in den Gesetzen nicht befürwortet, sondern abgelehnt. Das Jahr 1926 bedeutete nicht nur einen Einschnitt in die Einwanderungsgesetzgebung. In diesem und im folgenden Jahr häuften sich auf verschiedenen Gebieten die Versuche, neue wirtschaftliche und gesellschaftliche Ziele umzusetzen (vgl. Kapitel 2.1.4). In der Einwanderungspolitik scheint es, anders als in der Wirtschaft, genügend Spielraum dafür gegeben zu haben.200 Die Restriktionen der Einwanderungsgesetzgebung wurden in den 1930er Jahren durch xenophobe und politisch „rechte" Gruppen unterstützt. Trotzdem konnte die Regierung Cárdenas ihre vor allem auf die Republikaner Spaniens ausgerichtete Flüchtlingspolitik weitgehend durchsetzen - sie waren zwar „links", aber als Spanier nach zeitgenössischer Vorstellung auch leicht assimilierbar. Gegenüber jüdischen Flüchtlingen war es

200

Eine eingehende, zusammenhängende Würdigung der Innen-, Wirtschafts- und Außenpolitik dieser Jahre steht in der Historiographie jedoch noch aus.

162

wesentlich einfacher, eine ablehnende Haltung durch den Rückgriff auf bereits bestehende Dekrete zu begründen. Trotz einer Einwanderungsgesetzgebung, die es Immigranten zunehmend schwieriger machte, legal nach Mexiko zu gelangen, stieg die Zahl der im Ausland Geborenen zwischen 1895 und 1940 an. Nur zwischen 1910 und 1921 kam es - wie in der mexikanischen Gesamtbevölkerung - zu einem vorübergehenden Einbruch. Allerdings blieb der Anteil der Ausländer an der Bevölkerung Mexikos insgesamt gering. Betrachtet man die Gruppen der US-Amerikaner und Deutschen, lassen sich einige Unterschiede feststellen. Für die US-Amerikaner spielte bis zur Revolution die Kolonisation eine wichtigere Rolle als für die Deutschen. Im Zusammenhang mit der höheren Einwanderung in die wirtschaftlich interessanten Gegenden Nordmexikos erklärt dies den geringeren Anteil von US-Amerikanern, die im Distrikt der Hauptstadt wohnten. Bei den Deutschen wurde die hohe, zunehmende Urbanisierung nur im Zeitraum von 1921 bis 1930 gebremst, was vermutlich auf die gestiegene Zahl von Kolonisationsprojekten zu Beginn der 1920er Jahre zurückzufuhren war. Die Zunahme der Anzahl der Deutschen in Mexiko zwischen 1910 und 1921 lief sowohl der allgemeinen Bevölkerungsentwicklung als auch derjenigen der USAmerikaner zuwider. Ihre zahlenmäßige Überlegenheit im Distrito Federal von 1926 bis 1930 spiegelte keineswegs ihre Stellung in der mexikanischen Wirtschaft wider, die sich - trotz aller Konflikte - stark auf die USA ausrichtete. Die hohe Konzentration von Deutschen im Distrito Federal erklärt wohl auch den im Vergleich zu den USAmerikanern höheren Anteil von Kaufleuten und Freiberuflern, während für jene die Landwirtschaft eine größere Rolle spielte. Allerdings sind die hier für die Ermittlung der Berufe verwendeten Zahlen der naturalisierten US-Amerikaner niedriger als die der Deutschen und stehen nur für einen sehr geringen Prozentsatz der Einwanderer. Die aus dem Zensus von 1930 zitierten hohen Zahlen über die Annahme der US-amerikanischen und deutschen Staatsangehörigkeit (vor allem von Frauen) belegen, daß es auch in der nachrevolutionären Zeit durchaus noch interessant sein konnte, fremden Nationalitäten anzugehören. Allerdings änderte sich dies für die Deutschen durch den Zweiten Weltkrieg. 1940 und 1941 naturalisierte sich eine gestiegene Anzahl von Deutschen, und die Zahl derer, die sich auf eine Einbürgerung „por virtud de la ley" berief, dürfte noch wesentlich größer gewesen sein. Der Zensus von 1940 verzeichnete nur noch eine geringe Zahl von Personen deutscher Staatsangehörigkeit, und dies änderte sich auch in den beiden folgenden Jahrzehnten nicht (vgl. Salazar Anaya 1996: 293).

163 4. D I E KOLONIEN

IN M E X I K O - S T A D T

Dieser Teil der Arbeit stellt die sogenannten Kolonien von Deutschen und US-Amerikanern in Mexiko-Stadt in den Vordergrund. Hierunter werden die Gemeinschaften verstanden, die sich vor allem um die Organisationen und Institutionen wie Schulen, Kirchen und Vereine versammeln. Die jeweilige Staatsangehörigkeit spielte für die Zugehörigkeit zu den Kolonien keine ausschlaggebende Rolle, wichtiger war zu fast allen Zeiten die subjektive und objektive Identifizierung mit ihnen. Wenn den einzelnen Abschnitten dieses Kapitels dennoch Zensuszahlen über Deutsche und US-Amerikaner im Distrito Federal vorangestellt werden, so dienen sie nur der ungefähren Orientierung über das Potential und die größenmäßige Entwicklung der Kolonien.

4.1 Die Ursprünge

4.1.1 Die deutsche Kolonie-. Organisation trotz Fluktuation

Obwohl Darstellungen über Deutsche in Mexiko gerne den Aufenthalt Alexander von Humboldts 1803 bis 1804 zum Ausgangspunkt nehmen,1 organisierten sich die in Mexiko-Stadt lebenden Deutschen erst ab den 1840er Jahren. Ihre Anzahl ist nicht genau zu bestimmen, lag nach Schätzungen jedoch bei mehreren Hundert.2 Es gab eine starke Fluktuation, vor allem unter den Kaufleuten und Technikern. Viele sahen ihren Aufenthalt in Mexiko als vorübergehend an. Ihr Ziel war es, wohlhabend nach Deutschland zurückzukehren (Mentz 1982a: 411, 1982e: 348; Kühn 1965b: 343, 365). 3

' Beispiele aus unterschiedlichen ideologischen Lagern sind die Monografien von Pferdekamp (1958) und Kießling (1989). 2

Eine Zusammenstellung verschiedener Schätzungen über die Anzahl von Ausländem in Mexiko findet sich bei Bemecker (1988: 539), eine andere bei Bopp (1979: 491). Die präsentierten Zahlen weichen zum Teil stark voneinander ab, auch gibt es nur wenige Angaben, die sich explizit auf die Hauptstadt beziehen. 3

Zu den deutschen Kaufleuten in Mexiko vor dem Porfiriat vgl. vor allem den von Brígida von Mentz koordinierten Sammelband Los pioneros f...] (1982), der auch ein kommentiertes Verzeichnis der Handelshäuser enthält (1982: 447-493). Im Zeitraum von 1825 bis 1829 operierten zehn bis fünfzehn deutsche Häuser in Mexiko-Stadt, 1852 waren es 35 und 1871 etwa 40 (Mentz 1982b: 88). Zu den Vereinen und dem kulturellen Leben der Deutschen vgl. insbesondere von Mentz (1982a und 1982e), aber auch die Angaben des preußischen Ministerresidenten von Seiffart bei Kühn (1965b). Für diesen Zeitraum interessant sind außerdem die Publikationen der Briefe von Adolfo Schmidtlein (1978) und von Anna Paschen (1995). Der aus Bayern stammende Arzt Schmidtlein kam Mitte der 1860er Jahre nach Mexiko und verheiratete sich mit Gertrudis García Teruel, Tochter eines Hacendados, Kaufmanns und Industriellen. Schmidtlein starb 1892 während eines Aufenthalts in Bayern. Paschen begleitete ihren Ehemann, den Kaufmann Conrad Paschen, 1857 bis 1868 nach Mexiko. Das Ehepaar war mit der Kaufmannsfamilie Doormann eng befreundet und beruflich verbunden. Nach geschäftlichem Scheitern lebte es später in Wandsbek bei Hamburg. Conrad Paschen hatte bereits vor seiner Heirat in Mexiko gelebt und war 1849 mecklenburgischer Konsul in Mexiko-Stadt gewesen (AHSRE 1-2-326).

164

Für Gesamtmexiko hat von Mentz anhand von Dokumenten über die Ausstellung von pasaportes und carias de seguridad folgende Angaben über die Berufe der eingewanderten Deutschen4 gemacht: Für den Zeitraum von 1821-1829 gaben 413 von 493 Deutschen ihre Berufe an. 54 % von ihnen waren Angestellte der Bergwerksgesellschaften, eingeschlossen sind hierbei Mineralogen, Ingenieure, Techniker, Handwerker und Verwalter. Die meisten von ihnen lebten in den Minenbezirken. Kaufleute stellten 30%, Handwerker (ausgenommen Angestellte der Bergwerksgesellschaften) 9%, Freiberufler 5%, Hausangestellte 1% und Hacendados 0,7%. Im längeren Zeitraum von 1830 bis 1871 zeigte sich eine Verschiebung zugunsten der Kaufleute: Von 1500 Deutschen gaben 1135 ihre Berufe an, 61% waren Kaufleute. Es folgten Handwerker (16%), Freiberufler (8%), Bergleute (6,5%), Landarbeiter (labradores; 2,5%), Hausangestellte (1%), Hacendados (0,5%) und „Arme" (4,5%). Frauen stellten nach diesen Angaben nur 2,4% der 1500 eingewanderten Deutschen. Eine von Bernecker veröffentlichte Tabelle gibt Aufschluß über die Herkunftsländer der Deutschen und belegt den hohen Anteil von Hanseaten und Preußen unter ihnen. Außerdem verweisen die innerhalb weniger Jahre stark schwankenden Angaben auf eine hohe Fluktuation. Tabelle 31: Herkunft der in Mexiko ansässigen deutschen „Familienoberhäupter", 1851-1853 Herkunftsland Baden Bayern Bremen Hamburg Hannover Lübeck Mecklenburg Österreich Preußen Sachsen Württemberg (unbestimmt) Summe

1851 —

11 31 95 39 1 8 13 153 18 4 194 567

1852 17 19 32 103 35 2 6 17 138 20 12 97 498

1853 | 5 5 112 9 1 11 93 13 1 245 495

Quelle: Bemecker (1988: 563).

4

Unter Deutschen versteht sie „alemanes, suizos y austriacos de habla alemana". In vielen Fällen mußte das fehlerträchtige Kriterium des Nachnamens zur Einordnung herangezogen werden (Mentz 1982d: 24).

5

Trotz des unbestrittenen Überwiegens der Kaufleute hebt Bernecker (1988: 560) die Bedeutung der in verschiedenen Bereichen arbeitetenden Handwerker hervor. Er stützt sich dabei auf die Berichte Bechers (1834) und von Seiffarts (1850). Der preußische Ministerresident Ferdinand von Seiffart, von 1847 bis 1850 in Mexiko, berichtete über eine starke Einwanderung deutscher Handwerker nach Mexiko-Stadt in den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit (Kühn 1965b: 340-341, 344). Ministerresident von Wagner hielt die Zahl der deutschen Handwerker 1861 jedoch für „weniger bedeutend" (EZA 5/2825, Bericht über die Verhältnisse der in Mexiko ansässigen evangelischen Deutschen, 28.7.1861). Unter den Freiberuflern waren Ärzte am stärksten vertreten, obwohl sie in Mexiko ein erneutes Examen ablegen mußten, um praktizieren zu dürfen (Kühn 1965b: 346; Mentz 1982e: 343-345).

165

An einem 1853 in Mexiko-Stadt gegründeten „Korps zur öffentlichen Sicherheit" beteiligten sich 60 Deutsche. Ihrer Kompanie wurden die weitaus weniger zahlreichen Engländer und Nordamerikaner eingegliedert, während Franzosen und Spanier - letztere stellten 200 Mann - die größten Ausländergruppen im Korps bildeten (Bemecker 1988: 562).6 Die meisten Deutschen in Mexiko waren unverheiratet. Von Seiffart berichtete zwar 1850 über vereinzelte Einheiraten in ländliche Grundeigentümerfamilien, beklagte aber insgesamt das Fehlen eines häuslichen Familienlebens, das zu dieser Zeit auch auf die Schwierigkeit protestantischer oder gemischtkonfessioneller Eheschließungen zurückzuführen war (Kühn 1965b: 347, 353):

Die meisten Deutschen kommen jung und unverheiratet hierher; hier kommt mit den Jahren, in denen sich das Verlangen nach einer Häuslichkeit mit stärkerer Sehnsucht ausspricht, auch das Vermögen, für eine solche zu sorgen, aber die Begründung einer solchen ist mit vielfachen Schwierigkeiten verknüpft. Das fuhrt leider zu einem ungeordneten Leben mit Mätressen und in wilden Ehen, von dem ich nicht erst zu erwähnen brauche, welche beklagenswerten und nachteiligen Folgen es hat und haben muß. 7

Familienverbindungen zwischen Deutschen und Mexikanern gehörten nach von Seiffart zu den Ausnahmen. Neben dem Problem der Konfession begründete er dies auch damit, daß bei der Eheschließung eines Deutschen mit einer Mexikanerin der Deutsche zur Aufgabe seiner Rückkehrabsicht gezwungen sei, da Mexikanerinnen sich nur selten von ihrer Familie trennen würden. „In den seltenen Fällen, in denen Deutsche sich mit Mexicanerinnen verheiratet haben, sind sie daher ihrem Vaterlande ganz verloren gegangen; in vielen Fällen auch ihren hiesigen Landsleuten", schrieb von Seiffart (Kühn 1965b: 360). Nach einem Bericht des preußischen Ministerresidenten von Wagner, der die Anzahl der Deutschen in Mexiko-Stadt 1861 auf etwa 300 schätzte, waren nur etwa 50 von ihnen „theils an Einheimische, theils an Fremde" verheiratet.8 Zu den insgesamt eher wenigen Deutschen, die Ehen mit Mexikanerinnen schlössen, gehörten die auch aufgrund ihrer neuen Familienverbindungen sehr erfolgreichen Kaufleute Carlos Haghenbeck und Guillermo de Drusina; ebenso der Bergwerksbesitzer Gustavo Stein.9 Trotz der insgesamt geringen Zahlen läßt sich also schließen, daß einige wenige Deutsche durch Einheiraten in das mexikanische gehobene Bürgertum wirtschaftlich und 6

Bereits 1848 hatte sich unter von Seiffart eine deutsche „Jägerkompanie" formiert, die sich an einer nach dem verlorenen Krieg mit den USA in Mexiko-Stadt gegründeten Bürgenvehr beteiligte (Kühn 1965b: 363-365; Radkau 1982: 317). Nach Pferdekamp (1958: 245) und Fuchs (1955: 228) handelte es sich bei der Jägerkompanie um einen Gesangsverein mit 24 Mitgliedern, dem unter anderen Hermann Strebel, von Seiffart, Franz Rübke, L. Böhringer, Heinrich Nagel, Dr. Schädler, Victor Napp und Theodor Leede angehört haben sollen. 1861 und 1863 gab es weitere Projekte zu Kompaniebildungen in der Art einer Bürgerwehr, die aber anscheinend nicht realisiert wurden (Weise 1923: 18). 7

Von Mentz (1982e: 359) weist anhand von Beispielen aus den Minenbezirken und aus Chiapas auch auf die gesellschaftlichen und rassistischen Vorurteile hin, die gutsituierte Deutsche Verbindungen ihrer Landsleute mit womöglich dunkelhäutigen Mexikanerinnen und ihren Kindern entgegenbrachten. 8

EZA 5/2825, Bericht über die Verhältnisse der in Mexiko ansässigen evangelischen Deutschen, 28.7.1861. ' Vgl. hierzu und zu weiteren Beispielen von Mentz (1982b: 107; 1982e: 356-357) und Bernecker (1989: 20-21).

166

sozial erfolgreich waren. Weitere Verbindungen zwischen Deutschen und Mexikanerinnen ergaben sich in abgelegenen Regionen, zum Beispiel bei Bergleuten, und in sozialen Unterschichten. Diese Gruppen standen in der Gefahr, dem „Deutschtum" verlorenzugehen. Obwohl die wirtschaftlichen Aussichten für Fremde in Mexiko zum Beispiel auch durch von Seiffart als sehr gut beschrieben wurden (Kühn 1965b: 355-356), gründeten die in Mexiko-Stadt lebenden Deutschen 1844 eine Mildtätigkeitskasse. Sie stand für folgende Fälle zur Verfügung: Unterstützung für unschuldig verarmte Deutsche; Beerdigungskosten für in Armut Verstorbene; Mittel für die Ausreise von Armen, denen auf andere Weise nicht zu helfen war. Die Mitgliedsbeiträge lagen zwischen 8 und 50 Pesos jährlich und summierten sich auf 1200 Pesos. Vor allem während der Zeit des Krieges zwischen den USA und Mexiko wurde die Kasse von deutschen Einwanderern, die aus den Vereinigten Staaten nach Mexiko kamen, in Anspruch genommen. 10 Die Verwaltung des Geldes oblag einem der Kasse angegliederten Verein („Deutscher Hülfsverein"), der außerdem Kranken- und Sterbekassen für Handwerker aufbauen sollte. Diese fanden jedoch wenig Anklang. Eine Sparkasse, die den Teilhabern zehn Prozent Zinsen nach Abzug der Verwaltungskosten zahlen konnte, arbeitete dagegen erfolgreich (Kühn 1965b: 357-358)." In den 1850er Jahren nahm die Zahl der Mitglieder des Deutschen Hülfsvereins zu: 1856 waren es 105, 1859 133. Das Kapital des Vereins belief sich 1856 auf 3200 und 1859 auf 4200 Pesos, die Zahl der unterstützten Hilfsbedürftigen lag bei dreißig (Bernecker 1988: 562). Von Seiffart beklagte in den 1840er Jahren vor allem den mangelnden nationalen Zusammenhalt der Deutschen, die nicht nur durch ihre engere heimatliche Herkunft, sondern auch durch große Einkommensunterschiede keine homogene Gruppe bildeten. Die Gründung des Klubs „Das Deutsche Haus in Mexico" am Pfingstsonntag 1848 (dem 11. Juni), also zur Zeit der versuchten politischen Einigung der deutschen Länder, wertete er als einen ersten Schritt, der die Deutschen in Mexiko fest aneinander schließen sollte, um gegenüber Mexikanern und den übrigen Ausländergruppen in Mexiko die eigene Nationalität zu vertreten (Kühn 1965b: 361-363; vgl. Bernecker 1988: 575576).12 Die nach den Vereinsstatuten vorgesehene Ehrenmitgliedschaft des „Deutschen 10

Nach dem Bau der Eisenbahnen, die Mexiko mit den USA verbanden, kam es emeut zur Inanspruchnahme des Hilfsvereins durch mittellose deutsche Einwanderer aus den Vereinigten Staaten (vgl. Below 1899:267). 11

Ihr Präsident war der Minenbesitzer und preußische Generalkonsul F. von Gerolt, Vizepräsident Guillermo de Drusina, Schatzmeister Federico Schneider (Federico Schneider y Cía.). Adolfo de Bary, Esteban Benecke, Federico Hesselbart, C. G. Kaufmann, J. F. Kienast, Agustín Lohse, W. Pollitz, F. Schneider, G. Schneider, E. Schütte, G. Sengstack, J. Uihlein, E. Voss und Enrique de Wilde werden als Direktoren genannt (Mentz 1982b: 119-120). Zur Geschichte des bereits 1826 in Mexiko-Stadt eröffneten Hauses Uihlein, das damals von einem Mutterhaus in Philadelphia abhing, vgl. Mittheilungen des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins (Bd. 1, Nr. 2, 1890: 55-58). Noch 1924 bestand in MexikoStadt die Drogerie José Uihlein Sucs. (Mexican American. 16.8.1924: 39). 12 In den ersten Statuten des Deutschen Hauses ist der Vereinszweck folgendermaßen formuliert: „Landsmannschaftlich treu, bieder und herzlich mit einander zu sein, mit Rat und Tat in gemeinschaftlichen Angelegenheiten zusammenzuwirken und wie die Stunden des Ernstes und der Erhebung, so auch die der Freude und Erholung mit einander zu teilen." Das Motto des Hauses lautete denn auch: „Deutsch und bieder. Frisch und frei. Fröhlich und fromm" (Zitate nach Weise 1923: 9-10). Die von Weise 1923 verfaßte Chronik des Deutschen Hauses lehnt sich ftlr die ersten Jahrzehnte seines Bestehens sehr eng an einen von Dr. Schmidtlein 1890 verfaßten Beitrag für die Mittheilungen des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins an. Weise war Mitte der 1910er Jahre Redakteur der Deutschen Zeitung von Mexiko. Er starb im Oktober 1924 (Rinke 1996: 558). Bereits Bernecker (1988: 575-576) weist daraufhin, daß die in

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Gesandten" fiel zunächst an den preußischen Ministerresidenten. Anfanglich zählte der Verein 39 Mitglieder (Weise 1923: 13).13 Zwei Jahre nach der Gründung gehörte nach von Seiffarts Bericht die überwiegende Mehrheit der in der Hauptstadt lebenden Deutschen dem Verein an. Die Mitglieder brachten durch ihren Monatsbeitrag von zwei Pesos jährlich 2500 Pesos für Vereinszwecke auf und hatten den Klub mit einem Inventar im Wert von 3000 Pesos ausgestattet. Er bestand aus einem Gastronomiebetrieb mit einem Billardtisch und einem Zeitungskabinett, in dem deutsch-, spanisch-, englisch- und französischsprachige Blätter auslagen. Außerdem verfügte er über eine etwa 1000 Bände umfassenden Bibliothek (Kühn 1965b: 362; Weise 1923: 11-13, 16). Das Vereinslokal wechselte in den ersten Jahren mehrmals, lag aber immer im historischen Zentrum der mexikanischen Hauptstadt. Frauen waren im Deutschen Haus nur zu gesellschaftlichen Ereignissen zugelassen. Offizielle Feiertage waren der „vaterländische Verfassungstag" und der Pfingstsonntag als Stiftungsfest.14 Auch die Ankunft oder Abreise eines Gesandten gaben Anlaß zu Feiern mit Fahnen, Fackeln, Ansprachen, Gesang und Rheinwein.15 Am 13. September 1869 organisierte das Deutsche Haus eine Feier anläßlich des hundertsten Geburtstags von Alexander von Humboldt, am folgenden Tag führte ein großer Fackelzug unter Mitfuhrung der norddeutschen Fahne durch die Innenstadt Mexikos. An dem früheren Wohnhaus des Forschers (heute República del Uruguay Nr. 80) wurde eine Gedenktafel angebracht (Weise 1923: 47-48). In den ersten Jahren seines Bestehens setzte sich die Mitgliedschaft des Deutschen Hauses zu etwa zwei Dritteln aus Hanseaten, vor allem Hamburgern, zusammen. Ab den 1860er Jahren nahm die Zahl der Preußen zu, während Süddeutsche, ohnehin in der Minderheit, ab 1865 fast nicht mehr vertreten waren, allerdings in den folgenden Jahren mehrfach den Präsidenten stellten.16 Zur Zeit des Kaiserreichs Maximilians von Habsden Statuten verwendete Formulierung eines „nun einigen und freien Vaterlande[s]" ein Vorgriff auf die historische Entwicklung und eine Ausgeburt des bei der Vereinsgründung herrschenden „liberalen Einheitspathos" war. " Von den im Gründungsaufruf und in der Liste der ersten Vorstandsmitglieder genannten 15 Namen lassen sich sieben Kaufleuten (Boehringer, Müller, Nagel, Rübke, Stöltzer, Stürken, Leffmann), zwei Handwerkern (Dettmer und Winckler, zumindest Winckler hatte eine eigene Werkstatt und diverse Beteiligungen) und einer einem Minenbesitzer (Jochheim) zuordnen (vgl. Los pioneros [...1 1982: 447-493; von Mentz 1982b: 89; 1982a: 415; Dane 1971: 185-188). Hermann Benecke war der Neffe des bekannten Kaufmanns und preußischen Konsuls Esteban Benecke (Pferdekámp 1958: 246). Zu den Vorständen des Deutschen Hauses vgl. Anhang 8. 14 Zum zehnjährigen Bestehen, das groß gefeiert wurde, kamen auch der US-amerikanische Gesandte John Forsyth und dessen Sekretär W. Feome (Weise 1923: 45). Von Mentz (1982a: 419) hebt besonders hervor, daß Mitglieder der mexikanischen Elite bei Festen häufig anwesend waren und die Beziehungen zu hochgestellten Politikern gut waren: „Resulta notorio cómo a cierto empresario se le encomienda hablar con el presidente de la república, a otro ver tal ministro, a otro conseguir cierto permiso...todo esto da la impresión de un trato amistoso, diario y natural entre los comerciantes más influyentes y las autoridades mexicanas o los circuios políticos más altos." Der Arzt Dr. Schmidtlein hatte zum Beispiel ein gutes Verhältnis zum mexikanischen Präsidenten Lerdo de Tejada (Schmidtlein 1978: 337). Lerdo nahm 1875 an einem Ball im Deutschen Haus teil, ebenso Senatspräsident General Escobedo und einige weitere mexikanische Politiker (EZA 5/2825, Die deutsche Wacht. Nr. 18,30. Oktober 1875: 3). 15 16

Von Schlözer (1913:21); AHSRE L-E-l, nach Zeitungsberichten der deutschen Presse.

Erst 1867 wurde ein Süddeutscher, Dr. F. Semeleder, in den Vorstand gewählt. Semeleder war der Hausarzt Maximilians gewesen, danach praktizierte er zeitweise zusammen mit dem aus Bayern stammenden Arzt Dr. Schmidtlein. Dieser hatte 1873 die Präsidentschaft des Deutschen Hauses inne, sein Nachfolger wurde wiederum Semeleder. Zu den frühen Gepflogenheiten des Deutschen Hauses gehörte

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bürg wurden die Aufnahmeregeln verschärft, da in dieser Zeit plötzlich viele Deutsche und Deutschsprechende - unter ihnen auch „unerwünschte Abenteurer" - nach MexikoStadt kamen (Weise 1923: 14, 16, 19). In der von Hans F. Weise anläßlich des 75-jährigen Bestehens verfaßten Chronik des Deutschen Hauses gilt das Kaiserreich Maximilians als Zeit der Unruhe und der Ungelegenheiten, da man vorher mit den Lokal* und Staatsbehörden „auf bestem Fuße gelebt" habe, ohne sich gegenseitig in die Angelegenheiten einzumischen.17 Seine Darstellung ist allerdings von seiner durch die Ruhrkrise 1922-1923 geprägten Abneigung gegen die Franzosen durchdrungen. Für den Verein stellte sich in dieser Zeit das Problem, daß die Mitgliedschaft in ihrer Haltung gegenüber Maximilian gespalten war und man eine eindeutige Parteinahme vermeiden wollte. Zum Einzug des Kaisers in die Hauptstadt 1864 wurde deshalb zwar das Vereinshaus festlich geschmückt, die Unterzeichnung einer offiziellen Huldigungsadresse den Mitgliedern jedoch freigestellt. Zwanzig von ihnen unterschrieben. Während die Erschießung Maximilians von den Deutschen in Mexiko nach Weises Darstellung einmütig betrauert wurde, schmückte man auf Vorstandsbeschluß das Vereinslokal auch zum Einzug des Präsidenten Benito Juárez (Weise 1923: 17-21).18 Einschneidender für die deutsche Kolonie waren aber der deutsch-französische Krieg 1870-71 und die Reichsgründung. Der Krieg führte zu einer erhöhten Sammeltätigkeit der ohnehin spendenfreudigen Kolonie und zu teilweise tätlichen Auseinandersetzungen mit französischen Residenten in Mexiko.19

Liste der Spenden der deutschen Kolonie (1842-1889)20 1842

1850 1851 1857 1859 1863

Die Deutschen Mexikos sammelten anläßlich des großen Hamburger Brandes. In der Hauptstadt kamen bei etwa 50 Spendern 5502 Pesos zusammen, insgesamt wurden 6262 Pesos nach Hamburg gesandt. Sammlung für die Verwundeten und Hinterbliebenen des ersten Deutsch-dänischen Krieges (2350 Pesos). Durchreisende deutsche Künstler erhielten je 30 Pesos, außerdem wurde im Spielzimmer des Deutschen Hauses ein Sammelteller filr sie aufgestellt. Ein Konzert zugunsten des blinden Cellisten Hegelund brachte 811 Pesos. Sammlung für in Not geratene Landsleute anläßlich des Sardisch-französischen Krieges gegen Österreich (3672 Pesos). Sammlung für das Jubiläum der Invaliden von 1813-1815.

es, einen Schweizer in den Vorstand mit aufzunehmen (Weise 1923: 16; Radkau 1982: 308; Schmidtlein 1978: 78,349,378). 17 Von seiten der mexikanischen Stadtbehörden ging diese „Nichteinmischung" sogar so weit, daß auf die Eintreibung der auf das Billard und die erlaubten Spiele zu entrichtenden Steuern verzichtet wurde. Selbst als die Behörden schließlich 1871 nachdrücklich zur Steuerzahlung aufforderten, das Deutsche Haus der Aufforderung aber nicht nachkam, wurde die Sache unter einer neuen städtischen Administration ergebnislos fallengelassen (Weise 1923: 19).

" Wegen des Belagerungszustandes der mexikanischen Hauptstadt blieb das Deutsche Haus - ebenso wie das französische und das spanische Vereinslokal - auf Anweisung des Polizeipräfekten vom 3.5. bis zum 21.6.1867 geschlossen. 19 Es kam mehrfach zu Prügeleien, und einigen deutschen Geschäftshäusern wurden die Scheiben eingeworfen (Weise 1923: 30; Bopp 1979: 519). Der Kriegsgegner von Herft, ein wohlhabener deutscher Arzt, wurde wegen seiner „gefährlichen" Äußerungen auf Vorstandsbeschluß aus dem Deutschen Haus ausgeschlossen. Von Herft kehrte 1871 nach Deutschland zurück (Mentz 1982a: 425; Schmidtlein 1978: 291293). 20

Zusammengestellt nach Weise (1923: 10,20,22-23,42-43).

169 1864 1864 1866 1866 1866 1867 1868 1869 1870-71 1871 1874 1878 1879 1880

Sammlung für die Verwundeten und Hinterbliebenen des zweiten Deutsch-dänischen Krieges (4378 Pesos). Sammlung für den bei einem Brand in Mexiko-Stadt verunglückten Zuaven21 Ghelinke (200 Pesos). „Bedeutende Summen" wurden anläßlich des Deutschen Krieges nach Europa geschickt und zu gleichen Teilen an die kriegführenden Parteien gegeben. Sammlung für die Überschwemmten [Überschwemmungsopfer] Mexikos (2000 Pesos). Zwei Sammlungen für die Armen Mexikos. Eine von ihnen wurde von Kaiserin Carlota initiiert und erbrachte 450 Pesos. Sammlung für die Überschwemmten in Matamoros (1317 Pesos). Sammlung für die in Armut geratene Frau des Ökonomen Schmidt (135 Pesos). Sammlung für die Überschwemmten in der Schweiz (250 Pesos). Sammlungen für Verwundete und Hinterbliebene des Deutsch-französischen Krieges. Von den insgesamt 66.000 Pesos sammelten etwa 200 in der Hauptstadt lebende Deutsche 48.000 Pesos.22 Sammlung für die Abgebrannten [Brandopfer] in Chicago (575 Pesos). Sammlung für die Überschwemmten in Bagdad. Benefiz-Konzert zugunsten des angeblich verarmten Dichters Holthey. Dieser gab die erhaltenen rund 600 Pesos an Kriegswitwen und -waisen weiter. Unterstützung einer Schule für arme mexikanische Kinder. Sammlung für die Armen Oberschlesiens.

Der erste Spendenaufruf des Deutschen Hauses anläßlich des Krieges 1870-71 wurde von Carl Felix, Otto Schlesinger, Joachim Flebbe, Hermann Stieler, Carl Fredenhagen, Carl von der Becke, Hermann Vietsch, Max Böker, B. Desebrock, A. Holscher und Aug[ust] Hoth unterzeichnet. Der Vorstand des Deutschen Hauses richtete auch ein Schreiben an die deutschen Konsuln in den anderen Landesteilen, in dem er zu Sammlungen aufrief (Weise 1923: 25-26). Mit ihren reichlichen Spenden hatten sich die Deutschen in Mexiko - wie es der Vorstand formulierte - „auf der Höhe der Zeit" bewiesen. Gleichzeitig erhob das Deutsche Haus den Anspruch, „der Mittelpunkt unseres sozialen und nationalen Lebens, der Richtpunkt aller Landsleute, das Vorbild ähnlicher Institute anderer Nationalitäten" zu sein. Siegesnachrichten wurden ausgiebig gefeiert und C. Fredenhagen schaffte eine große deutsche Flagge für das Vereinshaus an. 23 Allerdings erlaubte der Gouverneur des Distrito Federal nicht, daß sie anläßlich der Einnahme von Paris gehißt wurde. Trotz der Begeisterung über den Kriegsausgang fand sich unter den Mitgliedern des Deutschen Hauses keine Mehrheit für eine Friedensfeier. Jedoch wurden im Juli 1871 Büsten des Kaisers, des Kronprinzen, des Prinzen Friedrich Karl, Bismarcks und Moltkes im Deutschen Haus aufgestellt, die ein in Hamburg ansässiges Mitglied des Vereins gestiftet hatte (Weise 1923: 24, 26, 29-31). Der

21

Angehöriger einer französischen Kolonialtruppe (Zouaves).

22

Für die Ausfuhr des Geldes durch das Haus Agustín Gutheil & Co. bewilligte die mexikanische Regierung Abgabenfreiheit. Besonders hohe Summen spendeten in der Hauptstadt: „Est. Benecke & Co. 2600 Pesos; Bonne, Ebert & Co. 1240; A. Gutheil & Co. 1240; Schmidt & Bourjau 1000; Sengstack & Co. 1240; Watermeyer, Wiechers & Co. 1000; A. Wagner & Levien 596; R. Boker 396; Brehm & Co. Sucs. 500; C. Haghenbeck 800; Deutscher Hilfsverein 1000; G. Lohse & Urlaub 500; Simon Philipp & Co. 650; Uihlein Sue. 750; G. Warnholtz & Co. 360; Zölly Hermanos 500; A. Wissel & Co. 174; J. Glahn & Laue 210; G. Hulvershorn 200; H. Nagel Sue. 192; A. Schlieper & Albert 200; K. von Schlözer 400; E. Sommer 148 Pesos usw." (Weise 1923: 23). 23

Der aus Mecklenburg stammende Fredenhagen betrieb in Mexiko-Stadt seit 1860 eine bereits 1845 gegründete Bierbrauerei (Cervecería San Diego), die später von der Compañía Cervecera de Toluca y México, S. A. aufgekauft wurde (EZA 5/2825, Die deutsche Wacht. Bd. 1, Nr. 18, 30.10.1875: 4; Castro 1984:205).

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Geburtstag des deutschen Kaisers erlangte ebenso wie der Reichsgründungstag als Feiertag in den folgenden Jahren eine große Bedeutung.24 1872 wurde der Tag der Sedanschlacht ebenfalls feierlich begangen (Schmidtlein 1978: 332). Über die erste „deutsche Schule", das Instituto Katthain, ist nur wenig bekannt. Nach Bopp (1961: 262-264) kam der Schlesier Katthain 1854 nach Mexiko und gründete um 1866 eine Schule. Die bei Bermúdez (1984: 241-242, Anmerkung) veröffentlichten Angaben über Privatschulen in Mexiko lassen allerdings den Schluß zu, daß das Institut bereits seit 1861 durch den Ayuntamiento von Tacubaya zur Lehre autorisiert worden war und von Emilio Katthain und Guillermo M. Zinser geleitet wurde. Zielgruppe waren sechs- bis zehnjährige Kinder deutscher Familien aus Tacubaya. Es wurden die Fächer Deutsch, Englisch, Französisch, kaufmännisches Rechnen und Handelskorrespondenz unterrichtet. 1865 hatte die Schule eine Adresse in Mexiko-Stadt und betreute 15 externe Schüler, 1875 nahm sie auch Pensionsschüler auf. 1881 war die Schülerzahl auf 78 gestiegen. Nach Katthains Tod im Jahr 1885 wurde das Institut an Eduardo Spinedy und José Ortiz Monasterio verkauft. 25 Der kirchliche Zusammenschluß der mehrheitlich protestantischen Deutschen war in diesem Zeitraum gering. 1846 erbat der preußische Gesandte von Seiffart von der mexikanischen Regierung die Genehmigung, auf dem Gelände der Gesandtschaft eine protestantische Kapelle errichten zu dürfen. Da die katholischen Behörden Mexikos in der Öffentlichkeit heftig darauf reagierten, zog er das Gesuch zurück. 26 Die Regierung Juárez erließ am 4. Dezember 1860 ein Gesetz zur freien Religionsausübung und ebnete damit den Weg für protestantische Gottesdienste. Das mexikanische Justizministerium stellte den in der Hauptstadt lebenden protestantischen Deutschen 27 1 861 das zentral gelegene Hospital del Divino Salvador zu diesem Zweck zur Verfügung, das nach einem Bericht von Wagners aber wegen seiner früheren Nutzung als „Heim für Gemütskranke" nicht auf allgemeine Zustimmung stieß (Dane 1971: 47; Bopp 1979: 511). 1875 hielt der protestantische Pfarrer Mathias Goethe, der vorher in Australien und den USA gelebt hatte, deutschsprachige sonntägliche Gottesdienste in der Kirche Santísima Trinidad ab, die zu einem ehemaligen Franziskanerkloster in der Calle Gante gehörte. Der in Neuendorf bei Koblenz geborene und 1848 zum evangelischen Glauben konver24

1874 kam es wegen der Bitte des deutschen Gesandten von Enzenberg an die mexikanischen Behörden, anläßlich des Geburtstags des deutschen Kaisers die Fahne zu hissen, zu einem diplomatischen Briefwechsel. Das mexikanische Außenministerium verweigerte sich seiner Bitte, da die ausländischen Vertreter am Geburtstag von Juárez auch nicht geflaggt hätten, und verwies auf das Prinzip der Reziprozität. Daraufhin schrieben auch der US-amerikanische Gesandte John W. Foster (als Dekan), der italienische Generalkonsul und der spanische Geschäftsträger an die Secretaría de Relaciones Exteriores. Zwischen Foster und Außenminister José María Lafragua sowie von Enzenberg und Lafragua entwickelte sich eine Debatte über das Problem des Flaggens an nationalen Feiertagen. 1875 versandte Lafragua eine Liste bezüglich der „Dias en que se enarbola el pabellón nacional" - aus Höflichkeit und unter Wahrung der Reziprozität. Die Geburtstage Washingtons und des deutschen Kaisers sowie der US-amerikanische Unabhängigkeitstag waren auf dieser Liste enthalten (AHSRE L-E-3). 25

Vgl. Bopp (1961: 263-264); EZA 5/2825. Die deutsche Wacht. Bd. l,Nr. 18, 30.10.1875:4.

26

Vgl. Bopp (1979: 511); Beinecker (1989: 18-19); Kühn (1965b: 353-355).

27

Nach einem Bericht des preußischen Ministerresidenten von Wagner lebten damals ungefähr 300 Deutsche in Mexiko, etwa zwei Drittel von ihnen stammten aus Norddeutschland und gehörten zur protestantischen Kirche. Die Zahl der Preußen schätzte er auf kaum 60. Seiner Ansicht nach waren zwar viele dieser Protestanten wohlhabend, aber doch nur wenige gewillt, freiwillige Beiträge zum Unterhalt eines Gotteshauses und eines Geistlichen zu leisten (EZA 5/2825, Bericht über die Verhältnisse der in Mexiko ansässigen evangelischen Deutschen, 28.7.1861).

Ill

tierte Goethe war wegen eines Asthmaleidens aus Sacramento (Kalifornien) nach Mexiko gekommen. Am Reformationstag 1875 hielt er gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Butler von der US-amerikanischen Methodistenkirche einen Gottesdienst ab. Nach seinem Tod 1876 löste sich seine Gemeinde, die sich nach dem Urteil seines US-amerikanischen Kollegen Charles W. Drees durch religiöse Gleichgültigkeit ausgezeichnet hatte, wieder auf. 28 Im Oktober 1872 wurde im Vorstand des Deutschen Hauses über den Ankauf eines Grundstücks für die Anlage eines deutschen Friedhofs debattiert (Weise 1923: 53). Von Mentz (1982e: 361) interpretiert dies als den Wunsch der Deutschen, sich auch im Tod nicht mit Mexikanern zu vermischen. Ein von der Historikerin zitiertes Testament eines deutschen Kaufmanns verfügte 1850 die Beerdigung auf dem englischen Friedhof. Allerdings war es für protestantische Ausländer in Mexiko keineswegs einfach, einen Begräbnisplatz zu finden. Die Anlage protestantischer Friedhöfe stieß auf großen Widerstand. Der 1824 genehmigte und 1825 eröffnete englische Friedhof 29 dürfte 1850 noch der einzige zur Verfugimg stehende nichtkatholische Friedhof gewesen sein.30 1872, als US-Amerikaner und Franzosen bereits eigene Friedhöfe hatten,31 kam bei den Deutschen vermutlich der Wunsch hinzu, es anderen ausländischen Nationen gleichzutun. Eine deutsche Presse in Mexiko entwickelte sich nur sehr zögerlich. Erst in den 1870er Jahren kam es zu bedeutenderen Neugründungen, an denen vor allem der liberale Jude Isidoro Epstein großen Anteil hatte. Seine Tätigkeit beschränkte sich jedoch keineswegs auf deutsche Blätter.32 Der 1828 geborene Epstein kam 1851 nach Mexiko, naturalisierte sich 1856 und lebte zunächst in Zacatecas, Aguascalientes und Monterrey. Er arbeitete als Journalist, Herausgeber und Lehrer und führte für den Staat Aguascalientes Vermessungs- und Kartierungsarbeiten durch. Nach einem Jahr in San Antonio (Texas) ließ er sich 1870 in Mexiko-Stadt nieder, wo er ab 1872 eine Druckerei und Lithographieanstalt betrieb. Von 1872 bis 1876 erschien das von ihm gegründete und allein redigierte Wochenblatt Vorwärts, mit deutschnationaler, bismarckfreundlicher Tendenz,

28

EZA 5/2825, Die deutsche Wacht México, Nr. 18, 30.10.1875: 1; EZA 5/2825, Kosidowski, 14.4.1911; Gemeinde-Buch. 50 Jahre Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache in Mexiko (1977: 6). Charles W. Drees, der unter der mexikanischen Bevölkerung missionierte und Goethe in diese Arbeit einbezog, beschrieb die deutsche Gemeinde: „They willingly paid his salary and highly respected him, but they would not attend the preaching services. He performed for them faithfully all the offices of a pastor, visiting them in their homes, baptizing their children, burying their dead, yet often preaching on Sabbath to but two or three persons" (Drees 1915: 75-76). 29

Zur Geschichte dieses Friedhofs vgl. The British Society of Mexico (1920: 8-13).

30

Der US-amerikanische Gesandte Waddy Thompson (1846: 215-216) berichtete in diesem Zusammenhang: „None but Catholics are allowed to be buried in the regular burial-grounds, and if buried anywhere else, there is no security that the sacredness of the grave of one regarded as an infidel will not be molested." Thompson erinnerte sich an zwei Texaner, von denen einer vor seinem Tod zum Katholizismus übertrat, um in Frieden zu ruhen, während Freunde des anderen, der sich geweigert hatte zu konvertieren, einen Priester mit 150 Dollar bestachen um ihn beerdigen zu können. 31

1872 erhielt die Sociedad de Beneficencia Francesa eine Genehmigung zur Errichtung eines eigenen Friedhofs (AHSRE 41-16-71). 32

1875 trat er zum Beispiel in die Redaktion des von Ignacio Altamirano gegründeten El Precursor ein (Krause 1976: 482-483). Epstein war auch Mitglied der angesehenen Sociedad Mexicana de Geografía y Estadística (Bopp 1961: 236).

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für ein gehobenes Publikum mit kulturellen und populärwissenschaftlichen Interessen.33 Zum Deutschen Haus bestand ein distanziertes und gespanntes Verhältnis. Einige Kolonie-Mitglieder wurden 1872 ihm gegenüber sogar handgreiflich und distanzierten sich in einer mexikanischen Zeitung von ihm.34 1874 erhielt Epstein nicht genügend Stimmen, um in den Vorstand des Deutschen Hauses gewählt zu werden (Briesemeister 1988: 37). Krause (1976: 487-488) führt diese ablehnende Haltung auf Antisemitismus in der Kolonie zurück. Als das von Max Rahden35 herausgegebene Konkurrenzblatt Die Deutsche Wacht (1875-1877) erschien, mußte der Vorwärts seinen Umfang verringern und wurde nur noch zweimal im Monat publiziert (Bopp 1985: 98). 36 1876 gab der Westfale Baron Otto E. von Brackel-Welda den stark kulturpolitisch orientierten Correo Germänico mit Sonntags- und literarischer Beilage heraus, der aber nur drei Monate lang erschien. Wie Epstein arbeitete auch Brackel-Welda mit den großen mexikanischen Zeitungen zusammen (Bopp 1985: 99-101; 1961: 221-227).

4.1.2 Die US-amerikanische Kolonie: Ein zögerlicher Beginn

Noch vor einer US-amerikanischen Kolonie gab es in oder bei Mexiko-Stadt einen USamerikanischen Friedhof (U. S. National Cemetery).37 Er war 1851 angelegt worden und beherbergte die Überreste US-amerikanischer Offiziere und Soldaten, die im Krieg der USA gegen Mexiko in und um Mexiko-Stadt gefallen waren.38 Nach US-amerikanischer Auffassung gehörte er der Regierung der Vereinigten Staaten.39 Die Verwaltung oblag dem jeweiligen US-amerikanischen Konsul in Mexiko-Stadt, der darüber an das Kriegsministerium der Vereinigten Staaten berichtete. In der Zeit des Bürgerkriegs zwi33

Der Vorwärts polemisierte häufig gegen die in Mexiko erscheinende französische Zeitung Trait d'Union (Briesemeister 1988: 40,42). Von 1886 bis zu seinem Tod 1894 gab Epstein die zeitweise auch auf Spanisch geschriebene Germania heraus. 34

Vgl. Bopp (1985: 97-98) und Krause (1976: 486). Bei Krause ist das erste Erscheinungsjahr des Vorwärts fälschlich mit 1870 angegeben. 35

Rahden unterrichtete 1876 am Instituto Katthain Deutsch und Englisch. 1876 und 1877 gab er die an das Ausland gerichtete, englischsprachige Rahden's Monthlv Review heraus (Bopp 1961: 272; 1985: 101). Nach Kunz (1894/95: 142), der hier wohl irrt, war der Vorwärts eine Gründung von Rahden und Epstein. 36

Eine chronologische Auflistung der in Mexiko erschienenen deutschen Presse findet sich bei Bopp (1979: 532-535). 37 Er lag damals noch außerhalb der nordwestlichen Stadtgrenze in Tlaxpana (Ribera de San Cosme) und wurde im Westen durch den Río Consulado begrenzt. Das Grundstück lag neben dem älteren britischen Friedhof. Die Grenzen des Distrito Federal wurden am 16.2.1854 neu festgelegt (Jiménez Muñoz 1993: 7) und umschlossen ab dann auch den Friedhof. 38

750 Soldaten wurden auf den Friedhof umgebettet. Dort befindet sich auch ein Ehrenmal fiir sie (NAUS, Microcopy 296, Roll 8, Vol. 16, Strother an Dept. of State, 18.10.1879). 39

Dieser Umstand wurde von den mexikanischen Behörden mit Verweis auf das internationale Recht abgestritten. Der US-amerikanische Friedhof galt bei ihnen als Privatbesitz. Das Grundstück war von Manuel López am 26.6.1851 fiir 3000 Pesos an die Vereinigten Staaten, vertreten durch Jorge G. Goss, mit dem Zweck der Errichtung eines Friedhofs fiir US-amerikanische Bürger verkauft worden. Überlegungen zur Eintreibung einer Grundsteuer (impuestos prediales) wurden auf Intervention des US-amerikanischen Gesandten Foster 1878 wieder verworfen (AHSRE 41-16-71; NAUS, Microcopy 296, Roll 8, Vol. 16, Strother an Dept. of State, 18.10.1879).

173

sehen Liberalen und Monarchisten erlitt der Friedhof einigen Schaden, allerdings wurde er durch die siegreichen Liberalen weitgehend wieder instand gesetzt. Bei mehreren Gelegenheiten wurden Eisengitter und Grabsteine vom Friedhof gestohlen. 40 Eine US-amerikanische Kolonie im Sinne eines gesellschaftlichen Zusammenlebens gab es zu der Zeit in Mexiko-Stadt noch nicht. Neben einzelnen Kaufleuten - 1824 soll es nur zwei US-amerikanische Handelshäuser gegeben haben - blieben nach der Beendigung der US-amerikanischen Besetzung von Mexiko-Stadt einige Soldaten dort. Außerdem kamen einzelne Immigranten, deren Interesse an Mexiko durch den Krieg geweckt worden war (Davis 1942: 32, 41-43). Die Zahl der in der Hauptstadt lebenden US-Amerikaner war auch 1861 noch geringer als die der anderen ausländischen Nationalitäten (Davis 1942: 43). 1866 waren im Generalkonsulat in Mexiko-Stadt 65 USAmerikaner registriert.41 Erst die durch den Bürgerkrieg in den USA bedingte Auswanderung von Konföderierten sowie die in der liberalen Ära enger werdenden Handelsbeziehungen und einsetzenden Investitionen führten zu einem Anwachsen der Zahl USamerikanischer Immigranten. Zwar heißt es bei Davis (1942: 44), daß nur wenige der Bürgerkriegsauswanderer nach Mexiko-Stadt kamen, der damalige US-amerikanische Konsul Marcus Otterburg berichtete jedoch von etwa 350 Südstaatlern, die sich im September 1865 in der Hauptstadt aufhielten. Ihre Zahl soll bis auf 500 angewachsen sein (Nunn 1974 [1956]: 51).42 1869 soll es allerdings nur zwei oder drei US-amerikanische Importhäuser in Mexiko-Stadt gegeben haben, die Zahl der US-amerikanischen Residenten wurde auf knapp einhundert Geschäftsleute und Arbeiter geschätzt (Pletcher 1977: 597). Der US-amerikanische Gesandte John W. Foster vertrat die USA von 1873-1881 in Mexiko. Er berichtete 1875 an das State Department, daß etwa 130 erwachsene USAmerikaner in Mexiko-Stadt und Umgebung lebten. Sechzig von ihnen hatten Familie, so daß sich die Gesamtzahl seinen Angaben nach auf fast 350 Personen belief. Sie waren Kaufleute, Lehrer und Professoren an öffentlichen und privaten Schulen, Publizisten, Beamte und Angestellte des Ferrocarril México y Veracruz, Zivilingenieure, Hacienda-Verwalter, Mechaniker und Arbeiter (Foster 1929: 6-7). 43

40

AHSRE 42-2-2; NAUS, Microcopy 296, Roll 8, Vol. 16, Strother an Dept. of State, 18.10.1879; Roll 12, Vol. 22, Barlow an Dept. of State, 9.12.1898; Roll 13, Vol. 23, Barlow an Dept. of State, 17.11.1900; Evans 1870: 255-256.

41

NAUS, Microcopy 296, Roll 8, Vol. 16, Strother an Dept. of State, 22.8.1879.

42

Es ist jedoch wahrscheinlich, daß viele von ihnen in den Jahren nach dem Bürgerkrieg wieder in die USA zurückgingen. In der von Nunn (1974 [1956]: 129-136) publizierten „Incomplete and Tentative List of Confederate Immigrants Going to Mexico in 1865 and 1866 sind 271 Namen aufgeführt (in Ausnahmefällen mit dem Zusatz „and family" beziehungsweise „and wife"), bei 92 von ihnen ist der Wohnort angegeben. Nur drei Personen lebten nach dieser offensichtlich sehr unvollständigen Liste in MexikoStadt: der ehemalige Gouverneur von Louisiana, Henry W. Allen; M. F. Maury („Imperial Commissioner of Colonization"); und R. L. Maury mit Familie. 43

Der aus dem Süden stammende frühere US-amerikanische Gesandte W. Thompson (1846: 216) hatte nicht ohne Mißfallen davon berichtet, daß ein Kutscher des mexikanischen Präsidenten US-Amerikaner war: „The President has a very splendid barouche drawn by four American horses, and I am ashamed to say driven by an American. I can never become reconciled to seeing a native American performing the offices of a menial servant - but I felt this the more on seeing a foreigner and in a foreign land thus waited on by one of my countrymen."

174

Über US-amerikanisch-mexikanische Ehen ist fur die erste Hälfte des Jahrhunderts kaum etwas bekannt. 44 Später kam ihnen zumindest in gehobenen Kreisen einige Bedeutung zu: Die prominenten liberalen Politiker Matías Romero 45 und Ignacio Mariscal46 waren mit US-Amerikanerinnen verheiratet, und aus der Ehe des Kaufmanns Reuben W. Creel aus Kentucky mit Paz Cuilty, der Tochter eines Großgrundbesitzers aus Chihuahua, ging mit dem Bankier und Politiker Enrique C. Creel eine der Stützen des Porfiriats hervor. 47 Albert S. Evans, der 1869-70 mit dem US-amerikanischen Secretary of State Seward Mexiko bereiste, beurteilte die Aussichten auf lukrative Einheiraten eher skeptisch (Evans 1870: 368): „The American, or other foreigner, in good social standing, can always marry well, so far as youth, beauty, and accomplishment go, in Mexico; but the chance of his marrying into a wealthy family, and profiting by it, are not nearly so much in his favor as if he were native born." Noch vor dem Entstehen US-amerikanischer Vereine und Wohltätigkeitsorganisationen gab es Versuche von Seiten einiger der Geschäftsträger, die US-amerikanischen Residenten der mexikanischen Hauptstadt am Nationalfeiertag der Vereinigten Staaten, dem 4. Juli, zu einem Festessen zu vereinen. Diese Feiern fanden jedoch nicht regelmäßgig statt. Foster, der 1873 kurz vor dem Feiertag nach Mexiko kam, nutzte die Gelegenheit dazu, seine Landsleute kennenzulernen. Zwischen fünfzig und sechzig Gäste folgten seiner Einladung, unter ihnen auch ehemalige konföderierte Soldaten. 8 Nach Fosters Darstellung (1929: 7-11) schlug er am selben Abend die Gründung einer Wohltätigkeitsorganisation zugunsten notleidender Landsleute vor.49 Diese American Benevolent Society hat aber bereits seit 1868 bestanden, als sie durch Konsul John Black ins Leben gerufen worden war. 50 An der Gründungsveranstaltung am 22. Februar 1868 hatten neben Black der US-amerikanische Chargé d'affaires E. L. Plumb, Santiago Smith, Paul Holser, Robert Boker, Anson Bangs, Simon Lara, E. F. Gray, M. G. de Lizardi, F. A. Lohse, T. H. Heyman, John Landwehr, John B. Chichester, Santiago Holleman, George I. Hammeken, George H. Hammeken, Edward F. Hammeken, Henry Tilston, Col. George M. Green, Julius A. Skilton, William Godden, H. Storker, I. C. Harris, John Gadsden, Major R. B. Gorsuch, Major George W. Clarke, John Wexel, John Frederick Kurczyn, E. Jilangtite und Thomas Braniff teilgenommen. Die monatliche

44

Thompson (1846: 130-131) berichtete anekdotisch über den Fall einer von einem US-amerikanischen Bürger getrennt lebenden mexikanischen Ehefrau, deren Finanzgebaren (sie erhielt monatlich 100 Dollar zum Lebensunterhalt) er heftig kritisierte und der er die Schuld an der Trennung gab. 45

Seine Ehefrau war Lulu B. Allen aus Washington, DC (Evans 1870: 269).

46

Mariscal war mit Laura Smith aus Baltimore verheiratet (Schell 1992: 214).

47

Zur Biographie Enrique Creels, der sich 1880 mit Angela Terrazas, der Tochter von Luis Terrazas, verheiratete, vgl. Wasserman (1985), zu seinen Finnenbeteiligungen und Ämtern Jiménez Muñoz (1993: 271-272). 41

Evans (1870: 279) beschrieb die ausschließlich männlichen Gäste eines anläßlich des Besuchs von Secretary of State Seward von Präsident Juárez gegebenen Banketts: „Juarez [sic] and Seward sat together, and the guests, Mexicans and Americans, were so distributed through the hall as to produce the most striking contrasts. Confederate officers, in exile, sat side by side and drank with veterans of the army of the Union, and next them, officers of the army of the Republic of Mexico, with their breasts covered with decorations commemorative of gallant deeds performed in the late war, or even as far back as the war between the United States and Mexico in 1846-7 [...]". 49

Schell (1992: 34), der Fosters Darstellung folgt, erkennt hierin den Beginn der US-amerikanischen Kolonie: „This marked the birth of the American colony as a distinct entity." 50

Vgl. Davis (1942:238) und Monthly Consular Reports No. 297. 1905: 126.

175

Subskription für Spenden betrug 100 Pesos. Am 13. März 1868 wurde die Verfassung der Society angenommen (Mexican American. 11.7.1925: 5). Sie kümmerte sich bei hilfsbedürftigen US-Amerikanern um folgende Aufgaben: die Stellenvermittlung fur Arbeitslose, die medizinische Versorgung Kranker, die Darlehensvergabe an Notleidende und die Bezahlung von Begräbnissen Minderbemittelter. Die Organisation finanzierte sich aus jährlichen Mitgliedsbeiträgen, die Vollversammlung fand jeweils am Geburtstag George Washingtons am 22. Februar statt. Foster führte während seiner Amtszeit jährliche Festessen zum Erntedankfest ein, an denen neben US-Amerikanern mexikanische Regierungsbeamte und nicht selten auch der mexikanische Präsident, Kabinetts- und Kongreßmitglieder sowie Angehörige des mexikanischen Militärs teilnahmen. Der Geburtstag George Washingtons wurde zu Fosters Zeiten in der Gesandtschaft mit einem Ball begangen (Foster 1929: 7-11).51 In den 1860er Jahren, nach dem liberalen Gesetz zur Freiheit des Kultes, begannen USamerikanische protestantische Kirchen mit ihrer Missionstätigkeit in Mexiko, zu der auch Schulgründungen gehörten. Ihr Ziel war es, zusammen mit Eisenbahnen und Telegraphen auch die Religion des Fortschritts ins Land zu bringen. 52 Die Missionstätigkeit richtete sich vornehmlich an die katholische Bevölkerung Mexikos und war anfangs in Nordmexiko besonders stark. Im Jahr 1868 kam der Reverend H. Chauney Riley aus New York nach Mexiko-Stadt.53 Er war von der Foreign Mission Society entsandt worden und gehörte der Episcopal Church an. In dem ehemaligen Kloster San Francisco hielt er in der Seitenkapelle La Balvanera, die er fur seine Tätigkeit kaufte, auch englischsprachige Gottesdienste ab, so zum Beispiel am 25. Dezember 1869.54 Als er durch seine Wahl zum Bischof von der Missionsarbeit stärker in Anspruch genommen wurde, übernahm sein Mitarbeiter Dr. Wm. H. Cooper 1871 oder 1872 das Abhalten von englischsprachigen Gottesdiensten in der ehemaligen Bibliothek des Klosters.55 Auf Initiative eines Repräsentanten der British and Foreign Bible Society, Dr. William Parkes, schlössen sich am 11. Januar 1873 neunzehn Personen zum Union Meeting of Protestant Christians for Religious Worship in the English Language56 mit Cooper als Seelsorger zusammen. Aus dieser Vereinigung gingen sowohl die unter der Schirmherrschaft des US-amerikanischen Gesandten Foster stehende, seitdem presbyte-

" Zu Weihnachten gab es in der Gesandtschaft außerdem ein Fest fiir englischsprachige Kinder (Foster 1929: 11). Über eine US-amerikanische Schule oder Lehrinstitution ist fUr diese Zeit nichts bekannt. 52

Zu diesem Thema vgl. vor allem Bastian (1989) und Baldwin (1990).

53

Riley, Sohn britischer Eltern, war in Chile aufgewachsen und hatte auch in Kolumbien gelebt. In den USA naturalisiert, betreute er in New York eine spanischsprachige Gemeinde, bevor er nach Mexiko ging (Rankin 1875: 152; Chapman 1984: 85). 54

Die ersten englischsprachigen protestantischen Gottesdienste waren in Mexiko-Stadt von Militärgeistlichen der US-amerikanischen Armee General Scotts abgehalten worden. Diese kehrten jedoch, wie die meisten Soldaten, in die USA zurück (Christ Church Parish Mexico City 1871-1971 1971: 5). 55

Die Kapelle war nach Protesten von Katholiken gegen die evangelischen Gottesdienste wieder zurückverkauft worden. Der ab 1873 in Mexiko-Stadt tätige methodistische Kirchenführer William Butler beschrieb anekdotisch in seinen Erinnerungen, wie er das Kloster San Francisco, das zuvor von einem Zirkus genutzt wurde, in jenem Jahr durch die Vermittlung eines irischen katholischen Geschäftsmannes für die Trinity Methodist Episcopal Church kaufen konnte (Butler 1892: 289-291). Es handelte sich dabei jedoch jeweils nur um Teile des riesigen ehemaligen Konvents (vgl. Romero 1898: 96). 56

Es wurde bald in Anglo-Saxon Church, dann in Anglo-Saxon Congregation umgetauft.

176

rianische Union Protestant Congregation (1877) als auch die episkopalische ChristChurch Parish (1885) hervor. 57 Obwohl die Kolonie noch klein war, gab es Mitte der 1860er Jahre eine englischsprachige Zeitung in Mexiko-Stadt. Der konföderierte Emigrant und vormalige Gouverneur von Louisiana Harry Watkins Allen gründete im September 1865 die Mexican Times. Sie erschien bis Juni 1867 und wurde von Kaiser Maximilian subventioniert.58 Neben der Veröffentlichung von heroischen Kriegsschilderungen und der Propaganda gegen die Sklavenbefreiung sah sie ihre Aufgabe in der Werbung um konfoderierte Immigranten für Mexiko. Über mexikanische innenpolitische Themen wurde nicht berichtet. Nach dem Tod Allens am 22. April 1866 übernahm John N. Edwards die Herausgabe der Mexican Times. Gegen Ende des Imperiums, im November 1866, verlor die Zeitung Maximilians finanzielle Unterstützung. Edwards übergab sie daraufhin an Ford C. Barksdale, der das bis dahin fast täglich erscheinende Blatt nur noch zweimal die Woche drucken konnte. Inhaltlich waren nun „Mineralogy, Agriculture, Literature, Commerce, & Politics" die Themen. Da das Blatt nach und nach seine Leserschaft verlor, wurde es am 17. Juni 1867, zwei Tage vor der Erschießung Maximilians, eingestellt (Rolle 1966: 155-173). Im gleichen Jahr gründete der konfoderierte Emigrant George W. Clarke die Wochenzeitung The Two Republics, die bis 1900 erschien (Rolle 1966: 187; Bopp 1961: 245; Chapman 1984: 74-76).

4.2 „Paz porfiriana"

4.2.1 Die deutsche Kolonie: Wachstum und Differenzierung

Bereits seit der Reichsgründung Deutschlands hatte das Kolonie-Leben der Deutschen in Mexiko einen Aufschwung genommen. Dies zeigte sich an der in den 1870er Jahren erstarkenden Presse und den Neugründungen von Vereinen. Die Tendenz setzte sich unter der Herrschaft von Porfirio Diaz fort und wurde vor allem in den 1880er und 1890er Jahren weiter verstärkt. Die Anzahl der Personen deutscher Nationalität im Distrito Federal betrug beim ersten mexikanischen Zensus 1895 650 (449 Männer und 201 Frauen). 1910, am Ende des Porfiriats, war sie bis auf 1288 (890 Männer und 398 Frauen) angestiegen, hatte sich also in etwa verdoppelt. 59 Obwohl deutlich weniger deutsche Frauen als Männer in Mexiko lebten, zeigen diese Zahlen doch einen Anstieg im Vergleich zu den früheren Schätzungen. Während in der Zeit nach der mexikanischen Unabhängigkeit die „deutschen" Importhäuser mit umfangreichem Warenangebot besondere Bedeutung hatten, fand in den 57

The First Centennial of the Union Evangelical Church Mexico City 1873-1973 [19731: 10-11: Christ Church Parish Mexico City 1871-1971 1971: 6-7; Davis (1942: 195-197). 58

Zu ihrer Gründung soll er 10.000 Dollar zur Verfügung gestellt haben (Rolle 1966: 167).

59

Vgl. Tabelle 24 in Kapitel 3.2.1 dieser Arbeit.

177 60

1880er Jahren eine Spezialisierung auf Maschinen, Eisen- und Stahlwaren, chemische Produkte,61 Uhren, Schmuck,62 Glaswaren und optische Instrumente statt. Nur ein Teil dieser Waren kam aus Deutschland, viele von ihnen wurden aus den USA importiert. Andere Häuser waren Vertretungen deutscher Firmen oder Fachhandelsgeschäfte. 1910 existierten etwa 40 „deutsche" Handelshäuser unterschiedlicher Größe in Mexiko-Stadt, hinzu kamen etwa 100 Vertretungen (comisionistas), die US-amerikanische, deutsche und skandinavische Produkte anboten.63 Manufakturbetriebe und Industrieanlagen spielten nur eine untergeordnete Rolle.64 Als 1908 die Cámara Nacional de Comercio de la Ciudad de México gegründet wurde, waren daran eine Reihe von deutschen Unternehmern beteiligt.65 Nicht nur der bereits 1831 nach Mexiko eingewanderte und 60

Die bekannteste unter den Eisenwarenhandlungen ist wohl die 1867 gegründete und heute noch bestehende Casa Boker (Roberto Boker y Cía., Cía. Ferretera Mexicana). Roberto Boker (Böker) war über New York (NY) nach Mexiko eingewandert, wo er 1864 als Angestellter in das Handelshaus Reichmann & Holder eintrat. Nach dem Tod Reichmanns wurde Boker mit geliehenem Geld von seinem Vater, einem Stahlwarenexporteur und -Produzenten aus Remscheid, Teilhaber des Hauses Holder Böker y Cía. Holder kehrte 1866 nach Deutschland zurück, so daß Roberto Boker mit seinen Brüdern 1867 ein eigenes Haus gründen konnte, das er bis zu seiner Rückkehr nach Deutschland 1873 leitete. Die Firma wurde von Familienmitgliedern in Mexiko-Stadt weitergeführt. In New York bestand 1867 das Haus Hermann Boker & Co. Im Jahr 1900 eröffnete Porfirio Díaz in Mexiko-Stadt ein neues, von New Yorker Architekten entworfenes und mit italienischem Marmor ausgestattetes Geschäftsgebäude. Sehr erfolgreich war im Porfiriat aber zum Beispiel auch das erst 1901 in ehemals von Boker genutzten Geschäftsräumen eröffnete Eisenwarenhandelshaus Korff, Honsberg y Cía. (Los pioneros L.l 1982: 485-486; Southworth 1903: 156, 159; AHSRE 15-4-48). 61

Hier zählte das Haus Felix, Johannsen y Cía. zu den größten (Mentz 1988b: 44). 1910 schloß die Firma einen Vertrag zur Einrichtung einer Fabrik für Zinkprodukte ab (Boletín de la Secretaria de Fomento. Colonización e Industria de la República Mexicana. Bd. 4, 1910 [1910]: 189-147; Bd. 5, 1910 [1911]: 98-106; Bd. 7, 1911 [1912]: 21-22). 62

Eines der kapitalkräftigsten deutschen Häuser war das 1896 in Mexiko-Stadt gegründete Juweliergeschäft Diener Hnos. y Cía./La Perla (Mentz 1988b: 44). In Pforzheim existierte die ältere Partnerfirma Diener & Rothacker. Der 1860 dort geborene Maximilian Diener bekleidete von 1892 bis 1906 das Amt eines mexikanischen Konsuls in Karlsruhe von seinem Wohnsitz Pforzheim aus, danach wurde das Konsulat, fiir das nach Angaben des mexikanischen Generalkonsuls in Hamburg kein Bedarf bestand, geschlossen. Bei mehrfachen Geschäftsreisen nach Mexiko ließ sich Maximilian von Ricardo Diener oder Alfonso Rothacker (der ebenfalls mehrere Jahre in Mexiko gelebt hatte) vertreten. Die Geschäfte in Mexiko führte 1910 Agustín Diener, der Bruder von Maximilian (AHSRE 2-10-16). 63

Von Mentz (1988b: 40-45); Handbuch des Deutschtums im Auslande (1906: 305); Schiff (1967). Bei von Mentz findet sich eine Aufstellung der wichtigsten deutschen Handelshäuser und ihrer Geschäftsbereiche für das Jahr 1910. 64

Als Ausnahme können die Papierfabriken Loreto und Peña Pobre gelten. Peña Pobre wurde gegen Ende des Jahrhunderts von dem eingewanderten Techniker Albert Woem gegründet. Woern war als Angestellter nach Mexiko gekommen und hatte für die Papierfabriken San Rafael und Progreso Industrial (letztere in Azcapotzalco gelegen) gearbeitet. Nach der Heirat mit der Tochter eines wohlhabenden Hacendados machte er sich selbständig. Sein ehemaliger Lehrling, der Papierfabrikantensohn Albert Lenz, kaufte 1905 die durch einen Brand zerstörte ehemalige Textilfabrik Loreto im Süden des Distrito Federal. 1896 hatte Lenz sich in erster Ehe mit der Mexikanerin Dolores Tirado verheiratet, seine zweite Frau war die deutschstämmige Ana Hauser. 1924 fusionierten Loreto und Peña Pobre unter der Leitung von Lenz, dessen Söhne Albert, Hans und Walter zur Zeit der Mexikanischen Revolution in das Unternehmen eintraten und es weiterführten (Mentz 1988b: 56-57; Salvia Spratte 1989: 31-33, 48). Die deutsche Firma Siemens & Halske errichtete 1898 eine elektrische Zentrale zur Beleuchtung von Mexiko-Stadt (Southworth 1903: 152-154; Jacob-Wendler 1982: 179-193). 65

G. Lohse (Antigua Ferretería La Palma), R. Boker (Casa Boker, Cía. Ferretera Mexicana), A. Diener (Diener Hnos. y Cía), Felix (La Antigua Droguería La Palma), Klotz (Cía. del Valle y Klotz), Julio Albert (Julio Albert y Cía., La Gran Sedería), Honsberg (Ferretería Korff, Honsberg y Cía.), Federico Ritter (F. Ritter y Cía.). Vgl. die bei von Mentz (1988b: 46) vollständig zitierte Liste. Bei Hegewisch, der

178

1877 verstorbene Esteban Benecke, Sohn einer Berliner Bankiersfamilie, hatte sich einen Namen im Bankgeschäft gemacht.66 Im Porfiriat gehörten Hugo Scherer und sein gleichnamiger Sohn zu den erfolgreichsten Bankiers.67 Auch die Häuser Sommer, Herrmann y Cía., Gustavo Struck y Cía. und H. L. Wiechers waren Banken.68 Franz Boker, Sohn des Firmengründers Robert Boker, gehörte ebenso wie Hugo Scherer Jr. zum Vorstand des 1906 gegründeten Banco de Comercio e Industria, dessen Kapital von der Deutschen Bank (Berlin), von Speyer & Co. (New York) sowie vom Banco Nacional de México stammte (Martin 1907:1,169-170).69 Sozial integrierten sich Deutsche in Mexiko offensichtlich gut. „They understood expertly how to adopt Mexican customs, they learned Spanish quickly, and they frequently established a permanent residence in Mexico", schreibt Schiff (1967: 294). 0 Ehen zwischen Deutschen und Mexikanerinnen waren keineswegs selten. Hierzu bemerkte die Reisende Orla Holm (1908: 242-243):

Es hieße natürlich zu viel verlangen, wollte jeder Deutsche in Mexiko den Anspruch erheben, daß er daselbst auch ein deutsches Mädchen als Frau finden und ehelichen könnte. Die Zahl der in Mexiko lebenden deutschen Familien ist eine beschränkte, noch beschränkter aber die Zahl der sich dort aufhaltenden deutschen heiratsfähigen Mädchen[.] Es wird darum der überwiegend größte Prozentsatz junger Deutscher sich die Frau in der alten Heimat suchen müssen oder aber - und dies ist nicht allzu selten der Fall - die zukünftige Gattin aus dem Kreise der Mexikanerinnen wählen. Ich selbst kenne in Mexiko verschiedene hochangesehene Deutsche, die Mexikanerinnen zu Frauen haben. Es ist allerdings nicht selten, daß infolge des Zusammenlebens mit der meist nur ihre Heimatsprache beherrschenden Frau, sowie durch die nahen Beziehungen zu der Verwandtschaft der Gattin das absolute Deutschtum des Mannes eine bedenkliche Einbuße erleidet. Die Gebrauchsund Verkehrssprache im Hause ist alsdann vielfach spanisch [sie], und da man in erster Lials Vertreter der Mexican Mining and Industrial Corporation dort aufgelistet ist, handelt es sich möglicherweise um E. Hegewisch, der bis mindestens 1915 das offizielle Blatt der neugegründeten Handelskammer, La Semana Mercantil, herausbrachte. Adolfo Hegewisch war 1903 Manager der American Bank (Southworth 1903: 146). Beide gehörten nicht zur deutschen Kolonie. Zur Geschichte der mexikanischen Handelskammern vgl. Shafer (1973). 66

Seine Firma vertrat ab 1870 die Deutsche Bank (Shafer 1973: 17).

67

Scherer war auch an Grundstücksgeschäften beteiligt. In diesem Bereich war die Beteiligung deutscher Geschäftsleute insgesamt geringer als die US-amerikanischer (vgl. Jiménez Muñoz 1993: 21-102). 61

Directorio Oficial Bancario de México (1905: 216); vgl. auch Ludlow (1990: 995-997); von Mentz (1988b: 38-40); Martin (1907: 1,160, 171, 174) und V. Hanis (1907: 34). 69

Im Vorstand saßen außerdem J. B. Body (Teilhaber von S. Pearson & Son, Ltd.), Oscar J. Braniff (G. & O. Braniff), E. N. Brown (Präsident des Ferrocarril Nacional), Guillermo de Landa y Escandón (Gouverneur des Distrito Federal), Pablo Macedo (Anwalt), Martin R. Ribon, Emesto Otto und Rodolfo Stoecker. Generalmanager der Bank waren der aus Schottland stammende James Walker und Albert Fricke (Martin 1907: 1,169-170). Ernesto Otto war seit vielen Jahren Geschäftsführer des Hauses Sommer, Herrmann y Cía., das in Mexiko-Stadt, Puebla und Veracruz mehrere Filialen unterhielt und unter anderem Eisen- und Haushaltswaren sowie landwirtschaftliche Maschinen vertrieb (Southworth 1903: 163). Dieselbe Firma besaß auch Baumwollplantagen in der Region La Laguna (Mentz 1988b: 44). Gustavo Sommer schloß am 14.8.1880 einen Vertrag mit dem mexikanischen Fomento-Ministerium zur Ausbeutung von Holz in Yucatán ab (Maza 1893: 862-864). 70

In der Deutschen Zeitung von Mexiko hieß es allerdings 1885, daß „die meisten Reichsdeutschen nicht daran denken, Mexico zur dauernden Heimat ftlr sich und ihre Kinder zu machen, sondern wenn sie genug Vermögen erworben haben, nach Europa zurückgehen." Angesichts der nationalistischen Einstellung des Zeitungsherausgebers Emilio Ruhland ist es gut möglich, daß Wunschdenken hinter dieser Aussage stand (vgl. Bopp 1979: 496; 1961: 284-285).

179 nie auch auf eingeborene Dienstleute angewiesen ist, kommt es häufig vor, daß die aus diesen Ehen stammenden Kinder der deutschen Sprache überhaupt nicht mächtig sind.

Gerade die reicheren und höhergestellten Deutschen hatten Familienbeziehungen zur mexikanischen Elite aufgebaut, wie auch ein Zitat aus einem Album, das anläßlich der Jahrhundertfeier der mexikanischen Unabhängigkeit entstanden war und das die ausländischen Kolonien beschreibt, belegt:

Ha contribuido también, primeramente y de modo asombroso, los centros sociales ,E1 Club Alemán' y ,E1 Club Hípico Alemán,' integrado por lo más selecto en representación é intelectualidad y en los que además de sus numerosos miembros, constantemente se han dado cita distinguidas y prominentes familias mexicanas, por galante y especial invitación de las diversas juntas Directivas de los citados círculos, algunas de ellas ligadas por vínculos de parentesco con connotados caballeros de la Colonia, pues hay que hacer presente que de algún tiempo á esta parte muchos y frecuentes han sido los enlaces matrimoniales que ha habido entre personas de ambas nacionalidades, lo que ha propendido más eficientemente á hacer más sólidos los afectos que ya se profesaban y á vigorizar más las relaciones de todos órdenes que mantienen entre sí, alemanes y mexicanos, con aplauso general y beneplácito de los dos Gobiernos.71

Das deutsche Vereinsleben spielte trotz der wachsenden sozialen Integration in die mexikanische Gesellschaft eine wichtige Rolle. Sein Zentrum blieb das 1848 eingerichtete Deutsche Haus, in dem nun eine Woge der Bismarckverehrung das gesellschaftliche und politische Leben prägte (Weise 1923: 32). Bismarcks Verabschiedung als Kanzler begegnete man mit Unverständnis, und die Nachricht über seinen Tod am 30. Juli 1898 führte zu einer mit Ernst und „wuchtiger Feierlichkeit" begangenen großen Trauerfeier im Deutschen Haus, wo die Reichsfahne auf Halbmast gehißt und die Balkone mit schwarzem Trauertuch überzogen worden waren. Zur Trauerfeier der deutschen Kolonie in Mexiko-Stadt hatten auch deutsche Kolonien aus einigen Provinzstädten sowie Firmen und Vereine Kränze entsandt. Die mexikanische Regierung stellte achtzig Militärmusiker für die Feier zur Verfügung. In Anlehnung an den Trauertag in Deutschland blieben die deutschen Geschäfte in Mexiko-Stadt ebenfalls einen Tag lang geschlossen, auch sie trugen Trauerschmuck (Weise 1923: 32-41).72 Etwas früher im gleichen Jahr hatte das 50jährige Bestehen des Deutschen Hauses zu einer luxuriösen Feier geführt. Sie zerfiel in zwei Teile: einen Fest- und Unterhaltungsabend am 26. Mai und einen Ball, zu dessen Ausrichtung man die Ankunft des deutschen Kreuzers Geier abgewartet hatte, um den Offizieren die Teilnahme zu ermögli-

71 72

México v las Colonias Extranjeras en el Centenario de la Independencia (1910: 59).

Auch der neue Deutsche Verein verkleidete die Balkone seines Lokals, und die Bismarckbilder in den deutschen Organisationen wurden mit Trauerflor geschmückt. Über die Trauerfeier berichteten die USamerikanischen Blätter Mexican Herald und vor allem The Two Republics ausführlich (Weise 1923: 33, 41). Zum hundertsten Geburtstag Bismarcks am 1.4.1915 gab es noch einmal einen Festakt im Deutschen Haus. Die Kaiserliche Gesandtschaft forderte alle Reichsangehörigen auf, ihre Wohnungen und Geschäftsräume zu beflaggen (DZM. Bd. 33, Nr. 25, 27.3.1915: 3).

180

chen. Er fand am 4. Juni statt. Das Vereinslokal wurde zu diesen Anlässen reich geschmückt, die siebzehn Balkone zum Beispiel mit Flaggentuch in den deutschen Farben. Es gab deutsche und mexikanische Flaggen und Wimpel, und zahlreiche Glühlampen erhellten die Fassade. An dem großen Festball nahmen die Offiziere der Geier in großer Uniform teil. Militärmärsche kündigten die Ankunft der Ehrengäste - darunter „die ersten mexikanischen, spanischen und amerikanischen Familien" - an. (Weise 1923: 46-47; vgl. auch Lemcke 1900: 260). Das prunkvolle Vereinslokal des Deutschen Hauses in der heutigen Calle Bolivar mußte 1907 gegen die als düster beschriebene ehemalige Polizeistation in der Calle Lopez eingetauscht werden, die vom Verein gekauft worden war, um weitere Umzüge in Zukunft zu vermeiden. 73 Nach Weise (1923: 54-55) beinträchtigten der Wechsel und die Umbauphase das Vereinsleben erheblich, und über ein Jahr lang fanden keine Festlichkeiten statt. Die Mitgliederzahl ging vorübergehend zurück, konsolidierte sich aber nach der Neueröffnung wieder. Weise verschweigt in seinen Ausführungen über das Deutsche Haus die dem ideologischen Einheitsbestreben der Kolonie widersprechende Abspaltung des „Deutschen Vereins". Er wurde 1891 von etwa 60 bis 100 Personen gegründet. Nach den Erinnerungen des Schneidermeisters Paul Elle, der beiden Klubs ablehnend gegenüberstand, gehörten ihm die „ganz feinen" Leute wie Gesandte, Bankiers und Prominente an (Kießling 1989: 100-101; Bopp 1979: 538). Der Reisende Johann Wilda (1907: 34-35) führte die Gründung des Deutschen Vereins auf soziale Spannungen zwischen höher und niedriger gestellten Deutschen innerhalb der Kolonie zurück:

Das Deutsche Haus entspricht den Anforderungen, die an einen deutschen geselligen Mittelpunkt gestellt werden dürfen. Dennoch befriedigt er nicht alle Landsleute, und zwar wahrscheinlich wieder der Gesellschaft halber nicht, also aus sozialen Gründen. Ansprüche, hauptsächlich von Chefs auf der einen Seite, und Verstöße minder gebildeter Elemente auf der anderen gerieten in Zwiespalt und führten so zur Bildung eines zweiten Klubs, des Deutschen Vereins. Vielleicht mag solche Trennung in ganz großen Kolonien unvermeidlich und auch nicht so schlimm sein, nur sollte gemeinsames nationales Wirken nicht darunter leiden.74

Der protestantische Nationalist Ernst Below,75 der in den 1880er Jahren zeitweise Vizepräsident des Deutschen Hauses gewesen war, berichtete ebenfalls von der Spaltung der 73

In den Quellen ließ sich kein direkter Hinweis darauf finden, daß die Aufgabe des alten Lokals mit der Bankenkrise in Mexiko zusammenhing. In der US-amerikanischen Kolonie fielen 1907 Pläne für den Bau eines YMCA-Gebäudes dieser Krise zum Opfer. 74 Nach Ernst (1920: 39-40) filhrte der Konflikt zweier Führungspersönlichkeiten zur Spaltung des Vereins. Zur Kritik am Deutschen Haus vgl. auch Schiff (1967: 295): „The numerous German clubs, led by the German House, were critisized at times by their own countrymen as places where employees of trade houses affected manerisms and opinions in order to promote their careers, where an air of general superficiality prevailed, where people were largely judged on the basis of their earning power, and where much vicious and idle gossip could be heard." 75

Below war Arzt von Beruf und hatte zunächst in Guanajuato und Zacatecas praktiziert. Für seine Übersiedlung nach Mexiko-Stadt gab er vor allem folgenden Grund an: „[...] das .Deutsche Haus' von Mexiko hatte mir es angethan mit all den Gefühlen von Nationalitätsbewußtsein, die in den Jahren im Innern des Landes, wo das Deutschtum weniger stark ist, nicht so recht zur Geltung kommen konnten. Hier im

181 Kolonie.

Er interpretierte sie allerdings als eine Auseinandersetzung z w i s c h e n „Alten"

und „Jungen":

Die Pläne für Eigentumserwerbung des deutschen Hauses und Gründung eines deutschen Hospitals wurden unterdrückt; alle Reformversuche fruchteten nichts ohne jene Einigungspläne, zu denen alle verschiedenseitigen Bestrebungen verwandt werden sollten, und das Ende vom Liede war, daß das Kasino sich spaltete und nach langem Zwist in zwei Hälften zerfiel, in zwei deutsche Kasinos; die jüngeren und frischeren Elemente blieben am alten „deutschen Hause" hängen, die älteren suchten durch ein sehr elegantes, dem englischen Albion-Klub nachgeahmtes Klub-House alles dagewesene zu überbieten, - aber der Geist des deutschen Hauses fehlte darin (Below 1899: 279-280).76

Der D e u t s c h e V e r e i n war, w i e das D e u t s c h e Haus, mit L e s e - , Billard- und S p e i s e z i m mern, mit Trinkstube, Festsaal und Kegelbahn ausgestattet ( L e m c k e 1900: 2 5 9 ) . 1901 hatte er 7 0 Mitglieder (Prantl/Groso 1901: 7 7 4 ) . D a s Handbuch d e s D e u t s c h t u m s i m Auslande vermerkte in seiner A u s g a b e v o n 1906, daß v i e l e D e u t s c h e Mitglieder beider Klubs waren ( 1 9 0 6 : 3 0 7 ) . N a c h und n a c h etablierten sich weitere Vereine. Der erste deutsche G e s a n g v e r e i n hatte sich bereits 1 8 4 2 gebildet, war aber mehrmals neu gegründet und wiederbelebt worden. 7 7 A b Mitte der 1880er Jahre konnte er erneut E r f o l g e feiern. 7 8 D e r erste deutsche Turnverein, mit e t w a 4 0 Mitgliedern, datierte v o m 20. N o v e m b e r 1867. Allerdings wurde er am 5. M a i 1 8 7 5 v o n siebzehn Personen n e u konstituiert und betrachtete d i e s e s D a t u m in d e n f o l g e n d e n Jahren als seinen Gründungstag. ( W e i s e 1923: 5 1 - 5 2 ; B o p p deutschen Kasino, dem Hort echten, gesunden, jugendlichen Deutschtums, wo nach 1870 eine Zeit kritischen Aufschwunges gekommen, der dann wieder gedämpft worden war, hier im ,Deutschen Hause' gab es zu thun für jeden, der deutsches Leben in der Fremde fordern wollte. Und dazu gehörte ich" (Below 1899: 185). 1885 wurde Below Direktor des Hospitals des Ferrocarril Central, kurz darauf auch des Hospitals des Ferrocarril Nacional (Bopp 1961: 219). Nach insgesamt dreizehn Jahren in Mexiko kehrte er nach Deutschland zurück. 76 Der britische Albion-Klub war 1883 gegründet worden. Von 1888 bis 1899 nannte er sich The AngloAmerican Club, danach - angesichts der Gründung des American Club - The British Club. 1905 wurde festgelegt, daß dieser Klub höchstens 25% Nicht-Briten aufnehmen durfte (The British Society of Mexico 1920: 37-38). 77

Bereits 1842 war als vermutlich erster deutscher Verein in Mexiko die „Liedertafel" von J. F. Jens gegründet worden. (Weise 1923: 10, 51-52). Nach Pferdekamp (1958: 244-246) gehörten A. Hölting, A. Sengstack, Friedrich Jens, August Gutheil, Martin Leffmann und Rudolph von Lübeck zu seinen Gründungsmitgliedern. Fuchs (1955: 228) nennt die Herren Gutheil, Heymann, Holling, Jochheim, Meier, Müller, Richter, Rieke, Sengstack und Stölzner als erste Mitglieder, zu denen sich noch Martin Leffmann und Rudolph von Lübeck gesellten. Während Pferdekamp berichtet, daß der zum Dirigenten gewählte Jens 1845 nach Deutschland zurückkehrte, wußte Schmidtlein (1890: 61) ihn im September 1890 in Mexiko-Stadt unter den Gästen seines später veröffentlichten Vortrages über die Geschichte des Deutschen Hauses. Jens war Mitglied des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins (Mittheilungen des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins in Mexico. Bd. 1, Nr. 4, 1892). 78

Harriet Wagner (von der Musikalienhandlung Wagner & Levien) berichtete 1887 in zahlreichen Briefen an ihre Kinder in Europa von den schwungvollen Darbietungen des Gesangvereins. Sie hatte Mexiko mit ihrer Familie 1869 verlassen, hielt sich aber 1887 mehrere Monate in Mexiko-Stadt auf, wo ihr Ehemann ein Haus kaufte. Ihre als Manuskript gedruckten Briefe geben ein lebhaftes Bild vom privaten sozialen Leben der Deutschen in der Hauptstadt (Wagner [o. J.]). Ungefähr 1895 gründete die Firma Wagner & Levien den Salon Wagner als Konzertsaal ftlr klassische Musik in der Calle Zuleta (Prantl/Groso 1901: 773).

182

1979: 537).79 Der 1884 gegründete deutsche Reitverein wurde von den reicheren Ä"o/o/iie-Mitgliedern frequentiert:

The more prominent Germans, especially the junior executives, belonged to the Jockey Club. The typical rising young German businessman bought a horse with his first savings and rode it daily on the meadows surrounding Mexico City between sunrise and the start of the business day. On at least one occasion President Diaz attended the Jockey Club personally to distribute prizes after a riding contest between Mexicans and Germans (Schiff 1967: 295-296). 80

Als Präsident des deutschen Reitvereins, der über einen eigenen Springgarten verfugte, diente 1884 der Bankier Donato de Chapeaurouge. Er war 1879 auch deutscher Konsul und wurde vorübergehend als Geschäftsträger der deutschen Gesandtschaft eingesetzt.81 Auch der Kaufmann Fritz Albert, Neffe des Firmengründers Julio Albert und ab 1892 Direktor, Geschäftsführer und Eigentümer des Importhandelshauses Julio Albert Sucs., war zeitweise Präsident des Reitvereins und auch des Deutschen Hauses.82 Nur von 1890 bis 1892 existierte ein „Deutscher Wissenschaftlicher Verein", der eine eigene Zeitschrift herausbrachte. Er tagte im Deutschen Haus, wo ihm außerdem ein Zimmer für eine eigene Bibliothek vermietet worden war. Neben seinen wissenschaftlichen Interessen verfolgte dieser Verein das Ziel, möglichst viele Deutsche zum Beitritt zu bewegen.83 Die Mitgliederzahl stieg rasch von 56 auf 106 Mitglieder im Februar 1890. Unter ihnen finden sich die Namen mehrerer Ärzte, aber auch zahlreiche bekannte Kaufleute (z. B. Böker, Diener, Dosse, Eggert, Herrmann, Hoth, Iversen, Struck, Wriedt, Zölly), Bankiers (de Chapeaurouge, Scherer, Bleichröder

79

Das Handbuch des Deutschtums im Auslande (1906: 307) nennt neben dem Deutschen Haus, dem Deutschen Verein und dem Hilfsverein einen Reitverein, einen Turnverein, einen Kegelverein, einen Radfahrverein und einen Quartettgesangverein. Außerdem existierte nach diesen Angaben in MexikoStadt eine Dependence des Deutschen Flotten Vereins. Während Lemcke (1900: 260) hervorhebt, daß die ,.meisten Deutschen in Mexico permanente Mitglieder des Deutschen Flottenvereins" geworden seien, heißt es bei Wilda (1907: 56), dem militärische Fragen und der Flottenverein sehr am Herzen lagen, daß die anfängliche Agitationstätigkeit in Mexiko bald wieder eingeschlafen sei. 10

Wie Wilda (1907: 46) berichtete, unterlag der mexikanische Offiziersreitverein bei Wettbewerben meistens dem vorwiegend aus Kaufleuten bestehenden deutschen Reitverein. 81

Bopp (1961: 228-229; 1979: 538); AHSRE L-E-4. Jiménez Muñoz (1993: 270) beschreibt den 1853 geborenen de Chapeaurouge als „Gerente del Banco Agrícola e Hipotecario de México, S. A., director general apoderado de la Compañía de Seguros La Mutua. Socio de la Compañía Bancada de Fomento y Bienes Raíces de México, S. A., de la Compañía de Terrenos del Rancho del Chopo, S. A. y del Banco Mutualista y de Ahorros, S. A." Außerdem war er Stellvertretender Direktor des Banco Central Mexicano, dem Enrique Creel als Präsident vorstand (Southworth 1903: 145). 82 83

Los pioneros L.1 (1982: 488-489).

Auf der sechsten Sitzung des Vereins am 17.5.1890 machte Dr. Semeleder den Vorschlag, ein Verzeichnis der ersten Deutschen anzulegen, die sich in Mexiko bis etwa 1840 angesiedelt hatten. Außerdem sollten die Namen sämtlicher deutscher Zeitungen, die in Mexiko erschienen waren, zusammengestellt und möglichst viele Nummern derselben gesammelt werden. Dr. A. Schmidtlein beschrieb in einem Beitrag die Geschichte des Deutschen Hauses in Mexiko-Stadt, dessen Präsident er (wie auch Semeleder) zeitweise gewesen war (Mittheilungen des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins in Mexico. Bd. 1, Nr. 2, 1890: 58-59; Nr. 3, 1891: 61-65).

183 84

aus Berlin), sowie der Pädagoge Rebsamen. Die überwiegende Mehrheit, aber nicht alle waren in Mexiko-Stadt ansässig. Nach zwei Jahren seiner Existenz und vier Nummern der Mittheilungen des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins in Mexiko85 wurde in einem Rundschreiben die am 9. Januar 1892 beschlossene Auflösung des Vereins bekanntgegeben. Der Grund war das mangelnde Engagement für seine Ziele. Das Barvermögen von 1800 $ wurde treuhänderisch der deutschen Gesandtschaft und von dieser dem deutschen Konsulat übergeben; es sollte der Stiftung eines deutschen Hospitals zugute kommen. 86 Seit dem 1. August 1903 existierte ein Deutscher Frauenverein. In der Satzung heißt es: „Der Verein hat den Zweck, die christliche Liebestätigkeit in der deutschen Kolonie auszuüben und sich den allgemeinen Wohlfahrtsbestrebungen zu widmen" (Schmidt 1925: 128). Er setzte sich ebenfalls für den jedoch nicht realisierten Hospitalbau ein und stand unter dem Protektorat der mexikanischen Präsidentengattin Carmen Romero Rubio. Der Frauenverein organisierte zum Beispiel Schulfeste mit.87 Ein besonders wichtiges Datum in der Geschichte der deutschen Kolonie von MexikoStadt ist der 14. Oktober 1894. An diesem Tag gründeten August Hoth, Gustav Struck, Donata de Chapeaurouge, Dr. Paul Fichtner und der deutsche Gesandte von Winckler den deutschen Schulverein. Die Zielsetzung wurde im Gründungsparagraphen beschrieben: „Die Deutsche Schule ist gegründet, um zunächst den Kindern deutscher Eltern in Mexiko eine Erziehung angedeihen zu lassen, wie sie in Deutschland erteilt wird. Sie soll diese Kinder dem Deutschtum erhalten und Fremde demselben befreunden. [...] Die Lehrsprache ist die deutsche."88 Der Unterricht begann mit sechzehn Schülern, von denen allerdings nur sechs dem Unterricht auf Deutsch folgen konnten. Bereits im ersten Schuljahr stieg ihre Zahl auf 60 an (Wankel 1994: 183). 1898 wurde der Schule ein Kindergarten angegliedert. Zu seinen Zielen gehörte auch die Einfuhrung in die deutsche Sprache.89 Unterrichtet wurden neben der Hauptzielgruppe, den Kindern deutscher Eltern, auch mexikanische Schüler und Kinder anderer Nationalitäten. 1907 war der Ausbau zu einer sechsklassi-

84

Mittheilungen des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins in Mexico. Bd. 1, Nr. 4, 1892.

85

In diesen Mittheilungen wurden neben Kurzfassungen der Sitzungsberichte und einigen Mitgliederverzeichnissen vor allem die während der Sitzungen gehaltenen Vorträge veröffentlicht. Sie umfaßten unter anderem wirtschaftliche, medizinische und geographisch-naturwissenschaftliche Themen. Die Zeitschrift erschien im Verlag von J. F. Jens. 86

Mittheilungen des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins in Mexiko. Bd. 1, Nr. 4, 1892: 102; vgl. auch Bopp 1962. 87

Vgl. Pferdekamp (1958:255); Bopp (1979: 538); Schiff(1967:295).

88

Zitiert nach Max Dobroschke in PSA. Bd. 12, Nr. 6, 1914: 257. Vorher wurden Kinder wohlhabender Eltern nicht selten zur Erziehung nach Deutschland geschickt oder durch von dort angeworbene Hauslehrerinnen und -lehrer erzogen. Dies galt insbesondere für kinderreiche oder, auch nach der Gründung der Schule in Mexiko-Stadt noch, für in der Provinz lebende deutsche oder deutsch-mexikanische Familien (Mentz 1982e: 360-361; PSA. Bd. 9, Nr. 8, 1910: 383). Ein ehemaliger schweizerischer Hauslehrer, der ob seiner Karriere als Reformator des mexikanischen Volksschulwesens gerne als Peutscher ausgegeben wurde, war Enrique (Heinrich) Rebsamen (PSA. Bd. 3, Nr. 5, 1904: 237-238; vgl. Zollinger 1929; Bopp 1961:273-282). 89 Pie übrigen Erziehungsziele waren so formuliert: „Erziehung zum Gehorsam, zur Verträglichkeit, zu Thätigkeit und Fleiss. Kräftigung des Körpers durch Tumspiele" (Schule der deutschen Kolonie zu Mexico: Jahresbericht 1...1 1900/1901 [o. J.]: 7).

184

gen Realschule abgeschlossen. Die Unterrichtsinhalte lehnten sich an das deutsche Schulsystem an, berücksichtigten aber auch die Interessen der von Kaufleuten und Unternehmern dominierten Kolonie:

Der Lehrplan unterscheidet sich von dem der deutschen sechsklassigen Realschulen nur durch stärkere Betonung des Englischen, schwächere Betonung des Französischen und Hinzutreten des Spanischen und der kaufmännischen Fächer: kaufmännisches Rechnen, Buchführung und Handelskorrespondenz. 90

Die Kolonie kam auch überwiegend für den finanziellen Unterhalt der Schule auf. Die Eltern zahlten Schulgeld, und Geschäftshäuser und Einzelpersonen spendeten hohe Beträge, die in den Jahresberichten der Schule veröffentlicht wurden. Bereits seit dem Schuljahr 1900/1901 kamen durch die Vermittlung des deutschen Gesandten steigende Zuschüsse aus dem deutschen Reich hinzu.91 1901 hatte man eine Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 75.000 Pesos gegründet. Sie löste den Schulverein als Verwaltung ab und sollte den Grunderwerb für die Errichtung eines eigenen Schulgebäudes vereinfachen.92 Zur Einweihung der neuen Schule am 5. November 1903 nahm der mexikanische Präsident als Ehrengast an einem großen Schulfest teil.93 Die mexikanischen Schulbehörden übten bis 1907 keine Kontrolle über die Unterrichtspläne aus. Dies änderte sich dann durch die Anerkennung der Zeugnisse der deutschen Schule für das mexikanische Unterrichtssystem. Hierzu mußte der Unterricht in mexikanischer Geschichte und „Sittenlehre" ausgebaut werden, außerdem nahm man die geforderte Bürgerkunde in den Geschichtsunterricht mit auf.94 Wie man den Jahresberichten der Schule entnehmen kann, gab es sowohl bei den Lehrern als auch bei den Schülern in jedem Schuljahr Ein- und Austritte.95 Auch die Direktoren, die neben dem sich Verwaltungsrat nennenden Vorstand in den Anfangsjahren nur eine relativ schwache Position hatten, wechselten im hier behandelten Zeitraum mehrmals: Karl

90

Schule der deutschen Kolonie zu Mexico: Jahresbericht f—l 1907 [o. J.]: 5.

91

Im Schuljahr 1900/1901 waren es 4000 Mark, 1901/1902 3000 Mark, 1902/1903 6500 Mark, 1903/1904 12.500 Mark, 1904/1905 11.000 Mark (vgl. die Jahresberichte der entsprechenden Schuljahre, für 1903/1904: PSA. Bd. 4, Nr. 3, 1905: 143; außerdem von Mentz 1988a: 198). Die Reichszuschüsse wurden zum Teil für die Einrichtung eines Zöglingsheims für deutschstämmige Kinder aus anderen Landesteilen verwendet (PSA. Bd. 8, Nr. 4,1909: 192-193).

92 Die Mitglieder des Vorstands der Schule waren fast ausschließlich Kaufleute. Ehrenmitglied wurden jeweils der deutsche Gesandte und/oder der deutsche Konsul (Schule der deutschen Kolonie zu Mexico: Jahresbericht f...] 1901/1902 [o. J.]: 3; Mentz 1988a: 200). Vgl. auch Anhang 3. 93

An diesem Fest nahmen neben dem Präsidenten mit seiner Ehrengarde und hohen mexikanischen Beamten auch der deutsche Geschäftsträger Pr. von Floeckher, der Konsul Paul Kosidowski und etwa 200 Mitglieder der Kolonie teil. Am darauffolgenden Sonntag feierte man ohne Ehrengäste ein Gartenfest, dessen Programm von verschiedenen deutschen Vereinen gestaltet worden war (PSA. Bd. 3, Nr. 1, 1904: 44-46). 94 95

Schule der deutschen Kolonie zu Mexico: Jahresbericht 1907 [o. J.]: 5-6.

Vgl. dazu auch die Angaben des Lehrers und Pastors Reichardt. Während seiner achtjährigen Tätigkeit in Mexiko lernte er drei Schulleiter und vierzig Lehrkräfte kennen. Bei seinem Ausscheiden 1906 war er seit „mehreren Jahren" der Dienstältetste (EZA 5/2825, Amtsbericht des Pastor Reichardt, Schluß, 30.9.1906).

185 %

97

Schäfer (1894-1897) , Vogel (1898-1900), Prof. August Heck (1900-1905) , Paul Kramer (1905-1908), und Dr. phil. Albert Basse (1908-1910) hatten dieses Amt inne (Wankel 1994: 244-247). In den Jahresberichten der deutschen Schule wurde großer Wert auf die Dokumentation der Zusammensetzung der Schülerschaft gelegt (vgl. Tabelle 32). Vor 1907 wurde diese schulintern mit einem etwas schwammigen Nationalitätsbegriff beschrieben.98 Diese Zahlen belegen sehr deutlich, daß die deutsche Kolonie nicht endogam war. Eine steigende Anzahl der Kinder stammte aus Verbindungen zwischen deutschen Männern und mexikanischen Frauen. Der umgekehrte Fall war dagegen äußerst selten. Für das Steigen der Gesamtschülerzahl war aber die Aufnahme nichtdeutscher Kinder verantwortlich.

Tabelle 32: Zusammensetzung der Schülerschaft der deutschen Schule von Mexiko-Stadt gemäß der Nationalität der Eltern, Schuljahre 1900/01 bis 1904/05 Vater und Mutter deutsch Vater deutsch, Mutter anderer Nationalität Mutter deutsch, Vater anderer Nationalität Vater und Mutter anderer Nationalität Gesamtzahl

1900/01 61 54

1901/02 77 60

1902/03 77 58

1903/04 66 75

1904/05] 58 86

5

5

6

7

4

19*

18

21

32

59#

139

160

162

180

207

* 13 Schüler hatten mexikanische, 4 US-amerikanische und 2 italienische Eltern. Es geht aus den Quellen nicht hervor, ob sich diese Angaben auf beide Eltemteile beziehen oder nur auf den Vater. # Davon 25 mit mexikanischen und 22 mit US-amerikanischen Eltern. Quellen: Schule der Deutschen Kolonie zu Mexico: Jahresberichte [...1 Schuljahre 1900/1901: 1901/1902: 1902/1903: 1904/1905 und PSA, Bd. 4, Nr. 3, 1905: 143.

96

Schäfer hatte früher in Porto Alegre (Brasilien) eine Mädchenschule geleitet. Vor seiner Berufung nach Mexiko-Stadt war er in Nebraska (USA) tätig gewesen (Bopp 1961: 287). Anscheinend hatte er gleichzeitig auch als Pfarrer die evangelischen Deutschen der Hauptstadt betreut (EZA 5/2825, Rieloff, 31.8.1907). 97

Heck, der seinen Professorentitel 1894 vom Großherzog von Baden verliehen bekommen hatte, war der erste Schuldirektor, der direkt aus Deutschland nach Mexiko kam. Nach seinem Austritt aus der deutschen Schule in Mexiko war er von 1905 bis 1911 Teilhaber von Florentino Sartorius e hijos in Zacuapam (Veracruz). Danach kehrte er nach Baden in den Schuldienst zurück (Bopp 1961: 255-256). 98

Zu den „Deutschen" wurden von der Schulleitung auch Österreicher und Schweizer hinzugerechnet. Das Verhältnis von Jungen und Mädchen war trotz der hohen Schulgelder erstaunlich ausgeglichen: Im Schuljahr 1900/01 besuchten 74 Jungen und 65 Mädchen die deutsche Schule (inklusive Kindergarten), 1901/02 waren es 89 Jungen und 71 Mädchen, 1902/03 88 Jungen und 74 Mädchen, 1903/04 allerdings bereits 107 Jungen und nur 73 Mädchen.

186

Ab 1907 übernahm die deutsche Schule die im deutschen Auswärtigen Amt entwickelten Fragebögen über Staatsangehörigkeit und Muttersprache der Schüler." Für das Schuljahr 1907 mit seinen 181 Schülern vgl. die Angaben von Tabelle 33.

Tabelle 33: Staatsangehörigkeit und Muttersprache der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt im Schuljahr 1907

Deutsche Österreicher Schweizer Mexikaner US-Amerikaner Engländer Franzosen Norweger

Staatsangehörigkeit 59 6 8 84 16 5 2 1

Muttersprache Deutsch 42 6 3 5 2

Muttersprache nicht Deutsch 17 5 79 14 5 2 1

Quelle: Schule der Deutschen Kolonie zu Mexico: Jahresbericht [..•] 1907. [o. J.]: 11.

Obwohl die Angaben über die Staatsangehörigkeit der Schüler bezüglich der Familiensituation der Schüler weniger aufschlußreich sind, belegen sie, daß die Zahl der mexikanischen Schüler bereits über der der deutschen lag.100 Diese Entwicklung ist vermutlich durch die 1907 erfolgte Inkorporierung der deutschen Schule in das mexikanische Unterrichtssystem ermöglicht worden. Das Überwiegen der mexikanischen Schülerschaft ist ein Merkmal der Schulentwicklung, das bereits auf ein zukünftiges Problem verweist: Eine Schule nach vorwiegend deutschem Lehrplan, die unter anderem durch Mittel des deutschen Auswärtigen Amtes gefordert wurde, bediente zum großen Teil eine zahlende Klientel, die weder Deutsch als Muttersprache hatte noch in einer deutschen Umgebung oder Kultur aufwuchs. An der deutschen Schule war von Juli 1898 bis Ende Oktober 1906 Pastor Johannes Reichardt angestellt.101 Der 1873 in Sachsen geborene Reichardt war auf Betreiben des deutschen Gesandten Freiherr von Ketteier von der deutschen evangelischen Synode von Nordamerika nach Mexiko gekommen, wo er seit August 1895 in St. Louis (Missouri) studiert hatte und 1898 ordiniert worden war.102 In den ersten Jahren erhielt

99

Zur Entwicklung dieses Fragebogens in der Frühzeit des deutschen Auslandsschulwesens vgl. B. Müller (1996: 220-221). 100 Dies gilt auch für das Schuljahr 1909/1910. (Schule der Deutschen Kolonie zu Mexico: Jahresbericht f../| 1909/1910. [o. J.]:9). 101 Er unterrichtete dort Rechnen, Naturgeschichte und Physik (Schule der Deutschen Kolonie zu Mexico: Jahresbericht f...! 1900/1901 fo. J.]: 12; PSA. Bd. 6, Nr. 4, 1907: 185. 102 EZA 5/2825, Gesuch des Kirchenvorstands der Deutschen Evangelischen Gemeinde in Mexico, 24.2.1903; EZA 5/2825, Bericht des Pastors Johannes Reichardt in Mexico über seinen Lebensgang und seine Arbeit, 28.3.1906. Vor Reichardt war in den 1890er Jahren ein Pfarrer Schäfer in Mexiko tätig

187

er kein Dienstgehalt als Pfarrer. Dies änderte sich 1904 zumindest nominell, als die Gemeinde vom Evangelischen Oberkirchenrat auf Erlaß des deutschen Kaisers in die altpreußische Landeskirche aufgenommen wurde.103 Vor allem Richard Diener hatte sich im Namen des Kirchenvorstands in mehreren Schreiben an den Evangelischen Oberkirchenrat um diese Aufnahme bemüht.104 Ziel war es, durch Zuschüsse aus Deutschland eine eigene evangelische Kirche in Mexiko-Stadt zu errichten. Zunächst hielt Reichardt vierzehntägig Gottesdienste ab, seit Ostern 1901 wöchentlich. Die Räume dafür mußten gemietet werden.105 Diener beschrieb dies als „demütigende Abhängigkeit von fremden Kolonieen [sie], die durchweg ihre eigenen Kirchengebäude besitzen."106 Zur Untermauerung seines Anliegens führte Diener an, daß die deutsche evangelische Gemeinde „niemals im fremden Volkswesen aufgegangen, sondern immer gut reichsdeutsch geblieben und ihre Angehörigkeit zur alten Heimat bei jeder sich bietenden Gelegenheit durch die Tat bewiesen hat."107 Obwohl die Größe der Gemeinde in einem Schreiben Flöckhers mit etwa 800 Seelen angegeben wurde, lag die Zahl der zu besteuernden Mitglieder 1903 bei nur 35, die durchschnittliche Besucherzahl der Gottesdienste bei 18 Personen.108 Viele deutsche Familien wandten sich bei Taufen oder Heiraten an englische oder US-amerikanische Geistliche.109 Reichardt, der die Lage seiner Gemeinde als trostlos empfand, verließ Mexiko 1907 nach eskalierenden Auseinandersetzungen mit dem damaligen Schuldirektor Paul Kramer, die seine Ktingewesen. Auch er hatte eine Stelle an der deutschen Schule (EZA 5/2825, Rieloff, 31.8.1907). Vermutlich handelt es sich hierbei um den Schuldirektor Karl Schäfer. 103 EZA 5/2825, Allerhöchster Erlaß, 4.5.1904. Auf Beschluß des Kirchen Vorstands in Mexiko, der sich neben Reichardt aus F. Neugebauer, E. Winckelmann und Fr. Albert zusammensetzte, erhielt er danach 1200 Pesos jährlich. Nach Reichardts späteren Angaben verzichtete er jedoch zugunsten eines Kirchbaufonds' auf dieses Geld (EZA 5/2825, Schreiben des Kirchenvorstands vom 24.2.1904 betr. Regelung Pfarrgehalt; EZA 5/2825, Amtsbericht des Pastor Reichardt, Schluß, 30.9.1906). Die Mitglieder des Kirchenvorstandes wechselten zu Zeiten Reichardts häufig. 104 Der 1858 geborene Richard Diener kam mit 21 Jahren nach Mexiko, nachdem er vier Jahre lang als Kaufmann in Italien tätig gewesen war. Mit seinen vier Brüdern setzte er als Diener Hnos./Joyeria La Palma Produkte aus seiner Heimat Pforzheim in Mexiko ab, bis er 1904 nach Frankfurt am Main übersiedelte. 1923 starb er dort (Lateinamerika [Dl. Nr. 47/48,1923: 891). 105 Zwei Jahre lang wurden Räume von der englischen Episkopalgemeinde angemietet, danach bis 1906 ein Versammlungssaal in der US-amerikanischen Methodistenkirche. Die verwendeten Gesangbücher stammten von der deutschen evangelischen Synode von Nordamerika. Seit dem Anschluß an die preußische Landeskirche wurden auch Fürbitten für den Kaiser und das königliche Haus gebetet. Nach Reichardts Angaben stand der Gottesdienst in ungünstiger Konkurrenz zu „Familienausflügen, Reiterfesten, Schnitzeljagden, Hausgastereien, Besuch der Früh- u. Nachmittagskonzerte im Stadtpark, Radfahrertouren, Tanzfestlichkeiten ect. [sie]" (EZA 5/2825, Amtsbericht des Pastor Reichardt, Fortsetzung, 5.10.1906; zu den Freizeitvergnügen der Deutschen in Mexiko vgl. auch Wagner [o. J.]; ein Bericht Uber eine vom Deutschen Haus veranstaltete sonntägliche Schnitzeljagd findet sich bei dem britischen Autor Brocklehurst [1883: 40]). 106 EZA 5/2825, Gesuch des Kirchenvorstands der Deutschen Evangelischen Gemeinde in Mexico, 24.2.1903. 107 EZA 5/2825, Gesuch des Kirchenvorstands der Deutschen Evangelischen Gemeinde in Mexico, 24.2.1903. Der deutsche Gesandte von Flöckher bekräftigte Dieners Ausführungen in einem in derselben Akte befindlichen Schreiben vom 3.3.1903 und hob hervor, daß die deutsche Kolonie durch den kostspieligen Schulbau finanziell bereits sehr in Anspruch genommen wäre. Der Evangelische Oberkirchenrat spendete 1904 viertausend Mark für den Kirchbaufonds (EZA 5/2825, Dankschreiben der DeutschEvangelischen Kirchengemeinde zu Mexico, 25.5.1904). 108 EZA 5/2825, von Flöckher an von Bülow, 19.9.1903; EZA 5/2825, Reichardt an EO, 17.9.1903; EZA 5/2825, Amtsbericht des Pastor Reichardt, Fortsetzung, 5.10.1906. 109

EZA 5/2825, Radowitz an von Bülow, 3.3.1908.

188

digung durch den Schulvorstand herbeigeführt hatten.110 Nach Reichardts Abreise zerfiel die kleine Gemeinde wieder. Der Evangelische Oberkirchenrat in Berlin verzichtete aufgrund der Berichte des deutschen Konsuls zunächst auf die Aussendung eines Geistlichen, da sein Unterhalt kaum gewährleistet werden konnte. Der Kirchbaufonds, der etwa 15.000 Pesos umfaßte, blieb beim Banco de Comercio e Industria zu 6% Zinsen angelegt.111 Das genaue Datum der Einrichtung des ersten deutschen Friedhofs läßt sich nicht mehr genau feststellen. Es handelte sich hierbei um einen Teil des zivilen mexikanischen Friedhofs Dolores. Am 7. Januar 1900 wurde auf diesem lote alemán eine Bismarckeiche aus dem Sachsenwald gepflanzt, worüber die Deutsche Zeitung von Mexiko berichtete:

Vergangenen Sonntag Nachmittag fand die Einsetzung dieser Eiche auf unserm [sie] deutschen Friedhof - dem einzigen Stückchen Erde, das unsere Kolonie besitzt - statt. Die wahren Patrioten, hauptsächlich diejenigen, welche trotz ihres langen Aufenthalts in der Fremde gute Deutsche geblieben sind und auch stets den Namen Bismarck treu in Ehren halten werden, waren alle erschienen. Einige Familienväter hatten auch, um dem Akt einen echt deutschen Charakter zu verleihen, ihre Frau und Kinder mitgebracht." 2

Die deutsche Presselandschaft wandelte sich im Porfiriat. Isidoro Epstein zog es unter der seit 1876 stärkeren Zensur vor, am Colegio Militär angewandte Mechanik zu unterrichten (1881-1887) und ein später preisgekröntes Buch darüber zu verfassen (Krause 1976: 483-484). Ab 1883 war er jedoch Mitherausgeber der von Emil Ruhland1" publizierten Deutschen Zeitung von Mexiko, trennte sich aber im Streit von diesem und wurde durch Herrn Schuseil ersetzt.114 Ab 1886 gab Epstein die vorwiegend deutschsprachige Wochenzeitschrift Germania heraus, die bis zu seinem Tod 1894 in etwa 500 Exemplaren erschien. Da die Deutsche Zeitung von Mexiko aus finanziellen Gründen ab November 1886 nicht mehr erscheinen konnte, wurde die Germania mit ihren Berichten über die Feste und Veranstaltungen der deutschen Kolonie deren einzig verfügbares Sprachrohr.115 Die Deutsche Zeitung von Mexiko erschien vermutlich ab

1,0 EZA 5/2825, Bericht des Pastors Johannes Reichardt in Mexico über seinen Lebensgang und seine Arbeit, 28.3.1906; EZA 5/2825, Reichardt an EO, 14.9.1906; EZA 5/2825, Anlagen zu dem Bericht des P. Reichardt in Mexico vom 14.9.1906. 111 EZA 5/2825, Rieloff, 31.8.1907; EZA 5/2825, Rieloff, 3.3.1908; EZA 5/2825, Rieloff, 18.7.1908. Ein Aufruf zur Wiederbelebung der Gemeinde, den Konsul Rieloff in der Deutschen Zeitung von Mexiko veröffentlichte, blieb ohne Resonanz. 112

Zitiert nach Bopp (1985: 106), vgl. auch Weise (1923:41).

115

E. Ruhland war Mitglied des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins und dort zeitweise Bibliothekar (Mittheilungen des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins. Bd. 1, Nr. 4, 1892: 102). 1,4 Bei diesem Streit ging es um die Frage eines deutschen Hospitalbaus. Epstein wollte dafür sein Grundstück in der Colonia de Guerrero an den Hilfsverein verkaufen. Vehement gegen diesen Plan war der damalige Vizepräsident des Deutschen Hauses, Dr. E. Below, der sich angeblich wegen der ungesunden Lage des Terrains mit Ruhlands Unterstützung gegen den Kauf aussprach (Kunz 1894/95: 142-143). 115 Vgl. Krause (1976: 488-490); Bopp (1985: 103-105); Kunz (1894/95: 143). Juan F. Jens und sein Sohn Federico Carlos gaben von 1883 bis 1890 in ihrem eigenen Verlag das Blatt La Familia heraus. Es sollte der Unterhaltung dienen und verfolgte literarische Interessen (Bopp 1985: 101-103; 1961: 257-

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1894 wieder und bestand bis 1943. Sie wurde das wichtigste deutsche Blatt bis zum Zweiten Weltkrieg. Die Germanistin Bopp (1985: 106) beschreibt die Zeitung sehr negativ: „Dieses Wochenblatt erschien an jedem Sonnabendnachmittag, es war nur für die deutsche Kolonie bestimmt und hatte nicht die geringsten kulturellen oder literarischen Ambitionen, sondern spiegelte einen beschränkten und engen Kleinstadtgeist [...]."U6 Die deutsche Kolonie in Mexiko verehrte nicht nur den deutschen Kaiser und Otto von Bismarck, sondern auch Porfirio Diaz. Einige deutsche Reisende, und vermutlich nicht nur sie, sahen in Porfirio Diaz eine Figur mit vergleichbaren Qualitäten:

Porfirio Diaz, wohl zweifellos die bedeutendste lebende Persönlichkeit des zentralen Westens, trat mit jugendlicher Elastizität in den eleganten [...] Salon. Zum Empfange schüttelte er mir freundlich die Hand. Seine militärisch straffe Haltung, das kurze, graue Haar und der kurze graue Schnurbart gaben ihm - ich möchte sagen: etwas Preußisches" (Wilda 1907: 36-37).

Lemcke (1900: VII) ging in seinem Lob auf Diaz sogar noch weiter:

In welch kurzer Zeit es aber dem jetzigen Präsidenten, General Porfirio Diaz, möglich geworden, Mexico einen permanenten Frieden zu sichern, die immensen natürlichen Hilfsquellen des Landes zu heben und es auf allen Gebieten menschlicher Erwerbsthätigkeit zu einer rapiden kulturellen Entwicklung und gesunder Finanzlage zu verhelfen, das alles scheint so phänomenal und legt solch beredtes Zeugnis von den glänzenden staatsmännischen Eigenschaften von Porfirio Diaz ab, dass sie ihn zu den bedeutendsten Staatsmännern der Welt zählen lassen, wie er denn auch nicht mit Unrecht der .Bismarck' Mexicos genannt wird." 7

Diaz war bei besonders festlichen Anlässen Gast im Deutschen Haus und in der deutschen Schule, oder er verteilte Preise im Reitverein. Im Jahr 1888, als wenige Monate nach Wilhelm I. auch dessen Thronfolger Friedrich III. gestorben war, nahm Diaz mit seinem Gefolge an den Trauergottesdiensten teil. Die Deutschen in Mexiko-Stadt konnten mit Genugtuung feststellen, daß die öffentlichen Gebäude am Geburtstag des Kaisers die mexikanische Nationalfahne hißten. Anläßlich dieses Tages wurden, besonders deutlich im Jahr 1878, lobende Artikel über Wilhelm I., die deutsche Nation und nicht zuletzt die deutsche Kolonie in der mexikanischen Presse veröffentlicht.118 261). Der mit einer Mexikanerin verheiratete Juan F. Jens war der Präsident des deutschen Gesangvereins und Mitglied des Deutschen Wissenschaftlichen Vereins. 116 Bopp (1961: 284-285) machte vor allem Ruhland für den engstirnigen Nationalismus des Blattes verantwortlich.

" 7 Der erfolgreiche US-amerikanische Bergbauingenieur und -Unternehmer John Hays Hammond (1935II: 570) bemerkte in seinen Erinnerungen, daß Bismarck der „favorite hero" von Porfirio Díaz war. "* An der exklusiven Geburtstagsfeier mit Tanz, die der deutsche Gesandte 1878 in seinem Haus organisierte, nahmen unter anderen der mexikanische Präsident, seine Minister Vallarta und García sowie General Paz teil. „Entre las señoras, Mrs. Foster, esposa del ministro americano, las Sras. de Chapeaurouge,

190 Zur Jahrhundertfeier der m e x i k a n i s c h e n Unabhängigkeit i m Jahr 1910, die v o n der R e gierung D i a z mit g r o ß e m P o m p b e g a n g e n wurde, sandte der deutsche Kaiser das H u m b o l d t - D e n k m a l als G e s c h e n k . " 9 Es wurde a m 13. S e p t e m b e r 1 9 1 0 unter A n w e senheit paradierender deutscher Seeleute d e s S c h u l s c h i f f e s Freya enthüllt und stand vor der m e x i k a n i s c h e n Nationalbibliothek. 1 2 0 Präsident D i a z nahm an der Z e r e m o n i e , an der auch m e x i k a n i s c h e Soldaten beteiligt waren, persönlich teil. D e r Sondergesandte Karl B ü n z vertrat als K o p f einer kleinen D e l e g a t i o n die kaiserliche Regierung. D i e deutsche Kolonie, die e i n e n „Hauptausschuß der d e u t s c h e n K o l o n i e in M e x i k o zur Jahrhundertfeier" gegründet hatte, ließ die Wissenschaftliche Festschrift zur Enthüllung des von Seiten Seiner Majestät Kaiser Wilhelm II dem mexikanischen Volke zum Jubiläum seiner Unabhängigkeit gestifteten Humboldt-Denkmals drucken, in der Beiträge v o n Ernst Wittich, 2 Hermann B e y e r , 1 2 2 Federico C. D a m m y Palacio, Paul Henning, Karl C. H o f f m a n n , Arnold Krumm-Heller, Otto Peust und Paul Waitz erschienen. 1 2 3 Im D e u t s c h e n H a u s fand zur Zentenarfeier e i n g r o ß e s Bankett mit über 3 0 0 Gästen statt, bei d e m Porfirio D i a z mit d e n O f f i z i e r e n d e s entsandten S c h u l s c h i f f e s Freya dinierte ( W e i s e 1923: 5 7 - 5 8 ; Garcia 1911: 67). 1 2 4 In W e i s e s nach d e m Ersten Weltkrieg verfaßten Chronik d e s D e u t s c h e n H a u s e s wird das Porfiriat auch in B e z u g auf das Verhältnis der D e u t s c h e n zu anderen Ausländern in M e x i k o verklärt ( W e i s e 1923: 56):

Wir lebten in Frieden mit der Welt, und auch im Verkehr der Deutschen Mexicos mit den anderen Ausländern hatte sich ein harmonisches Verhältnis angebahnt, ja, war eine zutrauliche Freundschaft eingekehrt. Amerikaner und Engländer gingen als Gäste im Deutschen Haus ein und aus, Deutsche waren in ihrem Kreise gern gesehene Besucher. Ja selbst mit Mihalovichs, Guzman, Wiltstein, Sommer y otras muchas se hacían notar por su elegancia" (AHSRE 58-7986, darin Zeitungsbericht El Monitor Republicano. 26.3.1878). 119

BO-SRE. Bd. 30, Nr. 2, 1910: 80-82. Zu den Feierlichkeiten und zu den baulichen Veränderungen in Mexiko-Stadt zu, die er unter die Schlagworte „modernity, cosmopolitanism and nationalism" stellt, vgl. Tenorio Trillo (1996). 120 Mit einem Dekret vom 2.9.1910 hatte die mexikanische Regierung es den deutschen Militärkadetten erlaubt, bewaffnet mexikanischen Boden zu betreten (Garcia 1911:9). 121

Dr. Wittich war am Instituto Geológico Nacional in Mexiko-Stadt tätig (García 1911: 64).

122

Hermann Beyer wurde um 1880 in Sachsen geboren und studierte in Würzburg, Berlin und Paris. In Mexiko verheiratete er sich mit einer Mexikanerin aus der Region Puebla. Bis 1918 war er Dozent für Ethnologie an der Dirección de Estudios Arqueológicos y Etnológicos, im August 1918 gab er Kurse über mexikanische Altertumskunde im Deutschen Haus. Auch 1920 bot er Privatkurse an, außerdem vermittelte er Bücherspenden an deutsche und mexikanische wissenschaftliche Einrichtungen. 1920 wurde er erneut Professor an der mexikanischen Universität. Seit 1919 gab er die wissenschaftliche Zeitschrift El México Antiguo heraus, 1926-1927 amtierte er als Präsident der Sociedad Antonio Alzate. Von 1927 bis 1941 war er als Professor an der Tulane University in New Orleans tätig, bis er als deutscher Staatsangehöriger interniert wurde und im Dezember 1941 starb (DZM, Bd. 36, Nr. 86,27.7.1918: 2; Nr. 92, 10.8.1918: 3; Lateinamerika [D], Nr. 7/8, 1920: 188; Nr. 11, 1920: 284; Nr. 14, 1921: 357; Caso 1947: 263-270). 123 Diese Festschrift wurde 1910 in dem von C. Remstedt geleiteten Verlag Müller Hnos. in MexikoStadt veröffentlicht. Der Verlag Bouligny & Schmidt Sucs. publizierte zum selben Anlaß die schwülstige Schrift México v las Colonias Extranjeras en el Centenario de la Independencia (1910), in der vor allem die deutsche und die französische Kolonie großen Raum einnahmen. 124 Präsident des Deutschen Hauses war 1910 Sanitätsrat Dr. G. Pagenstecher. Ebenfalls anwesend waren der Präsident des Deutschen Vereins, Herr Christlieb, die Sondergesandten der USA und Deutschlands sowie der mexikanische Außenminister Enrique Creel (Garcia 1911: 67).

191 den Franzosen, von denen uns in Zeiten des Konfliktes auch auf dem neutralen Boden Mexicos tiefe nationale Gegensätze getrennt hatten, hatte sich ein freundschaftlicher Verkehr entwickelt.

4.2.2 Die US-amerikanische Kolonie: Ein heftiger Boom

Auch für die US-Amerikaner in Mexiko wurde das Porfiriat zu einer Phase des Aufschwungs. In dieser Zeit entwickelte sich die bisher schwache US-amerikanische Kolonie. Die Anzahl US-amerikanischer Bürger im Distrito Federal stieg von 1895 bis 1910 sogar noch stärker an als die der Deutschen: Nach dem Zensus von 1895 lebten 1375 US-Amerikaner dort (823 Männer und 552 Frauen), 1910 waren es bereits 3012 (1658 Männer und 1354 Frauen).125 Im Vergleich zu den geringeren Zahlen der Deutschen fallt hier vor allem das ausgeglichenere Verhältnis der Geschlechter auf. Zu mexikanisch-US-amerikanischen Ehen finden sich in den Quellen nur wenige Aussagen. Dem Journalisten W. E. Carson (1914: 161, 179-180) zufolge, dessen Reisebuch 1909 zum erstenmal erschien, waren sie nicht nur selten, sondern auch selten glücklich.126 Allerdings setzte er einige Hoffnung in die in Mexiko aufwachsenden Kinder von US-Amerikanern und verglich sie mit denen deutscher Eltern:

An interesting feature of Mexico is the number of children of American and English parentage who are growing up all over the country, and are bound to exercise a good influence on its future. Born and educated in Mexico, they are likely to make their homes there; and as they speak both English and Spanish, the Mexican children with whom they play imbibe their ideas of freedom and progress. [...] Very few English or Americans marry Mexican women, but a large number of Germans do so. The Germans affiliate with the Mexicans much better than do the English or Americans, one reason for which is that they go to Mexico to establish their permanent residence there, while most Americans and Englishmen wish only to make their fortunes and then to return to their native lands. [...] I frequently heard little Teutons - boys and girls - [...] speaking Spanish fluently. They were the children of Germans with Mexican wifes. These German-Mexican children usually speak three languages, German, Spanish and English; but they seem to become much more Mexicanized than the American or English children brought up in Mexico.127

125

Vgl. Tabelle 24 in Kapitel 3.2.1.

126

„The American girl or her English cousin who mates with a Mexican generally lives to repent it. In the same way, the marriages of Englishmen or Americans with Mexican women are generally failures" (Carson 1914: 161). Diener (1908: 35), die mit ihrem Ehemann einen Geologenkongreß in Mexiko-Stadt besuchte, berichtete, daß der mexikanische Präsident des Kongresses, Aguilera, mit einer US-Amerikanerin verheiratet war. 127 Diese Einschätzung Carsons Uber die Deutschen teilte Winter (1913: 38-39): „I have noticed that the Germans affiliate with the Mexicans much better than Americans generally do. One reason is that they come here to establish their permanent residence, while Americans, like the Chinese, desire to make their fortunes and then return to the land of their birth to spend their later days." Auf die geringe Bereitschaft von US-Amerikanern, Spanisch zu lernen, wies auch Martin (1907:1,105) hin.

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Vor allem im Bereich des Handels wurde die größere Anpassung der Deutschen, insbesondere in sprachlicher Hinsicht, als Voraussetzung für ihren wirtschaftlichen Erfolg angesehen.12 Die soziale Stratifizierung und auch die Fluktuation waren bei den US-Amerikanern noch ausgeprägter als bei den Deutschen. Neben Unternehmern und Angestellten kamen auch Touristen und mittellose Abenteuerer mit den neuen Eisenbahnlinien nach Mexiko.129 Letztere wurden nicht nur von Mexikanern, sondern auch von der US-amerikanischen Kolonie mit Mißtrauen bedacht.130 Über die regionale Herkunft der Einwanderer schrieb Palmer ([1910]: 13): „Nine out of ten, if not ninteen out of twenty, resident Americans are from the Middle West". Viele von ihnen kamen jedoch auch aus New York, Texas und Massachussetts. Im Generalkonsulat in Mexiko-Stadt waren 1886 nur 55 Personen namentlich registriert.131 William Schell rechnet in seiner Monographie über die American Colony im Porfiriat alle US-Amerikaner zu dieser hinzu (2001: IX, Anmerkung). Dieser weite Gebrauch des Begriffes entspricht nicht dem in dieser Arbeit. Aber auch Schell differenziert in seinem Text zwischen dem „popolo grosso" beziehungsweise der „power elite", also wohlhabenden, einflußreichen US-Amerikanern, und dem „popolo minuto", den „petty bourgeois, Professionals, managers, shopkeepers, Clerks, and the better-paid railway workers" (Schell 2001: 18). Diese waren zwar Mitglieder US-amerikanischer Organisationen und konnten dort Ämter halten, hatten aber keinen Kontakt zur mexikanischen Elite. Neben diesen Mittelschicht-Einwanderern beschreibt er ebenso die An128 Vgl. zum Beispiel Martin (1907: 1,232); außerdem den Bericht des US-amerikanischen Konsuls in Durango Suggestions for American Exporters - Knowledge of Spanish Essential (Monthly Consular and Trade Reports. Nr. 309, 1906: 57-60). Harris, der sich 1905-1906 mehrere Monate lang in Mexiko aufhielt, verdiente sich durch Dolmetscherdienste für US-amerikanische Handlungsreisende einen Teil seines Reisegeldes: „[...] I incidentally discovered a source of revenue - that American commercial travelers generally employ interpreters to introduce them to the trade, as they term it there. The compensation is $ 10 a day and expenses while on duty. In this manner I was kept constantly occupied until my time of departure [...]" (V. Harris 1907: 7,61). 129 Palmer ([1910]: 12) beschrieb eine Eisenbahnreise folgendermaßen: „The sleeper which you board in St. Louis runs through to the City of Mexico. At every stage an American engineer is at the throttle and an American conductor gives the orders. Your fellow-passengers, mostly Americans returning from their vacations, are mining engineers, capitalists, promoters, ranch owners, contractors, managers, and clerks in mining and railroad corporations, with some foreman and mechanics - the officers, commissioned and non-commissioned, of industrial aristocracy." 150 Vgl. Davis (1942: 45, 47, 48, 49); Schell (2001: 64). Das Boletín Oficial de la Secretaria de Relaciones Exteriores verzeichnete zahlreiche Fälle von Auslieferungsbegehren seitens der USA für flüchtige Straftäter. Der US-amerikanische Generalkonsul Thomas Crittenden beklagte sich 1893 über die große Zahl mittelloser US-Amerikaner und US-Amerikanerinnen, die im Konsulat Unterstützung für die Rückkehr suchten (NAUS, Microcopy 296, Roll 11, Vol. 21, Crittenden an Dept. of State, 25.12.1893). In einer frühen Studie über die Prostitution in Mexiko sind anhand der Unterlagen der inspección de Sanidad über eingeschriebene Prostituierte fiir das Jahr 1904 24 (von insgesamt 617) und für 1905 30 (von 897) aus den USA stammende Frauen verzeichnet (Lara y Pardo 1908: 31, 50). Am 20. Juli 1904 nahm sich die US-Amerikanerin Lilian Clark das Leben. Sie war zu Beginn des Jahres mit einer erfolglosen Theatergruppe nach Mexiko-Stadt gekommen und hatte bis zu ihrem Tod mehrere Monate im „house of ill-fame" von Mrs. Alex. Pérez gearbeitet (NAUS, Microcopy 296, Roll 14, Vol. 25, Parsons an Dept. of State, 26.10.1904). 131 NAUS, Microcopy 296, Roll 10, Vol. 19, Porch an Dept. of State, 31.12.1886. Eine Kopie dieser Liste findet sich in Anhang 4. 1905 sah sich der damalige US-amerikanische Generalkonsul Parsons kaum in der Lage, eine Liste der US-amerikanischen Staatsbürger und Firmen seines Distriktes zu erstellen (NAUS, Microcopy 296, Roll 15, Vol. 26, Parsons an Dept. of State, 25.10.1905 und 30.10.1905).

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Wesenheit der „working poor" sowie Obdachloser und „hobos" aus den USA unter dem Begriff des popolo minuto. Seine Unterscheidung der sozialen Gruppen gemäß ihrem Kontakt zur mexikanischen Elite führt dazu, daß er das führende Ko/owe-Mitglied General Agramonte begrifflich zum popolo minuto zählt. Im frühen Porfiriat hatten einige wenige US-Amerikaner eine herausragende Stellung in der mexikanischen Elite erlangt. Diese Unternehmer, meist dem Eisenbahnbau verbunden, verfügten über einen direkten Zugang zu Porfirio Díaz. Schell (2001: 2-14) rechnet die Eisenbahnunternehmer und Spekulanten Major Robert B. Gorsuch und General John B. Frisbie, den Eisenbahnkonstrukteur, Unternehmer und Bankier Thomas Braniff sowie den Richter Ignacio B. Sepúlveda 132 dieser Gruppe zu. Außer Gorsuch waren alle katholisch. Gorsuch 133 und Frisbie134 vertraten die Interessen des Eisenbahnmagnaten Collis P. Huntington. Für die US-amerikanische Kolonie waren sie Führungspersönlichkeiten, die nach Schells Interpretation (2001: 2-5) ihren Zugang zur mexikanischen Elite auch nachfolgenden US-amerikanischen Unternehmern zur Verfügung stellten. Enger als Frisbie und Gorsuch war Thomas H. Braniff mit der mexikanischen Elite des Porfiriats verbunden, in die er und seine französischstämmige Ehefrau Lorenza Ricard, die in Argentinien aufgewachsen war, sich mehr integrierten als in die US-amerikanische Kolonie. Der 1830 in Staten Island (New York) als Sohn irischer Einwanderer geborene Braniff hatte vor seiner Verpflichtung nach Mexiko zum Bau der MexikoVeracruz-Eisenbahnstrecke in Chile und Peru an ebenfalls britischen Eisenbahnbauprojekten mitgearbeitet. Nach der Fertigstellung des Ferrocarril Mexicano wurde er 1873 einer der Direktoren des Unternehmens, investierte aber auch zusammen mit französischen und mexikanischen Kapitalgebern in Papier- und Textilfabriken.135 1 893 132 Der aus einer kalifornischen Familie stammende Richter Ignacio Sepúlveda kam in den 1880er Jahren nach Mexiko und eröffnete ein Rechtsberatungsbüro. Wegen der guten Geschäftslage holte er bald seinen Neffen Pablo Sepúlveda nach. 1896 wurde Ignacio Sepúlveda Sekretär an der US-amerikanischen Gesandtschaft und ersetzte als Chargé d'affaires häufig den Gesandten Matt Ransom. Dessen Nachfolger Powell Clayton zog Sepúlveda als Rechtsberater heran. Gegen Ende des Porfiriats sank sein Einfluß wegen seiner Beteiligung an einem gescheiterten Staudammprojekt des Colorado-Flusses zur Bewässerung des kalifornischen Imperial Valley (Schell 2001: 83-92). 133 Der 1826 in Brooklyn geborene Ingenieur Gorsuch kam 1856 nach Mexiko und arbeitete an der Konstruktion der Eisenbahnlinie Mexiko-Veracruz mit. Im US-amerikanischen Bürgerkrieg diente er als Ingenieur im konfoderierten Heer. Auf Einladung Maximilians kehrte er nach Mexiko zurück, wo er sich wiederum dem Eisenbahnbau widmete. Diese Tätigkeit setzte er unter Juárez fort. 1906, sieben Jahre nach seiner Ehefrau Sarah Elizabeth, starb Gorsuch in Mexiko-Stadt (Schell 2001: 2-3; NAUS, Microcopy 296, Roll 12, Vol. 22, Hardy an Dept. of State, 17.11.1899; Roll 15, Vol. 26, Gottschalk an Dept. of State, 5.6.1906). 134 Frisbie, ein gelernter Anwalt, hatte als Freiwilliger am Krieg der USA gegen Mexiko teilgenommen. In Kalifornien veheiratete er sich mit der Tochter des dortigen Militärkommandanten General Mariano Guadalupe Vallejo, mit dem er in den folgenden Jahren Grundstücks- und Immobiliengeschäfte vorantrieb. Im Bürgerkrieg wurde er General. Nach geschäftlichen Mißerfolgen kamen Frisbie und Vallejo 1877 oder 1878 mit Empfehlungen von Zamacona und Romero nach Mexiko-Stadt, wo Frisbie vor allem Interessen im Eisenbahn- und Bergbau verfolgte. Er investierte auch in die Milchviehwirtschaft, die Zukkerproduktion in Guerrero und in Elektrizitätswerke (Schell 2001: 3-5; Cott 1979: 155-157; Callahan 1967: 381). 1913 wurde Frisbies Zuckerhacienda Atlixtac in Guerrero von Zapatisten besetzt (Hart 2002: 303). 135 Dies waren nicht die einzigen Beteiligungen BranifFs, der einer der wichtigsten Unternehmer des Porfiriats wurde. Vgl. dazu insbesondere Collado (1987: 57-84). Thomas Braniff investierte zwar in Grundstücke und Immobilien, nicht aber in landwirtschaftlich genutzte Haciendas. Sein Frau Lorenza erwarb jedoch 1904 Haciendas im Estado de México (Collado 1987: 71-74; Boletín de la Secretaria de Fomento. Colonización e Industria de la República Mexicana. Bd. 1, 1909: 9-17).

194 wurde er z u m Präsidenten d e s B a n c o d e Londres y M é x i c o gewählt, d i e s e s A m t behielt er bis zu s e i n e m T o d ( C o l l a d o 1987: 6 5 ) . 1 3 6 Braniffs in M e x i k o g e b o r e n e S ö h n e wurden ebenfalls erfolgreiche Unternehmer. T o m á s Braniff und Jorge Braniff bekleideten auch politische Ä m t e r ( C o l l a d o 1987: 4 1 ; Schell 2 0 0 1 : 7 - 8 ) . 1 3 7 A n d e r s als i m Fall der H o c h zeit v o n Frisbies S o h n John, 1 3 8 bei der Porfirio D í a z e s abgelehnt hatte, Trauzeuge zu sein, n a h m e n er und seine Frau Carmen R o m e r o Rubio an den H o c h z e i t e n der BraniffS ö h n e Oscar und G e o r g e teil. 1 3 9 B e i diesen und anderen Feierlichkeiten i m Hause Braniff ü b e r w o g e n die m e x i k a n i s c h e n Gäste. N u r w e n i g e U S - A m e r i k a n e r hatten denselben herausragenden R e i c h t u m und sozialen Status w i e d i e s e Familie ( S c h e l l 2 0 0 1 : 6 8, Collado 1 9 8 7 : 7 7 - 7 8 ) . Für die später einwandernden Unternehmer waren s o l c h e Karrieren kaum z u realisieren. Ihre A n z a h l stieg allerdings stark an, und sie dürften, z u s a m m e n mit den Freiberuflern (darunter zahlreiche Ärzte und Zahnärzte), d e n h ö h e r e n A n g e s t e l l t e n der Eisenbahngesellschaften, Banken, Handelshäuser und A g e n t u r e n das Gros der U S amerikanischen Kolonie gestellt haben. 1 4 0 Carson ( 1 9 1 4 : 5 9 - 6 0 ) berichtete über die große Zahl v o n U S - A m e r i k a n e r n in der mexikanischen Hauptstadt:

Americans seem to swarm everywhere - in the streets, in stores, in offices, and likewise in the drinking-places; for several American bars have lately been started in the central district. These are popular meeting places for a large class of Americans who come down to Mexico in search of employment or to embark in business in a small way.

136 Thomas Braniff starb am 22.2.1905. Seine Beerdigung wurde standesgemäß begangen: „AI día siguiente se celebró un fastuoso funeral al que asistieron destacados miembros del circulo político y empresarial. Entre los asistentes sobresalieron Ramón Corral, entonces vicepresidente y que asistió en representación del Ejecutivo, Alfredo Chavero, el general Manuel González Cossío, Rafael Dondé y Manuel Lascuaráin. Estas personalidades y muchas más integraron el cortejo, formado por doce tranvías precedidos por una elegante carroza tirada por caballos, que acompañó los restos de Thomas hasta el Panteón Francés de la Piedad, en donde se construyó un suntuoso mausoleo" (Collado 1987: 80-81). 137 Die beiden ältesten Söhne, Jorge (George) und Oscar, studierten zeitweise in Georgetown (Washington). Auch die jüngeren Kinder Tomás, Arturo, Lorenza Isabel und Alberto bereisten die USA und Europa (Collado 1987: 68-69, 76-77). Jorge und Oscar Braniff vertraten mit ihrer Firma G. y O. Braniff (an der auch ihr Vater beteiligt war) unter anderem den US-amerikanischen Konzern Westinghouse, ftlr den sie landwirtschaftliche Maschinen und elektrische Ausrüstungen verkauften. Oscar Braniff besaß auch eine Weizen produzierende und verarbeitende Hacienda im Distrito Federal. 131 John Frisbie Jr. gründete die mexikanische Abteilung der Knights of Columbus, einer 1882 in den USA entstandenen Hilfsorganisation für katholische Männer. 35 „saxon catholics" und sieben englischsprechende Mexikaner wurden Mitglied (Hart 2002: 243). Louis Platón Frisbie heiratete Fanny García Lascuaráin (Schell 2001: 4). Am 28.6.1883 heiratete die zweiundzwanzigjährige Sara Monica Frisbie den in Georgetown (South Carolina) geborenen Joseph LaMotte Morgan (NAUS, Microcopy 296, Roll 9, Vol. 18, Strother an Dept. of State, 5.7.1883). 135 Oscar Braniff verheiratete sich mit Guadalupe Canovas, Jorge mit Concepción Lascuaráin und Tomás mit Elena Amor. Bei Oscar Braniffs Hochzeit waren Porfirio Díaz und Carmen Romero Rubio Trauzeugen. Die übrigen Geschwister Braniff verheirateten sich ebenfalls nicht mit US-Amerikaner(inne)n. 140 Schell (1992: 104) beschreibt ihre Rolle in den Organisationen der Kolonie folgendermaßen: „Theirs were the names which appeared on Organization rosters as treasurer of this and secretary of that; they were valued for their solid contributions to the Community." Zur Zahl der Ärzte vgl. Schell (2001:21).

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Während US-Amerikaner früher hauptsächlich im Berg- und Eisenbahnbau tätig waren, durchdrangen sie im Porfiriat auch den Handel.141 Carson (1914: 170-171) zählt die verschiedenen Geschäftsbereiche auf: „In Mexico City one sees American banks, and agencies for all kinds of American goods, such as sewing-machines, typewriters and agricultural machinery; there are American grocers, druggists, booksellers and fancy good stores, also tailors, hotels and restaurants." Dem US-amerikanischen Generalkonsul David H. Strother zufolge importierten 1882 insgesamt 141 Handelshäuser in Mexiko Waren aus den USA. Unter ihnen finden sich neben US-amerikanischen auch zahlreiche deutsche, französische und mexikanische Namen. 142 Als der US-amerikanische Generalkonsul Dr. Julius Skilton 1877 ausgewechselt werden sollte, sandten „American residents" eine Petition an den Präsidenten Rutherford R. Hayes mit der Bitte, Skilton im Amt zu belassen. 143 Eine zweite Petition umfaßte 79, also wesentlich mehr Namen. In ihr nannten sich die Unterzeichnenden ausdrücklich „citizens of the United States, doing business in the Republic of Mexico" und betonten, daß sie fast die Gesamtheit der in Mexiko-Stadt und dem Tal von Mexiko lebenden und Handel treibenden US-Amerikaner bildeten. Unter ihnen befand sich nun auch Thomas BranifF, allerdings ist auch der aus der Geschichte des Deutschen Hauses bekannte Name von Carlos Fredenhagen erneut vertreten. Max Boker dagegen hat diese zweite Liste nicht unterzeichnet.144 1893 berichtete Vizekonsul William M. Edgar über ein Problem bezüglich der US-amerikanischen Staatsangehörigkeit: Seiner Darstellung nach hatten viele der in MexikoStadt residierenden Deutschen vorher in den USA gelebt und dort die Staatsangehörigkeit beantragt, waren aber dann nach Mexiko ausgewandert, bevor sie diese zugesprochen bekommen hatten. In Mexiko versuchten sie später häufig, den Schutz des USamerikanischen Konsulats in Anspruch zu nehmen. 45 In den Büros und Geschäften US-amerikanischer Unternehmer wurden bevorzugt Ausländer angestellt, die allerdings nicht unbedingt der eigenen Nationalität angehören mußten (Carson 1914: 178).146 141

NAUS, Microcopy 296, Roll 9, Vol. 17, Strother an Dept. of State, 6.2.1880.

142

Reports from the Consuls of the United States on the Commerce. Manufactures, etc.. of their Consular Districts. Nr. 17, März 1882:473-475. Vgl. eine Kopie der Liste in Anhang 5. 143 Es unterschrieben James C. Lohse, Wexel & DeGress, Francis DeGress, George C. Greene, Joseph Mestres, E. Edward Burr, Claude Gadsden, F. Adam, Demilt Gorsuch, Lucien Lara, David Fergusson, A. Jacot, S. Fountain, E. M. Flagg, Wm. Tinker, M. N. Hutchinson, J. C. Harris, Arthur Lara, Max Boker, M. G. de Lezarde, T. Togno, G. Sommer, Washington Kerr, Carlos Fredenhagen, German Laue, George M. Zinser, C. Beck, L. Donohue, William Butler, John W. Butler, Edward Butler, Santiago Smith, Chas. Peterson, Richard Deck, Fred Kilshaw, John Landweh und R. B. Gorsuch. 144

NAUS, Microcopy 296, Roll 8, Vol. 15, American residents an Rutherford R. Hayes, 7.5.1877; Vol. 16, Skilton an Dept. of State, 21.5.1878.

145 NAUS, Microcopy 296, Roll 11, Vol. 21, Edgar an Dept. of State, 28.10.1893; vgl. auch den Fall William Koenigs aus Parras, Coah. (Roll 8, Vol. 15, Skilton an Dept. of State, 18.10.1876). In Nordmexiko dürfte es eine Vielzahl vergleichbarer Fälle gegeben haben. 146 Rabe (1893: 190) berichtete zum Beispiel von einem Einkauf in dem Souveniergeschäft des US-Amerikaners Spaulding, bei dem er sich mit dem Angestellten auf Englisch unterhalten habe, bis sich herausstellte, daß dieser ebenfalls ein Deutscher war. In der US-amerikanischen Gesandtschaft wurde im September 1880 der 1841 in Hamburg geborene, 1867 von den USA eingebürgerte Richard Walters angestellt. 1893 verheiratete er sich mit der aus Teocuicatlan stammenden Maria Guevara. Walters starb am 4.12.1899 durch Suizid (NAUS, Microcopy 296, Roll 9, Vol. 17, Strother an Dept. of State, 30.9.1880; Roll 10, Vol. 20, Guenther an Dept. of State, 6.2.1893 [Marriage Certificate]; Roll 12, Vol. 22, Hardy an Dept. of State, 5.12.1899). Im Februar 1890 wurde der in Potsdam (Preußen) geborene, aber in

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Trotz dieser Überschneidungen entwickelte die US-amerikanische Kolonie in MexikoStadt ein eigenes Profil, zu dem identitätsstiftende Ereignisse wie die Feier des USamerikanischen Nationalfeiertags am 4. Juli und die Großprojekte eines Krankenhausbaus und der Gründung einer Schule beitrugen. Dazu mag der anläßlich des Kriegs gegen Spanien 1898 gewachsene Nationalismus beigetragen haben. Die American Benevolent Society147 blieb die wichtigste Organisation der US-amerikanischen Kolonie, und das wichtigste Projekt der Society im Porfiriat war die Gründung eines eigenen Hospitals. Den Grundstock zu seiner Finanzierung legte der in New York als Sohn spanischer Eltern geborene Simón Lara, der ein Grundstück in der Colonia San Rafael, einem Stadteil der mexikanischen Hauptstadt, und Geld im Wert von insgesamt 12.000 Dollar zur Verfügung stellte (Gooch 1887: 512; Davis 1942: 215216).148 Nach weiteren Spendensammlungen konnte einige Jahre später, 1886, ein Baukomittee unter dem Vorsitz von Reverend Dr. Butler gebildet werden. Der Krankenhausbau, der insgesamt 70.000 Dollar kostete und für 60 Patienten ausgelegt war, wurde 1896 vollendet (Schell 2001: 69-70).149 Verwaltet wurde das Krankenhaus von der American Benevolent Society, deren Präsident der jeweilige US-amerikanische Gesandte beziehungsweise Botschafter war, deren Geschäfte aber durch einen Vizepräsidenten gefuhrt wurden. 1898 hatte der Drucker und Herausgeber der englischsprachigen Zeitung The Two Republics, F. P. Hoeck,150 dieses Amt inne, im folgenden Jahr der Buchhändler W. W. Blake. Als Kuratoren amtierten L. J. Bullard, J. R. Davis (Generalmanager der Waters-Pierce Oil Co.) und Leigh L. Rouzer. Der Hauptkassierer der American Bank, H. P. Webb, bekleidete das Amt des Schatzmeisters, Sekretär war F. A. Jones. Im Jahr 1900 traten der Richter Ignacio Sepúlveda und J. C. Mordough neu hinzu. Mordough, seit 1881 in Mexiko, war Manager der United States-Mexican Trust

Wisconsin lebende und von den USA eingebürgerte Richard Guenther US-amerikanischer Generalkonsul in Mexiko-Stadt (NAUS, Microcopy 296, Roll 10, Vol. 20, Guenther an Dept. of State, 3.2.1890). 141

Nach Gooch (1887: 505) waren in ihr die „most prominent permanent American residents" Mitglied, zu ihrer Zeit etwa 50. Neben dem US-amerikanischen Gesandten als Ehrenpräsidenten gehörten ihr unter anderem I. Mastella Clark als Vizepräsident, W. I. DeGress als Sekretär und Frederick P. Hoeck als Schatzmeister an. Die Mitgliedschaft wurde durch die monatliche Zahlung von einem Dollar erlangt. 14 ' Später wurde der Tod eines US-Amerikaners in Mexiko-Stadt zum Anlaß für den Beginn des Krankenhausprojekts erklärt: „In March 1885, a Mr. Bolton, the Manager of the first Raymond and Whitcomb excursion to this country died in a Mexican Hospital in this city of small-pox. This ocurrence prompted the members of that party of tourists to make a subscription of $200.00 towards the erection of an American Hospital here. This was an incentive to the American Colony [...]" (Mexican American. 11.7.1925:5). 149 Die Grundsteinlegung durch den US-amerikanischen Gesandten General Henry R. Jackson wurde am Geburtstag George Washingtons mit einer Feier im Zirkus Orrin begangen. Der mexikanische General Carillo entsandte dazu die Militärkapelle des siebten Regiments (Gooch 1887: 512-514). Der Zirkus, von den US-amerikanischen Brüdern Orrin 1887 übernommen und ab 1890 mit festem Quartier auf dem Platz Villamil (heute Aquíles Serdán) ansässig, bot nicht nur den Rahmen für zahlreiche Wohltätigkeitsveranstaltungen der Kolonie, er war auch ein erfolgreiches Unterhaltungsunternehmen mit breitgefächertem, auch beim mexikanischen Publikum sehr beliebten Programm. Edward W. Oirin war 1873 als Akrobat nach Mexiko gekommen, investierte aber unter anderem auch in Grundstücksgesellschaften (Colonia Condesa, S. A.; Nueva Colonia del Paseo, S. A.; Colonia Roma Sur, S. A.; Cía. de Terrenos de la Calzada de Chapultepec, S. A), besaß den Rancho El Rosario (Aztcapotzalco, D. F.) und war gleichzeitig Zirkusdirektor und angesehener Geschäftsmann. Der Zirkus wurde 1910 zerstört (Schell 2001: 39-40; Prantl/Groso 1901: 773; Jiménez Mufloz 1993:94). 150 F. P. Hoeck war 1905 einer der Direktoren der Mexico City Banking Co.; Henry P. Webb deren Sekretär (Directorio Ofical Bancario de México 1905: 228).

197 151

Co. und Minenbesitzer (Schell 2001: 79, 97). Das Krankenhaus war modern ausgerüstet und hatte steigende Kosten zu gewärtigen: Lagen diese 1899 noch bei 21 Dollar pro Patient, so waren sie 1901 bereits auf 82 Dollar gestiegen. Ein Großteil der Ausgaben wurde durch Spenden abgedeckt, ein kleinerer Teil durch Gebühren (Schell 2001: 70).152 Hausarzt des Hospitals war Dr. A. W. Parsons, der an der Harvard Medical School studiert hatte und der in Mexiko-Stadt auch medizinische und optische Instrumente verkaufte (Schell 2001: 21).153 Die Zielgruppe des Krankenhauses waren USAmerikaner und andere Ausländer, jedoch wurden ab 1901 Vorkehrungen getroffen, auch führende Mexikaner als Patienten aufzunehmen, wenn vier Mitglieder des Verwaltungsrats dem zustimmten (Schell 2001: 21).154 Im September 1905 wurde das Hospital von den Guggenheim Bros, um einen Pavillon erweitert, der zu Ehren ihrer verstorbenen Mutter Barbara Guggenheim nach dieser benannt wurde (V. Harris 1907: 17-18).

151 1901 bestand der Vorstand der American Benevolent Society aus dem Industriellen T. R. Hasam, H. P. Webb, L. O. Hamacker (Vertreter von Singer Nähmaschinen), L. L. Ward, F. E. Young (Agent der Pennsylvania R. R.), F. W. Johnstone (als Vertreter der Eisenbahningenieure), T. R. Philips (als Vertreter der British Benevolent Society), Wm. Halvershorn (als Vertreter des Deutschen Hilfsvereins) und H. P. Sturt (als Vertreter von S. Pearson & Son). 152

1899 verfugte das Hospital über ein Kapital von 69.752,27 Dollar. 1901 betrug sein Budget 45.655 Dollar, davon wurden nur 2.899 durch Subskriptionen und Gebühren abgedeckt, der Rest durch Wohltätigkeitsveranstaltungen, zum Beispiel Bällen am 4. Juli oder zum Erntedankfest. Solche Veranstaltungen, die im Zirkus Orrin oder im American Club stattfanden, waren angesehene gesellschaftliche Ereignisse und wurden auch von der Elite des Porfiriats besucht. Manchmal wurden bis zu 1200 Gäste geladen (Schell 2001: 70). Das Hospital betreute 1904 insgesamt 461 Patienten (Monthly Consular Reports. Nr. 297, 1905: 126). Wie der deutsche Arzt Below (1899: 280) berichtete, spendeten auch Deutsche fllr das US-amerikanische Krankenhaus. Er beneidete die „viel schwächere, jüngere amerikanische Kolonie" um das Hospital ebenso, wie um den eigenen Friedhof. Parsons Partner war der an der Columbia University und der mexikanischen National School of Medicine ausgebildete Dr. E. H. Norton. 154 Hierzu wurde das Gebührensystem dahingehend modifiziert, daß Nichtmitglieder höhere Beträge entrichten mußten. Trotzdem trat das langjährige Mitglied des Vorstands, W. W. Blake, über der Kontroverse zurück (Schell 2001: 70). Zum Gebührensystem und den unterschiedlichen Klassen von Patienten berichtete der US-amerikanische Konsul Parsons: „The patients are of three classes - private, subscribing, and free. Private patients are furnished with board, lodging, and ordinary nursing, but not the exclusive service of a nurse, nor are they furnished with medicines, liquors, or medical attendance. The price is $ 25 Mexican ($ 11.35) per week in the general ward, and from $ 35 to $ 60 Mexican ($ 15.93 to $ 27.30) per week in private rooms. They have to arrange for their own physician, medicine, and liquors on a seperate account. Subscribing patients, those who are members of the American Benevolent and other subscribing benevolent societies, paying not less than $ 2 Mexican (91 cents) per month regularly, are admitted to the subscribers' ward free of all charges for board, room, and medical treatment, if attended by the house surgeon, but they must furnish their own nurse. They are admitted to private rooms under the same conditions upon the payment of $ 10 Mexican ($ 4.45) per week less than the price established for the room, except that in cases of confinement or surgical operations the attendance of surgeons and all dressings and all supplies must be paid for extra. Patients of this class must have subscribed for three consecutive months before they will be accepted under the foregoing conditions. The free patients are citizens of the United States needing treatment and without means of support. They are admitted to the free ward. Patients requiring attendance beyond the ordinary facilities of the hospital are accomodated on special terms. Private patients affected with contagious deseases are admitted to the special building provided for such cases, and are charged $ 30 Mexican (13.65) per week. This rate covers room and board only. Medical attendance and nurse are furnished by the patient." Im Jahr 1904 wurden 385 Männer und 76 Frauen behandelt. Von ihnen waren 60 britischer, 37 deutscher, sechs mexikanischer, zwei italienischer, einer japanischer und einer dänischer Nationalität (Monthly Consular Reports. Nr. 297. 1905: 126-127).

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Unter T. R. Hasam, dem Präsidenten der American Benevolent Society,155 wurden die Feiern zum US-amerikanischen Nationalfeiertag im Jahr 1901 von einer Eliteveranstaltung mit den bessergestellten etwa 400 Gästen zu Veranstaltungen für die gesamte Kolonie umgestaltet. Sein Vorschlag, den Tag im Parque Porfirio Diaz mit Feuerwerk, patriotischen Reden, Karussels und anderen Vergnügungen zu begehen, stieß auf Skepsis, da einige Kritiker156 Ausschreitungen und einen Ansehensverlust der Kolonie befürchteten. Trotzdem setzte sich sein Plan durch. Ein Komitee brachte aus eigenen Mitteln den Betrag von 4000 Dollar auf, von denen allein 1000 für das Feuerwerk verwendet wurden. An dem Fest nahmen viele Mexikaner teil, Präsident Diaz wurde mit 21 Salutschüssen und der mexikanischen Nationalhymne begrüßt. Der US-amerikanische General Agramonte157 verlas die US-amerikanische Unabhängigkeitserklärung und Botschafter Clayton verglich in seiner Rede die Erfolge des Diaz-Regimes mit denen George Washingtons. Aufgrund des großen Erfolgs dieses Festes wurde es in den folgenden Jahren in gleicher Weise gefeiert, Diaz nahm bis 1908 jährlich daran teil (Schell 2001: 77-78). Am 15. Juni 1904158 wurde die Society of the American Colony gegründet, deren Ziel es war, zum Wohlergehen und zum Fortschritt der US-amerikanischen Kolonie in Mexiko (unter Beachtung der Landesgesetze) beizutragen. Nur männliche US-amerikanische Staatsbürger im Wahlalter konnten auf Empfehlung von zwei Mitgliedern in die Gesellschaft aufgenommen werden (Davis 1942: 54).159 Es war diese Vereinigung, die ab 1904 die Feiern zum Nationalfeiertag und zum Erntedankfest (letzteres zugunsten des American Hospital) ausrichtete. 1910 hatte die Society 705 Mitglieder, aber kein eigenes Klubhaus (Schell 2001: 76). Ihr Präsident war 1905 William Vernon Backus. Backus, der 1907 auch Präsident des American Club war, bezeichnete sich in einem Brief an Porfirio Diaz daraufhin als „President of the American Colony" (Schell 2001: 17-18, 76).160 Der American Club, 1895 gegründet, erhob den Anspruch, die größte und repräsentativste Organisation der US-Amerikaner in Mexiko zu sein. Einige Jahre nach seiner Gründung zog er in ein elegantes Klubhaus gegenüber dem Hotel Iturbide (Ecke Gante und San Francisco), das 125.000 Dollar wert war. Präsident Diaz war Ehrenmitglied (Schell 2001: 73-75). Andere Mitglieder zahlten einmalig 100 und als jährliche Gebühr 50 Dollar für die Mitgliedschaft, Ehrenpräsident war der US-amerikanische Gesandte. Bei seiner Gründung hatte der Klub bereits 155 Mitglieder, 1901 waren es über 250. Zwei

155

Der Katholik Hasam stammte aus New Orleans und war Teilhaber der Firma Hasam & Moreno (Schell 2001: 80-81). Seine in den USA geborene Ehefrau starb am 2.7.1906 in Mexiko-Stadt (NAUS, Microcopy 296, Roll 15, Vol. 27, Gottschalk an Dept. of State, 12.7.1906). 156 Zu ihnen gehörte auch Reverend Butler, der dann aber trotzdem zur Eröffnung des Festes ein Gebet sprach. 157

General C. H. M. y Agramonte war Rechtsanwalt und Herausgeber des Anelo-American. Er benutzte den Mädchennamen seiner Mutter, um seine hispanischen Wurzeln zu betonen. Schell (2001: 20) beschreibt ihn als „zealous yanqui jingo, [...] known for his patriotic fire-cracker Fourth of July speeches". ,5

' Nach Schell (2001: 76) bereits im Jahr 1903.

159 160

Die Brüder Braniff wurden als mexikanische Staatsbürger nicht aufgenommen (Schell 2001: 76).

Der aus Cleveland stammende Backus, seit 1896 in Mexiko, war Bankier, Spekulant im tropischen Plantagenanbau und Spezialist fur internationales Recht (Schell 2001: 17-18,91, 135).

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Drittel von ihnen waren US-Amerikaner. Der American Club beschloß 1901, eine Obergrenze für die Zahl der Mitglieder festzulegen. Als die Zahl 300 als Maximum festgeschrieben wurde, setzte ein Wettlauf um die letzten Plätze ein. Schließlich einigte man sich auf 400 Mitglieder.162 1906 wurde ein luxuriös ausgestattetes Klubhaus in der Calle Independencia bezogen (Schell 2001: 74; Davis 1942: 224).163 Der American Club war ein Machtzentrum innerhalb der Kolonie-, Klubämter brachten Prestige und die Präsidentschaft wurde als ähnlich bedeutsam eingestuft wie die diplomatische Vertretung der USA (Schell 2001: 74-75).164 Allerdings zeigt die Mitgliederpolitik, daß anders als in der Diplomatie nicht die Staatsangehörigkeit das ausschlaggebende Kriterium war, sondern die Verfolgung gemeinsamer (ökonomischer) Interessen. So beschrieb Palmer ([1910]: 19), daß die Gespräche im Klub sich vor allem um Grundstücksgeschäfte drehten: „At the American Club in town at luncheon the talk is much the same that it is in a Club at home. It turns frequently on real estate, which has risen almost as fast as in our best boom towns in the last ten years. Everybody seems to be holding a few lots for a rise."165 Carson (1914: 183) bezeichnete den Verein direkt als „American business club". In seltenen Fällen kam es zu Ausschlüssen aus dem American Club, so 1898 in einem Fall unehrenhaften Verhaltens.166 Im Dezember 1903 erregte der erzwungene Austritt

161 Neben dem American Club gab es in Mexiko-Stadt den Jockey Club, das mexikanische Casino Nacional, das Casino Español und (mindestens) einen weiteren spanischen Klub, den British Club, den französischen Cercle L'Union und zwei chinesische Klubs (Martin 1907: 1,222-224; Davis 1942: 53; Prantl/Groso 1901: 774-776). Zu den beiden deutschen Klubs vgl. Kapitel 4.2.1 dieser Arbeit. 162 Der Jockey Club hatte die Obergrenze seiner Mitgliederzahl (miembros suscritores, in Unterscheidung zu den aktienbesitzenden socios propietarios) 1890 von 200 auf 300 erhöht. Zu dem Zeitpunkt gab es 80 socios propietarios. Außerdem konnten Mitglieder auf Zeit (miembros temporales) für maximal vier Monate aufgenommen werden (Estatutos del Jockey Club de México 1891). 163 Dieses war von dem 1901 beigetretenen Bankier George I. Ham gekauft worden. Martin (19071: 169) zählte Ham, der Manager der United States Banking Co. war, zu den reichsten Männern Mexikos. Die Bank scheiterte jedoch am Ende des Porfiriats an Geschäften, die Ham gemeinsam mit dem US-amerikanischen Botschafter David E. Thompson (1906-1909) tätigte. Ham wurde in der Folge von den mexikanischen Behörden zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, Thompson seines Amtes enthoben (Wilson an Secretary of State, 10.5.1911, zitiert bei Hanrahan 1976: 359-362). 164 Als der erste Präsident des Klubs, Ignacio Sepúlveda, US-amerikanischer Legationssekretär und Chargé d'affaires wurde, mußte er sein Amt niederlegen. 1897 wurde John R. Davis (Waters-Pierce Oil Company) fur die Präsidentschaftwahl nominiert, Schatzmeister sollten W. H. Worf und J. B. Frisbie Jr. werden. J. C. Strittmaker (Agent für White Nähmaschinen) wurde als Sekretär vorgeschlagen, J. C. Mordough, Daniel Tumer, E. E. Bashford, M. S. MaCay und B. W. Thatcher als Direktoren. 1898 kam es bei den Wahlen zu Konflikten zwischen älteren und jüngeren Mitgliedern, die teilweise unterschiedliche Kandidaten unterstützten (Schell 2001: 75). 165

An den Grundstücksgeschäften in Mexiko-Stadt, die sich vor allem um die Gründung neuer Stadtteile (colonias) drehten, nahmen unter anderen die US-Amerikaner Eduardo W. Orrin, Edward N. Brown, Gabriel Morton, Adolfo Hegewisch, Cassius Lamm, Luis Lamm, Samuel W. Walker, Federico Kladt, Geo S. Ham, Samuel W. Rider, George W. Cook, W. O. Staples, John R. Davis, Robert O. Babbitt, Herbert P. Lewis und Cyrus B. Lewis teil (vgl. Jiménez Muñoz 1993: 21-102). Carson (1914: 181-182) nennt das im Porfiriat unter Mitwirkung US-amerikanischer Investoren neu erschlossene Wohngebiet um den Paseo de la Reforma „American quarter". Bereits Ober (1887: 354) beschrieb Pläne zur architektonischen Gestaltung dieses neuen Stadtgebiets, das er „the nucleus of the American colony in Mexico" nannte. Thomas Braniff besaß dort mehrere Grundstücke (Collado 1987: 71-74). Nach Palmer ([1910]: 19) wohnten die meisten US-Amerikaner in der ebenfalls neuen Colonia Roma. 166 Nach außen hin ging es um Betrug bei Getränkeabrechnungen, Hintergrund waren aber wohl eher persönliche Konflikte aus dem Umkreis des Generalkonsulats.

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des damaligen Generalkonsuls Andrew D. Barlow aus dem Klub großes Aufsehen. Barlow erklärte die Feindschaft der Mitglieder ihm gegenüber mit seinen negativen Berichten über teilweise betrügerische US-amerikanische Unternehmen in Mexiko, in die der Manager des Mexican Herald, Paul Hudson, und viele andere Klubmitglieder verwickelt gewesen sein sollen. In der Folge wurde Barlow im Mexican Herald auch massiv zur Niederlegung seines konsularischen Amtes aufgefordert, er erbat auch tatsächlich seine Versetzung und wurde 1904 abgelöst.167 1893 gründeten 30 Frauen den Woman's Club}6* Er erreichte jedoch nur zwölf regelmäßige Mitglieder und wandelte sich deshalb in einen „Spanish language club" um. 1898 wurde ein neuer Versuch unternommen, wobei die Initiative hauptsächlich von der US-amerikanischen Ehefrau des mexikanischen Col. Mariano Delgollado ausging, die bereits der Kaiserin Carlota als Hofdame gedient hatte. Ziel des Vereins war es, ein Klubhaus in der Innenstadt einzurichten, das als Ruheplatz dienen sollte. Außerdem verfolgte der Woman 's Club kulturelle Interessen. Er beschäftigte sich mit mexikanischen Sitten und Gebräuchen, Kunsthandwerk und Geschichte, außerdem mit der spanischen Sprache (Schell 2001: 64). Eine eigene Bibliothek konnte jedoch aus finanziellen Gründen nicht eingerichtet werden. Der Frauenverein wurde zu einer wichtigen Einrichtung fiir Neuankömmlinge, die so die Chance erhielten, sich sozial in die Kolonie zu integrieren und den Frauen die Möglichkeit bot, sich durch die Vermittlung ihrer Vereinsschwestern mit der mexikanischen Umgebung vertraut zu machen. Allerdings wurden in diesem Klub auch die sozialen Differenzen zwischen Reichen und weniger Reichen deutlich: Während einige Mitglieder sich darüber beschwerten, daß die Einrichtungen nicht elegant genug waren und einen Mitgliedsbeitrag von 50 Dollar monatlich zur Hebung des Niveaus forderten, traten andere für einen moderateren Beitrag von 5 Dollar ein. Nach den Worten der Klubsekretärin Mrs. David P. Watkins war vor allem ,,[a] good moral character" für die Mitgliedschaft ausschlaggebend. Wohltätigkeit war dementsprechend ein wichtiges Anliegen des Vereins, der die christliche Temperenzlerbewegung unterstützte (Schell 1992: 235-239; 2001: 64-65, 66). Der kleine University Club, 1900 gegründet und mit den Wappen zahlreicher US-amerikanischer Hochschulen geschmückt, wurde vor allem von den Graduierten der Ingenieur- und Bergbauschulen frequentiert (Palmer [1910]: 19; Scanion 1984: 37). Bereits in den 1880er Jahren wurde beklagt, daß es keinen geeigneten Treffpunkt für junge Angestellte in Mexiko-Stadt gab.169 Für sie war der American Club zu exklusiv 167 NAUS, Microcopy 296, Roll 12, Vol. 22, Zeitungsbericht Mexican Herald. 8.12.1898; Barlow an Murphy 10.12.1898; Roll 14, Vol. 24, Barlow an Dept. of State, 20.12.1903 mit mehreren Zeitungsberichten; Barlow an Dept. of State, 21.12.1903; vgl. auch Schell (2001: 124). 168 In den Presseberichten wurden nur die Namen der Ehemänner der in den Vorstand gewählten Frauen angegeben: John B. Phipps, T. T. Crittenden (Generalkonsul), David F. Watkins, W. R. Roalfe, G. R. Stanton, H. E. Dennie (Schullehrer) und H. P. Webb (Mexican National Construction Co.). Florence Crittenden, die Ehefrau des US-amerikanischen Generalkonsuls, gründete 1902 eine Schule, in der arme Mexikanerinnen unterrichtet werden sollten (Florence Crittenden Mission School for Girls). Ziel war die Ausbildung von Dienstmädchen. 169 „But there is another great and imperative need for the strong and healthy - for deserving and industrious young Americans, cut off from social privileges and from the softening and refining influences of home. Comparatively few American families live in such a way as to enable them to offer those hospitalities which would be a safeguard from the many allurements and temptations that naturally fall into the pathway of these young men", schrieb Gooch (1887: 506) und rief Philantropen zur Finanzierung von Leseräumen und eines „Friendly Inn" auf.

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und zu teuer. Die Gründung des YMCA (Young Men's Christian Association) erfolgte allerdings erst 1901, als die langjährigen Verfechter der Idee, H. P. Webb, H. W. Morton und John R. Mott, das nationale Büro des YMCA in New York (NY) für das Projekt interessierten.170 Nach anfänglicher Skepsis von Seiten der Dachorganisation, die die US-amerikanische Kolonie in Mexiko-Stadt für zu klein hielt, und mit Unterstützung aus dem YMCA-Büro in St. Louis (Missouri) wurde ein Verwaltungsrat gewählt. Die US-amerikanische Kolonie brachte mit Hilfe einiger Spender aus den USA 65.000 Dollar auf, und das YMCA-Büro gab 50.000 Dollar dazu. Damit konnte die Asociación Cristiana de Jóvenes Railroad/Mexico City YMCA im September 1902 ihre Klubräume eröffnen (Schell 2001: 67-68).171 Während die protestantische Dachorganisation in New York und der von St. Louis aus entsandte Sekretär der mexikanischen Filiale, George I. Babcock, 172 die Mitgliedschaft lieber auf protestantische US-Amerikaner beschränkt hätten, konnten sich die Förderer aus der Kolonie durchsetzen, die grundsätzlich alle christlichen Religionen und alle Nationalitäten aufnehmen wollten. Der Mitgliedsbeitrag lag bei zwei bis fünf Dollar monatlich. Von den 500 Mitgliedern waren ein Fünftel Mexikaner. Der mexikanische Vizepräsident Ramón Corral bekleidete das Amt des Ehrenpräsidenten (Schell 2001: 68). Die liberale Mitgliederpolitik des YMCA beschrieb auch Victor Harris, der während seines siebenmonatigen MexikoAufenthaltes 1905 drei Monate lang Mitglied wurde, um eine preisgünstige Unterkunft zu bekommen. Harris war jüdischen Glaubens. Da im englischen Zweig des YMCA kein Platz frei war, trat er dem mexikanischen Zweig bei, der knapp ein Jahr zuvor gegründet worden war. 173 Die Lage und die Architektur des mexikanischen YMCA-Domizils beschrieb er als gehoben. Vom Sekretär dieser Abteilung, Williams, erfuhr er, daß fast alle Mitglieder Katholiken waren. Im Unterschied zum englischen gab es im mexikanischen Zweig keine sonntägliche Social Hour, bei der die Mitglieder über religiöse Themen sprachen und Gotteserlebnisse referierten. Obwohl Harris im YMCA freundlich aufgenommen wurde, erhielt er erst auf wiederholte Nachfrage eine verspätete Einladung zum jährlichen Bankett am Erntedankfest (V. Harris 1907: 35-41).174 170 Eine frühere Gründung in den 1890er Jahren war durch die Veruntreuung von Geldern durch den USamerikanischen Geschäftsmann und YMCA-Sekretär Edward P. Gaston gescheitert (vgl. Schell 2001: 67; Beezley 1987: 588-59). 171 Sie lagen in der Nähe der Bahnhöfe des Ferrocarril Central und des Ferrocarril Nacional und kosteten 7000 Pesos Miete pro Monat. Für die Renovierung waren 20.000 Pesos aufgewendet worden, außerdem legte man ein Schwimmbecken und eine Sporthalle an, stellte Billardtische, Kegelbahnen, Leseräume, Schlafräume und Bäder zur Verfügung. 140 Studenten besuchten Englisch- und Spanischkurse, außerdem gab es Unterricht in Buchhaltung, kaufmännischem Rechnen und Stenographie (Schell 2001: 6768). 172 Seine Ehefrau wurde von Harris als „an active and popular figure in the American colony" beschrieben. Babcocks Nachfolger als Sekretär des englischen Zweigs des YMCA in Mexiko-Stadt wurde 1905 Mr. Turner (V. Harris 1907: 37, 39). Ob dieser Wechsel mit den Kontroversen um die Sonntagsruhe zu tun hatte, an deren Einhaltung Babcock trotz Protesten von Seiten der Baseball-Spieler festhielt, bleibt leider unklar (vgl. Schell 2001: 68). Zur Zeit von Harris' Aufenthalt 1905 galt sonntags noch ein Spielverbot (1907: 36). 173 Die Gründung des mexikanischen YMCA ging auf Justo Sierra, Felix Diaz, Pablo Macedo, Guillermo Landa y Escandón und Joaquín D. Casasús zurück (Schell 2001:68).

Harris wurde als Besucher auch Mitglied des American Club, konnte dort aber kaum Bekanntschaften schließen: „As far as getting acquainted is concerned, 1 might as well have been in a deaf and dumb asylum. Once a Texan, noticing my watch charm, which is in the shape of a star, the emblem of the order B'Nai B'rith, inquired wether I came from the ,Lone Star State,' and when I answered negatively he disappeared like a Kansas wooden house before a cyclone" (V. Harris 1907: 10-11). Die reservierte Haltung Harris gegenüber dürfte vielleicht auch an seinen mangelnden Geschäftsbeziehungen und seinen

202

Zwischen 1905 und 1907 scheint sich der YMCA von seinen ursprünglichen Zielen wegbewegt zu haben. Im Vordergrund standen jetzt nicht mehr junge Angestellte mit eingeschränkten Mitteln, sondern Spendensammlungen der mexikanischen und ausländischen Elite für einen luxuriösen Klubneubau.175 Als dieses Projekt während der Wirtschaftskrise 1907-1908 scheiterte, verlor die Organisation nicht nur Geld, sondern auch viele Mitglieder, so daß die englische und die mexikanische Abteilung wieder vereinigt wurden. Der YMCA-Neubau wurde jedoch rechtzeitig zur Jahrhundertfeier der mexikanischen Unabhängigkeit fertiggestellt (Schell 2001: 5, 68-69,180). Nach Beezley (1987: 58-59) war der YMCA die wichtigste Einrichtung zur Verbreitung angloamerikanischer Sportarten in Mexiko. Für Baseball und Fußball setzten sich aus der Kolonie vor allem Söhne von General Frisbie ein, außerdem Oscar Braniff, George Patterson und W. A. DeGress176 (Beezley 1987: 21, 55). Neben einigen Sportklubs,177 deren wichtigster und elegantester ab 1904 der Mexico City Country Club in Churubusco (D. F.) wurde,178 etablierten sich auch mehr oder weniger erfolgreiche Sportunternehmer. Einer von ihnen war Colonel Robert Pate, der in Indianilla (D. F.) bis 1900 eine Rennbahn betrieb, außerdem gab es die rivalisierenden Boxschulen American Olympic Club von Billy A. Clarke und Mexican National Athletic Club von Jimmy Carroll (Beezley 1987: 30, 54, 60). Diese kommerziellen Unternehmungen waren auch auf ein mexikanisches Publikum eingewiesen, konnten sich aber zum Teil nicht durchsetzen.179 Die Zahl der Missionare und Kirchengemeinden in Mexiko-Stadt nahm im Porfmat weiter zu. Für die US-amerikanische Kolonie wurde vor allem die Trinity Methodist Episcopal Church wichtig, die in einem Teil des Klosters San Francisco residierte und die die größte US-amerikanische Anhängerschaft hatte. Bis 1879 stand sie unter der

begrenzten finanziellen Mitteln gelegen haben. Harris' Anliegen in Mexiko war es vor allem, die Möglichkeiten einer jüdschen Agrarkolonisation auszuloten (V. Harris 1907: 5). 175 Schell (2001: 69) nennt Orrin, Ham, Webb, General Frisbie, Oscar Braniff, J. B. Brody (Repräsentant von Lord Cowdray), den Briten T. P. Honey, Heriberto Barrón, Francisco Boker, E. N. Brown und Hugo Scherer als Mitglieder eines Förderkomitees. 176 W. A. DeGress war Sohn des in Köln geborenen Frank DeGress, der nach Pennsylvania ausgewandert und US-amerikanischer Staatsbürger geworden war. Im US-amerikanischen Bürgerkrieg wurde er Major auf der Seite der Union, danach belieferte er Porfirio Díaz mit Waffen und Munition. Gemeinsam mit seinem Partner J. W. Wexel importierte er im Porfiriat Maschinen aus den USA. Nach dem Tod von Frank DeGress und Wexel führte sein Sohn mit seinem neuen Partner J. J. Möhler auch Fahrräder und Autos nach Mexiko ein (Schell 2001: 10). 177 Es gab zum Beispiel den American Baseball Club, den Mexican National Baseball Club und den Reforma Athletic Club mit Tennisplätzen, Baseball- und Cricketfeldem (Beezley 1987: 22, 58). Zum Reforma Athletic Club und seinen Gründungsmitgliedern vgl. The British Society of Mexico (1920: 3941). 178 Der Country Club ging aus einer Vereinigung älterer Klubs hervor. Der 1827 gegründete britische Mexican Cricket Club vereinigte sich 1904 mit dem San Pedro Golf Club, dieser ging daraufhin im neugegründeten Country Club auf. 1910 hatte der Country Club etwa 1000 Mitglieder unterschiedlicher Nationalität und war als Aktiengesellschaft mit über 300 Aktionären organisiert (Beezley 1987: 18; Mexico. International Magazine. Anglo-Español. Bd. 11, Nr. 7, 1904: 89-90; Album gráfico de la República Mexicana 1910: 99). 179 Zum Scheitern von Pate, der 1890 nach Mexiko kam und zunächst in Monterrey (Nuevo León) eine Nägelfabrik betrieb, bevor er 1894 nach Mexiko-Stadt übersiedelte, vgl. Schell (2001: 31-50). Nach seinem Scheitern kehrte Pate in die USA zurück.

203 180

Leitung von Reverend Dr. William Butler, danach übernahm sein in Boston ausgebildeter Sohn Reverend Dr. John Wesley Butler die Gemeinde. 181 1884 übergab er das Pastorenamt an Reverend H. A. Basset und kehrte in die USA zurück. Basset konzentrierte sich noch mehr als Butler auf die weiter wachsende englischsprachige Gemeinde. Bis 1901 war diese so groß geworden, daß sich neben ihr eine eigene Southern Methodist Episcopal Church bildete (Schell 1992: 192-194). Genaue Zahlen über die USamerikanische Anhängerschaft dieser Gemeinden lassen sich nicht feststellen, da in den Kirchenstatistiken nur Gesamtzahlen über alle Gläubigen angeführt sind.182 Ähnlich wie Pastor Reichart in der deutschen evangelischen Gemeinde hatten auch Butler und Basset Probleme, die Kirche am Sonntag zu füllen, einem Tag, den auch die meisten US-Amerikaner für sportliche oder andere Erholungsaktivitäten nutzten. Frauen scheinen die Mehrzahl der US-amerikanischen Kirchgänger gebildet zu haben (Schell 1992: 202).

1888, als in der Trinity Methodist Episcopal Church eine Generalversammlung der in Mexiko arbeitenden protestantischen Missionen stattfand, reiste auch William Butler an und verbrachte wieder einige Monate in Mexiko. So kam es dazu, daß er gemeinsam mit seinem Sohn am 12. März einen Trauergottesdienst für den verstorbenen deutschen Kaiser Wilhelm I. abhielt.183 Reverend John Wesley Butler hatte die Kirche und seine Dienste der deutschen Gesandtschaft und dem Konsulat angeboten. Ein Komittee der deutschen Kolonie arrangierte das Programm und lud Präsident Diaz, sein Kabinett, das diplomatische Korps, weitere politische Würdenträger, die deutsche, die britische und die US-amerikanische Kolonie, die Presse und weitere Gäste ein. An dem Gottesdienst nahmen nach Schätzungen über 1000 Personen teil, unter ihnen auch der mexikanische Präsident, mehrere Kabinettsmitglieder und Generäle. Gerade über die Anwesenheit der katholischen mexikanischen Elite freute sich William Butler (1892: 310-318):

It was gall and wormwood to the clerical party that the memory of the great Protestant sovereign of the land of Luther and of the glorious Reformation should be thus honored in the city of Mexico and in the presence of its government. In this respect it was also the grandest hour for the evangelical faith that Mexico up to that date had witnessed.184

180 Der vom Katholizismus konvertierte William Butler stammte aus Irland und war als Missionar in Indien tätig, bevor er in die USA ging und sich dort einbürgern ließ (Schell 2001: 9). 181 Dessen Sohn John William Butler war Präsident der Zacualpan Rubber Co. Ein weiterer Sohn, Edward C. Butler, wandte sich vom Methodismus ab. Beruflich war E. C. Butler, der fließend Spanisch sprach, zehn Jahre lang als Sekretär der US-amerikanischen Gesandtschaft tätig, außerdem schrieb er filr den Mexican Herald. Er war mit Anna V. Smith, einer Nichte von Major Gorsuch verheiratet (Schell 2001: 60). Ein Bruder von Reverend J. W. Butler, Robert, war 1874 neunzehnjährig an Typhus gestorben (Drees 1915:28). John W. Butler starb 1918 (Bäez-Camargo 1953: 103). 182

Vgl. filr 1892 Butler (1892: 300-301), für 1913 Winton (1913:223).

183

Bereits 1881 wurde in der Trinity Methodist Episcopal Church ein Trauergottesdienst filr den ermordeten US-amerikanischen Präsidenten James A. Garfield abgehalten, bei dem der deutsche Gesangverein zum Programm beitrug (Brocklehurst 1883: 72; Schell 1992: 204-205). 184 In seinen Erinnerungen beschrieb Butler auch, daß noch bei der Beerdigung des Bankiers, Kaufmanns und deutschen Generalkonsuls Esteban Benecke im Jahr 1877 nur wenige Gäste sich getraut hatten, die ersten Kirchenbänke zu besetzen (Butler 1892: 317).

204

Die britisch-US-amerikanische Christ-Church-Gemeinde konsolidierte sich in den 1880er Jahren, nachdem 1885 Reverend Thomas Dod Sherlock aus England gekommen war und bis 1892 blieb. Während der Amtszeit seines Nachfolgers, Reverend Baptist Noel Branch aus Antigua, wurde die Idee eines Kirchbaus geboren. 1894 kaufte ein Baukomittee unter Leitung des britischen Gesandten ein Grundstück, und im Jahr 1898 konnte mit der Nutzung des Baus begonnen werden. 185 Überschattet wurde die Geschichte der Gemeinde in den folgenden Jahren durch ihre Uneinigkeit über die juristische Zuordnung. Die Mehrheit der Mitglieder wollte zur Church of England gehören. Verhandlungen mit dieser scheiterten jedoch und der Gemeinde wurde mitgeteilt, daß für sie nur die Jurisdiktion der Episcopal Church of the U. S. A. in Frage käme. Erst 1906 kam es zu einer Lösung des Problems, als die Gemeinde die Jurisdiktion von Bischof Reverend Henry Aves akzeptierte. Aves war 1904 zum Bischof für die US-amerikanischen Kirchen in Mexiko geweiht worden, 1906 unterstellten sich ihm alle protestantischen Missionskirchen Mexikos. Am 20. Mai 1910 nahmen Präsident Diaz und Mitglieder seines Kabinetts am Trauergottesdienst für den britischen König Edward VII. teil, und auch in den folgenden Jahren sollte sich die Gemeindearbeit auf die britische Kolonie in Mexiko-Stadt konzentrieren.186 Die Union Evangelical Church konnte ebenfalls eine eigene Kirche bauen. Im September 1900 verpflichtete sich Lizzie Blackmore aus Jalapa (Veracruz), der Gemeinde im Namen ihrer Mutter Sofia Blackmore ein Grundstück für einen Kirchbau in der Calle Humboldt in Mexiko-Stadt zur Verfügung zu stellen.187 1901 begannen Major Gorsuch, W. W. Blake, J. C. Mordough, H. P. Webb und Reverend W. Eisworth Lawson mit dem Spendensammeln, außerdem erhielt die Gemeinde ein Darlehen der United States Banking Co. über 5000 Pesos. Die gleiche Summe wurde von der Frauenorganisation der Gemeinde gespendet. Am 12. Oktober 1902 wurde der Bau für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 188 1909 schloß sich die kleine First Presbyterian Church der Union Church an, 1915 auch die Methodist Episcopal Church North.189 Die protestantischen Seelsorger verheirateten im US-amerikanischen Generalkonsulat auch US-amerikanische Bürger. Diese Eheschließungen entsprachen nicht dem mexikanischen Recht, worüber es 1898 zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Generalkonsul Andrew D. Barlow und dem Vizekonsul Joseph F. Bennett kam. 190 1,5 Sir Weetman Pearson (Lord Cowdray), Job Hamer und Richard Honey machten die Abzahlung der Bauschulden möglich. Pearson stiftete 1909 auch eine Kapelle filrden britischen Friedhof. 186 Christ Church Parish Mexico City 1871-1971 1971: 7-12; Clark/Clark (1909: 202); The British Society of Mexico (1920: 24-30). 1,7 Voraussetzung für die Überlassung des Grundstücks war unter anderem die Zusage, daß die Kirche nicht für säkulare Zwecke genutzt werde. 188 Wegen der mexikanischen Gesetzgebung waren die Grundstücke, Kirchen und Missionsschulen nominell nicht im Besitz der Gemeinden, sondern von Privatpersonen, vgl. AHSRE 15-6-7. 189

The First Centennial of the Union Evangelical Church Mexico City 1873-1973 [1973]: 12-13; Schell (1992: 206-207); Luconi Moroni (1979: 27-28). 1,0 Diese juristische Frage war nur einer von mehreren Faktoren im Streit zwischen Barlow und Bennett. Die Praxis der quasi extraterritorial geschlossenen Ehen unter Ausschluß der mexikanischen Zivilbehörden gab es bereits mindestens seit der Zeit von Generalkonsul Thomas T. Crittenden, der ab 1893 in Mexiko-Stadt tätig war. Sie ist durch zahlreiche von ihm und Barlow an das State Department übermittelte Heiratsurkunden belegt. Zur Auseinandersetzung zwischen Bennett und Barlow, in deren Folge Bennett suspendiert wurde, vgl. NAUS, Microcopy 296, Roll 12, Vol. 22, Bennett an Dept. of State, 24.10.1898; Barlow an Dept. of State, 25.10.1898, Bennett an Dept. of State, 12.11.1898.

205

Von einer katholischen US-amerikanischen Gemeinde ist im Porfiriat noch nichts bekannt. Auch die jüdischen US-Amerikaner hatten noch keine Gemeindeorganisation. Die Versuche von Victor Harris, unter dem Namen „Emanuel" eine solche zu gründen, waren 1905 an internen Querelen der wenigen Mitglieder gescheitert (Martin 1907: 1,101; V. Harris 1907: 22-25).191 Der US-amerikanische Soldatenfriedhof (U. S. National Cemetery), der dem US-amerikanischen Kriegsministerium unterstand und vom Generalkonsulat in Mexiko-Stadt verwaltet wurde, füllte sich während des Porfiriats, da auch Genehmigungen für die Bestattung von Zivilisten erteilt wurden.192 Bis zum 29. August 1879 waren 261 Beerdigungen erfolgt. Bereits am 3. Dezember 1872 hatte das Kriegsministerium aus Platzgründen dazu aufgefordert, nur noch Genehmigungen für die Bestattung von USamerikanischen Staatsbürgern zuzulassen.193 Akut wurde das Problem 1898, als nur noch 48 freie Grabstätten übrig waren und bei einer Weiternutzung alle Grünflächen verloren gegangen wären. Als Lösung schlug Generalkonsul Andrew D. Barlow vor, nur noch Genehmigungen für Regierungsbeamte und Soldaten und ihre engeren Familienangehörigen zu erteilen.194 Im Frühjahr 1900 wurde ein weiterer USamerikanischer Friedhof gekauft, der New American Cemetery.195 Wer nicht auf dem U. S. National Cemetery unterkommen konnte, nutzte diesen neuen Friedhof, weniger Wohlhabende auch den allgemeinen zivilen Friedhof Dolores. Barlow und sein Nachfolger Parsons erlaubten jedoch noch mindestens bis 1906 zahlreiche Bestattungen auf dem U. S. National Cemetery. Dabei wurde der Familienbegriff nicht selten auf Enkel oder Nichten und Neffen von ehemaligen Soldaten ausgedehnt. Außerdem wurden Grabstätten innerhalb der Familie mehrfach genutzt, dies war besonders häufig bei Kindern der Fall. Es scheint also ein Privileg gewesen zu sein, auf dem U. S. National Cemetery bestattet zu werden.196 Für die US-amerikanischen Generalkonsuln war es eine zunehmend zeitraubende Pflicht, jeden Todesfall eines US-amerikanischen Staatsbürgers nach Washington zu

Levitz (1992: 14) stellte nach den mexikanischen Zensus folgende Zahlen über die während des Porfiriats noch geringe jüdische Bevölkerung Mexikos zusammen: Im Jahr 1900 waren es 134 Personen, 1910 254, 1930 9072,1940 14.167. 192 Im November 1877 war James Wright gestorben, der seit 1872 ftir die Instandhaltung des Friedhofs verantwortlich war. Der aus New York stammende Wright war seit 1845 mit Eulalia González verheiratet gewesen, mit der er zwölf Kinder hatte (NAUS, Microcopy 296, Roll 9, Vol. 18, Strother an Dept. of State, 18.6.1883). 193 Wie Ober (1887: 267) berichtete, war dies nicht immer der Fall gewesen: „It is called the American cemetery, though more Germans are buried there than countrymen of ours [...]". Dies sollte sich im Laufe des Porfiriats ändern. 194 NAUS, Microcopy 296, Roll 8, Vol. 16, Strother an Dept. of State, 18.10.1879; Roll 9, Vol. 18, Strother an Dept. of State, 24.10.1884; Roll 12, Vol. 22, Barlow an Dept. of State, 20.1.1898. 195 Zu diesem Zweck war 1898 die American Cemetery Association als Aktiengesellschaft gegründet worden und hatte im Jahr 1900 ein Stück Land in der Nähe des Spanischen Friedhofs bei Tacuba gekauft. 1906 kaufte die American Benevolent Society den Friedhof von der American Cemetery Association (Schell 1992: 223-224: Mexican American. 11.7.1925: 44). 196 Vgl. die Genehmigungen Barlows und Parsons', NAUS, Roll 13, Vol. 23; Roll 14, Vol. 24-25. Am 29.11.1904 wurde die britische Staatsbürgerin Marie Heimke Graham auf dem U. S. National Cemetery bestattet, da sie mit dem Zweiten Sekretär der US-amerikanischen Botschaft verheiratet gewesen war (Roll 14, Vol. 25, Parsons an Dept. of State, 30.11.1904).

206

berichten.197 Aus den Angaben über die Todesfalle,198 von denen 265 im Distrito Federal und acht in der näheren Umgebung erfolgten,199 lassen sich verschiedene Informationen ziehen. 203 der Verstorbenen waren männlich, 69 weiblich.200 Nur elf von ihnen hatten den allerdings unvollständigen Angaben zufolge die US-amerikanische Staatsbürgerschaft durch Naturalisierung erhalten, eine Person durch ihre Eheschließung. Achtzehn der Verstorbenen, vor allem Kinder, waren bereits in Mexiko geboren worden (davon siebzehn im Distrito Federal). Die Todesursachen waren meist Krankheiten, allerdings gab es auch Unfalltode (vor allem bei Eisenbahnangestellten) und Suizide (vgl. Tabelle 34). Tabelle 34: Todesursachen der im Distrito Federal und der näheren Umgebung verstorbenen US-Amerikaner, 1896-1906 Todesursache Lungenentzündung Herzkrankheit und Herzversagen Typhus und typhoides Fieber Verkehrsunfall* Pocken Hirnkrankheit Cholera und Durchfallerkrankung Tuberkulose Magen- und Darmkrankheit Nierenkrankheit Leberkrankheit Krebs Suizid Bauchfellentzündung Medikamenten- und Alkoholvergiftung Altersschwäche Masern Diphterie Ovarienoperation Mord Andere Ursachen Ohne Angabe Summe

Anzahl | 41 29 27 20 15 14 13 12 12 11 9 8 6 5 4 3 2 2 2 2 19 20 276

* Davon 16 Eisenbahn- und drei Straßenbahnunfalle. Quelle: Zusammengestellt nach NAUS, Microcopy 296, Roll 11, Vol. 21, bis Roll 15, Vol. 27.

1,7

Parsons Nachfolger A. L. M. Gottschalk, der bezweifelte, daß ihm niemand entging, erbat 1906, von der Berichtspflicht befreit zu werden (NAUS, Microcopy 296, Roll 15, Vol. 27, Gottschalk an Dept. of State, 11.7.1906). 198 Berücksichtigt wurden 276 Berichte über die zwischen dem 14.5.1896 und dem 23.7.1906 in MexikoStadt oder der näheren Umgebung verstorbenen US-Amerikaner. Einzige Ausnahme ist der Tod von William DeGress, der auf einer Reise in St. Louis (USA) erfolgte. Sein Leichnam wurde jedoch zu seiner Familie nach Mexiko-Stadt überführt und auf dem U. S. National Cemetery beerdigt (NAUS, Microcopy 296, Roll 11, Vol. 21, bis Roll 15, Vol. 27). 199

92 der in Mexiko-Stadt Verstorbenen waren im American Hospital gestorben. In zwei der 276 Fälle wurde keine Angabe zum Ort gemacht. 200

In vier Fällen von tot geborenen Kindem war kein Geschlecht angegeben worden.

207

Die Kindersterblichkeit war ziemlich hoch, fünfzehn Personen, bei denen das Alter angegeben wurde, waren vor Vollendung des ersten Lebensjahres verstorben. 201 Tabelle 35: Alter der im Distrito Federal und der näheren Umgebung verstorbenen US-Amerikaner, 1896-1906 0-10 Jahre 11-20 Jahre 21-30 Jahre 31-40 Jahre 41-50 Jahre 51-60 Jahre 61-70 Jahre 71-80 Jahre 81-90 Jahre 91-100 Jahre Summe

29 1 13 29 23 13 9 7 1 1 126

Quelle: Zusammengestellt nach NAUS, Microcopy 296, Roll 11, Vol. 21, bis Roll 15, Vol. 27.

Von den 276 Verstorbenen hatten 137 Angehörige im Distrito Federal, weitere neun in anderen Landesteilen. 97 hatten keine Angehörigen in Mexiko, sondern nur in den USA. 202 Die Angaben über die regionale Herkunft der 276 Personen sind spärlich und ungenau. Von 104 Angaben über die Herkunft beziehen sich 22 auf Mexiko (davon 18 auf Mexiko-Stadt), dreizehn Personen kamen aus dem Staat New York, acht aus Texas, sechs aus Massachussettes und fünf aus Pennsylvania. Die meisten der 276 verstorbenen US-Amerikaner wurden auch auf den US-amerikanischen Friedhöfen beerdigt: 114 auf dem U. S. National Cemetery und 82 auf dem New American Cemetery.202 Der Leichnam des am 5. Dezember 1906 bei einem Straßenbahnunfall getöteten Generalkonsuls James Russell Parsons wurde bis zu seiner Überfuhrung in die USA auf den französischen Friedhof gebracht, was Gelegenheit zu einer großen Zeremonie der Kolonie mit einem Gottesdienst in der Christ Church gab. Es kamen die führenden US-amerikanischen Geschäftsleute in großer Zahl, Diplomaten und konsularische Vertreter,204 General Agustín Pradillo in Vertretung des mexikanischen Präsidenten sowie ein Neffe von Matías Romero. 205

201

Es gab in den 276 Berichten 138 Angaben zum Alter, allerdings waren manche so unbestimmt (old age, infant), daß sie nicht berücksichtigt werden konnten. Unberücksichtigt blieben auch fünf Totgeburten. 202

Eine Person hatte Angehörige in Italien, bei 32 waren keine Informationen verfügbar.

203

In 52 Fällen gab es dazu keine Angabe. Elf Verstorbene wurden auf dem Friedhof Dolores bestattet, drei auf dem Panteón Francés, einer auf dem Panteón Inglés und drei auf verschiedenen anderen mexikanischen Friedhöfen. Zehn Leichen wurden in die USA überführt. 204

Baron und Baronin von Wangenheim und Baron Schmidthaus vertraten die deutsche Gesandtschaft, Paul Kosidowski kam als deutscher und holländischer Konsul. 205

NAUS, Microcopy 296, Roll 15, Vol. 27, Eberhardt an Dept. of State, 9.12.1905; vgl. auch V. Harris (1907:31-32).

208

Von 1884 bis 1889 unterhielt Rosa Morrison de Cabanas in ihrem Haus die Select English School, in der neun Kinder unterrichtet wurden (Davis 1942: 174). Die American School begann am 6. August 1888 als Kindergarten, den die gerade aus den USA zu ihrer Tochter gezogene Erzieherin Bessie Files unter anderem für ihre Enkelkinder gründete.206 US-amerikanische, britische und mexikanische Eltern schickten ihre drei- bis neunjährigen Kinder dorthin.207 Im November 1894, im gleichen Jahr als auch die deutsche Schule gegründet wurde, begann der eigentliche Schulunterricht (primary und grammar grades). Dies geschah auf Initiative von John R. Davis, dessen Kinder nun weiterfuhrenden Unterricht benötigten und dem sich mehrere Eltern zur Finanzierung von US-amerikanischen Lehrern angeschlossen hatten.208 Zwei Monate nach der Eröffnung hatte die Schule 96 Schüler. Im März 1896 waren es bereits 114, so daß ein größeres Gebäude für den Unterricht gefunden werden mußte.209 1898/99 beschäftigte sie neun Lehrer oder Lehrerinnen US-amerikanischer (5), mexikanischer (2), französischer (1) und deutsch-amerikanischer (1) Herkunft (Schell 2001: 71). Die ersten High-School-Klassen wurden 1902 eingerichtet, sie sollten auf College-Studien in den USA und in Kanada vorbereiten. Die Schülerzahl stieg weiter auf 475-500 im Jahr 1902, etwa dreißig Prozent von ihnen waren Internatsschüler aus den Minenregionen. Sie wurden von 27 Lehrern unterrichtet. Allerdings kam es in den Jahren 1904-1905 auch zu Abgängen wegen Krankheitsepidemien, und die Schule hatte große finanzielle Probleme. 1905 wurde die American School Association als Sociedad Corporativa gegründet. Dem Organisationskomitee stand H. W. Morton vor, und das Projekt wurde von Generalkonsul Parsons, der über ausgiebige Erfahrungen im Erziehungswesen verfugte, beraten und finanziell unterstützt.210 Das Schulgebäude blieb in der Colonia San Rafael (Calle Industria). In diesem Jahr wurden alle Jahrgänge 206

Ihre Tochter war mit dem Manager der Waters-Pierce Oil Company, John R. Davis, verheiratet. Ein anderer US-amerikanischer Kindergarten, finanziell stets in Schwierigkeiten, war der von Maude A. Dennie (Dennie School), der von 1894 bis mindestens 1899 existierte und dem auch einige Schulklassen angegliedert waren (Schell 2001: 70). 207

Die Gebühr betrug 3 Pesos Gold monatlich, fünf Pesos für zwei Kinder derselben Familie.

208

Da die US-amerikanische Schule keine Jahresberichte veröffentlichte und auch über kein Archiv der Gründungszeit mehr verfügt, ist ihre Geschichte weit weniger gut belegt als die der deutschen Schule. 1894 wurde die US-amerikanische Schule als Mexico Grammar School gegründet, erster Präsident des Vorstands wurde Davis, von 1896-1899 bekleidete T. R. Hasam dieses Amt (Castillon/Wright [1988], ohne Seitenzählung; vgl. auch Anhang 12). Schell (1992: 274, Anmerkung) gibt die Mitglieder des Vorstands von 1901 an: W. R. Roalfe (Waters-Pierce Oil Co.), J. O. Rice (Cuernavaca-Pacific Railroad), F. Carey (mexikanischer Partner der Firma H. Lohse & Co.), Thomas Moran (mexikanischer Kongreßabgeordneter, Partner von Bateman, Moran & Co.), der Franzose Carlos P. Martin (Electric Light Compañía Explotadora), T. R. Hasam, W. B. Ryan, C. E. Cummings (Mexican Telegraph Co.), Howard Carnes (American Co.) und Arthur Schmidt (deutsch-US-amerikanischer Möbelfabrikant). 209

1901 wurde der Linguist und Graduierte der University of Toronto John H. Comyn Direktor. Unter seiner Leitung wurden neben den US-amerikanischen Examen auch die mexikanischen Regierungsprüfungen an der Schule abgehalten. Nach seinem Ausscheiden aus der Schulleitung war Comyn 1909 an der Nationaluniversität von Mexiko-Stadt Professor für Griechisch und Englisch, veröffentlichte aber auch Übersetzungen und arbeitete für die Presse. 1914 ging er in die USA, kehrte aber nach der Revolution nach Mexiko zurück und nahm einen Lehrstuhl ftlr Náhuatl ein. Später leitete er das Touristenhotel Quetzalcóatl (Schell 2001: 71). 2,0

Der Mexican Herald propagierte die Wahl Parsons zum Präsidenten der Association, wovon dieser sich aber im Hinblick auf seine umfangreichen Pflichten und angesichts der Tatsache, daß er als Generalkonsul auch für mit der Neugründung rivalisierende kommerzielle Schulen zuständig war, distanzierte (NAUS, Microcopy 296, Roll 15, Vol. 26, Parsons an Dept. of State, 5.4.1905, Zeitungsbericht Mexican Herald. 5.4.1905V

209 211

vom Kindergarten bis zur High School angeboten. Etwa 80 US-amerikanische und britische Kinder waren eingeschrieben. 212 1909 betrug die Schülerzahl nach einer Meldung des Mexican Herald 225. 2 1 3 Die Presselandschaft veränderte sich weiter. Die englischsprachige Zeitung The T w o Republics 214 verlor zugunsten des Mexican Herald an Bedeutung, der das einflußreichste Blatt der Kolonie wurde und zeitweise finanzielle Unterstützung von der mexikanischen Regierung erhielt. 215 Diese Tageszeitung wurde von Frederick R. Guernsey 216 gegründet und herausgegeben, Manager war Paul Hudson. 217 Der Mitherausgeber Louis C. Simonds schrieb vor allem über Wirtschafts- und Finanzthemen. 218 1907 machte sich

211

In der Colonia Roma wurden wegen der Nachfrage dort ein Kindergarten und ein erstes Schuljahr eingerichtet. 212

Davis (1942: 174-176); Castillon/Wright ([1988], ohne Seitenzählung). Wie es zu der großen Diskrepanz zwischen den Schillerzahlen kommt, erklärt Davis nicht. Bis 1912 soll ihre Gesamtzahl auf 576 angestiegen sein. Nach Martin (1907: 1,108) gehörte die American School zu den besten ausländischen Schulen in Mexiko und zählte 400 Schüler. Parsons Sohn gehörte zu ihnen (NAUS, Microcopy 296, Roll 15,27, Zeitungsbericht Mexican Herald 8.12.1905). 213

Mexican Herald. 21.1.1909, abgedruckt in Castillon/Wright ([1988], ohne Seitenzählung). Vgl. auch die Schillerzahlen von Tabelle 41 in Kapitel 4.3.2 dieser Arbeit. 214

1885 wurde der in Hamburg geborene Teodoro Gestefeld neuer Chefredakteur des Blattes. Er war 1867 in die USA emigriert, lebte zunächst in Boston und hatte bis Mitte der 1880er Jahre vor allem in Chicago beruflichen Erfolg (Bopp 1961: 245). Um 1887 wurde The Two Republics von J. Mastella Clark, dem Sohn des Gründers George Clark, herausgegeben. Später wurde das Blatt von dem Buchhändler F. P. Hoeck mehrheitlich übernommen, nach einem weiteren Verkauf an R. E. Chism 1899 und daraus resultierenden Streitigkeiten jedoch im folgenden Jahr eingestellt (Gooch 1887: 16; Schell 2001: 16). Die mexikanische Gesandschaft in Washington informierte das mexikanische Außenministerium 1891 über Presseberichte in den USA. Demnach war am 28.8.1891 im New York Herald berichtet worden, ein Autor der Two Republics wäre wegen seiner Kritik an Präsident Díaz dazu aufgefordert worden, das Land zu verlassen. Der New York Herald nutzte die Gelegenheit, weitere Obergriffe gegen Journalisten in Mexiko anzuprangern. Nach den Angaben von Außenminister Mariscal hatte es jedoch keine Ausweisung von Journalisten gegeben (AHSRE 15-4-70). 215

Diese Unterstützung wurde 1909, im Jahr nach dem berüchtigten Creelman-Interview, das der Mexican Herald abgedruckt und fiir das mexikanische Blatt El Imparcial übersetzt hatte, eingestellt. Der Mexican Herald erschien aber weiterhin, eingestellt wurde jedoch das demselben Herausgeber gehörende Blatt Modem Mexico (Schell 2001: 153). 216

Guernsey kam aus Boston, lebte aber seit den 1880er Jahren in Mexiko (NAUS, Microcopy 296, Roll 11, Vol. 21, Crittenden an Dept. of State, 1.4.1896; Schell 2001: 15).

217

Hudson gab auch das in New York gedruckte Monatsmagazin Modem Mexico heraus, das sein Hauptbüro in Mexiko-Stadt hatte (Martin 1907: 1,115). Hudson, dessen Vater ebenfalls Zeitungsherausgeber war, stammte aus Kansas und war 1896 nach Mexiko-Stadt gekommen, wo er starken Anteil am Kolonie-Leben nahm. Hudsons Anteile am Mexican Herald überstiegen bald die Guernseys. Außerdem war er an der Mexico City Banking Company, S. A. beteiligt und zusammen mit Hoeck 1905 einer ihrer Direktoren (Schell 2001: 14-15; Directorio Oficial Bancario de México 1905: 228). 1907 listete Martin (1907: 1,171) folgende Namen im Zusammenhang mit der Mexico City Banking Co. auf: „The directorate includes the names of some of the best-known and most respected members of the American community, such as Mr. A. A. Robinson (formerly President of the Central Railway), Mr. W. W. Wheatly (formerly General Manager of the Mexican Tramways), Mr. C. R. Hudson (Vice-president of the Central Railway), Mr. Paul Hudson (Manager of the Mexican Herald), Mr. W. T. Bell, Mr. J. A. Henry, etc." 2

" Martin (1907: 1,114-115). Wöchentlich erschien im Jahr 1901 außerdem der Anglo-American. monatlich The Illustrated World. Bis 1907 kamen noch der Mexican Investor, die Pan-American World und der Daily Record hinzu (Davis 1942: 53-54). Carson (1914: 145) erwähnte neben dem Mexican

210

der liberale mexikanische Autor Manuel Alegre über den Diaz-Kult US-amerikanischer Unternehmer lustig, wobei er sich insbesondere auf eine Meldung des Mexican Herald über ein Bankett zu Ehren einer Reisegruppe um den Eisenbahnunternehmer und Investor A. Stilwell bezog (Alegre 1907: 82-95) 219 Zur Jahrhundertfeier der mexikanischen Unabhängigkeit entsandte die US-amerikanische Regierung einen Sonderbotschafter, Curtis Guild, und mehrere Personen des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft. Auch von US-amerikanischer Seite sollte ein Denkmal gestiftet werden, aber anders als bei den Deutschen wurde es von der USamerikanische Kolonie finanziert. In weniger als einem Monat wurde ausreichend Geld für ein Washington-Denkmal gesammelt, das auf der Plaza de Dinamarca in der Colonia Juárez stehen sollte. Am 11. September 1910 wurde im Beisein von Präsident Díaz am Ort des geplanten Monuments eine einfache Zeremonie abgehalten (Garcia 1911: 6-7, 59-60). An einem Empfang des US-amerikanischen Botschafters in Mexiko, Henry Lane Wilson, nahmen Vertreter der mexikanischen Gesellschaft und der USamerikanischen Kolonie teil (Garcia 1911: 59-60).220 Später wurde die Idee eines Denkmals für George Washington auf Anregung des ehemaligen US-amerikanischen Botschafters David E. Thompson zugunsten eines Friedensdenkmals fallengelassen (Meteer 1910: 353-354).221

4.3 Ungleiche Entwicklungen während der Mexikanischen Revolution

4.3.1 Die deutsche Kolonie: Der Weltkrieg dominiert

Während der Jahre der Mexikanischen Revolution und bis zum Ende des Ersten Weltkriegs entwickelten sich die deutsche und die US-amerikanische Kolonie nach den für Herald den Even ine Record als ein von US-Amerikanern herausgegebenes Blatt. Der Anglo-American wurde von General Agramonte herausgegeben (Schell 2001: 20). 219

Vor allem in den letzten Jahren des Porfiriats wurden US-Amerikaner in Pauschalreisenmanier (inklusive Präsidentenbesuch) von US-amerikanischen Unternehmern durch Mexiko gefllhrt und zu Investitionen animiert. Die bei diesen Gelegenheiten ausgesprochenen toasts auf Díaz und seine Wirtschaftspolitik, bei der im Mexican Herald beschriebenen Gelegenheit von Frisbie ausgesprochen, veranlaBten Alegre dazu, Díaz in seinem Text als „Merlin de México" zu verhöhnen. Secretary of State Elihu Root dagegen bezeichnete Porfirio Díaz 1907 bei einem Festessen des Gobierno del Distrito Federal als das Interessanteste, was ihm auf seiner Reise begegnet war („[...] lo más interesante que he visto [...] es vuestro Presidente. Me ha parecido que de todos los hombres que viven, Porfirio Díaz es el más digno de ser conocido.") Vgl. BO-SRE. Bd. 24, Nr. 6, 1907: 358. 220

Auch die mexikanische Präsidentengattin Caimen Romero zählte zu ihnen, obwohl Schell (2001: 57) betont, daß sie sich bei US-amerikanischen Veranstaltungen ungem sehen ließ und sich häufig mit fadenscheinigen Ausreden entschuldigte. Nach dem tödlichen Unfall des US-amerikanischen Generalkonsuls Parsons im Jahr 1905, bei dem auch dessen Ehefrau verletzt worden war, hatte sie dieser einen Besuch abgestattet (NAUS, Microcopy 296, Roll 15, Vol. 27, Eberhardt an Dept. of State, 9.12.1905 mit Anlage Mexican Herald, 8.12.1905V 221

Dem Organisationskomitee der Kolonie zu seiner Verwirklichung gehörten neben Thompson, der Präsident des Pan-American Railway war, C. R. Hudson (Vizepräsident des Ferrocarril Nacional Mexicano), Charles E. Cummings und K. M. Van Zandt Jr. an (Meteer 1910: 349, 353-354).

211

beide Gruppen positiven Jahren des Porfiriats unterschiedlich. Anders als die Zahl der US-Amerikaner, die zwischen 1910 und 1921 sank, stieg die Anzahl der Deutschen im Distrito Federal von 1288 (890 Männer und 398 Frauen) auf 2036 (1281 Männer und 755 Frauen) weiterhin stark an.222 Trotz der Revolution blieben die „deutschen" Firmen und ihr Kapital stabil, neue Unternehmen wurden gegründet und es gab sogar Investitionen in die Landwirtschaft und die Industrie (Mentz 1988e: 103; 1988d: 22).223 Der Waffenhandel, auch aus Deutschland, nahm während dieser Jahre zu. Allerdings waren die Eisenwarenhandlungen gleichzeitig auch am stärksten durch Überfälle und Plünderungen betroffen. Dies betraf jedoch stärker die Regionen außerhalb der Hauptstadt. (Mentz 1988e: 96-97).224 Stärkere Auswirkungen auf den Handel hatte der Erste Weltkrieg nach dem Eingreifen der USA als Gegner Deutschlands im April 1917. Zwar blieb Mexiko neutral, aber der direkte Warenaustausch mit Deutschland und Europa wurde durch die Seeblockade unterbunden. Viele Geschäfte intensivierten deshalb ihre Handelsbeziehungen mit den USA. Ab Ende 1917 jedoch hatten einige Häuser Probleme durch den Trading with the Enemy Act und ihre Aufnahme in die „Schwarze Liste" (Mentz 1988e: 102-103). Am 11. März 1918 beschwerte sich die deutsche Gesandtschaft beim mexikanischen Außenministerium darüber, daß im neutralen Mexiko residierende US-Amerikaner diese Listen anwandten und sich weigerten, Waren an deutsche Kaufleute, Fabrikanten und Hacendados zu verkaufen. Außerdem übten sie, dem Memorandum nach, auf Anweisung ihrer diplomatischen und konsularischen Vertreter Druck auf mexikanische und andere neutrale Häuser aus, ihre Verbindungen zu deutschen Häusern zu lösen, um nicht selbst in die „Schwarze Liste" aufgenommen zu werden. Dadurch sei der freie Markt gefährdet und die mexikanische Souveränität bedroht. 225 Die erste USamerikanische „Schwarze Liste", die der britischen nachempfunden war und die für Lateinamerika etwa 1700 Namen umfaßte, war am 5. Dezember 1917 publiziert worden. Für Mexiko waren 295 Namen verzeichnet, davon mindestens 170 aus Mexiko-Stadt.226 Am 20. Dezember 1917 rief die Deutsche Zeitung von Mexiko die 222

Vgl. Tabelle 24 in Kapitel 3.2.1. Der Anstieg der Zahl der Deutschen im D. F. ist umso bemerkenswerter, wenn man berücksichtigt, daß nach der US-amerikanischen Besetzung von Veracruz auch etwa 100 Deutsche auf Anraten des Gesandten von Hintze aus Mexiko-Stadt fortgegangen waren (O'Shaughnessy 1916: 282). Ein von Erich Günther (1912: 348-371) zusammengestelltes Adreßbuch der Deutschen in Mexiko-Stadt verzeichnete insgesamt 724 Adressen, eingeschlossen waren hierbei auch Firmen und Vereine. Nur fünfzehn Adressen waren solche von offenbar alleinstehenden Frauen, darunter sieben Lehrerinnen, zwei Krankenpflegerinnen und eine mit der Angabe „Stickereiwerkstatt". 223

So gründeten die Handelshäuser Julio Albert y Cia. und R. Boker y Cia gemeinsam mit anderen deutschen Kaufleuten die Porzellanfabrik El Anfora im Distrito Federal. Einen Besuch in dieser Fabrik schilderte 1923 der Primaner Siegfred Fuehr, den der Anblick etwa zwölfjähriger Kinder unter den Arbeitern beeindruckte (Blätter der Deutschen Schule zu Mexiko. Bd. 1, Nr. 1, 1923: 10-13). 224

Insgesamt bezogen sich etwa 70% der von der deutschen Gesandtschaft vorgebrachten Schadensersatzforderungen für die Jahre 1910 bis 1920 auf ländlichen Besitz (Mentz 1988e: 94-95). Die Papierfabrik Peña Pobre, im Süden des D. F. gelegen, wurde mehrmals von Zapatisten besetzt (O'Shaughnessy 1917:279-281). 225

AHSRE 16-25-80. Das mexikanische Außenministerium unternahm keine besonderen Schritte in dieser Angelegenheit. 226

Die Namen der in Mexiko betroffenen Häuser erschienen am 14. Dezember in der Zeitung Excélsior. Vgl. den Nachdruck in Nuestro México (Nr. 8, México en la Primera Guerra Mundial, 1983:47-49). Der Nachdruck dieser Liste ist offensichtlich unvollständig, es fehlen die letzten Buchstaben des Alphabets. Zu den dort aufgeführten Namen vgl. Anhang 7 dieser Arbeit.

212

Leser dazu auf, ihre Weihnachtseinkäufe in deutschen Geschäften zu tätigen, da Deutsche in „alliierten" Häusern zum Teil nicht mehr bedient würden.227 Im September 1918 forderte ein empörter Leser der Zeitung, die Brauereien Cervecería Toluca y México228 und Cervecería Moctezuma (Orizaba, Veracruz),229 die jahrelang die deutschen Vereine beliefert hatten, zu boykottieren. Die beiden Brauereien hatten aus Angst vor Sanktionen auf ihre deutschen Kunden verzichtet. Von der Zeitung unterstützt, rief der Leser dazu auf, nur noch Bier der Cervecería Central zu konsumieren.230 Am 17. Oktober stellte die Deutsche Zeitung von Mexiko klar, daß das Haus Loeb Hnos. trotz des Namens kein deutsches Unternehmen sei. Loeb habe sämtliche deutsche Angestellte entlassen und an der Erstellung der „Schwarzen Liste" mitgewirkt.231 Obwohl die Schädigungen von Deutschen durch die Mexikanische Revolution insgesamt eher gering waren, so hatten die Vorfalle in Covadonga (Puebla), bei denen auch vier Deutsche getötet worden waren,232 ihre Auswirkungen auf die Kolonie. Vor allem Sanitätsrat Dr. Pagenstecher, der als Präsident des Deutschen Hauses und in der anfanglichen Abwesenheit eines deutschen Diplomaten233 offensichtlich die Kolonie und das Deutsche Reich zu vertreten suchte, hatte den Fall auch in der Presse in Deutschland publik gemacht und sich für die schließlich von der Madero-Regierung gezahlte Entschädigung engagiert.234 In der Hauptstadt bewaffnete sich die Kolonie.235 Am

227

DZM. Bd. 35, Nr. 148, 1917: 2.

228

Die 1865 in Toluca (Estado de México) von dem Schweizer Marendas gegründete Brauerei war 1875 von Santiago Graf aufgekauft und ausgebaut worden. 1890 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, an der sich Deutsche und US-Amerikaner aus Mexiko-Stadt beteiligten. Die mexikanische Hauptstadt war auch der größte Absatzmarkt für das Lagerbier der Brauerei, der eine eigene Flaschenfabrik angeschlossen war. Die Jahresproduktion betrug 100.000 Barrel (Brauer-Tuchorze 1920: 109-110). 1914 war der Präsident der Brauerei, Federico Gräf, an Typhus gestorben. Gräf, der auf dem deutschen Friedhof beerdigt wurde, war Mitglied vieler deutscher Vereine gewesen (Der Wanderer. Bd. 5, Nr. 19, 19.3.1914: 4). Zu den teilweise aus Deutschland stammenden Arbeitern der Glasfabrik in Toluca vgl. Kießling (1989: 82-84). Kießling (1989: 81-83, 84-90) beschreibt den aus Leipzig stammenden Paul Zierold (von 1889 bis zu seinem Tod 1938 in Mexiko) als einen in Deutschland verfolgten Sozialisten und gewerkschaftlichen Organisator der Glasarbeiter von Toluca. Zierold war von Beruf Klavierstimmer und ein Angesteller des Hauses Wagner & Levien. Falls es sich nicht um eine zufällige Namensgleichheit handelt, hatte er auch Anteile an der 1914 gebildeten Compañía de Terrenos Central, S. A. Diese Gesellschaft wurde nach dem Verkauf ihrer Grundstücke 1916 aufgelöst (Jiménez Mufloz 1993: 162). 229

Diese Brauerei wurde 1894 von Jacob Schule errichtet. 1920 produzierte sie 100 Barrel pro Tag (Brauer-Tuchorze 1920: 110). 230

DZM. Bd. 36, Nr. 107, 17.9.1918: 2-3. Die Cervecería Central, deren Leitung teils in deutscher Hand lag, war selbst von der „Schwarzen Liste" betroffen.

" ' D Z M . Bd. 36. Nr. 120, 17.10.1918:2. 232

Vgl. Kapitel 2.2.3 dieser Arbeit.

253

Zwischen der Abreise von Karl Bünz und der Ankunft von Konteradmiral von Hintze. Pagenstecher, der damals auch Leiter des Deutschen Flottenvereins in Mexiko war, geriet in scharfen Gegensatz zu dem deutschen Gesandten von Hintze (La France 1986: 74-75; Katz 1981: 209-210; Hürter 1998: 56-57). Der Chirurg Dr. Pagenstecher lebte seit etwa 1885 in Mexiko, die ersten fünfzehn Jahre in San Luis Potosí, danach in Mexiko-Stadt (México v sus colonias extranjeras en la República Mexicana 1925, ohne Seitenzählung). 234

Dabei forderte er auch vehement den Einsatz von deutschen Kriegsschiffen, was die deutsch-mexikanischen Beziehungen belastete. In der deutschen Presse wurde seine Position zunächst unterstützt, bis eine Schmutzkampagne ihn wegen seiner haitianischen Herkunft niedermachte. Aus dem Flottenverein

213

6. April 1912 dankte der deutsche Gesandte von Hintze der mexikanischen Regierung für 250 Karabiner und 12.500 Schuß Munition, die diese der deutschen Kolonie zur Verfugung gestellt hatte. Sie waren bereits am 3. April zurückgegeben worden, nachdem mit Erlaubnis der Regierung aus New York importierte Waffen (500 Karabiner) und Munition für die Kolonie eingetroffen waren. Im März 1914 lagerten die Waffen in mehreren von der Gesandtschaft versiegelten Kisten in der Deutschen Schule. Das mexikanische Kriegsministerium versuchte im April 1914, diese Waffen zur Verfügung gestellt zu bekommen. Die deutsche Gesandtschaft war aber nicht zur Auslieferung bereit und verwies darauf, daß die Waffen Eigentum der deutschen Regierung seien. Ende 1913 lagerten zumindest Teilbestände nicht mehr in der Schule, sondern an verschiedenen anderen Orten (vgl. Tabelle 36). Die neu angeschafften Waffen waren nach den Angaben der deutschen Gesandtschaft Eigentum der Kolonie, sie waren mit Kenntnis des Außenministeriums eingeführt worden („para protegerse en el caso de un alzamiento del populacho de la Capital"). Schließlich verzichtete das Kriegsministerium auf die Waffen.236 Tabelle 36: Waffenlager der deutschen Kolonie in Mexiko-Stadt, 1914 Suma

Cartuchos

4

Escopetas de caza 4

8

500

1

3

4

300

2

3

5

400

36 42

36 25

72 67

7200 5000

85

71

156

13400

Fusiles Guardia 1. 8a Chihuahua 183 Casa v. Blücher Guardia II. 8a Córdoba 152 Casa Cordes Guardia III. Calle Flora 2 Casa Grabau Pigeon House. Plaza Orizaba 56 Cueva Cuarto II Suma

Quelle: AHSRE 16-8-23.

Die deutsche Kolonie237 hatte Ende 1913 in einem Rundschreiben an etwa 800 Deutsche und 80 Österreicher zur Gründung einer Schutzorganisation aufgerufen. Andere ausländische Kolonien hatten ähnliche Organisationen gebildet. Sie sollten für den Notfall die Umsiedlung der Kolonie in eine Schutzzone planen und Wach- und Patrouillenwurde er daraufhin ausgeschlossen (Katz 1981: 209-212). Trotzdem blieb er ein angesehenes Mitglied der deutschen Kolonie in Mexiko, wie seine langjährige Mitgliedschaft in mehreren Vereinsvorständen, so auch dem Verband Deutscher Reichsangehöriger und der Deutschen Krankenkasse, belegt. 2,5

Nach einem Bericht von Hintzes hatte die deutsche Kolonie sich in einem Beschluß vom 21.8.1911 noch gegen eine von ihm angeregte Bewaffnung ausgesprochen. Nachdem jedoch die US-amerikanische Regierung ihre Staatsbürger zum Verlassen Mexikos aufgefordert hatte, änderte die Kolonie ihre Meinung (von Hintze an Bethmann Hollweg, 10.3.1912, abgedruckt bei Hürter 1998: 307-310). 236

AHSRE 16-8-23.

237

Vertreten durch die Vorstände deutscher Vereine bei einer Versammlung im Deutschen Haus.

214

dienste leisten. Für den Zusammenschluß der Deutschen kamen nach Vorgabe der europäischen Gesandten und der mexikanischen Regierung die Colonias Roma und Juárez in Frage. Das Rundschreiben wurde von etwa 250 Deutschen beantwortet. Das Komitee der Schutzorganisation setzte sich folgendermaßen zusammen: F. A. von Blücher, Präsident; Hans Beer, Schriftführer; Egbert Heikamp, Kassierer; Dr. E. Bockendahl, Sanitätsabteilung; Frieder. Grabau, Militärische Ausbildung und Organisation; A. Wöm, Quartiermeister; C. C. Hoflmann, Auto-Abteilung; Z. Wunderlich, Waffen, Munition, Flaggen; G. Lammers, Proviant; H. Weise, Publikationen.23'

Im September 1914 plante der Militärkommandant der Hauptstadt, General Juan Cabral, alle Bürger des Distrito Federal dazu aufzufordern, ihre Waffen binnen 48 Stunden abzugeben. Der deutsche Geschäftsträger Arthur Magnus wollte die Deutschen von Mexiko-Stadt von dieser Regelung ausgenommen wissen, da sie sich keineswegs in die politischen Angelegenheiten Mexikos einmischen würden. Ihre Waffen stellten seiner Darstellung nach keinerlei Gefahr für die öffentliche Ordnung dar, sondern dienten nur Verteidigungszwecken. Magnus wies auch darauf hin, daß Präsident Madero seinerzeit extra Waffen an die ausländischen Kolonien hätte verteilen lassen, damit sie sich schützen konnten. Als Zeichen des Entgegenkommens und angesichts der 48-Stunden-Frist forderte Magnus jedoch seine Landsleute dazu auf, ihre Waffen in der Gesandtschaft abzugeben. Das mexikanische Außenministerium zeigte sich mit seinem Vorgehen einverstanden. 239 1 9 1 6 wurden die Deutschen in Mexiko-Stadt erneut von der Abgabe der Waffen ausgenommen, sollten diese aber in der Militärkommandantur registrieren lassen.240 Ab 1914 zog der Erste Weltkrieg als wichtigstes Geschehen alle Aufmerksamkeit der deutschen Kolonie auf sich. Eine Reihe ehemaliger Kolonie-Mitglieder nahm am Kriegsgeschehen direkt teil und berichtete darüber auch nach Mexiko. Zwei Gruppen von jungen Männern versuchten, nach Deutschland zu gelangen, wurden aber unterwegs gefangen genommen. 241 Über 30 aus Mexiko stammende deutsche Kriegsgefan-

238

Der Wanderer. Bd. 5, Nr. 3,27.11.1913:4-5; Nr. 4,4.12.1913: 6.

239

AHSRE 16-18-36. Interessanterweise schloß Magnus in seine Aufforderung auch Landsleute mit mexikanischem Paß ein: „[...] para calmar a mis compatriotas y ayudar en lo más posible a las autoridades mexicanas en sus esfuerzos de garantizar la seguridad pública, he instruido a mis compatriotas que en cuanto a las armas que tienen, y las que en caso de ser nacionales deberían entregar a las autoridades mexicanas, se las entreguen a esta Legación" (Schreiben vom 1.9.1914, Magnus an Isidro Fabela). Isidro Fabela, der spätere mexikanische Gesandte in Deutschland, heiratete am 12.7.1920 in Berlin-Wilmersdorf Josefina Eisenmann. Ihr kurz zuvor verstorbener Vater Carlos Eisenmann besaß in Mexiko Minen (Deutsch-Mexikanische Rundschau. Bd. 2, Nr. 1/2,1920: 9). 240

AHSRE 16-18-36. Der österreichisch-ungarische Gesandte erreichte für seine Kolonie das gleiche Ergebnis. 241

Da das Kaiserliche Konsulat in Mexiko-Stadt zwar die amtlichen Aufhife zur Mobilmachung veröffentlichte, aber keine Reisegelder ftir die anfangs auch nur bedingt wehrpflichtigen Auslandsdeutschen zur Verfügung stellte, steht zu vermuten, daß diese beiden Gruppen ihre Reisen selbst organisiert und finanziert hatten (vgl. DZM. Bd. 33, Nr. 3, 9.1.1915: 5; Bd. 34, Nr. 141, 16.12.1916: 2; Bd. 35, Nr. 57,

215

gene kamen in ein Gefangenenlager bei Brest (Frankreich), andere verschlug es nach Amherst in Kanada.242 Im Laufe des Krieges starben mehrere aus Mexiko stammende Deutsche.243 Die deutsche Kolonie veranstaltete Basare244 und Konzerte,245 feierte Wohltätigkeitsfeste,246 und die Frauen strickten Socken und Unterwäsche zur Linderung der Kriegsnot.247 P. Horn aus dem Haus Sommer, Herrmann & Co. vermittelte 1915 über die Deutsche Historische Gesellschaft in New York den Umtausch von Goldschmuck zu Eisen (mit Urkunde).248 Vor allem in den Jahren 1915 und 1916 wurden Gelder nach Deutschland gesandt, aber auch 1917 und 1918 gab es trotz des schlechten Wechselkur-

19.5.1917: 2-3; Der Wanderer. Bd. 5, Nr. 38, 30.7.1914: 3-4). Wehrpflichtige aus Österreich-Ungarn erhielten dagegen Reisemittel von ihrer Regierung. 242

Eine Postkarte aus Brest an die Deutsche Zeitung von Mexiko unterzeichneten Felix Scholz, O. Ottmann, W. Hering, H. Schnett, Wilh. Meyer, H. von Wurmb, Rudolf Carl, Hans Heins, Hans Baehr, Alb. Johannsen, M. Witte, H. Schwab, Hans Münch, Aug. Sohn, Kurt Jessen, Hugo Husen, Klaus Mohrmann, Fritz Back, Alfred Ibach, H. Bertram, Otto Schmale, Hans Burghardt, Karl Kochenrath, Hans Liihrs, Anton Olbrich, Robert Koch, H. Brügmann, Wilh. Bach, B. Trentepohl, D. Jacobsen, H. Lenz und M. Hugentobler als „Deutsche gefangene Kolonie von Mexico" (DZM, Bd. 33, Nr. 28, 7.4.1915: 3). In Amherst saßen H. Biesterfeld, L. Fischer, A. Niedthardt, K. Lehmkuhl, H. Kuhn, R. Pfeiffer, G. Bitter und H. Gusmann fest. Unter ihnen waren nicht nur Kolonie-Mitglieder, sondern auch Besatzungsmitglieder der S.M.S. Dresden (DZM. Bd. 33, Nr. 86, 27.10.1915: 3; Bd. 34, Nr. 19, 15.2.1916: 3; Nr. 20, 17.2.1916: 3;Nr. 29,9.3.1916: 3; Bd. 35, Nr. 143, 8.12.1917: 3; Nr. 144,11.12.1917: 3). 243

Auf dem Kriegerdenkmal des Deutschen Friedhofs in Tacuba (D. F.) sind die Namen von 37 Gefallenen und einem Vermißten aufgezählt. 244

Der Deutsche Flottenverein in Mexiko, am 18.1.1911 neu gegründet, trat insgesamt nur wenig öffentlich in Erscheinung. 1913 hatte er 276 Mitglieder (Der Wanderer. Bd. 3, Nr. 17, 22.2.1912: 9; Bd. 4, Nr. 24, 24.4.1913: 6). Am 24.4.1915 veranstaltete er jedoch einen großen Basar im Deutschen Haus „zur Linderung der Kriegsnot in der Marine". Dem Reichsmarineamt wurde der Erlös von 4558,02 Mark zur Verfügung gestellt. Dem Anlaß entsprechend gehörten neben Verkaufsständen, Wiener Café, Bierrestaurant und Sektbude auch ein Kriegsfilm, ein Lichtbildvortrag über die Heerführer, Marinebilder und ein Zeppelinmodell zu den Attraktionen. In der Deutschen Zeitung von Mexiko wurde besonders auf die von „amerikanischen Damen" beigesteuerten selbstgemachten Süßigkeiten verwiesen. An dem Fest nahmen neben der deutschen und der österreichisch-ungarischen Kolonie auch „Bürger der Vereinigten Staaten, Schwedens, Norwegens, Dänemarks, der Schweiz und der Türkei" teil (Bd. 33, Nr. 34,28.4.1915: 2; Bd. 34, Nr. 22,22.2.1916: 3). 245

Wohltätigkeitskonzerte fanden bei Wagner & Levien und in der Casa Alemana de Música statt (DZM. Bd. 33, Nr. 2,6.1.1915: 3; Nr. 13,13.2.1915: 5; Nr. 56, 14.7.1915: 3; Bd. 35, Nr. Nr. 2,4.1.1917). 246

1916 und 1917 veranstaltete die „Kriegshilfe" jeweils ein Osterfrühstück im Springgarten des Deutschen Reitvereins. 1916 betrug der Reingewinn 17.434 Pesos (DZM. Bd. 34, Nr. 45, 15.4.1916: 3; Nr. 49, 27.4.1916: 3; Bd. 35, Nr. 39, 3.4.1917: 3). Im Zirkus Welton fanden ebenfalls verschiedene Wohltätigkeitsvorstellungen statt (DZM. Bd. 33, Nr. 74, 15.9.1915; Bd. 34, Nr. 110, 30.9.1916: 3; Bd. 35, Nr. 73,26.6.1917: 3; Nr. 133, 15.11.1917: 3). 247

Zu den „Liebesgaben" des Deutschen Frauenvereins vgl. DZM. Bd. 33, Nr. 2, 6.1.1915: 3; Nr. 59, 24.7.1915: 3. Außerdem organisierte Frau C. Wriedt 1916 die Versendung von zwei Kisten gezupfter Scharpie, die mangels Watte für die Wundbehandlung benutzt wurde, an das Deutsche Rote Kreuz (DZM. Bd. 34, Nr. 12, 27.1.1916: 3; Nr. 81, 18.7.1916: 3). Geldspenden der Kolonie wurden über die Deutsch-Südamerikanische Bank nach Deutschland gesandt. Zeichnungslisten lagen dort und im Deutschen Haus; der Deutschen Buchhandlung (Müller Hermanos); bei Carlos Hirschberg; Korff, Honsberg & Co.; Reinbeck & Becker, S. en C. und in der Redaktion des Wanderer aus (DZM. Bd. 33, Nr. 5, 16.1.1915:5). 248

DZM. Bd. 33, Nr. 3,9.1.1915:4.

216 ses und der Kontrolle der Alliierten noch Überweisungen. 2 4 9 Das neugegründete Hilfskomitee, die „Deutsche Kriegshilfe", 250 wandte sich ab Ende 1917 nach und nach auch anderen Aufgaben zu. Im November 1917 plante es eine Volksküche für Bedürftige aus der deutschen und der österreichisch-ungarischen Kolonie, in der auch die Kinder berufstätiger Mütter betreut werden sollten. Anfangs für etwa 20 Personen ausgelegt, fand die Volksküche, die am 22. Dezember eröffnet wurde, viel Publikum. Die Mittags- und Abendmahlzeiten wurden zum Teil verkauft, zum größeren Teil aber v o m Konsulat oder den Hilfsvereinen der deutschen und der österreichisch-ungarischen Kolonie finanziert. Zwischen dem 25. Februar und dem 7. März 1918 gab sie 719 Mahlzeiten aus, 251 im August 1918 2996 (davon 1569 Freimahlzeiten), im Oktober 3 5 2 9 2 5 2 und im November 3779. 2 5 3 Die Bedürftigkeit in der Kolonie nahm nicht nur durch die Wirtschaftskrise 1917 zu, sondern auch durch deutsche Flüchtlinge, die nach dem Kriegseintritt der Vereinigten Staaten die U S A verließen und nach Mexiko kamen. A m 9. April 1917 gründeten Vertreter verschiedener deutscher Vereine 2 5 4 in Zusammenarbeit mit dem deutschen Konsulat ein „Komitee für Deutsche Kriegsflüchtlinge aus den Vereinigten Staaten von Amerika" und baten um Spenden, Stellenangebote und Herbergen für ihre Schützlinge. Das Haus Sommer, Herrmann & Co. stellte kostenlos ein Gebäude als Massenunterkunft zur Verfügung, das mit Feldbetten ausgestattet wurde, aber im Januar 1918 nicht für alle Betroffenen ausreichte. Etwa 160 Flüchtlinge erhielten dort Unterkunft, bis die

249

Der „Mutterdank", eine Frauenorganisation des Deutschen Roten Kreuzes, sandte auch noch 1918 Geld nach Berlin. Seine Filiale in Mexiko war am 25.4.1917 unter dem Ehrenvorsitz von Frau von Eckardt gegründet worden (1. Vorsitzende Martha von Lübeck, 2. Vorsitzende Hermine Hirschberg, Schatzmeisterin Johanne Vermehren, Schriftführerin Martha Träger, Beisitzende Luise Böker). Im Mai 1917 hatte die Organisation 133 Mitglieder, ein Jahr später noch 100. In Puebla wurde am 25.5.1917 eine Ortsgruppe gebildet (DZM. Bd. 35, Nr. 53, 10.5.1917: 3; Bd. 36, Nr. 63, 1.6.1918: 2). Im August 1917 überwies der Mutterdank 5300 Mark nach Berlin, im Februar 1918 10.000 Mark. Die letzte Summe kam vor allem durch Spenden von außerhalb, insbesondere aus Tapachula (Chiapas), zusammen. Im April 1918 wurden 4800 Mark nach Berlin gesandt (DZM. Bd. 35, Nr. 90, 4.8.1917: 3; Bd. 36, Nr. 16, 9.2.1918: 2; Nr. 45, 20.4.1918: 3). Nach Bopp (1979: 539) wurde der Mutterdank in Mexiko 1920 aufgelöst. 250

In der Kriegshilfe arbeiteten unter anderen die Damen B. Feiks, A. Hirschberg, M. Rübke, L. Sauerschnig, L. Warnholtz und C. Wriedt mit. Auch sie sandten mehrfach Geld nach Deutschland (DZM. Bd. 34, Nr. 25, 29.2.1916: 3; Bd. 37, Nr. 66, 8.6.1918: 2-3). Veranstalter und Mitwirkende der Bunten Abende der Kriegshilfe gründeten im September 1917 die Vereinigung „Deutsches LiebhaberTheater Mexico". Auf der ersten Hauptversammlung am 15.10. wurde folgender Vorstand gewählt: 1. Vorsitzender E. Giffenig, 2. Vorsitzender J. Helm y Correa, Schriftführer E. Eberstadt, Schatzmeister L. Diener, Beisitzerin Gretel Haupt. Die Erträge aus den Theateraufführungen gingen an die deutsche Kriegshilfe, die österreichisch-ungarische Kolonie, die türkische Kolonie und die bulgarische Kolonie. Zu „Propagandazwecken" wurde ein Teil der Eintrittskarten für die Aufführungen an Mexikaner verschenkt (DZM. Bd. 35, Nr. 107, 13.9.1917: 3; Nr. 122, 18.10.1917: 3; Bd. 36, Nr. 15, 7.2.1918: 2; Nr. 104, 7.9.1918: 2-3). 251

Davon 110 gegen Eßkarten des Konsulats und 164 gegen Freikarten anderer Vereine.

252

400 wurden vom deutschen Konsulat bezahlt, 67 vom österreichisch-ungarischen Hilfsverein, 2281 vom Deutschen Hülfsverein, dem Deutschen Frauenverein und der Kriegshilfe. 253

DZM. Bd. 35, Nr. 128. 3.11.1917: 2; Nr. 149, 22.12.1917: 3; Bd. 36, Nr. 5, 12.1.1918: 3; Nr. 28, 9.3.1918: 2-3; Nr. 103, 5.9.1918: 3; Nr. 131, 14.11.1918: 3; Nr. 143, 14.12.1918: 3; Nr. 145, 19.12.1918:3. 254

Beteiligt waren der Verband Deutscher Reichsangehöriger, der Hilfsgelder für deutsche Kriegsgefangene in Sibirien, die nicht mehr transferiert werden konnten, zur Verfügung stellte, der Deutsche Hülfsverein und der Deutsche Frauenverein.

217

Firma das Gebäude ab Juni 1918 wieder selbst benötigte. Danach organisierte das Komitee die Unterbringung von 25 Flüchtlingen auf den Haciendas von Paul und Dr. F. Petersen und ihres Geschäftspartners J. F. Ziegler in Puebla, wo sie ab dem 3. Juni 1918 arbeiteten.255 Der Deutsche Hülfsverein hatte 1914 um die 300 Mitglieder. Er betreute den Deutschen Friedhof (Dolores), aus dem er Gewinne zog,256 besaß mehrere Grundstücke und trug zum Hospitalfonds bei. Unterstützt wurden im Geschäftsjahr 1914 211 Personen, weitere 66 wurden mit Geldmitteln versehen und „nach auswärts" befördert. Der Verein übernahm für einen Schüler das Schulgeld, für zwei Personen die Unterbringung in einer Irrenanstalt und für sechs die Behandlungskosten in verschiedenen Hospitälern. Für drei Deutsche wurden die Beerdigungskosten gezahlt.257 Bis Ende 1915 stieg die Mitgliederzahl auf knapp 400 Personen. Der Hülfsverein arbeitete mit der 1908 gegründeten Deutschen Krankenkasse zusammen. Diese wurde von Dr. Pagenstecher als Erstem Vorsitzenden geleitet258 und hatte 170 Mitglieder. Da im Krieg bereits drei Mitglieder der Kasse gefallen waren, regte Pagenstecher am 23. Oktober 1915 die Errichtung eines Kriegerdenkmals auf dem Deutschen Friedhof an 259 Die Kasse zahlte Unterstützungen an Mitglieder im Krankheitsfall 260 (vgl. Tabelle 37) und verwaltete den Hospitalfonds, der bis 1917 bei der Firma Korff, Honsberg y Cia. angelegt war. Durch die ungünstige Wechselkursentwicklung und vermutlich auch durch eine ungeschickte Anlagepolitik verlor das Vermögen der Krankenkasse an Wert (vgl. Tabelle 38). Allerdings wurden auch einige Darlehen gekündigt, zum Beispiel durch die Deutsch-Südamerikanische Bank und das Haus José Uihlein Sucs.261

255

DZM. Bd. 35, Nr. 42, 1.4.1917: 3; Bd. 36, Nr. 12, 29.1.1918: 3; Nr. 49, 30.4.1918: 2-3; Nr. 62, 30.5.1918: 2. Nach Friedrich Petersen (1937: 15) kamen 24 Flüchtlinge nach Puebla, wo sie fast zwei Jahre lang blieben. Die deutsche Schule in Mexiko-Stadt richtete Spanischkurse für die Neuankömmlinge und fiir Interessierte aus der Kolonie ein (DZM. Bd. 35, Nr. 53, 10.5.1917: 3). 256 Nach dem Jahresbericht filr das Geschäftsjahr 1914 betrugen die Einnahmen für den Friedhofs 1845, die Instandsetzungskosten $ 360. Als Reingewinn wurden $ 1485 ausgewiesen (DZM. Bd. 33, Nr. 15, 20.2.1915: 5). Auf der Generalversammlung vom 30.1.1917 wurde über den Platzmangel auf dem Friedhof debattiert, der Verein beschäftigte sich mit Plänen zur Anlage eines neuen Friedhofs (DZM. Bd. 35, Nr. 19, 13.1.1917:2). 257

DZM, Bd. 33, Nr. 15,20.2.1915:5.

258

Pagenstecher übergab die Geschäftsleitung am 1.12.1916 an C. Dittmer, wurde aber einstimmig zum ständigen Ehrenmitglied des Vorstandes ernannt (DZM. Bd. 34, Nr. 137, 5.12.1916: 3; Bd. 35, Nr. 125, 25.10.1917:2). 259

DZM. Bd. 33, Nr. 86,27.10.1915: 3.

260

In dem im September endenden Geschäftsjahr 1914-1915 an 48 Personen.

261

Ein Teil der freigewordenen Gelder wurden bei C. Dittmer und dem Bankhaus Müller, Schall & Co. (New York) deponiert (DZM. Bd. 34, Nr. 124, 4.11.1916: 3). Nachdem Korff, Honsberg y Cía. die Anlage des Hospitalfonds' 1917 gekündigt hatten, überwies die Krankenkasse am 25.2.1917 7000 Dollar nach Deutschland zur Anlage im Mutterhaus der genannten Firma in Remscheid. Nach Abzug der Gebühren waren dies 40.877,40 Mark (DZM. Bd. 35, Nr. 125,25.10.1917: 2).

Tabelle 37: UnterstQtzungszahlungen der Deutschen Krankenkasse von Mexiko-Stadt, 1909-1917 Pesos| 4200,15 7446,96 7486,36 6810,91 5475,30 5378,10 3996,75 3554,37 1547,70

Jahr 1909 1910 1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917

Quelle: DZM, Bd. 33, Nr. 86,27.10.1915:3 ; Bd. 34, Nr. 124,4.11.1916: 3.

Tabelle 38: Vereinsvermögen der Deutschen Krankenkasse von Mexiko-Stadt, 1912-1916 | Datum 1.10.1912 1.10.1913 1.10.1914 1.10.1915 30.9.1916

Kapital in Pesos 4772,25 6044,08 6897,07 7688,63 9839,58

in US$* | 2386,2325,1380,462,295,-

* „Amer. Gold". Quelle: DZM. Bd. 34, Nr. 124,4.11.1916: 3.

Der Deutsche Frauenverein, der 1913 sogar wegen Geldmangels seine Auflösung erwogen hatte,262 beteiligte sich nach Kriegsbeginn an den Sammlungen für die Kriegsspenden, kümmerte sich dann aber weiter um die angestammten Aufgaben. Er bemühte sich um die Betreuung kranker oder arbeitsloser Frauen und Wöchnerinnen und um die Unterstützung hilfsbedürftiger Witwen und Familien. Der Vorstand des Frauenvereins bestand ab 1915 aus folgenden Damen: Hermine Hirschberg (1. Vorsitzende), Bernardine Karuth (2. Vorsitzende), Hedwig Alverdes (Kassiererin) und Gertrude Schulze (Schriftführerin). Er wurde mindestens bis zum Geschäftsjahr 1918/19 unverändert wiedergewählt 263 Der Frauenverein finanzierte sich durch den Mitgliederbeitrag, der 1916 auf zwei Pesos monatlich angehoben wurde, und durch Spenden, die zum Teil auch von anderen Vereinen der deutschen Kolonie bei ihm eingingen.264

262

1912 war Anna Ortiz Erste Vorsitzende, Marianne Lammers Schatzmeisterin. Anna Ortiz blieb 1913 im Amt. Frau von Thaden wurde Zweite Vorsitzende, Elly Benöhr Schatzmeisterin (sie wurde nach zwei Monaten durch Bernardine Karuth ersetzt), Gertrude Schultze Schriftführerin (Der Wanderer. Bd. 3, Nr. 17,22.2.1912: 9; Bd. 4, Nr. 47,2.10.1913:4; Deutscher Frauen-Verein in Mexico [1928]: 3-4). 263

DZM. Bd. 33, Nr. 70, 1.9.1915: 2; DZM. Bd. 36, Nr. 92, 10.8.1918: 3. Nach Günther (1912: 288) hatte der Verein 120 Mitglieder. 264

DZM. Bd. 34, Nr. 94,22.8.1916: 3; Nr. 131,21.11.1916: 2; Bd. 35, Nr. 25,27.2.1917:3.

219

Auch die übrige Vereinslandschaft diversifizierte sich weiter. Neben dem elitären Deutschen Verein, über den man wenig erfahrt,265 und dem Deutschen Haus,266 entstand am 26. September 1914 der „Deutsche Bund" (Liga Alemana de México, S. C. L.), der rasch expandierte und vor allem für Handlungsgehilfen und andere geringerverdienende Angestellte interessant wurde.267 Die Zahl der (männlichen) Mitglieder wuchs von 48 bei der Gründung auf etwa 300. Nach einem Lokalwechsel 1916 in das größere Vereinshaus in der Calle Capuchinas 42, dem früheren Wohnhaus von Porfirio Díaz, traten weitere 100 neue Mitglieder dem Bund bei.268 Am 13. Oktober 1917 änderte der Deutsche Bund seine Statuten und erlaubte unter bestimmten Voraussetzungen auch Frauen die Mitgliedschaft: „Es werden als vollgültige Mitglieder alleinstehende Frauen und Mädchen aufgenommen, welche ein unabhängiges Leben fuhren, d. h. ohne für ihre Erhaltung von anderen Personen abhängig zu sein."269 Der Waffensaal des neuen Vereinshauses wurde zu einem beliebten Veranstaltungsort, vor allem für patriotische Anlässe. Allerdings war der Bund mit seinen weniger finanzstarken Mitgliedern, von denen viele aus Geldmangel wieder austraten, auch besonders stark von der wirtschaftlichen Krise betroffen und mußte bereits ein Jahr später in ein kleineres, weniger gut ausgestattetes Lokal in der Calle Bolívar 43 umziehen.270 Es

265 Nach Günther (1912: 288) hatte er 61 Mitglieder. Vorsitzender war 1912 Adolf Christlieb (Christlieb & Rübke), Schatzmeister Carlos Schmidt (Bouligny & Schmidt Sucr.), vgl. Der Wanderer (Bd. 3, Nr. 17, 22.2.1912:9). 266

Das Deutsche Haus trat in den Jahren des Weltkrieges vor allem als Veranstaltungsort und als Aktiengesellschaft (für 1914 betrug die Dividende der Cia. Casa Alemana, S. A., pro Aktie $ 4,-) in Erscheinung (DZM. Bd. 33, Nr. 8, 27.1.1915: 3). Die Einführung neuer Mitglieder wurde bei den meisten Gelegenheiten nicht zugelassen. Nach Günther (1912: 288) hatte das Deutsche Haus 385 Mitglieder. Der monatliche Beitrag lag 1917 bei $ 8,- (DZM. Bd. 35, Nr. 79, 10.7.1917: 3). Jährlich fand am 6. Januar ein Kinderfest statt. Im Frühjahr 1916 wurden als Neuerung Familienabende mit Konzerten im Deutschen Haus eingeführt, die gut besucht wurden (vgl. DZM. Bd. 34, Nr. 40, 4.4.1916: 3). Nach der Ermordung Maderos und der Regierungsübernahme durch Huerta veranstaltete die deutsche Kolonie am 11.6.1913 ein „Herrenessen" im Deutschen Haus für den neuen Machthaber und sein Kabinett (Der Wanderer. Bd. 4, Nr. 30, 5.6.1913: 8). Zu den Vorständen des Klubs vgl. Anhang 8. 1917 gab es nach den regulären Vorstandswahlen im März bereits im Juli Neuwahlen, bei denen neben anderen der Vorsitzende Hugo Hahn, ein Bankdirektor, ersetzt wurde. In der Deutschen Zeitung von Mexiko (Bd. 35, Nr. 83, 19.7.1917: 3) wurde dafür kein Grund genannt, es liegt allerdings nahe, einen Zusammenhang mit dem Kriegseintritt der USA zu vermuten. 267

Es bestand in Mexiko allerdings auch eine Filiale des „Vereins filr Handlungs-Commis von 1858 (Kaufmännischer Verein)", der seinen Sitz in Hamburg hatte. 1913 hatte Hans Rose (Protos Garage, S. A.) den Vorsitz inne. Schriftführer war Robert Baumbach, Kassierer Henry C. T. Biesterfeld. Die Stellenvermittlung unterstand Rudolf Förster (Christlieb & Mühlhäusler). Vgl. Der Wanderer (Bd. 5, Nr. 14, 12.2.1914: 4). 1915 gehörten dem Verein unter anderen Paul Lütten, Wilhelm Schuppenhausen (Kassenwart) und Rob. Baumbach (Schriftführer) an (DZM. Bd. 33, Nr. 10, 3.2.1915: 3). 268

DZM. Bd. 34, Nr. 64,6.6.1916: 3; Nr. 91, 15.8.1916: 2-3. Einige der Mitglieder stammten aus Österreich-Ungarn. 269 270

DZM. Bd. 35, Nr. 124,23.10.1917:2-3.

1 9 1 5 machte der Bund darauf aufmerksam, daß in Mexiko viele Handlungsgehilfen, Ingenieure und Handwerker deutscher Nationalität stellungslos waren und rief die deutschen Firmen dazu auf, diese bevorzugt einzustellen. Am 9.5.1915 veranstaltete er ein großes Gartenfest zugunsten hilfsbedürftiger Landsleute (DZM. Bd. 33, Nr. 14, 17.2.1915: 3; Nr. 35, 1.5.1915: 3; Nr. 40, 19.5.1915: 3). Ein im März 1915 gegründeter „Hülfsausschuss der Deutschen Kolonie", der nicht mit dem Hülfsverein identisch war und dem Albert Wörn, Rudolf Groth (Sommer, Herrmann & Co.) und Albert Isaak angehörten, verteilte bis Dezember 1915 9.454,60 Pesos an 84 Hilfsbedürftige der Kolonie und betrachtete seine Tätigkeit damit als beendet (DZM. Bd. 33, Nr. 22, 17.3.1915: 3; Nr. 101,18.12.1915: 3).

220 wurde am 5. Oktober mit einem Familienabend für Mitglieder eröffnet. 271 Der mehrmalige Erste Vorsitzende des Bundes, Leo von Brandenburg, tat sich bei verschiedenen Anlässen mit patriotischen Reden hervor. 1917 bildete der Deutsche Bund einen Ausschuß, der über die wirtschaftlichen Probleme - die Teuerung von Lebensmitteln und Kleidung, die feindliche Haltung der alliierten Mächte und ihrer Zugehörigen in Mexiko, den Zuzug Deutscher aus den U S A - berichtete. 272 Der Deutsche Bund setzte sich darüber hinaus für die Gründung eines Komitees der gesamten Kolonie ein, das die Hilfsleistungen bündeln und die von den verschiedenen Vereinen und Initiativen gesammelten, aber noch nicht nach Deutschland gesandten Mittel in Mexiko verwenden sollte. Die drei allgemeinen deutschen Vereine vertraten das „Deutschtum" in Mexiko in seinen gestaffelten sozialen Schichtungen. Daneben wurde im Sommer 1915 der „Verband Deutscher Reichsangehöriger" gegründet. 273 Dieser Verein, der anfangs eine sehr aggressive Mitgliederpolitik betrieb, 74 kam durch die starke Unterstützung der Gesandtschaft zustande und war nur Männern mit deutscher Staatsangehörigkeit zugänglich, 2 7 5 ein Kriterium, das bei den übrigen Organisationen keine Rolle spielte. Durch die Wer-

271

DZM. Bd. 36, Nr. 112,28.9.1918: 3; Nr. 117,10.10.1918: 2-3.

272

Dem Ausschuß gehörten Leo von Brandenstein, Rudolf Schoeneberg, Moritz Traeger und Julius Beifort an (DZM, Bd. 35, Nr. 128,3.11.1917: 2). 273

Im Juli 1915 waren unter anderem folgende Personen im Verband aktiv: J. Ph. Baertsch, Wilhelm Beick, Franz Böker, Leo von Brandenstein, Adolf Christlieb, August Diener, Max Dobroschke, Max von Drateln, Dr. Paul Fichtner, Emst Grauert, Hugo Hahn, Heinrich Huber, Emil Kentzler, Kurt Levien, Karl Reichert, C. W. Remstedt, Hans Rosenstein, Otto Rusche, Julius Seckbach, Paul Schmidt, Karl Vogt, Otto Walter, Fritz Walters, Hans Wirth und Albert Woem (DZM. Bd. 33, Nr. 56, 14.7.1915: 3). Max von Drateln war 1909 kaufmännischer Leiter der Siemens-Schuckertewerke in Mexiko (Jacob-Wendler 1982: 189). 274

Zu diesem Zweck gründete er einen Werbe-Ausschuß, dem Hugo von der Steinen, Chr. Strassburger, Kurt Dunker, Otto Schmidt und Rieh. Krieg angehörten (DZM. Bd. 33, Nr. 78,29.9.1915: 3), und rief die Deutschen in Mexiko dazu auf, sich im Konsulat registrieren zu lassen: „Zum Zwecke der Nachprüfung der Mitglieder-Liste des Verbandes der Reichsangehörigen in Mexico und mit Rücksicht auf die gegenwärtigen hiesigen Verhältnisse, die einen Nachweis der Reichsangehörigkeit wünschenswert erscheinen lassen, wird den in der Hauptstadt und im Föderal-Distrikt wohnhaften Deutschen hierdurch erneut der Rat erteilt, ihre Eintragung in die Konsulats-Matrikel, soweit eine solche noch nicht erfolgt, unverzüglich zu erwirken, obgleich solche nach dem neuen Gesetz, betreffend die Reichs- und Staatsangehörigkeit, an und für sich nicht mehr erforderlich ist" (DZM. Bd. 33, Nr. 66, 18.8.1915: 3). Der Werbeausschuß hatte sich für seine Arbeit eine Liste möglichst sämtlicher Deutscher der Hauptstadt gemacht. 956 Namen wurden dazu aus den Mitgliederlisten der deutschen Vereine zusammengetragen, diese wurden dann im Konsulat auf die Reichsangehörigkeit überprüft. Übrig blieben 878 Namen, von denen 537 in der Konsulatsmatrikel erschienen oder im Konsulat als Reichsdeutsche bekannt waren, bei 341 war die Reichsangehörigkeit fraglich. 42 der 878 ermittelten Personen hielten sich nicht in Mexiko auf, die meisten von diesen nahmen am Krieg teil. Wie es in dem Bericht des Verbands über seine Hauptversammlung vom 9.12.1915 heißt, waren noch 115 Reichsdeutsche in Mexiko-Stadt persönlich aufzusuchen, „weil sie den bisherigen, mehrfachen Aufforderungen zum Beitritt nicht Folge geleistet haben". Elf Reichsdeutsche hatten den Beitritt sogar abgelehnt, sollten aber weiter „bearbeitet" werden (DZM. Bd. 33, Nr. 101, 18.12.1915: 3-5). 275

Der Kaiserliche Gesandte von Eckardt eröffnete die ordentliche Hauptversammlung des Verbands am 9.12.1915. Es nahmen 126 Mitglieder daran teil. Er erinnerte in seiner Rede an Martin Luther und Otto von Bismarck und forderte, daß Kinder aus deutsch-mexikanischen Ehen die Vatersprache lernen sollten (DZM. Bd. 33, Nr. 101, 18.12.1915: 3). Während des Weltkriegs gewährte der Verband der deutschen Gesandtschaft Darlehen, die in den 1920er Jahren nach und nach zurückgezahlt wurden (Bericht des Rates des Verbandes deutscher Reichsangehöriger in Mexiko über seine Amtstätigkeit des Jahres 1923 an die ordentliche Generalversammlung, Deutsches Magazin 1924: XXVII-XXXI).

221

buiig des Verbands um Mitglieder sah sich das Konsulat genötigt klarzustellen, unter welchen Voraussetzungen die deutsche Staatsangehörigkeit wiedererlangt werden könne.276 Bis zum Dezember 1915 trugen sich 50 neue Mitglieder in die KonsulatsMatrikel ein, zwölf Personen hatten die Wiedererlangung der deutschen Staatsbürgerschaft beantragt. Der Verband versuchte auch, Mitglieder außerhalb der Hauptstadt zu werben.277 Ende 1915 hatte er etwa 400 Mitglieder, seine Kanzlei befand sich im Edificio Boker.278 Der Verband hatte den Zweck, die „reichsdeutsche Kolonie in Mexiko in ihrer Gesamtheit zu vertreten und in ihrem Namen sich aller Aufgaben anzunehmen, die dieser Gesamtheit zukommen." In den Satzungen wurde dies so beschrieben:279 1. Die Sorge für eine gemeinschaftliche oder gleichberechtigte Stellungnahme zu allen wichtigen, die Kolonie betreffenden Fragen. 2. Die Förderung des Wohlergehens der in der Republik Mexiko lebenden Reichsdeutschen auf allen Gebieten ihrer Erwerbs- und Berufstätigkeit sowie ihres geistigen und gesellschaftlichen Lebens. 3. Die Erhaltung des guten Einvernehmens derselben untereinander und die Wahrung ihrer Sicherheit, ihrer Stellung und ihres Ansehens im Lande. 4. In geeigneten Fällen auch gleiche Förderung bezüglich anderer deutscher Stammesgenossen. 5. Die Hebung des reichsdeutschen Einflusses in Mexiko und der Wechselbeziehungen mit der Heimat auf allen Gebieten. 6. Die Pflege der Beziehungen der reichsdeutschen Kolonien im Ausland zur Heimat und miteinander, sowie die Förderung ihres Einflusses und ihrer rechtlichen Stellung im Reich. 7. Die Stärkung des Deutschtums und des vaterländischen Bewußtseins überhaupt.

Um die Einigung aller Reichsdeutschen unter der Führung des Verbands voranzutreiben, schlug Dr. Pagenstecher auf der Hauptversammlung im November 1916 vor, statt der ständigen Einzelsammlungen in der Kolonie eine große Jahreskollekte zu erheben und dann an die Organisationen zu verteilen.280 Auch überlegte er, ob nicht die Beitragszahlungen an die verschiedenen Vereine vereinheitlicht werden könnten. Die Vorsitzenden der Vereine sollten mit beratender Stimme Beisitzer im Verband werden. Diese Idee, die auf die Einfuhrung einer allgemeinen Steuer für die Deutschen in Mexiko hinausgelaufen wäre, aus der die Schule, die Hilfsvereine und die Hilfssendungen nach Deutschland finanziert werden sollten,281 wurde in der vorgeschlagenen Form 276

Nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsrecht von 1913 war nach zehnjährigem ununterbrochenen Aufenthalt im Ausland eine Renaturalisation erforderlich, das heißt, die Wiedereinbürgerung war nur durch die Heimatbehörden, nicht aber durch das Konsulat möglich. Das Konsulat mußte allerdings die Wiedereinbürgerung befürworten (DZM, Bd. 33, Nr. 82, 13.10.1915: 3). Bis 1913 schützte die Eintragung in die Konsulatsmatrikel vor dem Verlust der Staatsangehörigkeit, auch wenn der Aufenthalt im Ausland länger als zehn ununterbrochene Jahre andauerte (Ritter 1976: 8, Anmerkung). 277

Hierfür kamen sowohl Einzelmitglieder als auch Ortsgruppen in Frage. Im August 1917 bestand eine Ortsgruppe in Chihuahua, die nicht nur ihre eigene „Propaganda" finanzierte, sondern auch noch einen Überschuß an den Hauptverband in der Hauptstadt abführte (DZM. Bd. 35, Nr. 99,25.8.1917: 2). 278

DZM. Bd. 33, Nr. 101,18.12.1915: 3-5; Bd. 34, Nr. 82,20.7.1916: 3.

279

Zitiert nach Schmidt (1925: 127-128).

280

Diese Idee hatte Pagenstecher auch im Jahresbericht der Deutschen Krankenkasse, deren Vorsitzender er damals war, dargelegt (DZM. Bd. 34, Nr. 124,4.11.1916: 3). 281

DZM. Bd. 34, Nr. 131,21.11.1916:2.

222 nicht umgesetzt. Allerdings nahm der Verband Abgeordnete der Schule und der Krankenkasse in den Vorstand auf. Nach einer Stichwahl, an der auch C. Friedrichs und Dr. Pagenstecher teilnahmen, wurde Adolf Christlieb Sr. Erster Vorsitzender des Verbands, 282 er blieb 1917 im Amt und wurde auch für das Jahr 1919 wiedergewählt. 283 Der Verband Deutscher Reichsangehöriger übernahm die Führungsrolle in nationalen Fragen, die früher das Deutsche Haus innegehabt hatte, allerdings nicht in Konkurrenz zu diesem. Aus dem „Ausschuss für Verteilung von Aufklärungsmaterial" des Verbands Deutscher Reichsangehöriger, dem R. von Lübeck als Vorsitzender vorgestanden hatte, ging im Juli 1917 der „Deutsche Aufklärungsdienst" als eigene Einrichtung hervor. 284 Neben der Propagandatätigkeit beteiligte sich der Verband Deutscher Reichsangehöriger an diversen Hilfsorganisationen. Auf Veranlassung der deutschen Gesandtschaft machte sich der Verband einen von Percy Wiebe aus Guaymas (Sonora) verfaßten Aufruf zur Gründung einer Filiale des „Auslandsdanks" zu eigen. 285 Ein Einwanderungsausschuß des Verbands brachte 1919 eine Broschüre heraus, die unvermögende Deutsche von der Immigration nach Mexiko abhalten sollte, da es für sie kaum berufliche Chancen gäbe. Neben den bisher behandelten Vereinen spielten auch die Sportvereine ein Rolle im Leben der Kolonie. Sie versammelten ihre Mitglieder vor allem an den Sonntagen zu gemeinschaftlichen Unternehmungen, häufig auch Ausflügen und Wanderungen. Besonders aktiv waren der Radfahrverein 287 und der Ruderverein, der während der 282

Den Übrigen Vorstand bildeten Th. Schumacher, P. Schmidt, Dr. Pagenstecher, H. von der Steinen, M. von Drateln, Leo von Brandenstein, M. Dobroschke, Franz Boeker und Otto Louvier (DZM. Bd. 33, Nr. 82, 13.10.1915: 3; Nr. 84, 20.10.1915: 3). Der in Hamburg geborene Christlieb feierte am 1.7.1916 seinen 70. Geburtstag. Er war bereits 1864 nach Mexiko gekommen, wo er in der Hauptstadt für Lefmann & Guttheil arbeitete. 1874 verheiratete er sich mit Maria Rapp, 1875 wurde er Prokurist bei Guttheil, Rapp & Co. (später Rapp, Sommer & Co. beziehungsweise Sommer, Herrmann & Co.), wo er bis 1881 blieb. 1891 gründete er zusammen mit dem Franzosen Ruebke die 1916 bestehende Firma Christlieb & Ruebke, die unter anderem mehrere deutsche Versicherungsgesellschaften und seit 1902 die Hamburg-Amerika-Linie vertrat. Christlieb war 1916 das älteste Mitglied des Deutschen Hauses und Gründungsmitglied des Deutschen Vereins; er hatte fünf Söhne und zwei Töchter (DZM. Bd. 34, Nr. 74, 1.7.1916: 3). Alfonso Germán Christlieb, vermutlich sein Sohn, erhielt im Mai 1912 aufgrund seiner Geburt in Mexiko das certificado de nacionalidad mexicana (BO-SRE. Bd. 34, Nr. 1, 1912: 28). 283

Ratsmitglieder für 1919 waren Sanitätsrat Dr. Pagenstecher, Fritz Walters, Rudolf Groth, Carl Franke und Paul Roentsch; Ersatzmänner Theodor Reith, Franz Boeker, Albert Woern als Abgeordneter des Hilfsvereins, W. Beick als Abgeordneter der Schule und Robert Meyer als Abgeordneter der Krankenkasse. An der Hauptversammlung am 27.11.1918 nahmen nur 50 Mitglieder teil (DZM. Bd. 36, Nr. 143, 14.12.1918:2). 284

DZM. Bd. 36, Nr. 87,28.7.1917: 2.

2.5

„Deutscher Auslandsdank. Stiftung der Auslandsdeutschen zur Unterstützung der Kriegsbeschädigten, Kriegs-Witwen und Waisen" (vgl. DZM. Bd. 34, Nr. 98, 31.8.1916: 2; Nr. 131, 21.11.1916: 2; Bd. 35, Nr. 84,21.7.1917:2). 2.6 287

Einwanderungs-Ausschuss des Verbandes Deutscher Reichsangehöriger in Mexico (1919).

Nach Günther (1912: 288) hatte er 42 Mitglieder. 1912 stand ihm L. Bacmeister vor, Schriftführer war R. Schael, Kassierer F. Studt, Fahrwart R. Lührs (Der Wanderer. Bd. 3, Nr. 17, 22.2.1912: 9). Zwei seiner aktiven Mitglieder, Luis Bacmeister und L. Meyer, luden manchmal zu Ausflügen zum Rancho El Chopo (D. F.) ein (DZM. Bd. 33, Nr. 15,20.2.1915: 5; Bd. 35, Nr. 8, 18.1.1917: 3). Die Cía. de Terrenos del Rancho del Chopo, unter deren Aktionären sich Luis Bacmeister als Mitglied des Vorstands befand und an der auch Luis Meyer und andere Deutsche Anteile hatten, stand 1918 in Liquidation (DZM. Bd.

223

Amtszeit des deutschen Gesandten, Konteradmiral a. D. Paul von Hintze, unter dessen Protektorat gestanden hatte.288 Der Ruderverein war allerdings durch die unsichere politische Lage und die dadurch zeitweise unterbrochene Verkehrsverbindung zwischen dem Zentrum der Hauptstadt und Xochimilco, wo das Bootshaus lag, behindert. Er veranstaltete Regatten und Bootsausflüge und gab die Vereinszeitschrift Xochi heraus.289 Der Reitverein erhöhte 1917 seinen Monatsbeitrag auf 4 Pesos (oro nacional) und lag damit über dem bei anderen Vereinen üblichen Satz.290 Nach Günther (1912: 289) hatte er 132 Mitglieder. Sonntägliche Ausflüge und Fuchsjagden bildeten die Hauptaktivität des Vereins, der seinen Springgarten auch für Wohltätigkeitsfeste und für die Geländeübungen der Pfadfinder zur Verfügung stellte.291 Der Turnverein benutzte eine Halle im Deutschen Haus. 1915 bestand er aus einer Männerriege, einer Altherrenriege, einer Damenriege und einer Fechterabteilung.292 Im November kam auch eine Fußballriege hinzu, die sich bald unter dem Namen „Germania" selbständig machte und die häufig gegen die Mannschaften des Klubs „España" spielte.293 In der mexikanischen Basketball-Liga, deren Spiele in der Sporthalle der Asociación Cristiana de Jóvenes (YMCA, Calle Balderas 79) stattfanden, spielte auch eine deutsche Mannschaft.294 Der im Dezember 1911 von einigen Lehrern gegründete Schwimmverein „Neptun" arbeitete eng mit der deutschen Schule zusammen. 1919 gehörten ihm 150 Jungen und 50 Mädchen an.295 Der Verein veranstaltete Schwimmfeste, zu denen viele Geschäftshäuser die Preise stifteten, und machte Ausflüge in die nähere Umgebung Me-

35, Nr. 18, 10.2.1917: 3, Jiménez Muñoz 1993: 39). Ausflüge nach Nativitas (D. F.) in das Gartenlokal von Herrn Stahlecker waren beim Radfahrverein sehr beliebt (vgl. DZM. Bd. 36, Nr. 3, 8.1.1918: 3). 281

Der Ruderverein war am 10.9.1909 gegründet worden. 1913 übernahm Prinz Adalbert von Preußen das Protektorat. Zu einer „Kaiserregatta" im Juni 1913 kamen 1000 Besucher nach Xochimilco (Der Wanderer. Bd. 3, Nr. 17, 22.2.1912: 9; Bd. 4, Nr. 31, 12.6.1913: 7; Bd. 5, Nr. 3, 27.11.1913: 7; DZM. Bd. 36, Nr. 105, 12.9.1918: 3). 289

DZM. Bd. 35, Nr. 13, 30.1.1917: 2; Nr. 127,30.10.1917: 2-3;Nr. 147, 18.12.1917: 3; Bd. 36,Nr. 147, 24.12.1918: 2-3. Die jährlichen Weihnachtsfeiern fanden im Deutschen Haus statt. 1918 gab es wegen der Niederlage im Krieg keinen Tanz, und der würdige Verlauf der Feier wurde in der Deutschen Zeitung von Mexiko betont. 290

DZM. Bd. 35, Nr. 26, 3.3.1917: 3.

291

Der Wanderer. Bd. 4, Nr. 28, 22.5.1913: 6; DZM. Bd. 34, Nr. 1, 1.1.1916: 5; Bd. 35, Nr. 30, 13.3.1917: 3; Nr. 47,24.4.1917: 3; Nr. 55, 15.5.1917: 3; Bd. 36, Nr. 23,26.2.1918: 2; Nr. 30, 14.3.1918: 3.

292

DZM. Bd. 33, Nr. 79,2.10.1915: 3; Bd. 35, Nr. 64, 5.6.1917: 3.

293

DZM. Bd. 33, Nr. 90, 10.11.1915: 1; Nr. 100, 15.12.1915: 5. Der Verein, der in die mexikanische Fußbailiga eintrat, spielte üblicherweise auf einem gemieteten Platz in der Colonia Condesa (DZM. Bd. 34, Nr. 96, 26.8.1916: 3). 1917 mußte er „aufgrund besonderer Umstände" aus der Liga ausscheiden, hoffte aber auf eine Rückkehr im Geschäftsjahr 1918-19 (DZM. Bd. 36, Nr. 115, 5.10.1918: 2). Nach Bopp (1979: 539) hatte der Verein 1915 etwa 60 Mitglieder. 294

DZM. Bd. 35, Nr. 7, 16.1.1917: 3; Nr. 14, 1.2.1917: 3; Nr. 20, 15.2.1917: 3; Nr. 31, 15.3.1917: 3; Nr. 54, 12.5.1917: 3. 295

Bericht über das 26. Schuljahr [ - 1 1920: 31-32.

224

xiko-Stadts.296 Bei einem von der mexikanischen Enseñanza Militar ausgerichteten Schwimmfest, bei dem auch Präsident Carranza anwesend war, gewann der Verein Neptun 15 von insgesamt 21 Preisen. Wenige Tage später wurden auf Veranlassung der Enseñanza Militar Filmaufnahmen von den Vorführungen der Schwimmer gemacht, die argentinischen Seekadetten als Erinnerung an ihren Aufenthalt in Mexiko geschenkt werden sollten.297 Die deutsche Schule wurde von 1911 bis 1919 von Max Dobroschke geleitet und geprägt.298 Eines seiner Ziele war die Erlangung der „Militärberechtigung" durch die deutschen Behörden. Sie verkürzte den freiwilligen Militärdienst Wehrpflichtiger mit entsprechendem Schulabschluß auf ein Jahr („Einjähriges"). Außerdem vollzog Dobroschke die Trennung von deutschen und mexikanischen Schülern durch eine Unterteilung in A- und B-Klassen und reformierte den Unterricht für Mädchen. Die Realschule sollte zur Oberrealschule ausgebaut werden. 299 Insgesamt erhielt die Schule und das bereits vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs - durch die starke Betonung des Sportunterrichts und die Gründung eines Pfadfinderkorps an der Schule ein militärisches Gepräge. Der Krieg verstärkte diese Tendenz und führte zu einer pathetischen Heldenverehrung kriegsteilnehmender ehemaliger Schüler.300 Er schlug sich auch in den Aufsatzthemen und den Anschaffungen der Bibliothek nieder.301 Die guten Beziehungen insbesondere zur Regierung Carranza, vor allem eine bisher kaum erforschte Zusammenarbeit in der Enseñanza Militar, also der militärischen Jugendarbeit dieser revolutionären Regierung, und die Neutralität Mexikos im Krieg ermöglichten diese Entwicklung. Seit 1907 waren die Abschlußzeugnisse der Realschule in einzelnen Fällen in Deutschland als „Militärberechtigung" anerkannt worden.302 Eine generelle Anerkennung wurde aber zunächst nicht erreicht, erst am 31. August 1913 erging ein diesbezüglicher Erlaß des Reichskanzlers (Dobroschke 1914b: 263-264). 1915 begann der Ausbau der Realschule durch drei weiterführende Klassen zur Oberrealschule. Die ersten Reifeprüfungen in Mexiko wurden 1918 abgenommen, die endgültige Anerkennung der Schule als Vollanstalt erfolgte am 1. Februar 1923 durch das Auswärtige Amt. 303 Der finanziell belastende Ausbau zur Oberrealschule wurde durch den Krieg gerechtfertigt, der verhinderte, daß Kinder von Deutschen ihre Ausbildung in Deutschland fortsetzen konnten. 296

DZM. Bd. 33, Nr. 39, 15.5.1915: 2; Nr. 85, 23.10.1915: 2-3; Bd. 35, Nr. 135, 20.11.1917: 3; Bericht über das 26. Schuljahr 1920: 32-40. 297

DZM. Bd. 35, Nr. 121,16.10.1917: 2; Nr. 126,27.10.1917: 2.

2,8

Er war vorher an der deutschen Oberrealschule in Antwerpen (Belgien) tätig gewesen (PSA. Bd. 10, Nr. 1, 1911: 46; Nr. 6, 1911: 268). In Mexiko-Stadt wurde er Mitglied zahlreicher Vereine, so war er 1915 Vorstandsmitglied im Verband Deutscher Reichsangehöriger und 1916 im Deutschen Hülfsverein. Im Oktober 1917 nahm er an der Organisation einer Regatta des Deutschen Rudervereins teil (DZM. Bd. 34, Nr. 33, 18.3.1916; Bd. 35, Nr. 127,30.10.1917: 2-3). 299

Bericht über das 22. Schuljahr [.„1 1916: 3.

300

Listen von kriegsteilnehmenden ehemaligen Schülern wurden von Direktor Dobroschke gesammelt und in den Jahresberichten veröffentlicht (Bericht über das 22. Schuljahr f...] 1916: 19-21; Bericht über das 24. Schuljahr f.,,1 1918: 24-25; DZM. Bd. 34, Nr. 24, 26.2.1916: 3). 301

Vgl. zum Beispiel Bericht über das 22. Schuljahr [...1 1916: 32-33,34.

302

Schule der deutschen Kolonie zu Mexico [1908]: 5; PSA. Bd. 11, Nr. 3, 1912: 129.

303

Bericht über das 29. Schuljahr (1922) f...] 1923: 13; Wankel 1994: 203.

225

Bereits kurz nach der Amtsübernahme Dobroschkes wurde damit begonnen, die Jungen* und Mädchenklassen soweit wie möglich zu trennen. 1913 wurden Jungen und Mädchen in den „wissenschaftlichen" Fächern gemeinsam, ansonsten jedoch getrennt unterrichtet.304 1915 wurden die Mädchen in der dreijährigen Vorschule separat unterrichtet. Außerdem bestand nun neben der im Aufbau befindlichen Oberrealschule eine sechsklassige Höhere Mädchenschule. Aus Raummangel und wegen der geringen Schülerinnenzahl wurden einzelne Mädchenklassen zeitweise aber trotzdem mit den entsprechenden Jahrgängen der Jungen zusammengelegt. 305 Später konnten die Mädchen wählen, ob sie nach der dritten Mädchenklasse gemeinsam mit den Jungen eine mathematisch-kaufmännische Ausbildung erhalten wollten, oder ob sie es vorzogen, in der Frauenschule Haushaltung, bürgerliches Rechnen, Handarbeit, Kochen und Literatur- und Kunstgeschichte zu erlernen. Die sprachliche Ausbildung war in beiden Zweigen gleich.306 1915 besuchten vier Schülerinnen die Abschlußklasse der Mädchenschule, zwei nahmen am Unterricht der Prima der Jungen teil.307 Im Schuljahr 1915-1916 wurden für die ersten beiden Jahrgänge A- und B-Klassen eingerichtet. Die Trennung der „mexikanischen" und „deutschen" Schüler308 sollte vor allem den deutschsprachigen Unterricht erleichtern, der vorher durch die unterschiedlichen Sprachkenntnisse schwierig war. Außerdem reagierte man so auf die wachsende Nachfrage mexikanischer Eltern nach der Aufnahme ihrer Kinder in die Schule. Die Schule sollte auf diese Art die deutschen Kinder dem „Deutschtum" erhalten und gleichzeitig als Propagandaschule die deutsche Sprache verbreiten. 309 Nach sechs Klassen310 war die Mittelschulausbildung (Instruction Elemental y Superior) abgeschlossen, und die Schüler hatten die Wahl, bei ausreichenden Deutschkenntnissen in die Realschulklassen überzutreten oder weiterfuhrende mexikanische Schulen zu besuchen.

304

DSA, Bd. 12, Nr. 9,1913: 508.

305

Bericht über das 22. Schuljahr [.„11916:4-5; Bericht über das 24. Schuljahr Ì...1 1918: 10.

306

Bericht über das 22. Schuljahr [...1 1916: 3.

307

Die Prima wurde außerdem von neun Jungen besucht. In der Sekunda waren vierzehn Jungen und drei Mädchen, in der entsprechenden Mädchenklasse ebenfalls drei Mädchen. Die Tertia wurde von 15 Jungen und drei Mädchen besucht, die entsprechende Mädchenklasse von zehn Mädchen (Bericht über das 22. Schuljahr [...] 1916: 23-24). Die niedrigen Schülerzahlen in den oberen Klassen stehen in krassem Gegensatz zu den stark ansteigenden Gesamtschülerzahlen. 308

Sowohl die Namen der Schüler der Oberrealschule als auch die Angaben über die Nationalität der Eltern und die Sprache des Elternhauses machen deutlich, daß eine klare Trennung dieser beiden Gruppen nicht möglich war. Vgl. dazu die Tabellen 39-40. Die Unterteilung in A- und B-Klassen und damit die angestrebte Trennung von „Deutschen" und „Mexikanern" kann sehr wohl als chauvinistische Maßnahme interpretiert werden, wie Kießling (1989: 101) es tut. Er irrt allerdings völlig, wenn er der Schule unterstellt, sie hätte mexikanische Schüler erst nach der neuen mexikanischen Verfassung von 1917 und dann auch nur widerstrebend aufgenommen. 309

Vgl. dazu den Aufsatz Dobroschkes Entwicklung und Ziele unserer deutschen Schule in Mexiko in DZM. Bd. 33, Nr. 86,27.10.1915: 4. 310

Für Mädchen wurden nur drei Klassen eingerichtet. Dies erklärt den im Vergleich zur A-Abteilung geringeren Anteil von Schülerinnen in der B-Abteilung. Von den insgesamt 640 Schülern der A-Abteilung im Jahr 1918 waren 44% weiblich, von den insgesamt 505 Schülern der B-Abteilung nur 26% (Bericht über das 25. Schuljahr 1...1 1919: 7).

226

Tabelle 39: Sprachverhältnisse im Elternhaus der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, Schuljahre 1913/14 und 1915/16 1 Beide Eltern Deutsch Vater oder Mutter Deutsch Spanisch Englisch Französisch Andere Gesamtschülerzahl*

1913/14 117 128 70 33 5 —

353

1915/16| 178 196 279 29 3 1 686

* Im Schuljahr 1913/14 waren es 218 Jungen und 135 Mädchen, 1915/16 425 Jungen und 261 Mädchen. Quellen: Bericht über das 20. Schuljahr f...l 1914: 10; Bericht über das 22. Schuljahr [ - 1 1916: 10-11.

Tabelle 40: Sprachverhältnisse im Elternhaus der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, Schuljahr 1917/18 Deutsche Abteilung Beide Eltern Deutsch Vater oder Mutter Deutsch Spanisch Englisch Französisch Andere Gesamtzahl*

195 219 96 21 1 6 538

Deutsch-Mexikanische Abteilung 25 408 3 4 5 445

* 302 Jungen und 236 Mädchen in der Deutschen, 332 Jungen und 113 Mädchen in der Deutsch-Mexikanischen Abteilung. Quelle: Bericht über das 24. Schuljahr r...l 1918: 8-9.

Wie der Vorstand berichtete, arbeitete die Deutsch-mexikanische Mittelschule311 im Gegensatz zur kostenintensiven Realschule, für die akademisch gebildete Lehrer aus Deutschland angeworben werden mußten, „finanziell sehr befriedigend".312 Dies dürfte - neben den Propagandazielen - ein wichtiger Grund für die steigende Aufnahme mexikanischer Schüler gewesen sein. Zwischen 1910 und 1917 wuchs die Gesamtschülerzahl sehr stark an, von 197 auf 983. Da die mexikanischen Schüler vor allem die kostengünstigeren und volleren unteren Klassen besuchten,313 konnte ihr Schulgeld hel-

3,1

Nachdem die Deutsch-mexikanische Mittelschule 15 Monate lang separat von Oberrealschullehrer Clar[c]k geleitet worden war, fiel sie nach dessen Amtsniederlegung als Rektor wegen seiner Pflichten im mexikanischen Pfadfinderwesen wieder an Direktor Dobroschke (Bericht über das 25. Schuljahr i...1 1919:21). 312

Bericht über das 22. Schuljahr [..•! 1916: 3; Bericht über das 24. Schuljahr f...l 1918: 27-29,33-35.

313

Während des Krieges waren die B-Klassen zum Teil mit 70 Schülern belegt (Böhme 1928:489).

227

fen, die teuren und nur von wenigen Schülern besuchten Oberrealschulklassen zu finanzieren (Wankel 1994: 202, 240). 3 ' 4 Die Mexikanische Revolution machte sich für die deutsche Schule 1913 bemerkbar, als während der Decena trágica (9.-19.2.1913), die der Ermordung von Präsident F. I. Madero vorausging, auch die zwischen den Fronten liegende Schule beschossen worden war. Allerdings war der Sachschaden gering,315 und die zeitweise in das deutsch beflaggte Schulgebäude geflüchteten US-Amerikaner kamen nicht zu Schaden. Der Unterricht wurde während dieser Zeit unterbrochen. Anfang März fanden jedoch die Abschlußprüfungen der Realschule statt.316 In den folgenden Jahren wurde der Schulbetrieb mit seinem umfangreichen Ausflugsprogramm von den Revolutionskämpfen kaum beeinträchtigt. Die Deutsche Schule im Auslande meldete 1914, daß Direktor Dobroschke nicht nur den kaiserlichen Kronenorden 4. Klasse erhalten habe, sondern auch durch ein Dekret des mexikanischen Präsidenten vom 24. Dezember 1913 zum Consejero de Instrucción Pública und zum Mitglied des Consejo Superior de Educación Pública ernannt worden sei.317 Es bleibt allerdings unklar, wie lange und in welcher Form er diese Funktionen ausgefüllt hat. Die Beziehungen zu den mexikanischen Behörden blieben offensichtlich gut. 1915 bekleidete der deutschstämmige Dr. Amoldo Krumm-Heller das mexikanische Amt des Inspector de Escuelas Particulares.3'8 Er besuchte die deutsche Schule

314

Für die höheren Klassen wurde allerdings auch mehr Schulgeld verlangt. 1916 betrug das Schulgeld nach einer Erhöhung für den Kindergarten monatlich 1,75 Dollar, für die Elementarklassen, die Sexta und die Quinta 3 Dollar, die Quarta bis Untersekunda 4 Dollar und die Obersekunda 7,50 Dollar (DZM. Bd. 34, Nr. 107, 23.9.1916: 3). Im gleichen Jahr mußte der Vorstand der Schule einen Spendenfonds für Notzulagen zu den Lehrergehältern einrichten, für den „deutsche" Firmen und Privatpersonen (an der Spitze die Deutsch-Südamerikanische Bank, der Banco Mexicano de Comercio e Industria und das Haus Sommer, Herrmann y Cía. Sucs.) zeichneten (DZM. Bd. 34, Nr. Nr. 9, 10.1.1916: 3; Bericht über das 22. Schuljahr [...] 1916: 12). Die Zuschüsse aus Deutschland flössen weiter. Der Vorstand der Schule stellte jedoch eine größere Anzahl von deutschstämmigen Schülern von den Schulgeldzahlungen frei (Bericht über das 22. Schuljahr f—1 1916: 23; Bericht über das 24. Schuljahr L.1 1918: 25, 34; Bericht über das 25. Schuljahr [.„l 1919: 20; Bericht über das 26. Schuljahr r...l 1920: 40-41). 315

Eine Kugel durchlöcherte die Wand der Aula und blieb in einem Bild des ehemaligen Präsidenten Porfirio Díaz stecken (Dobroschke 1914a: 63).

316

PSA. Bd. 12, Nr. 5, 1913: 227; Nr. 9, 1913: 507; Dobroschke (1914a: 61). Das Auswärtige Amt hatte die geplante Entsendung von zwei Lehrkräften wegen der Unruhen in Mexiko-Stadt ausgesetzt (PSA. Bd. 12, Nr. 7, 1913:419). 317 3,8

PSA. Bd. 13, Nr. 3,1914: 133: Der Wanderer. Bd. 5, Nr. 9,8.1.1914:4.

Krumm-Heller, der lange Zeit in Chile gelebt hatte, war eine sehr schillernde Figur in den deutschmexikanischen Beziehungen. Als glühender Anhänger Carranzas diente er als Militärarzt in dessen Truppen, 1916 ging er für die Regierung Carranza als MilitSrattaché nach Berlin. Nach sechs Monaten wurde er jedoch wieder abberufen. Da er wegen der Seeblockade nicht nach Mexiko zurückkehren konnte, verpflichtete er sich in der Propaganda-Abteilung des deutschen Auswärtigen Amtes (Krumm-Heller [1916]; Katz 1981: 428-429). In Deutschland veröffentlichte er mehrere Romane und Erfahrungsbücher über Mexiko. Auf einer Liste der aus Mexiko ausgewiesenen Ausländer ist sein Name verzeichnet, die Staatsangehörigkeit dort mit chilenisch angegeben (BO-SRE. Bd. 47, Nr. 1, 1926: 34). Die Ausweisung hing wahrscheinlich mit seinen Angriffen auf Präsident Obregón in der deutschen Presse zusammen, außerdem mit seiner vermuteten Rolle bei Waffengeschäften zugunsten des Putschisten de la Huerta 1923 (Rinke 1996: 191-192). In der Liste der in Mexiko naturalisierten Ausländer (AHSRE L-E-1992) wurde er für das Jahr 1921 als ehemals Deutscher aufgeführt, sein Wohnort mit dem Distrito Federal angegeben. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre vertrat er die rechtsextremen Camisas Doradas (ARM, Acción Revolucionaria Mexicanista) in Berlin (J. Müller 1997: 255-256; Avni 1989: 13).

228

mehrmals „und bemühte sich in dankenswerter Weise um die Erwerbung besonderer Vorteile für unsere Schule", wie Dobroschke feststellte.319 1919 fanden die Reifeprüfungen im Beisein des Reichsbevollmächtigten und Gesandten Dr. F. C. Rieloff statt.320 Gleichzeitig waren aber auch die mexikanischen Behörden vertreten, da die deutsche Schule sich darum bemühte, ihre Oberrealschulklassen als preparatoria anerkennen zu lassen. Das mexikanische höhere Unterrichtswesen war in diesem Jahr der Nationaluniversität unterstellt worden, so daß vier ihrer Professoren bei den Prüfungen anwesend waren. 321 Voraussetzung für die Inkorporierung, die den problemlosen Wechsel der Abiturienten an die mexikanische Universität bedeutete, war vor allem eine Abstimmung der Lehrpläne und die jährliche Inspektion der Prüfungen durch die Universität. 1919 wurden die auf Deutsch abgehaltenen Prüfungen nicht in allen Fächern von den zum Teil nicht Deutsch sprechenden Professoren als inspiziert angesehen. Sie erhielten jedoch nachträglich die Anerkennung. 322 Bereits 1911 plante der Vorstand der Schule, im Turnunterricht militärisches Exerzieren einzuführen. 323 Am 19. November versammelte die Schule „fast die gesamte deutsche und österreichische Kolonie" zu einem Turn- und Sportfest, bei dem die neu eingeführten Turnanzüge und das neu gegründete Pfeifer- und Trommlerkorps vorgestellt wurden. 324 Die Gründung eines Pfadfinderkorps „nach deutschem Muster" erfolgte am 27. Dezember 1912 und sollte den militärischen Sinn der Jugend stärken.325 Die Berichte über seine Aktivitäten - Brückenbau, Dorfverteidigung, Exerzieren - wurden mit zahlreichen Fotos in den Jahresberichten der Schule veröffentlicht. Teilnehmende Beobachter waren häufig der deutsche Konsul Dr. Rieloff, der deutsche Gesandte von Eckardt und der österreichisch-ungarische Gesandte Koloman Känya von Känya. Das Korps wurde von Realschullehrer Fritz Clark als Oberfeldmeister geleitet und hatte nach einem Jahr etwa 50 Mitglieder, 1919 waren es 96. Ab dem Schuljahr 1917-18 lag die Leitung des Korps bei Schuldirektor Dobroschke,326 da Clark dazu eingeladen wor319

Bericht über das 22. Schuljahr L.1 1916: 19.

320

Da es zu teuer war, zu den Prüfungen Fachleute aus Deutschland zu entsenden, wurden in mehreren Ländern die Gesandtschaften oder Konsulate mit dem Prüfiingsvorsitz betraut (PSA. Bd. 14, Nr. 2/3, 1922:46). 321

Das frühere Erziehungsministerium, das fllr den Distrito Federal und die Bundesterritorien zuständig gewesen war, wurde 1917 aufgelöst. Seine Aufgaben fielen bis 1920 in die Zuständigkeit der Gemeinden (Weiß 1983:277). 322

Bericht über das 26. Schuljahr [..•! 1920: 9-10.

323

PSA. Bd. 10, Nr. 6, 1911: 268. „[...] hoffentlich werden dadurch die im Auslande geborenen Kinder von Deutschen etwas mehr an Pisziplin und Ordnung gewöhnt, als dies bisher der Fall war; der mexikanische Schlendrian hat leider auch auf sie einen unheilvollen Einfluß ausgeübt", hieß es dazu in der DSA-Meldung. 324

PSA. Bd. 11, Nr. 3, 1912: 139. Ehrengäste waren der deutsche Gesandte Konteradmiral Paul von Hintze und der Gesandte Österreich-Ungarns, Baron Riedl von Riedenau (PSA. Bd. 11, Nr. 10, 1912: 424-425). 325

Pobroschke (1913); Bericht über das 20. Schuljahr [.„1 1914: 46; PSA. Bd. 12, Nr. 3, 1913: 85; Nr. 7, 1913:419.

326

1 9 1 9 wurde er wegen seiner Rückkehr nach Peutschland von Kurt Kluge abgelöst (Bericht über das 26. Schuljahr f...l 1920: 2,29-31). Im Januar 1916 wurde ein Vorstand der Pfadfinderortsgruppe gebildet: I. Vorsitzender Direktor H. Hahn; 2. Vorsitzender M. von Drateln; 1. Schriftführer Fr. Clarck [sie]; 2. Schriftführer C. Sauer; 1. Schatzmeister A. Diener Jr.; 2. Schatzmeister C[arlos] Stein (PZM. Bd. 34, Nr. II,25.1.1916:3).

229

den war, ähnliche Gruppen an der Escuela Preparatoria und am Colegio Militar zu organisieren.327 Die mexikanische Asociación de Exploradores wurde von General Jesús Garza geleitet, der ein häufiger Gast an der deutschen Schule und bei Schwimmund Sportfesten war. Im Gegenzug lud Garza die Pfadfinder der deutschen Schule im Oktober 1916 zu einem Sportfest mit Militärübungen im Internado Nacional ein, bei dem Carranza mit seinen Heerfiihrern Alvaro Obregón, Cándido Aguilar und Pablo González anwesend war.328 Im Mai 1918 veranstaltete Clark ein Kriegsspiel zwischen deutschen und mexikanischen Pfadfindern, bei dem auch der mexikanische Präsident Carranza als Zuschauer anwesend war. Das „Deutsche Pfadfinderkorps Mexico" war als Ortsgruppe Mitglied im Deutschen Pfadfinderbund.329 Es finanzierte sich durch Mitgliedsbeiträge und durch Jahresbeiträge der Schule.330 Im Rahmen der „Deutschtumspropaganda", der sich nicht nur Dobroschke verpflichtet fühlte, bot die deutsche Schule auf Anregung von Frl. [Dora ?] Herrmann ab 1915 kostenlose Deutschkurse für Mexikaner an, 31 die aus privaten Spendengeldern finanziert wurden.332 Die ersten fünf Sprachkurse hatten 145 Teilnehmer, Ostern 1917 bestanden bereits sieben Kurse. Zeitweilig sollen 600 Personen in 23 Kursen unterrichtet worden sein. Als das Geld verbraucht war, wurden die Kurse durch den Verband Deutscher Reichsangehöriger und den Deutschen Aufklärungsdienst weiter finanziert. Die evangelische Kirchengemeinde in Mexiko-Stadt blieb weiterhin verwaist. 1910 ersuchte Richard H. Donner,333 der sich auf einer Süd- und Mittelamerika-Reise befand und offenbar in engem Briefkontakt mit dem Evangelischen Oberkirchenrat stand, um die Einstellung eines weltgewandten evangelischen Geistlichen, der auch liberal Gesinnte nicht vor den Kopf stoßen würde.334 Donner erklärte sich auch bereit, einen Teil 327

Mentz (1988a: 212); Bericht über das 24. Schuljahr f...] 1918: 31, 32-33.

328

DZM. Bd. 34, Nr. 122,28.10.1916: 2; Nr. 123, 31.10.1916: 3. Krumm-Heller ([1916]: 188) beschreibt neben Carranza General González als besonders deutschfreundlich. Seine Ehefrau war eine geborene Müller. Am 22.4.1917 lud der General die deutsche Kolonie zu einer Kirmes zugunsten der Invaliden der Revolution in seinem Haus in Tacubaya ein (DZM. Bd. 35, Nr. 46,21.4.1917: 3; Nr. 47,24.4.1917:2-3). 329

Bankdirektor Hahn war der erste Vorsitzende. Er sorgte für die Einladungen der Pfadfinder in den Springgarten des Deutschen Reitvereins (Bericht über das 22. Schuljahr f...! 1916: 36-37). Im November 1917 machten die Pfadfinder einen viertägigen Ausflug nach Puebla, wo sie auf de Hacienda Amalucan von Dr. Petersen kampierten (Bericht über das 24. Schuljahr f...l 1918: 31-32; DZM. Bd. 35, Nr. 125, 25.10.1917: 1-2). 330

Weitere Teilnehmer waren die Gesandten Deutschlands und Österreich-Ungarns, außerdem General Garza als Leiter des Departamento General de Militarización de la Juventud Mexicana (Bericht über das 25. Schuljahr [ - 1 1919: 19; Mentz 1988a: 212; DZM. Bd. 36, Nr. 56, 16.5.1918: 3). 331

Bericht über das 22. Schuljahr [ - 1 1916: 12; Bericht über das 24. Schuljahr [...1 1918: 11-12, 20; Bericht über das 25. Schuljahr L..1 1919: 11; Mentz (1988a: 208-209). 332

Die ursprüngliche Stiftung von Dr. Kuno Heberlein (500 Dollar Gold) wurde von diesem 1917 um weitere 250 Dollar erhöht (DZM. Bd. 35, Nr. 31, 15.3.1917: 3). 333 334

Von der Firma C. H. Donner aus Hamburg.

In Mexiko-Stadt residierte Donner bei Hugo Marquard. Bei der Diskussion des Vorstands der deutschen Schule und des deutschen Konsuls Rieloff über die Frage, ob ein Pfarrer an der deutschen Schule privaten Religionsunterricht erteilen könnte, verfocht Vorstandsmitglied Marquard die Position, daß schulische und kirchliche Angelegenheiten strikt zu trennen seien. Es wurde von ihm und Herrn Voigt befürchtet, daß mexikanische katholische Mütter ihre Kinder von der Schule nehmen könnten (EZA 5/2825, Rieloff, 6.8.1910). Evanglischer und katholischer Religionsunterricht wurde an der Schule jedoch zumindest in späteren Jahren als Wahlfach von Lehrern unterrichtet (Der Wanderer. Bd. 4, Nr. 33, 26.6.1913: 9; Bd. 5, Nr. 25,30.4.1914: 3-4; Bericht über das 22. Schuljahr 1...1 1916:6-7).

230

des Pfarrgehalts zu bezahlen. Nach skeptischen Berichten des deutschen Konsulats und der deutschen Gesandtschaft sprach sich der Evangelische Oberkirchenrat 1912 vorerst gegen die Besetzung der Pfarrstelle aus. Außerdem ließ er sich die seinerzeit für den Kirchbaufonds zur Verfügung gestellten 4000 Mark zurücküberweisen. 335 Auf Anregung des in Mexiko lebenden Deutschen F. H. Mardus 336 sollten die Marinepfarrer zukünftig Amtshandlungen in Mexiko-Stadt vollziehen.337 1915 kam es auf Initiative der Gesandtschaft und des Generalkonsulats zur Abhaltung von Jugendandachten im Haus Wagner & Levien Sucs.338 Am 5. März 1915 beteiligten sich etwa 80 Personen an einer Andacht mit einer „Nagelung des eisernen Kreuzes", bei der der Verkauf der Nägel der Spendenaktion zur Linderung der Kriegsnot zugute kam. Die Aktion wurde im Deutschen Haus fortgesetzt und erbrachte zusammen 6700 Pesos. Die Veranstalter rügten die Nichterschienenen in der Deutschen Zeitung von Mexiko wegen ihres Mangels an patriotischem Gefühl. 339 Katholiken konnten sonntags in der Kirche La Profesa, ab Januar 1916 in der Kirche Divina Infanta deutschsprachige Predigten hören.340 Im April 1916 taufte der Salesianer Priester Hermann Kock in der Kirche Sagrado Corazön den siebten Sohn von August Lehne, für den der deutsche Kaiser, vertreten durch den Gesandten von Eckardt, die Patenschaft übernommen hatte.341 Die Deutsche Zeitung von Mexiko hatte die führende Rolle in der deutschen Presse inne.342 In dieser Zeitung hatten mexikanische Ereignisse trotz der Revolution wenig Platz. Das Hauptaugenmerk lag auf der Berichterstattung über Deutschland und Europa, vor allem über den Krieg. In der Rubrik „Das Deutschtum in Mexiko" wurde in kurzen Anzeigen über die Kolonie berichtet, zum Beispiel über die Vorstandswahlen und Aktivitäten der Vereine, sowie über Feste und Theateraufführungen. Die Berichterstattung über die Vereinigten Staaten wurde sehr polemisch, nachdem US-amerikanische Ban335

EZA 5/2825, Donner, 4.5.1910; Donner, 22.10.1910; Evangelischer Marineprobst [Abschrift Schreiben des Marinepfarrers Hippe], 20.3.1911; Rhomberg, 8.4.1911; Rieloff, 6.8.1910; Kosidowski, 14.4.1911; von Hintze, 3.10.1911; Rieloff, 29.9.1911. 336

Er war mit einer katholischen Peruanerin verheiratet, ließ seine Kinder aber deutsch-evangelisch taufen. Die ältesten drei Söhne waren in New York in einer deutsch-amerikanischen Kirche getauft worden. 337

EZA 5/2825, Mardus, 16.5.1912. Der Evangelische Marineprobst hatte nichts gegen diesen Vorschlag, solange die Antragsteller die Kosten der Anreise zahlen würden. 1914 vollzog der Marinepfarrer Kaschke von der S. M. S. Hertha 23 Taufen in Mexiko-Stadt (EZA 5/2825, Evangelischer Marineprobst, 3.9.1912). 3311

DZM. Bd. 33, Nr. 90, 10.11.1915: 1; Nr. 98, 8.12.1915: 5; Nr. 103, 25.12.1915: 5; Bd. 34, Nr. 5, 16.1.1916: 3. Den ersten Aufruf dazu hatten Dr. F. C. Rieloff, Carl Wriedt, W. Beick, C. Reichert, C. Vogt, O. Walther, R. von Lübeck, Max Dobroschke, Westphal und Theo Jäkel unterzeichnet. Jäkel, der in der deutschen Gesandtschaft arbeitete, engagierte sich besonders fiir die Veranstaltungen. 339

DZM. Bd. 334, Nr. 26,2.3.1916: 3; Nr. 28, 7.3.1916: 3.

340

DZM. Bd. 33, Nr. 98, 8.12.1915: 5; Bd. 34, Nr. 9, 10.1.1916: 3.

341

DZM, Bd. 34, Nr. 40,4.4.1916: 3.

342

Eigentümer und Herausgeber war die Firma Müller Hermanos. 1915 war Th. Schumacher Chefredakteur, H. Weise Redakteur. Ab dem 21.4.1917 wurden die Namen der Redakteure nicht mehr im Impressum aufgeführt. Zeitweise wurde dem Blatt, das ab Januar 1916 dreimal wöchentlich erschien (vorher zweimal), eine spanische Ausgabe gratis beigelegt. Ab November 1916 wurde dieses Periódico Alemán erweitert und separat verkauft (DZM, Bd. 33, Nr. 102,22.12.1915: 5; Bd. 34, Nr. 133,25.11.1916: 2).

231

ken den Alliierten Kriegskredite gewährt hatten und die „Schwarze Liste" veröffentlicht worden war. Dies schlug sich auch in den £o/ow/e-Nachrichten nieder, wenn bei Berichten über Tanzveranstaltungen immer wieder die US-amerikanische Musik und die modernen Tänze gerügt wurden. Bei einigen Veranstaltungen wies das Blatt explizit auf die ausschließlich deutsche Musik hin. 4 3 Außerdem gab es kritische Artikel über „Deutsch-Amerikaner" in den Vereinigten Staaten, die sich nach dem Kriegseintritt der USA von ihrem „Deutschtum" verabschiedeten.344 Der Wanderer war eine 1910 im ersten Jahrgang publizierte, wöchentlich erscheinende Konkurrenz zur Deutschen Zeitung von Mexiko. 345 Im Juni 1911 zeichnete Dr. Wilhelm Bauer als Eigentümer und Herausgeber.346 Bauer, der sich auf der Seite von Dr. Pagenstecher im Fall Covadonga engagierte347 und sehr scharf gegen die Regierung Madero und die Person des Präsidenten polemisierte, geriet dadurch in Konflikt zu Teilen der Kolonie. Zunächst kam es zu einem Briefwechsel zwischen A. Fricke von der Deutsch-Südamerikanischen Bank in Mexiko auf der einen und Bauer auf der anderen Seite.348 Fricke kritisierte die Berichterstattung Bauers über die neue Regierung und erinnerte ihn daran, daß seine Zeitung die Interessen des deutschen Handels wahren sollte. Bauer dagegen behauptete, die Interessen der Kolonie und des Deutschtums zu vertreten. Obwohl Fricke nicht einverstanden war, veröffentlichte Bauer die Korrespondenz im Wanderer. Nach weiteren Madero feindlichen Berichten Bauers wurde auch die mexikanische Presse (Nueva Era) aufmerksam und drohte mit dem Artikel 33, nach dem Ausländer, die sich in die inneren Angelegenheiten des Landes einmischten, ausgewiesen werden konnten. Bauer erhielt ein im September 1911 datiertes „Protestschreiben der deutschen Kolonie", das seiner Darstellung nach von Franz Böker angeregt und von einem Boten des Hauses Julio Albert y Cia. zugestellt worden war. Es enthielt die Aufforderung, seine Auslassungen über die mexikanische Politik „auf einen anderen Ton zu stimmen", damit sie nicht für die Meinung der Kolonie gehalten würden und nicht die Gefühle des mexikanischen Volkes verletzten. Das Schreiben war von 36 bekannten Namen, fast ausschließlich Firmen, unterzeichnet worden (Bauer-Thoma 1913: 38-57).349 Im März 1912 legte Bauer die 343 DZM. Bd. 35, Nr. 27, 6.3.1917: 3; Bd. 36, Nr. 3, 8.1.1918: 2; Nr. 26, 5.3.1918: 3; Nr. 28, 9.3.1918: 3; Nr. 75,2.7.1918:3. 344

DZM. Bd. 35, Nr. 22,20.2.1917: 1; Nr. 24,24.2.1917: 3; Bd. 36, Nr. 10,24.1.1918: 1.

345

Das Griindungsdatum ist nicht bekannt, am 10.2.1910 erschien die Nummer 15. Johannes Kettenbach war zu dem Zeitpunkt Eigentümer und Herausgeber. 346

Vgl. den Briefwechsel zwischen A. Fricke (Deutsch-Südamerikanische Bank) und Bauer[-Thoma] (Bauer-Thoma 1913: 38-41). 347

Vgl. Bauer-Thoma (1913: 64).

348

Die Deutsch-Südamerikanische Bank arbeitete seit 1909/10 mit der Familie Madero zusammen (Katz 1981: 57, 74, 85-86), obgleich eine genauere Darstellung dieser Geschäfte und des Ausmaßes der Zusammenarbeit noch aussteht. Aus Bauer-Thomas Ausführungen ergibt sich, daß Der Wanderer von der Bank einen Kredit erhalten hatte (Bauer-Thoma 1913:43). 349

Zu den Namen vgl. Anhang 9. Unterschrieben hatte auch Konsul Paul Kosidowski, der im September 1913 fünfundsechzigjährig verstarb. Kosidowski wurde 1848 in Landsberg an der Warthe geboren, siedelte aber schon früh nach Havanna über. Von 1869 bis 1876 lebte er in Veracruz, danach in MexikoStadt, wo er als Prokurist, später als Chef des Hauses Esteban Benecke Sucs. tätig war. Nach der Liquidation der Firma wurde er Gründungsdirektor des Banco Central Mexicano, an dem die Deutsche Bank beteiligt war. 1901 gründete er in Mexiko eine Filiale der Deutsch-Überseeischen Bank (Banco Alemán Transatlántico), aus der der Banco de Comercio e Industria hervorging. 1906 verließ er diese Bank. 1907 ging er für ein Jahr nach Deutschland und wurde Beirat der Siemens-Schuckertwerke. 1909 gründete er

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Schriftleitung des Wanderer nieder und kehrte nach einem vierzehnjährigen Aufenthalt in Mexiko nach Berlin zurück.150 Am 10. Juli 1913 meldete Der Wanderer die Übernahme durch die Cia. Editorial Alemana, S. A. (Deutsche Verlagsgesellschaft), der J. Phil. Baertsch als Präsident vorstand. In Baertschs Händen lag nun auch die Schriftleitung.351 Der enge Zusammenschluß der deutschen und der österreichisch-ungarischen Kolonie wurde in den Kriegsjahren in der deutschen Presse besonders hervorgehoben, und der 1913 gegründete österreichisch-ungarische Verein Viribus Unitis publizierte seine Veranstaltungen und Vorstandswahlergebnisse auch in der Deutschen Zeitung von Mexiko und im Wanderer.352 Die Feiern zum Geburtstag der jeweiligen Monarchen wurden in beiden Kolonien gefeiert, der Tod des österreichisch-ungarischen Herrschers Franz Josef wurde auch in der deutschen Kolonie betrauert.353 Nachdem Österreich-Ungarn einige Tage früher als Deutschland einen Waffenstillstand unterzeichnet hatte, beschwerte sich die österreichisch-ungarische Kolonie über die beleidigende Berichterstattung darüber in der Deutschen Zeitung von Mexiko.354 Die Zusammenarbeit mit der türkischen Kolonie - die Türkei war mit Deutschland ebenfalls kriegsverbündet - fiel geringer aus.355 in Mexiko die Sociedad de Crédito Hipotecario Holandesa-Mexicana, deren Direktor er bis zu seinem Tod blieb. 1911 gründete er zusammen mit Carlos von Reischach die Firma Kosidowski & von Reischach, die Firmen mehrer Länder vertrat. Kosidowski war seit 1889 Konsul des Deutschen Reiches und seit 1901 Generalkonsul der Niederlande (Der Wanderer. Bd. 4, Nr. 44, 11.9.1913: 5-6; Wilda 1907: 28; Lemcke 1900:64; Jacob-Wendler 1982: 187, 188-189). 350

Unter dem Namen Bauer-Thoma veröffentlichte er eine Schrift im Selbstverlag über die Situation in Mexiko und die deutsche Kolonie, in der er seine Sicht der Ereignisse darlegte (Bauer-Thoma 1913). Im Mai 1913 erschien einer seiner polemischen Artikel gegen Madero in der Südamerikanischen Rundschau (Bd. 21, Nr. 2, 1913: 13-15). 351

Der Wanderer. Bd. 4, Nr. 35, 10.7.1913: 1. Nach Bauers Weggang schätzte der deutsche Gesandte von Hintze die Zukunft des Blattes negativ ein: „[...] ,Der Wanderer' [...] ist wegen der Tätigkeit seines einstigen Redakteurs Dr. Bauer allgemeiner Missachtung verfallen und, um sich aus dieser Lage zu befreien, gaenzlich farblos geworden; es [das Blatt] soll vor dem Zusammenbruch stehen" (von Hintze an Bethmann Hollweg, 21.1.1913; abgedruckt bei Hürter 1998: 313-315). Nach dem Krieg gründeten einige Republikaner in Mexiko-Stadt eine neue Zeitung, die jedoch neben der Deutschen Zeitung von Mexiko nicht lange Bestand hatte. Diese Entwicklung soll in Kapitel 4.4.1 aufgegriffen werden. 352

Der Wanderer. Bd. 4, Nr. 24,24.4.1913: 5; Nr. 31, 12.6.1913: 6; DZM. Bd. 36, Nr. 8, 19.1.1918:2.

353

Am 27.1.1915 gehörte zur Feier des Geburtstags von Wilhelm II. auch ein Gottesdienst in der USamerikanischen Methodistenkirche in der Calle Gante 5. Die Feiern selbst wurden in der Regel durch die deutsche Schule gestaltet, die Geschäfte wurden von der Gesandtschaft beziehungsweise vom Verband Deutscher Reichsangehöriger dazu aufgefordert, an diesem Tag zu flaggen und zu schließen. 1916 und 1917 gab es morgens eine Messe in der Kirche La Profesa, nachmittags einen Gottesdienst in der USamerikanischen Methodistenkirche. 1918 wurde der evangelische Gottesdienst durch eine Andacht im Deutschen Haus ersetzt (DZM. Bd. 33, Nr. 7, 23.1.1915: 5; Bd. 34, Nr. 11, 25.1.1916: 3; Nr. 92, 17.8.1916: 3; Nr. 134, 28.11.1916: 3; Bd. 35, Nr. 9, 20.1.1917: 2; Nr. 10, 23.1.1917: 3; Nr. 11, 25.1.1917: 3; Nr. 92, 9.8.1917: 3; Nr. 94, 14.8.1917: 2; Bd. 36, Nr. 10, 24.1.1918: 2; ausführliche Berichte über die Schulfeiern finden sich auch in den jeweiligen Jahresberichten der deutschen Schule). 354 355

DZM. Bd. 36. Nr. 129,9.11.1918:3.

Am Gartenfest des Deutschen Bundes im Mai 1915 nahmen auch Angehörige der „ottomanischen" Kolonie teil, ebenso am Weihnachtsbasar zugunsten der Kriegshilfe im Deutschen Haus 1916, auf dem zwei türkische Verkaufsstände eingerichtet worden waren und auf dem türkische und ungarische Damen als fliegende Händlerinnen unterwegs waren (DZM. Bd. 33, Nr. 40, 19.5.1915: 3; Bd. 34, Nr. 140, 14.12.1916: 2). Im Januar 1917 begann Antonio Letayf mit einer Vortragsreihe im Deutschen Bund über „La civilización árabe". Letayfs Name erschien auch auf der „Schwarzen Liste" (vgl. Anhang 7). Der

233

4.3.2 Die US-amerikanische Kolonie: Opfer der Intervention

Für die US-amerikanische Kolonie hatte die Mexikanische Revolution viel negativere Auswirkungen als für die deutsche. Die Anzahl US-amerikanischer Bürger im Distrito Federal sank zwischen 1910 und 1921 stark ab, nämlich von 3012 (1658 Männer und 1354 Frauen) auf 2548 (1383 Männer und 1165 Frauen).356 Ihren Tiefpunkt erreichte sie vermutlich nach der militärischen Intervention der Vereinigten Staaten in Veracruz im April 19 1 4. 357 Für die Kolonie hatte der „Exodus der Amerikaner" 358 eine große Bedeutung, da viele Organisationen auf ihre spendenfreudige Klientel verzichten mußten. Die Lage vieler US-amerikanischer Geschäfte verschlechterte sich außerdem durch Kursstürze und die Geldnot der mexikanischen Regierung. 359 Die Zeitschrift Die Deutsche Schule im Auslande berichtete bereits im Januar 1914, daß US-amerikanische Geschäfte in Mexiko damit begonnen hätten, Angestellte zu entlassen. 360 Die American Grocery Co., S. A., die unter anderem die US-amerikanische Botschaft versorgte (O'Shaugnessy 1916: 169), wurde ab dem 1. November 1917 von dem deutschstämmigen Geschäftsmann Alberto F. Christlieb übernommen. 361 Im Juni 1918 übernahm der Gastronom Hermann Bellinghausen, bekannt für seine Berliner Pfannkuchen, die Konditorei- und Bäckereiabteilung der American Grocery.362 Der Unternehmersohn Oscar Braniff, der mit seinen Eltern und Brüdern während des Porfiriats zur mexikanischen Elite gehört hatte,363 unterstützte zunächst friedensstiftende Gespräche zwischen der Regierung Diaz und Madero und half letzterem finanziell durch einen Kredit. Bereits 1911 sympathisierte er aber mit Pascual Orozco Deutsche Reitverein veranstaltete am 20.5.1917 einen Ausritt zum Rancho San Joaquín, der Letayf gehörte (DZM. Bd. 35, Nr. 6, 13.1.1917; Nr. 11,25.1.1917: 3; Nr. 55, 15.5.1917: 3). 356

Vgl. Tabelle 24 in Kapitel 3.2.1 dieser Arbeit. Der US-amerikanische Botschafter in Mexiko, Henry Lane Wilson, schätzte die Zahl seiner Landsleute in der mexikanischen Hauptstadt im November 1910 auf 10.000. Selbst wenn man berücksichtigt, daß die mexikanischen Zensuszahlen ungenau sind, liegt diese Schätzung extrem hoch und ist vermutlich darauf zurückzuführen, daß Wilson zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung gegen anti-US-amerikanische Unruhen protestierte (vgl. einen von Wilson verfaßten Artikel im Mexican Herald. 10.10.1910, zitiert bei Hanrahan 1976: 60, und Wilson 1927: 187). Der vom US-amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson nach Mexiko entsandte William Bayard Haie schätzte die Zahl der US-Amerikaner in Mexiko-Stadt 1913 auf etwa 3000 (Hill 1973: 31). 357

Zeitweise soll die Zahl der US-Amerikaner in Mexiko-Stadt auf wenige Hundert gesunken sein (Davis 1942: 57).

358

So war ein Artikel in der Deutschen Zeitung von Mexiko überschrieben (Bd. 33, Nr. 46,9.6.1915: I).

359

Es waren mehrere Währungen in Umlauf, außerdem war die Kapitalflucht sehr hoch.

360

PSA. Bd. 13, Nr. 1, 1914:41.

361

DZM. Bd. 35, Nr. 127,30.10.1917: 3.

362

DZM. Bd. 35, Nr. 2,4.1.1917: 3; Bd. 36, Nr. 66, 8.6.1918: 3. Schmidt (1921: 101) erwähnte Bellinghausen, der im Porfiriat nach Mexiko gekommen war, als Besitzer des Restaurants AI Recreo in der Avenida Veracruz. Später unterhielt der Gastronom auch ein Restaurant „Bellinghausen". 1934 hatte die Familie ein Wohnhaus neben der American School, die Carl Bellinghausen damals besuchte (Castillon/Wright [1988], ohne Seitenzählung). 363

Im Februar 1912 stellte ihm die mexikanische Regierung aufgrund seiner Geburt in Mexiko ein certificado de nacionalidad mexicana aus und veröffentlichte diese Beibehaltung seiner mexikanischen Staatsabgehörigkeit im Boletín Oficial de la Secretaría de Relaciones Exteriores (Bd. 33, Nr. 4, 1912: 201).

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(Collado 1987: 108-112, 114).364 Oscars Bruder Tomás Braniff versuchte im Juli 1912 Gouverneur des Bundesstaates Veracruz zu werden, scheiterte aber unter anderem an der mangelnden Unterstützung durch Madero. Allerdings wurde er im September 1912 Abgeordneter im Parlament (Collado 1987: 118-119).3®5 Während der Jahre 1912 und 1913 vertiefte die Familie ihre Interessen im Agrarbereich. 366 Oscar Braniff gehörte zu den mexikanischen Emissären, die in Washington versuchen sollten, die Anerkennung der Regierung Huerta durch die USA zu erreichen. Allerdings kam es im Juli 1913 zum Bruch mit Huerta. Kurz nach ihrer Rückkehr nach Mexiko verließen Oscar und Tomás Braniff das Land erneut (Collado 1987: 130-135). Die Familie Braniff verlor unter der von ihr (insbesondere durch Oscar und Tomás) angefeindeten Regierung Carranza einen Teil ihres Grundbesitzes. Im September 1914 konfiszierten carranzistische Truppen das Jorge Braniff gehörende Hotel Imperial an der Ecke Reforma und Morelos in Mexiko-Stadt, außerdem eine weitere Immobilie, drei europäische Automobile und einen Pullman-Wagen. Wenig später wurde die Hacienda Monte Blanco (Veracruz), die Tomás Braniff gehörte, besetzt. Auch die Häuser der Witwe Lorenza Ricard de Braniff in Mexiko-Stadt und ihre Haciendas im Estado de México wurden beschlagnahmt. 1915 traf die Hacienda Jalpa von Oscar Braniff das gleiche Schicksal. Ein Teil der Besitztümer, nicht jedoch die Häuser in Mexiko-Stadt, wurden ihnen nach kurzer Zeit zurückerstattet (Collado 1987: 150-152).367 Dabei griffen die Braniffs auch auf das Mittel der internationalen Reklamationen zurück und beriefen sich auf die US-amerikanische Staatsangehörigkeit. Diese hatten jedoch nur Lorenza Ricard de Braniff und ihr Sohn Jorge (George) inne, die übrigen Familienmitglieder waren Mexikaner. Die mexikanische Regierung zog deshalb auch nur diese Reklamationen in Betracht (Collado 1987: 153).368 Während ein Teil der Familie Braniff unter Enteignungen litt, begannen die jüngsten Brüder Alberto und Arturo mit Grundstücks- und Immobiliengeschäften im Zusammenhang mit der Neugründung von Colonias im Distrito Federal. Bereits 1914 kaufte Alberto Braniff Besitztümer von Maria Luisa Romero Rubio de De Teresa (einer Schwägerin von Porfirio Díaz), darunter die spätere Colonia Agrícola Hacienda de Guadalupe. Arturo Braniff gründete 1921 die Colonia Hidalgo. Beide Brüder waren ab den 1920er Jahren an weiteren Grundstücksgeschäften beteiligt (Jiménez Muñoz 1993: 129, 161, 163-164, 208-209, 215, 232-233). Damit hatten sie Anteil an einer Entwicklung, die im Mexican American (30.8.1924: 34) aus der Rückschau beschrieben wurde: „The city has been fortúnate, too, in that it has suffered but little from disturbed political conditions. In 1915, a year that witnessed seven changes of the supreme power in 364

Über Oscar Braniffs Favorisierung von Orozco berichtete im April 1912 auch der US-amerikanische Botschafter H. L. Wilson nach Washington. Er bezeichnete Braniff als „one of the wealthiest men in Mexico" (H. L. Wilson an Secretary of State, 26.4.1912, zitiert bei Hanrahan 1982a: 86). Der jüngste der Brüder Braniff, Alberto, unterstützte 1912 die Regierung Madero und schloß sich mit einer Gruppe von Freiwilligen, die er persönlich finanzierte, den Kämpfen gegen Orozco an (Collado 1987: 124-125). 365

Zu Braniffs Kandidatur in Veracruz vgl. auch die bei Hanrahan (1982a: 112-116) abgedruckten Dokumente, bei denen es sich zum Teil um Spottlieder auf den,Americano" handelt. 366

Arturo Braniff kaufte 1912 die Haciendas Tepetitlán und Chapingo (Veracruz). Während der Herrschaft General Huertas kaufte Jorge Braniff San Juan de Rancho Viejo (Guanajuato). Alberto Braniff dagegen beteiligte sich 1913 mit 14.500 Pesos an der Fabrik Artefactos Metálicos, S. A., deren Gründungskapital 150.000 Pesos betrug (Collado 1987: 120, 129-130). 367

Alvaro Obregón hatte 1914 das Haus von Alberto Braniff bezogen, Rafael Buelna das des 1905 verstorbenen Thomas Braniff. 368

Jorge Braniff, der sich offenbar 1914 ebenfalls außerhalb von Mexiko aufhielt, bat Carranza um die Erlaubnis zur Rückkehr, die dieser ihm jedoch verweigerte. Erst 1920, in der Regierungszeit von Obregón, kehrten die exilierten Braniffs wieder nach Mexiko zurück (Collado 1987: 153, 161-162).

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Mexico, Mexico City continued to grow, property was not destroyed, and prices held up well in the midst of politicai chaos." Bereits vor dem Ende der Regierungszeit von Porfirio Díaz war es im November 1910 in Mexiko-Stadt zu Ausschreitungen gegen US-Amerikaner gekommen. Sie waren eine Reaktion auf einen Lynchmord in Texas, bei dem Antonio Rodríguez umgebracht worden war. Die mexikanische Presse hatte empört über den Fall berichtet, und am 9. und 10. November griff eine aufgebrachte Menschenmenge im Zentrum von Mexiko-Stadt US-amerikanische Geschäfte,369 das Büro des Mexican Herald und den American Club an und zerriß eine US-amerikanische Flagge, die vor der Süßwarenhandlung La Imperial gehangen hatte.370 Obwohl Botschafter Henry Lane Wilson die Ereignisse hochspielte und auch in den folgenden Jahren häufig „lives and property" von US-amerikanischen Bürgern in Gefahr sah, kam es nach González Navarro (1969: 573-574, 575-576, 612) und Knight (1987: 21-22) zu keiner überproportional starken Bedrohung von US-Amerikanern. Die US-amerikanische Kolonie organisierte nach dem Rücktritt von Präsident Díaz im Mai 1911 ein zwölfköpfiges Selbstschutzkomitee und bereitete den Country Club und das Gebäude des YMCA 372 als Refugien vor.373 Das Schwimmbecken des YMCA wurde mit sauberem Wasser gefüllt und abgedeckt, um als Trinkwasser zur Verfugung zu stehen. Es wurde jedoch nach kurzer Zeit wieder seinem ursprünglichen Zweck zugeführt. Die mexikanische Regierung mit dem Außenminister Francisco León de la Barra war damit einverstanden, daß sich die ausländischen Kolonien zum Selbstschutz bewaffneten.374 Während der Decena trágica diente 369

Betroffen waren die Hotels San Francisco, New Porter's und Guardiola, die Drogerie Sanboms, die American Drug Company, die American Grocery Company, die American Book and Printing Company und das Juweliergeschäft Harrington. Auch das regierungsfreundliche mexikanische Blatt El Imparcial war von den Demonstrationen betroffen. 370

Shanklin an Secretary of State, 9.11.1910; Wilson an Secretary of State, 9.11.1910 (Telegramm); Wilson an Secretary of State, 9.11.1910 (Brief); Wilson an Secretary of State, 10.11.1910 (Telegramm). Die Dokumente finden sich abgedruckt bei Hanrahan (1976: 37-39, 43-49, 79). Vgl. auch Turner (1967: 505: 504-505, 511), der sich hauptsächlich auf diese Berichte stützt, und Cosío Villegas (1963: 417-418). 371

Zwischen 1911 und 1919 wurden in Mexiko 550 US-Amerikaner (Soldaten eingeschlossen) umgebracht, die meisten von ihnen in den nördlichen Landesteilen. In Mexiko-Stadt kamen nach den Angaben von Prida (1962: 42, 55) während der Decena trágica die beiden US-Amerikanerinnen Minnie H[olmes] Stricklbd [sie] aus Dallas und Josefina P. Griffith aus Brooklyn ums Leben. 372

Der Vorstand des YMCA bestand 1913 aus folgenden Personen: Thomas Philips (Präsident), Guillermo B. Puga (Vizepräsident), Luis Alvarez León, S. W. Rider, J. E. Dennison, R. M. Raymond, W. A. Price, P. H. L. King, R. Williamson, W. W. Blake, Dr. Antonio Orozco, G. J. Babcock und A. Aldasoro (Wilson 1927: 365-366). 373

Nach Moats (1933: 95-97, 139) waren zahlreiche US-Amerikaner während der Decena trágica im Hotel Geneve [sic] konzentriert, das in einer neutralen Zone lag. Es wurde von dem Selbstschutzkomitee bewacht, zu dem auch ihr Ehemann Wallace P. Moats gehörte. Während sie selbst 1914 zeitweise ausreiste, blieb Wallace P. Moats in Mexiko. Leone B. Moats war neunzehnjährig nach ihrer Eheschließung in Mexiko eingewandert, wo das Erbe ihres Ehemannes investiert war. Sie und ihre Tochter Alice-Leone Moats hielten sich häufig in Europa auf. Ihr gesellschaftliches Leben zwischen Dinner- und BridgeParties wurde im Wochenblatt Mexican American Mitte der 1920er Jahre ständig vermeldet. 374

G. I. Babcock, 10.5.1911, und Henry Lane Wilson an Secretary of State, 23.5.1911 (zitiert bei Hanrahan 1976: 410, 413-420). Nach A. E. Turner sollte neben dem YMCA der American Club Schutz vor möglichen Übergriffen bieten (vgl. Hanrahan 1976: 411). Am 13.5.1911 hatte sich H. L. Wilson wegen des seiner Meinung nach unzureichenden Schutzes von US-amerikanischen Händlern und Geschäftsleuten in Mexiko-Stadt an Außenminister de la Barra gewandt. Die Note war von diesem beschwichtigend beantwortet worden (AHSRE 16-4-150). De la Barra war vom 1.4. bis zum 25.5.1911 Außenminister, danach bis zum Amtsantritt Maderos am 6.11.1911 Regierungschef.

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die Botschaft als Schutzraum für zahlreiche US-Amerikaner.375 Das US-amerikanische Außenministerium hatte der Botschaft 5000 Dollar (10.250 Pesos) als Hilfsfonds zur Verfügung gestellt. Das Geld wurde von W. F. Layer, dem Präsidenten des Country Club, und George McCarty, dem Präsidenten der Mercantile Banking Company, verwaltet. Ein großer Teil der Summe wurde für den Dienst von Automobilen ausgegeben, deren Aufgaben H. L. Wilson beschrieb:

I beg to state, in this connection, that for fifteen days the Embassy had no less than ten automobiles operating continually in the work of rescuing American citizens from dangerous parts of the city, of carrying messages from this Embassy to various government officials and leaders in the revolt. In view of the clearly official nature of the duties performed by the operators of these automobiles the embassy considered it no more than fair that the owners should be reimbursed from the fund above-mentioned for tires and other parts of their machines that were broken while the automobiles were engaged in such service. All gasoline used by the machines during this period was furnished gratis by the two large oil companies of Mexico City, namely, the Waters-Pierce Oil Company and the Aguila Company. 7 6

In der US-amerikanischen Botschaft lagerten bis 1914 mit dem Wissen der mexikanischen Regierung Waffen und Munition. 77 Nach den Angaben von Edith O'Shaugnessy (1916: 294) wurden die Waffen am 22. April 1914, also dem Tag nach der Besetzung von Veracruz, von mexikanischen Soldaten abgeholt.378 Zwar hatten einige US-Amerikaner, vor allem Frauen und Kinder, Mexiko bereits im Mai 1911 verlassen,379 stärker wurde die Auswanderung jedoch nach der Decern trâgica 1913 und der anschließenden Ermordung Maderos, die ausgerechnet mit Washingtons Geburtstag, dem 22. Februar, zusammenfiel. Dies geht aus den Briefen von Edith O'Shaugnessy (1916: 67-68) hervor: „To-morrow [sic] is Thanksgiving. I am receiving for the Colony and such of the chers collègues as care to help wave the Stars 375 Nach den Erinnerungen des US-amerikanischen Botschafters H. L. Wilson waren damals 175 Personen in der Botschaft untergebracht, darunter auch Botschaftspersonal. In seinen Erinnerungen heißt es weiter: „With the aid of various active and intelligent Americans I organized a commisariat force, a relief force, a house-locating force, a medical aid corps, an American military guard, an embassy post and telegraph office, a bank, and a newspaper" (Wilson 1927:254-255). 376

NAUS, Microcopy 274, Roll 152, 812.462-812.48/375, Henry Lane Wilson an Dept. of State, 7.4.1913 (0345-0346). Angefügt ist die Liste „Relief Fund - Mexico City" mit einer Aufstellung der erstatteten Kosten (0348-0350). Mit einem größeren Betrag (984,90 Pesos) erscheint auch die Firma Diener Hermanos. Möglicherweise trug das Bestehen eines Automobile Club, den O'Shaugnessy (1916: 111) in einem Brief vom 24.12.1913 erwähnt, zur schnellen Organisation der Autofahrer in Mexiko-Stadt bei. 377

Zollprobleme verzögerten im Frühjahr 1914 die Auslieferung von Waffen an den Chargé d'affaires (O'Shaugnessy 1916: 218, 220, 255, 282; Ulloa 1976: 222). Nach Bell (1914: 173-174) hatte ein Committee of the American Colony die Einfuhr der Waffen über die Botschaft organisiert, wobei die mexikanische Regierung Zollfreiheit zusicherte. Zu Kritik von sehen der Kolonie kam es nach seiner Darstellung dadurch, daß der in den USA filr die Waffen berechnete Preis höher lag als erwartet. 371

Sie bestanden aus ,,[t]wo hundred and fifty rifles, two machine-guns, seventy-six thousand of one kind of ammunition!,] n ' n e thousand of the other". Bell (1914: 173) schrieb dagegen, es hätte sich um „three thousand discarded Krag-Jorgensen rifles with cartridge belts and ammunition" gehandelt. 379

H. L. Wilson an Secretary of State, 10.5.1911 (abgedruckt bei Hanrahan 1976: 359-362).

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and Stripes. It will be a sort of census of how many Americans are really left in town. Their number is fast dwindling."380 Der „Exodus" der US-Amerikaner verschärfte sich im April 1914, als die Vereinigten Staaten, die anders als ihre diplomatischen Vertreter381 und weite Teile der Kolonie in Mexiko-Stadt gegen den de facto Präsidenten Huerta eingestellt waren, den Hafen Veracruz besetzten.382 Bereits am 20. April sollen 500 US-Amerikaner Mexiko-Stadt verlassen haben (O'Shaugnessy 1916: 281).383 Der britische Gesandte Sir Lionel Carden (der mit einer US-Amerikanerin verheiratet war) plante Ende April die Evakuierung von mehreren Hundert US-amerikanischen Flüchtlingen aus Mexiko-Stadt, wurde aber dabei von der Nachricht überrascht, daß die US-amerikanischen Geschäfte nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen nicht an die britische, sondern an die brasilianische Gesandtschaft übergeben worden waren (O'Shaugnessy 1916: 15, 318-319). Im November 1914 wurden 528 Zivilisten auf US-amerikanischen Schiffen aus Veracruz abtransportiert, darunter 275 mexikanische Staatsbürger, die eng mit den Streitkräften der Vereinigten Staaten zusammengearbeitet hatten (Donnell 1958: 245). 1915 beauftragte das State Department die brasilianische Gesandtschaft, die noch in Mexiko-Stadt ansässigen unbemittelten US-Amerikaner unverzüglich zum Verlassen des Landes aufzufordern. Es stellte dazu die Reisekosten zur Verfugung. Am 8. Juni 1915 reisten 250 Männer nach Veracruz, am selben Tag folgte ein Sonderzug mit Frauen, Kindern und körperlich schwachen Männern. Andere Ausreisende machten sich mit Automobilen auf den Weg. Von Veracruz aus sollte die Reise mit dem USamerikanischen Transporter Buford über Havanna, Galveston, New Orleans und New York weitergehen.384

380

Zu ihrem Empfang kamen um die 200 Gäste, sicherlich nicht nur US-Amerikaner. Der deutsche Gesandte von Hintze berichtete 1913: „Die hier interessierten Fremden, auch die Amerikaner, zahlen die Kosten der ,materiellen und moralischen Intervention' der Vereinigten Staaten" (von Hintze an Bethmann Hollweg, 26.11.1913; abgedruckt bei Hinter 1998: 331-332). 381

Sowohl Botschafter Henry Lane Wilson als auch Chargé d'affaires Nelson O'Shaugnessy favorisierten die Anerkennung Huertas durch die USA. Zu den Sympathien des Ehepaars O'Shaugnessy für Huerta vgl. die Briefedition von Edith O'Shaugnessy (1916). Sie nahm noch am Tag vor ihrer wegen des Abbruchs der Beziehungen erfolgten Abreise aus Mexiko-Stadt am 24.4.1914 an der Hochzeit eines Sohnes von Victoriano Huerta teil (O'Shaugnessy 1916: 295, 302, 304). Biographische Daten zu Edith und Nelson O'Shaugnessy finden sich bei Quirk (1962: 34-37) und E. Meyer (1971: 8-10). Das Ehepaar stand in engem gesellschaftlichen Kontakt zum deutschen Gesandten Konteradmiral Paul von Hintze (O'Shaugnessy 1917: 74, 331; 1916: 7-8, 11, 29, 39, 44, 53, 72-73, 100, 130, 162, 190-191, 197, 200, 247-248,251-252,278,288,293-294,300). 382

Unter den Ausreisenden waren auch viele Eisenbahnangestellte. Waren bei den Ferrocarriles Nacionales 1913 immerhin noch etwa 400 US-Amerikaner vorwiegend im Management angestellt, so sank die Anzahl der Ausländer in dem Unternehmen nach der Invasion auf nur noch 30 (Parlee 1984: 473). 383

In Mexiko-Stadt versuchte Huerta, die Bevölkerung gegen die US-Amerikaner aufzubringen: „Zu gleicher Zeit begann Huerta Volksumzuege sowie Strassenauflaeufe und Pluenderungen einiger amerikanischer Laeden zu organisieren, sowie eine umfassende Agitation in Presse und mittels Flugblaetter, die Volksleidenschaften gegen die Amerikaner aufzustacheln" (von Hintze an Bethmann Hollweg, 16./24.4.1914; abgedruckt bei Hürter 1998: 351-355). 384

DZM. Bd. 33, Nr. 46, 9.6.1915: 1. Am 23.4.1914 hatte Huerta als Antwort auf eine Anordnung der Invasionstruppen, nach der Mexikaner die Stadt Veracruz nicht verlassen durften, die Ausreise von USAmerikanern aus Mexiko-Stadt verboten (O'Shaugnessy 1916: 300). Diese Maßnahme wurde von Huerta nach zwei Tagen wieder aufgehoben (Bell 1914: 394).

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Die Kolonie in Mexiko-Stadt hatte 1911 durchaus versucht, sich auf die neuen politischen Verhältnisse einzustellen. Im Mai 1911 zirkulierte ein Flugblatt, in dem sich die Society of the American Colony gegen die alarmistischen Berichte über die Situation der US-Amerikaner in Mexiko-Stadt wandte und sich eindeutig für Neutralität und gegen eine Intervention der USA aussprach.385 Der vom 13. Mai datierte Aufruf, den der Mexican Herald nicht veröffentlichen wollte, richtete sich zweifellos gegen den Botschafter H. L. Wilson und seine Berichterstattung und Informationspolitik. Dieser hatte jedoch auch Anhänger. Am 15. Mai 1911 schrieb der Anwalt Lebbeus R. Wilfley (von Wilfley & Bassett) aus Mexiko-Stadt an den US-amerikanischen Präsidenten Taft und berichtete, daß der ehemalige Botschafter David E. Thompson zwar die Society of the American Colony unter seine Kontrolle gebracht habe, diese aber keineswegs repräsentativ für die US-Amerikaner in Mexiko sei. Wilfley verteidigte H. L. Wilson und schrieb, wohl übertreibend: „All leading Americans here are co-operating with the Ambassador in this crisis."386 Die Kolonie hingegen feierte den 4. Juli 1911, den Unabhängigkeitstag der Vereinigten Staaten, gemeinsam mit der mexikanischen Regierung. So waren Präsident de la Barra, mehrere Kabinettsmitglieder und Regierungsbeamte und auch der zukünftige Präsident Madero Gäste der US-amerikanischen Kolonie?*1 Edith O'Shaugnessy (1917: 72-73), die an der Feier teilnahm, beschrieb das Fest und Maderos Auftritt dort: Our Fourth-of-July celebration took place at the Tivoli Eliseo in the Puente de Alvarado, which is like any other picnic ground anywhere [...]. There was the usual accompaniment of pink lemonade, peanuts (called cacahuates here), and brass-bands. There was a luncheon with speeches which would have stirred my national soul more if I weren't still in a half-dream at finding myself in this strange and gorgeous land. As I was leaving the festive scene word was passed that Madero was coming and would speak. I stood on the outer fringe of the crowd, which I did not try to penetrate, and found it most interesting to see, even at a distance, the evangelist ,evangelizing.' [...] I could not catch what he said, but I knew it was his work of hypnotizing Mexico.

385

Der Aufruf war von David E. Thompson, C. H. M. y Agramonte, W. W. Contris, J. C. Mordough, L. W. Mix, E. Dean Fuller, K. M. Van Zandt Jr., J. N. Galbraith, H. A. Kienehan, Robt. A. Brown, James E. Long, W. A. DeGress, Y. Sepülveda, J. L. Starr Hunt, W. L. Vail, G. I. Babcock, Chas. E. Cummings und J. M. Denning unterzeichnet worden (vgl. Hanrahan 1976: 378). Thompson war als Vorgänger von H. L. Wilson seit Januar 1906 US-amerikanischer Botschafter in Mexiko-Stadt gewesen. Seine Abberufung wird mit unseriösen Geschäftspraktiken, insbesondere im Zusammenhang mit der gescheiterten United States Banking Co. (ihr Präsident George I. Ham wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt) und der Pan American Railroad, in Verbindung gebracht. Thompson besaß außerdem in der Nähe von Veracruz eine Hacienda und eine Plantage (Bell 1914: 135; Schell 2001: 163-168). Wilson beschuldigte ihn in einem Brief an den US-amerikanischen Außenminister der Intrige und sandte belastendes Material Uber Thompson nach Washington (H. L. Wilson an Secretary of State, 10.5.1911, zitiert bei Hanrahan 1976: 359-366). Dieser befand sich während der Decena tràgica in Mexiko-Stadt, wo er im Hotel Genève Zuflucht gefunden hatte (Moats 1933: 98). 386

L. R. Wilfley an President of the United States, 15.5.1911 (zitiert in Hanrahan 1976. 388-390). Nach Bell (1914: 135-137) hatte Wilfley, der 1909 nach Mexiko gekommen war, zuvor eng mit Thompson zusammengearbeitet, sich bei der Neubesetzung des Botschafterpostens aber auf Wilsons Seite geschlagen. 587

NAUS, Microcopy No. 274, Roll 152, 812.462-812.48/375, Consul General an Dept. of State, 5.7.1911 (0021-0022).

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Ebenfalls im Juli 1911 war im University Club ein Essen für Madero gegeben worden, das möglicherweise auch den US-amerikanischen Unabhängigkeitstag zum Anlaß hatte. Bei diesem Festessen soll H. L. Wilson sich bereits herablassend über Madero geäußert haben.388 José Vasconcelos (1928: 105-106) erinnerte sich an ein Essen zu Maderos Ehren im University Club, vermutlich denselben Abend:

Even the American residents of Mexico, who had all of them been Diaz supporters, allowed themselves to become contaminated with the popular enthusiasm for Madero and his methods. I remember being present at a dinner given in honor of Madero by the members of the Mexico City University Club. At that dinner Madero was sincerely praised by such men as Ambassador Henry Lane Wilson and by the most prominent members of the colony.

Der Beginn der Präsidentschaft Maderos wurde mit einem großen Bankett im American Club enthusiastisch gefeiert. Es nahmen etwa 300 Ä^o/owe-Mitglieder teil. Toastmaster war der Präsident der Ferrocarriles Nacionales Mexicanos, E. N. Brown. 389 Am Ehrentisch saßen außer dem mexikanischen Präsidenten und Brown Henry Lane Wilson, Vizepräsident José María Pino Suárez, Außenminister Manuel Calero, Col. Hilario Rodríguez Malpica, Lt. Col. Justiano Gómez, Capt. Aurelio Mora, Francisco Madero Sr., Burton W. Wilson, A. J. McCarty, Gen. C. H. M. y Agramonte und J. N. Galbraith.390 Im Klub, der innen und außen mit Glühbirnen in den Nationalfarben der beiden Staaten reich geschmückt war, hingen die mexikanische und die US-amerikanische Fahne sowie Fotos von Madero und Taft. 1912 hatte sich zur Feier des US-amerikanischen Unabhängigkeitstages ein Comité Internacional de Paz y Amistad gebildet, dessen Ziel die Verbesserung der Beziehungen zwischen US-amerikanischen und mexikanischen Bürgern war.3 1 Das Komitee

Haie, 18.6.1913, zitiert bei Hanrahan (1982b: 143-163, hier Seite 147). Diese Darstellung widerspricht einem Bericht von Hintzes, der schrieb, daß H. L. Wilson Madero und seine Regierung in der Öffentlichkeit auf das überschwenglichste zu loben pflegte (von Hintze an Bethmann Hollweg, 7.11.1911; abgedruckt bei Hürter 1998: 303-306). 389

Edward N. Brown war bis Oktober 1914 Präsident der Eisenbahngesellschaft (Kelley 1936: 497). Er und George W. Cook (Mosler, Brown & Cook) galten als „the most influential Americans resident in Mexico" (Bell 1914: 139). 390

Weitere Gäste waren Innenminister Abraham González, Fomento-Minister Lic. Rafael Hernández, Erziehungsminister Miguel Díaz Lombardo, Justizminister Manuel Vázquez Tagle, Ing. Ignacio Rivero (Gouverneur des D. F.), Juan Sánchez Ancona (Privatsekretär des Präsidenten), Lic. Manuel Escalante (Präsident des Stadtrats), Col. Eduardo Hay (Generalinspekteur der Polizei), sowie die Präsidentenbrüder Gustavo und Emilio Madero (NAUS, Microcopy No. 274, Roll 152, 812.462-812.48/375, Mexican Herald. 26.11.1911 [0024-0026]). Dieser von Henry Lane Wilson an den Secretary of State übersandte Zeitungsausschnitt ist mit Wilsons Bericht auch bei Hanrahan (1978: 295-303) abgedruckt. 391

Das Manifiesto del Comité Internacional de Paz y Amistad, establecido por estrechar los lazos de amistad y procurar el mejor entendimiento entre los ciudadanos de Estados Unidos del Norte y la República Mexicana war von folgenden Personen unterzeichnet worden: Demetrio Sodi (Präsident), E. N. Brown (Vizepräsident), W. A. Parker (Schatzmeister), Alonzo Rodríguez Miramón (Vorstandsmitglied), Geo. W. Cook (Vorstandsmitglied), Luis Cabrera (Vorstandsmitglied), George Braniff (Vorstandsmitglied), Bernardo García Medrano (Vorstandsmitglied), I. Sepülveda (Vorstandsmitglied), Urbano Balmaceda (Vorstandsmitglied), James Carson (Vorstandsmitglied), David T. Bernard (Vorstandsmitglied), A. B. Ingalsbee (Vorstandsmitglied), Heriberto Barrón (Vorstandsmitglied), James E.

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wurde von C. H. M. y Agramonte als Präsidenten der Society of the American Colony, James E. Long als Präsidenten des American Club, W. F. Layer als Präsidenten des Mexico City Country Club und B. W. Wilson als Präsidenten des University Club unterstützt.392 Der mexikanische Präsident und der US-amerikanische Botschafter übernahmen gemeinsam den Vorsitz. 393 1913, nachdem Madero mit der Unterstützung H. L. Wilsons gestürzt worden war, lud die Kolonie den von den USA nicht anerkannten Präsidenten Victoriano Huerta zur Feier des Unabhängigkeitstages. Allerdings nahmen an der Feier, zu deren Festrednern wiederum General Agramonte gehörte, keine Vertreter der Botschaft oder des Konsulats teil.394 H. L. Wilson (1927: 309) schrieb in seinen Erinnerungen, daß er auf Wunsch des US-amerikanischen Außenministers Bryan nicht an der Feier teilgenommen habe. Stattdessen ließ er sich zur US-amerikanischen Flotte nach Veracruz einladen. Die Society of the American Colony, die H. L. Wilson 1911 noch sehr kritisch gegenübergestanden hatte, unternahm 1913 große Anstrengungen, ihn auf seinem Posten zu behalten. Ein Telegramm des Komitees der US-amerikanischen Kolonie nannte gerade seine Tätigkeit in der Decena trägica, vor allem die Vermittlung zwischen den Putschisten Huerta und Diaz, als Gründe für sein erwünschtes Bleiben. Es unterzeichneten C. H. M. y Agramonte, G. W. Cook, E. N. Brown, George J. McCarty, W. F. Layer, J. N. Galbraith, C. F. de Ganahl, Burton W. Wilson, J. E. Long, T. J. Ryder, H. Walker, L. R. Wilfley, Paul Hudson und Fred Thackaberry.39S Eine Delegation reiste im Anschluß an das am 4. März 1913 abgesandte Telegramm nach Washington, um persönlich mit dem US-amerikanischen Präsidenten und seinem Außenminister über die Frage zu reden. Auf deren Anregung hin erstellte sie auch ein Memorandum. Etwa fünfzig „leading American Citizens" hatten sich demnach seit Februar 1913 für H. L. Wilson engagiert. Ihre Bemühungen, denen sich auch Kirchenvertreter 396 und der YMCA anschlössen, blieben allerdings erfolglos. 397

Long (Vorstandsmitglied), Antonio Ramos Pedrueza (Vorstandsmitglied), Burton W. Wilson (Sekretär), S. W. Rider (Sekretär) und José García Medrano (Sekretär). Vgl. NAUS, Microcopy 274, Roll 152, 812.462-812.48/375, H. L. Wilson an Secretary of State, 12.7.1912 (0046-0153) und Heriberto Banón an President of the United States, 5.7.1912 (0168). 392

NAUS, Microcopy 274, Roll 152, 812.462-812.48/375, Einladung zur Feier des 4.7.1912 (0154).

393

Mercurio. Bd. 3, Nr. 53, 19.4.1919: 2. Das Comité Internacional trat danach nicht mehr in Erscheinung: „Después por razón de las condiciones, el trabajo del comité quedó en suspenso" berichtete der Präsident der US-amerikanischen Handelskammer, S. W. Rider, 1919 rückblickend im Mercurio. 394

AHSRE 20-20-108. Das mexikanische Außenministerium bemühte sich in diesem Zusammenhang über seine Vertretung in Washington um eine positive Berichterstattung in den Zeitungen der Vereinigten Staaten. 395

Die Schreiben zugunsten H. L. Wilsons druckte dieser in seinen Erinnerungen ab (vgl. Wilson 1927: 290, 348-362). 396

Ein diesbezügliches Schreiben der Kirchenvertreter an H. L. Wilson vom 15.3.1913 ist bei Wilson (1927: 362-364) abgedruckt. 397

In einem seiner letzten Schreiben aus Mexiko-Stadt, einem Telegramm vom 13.7.1913, berichtete H. L. Wilson nach Washington: „A movement was started yesterday among Americans to request protection from the German Emperor on the ground that our Government neither considered their interests nor afforded them protection. This movement has been arrested for the present" (zitiert bei Hanrahan 1982a: 193-194).

241

José Vasconcelos (1928: 107-108) erklärte die gewandelte Haltung der US-amerikanischen Kolonie gegenüber Madero mit den geänderten wirtschaftlichen Voraussetzungen unter seinem Regime:

Three things contributed to make Madero unpopular with the American residents in Mexico: the ending of the concession system, the growing independence and unrest of labor under the influence of the revolution, and impatience resulting from prolonged unsettled conditions. The Mexican Herald and all of the big newspapers of Mexico, acting on behalf of the big interests, initiated the offensive against the Madero regime. The business promoters of old days turned against Madero bitterly when they became convinced that there would not be any more chances for graft through the squandering of natural resources. 398

Die befürchteten Ausschreitungen gegen US-Amerikaner in Mexiko-Stadt blieben auch nach der militärischen Intervention weitgehend aus. Allerdings wurde das erst am 22. Februar 1912 unter Mitwirkung von Präsident Madero eingeweihte WashingtonDenkmal auf der Glorieta Dinamarca nach der Besetzung von Veracruz in der Nacht vom 23. April 1914 niedergerissen und durch eine Büste von Hidalgo ersetzt. Eine mexikanische Fahne vedeckte nun die Inschrift. Die Washington-Skulptur soll zu Füßen des Juärez-Denkmals an der Alameda niedergelegt, aber von den mexikanischen Behörden rasch entfernt worden sein. Später wurde sie jedoch wieder an ihrem ursprünglichen Platz aufgestellt.199 Die Ausreise einer großen Anzahl von US-Amerikanern hatte einschneidende Auswirkungen auf die Institutionen der Kolonie. So machte sich im American Hospital der Mangel an geprüften Krankenschwestern bemerkbar, und die Direktion des Hospitals, das von Ella Wilson geleitet wurde, suchte durch die Einrichtung von Ausbildungskursen Abhilfe zu schaffen. Für diese Kurse, die an 18-25jährige auf Erwerb angewiesene Frauen gerichtet waren, wurde in der Deutschen Zeitung von Mexiko geworben. Voraussetzung für die Teilnahme war das Verstehen der englischen Sprache.400 Im Hospital behandelten und operierten auch deutsche Ärzte (Dr. A. Trautmann, Dr. G. Pagenstecher) deutsche Patienten.401 Mit Unterstützung des Verbands Deutscher 398

Ahnlich schätzte der deutsche Gesandte von Hintze den Stimmungsumschwung ein: „Die Auslaender, die ihm [Madero] nahezu ausnahmslos 1911 beim Siege seiner Revolution zugejubelt hatten, wurden ihm allmaehlich feind, weil an seiner Ehrlichkeit die frueher ueblichen unlauteren Geschaeftskonzessionen scheiterten, und weil seine Gesetze und Menschlichkeit achtende Regierung nicht die Ruhe und Ordnung im Lande aufrecht erhalten konnte, die die Auslaender zur Ausbeutung des Landes benoetigten [...]" (von Hintze an Bethmann Hollweg, 25.2.1913; abgedruckt bei Hürter 1998: 315-319; Hervorhebung im Original). 399

O'Shaugnessy (1916: 290-291, 304; 1917: 219); González Navarro (1969: 578); Daniels (1947: 140, 447). Das Washington-Denkmal war von der US-amerikanischen Kolonie anläßlich der Jahrhundertfeier der mexikanischen Unabhängigkeit 1910 gestiftet worden. H. L. Wilson (1927: 187) nahm auf die Planung des Denkmals Einfluß - er verwarf die von seinem Vorgänger D. Thompson favorisierte Idee eines Friedensdenkmals - und weihte es 1912 ein. An Washingtons Geburtstag 1913 wurden dort und am Juárez-Denkmal vom mexikanischen Außenminister und dem US-amerikanischen Botschafter Kränze niedergelegt (Haie, 18.6.1913, zitiert in Hanrahan 1982b: 143-163, hier Seite 158). 400

DZM. Bd. 33, Nr. 8, 27.1.1915: 3; Nr. 69, 28.8.1915: 3. Dr. Pagenstecher war anscheinend 1915 Mitglied im Vorstand des Hospitals.

401

Vgl. DZM. Bd. 33, Nr. 37,8.5.1915: 3; Nr. 50,23.6.1915: 3.

242

Reichsangehöriger wurde im Juli 1917, also nach dem Eintritt der USA in den Weltkrieg, in der deutschen Kolonie eine Kollekte zugunsten des American Hospital durchgeführt. Sie erbrachte $ 3290, die von Dr. Pagenstecher, der sich mit Dr. P. Fichtner für die Sammlung engagiert hatte, an den Vorstand des Hospitals übergeben werden sollten. Bereits vorher hatten die Deutsch-Südamerikanische Bank und die Firma Johannsen, Felix & Cia. $ 1000 direkt gespendet.402 Die US-amerikanische Schule schloß während der Decena trägica vom 9. bis zum 19. Februar 1913403 und erneut im April 1914. Die Schülerzahlen sanken während der Revolution stark ab. 404 1 9 1 3 graduierten sich nur sechs Schüler, 1914 konnten die Abschlußexamen nicht in allen Fächern abgehalten werden. In diesem Jahr hatte die Schule nach den Erinnerungen von Kingsley J. Niven 150 Schüler.405 Niven war seit 1911 Büroangestellter der American School Association gewesen. Im April 1914 übernahm er die Leitung der Schule, nachdem der bisherige Direktor, Superindendent Lynch, Mexiko verlassen hatte. Niven nahm selbst als Schüler am Unterricht der Abschlußklasse teil und unterzeichnete im Mai 1915 sein eigenes High-SchoolDiplom.406 Aufgrund des Schülermangels 1914 war der frühere Schulleiter, ebenso wie ein Teil der Lehrer und des Verwaltungspersonals, aus finanziellen Gründen entlassen worden. In der Zeit von 1914 bis 1920 unterrichteten fast ausschließlich ehemalige Schülerinnen an der US-amerikanischen Schule (Scanion 1984: 40). In dieser Zeit war sie besonders international und akzeptierte neben US-Amerikanern, Mexikanern und Briten auch Deutsche, Franzosen, Schweizer und Russen als Schüler (Davis 1942: 176). Die High School, die 1915 außer Niven noch sechs Schüler in der Abschlußklasse gehabt hatte, wurde wegen der geringen Nachfrage bis 1917 eingestellt, nur die Grammar School konnte fortgesetzt werden. Eine von der deutschen Schule in Mexiko veröffentlichte Tabelle zeigt die Entwicklungen der Schülerzahlen der „ausländischen" Schulen in Mexiko-Stadt im Vergleich: 407

402

DZM. Bd. 35. Nr. 85,24.7.1917:2.

403

Castillon/Wright ([1988], ohne Seitenzählung). Nach Davis (1942: 176) blieb die Schule vom 7. bis 24. Februar geschlossen, nach Scanion (1984:40) drei Wochen lang. 404

In der Jubiläumsschrift von 1988 heißt es, Neuanmmeldungen wären 1913 nicht erlaubt gewesen (Castillon/Wright [1988], ohne Seitenzählung). Davis (1942: 176) nennt fiir 1912 eine Schülerzahl von 576. Diese Zahl liegt wesentlich höher als die der Tabelle 41. 405

Der Vorstand der Schule setzte sich damals aus Charles E. Cummings (Präsident), A. HoffmanPinther (1. Vizepräsident), E. Dean Füller (2. Vizepräsident), I. H. Jacobs (Schriftführer), J. E. Dennison (Schatzmeister), C. V. Allen, Sidney S. Conger, S. J. Danner, J. A. Hendry, W. A. Hill, F. G. McCann, J. F. Snider und Thomas Weston zusammen (Castillon/Wright [1988], ohne Seitenzählung). 406

Später studierte er Architektur an der University of Texas (Castillon/Wright [1988], ohne Seitenzählung).

407

Die Originaltabelle in der PSA berücksichtigt neben den hier abgebildeten Zahlen der gemischten Schulen auch noch vier Jungenschulen (Lycée Fournier, English School, Presbyterian College Coyoacdn, Ecole française Buen Tono) und zwei Mädchenschulen (Collège Français, Colegio Sarah Keeri).

243

Tabelle 41:

Schülerzahlen „ausländischer" Schulen in Mexiko-Stadt, 1908-1914 1 Instituto FrancoInglés American School Instituto Williams Peutsche Schule

französischmexikanisch US-amerikanisch englisch deutsch

1908 357

1909 384

1910 412

1911 427

1912 413

1913 421

1914 | 410

277

273

337

364

356

346

64

172

190

215

201

194

125

147

167

188

167

186

230

312

382

Quelle: PSA. Bd. 13, Nr. 8/9, 1914: 395.

Erst 1919 hatte sich die US-amerikanische Schule wieder soweit vergrößert, daß sogar an einen Neubau gedacht wurde. Das Grundstück dazu wollte Edward E. Orrin, der Anteil an der Entwicklung der Colonia Roma hatte, zur Verfugung stellen. Allerdings konnte seine Bedingung, daß die Mittel für den Bau und die Einrichtung des Gebäudes bis zum 1. Dezember 1919 aufgebracht werden müßten, nicht erfüllt werden. Dieses gelang der Kolonie, die auch Geld für das American Hospital sammelte, nicht. Orrin zog sein Angebot daraufhin zurück (Castillon/Wright [1988], ohne Seitenzählung). 408 Die englischsprachigen protestantischen Kirchengemeinden litten ebenfalls unter der sinkenden Zahl von US-Amerikanern in Mexiko-Stadt. 409 Im April 1914 berichtete J. W. Butler von der Methodist Episcopal Church in Mexiko-Stadt über eine sinkende Mitgliederzahl und eingebrochene Finanzen in der englischsprachigen Gemeinde. 410 In der Union Evangelical Church fiel die Mitgliederzahl im Jahr 1913 auf 22. Der Vorstand tagte zwischen April und Oktober 1914 vermutlich gar nicht. 1914 sandte der Pastor der Gemeinde seine Familie in die Vereinigten Staaten. Er begleitete sie nach Veracruz, wollte aber selbst nach Mexiko-Stadt zurückkehren. Als ihm dies nicht gelang, emigrierte er zeitweise ebenfalls in die USA. Zwar wurden im Juni 1914 wieder Gottesdienste abgehalten, doch verlor der Kirchbaufonds der Gemeinde durch die allgemeine Geldkrise erheblich an Wert. 1915 mußte sie ein Darlehen aufnehmen. Im Februar dieses Jahres vereinigte sich die Union Evangelical Church mit der Methodist 408

Im Sommer 1919 arbeitete der später berühmt gewordene US-amerikanische Journalist und Schriftsteller Carleton Beals als High-School-Lehrer an der US-amerikanischen Schule, wo er schnell zum Direktor (principat) dieses Zweiges befördert wurde. Allerdings verlor er die Stelle noch im gleichen Jahr, nachdem er sich der Entlassung eines mexikanischen Schülers widersetzt hatte. Beals war im August 1918 verarmt in Mexiko-Stadt angekommen. Er gründete bald darauf mit George Politol eine private Sprachschule (English Institute) und hielt für die Frauen der US-amerikanischen Kolonie Vorlesungen über englische Literatur im neu gegründeten Shakespeare Club. In den drei Monaten vor Carranzas Sturz erteilte er auch dessen persönlichem Militärstab Englischunterricht. Sein erster Mexikoaufenthalt dauerte bis 1920. Von 1923 bis 1933 lebte er erneut überwiegend in Mexiko (Britton 1987: 16-17; Beals 1923: Preface; 1927: 324-325). 4(N

Bereits 1911/12 mußte Bischof Aves die englischsprachige Missionsarbeit in 14 Orten des Landes suspendieren. Auch das Ausländerhospital in Guadalajara wurde geschlossen. Besonders bemerkbar machte sich in vielen Landesteilen die Rückwanderung der US-amerikanischen Eisenbahner. Im selben Berichtsjahr wurde jedoch im Distrito Federal, in Tacuba, die Hooker Memorial School für Krankenpflege am 16.7.1912 eröffiiet (Protestant Episcopal Church in the United States of America 1911/1912: 199,251,256). 410

Mexico. The Poings of the Methodist Epicopal Church in Old Mexico. Bd. 8, Nr. 1,1914:3.

244

Episcopal Church North (Luconi Moroni 1979: 30-31; Davis 1942: 199). Die Gemeinde wählte in diesem Jahr zwei Dekane: Richard Williamson, der auch Generalsekretär des YMCA war, und Reverend J. P. Hauser. Beide gehörten, wie zwei weitere Mitglieder des Exekutivkomitees, eigentlich der Trinity Methodist Episcopal Church an, stellten sich aber wegen der Schließung ihrer Gemeinde in den Dienst der Union Evangelical Church.4n Die Finanzknappheit der Gemeinde, die bis Januar 1916 von Reverend S. S. Conger geleitet wurde, hielt auch 1916 und 1917 an. Unter der Leitung von Rev. Dr. George C. Lenington412 erholte sich die Gemeinde langsam von der Krise. Die Mitgliederzahl stieg von 72 am 9. April 1917 auf 120 am 17. Januar 1918 an. Auch die Zahl der Gottesdienste nahm wieder zu. Allerdings konnte die Gemeinde sich erst 1921 zum erstenmal seit 1913 wieder selbst finanzieren.413 1913 predigte ein „American rector", vermutlich John A. Reis, in der katholischen Kirche San Lorenzo. O'Shaugnessy (1916: 67-68) nahm dort an einer Messe zum Erntedankfest teil: „I rarely go there, except on some such occasion. It is far from the Embassy, and, though once in the best residential part of the city, it is now invaded by a squalid Indian and mestizo class. With the exception of San Lorenzo, which is very clean (the American church, as it is called), the churches in that quarter strike a most forlorn note [,..]."414 Auch während der ersten Jahre der Revolution blieb der im Porfiriat von der mexikanischen Regierung subventionierte Mexican Herald die wichtigste Zeitung der Kolonie, obwohl ihr Herausgeber Paul Hudson415 das Land verließ und die Zeitung vermutlich 1915 eingestellt wurde.416 In seinen Erinnerungen rühmt Henry Lane Wilson die loyale 4,1

Mexico. The Doings of the Methodist Epicopal Church in Old Mexico. Bd. 9, Nr. 1, 1915: 16. Die beiden erwähnten weiteren Methodisten waren G. C. Van den Bosch und C. E. Cummings. 412

Lenington hatte vorher in Brasilien gearbeitet. Er verließ die Gemeinde am 1.6.1918, um sich in die Armee der Vereinigten Staaten einzuschreiben. 413

The First Centennial of the Union Evangelical Church Mexico City 1873-1973 [1973]: 14-15; Luconi Moroni (1979: 32-33); Davis (1942: 200); Mexico. The Doings of the Methodist Epicopal Church in Old Mexico. Bd. 11, Nr. 2, 1917: 16. Zwischen 1873 und 1923 hatten die folgenden Herren zu ihren prominentesten Mitgliedern gehört: J. W. Foster, Charles Blackmore, Carl Joransson, C. A. Biorklund, John Petherick, Hugo Wilson, W. W. Blake, Scott Christie, J. W. Woodfin, J. P. Hauser, Dr. John Howland, D. D. Freeborn, W. A. Price, J. L. Pease und F. W. Wetmore (The First Centennial of the Union Evangelical Church Mexico City 1873-1973 [19731: 15). 414

O'Shaugnessy (1916: 101) erwähnt in ihren Briefen auch ein katholisches Kloster, das American Convent of the Visitation, das von Mother Semple geleitet wurde. Eine zum Kloster gehörige Schule in Tepexpam mußte wegen der unsicheren Lage geschlossen werden, sollte aber in Tacubaya (D. F.) wieder aufgebaut werden. 415

Hudson veröffentlichte in der New York Times einen Artikel Uber die Haltung der US-amerikanischen Regierung gegenüber Mexiko. Er kritisierte dabei die Politik W. Wilsons sehr stark, da seine Regierung die US-Amerikaner in Mexiko mehrmals aufgefordert hatte, das Land zu verlassen, anstatt ihre ökonomischen Interessen dort zu schützen (vgl. den Artikel „Americans in Mexico" vom 21.6.1913, in der Akte AHSRE 12-26-34). Hudson befand sich im Juli 1913 angeblich als Agent der mexikanischen Regierung in Washington, dies geht zumindest aus einem Schreiben von Edwin Emerson an Außenminister Bryan hervor (Emerson an Bryan, 21.6.1913, zitiert bei Hanrahan 1982b: 170). 416

Nach De Bekker (1919: 128) verschwand die Zeitung mit der Okkupation von Veracruz. Die Deutsche Zeitung von Mexiko meldete die Schließung des Mexican Herald am 24.7.1915 (DZM, Bd. 33, Nr. 59, 24.7.1915: 2). Dort wurde berichtet, daß der Herald, der in spanischer und englischer Sprache publiziert wurde, in den vorangegangenen Wochen mehrere Male das einzige erschienene Tageblatt in Mexiko-Stadt gewesen war. Der Zeitung und ihrem Herausgeber Paul Hudson wurde von mexikanischer Seite eine anti-revolutionäre Berichterstattung vorgeworfen, das Gebäude bei der Schließung beschlag-

245

Haltung des Blattes seiner Politik gegenüber. Er erwähnt aber auch, daß er einen kritischen Korrespondenten des Herald, der ihm offenbar eine Mitverantwortung am Sturz Maderos zuwies, aus der Botschaft hinauswarf (Wilson 1927: 184-186).

4.4 Die Kolonien bis zum Eintritt Mexikos in den Zweiten Weltkrieg

4.4.1 Die deutsche Kolonie: Konflikte zur Weimarer Zeit

Das Ende des Ersten Weltkriegs, das der ideologisch stark auf Deutschland ausgerichteten Kolonie am 11. November 1918 vom Gesandten Eckhardt im Deutschen Haus mitgeteilt wurde, 417 markiert den Beginn einer Phase der vorübergehenden Orientierungslosigkeit in der Kolonie, in der sie für die von Deutschland ausgehende, expandierende „Deutschtumsarbeit" sehr empfanglich wurde. Der Zusammenbruch des vermeintlich so starken Vaterlandes war ein Schock für die Auslandsdeutschen. Carranza, zu dem die Kolonie gute Beziehungen gepflegt hatte, wurde 1920 ermordet. Demographisch hingegen wuchs die Anzahl der Deutschen im Distrito Federal, genährt durch die steigende Auswanderung aus Deutschland nach dem verlorenen Krieg, weiter an. Der mexikanische Zensus verzeichnete 1921 2036 Deutsche (1281 Männer und 755 Frauen) im Distrito Federal. Bis 1930 stieg ihre Zahl auf 3280 (1852 Männer und 1428 Frauen).418 Wirtschaftlich erlebten die „deutschen" Geschäftshäuser in Mexiko-Stadt keinen grundsätzlichen Wandel. Der Schwerpunkt ihrer Handelstätigkeit lag weiterhin in den Bereichen Eisen- und Haushaltswaren, Maschinen, Chemikalien und Elektroartikel. Dazu zählten auch Automobile, Fahrräder und Schreibmaschinen. Juweliere und Musikalienhändler419 waren weiterhin vertreten, als Banken zählte Schmidt (1921: 96) allerdings nur die Deutsch-Südamerikanische Bank, das Bankhaus Franz Mayer und W. E. Herrmann auf. Als Schiffahrtsagentur wird die Agencia Maritima genannt (Heynen & Eversbusch, Sitz im Edificio Boker in Mexiko-Stadt), die auch in Veracruz und nahmt. Die Deutsche Zeitung von Mexiko hob hervor, daß der Herald in seiner Berichterstattung über den europäischen Krieg von einer anfanglich rein alliiertenfreundlichen zu einer „etwas neutraleren" Haltung übergegangen sei. Am 29.9.1915 zitierte die DZM aus einer Meldung des Mexican Herald über Geldfälschungen. Die Schließung vom 27.7. war also noch nicht endgültig gewesen (DZM. Bd. 33, Nr. 78, 29.9.1915:3). 417

DZM. Bd. 36. Nr. 129, 12.11.1918:2-3.

418

Vgl. Tabelle 24 in Kapitel 3.2.1 dieser Arbeit.

419

An erster Stelle nennt Schmidt (1921: 97-101) hier das alteingesessene Haus Wagner & Levien Sucs., das auch in Mérida (Yucatán), Guadalajara (Jalisco), Tampico (Tamaulipas) und Puebla (Puebla) vertreten war. Ein Bericht in der in Revista Española (Nr. 63, 20.5.1925, ohne Seitenzählung) nennt außerdem Niederlassungen in Monterrey (Nuevo León), Torrreón (Coahuila) und Veracruz (Veracruz). Die Besitzer waren damals Martin Adriansen, Juan Borrmann und Arno Trautvetter. Otto Wagner, der frühere Chef des Hauses und Sohn des Firmengründers Agustín Wagner, war am 28.2.1921 bei einem Besuch in seinem Geburtsland Mexiko verstorben. In Deutschland erzogen, trat er 1891 in das väterliche Geschäft in Mexiko ein und wurde später Teilhaber. Unter seiner Direktion entstanden die obengenannten Filialen und das 1910/11 errichtete große Geschäftshaus, 1918 erweiterte er die Instrumentenfabrik. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Otto Waener in New York (Lateinamerika fDl. Nr. 15,1921:400).

246

Tampico vertreten war. Einige Häuser (Christlieb & Rübke, Edmundo Dahlhaus, Hugo Marquard) vertrieben auch Versicherungen, andere waren auf „Landesprodukte" spezialisiert.420 In der Industrie waren die „deutschen" Unternehmen trotz der weiter bestehenden Papierfabriken nur wenig engagiert.421 Große Investitionen in die Industrie wurden nicht getätigt, jedoch förderte die protektionistische Politik der mexikanischen Regierung auch Manufakturbetriebe und kleinere Fabriken, von denen einige deutschstämmigen Unternehmern gehörten.422 Ab 1923 richtete der Verband deutscher Reichsangehöriger einen Handelsausschuß ein, aus dem schließlich die Deutsche Handelskammer hervorging. Bei der Gründung 1923 gehörten ihm folgende Firmen an: Julio Albert & Cía. Sucs.; Beick, Felix & Cía.;423 Cía. Ferretera Mexicana, S. A.; Korff, Honsberg & Cía.; Sommer, Herrmann & Cía. Sucs. und Alberto Wörn. 424 1925 wurde der Handelsausschuß erweitert und sein Vorsitz von Carl Reichert übernommen. 425 Das Interesse des Verbands deutscher Reichsangehöriger an diesem Ausschuß lag nicht nur in der Förderung des deutschen Handels. Ziel war außerdem eine Zusammenarbeit in „vaterländischen" Fragen, zu denen für den Verband auch der engere Zusammenschluß mit anderen Deutschen in Südamerika gehörte. 1926 war aus diesem Erweiterten Handelsausschuß offensichtlich der Deutsche Handelsverband geworden, der weiterhin dem Verband deutscher Reichsdeutscher angegliedert war. Im Berichtsjahr 1928 bestand seine Tätigkeit unter anderem in der Informationsvermittlung an die Mitglieder über vertrauenswürdige Firmen und Angestellte, Auskünfte in Steuerfragen und, 1928 erstmalig, in der Eintreibung von Außenständen für Mitgliedsfirmen bei der Regierung und bei öffentlichen Stellen. Ebenfalls neu war 1928 eine Sektion zur Eintreibung privater Schulden auf Kommissionsbasis. Der Verband unterhielt ein Schiedsgericht, das im genannten Jahr jedoch nur einmal in Aktion

420

Schmidt (1921: 98) nennt an dieser Stelle die Firmen Buchenau & Cía. (auch in Torreón, Coahuila, vertreten), Juan Dosse & Cía., O. A. Argus, Bode & Rosenstein und Carlos Köhn. Köhn wird auch als Besitzer des Restaurants La Providencia aufgeführt (Schmidt 1921: 101).

421

Vgl. die Auflistung der „deutschen" Firmen bei Schmidt (1921: 95-101). Der zum Geheimen Regierungsrat ernannte Geo[rg?] A. Schmidt war nach dem Krieg vier Jahre lang als Wirtschaftlicher Sachverständiger an der deutschen Gesandtschaft in Mexiko beschäftigt, er hatte vorher in Deutsch-Ostafrika gelebt. Das deutsche Berufskonsulat war 1920 mit der Gesandtschaft vereinigt worden (Schmidt 1921: 102; 1925: III, 104). 422

Von Mentz (1988c: 143) nennt für Gesamtmexiko die Zahl von etwa 40 Unternehmen dieser Art.

423

Das Haus Beick, Felix & Cía. wurde 1924 siebzig Jahre alt. Ihm gehörte die Droguería La Palma, die im genannten Jahr um die angrenzende Droguería La Profesa vergrößert wurde, und die 1856 gegründete Chemiefabrik La Viga, die vor allem Düngemittel herstellte. Das Management der Firma bestand 1924 aus William [Willy] Beick, Otto Funk und Walter Hermann. Die Firma unterhielt ein Büro in Hamburg und Geschäfte in Mexiko-Stadt und Salina Cruz. 1924 beschäftigte sie 25 Handlungsreisende und 400 weitere Angestellte (Mexican American. 16.8.1924: 37-39). 1940 war Guillermo Beick im Consejo Directivo de la Cámara Nacional de Comercio e Industria de la Ciudad de México vertreten (La Revista de los hombres de negocios. México. Bd. 17, Nr. 7, 1940:21). 424

Alberto Woern war 1925 Vizepräsident des Verbands deutscher Reichsangehöriger (México y sus colonias extranjeras en la República Mexicana 1925, ohne Seitenzählung). 425

Verband Deutscher Reichsangehöriger in Mexico (1926: 3-4). Auch Ende 1927 war Reichert Präsident der Organisation, die inzwischen Deutscher Handelsverband (U.C.A., Unión del Comercio Alemán) hieß (AHSRE 21-26-35).

247 426

treten mußte, und verfaßte auf Anfrage auch Gutachten. Aus ihm ging am 3. Juni 1929 die Deutsche Handelskammer in Mexiko hervor, die sich auch als Interessensvertretung gegenüber der stark von den Arbeiterorganisationen und -interessen beeinflußten mexikanischen Regierung verstand (Mentz 1988c: 147).427 Als Mitglieder kamen die Angehörigen des ehemaligen Handelsverbands in Frage, außerdem in Mexiko ansässige Firmen, bei denen mindestens ein Teilhaber deutscher oder österreichischer Abstammung war. Ausnahmen bedurften der Zustimmung des Vorstands (Lorisika 1989: 13). Die Gründungsmitglieder der Handelskammer waren folgende Unterneh-

Carl Reichert (Präsident); Teilhaber der Firma Julio Albert & Cía. Sucs., México, D. F. Pablo Roen[ts]ch (Vizepräsident); Inhaber der gleichnamigen Firma, México, D. F. M. Adelsberger; Inhaber der gleichnamigen Firma, México, D. F. Walter Boeker; Teilhaber der Cía. Ferretera Mexicana, S. A., México, D. F. R. Eversbusch; Konsul, Teilhaber der Finna Heynen, Eversbusch & Cía., México, D. F. Cornelius Gertz; Generalkonsul, Teilhaber der Firma Sommer, Herrmann & Cía. Sucs., México, D. F. Walter W. Herrmann; Teilhaber der Firma Beick, Felix & Cía., México, D. F. Albert Lenz; Teilhaber der Firma Fábricas de Papel Loreto y Peña Pobre, S. A., San Angel, D. F. German Lammers; Teilhaber der Firma German Lammers & Cía., México, D. F. G. Oberschmidt; Teilhaber der Firma Electromotor, S. A., México, D. F. Carlos Stein; Teilhaber der gleichnamigen Firma, México, D. F.429 Otto Strecker; Bevollmächtigter der Deutsch-Südamerikanischen Bank, Berlin, Filiale Mexiko. Pablo Schmidt; Teilhaber und Direktor der Fábrica de Loza El Anfora, S. A., México, D. F.430 F. A. Veerkamp; Teilhaber der gleichnamigen Firma, México, D. F. F. Tamm; Prokurist der Cía. General de Anilinas, S. A., México, D. F. 43 '

426

Ibero-Amerika (D). Nr. 2, 1929: 30-31.

427

Von Mentz interpretiert die Gründung dieser Kammer als Triumph der in Mexiko etablierten deutschen Unternehmer gegenüber denjenigen mit einem Mutterhaus in Deutschland, die der Gründung ablehnend gegenüberstanden. Die „mexikanischen" deutschen Häuser hätten sich damit von den politischen und diplomatischen Interessen der bestehenden deutschen Organisationen unabhängig gemacht (Mentz 1988c: 147-148). 428

Nach von Mentz (1988c: 148-149) und Lorisika (1989: 13-14).

429

Carlos Stein, S. en C., besaß in der Calle Palma einen Großhandel für pharmazeutische Produkte, außerdem die ebenfalls im Zentrum von Mexiko-Stadt gelegenen Droguerien Cosmopolita und Refugio (México v sus colonias extranjeras en la República Mexicana 1925, ohne Seitenzählung). Bei der Übernahme der Droguería Cosmopolita wurde die Firma Carlos Stein, die aus dem 1904 gegründeten Unternehmen William (Guillermo) Heinrichs hervorgegangen war, im Mexican American (16.8.1924: 36) mit einem Artikel beworben. 430

1921 und 1922 berichtete die in Berlin vom Deutschen Wirtschaftsverband herausgegebene Zeitschrift Lateinamerika (D) über die Steingutfabrik El Anfora. In diesen Meldungen hat es den Anschein, als sei die Fabrik, die im D. F. hinter der Penitenciaría liegt, gerade erst gegründet worden. Zum ihrem Leiter war dem Blatt nach Adolfo Görz ernannt worden, Mitglieder des Aufsichtsrates waren Paul Schmidt, C. Reichert, F. Ritter, A. Lenz, J. A. Vermehren, O. Funk, L. Diener und E. Hilger (Lateinamerika FD]. Nr. 23,1921: 592; Nr. 25, 1922: 625). 431

Diese Firma war eine der Filialen der 1. G. Farben in Mexiko (Mentz 1988c: 144-145). Fritz (Federico) Tamm war 1933 und 1938 zweiter beziehungsweise erster Vorsitzender des Deutschen Reitvereins (Deutsch-mexikanisches Adressbuch f...] 1933 [o. J.]: 220; Deutsch-mexikanisches Adressbuch [...1 1938 [o. J.]: 254.

248 Luis Diener; Teilhaber der Firma Diener Hnos. Sucs. Generalbevollmächtigter Sekretär war Julius Ja[c]quet.432

Die Handelskammer, die bei der Gründung 109, zum Jahresende 143 Mitglieder zählte, vertrat die Interessen ihrer Mitglieder vor den mexikanischen Behörden, arbeitete zum Teil mit der Gesandtschaft zusammen und unterstützte die Firmen in juristischen Angelegenheiten, zum Beispiel bei Fragen der Einwanderung oder Naturalisierung, und von Patenten. Seit ihrer Gründung war sie mit Sitz und Stimme in der Confederación Mexicana de Cámaras de Comercio vertreten, der auch andere ausländische Handelskammern, zum Beispiel die US-amerikanische, angehörten. In Deutschland hielt sie Kontakt zu verschiedenen Wirtschaftorganisationen (Mentz 1988c: 150-151; Lorisika 1989: 14).433 Während sich für die Unternehmen scheinbar wenig veränderte, hatte der Weltkrieg die Arbeitslosigkeit unter den Deutschen, insbesondere unter Ungelernten und Handwerkern, erhöht. Auch die Handlungsgehilfen sahen sich ständig davon bedroht. Durch die Wirtschaftskrise und die trotz der einschränkenden Einwanderungsgesetze steigende Immigration wurde dieses Problem noch verstärkt.434 1 93 0 reduzierten einige Firmen, darunter auch deutsche, die Angestelltengehälter um bis zu 25%.435 Da die meisten Angestelltenverträge auf Silberbasis abgeschlossen waren, berichtete der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband 1931 auch über erhebliche Gehaltseinbußen durch den damaligen Tiefstand des Silberpreises.436 Der Verband deutscher Reichsangehöriger sorgte sich um die Stellenlosen, nahm aber auch andere Interessen wahr. Seine Mitgliederzahl war im Laufe des Jahres 1923 von 225 auf 442 gestiegen.437 Diese Steigerung war zum Teil darauf zurückzuführen, daß 432

Julio Ja[c]quet war mehrere Jahre lang Kaffeepflanzer und Verwalter in Guatemala gewesen (Deutsches Magazin von Mexiko. Bd. 1, Nr. 1, 1929: 14-16; Mexiko-Maeazin. Bd. 1, September, 1930: 1415).

433

1935 versuchte die Regierung Cárdenas, die ausländischen Handelskammern abzuschaffen. Nach Protesten in- und ausländischer Unternehmer konnten diese jedoch ab 1936 als private Organisationen bestehen bleiben. 1938 war Richard Eversbusch 1. Vorsitzender und Johannes Fischer 2. Vorsitzender. Außerdem waren im Vorstand vertreten: Fritz Back, Wilhelm Beik [sie], J. de Lanz, A. Lenz, Hans Rosenstein, P. Schmidt, L. Schreiber, Carlos Stein und O. Strecker. Stellvertreter waren Max Badelt, Fritz Dorsch und F. A. Veerkamp, Sekretär jetzt Francisco Conrady (Deutsch-mexikanisches Adressbuch f...] 1938 [o. J.]: 251). 434

Vgl. dazu die Berichte der mexikanischen Ortsgruppe des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verbands in seinem Presseorgan Der Deutsche Kaufinann im Auslande. Bd. 14, Nr. 10, 1926: 413; Bd. 16, Nr. 1, 1928: 11; Bd. 17, Nr. 2, 1929: 47; Bd. 19, Nr. 9, 1931: 224. Der Verband warnte regelmäßig vor der Einwanderung nach Mexiko ohne Arbeitsvertrag und informierte über die mexikanische Immigrationsgesetzgebung (Der Deutsche Kaufinann im Auslande. Bd. 17, Nr. 5, 1929: 118) 435

Der Deutsche Kaufinann im Auslande. Bd. 18, Nr. 9, 1930: 229. Der Verband deutscher Reichsangehöriger senkte schon 1925 das bereits reduzierte Gehalt seines Sekretärs erneut. Nachdem ein weiterer Angestellter in jenem Jahr nach Deutschland zurückkehrte, wurde bei seinem Nachfolger ein niedrigeres Gehalt vereinbart (Verband Deutscher Reichsangehöriger in Mexico 1926: 4). 436 437

Der Deutsche Kaufinann im Auslande. Bd. 19, Nr. 9,1931: 224.

Dem Verband deutscher Reichsangehöriger war seit 1922 der von Major a. D. C. H. Thewalt gegründete „Bund Deutscher Frontkämpfer" angegliedert. Er hatte über 50 Mitglieder, dies waren ehemalige Soldaten oder, vermutlich die Mehrheit, Männer die durch die Gefangennahme daran gehindert worden waren, an der Front zu kämpfen. Ihr Zusammenschluß sollte wirtschaftliche Härten vermeiden. Zum Bund Deutscher Frontkämpfer vgl. Mexiko. Politik. Wirtschaft. Kultur der Vereinigten Staaten von Me-

249

der Verband Mitglieder außerhalb der Hauptstadt warb. Ihre Anzahl hatte sich im Berichtsjahr von drei auf 118 erhöht.438 1 925 wurden in Mexiko-Stadt 55 neue Mitglieder geworben, allerdings traten auch 33 aus dem Verband aus. Für das übrige Mexiko ergab sich sogar ein negatives Saldo: vier neuen Mitgliedern standen 17 Austritte gegenüber. Die Gesamtzahl der Mitglieder betrug nun 457, davon 116 außerhalb Mexiko-Stadts.439 1925 wurde auch der „Erweiterte Rat" geschaffen, der aus von der Kolonie gewählten Vertrauensmännern und den Vertretern der größeren deutschen Vereine bestand. Zu den sieben ordentlichen Mitgliedern des Rats kamen damit zwölf außerordentliche hinzu, „sodass [sie] er nunmehr darauf Anspruch erheben darf, als die offizielle Vertretung der gesamten Kolonie angesehen zu werden."440 Gemäß seiner ideologischen Einstellung setzte sich der Reichsverband dafür ein, einerseits den Gründungstag des Kaiserreiches, den 18. Januar, als gesetzlichen Nationalfeiertag in Deutschland festzulegen.441 Außerdem versuchte er, sich mit Deutschen in anderen lateinamerikanischen Staaten zusammenzuschließen, ein Anliegen, das bis 1923 zunächst auf geringe Resonanz gestoßen war.442 So hatte sich aus Südamerika nur der Verband Deutscher Vereine in Montevideo (Uruguay) angeschlossen. Der Verband in Montevideo sandte nun, wie auch der Verband der Deutschen Frauen Mexikos und der Verband der Reichsdeutschen in Mazatlän (Sinaloa), Listen seiner nach Deutschland übermittelten Spenden an den Verband Deutscher Reichsangehöriger. In Mexiko-Stadt kassierte der Reichsverband die von der Kolonie gezeichneten Spenden für in Not geratene Deutsche ein, bei denen es sich vorwiegend um Neu-Einwanderer handelte. Er verwaltete auch das Geld für den Hilfsverein, der monatlich 300 Pesos verteilte. Hatten die Spenden der Kolonie in früheren Zeiten über dem Satz von 300 xiko [1923]: 69; Schmidt (1925: 129); Rinke (1996: 375); Deutsch-mexikanisches Adressbuch f.,.1 1933 [o. J.]:217. 438

Bericht des Rates des Verbandes deutscher Reichsangehörger in Mexiko über seine Amtstätigkeit des Jahres 1923 an die ordentliche Generalversammlung (Deutsches Magazin 1924: XXVII-XXXI). 439

Verband Deutscher Reichsangehöriger in Mexico (1926: 1). 1920 bestand der Rat des Verbands aus Adolf Christlieb Sr. (Vorsitzender), C. Franke (Schriftführer), Dr. Pagenstecher, Rud. Cordes, Max Laßmann [sie], P. Roentsch, und P. Schmidt. Zwischen Ad. Koll und Karl Minne mußte noch eine Stichwahl durchgeführt werden (Lateinamerika [DI. Nr. 2, 1920: 92). Anfang 1921 setzte er sich nach Neuwahlen aus Richard Eversbusch (1. Vorsitzender), Walter Oberschmidt (2. Vorsitzender), Max Lassmann (Schriftführer), Erwin Rupp (2. Schriftführer), Hermann Lammers (1. Schatzmeister) und Christian Michel (2. Schatzmeister) zusammen (Lateinamerika ID|. Nr. 14, 1921: 357). Bei Ergänzungswahlen später im Jahr wurden Fritz Rohrmann, Hugo von den Steinen, Herrmann Dahlhaus und Hermann Hitz neu in den Rat gewählt. Luis Bacmeister vertrat den Hilfsverein, O. Bostelmann die Krankenkasse im Rat des Verbands (Lateinamerika fDl. Nr. 17, 1921: 463). 440

Verband Deutscher Reichsangehöriger in Mexico (1926: 1).

441

Im Geschäftsjahr 1923 richtete der Rat des Verbands eine entsprechende Bitte an den deutschen Reichstag (Deutsches Magazin 1924: XXVII). Bereits 1922 hatte der Verband beschlossen, den 18.1. in Mexiko als deutschen Nationalfeiertag zu begehen. Vgl. dazu einen befürwortenden Artikel von Hans Weise in der Deutschen Zeitung von Mexiko (nachgedruckt in Lateinamerika [D], Nr. 25, 1922: 622623). 1923 sandte der Reichsverband anläßlich der Beerdigung der Toten der Ruhrbesetzung ein Beileidstelegramm an den deutschen Kanzler, in Mexiko wehte die deutsche Flagge auf Halbmast und die Vertreter der deutschen Vereine hielten eine Trauerkundgebung ab (Deutsch-Mexikanische Rundschau. Bd. 4, Nr. 9/10, 1923: 12). 442

Eines der Ziele dieses Zusammenschlusses sollte die „Auslandshilfe der Deutschen Amerikas" sein, durch deren Spenden der in Deutschland drohenden Hungersnot entgegengewirkt werden sollte. Zur Übermittlung der Spenden aus Mexiko, die durch eine „Selbstbesteuerung" zusammenkommen sollten, erklärten sich die Herren W. Beick, Albert Woem, Dr. Rübke und [Richard?] Eversbusch bereit (vgl. Lateinamerika [Dl. Nr. 47/48, 1923: 892-894).

250

Pesos gelegen und dem Hilfsverein ein Finanzpolster von 2366,10 Pesos im April 1923 beschert, so war dieses Guthaben bis Oktober 1923 wegen geringerer Spendeneingänge auf 983,22 Pesos gesunken.443 Im Bericht über das Geschäftsjahr 1925 hieß es zu diesem Tätigkeitsbereich nur noch, daß er stark eingeschränkt werden mußte. Einigen Landsleuten wurden Reisemittel zum Antritt auswärtiger Stellungen oder eine Beihilfe für Arztkosten gewährt 444 Ab 1923 unterhielt der Verband deutscher Reichsangehöriger eine Stellenvermittlung, die durch Inserate in den großen mexikanischen Tageszeitungen versuchte, deutsche Arbeitslose unterzubringen. Im ersten Jahr erhielt sie 265 Gesuche, jedoch konnten nur 132 Stellungslose vermittelt werden (vgl. Tabelle 42). Tabelle 42: Stellenvermittlung des Verbands deutscher Reichsangehöriger in Mexiko-Stadt, 1923 Kaufleute Landwirte Finca-Angestellte Techniker Elektrotechniker Schlosser und Schmiede Diener und Hausangestellte Schreiner Chauffeure Maschinenbauer Köche Diverse Berufe Summe

33 10 4 11 4 18 3 3 14 7 4 21 132

Quelle: Bericht des Rates des Verbandes deutscher Reichsangehörger in Mexiko über seine Amtstätigkeit des Jahres 1923 an die ordentliche Generalversammlung (Deutsches Maeazin 1924: XXVII-XXXI).

Stellengesuche von weiblichen Arbeitnehmern wurden in der Regel an den Frauenverein weitergeleitet. Im Jahr 1925 war die Vermittlungstätigkeit des Verbands deutscher Reichsangehöriger angestiegen und die Erfolgsquote scheint auch höher gewesen zu sein. Allerdings hieß es in dem entsprechenden Bericht des Verbandes auch, daß viele Stellungslose nicht in Mexiko-Stadt blieben, sondern versuchten, außerhalb der Hauptstadt Arbeit zu finden. Andere verließen das Land wieder (Verband Deutscher Reichsangehöriger in Mexico (1926: 2).

443

Vgl. Deutsches Maeazin 1924: XXVII.

444

Verband Deutscher Reichsangehöriger in Mexico (1926: 3).

251

Tabelle 43: Stellenvermittlung des Verbands deutscher Reichsangehöriger in Mexiko-Stadt, 1925 Kaufleute Landwirte Plantagenverwalter Techniker Elektrotechniker Schlosser Diener Zimmerleute Chauffeure Maschinenbauer Köche, Bäcker Diverse Berufe Summe

63 42 3 37 16 48 8 7 11 6 10 112 363

Davon untergebracht Davon untergebracht Davon untergebracht Davon untergebracht Davon untergebracht Davon untergebracht Davon untergebracht Davon untergebracht Davon untergebracht Davon untergebracht Davon untergebracht Davon untergebracht Davon untergebracht

51 12 1 6 14 38 5 3 8 3 4 103 248

Quelle: Verband Deutscher Reichsangehöriger in Mexico (1926: 2).

Die große Rubrik „diverse Berufe" macht es schwierig, diese Angaben zu deuten. Offensichtlich ist jedoch, daß Stellungslose aus dem kaufmännischen Bereich und aus der Elektrotechnikbranche gute Chancen hatten, untergebracht zu werden, ebenso Schlosser und Chauffeure. Auffallend niedrig ist die Zahl der vermittelten Techniker. Die geringe Zahl der vermittelten Landwirte mag in Mexiko-Stadt nicht verwundern, ist jedoch, wenn man die überregionalen Beziehungen des Verbands in Rechnung stellt, auch auf den insgesamt geringen Stellenwert der Agrarkolonisation durch ausländische Einwanderer zurückzuführen. 445 Der Verband deutscher Reichsangehöriger bemühte sich jedoch, über die bestehenden Siedlungen und Siedlungsversuche einen Überblick zu gewinnen, auch um Anfragen von Auswanderungswilligen aus Deutschland zu beantworten.446 Ein weiteres Aufgabenfeld sah der Verband in der „Kulturpropaganda", worunter er einerseits die Verbreitung der deutschen Sprache, andererseits die Bekämpfung „deutschfeindlicher Propaganda" verstand.447 Die Deutsche Abendschule des Lehrers Karl Volp, die Deutschkurse für Mexikaner und Spanischkurse für Deutsche anbot, wurde durch Finanzspenden unterstützt, die der Verband bei Firmen für sie einwarb 448 445

Vgl. dazu Kapitel 3.1.1 Der Verband deutscher Reichsangehöriger bemühte sich bereits 1923 um Kontakte zu diversen Haciendas, um der Nachfrage in diesem Bereich gerecht zu werden (vgl. Deutsches Magazin 1924: XXVII-XXIX). 446

Verband Deutscher Reichsangehöriger (1926: 2-3). Der Einwanderer-Ausschuß des Verbandes bestand 1925 jedoch nicht mehr (Schmidt 1925: 128). 447

In Zusammenarbeit mit dem Handelsausschuß verteilte der Verband zum Beispiel aus Deutschland kommendes Aufklärungsmaterial und verfaßte Artikel für die spanischsprachige Presse, die über die Agencia Duems verbreitet wurden (Verband Deutscher Reichsangehöriger 1926: 3). Dieser Pressedienst war 1917, nach dem Eintritt der USA in den Weltkrieg, gegründet worden (Zehn Jahre Deutscher Pressedienst in Latein-Amerika 1917-1927 [1927], ohne Seitenzählung). Zur Tätigkeit der bis 1926 aus Reichsmitteln finanzierten Agentur vgl. Rinke (1996: 532, 550-560). 448

Deutsches Maeazin 1924: XXIX; Verband Deutscher Reichsangehöriger in Mexico (1926: 6-8). Im Vergleich zum Weltkrieg war die Zahl der Deutschschüler zurückgegangen. 1925 wurde auch Englischunterricht angeboten. Für die Abendschule spendeten 1925: [K/C]arl Reichert (La Gran Sedería); Beick, Felix y Cía.; Chr. Bolbruegge; Mich. Birck Suc.; Buchenau y Cía.; Cía. Medicinal La Campana;

252 Im Jahresbericht 1 9 2 5 faßte der Verband, d e s s e n Vorbild die Organisation der Deutschen Chiles war, seine selbstgestellten A u f g a b e n f o l g e n d e r m a ß e n z u s a m m e n :

Der Verband Deutscher Reichsangehoeriger in Mexiko ist keine gesellschaftlichen Zwekken und solchen der Zerstreuung dienende Einrichtung sondern eine vaterlaendische Vereinigung sozialer Art, ein Kampfmittel gegen Luege und Verleumdung der Feinde Deutschlands, eine wichtige Beratungsstelle, welche den eingesessenen Landsleuten viele Arbeit und vielen Verdruss abnimmt, ein Zentrum fiier alle diejenigen, die in ein fremdes Land kommen und Rat suchen, weil sie ihn brauchen. 44 '

Der Alleinvertretungsanspruch d e s konservativen und monarchistischen Verbands deutscher Reichsanghöriger stieß nicht in der g e s a m t e n Kolonie auf G e g e n l i e b e . Bereits 1 9 1 9 hatte W i l h e l m Hansberg, Mitglied und zeitweiliger Schriftführer d e s D e u t s c h e n Hauses, 4 5 0 die W o c h e n z e i t s c h r i f t N e u - D e u t s c h l a n d gegründet, die für e i n e V o l k s r e g i e rung in Deutschland eintrat. U m d i e s e s Blatt, das in nur z w ö l f N u m m e r n v o m 17. M a i bis z u m 5. A u g u s t erschien und heftig angefeindet wurde, hatte s i c h e i n e kleine Gruppe v o n Demokraten und Republikanern g e s a m m e l t , der z u m B e i s p i e l a u c h Walter Oberschmidt und Paul E l l e angehörten (Kießling 1989: 1 0 5 - 1 9 7 ) . 1 9 2 6 k a m e s anläßlich einer Auseinandersetzung u m e i n e n aus Deutschland angereisten Sonderberichterstatter d e s Berliner Tageblatts 4 5 1 und vor d e m Hintergrund d e s Flaggenstreits 4 5 2 zur Gründung der „ V e r e i n i g u n g D e u t s c h e r Republikaner", die allerdings e i n e Minoritätengruppe blieb. Zwar hatte der Verband deutscher Reichsangehöriger 1 9 1 9 in e i n e m T e l e g r a m m an Friedrich Ebert betont, er w e r d e sich unabhängig v o n der R e g i e r u n g s f o r m treu zur Staatseinheit stellen, j e d o c h z e i g t e nicht nur die Auseinandersetzung u m die deutsche F l a g g e seine im Grunde republikfeindliche Haltung. Daran änderte s i c h a u c h dadurch nichts, daß eine D e l e g a t i o n d e s Verbands a m 11. A u g u s t 1926, d e m Tag der Weimarer

Diener Hermanos; W. Friedeberg; C. Hering; Koerting Hermanos; Korff, Honsberg y Cía., S. A.; G. Lammers y Cía.; M. Lassmann, in Firma C[l]ever & Lassmann; Franz Meyer [sie]; Chr. Michel y Cía.; W. Oberschmidt; Orenstein & Koppel; Erwin Rupp; Sommer, Hermann y Cía. Sucs. 449

Verband Deutscher Reichsangehöriger in Mexico (1926: 5).

450

Der 1885 in Hattingen in Westfalen geborene Hansberg war 1906 nach Mexiko gekommen, wo er als Handelsvertreter arbeitete. 1916 heiratete er Luise Bacmeister (Kießling 1989: 105).

451

Zu dieser Auseinandersetzung vgl. Das Berliner Tageblatt und die Deutsche Kolonie Mexiko's (1926) sowie Rinke (1996: 374-376). 452

Zur Flaggenfrage in Lateinamerika vgl. Rinke (1996: 379-391). Die in der Weimarer Republik eingeführten Farben Schwarz-Rot-Gold wurden von den meisten Auslandsdeutschen abgelehnt und boykottiert. Dies gilt auch für Mexiko. Für die deutsche Handels- und Kriegsmarine waren seit dem 1.1.1922 die Farben Schwarz-Weiß-Rot mit der Gösch vorgeschrieben. Seit einer Verordnung vom 5.5.1926 mußten die auslandsdeutschen Vertretungen diese Fahne zusammen mit Schwarz-Rot-Gold hissen. Auslandsdeutsche Vereine wie der Verband deutscher Reichsangehöriger begrüßten den Kompromiß, setzten sich aber weiterhin über ihre Verbindungen in Deutschland für eine generelle Änderung der Farben ein. In diesem Sinne war Carl Reichert für den Handelsverband des Verbands deutscher Reichsangehöriger aktiv (Das Berliner Tageblatt und die Deutsche Kolonie Mexiko's 1926: 17-18). Anläßlich des mexikanischen Nationalfeiertages am 16. September 1926 zählte der deutsche Gesandte Eugen Will nur drei schwarz-rot-goldene und zwei Handelsflaggen, aber 30 bis 35 schwarz-weiß-rote Fahnen an den Handelshäusern (Rinke 1996: 389-390). 1921 hatte eine Abstimmung des Verbands deutscher Reichsangehöriger unter den „Mexiko-Deutschen" eine Mehrheit von 1807 gegenüber drei Stimmen für die Beibehaltung der schwarz-weiß-roten Flagge ergeben (Lateinamerika [D], Nr. 23, 1921: 590).

253

Verfassung, zur Rezeption in die deutsche diplomatische Vertretung entsandt wurde.453 Der Sondergesandte des Berliner Tageblatts, C. Z. Kloetzel, der sich durch Dr. Pagenstecher Mitte September 1926 eine Besucherkarte für das Deutsche Haus besorgt hatte, berichtete negativ über die republikfeindliche Stimmung in der Kolonie. Er sandte auch die Besucherkarte an das Deutsche Haus zurück und schlug vor, es in „Deutschnationales Haus" umzubenennen.454 Der Verband deutscher Reichsangehöriger reagierte über die Nachrichtenagentur Agencia Duems mit Presseberichten nach Deutschland und Berichten an die deutschen Kolonien in Argentinien, Guatemala, Chile, Brasilien und Kuba. Auch die deutschen Kolonien in anderen Landesteilen Mexikos wurden telegraphisch um Stellungnahmen gebeten.455 Außerdem berief er für den 27. September eine „Vollversammlung" der Kolonie im Deutschen Haus ein.456 Letztere führte dann nicht nur zu diversen Kundgebungen zur Unterstützung des Verbands,457 sondern auch zur Gründung der Vereinigung deutscher Republikaner am 28. September 1926.458

453

1 923 hatte der Rat des Verbandes gegen den Willen der Mehrheit einen Besuch bei der Gesandtschaft gemacht (Das Berliner Tageblatt und die deutsche Kolonie Mexico's 1926: 13,26). 454

Der Schriftwechsel zwischen Kloetzel und dem Schriftführer des Deutschen Hauses, Pablo Stein, findet sich in der Schrift Das Berliner Tageblatt und die deutsche Kolonie Mexico's (1926: 9-12), die den Standpunkt des Verbands deutscher Reichsangehöriger in der Auseinandersetzung wiedergibt. 455

Zustimmende Antworten zur Haltung des Verbands kamen aus Veracruz (Veracruz), Tapachula (Chiapas), Chihuahua (Chihuahua), Mazatlán (Sinaloa), Guadalajara (Jalisco), Tepic (Nayarit), Puebla (Puebla) und Torreón (Coahuila). 456

Bemerkenswerterweise wurden zu dieser Vollversammlung erstmalig auch die Frauen der Kolonie eingeladen (Das Berliner Tageblatt und die deutsche Kolonie Mexico's 1926: 19). Dr. Pagenstecher begrüßte sie mit den Worten: „Gestatten Sie mir, dass ich zuerst Ihnen den Willkommensgruss entbiete, da heute zum ersten Male in den Versammlungen unseres V. D. R. Sie mit Sitz und Stimme erscheinen, als wichtiger Teil unserer Kolonie, als der Teil, der am meisten nottut, wenn eine Frage zu ihrer Lösung Enthusiasmus und Opfermut bedarf. Die Weltgeschichte ist voll von Beispielen dieser Art, wo der von den Männern entwickelte Heldenmut von ihren Frauen ihnen inspiriert wurde: Seit die spartanischen Mütter ihren Männern und Söhnen den Schild übergaben mit den Worten: Als Sieger mit dem Schilde oder als Leichen auf dem Schilde; seit die französischen Markthallenweiber die Männer zum Sturm auf die Bastille anfeuerten; seit in letzten Zeiten die Corregidora doña Josefa die mexikanischen Freiheitskämpfer zur Insurrección [sie] anstachelte, hat die Frau stets als ihren Leitstern nur das Herz und den nie irrenden Instinkt gehabt - während der Mann mehr wägend mit dem Verstände die Lösung suchte. Darum rufe ich Ihnen aus vollem Herzen zu: Heil und Willkommen" (Das Berliner Tageblatt und die deutsche Kolonie Mexico's 1926: 20-21). 457

Verabschiedet wurde eine Resolution, dergemäß sich die Kolonie gegen Hingriffe parteipolitischer Sensationsblätter verwahrte (dagegen stimmte nur Albert Isaak); außerdem wehrten sich das Deutsche Haus und die Kolonie gegen den Vorwurf des Boykottierens der Republikflagge - das Festhalten an Schwarz-Weiß-Rot geschehe aus praktischen, nicht aus politischen Gründen - (fünf Gegenstimmen). Der vorletzte Punkt der Resolution betonte den Alleinvertretungsanspruch des Verbands deutscher Reichsangehöriger als überparteiliche Arbeitsgemeinschaft der Gesamtkolonie (i. e. aller vaterländischen Reichsdeutschen Mexikos), der letzte bestätigte den Rat, den Handelsausschuß und die Vereinsvorsteher als berufene Führung der Kolonie. Die letzten beiden Punkte erhielten mit zwölf und vierzehn die meisten Gegenstimmen. Als Redner gegen die Linie des Verbands werden die Namen Wilhelm Hansberg, Albert Isaak, Hendrichs und [Hans] Beer erwähnt (Das Berliner Tageblatt und die deutsche Kolonie Mexico's 1926:28, nach einem Telegramm der Agencia Duems). 4

" Das Berliner Tageblatt und die deutsche Kolonie Mexico's (1926: 7). Der Verband kommentierte die Gründung an dieser Stelle polemisch: „Es musste daher überraschen, dass die Minorität, welche nur einen äusserst geringen Bruchteil der Gesamtheit ausmacht, sich mit diesen Tatsachen nicht abfinden wollte und, entgegen allen demokratischen Prinzipien, welche die Unterordnung unter die Majoritätsbeschlüsse aus Gründen nationaler und politischer Disziplin fordert, sich von der Gesamtheit abspaltete und unter dem 28. September nachts eine ,Vereinigung deutscher Republikaner in Mexiko' gründete". Als

254 Die neue Vereinigung, die sich zur Weimarer Verfassung, aber nicht zu einer bestimmten Partei bekannte, bestimmte bei ihrer Gründung im Hotel Isabel ihren Vorstand mit W. Hansberg als Vorsitzendem, Hans Beer als Schriftführer und Walter Oberschmidt und Alberto Isaak als Beisitzern. Anwesend waren 31 Personen, darunter auch der Sonderberichterstatter Kloetzel. 4 5 9 Die Vereinigung veranstaltete Vorträge und Diskussionen und versuchte, ähnlich wie der Verband deutscher Reichsangehöriger, einen Zusammenschluß mit gleichgesinnten Organisationen in anderen lateinamerikanischen Ländern herbeizuführen, was ihr aber nicht gelang (Rinke 1996: 376-377). Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise in der Kolonie führten 1932 zu einer Veröffentlichung der Vereinigung, in der die Einrichtung einer Dachorganisation der verschiedenen Wohlfahrtsverbände und der Schule vorgeschlagen wurde, da die bisherigen Verbände 460 zur Linderung der Existenznot von Stellungslosen und Unterbeschäftigten („verschämte Arme") nicht mehr ausreichen würden. Der zu gründende Allgemeine Deutsche Wohlfahrtsverein (Beneficencia Alemana) sollte mit „besoldeten Beamten" folgende Aufgaben übernehmen: 1. Krankenversicherung; 2. Sterbeversicherung und Verwaltung der deutschen Friedhöfe; 3. Stellenvermittlung; 4. Verwaltung der Deutschen Oberrealschule (zur Sicherung des rein deutschen Charakters der Schule); 5. Nothilfe.46'

Außerdem sollten landwirtschaftliche Betriebe zur Wohlfahrtspflege gegründet werden. 462 Trotz der Gegnerschaft zum Verband deutscher Reichsangehöriger strebte also auch die Vereinigung Deutscher Republikaner eine übergreifende Organisation zentraler Funktionen der Kolonie an.

Ausdruck seines guten Willens bot der Verband deutscher Reichsangehöriger der neuen Vereinigung an, ihr in seinem Erweiterten Rat Sitz und Stimme zu geben, falls sie über 50 Mitglieder verfüge und um die Zulassung bitte (Das Berliner Tageblatt und die deutsche Kolonie Mexico's 1926: 7-8). 459

Das Berliner Tageblatt und die deutsche Kolonie Mexico's (1926: 34). Nach Rinke (1996: 376) war der Direktor der deutschen Schule in Mexiko, Traugott Böhme, an den Vorbereitungen zur Konstituierung der Vereinigung beteiligt. Die ersten Vorsitzenden waren nach Rinkes Angaben Georg Striiber und Wilhelm Hansberg, die Mitgliederzahl der Vereinigung betrug rund 90 Personen. Kießling (1989: 107) nennt folgende in der Vereinigung aktive Personen: Paul Elle, Wilhelm Hansberg, Walter Oberschmidt, Peter Hendrichs und Wilhelm Möllmann. Ihre organisierte Arbeit soll nach 1933 aufgehört haben. Im Deutsch-mexikanischen Adressbuch von 1933 ist die Vereinigung noch aufgeführt (Deutsch-mexikanischen Adressbuch [...1 1933 [o. J.]: 224). Ihr Vorstand setzte sich damals aus Wilhelm Hansberg (1. Vorsitzender), Wilhelm Moellmann (2. Vorsitzender), Walter Oberschmidt (Schriftführer), und Rudolf Hendrichs (Kassenführer) zusammen; Beisitzer waren Paul Elle, Carl Markmann, Wilhelm Picard und Claus Schinkel. 460

Genannt wurden der Deutsche Frauenverein, der Deutsche Hilfsverein und die Deutsche Krankenkasse. 461 462

Vereinigung Deutscher Republikaner in Mexiko (1932: 8).

Das Land dazu sollte möglichst kostenlos von der mexikanischen Regierung zur Verfügung gestellt, notfalls aber auch von der Kolonie gekauft werden. Die Einnahmen sollten der Wohlfahrt zugute kommen. Der Grundgedanke,.Arbeit statt Almosen" wurde durch die Einschränkung gemindert, daß schwere Feldarbeit den deutschen Siedlern anfänglich nicht zuzumuten sei und von mexikanischen Arbeitskräften ausgeführt werden sollte (Vereinigung Deutscher Republikaner in Mexiko 1932: 11-15).

255

Der 1903 gegründete Frauenverein, der im Erweiterten Rat des Verbands deutscher Reichsangehöriger vertreten war, arbeitete mit diesem eng zusammen. Im Jahr 1920/21 gab er 3903 Dollar zur Unterstützung von Witwen, Waisen und Familien aus.463 1075 Dollar flössen an in Not geratene Einwanderer. Neben diesen Hauptaufgaben organisierte der Verein Hilfssendungen nach Deutschland, im genannten Jahr wurden neben Sachmitteln auch 200.000 Mark nach Deutschland transferiert. Der Vorstand setzte sich aus Hermine Hirschberg (1. Vorsitzende), Luise Boeker (2. Vorsitzende), Hedwig Alverdes (Kassenführerin) und Alice Kübler-Böhme (Schriftführerin) zusammen.4 Für ihre Tätigkeit während des Ersten Weltkrieges erhielten C. Wriedt und H. Hirschberg Orden von der deutschen Regierung für „Verdienste um das Rote Kreuz".465 Als H. Hirschberg 1922 nach Deutschland zurückkehrte, übernahm Luise Boeker kurzfristig den Vorsitz. 1923 zählte der Verein über 200 Mitglieder.466 1920 gründete der Frauenverein eine Jugendabteilung, nachdem bereits 1915 ein Mädchenbund entstanden war.467 Ein Ziel des Vereins war die Unterstützung des „verarmten Vaterlandes".468 Diese expandierte zur Zeit der Ruhrbesetzung und der Inflation in Deutschland 1923/24, danach wurde sie wegen der Stabilisierung der Mark und der steigenden Beanspruchung durch Aufgaben in Mexiko, unter anderem in der Einwandererftirsorge, wieder zurückgeschraubt. Ab dem 4. Juli 1920 etablierte sich neben dem Deutschen Frauenverein der Verband „Die deutschen Frauen Mexikos". Die Anregung dazu kam von Geheimrat G. Schmidt von der deutschen Gesandtschaft. Der Verband hatte anfanglich 30 Mitglieder, nach einem Jahr waren es bereits 196 469 Seine Ziele lagen vor allem in der Einwandererfursorge sowie der Pflege und dem Erhalt des „Deutschtums", wie sich aus seinen Satzungen ergibt: 1. Deutsche Sprache und deutsche Sitte, das Vertrauen und die Liebe zur deutschen Heimat und vaterländisches Bewußtsein zu erhalten und zu pflegen. 2. Das Wohlergehen aller in der Republik lebenden Deutschen [sie] und deutschdenkenden Frauen, Mädchen und Kinder zu fördern, den einwandernden deutschen Frauen, Mädchen und Kindern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, die Fürsorge und Pflege filr erkrankte Einwanderer zu übernehmen und die Einwanderer dem Deutschtum zu erhalten.

463

Davon wurden unter anderem 18 Familien und 36 Kinder monatlich unterstützt.

464

Beisitzende waren C. Iwersen, M. Träger, S. Bloom, L. Höpfner, C. Wriedt, E. Nobiling, E. Eversbusch und I. Friedeberg (Deutsch-Mexikanische Rundschau. Bd. 3, Nr. 5, 1921: 7; Lateinamerika fD]. Nr. 23, 1921: 591). 1920 zählte der Verein 185 Mitglieder (Lateinamerika [Dl. Nr. 9, 1920: 229). Das Vorstandsmitglied Elisabeth Nobiling war von 1914 bis 1925 Leiterin des Kindergartens der deutschen Schule, an der sie seit 1913 tätig war. 1925 kündigte sie ihre Stelle, um in Hamburg einen eigenen Kindergarten zu eröffnen (Bericht über das 27. Schuljahr f...l 1921: 15, 32; Bericht über das 32. Schuljahr f...l 1926: 16). 465

Cornelie Wriedt, die dem Frauenverein seit der Gründung angehört hatte, starb im Mai 1922.

466

Agencia Duems ([1923]: 67).

467

Pieser war von den Mitgliedern Nobiling und Eddelbüttel geleitet worden; vgl. dazu Eine Denkschrift filr den Frauenverein. 1903-1953 ([1953]: 5). Margarethe Eddelbüttel arbeitete als Erste Sekretärin an der deutschen Schule (Bericht über das 27. Schuljahr r...l 1921: 32). 4

" Festschrift zur Feier des 25iährigen Bestehens des Deutschen Frauen-Vereins in Mexico ([1928]: 4).

469

Eine Ortsgruppe des Verbands bestand in Guadalajara. In Mazatlän, Tapachula, Durango und Chihuahua hatte der Verband Vertreterinnen (Eine Denkschrift für den Frauenverein. 1903-1953 [1953]: 9; Lateinamerika [D], Nr. 9,1920: 230; Nr. 23,1921: 591).

256 3. Eine Stellenvermittlung und Beschäftigungsnachweis für deutsche Frauen und Mädchen einzurichten, Verwertung und Verkauf von Heimarbeiten deutscher Frauen und Mädchen aus der Republik Mexiko zu übernehmen, das geistige und gesellschaftliche Leben der deutschen Frauen in vaterländischem Sinn zu fördern und zu pflegen. 4. Der deutschen Jugend die Liebe zum Mutterlande und den Frohsinn zu erhalten durch gesellschaftliche Darbietungen und die deutschen Kinder in deutsche Art, deutsche Pflichterfüllung, deutsches Denken und Fuhlen einzuführen und sie die Liebe zum Mutterlande und vaterländisches Bewußtsein zu lehren.470

Der Vorstand bestand 1920 aus Helene Remstedt (1. Vorsitzende), Marianne Lammers (2. Vorsitzende), Caroline Schmoll (Schriftführerin) und Dore Diener (Kassenfiihrerin). Beisitzende waren Else Noack,471 Martha Kladt, Freifrau von Schön, Elisabeth Gelbke und Emilie Bellinghausen. Sonderausschüsse befaßten sich mit der Linderung der Not in Deutschland, der Jugendfürsorge, der Stellenvermittlung, Einwanderung, Krankenpflege und Geselligkeit. Eine eigene Zeitschrift erschien ebenfalls.472 1926 vereinigten sich der Deutsche Frauenverein und der neue Frauenverband unter dem Namen der älteren Organisation.473 Als Ehrenmitglieder des Deutschen Frauenvereins wurden 1928 Frau von Flöckher, Rosa Johannsen, Ida Zölly, Alma Reinbeck, Cornelie Iwersen, Luise Boeker und Frau von Schoen genannt.474 Neben der schlechten finanziellen Lage des Vereins zeichnen sich diese Jahre vor allem durch eine enge Zusammenarbeit mit dem mexikanischen Roten Kreuz aus. Der Frauenverein veranstaltete Bridge-Tees im Deutschen Haus und im American Club. Seit dem 25jährigen Bestehen des Frauenvereins wurde für die Errichtung eines Altersheims für Frauen gespart. Am 5. Mai 1932 wurde auf Anregung von Margarete Eversbusch eine Kulturgruppe gegründet, um den geistigen Kontakt mit der Heimat zu pflegen. Diese Gruppe wurde vom Deutschen Haus räumlich unterstützt und bot neben Zeitschriftenauslage und Büchertausch auch Vorträge, Konzerte und Gedenkfeiern (an „die Grossen unseres Volkes") an.475 Der deutsche Hilfsverein war als Sociedad Alemana de Beneficencia im Januar 1922 vom mexikanischen Innenministerium und dem Verband privater Wohltätigkeitsorganisationen (Junta de Beneficencia Privada) anerkannt worden. Er kümmerte sich weiterhin um seine Mitglieder und deren Familien, andere Deutsche oder Deutsch-Österrei410

Zitiert nach Schmidt (1925: 128). Die enge Ausrichtung an die Interessen des „Vaterlandes" zeigt sich auch in der Kontaktaufhahme mit Frauenorganisationen in Deutschland (vor allem dem „Frauenbund der deutschen Kolonialgesellschaft" und dem „Deutschen Frauenbund von 1909 ) sowie durch die Agitation gegen die sogenannte „Schwarze Schmach", den Einsatz von schwarzen französischen Soldaten in den besetzten linksrheinischen Gebieten (Lateinamerika [DI. Nr. 23, 1921: 591). Die deutsche Regierung wurde außerdem aufgefordert, gegen die „Behauptung von der deutschen Kriegsschuld" zu kämpfen (Lateinamerika fDI. Nr. 18/19, 1921:486). 471

Else von Pritzbühl Noack war seit 1918 Lehrerin an der deutschen Schule (Bericht über das 27. Schuljahr i...l 1921:32).

472

Lateinamerika [DI. Nr. 11, 1920: 285.

473

In diesem Vereinsjahr (1926/27) setzte sich der Vorstand folgendermaßen zusammen: 1. Vorsitzende Anna Lenz; 2. Vorsitzende Grete Weihmann; Schriftfilhrerin Jennie Wendtlandt; Schatzmeisterin Hedwig Alverdes. Luise Boeker, die nach Deutschland zurückkehrte, und Cornelie Iwersen blieben Ehrenmitglieder (Eine Denkschrift für den Frauenverein. 1903-1953 [1953]: 9). 474

Festschrift zur Feier des 25iährieen Bestehens des Deutschen Frauen-Vereins in Mexico ([1928]: 2,

6). 475

Eine Denkschrift filr den Frauenverein. 1903-1953 ([19531: 10-12).

257

eher und um die deutschen Friedhöfe. Neben dem lote alemán auf dem Friedhof von Dolores war dies der neue deutsche Friedhof in Tacuba (D. F.), dessen Gelände dem Verein gehörte.476 Seine Ausstattung war 1922 noch im Aufbau begriffen. Am 22. Oktober 1922 wurde ein Obelisk zum Andenken an alle im Weltkrieg gefallenen „Deutsch-Mexikaner" eingeweiht.477 Beide Friedhöfe standen grundsätzlich auch anderen Nationalitäten offen. Die deutsche Schule erhielt unter ihrem neuen Direktor Traugott Böhme, der sie von 1920 bis 1927 leitete, ein neues, weniger militaristisches Gesicht.478 Vor allem in den frühen 1920er Jahren setzte er mit seinem Interesse für die deutschen Klassiker Goethe und Lessing neue Akzente. Im Geschichtsunterricht griff man auf die unverfänglich scheinende Antike zurück.479 Da es 1920 noch keinen anerkannten deutschen Nationalfeiertag gab, richtete die Schule unter Böhme am 28. August 1920 eine große Goethefeier aus.480 Die Struktur der Schule änderte sich unter Böhme abermals, allerdings wurde die grundsätzliche Einteilung in eine deutsche Oberrealschule mit Vorschule (A-Abteilung) und eine Deutsch-mexikanische Mittelschule (B-Abteilung) beibehalten.481 Als erstes experimentierte man mit der Einrichtung einer zweijährigen Handelsrealschule {Escuela Práctica de Comercio) am 1. Januar 1920. Die neue Schule, die der seit 1912 in Mexiko-Stadt tätige Realschullehrer Karl Volp leitete und die vom Verband deutscher Reichsangehöriger unterstützt wurde, sollte eine auf die Praxis ausgerichtete Alternative zum Abitur bieten und für die Absolventen der Deutsch-mexikanischen Mittelschule eine Fortbildungsmöglichkeit darstellen. Die Handelsfacher wurden jetzt aus dem Oberrealschulunterricht herausgenommen. 1921 besuchten 60 Schüler die Escuela Práctica de Comercio. Bis 1923 sank ihre Zahl auf 27, so daß die Schule im folgenden

476

Vermutlich war der Friedhof bereits ab 1920 geöffnet. Im November diesen Jahres wurde ein Schüler der deutschen Schule auf dem „deutschen Friedhof zu Tacubaya" beerdigt (Bericht über das 21. Schuljahr [...] 1921: 13). In Tacubaya gab es keinen deutschen Friedhof, wohl aber in Tacuba. 471

Estatutos de la Sociedad Alemana de Beneficencia en México (1922 : 3-5); Lateinamerika (D). Nr. 26, 1922: 651; Bericht über das 29. Schuljahr f...l 1923: 22. Neben dem Friedhofsgelände in Tacuba besaß der Verein ein Grundstück in der Colonia Hidalgo (D. F.), auf dem ein Krankenhaus entstehen sollte. 471

Dr. Böhme, der in Berlin studiert und seine ersten Berufserfahrungen gesammelt hatte, war vor seinem Wechsel nach Mexiko im Jahr 1919 in Worcester (Massachussettes) und von 1914 bis 1918 in New York (unter anderen an der City University) tätig gewesen (Bericht über das 26. Schuljahr f...] 1920: 43). Nach einem kurzen Zwischenspiel als Universitätsprofessor in Ohio (USA) im Jahr 1927 wurde er Leiter der Schulabteilung des Auswärtigen Amtes (Bericht über das 34. Schuljahr Í...1 1928: 6). 479

Bericht über das 27. Schuljahr [.„l 1921: 24, 25, 28-29; Bericht über das 28. Schuljahr 1...1 1922: 32, 33,36, 37; vgl. auch von Mentz (1988a: 215,219-220). 4.0

Bericht über das 27. Schuljahr [...1 1921: 17, 48-53; Döhner (1932: 33). Auch der 100. Todestag Goethes wurde von der Kolonie - nicht nur von der Schule - mit einer Vortragsreihe an der mexikanischen Universität und szenischen Aufführungen begangen (Bericht über das 39. Schuljahr [...] 1933:8-9, 17-18). 4.1

Nach Umbaumaßnahmen im Jahr 1920, die auf Stiftungen der Unternehmer Beick, Lenz und Vermehren zurückgingen, wurde 1921 der Schulhof neu gestaltet. Das Grundstück der Schule war durch eine Schenkung von F. Böker um 1300 Quadratmeter erweitert worden. Bei der Umgestaltung fiel ein Zaun, der bisher A- und B-Schüler trennte: „Der hässliche Bretterzaun, der bisher den Spielplatz der deutschen und der mexikanischen Schüler von einander getrennt hatte, durfte nunmehr zur allgemeinen Befriedigung umgerissen werden; er war nicht nur äusserlich längst baufällig geworden, sondern hatte sich zum Glück auch in moralischer Hinsicht durchaus überlebt", schrieb Direktor Böhme (Bericht über das 28. Schuljahr r.„l 1922: 11; Bericht über das 31. Schuljahr [...1 1925: 68).

258

Jahr eingestellt wurde. Stattdessen richtete man parallel zu den Realschulklassen Obertertia und Untersekunda Handelsrealschulkurse ein. Diese wandten sich jedoch nur an Deutsche.482 1924 wurden die ersten Abschlußprüfungen durchgeführt. Allerdings wurde auch der Handelsrealschulzweig 1926 aufgehoben, da sich gezeigt hatte, daß die Absolventen der Oberrealschule auch im kaufmännischen Bereich die besseren Berufschancen hatten. 483 Größere Bedeutung als die Experimente mit der Abtrennung der Handelsschule hatte die weitere Untergliederung der A-Abteilung in AI- und A2-Klassen sowie die damit verbundene Koedukation. Der unter Direktor Dobroschke eingeführte hauswirtschaftliche Zweig der Höheren Mädchenschule war wenig erfolgreich gewesen. 1922 hob Böhme deshalb die Trennung zwischen Studien- und Frauenabteilung auf. Zum Erlernen hauswirtschaftlicher Kenntnisse wurde jetzt eine einjährige Höhere Frauenschule angeboten, jedoch wegen der geringen Zahl der Teilnehmerinnen bereits nach einem Jahr wieder eingestellt.484 Getrennter Unterricht für Jungen und Mädchen erfolgte 1923 nur noch in den Klassen Sexta bis Quarta. In den unteren Klassen begann man in diesem Jahr damit, die Schüler und Schülerinnen nach den Sprachkenntnissen im Deutschen zu trennen. Die AI-Klassen waren Kindern vorbehalten, in deren Familien Deutsch gesprochen wurde, während die A2-Klassen für Kinder gedacht waren, die zwar dem Unterricht auf Deutsch folgen konnten, die aber Mängel im aktiven Sprachgebrauch hatten. Dies waren überwiegend Kinder aus deutsch-mexikanischen Familien.485 Die Struktur der AI- und A2-Klassen wurde in den folgenden Jahren ausgedehnt. Allerdings konnte das ursprüngliche Ziel, in beiden Gruppen den gleichen Lehrplan zu verfolgen und denselben Stoff durchzunehmen, trotz zusätzlicher Deutschstunden in den A2-Klassen nicht erreicht werden. Deutsch mußte dort methodisch weitgehend als Fremdsprache behandelt werden. 486 Obwohl die Einrichtung der A2-Klassen notwendig geworden war, wurde in den Jahresberichten von Direktor Böhme von 1921 bis 1926 stets auf das Überwiegen der deutschsprachigen Schüler hingewiesen. Da nicht alle der als deutschstämmig angesehenen Kinder als Familiensprache Deutsch hatten, konnte dies nur im „schultechnischen" Sinne geschehen, indem man nämlich alle Schüler der A-Abteilung als deutschsprachig, die

482

„Der Verwaltungsrat hat sich dabei von der Erkenntnis leiten lassen, dass es in erster Linie von dem Nachwuchs unseres Kaufmannsstandes abhängt, ob das Auslanddeutschtum in Mexiko auch in Zukunft seine nationale Eigenart beibehalten wird oder nicht" (Bericht über das 31. Schuljahr [.„1 1925: 10). 483

Bericht über das 27. Schuljahr f../| 1921: 10-11. 21-22: Bericht über das 28. Schuljahr [...1 1922: 47. 52: Bericht über das 29. Schuljahr f...] 1923:43: Bericht über das 31. Schuljahr f...] 1925: 11-12.

484

Bericht über das 28. Schuljahr [...1 1922:9; Bericht über das 29. Schuljahr r...l 1923: 10.

4.5

Bericht über das 30. Schuljahr [.„1 1924: 13; Bericht über das 33. Schuljahr T...1 1927: 11.

4.6

Bericht über das 31. Schuljahr i...l 1925: 11-12: Bericht über das 32. Schuljahr f...1 1926: 14: Bericht über das 35. Schuljahr [...] 1929: 10. Ein Bild von dem problematischen Unterricht in den A2-Klassen zeichnete die Lehrerin Martha Trinker, die davon ausging, daß den Schülern 75% des Unterrichts aus sprachlichen Gründen verloren ging (Bericht über das 35. Schuljahr f...l 1929: 52-58). Ihre Aussagen werden durch die bei von Mentz (1988a: 217-218) zitierten Äußerungen ehemaliger Schülerinnen der A2-Klassen jedoch relativiert. Diese Schülerinnen berichten, daß ihnen das naturwissenschaftliche Sachwissen und Fachvokabular im Deutschen geläufig war, sie sich an der mexikanischen Universität aber erst an die spanischen Begriffe gewöhnen mußten. In den Fluren der deutschen Schule hingen Schilder mit der Aufforderung „Sprecht Deutsch!"; auch wurden die Schüler auf dem Schulhof von den Lehrern zum Gebrauch der deutschen Sprache aufgefordert (Strecker [1927]: 72-73; Steitz 1931: 5-6).

259 487

der B-Abteilung als fremdsprachig betrachtete. In der Schülerstatistik wird das Problem des schwindenden Spracherhalts durch die mangelnde Differenzierung nicht sichtbar (vgl. Tabelle 44). Tabelle 44: Staatsangehörigkeit und Muttersprache der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1920 Anzahl Reichsdeutsch Österreichisch Schweizerisch Ungarisch Mexikanisch Spanisch Schwedisch US-amerikanisch Englisch Französisch Japanisch Italienisch Summe*

355 7 11 2 399 41 2 5 4 5 3 1 835

Muttersprache Deutsch 315 7 5 0 64 0 0 0 0 0 0 0 391

Muttersprache nicht Deutsch 40 0 6 2 335 41 2 5 4 5 3 1 444

* Die Schüler der Handelsabteilung werden in dieser Tabelle nicht berücksichtigt. Quelle: Bericht über das 27. Schuljahr [ - 1 1921: 35.

Nur 40 der Schüler mit deutscher Staatsangehörigkeit hatten Deutsch nicht als Muttersprache, allerdings war die Muttersprache von 64 Mexikanern Deutsch. In den folgenden Jahren lassen die Schülerstatistiken nicht mehr erkennen, wieviele der Reichsdeutschen Deutsch als Muttersprache hatten, da die Angaben nur summarisch in den Jahresberichten aufgeführt wurden (vgl. die Tabellen 45 und 46).

487

1921 waren nach den Angaben von Böhme 51,4% der Schüler deutscher, österreichischer oder schweizerischer Nationalität. Die Muttersprache war bei 50,8% der Schüler ganz oder überwiegend Deutsch. Gemäß dem Besuch der A-Abteilung hatte die Schule jedoch 61,9% „deutschsprechende" Schüler (Bericht über das 28. Schuljahr [...1 1922: 15). 1925 kam er auf 52% deutschstämmige Schüler (hierunter auch Österreicher, Schweizer, Ungarn und Elsässer). Bei 44% der Schüler war das Deutsche die Muttersprache oder eine der Familiensprachen. Nach Abrechnung des Kindergartens kam Böhme jedoch auf 66% „deutschsprachige" Schüler im „schultechnischen Sinne" (Bericht über das 32. Schuljahr L J 1926: 17-18).

260

Tabelle 45: Staatsangehörigkeit der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1923 | Staatsangehörigkeit Deutsch Österreichisch Schweizerisch Mexikanisch Spanisch Kolumbianisch US-amerikanisch Schwedisch Ungarisch Italienisch Arabisch Japanisch Summe

Anzahl | 382 8 12 419 22 2 15 1 4 2 3 2 872

Quelle: Bericht über das 30. Schuljahr [...] 1924: 50.

Tabelle 46: Sprache des Hauses der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1923 | Sprache des Hauses Nur Deutsch Deutsch und Spanisch Deutsch und Englisch Nur Spanisch Spanisch und Englisch Andere Summe

Anzahl | 215 149 22 461 16 9 872

Quelle: Bericht über das 30. Schuljahr r . . . 1 1924: 50.

Auch Schüler, die der Statistik zufolge zuhause nur Deutsch sprachen, wurden in der Schule zum Teil den A2-Klassen zugeordnet, da ihre Deutschkenntnisse offenbar unzulänglich waren. Allerdings waren sie hier gegenüber denjenigen, die in der Familie Deutsch und Spanisch oder nur Spanisch sprachen, in der Minderheit.488 Der Ausbau der B-Abteilung wurde von Böhme zunächst fortgeführt. Nachdem die Reichszuschüsse reduziert worden waren489 und der Raummangel sich stark bemerkbar machte, wurde die „mexikanische" Abteilung ab 1924 jedoch reduziert. Die Verringerung der Schülerzahlen in der B-Abteilung, die einer mexikanischen primaria mit 4

" Vgl. zum Beispiel Bericht über das 31. Schuljahr f...l 1925:48. Kinder aus der B-Abteilung mußten in der Regel wegen der Sprachprobleme ein Jahr wiederholen, wenn sie in die A-Abteilung wechselten (Bericht über das 34. Schuljahr [...1 1928: 11). 489

Für 1923 war wegen der „überaus traurigen Lage unseres Vaterlandes" kein Zuschuß beantragt worden (Bericht über das 29. Schuljahr L.l 1923: 6). Vgl. auch Bericht über das 32. Schuljahr 1 - 1 1926: 8.

261

Deutsch als erster Fremdsprache entsprach, aber für Jungen inzwischen bis zur Untersekunda ausgebaut worden war, erreichte Böhme durch eine Einschränkung der Jahrgangsstufen und durch die Zusammenlegung von Klassen, vor allem im Zuge der Koedukation.490 Die Schülerstatistik im Jahresbericht von 1932, dem letzten, den Böhmes Nachfolger Dr. Wilhelm Steitz (1927-1932)491 verfaßte, wies nur noch 620 Schüler aus (vgl. Tabelle 47). Tabelle 47: Staatsangehörigkeit der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1932 Anzahl Staatsangehörigkeit Reichsdeutsch Mexikanisch Österreichisch Schweizerisch Ungarisch US-amerikanisch Armenisch Holländisch Italienisch Russisch Spanisch Bulgarisch Dänisch Rumänisch Englisch Schwedisch Litauisch Ägyptisch Chinesisch Summe

337 200 13 12 18 11 5 4 3 3 3 2 2 2 1 1 1 1 1 620 Quelle: Bericht über das 39. Schuljahr [...1 1933: 20.

Von diesen 620 Schülern sprachen der Statistik zufolge 229 zuhause nur Deutsch, 121 Deutsch und Spanisch, 218 nur Spanisch und die übrigen 52 andere Sprachen.492 Die niedrige Schülerzahl in diesem Jahr hing mit den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zusammen. In den Jahren 1930 und 1931 waren die Einnahmen durch das Schul490

Bericht über das 31. Schuljahr i...l 1925: 11. Außerdem war das Schulgeld erhöht worden (Bericht über das 30. Schuljahr [.„1 1924: 7). Trotz der Finanzknappheit konnte die Schule durch Spenden aus der Kolonie und den Reinerlös eines Schulfestes zu ihrem 30jährigen Bestehen den Bau eines eigenen Schwimmbades finanzieren. Der im Dezember 1924 begonnene Bau wurde im August 1925 fertiggestellt (Bericht über das 30. Schuljahr f.,.1 1924: 64-71; Bericht über das 31. Schuljahr i...l 1925: 5; Bericht über das 32. Schuljahr r . . . l 1926: 5). 4.1

Steitz hatte Böhme im November 1927 abgelöst. Bevor er nach Mexiko kam, war er unter anderem in Chicago, Shanghai und, seit 1925, als Schulleiter in Guatemala tatig gewesen (Bericht über das 34. Schuljahr f...l 1928: 30). 4.2

Bericht über das 39. Schuljahr [...1 1933: 20.

262

geld stark gesunken. Der Vorstand rief nicht nur zu mehr Spenden auf, sondern beschloß auch einschneidende Sparmaßnahmen. Klassen wurden zusammengelegt, Lehrkräfte eingespart, Schulgelder erhöht und Freistellungen schärfer überprüft. Zahlreiche mexikanische Eltern nahmen ihre Kinder von der Schule.493 Tabelle 48: Einnahmen der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1924-1930 (in Pesos) | Jahr 1924 1925 1926 1927 1928 1929 1930

Schulgeld 119.000 125.000 120.000 118.000 119.000 121.000 112.000

Aus Deutschland 12.500 12.500 15.800 *

30.000 30.000 30.000

Beiträge der Kolonie | 29.398 18.800 18.700 17.200 19.500 17.700 17.500

* Die 30.000 Pesos von 1928 galten für 1927 und 1928. Quelle: Denkschrift betreffend Erhaltung der Deutschen Schule zu Mexiko [ 1931 ]: 7.

Die deutschen Schulbehörden hatten die Schule in Mexiko Anfang 1923 als Vollanstalt anerkannt. Allerdings fand im Schuljahr 1924 keine Reifeprüfung statt, da erstmalig seit 1918 keine Oberprima bestand.494 Die 1919 nur unter Schwierigkeiten erreichte Anerkennung der Oberrealschule als mexikanische preparatoria galt auch 1920, nachdem deutschkundige Professoren der Universität den Reife- und Abschlußprüfungen beigewohnt hatten. Mehrere ehemalige Schüler immatrikulierten sich an der Universität und der medizinischen Fakultät oder wechselten vor der Reifeprüfung, unter Anerkennung der bisherigen Schuljahre, an eine mexikanische.preparatoria.495 Die Umstrukturierung des gesamten mexikanischen Unterrichtswesens durch die 1920 gegründete Secretaría de Educación Pública (SEP) unter José Vasconcelos führte zur Annullierung der Inkorporierung der deutschen und anderer Privatschulen.496 Damit mußten für den Wechsel an die Universität wieder Prüfungen in jedem einzelnen Fach abgelegt werden.497 Ab 1925 forderte die SEP Anpassungen an ihre Lehrpläne. Sie betrafen vor allem die Fächer Mathematik, Raumlehre und Naturkunde, in denen die Anforderungen höher waren als in Preußen, an dessen Lehrpläne sich die Oberrealschule bisher weitgehend 493

Bericht über das 37. Schuljahr f - l 1931: 3; Bericht über das 38. Schuljahr [ - 1 1932: 3, 9-10; Denkschrift betreffend Erhaltung der Deutschen Schule zu Mexiko [1931]: 7-8. Vgl. auch Tabelle 48. In Zusammenarbeit mit dem Turnverein entstand trotz der Finanzkrise eine Turnhalle auf dem Schulgelände. Der Turnverein trug den Hauptteil der Kosten, unterstützt von der Schule und einem am 14.4.1932 gegründeten Schulverein. Die Halle wurde im April 1932 fertiggestellt und diente der Schule auch als Versammlungsraum. Die Verfügungsgewalt lag allerdings beim Turnverein, der sie außerhalb der Schulstunden und an Sonn- und Feiertagen nutzte (Bericht über das 38. Schuljahr [...1 1932: 4, 8, 13-14; Bericht über das 39. Schuljahr 1...1 1933: 7). 494

Bericht über das 29. Schuljahr L.l 1923: 9, 13; Bericht über das 30. Schuljahr [...1 1924: 12-13; Bericht über das 31. Schuljahr r...l 1925: 15. 495

Bericht über das 21. Schuljahr [ - 1 1921: 7.

496

Zum mexikanischen Schulwesen vgl. Weiß (1983), Vaughan (1982) und Britton (1976).

497

Bericht über das 28. Schuljahr L.1 1922: 12-13: Bericht über das 29. Schuljahr f - 1 1923: 14.

263 498

anlehnte. In der primaria wurden jetzt Unterrichtsmethoden verlangt, die auf das pädagogische Modell des US-Amerikaners John Dewey 499 zurückgingen und die den in Deutschland von Reformern propagierten Arbeitsschulen ähnelten (Weiß 1983: 291 292). Trotz einiger Kritik und Skepsis versuchte die deutsche Schule in Mexiko, sich an die neuen Anforderungen anzupassen und an den vielfältigen Aktivitäten der mexikanischen Unterrichtsbehörde, die zum Teil obligatorisch waren, teilzunehmen. 500 Eine weitere Änderung, die die deutsche Schule jedoch nur am Rande betraf, war das strikte Verbot von Religionsunterricht. Die seit einiger Zeit in der Mittelstufe angebotenen Wahlkurse in evangelischer und katholischer Religionslehre wurden 1926 eingestellt, allerdings wurde in der Oberstufe ein Wahlkurs in „Bibelkunde" eingeführt. 501 1927 wurde die Mittelstufe der A-Abteilung (bis Untersekunda) als mexikanische secundaria inkorporiert, nachdem die Unterrichtspläne durch zusätzliche Stunden in mexikanischer Geschichte und einer Reformierung des mathematischen und naturkundlichen Unterrichts an die Erfordernisse angepaßt worden waren. 502 Wie der Vorstandsvorsitzende Max Lassmann über das Schuljahr 1928 bemerkte, hatte sich die mexikanische Unterrichtsbehörde bisher entgegenkommend gezeigt und die Schule „in der Wahrung des deutschen Charakters [...] keineswegs gehindert". 503 Im Schuljahr 1932 wurden die Kontrollen der SEP schärfer und die Inkorporierung der primaria wurde, wie die anderer Privatschulen auch, im Spätsommer aufgehoben und erst am Ende des Jahres wieder zugesprochen. Eines der Hauptprobleme war nun die deutsche Staatsangehörigkeit der meisten Lehrkräfte, da die mexikanische Arbeitsgesetzgebung jetzt auch für Schulen galt und forderte, daß 90% der Angestellten Mexikaner sein mußten. Einige Lehrer beantragten daraufhin die mexikanische Staatsangehörigkeit. : ' 04 Die Schule stand gerade in dieser Phase der Entwicklung der deutschen Kolonie in Mexiko im Zentrum vielfältiger Aktivitäten. 505 Sie hatte dabei den Anspruch,

41)8

Bericht über das 32. Schuljahr [...1 1926: 13.

4

'" Dewey lehrte 1926 an der mexikanischen Nationaluniversität in der Summer SchooI, einem Programm für US-amerikanische Studenten und Lehrer (Delpar 1992: 29).

M>

" In Coyoacán - damals noch ein Vorort von Mexiko-Stadt - entstand am 14. Januar 1924 eine kleine deutsche Schule, die anfangs völlig nach dem Arbeitsschulgedanken organisiert worden war. Wegen ihrer geringen Schülerzahl und großer Finanzierungsprobleme wurde sie 1925 der deutschen Schule der Hauptstadt angegliedert, Ende 1928 aber ganz eingestellt. 501

Bericht über das 31. Schuljahr Í...1 1925: 12: Bericht über das 32. Schuljahr 1...1 1926: 13-14, 47: Bericht über das 33. Schuljahr Í...1 1927: 13-14: 71-76: Bericht über das 34. Schuljahr f...] 1928: 12: Bericht über das 35. Schuljahr f...l 1929: 10; Bericht über das 36. Schuljahr f...l 1930: 13-14; Bericht über das 37. Schuljahr 1...1 1931: 9; vgl. auch Nuevo Reglamento de Escuelas Particulares 1926. Die Betonung des Laizismus in den den Vorschriften für Privatschulen erklärt sich aus dem heftigen Konflikt zwischen Staat und katholischer Kirche seit 1926. Die überwiegende Mehrheit der Privatschulen in Mexiko unterstand der Kirche. Bericht über das 34. Schuljahr f.,,1 1928: 13. Die secundaria war im mexikanischen Schulwesen Ende 1926 eingeführt worden. Sie beschnitt das Ausbildungsmonopol der Universität im höheren Unterrichtswesen zugunsten der SEP. 1929 bestanden sechs öffentlich-staatliche und 19 inkorporierte private Sekundärschulen (Weiß 1983: 294, 306, Anmerkung). 503

Bericht über das 35. Schuljahr [.„1 1929: 5.

™ Bericht über das 39. Schuljahr Í...1 1933: 7. 503

So wurden zum Beispiel häufig Vortragsabende veranstaltet, um für das „Deutschtum Mexikos einen geistigen Sammelpunkt zu schaffen und so das deutsche Kulturbewusstscin hier im fremden Lande zu

264

überparteilich zu wirken und eine Führungsrolle in Deutschtumsfragen einzunehmen. Hierbei wurde sie durch Institute unterstützt, die sich in Deutschland der Kulturpropaganda verschrieben hatten.506 Umgekehrt sandten Lehrer und Schüler auch Geld und Sachspenden als „Heimathilfe" nach Deutschland.507 Ab 1923 wurde der 18. Januar als „Tag der deutschen Einigung" wieder festlich begangen.508 Am 4. August 1924 veranstaltete die Schule zusammen mit der Gesandtschaft, dem Frontkämpferbund und anderen Vertretern der Kolonie eine Feier zum Gedenken an die Kriegsgefallenen und alle deutschen Kriegsopfer.509 Ab 1925 wurde schließlich der Deutsche Verfassungstag begangen. Die dazu von Direktor Böhme gehaltene Rede spiegelte die Unsicherheit über die neue politische Situation in Deutschland wider.510 Selbstverständlich wurde auch der mexikanische Unabhängigkeitstag regelmäßig feierlich begangen. Die Schülervereinigungen der Schule konzentrierten sich auf die Bereiche Pfadfinder und Sport sowie auf den 1921 gegründeten Dramatischen Verein. Allerdings wurde den Pfadfindern in den Jahresberichten nur noch wenig Raum zugestanden, und ihre Bedeutung hatte sich verringert. Dagegen nahmen Turnveranstaltungen und das Schwimmen im schuleigenen Becken einen großen Raum ein. Die sportlichen Aktivitäten wurden von dem Vorstandsmitglied Max Lassmann besonders gefordert. Im März 1925 wurden sie im „Sportverein der Deutschen Schule" gebündelt. Der Verein hatte 1927 82 Mitglieder.5" Der 80. Geburtstag Hindenburgs im Jahr 1927 wurde Anlaß für ein großes Sportfest mit mehreren Hundert Gästen. Fünf Jahre später fanden die „Hindenburg-Jugend-Wettkämpfe" am Dia de la Raza (12. Oktober) statt.512 Nachdem die Tätigkeit des Dramatischen Vereins nach dem Weggang Böhmes einschlief, entwickelten stärken und zu vertiefen" (Bericht über das 27. Schuljahr f...l 1921: 18, 54-55; Bericht über das 28. Schuljahr [ - 1 1922: 20). 506

Bericht über das 32. Schuljahr f...l 1926: 15-16; Bericht über das 32. Schuljahr f...l 1926: 19, 41; B&: rieht über das 33. Schuljahr f...] 1927: 49: Bericht über das 37. Schuljahr [ - 1 1931:4. 10, 12. 1928 gründeten die deutschen Lehrer den „Landesverband Mexiko", um sich dem 1927 ins Leben gerufenen „Weltbund deutscher Auslandslehrer" anzuschließen (Bericht über das 35. Schuljahr f...l 1929: 14). 507

Bericht über das 27. Schuljahr Í...1 1921: 18-19: Bericht über das 29. Schuljahr f.,.1 1923: 22: Bericht über das 30. Schuljahr f...l 1924:28-29. 508

Bericht über das 30. Schuljahr [...] 1924: 24-25; Bericht über das 31. Schuljahr [...1 1925: 19; Bericht über das 31. Schuljahr f...l 1925: 62-66. 509

Bericht über das 31. Schuljahr f...l 1925: 21. Später wurde der Volkstrauertag durch Kranzniederlegungen am Kriegsgefallenendenkmal in Tacuba begangen (Bericht über das 34. Schuljahr [...1 1928: 18; Bericht über das 38. Schuljahr f - l 1933: 11). 510

Bericht über das 32. Schuljahr f...] 1926: 19,60-65. 1928 fiel der Verfassungstag mit dem 100. Todestag von Turnvater Jahn zusammen und wurde deshalb mit einem Sportfest gefeiert (Bericht über das 35. Schuljahr f.,.1 1929: 17). 1930 wurden an diesem Tag die Gewinner der Reichsjugendwettkämpfe geehrt (Bericht über das 37. Schuljahr f...l 1931: 12). 511

Bericht über das 28. Schuljahr [...] 1922: 16-17; Bericht über das 29. Schuljahr r...l 1923: 17-20; Bericht über das 31. Schuljahr f...] 1924: 70-84; Bericht über das 32. Schuljahr [...1 1926: 43-47; Bericht über das 33. Schuljahr [.„1 1927: 52-55; Bericht über das 34. Schuljahr f.,.1 1928: 33-34; Deutsch-Mexikanisches Festspiel zum Frühlingsfest 1923 der Deutschen Schule zu Mexiko (1923). Zum Frühlingsfest 1923 hatte Dr. Emst Feise, der den Dramatischen Verein leitete, unter Mitarbeit von Dora HerrmannOlbrich und Benigno Colín ein Festspiel geschrieben, in dem unter anderen Moctezuma, Humboldt und der schweizerische Erzieher Rebsamen als Figuren auftraten. Das Protektorat des Festes hatten der mexikanische Unterrichtsminister José Vasconcelos, der deutsche Gesandte A. Graf von Montgelas und der 1. Vorsitzende des Vorstands, Franz Boker, übernommen. 512

Bericht über das 34. Schuljahr f...] 1928: 16; Bericht über das 39. Schuljahr f.,.1 1933: 9-10.

265 513

sich unter der Leitung d e s Lehrers R u d o l f Brechtel v e r s c h i e d e n e Chöre und Musikgruppen, die vor a l l e m Wander- und Soldatenlieder darboten. Z i e l p u b l i k u m hierfür w a ren nicht nur die deutsche Kolonie, sondern auch m e x i k a n i s c h e Zuhörer - „ w e g e n der Propagandawirkung". 5 1 4 D i e deutsche S c h u l e war sehr stolz darauf, daß Kinder der m e x i k a n i s c h e n Präsidenten Calles ( 1 9 2 4 - 1 9 2 8 ) 5 1 5 und Ortiz R u b i o ( 1 9 3 0 - 1 9 3 2 ) 5 1 6 z e i t w e i s e z u ihren Schülern zählten.

Mit Genugtuung haben wir beobachtet, daß sich der soziale Durchschnitt unserer B-Schiller allmählich gehoben hat. In den letzten Jahren führten uns eine Reihe hoher mexikanischer Staatsbeamten [sie] ihre Kinder zu; und während noch der vorige Präsident Alvaro Obregön seine Söhne in der prächtig ausgestatteten amerikanischen Schule erziehen ließ, hat das jetzige Staatsoberhaupt, Präsident Plutarco Elias Calles, seine drei im schulpflichtigen Alter stehenden Kinder unserer Deutschen Schule anvertraut.

B ö h m e ( 1 9 2 8 : 4 9 1 ) , v o n d e m d i e s e s Zitat stammt, wertete den B e s u c h der Präsidentenkinder als Erfolg der S c h u l e i m Sinne e i n e s kulturpolitischen Organs. D e r kaufmännisch geprägte Vorstand der S c h u l e führt denselben Sachverhalt e i n i g e Jahre später auch aus anderen Gründen als Erfolg der Schule an, als e s n ä m l i c h darum ging, Finanzmittel für ihren Erhalt z u einzuwerben:

Sie werden wissen, dass augenblicklich auch drei Kinder des Präsidenten Ortiz Rubio die deutsche Schule besuchen; sie sprechen schon ganz ausgezeichnet deutsch [sie]. Auch Kinder des früheren Präsidenten Calles waren Schüler unserer Anstalt. Das alles wirkt sich unzweifelhaft auch weiter aus: in der Bevorzugung deutscher Geschäfte, deutscher Aerzte, von Waren deutscher Herkunft, in dem besonderen Interesse an Zeitungsnachrichten aus Deutschland, bei dem Besuch Deutschlands bei Gelegenheit von Europareisen, bei Benutzung deutscher Dampfer, dem Lesen deutscher Bücher, dem Besuch deutscher Hochschulen, der Berücksichtigung von Deutschland bei der Entsendung von Studienkommissionen usw.517

513

Der in Berlin ausgebildete Realschullehrer Brechtel war ab 1924 an der deutschen Schule tätig (Bericht über das 31. Schuljahr i - 1 1925:46-47). 514

Bericht über das 37. Schuljahr [...] 1931: 13-14. Anläßlich einer Darbietung in diesem Schuljahr wurden der Gattin des mexikanischen Präsidenten Weihnachtsgeschenke für arme mexikanische Kinder überreicht. Der Verteilung der Geschenke konnten einige Lehrer und Schüler auf Einladung des Präsidenten auf dessen Landgut Tizapan im Kreise seiner Familie beiwohnen. 513

1926 besuchte Artemisia Calles die Schule. Als die Ehefrau des Präsidenten am 3. Juni starb, fiel der Unterricht aus. Eine Abordnung von Lehrern und Schülern nahm am 8. Juni an der Beisetzung teil (Bericht über das 33. Schuljahr [—1 1927: 16, 21). Zuhause wurden die Kinder von Calles von einer deutschen Gouvernante erzogen. Dies berichtete die US-Amerikanerin Leone Moats (1933: 262), die zeitweise dieselbe Person für ihre Tochter beschäftigt hatte: „Miss von Lind, a German governess who taught Alice-Leone in her childhood and who since has taught the children of the Calles household [...]". 516

Als Ortiz Rubio aus dem Präsidentenamt ausschied, verließen seine zwei Söhne die deutsche Schule. Die Kindergärtnerin Martha Träger und Schüler der Oktava waren zu diesem Anlaß als Gäste in das Schloß Chapultepec geladen worden (Bericht über das 39. Schuljahr [...1 1933: 9). 517

Denkschrift betreffend Erhaltung der Deutschen Schule zu Mexiko [ 1931 ]: 4.

266

Als der Schule Ende 1933 die Inkorporierung für 1934 verweigert wurde, machte Direktor Steitz in einem langen Schreiben an die SEP geltend, daß sie, obwohl eine deutsche Schule, auch für mexikanische Schüler höchst attraktiv sei. Er führte als Beleg die Namen zahlreicher prominenter Mexikaner an, deren Kinder die deutsche Schule besucht hatten oder besuchten:

Nunca pueden haber sentido los numerosos alumnos mexicanos del Colegio Alemán la impresión de que su propia personalidad se hallaba, o era puesta, en contraposición con la de los alumnos alemanes; de otra manera no se explicarla el hecho de que figuras sobresalientes de la vida pública mexicana como los señores Gral. Plutarco Elias Calles, Ing. Pascual Ortiz Rubio, Lic. Luis Morones, Cor. Adalberto Tejeda, Lic. Leopoldo Kiel, y otros, hayan enviado a sus hijos al Colegio Alemán, y que, hoy mismo, estén asistiendo a sus clases los hijos de los señores Lic. Primo Villa Michel, ministro de la Economía Nacional, Lic. Arturo Cisneros Canto, magistrado de la Suprema Corte de Justicia, Lic. José Aguilar y Maya, ex-Procurador General de la República, Dr. Manuel Madrazo, Jefe del Departamento de Salubridad, Dr. Luis Rivera Borrell, Sr. Manuel Santillán, Director del Instituto de Geología, Sr. Abel Pérez, ex-Director del Periódico „Excelsior", Dr. Eliseo Ramírez, Profesor de la Escuela Médica Militar y Facultad de Medicina, Sr. Augusto Aillaud, Jefe del Departamento Administrativo de Gobernación etc. 5 "

Unter Direktor Steitz wurden ab 1930 in den Reifeprüfungen wahlfreie Aufsatzthemen wie „Soll man sich in der Fremde fremder Art anpassen?"; „Ist es gut und ist es leicht zu ertragen, eine .zweite Heimat' zu haben?"; „Heisst leben sich anpassen?" gestellt. Diese Themen fallen besonders deshalb auf, da die überwiegende Mehrheit der Prüflinge bereits in Mexiko geboren war.519 In den 1920er Jahren nahmen schließlich die Bestrebungen zu, endlich eine eigene deutsche evangelische Kirchengemeinde zu gründen. Zunächst glaubte man im November 1920, durch die Anwesenheit von Pastor Arthur Ritter günstig an einen Seelsorger gekommen zu sein. Ritter war mit seiner kinderreichen Familie aus Deutschland ausgewandert, um an einem Siedlungsprojekt teilzunehmen, das jedoch gescheitert war.520 Er fand 1921 eine Anstellung an der deutschen Schule, wo er freiwilligen

511

AHSEP 6208/1, Dr. W. Steitz an SEP, 21.12.1933.

319

Bericht über das 37. Schuljahr f.„l 1931: 15, 16; Bericht über das 38. Schuljahr [.„1 1932: 16, 17; Bericht über das 39. Schuljahr f...] 1933: 11, 12. 1930 waren alle vier Prüflinge in Mexiko geboren, 1931 sechs von zehn (ein weiterer in Guatemala, die übrigen in Deutschland), 1932 fünf von sieben. Von diesen insgesamt 21 Abiturienten waren 13 weiblich, was angesichts der niedrigeren Schülerinnenzahlen ebenfalls bemerkenswert ist. 520

Arthur Ritter war Mitglied der Mexiko-Siedlungs-Genossenschaft. Trotz der mexikanischen Gesetzgebung, nach der nur Mexikaner von Geburt geistliche Ämter ausüben durften, erwartete der deutsche Gesandte keine Probleme bei der Amtsausübung (EZA 5/2825, A. von Montgelas an AA, 7.1.1921). Das Evangelische Konsistorium Cassel berichtete dem Evangelischen Oberkirchenrat über Ritter, daß er einer alten und geachteten Pfarrerfamilie entstammte und daß die Unbeugsamkeit seiner christlich-ethischen Grundsätze sein hervorstechender Charakterzug sei. 1890 wurde er ordiniert, nach Wissen des Konsistoriums lebten 1921 noch elf seiner vierzehn Kinder. Über seine Motivation zur Auswanderung hieß es: „Die politische Umwälzung hat dem königstre[uen] Mann viel innere Not bereitet und seine Freu[dig]keit zu weiterem Dienen unter den neuen Verhältnissen aus das Stärkste beeinträchtigt^] So entschloß er sich zur Auswanderung nach [...] Mexiko" (EZA 5/2825, Evangelisches Konsistorium an EO, Cassel, 22.4.1921). Im Jahresbericht der deutschen Schule ist er irrtümlich als Pastor Rudolf Ritter aufgeführt (Bericht über das 28. Schuljahr [.„1 1922: 13).

267

Religionsunterricht erteilte, der allerdings wenig besucht wurde. Evangelische Deutsche der Kolonie beschlossen, für sein Pfarrgehalt aufzukommen. Zusammen mit dem Entgeld für Amtshandlungen sollte dies zum Lebensunterhalt reichen. Es stellte sich bald heraus, daß die Spenden für das Pfarrgehalt sanken und Klagen über den Charakter Ritters zunahmen. 1921 hielt er monatlich einen Gottesdienst ab, an dem nur wenige Besucher teilnahmen. Der Kirchenvorstand, dem auch Legationssekretär von Erdmannsdorff angehörte, war nur provisorisch und erließ keine Statuten. Von Erdmannsdorff trat nach einer durch Ritter provozierten politischen Auseinandersetzung aus dem Kirchenvorstand aus.521 Der Gesandtschaft gegenüber machte er deutlich, daß er sich die Entsendung eines anderen Geistlichen durch den Oberkirchenrat wünschte. 522 Ritter schloß sich bereits Anfang 1922 einem neuen Siedlungsprojekt an und verließ Mexiko-Stadt wieder. 523 Der Evangelische Oberkirchenrat war bereit, einen neuen Pfarrer zu suchen und sich an den Reisekosten zu beteiligen. 524 Er sah seine Pläne aber durch das Auftreten von Pastor Frieling von der Missouri-Synode durchkreuzt. Das kirchliche Interesse in der deutschen Kolonie für zwei Geistliche wurde als zu gering eingeschätzt. 525 Pastor Carl Frieling kam während der Anwesenheit Ritters aus den USA nach MexikoStadt.526 Er trat als Missionar auf, entfaltete aber zunächst nur eine geringe Werbetätigkeit. Seine Synode bezahlte sein Pfarrgehalt und stellte den Bau einer eigenen Kirche in Aussicht. Frielings Gottesdienste hatten 1923 meist nur sechs bis acht Besucher, 1925 durchschnittlich fünfzehn bis zwanzig. Wie der deutsche Gesandte betonte, hatte Frieling wenig Kontakt zu nordamerikanischen Kreisen. Außerdem sei ein Anschluß 521

EZA 5/2825, Koitzsch an Oberkonsistorialrat, 1.11.1925.

522

Der deutsche Gesandte von Montgelas, selbst katholisch, beschrieb Ritter als „unduldsamen Fanatiker". Ritter war ein Gegner der Weimarer Republik und predigte anläßlich des Trauergottesdienstes für die verstorbene ehemalige Kaiserin Augusta gegen die politischen Verhältnisse in Deutschland (EZA 5/2824, A. von Montgelas an das AA, 24.6.1921). 523

Vorher hatte er noch 15 Konfirmationen vollzogen. Das neue Siedlungsprojekt sollte im „Paradiestal" unweit von Monterrey (Nuevo Leon) entstehen (EZA 5/2825, A. von Montgelas an AA, 10.7.1922). Offenbar scheiterte auch dieses Projekt. Im September 1939 hieß es in den DVM. Mitteilungen [...1 (Nr. 20, 1939: 38), Pastor Ritter habe nach seiner Abwanderung aus dem Paradiestal den Rancho Pereyra bei Saltillo übernommen und züchte Kakteen für den Export. 524

EZA 5/2824, Evangelischer Ober-Kirchenrat, 14.9.1921.

525

Die Missouri-Synode war 1847 in den USA von sächsischen strenggläubigen Lutheranern gegründet worden. Der Evangelische Oberkirchenrat war ihr gegenüber äußerst mißtrauisch, da er nach Erfahrungen in Brasilien (im Bundesstaat Rio Grande) davon ausging, daß durch ihre Geistlichen den deutschen Auswanderern das „Deutschtum" genommen und den deutschen nationalen Interessen geschadet würde. Zur Beurteilung des kirchlichen Interesses der deutschen Kolonie vgl. EZA 5/2824, Evangelischer Oberkirchenrat, 9.4.1924; zu den Erfahrungen mit der Missouri-Synode in Brasilien EZA 5/2825, EO an AA, 20.12.1922. Prien (1989: 575-588) behandelt die Auseinandersetzungen um die Missouri-Synode in Brasilien. 526

Auch er gab zeitweise Religionsunterricht an der deutschen Schule (Bericht über das 29. Schuljahr [ - 1 1923: 25; Bericht über das 30. Schuljahr [...] 1924: 48). Auf Anfrage der Gesandtschaft verfaßte Schuldirektor Böhme einen Bericht über Frieling, der dem AA und von diesem dem Evangelischen Oberkirchenrat übermittelt wurde. Dabei ging es besonders um seine Einstellung zu Deutschland und zur deutschen evangelischen Kirche sowie um die Frage, ob er den „Deutschen deutsches Wesen, Denken und Fühlen [...] nehmen" und ihnen dafür nordamerikanisches einimpfen wolle. Böhme sah dies nicht als Gefahr. Trotzdem wurde Frieling für den Religionsunterricht nicht mehr eingesetzt (EZA 5/2825, A. von Montgelas an AA, 23.5.23; EZA 5/2825 Enkerlin an Pfarrer H. Würzberger, 29.5.1925). Frieling, der aus der Gegend von Hannover stammte, hatte Deutschland als Kind verlassen. Als er nach Mexiko kam, war er etwa fünfzig Jahre alt (EZA 5/2825, A. von Montgelas an AA, 10.7.1922).

268

der deutschen Gemeinde in Mexiko-Stadt an die Synode wegen der vorherrschenden Abneigung gegen die Vereinigten Staaten nicht zu befürchten. 5 7 1925 hatten den Evangelischen Oberkirchenrat Eingaben des kaufmännischen Angestellten Ernst Enkerlin, einem Mitglied des deutschen CVJM in Mexiko-Stadt, erreicht, die dieser über seinen Onkel gemacht hatte. Er bat in ihnen um einen deutschen evangelischen Pfarrer für Mexiko-Stadt. Der Evangelische Oberkirchenrat war nun bereit, die Entsendung eines Geistlichen nach Mexiko zu fördern und damit den Einfluß der Missouri-Synode enzudämmen. 528 Der zuerst in Aussicht genommene Pfarrer Karl Venske, für dessen Ausreise mit seiner Familie bereits die Schiffspassagen gebucht waren, wurde jedoch kurzfristig nach Argentinien umgeleitet, nachdem die deutsche Gesandtschaft in Mexiko-Stadt ernsthafte Zweifel an der Möglichkeit seiner Amtsausübung geäußert hatte. Das Erscheinen von Zeitungsartikeln über den mexikanischen Kirchenkampf und die Ausweisung spanischer Priester unterstützten diese Bedenken. 529 Enkerlin versuchte unterdessen, außer seinen Freunden, vermutlich aus dem Kreis des CVJM, einflußreiche Förderer für eine Kirchengemeinde zu finden. Er sprach dazu Max Lassmann, der früher einmal Vorsitzender des Kirchenausschusses gewesen war,530 sowie die Unternehmer A. Lenz (Papierfabrikant) und W. W. Herrmann (Teilhaber des Hauses Beick, Felix y Cia.) an. F. Rohrmann (Elternvertreter bei der deutschen Schule) und die Kindergarten- und Handarbeitslehrerin Martha Nitschke zeigten sich ebenfalls zur Unterstützung bereit.531 Diese Aktivitäten verärgerten Frieling, und nach Enkerlins Darstellung wollte er in Zukunft kirchliche Handlungen für Enkerlins Freunde und Familien verweigern.532 Enkerlin zeigte sich sehr enttäuscht über die Änderung der Pläne des Evangelischen Oberkirchenrats und machte deutlich, daß er die Einschätzung der Gesandtschaft bezüglich möglicher Schwierigkeiten für die Amtsausübung eines deutschen evangelischen Pfarrers keineswegs teile. Auch hätten die mexikanischen Behörden auf mündlichem Wege der Gesandtschaft gegenüber deutlich gemacht, daß sie trotz der gesetzlichen Lage nicht gegen einen deutschen evangelischen Pfarrer vorgehen würden. 533 Die Ausweisung des Pfarrers der Christ-Church-Ge-

527

EZA 5/2824, A. von Montgelas an AA, 11.4.1923; EZA 5/2825, A. von Montgelas an AA, 23.5.23, EZA 5/2825 Enkerlin an Pfarrer H. Würzberger, 29.5.1925. 528

EZA 5/2825 Enkerlin an Pfaner H. Würzberger, 29.5.1925; EZA 5/2824, EO an Pfarrer Würzberger in Rohr (Thüringen), 31.7.1925.

EZA 5/2824, Evangelischer Oberkirchenrat, 10.2.1926; EZA 5/2824, EO an E. Enkerlin, 10.2.1926; EZA 5/2825, Venske an EO, 7.12.1925; EZA 5/2825, EO an Venske, 15.1.1926; EZA 5/2825, EO an Enkerlin, 10.2.1926 (Telegramm und Brief); EZA 5/2825, AA an EO, 19.2.1926; EZA 5/2825, Zeitungsbericht Ausweisung spanischer Priester aus Mexiko aus der Frankfurter Zeitung vom 14.2.1926; EZA 5/2825, AA an EO, 27.2.1926; EZA 5/2825, EO an Enkerlin, 16.3.19926 (Telegramm und Brief); EZA 5/2825, EO an AA, 16.3.1926. S3

° Lassmann war außerdem Mitglied und lange Jahre Vorsitzender des Vorstands der deutschen Schule.

531

EZA 5/2825, Enkerlin an Kirchenausschuß, 10.9.1925. W. W. Hertmann, M. Lassmann, F. Rohrmann und E. Enkerlin verfaßten im Namen eines provisorischen Kirchenausschusses auch einen Aufruf an die evangelischen Deutschen in Mexiko, eine Liste für monatliche Spenden für das Pfarrgehalt zu zeichnen (EZA 5/2825, An die Evangelischen Deutschen in México D. F., im August 1925). 532 533

EZA 5/2825, Enkerlin an Kirchenausschuß, 4.2.1926.

EZA 5/2825, Enkerlin an EO, 5.3.1926; EZA 5/2825, Enkerlin an EO, 27.7.1926. Enkerlin fügte seinen Ausführungen emeut die Bitte nach der Aussendung eines Pfarrers bei. Dieser könne sich bei der Einreise als Lehrer ausgeben, so sei zum Beispiel W. W. Herrmann bereit, seinen Kindern Privatunterricht erteilen zu lassen. Da in der US-amerikanischen Methodistenkirche weiterhin Gottesdienste stattfanden und der US-amerikanische YMCA und unter dessen „Schutz" der deutsche CVJM weiterarbeite-

269

meinde, D e k a n P e a c o c k , im Mai 1926 verstärkte allerdings die B e d e n k e n der Gesandtschaft. Frieling stellte vorübergehend seine Gottesdienste ein, die U S - a m e r i k a n i s c h e n Methodisten j e d o c h nicht. 5 3 4 Schließlich entsandte der E v a n g e l i s c h e Oberkirchenrat A n f a n g 1 9 2 7 Pfarrer Martin S c h e n c k e aus Schwarzort ( M e m e l g e b i e t ) und übernahm die R e i s e k o s t e n s o w i e sein Pfarrgehalt. 5 3 5 S e i n e G e m e i n d e knüpfte an die Tradition Reichardts und an den damaligen A n s c h l u ß an die Preußische Landeskirche an. 5 3 6 D e r deutsche Gesandte E u g e n Will, der d e m verstorbenen v o n M o n t g e l a s 1 9 2 4 i m A m t g e f o l g t war, hatte schließlich d o c h eine A m t s g e n e h m i g u n g für ihn erwirken können. 5 3 N e b e n d e m provisorischen Kirchenvorstand ( W . W. Herrmann, M . Lassmann, E. Enkerlin) hatten s i c h zahlreiche weitere Mitglieder der Kolonie für einen Pfarrer eingesetzt. 5 3 8 S c h e n c k e traf i m Juni 1927 in M e x i k o ein. G e m e s s e n an den Problemen, die die Entsendung e i n e s d e u t s c h e n Pfarrers mit sich gebracht hatte, verlief seine A m t s z e i t w e n i g spektakulär. S e i n e Tätigkeit beschrieb er als „wahre Arbeit der inneren Mission". Er hielt die D e u t s c h e n in M e x i k o durch das Klima, die U m g e b u n g und den Einfluß der „fremden Rasse" für abgestumpft, außerdem beklagte er die Zerissenheit der KolonieP9 A u f W u n s c h d e s E v a n g e l i s c h e n Oberkir-

ten, schätzte Enkerlin mögliche Probleme mit der mexikanischen Regierung gering ein. Der deutsche CVJM tagte wöchentlich in der Calle Humboldt 50 und gab die Monatsschrift Pflugschar heraus (vgl. dazu die Anzeige im Gemeindeblatt der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde Mexico. Bd. 3, Nr. I, 1931, in EZA 5/2824). 534

EZA 5/2825, Will an AA, 17.5.1926; EZA 5/2825, Enkerlin an EO, 27.7.1926.

535

Der 1897 in Ottenheim (Kentucky, USA) geborene Pfarrersohn Schencke war verheiratet und hatte zwei Kinder (EZA 5/2826, EO an AA, 31.1.1917; EZA 5/2826, Schencke an EO, 9.2.1927). 536

Vgl. Kapitel 4.2.2 dieser Arbeit.

537

EZA 5/2826, Enkerlin an EO (Telegramm, Eingang 22.1.1927); EZA 5/2826, Enkerlin an EO, 26.1.1927; EZA 5/2826, AA an EO, 14.3.1927; EZA 5/2826, Abschrift: „Poder Ejecutivo Federal México. Asunto: Se concede permiso al Sr. Martin Schenke [sie] para que ejerza el ministerio de su culto", 2.3.1927. Die Erlaubnis der Amtsausübung fiir die deutsche Kolonie ging auf eine Reglementierung des Paragrafen 130 der mexikanischen Verfassung zurück und galt für sechs Jahre. Während dieser Zeit sollte der Geistliche Mexikaner von Geburt als Nachfolger heranbilden. Enkerlin schlug vor, gegebenenfalls den Konfirmandenunterricht für die ja meist in Mexiko geborenen deutschstämmigen Kinder als Nachweis der Ausbildung eines Nachfolgers anzuführen (EZA 5/2826, Enkerlin an EO, 17.3.1927). 538 Carl Wacker, Paul Klinkisch, W. Boeker, Justus Scharff, C. Doener, F. Rohrmann, Richard Eversbusch, C. Reichert, E. Griebel, C. Bolbrügge, E. Kurck, Walter Fischer, Karl Christof, Rieh. Kauffmann, Edw. Tiedzsch, Karl Unz, Walter Pohle, K. Lenz, R. Ludwig, Rieh. Pohle, Emil Fuchs, Max Thomsen, E. Reuss, Friedrich Grabert, Bruno Haeberer, I. Kopmann, Dr. Karl Lafrentz, M. Scheller, E. Friedrich, F. Duerkop, F. W. Bodenstedt, Hans Fischer, Karl Niederstrasser, Lothar Gerhardt, Siegfried Plarre, Ewald Schmidt, Hch. West, Gottlieb Woehrle, Werner Ernst, Carl Wacker, Willi Haase [?], H. Doering, Wilh. Grobecker, K. Volp, L. Mierendorff, E. Rassvetaieff, B. Schael, F. K. Haupt, A. Helms, C. Voigt, J. Koepke, Joh. Stecher, G. Burkhardt, Georg Hahn, P. G. Mathiesen, B. L. Grave, Paul Kuehne, Kurt Boeckh, G. Boeckh, D. Kuhlmann Jr., P. Bredee und K. Gerchsheimer. Ein weiterer, mit Bleistift angemerkter Name ist nicht lesbar (EZA 5/2826, Provisorischer Kirchenausschuß an Deutsche Gesandtschaft in Mexiko-Stadt, 27.1.1927; EZA 5/2826, Provisorischer Kirchenausschuß an Deutsche Gesandtschaft in Mexiko-Stadt, 22.2.1927). Das erste Schreiben, das von allen obengenannten Personen unterzeichnet wurde, bezog sich auf den kurzzeitig vom Evangelischen Oberkirchenrat für das Pfarramt vorgesehenen Pfarrer Lutzki, das zweite, weniger aufwendige, auf Schencke. 539

EZA 5/2826, Jahresbericht [1927] der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde in Mexiko.

270

chenrates betreute Schencke auch außerhalb von Mexiko-Stadt lebende Deutsche.540 In der Hauptstadt bestand seine Gemeinde offenbar vor allem aus Angestellten.541 Zu seinem ersten Gottesdienst am 3. Juli 1927 erschienen etwa 100 Personen. Auch für die späteren Gottesdienste wurde ihm auf Vermittlung der deutschen Gesandtschaft und gegen Entgeld an die dortige Gemeinde die Christ Church zur Verfügung gestellt.542 Im August zählte seine Gemeinde 80 beitragszahlende Mitglieder, die monatlich 300 Pesos aufbrachten.543 Der Vorstand der „Deutsch-evangelischen Kirchengemeinde Mexiko" setzte sich aus E. Enkerlin, E. Griebel, W. W. Herrmann, Dr. Koitzsch (Legationssekretär), F. Rohrmann und M. Schencke zusammen.544 Auch Frieling hatte eine Amtsgenehmigung erhalten.545 Er hielt nicht nur Gottesdienste ab und warb für Konfirmandenunterricht, sondern unternahm auch Schritte, offiziell eine Gemeinde zu gründen.546 Die deutsche Gesandtschaft berichtete, der „Amerikaner" Frieling wolle nun wohl den „offenen Kampf gegen Schencke aufnehmen. Verwunderung rief auch hervor, daß mindestens zwei Personen sich sowohl für die Entsendung Schenckes als auch für die Gemeindegründung Frielings engagierten.547 Frielings „Deutsch-Evangelisch-Lutherische Gemeinde" bestand im Juli 1927 aus gut

540

Der Evangelische Oberkirchenrat dachte hier insbesondere an die Gemeinden Barajas, San Antonio und Nueva Wolhynia, in denen rußlanddeutsche Auswanderer landwirtschaftliche Siedlungen begonnen hatten. Auch die deutsche Gesandtschaft befürwortete die kirchliche Betreuung dieser Gemeinden. Die Siedlungen San Antonio und Barajas scheiterten bald, ein Teil der Siedler ließ sich daraufhin in Atequiza nieder und wurde von Schencke besucht. Auch Frieling missionierte dort (EZA 5/2826, EO an Schencke, 9.5.1927; EZA 5/2824, Will an AA, 14.3.1928; EZA 5/2824, Schencke an EO, 4.8.1918). Zu Weihnachten 1927 gründete Schencke in Puebla eine Filialgemeinde (EZA 5/2826, Schencke an EO, 7.2.1928). Im Laufe der Jahre wurden auch weitere Orte (Monterrey, Mazatlán, Torreón, Tampico) besucht, um dort lebende Deutsche zu betreuen. 341

1930 schrieb Schencke, daß es gerade die „minderbemittelten Kreise sind, die aus warmem kirchlichen Interesse" zur Finanzierung der Gemeindearbeit beitrugen. „Die oberen Zehntausend stehen innerlich leider noch fremd den Aufgaben und der Bedeutung der Kirchengemeinde gegenüber", hieß es in der „Denkschrift der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde in Mexico zum Zweck der Gründung eines Kirchbaufonds" (EZA 5/2826). Im Januar 1931 schrieb er: „Mancher kleine Angestellte zahlt verhaeltnismaessig hohe Beitraege" (EZA 5/2826, Schencke an Centraivorstand der Gustav Adolf-Stiftung, 7.1.1931). 542

EZA 5/2825, Will an AA, 2.3.1926; EZA 5/2826, Schencke an EO, 5.7.1927.

543

EZA 5/2826, Schencke an EO, 17.8.1927. Das Pfarrgehalt lag bei 500 Pesos monatlich, die vom Evangelischen Oberkirchenrat getragen wurden. Das Aufkommen aus der Gemeinde sollte allerdings damit verrechnet werden und in Zukunft die Zahlungen des EO überflüssig machen. Eine Anstellung an der deutschen Schule war wegen der neuen Schulgesetze nicht mehr möglich. Schencke unterrichtete 1927 Konfirmanden (25) und Kinder von 10 bis 14 Jahren (18). Bis Ende 1927 hatte die Gemeinde 130 zahlende Mitglieder (EZA 5/2826, Schencke an EO, 22.11.1927). 544

EZA 5/2826, 1. Gemeindeversammlung der Deutsch-evangelischen Kirchengemeinde Mexico, 31. Juli 1927. Fünf Jahre später gehörten die Herren Schencke (Vorsitzender), Rohrmann, Dahlhaus, Enkerlin und [Werner] Emst sowie Frau E. Plate und Frau [Ida] von Thaden dem Kirchenvorstand an. Der einflußreiche Kaufmann W. W. Hertmann war inzwischen verstorben (EZA 5/2827, Schencke an EO, Sitzung des Kirchenvorstands vom 4.10.1932; EZA 5/2827, Schencke an EO, 26.3.1932). 545

EZA 5/2826, Enkerlin an EO, 17.3.1927.

546

EZA 5/2826, Verband für Evangelische Auswandererftlrsorge, 22.4.1927.

547

EZA 5/2826, Will an AA, 7.6.1927.

271 60 stimmberechtigten Mitgliedern. D e m Vorstand gehörten an: B. Gruschaden, E. R. Reichert, Alexander Gibsone, Selma Bloom, U. [?] Schulz und Gertrud Schultze. 548 Nach der Gründung der beiden Kirchengemeinden entstand die Frage des Verbleibs des von Pfarrer Reichardt angelegten Kirchbaufonds, auf den jetzt Frielings Gemeinde Anspruch erhob, w e s w e g e n sie sich an Reichardt um Auskunft wandte. Allerdings war das damals angesparte und gestiftete Geld abzüglich der 1912 an den Evangelischen Oberkirchenrat rückerstatteten Spende Ende 1913 dem Hospitalfonds der Deutschen Krankenkasse überwiesen worden. 5 4 9 Im Frühjahr 1930 rief Pfarrer Schencke zur Gründung eines neuen Kirchbaufonds' auf. Die durchschnittliche Besucherzahl seiner sonntäglichen Gottesdienste betrug jedoch nur etwa vierzig. 550

Tabelle 49: A m t s h a n d l u n g e n v o n Pfarrer Martin Schencke, Mexiko, D. F. | Amtshandlung Taufen Trauungen Beerdigungen Abendmahlsgäste

1.7.-31.12.1927 1.1.-31.12.1928 1.1.-31.12.1929 1.1.-31.12.1930 | 34 29 35 43 12 11 3 9 8 6 5 16 22 102 85 115

Quellen: EZA 5/2826, Jahresbericht der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde in Mexiko [1927]; EZA 5/2826, Jahresbericht der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde Mexiko D. F. [1928]; EZA 5/2826, Jahresbericht [1929] mit Rechnungsübersicht und Haushaltsplan 1930; EZA 5/2826, Gemeindeblatt der Deutschen Evangelischen Kirchengemeinde Mexico. Bd. 3, Nr. 1,1931: 1-3. 548

EZA 5/2826, Vorstand der Deutsch-Evangelisch-Lutherischen Gemeinde zu Mexico an EO, 4.7.1927. Selma Bloom und Alexander Gibsone waren Lehrer an der deutschen Schule. Der in Danzig geborene Sohn schottischer Vorfahren Gibsone, ein ehemaliger Kaulmann, war früher sechs Jahre lang Organist der deutschen evangelischen Gemeinde von Rio de Janeiro in Brasilien gewesen. Dort hatte er auch zehn Jahre lang als Musik- und Sprachlehrer gearbeitet. 1916 kam er nach Mexiko und unterrichtete sechs Jahre lang an der Deutschen Schule. Gibsone war vor dessen Auflösung auch im Deutschen Bund aktiv gewesen. Schencke berichtete am 26.8.1927 an den EO nach Berlin, daß einige Personen aus Frielings Kreis an einer Verbindung zu seiner Gemeinde interessiert seien und nennt dabei die „Deutsch-Amerikaner" Herrn von Thaden und Frau Bloom. Gibsone wäre bereits aus der Frieling-Gemeinde ausgetreten und bei Schencke Organist geworden. Die Mitgliederzahl von Frielings Gemeinde sei inzwischen stark gesunken und läge nur bei 10-12. 1929 soll sie nach Schenckes Angaben nur noch drei betragen haben. Frieling kehrte wahrscheinlich Anfang 1931 in die USA zurück (EZA 5/2826; Schencke an EO, 26.8.1927; Jahresbericht [1929] mit Rechnungslegung und Haushaltsplan; EZA 5/2827, Schencke an EO, 1.2.1932; EZA 5/2828, Fraustadt an KA, 15.7.1935; Gemeindeblatt der der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde Mexico. Jg. 7, Nr. 9, 1935: 3). Die Missouri-Synode war vermutlich ab 1940 wieder in Mexiko tätig. 1946 wurde die US-amerikanische lutherische Gemeinde Good Shepherd gegründet, deren Geistlicher von der Missouri-Synode kam (Luconi Moroni 1979: 50). 549

EZA 5/2825, Montgelas an AA, 20.8.1920; Reichardt an EO, 9.1.1928; EZA 5/2826, AA an EO, Deutsche Krankenkasse zu Mexiko an Kais. Generalkonsul Dr. F. C. Rieloff, 27.11.1913. Nach den damaligen Auskünften der Deutschen Krankenkasse waren von den 92 Zeichnern des Kirchbaufonds' sechs verstorben, 62 hatten ihr Einverständnis für die Umwidmung des Geldes gegeben. Es wurde nun zu 6% Zinsen bei der Firma Korff, Honsberg y Cia. angelegt, soll aber später in Kriegsanleihen verwandelt worden sein. Obwohl zu Schenckes Zeiten Pläne für den Bau einer eigenen Kirche erstellt wurden, kam es erst Anfang der 1960er Jahre zu einer Ausführung des Kirchbaus. 550

EZA 5/2826, Denkschrift der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde in Mexico zum Zweck der Gründung eines Kirchbaufonds'. Nach der Verkündigung des neuen mexikanischen Währungsgesetzes legte Schencke das Geld, das bisher bei der Deutsch-Südamerikanischen Bank deponiert war, im August 1931 beim Deutschen Haus an (EZA 5/2826, Schencke an EO, 3.9.1931).

272 Im Jahr 1930 wurde Schenckes Arbeit durch eine Auseinandersetzung mit dem Deutschen Hilfsverein ( S o c i e d a d Alemcma de Beneficencia) beeinträchtigt. Sie entstand, weil Schencke sich übergangen fühlte, als der Hilfsverein den Bau einer Kapelle auf seinem Friedhof in Tacuba plante. 531 Diese sollte Amtshandlungen von Geistlichen auf dem Friedhof ermöglichen, die außerhalb eines solchen Gebäudes verboten waren. Der Verein hatte sich diesbezüglich zwar mit der im Entstehen begriffenen deutschen katholischen Gemeinde in Verbindung gesetzt, aber noch nicht mit der zahlenmäßig größeren evangelischen. Allerdings war Pfarrer C. Frieling im Vorstand vertreten. 5 2 Der Hilfsverein erklärte sein Vorgehen damit, daß katholische Deutsche sich w e g e n des Fehlens einer Kapelle lieber auf dem französischen oder dem spanischen Friedhof bestatten ließen. Zu einem Kapellenbau kam es damals aus Kostengründen jedoch nicht. Schenckes Verhältnis zur deutschen Gesandtschaft war nicht besonders gut, obwohl das Pfarramt durch das Auswärtige Amt finanziell unterstützt wurde. 553 Im Februar 1930 berichtete er an den Evangelischen Oberkirchenrat:

Immer mehr ist [unter den Deutschen in Mexiko] doch die Erkenntnis gewachsen, dass die evangelische Kirche ein bedeutsamer Faktor ist zur Pflege und Wahrung des Auslandsdeutschtums. Freilich ist diese Auffassung noch am wenigsten bei der Deutschen Reichsvertretung zu finden. Unterstützung ist uns von dieser Seite noch nie widerfahren, zumindest beschraenkt sie sich auf die Einforderung eines jaehrlichen Unterstuetzungsgesuches von Seiten des Pfarramts an das Auswärtige Amt und an de[r] Teilnahme am Gottesdienst des Volkstrauertages. Weder Vortraege noch sonstige kirchliche Veranstaltungen wurden jemals besucht.554

Schencke machte hierfür die zentrumspolitische Gesinnung vor allem des Legationssekretärs Dr. Schlehmann verantwortlich, der sich auch dafür eingesetzt hatte, eine katholische Kirchengemeinde ins Leben zu rufen. Der Gesandte Eugen Will war ebenfalls katholisch.

551

Die Angelegenheit gelangte in die Kenntnis des Evangelischen Oberkirchenrates, da der Hilfsverein sehr pompös von der deutschen Gesandtschaft beglaubigte Kopien des Schriftwechsels mit Schencke nach Berlin sandte. Schencke hatte den Verein als „ziemlich bedeutungslos" abqualifiziert (EZA 5/2826, Sociedad Alemana de Beneficencia an EO, 29.7.1930 [mit Anlagen]; vgl. außerdem EZA 5/2826, Schencke an EO, 24.10.1930; EZA 5/2826, EO an Deutschen Hilfsverein, 26.11.1930; EZA 5/2826, Deutscher Hilfsverein an EO, 5.1.1931; EZA 5/2826, Flugblatt des Deutschen Hilfsvereins in Mexico, Mai 1931). 552 Vorstandsvorsitzender war Ing. Luis Bacmeister, Schriftführer Wm. Fink, Beisitzer waren Generalkonsul Rainbeck, C. Frieling und Sanitätsrat Dr. Pagenstecher. 553

Die deutsche Gesandtschaft in Mexiko befürwortete die Bereitstellung von je 1000 RM 1929 und 1930, 1931 und 1932 je 700 RM als „Mittel für kulturpolitische Zwecke" für die Deutsche evangelische Gemeinde. Schencke habe auch außerhalb der Gemeinde in der Hauptstadt und im Landesinneren durch Vorträge und Lichtbildervorfuhrungen rege kulturelle Propaganda entfaltet. Die Gelder wurden in den genannten Jahren wie beantragt bewilligt (EZA 5/2824, AA an Kirchenausschuß, 27.5.1929; EZA 5/2824, AA an Kirchenausschuß, 16.8.1929; EZA 5/2824, AA an Kirchenausschuß, 30.6.1930; EZA 5/2826, Will an AA, 5.3.1931; EZA 5/2817, Schencke an EO, 1.2.1932; EZA 5/2827, Evangelischer Kirchenausschuß an AA, 7.6.1932). 554

EZA 5/2826, Schencke an EO, 3.2.1930.

273

Schencke befürchtete 1928, von der Gesandtschaft zur Feier des Verfassungstages am 11. August angesprochen zu werden, den er selbst lieber nicht begehen wollte. Dazu schrieb er: „Ein grosser Teil der Gemeindeglieder ist parteilich sehr rechts eingestellt und wuerde die Feier des 11. August auf jeden Fall ablehnen. Anderseits [sie] gibt es natuerlich auch einen Teil sogenannter Republikaner." 555 An den Feiern zum Volkstrauertag, der in Mexiko am Denkmal der Kriegsgefallenen auf dem Friedhof in Tacuba und im Deutschen Haus begangen wurde, nahm Schencke als Redner teil. Allerdings ärgerte er sich über das Ansinnen Dr. Pagenstechers vom Verband deutscher Reichsangehöriger, ihm die im Jahr 1928 geplante Rede vorher zur Kontrolle einzureichen. Schencke lehnte dies ab.556 1 931 hielt Schencke zum Volkstrauertag einen Gottesdienst ab, redete vor dem Gefallenendenkmal und abends im Deutschen Haus auf einer Gedenkfeier, die in diesem Jahr vom „Stahlhelm" veranstaltet worden war.557 1929 hatte das mexikanische Innenministerium die Einreise von ausländischen Priestern und Ordensgeistlichen stark eingeschränkt. Sie durften nur noch mit Erlaubnis des Ministeriums in das Land einreisen, und zwar höchstens als Touristen für maximal drei (später sechs) Monate und ohne die Erlaubnis, ihr Amt in Mexiko auszuüben. 558 Diese Bestimmungen dokumentieren die kirchenfeindliche Haltung der Behörde, sie tangierten aber die Arbeit der im Lande befindlichen ausländischen Geistlichen mit Amtserlaubnis nicht direkt. Allerdings berichtete Schencke 1931 von einem „neu entstehenden Kirchenkampf' nach Berlin. Silvester 1931 war jeglicher Gottesdienst verboten worden, Schenckes Gemeinde stand vor den verschlossenen Türen der polizeigeschützten Christ Church.559 Erst im April wurden die Gottesdienste wieder zugelassen.560 Schencke nahm die Probleme zum Anlaß, auf das bevorstehende Ablaufen seiner Amtsgenehmigung hinzuweisen und gleichzeitig um die Entsendung eines Nachfolgers zu bitten. Er selbst war wohl zunehmend amtsmüde und froh, Mexiko verlassen zu

555

EZA 5/2826, Schencke an EO, 7.7.1928.

556

EZA 5/2826, Schencke an EO, 1.2.1929; EZA 5/2826, Schencke an EO, 24.10.1930.

557

EZA 5/2826, Schencke an EO, 23.2.1931. Der Stahlhelmbund in Mexiko war im März 1929 in Puebla (Puebla) als Ortsgruppe gebildet worden. Nach Petersen (1937: 16) gehörten ihm 50% der in Puebla wohnenden Deutschen an. Die Werbung für den Bund außerhalb Pueblas führte im Februar 1931 zur Gründung einer Kameradschaft in Mexiko-Stadt, die im Oktober des Jahres zur Ortsgruppe erhoben wurde. Beide Gruppen arbeiteten für die Wiedereinführung der Farben schwarz-weiß-rot als deutsche Flagge und fühlten sich für die Organisation der Veranstaltungen zu den nationalen Feiertagen zuständig. Nach der Gründung der NSDAP in Mexiko und insbesondere nach der Machtübernahme Hitlers büBte der Stahlhelm seine Funktion ein und verlor Mitglieder. Ein Befehl Hitlers verfügte am 7.11.1935 die Auflösung des Bundes inner- und außerhalb Deutschlands. 558

BO-SRE. Bd. 55, Nr. 10, 1930: 43-44; Bd. 57, Nr. 8, 1931: 41; Nr. 11, 1931: 44-45; Bd. 58, Nr. 5, 1932:90-91.

559 560

EZA 5/2827, Schencke an EO, 2.1.1932.

EZA 5/2827, Schencke an EO, 8.4.1932 (Telegramm); EZA 5/2827, Schencke an EO, 26.3.1932 (mit Anlagen); EZA 5/2827, Schencke an EO, 7.4.1932). Der Eingabe Schenckes um Erlaubnis der Gottesdienste wurde vom mexikanischen Innenministerium vorbehaltlich der Zustimmung des Distrito Federal stattgegeben. Dieser verweigerte zunächst sein Einverständnis, da pro Kirche nicht mehr als ein Geistlicher amtieren sollte und die Christ-Church-Gemeinde ja einen eigenen Pfarrer hatte. Schencke beklagte sich auch in diesem Zusammenhang über die mangelnde Unterstützung von Seiten der Gesandtschaft. Diese jedoch machte das mangelnde Engagement von Schencke für die Verzögerung verantwortlich (EZA 5/2827, Will an AA, 16.4.1932).

274

können.561 Seinen Angaben nach endete die Erlaubnis für das Abhalten von Gottesdiensten am 2. März 193 3.562 Der deutsche Gesandte Will, der mit den mexikanischen Behörden über eine neue Amtserlaubnis verhandeln mußte, berichtete dagegen, die Frist gelte bis zum 18. Juni 193 3.563 Übereinstimmung herrschte darüber, daß ein neuer Kandidat sobald wie möglich benannt werden sollte, um mit den Verhandlungen beginnen zu können. Die Versuche des CVJM-Vorsitzenden und Mitglied des Kirchenvorstands Enkerlin, Einfluß auf die Neubesetzung zu erhalten, scheiterten.564 Über die katholische Kirchengemeinde und ihre Entstehungsgeschichte ist wenig bekannt. In den Jahren 1920 bis 1922 hatte Pfarrer Hans Bohlen an der deutschen Schule katholische Religionsstunden gegeben, die bis 1925 Kaplan Hyazinth Kaspar Schlickenrieder übernahm. Bohlen war seit 1907 in Mexiko, wo er vor allem in Tamaulipas als Pfarrer gewirkt hatte. In Mexiko-Stadt gab er 1920 auch Religionsunterricht in der Kirche Espíritu Santo in Tacubaya.565 Die heute bestehende Thomas-MorusGemeinde in Mexiko-Stadt nennt eine Versammlung im Haus von Jakob Maigier im Jahr 1930 als ihren Ursprung. An dieser nahmen Maigier, seine Ehefrau Agnes (geborene Banholzer), ihre drei Söhne sowie die Familie Fritz Veerkamp, Paul Clever und ein „Katholik der Deutschen Botschaft" (möglicherweise Dr. Schlehmann von der Gesandtschaft) teil (St. Thomas Morus [1970]: 12). Im Mexiko Magazin (1930: 31) erschien ein Foto einer „Deutschen Katholischen Kirche" (Calle Praga 11, Ecke Paseo de la Reforma), in der der Erzbischof Dr. Pascual Díaz am 10. August 1930 eine Messe für das Deutschtum lesen sollte. Nach der Festschrift der Thomas-Morus-Gemeinde wurde die Kirche in der Calle Praga (Santo Niño de Praga) 1931 vom Erzbischof der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Die Sonntagsgottesdienste hielt Dr. Alfonso Gutiérrez 561

Unter der Überschrift „Das Verhältnis zwischen Deutschen und Mexikanern" schrieb Schencke: „Zu gewissen Zeiten war das Verhaeltnis geradezu eng freundschaftlich zu nennen. Mit den Jahren aber ist doch eine merkliche Abkuehlung eingetreten, nicht zuletzt wohl durch das Eindringen Amerikas. Man straeubt sich gegen das Auslaendische und ist doch von ihm abhaengig. Zur Zeit koennte man die Formel praegen. Der Deutsche ist wohl der am wenigsten gehasste Fremde unter den Auslaendem" (EZA 5/2826, Denkschrift der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde in Mexico zum Zweck der Gruendung eines Kirchbaufonds, 18.2.1930). Zu seiner AmtsmUdigkeit trug anscheindend sehr stark sein Gefühl bei, von der Gesandtschaft in der Verteidigung des protestantischen Deutschtums nicht genügend unterstützt zu werden. Dies galt in der Affäre um den Marinepfarrer Schallehn vom Kreuzer Karlsruhe, dem wegen seines „Lutherrocks", der Ähnlichkeit mit der katholischen Amtstracht aufwies, von der Teilnahme an einem Besuch beim mexikanischen Präsidenten abgeraten worden war: „Die Wuerde Deutschlands haette es verlangt, dass auch officiellen Stellen der mex. Regierung eindruecklich gezeigt worden waere, wie heute noch grosse Kulturvoelker vorhanden sind, die Kirche, kirchliche Institutionen und kulturelles Leben zu achten wissen" (EZA 5/2827, Schencke an EO, 19.3.1932; Will an AA, 31.3.1932). 562 Ä3

EZA 5/2827, Fuenf Jahre Deutsche evangelische Kirchengemeinde in Mexico! 1927-1932, 14.7.1932.

EZA 5/2827, Will an AA, 15.7.1932.

564

Bereits im August 1932 zog der Evangelische Oberkirchenrat für die Nachfolge Schenckes Pfarrer Fraustadt in Betracht, der in der La-Plata-Synode als Reiseprediger tätig war (EZA 5/2827, EO an Fraustadt, 18.8.1932; EZA 5/2827, Schencke an EO, 14.10.1932). Enkerlin und sein Freund Werner Ernst versuchten, Schenckes Nachfolger Fraustadt 1936 zur Amtsaufgabe zu bringen, als dieser einen längeren Deutschlandurlaub plante. Nachdem sie sich nicht durchsetzen konnten, legten beide ihre Mitgliedschaft im Kirchenvorstand nieder (EZA 5/2828, Fraustadt, an KA, 21.6.1936; Gemeindebuch. 50 Jahre Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache im Mexiko 1977: 12). 565

Bericht über das 27. Schuljahr [...1 1921: 31, 32; Bericht über das 28. Schuljahr [ - 1 1922: 14, 46; Bericht über das 32. Schuljahr f...] 1926: 37; Lateinamerika (D). Nr. 9, 1920: 229. Kaplan Schlickenrieder hatte in Würzburg studiert. Er war ab 1919 in Buenos Aires (Argentinien) und ab 1921 in Orizaba (Veracruz) als Seelsorger tätig gewesen.

275

ab. Nach einem undatierten Zeitungsausschnitt, vermutlich aus der Deutschen Zeitung von Mexiko, war die Gemeinde jedoch bereits am 29. November 1929 gegründet worden, ihren Vorstand bildeten Dr. Aretz, Karl Harenberg und G. M. Roesler.566 Allerdings bemühte sich die deutsche Gesandtschaft Mitte der 1930er Jahre vergeblich, eine Einreisegenehmigung für einen deutschen katholischen Geistlichen für die Gemeinde zu erlangen. Deutscher Religionsunterricht fand unter der Leitung von Fraenze Clever und Julia Eyer ab 1935 statt. Jährlich wurden zehn bis zwölf Kinder auf ihre deutschsprachige Erstkommunionsfeier vorbereitet.567 Obwohl eine konservative Grundstimmung vorherrschte, war es in den 1920er Jahren in der deutschen Kolonie in Mexiko-Stadt nicht mehr eindeutig, welche Gedenktage sie mit welcher Flagge feierte und wie sie sich zu den politischen Verhältnissen in Deutschland stellte. Ab 1922 beging der Verband deutscher Reichsangehöriger den 18. Januar, den Tag der Reichsgründung von 1871, als „Nationalfeiertag" und wurde dabei von H. Weise, dem Redakteur der Deutschen Zeitung von Mexiko, unterstützt.568 Hindenburg wurde nicht nur in der deutschen Schule geehrt, sondern auch durch evangelische Gottesdienste, an denen „weite Teile der Kolonie" teilnahmen. 569 Pfarrer Schencke bestritt einen Großteil der Veranstaltungen zum Volkstrauertag und hielt auch am 18. Januar 1932 die Festrede, obwohl der Verband deutscher Reichsangehöriger, der diese Feiern bisher veranstaltet hatte, in diesem Jahr die Ausrichtung „extrem rechtsstehenden" Verbänden überließ, die ausschließlich schwarz-weiß-rote Farben zuließen.570 1 931 hatte es zum Reichsgründungstag keine Feier in der Kolonie in Mexiko-Stadt gegeben, zahlreiche Deutsche nahmen eine Einladung der Kolonie in Puebla an, an deren Feier teilzunehmen (Petersen 1937: 17). Als Zeichen der inneren Zerrissenheit der Kolonie kann wohl auch das Auftreten des Tannenbergbundes gewertet werden, der allerdings nur eine geringe Anhängerschaft gehabt haben soll.571 Die NSDAP entstand in Mexiko 1931.572 An den mexikanischen Feiern zum 150. Geburtstag Alexander von Humboldts nahm die deutsche Kolonie teil. Bei einem offiziellen Akt im Palacio de Mineria war neben den diplomatischen und konsularischen Vertretern auch der Geologe Dr. E. Wittich anwesend. Am 14. September 1920 legten dreißig Delegierte mexikanischer Behörden und Organisationen Blumen vor dem Humboldt-Denkmal nieder, die deutschen Vereine - der Verband Deutscher Reichsangehöriger, das Deutsche Haus, der Deutsche Bund und der Deutsche Turnverein - entsandten ebenso wie die Deutsche Zeitung von Me-

566

Die noch im Rohbau befindliche Kirche Santo Niflo de la Paz in der Calle Praga war der neuen Gemeinde dem Artikel nach ab Ende März 1930 zur Verfügung gestellt worden (EZA 5/2826, Von der Arbeit der Katholischen Deutschen Gemeinde, Mexico, D. F.). 567

EZA 5/2828, Deutsche Gesandtschaft an Fraustadt, 18.8.1938; St. Thomas Morus [1970]: 12.

568

Lateinamerika ( D l Nr. 25, 1922: 622.

569

EZA 5/2826, Jahresbericht [1927] der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde; EZA 5/2826, Jahresbericht der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde Mexico D. F. [1928]. 570

EZA 5/2827, Will an AA, 31.3.1932.

571

EZA 5/2826, Schencke an EO, 6.7.1931; EZA 5/2826, Schencke an EO, 30.5.1931. Der Tannenbergbund war 1925 in Deutschland als Dachorganisation völkischer Wehr- und Jugendverbände gegründet worden. 1933 wurde er verboten. 572

Vgl. dazu Kapitel 4.4.2.

276

xiko Abordnungen.573 Die „Jahrhundertfeier" der mexikanischen Unabhängigkeit 1921 wurde von der Kolonie mit einem „deutschen Tag" begangen, an dem die Errichtung eines Beethoven-Denkmals in der Hauptstadt angekündigt wurde.574 Prof. Hermann Beyer überreichte ein Präsident Obregön gewidmetes Werk über mexikanische Archäologie.575

4.4.2 Die deutsche Koloniei Nationalsozialismus und Volksgemeinschaft

Die zu Beginn der 1930er Jahre spürbaren rechtsextremen Tendenzen in der deutschen Kolonie setzten sich in den Jahren des Nationalsozialismus fort. Die Größe der Kolonie ist schwer einzuschätzen, da zwar die Einwanderung aus Europa trotz der Einschränkungen durch die Einwanderungsgesetze nicht abbrach, aber viele dieser Migranten Flüchtlinge waren und sich nicht an die Kolonie anschlössen.576 Außerdem geben die Zensuszahlen über die Bewohner des Distrito Federal auch keinen Aufschluß mehr über ihre potentielle Größe. Ab 1934 besaßen alle in Mexiko geborenen Kinder die mexikanische Nationalität. Eltern von in Mexiko geborenen Kindern machten eine für sie erleichterte Einbürgerung vor allem wegen der cardenistischen Arbeitsgesetze und, ab 1939, vermutlich auch wegen des Krieges geltend. Die Zahl der Personen deutscher Nationalität nahm zwischen 1930 und 1940 stark ab, sie sank von 3280 (1852 Männer und 1428 Frauen) auf 1850 (1136 Männer und 714 Frauen).577 Die Schätzungen über Deutsche im gesamten Land wurden dagegen immer höher, vor allem, wenn sie von deutschtümelnder oder nationalsozialistischer Seite kamen. So wurden in den 1930er

573

Deutsch-Mexikanische Rundschau. Bd. l , N r . 8, 1920: 85-86.

574

Der Festkommission gehörten Vertreter der deutschen Schule (Dr. Böhme), des Deutschen Gesangvereins (G. Bassler), des Deutschen Hauses (Heitmann), des Deutschen Bundes (Ewel), des Deutschen Rudervereins (Hahne), des Fußballklubs Germania (C. Bauer), des Deutschen Radfahrvereins (Schwartau), des Deutschen Turnvereins (Louvier), des Deutschen Hilfsvereins (O. Reinbeck), der Deutschen Krankenkasse (C. Dittmer), der Deutschen Zeitung von Mexiko (H. Weise), des Deutschen Frauenvereins (H. Hirschberg) und des Verbands Die Deutschen Frauen Mexikos (D. Diener) an (Lateinamerika ÍD1. Nr. 20. 1921:515). 575

Dr. Pagenstecher hielt die Festrede, Lehrer und Schüler der deutschen Schule führten Szenen aus Wilhelm Teil auf und beim nachmittäglichen Volksfest wurde auch Präsident Obregón gesehen. Die Vorarbeiten filr die Errichtung des Denkmals wurden hauptsächlich von Franz Böker getragen, im Vorbereitungskomitee saßen außerdem Herr Eversbusch, Dr. Böhme, L. Bacmeister, W. Höltgebaum und H. Weise (Deutsch-Mexikanische Rundschau. Bd. 3, Nr. 5, 1921: 4; Lateinamerika [Dl. Nr. 20, 1921: 515; Deutsches Magazin 1924: XXIX; Bericht Uber das 28. Schuljahr [...1 1922: 20-21). 576

Zu den Exildeutschen in Mexiko existiert eine reichhaltige Forschungsliteratur. Vgl. vor allem die Pionierarbeiten von Kießling (1974, 1981) und die exzellente Studie von Pohle (1986). Beiträge von und über exilierte Mexikoimmigranten finden sich außerdem in einem von Hanffstengel und Tercero herausgegebenen Tagungsband (1995). Die Geschichte jüdischer Einwanderer, von denen ab den 1920er Jahren viele aus Europa kamen, ist Gegenstand mehrerer historischer Arbeiten. Besonders zu nennen sind hier das siebenbändige, von Gojman de Backal herausgegebene Werk der Kehilá Ashkenazi Generaciones Judías en México (1993), außerdem die Monographien von Krause (1987) und Levitz (1992). 577

Vgl. Tabelle 24 in Kapitel 3.2.1 dieser Arbeit sowie die Schülerstatistiken der deutschen Schule in diesem Kapitel.

277 Jahren die in Chihuahua siedelnden Mennoniten aus Kanada häufig in die Schätzungen mit einbezogen. 5 7 8 Zu Beginn der 1930er Jahre wurde eine Landesgruppe der N S D A P in Mexiko gegründet. 579 Bis 1930 waren sieben Deutsche aus Mexiko als Einzelmitglieder der Partei beigetreten. Nach einer Aufforderung der Auslandsorganisation in Deutschland gründeten diese am 10. November 1931 in Mexiko-Stadt die Ortsgruppe Mexiko, die im Januar 1933 68 Mitglieder hatte. Die Zahl stieg auf 191 im Januar 1934, im Juli 1935 waren es 264, im Juni 1937 310 und im Juni 1938 325, im Juni 1939 366. Auch aus dem Landesinneren gab es Beitritte (J. Müller 1995: 90). 5 8 0 Die von der US-amerikanischen Regierung 1946 veröffentlichten Nazi Party Membership Records verzeichneten für Mexiko 378 Mitglieder, 46% von ihnen hatten eine Anschrift im Distrito Federal. 581 Nicht alle Mitglieder der N S D A P in Mexiko waren deutsche Staatsbürger. Nach Kießling waren 30 Parteimitglieder gebürtige Mexikaner. 582 Vor allem die enge Zusammenarbeit des deutschen Gesandten Heinrich Freiherr Rüdt von Collenberg-Bödigheim 5 8 3 mit dem NSDAP-Landesgruppenleiter Wilhelm Wirtz 584 und dem zeitweiligen Orts-

i78

Vgl. Deutsch-Mexikanische Handelskammer Berlin. 4.7.1935: 4-5; 4.12.1935: 4; Schroeter (1938: 517); Radkau (1988a: 144). Wie Schätzungen über Deutsche in Mexiko zustande kamen, zeigt eine Notiz im Mitteilungsblatt der deutschen Schule in Guadalajara: „Im letzten Jahre sind Erhebungen über die Zahl der in Mexiko ansässigen Deutschen gemacht worden, nach denen die Zahl der Reichsdeutschen auf rund 5500 anzusetzen ist, darunter etwa 3000 in der Hauptstadt selbst. Von der Gesamtzahl sind etwa 3300 Männer, 1100 Frauen und 1100 Kinder. Die Zahl der Deutschstämmigen im weiteren Sinne wird auf rund 7500 geschätzt nämlich: Mexikaner deutscher Abstammung 500, Österreicher [sie] 150, Deutschböhmen 350 und Mennoniten 6500. [...] Die Schweizer Kolonie ist auf ungefähr 1000 Köpfe zu schätzen. Die Gesamtzahl der deutschen Volksgenossen in Mexiko beträgt also etwa 13,000 Menschen" (Schulnachrichten. Revista Escolar. Bd. 2, Nr. 2, 1935: 6). Neben der Fraglichkeit der Kategorisierung ist auch festzustellen, daß die Zahl der „Mexikaner deutscher Abstammung" trotz der Intention der Quelle vermutlich zu niedrig angesetzt ist. 579

Zu den Landesgruppen der NSDAP in Lateinamerika vgl. die umfassende Monographie von Jürgen Müller (1997), zur NSDAP in Mexiko auch J. Müller (1995), Radkau (1988a) und Schuler (MS 1986). 580

1934 unterhielt die Partei sogenannte Stützpunkte in Torreón (Coahuila), Guadalajara (Jalisco), Mazatlán (Sinaloa), Monterrey (Nuevo León), Puebla (Puebla) und Veracruz (Veracruz). Vgl. N. S. Herold. Bd. 1, Nr. 12, 1934: 37. 581

Nazi Party Membership Records 1946: 125-135. Diese Liste ist nach Ländern geordnet, die Personen wurden jeweils nach der letzten den US-amerikanischen Behörden bekannten Anschrift verzeichnet. Einige der Adressen des Distrito Federal sind in den Records mit Fragezeichen versehen, sie wurden in dieser Auswertung mit berücksichtigt. Von den insgesamt 378 für Mexiko registrierten Parteimitgliedern waren 32 Frauen. Nach Kießling (1974: 30, Anmerkung) gibt diese Mitgliederliste für Mexiko den Stand vom 1.10.1939 wieder. Zu den methodischen Problemen der Auswertung dieser Quelle vgl. J. Müller (1997: 117-119). 582

Vgl. Kießling (1974: 30, Anmerkung); Radkau (1988a: 164).

5,3

Rüdt von Collenberg war vorher deutscher Konsul in Kalkutta und in Shanghai gewesen. 1932 gehörte er dem VDA als Ehrenmitglied im Auslande an. Im Mai 1933 trat er in die NSDAP ein. Vor seiner Ausreise nach Mexiko hatte er nicht nur das deutsche Auswärtige Amt, sondern auch die NSDAP-AO besucht (Schuler 1998: 49-50; J. Müller 1997: 136; Jahrbuch des Bundes der Auslandsdeutschen [1932]: 150). 584

Wirtz hatte die Leitung der Landesgruppe Mexiko 1932 übernommen. Er führte sie bis zu seiner Abreise nach Deutschland 1939 (J. Müller 1997: 114). Der 1895 in Preußen geborene Wirtz kam 1924 als Kaufmann nach Mexiko (AGN, Registro Nacional de Extranjeros: Alemanes).

278

gruppenleiter Arthur Dietrich, der gleichzeitig Presseattachee der Gesandtschaft war,585 machten die Umgestaltung der Kolonie im nationalsozialistischen Sinne erfolgreich. In der Jugendarbeit, die in Mexiko den „Deutschen Jugendring" (Hitler-Jugend) und diesem angegliedert den „Bund Deutscher Mädel" (BDM) umfaßte, 586 arbeitete die NSDAP eng mit der deutschen Schule zusammen. So lag die „geländesportliche Ausbildung" der Jungen Anfang 1936 in den Händen des Lehrers und NSDAP-Mitglieds Kurt Schlenker, die der Mädchen wurde von Mädelscharfuhrerin Elisabeth Herbst geleitet.587 Die regelmäßig gefeierten Sonnendwendfeiern sowie Ferienlager und Ausflüge sollten den Gemeinschaftsgeist stärken. Die Jugendlichen arbeiteten auch bei der Organisation von „Eintopfsonntagen" für das deutsche Winterhilfswerk (WHW) mit, dessen Einnahmen zum Teil auch für notleidende Deutsche in Mexiko verwendet werden konnten.588 Gründerin und erste Gruppenfiihrerin des BDM Mexiko war Hertha Reinking. 589 1935 nahmen 25 „Volksdeutsche" aus Mexiko am HJ-Welttreffen in Deutschland teil. 590 Vortragsabende, Schulungen und Filmvorführungen bildeten den Kern der Propagandatätigkeit. Gefeiert wurden der Tag der „Machtübernahme" am 30. Januar sowie Hitlers Geburtstag (20. April), der 1. Mai und das Erntedankfest.591 Außerdem fanden regelmäßig Kundgebungen vor dem Denkmal der Kriegsgefallenen auf dem deutschen Friedhof in Tacuba statt, besonders feierlich nach Kriegsbeginn am Heldengedenktag 1940. 592 Der sogenannte „Anschluß" Österreichs wurde am 18. März 1938 ebenfalls gefeiert, wobei neben anderen auch zwei Redner der „bisherigen österreichischen Kolonie" sprachen.593 585

Der 1900 geborene Arthur Dietrich, seit 1922 Diplom-Landwirt, lebte ab 1924 in Mexiko. Nach einigen Fehlschlägen als Verwalter von Haciendas arbeitete er ab 1930 als kaufmännischer Angestellter, trat 1931 in die NSDAP ein und wurde 1935 Presseattache der Gesandtschaft. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre beorderte die Partei ihn filr zwei Jahre nach Spanien. Im Juni 1940 wurde er von der mexikanischen Regierung, auch auf Drängen der USA, des Landes verwiesen. Das Dossier, das zu seiner Ausweisung führte, soll von dem in Mexiko geborenen Mitglied der Liga Pro Cultura Alemana Erwin Friedeberg erstellt worden sein (J. Müller 1995: 91; 1997: 480-484; Radkau 1988a: 192; Schuler 1998: 52-53; Pohle 1986: 104; 1994-1996: 105; AHSRE 111-754-16). 586

Nach J. Müller (1997: 187) zählte die Hitler-Jugend in Mexiko 1935 110 und 1939 245 Mitglieder. Zur Arbeit des Jugendrings vgl. auch Radkau (1988a: 165-166). 587

N. S. Herold. Bd. 3, Nr. 27, 1936: 48. 1939 wurden die Untergruppen des Jugendrings neu organisiert, da die Altersunterschiede seiner Mitglieder zu groß wurden. Die Standortfilhrung hatte damals Wilhelm Thöm inne, Mädelreferentin war Annemarie Heinsohn (DVM. Mitteilungen [...1. Nr. 16, 1939: 30-32). 588

N. S. Herold. Bd. 2, Nr. 14, 1935: 26; Nr. 21, 1935: 60; Bd. 5, Nr. 49, 1937: 93; DVM. Mitteilungen L J , N r . 2 , 1938: 16-20; Nr. 6, 1938: 18-19; Nr. 11,1938: 1. 589

N. S. Herold. Bd. 2, Nr. 15, 1935: 48. Reinking wurde dieser Meldung zufolge zur Referentin für BDM-Fragen der ReichsjugendfUhrung, Abteilung Ausland, bestellt. 590

N. S.Herold. Bd. 2, Nr. 21,1935:66-67.

*" N. S. Herold. Bd. 2, Nr. 15, 1935: 2-4; Nr. 23, 1935:39; Bd. 3, Nr. 25, 1935: 91; Nr. 29, 1936: 1,59; Nr. 30, 1936: 35-40; Bd. 4, Nr. 42, 1937: 27-37; Bd. 5, Nr. 54, 1938: 45-46. Die Feierlichkeiten fanden meist im Deutschen Haus statt, die Maifeier 1936 auf dem Gelände des Deutschen Reitvereins. Die Besucherzahl entsprach zum Teil nicht den Erwartungen der Veranstalter, so kamen zum 30. Januar 1935 „nur" 400-500 der erwarteten „3.000 in Mexiko lebenden Deutschen". 592

N. S. Herold. Bd. 3, Nr. 28, 1936: 35-41; Bd. 4, Nr. 39, 1937: 42; DVM. Mitteilungen [.„l. Nr. 15, 1939: 25; DVM. Mitteilungen [.„1. Nr. 27, 1940: 19-23.

593

N. S. Herold. Bd. 5, Nr. 53, 1938: 47-48.

279

Die Landesgruppe der NSDAP in Mexiko gab ab Februar 1934 ein eigenes Mitteilungsblatt, den N. S. Herold, heraus.594 1936 erschien er in 1100 Exemplaren, die zum großen Teil in das Landesinnere verschickt wurden. Herausgeber war Wilhelm Wirtz, verantwortlich flir den Inhalt Pg. Braun, Geschäftsleiter Pg. Schmitz und verantwortlich für den Anzeigenteil Pg. [Rudolf] Pertack. Im März 1936 organisierten Partei und Gesandtschaft für Deutsche aus Mexiko-Stadt und aus Puebla eine offenbar feuchtfröhliche Zugreise nach Veracruz, damit sie dort an Bord des Schiffes Iberia der Hamburg Amerika-Linie an den deutschen Wahlen teilnehmen konnten. Etwa 300 Deutsche aus Mexiko machten von diesem Angebot Gebrauch.595 Wichtigstes Ziel der NSDAP im Ausland war die „Gleichschaltung" der jeweiligen deutschen Kolonie.596 In Mexiko gelang dies weitgehend durch die Gründung der „Deutschen Volksgemeinschaft" (DVM). Diese 1935 gegründete Organisation ersetzte den Verband deutscher Reichsangehöriger,597 richtete sich aber anders als dieser auch an Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit („Volksdeutsche"). Die Ablösung des Verbands deutscher Reichsangehöriger in der Kolonie geschah nicht reibungslos, aber es gelang mit dem Druck durch die deutsche Gesandtschaft und unter Verweis auf die mexikanische Gesetzgebung, die eine Einbürgerung forderte, die Deutsche Volksgemeinschaft als Ersatz zu etablieren.598 Dazu berichtete der N. S. Herold Anfang 1937 rückblickend:

Weiterhin führte er [Pg. Zoepfel] aus, in Bezug auf die deutsche Kolonie im besonderen, dass die Leiter der hiesigen Parteigruppe und der Deutschen Volksgemeinschaft niemals die Absicht gehabt hätten, sich in die Stellen zu drängen, die auch schon früher von guten Deutschen verwaltet worden wären. Andererseits aber müsse ohne weiteres eingesehen werden, dass denjenigen das Vorrecht zur Führung der hiesigen Kolonie zustehe, die den Krieg und die Nachkriegszeit drüben in der Heimat zugebracht hätten aus dem einfachen Grunde, weil diese durch das Miterleben jener grossen Ereignisse und der Notzeit sich nicht nur ein Recht dazu erworben hätten, sondern auch aus ihrer Erfahrung heraus, das 594

Die im Februar 1934 veröffentlichte Ausgabe war die Dezembernummer 1933. N. S. Herold. Bd. 3, Nr. 29, 1936: 1; Bd. 4, Nr. 37, 1936: 68. Bereits 1933 erschienen in Mexiko-Stadt im ersten Jahrgang die AWF. Mitteilunes-Blaetter. die nationalsozialistische Ideologie verbreiteten und nach eigenen Angaben eine Auflage von 2200 Exemplaren hatten. AWF stand für „Auslandsdeutsche wirtschaftliche Foerderung". Die Schriftleitung der Blätter hatte 1933 G. H. Reiber. Als Leitartikler auch der spanischsprachigen AWF. Hojas de información tat sich Julio Jacquet hervor (vgl. zum Beispiel La Nueva Alemania, in: AWF. Hoias de información. Bd. 1, Nr. 5, 1933, ohne Seitenzählung; Das Deutsche Wunder, in: AWF. Mitteilunes-Blaetter. Bd. 1, Nr. 8,1933: 1-2; Nuevas Ideas, in: AWF. Hojas de información. Bd. 1, Nr. 8, 1933, ohne Seitenzählung). Die AWF unterhielt ein „Eigenheim" für sozial schwache Männer in Coyoacán (D. F.). Der 1877 in Ludwigshafen geborene Julio Jacquet hatte im Verband deutscher Reichsangehöriger zusammen mit Major a. D. C. H. Thewalt die radikale Richtung vertreten. Seit Juli 1933 gehörte er der NSDAP an, außerdem war er Sekretär der Deutschen Handelskammer in Mexiko (Rinke 1996: 375, 558; Nazi Party Membership Records 1946: 134; Deutsch-mexikanisches Adressbuch f...] 1933 [o. J.] 216). Er starb 1944 in Mexiko-Stadt (Grabstein auf dem deutschen Friedhof in Tacuba). 595

N. S. Herold. Bd. 3, Nr. 29,1936: 47-52; Bd. 4, Nr. 39,1937:20.

596

Vgl. dazu allgemein Jacobsen (1968: 495-508), zu Mexiko J. Müller (1995: 92).

597

Erster Vorsitzender des Verbands deutscher Reichsangehöriger war 1933 Richard Eversbusch, Zweiter Vorsitzender Dr. F. Petersen (Puebla, Pue.), Schriftführer K. Zicke (Deutsch-mexikanisches Adressbuch [.„1 1933 [o. J.]: 223). 598

Vgl. die Rede Rüdt von Gollenbergs vor dem Verband deutscher Reichsangehöriger am 30.11.1934 (N. S. Herold. Bd. l , N r . 13,1934: 3-9).

280

was der hiesigen deutschen Kolonie am meisten nottut, zu erkennen befähigt sein milssten. Nicht einen Keil wollten sie eintreiben in die deutsche Kolonie, sondern ganz im Gegenteil einigend wirken und diejenigen wertvollen Menschen unter ihren Volksgenossen suchen, die für das neue Deutschland einzustehen und mitzuarbeiten bereit seien.599

Bereits vor der Gründung der DVM gab es Meinungsverschiedenheiten über die Bestimmung und Zusammensetzung des Ältestenrates der neuen Organisation. Kritisiert wurde auch die ohne Wahl erfolgte Übernahme der Leitung durch Rüdt von Gollenberg.600 Rüdt legte dazu in einer Rede vor dem Verband deutscher Reichsangehöriger dar:

Es handelt sich um eine Neugründung und eine solche kommt mehr oder weniger immer in der Weise zustande, dass sich einzelne besonders interessierte Persönlichkeiten ohne Wahl oder Auftrag an die Spitze stellen, organisieren und zum Beitritt einladen. [...] Wenn ich heute schon mitteilen kann, dass sich auf Anfrage die Herren Carlos Schulze, Scharff, Grave und Mueller in voller Kenntnis der geplanten Form der Volksgemeinschaft bedingungslos bereit erklärt haben in den Ältestenrat einzutreten, dass leider Herr Lenz lediglich wegen starker geschäftlicher Inanspruchnahme gebeten hat von seiner Kandidatur abzusehen, dass es ferner mein besonderer Wunsch war, die reiche Erfahrung Ihres Vorsitzenden Herrn Eversbusch für den Posten des Stellvertreters des Leiters und wenn ihm eine Annahme in Hinblick auf seine häufige Abwesenheit aus Mexiko-Stadt nicht möglich erscheint, wenigstens als Mitglied des Aeltestenrates zu gewinnen, so mögen Sie daraus ersehen, welcher Wert darauf gelegt wird, die altbewährten und anerkannten Führer des Deutschtums nicht nur in Koloniefragen, sondern auch auf wirtschaftlichem Gebiet für eine Mitarbeit in der Volksgemeinschaft zu gewinnen [...].601

Die Gründungsfeier der Deutschen Volksgemeinschaft fand am 18. Januar 1935 im Deutschen Haus602 statt, gleichzeitig feierte man die Reichsgründung von 1871 und den Sieg an der Saar. Dr. Pagenstecher wurde zum Leiter der DVM ernannt.603 Der stellvertretende NSDAP-Ortsgruppenleiter verfügte im Februar 1935, daß sämtliche der Ortsgruppe angeschlossenen Parteigenossen und -anwärter sich der Volksgemeinschaft

5,9

N . S . H e r o l d . B d . 4 , N r . 4 1 , 1937: 39.

600

N. S.Herold. Bd. l , N r . 13, 1934:3-9.

601

N. S. Herold. Bd. 1, Nr. 13, 1934: 7.

602

Das Deutsche Haus war von November 1929 bis November 1930 wegen eines größeren Umbaus geschlossen gewesen. Bei der Neueröflhung war Richard Eversbusch Erster Vorsitzender, Hans Appuhn Schriftführer. Der Umbau hatte $ 120.000 gekostet, 90.000 davon brachten die Mitglieder und die deutschen Geschäftshäuser in Mexiko auf. „Die Bauleitung lag in Haenden fachmaennischer Mitglieder, das Material wurde von deutschen Firmen geliefert und so ist das ,Neue Deutsche Haus' ein Dokument deutscher Arbeit auf fremdem Boden geworden", hieß es dazu im Mexiko-Magazin (Mexiko-Magazin. Das Maeazin der Deutschen in Mexiko. Dezember 1930: 11). 1934 begrüßte der damalige Präsident des Deutschen Hauses, Carlos Stein, begeistert den neuen deutschen Gesandten Rüdt von Collenberg und die „nationale Erhebung der Heimat" (Deutsch-Mexikanische Handelskammer. Wirtschaftsbericht III/l, März 1934: 3-4). Nach den Angaben F. W. Schröters war das Deutsche Haus die mitgliederstärkste Vereinigung in Mexiko (Schroeter 1938: 519). 603

N. S. Herold. Bd. 2, Nr. 15, 1935: 6-8.

281 604

anzuschließen hätten. Bereits im Juni war Dr. Pagenstecher im Ältestenrat nicht mehr vertreten. Dieser setzte sich unter dem Ehrenvorsitz des deutschen Gesandten folgendermaßen zusammen:605 Ältestenrat: Freiherr Rüdt von Collenberg, Vorsitzender Beick, Willy (Beick, Felix y Cía.) Dietrich, Arthur (Pressebeirat der deutschen Gesandtschaft) Doehner, Hermann (Beick, Felix y Cía.) Fischer, Johann Martin (Cía. General de Anilinas) Grave, Ludwig (Buchenau & Cía.) Heuer, Adolf (Kaufinann) Heynen, Carlos (Heynen, Eversbusch & Cía.) Mueller, Victor (La Paloma) Scharff, Justus (Boker) Schulze, Carlos (Bankdirektor) Veerkamp, Friedrich (Veerkamp) Zoepf[f]el, Kurt (Kaufmann) Arbeitsausschuß: Wirtz, Wilhelm (Vorsitzender) Zoepfel, Kurt (Kasse und Verwaltung)606 Bork, Ewald (Wohlfahrt und soziale Fürsorge) Heuer, Adolf (Wohlfahrt und soziale Fürsorge) Brandt, Karl (Stellenvermittlung) Harbordt, Willi (Stellenvermittlung)607 Schroeter, Friedrich Wilhelm (Kultur) Bach [Back], Fritz (Vereinswesen) Dietrich, Arthur (Zeitungswesen)

Im Sommer 1935 wurde der Ältestenrat der DVM durch Mitglieder ergänzt, die nicht in der Hauptstadt ansässig waren: Max Herold (deutscher Konsul in Veracruz), Karl Petersen (deutscher Konsul in Puebla) und G. A. Eimbcke (Mazatlán).608 Außerhalb der Hauptstadt verfugte die DVM im Jahr 1935 über ein Netz von 20 Vertrauensmännern.609 1936 waren Arthur Dietrich, Hermann Doehner, Ludwig Grave und Justus Scharff nicht mehr im Ältestenrat vertreten, dafür aber Wilhelm Wirtz und Konsul Richard Eversbusch (Heynen, Eversbusch & Cía., Tampico, Tamps.). Im Arbeitsausschuß waren Ewald Bork als Vorsitzender (Banco Germánico de la América del Sud), Kurt Zoepffel für Kasse und Verwaltung, Adolf Heuer für Wohlfahrt und 604

N. S. Herold. Bd. 2, Nr. 15, 1935: 43. Im August 1935 hieß es dazu im N. S. Herold (Bd. 2, Nr. 21, 1935: 56): „Die Ortsgruppe Mexiko der N. S. D. A. P. betrachtet es als ihre vornehmste Aufgabe für die Deutsche Volksgemeinschaft, die ja letzten Endes nichts anderes ist, als die Auswirkung der neuen nationalsozialistischen Weltanschauung überall da wo Deutsche sind, zu werben und zu arbeiten. Für die Deutsche Volksgemeinschaft zu arbeiten heisst für den Nationalsozialismus, für das .Dritte Reich' arbeiten." 605

N. S. Herold. Bd. 2, Nr. 19, 1935: 41; Jahresbericht 1935 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexico [o. J.]: 1. 606

Kurt Zoepfel war 1933 Ortsgruppenführer des Stahlhelms (Deutsch-mexikanisches Adressbuch f...l 1933 [o. J.]: 223).

607

Dieser Name wird nur im Jahresbericht der DVM angegeben.

601

N. S. Herold. Bd. 2, Nr. 21, 1935: 59.

609

Jahresbericht 1935 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexico [o. J.]: 2.

282

Soziale Fürsorge (Cía. Técnica y Mercantil), Willi Harbordt für Stellenvermittlung (Orenstein & Koppel), F. W. Schroeter für Kultur (Deutsche Oberrealschule) und Fritz Back für Vereinswesen (J. W. Plate Sucr.) vertreten. Die Zahl der Vertrauensmänner in den verschiedenen Landesteilen betrug nun 23.610 Die Mitgliederzahl war in Stadt und Republik Mexiko ziemlich hoch. Sie lag im Mai 1936 bei insgesamt 1300.611 Am 1. Januar 1937 hatte die DVM 1600 Mitglieder, davon 700 in der Hauptstadt. 612 Am 31. Dezember desselben Jahres hatte die DVM 907 Mitglieder in Mexiko-Stadt und weitere 870 im übrigen Mexiko, insgesamt also 1777.613 Das Büro der DVM befand sich zunächst in den Räumen des Verbands deutscher Reichsangehöriger, wurde aber dann in die Avenida Uruguay 80, das sogenannte „Humboldt-Haus", verlegt. Auch das „Heim" der NSDAP wurde im Sommer 1936 in dieses Gebäude verlegt, zur Einweihung erschienen etwa 150 „Volksgenossen". 614 Die DVM sah ihre Aufgabenbereiche in der Wohlfahrt und der Kultur. Sehr große Bedeutung hatte die Zusammenarbeit mit der deutschen Schule und dem Deutschen Jugendring. Bereits im August 1935 hatte die DVM unter der Leitung der Lehrerin Frau Schilling ein Schülerheim eingerichtet, das es deutschstämmigen Kindern aus den übrigen Landesteilen ermöglichen sollte, auf die deutsche Schule zu gehen. Für finanzschwache Eltern wurden die Kosten ermäßigt oder erlassen.615 1936 waren 31 Schüler in dem Heim untergebracht. Es wurde darauf gedrängt, daß nicht nur Jungen zum Besuch der Schule entsandt würden, sondern auch Mädchen, „denn zur Erhaltung des Deutschtums brauchen wir Mütter, die in deutscher Art und deutscher Sprache gefestigt sind." 616 Für die „Kulturarbeit" der DVM spielten Filmabende eine große Rolle, auf denen nationalsozialistische oder den Ersten Weltkrieg verherrlichende Filme vorgeführt wurden.617 1935 und 1936 fand auf Anregung der Reichsschrifttumskammer jeweils eine „Woche des deutschen Buches" statt, auf der in beiden Jahren der Schriftsteller 610

Jahresbericht 1936 der Deutschen Volksgemeinschaft [o. J.], ohne Seitenzählung. 1937 veränderte sich der Ältestenrat nur durch das erneute Hinzutreten von Arthur Dietrich. Im Arbeitsausschuß fiel der Aufgabenbereich „Vereinswesen" von Fritz Back weg, ansonsten blieb er in derselben Besetzung bestehen. Die Zahl der Vertrauensmänner im Landesinneren blieb konstant, allerdings gab es hier eine größere personelle Fluktuation (vgl. Jahresbericht 1937 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexiko, in: DVM. Mitteilungen Nr. 5, 1938: 27). 611

Diese Zahl nannte Arthur Dietrich bei seiner Ansprache zum 1. Mai 1936, vgl. N. S. Herold. Bd. 3, Nr. 30,1936: 37. 612

N. S. Herold. Bd. 4, Nr. 41, 1937: 39. Im Jahresbericht der DVM wird die Mitgliederzahl für den 31.12.1936 mit 1665 angegeben, davon 867 in der Hauptstadt (Jahresbericht 1936 der Deutschen Volksgemeinschaft [o. J.], ohne Seitenzählung). 613

Jahresbericht 1937 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexiko, in: DVM. Mitteilungen [...1. Nr. 5, 1938:29.

614

Jahresbericht 1935 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexico [o. J.]: 20; N. S. Herold. Bd. 3, Nr. 32,1936:35. 615

N. S. Herold. Bd. 2, Nr. 21, 1935: 59; Jahresbericht 1935 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexico [o. J.]: 5-7.

616

N. S. Herold. Bd. 3, Nr. 29, 1936: 53; Jahresbericht 1936 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexico [o. J.], ohne Seitenzählung. 617

N. S. Herold. Bd. 2, Nr. 22, 1935: 2-3.

283 618

Wilhelm Pferdekamp eine tragende Rolle spielte. Die Ortsgruppe der NSDAP rügte jedoch 1935 die als zu gering empfundene Beteiligung der Kolonie zu diesem Ereignis. 1936 erschienen zur Eröffnung 300 „Volksgenossen". 619 Um deutsches Schrifttum zu verbreiten, organisierte sich die DVM über ihre Vertrauensleute Adressen und sammelte und verschickte gelesene deutsche Zeitungen und Zeitschriften aus MexikoStadt in die übrigen Landesteile.620 Ab 1938 gab die Deutsche Volksgemeinschaft ein monatliches Mitteilungsblatt heraus, das in einer Auflage von 4000 Exemplaren in Mexiko erschien.621 Von Nummer 7 (August 1938) bis Nummer 17 (Juni 1939) wurde Arthur Dietrich auf dem Titelblatt als Schriftleiter genannt. In diesem Blatt trat die nationalsozialistische Gesinnung und Indoktrination der Organisation überdeutlich zutage. Die Beschreibung von Radkau (1988a: 155-156), „La Comunidad del Pueblo Alemán en México se presentaba desde sus inicios, tanto hacia adentro como hacia afuera como una organización sin pretensiones políticas" verwundert deshalb. Dies gilt insbesondere, wenn Radkau in Bezug auf die Mitglieder der Organisation von einem „autoengaño" spricht. Jedem Mitglied der DVM, das in der Lage war, das deutschsprachige Mitteilungsblatt zu lesen, mußte klar sein, daß die DVM kein „inocente club con actividades sociales y culturales" war. 622 Zur Kulturarbeit der DVM gehörten auch deutsche Sprachlehrgänge, die sich an Mexikaner richteten. Sie knüpfte hierbei an die gebührenfreien Deutschkurse der deutschen Schule aus dem Ersten Weltkrieg an, die später an der Abendschule Karl Volps weitergeführt worden waren. Nach den Angaben der DVM war diese Abendschule wegen rückläufiger Schülerzahlen 1933 und 1934 „dicht am Eingehen", so daß die DVM schon vor ihrer offiziellen Gründung in den bereits angemieteten Räumlichkeiten Deutschkurse ermöglichte. Diese wurden zunächst mit Hilfe der Firma Bayer für mexikanische Ärzte eingerichtet und später ausgeweitet; es unterrichteten Lehrer der deutschen Schule.623

618

N. S. Herold. Bd. 2, Nr. 23, 1935: 41; Nr. 24, 1935: 2-11:N. S. Herold. Bd. 3, Nr. 36, 1936: 45-48. Auch 1938 wurde eine „Woche des Deutschen Buches" veranstaltet, vgl. DVM. Mitteilungen [...]. Nr. 11, 1938:22-27. 619

N. S. Herold. Bd. 2, Nr. 24,1935:40-42; N. S. Herold. Bd. 3, Nr. 36, 1936: 45.

620

Jahresbericht 1935 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexico [o. J.]: 11-12; Jahresbericht 1937 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexiko, in: DVM. Mitteilungen [...1. Nr. 5, 1938: 30. 621

Jahresbericht 1937 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexiko, in: DVM. Mitteilungen 1...1. Nr. 5, 1938: 28.

622

Zweifellos stellte sich die DVM (Centro Alemán) in der mexikanischen Öffentlichkeit anders dar als nach innen. Vgl. auch Radkau (1988a: 161-163). Gegenüber dem mexikanischen Außenministerium beschrieb Rildt von Collenberg 1940 in einem Memorandum das Centro Alemán: „[...] a cuyos miembros está rigurosamente prohibida toda actividad política y cuyos fines son de Índole exclusivamente social y cultural, cuya completa dirección está en manos de antiguos alemanes que adquirieron la nacionalidad mexicana, y el que, dada su calidad de organización completamente no-política, no está sometido a instrucciones algunas del Gobierno Alemán ni a la vigilancia de la Legación Alemana" (AHSREIII-75416). Diese Erklärung Rüdts ist mit der Ideologie und Entstehungsgeschichte der DVM nicht in Einklang zu bringen. 623

1937 bestanden sechs Deutschkurse, an denen 401 Personen (217 Männer und 184 Frauen) teilnahmen. Fünfzig Prozent schlössen das Schuljahr auch ab. 1936 hatte die Teilnehmerzahl bei 250 gelegen, 1938 hatten sich 658 Schüler (407 Männer und 251 Frauen) angemeldet. Von diesen waren nach den Angaben Friedrich Schröters 255 kaufmännische Angestellte und 140 Studenten (Jahresbericht 1935 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexico [o. J.]: 9-10; DVM. Mitteilungen [...1. Nr. 4, 1938: 16; DVM. Mitteilungen f-1. Nr. 2, 1938: 13-14.).

284

Der Bereich der Wohlfahrt, der unter anderem mit einem Teil der Einnahmen des Winterhilfswerks finanziert wurde, beschränkte sich ausschließlich auf deutsche „Volksgenossen". Das Schlagwort „Arbeit statt Almosen", das dabei von der DVM häufig verwendet wurde, fand sich bereits 1932 bei der Vereinigung Deutscher Republikaner, ebenso die auf die weniger Wohlhabenden abzielende Rhetorik der ersten Jahre. Die „Eintopfsonntage" wurden 1938 in das Deutsche Haus verlegt. Es nahmen etwa 250 Personen daran teil.624 Die AWF, die in Coyoacán ein Heim für Arbeitslose unterhalten hatte, war in der DVM aufgegangen. 1936 betrug die durchschnittliche Belegungszahl des Hauses zwölf bis fünfzehn. Die DVM strebte auch an, das vom Deutschen Hilfsverein eingerichtete Altenheim mit diesem Heim zusammenzulegen. 625 Wie früher der Verband deutscher Reichsangehöriger unterhielt auch die DVM eine Stellenvermittlung, untergebracht wurden vor allem jüngere kaufmännische Angestellte. Weibliche Hausangestellte wurden weiterhin vom Deutschen Frauenverein vermittelt, während Stenotypistinnen, die sehr gesucht waren, in die Zuständigkeit der DVM fielen.626 1936 richtete der Frauenverein ein Heim für bedürftige und arbeitsunfähige Frauen ein. Das Gebäude dazu hatte der Deutsche Hilfsverein geschenkt, dessen Arbeit „durch neue mexikanische Gesetze", wie es in einer Denkschrift des Frauenvereins hieß, nicht mehr gestattet war. 627 Der Deutsche Frauenverein bestand nach eigener Darstellung bis 1937, dann wurde auch er der DVM als Frauengruppe angegliedert. Nach der Denkschrift des Frauenvereins hatte die Ehefrau des deutschen Gesandten Rüdt von Gollenberg bereits vorher den Ehrenvorsitz inne, so daß man vermuten könnte, der Verein habe ebenfalls unter der Kontrolle der Gesandtschaft gestanden.628 Dies scheint jedoch nicht der Fall gewesen zu sein. „Im Jahre 1937 wurde dem Frauenverein, der Tendenz der Zeit entsprechend, die Selbständigkeit durch Einreihung in die Volksgemeinschaft genommen", heißt es ebenfalls in der Denkschrift. Der Gesandtengattin wurde die Leitung der Gruppe übertragen und der Verein zog in das Haus der DVM in der Calle Uruguay 80 um. 9 Die Eingliederung des Frauenvereins in die DVM war nicht ganz so harmonisch 624

DVM. Mitteilungen f.„l. Nr. 10,1938: 12-13.

625

Jahresbericht 1935 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexico [o. J.]: 15; Jahresbericht 1936 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexico [o. J.], ohne Seitenzählung.

626

Jahresbericht 1935 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexico [o. J.]: 18-19; Jahresbericht 1936 der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexico [o. J.], ohne Seitenzählung. 627

Eine Denkschrift ftlr den Frauenverein. 1903-1953 [1953]: 15. Der Hilfsverein beschränkte sich nun auf die Verwaltung des lote alemán auf dem Friedhof Dolores sowie des Deutschen Friedhofs in Tacuba. 1933 wurde der Hilfsverein von Luis Bacmeister verwaltet, 1938 war Sanitätsrat Dr. Pagenstecher Präsident (Schroeter 1938: 519; Deutsch-mexikanisches Adressbuch f...] 1933 [o. J.]: 220; Deutschmexikanisches Adressbuch f...] 1938 [o. J.]: 253-254). 1955 gehörten ihm etwa 300 Personen an, die Zahl der Gräber auf den beiden Friedhöfen betrug etwa 2000 (Mitteilungen des Instituts filr Auslandsbeziehungen. Bd. 5, Nr. 5/8, 1955:232). 628

Eine Denkschrift für den Frauenverein. 1903-1953 [1953]: 13. Dort sind als Vorstandsmitglieder von 1933 bis 1938 verzeichnet: M. Eversbusch (1. Vorsitzende), A. Herrmann (2. Vorsitzende), H. Alverdes (Schatzmeisterin), A. Ritter (Schriftführerein, nach ihrem Ausscheiden durch A. Appuhn ersetzt). Für Armenpflege und Stellenvermittlung waren M. Heuer, M. Bolbrügge, F. Schlegel und D. Back verantwortlich. Cl. Peter und Gertrud Schmidt bildeten den Vergnügungsausschuß und organisierten gewinnbringende Veranstaltungen. Für „Propaganda" waren B. Granados und H. Stein zuständig, für die Herausgabe des Mitteilungsblatts des Frauenvereins G. Weihmann und Goerling. In der Kulturgruppe arbeitete L. Oetling, unterstützt von E. Schulze, I. Knapp, M. Dahlhaus, L. Wirtz, Fräulein Domke und Fräulein Voegelin. Für Zeitungsberichte waren Dr. Brandenburg, E. Evetsbusch und K. Menke-Guzmán verantwortlich. 629

Eine Denkschrift für den Frauenverein. 1903-1953 119531: 15.

285

verlaufen, wie es in der Denkschrift von 1953 dargestellt wird. Laut N. S. Herold wurde die Gründung einer Frauengruppe der DVM zum Erntedankfest 1937 durch Rüdt von Collenberg bekanntgegeben, Baronin Rüdt von Collenberg dabei der Ehrenvorsitz übertragen. Als Leiterin wurde Frau von Kuegelgen eingesetzt.630 Die erste Versammlung der DVM-Frauengruppe am 5. November 1937 wurde vom deutschen Gesandten in seiner Eigenschaft als oberstem Leiter der DVM eröffnet. Dabei wies Rüdt darauf hin, daß der alte Frauenverein seine Tätigkeit auf die Hauptstadt beschränkt hatte und damit nicht den Erfordernissen einer Volksgemeinschaft genügte. Er führte weiter aus:

Und weil eine Zusammenarbeit selbständig neben einander stehender Organisationen nicht unserer Idee von wahrer Volksgemeinschaft entspricht, musste auch der Anschluss des Frauenvereins in einer Form abgelehnt werden, die in Wahrheit keine Eingliederung in die Volksgemeinschaft und Unterordnung unter die Führung der Volksgemeinschaft bedeutet hätte. Aber deshalb lehnt die Volksgemeinschaft die Einzelverbände selbstverständlich nicht ab, sie ist stets bereits [sie], mit ihnen zusammenzugehen wenn sich dazu Anlass bietet, oder sich mit ihnen zu verständigen, wenn auf irgend einem Gebiete die Interessen kollidieren; denn die Volksgemeinschaft will, wie gesagt, einigen und nicht trennen oder zersplittern und wie ihr zahlreiche Mitglieder des Turnvereins, des Rudervereins, des Reitvereins usw. angehören, sind auch der neuen Frauengruppe alle Volksgenossinnen willkommen, die deutsch fühlen und sich zum neuen Deutschland bekennen, mögen sie auch weiterhin Mitglieder von Einzelverbänden, insbesondere des Frauenvereins, bleiben.631

Der Frauenverein bestand also bei der Gründung der DVM-Frauengruppe noch, wenn auch zu vermuten ist, daß er 1938 einging. Die Frauengruppe der DVM umfaßte bei der Gründung die Abteilungen Fürsorge (geleitet von Frau Ude), Krankenpflege, Schülerheim, Mutterschulung und Kind sowie Heimat und Inneres. Eine Gemeindeschwester sollte eingestellt werden. Als Rechnungspflegerin wurde Frau Stubbe eingesetzt. Die Nähstube, in der alle vierzehn Tage unter Anhörung kultureller Vorträge gearbeitet wurde, unterstand Frau Benoit. Außerdem sollte eine Jugendgruppe für Mädchen entstehen und ein Sportnachmittag eingerichtet werden.632 Die 1932 auf Anregung von Margarete Eversbusch gegründete Kulturgruppe des deutschen Frauenvereins, die den Kontakt mit dem „geistigen Leben der Heimat" pflegen sollte, verfügte 1936 über eine eigene Bibliothek mit 174 Bänden und diversen Zeitschriften. 1939 waren es bereits gut 300 Bücher, darunter zwei Exemplare von Hitlers Mein Kampf und weitere nationalsozialistische Schriften. Allerdings verlangten die Leserinnen nach mehr Romanen. 633 Im Jahresbericht 1939-1940 wurde die Mitgliederzahl der Frauengruppe der DVM mit 600 angegeben. Die Leitung der Gruppe lag noch immer bei Baronin Rüdt von Collenberg. Für Wohlfahrt und soziale Fürsorge war Margarete Eversbusch zuständig, für Kasse

630

N. S. Herold. Bd. 4, Nr. 46, 1937:47.

631

N. S. Herold. Bd. 5, Nr. 49, 1937: 88-90. Zur Rolle der Frauen innerhalb der DVM vgl. die Rede von H. von Kuegelgen in derselben Nummer des Blattes, S. 91-93.

632

N. S. Herold. Bd. 5, Nr. 49, 1937: 91-93; zu den Nähnachmittagen und den dort gehaltenen Vorträgen vgl. auch DVM. Mitteilungen f...]. Nr. 7, 1938: 25-28; Nr. 8, 1938: 23-25; Nr. 11, 1938: 36-37; Nr. 17, 1939: 38-39. 633

Das Bücherverzeichnis von 1936 enthielt noch einen Roman von B. Traven und zwei von Stefan Zweig (Eine Denkschrift filr den Frauenverein. 1903-1953 [1953]: 12; Bücherei der Kulturgruppe des Deutschen Frauenvereins Mexico [1936]; DVM. Mitteilungen f...]. Nr. 15, 1939:36-38).

286

und Verwaltung Paula Stubbe, für Kultur und Presse Lily Schroeter.634 Nach der Auflösung der Deutschen Volksgemeinschaft durch das mexikanische Innenministerium am 19. Juni 1942 rekonstituierte sich die von Margarete Eversbusch geleitete Frauengruppe unter dem Namen Ayuda Social de la Colonia Alemana, die unter Aufsicht der mexikanischen Behörden stand.635 Sie führte von 1942 bis 1948 das Schülerheim und das Erwerbslosenheim in Coyoacán weiter und kümmerte sich vor allem um die wegen des Krieges in der Hauptstadt konzentrierten Deutschen. Für diese Aufgabe erhielt die Organisation neben Spenden ab Dezember 1942 auch Geld von der Junta de Administración y Vigilancia de la Propiedad Extranjera, die die intervenierten Geschäftshäuser verwaltete.636 1933 hatte W. Oberschmidt, Schriftführer der Vereinigung deutscher Republikaner, ein Deutsch-mexikanisches Adressbuch herausgegeben.63 Es war der Versuch, die Adressen „des gesamten Deutschtums der Republik Mexiko" zusammenzustellen und verzeichnete 2723 Anschriften von Firmen, Vereinen und Körperschaften.638 Interessant ist ein Blick auf die Liste der Körperschaften und Vereine, da zum Teil die Vorstände genannt sind. Aufgeführt sind die Deutsche Handelskammer, die Deutsche Schule, die Deutsche Abendschule (Karl Volp), die Deutsch-evangelische Landeskirche, die Katholische deutsche Gemeinde, die Auslandsdeutsche Wirtschaftliche Förderung (AWF), der Bund Deutscher Front- und Heimatkämpfer, die Deutsche Krankenkasse (gegründet 1908), die Deutsche Musikvereinigung, der Deutsche Bund, der Deutsche Christliche Verein Junger Männer, der Deutsche Frauenverein, der Deutsche Gesangverein, der Deutsche Hilfsverein, der Deutsche Reitverein, der Deutsche Ruder-Verein, der Deutsche Schulverein, das Deutsche Haus, der Deutschnationale Handlungsgehilfen-Verband, der Fußball-Verein „Germania", die Vereinigung Deutscher Republikaner und die Loge „Zur Deutschen Treue".639 Die Deutsche Volksgemeinschaft, die 1936 eine Neuauflage des Adreßbuches herausgegeben hatte, plante die Publikation einer weiteren Neubearbeitung, „unter ganz neuen Gesichtspunkten angefertigt".640 Sie erschien 1938 und war wesentlich umfassender als

634

DVM. Mitteilungen f...]. Nr. 27, 1940: 52-53. Es bestanden Ortsgruppen in Monterrey, Orizaba, Puebla, Guadalajara, Chiapas und Mazatlán. 635

Die Genehmigung dazu kam auf Drängen der schwedischen Gesandtschaft zustande. Die SRE unterstützte das Vorhaben gegenüber dem Secretario de la Asistencia Pública, der bereits im August 1942 seine Zustimmung gab (AHSRE III-626-8). Nach der Darstellung des deutschen Frauenvereins wurde die Ayuda Social bereits am Tag nach der Schließung der DVM von der Junta de Vigilancia zugelassen, ab dem 2. September aber unter das Patronat des Gesundheitsministeriums gestellt (Eine Denkschrift Air den Frauenverein. 1903-1953 Í19531: 16). 636

Die Junta steuerte monatlich 20.000 Pesos bei (Eine Denkschrift filr den Frauenverein. 1903-1953 [1953]: 16-17). Margarete Eversbusch erhielt zum fünfzigjährigen Bestehen des Frauenvereins das Bundesverdienstkreuz. Sie starb 1962 (Zum 60jährigen Jubiläum des Deutsch-Mexikanischen Frauenvereins [Asociación de Ayuda Social de la Colonia Alemanal. Rückblick 1903-1963 [1963]: 8-9).

637

Deutsch-mexikanisches Adressbuch L.1 1933.

631

1515 betrafen den Distrito Federal.

635

Deutsch-mexikanisches Adressbuch [...] 1933 [o. J.]: 216-224. Verzeichnet war außerdem der Club Austria. 640

DVM. Mitteilungen [...]. Nr. 2, 1938: 14.

287 641

die Ausgabe von 193 3. Als „neuer Gesichtspunkt" kann wohl gelten, daß das frühere Mitglied der Vereinigung Deutscher Republikaner, Paul Elle, nun nicht mehr verzeichnet war. 1938 gehörte er bereits der antifaschistischen Liga Pro Cultura Alemana an.642 An der Liste der Körperschaften und Vereine wird der Wandel in der Kolonie deutlich: Diese umfaßte nur noch die Deutsche Schule, die Deutsch-mexikanische HumboldtGesellschaft, die Deutsche Abendschule (DVM), die Deutsche Arbeitsfront der NSDAP, die Deutsche Handelskammer, die Deutsche Krankenkasse, die Deutsche Volksgemeinschaft in Mexiko, die Frauengruppe der DVM, die Deutsche Mexikanistische Vereinigung (Sociedad Alemana de Mexicanistas [sie]), die Sociedad Mutualista Alemana de México (vormals Deutscher Hilfsverein), den Deutschen Gesangverein, den Deutschen Reitverein, den Deutschen Ruderverein, den Deutschen Turnverein, das Deutsche Haus und die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei.643 Zwei früher nicht genannte Vereinigungen fallen besonders auf: die Deutsch-mexikanische Humboldt-Gesellschaft und die Deutsche Mexikanistische Vereinigung. Die letztgenannte Sociedad Alemana Mexicanista bestand bereits seit 1922, es war die von Hermann Beyer gegründete wissenschaftliche Vereinigung, die seitdem die von ihm gegründete Zeitschrift El México Antiguo herausgab. Nachdem Prof. Beyer 1927 in die USA gegangen war und auch der in der Sociedad aktive Schuldirektor Traugott Böhme Mexiko verlassen hatte, war die Gesellschaft eingeschlafen, bis sie unter dem am 10. Mai 1935 zum Präsidenten ernannten Carlos Linga wiederbelebt wurde.644 Haupt641

Deutsch-mexikanisches Adressbuch [...1 1938 [o. J.]. Das Adreßbuch enthält 3939 Eintragungen, davon 2349 für den Distrito Federal. 642

Paul Elle, von Kießling als „tapferer Schneider" beschrieben, wurde 1867 in Neustadt an der Orla (Sachsen-Weimar) geboren. Während seiner Gesellenwanderung in Deutschland trat er in die Sozialdemokratische Partei ein, verließ aber bereits 1886 Deutschland, zog durch Europa und wanderte 1889 in die USA aus. In San Francisco (Kalifornien) betrieb er eine Zuschneideschule. 1891 wanderte er mit seiner mexikanischen Frau Maria de Jesús Ceceña nach Mexiko aus. Sie ließen sich in der Hauptstadt nieder und Elle eröffnete eine Schneiderwerkstatt. Später gehörte er der Vereinigung Deutscher Republikaner an. 1938 wurde er Vorsitzender der Liga Pro Cultura Alemana, 1942 gehörte er dem Gründungskomitee der „Bewegung Freies Deutschland" an. Elle starb 1946 (Kießling 1989: 91-92,96-98, 101, 103, 105,107,235,331; 1981: 160). 643

Deutsch-mexikanisches Adressbuch f...] 1938 [o. J.]: 249-254. Bereits im Februar 1939 stellte die DVM fest, daß 145 Anschriften aus dem Adreßbuch nicht mehr korrekt waren und veröffentlichte die Namensliste in den DVM. Mitteilungen. Alle Adressen stammten aus dem Distrito Federal (DVM. Mitteilungen f...l, Nr. 13, 1939: 12-13). 644

Der 1877 in Altona geborene Linga kam 1894 als Angestellter des Handelshauses Wöhler Bartning Sucs. nach Mazatlán (Sinaloa). 1904 organisierte er die Unión Azucarera de Sinaloa, und auch in späteren Jahren blieb er der Zuckerindustrie verbunden. Als Geschäftsmann arbeitete er zeitweise eng mit Alvaro Obregón zusammen. Außerdem interessierte er sich für Mexikanistik und wurde 1918 Mitglied der Sociedad Científica Antonio Alzate, später auch der Sociedad de Geografía y Estadística, der Sociedad Mexicana de Antropología und der Sociedad Mexicana de Historia. Seiner eigenen Darstellung nach wirkte er von 1917 bis 1919 in der Vereinigung Deutscher Republikaner mit. Diese wurde jedoch erst 1926 gegründet. 1919 hatten republikanisch gesinnte Deutsche die Zeitschrift Neu-Deutschland herausgegeben. Lingas Tätigkeit für die Humboldt-Gesellschaft, vor allem aber seine Beziehung zu Hans Georg Eversbusch, mit dem er im Januar 1937 die Agencias Unidas de México, S. de R. L. gegründet hatte, an der er bis zum 11. August 1941 Anteile hielt, führte zu seiner Aufnahme in die „Schwarze Liste" (Lista proclamada) der US-amerikanischen Regierung. Am 2. Februar 1945 beantragte er über das mexikanische Außenministerium die Streichung seines Namens von der Liste. Das Außenministerium befürwortete gegenüber der Junta de Administración y Vigilancia diese Bitte (AHSRE 111-675-27). Im März 1957 vermachte Linga der Stadt Hamburg seine etwa 7000 Bände umfassende Bibliothek (vgl. dazu und zu seiner unternehmerischen Biographie El Comercio Mexicano-Alemán. April 1957 [Sonderdruck] und von Mentz 1988c: 153-156, 167).

288

aufgabe blieb die Herausgabe der Zeitschrift, außerdem wurden ausländische Wissenschaftler betreut. In den Jahren 1936 und 1937 hat die Vereinigung nur eine geringe Tätigkeit entfaltet, 1938 verstärkte sie ihre Aktivitäten. 1940 lag die Mitgliederzahl bei 92. Ab dem 14. April 1939 wurde Dr. Wilhelm Baron von Humboldt 645 Präsident, Carlos Linga Ehrenmitglied. 646 Hatten die Zusammenkünfte früher im Deutschen Haus stattgefunden, so wurden sie 1939 in das Heim der Humboldt-Gesellschaft verlegt.647 1943, auf dem ersten Landeskongreß der antifaschistischen Bewegung Freies Deutschland in Mexiko, verteidigte das Mitglied Peter Hendrichs die Vereinigung gegen Angriffe, die in der Zeitschrift Freies Deutschland erhoben worden waren. So war zum Beispiel ein österreichisches Mitglied, Ing. Robert J. Weitlaner, fälschlicherweise beschuldigt worden, Mitglied der NSDAP zu sein. Außerdem warf man der Vereinigung vor, „im Dienste der Feinde der Antifaschisten" zu stehen. Hendrichs betonte dagegen, die Vereinigung sei kulturell, wissenschaftlich und international. Versuche der Nazis, sie umzuändern seien erfolglos geblieben. Rüdt von Collenberg habe sie deshalb, anders als Dr. Kuhn von der Gesandtschaft, auch nicht persönlich besucht. Allerdings mußte Hendrichs zugeben, daß sowohl die Deutsch-Mexikanistische Vereinigung als auch die Humboldt-Gesellschaft, der er nicht angehörte und die er als „Vereinigung der reichen Leute" bezeichnete, Gelder von Nazis angenommen hatten. 648 Diese Deutsch-mexikanische Humboldt-Gesellschaft war am 20. April 1934 (Hitlers Geburtstag) von Kurt Bartholomäus, Felix Beick, Ernesto Bredee, Dr. Alfonso Dampf, Richard Eversbusch, Cornelius Gertz, Carl Heynen, Alberto Lenz Sr., Hans Lenz, Carlos R. Linga, Dr. Guillermo Richter, Justus Scharff, Federico Guillermo Schroeter, Carlos Schulze, Carlos Stein und Ana Häuser de Lenz in Mexiko-Stadt gegründet worden.649 Ziel der Gesellschaft war laut ihren Statuten vom 20. April 1934 die Förderung des kulturellen und intellektuellen Austausches zwischen Mexiko und den Völkern deutscher Sprache; der Erhalt des Andenkens Alexander von Humboldts, hierbei insbesondere der Erwerb und Erhalt von Grundstücken und Gebäuden, die mit ihm in Zusammenhang standen; die Einrichtung von Bibliotheken und Museen sowie die Untersuchung der Geschichte der deutschen Kolonie in Mexiko. Elf der Gründer der Gesellschaft brachten je 300 Pesos Kapital ein, Ana Hauser ein Haus in Taxco (Guerrero), in dem Humboldt genächtigt hatte und dessen Wert mit 5000 Pesos angegeben wurde. 650 Der erste Vorstand der Gesellschaft bestand 1934 aus Carlos R. Linga (Präsident), Justus Scharff (Vizepräsident), D r . Alfonso Dampf (Sekretär), Federico Guillermo 645

Dr. Wilhelm Baron von Humboldt, der Alexander von Humboldt als seinen bisabuelo ausgab, war bis 1923 im deutschen diplomatischen Dienst tätig gewesen (AHSRE 111-623-15). In Mexiko arbeitete er für die I. G. Farben (Schuler 1988: 311). Nach den Angaben des mexikanischen Ausländerregisters erfolgte die Einreise des 1888 in London geborenen von Humboldt am 24.1.1938 (AGN, Registro Nacional de Extranjeros: Alemanes). 646

Fünf Jahre Deutsch-Mexikanistische Vereinigung 1935-1939, in: El México Antiguo. Bd. 5, Nr. 1-2, 1940: 57-62; Cook de Leonard (1955). Zur Mitgliederzahl 1940 vgl. El México Antiguo. Bd. 5, Nr. 1-2, 1940: 2.

647

El México Antiguo. Bd. 5, Nr. 1-2, 1940: 3-4.

648

Unser Kampf gegen Hitler (1943: 118-119,127-133); Pohle (1986: 225-226).

649

AHSRE 111-623-15.

650

„Copia de la escritura del contrato de Asociación de la .Sociedad Mexico-Alemana Alejandro de Humboldt'", AHSRE 111-623-15. Die patrones der Gesellschaft waren neben Ana Hauser de Lenz Felix Beick, Ernesto Bredée, Richard Eversbusch, Cornelius Gertz, Carl Heynen, Alberto Lenz Sr., Hans Lenz, Carlos R. Linga, Justus Scharff, Carlos Schulze und Carlos Stein. Um der Gesellschaft als patrón beitreten zu können, war es unter anderem erforderlich, die deutsche Sprache zu beherrschen.

289 Schroeter (Sekretär) und Dr. Guillermo Richter (Schatzmeister). D e m auf vier Jahre gewählten Aufsichtsrat gehörten Carlos Schulze, Richard Eversbusch und Hans Lenz an. 651 A b 1939 stand Dr. Wilhelm Baron von Humboldt auch dieser Gesellschaft als Präsident vor. Wilhelm Pferdekamp wurde von der Humboldt-Gesellschaft damit beauftragt, die „Geschichte des Deutschtums in Mexiko" zu schreiben. 652 Die Gesellschaft veranstaltete im September 1938 auch Kulturabende mit „deutscher Musik" und einem Vortrag von Dr. Atl, einem „Kenner und Freund der deutschen Kultur" über „La Dinämica de la Cultura Alemana". 653 Bis 1942 unterhielt die Gesellschaft ein Büro in Mexiko-Stadt, das aber im Frühjahr des Jahres geschlossen wurde. 654 1955 wurden die Humboldt-Gesellschaft und die Sociedad Alemana Mexicanista im „Deutsch-Mexikanischen Kultur-Institut Alexander von Humboldt" zusammengefaßt, erster Präsident wurde Dr. Eduardo Garcia Mäynez, Vizepräsidenten Dr. Wilhelm Baron von Humboldt und Friedrich Tamm. 6 5 5 Die deutsche Schule wurde ab 1934 von dem Parteimitglied der N S D A P Friedrich Wilhelm Schröter 656 geleitet und umgeformt. Das Auswärtige Amt hatte ihn für den Posten in Mexiko ausgesucht. Der Vorstand der Schule akzeptierte ihn, ohne das Ein-

651

AHSRE III-623-I5. 1938 hatte Rüdt von Collenberg den Ehrenvorsitz inne, Erster Vorsitzender war Carlos R. Linga, Zweiter Vorsitzender Carlos Heyden [sie, es dürfte Carl Heynen gemeint sein]. Als Beisitzer waren F. von Mentz und Friedrich Wilhelm Schroeter vertreten, Schriftführer war Hans Eversbusch, Kassierer Viktor Felix und General-Sekretär Wilhelm Pferdekamp (Deutsch-Mexikanisches Adressbuch r...l 1938 [o. J.]: 252). 652

NAUS, T-81, Roll 584, Aufruf zur Herausgabe eines Werkes über das Deutschtum in Mexiko, 1935. Der Aufruf war neben der Humboldt-Gesellschaft auch von der Deutschen Handelskammer in Mexiko unterzeichnet worden und warb um Informationen und Spenden. Vgl. auch den Vortrag Rüdt von Gollenbergs vor der NSDAP-Ortsgruppe, abgedruckt in: DVM. Mitteilungen Í...1. Nr. 2, 1938: 2. Im selben Blatt wurden auch erste Arbeitsergebnisse vorgestellt (Nr. 4, 1938: 11-16). Pferdekamp veröffentlichte 1938 in Stuttgart den von der Deutsch-Mexikanischen Humboldt-Gesellschaft herausgegebenen Band Deutsche im frühen Mexiko, der die Kolonialzeit behandelt. Im Vorwort wird neben Rüdt von Collenberg und Carlos Linga auch Carlos Stein und Franz Böker sowie dem Deutschen Ausland-Institut in Stuttgart gedankt. Der Nachfolgeband Auf Humboldts Spuren. Deutsche im jungen Mexiko, für den Pferdekamp ebenfalls zwischen 1935 und 1939 im Auftrag der Humboldt-Gesellschaft recherchiert hatte, erschien erst 1958 und ist Carlos Stein gewidmet. 1938 veröffentlichte Pferdekamp zusammen mit Maria Hendrichs unter dem Titel Alexander von Humboldt den ersten Band einer Schriftenreihe der Deutschen Schule. Die Lesehefte dieser Reihe sollten den Schülern nahebringen, „was Deutsche ftlr Mexiko geleistet haben" (Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1937] 1938: 7). Der deutsche Gesandte Rüdt von Collenberg griff in seinen Reden gern auf Pferdekamps Ergebnisse zurück. Bereits 1930 hatte Pferdekamp unter dem Namen Arnold Nolden seine erste Reise als blinder Passagier nach Mexiko und in die USA beschrieben, wo er sich als Wanderarbeiter durchschlug. 655

DVM. Mitteilungen f...]. Nr. 7, 1938: 22; Nr. 9, 1938: 30. Über den Maler Dr. Atl (Gerardo Murillo Comadó, 1875-1964), eine schillernde Figur der mexikanischen Kulturgeschichte, hatte sich die Kaiserliche Deutsche Gesandtschaft 1917 wegen eines Zeitungsartikels beklagt, in dem die deutsche Nation und ihr Souverän beleidigt würden (AHSRE 17-9-273). 654

„[...] en vista de las dificultades del momento", wie es in einem Schreiben Baron von Humboldts an den mexikanischen Außenminister hieß (AHSRE 111-623-15; 22.6.1942). 655

Institut für Auslandsbeziehungen. Mitteilungen. Bd. 5, Nr. 5-8, 1955: 223-224; Pferdekamp (1958: 218-219). 656

Der 1890 geborene Schröter war vorher in Großbritannien, Chile, Bolivien und Deutschland tätig gewesen. Der NSDAP trat er 1933 bei (Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 18: Nazi Party Membership Records 1946: 131; Wankel 1994: 224).

290 treffen seiner Bewerbungsunterlagen abzuwarten. 657 Trotz der Abschaffung der B-Abteilung 658 nahm die Schülerzahl stark zu, von 1934 618 auf 1051 1938. Die A I - und A2-Klassen bestanden weiter. Schwierig wurde bereits ab Mitte der 1930er Jahre die Rekrutierung von Lehrern aus Deutschland, da die mexikanische Einwanderungsbehörde ihre Erlaubnis dazu nur nach einer Prüfung des Einzelfalls und mit Zustimmung des mexikanischen Unterrichtsministeriums auf ein Jahr befristet gab. 75% der Lehrer mußten mexikanische Staatsbürger sein. 1935 hatte die SEP zweimal die Zustimmung zur Anstellung von Lehrern aus Deutschland verweigert. 659 Sowohl das Unterrichtsministerium als auch die Einwanderungsbehörde verfolgten die Rekrutierung von Lehrern aus Deutschland sehr mißtrauisch und waren durchaus über Fälle von vermutetem Mißbrauch der mexikanischen Nationalität durch in Mexiko geborene, aber in Deutschland wehrdienstleistende und als Lehrer nach Mexiko zurückkehrende Einzelpersonen informiert. 1939 erhielt die SEP von der Einwanderungsbehörde ein Schreiben, in dem es einleitend hieß:

Es bien sabido que el Colegio Alemán de esta Capital procura por todos los medios posibles aumentar aquella parte de su material docente que profesa la ideología nazi. La Secretaría de Educación trata de contrarrestar esta tendencia no autorizando cuando puede evitarlo, la contratación de nuevos profesores procedentes de Alemania, por lo cual el 657

Für die Schuljahre 1933-1935 erschien ein zusammengefaßter Bericht, außerdem liegen Jahresberichte filr die Jahre 1936, 1937 und 1938 vor. Von 1939 bis 1942 wurden keine Berichte veröffentlicht. Nach Wankel (1994: 154, 228, Anmerkung) wurde ein großer Teil der Schulakten aus den Jahren 1934 bis 1942 im letztgenannten Jahr, vor der Intervention durch die mexikanischen Behörden, „sehr sorgfaltig vernichtet". Dies betraf vor allem die Jahre 1938 bis 1942. 651

„[...] um schärfer den deutschen Charakter der Schule zu betonen" (Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 5). Im selben Jahresbericht erwähnte Schröter den Versuch, eine separate deutsche Propagandaschule filr mexikanische Schüler zu eröffnen. Angeblich stand die SEP der Idee positiv gegenüber, allerdings fehlte es zur Realisierung an Geld und Schülern (vgl. S. 10 des Berichts.). Die Idee zu einer solchen Schule erörterte Schröter auch in einem Schreiben an Max ligner (NAUS, T-81-447-5199774-779; Kulturbericht für Herrn Dr. M. ligner, Vorstandsmitglied der I. G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft, Berlin). Verwirklicht wurde sie nicht. 659

Die Bestimmmung, daß 90% der Angestellten eines Unternehmens Mexikaner sein mußten, sollte ursprünglich auch für Primarschulen gelten. 1935 verlangte eine neue Regelung von ausländischen Privatschulen einen Anteil von mexikanischen Lehrkräften, der bei 75% lag. Obwohl sich Lehrer der deutschen Schule einbürgern ließen, konnte sie diesen Prozentsatz nicht erfüllen. Problematisch war vor allem, daß jeder Schulzweig einer eigenen Abteilung der SEP unterstand. Bestimmte Fächer wie mexikanische Staatsbürgerkunde (civismo), Geschichte und Erdkunde sowie Spanisch (Lengua Nacional) durften nur von mexikanischen Staatsbürgern erteilt werden (Acuerdo Numero 1702, 2.11.1932; in: Reglamentación vigente sobre Escuelas Primarias Particulares del Distrito Federal 1934: 14, 15; Reglamento de las Escuelas Particulares Primarias, Secundarias y Normales, in: Reglamento del Articulo 3°. Constitucional sobre Escuelas Particulares Primarias. Secundarias v Normales 1935: 9, 12; Schröter 1935: 147-148; AHSEP 6208/1, Inspector Armando List Azurbide, 18.3.1933; AHSEP 6208/14, Inspector Especial Gregorio Nivón López, 8.5.1935; AHSEP 6207/36, Jefe de Ofiia. Armando List, 19.9.1940). Auch die noch nicht naturalisierten Lehrer erhielten in der Regel die Autorisierung der SEP für die Unterrichtserteilung. Diese wurde jährlich kontrolliert, Verstöße durch eine Strafgebühr geahndet. 1935 wurde die Autorisierung für die Lehrer Karl Kay ser und Ludwig Lippert nicht ausgesprochen, Begründung war der ansonsten zu hohe Ausländeranteil (AHSEP 6208/1, „Colegio Alemán", 1.8.1933; AHSEP 6208/14, Inspector Especial Agustín Rodríguez Ochoa, 10.8.1935; AHSEP 6208/14, „Colegio Alemán", 30.12.1935). Der 1906 geborene Kayser war 1934 nach Mexiko eingereist. Er gehörte seit April 1932 der NSDAP an (AGN, Registro Nacional de Extranjeros: Alemanes; Nazi Party Membership Records 1946: 128). Der gleichaltrige Lippert kam ebenfalls 1934 nach Mexiko, wo er sich auch 1939 noch aufhielt. 1948 erhielt er, aus Frankreich kommend, aufgrund seiner Ehe mit Carmen Watty de Lippert emeut eine Aufenthaltsgenehmigung (AGN, Registro Nacional de Extranjeros: Alemanes).

291 Colegio Alemán hasta la fecha ha podido reemplazar una parte mínima de su personal docente antiguo, no nacionalsocialista en gran parte.660

Obwohl Schröter bemüht war, die Zahl der Lehrerinnen zugunsten der Lehrer einzuschränken, mußte er wegen des Staatsbürgerschaftsproblems 1936 doch ehemalige Schülerinnen, ab 1937 auch den männlichen Nachwuchs der Kolonie dazu aufrufen, Lehrer zu werden. Der Vorstand bot dafür finanzielle Hilfen an. Von den Lehrern der Schule wurde erwartet, daß sie „für das Deutschtum" arbeiteten, zum Beispiel in der Landesgruppe der NSDAP, der Hitlerjugend, der DVM oder in den Turn- und Sportvereinen. Auf den monatlichen Konferenzen wurden Vorträge über das „neue Deutschland" in politischer und pädagogischer Hinsicht gehalten, außerdem bemühte sich die Schule, Lehrkräfte zu „Heimatkursen" nach Deutschland zu schicken.661 Selbstverständlich schlugen sich auch die neuen Feiertage an der Schule nieder.662 Die Beziehungen zu den mexikanischen Behörden waren wechselhaft. Die Universität erkannte Anfang 1936 die Jahrgänge Obersekunda und Unterprima als erstes und zweites Jahr der preparatoria an, so daß die Abgänger direkt und ohne Sonderprüfungen ihr Studium aufnehmen konnten.663 Ende 1933 wurde der deutschen Schule nach einer Inspektion durch die Secretaría de Educación Pública die Inkorporierung für 1934 als primaria entzogen, da die Bestimmungen der SEP nicht eingehalten worden waren. Unter anderem wurde der hohe Anteil von deutschen Unterrichtsstunden bemängelt. Im Frühjahr 1934 erreichte die Schule erneut die Anerkennung, nachdem Inspektor Xavier Mejía sie an mehreren Tagen im März und April ausgiebig inspiziert und einen bemerkenswerten Bericht darüber verfaßt hatte. Darin hieß es unter anderem:

Contra lo que me esperaba, me fue dable apreciar que la escuela no se rige mediante la férrea disciplina teutona que convierte en autómatas a los educandos ni tampoco por la proclamada por algunos pedagogos que piden la mayor libertad para el alumno; [...] la excel[e]nte disciplina que en la escuela se nota, es de carácter orgánico que no forma 660

AHSEP 6207/36, Secretaría de Gobernación an SEP, 16.2.1939. Eine Kopie dieses Berichts über einen Rekrutierungsversuch ging an das Außenministerium. 661

Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 7, 8-9; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 5, 9, 10-11; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1937] 1938: 8. Für 1938 hieß es zum Nachwuchsproblem: „Es muss das Ziel der Schule sein, der deutschen Kaufmannschaft den deutschen Nachwuchs zu stellen, denn bei den scharfen Einwanderungsbestimmungen kommen kaum noch junge deutsche Kaufleute ins Land. Die Deutsche Schule muss aber auch danach streben, sich selbst den nötigen Nachwuchs für den Lehrkörper zu sichern [...]" (Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1938] 1939: 12). 662

Schröter nannte in seinen Berichten den 30. Januar als Tag der Machtübernahme, den Geburtstag des „Führers", Hindenburgs Tod, das Erntedankfest und die Saarfeier. 1938 wurde die Annexion Österreichs gefeiert (Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 12; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1938] 1939: 14-15). Berichte über Schulfeste erschienen auch im N. S. Herold. zum Beispiel 1935 über das Erntedankfest, zu dem Uber 600 Gäste erschienen waren (Bd. 2, Nr. 23, 1935: 3-5). 663

Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 8, 9-10. Schröter wies daraufhin, daß der Besuch der Oberstufe ohne diese Anerkennung nur sehr gering gewesen wäre und den Bestand möglicherweise gefährdet hätte.

292 maniquíes ni anarquistas sino seres conscientes de su responsabilidad individual y social. [...] Confieso que mi visita se inició con prejuicios desfavorables, desde el punto de vista nacionalista, hacia la institución; pero tales prejuicios se fueron debilitando [...]. Sabia que el alemán es presuntuoso por idiosincrasia racial, que se juzga así mismo como individuo de raza superior, que es soberbio y humildísimo, según mande u obedezca; pero no encontré en mi visita indicios de esa idiosincrasia. Mas si acaso el teutón se creé superior, encuentro beneficioso que el mexicano se coeduque con él, porque el nuestro, naturalmente inteligente, notará objetivamente que con frecuencia le supera en varias actividades mentales.66,1

Für 1935, einem Jahr, in dem Privatschulen nach der Einführung der „sozialistischen Erziehung" vorübergehend geschlossen wurden, sowie für 1936 bezeichnete Schröter die Beziehungen zur SEP als gut.665 1937 und 1938 dagegen herrschte seinem Bericht nach „ein starkes Misstrauen" gegen die Schule, das Schröter auf politische Hetze „gewisser Kreise", unter anderem der Gewerkschaften, zurückführte. Die Schwierigkeiten lägen auch an personellen Veränderungen in der SEP-Abteilung für das höhere Schulwesen, da dort nun „linke" Beamte die leitenden Stellen bekleideten.666 Die Schule überstand die Inspektionen auch in diesen beiden Jahren,667 allerdings hatte Schröter auch Anweisung gegeben, die mexikanischen Schulinspektoren der secundaria, für die die meisten Auflagen erteilt worden waren, zu hintergehen:

664

AHSEP 6208/1, Inspector Xavier Mejía, 7.4.1934. Mejía bemerkte außerdem, daß die „'posición social' de los educandos entre los cuales no se notan huellas de forzados ayunos" ebenfalls zum Erfolg der Schule beitrug. 665

AHSEP 6208/1, Dr. W. Steitz an SEP, 21.12.1933; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 8; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 8-9. 1936 wurde der Kindergarten sechsmal, die primaria neunmal, die secundaria achtmal und die der Universität unterstehende preparatoria viermal besucht. Außerdem wurden der Musik- und Turnunterricht sowie der bauliche Zustand der Schule sowie die Arbeitskontrakte der Lehrer und des Personals inspiziert. Einmal prüfte ein Beamter der Einwanderungsbehörde die Aufenthaltsgenehmigungen einiger Lehrer. Wegen der Nichterfüllung der 75-Prozent-Regel erreichte die Schule 1936 nur mühsam einen Aufschub von Sanktionen. 666

Schröter äußerte auch den Verdacht, daß im Unterrichtsministerium „durch Juden gegen die Schule gehetzt" wurde und nannte in diesem Zusammenhang die aus Deutschland eingewanderte Jüdin Edith Kaplan, die beim Unterstaatssekretär der SEP arbeitete (NAUS, T-81 /447-5199771 -5199773, Schröter an AA, 26.1.1938). Von Januar 1936 bis Dezember 1938 war der deutsche Kommunist und Pädagoge Otto Rühle als Berater in der SEP tätig (Pohle 1994: 135-140). Nach Rüdt von Collenberg hatte 1937 der deutsche Emigrant und Hitlergegner Enrique Gutmann seine Verbindungen zu Unterstaatssekretär Luis Chávez Orozco dazu genutzt, der deutschen Schule Schwierigkeiten zu machen (Pohle 1994-1996: 99). 667

Die 75-Prozent-Regelung konnte 1937 nur für die secundaria erfüllt werden, nicht aber für den Kindergarten und die primaria. Die Schule erhielt allerdings einen Aufschub bis zum Beginn des Schuljahres 1938. Die Gesamtzahl der Inspektionen nahm zu (Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1937] 1938: 7-8; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1938] 1939: 9-10; NAUS T-81/447-51997715199773, Schröter an AA, 26.1.1938). Im Januar 1938 richtete sich die deutsche Gesandtschaft an den mexikanischen Außenminister, da die Inkorporierung der primaria für das laufende Jahr noch nicht erfolgt war. Dies wurde auf die Agitation der mexikanischen Lehrergewerkschaften zurückgeführt. Das Schreiben war von einem langen Memorandum begleitet, in dem rechthaberisch sämtliche die Privatschulen betreffenden Reglements angeführt wurden. Wenige Tage später bat die deutsche Gesandtschaft Außenminister Hay, dieses Schreiben nur als Information zu betrachten und nichts zu unternehmen, da die Inkorporierung nach einem persönlichen Gespräch Rüdt von Gollenbergs mit dem mexikanischen Erziehungsminister inzwischen ausgesprochen worden sei (AHSRE 111-236-10, Deutsche Gesandtschaft an SRE, 20.1.1938).

293 Zu Beginn jeder Stunde wird 5 Minuten auf Spanisch unterrichtet und dann auf Deutsch weiter mit dem Bemerken zu den Schülern: ,Ich kann es Euch nicht aufSpanisch erklären'. Diktiert wird alles auf Spanisch. Für das Englische wird weiter das Lehrbuch aus Deutschland benutzt. Die Fächer deutsche Geschichte und Erdkunde Deutschlands werden mit zu Deutsch geschlagen, d. h. in Wirklichkeit wird ruhig deutsche Geschichte und Erdkunde weiter gegeben. Sollt[e] ein Inspektor kommen, so ist es eben Kulturkunde. Geschichtskarten und Geschichtslehrbücher dürfen nicht mehr in der Klasse benutzt werden. Jeder Lehrer muss für den Inspektor immer eine Stunde auf Spanisch in Vorbereitung haben. Wenn der Inspektor in der Schuleist [sie], werden, wenn möglich, die in Betracht kommenden Lehrkräfte durch den Hausm eister [sie] gewarnt und bei Beginn der Pause wird seine Anwesenheit durch zwei kurze Klingelzeichen angezeigt. Der Verwaltungsrat, dem auch der Deutsche Gesandte und der Landesgruppenleiter angehört [sie], haben meine Massnahmen gebilligt.66*

Die zum Teil erhaltenen Berichte der Inspektoren aus dem Jahr 1938 sind dabei durchaus widersprüchlich. Inspektor Andrés Juárez lobte die Organisation und die Ausstattung der Schule und bescheinigte ihr die Erfüllung aller Erfordernisse einer Escuela socialista.669 Völlig anders erlebte Inspektor Armando List Arzubide die Schule, die er bereits mehrmals besucht hatte. Er prüfte die Hefte von drei Schülern des sechsten Schuljahrs im Fach civismo, der mexikanischen Staatsbürgerkunde, und fand in zwei der drei Proben Äußerungen, die gegen den Verfassungsartikel 127 und die Doktrin der sozialistischen Erziehung eklatant verstießen: „Una fábrica debe trabajar sin huelgas. Porque sino México llegará a la ruina y nadie querrá poner una fábrica"; „A los obreros se les dio demasiada libertad y ellos abuzaron [sie]"; „[...] las relaciones entre México e Inglaterra lia [sie] no exsisten [sie] por el petroleo [sie] maldito aquí que cada día es más malo"; „Al obrero siempre se le paga salario mínimo. Aunque las fábricas no tengan el dinero para las contribuciones". Inspektor List Arzubide war darüber hinaus empört, daß Direktor Schroeter offenbar seinen letzten Bericht über die Schule bis in alle Einzelheiten kannte und von dem Inspektor verlangte, daß er diesen zugunsten der Schule ändere.670 1 939 stellte die Inspektorin Angelina Mendez fest, daß die Kinder entgegen den Aussagen des Direktors und des Verwaltungspersonals nachmittags Unterricht erteilt bekamen. In diesen Stunden wurden ihren Ermittlungen zufolge die deutschen Fächer unterrichtet.671 In einem Bericht des Schuldirektors Schroeter an Dr. Max ligner von der I. G. Farben beschrieb er 1936 offen, daß reichsdeutsche Lehrer, denen die SEP nur eine Unterrichtserlaubnis für die Fächer Deutsch, Singen, Turnen und Zeichnen erteilte, auch in anderen Fächern eingesetzt würden.672

668

NAUS, T-81/447-5199771-5199773, Schröter an AA, 26.1.1938.

669

AHSEP 6208/14, Inspector Profr. Andrés Juárez, 21.6.1938. Besonders beeindruckte ihn der von Direktor Schröter vorgeführte Diaprojektor. Auf dessen Vorschlag trug er seiner Behörde an, einen Austausch von deutschen Lehrmitteln und mexikanischen Rohstoffen wie Sisalhanf und Erdöl in die Wege zu leiten. Auf ähnlicher Grundlage hätte Mexiko bereits Laboratorien ftlr technische Schulen aus Frankreich bezogen. Die gute materielle Ausstattung der deutschen Schule und die vergleichsweise hohe Lehrerzahl hatten auch schon frühere Inspektoren positiv beeindruckt. 670

AHSEP 6208/14, Prof. Armando List Arzubide, 21.7.1938. List Azurbide vermutete eine undichte Stelle in seiner Behörde, „[...] ya sea por dinero o simplemente vinculado con la doctrina nazista que postula el colegio". 671 672

AHSEP 6207/36, Inspectora Angelina Mendez, 26.6.1939.

„Diese Fächer genügen nicht, damit die Kinder, besonders solche mit mexikanischen Müttern, eine gewisse Sicherheit im Gebrauch der deutschen Sprache erwerben. Wir umgehen jetzt die Bestimmung und lassen die reichsdeutschen Lehrkräfte auch im Rechnen, in der Biologie und deutscher Sprache

294

Direktor Schroeter schaffte die Deutsch-mexikanische Mittelschule (B-Abteilung) ab. Sein Ziel war es, die Schule „deutscher" zu machen. Er wollte dazu strengere Maßstäbe an die Sprachkenntnisse der Schüler anlegen. Gleichzeitig aber sollte die Schule möglichst jedes einzelne deutschstämmige Kind erfassen, wofür auch Schulgeldreduzierungen angeboten wurden.673 Ab 1937 legten die Jungen die Reifeprüfung bereits nach zwölf Jahren ab, da in Deutschland die Militärdienstzeit auf zwei Jahre erhöht worden war.674 Nach den Angaben Schröters über die „Volkstumszugehörigkeit" der Schüler hatte die Schule aber immer noch einen bei knapp 30% liegenden Anteil von Schülern, bei denen weder Vater noch Mutter „deutsch" waren. Zwischen 1936 und 1938 nahm vor allem der Anteil der Kinder aus interethnischen Ehen sowie, in geringerem Maße, der nichtdeutschen Schüler zu (vgl. Tabelle 50).675 Auch über die Umgangssprache des Elternhauses wurden in den Berichten Angaben gemacht (Tabelle 58). Im Vergleich zu früheren Jahren wiesen sie keinen höheren Anteil von Deutschsprachigen aus. Andererseits lag die Zahl der Schüler, die zuhause „nur Spanisch" sprechen, deutlich über der von Schröter für 1935 behaupteten mexikanischen „Volkstumszugehörigkeit" von 20,8% der Schüler.

unterrichten" (NAUS, T-81-447-5199774-779; Kulturbericht für Heim Dr. M. ligner, Vorstandsmitglied der I. G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft, Berlin). Bei der Bewertung dieser Aussage sollte berücksichtigt werden, daß die meisten reichsdeutschen Lehrer wegen der 75-Prozent-Regelung bereits ihre Einbürgerung betrieben. Als mexikanische Staatsbürger hätten sie weniger Einschränkungen zu gewärtigen. 673

Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 5, 9-10; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 11, 13. 1936 zahlten nach Angaben des Direktors 21% der Schüler kein Schulgeld, weitere 25% einen reduzierten Betrag. Sowohl im N. S. Herold als auch in den DVM. Mitteilungen der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexiko wurde fiir die Schule geworben, explizit auch darum, Mädchen auf die Schule zu schicken, damit sie die deutsche Sprache als Familiensprache tradieren könnten (DVM. Mitteilungen [...]. Nr. 2, 1938: 13). „Mischehen" bargen für Schröter die Gefahr der „Entdeutschung" (Schröter 1938: 517-518). 674

Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1937] 1938: 9-10. Von den sechs männlichen Abiturienten des Jahrgangs 1937 fuhren vier sofort nach Deutschland und traten in den Arbeitsdienst ein, drei von ihnen gingen danach als Freiwillige zum Heer. Für vier Mädchen erteilte das Reichsministerium ebenfalls eine Sondergenehmigung zur vorzeitigen Zulassung zur Reifeprüfung. 675

Für 1935 gab Schröter keine absoluten, sondern nur Prozentzahlen über die „Volkstumszugehörigkeit" an. Allerdings differenzierte er für dieses Jahr zwischen Mexikanern (20,8%) und Anderen (8%). Vgl. Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 23. 1938 führten die Klassenlehrer sehr ausführliche Befragungen der Schüler über ihre Eltern und Großeltern durch, bei denen die Geburtsorte, die Kinderzahl und der Beruf des Vaters erfaßt wurden. Außerdem wollten sie wissen, ob die Eltern bereits die deutsche Schule besucht hatten. In der Auswertung wurde insbesondere die Kinderzahl der Familien mit ihrer Herkunft (deutschstämmige oder mexikanische Eltern) in Beziehung gesetzt und bemängelt, daß das „Erhaltungssoll" nicht erreicht wurde. Nach den Berechnungen Schroeters hatten Familien mit zwei deutschen Elternteilen im Durchschnitt 2,3 Kinder, Familien mit deutschem Vater und mexikanischer Mutter durchschnittlich 2,9. Beides hielt er für zuwenig, erst bei vier Kindern sah er das Erhaltungssoll erfüllt. Wegen der schärferen Einwanderungsbedingungen und der Rückwanderung sei der Erhalt des Deutschtums bedroht (Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1938] 1939: 43-46).

295

Tabelle 50: ,Volkstumszugehörigkeit" der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1936-1938 Vater und Mutter deutsch Vater deutsch, Mutter nicht deutsch Vater nicht deutsch, Mutter deutsch Vater und Mutter nicht deutsch Summe

380 216

1936 43,8% 24,9%

395 266

1937 39,8% 26,8%

395 320

19381 37,6% 30,4%

39

4,5%

38

3,8%

38

3,6%

233

26,8%

294

29,6%

298

28,4%

868

100%

993

100%

1051

100%

Quellen: Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 23; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1937] 1938: 23; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1938] 1939: 28.

Tabelle 51: Sprache des Elternhauses der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1935-1938 Nur Deutsch Deutsch und Spanisch Nur Spanisch Andere Summe

1935 330 168 246 5 749

% 44,1 22,4 32,8 0,7 100

1936 392 178 293 5 868

% 45,2 20,5 33,8 0,6 100,1

% 1937 43,1 428 230 23,2 335 33,7 993

100

1938 399 277 374 1 1051

%\ 38,0 26,4 35,6 0,1 100,1

Quellen: Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 21; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 22; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1937] 1938: 21; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1938] 1939: 26.

Laut Nationalitätenstatistik war dagegen der weitaus überwiegende Teil der Schüler mexikanischer Staatsangehörigkeit (vgl. Tabelle 52).676 Diese Entwicklung spiegelt den

676

Nach dem nationalsozialistischen Reichsbürgergesetz vom 15.9.1935 konnten Juden keine Reichsbürger mehr sein. Anhand der Schulberichte läßt sich nicht feststellen, welche Staatsangehörigkeit die wenigen jüdischen Schüler der deutschen Schule in Mexiko gehabt haben. 1931 und 1932 waren es zwölf beziehungsweise fünfzehn, danach sank ihre Zahl auf drei im Jahr 1938 ab (vgl. Tabelle 61 in diesem Kapitel). Nur für 1935 wurde für einen Schüler die Angabe „staatenlos" gemacht. Allerdings berichtete Schulinspektor Mejia 1934, daß von den zehn „alumnos israelitas" der deutschen Schule vier die ungarische Nationalität hatten. Einer der Schüler war österreichischer, ein weiterer russischer Herkunft. Drei weitere bezeichnet er als „germano-mexicanos" (AHSEP 6208/1, Inspector Xavier Mejía, 7.4.1934). Eine jüdische Schule, das Colegio Israelita, bestand seit 1925 im D. F. (Krause 1987: 170). Die Zahl der deutschsprachigen Juden in Mexiko war Anfang der 1930er Jahre gering und lag unter Hundert. Bis Mitte 1940 wuchs sie durch Einwanderung auf etwa 800 an und verdoppelte sich bis Ende 1942 wahrscheinlich noch einmal. 1938 gründeten jüdische Einwanderer die „Menorah - Vereinigung Deutschsprechender Juden", die vielfältige kulturelle Aktivitäten organisierte (Pohle 1986: 76-80; AHSRE 111-628-16).

296

Wandel der mexikanischen Politik wider, die nun sehr stark auf eine Mexikanisierung der im Lande lebenden Ausländer drängte.677 Tabelle 52: Staatsangehörigkeit der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1935-1938 | Staatsangehörigkeit Reichsdeutsch Mexikanisch Nordamerikanisch Andere Summe

1935 98 616 4 31 749

1936 99 725 6 38 868

1937 92 842 12 47 993

1938 | 112 889 8 42 1051

Quellen: Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 21; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 22; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1937] 1938: 21; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1938] 1939: 26.

Im Unterricht an der deutschen Schule lernten diese „Mexikaner" jedoch etwas anderes. Der Deutsch- und der Geschichtsunterricht wurden verstärkt, deutscher Erdkundeunterricht kam für einige Klassen hinzu.678 Grundsätzlich galt die weitestgehende Ausrichtung auf die nationalsozialistische Ideologie:

Dass das nationalsozialistische Gedankengut im Deutschen, in der Geschichte, Erdkunde, Biologie, Musik u. a. weitgehendst in den Vordergrund gestellt wurde, ist selbstverständlich und braucht nicht weiter ausgeführt zu werden. Erwähnt werden soll noch ein gewisser nationalpolitischer Unterricht. Aus naheliegenden Gründen ist es unmöglich, den Staatsjugendtag wie in Deutschland einzuführen. Um nun die Schüler das neue Deutschland miterleben zu lassen, werden vom Direktor monatlich den Deutschlehrern der Klassen Quinta bis Obertertia besondere Aufgaben zur Bearbeitung gestellt. Diese Aufgaben, die in mehreren Stunden behandelt werden, haben zum Gegenstand wichtige Tagesereignisse, die Entwicklung der Bewegung, den Aufbau des Dritten Reiches, das Lebensbild des Führers, seiner Mitarbeiter und anderer Männer, die grosses [sie] für Deutschland geleistet haben. 679

1936 wurde der Mathematikunterricht in der Oberstufe zugunsten von Turnstunden reduziert. In der Oberstufe sollte Hitlers Mein Kampf durchgearbeitet werden. Seine Reden und die wichtiger Mitarbeiter wurden in den Klassen besprochen, zum Teil auch in Aufsätzen abgefragt.680

677

Wegen der großen Anzahl der aufgeführten Nationalitäten sollen hier nur Reichsdeutsche, Mexikaner und, trotz ihrer geringen Anzahl, „Nordamerikaner" berücksichtigt werden, die übrigen werden unter der Rubrik „Andere" zusammengefaßt. 678

Allerdings erhielten die Klassen Quarta und Obertertia auch eine Wochenstunde Englisch zusätzlich.

679

Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 6.

6,0

Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 8; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1937] 1938: 24. Der von Kugel (1994: 145) aufgestellten Behauptung, „daß insgesamt in dieser Zeit in den Klassenzimmern die Vernunft die Oberhand behielt", kann ich nicht zustimmen.

297 Neben dem Unterricht fanden auch die Übungen des Deutschen Jugendrings auf dem Schulgelände statt, bis diese durch die mexikanischen Behörden 1937 untersagt wurden und verlegt werden mußten. 681 Bei den Sportwettbewerben der Secretaría de Educación Pública schnitten Teilnehmer der deutschen Schule sehr gut ab. 682 Außerdem organisierte die Schule, in Zusammenarbeit mit der Landesgruppe der N S D A P und finanziert von der Gesandtschaft, Filmvorführungen, zu denen auch mexikanische Schulen eingeladen wurden. Nicht alle vorgesehenen Filme wurden von der mexikanischen Schulbehörde dafür freigegeben. 683 Die Zusammensetzung des Vorstands der Schule wurde in den Berichten nicht mehr veröffentlicht. Allerdings geben Adreßbücher von 1933 und 1938 darüber Auskunft (vgl. Anhang 3). 1938 waren drei Mitglieder der N S D A P im Vorstand vertreten: Rüdt von Collenberg als Ehrenvorsitzender, Victor Mueller, der Justus Scharff vermutlich 1937 im Amt des Ersten Vorsitzenden abgelöst hatte, und Landesgruppenleiter Wilhelm Wirtz, der als Beisitzer vertreten war. 6 4 Die finanzielle Situation der Schule besserte sich erheblich. 685 Aus dem Erlös von Schulfesten konnte in Cuernavaca (Morelos) ein Grundstück für ein geplantes Landschulheim ( C a m p a m e n t o Humboldt) erworben werden. Außerdem hatte die deutsche Regierung für den durch eine Straßendurchführung notwendig gewordenen Neubau der Schule eine „namhafte Beihülfe" in Aussicht gestellt, 686 die sie auch zahlte. 1936 wurde vor allem mit Geldern deutscher Geschäftshäuser ein Grundstück in Tacubaya gekauft.

681

Deutsche Obetrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 24-26; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1937] 1938: 7. 6,2

Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 15; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 15; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1938] 1939: 19, 3839. Rhetorisch wurden die Siege, insbesondere über die übrigen, teils ausländischen inkorporierten Privatschulen, wie militärische Siege gefeiert. 683

Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 13; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 15-16. Gezeigt werden konnten zum Beispiel „Hindenburgs Beisetzung" und „Schönheit der Arbeit", nicht aber „Echo der Heimat, Teil I und II". 1936 sollen etwa 4000 mexikanische Schüler an den Vorführungen teilgenommen haben. 684

Nazi Party Membership Records 1946: 130; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1937] 1938: 4. Die übrigen Mitglieder sind in den Nazi Party Membership Records für Mexiko nicht verzeichnet. Der 1885 in Remscheid geborene Kaufmann Müller war im Februar 1938 der NSDAP beigetreten. Justus Scharff hatte Mexiko 1937 nach achtzehnjähriger Tätigkeit dort verlassen.

685

In seinen Berichten über die Jahre 1933-1935 und 1936 dankte Schröter dem deutschen Auswärtigen Amt, der Landesgruppe der NSDAP, der Auslandsorganisation der NSDAP, dem Volksbund flir das Deutschtum im Ausland, dem Deutschen Auslandsinstitut, dem Iberoamerikanischen Institut, dem Schulverein und der Deutschen Zeitung von Mexiko. Erst danach nannte er die finanzielle Unterstützung durch die deutschen Firmen (Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 16; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 18). 686

In seiner Rede auf dem Schulfest 1935 nannte Rüdt von Collenberg die Summe von 50.000 RM, die die deutsche Regierung zahlen wollte, falls die Kolonie die gleiche Summe aufbrächte fN. S. Herold. Bd. 3, Nr. 25, 1935: 91-93). 1938 hieß es in einer Rede des Vorstandsvorsitzenden Victor Mueller, es seien bereits 100.000 Reichsmark von der Regierung zur Verfügung gestellt worden (DVM. Mitteilungen [...]. Nr. 7, 1938: 6). Der deutsche Gesandte hatte 1935 beim mexikanischen Außenministerium angefragt, wie die mexikanische Regierung zu einem Neubau stehe. Die Antwort fiel positiv aus („[...] que el Gobierno de este país ve con beneplácito el ensanchamiento de una institución que contribuye al fomento de las relaciones de amistad y de cultura entre Alemania y México"; AHSRE 111-236-10, SRE an Legación Alemana, 14.5.1935).

298

Sammlungen zur Finanzierung des Neubaus wurden von der Gesandtschaft und der NSDAP-Landesgruppe unterstützt, auch die Deutsche Volksgemeinschaft beteiligte sich aktiv daran und stellte Mittel zur Verfügung.687 1938 wurde die bisherige Aktiengesellschaft umstrukturiert und das Kapital auf 750.000 Pesos erhöht. Eine vierköpfige Baukommission sichtete die ersten Pläne, die jedoch erst durch das Engagement von Franz Böker mit den Erfordernissen in Einklang gebracht werden konnten und in eine „Süd-Ost Hakenlösung" mündeten.688 Den Bauauftrag für das auf 1200 Schüler ausgelegte Gebäude erhielt die Firma Kunhardt & Capilla, am 14. August 1938 wurde der Grundstein gelegt. „Ein Sprechchor legte im Namen der deutschen Schuljugend das Gelöbnis ab, dem Deutschtum und dem Führer unverbrüchliche Treue zu halten", hieß es im Jahresbericht. An der Feier nahmen der NSDAP-Landesgruppenleiter und Vertreter der deutschen Vereine, der Handelskammer und des Deutschen Hauses teil. Sanitätsrat Dr. Pagenstecher sprach im Namen der „Deutschen Ärzte". Die wichtigste Rede hielt der deutsche Gesandte, der die Schule der Erziehung der „deutschen Kinder zu wertvollen Mitgliedern der Deutschen Volksgemeinschaft", der Förderung der deutsch-mexikanischen Kulturbeziehungen sowie dem „Nutzen und Gedeihen der deutschen wirtschaftlichen Interessen in Mexiko" weihte. 689 1940 wurde der erste Trakt des neuen Schulgebäudes eingeweiht. Das Mitteilungsblatt der DVM berichtete über die Einweihung:

Wer etwas vom Krieg hören wollte, brauchte bei dieser Feier erst garnicht [sie] erscheinen. [...] Abgeschnitten von der Heimat, während eines Krieges, bei dem es mehr noch als 1914-18 um die Existenz der Nation geht, eröffnet die deutsche Kolonie in ruhiger, beinahe stoischer Weise ein neues Schulgelände, das in seiner schlichten, aber gleichzeitig heiteren Wucht wie von selbst dieser Feier ihr Gepräge gibt. Frische Jungs, deren Fanfarengruss klar und metallisch den Morgen durchhallt, nationale Gesänge der beiden Länder, die der vollständige Schulchor klangrein und klangschön wiedergibt, und ein ans Herz greifender Vortrag des wundervoll einheitlichen Sprechchors enthalten gleich alle Zeichen, unter denen die Arbeit der Schule in Zukunft ebenso wie in der Vergangenheit stehen wird: Die bewährte Tradition deutschen Schulwesens, die Verwurzelung hüben und drüben, .Kulturarbeit' im Sinne nicht nur einer Verständigung, sondern einer gegenseitigen Ergänzung und Vertiefung der Völker. 690

687

Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 4; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 5-6; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1937] 1938: 3-4. 6,8

„Während dieser innigen Beschäftigung mit Masse und Ausdrucksform wurde es Herrn Böker immer klarer, dass der Schule ein deutscher Architekt fehlte, welcher in der baulichen Umwelt Deutschlands grossgeworden und sie schöpferisch erfasst hatte, und welcher durch bereits ausgeführte Arbeiten die Befähigung mitbrachte, den nunmehr vorliegenden Plänen die formenschöne äussere Gestalt und das deutsche Gesicht zu geben. Ein glücklicher Zufall fügte es, dass wir auf den jungen Wiener Architekten Dr. Ing. Helmut Sylvester Keidel aufmerksam gemacht wurden" (Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1938] 1939: 3-4). Keidel führte seine Pläne in einer in den DVM. Mitteilungen der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexiko abgedruckten Rede aus. Aus Taktgefühl vor dem Gastland verzichtete er beim Bauentwurf auf „die politischen Symbole der Heimat" als Fassadenschmuck (Nr. 7,1938: 7-11). 689

Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1938] 1939: 4, 16-18. Zur Feier der Grundsteinlegung vgl. auch den ausführlichen Bericht in den DVM. Mitteilungen f...l. Nr. 8, 1938:4-7. 690

DVM. Mitteilungen f - l . Nr. 25, 1940: 1. Der Krieg wurde in den Festrede Rüdts allerdings doch erwähnt. Insgesamt fallt an den Reden auf, daß sie stark den Kulturausstausch betonten. Auch sagte zum Beispiel Schröter, die Schule wolle die deutschen Kinder in der „deutschen Sprache und der deutschen Kultur erziehen". 1938 stand als Primärziel noch die Erziehung zu Mitgliedern der deutschen „Volksgemeinschaft" an.

299

Als Vertreter der mexikanischen Behörden waren Francisco Nicodemo, Unterstaatssekretär im Unterrichtsministerium, und Generalsekretär Ernesto Hidalgo vom Außenministerium erschienen.691 Außerdem nahmen die Botschafter von Bolivien, Argentinien und Chile an der Feier teil, die Botschafter der Vereinigten Staaten und Kubas ließen sich vertreten.692 Die Teilnahme von Freiherr Wilhelm von Humboldt als Vertreter der Familie wurde in dem Bericht besonders hervorgehoben. Schließlich wurde die Schule bei der Gelegenheit in Colegio Alemán Alexander von Humboldt umgetauft. Insgesamt kamen 2500 bis 3000 Gäste.693 Im Jornal do Brasil wurde am 3. April 1941 berichtet, die deutsche Schule sei geschlossen und die Verantwortlichen in das Außenministerium gerufen worden. 94 Nach Rudolf Brechtel, der seit 1924 Lehrer in Mexiko war, übernahm die mexikanische Erziehungsbehörde die Verwaltung und Leitung der Schule am 16. Juni 1942. Einige „reichsdeutsche Lehrer", der Schulleiter und einige deutsche Angestellte wurden entlassen. Etwas später wurde der Deutschunterricht verboten. Nachdem der Lehrer Fausto Martínez als Treuhänder der mexikanischen Regierung die Leitung der deutschen Schule ab Januar 1943 übernommen hatte, wurde Deutsch als Fremdsprache wieder zugelassen. Einige der ausgeschiedenen deutschen Lehrkräfte erhielten wieder ihre Anstellung. Am 1. Juni 1950 wurde die Schule an den Vorstand zurückgegeben und Brechtel von diesem als Leiter eingesetzt (Brechtel 1955: 202). Über Schröter hieß es 1945, er sei an Bord der Gripsholm nach Deutschland zurückgereist. 695 Die Deutsch-evangelische Kirchengemeinde vergrößerte sich zwar unter dem neuen Pfarrer Fraustadt.6 6 Allerdings erreichte sie bis zum Zweiten Weltkrieg trotzdem nur eine Minderheit der Deutschstämmigen in Mexiko. Fraustadt hatte die Stelle im September 1932 akzeptiert, da er sich verheiraten wollte und sein bisheriges Amt als Reiseprediger in der La-Plata-Synode dafür nicht geeignet war. Ende 1932 erreichte die deutsche Gesandtschaft in Mexiko die Erlaubnis der Einreise und Amtsausfuhrung für Fraustadt. Der Evangelische Oberkirchenrat berief ihn am 31. Januar 1933 zum Pfarrer für Mexiko. 697 Er kam am 30. Mai 1933 in Mexiko-Stadt an.698 Die Gottesdienste fanden weiterhin in der Christ Church statt. Hatte sich Schencke stets darüber beklagt, daß die dortige Gemeinde sich den Deutschen gegenüber unfreundlich verhielt, so verbesserte sich das Verhältnis unter Fraustadt erheblich. Auch im November 1939 berichtete 691

Der Wandel der Beziehungen zwischen Schule und mexikanischem Staat wird deutlich wenn man sich daran erinnert, daß zur Eröffnung des alten deutschen Schulgebäudes Präsident Porfirio Diaz persönlich erschienen war. 692

Außerdem kamen einige Gesandte oder Vertreter von Gesandten.

6,3

DVM. Mitteilungen [...1. Nr. 25, 1940: 1-2.

694

EZA 5/2823, Übersetzung aus dem Jornal do Brasil. 3.4.1941.

695

EZA 5/2829, Sandner an Heckel, 13.11.1945.

696

Friedrich Gotthelf Nathanael Fraustadt wurde am 12.5.1891 in Geising (Erzgebirge) geboren und stammte aus einer Pfarrerfamilie. In Deutschland hatte er als Divisions- und Anstaltspfarrer gearbeitet, ab Mai 1925 als Reiseprediger und Pfarrer in Argentinien. Am 28.12.1932 heiratete er die 1910 in Sachsen geborene Ursula Flemming in Rio de Janeiro (Brasilien). Sie starb am 22.2.1946 in Mexiko an Lungenentzündung. Vgl. EZA 5/2827, Fraustadt an EO, 1.9.1932; EO an AA, 29.9.1932; Fraustadt an EO, 1.3.1933; Fraustadt an EO, 12.3.1934; EZA 5/2829, Jahresbericht 1939, 9.8.1940; Krummacher an Fraustadt, 8.2.1947. 697

EZA 5/2827, Schencke an EO, 28.12.1932; EO an Fraustadt, 31.1.1933.

698

EZA 5/2827, Fraustadt an EO, 15.4.1933; Fraustadt an EO, 5.6.1933.

300

Fraustadt noch nach Berlin, daß die Christ-Church-Gemeinde weiterhin bereit war, Gottesdienste in ihrer Kirche zuzulassen. Im Juli des Jahres 1940 bestand die Beziehung zu dieser Gemeinde nicht mehr. Eine Trauung fand in einer Methodistenkirche statt.699 Der Kirchenvorstand der Deutschen evangelischen Gemeinde setzte sich im August 1933 aus H. Dahlhaus, Ing. F. Rohrmann, Elsa Plate, E. Enkerlin, Ida von Thaden, Werner Ernst und Pfarrer Fraustadt als Vorsitzendem zusammen.700 Fraustadt schrieb im September 1933 an den Evangelischen Oberkirchenrat: „Die Neueinstellung der Heimatkirche zu den Gegenwartsfragen begegnet auch in den Kreisen unserer Gemeinden [sie] lebhaftestem Interesse [...]."701 Den Anschluß der Altpreußischen Landeskirche an die Deutsche Evangelische Kirche (DEK) 1934 begrüßte Fraustadt.702 1938 erkundigte er sich bei seiner Behörde, ob er nicht auch den Eid auf den „Führer und Reichskanzler" ablegen sollte, wie es seine Kollegen in Deutschland taten:

Ich wuerde es aus eigener Ueberzeugung und im Interesse der Stellung meines Amtes dem hiesigen Deutschtum gegenueber begruessen, wenn das Kirchliche Aussenamt veranlassen wollte, dass ich den von den evangelischen Geistlichen in der Heimat auf den Fuehrer und Reichskanzler geleisteten Eid auch hier, etwa vor der Deutschen Gesandtschaft, leisten kann. Da nach den landesgesetzlichen Bestimmungen Geistlichen jede politische Betaetigung untersagt ist, habe ich im Interesse des Amtes von der Zugehoerigkeit zu einer Gliederung der hiesigen Landesgruppe der NSDAP absehen muessen. 705

699

Die Kirchbaufrage war zur Zeit des Gesandten Zechlin, der daran reges Interesse zeigte, vom Kirchenvorstand wieder aufgegriffen worden. Zechlin war jedoch nur kurze Zeit in Mexiko tätig, und das Projekt, das außerdem mit dem (ebenfalls nicht realisierten) Hospitalbau konkurrierte, ließ sich weiterhin nicht verwirklichen. In der Christ Church hing unter anderem eine Ehrentafel für die im Krieg gegen Deutschland Gefallenen mit britischem und US-amerikanischem Fahnenschmuck, auch Gedächtnisgottesdienste mit Fahnenschmuck wurden dort abgehalten. Zu Heiligabend mußte der im deutschen Gottesdienst verwendete Christbaum jeweils unverzüglich wieder entfernt werden (EZA 5/2827, Fraustadt an EO, 8.8.1933; Fraustadt an EO, 29.8.1933; anbei „Denkschrift zur Kirchbaufrage", 17.8.1933; anbei „Untersuchung der fuer den Bau einer Kirche der Deutschen evangelischen Gemeinde Mexico Stadt in Frage kommenden landesgesetzlichen Bestimmungen. Von Herrn Minister Dr. Zechlin, Deutschem Gesandten in Mexico", 29.6.1933; Fraustadt an KA, 22.11.1934; EZA 5/2828, Jahresbericht 1936, 14.5.1937; EZA 5/2829, Fraustadt an KA, 26.11.1939; Fraustadt an KA, 9.8.1940). Der Kirchbaufonds war von Schencke zu 7% Zinsen beim Deutschen Haus angelegt worden. 1935 verhandelte der Kirchenvorstand mit dem Vorstand des Deutschen Hauses darüber, wie man diesen Posten aus den Büchern verschwinden lassen könne, da eine Beschlagnahmung und Sanktionen wegen der Verschleierung von Kirchenbesitz befürchtet wurden. Am 31.3.1937 betrug der Kirchbaufonds 13.062,12 Pesos und war als „Konto Spezial" bei der Gesandtschaft deponiert (EZA 5/2828, Fraustadt an KA, 16.11.1935; Fraustadt anKA, 29.5.1937). 700

1936 legten zwei Kirchenvorstandsmitglieder ihr Amt nieder, neugewählt wurden Gesandtschaftsrat Dr. G. Ahrens und Prokurist E. Reichert. Als Dr. Ahrens Mexiko 1938 verließ, wurde Gerhard Luebke sein Nachfolger (EZA 5/2827, Denkschrift zur Kirchbaufrage, 17.8.1933; EZA 5/3828, Jahresbericht 1936, 14.5.1937; EZA 5/2829, Gemeindeblatt der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde in Mexiko. Bd. 10, Nr. 6, 1938: 3). 701

EZA 5/2827, Fraustadt an EO, 20.9.1933.

702

EZA 5/2827, Fraustadt an KA, 21.4.1934; Fraustadt an KA, 22.11.1934; Werbeblatt Deutsche evangelische Gemeinde in Mexiko; Kirchenvorstand an KA, 30.5.1934; EZA 5/2828, KA an Kirchenvorstand, 21.1.1935. 703

EZA 5/2828, Fraustadt an KA, 9.6.1938.

301

Der Kirchenausschuß begrüßte zwar grundsätzlich seine Einstellung, riet jedoch im Hinblick auf die gesamte Auslandsdiaspora sowohl in der Sache als auch in der Form von der Ablegung des Eides ab.704 Die Gemeinde vergrößerte sich auf bescheidenem Niveau: 145 Mitglieder im Jahr 1933,222 im Jahr 1939.705 Die Zahl der Amtshandlungen und der Abendmahlsempfänger stieg ebenfalls an (vgl. Tabelle 53). Allerdings war die Zahl der evangelischen Deutschen in Mexiko wahrscheinlich größer als die der Abendmahlsgäste. Dies legen die Jahresberichte der Deutschen Schule nahe, in denen für mehrere Jahre auch die Religionsangehörigkeit der Schüler verzeichnet ist (vgl. Tabelle 54). Tabelle 53: Vollzogene Amtshandlungen der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde Mexiko, 1932-1939 1 Taufen Konfirmationen Trauungen Beerdigungen Abendmahlsgäste

1932 22 2 9 9 50

1933 25 17 11 9 115

1934 34 9 15 6 112

1935 37 10 22 7 111

1936 32 15 6 6 83

1937 67 *

20 14 134

1938 40 *

18 10 100

19391 47 *

9 9 139

* Für 1937 bis 1939 enthalten die Jahresberichte keine Angaben über erfolgte Konfirmationen. Quellen: EZA 5/2828, Jahresbericht 1934,18.4.1935; Jahresbericht 1936,14.5.1936; EZA 5/2829, Jahresbericht 1939,9.8.1940.

704 705

EZA 5/2828, KA an Fraustadt, 2.7.1938.

EZA 5/2828, Jahresbericht 1934, 18.4.1935; EZA 5/2829, Jahresbericht 1939,9.8.1940. Bei der Zahl der Amtshandlungen und der Gemeindeglieder ist es nicht eindeutig, ob es sich um Zahlen für Gesamtmexiko oder nur für den Distrito Federal handelt. 1937 hatte die Gemeinde 232 Mitglieder, davon 220 in der Hauptstadt und 12 in Puebla. 1938 waren es insgesamt 265 (202 in Mexiko-Stadt, 13 in Puebla, 13 in Guadalajara, 25 in Monterrey und in weiteren Landesteilen 12 (EZA 5/2829, Jahresbericht 1938, 16.2.1939). Die Zahl der Gottesdienstbesucher lag Heiligabend 1935 bei etwa 300 (EZA 5/2828, Jahresbericht 1935, 23.3.1936). Ebenso hoch hatte 1933 der Gottesdienstbesuch anläßlich der Geburtstagsfeier für von Hindenburg gelegen, zu dem Hitlerjugend, Jungvolk und Bund deutscher Mädel mit Fahnen geschlossen einzogen, bevor sie im Kirchenschiff Aufstellung nahmen (EZA 5/2827, Zeitungsausschnitt aus der DZM. 3.10.1933).

302

Tabelle 54: Religionszugehörigkeit der Schüler der deutschen Schule von Mexiko-Stadt, 1931,1932,1935-1938 Evangelisch Katholisch Griechisch-katholisch* Jüdisch Dissidenten* Gottgläubig* Bekenntnisfrei* Ohne Angabe* Gesamtschülerzahl

1931 252 416 2 12 15

697

1932 209 381 2 15 13

620

1935 298 384

1936 347 453

1937 329 589

1938 286 664

5 62

6 62

4

3

9 62

20 41 37 1051

749

868

993

* Die angegebenen Kategorien änderten sich in den verschiedenen Jahren. Neben den für alle Jahre angegebenen Zahlen für evangelische, katholische und jüdische Schüler gab es 1931 und 1932 die Kategorie „griechisch-katholisch", flir 1931, 1932, 1935 und 1936 auch „Dissidenten". 1937 und 1938 trug man Schüler unter den Begriffen „gottgläubig", „bekenntnisfrei" und, allerdings nur 1938, unter „ohne Angabe" ein. Quellen: Bericht über das 39. Schuljahr [...! 1932: 23; Bericht über das 39. Schuljahr f.,.1 1933:20; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahre 1933-1935] 1936: 21; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1936] 1937: 22; Deutsche Obeuealschule in Mexico [Schuljahr 1937] 1938: 21; Deutsche Oberrealschule in Mexico [Schuljahr 1938] 1939: 26.

Die insgesamt steigende Zahl von Schülern, die als „Dissidenten", „Gottgläubige",706 „Bekenntnisfreie" oder nicht Zuzuordnende („ohne Angabe") in der Tabelle stehen, läßt die Diskrepanz zwischen den Zahlen der evangelischen und katholischen Kinder wachsen und geht zu Lasten der evangelischen Religionszugehörigkeit. Bereits Pfarrer Schencke hatte sich über „Tannenbergbündler" beklagt. Obwohl der von General Erich Ludendorff und seiner Ehefrau Mathilde in Deutschland gegründete Bund seit 1933 nicht mehr offiziell bestand, zeigt die Tabelle 54, daß ihr Gedankengut durchaus eine Anhängerschaft gefunden hatte. 1935 kam es zu Konflikten zwischen Ludendorff-Anhängern auf der einen und dem CVJM beziehungsweise Fraustadt auf der anderen Seite:

Die christenfeindlichen Gegenwartsstroemungen im heutigen Deutschland beginnen Verwunderung und Unruhe in die Kreise auch unserer Deutschen Gemeinde und Kolonie in Mexico zu tragen. Die Ludendorff-Anhaenger unternahmen einen Vorstoss gegen den hiesigen CVJM, von dem sie mir in der Art berichteten, die aus ihrem Schriftwechsel mit meinem Herrn Amtsvorgaenger aktenkundig ist. Ein Mitglied unserer Gemeinde kehrte von einem Deutschlandaufenthalt als Hauerscher Deutschglaeubiger hierher zurueck. 707

706

Ab November 1936 wurden im nationalsozialistischen Deutschland Personen, die aus der Kirche ausgetreten waren und keiner Religionsgemeinschaft angehörten, offiziell als „gottgläubig" bezeichnet. Juden, die aus ihrer Religionsgemeinschaft austraten, durften diese Bezeichnung nicht verwenden (Kammer/Bartsch 1999: 100-101). 707

EZA 5/2828, Fraustadt an KA, 15.7.1935. Der Gruppe der Ludendorff-Anhänger, die sich mit Fraustadt stritten, gehörten Karl Bromme sowie Seippel, Doering, Peters, Schmidt, Mergenthaler und vierzehn weitere Personen an (EZA 5/2828, Schriftstück Bromme, 22.6.1935).

303

Fraustadt reagierte mit dem Abdruck eines in Deutschland erschienenen Artikels, der den christlichen Glauben verteidigte, bat seine Behörde aber um eine Stellungnahme. Der deutsche Gesandte Rüdt von Collenberg, der auch Gemeindemitglied war, hatte gewarnt, daß der Artikel als „aggressiv" angesehen werden könne.708 In einem Briefwechsel mit dem Wortführer der Ludendorff-Anhänger, Karl Bromme, lehnte Fraustadt es ab, sich mit diesem und seinen Freunden zu einer Diskussion zu treffen. Fraustadt schrieb ihm: „Sie werden meine Gewissheit nicht erschüttern können, dass zum Besten unseres Volkes und nach dem Willen seines einzig berufenen Führers Hitler der innere Wiederaufbau unseres deutschen Volkes sich auf christlicher Basis vollziehen wird und nur vollziehen kann. [...] Heil Hitler!"709 Bromme polemisierte jedoch weiter gegen den .jüdischen Christengott Jehowah". Zu Austritten aus Fraustadts Gemeinde kam es nur vereinzelt, jedoch konnte ein Besuch Fraustadts in Tampico 1937 nicht stattfinden, da der dortige Konsul dies nicht befürwortete:

Hierzu muss ich Ihnen leider mitteilen, dass die hiesige Deutsche Kolonie waehrend der vergangenen Jahre durch Abwanderung stark geschwaecht worden ist; dazu kommt, dass in der letzten Zeit eine verhaeltnismaessig grosse Anzahl der hier wohnhaften Volksgenossen, besonders solcher, die an der Spitze der hiesigen Kolonie stehen, infolge ihrer konsequenten voelkischen Einstellung aus der Kirche ausgetreten sind und andere hoechstwahrscheinlich diesem Beispiel folgen werden. Aus diesen Gruenden halte ich es fuer zwecklos, wenn Sie sich die Muehe und die Unkosten machen wuerden, Tampico zu besuchen. 710

Obwohl Rüdt von Collenberg das Vorgehen Fraustadts 1935 bezüglich der Glaubensabweichler um Karl Bromme nicht für angemessen hielt, stand er der evangelischen Kirchengemeinde nicht ablehnend gegenüber. Ebenso wie Schencke erhielt auch Fraustadt Geld vom Auswärtigen Amt für die „Deutschtumspflege", die er für seine häufigen Reisen in den Norden und andere Landesteile verwendete.711 1935 hatte er 708

Die Stellungnahme lautete: „Gegen den Tannenberg-Bund und gegen den Deutschglauben des Herrn Prof. Hauer ein Wort zu sagen, ist gewiss nicht fehl am Platz, obwohl man die Tragweite dieser beiden Gruppen nicht überschätzen soll" (EZA 5/2828, KA an Fraustadt, 15.8.1935). Bischof Heckel, der das Antwortschreiben an Fraustadt verfaßte, hielt die Apologie des genannten Artikels nicht für geschickt, sah aber auch keinen Grund, daran Anstoß zu nehmen. 709

EZA 5/2828, Schriftstück Bromme, 22.6.1935 [Fraustadt an Bromme, 17.7.1935],

710

EZA 5/2828, Deutsches Konsulat Tampico an Fraustadt, 23.11.1937.

711

Für 1933 und 1934 bewilligte das Auswärtige Amt je 700 RM aus dem evangelischen Anteil am Fonds für kirchliche Deutschtumspflege im Ausland. Nur Puebla brachte 1933 und 1934 die Kosten für die Pfarrbesuche selbst auf, Monterrey 1934 einen Teilbetrag. Im Januar beantragte die DEK beim Auswärtigen Amt 700 RM Besoldungsbeihilfe für Mexiko, erhielt aber nur 350 RM. Für Februar und März 1935 hatten sie wiederum 700 RM „auf gleichem Wege" angemeldet. Im Juli 1935 erhielt Fraustadt 700 RM „aus besonderen Fonds", über die er getrennt abrechnen mußte. Fraustadt selbst hatte die Antragstellung für die jährliche Beihilfe des Auswärtigen Amtes im Jahr 1935 versäumt und holte sie erst Ende 1935 nach, er bat um 900 RM. Das AA hielt aufgrund der Devisenknappheit 700 RM für vertretbar. Im Februar 1936 teilte das AA dem Kirchenausschuß mit, daß 700 RM für die evangelische Gemeinde in Mexiko bewilligt worden waren. 1936, 1937 und 1938 bewilligte das AA erneut je 700 RM. Der bewilligte Zuschuß für die Jahre 1939 und 1940 konnte vom AA nicht mehr getragen werden, 1940 und 1941 wurde die Zahlung des Betrags vom Kirchenausschuß übernommen (EZA 5/2827, KA an AA, 29.7.1933; Fraustadt an EO, 1.2.1934; Fraustadt an KA, 22.11.1934; EZA 5/2828, AA an KA, 29.12.1934; KA an

304

eine vom Verein für das Deutschtum im Ausland (VDA) vorgeschlagene und finanzierte Reise nach Monterrey (Nuevo León), San Pedro, Torreón (Coahuila), Chihuahua, Cuauhtémoc (Chihuahua) und Durango (Durango) unternommen. Bei dieser im Einvernehmen mit der Gesandtschaft durchgeführten Reise zur Erkundung der Möglichkeiten neuer Deutschtumsarbeit hatte er auch die Mennonitenkolonien in den Bundesstaaten Chihuahua und Durango besucht. 1936 sollte Fraustadt evangelische Deutsche in Guadalajara (Jalisco) und Mazatlán (Sinaloa) besuchen, außerdem wurde zum ersten Mal eine Reise nach Chiapas geplant, die 1937 stattfand. Der Kirchenvorstand hatte diese Reisen genehmigt. 712 Auch in den folgenden Jahren machte Fraustadt lange Reisen nach Nordmexiko und Chiapas. Im Dezember 1936 berichtete er, daß Rüdt von Collenberg nun dem Kirchenvorstand als Ehrenvorsitzender angehörte, ein Amt, das ihm einstimmig angeboten worden war.713 Außerdem besorgte Rüdt von Collenberg Mittel für das Gemeindeblatt, das dadurch in erweitertem Umfang erscheinen konnte. Direkt nach seinem Dienstantritt hatte Fraustadt damit begonnen, das dank vermehrter Werbung deutscher Firmen erweiterte Gemeindeblatt an alle deutschen Konsulate in Mexiko zu senden und weitere Anschriften für Adressaten zu sammeln. Die Auflage erhöhte sich im Jahr 1933 von 300 auf 500 Stück, die Seitenzahl verdoppelte sich auf acht.714 Fraustadt wurde 1934 für sein Engagement in der „Deutschtumspflege" mit einer Deutschlandreise zu den Festspielen nach Oberammergau belohnt. Finanziert wurde diese Fahrt durch das Reichspropagandaministerium, das Auslandsgeistlichen die Möglichkeit geben wollte, das „neue Deutschland" kennenzulernen. Die deutsche Gesandtschaft hatte ihn dafür vorgeschlagen.715 Auch in Devisenfragen erwies sich die Nähe zur Gesandtschaft und der NSDAP als vorteilhaft. Von 1934 bis 1937 wurde das Pfarrgehalt zum Teil aus dem Aufkommen der Sammlungen des Winterhilfswerks ausgezahlt und mit der DEK in Deutschland verrechnet. Allerdings war, wie Fraustadt berichtete, der deutsche Gesandte, der das Geld in den genannten Jahren auszahlte, 1937 nicht mehr allein verfügungsberechtigt. Mit der Landesgruppe der NSDAP verlief die Abstimmung schwieriger, außerdem gab es auch von anderen Seiten Bitten um die Verrechnung der WHW-Gelder. Für 1939 sah Fraustadts Behörde von Transaktionen über AA, 9.1.1935; KA an Fraustadt, 2.2.1935; KA an Fraustadt, 22.7.1935; Fraustadt an KA, 1.12.1935; AA an KA, 27.12.1935; AA a n K A , 7.2.1936; AA an KA, 5.5.1936; AA an KA, 16.4.1937; Fraustadt an KA, 21.7.1937; AA an KA, 12.9.1938; AA an KA, 23.11.1938; AA an KA, 5.5.1939; KA an Fraustadt, 9.6.1939; AA an KA, 5.6.1940; DEK an Fraustadt, 11.4.1941). 7,2

Ab 1935 gehörte auch die Betreuung der kleinen Gemeinde evangelischer Deutscher in Havanna (Kuba) zu Fraustadts Aufgaben. Sie wurde 1940 eingestellt (EZA 5/2828, Jahresbericht 1935,23.3.1936; Fraustadt an KA, 20.5.1936; EZA 5/2829, Fraustadt an KA, 28.10.1941). 713

EZA 5/2828, Fraustadt an KA, 18.12.1936; Jahresbericht 1936, 14.5.1937.

714

EZA 5/2827, Ausschnitt aus dem Gemeindeblatt der Deutschen evangelischen Kirchengemeinde Mexico. Nr. 7, Juli 1933; Fraustadt an EO, 23.10.1933; Jahresbericht 1933, 21.2.1934; EZA 5/2828, Jahresbericht 1934, 18.4.1935; EZA 5/2929, Jahresbericht 1938, 16.2.1939; Fraustadt an KA, 3.9.1939; Kirchenvorstand an KA, 7.12.1943; Fraustadt an Deutsche Gesandtschaft Mexiko, 28.3.1940. Auch nach Kriegsbeginn erschien das Blatt weiter, als Herausgeber wurde ab 1939 der Organist der Gemeinde, Alexander Gibsone, genannt. Es erschien damals in 825 Exemplaren, von denen 100 an deutsche Seeleute auf den durch den Krieg in Mexiko festgehaltenen Schiffen gingen. Gibsone verstarb 1942 im Alter von 87 Jahren. Im selben Jahr erschien das Gemeindeblatt in einer Stärke von 12-16 Seiten, erst am Ende des Jahres wurde es eingestellt. 715

EZA 5/2827, Fraustadt an KA, 21.4.1934; Fraustadt an KA, 7.6.1934; Kirchenvorstand an KA, 10.6.1934. Er war insgesamt elf Wochen unterwegs.

305

das Winterhilfswerk ab. Fraustadt schlug vor, im Notfall auf den Kirchbaufonds zurückzugreifen und erhielt die Genehmigung dazu.716 Nach einem Bericht des Kirchenvorstands der Gemeinde nach Berlin erwirtschaftete sie 1942 sogar einen Überschuß durch erhebliche „Sondernotspenden" von zwei Mitgliedern. Die Mitgliedsbeiträge waren inzwischen erheblich zurückgegangen, was in dem Bericht auf die Entlassungen von Angestellten unter den Gemeindemitgliedern zurückgeführt wurde. Neben dem Geld aus dem Kirchbaufonds mußte Pfarrer Fraustadt auch ein persönliches Darlehen aufnehmen. Der Kirchenvorstand erhielt später von seinem Mitglied Ing. Fritz Dorsch einen Kredit.717 Das Problem der Amtserlaubnis für einen ausländischen evangelischen Pfarrer stand 1938 wieder an, da die Genehmigung Fraustadts im folgenden Jahr auslief. Eine Verlängerung war laut Gesetz nicht möglich und schien dem deutschen Gesandten aufgrund der antifaschistischen Stimmung in Mexiko auch unwahrscheinlich. Fraustadt selbst war zwar etwas reisemüde, aber grundsätzlich bereit, in Mexiko zu bleiben. Da er eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung besaß,718 versuchte die Gesandtschaft trotz ihrer Skepsis, eine Verlängerung der Amtserlaubnis zu erhalten. Ab dem 23. Juni 1939 stellte Fraustadt in der Öffentlichkeit die Amtstätigkeit ein, am 12. August erreichte ihn die Absage der mexikanischen Regierung.719 Ähnlich wie Rüdt von Collenberg führte er sie auf die politische Antipathie der mexikanischen Regierung zurück:

Es konnte nicht verborgen bleiben, dass sich unserem Anliegen gegenueber eine der deutschen schroff ablehnend gegenüberstehende Ideologie auf politischem Gebiete auswirkte, die im ungeheuerlichen Zustrom von Rotspaniern und Juden ins Land immer neue Nahrung findet. Juedische Elemente und leider auch einige unbelehrbare Deutsche treiben unter dem Deckmantel einer ,Liga fuer deutsche Kultur' mit Versammlungen, Konzerten und einer Flut von Maueranschlaegen in der Landessprache eine nicht unwirksam bleibende anti-deutsche Propaganda. Die Verhaeltnisse haben sich hier auch auf diesem Gebiete so zugespitzt, dass man sich regierungsseits mit einem Einsatz fuer deutsche Belange nicht mehr exponieren will.720

716

Den Hauptanteil am Pfarrgehalt trug der Evangelische Oberkirchenrat beziehungsweise der Kirchenausschuß der DEK. Allerdings konnte die Gemeinde einen Teil des Gehalts selber aufbringen (EZA 5/2827, Fraustadt an EO, 1.3.1934; Fraustadt an KA, 19.11.1934; EZA 5/2828, Fraustadt an KA, 4.1.1935; KA an Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung, 29.1.1935; KA an Fraustadt, 22.3.1935; Fraustadt an KA, 4.10.1935; Fraustadt an KA, 22.11.1935; NSDAP-AO an KA, 4.3.1936; Fraustadt an KA, 18.12.1936; Fraustadt an KA, 14.5.1937; Fraustadt an KA, 22.5.1937; Fraustadt an KA, 14.12.1937; AA an KA, 29.12.1937; Fraustadt an KA, 7.2.1938; WHW an KA, 19.3.1938; Fraustadt an KA, 9.3.1938; EZA 5/2829, KA an Fraustadt, 8.2.1939; Fraustadt an KA, 26.11.1939; KA an Fraustadt, 19.4.1940). 717

EZA 5/2829, Vorstand der Deutschen evangelischen Gemeinde Mexico an KA, 7.12.1943; Vorstand der Deutschen evangelischen Gemeinde Mexico an KA, 11.12.1943. Der KA versuchte im Juli 1944, der Deutschen evangelischen Gemeinde Mexico Uber die schwedische Gesandtschaft in Mexiko einmalig 13.000 RM zu überweisen (EZA 5/2829, KA an AA, 20.7.1944; AA an KA, 13.12.1944; KA an AA, 20.12.1944). 718

Seine drei Kinder waren in Mexiko geboren worden und hatten damit die mexikanische Staatsangehörigkeit. 719

EZA 5/2828, Fraustadt an Bischof Heckel, 9.8.1938; Fraustadt an KA, 19.9.1938; Deutsche Gesandtschaft an Fraustadt, 18.8.1938; EZA 5/2829, Fraustadt an KA, 15.5.1939; Fraustadt an KA, 13.6.1939; Fraustadt an KA, 12.8.1939. 720

EZA 5/2829, Fraustadt an KA, 12.8.1939.

306

Die Absage der mexikanischen Regierung hinderten Fraustadt und die Gesandtschaft nicht daran, die Angelegenheit weiter zu verfolgen. Die Möglichkeit, einen in Mexiko geborenen Nachfolger auszubilden, wie es im Gesetz erlaubt war, kam mangels Interesse der Deutschstämmigen nicht in Frage:

Aber soweit Abiturienten der hiesigen Deutschen Oberschule nicht in die vaeterlichen Geschaeftsbereiche eintreten, studieren sie hier, nur vereinzelt in Deutschland, fast ausschliesslich technische oder kaufmaennische Berufe. Mir ist kein Fall bekannt, dass einer von ihnen etwa das Lehrfach ergriffen haette, um es hier im Deutschtumsdienste auszuueben. Wie noch viel ferner liegt Soehnen unserer fast ausschliesslichen Kaufmannskolonie das Theologiestudium! 721

Nachdem an eine Ausreise Fraustadts nach Beginn des Krieges ohnehin nicht zu denken war, blieb er in Mexiko und ging mit Einschränkungen seiner Tätigkeit nach. Nur Gottesdienste und Trauungen in der Kirche konnten nicht durchgeführt werden. Weihnachten 1939 wurde mit einer liturgischen Feier in der Gesandtschaft begangen, an der etwa 300 Personen teilnahmen. 722 Im folgenden Jahr feierte die Gemeinde mit einer Sondererlaubnis in einer Methodistenkirche. Erst am 22. Feburar 1941 erreichte die DEK ein Telegramm, in dem Fraustadt die erneute Erteilung einer Amtserlaubnis mitteilte. Voraussetzung für den Erfolg war der Wechsel der mexikanischen Regierung gewesen.723 Obwohl es 1942 Gerüchte gab, daß Fraustadt und seine Familie aus Mexiko ausgewiesen worden wären, konnte der Pfarrer auch nach Mexikos Eintritt in den Zweiten Weltkrieg seine Tätigkeit fortsetzen. Die Gemeinde in der Hauptstadt bestand weiter und Besuche in Puebla waren möglich. Außerdem betreute Fraustadt die in Perote internierten etwa 250 Seeleute und „einige" Gemeindemitglieder. 1943 soll die Kirchengemeinde die „einzige noch arbeitende deutsche Einrichtung" gewesen sein.724 Fraustadt blieb bis zu seinem Tod 1954 Pfarrer der Gemeinde. 725 Der Kriegseintritt Mexikos hatte für die deutsche Kolonie einschneidende Folgen, da nun fast alle deutschen Organisationen ihre Tätigkeit einstellen mußten. Das Deutsche Haus wurde im Juni 1942 vom mexikanischen Innenministerium geschlossen. Seit dem 1. März 1943 wurde das Gebäude an die Confederación Nacional Campesina vermietet.726 Betroffen waren auch der Deutsche Ruderverein und der Deutsche Reitverein. 727 721

EZA 5/2829, Fraustadt an KA, 12.8.1939.

722

EZA 5/2829, Fraustadt an KA, 6.5.1940.

723

EZA 5/2829, Fraustadt an KA, Eingang 22.2.1941; Fraustadt an KA, 6.1.1941.

724

EZA 5/2829, Fügner an KA, 19.3.1942; Fügner an KA, 8.6.1942; Fraustadt an KA, 15.1.1942 [Eingang DEK 9.6.1942]; Evangelisches Hilfswerk für Internierte und Kriegsgefangene an KA, 4.8.1942; Fraustadt an Thomas, 25.8.1942; Vorstand der Deutschen evangelischen Gemeinde Mexico an KA, 11.12.1943; Legación Suecia. Sección B. Encargada de los intereses de Alemania en México, 16.12.1942 [Stellungnahme Natus]. Unter den in Perote Internierten befanden sich auch die beiden NSDAP-Mitglieder G. Heimpel und Walter Schmiedehaus aus Chihuahua (Schmiedehaus 1951: 535). 725

Gemeindebuch. 50 Jahre Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache in Mexiko 1977: 15.

726

AHSRE III-672-5.

727

EZA 5/2829, Liste der von der Mexikanischen Regierung intervenierten Häuser [Anlage zu LateinAmerikanischer Verein Hamburg-Bremen e. V. an DEK, 19.1.1943]. Eine Liste der bis Oktober 1942 beschlagnahmten Firmen und Organisationen findet sich in Anhang 10. Sie umfaßt nicht die Gesamtheit

307

Der Turnverein, der 1935 sein sechzigjähriges Bestehen völlig „gleichgeschaltet" gefeiert hatte, konnte jedoch weiterbestehen (Bopp 1979: 540; Westphal 1955: 231232).728 Die Deutsche Zeitung von Mexiko, die zu einem Organ der Nationalsozialisten geworden war, wurde im März 1942 eingestellt (Bopp 1985: 108-109). Wie schon an der Geschichte der deutschen Schule deutlich wurde, haben die mexikanischen Behörden die nationalsozialistischen Aktivitäten von deutschen Vereinen und Institutionen durchaus nicht ignoriert, auch wenn sie erst 1942 rigorosere Maßnahmen dagegen ergriffen. 1937 berichtete das mexikanische Generalkonsulat in Hamburg dem Außenministerium ausführlich über den in Stuttgart gefeierten Kongreß der Auslandsdeutschen und die dort gehaltenen Reden. Auf Bitten der SRE erstellte das Innenministerium eine Liste der Deutschen, die im Juli 1937 als emigrantes temporales, turistas oder transmigrantes Mexiko zeitweise verlassen hatten und von denen einige vermutlich am Kongreß teilnahmen. Zehn Personen waren auf der Liste mit Adresse und Beruf als emigrantes temporales aufgeführt, weitere fünfzehn Namen bezeichneten turistas, drei Deutsche waren als transmigrantes ausgereist. Das Außenministerium hielt diese Personen für Zuträger des Deutschen Ausland-Instituts.729 Schuler (1988: 314) fand Hinweise darauf, daß die mexikanische Regierung sich bereits seit 1938 auf die Erstellung einer „Schwarzen Liste" vorbereitete. 1937 und 1938 waren auch die Aktivitäten der 1937 gegründeten Liga Pro Cultura Alemana am stärksten. Sowohl die deutsche Schule als auch die evangelische Kirchengemeinde führten ihre Schwierigkeiten mit den mexikanischen Behörden auf die Liga, die mit den mexikanischen Gewerkschaften zusammenarbeitete, zurück. Die Organisation versuchte ein Gegenforum zu bilden gegen die Gesandtschaft und die „gleichgeschalteten" Organisationen, für die „deutsch sein" bedeutete, die nationalsozialistische Gesinnung zu leben und zu propagieren. Rüdt von Gollenberg bemühte sich einerseits, bei den mexikanischen Behörden gegen antifaschistische Äußerungen zu intervenieren,730 andererseits warnte er die Kolonie vor einer Teilnahme an den Aktivitäten der Liga: der im Krieg beschlagnahmten Unternehmen und Einrichtungen. Vgl. dazu und zur Arbeit der Junta de Administración y Vigilancia von Mentz (1988c: 215-230) und Radkau (1988a: 178-180). 728

1 933 gehörten folgende Personen dem Vorstand des Turnvereins an: Emil Heinze Sr. (1. Vorsitzender), Felix Heyne (2. Vorsitzender und Turnwart), Karl Schweinfurth (Schriftwart), Karl Sartorius (Propaganda), Luise Bettinger (Vertreterin der Damenriege). Vgl. Deutsch-mexikanisches Adressbuch [.„1 1938 [o. J.]: 254. 729

AHSRE III-358-3. In einem von Subsecretario Lic. Ramón Beteta unterzeichneten Schreiben der SRE an das Innenministerium vom 4.11.1937 heißt es: „Como se supone que en dicho mes [julio de 1937] debieron salir con destino a Europa aquellos alemanes domiciliados en México que, directa o indirectamente, sirven de agentes de información para el llamado .Instituto de Alemanes en el Extranjero' (órgano que, en el fondo, es un poderoso instrumento de espionaje y de acción política del Gobierno del Reich), mucho agradeceré a usted que, con toda discreción, sigan haciéndose las pesquisas necesarias para averiguar los antecedentes de las personas cuyos nombres figuran en la lista de que acuso recibo. Convendría, asimismo, adoptar medidas que usted juzgue más adecuadas para esclarecer con exactitud la fecha en que los interesados regresen a México y someterlos, con la mayor cautela, a una vigilancia que nos permita saber cuáles son las verdaderas actividades de investigación y de propaganda que algunos de ellos tengan encomendadas." 730

1938 hieß es in einem Memorandum der SRE, daß die deutsche Gesandtschaft sich kontinuierlich über Wandmalereien beklage, „en que aparece Hitler en actitud francamente ofensiva". Die Gesandtschaft verlangte die Entfernung der Fresken (AHSRE III-1235-1). Im Frühjahr 1939 war es Rüdt nicht gelungen, die Vorführung von zwei „gegen das Neue Deutschland" gerichteten Filmen zu verhindern (DVM. Mitteilungen [.„1. Nr. 15, 1939: 42).

308 Zahlreiche Angehörige der deutschen Kolonie in Mexiko haben in den letzten Tagen Einladungen einer anscheinend neugegründeten sogenannten ,Liga pro-Cultura [sie] Alemana en México' zu sechs Veranstaltungen dieser Liga im Palacio de Bellas Artes erhalten. Der Inhalt des Programms der Veranstaltungen, wenngleich Namen wie Goethe, Kant und Schopenhauer darin erscheinen, und die Persönlichkeiten der Veranstalter, lassen ohne weiteres erkennen, dass die sogenannte ,Liga pro Cultura Alemana en México' und deren Veranstaltungen keinerlei Unterstützung oder Förderung von deutscher amtlicher, wissenschaftlicher oder kultureller Seite erhält und dass somit die Veranstaltungen nicht geeignet sind ein Bild der wahren deutschen Kultur zu geben, dass vielmehr eine zum Heile des deutschen Volkes glücklicher Weise überwundene, unsittliche und verwerfliche Unkultur vorgezeigt werden soll. Kein deutscher Mann und keine deutsche Frau werden infolgedessen die erwähnten Veranstaltungen besuchen. 73 '

1938 begann im Mitteilungsblatt der DVM eine Artikelserie über „Deutsche Kultur richtig gesehen", die einen Überblick über „die deutsche, also nationalsozialistische Auffassung der Kultur als Ergebnis deutscher Art und Sitte" geben sollte und die sich explizit gegen die Vorträge der Liga wandte. Den ersten, antisemitischen, Artikel lieferte Wilhelm Pferdekamp.732 Im November 1938 empörte sich die deutsche Gesandtschaft über Plakate der Liga mit der Aufschrift: „Mexicanos, Sabéis Que Sois Raza de Segunda clase".733 Auf diesen Plakaten war die Antwort des Rechtsamtes der NSDAPAuslandsorganisation wiedergegeben, nach der die mexikanische Ehefrau des deutschen Fragestellers nur dann als der arischen Rasse angehörig akzeptiert werden könne, wenn sie den Nachweis erbringen könnte, daß „eine indianische Blutsbeimischung in ihrer Familie nicht existiert, mindestens aber seit 1800 nicht mehr vorgekommen ist".734 Die Liga, die nur über wenig Mitarbeiter,735 aber breite Sympathien in der mexikanischen Öffentlichkeit, bei den Gewerkschaften und im Erziehungsministerium verfugte, lud im April 1938 erstmals zu einem Vortrag: Der mexikanische Arbeiterführer Vicente Lombardo Toledano sprach über Goethe (Pohle 1994-1996: 101).736 Nach dem ersten 731

DVM. Mitteilungen Í-.1. Nr. 4, 1938: 11.

732

DVM. Mitteilungen [—1. Nr. 5, 1938: 1-3. In der gleichen Nummer schrieb Dr. Arno Fuchs, Parteimitglied und Lehrer an der deutschen Schule, „Zum Thema: .Verbotene Musik'"; außerdem Arthur Dietrich über „Deutsche Kultur, wie sie wirklich ist". 733

DVM. Mitteilungen f...1. Nr. 10, 1938: 11. Die Gesandtschaft schrieb dazu unter anderem, daß zwar in Deutschland die Vermischung verschiedener Rassen als unerwünscht und schädlich gelte, dies aber keine Minderbewertung fremder Rassen darstelle. Als Beleg führte der Artikel die „vielseitigen Familienbeziehungen" zwischen Mexikanern und Deutschen an. Auch A. Dietrich nahm im gleichen Heft der DVM ausführlich zu dem Plakat Stellung und schrieb es jüdisch-kommunistischer Hetze zu. Anders als der Text der Gesandtschaft machte Dietrich aus seiner Ablehnung gegenüber „Mischlingen" jedoch keinen Hehl und verwies unter anderem darauf, daß in Mexiko [richtig: in Sonora] Ehen zwischen Mexikanern und Chinesen verboten worden waren. 734 Zitiert nach Pohle (1994-1996: 96). In diesem Aufsatz stellt Pohle den Vorfall in seinem Zusammenhang des deutschen Widerstands in Mexiko dar. Rüdt von Collenberg reagierte nicht nur mit Veröffentlichungen in der deutschsprachigen Presse auf die Provokation der Liga, sondern protestierte auch beim mexikanischen Außenministerium dagegen und brachte seine Presseerklärung auf die Titelseiten der Tageszeitungen Novedades und El Universal (Pohle 1994-1996: 97). Zur Liga Pro Cultura Alemana vgl. auch Pohle (1986: 83-112) und Kießling (1989:230-254,267-272). 7,5 736

Sie hatte vor dem Krieg vermutlich weniger als zwanzig Mitglieder (Pohle 1986: 98-99).

Es folgten Vorträge über Heinrich Heine (Rafael Sánchez de Ocafia), „Verbotene Musik" (Luis Sandi), Kant und Schopenhauer (Prof. Adalberto García de Mendoza), „Verbrannte Literatur" (Ermilo

309

Vortragszyklus über deutsche Kultur veranstaltete die Liga, der dafür der Palacio de Bellas Artes im Zentrum von Mexiko-Stadt und Sendezeit im Radio zur Verfugung gestellt wurde, eine Reihe zum Thema „EI Nazismo" 737 und, im Frühjahr 1939, eine weitere zu „El Fascismo". Proteste Rüdt von Gollenbergs an das mexikanische Außenministerium blieben nicht aus. Außerdem versuchte er, Lombardo Toledano wegen Beleidigung eines Staatsoberhauptes (Hitlers) gerichtlich zu belangen, was aber nicht gelang (Pohle 1994-1996: 103-105; Schuler 1998: 141). Lombardo Toledano engagierte sich weiter gegen den Faschismus und veröffentlichte 1941 die Broschüre Como actúan los Nazis en México, in der zahlreiche Namen und Adressen von „Nazi-Agenten" veröffentlicht wurden (Lombardo Toledano 1941).738 Sie beruhte auf einer von ihm am 17. Oktober 1941 in der Arena México gehaltenen Rede. Die Zeitung El Popular veröffentlichte am folgenden Tag mehrere Artikel über nationalsozialistische Aktivitäten in Mexiko, druckte eine Karte mit den Stützpunkten der Landesgruppe der NSDAP ab und veröffentlichte Namen von als Konsuln verkappten Nazi-Agenten. Im August 1940 geriet die deutsche Schule in das Blickfeld des US-amerikanischen Fotographen Malcolm Bissel, der von Direktor Schröter und dem Lehrer und NSDAPMitglied Karl Kayser dabei ertappt wurde, wie er letzteren beschattete und wie er am selben Vormittag auf dem Schulgelände Aufnahmen gemacht hatte. Bissel hatte in einem Auto mit einem Nummernschild aus Texas angeblich auch die deutsche Gesandtschaft observiert. Die Gesandtschaft fürchtete wohl nicht zu Unrecht, daß Bissel in der US-amerikanischen Presse über Nazi-Aktivitäten in Mexiko berichten wollte und protestierte vor dem mexikanischen Außenministerium. Minister Hay versicherte zwar, daß die Schule weiterhin unter dem Schutz der Behörden stünde, solange sie die mexikanischen Gesetze einhielte, kritisierte aber das Vorgehen Schröters und Kaysers gegenüber Bissel, dem sie die Kamera abgenommen hatten, ohne die mexikanische Polizei einzuschalten.739 Dieser Vorfall, der nach den Ausführungen Rüdt von Gollenbergs in der mexikanischen Presse ein breites Echo gefunden hatte, belegt einerseits das nachlassende Interesse der mexikanischen Behörden an guten Beziehungen zu Deutschland, andererseits aber auch das scharfe Interesse der USA an den deutschen Nazi-Aktivitäten in ihrem Nachbarland. Davon zeugt auch ein ebenfalls die Schule betreffender Bericht des State Department über Lehrer und Personal, die in Verdacht standen, Nazis zu • 740 sein. Das Wehrpflichtgesetz vom 21. Mai 1935, das die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland wieder einführte, bezog sich nur auf Reichsangehörige, nicht aber auf ehemalige deutsche Staatsbürger. Bei doppelter Staatsangehörigkeit ging die Reichszugehörigkeit Abreu Gómez, José Mancisidor) und Hegel, Marx und Engels (Enrique González Aparicio). Pohle weist darauf hin, daß die Liga, die ihr Publikum zum nicht geringen Teil im mexikanischen Mittelstand fand, auch eine wichtige innenpolitische Funktion ausfüllte und für die cardenistische Politik warb. 737

Ein Höhepunkt dieser Vortragsreihe war der Vortrag von Prof. Enrique Beltrán von der Secretaria de Educación Publica über „Rassen erster und zweiter Klasse" (Pohle 1986: 94-97). 738

Der Text verfolgt eindeutig propagandistische Ziele.

739

AHSRE III-2406-1. Den Fotoapparat erhielt Bissel später mit Unterstützung durch das US-amerikanische Konsulat von der Polizei des Distrito Federal zurück, der Verbleib der Filme konnte trotz wiederholter Anfragen der US-amerikanischen Botschaft bis Ende Juni 1941 nicht aufgeklärt werden. 740

AHSRE III-236-10. Die Informationen, die dem Außenministerium durch die US-amerikanische Botschaft am 13.8.1941 übermittelt wurden, waren ziemlich allgemein. Bei einigen Namen bestand Unklarheit, Vorstandsmitglieder der Schule wie Victor Mueller und Ewald Bork wurden als „stafl" aufgeführt.

310

vor, die Betreffenden waren also wehrpflichtig. Allerdings wurden dauernhaft im Ausland lebende Wehr- und Arbeitsdienstpflichtige nicht in Dienst gestellt, auslandsdeutsche Freiwillige in der Wehrmacht nicht akzeptiert.741 1938 hatten sich alle Dienstpflichtigen (männliche deutsche Staatsangehörige der Geburtsjahrgänge 1918 und 1919) bei der Deutschen Gesandtschaft oder den Wahlkonsulaten anzumelden. Sie konnten vom 1. April bis zum 30. September 1939 zum Reichsarbeitsdienst und ab dem 1. Oktober 1939 zum aktiven Wehrdienst herangezogen werden. Wer sich nicht anmelde, müsse mindestens mit einer Strafanzeige rechnen, hieß es in der Bekanntmachung der deutschen Gesandtschaft. Auch Freiwillige konnten sich zum Reichsarbeitsdienst und zum Dienst in der Wehrmacht melden. Es ist nicht bekannt, wieviele Deutsche aus Mexiko am Krieg teilnahmen. Das Denkmal für die Kriegsgefallenen auf dem deutschen Friedhof in Tacuba verzeichnet für den Zweiten Weltkrieg dreißig Namen, zum Teil auch solche von alteingesessenen Einwandererfamilien. Nach dem Willen der Gesandtschaft sollte nach Kriegsbeginn ein „deutscher Ausschuss" die Interessen der Kolonie wahren. 743 Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Mexiko und Deutschland im Dezember 1941 beendete den Einfluß Rüdt von Gollenbergs. Die NSDAP-Landesgruppe, die ihm seit September 1939 für die Dauer des Krieges unterstellt worden war, hatte sich im April 1941 „freiwillig" aufgelöst Radkau (1988a: 165, 170). Ihrem Leiter Wilhelm Wirtz war es 1939 wegen des Krieges nicht möglich gewesen, von einer Deutschlandreise nach Mexiko zurückzukehren. Die Leitung der Deutschen Volksgemeinschaft war 1938 dahingehend reformiert worden, daß nur noch Deutsche mit mexikanischer Staatsbürgerschaft in Ämtern in Erscheinung traten. Die Propagandaaktivitäten waren eingeschränkt worden und man vermied es auch, Mexikaner zu den Veranstaltungen einzuladen. Im Juni 1942 wurde die Deutsche Volksgemeinschaft aufgelöst.744

4.4.3 Die US-amerikanische Kolonie'. Reorganisation und Expansion

Die US-amerikanische Kolonie, die durch die Mexikanische Revolution stark geschädigt und zahlenmäßig geschwächt worden war, erlebte nach 1920 einen heftigen Aufschwung. Die Zahl der US-Amerikaner im Distrito Federal betrug 1921 2548 (1383 Männer und 1165 Frauen), 1930 2819 (1389 Männer und 1430 Frauen) und 1940 3839 (2009 Männer und 1830 Frauen). 745 1940 lag ihre Anzahl damit deutlich höher als in den zwei vorhergehenden Zensus. Außerdem läßt sich, ganz anders als bei den Deut-

741 Diese Bestimmungen galten auch für ehemalige österreichische Staatsangehörige der in Frage kommenden Jahrgänge. Österreichische und deutsche Offiziere und Wehnnachtsbeamte wurden gebeten, sich bei der Gesandtschaft zu melden. Juden waren vom Wehrdienst generell ausgeschlossen (N. S. Herold. Bd. 2, Nr. 22, 1935:40). 742

N. S. Herold. Bd. 5. Nr. 54, 1938: 48: DVM. Mitteilungen f...]. Nr. 11, 1938:30.

743

DVM. Mitteilungen [ - 1 . Nr. 20, 1939: 1.

744

Radkau 1988a: 162-163; AHSRE 111-754-16.

745

Vgl. Tabelle 24 in Kapitel 3.2.1.

311

sehen, kein Einbruch aufgrund der nationalistischen Ausländerpolitik Mexikos feststellen. Nicht alle US-Amerikaner im Distrito Federal können zur Kolonie gerechnet werden. Auch die Zahl von sonstigen Residenten, Touristen und Reisenden hatte seit der Revolution zugenommen, wozu die Berichte von Journalisten und die kontroversen Diskussionen um die Untersuchungen des Senators Fall im Jahr 1919 sicherlich ebenso beigetragen hatten, wie der Eklat um das nach der Fertigstellung 1933 zerstörte Wandgemälde Diego Riveras am New Yorker Rockefeller Center.74 Stuart Chase (1931: 270271), ein linker, indigenistischer Reisender und zeitweiliger Resident in Mexiko, veröffentlichte eine Typologie seiner Landsleute: There are four kinds of Americans in Mexico. Tourists. Like tourists anywhere, except possibly a little hardier. They do not like Mexican hotels, and their conversation turns mainly on indignities suffered therein; that and their custom's grievances. Students. We might term them the popular arts boys (and girls). They are tough, intelligent, enormously enthusiastic, a little mystical, and in various stages of going native. Mexico has got them and it is doubtful if they can ever break loose. On their right flank march the more stolid battalions of arqueologists, investigating scientists, and even a lonely economist or two, like myself. They seldom have a settled place of residence. Residents. A very small and select group which loves the country, likes the Indians and associates freely with government officials and other white Mexicans. It may be identified readily by the excellent display of native handicrafts in its houses. The American colony. A larger group, representing primarily commercial interests, and oriented about the Country Club. Vestiges of it will be found in all the larger cities, but the prime exhibit is the capital. It has little or no handicraft work in its houses; all members sigh of the good old days; all have the Diaz [sic] reflex, dependable as the knee jerk; all dislike Mexicans in any form, and are interested in Indians only in conjunction with the servant problem. This they discuss interminably. They were, as a class, bitterly disappointed in Mr. Morrow because he gave more consideration to the viewpoint of Mexico than to their own particular grievances - their mines, haciendas, franchises and oil wells. They hold that an American woman who associates with Mexicans is no better than she should be. They conceive it sometimes inevitable, but no part of their duty, to leam Spanish. They try to keep their children spotless from local contamination. They move in a close, unventilated circle of club, dinner, bridge, golf and Sanborn's tea and gift shop. They are not averse to alcohol in all forms and unlimited quantities.747

Ähnlich negativ wie Chase, allerdings noch etwas bitterer, stellte der Autor und Englischlehrer Carleton Beals (1923: 223-231) die US-amerikanische Kolonie dar. Die Soziologin Davis (1942: 259) unterschied vier Gruppen, aus denen sie sich zusammensetzte:

746

Zu den expandierenden kulturellen Beziehungen zwischen Mexiko und den USA zwischen 1920 und 1935 vgl. Delpar (1992).

747

Die Kritik von Chase und anderen bezüglich der geringen Verwendung von mexikanischem Kunsthandwerk in der US-amerikanischen Kolonie wurde von dieser rezipiert und zurückgewiesen. Dabei wurde vor allem angeführt, daß viele der häufig sehr farbenfrohen Artikel nicht zur Einrichtung paßten. Mit Schnitzereien verzierte Tische und Bilderrahmen, Federbilder und lackierte Tabletts würden jedoch durchaus benutzt. Besonders beliebt war Silber: „Silverware is the favorite Mexican product in American homes, and most women attempt to complete tea services of Mexican silver" (Davis 1942: 120).

312 (1) older persons, of many years' residence in Mexico, survivors of the old foreign aristocracy; (2) foreigners who have entered Mexico since 1922; (3) children of the older residents, unmarried or married to Americans and other nationalities; (4) those who have married Mexicans. The degree of „Mexicanization," and the rapidity with which it proceeds, increases directly from group one to four.

Obwohl es Ehen zwischen in Mexiko lebenden US-Amerikanern und Mexikanern gab, führten diese Verbindungen selten zur einer Assimilation des US-amerikanischen Partners. Den höchsten Druck zu einer Angleichung erfuhren US-Amerikanerinnen, die sich mit mexikanischen Männern verheirateten und zu ihren Schwiegereltern zogen. „There are women who thus have been lost to the American group", schrieb Davis (1942: 15) dazu. 748 Allerdings waren ihrer Darstellung nach die meisten Mexikaner, die sich mit US-Amerikanern verheirateten, bereits sehr stark an die US-amerikanische Sprache und Kultur angepaßt. Häufig waren sie in den USA, in Europa oder in den USamerikanischen Institutionen in Mexiko erzogen worden. Davis (1942: 155-156) wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, daß viele Mexikaner ihre Kinder (häufig die Söhne) während der Revolution auf Schulen in die USA oder nach Europa geschickt hatten. Manche hatten sich dort verheiratet und kehrten mit ihren Familien nach Mexiko zurück. Diese Paare lebten nicht bei der mexikanischen Familie, sondern in einem eigenen Heim. Sie kamen meist aus der Oberschicht und wollten ihre Kinder US-amerikanisch erziehen (Davis 1942: 15-16, 149).749 Erfolgreiche Verbindungen zwischen US-Amerikanern und Mexikanern galten bei vielen in der Kolonie jedoch als ungewöhnlich (Davis 1942: 160).750 Eltern waren häufig gegen eine Verbindung ihrer Töchter mit mexikanischen Männern: „Parents do frequently attempt to instil in their daughters a feeling against marrying Mexicans, and when parents see that there may be some danger of such marriage they have been known to send their daughters to the United States" (Davis 1942: 148). Mexikanische Ehefrauen aus der Oberschicht konnten sich dagegen durchaus in die Kolonie eingliedern. Eine wichtige Rolle spielten neben ihrem sozioökonomischen Status dabei ihre Sprachkenntnisse im Englischen (Davis 1942: 163, 278).751 Nach Davis (1942: 163) lehnten vor allem die old-timer Ehen mit Mexikanern ab:

748

Ebenfalls nicht zur US-amerikanischen Kolonie gehörten diejenigen US-amerikanischen Ehefrauen, die in den USA mexikanische Arbeitsmigranten geheiratet hatten und die in der Zeit der US-amerikanischen Einwanderungsbeschränkungen und Repatriierungen mit ihren Ehemännern nach Mexiko gelangten, ohne daß sie dies ursprünglich gewünscht oder geplant hatten (Davis 1942: 158-159). 749 Im Mexican American (31.1.1925 : 7) freute sich John Page, Autor eines Artikels über The Spread of American Customs, über die wachsende Verbreitung der englischen Sprache: „To Americans the most gratifying development of recent years undoubtedly has been the rapid growth of the English language in Mexico. Not many years ago, the French tongue was a necessary part of every Mexican child's education, and ranked, as the second language of the country. German was third and English fourth. Conditions have changed so within the past decade that English is easily the second language, and almost invariably is the one preferred by a Mexican boy or girl when given an opportunity to leam one foreign tongue in school." 750

Zu den Problemen ausländischer, in Mexiko verheirateter Frauen vgl. auch Verna Carleton Millan (1939: 148-149, 300-301). Sie selbst hatte in den USA einen dort ausgebildeten mexikanischen Arzt geheiratet und war mit ihm nach Mexiko gezogen. 751

Die Bedeutung der Schichtzugehörigkeit für das Ansehen einer interethnischen Ehe bemerkte auch Beals (1923: 227): „An American who falls so low as to marry a Mexican woman, unless she is of the very highest circles of society, is known as a .squaw-man' and his children are ,half-breeds.'"

313

To them a person who marries a Mexican has lost his status and self-respect as an American. This attitude holds true in the case of the American who marries into a middle or lower class Mexican family. However, the considerable number of Americans who have married into upper class Mexican families has somewhat changed this view. The greater contacts between the two groups as children who have grown up together in the American School is also changing the attitude against intermarriage.

Anhand des Anglo-Ämerican Directory von 1941 stellte Davis eine Tabelle der Nationalitäten der Ehepartner zusammen (vgl. Tabelle 55).752 Trotz der insgesamt geringen Zahlen wird deutlich, daß sich mehr US-amerikanische Männer mit mexikanischen Frauen verheirateten, als US-amerikanische Frauen mit mexikanischen Männern. Tabelle 55: Nationalitäten von Ehepartnern US-amerikanischer Residenten in Mexiko, 1941 Ehemann US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch Mexikanisch Britisch Kanadisch Französisch Deutsch Schottisch Schwedisch Dänisch Argentinisch Summe

Ehefrau Mexikanisch Britisch Russisch Spanisch Schweizerisch Kubanisch Kolumbianisch Costaricanisch Rumänisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch US-amerikanisch

Anzahl | 85 9 2 1 1 1 1 1 1 24 20 7 3 2 1 1 1 1 162

Quelle: Davis (1942: 155).

Kinder, die in Mexiko aufwuchsen, hatten meist mexikanische Kindermädchen und lernten dadurch früh Spanisch.753 Wie Davis (1942: 139) feststellte, resultierten diese Sprachkenntnisse aus dem intensiven Kontakt zu wenigen Mexikanern, nicht aus exten752

,.Americans Married to Other Nationalities". Leider fehlt eine Vergleichszahl deijenigen US-Amerikaner, die sich endogam verheirateten. 753

Zu der Beziehung zwischen Kindern und Kindermädchen schrieb Davis (1942: 141): „Children soon learn that they may dominate the maids who take care of them and they have to do only the things they desire. [...] At the American school one of the greatest difficulties with the children arises from their habit of ordering servants about. One teacher cites the example of asking one student to pick up a piece of paper which he had dropped on the floor. The child refused to do so, saying that he had a maid to do such tasks. [...] One four-year-old always speaks of ,my' maid."

314

siven Kontakten zu einer Vielzahl von Sprechern. Wenn dieser intensive Kontakt fehlte, blieben die Spanischkenntnisse schlecht. Seit der Eingliederung der US-amerikanischen Schule in das mexikanische Unterrichtssystem 1934 wurden auch dort ausreichende Sprachkenntnisse im Spanischen vermittelt. Allerdings führte der Gebrauch beider Sprachen durch die Kinder teilweise zu Befürchtungen der Eltern, die Englischkenntnisse würden vernachlässigt. Davis (1942: 140) hielt diese Ängste, die in Einzelfällen zur Belohnung der Kinder führten, wenn sie eine Mahlzeit hinter sich brachten ohne ein spanisches Wort zu verwenden, für übertrieben: „However, American children playing together seldom use only Spanish. They speak either English or a mixture of the two languages." Anders sah die Situation in der älteren Generation aus. Vor allem langjährig ansässige US-Amerikaner sprachen kein Spanisch.754 Zu diesen zählte auch der Mäzen der USamerikanischen Schule S. Boiling Wright, der seit 1904 als Geschäftsmann in Mexiko lebte (Scanion 1984: 47, Davis 1942: 265-266). Frauen aus dieser Einwanderergeneration hatten noch weniger Anlaß zum Spracherwerb als die Geschäftsmänner: „A few of them realize their own lack of participation in Mexican life. One woman now apologizes for her inabilitiy to speak Spanish after thirty-four years of residence in the country, explaining that in those days there was little opportunity or occasion for an American woman to use Spanish" (Davis 1942: 262263). Obwohl die Zahl der old-timer, also derjenigen, die bereits vor der Revolution in Mexiko gelebt hatten, ständig abnahm, übten sie weiterhin Einfluß innerhalb der Kolonie aus. Die „new immigration", deren Beginn Davis (1942: xiv, 263) mit den frühen 1920er Jahren ansetzte, unterschied sich von ihnen:

Although they hold responsible positions, they are not the leaders in important activities of the nation as were their predecessors. They consider themselves an upper middle class group with sufficient income to enjoy life in the city. They have found well-established institutions of their own group, have entered into these without question, and have originated additional organizations.

Der Grund für die Einwanderung nach Mexiko war zumeist der Wunsch, Einkommen und Lebensstandard zu erhöhen. Nur wenige US-Amerikaner kamen jetzt als selbständige Unternehmer. Die Mehrzahl arbeitete für einen US-amerikanischen Konzern und wechselte bei der Einrichtung einer mexikanischen Filiale den Einsatzort. Einige von ihnen begannen nach mehreren Jahren in Mexiko mit Geschäften auf eigene Rechnung. Durch die mexikanische Arbeitsgesetzgebung verringerte sich ab Mitte der 1930er Jahre die Zahl der US-amerikanischen Angestellten eines Unternehmens, jedoch blieben die Präsidenten oder Manager US-Amerikaner (Davis 1942: 72-74). 7 5 Nach den

754

Dies meldete auch der Mexican American (7.11.1925: 17): „[...] there are hundreds of Americans who have resided in the Mexican capital for years and are unable to carry on the simplest conversation in the language of the country. Indee[d], one old timer in Mexico is fond of boasting that he .wouldn't know how to ask for a drink of water in Spanish.'" Eine weitere Beschreibung dieses Phänomens findet sich bei Beals (1923: 225). 755

Trotzdem stieg die Zahl der US-Amerikaner im Distrito Federal.

315

von Davis ausgewerteten Angaben über die Berufe von US-Amerikanern, die bei ihrem Generalkonsulat im Distrito Federal registriert waren, ergibt sich eine starke Konzentration im kommerziellen Bereich (vgl. Tabelle 56). Bedürftige US-Amerikaner zählten nicht zur US-amerikanischen Kolonie.756 Bei Davis (1942: 80-81) heißt es dazu:

They are not listed in directories or in the clubs and organizations because they are not financially able to belong to them. Their contacts with Americans are usually limited to requests for financial aid. [...] The American who takes over lower-class Mexican mores slips into the status of the Mexican whom he imitates. When this is true such a person may not keep his position and is lost to the activities of the American Colony.

Tabelle 56: Berufe von US-Amerikanern im Distrito Federal Classification In employ of United States government Representatives and employees of American commercial concerns Representatives and employees of foreign commercial concerns In independent commercial business Lawyers Doctors of medicine and dentists Educational work (non-sectarian) Educational work (sectarian) Other professions Students All others Summe

Anzahl | 68 467 81 180 11 22 68 60 213 89 330 1589

Quelle: Davis (1942: 77).

Für in Mexiko geborene US-amerikanische Frauen waren die Berufaussichten begrenzt. Absolventinnen von Colleges in den USA hatten gute Chancen, an der US-amerikanischen Schule als Lehrerinnen unterzukommen, wenn sie aufgrund ihres Geburtsortes die mexikanische Staatsangehörigkeit geltend machen konnten. In der Wirtschaft waren ihnen jedoch nach der Darstellung von Davis (1942: 147) die Gehälter zu gering. Nur an der US-amerikanischen Botschaft wurden Sekretariatsarbeiten angemessen entgolten.757 Für die selten berufstätigen und durch oft mehrere Hausangestellte entlasteten US-amerikanischen Frauen hatte deshalb das soziale Leben der Kolonie mit zahllosen Bridgeparties und Tanztees eine hohe Bedeutung.758 Hinzu kam bei vielen das Engagement für karitative oder kirchliche Belange.

756

Die Gründe für ihre schlechte Situation lagen zumeist in beruflichem Scheitern, zum Teil auch im Alkohol- und Drogenmißbrauch. 757

Davis (1942: 147-148) schrieb: „In the business world the American girl finds wages too low to interest her. She must work for the same salary as the Mexican, and receives far too little for self-support. The American Embassy frequently employs girls from the Colony. Only here do American girls find secretarial work satisfactory." 758

Zu dem Problem der Dienstboten und der Freizeitgestaltung der Frauen vgl. Davis (1942: 133-137, 211-214). Danach scheinen Tanztees in den 1930er Jahren etwas an Bedeutung verloren zu haben, während Bridge nachmittags und abends gespielt wurde.

316

Das Verhältnis zwischen Kolonie und diplomatischer Vertretung war unter Botschafter James Rockwell Sheffield (1924-1927) sehr harmonisch gewesen. Der Jurist Sheffield759 machte sich die Probleme der Geschäftsleute zu eigen und sah sich als ihr Interessenvertreter vor der mexikanischen Regierung. Eman Beck, Präsident der Mexico City Banking Corporation, hatte dem Ehepaar Sheffield sein Haus kostenlos zur Verfugung gestellt, nachdem dieses den Wohnbereich der Botschaft zu klein fand. „Beck se convirtió pronto en uno de los amigos más cercanos de Sheffield y pocos meses después el embajador era su representante oñcial ante las autoridades mexicanas", schreibt Horn (1970: 273) über ihr Verhältnis. Das Wohnungsproblem Sheffields wurde dadurch gelöst, daß ein zusätzliches Botschaftsgebäude gebaut und 1925 eingeweiht wurde. Die frühere Botschaft konnte nun zur Privatwohnung des diplomatischen Vertreters umgestaltet werden.760 Das Grundstück dafür war der USamerikanischen Regierung 1923 von Mrs. Edward L. Doheny, der Ehefrau des Ölmagnaten, geschenkt worden (Cronon 1960: 53).761 Die demokratischen Botschafter Morrow (1927-1930) und insbesondere der New-Deal-Anhänger Daniels (1933-1941) verbesserten zwar die bilateralen Beziehungen zwischen den USA und Mexiko, wurden aber von der konservativ-republikanisch gesinnten Kolonie nur mit Vorbehalten akzeptiert.762 Der Präsident der US-amerikanischen Handelskammer telegraphierte seine Befürchtungen über Daniels' Ernennung nach Washington. Umgekehrt ärgerte sich Daniels über die Ablehnung der Good Neighbor Policy in der Kolonie. So erreichte bei einer Imitation der US-amerikanischen Präsidentschaftwahlen im American Club 1936 der republikanische Kandidat Alfred M. Landon 111 Stimmen, Roosevelt aber nur 37.763 Obwohl Daniels' Reden durchaus nicht immer auf Zustimmung stießen, wurden die sozialen Kontakte zwischen ihm und der Kolonie aufrechterhalten (Cronon 1960: 18, 56-59; Daniels 1947: 379-383). Cronon (1960: 58) beschreibt dies anekdotisch:

759

Sheffield hatte Abschlüsse von Yale und der Harvard Law School. Er war Teilhaber der Firma Sheffield & Betts, außerdem Mitglied von sieben Klubs in New York und eines Klubs in Washington (Mexican American. 18.10.1924: 12). 760

Mexican American. 4.7.1925: 5, 7, 23. Der US-amerikanische Staatsbürger J. E. Campbell war 1923 mit den Arbeiten beauftragt worden. Er arbeitete damals bereits seit etwa 25 Jahren als Architekt in Mexiko. 761

Nach Daniels (1947: 33) bereits 1922.

762

Zu Morrow hieß es bei Moats (1933: 224-225): „He was not popular among the American Colony nor among the generality of American business men. They found him ingenuous in his attitude toward things Mexican, and exceedingly dreamy and absent-minded." 1933 hatte Morrow die Bitte der USamerikanischen Handelskammer abgelehnt, gegen die geplante neue mexikanische Arbeitsgesetzgebung zu protestieren (Ross 1958: 527). Der mexikanische Außenminister José Manuel Puig Casauranc war im selben Jahr Gast bei einem Empfang im American Club. Dabei beendete er seine Rede mit folgenden Wünschen filr den „hombre de izquierda" Daniels: „Lo más que puedo desear y lo más que puedo decir en esta fiesta, en que la Colonia Americana honra a los esposos Daniels, es que sólo quisiéramos que sean el Embajador y su Señora, tan agradables a la Colonia Americana, como ya lo son para nosostros" (BO-SRE. Bd. 60, Nr. 6, 1933: 12-13). 763

In den USA siegte Roosevelt überzeugend: Er gewann die Wahlmännerstimmen aus 46 der 48 Staaten (Baines 1992: 344). Als 1940 in Mexiko gewählt wurde, favorisierte die US-amerikanische Kolonie zunächst General Juan Almazán, schwenkte aber dann auf Manuel Avila Camacho um: „The American colony in Mexico City, comprised mostly of tough-fingered entrepreneurs and business men, were 90 per cent, [sic] for Almazán during the campaign, because they hated Cárdenas and what he stood for much as their analogues in the United States hated Roosevelt. But when it became clear that Almazán was fading out, they shifted rather uneasily to Camacho's side. They admire his substantial appearance and his caution, and they hope that his administration will proceed more and more to the Right" (Gunther 1942: 47).

317 The Ambassador's private secretary recalls that American residents of Mexico City generally thought of Daniels in terms of amused affection, and at parties his prize would invariably be a bottle of Scotch or something of equal utility to a staunch prohibitionist.

Bereits 1917, also früher als die deutsche Kolonie, gründeten US-amerikanische Unternehmer die American Chamber of Commerce of Mexico (Cámara Americana de Comercio), für die der Anwalt Harvey A. Basham die Statuten schrieb.764 Neben dem US-amerikanischen Generalkonsul George Agnew Chamberlain waren an ihrer Gründung unter anderen Samuel Rider (Unternehmer), Harvey A. Basham (Anwalt), H. P. Lewis,765 H. T. Oliver, F. J. Dunkerly und Karl H. Smith beteiligt 766 Sie alle hatten die US-amerikanische Nationalität. Der US-amerikanische Botschafter in Mexiko, Henry Fletcher, wurde Ehrenpräsident.767 Die Mehrzahl der anfanglich 85 Firmen, die Mitglieder wurden, kamen aus dem Distrito Federal. Ab Februar 1918 gab die Kammer das monatliche Journal of the American Chamber of Commerce of Mexico heraus, außerdem erschien ein Weekly News Bulletin für Mitglieder. 1918 wurde an einer „Weißen Liste" derjenigen Unternehmen gearbeitet, mit denen bevorzugt gehandelt werden sollte. Geldsammlungen unterstützen die US-amerikanische Regierung im Ersten Weltkrieg. Die American Chamber of Commerce of Mexico wurde 1918 Mitglied der Handelskammer der Vereinigten Staaten (Rodríguez Díaz 1975: 34, 36-37). Sie organisierte Handelskonferenzen in Mexiko und versuchte, von US-amerikanischen Universitäten Stipendien für mexikanische Studenten zu erhalten. Zu Beginn der 1920er Jahre war der Kampf gegen die Besteuerung von im Ausland tätigen US-Amerikanern in den Vereinigten Staaten ein weiterer Arbeitsschwerpunkt der Handelskammer. 1926 erreichte sie die Ausnahme von diesem Gesetz (Rodríguez Díaz 1975: 37-39). Außerdem unterhielt sie ein Schlichtungskomitee für Auseinandersetzungen zwischen US-amerikanischen und mexikanischen oder anderen in Mexiko ansässigen Firmen sowie eine Reihe weiterer Ausschüsse, die zum Teil mit mexikanischen Gremien zusammenarbeiteten.768 764

Sie erhielt die Rechtsform einer „Sociedad Co-operativa Limitada" [sic] (Mexican American. 28.2.1925:7). 765

Herbert P. und, in geringerem Maße, Cyrus B. Lewis waren während der Revolution maßgeblich an Immobiliengeschäften beteiligt und fraktionierten mehrere Colonias im Distrito Federal. Nach seinem Tod hinterließ Herbert P. Lewis seiner Frau Eva Hill de Lewis seine Unternehmen. Diese gründete mit mehreren Geschäftspartnern ihres Ehemannes (Eman L. Beck, Edward L. Smead, German E. Towle, Federico S. Lapum) die Compañía de Terrenos Narvarte y Anexas, S. A. Herbert P. Lewis war zu Lebzeiten Mitglied im University Club und in der American Benevolent Society gewesen (Jiménez Muñoz 1993: 96, 141, 157, 158, 211, 214, 232, 236-237). Bereits 1896 hatte er das Amt des Schatzmeisters im American Club ausgeübt (NAUS, Microcopy 296, Roll 11, Vol. 21, Crittenden an Dept. of State, 15.6.1896). 766

Einige Jahre früher hatte es offensichtlich bereits ein American Board of Trade gegeben, das aber schnell in die mexikanische nationale Handelskammer integriert worden war. Zum Komitee, das schließlich die Gründung der US-amerikanischen Handelskammer in die Wege leitete, gehörten nach Darstellung des Mexican American S. W. Rider, F. J. Dunkerley, K. M. Van Zandt Jr., W. L. Vail, Harvey A. Basham, Geo. A. Chamberlain und Arnold Shanklin. Die Gründung fand in den Räumlichkeiten des American Club statt (Mexican American. 28.2.1925: 7). 767

Zu den Vorstandsmitgliedern der Handelskammer vgl. Anhang 11. Der US-amerikanische Botschafter wurde jeweils Ehren-, der Generalkonsul Ehrenvizepräsident. 761

Die Komitees der Kammer mit ihren Vorsitzenden waren folgende: Agricultural Committee (S. W. Rider, Fred K. McDaniels), Arbitration Committee (Keith S. Williams, C. V. Allen), Automotive Division (G. J. Shirley), Banking Committee (E. S. A. De Lima, Fred J. Dunkerley), By-Laws Committee (Harvey

318

Tabelle 57: Mitgliederzahl der American Chamber of Commerce of Mexico in ausgewählten Jahren, 1920-1944 Anzahl] 504 622 699 626 535 565 565 210 430 641

I Jahr 1920 1921 1922 1923 1924 1925 1926 1938 1939 1944 Quelle: Rodríguez Díaz (1975: 37-41).769

1923 war der Handel zwischen Mexiko und den USA zurückgegangen. Die Handelskammer verlor innerhalb von sechs Monaten 54 Mitglieder (Rodriguez Diaz 1975: 38). 1924 wurde mit Joseph H. Weiter erstmalig ein Produzent (Eclipse Shoe Manufacturing Company) zum ihrem Präsidenten gewählt.770 Der Mexican American beschrieb die Zusammensetzung der Kammer:

Most of the members are American manufacturers and their agents, importers and exporters. The principal lines included in the membership are steel and iron, banks, locomotive and car builders and railway supplies, machinery of all kinds, principally mining, oil[,] sugar and electrical, shoes and shoe findings, dry goods and kindred lines, clothing of all kinds from head to foot, agricultural implements, heavy and light hardware,

A. Basham), Customs Tariff Committee (R. C. Bums, H. W. Beers), Entertainment Committee (Ralph Cabañas, W. A. DeGress), Executive Committee (J. J. Zahler, Homer Porter), Income Tax Committee (M. V. Stewart, H. Ralph Ringe), Insurance Committee (Victor M. Braschi, E. J. Wilson), Legislative and Diplomatic Committee (Harvey A. Basham, James M. Hogan), Manufacturing and Industrial Committee (J. J. Zahler, Juan F. Brittingham), Membership Committee (E. W. Sours), Oil Committee (H. E. Hickman), Postal Affairs (L. A. Blanchard, J. C. Bush), Publicity Committee (H. L. Van Tress), Real Estate Committee (G. E. Towle), Representative on Board of Confederation (S. L. Carrico), Representatives of the Chamber in the Conferences of the Confederation of Hacienda (Arthur de Lima, E. J. Aguilar, Dr. A. P. Giraud), Trade Committee (George W. Crump, S. L. Carrico), Transportation Committee (George R. Hackley, W. E. Haney), Telephone and Telegraph Committee (C. E. Cummings, Estrada Berg); vgl. Mexican American. 28.2.1925: 9-10. German E. Towle, der dem Real Estate Committee vorstand, war an der Fraktionierung der Colonia Portales im Distrito Federal beteiligt und Direktor der Compañía Constructora y Fraccionadora de Casas y Terrenos, S. A., an der Herbert P. Lewis maßgeblich beteiligt war (Jiménez Muñoz 1993: 157,214). 769

In einer Darstellung des in Mexiko-Stadt erschienen Wochenblattes Mexican American (28.2.1925: 7) wurde die Mitgliederzahl der Handelskammer für 1925 wesentlich höher angesetzt als bei Rodríguez Díaz: „The membership has grown steadily, sometimes under discouraging local conditions, until at present there are 658 members from the United States and 258 in Mexico. It is the largest and by all odds the most important organization of its kind outside the United States itself." Davis (1942: 252-253) gab die Zahl der Mitglieder mit etwa 600 an („at present") und wies darauf hin, daß nur US-amerikanische Staatsbürger und mexikanische Repräsentanten US-amerikanischer Korporationen zugelassen waren. Die Mitgliedsbeiträge waren nach der Firmengröße gestaffelt. 770

Mexican American. 2.8.1924: 7.

319 lumber, automobiles, trucks and tractors, coffee, chewing gum, candy. In short exporters and importers handling everything made in the United States and produced in Mexico. 77 '

Die Mitgliederzahl der American Chamber of Commerce of Mexico stieg zwar in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre wieder an, jedoch führte die Weltwirtschaftskrise zu einem erneuten starken Absinken als Folge des reduzierten bilateralen Handelsaustausches. Ab 1933 gab die Handelskammer mit dem Mexican-American Commerce ein neues monatliches Informationsorgan heraus (Rodriguez Diaz 1975: 39-40). Im selben Jahr wurde die Aufnahme von Unternehmen möglich, die nicht in US-amerikanischem Besitz waren. Dies betraf vor allem mexikanische.772 Ab dem Ende der 1930er Jahre warb sie bei Unternehmern in den USA um Vertrauen in den bilateralen Handel. Beim Eintritt der USA in den Weltkrieg 1941 erarbeitete die Kammer eine „Schwarze Liste" von etwa 150 in Mexiko tätigen Unternehmen, die Handel mit den Achsenmächten trieben. Die durch den Krieg sehr engen Beziehungen zwischen den USA und Mexiko wurden auch in der Gründung der Bibliothek Benjamin Franklin im Jahr 1942 deutlich, an der sich die Handelskammer beteiligte und in die Gelder von Nelson Rockefeller einflössen. Zwischen 1943 und 1944 stieg die Mitgliederzahl der Kammer um über einhundert (Rodriguez Diaz 1975: 40-41).7 3 Eine zunehmende Bedeutung erlangten die Niederlassungen von Automobilherstellern (Godoy 1923: 16, 18).774 Der bereits zitierte Ökonom und Kritiker der US-amerikanischen Kolonie in Mexiko, Stuart Chase, stellte einen grundlegenden Unterschied zwischen dem Geschäftsgebahren US-amerikanischer Unternehmer im Porfiriat und nach der Revolution fest (Chase 1931: 272):

Though the manners of the American colony leave much to be desired, its business methods have been slowly changing in recent years, on the whole for the better. American business, Diaz [sic] model, came to Mexico to make a maximum of profit in a minimum of time, by any available method, and retire with the loot. The stench, aye, and the blood left upon the trail could be disregarded, for one did not plan to pass that way again. American business, 1931 model, is tending to pass and repass the same trail; to trade, to operate public utilities, to stay in Mexico. For obvious reasons, stenches must be kept at a minimum. If the Electric Bond and Share Company proposes to put millions into electric light plants and operate them, it will have to get along with its customers. If Mr. Ford desires to keep saturating the available highways with model A's, he and his agents must be polite to prospective buyers, and keep them pleased after they have bought. Oil, the great economic mother of the exploitation regime, is passing out of the economic scene as salt water comes into Tampico wells. In brief, the accent is more on long-time trade and services, and less on short-time exploitation. With this gradual change of front, is it too much to believe that the American colony will, in a generation or two - the Diaz [sic] reflex dies hard - civilize itself from within?

771

Mexican American. 28.2.1925: 7,9.

772

Empresarios norteamericanos en el México actual 1979: 70. Diese Darstellung widerspricht der von Davis (1942: 252-253) und den Mitgliederangaben im Mexican American von 1925 (vgl. Anmerkung 355). 773

Eine Liste von Dependencen US-amerikanischer Unternehmen in Mexiko für die Dekaden ab 1940 findet sich bei Baird/McCaughan (1979: 190-203). 774

Im Zuge der expandierenden Verbreitung von Autos in Mexiko-Stadt unternahmen Major E. N. Purvis und Arturo Braniff 1924 die Gründung des Automóvil Club de México. S. C. L., der seinen Sitz im Guadalupe Inn haben sollte. Die Gründung fand in Absprache mit der Automobile Association of the United States statt (Mexican American. 22.11.1924: 7.9).

320

Einige US-amerikanische Ladengeschäfte im Zentrum von Mexiko-Stadt wurden zu Anlaufpunkten für die Kolonie und zum Teil auch für Mexikaner und Touristen. Das bekannteste von diesen war das auch heute noch bestehende Sanborn's,775 eine 1904776 von Walter und Frank Sanborn gegründete soda fountain, die bald zu einem tea-room vergrößert wurde. Hier waren auch der damalige Präsident Díaz und seine Ehefrau zu Gast. Der Pharmazeut Walter Sanborn begann in den gleichen Geschäftsräumen auch mit dem Medikamentenverkauf und wurde so zum Agenten britischer und US-amerikanischer Firmen, investierte aber auch selbst in die Produktion pharmazeutischer und kosmetischer Produkte.777 1919 erwarben die Brüder die Casa de los azulejos, in der bis 1914 der elitäre Jockey Club residiert hatte. Sie verwandelten das kolonialzeitliche Gebäude in ein Restaurant, in dem „good, tasty American food" serviert wurde. Außer der Apotheke wurden ihm auch ein Pelzgeschäft, eine Parfümerie und ein Silberwarengeschäft angegliedert (Strode 1947: 68-69, Davis 1942: 249-252). 778 Auch private Bälle fanden in den Räumlichkeiten statt.779 Zum großen Erfolg von Sanborn's trugen der aus Illinois stammende Fred Davis780 und Señora Rovzar, die mexikanische Witwe eines Niederländers und Patenkind von Porfirio Díaz' Ehefrau, wesentlich bei.781 Zu Beginn der 1940er Jahre zählten Touristen, US-Amerikaner („almost all American residents") und eine wachsende Zahl von Mexikanern zu den Kunden von Sanborn's (Davis 1942: 128). Ebenfalls in der Calle Madero lag das beliebte Restaurant Lady Baltimore, das 1925 vergrößert wurde (Davis 1942: 128-129).782 John Page berichtete 1925 im Mexican American (31.1.1925: 5): „Among the features of American life adopted with enthusiasm by Mexicans during the past decade are hot-cakes, doughnuts and coffee, apple pie, baseball, boxing, tennis, golf, jazz, bobbed-hair and the English language." 775

Inzwischen „Sanborns" geschrieben.

776

Nach Davis (1942: 250) bereits 1901, nach der Werbung des Unternehmens seit 1903.

777

Zum Beispiel begann 1924 zusammen mit dem Unternehmer A. S. Hinds aus Portland (Maine) die Produktion von dessen erfolgreicher Hind's Honey and Almond Cream und weiterer Produkte (Mexican American. 1.11.1924: 39). 778

Zu Beginn der 1940er Jahre hatten sich die Geschäftsfelder weiter ausgedehnt: „The retail store includes the following departments: (1) restaurant; (2) soda fountain; (3) candy counter; (4) perfumes and toileteries; (5) curios, arts, and crafts of Mexico (including the silver shop); (6) cigars and cigarettes; (7) ladies ready-to-wear; (8) men's sports wear; (9) furs; (10) imported linens, china, and glassware; (11) drugs and prescriptions; (12) European and Mexican liquors" (Davis 1942: 251). 779

Mexican American. 31.8.1925: 33.

780

Zu Frederick W.] Davis, der im Porfiriat als Angestellter der Sonora News Company nach Mexiko kam und während der Revolution Antiquitäten und Kunsthandwerk in die USA exportierte, vgl. auch Fergusson (1967: 305-307). Davis stand in engem Kontakt zu vielen US-amerikanischen Schriftstellern in Mexiko, außerdem zu dem US-Amerikaner William Spratling in Taxco, von dem behaupted wird, er hätte das Silberschmiedehandwerk dort wieder eingeführt. In den 1940er Jahren arbeitete Davis eng mit mexikanischen Anthropologen und Archäologen zum Schutz des einheimischen Handwerks zusammen (Fergusson 1967:310). 781

„Davis, an art connoisseur, was the director of the silver and jewelry departments and the chief inspirer of many of the attractive features of Sanborn's. Senora Rovzar gave information and advice. Her unusual charm and sympathetic understanding of humanity was partly responsible for that quality which had made Sanborn's a center for tourist and social Mexico" (Strode 1947: 69). 782

„The Lady Baltimore has been noted for its cosmopolitan atmosphere. In this it differs from other leading restaurants of the city, which cater either to American, French, German, Spanish, Italian or Mexican trade", hieß es im Mexican American (7.11.1925: 17).

321

Eine 1921 neu gegründete American Grocery an der Avenida Independencia führte USamerikanische Lebensmittel und lieferte diese auf telephonische Bestellung hin auch ins Haus. Nur etwa fünf Prozent ihrer Kunden waren Mexikaner (Davis 1942: 124-126).783 Anders als im Porfiriat gab es trotz verschiedener englischsprachiger Zeitungen in Mexiko-Stadt kein „Kolonieblatt". Allerdings unterhielten die mexikanischen Zeitungen El Universal und Excelsior bereits in den 1920er Jahren je eine Seite auf Englisch, die auch über Belange der US-amerikanischen und der britischen Kolonien berichteten (Godoy 1923: 16; Davis 1942: 256).784 Hatten sich schon in früheren Jahren viele wohlhabende US-Amerikaner am Paseo de la Reforma niedergelassen, so wurde in den 1920er Jahren der neue Stadtteil Chapultepec Heights (Lomas de Chapultepec) von der Chapultepec Heights Company erschlossen und von reichen Mexikanern und Ausländern bebaut. Das erste Haus wurde 1924 von einem US-Amerikaner errichtet. Vor allem zwischen 1925 und 1934 zogen US-Amerikaner in diese Gegend (Davis 1942: 100). Die Chapultepec Heights Company wurde im Januar 1922 gegründet. Ihr Präsident war Samuel W. Rider,7 Vizepräsidenten waren J. R. Ambrosius und Nelson O. Rhoades.786 Albert E. Blair war Sekretär und Schatzmeister, Benjamin T. Davis und José Certucha Direktoren. Um die Öffentlichkeitsarbeit kümmerte sich José R. Pulido. 7,3

Die American Grocery lieferte einer Werbeanzeige nach auch in „remote districts of the Republic". Zu den angebotenen Waren gehörten .American flour" und „American Coffee" (Mexican American. 7.3.1925: 15). Nach Davis (1942: 125-126) wuchs die Zahl der mexikanischen Produkte, die in der Grocery verkauft wurden. Zum Kaffee schrieb sie: „Both American and native coffees are sold, but the American brands are purchased more frequently, despite the fact that they are almost twice as expensive." 784

Auch der General Alvarado gehörende liberale Heraldo de México verfügte über eine englische Seite. Hier arbeitete der US-amerikanische Sozialist Richard Francis Phillips und versuchte entgegen den Vorstellungen seines Arbeitgebers, die Seite politisch zu nutzen. Die US-amerikanischen Anzeigen wurden vermutlich deshalb bald zurückgezogen. Für die Nachrichten aus der Kolonie war Mrs. Carter zuständig, „una anciana de alta sociedad de la colonia norteamericana" (Bajando la Frontera 1985: 76, 80-83). Andere Blätter, die Anfang der 1940er Jahre publiziert wurden, richteten sich auch an Touristen. Davis (1942: 256-257) nennt The Mexico Daily Bulletin und This Week in Mexico. In den 1920er Jahren hatte der 1924 gegründete Mexican American auf einigen Seiten über gesellschaftliche Themen berichtet. Er wurde von Robert Carlton Brown und Rose Brown in Anlehnung an den Brazilian American herausgegeben (Mexican American. 1.11.1924: 19-20; 28.2.1925). Daniels (1947: 403) nannte als älteste Publikation das Monatsblatt Mexican Life, dessen Herausgeber Howard S. Phillips war. 785

Rider war um 1905 mit Arthur Stilwell von der Orient Railway nach Mexiko gekommen. Er beteiligte sich an der Erschließung und Bebauung der Colonia Altavista (San Angel) und, in Cuernavaca, der Colonia Miraval (Mexican American. 30.8.1924: 34). Rider war Gründungsmitglied und späterer Präsident der US-amerikanischen Handelskammer. 786

Nelson Osgood Rhoades war nicht nur Vizepräsident der Chapultepec Heights Co., S. A., sondern auch des Rotary Club in Mexiko-Stadt, des Chapultepec Heights Country Club und der American Benevolent Society. Außerdem gehörte er dem University Club in Mexiko-Stadt an. In den USA war er ebenfalls Mitglied zahlreicher Klubs und Gesellschaften. Seit 1900 verfolgte er unter anderem Interessen im mexikanischen Eisenbahnbau und der Landvermessung. Er war Vizepräsident der Mexican International Trust Co., Präsident der Oso Sugar Co., der Navito Sugar Co. und Teilhaber der Firma Garfield & Rhoades. In Mexiko verfügte er Uber ausgedehnten Grundbesitz. Er unterhielt Büros in Los Angeles (Kalifornien), Mexiko-Stadt und Cleveland (Ohio), sowie Wohnsitze in Los Angeles und Mexiko-Stadt (Mexican American. 21.6.1924: 42). 1915 hatte er in Washington Lobbyarbeit fur Pancho Villa betrieben, 1919 versuchte er zusammen mit James R. Garfield, zwischen den US-amerikanischen Ölproduzenten und der mexikanischen Regierung zu vermitteln (R. F. Smith 1972: 37, Anmerkung; 152).

322

Die Gesellschaft kaufte 3000 acres (12.000.000 Quadratmeter) Land der früheren Hacienda Morales. Das Terrain lag 200 bis 250 Meter höher als Mexiko-Stadt und westlich des Chapultepec-Parks. Dies ermöglichte nicht nur eine malerische Straßenfährung, sondern hatte damals auch noch den Vorteil von gesunder, aus dem Wald emporsteigender Luft. 1924 entstanden über Hundert luxuriöse Wohnhäuser, außerdem hatte die Wohltätigkeitsorganisation der spanischen Kolonie, die Sociedad Espahola de Beneficencia, dort ihr Domizil gefunden. 7 Auf dem Gelände der Chapultepec Heights Co. wurde eine Schule für mexikanische Kinder (La Granja del Niho) aus karitativen Zwecken unterhalten.788 Die mit einem mexikanischen Arzt verheiratete Verna Carleton Millan (1939: 12), die selbst in der Colonia Roma wohnte, beschrieb den neuen Stadtteil so:

By the time we had settled in Mexico, the new bureaucracy was already entrenched in the new suburb of Chapultepec Heights, which overlooked the city like a miniature stage set. Here, Abelardo Rodriguez, Luis L. Leon and other notables of the Calles régime had built themselves extraordinary villas in that scalloped, candy-box type of arquitecture, all pink and fretted and covered with what-nots, that Hollywood bequeathed to the world and the new-rich [...].

Der Swastica Tea Room, dessen Besitzverhältnisse sich aus den vorliegenden Quellen leider nicht klären ließen, war in dem neuen Wohnviertel ein beliebter Treffpunkt für Bridge- und Lunchparties der US-amerikanischen Kolonie™9 Ein neuer Golfklub wurde eingerichtet und machte bald dem älteren Mexico City Country Club Konkurrenz. Natürlich ließen sich nicht alle US-Amerikaner in dieser teuren Wohnlage, die nach mehreren Hausangestellten und mindestens einem Auto verlangte, nieder. Mit Ausnahme vor allem ärmerer Stadtteile, waren die US-amerikanischen Einwohner des Distrito Federal über weite Teile des Stadtgebiets verteilt und wiesen eine hohe Mobi-

787

Mexican American. 30.8.1924: 33-34; Revista Española. Nr. 47, 20.11.1924, ohne Seitenzählung; Mexico. A Monthlv Commercial Magazine. Bd. 2, Nr. 6, 1926: 14. 7

" Diese „Kinderfarm" ging auf die Schule Francisco I. Madero in der Colonia de la Bolsa zurück, die 1923 geschlossen wurde. Auf Initiative von Albert E. Blair (Rotary Club) wurde zusammen mit in der Sozialarbeit engagierten mexikanischen Männern und Frauen (ihre Namen sind in den Quellen nicht überliefert) das Konzept für La Granja ausgearbeitet und der Jugendkommission des Rotary Club Ubermittelt, der sich des Projektes annahm. Es orientierte sich an dem US-amerikanischen Modell der George Junior Republic und war auf Selbstverwaltung und Selbstdisziplin ausgerichtet. Die Chapultepec Heights Co. stellte ein Grundstück zur Vertilgung, auf der das Schulgebäude unter Beteiligung der Kinder aus Ziegeln und Adobe errichtet wurde. 1924 hatte La Granja del Niño 50 Schüler im Alter von neun bis vierzehn Jahren. Ihr Direktor war Arturo Oropeza, der auch die Schule F. I. Madero geleitet hatte (Mexican American. 30.8.1924: 34; Mexico. A Monthlv Commercial Magazine. Bd. 2, Nr. 6, 1926: 15; Revista Española. Nr. 47, 20.11.1924, ohne Seitenzählung). Nach Davis war die frühere Leiterin der Industrial School for Girls, Laura Temple, führend an der Gründung des Schulprojekts beteiligt und hatte den Rotary Club als Förderer dafür gewonnen. 1942 wurde es auch von der Junior League und einer ehrenamtlich tätigen Gruppe US-amerikanischer Frauen unterstützt (Davis 1942: 231-232). Laura Temple berichtete im November 1924 auf einem Treffen des Rotary Club Uber die Fortschritte der Schule (Mexican American. 29.11.1924: 15). 7,9

Mexican American. 8.11.1924: 16; 22.11.1924: 46; 18.4.1925: 18. Er existierte auch 1935 noch (Moats/Moats 1935: 169).

323 790

lität auf (Davis 1942: 89; vgl. Tabelle 58). Die meisten US-Amerikaner wohnten im Stadtzentrum, in den Colonias Juárez, Roma, del Valle, Condesa-Hipódromo und Lomas de Chapultepec. Dabei folgten sie, ausgehend vom Zentrum, der Stadtausbreitung süd- und westwärts (Davis 1942: 93-111) Tabelle 58: US-amerikanische Einwohner in den Delegationen des Distrito Federal | US-amerikanische Einwohner Ciudad de México Atzcapotzalco Coyoacán Villa G. A. Madero Villa A. Obregón Tlalpan

Keine US-amerikanischen Einwohner Cuajimalpa Ixtacalco Ixtapalapa Magdalena Contreras Tlahuac Xochimilco

|

Quelle: Davis (1942: 91), nach dem mexikanischen Zensus von 1930.

Eine weitere Tabelle von Davis zeigt anhand der Adressen von Familien mit Kindern auf der American School, welche Colonias zwischen 1922 und 1938 besonders attraktiv waren (vgl. Tabelle 59).

790

Die Delegationen des D. F. sind sehr groß und die Wohngebiete eher durch die Namen der Colonias bekannt. Davis (1942: 92) stellte anhand der Adressen des Anglo-American Directory von 1940 eine Liste der Colonias zusammen, in denen US-Amerikaner lebten: Anzures, del Valle, Condesa-Hipódromo, Cuauhtémoc, Chapultepec-Polanco, Escandón, Guerrero, Hidalgo (Doctores), Huasteca, Industrial, Juárez, Lomas de Chapultepec, Morelos, Nápoles, Nativitas, Nifios Héroes, Peralvillo, Popotla, Roma, San Pedro de los Pinos, San Rafael, Santa María, Santo Tomás, Tacuba, Tacubaya und Vallejo. 791

Das Stadtgebiet Mexikos verdreifachte sich zwischen 1920 und 1930 (J. Meyer 1977:279).

324

Tabelle 59: Verteilung der US-amerikanischen Familien auf die Colonias des Distrito Federal, 1922-1938* Colonia Roma Condesa Del Valle Lomas de Chapultepec Juárez Centro San Rafael Tacubaya Santa María Guerrero Cuauhtémoc Tacuba San Pedro de los Pinos Popotla Doctores Churubusco Peralvillo Portales Tlapan Huasteca Villa Obregón Mixcoac Coyoacán Unbekannt

1922 43,4 6,2 5,3 0

1924 45,7 10,9 6,6 0

1926 47,9 9,2 4,9 2,5

1928 45,1 10,4 6,7 3,7

1930 36,1 19,3 12,3 5,0

1932 33,5 23,7 8,3 10,8

1934 30,9 22,6 11,3 14,2

1936 27,0 26,5 11,3 15,2

1938 25,1 22,7 10,9 15,8

13,3 14,2 5,3 0,9 1,8 0,9 0,9 0 0,9

12,3 5,8 3,6 0,7 1,5 0,7 0,7 0,7 0

13,5 4,9 1,8 2,5 1,9 0 0 0,6 0,6

11,0 5,5 2,4 2,4 0,6 1,8 1,2 1,2 0

7,9 5,5 0,6 1,0 0,5 0,5 0,5 0 0

2,6 6,7 0,5 0 0 0,5 0,5 0 0

4,9 4,4 1,0 2,5 0 0 0,5 1,0 0

5,2 3,0 0,4 1,7 0 0,4 0,4 0,4 0

6,9 2,4 1,2 1,6 0,4 0 1,2 0,4 0,4

0,9 0 0 0 0 0 0 2,7 2,7 0,9 0

0,7 0,7 0 0 0 0 0 6,5 2,2 0 0,7

0,6 0,6 0 0 0 0 0 5,5 1,2 0,6 1,2

0,6 0,6 0 0 0 0 0 3,7 0,6 0,6 1,8

0,5 0,5 0 0,5 0,5 0,5 0 3,0 2,5 0 3,0

0,5 0 0,5 0 0 0 0 3,6 0,5 1,0 6,7

0 0,5 0 0 0 0 0 3,4 0 1,5 1,5

0 0,9 1,3 0 0 0 0 3,0 0,4 1,3 0,9

0 0 0,4 0 0 0 0,4 3,6 1,2 2,0 3,2

•Angegeben in Prozent der Gesamtzahl der Familien eines Jahres. Quelle: Davis (1942: 104).

Der wichtigste soziale Treffpunkt der US-amerikanischen Kolonie und vieler anderer Ausländer und wohlhabender Mexikaner war der Mexico City Country Club in Churubusco (D. F.). Während der Revolution waren das Gebäude und das Gelände zeitweise von zapatistischen Truppen besetzt gewesen (Moats 1933: 154). 1921 erfolgte die Reorganisation des Klubs mit folgenden Zielen:

The establishment, development, and maintenance of one or more places or establishments having all the requirements and accessories necessary to the installation and development of such games as golf, cricket, tennis, polo, and whatsoever other athletic sports and exercises, including horse racing, may be determined by the Board of Managers, or the Shareholders, and to establish and support one or more centers for social enjoyment and recreation.792

792 Statuten des Mexico City Country Club, zitiert bei Davis (1942: 219). Nach dem Mexican American (28.6.1924: 39-40) erfolgte die Neugründung bereits 1920. Vierzig proprietary members stellten das Geld fllr die Entschuldung und Renovierung des Klubs zur Verfügung.

325

1925 hatten folgende Personen Führungspositionen im Country Club inne:

793

Präsident: Harry Wright (Cons. Rolling Mills and Fdries. [sic] Co.); 1. Vizepräsident: G. R. G. Conway (Mexican Light and Power Co.); 2. Vizepräsident: Eduardo Iturbide (Banco Mex. de Comercio e Industria); Schatzmeister: Haliburton Weldon (Bank of Montreal); Sekretär: Edward L. Smead; Lewis H. Parry (Cia. Mexicana de Garantias, S. A.); H. A. Basham; Eman L. Beck (Mexico City Banking Corporation); Oscar J. Bräniff [sic]; Paul G. Cheatham (Baldwin Locomotive); George W. Cook; E. E. Damielle (Wells Fargo and Co. Express S. A.); W. H. Fraser; James F. Hogan; Bertram E. Holloway; Eva Hill Lewis; Adolfo Prieto (Monterrey Steel Company); Frank A. Sanbom; Ralph L. Smith; S. B. Wright (Rolling Mills and Fdries. Co.); J. M. Zubirän.

Der mexikanische Präsident war immer Ehrenmitglied, auch weitere Ehrenmitglieder konnten bei einstimmigem Votum der shareholding members gewählt werden. Besondere Formen der Mitgliedschaft bestanden für assoziierte Mitglieder (maximal 400), Junioren (18-27 Jahre, maximal 100), Mitglieder von außerhalb des D. F., Diplomaten, und contingent members (Davis 1942: 219-220).794 Kandidaten für eine reguläre Mitgliedschaft mußten von drei Teilhabern vorgeschlagen werden.795 1924 hatte der Klub 435 Mitglieder, von denen 30% US-Amerikaner, 25% Mexikaner, 22,5%Briten und 22,5% anderer Nationalität waren.796 Anfang der 1940er Jahre zählte er insgesamt über siebenhundert Mitglieder. Nach dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg im Dezember 1941 wurden Deutsche, Italiener und Japaner aufgefordert, ihre Mitgliedschaft niederzulegen (Davis 1942: 223). Obwohl viele Mitglieder an der Ausübung von Sportarten wie Golf, Schwimmen und Tennis interessiert waren, ging die Bedeutung des Klubs weit darüber hinaus:

[...] it is the center of American social life. Teas and dances are important among their activities. It is the best place to make contacts and gives new residents an introduction into

7,3

Directorio social de la Ciudad de México 1925:253-254.

™ Dies waren abhängige Familienangehörige von Klubmitgliedern („married or unmarried women, or children under eighteen years of age who are members of the familiy of a member of the club and dependent upon him for support"). 795

„Honorary members pay neither an initiation fee nor quarterly dues. Resident proprietary members pay quarterly dues of $75 (pesos); nonresident pay $30 (pesos). Associate members pay an initiation fee of $500 (pesos) and quarterly dues of $75 (pesos). The initiation fee for junior members is $100 (pesos) and their dues are $40 (pesos) per quarter. The nonresident initiation fee is $100 (pesos) with dues of $30 (pesos). Diplomatic members pay no initiation fee but have dues of $75 (pesos) per quarter. Contingent members pay no fees at all" (Davis 1942: 221). 796

Mexican American. 28.6.1924: 39.

326 the various groups of the Colony. Newcomers may feel that their prestige is enhanced by membership, but the old-timers retain their membership because they enjoy the activities of the club (Davis 1942: 223).

Im Mexican American, einem Mitte der 1920er Jahre in Mexiko-Stadt erscheinenden englischsprachigen Magazin, wurden wöchentlich die „wichtigsten" Teilnehmer des sonntäglichen Tanztees im Mexico City Country Club genannt.797 An einem Ball zu Ehren auswärtiger Tennisspieler im Mexico City Country Club nahmen zum Beispiel 1924 der mexikanische Präsident Alvaro Obregön mit seiner Ehefrau, Kabinettsmitgliedern und Mitgliedern des diplomatischen Korps teil.798 Im neuen Wohnviertel Lomas de Chapultepec machte der Chapultepec Heights Country Club799 dem älteren Mexico City Country Club Konkurrenz. Seine Aktivitäten waren jedoch stärker auf den Sport konzentriert. Die Aufnahmegebühr betrug 500 Pesos, die Quartalsbeiträge 75 Pesos. Sie lagen damit genauso hoch wie im älteren Country Club. Der neue Klub verfugte über ein Schwimmbecken und Tennisplätze. Außerdem konnte Polo gespielt werden, ein damals in Mexiko noch neuer Sport. Obwohl das Klubhaus auch für Tee- oder sonstige Parties genutzt werden konnte, gingen die Initiativen hierzu nicht von der Organisation selbst aus. Der Klub galt als freundlicher als der Mexico City Country Club*00 Obwohl beide Country Clubs Sportklubs waren, hatten die Mitglieder kein Interesse an den als typisch US-amerikanisch geltenden Sportarten wie Baseball und Basketball. Davis (1942: 215) schrieb dazu:

While Mexicans have adopted American sports, the ones which interest them are different from those of the American Colony. Mexicans of all classes and in all parts of the country enjoy playing basketball and baseball. Neither of these appeals to the American residents, who prefer golf and tennis.

Der von US-Amerikanern gegründete YMCA, der weiterhin viele Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung bot, wurde seit der Zusammenlegung der mexikanischen mit der 7.7

In derselben Rubrik der „Social Notes", die von Lucia Pope Hackley betreut wurde, erschienen auch die Gästelisten privater Einladungen und Bridgeparties, außerdem die Ein- und Ausreisen bekannter Ko/ome-Mitglieder, Geburten, Verlobungen, Heiraten, Todesfälle und die Namen von Gästen aus den USA. 7.8

Mexican American. 1.11.1924: 18,46.

799

Der Klub wird von Davis auch Chapultepec Heights Golf Club genannt. 1925 war Nelson O. Rhoades Präsident, Claude M. Butlin 1. Vizepräsident, Baron Albrecht von Schroeder 2. Vizepräsident, Oscar Braniff 3. Vizepräsident, Benjamin Joseph Silbert Sekretär, John R. French Schatzmeister, M. E. Wildekoph Sekretär, Claude I. Dawson, F. A. Williams, Julio R. Ambrsosius, Joaquín Capilla, George W. Crump, Julio Zetina, Homer Bosworth, B. J. Silvert, John R. French und Albert E. Blair weitere Mitglieder des Vorstands (consejo de gerentes). Dem Aufsichtsrat gehörten Ignacio Michel y Parra, J. H. Weiter und Capt. Daniel W. Wurtzbaugh an. Vgl. Directorio social de la Ciudad de Mexico (1925: 254255). Oscar Braniff war demnach in beiden Klubs führendes Mitglied. D. W. Wurt[s/z]baugh war Vizepräsident der American Chemical Company, S. A. (AHSRE 37-19-159). Davis (1942:223-224); Mexican American. 20.12.1924: 15.

327

US-amerikanischen Sektion und dem Mitgliederschwund während der Revolution überwiegend von Mexikanern genutzt. Nach Davis (1942: 233) waren von den 4000 Mitgliedern des YMCA nur etwa zwanzig US-Amerikaner. Trotzdem wurde die Leitung der eng mit dem YMCA in den USA zusammenhängenden Organisation von USAmerikanern ausgeübt. 801 Der YMCA, dessen Tätigkeit von den Präsidenten Calles und Cárdenas positiv gewertet und von US-amerikanischen Großunternehmen wie Phelps Dodge finanziell unterstützt wurde, sollte Mexikanern „the proper attitudes of ambition and dedication to the work ethic" vermitteln (O'Brien 1995: 293). Die seit 1923 oder 1924 existierende Sektion Y WC A (Young Women's Christian Association) wurde 1925 von Themis Valderama geleitet. Die SEP unterstützte den YWCA bei der Einrichtung einer Bibliothek, die Gesundheitsbehörde von Mexiko-Stadt half bei der Einrichtung eines Gesundheitszentrums. 802 Nach Davis (1942: 233) war die YWCA trotz der Teilnahme von US-Amerikanerinnen in der Organisationsleitung oder als Gäste „definitely a Mexican Organisation". Der internationale Rotary Club (1905 in Chicago, Illinois, gegründet) und der Lions Club (1917 in Illinois gegründet) unterhielten Filialen in Mexiko. Der Rotary Club entstand in Mexiko 1921. Er gab eine zweisprachige Monatsschrift heraus. Außerdem unterstützte er das Schulprojekt La Granja del Niño in Lomas de Chapultepec. 1923 stand ihm der ehemalige Präsident der US-amerikanischen Handelskammer, I. H. Jacobs, vor (Godoy 1923: 12; Davis 1942: 230-231). 1924 zählte der Rotary Club in Mexiko 84 Mitglieder. 803 1 925 hatten nach dem Directorio social de la Ciudad de México (1925: 258) folgende Personen Ämter im Rotary Club Número 885 Ciudad de México: Präsident: M. S. Turner, 1. Vizepräsident: Julio Zetina, 2. Vizepräsident: Lamberto Hernández, Schatzmeister: H. E. Bourchier, Sargento de Armas: Oscar L. Mertz, Sekretär: J. D'Acosta, Pro-Secretario: F. Garcinava, Direktoren: M. S. Turner, Ing. Ernesto J. Aguilar, Julio Zetina, Lamberto Hernández, J. J. Zahler, J. D'Acosta, Lic. A. Garza Galindo, H. E. Bourchier, Nelson Rhoades. Der Lions Club wurde in Mexiko-Stadt 1933 gegründet. Die wöchentlichen Treffen fanden im Restaurant Lady Baltimore statt. 1934 war Ing. Rodolfo M. Fernández Präsident, Lic. H. Casasus, Lic. Victor Velázquez und J. J. Franco waren Vizepräsidenten, Ing. V. Nigeradze Sekretär und Schatzmeister. 804 Beide Klubs waren keine speziellen Einrichtungen der US-amerikanischen Kolonie, sondern einer internationalen Elite, die sich in Mexiko mit der Kolonie überschnitt. Der 1895 in Mexiko-Stadt gegründete American Club bestand auch nach der Revolution weiter, obwohl seine Mitgliederstärke sich stark verringert hatte. 1924 wurde er als „the headquarters for Americans" beschrieben. 805 Anfang der 1940er Jahre hatte der

801

In den Akten der SRE wird 1929 Richard Williamson, 1942 W. C. Taylor als Repräsentant des YMCA in Mexiko genannt (AHSREIV-239-10; AHSRE111-639-18). 802

Auch Mrs. Daniels arbeitete im YWCA mit. 1933 wurde ein durch Spenden aus den USA finanziertes Gebäude des YWCA eröffnet. Das Sekretärsgehalt wurde ebenfalls durch Spenden aus den USA finanziert (Mexican American. 14.2.1925: 17; The Missionary Review of the World. Bd. 48, Nr. 12, 1925: 985-986; Bd. 49, Nr. 6, 1926:475; Daniels 1947: 166-167). 803

Mexican American. 29.11.1924: 14-15.

804

The Year Book of Mexico for 1934 ([1934]: 200).

805

Illustrated Guide and Handbook to Mexico City and Vicinity ([1924]: 12). 1925 war E. Kirby Smith Präsident, J. W. Mc Farland 1. Vizepräsident, J. M. Morgan 2. Vizepräsident, F. W. Mc Auley Schatz-

328

Klub jedoch nur etwa zweihundert Mitglieder, also nur noch halb so viele wie im Porfiriat, als sogar Wartelisten für die Mitgliedschaft bestanden. Er war weiterhin ein Treffpunkt für Geschäftsleute. Anders als im Porfiriat akzeptierte er nur noch US-amerikanische Mitglieder. Die Beiträge lagen mit 20 Pesos pro Quartal deutlich unter denen der elitären Country Clubs (Davis 1942: 224-225). Allerdings wurde von den Mitgliedern ein angemessenes Betragen erwartet:

A certain standard of conduct is expected from the members and in 1941 seven people were asked to resign principally for excessive drinking. The American Club is the only organization which required United States citizenship for active membership, and consequently is most nearly a true American club (Davis 1942: 225).

Der ebenfalls noch aus dem Porfiriat stammende University Club war weiterhin sehr angesehen. 1924 stand H. Frazier dem Klub als Präsident vor.806 1925 war E. L. Beck Präsident, F. W. Russell Vizepräsident, E. L. Smead Schatzmeister und T. Skewes Saunders Sekretär.807 Zur Mitgliedschaft waren nur Männer mit akademischer Ausbildung zugelassen. Diese konnte an US-amerikanischen oder mexikanischen Universitäten erworben worden sein. Anfang der 1940er Jahre hatte der Klub 210 Mitglieder, in der Mehrzahl US-Amerikaner. Der Klub diente vor allem gesellschaftlichen Zwecken und hielt häufig Tanzveranstaltungen ab. Seine Räumlichkeiten stellte er auch anderen Organisationen zur Nutzung zur Verfügung.808 Botschafter Daniels erinnerte sich an eine Einladung zum Lunch in den University Club, die ihm durch Harry Wright übermittelt wurde. Er fand es ungewöhnlich, dorthin gebeten zu werden: „I accepted the invitation, knowing that I would be the only person there who was not a .Científico' or a sympathizer with the old ,Científicos'" (Daniels 1947: 418). 809 Präsident des ideologisch im Porfiriat verhafteten Klubs mit einem hohen Anteil an old-timers war damals George W. Cook, den Wright Daniels zufolge als einen „very reserved and dignified

meister und H. M. Newning Sekretär. Als Direktoren wurden H. A. Paschal, A. J. Sewell, H. A. Monday, J. M. Zubirán, V. S. Boorling und G. C. Glarcocks genannt (Directorio social de la Ciudad de México 1925: 257). Verschiedenen Komitees standen vor: H. A. Paschal (House Committee), Wallace P. Moats {Entertainment Committee), Lewis Lamm und J. R. Ambrosius (Building Committee), W. L. Vail (Library Committee) und C. H. M. y Agramonte (Rules Committee); vgl. Mexican American (21.2.1925: 17). 1934 war F. C. Schwab Präsident des American Club, W. W. Wilkinson Vizepräsident, H. N. Rhoer Sekretär und D. N. Wiesley Schatzmeister. Als Direktoren amtierten darüber hinaus F. G. McCann, E. H. Skidmore, O. C. Waggoner und Gayle A. Steele. Orbt McFarlane war der Manager des Klubs (The Year Book of Mexico for 1934 Í19341: 193,200). 806

Mexican American. 1.11.1924: 16.

107

Direktoren waren George W. Cook, Carl Heynen, James M. Hogan, H. Ralph Ringe, E. L. Beck, F. W. Russell, F. T. Plaza, F. C. Scoville, T. Skewes Saunders, E. L. Smead, F. A. Sanborn, W. H. Fräser, H. Weldon und W. G. Matton (Directorio social de la Ciudad de México 1925: 259). Carl Heynen war zusammen mit Richard Eversbusch Vertreter der HAPAG in Mexiko und gehörte in den 1930er Jahren der Deutschen Volksgemeinschaft und der Deutsch-mexikanischen Humboldt-Gesellschaft an. m 809

Davis (1942: 227-228); Mexican American. 3.1.1925: 15.

Im University Club fand am 14.3.1934 ein Bankett zu Ehren des mexikanischen Außenministers J. M. Puig Casauranc statt, an dem Botschafter Daniels ebenfalls teilnahm. Puig hielt zu diesem Anlaß eine Rede, in der er die US-amerikanische Politik des New Deal rühmte (BO-SRE. Bd. 62, Nr. 3, 1934: 1220).

329

and cultured gentleman" beschrieb. Nach Daniels waren Cook und Harry Wright zwei der reichsten US-Amerikaner in Mexiko (Daniels 1947: 381).810 Neu organisierte sich der Old-Timers Club, der 1923 unter der Präsidentschaft von General C. H. M. y Agramonte stand. 8 " Agramonte hatte bereits im Porfiriat eine führende Rolle in der Kolonie gespielt.812 Der neue Klub nahm nur US-amerikanische und britische Männer auf, die seit mindestens zwanzig Jahren in Mexiko lebten. Anfang der 1940er Jahre waren dies etwa sechzig. Er nahm keine Aufnahme- oder Mitgliedsbeiträge. Die Mitglieder trafen sich einmal monatlich im American Club. Als Präsidenten alternierten US-amerikanische und britische Mitglieder. Außerdem gab es das Vizepräsidentenamt, einen Sekretär und einen Official Humorist. Dieses Amt hatte Colonel Hackley mindestens zwölf Jahre lang inne (Davis 1942: 227; Godoy 1923: 1213). Aufgrund der allerdings unvollständigen Angaben aus dem Anglo-American Directory von 1941 über die Klubmitgliedschaften der verzeichneten Personen stellte Davis (1942: 233-234) auf geringer Zahlengrundlage die Tabelle 60 zusammen. Auch Doppelnennungen kamen vor. Die häufigste Kombination war die des Mexico City Country Club mit dem University Club (51). Es folgte die Kombination des Mexico City Country Club mit der des American Club (32). Sowohl zum American Club als auch zum Old-Timers Club gehörten siebzehn Personen. Sechzehn gehörten sowohl zum Mexico City Country Club, zum University Club und zum American Club. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß nicht alle auskunftbereiten Personen ihre Klubmitgliedschaften vollständig angaben: „Some people do not wish to bother with filling out such information. Others say they hesitate to put down all of their clubs because people will think they are showing off the large number to which they belong" (Davis 1942 233-234). Klubmitgliedschaften spielten zwar eine wichtige Rolle für das soziale Ansehen, es war aber nicht opportun, sie übermäßig zur Schau zu stellen.

810

Cook, im Porfiriat der „merchant prince of Mexico", hatte sein Geschäft 1914 verkauft. Er ging angeblich jeden Abend mit der Hoffnung zu Bett, Diaz am nächsten Morgen wieder im Chapultepec-Schloß vorzufinden. Harry Wright war ebenfalls ein Verehrer von Diaz. Daniels berichtete über ein Essen bei Wright: „The dinner was served on the gold plate that belonged to Diaz. There are over two hundred pieces in the set, with a centerpiece that I suppose is gold plated (I do not think it can be solid gold). On the plates from which we ate is Diaz' monogram. [...] He [Mr. Wright] is very proud of having been a friend of Diaz. He told me that when Diaz left Mexico City, he went out in his, Mr. Wright's, automobile" (Daniels 1947: 381-383). 811

Nach Davis (1942: 227) wurde der Klub erst 1927 gegründet. Diese Jahreszahl ist nicht zutreffend.

" 2 Der Mexican American (17.10.1925: 19) bezeichnete Agramonte als „Dean of the American Colony in Mexico".

330

Tabelle 60: Mitgliedschaften US-amerikanischer Männer in Klubs des Distrito Federal, 1941 Klub American Club [Mexico City] Country Club University Club Chapultepec Golf [Country] Club Old-Timers Club Reforma Athletic Club British Club Lions Club Rotary Club Club Raqueta French Club Andere

Anzahl | 137 133 79 44 38 32 18 12 9 7 6 60

Quelle: Davis (1942: 234).

Für die Ausrichtung der patriotischen Feier des 4. Juli war nach dem Weltkrieg die American Legion zuständig.813 Sie wurde 1920 gegründet um folgende Ziele zu vertreten:

Para mantener y defender la Constitución de los Estados Unidos de América. Para mantener ley y orden. Para fomentar un cien porciento de americanismo... Para inculcar un sentido de obligación individua) a la comunidad, el Estado y la nación... Para salvaguardar y transmitir a la posteridad los principios de justicia, libertad y democracia...8'4

Im Jahr 1924 gründete Major Whitney J. Rider ein Organisationskomitee für die Feierlichkeiten des Unabhängigkeitstages, in dem führende Geschäftsleute vertreten waren. Diese sorgten auch dafür, daß Präsident Obregön und das gesamte diplomatische Korps ihr Kommen im Tivoli-Park zusagten.815 In diesem Jahr stießen die Feierlichkeiten auf besonders großes Interesse, da nach mehreren Jahren wieder ein US-amerikanischer

" 3 Sie veranstaltete außerdem jährlich einen Armistice Ball und, zu bestimmten Anlässen, Gedenkfeiern am wiedererrichteten George-Washington-Denkmal (Mexican American. 1.11.1924: 17; 15.11.1925: 16; 21.2.1925: 18; 7.11.1925: 18). Die der Legion verbundenen Frauen der Kolonie legten am National Memorial Day Blumen auf dem US-amerikanischen Soldatenfriedhof nieder (Daniels 1947: 344). 814 815

Aus der Präambel der Verfassung der American Legion, zitiert nach Icazuriaga (1980:28).

Mexican American. 28.6.1924: 21-22. Das Organisationskomitee bestand aus Louis A. Blanchard (Finance), W. A. DeGress (Diplomatie invitations), Nelson O. Rhoades (Reception), Sam. W. Clark (Grounds and Decorations), Richard Crump (Program), Ralph Cabafias (Badges), W. L. Vail (Publicity), Dr. M. J. Ferguson (Tickets at the Grounds), Mrs. Claude I. Dawson und Mrs. Thomas Macmanus (Raffles), Mrs. C. Pickering (Centenario Raffle), Mrs. George W. Crump (Candy), Jack Z. Zahler (Dances), Arthur F. Robertson (Concessions), Mrs. Chas. E. Cummings (Luncheon), Mrs. F. L. L. Harrell (Children's Food), Dr. P. W. Monroe (Medical), Miss Roa Browning (Restroom), Prof. Frederick Smith (Advance Ticket Sales).

331 816

Botschafter daran teilnehmen konnte. Auch die französische Kolonie nahm an den Feiern teil, französische Geschäfte schlössen nachmittags am 4. Juli ebenso, wie USamerikanische Häuser dies am 14. Juli taten. Außerdem besuchten viele Mexikaner, Spanier und Engländer die 1924 erstmalig gegen Regen versicherte Feier. Die Einnahmen der vielfaltigen Aktivitäten, für die sich auch führende Geschäftsleute zur Verfugung stellten,817 wurden für wohltätige Zwecke gestiftet. Sie gingen 1924 an das American Hospital und an die Associated Charities, der Mrs. George W. Crump vorstand. Die US-amerikanische Schule hatte in diesem Jahr auf ihren üblichen Anteil verzichtet.818 Im folgenden Jahr veranstaltete die American Legion die Feier zum US-amerikanischen Nationalfeiertag im Chapultepec Heights Country Club mit einem „Picnic and Barbecue". In einer Anzeigenwerbung für die Veranstaltung wird deutlich an die Zeit des Porfiriats erinnert: „Nothing will be sold by the Legion, except peanuts, pop corn and red lemonade and you can get enough of them for 5 cents to take you back to the picnics of twenty years ago. The eagle will screech as in the early eighties.'"" Die Feier, das Barbecue und der organisierte Transport zum Ort der Festlichkeiten waren frei. Dies war eine Reaktion auf die Kritik aus den früheren Jahren, dergemäß der Tag zu einem teuren Wohltätigkeitsbasar verkommen war. Für das Betreten des Klubgeländes mußte jedoch Eintritt gezahlt werden. Der American Club veranstaltete im Anschluß an das Picknick und als Höhepunkt des Tages einen Dinner-Dance, dessen finanzieller Erlös für das American Hospital vorgesehen war. „The club will lose its identity with all surroundings and become a true part of the United States in the proper celebrating of Independence day", hieß es dazu im Mexican American. 820 1928 fand die Feier wieder zugunsten der American Benevolent Society im Tivoli del Eliseo statt. Generalkonsul Alexander W. Weddell war maßgeblich an der Ausrichtung des Unterhaltungsprogramms beteiligt. Als Veranstalter der Feier traten die American Legion, die American Chamber of Commerce, die American School Foundation, die American Benevolent Society und der American Club auf. Als Schutzherren traten folgende Personen auf:821 His Excellency the American Ambassador and Mrs. Morrow Mr. and Mrs. H. F. Arthur Schoenfeld Mr. and Mrs. Williamson S. Howell, Jr. Mr. and Mrs. Alan F. Winslow Captain and Mrs. Lewis B. McBride The Rt. Rev. and Mrs. F. W. Creighton Mr. and Mrs. Harvey A. Basham 816

Mexican American. 28.6.1924: 43. Im Vorjahr hatte der mexikanische Außenminister, Ing. Alberto J. Pani, an der Rezeption des US-amerikanischen Chargé d'affaires George T. Summerlin in der Botschaft teilgenommen. Der höchstrangige Beamte bei der Kirmes im Tivoli war 1923 Lic. Gilberto Valenzuela (Subsecretario de Gobernación) gewesen (Godoy 1923: 14). 817

Der Vizepräsident der Mexico City Banking Corporation, Fred J. Dunkerly, und George R. Hackley von der Firma Hackley-Sidwell, S. A. fiihrten 1924 die Mannschaften eines Buchstabierwettbewerbs an. Dieser wurde von William Flewellyn Saunders, dem Sekretär der US-amerikanischen Handelskammer in Mexiko, organisiert. Captain D. W. Wurtsbaugh veranstaltete erstmalig ein Hufeisenwerfen (Mexican American. 28.6.1924: 21-22). 818

Mexican American. 28.6.1924: 21-22.

8,9

Mexican American. 20.6.1925:4.

820

Mexican American. 20.6.1925: 35-36; 4.7.1925: 11,18.

821

NAUS, Microcopy No. 274, Roll 152,812.462-812.48/375 (0109-0134).

332 General and Mrs. C. H. M. y Agramonte The Very Rev. and Mrs. F. W. Golden-Howes Mr. and Mrs. Frank Sanborn Rev. and Mrs. C. R. McKean The Rev. Dr. and Mrs. William Wallace Mr. and Mrs. J. R. Weiter Mr. and Mrs. Paul C. Cheatham Mr. and Mrs. Harry Wright Mr. and Mrs. Loring Olmsted Mr. and Mrs. E. Kirby-Smith Mr. and Mrs. George W. Crumb Mr. and Mrs. J. M. Hogan Mr. and Mrs. J. R. Woodull Mr. and Mrs. Walter C. Taylor Mr. and Mrs. R. R. Williamson Mr. and Mrs. W. A. DeGress Mr. and Mrs. P. W. McCullough Mr. and Mrs. W. J. Thompson Mr. and Mrs. Thomas B. Rice Mr. and Mrs. Ralph S. Smith Mr. and Mrs. Erby E. Swift

Auch zu Beginn der 1940er Jahre organisierte die American Legion die Feiern des Unabhängigkeitstages. Diese fanden nun mit dem üblichen Unterhaltungsprogramm und einer Ansprache des Botschafters im (ursprünglich britischen) Reforma Athletic Club statt.822 Abends lud Botschafter Daniels zum Empfang. Der Empfang in der Botschaft, ein soziales Ereignis für die Kolonie und US-amerikanische Besucher, verwandelte sich 1940 und 1941 durch den großen Andrang von Touristen in eine Massenveranstaltung, von der US-amerikanische Residenten sich fernhielten (Davis 1942: 228,242-245). 823 Der Zweite Weltkrieg stärkte das Interesse an der patriotischen American Legion. Sie hatte Anfang der 1940er Jahre jedoch nur achtzig Mitglieder (Davis 1942: 228). 1941 wurde die American Society als Dachorganisation der Kolonie gegründet, um die USAmerikaner in Mexiko auf der Seite der Alliierten zu vereinigen. Unter den Gründern war auch S. Boiling Wright (Baird/McCaughan 1974: 5). Die Ziele der American Society waren folgende: 1. To keep alive a patriotic spirit toward our country, the United States of America, and to promote its interests. 2. To foster friendly relations between Mexicans and Americans.

822

Zum Reforma Athletic Club hieß es in einer Broschüre der British Society of Mexico-, „The Club is essentially British and provides for a 55% representation ofthat nationality. The remaining 45% may be divided among American, German, French, and Mexican nationalities, several representatives of these latter having become the Club's most active members. No single nationality other than British being allowed to exceed 15% (The British Society of Mexico 1920: 40). 823

Botschafter Daniels erinnerte sich, daß in einem Jahr mehr als 3500 Gäste in die Botschaft kamen. Morgens lud er am 4. Juli und zu anderen patriotischen Festen das mexikanische Kabinett und das gesamte diplomatische Korps in die Botschaft (1947:419). Im Jahr 1940 ging das Gerücht um, daß NaziKollaborateure die US-amerikanische Botschaft zur Zielscheibe eines Anschlags machen wollten. Ein solcher Anschlag fand nicht statt. Rüdt von Collenberg hatte in diesem Jahr erstmalig nicht am Empfang in der US-amerikanischen Botschaft teilgenommen. Daniels führte sein Fembleiben jedoch auf eine Verstimmung über neue Visavorschriften der USA zurück, von denen ein deutscher Gesandtschaftsangestellter betroffen war (Daniels 1947: 504).

333 3. To assist developing cultural relations between the two countries. 4. To promote acquaintanceship among its members.824

Davis (1942: 254) beschrieb die Auswirkungen des Krieges auf die Kolonie: „The declaration of war by the United States government has brought to the American Colony a greater realization of their own nationality [...]." Nach den Erinnerungen von S. Boiling Wright wurde er von Nelson Rockefeller persönlich damit beauftragt, in Mexiko Propaganda für die Alliierten zumachen. Er setzte dazu 37 Filmprojektoren ein und erreichte mit den in ganz Mexiko gezeigten Filmen (The News Parade) nach eigenen Angaben mehr als drei Millionen Zuschauer (Baird/McCaughan 1974: 5).825 1942 gründeten Frauen der Kolonie das American Colony Committee of the Mexican Red Cross, nachdem sich herausgestellt hatte, daß eine direkte Anbindung an das US-amerikanische Rote Kreuz nicht möglich war (Davis 1942: 254-255). Bereits vorher hatten sich die Frauen der Kolonie vorwiegend in karitativen Vereinigungen zusammengeschlossen. Eine ähnlich stabile Einrichtung wie den deutschen Frauenverein gab es in der US-amerikanischen Kolonie aber offensichtlich nicht. Sehr elitär war die Junior League, eine Vereinigung, die auch in US-amerikanischen Städten existierte.826 In Mexiko war die maximale Mitgliederzahl auf 35 festgelegt, pro Jahr konnten höchstens acht neue Kandidatinnen aufgenommen werden. Anfang der 1940er Jahre waren bis auf zwei Frauen alle Mitglieder College-Absolventinnen. Die zeit- und geldaufwendige Arbeit der Junior League funktionierte im Rahmen der mexikanischen Beneficencia Privada, jedoch entschieden die Mitglieder der League selbst über den Einsatz ihrer Mittel (Davis 1942: 225-226). Der 1928 gegründete Pan-American Round Table entstand aus einem früheren History Club und schloß sich einer Dachorganisation in den USA, den San Antonio Round Tables, an. Er tagte im American Club. Der Pan-American Round Table bestand zum größten Teil aus US-amerikanischen Mitgliedern, nach Davis (1942: 226-227) lag dies daran, daß eine ähnliche mexikanische Organisation bereits existierte. Der Frauen-Klub befaßte sich unter anderem anhand von Referaten mit panamerikanischen Themen. Der Anteil des Programms, der sich auf Mexiko bezog, lag bei etwa vierzig Prozent. 827 Ein weiterer Klub, der sich an Frauen richtete, war der Garden Club mit 25 Mitgliedern zu Beginn der 1940er Jahre. Auch hier war die Mitgliederzahl beschränkt, denn die Versammlungen sollten in den Privatwohnungen stattfinden. An die Union Evangelical 824

Zitiert nach Baird/MacCaughan (1974: 5). Zur Funktion der Society in den 1990er Jahren vgl. ein Interview ihrer Vertreterin, Gale Fitzwater de Ochoa, im Excelsior. 29.4.1993: 1, 11 (Sección metropolitana). 825

Nelson Rockefeller leitete ein 1940 gegründetes Büro (bald Office of Inter-American Affairs genannt), das im Zweiten Weltkrieg die US-amerikanische Propaganda in Lateinamerika koordinierte (Ortiz Garza 1989: 28-30; 46-47, 166; Rosenberg 1982: 187,206-208). 826 In den 1970er Jahren erhielt die Junior League in Mexiko allgemeine Anweisungen über ihre Aktivitäten von der Association of Junior Leagues, Inc., aus New York. Ein Teil der in Mexiko aufgebrachten jährlichen Mitgliedsbeiträge wurde in die USA gesandt (Denman 1980: 53). 827 1934 war Mrs. G. B. Schumacher Präsidentin des Klubs. Mrs. J. Walter Christie und Mrs. Arthur Constantine waren Direktorinnen, Mrs. R. P. Billings und Mrs. H. G. Whittlesey Sekretärinnen, Mrs. Ramón Beteta Schatzmeisterin, Mrs. Sue Perry Historikerin und Mrs. C. A. McKean Parlamentarían. Mrs. George C. Glassock repräsentierte den Klub vor der Dachorganisation (The Year Book of Mexico for 1934 [1934]: 200-200.

334

Church angeschlossen war der 1923 gegründete Friendship Club. Seine Mitglieder waren vorwiegend Frauen mit Kindern, die die Sonntagsschule besuchten. 1929 lag die Anzahl der Klubmitglieder bei über sechzig. Die Fluktuation unter den Mitgliedern war groß, und er diente vorwiegend Neuankömmlingen zur Kontaktaufnahme (Davis 1942: 228-229). Die wichtigste Wohltätigkeitseinrichtung der Kolonie blieb die 1868 gegründete Amercian Benevolent Society, der die American Hospital Society und der Friedhof in Tacuba angegliedert waren. Zu Beginn der 1940er Jahre bearbeitete sie jährlich etwa zweihundert Eingaben. Allerdings fühlte sie sich für gestrandete Touristen oder andere misfits nicht zuständig. Auch US-amerikanische Ehefrauen von repatriierten Mexikanern konnten nicht auf das Wohlwollen der Society hoffen, da ihr „falsches" Heiratsverhalten als Grund für ihre Bedürftigkeit angesehen wurde (Davis 1942: 81-82, 159160, 238-240). Die Society kümmerte sich vor allem um Personen, die selbst zur Kolonie gehörten:

The people who are served by the American Benevolent Society are usually .old-timers' who at one time have been adjusted to life in Mexico, have been self-supporting, and often have held responsible positions. Through some difficulty they have lost their jobs or have been retired. Through years of residence outside the United States they have neither a place nor relatives to which they may turn in that country. While from tourists and others ineligible for assistance there are more demands upon the society than it could ever meet, there are many needy American families whom it never touches, and the workers in the organization know that the pride of many of these old-time families prevents their requests for assistance (Davis 1942: 240-241).

Der Vorstand der American Benevolent Society fur 1923 bestand aus folgenden Personen: Nelson O. Rhoades (Präsident), Lewis Lamm (1. Vizepräsident),828 H. Ralph Ringe (2. Vizepräsident), H. C. Bosworth (Sekretär), F. W. Schroeder (Schatzmeister); als Beisitzer F. J. Muench, Louis S. Loeb, E. L. Waldo und General J. A. Ryan.829 1934 standen folgende Personen der American Benevolent Society vor: Lewis Lamm (President);

S. B. Wright (First Vice-President); W. B. Richardson (Second Vice-President)-, W. S. Sollenberger (Secretary);

Frederick] W[illis] Schroeder (Treasurer); Mrs. G. W. Crump; Frank H. Goodrich; A. T. Cummings; Kenneth H. Boynton

(Curators)."0

828

Lewis Lamm war seit der Revolution in Immobilienfirmen aktiv. Am 13.8.1914 erhielt er von Pedro Lascuaráin (dem Außenminister Maderos) und dessen Ehefrau die Vollmacht, ihre Geschäfte während ihrer Abwesenheit zu fuhren (Jiménez Muñoz 1993: 141). 829

Godoy (1923 : 6). 1925 war Lewis Lamm wiederum Präsident, F. J. Dunkerley Vizepräsident, F. W. Schroeder Schatzmeister, H. C. Bosworth Sekretär und Nelson O. Rhoades, Fritz von Hiller und S. B. Wright Beisitzer (Mexican American. 14.2.1925: 18). 830

The Year Book of Mexico for 1934 [1934]: 193,200.

335

Das American Hospital hatte eine Zeit der Krise hinter sich. Zeitweise waren vor allem deutsche und schweizerische Ärzte dort tätig gewesen (Zinsser 1944: 343). Trotzdem wurde es bereits 1917 erweitert.831 1923 verfügte es über Gebäude, die nach seinen Gönnern Simon Lara, dem US-amerikanischen Gesandten Henry R. Jackson, Major R. B. Gorsuch und Barbara Guggenheim benannt waren.832 Es wurde damals von Mary C. English geleitet, seine Ärzte waren P. W. Monroe, W. G. Pruyn und F. E. Priestly (Godoy 1923: 8).833 1943 verfugte es über 35 Betten, arbeitete aber mit einem Defizit.834 Seit den 1920er Jahren bestanden von Seiten der Regierung der mexikanischen Hauptstadt Pläne, das Hospital zu verlegen.835 Schließlich wurde es mit dem britischen Krankenhaus zusammengeschlossen. Dieses von Lady Cowdray 1911 initiierte Hospital verfügte 1920 über sechzehn Betten, 1943 über etwa 45. In den 1920er Jahren wurde ein neues Krankenhausgebäude in der Colonia Anzures (gegenüber dem Club Deportivo de Chapultepec) gebaut.836 Finanziell wurde das britische Krankenhaus von Lord Cowdray und der British Society getragen.837 In diesem Hospital wurde im Juni 1925 auch Otto Stinnes, der Sohn des deutschen Stahlmagnaten behandelt, als er auf einer Geschäftsreise in Mexiko erkrankte.838 Zu Beginn der 1940er Jahre zählten viele US-Amerikaner zu den Patienten des britischen Hospitals (Davis 1942: 242).839 Nach langen Diskussionen wurde es mit dem American Hospital zum American British Cowdray Hospital vereinigt. Ab dem 1. August 1941 hatten beide Häuser eine gemeinsame Verwaltung. Die räumliche Zusammenlegung sollte 1943 mit einer Modernisierung des Cowdray-Hospitals einhergehen. Die Schließung des American Hospital und die Verlegung der Patienten war für Juni 1943 geplant, das Gebäude und das Grund-

831

Mexican American. 11.7.1925:6.

832

Godoy (1923: 8); Mexican American. 11.7.1925: 6. Weitere Förderer des Krankenhauses waren Francisco Somera y Vázquez, Gustav Cendergren, M. Elsasser und Edward W. Orrin (Mexican American. 11.7.1925: 6,44). 833

Im Februar 1925 waren Dr. Parley W. Monroe, Dr. W. G. Pruyn und Dr. M. J. Ferguson Hausärzte des Krankenhauses. Außerdem arbeiteten dort der Pathologe Dr. M. Mooser, der Ophtalmologe Dr. Karl Bauer, der Hals-, Nasen-, Ohrenarzt Dr. A. R. Goodman, der Zahnarzt Dr. H. G. Whittlesey und der Röntgenologe Dr. Gustav Peter (Mexican American. 28.2.1925: 17-18). Als langjährige Superintendentin wurde 1925 Miss Barton gefeiert, 1934 bekleidete Miss Elizabeth Best dieses Amt (Mexican American. 25.4.1925: 40; The Year Book of Mexico for 1934 [1934]: 193). Dr. Whittlesey war auch 1935 noch als Zahnarzt in Mexiko-Stadt tätig (Moats/Moats 1935: 167). 834

AHSRE I1I-2464-9.

835

Mexican American. 24.1.1925: 36-37.

836

Die Colonia Anzures war ein Projekt der britischen Anzures Land Co., hinter der die Firma S. Pearson & Son stand. Zu ihrer Entwicklung vgl. Conolly (1989). Präsident Calles kaufte 1926 Grundbesitz in der Colonia Anzures, ebenso Aarón Saenz. 837

The British Society of Mexico 1920: 22-23; Directorio médico mexicano y guia terapéutica para 1924 [1924]: 92; Mexican American. 30.8.1924: 33; AHSRE III-2464-9.

838 839

Mexican American. 6.6.1925: 40,13.6.1925: 35.

Die gemeinsame Sprache spielte bei den Beziehungen zwischen US-Amerikanem und Briten in Mexiko eine wichtige Rolle. Davis (1942: 70) schrieb dazu: „The British and Americans do have some contacts. A few of each belong to clubs of the other nationality. A few Americans attend the British church. [...] A number of British children attend the American school." Vor allem von Außenstehenden wurden beide Gruppen oft als „English-speaking" oder als „Anglo-American" zusammengefaßt (Davis 1942: 70). Vgl. dazu auch Moats (1933: 30) und Daniels (1947: 390-392).

336

stück sollten nach den Plänen der Krankenhausverwaltung verkauft werden. Das neue Hospital sollte Platz für 116 Betten bieten.840 Die American Benevolent Society verwaltete den im Porfiriat angelegten US-amerikanischen Friedhof in Tacuba.841 Dort existierten Anfang 1925 außerdem ein spanischer, ein arabischer und ein deutscher Friedhof. Ein neuer britischer Friedhof, der heute an den deutschen angrenzt, war damals noch in Planung.842 Der ältere Soldatenfriedhof (U. S. National Cemetery) hat zwar die Revolution überstanden, ist aber anscheinend 1923 geschlossen worden (Icazuriaga 1980: 31). Die US-amerikanische Schule konnte sich in den 1920er Jahren endgültig von der Krise aus der Zeit der Revolution befreien. Die alte American School Association, die als Aktiengesellschaft US-amerikanischer Bewohner des Distrito Federal bisher für die Verwaltung der Schule zuständig gewesen war, löste sich am 26. April 1921 auf. Bereits im Juli bildete sich die American School Foundation auf zum Teil identischer personeller Grundlage. Sie vereinigte drei Formen der Mitgliedschaft: Gründungsmitglieder, contributing members, die zwischen US$ 25 und 5000 Pesos spendeten, und Ehrenmitglieder, die mehr als 5000 Pesos gaben.843 Im selben Jahr überzeugte S. Bölling Wright den Geschäftsmann E. O. Orrin davon, erneut ein Grundstück und ein Darlehen für einen Neubau der Schule zur Verfügung zu stellen.844 Der Architekt Lewis Lamm fertigte gemeinsam mit seinem gleichnamigen Sohn die Pläne dafür kostenlos an. Als der Grundstein am 22. Februar 1922845 gelegt wurde, war das Darlehen von Orrin bereits zurückgezahlt worden (Castillon/Wright

840

AHSRE III-2464-9.

M1

1912 wollte die US-amerikanische Regierung Grabsteine für einen Teil der Gräber nach Mexiko schicken. Die Mexikanische Revolution verhinderte die Ausführung dieses Plans ("Mexican American. 17.1.1925: 17). Im Oktober 1915 waren der U. S. National Cemetery und der angrenzende alte britischen Friedhof durch ein mehrtägiges Hochwasser überflutet und schwer beschädigt worden (The British Society of Mexico 1920: 11). ,42

Mexican American. 7.2.1925: 17-18. Der alte britische Friedhof wurde am l . M a i 1925 geschlossen.

M

' Von den Gründungsmitgliedern wurden folgende Personen in den Vorstand gewählt: H. A. Basham, E. L. Beck, H. R. Bradbury, Ralph Cabaflas, George W. Cook, George W. Crump, Charles E. Cummings, W. A. DeGress, E. E. Denier, J. E. Dennison, I. H. Jacobs, Lewis Lamm, E. O. Orrin, H. R. Porter, W. J. Rider, Frank A. Sanborn, G. A. Steele, H. G. Whittles[e]y, Harry Wright und S. Bölling Wright (Castillon/Wright [1988], ohne Seitenzählung). 1938 bestand das Board of Trustees aus S. Bölling Wright (Präsident), Lewis Lamm (1. Vizepräsident), G. A. Steele (2. Vizepräsident), R. R. Billings (Sekretär), H. R. Bradbury (Schatzmeister); außerdem aus T. D. Bowman, I. N. Thacker, R. G. Erskine, W. L. Garnett, E. O. Orrin, W. J. Rider, E. B. Sloan, H. G. Whittlesey, W. W. Wilkinson und H. R. Porter (The American School Foundation Mexico City, Mexico 1938: 4). Vgl. auch Anhang 12 zu den Vorstandspräsidenten und Schulleitern der American School. *44 Samuel Bölling Wright war von 1923 bis 1952 Präsident des Vorstands der Schule und, nach dem Zweiten Weltkrieg, einer ihrer wichtigsten Mäzene. Außerdem trug er wesentlich zum Neubau des American British Cowdray Hospital 1960 bei und unterstützte zwei englischsprachige Kirchengemeinden. S. Bölling Wright war 1904 als Repräsentant einer US-amerikanischen Firma nach Mexiko eingewandert. Trotz seiner engen Kontakte zu mexikanischen Politikern lernte er nie Spanisch (Scanion 1984: 42,47-48). 845

Nach dem US-amerikanischen Generalkonsul Dawson fand die Grundsteinlegung am 22.2.1923, also ein Jahr später statt (Dawson an Dept. of State, 26.2.1924, NAUS, Microcopy No. 274, Roll 152, 812.462-812.48/375 (0096-0097).

337 846

[1988], ohne Seitenzählung). Die Darstellung von Castillon und Wright ([1988]) enthält keinen Hinweis darauf, daß der Neubau der Schule auch deshalb notwendig geworden war, weil das alte Gebäude von der mexikanischen Gesundheitsbehörde als ungeeignet angesehen wurde. Dies geht aus einem Bericht der in Mexiko-Stadt tätigen presbyterianischen Missionarin Mrs. William Wallace hervor: „There is an energetic Mexican Board of Health, so energetic, that it ordered the American school to move to a more sanitary building."847 Obwohl die Schule weder in das mexikanische noch in das US-amerikanische Erziehungssystem inkorporiert war, besuchten 1924 zahlreiche Kinder von mexikanischen Politikern die American School:848

A significant fact is the large enrollment of Mexican children, among them being the son of the President of the Republic, two sons of former Secretary of Finance, Adolfo de la Huerta, a son of Alberto Pani, the present Secretary of Finance, a son of Sub-Secretary of Foreign Affairs, Aaron Saenz [sic], a son and daughter of Secretary of Education José Vasconcelos, a son of Moises Saenz [sic], former Secretary of Education, a son and daughter of the present commander of the Mexican Navy, and several children of former Mexican generals.

Nach den Erinnerungen des US-amerikanischen Botschafters Josephus Daniels hatten nicht nur Kinder des mexikanischen Präsidenten Obregön, sondern auch seines Nachfolgers Calles die American School besucht (Daniels 1947: 129). Die American School verfolgte das Ziel, ihre Schüler auf den College-Besuch in den USA vorzubereiten. Ein Inspektionsbesuch von Dr. James F. Hosic vom Teachers College der Columbia University (New York) fiel 1929 positiv fur die Schule aus. 1931 wurde sie Mitglied der US-amerikanischen Southern Association of Colleges and Secondary Schools,*49 so daß ihre Abschlußzeugnisse in den Vereinigten Staaten weitgehend anerkannt wurden. Obwohl die US-amerikanische Regierung 1933-1934 damit begann, einen Fonds zur Finanzierung von Auslandsschulen zur Verfugung zu stellen, hing die American School weiterhin von den Schulgeldern und den Spenden in Mexiko lebender Unternehmer ab (Castillon/Wright [1988], ohne Seitenzählung; Scanion 1984: 46-47). Nach Davis (1942: 178) und einer Broschüre der American School Foundation 846

Edward W. Orrin starb im September 1925 im Alter von 77 Jahren in Mexiko-Stadt. Er wurde nach katholischem Ritus auf dem britischen Friedhof beerdigt, da seine Eltern britischer Abstammung waren. Er selbst stammte aus Cincinnati (Ohio), hatte aber über fünfzig Jahre lang in Mexiko gelebt (Mexican American, 26.9.1925: 23). 847

The Missionary Review of the World. Bd. 45, Nr. 3, 1922: 178. Auch die Darstellungen von Davis (1942) und Scanion (1984) erwähnen diesen Umstand nicht. Wie in der „offiziellen" Version wird bei ihnen daraufhingewiesen, daß der Umzug der Schule gewünscht wurde, um diese an die neuen Wohngebiete anzunähern und die Schulwege zu verkürzen (Davis 1942: 177-178; Scanion 1984:41-42). 848

Generalkonsul Claude I. Dawson an Dept. of State, 26.2.1924, NAUS, Microcopy No. 274, Roll 152, 812.462-812.48/375 (0096-0103). Dawson, der in den Vorstands der American School Foundation gewählt worden war, fügte seinen Ausführungen hinzu: „These facts are not stressed locally as publicity might be a source of embarrassment to the officials named; but the Department will doubtless be interested in knowing them." 849

Nach Davis (1942: 178) bereits 1930, nach Scanion (1984:46) erst 1933.

338 von 1938 waren die Schulgelder ihre einzige Einnahmequelle (The American School Foundation M e x i c o City, M e x i c o 1938: 12; vgl. Tabelle 61). 8 5 0 Tabelle 61: Jährliches Schulgeld verschiedener Privatschulen in Mexiko-Stadt, 1938 (in Pesos) Schulzweig Kindergarten Primaria Secundaria High School Preparatoria

American School 250 300 350 350 —

Lycée francomexicain 200 230-300



English School for Boys 156 180-228 240-288

Deutsche Schule 132 keine Angabe keine Angabe

300

keine Angabe

Quellen: The American School Foundation Mexico City, Mexico 1938: 14; Le Lycée franco-mexicain vous présente son programme pour 1938 [o. J.], ohne Seitenzählung; The English School for Boys [1938], ohne Seitenzählung; Deutsche Oberrealschule in Mexiko [Schuljahr 1937] 1938: 12; Deutsche Oberrealschule in Mexiko [Schuljahr 1938] 1939: 12.

Die Eingliederung der Schule in das mexikanische Erziehungssystem erfolgte erst 1934 mit der Inkorporation der primaria,851 Bis dahin hatte die Schule o f f e n b a r wenig Beziehungen zu mexikanischen Bildungsträgern unterhalten, und es g a b Lehrer, deren Kontakte zur mexikanischen Bevölkerung überhaupt sehr begrenzt waren. Scanion (1984: 44-45) zitiert eine US-amerikanische Lehrerin, die seit d e n 1930er Jahren an der American School gearbeitet hatte:

Vivíamos en un mundo propio ... Recuerdo que tuve que asistir a una junta de profesores de primaria mexicanos después de nuestra incorporación al programa de la Secretaria de Educación Pública, y qué ingenuamente sorprendida quedé al ver a esa gente ... Lo primero que pensé fue que todas las maestras parecían sirvientas.

In den Akten der S E P lassen sich keine Hinweise auf Probleme der Elementarschule mit den mexikanischen Unterrichtsbehörden finden. D a s Personal w u r d e jährlich akzeptiert, und die Inspektoren berichteten sehr kurz und mußten nur in seltenen Fällen

150

Anfang der 1940er Jahre kostete der Besuch des Kindergartens jährlich 300 Pesos, der primaria 350 Pesos, der secundaria und High School 400 Pesos. Bücher und Lehrmaterial mußten ebenfalls von den Eltern bezahlt werden (Davis 1942: 184). Familien mit mehr als drei angemeldeten Kindern konnten Ermäßigungen von zehn bis zwanzig Prozent der Kosten erhalten (The American School Foundation Mexico City, Mexico 1938: 14). Offensichtlich war es auch an der American School üblich, daß Schulpflegschaften übernommen wurden. So bezahlte der US-amerikanische Botschafter Reuben Clark über längere Zeit monatlich 10 Pesos an die American School Foundation zur Deckung der Unkosten fiir zwei Schüler (The First Centennial of the Union Evangelical Church 1973: 16). 851

In der Jubiläumsschrift der Schule wird kolportiert, daß zur Genehmigung der Schule und ihres englischsprachigen Unterrichts im Rahmen der neuen Schulpolitik des mexikanischen Präsidenten Plutarco Elias Calles erst der Nachweis geführt werden mußte, daß es in den USA Schulen mit spanischsprachigem Unterricht gab. Schuldirektor Henry Cain konnte nachweisen, das dies in zehn Bezirken (counties) des Bundesstaates Texas der Fall war. Die offensichtlich von den mexikanischen Behörden geforderte Reziprozität war damit gewahrt.

339 852

geringere Verstöße gegen die Richtlinien feststellen. So wurde bei einer Inspektion durch Armando List Arzubide im Juni 1938 ein naturwissenschaftliches Lehrbuch entdeckt, das von der SEP seit 1934 verboten war. List Arzubide entschuldigte aber den Vorfall:

Tengo la convicción, en los años que llevo de visitar el plantel, que por lo que ve al respecto religioso, no entraña problema, y si acaso hubiere alguna deficiencia sería en otro orden. Consiguientemente, la irregularidad que entraña la existencia de estos textos en el So. año debe considerarse más bien como un descuido de la maestra, que como un propósito deliberado de violar la ley.853

Im August 1940 stellte der Inspektor Enrique Othon Diaz den Gebrauch eines verbotenen Geometriebuches fest und bemängelte, daß an der Gebäudefassade ein Schild mit dem Namen der Schule fehlte. 854 Eine secundaria, die ebenfalls inkorporiert war, existierte nach der Jubiläumsschrift von Castillon und Wright nur drei Jahre lang. Sie stand unter der Leitung von Alvaro Rodriguez, wurde aber geschlossen, da die große Mehrheit der US-amerikanischen Schüler ihre Ausbildung nach dem sechsten Schuljahr in den Vereinigten Staaten fortsetzte (Castillon/Wright [1988], ohne Seitenzählung). Diese Angaben sind nicht korrekt. Nach Scanion (1984: 53) wurde die secundaria 1946, beim U m z u g in ein neues Schulgebäude, abgeschafft. 1938 waren sowohl die primaria als auch eine secundaria bei der SEP inkorporiert. 855 Auch nach Davis (1942: 179) gab es zu Beginn der 1940er Jahre eine secundaria:

At present the school is composed of three distinct divisions - the elementary school, including a kindergarten and the first six grades; secondary school of grades seven, eight, and nine which follow the Mexican course of study; and a high school made up of grades seven through twelve. While there seems to be a duplication of three grades (seven, eight, and nine) the courses of study for these years in a Mexican secundaria and an American junior high school are very different. Although the first three years of high school seem to parallel the secondary, different courses are studied by the students in the two divisions.

852

Vgl. AHSEP 6208/8, Enrique Othon Diaz, 29.9.1936; SEP an Colegio Americano, 13.1.1937; C. F. Petrarca, A. Serrano M. und C. Aubry C., 10.3.1937; Angelina Méndez, 29.6.1939; Prof. Armando List Arzubide (Jefe de la Oficina), 9.8.1939; Rosendo Novales G., 10.10.1939; Prof. Armando List Arzubide, 7.3.1940. 853

AHSEP 6208/8, Prof. Armando List Arzubide, 27.6.1938. List Arzubide hatte auch die deutsche Schule mehrmals inspiziert.

854 855

AHSEP 6208/8, Enrique Othon Dfaz, 19.8.1940.

The American School Foundation Mexico City, Mexico (1938: 13). Die Broschüre der American School Foundation von 1938 verzeichnete folgendes Verwaltungspersonal: H. L. Cain, M. A. (Superintendent and Principal of Secondary School); A. B. Keeler, B. A. (Principal of High School), Anne Ullrich, B. A. (Principal of Elementary School), Mildred M. Hunt (Book-keeper and Cashier), Amalia Guzmán Estrada (Registrar and Private Secretary to Superintendant). Vgl. The American School Foundation Mexico City, Mexico (1938: 5).

340 Nach der primaria mußten sich die Schüler also zwischen der mexikanischen secundaria und der US-amerikanischen High School entscheiden. 8 5 6 Ohne ein Zertifikat der sechsten Klasse der primaria konnte kein Schüler die secundaria besuchen, dies galt zum Beispiel für Zuwanderer aus den U S A . Die High School dagegen unterlag den Anforderungen der Southern Association of College and Secondary Schools (The American School Foundation Mexico City, Mexico 1938: 17-19). Leider geht aus den Quellen keine quantitative Verteilung der Schüler auf die beiden Zweige hervor. Der Unterricht erfolgte auf Englisch, eine Ausnahme bildeten die Fächer Spanisch, mexikanische Geschichte, Geographie und Staatsbürgerkunde. Englische Sprachkenntnisse waren die Zugangsvoraussetzung für die Schule und den Kindergarten. „The material covered is similar to that studied in the United States, except for the fact that Spanish is required daily o f all pupils, more emphasis is placed on the metric system in arithmetic, and the academic subject matter is more advanced", beschrieb Davis (1942: 182) den Unterricht der Elementarschule. 857 1 923 hatte die American School 3 5 0 Schüler, 1925 bereits 450. 1930 waren es 761 aus 23 Nationen. 1940 lag die Schülerzahl bei 9 0 0 (vgl. auch Tabelle 62). 8 5 8 In einer Broschüre der American School Foundation wurden die Ziele der Schule so dargestellt: „This school offers an American education from kindergarten through high school to every American child within its reach, and also gives the same opportunities to as many children o f other nationalities as can be accommodated" (The American School Foundation Mexico City, Mexico 1938: 12).

856

Diese Spaltung kritisiert Scanion (1984: 44), die die Inkorporierung durch die SEP als Mexikanisierung bezeichnet: „Esta ,mexicanización' del Colegio Americano no derivó de un programa integrado bilingüe y binacional destinado a los niños de las dos nacionalidades; más bien se llevó a cabo mediante la creación de una doble organización escolar que permitió al colegio mantener un plan de estudios norteamericano en inglés al mismo tiempo que resolvió las presiones económicas y políticas en favor del comienzo de un plan de estudios mexicano. Las dos organizaciones escolares eran ,separados pero iguales', puesto que no existía ninguna coordinación formal entre ambas áreas del programa." 857

Vgl. auch die fast identische Beschreibung in The American School Foundation Mexico City, Mexico (1938: 16-17). 1938 wurde das Colegio Caín als American School Annex gegründet. Hier konnten auch Kinder aufgenommen werden, die noch nicht Englisch sprechen konnten: „Their course of study includes the work prescribed by the Secretariat of Public Education, but there is an emphasis upon satisfying the English requirement of the American school" (Davis 1942: 183). In dieser Schule, die den Kindergarten und die Jahrgangstufen eins bis fllnf umfaßte, wurde mehr Unterricht auf Spanisch abgehalten. Außerdem wurden englische Sprachkenntnisse vermittelt (Davis 1942: 182-183). Cain war auch der Name des Direktors (superintendant) der American School: Dr. H. L. Cain hatte diesen Posten von 1927 bis 1949 inne. Aus den Unterlagen der SEP geht hervor, daß die Klassen des Colegio Cain zunächst gemeinsam mit der American School inkorporiert waren und inspiziert wurden. Auch das Lehrpersonal war das der Schule. 1943 leitete J. F. Cueto Farley den,Anexo" als Direktor, der 1944, eventuell auch schon früher, als Colegio Columbia, Anexo al Colegio Americano firmierte. H. L. Cain war neben Farley als Superintendent im Briefkopf aufgeführt. 1944 ging die Direktion der Columbia-Schule an Florence Bush über (AHSEP 6208/8, H. L. Cain, 24.1.938; H. L. Cain an SEP, 20.1.1941; Luis R. Alarcón, 15.1.1943; J. F. Cueto Farley, 21.1.1944; Candor Guajardo an Colegio Columbia, 23.3.1944). 858

Castillon/Wright ([1988], ohne Seitenzählung); Scanion (1984: 42, 158); Mexican American. 5.9.1925: 17. Scanion (1984: 45) beschreibt die Schülerschaft und die US-amerikanische Kolonie folgendermaßen: „Escuela y comunidad eran pequeñas no sólo en comparación con las actuales, sino porque el estudiantado era menos transitorio y más homogéneo en términos socioeconómicos. Los muchachos norteamericanos o mexicanos - provenían de familias cuyo nivel socioeconómico era más alto que el de muchos de los alumnos actuales. Los graduados norteamericanos entraban en general a las universidades privadas más prestigiosas del este de Estados Unidos, tales como Harvard o Yale."

341

Tabelle 62: Nationalität der Schüler der American School von Mexiko-Stadt, Februar 1941 Anzahl der Schüler] 423 320 52 19 17 15 9 8 5 5 4 4 4 3 2 2 2 1 1 1 1 1 1_ 900

| Nationalität Mexikanisch US-amerikanisch Britisch Spanisch Deutsch Russisch Niederländisch Französisch Polnisch Tschechisch Litauisch Armenisch Schweizerisch Guatemaltekisch Österreichisch Kubanisch Schwedisch Argentinisch Belgisch Venezolanisch Syrisch Dänisch Ungarisch Summe Quelle: Davis (1942: 186).

Davis (1942: 185) beschrieb die Gründe von nicht US-amerikanischen Eltern, ihre Kinder an der American School erziehen zu lassen, folgendermaßen:

The American School is one of the outstanding schools of the city and is widely recognized. Mexican parents send their children to this school because its work is considered among the best to be obtained in the city, because they want them to learn English, and sometimes because they intend to send them to college in the United States. Many of these Mexican parents have themselves attended the school. European parents have been accustomed to education in several languages and when educational facilities in their own language are not available English is the next choice. In addition Europeans living in Mexico who hope to obtain residence in the United States send their children to the American school.

Die Enteignung der Petroleumindustrie führte nach Darstellung der Schule zu einer Verringerung der Schülerzahl, gefährdete den Bestand der Institution aber nicht (Castillon/Wright [1988], ohne Seitenzählung; Scanion 1984: 42). Davis (1942: 185) beschrieb auch einen vorübergehenden Rückgang der Schülerzahl für die Jahre 1934 und 1935, den sie auf die Verunsicherung US-amerikanischer Eltern über die cardenistischen Unterrichtsreformen und die erhöhte Zahl von Inspektorenbesuchen durch die

342

SEP zurückführte. Die von ihr zusammengestellten Zahlen über Familien, deren Kinder die US-amerikanische Schule besuchten, belegen diese Annahme jedoch nicht. Zu bemerken ist jedoch ein Rückgang der Zahlen zwischen 1930 und 1931, den Jahren, als die Weltwirtschaftskrise Mexiko erreichte. Zwischen 1938 und 1939 kam es tatsächlich zu einem Absinken der Zahl der Familien mit Kindern auf der American School (vgl. Tabelle 63). Tabelle 63: Anzahl der US-amerikanischen Familien mit Kindern auf der American School von Mexiko-Stadt Anzahl | 111 138 135 149 158 152 158 182 191 175 179 196 200 210 222 219 235 213

Jahr 1922 1923 1924 1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936 1937 1938 1939 Quelle: Davis (1942: 191).

Die Lehrer und Lehrerinnen der American School mußten einen College-Abschluß vorweisen, Kindergärtner und -gärtnerinnen sowie Elementarschullehrer und -lehrerinnen eine entsprechende Ausbildung haben (The American School Foundation Mexico City, Mexico 1938: 16). In der Broschüre der American School Foundation sind die Colleges und Institute aufgeführt, die im Lebenslauf der Lehrer und des Fachpersonals ein Rolle spielten. Der Schulleiter Henry L. Cain hatte in den USA studiert. Tabelle 64 gibt einen groben Überblick über die Anzahl der in den USA und in Mexiko ausgebildeten Lehrer.859 Aufgrund der mexikanischen Arbeitsgesetzgebung und der Einwanderungsbeschränkungen hatten in Mexiko geborene, aber in den USA ausgebildete Lehrer und Lehrerinnen gute Voraussetzungen für eine Anstellung an der Schule (Davis 1942:

859 Der Schulleiter ist hierbei nicht berücksichtigt. Drei Lehrer der secundaria unterrichteten auch in der primaria, drei der High School auch in der secundaria. Sie sind in der Tabelle doppelt gezählt. Ein Lehrer der High School erhielt seine Ausbildung in Kanada und ist hier nicht berücksichtigt. Neben H. L. Cain und 47 Lehrkräften (inklusive Bibliothekarin und Football-Trainer) waren an der Schule den Vorschriften entsprechend auch ein Arzt und eine Krankenschwester tätig.

343

74-75, 181-182). Mexikanische Lehrer wurden von der American School eher als Teilzeit-, US-amerikanische jedoch als Vollzeitkräfte beschäftigt.860 Tabelle 64: Anzahl der Lehrer der American School von Mexiko-Stadt, die in den USA und in Mexiko ausgebildet worden waren, 1938 1 Schulzweig Primaria Secundaria High School

USA 12 5 10

Mexiko 8 6 0

USA und Mexiko | 3 2 17

Quelle: The American School Foundation Mexico City, Mexico 1938: 6-11.

In den 1930er Jahren wurden Maschineschreiben und Kurzschrift in das Unterrichtsprogramm aufgenommen, 1942 auch Hauswirtschaft. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg richtete die Schule einen zweisprachigen Handelsunterricht ein, jedoch war es bereits 1938 möglich, zwischen verschiedenen Fächerkombinationen (curricula) zu wählen und somit einen künftigen College-Besuch oder eine kommerziell ausgerichtete Karriere vorzubereiten. Für Unentschlossene gab es eine allgemeine Ausbildung.861 In den 1930er Jahren nahmen viele Schüler nach dem Unterricht an sportlichen oder musikalischen Aktivitäten auf dem Schulgelände teil oder spielten mit den Mrs. Williams' Haresfoot Players Theater. Der Schulhof war in eine Jungen- und eine Mädchenseite aufgeteilt, aber nachmittags verwischte diese Grenze.862 Mädchen und Jungen wurden gemeinsam unterrichtet (The American School Foundation Mexico City, Mexico 1938: 12). 1946 wurde in Tacubaya ein neues Schulgebäude gebaut, für das S. Bölling Wright das Grundstück und einen Teil der Finanzierung zur Verfugung stellte (Scanion 1984: 42). Auf dem gestifteten Land wurden außer der US-amerikanischen Schule später auch das American British Cowdray Hospital, die St. Patrick's Church und die Capital City Baptist Church gebaut (Castillon/Wright [1988], ohne Seitenzählung).

860

So erinnerte sich Botschafter Daniels an eine diesbezügliche Aussage des Schuldirektors H. L. Cain aus dem Jahr 1936 (Daniels 1947: 137-138). 861

Vgl. Castillon/Wright ([1988], ohne Seitenzählung); Scanion (1984: 47, 53); The American School Foundation Mexico City, Mexico 1938: 20-22. u2

Nach den Erinnerungen von Harry Wright an die 1930er Jahre, abgedruckt bei Castillon/Wright ([1988], ohne Seitenzählung). Davis (1942: 188) nannte folgende Schülervereinigungen: „The largest organization is the Glee Club which provides musical programms at assemblies and graduation exercises. The Commercial Club is composed of a group of girls who hope to enter the business world. Those interested in domestic arts have organized the Polka Dot Club. There are also purely social organizations including Alpha Delta Chi fraternity, Delta Phi sorority, and the Black Cat Club. The social calendar for the year includes several dances hold at various clubs in the city - the Junior, Country, Reforma, and American Clubs." Außerdem veröffentlichten die Abschlußschüler das Jahrbuch Anahuac. der Journalism Club den vierzehntägigen The Scoop, die sechste Klasse das Blatt The Skipper. Alle Veröffentlichungen waren zweisprachig (Davis 1942: 188-189).

344

Viele Schüler der American School verbrachten einen Teil ihrer Schulzeit oder ihres anschließenden Studiums in den USA. 863 Dabei hatten sie häufig Anpassungsschwierigkeiten. Viele kehrten nach Mexiko zurück, zum Teil ohne ihre Kurse abzuschließen (Davis 1942: 145-147).864 Neben der Umstellung des Lebensstils und der Sprache konnten auch die unterschiedlichen Lerninhalte zu Konflikten fuhren:

Children who have grown up in Mexico say that while they are in Mexico they are loyal to the United States, while in the United States they are loyal to Mexico. An experience frequently encountered by American children returning to the United States is decribed by one girl who spent her senior year in high school in the United States. She discovered that her book on United States history contained a very different story of the War of 1847 from that which she had learned, and she felt it her place to tell the class the correct story. She was quite surprised at their reaction to her version of the story, for the two accounts were quite different (Davis 1942: 145).

Im Juni 1940 gründeten Superintendent Dr. Henry L. Cain und Paul V. Murray von der High School der American School das Mexico City College mit sechs Studenten. Wegen des Krieges verlief sein Aufbau langsamer als geplant, die erste Graduierungszeremonie fand aber im Juni 1944 statt. Danach stieß die College-Gründung auf größeres Interesse in den USA und die Einrichtung konnte ausgebaut werden. Bis 1946 fand der Lehrbetrieb auf dem Gelände der American School statt, danach zeitweilig im ehemaligen Colegio Columbia (Young 1955: 17-20). Das College war für Studierende gedacht, die mit ihrer US-amerikanischen Ausbildung fortfahren wollten, es sich aber nicht leisten konnten, in die USA zu gehen. Aus ihm ging später die Universidad de las Americas hervor (Scanion 1984: 47).865 Erst 1959 richtete die American School Kurse ein, die direkt auf ein Studium an der mexikanischen Universität vorbereiteten und von dieser anerkannt wurden. Die Union Evangelical Church und die US-amerikanisch-britische Christ Church waren nach der Revolution die wichtigsten englischsprachigen Kirchengemeinden. Allerdings hatten sie, ähnlich wie die deutsche evangelische Kirchengemeinde, das Problem, mit zahlreichen sonntäglichen Freizeitveranstaltungen zu konkurrieren. Insbesondere der Country Club übte mit seinen Sportangeboten und als sozialer Treffpunkt eine große Anziehungskraft aus. „Most of the people in the colony feel no need for the church", hieß es dazu bei Davis (1942: 204, 206-207). 866 Allerdings hob sie auch her-

863

In den 1920er Jahren wurden ihre An- und Abreisen oder die Teilnahme an gesellschaftlichen Ereignissen häufig im Mexican American mitgeteilt (vgl. Mexican American. 14.6.1924: 17; 221.6.1924: 42; 7.3.1925: 21). Im September 1924 hieß es dort: „On Wednesday evening there was an exodus of young people en route to their respective schools in the United States and Canada" (Mexican American. 13.9.1924: 16). 864

Anscheinend erfreute sich die University of Texas Anfang der 1940er Jahre großer Beliebtheit unter den Absolventen der American School. Hier waren die Anpassungsschwierigkeiten am geringsten (Davis 1942: 146). 865

Bei Scanion (1984: 47) wird das Gründungsdatum des Mexico City College nicht genau angegeben, sie verlegt es aber irrigerweise in die ersten Jahre der Depression. 866

Ebenso äußerte sich Botschafter Daniels (1947: 194): „[...] many members of the American Colony do not go to any Church."

345 vor, daß diejenigen, die sich der Kirchenarbeit widmeten, viel Zeit dafür aufwandten und die Kirche als wichtigen Teil ihres Lebens begriffen (Davis 1942: 205). Mexikanische Gottesdienste wurden von US-Amerikanern kaum besucht, so daß die englischsprachigen Gemeinden dennoch ihre Anhängerschaft fanden. Davis (1942: 193) begründete das mangelnde Interesse der Kolonie an mexikanischen Gottesdiensten einerseits mit den unzureichenden Spanischkenntnissen, andererseits aber auch mit der Schichtzugehörigkeit der Gläubigen: „Even the Protestant Mexican churches do not interest Americans because they have served the lower classes and are composed of people with whom the Americans have nothing in common. The upper class Mexicans with whom the Americans do have friendships are still Catholics." Fast alle US-Amerikaner, die an Gottesdiensten teilnahmen, wählten englischsprachige. Sogar die Familien der in der mexikanischen Gemeindearbeit engagierten Missionare besuchten die englischsprachigen Kirchen (Davis 1942: 205). Die US-amerikanischen Missionare, deren Zahl durch die Einwanderungs- und Arbeitsbeschränkungen ständig sank, bildeten die Federation of Christian Workers. Dies war ein sozialer Klub, der einst etwa sechzig Mitglieder gehabt hatte, Anfang der 1940er Jahre aber nur noch ungefähr dreißig Missionare und interessierte Freunde versammelte (Davis 1942: 230). Seit 1921 war Reverend Thomas für die Union Evangelical Church zuständig. Er hatte bereits 1916 versucht, als Nachfolger von Reverend Conger dieses Amt anzutreten, war aber von Veracruz aus mit anderen Revolutionsflüchtlingen wieder evakuiert worden. 1926, als die mexikanische Regierung zunächst die Amtsausübung ausländischer Geistlicher verbot, verließ er die Gemeinde. 1927 erhielt diese, wie andere ausländische Kirchengemeinden auch, nach einem Antrag an das Innenministerium die befristete Erlaubnis, einen Nichtmexikaner mit dem Pfarramt zu betrauen. Charles R. McKean, der mit seiner Ehefrau und seiner Tochter nach Mexiko kam, trat sein Amt am 7. August 1927 an und übte es bis 1959 aus.867 Erst 1932 kam es wieder zu einem Konflikt mit den mexikanischen Behörden, als die Regierung des Distrito Federal die Kirche im Januar und Februar für zwei Monate schloß (Davis 1942: 201). Obwohl die mexikanischen Gesetze Kirchenbesitz verboten, blieb die Union Evangelical Church in den Händen ihrer Funktionäre. Pläne, das Kircheneigentum in eine Gesellschaft oder eine Agentur zu überführen, kamen nicht zur Ausfuhrung. 868 In den Jahren 1940 und 1941 wurde ein dreistöckiges, von S. Boiling Wright finanziertes Gebäude für den Religionsunterricht und als Pfarrwohnung auf dem Kirchengrundstück errichtet.869 1938 hatte die Gemeinde 140 Mitglieder, an der Sonntagsschule nahmen durchschnittlich 168 Personen teil. Die Zahl der Gottesdienstbesucher schwankte sehr stark, da saisonweise

867

Davis (1942: 200-201); The First Centennial of the Union Evangelical Church [1973]: 16.

868

Bei Davis (1942: 201) heißt es dazu: „The original deed to the property today is in the hands of the church officers and it is now expected that the congregation will be able to use the property under government supervision for an indefinite period." 869

1920 hatte die Kirchengemeinde 1000 US$ durch das Anglo-American Communities Committee bekommen. 1922 verkündete der Schatzmeister, das die Gemeinde 1921 erstmalig seit 1913 wieder ohne fremde Unterstützung ausgekommen sei. Im selben Jahr erhielt sie 500 US$ vom Committee of Reference and Counsel of Foreign Missions in North America. (The First Centennial of the Union Evangelical Church [1973]: 15, 18; Davis 1942: 201). 1953 errichtete die Gemeinde einen Neubau an der Ecke Reforma/Montes Auvernia.

346

auch viele Touristen kamen.870 Davis (1942: 203) beschrieb die Gemeinde folgendermaßen:

The church is supported by two types of people: one consists of persons who in the United States have participated in church activities to such an extent that they have continued this interest in Mexico even in a situation where church attendance is not the usual pattern; the other consists of people who desire American contacts and find in the church their only source for them. The American membership includes persons of all types from the wealthiest families of the colony to those of the lowest incomes. Women who are married to Mexican men sometimes find their American contacts limited and discover that they are cut off from friends of their own nationality. The church serves as a source for contacts between these people who find that they have much in common. They are all accepted here no matter what their financial status. Even though the husband may not desire to participate in social functions, the wife may come to church alone.

In der Christ Church wurden alle Gottesdienste auf Englisch abgehalten. Der deutsche Pfarrer Schencke berichtete 1932, daß die Gemeinde etwa zur Hälfte aus US-Amerikanern und zur Hälfte aus Briten bestünde.871 Nach Davis (1942: 204) betrug der Anteil der Briten sogar 85%, wobei US-Amerikaner die größte Gruppe unter den übrigen Mitgliedern stellten. 1922 war die Christ Church zur Kathedrale erhoben worden, Reverend H. Dobson Peacock wurde Dekan (1922-1927). 1928 übernahm Rev. Frederick W. Golden-Howes dieses Amt. Nachdem Henry D. Aves 1923 als Bischof von Mexiko zurückgetreten war, fiel die Christ Church zeitweise unter die Jurisdiktion von New Mexico. Erst 1926 erhielt Mexiko mit Rev. Frank W. Creighton einen neuen Bischof.872 Die Jubiläumsschrift der Christ Church zu ihrem hundertjährigen Bestehen erwähnt zwar Probleme aufgrund der mexikanischen Kirchengesetzgebung in den Jahren 1930 und 1931,873 hält aber zusammenfassend fest: „Throughout these difficult negotiations, the Mexican Government made every effort to interpret these laws in as liberal a spirit as possible."874 Dabei wird nicht deutlich, wie es gelingen konnte, den US-amerikanischen Staatsangehörigen Creighton ausgerechnet im Krisenjahr 1926 im Bischofsamt für Mexiko zu etablieren und einen neuen Pfarrer genehmigt zu bekommen. Der Pfarrer der Gemeinde, Dekan Peacock, war im Mai 1926 wegen des Verstoßes gegen Artikel 130 der Verfassung ausgewiesen worden. Das Eingreifen des brit-

870

Davis (1942: 201); The First Centennial of the Union Evangelical Church [1973]: 17. Botschafter Josephus Daniels, selbst methodistischer Laienprediger in seinem Heimatort Raleigh (North Carolina), nahm mit seiner Ehefrau regelmäßig an den Sonntagsgottesdiensten der Union Evangelical Church teil (Daniels 1947: 143; Cronon 1960: 85, 87). Nach Daniels Darstellung (1947: 150-151) gab es zu seiner Zeit zwar spanischsprachige, aber keine englischsprachigen methodistischen Kirchen in Mexiko. 871

EZA 5/2827, Schencke an EO, 1.2.1932.

872

Creighton war vorher Rektor der St. Ann 's Church in Brooklyn, New York, gewesen. Nach seiner Weihe reiste er im Februar 1926 nach Mexiko (Handbooks of the Missions of the Episcopal Church 1927: 104). 873

Silvester 1931 war die Kirche polizeilich geschlossen worden (EZA 5/2827, Schencke an EO, 2.1.1932). 874

Christ Church Parish Mexico City 1871-1971 1971: 13. 1928 erhielt Creighton die Genehmigung, an der Josephine Mary Hooker School, einer Missionsschule, Unterricht im Fach „Ethik" zu erteilen, worunter er natürlich Religion verstand (NAUS, Microcopy No. 274, Roll 151, 812.42/51-812.4611 [05260529]).

347

sehen Gesandten sicherte Peacock eine Frist bis zur Ausreise zu, in der er sein Amt aber nicht ausüben durfte. Eine Lösung zugunsten der Kirche wurde dadurch erschwert, daß zwischen Außenminister Aarön Saenz und Innenminister Adalberto Tejeda Meinungsverschiedenheiten bestanden.875 Einem Bericht der Zeitung Germania zufolge war der britische Gesandte in Mexiko-Stadt beim mexikanischen Außenministerium vorstellig geworden und hatte hervorgehoben, daß die Christ Church kein „Kirchengut", sondern Privatbesitz von drei britischen Kuratoren war.876 1942 fiel das Eigentum der Christ Church an den mexikanischen Staat.877 Das Kirchengebäude und der Gemeindesaal waren in den vorangegangenen Jahren verschiedenen Gemeinden, die keine eigenen Räumlichkeiten hatten, zur Verfügung gestellt worden, so der griechisch-orthodoxen Kirche, den Lutheranern878 und den Christian Scientists. 1952 bot Bölling Wright der Christ-Church-Gemeinde ein Grundstück nahe der 1946 errichteten American School in Tacubaya für einen Neubau an. Die Gemeinde lehnte einen Umzug jedoch ab. Erst 1970 kaufte sie ein Grundstück in Lomas de Chapultepec. 9 Zu den Kirchen gehörten jeweils sehr aktive Frauenorganisationen, die die Gemeindearbeit finanziell unterstützten und durch Wohltätigkeitsveranstaltungen Geld sammelten (Davis 1942: 205). In der Union Evangelical Church gab es neben der Sociedad de Ayuda der Frauen auch die Jugendorganisation Trail Rangers, die 1938 bereits seit zehn Jahren existierte. Sie stand damals unter der Leitung von H. R. Steech und war an Elfbis Vierzehnjährige gerichtet (Luconi Moroni 1979: 41). 880 Die Ladies' Guild der Christ Church bestand seit 1894. Eine 1937 eingeführte Trennung in eine mitglieder-

875

EZA 5/2825, Will an AA, 17.5.1926; 5/2827, Will an AA, 15.7.1932; Will an AA, 31.10.1932. Creighton vermied es nach der Darstellung des deutschen Gesandten Will, in Mexiko Amtshandlungen zu vollziehen. Eine diesbezügliche Aussage Creightons überlieferte auch der US-amerikanische Botschafter Daniels (1947: 155). Zur Ausweisung Peacocks vgl. Berbusse (1966: 39). 876

Germania. Nr. 353, 2.8.1926. Vorwärts (Nr. 177) meldete unter demselben Datum, die „American Protestant Episcopal Church" sei von mexikanischen Soldaten besetzt worden, weswegen der britische Gesandte bei der SRE vorgesprochen habe. Vermutlich ist auch hier die Christ Church gemeint (vgl. die Zeitungsausschnitte in der Akte EZA 5/2823). 877

Christ Church Parish Mexico City 1871-1971 1971: 14.

878

Hiermit dürfte die deutsche evangelische Kirchengemeinde gemeint sein, die die Christ Church für ihre sonntäglichen Gottesdienste für 50 Pesos monatlich mietete. Für Trauungsgottesdienste mußte das Brautpaar extra aufkommen, das Aufstellen eines Tannenbaumes zu Weihnachten wurde von der ChristChurch-Gemeinde den Berichten Pfarrer Schenckes zufolge nur ungern geduldet (EZA 5/2826, Jahresbericht der Deutschen Evangelischen Kirchengemeinde Mexico 1927; Jahresbericht der Deutschen Evangelischen Kirchengemeinde Mexico 1928). Weitere Spannungen gab es nach Schenckes polemischer Darstellung „durch eine zurueckgebliebene Kriegspsychose des amerikanischen Geistlichen", der einen Gottesdienst zu Ehren von Hindenburgs 80. Geburtstag mit einem Hinweis auf die fortgeschrittene Zeit unterbrach, außerdem durch den Flaggenschmuck „unserer Feinde" zur Ententefeier (EZA 5/2827, Fuenf Jahre Deutsche evangelische Kirchengemeinde in Mexico! 1927-1932). 879

Christ Church Parish Mexico City 1871-1971 1971: 15, 34, 40. S. Bölling Wright wird in dieser Jubiläumsschrift als einer der Gemeindevertreter (vestrymen) der Kirche genannt. Von 1937 bis 1948 war er außerdem im Executive Committee Chairman der Union Evangelical Church (The First Centennial of the Union Evangelical Church [1973]: 34). Reverend Sidney S. Conger, der von 1911 bis 1916 Pfarrer der Union Evangelical Church gewesen, inzwischen aber verstorben war, wird im Mexican American (25.4.1925:43) als Vater des Bruders von Mrs. Boiling Wright bezeichnet. 880

Aus der Quelle geht nicht hervor, ob es eine reine Jungenorganisation war.

348

stärkere Junior Ladies' Guild und eine mitgliederschwächere Senior Ladies' Guild wurde Ende der 1950er Jahre wieder aufgehoben.881 Etwa 70 US-Amerikaner waren Anfang der 1940er Jahre Mitglieder der First Church of Christ, Scientist, über deren Ursprung nichts bekannt ist. Die Gottesdienste fanden zu verschiedenen Zeiten auf Englisch und auf Spanisch in der Colonia Anzures statt, der Sonntagsschulunterricht auf Englisch, Deutsch oder Spanisch (Davis 1942: 205).882 Auch wenn einige andere protestantische Kirchen englische Predigten nach dem Gottesdienst anboten, scheinen englischsprachige Gottesdienste auf die Union Evangelical Church, die Christ Church und die First Church of Christ beschränkt gewesen zu • 883 sein. Katholische Predigten auf Englisch gab es 1925 in den Kirchen Our Lady of Lourdes und Holy Family,8 4 zu Beginn der 1940er Jahre in der Kirche Guadalupe de la Paz, wo Pater E. de la Peza predigte und englischsprachiger Katechismusunterricht angeboten wurde (Davis 1942: 205). Erst Ende der 1940er Jahre formierte sich eine englischsprachige katholische Kirchengemeinde. Die Saint Patrick's Catholic Church wurde auf einem Grundstück in Tacubaya errichtet, das S. Boiling Wright 1946 im Namen seiner Schwägerin Edna M. Wright fur diesen Zweck stiftete.8 5

4.5 Zusammenfassung

Die deutsche Kolonie in Mexiko-Stadt organisierte sich trotz ihrer geringen Größe und der Fluktuation unter den vor allem aus Preußen und den Hansestädten Hamburg und Bremen stammenden Kaufleuten bereits 1842 mit einem Gesangverein und 1844 mit einem Wohltätigkeitsverein. Das 1848 im Zuge der deutschen Einigungsbestrebungen gegründete Deutsche Haus, ein gesellschaftlicher Klub, wurde bis zum Ersten Weltkrieg ein Zentrum der Deutschtumsaktivitäten. Während des Krieges war die Aufnahme neuer Mitglieder beschränkt. Das Deutsche Haus trat danach öffentlich hauptsächlich als Veranstaltungsort in Erscheinung. Im 19. Jahrhundert bestand die Kolonie überwiegend aus unverheirateten Männern. Eine Ehe mit einer Mexikanerin war meist mit der Aufgabe der Pläne zur Rückkehr in die Heimat verbunden. Einige Kaufleute und Bergwerksbesitzer heirateten dennoch in das mexikanische gehobene Bürgertum ein. Obwohl ihre Landsleute befürchteten, daß sie dadurch dem „Deutschtum" verloren gingen, war dies keine zwingende Entwicklung. Dies zeigt das Beispiel Dr. Schmidtleins, der zeitweise Präsident des Deutschen " ' Christ Church Parish Mexico Citv 1871 -1971 1971: 28-31. 8.2

Die Kirche wurde bereits 1924 im Mexican American (14.7.1924: 11) in einem Adreßverzeichnis genannt. 8.3

Diese drei veröffentlichten ihre Programme in den „Church Notes" des Mexican American.

884

Mexican American. 23.12.1925: 38. Die Kirche der Holy Family wurde bis zu seinem Tod von Edward W. Orrin frequentiert, der ihr auch ein Glasfenster stiftete (Mexican American. 26.9.1925: 23). Im Mexican American erschienen die Kirchennamen in der englischen Form, obwohl es sich um die Kirchen mexikanischer Gemeinden handelte. 885

Erster Priester wurde 1948 der US-Amerikaner Anthony Nealon (Burr Muro 1985: 69-70).

349

Hauses war. Das Haus pflegte gute Kontakte zu mexikanischen Politikern und den diplomatischen Vertretern anderer Mächte. Während die Haltung zum Kaiserreich Maximilians uneinheitlich war, führte der Krieg von 1870/71 zu Auseinandersetzungen mit Franzosen in Mexiko-Stadt und in Einzelfallen zu einer internen Ausgrenzung von Kriegsgegnern. Die nationale Einigung Deutschlands wurde begrüßt und schlug sich langfristig in einer übersteigerten Bismarckverehrung nieder. Der Reichsgründungstag blieb bis zum Ende der 1920er Jahre einer der wichtigsten Feiertage der Kolonie. Bereits in den 1860er Jahren gab es genügend Nachfrage nach Unterricht für die damals eher geringe Zahl von Kindern aus deutschstämmigen Familien, der bis 1885 durch das Instituto Katthain erteilt wurde. Weniger ausgeprägt war das Bedürfnis nach evangelischen Gottesdiensten, obwohl etwa zwei Drittel der Deutschen Protestanten waren. Auch nach der durch Präsident Juárez verfugten Religionsfreiheit kam es nur kurzfristig zu Gottesdiensten durch den aus den USA eingewanderten deutschstämmigen Pfarrer Goethe. In den 1870er Jahren wurden verschiedene Zeitungen gegründet. Obwohl das von Isidoro Epstein herausgegebene Blatt Vorwärts deutschnational und bismarckfreundlich war, scheiterte es letztlich an dem gespannten Verhältnis zwischen dem Juden Epstein und dem Deutschen Haus. Während des Porfiriats stieg die Zahl der Deutschen im Distrito Federal an. Neben Handelsgeschäften, die sich zunehmend auf Eisenwaren, chemische Produkte sowie Uhren und Schmuck spezialisierten, spielten für eine kurze Zeit auch Bankhäuser eine führende Rolle. In diesem Bereich gab es eine weitgehende internationale Zusammenarbeit, die sich in Mexiko-Stadt in der Zusammensetzung des Vorstandes des Banco de Comercio e Industria widerspiegelte. Obwohl die nationalistische Begeisterung in der Kolonie seit der Reichsgründung gewachsen war, wurden interethnische Ehen, insbesondere unter Wohlhabenden, häufiger. In diesen Familien wurde meist Spanisch gesprochen und die Deutschkenntnisse der Kinder blieben gering. Um dem entgegenzuwirken, wurde 1894 die deutsche Schule gegründet. Sie orientierte sich an deutschen Lehrplänen, aber auch an den spezifischen Anforderungen der Kaufleute an ihren Nachwuchs. Ab 1901 erhielt die Schule finanzielle Mittel aus Deutschland. 1907 wurde sie in das mexikanische Unterrichtswesen eingegliedert und erteilte auch den erforderlichen Unterricht in mexikanischer Geschichte und Staatsbürgerkunde. Trotz der wachsenden Integration in die mexikanische Gesellschaft gründeten die deutschen Männer weitere deutsche Klubs und Vereine. 1891 spaltete sich der Deutsche Verein vom Deutschen Haus ab. Anlaß dazu waren vermutlich Querelen um einen notwendig gewordenen Umzug des Deutschen Hauses, der die Frage nach einem Immobilienkauf aufwarf, und der Plan um einen Grundstückskauf für ein deutsches Hospital, in die der Arzt Dr. Below und der Herausgeber Isidoro Epstein verwickelt waren. Die Gründung des Deutschen Vereins markiert aber vor allem eine soziale Auffacherung des Vereinswesens. Seine Mitglieder gehörten zu den reicheren Geschäftsleuten und waren häufig die Arbeitgeber der zahlreichen Angestellten, die Mitglieder im Deutschen Haus waren. Obwohl das Deutsche Haus ein Vereinslokal kaufte, entsprach dieses nicht der ehemaligen prunkvolleren Residenz des Klubs. Die Tatsache, daß das Deutsche Haus trotzdem in „Deutschtumsfragen" führend blieb, erklärt wahrscheinlich die in späteren Jahren häufige Mitgliedschaft in beiden Etablissements.

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Die im Porfiriat gegründeten Vereine hatten zum großen Teil das Ziel, die Freizeit ihrer Mitglieder sportlich oder unterhaltsam zu gestalten. Der 1884 entstandene deutsche Reitverein war dabei elitär und teuer, als Präsidenten amtierten Bankdirektoren oder langjährig ansässige Kaufleute. Ein wissenschaftlicher Verein fand zwar relativ viele Mitglieder, konnte jedoch nur zwei Jahre lang existieren. 1903 fanden sich genügend Frauen für die Organisation eines eigenen Vereins, der sich wohltätigen Zwecken widmete. Die deutsche evangelische Kirchengemeinde konstituierte sich auf Initiative des aus den USA nach Mexiko gekommenen Pfarrers Reichardt. 1904 schloß sich die Gemeinde der preußischen Landeskirche an. Sie blieb jedoch klein und zerfiel nach Reichardts Abreise 1907 wieder. Die deutsche Kolonie teilte die Begeisterung der meisten Ausländer in Mexiko für Präsident Díaz. Er wurde ähnlich verehrt wie Bismarck und der deutsche Kaiser. Die Jahrhundertfeier der mexikanischen Unabhängigkeit 1910, bei der Deutschland und die Kolonie zahlreich vertreten waren, markierte einen Höhepunkt dieser Entwicklung. Die Mexikanische Revolution brachte für die deutsche Kolonie in Mexiko-Stadt keine Nachteile. Die Zahl der Deutschen im Distrito Federal stieg weiterhin an. Unter der Leitung des deutschen Gesandten von Hintze wurde eine bewaffnete Selbstschutztruppe gebildet, die aber kaum zum Einsatz kam. Der Herausgeber der Zeitung Der Wanderer wurde von den deutschen Kaufleuten in Mexiko zum Rückzug gedrängt, als er mit Hetzartikeln gegen Madero negatives Aufsehen in der mexikanischen Presse erregte. Nach Maderos Ermordung wurde Präsident Huerta ins Deutsche Haus eingeladen. Am auffälligsten sind wohl die weiterhin stattfindenden zahlreichen Ausflüge der Vereine und der Schule auch in die Umgebung von Mexiko-Stadt, die nur in Ausnahmefällen wegen der Anwesenheit revolutionärer Truppen ausgesetzt werden mußten. Die deutsche Schule pflegte enge Beziehungen zu Präsident Carranza und einigen seiner Generäle. Gravierendere Auswirkungen auf die Kolonie hatte zweifellos der Erste Weltkrieg. Hierbei waren weder die äußeren Umstände wie die Seeblockade, die den Handel mit Europa unterbrach, ausschlaggebend, noch die „Schwarze Liste", die US-amerikanischen Firmen den Handel mit deutschen untersagen sollte. Vielmehr erzeugte die unter anderem durch die Deutsche Zeitung von Mexiko geschürte Kriegsstimmung Boykotte gegen „alliierte Häuser" und Brauereien, die sich wie die Cervecería Toluca in deutschUS-amerikanischem Besitz befanden. Der Deutsche Flottenverein erlebte eine kurze Blüte, und nicht nur die Schule bot mit ihrer seit 1912 massiv unterstützten Pfadfinderbewegung ein sehr stark militarisiertes Bild. Nationalistische Gruppen von jungen Männern versuchten, nach Europa zu reisen und dort an den Kämpfen teilzunehmen. Gefallene Kriegsteilnehmer wurden später mit einem Denkmal auf dem deutschen Friedhof geehrt. Die Kolonie versuchte erfolgreich, durch Wohltätigkeitsveranstaltungen Spendengelder für das Deutsche Rote Kreuz und andere Hilfsorganisationen zu sammeln. Dabei arbeitete die deutsche sehr eng mit der österreichisch-ungarischen Kolonie zusammen. Ab 1917 wurde es sehr schwierig, Geld und Sachmittel nach Deutschland zu senden. Außerdem hatten die wirtschaftlichen Bedingungen in Mexiko - unter anderem durch Entlassungen deutscher Handlungsgehilfen durch ausländische Häuser und durch deutsche Flüchtlinge aus den USA - der Kolonie Betätigung in unmittelbarer Nähe geschaffen. Die Deutsche Kriegshilfe gründete im Distrito Federal eine Volksküche für bedürftige Deutsche und Österreich-Ungarn, 1915 entstand kurzfristig ein Hilfsausschuß zur Unterstützung der Handlungsgehilfen. 1914 wurde als dritter allgemein gesellschaftlicher Verein der deutschen Kolonie der Deutsche Bund

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gegründet, der sich insbesondere an geringerverdiendende Angestellte wandte. Ab 1917 akzeptierte er auch alleinstehende und -verdienende Frauen als Mitglieder. In den ersten drei Jahren seines Bestehens expandierte er rasch, allerdings mußte er sich ab 1918 finanziell stark einschränken. Der Weltkrieg führte auch zur Gründung des Verbands deutscher Reichsangehöriger, der bis 1934 die Führung in allen „Deutschtumsfragen" beanspruchte und während des Krieges von der deutschen Gesandtschaft unterstützt wurde. Anders als die übrigen Vereine nahm er nur Reichsdeutsche auf und propagierte die Wiederannahme der deutschen Staatsangehörigkeit. Obwohl seine Mitgliederwerbung erfolgreich war, gab es auch immer wieder Austritte aus seinen Reihen. Der Verband verfolgte unter seinem Präsidenten Pagenstecher die Idee, praktisch eine allgemeine Steuer von der Kolonie zu erheben und diese dann an die verschiedenen Organisationen zu verteilen. Dieser Plan setzte sich nicht durch, allerdings wurden Abgeordnete der Schule und einiger Vereine in den Vorstand aufgenommen. Die Schule hatte bereits 1913 aus Deutschland die Anerkennung ihrer Realschulzeugnisse als Militärberechtigung erlangt. Der Krieg begünstigte ihren Ausbau zur Oberrealschule. Die ersten Reifeprüfungen konnten 1918 abgenommen werden, ab 1923 wurden sie in Deutschland allgemein anerkannt. Die Einrichtung einer Höheren Mädchenschule stieß auf wenig Interesse. Im Schuljahr 19151916 begann der Ausbau der Schule zu einer Propagandaschule durch die Einrichtung der A- und B-Klassen. Die Aufteilung in einen „deutschen" und einen „mexikanischen" Zweig erfolgte gemäß der Sprachkenntnisse und hatte das Ziel, die Schüler an die deutsche Sprache und Kultur heranzuführen. In enger Zusammenarbeit mit der Schule boten einige Lehrer kostenlose Deutschkurse für Mexikaner an. Die Deutsche Zeitung von Mexiko gab zeitweise auch ein spanischsprachiges Blatt heraus. Die Niederlage im Weltkrieg und die steigende Einwanderung aus Deutschland veränderten die Kolonie weiter. Aus dem Verband Deutscher Reichsangehöriger ging 1923 ein Handelsverband hervor, aus dem 1929 die deutsche Handelskammer in Mexiko wurde. Unter den Angestellten wuchs die Arbeitslosigkeit, die sich durch die Einwanderung verstärkte. Zwar konnte der Verband deutscher Reichsangehöriger seine Mitgliederzahl erhöhen, jedoch blieb seine monarchistische, rückwärtsgewandte Ideologie nicht unumstritten. Bereits 1919 hatte eine kleine Gruppe von Republikanern kurzzeitig eine eigene Zeitschrift herausgegeben. 1926 wurde vor dem Hintergrund des Flaggenstreites die Vereinigung Deutscher Republikaner gegründet. Auch diese Vereinigung, die den kleineren Teil der Kolonie repräsentierte, strebte die Zusammenfassung ihrer Organisationen - darunter auch die Schule - unter eine Dachorganisation an. Neben dem deutschen Frauenverein entstand auf Anraten eines Gesandtschaftsmitarbeiters ebenfalls eine Konkurrenzorganisation. Sie verfolgte zwar ähnliche Ziele wie der alte Verband, betonte aber stärker als dieser die „Pflege des Deutschtums" und die Einwandererfilrsorge. Nach sechs Jahren vereinigten sich beide Vereine unter dem Namen des älteren, verfolgten aber seitdem auch kulturelle Ziele. In der Entwicklung der Schule war die unter Direktor Böhme eingeführte Unterteilung der A-Abteilung in AI- und A2-Klassen die wichtigste Neuerung, Experimente mit speziellen Handelsklassen scheiterten. Die Unterteilung fächerte die Schulzweige nach dem Kriterium der Sprachkenntnisse der Schüler weiter auf und paßte sich so an die Realität der aus sehr heterogenen Elternhäusern stammenden Lernenden an. In der Finanzierung der Schule wurden die vom Auswärtigen Amt überwiesenen Beiträge immer wichtiger. Gleichzeitig mußten die Unterrichtsinhalte auch auf die Erfordernisse

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der SEP abgestimmt werden. Sportvereine und Sportfeste ersetzten die früheren Pfadfinderaktivitäten. In den 1920er Jahren erhielt die evangelische Kirchengemeinde neuen Aufschwung und etablierte sich nun dauerhaft, allerdings mit niedriger Mitgliederzahl, unter dem aus Deutschland entsandten Pfarrer Schencke. Dabei hatte dieser mit Pfarrer Frieling von der Missouri-Synode Konkurrenz aus den USA, die sich jedoch trotz mancher Querelen nicht durchsetzen konnte. Ab 1929 erhielt die Gemeinde vom deutschen Auswärtigen Amt „Mittel für kulturpolitische Zwecke". Unter der Führerschaft des Verbands deutscher Reichsangehöriger war ab 1922 der 18. Januar in der Kolonie wieder als „Nationalfeiertag" begangen worden, am Volkstrauertag wurden Kränze niedergelegt und Reden gehalten. Die Unsicherheit über die eigene ethnische und nationale Identität spiegelte sich um 1930 in den Aufsatzthemen der deutschen Schule wider, und etwa gleichzeitig kam es in der Kolonie zu Auseinandersetzungen über die ideologische Führerschaft, die den Verband deutscher Reichsangehöriger ernsthaft gefährdeten. Der Stahlhelmbund war in Puebla und Mexiko-Stadt aktiv. 1931 wurde die Ortsgruppe der NSDAP gegründet und der evangelische Pfarrer mußte sich mit Tannenbergbündlern auseinandersetzen. In diesem Jahr hatte es keinen Konsens mehr über die Feier zum ehemaligen Reichsgründungstag gegeben, sie fiel deswegen in Mexiko-Stadt aus. Im folgenden Jahr wurde sie von den Gruppen der extremen Rechten unter Mitwirkung des Pfarrers Schencke ausgerichtet. Ab 1934 begann die NSDAP in enger Zusammenarbeit mit dem deutschen Gesandten die Neuorganisation der Kolonie. Wichtigstes Mittel hierzu wurde die am 18. Januar 1935 gegründete Deutsche Volksgemeinschaft, die den Verband deutscher Reichsangehöriger ablöste. Hierbei konnte sie ironischerweise auf die mexikanische Gesetzgebung verweisen, die die Einbürgerung forderte und dem Verband deutscher Reichsangehöriger über kurz oder lang die Mitgliederschaft entzogen hätte. Obwohl die Führung der Kolonie jetzt bei Deutschen liegen sollte, die den Krieg und die Nachkriegszeit in Europa zugebracht hatten, wurden in den Ältestenrat der DVM (nicht aber in ihren Arbeitsausschuß) mehrere langjährig in Mexiko lebende, angesehene Kaufleute aufgenommen. Ärzte, die früher in den Vereinsvorständen eine wichtige Rolle gespielt hatten, waren nach dem Abgang von Sanitätsrat Pagenstecher in fuhrenden Positionen nicht mehr vertreten. Stattdessen kam Vertretern internationaler Konzerne wie der I. G Farben eine größere Bedeutung zu. Die DVM erreichte mit 1937 907 Mitgliedern in Mexiko-Stadt den bisher höchsten Mitgliederstand einer Vereinigung in der Kolonie. Sie wurde nach der Einverleibung unter anderem auch des Frauenvereins und in enger Zusammenarbeit mit der Schule zu einer Dachorganisation, die darin den früheren Plänen Pagenstechers und der Vereinigung Deutscher Republikaner nahekam. Die deutsche Schule, die ab 1934 auf nationalsozialistischen Kurs gebracht worden war, erregte das Mißtrauen der mexikanischen Einwanderungsbehörde und der SEP und wurde zeitweise stark kontrolliert. Allerdings verlor sie trotz allem ihre Inkorporierung in das mexikanische Unterrichtssystem nicht. Ab 1936 wurden ihre obersten Jahrgänge von der Universität sogar als preparatoria anerkannt. Obwohl nur noch ein geringer Teil der Schüler die deutsche Staatsangehörigkeit besaß und ein Drittel von ihnen zu Hause nur Spanisch sprach, richtete sich der Unterricht inhaltlich völlig auf das nationalsozialistische Deutschland aus. Durch erhebliche finanzielle Unterstützung aus Deutschland, aber auch unter Mitwirkung der Kaufleute und der Kolonie konnte 1940 ein Neubau eingeweiht werden. Die Schule wurde dabei in Colegio Alemán Alexander

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von Humboldt umbenannt. Diese Namensgebung steht in Einklang mit einer Vereinnahmung Alexander von Humboldts durch die Nationalsozialisten in Mexiko, die bereits dazu gefuhrt hatte, daß NSDAP und DVM im „Humboldt-Haus" in der Avenida Uruguay 80 residierten und die Sociedad Alemana Mexicanista ebenso wie die an Hitlers Geburtstag gegründete Deutsch-mexikanische Humboldt-Gesellschaft schließlich unter die Präsidentschaft von Wilhelm Baron von Humboldt gestellt wurden und ebenfalls im „Humboldt-Haus" ihren Sitz nahmen. Der fiir die Humboldt-Gesellschaft arbeitende Schriftsteller Wilhelm Pferdekamp nannte sein Werk über die Deutschen in Mexiko Auf Humboldts Spuren, außerdem eröffnete er als Ko-Autor einer Biografíe Alexander von Humboldts eine neue Schriftenreihe der Schule. Die zahlenmäßig kleine Liga Pro Cultura Alemana stellte 1937-1938 die Definitionsmacht der Nationalsozialisten über deutsche Kultur öffentlich in Frage und wurde dabei von den mexikanischen Gewerkschaften unterstützt. Die evangelische Kirchengemeinde stand unter Pfarrer Fraustadt, der auf zahlreichen Reisen auch in anderen Landesteilen „Deutschtumspflege" betrieb, ebenfalls unter dem Einfluß der NSDAP und der deutschen Gesandtschaft und wurde durch das Auswärtige Amt unterstützt. Die Regierung Cárdenas verlängerte 1939 Fraustadts Amtserlaubnis nicht, ab 1941 konnte er aber wieder legal tätig sein. Obwohl inzwischen der weitaus größere Teil der Schulkinder katholisch war, konnte sich eine eigene deutsche katholische Kirchengemeinde erst ab etwa 1930 langsam etablieren. Vermutlich stammten die meisten der katholischen Kinder aus deutsch-mexikanischen Familien. Der Kriegseintritt Mexikos im Mai 1942 bedeutete einen tiefgreifenden Einschnitt in das Leben der Kolonie, viele behaupten, daß sie seitdem nicht mehr bestehe. 886 Dies gilt sicherlich für die ab Mitte der 1930er Jahre einheitlich ausgerichtete Kolonie der nationalsozialistischen Phase. Die US-amerikanische Kolonie konstituierte sich erst ab 1868 mit der Gründung der American Benevolent Society. Vorher hatten sich nur vereinzelte Soldaten und Kaufleute in Mexiko-Stadt niedergelassen. In den 1860er Jahren nahm die Zahl der Unternehmer und Kaufleute zu, außerdem wanderten US-amerikanische Südstaatler nach dem verlorenen Sezessionskrieg in Mexiko ein. Neben der von Kaiser Maximilian subventionierten Mexican Times gaben sie auch die über dreißig Jahre bestehende The Two Republics heraus. Einige US-Amerikaner und US-Amerikanerinnen heirateten in der liberalen Ära in die mexikanische Elite ein, mit der die US-amerikanische Kolonie auch später verbunden bleiben sollte. Als Feiertage hatten für die kleine Kolonie, die sich hauptsächlich um die Gesandtschaft scharte, der 4. Juli, Washingtons Geburtstag und das Erntedankfest Bedeutung. Als Nebenprodukt der US-amerikanischen Missionsbewegung entstanden ab Ende der 1860er Jahre die ersten englischsprachigen protestantischen Kirchengemeinden. Das Porfiriat wurde zu einer ersten Blütezeit der hauptstädtischen Kolonie. Die Zahl der US-Amerikaner im Distrito Federal stieg sehr stark an. Allerdings war die soziale Stratifizierung bei ihnen ausgeprägter als bei den Deutschen und viele von ihnen hatten keinen Anteil an der Kolonie. Der Frauenanteil lag bei den US-Amerikanern wesentlich höher als bei den Deutschen. Ehen zwischen US-Amerikanern und Mexikanern waren 886

Vgl. dazu übereinstimmend Bopp (1979: 494-495) und von Mentz (1988c: 229). Die deutsche Schule, mehrere Vereine und ein großer Teil der intervenierten Firmen und Kaffeefincas wurden nach dem Krieg wieder an die früheren Besitzer zurückgegeben. Eine Untersuchung dieses Themas steht noch aus.

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dagegen seltener. Hiervon ausgenommen blieben einige Familien, die bereits vor dem Porfiriat nach Mexiko eingewandert waren und die sich in die mexikanische Elite integrierten. Ihre Kinder verheirateten sich entsprechend. Prominentestes Beispiel war die Familie Braniff. Thomas Braniff war zwar 1868 an der Gründung der American Benevolent Society beteiligt gewesen, hielt sich aber ansonsten in der US-amerikanischen Kolonie eher zurück. Durch Zuwanderung erhielten Kaufleute in der Kolonie ein größeres Gewicht. US-amerikanische Handlungsreisende benötigten jedoch nicht selten Dolmetscher und waren deshalb in der Konkurrenz benachteiligt. Im Porfiriat konnte die American Benevolent Society durch die Unterstützung von wohlhabenden Spendern ein eigenes Krankenhaus einweihen. Es wurden vor allem US-Amerikaner, Briten und Deutsche behandelt, aber nur sehr wenige Mexikaner. Der 4. Juli wurde ab 1901 auf Initiative der American Benevolent Society in breiterem Rahmen als Volksfest gestaltet und nicht mehr als Festessen für eine kleine, elitäre Gruppe. Präsident Diaz nahm bis 1908 trotzdem jährlich daran teil. Ab 1904 wurde das Fest von einer neu gegründeten Society of the American Colony gestaltet, die nur männliche US-amerikanische Staatsbürger aufnahm. Die Wirkung dieser patriotischen Vereinigung blieb aber bis zur Revolution sehr begrenzt. Der 1895 gegründete American Club wurde zu einem beliebten und luxuriösen Wirtschaftsklub. Während des Porfiriats stand er auch Männern ohne US-amerikanische Staatsangehörigkeit offen, die Mitgliederzahl wurde bereits nach wenigen Jahren wegen der großen Nachfrage auf 400 beschränkt. Ein Frauenverein entstand 1898. Nach anfänglicher Uneinigkeit über seine soziale Positionierung widmete er sich der Wohltätigkeit und versuchte, mexikanische Landeskunde und spanische Sprachkenntnisse zu vermitteln. Mit Unterstützung der Organisation aus den USA wurde 1901 in Mexiko-Stadt eine Filiale des YMCA gegründet und durch Spenden aus der Kolonie mitfinanziert. Sie richtete sich an die unverheirateten Angestellten, die sich andere Klubs nicht leisten konnten. Anfanglich stellten Mexikaner nur etwa zwanzig Prozent der Mitglieder. Ab 1904 bestanden ein englischer und ein mexikanischer Zweig des YMCA. Die Organisation wurde auch von der mexikanischen politischen Elite unterstützt und plante einen luxuriösen Klubneubau. Vermutlich wurde der YMCA ein Opfer des Zusammenbruchs der U. S. Banking Co., da auch George I. Ham zu seinen wichtigsten Förderern gehörte. Wegen des starken Mitgliederverlustes vereinigten sich die englische und die mexikanische Abteilung. Nach der Revolution hatte der YMCA kaum noch US-amerikanische Mitglieder, er war zu einer mexikanischen Organisation geworden. Als wichtigste US-amerikanische Zeitung etablierte sich im Porfiriat der Mexican Herald, der bis 1909 Subventionen von der mexikanischen Regierung erhielt und der in der Kolonie eine zentrale Rolle als Meinungsfiihrer spielte. Das Diaz unterstützende Blatt konnte sich in der Revolution nicht halten. Die US-amerikanische Schule entwickelte sich aus einem Kindergarten heraus, sie wurde von den Eltern finanziert. Ab 1902 gab es die ersten High-School-Klassen. Ihre Schülerzahl schwankte in den Jahren nach 1900 sehr stark. Auch in der American School wurden im Porfiriat die mexikanischen Regierungsprüfungen abgenommen.

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Die bedeutendste US-amerikanische Kirchengemeinde im Porfiriat war die Trinity Episcopal Church, in der 1888 ein Trauergottesdienst für den deutschen Kaiser Wilhelm I. abgehalten wurde. Die stark britisch orientierte Christ-Church-Gemeinde, die seit 1898 über eine eigene Kirche verfugte, hätte sich lieber der Hochkirche von England unterstellt, akzeptierte dann aber ihre Abhängigkeit von der US-amerikanischen Kirchenhierarchie. Die Union Evangelical Church eröffnete 1902 ihren Kirchbau. In Krisenzeiten schlössen sich ihr kleinere Gemeinden anderer Denominationen an. Die Seelsorger verheirateten, ohne die mexikanische Gesetzgebung zu berücksichtigen, mehrere Jahre lang Ehepaare im US-amerikanischen Generalkonsulat. Dem Generalkonsulat unterstand auch die Verwaltung des US-amerikanischen Friedhofs (U. S. National Cemetery). Obwohl ursprünglich ein Soldatenfriedhof, füllte er sich während des Porfiriats auch mit Gräbern von Zivilisten. Im Jahr 1900 wurde ein neuer Friedhof gekauft, der ab 1906 der American Benevolent Society gehörte. Obwohl er später zum Hauptfriedhof wurde, war der ehemalige Soldatenfriedhof angesehener in der Kolonie. Die Mexikanische Revolution war ein großer Einschnitt für die US-amerikanische Kolonie. Bereits die Wirtschaftkrise 1907/1908, das skandalöse Scheitern der U. S. Banking Co. und der erzwungene Rücktritt des US-amerikanischen Botschafters ließen die finanzielle Ausstattung verschiedener Organisationen und Institutionen einbrechen und polarisierte die Kolonie in Bezug auf ihre Führungspersönlichkeiten. Botschafter H. L. Wilson stieß zunächst auf Ablehnung, konnte die Kolonie dann aber für sich gewinnen. Die Kolonie bemühte sich 1911 und 1912 um gute Beziehungen zur Regierung Madero, nach seinem Tod zu Huerta. H. L. Wilsons Einmischung in die mexikanischen Angelegenheiten verursachten nach der Decena trägica und der militärischen Intervention in Veracruz die Massenauswanderung der US-Amerikaner aus Mexiko-Stadt. Die in die Elite des Porfiriats integrierte Familie Braniff wurde einerseits von Enteignungen betroffen, andererseits investierten die politisch offensichtlich weniger belasteten jüngeren Familienmitglieder in neue Unternehmungen, bei denen es sich hauptsächlich um Grundstücksgeschäfte handelte. Bis 1917 waren die American School und das Krankenhaus vom Niedergang bedroht. Das American Hospital suchte auch in der deutschen Kolonie nach Auszubildenden, deutsche Ärzte warben Spenden ein. Die Schule verlor den Großteil ihrer Schüler. Die englischsprachigen Kirchengemeinden litten unter Mitgliederschwund und Finanzschwierigkeiten. Als Reaktion arbeiteten die verbliebenen Seelsorger der verschiedenen Denominationen eng zusammen. Die im Porfiriat wichtige Trinity Episcopal Church gab ihre Selbständigkeit auf. Ab 1917 stieg die Zahl der US-Amerikaner in Mexiko langsam wieder und es wurden erste Schritte zur Reorganisation der Kolonie unternommen. Ab den frühen 1920er Jahren kamen viele US-Amerikaner nach Mexiko-Stadt. Wie schon im Porfiriat war die soziale Spannweite sehr groß, und nur ein Teil von ihnen bildete die Kolonie. Die USAmerikaner der Kolonie verheirateten sich selten mit Mexikanern und lernten zum großen Teil kein Spanisch. Ihre Kontakte mit Mexikanern beschränkten sich weitgehend auf Menschen, die in den USA oder in Europa ausgebildet worden waren und die ihrerseits Englisch sprachen, oder auf Dienstpersonal. Innerhalb der überwiegend kommerziellen Interessen verschriebenen Kolonie war die Unterteilung in old-timer und new-comer deutlich. Die meisten neuen Einwanderer

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waren höhere Angestellte US-amerikanischer Firmen und Konzerne und gehörten zur oberen Mittelschicht. „Pioniere" und selbständige Unternehmer wie die old-timer waren in der Minderzahl. Viele der letzteren und ihre Nachkommen (Arturo und Alberto Braniff, Orrin, H. P. Lewis, Beck) waren an Grundstücksgeschäften beteiligt. Ein Beispiel für die Bedeutung von US-Amerikanern in der Stadtentwicklung ist die Chapultepec Heights Co., die den Elite-Stadtteil Lomas de Chapultepec erschloß. Frauen arbeiteten, wenn sie berufstätig waren, in der US-amerikanischen Botschaft oder der American School, selten in Handelsunternehmen. Mit den Botschaftern Morrow und Daniels stimmte die überwiegend republikanisch orientierte Kolonie politisch nicht überein. Bereits 1917 wurde die US-amerikanische Handelskammer gegründet. Ihre Mitgliederzahl schwankte, stieg aber Ende der 1930er Jahre sehr stark an. Die Kammer erarbeitete 1941 eine „Schwarze Liste" der Unternehmen, die Handel mit den Achsenmächten trieben und arbeitete mit dem Propagandabüro Nelson Rockefellers zusammen. Der American Club nahm nach der Revolution ausschließlich US-amerikanische Staatsbürger auf und hatte nur noch etwa halb soviele Mitglieder wie im Porfiriat. Wichtigster gesellschaftlicher Treffpunkt für die US-amerikanische Kolonie wurde der internationale und viel teurere Churubusco Country Club, in dem US-amerikanische Geschäftsleute wie H. und S. B. Wright, Basham, Beck, Cook und Sanborn fuhrende Positionen innehatten, ebenso wie Oscar Braniff. Hohes Ansehen genoß der University Club, in dem porfiriatsnostalgische old-timer führend waren. Als patriotische Vereinigung diente nach dem Ersten Weltkrieg die American Legion. Der 4. Juli wurde meist als Volksfest gefeiert, das gleichzeitig ein Forum für wohltätige Sammelaktivitäten war. Die American Legion wurde 1941 in ihrer Funktion von der neugegründeten American Society abgelöst, die eine Dachorganisation der Kolonie werden sollte und die sich gleichzeitig in die außenpolitischen Dienste der Vereinigten Staaten stellte. Auch die Frauen der Kolonie unterstützten durch die Gründung eines eigenen Rote-Kreuz-Komitees die nationalen Ziele der USA. Von den übrigen Frauenvereinigungen waren die Junior League und der Pan-American Round Table ebenfalls an Dachorganisationen in den USA angeschlossen. Die American Benevolent Society unterstützte nur eine kleine Anzahl von Kolonie-Mitgliedern direkt. Das von ihr verwaltete Krankenhaus wurde zwar 1917 erweitert, arbeitete aber defizitär. Zu Beginn der 1940er Jahre wurde es mit dem britischen Lady Cowdray Hospital zusammengelegt, vergrößert und modernisiert. Die US-amerikanische Schule überwand die Krise der Revolutionszeit und expandierte. Sie wurde ab 1921 von der American School Foundation verwaltet, deren Mitglieder auch ihren Unterhalt mitfinanzierten. 1923 legten sie den Grundstein für einen Neubau. 1946, als die Schülerzahlen sehr stark gestiegen waren, wurde wieder eine neue Schule gebaut. Im Vergleich zur deutschen Schule integrierte sie sich sehr spät in die Erziehungssysteme der USA und des revolutionären Mexiko. Erst 1934 wurde die primaria von der SEP inkorporiert, 1938 bestand neben der High School eine secundaria, die den mexikanischen Anforderungen entsprach. Die High School war, anders als die AAbteilung der deutschen Schule, nicht inkorporiert und ausschließlich auf die USA ausgerichtet. Die Kontrollen der SEP in der American School deckten keine gravierenden Verstöße gegen ihre Regeln auf. Während die Reifeprüfung der deutschen Schule 1919, 1920 und ab 1936 als mexikanische Hochschulzugangsberechtigung anerkannt war, bemühte sich die American School erst 1959 um die entsprechende Anerkennung. AI-

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lerdings ging die Gründung des Mexico City College im Jahr 1940 von der American School aus. Die American School war vermutlich die teuerste Privatschule in MexikoStadt. Ihre Schülerzahl lag 1925 noch weit niedriger als die der deutschen Schule (450/758), 1930 aber höher (761/712). Die nationalsozialistische Expansion der deutschen Schule kehrte dieses Verhältnis wieder um. 887 Trotz der Wiederaufnahme der Missionstätigkeit verschiedener Glaubensgemeinschaften in Mexiko blieben die Union Evangelical Church und die Christ Church bis zum Zweiten Weltkrieg die wichtigsten englischsprachigen Gemeinden. Dabei übten sie eine Brückenfunktion zwischen der US-amerikanischen Kolonie und solchen US-Amerikanern aus, die nur ein geringes Einkommen hatten und nicht an Aktivitäten der Kolonie teilnehmen konnten. Eine katholische englischsprachige Kirchengemeinde entstand erst Ende der 1940er Jahre. Während die deutsche Kolonie nach dem Ersten Weltkrieg versuchte, alle Deutschen und Deutschstämmigen unabhängig von ihrem ökonomischen Status zu vereinigen erst unter dem Kriterium der „Reichsangehörigkeit", dann unter dem der „Volksgemeinschaft" - gab es in der US-amerikanischen Kolonie keinerlei Bestrebungen dieser Art. Der Zusammenhalt untereinander hing viel stärker von Gemeinsamkeiten in der Erziehung und vor allem der Schichtzugehörigkeit ab. Wenn sich hier Überschneidungen ergaben, konnten Mexikaner und andere Ausländer in die Kolonie integriert werden, „arme" US-Amerikaner fanden jedoch keinen Zugang. Überschneidungen zwischen deutscher und US-amerikanischer Kolonie waren während der liberalen Ära und bis in den Weltkrieg hinein nicht selten. Ich denke hier zum Beispiel an die Namen Boker, Fredenhagen, Rahden, Scherer und Goethe. Hervorzuheben sind auch die Trauerfeiern für Esteban Benecke und den deutschen Kaiser in der Trinity Methodist Church. Diese Überschneidungen wurden auch dadurch erleichtert, daß nicht wenige der in Mexiko lebenden Deutschen zuvor in die USA eingewandert, aber dort nicht geblieben waren. In die Zeit nach dem Kriegsbeginn fallen die Teilnahme der „amerikanischen Damen" am Basar des Flottenvereins und die Unterstützung und Nutzung des US-amerikanischen Krankenhauses durch deutsche Ärzte. Nach der Kriegsniederlage des deutschen Reiches scheinen sie abgenommen zu haben. Als „Grenzgänger" gehen aus den bearbeiteten Quellen - neben Pastor Frieling - nur noch die Namen Heynen und Sellinghausen hervor. Dieser Entwicklung liegen meiner Ansicht nach zwei Faktoren zugrunde: einerseits der nach dem Krieg stark entwickelte deutsche Patriotismus, andererseits aber auch die Nivellierung in der deutschen Kolonie, aus der sich alteingesessene, wohlhabende Kaufleute zwar nicht völlig zurückzogen, die aber ideologisch von Interessen geleitet wurde, die von denen der US-amerikanischen Kolonie jetzt sehr weit entfernt waren.

8,7

Die deutsche Schule hatte 1938 1051 Schüler, die US-amerikanische 1940 900.

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5 . ERGEBNISSE

Betrachtet man die Geschichte der deutschen und der US-amerikanischen Kolonien vor dem Hintergrund ihrer Beziehungen zu den Heimatstaaten und zu Mexiko, lassen sich folgende Ergebnisse feststellen: 1. Im frühen 19. Jahrhundert hatten die wenigen Einwanderer in Mexiko ein loses Verhältnis zu ihren Herkunftsländern. Diplomatische und konsularische Vertreter residierten nur vereinzelt vor Ort und zeigten sich als wenig durchsetzungsstark. Die mexikanischen Regierungen blieben schwach und konnten keine stringente Außenpolitik verfolgen. Die Einwanderer waren daher auf sich gestellt, ihr ökonomischer Erfolg hing weitgehend von ihren persönlichen Kontakten zu Mexikanern, Landsleuten und anderen eingewanderten Ausländern ab. Die Kolonien - für diesen Zeitraum insbesondere die deutsche Kolonie - entstanden als soziale Zusammenschlüsse, die dieser Kontaktpflege dienten. Sie hatten auch den „nostalgischen" Aspekt, die eigene Sprache zu pflegen, sei es durch den mündlichen Austausch oder durch die Lektüre heimatlicher Zeitungen und Bücher. Dabei spielte die landsmannschaftliche oder nationale Herkunft keine entscheidende Rolle, andere Ausländer und Mexikaner konnten bei ähnlichen Interessen durchaus in die Klubs und Vereinigungen integriert werden. Neben den sozialen Klubs (auch Lesezirkel, Gesangvereine) waren dies Hilfsorganisationen, die für die in Not geratene eigene Klientel sorgen sollten. Ihre Inanspruchnahme blieb jedoch eher selten. Es folgte das Bedürfnis nach Schulgründungen. Die Beziehungen der Kolonien zu mexikanischen Behörden waren dadurch gekennzeichnet, daß man deren Autorität kaum anerkannte; so wurden städtische Steuern nicht gezahlt. Auf der nationalen Ebene bestanden jedoch zum Teil enge persönliche Kontakte zu Regierungsmitgliedern. 2. Im Porfiriat hatte sich die Lage von Ausländern insofern geändert, als der mexikanische Staat weitaus besser funktionierte und die vor allem in den 1860er Jahren verstärkte Politik der Konzessionsvergabe an Ausländer beibehalten wurde und nun Früchte trug. Im Zuge der Modernisierung wuchs der Markt für importierte Produkte, die Zahl der Einwanderer stieg an und hing ökonomisch eng mit den Investitionen und dem Handel zusammen. Ernsthafte bilaterale Konflikte gab es nicht. Deutsche und USAmerikaner waren stolz auf den Entwicklungsstand ihrer Heimatländer, identifizierten sich mit diesen und mit den „fortschrittlichen" Kräften des Porfiriats. Dabei entwickelten sich die Beziehungen zwischen den beiden Kolonien weiterhin gut. Es gab zum Beispiel eine Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Hilfsverein und dem US-amerikanischen Krankenhaus, und die Trinity Methodist Episcopal Church bediente auch deutsche protestantische Gläubige und bot sogar eine Trauerfeier für den deutschen Kaiser an. Die deutsche Kolonie hatte einen zeitlichen Vorsprung bei der Entwicklung ihrer Organisationen, den die US-Amerikaner durch eine jetzt zahlenmäßige Überlegenheit und durch große Finanzkraft wettmachten. Eine Akzentverschiebung zwischen der deutschen und der US-amerikanischen Kolonie wird deutlich, wenn man die frühe Gründung einer Benevolent Society (1868) im Vergleich zum American Club (1895) sieht. Der deutsche Hilfsverein entstand 1844, also nur vier Jahre vor der Gründung des ' Die erste deutsche Schule in Mexiko, das Instituto Katthain, ist wegen der späteren „eigentlichen" deutschen Schule, die vom deutschen Staat unterstützt wurde und wird, weitgehend in Vergessenheit geraten. Eine US-amerikanische Schule gab es noch nicht.

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Deutschen Hauses. Einen Hospitalbau wie die US-amerikanische Kolonie erreichte die deutsche nicht. Während sich die deutsche Kolonie sozial stärker zu schichten begann, versuchten in der US-amerikanischen Kolonie philantropisch motivierte Personen durch die Filialgründung des YMCA auch ärmere US-Amerikaner, die bisher im Klubleben ausgeklammert worden waren, moralisch zu stützen und damit ihrem Wertesystem zu erhalten.2 Die Bedeutung der US-amerikanischen patriotischen Gesellschaft blieb in der Kolonie bis zur Revolution gering. Als stärkere Meinungsfuhrer, auch im Vergleich zu den diplomatischen und konsularischen Vertretern, traten der American Club und der Mexican Herald in Erscheinung. 3. In der Phase von 1910 bis 1920 geriet die im Nachhinein oft verklärte heile Welt der Kolonien aus den Fugen. Der mexikanische Staat bot keine Stabilität mehr. Während die US-amerikanische Kolonie unter der (unterschiedliche Ziele verfolgenden) Politik des US-amerikanischen Gesandten und seiner Regierung litt, die beide massiv in die inneren mexikanischen Entwicklungen eingriffen, hatten die Deutschen, deren Gesandter von Hintze seinem US-amerikanischen Kollegen zwar sekundierte, aber wesentlich gemäßigter auftrat, weit geringere Probleme mit den mexikanischen Regierungen. Unter Carranza entwickelten sich sogar ausgesprochen freundschaftliche Beziehungen mit der Kolonie, die jedoch in der Kriegspolitik des Deutschen Reiches kein Echo fanden. Der von ihrer Regierung geforderte Exodus der US-Amerikaner dagegen war der Ausdruck eines Schocks und auch der politischen Orientierungslosigkeit nach der Abberufung H. L. Wilsons. Der zeitweise parallel zur Mexikanischen Revolution stattfindende Erste Weltkrieg hatte währenddessen auf die deutsche Kolonie Auswirkungen, die die der deutschen Reichsgründung 1871 bei weitem übertrafen. Die Gründung des Verbands deutscher Reichsangehöriger 1915 markiert den Beginn einer Entwicklung, in der die Zugehörigkeit zur Kolonie politisch wird, der Verband in zunehmendem Maße zu bestimmen versucht, was „deutsch" und was die Kolonie ist. Dabei richtete er sich vor allem an den Interessen des Deutschen Reiches beziehungsweise später an den restaurativen Kräften der ungeliebten Weimarer Republik aus. In Mexiko versuchte der Vorstand in den 1920er Jahren als Vertretung eines nicht mehr existierenden Kaiserreiches die Funktion eines patriarchalischen Staates zu erfüllen. Dies war ihm angesichts der wachsenden politischen Zerissenheit jedoch nicht möglich. Durch die überragende Bedeutung, die die Mexikanischen Revolution für die Entwicklung der US-amerikanischen Kolonie hatte, lassen sich die ansatzweise festzustellenden Auswirkungen des Ersten Weltkriegs auf sie leicht übersehen. Sie bestehen meiner Ansicht nach in dem während der 1920er Jahre praktizierten Austausch mit der französischen Kolonie bei patriotischen Feiertagen und der - allerdings nicht neuen - Zusammenarbeit mit der britischen Kolonie. Eine Entsprechung hatte dieses Verhalten in der deutschen Kolonie zur Zeit des Krieges in deren Kooperation mit der österreichungarischen Kolonie und, weniger ausgeprägt, der türkischen Kolonie. Eine Zusammenarbeit zwischen deutscher und US-amerikanischer Kolonie findet nach dem Krieg nicht mehr statt. Deutlich wird in beiden Fällen auch die Präferenz für die eigene Sprachgruppe. 4. Das insgesamt festzustellende Auseinanderdriften der Entwicklungsmuster der beiden Kolonien wird in der Phase zwischen den Weltkriegen deutlich. Allerdings hatten weder die deutsche noch die US-amerikanische Kolonie zu den selbstbewußten re2

Diese Einrichtung erfuhr in den 1920er Jahren einen Wandel und richtete sich fast ausschließlich an Mexikaner.

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volutionären Regierungen Mexikos, die eine nationalistische Politik durchzusetzen versuchen, besonders große Affinität. Die immer stärkeren ökonomischen Beziehungen Mexikos zu den USA forderten jedoch einen modus vivendi, in dem sich die US-amerikanische Kolonie, die sich nun noch mehr als zuvor als gesellschaftliche elitäre Schicht definierte und die große Masse der US-Amerikaner in Mexiko ignorierte, sehr schnell regenerierte und eine Stellung erreichte, die ihrer wirtschaftlichen Macht entsprach. Anstatt sich dem sie umgebenden Sozialverband anzupassen, übte sie selbst eine starke Anziehungskraft auf die entsprechenden Segmente der mexikanischen Gesellschaft aus. Gleichzeitig konnte sie sich nur wenig mit der Politik in der Heimat und mit ihren Gesandten identifizieren. In dieser Zeit entstand mit der linken Künstlerszene, die Mexiko in den 1920er Jahren gerade wegen der Revolution „entdeckte", eine Gegenkultur zur konservativen American colony. Die mexikanische Regierung unterhielt zu dieser neuen Gruppe teilweise enge Kontakte, zum Beispiel im Bildungsbereich. In der Kolonie löste erst der Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg patriotische Gefühle aus, die sich möglicherweise in der Folgezeit stärker auf sie auswirkten. Anders als die US-amerikanische Kolonie versuchte die deutsche trotz wachsender politischer Gegensätze, die gesamte deutsche Bevölkerung Mexikos zu vereinigen. Nachdem dies unter dem Begriff der „Reichszugehörigkeit" nicht möglich war und die rechtsextremen Strömungen sich auch bei den Deutschen in Mexiko durchsetzten, wurde die biologistische und rassistische Idee der „Volksgemeinschaft" zu einer ideologischen Klammer, die sich der Realität der EinwandererAö/ow/e, deren Kinder zu über vierzig Prozent aus deutsch-mexikanischen Familien stammten, 3 völlig entzog. Dabei versuchte die Deutsche Volksgemeinschaft in Mexiko im Sinne einer totalitären Organisation für alle Lebensbereiche zuständig zu sein. Die Beziehungen der Kolonie zur mexikanischen Regierung verschlechterten sich merklich, obwohl selbst Cárdenas sich mit aktiven Maßnahmen gegen sie zurückhielt. Hierbei profitierte die Kolonie von der Wirtschaftspolitik und ihren Auswirkungen, allerdings dürften auch politische Divergenzen innerhalb der mexikanischen Regierung eine Rolle gespielt haben. Die ab 1926/27 von der mexikanischen Regierung verschärfte Einwanderungspolitik verringerte weder die Anzahl der Deutschen noch der US-Amerikaner im Distrito Federal. Auch das bereits von Calles formulierte Ziel, möglichst viele Ausländer zur Einbürgerung zu bewegen, konnte nicht erreicht werden.4 Erst unter der Regierung Cárdenas ließen sich mehr Deutsche einbürgern, wie sich anhand der Staatsangehörigkeit der Schulkinder und der Zensuszahlen belegen läßt. Bei den USAmerikanern zeigte jedoch auch die cardenistische Nationalisierungspolitik keinen Erfolg. Das Festhalten an der Staatsangehörigkeit hatte für die US-Amerikaner eine höhere Bedeutung als für die Deutschen, die sich auch als „Volksdeutsche" der ethnischen Gruppe zugehörig fühlen konnten.5 Möglicherweise wurde die

3

Vgl. die Angaben zur „Volkstumszugehörigkeit" der Schüler der deutschen Schule 1936-1938 (Tabelle 57). Berücksichtigt man die Zahlen der Schüler mit einem oder zwei deutschen Elternteilen, ergibt sich ein steigender Prozentsatz von Kindern aus interethnischen Ehen (1936:40%; 1937: 43%; 1938:48%).

4

„Nuestra tendencia debería ser, lograr [...] la nacionalización de la mayor parte de los extranjeros que vengan al país" (Plutarco Elias Calles in El Demócrata. 18.4.1927, zitiert nach Manual de Historia 1988: 194). 5

Dies spricht für Hilfrichs eingangs (vgl. Kapitel 1) zitierte Einschätzung, daß der US-amerikanische Nationalismus sich stärker auf die Verfassung der Vereinigten Staaten gründet, als auf eine ethnische Geschichte. Allerdings sollte nicht vergessen werden, daß auch der US-amerikanische Nationalismus (und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Kolonie) eine ethnische (und rassistische) Komponente aufweist, wenn diese auch nicht dieselbe zentrale Bedeutung hat wie bei anderen Gruppen. In der Kolonie

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Ausländerpolitik, angesichts des Machtgefalles zwischen den beiden Staaten, auf sie nicht angewandt, so wie die Einwanderungsbeschränkungen für Juden aus den Vereinigten Staaten nicht durchgesetzt wurden. Ebensowenig erlangten die Vereinbarungen über die reziproke Einberufung zum Kriegsdienst in Mexiko Realität, nur in den USA wurden Mexikaner eingezogen, US-Amerikaner in Mexiko blieben dagegen unbehelligt. 5. Gerade die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg macht deutlich, daß sich hinter dem Begriff Kolonie unterschiedlich konstituierte soziale Gruppen verbergen, die zudem einem ständigen Wandel ausgesetzt sind. Dabei stellt sich die Frage, wie die Arbeit der Vereine, Schulen und Kirchengemeinden jeweils zu bewerten ist. In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg hatte das Deutsche Haus sowohl die Funktion eines sozialen Klubs als auch den einer patriotischen Vereinigung. Selbst nach der Abspaltung des Deutschen Vereins behielt es diese Funktion in der Kolonie. In der US-amerikanischen Kolonie blieben beide Funktionen getrennt: Der große American Club war ein gesellschaftlicher Verein, die Society of ihe American Colony nahm die Vertretung der Kolonie in patriotischen Fragen wahr. Nach dem Krieg änderte sich die Rolle des American Club insofern, als er nicht mehr das finanzstärkste Spektrum der Kolonie vertrat, sich dafür aber stärker nationalistisch ausrichtete. Die gesellschaftlichen Funktionen wurden jetzt auch und in stärkerem Maße durch die beiden exklusiven Country Clubs, insbesondere den reorganisierten Mexico City Country Club, ausgeübt. Im University Club waren dagegen speziell porfiriatsnostalgische old-timers vertreten. In der deutschen Kolonie trat das Deutsche Haus seit der Gründung des Verbands deutscher Reichsangehöriger und später der Deutschen Volksgemeinschaft in Mexiko völlig hinter diese zurück und beschränkte sich auf die gesellschaftliche Funktion und auf die Rolle als Veranstaltungsort. Der frühere symbolische Gehalt des Hauses als „des Deutschtums Veste"6 war in der nationalsozialistischen Zeit jedoch auf das Humboldt-Haus übergegangen, das NSDAP, DVM und diverse andere Gruppen beherbergte. Während für deutsche patriotische Gedenktage das Kriegerdenkmal auf dem deutschen Friedhof in Tacuba die Anlaufstelle zur feierlichen Kranzniederlegung darstellte, nutzte die US-amerikanische Kolonie häufig das nach seiner Schleifung 1914 wiedererrichtete George-Washington-Denkmal in dieser Funktion, allerdings auch den ehemaligen Soldatenfriedhof. Das Denkmal Alexander von Humboldts, ein Geschenk des deutschen Kaisers an das mexikanische Volk, hatte trotz seines glorifizierten und von den Nationalsozialisten instrumentalisierten Namensgebers innerhalb der Kolonie eine weniger herausragende Bedeutung. Der deutsche Frauenverein folgte im Schatten (und mit zeitlicher Verzögerung) der Gesamtkolonie in deren Entwicklung.7 In der US-amerikanischen Kolonie dagegen entstand trotz des höheren Anteils der Frauen und ihrer geringeren Berufstätigkeit kein zentraler Frauenverein. Der im Porfiriat gegründete Klub wird später in den Quellen nicht mehr erwähnt, die nach der Revolution aktive Junior League war mit nur 35 Mitgliedern eine klare Minderheitengruppe. Längere Zeit bestanden diente sie durchaus dazu, unerwünschte Mexikaner (also die meisten) auszugrenzen, während Angloamerikaner nicht bereits aufgrund ihrer Herkunft zur Kolonie gehören konnten. 6

Mit diesem Begriff bejubelte Anna Nitschke das Deutsche Haus in einem Gedicht zu seinem 50jährigen Bestehen. Vgl. den vollständigen Text bei Lemcke (1900:260). 7

Integration des nationalistischen Vereins Die Deutschen Frauen Mexikos, „Gleichschaltung" durch die DVM.

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Frauenvereinigungen in Zusammenarbeit mit den Kirchengemeinden. Innerhalb der Gesamtkolonie spielten sie jedoch keine Rolle. Die Kirchengemeinden selbst stießen in beiden Kolonien auf geringes Interesse. In ihrer starken Abhängigkeit von den Heimatstaaten spiegeln sie jedoch sehr deutlich deren unterschiedliche Ziele wider: Bei den Deutschen die Konzentration auf die nationalistische „Deutschtumsarbeit", bei den US-Amerikanern, deren englischsprachige Gemeinden als Ableger der Missionsbewegung entstanden, den universalen moralischen, politisch-demokratischen Missionsanspruch.8 6. Die deutschen Schulen in Mexiko-Stadt vertraten bis etwa zur Jahrhundertwende vorwiegend die Interessen der ansässigen Kaufleute und Unternehmer und wurden von diesen maßgeblich mit finanziert. Durch Handelsunterricht und die große Bedeutung des Sprachunterrichts (Spanisch und Englisch) wurde ihren Bedürfnissen Rechnung getragen. Mit der finanziellen Unterstützung durch das deutsche Reich wuchs auch der Einfluß der nationalen Interessen auf die Schule und den Unterricht, so wurde sie zeitweise zu einer Propagandaschule und stimmte unter Direktor Schröter die Unterrichtsinhalte auf den Nationalsozialismus und die „Volksgemeinschaft" ab, obwohl diese den Interessen der eingewanderten Kaufleute in Mexiko nicht dienlich sein konnten. Allerdings unterstützte der Verwaltungsrat der Schule diese Politik. Der Sprachunterricht (auch des Englischen) wurde beibehalten, wenngleich der Mathematikunterricht zugunsten von Turnstunden reduziert wurde. Der Neubau der Schule, der weitgehend aus dem „Reich" finanziert wurde, erhielt von ansässigen Kaufleuten erhebliche Unterstützung. Die US-amerikanische Schule vertrat die USA auch ohne direkte finanzielle Hilfe von dort. Zwar wurden sowohl an der deutschen als auch an der US-amerikanischen Schule im Porfiriat mexikanische Schulprüfungen abgehalten, deutliche Unterschiede zeigten sich aber später in ihren Beziehungen zur Secretaría de Educación Pública. Die deutsche Schule, durch A- und B-Klassen in einen „deutschen" und einen „mexikanischen" Zweig getrennt, inkorporierte sich mit beiden Abteilungen in das mexikanische Schulsystem. Sie trug damit der Realität Rechnung, in der nur noch ein geringer Teil ihrer „deutschen" Schüler zum Studium nach Deutschland reiste und die Mehrzahl somit auf einen in Mexiko anerkannten Schulabschluß angewiesen war. Die US-amerikanische Schule richtete zwar in den 1930er Jahren eine mexikanische secundaria ein, aber die mit einer größeren Zahl von Lehrkäften ausgestattete High School funktionierte ausschließlich nach USamerikanischen Vorgaben und war in das mexikanische Schulsystem nicht integriert. Lange bevor sich die Schule um eine anerkannte Hochschulzugangsberechtigung für die mexikanische Universität bemühte, unterstützte sie die Gründung eines College in Mexiko-Stadt für diejenigen Schüler, die nicht in den USA weiterstudieren konnten. 7. Wenn Brígida von Mentz (1988g: 330) schreibt

[e]n reiteradas ocasiones hicimos hincapié en la posición de clase de los alemanes en México; la identidad cultural, nacional, obviamente, está estrechamente ligada a aquélla. Las costumbres y las asociaciones del grupo están, además de encaminadas a conservar esta identidad, encaminadas a afianzar la situación clasista; por ejemplo, las mismas cuotas de entrada a los clubes, asociaciones o colegios son de tal manera elevadas que excluyen a todo alemán de escasos recursos y así conservan el carácter de exclusividad de la ,comunidad' no sólo en tanto alemana, sino en tanto clasista,

8

Zum politisch-demokratischen Missionsbewußtsein in den USA vgl. Krakau (1967:23-245).

364

so trifft diese Charakterisierung in viel stärkerem Maße auf die US-amerikanische Kolonie zu als auf die deutsche, in der ab dem Ersten Weltkrieg „Deutschtum" und „Volksgemeinschaft" zu den ideologisch bestimmenden Faktoren wurden.

365

6 . QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS

6.1 Quellen 6.1.1 Ungedruckte Quellen Archivo General de la Nación (AGN1. Mexiko-Stadt

Registro Nacional de Extranjeros: Alemanes (7 Kisten).

Archivo Histórico de la Secretaría de Relaciones Exteriores Genaro Estrada (AHSRE). Mexiko-Stadt

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366 16-11-118, 1914. El Ministro de Alemania en México pide se importa protección a los intereses alemanes radicados en Uruapan. 16-13-235, 1914. Legación de Alemania pide no se confisquen ni ocupen propiedades alemanas. 16-15-215,1915. Ayuda pecuniaria que prestaron a Huerta los Alemanes en Estados Unidos. 16-18-32, 1914. Asuntos Varios. Legación de Alemania pide protección para alemanes residentes en San Angel contra zapatistas. 16-18-36, 1914-1916. La Legación de Alemania pide no se les recoja las armas a los súbditos alemanes. 16-20-108, 1917. Alemanes en el pueblo de la Colonia, Municipalidad de Altamira, piden garantías para su vida e interés. 16-25-80, 1918. Comerciantes Alemanes que se quejan de que las casas angloamericanas de México se niegan a venderles mercancías. 16-27-1, 1919. Asociación Protectora de Intereses Angloamericanos en México. Trabajos desarrollados de la misma. 17-9-273. Se queja el Ministro de Alemania por un artículo firmado por el Dr. Atl, que se publicó en el periódico „La República" en Durango. 17-9-282, 1917. Dice el Departamento de Justicia americano que hacen trabajos hostiles contra Estados Unidos los Alemanes en la Frontera Mexicana. 17-17-212. Consulado de San Francisco. Año de 1919. Informa que Departamento de Inteligencia EE.UU. se ha dirigido americanos residentes en México pidiéndoles planos y datos usados en campañas militares. 17-17-337. Consulado de Nueva York. Año de 1920. Informes sobre manejos de la Sociedad Protectora de los Derechos americanos en México. 18-11-6(1), 1921. Copia y Traducción de la Proposición de la „NATIONAL ASSOCIATION FOR THE PROTECTION OF THE AMERICAN RIGHTS IN MEXICO". 20-20-108, 1913. Conmemoraciones. Invitación al Señor Presidente Victoriano Huerta para la Conmemoración de la Independencia de Estados Unidos de Norteamérica, en la Colonia Americana en México. 21-26-35, 1927. La Unión de Comercio Alemán en México pregunta cuales son los periódicos apoyados por esta Secretaría. 30-27-186, Asunto colonización y migración de México, en 1884-1907. Indice de los expedientes sobre estos asuntos existentes en el Archivo General de la Secretaría. 37-19-159, 1923. Importación de armas para la Secretaría de Guerra y Marina. Comunica el Cónsul en Filadelfia. 41-16-71, 1876-1889. Panteones Extranjeros en México. 42-2-2, 1869-1872. Panteones. Yncidentes relativos a los Cementerios americanos. 44-1-23, Nacionalidad. Año de 1916-1917. El Gobierno de Chihuahua remite Lista de los Extranjeros residentes en dicho Estado. 3738-3, 1893[-1900]. Colonias mormones en México. 3740-5, 1895. Colonización. Colonos americanos para México: Certificados expedidos por el Cónsul en San Diego. 3740-8, 1897. Colonización. Colonos americanos para México: Informes del Cónsul en Brownsville. 3740-9, 1895. Colonización. Colonos para México: Certificados expedidos por el Cónsul en Nogales. 3740-15, 1895. Colonización. Inmigración en México. Informes para el Ministro en Washington. 3740-26, 1895. Colonización. Colonia de negros americanos en el Tlahualilo [sic], 3740-27, 1895. Colonización. Inmigración de Negros en la República. 3741-20, [1885]. Solicitudes de certificados como colonos.

367 3744-1, 1888. Colonización. Certificados de colonos. 111-89-11, 1957-59. La Embajada de la República Federal de Alemania pide informe relativo a la devolución de fondos que fueron intervenidos durante la Segunda Guerra Mundial por el Gobierno Mexicano a la Antigua Legación de Alemania. 111-236-10, Colegio Alemán en México. II1-358-3, Congreso de Alemanes del Extranjero. Reunido en Stuttgart el 30 de agosto de 1937. IH-360-10, Colonos Alemanes en el Yaqui. 1937. 111-623-15, 1942. Sociedad México-Alemana Alejandro de Humboldt. III-626-8, 1942. Institución del Organismo de la „Ayuda Social de la Colonia Alemana" en México para impartir asistencia a los alemanes indigentes y muy principalmente a los concentrados en esta Capital. 111-628-16, 1942. Petición de la asociación „Menorah" de judíos de habla alemana para que el Gobierno Mexicano la reconozca como la única organización calificada y autorizada para hablar en nombre de los judíos alemanes que residen en México. 111-639-18, 1942. Solicitud de la Asociación Cristiana de Jóvenes para que a los nacionales del eje que se encuentran en Perote, se les permita recibir un equipo atlético y otros aparatos que desea obsequiarles. III-672-5, Casino Alemán de México. Lista proclamada. 1941. 111-675-27, Carlos Linga. 1941. Lista Proclamada. 111-754-16, 1940. Memorándum presentado por el Ministro de Alemania en México en el que después de protestar contra la expulsión del Agregado de Prensa Dietrich y otros actos, hace la Declaración de que el gobierno alemán no persigue intereses políticos o aspiraciones territoriales en el continente americano. III-1235-1, 1938. La Legación de Alemania gestiona que se ponga a disposición de la Sociedad MéxicoAlemana „Alejandro von Humboldt" la sala de conciertos del Palacio de Bellas Artes con objeto de celebrar una conferencia de carácter cultural. IH-2334-12, 1935. Informes sobre Entrada a México de Judíos Americanos. IJI-2406-1, Colegio Alemán „Alejandro de Humboldt". III-2435-2, Repatriación de Alemanes e Italianos particulares en México, la. parte. III-2464-9, Hospital Americano. 1943. Expropiación del terreno en donde está ubicado, para la construcción de un parque. III-2470-13, 1943. Informes sobre Individuos de Estados Unidos de América que se internan al país para eludir el Servicio militar. IV-239-10, 1929. Multa impuesta al Comité Nacional de la Asociación Cristiana de Jóvenes. IV-430-8, 1931. Permisos especiales. Asunto: Circular Número 773. Se transcribe circular 269 de la Secretaría de Gobernación en que pone de manifiesto que mujeres extranjeras casadas con nuestros compatriotas se consideran como mexicanas. L-E-l, Conde Gustavo de Enzerberg [sic]. Ministro de Alemania en México. L-E-3, Cumpleaños del Emperador de Alemania, Guillermo I. L-E-4, Rodolfo Federico Le Maistre. Ministro de Alemania en México. L-E-8, 1869-1871. Kurd de Schloezer. Encargado de los Negocios de Alemania en México. L-E-741(9), 1910-1920. Revolución Mexicana durante los años de 1910 a 1920. Información diversa de la República y de las oficinas de México en el exterior. T. 132. L-E-1992, Cartas de naturalización expedidas por esta Secretaría, durante los aflos de 1830 a 1931. L-E-1993, Cartas de naturalización expedidas por esta Secretaría, durante los años de 1936 a 1953.

368 Archivo Histórico de la Secretaria de Educación Pública (AHSEP). Mexiko-Stadt

Bestand: Dirección General de Instrucción Primaria Normal y Preparatoria. Escuelas

Particulares.

6205/29, Dirección General de Educación Primaria en el Distrito Federal. Escuelas Particulares Privadas. „Colegio Americano". 6207/36, Dirección General de Educación Primaria Urbana en el Distrito Federal. Año de 1935. „Colegio Alemán". Calzada de la Piedad 81 y 65. Organización y funcionamento. 6208/1, Departamento de Enseñanza Primaria y Normal. Escuelas Particulares. 1932-1934. Colegio Alemán. Calzada de la Piedad 81 y 65. Incorporación y funcionamento. Director F. W. Schroeter. 6208/8, Departamento de Enseñanza Primaria y Normal. Escuelas Particulares. „Colegio Americano". 6208/14, Departamento de Enseñanza Primaria y Normal. Escuelas Particulares. „Colegio Alemán". 1933-1938.

Evangelisches Zentralarchiv in Berlin (EZAÌ

Bestand 5 (Kirchliches Außenamt)

5/2822, Kirchenbundesamt. Akten betreffend: Mexiko - Allgemeines. 5/2823, Evangelischer Ober-Kirchenrat. Acta betreffend die allgemeinen kirchlichen pp. Verhältnisse in Mexiko. Auslanddiaspora Mexiko Nr. 1. 5/2824, Kirchenbundesamt. (Mittelamerika).

Acta betreffend: Die deutsche evangelische Gemeinde zu

Mexico

5/2825, Evangelischer Ober-Kirchenrat. Acta betreffend Deutsche evangelische Gemeinde in Mexiko. Vom October 1861 bis 31.XII.1926. 5/2826, Evangelischer Ober-Kircherat. Acta betreffend: Die Deutsche evangelische Gemeinde in Mexiko. Vom 1.1.1927 bis 31.12.1931. Auslandsdiaspora No. 6. Band II. 5/2827, Evangelischer Oberkirchenrat. Akten betreffend: die deutsche ev. Gemeinde in Mexiko. Vom Januar 1932 bis Ende Dez. 1934. Auslandsdiaspora Mexiko No. 6. Band III. 5/2828,Deutsche Evangelische Kirche. Akten betreffend: Mexico-Stadt. Von I.Januar 1935 bis Dezemb. 1938. Auslandsdiapora Abt. Mexico Nr. 6. Band IV. 5/2829, Deutsche Evangelische Kirche. (Abg. Gebiete). Akten betreffend Mexico-Stadt. Von Januar 1939. Abt. Mexico Nr. 6. Band V. 5/3312, Acta, die Personalverhältnisse des Cand. theol. Friedrich Gotthelf Nathanael Fraustadt Anstaltspfarrer in Hochweitzschen F. Ergangen vor dem Evang.-luth. Landeskonsistorium 1914. Nr. 94. Vol. F. 14.

National Archives of the United States fNAUS). Washington. P C

Mikrofilme der Anglo-Amerikanischen Abteilung des Historischen Seminars der Universität zu Köln:

Microcopy No. 274, Records of the Department of State Relating to Internal Affairs of Mexico, 19101929, Roll 148, 812.404-812.40622/100; Roll 151, 812.42/51-81.4611; Roll 152, 812.462812.48/375.

369 Microcopy No. 296. Despatches from United States Consuls in Mexico City, Mexico, 1822-1906, Roll 8, Vol. 15 bis Roll 15, Vol. 27 (15.2.1875-16.8.1906).

Einzelne Dokumente, die mir als Kopien zur Verfügung standen:

T-81, Roll 584, Aufruf zur Herausgabe eines Werkes über das Deutschtum in Mexiko, 1935. T-81, Roll 447 (5199774-5199779), Kulturbericht für Herrn Dr. M. Ilgner, Vorstandsmitglied der I. G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft, Berlin. T-81, Roll 447 (5199771-5199773), Schröter an AA, 26.1.1938.

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370 Bericht über das 24. Schuljahr der Schule der deutschen Kolonie (Colegio Alemán). Oberrealschule, Militärberechtigte Realschule, höhere Töchterschule, Deutsch-Mexikanische Mittelschule, Vorschule und Kindergarten zu Mexiko. Erstattet von Direktor M. Dobroschke (1918), México, D.F. Bericht über das 25. Schuljahr der Schule der deutschen Kolonie (Colegio Alemán). Oberrealschule, Militärberechtigte Realschule, höhere Töchterschule, Deutsch-Mexikanische Mittelschule, Vorschule und Kindergarten zu Mexiko. Erstattet von Direktor M. Dobroschke (1919), México, D.F. Bericht über das 26. Schuljahr der Schule der deutschen Kolonie (Colegio Alemán). Oberrealschule, Militärberechtigte Realschule, höhere Töchterschule, Deutsch-Mexikanische Mittelschule, Vorschule und Kindergarten zu Mexiko. Erstattet von Direktor M. Dobroschke (1920), México, D. F. Bericht über das 27. Schuljahr (1920) der Schule der Deutschen Kolonie (Colegio Alemán) zu Mexiko. Oberrealschule mit Vorschule, Höhere Mädchenschule, Deutsch-mexikanische Mittelschule, Kindergärten, Handelsabteilung. Herausgegeben vom Direktor Dr. Traugott Böhme (1921), México, D. F. Bericht über das 28. Schuljahr (1921) der Schule der deutschen Kolonie zu Mexiko (Colegio Alemán). Oberrealschule mit Vorschule, Höhere Mädchenschule, Deutschmexikanische Mittelschule, Kindergärten, Handelsabteilung. Herausgegeben vom Direktor Dr. Traugott Böhme (1922), México, D. F. Bericht über das 29. Schuljahr (1922) der Schule der deutschen Kolonie zu Mexiko (Colegio Alemán). Oberrealschule mit Vorschule, Höhere Mädchenschule, Deutschmexikanische Mittelschule, Kindergärten, Handelsabteilung. Herausgegeben vom Direktor Dr. Traugott Böhme (1923), México, D. F. Bericht über das 30. Schuljahr (1923) der Schule der deutschen Kolonie zu Mexiko (Colegio Alemán). Deutsche Oberrealschule mit Vorschule, Deutsch-Mexikanische Mittelschule, Kindergärten, Handelsabteilung. Herausgegeben vom Direktor Dr. Traugott Böhme (1924), México, D. F. Bericht über das 31. Schuljahr (1924) der Schule der deutschen Kolonie zu Mexiko (Colegio Alemán). Deutsche Oberrealschule mit Handelsrealschule und Vorschule, Deutsch-Mexikanische Mittelschule, Kindergärten. Herausgegeben vom Direktor Dr. Traugott Böhme (1925), México, D. F. Bericht über das 32. Schuljahr (1925) der Schule der deutschen Kolonie (Colegio Alemán) zu Mexiko. Deutsche Oberrealschule mit Handelsrealschule und Vorschule, Deutsch-Mexikanische Mittelschule, Kindergärten. Herausgeger: Direktor Dr. Traugott Böhme (1926), México, D. F. Bericht über das 33. Schuljahr (1926) der Schule der deutschen Kolonie (Colegio Alemán) zu Mexiko. Deutsche Oberrealschule mit Handelsrealschule und Vorschule, Deutsch-Mexikanische Mittelschule, Kindergärten. Herausgegeber: Direktor Dr. Traugott Böhme (1927), México, D. F. Bericht über das 34. Schuljahr (1927) der Schule der deutschen Kolonie (Colegio Alemán) zu Mexiko. Deutsche Oberrealschule mit Grundschule, Deutsch-mexikanische Primarschule, Kindergärten, Zweigschule Coyoacán. Herausgegeber: Dr. Traugott Böhme (1928), México, D. F. Bericht über das 35. Schuljahr (1928) der Schule der deutschen Kolonie (Colegio Alemán) zu Mexiko. Deutsche Oberrealschule mit Grundschule, Deutsch-mexikanische Primarschule, Kindergärten, Zweigschule Coyoacán. Herausgegeber: Direktor Dr. Wilhelm Steitz (1929), México, D. F. Bericht über das 36. Schuljahr (1929) der Schule der deutschen Kolonie zu Mexico (Colegio Alemán). Deutsche Oberrealschule mit Grundschule. Deutsch-mexikanische Primarschule, Kindergärten. Herausgegeber: Direktor Dr. Wilhelm Steitz (1930), México, D. F. Bericht über das 37. Schuljahr (1930) der Schule der deutschen Kolonie zu Mexico (Colegio Alemán). Deutsche Oberrealschule mit Grundschule, Deutsch-mexikanische Primarschule, Kindergärten. Herausgegeber: Direktor Dr. Wilhelm Steitz (1931), México, D. F. Bericht über das 38. Schuljahr (1931) der Schule der deutschen Kolonie zu Mexico (Colegio Alemán). Deutsche Oberrealschule mit Grundschule, Deutsch-mexikanische Primarschule, Kindergärten. Herausgegeber: Direktor Dr. Wilhelm Steitz (1932), México, D. F.

371 Bericht über das 39. Schuljahr (1932) der Schule der deutschen Kolonie zu Mexico (Colegio Alemán). Deutsche Oberrealschule mit Grundschule, Deutsch-mexikanische Primarschule, Kindergärten. Herausgegeber: Direktor Dr. Wilhelm Steitz (1933), México, D. F. Das „ Berliner Tageblatt " und die deutsche Kolonie Mexiko 's ( 1926), México, D. F. Blätter der Deutschen Schule zu Mexiko, Bd. l,Nr. 1, 1923. Hg. von Traugott Boehme, México, D. F. Böhme, Traugott (1928): Das deutsche Schulwesen im Staate Mexiko. In: Franz Schmidt/Otto Boelitz, Hg., Aus deutscher Bildungsarbeit im Auslande, Bd. 2, Langensalza, S. 481 -496. Boletín de la guerra, Segunda Epoca, Nr. 18,2. Februar 1916, Mènda, Yuc. Boletín de la guerra por la verdad, Bd. 1, 1914/15 bis Bd. 13, 1918; México, D. F. Boletín Oficial de la Secretaría de Fomento, Colonización e Industria de la República Mexicana, Bd. 1, 1909; Bd. 4, 1910; Bd. 5, 1910 [1911]; Bd. 7, 1911 [1912], México D. F. Boletín Oficial de la Secretaría de Relaciones Exteriores, México, D. F., Bd. 1, 1895/1896 bis Bd. 9, 1899/1900; Bd. 11, 1901/1902 bis Bd. 22, 1907; Bd. 25, 1907/1908 bis Bd. 64, 1935. Borosini, Victor von (1905): Mexiko. In: Ernst von Halle, Hg., Amerika. Seine Bedeutung für die Weltwirtschaft und seine wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland insbesondere zu Hamburg. In Einzeldarstellungen, Hamburg, S. 392-430. Brauer-Tuchorze, J. E. (1920): Bierbrauerei in Mexiko. In: Deutsch-Mexikanische Nr. 11/12, München, S. 109-110. Brechtel, Rudolf (1955): Auslandsbeziehungen.

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397 7. ANHANG

7.1 Mitglieder der National Association for the Protection of American Rights in Mexico I. Mitglieder der Association, August 1919 Executive Committee J. S. Alexander, President, National Bank of Commerce in New York Amos L. Beaty, General Counsel, The Texas Company George H. Carnahan, President, Inter-Continental Rubber Company Edward L. Doheny, President, Pan-American Petroleum & Transport Company Walter Douglas, President, Moctezuma Copper Company C. F. Kelley, Vice-President, Greene-Cananea Copper Company Thomas W. Lamont, Member, J. P. Morgan & Company Charles H. Sabin, President, Guaranty Trust Company of New York Chester O. Swain, General Counsel, Standard Oil Company of N. J. Frederic [sic] N. Watriss, Counsel, Yaqui Delta Land & Water Company Charles H. Boynton, Executive Director Frank S. Silsbee, Secretary E. W. Stetson, Treasurer, Vice-President, Guaranty Trust Company of New York Active Members by Groups Agricultural and Cattle Group Babicora Development Co., New York City Bardin, James, Salinas, Cal. California-Mexican Land & Cattle Co., Los Angeles, Cal. Cía. del Rancho San Ysidio, Los Angeles, Cal. Danziger & Co., Los Angeles, Cal. Dyer, Marion C., Dallas, Tex. Hacienda Ramona Company, Berkeley, Cal. International Land & Live Stock Co., Chicago, III. La Santísima Land Co., St. Louis, Mo. Los Tecolotes Ranch Inc., New York City Mexican Gulf Land & Lumber Co., Davenport, Iowa Mexico Land Co., Kansas City, Mo. Nichols, Herbert T., Aire Libre, Teziutlan, Puebla, Mexico Packard's Investment Co., Douglas, Ariz. Potter, James Brown, New York City Rancho Fertile Co., Berkeley, Cal. Sonora Land & Investment Co., San José, Cal. Stocker, Z. O., Los Angeles, Cal. The Cananea Cattle Co., S. A., Cananea, Sonora, Mexico Wheeler Land Co., Phoenix, Ariz. Yaqui Delta Land & Water Co., New York City Banking and Security Holders Group Bankers Trust Co., New York City Bonbright & Co. Inc., New York City Chase National Bank, New York City Citizen's National Bank of Los Angeles, Cal. Cochrane Harper & Co., Boston, Mass. First National Bank of Los Angeles, Los Angeles, Cal. First National Bank, New York City

398 Guaranty Trust Co., New York City Guaranty Trust & Savings Bank, Los Angeles, Cal. Leach & Co., A. B. Inc., New York City Los Angeles Trust & Savings Bank, Los Angeles, Cal. Liberty National Bank, New York City Mechanics & Metals National Bank, New York City Mercantile Bank of the Americas, Inc., New York City Morgan & Co., J. P., New York City National Bank of Commerce, New York City National City Bank, New York City Newborg & Co., New York City Salomon & Co., William, New York City The First National Bank of Houston, Houston, Tex. The Merchants National Bank, Los Angeles, Cal. The Northern Trust Co., Chicago, 111. The Union National Bank of Houston, Houston, Tex. Security Trust & Savings Bank, Los Angeles, Cal. State National Bank, El Paso, Tex. Title Insurance & Trust Co., Los Angeles, Cal. Walker, Elisha, New York City Wallace, J. N., President Central Trust Co., New York City Commercial Trading Group California National Supply Co., The, Los Angeles, Cal. Columbian Rope Co., Auburn, New York Goulds Manufacturing Co., The, Seneca Falls, New York Kirkpatrick, J. W., El Paso, Tex. Krakauer, Zork & Moye's S. I., El Paso, Tex. Lockett, A. M., & Co., Ltd., New Orleans, La. Lucey, Manufacturing Corp., New York City National Supply Co. of Mexico, The, Tampico, Mexico National Supply Co. of Texas, The, Houston, Tex. Oil Well Supply Co., The Pittsburgh, Pa. Oliver-American Trading Co., New York City Paulson, A. E. & Co., New York, New York Peden Iron & Steel Co., Houston, Tex. Pinoncely, Magaillan y Cia., Sucs. S. en C., Chihuahua, Mexico The National Supply Co., Toledo, Ohio Touche, Jacob E., El Paso, Tex. Woodward, Wight & Company Ltd., New Orleans, La. General Interest Group El Paso Chamber of Commerce, El Paso, Tex. Houston Chamber of Commerce, Houston, Tex. Los Angeles Chamber of Commerce, Los Angeles, Cal. Industrial Group Armstrong Cork Company, Pittsburgh, La. Cargill Securities Co., Minneapolis, Minn. Cuatotolapam Sugar Co., Winchester, Va. International Live Stock & Timber Co., Detroit, Mich. Intercontinental Rubber Co., New York City Laguna Corp., The, New York, New York Pine King Land & Lumber Co., John A. McShane, Pres., Omaha, Nebraska Shevlin, Carpenter & Clark Co., Minneapolis, Minn. The Mexican Crude Rubber Co., Detroit, Mich. Weckerle, Fred J., El Paso, Tex.

399 Mining and Smelling

Group

Batopilas Mining co., New York City Brady, Nicolas F., New York City Bryant, George W., New York Canario Copper Co., Douglas, Ariz. Cotton, Joseph B., New York City Cusi Mining Co., Chicago, III. Dolores Esperanza Corp., New York, New York Douglas, James S., Douglas, Ariz. Greene-Cananea Copper Co., New York City Lucky Tiger-Combination Gold Mining Co., Kansas City, Mo. Mina San Juan & Anexas, Chicago, 111. Moctezuma Copper co., New York City Qualey, Joseph S., New York City Realito Copper Co., Anaheim, Cal. Richfield Copper Co., Seranton, Pa. Sierra Consolidated Mines Co., New York City The Potrero Mining Co., Los Angeles, Cal. Wyman Mining Co., Cleveland, Ohio Petroleum and Petroleum and Refining Group Bridge, Dr. Norman, Chicago, 111. California Petroleum Corp., Los Angeles, Cal. Continental-Mexican Petroleum Group, New York City Freeport & Mexican Fuel Oil Corp., New York City Huasteca Petroleum Co., Los Angeles, Cal. International Petroleum Co., New York City Kellogg, Frederick R., New York City Mexican Gulf Oil Co., Pittsburgh, Pa. Mexican Petroleum Co. Ltd. of Delaware, Los Angeles, Cal. Mexican Petroleum Corp., Los Angeles, Cal. National Oil Co., New York City Oil Fields of Mexico Co., New York City Pan-American Petroleum & Trading Co., Los Angeles, Cal. Panuco Boston Oil Co., Philadelphia, Pa. Port Lobos Petroleum Corp., New York City Snowden & McSweeney, Philadelphia, Pa. Southern Oil & Transport Corp., New York City Standard Oil of N. J., New York City Tamiahua Petroleum Co., Los Angeles, Cal. The Texas Co., Houston, Tex. Tuxpam Petroleum Co., Los Angeles, Cal. Union Oil Co. of California, Los Angeles, Cal. Union Petroleum Co., Philadelphia, Pa. Williams, Ira Jewell, Philadelphia, Pa. Wilson, Burton W., New York City Press Group Pearson, Henry C., Editor, New York, New York Anzahl der Associate Members der verschiedenen Agricultural and Cattle Group Banking and Security Holders Group Commercial and Trading Group General Interest Group

Gruppen 264 323 118

155

400 Industrial Group Mining and Smelting Group Petroleum and Petroleum Refining Group Press Group

56 264 36 15

Quelle: AHSRE 9-17-421, List of Members. National Association for the Protection of American Rights in Mexico, August 7, 1919. II. Executive Committee der Association, Februar 1920 J. S. Alexander, President of the National Bank of Commerce in New York Amos L. Beatty [sic], General Counsel of the Texas Company George H. Camahan, President of the Inter-Continental Rubber Company Edward L. Doheny, President of the Pan American Petroleum and Transport Company Walter Douglas, President of the Moctezuma Copper Company C. F. Kelley, Vice-President of the Greene-Cananea Copper Company Thomas W. Lamont, member of the firm of J. P. Morgan & Co. Charles H. Sabin, President of the Guaranty Trust Company of New York Chester O. Swain, General Counsel of the Standard Oil Company of New Jersey Frederic [sic] N. W. Watriss, Counsel of the Yaqui Delta Land and Water Company Treasurer. E. W. Stetson, Vice-President of the Guaranty Trust Company of New York Executive Director-. Charles H. Boynton Quelle: Bulletin of the National Association for the Protection of American Rights in Mexico. Bd. 1, Nr. 8, New York, NY, 9.2.1920: 9.

III. Partial List of Members (1920] Agricultural and Cattle Group Barbicora [sic] Development Co., New York, NY California - Mexican Land & Cattle Co., Los Angeles, CA Cía. Exploradora de Tierras y Maderas de Sonora, S. A., Douglas, AZ Corralitos Company, New York, NY International Land & Live Stock Co., Chicago, IL Cía. del Rancho San Ysidio, Los Angeles, CA Lake Chapala Agricultural & Improv. Co., Chicago. IL Real Estate Co. of Mexico, New York, NY The Packard's Investment Co., Douglas, AZ Danziger & Company, New York, NY Richardson Bros. & Co., Los Angeles, CA Schee Investment Co., Des Moines, IA Slaughter Land & Cattle Co., Douglas, AZ San Federico, Land Co., Los Angeles, CA The Morris Land Co., Lawrence, KS Wheeler Land Co., Phoenix, AZ Los Tecolotes Ranch, Inc., New York, NY Sibbet Land Co., Los Angeles, Cal. Mexican Gulf Land & Lumber Co., Davenport, IA Yaqui Delta Land & Water Co., New York, NY Sonora Delta Land Co., Los Angeles, CA Hacienda Romona Company, Berkeley, CA Sonora Land & Development Co., San José, CA The Yaqui Land Co., Los Angeles, CA Rancho Fertile Co., Berkeley, CA

Banking and Security Holders Group Bankers Trust Company, New York, NY Bonbright & Co., Inc., New York, NY Chase National Bank, New York, NY Cochrane, Harper & Co., Boston, MA First National Bank, New York, NY Guaranty Trust Company, New York, NY Leach, A. B. & Co., Inc., New York, NY The Liberty National Bank, New York, NY Mechanics & Metals National Bank, New York, NY The Mercantile Bank of the Americas, New York, NY J. P. Morgan & Co., New York, NY National Bank of Commerce in New York, New York, NY National City Bank, New York, NY Newborg & Co., New York, NY William Salomon & Co., New York, NY Commercial Trading Group Atlantic Metal Hose Co., New York, NY Associated Supply Co., San Francisco, CA Beaumont Iron Works Company, Beaumont, TX Columbia Steel Tank Company, Kansas City, MO Cunningham Tank Protector Company, Tulsa, OK Smith-Booth-Usher Company, Los Angeles, CA S. R. Dresser Manufacturing Company, Bradford, PA New York Rubber Company, New York, NY A. M. Lockett & Co. Ltd., New Orleans, LA Oliver-American Trading co., New York, NY Rosenberg & Company, Los Angeles, CA Hammel Oil Burning Equipment Co., Inc., Boston, MA Link Belt Co., New York, NY Illinois Malleable Iron Company, Chicago, IL Krakauer, Zork & Moye's S. I., El Paso, TX National Supply Co., Toledo, OH Woodward, Wright & Co. Ltd., New Orleans, LA Lucey Manufacturing Corporation, Los Angeles, CA Industrial Group Standard Textile Products Co., New York, NY Durango Commercial Co., Detroit, MI Compañía Constructora Richardson, Los Angeles, CA C. R. Mengel & Bro. Co., Louisville, KY Cuatatolapam [sic] Sugar Co., Winchester, VA Intercontinental Rubber Co., New York, NY Compañía de Cafe Esperanza, New York, NY Mining and Smelting Group Antimony Corp., New York, NY Belen Mining Co., Minneapolis, MN Carnegie Lead & Zinc Co., Pittsburgh, PA Cortez Associated Mines, Boston, MA Cieneguita Consolidated Mines Co., New York, NY Dwight Fumess Co., Chicago, IL San Felipe Mining Co., Anaheim, CA Sierra Consolidated Mines Co., New York, NY Pacific Copper & Pyrite Co., Chicago, IL

402 San Toy Mining Co., Pittsburgh, PA Greene-Cananea Copper Co., New York, NY Realito Copper Co., Anaheim, CA Cusi Mining Co., Chicago, IL Richfield Copper Co., Seranton, PA Moctezuma Copper Co., New York, NY Mina San Juan & Anexas, Chicago, IL L. Vogelstein & Co., Inc., New York, NY Rogers, Mayer & Ball, New York, NY Batopilas Mining Co., New York, NY Press Group Chemical & Metallurgical Engineering, New York, NY Natural Gas & Gasoline Journal, Buffalo, NY Mining & Scientific Press, San Francisco, CA Oildom Magazine, New York, NY Petroleum Record, Los Angeles, CA Sunset Magazine, San Francisco, CA Engeneering & Mining Journal, New York, NY Shaw Publishing Company, New York, NY Pearson, Henry C., India Rubber World, New York, NY Fitch Publishing Company Petroleum and Petroleum Refining Group The Texas Co., Houston, TX Union Oil of California, Los Angeles, CA Union Petroleum Co., Philadelphia, PA Continental-Mexican Petroleum Co., New York, NY Huasteca Petroleum Co., Los Angeles, CA Mexican Gulf Oil Co., Pittsburgh, PA International Petroleum Co., New York, NY Mexican Petroleum Co., Ltd., of Delaware, Los Angeles, CA Panuco Boston Oil Co., Philadelphia, PA Freeport & Mexican Fuel Oil Corp., New York, NY Mexican Petroleum Corp., Los Angeles, CA Snowdown & McSweeney, Philadelphia, PA National Oil Co., New York, NY Standard Oil Co. of New Jersey, New York, NY Pan-American Petroleum & Transport Co., Los Angeles, CA Port Lobos Petroleum Corp., New York, NY Southern Oil & Transport Corp., New York, NY Oil Fields of Mexico Co., New York, NY

Quelle: AHSRE 9-17-421, A Call. National Association for the Protection of American Rights in Mexico.1

' Die Liste ist bis auf geringe Abweichungen identisch mit einer von der SRE erstellten Lista de las asociaciones de diversa indole que por el hecho de formar parte de la ,Asociación Protectora de lntereses Americanos en Mexico ' son consideradas corno enemigos del Gobierno de México vom 15.3.1920. In dieser Liste ist anstelle der Sonora Land & Development Co. die Sonora Land & Investment Co. genannt, die Firmen Henry C. Pearson, India Rubber World und Fitch Publishing Co. (beide in der Press Group) fehlen in der Liste des mexikanischen Außenministeriums. Die Liste der SRE ist nicht in Gruppen unterteilt. Sie befindet sich in derselben Akte.

403 IV. Lista de individuos a quienes no se extenderá o visará pasaporte hasta que la Secretaria de Relaciones Exteriores ordene lo contrario (Febrero de 1920) Edward L. Doheny Wiliam Gates Charles H. Boynton Amos L. Beaty Ira Jewel Williams William Bain Mitchell E. E. Ecke W. A. Schultz I. M. Mc Bee George E. Blalock P. W. Warner A. G. Compton Mrs. Lola Bailey Nathew [sic] Warren Miss Anita D'Arcy Whatley Mrs. Allie H. McCain W. W. Miler Levi Smith Miss Agnes C. Laut Frederick N. Watriss C. H. Rathbone William Franck Buckley Joseph P. Annin S. H. Veater Henry H. Knox James J. Britt Edward Field Harvey P. F. Poorbaugh Mrs. Mary Wright Mrs. James C. Willis L. M. Caoff Paul Metzentin J. D. Schulz D. B. Bollenger C. W. Enders J. W. Husoy J. D. Alden D. R. McCormick A. D. Alvin Dr. John Hunter G. O. Delamain Fred Welch Mrs. F. M. Parlmelee J. D. Ward Henry Forrest E. L. Turner Fred Wyn Lon C. Hill O. B. Altendorff Robert L. Barnes Caesar Kleberg

Manuel Rincones Everett M. Auglin Thomas Maynard Thomas Mayfield Jose F. Taylos Henry W. Wallace W. Hanson Jr. A. C. Renard C. W. Gurley James E. Ellis H. M. Handsley C. L. Gardher Dr. Odia M. Jackson W. E. Frazier F. W. Westrop John R. Blocker Mrs. C. H. Austin W. B. Kinkley W. T. Van Mike Monihan John A. Walls S. S. Dodds S. C. Kile Sheriff Octavio Jacobo Guerra Miss Nellie F. Austin John Cleiber A. V. B. Anderson W. B. Loucks Marcus H. Hines Capt. W. W. Hanson C. W. Colliers D. Solagoti F. A. Chapa Jesus Paez Lee Riggs L. L. Burkhead Colonel Francis Glover Creed Taylos Sergeant H. A. King Edward Neville Cristopher Clegerson M. Quail Col. George T. Langhome Laura Ritchie W. F. Murphy Gral. R. L. Howze George Turner R. W. Wadsworth J. F. Tingner Mrs. James Carney [Harry Wheeler, Sheriff] 2

Quelle: AHSRE 9-17-421.

2

Dieser Name wurde handschriftlich in Klammern nachgetragen.

404

7.2 Liste der Berufsangaben der zwischen der Unabhängigkeit und 1932 in Mexiko eingebürgerten US-Amerikaner und Deutschen

US-Amerikaner

Deutsche

Angestellte (33) 17 Empleados 7 Empleados federales 5 Ferrocarrileros 2 Oficinistas 1 Taquimecanógrafa 1 Telegrafista

Angestellte (50) 35 Empleados 4 Empleados federales 1 Empleado público 4 Contadores 2 Tenedores de Libros 1 Estenógrafa 1 Taquimecanógrafa 1 Dependiente del Ferrocarril 1 Celador de la Gendarmería Fiscal

Arbeiter (2) 1 Jornalero 1 Obrero Dienstleistende (5) 2 Profesoras 1 Profesor de física 1 Aviador 1 Chófer

Dienstleistende (7) 3 Profesores 1 Profesor de idiomas 1 Sacerdote 1 Aviador 1 Chauffeur

Freiberufler (35) 10 Ingenieros 2 Ingenieros mineros 2 Ingenieros mecánicos 1 Ingeniero civil 5 Médicos 3 Médicos cirujanos 5 Doctores 1 Doctor en medicina 2 Fotógrafos 1 Farmacéutico 1 Homeópata 1 Abogado 1 Agrimensor

Freiberufler (51) 19 Ingenieros 3 Ingenieros mecánicos 1 Ingeniero agrónomo 1 Ingeniero de minas 1 Ingeniero minero I Ingeniero electricista 1 Ingeniero militar 1 Ingeniero naval 1 Ingeniero de radio 2 Médicos 2 Médicos cirujanos 1 Médico militar 1 Médico veterinario 3 Doctores 3 Dentistas 4 Farmacéuticos 1 Droguista [sic] 1 Químico 1 Abogado 1 Arquitecto 1 Profesionista

405

Handwerker (38) 12 Mineros 7 Mecánicos 5 Maquinistas 4 Carpinteros 2 Electricistas 2 Fogoneros 2 Petroleros 1 Fundidor 1 Sastre 1 Panadero 1 Artesano

Handwerker (31) 8 Mineros 5 Mecánicos 2 Electricistas 2 Relojeros 2 Sombrereros 1 Carpintero 1 Cervecero 1 Constructor 1 Diamantista 1 Escultor 1 Joyero 1 Pailero 1 Panadero 1 Peluquero 1 Petrolero 1 Plomero 1 Sastre

Kapitalisten (19) 15 Propietarios 3 Industriales 1 Financiero

Kapitalisten (30) 22 Propietarios 6 Industriales 1 Capitalista 1 Rentista

Kaufleute (57) 52 Comerciantes 1 Agente de negocios 1 Agente de seguros 1 Banquero 1 Comisionista I Corredor

Kaufleute (215) 203 Comerciantes 6 Corredores 2 Banqueros 1 Agente de negocios 1 Agente de publicaciones 1 Agente de terrenos 1 Comisionista

Landwirte (146) 133 Agricultores 4 Criadores 3 Criadores de ganado 2 Ganaderos 3 Labradores 1 Horticultor

Landwirte (44) 41 Agricultores 2 Labradores 1 Creador [sie; wahrscheinlich Criador de ganado]

Militärs (1) 1 Militar

Militärs (1) 1 Militar

Seeleute (19) 19 Marinos

Seeleute (2) 2 Marinos

Quellen: AHSRE L-E-1992; Memoria SRE de agosto de 1930 a julio de 1931 L.1 1931: 899-1344; Apéndice Memoria SRE de agosto de 1931 a julio de 1932 f...l 1932: 177-219.

406

7.3 Mitglieder des Vorstands der deutschen Schule von Mexiko-Stadt und SchUlerzahl, 1901-1938 1. Mitglieder des Verwaltungsrates 1 1900/01 Baron von Heyking Richard Diener Wilhelm Franz Carl Friederichs August Hoth Heinrich Schöndube August Heck

1901/02 Baron von Heyking Carl Friederichs Otto Wagner Richard Diener August Hoth Hugo Scherer August Heck Franz Neugebauer Heinrich Schöndube

1904/05 Freiherr von Wangenheim Otto Wagner Ernst Otto Rudolf von Lübeck Hugo Scherer Emst Grauert

1907 Freiherr von Wangenheim Dr. F. C. Rieloff Rudolf von Lübeck Karl Schiefer Felix Grabe Hugo Scherer Richard Gogarten Gottlieb Hackmack 1913/14 Dr. F. C. Rieloff Adolph Diener Carl Reichert Wilhelm Beick Hugo Marquardt Carl Vogt Paul Westphal 1918/19 Dr. F. C. Rieloff C. Reichert W. Beick P. Westphal F. Boeker Alb. Lenz Gmo. D. Carstensen 1921 A. Graf von Montgelas C. Reichert F. Böker A. Lenz J. A. Vermehren W. Brauer R. Groth C. Francke M.. Lassmann

1909/10 Dr. Karl Bünz Dr. F. C. Rieloff Adolph Diener Carl Reichert Hugo Marquard Carl Vogt Carl Wriedt 1917/18 Dr. F. C. Rieloff Carl Reichert Wilhelm Beick Paul Westphal Albert Lenz Franz Boeker 1920 Adolf Graf von Montgelas P. Westphal F. Böker A. Lenz J. A. Vermehren L. Diener R. Groth M. Lassmann C. Francke

1902/03 Von Flöckher Carl Friedrichs Richard Diener Otto Wagner Hugo Scherer Franz Neugebauer Ernst Grauert Ernst Otto Rudolf von Lübeck Franz Ruebke 1908 W. von Radowitz Dr. F. C. Rieloff Rudolf von Lübeck Hugo Scherer Carl Reichert Adolph Diener W. Beick C. Carstensen 1915/16 Dr. F. C. Rieloff Karl Reichert Wilhelm Beick Karl Vogt Paul Westphal Albert Lenz Otto Louvier 1919/20 Dr. F. C. Rieloff W. Beick P. Westphal F. Böker A. Lenz J. A. Vermehren M. Lassmann, C. Francke 1922 A. Graf von Montgelas F. Boeker M. Lassmann A. Lenz C. Francke M. Otto R. Groth F. Rohrmann O. Bostelmann

' Zum Teil einschließlich der beurlaubten Mitglieder, der Ersatzmitglieder und der Elternvertreter.

407 1923 A. Graf von Montgelas F. Böker M. Lassmann M. Otto E. Bilse Rob. Meyer R. Groth F. Rohrmann O. Bostelmann C. Reichert 1926 Geheimrat Eugen Will Max Lassmann Robert Meyer Hermann Hitz Richard Eversbusch Justus ScharfF Jr. Oskar Bostelmann Fritz Rohrmann Waldemar Hörig 1929 E. Will Max Lassmann Richard Eversbusch Justus Scharff Jr. Oscar Bostelmann Werner Honsberg Fritz Rohrmann Waldemar Hörig

1924 Max Lassmann Max Otto Hermann Hitz Robert Meyer Hermann Döhner Fritz Rohrmann Oskar Bostelmann Rudolf Groth Carl Reichert

1925 Geheimrat Eugen Will Max Lassmann Robert Meyer Hermann Döhner Hermann Hitz Richard Eversbusch Rudolf Groth Oskar Bostelmann Fritz Rohrmann

1927 E. Will Max Lassmann R. Eversbusch H. Hitz J. Scharff Jr. O. Bostelmann W. Hörig F. Rohrmann

1928 E. Will Max Lassmann Richard Eversbusch Hermann Hitz Justus Scharff Jr. Oscar Bostelmann Fritz Rohrmann Waldemar Hörig

1930 Dr. E. Will Max Lassmann Richard Eversbusch Justus Scharff Jr. O. Bostelmann W. W. Herrmann Fritz Rohrmann W. Hörig

1932 Eugen Will Justus Scharff Richard Eversbusch Oscar Bostelmann Fritz Rohrmann Waldemar Hoerig Hans Appuhn Gustav Klinckwort

1933 Justus Scharff Richard Eversbusch Oscar Bostelmann Fritz Rohrmann Waldemar Hoerig Hans Appuhn Gustav Klinckworth

1931 Eugen Will Justus Scharff Richard Eversbusch Walter W. Herrmann Oscar Bostelmann Fritz Rohrmann Waldemar Hoerig Hans Appuhn Gustav Klinckwort 1938 Heinrich Freiherr Rüdt von Collenberg Victor Mueller Fritz Rohrmann Erich Reichert Wilhelm Wirtz Waldemar Hoerig Dr. Erich Kuba Gustav Klinckwort Carlos Mues

Quellen 1900/01-1932: Die Vorstände werden jeweils in den Jahresberichten der deutschen Schule genannt; vgl. die Angaben im Literaturverzeichnis. Quellen 1933 und 1938: Deutsch-mexikanisches Adressbuch [...1 1933 [o. J.]: 216; Deutschmexikanisches Adressbuch f...] 1938 [o. J.]: 249-250.

408 2. Schülerzahl (alle Abteilungen inklusive Kindergarten) Jahr

SchOlerzahl

1901 1902

139 160

1903 1904

162 180 207

1905 1906 1907 1908 1909 1910 1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 1921 1922 1923 1924 1925

189 181 167 188 197 230 280 353 426 686 931 983 976 871 884 908 865 872 719 758

1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936 1937

727 684 696 706 712 697

1938

1051

Quelle: Wankel ( 1 9 9 4 : 2 4 0 - 2 4 1 ) .

620 625 618 749 868 993

409

7.4 Im Generalkonsulat von Mexiko-Stadt registrierte US-Amerikaner, 1886 Ignacio Sepùlveda A. Berlinger A. D. Carpenter Jackson Pro[n/u]ty Thomas C. Smith Geo. Schley E. Huntington Pratt E. Woodford James A. Whitney Walter A. Morse Win. H. Sloan Wm. A. Gadden Walter P. Calloway Edward Manuel Bissel Carl Arthur Schmitz Mare Levy John Landwehr Bernhard Oelendorff J. Goldman Geo. Byron Hyde Samuel P. Crauer Joseph Spyer Warren S. Locke Hector D. Mackay A. G. Greenwood Edward C. Dameron Herbert Rhett Jas. Lawrence Hamilton

Curtis R. Estabrook Harry A. Carmon H. H. Maran H. M. Maran S. R. Jimeno Hiram P. Hamilton Francis Marion Ditch Charles Albert Ditch Almon W. Greenman Levi B. Salmons Eugene Sommer Joseph L. Allen David W. Carter Jus. F. Gregg R. Buce Galloway Willis C. Ames Ben. C. Watson William Landwehr Claude C. Gadsden E. H. Smith E. Nelson Tibbals Chrysostom Nürnberg Hugh M. Taggart W. H. Hope Arnold Schwöb E. H. Moore Geo. W. Smith

Quelle: NAUS, Microcopy 296, Roll 10, Vol. 19, List of Americans registered in this Consulate General during the year 1886 - Mexico City, Porch an Dept. of State, 31.12.1886.

410

7.5 Handelshäuser in Mexiko-Stadt, die Waren aus den USA importierten, 1882 Agustin Gutheil & Co. General machinery, dry goods, hardware, cutlery, &c., sewing-machines, &c. Santiago C. Lohse General machinery of all kinds, hardware, cutlery, stationary, perfumery, mining materials, &c. Guillermo Lohse's successors Hardware, ironmongery, cutlery, fancy goods, &c. Robert Boker & Co. The same and sewing-machines. Alexander Jacot Do. José María del Rio Do. Walker Brothers' successors Do. Ellis Read Machinery, printing presses, type, and stationary. John White Machinery, engines, tools, &c. Vera Cruz and Mexico Railroad Company Locomotives, rolling stock, rails, and everything connected with railways. Mexico and Toluca Railroad Company, Pedro del Valle president Rails, street cars, trucks, &c. Circuito Central City Railroad, Viuda de Escalante & Co. Do. Morelos Railroad Company Rails, street cars, trucks, locomotives, &c. Barron, Forbes & Co. (bankers) Cotton, woolen, and agricultural machinery, sugar and flour mills, &c. Real del Monte Mining Company, Benito Gormes Farias, secretary Mining machinery, steam engines, &c., dynamite and powder. Las Maravillas y Anexas Mining Company Do. Casa de Moneda (mint) Mining and coining machinery, steam engines, &c. Pio Bermejillo (banker) Cotton and sugar machinery. Esteban Benecke & Co. (bankers) Mining machinery, dynamite, &c. Martin Daran & Co. Do. M. Cortina Mendoza & Co. Cotton and print machinery. Sobrino Hermanos Do. Estate of Cayetano Rubio Cotton machinery. Nicolas de Teresa Paper and cotton machinery. Beniield, Brecker & Co. Paper machinery. Navarro Sánchez Do. Samuel B. Knight Gas apparatus, lamps, lamp posts, &c. Peter & Henderson Gas fixtures and plumbers' materials. Isidoro de la Torre Cotton, sugar, and flour machinery. Francisco Azurmendi Cotton machinery. Cardeña & Co. Woolen machinery &c. Ricardo Saenz Cotton machinery, stationary and books, letter presses, &c. Max A. Philipp & Co. General hardware, ironmongery, lamps, glass, earthenware, &c. Rigai & Masson Glass & earthenware. José Gómez de la Viga Do. E. Biebuyck & Co. General furniture and hardware, glass, earthenware, wines, liquors, &c. Edmundo Van den Wyngaert & Co. Drugs, chemicals, colors, stationary, instruments, &c., perfumery. Labadie & Pinson Do. Uhlein & Co., successors Do. Mävers, Fribolin & Co. Do. Farine, Sanders & Co. Do. Carlos Maillefert Do. Carlos Leiter Scientific, surgical, and dental instruments and apparatus. Carlos Joranssen Scientific, surgical, and dental instruments and apparatus, jewelry. Calpini & Co. Optical and scientific instruments, toys, fancy hardware, and cutlery. Alberto Gómez Drugs, chemicals, and patent medicines. Maximino Rio de la Loza Do. José E. Bustillos Do. Wexel & DeGress Arms of all kinds, powder (fine), saddlery, harness, and cutlery, sewing-machines, new machinery, &c. Alfred Boche Guns, rifles, pistols, swords, and powder. C. Morel Do. A. Liidert Paper machinery, stationary, &c. Nabor Chavez Printed books and stationary. Carlos Fredenhagen Hops, corks, &c.

411 Bernardo Bogert (brewer) Do. R. & I. Blackmore (brewer) Do. Ignacio Ferrer Chocolate and other machinery. Clare & Hellion Wines, groceries, preserves, pickles, ale, beer, and fancy articles. H. Deverdun Wines, groceries, preserves, fancy articles, &c. Suinaga Hermanos Wines, liquors, groceries, hams, pickles, preserves, crackers, &c., canned meats and canned articles, generally. M. Naunuzusi Do. Remijio Noriega Do. Iñigo Noriega Do. Noriega & Sotres Do. Juan Etcharren Do. Leandro Payro Do. M. Casso Do. Andrés Gutt Do. Francisco Zepeda Do. Ambrosio Sánchez Do. Wondracek successors Wines, liquors, Saint Louis beer, &c. B. & S. Coblentz Hosiery, shirts, gloves, ribbons, &c. F. Coblentz Do. Hulvershorn & Co. Do. General John B. Frisbie Mining machinery, &c. Collado Brothers Machinery, stage axles and materials. Wagner & Levien Pianofortes, &c. H. Nagel successors Pianofortes, musical instruments, and printed music. E, Matty & Co. Fancy stationary, chromos, paper hanging. Victor Debray Lithographic presses and materials. Valleto & Co. Photographic materials. Figueroa & Co. Do. Cruces & Co. Do. German, Laue & Co. Watches, clocks, and jewelry. Adolfo Ducomun Do. Lagarrigue & Co. Do. E. Sommes Do. Gabriel Zivy Do. Louis Charreton Machinery and mechanics' tools. James Donochie Do. C. A. Bennett Patent medicines, clocks, and varieties. Lavie & Co. General, principally wines, groceries, &c. Lascuaráin & Co. General, machinery, &c. Robert & Co. General, dry goods, sewing-machines, &c. Guichnec & Labadie General, wines, spirits, drugs, &c. Hugh Wilson Coach builders' materials. Thomas Wilson & Co. successors Do. Jougla & Co. Hardware, cutlery, and fancy goods, toys, &c. Watermeyer, Weichers & Co. Dry goods, linens, woolens, silks, &c. Bttsing & Co. Do. A. Kienast & Co. Do. J. Lanretche & Co. Do. Gassier & Reynaud successors Do. Fourcade & Goupil Do. E. Ebrard & Co. Do. E. Sengstack & Co. Do. Bonne, Ebert & Co. Do. J. Aubert & Co. Do. Brehm & Co. Do. JaufTred, Olivier & Co. Do. Gurrin & Co. Haberdashery, hosiery, gloves, umbrellas, lace, and rubber goods. M. Eberhart & Co. Do. Julio Uhink Sewing-machines, printed books, &c.

412

Clements & Clark Sewing-machines. F. Adams Do. Francisco Díaz de León Printing presses, type, &c. Esteban Gonzalo Do. Ignacio Cumplido Do. José Vicente Villada Do. Vicente Garcia Tones Do. Dublán & Co. Do. Ramiro & Ponce de León Do. Viuda Murguiá é hijos Do. Gerardo Warnholtz & Co. Hat makers' materials. Zolly Hermanos Do. Borel & Co. Do. Pellotier Hermanos Do. Pietra, Santa & Perezcano Wines, groceries, preserves, pickles, ale, beer, toys, and fancy articles. Viuda de Genin Do.

Quelle: Reports from the Consuls of the United States on the Commerce. Manufactures, etc.. of their Consular Districts. Nr. 17, 1882:473-475.

413

7.6 US-amerikanische Kaufleute aus Mexiko-Stadt und Umgebung, die sich für Generalkonsul Dr. Julius Skilton einsetzten John B. Frisbie Samuel A. Ames Samuel M. Stoddard Luis W. Guttermuth L. Mandelbaum E. M. Gettegan Jacobo Campbell Geo. H. Gardner Geo. R. Montell Jell Gleason Simon Lara Joseph Brennan William Butler M. G. Lizardi Santiago Smith H. MUller M. Sevek A. Gutt Juan R. Gutt John White A.Jacot Carlos Fredenhagen R. R. Gorsuch Francis Adam Hames C. Lohse M. S. Grover John Wesley Butler David Kelly Edward C. Butler H. S. Thompson Edward C. Wise Carlos Petersen A. J. Smith E. A. Smith Claude Gadsden George C. Green M. J. DeGress Richard Deck E. Gadsden

John J. Ross C. G. Gough Thomas Braniff C.Jones George Schley M. N. Hutchinson Juan Berry Dernilt Gorsuch B. Bolgard German Lasse Wexel & DeGress David Sayers S. White Fernando Pagliari G. Sommer Amile Roncari G. M. Zinser Ino Harvey Kip [?] John Landwehr Joseph Allen Philip Bema Henry C. Gusman Juan Marshall Tomás Marshall (son) William Ried M. Blumenkron Carlos Wagner Manuel G. Lara Manuel Lara, hijo James H. Hall Adolpho Eberhard Teofilo Schaufelberger H. Masson Ed. B. Healy Thomas Hughes John R. Pierce E. M. Nolan A. Blumenkron H. E. Beardsbe [?]

Quelle: NAUS, Microcopy 296, Roll 8, Vol. 16, Skilton an Dept. of State, 21.5.1878.

414

7.7 Namen der 1917 auf der US-amerikanischen „Schwarzen Liste" für Mexiko verzeichneten Unternehmen 1 Abéis Hnos., México, D. F Aberg, O. H., México, D. F. Agencia Comercial y Marítima, Tampico, Tamps. Albert y Cía., México, D. F. Allgemeine Elektricktatas Gesellschaft, México, D. F. Amtmann, México, D. F. Angueano, Guadalajara, Jal.

Candanedo, Manuel, Puerto Casa Alemana de Música, México, D. F. Cervecería Central, México, D. F. Cervecería del Pacífico, Mazatlán Christileb y Muhihausler, México, D. F.

Christleb, Alfredo, México, D. F. Christlein y Rubke, Christleb, Alfredo, México, D. F. Club Alemán, Christleb, Alfredo, México, D. F. Aragón y Sobrino, Veracruz Club Hípico Alemán, Christleb, Alfredo, México, Arrieto, Arturo, Veracruz D. F. Cohén, Max, Guaymas Back, S., México, D. F. Collignon, Julio, Guadalajara Bachanauer y Cía., Torreón, Coah. Compañía Comercial, Nogales Bachmann y Cía., México, D. F. Compañía Ferretera de Tampico, Tampico Balbrugger, Charles, México, D. F. Banco Germánico de la América del Sur, México, Compañía Ferretera Mexicana, S. A., México, D. F. D. F. Banco Mexicano de Comercio e Industria, México, Compañía Manufacturera de Cerillos, Monterrey D. F. Compañía Petrolera Germano Mexicana, S. A., Banpister y Basáflez, Pedro, Veracruz, Ver. México, D. F. Bauer, Carlos, México, D. F. Concordia, Addle y Anexas, Pochutla Belden, Hnos., Monterres, N. L. La Constancia, Guaymas Bemger, León, México, D. F. Cram, C. Monterrey Berger, S., México, D. F. Cram, J. y Cía., Monterrey Bielefeld Otta, Chihuahua Crasseman, J., Sucs., Progreso Blerke, Michael, México, D. F. Cremer Hnos. Y Cia., México, D. F. Bletraff y Mendiola, México, D. F. Dalhaus, E., México, D. F. Blancas y Hermanos, S., Ciudad Juárez, Chih. Dasse, Juan y Cía., México, D. F. Bley Hermanos, Hermosillo Del Campo, Q. M., Guadalajara Blumenkron, Julio, México, D. F. Delks, H., México, D. F. Blum y Wienau, Tampico Dellus y Compañía, Tepic Bode y Rosenstein, México, D. F. Díaz, Agustín R., Veracruz Boesch, Billermo, Orizaba Diener Hnos., México, D. F. Bouligny y Schmidt, Sucs., México, D. F. Dirks, W., Mérida Bremer, R. A. y Cía., Monterrey Dittmer C. Dosse, México, D. F. Brockmann, G., México, D. F. Juan y Cía., México, D. F. Brosting, Alfonso, Veracruz Dreinhoffer, J. F., México, D. F. Bruggemon y Cía., México, D. F. Dubernard, sastre, México, D. F. Bubard y Bourlon, México, D. F. Dubbits, N. M., México, D. F. Buchenan y Cía., Torreón During y Cía., Veracruz Bucher Hnos., México, D. F. Ebrard y Cía., México, D. F. Buinso, Nogales Eberstadt, E., México, D. F. Bunsow, Guillermo, Chihuahua Electromotr, S. A., México, D. F. Bustamante Antonio e hijos, Mazatlán „El Demócrata", México, D. F. Busing G. y Cía., Sucs., Veracruz Eversbusch, Ricardo, Tampico Fábricas Apolo, Monterrey Bustillos, José e hijos, México, D. F. Fábrica de Acidos de la Viga, México, D. F. Calvo y Fernández, Veracruz Huerta Robredo, Veracruz Fabrholtz, Guillermo, Triunfo Hume, Carlos, México, D. F. Faller (J. Craseman Sucs.), Mérida Ibarra, Carlos, Guadalajara Ferretería „La Paloma", S. en C., Tampico Fishbaun, Max, Chihuahua Iberri y Cía., Guaymas Isaak, Alberto, Tampico Flack e hijo, México, D. F. ' Es wurde die in der Quelle vorgefundene Schreibweise beibehalten, auch wenn diese offensichtlich in einigen Fällen fehlerhaft ist. Die Liste ist vermutlich unvollständig.

415 Flores, Julián, México, D. F. Flottmann y Cía., México, D. F. Farsbach, Guillermo, Veracruz Froitzheim y Cía., Laredo Gaismon, Fernando, México, D. F. Galler, Mauricio, México, D. F. Gámez y Cía., México, D. F. Gressemann y Cía., Tapacula Germán American Hotel, México, D. F. Gertz Cornello, México, D. F., y Veracruz Gibbs, W. G., Chihuahua Gifendig, Edg., México, D. F. Gluchker, Francisco, Mérida Gluck y Gluck, J., México, D. F. Goeldner, Ernesto, Chihuahua González Ismael, Mérida Grossmann y Cía., México, D. F. Gran Pedro, Veracruz Gregoire Femando, Mazatlán Grether y Cía., Ernesto, México, D. F. Grosset, Agustín, México, D. F. Grennberger, Rodolfo, Veracruz Compañía Harinera del Norte, Piedras Negras Guzmán, Z., Monterrey Hansen y Decke, Guadalajara Horfrush y Cía., México, D. F. Harms, Hugo, México, D. F. Harr y Chaperiner, México, D. F. Hartzhein, W., México, D. F. Hassey, Alfredo, México, D. F. Hassey, Eduardo, México, D. F. Hach, Julio, México, D. F. Haus, G., Mazatlán Hauser, Enrique, Veracruz Heinrichs, G., México, D. F. Henonn, Martín, Manzanillo Hering, Carlos, México, D. F. Hernández, J., Guadalajara Heer y Cía., México, D. F. Heymann-Eversbusch y Cía., Tampico Heyman Cari, Tampico Himbock, G., Mazatlán Higinio Pérez y Cía., Manzanillo Hildebrant, Tepic Himbock, G., Mazatlán Hinselmann, México, D. F. Hirsetberg, Carlos, México, D. F. Hoffman, Carlos C., México, D. F. Hoffmann, Federico, México, D. F. Hoffman, Pinther y Bosworth, México, D. F. Holck y Cía., Monterrey Holzheimer, Jorge, Veracruz Hommel, Emilio, México, D. F. Lueders, Jorge y Cía., México, D. F. Lutteroth, Carlos, México, D. F. Marquard, Hugo, México, D. F. Martens, Enrique, Veracruz Martínez, Rafael, México, D. F. Martens, Enrique, Veracruz Martínez, Rafael, México, D. F.

Hotel Isabel, México, D. F. Jaedicke, Juan, México, D. F. Johannsen, Félix y Cía., México, D. F. Julsrud y Cía., México, D. F. Kaiser, Juan, Sucs., Guadalajara Kentzler, Emilio, México, D. F. Keppler y Marquet, México, D. F. Kessel, Max, México, D. F. Getelsen, Degetau y Cía., Chihuahua Kiewek y Cía., J. J., México, D. F. Klein, Carlos, México, D. F. Klentsch, Federico, México, D. F. Klodz y Cía., México, D. F. Koch, Edgar, Parral Kohn, Carlos, México, D. F. Koppel, A., México, D. F. Korff, Honsberg y Cía., México, D. F. Korn, Joseph, Moctezuma Korting Gebr. Aktiengesellschaft, México, D. F. Kartum y Hess, Tepijulapa Kartun Hermanos, Mumunie Kriegsmann, H., Chihuahua Kriegessmann y Neumann, Chihuahua Kroncke y Ferado, México, D. F. Kuri Primos Sucs., México, D. F. Lack y Cía., Julián, Torreón La Eléctrica, México, D. F. Lohse, Federico, México, D. F. Lambrechts, Roberto, México, D. F. Lomelín, B., México, D. F. Lammers, Germán, México, D. F. Langstroth y Cía., Monterrey „La Defensa", México, D. F. „La Paloma", Tampico Lopan, Jorge, Chihuahua Lehman y Cía., México, D. F. Lehmer y Edsbron, México, D. F. Leitner, Jorge, Helmuth, Mumunil Lentz. Federico, México, D. F. Latayi, Antonio, México, D. F. Levin, C., México, D. F. Levy, Gustavo, Monterrey Levy, J., México, D. F. Levy, Manuel, México, D. F. Leycegui, Félix, México, D. F. Lichtle, Alberto, México, D. F. Linga, C. R., y Cía., Mazatlán Linas, Rafael Moreno, Veracruz Lohse y Cía., México, D. F. López, Manuel, México, D. F. Lubek, Rudolph von, Veracruz Luekhaus, Arthur, México, D. F. Lueders y Cía., México, D. F. Roevers, L., México, D. F. Rubicek, Attokar, México, D. F. Ruiz Hermanos, J. J., México, D. F. Salrich, Antonio, México, D. F. Sarabia, Jesús, Mazatlán Saunger, M., México, D. F. Scheufler, Forester, México, D. F.

416 Marx, A., México, D. F. May, Hermond, Hermosillo Masson, J. G., México, D. F. Melber y Cía., México, D. F. Melchers, Sucs., Mazatlán Meyer, Pedro, México, D. F. Meyer y Huerta, México, D. F. Monte Cario, México, D. F. Motz y Cía., México, D. F. Mueller, Víctor y Hermanos, Tampico Muller Hermanos, México, D. F. Neumann y Cía., México, D. F. Nieckler, Athan, México, D. F. Norwald, Levi, Chihuahua Nyssen, Raphael y Cía., México, D. F. Ochoa y Cía., Isidoro, Veracruz Peirich, Gustavo, México, D. F. Olalde y Cía., México, D. F. Orenstein, Arthur Koppelco, México, D. F. Ortiz, Carlos, México, D. F. Otto, S., México, D. F. Otto y Arzos, México, D. F. Papst, F. W., México, D. F. Pacific Hide Co., Mazatlán Pagharch, Otto, México, D. F. Paulsen, Ernesto, Guadalajara Pérez Rodríguez, Manuel, Veracruz Pertzel, P. A. G., México, D. F. Peters, Guillermo y Cía., Torreón Piess, Hermán, Chihuahua Rademacher, Muller y Cía., Chihuahua Rademacher, Muller y Cía., Guaymas Ramírez y Urzúa, Guadalajara Ramos, Diego, Papantla Reimers Hermanos, Zacatecas Remecke Juan Macdinas, México, D. F. Riquelme, Pedro, México, D. F. Rodríguez Salido, Manuel, Mazatlán Roeder, F., México, D. F. Roemer, Federico y Cía., México, D. F.

Schilling, F. Veracruz Schlattmann, H. F., México, D. F. Schmarze y Hahne, México, D. F. Schmidt, Carlos A., México, D. F. Schmidt, Otto, México, D. F. Schmidt, Reimers y Cía., México, D. F. Schneider, B., México, D. F. Schommer, Rodolfo, Durango Chandube, Enrique, México, D. F. Schrieber y Cía., México, D. F. Schuback, M. J., México, D. F. Schukerwerke, Siemens, Guadalajara Schulz, Alfredo, México, D. F. Schumann, Guillermo, Veracruz Schweinchkhardt, Frederick, Villahermosa Sebstián R., Veracruz Seckback y Cía., México, D. F. Segura, Ricardo V., Orizaba Seifferth, Pablo, México, D. F. Seudel y Cía., México, D. F. Schafer Sucs., Enrique G., México, D. F. Sieber y Cía., Saltillo Siemens y Halske, México, D. F. Siemens-Schuckertwerke, México, D. F. Sierra y Hermanos Sucs., R., „Arcoiris", Veracruz Siordia, Eduardo, Mazatlán Sogel Hnos., México, D. F. Solrinor, Veracruz Sommer, Herrmann y Cía., México, D. F. Sommer Sucs., México, D. F. Stacke, Pablo, Veracruz Stalforth Hermanos, Parral Stein, Roberto y Cía., Mazatlán Stettner Sucs., México, D. F. Steindel, Max, Uruguay Stoil, Adolfo, Manzanillo Studt, F., México, D. F. Talleres y Fundición „Tamaulipas", S. A., Tamaulipas Theiner Janowitzer y Cía., México, D. F.

Quelle: Nuestro México. México y la Primera Guerra Mundial. Nr. 8, 1983: 47-49.

417

7.8 Vorstände des Deutschen Hauses von Mexiko-Stadt 1848 Vorsitzender: Geheimrat Seiffart Stellvertretender Vorsitzender: N. Sttlrken Bibliothekar: Herrn. Benecke Schatzmeister: Carl Koppen Kellermeister: Ferd. Dettmer, Louis Boehringer Hauswart: Robert Winckler Ordner: Carl Jochheim, Joh. Capson Schriftführer: Mart. Leffmann 1912 Aufsichtsrat: F. Graf, A. Fricke, F. Lessmann Vorsitzender: Ad. Diener Stellvertretender Vorsitzender: H. Huber Schriftführer: R. Schöneberg Schatzmeister: Ad. Koll 1913 Vorsitzender: Hugo Marquard Schriftführer: Paul Schmidt Schatzmeister: W. Magnus Hauswarte: C. A. Schmidt, A. Asmus Kellermeister: F. A. Veerkamp, C. Hagmaier Vergnügungsausschuß: Gust. Werther, W. Mathiesen Ersatzmänner: R. Uhlendorff, E. Heikamp, Klaus Petersen, Julio Hoth, W. Graef 1915 Aufsichtsrat: H. Hahn, M. von Drateln, P. Westphal Vorsitzender: Geh. Sanitätsrat Dr. P. Fichtner Schriftführer: W. Hansberg Kassierer: W. H. Leonard Kellermeister: E. Wichmann, K. Millech Hausmeister: Th. Knorr, J. Kahle Vergnügungs-Kommission: W. Mathiesen, H. Reineke 1916 Aufsichtsrat: Geh. Sanitätsrat Dr. P. Fichtner, Fr. Boeker, Fr. Walters Vorsitzender: Bankdirektor Hugo Hahn Schriftfährer: Wilh. Hansberg Schatzmeister: Ernst Louvier Kellermeister: K. Millech, H. Nacke Hausmeister: Ing. Rud. Cordes, Albert Isaak Vergnügungskommission: G. Kahle, E. Eckhoff

418 1917 (März) Aufsichtsrat: Geheimrat Dr. Fichtner, Franz Boeker, F. Walters Vorsitzender: Hugo Hahn Schriftführer: Kurt Zawadski Schatzmeister: Emst Louvier Kellermeister: G. Buescher, K. Nacke Hausmeister: Rud. Cordes, Max Otto Vergnügungskomission: Ernst Eckhoff, Alb. Isaak 1917 (Juni) Aufsichtsrat: Geheimrat Dr. Fichtner, Franz Boeker, F. Walters Vorsitzender: C. Dittmer Schriftführer: A. Bauer Schatzmeister: Herr Mierendorff Kellermeister: A. Wulf, G. Bassler Hausmeister: C. Franke, Max Otto Vergnügungskommission: E. Giffenig, W. Gottschalk Ersatzmänner des Vorstands: E. Wichmann, C. Stein, A. Petri, E. Eckhoff, E. Eberstadt Auftiahme-Kommission: H. Rosenstein, P. Röntsch, F. Kuhlmann, E. Schmidt, M. Müggenburg, E. Dahlhaus, A. Heuer, W. Schulenburg Ersatzmänner der Aufnahme-Kommission: A. Koll, E. Rupp, O. Bettinger, F. Kondring, C. Mues, F. Wanner, A. Vöbel, E. Peters, Rob. Meyer 1918 Aufsichtsrat: W. Beick, F. Böker, F. Walters Vorsitzender: C. Dittmer Schriftführer: A. Bauer Schatzmeister: Karl Mierendorff Kellermeister: G. Bassler, F. Kreglinger Hausmeister: M. Otto, C. Franke Vergnügungsausschuß: A. Heuer, W. Hörig Auftiahme-Kommission: 1 H. Beer, E. Giffenig, Kurt Levin, M. Müggenburg, Th. Reith, P. Röntsch, H. Rosenstein, P. Schmidt, H. Wirth Kommission für den Ankauf der Cía. Casa Alemana, S. A.: K. Mierendorff, E. Eberstadt, F. Böker. Ersatzmänner für den Vorstand: C. Stein, E. Eberstadt, Franz Mayer, H. Schneider Ersatzmänner für die Aufnahme-Kommission: Herrn. Dahlhaus, W. Hansberg, E. Rupp, E. Schmidt, A. Wulf 1920 Präsident: Carlos Dittmer Aufsichtsrat: W. Beick, A. Woem, C. Wriedt Sr. Schriftführer: Bob Meyer Schatzmeister: K. Mierendorff Kellermeister: W. Saloschin, H. Schneider Hausmeister: C. Franke, Hans Reinecke Vergnügungsausschuß: A. Koll, A. Heuer 1921 Aufsichtsrat: W. Beick, A. Woem, C. Wriedt Sr. Vorstand: C. Franke, Rob. Meyer, F. Glükher, W. Saloschin, O. Wetzel, E. W. Eckhardt, C. Doormann, W. Herrmann, W. Noack Aufnahme-Kommission (neben Aufsichtsrat und Vorstand): C. Dittmer, K. Mierendorff, H. Schneider, A. Heuer, H. Reinecke, A. Koll, A. Bauer, O. Bostelmann, E. Louvier

1

Zu ihr waren der Aufsichtsrat und der Vorstand hinzuzurechnen.

419 1925 Präsident: Enrique Huber Sekretär: Pablo Klinkisch Schatzmeister: Peter [sie] Hausmeister: Georg Stein, G. Obermaier Kellermeister: Pablo Stein, Hermann Stoldt Festkomitee: Hermann Kolkmeyer 1933 Vorsitzender: Carlos Stein Schriftführer: Hans Appuhn Schatzmeister: Felix Brandseph Kellermeister: Otto A. Argus, Franz Putsch Hausmeister: Johannes Hoffmann, Wilhelm Zapfe Vergnügungskommission: Edgar Giffenig, Wilhelm Zapfe 1938 1. Vorsitzender: Carlos Stein 2. Vorsitzender: Alexander Holste Schriftführer: Max Tauchert Besitzer: Otto A. Argus, Edgar Giffenig, Carl Mues, Gustav Stahlhut, Alfred Tams, Heinz Weber

Quellen: Weise (1923: 13); Der Wanderer. Bd. 3, Nr. 17, 22.2.1912: 9; Bd. 4, Nr. 22, 10.4.1913: 5; DZM. Bd. 33, Nr. 25, 27.3.1915: 3; Bd. 34, Nr. 27, 4.3.1916: 3; Bd. 35, Nr. 32, 17.3.1917: 3; Nr. 83, 19.7.1917: 3; Bd. 36, Nr. 19, 16.2.1918: 2-3; Lateinamerika. Nr. (D) 3/4, 1920: 139; Nr. (D) 17, 1921: 463; Ruiz Sandoval (1925: 256-257); Deutsch-mexikanisches Adressbuch f...] 1933 [o. J.]: 222; Deutschmexikanisches Adressbuch f...] 1938 [o. J.]: 254.

420

7.9 Unterzeichner des Protestschreibens der deutschen Kolonie von Mexiko-Stadt an Dr. Wilhelm Bauer, 1911

Compañía Ferretera Mexicana, S. A., F. Boker Julio Albert y Cía. Sucs. G. Lohse y Cía. Sucs. Bruno Kirschke Siemens-Schuckertwerke Mexico, A. Hirsch Ch. Michel y Cía. Diener Hermanos A. Wagner y Levien Sucs. Eberstadt & Brandseph Juan Wirth y Cía. Juan Dosse y Cía. Max Otto KorfF, Honsberg y Cía. Fedo. Ritter & Co. J. W. Plate Paul Kosidowski Theiner, Janowitzer & Co. Deutsch-Südamerikanische Bank (Berlin), Sucursal en México, A. Fricke, p. p. Chapeaurouge Cari Wried A. Vargas Sucs. Eggert, Reimers y Cía. Reinbeck & Becker S. e. C. Christlieb & Rübke Orenstein & Koppel, Arthur Koppel, S. A. Fanty Leopoldo Weber y Cía. Bode & Rosenheim Sociedad Tubos Mannesmann, Otto Konrad, ppa. M. Heinze Chr. Bolbrügge Dorner & Bacmeister Bouligny & Schmidt Suc. E. Kentzler Johannsen, Felix x Cía. G. Saloschin & Co. Gasmotoren-Fabrik Deutz, Sucursal en México, Ulr. Meyer Schreiber y Cía. Sucs. Enrique G. Schäfer, Sucs. Quelle: Bauer-Thoma (1913: 51-52).

421

7.10 Liste der von der mexikanischen Regierung intervenierten deutschen Häuser, 1942 A. Liste der von der mexikanischen Regierung intervenierten Häuser (bis zum 1.10.1942) I. Handelsfirmen Tag der Veröffentlichung im Diario Oficial 18.7.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 13.6.1942 13.6.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 26.9.1942 13.6.1942 13.6.1942 13.6.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 26.9.1942 13.6.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 26.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942

Name der Firma A. E. G., Cía. Mexicana de Electricidad Agencia Comercial y Marítima, Heynen, Eversbusch y Cía., México, Tampico, Veracruz Julio Albert & Cía., Sucs. Antigua Ferretería de la Palma, S. A. Agencia Bayer, S. A., Guadalajara, Monterrey Artefactos Metálicos Monterrey, S. A., Monterrey Agencia Comercial de Puebla, Puebla Agfa Foto, S. A. Banco Germánico, S. A. Beick, Felix & Cía., S. en C., México, Guadalajara, Veracruz lnstituo Behring de Terapéutica Experimental, S. de R. L. S. A. Buchenau & Cía., Sucs., Torreón Becker, Pablo Botica La Palma, S.A., TorTeón Casa Bayer, S. A. Cía. Ferretera Mexicana Casa Boker, S. A. Cía. General de Anilinas, S. A. Casa Carm [sie], S. A., Monterrey Casa Holck, S. A., Monterrey Cía. Mexicana de Motores Deutz-Otto Leg., S. A. Cía. de Inversiones La Esperanza, S. A. Casa Lammers, S. A. Casa Veerkamp, S. A. Cía. Nacional Exploratora de Gas Carbónica, S. A. Casa Eléctrica, S. A., Torreón Droguería Cosmopolitana, S. A. Droguería del Refugio, S. A. Carlos Dittmer & Cía. Dorenberg, Petersen & Cía., Sucs., S. en C., Puebla Droguería Regina, S. A. Droguería Stein, S. A., Mazatlán Ewald, Alberto Empresa de Luz y Fuerza, San Andrés Tuxtla Fábrica de Loza El Anfora, S. A. Foto Mantel, S. A., und Niederlassungen Fábricas Apolo, S. A., Monterrey Fábrica de Jabón La Reynera, S. A., Monterrey Ferretería Langstroth, Monterrey Ferretería Palma, Guadalajara Groth & Kuhlmann Gas Carbónico, S. A. Carlos Hering & Cía., Guadalajara Carlos Hering, México Hintze & Cía., Tapachula Hesselmann & Cía. Imprenta Remstedt Imprenta R. Pertrack Laboratorios Codex La Sirena, S. A.

422 11.9.1942 11.9.1942 26.9.1942 26.9.1942 13.6.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 26.9.1942 11.9.1942 26.9.1942 13.6.1942 13.6.1942 11.9.1942 18.7.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 26.9.1942 26.9.1942

La Predial, S. A. La Voz del Pueblo, S. A., Mazatlán La Tapatía, S. A., Guadalajara La Unión Química, S. A., México, D. F., Guadalajara, Puebla Merck México, S. A. Productos Químicos y Oleagineos, S. A., Monterrey Peters & Cía., Durango Gmo. Peters & Cía., Torreón Química Schering, S. A. Química Industrial Bayer Otto Ruschke Relojería Monterrey, S. A., Monterrey Carlos Stein & Cía. Sommer, Hermann & Cía., Sucs., México, Puebla, Veracruz Gustavo Sommer, S. A. Siemens México, S. A. Tamm & Cía. Trapeha, S. A. Testamentaría de Julio Koester Weskott & Cía. (falschlich geschrieben: Meekott & Cía.) [sie] Woehler, Bartning, S. A., Mazatlán

II. Kaffee-Pflanzungen und Händler1 13.6.1942 13.6.1942 11.9.1942 13.6.1942 13.6.1942 26.9.1942 13.6.1942 13.6.1942 13.6.1942 13.6.1942 13.6.1942 11.9.1942 13.6.1942 13.6.1942 13.6.1942 11.9.1942 26.9.1942 26.9.1942 26.9.1942 13.6.1942 13.6.1942 11.9.1942 11.9.1942 13.6.1942 26.9.1942 13.6.1942 13.6.1942 13.6.1942 13.6.1942 11.9.1942 26.9.1942

Asseburg & Cía. - 26.9. Finca Santa Isabel Gmo. Boesch & Cía., Orizaba - 26.9. Finca Las Animas Casa Henkel - 11.9. Finca La Libertad und Finca San José Dietze & Cía. Edelmann & Cía. Harald Edelmann - Finca Hamburgo Adolf Giesemann & Cía. - 11.9. Fincas Argovia, Chinincé, Retiro, Violeta, Colonia; 26.9. Fincas Las Palmas, Nueva Alemania, Santa Rita F. Gluhr, Sucrs. (Schweizer!) fälschlich Gulr geschrieben [sic] Grether & Cía. Gebhardt Sucrs. - 2 6 . 9 . Oscar Gebhardt Finca LuisNejapa Gerker&Co. Hedda Piglheim de Giesemann - Finca San Nicolás Arturo Herrmann C.Hotzen F. Hofímann Hoffmann & Cía. - Finca La Granja; 26.9. Finca Montagna Hammer & Cía. - Finca Covadonga, Finca Mexiquito Erich Hammer - Finca La Jaya Adalberto Kotzen (Hotzen?) - Finca San Carlos Gmo. Kahle - 1 1 . 9 . Fincas Germania und Prusia M. C. Vda. de Kruse - 26.9. Finca Morelia Señora de Walther Kahle - Finca Hannover Walther Kahle - Finca San Vicente J. Luettmann A. M a y e r - Eide Hey - Casa Henkel, Finca La Patria Mohr & Schimpf- 26.9. Finca Liqidambar F. Mahnken - 26.9. Federico Mahnken Finca La Gloria Nisch & Cía. - 26.9. Finca La Esperanza J. Pohlers [sie] - 26.9. Finca Lubecka, Piedras de Huixtla, Gzxtepec [sie], Bremen, E. Rincón, La Independencia Pomela, Pedor, Fincas Laguna und Alicia (Schweizer!) [sie] Sres. Preisler, Finca La Patria

1 Unter dem 13.6.1942 war ursprünglich auch J. Luettmann aufgeführt, er wurde aber mit Beschluß vom 7.10.1942 von der Liste gestrichen, da der Besitzer Hans Karl Luettmann geborener Guatemalteke war.

423 13.6.1942 13.6.1942 13.6.1942 26.9.1942 13.6.1942 13.6.1942 13.6.1942 13.6.1942 13.6.1942 13.6.1942 26.9.1942 13.6.1942

P. Reinicke - 26.9. Finca Guadalupe Adolf Schopen L. Schlamme - 26.9. Lotaria Schlamme, Finca Sta. Rosalia Otto Spohn, Finca Refiigio (fälschlich geschrieben: Sphonn) [sie] F. Trampe-26.9. Federico Trampe, Finca California Carlos Trampe & Cia. - 11.9. Fincas La Paz, El Ojaral, La Estrella Emesto Thorenz - 26.9. Finca El Zapote Woehler, Bartning & Cia. - 2 6 . 9 . Finca El Manacal Widmaier Hnos. - 11.9. Finca San Cristöbal Baron von Tuerckheim-Baden - 26.9. Sres. Tuerckheim, Finca Badenia O. G. Tuerckheim, Finca San Antonio ChicharTas Baron von Anderten - 26.9. Fincas Santa Lucia und San Lorenzo

III. Schulen und Vereine 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942 11.9.1942

Alexander von Humboldt-Schule, México, D. F. Deutsche Schule, Monterrey Deutsche Schule, Puebla Casino Alemán, Deutsches Haus Club Regatas, Deutscher Ruderverein Club Hípico Alemán, Deutscher Reitverein

IV. Enteignet 19.8.1942

Küstenmotorschiff Tolteca, Reeder: Cía. Naviera de Cabotaje, S. A.

Quelle: EZA 5/2829, Latein-Amerikanischer Verein Hamburg-Bremen e. V., Rundschreiben, 15.1.1943.

B. Liste der deutschen Unternehmen, die am 7. Oktober 1942 unter mexikanische Verwaltung gestellt wurden 2 1. Deutsche Schule, Guadalajara, Jal. 2. Nachlass des verstorbenen Reichsangehörigen Karl Heynen (Gesellschafter der hiesigen Hapag-LloydAgentur) in Mexico-Stadt 3. Federico C. Damm y Palacios, Durango, Dgo.3 4. Adolf Peters, Torreón, Coah. 4 5. Cía. Mexicana de Inversiones, S. A., Monterrey, N. L. (eine Dachorganisation des bekannten deutschen Hauses Holck). 6. I. G. Farbenindustrie A.-G. mit Bezug auf ein Warendepot im Werte von $ mex. 651.706,70, das die Casa Bayer beim Banco Nacional de México unterhielt. 7. Cía. Central de Inversiones, S. A., México, D. F. (Näheres über diese Firma ist nicht bekannt). 8. Paul Kirschning bezüglich der Kaffee-Pflanzung La Victoria in Motozintla, Chis.

Quelle: EZA 5/2829, Latein-Amerikanischer Verein Hamburg-Bremen e. V., Rundschreiben, 15.1.1943.

2 5 4

Veröffentlicht im Diario Oficial v o m 10.10.1942, h i e r n a c h einer Abschrift der schwedischen Gesandtschaft. Vgl. die folgende Anmerkung. In der Quelle heißt es: „(3 und 4 sind durch vorstehenden Beschluss nur bezüglich Hausbesitz interveniert)".

424

7.11 Vorstände der American Chamber of Commerce of Mexico 1917 S. W. Rider (president) Frank Sanborn (first vice-president) Arnold Shanklin (second vice-president) K. M. Van Zandt Jr. (treasurer) Harry Galvin (secretary) Directors: H. P. Lewis H. A. Basham H. C. Bosworth F. J. Dunkerley I. H. Jacobs Jacob Loeb A. B. Möhler H. T. Oliver S. W. Rider W. L. Vail Frank Sanborn Arnold Shanklin Miles V. Stewart K. M. Van Zandt Jr. S. B. Wright Quelle: Mexican American. 28.2.1925: 7.'

1920-1921 Herbert P. Lewis (president) M. V. Stewart (vice-president) Arnold Shanklin (vice-president) J. R. French (treasurer) William F. Saunders (secretary) W. L. Vail (director of service) Directors: M. V. Stewart Harvey A. Basham H. C. Bosworth Ralph Cabaflas Simeon F. Fuller J. R. French John B. Glenn I. H. Jacobs H. P. Lewis C. F. Moore Bruno Newman S. W. Rider Frank A. Sanborn Arnold Shanklin S. B. Wright Quelle: Journal of the American Chamber of Commerce of Mexico S. C. L.. Bd. 3, Nr. 9, 1920: 12.

1

Die hier angegebenen Namen waren diejenigen des ersten Vorstandes der Kammer.

425 1923 M. V. Stewart (president) Joseph H. Weiter (vice-president Victor M. Braschi (vice-president) S. L. Carrico (treasurer) William Flewellyn Saunders (secretary) Directors: Joseph H. Weiter Harvey A. Basham C. V. Allen W. C. Benbow Victor M. Braschi R. C. Burns S. L. Carrico Geo W. Crump C. V. Hitchins Homer Porter S. W. Rider James G. Shirley E. W. Sours M. V. Stewart Quelle: Journal of the American Chamber of Commerce of Mexico S. C. L.. Bd. 5, Nr. 43, 1923: 12.2

1924 M. V. Stewart (president) Joseph H. Weiter (vice-president) S. L. Carrico (treasurer) William Flewellyn Saunders (secretary) Directors: Joseph H. Weiter Harvey A. Basham C. V. Allen W. C. Benbow Victor M. Braschi R. C. Burns S. L. Carrico Geo W. Crump C. V. Hitchins Homer Porter S. W. Rider James G. Shirley E. W. Sours M. V. Stewart H. L. Van Tress Quelle: Journal of the American Chamber of Commerce of Mexico S. C. L.. Bd. 6, Nr. 49, 1924: 12.3

2

Auf einem Briefkopf der Handelskammer vom 28.9.1923, einem Krisenjahr, das mit hohen Mitgliederverlusten einherging, sind abweichend von den obengenannten folgende Namen angegeben: J. H. Jacobs (president), Ralph Cabaflas (vice-president), Victor M. Braschi (vice-president), W. C. Benbow (treasurer). Vgl. AHSRE 37-18-51. ' Im Januar 1924 war unter den Direktoren noch W. A. DeGress aufgeführt, der Name H. L. Van Tress fehlte (Journal of the American Chamber of Commerce of Mexico S. C. L.. Bd. 5, Nr. 47, 1924: 12).

426 1924-1925 Joseph H. Weiter (president, Eclipse Shoe Manufacturing Company) C. V. Allen (vice-president, Westinghouse Electrical International Company) J. J. Zahler (vice-president, candy manufacturer) S. L. Carrico (treasurer, Manager U. S. Rubber Export Company) Directors'. M. V. Stewart (General Electric Company) Joseph H. Weiter (Eclipse Shoe Manufacturing Company) Victor M. Braschi (V. M. Braschi Machinery Company) S. L. Carrico (U. S. Rubber Export Company) E. W. Sours (R. G. Dun & Company) C. V. Allen (Westinghouse Electrical International Company) Harvey A. Basham (attorney) R. C. Burns (General Agent Ward Line) Geo W. Crump (American Photo Supply Company) C. B. Hitchins (Manufacturers' Representative) Homer Porter (Sanbom Bros.) S. W. Rider (Mexican International Trust Company) Keith S. Williams (Armour & Company) H. L. van Tress (U. S. Steel Products Company) J. J. Zahler (candy manufacturer) Quelle: Mexican American. 2.8.1924: 7.

1925-1926 Joseph H. Weiter (president) J. J. Zahler (vice-president Homer R. Porter (vice-president) S. L. Carrico (treasurer) William Flewellyn Saunders (secretary) Directors-. J. J. Zahler Harvey A. Basham C. V. Allen Victor M. Braschi R. C. Burns S. L. Carrico George W. Crump C. V. Hitchins Homer R. Porter S. W. Rider E. W. Sours M. v. Stewart H. L. Van Tress Keith S. Williams J. H. Weiter Quelle: Mexican American. 28.2.1925: 9.

427 1934 K. K. Boynton {president) W. B. Richardson (treasurer) Homer Porter (vice-president) W. S. Hart (vice-president) H. O. Johnson (secretary) M. F. Trascierra (Manager Mexican Division) H. O. Johnson (Editor Mexican American Commerce) James S. Carson (National Councillor) Harvey A. Basham (Counsel) Executive Committee: E. B. Sloan (chairman) F. L. Gilmore Homer R. Porter W. S. Hart W. B. Richardson Directors: Harvey A. Basham Homer R. Porter K. K. Boynton W. B. Richardson R. C. Burns R. B. Rodriguez W. F. Flanley E.B. Sloan F. L. Gilmore Gayle A. Steele W. S. Hart Joseph H. Weiter W. S. Durkin S. Boiling Wright E. F. Miller Quelle: The Year Book of Mexico for 1934 [1934]: 130.

428

7.12 Vorstandspräsidenten und Schulleiter der American School von Mexiko-Stadt /. Presidents of the Board of Directors of the American School (1894-1952) Mexico City Grammar School John R. Davis (1894-1896) T R. Hasam (1896-1899) J. O. Rice (1900) W. R. Roalfe (1900-1902) Howard Carnes (1902) Mexico City Grammar and High School Charles E. Cummings (1902-1905) Paul Hudson (1905-1911) Charles R. Cummings (1911-1916) John H Danner (1916-1918) Arnold Shanklin (1918) Claude Dunning (1919) H. R Bradbury (1920) W. L. Vail (1921) American School Foundation F. H. Teele (1921-1922) S Boiling Wright (1923-1952)

2. Superintendents

of the American School (1894-1949)

Mexican Grammar School W. M Taggart (1894-1895) Harry Ingersoll (1896-1897) George M. Blackney (1898) J. E. Smith (1899) Mrs G E Dawson (1899-1901) Mexico City Grammar and High School J. H Comyn (1901-1905) American School Association Schuyler Herron (1905-1908) WilburH. Lynch (1908-1914) Miss Jane Soule (1914-1917) Miss Dathene Roach (1917-1918) Mrs. Delia Lee Bohan (1918-1920) Dr. A. J. Thomas (1920-1921) American School Foundation Dr. P. W. Horn (1921-1922) Dr. R. T. Prichett (1922-1923) Dr. Frederick Smith (1923-1926) Dr. Jeremiah Rhodes (1926-1927) Dr. H. L. Cain (1927-1949)

Quelle: Castillon/Wright ([1988], ohne Seitenzählung). Die Präsidentschaft Cummings im Vorstand der Schule von 1902 bis 1905 ergibt sich aus einer Bildunterschrift bei Castillon/Wright.