Die Deutschen in Nordamerika und der Freiheitskampf in Missouri


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German Pages 143 Year 1865

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Entered according to the act of Congress in the year ...
Die Deutſchen in Nord-Amerika. ...
Ein pennſylvaniſcher Redakteur. ...
Politiſdue Stellung. ...
Sociale Fortſdritte. ...
Vorbereitung zur Rebellion. ...
Anfang der Rebellion. ...
Der Freiheitskampf in Miſſouri. ...
Die Einwanderung. ...
Capitän Lyon. ...
Canas gadſint. ...
Camp Jadſor. ...
Blair als Striegsheld. ...
Die Freiheits-Proklamation. ...
Reaktion im Staate. ...
Das Spidſal Blairs. ...
A n h a n g. ...
Die Hülfequellen Miſſouris. ...
Die Hülf&quellen Miſſouris. ...
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Die Deutschen in Nordamerika und der Freiheitskampf in Missouri

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Die

Deutſchen

in Nordamerika

und

. Der Freiheitskampf in Miſſouri

Von

Daniel Hertſe.

Im

Selbſtverlage des Verfaſſers .

Chicago im April 1865 . Dampfpreſſen - Drud der ,,Illinois Staatszeitung .“

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Deutſchen

in Nordamerika

und

Der Freiheitskampf in

Miſſouri.

Von

Daniel Hertſe.

Im

Selbſtverlage des Verfaſſers .

Chicago im April 1865 . Dampfpreſſen - Drud der ,,Illinois Staatszeitung ."

2825181:35

HARVARD COLLEGE LIBRARY JUN 30 195 CHARLES ELLIOTT PERKINS MEMORIAL COLLECTION

Entered according to the act of Congress in the year 1865, by DANIEL HERTLE

in the Clerk's Office of the District Court of the United States, in and for the Northern District of Illinois,

M DAGENS, ST LOUIS STEAM DYAING , SCOURING , WATERİNG DAMENT.

12.2UIS MO.

Die Deutſchen in Nord - Amerika.

Das Erſtehen einer neuen Nation auf dieſemn Continente, im Laufe des leßten Jahrhunderts, das beiſpielloſe Aufblühen ihres Wohlſtandes , das Wachsthum ihrer Bevölkerung und politiſchen Macht, die Leichtigkeit , mit der das für einen kleinen Staat ur ſprünglich geſchaffene Syſtem der Selbſtregierung ſich den Bedürf niſſen des wad ſenden Rieſen anſchmiegte und ſeine ganze Kraft nach allen Richtungen fördernd entwidelte, hat mit Recht die Bewunderung und das Staunen aller civilifirten Völfer und ihrer ſtrebſamen Männer erregt.

Aus dem Häuflein armer Coloniflen , anderthalb

Millionen, die ſich mit Hülfe Frankreichs ihre Unabhängigkeit von England erkämpften, iſt ſeit 1820, ja ſeit 1830 erſt, ein großes Volk geworden, das troß der Verſdjiedenheit der Abſtammung ſeiner Bürger, troß dem unermeßlichen Gebiete, das es ſich durch Arbeit zu Eigen gemacht hat, von einem feltenen Geiſte der Einheit in Bezug auf die Hauptgrundfäße feines Regierungsſyſtems durchdrungen iſt. Von dem atlantiſchen bis zum ftilen Ozean, von den glühenden Zonen des Golfes bis in die eifigen Regionen des Nordens herrſcht unver fürzt daſſelbe Syſtem der Selbſtregierung, diefelbe Lokalverwaltung, dieſelbe Gerichtsverfaſſung, gegründet auf die in der Conſtitution niedergelegten allgemeinen Grundrechte, die feſt mit dem Bewußtſein der Nation verwachſen ſind. Immer weiter und weiter wälzt ſich dieſer unaufhaltſame Strom der Civiliſation, die Reſte der Indianer vor fich weg ſchwemmend, Wälder niederreißend und Felder befruch tend. Immer weiter in die Wildniß zieht die unermüdliche, nüch terne Schaar der Pioniere, nimmer raſtend, bis ſie den ganzen Cons tinent fich unterworfen und ihrer Arbeit dienſtbar gemacht hat. Seht

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Keime der Entwidlung.

dort die Caravané son Zeltwagen , die langſam nach Weſten zieht. Der Vater treibt die Pferde des Wagens, der ſein Alles birgt, was er auf Erden beſikt - ein Weib und ein halbes Dußend Kinder, deren Wohnung und Schlafſtelle der enge Raum des Wagens bildet. Ein wenig armſeliges Hausgeräth, kaum das nothwentigſte Adergeräth, einige Stüde abgemagertes Vieh und der Hofhund, der treue Wächter der Familie, vervollſtändigen die ganze Ausrüſtung. Der Mann iſt arm nach gewöhnlichen Begriffen , aber nicht die Armuth hat ihn aus feinem alten Wohnſiße vertrieben . Die Einſamkeit, die erhabene Stille des Waldes und der Prairie, in der er geboren , an der er mit der ganzen Sehnſucht der Jugenderinnerung hängt, iſt ihm verloren am alten Wohnſiß und er zieht fort, er weiß nicht genau wohin, um ſie wiederzufinden und in ihr zu ſterben. Mit Gleichgeſinnten geht er weiter ; ſie wiſſen nicht, daß ſie einen neuen Staat gründen werden ; ſte haben keine Geſebbücher und keine Conftitution der Vereinigten Staaten bei fidy ; fern von ihnen iſt jeder überlegte Plan des Politis fers oder Staatsmannes , ſondern ſie geben einfach ihrer eigenen Neigur.g nach ; aber dieſe unüberwindliche Neigung macht ſie zu uns bewußten Werkzeugen des großen Planes der Weltgeſchichte, der für alle Zukunft feſtſteht. Wo dieſe Pioniere den erſten Pfahl in die Wildniß pdhlagen , da fallen bald die Wälder und in der erſten Lichtung erbebt fich ein Dörfchen . Bald giebt es Streitigkeiten und ſie wählen einen Friedensrichter, deſſen Spruch fie fich willig unterwerfen . Mehrere ſolde Anſiedlungen der Nachbarſchaft finden es in ihrem Intereſſe, gemeinſchaftlich zu handeln zum Zwede der Anlegung von Straßen , Brüden u. ſ. w . und ſie ernennen gemeinſchaftlich Männer aus ihrer Mitte, denen die Ausführung dieſer Geſchäfte übertragen wird ſie bilden eine Verwaltung des Bezirks oder Gau's. So ſchließt ſich , wie der Kryſtall an den Kryſtall, ein Gau an den andern , bis die Bevölkerung eines gewiſſen Gebiets ſtark genug geworden iſt, um die höchſte politiſche Stufe in dem republifaniſchen Gemeinweſen anzuſprechen, die bes ſouveränen Staates, welche den Bürgern deſs ſelben das Recht giebt, ſich im bödöſten Rathe der Nation vertreten zu laſſen und an dem Schickſale des Geſammtvolkes thätig Antheil zu nehmen . Dieſer unaufhörliche, die Kraft der Nation verjüngende und vers größernde Entwicelungsgang geſchieht ohne alles Zuthun der Regies

Weſen der Selbſtregierung,

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rung ; *) fie ſorgt nur für den Schuß der Anſiedler gegen Angriffe von Außen und ſelbſt dieſen verſchaffen ſich die Grenzbewohner meiſtens durch ihre eigene Entſchloſſenheit und Kühnheit. Die Regierung thut nur das, was das Volf der einzelnen Staaten nicht thun kann ; ſie iſt, wie in Rußland der Kaiſer, weit von dem Volke weg, das ſie zu den meiſten Dingen nicht braucht und ihre Einmiſdung in Lokal- , Angelegenheiten mit eiferſüchtigem Auge fernhält . Da das Volt hier zu Lande mündig iſt, ſo iſt die Regierung nicht ſein Vormund, ſondern ſein Bevollmächtigter ; fie ſorgt nicht patriarchaliſch für das leibliche und geiſtige Wohl der Bürger, ſondern dieſe thun dies für ſich ſelbſt.

Wenn ganze Bezirke, ja ein ganzer Staat, von irgend

einer Calamität befallen, wenn er ſammt ſeinen Bewohnern von der Erde verſchlungen würde, ſo hat die Centralgewalt von dieſem Ereigniß officiel nicht Notiz zu nehmen. Das geſammte Volt, durch ein ſolches Ereigniß mit Blißesſchnelle aufgeregt, würde raſch und wirkſam Hülfe leiſten. Die große Weisheit des republikaniſchen Syſtems liegt darin , daß ſo wenig wie möglich regiert wird ; d. h. daß der freien Ent widlung des Menſchengeiſtes , ſeiner Selbſtthätigkeit und Energie der größte Spielraum gelaſſen wird . Auf dieſem einfachen Saße und ſeiner praktiſchen Ausführung beruht die ganze Größe dieſes Volkes ; aus ihm erklärt ſich alles Große, das die entfeſſelte Kraft dieſer Nation in ſo kurzer Zeit aufs . gebaut hat ; auf ſeinem breiten Grunde werden noch ungezählte Mils lionen eine Heimath und Glüd und Woblſtand finden und allen Unterdrüdten und Verbannten der alten Welt wird er ein Troſt im Sterben fein , wenn ihnen das Schidſal nicht vergönnt hat, im Leben ſeiner Wohlthaten theilhaftig zu werden . Wenn die Gründer der Republit dieſen Saß zu einem der Haupts pfeiler ihres Syſtems machten, ſo lag die Folge ſehr nahe, daß fie, um ihn zur vollen Geltung zu bringen, alle gefelelte Kraft der alten Welt aufriefen, Theil zu nehmen an dem neuen Werke.

Doch die

Ereigniſſe vor der Revolution hatten dieſem Aufrufe ſchon vorges griffen und ihn erleichtert. Seit die erſten engliſden Flüchtlinge die * ) Anmerkung. Für europäiſche Leſer iſt zu bemerken, daß unter ,, Regierung“ die eretutive und legislative Gewalt, der Präſident und der Congreß, zu verſtehen iſt. Die Richtergewalt, all dritter Fattor der Regierung, ſteht dennod unabhängig zwiſchen und über den beiden erſten . Unter ,,Adminiſtration " ift der jeweilige Präſident und ſein Cabinet zu verſtehen .

Der Ruf an die leidende Menſchheit.

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Küſte von Maſſachuſetts beſiedelt hatten, war das nördliche Amerika der Zufluchtsort der Verfolgten Europa's geworden . Nach den Pu ritantern im Norden kamen die Ravaliere nad dem Süden ; nad den Katholiken in Maryland die deutſchen Reformirten und Wiedertäufer in Pennſylvanien . Was die Gründer der Republik zu einem for mellen Grundſaße erhoben, der der alten Welt als ein neues Evans gelium verkündet wurde, das war bereits das Herkommen ſeit dem Beſtehen der Colonien.

Zum erſten Male, ſoweit wir von Geſchichte wiſſen, geſchah es, daß ein Volk, felbſt arm und nach Außen beinahe machtlos, der Spott der jenſeitigen Herren, über deren ſtroßenden Hochmuth Der Vulkan der franzöſiſchen Revolution nod nicht ausge brochen war, andere Völfer anderer Sprache und anderen Stammes einlud, innerhalb ſeiner Grenzen fich niederzulaſſen, eine neue Heis

math und ein neues Volk gründen zu helfen. Dieſes Wort war der Gott, war der Geiſt, der einen neuen Staat ſchuf, ein neues Staats recht. Es fachte die Gluthen der franzöſiſchen , der polniſchen Revolu : tion zu hellen Flammen . Wenig ahnte Ludwig XVI ., mit ſeinem ſtolzen und blaſirten Hofe, daß der Geiſt, den der ſdlichte Quäferrock Franklin's barg, ihm den Thron und den Kopf koſten würde. Die meiſten Culturvölker der Gegenwart ſind aus der Miſchung verſchiedener Raſſen und Stämme hervorgegangen, wie das amerikas niſche. Aber der Krieg, oft ganze Stämme vernichtend, vermittelte dieſe Vermiſchung in allen alten Staaten, nicht ein Wort des Friedens und der Gaſtfreundſchaft.

Grauſame Kriege führten die Longobarden

nad Italien, die Franken nach Frankreich, die Dänen und Angel fadſen nach England.

Bis auf den heutigen Tag ſchließt fich jedes

Volt der alten Welt mehr oder weniger ſtreng gegen Außen und die Chineſen und Japaneſen ſtoßen eigenſinnig alles Frembartige von Fich. Nur hier ſtehen die Grenzen des republikaniſchen Reiches Jedem offen, woher er auch kommen möge, vorausgeſeßt, daß er als Freund kommt. Noch immer ergebt dieſer Ruf an alle Völfer und Millionen folgen ihm - es iſt der Ruf des großen Pan der Freiheit, der über das ganze Meer gehört wird ; der ſich ein großes Volk der Zukunft zuſammenruft. Freilich iſt es ein ſeltſames, erſtaunliches Gemiſch der Völker, das wir hier ſehen .

Jede Nation Europa's hat ihr Contingent geliefert,

jede Erſchütterung des europäiſchen Staatsgebäudes von der Refor

Das Weltbürgerthum .

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mation an hat ihre Märtyrer und Repräſentanten herüber geſchickt, um Zeugniß abzulegen von dem Geiſte, der ſie getrieben . Die Cultur Elemente der alten Welt, die ſeit zwei Jahrhunderten auf einander folgten, ſich verdrängten oder aufrieben , ſtehen hier in ihren Ausläu fern räumlich neben einander, wie eine Moſait der fremdartigſten Steine. Der Puritaner ſteht mit ſeiner Weltanſchauung noch auf dem Standpunkte ſeiner Väter, als ſie von Karl I. verjagt wurden ; der Irländer hängt mit dem Fanatismus der Zeiten des dreißigjähs rigen Krieges an ſeiner Religion ; in den hundertfältigen Sekten finden wir alle Stufen der Entwicklung des menſchlichen Bewußts ſeins dargeſtellt, von den dem bibliſd -orientaliſden Vielweiberthume huldigenden Mormonen bis hinauf zu den Unitariern, die an der Grenze des modernen Humanismus angelangt ſind. Alle dieſe Nach kommen der Geſchlechter, die ſich ſeit Jahrhunderten in Europa ihres Glaubens wegen verfolgt und gemordet haben, leben friedlid, hier nebeneinander, weil ſie von einer gemeinſamen, gewaltigeren Kraft getrieben werden, als das Dogma irgend einer Sekte heutzutage der Seele des Menſchen zu verleihen vermag. Wohl wird einſt die Zeit kommen - und eber, als in Europa-teren Gluthen all dieſes zer : brödelte Metall in Fluß bringen und zu einem harmoniſchen Ganzen zu einem gemeinſamen Volfsbewußtſein und zu einer geläuterten Weltanſdauung umformen wird.

Bis jeßt ſind unſere Cultur

Elemente ſo anachroniſtiſd neben cinander geworfen, ähnlich, wie ſidy in dem Aduvialboden der Prairien der Granit, der Baſalt und Por phyr neben den jüngſten Sandſteinen und Thonſdhiefern vorfinden . Noch iſt die liebeglühende Göttin nicht unter uns erſchienen , welche dieſe zerſtreuten Glieder des göttlichen Bewußtſeins in der Menſchen bruſt wieder zuſammenfügt und einen ſchönen, lebenſpendenden Gott daraus bildet ; ein Nationalbewußtſein, in dem der ganze Menſdy aufgeht, durch das die unverſchwendete Kraft des Volks zu den höchſten Zweden des Daſeins und des Staats emporgetragen wird zur höchſten Blüthe des Wohlſtandes nicht nur, ſondern zur Reife in dem höchſten Schmuce der Völker, in der Wiſſenſchaft und den fchönen Künſten . Die deutſche Einwanderung in Nordamerifa iſt beinahe ſo alt, wie die Geſchichte der Colonien .

Daſſelbe Motiv , das die Puritaner

nad Maſſachuſetts trieb, führte die deutſchen Reformirten von dem

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Die Deutiden .

churpfälziſchen Gebiet unter Penn's Führung und Anregung nach dem gelobten Lande, das von der engliſchen Krone dem Edelmanne Penn als ewiges Eigenthum verſchrieben wurde. Dort fonnten ſie ungeſtört ihren Gott nach ihrer Weiſe verehren und nebenbei beſſer als in Deutſchland für ihr leibliches Wohlſein ſorgen.

Die zahl

reichen Nachkommen der in der zweiten Hälfte des ſiebzehnten Jahr hunderts in Pennſylvanien eingewanderten Pfälzer können jeßt nicht mehr zu den Deutſch-Amerikanern gerechnet werden, da ihre Beſtres bungen und ihre Anſchauungen denen der modernen Einwanderung ganz fremd find. Der Grund ihrer Auswanderung war ein rein religiöſer, und dieſen hielten ihre Nachkommen feſt bis auf den heus tigen Tag, gerade ſo wie die Urenkel der Puritaner den ihrigen. Ihr dem puritaniſchen nicht gar zu fern ſtehendes Dogma begünſtigte zwar das Auffommen republikaniſcher Einrichtungen und zudem brachten ſie ihre deutſche Gemeinde- und Gauverfaſſung mit, die vor der Nes formation nocy überall auf dein Saße der Selbſtregierung beruhte ; allein dieſe Richtung war nur eine Folgerung aus dem religiöſen Moment, das in jener Zeit überal vorherrſchte. Nur aus dieſem Punkte erklärt es ſich, daß die von aller Literatur des Vaterlandes abgeſchnittenen und zum Genuſſe derſelben unfähigen Kinder des alten Deutſchland die deutſche Sprache bis heute noch als Umgangs ſprache recen, wenn auch in einem, durch das Engliſche ſehr corrum pirten, Jargon. Die Kanzel erſeßte bei ihnen die Literatur und ſo finden wir denn heute noch unter dieſen treuherzigen, derben Penn ſylvaniern , die weder von Deutſchland noch von der alten Churpfalz viel wiſſen , den pfälziſchen Dialekt mit allen Provinzialismen und . alemanniſchen Worten, wie er den Vogeſen entlang von der franzöſi Viele eng ſchen Grenze bis hinunter nad Mainz geſprochen wird. liſche Worte laufeu unter, allein ſie ſind alle germaniſirt und müſſen ſich ihrer eigenthümlichen Grammatik fügen. Die Pennſylvanier ſind in Amerita faſt identiſch taſſelbe, was die Elſäſſer und Lothringer in Franfreich, nur, daß dort die franzöſiſche Sprache ſtatt der engliſchen die herrſchende iſt. Sogar die Sitten und Charakterzüge beider Stämme ſind auffallend ähnlich. Der Elſäſſer iſt ein begeiſterter Franzoſe, ſobald es ſich um Politit handelt, und ſo iſt der Pennſyl vanier ein feuerfeſter Amerifaner ; beide aber ſprechen am häuslichen Heerde die deutſche Sprache, bewahren die altväterliche, ſtrenge Sitt

Ein pennſylvaniſcher Redakteur.

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ſamfeit des Haushaltes , üben noch die im Vaterlande längſt aus der Mode gekommene Gaſtfreundſchaft gegen den Fremden und beſonders gegen einen „ Deutſchländer “ und ſind überhaupt in ihrem ganzen Privatleben viel deutſcher nods, als die Deutſchen jenſeits. Eine große Zahl, wenn nicht die Ueberzahl der Pennſylvanier finden es überflüſſig, engliſd leſen zu lernen - im Elſaß und Lothringen kann fein Bauer Franzöſiſch leſen . Daher ſehen wir in Pennſylvanien wie im Elſaß zahlreidye, freiwillige Vorleſungen, für die keine Collegien Gelder bezahlt werden .

In einem Wirthshauſe oder einem Laden,

deren Beſitzer ſelbſtverſtändlich der politiſden Partei der Wißbegieri gen angehört, verſammelt ſich das Tabaks - Collegium und der Schuls meiſter, oder der Friedensridyter, oder gar der Zeitungsſchreiber liest die wichtigſten Nachrichten vor, verdeutſdyt ſie und giebt unentgeltlich ſeinen Commentar dazu . Iſt dies Collegium beendigt, ſo conſtituirt ſich die Geſellſchaft als debattirendes Comite und alsbald giebt dann der Wirth oder Hausherr, der in der Nachbarſdaft natürlid als Autorität gilt, ſeine unmaßgeblidhe, aber meiſtens durchſchlagende Anſicht. In den deutſden Bezirken Pennſylvaniens giebt es jedoch jebt viele kleine Zeitungen , die ihren Mangel an Stoff durd Mutter wiß und derben Humor im pennſylvaniſchen Dialekt zu erſeßen ſudjen .

Ein Redakteur eines ſolchen Blättchens iſt gewöhnlich ein

beneidenswerther Naturmenſch, Style Rouſſeau's .

wenn auch nicht gerade nac dem

Abgeſehen davon , daß er der Einzige ſeiner Art

unter ſeinen Mitbürgern iſt, auf den Aller Augen gerichtet ſind, iſt er auch der Vertrauensmann und Gebeim (dyreiber eines jeden , der einem mißliebigen Nachbarn Eins anhängen oder einen Skandal zur Def fentlichkeit bringen will. Geld braucht er keins und beſißt auch meis ſtens ſehr wenige irdiſche Güter. Er nimmt Naturalien ſtatt Geld für ſein Blatt.

Dies verleiht ihm eine gewiſſe patriarchaliſche Stellung,

wie bei vielen Landpfarrern in Deutſchland, die an Sonntagen das unverfälſchte Evangelium predigen und in der Woche nach dem Beis ſpiele

des Erzsaters Abraham ihr Vieh und ihre Aeder beſtellen.

Braudyt er Holz, ſo genügt ein Wink in dem Blatte, um den nächſten Tag eine ' Taravane von Holzwägen vor das Haus zu bringen. Kann er den Vorrath nicht ganz unterbringen , ſo bietet er den Reſt auf der Straße alsbald zum Verkauf aus und iſt ſomit für einige Tage ein wahrer: Kröfuss. So iſt es mit Eier, Butter, Gemüſe und Allem , 2

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Ein pennſylvaniſer Rebakteur.

was das Herz einer ſorglichen Hausfrau erquict.

Aber nicht genug

damit ; es giebt Tage im Jahr, an denen es Geſchenke regnet, wo der Keller und die Speiſekammer ſeiner Gönner das ganze Füllhorn ihres Wohlwollens über ſeinem wonnetrunkenen Haupte ſchütteln und der Gefeierte ſeinem Lokalpatriotismus in dithyrambiſdher Begeiſte rung und mit ſouveräner Verachtung jeglicher Syntar Luft macht, indem er ſeinen Gönnern Dankſagungen, „ Puffs ," ſdhreibt, welche die ausgezeiduneten und unübertroffenen Eigenſchaften derſelben, fos wohl als Menſch, wie als Bürger ihren Mitbürgern ausführlich auss einander ſeßen . Nicht unrichtig vielleicht ſpekulirt der Beglückte, daß cin fo eminentes Lob den Neid der Mitbürger der Freigebigen erregen und ſie zu ähnlichen Thaten ermuntern werde. Da iſt der Dankſas gungstag, manchmal zwei oder drei im Jahre, je nach der Frömmig keit des Präſidenten oder des. Gouverneurs ; der Weihnachts- und Neujahrstag ; der vierte Juli und Oſter- und Pfingſtmontag. Ge wiſſenhaft wird er ſeinen Leſern die Feier dieſer Tage ans Herz legen ; er wird die Reichen glücklich preiſen , die an dieſen Tagen den leiblis chen Menſchen mit den köſtlichſten Dingen erfreuen können ; er wird ſie auffordern, auch die Armen an dieſem Tage mit ihrem Ueberfluſſe zu erfreuen . Obgleich er ſich nicht ausdrüdlich unter die legten zählt, ſo würde er doch auß lieber einen Welſchhahn, als ein Stück Rindfleiſch eſſen und ein Fäßchen Bier würde ſeinen Seßern, die den Tag dodj auch feiern wollen, Nichts verſchlagen.

Meiſtens genügt

dieſer Wink mit dem Holzſchlegel, um das ganze Perſonal für die Dauer des Feiertags zu wirkliş ſeligen und dankbaren Menſchen zu maden ; denn ihre Genußorgane ſind durch allzufeine Küche und pi kante Getränke nod keineswegs blaſirt und abgeftumpft. Aber Wehe den Abonnenten, der Stadt, dem County, dem Lande und Volfe, wenn das undankbare Volk den Wink nicht verſtanden und der Redakteur ohne Bier unter der ganzen Laſt ſeines Kummers ſchreibt.

„ Das

Volk verläugnet ſeine ehrwürdigen Sitten, vergißt ſeine ehrlichen Pa trioten, der Thaler herrſcht und die Corruption ; die Republik ſteht an dem Rande -Des Abgrundes und unſere Kinder werden auf ihrem Grabe weinen . “ Eine ſolde Berufung des gefränkten Patriotismus an alle gute und böſe Geiſter verfehlt ſelten ihren Zweck und bald iſt der Tiefgefränkte beſänftigt durch den fcäumenden Gerſtenſaft ; er läßt der jungen Republik ein neues Morgenroth tagen und begeiſtert

Ein pennſylvaniſcher Redakteur .

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ſich zu einem im ädyten Pfälzerdialekte geſchriebenen Lobgeſang auf den großmüthigen Bierbrauer, deſſen republikaniſche Tugenden denen eines Cato und Brutus kaum nadleben. Seine Freude iſt ver doppelt und ſein Selbſtgefühl ſteigert ſich nicht wenig durch das Bes wußtſein, auch geiſtreich und poetiſd ſein zu können, wenn es Noth thut, und das Publikum bewundert nicht weniger ſein Talent, als er ſelbſt. Und gar die Hochzeiten und Kindtaufen ! Was wären ſie Der Pfarrer und der Schulmeiſter gelaten und da darf der „Miſter Schmauſe find ohnehin felten zum Printer“ ( Druder ) nicht fehlen , um die Feſtrede zu halten oder ein ohne den Zeitungsſchreiber ?

ſchönes Gedicht vorzutragen .

Der religiöſe Sinn der Deutſchen Pennſylvaniens ging nie ſo weit, ſie zu Mudern oder Quietiſten zu machen. Dafür war ſchon ges ſorgt durch die wilde Natur und die Schwierigkeiten, die ſie ihnen entgegenſeßte und deren Ueberwindung die ganze Spannkraft des Menſchen in Anſpruch nahm . Sie waren immer ein kräftiges, lebens luſtiges Gefchlecht, das dem Wahlſprude huldigte : ,, Betet und haltet euer Pulver trođen ." Ein ſprechendes und edles Charakterbild der Eigenthümlichkeit dieſes Stammes bleibt für alle Zeiten der Pfarrer Mühlenberg, der bei Ausbruch des Kampfes gegen England ſeinen Talar abwarf und in voller Soldatenuniform ſeine Gemeinde zum Kampfe für Unabhängigkeit aufrief. Sie lieferten ein ſtarfes Cons tingent zu Waſhington's Armee.

Jm jeßigen Kriege haben ſie wes

niger im Vordergrund geſtanden , was wohl dem Umſtande zuzu ſchreiben iſt, daß ſie bis zum Kriege großentheils der demokratiſchen Partei angehörten , die im Anfange wenigſtens dieſen Kampf gegen die Sllaverei als einen ungefeßlichen und grauſamen bezeichnete . Zwiſchen der pennſylvaniſchen Einwanderung und der, welche ſeit 1830 begonnen hat, liegt eine lange Zeit,

während welcher das

deutſche Volk die höchſte Blüthe der Literatur und Kunſt erreichte. Die Pennſylvanier konnten dieſen großen Entwicelungsgang nicht mitmachen und einheimiſche, amerikaniſche oder deutſche Literatur gab es hier keine aus leicht begreiflichen Gründen .

So ſind ſie zurück

geblieben und ein Jahrhundert hat die Brüden abgebrochen, welche ſie mit dem Bewußtſein des jeßigen deutſchen Volfes wieder vereinigen könnten.

Sie ſind ein wilder Schößling an dem Stammbaume der

Moderne Einwanderung.

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deutſchen Nation ; ein abgeriſſenes Glied des geiſtigen Weſens des Vaterlandes , das nicht mehr von ſeinen Pulsſchlägen belebt und er wärmt wird. Erſt in dieſem Jahrhundert begann die feit der pennſylvaniſchen unterbrochene Einwanderung wieder, doch war ſie nur ſporadiſd ; die vereinzelten Einwanderer waren der Zahl nadı zu wenig und dem Raume nach zu zerſtreut, um nur irgendwie die Aufmerkſamkeit der Eingebornen erregen oder gar einen Einfluß auf den Bildungsgang der Nation üben zu fönnen. Sie waren willkommen als eine neue Arbeitskraft und, da ſie aus Deutſdland ausgewandert waren, um ibre materielle Lage hier zu verbeſſern, ſo waren ſie herzlich zufrieden , dieſes gewünſchte Ziel hier erreicht zu haben .

Schon vor dem Jahre

1830 wurde dieſe Art der Einwanderung ſtärker in Folge der Vers mehrung der Bevölkerung ſeit den napoleoniſchen Kriegen. Die Mehrzahl derſelben fam von den Ufern des Rheins und aus den Sees ſtädten Norddeutſchlands. Am Rheine nämlich hatte ſich die Tradition von dem vornehmen Engländer Penn von Geſchlecht zu Geſchlecht vererbt. Die Großväter erzählten ihren Enkeln, wie dieſer Mann in der Gegend des Donnersberges , in Worms, Grünſtadt und Kirchs heimbolanden gepredigt habe,

daß alle Menſchen gleich ſeien und

keine Fürſten brauchten, um glüdlich zu werden . reits Ausgewanderten,

Die Briefe der bes

die aus dem fernen Lande der Verheißung

tamen, wurden in dem ganzen Dorfe und in der Umgegend mit Bes gierde geleſen und nicht ſelten war es , daß in Folge eines einzigen ſolchen Briefes eine ganze Caravane Auswanderer ſich bildete. Die Lüde, die ſie hinterließen, füllte ſich ſchnell wieder aus und wurde kaum im bürgerlichen Leben gefühlt, da ein Ueberfluß an Bevölkerung da war.

Im Innern Deutſchlands war aus dieſem Grunde das

Bedürfniß der Auswanderung nidst ſo ſtark und es war dort den Regierungen leichter, den Wanderluſtigen Hinderniſſe in den Weg zu legen.

Darum finden wir heute noch, hauptſächlich auf dem Lande,

neben dem norddeutſchen Idiom , den rheiniſchen und ſchwäbiſchen Dialekt vorherrſchend.

Dieſe Klaſſe der Einwanderer waren feines

wegs arme Leute nach deutſchen Begriffen, denn dieſe hatten die Mittel nicht, um die Koſten der Reiſe zu beſtreiten. Es waren Fas milien, die ein Haus und einige Morgen Land beſaßen und nebenbei vielleicht noch ein Handwerk oder ein Geſchäft trieben , das gerade ſo

Moderne Einwanderung.

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viel und knapp ſo viel abwarf, als ſie zum ſparſamen Leben bei ans geſtrengter Arbeit bedurften . Der Verkauf ihres kleinen Vermögens ſeßte ſie in den Stand, ſich für die Reiſe auszurüſten und oft noch ein ſchönes Sümmchen mitzunehmen . Viele derſelben waren zurüd gekommen im Wohlſtande, ſei es durch eigene Schuld, ſei es durch die Ueberſeßung der Geſchäfte und die Kärglichkeit des Verdienſtes. Sie ſaben , daß ein längeres Bleiben im Vaterlande ſie an den Bets telftab bringen würde und zogen daher vor, ihr Leßtes auf's Spiel zu ſeßen , um ſich aus ihrer drüdenden Lage zu befreien und um nicht unter den Augen ihrer alten Nadybarn der Heimath , denen ſie einft gleich ſtanden , das bittere Brot der Armuth eſſen zu müſſen .

Aus

dieſer Klaſſe der bürgerlichen Geſellſchaft Deutſchlands tommen wohl immer noch die meiſten Einwanderer .

Sic bilden ten beſten und

geſundeſten Theil des deutſchen Elements in Amerika . Wie es in jeder Armee Marodeure und Marketenderinnen giebt, ſo ſehen wir auch unter dieſen ehrlichen und fleißigen Einwanderern ein buntes Ges lidhter, Muſterſtüde, aber keine Prachtſtücke aller Klaſſen der jenſeitigen Geſellſchaft, denen irgend ein Skandal oder ein Verbrechen den Aufent balt im Vaterlande unmöglich gemacht hat. Verdorbene Studenten , die noch keineswegs das Ganze ihrerWiſſenſchaft erfaßt hatten ; Barone, die Sprößlinge ehemals reichsunmittelbarer Herren, die ihre Familie hierher geſchickt hat, damit ſie aus dem Wege find ; wegen Nichtbes förderung gefränkte Offiziere und aus der Kutte geſprungene Pfaffen , in den Freuden des Eheſtandes ſchwelgend ; Kaſſenbeamte, die einen fühnen Griff gethan und ihren Erwerb hier in Ruhe genießen wollen; Wilddiebe und Forſtfrevler, die ſid hier im vollſten Maße der Jagd erfreuen und zuweilen die Spanferkel der Farmer als Friſchlinge be tradhten ; und dergleichen mehr. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß dieſe Leute viel von ihrer Theilnahme an der oder jener Revolution , von ihren Leiden und Abenteuern zu erzählen wiſſen und wohl kann man es ihnen verzeihen, daß ſie einen Schleier über ihre Vergangenheit zu werfen ſuchen, um ſo eher, da ſie großentheils ſich bemühen , die jen Feits verlorne Achtung ihrer Mitbürger hier durch gutes Verhalten wicder zu gewinnen . Schon vor 1830 hatte es der größte Theil dieſer Eingewanderten zu einem behaglichen Wohlſtande gebracht; allein über dieſem in rein materiellen Beſtrebungen zerfahrenen Chaos (dwebte fein ſchaffender

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Moderne Einwanberung.

Geiſt, der die Deutſchen gruppenweiſe hätte ſammeln und zu gemein: famem , über das materielle gehende Streben vereinigen fönnen. So war es erklärlich und verzeihlich, daß der Deutſche ſeine höchſte Auf gabe darin ſah, die Amerikaner in ihrem ganzen Weſen und Thun fich zum Muſter zu nehmen, ihre Sitten nachzuahmen u. ſ. w., kurz ſich zu „ amerifaniſiren,“ wie das Sdlagwort hieß. Die kläglichen Folgen lagen bald vor. Es war der mangelhaften Bildung der Meiſten gänzlich unmöglich, troß allem guten Willen, die engliſche nur halbwegs als Umgangsſprache ſich anzueignen ; es bildete fidy jenes widerliche Kauderwälſch aus, mittelſt deſſen beide Sprache

Sprachen benußt und beide ſchauberhaft verunſtaltet wurden ; die äußern Manieren der Amerikaner wurden nachgeäfft, meiſtens aber blos die ſchlechten des Fluchens und Großſprechens, während ſie ihren deutſden Anſtand und Beſcheidenheit, wie einen alten Rod abwars fen. Weil ſie meiſtens nur mit rohen Amerikanern verkehrten und mit den noch ſchlimmern Irländern, ſo glaubten ſie, die guten Sitten ſeien eine Eigenthümlichkeit der Monarchie und die Rohbeit ſei ein Attribut der Freiheit, des republikaniſchen Weſens. Die wenigen Gebildeten, die in jener Zeit einwanderten, wurden, wenn ſie ſich dem herrſdenden Tone nicht fügten, als Ariſtokraten verhöhnt ; man gab ihnen zu verſtehen , daß hier nicht die Ariſtokraten und Beamten herrſchten , d . h. ſie verſtanden darunter die Gebildeten überhaupt, die ,,Studirten," die ,,Lateiner" und wie die albernen Stidnamen alle hießen - ſondern die Demokraten, worunter ſie waren und das waren ſicherlich die Ungebildeten.

So mußten die gebildeten Deutſchen hier

lange genug Das büßen, was der Stand der Gebildeten in Deutſ land, d. h. die Regierungsbeamten an der großen Maſſe des Voltes geſündigt hatten. Der Haß gegen die gebildeten Beamten, die ſie in Deutſchland unterdrüđt hatten, ſchlug bei ihnen hier um in einen Haß gegen die Gebildeten überhaupt. Von dem Drude des jenſeitigen Pfaffenthums erlöſt, glaubten ſie genug gethan zu haben, wenn ſie jedes poſitive Dogma verwarfen und dem Materialismus im robeſten Sinne des Worts buldigten.

Aber die höchſten Zwecke der Menſch

heit werden durch einen ſolchen Wechſel nicht ſonderlich gefördert. Wenn das Losmachen des Menſchen von irgend einer poſitiven Relis gion nur durch eine ſecre Negation bewerkſtelligt iſt; wenn er nicht ein höheres Streben nach den Idealen der Menſchheit, nach der Vers

Die 30er Einwanderung.

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wirklichung der leßten Reſultate der Philoſophie an ihre Stelle feßt, ſondern nur die Sinnlichkeit und die Brutalität der Menſchennatur als legtes Geſets über ſich herrſchen läßt , ſo verliert dadurch der Fortſchritt der Freiheit mehr, als er gewinnt. Die Einwanderung von 1833 und den folgenden Jahren bradite ausgezeichnete Kräfte in's Land, allein ſie bildet nur eine Epiſode in dieſer abſteigenden Bewegung des deutſchen Geiſtes in Amerika und ſie war an Zahl zu ſchwach und zerſplitterte zu ſehr ihre Kräfte, um nachhaltig wirken zu können . Man könnte ſie die ſentimentale nennen . Shren geiſtigen Urſprung leitet ſie ab aus den Freiheitsfriegen gegen Napoleon. Arndt, Jahn, Fichte, Theodor Körner hatten die deutſche Jugend für die Idee der Freiheit begeiſtert; allein der Sieg über Napoleon brachte die Freiheit nicht, ſondern nur einen Wechſel der Herrſder. Das Volk murrte, die Gebildeten und die Jugend der Univerſitäten voran . Auf der Wartburg ( 1818) beſchloſſen die De legaten der Burſdenſchaften der deutſchen Univerſitäten für die Bes freiung Deutſchlands mit ihrem Blute einzuſtehen .

Es waren begeis

ſterte Jünglinge, die eine ſehr poetiſche, vage Idee von politiſcher Freiheit hatten, bei dem Abgange von der Univerſität gewöhnlich aber ſehr gefügige Beamte wurden. Doch pflanzte ſich dieſer ernſte Geiſt in den Burſchenſchaften noch fort bis zum Jahr 1830. Als dann der Thron Karls X. von Frankreich durch das Volk von Paris ges ſtürzt wurde, erregte dicfe Cataſtrophe großen Schreden unter den Negierenden Europa's und, wie gewöhnlich, eine entſprechende Auf regung und Freiheitsbegeiſterung unter dem deutſchen Volfe. Der Herzog von Braunſchweig wurde unblutig von ſeinem Volfe entſekt ; in den Rammern von Baiern, Baden und Hannover wurden fühne Reben gehalten ; in Franken und längs des Rheines wurden große Volfeverſammlungen ausgeſdrieben , unter denen sie auf dem Ham bacher Schloſſe die bedeutendſte war. Dort ſprachen Wirth und Sie: benpfeiffer zu dem Volfe, das aus großer Ferne herbeigeſtrömt war ; allein nicht einmal die Führer waren einig darüber, was außer dem Reden zu thun ſei, wie viel weniger das Volf, das ſich mit Singen von Freiheitsliedern und der freigebigen Bewirthung der damals nach Franfreich flüchtenden , von Rußland vertriebenen Polen be gnügte. Der Angriff auf die Conſtabler-Wadie in Frankfurt, von einer kleinen Truppe fühner Studenten und Bürger ausgeführt, war

Die 30er Einwanberung.

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die Spiße und das Ende der Bewegung .

Die Gefängniſſe füüten

ſich mit politiſchen Gefangenen ; die Hochverrathsprozeſſe waren an der Tagesordnung ; eine Maſſe Bürger wanderten aus, weil ſie ein ähnliches loos fürchteten, oder weil ſie an dem Schidſale ihres Va terlandes verzweifelten.

Die Handwerker dieſer Emigration ließen

ſich in den Städten nieder und befanden ſich ſehr wohl dabei ; die Gebildeten aber, die den Aderbau gar nicht oder nur theoretiſd fanns ten, ſuchten träumeriſd in der Einſamkeit des Waldes , beim Be bauen ihres Feldes den Frieden und das ( zlüd wieder zu finden , das ihnen

der Verluſt eines Vaterlandes geraubt hatte.

Wie bitter

Die erſten Jahre waren eine Kette von Mühjalen für ſie und ihre Familie, eine Reihe von bittern Kränkungen . Sie täuſchten ſie ſich.

waren es, die vorzugsweiſe von den bereits anſäſſigen, oben beſprodje nen Deutſchen als „ Lateiner “ bezeichnet wurden, weil ſie es wagten , Latein zu verſtehen und dody Acerbau treiben zu wollen . Die Weni gen , die jeßt noch übrig ſind, Männer von Eiſen , haben zwar ihr Ziel erreicht, ſie haben ſich und ihren Kindern eine döne, freie Hei math, ein ſorgenfreies Leben geſchaffen - aber wie viel mehr hätten fie wirken können, wenn ſie, mit Bildung und Talent ausgerüſtet, in den großen Städten ſich emporgearbeitet und ihre Intelligenz zu Gunſten ihrer deutſchen Mitbürger geltend gemacht hätten ? Doch ſie haben das Ihrige gethan . Das Städtchen Hermann, am Miſſouri, iſt von ihnen gegründet und St. Charles in Miſſouri wurde großen theils von ihnen zu ſeiner jeßigen Blüthe gebracht.

Belleville, in

of Ranmis St. Clair County , St. Louis gegenüber, wurde von ihnen ſtark be fiedelt, ſowie ein großer Theil des County.

In dieſen Gegenden ,

wo der deutſche Fleiß ſo lange mit der Natur gerungen , bis er ihre Geheimniſſe belauſcht hat ; wo er es jebt endlid nad großen Opfern an Geld und Arbeit dahin gebracht hat, mit Erfolg einen geſunden Wein zu erzielen, kann ſich der Deutſche in der That nadi der Heimath zurüdträumen . Die Berölferung von St. Clair County , etwa 40,000, ift zu mehr als drei Viertel deutſch. Auf allen Straßen grüßt den Reiſenden der herzlidie deutſche Gruß ; in den Städtohen und Dörfern wird ſelten engliſch geſprochen ; Belleville iſt mit Ausnahme weniger amerifaniſcher Familien ganz deutſch, ebenſo Mascoutah, zwei betriebſame Städtchen , die man in Deutſchland Städte nennen würde. (Ueber 8000 Einwohner jede.)

Dbgleich auch dort die

Politiſdue Stellung.

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kleinen deutſchen Zwiſtigkeiten nicht fehlen, ſo herrſcht doch im Auges meinen , von den Gebildeten herunter bis zu dem einfachſten Farmer, ein anſtändiges , geſittetes Betragen und die deutſche Sprache wird in den beſſern Kreiſen beinahe frei von jeglichem Dialekte geſprochen . Ein anderer Theil dieſer Einwanderung fiedelte ſich in Teras an , in der Gegend von San Antonio, Brownsvile und Neu - Brauns feld. Viele derſelben wandten ſich bald nach dem Norden und im Laufe dieſes Krieges fielen die beſten Männer unter ihnen als Opfer der Rache und der Barbarei der Sklavenhalter. Die in den öſtlichen Staaten Angeſiedelten verſchwanden unter der Maſſe der bereits An fäffigen und ſtetig Hinzukommenden, ohne das deutſche Weſen mert lich zum Beſſern geändert zu haben . Die Deutſchen ſchloſſen ſich von früher Zeit her beinahe ohne Aus nahme der politiſchen Partei der Demokraten an , weil dieſe in der That freiere Grundfäße der Regierung aufſtelte, als die Whigs, welche aus der alten Föderaliften - Partei hervorgegangen waren und eine Neigung zur Klaſſenherrſchaft des engliſchen Syſtems zeigten . Theils aus Radhe gegen die Fremden, mittelft deren Stimmen ſie oft geſchlagen wurden,

theils aus angebornem Nationalhaß und auf

Betreiben der puritaniſchen Geiſtlichkeit, denen die fremden Ungläu bigen heute noch ein Dorn im Auge find, nahmen die Whigs in 1840 den Grundſaß der Nativiſten, kraft deſſen der Fremde das aktive und paſſive Wahlrecht nur in ſehr beſchränktem Maße genießen fou, in ihr Programm ( Platform ) auf.

Dies hatte die natürliche Folge ,

daß ſich die Deutſchen um ſo feſter an die demokratiſche Partei, die ihre Rechte in Sduß nahm, anſchloſſen und ſich wenig darum füms merten, was die demokratiſche Partei in anderer Richtung that. gewöhnten ſich bald an blinden Gehorſam .

Sie

Was die Führer der

Partei vorſchrieben, das wurde mit militäriſcher Präciſion befolgt, und lange galt es als ein Verrath an ſeinen Landsleuten, das de: mofratiſche Tidet, [den Zettel mit den Namen der Candidaten) nicht zu ſtimmen .

Zeigte ſich hie und da ein Geiſt der Dppoſition , ſo

wurde alsbald das Geſpenſt des Nativismus heraufbeſchworen , deſſen Schreden alle Widerſpenſtige bald zum Stilſchweigen brachte. Sdon unter Polf's Adminiſtration wurde es über allen Zweifel flar, daß die demokratiſche Partei, die Partei Jadſon's, der wenige Jahre vorher noch die übermüthigen Sklavenhalter Süd - Carolina ' $ 3

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Politiſche Stellung,

niedergebonnert und ihren Führer Calhoun gedemüthigt þatte, mehr und mehr ſich zum Werkzeuge der ehrgeizigen und weitſchenden Pläne der ſüdlichen Politiker erniedrige. Die Whigs widerſeßten ſich der Anneration von Teras und dem Kriege gegen Merito , weil ſie ſaben , daß alles gewonnene Gebiet nnr zur Vergrößerung der Macht der Sklavenhalter dienen werde.

Vergebens ;

ein Krieg mit Merito

batte für die thatenluſtige Jugend des Nordens ſo viel Neues und einen ſo unwiderſtehlichen Reiz, daß die Oppoſition dagegen un mächtig verhalte. Teras wurde als Staat in die Union aufges nommen , unter der Clauſel , daß, je nachdem die Zunahme der Bevölkerung es erfordere, fünf, ſage fünf Sklavenſtaaten aus dem Flächenraume gebildet werden könnten . Troß dieſem ſchrecklichen Fortſchritt der Macht der Sklavenhalter blieben die Deutſchen be harrlich

und unbeirrt bei der demokratiſchen Partei. Man wußte wohl, daß die ganze Natur der Deutſchen ein Widerſtreben gegen die Sklaverei bege,

ebenſo

ein großer Theil der übrigen Bevölfe

rung des Nordens und faßte daher noch in 1848, um dieſes Ge fühl zu beſchwichtigen, Parteibeſchlüſſe, welche fich gegen die Aus dehnung der Sklaverei in die weſtlichen Territorien verwahrten. Die Deutſchen applaudirten und wählten unverbrüchlich für ihr demokratiſches Tidet. Nach und nach ſagten ihnen ihre Führer vor, der Neger fümmere ſie nicht im Norden ; es ſchade dem Nors den Nichts , ob es einige Sklavenſtaaten mehr gebe, oder nicht: die Abolitioniſten thäten beſſer, für den armen Weißen im Norden zu ſorgen, ſtatt ſich für den Neger zu begeiſtern ; ob die Deutſchen neben einem Neger arbeiten , ob ſie ihre Töchter an Neger verheirathen wolten ?

Mit ſolchen Schlagworten und Kreuzfragen wurde der

natürliche Widerwillen der Deutſchen

gegen

die Sklaverei über

wältigt und ihr edleres Menſchengefühl abgeſtumpft. Viele Deutſde und es giebt deren heute nocy – dünften ſich Wunder viel, wenn ſie die Verachtung, die der Sklavenhalter gegen den Neger hegt, nachäfften und zu beweiſen ſuchten, daß der Neger ein Thier ſei, oder wenigſtens keine Sorte eines Menſchen , der auf menſdliche und politiſche Rechte Anſpruch habe. Die Abolitioniſten - ſo wurden alle genannt, welche nur wagten, gegen den Fortſchritt der Skla Serei zu ſprechen,

wurden als

Union der Staaten bezeichnet.

Verräther am Volfe und an der Dazu ſtellten die leitenden Staats

Poliiſøe Stellung.

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männer beider Parteien des Nordens den Grundſaß, daß man über die Sklavereifrage ſchweigen ſolle, daß man den Süden in Ruhe laſ ſen ſolc, als höchſte Weisheit und Regel für jeden guten Bürger auf. Wenn das Sdweigen über eine große, mit Rieſenſdritteu nahende Gefahr Staatsweisheit iſt, ſo waren dieſe Politiker weiſe. In Wahr beit preßte ihnen die Furcht vor den beſtändigen Drohungen der ſüd lichen Führer dieſe oft wiederholte Mahnung an das Volk des Nors dens ab . Sie ſaben wohl die Gefahr naben , aber ſie hatten nicht den Muth und nicht genug Haß gegen die Sklaverei, um ihr offen in den Weg zu treten und die Gefahr zu beſeitigen, als ſie noch nicht die Macht erlangt batte, die ſie beim Ausbrude des Krieges durch ihre Vertröſtungen des nördlichen Volkes beſaß.

Den Deutſchen waren

ſolche Mahnungen, wenn ſie aus dem Munde eines Henry Clay , Daniel Webſter, Caß oder Douglas kamen , wie ein Evangelium und ein Befehl und ſo waren ſie aufs Beſte vorbereitet, fich an den Triumphwagen der unaufhaltſam vordringenden Sklaverei ſpannen zu laſſen und ihn zu neuem Siege zu führen , zu einem Siege, der ihnen ſelbſt in kurzer Friſt Verderben bereitet hätte. Da warf der Vulkan der europäiſchen Revolution eine neue Welle an dieſes Ufer, eine deutſche Einwanderung, die alle vorhergehenden an Zahl, Fähigkeiten , Arbeitskraft und Capital weit übertraf. Die revolutionären Krater in Berlin und Wien waren ausgebrannt; die Schlachten des Volfs in Polen, in Ungarn und in Baden waren verloren ; die Reden in der Paulskirdie waren verhalt und das Spott Phantom eines deutſchen Kaiſers war in ſein Nichts zurüđgeſunken ; die Gefängniſſe waren gefüllt und Deutſchland ädigte unter der eiſer nen Hand ſeiner angeſtammten Eigenthümer. Die Völkerwanderung nad Amerika glid mehr einer Flucht der Maſſen, als einer unter Thränen das Vaterland langſam verlaſſenden Auswanderung. Unter Freudengeſdrei ließen ſie den Grenzpfahl hinter ſid), denn er bedeutete für ſie nichts mehr, als Leiden, Verfolgung, Demüthigung . Nicht daß ſie das Vaterland leichtfertig vergeſſen wollten — ſie hatten ja ihr Alles für es geopfert — nein, ſie ſuchten nur eine Stätte, wo ſie in der Fremde die Freiheit üben könnten , für die ſie vergebens im Vater lande gekämpft.

Es war, als ob ein geſchlagenes Heer, das nad Art

der Teutonen Weib und Rind mit ſich führte, über den Ozean komme. Auf jedem Schiffe

ein kleines Deutſchland;

jeder Dialekt , jeder

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Die 48er .

Stamm , jede Revolution batte ihre Repräſentanten ; Jeder hatte ſeine Leidensgeſchichte und Ade die Hoffnung auf Glüd und Ruhe im neuen Lande.

Die Gefährten des Colombo begrüßten faum mit grö

Berer Freude den Ruf „ Land," als dieſe neuen Argonauten, die auss gezogen waren, um das goldene Vließ der Freiheit zu entdeden . Nicht daß Land allein lag dort im Weſten, wo der blaue Streif am Hori gonte aus dem Meere zu ſteigen (dien - alle gebrochenen Hoffnungen , alles vergebliche Streben nach Verwirklichung ihrer Ideale, alle ver lornen Freuden der alten Welt ſollten dort auf jenem von der metall glänzenden Luft Amerifa's darf begrängten Nebelſtreif wieder neu aufleben, neu geboren werden . Die neue Welt hat ihnen Wort ges balten ; ſie haben ſich nicht getäuſcht, wenn auch gerade nicht das tauſendjährige Reich einer ewigen Glüdſeligkeit hier herrſcht. Wo die trüben Fluthen des Miſſouri auf die klaren Waſſer des Miffiffippi ftoßen, da quallen die Strudel auf und reißende Wirbel würden den tollfühnen Schwimmer in's Verderben ziehen . Meilens weit rollen ſie, anſcheinend ſich nicht vermiſchend, neben einander bem Meere 34. Bald aber zeigt der ießt mächtige Strom nur eine Farbe, die weder die des einen noch des andern iſt. So ftieß die neue Einwanderung auf die alte , bereits heimild gewordene.

Leßtere

empfingen die Antömmlinge zwar freundlich ; mit Begierde lauſchten ſie den Erzählungen der Abenteuer, der Leiden der Landsleute. Taus ſendfältig wurden die Schlachten von jenſeits in allen Orten des Dſtens und Weſtens an den Biertiſchen und im Familienfreiſe wieder geſchlagen, wie die Schlacht der alten Hünen . Jeder, der in den Reihen geſtanden, mußte ja wiſſen , was gethan wurde, was hätte ge than werden ſollen, was er gleich von Anfang an gedacht und vorauss geſagt, und wer der Verräther oder der Dummfopf war, ber die Sache zum Verderben geführt. Iſt es doch menſchlidy und verzeiblich, nach beſtandenen Leiden und Gefahren , an ficherem Orte das Erlebte mit

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Gleichgeſinnten zu beſprechen, der Gefallenen liebend zu gebenfen und die Lebenden ſcharf zu fritifiren. dauerte nicht lange, ſo bildete ſich eine eigenthümliche Klaſſe unter den Flüchtlingen , hauptſächlich in New York, die, da ſie immer einen willigen Zuhörerkreis fauben und von Jugend auf an ernſtliche Befgáftigung nicht gewöhnt waren , das Arbeiten unter ihrer Würde hielten , in den deutſchen Gaſthäuſern der Schreden der Wirthe waren

Die Grauen und die Grünen .

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und ſich als freiwilliges Empfangs - Comite für jeden Neuanfommens ten conſtituirten. Sie führten überall das große Wort, brüteten die abenteuerlichſten Pläne aus, fprachen ernſtlich von der Anneration Europa's an die amerikaniſche Republik und antworteten auf die Frage, warum fie nicht arbeiteten, daß ſie ſo lange nicht arbeiten würden , bis allen Menſchen das Recht auf Arbeit zugeftanden ſei. Dod rieſe wunderlichen Räuze, die ſogenannten Revolutionsbumms ler, verſchwanden bald in dem geſchäftigen Treiben des bürgerlichen Lebens. So weit wäre die Sade ganz gut gegangen, wenn die ,, Grünen " ſo wurden die Neuangekommenen von den bereits Anfäffigen, die Das Bürgerrecht beſaßen, den „ Grauen ," genannt- nicht alsbald die iunern Staatsangelegenheiten und die politiſche Stellung der Grauen unbarmherzig Pritifirt hätten . Ihr Humor war keineswegs roſenfar ben, da die Bitterfeit ihrer Stimmung über die verlornen Hoffnungen im Vaterlande oft noch durch Nahrungsſorgen erhöht wurde.

So

waren ſie, obgleich fie in der Folge oft durch die Ereigniſſe Mecht bes hielten , raidh im Urtheilen und Aburtheilen über amerikaniſdie Zu ftände. Sie legten den Maßſtab ihrer Ideale an Das , was ibnen hier als Gegebenes, Menſchliches, mit allen feinen Mängeln entges gentrat und verfielen oft in den Fehler, über das Ganze abzuſprechen, weil es im Einzelnen ſchadhaft war. Selbſt noch ungewöhnt an den ſpontanen Gang der republifaniſchen Staatsmaſchine, die viel freien Spielraum läßt zu Gutem und zu Schlechtem , waren fie zu raſch bereit, alle Mängel, die in der That blos eine Folge der ſchnellen Entwidlung und des beiſpielloſen Aufſchwungs des hieſigen Volkes find, als Symptome des Verfals des Staates und der Entartung des Volkes zu betrachten.

Es brachte ſie aus der Faſſung, ſie waren

verblüfft darüber, daß die Eingebornen in religiöſer Beziehung noch weit hinter dem Standpunkte des gebildeten Deutſchlands zurüd wa ren und ſie nahmen fich nicht Zeit, ihren Unwillen darüber ſo lange zu meiſtern, bis ſie eingeſehen hätten, daß das amerikaniſche Volk zu viel andere Dinge zu thun hatte, kurz, daß die Grundbedingungen noch nicht vorlagen, die ein Volf zu einem ſolchen Fortſchritt in der Weltanſchauung befähigen . Den „ Grauen " wurde vorgehalten, und nicht mit Unrecht, wohl aber mit acht lutheriſcher Grobheit, daß fie das ſchönſte Erbe des alten Vaterlandes , die deutſche Sprade, vers

Die Grauen und die Grünen.

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unſtaltet hätten, während ſie doch nicht im Entfernteſten im Štande ſeten, das Engliſche richtig zu ſprechen ; daß ſie Squld feien, daß die Amerifaner auf die Deutſchen als ihre willenloſen Werkzeuge berab : ſehen, die bereit wären , bei jeder Wahl mit der alten , verwerflichen Bedientenleidenſchaft den

amerikaniſchen

Aemterjägern

mit ihren

Stimmen zu Gebot zu ſtehen ; endlich, daß die demokratiſche Partei, mit der ſie es hielten, zum Werfzeuge der Sklavenhalter ſid erniedrigt habe und daß es für jeden Deutſchen eine Schmacy fei, den Fluch der Negerſflaverei, der ſlimmer ſei, als die Leibeigenſchaft des Mittels alters, noch im neunzehnten Jahrhundert zu unterſtüßen. Die Anklage war zu wahr, fie traf zu genau den wunden Fled , um nicht alsbald den lauten Aufſchrei der Getroffenen zu erregen . Jm Beſiß der ganzen deutſchen Preſſe, (die damals allerdings noch ſehr unbedeutend war) erhoben fich die Führer der ,,Grauen " zu der garzen Höhe ihres Selbſtbewußtſeins als Männer von Vermögen , Anſehen und Einfluß und ſchleuderten die ganze Wucht ihres Zornes auf die vorwißigen Neulinge, die es wagten, ihnen , die ſeit Jahren das republikaniſche Weſen kannten , Vorſchriften zu ſeben und lec tionen über ihr politiſches Verhalten geben zu wollen .

So lange die

Grünen noch kein Organ zu ihrer Verfügung hatten, beſchränkte ſich dieſes Aufeinanderplaßen der Geiſter auf die Wirthshäuſer ; als ſie aber nach und nach in der Preſſe antworten konnten, da loderte der Streit in hellen Flammen auf und die Erbitterung der Grauen kannte keine Grenzen .

Bald genug ſtieg die düſtere Ahnung in ihnen auf,

daß dieſe vorwißigen Grünen nichts Geringeres im Schilde führten , als ſie aus ihren Stellungen als Volkstribunen und politiſche Füh : rer zu vertreiben und die Deutſchen der demokratiſchen Partei zu ent fremden . Beſonders ein Umſtand bereitete ihnen häufig Verlegenheit und machte ſie ſehr reizbar den Grünen gegenüber. Die Meiſten ihrer Führer in Wort und Sdrift hatten den Geiſt der deutſchen Sprache noch nicht ganz erfaßt und lebten auf geſpanntem Fuße mit den Re geln der Syntar.'

Das Unglüd wollte es oft, daß gerade, wenn der

oder jener Führer der beleidigten Demokratie die ganze Schaale ſeines Zornes über die „ grünen Weltverbeſſerer oder Abolitioniſten “ ausgok, irgend ein fataler Schnißer unterlief, der ſich oft ſehr ſchnurrig aus nahm und nicht verfehlte, das homeriſche Gelächter der Grünen zu erregen .

Als die Argumente ausgingen und das geſchab ſehr bald ,

Die Nebraska- Bil.

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ta griff man nach andern Waffen, die mit ziemlichem Jeſuitengeſchide gehandhabt wurden . „ Ihr habt," ſo hieß es, „in Deutſchland die Revolution verpfuſcht, ihr habt das Volk in's Unglück geſtürzt und jeßt fommt Ihr berüber, ohne daß wir Euch gerufen bätten , und wollt uns hier mit Euern Weltverbeſſerungsplänen den Frieden ſtören . Wir haben bisher ruhig gelebt und wenn es Euch hier nicht gefällt, ſo könnt Ihr hingeben , wo Ihr's beſſer findet." So unerquidlich und ſo häßlich dieſer öffentliche Kampf in der deutſchen Preſſe aud war, ſo nothwendig war er, um die Deutſchen über ihre politiſche Stellung aufzuklären und ſie auf beſſere Wege zu führen .

Er dauerte bis zum Jahre 1854, ohne daß anſcheinend die

reutſche Fortſchrittspartei große Fortſchritte gemacht hatte. Viele von den Alten waren jedoch ſchon ſchwankend geworden und es bedurfte nur einer Gelegenheit, um den Umſchlag in den Anſichten der Deutſchen zur Thatſache zu machen. Als Douglas die ſogenannte Nebraskabil vor den Congreß brachte, da entſtand eine ungeheure Aufreguug, be ſonders unter den Deutſchen , deren Intereſſen als freie Arbeiter da durch nicht wenig bedroht waren. Sie bezwecte, die ungeheuren Ter ritorien Kanſas und Nebraska troß des Verbots des ſogenannten Miſſouri - Compromiſſes der Sklavenarbeit zu öffnen, d. h. in kurzer Friſt aus dieſen Gebieten zwei große, neue Sklavenſtaaten zu bilden , welche im Vereine mit Miſſouri den Fortgang der freien Arbeit nach dem Weſten abgeſchnitten hätten .

Dieſes monſtröſe Geſep bildete den

Anfang zur Ausführung des gigantiſchen Planes der ſüdlichen Ariſto fratie, das Reich der Sklaverei von Teras nordwärts und von Miſ ſouri weſtwärts ( im Einverſtändniſſe mit den Mormonen in Utah ) ſo auszudehnen, daß die freie Arbeit für immer auf die jeßigen freien Staaten mit Ausnahme einiger ſybiriſcher Striche an der nördlichen Grenze beſchränkt worden wäre.

Der Sklavenſtaat Miſſouri hatte

ohnehin ſchon nur zu gut die Pläne der Sklavenhalter gefördert. 'Er bildete die Grenzſperre, welche die freie Einwanderung abſtieß, ſie von dem milden , gemäßigten Klima der Prairien von Kanſas fern hielt und ſie bis weit in die falten Regionen von Michigan, Wisconſin , Jowa und Minneſota hinauftrieb, wo der Winter acht Monate lang dauert. Solche Erwägungen verfehlten nicht ihre Wirkung auf die Deutiden , die ja meiſtens alle Arbeiter ſind, und im erſten Sturme der Erbitterung waren ſelbſt die hartnädigſten deutſchen Organe der

Sociale Fortſchritte.

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demokratiſchen Partei genöthigt, ſich gegen das Geſeß auszuſprechen. Jeßt war das Eis gebrochen ; die große Majorität der Deutſchen erhob ſich gegen die drohende Macht der Sklaverei und ſie bildeten die Kerns truppen der feit 1855 fich bildenden republifaniſchen Partei. Der Geiſt der „grünen Weltverbeſſerer“ hatte geſiegt über den conſervativen Schlendrian der Grauen. Neben dieſem Fortſchritte im politiſchen Bewußtſein der Deutſchen, wirften noch andere Faktoren, die nicht wenig dazu beitrugen, das deutſche Wefen zu ſammeln , im Gegenſaße zu den amerikaniſchen Ans ( chauungen heranzubilden und dadurch wieder die leßtere ſelbſt bildend und reformatoriſch umzugeſtalten. Gleich nach 1849 bildeten ſich an allen größeren Orten Turn- und Geſangvereine, die in kurzer Zeit zu großer Blüthe gelangten und die Günſtlinge des großen deutſchen Publifumo wurden .

In ihren Kreiſen fand der Deutſche die geſellige Unterhaltung des Vaterlandes und konnte ſich erholen von der ermüs denden Einförmigkeit des amerikaniſchen öffentlichen Lebens, das ſolche rauſchende Beluſtigungen bis zu dieſer Zeit nicht konnte. Es fonnte nicht ausbleiben, daß eine ſo plößlich ins Leben ſpringende, engge

ſchloſſene Körperſchaft, wie die der Turner, die Aufmerkſamkeit und den Verdacht der Amerikaner erregen würde. Die Maſſe der Ein gebornen betrachtete fich die Sache einfach mit dem Befremden , das alles Neue, Unverſtandene erregt und würde der Sache wenig þin derniſſe in den Weg gelegt haben, wenn ſie nicht aufgebeßt worden wäre durch die alten Gewalten der Finſterniß, die nur dann mit cinander im Bunde gefunden werden, wenn es gilt, einen Fort ſchritt zu bekämpfen. Da waren zuerſt die amerikaniſchen Geiſtlichen aller Confeſſionen und Seften, welche über die Entheiligung des Sabbaths durch ſündhafte Fremdlinge klagten ; da waren die groben , fatholiſchen, die ihre Kapuzinaden gegen die rothen Republikaner und Religionsſpötter losließen ; da waren die Grauen, die ſagten , ſo etwas ſei in dieſem Lande nie Mode geweſen , und darum ſei es nichts werth . Der in wüſter Roheit aufgewachſene Theil der einge bornen Jugend - der in den großen Städten fehr beträchtlich iſt — ſah das geordnete und geſittete Weſen der Turner mit dem engher zigen Hohne und dem Neide an, den die Rohbeit in der ganzen Welt gegen beffere Sitten hegt und ſo bot ſich denn das lekte Element ale williges Werkzeug für die Abfichten der erſten. In den Jahren

Sociale Fortſdritte.

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1850, 1851 , 1852 gab. es häufig ernfiliche Schlägereien bei den Turn- und Geſangfeften , die gewöhnlich durch organiſirte Banden von Gaſſenſtrolchen und Tagdieben, (loafers, rowdies) hervorgerufen wurden . Der größte Theil der amerikaniſchen Preſſe nahm bei ſolo chen Gelegenheiten keinen Anſtand, die Sache der Turner in das nachtheiligſte licht zu ſtellen und Bemerkungen fallen zu laſſen, wie es gegen den Geiſt dieſes Volkes ſei, wenn ſich die Deutſchen als Klaſſe ( clanish ) organiſiren und als ſolche hier auftreten wollten . Als ſpäter die Turnvereine überal Büdſenſeftionen bildeten und ſelbft Polizei ſpielten, blieben ſie ungeſtört, die Nativiſten aber klagten dann erji recht, daß die Deutſchen eine bewaffnete Macht im Staate bilden molten . Dieſes engherzige und kurzſichtige Gewinſel, das ſich oft in die Löwenhaut der Staatsweisheit kleidete, iſt jeßt gänzlich vers ſtummt, ſeit die Turner von Washington die erſte bewaffnete Macht waren, die ſich beim Ausbruch der Rebellion dem Präſidenten und ſeinem zitternden Cabinette zum Schuße anboten ; ſeit aus vielen Turnvereinen im Oſten und Weſten ganze Regimenter hervorgingen, ſeit die Turner von St. Louis die erſten drei Compagnien zum Schube des dortigen Arſenals lieferten .

Durch den Krieg wurden alle Turns

vereine etwas geſchwächt und ſeit der Dauer deſſelben wurde keine alls gemeine Tagſaßung gehalten, allein

djon jeßt blühen überall die

Vereine wieder neu auf, und der alte Bund . aller Vereine der Ver. Staaten wird wohl bald wieder organiſirt werden . Die Geſangvereine, die ſich bald in einen Sängerbund zuſammen foloſſen , hielten ſeit 1850 bis zum Ausbruche des Krieges jedes Jahr große Sängerfeſte in den größeren Städten nach Art der in Deutſdland gebräuchlichen . Sie bewährten hier in der neuen Welt die Mythe vom Orpheus, der durch ſeinen Gefang die wilden Thierc des Waldes beſänftigte. Die Muſik iſt die fosmopolitiſche Sprache der Verſöhnung und der Freundſchaft unter allen Bötfern und aud hier wurde ſie durch das Werk der deutſchen Sänger-zum Mittel der Abſchleifung der ſchroffen Gegenfäße und der gegenſeitigen Vorurtheile der Eingebornen und der Deutſchen . Es dauerte nicht lange, ſo vers ! wandelte ſich die finſtre Miene des Amerifaners über das fremdlän : diſche Treiben in eine Art von Begeiſterung und Bewunderung des deutſchen Liedes und das geſchah ſogar während der heftigſten Auf- . regung der Nativiſten in Baltimore, als die Sänger;zögerten, dort: 4

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Sociale Fortidritte.

ihr angeſagtes Feft abzuhalten, daß ſich der Mayor der Stadt, der Repräſentant der Nativiſtenpartei, mit ſeinem Worte und ſeiner Ehre verpflichtete, daß feinem Sänger ein Haar gekrümmt werden ſollte. Er hielt Wort ; die gefährlichſten Strolche machten es ſich zum Ehren punkt, Ordnung zu halten und Wehe Dem ihrer Spießgeſellen, ter gewagt hätte, den Störenfried zu machen . Sobald nur die Amerika ner das Streben der Deutſchen begriffen hatten, da ſchwieg nicht nur ihr Tadel, ſondern ſie erwähnten der Geſang- und Turnfeſte bei jeder Gelegenheit in der Preſſe höchſt anerkennend .

Die beiden Magnete

mit den abſtoßenden Polen hatten ſich endlich berührt und zogen ſich ießt gegenſeitig an. Es ſchien, als ob man erſt jeßt entdeckt hätte, daß die Deutſchen etwas mehr verſtänden , als den Aderbau und Bier brauerei, ja, daß ſie in gewiſſen Dingen Viel verſtänden , von som die Ameritaner bis jeßt wenig oder gar nichts wüßten . Jeft erſt wurde das Geſtändniß laut, daß die Deutſchen durch ihre Leiſtungen ihr Scherflein zur Bildung und Umbildung des guten Geſchmads und des Sinnes für Kunſt gegeben und man fing an, zu begreifen, warum ſie ihre Kräfte geſammelt hatten .

Wäre, wie früher, jeder Einzelne

mit ſeinen individuellen Beſtrebungen für ſich geblieben, ein Atom unter Atomen, ſo wäre es ihnen nie möglich geweſen , einen merklichen Einfluß auf den ganzen Bildungsgang des Volkes zu üben, viel we niger noch ihrem eigenen Streben zu genügen .

Jeßt erſt hatten ſie

gezeigt, daß die deutſche Einwanderung etwas mehr war, als bloßes Rohmaterial an Arbeitskraft und Capital, mehr als leere Nullen, die nur dazu beſtimmt waren, dem Nennwerthe politiſcher Spekulanten angehängt zu werden und ihn zu erhöhen, ſobald es zum Wählen fam , ſondern ein neues Element im geiſtigen Entw idlungsprozeſſe ter Nation, zu dem die alte Cultur Europa’s von Stufe zu Stufe ihre Beiträge liefert. Die deutſchen Zeitungen, die nach und nad in die Hände der jün

geren Emigration famen und ſich eine geſicherte Eriſtenz erru ngen hatten, thaten ihr Möglichſtes zur Förderung dieſer Vereine und ſtrebten überhaupt dahin, die Deutſchen von der Partei-Sklaverei zu emancipiren, und wenn man auf den kurzen Zeitraum von 12 oder 15 Jahren zurüdblickt,

wenn man ſich erinnert, was damals die

deutſchen Zeitungen waren und was ſie jeßt ſind, ſo muß man ſagen, daß der Fortſchritt, ſowohl was die Anforderungen des Publikums,

Deutide Zeitungen.

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als die Leiſtungen der Zeitungen ſelbſt betrifft, ein ungeheurer iſt. Noch bis zu 1852 konnten die deutſchen Zeitungen noch kaum den Anſpruch auf den Namen einer Zeitung machen ; die Blätter in den größern Städten nahmen ihren Stoff aus den engliſchen, die des Tags zuvor erſchienen waren ; Leitartifel hatten ſie nur dann , wenn eine Wabl bevorſtand und dieſe waren dann meiſtens ein Sammelſurium von Schimpfwörtern auf die gegneriſdhe Partei und ihre Candidaten , das zur größern Verſchönerung mit einer Maſſe engliſcher Schlags: wörter und Spişnamen ausgeſpickt war. Die einmal oder dreimal in der Woche erſcheinenden Blätter in den kleineren Städten bedurften gar keiner Redaktion ; ſie waren unter der Leitung irgend eines Budy: druders, der die Sache als ein Geſchäft betrieb, das Gewinn abwer fen ſollte und daher meiſtens die Koſten der Redaktion nicht ertragen konnte. Er dructe daher irgend etwas aus den größern Blättern ſeiner Partei ab und ſuchte ſich freiwillige Mitarbeiter, fo gut er ſie eben finden konnte. Kam dann eine Stadtwahl, Staatswahl oder gar Präſidentenwahl, ſo wurde der Mann der Preſſe von ſeiner Pars tei „ unterſtüßt,“ damit er fräftiger und eifriger für die Partei in's Zeug gebe und ihr Stimmen unter den Deutſchen gewinne . Dieſe kleinen Blättchen führen heute noch eine kümmerliche Eriſtenz und man ſieht nicht recht, wozu ſie da ſind. Es ſind eben die kleinen Lo falintereſſen, die fleinen Candidaten und der Lokalpatriotismus , „ auch eine Zeitung zu haben , welche dieſe Blättchen am Leben halten . Die Blätter der großen Städte New York,Philadelphia, Cincinnati, Chis cago und St. Louis haben in dieſer Zeit in Bezug ihres Inhalts , in der Art der Behandlung des Stoffes und in der Vergrößerung ihres Leſerfreiſes große Fortſchritte gemacht. Eine deutſche Zeitung iſt in dem Hauſe eines Deutſch - Amerikaners ſo unentbehrlich, wie das tägs lidhe Brot, einerlei ob er auf dem Lande oder in der Stadt wohnt . Er braucht die Zeitung , um ſich über den Gang der öffentlichen An gelegenheiten zu unterrichten, um zu wiſſen , was der Staat oder die Regierung der Ver. Staaten von ihm als Bürger verlangen . Es giebt keine Amts- und Intelligenz- Blätter wie in Deutſchland, welche die Gefeße und Verordnungen der Reihe nad enthielten . Die Res gierung fekt voraus, daß die Bürger aus den Zeitungen erfahren , was vorgeſchrieben wird und wer es nicht thut, dem gereicht es zu ſeinem eigenen Schaden . Alle Angelegenheiten der Stadt, des County

Die farmter.

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werden in der Zeitung beſprochen und da jeder Bürger immer mehr oder weniger ſelbſt mitzuwirken, zu ſtimmen , zu ſteuern oder Dienſte zu leiſten hat, ſo fann er die Zeitung nicht entbehren .

Darum iſt

auch der Wirkungsfreis einer Zeitung hier bedeutend umfangreicher, als der eines Blattes in Deutſchland. Dort beſorgt die Regierung die meiſten öffentlichen Geſchäfte und wenn der Unterthan ſeiner Mis litärpflicht genügt und ſeine Steuern bezahlt hat, ſo verlangt ſie nichts weiter von der Selbſtthätigkeit der Einzelnen . Bürger zu

ſeinem Theile mitregieren helfen .

Hier aber muß jeder Die Zeitungen in

Deutſchland bringen daber hauptſächlich nur Berichte über die Ereig niſſe des Tages und beſprechen die politiſchen Vorgänge bis zu den ihnen geſeßten Grenzen . Sie werden nur von den ſogenannten ges bildeten Klaſſen geleſen, als Unterhaltung in Politik und Literatur. Der Bauer in Deutſchland lieſt ſehr wenig Zeitungen, während hier gerade auf dem Lande die Zeitungen die aufmerkſamſten Leſer finden und ſelten eine Farm zu finden iſt, wo nicht eine oder mehrere Zeis tungen gehalten werden . Hier iſt zu bemerken, daß es in der ganzen Ausdehnung der Ver. Staaten keine ,, Bauern " im Sinne des deuts Ichen Worts giebt.

Unter „ Bauer" verſteht man im Gegenſaße zu

dem Bürger Ber Städte den in Dörfern oder auf Höfen wohnenden Landwirth oder Tagelöhner, der in Wohnung, Kleidung und Nah rung eine von dem Städter ganz verſchiedene Lebensweiſe führt und meiſtens auch einen niedern Grad der Bildung und ein entſprechendes Benehmen , ein ,, bäueriſches “ Ausſehen hat.

Dieſe Klaſſe Menſchen

ik hier ſchlechterdings nicht zu finden . Es giebt nody wenige Farmer, die nicht leſen und nicht ſchreiben können, allein ſie wohnen und leben gerade ſo gut oder ſo ſchlecht, wie der Arbeiter und Bürger der Städte. Es giebt Farmer, die einfacher eſſen , als die Städtebewohner, allein ihre Wohnungen ſtehen an Comfort und Reinlichkeit den ſtädtiſchen gleich und ihre Bibliotheken ſind vielleicht reichhaltiger, als die eines ftädtiſchen Kaufmanns.

Es giebt Farmer, die in einem Coſtüm hins

ter dem Pfluge bergeben , das feineswegs das der deutſchen Bauern an Eleganz übertrifft, allein wenn man ſie in der Stadt, auf Volls verſammlungen und bei Feſtlichkeiten ſieht, ſtehen ſie den Städtern wes der in der Fertigkeit des Ausdruds nod in der Sdlaubeit im Handel nach . Es glebt ſowenig hier Bauern, als es Dialekte der engliſden Sprache giebt. Selbſt die ächten, deutſchen Bauern, die eingewandert find

Die Nativiſten .

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und auf wohlgeordneten Farmen oder „ Höfen “ wohnen, entpuppen ſich ſehr ſchnell und ziehen die Gewohnheiten des hieſigen Farmer lebens dem des deutſchen Bauern unbedingt vor. Die freie Preſſe iſt hier der mächtigſte Hebel der Parteien, die ſtetig wirkende und wachende Kraft, welche anregt zu Thaten und warnt vor Gefahren. Ihren Argusaugen bleibt Nichts verborgen und ſchon Viele, die fido ſtark genug glaubten, ihrer Gewalt zu troßen, haben Urſache gehabt, es bitter zu bereuen . An dieſem Wirken der Preſſe nimmt die deutſche einen nicht unbeträchtlichen Antheil. Beſonders in den Staaten des Weſtens hatte ſie ſeit 1856 einen entſpeidenden Einfluß zu Gunſten der Freiheitspartei und ihrem Eifer iſt es , wenn nicht ganz, doch vorzugsweiſe zu tanken , daß jeßt in allen weſtliden Staaten die Freiheitspartei die Staatsregierung in Händen hat. Es iſt erklärlich und entſdultbar, daß unter dem Drange der politiſchen Gefdäfte die deutſchen Zeitungen, d . h . ihre Redakteure, keine Zeit zu beldhaulider, literariſcher Thätigkeit finden. Sie ſind die literariſchen Tagelöhner im Dienſte des Volfes, angefeindet von Vielen und von node Mehren geheim gehaßt, das Schidſal ihrer Vorgänger und Cols legen in Deutſchland theilend, die erſt nach ihrem Tode anerkannt und geprieſen werden . Viele tüdytige Kräfte aus der Einwanderung von 1848, Männer von edlem und uneigennüßigem Streben ſind bereits unter der aufregenden Thätigkeit, der Laſt des Aergers und unter der Aufregung des Kampfes mit der ordinären Plattheit, die auch hier oft oben (dwimmt, erlegen ; glüdlicher unter ihnen ſind die zu nennen, welche geſtorben ſind, ehe ſie geſunken waren. Das Häuflein der noch aufrecht Stehenden iſt klein geworden und täglich lichten ſich die Reis ben. Wer wird nach ihnen kommen ? Als gerade das öffentliche Leben der Deutſchen in den Turn- und Geſangvereinen im vollen Zuge war ; als die Preſſe begonnen hatte, ſich von ihren Parteifefſeln zu befreien und die Maſſen auf dem Punkte waren , in Folge der Nebraskabil ſich der entſtehenden republikaniſchen Partei anzuſchließen , da trat plößlich eine neue, ganz eigenthümlich organiſirte Partei auf, die reißende Fortſchritte madote und fürchten ließ, daß ſie bald alle Gewalten der Regierung an ſich nehmen würde. Es war die wieder in’s Leben gerufene, geheim organiſirte Partei der Nativiſten, die ſich ſelbſt Know-Nothings (Weiß Nichts ) nannten . Ihr oberſter Saß war, daß nur eingeborne Amerikaner das Land res

Die Nativiſten .

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gieren ſollten , daß die Fremden alſo keine Aemter erhalten, daß ihr aktives und paſſives Wahlrecht in bedeutendem Maße beſchränkt wer den ſollte. Mit einem Schlage wäre, wenn dieſe Partei geſiegt hätte, allen beſſern Beſtrebungen des deutſchen Geiſtes in Amerifa ein Ziel geſeßt worden und das deutſche Element wäre unfehlbar zu einem Handwerk und Ađerbau treibenden Helotenthum herabgeſunken, der ſen Produktivkraft die herrſchende Klaſſe wohl wilig annahm , wähs rend es ihm die politiſchen Rechte vorenthielt.

Wie der Süden ſeine

Sklaven, ſo hätte der Norden ſeine Einwanderer ausgebeutet.

Der

Norden hätte ſich in der That durch den Sieg eines ſolden Syſtems dem Süden mehr genähert, d . h . er hätte ebenfalls eine ariſtokratiſdie Klaſſe und eine arbeitende herangezogen . Die Entſtehung dieſes Ge heimordens, der „ Ritter mit der ſchwarzen Laterne,“ wie ſie bald von ihren Gegnern genannt wurden, wurde verſchiedenen Urſachen zuge ſchrieben, von denen wohl jede als Faktor zu dem gemeinſchaftlichen Reſultate beigetragen hat.

Vor Allem herrſchte das Bedürfniß, nach

dem Untergange der alten Whigpartei in dem Wahlkampfe von 1852 eine neue Partei zu gründen und dieſes wurde beſonders ſehr lebhaft in den Kreiſen veralteter und herabgekommener Politifer gefühlt, weldje theils der Whigpartei angehört hatten, theils in der demokratiſchen Partei in die Rumpelfammer gelegt waren . Sie ſuchten nad einem Hebel, mit dem ſie die Maſſen gewinnen fönnten und fanden ihn in dem täglich mehr anwachſenden Einfluß und dem Reichthume ter fa tholiſchen Kirche, deren Wortführer gerade damals etwas ſtärker her: rorgetreten waren, als es gewöhnlich ihre Klugheit erlaubt. Daß die urſprüngliche Tendenz des Ordens nur gegen die Uebergriffe tes katholiſchen Clerus gerichtet war, wurde oft von Mitgliedern ſelbſt behauptet.

Da aber die Bekenner der katholiſchen Religion zum bei

Weiten größten Theile Fremde waren, ſo wurde der nicht- katholiſdhe Reſt derſelben mit in den Kauf genommen, theils um conſequent zu ſein , theils um der Abneigung des puritaniſchen Elementes gegen die Beſtrebungen und Lebensweiſe der deutſchen Ungläubigen zu ſchmei dheln .

Dieſe Bewegung theilte das Schidſal ſo vieler anderer, daß

ſie ſich, fortgetrieben von dem einmal wady gerufenen böſen Geiſte der rohen Maſſen, überſchlug, zu viel verlangte und daher Nichts er reichte. Ein kleiner Theil des Ordens war von edlen und patriotiſchen

Die Nativiſten.

Motiven geleitet . Bublen

der

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Sie ſchämten fidy, und ſprachen es aus, über das

amerikaniſchen Candidaten und Aemterjäger um die

Stimmen der Fremden ; ſie wieſen darauf hin, wie durch die Beſtechung der Führer der Fremden [beſonders der Iriſchen ] die Reinheit des Wahlſyſtems corrumpirt und die ganze Nation demoraliſirt wurde. Dieſe waren es auch, welche beſtändig betheuerten, daß ſie keinen Grou gegen die Beſtrebungen der Deutſchen hegten und die ſpäter in den Reihen der republikaniſchen Partei die wärmſten Freunde der Deut (den wurden .

Doch dieſe Wenigen fonnten den Strom der Maſſen

nicht mehr einhalten ; in den Straßen der Städte ereigneten ſich ab ( cheulide Scenen, Tumulte und Gewaltthaten ; aus Louisville wan derten viele Deutſche aus in Folge cines Auflaufes des Pöbels, der die Häuſer einiger Deutſchen demolirte ; in Chicago entſtand ein Auf lauf, in dem Feuerwaffen gebraucht und ein Mann getödtet wurde. Die ganze Bewegung ſchien in wüſte Rohheit auszuarten ; die Füh rer ftußten und erſcrafen vor ihrem Werfe.

Wie bei jeder großen

Volksaufregung, ſo hatten ſich auch dieſem Orden der ganze Auswurf des Volkes, alle Aemterjäger und Zuchthaus - Candidaten angeſchloſ ſen und brachten ihn in der Deffentlichkeit in Miffredit. Obgleidy ter Orden einen großen Theil der Preſſe für ſich gewonnen hatte, ſo fonnte doch dieſe im Dunkel der Nacyt, nach Art von Verſchwörern ihre Pläne idhmiedende Partei das helle Lidit, die freie Luft der öf fentlichen Kritik in der Preſſe nicht lange ertragen . Die Sklaven balter aber hatten ihre heimliche Freude an ihr, obgleich ſie ſich neu tral ſtellten und allerdings die Fremdenfrage im Süten gar keine Bedeutung hat. Der Orden wurde ihnen das treffliche Werfzeug, um die Maſſen der Fremden, die im Begriffe ſtanden , die demokra tiſche Partei, welche im Norden die Pläne der Sklavenhalter verthei rigte, zu verlaſſen, wieder in ihre Reihen zurüđzutreiben turd die Furcht vor den Nativiſten, die, To behaupteten die Demokraten, den größten Theil der republikaniſchen Partei bildeten .

Die deutſchen ,

demokratiſchen Zeitungen ſchöpften jeßt wieder neuen Muth, fie er ſchienen in dem vollen Rüſtzeug, mit einer Fluth von Schimpfwör : tern die deutſchen Republifaner, welde eine Allianz mit den Know Nothings geſchloſſen, welche ihre Landsleute verrathen und verkauft hätten , zum Kampfe herausfordernd. Sie athmeten leichter auf, denn fie fonnten jeßt die Sklavenfrage, die ihnen ſehr mißlid war, mit dem

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Wahlkampf von 1865.

Einwurfe beſeitigen , daß die Rechte des fremden Einwanderers in Gefahr ſeien und daß dieſe Gefahr dringender ſei, wie die der Sklas verei. Ihr wollt, ſo riefen ſie triumphirend, die weiße Sklaverei im Norden einführen , während Ihr Euch für die Befreiung des Negere, der von Euch gar nichts wiſſen will, begeiſtert. Sorgt einmal zuerſt für das Wohl der weißen Arbeiter im Norden, ehe ihr die befreiten Sllaven als Concurrenten der weißen Arbeiter aufſtellen wollt. Solde und ähnliche Argumente, die auf den gewöhnlichen Verſtand der Maſſen berechnet waren , verfehlten leider oft ihre Wirkung nicht. Den Fremden wurde damit ſo Angſt gemacht, es wurde ein ſolcher Lärm aufgeſchlagen , daß Viele die große Hauptfrage aus den Augen ließen, um vor Alem fich und ihre Rechte in Sicherheit zu bringen. Das war gerade, was der Süden wollte, und was er braudte, um in der Präſidentenwahl von 1856 zu fiegen . Das war es aber auch, das, ſobald es nur erkannt war im Norden, die Nativiſten als politiſche Partei ſtürzen mußte, denn die Gefahr der Sflaverei wuds ſo rieſens haft, die blutigen Ereigniſſe in Kanſas ſprachen ſo eindringlid) zu dem Volfe des Nordens, daß jede andere Rüdſicht, jedes engherzige Pars teitreiben vor dieſer überwältigenden, die Eriſtenz der Republik ſelbſt bedrohenden Gefahr fide beugen mußte. Die Nativiſten zogen die ſchwarze Flagge der Proſcription der Fremden ein , um gemeins ſchaftlich mit den deutſchen Gegnern der Sklaverei die Uebergriffe derſelben um ſo kräftiger bekämpfen zu können.

Die aus dieſer Vers

einigung hervorgegangene Convention in Philadelphia, welche Fres mont als Candidaten aufſtellte, verſprach ausdrücklich, die Rechte der Fremden zu ſüßen und die Führer der jungen Emigration, welche jeßt Erfahrungen geſammelt und meiſtens das Bürgerrecht erworben hatten, vertraten mit großem Eifer auf der Tribune und in der Preſſe die Sache der neuen Partei, die es zum erſten Male ſeit dem Bes ſteben der Republik wagte, den Anmaßungen der ſüdlichen Ariſtos fratie mit offenem Vifir in den Weg zu treten und ihr Halt zu ges bieten .

Aber das Unheil , das die Nativiſten angerichtet hatten, fonnte nicht mehr ganz gut gemacht, der peinliche Eindruck , den ihre Umtriebe in den deutſchen Gemüthern zurüdgelaſſen hatten, nicht mehr ganz verwiſcht werden . Die deutſchen Führer der der

mokratiſchen Partei benußten dieſen Stachel, um ihre Anhänger zu einigen und ihr beſſeres Gefühl in Betreff der Sklaverei zu übers

Vorbereitung zur Rebellion .

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täuben . Es war ihre ſtehende Redensart : „ Wir ſind auch gegen Sflaverei, aber— " und ta wurden dann die übertriebenen und oft lächerlichen Argumente gegen die Nativiſten aufgeführt, die doch durch die ausdrückliche Erklärung der Convention von Philadelphia längſt beſcitigt waren . So groß auch der Enthuſiasmus der Republikaner war, ſo große Fortſchritte ſie auch unter den Deutſchen machten, ſo war body das verderbliche Wirken der deutſch -demokratiſchen Partei nody ſtark genug , um Fremont den Sieg zu entreißen und mit knapper Noth , mit Hülfe eines beiſpielloſen und ſchmachvollen Syſtems der Wahlbeſtedung in Pennſylvanien ten Candidaten der Sklavenhalter, Buchanan , noch einmal auf vier Jahre in die Gewalt zu bringen . In

der Nacht vor ſeiner Nomination in Cincinnati hatte dieſer

Mann , deſſen Bürgertugend durch das Gift des politiſchen Ehrgeizes ſchon längſt bis auf die letzte Faſer aus ſeinein Herzen geäzt war, ſei nen Paft mit dem Teufel gemacht. „ Es koſtet nur ein Tröpfchen Blut" – aber dieſer ſollte Strome des foſtbarſten Blutes der Nation foſten.

Er hatte ſich feierlid, verpflichtet, alle Maßregeln zu Gunſten

der Sklaverei „ herzensfreudig“ auszuführen und in die Souveräne tät der ſüdlichen Staaten nicht einzugreifen. Als der Sieg errungen war, ta hatten die Sklavenhalter vier koſtbare Jahre gewonnen , ſich zum Kriege zu rüſten.

Seßt wußten ſie ganz genau, daß dies ihr

leßter, friedlicher Sieg war und ſie verloren keinen Augenblick, um mit Hülfe des verächtlichen Kriegsminiſters Floyd ihre Arſenale auf Koſten des Bundes mit Waffen zu füllen und die des Nordens zu entblößen .

Ohne Zweifel hätten ſie rebelirt, wenn Fremont gewählt

worden wäre, allein ſie wären nicht ſo gut vorbereitet geweſen ; das verhängnißvolle Interregnum , das zwiſchen der Erwählung Lincolns und ſeiner Inauguration lag , hätte ſie nicht ſo begünſtigt und Fremont würde vier Jahre früher weit energiſchere Maßregeln ergriffen haben , als Lincoln vier Jahre ſpäter.

Die Rebellion wäre im

Keime er

ſtidt worden, wie die Süd - Carolina's durch Jadſon und die Nation hätte die ungeheuren Opfer an Blut und Geld, die ſie heute drüden, erſpart. Der Keld der bittern Schmady und der Erniedrigung des Nordens unter Buchanan wäre an dem Volfe vorüber gegangen und der ſchwarze Fled, den ſie auf den Blättern der Geſchichte dieſer Re publif zurüdlaſſen wird, wäre nimmer.

Wir haben hier nicht anzus

klagen, aber die traurige Thatſache muß feſtgeſtellt bleiben, daß der 5

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Günſtige Entwidlung, Folge des Druds.

ſtarre Eigenfinn der deutſden Demokraten die zweifelhafte Genug thuung hat , dem lcßten Sklavenhalter- Präſidenten die Geſchide der Republik in die Hände gegeben zu haben . Dieſe Betrachtung wird um To peinlicher, wenn wir bedenken, weldoen hochherzigen Beſchüßer bes ſonders die Deutſchen an Fremont gefunden hätten . Die Zeit iſt dahin - und nie mehr wird ein Präſident das weiße Haus betreten , deſſen großes Herz ſo warm für die Deutſchen , für die allgemeinen Intereſſen der Freiheit, die ſie anſtreben, ſchlägt, wie das John C. Fremont's . Die Agitation der Nativiſten in 1854 und 1855 hatte neben der eben berührten ſdhlimmen Wirkung einen wohlthätigen und beleben den Druck auf die ſchlummernde Inertie der Deutſchen geäußert und cs dahin gebradit, daß die nach deutſcher Art ſich allzuweit zerſplit ternden Kräfte ſich mehr fammelten zu gemeinſamer Thätigkeit. Das Verbot öffentlicher Unterhaltungen an Sonntagen , welches ihnen den Gebrauch der großen Conzert-, Theater- und Bau- Lofale an dieſen Tagen unmöglich machte, nöthigte ſie, auf eigene Koſten Gebäude zu errichten, über welche ſie ſelbſt Herr waren und in deren Mauern fie auch in ſozialer Beziehung ſouverän waren .

Schon früher waren in

den größeren Städten des Weſtens von Aftienvereinen große Hallen crrichtet, deren Räume für geſellſchaftliche Unterhaltung, für Theater, Conzerte, Bälle und für deutſche Schulen beſtimmt waren .

Wenn

auch dieſe Anſtalten ihr vorgeſtecktes Ziel nicht ganz erreichten und den Bedürfniſſen des heutigen Tages nicht mehr genügen , ſo haben ſie doch in den lebten zehn Jahren ihre Dienſte gethan und sie theilweiſe ( dönen Gebäude werden noch lange ein Denkmal des eifrigen und idealen Strebens der Anreger und Beförderer dieſer Anſtalten bleiben . Inter dem gemeinſamen Druđe ſchloſſen ſich die alte und neue Eins wanderung enger ancinander, die früheren Vorurtheile und kleinlichen Gebäſſigkeiten verſdwanden und ſeit jener Zeit ſind die Unterſchiede der beiden Klaſſen, die überhaupt im Weſten nie ſo ſtark hervortraten , wie im Oſten, gänzlich verwiſcht. Seit der Wahl von 1856 vermiſchten ſich beide Elemente immer mehr ; und in demſelben Maße verminderte fich die Zahl Derer, welche zu der demokratiſchen Partei gehörten . Das deutſche Leben hatte jeßt den Gährungsprozeß überſtanden , der der Bevölkerung einen neuen Charakter gab . Die Amerikaner, die im Anfange der Bewegung den Neuerungen der Deutſchen ſich widerſekt

Berrath Bndanan's .

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hatten, waren jeßt an die deutſche Art gewöhnt und fanden nicht ſelten ſelbſt Geſchmack an ihr. Der Wahlkampf von 1856 war ſo aufregend geweſen , batte ſo jede Kraft der Politifer des Nordens in Anſpruch genommen , daß bei Buchanan's Uebernahme der Regierung eine ges wiſſe Ruhe der Erſchlaffung eintrat, die dem Blicke der Oberflächlichen eine ruhige Zukunft verhieß . Die Aufregung ſteigerte ſich zwar wie der, als Buchanan , ſeinem den Sflavenbaltern verpfändeten Worte getreu, dem Volfe von Kanſas eine Conſtitution mit Sflaverei durd den

ſogenannten

Lecompton Sdwindel

aufdrängen wollte.

Der

Skandal war ſo groß , daß ſelbſt Douglas , der Vater der Kanſasbil , mit ſeiner ganzen Derbheit und Energie dagegen auftrat. Da jedoch bald darauf eine unbeſtreitbare Majorität des Volfes von Kanſas fich für einen freien Staat erklärt hatte, ſo ſchien es , als ob Budanan ſeine Regierung ruhig zum Ende führen werde ,

ja ſeine Freunde

ſprachen ſogar ſchon dayon, ihn abermals als Candidat aufzuſtellen. Die Ruhe war offenbar die eines Waffenſtilſtandes, den beide Käm pfer zur Anſammlung von Kräften benußen . Der Norden bereitete ſich vor, um in 1860 einen ſicheren Wahlſieg zu erringen ; der Sü den rüſtete zum Kriege, weil er die Hoffnung auf einen friedlichen Sieg aufgeben mußte. Er war ſeiner Sadye ſicher, während die Po litifer und die Maſſen des Volfes im Norden nicht im Entfernteſten wußten , was im Süden vorgebe, oder glaubten , daß er überhaupt den Muth baben werde, den Krieg in der That zu beginnen . Warum ſollte er nicht ? Das Cabinet Budjanan's handelte in ſeinem Inter eſſe ; alle Waffen wurden durdy den Kriegsſefretär nadı ſüblidhen Ar ſenalen geſchickt.

Die ſüdlichen Forts und Arſenale wurden mit dem

Gelde des ganzen Volfes in den beſten Stand gefeßt zu Gunſten einer verrätheriſchen Minorität . Wohl nirgends in der Weltgeſchichte fin den wir einen ſo foloſſalen, damloſen Verrath gemeldet, wie den eines Floyd und Thomas , eines Maſon und Lee . Bušanan ſpielte daſſelbe Spiel mit dem Volfe, das Ludwig XVI . von Frankreich den Kopf koſtete, als die Verbündeten in Frankreich einfielen. Selbſt als Lincoln die Regierung angetreten batte, blieb Maſon ruhig im Senate in Waſhington, während die Rebellion ſchon im Gange war und Lee, der Hauptführer der Rebellion, blieb ſo lange als Generaladjutant des General Scott in Waſhington, als es möglid war, um den ſchwachen , alten Mann von allen praktiſchen Maßregeln abzuhalten

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John Brown .

und ſich in den Beſit ſeiner Pläne zu ſeßen .

Doch wir müſſen hier

abbrechen und auf ein Ereigniß zurüdfommen, das den Norden nicht weniger, wie den Süden in Schreden und Aufregung reßte und den leßten Schein einer Hoffnung auf Verſöhnung zwiſchen Nord und Süb, zwiſdhen Freiheit und Sklaverei für immer vernichtete. Am 16. Oktober 1859 ging John Brown mit ſeinen drei Söhnen und wenigen Gefährten bewaffnet über die Brücke bei Har pers Ferry und nahm Beſiß von dem dortigen Zeughauſe, angeblich, um eine Inſurrektion der Sklaven bervorzurufen . Nach furzem Kampfe wurden die Tollkühnen in dem Gebäude gefangen genommen . Die That erregte in Virginien und dem ganzen Süden einen namen loſen Schrecen , dem bald die blinde Wuth und Nachſucht gegen die Im Norden bezeichneten ſie die Republikaner als uns ſinnig, tollfühn und verbrecheriſq ; die Demokraten aber zeigten mit Thäter folgte.

heiligem Zorne auf ſie als die Folge der verrätheriſchen Agitation der Abolitioniſten ; ſie jubelten in ihrem Herzen, daß ihnen eineThatſadje geboten war, deren Gewaltthätigkeit dem Gefühle der Maſſen wider ſtrebte, die ihnen eine fo reidse Ausbeute verbieß, um das Streben der Republikaner in der öffentlichen Meinung zu vernichten . Selbſt die unbefangenen , „ praktiſchen " Leute im Norden fahen in ihr Nichts, als die That eines Fanatifers, eines durch ſeine Leiden in Kanſas halb verrückt ( crazy ) gewordenen Mannes. Heute iſt der Name dieſes Mannes ein gefeierter im Norden , in der ganzen Welt. Es war eine jener Thaten , die in dem Augenbliđe gewaltiger Gemüthsregungen geboren werden , und darum die Sëritik des Verſtandes nicht ertragen können ; eine jener Thaten, deren zufälliges Mißlingen einen um ſo größeren Sieg der Idee der Thäter für die Nachwelt mit ſich bringt -es war die That eines Märtyrers. John Brown war nicht ver rüdt, ſo wenig, als Savonarola oder Arnold von Brescia, over Jo hannes Huß oder Luther vor dem Reichstage in Worms ; ſie alle handelten nach dem gewöhnlichen Menſchenverſtande und nach dem Urtheile geſcheidter Hausfrauen ſehr unvorſichtig, unklug, ja verrüdt. Aber ihr großes Herz war ſo von einer einzigen Idee erfüllt, daß der Egoismus des gemeinen Verſtandes ſchweigen mußte, damit die neuen , großen Wahrheiten der harrenden Menſchheit verkündet würden . John Brown war ein einfacher, ſchlichter Farmer, wie Arnold Win : kelried ; auch er ahnte, ja er wußte es, daß über ſeine Leiche die Schaa

John Brown .

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ren des Nordens in die Lüđe nadyrüden würden , um die Phalanr der Sklavenhalter zu brechen .

Männer der Art ſind es immer, welche

die Marfſteine in ten großen Epoden ter Weltgeſchichte bilden .

Sie

bringen allerdings nicht den Frieden , ſondern das Schwert, um das Alte zu bekämpfen und zu vernichten , aber ſtets heben ſie auf ihren Rieſenſchultern ihr Geſchlecht auf eine höhere Stufe des Fortſchritts und der Freiheit, zu einer neuen , höheren Anſdauung empor. Sie fonnten nicht anders , als ſo handeln . Ein unwiderſtehliches Geſet trieb ſie dazu und wenn die erhöhte Stimmung ſolcher Männer

Wahnſinn iſt, ſo war es ſicherlich ein großer, Menſchheit für alle Zukunft Dank ſduldet.

erhabener, dem die

Die ſüdlichen Führer ſchienen die Faſſung verloren zu haben vor Angſt und Wuth ; der Gouverneur von Virginien rief die Staats miliz auf wegen dieſes einzigen , alten Mannee .

Die Gefangenen

waren an die Gerichte des Staates Virginien ausgeliefert, obgleich ihr Verbrechen gegen Bundeseigenthum begangen war und ſie von Marineſoldaten des Bundes feſtgenommen worden waren . Es wäre Buchanan ein leichtes, ja es wäre ſeine Pflicht geweſen , ſie unter der Gewalt der Bundesgerichte zu halten und aburtheilen zu laſſen, allein er wagte nidyt, dem Grimme der Sklavenhalter ſein Opfer zu ent reißert.

Unter prahleriſchen Demonſtrationen der bewaffneten Macht

des ſouveränen Staates Virginien und unter der wilden Aufregung des vornehmen und niedern Pöbels wurde John Brown zum Tode verurtheilt und zum Entſeßen der ganzen gebildeten Welt bei Char lestown gehenkt. Es war das erſte Todesurtheil wegen politiſchen Verbredens, das ſeit dem Beſteben der Republik vollzogen wurde ; der erſte Juſtizmord, der die Geſchichte dieſes Volkes beflect. Es war der Fehdehandſ ( uh, der tem Volfe des Nordens ins Angeſicht ge ſchleudert wurde, den „ Krieg bis zum Meſſer “ verfündend ; das abs ſcheuliche Symptom der Barbarei, zu welcher die Halbciviliſation des Südens unter dem Fluche der Sklaverei herabgeſunken war. Aber ſein Tod erlöſte den Norden aus der Verlegenheit, in die ſeine That ihn geſtürzt hatte.

Die Trauer des Volks, die in der Preſſe ihren

Austrud fand, verwandelte ſich bald in Begeiſterung für die Sache, für die er ſo ſtolz geſtorben war, und das ſchlichte, aber tief greifende Volkslied : „ Im Grabe modert John Brown's Leib, Sein Geiſt geht uns voran u . ſ. w ."

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Präſidentenwahi.

erklang vom atlantiſchen bis zum ſtillen Ozean auf tauſend Zungen zum Zeugniß des mächtigen Eindrucs, den ſein Tod in dem Herzen des Volfes hinterlaſſen und der Ahnung der Ereigniſſe, die noch im Schooße der Zukunft verborgen lagen . Der beſſere Theil ter Preſſe, darunter auch ein großer Theil der deutſchen, nahm Partei für den todten John Brown und bald ſollte es den Süten bitter reuen, aus dem Grabe Browns die Geiſter gerufen zu haben, die er nicht mehr zu bannen vermochte. Die Republikaner des Nordens , deren große Mehrzahl bisher immer noch vor der Möglichkeit eines Krieges gezit tert hatte, begannen ießt unter der Sdymadh, die der Süden auf das Volk des Nordens gebäuft, ſich ihres Kleinmuthes zu ſchämen ; fie gewöhnten ſidh, der Gefahr ins Auge zu blicken und die ſüdlichen Schlagworte; „ friedliche Trennung oder Krieg ,“ die die nördlichen Politifer ſo oft einſchüchterten, mit der Hindeutung auf die unerſchöpf liche Kraft des Nordens und den Patriotismus des Volkes zurückzu weiſen und den angebotenen Handſchuh aufzunehmen .

Viele fühlten

wohl, daß der Tod Browns eine Kriegserklärung des Südens ſei, die der Norden nicht beantwortet babe und nidyt beantworten fönne , Doch die Antwort fam . Präſidenten .

Sie lag in der Wahl eines republifaniſchen

Die republikaniſdie Partei war in Betreff des aufzuſtellenden Can didaten in mehrere Fraktionen getheilt . Die große Mehrzahl der Maſſen wünſdyte offenbar W. H. Seward als Präſidenten ; allein dieſer hatte, wie jeder hervorrragende Politiker, zu viele Gegner unter den Führern , die Alles aufboten, um ſeine Nomination in der Con vention von Chicago zu vereiteln . Der nächſte nach ihm war Chaſe von Ohio, der beſonders im Weſten viele Freunde batte und der nady Seward die meiſten Stimmen erhielt. Endlich wurde noch Bates von Miſſouri als Candidat vorgeſdoben ; er ſollte angeblich ein Mann der Vermittlung zwiſchen Nord und Süd ſein , ta er aus einem Sklaven ſtaate kam und dodi liberale Grundſäße hegte. Er war einer jener vergeſſenen Politiker, die hier zu Lande bei ſolchen Gelegenheiten oft aus ihrem Dunkel hervorgezogen und, mit einem myſteriöſen Nimbus umgeben, dem Volfe als eine Neuigkeit aufgetiſcht werden . In Wahrheit wurde er von der Blair - Familie, die von dem alten Fr. Blair in Waſhington inſpirirt war, nur vorgeſchoben, um für den Fall des Sieges eines andern Candidaten ihm einen Plaß im Cabi

Präſidentenwahl.

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nete und dadurch der Blair - Clique einen Einfluß bei der Negierung zu ſichern. Die Convention hatte daſſelbe Reſultat, wie die, welde in 1852 Pierce zu ihrem Candidaten ernannte . Da feiner der ber vorragenden und wirklich fähigen Candidaten eine Mehrheit der Stims men erlangen konnte, ſo wurde ein weniger bekannter, weniger fähi ger, weniger angefeindeter aufgeſtellt, auf den ſich die Majorität ver einigen fonnte . Dieſer war Abraham Lincoln . Das Eins zige, worauf er als Staatsmann hinweiſen fonnte, war, daß er in 1858 in der Debatte über die Nebraska- Bill gegen Douglas fidy durch ſcharfe Dialektif ausgezeidynet hatte .

Auch war er im kleineren

Kreiſe bekannt wegen ſeines Haſſes gegen die Sklaverei, der übrigens nidit auf die allgemeinen Menſchenrechte, ſondern auf die Saßungen der Bibel gegründet war . Seine Freunde gaben ihm den Beinamen „ Der Ehrliche.“ Die Nomination Lincolns madyte im erſten Augens blick einen ſehr niederſchlagenden Eindrud auf die Maſſen , beſonders auf die Deutſchen , die in der Convention cifrig tie Candidatur Seward's unterſtüßt hatten , einige Wenige ausgenommen . Hätte die Majorität der Convention nur im Entfernteſten eine Ahnung von rer Größe der Gefahren und des Kampfes gehabt, die dem Volfe be : vorſtanden, ſo fann fein Zweifel darüber herrſden , daß ſie entweder Seward oder Chaſe

als Candidaten aufgeſtellt hätte.

Niemand

radite noch daran , daß der Süden in der Wahl nicht ſiegen wolle , daß er Alcs thun werde, um eine einheitliche demokratiſche Nomina tion zu vereiteln , wie es in Charleſton geſchah. Die Deutſden waren in der Convention in Chicago ftarf vertre ten und hielten eine Convention für ſich ab, in der ſie ihre Forderun gen formulirten , um ſie in das Programm der Partei aufnehmen zu laſſen.

Dieſe betrafen hauptſächlich die Sicherung der Rechte der

Fremden und die Verhandlungen wurden , wie gewöhnlich, ſehr ge räuſchvoll geführt , ohne daß viel erreicht wurde.

Doch war es immer

ein Fortſchritt, daß die Deutſchen ſich ſo lebhaft an einer National Convention betheiligten. Ju der Wahlagitation für Lincoln leiſteten ſie der republifaniſden Partei große Dienſte, die im Ganzen audy an : erfannt und theilweiſe von dem Präſidenten durch Vergebung von Aemtern an hervorragende Deutſche belohnt wurte. Krieg

ſchon

begonnen

hatte,

Später, als der

trieben ſids nod viele Deutſde in

Waſhington herum, die das weiße Haus belagerten , um Aemter zu

40

erhalten .

Anfang der Rebellion .

Nicht ſelten führten ſie einen Feder- oder Zungenkampf

wegen des Beſiges verſchiedener Aemter ;

es bildeten ſich förmliche

Cliquen, die unter verſchiedenen Anführern einander bekämpften und ju übervortheilen ſuchten - ein Schauſpiel, das keineswegs die Licht ſeite des deutſchen Lebens und Charakters den Amerifanern zeigen fonnte. Der Sieg der Republifaner war geſichert, ſobald die demokratiſche Partei in zwei Fraktionen getrennt war, was in der Convention in Baltimore geſchah, wohin ſich die Convention von Charleſton vertagt batte . Die Partei theilte ſich in zwei Fraktionen ; die nördliche nominirte Douglas, die ſüdliche Bredinridge als ihren Canditaten . Zum Ueberfluſſe ſtellten die Nativiſten einen vierten Candidaten

in's Feld , den conſervativen Bel. Lincoln wurde gewählt und ſeinc Wahl erzeugte im Süden nicht weniger Jubel, als im Norden . Der Süden jubelte, weil dieſe Wahl ſeine langjährigen Hoffnungen auf Unabhängigkeit zu erfüllen ſchien ; der Norten , weil er immer nody nicht an den Krieg glaubte und ſich der Täuſchung hingab , die ſüde lidhe Bewölferung werde nach dem Sturme der erſten Aufregung ſido wieder beruhigen und den Frieden den Opfern und der Verwüſtung des Krieges vorziehen. Im Süden dagegen hofften Viele, der Nor den werde nicht wagen , Krieg zu beginnen, wenn die ſüdlichen Staaten ſich von der Union unabhängig erklärten, denn der Süden hattte viele Freunde im Norden , welche die Theorie aufſtellten , man dürfe einen Staat, der aus der Union austrete, nicht mit Waffengewalt unters werfen. ( No coercion . ) Die Südlichen rühmten ſich ihres Ein fluſſes auf die nörtlichen Demofraten und drohten , das Blut müſſe erſt kniebody in ten nörtlichen Städten fließen, ehe es die Regierung in Waſhington wagen könne, Krieg anzufangen . Beide Theile täuſchten ſich bitter, der Norten nur tarin nicht, daß er zuleßt Sieger bleiben werde. Süt - Carolina , der alte Rebellenſtaat, führte den Reigen . Es trat aus und ihm folgten der Reihe nach alle ſüd lidhen Staaten . Ein wilder Freudentaumel , eine Wuth des Ters rorismus gegen alle Freunde der Union riß das Volf des Südens fort . Ueberall bewaffnete ſich das Volf ; tas Eigenthum des Bundes , die Forte , die Marinehöfe, die Zollhäuſer wurden in Befik ginommen, und die Regierungsgelder zu Gunſten der Rebellen wegs genommen . Die Beamten und Offiziere des Bundes gingen ſchaarens

Anfang der Rebellion .

weiſe und treulos zu den Rebellen über.

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Uiberallher famen Flücht

linge, die aus dem Süden vertrieben, mißhandelt oder mit knapper Noth dem Waffenzwange ſich entzogen hatten . Tag um Tag inel deten die Zeitungen dieſe Vorgänge im Norden , ohne im Stande zu ſein , das Volk aufzurütteln ; es betrachtete das Geſchehende mit einer Art von Apathie. Die Regierung Buchanan's behauptete chamlos, fie habe feine conſtitutionelle Macht, zuhanteln und wurde in

der

That von

dem Volfe nicht getrieben .

Dieſes, in

langem , gewinnbringendem Frieden erzogen , verließ ungern die Bes ſchäftigungen des friedlichen Lebens ; im Gebrauche der Waffen ungeübt , hatten die Maſſen nicht eine entfernte Vorſtellung von tem, was eine Sdlacht, was Krieg bedeutet. Nur ein buntles Widerſtreben

hegten ſie gegen dieſe Dinge und ſie brauchten ihre Zeit, um ſich an den Geranfen und endlich an den Krieg ſelbſt zu gewöhnen . Dieſe Stimmung fam den Freunden der Rebellen im Norden ſehr zu Statten .

Sie bewiefen dem Volfe aus der Conſti tution, daß die Regierung die fütlichen Staaten nicht mit Waffen

gewalt zwingen könne, in die Union, aus der fie freiwillig ausges treten ſeien , wieder zurüdzukehren ; daß im Süden unſere Brüber wohnten , deren Blut wir nicht vergießen dürften ; ja, fie gingen ſo weit, hoch und theuer zu ſchwören, daß ſie nicht dulden würden : daß den ſüdlichen Brüdern ein Haar gekrümmt würde. Die leßte Redensart war in den Grenzſtaaten , hauptſächlich in Miſſouri und Kentudy, zum Loſungswort geworden . Die Sklavenhalter des Sü, dens hatten dieſe Parole ausgegeben ; die Grenzſtaaten ſollten den neutralen Gürtel bilden, der die ausgetretenen Staaten vor Gewalt, vor „ Zwang“ ſchüßen ſollte. Gleißneriſch wurde betheuert, man ſei der ,, glorreichen Union “ treu ergeben, man werde aber die Schids ſale des Südens theilen, ſobald derſelbe mit Waffengewalt unters jocht werden ſollte. Unter dieſem Hin- und Herreden vergingen vier koſtbare Monate, die den Rebellen einen großen Vorſprung gaben und es ſchien in der That zweifelhaft, ob man die ,, irre geleiteten Schweſtern “ nicht, wie der General Scott in einem Briefe anges deutet hatte, in Frieden werde ziehen laſſen . Es iſt ſehr bezeichnend für die damaligen Zuſtände, daß dieſer General, der erſte Befehls haber der Truppen der Ver. Staaten in dieſem Kriege, in dem er wähnten Briefe , der allerdings ganz zu Anfang der Bewegung ges 6

Lincoln's Entritt.

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ſchrieben war, ten Vorſdlag machte, Staaten in vier Theile zu theilen .

das

Territorium der Ver.

Selbſt als Lincoln die Regierung angetreten hatte, dauerte dieſe Anarchie der Geiſter im Norden noch fort, während die neue Regie rung ein klägliches Schauſpiel der Rathloſigkeit und der Ohnmacht bot. Die Beſſern im Norden ermannten fidy endlich und brachten das Volf zum Bewußtſein ſeiner verzweifelten Lage ; ſie ſtellten ihm vor, daß nur Waffengewalt das Mittel ſei, dieſem Zuſtande ein Ende zu machen und bald war das Volk bereit, die Waffen zu nehmen . Die Regierung Lincolns, mit Seward an der Spiße des Cabinets, hatte offenbar ſelbſt keinen Begriff von den Hülfsmitteln und dem ernſtlichen Willen des Südens, den Krieg bis aufs Aeußerſte zu trei ben . Lincoln wie Seward waren eben Kinder ihrer Zeit . An die Politik des Friedens gewöhnt, geſchict in parlamentariſchen Debatten und Wahlintriguen, in denen ſie meiſtens Erfolg hatten , modhten ſie wohl

gar

im Anfange ſich der Hoffnung hingeben , daß ſie dieſen

Sturm mit ſolder Klopffechterei des Friedens beſchwören fönnten . Die Beſchießung von Fort Sumter und die darauf folgende Erbitte rung des nördlichen Volfes trieb ſie endlich zur That und rettete fie aus der Noth ihres Wanfelmuthes . Es war eine ſeltſame Fügung des Sdhidſals, daß die Büd ſenſef tion des Turnvereins in Waſhington die erſte bewaffnete Macht war, die ſich freiwillig erbot, für die perſönliche Sicherheit des Präſidenten und der Mitglieder ſeines Cabinets zu ſorgen.

Es waren deutſche

Turner, çerſelben Organiſation angehörig, die früher ſo oft und ſo beftig angefeindet und als eine den Geſeßen des Landes widerſtre bende Sonderbündelei bezeidynet wurde. Hr . Seward war damals , als in Waſhington nod überall der Verrat ) lauerte, als die neue Adminiſtration feinem regulären Offiziere trauen konnte, sa fie maſ ſenweiſe zu den Rebellen übergingen, über die Maßen froh, dieſes kleine Häuflein deutſder Turner in dem weiten , un beimlidyen Waſb ington als Schußwadie zu finden und es iſt bekannt, daß er ſeiner Freude in Ausdrüden des Lobes und der Anerkennung bei vielen Gelegenheiten Luftmadite.

Auch

an

antern

Orten

waren die

Deutſchen, ſobald es zum Kriege ging, immer unter den erſten und das deutſdhe Element entwickelte jeßt im Kriege eine Kraft und Ener gie, die es noch nie früher im Frieden gezeigt hatte.

Die deutſchen

Lincoln's Antritt.

43

Regimenter von New York waren unter die erſten, die in Waſhington einzogen ; in Cincinnati waren die erſten Regimenter beinahe ganz deutſch . In allen Staaten ohne Ausnahme lieferten ſie einen ſtar fen Beitrag zu dem erſten Aufgebot und in den weſtlichen Staaten mußten viele Compagnien abgewieſen werden, da ſich mehr anboten , als die einzelnen Staaten zu ſtellen hatten . Vor Aden aber ſtanden die Deutſchen in Miſſouri und beſonders in St. Louis , die im An fange des Krieges den Amerikanern mit ihrem Beiſpiele vorangingen und zu den Waffen eilten . Vielfach haben ſich im Laufe des Krieges die Deutſchen ausgezeichnet und nicht Wenige ſind zu Ehren und Ruhm gelangt ; Viele ſtarben den ſtolzen Tod für die Freiheit, und wenn einſt nach Bewältigung der jebigen Gefahren die ganze Freiheit errungen ſein wird, dann fönnen die Deutſchen mit Stolz ſagen : Auch wir haben unſer ehrlich Theil an dem großen Werke gethan . Dieſer Krieg wird vereinigen , was der Friede getrennt hatte ; er wird die Grundlage eines gemeinſchaftlichen Nationalbewußtſeins der Ein gebornen und Fremden des Nordens werden .

Wenn er auch nur

dieſes Reſultat hätte, ſo wäre es Erſaß genug für die Leiden und Opfer, die er bis jeßt dem Lande gebracht hat. Da beſonders in Miſſouri im Beginn dieſes Krieges das deutſche Element in den Vordergrund trat und die Deutſchen dort die erſten Treffen allein ſchlugen,

wie bei Booneville und Carthage ; da die

bewaffnete Macht, welche die wichtige Stadt St. Louis gegen die Rebellen hielt, ausſchließlich deutſch war, ſo ſcheint es nicht unpaſſend, hier den allgemeinen Theil abzubrechen und zur Geſchichte der Ereig niſſe in Miſſouri überzugehen, die ohnehin immer das Spiegelbild, den Mikrofosmus des ganzen großen Kampfes über die Union ent halten ,

Der Freiheitskampf in Miſſouri.

Miſſouri iſt das Schmerzenskind der Union .

Schon bei ſeiner

Geburt ſtritten ſich die Freiheit und die Sklaverei um ſeinen Beſik, und Henry Clay war der Salomo, der es durch den Miſſouri Com promiß der Sklaverei

zu Eigen gab.

Schon

durch das Wort :

Compromiß, Vergleich, wurde zugeſtanden , daß es zwei feindliche Mächte innerhalb der Ver. Staaten gab, die auf neutralem Boten, in den Hallen des Congreſſes , den Conflikt ihrer Intereſſen durch einen Vergleich, durch eine Art von Gottesfriebe, beſeitigen oder vers tagen. Dieſer Vertrag oder Vergleich ſollte ein ewiger, heiliger, von keiner profanen Hand anzutaſtender, ſein . Aber in der That war er nur ein Waffenſtilſtand der beiden, ſich zum Rampfe rüſtenden Mächte, die beide Zeit zu gewinnen hofften.

Die Sklaverei ſollte

ewig und für alle Zeiten in Miſſouri beſchüßt werden .

Nody nicht

ein halbes Jahrhundert iſt vergangen, ſeit jene Politiker von 1820 der Weltgeſchichte Gefeße geben und dem Geiſte der Zeit durch einen Machtſpruch Halt gebieten wolten und ſchon liegt ihr mühſam und fünſtlich aufgerichtetes Schußwerk in Trümmern zu den Füßen des freien Voltes, des freien Negers von Miſſouri.

Zertrümmert, vers

nichtet find all die Schranken , welche menſdhliche Schlauheit nur zu erfinden wußte, um die Sklaverei zu einem ewigen , ja göttlichen In ſtitute zu machen . Verweht in alle Winde ſind die falſchen Sagun gen, die falſche Propheten einem freien Volke aufbürden, mit denen fie ſein Herz vergiften wollten . Verjagt oder todt ſind die leßten Ritter einer untergebenden Zeit, von deren Sünden ſie nicht laſſen wollten ; zermalmt von dem unerbittlichen Gange der Weltgeſchichte, dem ſie thöricht zu troßen wähnten .

Gründung des Sklavenſtaates.

45

Bei der Aufnahme Miſſouri's als Staat gelang den Sklavenhals tern das Spiel, das ihnen ſpäter in Kanſas vereitelt wurde durch die Thätigkeit des

Nordens .

Sie organiſirten eine Beſiedelung des

Territoriums durch ſüdliche Sklavenhalter, hauptſächlich aus Ken tudy, ſo daß fie, als die Frage der Sklaverei zur Abſtimmung fam, mit Leichtigkeit ſich eine Majorität verſchaffen konnten.

Die Züge

der Sklavenhalter, die damals mit ihrem ſchönen Vieh und den kräf tigen Sklaven durdy Süd- Juinois nach Miſſouri zogen, erregten den Neid der Anſiedler von Juinois .

Die Auswanderer bemerkten gele

gentlich, daß fie gern in Juinois bleiben würden , wenn der Staat die Sklaverei dulden würde. Der Mangel an Arbeitskräften , die augenfällige Wohlhäbigkeit der nach Weſten ziehenden Sklavenhalter, deren Anſiedlung den Werth des Landes in Jlinois bedeutend ſtei gern würde, erzeugten damals in Süd - JUinois (in jener Zeit der bevölkertſte Theil des Staates ) eine förmliche Sehnſucht nach dem Inſtitute der Sklarerei. Troßdem, daß Illinois in 1818 als freier Staat aufgenommen worden war, brachte es die Politif ter Sllaven halter, die durch dieſe Stimmung der rohen Anſiedler begünſtigt wurde, ſo weit, daß erſt im Jahre 1824 im Staate Juinois das Volt darüber abſtimmte, ob Sllaverei geduldet werden ſollte.

Es fehlte

wenig, fo hätten die Rebellenfreunde geſiegt, und Juinois hätte als Sklavenſtaat die Rolle Miſſouri's übernommen, d . h . es hätte der nad Weſten ziehenden freien Einwanderung den Weg verlegt. Dieſe aus dem Süden eingewanderten Sklavenhalter befolgten die Gewohnbeiten und die Politik des Südens . Wenn aud noch ſo rob und ungebildet, ſo zeigten ſie und ihre Söhne jene Verachtung gegen weiße Arbeiter, die in allen Sklavenſtaaten Mode iſt. In ihrem Hausweſen ſuchten ſie einen gewiſſen ariſtokratiſchen Ton aufrecht zu erhalten und da die gegebenen Mittel oft dazu nicht ausreichten, ſo famen fie in den bitteren , aber lächerlichen Conflikt zwiſchen über ſpannten Anſprüchen an das Leben und der an Armuth gränzenden Beſchränktheit der Mittel.

Wenige, die in den fruchtbaren Counties

am Miſſouri und an der Weſtgrenze ſich mit ihren Sklaven feſtgelegt hatten, wurden reich ; die Meiſten aber blieben in dem Betrieb des kleinen Ađerbaus zurück hinter den freien Arbeitern und verfielen, nachdem ſie genöthigt waren, ihre Sllaven zu verkaufen , in jenen Quietismus der Armuth , den man noch häufig auf den kleinen Far

46

(Gründung bes Sklavenſtaates.

men im Süden von Indiana, von Juinois und von Miſſouri unter den Nachkommen der Einwanderer aus den Sklavenſtaaten bemerkt. Den größten Theil des Jahres auf der Jagd umherſtreifend, pflanz ten ſie nur knapp ſo viel Getreide, als ſie zum Leben nöthig hatten und gaben ſich nicht die Mühe, ſo viel Vieh zu ziehen , um ſie und ihre Familie mäßig mit Fleiſch zu verſorgen . Die Jagd brachte ihnen ſo viel ein, um auf dem nächſten Markte das Nöthigſte zu kaufen, was ſie auf ihrem Boden nicht zu zieben verſtanden und ihre Kinder wuchſen wild auf, wie die Thiere des Waldes .

Unentbehrlich war

ihnen nur das Pferd, um den Hausherrn auf der Jagd und die Fa milienglieder bei Beſuchen in der Nachbarſchaft zu tragen .

Da die

Pferde in jenen Gegenden im Walde und auf der Prairie ihre Nah rung ſelbſt ſuchen , ſo war dieſer ſtädtiſche Lurusartifel mit feinen großen Koſten verbunden .

Die Politik machte ihnen wenig Sorgen,

da ſie keine Zeitungen hielten und weder ſie, noch ihre Kinder leſen konnten . Ihre einzigen Glaubensartikel waren und ſind heute noch ſehr einfach und negativer Art : ein angeborner Haß und Verachtung des Negers und des Abolitioniſten . Jedes Jahr einmal , vielleicht nur alle vier Jahre, börten ſie auf einer Volksverſammlung des nächſtge legenen Dörfchens einen demokratiſchen Redner, der ſie in ihren bers gebrachten Neigungen beſtärkte,

ſo daß alles übrige Wiſſen ,

alle

Neuerungen ihnen höchſt überflüſſig und baſſenswürdig erſchienen . Im Ganzen waren ſie ein ehrliches, gutmüthiges Vork, ſo lange man ihren Vorurtheilen nicht in den Weg trat. Wagte es aber ein Abo litioniſt, ſie über den Fluch der Sklaverei zu belehren, ſo konnte er ſich auf Theer und Federn, wenn nicht auf Schlimmeres gefaßt machen . Sie waren nicht anders , wie die Unwiſſenden in der ganzen Welt . Der blinde Haß, der Fanatismus, deſſen Gräuel die Geſchichte der Menſchheit befleden , war immer nur möglid, unter einer ſolchen, in äußerſter Unwiſſenheit aufgezogenen Menſchenklaſſe, die ſich als blinde Werkzeuge ihrer Führer gebrauchen ließen . Die reichgewordenen Sklavenhalter auf den großen Gütern des Landes wußten mit außerordentlicher Geſchidlichkeit den ſchlichten Sinn der kleinen Farmer, die entweder wenige oder gar keine Skla ven hatten, deren Intereſſe alſo dem der großen Beſißer geradezu ents gegen geſeßt war, dennoch zu ihren Gunſten zu ſtimmen , indem ſie das Vorurtheil gegen den Neger und

den Raſſenſtolz des weißen

Syſtem der Sklavenhalter.

Mannes ausbeuteten.

47

3nten Städten und hauptſächlich in der

großen Stadt St. Louis hatten ſie ihre politiſchen Sadiwalter, die durd das Geldintereſſe an ſie gebunden waren ; ſie hatten ihre Hand über der Preſſe, auf die ſie entweder durch Geld oder durch Terroris mus zu wirken ſuchten.

Unter dem Sduse ihrer Geldmacht entſtand

in allen Hauptpläßen des Staates eine eigenthümliche Art von Pro letariat, das nur dazu da zu ſein ſchien , um auf den Winter Ariſto fratie Tumulte zu veranſtalten , Neger zu heben , Gewaltthaten gegen die Blätter zu üben , die ſich dem Winke der Sklavenhalter nidyt fügen wollten und im Allgemeinen die Herrſdaft des Pöbels (des Mobs ) als letztes Geſek geltend zu machen . Dieſe Tagdiebe, die man in den fleinſten Orten des Landes überall fand, bildeten eine Art von ge heimer Polizei, die nach Abolitioniſten ſpürte und die freie Preſſe zur JUuſion madyte, da alsbald jedes freiſinnige Blatt von ihnen zerſtört und der Rebafteur verjagt wurde. Dieſes ganze Syſtem war am Ende nur identiſch daſſelbe, wie es in jedem Sklavenſtaate des Sürens herrſcht.

Neben dem geſchriebenen Geſeße dieſer Staaten beſteht ein

ungeſchriebenes Gebrauchsredit des Terrorismus, der von jeher jete freie Geſinnungsäußerung durch Wort und Schrift unmöglich ge macht hat. Wie erfolgreich dieſer Geiſt der Brutalität und der Bar barei von den Sklavenhaltern Miſſouris in die roben Maſſen ein geimpft war, beweiſt die Sdyandthat eines Pöbelhaufens von St. Louis, der in 1837 in einer Nacht nach Alton , Illinois , fuhr, dort die Preſſe und die Druckerei des Gegners der Sklaverei, Lovejoy , zers ſtörte und ihn ſelbſt, der ſein Eigenthum vertheidigte, ermordete . Nidyt einmal in dem freien Nachbarſtaate Juinois ſollte es Jemand wagen , gegen die Sklaverei zu ſprechen. Dem Staate Juinois aper wurde weder eine Genugthuung für dieſe Schandthat, noch wurden die Verbrecher beſtraft. Sie hatten nad dem Gewohnheitsrecht der Sklaverei gehandelt.

In 1830 wurde an der Marktſtraße in St.

Louis ein Neger lebendig verbrannt und noch in den vierziger Jahren war es nahe daran, da der deutſde Redakteur Weber in St. Louis von einem Pöbelhaufen mißhandelt worden wäre, weil er ſich einige tadelnde Bemerkungen gegen die Sklaverei erlaubt hatte. Auf dem Lande ramen folde Scenen viel bäufiger vor und wurden von der herrſchenden Preſſe als Bagatellen , oder als unſchuldige Manifeſta tionen des Volkswißes bezeichnet.

War doch ſelbſt in 1856, als die

48

Die Einwanderung.

republifaniſche Partei Fremont als ihren Candidaten aufſtellte, die Furcht vor dieſem Terrorismus noch ſo groß, daß der „ Anzeiger des Weſtens ,“ ein ſonſt freiſinniges Blatt , nicht wagte, ihn als Candita ten aufzuſtellen und die läderliche Ausflucht gebrauchte, den Deutſchen Miſſouri's anzurathen, für Filmore, den Candidaten der Nativiſten , „ unter Proteſt“ zu ſtimmen . Der Zug der Zeit war jedoch in Miſſouri gegen die Sklavenhalter und ſchon ſeit der Anlegung von Eiſenbahnen im Staate war vor auszuſehen , daß in nicht ſehr ferner Zukunft die Majorität der Bürger Gegner der Sklaverei ſein würden , obgleich vor dem Ausbruche der Rebellion Niemand ſid träumen ließ, daß die Zeit der Erfüllung ſo nabe ſein werde. Der Staat brauchte Einwanderer, mehr, als der ſklavenhaltende Süden ſie liefern konnte, oder wollte. Längs ter neu eröffneten Eiſenſtraßen bilteten ſich eine Maſſe kleine Orte, deren Bevölkerung aus den freien Staaten eingewandert war, vom Klein handel lebend und der Hülfe der Sklaven nicht bedürfend. Die Ein wanderung von '33 und '34 hatte auch ihr Contingent nach Miſſouri Duren's Buch über die Reize des Farmerlebens in Mif ſouri, tas mit mehr Phantaſie, als Wahrheitsliebe geſchrieben war, hatte dieſe deutſchen Einwanderer angelođt. Sie ſiedelten ſich an geliefert.

verſchiedenen Pläßen am Miſſouri, in St. Charles, Auguſta, Hers mann und der Umgegend an und wenn auch ihre erſten Erwartungen nicht erfüllt wurden , wenn ſie eine lange Zeit mühſamer Arbeit und Drangſale aller Art auszuſtehen hatten, ſo befinden ſie und ihre Nady fommen ſich jeßt doch leidlich wohlhäbig. Sie waren ſtets Gegner der Sklaverei, wenn es ihnen auch lange nicht möglich war, thätig gegen ſie aufzutreten. Ihre Zahl war zu klein, ſie waren zu vereins zelt und zu ſehr auf fremde Hülfe angewieſen, als daß ſie mit irgend einer Hoffnung auf Erfolg gegen die Sklaverei hätten auftreten köns nen . Der alte Burſchenſchäftler Mühl, der das „ Hermanner Volks blatt " gründete, der Paftor Hunthauſen, der noch ießt in Hermann lebt ; Friedrich Münch , der jeßige Senator von Miſſouri ; Arnold Krekel, der Präſident der Convention , welche die Abſchaffung der Sklaverei in Miſſouri defretirte; Dr. Ruge in Auguſta ; die Weſſel böfte in Hermann ; Gut, der Nimrod von St. Charles County , und Andere waren an ihrer Spiße. Die Kühnſten unter ihnen fauften fidh an dem rechten Ufer des Miſſouri an, an einem Plaße, wo die

Die Einwanderung .

49

ſchroffen Felſenufer des Fluſſes durch ein liebliches Thal unterbrochen werden, das von dem Ufer ſanft aufſteigt bis zu der Höhe der Hochs i ebene. Die Gegend war landſchaftlich ſchön, aber nicht dankbar für den Aderbau . Der felfige Boden , der nur wenig oder gar nicht mit

Erde bedeckt war, ſchien jedem menſchlichen Fleiße zu troßen und es war, als ob die neuen Anſiedler von Landſpekulanten betrogen ſeien. Aber wo der Deutſche einmal ſeinen Pfahl in die Erde geſchlagen, wo er ſich ein Eigenthum und eine Heimath gegründet hat, da hält er gewöhnlich zäh und beharrlic, aus . So auch dieſe deutſchen Pilgrime. Sie bauten ſich ihre Hütten und tauften den Ort, der vaterländiſchen Erinnerungen eingedenk, Hermann . Der Ertrag des Ackerbaus war gering, toch reichte er hin, ſie mit dem Nöthigſten zu verſorgen. Mit dem erſten Winter aber kamen neue Sorgen. Ihr einziger Verkehrs weg war der Fluß und dieſer wurde durch das Eis gänzlich geſperrt. Weit um Hermann herum war die Gegend noch wenig angebaut und oft hatten daher die Anſiedler Mangel an dem Nöthigſten zu lei den , bis das erſte Schiff den Fluß heraufkommen konnte. Doch un verdroſſen hielten ſie feſt an ihrer neuen Heimath . Sie pflanzten die Deutſche Rebe auf die luftigen, der Sonne ausgeſeßten Hügel-alein vergebens waren alle Opfer an Geld und Mühe . Die deutſche Rebe wolte auf fremder Erde nicht den alten Feuertrank des Rheines lies fern. Da entdeckte ein deutſcher Weingärtner am Dhio, Zimmer mann aus der Pfalz, daß eine einheimiſche Rebe, Catawba genannt, jedes Jahr einen guten Herbſt liefere.

Der reiche Amerikaner Long

worth ſchoß Capital vor und unter Zimmermanns Leitung erſtanden baln die erſten, großen Weinberge im Weſten. Die Hermanner pflanz ten die Rebe nach und mit ebenſo gutem Erfolg. Bald lieferten ſie einen guten Wein und als in 1855 die Eiſenbahn fertig wurde, da öffnete ſich ihnen ein neuer Weg zum Markte. Jeßt iſt Hermann ein blühendes Städtchen , und der Weinbau , der ſo lange von ſeinen fleis figen Bewohnern als undankbare Liebhaberei betrieben wurde, iſt ihnen jeßt zum gewinnbringenden Geſchäfte geworden . Noch heute bilden die freundlichen Häuschen Hermanns, unter dem ſaftigen Grün der Nebengelände, welche die Hügel bis zur Firſte bedecken, eine Daſe in der Wüſte der finſtern Waltufer des Miſſouri und jedes Wort der Bewunderung ,

das der von dem Strome vorbeigeführte Wanderer bei dem Anblide der idylliſchen Scenerie ſpricht, iſt ein uns 7

Die 48er .

50

bewußtes Zeugniß der Anerkennung deutſcher Ausdauer und deutſchen Fleißes. Aehnlich wie in Hermann blieben dieſe Einwanderer an andern Orten feſtſißen.

Einige Wenige fauften vielleicht oder erbten einen

Sklaven , aber im Ganzen verzichteten ſie auf die angeblichen Vors theile der Sklaverei . Nachdem ſie ſo lange mitten unter den wider lichen Erſcheinungen der Sklaverei gelebt und ſo manchen Stoßſeufzer um Erlöſung von dieſem Uebel zum Himmel geſchidt haben, iſt ihnen jeßt die Genugthuung geworden, den Sieg der freien Arbeit, deren unermüdliche Pioniere fie waren, zu erleben und ihre Früchte zu genießen. Die Einwanderung nach 1848, von der Miſſouri ebenfalls ſein Contingent erhielt, fiel ſchwer ins Gewicht gegen die Intereſſen der Sklaverei im Staate ; ebenſo die mit dieſer Einwanderung pa rallel laufende, raſche Vergrößerung der Stadt St. Louis, deren Bürger zum größten Theile Handwerker und Arbeiter waren , denen unter dem Syſteme der Sklaverei auf die Dauer fein Heil blühen konnte. Al® Miſſouri in 1821 alø Sklavenſtaat aufgenommen wurde, zählte die Bevölkerung von St. Louis nur etwa 4,500.

In

1830 zählte man nicht mehr, als etwa 6,500 . Selbſt in 1840 konnte die Stadt nicht mehr als 16,000 Einwohner aufweiſen. Aber in 1850 meldet uns der Cenſus 75,000, welche Zahl in 1856 ſchon auf 144,000 geſtiegen war. Die Bevölferung des Landes wuchs bei Weitem nicht ſo ſtark, wie die der Stadt und ſo mußte der Einfluß der freien und freiheitlich geſinnten Arbeiter von St. Louis täglich im Staate mehr wachſen . Nach dem Cenſus vom Januar 1865 hat die Bevölkerung eine Stärke von 165,000, was ungefähr ſo viel heißen will, als mehr als ein Fünftel der ganzen Bevölkerung des Staates . Obgleich der leşte Cenſus die Zahl der Deutſchen nur auf 41,000 feſtſtellt,

ſo iſt ihre Zahl doch mehr als doppelt ſo groß ,

da der Cenſus nur ſolche als Deutſche aufzählt, die nicht in Amerika, reſp. in Deutſchland geboren ſind. Die Sklavenhalter des Landes bekämpften von Anfang an dieſen wachſenden Einfluß der Stadt St. Louis, ta ſie wohl abnten , was er ihnen bringe . Die Repräſentation der Stadt in der Gefeßgebung des Staates war im Verhältniß zu ihrer Bevölkerungszahl immer eine ſehr fleine und iſt beute noch nicht halb ſo ſtark, als ſie nach der Zahl der ſtimmberechtigten Bürger zu

Die Benton -Partei.

Tein das Recht hätte .

51

Die Vertreter der Land-, beſonders der Sfla

vendiſlrifte, führten in den Sißungen der Geſeßgebung einen beſtän digen Kampf gegen die Intereſſen der Stadt und hatten immer eine Freude daran , wenn ſie den Bürgern von St. Louis einen Streich ſpielen konnten.

Es konnte nicht ausbleiben , daß die induſtrielle,

fabriftreibende Stadt, deren Reichthum auf der freien Arbeit beruhte, bei jeder Gelegenheit mit dem patriarchaliſchen, auf die Sklavenarbeit bafirten Aderbauſtaate in Conflikt gerieth und ihm in jeder Bezies hung vorauseilte. Es lagen alſo im Staate Miſſouri bereits ſeit Jahren die Grundurſachen des Kampfes im Kleinen vor, der jeßt über das ganze Gebiet der Ver. Staaten im Großen ausgekämpft wird, und der ganze Verlauf der Ereigniſſe in Miſſouri ſeit dem Ausbruche der Rebellion iſt nur ein verkleinertes Spiegelbild tes großen Ram pfes über die ganze Union . Die Deutſchen bildeten ſeit 1850 einen Hauptfaktor in dem Kampfe,

den ihr Einfluß endlich zu Gunſten der Freiheit entſchieb. Obgleich ſie in 1850 großentheils noch der demokratiſchen Partei angehörten , einer Partei, welche damals mit Eifer die Frage der Sklaverei todt zuſdhweigen ſuchte, ſo ſchlug dod bald unter dem Einfluſſe der neuen Einwanderung die öffentliche Meinung unter ihnen um und als der Kampf in Kanſas entbrannte, wendeten ſie ſich in großer Majorität der ſich neu bildenden , republikaniſchen Partei zu . Schon vor dieſer Kriſis wurde der Kampf gegen die Sflaverei unter anderer Fahne geführt .

Der alte Benton fab zu genau das

Streben der Sklavenhalter im Congreſſe und in Miſſouri; er klagte ſchon damals die von Claiborne F. Jadſon geführte Fraction der des mokratiſchen Partei der Verrätherei an, indem ſie die Suprematie ter Centralregierung läugneten und die Staatenſouveränetät an ihre Stelle ſekten , Grundfäße, die auf Jadſon's Antrag in Miſſouri öffentlich in der Form von Reſolutionen ausgeſprochen wurden . fie darum die Nullifier.

Er nannte

Er ſagte genau das Unheil voraus , in das

die Verwirklichung dieſer Theorie das Volk ſtürzen würde.

Es ents

ſpann ſich der Rampf der Benton- und Anti-Bentonpartei ; in Wahr heit war es ein Kampf der auf die Säge der Conſtitution fich ſtüßen den Anhänger der Theorie der unbedingten Suprematie des Bundess ſtaates gegen die heilloſen Grundfäße Calhoun's , welche die unbe dingte Staatenſouveränetät, D. h. die Anarchie, lehrten .

In beiden

Der Anzeiger.

52

Lagern waren damals die Deutſchen vertreten . Der größte Theil der alten Einwanderung mit einem Theile der neuen ſtand auf Seiten der Anti - Benton-Partei, welche durch die „ Demokratiſche Preſſe " unter der Redaction von Chriſtian Kribben und F. A. H. Schneider vertreten war.

Der jüngere Theil der Einwanderung, welcher zum

großen Theil das Stimmrecht noch nicht beſaß, neigte ſich der Benton Partei zu, weldie von dem „ Anzeiger des Weſtens“ unter Heinrich Börnſtein vertheidigt wurde. Es muß jedoc hier bemerkt werden , daß in dieſem ſehr beftigen Rampfe der beiden deutſchen Zeitungen ſich ſo viel perſönliche Motive einmiſchten, daß die prinzipielle Frage ganz verwiſcht wurde und die Sache auf einen Streit der Deutſchen unter fich, auf eine querelle allemande hinauslief. Der Anzeiger, von einem Herrn Bipage gegründet, von den Herren Arthur Dls bauſen und Weber fortgeführt, hatte ſich unter der Leitung des Herrn Börnſtein große Verdienſte um das Deutſchthum und das ſociale Leben derſelben in St. Louis erworben . Selbſt ein leidenſchaftlicher Schau ſpieler brachte er bald ein paſſables Theater zu Stande und vereinigte die Funktionen des Redakteurs, Regiſſeurs und Rezenſenten in ſeiner Perſon ; unermüdlich thätig, arrangirte er bei jeder Gelegenheit die Feſtlichkeiten und die öffentlichen Beluſtigungen der Deutſchen.

Er

erwarb fich dadurch großen Einfluß unter der Bevölkerung, und der Anzeiger war für Viele lange Zeit ein Drafel. Aber bald verfiel er in den Fehler jeglicher Herrſchaft ; was ihm die Deutſchen freiwillig boten, darüber glaubte er als einziger Volkstribun auch gebieten zu tönnen . Seine Eitelkeit verleitete ihn ſogar oft zu der unklugen Reußerung, daß er, der Anzeiger, über die Neigungen, Anſichten und Stimmen der Deutſchen gebiete. Perſönlichkeiten und ganze Vereine, die ihm nicht zu Willen waren , wurden unbarmherzig angegriffen und er hatte nicht ſelten Erfolg.

Eine Zeit lang ſchien es, als ob er der

unbeſchränkte Siegelbewahrer der Gemüther der Deutſchen ſei - allein gerade

dadurch

beleidigte und erweďte er den Stolz des deutſchen

Selbſtgefühls , beſonders der Gebildeten . Leßtere Teßten ihm die ,, Tribune" und ſpäter die „ Demokratiſche Preſſe" entgegen . Gereizt durch dieſe Oppoſition verfiel er in den noch (dlímmern Fehler, in das ſchlimmſte Demagogenthum, die Gebildeten bei den Ungebildeten anzuſchwärzen und zu verdächtigen . Statt ſeinen Einfluß auf die großen Maſſen zur Erhebung derſelben zu gebrauchen , fdmeichelte er

53

Heime ser Rebellion .

ihrer Rohbeit, indem er die Gebildeten und mit ihnen die Bildung ſelbſt in den Augen der Maſſen , die niemals die Perſon von der Sache trennen, lächerlich zu machen ſuchte.

Die von der alten Emigration

erfundenen Spişnamen theilweiſe benußend , nannte er ſie „ Lateiner, Geſchwollene, Spartaner " und wie die jest ſo albern flingenden Na men alle hießen .

Die Gebildeten (dwiegen meiſtens, einige Wiße,

ſchlechte und gute,

in der ſogenannten „ lichtpuße “ ausgenommen .

Ihre Zeit war noch nicht gekommen . Der Streit, ſo unerquídlich er war, trug indeſſen Viel dazu bei, die Deutſchen an das Leſen der Zei tungen zu gewöhnen . Wenn man will, ſo war es eine Ruſſenkur, aber fie hat Viel geholfen . Die Kanſasbil mit ihren blutigen Folgen machte mit vielem An derem auch dem kleinlichen, meiſt unter falíder Flagge geführten Par teifampfe der Benton- und Anti -Benton - Leute ein Ende.

Die Nul

lifier unter Führung von Atdinſon , Truſten Polf, Doniphan, CI , F. Jadſon u. ſ. w . wurden genöthigt,

die Maske abzuwerfen,

da ſie

handeln mußten, um ihre Partei in- und außerhalb Miſſouri zu un terſtüßen . Sie organiſirten ibre Clienten , jene oben erwähnten Tagdiebe und Strolche, in förmliche bewaffnete Banden, weldie es ſich zum Hauptgeſchäft madsten, die Anſiedler, weldie aus dem Oſten nach Kanſas zogen, auf dem Miſſouri anzuhalten, ihrer Waffen zu berauben und ſie zu mifhandeln, ſo daß Viele derſelben erſchreckt wie ter umfehrten. Später, als es galt, die Abſtimmung des Volfes von Kanſas zu fälſchen und dem Terrorismus der Sklaverei einen geſeßlichen Anſchein zu geben , führten Atchiſon, Doniphan , Strings fellow und Andere dieſe Banden über die Grenze von Kanſas, wo ſie an den Wahlpläßen die ehrlichen Anſiedler durch ihre Sdyandthaten einzuſchüchtern ſuchten und auf alle erdenkliche Weiſe Hobn trieben mit dem Wahlrechte des Volkes . Der Einfältigſte mußte aus dieſen ſchmachvollen Streichen , die damals von den Langfnechten der Stla venhalter in Kanſas ausgeübt wurden , lernen , daß es dieſer Partei nicht um wahre Wahlfreibeit und Souveränetät des Volfes, ſondern nur um Herrſchaft zu thun ſei.

Den Deutſchen , beſonders denen

in Miſſouri, fielen die Schuppen von den Augen .

Selbſt Die unter

ihnen, welche früher immer klug und weiſe erklärt hatten, der Neger und die Sklaverei fümmere fie nidyt ; ſie hätten nur für weiße Arbeiter zu ſorgen u. f. w ., gingen in ſich, als ſie die Gefahr begriffen , welche

Wahl von C. Sadion .

54

ihrer eigenen Eriſtenz und Arbeit durch eine förmliche Oberherrſchaft, eine Hegemonie der Sklavenhalter drohe. Die Präſidentenwahl von 1856 konnte zwar noch keinen Maßſtab für dieſen großen Umſchwung der Geſinnungen abgeben, da keine Partei in Miſſouri es gewagt hatte, den Candidaten der republikaniſchen Nationalpartei, Fremont, anzunehmen.

In 1860 dagegen erhielt der republikaniſche Candidat

Lincoln 17,000 Stimmen und der republikaniſme Candidat Gar denhire, als Gouverneur, über 6000 Stimmen . Leßtere waren die republikaniſchen Stimmen der Stadt St. Louis, die hier zum erſten Male zum Vorſchein kamen . Gardenbire's Candidatur war überdies zu kurz vor der Wahl angekündigt und zudem 30g er ſich am Abend vor dem Wahltage zurüc. Claiborne F. Jadſon, der als demokra tiſcher Candidat neben Hancock Jadſon und Sample Orr für das Amt des Gouverneurs vor dem Volke war, wurde mit einer relativen Majorität von 74,000 Stimmen gegen ſeine drei Ri valen gewählt .

Er war ein Eingeweihter in der großen Verſchwö

rung des Südens .

Obgleid) er wußte, daß die Majorität des Vols

kes von Miſſouri gegen eine bewaffnete Rebellion war, wie das kleine Votum für Bredinridge in der Präſidentenwahl gezeigt hatte, ſo ſteuerte er doch, auf die Macht des Terrorismus in den Händen einer kleinen, aber energiſchen Minorität vertrauend, ſiegesgewiß ſeinem Ziele zu. In ſeiner Antrittsbotſchaft, die er am 4. Januar 1861 vor der vereinigten Legislatur ſelbſt ablas, erklärte er geradezu, daß der Staat Miſſouri das Schidſal des Südens theilen müſſen. wenn der Norden , Zwang " gebrauchen wolle. Man fab an dem ganzen Benehmen der Eingeweihten , daß etwas Außerordentliches im Winde ſei.

Die Legislatur,

wie gewöhnlich aus Leuten,

die

unter der Mittelmäßigkeit ſtehen , zuſammengeſeßt, war in großer Ma jorität für die Pläne Jadſons, und legterer, obgleich ſelbſt nur aus gezeidynet burds feinen ſittenloſen Lebenswandel und ſeine Gewands heit in kleinen , politiſchen Intriguen, wurde von ihnen als ein großes Genie, als der Bringer einer neuen Zukunft bezeichnet. Ein Ges fühl des Triumphes über irgend ein, der gemeinen Welt unbekanns tes Ereigniß ſpiegelte ſich in den aufgeregten Zügen dieſer kleinen Geiſter, die im Begriffe waren, die Rolle des Zauberlehrlings zu übernehmen . Selbſt die Damen der kleinen , in jeder Beziehung kleinen Ariſtokratte von Jefferſon City

waren

in vollem Pompe,

55

Angeblicher Einfall in Miſſouri.

geſchmüđt mit den Farben der erſehnten Rebellion , in dem Capi tole erſchienen , um das neue Evangelium aus dem Munde des Mannes zu

hören , an dem ſich der Fluch des greiſen Patrioten

Benton ſo bald

erfüllen

ſollte.

Auf den Straßen des

kleinen

Städtchens und in den Wirthshäuſern tummelten ſich ſchon die Spieß geſellen und Werkzeuge der Anſtifter herum, Verwünſchungen gegen Lincoln und die Republikaner ausſtoßend.

Es war flar, daß dieſer

Auswurf der Menſchheit nicht überreden wollte, ſondern einſchüchtern. Dies gelang ihnen bald genug. Die guten Bürger ſchwiegen , zudten die Adſeln und ließen den rohen Haufen gewähren . Es herrſchte eine peinliche, gedrüdte Stimmung, die deutlich genug den kommenden Sturm verkündete. Um den weiteren Verlauf der Ereigniſſe ver ſtändlider zu machen , müſſen wir hier abbrechen und in das Jahr 1860 zurüdgreifen . Kurz nach der Wahl Lincoln's erſdoll plöblid von der ſüdweſtlichen Grenze des Staates die überraſchende Nachricht, daß Montgomery, der aus den Unruhen von Kanſas bekannte Freiſchaarenführer, die Grenze des mouveränen Staates Miſſouri bedrohe, daß er das Eigen thum der Sklavenhalter verwüſte und ihre Sklaven befreie. Die höchſt widerſprechenden Nachrichten waren in ein ſo myſtiſches Dune fel gebült, daß jeder Vernünftige von vorn herein an der Richtig feit der Thatſachen zweifelte.

Nicht einmal der Ort , wo der ges

fürchtete Montgomery mit ſeinen 500 oder 1000 „ Jayhawkers ," die zuleßt auf einige Dußend herabſanken , ſich aufhielt, konnte genau angegeben werden . Wiederholte Nachridyten kamen jedoch und die demokratiſchen Blätter, der Republican voran, machten einen gewal tigen Lärm von der Geſchichte.

Die in das Spiel Eingeweihten

beſtürmten den ſchwachen Gouverneur Stewart, eine Proklamation zu erlaſſen, worin die Staatsmiliz zum Schuße der Grenze aufgerufen wurde. Dies geſchah und da im ganzen Staate keine halbwegs or: ganiſirte Miliz vorhanden war, als in St. Louis, ſo erging der Be fehl an ſie, ſich zum Ausrüden fertig zu machen. Niemand ahnte den Zwed dieſes Gaufelſpieles. Eine deutſche Cavallerie- Compagnie und eine Abtheilung Artillerie, ebenfalls Deutſche, folgten ohne Wi derrede dem Aufgebote des General Froſt, dem der Befehl über die Staatsmiliz übertragen war . Binnen zwei Tagen marſchirte bie wun derlich ausſtaffirte Armee von zwei- oder dreihundert Mann gegen den

Die Minute Men.

56

Feind aus, deſſen Eriſtenz mit jedem Tage zweifelhafter wurde. Sie marſchirte bis nach Barton County, in die Nähe von Fort Scott, ohne einen bewaffneten oder unbewaffneten Feind geſehen zu haben. Der größte Theil der Leute fehrte unserleßt wieder nach der behaglichen Heimath in St. Louis zurück. Die Artillerie jedoch blieb, angeblich, um ein Auge auf die Grenze zu haben , in Smittſton , an dem End punkte der Pacific - Eiſenbahn , zurück und kam auf Befehl des General Froſt erſt wieder, als im Anfange Mai derſelbe in Camp Jadſon ſein Uebungslager organiſirte. Der Plan der Rädelsführer war offenbar der geweſen, die Stadt St. Louis für den Fall einer Rebellendemon ſtration

ihrer wenigen Miliz zu berauben und zugleich aus dieſer

Truppe im Innern des Staates einen Kern zu bilden, an den ſich nad Ausbruch der Rebellion die Banden aus dem Lande anſchließen fönnten. Der Plan mißlang allerdings, weil die gehofften Ereigniſſe, eine Emeute in St. Louis und die Wegnahme des Arſenals, zu lange ausblieben , wie denn überhaupt die Leiter der Rebellion in Miſſouri, von Anfang an das Mißgeſchick hatten, immer zu ſpät zu kommen. Doch es war nicht ihre Schuld. Es fehlte ihnen keineswegs an Eifer, allein ſie verfielen blos in den Fehler, den Eifer ihrer Gegner, der Republikaner, zu unterſchäßen. Während der Agitation für die Präſidentenwahl hatten beide Par teien Organiſationen gebildet, die durch eine geregelte Thätigkeit die Zwede ihrer Partei unterſtüßen ſollten. Die Republikaner ſtifteten die Wide Awakes , die Demokraten die Conſtitutional Guard und die Minute Men.

Obgleich die Erbitterung der Parteien hoch geſtiegen

war und zwiſchen dieſen Geſellſchaften oft Balgereien vorfielen, ſo war dies doch ſchon öfter bei Präſidentenwahlen vorgekommen und man glaubte, daß nach der Wahl dieſe Geſellſchaften ihren Dienſt ge than haben und ſich auflöſen würden. Dies thaten auch die Wide Awakes, nicht aber die Gcſellſchaften der demokratiſchen Partei. Haupt fächlich die Minute Men verdoppelten ihre Thätigkeit nach der Wahl und rühmten ſich bald, daß ſie Tauſende zu ihren Mitgliedern zählı ten .

Die Verhandlungen wurden geheim gehalten ; ſie hatten ein

eigenes Hauptquartier und man brachte bald in Erfahrung, daß fie reguläre Feldwaffen erhielten und ererzirten. Nach und nach erſchienen ſie in Uniform auf den Straßen und in den Wirthshäuſern ,

Sie

rebeten , als ob es ſich von ſelbſt verſtehe, daß der Staat Miſſouri aus

Die Minute Men .

57

dem Bunde austrete und gaben ſich ſchon gegen Weihnachten 1860 feine beſondere Mühe mehr, ihre Abſichten zu verbergen , da ſie offens bar ihrer Sache ficher zu ſein glaubten . Den deutſchen Bürgern , die dieſen Redensarten gegenüber ihre Zweifel ausſprachen oder proteſtir ten, wurde bemerkt, daß man ſie aus der Stadt jagen würde, wenn ſie ſich zu widerſeßen wagten . Sie ſagten dies weniger, weil es ihre wirkliche Abſicht war, ſondern nur, um die Deutſdhen einzuſchüchtern und in paſſivem Gehorſam zu halten . Waren toch die Politifer von langer Zeit ber gewöhnt, die Deutſchen als friedliche Leute zu be : trachten , die ſich leicht durch eiuigen Lärm, durch Drohungen und wenn's nothwendig war -wie zur Zeit Ned Buntline'e-- durch einige Mordthaten einſchüchtern ließen . Die Minute Men waren offenbar der Hebel, auf den die Rebellen ihre Hoffnung geſeßt hatten, die Stadt unter ihr Joch zu beugen.

Sie wußten genau, daß ſie die Deutſchen

nicht für ſich gewinnen könnten und tarum rechneten ſie darauf, durch einen Handſtreich ten Terrorismus einzuführen und dann die Deut Ichen , die nicht entfliehen konnten , ebenſo in den Dienſt zu preſſen , wie es in andern ſüdlichen Städten geſchehen iſt. Die Zuſammen feßung dieſer geheimen Geſellſchaft war bezeichnend für das ganze Weſen und den Charakter der ihr Haupt erhebenden Rebellion . Die verzärtelten Söhne der Ariſtokratie reichten in ihren Verſammlungen dem verworfenſten Straßenpöbel, den in die Geheimniſſe der Diebøs höhlen und der Proſtitution Eingeweihten die Hand zum Bunde — dieſelbe Erſcheinung, die wir in der Geſchichte bei jedem Kampfe der Ariſtokratie mit den Volksfreiheiten finden ; es war das Spiegelbild, oder die Carrikatur des Abels der italieniſchen Republifen, der bes ſtändig über das verwahrloſte Proletariat zu gebieten verſtand ; der König Bomba der Sklaverei mit ſeinen Lazaroni's. Es waren die edlen Sprößlinge der „erſten Familien " aus ten ſogenannten Virgi nia und Rentudy Cliquen , die ſeit dem Beſtehen des Staates eine Rolle in der Politik geſpielt hatten . Ihre Namen waren vergeſſen, aber dieſe Vorgänge und Vorbereitungen zur Rebellion waren nur die Verwirklichung der von ihnen gepredigten Theorien. Einer der Ros ryphäen dieſer goldenen Jugend ( jeunesse doree ) war der bekannte Dr. McDowell, einer der Politiker, deren Ehrgeiz ſeit langen Jahren nach Auszeichnung ſtrebte, eine Hauptleucite in den früheren Logen der Knownothinge und jeßt ein eifriger Freund der ſüdlichen Brüter.

58

Die Minute Men .

Da er bei jeder Gelegenheit Reden hielt und darin ſelten vergaß, über die Dutch und die Iriſh herzufallen, ſo war es ihm nie möglich, ir gend ein Amt zu erhalten und dies hatte ſein Herz verbittert . Von Natur ercentriſch, Das , was man im gewöhnlichen Leben halb vers rückt nennt, ſtürzte er ſich mit der ſeinem hohen Alter eigenthümlichen Blindheit und leidenſchaftlichen Schwäche in die Arme der Rebellion . Schon ſeit lange vor der Rebellion hatte er in dem großen Gebäude, worin er den Studenten neben den Geheimniſſen der Medizin auch die der Nebellion lehrte, cin förmliches Arſenal angelegt, das aus al ten , meiſtens unbrauchbaren Kanonenröhren beſtand, die er gelegents lich angekauft hatte.

Alle ſeine Studenten waren ſelbſtverſtändlich

Mitglieder der Verſchwörung und es wurden jetzt Vorräthe von Pul : ver in die Keller des Gebäudes gebracht. Die Meiſten glaubten nicht, daß der närriſche Doktor Ernſt mache, als er ſpäter nach der Aufbe bung des Lagers in Camp Jadſon erklärte, er würde ſein Gebäude eher in die Luft ſprengen, als es den Behörten der Ver. Staaten abs treten . Als er aber bald darauf zu ſeinen ſüdlichen Brüdern abge zogen war und das Gebäude unterſucht wurde, fand man in den Kellern förmliche Minengänge, ſowie drei eiſerne Dreipfünder auf Lafetten, die dann an den Eingängen des Gebäudes aufgeſtellt wur den, da man ſie zu nichts Anderem gebrauchen konnte. Dr. Mc Dowell war in der That ein Original, ein wirklicher Don Quirote des untergehenden Ritterthums der Sklaverei. Er irrt noch im Süten herum , viele der bethörten jungen Leute aber, die damals ſo hochfah rend und hoffnungstrunken ſich in dieſen Kampf mit dem Zeitalter ſtürzten, ruben in den Wäldern von Shiloh neben den Unſrigen. Andere, die Meiſten, ſind reuig und ſtil zurückgekehrt zu den frieds lichen und angenehmen Beſchäftigungen des bürgerlichen Lebens . Einige ſind ſogar im Dienſte der Ver. Staaten und wollen an die Vergangenheit nicht mehr erinnert ſein. Als die Minute Men immer mehr fid verſtärkten und von Zeit zu Zeit von General Froſt Waffen erhielten, da dachten die Deutſden daran, ein Gleiches zu thun, ſich zu organiſiren urid zu bewaff Die täglich gegen ſie ausgeſtoßenen Drohungen , die feind: ſelige, gehäſſige Stimmung des amerikaniſchen und iriſdyen Pöbels, die ſichtlichen Beſtrebungen der rebelliſch geſinnten Legislatur in nen .

Jefferſon City , die Herrſchaft in der Stadt durch Polizeicommiſjäre,

Bewaffnung der Deutiden .

59

die von dem Gouverneur ernannt waren , in die Hände der Rebellen zu ſpielen , die Furcht, in die ſchlimme Alternative verſetzt zu werden , entweder Haus und Hof zu verlaſſen oder für eine haſſenswürdige Sache die Waffen ergreifen zu müſſen, vor allem aber die gerechte Erbitterung über das freche Gebahren der Rebellen, welches voraus zuſeßen (dien , daß die Deutſchen nicht Muth und nicht Stolz ge nug hätten , Widerſtand zu leiſten - Alles dies rüttelte ſie bald mar ſenweiſe aus ihrer Ruhe auf und es zeigte ſich in ihrem Zuſam mentreten zum Schuße ihrer Familien und der republikaniſchen Freiheit ein Einmuth, ein Ernſt des Willens und eine Begeiſterung, wie ſie noch nie unter Deutſchen Amerika's fich entfaltet hatte. We nige Männer waren es ,

dic um Weihnadyten 1860 zum einmü thigen Beſchluſſe kamen, die Deutſchen zu den Waffen zu rufen , um nöthigen Fals ihr Recht in die Hand zu nehmen . Gleichzeitig er ſchien in der „ Weſtlichen Poſt" ein Artikel, der auf die drobende Gefahr hinwies und die Erwartung ausſprad , daß die Deutſchen auch in dieſem Lande für die Freiheit ſich erheben würden. Dieſes Ergreifen der Initiative von Seiten der Deutſchen hatte damals noch viel Gefahr, denn die Staatsregierung war vom Januar '61 an in den Händen des Rebellengouverneurs und die Beamten Bu chanan's ſtanden beinahe ohne Ausnahme auf der Seite der Nebel Die erſten Verſammlungen wurden in der Washington Halle

len.

bei verſchloſſenen Thüren gehalten ; es wurden auf gemeinſchaftliche Koſten Musketen gekauft und eifrig ererzirt. Die Turner organi ſirten ſich in der Turnhalle in drei Compagnien . Bald war in der Washington Halle der Zudrang ſo groß, daß die Bürger der weiter gelegenen Stadttheile für ſich beſondere Lokale nahmen . Die Be wegung erregte bald Aufſehen und die gleichgeſinnten Amerikaner der Partei, die auf den erſten Vorſchlag von deutſcher Seite geant wortet hatten , ſie fähen die Nothwendigkeit des Bewaffnens nicht ein , ſchloſſen ſich nach und nach an, allein es waren nur vereinzelte Führer, zu denen ſich zuleßt auch Blair geſellte, als die Bewegung ſchon der Hauptſache nach im Gange war. Eine ganz ſelbſtſtändige Organiſation bildeten die ſogenannten „ ſchwarzen Jäger," die in dem untern, großentheils deutſchen Stadttheile von Nikolaus Schüttner gebildet wurden . Sie hatten ihre eigenen Waffen und waren meis ſtens Leute, die in 1848 und '49 in Deutſdland in der Revolution

60

Schwarze Jäger.

und in Amerika auf der Jagd gelernt hatten , mit den Waffen umzus gehen . Gute Schüßen, kräftige, bärtige Geſtalten im reifen Man nesalter, würden ſie einen ſonderbaren Contraſt gegen die glatten Geſichter und die ſdo lotternden Glieder der jungen Leute in den Reihen der Minute Men gebildet haben, wenn ſie ihnen gegenüber geſtellt worden wären .

Die unbeſtimmten, meiſtens übertriebenen Gerüchte über die Rüſtungen der Deutſchen flößten den Minute Men bald einen

heilſamen Schreden ein und hielten ſie ab, ihre Plane zur Ausfüh rung zu bringen . Dieſer Zuſtand der Anarchie, in dem ein Theil der Bevölkerung dem andern bewaffnet gegenüber ſtand und abwar tete, wo der erſte Streid fallen ſollte, dauerte fort während der vier Monate, bis er im Camp Jadſon ſeinen Culminationspunkt fand. Troß der gedrückten, unheimlichen Stimmung war es außerordentlich komiſch, zu ſehen , wie die Deutſchen ſich im Prahlen von den Minute Men keineswegs übertreffen ließen . Wenn lektere auf die große Zahl ihrer Mitglieder pochten und ihre ausgezeichneten Waffen rühmten, ſo antwortete ihnen irgend ein Deutſcher mit geheimnißvoller Miene, daß die schwarzen Jäger ganz fürchterliche Menſchen ſeien ; daß ſie aufs Schiaßen nicht viel halten, obgleich ſie es ſehr gut verſtänden , daß ſie das Bajonnet und den Säbel aber noch viel beſſer zu gebrauchen wüßten. Vor dieſen beiden Dingen aber hatten die Rebellen ſchon damals einen gewaltigen Reſpekt. Bald kam es ſo weit, daß der Republican, das Organ der Rebellen, die ſchwarzen Jäger als eine gefährliche Macht anklagte und dadurch, ohne es zu wollen , den Re ſpekt der Rebellen nur noch vermehrte.

In der Wirklichkeit waren

die deutſchen Organiſationen, obgleidy ſie ſehr zahlreich waren , nur mit Privatwaffen verſehen und viele hatten gar keine. Allein der Hauptzwed , die Rebellen von einem Handſtreich zurüdzuhalten, wurde durch dieſe übertriebenen Gerüchte, wurden , erreicht.

die von den Rebellen geglaubt

Der große Zielpunkt der Nebellen war ſelbſtverſtändlich das Bun desarſenal, das einzige Waffendepot im ganzen Weſten. Der Kriegs miniſter Floyd hatte es reichlich mit Waffen verſehen , da er voraus Teßte, daß fie den Rebellen Miſſouri's dienen würden .

Es waren

90,000 Musketen und Büchſen und 20,000 kleine Waffen , Säbel, Piſtolen und Revolver vorhanden, doch keine entſprechende Anzahl Kanonen .

Dieſe in jener Zeit ſo koſtbare Waffenmaſſe war unter

Das Arſenal.

61

der Obhut des alten Major Bell und fünf Mann Soldaten der Ber. Staaten . Um die Sache noch leichter zu machen , batte der Major erklärt, er würde das Arſenal übergeben, wenn es verlangt würde. An einem Nachmittag im März erſchienen plößlich eine Abtheilung der ſogenannten Conſtitutional Guards, die von dem be fannten Sezeſſioniſten Grimsley gebildet worden waren ,

vor dem

Gitterthor des Arſenals und erboten ſich dem Major Bel als Schuß wache. Gleich hinter ihnen folgten als Beobachtungscorps eine große Menſchenmenge, ſchwarze Jäger, Weiber und Kinder in ſehr aufge løfter Dronung und unter großem Lärm , ſo daß die Conſtitutional Guards es für gerathener fanden , ihren Einzug ins Arſenal zu ver ſchieben

und ſich zerſtreuten .

Die Demonſtration war gerade ſtarf

genug, um die Aufmerkſamkeit des Publikums auf das Arſenal zu lenken und einen zweiten Verſuch bedenklicher zu machen . Die ſchwar zen Jäger aber ſchwebten wie ein drohendes Geſpenſt über allen Plä nen der Rebellen und der Republican rerſäumte nidyt, ſie recht oft zu erwähnen und zu beſchimpfen . Unterdeſſen

arbeitete Gouverneur Jadſon und ſeine Legislatur

eifrig an dem Werke der Anarchie und Deſtruction.

Man muß es

ihnen zugeſtehen , daß ſie bei all ihrer Gewöhnlichkeit den Muth bats ten, revolutionär und rüdſichtslos zu verfahren. Vor Adem gaben fie der Stadt St. Louis aus freiem Antriebe ein neues Polizeigeſeß, welches die ganze Polizeimannſdhaft dem Befehle des Mayors entzog und ſie in die Hände von Commiffären gab, die von dem Gouverneur ernannt waren und in ſeinem Intereſſe bandeln mußten.

Die Po

lizeidiener wurden mit Musketen bewaffnet und förmlich einerercirt . Neben der Polizei hielt der General Froſt den Befehl über die Miliz und gerirte ſich bei verſchiedenen Gelegenheiten als Militärcomman deur. Er erließ Orders, worunter eine, welche vorſdrieb, welche Zeichen mit den Feuergloden gegeben werden ſollten, um die ,,Miliz,“ d. h . die Rebellen zuſammenzurufen. Jackſon erließ eine Ordre, welche die Miliz des Staates in neun Brigaden theilte, ernannte die Generäle und Sterling Price als Generalmajor. Die Legislatur nahm die Fonds der Schulen , ja ſogar die zur Erhaltung der Jrren anſtalt in Fulton nothwendigen Gelder weg, um ſie für die Rüſtung zum Kriege zu verwenden .

Der Vicegouverneur Reynolds tündigte

in einem Briefe im Republican an, daß er Diejenigen, welche der

Die Großhändler.

62

geſeßlichen Regierung des Staates Widerſtand leiſten wollten ,

als

Rebellen behandeln wolle ; kurz, es war Alles vorbereitet, um den Staat offen in die Hände der Rebellen zu geben ; nur die bewaffnete Macht fehlte noch, die dem offen ausgeſprochenen Willen der Rebellen thatſächlidy Geltung verſchaffen ſollte. Wie alle Rebellen - Legislaturen, ſo hatte auch die Miſſouri's eine Convention ausgeſchrieben , welche den Abfal des Staates von dem Bunde ausſprechen ſollte. Während dieſer Zeit der Ungewißheit,

der Spannung und der

Vorbereitung verhielt ſich ein einflußreicher und achtbarer Theil der Bevölkerung der Stadt, die großen Kaufleute, in einer eigenthümlichen, neutralen und ſchwankenden Stellung, hauptſächlich jedoch nur in den erſten Monaten der Bewegung, im Januar und Februar.

Auf

den erſten Blic ſchien es, als ob ihr Intereſſe einzig und allein durch einen engen Anſchluß an den Süden gewahrt werden könne. größter Einkauf8s

Ihr

und Abſaßmarkt war der Süden und die große

Verbindungsſtraße der Fluß .

Eine Trennung von der Sache des

Südens hieß ſo viel, als Sperrung der großen Handelsaber und Nuin .

Das Argument, das ſelbſtverſtändlich von den grundſäßlichen

Rebellen unter ihnen ſehr einleuchtend geltend gemacht und von dem Republican, dem Orakel der großen Kaufleute, gehörig breit geſdla gen wurde, ſchien unwiderleglich.

Der ganze Handel in's Innere

von Miſſouri, Kanſas, Illinois , den die St. Louis Raufleute trieben, batte nur inſofern Gewinn in Ausſicht, als er ſich auf die Zufuhr der Colonialwaaren, Weine u . . w . und die Ausfuhr von Aderbau . Produkten auf dem Fluſſe aus und nach dem Süden ſtüßte.

Kauf

leute von New Orleans kamen herauf und erzählten triumphirend von den glänzenden Geſchäften, die ſie machten , ſeit die Autorität des Bundes in dem Zollhauſe aufgehört habe.

Sie malten in lebendi

gen Farben das Bild der Armuth der St. Louiſer, wenn ſie fid von dem Süden trennten und den Glanz des Reidythums, den ſie unter dem neuen Regime ſchon ſo ſchnell erworben hätten.

Die Argumente

Beider waren wahr für den nächſten Tag, für kurze Zeit, aber nicht länger und darum waren ſie trügeriſch. Bald genug verblich der viel gerühmte Glanz der New Orleans Handelsherrn, die ſich ſchon als Cröſus des größten Hafens der Welt geträumt hatten . Der Krieg, dem ſie ſich angeſchloſſen hatten , mußte nothwendig die Blođade hers belführen und dieſe den Ruin des Handels.

Aber ſo gewöhnt iſt der

Die Großhändler.

63

Kaufmann, nur an den Vortheil des nächſten Augenblids zu denken , daß dieſe Herren nicht fähig ſchienen, in jenem Augenblide dieſe ein fache Schlußfolgernng zu machen ,

bis ſie durch die unangenehme

Wirklichkeit aus ihren Träumen geriſſen wurden . Dieſes Sdhidſal der Kaufleute von New Orleans, das ſchon im April mit den erſten Blođadeſchiffen vor ihrem Hafen über ſie kam , wirkte mehr, als Ar: gumente auf ihre Collegen von St. Louis.

Die Deutſchen unter

ihnen konnten und wollten nicht ihre augenblidlichen Intereſſen ihren beſſern Anſichten und der Maſſe ihrer Lantsleute entgegen ſeßen und ſchloſſen ſich, die Leßten nad der Aufhebung von Camp Jadſon , der allgemeinen Bewegung der Deutſchen an . Es wäre abſurd, läugnen zu wollen , daß dem Handel von St. Louis durch die Sperrung des Verkehrs mit dem Süden ungeheure Verluſte gebracht wurden . Um jo mehr iſt es anzuerkennen, daß die deutſchen Kaufleute ſich ſo thätig und freigebig an allen Maßregeln zur Vereitlung der Nebellenplane betheiligten und um ſo mehr iſt es zu tadeln, daß der engherzige Haß der Adminiſtration gegen die Radikalen ſpäter ſo weit ging, dieſen Kaufleuten durch alle möglichen Chifanen und Beſchränkungen des Handels für ihre loyalen Dienſte zu danten .

Aber die Zeit bricht

ſchon an, welche durch Thatſachen die Nichtigkeit des Arguments zu Gunſten des Sütens beweiſen wird ; welche den Handel von St. Louis mit dem wiedererſchloſſenen , zn größerer Produktionskraft ſich hebenden Süden, mit dem unter dem Zauber der freien Arbeit neu aufblühenden Innern von Miſſouri, Kanſas und Arkanſas zu nie ge ſebenem Glanze heben wird .

Die zahlreichen Schlote der Gießereien

und Maſchinenwerkſtätten der Stadt ſind nur die Anfänge der in duſtriellen Größe und der ungeheuren Fabrifthätigkeit, welche St. Louis entfalten wird als der Stapelplaß der Rohprodukte des unge heuern , weſtlich vom Miſfiſſippi liegenden Ländergebietes und der vielfältigen und maſſenhaften Erze Miſſouri's, von denen jedes Jahr juſt in dem Verhältniß mehr zu Tage gefördert werden müſſen, als die wachſende Bevölkerung mehr Arbeitsfräfte bietet. Als Lincoln die Regierung angetreten hatte, wurden verſchiedene, vergebliche Verſuche gemacht die loyalen Bürger mit den im Arſenale unbenußt liegenden Waffen zu verſehen . Es ſchien, als ob dieſe ver hängnißvollen Waffen abſichtlich zurüdgehalten würden , um zur ge eigneten Stunde in die Hände der Rebellen zu fallen. Daß die Partei

64

Homeguards.

der verkappten Rebellen in Waſhington, unter den Mitgliedern der Adminiſtration ſelbſt, einen ſtarfen Einfluß hatte, wollte damals Nies mand in den Reihen der republikaniſchen Partei glauben , aber nur zu bald ſollte die bittere Thatſache klar genug werden. Die Homeguards, ſo wurden die fünf, meiſtens aus Deutſchen beſtehenden und vollſtän dig organiſirten Regimenter Miliz genannt, wurden von Tag zu Tag vertröſtet und hinausgeſchoben. Endlich gegen Ende März wurden fie von Mayor Filey in den Dienſt der Ver. Staaten eingeſchworen , aber ſie erhielten keine Waffen.

Die Beſchiebung und Einnahme von

Fort Sumter erregte den ausgelaſſenſten Jubel der Rebellen und Nie dergeſchlagenheit und Zorn unter den loyalen Bürgern , die ſich von der Adminiſtration verlaſſen ſahen . Endlich gab ſie ein Lebenszeichen von ſich. Mit Blißes ſchnelle flog die Nachricht durch die Stadt, daß ein tüchtiger Offizier, ein energiſder Freund der Union und ein Feind der Sklaverei, von Leavenworth mit einer kleinen Abtheilung Sol caten im Arſenal angekommen ſei. Es war der Brevet- Capitain Na thaniel Lyon, vom 2. Ver. St. Infanterie -Regimente, mit etwa 50 Mann Soldaten der Sorte, wie ſie vor dem Kriege meiſtens waren . Mit ihm kamen die Lieutenants Sweeney, Sarton und Lathrope und etwas ſpäter kam der Lieutenant Schoffield, der jeßige Generalmajor. Der Oberflächlichſte konnte gleich ſehen , daß Lyon fein gewöhnlicher Offizier war, der ſeine Stellung als Gewerbe betrieb, ſeine Befehle vollzog und ſich um weiter Nichts fümmerte. Er war mit ſeinem ganzen Weſen für die Sache, die jeßt in Gefahr war, und er begriff die ganze Größe derſelben ; aus ſeinen Erfahrungen in Kanſas hatte er die Sklaverei haſſen gelernt und machte im Gegenſaße zu den andern Offizieren, die über dieſen Punkt ſehr zurückhaltend waren, feinen Hehl aus ſeinem Haſle, dem er in nicht gerade parlamentariſchen Ausdrüden oft Luft machte. Sein ganzes Auftreten flößte Vertrauen ein . Seine Geſtalt, unter mittlerer Größe, war der verebelte Typus des eingebornen Nordamerifaners.

Sehnig und mager , ſchien er ge

ſchaffen, um die Strapaßen des Krieges leicht zu ertragen . Auf der lichten Hautfarbe des Geſichts hatte das langjährige Soldatenleben an der Grenze der Civiliſation in den harten , fnochigen Zügen ſeine Spuren zurüd jelaſſen ; das dünne, blondrothe Haar, das mehr lodig als ſtraff war und der röthliche Bart, beide keineswegs ſorgſam ge pflegt und geordnet, ſowie die ſcharfe Vogelsnaſe hätten keinen vors

Capitän Lyon.

65

theilhaften Eindrud gemacht, wenn nicht unter der breiten , ſtarken Stirn die freundlichen blaugrauen Augen hervorgeleuchtet hätten . Aber ſie waren weit geöffnet, aufmerkſam und lauernd auf alles um ihn Vorgehende und wenn ſich ſeine etwas dünne Stimme zum Be fehlen erhob, ſo ſah man den Augen an, daß ſie unbedingten Gebor fam verlangten . Jeder, der ihn nur geſehen oder geſprochen hatte, war für ihn eingenommen, und ſein ehrliches, gerades Weſen machte ihm ten Verkehr und das Verſtändniß mit den Deutſchen leicht. Je Der blidte auf ihn als den Mann, dem nicht nur das Arſenal, ſons dern das Schidſal der Deutſden in St. Louis , in Miſſouri, anver traut war.

Lyon aber ſah gleich ein, daß die Deutſchen die einzigen

waren, auf deren Maſſen er ſich verlaſſen könne. Es gab recht eifrige, amerikaniſche Unionsleute, aber ſie waren vereinzelt und mußten fich ſelbſt auf die Deutſchen ſtüßen ; die Maſſen der Amerifaner und Jri ſchen waren entweder gleichgültig, zweiteutig oder direkt feindlich ge ſinnt .

Er ſah die verzweifelt ungünſtige Lage des Arſenals, deſſen

ſchwache Beſaßung jeten Gedanken an eine erfolgreiche Vertheidigung ausſchloß. Die Deutſden erklärten , er möge ihnen Waffen geben und ſie würden ſich ſeinen Befehlen unterwerfen .

Aber Lyon batte

feine Erlaubniß, Waffen herzugeben, und der Major Bell hatte im Anfang April immer noch die Aufſicht über die Waffen . Einſtweilen traf er ſolche Vertheitigungsmaßregeln, wie ſie in ſeiner Macht la gen . Er pflanzte im Innern des weiten Raumes, der von einer Steinmauer umſchloſſen iſt, mehrere Kanonen auf, welche die beiden Eingänge beſtreichen konnten . Gegen den Fluß, wo nur ein niederes Eiſengitter den Raum abſchloß, errichtete er ein kleines Sternwerk mit mehreren Kanonen .

Die Sache erſchien für Neulinge im Kriege recht

gut und formidabel, war aud hinreichend, um einen Pöbelhaufen zu zerſtreuen, aber man wußte wohl, daß einem ernſtlichen Angriffe mit dieſen Mitteln und mit dieſen wenigen Truppen nidit erfolgreich Wi verſtand geleiſtet werden konnte. Die drei Compagnien der Turner boten ſich an, das Arſenal zu beſeßen.

Lyon nahm alsbald das An

erbieten an, allein da ſtanden wieder die Formalitäten im Wege. Sie mußten erſt in den Dienſt der Ver. Staaten eingeſchworen werden und dazu war feine Erlaubniß der Regierung da .

Frant P. Blair

war nach Waſhington gereiſt, um die Sache bei dem Präſidenten zu. betreiben . Als er zurüd fam , erhielten an einem Sonntage, 21. 9

Die Turner .

66

April, die Turner die geheime Weiſung, ſichAbends in dem Floragarten zu verſammeln, um dort eingeſchworen zu werden und in das Arſenal abzumarſdiren. Mit Einbruch der Nacht erſchien Fr. P. Blair und erklärte den erſtaunten Turnern , die vor Eifer und Begierde brannten, endlich die Waffen nehmen zu dürfen , daß er keine Ers laubniß von der Regierung habe, die Turner einzuſchwören. Diefe wurden

erbittert über dieſe wiederholte Täuſchung nach ſo vielen

Verſprechungen und erklärten endlich, daß fie ſich auflöſen würden. Unmuthig zogen ſie ſpät in der Nacht nach der Turnhalle zurüd ; Frank Blair aber folgte ihnen auf dem Fuße und beſchwor fie, fich nicht aufzulöſen ; er wolle noch in der Nadit nach Waſhington teles graphiren .

Ob dies geſchehen iſt, weiß man nicht, allein Blair er

klärte ſich zuleßt bereit, fie einzuſchwören und am Montag Morgen erregte die Nachricht von dem Einzuge der Turner in das Arſenal einen großen Jubel unter den Loyalen und nicht weniger Aerger und Wuth unter den Rebellen . Von dieſem Augenblicke an wurde das Arſenal zum Wallfahrtsorte aller Patrioten, Neugierigen und Freunde der Turner. Im Anfange waren nur Wenige ſo glüdlich, Einlaßkarten zu haben , ſpäter aber, als Sigel die übrigen Regimen ter dort organiſirte, bot das Leben und Treiben auf dein geräumigen Plane des Arſenals oft ein intereſſantes Schauſpiel. Die Frauen waren ſtolz auf ihre Männer in der ungewohnten , kriegeriſchen Tradt, die Kinder, die famen, um den Vater zu ſehen , waren ents zückt und bezaubert von dem nie geſehenen Gepränge der Waffen, den gewaltigen Kanonen, und wurden betrübt bei dem Gedanken, daß ſie nicht groß genug waren, um auch Solbat zu ſein . Von allen Seiten wurde von den Bürgern herbeigeſchleppt, was den Freiwilligen die erſte Unbehaglichkeit des plößlichen Uebergangs in das Lagerleben erleichtern konnte. Beſonders die Bierbrauer waren freigebig und fuhren täglich Wagenladungen des föſtlichen Ges bräus hinaus, um die lechzenden Zungen der Freiwilligen zu ers quiden und ihr Herz zu erfreuen. Da lagerten ſie ſich im Grünen oder in den Zelten, im Kreiſe ihrer Familien und Freunde und hod flang bald das deutſche Lieb, den Haß des politiſden Kampfes und die bange Beſorgniß

für die

mancher dieſer braven Jünglinge

Zukunft

und

übertönend.

Wie

Männer ſchläft jeßt, weit

weg von ſeinen Lieben, auf den Feldern von Wilſon's Creek, das

67

Erſtes Aufgebot.

Wort des Liebes treu erfüllend,

das ſie ſo oft geſungen hatten :

3 ſterbe gern für Freiheit und für Recht, Getreu der Fahne, der ich zugeſchworen . Der Aufruf für 75,000 Mann war ain 15. April erlaſſen und fand in Miſſouri ein ergiebiges Feld.

Unter den erſten deutſchen

Offizieren , welche Lyon ihre Dienſle anboten , waren Franz Sigel und Franz Haſſendeubel. Erſterer war ſeit einigen Jahren Lehrer an der Schule des deutſchen Inſtituts . in St. Louis und hatte im Jahre 1860 mehrere militäriſche Auffäße in der Weſtl. Poſt geſchrieben , deren Andeutungen und Pläne durch die ſpätere Geſchichte dieſes Krieges vielfach ſich als richtig bewährt haben.

Er hatte ſchon wähs

rend des Winters an der Organiſation der Deutſchen lebhaft An theil genommen, ohne ſeine Stelle als Lehrer aufzugeben.

Nadı dem

Aufrufe des Präſidenten entſchloß er ſich , ein Regiment zu gründen ; es war in zwei Tagen vollzählig . Die Politiker Blair und Börn ſtein ließen ſich von Lyon die erſten Regimentsnummern geben , wäh rend das Regiment Sigels das dritte war, und das der ehemaligen ſchwarzen Jäger, unter Nikolaus Schüttner, das vierte. Die drei Turner- Compagnien ließen ſich in das Regiment Blair's einreihen, was ſie ſpäter bitter bereuten . Börnſtein's Regiment war ron Co lonel Schäffer commandirt, einem tüchtigen Militär, der in der Schlacht

am

Stone River fiel.

Dieſe vier Regimenter nebſt den

ſpäter bewaffneten Milizen bildeten vor der Hand die ganze bewaff nete Macht des Bundes in Miſſouri.

Lyon ſah gleich das Organi

ſationstalent Sigels und übergab ihm die Aufſicht über die Zuſam menſeßung dieſer vier Regimenter. Volkes

am größten war,

Schon damals, als der Eifer des

als {8 als eine Begünſtigung betrachtet

wurde, wenn eine Compagnie in die Regimenter aufgenommen wurde und die Dienſte anderer abgewieſen wurden , begann die Adminiſtra tion das Syſtem des Zauberns, der zweideutigen Maßregeln , der Ordres und Contre-Ordres , welches im Laufe von zwei Jahren das Volk des Nordens entmuthigen und an den Rand des Verderbens bringen ſollte. So z. B. war es Vorſchrift des Oberbefehlshabers Scott und des Kriegsdepartements, daß weder Artillerie nod Caval ferie in den Dienſt genommen werden durfte. Lyon bildete allerdings einige Batterien Artillerie, allein die Leute mußten ſich als Infanterie

dinois erbart Waffen von Minouri.

68

einmuſtern laſſen , was viele gute Offiziere damals von dieſer Waffe abhielt.

Im April boten ſich 120 Bürger von St. Louis, die ihre

eigenen Pferde ſtellen wollten, Lyon als Cavallerie - Compagnie an ; er mußte ſie abweiſen, weil er nur vierzig Mann Cavallerie anneh men dürfte.

"Es war, als ob ein geheimnißvoller Einfluß in Waſh

ington Alles aufbiete, gerade Das zu thun; und Das zu unterlaſſen , deſſen Thun und Unterlaſſen der Sache der Republik gefährlich und der der Rebellen günſtig ſein mußte.

Gerade in Miſſouri, wie die

Folge nur zu bald lehrte, wäre die Cavallerie die wirkſamſte Waffe geweſen

gegen die berittenen, überal und nirgends gegenwärtigen

Buſchklepper - Banden.

Dieſe konnten unſern Fußgängern mit Leich

tigkeit entgehen, wo ſie ſich ſchwach glaubten und,

wo die Unſrigen

Idwac waren , ſchnell eine Uebermacht gegen ſie ſammeln . Aus einer Thatſache ſchien ſogar hervorzugeben, daß die Admini: ſtration nicht viel Hoffnung für den Erfolg der Loyalen in St. Louis hatte. Während ſie die Erlaubniß, die Homeguards zu bewaffnen , ſtandhaft zurüchielt, erhielt am 24. April Lyon einen Befehl, einem von Gouverneur Yates geſchickten Offiziere 30,000 Stüd Handwaffen abzuliefern.

Freilich

hatte

der Staat Juinois feine brauchbare

Muskete in ſeinem Arſenale in Springfield, allein dort war auch die Gefahr nicht ſo dringend, und wenn man bedenkt, wie nöthig dieſe Waffen ſpäter geweſen wären, als Fremont ſeine Armee bildete, ſo liegt das Thörichte dieſer Maßregel auf der Hand .

Die Sache wurde

durch die Spione, welche die Rebellen im Arſenale hielten, ruchbar und fie drobten , alle Waffen wegzunehmen , welche Lyon fortſchiden würde.

Verdächtiges Geſindel fammelte ſich um das Arſenal, und

es war die größte Vorſicht nothwentig.

Man fah aus dieſem Be

nehmen der Rebellen , daß ſie das Arſenal und die Waffen von vorn berein

als gute Beute betrachteten, die für ihren zukünftigen Ge:

brauch beſtimmt ſei und ihnen bewahrt bleiben müſſe.

Lyon ließ

in der Nacht die Waffen einladen und Morgens früh waren ſie in Alton am Ufer. Der befehligende Offizier auf dem Boote batte eine ſolche Angſt vor den Rebellen in St. Louis, daß er fürchtete, ſie möchten ihm nach Alton nachkommen und ihm die Waffen wieder abnehmen ; er ließ Sturm läuten und als die erſtaunte Bevölkerung Alton's an das Ufer ſtürzte, um zu ſehen , was es gäbe, wartete ihrer nur das friedliche Geſchäft des Ausladens der Waffen . Der Staats

Frant P. Blatt.

69

Patriotismus im Capitole zu Springfield feierte ſeinen erſten Sieg über die Miſſouri Rebellen, den er freilich nur mit Hülfe der Miſſouri Freiwilligen errungen hatte.

Die Chicago Tribune enthielt einen

Bericht über dieſe Affaire, worin zu leſen war, daß die Seceſſioniſten von St. Louis eine Batterie an der Levee und eine andere an Powder Point aufgefahren hätten, um das Abgeben der Waffen zu verhindern und dem Staate Juinois ſeinen Ruhm zu ſchmälern. In St. Louis ging die Sache ganz unbeachtet vorüber. Sigel war von jener Zeit an beſtändig im Arſenale, an der Seite Lyons . Blair war der politiſche Chef der ganzen Bewegung, da er vermöge ſeines Einfluſſes bei dem Präſidenten am beſten im Stande ſchien, die Adminiſtration über die Sachlage aufzuklären und zu zwed mäßigen Maßregeln zu beſtimmen . Als ſchlauer Politiker hatte er, ſobald er ſah, daß die Bewegung unter den Deutſden Erfolg ver ſprach, ſich an die Spiße derſelben geſtellt, was ihm um ſo leichter wurde, da er ſeit längerer Zeit unter den deutſchen Freeſoilern popu lär geweſen war. Wie die Folge zeigen wird, war er nicht ſtark genug, ſeinem Ehrgeize und ſeiner Herrſchſucht, die durch ſeine Erfolge von Tag zu Tag mehr geſteigert wurden, Zügel anzulegen und mit repu blifaniſcher Selbſtverläugnung das Intereſſe des Volkes vor ſeinem eigenen walten zu laſſen. Er glaubte ſchon , der Mantel Benton's ſei auf ſeine Sdultern gefallen und das Volf müſſe ibm für immer gehorchen, weil er für kurze Zeit das Glück gehabt hatte, den Willen des Volfes zu thun und dafür ſeinen Beifall zu ernten . Da ſich die Gerüchte über einen beabſichtigten Angriff der Rebellen auf das Arſenal immer wiederholten , ſo ließ Lyon außerhalb der Mauern mehrere Häuſer als Kaſernen einrichten und nothdürftig bes feſtigen .

Im Innern der Mauern war es voll von Refruten und es

ging ſehr lebhaft zu ; Lyon ſelbſt ſchien manchmal etwas beläſtigt durch die „ vielen Truppen ,“ wie er ſagte. In der That hatten die Bewohner von St. Louis früher noch nie eine , Armee" von vier Re: gimentern zu je tauſend Mann beiſammen geſehen .

Einzelne Abthei

lungen wurden an verſchiedenen Punkten der Anhöhen poſtirt, welche das ir der Tiefe liegende Arſenal beherrſchten , ſo daß das Wegnehmen des Plaßes ießt ſchon eine ſchwierige Sache wurde. Die vier Regi menter wurden eingeübt, erhielten Sicherheit in ihren Bewegungen

Staats- Convention.

70

und dadurch Selbſtvertrauen . Ehe wir zu den Ereigniſſen weiter fortſchreiten, muß noch Folgendes über die Staatsconvention nadh geholt werden . In den leßten Tagen des März verſammelte ſich in dem großen Saale der Mercantile Library Hall die Convention der Delegaten des Volkes von Miſſouri, um über „ das Verhältniß Miſſouri's zu dem Bunde" zu berathen .

Die Legislatur hatte dieſe Convention ange

ordnet, um nach dem Beiſpiele der vorangegangenen Rebellenſtaaten den Abfall Miſſouris von dem Bunde zu erklären .

Das Volf wählte

eine Majorität ſogenannter Unionsleute, und die Republifaner ſchie nen einen großen Triumph auf friedlichem Wege errungen zu haben. Ein großer Theil dieſer Leute betheuerte mit den gewöhnlichen Phraſen ihre Liebe und Anhänglichkeit zur Union- aber dann kam ein Hiatus, dem entweder Stillſchweigen über die Rebellenſache folgte, oder das gleißneriſche Mitleiden mit den ſüdlichen Brüdern und ein affektirter, ſittlicher Abſcheu vor dem „ Zwang,“ den man etwa dieſen ſüdlichen Brüdern widerfahren laſſen könnte. Dieſe verkappten Re bellen waren zu jener Zeit ſo klug, ſo behutſam und ſanftmüthig in ihren Worten, daß ſie in der That nid )t wenige, ehrliche Unionsleute täuſchten und für die Maßregeln ſtimmen machten , welche ſie einſtwei len , als proviſoriſdhe Vorbereitungen zum endlichen Schlage, zu tref fen für gut fanden . Es war eine ausgeleſene Geſellſchaft von poli tiſchen Heuchlern , weldie ihre Rollen mit einer äußerlichen Bonhom mie und Geradheit ſpielten , die ſelbſt den Leiſtungen der geſchickteſten Jeſuiten nicht nachzuſeßen war. Die grauen Häupter dieſer Bande waren der alte Reinecke Hamilton Gamble und der gutmüthig, offen herzig dreinblickende Sterling Price, „ der ſchon im merikaniſchen Kriege für die Union gefochten hatte. " Als Dritter geſellte ſich zu ihnen Uriel Wright, deſſen Leumund in St. Louis freilich ſehr zwei felhaft war und auf deſſen Antliß die gütige Natur für jeden Mens ( chenfenner das Warnungsſignal aufgezogen hatte, daß ein großer Schuft hinter dieſem glatten Aeußern ſtede. Wohl wußte man, daß ſeine politiſche Carriere voll von Fleden war, wohl kannte man den Advokaten, der ſich vor den ( eſchwornen zum Comödianten ernie crigte und bittere Thränen vergoß, je nach dem Maße der Thaler, die in ſeine Taſche floſſen. Aber alles Dies war man geneigt, ihm zu ver zeihen , weil er ſo begeiſtert und ſo warm von der Union ,

von der

Staats-Convention.

71

glorreichen Flagge u. f. w . ſprach, weil er bei jeder Gelegen heit, eine Thräne im Auge zerdrüdend und in theatraliſcher Stellung ſich zu der großen Flagge hinter der Bühne wendent, hoch und theuer (dwor, er wolle unter dieſen glorreichen Sternen und Streifen leben und ſterben . Er beſorgte das Reden in der Convention ; Sterling Price, ſtill und verſchloſſen, präſidirte und H. Gamble war der Vorſißer des Comis tes, welches ſeinen Bericht über das Verhältniß zum Bunde der Cons vention abzuſtatten hatte.

Dieſer Bericht, der nach längeren Ge

burtswehen und geheimen Berathungen der Eingeweihten im Hinter zimmer des Lokales durch den Mund Gambles verfündet wurde, war ein Meiſterwerk der Kunſt, mit Worten ſeine Gedanken zu verbergen. Dodh war ſo viel daraus zu ſehen, daß Miſſouri vor der Hand nicht für nöthig halte, von dem Bunte abzufallen ;

daß aber eine ſolche

Nothwendigkeit in der Zukunft und für den Fall, daß der Norden den Süden unterjochen wolle, keineswegs ausgeſchloſſen ſei. Es fehlte ihnen der Muth , in den Straßen von St. Louis die Rebellion gegen ren Bund zu defretiren , obgleich an dem erſten Tage ihrer Sigung auf dem benachbarten Hauptquartier der Minute Men ein blauer Lappen , welcher angeblich eine Seceſſionsflagge vorſtellen ſollte, aus gehängt war und einen Straßenauflauf erregte.

Auch hofften ſie,

durd Aufſdjub Viel zu gewinnen, da ihre Anhänger im Lande nodi nicht gehörig bearbeitet und zu einem Sclage vorbereitet waren . In dieſer Abſicht vertagte ſich die Convention mit dieſem Beſchluſſe, um an einem ſpäteren Tage ihn wieder in Erwägung zu ziehen.

Sie

fam noch zwei oder drei Mal zuſammen , ohne etwas Beſſeres zu thun , als den erwähnten Hamilton Gamble am 31. Juli 1861 zum Inte: rims - Gouverneur zu ernennen.

Gamble war ganz dieſer Convention

würdig, ein treues Abbild der Halbheit, ihrer Armuth an Liebe zur Freiheit und an Haß gegen Sklaverei.

Sterling Price aber, der

biedere Unionsmann und erſte Präſident der Convention, der edle Gagern von Miſſouri, war längſt Generalmajor der Buſchflepper, als ſie zum zweiten Male zuſammentrat. Jadſon und ſein Anhang hatten unterdeſſen im Lande, hauptſäch lidy in den Counties der großen Sklavenhalter, ihre Vorbereitungen getroffen ; tas Arſenal von Liberty war beraubt worden ; die Milizen wurden überall organiſirt; gegen Ende April waren alle Anſtalten To weit getroffen, daß der Monat Mai zum Losſchlagen beſtimmt

72

werden konnte.

Jadſon's Vorbereitungen .

Unmittelbar auf das Aufgebot des Präſidenten hatte

er bereits geantwortet, daß Miſſouri feinen einzigen Mann zu dieſem ungerechten Kriege ſtellen werde. Am 3. Mai endlich erließ er eine Botſchaft an die Legislatur, die ächt jeſuitiſch abgefaßt und darauf berechnet war, ſeinem verrätheriſchen Beginnen den Anſchein der Ge ſeßlichkeit zu geben und dadurch die Sdywachen und Schwankenden auf ſeine Seite zu gewinnen .

Sie erflärte, daß der Präſident durch

das Truppenaufgebot zur Unterdrüdung der ausgetretenen Staaten den Bürgerkrieg heraufbeſchworen habe und daß dieſe unconſtitutio nelle Maßregel nur zu einem conſolidirten Despotismus führen könne. Er billigt das Austreten der ſüdlichen Staaten , wagt aber doch nicht, den alsbaldigen Abfall von Miſſouri vorzuſchlagen, ſondern ergeht ſich in den Phraſen, die er ſchon im Januar in ſeiner Antrittsbotſchaft gebraucht hatte. Unſere Intereſſen und Sympathien ſeien identify mit denen der ( flavenhaltenden Staaten und wir müßten daher noth wendig ihr Shidſal tbeilen . Unſere Sitten und Gewohnheiten , unſer gemeinſamer Urſprung, ia unſer Gefühl und die Richtung unſeres Geſchmacs zeigten uns deutlich die Stellung an, welche wir bei ter jekt vor fich gehenden Trennung der Staaten der alten Federal- Union einzunehmen hätten . Miſſouri habe jeßt keinen Krieg zu führen . Es ſei nicht ſeine Politik, angriffsweiſe zu verfahren, allein es würde bei dem jeßigen Zuſtande des Landes ſeiner Ehre und ſeiner Pflicht zu wider handeln, wollte es nur einen Augenblick zögern , die umfaſſends ſten Vorbereitungen zu machen , um fein Volf gegen irgend welche Angriffe von Außen zu ſchüßen. Er empfehle daher die Bewilligung einer genügenden Summe, um den Staat ſobald als möglid in Ver theidigungszuſtand zu ſeßen . Er ermahne die Bürger, ſich unkluger Handlungen zu enthalten, ruhig zu erwägen und in herzlicher Ueber einſtimmung zuſammenzuwirken , um zuleßt alle Bürger zur Wah- . rung unſerer Ehre und Pflicht zu vereinigen . Aus dieſem Manifefte ging offenbar hervor, daß Jadſon vor Adem militäriſche Kraft ſammeln wollte, um dann mittelſt derſelben die Bürger Miſſouri's, die keineswegs Ade mit ihm einverſtanden waren, zu einem „herzlichen Zuſammenhandeln“ zu zwingen . Auf dem Lande und in den Landſtädten war ohne Zweifel der größte Theil der ein gebornen Bevölkerung für die Rebellion, allein ohne die Stadt St. Louis, deren Bevölkerung damals (don ten ſechsten øder ſiebenten

Canas gadſint .

13

Theil der Einwohnerzahl des ganzen Staates bildete, fehlte der ganzen Bewegung der Kopf und vor allem die Mittel . St. Louis ſo Ute nicht nur das Geld , ſondern auch dic Waffen und einen großen Theil der Leute liefern . War einmal dieſer Punkt am Miſſiſſippi in den Fänten ter Rebellen , ſo war es ein Leidytes, mit Hülfe des rebelliſd geſinnten Theils der Bevölferung von Süd - JUinois und Süd- Indiana die Rebellion nach dieſen freien Staaten vor zuſchieben.

Dem Norden wäre die ganze Vertheidigungslinie des

Ohio verloren geweſen, die einzige, die er in dicſen Staaten beſikt, kurz, der Verluſt von St. Louis hätte den Verluſt von Süd- Juinois und Süd - Indiana und der Schifffahrt auf dem Dhio bedeutet. Am vierten Mai, unmittelbar nad dieſem Manifeſte Jadſon's wurde auf Befehl deſſelben das Uebungslager in Lindell's Grove, weſtlich von der Stadt, unter dem Befehle von General Froſt ge bildet. Die gewöhnlichen Miliz- Compagnien der Stadt und die neugebildeten Minute Men waren zum Ausmarſdhe befehligt. Auch an die deutſchen Compagnien war Befehl ergangen und General Froſt erwartete militärijden Gehorſam von ihnen . Auf dieſe Weiſe hoffte er vielleicht nach und nady die Dienſte der Deutſden , halb durd Zwang, halb durch freundliches Zureden zu gewinnen. Aber die deutſchen Compagnien weigerten ſich, zu erſcheinen . Nur dic Abtheilung Artillerie, die über Winter gegen Montgomery in Smithon gelegen hatte, war auf Befehl erſchienen, ohne zu wiſſen , Die Minute Men paradirten an dem ſchönen Mai

was vorgehe.

morgen ſtolz durch die Straßen, ehe ſie ins Lager zogen . Sie waren, wie ſchon bemerkt, die Creme der Ariſtofratie oder toch Des rer, die es ihr nad machen wollten. Die blaue Cokarte, das Abs zeichen der Rebellion , prangte auf ihren Uniformen , die aus den feinſten Tüchern von den Modeſchneidern der Stadt verfertigt was ren ; tadelloſe Patent- Stiefel an den Füßen und die Taille feſt ge ſchnürt, marſcirten ſie unter klingendem Spiel nach dem Orte ihrer Thaten, der alsbald Camp Jadſon getauft wurde. Der ſchöne, ſchattige Wieſengrund von Lindell's Grove wurde in Straßen aus gelegt, unter denen die Jefferſon Davis und die Beauregard Aves Sehr ſchöne, wenig verbrauchte Ver. St. Zelte wurden aufgeſchlagen und das Innere derſelben mit Teppichen

nue die breiteſten waren .

uno ľururiöſen Möbeln ausgeſtattet ; kurz , es 10

wurde Ades. To be

Camp Jadjort.

74

quem eingerichtet, daß man auf einen längeren Aufenthalt der neu gebađenen Krieger ſchließen konnte.

Die Damen der guten Geſell

ſchaft wallfahrteten täglich nach dem Lager und verliehen durch ihre häufige Gegenwart dem kriegeriſchen Gepränge einen erhöhten Reiz. Nadı dein Beiſpiele unſerer germaniſchen Ahnmütter,

welche dem

Here in die Schlacht folgten, eiferten ſie ihre Anbeter zu Thaten Dc8 Ruhmes an und General Froſt ging Aden mit gutem Beiſpiele voran , indem er in ſeinem großen Zelte ſtets eine zahlreiche Damen Geſelidhaft um ſidy geſammelt hatte. Rebellion ,

die

Es waren die Flittertage der

in Camp Jadſon beim Knalle der Champagner

Flaſchen gefeiert wurden, die Einleitung zu dem blutigen Drama, das vier Jahre lang den Staat verheeren ſollte. Der Gegenſatz der beiden Lager im Arſenale und in Camp Jadſon konnte nicht ſchlagender ſein. Hier der geſchniegelte Sprößling einer emporgekommenen Ariſtokratie, die alle Fehler und keinen der Vorzüge der Geburtsariſtokratie beſikt, die beſten Kunden der Spiel- und Luſthäuſer,

ten Uebermuth des

europäiſchen Junkers mit der Unwiſſenheit des Pöbels in ſich ver einigend, fein im Heußern und roh und gemein von Herzen.

In

prunkenden Equipagen, in rauſchender Seide gekleidet, empfingen in den Straßen dieſes Lagers die prüten Damen die Huldigungen der neuen Nitter des neunzehnten Jahrhunderts, Cofarden und Schärpen vertheilend, den Hohn und die Geringſchäßung gegen die Sache der Freiheit, welche die des gemeinen Mannes war , auf der leichten Zunge führend.

Dort im Arſenale der Mann mit ſchwieliger Hand, der die

ernſten Gewohnheiten der Arbeit mit in's Lager brachte; wenig fertig mit der Zunge, aber mit ehrlichen Herzen und geſunden , handfeſten Knochen .

Obgleich er willig zu den Waffen gegriffen hatte, ſo lag

doch der Ausdrud ſtiller Reſignation auf ſeinen Zügen, der erſte Schmerz des Verzichtens auf den Genug des Familienlebens . Zu Fuß, an der Hand die Kinder führend, wanderten ihre Frauen den weiten Weg nach dem Arſenale, am Gitterthore um Einlaß bittend und bitterlich weinend , wenn die unerbittliche Disciplin dies verbot. Ihnen war es ernſt um's Herz ; feine frivole Paſſion hatte ſich ihrer bemädytigt; ſie ſahen mit Angſt und Beſorgniß in die Zukunft, die ſie als Wittwen und Waiſen werleben ſollten , aber dennoch unter drüdten ſie ihren Sdmerz ; ſie waren - auch ohne Seide und Sammet -- tods zu ſtolz, ihre Männer als Feiglinge zu ſehen und ſie ſagten :

Camp Jadjon .

Gebe und fedyte für dein Volf.

175

Es war der beſdheidene Muth ſtiller,

cot weiblicher Ergebung in das Schidſal im Gegenſatze zu ten ſüd liden þeifſpornen ihres Geld ledyts , welde in ihrer frankbaften Ma nie jegliche Zierbe der Weiblichkeit

abzuwerfen ſchienen , um ihrer

blinden Leidenſqaft genug zu thun . Warum, fo fragten Viele, dieſer hervorſtehende Contraſt der weibliden Leidenſchaften in den beiden Parteien , in St. Louis, in Miſſouri nicht nur, ſondern im ganzen Süden und feine im Norden ?

Fragt die Geſchichten untergegange

ner Ariſtokratien und ihr habt die Löſung des Räthſels .

Die durch

ihre Zügelloſigkeit bervorragenden Frauengeſtalten zur Zeit des Ver falls des weſtrömiſchen Reichs, die des Byzantinerreichs, die ter ita lieniſchen Republiken ſind nur die Typen ibres tamaligen Geſchlechts, der damaligen Sittenzuſtände. Durch großen Reichthum , durch Skla verei verlor bei jenen Völfern das Weib nad und nach den som Staate und von der Natur ihr angewieſenen Wirkungsfreis und die ganze fittliche Harmonie ſeines Weſens ; nachdem ſeiner Anſchauung das Gleichgewicht abhanden gekommen war, ſtürzte es ſich in das Ertrem der wildeſten Sinnlidhkeit oder äußerſten Reſignation , - ents weder eine Meſſalina oder eine Heilige, beides oft nacheinander in derſelben Perſon .

In ähnlicher Weiſe hat das weibliche Geſchlecht

m Süden in Folge der Hausſklaverci fich gewöhnt, wie bei allen Ariſtokratien Europa's, unter Verläugnung ſeiner beſſern Natur den Beſchäftigungen des Mannes obzuliegen, obgleid ihr der Staat als older noch fein aftives Recht dazu ertheilt hat . Es iſt dies eine ſitt: liche Abnormität, die bald verſchwinden wird mit dem Aufhören ter Sklaverei . Camp Jadſon war von dem Gouverneur offenbar als Sammel punft aller in dem Lande gebilteten Rebellenbanden beſtimmt und die Anhänger der Rebellion in der Stadt machten fein Hehl daraus, daß in vierzehn Tagen mindeſtens 10,000 Mann verſammelt ſein würden , um die Befehle Jadſons zu vollziehen .

Sm Geiſte der erwähnten

Botſchaft Jadſon's hatte die Legislatur eine ſogenannte Militärbiu angenommen, welche den Staat vollſtändig revolutionirte und in ih ren Folgen nichts Anderes war , als eine Kriegserklärung gegen den Bund. In der That waren in den erſten Tagen (don einige Zuzüge aus dem Lande gekommen , jetod nod ſehr unbedeutend. Allein aus Den Rebellenzeitungen des Landes konnte man die Parole erfennen,

Camp Sadjon .

76

die Fatjon gegeben hatte.

Dieſe plauderten aus der Schule und

prahlten, daß die Männer vom Lande bald das „ Abolitioniſtenneſt" St. Louis zur Ruhe bringen und die dortigen Deutſchen nach dem Salzfluſie ſchicken würden . Am Sonntag Morgen den 5. Mal, da man wußte, daß keine Arbeiter und überhaupt wenig Leute an der Levee waren , wurden mehrere Kiſten mit Waffen , die von Baton Rouge geſandt waren, ausgeladen und nach dem Lager gebracht. Es war eine ſchwere Kanone in einer der Kiſten . Dieſe Nachricht erregte ungeheure Aufregung und Beſorgniß unter den Unionsleuten der Der Ruf nach Waffen wurde jeßt immer dringender. Gleic nad Organiſirung des Lagers wurde Blair dringend vorgeſtellt, daß die alsbaldige Bewaffnung der Homeguards abſolut nöthig ſei zur Stadt.

Sicherung der deutſchen Bevölkerung, gegen die der ganze Haß der Rebellen gerichtet war, und nicht minder zur Rettung der Stadt und des Staates aus den Händen der Nebellen . Blair ſpielte immer den Zurüdhaltenden, den Bedenklichen , obgleich er eß offenbar nicht war. Er that blos ſo, damit ſeine Verwendung in Waſhington in den Augen des Volkes um ſo hervorſtechender erſcheine und um ſo höher geſchäßt werde. Endlich erſdien die Erlaubniß, die Waffen auszus theilen. Am Montag und Dienſtag, den 5. und 6. Mai, wurden das crſte und zweite Regiment, deren Mitglieder in den dem Arſenale zu : nädft gelegenen Stadttheilen wohnten , bewaffnet und von Lyon per: ſönlich eingeldworen. Sie haften ihr Hauptquartier im Soulard Markt und man merkte im Centrum der Stadt wenig von dem Vor: gange, da in den Zeitungen vorher darüber Nichts gemeldet war. Am Mittwoch wurde tas dritte Regiment bewaffnet. Die Dperation nahm den ganzen Tag in Anſpruch und gegen Abend zog das etwa 1200 Mann zählende Regiment mit geladenen Gewehren nach der Turnhalle durch die Stadt, ohne auf irgend eine Weiſe beläſtigt zu werden. Ueberraſchung, Erſtaunen über die große Zahl und Schreden ſpiegelten ſich auf den blaſſen Geſichtern der offenen und verkappten Sezeſſioniſten. Sie erhoben beldeidene Zweifel, ob dieſe Leute alle von St. Louis wären oder ob ſie von ,, Abolitioniſten " importirt worden ſeien .

Die Thatſadie war, taß ſie eben nicht wußten , wie

viele waffenfähige Deutſche in der Stadt waren. Dieſe drei Regi menter, etwa 3500 Mann, beſtanden mit Ausnahme einer Compagnie des dritten Regimente, deren Hälfte etwa Amerikaner waren, gänzlich

Gamp Jadjon.

aus deutſchen Bürgern jedes Alters , son 25 bis zu 60 Jahren und drüber. Leute unter 30 oder 25 Jahren waren wenig darunter, bauptſächlich aus dem Grunde, weil dieſe Klaſſe zu Hauſe die Ges ſthäfte verſehen mußte.

Von Donnerſtag an waren dieſe Regimenter

in ihren Verſammlungsorten conſignirt, und nur wenige Vertraute wußten, was im Plane war.

Lyon beabſichtigte, das Lager in der

Nacht vom Donnerſtag auf den Freitag zu umzingeln, ſo daß ein großes Zuſammenſtrömen der Menſchenmaſſen vermieden worden wäre.

Allein ein dröhnendes Donnerwetter und ein ſtrömender Res

gen bereitelten dieſen urſprünglichen Plan .

Die noc an Betten ge

wöhnten Homeguards, die dieſe ſtürmiſche Nacht auf harter Lager ſtatt zubringen mußten , fingen an, ungeduldig zu werden und, da fie nicht wußten, was fommen ſollte, die ſtrategiſche Zwedmäßigkeit dieſer Maßregel mit gebührender Vielſeitigkeit zu kritiſiren .

Einige, denen

das Stilſchweigen überhaupt eine Beeinträchtigung ihrer Bürger rechte ſchien , proteſtirten laut gegen den Mangel an Bier und ſonſtis gen Bequemlichkeiten, dod diente dies nur dazu , die lange Nacht für zer zu machen und Denen , die wußten, Unterhaltung zu gewähren. Der Morgen des Freitag brach an ; man ſah wohl, daß viele Adjutanten ab und zu gingen, aber noch immer mußten die ſchlafloſen , hungrigen und durftigen Homeguards ihr Schidſal beklagen und nur Wenige waren ſo glüdlich, auf eine Stunde Urlaub zu erhalten , um „ etwas Warmes “ zu ſich zu nehmen . In der Stadt war Ales ſtill, die Straßen men idenleer und nur hie und ta ſab man Gruppen beider Parteien , welche die Köpfe zuſammenſtedten und ſid fragten ,

was kommen

ſolle. Die Sache wurde ſo gut geheim gehalten oder die Sezeſſio niſten waren ſo im Dunkeln über die wirklichen Abſichten Lyons, daß ſie ſich bis zum leßten Augenblicke, als unſere Truppen ſchon auf dem Marſche waren, vertröſteten , es werde Nichts geſchehen .

Sie wußten ,

daß General Froſt am Freitag Morgen einen Brief an Capt. Lyon geſchickt habe, indem er auf die vielfachen Gerüchte Bezug nahm, daß er, Lyon, beabſichtige, ſein Lager gewaltſam aufzuheben und worin er mit gewohnter Heuchelei verſicherte, daß er, Froſt, nicht die geringſte Abſicht habe, das Arſenal zu nehmen , ſondern daß ſeine Leute nur unter dem Schuße der Geſeße verſammelt ſeien, um ſio zu üben . Lyon aber ließ den Parlamentär mit dieſem Briefe nicht in die Mauern des Arſenals kommen , da er mit Recht vermuthete, der Brief

Camp Sadjon .

78

ſei nur ein Vorwand , um zu ſpioniren . Nachdem gegen Mittag dic drei Turner- Compagnien, die in Jefferſon Barrads, 10 Meilen von der Stadt, lagen, im Arſenal angefommen waren , gab er das Signal zum Aufbrude . Es wurde zwei Uhr, bis endlich die Colonnen aus dem Arſenale in raſdem Sdyritt ſich durch Carondelet Avenue gegen die Stadt hinaufbewegten .

Jeßt erſt verbreitete ſich die Nachricht,

daß Lyon Camp Jadſon nehmen wolte, mit Blißesídnelle durch die Stadt.

Die Sezeſſioniſten in der Stadt rannten wild durch einans

det, ſich Waffen ſuchend, um ihren bedrohten Brüdern beizuſtehen. Zu Pferd und zu Wagen eilten ſie nach dem Lager, um es vertheidi: gen zu helfen , allein die Meiſten kamen ſchon zu ſpät; ſiewurden von den Pidetlinien , die unſere Truppen um das Lager gezogen hatten , einfach zurückgewieſen, während Diejenigen, die früh genug gekommen waren, das Schidjal ihrer Brüder theilen mußten .

Lyon und Sigel

hatten die Umgebung des Lagers einige Tage vorher genau eingeſeben. Es war feineswegs zur Vertheidigung geeignet.

Zwiſchen der Vera

längerung der Markt- und Oliveſtraße, weſtlich von der Stadt, etwa von der Park Avenue an, Weſten

wo nur wenige Häuſer den Blick nach

beſchränken, neigt ſich der ziemlich beträchtliche Hügel, auf

deſſen Grat dieſe Straße von Nord nach Süd ſich hinzicht, zu einem flachen Thale, das ſich von der Oliveſtraße aus gegen Süden hin nach der Mancheſter Road zu abdacht. In dieſer Vertiefung, die vollſtändig von den Anhöhen, die ſich von der Stadt ber nach Weſten und von der Oliveſtraße her nach Süden abſenfen, beherrſcht wird, lagerte die kleine, aber bis vor Kurzem To hoffnungsvolle Armee des General Froſt und der beginnenden Rebellion in Miſſouri. Lyon ließ ſeine vier Regimenter Freiwilligen durch die Markt- und Oliveſtraße aus der Stadt ſo deployiren, daß ſie alsbald das Lager von drei Seiten eingeſchloſſen hatten, ſo daß nur die Südſeite offen war, wo übrigens ein offenes, ebenes Feld ;ete Bewegung ſichtbar machte. Auf der Oſts ſeite des Lagers , auf dem grünen, ſanft gegen das Lager abfallenden Hügel ſtand Sigels und Schüttners Regiment mit einigen Kanonen ; auf der Nord- und Weſtſeite Blair's und Börnſtein's Leute ; etwa 12 Kanonen waren auf dem Hügel zur Redyten von Oliveſtraße auf gepflanzt, ſo daß dem General Froſt und ſeinen Getreuen bei aller Tapferkeit der Entſchluß der Uebergabe ſehr eindringlich und leicht begreiflich

gemacht wurde.

Als die freiwilligen Regimenter ſoon

Camp Jadſon .

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aufgeſtellt waren, defilirte das dritte Regiment Homeguard von der Marktſtraße her im Sturmſchritt den Hügel herunter, von dem Jauchzen der Gefährten auf der andern Seite empfangen und dedite die Südſeite des Lagers .

Die vier Freiwilligen- Regimenter, nebit

den drei Homeguard-Regimentern gerechnet , mochten etwa 7500 Mann bewaffnet auf den Beinen ſein , während Froſts Leute nur 800 Mann zählten .

500 , außer dieſen 800, hatten ſich wohl ſchon über

die Umzäunung des Lagers geflüchtet, in weiſer Erwägung des Sabes, daß Vorſicht der beſte Theil der Tapferkeit iſt. Als die Auf ſtellung der Truppen gemacht war, ſandte Lyon den Oberſtlicutenant Haſſendeubel, der mit Froſt im merifaniſchen Kriege gedient hatte, mit der ſdriftlichen Aufforderung zur Uebergabe in das Lager. Das Schreiben war keine Antwort auf Froſt's Brief, ſondern eine Erklä rung, daß die Mannſchaft dieſes Lagers offenbar der Regierung der Ver. Staaten feindlich geſinnt fei ; daß ſie in offenem Verkehr mit den ſüdlichen Staaten ſtehe, gegen weldie der Bund Krieg führe ; daß fie große Quantitäten Kriegsmaterial unter der Flagge der Confödes ration erhalten hätten und daß dieſes Lager offenbar beſtimmt ſei, die wohlbekannten Zwede des Gouverneurs zu erreichen, wozu auch die fürziic paffirte Militärbill gehöre, weldie die Rebellion gegen die Re gierung organiſire.

Aus dieſen Gründen und fraft Inſtruftionen

von Waſhington, fordere er ihn daher auf , innerhalb einer halben Stunde ſich zu ergeben. Froſt und ſeine Offiziere kamen ſchnell zu dem Entſdluſſe, zu capituliren . Als die Fahne der Ver. Staaten an der Spiße einer Colonne von fern her von unſern Truppen in dem Lager geſehen wurde, erſcholl ringsum ein donnerndes Jubelgeſchrei. Etwas mehr als eine Stunde verging, bis die Gefangenen zum Ab marſche nach dem Arſenale bereit waren . Alles ſdien in beſter Ord nung und ſogar mit einigem Humor vor ſid, zu geben . Hie und da lah man einen Flüchtigen aus dem Lager, mit oder ohne Muskete, cas Weite ſuchen , begleitet von dem Gelädyter unſerer Leute, die ihm Glück auf den Weg wünſdyten . Am ſchlimmſten waren die Marke tenderinnen daran , deren Geſchäft jeßt erſt recht in den Zug zu fommen verſprach, nadidem ſie in dem Lager ſich ihre geeigneten Connectionen verſchafft hatten . Eine irad der andern bewerfſtelligten ihren Ridzug auf der am meiſten zugänglichen Südſeite über ein großes, friſdygepflügtes Aderfelt , bas turd; den Regen der vorigen

Camp Jadſon.

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Nacht ſo nadgiebig geroorden war, daß es den ſtrategiídsen Bes wegungen dieſer mit ſchwerem Gepäc beläſtigten Truppenkörper ernſts liche Hinderniſſe bot .

Aber ſie liefen und wateten mit einer Energie

und Eile durch Did und Dünn, als ob Lyon und ſeine Abolitioniſten cs ſpeziell auf ihre Bettſäde und ihren Rumpelfram abgeſehen hätten. Ein Offizier bradyte die Meſſingſcheide des Schwertes des Colonel G. Knapp, eines der Eigenthümer des Republican, als Trophäe. Der wüthendc Colonel hatte ſeine Waffe lieber an einem Fenza riegel zerſchmettert, als daß er fic den Abolitioniſten übergeben wollte. Der frühere Senator Reynolds, eine magere Roſinante reitend und mit zwei Revolvern bewaffnet,

wurde

außerhalb des Lagers auf

gegriffen und mußte zu Fuß die Linien paſſiren , ein ſauerſüßes Geſicht ſdneidend und von einigen ſaftigen Bemerkungen ſeiner Bec kannten in unſern Linien begrüßt . Während der Zeit, die bei Ueberlieferung der Waffen und der Auf ſtellung der Gefangenen verfloß, war die aus der Stadt ſtrömende Menſchenmenge in's Ungebeure gewadſen.

Der größte Theil ders

ſelben waren Neugierige, nicht wenige aber auch höchſt aufgeregte, halb betrunkene Sezeſſioniſten , welche bewaffnet waren.

Schon als

die Truppen durch die Stadt nady dem Lager zogen , fab man , daß die Aufregung unter den Weibern , welche allein zu Hauſe geblieben waren, ſehr groß war .

Viele drobten mit den Fäuſten den

Frei

wiligen , andere ſchlugen die Fände über dem Kopfe zuſammen und warfen laut die Schredensfrage auf : „ Mein Gott, wo kommen ſie alle her ? " Die guten Weiber hatten offenbar noch nie einen folchen Wald von Bajonetten geſehen . Vor dem Lager war die Neugierde der Zuſchauer und die Wuth der Rebellen ſo groß, daß Beide zu vergeſſen ſchienen , daß hier mehr, als ein bloßes Schau ſpiel vor fidy gehe. Die Soldaten wurden hart umbrängt. Sogar yer die Linien der Truppen hatten ſie ſich in Wägen und Buggies poſtirt, als ob hier nicht die geringſte Gefahr ſei. Die Rebellen in der Menge aber erſchöpften ſich in allen möglichen Beſchimpfungen der Truppen , die mit übermenſdlicher Getulb Ales hinnehmen mußten . Als endlich die Gefangenen an der Dliveſtraße zwiſden den Spalie: ren der Truppen aufgeſtellt wurden , da fielen zwei Schüſſe aus einem benachbarten Hauſe. Dieſe gaben das Signal zu mehreren aus dem Haufen . Sogar von den Bäumen berunter wurde auf unſere Leute

Camp Jadſor .

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gefeuert. Der Wahnſinn dieſes wilden Haufens ſien unfähig, zu bedenken , daß auch unſere Leute das Recht hätten zu ſchießen , wenn ſie zur beſtändigen Zielſcheibe gemacht würden . So z . B. ſaß ein Junge auf einem nicht ſehr hohen Baume und ſchoß ſeinen Resolver nad Herzensluſt auf die unter ſeinen Füßen ſtehenden Truppen ab . Ilmdrängt, wie ſie waren , ſchoſſen die Leute einer Compagnie des zweiten Regiments ihre Gewehre gegen die Gefährlichſten unter der Menge ab . Allein die Feiglinge, weldie auf unſere Leute geſchoſſen hatten , verfrodhen ſich hinter Weibern und Kindern und ſo kam es , Schreden-er daß einige Unīduldige getroffen und getödtet wurden . füllt ſtob die Menge auseinander, der Stadt zueilend, und das Ges ſchehene erzählend. Jeßt war den Rebellen in der Stadt ein guter Vorwand gegeben, um ihrer Beſchämung und Wuth über die Vereits lung der Pläne in Camp Jadjon Luft zu machen. Sie beuteten den unglüdlichen Zufall nad Herzensluſt aus, begünſtigt durch die auf's Hödiſte geſtiegene Aufregung der Gemüther. Sie ſchienen wieder Hoffnung zu faſſen, daß ſie dieſe Aufregung bis zu einem allgemeinen Ausbruc treiben könnten , der ihnen zuleßt doch den Sieg in der Stadt verſchaffen würde . Unter wüſtem Gebrüll und Geheul ſammelte ſich ein großer Haufe an dem Courthauſe und mehrere Redner beſtrebten ſid), durd, maßloſe und leidenſchaftliche Phraſen die Wuth des Pöbels noch zu ſteigern. Der hervorragendſte unter ihnen war Uriel Wright , der Unionsmann der Convention, der kaum vor einem Monate beim Anblide der Fahne der Ver. Staaten Thränen der Ergebung vergoſ ſen hatte. Er forderte auf zur Vernichtung der Deutſchen , zu einem allgemeinen Maſſacre, in dem das Kind in dem Mutterleibe nicht verſchont werden ſollte. Einzelne Deutſche wurden in den Straßen angefallen und arg mißhandelt. In der vierten Straße ſtanden die Menſchenhaufen bis ſpät in die Nacht ; ein Gewehrladen in der Mainſtraße wurde erbrochen und die Gewehre genommen ; die Of fice des Democrat und des Anzeigers wurden durch Militärabtheis lungen bewacht. Die Weſtliche Poſt verzichtete auf jede Schußwache. Drohungen wurden genug ausgeſtoßen , aber die Truppen waren in ihren Standquartieren ſo ſchlagfertig gehalten und verſchiedene Theile der Stadt waren ſo beſeßt, daß dieſe Vorſichtsmaßregeln für die Nacht genügten, um einen Ausbruch zu verhindern . Von der Turnhalle aus wurden während der ganzen Nacht Leute nach allen Richtungen 11

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Straßengefechte.

ausgeſchict, um zu beobachten, was vorgehe .

Als gegen 12 Uhr die

Straßen leer wurden, ſtanden nodi einzelne didytgedrängte Gruppen von Rebellen in der vierten Straße, fidy geheim unterredend.

Beim

Auseinandergehen gaben ſie ſich Rendezvous auf „morgen um 10 Uhr.“ Es war alſo auf den nächſten Tag, Samſtag, irgend etwas beabſichtigt. Das verlaſſene Lager in Lindells Grove wurde nach Abzug unſerer Truppen von Col. Schüttners Regiment während der Nacht beſeßt. Seine Leute, größtentheils aus den „ ſchwarzen Jägern “ beſtehend, welche unter den Erſten ſich bewaffnet hatten , erfreuten ſich jet der Genugthuung, die Erſten zu ſein, welche es ſich in dem verlaſſenen Nebelleneigenthum , den Zelten und den bequemen Möbeln während der Nadit gut ſein ließen . Das Durcheinander dieſes Lagers gab zu viel Unterhaltung Anlaß ; aber ein gewaltiger Negenguß machte den Aufenthalt nicht beſonders angenehm . Sie fanden unter andern Cu. rioſitäten die Schreibmappe eines Deutſchen, welcher ausnahmsweiſe ſeine kriegeriſchen Talente der Sache der Rebellion zu widmen beabs ſichtigte. Ain Samſtag Mittag , als ein Theil der erſten Compagnie des dritten Regimentes aus der Turnhalle unbewaffnet nach der levee zu die Walnutſtraße herabging,

wurden ſie in der Nähe der vierten

Straße von einem wüthenden Haufen angefallen und mußten ſich in benadybarte Häuſer Flüchten . Als Nachmittags zwei dieſer Leute fehl ten, hegte man ernſtliche Beſorgniſſe für ihr Leben .

Einige Tage

nachher ſtellte es ſich jedoch zum großen Vergnügen ihrer Freunde heraus , daß fie aus lauter Scređen einen Ausflug nad Belleville gemacht und ſich dort ſpornſtreichs verheirathet hatten . An das fünfte Homeguards Regiment wurden an dieſem Tage im Arſenale Waffen ausgetheilt.

Da die Mitglieder deſſelben in den obern Stadtthellen

wohnten und dort ihr Hauptquartier hatten, ſo mußten ſie auf dem Rüdwege die ganze Länge der Stadt durchmarſchiren.

An der Ede

der fünften und Walnutſtraße bog das Regiment in leßtere ein und als die lekte Compagnie an der Ede angekommen war, fielen aus der dichtgedrängten Menge, welche auf der Freitreppe der dort ſtehenden Kirche den Vorbeimarſd betrachtet hatte, einige Schüſſe auf vieleßten Glieder der Compagnie . Sie machte Halt und wendete fidh gegen die Angreifer.

Es entfand ein unregelmäßiges Feuern , das von dem

Straßengefedte.

größten Theile des Regiments ausging .

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Die meiſten Schüſſe gingen

boch, bis an die Dächer der Häuſer, und es wurden daher wenig Leute verwundet oder getödtet.

Einer der Rädelsführer, der auf einem

Steinhaufen an der 5. Straße ſtand, fiel, von einer Minniekugel durch bobrt . Leider forderte dieſe von den Rebellen hervorgerufene Scene zwei unſchuldige Opfer. Dem Herrn Rebſtoď wurde der Arm zer ſchmettert und Herr Niederreuther, der, als er das Feuern hörte, ſeinen Revolver ergriff und auf die Straße eilte, um den Deutſchen beizus ſtehen , wurde durch die Bruſt geſchoſſen. Als er in die Turnhalle ge bracht wurde, war er ſdjon eine Leiche. In der Turnhalle, wo man das Geraſſel des Musfetenfeuers hörte , entſtand großer Alarm , und in wenig Augenbliden war das Regiment unter Waffen . Das fünfte Regiment wurde bald von Col. Stifel wieder in Bewegung geſeßt und durch die Markt- und 10. Straße nach ſeinen Quartieren ges führt . Wie viele Rebellen bei dieſer Affaire umfamen , wurde nie ge nau ermittelt. Es ging dasGerücht, es ſeien einige Sezeſſioniſten, die aus den Fenſtern geſchoſſen hatten , in den Häuſern verwundet oder getödtet worden , allein in ſolchen Zeiten der Aufregung macht die Phantaſie die Menſchen ebenſo erfinderiſch , wie leichtgläubig.

Wäh

rend dieſes ganzen Tages, der „ blutige Samſtag“ genannt, wurden allerlei Schredensgerüchte in der Turnhalle gemeldet. Da oder dort ſollte ein Deutſcher, zwei, ſechs Deutſche ermordet oder gebenft worden ſein .

Solde Erzählungen machten im Augenblide denſelben Ein

druck, wie zuverläſſige Nacrichten und nach einer Widerlegung zu fragen , war keine Zeit. Die Turnhalle ſollte angegriffen werden , Zu züge aus dem Lande ſollten von den Rebellen erwartet werden u . 1.w., kurz , der Schreden war an dieſem Tage auf unſerer Seite.

Aber in

dieſem Tumulte hatte der Ingrimm der Seceſſioniſten ſeinen Culmi: nationspunkt gefunden .

Es war erklärlich, daß ſie zornig waren ,

denn mit der Aufhebung des Camp Jadſon war ihnen der ſeit Mo naten behutſam vorbereitete und endlich der Ausführung nahe Plan mit einem Schlage vereitelt. In zwei oder drei Wochen hätten ſie ohne Zweifel eine kleine Armee von 10,000 bis 15,000 Mann zus ſammenbringen können und es war ſogar gemeldet, daß mehrere Ban den, die ſchon auf dem Marſde nad dem Lager waren, auf die Nach ßt aber, richt von der Wegnahme deſſelben wieder umgekehrt waren . nachdem das Geraſſel und das Geſchrei des Tumultes verhalt war

Straßenlämpfe.

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und die Todtenſtille der Nacht über der Stadt lag, da ging das ges ſchäftige Geſpenſt des Gerüchts und der Schreckensnachrichten in den Häuſern der Rebellen um ; die ,, Dutchy" würden, angeführt von den ſchwarzen Jägern, am nächſten Sonntag Nacht aus der unteren Stadt heraufkommen und Radhe nehmen für ihre Todten und Verwundeten ; ſie würden den rothen Hahn auf die Dächer der Seceſſioniſten ſteden , kurz, ſie waren geneigt, die unſinnigſten Dinge zu glauben, trokdem daß fie von den Unſrigen auf Befragen auf's Beſtimmteſte widers ſprochen und verlachyt wurden . Im Laufe des Sonntags ſteigerte ſich der paniſche Schreden in ihren Reihen zu einem wahren Auszuge aus Aegypten . In den ariſtokratiſchen Quartieren , hauptſäc lich in der Gegend, wo auf die Homeguards geſchoſſen worden war und wo viel böſes Gewiſſen ſich geltend machte, wurden in aller Eile, troß des Sonntagø, Möbel aufgeladen und die mit Weibern und Kindern gefülten Rutſchen eilten dem Fluſſe zu, auf das Gebiet von Jui nois. So ſtark war dieſer Zug , daß an dieſem Tage für eine Kutſche $25 bis $ 30 bezahlt wurden . An dieſem Tage meldete ſich ein Bürger von Juinois mit ſeinem achtzehnjährigen Sohne bei Oberſt Sigel, und Beide traten als Ge meine in ſein Regiment ein.

Es war Friedrich Heder und ſein Arthur.

Freitag Nachts ſpät, als die Fährboote nicht mehr fuhren , war er in der Dunkelheit in einem Sahne über den Fluß geſetzt und kam nach der Turnhalle, wo gerade die größte Aufregung herrſchte. Er ſagte, es ließe ihm keine Ruhe zu Hauſe und er wolle unſer Schickſal thei len.

Als kurz nachher Sigel's Regiment das Lager von Rock Spring

bezog, erregte der Soldat Heder, wenn er auf die Wache zog, häufig die

Aufmerkſamkeit

der

jungen Offiziere

und ſeiner zahlreichen

Freunde, die ihn oft beſuchten, um ihn in ſeiner neuen Capacität zu bewundern . Bald darauf jedoch erhielt er von dem Gouverneur von Juinois das Patent als Oberſt und bildete das 24. Jlinois Regi ment, mit dem er ſpäter unter dem jebigen Generalieutenant Grant in Süd -Miſſouri diente. Bezeichnend und ehrenvoll für das Gemüth dieſes jeßt ſo hochſtehenden Offiziers iſt Folgendes, das hier als Epis ſode eingeſchaltet ſein mag.

Grant hatte als älteſter Oberſt den Be

fehl über die Truppen in Pilot Knob und während eines Geſprächs zwijgen Grant und Heder bot ſich lekterer an, gegen Süden hin , von wo die Rebellen unter Jeff. Thompſon anrücken ſollten , zu recognoss

Sdreden in Jefferſon City . Gen. Harnes .

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ciren . Grant gab ſeine Zuſtimmung und Heder ritt mit wenigen Leuten in der dunfeln und ſtürmiſdsen Nachyt fort. Als er länger aus blieb, als Grant wahrſcheinlich erwartet hatte, wurde letzterer unruhig und gönnte ſich feinen Schlaf.

Zu ſeinen Offizieren gewandt, ſagte

er mit bedenklicher Miene : „ O , bätte id doch dieſen Mann nicht ge ben laſſen !"

Als Heder gegen Morgen zurückfam , war Grant body

erfreut und geſtand ihm , daß er ſehr beſorgt um ihn geweſen ſei. Lyon batte, abſichtlich oder aus Berſchen, unterlaſjen , vor der Auf hebung des Lagers in Lindell Grove die telegraphiſche Verbindung mit Jefferſon City zu unterbrechen. Jadjon erfuhr daber die Nach richt auf der Stelle. Er hatte in Jefferſon City bereits eine voll ſtändige Rebellenwirthſchaft eingeführt.

Vor ſeinem Hauſe war die

Rebellenflagge auf einem hohen Baume aufgehift und mehrere Ne bellenbanden hauſten zum Sdređen der loyalen Bürger in der Stadt. Wie ein Donnerſdilag traf Jadjon und ſeine Legislatur dieſe Stunde. Leßtere hielt eine höchſt ſtürmiſdie Nachtſibung, in der die Mitglieder bis an die Zähne bewaffnet erſdienen . Sie hatten offenbar alle den Kopf verloren und ſchlugen das tollſte Zeug vor. Jadſon ſelbſt dachte nur an die Sicherheit ſeiner Perſon , ſo daß er zum Geſpötte ſeiner eigenen Partei wurde.

Er ließ noch in der Nadt die Brüden über

den Dlage und Gasconade theilweiſe verbrennen , aus Furdyt, Lyon mödyte noch in der Nacht ihm auf den Hals kommen . Von dieſer Zeit an ſchlief er nidyt mehr in ſeinem Bette in der Gouverneurswohnung. In dem Hofe derſelben war eine große Ciſterne, die ganz trođen war ; dieſe ließ er ſidy zur Schlafſtätte cinridten, damit er für den Fall einer Ueberrumpelung Gelegenheit habe, zu entwiſden . Es hieß in St. Louis , er habe ſich mit der Legislatur nach Arrow Rock geflüchtet, was ſich jedod bald als unrichtig erwics . General Harncy war in der Nadt vom 11. auf den 12. Mai in St. Louis angekommen und hatte einige reguläre Artillerie mitges bradit.

Er erließ eine Proklamation, aus deren Inhalt hervorging ,

daß er die Lage der Dinge nicht begriff.

Er ſagte darin , er werde,

im Falle er genöthigt ſei, mit Waffen einzuſchreiten , vorzugsweiſe von den regulären Truppen Gebrauc maden. Die Stellung der Homes guards fönne er jedochy, nad ſorgfältiger Prüfung ſeiner Inſtruktio nen , nicht ändern .

Er batte nämlid, im erſten Augenblide, von re

bellenfreundlichen Leuten beeinflußt, dem Mayor Taylor verſprochen ,

Verfolgung der Unionsfreunde.

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er werde die Homeguards entwaffnen laſſen und dieſer verkündigte dieſe Nachricht in einer Anſprache, die er auf der Treppe der Kirche hielt . wo kurz vorber das Straßengefecht ſtattgefunden hatte.

Einige

Tage ſpäter, am 14. Mai, erließ er aber eine zweite Proklamation, die zeigte, daß er jeßt mit ſich klar geworden war über die einzuſchla gende Richtung . Er billigte darin das Verfahren Lyons nicht direft, bezeichnete jedoch die Militärbil als verrätheriſch und gab die Erklä rung , daß Miſſouri um jeden Preis bei dem Bunde gebalten werden müſſe.

Die loyale Bevölkerung von St. Louis batte jedoch kein Ver

trauen in Harney , da er durch Verwandtſchaft und politiſche Freunds ſchaft aus früheren Zeiten zu ſehr den Einflüſterungen der Rebellen zugänglich war. Auch verbreitete ſich das Gerücht, und die Rebellen freuten ſich darüber, daß General Scott den Capt. Lyon vor ein Kriegsgericht ſtellen wolle, weil er gegen ſeine Inſtruktionen Camp Jadſon genommen habe.

Alles dies warf in den Augen der Loyalen

ein ſchlimmes Licht auf den General Harney und ſeine Abberufung wurde laut gefordert.

F. Blair war der wirkliche, vertraute Bevoll

mächtigte der Adminiſtration und er betrieb die Abberufung Harneys . Der Präſident bewilligte dieAbberufung und dieWiedereinſeßunglyons in bas Commando ; Blair Toll damals das Abberufungsſchreiben Harney's mehrere Tage lang in der Taſche behalten haben, aus wel chen Gründen, iſt nicht bekannt. Lyon erhielt das Commando über das Arſenal und Miſſouri wieder und wurde zum Brigadegeneral be fördert. Noch immer gab es zwei Gewalten im Staate, daß Arſenal in St. Louis und Gouverneur Jadſon, der in Jefferſon City auf dem Sprunge ſtand. Ueberall auf dem Lande, in der Nähe von St. Louis, wurden die Unionsfreunde von den Rebellen verfolgt und vertrieben und jeden Tag erſchienen Deputationen der erſtern , um Hülfe und Sduß zu verlangen.

Eine der erſten Erpeditionen wurde am 12 .

Mai nach Potoſi gemacht, wo die Rebellen die Oberhand hatten , Lyon (chickte eine Compagnie dort hinab , um die Rädelsführer zu ver haften und im Rüdwege verſcheuchte dieſelbe Compagnie in De Soto eine Zuſammenkunft der Rebellen der Nachbarſchaft, ein ſogenanntes „Liebesfeſt.“

Die Verhafteten wurden in das Arſenal gebracht, wo

man nicht recht wußte, was mit ihnen anzufangen ſei. Um ſie los zu werden, erfand man die ſpäter ſo beliebt gewordene Prozedur, ihnen den Eid der Treue abzunehmen, oder das Verſprechen, daß ſie die

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Beginn des Feldzuges.

Waffen gegen die Ver . Staaten nidit tragen wollten .

Es war jedoch

ſchon damals leicht zu ſehen , daß mit derlei fleinen Erpeditionen fein bedeutendes Reſultat erzielt werden konnte .

Die Staatsregierung in

Jefferſon City rüſtete unabläſſig und Lyon bereitete ſich ſo eilig, wie möglich vor, nach der Hauptſtadt des Staates zu ziehen, um dort dem Rebellenregimente ein Ende zu machen .

Schon am zweiten Mai

hatte der Gouverneur mit dem General Harney ein Uebereinkommen getroffen , doß erſterer feine bewaffnete Macht im Staate bilden werde. Später, nach dem Falle von Camp Jadjon, gab General Lyon ſogar dem Gouverneur Jadſon und dem General Price freies Geleit nadı der Stadt St. Louis, um wo möglid die Anhänger Jadſon's zum Niederlegen der Waffen zu bewegen.

Lyon und Blair war bei dieſer

Unterredung im Planters Hauſe, die zu feinem Reſultate führte. Jadſon und Price eilten unmittelbar nach dem Schluſſe der Unters handlung mit einem Ertrazuge aus der Stadt, und Lyon beſchleunigte . jekt ſo viel wie möglidy ſeinen Ausmarſd), da jede friedliche Beilegung unmöglich war. Der Plan war, die Truppen in zwei Theile zu theilen . Lyon ſollte mit dem einen gegen die am Miſſouri fich ſammelnden Rebellen ziehen , während Sigel mit dem andern gegen Südweſten vorrücken ſollte, um Jadſon und ſeinen Banden den Rückzug nach Arkanſas abzuſchneiden . Beide Erpeditionen zogen um die Mitte des Juni aus dem Arſenale ab.

Lyon fuhr auf Dampfbooten mit ſeinen

Truppen nad Jefferſon City , wo Jadſon auf die erſte Kunde ſeines Nahens in Eile floh und ſein Hauptquartier nach Booneville ver legte, wo Price, Marmadufe und Parſons die Rebellenſdaaren zu ſammenzurufen und zu organiſiren verſuchten .

In Jefferſon City

ließ Lyon drei Compagnien des zweiten Regiments unter Col. Börn : ſtein zurüd und fuhr mit ſeinen drei Booten den Miſſouri aufwärts gegen Booneville zu .

Die Rebellen hatten unterhalb der Stadt eine

Batterie von zwei Sechspfündern angelegt, um Lyons Schiffe in den Grund zu ſchießen .

Dieſer landete deswegen etwa 6 Meilen unter

halb der Stadt, während er ein Boot, auf dem eine ſchwere eiſerne Haubiße war, die zu Lande nicht gut fortgebracht werden konnte, auf wärts gegen die Batterie [ chidte.

Die gelandeten Truppen , aus

Blair's Regimente und einem Theile des zweiten unter Oberſtlieute nant Schäffer, ſowie einer Batterie unter Capt . Totten beſtehend, im Ganzen feine 2000 Mann , ſtießen bald auf die Rebellen, welche auf

Treffen von Booneville.

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dem Nande des Bluffs, zu weldiem unſere Truppen aufſteigen muß ten, poſtirt waren . Es wurden von beiden Seiten einige Salven gegeben und einige Kanonenſchüſſe abgefeuert, worauf die Rebellen in eiliger Flucht ſich zurückzogen und zuletzt in paniſchem Schreden ſich zerſtreuten . Sie zälylten über 4000 Mann und ſtanden unter dem Befehle des Generals Marmadufe, der ſich hier ſeine erſten Sporen verdiente.

Jadion war ebenfalls anweſend.

Price jedody war den

Tag vorher nach Hauſe gereiſt, da er angeblich unwohl war. Dieſer Mann (dien zu jener Zeit noch immer mit ſich zu fämpfen , ob er die Scheide ſeines Schwertes wegwerfen ſollte und es iſt ſdwer zu ſagen, was geſchehen wäre, wenn der Präſident ihm eine Brigadierſtelle in unſeren Reihen angeboten hätte. Jackſon ſoll allein bis weit von dem Sdladtfelde geflohen ſein . Die Nebellen, die meiſtens beritten waren , eilten in wilder Flucht durch die Stadt Booneville, nach Weſten ihren Die Meiſten derſelben hatten offenbar zum erſten Male ein einer Sdilacht ähnliches Gefedyt geſehen und waren gründ lich son der Furchtbarkeit dejjelben überzeugt. Von damals an fam Nüdzug nehmend.

die unter ihnen ſo beliebte Nebensart, daß ein ſüdlider Mann für fünf nördliche ſtehen könne, plöblich aus dem Gebrauche und man hat Die ,,Sdyladyt von Boonevile" , zu einer Zeit, da die auf bei Krieges dieſes erſte war ſo zu ſagen die welche Ausdehnung und ahnten, den Seiten Kämpfenden noch nicht Heftigkeit dieſer Rampf annehmen werde. Das unglüdliche Treffen ſeitdem

wenig Aehnliches gehört .

von Big Bethel am 10. Juni hatte keineswegs einen ermuthigenden Eindruck auf das Volf des Nordens gemadt und der Sieg bei Booneville, am 17. Juni, gegen eine mehr als toppelte Zahl von Nebellen erfochten , wurde unter dieſen Umſtänden im ganzen Lande als ein großes Ereigniß begrüßt und gefeiert. Blair, ter an der Spiße ſeines Regimentes in dem Treffen anweſend war, war nicht der Mann , eine ſolde glänzende Gelegenheit unausgebeutet vorüher gehen zu laſſen. Er eilte zurück nach St. Louis nicht um dort auf ſeinen Lor beeren zu ruhen, ſondern um ſie baldmöglichſt in Waſhington als po : litiſdies Capital umzuſetzen . Der Congreß war auf den vierten Juli zu einer außerordentlichen Sibung berufen und F. P. Blair erſchien dort als der Beſieger der Nebellen von Miſſouri, ja mehr, ſogar als der Pacificator des Staates . In ſeiner prableriſchen Art ſprad er dort von der Nebellion in Miſſouri als einer abgethanen Sache, als

Blair als Striegsheld.

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einer Bagatelle, die, nadidem er ſie beſorgt, feiner beſonderen Auf merkſamkeit der Regierung bedürfe. Seine Werfzeuge, die er in Lyons Hauptquartier in Boonerille zurüdgelaſſen hatte, ließen bald in ihren Correſpondenzen merken , daß , ſeit Blair nicht mehr da ſei, der alte Geiſt nicht mehr herrſche, und Ales langſamer gehe. Das durch ſollte das Volf audy während ſeiner Abweſenheit immer daran erinnert werden , daß er der Meijlergeiſt ſei und Pyon und Sigel und alle Uebrigen Nichts ohne ib n . Mit dieſen friſchen Lorbeern in Waſhington auftreten ) und mit dem Preſtige deß mis litäriſden Ruhms, den ihn damals noch fein zweiter ftreitig machen konnte, umgeben, ſtrebte er nach der Ehre des Sprecheramtes, ohne jedoch Erfolg zu haben , Rüdlicht auf ſein Lyon den

da viele Mitglieder des Congreſſes aus

Betragen im Privatleben gegen ihn ſtimmten.

hatte ihm bei ſeinem Weggelen dringend an's Herz gelegt , Behörden

in Waſhington vorzuſtellen ,

wie ihm Alles feble,

was zu einem Feldzuge dringend nothwendig iſt und ihm die bes treffenden Unterſtüßungen zukommen zu laſſen , allein Lyon ſollte von Blair wenig mehr hören, noch ſollte er ihn wieder feben . Blair war in Waſhington viel zu ſehr beſchäftigt mit der Sprecherwahl, mit den politiſchen Drahtziehereien aller Art, als daß er ſich ernſts lich um den entfernten Lyon hätte kümmern können.

Miſſouri war

ja pacificirt — ſo ſagte er wenigſtens, und der Präſident glaubte es~ die Regierung brauchte alſo für Miſſouri nichts mehr zu thun. Lyon hatte eine Summe Geldes erhalten, um ſich in Booneville feine no thigſte Ausrüſlung für einen Marſch anzuſdaffen und dieſe Vorbes reitungen verzögerten ſeinen Ausmarſdy von dort allerdings länger, als er erwartet hatte . Sein Plan war, ſüdlich an den Drage zu ziehen

und ſich dort mit Major Sturgis,

der mit einigen Reiter

Schwadronen von Fort Leavenworth her kam, zu vereinigen, während Sigel von Springfield her nordwärts marſchiren und dadurch die Rebellen in ihre Mitte bringen ſollte.

Troß der großen Ausdehnung

des Terrains, das dieſer Plan umfaßte, wäre dieſer kleinen Ärmee derſelbe beinahe gelungen . Sobald Lyon von Norden ber fid nur in Bewegung ſeßte, eilte Jadjon und Price, der jeßt wieder den Befehl übernonimen hatte, mit mehr als 6000 Rebellen ſüdlich, um ſich dem von Arfanſas heranmarſcirenden McCulloch anzuſchließen . Zu allem Unglück wurde Sturgis durch den angeſchwollenen Dſage einen Tag 12

Der Plan Lyon's. Carthage.

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lang zurücgehalten, ſo daß die Rebellen einen Vorſprung erhielten . Während Sigels kleine Truppe von etwa 800 Mann , die von St. Louis ohne Zelte, ohne Mäntel und ohne das nöthigſte Feldgeräth ausgezogen und die bitterſten Entbehrungen gelitten hatten, von dem kleinen Orte Carthage aus nördlich zogen, um Lyons Corps aufzu finden , ſahen ſie plößlich die ganze Rebellenmacht auf einer die Prais rie beberrſchenden Anhöhe vor ſich. Die Uebermadyt derſelben war ſo groß, daß ſie leicht das kleine Häuflein Sigels von allen Seiten flan kiren konnten . Kanonen .

Er hatte das dritte und fünfte Regiment und vier

Hier ſtanden fie,

auf der weiten Prairie beinahe vers

ſchwindend und ungebedt, das erſte deutſche Fähnlein , der Ueberzahl der Rebellen die Schlacht anbietend.Sigel hatte zuerſt den Plan, das Centrum der Rebellen zu burchbrechen und ſich nordwärts gegen Lyon hinzuſglagen .

Auf den Rath ſeines Oberſtlieutenants Haſſendeubel

gab er jedoch denſelben auf, und es wurde beſchloſſen, ſich fechtend ges gen Springfield zurüdzuziehen. Die Rebellen glaubten offenbar ge wonnenes Spiel zu haben, wozu ſie ihre große Zahl wohl, aber nicht ihre Kriegstüchtigkeit berechtigte.

Sie ſchloſſen alsbald einen großen

Kreis um die Carré-förmige Stellung Sigels, blieben aber überall in reſpektvoller Entfernung. Sigel zog ſich langſam zurück ; die Re bellen hatten ihm an den Ufern eines fleinen Baches den Rüdzug ab geſchnitten , wie ſie meinten.

In dichten Reiben ſtanden ſie jenſeits

des Baches, alle zu Pferde. Schnell ließen Sigel und Haſſendeubel ihre Leute in zwei Gliedern formiren, die Kanonen auf ten Flanfen . Lestere warfen ein mörderiſches Kartätſdhenfeuer urter die ungeregelten Haufen , die Linie gab ihre Salten und ſtürmte mit dem Bajonette vor - die Rebellen und ihre ſcheuen Pferde liefen nach allen Rigtuns gen auseinander dem Orte Carthage zu, wo ſie ſich abermals zum Widerſtande rüſteten .Aber audy hier wurden ſie durch die Hohlgeſchoſſe der Artillerie vertrieben und Sigel konnte nach Einbruch der Nacht ſeinen Weg nach Springfield fortſeßen . Die Artillerie der Rebellen war ganz unwirkſam , während die unſrige unter Badhoff trefflich bedient war. Die Unſern hatten blos zwei Todte und wenig Ver : wundete, während der Verluſt der Rebellen bedeutend größer war, obs gleid) die damals angegebene Zahl ihrer Todten, 300, wohl übertries ben ſein mochte.

Lyon war vom Dſage her in forcirten Märſden

herbeigeeilt, wohl ahnend, daß Sigel angegriffen würde, allein er fam

Lyon in Springfield .

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zu ſpät; erſt einige Tage nad dem Treffen, das am 5. Juli Mittags begonnen hatte, vereinigte ſich Lyon und Sturgis in Springfield mit den Leuten Sigels . Price wagte nicht, gegen Springfield vorzudrin gen, ſondern zog ſich an der Weſtgrenze über Neoſho hinunter, wo er ſidy am folgenden Tage mit dem Vortrabe McCullochs vereinigte, deſſen Shaaren von Arkanſas ber den Miſſouri-Nebellen zn Hülfe famen . · Eine Abtheilung von McCullochs Reitern ſoll noch an dem Treffen Theil genommen haben . Eine Compagnie des dritten Negi ments war vor Sigels Abmarſch von Springfield nach Neoſho ge ſhidt worten, um den Feind zu beobachten. Capitän Conrad und ſeine Leute feierten dort den vierten Juli und tanzten arglos mit den liebebeuchelnden Rebellenſyrenen , welche ſie in ſchlimmere Bande, als die der Liebe zu dlagen ſuchten . Am Morgen des fünften Juli ſtürmte eine Reiterſchaar in's Dorf und nahm die ganze Compagnie im Courthauſe gefangen . Die ſchnöden Schönen aber von geſtern ſpieen jeßt unſeren unglüdlichen Jungen ins Angeſicht. Das grämte ſie ſchmerzlicher, als ihre Gefangenſchaft und manche Rebellin mag ſeitdem dafür geſühnt haben . Lyon hatte jeßt mit Sigels und Sturgis Leuten etwa 4500 Mann in Springfield und war für den Augenblick geſichert.

Das auf einer

ſanften Erhöhung in der Prairie liegende Städtchen wurde zur Noth befeſtigt und Lyon erwartete jeßt von Tag zu Tag Verſtärkung, um den immer mehr anſchwellenden Truppen McCullochs und Price die Spiße bieten und ſie aus dem Staate vertreiben zu fönnen . Aber die Hülfe fam nid )t. Wohl jubelten alle Zeitungen über den General Sigel und das Treffen von Carthage, allein dieſer übertriebene Jubel hatte eine ſehr ſchlimme Wirkung. Das Volf und die Regierung vielleicht glaubten Lyon und Sigel ſtark genug um den Rebellen die Spiße zu bieten und man tröſtete ſich damit in Waſhington , daß an andern Pläßen Hülfe nothwendiger ſei. Während die ſeit Ende Mai nad Virginien ziehende Bundesarmee auf's Vollſtändigſte ausge rüſtet

und ſorgfältig verpflegt war,

mußten dieſe Soldaten des

Weſtens damals die bitterſten Entbehrungen ertragen und wurden von der Adminiſtration für die beiden erſten Treffen, die ſie dem Feinde geliefert und deren Kunde den friegeriſchen Geiſt des ganzen Volfes erwedt hatte, mit Geringſchäßung behandelt. Bald ſaben Lyon und Sigel, daß die Macht der Rebellen täglich anwachſe und

Lyon in Springfield.

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daß jeder Tag Verzug die Möglichkeit unſeres Sieges über ſie ver minbere. Er bat um Verſtärkungen in Waſhington ; Sigel ſchrieb an Freunde in St. Louis, in welcher ſchlimmen Lage ſie ſeien und daß Ades auf dem Spiele ſtehe, wenn nicht bald Hülfe komme.

Die

deutſche Preſſe ſchlng Lärm , um das Ohr der Machthaber zu erreichen; von St. Louis aus wurde an Blair dringend geſchrieben ; Lyon ( chrieb ihm ; endlich ſchicte er einen Boten von Springfield nadi Waſhing ton Ades vergeblich. Blair hatte höhere Politik zu treiben, als dem verlaſſenen, heldenmüthigen Vorpoſten der Freiheitsarmee im fernen Weſten Hülfe zu leiſten. Die Adminiſtration, deren Kriegsmis niſter ein Cameron war, hatte vollauf zu thun mit der Aemter- und Contraktvertheilung und dem Empfange der neuen Regimenter, welche durd Waſhington " on to Richmond” zogen, die Ehren eines zu fünftigen Sieges aus den Händen der huldreichen Patriotinnen ter Hauptſtadt vorwegnehmend.

Das wetterwendiſche Volk ſelbſt vergaß

nach einigen Tagen des Jubels über Lyon's und Sigel's Waffentha ten dieſes weitentlegene Kriegstheater und wendete ſeinen Blick er wartungsvoll nach den Ebenen von Manaſſas .

In St. Louis aber

drůdte ängſtliche Beſorgniß um das Schidſal der kleinen Armee alle loyalen Herzen .

Da fam noch zum Ueberfluß am Abende des 21 .

Juli die Kunde von der Niederlage, von der Vernichtung der Poto mac-Armee am Bull Run . aufgegeben werden .

Jeßt mußte alle Hoffnung auf Hülfe

Die Rebellen in Miſſouri erhoben triumphirend

ihr Haupt ; in allen Theilen des Landes mehrten ſide vie Gräuel der Buſchklepper ; in St. Louis ſelbſt drohte jeden Augenblick bei dem geringſten Anlaß eine Emeute auszubrechen . Am 17. Juni hatte das aus Nordmiſſouri zurüdfehrende zweite Homeguard - Regiment in der ſiebenten Straße mehrere Nebellen getödtet, welche auf die Soldaten gefeuert hatten, und auch einige Unſchuldige wurden verwundet, eine Affaire, die große Wuth in den Herzen der Rebellen zurüdließ .

Der

einzige Schuß der Stadt waren die Homeguards und ſie hatten in dieſen Monaten ſchweren Dienſt zu thun.

Endlich kam, wie ein Ers

18ſer aus dieſer Lage der Hülfloſigkeit, General Fremont am 25. Juli mit ausgedehnten Volmadyten der Adminiſtration, aber ohne Trup pen, nur von wenigen Mitgliedern ſeines Stabes begleitet .

Das

loyale Volk der Stadt drängte an's Ufer, um ihn zu empfangen , aber er bezog ungeſehen ſein Hauptquartier. Blair kam kurz nach ihm

Ankunft Fremonts .

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oder mit ihm an . Der Name Fremonts allein war eine Armee und Vertrauen und Zuverſidst erfüllten bald wieder die Freunde der Union . Alsbald entfaltete er eine großartige Thätigkeit zur Bildung einer neuen Armee, um den von Südoſten und Südweſten berandrängen den Rebellen Widerſtand zu leiſten. Am zweiten Auguſt ſchlugen Lyon und Sigel die Truppen McCullochs bei Dug Spring und die Kunde dieſes Sieges gab neue Hoffnungen. Fremont ſuchte vor allen Din gen den gegen Iron Mountain nahenden Rebellen entgegenzutreten und dadurch zugleich eine Diverſion zu Gunſten Lyon's zu machen. Am 9. Auguſt wurde eine Abtheilung Nebellen bei Potoſi zurüdge: ſchlagen. Am 8. Auguſt fuhr Fremont mit allen Truppen , die er zus ſammenraffen konnte und worunter ſogar ein Theil der St. Louis Homeguards waren, mit mehreren Schiffen und unter großem Ge pränge den Miffiſſippi berunter nad, Cairo, angeblich, um eine Er : pedition nach Kentucky zu machen .

In der That hatte er ſo wenig Truppen bei ſich, daß er mit ihnen nichts Ernſtliches unternehmen konnte . Das ganze Schauſpiel war nur veranſtaltet, um die Rebel len , die in St. Louis ihre Spione batten , zu täuſchen und ſie zu ver anlaſſen, die Truppen McCullochs im Südweſten zu ſchwächen. Es erreichte inſofern ſeinen Zwed, als es große Senſation unter den Re bellen Kentucky's machte und Jeff. Thompſon im Südoſten vom weis tern Vordringen abhielt.

Allein es kam zu ſpät, um auf McCulloch

zu wirken . Lyon befand ſich in einer verzweifelten Lage. Nach dem Treffen von Dug Spring hatte McCulloch bedeutende Verſtärkungen erhalten und ſeine Macht wurde auf 25,000 Mann geſchäßt. Zog fich Lyon vor der Uebermacht zurück, ſo lief er Gefahr, von den Reis tern McCullochs eingeſchloſſen und geſchlagen zu werden ; wartete er den Angriff in Springfield ab, ſo war er ſicher, ſich in kurzer Zeit der ihn belagernden Uebermacht ergeben zu müſſen . Er und Sigel kamen alſo zu dem Entſdluſſe der Verzweiflung, mit ihren 5000 Mann und zwei Batterien die 25,000 Rebellen durch einen plößlichen Angriff zu überraſchen und auseinander zu ſprengen . Die leßten acht Tage

>

vor der Schlacht äußerte ſich lyon häufig und bitter darüber, daß die Regierung und ſeine Freunde ihn im Stidie ließen . Dazu mußte er im Angeſichte des Feindes es erleben , daß etwa 300 Mann der Dreis monatsleute des dritten und fünften Regimentes nach Hauſe gingen , da ihre Zeit am 2. Auguſt zu Ende war, während er nur wenige Res

Soladt von Wiljons Creet.

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fruten

erhalten hatte .

Früh am Morgen des 10. Auguſt 30g die

faum 5000 Mann zählende Schaar Lyon’s gegen das Lager Mc Cullochs, das zehn Meilen ſüdweſtlich von Springfield durch ein ſchlangenförmiges Thal trei Meilen weit ſich erſtrecte. Der Bady, der dieſe Vertiefung in der Ebene bildet, heißt Wilſon's Creef. Sigel mit dem dritten und fünften Regimente und einer Batterie ſollte das Lager am ſüdöſtlichen Ende angreifen, während Lyon mit dem Reſte der Mannſchaft auf der Nordſeite ſich bereit hielt, anzugreifen, ſo bald der Donner der Kanonen Sigels gehört würde . dann, ſeine

Sigel ſollte

rechte Flanke an den nördlich von dem Thale hinzie

henden Abhang angelehnt, vordringen und die Verbindung Lyons Truppen herſtellen .

mit

Um 6 Uhr gelang es ihm, die Vorpoſten

der Rebellen in aller Stille abzufangen und ſo,

ohne daß leştere

eine Ahnung hatten , plößlich ſeine Batterie mit Kartätſchen auf den äußerſten Theil des Lagers ſpielen zu laſſen. in paniſchem Schreden aus ihren Zelten .

Die Nebellen flohen Sigel rückte vor, aber

bald trat ihm eine überlegene Macht gegenüber, der der Sieg um ſo leichter wurde, da ſie eine Ver. Staaten- Flagge zeigte und dadurch unſere Leute bis zum Augenblide des Angriffs getäuſcht hatte. Lyons Truppen hatten einen harten Kampf und warteten vergeblich auf Sigelo Leute, da dieſe geworfen und ihnen jede Verbindung un möglich gemacht war. Lyon machte die äußerſten perſönlichen An ſtrengungen , um ſeine Leute zu ſammeln.

Als endlich Alles muth

los zu werden ſchien und er aus zwei Wunten blutete, rief er aus : “ The day is lost.” Das zweite Jowa Regiment , das ſeine Offis ziere verloren batte, forderte ihn auf, ſie noch einmal gegen den Feind zu führen .

“ Boys, I will lead you , ” ſo ermunterte er ſie und

rückte mit ihnen bis auf Piſtolenſchußweite gegen die Rebellen ; von zwei Kugeln getroffen , fiel er-das erſte uud edelſte Opfer, das dem Molod des officiellen Schlendrians und der füffiſanten Beſſerwiſſe rei in Waſhington gebracht wurde. Als ſpäter die Reihe an das zweite Opfer kam, Fremont, da ſuchten dieſelben Leute, deren ſtrafbare Nachläſſigkeit die Niederlage, den Tod Lyons herbeigeführt, mit frecher Stirn tie Schuld ihres Verbrechens auf Fremont zu wälzen, um ihn zu ſtürzen. Sigel entging nur durch einen Zufall der Gefangen ſchaft und unſere Truppen mußten ſich nach Nolla zurüdziehen. In dieſer Schlacht zeichnete ſich zum erſten Male ein deutſcher Offizier

Sdladt von Wilſons Creek.

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aus, ter Major Dſterhaus, ter ein Bataillon des zweiten Regiments befehligte und die Kanonen Lyons zu reifen hatte . Gegen Ende des Gefechts machten die Rebellen einige verzweifelte Angriffe auf die Batterie, um ſie zu nehmen, allein ſie wurden wiederholt und mit ſchwerem Verluſt zurüdgeſchlagen.

Der ganze Verluſt der Rebellen war ſo ſchwer und ihre Armee war ſo desorganiſirt, daß McCullody ſelbſt ſich in der Nacht zurüdzog und erſt dann wieder vorging, als Springfield geräumt war. Nad ſpäteren Ausſagen von Rebellen , weldie in der Schlacht waren , wären ſie geſdlagen geweſen, wenn unſere Truppen noch eine halbe Stunde lang tas Feld behauptet bätten . Es wäre ungerecht, dies als einen Vorwurf für unſere Truppen gelten zu laſſen . Die Leute waren einen Theil der Nacht ohne Schlaf und

den ganzen Tag unter einer drüdenden Sonne auf den Füßen und ſo todtmüde, daß man Nichts mehr von ihnen

verlangen konnte.

Während die Rebellen immer friſdie Truppen in's Gefecht ſchidten , hatten die unſrigen keine Ablöſung zu erwarten . Sie leiſteten Uebermenſchliches und ſelbſt die Rebellen erkannten ihren Heltenmuth an . von

McCullod, aber, der während des erſten Ueberfalls

Sigels Seite ſein Pferd eingebüßt hatte, war wüthend über

die Miſſourier unter Price, die er anklagte, ſie ſeien in der erſten Stunde des Gefechts durchgelaufen und hätten ſich den ganzen Tag nicht mehr gezeigt. IInſere Gefangenen behandelte er anſtän dig, obgleidy ſie wenig mehr, als grünes Welſhforn zur Nabrung erhielten . Die Rebellen entſduldigten ſich damit, daß ſie ſelbſt nichts Beſſeres hätten und dies war nach übereinſtimmenden Nadyridten wahr. Die Kunde von dem Tode Lyons machte einen niederſdhmetterns ten Eindruck auf die Patrioten in Miſſouri, beſonders auf die von St. Louis, unter denen er gekannt und geſchäßt war.

Die Sache der

Freiheit ſelbſt, die damals die redyten Männer ſo nothwendig hatte, verlor am meiſten an ihm . Seine Leiche wurde ſpäter von Spring field nach St. Louis gebradt und mit großem militäriſden Ges pränge ans Ufer geleitet, von wo ſie nach ſeinem Geburtsorte in Maſſachuſetts geſandt und dort begraben wurde. Sein Werth ließ ſich am beſten bemeſſen an dem Jubel der Rebellen über ſeinen Tob. Alle Zeitungen des Südens wünſchten ſich und ihrer Sache Glüd , daß der „ dämoniſche Lyon " nicht mehr ſei, der Urheber ihrer Leiden

Fremonts Rüſtungen .

96

und Schidſale

in Miſſouri,

das ,

Schweſter der ſüdlichen Staaten war.

wie Maryland , eine verlorne Schon auf dem Rüdzuge un

ſerer Truppen nach Rolla , den ſelbſtverſtändlich nach dem Tode Lyons Sigel befehligte, offenbarte ein Vorgang jenen Geiſt des Neides, der Unduldſamkeit gegen begabte Offiziere, der in dieſem Kriege unſerer Sache mehr Verderben gebradit hat, als die Waffe des Feindes ; der Keim deſſelben Geiſtes der Verläumdung und Verkleinerung des Ver dienſtes von Seiten der ordinären Mittelmäßigkeit, die es nicht dul den wollte, daß Andere beſſer ſeien , als ſie ; dieſelbe Erbärmlichkeit, welche ſpäter den General Fremont als Opiumeſſer, den Gen. Grant als einen Trunkenbold und den General Sherman als einen Irrſin nigen ſtempeln wollte. Es fiel nämlich plößlich dem Major Sturgis auf dein Rüdmarſche ein - als die Gefahr vorüber war - tab er als Major der regulären Armee über Sigel ſtehe, der damals den Rang als Colonel der Freiwilligen hatte, und er erklärte im Verein mit den übrigen regulären Offizieren dem lekteren, übernehmen werde.

daß er das Commando

In der damaligen Zeit glaubten dieſe Weſt

pointer Offiziere, und gerade die beſchränkteſten waren die eifrigſten in dieſem Glauben , daß alle Ehren dieſes Krieges nur für ſie geſdaf fen und taß nur ſie fähig ſeien, den Krieg zu führen.

Wie kläglich

dieſe Prätentionen durch die Ereigniſſe Lügen geſtraft wurden, iſt bekannt. Die Truppen gingen nads St. Louis zurücf , um reorganiſirt zu werden . Price, der mit ſeinen Miſſouriern in der Sdylacht ſich mehr im Hintergrunde gehalten hatte, überzog ießt wieder den ganzen Süd weſten mit ſeinen plündernden und mordenden Buſchkleppern.

Er

hatte vor der Hand keinen Feind und keine Gefahr vor fid und die Unionsleute der dortigen Gegenden, beſonders die von Springfield, hatten Viel zu leiten .

McCulloch und die regulären Truppen der

Rebellen waren in Folge von Streitigkeiten zurückgeblieben und Price zog immer mehr Truppen aus Miſſouri an ſid , ſo daß er, als er ſei nen Marſch nach Lerington antrat, etwa 20,000 Mann ſtarf ſein mochte. Unterdeſſen arbeitete Fremont eifrig an der Organiſation der neuen Armee . Sein Hauptquartier war der Centralpunkt, nady dem alle Patrioten und Politifer des Weſtens ihre Blide wandten , wo ſie ihre Hülfe, ihren Rath anboten und wo Biele nidt minder ihren Vortheil ſudsten .

Von dem Grundſaße ausgehend, daß Dieje :

Die Freiheits - Proklamation .

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nigen das Kriegshandwerk am beſten verſtänden, welche nicht nur die theoretiſche, ſondern die praktiſde Scule deſſelben durchgemacht hat : ten, ſuchte er die Mitglieder ſeines Stabes, ohne Rückſicht auf Na tionalität, aus ſolchen Männern aus, die ſchon im Kriege geweſen waren. Der Natur der Sache nach waren darunter mehrere Aus länder, Ungarn, Deutſche, Franzoſen und ſogar zwei junge Italiener. Dadurch verlegte er von vornherein die engherzige Nationaleitelfeit der Eingebornen und beſonders der Weſtpointer, welche ihr Monopol auf alle militäriſche Ehren verlebt ſaben . Im Anfange warter Sturm der Begeiſterung und der Strom der öffentlidien. Meinung zu ſtart, als daß leştere gewagt hätten, offen aufzutreten, aber bald genug ſollte die Zeit kommen, da ſie mit ihren Bundesgenoſſen, den unbe friedigten Contraktoren und den gefränkten Politikern in ein lautes Gebeul der Verläumdung und Denunciation gegen Fremont aus brechen konnten. Er begann gleich mit dem Bau von Kanonenboo ten, um eine Flotte auf dem Miſſiſſippi zu ſchaffen . Die Stadt St. Louis umgab er mit zehn Forts, um die Vertheidigung der Stadt zu erleichtern ; in der Stadt und hauptſächlich auf dem Fairgrund ließ er Kaſernen erridhten , um lager und Ererzirpläße zu haben .

Es kam .

ein neuer Eifer unter die Leute, neue Hoffnung ließ das Unglüd von Wilſon's Creet vergeſſen. Mitten unter dieſen Vorbereitungen zum Kriege erſchien am Morgen des 31. Auguſt, plöblid) und Jedem un. erwartet, die vielbeſprochene Freiheitsproklamation . Es iſt bezeich nend für das Weſen des Mannes, daß Niemand in ſeiner Umgebung vorber von dieſer Maßregel etwas wußte. Der Pfadfinder hatte auch hier ohne Hülfe den richtigen Weg zur Beendigung des Krieges Er hatte ſelbſt den angeblichen Leiter der Schidſale Miſs ſouris , Frank P. Blair, nicht um Rath gefragt - und das war ein

getroffen .

Der Streichy fiel tief ins Fleiſch der Sklavenhalter zum Zeichen , daß er gut getroffen, ertönte ein und Anhänger und ihrer nicht nur, ſondern der conſerva Rebellenpreſſe wüthender Aufſchrei der ergebenen Union durch das ganze Land . tiven, angeblich der Sache der großes Verbrechen.

An der Spiße dieſer zuwartenden, auf der Baſis der abſoluten Staa tenſouveränetät, — welche mit der der Rebellion identiſd iſt--ftebens den Partei beobachtete der proviſoriſche Gouverneur Hamilton Gamble eine zwiſchen der Nebellion und der Union beinahe neutrale Stellung. Am 31. Juli von der nach zwei Seiten ſchielenden Staatsconrention 13

Gouv . Gamble.

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gewählt, war er der Schlagſchatten des Geiſtes dieſer Verſammlung, welche nie den Muth aufbringen fonnte, offen mit der Sllaverei zu brechen.

Er

war

der Geſinnungsgenoſſe des General Sterling

Price und des Uriel Wright, mit denen er im verfloſſenen Frühjahr in der erſten Sigung der Convention den Bericht über das Verhält niß Miſſouris zum Bunde abgefaßt hatte und der ſich nur bedin gungsweiſe für das Verbleiben in der Union ausſprad . (Er hatte in ſeinen Bemerkungen zu dem Berichte offen erklärt, daß er und das Volf Miſſouris in ſeinen Sitten und Gefühlen mit dem Süden harmos nire. In einer ſpätern Botſchaft an die Legislatur gratulirte er dein Volfe, daß die Freiwilligen anderer Staaten den Boden des Staates verlaſſen und das Volf von ihrem Druđe befreit hätten , im mer ſorgfältig vermeidend, wo es nur äußerſt möglich war, den Na men der ,, Ver. Staaten " zu gebrauchen.

Seinen und Blairs Vors

ſtellungen gelang es, den Widerruf der Proklamation zu erlangen . Hier ſehen wir alſo zum erſten Male die Blair- Clique im Bunde mit den Sklavenhaltern Miſſouris, ein unſeliges, widernatürliches Bünds niß , unter dem die wahren Patrioten Miſſouris ſeit drei Jahren ges ſchmadytet haben und unter deſſen Folgen ſie nod ießt leiden. Die Prokiamation wurde nach wenigen Tagen widerrufen, nachdem zwei Sklaven fraft derſelben ihre Freiheit erlangt hatten.

Obgleich Blair

nicht gegen den Inhalt der Proklamation ſelbſt war, ſo entdeckte er doch von jeßt an, daß er Fremont nicht zu ſeinem Werkzeuge gebrau chen könne und ſobald er dies erfannt hatte, ſo ließ ſich bald ein Grund finden, auf dem er die Hebel ſeiner politiſchen Intrigue an ſeben konnte.

Aber der Geiſt der Proklamation war in die Herzen des

Volfes, der Sklaven gedrungen und dort ließ er ſich nicht widerrufen. Sie wirkte mit der ganzen Macht aller jener großen, einfachen Wahrs heiten, die, ſobald ſie nur von einem großen Gemüthe erfaßt und auss geſprochen ſind, ihren Gang durch die ganze gebildete Menſchheit machen . Man kann ſagen : es war leicht, ſo etwas zu thun ; Seder wußte, daß die Sklaverei abgeſchafft werden ſollte ; Jeder verlangte es ; Jeder hätte es thun fönnen ; Lincoln hat es auch gethan.

Frei

lich war es leicht und einfacy; ſo leicht, wie ein Ei auf die Spiße zu ſtellen . Aber warum haben Andere nicht raran gedacht ? Warum haben Andere nicht den Muth gehabt zu dieſer einfachen Erklärung ? Weil ſie nicht fähig waren,

die Größe ihrer Aufgabe zu erfaſſen .

Intriguen gegen Fremont.

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Fremont that e $ ; er löſte das Räthſel der Sphynr und ſie ſtürzte in den Abgrund. Seine Proklamation iſt heute vollzogen ; dieSklaven leben frei und die Sklaverei iſt todt. Von dieſer Zeit an, als die Proklamation widerrufen wurde und Fremont mit aller Macht an der Ausrüſtung einer Armee arbeitete, begann der combinirte Angriff der Blair-Clique, der verlappten Ne bellen unter Gamble und ſpäter aller Derjenigen, welche gewöhnt ſind,

den Mantel nadi

dem Winde von Waſhington zu hängen .

Fremont wurde von Contraktoren und von politiſchen Wichtigthuern fo überlaufen, daß er nothwendiger Weiſe Viele derſelben abweiſen mußte, wenn er überhaupt ſeine Pflicht thun wollte. Dieſe erhoben zuerſt das Geſchrei gegen ihn in der Chicago Tribune und andern Øſtlichen Blättern.

Es wurde als ein großes Vergeben bezeichnet,

daß er einige Politiker mehrere Stunden hatte warten laſſen, ehe er ſie vorließ.

Die Tribune war beſonders ärgerlich, weil ihre Eigen

thümer und andere Chicago Politifer großmüthig einen Contrakt an geboten hatten für Kleidung und ſonſtige Ausrüſtung für 40,000 Mann. Blair hatte ebenfalls mit der Sache zu thun und als Fre mont den Contraft nicht annahm, weil er ihm zu „ norm “ erſchien , da brad das Feuer in allen Eden und Enden los. Blair batte bis zu dieſer Zeit die meiſten Contraktoren an Fremont empfohlen und ſeine Empfehlung galt ſo viel als eine Annahme. Endlich wurde die Sache ſo ſtark, daß Fremont fich weigerte, verſchiedene Contrafte zu unterzeichneri, da er dies mit ſeiner Pflicht für unvereinbar erklärte . Mehrere Lieferanten von St. Lonis, die bereits gute Contrakte hatten, durch die ſie reid wurden, wollten immer noch mehr haben , d . 6 . die Blair-Clique wollte alle Contrakte als ihr Monopol haben und als dies nicht geſtattet wurde, da erklärte Blair den Krieg . Prah leriſch

drohte er überal, er habe Fremont in ſeine Stellung ges

bracht und könne ihn ebenſo ſtürzen. Mit Freuden ergriffen die auf der wankenden Baſis der Staatenrechte balancirenden Unioniſten und verkappten Rebellen unter Gamble dieſe Gelegenheit und ſtimm ten in das Geſchrei der Verläumdung und der Anklage gegen Fres mont ein . Der alte Bates, der im Cabinete ſaß, durch Verwandt ſchaft und Neigung mit der ganzen Gamble- Partei eng verbunden war und der Blair- Clique ſein Amt verdankte, hatte ſeine Freude an

100

Intriguen gegen Fremont .

dieſen erbärmlichen Intriguen, während er offiziell fich paſſiv verhielt, aber duldete, daß Fremont bei Ausführung ſeiner Maßregeln alle mög lichen Schwierigkeiten in den Weg gelegt wurden .

Blair ſchimpfte

und tobte ſo leidenſchaftlich, daß er ſich zur Verlegung der militäri . den Disciplin hinreißen ließ , ſo daß Fremont ihn am 18. September in Arreſt ſchidte. Jeßt wurde das Geſchrei noch ärger. Blatr hüüte fidh in den Nimbus des Märtyrers, ließ die alten Parteifreunde zu ſich rufen und ſeßte ihnen mit ſüßen Worten auseinander, wie uns recht ihm geſchehen ſei. Auch bei den Deutſchen, die damals ſchon ſehr falt gegen ihn waren , verſuchte er, ſich zu rehabilitiren, aber mit wes nig Glüd . Es gereicht ihnen zur Ehre, daß ſie um ſo feſter zu Fres mont hielten, je mehr ſie ſahen , daß er das Opfer der politiſchen In trigue und des perſönlichen Haſſes werden ſollte. Die Gegner Fre monts, die Blairs, die Gambles, die unbefriedigten Contraktoren und ihr Anhang zeigten jeßt vor den Augen des Volkes, wie weit ihr Pa triotismus reichte.

Price ſtand mit dem Rebellenbeere drobend im

Südweſten ; Nichts ſtand ihm im Wege, wenn es Fremont nicht möglich gemacht wurde, ſchleunigſt die neue Armee in's Feld zu ſchiden . Aber Blair und ſeine Leute fümmerten ſich jeßt nichts mehr um die Rebellen ; ihr Feind war Fremont, den ſie befämpften und wenn auch der ganze Staat in die Hände der Rebellen gerathe ; ihre Habſucht und ihr Haß ließ ihren winzigen Patriotismus ganz in den Hintergrund treten ; ſie ſchämten ſich nicht einmal, daraus ein Hehl zu machen, daß der perſönliche Haß fie leite, weil ſie offenbar noch nicht einmal eine Vorſtellung von der republikaniſchen Tugend der Selbſtverläugnung hatten, welche um des Landes und der Freiheit willen , im Angeſichte einer großen Gefahr, ſelbſt dem perſönlichen Feinde die Hand reicht, um den gemeinſamen Feind zu vernichten. Solcher Patriotismus war zu hoch für ſie — zu närriſch - wie die praf tiſden Politiker ſagen . Die Rebellenfreunde in der Stadt hatten ihre innige Freude an dieſem Zerwürfniſſe, das der Armee von Price Zeit gab, ganz gemächlich ſich bis zum Miſſouri nordwärts auszudeh nen und aus dem ganzen Staate ſo viel Rekruten wie möglich an ſich zu ziehen . Die Blair- Clique freute ſich im Geheimen darüber, daß Price Vortheile gewinne, denn je mebr er dies that, um ſo mehr Grund batten ſie dann , gegen Fremont zu donnern . Sie jubelten über den Fall von Lerington , als ob ſie Rebellen wären, denn dieſes Unglüd

Lerington .

101

gab ihnen den erſten ſcheinbar ſtichhaltigen Grund gegen Fremont. Leßterer hatte rechtzeitig den General Sturgis mit einer genügenden Macht auf dem nördlichen Ufer des Miſſouri gegen Lerington hinauf geſchidt, um die Garniſon dieſes Plates, die in einem oberflächlich befeſtigten Lager ſtand, zu verſtärken . Statt dies auszuführen, ließ er ſich von den Rebellenbanden ſeine Zelte und Wagen in der Nadia but wegnehmen und wurde, wie er angab, genöthigt, nach der weſt lichen Grenze zu ziehen , ſtatt über den Fluß zu ſeßen nach Lerington. Price kam am 16. September mit 20,000 Mann vor Lerington an und forderte die 2000 Mann zählende Garniſon unter den Cól. Mulligan und Peabody auf, ſich zu übergeben. Unſere Leute vertheis digten ſich vier Tage und Nächte lang , bis ſie endlich durch Waſſer mangel am 20. genöthigt wurden, zu capituliren . Dieſes Unglüd wurde mit aller Macht gegen Fremont ausgebeutet . Seine ſpätere Vertheidigung hat vollſtändig bewieſen , daß das Unglüd nur durch Nichtbeachtung ſeiner Befehle herbeigeführt wurde . Am 27. Sep tember endlich verſammelte Fremont feine Armee in dem Lager bei Jefferſon City, von wo er am 3. Oktober mit etwa 30,000 Mann ausrüdte. Um dieſelbe Zeit kam die Nachricht, daß Price Lerington räume und ſeinen Weg wieder nach Süden nehme. Fremont's Vors but hatte bald mehrere Scharmübel mit dem Nachtrab rer Rebellen , und es war die beſte Hoffnung, die Hauptarmee von Price zu einer Schlacht zu zwingen, noch ehe ſie die Grenze von Arkanſas erreiche. Während ſeines Marſches nady dem Süden wurde Fremont von dem Kriegsminiſter Cameron und dem Generaladjutanten Thomas am 12. Oktober eingeholt . Es war gewiß eine höchſt merkwürdige Pro zebur, taß die beiden höchſten Beamten des Kriegsdepartements in eigener Perſon nad dem Weſten famen , um einen General im Felde aufzuſuchen, zu dem Zwede, einen Bericht darüber abzuſtatten, ob die Es

Armee Fremonts wirklich im Stande ſei, den Price zu ſchlagen.

war ein Stüd Wiener Kriegsrath, eine Komödie, zu der Blair und ſeine Leute in Waſhington die Couliſſen geſchoben hatten . Jeder mann wußte, und Fremont am beſten, daß fie famen, nicht um als patriotiſche Männer ſich einen Einblid in die Lage der Dinge zu ver ſchaffen, ſondern als politiſche Emiſjäre, um nach einem böswilig vors gefaßten Entſchluſſe, Grund zu einer öffentlichen Anklage gegen Fres mont zu finden . Bald genug erſchien denn auch jener beiſpielloſe

Die Leibgarbe.

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Bericht des Generaladjutanten, der mehr einer politiſchen Streitſchrift als der ruhigen Darſtellung eines Fadımannes gleicht. die unſinnigſten Behauptungen und Widerſprüche.

Er enthielt

Es wurde Fre

mont Verſchwendung vorgeworfen, weil er zu viel Eis für ſeinen Feldzug beſtellt habe, dagegen behauptet, die Transportationsmittel und ſonſtige Ausrüſtung der Armee ſei ſo ſdhlecht, daß fie ,,in den Ges birgen von Arkanſas“ der Vernichtung durd, die Rebellen ausgeſeßt ſein würde. Aber gerade dieſer Mangel an Ausrüſtung war die Schuld der Adminiſtration , d. h . derſelben Männer, welche dieſen Bes richt abftatteten und ſtets verhindert hatten, daß die weſtliche Armee ebenſo gut verſorgt werde, wie die öſtliche. Die Wahrheit iſt, daß dieſe Armee aus den beſten , wiligſten Leuten gebildet war, welche jemals im Weſten zuſammen kamen . Alle Mühſeligkeiten hätten ſie freudig ertragen, wenn es ihnen nur erlaubt geweſen wäre, die Rebellen zu ſchlagen .

Aber einem Cameron und Thomas waren ſolche Dinge ,

wie die moraliſche Beſchaffenheit einer Armee, ihr Muth, ihre Zuver ficht und ihr Vertrauen auf die Führer, unbekannte Größen, da ſie nie gewöhnt waren, die edlern Leidenſchaften des Menſchen in dieſem Rampfe zu erweđen und ſie anzurufen.

Ste konnten es nicht thun,

weil ſie ſelbſt keine Ahnung von dieſer höchſten Tugend des Soldaten batten ! Nad ihrem Abgange war es gewiß, daß die Abſeßung Frmonts folgen würde.

Die ganze Armee wußte dies und Ade som Höchſten

bis zum Geringſten ftrengten jeſt jede Muskel an, um noch einen Sieg über Price zu erringen, ehe die politiſche Intrigue über dem Haupte Fremonts ſich entladen ſollte.

Als nach häufigen Schars

mügeln ſeine Armee in Hamanville, 25 Meilen von Springfield, an gekommen war, ritt Major Zagonyi mit der ſogenannten Leibgarde Fremonts, etwa 100 jungen Amerikanern und Deutſchen , bis in die Nähe von Springfield, wo ein Rebellenbaufe von 2000 Mann fidh aufgeſtellt hatte, um ihn zu empfangen . Man kann ſagen, daß es tollfühn und verwegen war, mit ſo wenig Leuten die Uebermacht ans zugreifen, allein der Angriff gelang und Alles, was gelingt im Kriege, iſt gut. Mit dem Feldgeſdrei: " Fremont and the Union " ſtürzten die heldenmüthigen Jünglinge mitten unter die Feinde,

die durch

dieſe Kühnheit überraſcht und vollſtändig zerſprengt wurden, nachdem ſie viele der Shrigen verloren hatten .

Neun von der Leibgarde wur

Abſeßung Fremonts.

den in Springfield begraben .

103

Selbſt aus dieſer glänzenden Waffen

that wurde Fremont ein Verbrechen gemadt. Die empfindlichen Ohren in Waſhington nahmen Anſtoß an dem Ruf : " Fremont and the Union.” Er wurde offiziell dahin interpretirt, Fremont habe cäſariſche Abſichten und wollte ſich zum Diftator eines großen Weſt reichs aufwerfen . So kínciſd und lächerlich audy dieſe Verdächti gung für Jeden war, ter den Geiſt der weſtlichen Armee fannte, ſo that ſie doch ihre Wirkung auf die ſchwachen Nerven der Gewalthaber in Waſhington .

Saß doch ein Edward Bates unter ihnen im Ca

binete, der Freund des Gouverneurs Gamble und das Werkzeug der Blairs, der jeßt, nachdem er in's Privatleben zurüdgetreten iſt, die Maske abgelegt hat und durch die unſinnigen Behauptungen in ſei: nen kürzlich veröffentlichten Briefen, daß das Kriegsrecht in Miſſouri und die Convention und Alles , was ſie gethan hat, ungefeßlich und revolutionär ſei, die leßten Reſte der Rebellion wachzurufen ſucht und ſich als einen würdigen Geſinnungsgenoſſen von Gamble und Ster ling Price vor dem Volfe zeigt. Jeßt endlich hat das Volf durch dieſe Briefe die flaren Beweiſe in der Hand , daß ein Rebellenfreund in dem Cabinette geſeſſen hat, der das Hauptwerkzeug war, um Fremont zu ſtürzen . Der General Hunter fam in den leßten Tagen des Oktober durch St. Louis, mit dem Befehle in der Taſde, die Armee Fremonts uns verzüglich ihren Rüdzug antreten zu laſſen .

Als er in Springfield

antam, hatte die Armee Marſchbefehl und hoffte in den nächſten Tas gen die Rebellenarmee erreichen und ſchlagen zu fönnen . Es iſt wahr, daß Fremont den Befehl gegeben hatte, Niemand in fein Zelt treten zu laſſen, weil er die verzeihliche Hoffnung begte, durch die Thatſache eines Sieges über die Rebellen die Lüge ſeiner Gegner bloszuſtellen und die Adminiſtration zu beſchämen . Es gelang jedoch Hunter in der Nacht vom zweiten zum dritten November, fid in das Zelt Fres monts zu ſchleichen und ihm ſeine Befehle zu zeigen.

Schon viele

Generale vor Fremont haben Schlachten geſchlagen und geſiegt mit uneröffneten Befehlen in der Taſche und wenn dieſer Befehl Fremont wenige Tage ſpäter getroffen, ſo hätten wir einen Sieg mehr und ein großes Unglüd weniger in der Geſchichte dieſer Rebellion . Die In trigue der Blairs war jeßt gelungen ; ihre Rache befriedigt : Price

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Ableßung Fremonts.

und ſeine Rebellen waren gerettet . Unſere Armee murrte laut . Dis fiziere und Gemeine ſah man weinen vor Zorn über dieſes nichtswür dige Treiben der Politifer, über dieſen unerhörten Betrug,

der ſtatt

eines Sieges ihnen einen wenig ehrenvollen Rückzug brachte, ohne nur eine Schlacht angeboten zu haben . Fremont gehorchte als Soldat dem Befehle ; er ermahnte die Truppen zur Ruhe und zum Gehorſam und verließ mit ſeinem Stabe alsbald die Armee. Hunter führte ſie nach Rolla zurüd. Es lag kein anderer Grund des Rüdzugs vor, als der, daß eben Fremont feinen Sieg erringen ſollte. Auch Hunter durfte nicht angreifen , weil ſonſt das Verdienſt theilweiſe doch auf Fremont zurüdgefallen wäre. Kurz, es war ein großer Sieg der Blairs und eine große Niederlage für die Sade der Union und der loyalen Bürger von Südweſts Miſſouri.

Price bezog ſeine Winter

quartiere in Springfield ; das ganze Land umber wurde ausgeplün dert ; längs der Weſtgrenze des Staates ſchwärmten wieder die ers muthigten Buſchklepper und verübten zahlloſe Gräuel.

Die Macht

des Bundes war gelähmt, als ob ſie eine Schlacht verloren hätte. Fremont aber fehrte nach St. Louis zurüd, wie ein Sieger. Die Er bitterung des Volkes über die Vergeudung und Vereitlung der An ſtrengungen unſerer Armee durch die Adminiſtration verwandelte ſich in Theilnahme und Begeiſterung für den geduldigen, duldenden Fres mont. Ein ungeheurer Fadelzug wälzte ſich wie eine unabſehbare Feuerſchlange durch die Straßen der Stadt, dem ehemaligen Haupt quartiere zu . Es war kein wohlgeordneter, ſäuberlicher Feſtzug, der lange vorbereitet war. Die ganze Breite der Straßen füllend, dräng ten ſich raſchen Schrittes die Menſchenmaſſen vor unter endloſem Hurrahrufen für Fremont und nicht minder energiſchen Verwünſchun gen gegen Blair und Cameron . Es war ein naturwüchſiger Auss bruch des Volkszornes, der in dieſer Demonſtration feinen ſtürmiſchen Ausdrud fand und nur die gute Disciplin der Partei vermochte eß, daß die Begeiſterung für Fremont die Erbitterung über ſeine Gegner überwog und die Maſſen von Thätlichkeiten gegen leßtere abhielt . Das Volk aber fragte ſich, nadirem die erſte Aufregung vorüber war , wer denn den Blair geſchaffen habe, der den Fremont ges ſchaffen nnd vernichtet habe ? Niemand, als das loyale Volk, be ſonders die Deutſdyen ,

hatten ihn zu Dem erhoben, was er war

und es reifte der feſte Entſchluß in ihnen, auch ihn fühlen zu laſſen,

Reaktion im Staate.

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daß er nicht ungeſtraft den Willen des Volfes, braven Armee mit Füßen treten opfern könne.

und ſeinen

den Willen einer

perſönlichen Zweden

Von dieſem Zeitpunkt an trat die conſervative Reaktion in Mif ſouri ganz dreiſt auf.

War ſie doch ſtark genug geweſen, Den zu

ſtürzen, der die Sklaverei anzutaſten wagte ; hatte ſie doch die ganze Blair Clique als Bundesgenoſſen und die Aominiſtration als Stüße - warum ſollte ſie nicht weiter gehen ? Gamble reiſte nach Waſhing ton und wußte von dem Präſidenten zu erlangen, was feinem ans deren Staate gewährt wurde. Er erhielt Vollmacht, ein abgeſondertes Corps von 13,000 Mann ,, Staatstruppen " zu bilden, deſſen Offi ziere er zu ernennen hatte und die nur im Staate verwendet werden ſollten .

Dieſe Offiziere wurden ſelbſtverſtändlich ſorgfältig aus der

conſervativen Partei ausgewählt und der Generaladjutant ſeines Stabes und mehrere andere dieſer Conſervativen waren Leute, die von Lyon im Camp Jadſon zur Zeit gefangen genommen worden waren . Gamble und ſein Regiment bildeten mit dieſen Truppen einen Staat im Staate. Er gerirte ſich oft als neutraler Leiter der Schickſale des ſouveränen Staates Miſſouri, der ſeine eigene Armee, ſeine beſonderen Zwecke hatte, die allem Anſcheine nachy oft nicht mit dem Intereſſe des Bundes und der Freiheit übereinſtimmten.

Wenn Gamble von den

Ver. Staaten ſpracy, ſo ſchien es oft, als ob dieſe Macht eine aus wärtige ſei, gegen die der Staat Miſſouri eine gewiſſe, vornehme Neus tralität zu beobachten habe.

Wenn ein Befehlshaber des Bundes

Truppen brauchte, ſo mußte er den Gouverneur bitten, ſie ihm zu leis ben und mehrere Male wurden ſie ſogar verweigert. Dieſer Zuſtand der Anarcie, der die Kraft der Bundesbeamten lähmte und die loyas len Bürger den Chifanen einer Clique preisgab, welche geheim mit der Rebellion ſympathiſirtę, oder welche Nichts thun wollte, um ſie gründlich zu vernichten , war das Reſultat des Sturzes von Fremont und der verderblichen Verſöhnungspolitik in den Grenzſtaaten, die der Präſident aus Gutmüthigkeit feſthielt. Die Staatsmiliz war ein anderes Werkzeug in den Händen Gambles, mit dem er die Tage der Rebellion in Miſſouri zu ver längern ſuchte. In der Stadt St. Louis und in loyalen, radikalen Diſtriften, wie in St. Charles, wurden die Bürger durch dieſes Syſtem 14

106

Reaktion im Staate.

in jeder möglichen Weiſe chikanirt, unnüßer Weiſe von ihren Geſchäf ten abgehalten und mißmuthig gemacht, während auf dem Lande, wo die Rebellen die Oberhand hatten , ganze Compagnien der Miliz mit ihren Offizieren mit den Rebellen ſympathiſirten und ihren Haß gegen die Radikalen und Abolitioniſten offen zur Schau trugen . Viele dies ſer, unter der Autorität Gamble's mit den Waffen und der Uni form der Ver. Staaten ausgerüſteten Rebellen gingen, ſowie ſich eine Gelegenheit bot, zu den Buſchkleppern über, oft ganze Compagnien ſammt ihren Offizieren.

Das loyale Volt nannte ſie „ Paw Paw

Miliz .“ [Der Name einer Holzart, die zu Nichts zu gebrauchen iſt ] Halled, der am 11. November den Befehl über das weſtliche Depars tement erhielt, war ein alter Gegner Fremonts von Californien her, und ſchloß ſich dieſer Combination der Blair - Clique und der Conſer vativen innig an . So viel aber auch geſchrien worden war, daß alle Vorkehrungen und Bauten Fremonts unnüß geweſen ſeien ,

ſo mußs

ten ſeine Gegner nach ſeiner Entfernung doch ſtillſchweigend zugeſtes hen, daß ſie gut waren, denn ſie machten im vollſten Maße Gebraudy davon . Die Benton Barrađs und die Befeſtigungen von St. Louis wurden beibehalten, und legtere haben noch im Spätjahre 1864, als Price mit ſeiner Armee bis auf 30 Meilen von St. Louis beranfam, nicht wenig dazu beigetragen, die Stadt vor einem Angriffe zu be wahren . Ueber die Ranonenboote, die Fremont bauen ließ und über die großen Koſten derſelben wurde ebenfalls ein großer Lärm aufges ſchlagen. Das erſte derſelben , das Fremont aus dem Fährboote ,,New Era " ſchnell berrichten ließ, und das ,, Eſſer“ getauft wurde, entſchied am 6. Februar 1862 den Sieg bei Fort Henry. Dieſes zweideutige, die Rebellen ſchonende und die patiotiſchen Bürger vernachläſſigende und oft preisgebende Syſtem Gambles dauerte fort bis zu ſeinem Tode, ja bis zur Inauguration des jepis gen Gouvernements Fletcher. Selbſt die Schlacht von Pea Ridge, in der die Hauptmacht der Rebellen auf der Weſtſeite des Miſſiſſippi durch Sigel auf's Haupt geſchlagen wurde, vermochte nicht, dieſes Syſtem , das von der Adminiſtration geduldet war, zu brechen. Dies ſer große Sieg über die Rebellen wurde zwar nicht durch die Eins miſchung der Adminiſtration im entſcheidenden Augenblice vereitelt, wie im November vorber, allein er wurde doch ohne ihre Einwilligung

Pea Ribge.

107

erfochten. General Curtis befehligte unſere Armee, die etwa 25,000 Mann ſtark war, und wurde am 6. und 7. März durch die an Zahl überlegenen Rebellen auf allen Punkten zurückgedrängt, ſo daß am Abende des ſiebenten große Muthloſigkeit in unſern Reihen herrſchte. General Sigel erbot ſich, die Dispoſitionen für den nächſten Schlacht tag zu machen und Curtis ging darauf ein .

Am nächſten Morgen

war die Schlacht in zwei Stunden entſchieden ; die Rebellen wurden in die Flucht getrieben und ihre Generäle McCulloch und McIntoſh waren gefallen. Auch in dieſer Schlacht entging Sigel am erſten Tage bei Bentonville, wie im Jahre vorher bei Wilſon's Creet, wie durch ein Wunder der Gefangenſchaft oder dem Tode. Mit McCulloch war, wie die Folge zeigte, der Rebellion im Weſten die Energie und Einheit genommen . Der leßte Einfall von Price, der offenbar dieStadt St. Louis zum Ztel hatte, zeigte deutlich den Mangel an Zuverſicht in den Reiben der Rebellen . Nicht einmal vor Jefferſon City waga ten ſie einen ernſtlichen Angriff und als endlich unſere Armee ihnen folgte, wurden ſie jämmerlidi zugeridó tet und Price brachte nur die zerſtüđelten Reſte ſeiner Armee über die Arkanſas -Grenze zurüc. Von Fremonts Proklamation an war die Sklaverei und die Herrſchaft der Rebellen in Miſſouri dem Untergange geweiht. Aber ein ſo mon ſtröſes Uebel, das mit dem Volke aufgewachſen war und ſich in ſein ganzes Weſen und ſein Bewußtſein hineingefreſſen hatte, ſtirbt nicht ſo leicht.

Die Zeit des Uebergangs aus dem Syſteme der Sklaverei

zu dem der freien Arbeit iſt noch heute nicht beendigt. Noch zuďt der gefällte Rieſe in vielen Theilen des Staates, noch im Sterben gefährlich

und den Freunden der Freiheit

Verderben bringend .

Noch iſt die gräuliche Reihe der Morb- und Blutthaten, die ſeit vier Jahren den Staat verheert haben, nicht geſchloſſen. Nachdem ſie die Hoffnung auf Sieg verloren, ſuchen die einzelnen Rebellenban den wenigſtens noch möglichſt viele Rache an ihren Siegern zu neh men und zeigen ſo in ihrem Untergange die ganze Beſtialität und Ver worfenheit

ihrer durch Sklaverei entmenſchten Natur.

Doch bald

werden die leßten Reſte dieſer Banden, die jeder humanen Civiliſation unzugänglich ſind und darum ihr weichen müſſen , vertrieben oder beſeitigt ſein und die Freiheitsordonnanz vom 11. Januar 1865 wird praktiſch werden und eine Fleißige, loyale Bevölkerung in den Staat ziehen .

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Verdienſt der Deutſden .

Miſſouri wäre nach Unterwerfung der Rebellion ein freier Staat geworden , wie Kentudy und Virginien es werden wird, allein ohne die Thätigkeit ſeiner deutſchen Bürger würde es ficher im Anfange der Bewegung in die Hände der Rebellen gefallen und das Entziel ver :: zögert, oder gar in Zweifel geſtellt worden ſein . Die Deutſchen die : pes Staates haben alſo das unbeſtreitbare Verdienſt, den Staat in der Union erhalten und dadurch die Emanzipation beſchleunigt zn Zum erſten Male, ſeit es Deutſche in Amerika giebt, haben ſie hier durch feſtes Zuſammenhalten und ſtetigen Muth, der allen haben.

Lodungen und Künſten politiſcher Intriguanten troßte, ein großes, politiſches Reſultat erreicht, eine preiswürdige Aufgabe der Geſchichte gelöſt, die ſie zu dem Danke ihres neuen Vaterlandes berechtigt. Bis her waren fie fleißige, gute Aderbauer, Handwerker geweſen, welche durch den Ertrag ihrer Arbeit den Nationalreichthum vergrößerten ; ſie hatten durch Muſik und Geſang, burch Sinn für das Schöne überhaupt eine Lücke in dem ſocialen Leben der Nation ausgefüllt und nicht wenig dazu beigetragen, die aszetiſche Weltanſchauung der Pu ritaner zu mildern und den Uebergang zum modernen Humanismus in dem Bewußtſein der Nation zu vermitteln . In dieſem Kriege aber und vorzugsweiſe in Miſſouri baben ſie das höchſte Ziel eines freien Bürgerthums erreicht, indem ſie, frei von allen bergebrachten Feſſeln des politiſchen Helotenthums und getrieben von dem reinſten Eifer für republikaniſche Freiheit, ſich in's Vordertreffen ſtellten, als ihr die größte Gefahr frohte und ſie endlich retteten . Die Freiheit, die ſie und ihre Nachkommen ießt beſißen , iſt ihnen nicht geſchenkt durch einen Bürgerbrief, ſondern ſie iſt ihr durch eigenen Kampf und Ges fahr erworbenes Eigenthum und Erbe. Wenn die Millionen Deutſche, die hier ſeit der Gründung der Republik eine Heimath, Glück uud Wohlſtand fanden , dieſer Republik und ihren Gründern Dank ſchuldig waren , ſo haben ſie ihn jeßt durch ihre Kämpfe und ihre Dpfer für die bedrohte Freiheit und durch ihre Mitwirkung zum endlichen Triumphe der großen Grundſäße der Republik reichlich abbezahlt. Aber ſie haben, beſonders die von St. Louis, noch mehr erreicht. Während eine große Zahl ihrer Beſten im Felbe ſtanden, haben die Zurüdgebliebenen nicht minder treu und eifrig auf der Warte ges ſtanden und es iſt ihnen gelungen, in der Perſon eines ehrgeizigen, herrſcſüchtigen Politikers die Corruption des Parteiweſens , tas

2

Das Spidfal Blairs.

109

Demagogenthum , das ben freien Willen des Volkes den ſelbſtſüchs tigen Zweden Einzelner dienſtbar zu machen gewöhnt iſt, mit einem Tdweren Sdlage zu demüthigen und zu brechen . Selten erfüüte ſich die Nemeſis der Geſchichte an einem Manne ſo ſchnell, als an Frant P. Blair, der, durch ſeine Macht unter dem Volfe und durd die Gunſt der Adminiſtration bethört, ſich ſtark genug glaubte, ſe is nen Willen dem Volfe aufzwingen zu fönnen. Als er gegen Fremont intriguirte, ließ ihn ſein Haß die Stim mung im Volke verachten und beleidigen und er feierte in der Abs feßung dieſes Generals ſeinen größten, perſönlichen Triumph. Aber es war der Culminationspunkt ſeiner Macht, die von dieſem Augen blid an bis zu ſeinem Falle ſchwinden ſollte. Wie alle rückſichts loſe Politiker, rechnete auch er auf den Leichtſinn, die Gutmüthigkeit und die Vergeßlichkeit der großen Maſſen. Er hoffte und die bis herige Erfahrung ſchien dieſe Hoffnung allerdings zu rechtfertigen --Daß das Volt in wenigen Monaten, nachdem Fremont entfernt und in den Hintergrund getreten war, ſein Betragen vergeſſen und verzeihen werde, daß er die ſchwankenden Maſſen mittelſt einer feilen Preſſe, die täglich ſein Lob fingen ſollte, wieder für ſich gewinnen und ihre Stimmen erhalten könne, ſobald er ſie zur Erhaltung ſeis nes Sißes im Congreſſe nothwendig habe. Waren doch die Deuts ſchen ſo lange ſeine Freunde geweſen und hatten ihn durd ihre Stimmen erhoben ; waren ſie doch ſo gutmüthige Leute, die man durch einige freundliche Worte umſtimmen konnte, wie es früher ſchon ſo oft geſchehen ! Je näher die Congreßwahl rüdte, deſto nothwendiger wurde es für ihn, ſich nach Stüßen umzuſehen,

auf denen er ſeine verlorene Popularität unter den Deutſchen wieder aufbauen konnte. Er ließ durch ſeine Agenten die öffentliche Meis nung nad allen Richtungen ſondiren und ſie brachten Berichte der ſchlimmſten Art ein . Sein Name hatte einen böſen Klang unter den Deutſchen , und doch hatte er thre Stimmen nöthig, wenn er ſeinen Sis im Congreß wieder einnehmen wollte. Zurüdtreten konnte er um keinen Preis, da er in Waſhington bisher immer als der popus lärſte Mann der republikaniſchen Partei Miſſouri's gegolten und nichts unterbroden hatte, um die Adminiſtration in dieſer Anſicht zu beſtärken . Da er alſo die Stelle nicht verlieren durfte, wenn er ſeinen ganzen Einfluß bei der Adminiſtration nicht einbüßen wollte und da die

110

Das Schidſal Blairs .

Stimmen der widerſpenſtigen Deutſchen abſolut nothwendig waren, ſo mußte er verſuchen , die Anſichten der Mehrzahl der Deutſchen auf irgend eine Weiſe zu ſeinen Gunſten zu wenden . Zeitig hatte er dafür geſorgt, daß die Stadt St. Louis ſo zwiſchen zwei Congreßdiſtriften vertheilt wurde, daß der untere Stadttheil, wo das deutſche Votum am ſtärkſten war, von ſeinem Diſtrikte ausgeſchloſſen blieb. Jeßt galt es, die deutſche Preſſe für ſich zu gewinnen, damit dieſe wieder das Volf überrede. Die beiden Zeitungen, der Anzeiger und die Weſtliche Poſt, batten die Sache Fremonts vertheidigt und gegen Blair geſchrieben , ebe lekterer das Feld wieder betrat. Die beiden Hauptredakteure des Anzeigers waren ſchon ſeit Sommer 1861 im Auslande, wo ſie zwei oder drei Conſulatbpoſten hatten, die ſie Blair's Gunſt verbankten . Dieſe mußten ſelbſt zurüdkommen , um den Deutſchen von St. Louis die Vorzüge Blair'8 klar zu machen und der Präſident mußte ihnen zu dieſem Zwede Urlaub ertheilen. Die Weſtliche Poſt gab nicht nach und hatte die öffentliche Meinung für ſich .

Ale Schmeicheleien und

Drohungen gegen ſie fruchteten Nichts und ſie ſtand feſt; die Deut Ichen aber nicht minder. Blair blieb alſo Nichts übrig, als ſeine Sade mittelſt des Anzeigers und ſeiner durch den europäiſchen Aus . flug verjüng ten Redakteure durchzufechten. Nach einigen Plänklergefechten in der Preſſe wurde in dem hohen Rathe Blair's beſchloſſen , die deutſchen Gemüther mit Sturm zu nehmen und zwar in einer großen Volksverſammlung, die am 28 . Juli 1862 in Rüdi's Garten abgehalten wurde. Als Blair auf der Bühne erſchien, wurde er mit Hurrah's für Fremont unterbrochen . Gereizt dadurch, wiederholte er ſeine unkluge Phraſe, daß er den Fres mont gehoben und ihn geſtürzt habe. killed him.)

( I have made him and I

Jeßt brach der Sturm los . Die unter den Anweſenden

vertheilten Agenten Blair's ſuchten durch Gewalt die Freunde Fres monts einzuſchüchtern. Vergebens. Es fam zu Thätlichkeiten und der Effekt der Reden war dahin.

Vergebens erſchalte die ſanfte Stimme

des weit von Europa her zurück gelommenen Conſuls von Bremen, um die erbitterten Maſſen zu beſdwichtigen.

Auch er mußte unan

genehme Rufe hören, und bald löſte ſich die Verſammlung auf.

Der

Sturm auf die Feſtung der deutſchen Gemüther war arg mißlungen ; die Erbitterung gegen Blair wurde nur um ſo heftiger in Folge der Mißhandlungen, die einzelne Deutſche erlitten hatten und von jenem

111

Das Sdidfal Blairs.

Abende an war ſein Schidſal beſiegelt.

Er warf ſich jeßt den Con :

ſervativen in die Arme und fing an, an dem Sterne des Anzeigers zu verzweifeln .

Dieſes Blatt vertheidigte hartnädig ſeine Sache und

opferte ſich in der That für ihn auf, wie die Folge zeigte. Troß allen betrügeriſchen Manipulationen , mit denen Blair Delegaten in die Convention zu bringen wußte, die für ihn waren, wurde dennoch Sam . Knor von den Radikalen ihm entgegengeſtellt und gewählt, wie die ſpätere Entſcheidung des Repräſentantenhauſes bewies .

Durch

die Gnade des Präſidenten behielt er ſeinen Rang als General, ob gleich ihn der Senat nicht beſtätigt hatte.

Das Volf hatte ſein Ur

theil geſprochen und es wird wohl noch lange in Kraft bleiben.

Der

Anzeiger aber theilte das Schidſal ſeines Gönners ; er konnte ſich von dem Schlage nicht mehr redyt erholen und ſiechte bis zum Frühjahr 1863 bin , bis er am 6. Februar aus Mangel an Leſern verblich).

So unbedeutend dieſe Ereigniſſe im Vergleich mit der großartigen Entwiklung der Schickſale der Nation erſcheinen mögen, ſo ſchließen ſie doch eine wichtige Periode in dem Wirkungsfreiſe der Deutſchen Miſſouri's ab.

Die Deutſchen von St. Louis (und die meiſien Deutſchen im Staate ſlimmten mit ihnen überein) , hatten jeßt gezeigt, daß alle Künſte der Demagogie über ſie Nichts vermochten ; daß ſie unerſchütterlich feſt ſtanden gegen alle Künſte, mit denen bisher immer einzelne Ehrgeizige ihre Zwede erreicht und die Deutſchen getäuſcht batten . Von jeßt an gab es nur eine Partei unter ihnen , welche nennenswerthe, politiſche Madyt beſaß. Sie hatten nicht allein die Emanzipation der Sklaven ſo vorbereitet, daß der förmliche Emancis pationsaft etwas Selbſtverſtändliches wurde, ſondern ſie hatten ſich durdy Demüthigung Derer, welche ſie in hergebrachter Weiſe zu ihren eigenen Zweden ausbeuten wolten, ſelbſt emanzipirt von den Feſſeln der ſllaviſchen Parteidienſtbarkeit und ihrer falſchen Propheten . Die Convention hat am 11. Januar 1865 durch das Geſeß, welches Miſſouri zu einem Freiſtaate madıt, nur ausgeſprochen, was ſchon zu jener Zeit durch ihr Auftreten begründet und feſtgeſtellt war und alle ſpätern Ereigniſſe in Miſſouri haben wenig Bedeutung für die enda liche Befreiung des Staates . Die Deutſchen Miſſouri's baben in dieſer ſchweren Zeit ihren Mits bürgern und Landsleuten in der ganzen Union ein Beiſpiel vorgeſeßt,

112

Das Schidſal Blairs .

,

das ſie nicht unbeachtet laſſen ſollten , ſo viel auch Adſelträger und beſoldete Diener der jeweiligen Gewalt in- und außerhalb Miſſouri daran zu mäkeln wußten.

Sie haben bewieſen, daß durch feſtes Zus

ſammenhalten ſie nicht nur ihren eigenen Intereſſen dienen , ſondern daß ſie nur dadurch in den Stand geſeßt wurden , die großen Intereſſen der Freiheit und dieſer Republik zu fördern und in der Stunde der äußerſten Gefahr zu retten . ben ſie

nicht minder den

Durch dieſe Thatfache has

ſo oft wiederholten Einwurf der Einge

bornen, daß ein ſolches Zuſammenhalten dem Geiſte der Republik wi derſpreche und verderblich ſei, für immer beſeitigt.

Nicht der Res

publik, nicht der Freiheit iſt dieſes Zuſammenſtehen gefährlich, wohl aber den ehrgeizigen und ſelbſtſüchtigen Politikern, deren Treiben, wenn es nicht durch das Volt gebrochen wird, das republikaniſebe Syſtem bis auf das Marf vergiftet und die Freiheiten des Vols fes in den Staub zieht. Mögen aber auch die Deutſchen Miſ ſouris , die

in den Zeiten der Gefahr und des Sturmes ſo treu

und feſt zuſammenwirkten, jeßt,

da Friede und Wohlſtand wieder

bei ihnen einkehren ſoll, die Lehren dieſer ereigniſreichen Zeit nie vergeſſen . Mögen ſie immer ſo feſt ſtehen gegen alle Die unter ihnen, deren Geſchäft es iſt, Zwietracht zu fäen , um die verfluchte Frucht für ſich zu ärnten ; um

auf dem

gebeugten

Nađen

ter

Deutſchen, auf ihrer politiſden Entwürdigung und Erniedrigung die Pläne ihres Ehrgeizes zu bauen und das unter fich zerſplitterte und zerfallene Deutſchibum ſtüdweiſe auf den politiſchen Markt zu bringen und für einen Jutaslohn zu verfeilſchen .

Wenn ſie die

Freiheit ihres Staates und ihre eigene politiſche Selbſtſtändigkeit ſich erfämpft haben, ſo ſollen ſie nicht vergeſſen , daß es ſchwerer iſt, dieſe großen Güter zu bewahren und zu erhalten, als ſie zu gewinnen . Wenn auch die Waffen jeßt ruhen, ſo bringt doch der Friede Gefah ren , die nicht weniger die Wachſamkeit aller Freien erfordern werden , als die des Krieges ; Gefahren , die um ſo verderblicher ſind, je mehr das Volf nach Wiederherſtellung des Frietens geneigt ſein wird, fich ſeiner Sorgloſigkeit und ſeinem Vertrauen zu überlaſſen .

Mögen ſie

im Frieden ebenſo wader für die Zwede des Friedens, für die För derung der Bildung der Maſſen arbeiten, als ſie im Kriege tapfer fämpften. Noch liegt ein großes unbebautes Feld vor ihnen ; nicht nur die reichen Prairien und die unerſdõpflichen Schäße des Staates,

Das Spidſal Blairs.

113

ſondern das unbegrenzte Gebiet der Heranbildung des Volkes, der Erhebung des Bewußtſeins der Nation zu einem edleren Menſchens thume, zu wahrer Humanität,

welche die Grundlage aller freien

Staatseinrichtungen iſt. Dieſes Feld liegt noch ebenſo brach, wie die fruchtbaren Ländereien Miſſouris und es wartet ebenſo ſeiner Bes bauer.

Mögen ſie recht bald fommen und mögen die Deutſchen dann

in dieſem edlen, großen Werke des Friedens ebenſo treu zuſammebals ten, wie im Kriege.

15

A

n

h

a

n

g.

Dic Neugeſtaltung Miſſouris durch Einwanderung:

Es iſt zum Gemeinplaß geworden , zu ſagen , daß wir in einer gros Ben Zeit, oder in einer Zeit großer Ereigniſſe leben , und es wird als lerdings wenig Gutes für die Zukurft zu Tage gefördert werden, wenn man es bei dieſer oft wiederholten Proklamation der großen Ereigniſſe bewenden und, die Arme beugend, den lieben Gott oder die Hegelianiſche Nothwendigkeit walten läßt.

Der liebe Gott und

die Logit der Weltgeſchichte machen keinen Spaß mit den Faulen und Sentimentalen ; wenn ſie nicht ſelbſt mitarbeiten, hart und ſchwer, an dem Werke, ſo bleibt es eben ungethan und die großen Ereigniſſe, die ihnen das Feld für ihre Thätigkeit ſchufen,

werden durch ihre

Schlaffheit und Zeitrerſchwendung ihren großen Endzwed verfehlt haben .

Hier zu fante machen wir keine Gefdiote wie jenſeits .

Dort denken und handeln ſehr Wenige für ſehr Viele und die Schid . ſale der Völker, ob Krieg oder Frieden , wurden bis zur franzöſiſchen Revolution durch das Belieben und die Leidenſchaften threr Herrſcher beſtimmt.

Hier find es die ſehr Vielen , die Meiften, dieMajorität

der denkenden Bürger, welche ihrem Volte den Weg sorzeichnen. Der Souverän ſteht nicht body oben , getragen von einem fünftlichen , oft ſehr gebrechlioen Berüfte, ſondern er ift unſichtbar unter dem

ganzen

116

Dis Alkfequellen MiTouris.

Volte, alüberall und allmächtig, der Inbegriff des Geſammtwillens, der unwiderſtehlidy iſt, weil er ſeinem eignen Urſprunge, dem Willen der Einzelnen, nicht widerſtreitet. Was demnach unter den alten und veralteten Regierungsformen von nur wenigen verlangt wird, das ift hier die Pflicht Ader ; nämlich eine Anſicht, einen Willen über pos litiſche Dinge zu haben. Je höher dieſe Anſichten der Vielen über den Staat ſteben, je energiſder ihr Wide ift, um ſo höher muß fich dann der Geſammtwile und der Staat ſelbſt erheben und der vollkommenen Demokratie näher rüđen. Darum ſagte ſchon der griechiſche Staates weiſe, daß Diejenigen die ſchlechteſten Bürger ſelen , die keine Anſicht. haben, d. 5. keiner Partei angehören. Darum beruht der republika niide Staat weſentlich auf der Entwidlung und Heranbildung des Individuums, da die Summe der Individuen die Verkörperung der Souveränetät und des Staates ſelbſt ſind, und mit dem geiſtigen Tode berſelben das Staatsweſen ſelbſt verfallen , in die Hände Eins gelner übergeben müßte, welde den Willen der Individuen, die nicht im Stande waren, für ſich ſelbſt zu handeln, als Vormünde repräſens tiren würden. Dies wäre dann das monarchiſche Syſtem . In der That befindet ſich die Monarchie ſehr wohl dabei, wenn ſo Wenige, wie möglich, für ſich denken und Handeln ; und in der reinen Despos tie iſt das ſelbſtſtändige Individuum, inſoweit es denkt und handelt, volftändig in der gleichförmigen Maſſe untergegangen, deren einziges Gefeß der unbedingte Geborſam der Sklaven ift. Man ſieht alſo ſdon daraus, daß die Ausbildung der Individua lităt, die oberflächliche Beobachter als eine nationale Eigenthümliits teit des amerikaniſchen Volkes, gleichſam als eine Naturmerkwürdiga teit dieſer Raſſe bezeichneten, nichts Anderes iſt, als die Grundlage unſeres ganzen , republifaniſchen Syſtems ; die weſentliche Bedingung, ohne die irgend ein anderes Volf nie eine republikaniſche Verfaſſung erhalten fann. Liefern uns doch die Franzoſen ein Beiſpiel, traurig genug. Wie glänzend ſtrahlen die Namen der großen Geiſter der franzöſiſchen Revolution, wie begeiſtert klang ihr Freiheitsruf an alle Nationen, wie ſtolz und ſiegreich ſchien die junge Republik in allen Gefahren ſich bewährt zu haben . Sie ſtürzte, ſchnell und ohne Kampf. Es fehlte ihr der Gedanke der Vielen.

Wohl hatte die Monarchie

glänzende Talente berangebildet, zum Schmuđe, zum Zeitvertretb des Dofes und der Hauptſtadt.

Selbſt ein Rouſſeau und Voltaire wurs:

Die Hülføquellen Miſſouris.

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den von dem Hofe oder dem Adel gepflegt, wie eine Curioſität, wie eine ſeltene harmloſe Pflanze, und in den Salons der Holbachs und d'Alemberts dachte man nicht daran, für das Wohl der Maſſen des Volkes etwas thun zu wollen .

Die Maſſen blieben unter der Nes

publit, was ſie unter dem Königthum waren , unmündig in der Pos litit, und an dieſer Unfähigkeit der Vielen, ſelbſt zu denken und zu bandeln , ging die Republit zu Grunde und unter gleichen Verhälts niſſen muß jede andere, wie die von 1848, das gleiche Schidſal theilen. Dieſe nothwendige Entwidlung der Selbſtſtändigkeit des Indivis buums wird in Amerifa allerdings aud äußerlid turd den Zufall unterſtüßt.

Ein unermeßlicher Raum reizt die menſchliche Thätigkeit

nicht minder, wie größtmögliche Freiheit im bürgerlichen Gemeinwes ſen . Der Zufall will es, daß dieſem Volfe noch ein halber Continent als unbebautes Feld ſeiner Thätigkeit offen ſteht, mit ſeinen ungebo benen Schäßen , ſeinen unbebauten Prairien und unbenußten Wäls dern, ſeiner uns noch unbekannten Alpenwelt der Felſengebirge, die nur das Auge weniger Verwegener geſchaut ; mit ſeinen mächtigen Strömen, die noch kaum Schiffe getragen haben , und ſeinen unzäh ligen, zum Heile der nachkommenden Geſchlechter fließenden Mineral quellen - wie eine ſagenumfloſſene Atlantis, eine ultima Thule, die Phantaſien des Orients durch die Wirklichkeit übertreffend, den Uns ternehmungsgeift des Volkes reizt und lodt, nicht wenige der moders nen Argonauten ins Verderben führend. Doch die vorwärts drängende Schaar muthiger Pioniere zieht über die am Wege Fallenden hinweg, wie der Soldat über die tobten Ras meraben, dem verbeißenren Ziele zu .

Erft ein halbes Jahrhundert

währt dieſe friedliche, geräuſchloſe Völkerwanderung ; auf ihrem Wege nad Weſten ſchuf fie aus Wald und Prairie blühende Felder, baute Dörfer, Städte und Eiſenbahnen und Canäle; wo noch vor dreißig Jahren der Indianer durch die Wälder ſchlich, da ſtehen ießt unter wohlgeordneten Farmen das Schulhaus und die Kirche ; aus dem armen Volfe der Küſtenſtaaten , die zur Zeit der Unabhängigkeitser klärung etwa anderthalb Millionen zählten, iſt ein großes Volf von 40 Millionen geworden, das jeßt gefürchtet und als ein ebenbürtiges neben den Großmädten Europas ſteht. Dieſe beiſpielloſe Entwidlung eines Voltes durd die Kraft der individuellen Selbſtthätigkeit undFrete

Die Bülfequellen Miffouris.

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beit, dieſe Rieſengeburt eines koloſſalen, republikaniſchen Staatswes ſens, für das es in der Geſchichte der Vergangenheit an Beiſpielen fehlt, dies fann wohl das große Ereigniß dieſes Jahrhunderts ges nannt werden, ſo groß, wie der jeßige Krieg ſelbſt.

Man hätte glau

ben ſollen , daß dieſe friedliche Wanderung der Civiliſation durch den Strieg, den darum das Volk des Nordens audy ſo zagend und beinabe widerwillig annahm, gänzlich gehemmt werden würde, da er die beſten Kräfte der Nation für ſich in Anſprach nahm .

Obgleich in manchen

Staaten des Weſtens der Krieg fühlbare Lüden hinterlaſſen hat, ſo ging der Zug nach den Territorien, nach Pikes Peak und Idaho, wenn nicht ſtart, doch ſtetig fort und die Hauptvorpoſten der vorrüđenden Einwanderung in jenen Gegenden zählen jeßt eine ſtärkere Bevölkes rung, als beim Beginne des Krieges. Dieſer Krieg, der am Ende nicht viel mehr Dpfer gefoſtet haben wird, als die Gefahren des Pios niers, des Goldgräbers oder des Anſiedlers an der Indianergrenze mit ſich bringen ; durch die Staatsíduld aber, ſo hart ſie die Nation im Augenblicke drüden mag, ein bequemes Nationalgelb und ein gros Bes Bindemittel für die Beſtrebungen eines gemeinſamen, weitſeben : den Patriotismus geſchaffen hat-wird mit ſeiner Urſache enden , der Sklaverei. Er iſt nur eine Epiſode in dem erwähnten Entwidelungss gange der Nation.

Wenn dem Strome plößlich ein Damm geſeßt

wird, der anſcheinend ſeiner Wucht zu troßen ſtark genug iſt, ſo ſam melt er doppelte Kraft und reißt die Trümmer mit ſich fort. Sklavetei.

So die

Sm Weſten getraute ſich die Sklaverei-e8 ſind nur wes

nige Jahre her - dem großen Zuge republifaniſcher Selbſtthätigkeit, der freien Arbeit des Pioniers, der Armen und Verbannten aller Nas tionen, Halt zu gebieten .

Der Strom ſtockte, ftaute ſich und ſchwoll

immer höher, bis er endlich durch ſein eigenes Gewicht die künſtliche Hemmniß in Trümmer riß, alles land umher verwüſtend und verhees rend . Aber laßt ihm nur freien Lauf und bald wird er wieder bes fruchtend und ſegenbringend Millionen zu einer glücklichen Heimath tragen und neue blühende Staaten werden an ſeinen Ufern erſteben . Der Krieg hat ſeinen erſten Zwed bereits erfüllt.

Im Weſten beſteht

feine Sklaverei mehr und in den weſtlichen Territorien hat die freie Urbeit wieder unbegrenzten Spielraum . Miſſourt, das von dem Verhängniß als Schlachtfeld der beiden Syſteme außerſeben war, ift befreit von den Sflavenbaltern und wird

Die Hülføquellen Miſſouris.

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hoffentlich das leßte Heer der ſüdlichen Nitter geſehen haben . Schon bei ſeiner Aufnahme in die Union , vor 35 Jahren , durdzudten das Volf des Nordens die Blige, welche den nabenden Sturm verkünde : ten . Der ſchöne Staat Juinois war in 1818 als freier Staat auf genommen worden und die füblichen Politifer ſuchten in dem unge : beuren Gebiete weſtlich vom Miſſiſſippi ein Aequivalent gegen das gefürchtete Uebergewicht des Nordens . Das Territorium Miſſouri verlangte die Zulaſſung als Staat mit Sflaverei . Im Norden er : regte dieſes Verlangen gewaltige Aufregung, da bei dieſer Gelegenheit die

ſüdlichen Führer zum erſten Male mit ihrem Programm der " equality of states ” herausrüdten . Dieſer an ſich nichtsſagende Aus drud ſollte nämlich befagen , daß die Sklavenſtaaten das Recht haben ſollten, für jeden freien Staat, der in die Union aufgenommen wurde, einen neuen Sklavenſtaat aufnehmen zu laſſen . Troß allem Lärm im Norden ſeßten die Sklavenhalter ihren Willen durch und Miſſouri

wurde nach zweijährigem Streite als Sklavenſtaat aufgenommen , zur Verſöhnung des Nordens aber wurde das zur Zeit vielgeprieſene Miſſouri- Compromiß, kraft deſſen die Sklaverei nicht über den 36 . Grad der Breite ausgedehnt werden ſollte, als unverbrüdliches ge heiligtes Geſetz für alle Zukunft angenommen . Die Staatsmänner von damals glaubten, ein Meiſterwerk volbracht zu haben , und das ganze Land widerhalte von ihrem Lobe . Die Politifer faben von vorn bereiti, daß es der Süden nicht beadsten werde und legten daher bei jeder Gelegenheit um ſo mehr Nachdruck auf ſeine Heiligkeit und Un verleßlichkeit.

Vergebens ; die ſeit der Erfindung der Baumwolls Schlumpe ( cotton gin 1816) rieſig anwachſende und in den Händen

weniger großen Landbeſißer des Südens ungezählte Neichthümer pro duzirende Sllaverei trat immer offener und drohender mit ihren Prä tentionen auf die unbebauten Territorien des Weſtens auf.

Jede

Forderung der ſüdlichen Führer war ſeit 1820 von ihrem Lieblings Argumente begleitet—bem Austritte aus der Union und Krieg, und ſo war es ihnen ein Leichtes, die Politifer des Nordens durch die Angſt vor einem Bruche zu den ſchimpflichſten Maßregeln zu zwingen , wie z . B. zu dem Geſeße für Einfangung flüdytiger Sflaven im Nors den . Troß aller geſeßgeberiſchen Kunſtſtüde der ſüdlichen Politiker wuchs der Norden, der beinabe ausſchließlich die ſeit 1848 beiſpiellos anwachſende Auswanderung Europas in fich aufnahm , ſchneller als

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je vorher. Schon in 1850 hatte er durch die Vermehrung der Bes völkerung der nördlichen Staaten ein Uebergewicht in der Repräſens tation im þauſe des Ver.St. Congreſſes und der Süden klammerte fich an den leßten Rettungsanker, durch Bildung neuer Sklavenſtaas ten das Gleichgewicht im Senate der Ver. Staaten zu erhalten , in dem er überhaupt von jeher zu herrſchen gewöhnt war. Auf den weiten Prairien von Kanſas und Nebraska ſollte ein gros Ber

Sklavenſtaat

geſchaffen werden .

Das Miſſouri Compromiß

mußte zu dieſem Zwede aus dem Wege geſchafft werden und ſo wurde ſelbſt die höchſte Richterwürde des Landes dazu erniedrigt, den fluchs würdigen Zweden der Sllaverei zu dienen, indem daſſelbe für nul und nichtig erklärt wurde.

Dies war die Zeit der lahmachvolften

Erniedrigung des Nordens vor dem Süden und vor der ganzen ges bildeten Welt. Aber duo Volt des Nordens war beſſer, als ſeine fäuflichen und gefauften Repräſentanten in Waſhington. Von jener Zeit an ( 1854) bildete ſich in dem Herzen des Volkes jener ges rechte Zorn und jener Ernſt des Willens, der es zu großen Thaten zu begeiſtern vermag .

Dem beinahe einmüthigen Schrei der Erbitterung über die Kan fasbil zum Troße wurde ſie zum Geſeße; ſie gab das Loſungswort zum Wettlaufe der freien Arbeit und der Ariſtofratie der Sklaverei auf den Prärien von Kanſas. Miſſouri war die große Rüftkammer und der Stüßpunkt der blutgierigen Horden , die aus allen Theilen des Südens nach Kanſas ſtrömten, um es mit Morb und Todtſchlag auf dem Felde und mit Betrug am Stimmkaſten der Herrſchaft der Sklavenhalter zu gewinnen. Die großen Sklavenhalter der weſtlichen Grenzcounties in Miſſouri waren ſelbſtverſtändlich intereſſirt dabei, daß das Grenzgebiet ihre Sklaven ſchüben müſſe, da dadurch der Werth derſelben bedeutend erhöht würde. Der bittere paß der in Kanſas fich bekämpfenden Parteien trug fich auch auf Miſſouri über, und als endlich Kanſas doch ein freier Staat wurde, da zog fich der Auswurf der ganzen ſüdlichen Bevölkerung, deren Zwed in Kanſas verfehlt war, auf das Gebiet von Miſſouri zur& d unter dem Schub der Sklavenhalter und ihrer wiligen Werkzeuge. Dieſe Banden bil deten dann bei Ausbruch des Krieges den Kern der Rebellenarmee von Price und der blutdürftigen Buſchklepper, Staate raubten und morbeten .

die Jahre lang im

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Der Staat Miſſouri hatte in dieſem Kampfe eine ganz eigenthüm liche, unglüdliche Stellung. Der Form nach iſt er nie aus der Union ausgetreten und

ſtand unter einer vorgeblid loyalen Verwaltung,

welche jetod immer den alten Standpunkt der Staatenſouveränetät feſt hielt und oft ſo bandelte, als ſeien die Union und die Rebellion gleichberechtigte Mächte. Die loyalen Bürger lieferten ein großes Truppen- Contingent für die Armee der Ver . Staaten ; die Rebellen des Staates ebenfalls ein bedeutendes an die Nebellenarmee. Troß dem blieben nod genug von beiden Seiten zurüd, um ſeit vier Jah ren im ganzen Staate ſich zu bekämpfen und hinzuſchlachten , zu ſens gen und zu brennen. Kein anderer Staat, weder im Süden noch im Norden, hatte das Elend des Bürgerkrieges ſo ſchwer zu fühlen, als Miſſouri. Ale nördlichen Staaten ſchicten ihre Soldaten ins Feld und in ihrem Innern ging Handel und Wandel ungeſtört fort ; auch die ſüdlichen Staaten hatten , mit Ausnahme Virginiens , Rube, wenn nicht Wohlſtand, im Innern , und ſelbſt Kentudy und Tenneſ ſee, die ebenfalls an beide Armeen Soltaten geliefert haben, wurden bei Weitem nicht ſo ſyſtematiſch von dem grauſamen Guerillafriege beimgeſucht, wie die Bewohner von Miſſouri. Dreimal durchzog ein Rebellenheer einen großen Theil des Staats, Verwüſtung hinter ſich laſſend. Kein Wunder, daß unter ſolchen Ums ſtänden alle großen Staatsunternehmungen eingeſtellt wurden , daß der Aderbau und der Handel der Städte ſchwer litten und daß ganze Stređen früher bebauten, fruchtbaren Landes brach liegen, den Fries den und die fleißige Hand des Einwanderers erwartend, der ihnen neue Reichthümer entloden wird . Die Sflaverei iſt aus dem ſocialen Körper Miſſouri's ausgeriſſen und hat viel geſundes Fleiſch mitges nommen , das jeßt, nachdem ein geordnetes Staatsweſen wieder hers geſtellt iſt, auf jede Weiſe erneuert werden muß . Beſonders die Deuts Ichen und die deutſche Einwanderung iſt berufen, dem Staate Mifs ſouri einen glänzenden Rang unter allen übrigen zu verſchaffen.

Die

deutſchen Bürger haben den Staat im Anfange der Rebellion den Krallen der Sklavenhalter entriſſen ; ſie haben die Stadt St. Louis gerettet und mit ihr den Staat ; ja mebr, ſie haben durch ihren Wuth das ſüdliche Juinois vor der Verwüſtung durch Rebellenhorsen bes wahrt. Jeßt, nachdem die Rebellion ihr blutiges Haupt nicht mehr erheben wird und der wiederhergeſtellte Friede Allen eine glüdliche 16

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Die Hülfequellen Miſſouris .

Heimath, Wohlſtand und Lebensgenuß verheißt, jeßt iſt es zur zweiten nicht minder ruhmreichen Aufgabe der Deutſdyen geworden, den freien, aber erſdöpften und an ſeinen alten Wunden blutenden Staat Miſs ſouri wieder zu heben durch Entwidlung der natürlichen Hülfsquellen , die der Boden des Staates ſo reidlich und ſo lohnend dem Fleiße des Meuſchen darbietet. Ja, Miſſouri ſcheint von dem Schidſale beſtimmt, vorzugsweiſe die Heimath des fleißigen , gebildeten , freibeitliebenden deutſchen Anſiedlers zu werden. Die Bevölkerung iſt jeßt im Begriffe, fich von Neuem zu bilden ; jeder Einwanderer nimmt als Gleichbes rechtigter Theil an dieſer Neubildung , dieſer Wiedergeburt des Vol . kes.

Der Name des Deutſchen iſt überall in Miſſouri geachtet und

alle Vorurtheile der Bevölkerung der alten Staaten, alle engherzigen Beſchränkungen der deutſchen Sitten und Gewohnheiten durch Staats- und Stadtgeſeße, fallen hier weg, während der Einfluß des deutſchen Geiſtes auf die Führung der Angelegenheiten und die Ein führung einer in jeder Beziehung liberalen, ächt demokratiſchen Ver faſſung nicht zu verkennen iſt. Miſſouri bietet dem Einwanderer, beſonders dem deutſchen, zwei Vortheile, die er in der ganzen Ausdehnung der Ver. Staaten ſelten ſo vereinigt findet ; wohlfeiles, fruchtbares Land unter einem milden Klima, ebenſo gut, wie in den weiter gelegenen Territorien und in den falten , nördlichen Staaten ; zugleich aber auch überall deutſche Landes leute, die feit dreißig Jahren ſchon vorgearbeitet und ſich wohnliche Pläße gegründet haben. So kann er das Angenehme mit dem Nüß lichen verbinden, indem er auf einer wohlfeilen Farm zu Wohlſtand gelangen kann, ohne das Einſiedlerleben ſo vieler führen zu müſſen, welche in jungen Staaten ſich auf Gerathewohl, weit von der menſd lichen Geſellſchaft und weit von dem Markte, wo ſie ihre Produkte ver werthen können , angeſiedelt haben .

Ueberal im Staate haben die

Deutſchen, ſei es in Städten oder auf dem Lande, ihre Colonien ge gründet, an die ſich neue Einwanderer bequem anſchließen können, je nach ihren Neigungen und Beſchäftigungen . Die Stadt St. Louis zählt unter 165,000 Einwohnern etwa rie Hälfte Deutſche.

In dem

regen Treiben dieſer Großſtadt findet der Arbeiter, der Handwerker, der Künſtler und ſogar der Gelehrte ein ergiebiges Feld ver Thätigkeit und neben den gewöhnlichen auch alle edleren Genüſſe, die dem Ge bildeten Bedürfniß ſind. Sie iſt und wird es jeden Tag mehr werden ,

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das große Handels - Centrum des ungeheuren, unerſch &pflichen Mif fiſſippis Thales und der fruchtbaren Miſſourigründe, deren ungeheure Produltivität durch eine fleißige Einwanderung erſt noch entwidelt werden muß . Sie iſt das Herz des Landes, das, aufnehmend und wieder vertheilend, der Arbeit, den Produkten des Aderbaues den höchſtmöglichen Geldwerth verleiht und dadurch wieder die weitere Entwidlung der Produktionsfraft des Landes möglich macht.

Die

großen Pulsadern, die dieſes ewig thätige Hin und Her des Handels vermitteln, ſind der Miffiſſippi, der Miſſouri, die Pacific- und hoffent lich bald die' ſüdweſtliche Eiſenbahn.

Ueberall an dieſen Handels

ſtraßen findet der Einwanderer bereits Deutſche, die ſich ihre feſte Hei math gegründet haben . Geben wir von der Mündung des Miſſouri aufwärts, ſo ſtoßen wir gleich auf die alte, deutſche Colonie in St. Charles und ganz St. Charles County. Außer Denen von St. Louis können die Bürger von St. Charles fich rühmen , daß ſie noch keine Buſchklepper in der Nähe geſehen haben, obgleich lektere bei verſchies denen Gelegenheiten ſehr geneigt geweſen wären, ihnen einen Beſuch abzuſtatten .

Dann das reizend gelegene Auguſta mit ſeinen Reben

hügeln und die deutſchen Anſiedlungen in Warren County , der Hei math von Fr. Münch, Follenius und Andern . Nicht viel weiter oben, am rechten Ufer, an dem Punkte, wo die Pacific - Eiſenbahn auf den Miſſouri ſtößt, Waſhington, das beinahe ganz deutſch iſt. Weiter oben auf demſelben Ufer, das blühende Hermann und Jefferſon City, beide an der Eiſenbahn gelegen . Auch in leßterem, hoch am Ufer ge legenen Orte iſt die Hälfte der Bevölkerung deutſch.

Von hier aus

verläßt die Pacific- Bahn das Ufer des Miſſouri und Sedalia, der Ausgangspunkt der Bahn, iſt ein lebhafter Handelsplaß .

Am Mif

ſouri hinauf liegen noch die Städte Booneville und Lerington , welche während der Rebellion in üblem Rufe waren als die Sammelpläße der Buſchklepper -Banden . Sie ſind die Handelspläße des wahrſchein lich fruchtbarſlen Striches von ganz Miſſouri, in Cooper, Lafayette, Saline und Jadſon Counties , das die Sklavenhalter weislich ſich zum Wohnſiße außerkoren hatten. Doch wohnten in beiden Orten viele Deutſche, und es kann nicht fehlen , daß ſich die Bevölkerung dies fer beiden Städte ichnell vermehren wird , ſobald die außerordentlich fruchtbaren Pratrien jener Gegenden wieder unter den Pflug fleißiger Anſiedler kommen. Kanſas City und St. Joſeph, erſteres der zukünf

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Die Sklføquellen Miſſouris .

tige Ausgangspunkt der Pacific und legteres der der Hannibal und St. Joe Road, ſind beide blühende Städte mit einer zahlreichen deut ſchen Berölkerung . Auch dieſe haben es verſtanden , die Buſchklepper immer in gehörigem Reſpekte zu halten. Franklin, an dem Punkte, wo die Südweſtliche von der Pacific ſich trennt, iſt ein ganz neuer, mei ftens von Deutſchen bewohnter Ort . Pilot Knob, am Fuße des Eiſen berges gleidhen Namens und bis jeßt der Endpunkt der Iron Moun tain Bahn , hat eine Zukunft, ſobald nur die dortigen Eiſenwerfe ges hårig in Betrieb kommen ; ebenſo De Soto, in der Mitte der Bahn zwiſchen St. Louis und Pilot Knob ; viel Blei, das in der Umgegend gewonnen wird, wird von dort nach St. Louis geliefert. St. Genes vieve und Cape Girardeau am Miffiffippt ſind zwei alte franzöfiſche Anſiedlungen, in deren Umgegend viel Wein gebaut wird, meiſtens von Elſäſſern und Badenſern. Der lebte Ort hat eine ſtarke, deutſche Bevölkerung, welche während der Rebellion unter ſehr ſchwierigen Um ſtänden ſich ſehr tapfer gehalten hat. Alle dieſe Pläße ſind ebenſo viele kleine Centralpunkte,

um die

berum auf dem Lande eine deutſche Farmerbevölkerung wohnt und wo der neue Anſiedler ſich je nach ſeinem Geſchmade ſeine Nachbarn aus wählen kann . Es iſt ein Fehler, den ſchon ſo Viele ſchwer gebüßt has ben und den dennoch beſonders Deutſche immer wieder begeben , daß fie ſich durch wohlfeile Preiſe, fruchtbares Land und lanoſchaftliche Schönheit verführen laſſen , in Gegenden ſich anzubauen, die ſo weit von einem guten Markte entfernt ſind, daß bei aller Fruchtbarfeit des Bodens ihre Arbeit nicht lohnend iſt, weil die Koſten der Transpor tation zum nächſten Markte zu groß ſind und bei ſchlechtem Wetter der Verkehr auf den ſchlechten Wegen oft unmöglich wird.

Dagegen

wird jeder ſeine Rechnung finden , der auf mäßig ertragsfähigem Boden ſich in der Nähe der Eiſenbahnen und guten Land- und Waſ ſerſtraßen hält, von wo er ſeine Produkte raſch und wohlfeil nach dem Markte bringen kann.

Jeder Ort, wo der Farmer ſeine Produkte ab

reßen kann, iſt der Mittelpunkt eines Kreiſes , innerhalb deſſen das Land ſo weit mit Vortheil bebaut werden kann, bis zu einem Punkte, wo die Koſten der Transportation ſo groß werden, daß der Farmer nad Beſtreitung ſeiner übrigen Auslagen von ſeinem Marktpreiſe Nichts mehr übrig hat. Der Nächſte am Markt hat den höchſten Preis, weil er die wenigſten Koſten hat und darum iſt ſein land um

Die Sülføquellen Miſſouris .

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To viel mehr werth, als anderes, das vielleicht beſſer iſt, aber fünf, gebn, ja dreißig Meilen von dem Markte entfernt iſt. Das wohlfeile Land, das außerhalb dieſes Kreiſes, zu weit von dem Markte, bebaut wird, kann höchſtens dazu dienen , den Beſißer ſo lange zu ernähren , bis durch die Zunahme der Bevölkerung und das Steigen der Fruchts preiſe dieſer Kreis fich ſo weit erweitert hat, daß er ſein land erreicht und rentabel macht.

Die Geſdichte der deutſchen Einwanderung iſt

wunderlich reich an romantiſchen Anſiedelungen, die ohne Rüdſicht auf die obigen Erwägungen gegründet wurden und ihren enttäuſchten Beſißern Jahrzehnte von Mühſal, Armuth und Bedrängniſſe aller Art gebracht haben. Die Wenigen, welche die übermenſchliche Ges bulb und Körperſtärke batten, auszuhalten, ſind ießt allerdings nach 10 , 20 oder 30 Jahren durch die Zunahme der Bevölkerung und die Verbeſſerung der Verkehrswege etwas beſſer daran, allein die Meiſten waren genöthigt, die übelgewählte Heimath mit Verluſt aufzugeben und nicht wenige unter ihnen machten das Fehlſdlagen ihrer Plane dem Lande und ſeinen Einrichtungen zum Vorwurf,

während der

Mangel an eigener Unterſcheidungsgabe einzig und allein die Urſache ihrer Schidſale war.

Die ältere deutſche Einwanderung in Miſſouri

iſt reich an ſolchen bittern Erfahrungen, die von den jeßt Nachkoms menden ſorgfältig beachtet werden ſollten. Der neue Anſiedler ſollte fid daher nicht zu weit von dem Rande des Kreiſes anbauen, der ſich um irgend einen Abſaßplaß gebildet hat, denn er hat nicht die Abſicht und meiſtens nicht das Capital, um Jahre lang in der Wildniß um ſonſt zu arbeiten , bis die vorwärts bringende Cultur ihn erreicht hat. Beſonders der deutſche Landwirth verſteht den Aderbau ſo gut, daß er leicht auf Land, das von den erſten Anſiedlern als ausgemergelt ver laſſen wird, eine gute Ernte erzielen kann, eine Thatſache, welche die Erfahrung in allen weſtlichen Staaten feſtgeſtellt hat. Der Flächenraum von Miſſouri und die noch unbebauten Streden Landes find ſo groß, daß der neue Anſiedler, durch Landſpekulanten und burch falſch angebrachte Sparſamkeit verführt, auch heute noch, troß dieſen Erfahrungen , in einen ähnlichen Irrthum verfallen mag, den er dann ſpäter bitter bereuen mag .

67,380 engliſche oder 3,169

deutſche Quadratmeilen meſſend, liegt Miſſouri zwiſchen dem 363 und 403 Grad nördlicher Breite. In dieſem ungeheuren Raume haben nad der Berechnung des Herrn Friedrich Münd die Könige von Hannos

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Die Hülfsquellen Miſſouris.

ver, Baiern und Würtemberg und die Herzoge der beiden Heſſen , Ba den und Oldenburg mit ihren Territorien Plaß und ſie bekämen noch etwas mehr. Die Bevölferung dieſes Gebietes betrug nach dem Cenſus von 1860 nidyt mehr, als 1,118,000, worunter angeblich 114,000 Neger, reſp . Sflaven waren . Beide Zahlen waren wohl etwas body gegriffen, hauptſächlids aber die der Sklavenbevölkerung, ta bekannts lich die Sklavenhalter ſich gern vor ihren ſüdlichen Brüdern rühmten, taß die Sklaverei in ihrem Staate ſtark im Zunehmen ſei. Es iſt Thatſade, daß ſchon in 1858 und 1859 viele Sklaven nach dem Süden verkauft wurden, da das Syſtem in vielen Gegenden ſich nicht bezahlte und der damalige hohe Preis der Sklaven lođend war. Miſ ſouri hat wohl nie mehr als 100,000 Sklaven gehabt. Die Vermins derung der weißen Bevölkerung ſeit den Kriegsjahren iſt faum annäs bernd anzugeben .

Die Stadt St. Louis und die Orte an den Eiſen

bahnen haben troß dem Kriege an Bevölkerung zugenommen .

Man

glaubt, daß 50,000 Miſſourier zu verſchiedenen Zeiten unter Price den Rebellen gedient haben und ebenſo viele mögen in der Bundess Armee gedient haben .Viele dieſer Leute auf beiden Seiten ſind wieder zurückgekehrt und nur ein kleiner Theil iſt todt.

Die Auswanderung

aus Südoſt- und Südweſt -Miſſouri zu verſchiedenen Zeiten des Kries ges , ebenfalls von beiden Seiten , war ſehr ſtark, aber auch unter dies ſen mögen die Meiſten jeßt wieder nad ihrem Eigenthum zurückges kehrt ſein . Der ganze Verluſt wird wohl unter 100,000 ſein . Die Silaven haben wohl am eifrigſten die Auswanderung betrieben, ſo lange ſie noch nicht gefeßlich für frei erklärt waren . Ihre Zahl iſt wohl um mehr als die Hälfte geſunfen . Der Verluſt an Arbeitskräften iſt immerhin groß genug , um eine bedeutende Verminderung der Pro duktionskraft des Staates zur Folge zu haben.

Die Gegenden im

Südoſten und der Strich längs der weſtlichen Grenze, von Lerington ſüdlich bis nach der Arkanſas -Grenze, der von den Bundes- und Res belen - Armeen mehrere Male durdyzogen wurde, ſind ohne Zweifel die menſchenleerſten und waren ohnehin vor dem Kriege nur ſpärlich be fiedelt. Die Natur, der landſchaftliche Charakter des Landes zeigt neben dem Eigenthümlichen aller weſtlichen Staaten nicht ſelten auch die Formationen, die man nur in den öſtlichen, mehr gebirgigen Staaten findet. Oft ſogar liegen die Gegenfäße des Moorlandes, der Prairie,

Die Hülfsquellen Miſſouris.

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der ſogenannten Bluffs und der bis zur Würbe von Gebirgen ſich er : bebenden Felspartien hart nebeneinander und machen auf den Wan terer in ihrer bizarren Zuſammenſtellung den Eindruc des Neuen, wenn audy nicht gerade des Schönen. Wie wir in der ganzen Natur dieſes Continents im Gegenſaße zu der europäiſchen mehr das Weite, in die Breite fidh Dehnende, das oft zur Einförmigkeit wird , finden , ſo auch hier. Die großen Binnenſeen , die breiten Ströme, die weit gedehnten , einem grünen Meere ähnlichen Prairien ſind eine beſon tere Eigenthümlichkeit dieſes Continents . Wenn wir die Felſengebirge ausnehmen , ſo kann man ſagen , daß die Fläche des ganzen , nördlichen Continents ſich merkwürdig wenig über das Niveau erhebt oder unter es ſinkt. Die höchſten Berge des Dſtens ſind nicht viel über 3000 Fuß und die weiten Seen und breiten Ströme ſind flady, oft untief. In Miſſouri betragen die größten Erhöhungen über den Spiegel des Miſliſſippi kaum 1000 Fuß und der Grunddjarafter des Landes muß als Ebene oder vielmehr Hochebene bezeichnet werden. Der Miffiſſippi und Miſſouri und ihre Nebenflüſſe haben ſich ihre Flußbetten durch die Ebene durchgefurcht, und die von dem Flubthale als Bergrüden er: ſcheinenden Bluffs bilten nur den Nand der Hochebene, die wellen förmig fich fortſetzend, zwiſchen dieſen von den Waſſern ausgeſpülten Flufthälern liegt. Dieſer allgemeine Charakter des Landes iſt nur im Süroſten des Staates nicht zu finden , wo der St. Francis Fluß fich in ſtark bewaldeten Sümpfen und Seen verläuft - eine unraſtliche Cegend, die wohl noch lange der Zufluchtsort der Hirſche und Pans ther bleiben wird . Ueber dieſe Erſcheinung erſpart uns die Geſchichte jegliche Hypotheſe des Geologen . Die dortige Natur war ebenſo ge formt, wie das übrige Land ; an dem Miffiſſippi und St. Francis iki toleo

waren Bluffs und Hochebenen , mit Wald bewachſen . Das Städtcher New Madrid ſtand auf einem Bluff an dem Ufer des Miſſiſſippi. Ein furchtbares Erdbeben in 1811 , tem Kometenjahre, veränderte den ganzen Charakter jener Gegend . Der Miſſiſſippi wälzte plößlich ſeine Waſſer rüdwärts und wahrſcheinlich entſtand damals die auffallende Biegung des Fluſſes bei Island No. 10. Das rechte Ufer aber ſank - New Madrid liegt ießt nieder am Fluſſe nnd in mehreren kleinen

Seen der Gegend ſieht man in dein Waſſer nody die Bäume des ver ſunfenen Waldgrundes . Leider hat man nur ſpärlidie und ungenü gende Nachrichten über dieſes großartige Ereigniß, da die Gegend ſehr

Die Sülføquellen Miſſouris.

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ichwach angeſiedelt war. In der Erde öffneten ſich große Spalten, aus denen Schwefeldünſte emporſtiegen , die Einwohner fädten Bäume, auf die ſie ſich retteten , um nicht in die Spalten zu fallen ; die Sonne war drei Tage lang nicht ſichtbar ; es war düſter und die geängſtigten Leute, welche den Untergang der Welt gekommen glaubten, konnten in dem Schwefeldampfe nur ſchwer athmen. Auf dem Miffiſſippi ſols len mehrere Flachboote von den zurückſtürzenden Wellen verſchlungen worden ſein . Es iſt nicht bekannt, ob dieſe Erdrevolution fich bis berauf in die Eiſenregion des Pilot Knob erſtredte, oder ob ſie viel leicht auch dort neue Formationen ſchuf.

Jedenfalls iſt dieſe in ihrer

Art einzige Gegend Miſſouris nicht nur, ſondern der ganzen bekanne ten Welt, in ihrer jeßigen Geſtalt das Reſultat einer mächtigen, vul kaniſchen Verſchiebung der Erdrinde. Der kegelförmige, ſteil aus dem Thale fich erhebende, 600 Fuß hobe Pilot Knob iſt offenbar aus der Erde emporgedrückt und die Schichten des Steines und Erzes liegen in einem Winkel von 25 bis 30 Grad. Der Gipfel des Regels, in einer Höhe von 141 Fuß , beſteht aus Eiſenerz der beſten Sorte. Der gegenüberliegende Sheperd Mountain und der weiter nad Norden ſidi hinziehende Iron Mountain bilden nur ſanfte Erhöhungen, die mit kümmerlichem Walde bewadiſen ſind, jedoch der Gegend den Ges birgs - Charakter verleihen , nicht unähnlich dem der Vogeſen oder des Taunus . Doch wir brauchen nicht weit nach Weſten zu gehen, um wieder ein anderes Naturſpiel zu bewundern. Mitten aus der fteilen Ebene, einige Meilen von Pilot Knob, erhebt ſich ein Granitfegel von 110 Fuß Höhe, auf deſſen Spiße, Abhang und am Fuße wieder kleinere, beinahe fugelförmige Granitſtüde, oft mehrere übers einander in Pyramiden aufgeſchichtet, liegen, von fünf bis vierzig Fuß im Durchmeſſer.

Luft und Waſſer haben wohl dieſen von der vulfas

niſchen Gewalt an die Oberfläche getriebenen Stüden des Urſteines während Jahrtauſenden dieſe jeßt ſo unerklärlich erſcheinende Geſtalt gegeben.

Die Phantaſie des Volkes der Nachbarſchaft hat dieſem

Plaße, deſſen Steinkugeln und Steinpyramiden von Menſchenhand geformt zu ſein ſcheinen, allerlei Namen gegeben , der Kirchhof, die Steinwüſte, der Steingarten , die Steinſtadt u . F. w . Die Maſſen des in den Urgebirg: Formationen von Porphyr, Granit und Grünſtein in dieſen Gegenden zu Tage liegenden Eiſenerzes ſind ganz unglaubs lich groß und die Europäer ſind ſchwer von der Wahrheit der Thats

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fachen zu überzeugen, weil das Metall in ſeiner Maſſenhaftigkeit al lerdings jede Erfahrung der europäiſchen Hüttenwerke übertrifft. Die Maſſe des Eiſens auf dem Pilot Knob allein, die weit hinter den uns meßbaren Quantitäten von Iron Mountain und Shepard Mountain zurücfteht, beträgt von der Höhe von 440 Fuß an bis zum Gipfel, 581 Fuß über dem Thalgrunde—ein Regel mit einer Baſis von 53 Adern Grund und einer Höbe von 141 Fuß , 108,507,960 Kubiffuß Eiſenerz mit einem durchſchnittlichen ſpezifiſchen Gewichte von 4,93 , wonach das Gewicht dieſer Maſſe ſich auf 13,972,773 Tonnen ſtellte. Das Erz wird auf Pilot Knob und dem Iron Mountain aus dem Berge gebrochen, wie die Steine in Steinbrüchen, und die Anlegung von Sdachten iſt wohl für lange Zeit noch unnöthig .

Bis jeßt

wurde verhältniſmäßig nur wenig Robeiſen in den dortigen drei Hoch Öfen produzirt, und zwar in Folge zweier Schwierigkeiten . Die früps pelhafte Bewaldung der Umgegend reicht nicht aus für das Brenn material eines größeren Betriebs und das Erz iſt ſo mächtig ( 70,80 · PCt. ), daß eine bedeutende Quantität Kieſes und Kalkſtein zugeſeßt werden muß, um das Metal in Fluß zu bringen .

Dieſer Stein muß

aber aus ziemlicher Entfernung herbeigeſchafft werden . Der Krieg hat ſelbſtverſtändlid; alle Arbeiten ins Stoden gebracht und es muß wohl die Zeit abgewartet werden, bis beſſere Verkehrswege und eine größere Bevölkerung die Entwidlung der Eiſen-Produktion mehr begünſtigen werden . Schon vor dem Kriege wurde viel Eiſenerz auf der Bahn nady Sulphur Springs an den Miſſiſſippi gebracht, von wo es nad ver ſchiedenen Schmelzöfen am Ohio verſandt wurde. Von Pilot Knob aus weſtlich zieht ſich ein Höhenzug, allmählig nach Süden abweichend, bis zur ſüdweſtlichen Ede des Staates fort, der unter dem Namen der Djarf Mountains bekannt iſt, in der That aber eher als eine Hochebene bezeichnet werden kann .

Dieſes Plateau

bildet die Waſſerſcheide zwiſchen den Flußgebieten des Miſſouri und des White River in Arkanſas. Deſtlich von Pilot Knob fallen die Waſſer in den Miffiſſippi. Von dort an aber weſtlich oder ſüdweſtlich fallen ſie zu beiden Seiten dieſer Hochebene, oft in tiefeingeſchnittenen Thalrinnen , nach Süden und Norden ab, dem White River oder dem Miſſouri zu .

Auf dem Plateau wediſeln Wald und Prairie ab, mans

nigfaltig durchbrochen durch die ausgeflößten Thäler, deren Abhänge oft bizarre Felſenformationen zeigen und deren Boden nicht ſelten ein 17

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Tehr fruchtbarer iſt. Auf dem Humus der Hochebene wächſt ein ſtarker Baumſchlag und die wilde Nebe, die dort vorzugsweiſe ihre Heimath hat, wädyſt mit großer Ueppigkeit. Swallow's Bericht zählt nicht we niger, als ſieben Sorten dieſer Rebe auf.

Die häufigſte iſt die ſoge

nannte Fughstraube (vitis labrusca), die oft zehn Zoll did wird und ihre Ranfen bis zum Gipfel der höchſten Bäume ſpinnt, ſie mit der Fülle ihres Laubdaches' erſtidend. det dieſer Höhenzug.

Aber nicht allein cie Waſſer ſchei:

Sein dichtbewaldeter Rüden trennt auch und

ſchüßt das milde, ſüdliche Clima gegen die falten Nordwinde res nördlich gelegenen Landes. Der ſtechende Strahl der hier höher ſtehen den Sonne wirt im Sommer durch erfriſchende, trodene Winde ges mildert, während der Winter unter den kräftigeren Sonnenſtrahlen des 37. Grades feine Gewalt hat. Die Abhänge und Thaleinſchnitte dieſer Hochebene, deren Unterlage Kalf- und Sandſtein Felſen ſind, haben häufig das ſterile Anſehen der Bluffs und ſind allerdings für den gewöhnlichen Aderbau wenig geeignet. Aber die Zeit wird kommen , wo auf dieſem o troſtlos ausſehenden Gerölle von Kalfftein ſich blü hende Rebengelände erheben werden . Hat dody die Natur ſelbſt den Menſchen den Wint gegeben , indem ſie in den Wäldern , die dieſe Bluffs frönen, eine Fülle von wilden Trauben wachſen läßt, von des nen mehrere Sorten föſtlichen und labenden Geſchmades ſind.

Nicht

anders mögen vor einem Jahrtauſend die fablen Kalkhügel von Burs gund in der Wildniß gelegen haben und doch liefern ſie jeßt der Welt die geſchäfteſten Weine.

längs der Südweſtbahn finden wir dieſen

Charakter , hauptſächlich aber in Crawford und Pulasti und Laclede County, die offenbar von der Natur zum Weinlande beſtimmt ſind. Der Mehlthau , der Wurm , die Fäule und wie die Feinte der Rebe alle heißen, entſtehen durch feuchte, dumpfig -warme Luft, verbunden mit faltem, naſſem Boden .

Die trođene Luft dieſer Hochebenen und

die warme, gegen die Sonne reagirende Kalferde dieſer Gegenden wird ohne Zweifel den Weinbauer vor allen dieſen Uebeln bewahren , und den Anbau der Rebe bei der Nähe der Südweſtbahn und dem dadurch nahe gerückten Markte gewiß zu einem lohnenden machen. Die Anhöhen längs der Südweſtbahn (bis Rolla vollendet ) laufen ſüdlich der Bahn entlang bis nach Springfield, wo ſie ganz nahe an fie herantreten . Springfield ſelbſt liegt auf einem Ausläufer derſelben, erhöht über der Ebene, welche hier 900 Fuß über St. Louis liegt.

Die Sülføquellen Miſſouris.

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Dennoch finden wir in dem ganzen Südweſten einen Ueberfluß von klaren, ſprudelnden Quellen und dieſe Stadt wurde um eine ſolche, die auf dem Marktplaße quilt, aufgebaut. Je mehr wir gegen Südweſten kommen , deſto ſchroffer wird der Charakter der Djartzüge, die in New ton County am höchſten fidh erbeben und dort der Gegend den ganzen Reiz der Gebirgsthäler Deutſchlands verleihen, in denen das ſaftige Grün der von friſchen und flaren Bächen durchrieſelten Wieſen mit den bizarren Felſengruppen abwechſeln. Von dort an fält das Land wieder nach Weſten ab gegen das Indianerland zu . Newton County iſt bekanntlich die große Bleiregion , wo die Granby Minen vor dem Kriege 3000 Arbeiter beſchäftigt haben , Ein Theil der Hochebenen jesoch, beſonders gegen die Arkanſass Grenze hin , hat einen ſterilen , ſteinigten Boden und nur in den Thal einſchnitten findet ſich fruchtbares Aderland. Von Springfield nord wärts und längs der Staatsgrenze herrſcht mehr der Charafter der Prairie vor ; der Wald wird ſeltener und kümmerlich . Die Thäler des Gasconade und Dſage ſind reich an landſchaftlichen Schönheiten und an gutem Aderlande. Erſt gegen den Miſſouri hin , in Johnſon , Pet tis County, wo wir die Pacific -Eiſenbahn wieder finden , iſt beſſeres Land ; in Cooper, Saline und Lafayette auf dem ſüdlichen Ufer und in Chariton , Carroll , Ray, Platte County auf dem nördlichen, liegen die Prairien, welche als die fruchtbarſten des Staates bekannt ſind, und die eine ſtarke Sklavenbevölferung hatten . In Lafayette und Platte County wird beſonders der Þanfbau im Großen betrieben und die Sklavenhalter dieſer Gegenden führten nicht ſelten zu Gunſten der Sklaverei den Grund an, daß man ohne Sklaven den Hanfbau nicht betreiben könne.

Pas würden die deutſchen Bauern längs des

Rheines zu dieſer Behauptung ſagen , da ſie doch ohne Sklaven viel bedeutendere Quantitäten Hanf auf den Markt liefern ? Der ganze, nördlich vom Miſſouri gelegene Theil des Staates iſt ziemlich gleich artig, ſogenannte rollende, wellenförmige Prairie mit großen Stridhen Waldes. Nicht ſehr weit von dem nördlichen Ufer des Fluſſes be ginnt die Hochebene fid nach Norden hin abzudachen, woraus ſich erflärt, daß auf dem ganzen Laufe des Fluſſes durch den Staat kein einziger, einigermaßen bedeutender Nebenfluß von Norden her in den ſelben mündet. Dieſer Theil des Staates galt lange als der allein fruchtbare, da die Prairien allerdings dem erſten Anſiedler den Aders

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bau leichter machen, als der vielfadh durch dynittene Boden des ſüdlis chen Thelles des Staates. Allein es fehlt dem nördlichen Miſſouri die reiche Bewäſſerung und der ſeltene Ueberfluß an Quellen des beſten Trinkwaſſerstein Umſtand, den jeder Farmer zu würdigen -weiß, der ſchon einen trodenen Sommer auf den Prairien von Nord -Miſſouri, von Juindis oder von Kanſas erlebt hat. 3.3m

Ganzen

bietet der Staat Miſſourt dem Aderbau dieſelben

Vortheile, wie die beſten Staaten des Weftens.

Was ihn aber vor

allen übrigen auszeichnet und für ſeine Zukunft beſtimmend iſt, das finden wir in dein unerſchöpflichen Reichthum an Erzen aller Art, be : fonders Elſen und Blei, und einem nicht weniger großen Ueberfluß an dem Matertal, das überal die induſtrielle Entwidlung und Größe der Völker bedingt, den Steinkohlen . Während der Aderbau in den meiſten weſtlichen Staaten beinahe die einzige Quelle des Nationalreichthums iſt, wird er in Miſſouri nur einen Theil der ungebeuren Produktions : traft ders Staates bilden, ſobald nur durch eine hinreichende Bevol kerungszahl die Mittel gegeben ſind, um die werthlos in der Erde ge borgenen Schäße durch die Arbeit des Menſchen zu werthvollen Gegens ftänden des Handels --- zu Capital zu machen .

Mit Recht hat Gou :

perneur Yates in ſeiner leßten Botſchaft an die Legislaturvon Juis nois bei Gelegenheit der Beſprechung der Hülfsquellen dieſes Staa tes darauf hingewieſen , daß erſt durd die Entwidlung des Handels und der Induſtrie ein Volf in den Stand geſeßt wird, die natürlichen Hülføquellen in vollem Maße zu verwerthen und daß der Staat 31 linois ſeine jeßige Bedeutung noch lange nicht erreicht hätte, wenn er bei dem früheren patriarchaliſchen Syſteme des reinen und ausſchließ lichen Acerbauftaates ſtehen geblieben wäre. Miſſouri war bis jeßt unter dem Drude der Sklaverei ein ſolcher Staat, in dem das pas

triarchaliſche Syſtem dem Aderbau felbſt keine freie Entwidelung ges ftattete und dadurch die Steigerung ſeiner Produktionskraft verhins Derte . Der Sklavenhalter muß große Ländercomplere haben , um die Arbeit der Neger produktiv machen zu können ; er brauchte fünfmal ſo viel Land, als der mit freien Händen arbeitende Farmer und verhin derte um ſo viel Mal die Vergrößernng des Nationalreichthums. Er 3- ſträubte ſich inſtinktmäßig gegen jede Verbeſſerung der Verkehrswege, beſonders gegen die Grenze der freien Staaten bin . : Er verhinderte erfolgreich das Streben der induftriellen und Handelsſtadt St. Louis ,

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den Staat mit einem Neße von Eiſenbahnen zu überziehen, das, wię ebenſo viele Lebensabern, den freien Aderbau, die Gewinnung von Eiſen und Bleierz und jegliche Produktion bis zu den äußerſten Punks ten des Staates ermuthigt hätte. Daber kommt es, daß Miſſouri noci ſebr arm an Eiſenbahnen iſt.

Die Pacific, die Iron Mountain und die

Nord Miſſouri Bahn reden zwar ihre Arme gegen das Land aus, als lein e$ find nur Stümmel, denen die Hände feblen , um die Produkte des fernliegenden Landes zu ſammeln und dadurch wieder den Anbau der fern liegenden Gegenden lohnend zu machen .

Gerade für die Ge

winnung der eigenthümlichen Rohſtoffe des Staates ſind aber die Eiſen babnen ein unentbehrliches Hülfsmittel. So weit die Pacific -Bahn vollendet if, fiedelt ſich das Land überall raſch an .

Aber was wäre der

Südweſten, wenn die Südweſtbahn endlich einmal die fruchtbaren , Gegenden von Springfield erreicht, ja wenn ſie bis zu den Bleiminen in Newton County vorgedrungen wäre !

Wie viele Bleigräber würs

den bei dem unerſch / pflichen Ueberfluſſe der dortigen Erze tort arbeis ten , wenn ſchon vor dem Kriege, ohne Eiſenbahn und mit ſchlechten Wegen , 3000 Arbeiter es dort lohnend fanden , Blei zu ſuchen ?

Die

Eiſenbahnen ſind in den jungen Staaten des Weſtens nicht blos die Mittel des Verkehrs, ſondern auch die unentbehrlichen Mittel zur Ans ſiedlung und Bebauung neuen Landes.

Der Farmer und der kleine

Þandelsmann balten gleichen Schritt mit dem Vordringen einer Eiſenbahn durch eine unbebaute Gegend. Jede Holz- und Waſſers ſtation wird alsbald zu einem kleinen Centralpunkt, um den herum das Land angebaut, in dem die Produkte des Farmers umgeſeßt und die Waaren des kleinen Krämers verkauft werden . So wurde durch die Juinois Centralbahn eine Maſſe Landes in jenem Staate produktiv gemacht, das obne dieſelbe heute noch brach läge, oder ſeinen Bebauern wenigſtens feinen Profit abwürfe. Die Südweftbahn , nur bis Rolla reichend, hat die fruchtbareren Gegenden des Südweſtens noch nicht erreicht und wird, ſo lange ſie nicht wenigſtens bis Springs field fertig iſt, ihren Zwed verfehlen. Außer den ungeheuren Quan titäten Blei, dem Ueberfluſſe an Getreide und andern Robſtoffen, welche auf dieſer Bahn auf den Markt von St. Louis gebracht wers den fönnten, iſt nicht außer Acht zu laſſen, daß fie der Anfang der großen Route nach Teras und dem Golfe von Merito ift. Dte Viehheerden von Teras und die der Cherokee's, die unmittelbar an

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der Weſtgrenze des Staates ihre Reſerve haben, würden für ſich allein einen Handelsartifel bilden , welcher der Eiſenbahn ſowohl wie den Anſiedlern große und neue Gewinne bringen müßte. Die Nord Mif ſouri Bahn wird wohl bald bis zur nördlichen Staatsgrenze geführt werden , um die Verbindung mit den Städten Jowa's herzuſtellen . Warum dies bis heute noch nicht geſchehen iſt, ſcheint unbegreiflich, wenn wir nicht in der Abneigung der Bevölkerung dieſes Theils des Staates, in dem inſtinktmäßigen Widerſtreben gegen den lebhaften Verkehr mit einem freien Staate den Grund finden wollen . Nicht minder unbegreiflich iſt es , daß die Kaufleute von St. Louis ſo wenig ihre Intereſſen beachteten , indem während des Winters und der Unterbrechung der Schifffahrt der ganze Staat Jowa , ja Nord Miſſouri felbſt, ſeinen Handelsbedarf ron Chicago her beziehen mufte es vortheilhaft fand, ſo zu thun . Die Iron Mountain Bahn hat zwar ihr erſtes Ziel, die Eiſenberge, erreicht,

allein fie

muß weiter ſüdlich und öſtlich verlängert werden, wenn ſie nicht blos den Stodhaltern, ſondern den Intereſſen Nugen ſein ſoll.

des Staates ſelbſt von

Die ſüdliche Verlängerung würde über Greenville

durch theilweiſe ſehr fruchtbare Gegenden führen und müßte nach Pocahontas und Batesville in Arkanſas fortgeſeßt werden, wo die fruchtbaren, üppigen Bottomländer des Whiteriver- Thales einen Ueberfluß an

Aderbau - Produkten liefern.

Deſtlich muß die Bahn

über Frederictown nach Cape Girardeau geführt werden . Erſt dann wird die Bahn den Charafter eines großen Handelsweges annehmen , während ſie jeßt als eine Rumpfuntergeordnete Bedeutung hat.

oder Sad - Eiſenbahn nur eine

Eine neue Eiſenbahn, welche etwa

zwiſchen Sedalia und Springfield eine Verbindung über die weſt lichen Prairien herſtellte und die beiden Zweige der Pacific - Bahn mit einander verbände, wird wohl bald mit der größern Anſiedlung jener Gegenden ein Bedürfniß werden .

Die großen Rohlenlager des Staates ſind noch gar nicht anges brochen, da ihre Ausbeutung noch nicht rentirt . Auf dem Lande iſt noch Brennholz genug zu haben, und die Stadt St. Louis zieht ihren Kohlenbedarf jeßt zu einem großen Theile aus den nahen (Gruben von St. Clair County in Juinois . Die betriebſame Bevölkerung dieſes County giebt ein Beiſpiel, wie durch einen einzigen Zweig der In

Die Hülfequellen Miſſouris .

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duſtrie der Geſammtreichthum eines Gemeinweſens in verhältniß mäßig kurzer Zeit bebeutend erhöht, ja auf das Doppelte gebracht werden kann .

St. Clair iſt eines der fruchtbarſten und beſt ange

bauten Counties des Staates Jlinois und der Akerbau war noch bis vor 15 oder zwanzig Jahren die ausídließliche Quelle des Erwerbs der Bewohner. Seit die Erleichterung des Transports vurd die Dhio -Miffiſſippi und die Belleville- Bahn das Graben der Stein fohlen begünſtigte, hat ſich dieſer Zweig der Produktion ſo bedeutend erweitert, daß er jeßt eine der Hauptquellen des Reichthums von St. Clair iſt, und nicht minder ergiebig in ſeiner Art, als ' der Aderbau . Eine andere, beinahe unbenußt hinfließende Quelle des Reichthums iſt für Miſſouri in der Waſſerkraft der Flüſſe und der Unzahl von mächtigen Quellen gegeben . Der Miſſiſſippi, der Miſſouri, der Gas conade, der Dlage und der Meramec haben an ihren Ufern hie und ta eine armſelige Mahl- oder Sägemühle, während die ungeheure Kraft dieſer Ströme durch Anlage von Maſchinerie und Fabriken bic Arbeit von Millionen Menſchenhänden

erfparen könnte.

Bis zu

einem gewiſſen Grade iſt allerdings die Dampfmaſchine ein Supple ment der Waſſerkraft geworden, allein es giebt vielerlei Zweige der Fabrikation, welche fließendes Waſſer und wieder andere, welche flie Bendes und reines Waſſer nothwendig haben . Die weſtlichen Staaten ſind durdſchnittlich ſehr arm an raſch fließenden Waſſern und ſo groß iſt oft der Waſſermangel in trofnen Sommern, daß ſogar die Dampfmühlen ihre Arbeit einſtellen müſſen, weil ſie nicht einmal Waſſer genug

haben

zur Füllung der Reſſel.

Gerbereien

brauchen reines Waſſer und dieſes findet ſich in ſeltener Fülle in den zahlreichen Queller. des Sütweſtens, deren größte der obere Niangua in Dallas County iſt, der das Beden ſeiner Quelle, 136 Fuß breit, verläßt und in 24 Stunden nach der Berechnung des Profeſſor Swal low etwa 11 Millionen Kubiffuß Waſſer liefert. Im ganzen Weften wird kein hartes Leder fabrizirt, da angeblich das harte Waſſer fehlt, um die Häute hart zu gerben . Alles Sohleder muß daher aus dem Oſten bezogen werden . Das Waſſer dieſer Flaren Quellen des Süts weſtens iſt ſicherlich trefflich geeignet, um dieſem Mangel des Weſtens abzuhelfen, ſobald nur unternehmende Leute es verſuchen wollen , Gerbereien an dieſen nie verſiegenden und nie zufrierenden Gebirgss waſſern anzulegen .

Endlich giebt es eine Maſle ſchwefel-, ſalz- und

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eiſenhaltiger Quellen, hauptſächlich in Cooper, Marion und Jefferſon County, die theilweiſe als Heilquellen benußt werden. Fügen wir noch hinzu, daß in vielen Gegenden, beſonders in Mas rion County , eine Maſſe Pfeifen- und Porzellan - Erbe liegt und daß der Miſſouri Marmor ſchon bekannt genug iſt, ſo müſſen wir zu dem Schluſſe kommen , daß die Natur des Staates alle Vorbedin gungen gegeben hat, welche ihn bald vorzugsweiſe zu dem Fabrifftaate des Weſtens machen werden .

Der Aderbau wird mit Hülfe der guten

Verkehre mittel fich bald von ſelbſt entwideln und reiche Früchte tragen . Die Induſtrie aber und die Fabrikthätigkeit, welche nothwendig ſind, um die reichſten Hülføquellen des Staates in Werthe umzuſeßen, muß durch den Unternehmungsgeiſt der Bürger und durch Capital angeeifert und betrieben werden . Es müſſen dem auswärtigenCapitale günſtige Bedingungen geſtellt werden , um es anzuziehen und ſobald nur die große Handelswelt des Oftens und Europa'8 über die viels verſprechenden Reichthümer des Bodens von Miſſouri zuverläſſig uns terrichtet iſt, kann es nicht ausbleiben, daß von Außen her Betrieb8 Kapital genug zufließen wird,

um die noch kaum begonnene Ent :

widlung der Induſtrie in dieſer Ridtung zu einer nie geahnten Größe zu bringen .