Die Augsburgische Confession und der Berliner Kirchentag: Eine Rechtfertigungsschrift [Reprint 2021 ed.] 9783112510049, 9783112510032


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Die Augsburgische Confession und der Berliner Kirchentag: Eine Rechtfertigungsschrift [Reprint 2021 ed.]
 9783112510049, 9783112510032

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Die

Augsburgische Konfession und der

Berliner Kirchentag.

Eine Rechtfertigungsschrift von

Dr. Pischon.

Berlin. Druck und Verlag von Georg Reimer. 1853.

Alls das Localcomitö für den evangelischen Kirchentag zu Berlin mit der Aufforderung an die Geistlichen Berlins austrat: in unsern Predigten gelegentlich

auf die bevorstehende für die

Evangelische Kirche gewiß nicht unwichtige Versammlung hinzu­

weisen, das Interesse dafür anzuregen und das Verständniß dafür zu wecken:

da konnten mehrere meiner theuern Amtsgenossen mit

mir dieser Aufforderung nicht folgen.

lich

den Bund

Der Kirchentag hatte nem-

der evangelischen Kirchengemeinschaften,

den er

herbeiführen wollte, in §. 2 seiner Statuten ausdrücklich so definirt:

„er sei nicht eine den Unterschied der Bekenntnisse ver-

„wischende oder die confessionellen Kirchen aufhebende Union,

„sondern eine kirchliche Konföderation," während wir uns das Sammeln der Einzelnen und das Conföderiren der Kirchenganzen auf evangelische Weise nur so als möglich, innerlich, wahr

und gesegnet vorstellen konnten, daß dabei die in unsrer Preußischen

evangelischen Landeskirche seit dem Jahre 1817 zu Recht beste­

hende Union Grund und Ziel sei und

diese Union steht

wahrlich auf dem Grunde der reformatorischen Bekenntnisse gegen die Bezeichnung in §. 3 der Statuten des Kirchentages.

Es war

also auch, wie das Localcomitv in seiner Antwort an uns meinte,

kein Verkennen des Kirchentages als einer rein preußischen Ver­ sammlung,

da es doch eine rein deutsche sei,

und nicht z. B.

Lutherische Würtemberger mit reformirtcn Badenern sich hät­ ten vereinigen wollen;

aber wir waren so kühn zu glauben, daß

1*

4 nur,

wenn die gesammtc deutsche Kirche und die Evange­

lischen der Nachbarländer ohne spalten und trennen zu wollen,

annähmen,

waö

die großen Helden der Reformation geglaubt,

geschaffen, gebetet und erstrebt haben, daß nur dann die richtig verstandene

evangelische Katholicität

wieder hergestellt

und die verdunkelten Unterschiede der Lehre in herzlichem Austausche

gläubiger und liebender Gemüther ausgeglichen werden könnten. Weil unS nun also die Union ganz fern vom Kirchentage zu liegen schien und wir auch an den bisherigen Erfahrungen wußten, daß

wir dort nicht zu Worte kommen würden und nur das Confessionelle gelten werde; so versagten wir unsre Theilnahme daran.

Dies ist uns aber von manchen Seiten her übel gedeutet worden.

Zuerst sind von Seiten unsrer Stadt und von manchem

mit der Kirche cs wohlmeinenden Bürger derselben Stimmen laut

geworden,

daß wir grade auf dieser Versammlung den Muth

haben müßten die von uns sonst so laut vertheidigte Wahrheit hören und diesen Kirchentag entscheiden zu lassen, ob wir oder

jene das Rechte wollten, ja daß wir uns auf alle Weise von den

edlen Männern wie Nitzsch nicht trennen sollten und so gewiß das Rechte und Wahre den Sieg davon tragen müßte. Es kamen

auch selbst noch in den letzten Tagen vor dem festgesetzten Kirchen­ tage Schreiben an und, welche meinten: „daß jeder Geistliche, der

„eS nur vermag, sich an dem Kirchentage betheiligen müßte, ins„besondre in Berlin und dessen Nähe;

denn auf dem Berliner

„Kirchentage würde das Unions-Element doch die Oberhand be­

schälten und so müßte er von bedeutenden Folgen sein." Daß es uns an Muth gefehlt habe für die Wahrheit zu reden und auch daß eine uns widerfahrene Geringschätzung, — wir könnten freilich an der unerhörten und trotz unserer klaren

und

deutlichen Widerlegungen immer kindisch wiederholten Be­

schuldigung der Bekenntnißlosigkeit, Anstoß genommen ha­

ben — uns zur Empfindlichkeit getrieben habe,

war nicht die

5

Schuld unseres Fernbleibens vom Kirchentage; sondern ganz ein­ fach, daß dort, wo ein neues nur für die Sache des konfessionellen

Lutherthums sprechendes Bekenntniß der Augsburgischen Confesston erzielt werden sollte, für unsre Sache nichts zu thun war, und daß auch kein Gedanke von einem Auftreten für die Union wie

ein Mann zu denken war. Jetzt hat nun auch der einfache Erfolg des vorher Ungebahnten Jedem, der noch daran gezweifelt hätte,

von der Richtigkeit unsrer Annahme überzeugen können. Ehe wir aber davon weiter reden, sei es erlaubt, die Frage

zu erörtern, ob es so von den evangelischen Christen unsrer Tage wie

von

den Vätern

die Augöburgische

unsers Glaubens verlangt werden kann Confession zu

bekennen,

was ja

die

Haupterörterung des Kirchentages sein sollte. Wir fragen zuerst: wodurch wurde die augsburgische

Confession 1530 veranlaßt? Luther war 1520 durch

den Bann des Papstes

aus der

kirchlichen Gemeinschaft und 1521 zu Worms, wo er so frei be­ kannt hatte: hier steh ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir!

Amen! durch die Acht des Kaisers aus der bürgerlichen Gemein­

schaft gestoßen worden.

Nach der Ansicht der römisch Katholischen

mußte mit einem solchen Verbannten niemand umgehen und wer

unter der Acht des Kaisers war, den gebot sie ausdrücklich: ihn

weder zu Hausen noch zu Hofen, noch zu atzen noch zu tränken. Aber die Protestanten hatten ihn von Worms zurückkehrcnd wie

einen Boten Gottes in ihre Städte ausgenommen und seinen Predigten begeistert zugehört.

Churfürst Friedrich von Sachsen,

um ihm Sicherheit vor den Römischen zu geben, hatte ihn auf

die Wartburg gerettet und als Luther diese Zuflucht nicht mehr wollte, war er nach Wittenberg zurückgekchrt und hatte als öffent­ licher Lehrer an einer deutschen Universität gestanden und als ihr

ausgezeichneter Reformator Tausende unter den Jünglingen Deutsch­ lands zu seinen Füßen gesehen und in seinem Worte unterrichtet.

6 Als aber 1525 Churfürst Friedrich gestorben war, hatte sein

Bruder, Churfürst Johannes, mit dem Throne auch den Schutz

der Lehre Luthers übernommen, ja war mit andern Fürsten öffent­ lich und mit dem ganzen Lande zu ihr übergegangen und Volk

und Fürsten hielten treu und fest an ihr.

So waren sie demnach

dem Papste und dein Kaiser entgegen getreten, dem Grundsätze

getreu: man muß Gott mehr gehorchen als den Menschm! Zu gleicher Zeit waren, selbst durch die neue große Bewe­

gung veranlaßt, auch große Unruhen und Unordnungen ausge­ brochen und viele unwissende, das Heilige mit dem Irdischen ver­

wechselnde Jrrlehrcr

hatten ernstliche Aufstände

veranlaßt und

ganze Länder in Unruhen gestürzt, die Obrigkeiten verachtet, gegen alle weltliche Herrschaft sich empört, zumal wenn sie von Geist­

lichen geübt wurde, und Alles mit Raub,

Mord und Brand

erfüllt, daß man fürchten konnte, die neue Lehre Luthers nehme auch solche Meinungen in Schutz und breite sie immer weiter aus.

So hielt den Kaiser nur die dringende Macht der Türken

zurück gegen die Protestanten Gewalt zu brauchen, während er .von den Altgläubigen fortwährend bestürmt wurde ihnen zu helfen

und der Papst ihn eben mit großer Bereitwilligkeit zu Bologna

1530 zum Kaiser gekrönt hatte.

So war ein Reichstag in dieser Zeit vom Kaiser selbst in Deutschland abgehalten eine Sache der höchsten Wichtigkeit, und als ihn der Kaiser ausschrieb und den Churfürsten von Sachsen,

Johannes, persönlich dorthin berief: fühlte dieser das Wichtige,

was von ihm gefordert wurde und meinte, Alles noch aufs gün­

stigste nehmend: *) „Dieweil denn unter den fürnehmsten Sachen, davon auf solchein

„Reichstag gehandelt soll werden, eine ist belangend den Zwic„spalt in unsrer christlichen Religion, und solcher großwichtigsten

>> Corp. rcf. I. Vol. II. pg. 25. No. 671. 14 Mart.

7 daß davon solcher Maß

„Sachen halber darin ausgedruckt,

„gehandelt und beschlossen soll werden, als nämlich eines jeg„lichen Gutbedünken,

Opinion

und

Meinung zwischen den

„Ständen sclbs in Liebe und Gütigkeit zu hören, zu verstehen

„und zu erwägen, dieselbige Zwiespaltung zu einer einigen christ­

reichen Wahrheit zu bringen und zu vergleichen, alles, so zu „beiden Theilen nicht recht wäre ausgelegt oder gehandelt, ab-

„zuthun, durch uns alle eine einige und wahre Religion anzu-

„ nehmen und zu halten, und wir alle unter einem Christo sein „und streiten, also alle in einer Gemeinschaft, Kirche und Einig-

„keit zu leben, und beschließlich also gute Einigkeit und Friede

„zu machen." Dazu wollte der Churfürst nun die Hülfe des Dr. Martin

Luther, Dr. Jonas, Dr. Pommer und M. Philippsen Melanthon und diese versuchten demnach ein solches Glaubensbekenntniß zu bear­

beiten, worin besonders zweierlei hcrvorgehoben würde: einmal,

daß die Protestanten von dem wahren echten alten christlichen Glauben durchaus nicht gewichen seien und sich nur von den Miß­

bräuchen, die im Laufe der Zeit sich eingeschlichen,

losgeriffen

hätten und darum als treue Jünger Jesu Christi angesehen wer­

den wollten.

Zweitens, daß sie mit solchen nichts zu thun hätten

und sich von jeder Gemeinschaft mit ihnen lossagten,

die das

Heiligste mit dem Irdischen vermischten und vor allem dem gött­ lichen Worte, dein sie von Herzen ergeben wären, in Meinungen und Handlungen ungetreu und

abtrünnig sich erwiesen hätten.

In dieser Rücksicht wollte man sich zunächst von den Rotten der

Wiedertäufer, die schon 1522

als Zwickauer Brüder in

Wittenberg große Unruhen angerichtet und unter Thomas Mün­ zer in den thüringischen Landen (wie später Johann Bockholt in

Münster)

offenbaren Aufruhr erregt,

entschieden loszählen und

auch die Anhänger Zwingli's, der mit Carlstadt Gemeinschaft gemacht und politisch, als die äußern Waffen gegen den Kaiser

8 ergreifen wollend, verdächtig war, nicht als mit ihnen gleichleh­

rend darstellen, weshalb man sich auch auf dem Reichstage von diesen förmlich trennte und sie gezwungen waren, die vier zwingli-

schen Städte die confessio tetrapolilana und Zwingli selbst

eine eigne Confession, die nicht angenommen wurde, abzugeben. In dieser Rücksicht nun bearbeiteten die oben genannten Theo­ logen, als sie vom Churfürsten im Februar 1530 nach Torgau berufen wurden, die früher von Luther schon auf den ersten Grund der Marburger Unionsartikcl entworfenen 17 Schwabacher Ar­

tikel und überreichten sie dem Churfürsten als zu Torgau neu berathen als Torgauer Artikel.

Als aber Luther, welcher als

in des Reiches Acht befindlich dem Kaiser vom Churfürsten nicht

füglich vorgcstellt werden konnte, in Coburg, der an Augsburg nächstgelegenen sächsischen festen Stadt, obschon er es nicht scheint

gewollt zu haben, zurückgelassen wurde und nun Melanchthon, der sanfte und leise tretende, große, gelehrte, evangelische Theolog

an der Spitze aller protestantischen Lehrer in Augsburg stand: so

wurde ihm übertragen, die Torgauer Artikel nun als Augsbur­ gische Confession auszuarbeitcn und einzukleiden, wozu ihm des Kaisers langsamer Zug nach Augsburg, denn der Churfürst

erwartete ihn vom 2. Mai bis

zum

15. Juni,

hinlängliche

Zeit ließ. Der Kaiser aber, dessen Kanzler Mercurinus Gattinara,

der Alles so zu lenken suchte, daß nichts Heftiges und Gewalt­ sames

gegen Luther beschlossen

wurde,

am 4. Juni

gestorben

war, hatte gleich von Anfang an sich nicht so zu den Prote­

stanten gestellt, daß sie viel von ihm hätten erwarten können. Gleich von Anfang an in derselben Nacht nach seiner Ankunft

verlangte er, daß die protestantischen Geistlichen das Predigen ein­ stellen sollten, worin ihm aber der Churfürst von Sachsen, der Herzog von Lüneburg und Landgraf Philipp vonHessen

nicht

gehorchten,

ja Markgraf

Georg

von

Brandenburg-

9

Culmbach in tiefster Entrüstung sagte: „ehe ich mir will das „Wort Gottes nehmen lassen und meines Gottes verleugnen, ehe „will ich jetzt niederknieen und mir den Kopf lassen abhauen!" Und als die übrigen Fürsten antworteten: „sie könnten nicht mit „gutem Gewissen der Kaiserlichen Majestät Begehr thun und die „Predigt unterlassen," antwortete in des Kaisers Namen sein Bruder Ferdinand: „so könnt Kaiserl. Majestät dasselbe nicht lei„den." Hierauf entgegnete ihm sogleich Landgraf Philipp von Hessen: „Kaiserl. Majestät Gewissen sei aber kein Herr und Meister „über Ihr Gewissen!" — Eben so wenig folgten die evangelischen Fürsten dem Befehle des Kaisers, der Proeession am folgenden Frohnleichnamstage beizuwohnen. Es stand also gar nicht so, daß man frei und ungescheut vor dem Papste nur seinem Gewissen folgend, seinen Glauben und seine Grundsätze furchtlos hätte aussprechen wollen und können; sondern die Furcht vor einem Kriege, der seit dem Tode GattinaraS immer mehr zu besorgen war und zu dem eben jetzt in Augsburg der kaiserliche Festredner VineentiuS Pimpinellus, Erzbischof zu Rossan, laut aufgefordert hatte: „daß nehmlich der „Kaiser und König Ferdinand ihre Schwerdter ziehen müßten ge„gen die verkehrten Zerstörer christlicher Religion, daß wir alle „wieder eines Herzens unter der römischen Kirche leben könnten, „denn anders könnte kein Friede werden als bis jene Ketzerei, die „ganz Deutschland durchzöge mit dem Schwerdt von Grund aus „aus der Wurzel gerissen sei" — brachte Melanchthon zu dem Ausruf, daß, ob er auch den Bischöfen die ganze Jurisdietion zugestanden hätte, was einige als Kränkung ihrer Freiheit so übel empfänden, er auch auf härtere Bedingungen den Frieden erkaufen möchte, wenn er es könnte. Darum trat er also so leise gegen den Papst und die Geistlichkeit der römischen Kirche auf, als in einer freien protestantischen Kirche, wie sie jetzt dasteht,

10 von keinem protestantischen Geistlichen seinem Gewissen nach für Recht gehalten werden kann. Eben so müssen wir bedenken, daß Zwingli von Melanchthon auch nicht bloß in Sachen des Glaubens angeschuldigt wurde:

„daß seine rationes das Gewissen nicht zur Ruhe bringen könn-

„ten,"

sondern er hat auch falsche Nachrichten von Zwingli

vernommen, wodurch sein Sinn gegen ihn gekehrt ist, daß die An­ hänger Zwing li's Bisthümer austheilen wollten und frei werden

und

„wenn, sie schon rechte Lehre hätten, wäre doch solch Vor-

„nehmen, daß sie sich selbst rühmen, nicht christlich, dadurch eine

„schreckliche Zerrüttung „müßte."

der Kirchen und

aller Regiment folgen

Dagegen schreibt schon Landgraf Philipp:

„Zwinge! und O ec o lamp ad der Meinung nicht, „schofthum wollen auötheilen oder Aufruhr machen.

„ich halte daß sie Bi-

Daß aber

„ihre Obern gern viel Freundschaft hätten, die in der Noth ihnen

„hülfen, stehet sie nicht zu verdenken." Straßburg beklagten sich darüber,

Und die Gesandten von

„daß Melanchthon bei Fürsten

„und andern ausgebe, als ob Straßburg und andre Zwinglische

„Oberkeiten unziemlich Bündniß mit einander gemacht, auch all-

„bereit ein Geld, ziemlich zwölf mal hundert tausend Gulden erlegt, „der Meinung, die Päpstischcn zu überziehen und alle Bischoffen „zu vertreiben, daß sie auch allbereit die Bisthum unter einander „auögetheilt haben sollen."

Wie wir in einer ganz andern Lage sind als unsre Väter zu

den Zeiten der Reformation leuchtet demnach ein und muß uns jedenfalls veranlassen, manche Hauptbedingung zu machen, ehe wir uns dazu verstehen können,

die Confessio Augustana in ihrer

Form von 1530 zu unterschreiben. Vom Wesen des Augsburgischen Bekenntnisses.

Das Wesen dieses Bekenntnisses ist darum auch nicht eine

auf das Innere gerichtete Lehre der protestantischen Kirche, wie sie

11 damals auch längst in Luthers Katechismen der ganzen Christen­ heit vorlag und wie sie jeder einzelne Gläubige täglich in seinem

Herzen zu tragen und zu bekennen hat;

erste

sondem es war nur der

des neuen ReligionskörpcrS von

öffentliche Akt

öffentlichen Rechtspersonen Fürsten und Städten unter­ zeichnet,

bei

nicht

um durch die bekannten Artikel,

ihren Gegnern gelungen ist,

was ihnen aber doch

als solche angesehen zu

werden, welche der alten echten christlichen Kirche angehören

und nur die Mißbräuche verworfen haben, welche auch jene ver­

werfen müßten,

was sie auch nicht gethan haben, und wodurch

sie ihre Mitstände im Reich, Kaiser und Fürsten, beruhigen wollten, daß sie alle Lehren alter und neuer Ketzer, die dem Worte

Gottes, dem sie allein folgten, entgegen lehrten, vor allem Aufruhr und Empörung

predigten,

als Gift der Seele verwerfm,

also gar kein Grund vorhanden sei, Krieg

zu überziehen,

sie als friedliche Leute mit

wie die Papisten

den Kaiser

überredm

wollten. So bestimmt wird die augsburgische Confession immer eine

herrliche denkwürdige Schrift bleiben, ein großes, erhabnes, ge­

schichtliches Bekenntniß der evangelischen Kirche,

öffentlich

von

ihren Fürsten und Vertretern ausgesprochen, übereinstimmend mit der heiligen Schrift in allen Lehren gegen die Irrthümer und

Mißbräuche der römischen Kirche, besonders in den Artikeln von der Rechtfertigung, von den guten Werken, von der Kirche

und kirchlichen Gewalt, von der Messe und den Heiligen

und

allen abzuschaffenden Mißbräuchen und dem wir folgen

wollen in dem freien Gebrauch des göttlichen Wortes gegen jeden

Anderslehrenden. In diesen Stücken,

wo

die Rechtfertigung aus dem

Glauben die bekannte und gewaltige Lehre des Apostels Paulus, als der Grund wahrer evangelischer Predigt angesehen witd und der rechte Gebrauch des ganzen heiligen Gottesworteö als Grund

12

und Regel alles Glaubens, wovon allein jedes Heil in Jesu Christo abhängt, dargestellt wird, wird auch noch stets jeder wahre Protestant mit diesem und jedem andern Glaubensbuche der Re­ formatoren übereinstimmen. Würden wir aber noch jetzt die AugSburgische Con­ session buchstäblich unterschreiben können?

Obgleich wir die Herrlichkeit dieses GlaubensbucheS auf viel­ fache Weise anerkennen, so kann doch vorzüglich nach drei ver­ flossenen Jahrhunderten das Ganze, als ein menschliches Werk bei aller Herrlichkeit nur unvollkommen erscheinen und wir werden nicht sagen, daß die Gnade GotteS sich so arm an der evange­ lischen Welt gezeigt habe, daß nichts .in dieser Urkunde des Glau­ bens zu bessern sei. So kann auch kein menschliches Buch in seinen einzelnen Stücken und Ausdrücken, wenn es nicht mit den Ausdrücken Jesu Christi selbst übereinstimmt, so verfaßt sein, daß wir auf das einzelne Wort schwören könnten und daö gläubige Gemüth wird es sich immer mehr Vorbehalten müssen, dem Worte Christi getreu, auch anders zu lehren und zu glauben als die Augsburgische Confession und die herrlichen Lehrer derselben zu lehren scheinen und muß eS sich frei lassen, auch wo ein Lehrer unsrer oder einer andern Zeit eine Lehre den Aussprüchen und Sinn Christi gemäßer aufzufassen scheint, diesem anzuhangen und seiner Meinung zu folgen; wie das eigentlich auch Männer wie Nitzsch, Müller, Schenkel, Merle dÄubigne u. a. anerkennen. Worin uns nun die Augsburgische Confession ewig als Vor­ bild dastehen soll und was wir mit derselben treu bekennen müssen, das ist die Rechtfertigung aus dem Glauben und nicht aus den Werken, wie es das schlichte Wort Pauli Röm. 3.28. Gal. 2. 16—21 gelehrt hat, und das treue Festhalten an der heil. Schrift als ein rechtes Vorbild, wie wir die römische Kirche, die Beides verwirft, gründlich und herrlich zu be-

13

kämpfen haben, aber auch hier soll noch Einzelnes anders werden, da das Verhältniß der evangelischen Kirche in unsrer Zeit und Lage uns ganz anders gegen die römische Kirche dastehen läßt, als die Bekenner der Augustana 1530 vor Kaiser und Reich dastanden. 1. Die Confession steht uns aber nicht streng genug ge­ gen die Römischen da. — Wie man schon damals um deS Kaisers und der Fürsten willen und um nicht das Ungemach eines furchtbaren Krieges auf die Evangelischen zu laden, sich viel leiser und sanfter ausdrücken mußte, da man noch versuchen wollte mit der römischen Kirche verbunden zu werden, als eine Gemeine sich ausdrücken wird, die wie unsre Kirche, ganz frei für sich dasteht und als ausdauernder, ewiger Gegensatz der römischen entgegentritt: das hat uns Luther selbst in den schmalkaldischen Artikeln gelehrt und so könnten wir z. B. solche Artikel, wie Art. 23: Vom Ehestand der Geistlichen. §.27. Von Klostergelübden, ruhig wcglassen, weil es gar kein Gegenstand des Streites mehr sein kann für evangelische Geistliche und die Zeiten von 1530 in Augsburg längst vorüber sind, wo römische Geistliche mit evangelischen Geistlichen nicht reden wollten, weil diese verheirathet waren. — Aber nicht klar genug sind große wesentliche Irrlehren der römischen Kirche erwähnt. Richt klar genug ist der Gegensatz der römischen Kirche gelehrt, daß sie Seligkeit nur sucht durch das Angehören an die äußere römische (katholische) Kirche, während nach dem Glauben unsrer evangelischen (katholischen) Kirche Seligkeit nur kommen kann allein dadurch daß wir Christo, dem Erlöser angehören und nur wo er ist die wahre gläubige Kirche sich findet. Dadurch ist die römische Kirche, Aeußeres mit dem Innern verwechselnd, dahin gekommen, äußre Werke zu wollen statt des lebendigen Glaubens, einen weltlichen Herrscher den Papst, an Christi Stelle, der das ewige Haupt der

14 Kirche ist, zu stellen, Heilige in tausendfacher Zahl sich zu wäh­

len, an ihrer Spitze, ja diese überragend, Maria, die irdische

Mutter des Herrn, zu erheben und zu ihnen in allen kommenden Zeiten immer neue zuzugewinnen und ist dahin gelangt, daß seine

Geistlichen geworden sind auserwählter

Klerus

als

geweihtes Pfaffenthum ein

neben

dem ungeweihten

Laien­

volke und daß die, die nach der heil. Schrift 1. Petr. 2. 9. Joh.

6. 45. auch zum Königlichen Priesterthum, zum heiligen Volke

gehören und von Gott gelehrt sein sollen, nun nur Sklaven im Glauben durch jene geworden sind! Darum wie herrlich und tiefchristlich gegen das falsche Princip des Katholicismus, die Rechtfertigung

aus den Werken gekämpft

wird, so ist doch gegen den Primat des Papstes und gegen

den falschen und übertriebenen unevangelischcn Marienkultus überall nicht gekämpft,

gegen die gesammte Stellung der

Geistlichen und gegen die Sclaverei und Knechtschaft der

Laien wenigstens sehr leise gestritten und im Art. 28 (ob. VII. des Anhangs)

wo die Rede ist:

von der Bischöfe Gewalt, ist

neben allem Herrlichen dort Gesagten noch bekannt: „Unsre Kirchen

„begehren nicht,

daß die Bischöfe mit Nachtheil ihrer Ehr

„und Würden wiederumb Fried und Einigkeit machen"

oder

wie eine andre Ausgabe liest: „denn in dieser Sach wird in fei» „nein Weg gesucht den Bischöfen ihre Herrlichkeit oder Ge„walt zu nehmen."

Dies Alles

könnte kein rechter Protestant

unsrer Zeit mit redlichem Herzen zugeben und müßte dies mit

ähnlichen Lehren wie z. B. das Fegefeuer mit allen Folgerungen daraus, wie es auch Luther und andre Reforuiatoren gethan ha­ ben, als seelenverdcrblich und betrügerisch verwerfen.

Und obwohl Luther die confessio augustana mit Recht so herrlich

gepreiset,

wie

Melanchthon für alle Angst und

Thränen, die er geopfert, dies reichlich verdient hat, und nichts

nach der damaligen Lage der Dinge hinzuzusetzen wußte und so

15 leise nicht treten konnte:

so sagt er doch, als ihm von den Ka­

sie hätten gefragt:

tholiken in Augsburg berichtet wird,

ob die

Protestanten nicht noch mehr Artikel vorzubringen gedächten? — „Ja, ja, der Satan lebt noch und merkt, daß diese Eure Apo-

„logie, die Leisetreterinn, die Artikel vom Fegefeuer, vom Hei„ligendienst und vor Allem von dem Papst, dem Antichrist,

„verheimlicht habe" und führt noch über die Tradition einen ausführlichen Briefwechsel mit Melanchthon.

2.

Ob ferner wohl auch die heil. Schrift überall dargestellt

wird als das Wort, dem wir allein gehorchen sollen, ist dies doch in keinem Artikel zusammengefaßt und als ein HeiligesPa­

nier jedem Worte des Papstes und der römischen Kirche

entgegengestellt, noch als der alleinige Richter in allen Sachen der Lehre und deS Glaubens aufgeführt, wodurch allein alle falsche

Tradition und Erdichtung der römischen Kirche über den Haufen geworfen wird, waS wir in jedem Kampf wider Rom als höchst

nöthig ansehen, und wodurch allein alle falschen Gründe des

römischen Klerus als nichtig und unbeweisend dargestellt werden können. — Eben so müßte auch der freie Gebrauch der heil.

Schrift verfochten sein, daß wir sie verstehen können, wie Sprache und Vernunft sie lehren und nicht wie der Papst und die rö­ mische Kirche, festgcbunden an eine bestimmte Ausgabe der Vul­

gata,

sie wider Sprache und Vernunft erklären, wodurch

dies hohe Gut uns geraubt und sein Heil uns vernichtet wird.

Diese Ausstellungen an den Hauptprincipien der Confession müßten unstreitig erst ausgeglichen werden, ehe wir uns dazu ver­

pflichten könnten, sie zu unterschreiben. Sehen wir nun ferner auf die Lehren, worin die Confession

sich mit der römischen Kirche als

übereinstimmend ansieht;

so

können wir im Großen und Allgemeinen ihr freilich zustimmen,

sofern sie uns klar erhellen aus dem Worte der heil. Schrift; aber im Einzelnen und dem,

was daraus gefolgert wird,

16 können wir sie doch nicht als unser ausgemachtes Bekenntniß an­ nehmen. Denn seitdem sind so viele Lehren, was damals noch lange nicht, besonders bis 1530 nicht, geschehen konnte, genauer untersucht und geprüft worden und nicht alle sind hier durch klares Schristwort begründet. Wir wollen dieses nur an zwei Lehren zeigen. a. Erstens heißt es Artikel 2: „Weiter wird gelehrt, daß „dieselbe angeborne Seuch und Erbsünd wahrhaftiglich Sünde sei „und verdamme alle diejenigen unter ewigen Gotteszorn, so nicht „durch die Taufe und heiligen Geist wiedergeboren werden." — Ob der ewige Gostteszorn wahrhaft biblisch und in der Stelle Marc. 16, 16 als wahre christliche Lehre ausgedrückt sei, sonnt? man auch noch fragen; aber die beiden Lehren, welche man aus diesem Artikel gezogen hat, sind, wenn wir doch von der ewigen Wahrheit unendlicher Liebe Gottes als der Grundlehre des Christenthums innig überzeugt sind, als mit jenem Worte des Herrn übereinstimmend, durchaus nicht deutlich bewiesen. Nemlich erstens die Lehre, daß die Heiden, die nichts von Christo gehört, denen also die Gnade des heiligen Geistes nicht zu Theil werden konnte, in Ewigkeit verloren gehen müß­ ten und wollten viel lieber glauben: „der Gott, der sich als „Vater Jesu Christi so gnadenreich an uns erwiesen hat, der „werde, ob wir es schon nicht wissen und ergründen, in seiner „ewigen Liebe auch Mittel und Wege finden, den armen Heiden „fich gnädig zu erweisen" wie es ja immer als ein hartes Urtheil erscheint, da von Verdammen zu sprechen, wo Gott uns nicht die Wege seiner Gnade offenbart hat. — Die andre Lehre ist aber die, daß selbst unsre christlichen Kinder, welche in den ersten Tagen des Lebens ohne die Taufe zu empfangen uns durch den Tod entrissen werden, nun auch ewig unter den Gottlosen bleiben müßten. Ich frage, ob eine christliche Mutter, welcher ihr Säug­ ling vor empfangener Taufe von der Brust gerissen wird, eS

17 glauben kann, frage:

daß er nun unter ewigem Gotteszorn bleibe;

ich

ob wir ihr sagen wollen, und wir müssten es ja, das

hätte sie verschuldet, weil sie ihn nicht taufen lassen, und ob wir

für sie nicht einen Trost finden könnten in des Erlösers milden

Worten Joh. 6, 39:

„Das ist der Wille des Vaters, der mich

„gesandt hat, daß ich nichts verliere von allem, das er mir gege„ben hat,

sondern daß

ich eS auferwecke am jüngsten Tage."

Denn ein christliches Kind ist schon durch die Geburt wie seinen Eltern so auch dem Herrn gegeben und durch das erste Gebet des Vaters und der Mutter dem Herrn und Heiland geweiht und

dargebracht.

Wie sollte darum der Herr es nicht annehmen und

auch drüben ihm helfen zum ewigen Heile?

Ehe nun solche schwankende Lehre klar und deutlich bestimmt

ist, kann man sich nicht ohne Vorbehalt zur augsburgischen Con­

session bekennen, wenn man wohl glauben kann, daß Melanchthon selbst die Lehre nicht mit

diesen Folgerungen ver­

standen hat. b.

Eben so ist es mit Artikel 3, wo gesagt wird: „item

„daß derselbige Christus abgestiegen sei zur Hölle."

Wenn

man hier die römische Lehre versteht, und man hat Grund dazu,

weil Melanchthon eben von den Lehren redet, die die Protestanten mit den Römischen gemein hätten: „Christus sei nach seinem Tode „als er im Grabe gelegen in diesem Unterreiche zum Aufenthalt

„der Verdammten in die Hölle gegangen, habe dort den Satan „überwunden und die Geister der Verdammten, die an ihn glau-

„ben wollten, durch seine Predigt aus diesem Gefängniß erlöset;"

so kommt man in große Verlegenheit mit der Erklärung Luthers von der alleinigen Stelle, welche für diese Lehre aus der Schrift angezogen wird.

Das ist nämlich die Stelle l.Petr. 3.16—19:

„In demselbigen (Geist) ist er auch hingegangen und hat gepredigt

„den Geistern im Gefängniß, die etwa nicht glaubten, da Gott „einSmals harrete und Geduld hatte zu den Zeiten Noä" u. s. f.

2

18 wo Luther folgende Erklärung giebt:') „Der Tert giebt eS nicht,

„daß er sei hinuntergefahren, als er ist gestorben zu den

„Seelen und jenen gepredigt habe, denn er saget also:

In dem-

„selbigen, nemlich da er getödtet ist nach dem Fleisch und lebendig

„gemacht nach dem Geist d. i. da er sich des Wesens im Fleisch „und der natürlichen Werk des Leibes geäußert hat und ist in ein „geistlich Wesen und Leben getreten, wie er itzt ist im Himmel,

„da ist er hingegangen und hat geprediget.

Nu ist er ja nicht

„mehr in die Helle gefahren, nachdem er solch neu Wesen „hat an sich genommen.

Darum muß mans verstehen, daß er

„solchs nach der Auferstehung 'gethan chat. — Weil nun die

„Wort dahin dringen wollen, das es gesagt vom Geistlichen pre„digen,

so wollen wir auf dem sinn, bleiben, daS Samt Peter

„rede von dem Amt, das Christus thut durch die eusserliche Pre„digt.

Denn er hat den Aposteln befohlen daS Evangelium leib-

„lich zu predigen, Aber neben der Predigt kompt er selbs, und ist

„geistlich auch dabei, redet und prediget den Leuten ins Herze, wie

„die Apostel die wort mündlich und leiblich in die Ohren reden. „Da prediget er den Geistern,

die gefangen liegen im gefengnis

„des Teufels, Also, daS das hingehen auch geistlich verstanden

„werden soll wie das predigen."

Endlich sagt er: „Das ist nun

„der beste verstand, als ich meine,

dieser Wort Samt Peters,

„Doch wil ich nicht zw hart drob fechten.

„nicht wohl glauben,

Das kan ich aber

das Christus hinab gefahren sey

„zu den Seelen vnd hab ihnen da gepredigt, So ist die Schrift

„auch dawider vnd sagt,

Wer nicht glaubt

ist schon gerichtet.

„Item, daS ein jeglicher werde empfahen, wie er gegleubet und

„gelebt hat.

Dazu weil es nicht gewis ist, wie sichs mit

’) Der Erste Teil der Bücher über etliche Epistel der Aposteln. Dr. Mar­ tin Luther, Wittemberg. Gedruckt durch Peter Seitz. 1567. fol. S. 521 in der Auslegung der Ersten Epistel Petri. Cap. 3.16.

19 „den Todten Helt, so kann man den Spruch nicht wohl „dahin deuten.

Das ist aber gewis daS Christus gegenwertig

„da ist, vnd ins Herze prediget, wo ein Prediger das Wort Gottes

„ins ohr predigt.

Darum können wir es ohn fahr dahin ziehen."

Wer sollte nicht einer so milden Erklärung lieber folgen als der

nur mit Mythen ausgestatteten römischen, abgesehen davon, daß

auch andre Reformatoren unter der Höllenfahrt Christi sich etwas ganz Anderes gedacht haben.

3.

Wenn wir aber vor Gott ein heiliges Bekenntniß unsers

Glaubens ablegen, dann meinen wir, nicht Andre anzuschuldigen

und zu verdammen, was wir nur als römische Sitte ansehen könnm, die ein Mensch tief christlichen und gläubigen Gemüths

nicht nachahmen sollte.

So verfährt aber die Augsburgische Con­

session, während sie doch auf die Römischkatholischen, die sich um

die heiligen Lehren viel schwerer versündigt haben, sehr mild Hin­ sicht.

Statt nun die, welche nach meiner Meinung einen falschen

Glauben habeir. oder nur in einer Richtung von meinem Glauben

abweichen, dem allgütigen Gott anzuempfehlen und ihn zu bitten ihr Herz gnädig zu regieren, damit Christus in ihnen verkläret

werde, wie wir allein für Andersglaubende zu bitten und ihrer zu gedenken haben, verwirft und verdammt die Confession Folgende als Ketzer:

in Art. 1: daher werden verworfen alle Ketzereien so diesem

Artikel zuwider sind, als Manichäi item Valentiniani, Ariani, Eunomiani, Mahometisten und alle der­

gleichen auch die Juden und Samosateni alte und

neue; in Art. 2:

hier werden

verworfen die Pelagianer und

Andere, so die Erbsünde nicht für Sünde halten;

in Art. 3: und werden verdammt alle Ketzereien, so diesem Art. entgegen sind;

in Art. 5: werden verdammt die Wiedertäufer und andere; 2*

20

in Art. 8: derhalben werden die Donatisten und alle An­ dere verdammt, so anders halten; in Art. 9: derhalben werden die Wiedertäufer verworfen,

welche lehren, daß die Kindertaufe nicht recht sei und in Art. 10: wenn es auch nicht so hart ausgedrückt ist und man doch selbst in Marburg die Gleichheit seiner Lehre in

den übrigen Stücken erkannt hatte und heißt:

es darum nur

derhalben wird auch die Gegenlehre verworfen

d. h. die Zwingli's. Wir wollen nicht gedenken, daß die meisten dieser Secten den

jetzigen Christen unbekannt sind, daß manche von ihnen längst gänzlich ausgestorben sind, daß die Wiedertäufer jetziger Zeit ganz

andre sind, als die hier Genannten, daß mancher also verdammen müßte, was er gar nicht kennen gelernt hat und sich erst in Stu­ dien einlassen, um die kennen zu lernen, die er den Verdammten zugesellen wollte: so können wir doch die Verwerfung im zehnten Artikel nicht als einen Theil unsers Glaubens bekennen, da

die Richtigkeit der Verwerfung auf keine Weise klar und deutlich aus der heil. Schrift bewiesen werden kann.

Schon Landgraf Philipp

von Hessen schreibt dieserhalb an Mclanchthon:

„wiewohl ich in

„dieser Sache eurer Meinung nicht kann gewiß werden aus kla„rem Tert ohne Glosse."

Wir wissen auch, daß als die Re-

formirten gedrängt die Augsburger Confession annahmen, sie sich vorzüglich nur zur geänderten Ausgabe von 1540 bekannten

oder doch nur die erste Ausgabe so annehmen wollten, wie sie selbst sie deuteten und eine Prüfung in dieser Lehre verbaten und

daß Melanchthon selbst sehr bald in dieser Lehre bedeutend ge­ schwankt und sie geändert, ja daß er in späterer Zeit ganz anders

hiervon gelehrt hat. — Wie aber steht es auch hier mit der Lehre der römischen Kirche? mit der Transsubstantiation deS Brodtes

und WeineS durch die Consecration deS Geistlichen, welche ganz bodenlos ohne Grund der Schrift dasteht und vor der man sich

21 doch sorgfältiger hüten muß als vor den reforinirten an der Schrift

haltenden Ansichten und wie kann man diese verwerfen und jene nicht erwähnen?

Aber hier ist eben der große Kampfplatz zwischen Lutherischen

und Reformirten, wo eben auszumachen bleibt, welche Ansicht die biblische ist oder ob sie beide als biblisch zu nehmen sind oder keine? und wie überhaupt dieser Streit zu enden sei.

Ein starres

Festhalten an der Lutherischen Meinung hält eben das specifisch

Confessionelle fest und ein Annehmen der augustana ohne den zehnten Artikel nach der Auslegung von 1530 kann eben im

Sinne der Confessionellen nicht für eine wahre Annahme gel­

ten. — Der Artikel 10 lautet aber: „Vom Abendmahl des Herrn „wird also gelehrt, daß wahrer Leib und Blut Christi wahrhaftig „unter der Gestalt des Brodtes und Weines im Abendmahl gegen-

„wärtig sei und da ausgetheilt und genommen wird. „wird auch die Gegenlehre verworfen."

Derhalben

Jedenfalls ist die große

und wichtige Lehre, die in dieser Erklärung soviel Unruhe in der Welt angcrichtet hat, nur sehr dunkel und unvollständig ausge­ drückt und die Wahrheit derselben durch kein Wort der heil. Schrift

bestätigt.

Ja, da gar nicht davon geredet wird, wie wahrer Leib

und Blut Christi unter die Gestalt des Brodtes und Weines ge­ kommen sei, könnte man ja die ganze Transsubstantiation

Eben so wenig ist auch klar,

darunter verstehen.

was in der

verworfenen Gegenlchre gelehrt wird. — Ein so unbestimmter und so verschieden zu erklärender Artikel

kann nicht einmal ordentlich verstanden und um so weniger ohne selbst gegebene Zusätze als heiliger Glaube bekannt werden, am

allerwenigsten aber können die Gegner desselben als Jrrlchrer verworfen werden.

Von diesem Artikel ist überhaupt näher und

gründlicher zu reden,

ehe man ihn als Bekenntniß aufstel­

len kann. 4.

Aber cs finden sich auch Sätze in diesem Bekenntniß, zu

22 denen wir uns, recht verstanden, wohl bekennen könnten, die aber durch die nicht genügsame Erklärung zweideutig werden

und in dieser Erklärung von uns nicht angenommen werden können. — Der Artikel 7 sagt z. B. von der Kirche: „Es wird

„auch gelehrt,

daß

„sein und bleiben,

alle Zeit müsse eine heilige christliche Kirche welche ist die Versammlung aller Gläubigen,

„bei welchen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen

„Sakramente laut des Evangelii gereicht werden." — Wer

sollte das nicht, gegen die Katholischen und ihre Ansicht gewendet, freudig bekennen und ihren falschen Auslegungen entgegenstellen?

— Wird uns aber nun von streng Lutherischen gesagt: das Evan­

gelium rein predigen heiße nur: jede einzelne Stelle der Schrift wie Luther erklären, wird gesagt: laut des

das Sacrament wird nur da

Evangelii gereicht, wo es nach Luthers Erklä­

rung der Abendmahlslehre gereicht wird:

dann, wie wenig wir

auch selbst nur von Luther abweichen möchten,

Wort Luthers,

würde uns das

wie hoch, wir es auch halten, zu einem neuen

Papste werden und wir müssten fordern, daß seine Erklärung erst als klarer Ausspruch Jesu Christi bewiesen würde, sonst könn­ ten wir nicht dafür als für unsern Glaubensartikel kämpfen.

5.

In einem Bekenntniß des Glaubens kommt es aber noch

neben der Lehre auf die Verfassung des ganzen kirchlichen We­

sens an, wie das z. B. in der trefflichen confessio gallicana so schön ausgedrückt ist.

Aber wenn wir in der augustana sehen,

daß von einer Anordnung in der Kirche gar nicht die Rede ist und daß Artikel 28, nur um den äußern Frieden zu erhalten, die

ganze Kirche wieder in die Gewalt der römischen Bischöfe, wohl also auch des Papstes, hingeben will:

dann halte

ich cs für unprotestantisch und dem Willen Luthers und aller Väter der alten Kirche schnurstracks entgegen, so etwas noch heut in unsrer Zeit als Glaubensartikel anzuerkennen, was für uns

23 die größeste Schmach und die unerhörteste Schwache sein

müßte. 6.

Endlich verlangen wir in einem kirchlichen Bekenntniß,

wie wir ja bei der Einsegnung auch unsre Kinder bekennen lassen,

auch ein Gelübde, welches das Leben umfaßt, welches das

Innere der Seele mit starker Kraft dem Ewigen und Himmlischen

unterwirft, was erst zeigen kann, wozu die hohen Lehren, die wir

bekannt haben, uns auch führen sollen. neben dem Herzensbekenntniß

Darum verlangen wir

des Glaubens,

daß Gott,

der

Vater Jesu Christi, die ewige Liebe und die heiligste Größe sei, daß das bekennende Herz diesen Gott der Liebe, der uns Je­

sum Christum zum Versöhner gegeben, als den ewig liebenden Vater Jesu Christi anerkenne,

in Glück und Schmerz von

ihm nicht weiche und gewiß glaube,

daß auch das tiefste Elend

vom Vater uns

gesendet uns zum Besten dienen müsse.

Wir

fordern neben dem felsenfesten Glauben an Jesum Christum, unsern alleinigen Herrn und Heiland, in dem Gott war und in unaussprechlicher Liebe die Welt mit sich versöhnte, daß wir von

ihm nicht wanken und in Glück und Schmerz also leben, daß

wir seinem heiligen Vorbilde ähnlich uns untereinan­ der lieben, wie er die Welt geliebt hat, daß jedermann erkenne, daß wir seine Jünger sind, weil wir Liebe untereinander haben.— Wir verlangen neben dem heiligen Glauben an den Trösterden

heiligen Geist, der vom Vater ausgeht und uns von Christo als der ewige Lehrer gesendet wird, daß dieser Geist auch hei­

ligend und tröstend in unserm Herzen wohne, daß wir den Vater bitten, daß dieser Geist durch seine Mittel ewiger Gnade durch Wort Gottes, durch Gemeinschaft seiner Kirche, dmch die heiligen Sacramente und das fromme Gebet uns also fröhlich

und selig mache,

daß wir

schon

hier

den Frieden Gottes

in uns tragen und des Geistes reine Tempel find und von

ihm nach dieser Zeit erwarten das ewige Leben, wo wir nicht

24 kommen ins Gericht,

sondem den Herrn schauen werden, wie

er ist.

AuS solchen Gründen und nicht auö Unglauben, nicht weil

wir nichts zu bekennen hätten,

können wir uns nicht zu einer

buchstäblichen und doch unbestiinmten Verpflichtung auf die AugSburgische Consession verstehen; aber wir erkennen sie an als ein hohes Werk des Glaubens für jene Zeit, als eine mächtige Wehr wider die römische Kirche und wollen, mit ihr gestellt auf

das Wort Christi und der heil. Schrift, kämpfen wider Menschen­

wort und äußerlichen Schein, aber die Irrenden nicht verdammen, sondern der Gnade Gottes empfehlen und treulich halten an Christi Wort: der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch ist kein

nütze! Was hat nun der Kirchentag gethan?

Wollte man nun sagen,

solche Einwendungen gegen

die

Confession wären eben an ihrer rechten Stelle auf dem Kir­

chentage gewesen,

Kirchentages nicht.

dann versteht man das innere Wesen des

Man wollte dort nichts andres als daS all­

gemeine Bekenntniß zur augustana. als

Dies zu vertheidigen, dieS

herrlich zu preisen und in diesem

allgemeinen Jubel jede

andersmeinende Stimme unbemerkt und ungehört verhallen zu lassen war der große einzige Zweck.

So mußte Dr. Henry,

der die reformirte Kirche so männlich und treu vertheidigt hat,

das Wort hören:

„der Vorsitzende sehe sich außer Stande, auf

„irgend welche Veränderungen der vorgelegten Resolution einzu„gehen.

In einer so wichtigen Angelegenheit sei es unmöglich

„Beschlüsse zu

improvisiren." —

Und

nun denke man sich,

daß es noch dazu Stimmen gewesen wären, die gegen den Aug­

apfel des Glaubens sprachen, wie ehrerbietig und alle Umstände berücksichtigend sie das auch thaten, das hätte sie nicht entschul­

diget und noch dazu solche Stimmen,

die sich nicht zu einem

25 buchstäblich ausgeschriebenen und anerkannten Bekenntnißformular

bekennen wollten! Gewiß, es muß jeder natürlich finden, daß wir nicht hingehen konnten.

Der Kirchentag wollte den Antrag des engern und weitern Ausschusses an ihn durchsetzen.

Dieser war:

Die Mitglieder des deutschen evangelischen Kirchentages bekun­

den hiermit,

daß

sie sich zu der im Jahre 1530 auf dem

Reichstage zu Augsburg von den evangelischen Fürsten und Ständen Kaiser Karl V. überreichten Konfession mit Herz und

Mund halten und

bekennen und

die Uebereinstimmung

mit

ihr als der ältesten, einfachsten, gemeinsamen Urkunde öffentlich anerkannter evangelischer Lehre in Deutschland hiedurch öffent­

lich bezeugen. Dies ist eigentlich der wahre Sinn dessen, was Häupter des Kirchentages wie Dr. Stahl,

Dr. Sartorius u. f. w.

durchsetzen wollten und worin sie für jetzt ihren Willen erfüllt sehen.

Aber

daö

konnten

doch

Männer

wie

Dr.

Nitzsch,

Dr. Müller u. s. f. nicht so unbedingt annehmen, darum wurde um sie zu beruhigen noch hinzugesügt: Mit diesem Zeugniß verbinden sie die Erklärung, daß sie jeder

insonderheit an den besondern Bekenntnißschriften ihrer Kirchen und die Unirten an dem Consensus derselben festhalten und

daß der verschiedenen Stellung der Lutheraner, Reformirten und Unirten zu Artikel 10 dieser Konfession und den eigenthüm­

lichen Verhältnissen derjenigen reformirten Gemeinen, welche die Augustana niemals als Symbol gehabt haben, nicht Eintrag

geschehen soll. Durch diesen Zusatz, wie er denn bei solcher Gestaltung der kirchlichen

Angelegenheiten,

wo

die

confessionell

lutherische

Partei sich alle Rechte der unirten zuwenden will, ganz noth­

wendig war um die Reformirten und Unirten für sich zu gewin­ nen, wurde es den Reformirten und Unirten möglich gemacht

26 den Schein einer Beistimmung zur augustana abgeben zu können. Wo aber, wie in Mecklenburg und Sachsen für die consessionell

Lutherschen nichts zu gewinnen ist, werden sie auch gegen eine

solche Zugabe sein,

wie jetzt schon die Universitäten Erlangen,

Rostock und Leipzig,

gegen den Beschluß deS Berliner Kirchen­

als

tages

einen Widerspruch gegen die reine lutherische

Kirche protcstiren. — Sie werden gewiß fragen, denn ich habe

ihre Schrift noch nicht gesehen, wer denn von dem Kirchentage

das Recht hat als treuer Bekenner der augustana den 10. Artikel,

auf den Alles ankommt, so als Nebensache zu behandeln und einen, der ihn in seinem Bekenntniß ausgenommen hat oder anders

erklärt, als Bekenner der augustana anzusehen?

Selbst Hr. Dr. Stahl ist übel dran.

Man muß ihm zu­

geben, er hat die augustana auch mit Art. 10 lutherisch gläubig

bekannt.

Er erklärt auch eigentlich alle, die den Zusatz annehmen,

als Irrgläubige,

der augustana nicht Angehörige,

deutlich auch Dr. Nitzsch;

recht

aber kann ihn das lossprechen von

dem Zugeben des verrufenen Anhanges, ohne den doch die augu­ stana nicht angenommen ist? Und sagen: „so laßt mir doch nur

„Zeit,

ich bin in ganz andrer Lage als ihr,

das ist die rechte

„Weise wie ich für das Lutherthum gründlich wirken kann" will

oder kann er doch auch nicht.

Doch zurück zur Hauptsache.

Diesen Antrag mit der hinzu­

gefügten Erklärung wollte man also auf dem Kirchentage durch­

setzen und dies von allen Seiten von der lutherischen, reformirten und unirten als nöthig zu beweisen, waren drei Redner aufge­

stellt:

Dr. Sartorius, Dr. Nitzsch, Dr. Krummacher und

Dr. Stahl wollte dann das Ganze resumiren. — Hr. Dr. Sar­

torius, eigentlich wohl Namens der lutherischen Kirche, will die Nothwendigkeit der Entstehung und die Gewichtig­ keit des Inhalts der Augsburgischen Confession dar­

legen.

Daran hat aber wohl keiner gezweifelt, aber desto mehr

27 an der Nothwendigkeit,

daß

annehmen müsse und bei sie dennoch

der Kirchentag die A. C. neu allen später erfolgten Bekenntnissen

unverändert annehmen müsse.

wendigkeit aber, wie die Väter

die man sich denken konnte,

des Glaubens

Die eine Noth­ auch jetzt gerüstet

dazustehen gegen die römische

Kirche, gegen die Anmaßungen und Predigten der Jesuiten, ist mit keinem Worte erwähnt.

Der polytheistischen und judai­

stischen Ausdeutungen, des Manichäismus, SemiarianiSmuS und

PelagianiSmus ist sorgfältig gedacht,

aber der Ablaßhandel er­

scheint gar nicht einmal als Hauptsache des Kampfes,

da

der lare Rationalismus eben so verderblich gewaltet hat alS der Romanismus.

Macht das aber den Nomanismus um

ein Haar besser? und ist seine Stellung weniger drohend? „Auch

„ist im Inhalt der Augustana nichts zu jemandes Unglimpf „gesagt (!) am Schlüsse ist er in das Kleid irenischen Sinnes „gehüllt,

das heute uns alle erwärmen möge,

denn auch der

„Zwing lisch en Auffassung des heiligen Abendmahls tritt hier

„nur ein improbant kein damnant entgegen (wie mild und „anlockend für die Reformirten!) und nichts desto weniger wird „der katholische Konsensus mit dem christlichen Alterthume eifrig

„gegen alle Häresieen festgehalten."

Und: „wenn auch Lutheraner

„und Reformirtc über den Werth Einer köstlichen Perle in der

„Perlenschnur ihrer Artikel differiren, werden sie darum die Freude „an der Reihe der übrigen unschätzbaren Perlen sich verbittem,

„die edle Schnur zerreißen und das gemeinsame Familienerbe ver„zetteln dürfen?"

So Dr. Sartorius! — Von dem ungeheuren

Unterschied unsrer Lage gegen die der damaligen Bekenner aber,

die selbst in der augustana den römischen Bischöfen nicht entgegen­ treten wollten, ist nichts gesagt! Dr. Nitzsch spricht als Referent vom Standort der Evan­ gelischen Union aus.

Ich weiß nicht,

ob nur der Union

oder der Unirten, welche bekenntnißtreu auf die resormato-

28 rischen Bekenntnisse und deren consensus sich gestellt haben?

Dies ist aber von den Unirten in Brandenburg wenigstens durch keinen öffentlichen Act geschehen, selbst von denen nicht, die es gern hätten thun wollen.

Ja es ist mir überhaupt kein Act,

durch den die Unirten des Preußischen Staates zu solchem Bekennt­ niß aufgefordert wären, bekannt geworden.

Sondern die unirte

Kirche in unserm Vaterlande hat für ihre Lehre von Anfang an keine andre Quelle als die im Glauben erfaßte Offenba­

rung und keine andre Richtschnur als das Wort Gottes in der Schrift und stimmt darum mit allen reformatorischen

Glaubensschriften überein, die desselben Ursprungs sich erfreuen.

Weil wir aber einsehen, daß die symbolischen Schriften namentlich

die augustana aus menschlicher Gebrechlichkeit doch auch Sätze hat, die nicht an dem Worte Gottes in der Schrift sich wollen

messen lassen, Christi,

weil wir nicht Lehren wie die Höllenfahrt

wie das Abendmahl,

wie die Jurisdiction der

römischen Bischöfe wörtlich mit ihr annehmen wollen, weil wir auch in dieser Annahme keinen Gewinn für die Union,

sondern vielmehr eine Unterdrückung derselben sehen, weil auf dem

Kirchentage selbst Hm. Dr. Nitzsch's Erklärung dargestellt wird als eine wirkliche Veränderung der Augsb. Confession und ihr Einbuße

an eigentlich

an wahrer und

tiefer Erkenntniß und

kirchlichem Character zugeschrieben wird;

hätten wir darum,

so

nicht weil wir meinten, eine Kirche sollte

keine Gemeindewahrheit, keine Erblehre, keine Ueberlieferung und

keine Noth sie auszusprechen haben, die Confession nicht wörtlich annehmen sönnen, stehen aber eben darum um so fester auf dem Worte Gottes

und auf den Aussprüchen Jesu Christi,

die die Pforten der Hölle nicht überwältigen sollen.

Wir hätten

wohl gern von Dr. Nitzsch gehört, wie das Bekennen btr augu­ stana den Unirten nothwendig sei, wie ihre Interessen dadurch nicht

verletzt würden, wie alle Lutheraner, Reformirten und Unirten nun

29 zusammenfallen müssten in Eine große verbrüderte Kirche ohne Spaltung, alle in Einigkeit dcö Friedens nun als Brüder leben aber davon haben wir in des theuern Mannes Rede

würden;

weil es leider!

nichts gefunden,

hervorgeht.

aus diesem Bekenntniß nicht

Wir wünschen von Herzen dem Manne, vor dem

wir in hoher Ehrfurcht und Liebe uns beugen,

auf den wir ge­

wohnt sind, seit jener Generalsynode von 1846, als auf einen rechten Hort unserer Kirche zu schauen und

in dem wir einen

Verfechter der presbyterianischen Kirchenverfassung verehren, daß

ihm diese rasche neue Bekennung der augustana, wodurch er sich von dem bei weitem größesten Theil der Unirten unsrer Landes­

kirche, die nichts vom Bekennen des consensus wissen, loszusagen scheint, nicht noch manche trübe Stunde machen mag, vor allen

daß ihm recht bald ein wahrer Gewinn für die unirte

aber,

Kirche daraus erwachse, die sich seit Entstehen des Kirchentages

nur lauter Verluste und Unterdrückungen anrechnen kann. Als dritter Redner trat Hr. Dr. Krummacher auf, von

dem wir hören, daß er die deutsch-reformirte Kirche zu ver­ treten die hohe Ehre habe.

treten?

Nun, wie hat er sie denn ver­

Wie hat er denn ihren großen Reformator Zwing!

vertreten? Denn er kann doch als Vertreter der reformirten Kirche Er nennt ihn mit

mit dem improbant nicht zufrieden sein.

keiner Sy lbc.

Hier wäre es am rechten Orte gewesen, Zwingli's

verworfener Abendmahlslehre zu gedenken, und hier hervorzuheben,

daß

eben

sein

männliches,

treues

Festhalten

an

dem

Worte der Schrift ihn veranlaßte gegen Luther aufzutreten,

aber mit jener Sanftmuth und Liebe zu sprechen, thers Herz erweichte.

die selbst Lu­

Denn, man gebe der C. A. einen Sinn,

wie wir ihn für fromm und herrlich darstellen möchten,

doch immer wahr:

daS ist

die Gegenwart des wahren Leibes und

Blutes Christi im Abendmahl kann wohl gefolgert werden wie Landgraf Philipp sagte durch Glossen,

aber ist durch kein

30 Wort der Schrift wahrhaft bewiesen und Zwingli konnte Lu­ ther immer entgegen rufen:

Und Worte Jesu

Schrift har!

Christi wie: daS thut zu meinem Gedächtniß! und Wer mein Fleisch isset und trinket mein Blut, der hat das ewige Leben rc. brauchen nur deS rechten Verstandes und Erwägung der großen

Herrlichkeit,

die ein Gedächtnißmahl Jesu Christi des

Gottessohnes, der bei uns ist alle Tage, in sich schließt und sagen dann unendlich mehr aus,

als die vulgäre Ansicht,

wozu man die Lehre Zwinglis herabwürdigcn will.')

Aber der

die deutsch-reformirte Kirche zu vertreten die Ehre hat, hat die Ehre nicht, Zwingli und den tiefen Inhalt seiner Lehre zu ken­ nen, sonst hätte er, ein so rüstiger Kämpfer, doch für den großen unsterblichen Reformator, dessen keiner auf dem Kirchentage

mit Dank und Ehrfurcht gedacht hat,

wohl

eine Lanze

brechen können. — Was sagt er aber von dem großen Romanen, Calvin?

„ES ist eine Thatsache, daß selbst Calvin unbedenk-

„lich und ausdrücklich zu dem deutschen Symbol, wie sein „Verfasser eö verstanden, sich bekannte."-)

Er sagt aber nicht,

daß Calvin auch die Ansicht Zwinglis immer treu geehrt und anerkannt hat und von dem Ausspruch nicht gewichen ist, daß die

Elemente im Abendmahl ewig Brodt und Wein bleiben;

er hat

nicht betont sondern verwischt, daß Calvin nur der Variata der Konfession zugestimmt und daß er die spätere treffliche con-

fessio gailican.i als das wüthigere, mächtigere und vollständigere Bekenntniß angesehen hat. Sonst möchte ich auch die sechs Thatsachen, die Hr. vr.

Krummacher von der deutsch-reformirten Kirche anführt, noch lange

*) Vgl. die so wenig bekannte Abhandlung von Eltester: Gedanken und

Bedenken zur Lehre vom Abendinahl. 1847.

Monatsschrift für die unirte Kirche.

S. 214.

’) Muß spater geändert sein.

Dr. Henry sagt:

es ist uns heut gesagt

worden, er habe die C. A. freudig unterschrieben.

31 nicht wörtlich unterschreiben.

Als Deutscher spricht er sich aber

so aus: „Ja, wer ist ein Deutscher, und die Augustana mit ihren

„ehrlichen und „Mutterlaut,

tapfern Artikeln heimelt ihn nicht an wie

tönt nicht zu ihm herüber wie Gruß der Hei-

„math? DaS Herz der deutschen evangelischen Kirche

„pulsirt in ihr.

Wir können sie nicht verleugnen, ohne

„unser germanisches Blut zu verleugnen. — Der Deutsche,

„der sich zu entschließen vermöchte,

das Bewußtsein,

„jenem 25. Juni mit bekannt zu haben, aufzugeben,

an ver-

„äußerte mit demselben die köstlichste Perle in seiner nationalen

„Krone."

Melanchthon ist meines Wissens nur seiner lateinischen

nicht seiner deutschen Schreibart wegen berühmt und bic augustana ist trotz aller inneren Trefflichkeit kein Musterbild deut­ scher Rede, wie schon der erste Satz der Vorrede jedem gebil­

deten deutschen Ohre kund thut.

Man suche doch nicht, wo andre

Vollkommenheiten herrlich glänzen, da hohe Vorzüge, wo sie nicht

sind.

Und wer nun unglücklicher Weise die Confesston in der

schönen lateinischen Uebersetzung unterschrieben, aber die augustana

ihn doch nicht wie Mutterlaut angeheimelt hätte, „hätte die köst„lichste Perle in seiner nationalen Krone verloren!"

Herr Dr. Stahl endet mit seinem Bekenntniß.

Er bekennt

sich zur augustana vor Allem nach ihrem positiven Inhalt, da

sie den Glauben an den dreieinigen Gott aufs neue bekräftigt und da sie die dem Menschen von Gott gegebene Heilsordnung

verkündet: nämlich daß wir gerechtfertigt werden allein durch den

der durch seinen Tod Gott ver­

Glauben um Christus willen,

söhnet und für unsre Sünde genug gethan! Dazu freilich beken­ nen wir uns auch und ehe wir die augustana kannten durch

die heilige Schrift und nur,

das große Zeugniß Gottes,

weil es heil. Schrift war,

konnte es

„nicht als Form und

32 „Fassung,

nicht als Sprech- und

Vorstellungsweise des 16ten

„Jahrhunderts, sondern als Inhalt rind Wesen und Wahrheit für „alle Zeiten gelten."

Daß aber es mit jedem Worte in der

confessio so sei, ist damit doch nicht bewiesen und daß, wo man

mehr will als die augustana, aber auch, was sie übereinstimmend mit dem klaren Worte Gottes will

„sich außerhalb des Glau-

„bensbandes befinde und ein Sektirer, Rationalist, Halbrationalist „sei,"

den wir auf keinem.Fall Herrn

ein Schluß,

das wäre

Dr. Stahl zugeben würden. Weiter bekennet sich Herr Dr. Stahl

„wie sich von selbst

„versteht zur A. C. in dem Sinne und nur in dem Sinne der

„lutherischen Kirche, namentlich was die Lehre von den Sacra„menten überhaupt und insbesondere vom Sacramente des Abend-

„mahlS betrifft.

Die Gegenwart des wahren Leibes und Blutes

„Christi im Abendmahl und die Durchdringung „und Natürlichen,

deS Göttlichen

daß sie in, mit und unter dem Brodt und

„Wein durch mündliche Nießung empfangen werden,

erkenne

„ich für den allein wahren Sinn des Art. 10, ja selbst für „seinen unzweideutigen Ausdruck, da er sagt: „daß wahrer Leib und Blut Christi wahrhaftiglich unter der

„Gestalt des Brodtes und Weines im Abendmahl gegenwärtig „sei und da ausgetheilt und genommen wird."

In dem Artikel selbst ist von dem Durchdringen des Gött­

lichen und Natürlichen und von dem in und mit demBrodt und Wein und von der mündlichen Nießung des wahren Leibes und Blu­

tes, was immer dunkel bleibt, nicht wörtlich die Rede, aber ich

bin mit dem Hrn. Dr. Stahl vollkommen einig, daß Luther durch Glossen eS so verstanden hat.

Man siehet hier recht deutlich, daß

der Grund, warum man sagt: die Schrift sei kein Symbol!

auch aus die augustana paßt,

denn sie ist eben so unklar als

dunkle Stellen der Schrift nur sein können.

Das also hat Hr.

Dr. Stahl vor den andern Bekennern voraus, daß er in diesem

33 Artikel sich frei und ganz zur augustana bekennt. meine ich,

Gottes,

Aber hier

hier steht die auguslana

nicht auf klarem Wort

dem Bekenntniß

von der Versöhnung durch

wie

bei

Christus hat nichts geredet von in, mit und unter

Christum.

dem Brodt und Wein,

nichts

von einer Durchdringung des

Göttlichen und Natürlichen,

nichts vom wahrhaftigen Ent­

haltensein deS wahren Leibes unb Blutes Brodtes und Weines, irgendwie

unter der Gestalt des

nichts überhaupt von einem Genießen

körperlichen Fleisches

und Blutes.

Das,

was der Gläubige im Abendmahl zu seinem Seelenheil thun kann,

ist umfaßt im Worte des Herrn:

das thut zu meinem Ge­

dächtniß, zu welcher andern Gemeinschaft wir mit ihm durch das Abendmahl gelangen, das ist nur dein Gemüthe klar, das des

Herrn Wort in sich aufnimmt: trinket mein Blut,

iss et und

wer mein Fleisch

der hat das ewige Leben und daß

dies ein gläubiges und geistiges Essen und Trinken sein muß

und nach meiner Meinung über alles Körperliche

und Ir­

dische weit hinauSgehet, davon bin ich durch den ganzen Zu­ sammenhang der Rede Jesu Christi überzeugt. Glauben

nicht

auf menschliche Worte

Ich gründe meinen

und

Ansichten,

sondern demüthig auf das Wort meines Herrn und Erlösers und frage nicht, weil ich auf ihm stehe, ob das Luther oder Melanchthon, Zwingli oder Calvin gesagt hat? Der Herr, der uns alle richten

wird, wird mich nicht verdammen, weil ich seinem Wort mehr getraut als dem spitzigen Worte der Menschen. — Darum kann ich die Augöburgische Confession nicht annehmen wie Herr

Dr. Stahl, aber ich verdamme keinen, der in dieser so wichtigen Sache anders glaubt und würde freudig mit jedem, der nur auch

hier Christum als den Herrn deS Heils, als den,

der bei ihm

ist alle Tage, bis er ihn stellen wird vor seinen Richterstuhl, den Bund einer verbrüderten, vereinigten, evangelischen Kirche, oder welchen Namen man statt der unirten erfinden mag, abschließen.

3

34 Dahin aber geht Herrn Dr. Stahls Sinn nicht. fort:

„Jede davon abweichende

andere

oder

Erfährt

minder bestimmte

„Fassung oder Auslegung, wäre es auch die von Melanchthon „selbst zugcstandenk, halte ich für eine wirkliche Veränderung „der Augsburgischen Confession und für Einbuße an wah-

„rer und tiefer Erkenntniß und an eigentlich kirchlichem ChaEr erklärt also Dr. Nitzsch und Dr. Krummacher

„racter."

und andere von vorn herein als die,

welche eine wirkliche Ver­

änderung der augsburgischen Confession vorgenommen, erkennt sie also nicht als die an, welche die augsburgische Confession voll­

wichtig unterzeichnet haben und das kann man auch ganz kon­ sequent finden, nur freilich, wie man dann doch eine Gemein­

schaft mit ihm bei und trotz dieser Erklärung abschließen konnte,

verstehe ich nicht.

Aber nun geht Hr. Dr. Stahl auch noch viel

weiter und erklärt: „Darum so lange die reformirte Kirche hierin

„nicht die

lutherische Lehre annimmt,

halte ich es für

„Pficht und Gebot, das lutherische Kirchenwesen überall

„— und

auch in einer geeinigten

evangelischen Landeskirche

„und unbeschadet ihrer Einigung (?) — als ein unter­ schiedenes,

selbstständiges, seiner selbst sicheres

und mächtiges

„aufrecht zu halten, zum Zeugniß und zur sicheren Erhaltung „jener Wahrheit und alles dessen, was mit ihr gegeben ist.

Von

„dieser Pflicht will ich nicht weichen!" Dies haben sich also auch die Vertheidiger der reformirten und der unirtcn Kirche ganz geduldig ins Gesicht sagen lassen? Ja, das ist

der Aufschluß dessen, was Hr. Dr. Stahl mit allen Kirchentagen

erreichen will.

Aber nicht, wie er sagt: unbeschadet der Eini­

gung einer geeinigten evangelischen Landeskirche, sondern zum

ganzen völligen handgreiflichen Ruin ihrer Einigung. Und ist denn das wahrhaft recht in einer geeinigten Kirche

Oberkirchenrath zu sein und doch für seine Pflicht anzusehen, das

lutherische Kirchenwesen überall zum Zeugniß und zur

35 sichern Erhaltung jener Wahrheit aufrecht zu halten, so lange die

reformirte Kirche jene lutherische Lehre nicht annimmt,

also

ganz das zu üben, was in der vereinten Kirche als grader Gegensatz

verboten ist

Friedrich Wilhelm III.

deutlich lehren?

wie

die Cabinetsordren der Könige

und Friedrich Wilhelm IV. es klar und

Herr Dr. Stahl weiß es sehr gut, was eine

geeinigte Landeskirche ist, aber auch was sie nun bei uns werden

soll, nämlich eine lutherische.

Es ist nicht wahr,

daß die

geeinigte Landeskirche in Preußen aus drei Kirchen, aus

einer lutherischen,

immer ganz

rcformirten und geeinigten,

wie jetzt

ungescheut gesagt wird, bestehe, sondern mit aller

möglichen Schonung

einzelnen persönlichen Glaubens besteht sie

nur aus einer geeinigten oder unirten Kirche und es giebt keine lutherische und reformirte Kirche, wenn sich auch noch einzelne Gemeinen

in Wittenberg:

fänden.

Aber Hr. Dr. Stahl sagte 1848

was nicht ist kann noch werden!

und er hat

freilich seit jener Zeit schon viel erreicht! So hat man, unerhört in der Kirche, wo die Einigung aufrecht erhalten werden soll! bei einigen Behörden gefragt, ob sie lutherisch oder reformirt wären? Das hätte kein in der

unirten Kirche Beamteter beantworten sollen,

das hätte man zu

fragen nicht wagen sollen, wegen der schlimmen, bedenklichen Folgen. Denn warum ist man mit jenen Fragen nicht weiter gegangen?

Warum hat man denn das Haupt, den großen Schutzherrn unserer

Kirche, des Königs Majestät, nicht gefragt, ob der erhabene Mo­ narch lutherisch oder reformirt sei?

entscheidend sein.

und das müßte ja vor allen

Nach dem gewöhnlichen Verfahren müßte Hr.

Dr. Stahl des Königs Majestät als reformirt erklären und das wäre doch gefährlich gewesen; denn so lange die reformirte Kirche

die lutherische Lehre vom Abendmahl nicht annimmt und daS wird und kann sie als reformirte niemals,

kann sie Hr. Dr. Stahl

von seiner Ansicht aus nur als falsch lehrende erkennen.

3*

Herr

36 Dr. Stahl aberwirkt als entschiedener und alleiniger Luthe­

raner im Oberkirchenrath, der geeinigten Landeskirche und dem hohen Könige selbst entgegen,

unbeschadet ihrer Eini­

gung fort, denn wenn alle lutherisch werden, von keiner andern als

der lutherischen Kirche die Rede ist, das schadet der Einigung nicht, aber die Union wird dann gründlich und absichtlich vernichtet. Das nun konnten die entschiedenen wahren Anhänger der Union,

nachdem die Lutheraner aus Pommem noch durch ihre schiefe Darstel­

lung bei des Königs Majestät eine Cabinetöordre erwirkt hatten, nicht so ertragen, besonders erreichten die aus Pommem bei dem hohen

Monarchen eine Audienz, deren Erfolg die Cabinetsordre vom12.Juli

war, wo es unter andern heißt: „Ich erwarte, daß von dem evange„lischen Oberkirchenrathe und den Consistorien dieser Gestchts-

„punkt stets fest gehalten und allen damit nicht vereinbaren Fol-

„gcrungen,

welche aus Meiner gedachten Ordre (vom 6. März

„v. I.) gezogen worden sind,

der Gesichtspunkt

„daß es

entgegengetreten werde.

nicht Meine Absicht

sei

(Nämlich die

von

„Meinem in Gott ruhenden Herrn Vater begründete Union der „beiden evangelischen Kirchengemeinschaften zu stören oder gar

„aufzuheben.)

Insbesondere

aber muß auf das Gewissen-

„hasteste darüber gewacht werden,

daß nicht durch confessio-

„nelle Sonderbestrebungen die Ordnung der Kirche untcr-

„graben

werde

und

nicht,

wie

es

vorgekommen

sein

soll,

„Synodal-Versammlungen, ja sogar einzelne Geistliche beschließen

„die

Bezeichnung

„Unions-Ritus

als

evangelische

aufzugeben." —

Gemeinden

und

den

Wie stimmt nun gegen

diese klaren und deutlichen Befehle vom 12. Juli die Erklämng des Hrn. Ober-Kirchen-Raths Dr. Stahl vom 20. September?

Auch ist jetzt die evangelische Kirchenzeitung schon geschäftig, an

dieser Königl. Cabinetsordre die Kunst der Deutung anzuwenden *)

') Man lese nur E. K. Z. No. 77. S. 745. 746. 1853. und S. 783.

37 und mit offenbarer Verdrehung das Gegentheil der befohlenen Aufrechterhaltung der Union zu beweisen.

Wenn nun Hr. Dr. Stahl nach dieser offnen Erklärung noch

hinzufügt: „Aber das hält mich nicht ab, mit den Nnirten, welche „bekennt» iß treu

„erklären"

blos

diesen Lehrunterschied für unwesentlich

(alle andern Unirten sind als Bekenntnißlose

natürlich verworfen) „in Gemeinschaft die Augsburgische Eon«

„fession im Uebrigen zu bekennen;" so kann ich mir wohl Gründe

denken, welche ihn dazu veranlassen;

aber nimmer, daß das eine

wahre und aufrichtige Freundschaft sei, sondern eine, die mit Unirten nur dazu geschlossen wird, damit man von ihnen ungehindert in der geeinigten Landeskirche die lutherische herstellen kann, unbeschadet ihrer Einigung!

Nun war die Meinung des Herrn Dr. Stahl ausgesprochen

und wäre nicht noch die Form der Abstimmung nöthig gewesen, so hätte man hier schon schließen können, Anderes als das Gesagte,

und wären eS Worte vom Himmel gewesen,

konnte

doch

nicht

mehr beschloffen werden.

Schon die Bestimmung, daß man den Rednern keine Zeit vorschreiben wolle,

jedoch

seien

sie dringend

um die äußerste

785 in No. 79 und 80. 1853. u. a. — In der Letzten Abhandlung sagt der Verfasser:

was wir nicht zu thun haben a. v?r allen Dingen uns zu hüteu

vor irgend welcher Bitterkeit im Herzen;

b. der Gedanke an ein Ausgeben

der Hoffnung für die lutherische Sonderentwicklung — oder gar ein Uebertreten zu den separirten Lutheranern darf nicht einen Augenblick in unserm

Herzen Platz finden;

c. es darf der Gedanke nicht in uns aufkommen, daß

wir unsre Gemeinen in unsern Kampf um Ausgestaltung der lutherischen Kirche direct hineinziehen.

Das ist nicht Sache der Gemeinen

und würde der sicherste Weg zur gänzlichen Zerspaltung

fessionellen Angelegenheit sein.

der con-

Nachher will er aber z. B. erklären, daß er

selbst und seine Gemeine vonRechtß wegen eine lutherische sei und

mit Gottes Hülfe bleiben wolle und daß dieser Rechtsbestand seiner Gemeinde von einer Petition der letzteru unabhängig sei und kirchenrecht­

lich feststehe. — Das heißt dem Apostel gehorchen und der obigen Cabinets-

ordre!

38 Kürze in ihren Vorträgen gebeten, war höchst bedenklich.

Hätte

man bei solcher Versammlung nicht noch den ganzen folgenden, vielleicht mehrere folgenden Tage auf eine so wichtige Besprechung wenden können, und kamen nicht die allerbedcutendsten Sätze vor,

wie vom Anwalt Hr. Dr. Th eß mar aus Cöln: „daß man über den

„Antrag gar nicht abstimmen solle, denn die Reformirten könnten „sich nicht verschweigen, daß wenn sie zu der Thesis, wie sie früher

„gewesen (?) Ja und Amen sagten,

sie ihre ganze Vergangen-

„heit, Gegenwart und Zukunft verleugnen müßten!" und vom Herrn Prediger Dr. Henry der Vorschlag eines consensus,

wie ihn von Herzen jeder protestantische Christ annehmen könne;

aber auf Veränderungen der vorgelegten Resolution konnte der Vorsitzende nicht eingehen und in einer so wichtigen Angelegenheit

sei es unmöglich Beschlüsse zu improvisiren.

Und schon als der zweite Redner zu sprechen anfing, bemerkte der Vorsitzende,

man müsse das Zeitmaaß für die Redenden auf

1 0 Minuten bestimmen, denn was konnte man noch wichtiges

für den Beschluß hören, dagegen aber wollte man nichts hören.

So konnte,

nachdem noch zwölf geredet, vor allen Dr. Henry

und Prof. Merle d'Aubignö, Dr.Müller undPrälatv. Kapff,

Hr. Dr. Stahl abschließen: „Cs wird bei der künftigen Abstim-

„mung sich durchaus nicht handeln um die Gegenanträge, die „gemacht worden sind, als z. B. uns gemeinsam uicht zur Augs„burgischen Confession,

sondern zum Princip des Protestan-

„tiSmus zu bekennen.

Solche Gegenanträge sind nach der An-

„kündigung, die das Präsidium von vornherein gab, unzulässig. „Rur die Proposition des Ausschusses kann zur Abstim„mung

kommen und

die Frage ist einfach

nur:

Ja!

oder

„Nein!"

Also dies stand fest, man mußte Ja oder Nein stimmen und

Nein stimmen? man konnte ja Vieles gegen die augustana haben,

aber sich gradezu gegen sie erklären und Nein sagen, das wollte

39 man doch auch nicht.

Aber man hätte Ja sagen können und auf

Dr. Nitzsch oder Dr. Müllers Seite treten,

der unter andern

gesagt hatte: „es bleibt natürlich vorbehalten, was sich von selbst „versteht,

daß diese Zustimmung zur Augustana,

sofern sie eine

„den ganzen Kirchentag umfassende ist, natürlich auf die invariala

„in ihrem Gegensatze zu der variala kein Gewicht legen kann,

„denn nur in dieser Weise können unsre reformirten Brüder „und wir uns zur Augustana bekennen und nur unter dieser

„Bedingung kann unsre Zustimmung eine wahrhafte, gewissen-

„hafte und freudige sein."

Das war aber Herrn Dr. Stahls

Meinung gradezu entgegen.

Darum erklärt er noch: „Grade im

„Gegentheil ist es die Fassung der Proposition,

daß man als

„gemeinsames Glaubensbekenntniß nur die Augsburgische Confession

„von 1530 bekennt und die Variata den Reformirten und resp. „Unirten blos als ihr besonderes Bekenntniß,

eben so wie der

„Heidelberger Katechismus, vorbehalten ist und würden die luthe­ rischen Mitglieder des Ausschusses nie darein gewilligt

„haben,

sich zu einer Augustana zu bekennen, wobei es jedem

„überlassen bliebe, ob er darunter die Jnv ariata oder Variata

„verstehe."

Aus den noch übrigen Worten seiner Rede erwähne

ich nur noch Folgendes: Es sei ihm nicht in den Sinn gekommen, eine größere Einheit der beiden Konfessionen auszudrücken

und zu bewirken, als die jetzt besteht. gation gegen Rom vor.

Man halte immer die Ne­

Das sei der schwerste Vorwurf, den

man uns mache, daß wir in nichts einig seien als in dieser N egation.

Vor 40 Jahren war die protestantische Kirche einig in

der Negation gegen Rom, ich möchte aber nicht Glied einer solchen

Kirche sein, wie es damals die protestantische war.

Das

aber würde durch das gemeinsaine Zeugniß für die C. A. bekundet,

daß das Wesen der evangelischen Kirche nicht die Negation des Katholicismus ist, sondern die mächtigste Position, die tiefste Ergreifung des uralten ökumenischen Glaubens der Chri-

40 stenheit. —

Also nicht die große Lehre

von der Rechtfer­

tigung durch den Glauben an Christum? noch von den Reformirtcn an:

beim Wkstphälischen Frieden

Dann führt er

„Der Kanzler Orenstierna habe

gesagt,

Churfachsen und Genossen

halten wir für unsre Glaubensgenossen und Lutheraner,

Chur-

brandenburg und Genossen halten wir für Calvinisten, die ganz andre Leute sind?)

In diesem Geiste hat man denn auch jed­

wedes gemeinsame Bekenntniß mit den Resormirten, auch zu dem,

was man wirklich gemeinsam glaubte, verweigert und sie gänzlich aus dem consortium Augustanae Confessionis ausgeschlossen.')

Das stände jetzt anders, doch könne man dessen ungeachtet nicht

in die Union willigen.

Die sei bis jetzt hauptsächlich der Deck­

mantel für den Unglauben und die Bekenntnißlosigkeit,

auch die auf den Consensus gegründete, und der aufs Haupt geschlagene Rationalismus suche seine Zuflucht auf ihrem Ter-

nun.

werde

Dem

durch

das

jetzige Bekenntniß

ein

Damm

gesetzt."

Man sieht leicht, daß man wieder ein Buch schreiben müßte, um

daS hier

widerlegen.

so obenhin als

feste Wahrheit Angenommene zu

Ich will nur einen Punkt näher ins Auge fassen.

Das ist der schwere Vorwurf, der die protestantische Kirche treffe,

daß sie in der Negation gegen Rom

einig sei,

denn ich

glaube vielmehr: es giebt keinen härteren Vorwurf gegen die pro­

testantische Kirche als den,

daß sie in der

Negation

gegen

Rom nicht einig sei, daß man es lieber mit den Jesui­

ten halte als mit den Unirten und Resormirten und eSkann nicht geleugnet werden, daß der Kirchentag durch solche Reden diese Schmach auf sich gezogen hat.

Hr. Dr. Stahl sagt: „vor

') Wie wird beim her Kanzler sie Gemahlin seines Königs des großen Gustav Adolf, die eine brandenburgschc Prinzessinn war, angesehen

haben? Sie war wol lutherisch geworden. •') Wie stimmt beim bas mit Hrn. Dr. Krnmmachers Rebe?

41 „40 Jahren war die protestantische Kirche einig in dieser Negation, „aber ich möchte nicht ein Glied solcher Kirche sein."

nicht

wie genau er rechnet,

1813.

Ich weiß

aber vor 40 Jahren schrieben wir

Das war das glorreiche Jahr der Erhebung unsres

Volkes aus tiefer Sklaverei und kein herrlicheres, keines, das von

höherer Gemeinschaft zwischen Könige und Volk zeugte, hat die Ge­

schichte je in ihre Blätter verzeichnet.

Damals schwiegen vor den

hohen vaterländischen Gefühlen alle religiösen Streitigkeiten und

Katholik und Protestant verbanden sich in rechter Treue gegen

den ausländischen Dränger und stürzten seinen Thron und führten den Papst aus seinem Gefängniß zurück nach Rom. Es kam also zu jenen Fragen nicht;

aber freilich, wenn man die

Frage hätte thun müssen, es konnte, wie auch zu jeder Zeit, der Protestant keine andre ^Antwort geben, als daß er eins sei in der

Negation gegen Rom, wie doch auch nicht die Verfasser der C. A. eine andre Antwort geben konnten, wenn sie nicht gradezu sich

als Ketzer

erklären und dem Kaiser sich

selbst überliefern

wollten. — Ein anderes Mitglied des Kirchentages, der Vorsitzende Geh. Ober-Regierungörath Hr. Dr. v. Bethmann-Hollweg erwähnt auch in seiner Einleitungsrede der Zeit vor 40 Jahren

als einer,

„da nach harter Züchtigung viele Herzen,

die in der

„Nacht des Unglaubens dem Herrn entfremdet worden oder gegen „ihn erkaltet waren, „gezogen wurden."

durch seine Gnade zu neuer Liebe zu ihm Das scheint doch nicht eine Kirche zu sein,

von deren Mitgliedschaft man sich ausschließen müßte. Ich

weiß nicht,

bei wem Hr. v. Bethmann-Hollweg damals

„zum

„ersten Male das Evangelium in seiner ganzen Einfalt und Lieb„lichkeit mit überschwenglicher Freude" gehört hat, aber wohl hat

es damals so, der begabteste Redner jener Zeit, mein edler Lehrersund

Freund Schleiermacher, nicht ins Ohr geredet, sondem schon

damals laut und herrlich von denDächern verkündigt und ne­ ben ihm schon damals alle seine Zuhörer, und d erselb e Mann stand

42 mit August Neander an der Spitze der Theologen unsrer Uni­

versität und dieselben großen Männer waren unter denen, die vor 36 Jahren, 1817, mit allen Geistlichen Berlins und der Universität

Berlin,

die Union

der protestantischen Kirche als einer

ungetheilten, — wie König Friedrich Wilhelm III.

es also be­

stätigt hatte, nicht eine lutherische, reformirte und unirte getheilte, sondern die lutherische und reformirte Kirche als eine verbun­

dene nun vereinte Kirche, — in herrlicher Verbrüderung feierten und gemeinsam miteinander das heilige Abendmahl nach neuem Ritus begingen.

An solcher Kirche kann Hr. Dr. Stahl, der

nur die strenge lutherische anerkennt, darum die unirte Kirche erst in drei theilt und mit der reformirten und der unirten, die

schon in bekenntnißtreue und bekenntnißlose nach seiner Auffassung

zerfallen ist, bis zur völligen Einrangirung ins Lutherthum noch

Geduld

hat,

freilich

keinen Theil nehmen und

kann

Gott

danken, daß er ihn nicht 1817 an seine jetzige Stelle gesetzt

hat. — Es wird aber auch jeder Unpartheiische einsehen, daß ein Unirter kein Unrecht begeht, wenn er an einem solchen Kirchentage, von dem man deutlich sieht, daß er zum Verderben

seiner Kirche berufen ist, keinen Antheil nehmen kann. Nachdem nun noch Hr. Geh. Rath v. Bethmann-Hollweg

erklärt „daß nur eine Abstiminung über den vorliegenden Antrag „erfolgen und

von einem anderen Anträge nicht die Rede sein

„könne um so mehr, als ihm kein Antrag schriftlich zugekommen

„sei" und nachdem gesagt worden die nähere Erklärung, die z. B.

Hr. Dr. Müller gegeben, wie sie der Resolution beitreten könnten,

sei einem modificirten Anträge keinesweges identisch

und Herr

Dr. Stahl meinte, er habe keinen tadeln wollen, der seine Motive angegeben, nur habe er sie nicht als Auslegung für den gemeinsamen

Beschluß gelten lassen können, da der Kirchentag sich allein für den Wortlaut erklärt und daher für den Sinn, den dieser in sich selbst

trägt. Als nun gegen solche klare Darlegung von Niemand eine Ein-

43 spräche erhoben wird,

so wird nun zur Abstimmung geschritten,

ohne daß man doch den Zusatz wegstreicht:

„Das Resultat der-

„sclben ergiebt eine einhellige und fast einstimmige Zustim„mung."

Eine fast einstimmige Zustimmung zu einer Resolution,

wo der folgende Ausnahmsartikel

durch und durch vorher

widerlegt und in seiner Kraft zerbrochen ist, wahrlich! das ist mehr

als man

erwarten kann,

erwarten kann selbst von einer

Synode, wo doch Resormirte und bekenntnißtreue Unirte

mitgetagt haben. Was wird nun werden?

Das liegt in der Hand des Ewigen, der allein weiß, ob die Liebe, die aus dem Glauben hervorgeht, oder ob der strenge con-

fessionelle Geist, der keine andre Meinung, auch die frömmste nicht, neben sich gelten läßt, die Oberhand gewinnen soll. — Wird Hr.

Dr. Stahl noch ferner

auf die unirte Kirche einwirken und von

dem, was er für seine Pflicht erklärt hat, auch der CabinetSordre entgegen, nicht weichen, so wird er wahrscheinlich mit einem Be­

kenntniß,

daS

der Kirchentag angenommen hat und wobei der

Zusatz wegbleibt, zuerst alle Kandidaten lutherisch machen, keine Professoren als lutherische bei der Universität anstellen, die Gym­

nasien lutherisch und eins und das andere im Anfang noch refor-

mirt machen,

die linkten Gemeinen durch Pfarrer,

die sie nicht

fragen, für lutherische erklären, die unkten Superintendenten all­ mählich in lutherische verwandeln u. s. w., dann wird man doch

sehen, daß ein deutscher Kirchentag im preußischen Lande seine bedeutenden Folgen habe.

Aber ich habe auch

aus

den Verhandlungen

des

sechsten

deutschen evangelischen Kirchentages zu Berlin noch große Hoff­

nungen geschöpft, helms III.

daß die Union,

die Kirche Friedrich Wil­

nicht untergchen werde.

Das scheint wohl zu

kühn! Aber man hat Dr. Hoffmann zum Präsidium hinzutreten

44 lassen,

der eine einleitende Predigt gehalten hat,

die einer Ver­

sammlung würdig war, welche sich zu einer gemeinsamen Union des protestantischen Glaubens, nicht zu einer ausschließend luthe­ rischen, verbinden wollte. „Die Einheit des Geistes in Christo"

ist sein schönes Thema über Eph. 3, 4—7, für dessen Ausführung

wir ihm innig danken.

Wie trefflich sagt er von Christo:

„lange Er derselbe bleibt,

„So

gestern, heute und in Ewigkeit, mögen

„hienieden in der Kirche auch die Gestalten wandeln, die Ansichten

„vergehen, die Begriffe zerstäuben, die Systeme sich auflösen und

„neu sich fügen und krystallisch ordnen, mögen die Kirchen sich „sondern und vereinen, — wer an Ihm haftet, dem Einen Herrn,

„der lebet und bleibet.

Wer aber sondert und trennt ohne Ihn,

„wer vereinigt und bindet außer Ihm, der treibt ein nichtig Werk, „ein leeres Spiel und auch unser Rath, wenn wir ihn ohneJm-

„manuel beschlössen, hätte schon daS Urtheil: „daraus!"

es werde Nichts

Das kann wie die ganze Predigt nicht umsonst

gesagt sein und nicht enden mit einem Kirchentag, der nur neue

Verwirrung in die Kirche bringt! Dann haben mich getröstet viele Redner, die deutlich mir

zugerufen:

wir find eins in Christo,

Es hat mir um Hrn. Dr. Henry im

deinen Brüdern! —

Herzen weh gethan.')

eins mit dir und

Er fordert für feine reformirten Brüder statt

der kalten Worte im Programin (kein Eintrag soll ihnen gesche­

hen!) einige brüderliche, anerkennende.

Die Konföderation aller

protestantischen Kirchen sei ja der ausgesprochene Zweck und die Pflicht deS Kirchentages.

Christus

wolle ja Einheit und habe

in seinem letzten Gebete für dieselbe gefleht; und redet noch viele

herzliche und viele tiefe gelehrte Worte und am Ende ein schön

christliches;

aber Alles hilft nichts, er will ja die gallicana die

') Er ist am 24. November entschlafen iiitb steht nun vor einem anderen Kirchentage, wo ihn sein Herr hören wird.

45 undeutsche und reformirte, beachtet wissen.

„In einer so wichtigen

„Angelegenheit sei es unmöglich Beschlüsse zu iinprovisiren." Aber die Union ruft auch die französisch rcformirten Brüder mit

aller Herzlichkeit der Liebe unter ihre Fahne und steht auch auf dem reformatorischen Bekenntniß der gallicana, worauf die Con­

föderation nicht steht.

Wie viel gegen die Rede des Herrn Prof. Dr. Müller in Halle auch nachher gesprochen wird und daß an eine Anerkennung der variala die lutherischen Mitglieder der Coinmission nicht ge­

dacht hätten, so haben doch die nicht lutherischen und alle unter

den Zuhörern die ihrer Meinung waren, dies nicht als ihre Mei­ nung angenommen, und weil nach Hrn. Dr. Stahl ein Annehmen der augustana, ohne den 10. Art. im lutherischen Sinne zu

fassen, kein wahrhaft gläubiges und rechtes ist: so kön­ nen wir das Annehmen der augustana vom Kirchentage, trotz der

fast einstimmigen Zustimmung, wie ja andre Redner,

wie Herr

Dr. Schenkel aus Heidelberg, auch Melanchthons Richtung beson­ ders hervorgehoben haben, nur in diesem Sinne und keinesweges

in Hrn. Dr. Stahls Sinne zugeben. Die milden Worte des Hrn. Prof. Merle d'Aubignv aus

Genf konnten nichts bewirken, da er in der gegenwärtigen Frage als auswärtiger Reformirter nicht stimmen wollte, eö hätte ihm

auch als einheimischer nichts geholfen.

Trost.

Aber mir waren sie ein

Mit solchem milden und frommen Manne, wenn ich auch

nicht in allen Lehren mit ihm buchstäblich wir in der innersten Seele eins.

übcrcinstimmte, sind

Er warnt bei

aller Liebe zur

augustana die Lutheraner, sieht also wie sie durch Annahme der

augustana bevorzugt werden, wünscht ihnen eine intime Verbrü­ derung mit dem Elemente der gläubigen, lebendigen, freien, refor-

mirten Kirche, er will nicht Union sagen, weil dies Wort einen

speciellen Sinn hat, aber meint doch die wahre echte Union. — Er fürchtet für die theure, lutherische Kirche das Ueberhandnehmen

46 eines traditionellen cereinoniellen hierarchischen Wesens, eine gewisse

Jsolirung, ein Zurückstoßen von anderen Kindern Gottes, die vom Worte Gottes doch leben und drittens, er fürchtet, daß der Luthe­

sich

ranismus

zu

sehr vom thätigen Leben zurückzieht.

Drum

möchte er die Gallicana oder die Helvetica oder die Heidel­ berg ensiS neben der Augustana zu gleichen Rechten hinstellen.

„Aber lasset uns Alle, die wir mit Blut erlöset sind aus allen

„Confessionen und bis an der Welt Ende, Eins sein im Vater, „im Sohne

und dem heiligen Geist."

Kann man schöner für

die Union sprechen?

Noch einen will ich nennen, Herrn Prälaten v. Kapff aus

Stuttgart, ein Kirchenhaupt der lutherischen Kirche in Württem­ berg.

Seine Hauptmittheilüng

ist der Inhalt der halbjährigen

Prediger-Konferenz vom 18. Mai d. I. in Stuttgart.

Da sagt

er unter anderem: „Wir wollen gute Lutheraner bleiben, aber wir „wollen

nicht meinen

die

lutherische

Lehre z. B.

vom

heil.

„Abendmahl sei die allein selig mach ende, wollen auch nicht

„vergessen,

daß

gar manche Reformirte zwar äußerlich in einer

„andern Kirche sind

als

wir,

aber innerlich

denken wie wir.

„Ueberhaupt liegt der Hauptunterschied auf dem Gebiet der fei-

„neren dogmatischen Bestimmungen und der schärferen Erklärung

„einzelner Bibelstcllcn.

Aber mehr als auf dieses konnnt es auf

„den Wiedergeburtsgrund der Seelen an und auf die Liebe „zum Heiland"

und

„darum

an den Hauptsachen festhaltend,

„reichen wir die Bruderhand jedem, der im lebendigen Glauben „deS Sohnes GottcS steht und nach dem Reiche Gottes vor Allem

„anderen trachtet, warten, bis der Geist Gottes über die trennenden

„Punkte ein volleres Licht giebt, und hängen indessen als Glieder

„eines Leibes durch das eine Haupt zusammen."

Ist das nicht

köstlich geredet mitten in einem lutherischen Lande und giebt uns das nicht Hoffnung, daß die wahre Union da schon alle Herzen

gewonnen habe und die Saat schon reif sei zur Erndte?

47 Damm wie es seit 1848 so anders geworden ist, weil man auf unbegreifliche Weise die Union, die seit 1817 bestand, dar­ gestellt hat als ob sie den Aufruhr begünstigt habe, während die treusten Vertheidiger derselben männlich gegen den gotteslästerlichen Strom der radikalen Umwälzungspartei gekämpft haben und in den Tagen, ehe äußre Hülfe kam, muthig von den Kanzeln daö Volk belehrt und die vom Volkswahne Angefcindeten redlich ver­ theidigt und sich keine Einschränkung kirchlicher Freiheit in eifrigen

Gebeten haben zu Schulden kommen lassen: so kann es auch wieder besser werden und eine andre und wahre Ansicht ins Leben treten.

Andre Kirchentage, wo ein freies nicht vorher abgemachtes

Wesen herrschen, sondern Alles in Liebe und Treue verglichen werden wird, werden auch kommen, und ich sehe sie, trotz der da­

gegen redenden lutherischen Orthodoxie, im Geiste voraus, wenn

ich sie auch nicht mehr erleben sollte. Der beste Trost, der uns bleibt, ist aber das hohe Werk

der Union selbst. Wir haben sie nicht gemacht, sondern sie war der natürliche Erfolg langer Jahrhunderte, auch was neu im Reiche des Herrn erwachsen war, sollte gesammelt werden zu seinem Ruhme und schöne Früchte zeugen. Da wurde es gefühlt, nach­

dem Gott in heißen äußern Kämpfen seine Streiter mit heiliger Liebe erfüllt hatte, daß doch die, die eines Glaubens sein konnten, sich in rechter Liebe vereinen müßten, daß nicht einzelne Worte und Erklärungen Luthers und Calvins, welche auch Jünger waren dessel­ ben Meisters, die Menschen noch feindlich von einander halten sollten, sondern sie alle die großen theuren Männer in ihrer herrlichen und

edlen. Kraft anerkannt und Luther und Zwingli, Melanchthon und

Calvin auf gleiche Weise anerkannt und verehrt werden sollten. Die­ sem hohen Beginnen, dem schon andre Länder vorangegangen waren, neigte sich auch unser edle Monarch, damals mit frischen Sieges- und

Friedenskränzen geschmückt, mit voller Seele zu und von dem was

48 er gegründet hat wird fein hoher Erbe und Nachfolger nicht seine Hand abziehen. Dagegen können wir noch an das rechte Aufblühen einer

lutherischen Kirche früherer Zeit nicht glauben. Unglaublich schwer wird eS sein nur eine lutherische Universität in unserm Lande zu gründen und noch viel unglaublich schwerer eine lutherische Con­

session mit strenger Consequenz aufzubauen und zu erhalten.

Der

große Gang der Bildung wird solch Menschenwerk nicht bestehen lassen und Alles soll sich nur beugen vor dem Herrn.

Darum bauen

wir auch hier darauf, daß das Werk des Glaubens und der Liebe

von Gott geschützt nicht vergehen wird, und rufen getrost mit Gamaliel: ist der Rath oder das Werk aus den Menschen, so wird es untergehen, ist es aber aus Gott, so könnet ihr es nicht däm­

pfen, auf daß ihr nicht erfunden werdet, als die wider Gott streiten

wollen.