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German Pages 315 [316] Year 1996
STUDIEN UND TEXTE ZUR SOZIALGESCHICHTE DER LITERATUR
Herausgegeben von Wolfgang Frühwald, Georg Jäger, Dieter Langewiesche, Alberto Martino, Rainer Wohlfeil
Band 54
Michaela Breil
Die Augsburger »Allgemeine Zeitung und die Pressepolitik Bayerns Ein Verlagsunternehmen zwischen 1815 und 1848
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1996
Redaktion des Bandes: Rainer Wohlfeil
Für Wieland
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Breil, Michaela: Die Augsburger »Allgemeine Zeitung« und die Pressepolitik Bayerns: ein Verlagsunternehmen zwischen 1815 und 1848 / Michaela Breil. - Tübingen : Niemeyer, 1996 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur ; Bd. 54) NE: GT ISBN 3-484-35054-7
ISSN 0174-4410
© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1996 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck und Buchbinder: Memminger Zeitung, Verlagsdruckerei GmbH, Memmingen
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1
1.1. Forschungsstand und Quellenlage 1.1.1. Literatur 1.1.2. Quellen 1.2. Fragestellung 2. Die Allgemeine Zeitung (AZ)
4 4 7 11 14
2.1. Die Verleger
14
2.2. Die Gründungsgeschichte der Allgemeinen Zeitung
20
2.3. Die leitenden Redakteure
23
2.4. Die Redaktionsarbeit
31
2.4.1.
Die redaktionelle Auswertung der Informationsquellen
31
2.4.2.
Der Redaktionsalltag
37
2.5. Das Programm der Allgemeinen Zeitung und ihr Leserkreis
42
2.6. Das Unternehmen »Allgemeine Zeitung«
47
2.6.1. 2.6.2. 2.6.3.
Der Postvertrieb Die Auflagenentwicklung Die Verlagsabrechnungen
47 56 62
3. Die Allgemeine Zeitung als Objekt staatlicher Aufsicht
69
3.1. Die Pressegesetze für »periodische Schriften politischen und statistischen Inhalts« 3.1.1. 3.1.2.
Die Pressegesetze des Deutschen Bundes Die Pressegesetze Bayerns und ihr Verhältnis zur Bundesgesetzgebung
3.2. Die Zensoren der Allgemeinen Zeitung 3.2.1. 3.2.2. 3.2.3.
Ausbildung und Lebensweg der bayerischen Zensoren Amt und Arbeitsalltag Das Verhältnis zwischen Redaktion und Zensoren
69 69 79 96 99 117 124
V
3.3. Die Mechanismen der Unterdrückung und ihre Folgen 3.3.1. 3.3.2.
3.3.3.
Methoden und Normen staatlicher Eingriffe Die innerredaktionellen Folgen staatlicher Zensur
129 129 137
3.3.2.1 Verkleinerung der Angriffsfläche: Die Selbstzensur durch Redaktion und Verleger 3.3.2.2 Verschwiegenheit und offene Drohung: Die sekundären Auswirkungen von Zensur
142
Die Beschwerde: Der Kampf der Zensierten um »angemessene« Zensur
148
4. Die Zensur der Allgemeinen Zeitung
137
151
4.1. Die Zensurverhältnisse bis zu den Karlsbader Beschlüssen 1819
151
4.2. Die Unparteilichkeit der Allgemeinen Zeitung und die restaurative Pressepolitik Bayerns (1819-1825)
158
4.3. Liberalismus versus monarchisches Prinzip - der Wandel in Ludwigs I. Pressepolitik (1825-1831)
169
4.4. Die bayerische Pressepolitik unter dem erneuten Einfluß Metternichs (1832-1837)
176
4.5. Konfessionenstreit und ausländische Beschwerden. Die Allgemeine Zeitung unter dem Ministerium Abel (1837-1847)
185
4.5.1. Vom Hannoverschen Verfassungsstreit bis zur Amtsenthebung des Zensors Perglaß 4.5.2. »Teutsch sei sie«. Die Allgemeine Zeitung unter der Zensur Adolf August Luffts
185 196
Exkurs: Die Allgemeine Zeitung und Preußen
211
4.6. Die Vorboten der Revolution (1847-1848)
219
5. Auflagenhöhe und Zensur. Pressepolitik im Spiegel des Abonnentenverhaltens (1815-1848)
225
6. Zusammenfassung
232
Abkürzungsverzeichnis
239
Anhang
240
Quellenverzeichnis
281
Literaturverzeichnis
293
Personenregister
307
VI
1.
Einleitung
In dieser Neuesten Weltkunde, wovon täglich ein halber Bogen in großem Quartformat erscheinen wird, verbürgen wir dem Publikum 1. Vollständigkeit [...], 2. Unpartheylichkeit [...] 3. Wahrheit [...]. Ankündigung der Neuesten Weltkunde1 Niemals darf es der Beurteilung des Redakteurs überlassen werden, welche bei dem Leser zu erzeugenden Schlußfolgerungen heilsam oder nachteilig sind; die Regierung allein ist dies imstande, und dem Redakteur einer Zeitung können dergleichen Darstellungen, Erläuterungen und Zusammenstellungen nur dann gestattet werden, wenn er von dem Gouvernement den Fingerzeig und die Richtung erhält. Metternich über seine Pressepolitik^
Diese beiden Zitate kennzeichnen den Zwiespalt, in dem sich die Publizistik im beginnenden 19. Jahrhundert befand. Auf der einen Seite war das Bedürfnis nach freier und unabhängiger Berichterstattung entstanden, das auf der anderen Seite durch die staatliche Zensur der Presse kontrolliert wurde. Die Allgemeine Zeitung, die zuerst unter dem Titel Neueste Weltkunde erschien, war in dieser Zeit eines der wichtigsten Blätter der deutschen Presselandschaft und stand deshalb besonders im Zentrum der staatlichen Aufsicht. Diese Tageszeitung war ab 1798 zuerst in Tübingen, dann in Stuttgart und ab 1803 in Ulm erschienen, bis sie schließlich 1804 mit Druckerei und Redaktion nach Augsburg übersiedelte und sich endgültig in Bayern etablierte. Ihr Gründer, der Stuttgarter Unternehmer und Besitzer eines renommierten Verlages, Johann Friedrich Cotta, hatte seine politischen Verbindungen und das wirtschaftliche Potential seines Unternehmens eingesetzt, um mit dem bayerischen Staat Vereinbarungen zu treffen, die ihm die - für diese Zeit verhältnismäßig fortschrittliche Gestaltung einer Tageszeitung ermöglichen sollten und die ihm wichtige wirtschaftliche Vorteile gegenüber anderen Standorten einbrachten. Durch die politische Entwicklung im Deutschen Bund, besonders nach den Karlsbader Beschlüssen 1819, gestand die Zensur der Zeitung jedoch nicht die Freiheit zu, die Cotta sich erhofft hatte. In vorher nicht gekannter Deutlichkeit manifestierte sich Zensur 1521 im Wormser Edikt gegen die Schriften Luthers. War sie früher eine Angelegenheit der Kirche gewesen, so griff hier das erste Mal der Kaiser des Heiligen Römischen Prospekt der Neuesten Weltkunde, später Allgemeine Zeitung vom 31.10.1797, hier zitiert als AZ. Zitiert nach Ludwig Salomon, Geschichte des deutschen Zeitungswesens von den ersten Anfängen bis zur Wiederaufrichtung des deutschen Reiches, Bd. 2, S. 220. Hervorh. in d. Vorlage.
1
Reiches deutscher Nation mit weltlicher Macht durch eine allgemeine Zensuranordnung in die Verbreitung von Druckschriften ein, wenn auch im Interesse der römisch katholischen Kirche.3 Erst mit der Entwicklung der Presse und der zunehmenden Bedeutung der öffentlichen Meinung im 18. Jahrhundert sahen viele Regierungen Europas die Notwendigkeit, Zensur zur Erhaltung ihrer eigenen, religionsunabhängigen Interessen einzusetzen.4 In der Folge der Französische Revolution 1789 artikulierte sich der Wunsch nach Pressefreiheit dann so deutlich wie nie zuvor, 5 so daß sich die Fürsten Europas in ihrer absolutistischen Stellung bedroht fühlten. Der »neuen Freiheitsidee«6 begegneten die deutschen Monarchen in den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts mit der Verschärfung der Pressezensur und zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit einer Vereinheitlichung der Zensurbestimmungen. Auf der Ebene des Deutschen Bundes schlug sich dies erstmalig in den Karlsbader Beschlüssen von 1819 und dem darin enthaltenen »Bundespreßgesetz« nieder.7 Staatliche Zensur wurde während des frühen 19. Jahrhunderts als formelle Zensur, das heißt, als Zensur auf juristischer und verwaltungstechnischer Ebene verstanden.8 Zu unterscheiden ist dabei zwischen Präventiv- oder Vorzensur, die ein allgemeines Verbot mit Erlaubnisvorbehalt,9 also der Prüfung des Schrifttums vor seinem Erscheinen durch Zensoren, darstellt und der Prohibitiv- bzw. Nachzensur, dem System allgemeiner Duldung mit Verbotsvorbehalt.10 Im Prohibitivsystem traten an die Stelle des Zensors Polizei, Verwaltung und Gerichte." Als direkte Folge der staatlichen Zensur wurde von den Autoren bzw. den Verlegern Selbstzensur geübt, indem sie sich bei der Bearbeitung ihrer Texte an den staatlichen Zensurvorschriften orientierten, sofern sie ihre Schriften legal drucken und verbreiten wollten. Der Unterdrückung der öffentlichen Meinung durch die Zensur stellte erstmals Napoleon den Ansatz einer aktiven Pressepolitik, d.h. die Lenkung der Öffentlich3
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Vgl. Klaus Kanzog, Zensur, literarische, in: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, 2. Auflage, hrsg. von Werner Kohlschmidt und Wolfgang Mohr, Bd. 4, Berlin/New York 1984, S. 1005, und Wolfgang Piereth, Presse, in: Luchterhand ergänzbares Lexikon des Rechts, Bd. 1: Rechtsgeschichte Beitrag 1000 (Oktober 1993), S. hier S. lf. Zu den Begriffen »Öffentlichkeit« und »öffentliche Meinung« vgl. Lucian Hölscher, Öffentlichkeit, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, hrsg. von Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck, Bd. 4, Stuttgart 1978, S. 413-467, besonders S. 454^(59. Die Forderung nach Pressefreiheit »entwickelte sich im Zuge der sozioökonomischen und soziokulturellen Umwertungsprozesse während der Aufklärung«. Piereth, Presse, S. 2f. Hölscher, Öffentlichkeit, S. 447 Vgl. Wolfram Siemann, Ideenschmuggel. Probleme der Meinungskontrolle und das Los deutscher Zensoren im 19. Jahrhundert, HZ 245 (1987), S. 71-106, hier: S. 85. Vgl. Kanzog, Zensur, literarische, S. 1001. Zur Begriffsgeschichte der Zensur, vgl. ebenda, S. 999; und Elmar Fetscher, Die Konstanzer Seeblätter und die Pressezensur des Vormärz 1840/41, Sigmaringen 1981 (Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen 27), S. 12f. Vgl. Piereth, Presse, S. 1. Vgl. ebenda, S. 3. Das Prohibitivsystem wurde auch Justizsystem genannt. Vgl. zur Begriffsdefinition u.a. auch Franz Schneider, Presse, Pressefreiheit, Zensur, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 4, Stuttgart 1978, S. 899-927.
keit durch gezielte Agitation gegenüber.12 Pressepolitik, so wie wir sie heute verstehen, als »planmäßige Lenkung der öffentlichen Meinung durch die Regierung oder seitens eines Staatsmannes«,13 war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den deutschen Staaten kaum gebräuchlich. Erst in der Zeit nach der Revolution von 1848 und damit der Abschaffung der Vorzensur wurde Presse als politisches Sprachrohr auch von Seiten des Staates genutzt. In der Forschung unterscheidet man daher zwischen positiver/aktiver und negativer Pressepolitik.14 Sind mit positiver Pressepolitik die Einwirkung auf die Presse und ihre Lenkung ohne »exekutive und legislative Hilfsmittel«15 gemeint, so bezeichnet negative Pressepolitik den Willen, die Presse gerade mit diesen Hilfsmitteln zu beherrschen. Die Differenzierung zwischen den sich wechselseitig bedingenden Faktoren der Pressepolitik - Regulierung, Repression und Propaganda - scheint jedoch sinnvoller.16 Regulierende Vorschriften hatten den Zweck, die Verfahrensweise bei Veröffentlichungen wie auch den Ablauf eines Straf- oder Zivilverfahrens zu ordnen. Die Einführung des Impressums, ohne das Zeitungen nicht mehr erscheinen durften, sicherte die juristische Haftung im Falle einer strafbaren Handlung. Regulierung bedeutet aber auch Persönlichkeitsschutz, denn Personen oder Institutionen, die durch Zeitungsartikel beleidigt worden waren, bekamen das Recht, Gegendarstellungen drucken zu lassen. Die Mittel der Repression waren die administrative oder juristische Konzessionserteilung, der Postdebitentzug und die Sukzessiv- oder Solidarhaftung. Da diese Mittel im einzelnen nicht gesetzlich geregelt waren, konnten sie ohne öffentliche Kontrolle von den Behörden durch den Erlaß von Instruktionen benutzt werden. Der Repression ist vor der Revolution von 1848 das Instrument der Zensur zuzuordnen. Propaganda bedeutet die Steuerung der öffentlichen Meinung durch gezielte Verbreitung von Ansichten mit Hilfe der offiziellen, offiziösen oder subventionierten Presse.17 Es ist zwar richtig, »daß trotz propagandistischer Bestrebungen Metternichs und anderer absolutistischer Regierungschefs im Vormärz die auf breiter organisatorischer Basis angelegte staatliche Propaganda erst mit der Abschaffung der Zensur im Deutschen Bund Fuß fassen konnte«,18 aber trotzdem ist die Frage zu stellen, ob die Begriffe »Propaganda« und »Pressepolitik« nicht auch für die Zeit vor der Revolution 1848 benutzbar sind. Die bisher vorgenommene Einschränkung
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Vgl. Franz Schneider, Pressefreiheit und politische Öffentlichkeit. Studien zur politischen Geschichte Deutschlands bis 1848, Neuwied/Berlin 1966, S. 1 7 3 - 1 7 7 . Eberhard Naujoks, Pressepolitik und Geschichtswissenschaft, in: G W U 22 (1971), S. 7. Vgl. allgemein Ulla Otto, Die literarische Zensur als Problem der Soziologie der Politik, Stuttgart 1968. Richard Kohnen, Pressepolitik des Deutschen Bundes. Methoden staatlicher Pressepolitik nach der Revolution von 1848, Tübingen 1995 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Bd. 50), S. 175. Vgl. auch zum folgenden, ebenda, S. 175-181. Zur Unterscheidung zwischen offizieller, offiziöser und subventionierter Presse vgl. ebenda, S. 149-161. Ebenda, S. 180.
3
des Begriffs »Pressepolitik« auf die Zeit nach 1848 19 läßt die Entstehung der drei Faktoren - Regulierung, Repression und Propaganda - außer acht.20 Mit der Untersuchung der bayerischen Pressepolitik am Beispiel der ΑΖ ist nun zu klären, inwiefern man in der Zeit zwischen 1815 und 1848 schon von dieser Trias sprechen kann, und ob die Begriffe auch in diesem Zeitraum in den genannten Funktionen Gültigkeit haben. Dabei ist jedoch nicht nur die Rechts- und Pressegeschichte zu berücksichtigen, sondern auch die Frage zu stellen, welchen Einfluß wirtschafts- und sozialgeschichtliche Faktoren auf das Verhältnis zwischen Zeitung und Zensur hatten.
1.1.
Forschungsstand und Quellenlage
1.1.1.
Literatur
Die Forschung hat den genannten Themenkomplex bisher nur zum Teil behandelt. Eine umfassende, den wissenschaftlichen Anforderungen genügende Monographie der AZ gibt es nicht. Daher ist die fast einhundert Jahre alte Darstellung von Eduard Heyck, eine Auftragsarbeit zum 100jährigen Jubiläum der Zeitung, nach wie vor ein sehr wichtiges Werk.21 Die Gründung der AZ und die Jahre bis 1832 sind in der neuesten Forschung intensiv untersucht worden, wobei aber das Thema Pressepolitik nur am Rande diskutiert wurde. Herausragend ist hier die Doppelbiographie Monika Neugebauer-Wölks über die Brüder Johann Friedrich und Friedrich Christoph Cotta.22 Die überwiegende Anzahl der Untersuchungen für die Zeit nach 1815 sind sogenannte »Spiegelschriften« wie Die wirtschaftlichen Einigungsbestrebungen [...] im Spiegel der Allgemeinen Zeitung23 oder Die Verfassungsfrage im Spiegel der Allgemeinen Zeitung.1* Diese historischen oder kommunikationswissenschaft-
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Vgl. Naujoks, Pressepolitik und Geschichtswissenschaft, S. 7. Gleiche Einschätzung bei Wolfgang Piereth, Propaganda im 19. Jahrhundert. Die Anfänge aktiver staatlicher Pressepolitik in Deutschland (1800-1871), in: Propaganda. Meinungskampf, Verführung und politische Sinnstiftung (1789-1989), hrsg. von Ute Daniel und Wolfram Siemann, Frankfurt am Main 1994, S. 21-43, hier S. 21. Eduard Heyck, Die Allgemeine Zeitung 1798-1898. Beitrag zur Geschichte der deutschen Presse, München 1898. Monika Neugebauer-Wölk, Revolution und Constitution. Die Brüder Cotta. Eine biographische Studie zum Zeitalter der französischen Revolution und des Vormärz, Berlin 1989 (EinzelveröfFentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 69). Vgl. auch Daniel Moran, Toward the Century of Words. Johann Cotta and the Politics of the Public Realm in Germany 1795-1832, Berkely/u.a. 1990, und Michael von Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration. Die Allgemeine Zeitung 1798-1823, Frankfurt, u.a. 1994. Ingelore Vogt, Die wirtschaftlichen Einigungsbestrebungen der deutschen Bundesstaaten während der Jahre 1828-1834 im Spiegel der Augsburger Allgemeinen Zeitung, Berlin Diss. 1959. Wemer Funk, Die Verfassungsfrage im Spiegel der Augsburger Allgemeinen Zeitung von 1818-1848, Berlin 1977. Vgl. auch Anna Bognowska, Die Literatur im Spiegel der Beilage zur Allgemeinen Zeitung, München Diss, masch. 1947; Fritz Klitzsch, Sozialismus und soziale Bewegung im Spiegel der Augsburger »Allgemeinen Zeitung« 1840-1850, München
liehen Forschungen schließen die Thematik »Zensur und Zeitung« meist aus, obwohl die Zensur sehr großen Einfluß gerade auf Inhalt und Aussagekraft des Blattes hatte; auch die Tätigkeit der Redaktion ist nur abschnittsweise angedeutet. Während die Arbeit des Chefredakteurs Gustav Kolb (1837-1865) bis 1848 gut untersucht ist, fand die »Ära« seines Vorgängers Karl Joseph Stegmann (1804— 1837) noch keine wissenschaftliche Würdigung.25 Wirtschafts- und postgeschichtliche Arbeiten zur AZ gibt es nicht. Die Dissertation Henriette Kramers über den Verlag unter Georg von Cotta klammert den Zeitschriften- und Zeitungsverlag weitgehend aus,26 die Darstellungen zur Postgeschichte Bayerns behandeln die AZ nur am Rande.27 Die Pressegesetzgebung des Deutschen Bundes ist gut dokumentiert. Durch die Sammlungen von Collmann28 und Huber29 sind die Zusammenhänge greifbar, und auch zahlreiche Dokumentationen bearbeiten diesen Themenkomplex.30 Die Forschungslage stellt Dieter Breuer in seinem Aufsatz Stand und Aufgaben der Zensurforschung ausfuhrlich dar.3' Die Forschungslücke bezüglich der Pressepolitik des Deutschen Bundes in der Zeit von 1848 bis 1866 schloß Richard Kohnen mit seinem Buch Pressepolitik des Deutschen Bundes. Methoden staatlicher Presse-
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Diss. 1934, und Horst Schmid, Die griechische Frage im Spiegel der »AZ« 1832-1862, Frankfurt am Main 1988 (Europäische Hochschulschriften Reihe 3, 357). Vgl. Brigitte Duczek, Redakteur zwischen den Revolutionen. Der Leiter der Allgemeinen Zeitung Gustav Kolb, in: Archiv für Geschichte des Buchwesens 30 (1988), S. 271-367. Henriette Kramer, Georg von Cotta (1796-1863) als Verleger, in: AGB Bd. 25 (1984), Sp. 1093-1297. Vgl. Johann Brunner, Die ersten Entwicklungsstufen des Zeitungsdienstes der bayerischen Staatspost, in: Archiv für Postgeschichte in Bayern, 4 (1928), S. 50-66, und Michael Bäuml, Staatspolitik, Presse und Post. Die Bedeutung des Postzwangs und Postzeitungsdebits für Staatspolitik und Presse in Deutschland, in: Archiv für Postgeschichte in Bayern, 8 (1932), H. 1,S. 1-23; H. 2, S. 77-97. Julius August Collmann, Quellen, Materialien und Commentar des gemeinen deutschen Pressrechts, Berlin 1944. Emst Rudolf Huber, Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1: Deutsche Verfassungsdokumente 1803-1850, Stuttgart 3 1978. Ulrich Eisenhardt, Die Garantie der Pressefreiheit in der Bundesakte von 1815, in: Staat, 10, H. 4, Berlin 1971, S. 339-356; Eberhard Büssem, Die Karlsbader Beschlüsse von 1819. Die endgültige Stabilisierung der restaurativen Politik im Deutschen Bund nach dem Wiener Kongreß, Hildesheim 1974; Heinz Dietrich Fischer, Deutsche Kommunikationskontrolle des 15. bis 20. Jh., München/New York/London/Paris 1982; Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 1. Reform und Restauration 1789-1830, Stuttgart 3 1978; Bd. 2. Der Kampf um Einheit und Freiheit 1830-1850, Stuttgart 3 1988; Hans Pelger, Das Schlußprotokoll der Wiener Ministerialkonferenz von 1834 und seine Veröffentlichung 18431848, in: Archiv für Sozialgeschichte, Bd. 23, Bonn 1983, S. 439^472; Edda Ziegler, Literarische Zensur in Deutschland 1819-1848. Materialien, Kommentare, München/Wien 1983. Zu regionalen Untersuchungen vgl. auch Norbert Deuchert, Vom Hambacher Fest zur badischen Revolution. Politische Presse und Anfänge deutscher Demokratie 1832-1848/49, Stuttgart 1983; Hildegard Müller, Liberale Presse im badischen Vormärz. Die Presse der Kammerliberalen und ihre Zentralfigur Karl Mathy 1840-1848, Heidelberg 1986. Dieter Breuer, Stand und Aufgaben der Zensurforschung, in: »Unmoralisch an sich ...«, hrsg. von Herbert G. Göpfert und Erdmann Weyrauch, Wiesbaden 1988, S. 37-60.
5
politik nach der Revolution von 1848.32 Er legt darin schlüssig dar, daß sich die Mitglieder des Deutschen Bundes schon vor der Revolution von 1848 um eine Reformierung der Pressegesetze bemüht hatten. Die Beziehung der ΑΖ zu Österreich war durch verschiedene Wechselwirkungen geprägt. Zum einen waren die Länder der Habsburger Monarchie der größte Absatzmarkt der Zeitung, zum anderen übte Metternich auf vielfaltige Weise direkten Einfluß auf die Zeitung aus. Dies haben ältere österreichische Dissertationen erforscht.33 Die Metternichsche Pressepolitik zwischen 1833 bis 1848 bearbeitete Frank Thomas Hoefer.34 Er bezieht sich hauptsächlich auf die Überwachung der Presse durch das Mainzer Informationsbüro. Für die Situation des liberalen Schrifttums in Österreich ist die Arbeit von Julius Marx über Österreichs Kampf gegen die liberalen, radikalen und kommunistischen Schriften 7555-1848 bis heute grundlegend.35 Ursula Giese verwertet in ihrer Studie zur Geschichte der Pressegesetzgebung, der Zensur und des Zeitungswesens Dokumente aus Wiener Archiven, gibt einen Querschnitt durch die Zensursysteme Mitteleuropas und untersucht die Zusammenhänge mit der österreichischen Politik.36 Zur bayerischen Zensurpolitik gibt es einige ältere Einzeluntersuchungen, von denen der Aufsatz von Theodor Bitterauf für die Zeit bis 1825 wesentlich ist.37 Kohnen, Pressepolitik des Deutschen Bundes. Vgl. Johann Hanousek, Die Stellung der Augsburger Allgemeinen Zeitung im vormärzlichen Österreich und die vermittelnde Tätigkeit des Freiherrn Josef C. von Zedlitz für dieses Blatt. Wien Diss. 1949 und Edith Castle, Zu Zedlitz Berichterstattung in der »A.A.Z.«. Der ungarische Landtag von 1839/40, Wien Diss. 1933. Zur AZ und Österreich vgl. auch Gertrude Rossiwall, Die Kritik der Augsburger Allgemeinen Zeitung an der österreichischen Revolution des Jahres 1848, Wien Diss, masch. 1935; Margarete Pendl, Die Berichte der Augsburger Allgemeinen Zeitung zur Frage der deutschen Stellung des österreichischen Staates im Jahre 1848/1849. Graz Diss, masch. 1935; Charlotte Luth, Joseph Christian Freiherr von Zedlitz als Offiziosus des Ministeriums Boul-Schauenstein und seine Berichterstattung in der »Augsburger Allgemeinen Zeitung« während des Krimkrieges 1853-1856, Wien Diss, masch. 1953, und Martha Büsch, Die österreichische Innenpolitik der Jahre 1850 bis 1856 im Spiegel der Augsburger »Allgemeinen Zeitung«, Wien Diss. 1938. Frank Thomas Hoefer, Pressepolitik und Polizeistaat Metternichs. Die Überwachung von Presse und politischer Öffentlichkeit in Deutschland und den Nachbarstaaten durch das Mainzer Informationsbüro 1833-1848, München/Paris/London 1983. Julius Marx, Österreichs Kampf gegen die liberalen, radikalen und kommunistischen Schriften 1 8 3 5 - 1 8 4 8 , Wien/Graz/Köln 1969. Ursula Giese, Studie zur Geschichte der Pressegesetzgebung, der Zensur und des Zeitungswesens im frühen Vormärz, in: A G B 6, 1966, Sp. 3 4 1 - 5 4 6 . Theodor Bitterauf, Die Zensur der politischen Zeitungen in Bayern 1 7 9 9 - 1 8 2 5 , in: Festschrift Riezler, Beiträge zur bayerischen Geschichte, hrsg. v. Karl Alexander Müller, Gotha 1913, S. 3 0 5 - 3 5 1 . Vgl. auch ders., Zur Geschichte der öffentlichen Meinung im Königreich Bayemn im Jahre 1813 bis zum Abschluß des Vertrages von Ried, in: Archiv für Kulturgeschichte 11 (1914), S. 3 1 - 6 9 ; Max Allaire, Die periodische Presse in Bayern. Eine statistische Untersuchung, München 1912. Zur bayerischen Pressegeschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderst vgl. auch die beiden Arbeiten von Wilhelm Lempfried, Die Anfänge des parteipolitischen Lebens und der politischen Presse in Bayern, Straßburg 1912, und Der bayerische Landtag 1831 und die öffentliche Meinung, in: Z B L G 24 (1961), S. 2 - 1 0 1 , sowie Kurt Hoffmann, Sturm und Drang in der politischen Presse Bayerns 1 8 4 8 - 1 8 5 0 , in: ZBLG 3 (1939), S. 2 0 5 - 2 6 6 .
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Die wichtigste neuere Arbeit ist die Dissertation Manfred Tremls, die Bayerns Pressepolitik zwischen Verfassungstreue und Bundespflicht im Zeitraum von 1815 bis 1837 behandelt.38 Treml stellt anhand der Pressepolitik den Konflikt der bayerischen Regierung zwischen Verfassungstreue und Bundespolitik dar. Er verdeutlicht den Einfluß Metternichs in den verschiedenen Perioden und zeigt dessen Einwirken auf die bayerische Regierung vom Erlaß einzelner Verordnungen bis hin zu umfassenderen Maßnahmen. Treml nimmt den Großteil der Zensurinstruktionen auf und stellt sie in größerem Zusammenhang dar. Hiermit leistet er einen bedeutenden Beitrag zur Darstellung der bayerischen Pressepolitik vor 1848. Armin Huths Werk über die Pressepolitik in Würzburg und Unterfranken ist wegen seiner lokalen und zeitlichen Begrenzung auf die Jahre 1847 bis 1850 beachtenswert, zeigt es doch die Vorgänge bei der Überwachung der Presse auf mittlerer Verwaltungsebene.39 Eine Sozialgeschichte der Zensoren existiert nicht.40 Doch hat Dirk Götschmann, die bayerischen Zensoren betreffend, einen wesentlichen Beitrag hierzu in seiner Untersuchung über das bayerische Innenministerium geleistet.41 Für das Verhältnis der AZ zur Zensur in Bayern und für die Auswirkungen der Zensur auf die Zeitung gibt es bis heute keine umfassende Darstellung. Hierfür müssen die vielfaltigen Quellen, die den Zusammenhang von Zensur und Zeitung erhellen, herangezogen werden. 1.1.2.
Quellen
Die Quellenlage zur Allgemeinen Zeitung ist ausgezeichnet. Im Cotta-Archiv, einer Abteilung des Deutschen Literaturarchivs in Marbach am Neckar, sind nicht nur die vollständigen Redaktionsexemplare der AZ, sondern auch Briefe der Redakteure an die Verleger überliefert, die wertvolle Aufschlüsse über die tägliche Arbeit der Redaktion sowie ihre Probleme mit der Zensur geben.42 Der Briefwechsel des Redakteurs Stegmann mit dem Verleger Johann Friedrich Cotta umfaßt für den Zeitraum von 1815 bis 1837 nicht mehr als 124 Briefe, er weist aber zwischen dem 14. Februar 1825 und dem 30. Oktober 1829 eine Lücke auf. Nach 1832 sind von Stegmann nur noch vereinzelt Briefe vorhanden. Der Briefwechsel zwischen Johann Friedrich und und seinem Sohn Georg von Cotta 38
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Manfred Treml, Bayerns Pressepolitik zwischen Verfassungstreue und Bundespflicht 1815— 1837, Berlin 1977. Vgl. Armin Huth, Preßfreiheit oder Zensur. Staatliche Pressepolitik und politisches Schrifttum in Würzburg und Unterfranken zwischen Revolution und Reaktion ( 1 8 4 7 - 1 8 5 0 ) . Würzburg 1975. Vgl. Siemann, Ideenschmuggel, S. 97. Vgl. Dirk Götschmann, Das bayerische Innenministerium 1825-1864. Organisation und Funktion, Beamtenschaft und politischer Einfluß einer Zentralbehörde in der konstitutionellen Monarchie, Göttingen 1993 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Bd. 48). Schiller-Nationalmuseum/Deutsches Literatur-Archiv, Cotta-Archiv (Stiftung der Stuttgarter Zeitung), hier zitiert als CA, Cotta Br.: Karl Joseph Stegmann an Cotta ( 1 8 0 4 - 1 8 3 7 ) , G. Kolb an Cotta ( 1 8 2 6 - 1 8 3 7 ) , außerdem Albrecht Lebret, Karl August Mebold und August Joseph Altenhöfer an Cotta.
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mit dem Redakteur Gustav Kolb dagegen umfaßt insgesamt etwa 1000 Briefe. Hier fehlt der Bestand von Ende 1832 bis Anfang 1836. Teile dieses Briefwechsels wurden von Herbert Schiller in seiner Sammlung Briefe an Cotta publiziert.43 Ergänzend zu den gedruckten und ungedruckten Briefen der beiden leitenden Redakteure wurden die Briefe ihrer Kollegen Karl August Mebold und Joseph August Altenhöfer hinzugezogen. Bei der Archivierung und Verzeichnung des Redaktionsbriefwechsels im Cotta-Archiv wurde in der Zitierung kein Unterschied zwischen Johann Friedrich Cotta und Georg von Cotta gemacht. Dem entspricht die Zitierung der Briefe in dieser Arbeit. Von den Briefen der Verleger an die Redaktion sind bis 1837 nur wenige überliefert, selbst die Autorenkopierbücher des Verlags enthalten nur einige davon.44 Die Quellenlage erlaubt es weiterhin, einige wirtschaftliche Zusammenhänge aufzuzeigen. Zum Thema »Vertrieb der ΑZ«, das hier erstmals ausfuhrlicher dargestellt wird, konnten Postverträge der Cottas mit dem Oberpostamt Augsburg aus dem Cotta-Archiv ebenso herangezogen werden wie Akten der Oberpostdirektion München.45 Verlagsabrechnungen fur die ΑΖ aus den Jahren 1839-1845 mit einer Aufschlüsselung der verkauften Exemplare, Honorarausgaben, Redaktionskosten usw. lassen Aussagen über die Gewinnspanne der Zeitung zu. Die steuerliche Belastung des Unternehmens geht aus diesen Quellen nicht hervor. Eine genaue wirtschaftsgeschichtliche Untersuchung des Unternehmens »Allgemeine Zeitung« muß einer anderen Forschungsarbeit vorbehalten bleiben. Angaben zur Auflagenhöhe der ΑΖ gab es in der Literatur bisher nur vereinzelt.46 Anhand der Abrechnungen, die die genaue Anzahl der verkauften Exemplare enthalten, und der Kalkulationen der zu druckenden Exemplare in den Druckauftragsbüchern kann die Auflagenentwicklung diskutiert werden. Sehr unterschiedlich erschlossen sind die Quellen zur bayerischen Zensurgesetzgebung und zu den Zensurverordnungen, die nur unvollständig und in differierenden Fassungen publiziert sind.47 Georg Döllinger hat die wichtigsten Verordnungen in seine Sammlung aufgenommen, sie sind dort nach ihrer Zugehörigkeit zu den Paragraphen der III. Verfassungsbeilage von 1818 geordnet.48 Einen Teil der Verordnungen übernahm auch Schletter in sein Handbuch zur Pressegesetz-
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Vgl. Herbert Schiller, Briefe an Cotta, Bd. 2: Das Zeitalter der Restauration 1815-1832, Stuttgart/Berlin 1927; Bd. 3: Vom Vormärz bis Bismarck 1833-1863, Stuttgart 1934, darin auch die Briefe Kolbs, S. 148-182. Erst für die Jahre 1851-1861 existiert ein Kopierbuch Georg von Cottas, in dem speziell seine Briefe an die Redaktion in Abschrift festgehalten wurden. Vgl. CA, Copierbuch G. v. Cottas an die Redaktion der AZ. Vgl. Staatsarchiv München (StAM) Archiv der Oberpostdirektion München Verzeichnis 7 1826 Nr. 16 und 1827 Nr. 16. Vgl. Heyck, AZ, und Horst Heenemann, Die Auflagenzahlen der deutschen Zeitungen, Leipzig Diss. 1929. Georg Döllinger, Sammlung der im Königreiche Bayern bestehenden Verordnungen, Bd. 3, München 1836 und Hermann Theodor Schletter, Handbuch der deutschen Preßgesetzgebung. Sammlung der gesetzlichen Bestimmungen Uber das literarische Eigenthum und die Presse in allen deutschen Bundesstaaten, Leipzig 1846. Vgl. Döllinger, Sammlung, Bd. 3, S. 287-380.
gebung.49 Zu beachten ist aber, daß einige der gedruckten Vorschriften Differenzen zu den handschriftlichen oder auch vervielfältigten Originalen, die an alle Kreisregierungen verteilt worden sind, aufweisen. Am schwerwiegendsten ist dies bei der Zensurverordnung vom 8. März 1836. Wesentliche Teile davon sind weder in der Sammlung Döllingers noch im Handbuch Schletters veröffentlicht. 50 Hinweise auf viele weitere unveröffentlichte Verordnungen enthält eine von König Ludwig I. in Auftrag gegebene Zusammenfassung der Zensurverordnungen von 1692 bis 1832 in einem Akt des Bayerischen Hauptstaatsarchivs. Dort sind die wichtigsten Zensurinstruktionen mit einer kurzen Inhaltsangabe aufgeführt. 51 Die Texte der Verordnungen selbst sind an verschiedenen Orten abgelegt. Während sich ein Akt des Bestandes »Regierung von Schwaben und Neuburg« im Staatsarchiv Augsburg nur auf die ΑΖ bezieht,52 enthält ein anderer ganz allgemeine Pressebestimmungen.53 Außerdem wurden »Zensurvorschriften, allgemein anwendbare für besondere oder vorübergehende Verhältnisse«54 wiederum extra abgelegt. Alle Einzelverordnungen in diesen Akten waren Reaktionen der Regierung auf bestimmte politische Ereignisse oder konkrete Anfragen von Zensoren. Für eine sozialgeschichtliche Untersuchung des Berufsstandes der Zensoren ist die Quellenlage sehr dünn. Aus Quieszentenlisten55 konnten vereinzelt Angaben zu den Beamten geschöpft werden. Die Personalakten sind - soweit vorhanden fur die biographische Auswertung ungenügend. Sie enthalten Urlaubsanträge und Beförderungsschreiben, aber keine weiteren persönlichen Daten oder gar Beurteilungen. Aufschlußreicher ist der Akt der Kreisregierung Augsburg »die Stellenbesetzung der Zensoren betreffend«, 56 in dem ab 1828 die Zensoren namentlich genannt sind und der Briefwechsel zwischen Regierungspräsidium und Zensoren über Stellenbesetzungen niedergelegt ist. Eine zentrale Grundlage dieser Arbeit ist der Zensurakt des bayerischen Innenministeriums über die AZ,57 der teilweise schon von Treml, Moran und anderen ausgewertet wurde. 58 Darin sind Zensurvorgänge überliefert, die über die Augsburger Kreisregierung nach München an die übergeordneten Stellen gesandt wurden sowie Beschwerden fremder Regierungen bei der bayerischen Regierung 49 50 51
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Vgl. Schletter, Handbuch, S. 214-235. Vgl. vollständigen Text im Anhang. Bayerisches Hauptsstaatsarchiv München (BayHStA) MInn 45176; Bayrle verwendete diesen Akt für seine Dissertation. Sie ist durch die Auflistung der meisten Zensurverordnungen sehr wertvoll, obwohl manche Daten nicht mit den Originalen übereinstimmen. Lücken gibt es bei den Belegen für die Zensuranweisungen nach 1832. Josef Bayrle, Die rechtliche Situation der bayerischen Presse von 1818-1848, München Diss. 1948. Staatsarchiv Augsburg (StAA) Regierung 8755. StAA Regierung 7054, 7055, 7056. StAA Regierung 7058. StAA Regierung 6929 und 6930. StAA Regierung 7070. BayHStA Minn 25097/1: Die Zensur der Allgemeinen Zeitung betreffend. Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, besonders S. 93-105; Moran, Toward the Century of Words, und Volkmar Hansen, Heinrich Heines politische Journalistik in der Augsburger »Allgemeinen Zeitung«. Katalog zur Ausstellung Heines Artikel in der »Allgemeinen Zeitung«, Augsburg 1994, S. 44-53.
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über die AZ. Weiter enthält der Akt Anweisungen an den jeweiligen Zensor und Briefe des Ministeriums an den Augsburger Regierungspräsidenten in Entwurffassung sowie die Briefe aus Augsburg an das Ministerium im Original. Es wurden zusätzlich die Zensurakten der Kreisregierung Augsburg herangezogen, die die Ebene Regierungspräsident - Zensor widerspiegeln und eine Ergänzung des Ministerialaktes aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv darstellen.59 Diese Akten wurden in der Literatur bisher nicht berücksichtigt. Sie sind nur fur den Zeitraum von 1823 bis 1826, von 1828 bis 1840 und von 1844 bis 1848 erhalten. Anhand dieser Zensurakten lassen sich die Zensurverordnungen in ihrem Lauf durch alle behördlichen Instanzen verfolgen. Neben dem Hauptakt zur Zensur der AZ wurden zahlreiche Einzelfaszikel zu speziellen Zensurfallen der AZ gesichtet.60 Die einzige Überlieferungslücke in den staatlichen Quellen besteht zwischen Redaktion und Zensor, sie kann aber durch den Briefwechsel der Redaktion bzw. des Verlegers an die nächst höhere Zensurbehörde überbrückt werden. Für weitere Hinweise hierzu wurden die Briefwechsel zwischen den Redakteuren und den Verlegern aus dem Cotta-Archiv herangezogen. Die Überlieferung in den staatlichen Quellen für das Thema AZ und staatliche Pressepolitik nach 1848 ist sehr dünn. Der vielversprechende Akt »Allgemeine Zeitung 1852-1929« 61 ist nicht nur wenig umfangreich, die enthaltenen Akten sind zugleich von geringer Aussagekraft. Die Lücken bezüglich der Beziehung zwischen der AZ und Österreich, die die Forschung noch nicht geschlossen hat, sind nicht zu füllen. Der Brand des Wiener Justizpalastes Anfang dieses Jahrhunderts hat nahezu alle Akten der österreichischen Polizeihofstelle62 zur AZ vernichtet. Die noch vorhandenen Faszikel sind schwer beschädigt, Datumsangaben oder ganze Briefteile nicht mehr lesbar oder wenn, dann nicht relevant. Die unpublizierten Akten des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Wien waren für diese Arbeit nicht ergiebig. Stattdessen ist die Sammlung der Gesandtschaftsberichte aus München von Anton Chroust eine der wichtigsten Quelleneditionen zum Thema AZ und Österreich. Neben denen der österreichischen edierte er auch die hier ebenfalls herangezogenen Berichte der preußischen und französischen Gesandten aus München.63 Die Beziehung Preußens zur AZ ist nicht nur in den gedruckten Gesandtschaftsberichten aus München, sondern auch in den archivalischen Quellen des 59 60
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StAA Regierung 7064, 7065, 7066, 7067, 7068 und 6443. Vgl. besonders die Faszikel des Bestandes »MA« im Bayerischen Hauptstaatsarchiv im Quellen Verzeichnis. Vgl. BayHStA MInn 65629. Diese Akten befinden sich heute im Österreichischen Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv. Gesandtschaftsberichte aus München 1814-1848. Abt. I. Die Berichte der französischen Gesandten, bearb. von Anton Chroust, Bd. I-IV, München 1935ff. (Schriften zur bayerischen Landesgeschichte, Bd. 19-23) (zitiert als FGB); Abt. II. Die Berichte der österreichischen Gesandten, bearb. von Anton Chroust, Bd. I—III, München 1939 (Schriften zur bayerischen Landesgeschichte, Bd. 39-43) (zitiert als ÖGB); Abt. III. Berichte der preußischen Gesandten, bearb. von Anton Chroust, Bd. I-IV, München 1949ff. (Schriften zur bayerischen Landesgeschichte, Bd. 33, Bd. 36-38) (zitiert als PGB).
Gemeinen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz64 sehr gut dokumentiert. In den Akten des Bestandes »Preußisches Ministerium des Äußeren« sind die Berichte der Gesandten aus München und Stuttgart sowie die Anweisungen des Außenministers an diese überliefert. Zusammen mit den Faszikeln aus dem Bestand »Preußisches Ministerium des Innern« lassen sich die Diskussionen über die ΑΖ auf der preußischen Regierungsebene gut herausarbeiten. Für die Zeit von 1815 bis 1834 sind diese Akten lückenhaft und weniger ergiebig, während die Überlieferungsdichte für die Zeit zwischen 1837 und 1856 ausgezeichnet ist. Zieht man zusätzlich die Gesandtschaftsberichte der Münchner Vertretungen anderer Länder heran, lassen sich sogar Zensurfalle rekonstruieren, die auf ausländischen Beschwerden fußen. 65 Die staatlichen Quellen, Zensurakten und Verordnungssammlungen auf der einen Seite und die geschäftlichen Unterlagen der Zeitung, insbesondere der Briefwechsel der Redakteure mit den Verlegern, ermöglichen es, das facettenreiche Spannungsverhältnis zwischen der AZ und der Zensur aufzuzeigen.
1.2.
Fragestellung
Betrachtet man die Geschichte der Zensur am Beispiel einer bestimmten Zeitung, so muß man verschiedene Faktoren berücksichtigen, die die Beziehung zwischen Presseaufsicht bzw. Zensur und ihrem Objekt beeinflussen: 66 Zum einen waren dies politische und rechtliche Voraussetzungen wie die politische Zeitlage, die Organisation des Staates, seine Gesetzgebung und Verwaltungsstruktur, in die die Zensur eingebettet war. Hinzu kam die Zielsetzung der Regierenden, die Presse und die öffentliche Meinung mit Hilfe von Repression, Regulierung und Propaganda zu kontrollieren. Zum anderen war es der wirtschaftliche Faktor, den ein Unternehmen wie die AZ durch die Bereitstellung von Arbeitsplätzen und als Geldquelle auch für den Staat darstellte. Hinzu kommt, daß durch neue Maschinen und Druckverfahren die Auflage der Zeitung gesteigert werden konnte und sie durch Gestaltung der Inhalte konkurrenzfähig bleiben wollte und mußte. Die AZ zählt zu den bedeutendsten liberalen Zeitungen des 19. Jahrhunderts und wird als Quelle für die verschiedensten historischen Ereignisse und Phänomene benutzt.67 Es scheint daher unerläßlich, die Abhängigkeit der Zeitung von staatlicher Zensur zu bedenken, eine Aufgabe, die bisher nicht oder nur in Ansätzen geleistet wurde.68 64
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Die preußischen Aktenbestände wurden noch im Staatsarchiv preußischer Kulturbesitz, Abteilung Merseburg eingesehen. Inzwischen ist dieses Archiv ohne Änderung der Signaturen nach Berlin-Dahlem verlegt worden. Vgl. Bestand »Gesandtschaften« des BayHStA München im Quellenverzeichnis. Zum folgenden und zur weiteren Differenzierung der einzelnen Faktoren für die Zensurgeschichte vgl. Siemann, Ideenschmuggel, S. 78f. So für die Protestanalysen z.B. Charles Tilly/Luise Tilly, The Rebellious Century 1 8 3 0 - 1 9 3 0 , Harvard College 1975. Erst neueste Untersuchungen beziehen die Zensurgeschichte bereits in ihre Darstellung ein. Vgl. Moran, Toward the Century of Words; Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration, und Hansen, Heines politische Journalistik.
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Zunächst sollen die Entstehungsgeschichte der Zeitung, ihre gestaltenden Persönlichkeiten sowie ihr geistiger und wirtschaftlicher Standort innerhalb der Presselandschaft dargestellt werden. Es ist danach zu fragen, ob man die Redakteure der Zeitung als homogene Gruppe ansehen darf, mit ähnlichen biographischen Voraussetzungen und politischen Meinungen. Es ist weiter danach zu fragen, wie sich der Redaktionsalltag zwischen Zensur und Herstellungsbedingungen gestaltete. Die Zielsetzung der AZ, »Vollständigkeit, Unparteilichkeit und Wahrheit« zu gewährleisten, wirft die Frage auf, ob und wie sie ihre hochgesteckten Ziele in einer Zeit, in der Zensur alltäglich war, durchsetzen konnte. Wenn ja, mit welchen Mitteln erreichte sie ihre Ziele? Eine Zeitung, die auf ihr tägliches Erscheinen ausgerichtet war, mußte sich mit der Zensur auseinandersetzen, während die Zensur von Büchern und Flugschriften von deren Publizisten durch heimliche Verbreitung und Angabe fingierter Druckorte umgangen werden konnte. Es ist außerdem zu überprüfen, ob ein Unternehmen wie das des Augsburger Verlagszweiges des Stuttgarter Cotta-Verlages es sich leisten konnte, existenzielle Konflikte mit der Zensurbehörde durchzustehen, ohne Menschen und andere Unternehmenszweige zu ruinieren. Dabei ist auf Vertriebstrukturen und wechselseitige Abhängigkeiten von Staat und Unternehmen zu achten. Die Frage, welche Bedeutung die Zensur für die AZ hatte und die daraus folgende Darstellung des Spannungsverhältnisses zwischen Zensur und Zeitung soll der Leitgedanke sein. An ihn schließen sich viele Einzelfragen an: Wie und auf welchen Grundlagen konnte der Staat Zensur ausüben, wer waren die sie ausführenden Personen? Ist das Bild der Zensoren, das die schreibenden Zeitgenossen überlieferten, als der »Inbegriff der Ignoranz und des gefährlichen, weil mit Macht ausgestatteten Spießertums«69 berechtigt? Welche Persönlichkeiten und Biographien verbargen sich hinter dem Amt des Zensors? Welche Rolle spielte die tägliche Auseinandersetzung zwischen Zensoren und Redakteuren? Der immer wiederkehrenden Frage, wer denn die Zensoren der AZ gewesen seien, wird hier nachgegangen. Neben den Verordnungen und Zensurinstruktionen unterlag die Arbeit der Zensoren auch einem Normenhorizont, der »Summe wertender Kriterien bei der Zensur im praktischen Vollzug«.70 Dieser war kein statisches Wertesystem, sondern unterlag beständigem Wandel, da sich die richtungsweisenden Kriterien immer wieder an der sich verändernden politischen Zeitlage und an gesellschaftlichen oder auch religiösen Werten orientierten.71 Neben der Zensur und ihrem primären Einfluß auf den Inhalt der Zeitung sind auch die sekundären Auswirkungen auf die Redaktion bzw. die Verleger zu beachten. Deren Reaktion auf den staatlichen 69
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Breuer, Stand und Aufgaben der Zensurforschung, S. 58. Breuer stellt dieses Bild des Zensors in Frage und fordert eine Betrachtung aus der Perspektive des Publizisten sowie von Seiten des Zensors selbst. Vgl. Wolfram Siemann, Normenwandel auf dem Weg zur »modernen« Zensur: Zwischen »Aufklärungspolizei«, Literaturkritik und politischer Repression (1789-1848), in: Zensur und Kultur. Censorship and Culture, hrsg. von John A. McCarthy und Werner von der Ohe, Tübingen 1995 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Bd. 51), S. 63-86, hier S. 64. Vgl. ebenda, S. 65.
Einfluß war ζ. Β. Selbstzensur oder Schutz der Mitarbeiter vor staatlicher Verfolgung. Welche Möglichkeiten hatte die Redaktion der AZ, den Einschränkungen so weit wie möglich zu entgehen, ohne gleichzeitig ein Verbot der Zeitung zu riskieren? Welchen politischen Ereignissen und Veränderungen gehorchte die Zensur einer Zeitung? Hat das Argument des Verlegers Johann Friedrich Cotta, die AZ könne bei zu strenger Zensur nicht mehr existieren, als Druckmittel gegen eine zu strenge Kontrolle gewirkt, war es ein taktisches Argument oder hatte es tatsächlich seine Berechtigung? Diese Fragen sollen anhand der bayerischen Pressepolitik im Zusammenhang mit der Augsburger »Allgemeinen Zeitimg«72 untersucht werden. Es sollen primär die Zeitung und ihr Verhältnis zur Zensur sowie die Auswirkungen der bayerischen Pressepolitik in ihrer inhaltlichen und wirtschaftlichen Dimension auf das Blatt beleuchtet werden. Schließlich ist auch nach dem Interesse der preußischen Regierung an der AZ zu fragen. Gab es ähnliche Bemühungen, die Berichterstattung der Zeitung zu beeinflussen, wie von Seiten Österreichs? Wo sind Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede festzustellen? Die zeitliche Eingrenzung dieser Arbeit ergibt sich aus folgenden Faktoren: 1815 hatte sich die Zeitung unter der Redaktion Karl Josef Stegmanns in Zusammenarbeit mit dem Verleger Johann Friedrich Cotta in Bayern bereits etabliert und europäische Geltung erreicht. Zur selben Zeit wurde in Artikel 18 d der deutschen Bundesakte das Interesse an einer gemeinsamen Pressepolitik des Deutschen Bundes formuliert. Die Revolution von 1848 brachte für die deutsche Presselandschaft einschneidende Veränderungen. Die Vorzensur wurde abgeschafft, und nicht nur für die AZ endete damit der zermürbende Kampf der Redakteure mit der Zensur. Die Auflagen bereits existierender Zeitungen schnellten in die Höhe, und zahlreiche neue Journale wurden gegründet. Es war die Geburtsstunde der Tendenz- oder Parteipresse, die von der Diskussion politischer Meinungen bestimmt war.73 Die Entstehung der vorliegenden Untersuchimg begleitete Prof. Dr. Wolfram Siemann mit Rat und Tat, wofür ich ihm an dieser Stelle herzlich danken möchte. Prof. Dr. Klaus Gerteis danke ich für die kritische Lektüre, den Herausgebern für die Aufnahme in diese Reihe.74 Mein Dank geht zugleich an die Mitarbeiter der vielen Archive, die ich besucht und durchforstet habe, vor allen aber an die Mitarbeiter des Cotta-Archives. Zu danken habe ich auch allen Freunden und Kollegen, die das Manuskript gelesen und wertvolle Hinweise gegeben haben.
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Da die »Allgemeine Zeitung« in Augsburg erschien, wird sie häufig »Augsburger Zeitung« oder nur »Augsburger Allgemeine« genannt. Vgl. dazu Wolfram Siemann, Die deutsche Revolution von 1848/49, Frankfurt am S. 114-124. Die Arbeit wurde als Dissertation am Fachbereich III der Universität Trier Gutachter waren Prof. Dr. W. Siemann und Prof. Dr. K. Gerteis, das Datum Prüfung war der 9.7.1994.
Allgemeine Main 1985, eingereicht. der letzten
13
2.
Die Allgemeine Zeitung (AZ)
2.1.
Die Verleger
Der württembergische Verleger Johann Friedrich Cotta, Freund Schillers und Goethes und »Protagonist des süddeutschen Konstitutionalismus«,1 hat zahlreiche und teilweise sehr ausfuhrliche Würdigungen erfahren.2 Daher sollen hier nur die fur die Thematik wichtigsten Lebensdaten genannt werden. Johann Friedrich Cotta stammte aus einer Württemberger Buchhändler- und Künstlerfamilie und wurde wahrscheinlich am 28. April 1764 in Stuttgart geboren.3 Er studierte Mathematik, Geschichte und Jura, wurde aber nie Jurist, sondern kaufte am 1. Dezember 1787 von seinem Vater die Cotta'sche Buchhandlung in Tübingen. Nach einjähriger Einarbeitungszeit legte er einem renommierten Buchhändler die von ihm erarbeiteten Geschäftsgrundsätze zur Begutachtung vor,4 ließ diese bestätigen und begann seine Verlagsproduktion mit absatzstabiler Sachliteratur. Zum damaligen Zeitpunkt waren das Werke der klassischen akademischen Disziplinen, in denen die Nachfrage nach Büchern relativ groß und somit das verlegerische Risiko klein war.5 1790 lernte Johann Friedrich Cotta Friedrich Schiller
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Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 383; vgl. Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 2. Albert Schaffte begann in der Beilage der AZ Nr. 333, 1887 eine Artikelserie, die 1895 als Buch unter dem Titel Cotta in Berlin erschien. Vgl. auch Herbert Schiller, Johann Friedrich Cotta. Verleger, Politiker, Staatsmann und Unternehmer (1764-1832), in: Schwäbische Lebensbilder, Bd. 3, Stuttgart 1942, S. 72-124, Otto Steuer, Cotta in München 1827-31 (Zeitung und Leben, Bd. 4) München 1931, Ulrich Riedel, Der Verleger Johann Friedrich Cotta. Ein Beitrag zur Kultursoziologie seiner Zeit und zur Verlagssoziologie, Heidelberg, Diss, masch. 1951, und Karin Hertel, Der Politiker Johann Friedrich Cotta. Publizistische und verlegerische Unternehmungen 1815-1819, in: AGB Bd. 19 (1978), Sp. 365-564. Sind diese Abhandlungen hauptsächlich verlagsgeschichtlich orientiert, so ist die wohl fundierteste Arbeit, die Habilitationsschrift von Monika Neugebauer-Wölk eine rein politische Biographie, die das Entstehen und Bestehen der Allgemeinen Zeitung einbezieht. Dort ist auch eine ausführliche Bibliographie zu Johann Friedrich Cotta enthalten. Vgl. auch Moran, Toward the Century of Words. Das exakte Geburtsdatum ist offenbar - entgegen der älteren Literatur, siehe Anmerkung 2, nicht genau festzulegen. Vgl. Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 27. Brief an Philipp Erasmus Reich vom Juli 1787, abgedruckt bei Schäffle, Cotta, S. 12-14. Sein erstes verlegerisches Werk waren die Beiträge zur Naturgeschichte, 3 Hefte mit Kupfern, Tübingen 1788-91, vgl. auch Riedel, Johann Friedrich Cotta, S. 36f. und James Wald, Vom Provinzialverleger zur publizistischen Hegemonialmacht: Johann Friedrich Cotta in der Tübinger Zeit (1787-1810), in: Baden und Württemberg im Zeitalter Napoleons, Bd. 2. Aufsätze, hrsg. vom Württembergischen Landesmuseum Stuttgart, Stuttgart 1987, S. 645-667.
kennen, 1797 Goethe,6 und wurde ihr wichtigster Verleger. Mit Schiller gründete er 1795 die literarische Zeitschrift Die Hören. Gleichzeitig rief er die Europäischen Annalen ins Leben und 1798 schließlich die Tageszeitung Neueste Weltkunde, die später unter dem Namen Allgemeine Zeitung berühmt wurde. 1799 begann Johann Friedrich Cotta auch politisch tätig zu werden. Auf Drängen seiner politischen Freunde im württembergischen Landtag übernahm er eine geheime Mission zur Rettung des Separatfriedens von 1796 zwischen Württemberg und Frankreich, den Herzog Friedrich gegen den Widerstand des Landtages brechen wollte. Weit wichtiger als dies war den liberalen Politikern, für das Volk um Schonung im Falle eines erneuten Krieges zu bitten.7 Herzog Friedrich erfuhr jedoch davon, löste den Landtag auf und nahm die fur die geheime Mission verantwortlichen Abgeordneten gefangen. Für die Beteiligung Cottas an dem »Komplott« konnte man zunächst keine Beweise erbringen. Als sie bald darauf gefunden wurden, unterblieb jedoch eine Anklage Cottas vor dem Reichsgerichtshof in Wien, da der Prozeß auch dem Herzog ungelegen gekommen wäre.8 Schon in dieser Zeit bildeten sich Cottas politische Ideale deutlich aus. Sein Ziel war eine Reform der ständisch-monarchischen Verfassung, die er ihrer revolutionären Neugestaltung vorzog.9 Seine politischen Ideen waren stark von kaufmännischen Überlegungen abhängig. Er ordnete seine ehrgeizige Verlagspolitik weder politischen noch revolutionären Phantasien unter. Kaufmännische Verluste erschienen ihm schmählicher als sein Arrangement mit den alten monarchischen Kräften. 10 Johann Friedrich Cotta brach mit Herzog Friedrich endgültig, nachdem er dessen Sohn, Wilhelm, im Konflikt mit seinem Vater unterstützt hatte. Wilhelm war mit der Tochter eines liberalen Politikers eng verbunden, flüchtete ins Ausland und stellte sich auf die Seite der Abgeordneten der aufgelösten Ständeversammlung. 11 Wegen des Bündnisses mit seinem Sohn versuchte der Herzog, Cotta durch Verbot der AZ die Existenzgrundlage zu entziehen. Cotta ließ sich jedoch nicht einschüchtern. Im Gegenteil: Zur gleichen Zeit baute Cotta sein Unternehmen weiter aus und entwickelte sich zum erfolgreichsten Verleger seiner Zeit. Er verlegte die Werke von Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Alexander von Humboldt, Friedrich Wilhelm von Schelling, Jean Paul, Johann Gottfried Herder und vieler anderer. Daneben erschienen in seinem Verlag insgesamt etwa 40 Zeitschriften und einige Zeitungen, er besaß Anteile an den französischen Blättern Constitutionnel und National·2 und war somit einer der größten Zeitschriftenverleger seiner Epoche.13 Neben seinen verlegerischen Tätigkeiten investierte Johann Friedrich Cotta als Anteilseigner Geld in die Dampfschiffahrtsge-
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Vgl. Goethe. Begegnungen und Gespräche, hrsg. von Renate Grumach, Bd. IV. 1 7 9 3 - 1 7 9 9 , Berlin-New York 1980, S. 356f. Vgl. Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 3 7 3 - 3 9 6 für eine ausführlichere Darstellung. Vgl. ebenda, S. 396f. Vgl. ebenda, S. 362. Vgl. ebenda, S. 356. Vgl. ebenda, S. 409f. Vgl. ebenda, S. 570. Vgl. Lohrer, Cotta, S. 75.
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sellschaft Friedrichshafen am Bodensee,14 gründete ein Hotel in Baden-Baden15 und erwarb eine Papierfabrik in Ludwigsburg sowie Anteile an einer mechanischen Flachsspinnerei in Heilbronn.16 Johann Friedrich Cotta dehnte sein Engagement erst in der zweiten Lebenshälfte auf Bayern aus. Nachdem die ΑΖ seit 1803 in Bayern erschien, versuchte Kronprinz Ludwig 1822, Cotta zu einer Übersiedlung des ganzen Verlages nach München bzw. Bayern zu bewegen. Cotta zögerte, und als König Maximilian I. 1823 die Zensur der Zeitungen wieder verschärfte, ließ er diese Überlegungen ganz fallen. 17 Statt der Umsiedlung des Verlages erwarb er die Herrschaft Hohenkammer bei Freising für 130000 fl. und eine Schnellpresse für die Druckerei der ΑΖ in Augsburg.18 Außerdem erlangte er das Monopol für die Dampfschiffahrt auf Bodensee,19 Donau und Main in den bayerischen Gebieten. Nach dem Thronwechsel in Bayern kam es zu neuen Verhandlungen über ein wirtschaftliches Engagement Cottas in Bayern. Konnte er sich auch nicht für eine gänzliche Übersiedlung entschließen, so errichtete Cotta doch die Literarisch-artistische Anstalt zur Herstellung wissenschaftlicher Landkarten in München, beginnend mit einem geographischen Depot.20 Später wurden in dieser neuen Anstalt die Neuen allgemeinen politischen Annalen, das Ausland und das Inland herausgegeben.21 In politischer Hinsicht engagierte sich Johann Friedrich Cotta nicht nur in Württemberg, sondern auch in Bayern. 1828/1829 vermittelte er in den Verhandlungen über einen Handelsvertrag zwischen Württemberg, Bayern, Preußen und Hessen-Darmstadt, der am 27. Mai 1829 abgeschlossen wurde.22 Cotta, der die Unterzeichnung des späteren Zollvereins nicht mehr erlebte, sah darin erste Schritte für eine Einigung der deutschen Länder. Bereits 1810 wurde Cotta für seine Verdienste das Indigenat des Königreichs Preußen verliehen,23 am 18. Januar 1817, ebenfalls von Friedrich Wilhelm III., die Würde eines Geheimen Hofrats, 24 sowie am 24. November 1817 von König Wilhelm von Württemberg das beantragte Adelsdiplom. 1822 kam die erbliche Freiherrnwürde als Ehrengeschenk des bayerischen Königs Maximilian I. hinzu.25 Von da an hieß er Freiherr Johann Friedrich Cotta von Cottendorf. Die Nobilitierung ermöglichte es Cotta, sich als ritterschaftlicher Abgeordneter in den württembergischen Landtag wählen zu lassen, wo er ab 1820 eine Schlüsselstellung einnahm und 1826 zum Vizepräsidenten der Zweiten Kammer berufen wurde.26 14 15 16
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Vgl. Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 570. Vgl. Wald, Provinzialverleger, S. 645. Vgl. Albert Schaffte, Johann Georg FreiherT von Cotta, in:AZ Nr. 97 vom 7.4.1863, Nr. 98 vom 8.4.1863, Nr. 99 vom 9.4.1863, Nr. 100 vom 10.4.1863 jeweils Beilage; hier. S. 1619. Vgl. Steuer, Cotta in München, S. 14-18. Vgl. Moran, Toward the Century of Words, S. 240-245. Zu den Verhandlungen darüber vgl. BayHStA MInn 43971. Vgl. dazu Steuer, Cotta in München. Zum Kauf des Hauses vgl. BayHStA Mlnn 43971. Vgl. ebenda, S. 27-29. Vgl. Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 587-592. Vgl. CA, CB Cotta an Friedrich Wilhelm III. vom Januar 1810. Vgl. GH StA Merseburg 2.4.1.1. Nr. 9221. Vgl. Lohrer, Cotta, S. 82. Vgl. Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 549.
In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts stand »Johann Friedrich Cotta auf dem Gipfelpunkt seiner Macht: Einfluß als Politiker, Haupt eines weitverzweigten Wirtschaftsreiches, Vertrauter und Protege zweier Könige«,27 nämlich König Wilhelms von Württemberg und König Ludwigs I. von Bayern, dessen Gedichte er verlegte. Ein Zeitgenosse urteilte über ihn: Seine Schwäche ist, der Vertraute und Vermittler aller Könige der Erde sein zu wollen. Zu verkennen ist übrigens nicht, daß ein unabhängiger reicher Mann wie Cotta bei großen Herren manchmal leichter Eingang finden kann als eigene Diener [...]. 28
Sein Imperium umfaßte nicht nur die erwähnten vielseitigen verlegerischen Unternehmungen, sondern auch frühindustrielle und reformlandwirtschaftliche Betriebe. Dennoch hatte Johann Friedrich Cotta am Ende seines Lebens mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Investitionen in nicht verlegerische Unternehmungen hatten das Vermögen zu sehr zersplittert. Seine Barmittel reichten für die Erhaltung dieses Imperiums nicht mehr aus, da er Gelder, die er freizügig verliehen hatte, von seinen Schuldnern nicht eintreiben konnte. Die später notwendig gewordene Verkleinerung seiner Unternehmen erlebte Cotta nicht mehr. Er starb am 29. Dezember 1832. Nachfolger in seinen Unternehmungen war Johann Friedrichs Sohn Johann Georg von Cotta. Er wurde am 19. Juli 1796 in Tübingen geboren und studierte 1815/16 an den Universitäten Göttingen, Heidelberg und Tübingen Philosophie, Ästhetik und Politik.29 Vor Abschluß seiner Studien erkrankte Georg von Cotta schwer an einem Herzleiden, das ihn zwang, die Universität zu verlassen und sich in Stuttgart, später dann in Rom, ganz auf die Wiederherstellung seiner Gesundheit zu konzentrieren. Erst 1818 konnte er nach seiner vollständigen Genesung in den württembergischen Diplomatendienst eintreten.30 1819 war Cotta als Legationssekretär beim württembergischen Gesandten und Freund des Vaters Karl August Freiherr von Wangenheim am deutschen Bundestag in Frankfurt tätig. Dort wurde er mit Sophie von Adlerflycht bekannt, die er 1820 heiratete. 1820 wurde er mit dem Geheimen Legationsrat von Trott zu Solz nach Wien zu den abschließenden Verhandlungen der Schlußakte des Deutschen Bundes gesandt. Dort lernte er die österreichischen Staatsverhältnisse kennen, die er als undurchsichtig bezeichnete, während er sich für die Verdienste Erzherzog Johanns im kulturellen und landwirtschaftlichen Leben der Steiermark begeisterte.31 27 28 29
30 31
Ebenda, S. 571. Zitat nach Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 590. Zu J. Georg von Cotta vgl. Schäffle, G. von Cotta; Heyck, AZ, S. 100-110, Liselotte Lohrer, G. v. Cotta, in: NDB, Bd. 3, Berlin 1957, S. 379f. sowie Liselotte Lohrer, Cotta. Geschichte eines Verlages 1659-1959, Stuttgart 1959, S. 96-125. Neuere biographische Literatur zu Georg von Cotta gibt es nicht. Die Arbeit von Henriette Kramer, Georg von Cotta (1796— 1863) als Verleger, in: AGB 1984, Sp. 1093-1297, beschäftigt sich überwiegend mit der verlegerischen Arbeit G. v. Cottas, geht jedoch hauptsächlich auf den Buchverlag ein und klammert die AZ vollständig aus. Hinweise zur Biographie G. v. Cottas bei Duczeck, G. Kolb, S. 271-367. Vgl. Lohrer, Cotta, S. 97. Vgl. Schäffle, G. v. Cotta, S. 1618f., und Lohrer, Cotta, S. 97f.
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Bereits 1821 verließ er den diplomatischen Dienst und trat auf Drängen seines Vaters in das Verlagsgeschäft ein. Er redigierte unter anderem das Morgenblatt für gebildete Stände und erwarb sich das erforderliche Wissen für die Leitung eines Verlages. Nach dem Tod seines Vaters hatte Georg von Cotta das verschuldete Unternehmen zu reformieren. Da er seine Schwester Ida nicht auszahlen konnte, beschloß die Familie, den Verlag gemeinsam weiter zu fuhren. Zusammen mit seinem Schwager Freiherrn von Reischach konsolidierte Georg von Cotta den Verlag durch den Verkauf aller nicht verlegerischen Betriebszweige, d.h. der Papierfabrik, der Spinnerei, der Anteile an den Schiffahrtsunternehmen und der bayerischen Herrschaft Hohenkammer.32 Einzig die Herrschaft in Plettenberg und das Rittergut Hipfelhof blieben in seinem Besitz. Dort betrieb der leidenschaftliche Landwirt eine vorbildliche Schafzucht und engagierte sich für die Verbesserung der Landwirtschaft. 33 Wie sein Vater war Georg von Cotta durch seine Besitzungen im Neckar- und Schwarzwaldkreis Mitglied der Zweiten Kammer des württembergischen Landtags, wo er hauptsächlich bei volkswirtschaftlichen Themen tätig wurde.34 Er arbeitete in verschiedenen Kommissionen mit, erstattete Bericht über den Eisenbahnanschluß Württembergs an Baden und über Fragen zu Handelsverhältnissen mit Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika; darüber hinaus war er Mitglied des Kollegiums der landwirtschaftlichen Zentralstelle.35 Georg von Cotta verbesserte auch die innere Organisation des Verlages. Er legte Autorenkopierbücher, Vertragskopierbücher und Honorarbücher für den Buchverlag und den Zeitungsverlag an und erneuerte die Druckauftragsbücher.36 Im Bereich des Zeitungsverlages überwog sein Interesse fur die Politik, während er im Gegensatz zu seinem Vater die poetischen und literarischen Schwerpunkte des Verlagsprogramms nicht so stark forderte. Sein besonderes Interesse, auch in verlegerischer Hinsicht, galt den Wissenschaften. Er verlegte medizinische, theologische, land- und forstwirtschaftliche sowie rechts- und staatswissenschaftliche Werke und das Werk Kosmos Alexander von Humboldts, mit dem er freundschaftlich verbunden war.37 Die ΑΖ betreute er in gleicher Weise wie sein Vater. Er trat in München und Wien für das Gedeihen seiner Zeitung ein und schützte Mitarbeiter und Korrespondenten vor Schwierigkeiten mit der Zensurbehörde.38 Die unter seinem Vater aufgestellten Prinzipien blieben erhalten. Sein Interesse für die ΑΖ verstand er nicht nur als Engagement eines Eigentümers, sondern als moralische Teilnahme, [...] so daß ich glaube seit dieser Zeit an dem Blatte ebensoviel gethan, mitgewirkt und mitgelitten zu haben, als die Collectivzahl der Redakteure. 39
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Vgl. Lohrer, Cotta, S. 99. Vgl. Schäffle, G. v. Cotta, S. 1650. Vgl. Lohrer, NDB, Bd. 3, S. 380. Vgl. Schäffle, G. v. Cotta, S. 1650. Vgl. Lohrer, Cotta, S. 99; zum Buchverlag, der hier ausgespart wird, vgl. Kramer, Cotta als Verleger. Vgl. Lohrer, Cotta, S. 102f. Vgl. Heyck, AZ, S. 103. Cotta an Kolb vom 7.10.1856, CA Copierbuch fllr Briefe an die AZ.
Die wohl wichtigste Neugründung unter Georg von Cotta war die Deutsche Vierteljahresschrift,40 »eine Zeitschrift im Stil der englischen Reviews«41 mit einer Themenbreite, die von Philosophie, Literatur- und Kunstkritik bis zu Volkswirtschaft, Soziologie, Verkehrswesen und Politik reichte. Für Cotta war die Deutsche Vierteljahresschrift eines seiner wichtigsten Produkte im Zeitschriftenverlag, er redigierte sie deshalb weitgehend allein. Georg von Cotta verstand den »Buchhandel als eine Mission höherer Art«42 und »schrieb der Presse den Beruf der öffentlichen Magistratur zu«,43 deren Aufgabe die Erhaltung der nationalen Integrität sei. Cotta äußerte, daß diese Aufgabe auch seine persönliche Pflicht sei: Diese stund mir stets höher als meine Persönlichkeit, welche ich noch immer dem unterzuordnen wußte, was meine Lebensaufgabe und der Ehrenpunct der Geschäfte ist, welche ich nur als deutscher Patriot für des Gesamtvaterlandes Wohl [erfüllte] 4 4
Mit dieser Aussage zog Georg von Cotta die Summe seiner Lebensarbeit, und viele Briefe zeugen von seinem Engagement fur ein starkes Deutschland 45 Bezeichnend für ihn war seine großdeutsche Haltung. Er erwartete »die schönste Erfüllung der Hoffnungen Deutschlands« von der Einbindung Österreichs in den Deutschen Bund 46 Die Revolution von 1848 erschütterte nicht nur seine Verlagsgeschäfte sondern auch sein politisches Denken. Während des österreichisch-italienischen Krieges (1858/59) verzweifelte er fast an der neutralen Haltung der deutschen Staaten. Mit allen publizistischen Mitteln kämpfte er für seine Auffassung, daß Deutschland am Po verteidigt werden müsse. Johann Georg von Cotta starb am 1. Februar 1863. Er hatte das Lebenswerk seines Vaters erfolgreich weitergeführt, ausgebaut und verfestigt. Mitbesitzer und Geschäftspartner Georg von Cottas war sein Schwager Freiherr Hermann Ludwig Ernst Albert von Reischach, kgl. Kammerherr und Major in Stuttgart, der mit Cottas Schwester Ida verheiratet war. 47 Reischach war am 2. Dezember 1798 in Klaukendorf in Ostpreußen geboren worden und stammte aus der Linie zu Nußdorf. 48 Die Familie lebte zeitweise in München, und Freiherr von Reischach engagierte sich dort für die Belange des Verlages und besonders für die der AZ. 49 Der Schwerpunkt der Verlagsführung lag jedoch bei Georg von Cotta. Dies dürfte einer der Gründe dafür sein, daß Reischach in den Arbeiten 40 41 42
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Sie erschien von 1838 bis 1870. Vgl. Lohrer, Cotta, S. 123. Herbert Schiller, Georg v. Cotta. Verleger und Politiker 1796-1863, in: Schwäbische Lebensbilder Bd. II, hrsg v. Hermann Haering und Otto Hohenstadt, Stuttgart 1941, S. 59. Schäffle, G. v. Cotta, S. 1633. CA, CB Cotta an Orges vom 12.2.1862, bei Orges an Cotta Nr. 226 vom 10.2.1862. Vgl. Herbert Schiller, Verlegerische Arbeit unter politischem Gesetz - Georg von Cotta als Politiker, in: Der Buchhändler im neuen Reich, Berlin April 1940, 5. Jg., 4. H., S. 68. Vgl. H e y c k , A Z , S. 105. Vgl. Schäffel, G. v. Cotta, S. 1619. Oberbadisches Geschlechterbuch, hrsg. von der Badischen Historischen Kommission, bearb. v. J. Kindler von Knobloch und O. Freiherr von Stützungen, Bd. 3, Heidelberg 1919, S. 470. Davon zeugt sein Briefwechsel und der der Redakteure mit Cotta.
19
über den Cotta-Verlag weitgehend unerwähnt bleibt.50 Hermann von Reischach starb am 8. April 1876 in Stuttgart.
2.2.
Die Gründungsgeschichte der Allgemeinen Zeitung
Im Jahre 1794 entwickelte Johann Friedrich Cotta »den Plan einer politischen Zeitung von großem und völlig neuem Stil«.51 Für diese versuchte er den Dichter Friedrich Schiller zu gewinnen. Eine politische Tageszeitung als Arbeitsfeld lehnte Schiller ab, verfolgte er doch die Idee einer »rein litterarischen und poetischen Zeitschrift«, 52 fur die er Cotta auch gewinnen konnte. So entstanden die Hören. Cotta ließ von dem Gedanken einer Zusammenarbeit mit Schiller in bezug auf eine politische Zeitung aber nicht ab und versuchte, ihn zur Mitarbeit an einer Vierteljahresschrift mit dem Titel »Allgemeine Europäische Staatszeitung« zu überreden. Auch dies lehnte Schiller ab. Daraufhin trat Johann Friedrich Cotta mit dem Schriftsteller und Juristen Dr. Ernst Ludwig Posselt53 in Verbindung. Zusammen gründeten sie 1795 die Monatsschrift Europäische Annalen, die »eine vollständige, unparteiische, bescheiden freimütige Darstellung aller wichtigen Begebenheiten in allen Staaten Europas«54 zum Ziel hatte. Erst im Januar 1797 regelte ein Vertrag zwischen Cotta und Posselt die Herausgabe einer »Allgemeinen Zeitung«, die dann am 31. Oktober 1797 unter dem Titel Neueste Weltkunde angekündigt wurde. Posselt war der Redakteur dieser Zeitung, die seit dem 1. Januar 1798 täglich in Tübingen erschien. Dies war die »Geburtsstunde einer für Deutschland in dieser Qualität bis dahin unbekannten Art von Tageszeitung«.55 Johann Friedrich Cotta erreichte für die Zeitung Zensurfreiheit beim württembergischen Herzog Friedrich. Dieses Privileg entzog der Herzog der neuen Zeitung aber recht bald wieder.56 Bereits im Februar 1798 legte der österreichische Gesandte am württembergischen Hof eine Beschwerde über die freie Berichterstattung der Zeitung beim Herzog vor, bald darauf auch der russische Gesandte und 50
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Vgl. Lohrer, Cotta, S. 96. Auch biographische Nachschlagewerke enthalten keine Angaben zu Reischach, vgl. die Zusammenstellung im Deutschen Bibliographischen Archiv. Heyck, ΑΖ, S. 4; zur Vorgeschichte der AZ siehe Heyck, AZ, S. 1-13; Schäffle, Cotta, S. 56ff., und Wilhelm Vollmer, Briefwechsel zwischen Schiller und Cotta, Stuttgart 1876, S. 606ff. Zur weiteren Geschichte vgl. Moran, Toward the Century of Words, und Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration; Lohrer, Cotta, S. 76-82; Christian Padrutt, AZ, in: Heinz-Dietrich Fischer, Deutsche Zeitungen des 17. und 20. Jh., Pullach 1972; Funk, Verfassungsfrage, Einleitung; H. Tournier, Aus den Lehr und Wanderjahren der AZ, in: AZ Sonderausgabe vom 13. Mai 1901. Heyck, AZ, S. 4. Zu Posselt vgl. Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration, S. 36-39. Heyck, AZ, S. 12, und Padrutt, AZ, S. 133. Kurt Koszyk, Deutsche Presse im 19. Jh., Berlin 1966, S. 276. Vgl. Heyck, AZ, S. 53-55; Schäffle, Cotta, S. 61ff., Padrutt, AZ, S. 133, Moran, Toward the Century of Words, S. 54-92, Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 338^412, und Karl-Heinz Fuchs, Bürgerliches Räsonnement. Zensur als Instrument des Despotismus dargestellt am Beispiel des rheinbündischen Württemberg, Göppingen 1975 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik Bd. 150), S. 131-148.
der Bischof von Speyer.57 Kam Cotta zunächst mit einer strengen Rüge des Herzogs glimpflich davon, so wurde die Neuesie Weltkunde nach einer Beschwerde Österreichs beim Reichshofrat in Wien verboten.58 Bevor dieses Verbot wirksam werden konnte, lenkte Cotta ein, wechselte den verantwortlichen Redakteur, den Namen und den Druckort der Zeitung. Die Neueste Weltkunde erschien daraufhin ohne Unterbrechung ab dem 9. September 1798 unter dem Titel Allgemeine Zeitung in Stuttgart. Dort unterlag sie allerdings der Zensur. 59 Verantwortlicher Redakteur wurde Ludwig Ferdinand Huber, Schriftsteller und zeitweiliger Diplomat am Mainzer Hof. 60 Gleichzeitig beantragte Johann Friedrich Cotta ein kaiserliches Privileg, das die Zeitung vor unberechtigtem Nachdruck schützen sollte. Er erhielt es am 8. Oktober 1798.61 Nun konnte der weitere Aufbau der Zeitung fortgesetzt werden. Die Stuttgarter Zensur überwachte den Druck und beseitigte hie und da eine unbequeme Notiz. 62 In der Regel blieb die Zeitung aber von der Zensur unbehelligt. Erst im Dezember 1799 mußte Cotta scharfe Maßnahmen gegen die ΑΖ hinnehmen. Nach Abdruck einer Miszelle aus London wurde die ΑΖ wegen »Aufnahme irrespectuoser und hochstrafbarer Äußerungen anderer Zeitungsblätter und Außerachtlassung der den größten Höfen Europens schuldigen Ehrfurcht« 63 für acht Tage verboten. Der Zensor und Bibliothekar Lebret bekam eine scharfe Rüge und wurde seines Amtes als Zensor enthoben. Diese und weitere kleine Zensurbeanstandungen sind auf Ressentiments des württembergischen Herzogs Friedrich gegen Cottas politische Aktivitäten zurückzuführen. 64 Am 14. Oktober 1803 erfolgte das zeitlich unbefristete Verbot der ΑΖ in Württemberg.65 Der Abdruck einer Rede des Präsidenten des französischen Oberappellationsgerichtes, die sich lediglich durch »franz. Ruhmredigkeit« auszeichnete, war die offizielle Begründung, rechtfertigte es aber keineswegs. 66 Danach suchte Johann Friedrich Cotta nach Möglichkeiten, die Zeitung zu erhalten. Er bekam Angebote aus mehreren deutschen Staaten, seine Zeitung dort herauszugeben. Cotta wählte Bayern, da ihm »Zuwendung aller amtlichen Inse57
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Österreich mißfiel die Berichterstattung über den Kongreß zu Rastatt sowie der Artikel Frankreich und der Nord, der die Freiheit Frankreichs mit der Unfreiheit der nordischen Staaten verglich. Besonders Rußland fühlte sich von diesem Artikel angegriffen. Vgl. StAL D 41 Bü 434 und Bü 435, vgl. auch Vollmer, Briefwechsel, S. 628ff. und Schäffle, Cotta, S. 6 2 - 6 5 . Vgl. a u c h H S t A S E 3 1 Bü 1055. Vgl. StAL D 41 Bü 436. Vgl. Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration, S. 39—42, und Sabine Dorothea Jordan, Ludwig Ferdinand Huber 1764-1804. His Life and his Works, Stuttgart 1978. Vgl. Heyck, AZ, S. 62 und Vollmer, Briefwechsel, S. 652. Vgl. Heyck, AZ, S. 70. Dekret Herzog Friedrichs vom 10.12.1799, HStAS Ε 31 Bü 1055, abgedruckt bei Vollmer, Briefwechsel, S. 653f., vgl. auch Schäffle, Cotta, S. 77, und Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 386f. Vgl. HStAS Ε 31 Bü 1054. Vgl. Dekret Friedrichs vom 12.10.1803, HStAS Ε 31 Bü 1055. Vgl. Schäffle, Cotta, S. 80f., Cotta versuchte daraufhin, gegen das Verbot zu intervenieren, dies war vergeblich. Vgl. Schreiben Cotta an Friedrich vom 16.10.1803 und Friedrich an den Academischen Senat zu Tübingen vom 17.10.1803, HStAS Ε 31 Bü 1055, vgl. auch Heyck, AZ, S. 7 9 - 8 2 , und Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 410f.
21
rate, Portofreiheit für die an die Redaktion gerichteten Briefe und billige Beförderung der Zeitung innerhalb der bayerischen Grenze«67 zugesichert worden waren. Am 7. November 1803 wandte er sich mit einer Eingabe an den Kurfürsten Maximilian Joseph von Bayern mit der Bitte, die Zeitung in Ulm herausgeben zu dürfen und sie der bayerischen Zensur zu unterstellen, damit sie in der Gesinnung der bayerischen Regierung verfaßt werde.68 Am 17. November 1803 erschien die Zeitung unter dem Redakteur Ludwig Ferdinand Huber in Ulm mit dem Titel Kaiserlich und Kurpfalzbairisch privilegierte Allgemeine Zeitung,69 Fast gleichzeitig trat der Schriftsteller und Jurist Karl Joseph Stegmann als Gehilfe Hubers in die Redaktion ein. Nach Hubers Tod im Dezember 1804 übernahm Stegmann dessen Stelle als verantwortlicher Redakteur.70 Nach den Bestimmungen des Wiener Friedens von 1809 wurde die Stadt Ulm 1810 württembergisch. Für Johann Friedrich Cotta stellte sich somit erneut die Frage der Verlegung der Redaktion der AZ an einen bayerischen Ort. Die Rückkehr des »Instituts«, wie Cotta die AZ nannte, nach Württemberg schien ihm nicht ratsam. So wagte Cotta »eine allerunterthänigste Bitte« an den bayerischen König Maximilian I., »Augsburg zum Wohnort der Allgemeinen Zeitung«71 wählen zu dürfen. Augsburg schien ihm durch die vorteilhaften Postwege und die Existenz eines Oberpostamtes besonders geeignet.72 Probleme bereitete anscheinend nur die Unterbringung der Druckerei, der Redaktionsräume und des Personals. »Nach eingezogenen Erkundigungen« bat Cotta Maximilian I., ihm ein Haus am St. AnnaPlatz, das unter der Administration eines Stiftungsfonds gestanden hatte und bald leerstehen würde, zu überlassen.73 Dieser Bitte wurde durch ein Schreiben des bayerischen Ministers Montgelas vom 28. Juni 1810 entsprochen.74 Gleichzeitig wurde die AZ, dem Wunsch Cottas folgend,75 unter die »specielle Censur des Generalcommissairs«76 gestellt. Dies war für lange Zeit der letzte Umzug der AZ. 1829 diskutierten Cotta, Stegmann und der Redakteur Kolb zwar den Umzug nach München, Cotta hielt aber an Augsburg fest. 1824 gab es ein weiteres bedeutendes Ereignis für die Entwicklung der AZ, den Ankauf einer Schnellpresse und der zu ihrem Betrieb notwendigen Dampfmaschine. Für letztere hatte er einen neuen Brunnen graben lassen, da die vorhandene
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AZ, Sonderausgabe vom 13.5.1901, vgl. auch Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 411. Vgl. Cotta an Maximilian Joseph vom 7.11.1803, BayHStA München, Minn 25097/1. Nicht, wie oft angegeben, nur ... Kurbairische .... Ab 5.1.1806 änderte sie ihren Titel, der neuen Königswürde Maximilian Josephs entsprechend, in Kaiserlich und königlich bairische privilegierte Allgemeine Zeitung, ab 16.1.1807 hieß sie nur noch Allgemeine Zeitung, mit den allerhöchsten Privilegien. Vgl. Heyck, AZ, S. 87. Cotta an König Maximilian vom 25.6.1810, BayHStA MInn 25097/1. Vgl. ebenda. Vgl. ebenda. Vgl. Montgelas an Cotta vom 28.6.1810, ebenda. Vgl. Cotta an König Maximilian vom 25.1.1810, ebenda. Montgelas an Cotta vom 28.6.1810, ebenda.
Wassermenge für die Dampferzeugung nicht ausreichte.77 Cotta scheute keine Kosten, um die Arbeit in der Druckerei zu rationalisieren. Die Maschine hatte eine Druckkapazität von 1200 Seiten pro Stunde und konnte damit die tägliche Arbeit von zwei Druckern erledigen. Ausschöpfen konnte Johann Friedrich Cotta aber nur das Produktionsvermögen von 1020 Seiten pro Stunde, da das Papier nicht schnell genug an die Maschine angelegt werden konnte.
2.3.
Die leitenden Redakteure
Im frühen 19. Jahrhundert gab es Redakteure im heutigen Sinne mit zielgerichteter Ausbildung und zeitungsorientiertem Lebensweg noch nicht. Der im Vormärz entstandene literarische Markt ermöglichte jedoch eine Existenz als freiberuflicher Literat oder Journalist. »Der typische vormärzliche Journalist war keineswegs der verkrachte Student, gescheiterte Klippschullehrer [...], sondern besaß den Doktorund nicht selten den Professorentitel.«78 Jedoch waren Akademiker aller Sparten in vielen Fällen nicht freiwillig Redakteure oder reisende Journalisten und Korrespondenten geworden. Oft war ihnen aufgrund politischer Differenzen mit der Obrigkeit eine Stellung an Schul- oder Universitätsanstalten verweigert worden. 79 Die Tätigkeit als Redakteur einer Zeitung war daher bei vielen Betroffenen zunächst eine Übergangslösung bis zur Aufnahme einer anderen Stellung.80 Ein anderer Teil arbeitete gleichzeitig als Redakteur und als Lehrer, Professor oder auch Wissenschaftler. Auch die Redaktion der ΑΖ war für viele nur eine Station auf ihrem beruflichen Werdegang, sei es als Mitredakteur oder Aushilfe in Augsburg oder als auswärtiger Korrespondent mit fixem Honorar. Die verantwortlichen Redakteure blieben in der Regel über lange Jahre hinweg für Cotta tätig, die meisten sogar bis zu ihrem Tode. Diese »Chefredakteure« waren in den Jahren von 1815 bis 1863 Karl Joseph Stegmann und Gustav Kolb. Sie waren fur die Zeitung verantwortlich vor den Behörden und der Öffentlichkeit, aber auch verantwortlich für den Geschäftsbetrieb und Cottas Briefpartner in Zeitungsangelegenheiten. Diese Verantwortlichkeit drückte sich durch die »Unterschrift«, d.h. die Nennung des Namens in jeder Ausgabe aus. Sie waren hauptberuflich fur die AZ tätig und konnten ihren ganzen Lebensunterhalt aus der redaktionellen Arbeit bestreiten. Da die Tätigkeit bei der AZ, wie noch gezeigt werden wird, sehr anstrengend und aufreibend war, 77
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Vgl. Cotta an König Maximilian vom 23.9.1824, ebenda. Zur Wassergewinnung in der Druckerei vgl. auch StadtAA Bestand 2 Nr. 465. Reinhard Wittmann, Buchmarkt und Lektüre im 18. und 19. Jahrhundert. Beiträge zum literarischen Leben 1759-1888, Tübingen 1982 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur Bd. 6), S. 156. Zur Sozialgeschichte der Journalisten vgl. Rolf Engelsing, Massenpublikum und Journalistentum im 19. Jahrhundert in Nordwestdeutschland, Berlin 1966, hier S. 56. So z.B. W.H. Riehl, der zur Zeit seiner Berufung auf eine Münchner Professur als Redakteur bei der AZ tätig war. Vgl. Engelsing, Massenpublikum, S. 55f. Zu den Redakteuren im Vormärz siehe auch Wolfram Siemann, Kampf um Meinungsfreiheit im deutschen Konstitutionalismus. Eine Skizze, in: Meinungsfreiheit - Grundgedanken und Geschichte in Europa und USA, hrsg. von Johannes Schwartländer und Dietmar Willoweit, Straßburg 1986, S. 1 7 3 - 1 8 8 .
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zog Cotta auch weitere festangestellte Redakteure zur Mitunterschrift und damit zur Verantwortung gegenüber Behörden, Korrespondenten und Verlegern heran. Der erste langfristig tätige Redakteur, Karl Joseph Stegmann,81 wurde 1767 in Schlesien geboren. Er besuchte die Schule in Breslau und Berlin und studierte dann Jura an der Universität Halle. Der Bankrott seines Vaters, eines wohlhabenden schlesischen Kaufmanns, zwang ihn die akademische Laufbahn abzubrechen und einen Verwaltungsberuf zu ergreifen. Dieser scheint ihn jedoch nicht befriedigt zu haben. Er brach die Beamtenlaufbahn ab und reiste nach Italien. Dort verbrachte er zwei Jahre, schrieb Reiseberichte und gab diese 1798 anonym heraus.82 Im Vorwort dieses Buches gab Stegmann eine Beschreibung des anonymen Verfassers. Seine damalige Selbsteinschätzung kennzeichnet sein gesamtes weiteres Wirken, auch das fur die AZ. Er bekannte, »weder Alterthumsforscher, noch Kunstkenner, noch Politiker, noch Naturkundiger«83 zu sein. »Freimüthigkeit und Wahrheitsliebe« waren fur ihn Eigenschaften, die den Mangel an Spezialkenntnissen wettmachten. Für ebenso wichtig hielt er die Vermittlung von Neuigkeiten über fremde Länder durch Bücher und Zeitungsartikel, wobei er dies für seine Fragmente aus Italien nicht als Ziel in Anspruch nehmen wollte, da er die Italienrezeption in Deutschland nicht kannte.84 1789 übersiedelte er nach Zürich, schrieb »Rezensionen für die Allgemeine Literaturzeitung zu Jena und zu Halle«85 und übersetzte ein Gartenbuch aus dem Englischen. Daneben bekleidete er eine Stelle als Redakteur bei der Neuen Züricher Zeitung.86 Dort betreute er den Auslandsteil, hatte sich aber als Hilfsredakteur ganz den Anweisungen des Redakteurs Heinrich Hirzel zu unterwerfen. Dieser verlangte von Stegmann, die Ereignisse mit »absoluter Neutralität zu beobachten«, d.h., die Auslandsnachrichten sollten sich bei der Neuen Züricher Zeitung auf eine kommentarlose Wiedergabe von Tatsachen beschränken.87 Schon damals schrieb Stegmann Korrespondentenberichte für die AZ. 88 Sein erster Bericht handelte über die Schlacht von Zürich.89
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24
Zu Karl Joseph Stegmann gibt es bisher keine zufriedenstellende biographische Abhandlung. Die Literatur stützt sich im wesentlichen auf den Nekrolog Gustav Kolbs in der AZ vom 5.3.1837. Petzet fügt in seinem Artikel in der ADB, Bd. 35, S. 504f., Berlin Nachdruck 1971, lediglich eindeutige biographische Angaben hinzu. Vgl. auch Moran, Toward the Century of Words, S. 94-98. Anonym, Fragmente aus Italien. Aus dem Tagebuch eines jungen Deutschen, ohne Ort, 1798. Ebenda, S. 1. Vgl. ebenda, S. 2. Neuer Nekrolog der Deutschen, JG. 15, 1837 (1839). Der Artikel über Stegmann setzt sich bis auf die zitierte Stelle aus dem Nekrolog Gustav Kolbs in der AZ vom 5. März 1837 und aus dem Bericht über seine Beerdigung, Beilage der AZ Nr. 67 vom 8. März 1837, zusammen. Vgl. Padrutt, AZ, S. 135. Vgl. Leo Weisz, Die Redaktoren der Neuen Züricher Zeitung bis zur Gründung des Bundesstaates 1780-1848, Zürich 1961, S. 69. Vgl. ebenda. Vgl. C.A. Mebold, Zur Einleitung. Einst und Jetzt, in: Monatsblätter zur Ergänzung der AZ, Januar 1845, S. IV.
Im Herbst 1803 berief Johann Friedrich Cotta Stegmann als Mitarbeiter Ludwig Ferdinand Hubers in die Redaktion der ΑΖ. Nach dessen Tod im Dezember 1804 übernahm Stegmann die Stelle des verantwortlichen Redakteurs, die er bis zu seinem Tod am 3. März 1837 innehatte. Außer seiner obengenannten selbständigen Arbeit wurde Stegmann nicht als Schriftsteller tätig. Er stellte seine ganze Schaffenskraft in die Dienste der AZ, die er in den gut 32 Jahren seiner redaktionellen Tätigkeit entscheidend mitprägte. Sein Nachfolger Gustav Kolb schrieb in seinem Nekrolog, daß der »Leitstern« Stegmanns zum »Leitstern« der AZ geworden sei.90 Stegmann habe sich »immer weniger [...] von raschen Aenderungen dahinreißen lassen [...], je häufiger er gesehen hatte, wie kurze Dauer jeder Einseitigkeit oder Uebereilung gegeben sey, gleichviel ob ursprünglich eine redliche Gesinnung oder eine unredliche ihr zu Grunde gelegen habe.« So hätten Beständigkeit und ein »maashaltendes partheiloses Ziel«91 die Zeitung wie den Redakteur ausgezeichnet. Ein Redakteur an Stegmanns Seite und späterer Mitunterzeichner der AZ war Albrecht Lebret.92 Er wurde am 1. Dezember 1778 in Stuttgart als Sohn des Geschichtsschreibers, Professors der Theologie und Universitätskanzlers in Tübingen, Johann Friedrich Lebret,93 geboren. Er promovierte im Fach Medizin, arbeitete ab 1805 am Stuttgarter Gymnasium als Lehrer für Naturgeschichte 94 und wurde 1809 Professor. 1822 bat er um seine Entlassung aus dem Schuldienst.95 Neben seiner Lehrtätigkeit war er auch als Übersetzer und historisch-publizistischer Schriftsteller96 tätig. Schon 1819 war Lebret in Kontakt mit Johann Friedrich Cotta gekommen, 97 trat jedoch erst am 12. Januar 1824 in die Redaktion der AZ ein, wo er zur Zufriedenheit Stegmanns arbeitete. Lebret war ein begeisterter Verehrer Napoleons, 98 eine Einstellung, die er bis zu seinem Tod am 27. Februar 1846 beibehielt.99 Nach dem Eintritt des zukünftigen Chefredakteurs Gustav Kolb in die Redaktion geriet Lebret wohl in Opposition zu Stegmann, da er sich vermutlich den liberalen Ansichten und jugendlichen Ideen Kolbs näher gefühlt haben dürfte. 100 Im Herbst 1843 trat er in den Ruhestand. Die Redakteurin des Morgenblattes für gebildete Stände, Therese Huber, zeichnete von Lebret ein Bild, das aufgrund der wenigen Zeugnisse hier angeführt werden soll. Lebret sei
90 91 92
93 94 95
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Vgl. AZ Nr. 64 vom 5. März 1837, S. 505. Ebenda. Über Lebret ist nur sehr wenig bekannt. Die ADB erwähnt ihn nicht; im Neuen Nekrolog der Deutschen Jg. 24, 1846 ist nur eine kurze Todesanzeige verzeichnet. Vgl. Todesanzeige in: AZ Nr. 61 vom 2.3.1846, S. 484. Vgl. Geiger, Therese Huber, S. 365. Vgl. Johann Wilhelm Camerer, Beiträge zur Geschichte des Stuttgarter Gymnasiums, Stuttgart 1834, S. 38. Vgl. Heyck, AZ, A. 146. Vgl. Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 551. Vgl. ebenda, S. 147. Vgl. Neuer Nekrolog der Deutschen, Jg. 24, 1846. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 170 vom 12.10.1832.
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ein sehr guter weicher Mann, der mit allen in Frieden leben will, also es niemand recht macht, endlich vereinzelt steht, Cottas äme damnie, dem er nie zu wiedersprechen wagte, aber der Denkart nach ein redlicher Mann, seltsamerweise nebst Stegmann mit allen unsichtbaren broulliert. 101
Neben seiner Tätigkeit bei der ΑΖ übernahm Lebret zwischen 1833 und 1834 fur ein Jahr die Redaktion des Auslandes, die nach ihm ein Mitredakteur der AZ, Eduard Wiedenmann, innehatte.102 Gustav Kolb, der Nachfolger K.J. Stegmanns in der Redaktion der AZ, wurde am 6. März 1798 als Sohn eines Goldschmieds in Stuttgart geboren, besuchte dort die Schule und studierte ab Herbst 1818 in Tübingen Staats- und Finanzwissenschaften.103 Seine Interessen waren nicht nur auf die Studienfacher gerichtet, er widmete sich darüber hinaus unter anderem der Kunst und Literatur und versuchte sich mit eigenen Dichtungen.104 Daneben wurde Kolb auch politisch tätig. 1819 trat er in die Tübinger Burschenschaft105 ein und wurde dort ein führendes Mitglied. 1821 begab sich Kolb im Kreis mehrerer Burschenschaftler nach Italien, um als Korrespondent der Neckarzeitung über den Aufstand der italienischen Carbonari gegen die österreichische Herrschaft zu berichten. Die Unruhen waren jedoch bei Kolbs Eintreffen beendet. Auf dem Rückweg nach Tübingen kam es zu einem Zusammentreffen mit deutschen Emigranten in der Schweiz; das gab den Anstoß für die Gründung eines Geheimbundes an der Universität Tübingen, der sich schnell auch an anderen deutschen Hochschulen verbreitete.106 Dessen Ziel war der Umsturz der bestehenden Verfassungen, um die Demokratisierung der politischen Staatssysteme zu ermöglichen; Pläne, die jedoch über »gedanklichefn] Überlegungen« nicht hinausgingen.107 Seine Tätigkeit im Geheimbund blieb der Mainzer Zentral-Untersuchungskommission, der zentralen Überwachungsstelle im Deutschen Bund, 108 nicht verborgen. Sie ließ Kolb im September 1824 verhaften. Acht Monate später verurteilte man ihn zu viereinhalbjähriger Festungshaft mit »angemessener Beschäftigung« in der Festung Hohenasperg. Die Anklage lautete auf: »Theilnahme an einer hochverräterischen Verbindung«.109 Kolb stellte nach
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Geiger, Therese Huber, S. 365. Vgl. Lohrer, Cotta, S. 34. Vgl. Duczek, G. Kolb, S. 276f. Dort auch Hinweise zu älterer Literatur über Kolb. Zum Lebenslauf vgl. auch Untersuchungsbericht der Mainzer Kommission LXXIII. Cap. VII Anhang Β in BayHStA, MA 28005. Vgl. Duczek, G. Kolb, S. 277. Zur Geschichte der Tübinger Burschenschaft und zum »Geheimen Jünglingsbund« vgl. Reinhard Müth, Studentische Emanzipation und staatliche Repression. Die politische Bewegung der Tübinger Studenten im Vormärz, insbesondere von 1825-1837, Tübingen 1977. Vgl. Untersuchungsbericht, BayHStA MA 28005, vgl. auch Duczek, G. Kolb, S. 282. Vgl. ebenda, S. 282f. Zur Mainzer Untersuchungskommission vgl. Wolfram Siemami, »Deutschlands Ruhe, Sicherheit und Ordnung«. Die Anfänge der politischen Polizei 1806-1866, Tübingen 1985 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Bd. 14), S. 7 6 - 8 6 . Untersuchungsbericht, BayHStA MA 28005, vgl. auch die Prozeßakten StAL Ε 319 Büschel 1-3.
seiner Verurteilung ein Gnadengesuch, wurde bereits im September 1826 aus der Haft entlasssen und bekam seine bürgerlichen Rechte wieder zuerkannt. Auf Empfehlung des württembergischen Justizministers, dem Kolb auf Hohenasperg positiv aufgefallen war, übernahm Johann Friedrich Cotta ihn schon 1826 in sein Verlagsgeschäft. Dort war er zunächst mit Korrekturlesen beschäftigt, trat aber bald in die Redaktion der AZ ein und arbeitete bereits 1828 für die ebenfalls von Cotta herausgegebene Zeitschrift Ausland.1,0 Kolbs Einfluß in der Redaktion vergrößerte sich rasch. 1831 gewann er Heinrich Heine als Mitarbeiter für die AZ,111 1832 wurde ihm von Johann Friedrich Cotta der deutschland-politische Teil einschließlich der österreichischen Artikel der Zeitung übertragen.112 Als Stegmann aus gesundheitlichen Gründen die volle Verantwortung für die Redaktion aufgeben mußte, bat er Cotta, die Stelle des verantwortlichen Redakteurs mit einem jüngeren Mann zu besetzen. Er verwies auf Kolb, auch wenn ihm dieser Schritt wegen Kolbs Vergangenheit und seines Engagements für die Opposition nicht ungefährlich schien.113 Zwar wurde der offizielle Stellenwechsel zu Lebzeiten Stegmanns nicht vollzogen, doch übernahm Kolb schon im Dezember 1836 weitgehend die Geschäfte der AZ,114 deren verantwortlicher Redakteur er nach dem Tode Stegmanns am 3. März 1837 wurde. Sein politisches Engagement konnte Kolb durch Übernahme der deutschlandpolitischen Artikel in gewisser Hinsicht fortsetzen. Er mußte zwar die Rahmenbedingungen der Zensur beachten, konnte durch die Auswahl der Artikel jedoch seine liberale Grundhaltung ausdrücken. Die Gestaltung des deutschland-politischen Teils der Zeitung geschah erst gegen den Widerstand Stegmanns, aber Kolb konnte sie im Einverständnis mit Johann Friedrich Cotta durchsetzen und stärker ausbauen. Seine politische Grundhaltung war durch das Eintreten für ein vereinigtes Deutschland unter der Herrschaft Österreichs geprägt.115 Jedoch wurde der Beginn seiner Laufbahn bei der AZ von der österreichischen Regierung sehr mißtrauisch beobachtet, da Kolb sich gegen die restaurative Politik der deutschen Großmächte Österreich und Preußen ausgesprochen hatte.116 Er machte sich dann das Prinzip der Unparteilichkeit - das Motto der AZ - für seine Aufgabe als Redakteur zu eigen und konnte so seine Stellung auch in bezug auf diese Staaten festigen.
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Vgl. Duczek, G. Kolb, S. 287, vgl. auch Heyck, AZ, S. 114. Mit Heine verband Kolb eine langjährige Freundschaft, vgl. Winfried Woesler, Zum Briefwechsel H. Heine - G. Kolb, in: Heine-Jahrbuch 1970; Michael Werner, Das »Augsburger Prokrustesbett«. Heines Briefe aus Paris 1 8 4 0 - 1 8 4 7 (Lutezia) und die Zensur, in: Cahier Heine, Paris 1975, S. 4 2 - 6 5 . Zu Heines Arbeit fur die AZ: Heinrich Heine, Lutezia, Historisch-Kritische Ausgabe hrsg. von Manfred Windfuhr, Bd. 13/1, Hamburg 1988. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 89 vom 11.5.1832. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 123 vom 10.12.1836. Da Kolb »als Haupturheber der in den lezten Jahren veränderten Richtung der AZ gilt, würde dessen Ernennung in den Kabinetten zuverlässig einen nachtheiligen Eindruck machen.« Vgl. Briefe CA, CB Kolb an Cotta Nr. 2 5 2 - 2 7 7 vom 19.12.1836-3.3.1837. Vgl. Duczek, G. Kolb, S. 352. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 240 vom 8.5.1827.
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In Augsburg selbst bildeten die »Leiter der Cotta1 sehen Blätter Ausland und Allgemeine Zeitung den Mittelpunkt des geistigen Lebens in der so stillen wie behäbigen Stadt«.117 Kolb empfing die vielen offiziellen Besucher in den Räumen der Redaktion, die vielen geschäftlich und freundschaftlich verbundenen Besucher aus aller Welt im Kreise seiner Familie. Er konnte aufgrund dieser gesellschaftlichen Verpflichtungen neben seiner täglichen Arbeit - anders als seine Kollegen Altenhöfer und Mebold - keine eigenständigen literarischen Arbeiten verfassen. Die Ereignisse der Revolution 1848/49 und deren Auswirkungen auf die AZ führten zur psychischen und physischen Erschöpfung Kolbs. 118 Seinem Wunsch, die Verantwortung für die Zeitung nicht länger alleine tragen zu müssen, wurde von Georg von Cotta jedoch nicht entsprochen. In den Jahren 1855 und 1856 erkrankte Kolb zuerst an einer Blutfleckenkrankheit und bekam dann einen Schlaganfall, so daß er jeweils mehrere Monate die Redaktionsgeschäfte nicht führen konnte. Er erholte sich zwar wieder so weit, daß er noch bis zum Jahr 1865 in der Redaktion arbeiten konnte, die eigentliche Führung der Geschäfte ging jedoch in andere Hände über.119 Am 16. März 1865 starb Kolb in Augsburg. Kolbs Nachfolger als leitender Redakteur der AZ war August Josef Altenhöfer. Er wurde am 14. März 1803 als Sohn eines Färbers und Gastwirts im unterfränkischen Kissingen geboren. An der Universität Würzburg studierte er klassische Philologie und schloß das Studium mit der Lehramtsprüfung ab. Von 1832 bis 1834 arbeitete er als Aushilfslehrer am Gymnasium St. Stephan in Augsburg120 und begann gleichzeitig seine journalistische Tätigkeit bei verschiedenen Augsburger Zeitungen. Da ihm wegen seiner Kontakte zur deutschen Burschenschaft die dauerhafte Anstellung als Lehrer im Staatsdienst verweigert worden war, machte er seine Nebenbeschäftigung zur Haupttätigkeit. Am 1. Januar 1833 übernahm er die Redaktion der Augsburger Postzeitung, die er bis 4. April 1835 ganz121 und bis ins Jahrl837 1 2 2 wohl teilweise behielt. Altenhöfer führte die Augsburger Postzeitung im gemäßigt liberalen Sinne und forderte darin die Pressefreiheit.123 Daneben trat er im November 1833 in die Redaktion der AZ ein. Dort übernahm er den literarischen und geschichtlichen Teil und, aufgrund seiner ausgezeichneten Sprachkenntnisse, die englischen Artikel. Seine privaten literarischen 117 118
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Friedrich Bodenstedt, Erinnerungen aus meinem Leben, 2. Band, Berlin 1890, S. 45. Mebold berichtete bereits im Februar 1848, daß Kolb unter der politischen Unruhe und den Veränderungen in München litt. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 87 vom 24.2.1848. Vgl. Wilhelm Lang, Gustav Kolb, in: Von und aus Schwaben. Geschichte, Biographie, Litteratur, 6. Heft, Stuttgart 1890, S. 129. Vgl. A. Dreyer, Altenhöfer, in: ADB Bd. 55, S. 431-434; Lorenz Werner, Der Augsburger Martial, in: Der Sammler, Beilage zur Augsburger Abendzeitung 1898, Nr. 150 und 151 und Christian Petzet, Augsburger Redakteure der AZ, AZ Sonderausgabe, München 13.5.1901. Vgl. Hermann Hart, Die Geschichte der Augsburger Postzeitung bis zum Jahr 1838, Augsburg 1935, S. 37. Kolb meldete im Dezember 1837 an Cotta, daß Altenhöfer noch immer mit der Redaktion des »Moy'schen Blattes« beschäftigt sei. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 314 vom 37.12.1837. Vgl. Hart, Augsburger Postzeitung, S. 152.
Vorlieben waren Walter Scott, Schiller, Wieland und nicht zuletzt die griechischen und lateinischen Klassiker. In Augsburg war Altenhöfer besonders in den 1850er Jahren durch seine sarkastischen Gelegenheitsgedichte bekannt, in denen er Kollegen und Freunde, politische Feinde, Stadthonoratioren, das Münchner Leben aus der Sicht der Augsburger, aber auch sich selbst dem Gespött preisgab. Sein Sarkasmus brachte Altenhöfer aber in Schwierigkeiten. Schon früher hatten spitze Bemerkungen in verschiedenen Artikeln zu Rügen seitens des Zensors, aber auch von Seiten Kolbs geführt, die jedoch ohne Folgen blieben. 124 Am 20. November 1846 mußte er seine Mitunterschrift als verantwortlicher Redakteur, die er nach dem Tode Stegmanns ab 2. Juli 1837 getätigt hatte, zurückziehen. Der Rücktritt von der Unterschrift erfolgte dabei nicht aus privater Rücksichtnahme, wie Altenhöfer erklärte,125 sondern auf Druck der bayerischen Behörden, die ihm eine durch die Zensur geschmuggelte Bemerkung in der AZ nachgewiesen hatten. Kolbs Ärger mit der Zensurbehörde und mit Georg von Cotta wegen dieses Vorfalls festigte die vorhandene Feindseligkeit zwischen ihm und dem zurückgezogen lebenden Junggesellen Altenhöfer, der als grundgelehrte,126 originelle,127 eigenbrödlerische, heftige und grobkörnige Natur 128 beschrieben wurde. 129 Die Briefe Kolbs und Altenhöfers an Georg von Cotta geben zahlreiche Zeugnisse von den grundlegenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Redakteuren, die durch unterschiedliche politische Haltungen verstärkt wurden. Altenhöfer war mit der österreichisch-orientierten Richtung der AZ besonders nach 1848 nicht einverstanden. Für ihn konnte die Führung Deutschlands nicht von Österreich, sondern nur von Preußen ausgehen, obwohl er Österreich nicht aus dem Staatenbund ausschließen wollte.130 Im Juli 1848 übernahm Altenhöfer neben Kolb und Mebold wieder die Mitverantwortung in der Redaktion der AZ durch seine Unterschrift. In den Zeiten der schweren Krankheiten Kolbs vertrat Altenhöfer die Interessen der Redaktion und nach dessen Tod 1865 wurde er leitender Redakteur. Er führte die AZ auf die Seite der kleindeutsch eingestellten Presse. 1869 legte er seine Redaktionstätigkeit nieder und zog sich ins Privatleben zurück. Altenhöfer starb an den Folgen eines Schlaganfalls am 12. Mai 1876.131 Zur gleichen Zeit wie Kolb und Altenhöfer war Karl August Mebold Mitglied der Redaktion der AZ. Er wurde am 12. Februar 1798 im württembergischen Oberamt Nagold als Sohn des Pfarrers Erdmann Mebold geboren. Von 1812 bis 1816 war er Schüler der evangelischen Seminare in Schönthal und Maulbronn. Dort bildete 124 125 126 127 128 129 130
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Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 365 vom 13.11.1838 und Nr. 456 vom 9.1.1841. AZNr. 324 vom 20.11.1846, S. 2592. Vgl. Bodenstedt, Erinnerungen, S. 46. Vgl. Schücking, Lebenserinnerungen, Bd. 2, S. 38. Vgl. Lang, Kolb, S. 116. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 710 vom 1.11.1846. Vgl. Walter Gebhardt, Die Deutsche Politik der Augsburger Allgemeinen Zeitung 1859-1866, Dillingen-Donau 1935, S. 11 f. Vgl. AZ Nr. 134 vom 13.5.1874. Es erschien nur eine kurze Mitteilung von Altenhöfers Tod. Einen ausführlichen Nachruf druckte die Redaktion auf Wunsch des Verstorbenen nicht ab.
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sich bereits sein Interesse für die klassische lateinische und griechische Literatur heraus, das er Zeit seines Lebens pflegte. 132 1 820 wechselte er an das Tübinger Stift, wo er als Bester seines Jahrganges seine Studien abschloß. Ab 1821 war er Repetent am dortigen theologischen Stift. Bereits in dieser Zeit knüpfte er Kontakte zu den Cotta'schen Journalen133 und verkehrte im engeren Freundeskreis um Gustav Kolb.134 Mebold entwarf für die oben genannte neugegründete Tübinger Burschenschaft die neue Satzung135 und schloß sich dem von Kolb gegründeten Geheimbund an. Auch Mebold konnte 1824 der Verhaftung nicht entgehen. Im Mai 1825 wurde er wegen Teilnahme an einer hochverräterischen Verbindung zu 2ιΛ Jahren Festungshaft mit angemessener Beschäftigung verurteilt und gleichzeitig seiner Repetentenstelle enthoben. Auf Hohenasperg herrschten lockere Haftbedingungen fur die verurteilten Burschenschaftler. Sie konnten sich relativ frei bewegen und sogar Privatbesuche empfangen. 136 Nach der Haftentlassung versuchte Mebold, seinen Lebensunterhalt als Schriftsteller und Mitarbeiter bzw. Herausgeber verschiedener Zeitungen zu verdienen. Er arbeitete ab 1827 für Johann Friedrich Cotta, redigierte zwischen 1828 und 1830 den historischen Teil des Auslands137 und die Deutsche Allgemeine Zeitung.™ Diese erschien in Stuttgart vom 27. Juni 1831 bis 28. September 1832, zuerst unter dem Titel Stuttgarter Allgemeine Zeitung bis 19. November 1831. Am 6. September 1832 wurde sie von der Deutschen Bundesversammlung verboten, da sich ihre Tendenz laut Bericht des Referenten der Preß-Commission nicht nur gegen die eigene - die württembergische - , sondern auch gegen andere deutsche Regierungen richtete, Mißtrauen und Unruhe unter allen Klassen der Landeseinwohner Württembergs zu verbreiten suchte und den Umsturz der monarchischen Gewalten predigte. Dem Redakteur der Deutschen Allgemeinen Zeitung Karl August Mebold wurde ein Berufsverbot fiir das Tätigkeitsfeld des Redakteurs fur die Dauer von fünf Jahren auferlegt.139 Das Verbot trat kurze Zeit später in Kraft, die letzte Nummer der Zeitung erschien am 28. September 1832. Neben seiner redaktionellen Arbeit übersetzte Mebold Ciceros Schriften 140 und Länderbeschreibungen, die unter dem Titel Welt-Gemälde-Galerie oder Ge132
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Albert Knapp, Karl August Mebold (Nekrolog), in: Beilage zur AZ Nr. 253 vom 10.9.1854, S. 4041. Der erste überlieferte Brief Mebolds im Cotta-Archiv stammt aus dem Jahr 1821 und enthält ein Gedicht für das Morgenblatt. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 1. Fröbel, Lebenslauf Bd. 1, S. 46. Lang, Kolb, S. 89. Vgl. Karl Hase, Ideale und Irrthümer. Jugenderinnerungen, Leipzig 1872, S. 258f. Mädchen aus den umliegenden Dörfern besuchten die Gefangenen, die sie wie Helden verehrten. Dies sollte Mebolds Zukunft beeinflussen, er heiratete später ein Mädchen, das er während seiner Haftzeit kennengelernt hatte. Vgl. Duczek, G. Kolb, S. 286. Vgl. Lohrer, Cotta, S. 83. Vgl. Heyck, AZ, S. 151. Vgl. Protokolle der Deutschen Bundesversammlung vom Jahre 1832, S. 1191-1198, 33. Sitzung § 368. M.T. Cicero, Werke Bd. 4: Brutus und Bd. 6: Der Redner, Stuttgart, Metzler 1846; Der Redner (Sonderausgabe) Stuttgart, Metzler 1827.
schichte und Beschreibung aller Länder und Völker, ihrer Religionen, Sitte, Gebräuche wsw.141 erschienen. Außerdem schrieb er das historische Werk Der dreißigjährige Krieg und seine Helden (1836). Auf Veranlassung Kolbs 142 wurden 1837 von Georg von Cotta erste Kontakte bezüglich einer Mitarbeit bei der ΑΖ geknüpft, und Mebold lieferte von Stuttgart aus Artikel für diese Zeitung. 143 In den Jahren 1838 und 1841 kam er als Urlaubsvertretung aushilfsweise für mehrere Wochen nach Augsburg. Mebold fühlte sich durch seine Neigung für das »politisch-historische« zur AZ hingezogen144 und schloß im Februar 1841 einen Vertrag mit Georg von Cotta über die Mitarbeit an dessen Journalen.145 Für die AZ sollte Mebold literarische und politische Aufsätze und für die Deutsche Vierteljahresschrift größere Abhandlungen schreiben. Im Februar 1842 berief Georg von Cotta Mebold, der diese Stellung bis zu seinem Tode ausfüllte, als Redakteur für die AZ nach Augsburg. In seiner politischen Einstellung unterschied sich Mebold gänzlich von der seines Jugendfreundes Gustav Kolb. Er vertrat innerhalb der Redaktion die Interessen Preußens und stand dem Einfluß Österreichs auf die Zeitung distanziert gegenüber. Vor der Revolution 1848/49 kam es dennoch zu keinen spürbaren Differenzen zwischen den beiden Redakteuren. Die Parteinahme Mebolds für die Gagernsche Kaiseridee nach der Revolution 1848 und seine Zustimmung zur politischen Richtung der »Gothaer Partei« führte zu Mißstimmungen und Reibereien über die politische Richtung der Zeitung in der Redaktion. 146 Im Februar 1850 kandidierte Mebold, zwar widerwillig und letzlich auch ohne Erfolg, für die Wahlen zur Württembergischen Landesversammlung. Sein Pflichtbewußtsein gegenüber seinem Heimatstaat »bei dieser herrschenden politischen Verwirrung« der Nachrevolutionsjahre war stärker als sein Widerwillen vor der aktiven politischen Betätigung.147 Die politischen Ereignisse des Jahres 1850 machten Mebold nach Aussagen seines Kollegen Kolb »still, trüb, und körperlich leidend«.148 Er starb 1854 während eines Aufenthaltes in Stuttgart an der Cholera.
2.4.
Die Redaktionsarbeit
2.4.1.
Die redaktionelle Auswertung der Informationsquellen
Die AZ enthielt anfänglich nicht eigene Beiträge der Redakteure, sondern Artikel fremder Zeitungen und Korrespondentenberichte. Erst Gustav Kolb begann selbst Artikel für die AZ zu schreiben: eine Praxis, die später auch von seinen Kollegen
141 142 143 144 145 146 147 148
Stuttgart 1838ff. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 271 vom 10.3.1837. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 41 vom 11.3.1837. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 54 vom 3.2.1841. Vertrag zwischen Cotta und Mebold vom 8.2.1841, CA, Cotta Vertr. 1. Vgl. CA, Briefwechsel Mebold an Cotta 1848-1850, besonders Nr. 91 vom 4.1.1849. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 95 vom 8.2.1850. Albert Knapp, Karl August Mebold (Nekrolog), in: Beilage zur AZ Nr. 253 vom 10.9.1854, S. 4042, Anmerkung ** von Kolb.
31
fortgeführt wurde. 149 Trotz seiner Beiträge blieben auch unter Kolbs Führung die Artikel anderer Zeitungen und Korrespondenzbriefe die eigentliche Quelle der AZ. Im Jahr 1794 waren von Johann Friedrich Cotta für die zu gründende Zeitung 26 Zeitungen als Quelle vorgesehen worden, darunter englische, französische und Schweizer Journale. 150 Unter Stegmanns Redaktion kamen bereits 20-40 Blätter täglich aus Paris, London, Frankfurt und Berlin. Zweimal in der Woche wurden auch aus Wien Journale geliefert.151 Das Spektrum der deutschsprachigen Zeitungen umfaßte regierungstreue Blätter wie den Österreichischen Beobachter152 und die Münchner politische Zeitung sowie liberale Zeitungen wie etwa den Teutschen Beobachter153 oder später den Freisinnigen154 und den Korrespondent von und für Deutschland,155 Die Preußische Staatszeitung schätzte Stegmann besonders, da sie viele gute Korrespondenzen enthielt.156 Für das Jahr 1824 ist ein »Beliebe für bestellte Zeitungen« - eine Bestelliste für die Redaktion von der Augsburger Postzeitungsexpedition - überliefert, in dem 45 Titel namentlich genannt sowie Couvertsendungen verzeichnet sind.157 Auffallend ist, daß einige Zeitungen auf den Listen fehlen, die von der Redaktion jedoch nachweislich ausgewertet worden sind. Es darf angenommen werden, daß sie in den Couvertsendungen enthalten waren oder über andere Versendungsarten nach Augsburg gelangten. Zusätzlich bekam die Redaktion auch einige Zeitungen gratis zur Verfügung gestellt. In einem Brief vertrat Johann Friedrich Cotta die Ansicht, daß dies bei dem Österreichischen Beobachter der Fall sei, Stegmann wies ihn jedoch darauf hin, daß diese Zeitung abonniert worden sei.158 Die Gründung des Auslands 1828 machte es notwendig, daß die AZ nach der Auswertung ihre Zeitungen an die Redaktion des Auslands nach München sandte, um die Abonnementskosten für den Verlag zu verringern. Da sich dieses Verfahren als nicht sinnvoll erwies, verlegte Cotta die Redaktion des Auslands nach Augsburg, dem bisherigen Druckort der Zeitung, der Erscheinungsort München wurde dennoch beibehalten. Auf diese Weise konnten die Redaktionen beider Zeitungen ohne weitere Umstände die bestellten Blätter benützen.159 Die Verbesserung und Beschleunigung des Postverkehrs in Europa führte dazu, daß immer mehr Zeitungen aus den verschiedensten Ländern abonniert und ausgewertet werden konnten: 1832 enthielt die Liste der Zeitungsexpedition bereits 149
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32
Vgl. Duczek, G. Kolb, Anhang, S. 3 5 6 - 3 6 2 . Dort sind alle Beiträge Kolbs verzeichnet. Die wenigen Artikel Stegmanns sind im Autorenexemplar der A Z im Cotta-Archiv verzeichnet. Ob Stegmann allerdings nur das Honorar filr eine weitere Person erhielt, oder ob er die Artikel selbst geschrieben hat, läßt sich nicht klären. Vgl. Wilhelm Vollmer, Briefwechsel zwischen Schiller und Cotta, Stuttgart 1876, S. 606. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 50 vom 6.5.1822. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 2 9 vom 28.7.1817. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 28 vom 13.4.1817. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 142 vom 28.4.1932. Vgl. Gravenreuth an Außenministerium vom 24.2.1817, BayHStA Minn 25097/1. Vgl. Heyck,AZ, S. 146. Beliebe [!] für bestellte Zeitungen 1824, CA, AZ I Β 9. CA, CB Cotta an Stegmann Nr. 29 vom 28.7.1817. Liste der bestellten Zeitungen fllr das Ausland, vgl. Steuer, Cotta in München, S. 33.
54 Zeitungen, 160 1833 waren es schon 62. 1 6 1 Dabei hat auch die politische Situation der verschiedenen Länder und ihre Auswirkungen auf die deutsche Politik eine Rolle gespielt. 1833 erhöhte sich die Anzahl der italienischen Journale, 1845 waren dann auch dänische Zeitungen in Augsburg zu finden.162 Die Redaktion ließ sich neben den abonnierten Journalen auch Zeitungen von den politischen Brennpunkten Europas schicken. Für die Jahre 1824, 1832 und 1833 sind in den Postlisten folgende Zeitungen teilweise nur mit unvollständigem Titel - genannt: Aachener Zeitung Allgemeiner Anzeiger Athenäum Bairischer Beobachter Bairischer Volksfreund Bayerisches Volksblatt Bayerisches Regierungsblatt Beobachter aus Württemberg Berliner politisches Wochenblatt Both von Tirol Bremer Zeitung Carricature Constitutione! Correspondent für Kaufleute Courier du bas Rhin Courier francais / Courier france Court Journal Deutsche Allgemeine Zeitung Deutsche Nationalzeitung Diario di Roma Donau- und Neckar-Zeitung Drapeau blanc Eos Erzähler von St. Gallen Etoil European Liberaire Frankfurter Deutsches Journal Frankfurter Oberpostamtszeitung Frankfurter Staatszeitung Fränkischer Merkur Freiburger Zeitung Freisinnige Friedens- und Kriegscourier Galignanis Messanger Gazetta di Milano Gazette di Firenze Gazette di Venezia Gazette univ. di Firenze Gazettes du France
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Gazetto di Milano Hamburger Börsenhalle Hamburger Correspondent Hanauer Zeitung Hannoveraner Zeitung Hesperus Journal de Commerce Journal de francfort Journal de la Italie Journal de la Maye Journal de Paris Journal des Debats Karlsruher Zeitung Kaßler Zeitung Korrespond. von u. für Deutschland Leipziger Zeitung Les temps Literar. Blätter zur Börsenhalle Literary Gazette London und Paris Observer Lotterlievand Manuschrift Mainzer Zeitung Messager des Chambres Moniteur beige Moniteur universel Morgenblatt Morning chronicle Moysche (Augsburger Postzeitung) Neckar-Zeitung Niederländische Staats-Courant Münchner Zeitung National Novelist Observatore triestino Österreichischer Beobachter Politische Abendzeitung Preußische Staatszeitung Quotodienne Revue britanique
Beliebe [!] für bestellte Zeitungen pro 1832 (3.+4. Quartal). CA, AZ II 2, 4. Mappe. Beliebe [!] für bestellte Zeitungen 1833 (1.+2. Quartal), CA, AZ II 2, 4. Mappe. CA, C B Kolb an Cotta Nr. 606 vom 8.2.1845 und 607 vom 11.2.1845.
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Revue de Paris Schafhauser Zeitung Schwäbischer Merkur Schweitzer [!] Correspondent Straßburger Courier Stuttgarter Zeitung The Uniter
Union Unparteiische Verfassungs-Freund Vossische Zeitung Wiener Zeitung Württemberger Zeitunj •ine Würzburger Zeitung11®«
Stegmann wertete die bedeutendsten Blätter selbst und in einer bestimmten Reihenfolge aus. Die erste Zeitung, die er las, war der Moniteur, den er als das wichtigste französische Blatt bezeichnete.164 Danach folgten das Journal des Debats und englische Zeitungen. Bei diesen gab er der Times den Vorzug vor dem Morning Chronicle,165 Die Times war eine »umfangreiche« Zeitung, deren Auswertung viel Zeit kostete. Deshalb blieb der Morning Chronicle manchmal liegen und wurde im Nachhinein ausgewertet.166 Unter Kolb wurde die Auswertungsarbeit auf mehrere Redakteure verteilt. Analog der Aufteilung der Rubriken Deutschland, England, Frankreich usw. unter die Redakteure werteten sie auch die entsprechenden Zeitungen aus. Altenhöfer war für die englischen und amerikanischen Artikel zuständig, Lebret, später dann Mebold, für die französischen, und Kolb selbst bearbeitete die deutschen Artikel.167 Dabei waren die Grenzen naturgemäß nicht eng gezogen. Die englischen Zeitungen enthielten zusätzlich Nachrichten aus Portugal, der Türkei und anderen Ländern, die französischen Journale auch Nachrichten aus Spanien.168 Die Redakteure strichen die interessantesten Artikel an, die für die AZ verwendet werden sollten, gaben sie gegebenenfalls zum Übersetzen bzw. druckten sie unverändert nach. In der AZ wurde dabei die Quelle angeben, was in anderen Zeitungen der Zeit nicht immer der Fall war.169 Oft faßten die Redakteure auch mehrere Artikel aus verschiedenen Zeitungen zu einem zusammen. Lange Abhandlungen wie ζ. B. Parlamentsprotokolle wurden in mehreren Fortsetzungen gedruckt.170 Nach der Revolution 1848 genügte Georg von Cotta der bloße Abdruck von Artikeln nicht mehr. Die Redaktion sollte die Artikel »in einen Guß« bringen und eine Verbindung unter den einzelnen Artikeln herstellen.171 Waren die Zeitungen anfangs die Hauptquelle für die Redakteure der AZ, so nutzten die Cottas ihre Verbindungen, um im Laufe der Jahrzehnte ein weitverbreitetes Korrespondentennetz aufzubauen. Um der Konkurrenz auf dem Zei163
Beliebe [!] für bestellte Zeitungen 1824 und AZII2, 4. Mappe, Beliebe fur bestellte Zeitungen pro 1832 (3.+4. Quartal) und 1833 (1.+2. Quartal), CA, AZ I B9, Zitierung der Titel wie im Original. 164 Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 44 vom 8.3.1822. 165 v g l . ebenda. 166 v g l . ebenda. 167 Vgl. Heyck, AZ S. 148f., CA, CB Kolb an Cotta Nr. 291 vom 7.6.1837. 168 Vgl. CA, CB Altenhöfer an Cotta Nr. 2 vom 15.9.1837. 169 Kolb bekämpfte diesen Nachdruck ohne Quellenangabe. Der Zeitungsnachdruck wurde erst 1928 rechtlich geregelt. Vgl. Duczek, G. Kolb, S. 308. 170 v g l . Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration, S. 31. 171 Cotta an Riehl vom 10.5.1851, CA Copierbuch für Briefe an die AZ.
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tungsmarkt erfolgreich entgegentreten zu können, wurde die direkte Information der Redaktion mittels Briefen immer wichtiger. 172 Dies kann man auch an den Zahlen ablesen: im Jahr 1799 waren nur 14 Korrespondenten für die AZ tätig, zwischen 1807 und 1819 waren es schon ca. 150. 173 In manchen Städten Europas waren mehrere Korrespondenten für die AZ tätig, wie z. B. in Paris.174 Andere Städte oder Gebiete waren nur zeitweise vertreten.175 Georg von Cotta ermöglichte mit oft großzügigen Honoraren reisenden Wissenschaftlern ihre Forschungsreisen.176 Als Gegenleistung sandten sie Berichte an die AZ. Die Folge war ein weltweit verbreitetes Netz von Berichterstattern. 1844 bot sich sogar eine Korrespondenz für China an, die zwölfmal im Jahr hätte erscheinen können, da monatlich einmal ein Dampfboot nach Europa fuhr.177 Die Korrespondenten waren in den verschiedensten Orten Europas beheimatet. Nach Johann Friedrich Cottas Vorstellung sollte es sich um Männer handeln, die eine gute Stellung in der Gesellschaft, Weltkenntnis und viele Beziehungen hatten sowie einen »bei näherer Beteiligung und Urteilsfähigkeit in politischen Dingen« freisinnigen und gebildeten Geist. 178 So findet man unter ihnen Gelehrte,179 Sekretäre, Schriftsteller180 und Publizisten,181 politische Oppositionelle 182 und enge Vertraute von Regierungsmitgliedern.183 Eine Auflistung aller Korrespondenten der AZ ist nahezu unmöglich, da diese einem Lexikon der Personen des politischen und geistigen Lebens des gesamten 19. Jahrhunderts gleichen würde. 184 Gleichwohl ist anzumerken, daß die Namen vieler Korrespondenten über das Au172 Ygi Catrin Wilkening, Die Welt wird immer kleiner - Neuerungen auf dem Gebiet des Nachrichten- und Pressewesens am Beispiel der Allgemeinen Zeitung 1798-1850, in: Aufbruch ins Industriezeitalter, Bd. 2 Aufsätze, hrsg. von Claus Grimm, München 1985, S. 601. 173 174
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176 177 178 179
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183 184
Vgl. Wald, Vom Provinzialverleger zur publizistischen Hegemonialmacht, S. 657. Z.B. Heinrich Heine, Ferdinand Baron von Eckstein, Julius Mohl, Simon Freiherr von Eichthal u.a. Vgl. Rutger Boos, Ansichten der Revolution. Paris-Berichte deutscher Schriftsteller nach der Juli-Revolution 1830, Köln 1977, und Barbara Remmel-Gortat, Deutscher Journalismus im Vormärz, Düsseldorf 1991. Vgl. Cotta an Kolb vom 20.9.1852, CA Copierbuch für Briefe an die AZ: »Es mag sein, daß wir an einzelnen Orten früher Correspondenten hatten, wo wir jetzt keine haben; das Umgekehrte wird aber auch der Fall sein. Wir führen Algier, Cairo, Constantinopel, Rhodos, Smyrna, Trapezunt, Lissabon, Madrid, Neapel, Petersburg, Stockholm an«. Zur Anwerbung solcher Wissenschaftler vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 273 vom 16.2.1837. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 73 vom 24.9.1844. Vgl. Heyck, AZ, S. 134. Karl August Böttiger schrieb Berichte aus Leipzig und der politisch engagierte Botaniker Paul Usteri aus der Schweiz. Z.B. Adalbert Stifter, vgl. Josef Buckowiecki, Adalbert Stifter und die Allgemeine Zeitung, Augsburg. Mit einem unbekannten Briefe A. Stifters, Wien 1968. Z.B. Heinrich Heine, Ludwig Börne oder Carl Gutzkow; von österreichischer Seite agierte der Herausgeber des Österreichischen Beobachters, Joseph Anton Pilat. So z.B. Adolphe Thiers aus Paris. Zu ihm vgl. Robert Marquant, Thiers et le Baron Cotta. Etude sur la collaboration des Thiers ä la Gazette d'Augsbourg, Paris 1959, und Silvia Krauss, Die politischen Beziehungen zwischen Bayern und Frankreich 1814/15-1840, München 1987. Zum Beispiel der Metternich-Vertraute Gentz. Eine Auflistung der ermittelbaren Korrespondenten für die Zeit von 1798-1823 gibt Rintelen im Anhang seiner Dissertation. Auch diese umfaßt nur einen kleinen Teil der Gesamtheit der Korrespondenten.
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torenexemplar der AZ 185 zu erfahren sind, obwohl Johann Friedrich Cotta wie sein Sohn sie selbst vor der Redaktion geheimgehalten hatten. Johann Friedrich wie auch Georg von Cotta wählten die Korrespondenten selbst aus und vereinbarten das Honorar. Waren die Briefe der Korrespondenten nicht zufriedenstellend, wurde die Verbindung zur AZ wieder gelöst. Hierzu stand die Redaktion in regem Austausch mit den Stuttgarter Verlegern.186 Als die Redaktion unter der Leitung von Gustav Kolb immer häufiger dazu überging, die Korrespondenten eigenständig anzuwerben, beklagte sich Georg von Cotta bitter. Er erfuhr von manchen neuen Korrespondenten manchmal erst durch das Autorenexemplar, das zur Abrechnung der Honorare nach Stuttgart übersandt wurde, und fühlte sich nur noch als »Zahlmeister« der Zeitung.187 Cottas Bedingung für die Bezahlung der Beiträge war jedoch, daß sich der Autor mit ihm zuvor über die Honorierung verständigt hatte. Schrieb der Korrespondent Artikel ohne vorherige Klärung der Honorarfrage, verweigerte Georg von Cotta die Zahlung. 188 Die Korrespondenten sandten ihre Berichte entweder direkt an die Redaktion in Augsburg oder auch an die Verleger nach Stuttgart, die sie dann weiterleiteten. Die Redakteure werteten diese Briefe aus, entschieden über ihre Aufnahme in die AZ, kürzten und redigierten sie entsprechend. Diese Briefe versahen die Redakteure mit einem Kürzel zur internen Identifikation des Autors und druckten den Artikel mit diesem Kürzel versehen ab. Das erste Kürzel fur Korrespondenzen war ein Sternchen, im Laufe der Jahre entwickelte sich jedoch ein ganzer Katalog von Zeichen.189 Häufig stöhnten die Redakteure über die Masse der Korrespondenzen, die sie auch ungebeten - auf den Schreibtisch bekamen. Für den Abdruck aller Briefe hätte Stegmann - so schrieb er - doppelt soviel Platz wie vorhanden benötigt.190 Auf der anderen Seite kamen die Korrespondenten ihren Verpflichtungen oft nicht nach, und die Redaktion oder Cotta mußten Mahnbriefe schreiben.191 Verärgert waren die Redakteure, wenn die Korrespondenten nur aus den Journalen ihrer Aufenthaltsorte abschrieben. Dies hätten die Redakteure oft selbst besorgen können. In der AZ sollte über Dinge berichtet werden, die man nicht aus den Zeitungen und aus der Ferne beurteilen konnte.192 Im ungünstigsten Fall waren die Briefe so geschrieben, daß sie als Zeitungsartikel die Zensur nicht passieren konnten.193
185
Dieses Exemplar liegt im Cotta-Archiv, Marbach. Vgl. CA, CB Altenhöfer an Cotta, Nr. 4 vom 19.3.1841. 187 Vgl. Cotta an Kolb vom 7.10.1856, CA Copierbuch für Briefe an die AZ. 188 vgl. Cotta an Kolb vom 19.7.1852, CA Copierbuch für Briefe an die AZ. 189 Vgl. Mebold, Einst und Jetzt, S. V. 190 Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 28 vom 13.4.1817. 191 Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 22 vom 15.3.1816. 192 Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 60 vom 24.2.1842. 193 Das waren Briefe, die in »leidenschaftlicher Sprache« geschrieben waren, Schimpfworte oder »gehässige Charakterschilderungen« enthielten. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 36 vom 20.4.1820. 186
36
2.4.2.
Der Redaktionsalltag
Auch wenn der Alltag der Redakteure, wie die Historikerin Duczek meint, im Gegensatz zu heute ruhig und beschaulich verlief,194 war der Tag mit vielfältigen Arbeiten angefüllt, und Veränderungen im Arbeitsablauf wurden bereits unter den leitenden Redakteuren Stegmann und Kolb sichtbar. Zu Zeiten Stegmanns kamen die 30—40 auszuwertenden Zeitungen morgens um 8 Uhr von der Post in die Redaktion. Stegmann benötigte fur ihre Bearbeitung ungefähr zwei Stunden. Übersetzungen fremdsprachiger Artikel, die in die AZ aufgenommen werden sollten, übergab er seinem Gehilfen Josef Widemann. 195 Währenddessen gingen um 9 Uhr die Korrespondentenbriefe ein. 196 Erst nach 10 Uhr fand Stegmann Zeit, die Briefe zu redigieren und die Übersetzungen zu überarbeiten. Die Setzer begannen bereits um 6 Uhr morgens mit ihrer Arbeit. Zunächst gingen die Manuskripte in Satz, die Stegmann am Abend fertiggestellt hatte; um ca. 9 Uhr setzten sie ihre Arbeit mit den neuesten Artikeln fort. 197 Das Setzen der Artikel war bis 1878 reine Handarbeit, d.h. die Buchstaben wurden Stück für Stück zusammengebunden und von einem Metteur auf einem Schiffchen für den Satz der Seiten zusammengestellt. 198 Davon wurde ein Bürstenabzug hergestellt, der bis Mittag zur Korrektur fertiggestellt sein mußte, die Stegmann noch selbst besorgte. Danach gingen die Druckfahnen zur Zensurbehörde. Gleichzeitig lagen weitere Bürstenabzüge zur Revision vor. Stegmann hatte somit bis um halb zwei zu tun.199 Kamen die Druckfahnen von der Zensur zurück, wurden deren Korrekturen in die Vorlagen übertragen und der Umbruch gemacht. Danach konnte der Druck beginnen.200 Hatte der Zensor nun ganze Spalten in der aktuellen Ausgabe gestrichen, mußte die Lücke mit neuem Material angefüllt und die Neufassung nochmals der Zensur vorgelegt werden. Dies verzögerte den Druck beträchtlich und störte den Ablauf bei Herstellung und Auslieferung des Blattes.201 Nachmittags wurden die Beilagen gesetzt und nicht benötigte Papiere abgelegt.202 Erst dann fand Stegmann die Zeit, sich der Geschäftskorrespondenz zu widmen. Bereits am späten Nachmittag mußten die Stuttgarter Exemplare für die Post bereit liegen; die übrigen wurden mit der Abendpost abgesandt. Abends be194
Vgl. Duczek, G. Kolb, S. 291. Vgl. Heyck, AZ, S. 145f., zur Person Widemanns vgl. die Akte BayHStA MInn 15874 und Wolfgang Piereth, Propaganda für ein anderes Deutschland. Die Anfänge aktiver staatlicher Pressepolitik in Bayern unter Montgelas, Trier Diss, vorauss. 1996. 196 vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 50 vom 6.5.1822. Es waren im Durchschnitt jeden Morgen 8-12. 197 Vgl. ebenda. 198 Vgl. Groth, Die Zeitung, Bd. 3, S. 8. 199 1812 war die Korrektur um 12 Uhr abgeschlossen, und um 1 Uhr ging die Zeitung zum Zensor, vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 4 im Sept. 1812. Der ganze Tagesablauf läßt darauf schließen, daß diese Zeiten auch noch 1822 gültig waren, vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 50 vom 6.5.1822. 200 ] 83 7 w j r ( j a | s Einhubzeit der Druckplatten für den endgültigen Druck der Zeitraum zwischen 14.15-14.45 Uhr angegeben. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 264 vom 14.1.1837. 201 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 131 vom 19.3.1832. 202 Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 4 im Sept. 1812. 195
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schäftigte sich Stegmann mit den durch die »Abendposten« neu eingegangenen Briefen. Daran arbeitete er manchmal bis um 1 Uhr nachts.203 Seit 1822 wurde zwischen Stegmann und Johann Friedrich Cotta über eine Beschleunigung der Herstellung diskutiert, um einen Teil der Ausgabe mit einer früheren Speditionsmöglichkeit nach Frankfurt senden zu können. Stegmann lehnte die schnellere Auslieferung ab, da er glaubte, daß sie auf Kosten der Einarbeitung neuerer Meldungen ginge, während bei der späteren Spedition dies noch möglich wäre.204 Mit der Veränderung der Kommunikationsmittel und der Beschleunigung der Zeitungsverbreitung wurden die Nachrichten aktueller und die Informationen konnten schneller weitergegeben werden. Der Konkurrenzkampf wurde aber härter, da auch andere Zeitungen sich schneller die neuesten Nachrichten verschaffen konnten. Daher ließ sich der Einfluß der Postbeschleunigung auf die Redaktion nicht aufhalten, und die schnelle Auslieferung der AZ wurde sowohl von Georg von Cotta als auch von Kolb positiv bewertet. Bereits Anfang 1837 meldete Kolb: »Heute erhielten wir die erste beschleunigte Post. Damit beginnt wieder eine neue Zeit für uns.«205 Kurze Zeit später konnte die AZ dieses für sich nutzen, indem sie die Ausgaben der Zeitung, die über Nürnberg versandt wurden, bereits um zwei Uhr zur Post gab.206 Wegen der Beschleunigung der Schweizer Post um volle 24 Stunden im gleichen Jahr mußten die täglichen Ausgaben drei weitere Stunden früher zur Post gebracht werden.207 Die österreichische Post konnte bis zum 1. Mai 1841 bis sieben Uhr abends liegenbleiben. Danach ermöglichten die besseren Postverbindungen ebenfalls eine Beschleunigung von 24 Stunden. Zu diesem Zweck mußten die entsprechenden 4000 Exemplare ebenfalls schon um zwei Uhr abgehen.208 Solche Veränderungen in der Spedition der Zeitung wirkten sich unmittelbar auf den Arbeitsablauf und den Personalbedarf in der Redaktion aus. Die Redakteure begannen um 6 Uhr morgens mit ihrer Arbeit und waren bis mittags 13.30 Uhr beschäftigt, dann nochmal am Nachmittag ab ca. 15.00 Uhr.209 Altenhöfer beklagte 1837, daß durch die neuen Speditionszeiten die Arbeitszeit um mindestens zwei Stunden zusammengedrängt worden sei und daß die Bearbeitung der Quellen durch ihn selbst nicht mehr so gründlich vorgenommen werden könne wie zuvor.210 Folglich änderten sich auch die Zeiten, in denen der Zensor zur Verfügung stehen mußte. Regierungsrat Lufft, der Zensor der AZ von 1843 bis 1846, hatte 1843 zwischen 7 und 10 Uhr morgens das Hauptblatt, die Beilage zwischen 10 und 12 Uhr zu zensieren. Nachmittags wurden ihm dann die Ankündigungen und die 203 204 205 206 207 208 209
210
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Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 50 vom 6.5.1822. Vgl. ebenda. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 259 vom 3.1.1837. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 264 vom 14.1.1837. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 290 vom 2.6.1837. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 462 vom 8.4.1841. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 577 vom 7.12.1844 und Altenhöfer an Cotta Nr. 2 vom 15.9.1837. Vgl. CA, CB Altenhöfer an Cotta Nr. 2 vom 15.9.1837.
bereits fertigen Artikel der nächsten Ausgabe vorgelegt.211 1852 wurde die Arbeitszeit der Redaktion ganz in die Nacht verlegt, um den Anforderungen des schnellebigeren Zeitungswesens gerecht zu werden.212 Die Masse der einlaufenden Zeitungen und Korrespondenzen und die steigende Geschwindigkeit der Nachrichtenübermittlung erforderten eine größere Zahl von Redakteuren. Arbeitete Stegmann die meiste Zeit noch als alleiniger Redakteur mit einem Gehilfen, so erhielt er 1824 Unterstützung durch Albrecht Lebret, wenige Jahre später durch Gustav Kolb, 1833 kam August Altenhöfer hinzu. Bis zum Jahr 1864 waren es jedoch selten mehr als vier Redakteure, die gleichzeitig und ausschließlich für die AZ arbeiteten. 1842 kam als Ersatz für Lebret Karl August Mebold, nach dessen Tod 1854 Hermann Orges.213 Nicht verantwortlich, aber doch längerfristig Mitglieder der Redaktion waren Eduard Wiedenmann und Oskar Peschel. Beide waren als Redakteure nicht nur für die AZ beschäftigt, sondern auch als verantwortliche Redakteure für das Ausland.21* Daneben hatte die Redaktion im Laufe der Jahre viele Mitarbeiter, die als Aushilfen oder zeitweilig festangestellte Mitarbeiter in der Redaktion tätig waren. Als Beispiele seien hier nur Moritz Wagner,215 Levin Schücking,216 Hermann Marggraff,217 Gustav Höfken 218 und Wilhelm Heinrich Riehl 219 genannt. Den schriftlichen Kontakt zu Georg von Cotta hielt hauptsächlich Kolb, da dem Verleger für einen Briefwechsel mit jedem einzelnen Redakteur die Zeit fehlte. Erst im Januar 1848 forderte Cotta Mebold und Altenhöfer auf, selbst mit ihm regelmäßig in Kontakt zu treten, um »einige Interessen der Zeitung mit [...ihm] selbst zu besprechen.«220 Die Redakteure hatten die einzelnen Abteilungen der Zeitung unter sich verteilt. Neben den schon erwähnten Rubriken schrieb z.B. Höfken die niederländischen und spanischen Nachrichten und Artikel über Nationalökonomie, 221 Moritz Wagner redigierte zwischen 1838 und 1842 die französischen Artikel, bevor er wieder als Korrespondent auf Reisen ging.222 Levin Schücking schrieb in seiner Augsburger Zeit (1843-1845) im wesentlichen literarische Beiträge, und Oskar 211 212 213
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Vgl. Lufft an den Regierungspräsidenten vom 2.6.1843, StAA Regierang 7070. Vgl. Cotta an Kolb vom 29.9.1852, CA, Copierbuch für Briefe an die AZ. Vgl. Wilhelm Lang, Hermann Orges, in ADB, Bd. 55, S. 565-576, Heyck, AZ, S. 158-162, Gebhardt, Dt. Politik, S. 12-14, Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 21, Wien 1870, S. 92-95. Vgl. Steuer, Cotta in München, S. 3 Iff. Daneben gaben sie ausführliche Reisebeschreibungen unter dem Titel Reisen und Länderbeschreibungen der altern und neuesten Zeit heraus. Vgl. Lohrer, Cotta, S. 103. Vgl. Heyck, AZ, S. 149. Vgl. Schücking, Lebenserinnerungen, Bd. 2 und Duczek, G. Kolb, S. 346-347. Vgl. Prim Berland, Hermann Marggraff, Paris 1843 und Duczek, G. Kolb, S. 345f. Vgl. Kurt Koszyk, Gustav Höfken. Ein Lebensbild aus dem 19. Jahrhundert, in: Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark Bd. 71, Dortmund 1978, S. 5-118. Vgl. Viktor von Geramb, Wilhelm Heinrich Riehl. Leben und Wirken (1823-1897), Salzburg 1954. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 86 vom 27. Januar 1848. Vgl. Annemarie Gerlach, Die deutsche Wirtschaft von 1851-1859 im Spiegel der Allgemeinen Zeitung, München Diss. 1947, S. 8. Vgl. Heyck, AZ, S. 152.
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Peschel übernahm 1848 die deutsche Rubrik, die er sich zwischen 1851 und 1853 mit Wilhelm Heinrich Riehl teilte. Diese Verteilung war jedoch nicht starr organisiert. War ein Redakteur auf einer Bad-Reise,223 übernahmen die anderen die jeweilige Sparte. Besonders Kolb blieb in seinen Beiträgen vielseitig, da er nahezu die gesamte Presselandschaft Europas auch inhaltlich kannte und ständig beobachtete.224. Er schrieb Artikel von lokaler Bedeutung, Berichte über englische Politiker, Meldungen und Rezensionen. Die Einstellung des Redaktions-Personals erfolgte in Absprache der verantwortlichen Redakteure mit Johann Friedrich Cotta und Georg von Cotta, die ihnen jedoch in vielen Fällen freie Hand ließen.225 Außerdem hatten Stegmann und Kolb den Briefwechsel mit den ihnen bekannten Korrespondenten zu fuhren und die einlaufenden Manuskripte zu sichten. Die Menge der Einsendungen war für die Redakteure kaum zu bewältigen, so daß immer wieder Klagen der Korrespondenten laut wurden, die ihre Manuskripte nicht zurückerhielten. Der Korrektor Georg Huber, der das Autorenexemplar der ΑΖ führte, 226 klagte schon 1847 über mangelhafte Registratur und Ordnung in der Redaktion, eine Klage, die auch 1868 noch aktuell war.227 Beschwerden der Redakteure über zuwenig Mitarbeiter durchziehen den gesamten Redaktionsbriefwechsel mit Georg von Cotta.228 Auch die Einstellung eines Übersetzers änderte nichts daran, daß Kolb immer wieder einen weiteren Redakteur fur die AZ forderte; ein Wunsch, der ihm nicht erfüllt wurde. Zur Entlastung der Redakteure wurden die Korrektoren Georg Huber und Beck angestellt, die auch Übersetzungen von Artikeln für die AZ anzufertigen hatten. Huber und Beck hatten sämtliche in der Druckerei vorkommenden Tätigkeiten für die Korrekturen der AZ, »in welcher Tagesstunde sie auch von der Redaktion gefordert werden sollten«,229 zu leisten. Huber waren dafür ein »GanztagsSetzer«230 und ein »Halbtags-Setzer« zugeteilt. Zusätzlich wurden 18 gedruckte Bogen sorgfaltig gearbeiteter Übersetzungen pro Jahr vereinbart. Später wurde Huber auch für die Annoncen und die Rubriken Personalnachrichten und Standeserhöhungen in der AZ zuständig.231 Neben den Redakteuren war im Verlag in Augsburg noch der sogenannte Faktor beschäftigt, der den Druck der Zeitungen überwachte. Diese Stelle bekleidete Wilhelm Reichel, später Fackler. Der Geschäftsführer Roeth regelte die finanzielle 223 224 225
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Dies war die von den Redakteuren bevorzugte Form der Erholung. Vgl. Duczek, G. Kolb, S. 307. Vgl. z.B. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 5 im Sept. 1812, Nr. 31 vom 26.1.1818, Nr. 32 vom 4.2.1818. Er trug täglich die in Augsburg bekannten Namen der Autoren der jeweiligen Artikel in das Redaktionsexemplar ein und sandte es zur Erstellung der Honorarabrechnung nach Stuttgart. Vgl. CA, CB Huber an Cotta Nr. 42 vom 27.4.1847 bis Nr. 46 vom 8.9.1847 und Bacmeister an Cotta vom 5.4.1868. Vgl. u.a. Duczek, G. Kolb, S. 309, und z.B. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 281 vom 16.,19. und 20.4.1837, Nr. 672 vom 25.2.1846, abgedruckt in Schiller, Briefe an Cotta Bd. 3, S. 148-150. Huber an Cotta vom Januar 1838, CA, Cotta Verträge. Dieser Setzer - mit dem Namen Schuster - war der einzige, der sich - laut Huber - aus den Reihen der Setzer zum Korrekturgeschäft eignete. Vgl. CA, CB Huber an Cotta Nr. 38 vom 2.1.1845. Vgl. CA, CB Huber an Cotta Nr. 18 vom 7.4.1838 und Nr. 32 vom 3.11.1843.
Verwaltung des Augsburger Verlages. Hinzu kamen bis zu 42 Setzer, 9-10 Druckerbuben, 4—6 Putzfrauen, Holzhauer, ein Einheizer, 4 Laufpersonen und Postgänger, insgesamt also etwa 70 Personen.232 1 845 waren allein 43 Personen, nämlich Maschinenaufseher, Maschinenknaben, Post- und Falzbuben, ein Papierfeuchter, Mädchen im Papierzimmer, ein Schnürer und Putzfrauen in der Druckerei beschäftigt.233 Ein Dankschreiben der Belegschaft an Georg von Cotta für eine »Theuerungszulage« im Dezember 1854 wurde von 54 Personen unterschrieben, 38 Maschinenknaben werden darin zusätzlich erwähnt. 234 Im täglichen Umgang miteinander kam es in der Redaktion zu großen Spannungen zwischen den Redakteuren. Stegmann beschwerte sich 1835 bei Georg von Cotta, daß die Zeitung zu »republikanisch« geworden sei und die Rubriken »Spanien, Großbritannien und Frankreich mit ihren Anhängseln Portugal und Amerika« zu viel Raum einnehmen würden. Für Deutschland, den Süden und den Osten Europas sei dabei zu wenig Platz geblieben.235 Dies spricht dafür, daß sich Kolb und Lebret mit ihren liberal-demokratischen Interessen immer mehr gegen Stegmann durchsetzen konnten, der versuchte, zwischen den verschiedenen Meinungen ausgleichend zu wirken. Schon die Übertragung der deutschen Artikel auf Kolb 236 führte zu Spannungen. Stegmann war eifersüchtig auf den jüngeren Kollegen und fürchtete, daß die AZ »aus einer allgemein geachteten europäischen in eine deutsche Zeitung zweiten Ranges verwandelt« werden würde. 237 Die Spannungen steigerten sich,238 und schließlich bekam Stegmann die Artikel, die Kolb bearbeitete, erst bei der Revision der Zeitung, d.h. bei der Korrektur des Bürstenabzuges, vorgelegt.239 Im Gegensatz zu dieser Vorgehensweise versuchte Lebret den üblichen Ablauf bei der Arbeit zu wahren 240 - er gab Stegmann seine Artikel vor dem Setzen - , war sich aber über politische Fragen mit Kolb einig.241 Trotz seiner häufigen Abwesenheit, die von seinem schlechten Gesundheitszustand abhing, wünschte Stegmann keine Veränderungen im Bereich der Redaktion.242 Er wollte die »Oberleitung und wirkliche Verantwortlichkeit« allein ausfüllen.243 Dennoch übertrug Georg von Cotta ab 1836 Kolb mehr Kompetenz und
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Ludwig Geiger, Therese Huber. Leben und Briefe einer deutschen Frau 1764-1829, Stuttgart 1901. Vgl. Listen über Neujahrsgeschenke 1845 und 1846, CA, AZ I Β 8. Cotta, Augsburg an Georg von Cotta vom 30.12.1854, CA, AZ II 3. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 114 vom 2.11.1835. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 89 vom 11.5.1832; dazu zählten auch die österreichischen Artikel, vgl. Duczek, G. Kolb, S. 304. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 89 vom 11.5.1832. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 150 vom 12.5.1832 und Nr. 170 vom 12.10.1832. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 114 vom2.11.1835. Vgl. ebenda. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 170 vom 12.10.1832 und Stegmann an Cotta Nr. 110 vom 1.5.1835. Vgl. CA, CB Lebret an Cotta vom 5.8.1834 und Kolb an Cotta Nr. 252 vom 19.12.1836 - Nr. 266 vom 18.1.1837. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 110 vom 1.5.1835.
41
setzte ihn neben Stegmann als zweiten verantwortlichen Redakteur in das Impressum der ΑΖ. Einige Jahre später gab es sowohl zwischen Kolb und Altenhöfer, als auch mit Mebold schwere Differenzen. Kolb beschwerte sich bei Georg von Cotta, wenn Mebold und Altenhöfer ihn nicht genug bei der täglichen Redaktionsarbeit unterstützten und nur ihre eigenen Spalten bearbeiteten.244 Kolb ärgerte sich über die spitze Feder Altenhöfers und seine Umgangsformen, 245 während Altenhöfer Kolb in den späteren Jahren als egoistisch, dünkelhaft, eitel und diktatorisch bezeichnete.246 Cotta mußte häufig zwischen den Redakteuren vermitteln. Die politischen Differenzen zwischen den kleindeutsch gesinnten Redakteuren Altenhöfer und Mebold und dem großdeutsch gesinnten Kolb konnten nur durch den Einfluß Georg von Cottas in Unterstützung mit Gustav Kolb ausgeliehen werden; Mebold und Altenhöfer hatten sich der politischen Überzeugung Georg von Cottas zu unterwerfen.
2.5.
Das Programm der Allgemeinen Zeitung und ihr Leserkreis
1797, noch im Banne der Französischen Revolution, stellte Johann Friedrich Cotta umfassende Grundsätze für die zu gründende Zeitung auf. Die Allgemeine Zeitung - angekündigt und zuerst erschienen unter dem Titel Neueste Weltkunde - sollte ein politisches Tagblatt sein, das wie ein treuer Spiegel die wahre und ganze Gestalt unserer Zeit zurückstrahle, so vollständig, als ob es der ganzen Menschheit angehörte, so untergeordnet den großen Grundsäzen der Moral und bürgerlichen Ordnung, als ob es ganz auf das Bedürfnis einer Welt voll Gärungs-Stoff berechnet wäre; so edel in Sprache und so unpartheyisch in Darstellung, als ob es auf die Nachwelt fortdauern sollte. 2 4 7
Unter »vollständig« verstanden die Verantwortlichen, Cotta und Posselt, die Berichterstattung aus aller Welt, die sich nicht nur auf alle Kabinetts-, Senats- oder Kriegsereignisse, sondern auch auf Verhandlungen der jeweiligen Parlamente oder Ständeversammlungen beziehen sollte. Dazu gehörten darüber hinaus die Anzeige neuer politischer Literatur, von Schriften über Erdkunde und Geschichte sowie literarischer Werke, sofern sie von den Herausgebern als gesellschaftlich bedeutend angesehen wurden. 248 Die Leser sollten so nicht nur das Wichtigste über Politik, Wirtschaft und Industrie, sondern auch über Verkehrswesen, Literatur, Philosophie und Kultur im allgemeinen erfahren.249 Die »wahre und ganze Gestalt« der Artikel bzw. der dargestellten Fakten sollte zuverlässig sein; bloße Mutmaßungen, Räsonnements »oder gar nur Kannen-
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Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 547 vom 22.9.1843 und Nr. 728 vom 31.1.1847. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 292 vom 13.6.1837. CA, CB Altenhöfer an Cotta Nr. 7 vom 5.10.1856. Prospekt der Neuesten Weltkunde vom 31.10.1797, bei CA, AZ I A 1, Cotta an Merck 1804, Hervorhebungen im Original. Vgl. ebenda. Vgl. auch Friedrich Sengle, Biedermeierzeit, Bd. II, Die Formenwelt, Stuttgart 1972.
gießerei«250 sollten keinen Eingang in die Zeitung finden. Die angestrebte »Unparteilichkeit« sollte allen Parteien und Richtungen die Möglichkeit zur Meinungsäußerung geben, ohne nach besserer oder schlechterer Meinung zu unterscheiden.251 Diese drei Hauptziele, nämlich »Vollständigkeit«, »Wahrheit« und »Unparteilichkeit«, bildeten über Jahre hinweg ein festgeschriebenes Programm. Noch 1847 äußerte Georg von Cotta: »Wenn ich die verschiedensten Meinungen alle sprechen lasse, so lasse ich Gottes Stimme vernehmen.«252 Der politische Grundgedanke der Zeitungsredaktion war, daß nicht einzelne Persönlichkeiten das Wohl der Menschheit begründen, sondern »vorzüglich die Staatsverwaltung es ist, die das Wohl oder Weh der Individuen bestimmt«. 253 Deshalb werde die Menschheit erst dann glücklich werden, »wenn alle Staatsverfassungen nebeneinander existieren, und jede Regierung den edlen und weisen Ehrgeiz haben wird, die ihrige am besten zu verwalten«.254 Bis zur Verwirklichung dieser Ideen sollten alle Veränderungen in wahrer und ausgewogener Form dargestellt werden. Der Inhalt der Zeitung sollte nicht aus bruchstückhaften Erläuterungen von Tagesereignissen, »beissendefn] Anekdoten« oder etwa aus »Aufzählung der anwesenden Kammerherren«, bei politischen Veranstaltungen bestehen.255 Diese Betrachtungsweise sollte nicht nur für die deutschen, sondern auch für die europäischen Staaten, und ebenso für alle Staaten der Welt angewendet werden. Hieraus leitete sich der Anspruch der Zeitung ab, eine »Allgemeine« zu sein.256 Zusammenfassend läßt sich die Grundhaltung der AZ aus Sicht der Redaktion und des Verlegers wie folgt charakterisieren: bei Darstellung der Zeitgeschichte sich die Wahrheit der Thatsachen zum einzigen Gesichtspunkt zu nehmen und keiner politischen Partei anzugehören, wohl aber den Meinungen aller, insofern sie innerhalb der Schranken einer vernünftigen Mäßigung ausgedrückt werden, ihre Spalten zu öffnen. 2 5 7
Karl August Mebold betont in seinem Rückblick auf die Geschichte der AZ 1845 die »universelle Auffassungsweise«, den kosmopolitischen Charakter des Blattes.258 Damit bestätigte er die Gültigkeit des anfangs aufgestellten Programms, das weit genug gefaßt war, um Veränderungen im politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Zeit zu berücksichtigen. In den Augen der Redaktion huldigte die AZ den »conservativen Grundsätzen, aber sie verstand oder versteht sie nicht im exclusiven oder reactionären Sinn.«259 Die AZ sollte ein Blatt des 250
Prospekt der Neuesten Weltkunde. Ebenda. 252 Zitiert nach Sengle, Biedermeierzeit, Bd. II, S. 67. 253 Neueste Weltkunde Nr. 1 vom 1.1.1798, S. 4. 254 Ebenda. 255 Ebenda. 256 v g l . auch Sengle, Biedermeierzeit, Bd. II, S. 67. 257 A Z N r . 52 vom 21.2.1830, Beilage. 258 Vgl. Mebold, Einst und Jetzt, S. III und IV. Mebold schrieb diesen Artikel anläßlich des ersten Erscheinens der Monatsblätter zur Ergänzung der Allgemeinen Zeitung im Auftrag von Kolb. 259 Ebenda, S . V . 251
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Friedens sein, »sie ist es auch in confessionellen Dingen. [...] die Besprechung muß eine ruhige seyn, in Bezug auf die Thatsachen unpartheiisch, in Bezug auf die Gegensätze versöhnend und vermittelnd.«260 Diese Ziele führten häufig zu Differenzen mit verschiedenen politischen Gruppierungen. So mußte sich die ΑΖ zum einen mit den verschiedenen Regierungen arrangieren, um nicht ihr Verbot zu riskieren, zum anderen löste gerade dieses Arrangement heftige Angriffe aus den oppositionellen Kreisen aus.261 Die Redaktion fand sich nicht immer damit ab, daß die Regierungen von Österreich, Preußen und Bayern über alle Maßen geschont werden mußten,262 und strich manchmal regierungsfreundliche Artikel, wenn die oppositionelle Gegendarstellung nicht gedruckt werden durfte. 263 Dem obigen Zitat kann man einen weiteren Grundsatz entnehmen, den sich Johann Friedrich Cotta und die Redaktion zur Aufgabe gemacht hatten. Die Zeitung sollte Quelle für Historiker werden, die Redakteure hatten die Aufgabe, Geschichtsschreiber zu sein. Kolb selbst bezog sich des öfteren darauf, 264 auch Georg von Cotta mahnte die Redaktion, wenn sie in seinen Augen diese Aufgabe nicht erfüllte. 265 Nach 1849 bekam die AZ eine eindeutige politische Richtung. Georg von Cotta wollte zusammen mit Kolb und durch die AZ »gegen die Ausscheidung Österreichs aus Deutschland und für seine Vermittlung bei und in Deutschland« kämpfen 266 und machte diese Haltung zum festen Bestandteil des Programms der AZ. Trotzdem sollte die Zeitung versöhnend zwischen den verschiedenen Richtungen wirken. Mäßigung und Aufklärung waren immer Grundsätze, von denen nur unwesentlich abgewichen wurde. Besonders die Förderung der »Freiheit auf dem Wege der Bildung, die Einheit [Deutschlands] auf dem Wege der Einigung der materiellen Interessen« stand in den Jahren nach der Revolution von 1848 inhaltlich im Vordergrund. 267 Die heutige Geschichtsschreibung sieht die AZ »in einem ruhig objektivierten Stil, auf einem keineswegs unprofilierten Kurs der Mitte«268 oder mit »moderat libera-
260 261 262 263 264 265
266
267
268
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Ebenda, S. XII. Vgl. Sengle, Biedermeierzeit, Bd. II, S. 66. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 149 vom 11.5.1832. Vgl. Duczek, G. Kolb, S. 296f. Vgl. u.a. CA, CB Kolb an Cotta vom Nr. 166 27.8.1832, vgl. auch Duczek, G. Kolb, S. 305. Cotta an Kolb vom 9.5.1851, CA, Copierbuch für Briefe an die AZ. Aus diesem Grund bestand Cotta auch auf dem Abdruck wichtiger Dokumente der europäischen Politik. Für den Historiker, der die AZ und ihr Register benützen würde, sollten die Quellen vollständig enthalten sein. Cotta an Kolb vom 11.11.1851, CA, Copierbuch für Briefe an die AZ. CA, CB Cotta an Orges vom 12.2.1862, bei Orges an Cotta Nr. 2 2 6 vom 10.2.1862 (Hervorh. im Original). Hermann Orges, Bericht über das Verbot in Preußen, Sept./Okt. 1856, CA, AZ I A 2; vgl. auch die Antwort Cottas an Orges vom 8.10.1856, CA Copierbuch für Briefe an die AZ. Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat, München 2 1984, S. 591.
lern Anflug« 269 geschrieben. Rintelen bestätigt die liberale Haltung der ΑΖ gerade unter der Redaktion Stegmanns. Die Zeitung verfolgte ihre gemäßigt liberale Haltung auch während der Restauration nach 1815 und hielt an der »Befürwortung einer konstitutionellen, reformerischen Entwicklung in Deutschland fest.« 270 Die ΑΖ bezog im Rahmen ihrer Möglichkeiten liberale Stellungen und setzte auf Konsensfähigkeit mit den vorhandenen Machtstrukturen im Deutschen Bund. 271 Manfred Treml trifft den Charakter der Zeitung wohl am besten, wenn er schreibt: Süddeutsch ausgerichtet, ohne in Regionalismus zu verfallen, Österreich freundlich, ohne sich in vollständige Abhängigkeit zu begeben oder sich anzubiedern, konstitutionell, ohne die gemäßigten Temperaturen des »Juste Milieu« zu verlassen und grundlegende Systemkritik zu betreiben, war sie eine typische Repräsentantin einer bürgerlichen Öffentlichkeit, die von der Toleranzidee und von Kompromißbereitschaft die Lösung gesellschaftlicher Konflikte erwartete. 2 7 2
Gerade wegen ihrer bürgerlich-liberalen Haltung, mit der die AZ im deutlichen Gegensatz zu den reaktionären Regierungen in Europa stand, wurde sie zum Objekt der Zensur und Beeinflussung dieser Staaten. Der Leserkreis der AZ läßt sich nur aus vereinzelten Erwähnungen in den Quellen erschließen. Abonnentenlisten sind nicht mehr vorhanden, auch die Quellen zur Postgeschichte der AZ gegen darüber keine Auskunft. Im Jahr 1798 waren die Zielgruppen des Verlegers Staatsmänner, Geschichtsschreiber und Geschichtsliebhaber, die die Zeitung als Quelle benützen sollten und konnten, sowie Bibliotheken und der »aktive Mensch, der Unterhaltung und Belehrung daraus ziehen« konnte.273 Karl J. Stegmann erläuterte 1835, daß das Lesepublikum hauptsächlich aus den »konservativen Klassen« komme. 274 Er nennt neben »Kabinetten« und Diplomaten den gebildeten Teil des Adels, die Staatsdienerschaft, Militärs, Bankiers, größere Kaufleute und Gelehrte.275 Mit »Kabinetten« meinte Stegmann nicht nur die bayerischen Regierungsgremien, sondern auch die aller deutschen Bundesstaaten, sowie weiterer europäischer Staaten. Dazu gehörten oft auch fuhrende Persönlichkeiten, wie etwa König Ludwig I., der die AZ schon als Kronprinz las,276 Fürst Metternich oder etwa Königin Viktoria von England.277 Die AZ gelangte bis in die fürstlich-serbische Hofkanzlei, wo sie unter anderem von »geschulten Serben aus der Vojvodina gelesen wurde.«278 1852 269
270 271 272 273 274 275 276 277 278
Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftgeschichte, 2. Band: Von der Refomära bis zur industriellen und politischen »Deutschen Doppelrevolution« 1815-1845/49, München 1987, S. 528. Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration, S. 379. Vgl. ebenda. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 94. Prospekt der Neuesten Weltkunde. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 105 vom 6.1.1835. Vgl. ebenda. Vgl. Michael Dirrigl, Ludwig I., König von Bayern, München 1980, S. 312. Vgl. Signat Ludwigs I. vom 13.7.1845, BayHStA MA 25012. Miljan Mojasevic, Die Augsburger Allgemeine Zeitung in der fürstlich-serbischen Kanzlei 1821-1834, in: Archiv für Kulturgeschichte 47 (1965), S. 3 3 8 - 3 5 0 , hier S. 342.
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nannte Georg von Cotta Gutsbesitzer, Landbeamte und Geistliche als Leser und Rezipienten seiner Zeitung.279 Eine Aufstellung von Freiexemplaren der AZ für Behörden und Einzelpersonen aus dem Jahr 1844 verdient Interesse:280 8 Exemplare gingen an die Kreisregierung von Schwaben und Neuburg, wobei der Zensor Lufft eigens aufgeführt ist; 27 Exemplare an die verschiedensten Postbehörden in Augsburg, München, Berlin, Frankfurt, Nürnberg, Basel, Mailand u.a., darunter allein 10 Exemplare an das Postamt in Wien. Außerdem bekamen die Hof- und Staatsbibliotheken in München und Wien, die Wiener Universitätsbibliothek, die Polizei- und Zensurstelle in Wien, die k.u.k. Polizeidirektion und Hofkanzlei sowie das bayerische Ministerium des Äußeren und des königlichen Hauses jeweils bis zu 10 Freiexemplare zugesandt. Außer den Bibliotheken und Behörden sind als Bezieher noch die »Lesesäle der privaten bürgerlichen Vereine«281 bekannt. Dort lag die AZ seit 1798 aus.282 Sogar Ausbildungsstätten, wie zum Beispiel das Lehrerseminar in Schwabach, hatten die AZ als Lektüre für ihre »Zöglinge«283 abonniert. Für materiell schlechter gestellte Schichten war die AZ nicht gedacht. Dies zeigt allein schon der Preis für das Abonnement der Zeitung. Sie kostete 1810 14 Gulden 15 Kreuzer und 1848 17 Gulden im Jahr.284 Im Vergleich kostete die Augsburger Abendzeitung im Jahr 1848 nur 8 fl. Festzuhalten ist, daß die AZ in den höheren Gesellschaftsschichten gelesen wurde, für die sie auch geschrieben wurde. Die größte Lesergruppe dürften das interessierte Bildungsbürgertum gewesen sein sowie die Anhänger liberaler politischer Gruppierungen. Zu jedem Abonnenten der AZ sind noch mindestens zwei bis drei weitere Leser zu zählen, da pro Familie mit Sicherheit nur ein Exemplar bezogen wurde. Gustav Kolb rechnete sogar mit fünf Lesern pro Abonnement.285 Die geographische Verbreitung der Zeitung ist ebenso schwierig zu eruieren wie der Leserkreis. Der größte Anteil an Exemplaren ging über die Wiener Post in die Staaten der Donaumonarchie und in den Süden und Südosten Europas. Johann Friedrich Cottas Einschätzung der geographischen Verbreitung der AZ »von England bis nach Sizilien und von Paris bis Moskau«286 entsprach den Tatsachen, auch wenn Altenhöfer dreizehn Jahre später den Absatz in England als nicht sehr
279 280 281 282 283
284
285 286
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CA, Cotta an Kolb vom 29.9.1852, Copierbuch für Briefe an die AZ. CA, AZ I Β 8, 6. Mappe. Engelsing, Massenpublikum, S. 107f. Vgl. ebenda, S. 108. Vgl. StAN Lehrerseminar Schwabach 248, Antworten auf eine Umfrage der kgl. Seminarinspektion Schwabach an die Seminarinspektionen Altdorf, Bamberg und Würzburg vom April 1848. Vgl. Hans Friedrich Meyer, Zeitungspreise in Deutschland im 19. Jh. und ihre gesellschaftliche Bedeutung, Münster 1967, S. 85. Das nicht einmal geringe Gehalt eines Regierungsassessors betrug im Jahr 1823 in Bayern 1000 Gulden. Vgl. StAA Regierung 8988. Gustav Kolb an Heinrich Heine am 27.2.1840, abgedruckt bei Woesler, Briefwechsel, S. 119. Cotta an von Bray vom 24.12.1828, zitiert nach Heyck, AZ, S. 253.
bedeutend ansah.287 Im Jahr 1854 wurden bis zu 500 Exemplare der Zeitung täglich auch nach Rußland geliefert.288
2.6.
Das Unternehmen »Allgemeine Zeitung«
2.6.1.
Der Postvertrieb
Im 18. Jahrhundert war der Vertrieb von Zeitungen eine Aufgabe der Postmeister, die dies als Privatgeschäft ausübten. Mit keinem anderen Vertriebssystem konnten die Zeitungen so schnell und gut befördert werden wie mit der Post. 289 Die Postmeister konnten ihr Vertriebsnetz für dieses Geschäft unentgeltlich nutzen und den Verdienst zu ihrem Lohn dazurechnen. Die Postmeister verbreiteten aber nicht nur die Zeitungen, sondern besorgten zugleich das Bestell- und Abrechnungsverfahren. Sie waren diejenigen, die die Bestellungen der Bezieher entgegennahmen und den Bezugspreis der Zeitung erhoben, den die Postbehörden wiederum mit den Verlegern abrechneten. Als Gegenleistung überließen die Verleger die Zeitungen den Postzeitungsexpeditionen zu einem verbilligten Tarif. Die Postmeister legten die Preise für die Beförderung nach eigenem Gutdünken fest und rechneten sie zu ihrem Grundtarif hinzu. 290 Die faktische Monopolstellung der Postmeister auf diesem Gebiet wurde Ende des 18. Jahrhunderts durch Verordnungen gestärkt, die andere Möglichkeiten der Beförderung von Zeitungen untersagten.291 Beim ersten Erscheinen der Neuesten Weltkunde 1798 hatte das Haus Thum und Taxis noch das Postregal für die deutschen Kleinstaaten, und Johann Friedrich Cotta schloß mit den Postämtern in Stuttgart und Cannstatt einen Vertrag über die Expedition.292 Über den Inhalt dieses Vertrags gibt auch der Prospekt der Neuesten Weltkunde Auskunft: Die beiden genannten Postämter führten die Hauptspedition durch und übergaben die Exemplare der Zeitung an die Postämter von Augsburg, Bamberg, Basel, Bern, Bremen, Dillingen, Elberfeld, Frankfurt, Freiburg, Gotha, Günzburg, Heilbronn, Karlsruhe, Kehl, Konstanz, Leipzig, Lindau, Mainz, Mannheim, Meersburg, Nürnberg, Regensburg, Schaffhausen, Schweinfurt, Straßburg, Ulm, Würzburg und Zürich.293 Die Zeitungsausgabe, die über den Buchhandel verkauft wurde, mußte per Paket an den zentralen Handelsplatz der Buchhändler nach Leipzig gesandt werden. Für diese Pakete wurde eine 14tägige 287
288 289
290 291
292
293
Nach England wurden nur etwa ein 1/2 Dutzend Exemplare versandt. CA, CB Altenhöfer an Cotta Nr. 4 vom 19.3.1841. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 1061 vom Sept/Okt. 1854. Zur Geschichte der Post-Zeitungsexpedition vgl. Michael Bäuml, Staatspolitik, Presse und Post, in: Archiv fur Postgeschichte in Bayern, 8. Jg. (1932), 1. Heft, S. 1 - 2 3 und 2. Heft, S. 7 7 - 9 7 . Vgl. Bäuml, Staatspolitik, S. 5. So in Preußen durch die allgemeine Postordnung vom 26.11.1782, vgl. Bäuml, Staatspolitik, S. 5. Im Cotta-Archiv, AZ I Β 9, ist eine Vereinbarung zwischen Cotta und den Hauptpostämtern vom 24.10.1797 überliefert, wobei jedoch nicht eindeutig ist, ob es sich um den endgültigen Vertrag handelt. Prospekt der Neuesten Weltkunde.
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Lieferung vereinbart. Pro Quartal kostete die Zeitung den Abonnenten 4 fl 30 kr,294 also 18 fl pro Jahr. In einer Vereinbarung vom 24. Oktober 1797,295 die mit dem veröffentlichten Inhalt des endgültigen Vertrages nicht übereinstimmte, waren als Abonnementspreis 16 fl pro Jahr netto bestimmt, wovon die Postämter pro Exemplar im Jahr 6 fl als Rabatt verlangten, die Zeitung somit zu dem »Erlaßpreis« von 10 fl jährlich erhielten. Laut abgeschlossenem Vertrag gaben die beiden Hauptpostämter die Zeitung fur 13 fl jährlich an die übrigen Postämter weiter.296 Diese schlugen dann wiederum ihre Gebühren auf die bezahlten 13 fl auf. Außerdem war festgelegt worden, daß jedes Hauptpostamt drei Freiexemplare der Neuesten Weltkunde erhalten sollte. Für die Spedition von Tübingen nach Stuttgart bzw. Cannstatt hatte Cotta selbst zu sorgen.297 Da die Post Tübingen nur dreimal wöchentlich erreichte, organisierte er tägliche Staffetten zwischen den Hauptpostämtern und Tübingen, um den Vertrieb der Zeitung und den eigenen täglichen Posteingang zu garantieren.298 Der Umzug der Zeitung nach Stuttgart im September 1798 erleichterte die Spedition wesentlich. Mit dem Umzug nach Bayern im Jahr 1803 wurden neue Regelungen für den Vertrieb der Zeitung notwendig. Ein Speditionsvertrag Johann Friedrich Cottas mit dem Postamt Ulm ist allerdings nicht überliefert, so daß keine Angaben über die Organisation und die Kosten des Vertriebs ab 1803 gemacht werden können. Anfang des 19. Jahrhunderts begann in Bayern die Verstaatlichung der Post. Im Zuge dessen wurden die Postmeister ab dem 5. April 1808 bei der neuen Behörde angestellt. Sie bekamen eine feste Besoldung, und der finanzielle Gewinn aus dem Nebengeschäft war zum Lebensunterhalt nicht mehr notwendig. Die Erträge der Zeitungsexpedition wurden daher den Einnahmen der Behörde zugeschlagen. Am 22. November 1808 folgte eine Verordnung, die die Preisberechnung der Zeitungsexpedition regelte; die Willkür in der Kostenfestsetzung durch die Postmeister hatte damit ein Ende. Die endgültige Verstaatlichung der bayerischen Post brachte die Zeitungsexpedition 1810 unter die Herrschaft der Regierung, die nicht nur finanzielle Gewinne erzielen, sondern diese Monopolstellung auch für die Überwachung der Zeitungen nutzen konnte.299 Erst der Vertrag zwischen Johann Friedrich Cotta und dem königlichen Oberpostamt in Augsburg vom 1. September 1810, der anläßlich des Umzugs der ΑΖ von Ulm nach Augsburg geschlossen wurde, gibt wieder Auskunft über die getroffenen neuen Vereinbarungen.300 Die »Oberpostamtszeitungsexpedition« erhielt 294 295 296 297 298 299
300
48
Ebenda. CA, AZ I Β 9, Vertrag mit der Post Stuttgart und Cannstatt vom 24.10.1797. Vgl. Heyck,AZ, S. 21 f. Vgl. ebenda. Vgl. auch Wilkening, Die Welt wird kleiner, S. 600f. Die Rolle der Post bei der Überwachung der Zeitungen wird später noch genauer dargestellt. Zum Übergang von der Thum und Taxis'schen Post zur bayerischen Staatspost, vgl. Max Piendl, Das bayerische Projekt der Thum und Taxis-Post 1831-1842, in: ZBLG 33 (1970), S. 272-306. Vgl. OPA Augsburg an Cotta vom 1.9.1810, CA, AZ II 2.
das Monopol für den Absatz der ΑΖ nach auswärts, während Cotta den Verkauf in der Stadt und Gemarkung Augsburg selbst regeln konnte (§§1+2). Dafür bekam er einige Vergünstigungen: Cotta durfte bis zu 40 Exemplare »zur Erfüllung seiner eingegangenen Verbindlichkeiten bei Erwerbung des Privilegiums«301 unentgeltlich nach München, Wien oder Paris entsenden. Außerdem konnte Cotta wöchentlich einmal eine Büchersendung von 15 Pfund Gewicht für die Redaktion der ΑΖ von Ulm nach Augsburg und zurück ohne Bezahlung des bayerischen Portos versenden (§ 1). Der Bezug der auswärtigen Zeitungen für die Redaktion der AZ wurde ebenfalls vergünstigt. In den Gebieten der bayerischen Post mußte für sie kein Postzuschlag bezahlt werden, d.h. Cotta mußte nur den Netto-Preis entrichten, zu dem die bayerische Post die Zeitungen bei auswärtigen Postämtern bezog (§ 9). Zusätzlich erhielt er die beschränkte Briefportofreiheit (§10). Im Gegenzug verpflichtete sich Johann Friedrich Cotta, dem Außenministerium neun Freiexemplare, der Generalpostdirektion ein und der Oberpostamtszeitungsexpedition drei Freiexemplare zu liefern (§ 4). Der Vertrag hatte eine halbjährige Kündigungsfrist (§ 11), als Schlichter bei Streitigkeiten wurde der kgl. Geheime Rat als Rechtsinstanz berufen (§ 12). Für den Arbeitsablauf wurde folgendes festgelegt: die täglichen Exemplare der AZ sollten von der Druckerei in Bündeln von je 50 Stück - Zeit zum Zählen der Exemplare fehlte bei der Post - und zu festgesetzten Zeiten der Post geliefert werden (§§ 7 und 8). Der Ankaufspreis für die Oberpostamtszeitungsexpedition wurde auf 12 fl 45 kr pro Exemplar festgelegt. Der Weiterverkaufspreis für das erste Absatzpostamt betrug 14 fl 15 kr, für das zweite 15 fl 15 kr und für jedes weiter entfernte Postamt 16 fl 15 kr. Die Abrechnungen zwischen Verleger und Post erfolgten halbjährlich und zwar im Juli für das erste Semester und im Januar für das zweite Semester des vorangegangenen Jahres (§3). Der Beginn bzw. die Beendigung des Abonnements war nur alle sechs Monate möglich (§6), wobei der Bezieher das Abonnement im Voraus und zwar für das gesamte Zeitungs-Semester bezahlen mußte.302 Wollte ein Bezieher die Zeitung nicht beim nächsten Postamt abholen, sondern zugesandt bekommen, so mußte er schon seit 1809 jährlich 1 fl 30 kr zusätzlich als »Couvertgeld« bezahlen, ab dem Jahr 1819 2 fl 45 kr.303 Im Jahr 1820 wurde durch eine Verordnung die Berechnung des Zeitungsentgeltes neu geregelt.304 Um die verschiedenen Leistungen der Post, wie etwa die Abwicklung der Bestellungen, die Abrechnungen mit den Beziehern, den anderen Postämtern oder den Verlegern, die Verpackung und Beförderung besser berechnen zu können, wurden neue Gebühren festgesetzt. Die Speditionsgebühr, die die Grundgebühr darstellte, wurde nach der Anzahl der wöchentlichen Ausgaben einer Zei301 302
303
304
Ebenda. Vgl. Rückblick auf das erste Jahrhundert der K. Bayer. Staatspost (1.3.1808-31.12.1908), hrsg. vom kgl. b. Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten, Nachdruck der Ausgabe von 1908, München 1982, S. 115. Vgl. Johann Brunner, Die ersten Entwicklungsstufen des Zeitungsdienstes der Bayerischen Staatspost, in: Archiv für Postgeschichte 4 (1928), S. 61 f. Vgl. ebenda, S. 61-63.
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tung und ihrem Ankaufspreis berechnet. Die Beförderungsgebühr wurde gleichfalls abhängig von der Häufigkeit des Erscheinens, aber unter Berücksichtigung der Beförderungsstrecke und des Umfangs erhoben. Für die Berechnung der Beförderungsstrecke wurden verschiedene Entfernungsstufen (Rayons) festgelegt. Die erste Entfernungsstufe umfaßte 6 Meilen, die zweite bis zu 18 Meilen, der dritte Rayon bis zu 36 Meilen und der Preis für den vierten Rayon galt ab 36 Meilen. Alle neu erscheinenden Blätter konnten ihre Spedition nur auf der Grundlage dieser Verordnung regeln, für bereits bestehende Zeitungen erlangte sie keine Gültigkeit. Für die AZ war weiterhin der Vertrag von 1810 bindend. Da durch derart unterschiedliche Regelungen feste einheitliche Grundsätze für die Berechnung der Postzuschläge fehlten und dies immer wieder zu Beschwerden führte, beantragten die beiden Kammern des Landtags 1831 eine Veröffentlichung aller bestehenden Regelungen. Daraufhin veranlaßte das Außenministerium deren Überprüfung und ordnete an, daß alle Verleger bzw. Zeitungen - ohne Unterschied - nach einheitlichen Vorschriften zu behandeln seien. Zu diesem Zweck wurden sämtliche bestehenden Speditionsverträge am 12. Dezember 1831 mit Wirkung zum 1. Juli 1832 gekündigt.305 Neue Verträge durften nicht abgeschlossen werden, sondern alle Zeitungen sollten ausschließlich dem neu zu schaffenden Tarifsystem unterliegen. Johann Friedrich Cotta war über die Kündigung des Vertrages entrüstet. Auf seine Eingaben antwortete Außenminister Armansperg,306 daß er für das Institut der AZ alles ihm Mögliche tun werde. Johann Friedrich Cotta konnte und wollte eine derart vage Antwort nicht akzeptieren und drohte mit der Verlegung der AZ aus Bayern, sollten keine anderen Vereinbarungen getroffen werden.307 Da Ende Juni 1832 noch keine allgemeingültigen Bestimmungen hinsichtlich der Speditionsgebühren und -bedingungen ergangen waren, verlängerte die Generaladministration der königlichen Posten den Vertrag mit Johann Friedrich Cotta noch einmal bis Ende des Jahres, um größere Störungen der Geschäfte zu vermeiden. Über die Briefportofreiheit und den verbilligten Bezug der auswärtigen Zeitungen für die Redaktion sollte zur etwaigen späteren Verrechnung Buch geführt werden,308 da geplant war, diese Vergünstigungen im neuen Vertrag nicht mehr zu gewähren. Beginnend mit dem ersten Halbjahr 1833 wurde ein einheitliches Tarifsystem geschaffen, das sich an der zuvor dargestellten Regelung von 1820 orientierte. Bei vielen Blättern hatte das neue System eine Verteuerung für die Abonnenten zur Folge, außerdem verschaffte es der Post eine Steigerung der Einnahmen von 22%. 309 305
Vgl. Aktenmäßige Darstellung des Verhältnisses der Allgemeinen Zeitung zur Post seit der Verlagsübersiedlung von Ulm nach Augsburg vom 3.2.1832, CA, AZ II 2, bei Lippe an Cotta vom 6.2.1832.
306
Josef Ludwig Graf von Armansperg war nur noch bis 31.12.1831 Außenminister. Er wurde von August Freiherr von Gise abgelöst. Johann Friedrich Cotta, Bemerkungen zu den aktenmäßigen Darstellungen des Verhältnisses der Allgemeinen Zeitung zur Post, seit der Verlagsumsiedlung von Ulm nach Augsburg, CA, AZ II 2.
307
308 309
50
OPA Augsburg an Cotta vom 4.7.1832, CA, AZ II 2. Vgl. Brunner, Entwicklungsstufen, S. 63, dort auch die neuen Berechnungstabellen fur den Zeitungspreis.
Schon im September 1832 hatten langwierige persönliche und schriftliche Verhandlungen zwischen Johann Friedrich Cotta und der bayerischen Regierung über die von Cotta geforderten Vergünstigungen begonnen, die erst durch den Redakteur Lebret geführt wurden, später durch Georg von Cotta. Zu diesen Verhandlungen legte das Außenministerium einen Diskussionsvorschlag vor, der einige Privilegien Cottas abschaffte 310 und den Bezug der Zeitung für den Abonnenten verteuerte. Um diesem Diskussionsvorschlag entgegentreten zu können, verglich Georg von Cotta die verschiedenen Speditionspreise in den Ländern des Deutschen Bundes und stellte dabei fest, daß die bayerischen Gebühren die höchsten waren. In den Verhandlungen versuchte er zudem, die politische und wirtschaftliche Bedeutung der AZ in die Waagschale zu werfen. Er stellte die AZ dar als »das nüzlichste Organ der Regierungen, mittels dessen dieselben die öffentliche Meinung eben sowohl lenken, als wo irre geleitet, berichtigen können«.311 Ihre Verteuerung würde eine Abnahme der Abonnentenzahl und somit einen verringerten Einfluß auf die öffentliche Meinung bedeuten.312 Außerdem bemängelte Johann Friedrich Cotta konkret die unverhältnismäßige Anhebung der Gebühren um 2 fl 37 kr auf dem Weg von Augsburg zu dem Absatzpostamt Ulm, da Ulm trotz seiner Nähe zu Augsburg bereits mit dem 2. Rayonssatz belegt worden war. Diesen Einwand akzeptierte das Oberpostamt in Augsburg und erklärte sich bereit, Ulm dem ersten Zeitungsrayon zuzurechnen. Außerdem wurde festgelegt, daß die Beförderungsgebühr immer fur die 1 ιΛ Bogen starke Ausgabe berechnet werden würde, auch wenn die AZ einmal 2 Bogen umfassen sollte.313 Weitere Zugeständnisse wurden nicht gemacht. Außenminister Gise forderte Johann Friedrich Cotta auf, einen Bevollmächtigten nach Augsburg zu entsenden, um persönliche Verhandlungen bezüglich eines neuen Speditionsvertrages aufzunehmen. Diese Aufforderung war aber keine Zusage, daß die Regierung einen neuen Vertrag mit derartigen Vergünstigungen genehmigen würde. 314 Daraufhin reiste Georg von Cotta zu abschließenden Verhandlungen nach Augsburg.315 Er mußte feststellen, daß in der neuen Preisliste der Postzeitungsexpedition einige Zeitungen unabhängig von ihrem Erscheinungsort im Preis gleich geblieben316 oder sogar billiger317 geworden waren. Gleichzeitig erfuhr er, daß die bayerische Regierung einen neuen Vertrag frühestens am 1. Juli 1833 in Kraft treten lassen wollte, und daß bis dahin die neuen und höheren Preise auch für die AZ gelten sollten. Um die Verteuerung der AZ für die Abonnenten abwenden zu können, begab er sich zu direkten Gesprächen mit dem Direktor der General310
311 312 313 314 315 316
317
Das waren die Briefportofreiheit, der Bezug der auswärtigen Zeitungen ohne Provisions-Anrechnung und die freie Versendung eines Paketes pro Woche. Cotta an Gise vom 8.12.1832, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1827, Nr. 16. Vgl. ebenda. Vgl. CA, AZ II 2, OPA Augsburg an Cotta vom 9.12.1832. Vgl. Gise an Cotta vom 14.12.1832, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1827, Nr. 16. Vgl. Cotta an Gise vom 19.12.1832, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1827. Nr. 16. Dies waren der Korrespondent von und für Deutschland, die Münchner Politische Zeitung und die Preußische Staatszeitung, vgl. CA, AZ II 2, Georg v. Cotta an Johann Friedrich Cotta vom 22.12.1832. Das waren die Neckarzeitung und der Österreichische Beobachter, vgl. ebenda.
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postdirektion nach München.318 Er wollte mit den Entscheidlingsbevollmächtigten direkt und nicht mit der Augsburger Unterbehörde verhandeln. In mehrstündigen Besprechungen mit Philipp Ferdinand von Lippe konnte ein Konsens im Streit um die Privilegien der ΑΖ gefunden werden. Als Nebenabmachung wurde über einen Tausch der großen Gebäude der Cottas in der Münchner Theatinerstraße mit dem Hauptgebäude der Post gesprochen. Das staatliche Postgebäude war für die umfangreichen Geschäfte zu klein geworden. Georg von Cotta bot den Tausch gegen eine Wert-Ausgleichszahlung und die Festsetzung des Speditionsvertrages auf 25 Jahre an. 319 Der Tausch kam nie zustande.320 Diese gescheiterte Abmachung zeigt aber, mit welchen Mitteln der Stuttgarter Verleger versuchte, durch eine positive Preisgestaltung fur die AZ eine möglichst vorteilhafte Stellung im Konkurrenzkampf der Zeitungen zu erhalten. Der Tod Johann Friedrich Cottas am 29. Dezember 1832 ließ die Verhandlungen zum Stillstand kommen. Unterdessen erging ein Befehl König Ludwigs I., einen neuen Vertrag zwischen der J. G. Cottaschen Buchhandlung und dem bayerischen Staat nicht zu genehmigen.321 Im Juni 1833 konnte Außenminister Gise jedoch die Zustimmung des Königs zu einem neuen Vertrag erreichen,322 indem er den Wert des Verlagsunternehmens für die bayerische Wirtschaft geltend machte. Er verwies auf die vielen Arbeitsplätze in Augsburg, die Umsätze der bayerischen Papierfabrikanten und das ausländische Geld, das durch die Abonnementeinnahmen der AZ nach Bayern kam. Außerdem betonte er den politischen Wert der AZ fur die bayerische Regierung.323 Das letzte Argument lehnte Ludwig I. ab. Er äußerte, »daß [..,] deren Redaktion in einem besseren Geiste vorgenommen werde, wäre sehr wünschenswerth«, da »das sogenannte liberale«324 zu vorherrschend sei. Diesen Vorwurf wies Georg von Cotta zurück. Er merkte an, daß die Zensoren die zu liberalen Artikel ja beanstanden könnten.325 Am 15. Januar 1834 wurde zwischen dem königlichen Oberpostamt in Augsburg und der J. G. Cottaschen Buchhandlung in Stuttgart endgültig ein neuer Speditionsvertrag für die AZ geschlossen:326 Der staatliche Anspruch auf das Monopol des Zeitungsvertriebs und der Absatz an Buchhandlungen blieb so, wie er 1810 vereinbart worden war, bestehen. Die ins Ausland gehenden Freiexemplare 318 Ygi ebenda. Die Zeit drängte, da Johann Friedrich Cotta schwer erkrankte und sein Sohn so schnell als nur möglich nach Stuttgart zurückkehren mußte. 319
320
321
322 323 324
325 326
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Vgl. G. v. Cotta an J. Fr. von Cotta vom 24.12.1832, CA, AZ II 2. Vgl. auch Gise an König Ludwig I vom 12.6.1833, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1827, Nr. 16. Als neues Postgebäude erwarb der König 1834 das Toerring-Palais am Max-Josef-Platz. Vgl. Piendl, Das bayerische Projekt, S. 298. Vgl. Signat Ludwigs I. vom 26.3.1833, in: Signate König Ludwigs I. Bd. 2. 1832-1835, ausgewählt und eingeleitet von Max Spindler, hrsg. von Andreas Kraus, München 1989, S. 190 (Nr. 137), vgl. auch Gise an die Generaladministration der kgl. Posten vom 18.4.1833, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1827, Nr. 16. Vgl. Signat Ludwig I. vom 19. Juni 1833, in: Signate, Bd. II, S. 228 (Nr. 285). Vgl. Gise an Ludwig I. vom 12.6.1833, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1827, Nr. 16. Vgl. Signat Ludwigs I. vom 19. Juni 1833, in: Signate, Bd. II, S. 228 (Nr. 285), vgl. auch Gise an Cotta vom 4.7.1833, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1827, Nr. 16. C o t t a a n G i s e vom 9.7.1833, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1827, Nr. 16. Vertragstext siehe CA, AZ II 2, OPD Augsburg an Cotta vom 15.1.1834.
durften 40 Stück nicht überschreiten und mußten, mit Adressen versehen, an das Postamt abgegeben werden (§1). Der »Erlaßpreis« von 12 fl 45 kr und die Abrechnungsmodalitäten mit dem Postamt blieben gleich (§2). Die Bestellung der AZ durch die Bezieher konnte vierteljährlich, die Abbestellung nur halbjährlich geschehen (§5). Die Regelungen über die rechtzeitige Ablieferung der Zeitung durch den Verlag bei der Post und die Lieferungsart wurden nicht verändert (§§6+7). Wesentliche Modifikationen waren der Wegfall von Briefportofreiheit und der unentgeltlichen Beförderung eines Paketes nach Stuttgart. Von den für die Auswertung in der Redaktion benötigten ausländischen Zeitungen konnten nur noch zehn verschiedene ohne Bezahlung des bayerischen Postaufschlags bezogen werden. Welche dies sein sollten, konnte die Redaktion frei wählen. Als Ausgleich für diese Vergünstigungen mußte das >Institut< dem Außenministerium und dem Oberpostamt Augsburg je zwölf und der Generaladminstration der königlichen Posten sechs Freiexemplare liefern. Außerdem war die Insertion von Bekanntmachungen für die bayerische Post kostenfrei, sofern sie nicht mehr als dreimal wiederholt werden mußten (§8). Der Abgabepreis an die Abonnenten wurde folgendermaßen geregelt: Im ersten Zeitungsrayon kostete die Zeitung 16 fl, im zweiten Rayon 16 fl 52 kr und im dritten Rayon 17 fl 42 kr (§3). Für den lokalen Absatz in der Residenzstadt München und in der württembergischen Grenzstadt Ulm wurde nur der Preis des ersten Zeitungsrayons verlangt. Diese Vergünstigung durfte das Oberpostamt Ulm jedoch nicht an die Postämter von Stuttgart, Frankfurt oder Karlsruhe weitergeben. Für Exemplare der AZ, die in die württembergischen Gebiete weiterbefördert wurden, mußte das Postamt Ulm den II. Rayons-Preis bezahlen (§3). Mit diesen Tarifbestimmungen hatte Georg von Cotta gegenüber anderen Zeitungen Vergünstigungen erreicht. Nach dem allgemeinen Zeitungstarif hätte die AZ im ersten Rayon 17 fl 4 kr, im zweiten 18 fl 14 kr und im dritten Rayon 19 fl 21 kr kosten müssen. In den allgemeinen Speditionsnormen wurde jedoch Zeitungen, die täglich mit mehr als einem Bogen Umfang erschienen und einen Absatz von über 1000 Exemplaren hatten, ein Viertel der Speditions- und Beförderungsgebühr erlassen. Diese Bestimmungen waren bereits mit Rücksicht auf die AZ in die allgemeinen Normen aufgenommen worden, um Beschwerden anderer Zeitungen über die Privilegierung der AZ vorzubeugen.327 Die Verhandlungen Georg von Cottas kamen somit auch den bayerischen Zeitungen zugute, die hohe Auflagen und eine weite Verbreitung hatten. Im Jahr 1847 versuchte die Cottasche Buchhandlung erneut, »die Bewilligung einer Postmoderation für ihre Versendungen von Büchern und Journalen zwischen Augsburg und Stuttgart«328 zu erhalten. Diesem Versuch lagen folgende Überlegungen zugrunde: Die Buch- und Zeitschriften-Sendungen zwischen der Buchhandlung in Stuttgart und dem Institut der AZ in Augsburg hatten das durchschnittliche Gewicht von insgesamt 30 Zentnern im Monat und kosteten jeweils 327
328
Der Vergleich der Kosten sowie der Hinweis auf die Vergünstigung sind Bestandteil des Vertrages (§3). Vgl. auch Brunner, Entwicklungstufen, S. 63. Generalverwaltung der Posten und Eisenbahnen an Ludwig I. vom 12. Juli 1847, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1826, Nr. 16.
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bis zu 170 fl. Im Vergleich mit anderen Versendern in Bayern war der Umfang der Sendungen außergewöhnlich groß. Außerdem brachte Georg von Cotta »nationalökonomische« Argumente vor:329 Der Verlag in Augsburg stellte eine hohe Zahl an Arbeitsplätzen und verschaffte damit dem Staat gute Einnahmen durch Steuern und die Postzeitungsexpedition. Er hoffte daher auf ein Entgegenkommen der bayerischen Regierung, um den Etat der AZ zu entlasten. Beide Argumente wurden durch die Generalverwaltung der Posten und Eisenbahnen mit Hinweis auf die Gleichberechtigung aller Buchhandlungen und Verlage in Bayern sowie auf die mannigfaltigen sonstigen Vergünstigungen für die Cottaschen Journale zurückgewiesen. 330 Georg von Cotta versuchte auch auf andere Weise die Kosten für die Zeitungsspedition niedrig zu halten. Journale, die zu ihren Abonnenten von Augsburg aus in Richtung Westen transportiert werden mußten, ließ er sich - laut Aussage des Oberpostamtes Augsburg - per Paket nach Stuttgart senden und gab sie erst dort auf die Post. Somit verstieß er laufend gegen die Speditionsbedingungen der bayerischen Regierung. Gegen diesen Vertragsbruch wurde jedoch nicht eingeschritten.331 Einschneidende Veränderungen für das Postzeitungswesen brachte das Revolutionsjahr 1848. Bereits am 4. April 1848 wurde eine neue Verordnung zur Zeitungsspedition erlassen.332 Sie regelte die Tarife fur die Beförderung der Zeitungen neu. Die komplizierte Berechnung der Gebühren nach Bogenzahl, Erscheinungsweise, Erlaßpreis und Beförderungsstrecke fiel weg. Die neuen Kosten orientierten sich am Bezugspreis, den der Abonnent für eine Zeitung entrichten mußte. Von diesem Bezugspreis beanspruchte die Post 25% als Gebühr.333 Die Preise sollten einheitlich für das gesamte Königreich Bayern gelten.334 Diese Verordnung trat am 1. Juli 1848 in Kraft. Die Bestrebungen der deutschen Bundesstaaten, die Beförderungspreise sogar im Deutschen Bund einheitlich zu regeln, schlugen während der Revolutionswirren fehl.335 Die bayerische Generalverwaltung für Posten und Eisenbahnen konnte 329 330
331
332
333 334
335
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Vgl. ebenda. Die Ergänzungsblätter zur AZ wurden zu den gleichen Bedingungen spediert wie die AZ. Vgl. ebenda. Auch für das Polytechnische Journal konnte Cotta eine Herabsetzung der Speditionsund Beförderungsgebühren erreichen. Vgl. Armansperg an Ludwig I. vom 17.3.1826, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1826, Nr. 16. Generalverwaltung der Posten und Eisenbahnen an Ludwig I. vom 12. Juli 1847, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1826, Nr. 16. Über diesen Sachverhalt sind leider keine Angaben von Seiten der Cottaschen Buchhandlung überliefert. Vgl. Friedrich Freiherr von Strauß, Fortgesetzte Sammlung der im Gebiete der inneren StaatsVerwaltung des Königreich Bayerns bestehenden Verordnungen von 1835 bis 1852 aus amtlichen Quellen bearbeitet, NF. Bd. 8. Als Fortsetzung der Döllinger'schen Sammlung Bd. 28, Teil I., München 1854, S. 363f. Vgl. Strauß, Fortgesetzte Sammlung, S. 363. Ausgenommen waren die Gebiete der bayerischen Pfalz, in denen eine Transitgebühr auf den Preis aufgeschlagen werden mußte. Vgl. Brunner, Postzeitungsliste, S. 46. Zu Verhandlungen über die Vereinheitlichung des deutschen Postwesens vgl. Brunner, Bayerns Postzeitungswesen, S. 5 6 - 5 8 .
daher keine Postzeitungsliste mit allen deutschen Zeitungen und ihren Preisen erstellen. 336 Daraufhin wurde eine solche Liste nur fur die bayerischen Zeitungen angefertigt.337 Aus ihr geht hervor, daß die ΑΖ ab 1. Juli 1848 für alle Abonnenten 17 fl im Jahr kosten sollte. Sie war die teuerste Zeitung in Bayern. Nach den neuen Preisbestimmungen betrug der Erlaßpreis des Verlages an die Post weiterhin 12 fl 45 kr, also 75% des Abonnementpreises, die Post erhielt 4 fl 15 kr Speditionsgebühr.338 Im November 1849 kam eine »Übereinkunft über den Debit und die Spedition der Zeitschriften« zwischen den Staaten des Deutschen Bundes zustande. Am 1. Juli 1850 wurde der Postverein gegründet, dessen Vereinsvertrag die Regelung der Spedition der Zeitungen einschloß. Nach diesen Bestimmungen wurde für die »gemeinschaftliche Speditionsgebühr« 50% des Erlaßpreises des Verlegers veranschlagt. Diese Gebühr betrug für die AZ 6 fl 2214 kr, d.h. in Bayern kostete die AZ die bereits 1848 festgesetzen 17 fl, in den übrigen Postverwaltungsbezirken 19 fl 7'/2kr.339 Für die Cottasche Buchhandlung bedeutete dies, daß sich der Erlaßpreis von 12 fl 45kr für die Post pro Zeitungsexemplar seit dem Vertrag von 1810 nicht mehr verändert hatte. Die Zeitungsspedition der Post war jedoch nicht nur ein Instrument fur die Verbreitung der Zeitungen, sondern auch für ihre Überwachung. Wenn die Regierung eine bestimmte Zeitung unterstützen wollte, so wurde diese von der Post zu vergünstigten Bedingungen befördert. Der Vertrieb der Zeitung unterlag ab 1838 einer landesherrlichen Genehmigungspflicht. 340 Mißliebigen ausländischen Zeitungen konnte der Debit im bayerischen Staatsgebiet untersagt werden, als Beispiele seien hier nur die Leipziger Allgemeine Zeitung, die Stuttgarter Süddeutsche Zeitung, das englische Morning Journal und das Pariser Panorama de l'Allemagne genannt.341 Da die Zeitungen unter Kreuzband, d.h. mit einer adressierten Banderole versehen, versendet wurden, waren sie leicht zu identifizieren. Bei der Versendung unter Couvert konnte die Zeitung zwar nicht identifiziert werden, sie war aber für den Bezieher unvergleichlich teurer als bei Spedition unter Kreuzband.342 Der Post erwuchsen daraus Vorteile bei der Überwachung des Postdebits. Die unter Kreuzband spedierten Zeitungen konnten schnell und ohne Verletzung des Postgeheimnisses beschlagnahmt oder erst gar nicht zum Versand angenommen werden. Die Redaktion der AZ umging den verbotenen Debit ausländischer Zeitungen, indem sie die in Bayern verbotenen Zeitungen »unter Couvert«343 vom württem-
336 337
Vgl. ebenda S. 58. Vgl. Brunner, Postzeitungsliste, S. 47.
338 vgl. ebenda. 339 v g l . 340 Vgl. 341 Vgl. 342 Vgl. 343
auch Strauß, Fortgesetze Sammlung, S. 369f. Brunner, Entwicklungsstufen, S. 58f„ und Bäuml, Staatspolitik, S. 8. Bäuml, Staatspolitik, S. 10f. dazu auch Kohnen, Pressepolitik, S. 104-107.
Vgl. Generaladministration der Posten an Gise vom 27.12.1845, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1827, Nr. 16.
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bergischen Postamt Ulm bezog. Da dies sehr kostspielig war, beantragte Reischach im Namen der Redaktion die Erlaubnis, diese Zeitungen über das Postamt in Augsburg beziehen zu dürfen. 344 Mit der Begründung, daß die ΑΖ eine bedeutende Einnahmequelle für den Staat und ein Mißbrauch der verbotenen Zeitungen nicht zu erwarten sei, da die AZ ohnehin unter Zensur stünde, wurde dieser Antrag genehmigt.345 Auch in den Jahren nach 1848 wurde das Postdebit zur Überwachung der ausländischen Presse benutzt. Ab 1855 mußten die außerhalb Bayerns erscheinenden Blätter vor der Ausgabe an ihre Abonnenten durch die Polizeibehörden durchgesehen werden. 346 Die Beschlagnahme einzelner Ausgaben konnte so wirksam durchgeführt werden. 2.6.2.
Die Auflagenentwicklung
Die von Heyck genannten Auflagen- bzw. Abonnentenzahlen sind unverändert von der jüngeren Sekundärliteratur zitiert worden.347 Aus welchen Quellen Heyck diese Zahlen schöpfte, ist jedoch nicht bekannt. Es wird nun der Versuch unternommen, anhand von Quellen aus dem Cotta-Archiv genauere Aussagen über den Verkauf, bzw. die Auflage der Zeitung zu erzielen. Durchgängige Quellen sind die Druckauftragsbücher des Cotta-Verlages. Dort sind die voraussichtlichen Auflagenzahlen für jedes kommende Jahr verzeichnet, nach denen das Material für die Herstellung der AZ kalkuliert wurde. Zum Teil sind diese Zahlen aber sehr genau aufgeschlüsselt und in die Gewinn-VerlustRechnungen eingearbeitet, so daß bei manchen Berechnungen der Eindruck entstehen kann, es handele sich nicht um Kalkulationen, sondern um den tatsächlich erzielten Absatz, auch wenn dies nicht expressis verbis vermerkt ist. Ab 1835 führte man statt der Druckauftragsbücher reine Druckkalkulationsbücher. Wie aus der Spalte »Kalkulation« der folgenden Tabelle ersichtlich ist, sind darin ab diesem Jahr nur noch runde Summen verzeichnet, die sich augenscheinlich am erwarteten Absatz orientieren. Zur Überprüfung dieser Kalkulationen wurden weitere Geschäftsunterlagen der Cottaschen Buchhandlung sowie der Redaktionsbriefwechsel ausgewertet und in die folgende Tabelle eingetragen. Dort stellt die Spalte »Auflage« die in der Sekundärliteratur überlieferte Auflage der AZ dar. Die Spalte »Kalkulation« enthält die Angaben der Druckauftrags- und Kalkulationsbücher, während in der Spalte »Absatz« alle Angaben über den tatsächlichen Absatz enthalten sind. Hierzu muß man sich vergegenwärtigen, daß die Bestellung der Zeitung von den Abonnenten nur vierteljährlich jeweils für das gesamte Quartal vorgenommen werden konnte. Gingen die Bestellungen nicht pünktlich zu Beginn des neuen Quartals ein, so bekam der Abonnent die versäumten Ausgaben 344
Reischach an die Generaladministration der Posten vom 26.12.1845, ebenda. Vgl. Generaladministration der Posten an Gise vom 27.12.1845 und Abel an Außenministerium (durch das Protokoll) vom 9.1.1846, ebenda 346 Vgl. Bäuml, Staatspolitik, S. 12. 347 vgl. Heyck, AZ, S. 185; Horst Heenemann, Auflagenzahlen der deutschen Zeitungen, Leipzig Diss. 1929, S. 33 und Padrutt, AZ, S. 137. 345
56
der Zeitung nachgeliefert. Für das Jahr 1837 läßt sich dies besonders gut belegen. Am 18. Januar 1837 meldete Kolb 5980 Abonnenten, am 22. Januar 6001, am 28. Januar 6130 und am 3. Februar 6185 Abonnenten fur das laufende Quartal. 348 Diese Auflagenhöhe, die den Briefen der Redaktion entnommen ist, stellt folglich nur den aktuellen Tagesstand dar. Aus den Angaben geht weiterhin nicht hervor, ob es sich dabei um den Absatz bei der Post oder um die gesamte benötigte Auflage handelt. Auch hier muß daran erinnert werden, daß der lokale Absatz in der Gemarkung Augsburg nicht von der Post, sondern von der Expedition der AZ verbreitet wurde. Zusätzlich wurden Exemplare noch über den Buchhandel verkauft und unter Couvert oder im Paket, also nicht über die Postzeitungsexpedition versandt.349 Auch die Anzahl der Freiexemplare muß der Gesamtauflage hinzugerechnet werden. Ist in der jeweiligen Quelle nicht ausdrücklich vermerkt, ob es sich um die Anzahl der Postexemplare handelt oder um die Gesamtauflage, so muß die entsprechende Angabe vage bleiben. Am genauesten zu berechnen ist die Auflagenhöhe für die Jahre 1839 bis 1845, da für diese Zeit »die Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben« der Cottaschen Buchhandlung für die AZ überliefert sind. Dort sind die in der Tabelle aufgeführten Quartalsangaben enthalten. Für das Jahr 1839 sind diese Werte noch nicht nach Verkaufsarten aufgeschlüsselt. Es ist allerdings eindeutig, daß die Anzahl der Freiexemplare noch nicht hinzugerechnet wurde. In der Abrechnung des Jahres 1840 sind die Zahlen genau aufgeschlüsselt. Von 8872 Exemplaren der AZ, die in den Verkauf gelangten, wurden 8718, also etwa 98%, über die Post vertrieben. 30 Exemplare gingen an norddeutsche und 8 Exemplare an süddeutsche Buchhandlungen. 116 Exemplare wurden in der Gemarkung Augsburg von Privatleuten gekauft. Die Verkaufszahlen an die Buchhandlungen blieben über das ganze Jahr hinweg konstant, die Schwankungen im Detailverkauf waren ebenfalls gering.350 Die Anzahl der Freiexemplare ist für dieses Jahr nicht überliefert. Wenn man jedoch die Aufschlüsselung der Freiexemplare aus dem Jahr 1844 zugrunde legt, kann man einen Näherungswert für 1840 erhalten. Im Jahr 1844 wurden 212 Freixemplare an Behörden, Staatsbeamte und die Redakteure ausgegeben.351 Die Übersicht läßt den sicheren Schluß zu, daß diese Anzahl mit eventuellen kleinen Abweichungen auch für die Jahre 1839 bis 1845 angenommen werden kann. Zählt man nun zu den verkauften 8872 Exemplaren vom Jahr 1840 die Zahl von 212 Freiexemplaren hinzu, so hatte die Gesamtauflage im I. Quartal 1840 9084 Exemplare, im II. 9274, im III. 9060 und im IV. Quartal 9489. Alle weiteren nach dieser Art errechneten Absatzzahlen können der Tabelle entnommen werden. Auffallend in der Aufschlüsselung der Verkaufszahlen ist der zunehmende Absatz an norddeutsche Buchhandlungen. Von 29 Exemplaren 1840 stieg die Anzahl auf 87 Zeitungen im Jahr 1845. Der Verkaufserfolg an süddeutsche Buchhand-
348
349 350
351
CA, CB Kolb an Cotta Nr. 266 vom 18.1.1837, Nr. 268 vom 22.1.1837, Nr. 2 6 9 vom 28.1.1837 und Nr. 2 7 0 vom 3.2.1837. Vgl. z.B. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 55 vom 25.7.1822. Im 1. Quartal 116, im II. 114, im III. 117 und im IV. 119 Exemplare, vgl. Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben der AZ 1840, CA, AZ I Β 8. Vgl. Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben der AZ 1844, CA, AZ I Β 8.
57
lungen blieb währenddessen gering, er ging nie über 10 Exemplare (1844) hinaus, der Verkauf in Augsburg pendelte zwischen 122 und 132 Exemplaren. Schwankungen gibt es hauptsächlich zwischen den einzelnen Quartalen. Dies kann darauf zurückgeführt werden, daß die Bestellung der Zeitung vierteljährlich, die Abbestellung jedoch nur Mitte und Ende des Jahres vorgenommen werden konnte. Das erklärt auch, daß die ΑΖ meistens im II. und IV. Quartal mehr Abonnenten hatte, als im I. und III. Quartal. So z.B. im Jahr 1840, in dem es besonders gut ablesbar ist, daß auf diesen Sachverhalt auch in den Kalkulationen geachtet wurde. Trotz der unzulänglichen Statistik lassen sich Trends fur den Absatz der AZ ablesen. Insgesamt ist festzustellen, daß die Auflagenzahlen der AZ nach den Kalkulationen bis 1848 regelmäßig ansteigen. Erst nach der Revolution von 1848 fallen sie von 11800 im April 1848 auf ca. 8000 im Jahr 1850. Tabelle 1: Die Auflagenentwicklung
der AZ Auflage 352
Jahr 1798
Januar August
Kalkül. 353
Absatz 354
1624
1473
2118
2080 2740 2764
1400 2000
1810
1007 1801 355
1812
1813 1814 1815
2719
1816
2800 2684 2716
1817 1818 1819 1820 1821
1. 2. 3. 4.
Quartal Quartal Quartal Quartal
3644 3838 3718 3761
1822
1. 2. 3. 4.
Quartal Quartal Quartal Quartal
4007 4076 3680 3729
1823
352 353 354
355 356
58
4103 3 5 6
4089
Nach Heenemann, Auflagenhöhen, S. 33 Auflagenkalkulationen aus den Druckauftrags- oder Druckkalkulationsbüchern. Wenn nicht anders vermerkt, ist hier die Höhe der verkauften Exemplare verzeichnet. In Klammem ist die Gesamtauflage einschließlich der Freiexemplare aufgeführt. Vgl. Heyck, AZ, S. 185. Absatz einschließlich der Freiexemplare nach Angabe Stegmanns in: CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 55 vom 25.2.1822.
Jahr
Auflage
1824
Kalkulation
3602
3574357
1. Quartal 2. Quartal 1825 1826 1827 1828
3604 3 5 8 3770
4912 4783359
3. Quartal 4. Quartal 1. Hälfte 1. Quartal 2. Quartal 2. Hälfte 3. Quartal 4. Quartal
4861 4625 4579 4619 4632 4702 4971
1831
2. März 6. April 26. August Dezember
6075 6281 6420 6653
1832
20. Februar 2. Juni 16. November
6058 6220 6145
1833 1834 1835
5800
1836
Januar 10. Februar 1. April 25. April 2. September
6000 6200 6400 6300 6400
1837
1. 2. 3. 4.
6600 6800 6600 6800
357 358 359
360
361
3798
4200 4870
1829
1830
Absatz
Quartal Quartal Quartal Quartal
6185 3 6 0
6400 3 6 1
Postabsatz für das erste Quartal. CA, A I Β 9, Quittung vom 7.7.1824. Ebenda. Absatz über die Post. Übersicht der Sendungen des Frhr. v. Cotta [...] vom 27.10.1830, StAM, Archiv der OPD Verz. 7, 1827, Nr. 16. Dort sind auch die folgenden Zahlen - bis Ende des Jahres 1830 - verzeichnet. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 270 vom 3.2.1837. Am 18.1.1837 waren es erst 5980 Exemplare. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 266 vom 18.1.1837. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 365 vom 13.1 1.1838.
59
Auflage
Jahr 1838
1839
1840
1841
1842
362
16.Januar
-
Kalkulation
Absatz
-
6825 3 6 2
7400
-
7 [29363
13. November
-
-
5. Februar 1. Hälfte 1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal
-
-
7585 3 6 4
8000
-
-
7827365
-
8435
Januar 1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal 1. J a n . / I . Quartal 15.Januar 18. Januar 1. Februar 9. März 1. April/2. Quartal Juli/3. Quartal 9. August 4. Quartal 1. Jan./1. Quartal 1. April/2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal
8013 7894 8181
9300 9250 9500
9000 3 6 6 8872 (9084) 3 6 7 9062 (9274) 8848(9060) 9277 (9489)
10400 10200
-
9000 -
-
-
10100 -
10300 9900 9700 9900 9900 10100 -
9821 (10033) 3 6 8 9425369 9603 3 7 0 10000 371 10053 (10265) 3 7 2 9396 (9608) 3 7 3 -
9673 (9885) 3 7 4 9563 (9775) 3 7 5 9785(9997) 9326 (9538) 9576 (9788)
CA, CB Kolb an Cotta Nr. 320 vom 16.1.1838. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 365 vom 13.1 1.1838. 364 CA, CB Kolb an Cotta Nr. 380 vom 5.2.1839. 365 Auch für die weiteren Quartalsangaben von 1839: vgl. Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben der AZ 1839, CA, AZ 1 Β 8. 366 CA, CB Kolb an Cotta Nr. 425 vom 18.1.1839. Im Januar 1841 spricht Kolb jedoch nur von etwa 8600 Abonnenten für diesen Zeitraum. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 446 vom 3.1.1841. 367 Auch für die weiteren Absatzzahlen von 1840: vgl. Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben der AZ 1840, CA, AZ I Β 8; die in Klammer gesetzten Zahlen schließen die Freiexemplare ein. 368 vgl. Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben der AZ 1841, CA, AZ I Β 8. 369 CA, CB Kolb an Cotta Nr. 450 vom 3.1.1841. 370 CA, CB Kolb an Cotta Nr. 452 vom 2.2.1841. 371 CA, CB Kolb an Cotta Nr. 456 vom 9.3.1841. 372 Vgl. Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben der AZ 1841, CA, AZ I Β 8. 373 Vgl. ebenda. 374 Vgl. ebenda. 375 Auch für die weiteren Absatzzahlen von 1842: vgl. Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben der AZ 1842, CA, AZ I Β 8. 363
60
Auflage
Jahr 1843
1844
1845
1846
1. Jan./1. Quartal 2. Quartal 2. Hälfte/3. Quartal 4. Quartal 1. Quartal 27. Januar 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal Januar/1. Semester 1. Februar März 1. April Ende Juli 2. Semester 28. August 4. Quartal 8. Januar 16. Januar 9. Februar 1. April 9. Juli
1847
1. April 1. Juli
1848
1. Januar 24.Januar März 1. April 10. Mai 18. August
1849
376
377
378 379 380 381 382
Januar 1. Februar 3. März 10. April 20. April 19. Juli 1. August
Kalkulation
Absatz
9800
9571 (9783) 3 7 6 9705(9917) 8971 (9183) 9150(9362)
9600 9900 9600 -
9500
-
10000 9400 9350 9650
9172 -
9350
9252 (9464) 3 7 7 9410(9622) 8996(9208) 9234(9446) 9241 (9453) 3 7 8
9210 3 7 9 9155 (9367) 3 8 0 8753381
9600 9562
10000 9800 9650 10100 8750 3 8 2
9847
11155
8360
-
10400 10100 10500 10300 10500 11800 11600 9700 10000 9000 8800 9000 8850 8650 8000
Auch fiir die weiteren Absatzzahlen von 1843: vgl. Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben der AZ 1843, CA, AZ I Β 8. Auch für die weiteren Absatzzahlen von 1844: vgl. Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben der AZ 1844, CA, AZ I Β 8. Vgl. Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben der AZ 1845, CA, AZ I Β 8. Berechnung zum Abschluß der ersten Semesters 1845. CA, AZ 11 3, Roeth vom 26.8.1845. Vgl. Kalkulationen Uber Einnahmen und Ausgaben der AZ 1845, CA, AZ I Β 8. Berechnung zum Abschluß der ersten Semesters 1845. CA, AZ II 3, Roeth vom 26.8.1845. 8 7 50 Abonnenten nur über die Post. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 698 vom 9.7.1846.
61
Jahr 1850
1856
Januar 15. März 2. Quartal 24. Oktober
Auflage
Kalkulation
7637
8000
Absatz
7900
8100 8646383
2.6.3. Die Verlagsabrechnungen Der desolate finanzielle Zustand der Cottaschen Unternehmen im Jahr 1832 zwang Georg von Cotta, alle verlustbringenden, nicht buchhändlerischen Unternehmenszweige zu verkaufen und die Buchführung zu reformieren. Im Buchverlag legte er für jeden Autor ein eigenes Konto in den Honorarbüchern an, um Übersicht über Buchprodukte, Honorare, Vorschüsse usw. zu bekommen. Henriette Kramer384 hat in ihrer Arbeit Georg von Cotta als Verleger die wirtschaftlichen Grundlagen seines Buchverlages untersucht. Auch wenn sie den Zeitschriftenverlag aus ihrer Untersuchung weitgehend ausklammert, können Schlüsse für die Interpretation der Abrechnungen für die AZ gezogen werden. Für die Jahre 1839 bis 1845 sind im Cotta-Archiv »Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben der Allgemeinen Zeitung«385 überliefert, aus denen die einzelnen Einnahmen, Ausgaben und Gewinnspannen zu ersehen sind. Der folgende Abschnitt soll keine vollständige Darstellung der Wirtschaftsgeschichte der AZ enthalten, sondern lediglich den gesamten finanziellen Aufwand für die Erstellung der AZ in den Jahren 1839 bis 1845 aufzeigen. Unter den »Kalkulationen« sind in diesem Fall die Nachkalkulationen, d.h. die Ermittlung der bei einer Betriebsleistung entstandenen Kosten zu verstehen.386 Die Abrechnungen der AZ wurden jeweils am Ende des Abrechnungsjahres vom Faktor der Augsburger Druckerei, Fackler, erstellt. Sie sind gut von den Kostenberechnungen der anderen in Augsburg erscheinenden Journale zu trennen, denn für jedes wurde eine eigene Abrechnung erarbeitet. Am deutlichsten ist dies wohl an den gesplitteten Personalkosten und den Inserat-Abrechnungen zu erkennen: Die Löhne für Reichenbach und Roeth, deren Tätigkeit auch den anderen Journalen zugute kam, wurden nur mit 1/3 bzw. 2/3 der AZ zugerechnet. Für die Inserate gab es für jedes Journal getrennte Übersichten. Die Ausgaben für die AZ setzten sich aus den Satz-, Druck- und Papierkosten, den Honoraren für Korrespondenten und den Redaktionskosten zusammen.
383
CA, AZ I Β 6, 3. Mappe. 384 v g l . Kramer, Georg v. Cotta; dort auch weiterfuhrende Literatur zur Preiskalkulation im Buchverlag. Allgemein vgl. Herbert G. Göpfert, Vom Autor zum Leser, München/Wien 1977. 385
Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben der AZ 1839-1845, CA, AZ I Β 8. 386 v g l . Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. 6, hrsg. von Erwin von Beckerrath, Stuttgart, Tübingen, Göttingen 1959, S. 2 0 6 - 2 1 6 .
62
Tabelle 2: Ausgabenentwicklung (Geldwert: Gulden. Kreuzer) Satz/Druck
Honorare
Red.kosten
1839
72636.30
38700
18036.34
129373.4
1840
71618
44115
20790
136523
1841
77547
46368
22500
146415
1842
74549
44266
22500
141315
1843
75456
44809
22707.53
142972.53
1844
78213
47528.58
25752
151493.58
1845
78752
49399.48
26687.22
154839.10
Gesamt
In der ersten Rubrik der Tabelle 2 sind alle Kosten vereinigt, die der technischen Herstellung der Zeitung dienten, d.h. Satz-, Druck-, Papier- und Korrekturkosten. Unter den Satzkosten verstand man hauptsächlich die Löhne der Setzer, die Berechnung erfolgte pro Ausgabe vom Umfang eines Bogens, also für 365 bzw. 366 Ausgaben im Jahr. Die Satzkosten blieben in der Zeit von 1839 bisl 845 fast konstant. Von 1839 bis 1841 erhielten die Setzer für den Bogen mit 63 Zeilen Länge 7 fl 44 kr. 387 Ende 1841 »wurde die Zeitung um eine Zeile verlängert« 388 und die Setzer bekamen 7 fl 513/« kr pro Bogen. Mitte 1844 wurde das Format abermals vergrößert und die Satzkosten stiegen auf 9 fl 37 kr pro Druckbogen. Eine gesonderte Berechnung gab es für den Satz der Beilagen, wobei zwischen politischem Text und Anzeigen unterschieden wurde. Die Berechnungseinheit war hier nicht der Bogen, sondern die Spalte. Für diesen Posten sind in den Abrechnungen jedoch nur die Gesamtkosten verzeichnet, die Ermittlung des Preises für eine Spalte ist daher nicht möglich. Wichtigstes Ergebnis der Kostenentwicklung ist, daß die Satzkosten nur bei einer Vergrößerung des Zeitungsformates und einem damit verbundenen größeren Arbeitsaufwand stiegen, nicht aber durch die Erhöhung der Löhne bei gleichbleibender Arbeitsleistung. Die Vergrößerung des Formates ermöglichte aber den Druck von zusätzlichen Anzeigen, die eine beträchtliche Einnahmequelle für die Zeitung waren. Die höheren Kosten waren somit gedeckt. 389 Die Druckkosten wurden ebenfalls pro Bogen berechnet, sie stiegen von 17 fl im Jahr 1839 über 18 fl 30 kr im Jahr 1840 auf 20 fl pro Bogen 1841. Die Preissteigerung dürfte ebenfalls eine Folge der Formatvergrößerung im Jahr 1841 gewesen sein. Der Preis von 20 fl blieb bis 1845 konstant, die Formatvergrößerung 1844 bedingte keine Verteuerung der Druckkosten. Die für die AZ benötigte Druckbogenzahl schwankte zwischen 730 und 757 Bogen pro Jahr. Die durchschnittliche Auflagenhöhe ist bei den Druckkosten zwar verzeichnet, fand jedoch ihren Niederschlag nicht in der Druckkostenberechnung, sondern nur beim Papierverbrauch. Zu den Satz- und Druckkosten wurde noch ein Aufschlag von 7 5 % auf die tatsächlichen Kosten hinzugerechnet. Diese 7 5 % setzten sich zusammen aus Hilfs-
387
Vgl. Fackler an Cotta vom 2 1 . 6 . 1 8 4 4 , bei Kalkulation des Jahres 1843, C A , A Z I Β 8, und die Abrechnungen aus den Jahren 1 8 3 9 - 1 8 4 1 , ebenda.
388
Fackler an Cotta vom 2 1 . 6 . 1 8 4 4 , bei Kalkulation des Jahres 1 8 4 3 , C A , A Z 1 Β 8, 5. Mappe.
389
Vgl. Fackler an Cotta vom 3 1 . 1 2 . 1 8 4 4 , bei Kalkulation von 1 8 4 4 , C A , A Z I Β 8, 6. Mappe.
63
und Betriebskosten,390 den Löhnen fur den >Condukteur< und Heizer der Dampfmaschine sowie Beträgen fur Maschinen- und Schriftletternabnutzung, Reparaturen, Beleuchtung der Räume, Falzen usw. Enthalten war zusätzlich eine 10%ige Verzinsung der Anschaffungskosten fur die Druck- und Dampfmaschinen. Für Korrekturen wurde pro Druckbogen 1 fl veranschlagt, wobei aus den Abrechnungen nicht hervorgeht, welche Korrekturen gemeint waren. Da die Textkorrekturen jedoch bei den Redaktionskosten enthalten waren, kann davon ausgegangen werden, daß damit die Arbeit für die Veränderungen der Druckplatte nach den Textkorrekturen verrechnet wurden.391 Die Papierkosten wurden nach der Menge der verbrauchten Ballen berechnet. Ein Ballen Papier, wie er für den Buchdruck verwendet wurde, bestand aus 5000 Bogen Druck- oder 4800 Bogen Schreibpapier.392 Ob diese Größenordnung auch für den Zeitungsdruck gelten kann, ist in den Quellen nicht erwähnt. Berechnungen der Mengenangaben in den Abrechnungen fur die AZ ergeben aber, daß die Bogenzahl pro Ballen zwischen 4854 und 5134 Bogen schwankte, wobei für eine Jahresauflage zwischen 1229 (im Jahr 1839) und 1500 (im Jahr 1841) Ballen Papier benötigt wurden. Betrug der Ballenpreis 1839 noch 30 fl, so sank er 1840 auf 25 fl. Dieser Preis blieb bis 1845 nahezu konstant, er pendelte von Jahr zu Jahr zwischen 24 fl und 25 fl. Auch zu den Papierkosten wurden 10% ihres Preises für Beschaffung und Lagerung aufgeschlagen.393 Die Zahlen in der Spalte Honorare setzten sich aus den Kosten für Korrespondenten und freie Mitarbeiter in Augsburg zusammen. Zur Aufschlüsselung dieser Gesamtzahlen wurde jeder »Kalkulation« eine genaue Zusammenstellung der einzelnen Jahreshonorare aller Mitarbeiter in der Anlage der Abrechnungen beigelegt. In diesen Listen, die Roth, der Prokurist und spätere Teilhaber Georg von Cottas394 erstellte, sind die Korrespondenten namentlich aufgeführt und die jeweiligen Endbeträge der Honorarabrechnungen pro Jahr eingetragen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, ob wirklich alle Korrespondenten und Mitarbeiter in diesen Aufstellungen verzeichnet wurden. Die Höhe der Honorare vereinbarte Georg von Cotta mit den jeweiligen Korrespondenten individuell und rechnete sie immer am Jahresende ab.395 Er unterschied dabei zwischen einem festen Jahreshonorar, einem Briefhonorar und einem Bogenhonorar. Das Jahreshonorar bekamen wichtige Mitarbeiter wie z. B. Frei-
390
391 392 393
394 395
64
Diese Betriebskosten wurden nicht immer einheitlich berechnet. Facklers Vorgänger in der Augsburger Druckerei setzte nur 50 % Zuschlag an, seine Stuttgarter Kollegen Jung und Hvaß jedoch immer 75 %. Cotta übernahm die Abrechnungen seiner Mitarbeiter, ohne sie noch einmal zu kontrollieren. Vgl. Kramer, Georg v. Cotta, Sp. 1222. Nach der Zensur mußte möglicherweise auch ein neuer Umbruch vorgenommen werden. Berechnung im Druckauftragsbuch von 1833/34. Vgl. Kramer, Georg v. Cotta, Sp. 1229. Vgl. Kramer, Georg v. Cotta, Sp. 1231. In den Abrechnungen wurden diese 10% als Lagerund Zinsgebühr bezeichnet, vgl. Kalkulation von 1839, CA, AZ I Β 8, 1. Mappe. Zu Roth vgl. Kramer, Georg v. Cotta, Sp. 1109. Vorschüsse waren im Einzelfall möglich; bei den hohen und festen Honoraren dürften regelmäßige Abschlagszahlungen stattgefunden haben. Zur Abrechnungsweise vgl. Cotta an Mebold vom 8.2.1841, CA, Cotta Verträge 1.
herr von Zedlitz in Wien oder Katte in Alexandrien.396 Andere Korrespondenten wurden mit einem Briefhonorar bezahlt, wobei die Beträge hier zwischen 2 fl und 20 fl pro Brief schwankten. Es geht aus den Zusammenstellungen jedoch nicht hervor, ob auch die Briefe, die von der Zensur gestrichen wurden, bezahlt werden mußten oder ob es sich ausschließlich um ein Honorar für abgedruckte Briefe handelt. In diesem Falle hätte jedoch die dritte Abrechnungsmöglichkeit, nämlich die nach Druckbogen, vereinbart werden können. Dabei wurde der Umfang aller Artikel eines Autors mit Hilfe der Größeneinheit »Druckbogen« berechnet und der Autor bekam pro Bogen einen bestimmten Betrag gutgeschrieben. Zur Berechnung des Bogen-Honorars wurde das Redaktionsexemplar der AZ ausgewertet. Die Autoren bekamen also nur die Korrespondenzen bezahlt, die auch gedruckt wurden.397 Die Honorare schwankten hier zwischen 30 fl und 110 fl pro Bogen. 398 Die beträchtlichen Unterschiede in der Honorierung können nur mit der unterschiedlichen Wertschätzung der Autoren und der inhaltlichen Qualität der einzelnen Beiträge erklärt werden. Beiträge über Veränderungen im Dienstpersonal des Königs wurden mit Sicherheit nicht so gut bezahlt wie z.B. wirtschaftspolitische Abhandlungen. Bei Georg von Cottas Deutscher Vierteljahresschrift sind ähnliche Schwankungen feststellbar.399 Die Redaktionskosten bestanden aus Gehältern, Portogebühren, Zeitungen, »Banquierskosten«, Neujahrsgeschenken, Miete und Heizung der Redaktionsräume. Im Jahr 1843 bezog Kolb 3000 fl Jahresgehalt, Altenhöfer und Mebold je 2000 fl, der Korrektor und Übersetzer Georg Huber bekam 500 fl, von Facklers Jahresgehalt von 900 fl wurden der AZ 2/3 berechnet. Außerdem kamen u.a. die Gehälter für die Papierzähler und Papierfeuchter, die Falzbuben und Boten hinzu. Die Bankierskosten betrugen 500 fl, die Hausmiete 1500 fl, die Heizung und Beleuchtung 500 fl. Für Putzfrauen und sonstige kleinere Unkosten wurden 250 fl berechnet. Die Portokosten für Zeitungen beziffern sich auf 2360 fl 12 kr und die für den Briefverkehr auf 2836 fl 56 kr. Die Buchanschaffungen von der >Literarisch Artistischen Anstalt< in München wurden mit 276 fl 45 kr verrechnet. Die Neujahrsgeschenke, die der Verlag an die Zeitungs- und Briefexpedition, die Briefträger, Bankiers, Austräger, Kaminkehrer, Brunnenleute, an die Buchdruckerei-Krankenkasse und die Buchdrucker-Unterstützungskasse ausbezahlte, beliefen sich auf 584 fl. 400 In den Redaktionskosten waren auch »Gemeinkosten« veranschlagt, die einer einzelnen Rubrik nicht direkt zurechenbar waren.401 Für die AZ waren dies die Kosten fur Reisen Georg von Cottas oder Hermann von Reischachs im Dienste
396
397
398
399 400
401
Zedlitz bekam 1440 fl, Katte 1500 fl in Jahr. Vgl. Honorarabrechnung vom Jahr 1842, bei CA, AZ I Β 8 , 4 . Mappe. Zu Zedlitz vgl. auch Hanousek, Josef C. von Zedlitz. Dabei spielte der Unterschied zwischen eingesandtem Brief und zensiertem und redigiertem Artikel keine Rolle, es zählte nur der gedruckte Artikel. Vgl. Honorarabrechnung für die Jahre 1841 und 1842, bei Kalkulation aus dem Jahr 1842, CA, AZ I Β 8 , 4 . Mappe. Vgl. Kramer, Georg v. Cotta, Sp. 1170. Vgl. Übersicht der Neujahrsgeschenke 1843/1844, bei Kalkulation vom Jahre 1843, CA, A Z I Β 8, 5. Mappe. Zu den Gemeinkosten im Buchverlag Cottas vgl. Kramer, Georg v. Cotta, Sp. 1 2 3 5 - 1 2 4 1 .
65
der ΑΖ, aber auch die für die Rechnungsführung, die der Stuttgarter Verlagsteil durchführte. 402 Die Einnahmen der ΑΖ setzten sich aus den Verkaufserträgen und dem Erlös aus dem >Inseratenwesen< zusammen. Tabelle 3: Einnahmen (Geldwert: Gulden. Kreuzer) Auflage
Erlös: Inserate
Erlös: Verkauf
1839
7979
30605.44
101729.03 %
132334.47%
1840
9015
37818.06
115332.15 %
153150.21 %
1841
9736
38411.03
124344.28 %
162755.31 %
1842
9562
44427.08 %
122182.24%
166609.33 Vi
1843
9349
40485.16 Vi
119408.08
159893.24 Vi
1844
9223
46021.56
117838.30
163860.26
1845
9202
47677.03
117486.52 Vi
165163.55 Vi
Gesamt
Der Verkaufserlös bestand aus den Einnahmen durch den Verkauf an die Post, an Privatpersonen in Augsburg und Umgebung sowie an süddeutsche und norddeutsche Buchhandlungen. Die Preise für die einzelnen Abnehmergruppen waren unterschiedlich. Die Post mußte im Jahr pro Exemplar 12 fl 45 kr bezahlen, die Privatkunden in Augsburg und Umgebung 14 fl 16 kr, die süddeutschen Buchhandlungen 13 fl 30 kr und die norddeutschen Buchhandlungen 13 fl 8 kr. Das Verhältnis zwischen Postkunden, privaten Kunden, süddt. und norddt. Buchhandlungen belief sich durchschnittlich auf 8860 Post- und 116 privaten Kunden, 8 bzw. 30 Exemplare an süd- und norddeutsche Buchhandelungen im Jahr 1840 und 9019 : 123 : 10 : 71 Exemplare im Jahr 1844. Von den Gesamteinnahmen aus dem Inseratenwesen wurden 10% als Verlust abgeschrieben.403 Der Verlust dürfte sich aus den Zahlungsausständen und den eigenen Inseraten der Cottaschen Buchhandlung ergeben haben. Im Vergleich zu den übrigen Zeitungen des Augsburger Verlages waren die Inserate für die AZ eine sehr bedeutende Einnahmequelle. Dem Ertrag von 42131 fl 13 kr404 für die AZ im Jahr 1840 standen z.B. nur 485 fl 48 kr für das Ausland, 1084 fl 52 kr für das Morgenblatt und 64 fl 39 kr fur die Deutsche Vierteljahresschrift gegenüber.405
402
403 404 405
66
Vgl. Kalkulation vom Jahre 1839, CA, AZ 1 Β 8, 1. Mappe. Die Rubrik der Gemeinkosten wurde in diesem Jahr mit 0 geführt. Vgl. Kalkulation aus dem Jahr 1840, CA, AZ I Β 8, 2. Mappe. Hier sind die 10% Verlust noch nicht abgezogen. Vgl. Zusammenstellung des Betrages der Inserateinnahmen von 1840, bei Kalkulation des Jahres 1840, CA, AZ I Β 8, 2. Mappe.
Tabelle 4: Gewinnberechnung (dargestellter Geldwert: Gulden. Kreuzer) Auflage
Einnahmen
Ausgaben
1839
7979
132334.47 3Λ
129373.4
2961.43 %
1840
9015
153150.21 '/«
136523
16627.21'/«
1841
9736
162755.31 3Λ
146415
16340.31 V«
1842
9562
166609.33 Vi
141315
25294.33 Vi
1843
9349
159893.24 14
142972.53
16920.31 Vi
1844
9223
163860.26
151493.58
12366.28
1845
9202
165163.55 Vi
154839.10
10324.45 Vi
Gewinn
Betrachtet man nun die Gesamtaufstellung, so ergibt sich folgender Eindruck: gegenüber 1839 stiegen 1840 die Einnahmen um etwa 16% während sich die Ausgaben nur um 5,5% vermehrten. Der große Gewinn gegenüber dem Jahr 1839 ergab sich aus der um ca. 1100 Exemplare gestiegenen Auflage und den stark vermehrten Einnahmen durch die Inserate.406 Die Satz- und Druckkosten sanken dank der Verbilligung des Papiers, so daß gestiegene Honorar- und Redaktionskosten nicht so stark ins Gewicht fielen. 1841 verteuerte sich der Druck der Zeitung von 18 fl 30 kr auf 20 fl pro Bogen und zum gestiegenen Papierbedarf aufgrund der Auflagenvermehrung kamen höhere Honorarkosten. Die Insertionseinnahmen stiegen demgegenüber nicht so stark an wie 1840, so daß der Reingewinn etwas niedriger lag als 1841. Im Jahr 1842 ist eine Gewinnsteigerung festzustellen, der eine etwas geringere Auflage gegenüberstand. Wieder konnten die stark gestiegenen Einnahmen aus dem Insertionsgeschäft den niedrigeren Absatz der Zeitung auffangen. Zugleich war das Papier erneut um 1 fl pro Bogen billiger geworden, und es wurden weniger Honorare ausbezahlt. Dies führte zu dem Spitzenwert in der Gewinnabrechnung fur die Jahre 1839 bis 1845. Die weiter um etwa 2% gesunkene Auflage und deutlich verringerte Insertionseinnahmen bei etwas gestiegenen Ausgaben führten zu dem Einbruch des Gewinnes im Jahr 1843. In den Jahren 1844/45 wurde das Papier wieder um 1 fl pro Ballen teurer und die Formatvergrößerung hob die Satzkosten an. Zu gestiegenen Honoraren kamen ebenfalls höhere Redaktionskosten. Die Inserateneinnahmen konnten diese Ausgaben gegenüber dem verringerten Absatz nicht ausgleichen, es kam zu kleineren Gewinnspannen. Neben der AZ wurden noch andere Zeitungen und Zeitschriften im Augsburger Verlag der Cottaschen Firmengruppe hergestellt. Dazu gehörten u.a. das Ausland, das Polytechnische Journal und das Morgenblatt. In der Augsburger Druckerei wurden aber auch Bücher für den Stuttgarter Verlag gedruckt. Wo die verschiedenen Buchausgaben gedruckt werden sollten, entschied Georg von Cotta je nach Auslastung der Druckerei.407 In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war eine Zeitung wie die AZ nicht nur vom wirtschaftlichen Grundstock des Verlegers und der personellen Besetzung 406
407
Lt. einer Mitteilung des preußischen Gesandten in Stuttgart, Th. H. v. Rochow, wurde der Preis fur Inserate in diesem Jahr erhöht. Vgl. Rochow an den preußischen Außenminister Werther vom 13.3.1840, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 6 9 - 7 1 . Vgl. Kramer, Georg v. Cotta, Sp. 1220.
67
der Redaktion abhängig, sondern auch vom Arrangement der Redaktion mit der staatlichen Zensur. Die Zeitung stand in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet unter staatlicher Aufsicht und war von der Vertriebsgenehmigung der Regierungen abhängig. Da die AZ sehr weit verbreitet war, richtete sich nicht nur die Aufmerksamkeit Bayerns auf sie, sondern auch die der anderen deutschen Bundesstaaten, ja sogar die der übrigen europäischen Länder. Die Abhängigkeiten des Unternehmens Allgemeine Zeitung von den Kontrollmechanismen der Regierungen und die Möglichkeiten eines Unternehmers, seine Ziele durchzusetzen, sollen in den folgenden Kapiteln gezeigt werden.
68
3.
Die Allgemeine Zeitung als Objekt staatlicher Aufsicht
3.1.
Die Pressegesetze für »periodische Schriften politischen und statistischen Inhalts«
3.1.1.
Die Pressegesetze des Deutschen Bundes
Mit der Gründung des Deutschen Bundes und der Unterzeichnung der Deutschen Bundesakte am 8. Juni 1815 schufen die Beteiligten des Wiener Kongresses einen »Staatenbund der souveränen Einzelstaaten«1 Deutschlands, der unter anderem das Mächtegleichgewicht in Europa stabilisieren sollte. Zum einzigen gemeinsamen Organ wurde die Bundesversammlung in Frankfurt gemacht, in der jeder Mitgliedsstaat »durch weisungsgebundene Gesandte vertreten«2 war. Die Bundesakte enthielt die Ziele des Deutschen Bundes und regelte die Belange der Bundesversammlung sowie das Verhältnis der einzelnen souveränen Staaten zum Deutschen Bund.3 In Artikel 18 kamen die deutschen Fürsten überein den Unterthanen der deutschen Bundesstaaten folgende Rechte zuzusichern: [...] d) Die Bundesversammlung wird sich bei ihrer ersten Zusammenkunft mit Abfassung gleichförmiger Verfugungen über die Pressefreyheit und die Sicherheit der Rechte der Schriftsteller und Verleger gegen Nachdruck beschäftigen. 4
Pressefreiheit bedeutete Anfang des 19. Jahrhunderts aber nicht nur »die Freiheit des Zeitungswesens, des Buchdrucks und des Buchhandels von staatlicher Bevormundung, sondern die Freiheit der Gedankenäußerung durch Druckschriften überhaupt.«5 Während Eisenhardt im Artikel 18 d die Pressefreiheit für die Bürger in den einzelnen Bundesstaaten garantiert sieht, räumt Huber diesem nur die Bedeutung eines Programmansatzes ein.6 Wichtiger als diese Differenzierung ist aber die Frage nach der Bedeutung des Artikels 18 d fur die deutschen Fürsten. Am 12. Oktober 1818 hielt der oldenburgische Gesandte am Bundestag, Günther
1 2
3 4 5 6
Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866, S. 355. Dieter Langewiesche, Europa zwischen Restauration und Revolution 1815-1849, München 1985 (Oldenbourg Grundriß der Geschichte, Bd. 13), S. 8. Text der Bundesakte abgedruckt bei Huber, Dokumente, Bd 1, S. 84-90. Huber, Dokumente, Bd. 1, S. 90. Eisenhardt, Garantie der Pressefreiheit, S. 339. Vgl. ebenda, S. 340, und Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 742. Manfred Treml geht sogar noch weiter und bezeichnet den Paragraphen als »Leerformel«. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 28.
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Heinrich von Berg, einen Vortrag,7 der die »Übersicht der verschiedenen Gesetzgebungen über Preßfreiheit besonders in Deutschland« zum Thema hatte.8 Von Berg erinnerte die Bundestagsgesandten an den in der Bundesakte festgeschriebenen Auftrag, gleichförmige Verfugungen über die Pressefreiheit abzufassen. Er forderte eine »vernünftige Pressefreiheit«,9 die »Zügellosigkeit und Frechheit«10 ausschloß. Die Verbreitung von sogenannten Unwahrheiten und die Verletzung der Rechte anderer Menschen und Staaten bezeichnete er als Mißbrauch der Presse und deshalb als verwerflich. Dieser Mißbrauch war für von Berg »die einzige in der Natur der Sache gegründete rechtliche Beschränkung der Preßfreiheit.«11 Im weiteren führte er die verschiedenen Pressegesetze aus. Er unterschied dabei zwischen »Justizsystem«12 und »Polizeisystem«.13 Im Polizeisystem, das auch Präventivsystem genannt wurde, kann der Staat vor dem Erscheinen der Schriften mittels Zensur eingreifen, während im Justizsystem die Gerichte nach dem Erscheinen der Schriften über ein etwaiges Verbot entscheiden.14 Es erhob sich kein Widerspruch gegen von Bergs Ausführungen. »Sämtliche Stimmen vereinigten sich, dem Referenten für die lichtvolle und erschöpfende Darstellung des Gegenstandes über die Pressefreiheit verbindlichst zu danken.«15 Gleichzeitig wurde von der Bundesversammlung eine Kommission gegründet, die ein Gutachten über die Möglichkeit erstellen sollte, gleichartige Verfugungen für alle deutschen Bundesstaaten zu formulieren. In der Tat wurde der Paragraph 18 d der Bundesakte von einigen Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes positiv bewertet und infolgedessen liberale Pressegesetze so z.B. in Baden verabschiedet.16 Auch in Bayern zeigte sich mit der Gewährung der Pressefreiheit in der Verfassung von 1818, wenn auch im eingeschränkten Sinne, der Wille zur moderaten Regelung. Die Liberalisierung der Presse stieß bei dem österreichischen Staatskanzler Clemens Fürst Metternich auf harten Widerstand. Schon im Januar 1818 hatte er die Unterdrückung der Pressefreiheit als politisches Ziel formuliert.17 Aber erst das Attentat des Jenaer Burschenschaftlers Karl Sand auf den Schriftsteller und russischen Staatsrat August von Kotzebue schuf im gesamten Deutschen Bund die reaktionäre Stimmung, die Metternich die Durchsetzung sei7
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Er erhielt am 26.3.1817 den Auftrag, dieses Referat über die verschiedenen Pressegesetze zu erstellen. Vgl. Protokolle der deutschen Bundesversammlung nebst loco dicturae gedruckten Beilagen vom Jahre 1818; (amtliche Folioausgabe) S. 539; vgl. Fischer, Kommunikationskontrolle, S. 67. Protokolle der deutschen Bundesversammlung 1818, S. 601. Ebenda, S. 603f. Ebenda, S. 603. Ebenda, S. 605ff. Ebenda, S. 628ff. Vgl. Wolfram Siemann, Von der offenen zur mittelbaren Kontrolle. Der Wandel in der deutschen Preßgesetzgebung und Zensurpraxis des 19. Jahrhunderts, in: »Unmoralisch an sich ...«, hrsg. von Herbert G. Göpfert und Erdmann Weyrauch, Wiesbaden 1988, S. 2 9 3 - 3 0 8 , hier S. 295f. Protokolle der deutschen Bundesversammlung, S. 539. Vgl. Eisenhardt, Garantie der Pressefreiheit, S. 347f. Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 29f.
ner Pläne ermöglichte. Er einigte sich mit dem preußischen Staatsminister Hardenberg in der »Teplitzer Punktation« im August 1819 auf Grundsätze der Unterdrückung der Pressefreiheit. Metternich benötigte die Zustimmung Preußens, um für seine Pläne eine Mehrheit in der Bundesversammlung zu erhalten. Daraufhin lud Metternich die Vertreter der als konservativ geltenden Regierungen nach Karlsbad ein und setzte dort unter »staatsstreichartigen Umständen« 18 seine Bundespolitik durch.19 Die daraus entstandenen »Karlsbader Beschlüsse« vom 20. September 1819 enthielten vier Bundesgesetze, nämlich das Universitätsgesetz, das Pressegesetz, ein Untersuchungsgesetz zur Aufklärung revolutionärer Umtriebe und eine Exekutionsordnung.20 In § 1 des Pressegesetzes wurde nicht die in der Bundesakte festgeschriebene Verfugung zur Pressefreiheit vollzogen, sondern für alle Schriften unter 20 Bogen (= 320 Oktav-Seiten) die Zensur generell eingeführt.21 Unter Zensur wurde in diesem Paragraphen die von den jeweiligen Landesbehörden durchzuführende Vorzensur verstanden.22 Schriften mit einem Umfang von mehr als 20 Bogen unterlagen der Nachzensur. Man ging davon aus, daß so umfangreiche Werke meist wissenschaftliche Abhandlungen, für die Allgemeinheit zu teuer und als politisches Agitationsmittel wenig geeignet wären.23 Die Durchführung der Zensur im Sinne des § 1 lag bei den einzelnen Bundesstaaten (§ 2). Die Pressegesetze der Staaten, die nicht mit dem Inhalt der Karlsbader Beschlüsse übereinstimmten, sollten durch den Bundesbeschluß außer Kraft gesetzt werden (§ 3). Dies bedeutete, daß das Bundesrecht auf jeden Fall Vorrang vor dem Landesrecht hatte. Falls in einem Druckerzeugnis die Belange eines anderen Bundesstaates abqualifiziert wurden, war die für die Zensur zuständige Behörde bzw. deren Regierung nicht nur dem angegriffenen Staat, sondern dem gesamten Deutschen Bund verantwortlich (§ 4). Sollte die »verletzte« Regierung durch freundschaftliche Verhandlungen keine Genugtuung erhalten, hatte sie die Möglichkeit, bei der Bundesversammlung Beschwerde über die Regierung, in deren Land die Druckschrift erschienen war, einzulegen (§ 6). Das möglicherweise folgende Verbot einer Zeitung oder Zeitschrift durch die Bundesversammlung besaß Geltung im gesamten Deutschen Bund. Der verantwortliche Redakteur konnte für 5 Jahre mit einem Berufsverbot belegt werden (§ 7). Zusätzlich hatten alle Schriften den Namen des Verlegers, alle Zeitungen und Zeitschriften den Namen des verantwortlichen Redakteurs zu tragen (§9).
Die Karlsbader Beschlüsse galten zuerst nur für fünf Jahre (§ 10), wurden jedoch durch Bundesbeschluß am 16. August 1824 auf unbestimmte Zeit verlän-
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Ziegler, Literarische Zensur, S. 119. Vgl. auch Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 7 3 2 - 7 4 9 ; Fischer, Kommunikationskontrolle, S. 75ff. Ausführlich zur Entstehung und zum Inhalt der Karlsbader Beschlüsse: Eberhard BUssem, Karlsbader Beschlüsse. Texte bei Huber, Dokumente, Bd. 1, S. 101-105; vgl. auch Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 7 3 9 - 7 4 9 , und Nipperdey, BUrgerwelt und starker Staat, S. 283. § 1, Huber, Dokumente, Bd. 1, S. 102. Ebenda; vgl. auch Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 743. Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 743.
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gert.24 Tatsächlich blieben die Karlsbader Beschlüsse und ihre Folgegesetze bis zur Revolution von 1848 gültig. Die bis zum Inkrafttreten der Beschlüsse entstandene publizistische Meinungsvielfalt konnte jedoch nicht sofort unterdrückt werden. Mit dem Verbot der Zeitung Teutscher Beobachter 1823 beabsichtigte die Bundesversammlung deswegen, einen Präzedenzfall zu schaffen.25 Den Teutschen Beobachter gab der Redakteur Samuel Gottlieb Liesching in Stuttgart heraus. »Das Blatt hatte demokratisch-republikanische Tendenz und gab sich bewußt volkstümlich und national.«26 Nach einem polemischen Angriff auf die Arbeit der Bundesinstitutionen wurde der Teutsche Beobachter dem »Bundesausschuß für Preßwesen« vorgelegt. Das vernichtende Urteil dieses Ausschusses führte zum Verbot des Blattes in allen Bundesstaaten. Gegen den Redakteur Liesching wurde ein fünfjähriges Berufsverbot ausgesprochen 27 Das Verbot des Teutschen Beobachters wirkte wie ein Schock auf die Presse und die liberalen Bewegungen der einzelnen Bundesstaaten. Die Souveränität Württembergs litt unter der Bundesmaßnahme beträchtlich. Eigene Wege in der Pressegesetzgebung waren damit für das Land unmöglich gemacht worden. Auch Bayern reagierte umgehend mit eigenen neuen Zensurverordnungen, um einen Eingriff des Bundes in bayerische Landesangelegenheiten zu verhindern.28 Die Julirevolution 1830 und die darauf folgenden Unruhen in verschiedenen Bundesstaaten beantwortete die Bundesversammlung mit Verschärfungen des Bundespressegesetzes.29 Am 21. Oktober 1830 erließ die Bundesversammlung einen »Bundesbeschluß über Maßregeln zur Herstellung und Erhaltung der Ruhe in Deutschland«.30 Dort wurden in Artikel 5 die »Censoren der öffentlichen Blätter politischen Inhalts« beauftragt, bei Zulassung von Nachrichten über stattgefundene aufrührerische Bewegungen mit Vorsicht und mit Vergewisserung der Quellen [...] zu Werke zu gehen. 31
Nachdrücklich erinnerte der Bundesbeschluß an das Pressegesetz vom 20. September 1819 und gab die Anweisung, Zeitungen, die sich mit den »inneren Verhältnissen« beschäftigten, besondere Aufmerksamkeit zu widmen. 32 Am 10. November 1831 rief die Bundesversammlung die Bundesstaaten auf, ihrer Pflicht Folge zu leisten und die Bundesgesetze zu beachten.33 Vier Monate später, am 2. März 1832, verbot die Bundesversammlung die demokratisch-liberalen Zei-
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Vgl. Huber, Dokumente, Bd. 1, S. 103. Vgl. Siemann, Kampf um Meinungsfreiheit, S. 176f. Ebenda, S. 176. Vgl. ebenda. Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 83-86. Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 151-154. Vollständiger Text bei Huber, Dokumente, Bd. 1, S. 151 f. Ebenda, S. 131. Vgl. ebenda. Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 153. Gleichzeitig verbot man die in Straßburg erscheinende Zeitung Constitutionelles Deutschland.
tungen Die deutsche Tribüne,34 Der Westbote35 und die Hanauer Zeitschwingen sowie alle »Nachfolgeblätter«.36 Das Hambacher Fest vom Mai 1832 hatte weit größere Auswirkungen als die oben genannten Verbote. Im Januar 1832 hatte der Herausgeber der Deutschen Tribüne Johann G. A. Wirth mit seiner Idee des »Preß- und Vaterlandsvereines« als Bündnis zur Erkämpfung der Pressefreiheit überraschende Zustimmung gefunden.37 Der Preßverein wurde jedoch schon am 1. März 1832 durch die bayerische Regierung verboten. Dies und das Verbot ihrer Zeitungen Deutsche Tribüne und Westbote hinderten Wirth und Philipp Jakob Siebenpfeiffer, einen Mitstreiter Wirths im »Preß- und Vaterlandsverein«, nicht, ihre Ideen und Pläne auszufuhren. Weit über 20000 Menschen folgten dem Aufruf Siebenpfeiffers zur Feier eines »Verfassungs-«38 oder »Nationalfestes«,39 das am 27. und 28. Mai 1832 in Hambach stattfand. Die Festredner vertraten antimonarchische Ideen, befürworteten die deutsche Einheit und forderten die vollkommene Pressefreiheit. 40 Infolgedessen verabschiedete die Bundesversammlung bereits am 28. Juni 1832 ein Maßregelgesetz zur »Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ordnung und Ruhe in Deutschland«.41 Eine Woche später folgte der zweite Bundesbeschluß, die sogenannten »Zehn Artikel«.42 Diese beiden Gesetze brachten Beschneidungen der landständischen Rechte, verboten politische Vereine und verschärften die Zensurvorschriften. Artikel 1 der »Zehn Artikel« unterstellte deutschsprachige Zeitungen aus Staaten, die nicht dem Deutschen Bund angehörten, einer Einfuhrgenehmigung, d. h. ebenfalls der Zensur.43 Das liberale badische Pressegesetz vom 28. Dezember 1831 stand in starkem Gegensatz zu den Intentionen des Deutschen Bundes. Die generelle Aufhebung der Vorzensur, die Einhaltung des Rechtsweges bei Maßnahmen gegen Presseerzeugnisse und die Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen konnten aus Sicht der Zensurbefürworter nicht geeignet sein, unerwünschtes Schrifttum von der Be34
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Herausgeber war Dr. Johann Georg August Wirth, einer der Begründer des Preß- und Vaterlandsvereins. Herausgeber war Philipp Jakob Siebenpfeiffer, ebenfalls Mitbegründer des Preß- und Vaterlandsvereins und Organisator des Hambacher Festes. Vgl. auch Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 153. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 307. Zur Geschichte des Preß- und Vaterlandsvereins vgl. Cornelia Förster, Der Preß- und Vaterlandsverein von 1832/33. Sozialstruktur und Organisationsformen der bürgerlichen Bewegung in der Zeit des Hambacher Festes, Trier 1982 (Trierer Historische Forschungen Bd. 3). Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 218. Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 140. Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 218-222; Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 140147; auch Norbert Deuchert, Vom Hambacher Fest zur badischen Revolution. Politische Presse und Anfänge deutscher Demokratie 1832-1848/49, Stuttgart 1983. Der Großteil der Reden ist abgedruckt in: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach, hrsg. von J.G.A. Wirth, Neustadt a. H. 1832, Nd. Vaduz 1977. Vgl. auch Cornelia Förster, Das Hambacher Fest 1832. Volksfest und Nationalfest einer oppositionellen Massenbewegung, in: Öffentliche Festkultur, hrsg. von Dieter Düding, Peter Friedmann und Paul Münch, Reinbek 1988, S. 113-131. »Sechs Artikel« genannt; Text bei Huber, Dokumente, Bd. 1, S. 132f. Text ebenda, S. 134f. Vgl. ebenda, S. 134.
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völkerung fernzuhalten. 44 Baden wurde per Bundesbeschluß vom 5. Juli 1832 gezwungen, sein liberales Pressegesetz aufzuheben, die rigiden Bundespressegesetze zu ratifizieren und ein eigenes, diesen entsprechendes Gesetz zu erlassen.45 Metternich genügten die Gesetze zur Herstellung von Ruhe und Ordnung jedoch nicht. Nach dem Frankfurter Wachensturm Anfang April 1833 sah er seine alte These bestätigt, »Repräsentationsverfassung, Volkssouveränität und Revolution stünden in untrennbarem Ursachenzusammenhang«.46 Sein Ziel war die endgültige Unterdrückung aller konstitutionellen Bewegungen. Dabei nahm die Beseitigung der Pressefreiheit die erste Stelle ein. Zu diesem Zweck lud Metternich zu einer neuen Ministerkonferenz, diesmal nach Wien ein. Wie in Karlsbad wurden dort die Regierungen des Deutschen Bundes unter Umgehung der deutschen Bundesversammlung tätig.47 Nach zähen Verhandlungen zwischen den einzelnen Staaten wurden am 12. Juni 1834 im Wiener Schlußprotokoll 60 Artikel unterzeichnet. Obwohl die Gesetze zum Teil geheim blieben und nicht als Bundesgesetz verabschiedet wurden, waren die Regierungen an sie gebunden.48 Im Jahr 1841 stimmte die Bundesversammlung zu, die Gültigkeit der Artikel 28-34, d.h. die Bestimmungen zur Zensur, um weitere 6 Jahre zu verlängern. Die Bestimmungen des Wiener Schlußprotokolls schränkten nicht nur die landständischen Rechte empfindlich ein, sondern beschnitten auch die Gerichtsbarkeit. Die Landstände durften nicht mehr über die Gültigkeit der Bundesbeschlüsse diskutieren. Sie konnten bei Ablehnung dieser neuen Verordnungen aufgelöst werden. 49 Ferner gestatteten die Artikel den Gerichten nicht, ihre Kompetenz auf Regierungsverordnungen auszudehnen, 50 d.h. gesetz- oder verfassungswidrige Verordnungen konnten von den Gerichten nicht aufgehoben werden. Damit war die Diskussion über die Pressegesetze des Bundes auch in konstitutionellen Gremien unterbunden, und Klagen der Redakteure oder Verleger gegen unrechtmäßige Verordnungen durften vor Gericht nicht verhandelt werden. Jeder Schritt, der zur Lockerung der Zensur hätte führen können, war so verhindert worden. Einschneidend waren auch die neuen Bestimmungen zur Zensurpolitik. Artikel 28 der Wiener Schlußakte gab die Anweisung, daß Zensoren »nur Männer von erprobter Gesinnung und Fähigkeit« sein dürften, daß diese nach den Instruktionen der Regierung zu handeln hätten und daß Zensurlücken verboten seien.51 Die Anzahl der bestehenden politischen Tagesblätter sollte reduziert und neue nur mit ei-
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Vgl. Siemann, Kampf um Meinungsfreiheit, S. 179f. Vgl. ebenda, S. 180, und Fetscher, Konstanzer Seeblätter, S. 17ff. Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 177. Zu den Wiener Ministerkonferenzen vgl. Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 177-184, und Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 231-242. Vgl. Edda Ziegler, Zensurgesetzgebung und Zensurpraxis in Deutschland 1819 bis 1848, in: Buchhandel und Literatur, Festschrift für Herbert G. Göpfert zum 75. Geburtstag, hrsg. von Reinhard Wittmann, Wiesbaden 1982, S. 185-220, hier S. 195. Vgl. Pelger, Schlußprotokoll, S. 458f. Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 239. Vgl. Pelger, Schlußprotokoll, S. 461.
ner Konzession der Regierung herausgegeben werden. 52 Zusätzlich benötigten nun auch die Abonnenten fremdsprachiger Zeitungen für den Bezug der gewünschten Blätter die Genehmigung der Regierung.53 Die Postämter besaßen Verzeichnisse mit erlaubten und verbotenen Schriften. Da sie die Abonnements vertrieben, konnten sie anhand der Listen genau kontrollieren, welche Zeitschriften zugelassen waren. Somit wurde die Post zu einer Kontrollinstanz für die Verbreitung von Zeitschriften gemacht. Beim Druck der Landtagsprotokolle hatten die Aufsichtsbehörden darüberhinaus genau darauf zu achten, daß keine Äußerungen gegen den Deutschen Bund und die Bundesstaaten oder aufrührerische Äußerungen gegen die Regierung selbst enthalten waren. Auch bei Abdruck von Ständeverhandlungen anderer Staaten war nach diesem Prinzip zu verfahren.54 Mit der Unterzeichnung der Wiener Schlußakte war das Ziel einer reaktionären Pressegesetzgebung erreicht. Welcher Möglichkeiten aber bediente sich nun ein Staat, diese rigide Zensurpolitik durchzusetzen? Der Handlungsspielraum der Zensurbehörde reichte von der Tilgung einzelner Wörter im Text bis hin zur Inhaftierung der verantwortlichen Redakteure bzw. Autoren oder ihrer Ausweisung. Ein Beispiel für die Zensurpraxis des Deutschen Bundes war das Verbot des »Jungen Deutschland« am 10. Dezember 1835. Mittels Bundesbeschluß wurden alle Schriften des »Jungen Deutschland«, namentlich die der Autoren »Heinrich Heine, Carl Gutzkow, Heinrich Laube, Ludolph Wienbarg und Theodor Mündt« 55 verboten. Ihnen wurde der >Angriff auf die christliche Religion, die Herabwürdigung der sozialen Verhältnisse und die Zerstörung von Zucht und Ordnung< zur Last gelegt.56 Von Verbreitung liberaler, demokratischer oder revolutionärer Ideen war in dem Bundesbeschluß nicht die Rede. Als besonders verwerflich aber wertete der Beschluß die Verbreitung von Texten in Form von »belletristischen, für alle Classen von Lesern zugängliche[n] Schriften«.57 Das Verbot wurde zwar 1842 offiziell wieder aufgehoben, hatte seine Wirkung jedoch nicht verfehlt. 58 Die Verfolgungsmaßnahmen gegen die Autoren spiegelten nicht nur die Angst des Deutschen Bundes vor der Verbreitung der Ideen durch deren Schriften, sondern sollten auch abschreckenden Charakter haben. Gutzkow und Laube wurden verhaftet, Gutzkow wie Wienbarg aus ihrem Wohnort Frankfurt ausgewiesen. Heine war schon vor dem Bundesbeschluß nach Frankreich emigriert. Theodor Mündt scheiterte wegen der literarischen Betätigung mit seiner Habilitation. Gegen alle Autoren wurde ein Veröffentlichungsverbot ausgesprochen, das einem absoluten Berufsverbot gleich kam, da sie sich ihren Unterhalt bis zu diesem Zeitpunkt durch publizistische Tätigkeiten verdient hatten.59 Der Bundesbeschluß richtete sich aber nicht nur gegen Autoren, auch Buchhändler wurden verwarnt und mit
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Artikel 29 und 30; vgl. ebenda, S. 461. Artikel 32; vgl. ebenda, S. 462. Vgl. ebenda, S. 462, Artikel 33 und 34. Huber, Dokumente, Bd. 1, S. 151. Vgl. ebenda. Ebenda. Vgl. Ziegler, Zensurgesetzgebung, S. 197. Vgl. Fischer, Kommunikationskontrolle, S. 102f.
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Hilfe von Drohungen daran gehindert, Schriften des Jungen Deutschland zu vertreiben.60 Diese Repressionen konnten Autoren jedoch nicht davon abhalten, ihre Schriften weiterhin zu verbreiten. Sie schrieben unter Pseudonym, publizierten ihre Werke anonym oder gaben fingierte Verlagsorte an.61 Der Verbreitung oppositionellen Schrifttums vom Ausland aus kam somit neue Bedeutung zu. Da viele Autoren in den deutschen Bundesstaaten nicht mehr leben und arbeiten durften, führten sie ihre literarischen Auseinandersetzungen mit der Politik ihrer Heimatstaaten in Frankreich oder in der Schweiz fort und versuchten, diese Literatur in die deutschen Staaten einzuschleusen.62 Es entstanden nicht nur deutschsprachige Zeitungen in Straßburg und Paris, sondern auch Emigrantenverlage, wie zum Beispiel das »Literarische Comptoir« von Julius Fröbel in Winterthur und Zürich. Dies forderte die Bundesexekutive heraus, Maßnahmen zur Kontrolle des deutschsprachigen Schrifttums im Ausland zu ergreifen. Bespitzelung der Autoren und der Verlage in der Emigration, entschädigungslose Konfiskation der Druckschriften, Debitverbote usw. erschwerten die Verbreitung des Schrifttums aus dem Ausland erheblich.63 So wurden am 12. Juni 1845 alle Verlagsartikel des »Literarischen Comptoirs« einem Debitverbot in den Staaten des Deutschen Bundes unterstellt.64 Die strikte Pressegesetzgebung des Deutschen Bundes konnte aber die Verbreitung von unliebsamen Schriften nicht gänzlich verhindern. Die Modernisierung des Herstellungsverfahrens, u.a. mittels der Schnellpresse, ermöglichte größere Auflagen als bisher, der Ausbau des Verkehrsnetzes und die Modernisierung der Verkehrsmittel (Eisenbahn) eine schnellere Verbreitung der Blätter. Diesen Veränderungen waren die Kontrollmechanismen der Zensur nicht mehr gewachsen.65 Die Bundesbeschlüsse konnten also den Ruf nach Pressefreiheit kurzfristig unterdrücken, sie brachten ihn aber nicht gänzlich zum Schweigen. Jeder Staat hatte die Möglichkeit, Beschwerde bei der Bundesversammlung über die Pressepolitik oder Handhabung der Zensur eines zweiten Staates einzulegen. Einigten sich die Regierungen nicht gütlich, verfugte der Deutsche Bund über »Zwangsmittel, die bis zur militärischen Exekution reichen konnten.«66 Im Jahr 1839 beschwerte sich Bayern in der Bundesversammlung über die ungleiche 60 61 62
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Vgl. Huber, Dokumente, Bd. 1, S. 151. Vgl. Fischer, Kommunikationskontrolle, S. 103f. Vgl. hierzu Ziegler, Literarische Zensur, 123f. und 150f.; Siemann, Ideenschmuggel, S. 89f., und Kurt Koszyk, Deutsche Presse im 19. Jahrhundert. Geschichte der deutschen Presse Teil II, Berlin 1966, S. 7 8 - 8 6 . Vgl. Ziegler, Literarische Zensur, S. 150f.; vgl. auch Protokolle der Bundesversammlung 1844, 3. Sitzung vom 18.1.1844, § 35, S. 5 7 - 6 2 : Verbot sämtlicher in deutscher Sprache außerhalb Deutschlands gedruckter Schriften ohne vorgängige Debiterlaubnis mit Handhabung des Beschlusses vom 5.6.1832. Vgl. Protokolle der Bundesversammlung 1845, 20. Sitzung vom 12.6.1845 § 213, S. 513. Fröbel löste das »Literarische Comptoir« am 7. Oktober desselben Jahres auf und gründete die Firma »Julius Fröbel und Comp.«. Vgl. ebenda. Vgl. Siemann, Kampf um Meinungsfreiheit, S. 182. Ebenda, S. 180.
Durchführung der Zensur in den anderen Bundesstaaten hinsichtlich der Nachrichten über Verhandlungen deutscher Ständeversammlungen, die laut Beschluß vom 28. April 1836 streng gehandhabt werden sollte. Der Antrag Bayerns zur Begutachtung der Situation in den übrigen Bundesländern wurde der Bundeskommission für Preßangelegenheiten übergeben, scheint jedoch zu keinen weiteren Ergebnissen geführt zu haben, denn über die Ergebnisse dieses Antrags ist in den Protokollen bis 1848 nichts verzeichnet.67 Die Ausübung der Zensur und die Abfassung der Landesgesetze und Verordnungen war Aufgabe der einzelnen Länder und wurde durchaus unterschiedlich gehandhabt. Die Einflußnahme des Bundes zeigt sich jedoch im unermüdlichen Kampf Metternichs für eine strengere Gesetzgebung in Baden und Bayern.68 Weiter mußte die Bundesversammlung die Länderregierungen an alte Bundesbeschlüsse erinnern. So wurde z.B. anläßlich des Hannoverschen Verfassungsstreites im Jahr 1838 erneut auf den Bundesbeschluß vom 5. Februar 1824, die Aufnahme von Zeitungsartikeln über Gegenstände der Bundespolitik und die Verhandlungen der Bundesversammlung betreffend, hingewiesen.69 Wiederholt versuchten die einzelnen Bundesstaaten, sich der Bundesgesetzgebung zu entziehen, mußten sich am Ende aber doch beugen. So schürte der Thronwechsel in Preußen 1840 für kurze Zeit neue Hoffnungen auf eine entspanntere Zensur in einzelnen Ländern. Friedrich Wilhelm IV., der seinem am 7. Juni 1840 verstorbenen Vater auf den Thron folgte, verfügte einige Neuerungen, zu denen auch die Lockerung der Zensur im Jahr 1841 zu zählen ist.70 Im Jahr 1842 wurde die Zensur für bildliche Darstellungen aufgehoben und die Preßfreiheit für Schriften über 20 Druckbogen eingeführt. 71 Die preußische Regierung modifizierte damit ihre strenge Gesetzgebung im Sinne der Bundesbeschlüsse, da in Preußen bis zu diesem Zeitpunkt Schriften über 20 Bogen 24 Stunden vor der Auslieferung bei der Polizei hinterlegt werden mußten.72 Preußen hatte sich damit von der gemeinsamen preußisch-österreichischen Haltung in bezug auf die Unterdrückung der liberalen Kräfte entfernt und eröffnete einen neuen Spielraum für die liberaleren Staaten innerhalb des Deutschen Bundes. Baden nutzte dies sofort, indem es das liberale Preßgesetz von 1831 teilweise wieder in Kraft setzte.73 Es wurden sogar Ideen zu einem neuen Bundespreßgesetz laut, die der badische Staatsminister 67 68 69
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Vgl. Protokolle der Bundesversammlung 1839, 6. Sitzung vom 2.5.1839, § 82, S. 188. Vgl. Ziegler, Zensurgesetzgebung, S. 199-201. Vgl. Protokolle der deutschen Bundesversammlung 1838, 12. Sitzung vom 21.6.1838, § 155, S. 389. Vgl. Ilja Mieck, Preußen von 1807-1850. Reformen, Restauration und Revolution, in: Handbuch der preußischen Geschichte, Bd. II: Das 19. Jahrhundert und große Themen der Geschichte Preußens, hrsg. von Otto Büsch, Berlin, New York 1992, S. 3-292, hier S. 202. Zirkularverfügung vom 28.5.1842 und Kabinettsorder vom 4.10.1842, vgl. Koszyk, Deutsche Presse, S. 88. Vgl. Kohnen, Pressepolitik des Deutschen Bundes, S. 16, TO 7. Bei innenpolitischen Themen herrschte Zensurfreiheit, während Abhandlungen über die Belange des Deutschen Bundes oder auswärtiger Fürstenhäuser strenger Zensur unterlagen. Vgl. Siemann, Kampf um Meinungsfreiheit, S. 182. Zur weiteren Pressepolitik Badens und den dort erscheinenden Blättern vgl. Deuchert, Vom Hambacherfest, S. 67ff.
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Blittersdorff entworfen hatte und die am sächsischen Hof Unterstützung gefunden hatten.74 Die scheinbare Liberalisierung der Pressegesetze in Preußen war jedoch nicht von langer Dauer. Metternich, der in Berlin gegen die Lockerung der Zensur intervenierte, und der die konservativen Kräfte, die ebenso dagegen arbeiteten, unterstützte,75 war insofern Erfolg beschieden, als bereits am 3. Februar 1843 die Zensurfreiheit für Karikaturen wieder aufgehoben wurde. Mit der Einfuhrung des Oberzensurgerichts in Preußen wurde das Zensurwesen neu organisiert und effektiver gestaltet.76 Mit der Unterstützung Preußens und Bayerns konnte sich Metternich schließlich auch gegen ein neues Bundespressegesetz durchsetzen, das von Baden und Sachsen angestrebt worden war.77 Der Deutsche Bund hatte mit der Unterschrift der Länder zur Wiener Schlußakte rigide Maßregeln zur Disziplinierung der Presse vollzogen. Nach dem beispielgebenden Verbot der Autoren des »Jungen Deutschland« ergab sich in den darauf folgenden Jahren kein Grund, weitere Bundesbeschlüsse hinsichtlich der generellen Zensur- und Presseverordnungen zu verabschieden. Die Aufsicht über Presse und Buchhandel und damit auch das Buch- und Zeitschriftenverbot war Aufgabe der einzelnen Länder, die ihre Verzeichnisse verbotener Bücher und Zeitschriften der Bundesversammlung jährlich in Vorlage brachten.78 In Einzelfallen wies die Bundesversammlung die Regierungen auf mißliebige Zeitungen hin und forderte geeignete Maßnahmen zur Einschränkung des Mißbrauchs der Presse. Baden z.B. zog sich durch die Zeitungen Der Rheinische Postillion und Der Leuchtthurm die Mißbilligung der Bundesversammlung zu. Allein schon die Diskussion über die Presseverhältnisse des eigenen Landes war der badischen Regierung so unangenehm, daß sie auch ohne offizielles Verbot der beiden Zeitungen durch die Bundesversammlung versprach, durch die strengere Handhabung der Zensur weitere Irritationen zu vermeiden.79 Die Bundesversammlung mußte daher nur in wenigen Fällen gedruckte Schriften mittels Bundesbeschluß verbieten, die Kontrolle der Druckerzeugnisse durch die Länder reichte aus.80 74
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Vgl. Ulrich Eisenhardt, Wandlungen von Zweck und Methoden der Zensur im 18. und 19. Jahrhundert, in: »Unmoralisch an sich ...«, hrsg. von Herbert G. Göpfert und Erdmann Weyrauch, Wiesbaden 1988, S. 1-35, hier S. 15f. Vgl. ebenda, S. 14f. Vgl. u.a. Koszyk, Deutsche Presse, S. 88f., und Fischer, Kommunikationskontrolle, S. 1 ΟΤΙ 09. Vgl. Eisenhardt, Wandlungen, S. 16f. Vgl. u.a. Protokolle der Bundesversammlung 1840, 1. Sitzung vom 6.2.1840, § 16, Verzeichnisse Bayerns, Württembergs und Kurhessens, 3. Sitzung vom 20.2.1840, § 46, Anzeige Preußens über verbotene Druckschriften. Vgl. Protokolle der Bundesversammlung 1838, 34. Sitzung vom 29.11.1838, § 389, S. 1048. Vgl. auch Deuchert, Vom Hambacher Fest, S. 90ff. Beispiele für Verbote durch Bundesbeschluß waren das Gutachten der Tübinger Juristenfakultät vom 26.1.1839 in der Hannoverschen Verfassungssache (Protokolle der BV, 13. Sitzung vom 30.9.1839 § 312, S. 906f.), die in Würzburg erscheinende Schrift Die Cölnische Kirche, die auf Antrag Bayerns fur den gesamten Deutschen Bund verboten wurde (13. Sit-
Die Redakteure der Zeitungen und Zeitschriften hatten keine andere Möglichkeit, als sich diesem System der Pressekontrolle zu unterwerfen. Sie suchten und fanden jedoch auch die Lücken in diesem System. So veröffentlichten Gustav Struve und Friedrich Wilhelm Alexander Held die gestrichenen Artikel ihrer periodischen Schriften in Form von Büchern mit einem Umfang von über 20 Bogen und stellten die von den Zensoren gestrichenen Passagen oder Artikel mit Hilfe eines anderen Schriftbildes anders dar als die genehmigten Absätze. Sie konnten somit ihre interessierten Leser über das ausgeübte Zensursystem aufklären. 81 Die Zensur der über 20 Bogen umfassenden Schriften wurde von den einzelnen Bundesstaaten intern geregelt, und gerade in diesen Regelungen fanden sich die größten Differenzen. Eine Umfrage in der Bundesversammlung im Jahr 1846 offenbarte, daß diese Druckschriften in manchen Staaten wie etwa Preußen, Österreich und Hannover der Vorzensur unterlagen, sich also das Präventivsystem durchgesetzt hatte, in anderen Staaten, wie zum Beispiel Bayern, Baden, Württemberg und Sachsen, das Justizsystem galt, d.h. diese Druckschriften von der Zensur befreit waren. 82 Dieses Ergebnis bewog die Staaten des Deutschen Bundes, über eine Vereinheitlichung und Neuregelung des Bundespressegesetzes zu beraten.83 Die Zeitereignisse - die Revolution von 1848 - zwangen die Bundesversammlung jedoch dazu, die Ausnahmegesetze von 1819 und 1834 außer Kraft zu setzen und die Pressefreiheit einzuführen. 84 3.1.2.
Die Pressegesetze Bayerns und ihr Verhältnis zur Bundesgesetzgebung
Zu Beginn des Jahres 1832, nach dem Scheitern eines neuen Pressegesetzes im Landtag von 1831, beauftragte Ludwig I. das Staatsministerium des Inneren, eine Zusammenfassung zu erstellen »über das in Bezug [!] auf die Presse einzunehmende System und insbesondere über die Frage, wie dem bestehenden Preßunfuge und dem auf Umwälzung abzielenden Streben der meisten periodischen Blätter ein Ziel zu setzen wäre.«85 Die Ergebnisse dieses Auftrages legte das Ministerium am 1. März 1832 in einer umfangreichen Schrift dar. Sie enthielt die seit 1692 erlassenen Zensurbestimmungen in jeweils kurzer Zusammenfassung. 86
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zung vom 2.6.1841 § 188, S. 349), die Deutschen Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst von Arnold Rüge (13. Sitzung vom 4.5.1843, § 143, S. 272-287) und Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen von J. Jacobi, (6. Sitzung, § 90, S. 125). Friedrich W.A. Held, Censuriana oder die Geheimnisse der Censur, Cassel 1844, und Gustav Struve (Hg.), Actenstücke der Censur des Großherzoglich Badischen Regierungs-Raths von Uria-Sarachaga, Bd. 1-3, Mannheim/Heidelberg 1845/46. Vgl. Kohnen, Pressepolitik des Deutschen Bundes, S. 16; vgl. auch Siemann, Von der offenen zur mittelbaren Kontrolle, S. 296-297. Vgl. Kohnen, Pressepolitik des Deutschen Bundes, S. 17-19. Vgl. ebenda, S. 19-22. BayHStA MInn 45176, S. 1. Vgl. ebenda. Der Vortrag ist in drei zeitliche Abschnitte gegliedert: Pressegesetze vor dem 18.5.1818, die Entwicklung der Verfassung und des Presseediktes vom 18.5.1818, alle Verordnungen zwischen Juni 1818 und 1832. Der dritte Abschnitt ist wiederum in zeitliche Sequenzen unterteilt. Bayrle legte diesen Akt seiner Arbeit zugrunde. Allerdings zitiert er mit dieser Signatur auch Verordnungen, die nach 1832 erlassen wurden und nicht mehr in diesem
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Zuständig für die Zensur der politischen Zeitung war zunächst das »Königliche Staatsministerium des Äußeren und des königlichen Hauses«.87 Die Zuständigkeit leitete sich aus der Definition der politischen Zeitungen ab. Sie »enthalten wenig Gegenstände des Inneren, sondern beschäftigen ihre Leser mit den politischen Evenements und den Gegenständen, welche Verhältnisse mit und zwischen den auswärtigen Staaten betreffen.«88 Da die ausländischen Regierungen die politische Stimmung in einem Staat aus den Zeitungen ablesen könnten, forderte der Geheimrat und spätere Augsburger Regierungspräsident Freiherr von Gravenreuth, daß die Belange der Zensur dem Ministerium unterstellt würden, welches die auswärtigen Verhältnisse am besten kenne: dem Außenministerium.89 Diese Definition leitet sich aus der damals üblichen inhaltlichen Gestaltung der Zeitungen ab. Sie druckten Nachrichten aus ausländischen Zeitungen nach oder fugten Korrespondentenbriefe aus anderen Staaten in ihre Spalten ein. Eine Lokalberichterstattung gab es sehr selten. Die Definition von »politisch« umfaßte auch im Jahr 1832 noch die »äußere Politik« im weitesten Sinne, d.h. nicht nur die Beschäftigung »mit dem Verhältnisse des bayerischen Staates zu anderen Staaten«, sondern auch die Beschäftigung mit dem inneren Leben auswärtiger Staaten. Insbesondere sind darunter bei der souverainen Eigenschaft der deutschen Staaten, und bei dem Umstände, daß der Teutsche Bund, ein Bund souverainer Fürsten [...] alle Blätter subsumiert, die ihre Erörterungen in irgendeiner Weise auf die Verhältnisse des Teutschen Bundes oder auf die inneren Angelegenheiten der zu Bayern nicht gehörigen teutschen Lande erstrecken. 90
Welche Gesetze und Verordnungen waren aber nun von 1815 bis 1848 in Bayern die Grundlage für die Zensur der Zeitungen? Am 7. Januar 1815 erließ König Maximilian I., der sich anläßlich des Kongresses in Wien aufhielt, eine Pressebestimmung, die die älteren Erlasse noch einmal in Erinnerung brachte.91 Die Verordnung war die letzte generelle Zensurverordnung, die unter dem Minister Montgelas erlassen wurde, und sie faßte die älteren Erlasse dezidiert zusammen. So war »jeder unanständige Ton und beleidigende Bemerkung gegen was immer für auswärtige Regierungen und Souveraine«92 verboten. Maximilian I. untersagte auch Artikel, die sich gegen seine Regierungsgrundsätze und das Staatsinteresse
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Akt enthalten sind. Ob der Akt alle Instruktionen vollständig aufführt, muß an anderer Stelle geprüft werden. Bayrle, Bayerische Presse. Im folgenden: Außenministerium. Vortrag Gravenreuths in der geheimen Staatskonferenz vom 30.8.1799, zitiert nach BayHStA MInn 45176, § 4 4 , S. 32f. Vgl. ebenda. Hauptresultate des Vortrags vom 1.3.1832, BayHStA MInn 45176, § 146, S. 321f. Erlasse vom 6.9.1799, 17.2.1806, 16.3.1808, 1.11.1808, 28.9.1811, 15.4.1812, 16.6.1814, 13.9.1814. Vgl. BayHStA MInn 25097/1. Verordnung vom 7.1.1815, BayHStA 25097/1, Text im Anhang. Döllingers Sammlung enthält die Verordnung ebenfalls, er führt aber die Erlasse vom 15.4.1812 und 13.9.1814 nicht auf. Vgl. Döllinger, Sammlung, Bd. 3, S. 317f. Zur Pressepolitik vor 1815 vgl. Bitterauf, Zensur in Bayern, S. 305-351, und Franz Lauerer, Die Entwicklung der Augsburger Presse von 1806-1848, München Diss, masch. 1940, S. 9 - 1 3 und 36f. Verordnung vom 7.1.1815, BayHStA MInn 25097/1, Text im Anhang. Vgl. Döllinger, Sammlung, Bd. 3, S. 318.
richteten, sowie räsonierende Nachrichten, die politischen Charakter hatten. Unter »raisonniren« verstand man die Diskussion und die Kritik einer Sache unter Einbeziehung mehrerer politischer Meinungen.93 Einfache politische Nachrichten mußten aus offiziellen Zeitungen des Auslandes übernommen werden, die Quellenangabe durfte nicht fehlen. 94 Neu in dieser Verordnung war die Haftung der Redakteure für vorschriftswidrige Artikel. Sie hafteten persönlich, mußten Strafe bezahlen und verloren je nach Art des Vergehens sogar die Konzession für die Zeitung.95 Die Abschnitte VI.-VIII. regeln die Verpflichtungen und Benennung der Zensoren, auf die später noch näher eingegangen wird. Da diese Verordnung nicht ausreichte, wurde am 15. März 1815 eine weitere Zensurinstruktion erlassen: Die Zeitungen sollten nichts abdrucken, was Souveraine und Regierungen beleidigt und verunglimpft, was gegen die Unabhängigkeit der deutschen Staaten überhaupt, gegen die des Königreichs oder auf Herstellung von Verhältnissen, welche diese Unabhängigkeit beschränken, gerichtet ist, [...] was die Zeitungen eigentlich zum Kampfplatz der Meinungen macht. 9 6
Die mit dem Wiener Kongreß notwendig gewordene Neuordnung der bayerischen Verfassung gab König Maximilian I. bereits 1814 in Auftrag. 97 Die zur Erarbeitung der neuen Verfassung eingesetzte Kommission setzte sich auch mit den Fragen der Pressefreiheit auseinander. Dabei bestand Einmütigkeit hinsichtlich der Übernahme der seit 1799 erlassenen Bestimmungen. Eine stärkere institutionelle Sicherung der Pressefreiheit gegenüber den schon bestehenden Bestimmungen konnte in der Kommission nicht durchgesetzt werden.98 Am 25. Mai 1818 verkündete Maximilian I. die »Verfassungsurkunde für das Königreich Bayern«, die durch ihre Veröffentlichung am 26. Mai 1818 im »Bayerischen Gesetzblatt« Gültigkeit erlangte.99 Dieser Urkunde waren 10 Edikte beigelegt, hauptsächlich Durchführungsverordnungen für bestimmte Paragraphen der Verfassung. 100 In Titel IV § 11 wurde die Freiheit der Presse und des Buchhandels [...] nach den Bestimmungen des hierüber erlassenen besonderen Edictes gesichert. 101
93
»Raisonniren, ist ein gar gewöhnliches Wort, so man im gemeinen Leben brauchet, wenn man von einer Sache ein Urtheil fället oder einen Schluß machet; in beyden aber das Verhältnis eines Dinges gegen das andere zeiget. Von der Sache selbst sind die Artikel von Judicio und Vemunfft=Schluß aufzusuchen.« Johann Heinrich Zedier, Grosses vollständiges Universallexikon, Bd. 30, Leipzig 1741, ND Graz 1961, Sp. 710. 94 Verordnung vom 7.1.1815 Abschnitt III und IV, BayHStA Minn 25097/1, Text im Anhang; vgl. Verordnungen vom 6.9.1799 und 1.11.1808, Döllinger, Sammlung, Bd. 3, S. 313 und 316. 95 Vgl. Verordnung vom 7.1.1815 Abschnitt V, BayHStA Minn 25097/1, Text im Anhang. 96 Bitterauf, Zensur in Bayern, S. 325. 97 Vgl. Eberhard Weis, Zur Entstehungsgeschichte der Bayerischen Verfassung von 1818. Die Debatten in der Verfassungskommission von 1814-1815, in: ZBLG 39,2 (1976), S. 413-444, hier S. 414f. 98 Vgl. ebenda, S. 425f. 99 Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 321. 100 v g l Bayrle, Bayerische Presse, S. 16. 101 Huber, Dokumente, Bd. 1, S. 156.
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Die III. Beilage zur Verfassungsurkunde, das »Edict über die Freiheit der Presse und des Buchhandels vom 26. Mai 1818«,102 enthielt die genaueren Bestimmungen und gesetzlichen Einschränkungen, die dem Mißbrauch der Pressefreiheit vorbeugen sollten. Der § 1 wiederholt den Inhalt der Paragraphen der Verfassungsurkunde und gewährt »den Verfassern, Verlegern und berechtigten Buchdruckern im Königreiche [...] vollkommene Preßfreiheit«.103 Bei kostbaren Werken wurde den Verlegern »zur Sicherung ihrer bedeutenden Auslagen« eine freiwillige Vorzensur empfohlen. 104 Dies verdeutlicht, daß Pressefreiheit durch Abschaffung der Präventivzensur definiert wurde. § 2 engte die propagierte Pressefreiheit in einem weiteren bedeutenden Punkt ein. Ausgenommen waren »alle politischen Zeitungen und periodischen Schriften politischen oder statistischen Inhalts«. Sie unterlagen der »dafür angeordneten Zensur«.105 Die Begriffe »periodisch« und »politisch« wurden nicht eindeutig definiert. Somit lag die genaue Definition im Ermessensspielraum des gesetzgebenden Monarchen oder der ausfuhrenden Institutionen.106 Staatsdiener bedurften bei Veröffentlichung amtlicher Informationen jeglicher Art der Erlaubnis des Königs (§ 3). Um den Mißbrauch der Presse zu unterbinden, unterstellte das Presseedikt die Aufsicht der Buchhandlungen jeden Ortes den jeweiligen Polizeidirektionen (§ 4), und verpflichtete die Händler, ihre Buchkataloge der Aufsichtsbehörde vorzulegen (§ 5). Die §§ 6, 7 und 8 regelten den Weg der Beschlagnahme und definierten die Verstöße gegen das Gesetz fest. Dies waren Übertretungen der bayerischen Strafgesetze mittels »Verbrechen, Vergehen oder Polizeiübertretungen«.107 Außerdem verstand man als Verstoß Gesetzübertretungen den Monarchen, den Staat und dessen Verfassung oder die im Königreiche bestehenden Kirchen- und religiösen Gesellschaften [betreffend, d. Vf.], oder [...] Schriften oder sinnliche Darstellungen [die] der öffentlichen Ruhe und Ordnung durch Aufmunterung zum Aufruhr oder der Sittlichkeit durch Reiz und Verführung zur Wollust und Laster gefährlich [waren]. 1 0 8
Diese Bestimmungen galten für Flugblätter und einmalige Schriften wie für Zeitungen und periodische Blätter. Die in § 9 garantierte Möglichkeit, gegen eine Beschlagnahme durch die »Berufung an den königlichen Staatsrath« zu protestieren, war insofern eine Farce, als in diesem Gremium der für die Zensur zuständige Minister Sitz und Stimme hatte. Dieser brachte mit Sicherheit all seinen Einfluß auf, um seine Entscheidung über eine Beschlagnahme bei höherer Stelle zu rechtfertigen. Der Einspruch beim Staatsrat verzögerte das an sich schon langwierige
102
Im folgenden: Presseedikt. Schleuer, Handbuch, S. 215f. auch in J. Pözl, Sammlung der bayerischen Verfassungsgesetze, München 1852, S. 116-118. 104 Vgl. Schletter, Handbuch, S. 215, vgl. auch Bayrle, Bayerische Presse, S. 16f. 105 Vgl. Schletter, Handbuch, S. 217. 106 v g l Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 48. Bayrle versteht unter »politischen Schriften und Zeitungen« Blätter, die sich mit Außen- oder Innenpolitik beschäftigen. Bayrle, Bayerische Presse, S. 18. 103
107 108
82
Schletter, Handbuch, S. 218, § 6 . Ebenda, § 7 .
Beschlagnahmeverfahren beträchtlich, so daß die betroffene Schrift ihre Aktualität bis zur endgültigen Entscheidung oft schon eingebüßt hatte. 109 Die § § 1 0 und 11 regelten die Rechte von Privatpersonen und Staatsdienern, § 12 die Frage der Haftung für beschlagnahmte Schriften. In erster Linie war der Verfasser für sein Produkt verantwortlich, falls dieser nicht bekannt war, »der Verleger und subsidiarisch der Drucker und jeder Verbreiter«. 110 Die »angeordnete Zensur« der politischen und periodischen Schriften behandelte das Presseedikt nicht. Die § § 3 - 1 2 wurden zwar - soweit passend - auch auf die periodischen Schriften übertragen, aber eine umfassende Zensurverordnung ließ sich daraus nicht ableiten. Das bedeutet, daß die frühere Zensurpraxis weiterhin galt. Diese widersprach dem Inhalt des Presseediktes nicht, und so hielten es die zuständigen Behörden nicht für nötig, neue Verordnungen zu erlassen. Die in der Verfassung festgeschriebene Pressefreiheit war ein Zeichen für weitreichende Liberalität, auch wenn sie fur die periodischen Schriften durch das Presseedikt zurückgenommen worden war. Diese Liberalität konnte sich auf den Paragraphen 18 d der Bundesakte stützen. Maximilian I. stellte sich damit in die Reihe der Regierenden, die die Pressefreiheit in ihren Verfassungen garantierten. 11 1 Die Vorbehalte in der Verfassung nahmen die Pressefreiheit zwar fiir einige Fälle zurück, aber der Trend zur Liberalisierung zeichnete sich doch deutlich ab. Die Karlsbader Beschlüsse von 1819 machten dem ein Ende. Metternich wußte Mittel und Wege, die bayerische Regierung von der Notwendigkeit scharfer Pressegesetze zu überzeugen. Durch eine Fülle von Beschwerden gegen die in Bayern erscheinenden Druckerzeugnisse, Besuche in München, Beeinflussung des bayerischen Gesandten in Wien, Stainlein, und die Entfachung von Revolutionsangst überzeugte er im Vorfeld der Ministerkonferenz neben dem Außenminister Alois Rechberg 112 auch König Maximilian I. vom Sinn der geplanten Gesetze. 1 1 3 Bayern stimmte den Karlsbader Beschlüssen zu. Mit dieser Zustimmung war in Bayern der Konflikt zwischen reaktionären und liberalen Regierungsmitgliedern vorprogrammiert. 114 Die Beschlüsse widersprachen den in der bayerischen Verfassung festgesetzten Rechten eklatant und verletzten zudem das Souveränitätsprinzip Bayerns. Daher wurden sie nur mit Verfassungsvorbehalt ratifiziert und im bayerischen Gesetzblatt veröffentlicht. 115 Staatsrechtlich bedeutete dies, daß die Karlsbader Beschlüsse nach den Gesetzen und der Verfassung Bayerns vollzogen werden sollten, Landesrecht überlagerte also Bundesrecht. Trotz seines Erfolges in Karlsbad arbeitete Metternich weiter an seinem Ziel, auch in Bayern die Presse ganz zu unterdrücken. Mit allen Mitteln machte er sei109
Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 4 9 .
110
Schletter, Handbuch, S. 2 1 9 .
111
Vgl. Eisenhardt, Garantie der Pressefreiheit, S. 347f.
112
Zu Rechberg und seiner Rolle auf den Karlsbader Konferenzen vgl. Liselotte Klemmer, Alois von Rechberg als bayerischer Politiker ( 1 7 6 6 - 1 8 4 9 ) , München 1975, (Miscellanea Bavarica Monacensia Heft 6 0 ) , S. 1 5 1 - 1 8 1 .
113
Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 6 3 . Dazu u.a. auch Biissem, Karlsbader Beschlüsse,
114
Zu diesem Konflikt, seinem Verlauf und Ende vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 6 9 - 7 3 .
115
Vgl. Döllinger, Sammlung, Bd. 3, S. 3 0 6 .
S. 248ff.
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nen Einfluß in diese Richtung geltend.116 Bis zum Tode König Maximilians I. beschnitt die Regierung die in der Verfassung festgesetzte formelle Pressefreiheit immer mehr. Um Diskussionen über die Beschlüsse zu vermeiden, war es sogar verboten, die Karlsbader Beschlüsse auch nur zu nennen,117 Artikel über die Ständeverhandlungen bedurften ab 30. August 1821 der königlichen Genehmigung118 und konnten schließlich nur nach Vorlage beim Außenministerium veröffentlicht werden. 119 Zuletzt unterstellte Maximilian I. auch die Unterhaltungsblätter, die sich in geringem Maße mit Innenpolitik beschäftigten, der Zensur. 120 Auf das Verbot des Teutschen Beobachters durch Bundesbeschluß reagierte die bayerische Regierung mit vermehrten Instruktionen fur die Zensur der Zeitungen. Alle Verordnungen des Jahres 1823 sind wohl eine direkte Folge dieses Bundesbeschlusses.121 Mit Zensurinstruktionen versuchte Bayern seine »Zuverlässigkeit und bundestreue Gesinnung darzustellen«122 und glich sich damit dem Inhalt der Karlsbader Beschlüsse im wesentlichen an, ohne die Verfassung formal zu verletzen oder zu verändern. Der Verlängerung der Karlsbader Beschlüsse im August 1824 stellte sich die bayerische Regierung nicht mehr in den Weg. Mit dem Vorbehalt, die Beschlüsse »wie bisher« zu handhaben, wurde der Verlängerung zugestimmt. 123 Der Verfassungsvorbehalt von 1819 blieb damit gültig. »Ausweichen und Ausklammern, Verschleierung und Ablenkung, das waren die Leitlinien der bayerischen Politik in dieser Phase pressepolitischer Entscheidungen.«124 Bayerns Haltung bezüglich der Presse schwankte zwischen der Rücksicht auf die eigene Verfassung und dem Beharren auf Eigenstaatlichkeit gegenüber der Bundespolitik Metternichs. Die bayerische Presse wurde um so mehr zum Spielball der Mettemichschen Repressionspolitik. Mit dem Regierungsantritt Ludwigs I. am 25. Oktober 1825 begann erneut eine liberale Phase der Pressepolitik. Ludwig I. versuchte in stärkerem Maß als sein Vater, die Souveränität seines Staates zu festigen, zumal er seit früher Jugend eine eher liberale Haltung gegenüber Verfassung und Pressepolitik vertrat. Er war der Meinung, daß im Widerstreit der Meinungen in den Zeitungen sich die Wahrheit durchsetzen würde und daß eine gute Regierung die Pressefreiheit nicht zu furchten brauche.125 Die Zensur für Unterhaltungsblätter wurde wieder aufgehoben, und
116
Die Darstellung dieser Bemühungen Metternichs gehört zur Fragestellung der Arbeit Tremls. Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik. 117 Vgl. BayHStA MInn 45176, S. 127, vgl. Bayrle, Bayerische Presse, S. 36. 118 Vgl. ebenda, S. 37. 119 Vgl. Verordnung vom 27.2.1825, ebenda, S. 43. 120 Vgl. Anweisung vom 15.6.1823, ebenda, S. 39. 121 Vgl. Verordnung vom 6.6.1823, Text im Anhang, und vom 15.6., 25.6., 19.7., 28.7. und 30.7.1823. 122 Yg] Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 83. 123 Vgl. ebenda, S. 90. 124 Ebenda, S. 89. 125 Vgl. ebenda, S. 112.
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auch Zeitungen, die sich nur mit Innenpolitik beschäftigten, waren zensurfrei, solange sie nicht gegen die Verfassung verstießen.126 Ein Zeichen der Liberalisierung auch in bezug auf andere Staaten war die Übertragung der Verantwortung fur die Zensur auf das Staatsministerium des Inneren am 9. Dezember 1825. Ludwig I. demonstrierte damit seinen Willen, »die Pressepolitik als uneingeschränktes Recht der inneren Souveränität zu gestalten.«127 Außerdem trug er der Veränderung des Inhalts der Zeitungen Rechnung, die sich immer mehr auch mit den inneren Angelegenheiten des Landes beschäftigten. Am 1. Januar 1826 ernannte Ludwig I. Joseph Ludwig von Armansperg 128 zum Innenminister, der ebenfalls eine liberale Einstellung gegenüber der Presse hatte. Diese Liberalisierung der Pressepolitik erfolgte jedoch auf der Grundlage von Verordnungen und Ministerialreskripten. Eine gesetzliche Regelung, die von den Ständen verabschiedet und rechtsgültig geworden wäre, wollte der König nicht. Der Wechsel Armanspergs in das Außenministerium 1828 und die Ernennung Eduard von Schenks zum Innenminister änderte die Situation zunächst nicht. Die Julirevolution 1830 in Frankreich erschreckte Ludwig I. Er sah die Ruhe und Ordnung in Bayern gefährdet und fürchtete eine revolutionäre Erhebung auch in seinem Königreich.129 Mit seinen Ministern besprach Ludwig I. Maßnahmen zur Erhaltung der Ruhe in Bayern. Innenminister Schenk riet ihm am 9. August 1830 jedoch von einer Verschärfung der Zensurinstruktionen ab, da sie die Bevölkerung an die französischen »Ordonnanzen« erinnert hätte.130 Ludwig I. verfolgte die Ereignisse aufmerksam und war entschlossen, »sich und sein System auf keinen Fall überrumpeln zu lassen.«131 Mit diesem System ist das monarchische Prinzip gemeint, das Ludwig I. nicht einmal als Kronprinz in Frage stellte. Zwar forderte er schon 1815 in seinem Promemoria zum Verfassungsentwurf die Pressefreiheit im Stile der britischen, unterstrich aber gleichzeitig, daß die Gewährung umfangreicher Rechte das Volk fester an den Thron binden sollte.132 In der Verfassung von 1818 wird dies verdeutlicht. »Der König ist das Oberhaupt des Staats, vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt [...]«,133 auch wenn er sich
126
Vgl. Entschließungen vom 22.11.1825 und 21.12.1829, Bayrle, Bayerische Presse, S. 47 und 52. 127 Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 115. 128 Zu dessen Persönlichkeit vgl. Roswitha Gräfin Armansperg, Ein Beitrag zur Regierungsgeschichte Ludwigs I. von Bayern, München 1976 (Miscellanea Bavarica Monacensia, Heft 67). 129 Vgl. Heinz Gollwitzer, Ludwig I. von Bayern. Eine politische Biographie, München 2 1987, S. 443—461. 130 v g l . Schenk an Ludwig I. vom 9.8.1830, Briefwechsel zwischen Ludwig I. und Eduard von Schenk, hrsg. von Max Spindler, München 1930, S. 149. 131 Gollwitzer, Ludwig 1., S. 445. 132
Vgl. ebenda, S. 2 1 7 - 2 1 8 . Zur Haltung Ludwigs I. zum monarchischen Prinzip vgl. auch Elisabeth Droß, Vom Spottgedicht zum Attentat. Angriffe auf König Ludwig I. v. Bayern 1 8 2 5 1848, Frankfurt am Main, u.a. 1994, S. 43f. Vgl. auch Heinz Gollwitzer, Ein Staatsmann im Vormärz: Karl von Abel 1788-1859. Beamtenaristokratie - monarchisches Prinzip - politischer Katholizismus, Göttingen 1993 (Schriftenreihe der historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 50), S. 4 5 - 5 1 .
133
Verfassungsurkunde für das Königreich Bayern vom 26. Mai 1818, Tit. 2, § 1, in: Huber, Dokumente, Bd. 1, S. 156.
85
einer verfassungsrechtlichen Bindung unterwirft. In der Wiener Schlußakte wird dieses Prinzip seitens des Deutschen Bundes als Regierungsform bestätigt.134 Durch die revolutionären Ereignisse 1830 sah Ludwig I. sein Ziel, nämlich die Befestigung des monarchischen Prinzips, gefährdet. Die Münchner Studentenunruhen Ende Dezember 1830 bestärkten ihn in dieser Ansicht.135 Da er mit liberalen Gesetzen und Verordnungen sein Ziel nicht erreichen konnte, griff der König zu repressiven Maßnahmen, um seine Stellung zu schützen. In seinem Vorgehen gegen die Presse, die er für den Ausbruch der Revolution in Frankreich und die darauf folgenden Unruhen verantwortlich machte, wird dies besonders deutlich.136 Ludwig I. bezeichnete seine bisherige Pressepolitik als falsch, setzte sich inoffiziell für Bundesmaßnahmen gegen die Presse ein137 und forderte Innenminister Eduard von Schenk auf, eine neue Zensurverordnung auszuarbeiten.138 Diese wurde am 28. Januar 1831 erlassen und am 31. Januar im Regierungsblatt veröffentlicht.139 Sie stellte alle Zeitungen, die Innen- wie Außenpolitik behandelten, wieder unter Zensur und definierte somit die Bezeichnung »politische Zeitungen« neu.140 Die Instruktion führte detailliert alle Vergehen und Verbote bezüglich Thema und Inhalt auf.141 Besonders behandelt wurde jedoch die Zensur von Artikeln und Aufsätzen, die die Innenpolitik Bayerns betrafen: Nachrichten über das königliche Haus durften nur aus offiziellen Mitteilungsorganen entnommen, »notorische Unwahrheiten« mußten gestrichen und bestehende Strafgesetze durften durch die Artikel nicht übertreten werden (§ 4). Berichte über die Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten sollte zwar nicht gehemmt werden, es durften aber weder Entstellungen noch beleidigende Redebeiträge, die eine Rüge des Präsidenten der Kammer nach sich zogen, gedruckt werden (§ 5). Die Presse wurde in ihren Möglichkeiten auf die bloße Zustimmung zur Regierungspolitik reduziert und jedes oppositionelle Denken verbannt.142 Beachtenswert ist zusätzlich der § 9, mit dem die Ehre von Privatpersonen geschützt werden sollte. Ehrverletzenden Artikeln, sofern sie nicht politischen oder statistischen Inhalts waren, durfte die Aufnahme in die Zeitung nicht versagt werden. Die angegriffene
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»Da der deutsche Bund, mit Ausnahme der freien Städte, aus souveränen Fürsten besteht, so muß dem hierdurch gegebenen Grundbegriffe zufolge die gesammte Staats-Gewalt in dem Oberhaupte eines Staates vereinigt bleiben, und der Souverän kann durch eine landständische Verfassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwirkung der Stände gebunden werden.« Schlußakte der Wiener Ministerkonferenzen vom 15.5.1820, Art. 57, in: Huber, Dokumente, Bd. 1, S. 99. Vgl. Gollwitzer, Ludwig I., S. 445, und Dimgl, Ludwig I., S. 355f. Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 136. Vgl. ebenda, S. 137-139. Vgl. Eva A. Mayring, Bayern nach der französischen Julirevolution. Unruhen, Opposition und antirevolutionäre Regierungspolitik 1830-1833, München 1990 (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte Bd. 90), S. 92-94. Vgl. Regierungsblatt Nr. 4 vom 31. Januar 1831, Sp. 34-40, vgl. auch BayHStA MInn 45188. Vgl. Instruktion vom 28.1.1831, Rgbl. Nr. 4 vom 31. Januar 1831, Sp. 35. §§2-10, Instruktion vom 28.1.1831, Rgbl. Nr. 4 vom 31. Januar 1831, Sp. 35^t0. Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 144.
Person sollte jedoch Nachricht über diesen Artikel und hierdurch die Möglichkeit zur Einschreitung gegen ihn erhalten.143 Diese »Januarordonnanzen«144 waren verfassungswidrig, da sie ohne Zustimmung der Ständeversammlung veröffentlicht wurden. Sie stießen auf vehemente Kritik und mobilisierten eine starke Opposition in Bayern.145 Auf dem Landtag von 1831 waren daher Pressefreiheit und Zensur die zentralen Themen. 146 Ludwig I. kündigte in seiner Eröffnungsrede die Vorlage eines Pressegesetzes an. Bevor jedoch darüber verhandelt werden konnte, forderte die Kammer der Abgeordneten die Aufhebung der Zensurverordnung vom 28. Januar 1831. Es entbrannte ein Streit zwischen der liberalen Kammer der Abgeordneten und der eher reaktionären Kammer der Reichsräte; Innenminister Schenk, der die Instruktion des Königs gegengezeichnet hatte, wurde des Verfassungsbruchs bezichtigt. Schenk mußte zurücktreten, und Ludwig I. zog seine Zensurverordnung nach langen Diskussionen am 12. Juni 1831 zurück. 147 Auch das geplante Pressegesetz scheiterte an der kompromißlosen Haltung der verschiedenen Parteirichtungen im Landtag.148 Das Ergebnis des Landtags enttäuschte Ludwig und bestärkte ihn in der Fortführung seiner reaktionären Politik. Da eine Ausweitung der Zensur auf öffentlichem Wege nicht möglich war, erließ er auf dem Verwaltungsweg am 30. September eine neue Zensurinstruktion, die »weder zu einer allgemeinen Ausschreibung, noch sonst zu einer Maßnahme an andere, als die mit der Censur beauftragten verpflichteten Personen geeignet war«.149 Manche Teile der geheimen Instruktion ähnelten einzelnen Bestimmungen der »Januarordonnanzen«, die Instruktion bewegte sich aber innerhalb der Grenzen der Verfassung und setzte die Zensur für die außenpolitischen Belange erstmals genau fest. Aufsätze durften weder gegen bestehende Strafgesetze verstoßen noch Mitglieder fremder Höfe oder Diplomaten verletzen. Allerdings galt dies nur bei Regierungen, die für die Behandlung Bayerns in ihrer Presse ebensolche Grundsätze aufstellten. 150 Für die Staaten England, Frankreich, Belgien und Holland, die Pressefreiheit gewährten und deren Einschränkung lediglich durch gerichtliche Schritte möglich machten, sollten in Bayern die gleichen Grundsätze angewendet werden. 151 Das bedeutete, 143 144 145 146
Vgl. Instruktion vom 28.1.1831, Rgbl. Nr. 4 vom 31. Januar 1831, § 9, Sp. 39. So wurden sie nach französischem Vorbild genannt. Vgl. Mayring, Bayern nach der franz. Julirevolution, S. 94. Zum Landtag 1831 vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 145-157, ausfuhrlicher Wilhelm Lempfrid, Der bayerische Landtag 1831 und die öffentliche Meinung, in: ZBLG 24 (1961), S. 2 - 1 0 1 .
147
Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 149. Vgl. Lempfrid, Der bayerische Landtag, S. 67ff., Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 1 5 1 - 1 5 7 , und Ursula Finken, Gottlieb Freiherr von Thon-Dittmer. Politische Biographie eines bayerischen Frühliberalen, Kallmünz 1990 (Regensburger historische Forschungen Bd. 13), S. 2 2 7 228. 149 Innenministerium (Stürmer) an sämtliche Generalcommissariate und Regierungspräsidenten zur Anweisung an die Censoren vom 30.9.1831, StAA Regierung 7054, Text im Anhang; Entwurf BayHStA Mlnn 45180. 150 v g l . Verordnung vom 30.9.1831, BayHStA Mlnn 45180, Art. 2, Text im Anhang. 151 Vgl. ebenda, Artikel 3. 148
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daß Artikel aus und über diese Staaten ohne Einschränkung gedruckt werden konnten, wenn sie nicht die Belange Bayerns betrafen. Artikel, die auch nur entfernt den Deutschen Bund behandelten, mußten die Zensoren mit der »erforderlichen Vorsicht und möglichsten Vergewisserung« überprüfen. 152 Sprachen sich die Berichte gegen den Deutschen Bund aus, mußten sie unterdrückt werden.153 Öffentliche Staatsschriften und Berichte über die Ständeverhandlungen durften von den Redakteuren nur im unverfälschten Wortlaut abgedruckt, Auszüge aus bereits in Bayern zensierten Blättern durften unbedenklich übernommen werden.154 Der übliche Verfahrensweg der Zensur und der Einspruchsmöglichkeit blieb von der Instruktion unberührt.155 Die Instruktion schränkte die Pressefreiheit dort ein, wo die Beschlüsse der deutschen Bundesversammlung eingriffen, und konnte die Januarordonnanzen somit nur bedingt rückgängig machen. Die Geheimhaltung der Instruktion brachte mit sich, daß sie nicht diskutiert werden konnte. Sie durfte nicht einmal den Redakteuren bekannt gemacht werden, was in der Praxis jedoch nicht ganz zu umgehen war, denn die Redakteure konnten anhand der Zensierung ihrer Zeitung feststellen, daß neue Verordnungen galten. Den erzwungenen Rücktritt Schenks nützte Ludwig I. Ende des Jahres 1831 zu einer Kabinettsumbildung. Er ernannte den Augsburger Regierungspräsidenten Ludwig Fürst zu Öttingen-Wallerstein zum neuen Innenminister, August Frhr. v. Gise übernahm das Außenministerium von Armansperg. Auf das Hambacher Fest am 27. Mai 1832 reagierte die bayerische Regierung langsamer als die Bundesversammlung. Die Beratungen in Frankfurt über die Ereignisse fanden schon am 7. Juni statt. Um einem Eingreifen des Deutschen Bundes zuvorzukommen, versuchten die bayerischen Minister, eine Absprache mit den anderen süddeutschen Staaten zu erlangen.156 Ludwig I., erst am 18. Juni aus Italien zurückgekehrt, war bereit, einen Bundesbeschluß gegen den Willen der Minister Gise und Öttingen-Wallerstein anzunehmen. Er stimmte den Bundesbeschlüssen zur »Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung« vom 28. Juni und 5. Juli 1832 zu. Die Liberalität der früheren Presseverordnungen wurde damit endgültig und öffentlich zurückgenommen.157 Ludwigs I. Einstellung gegenüber der Presse radikalisierte sich in den folgenden Jahren zunehmend. Alle Instruktionen aus den Jahren 1832 bis 1836 verschärften die Zensur. Eine Zensurinstruktion vom 8. März 1836 faßte alle diese Entscheidungen zusammen. Auch sie war nur für den Dienstgebrauch bestimmt. Sie enthielt erstmals ein Kapitel über die schon lange geforderte Zusammenstellung der Pflichten und Instruktionen für die Zensoren158 und war sehr ausfuhrlich. 152 Vgl. ebenda, Artikel 6. 153 v g l . ebenda, Artikel 4. 154
Vgl. ebenda, Artikel 5 und 7. Vgl. ebenda, Artikel 8 und 9. 156 Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 219-222. 157 Vgl. ebenda, S. 222-227. 158 Ygi Verordnung vom 8.3.1836, StAA Regierung 7055, Text im Anhang. Nur teilweise abgedruckt bei Döllinger, Sammlung, Bd. 3, S. 314, 323, 334, 358 und 377, und Schletter, Handbuch, S. 230. Ausführlicher zur Verordnung vgl. Kapitel 4.4. 155
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Damit kam sie der schon 1817 vom Augsburger Regierungspräsidenten, Freiherrn von Gravenreuth, gestellten Forderung nach genauen Instruktionen für die Zensierung der Allgemeinen Zeitung nach. 159 Die Instruktion erweckt den Eindruck einer strengen und geregelten Zensur. Ihre Auslegung stand jedoch ausschließlich im Ermessen des Innenministeriums und der dazugehörigen Verwaltung, die die Erlasse nach Gutdünken interpretierten und die Presse schließlich im Metternichschen Sinne unterdrückten. 160 Am 29. November 1837 erinnerte Ludwig I. an das Verbot, die Bundesbeschlüsse zu kommentieren.161 Eine Woche zuvor störte ihn sogar die Gegenüberstellung der Begriffe »Monarch« und »Regierung«, da letzterer, nach Ludwigs I. Verständnis, ein zu konstitutionelles Denken ausstrahlte.162 Ab 30. November sollte jegliche Kritik an Verordnungen des Königs gestrichen werden, 163 und das Ministerium mußte direkte oder indirekte Zitate der Äußerungen des Königs vor dem Druck genehmigen.164 Diese Verordnung war bereits der erste Einbruch in die Zensurfreiheit der innenpolitischen Artikel. Im Januar 1838 folgte schließlich das Verbot von Artikeln, die über die Beschlagnahme auswärtiger Zeitungen berichteten. 165 Je mehr sich Ludwig I. von seinen liberalen Ideen von vor 1831 entfernte, desto mehr trat sein konfessionspolitisches Programm in den Vordergrund. Dieses Programm setzte sich die religiöse Erneuerung und »Wiederverkirchlichung«166 Bayerns nach der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts zum Ziel. Zusätzlich sollte Bayern die Schutzmacht des Katholizismus in aller Welt, zunächst aber im Deutschen Bund werden.167 Innenminister Öttingen-Wallerstein, der Ludwig I. in seinen reaktionären Maßnahmen gegen die Presse zu mäßigen versuchte, neigte auch in konfessionspolitischen Anschauungen zum Ausgleich zwischen Katholiken und Protestanten.168 Der König entließ daraufhin am 4. November 1837 seinen Innenminister und berief Karl von Abel in dieses Amt. 169 Karl von Abel, ein überaus fähiger Verwaltungsfachmann, gehörte dem Kreis um Joseph Görres an, der eines der deutschen Zentren der katholischen Erneuerungsbewegung war und
159
Vgl. Gravenreuth an Außenministerium vom 26.4.1817, BayHStA Minn 25097/1. 160 v g l . dazu auch Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 261 f. 161 v g l . Verordnung vom 29.11.1837, StAA Regierung 7055. 162 Vgl. Instruktion an sämtliche Kreisregierungen vom 21.11.1837, BayHStA Minn 25097/1 und StAA Regierung 7055. Bayrle, Bayerische Presse, S. 87 datiert die Instruktion fälschlicherweise auf den 1.11.1837. 163 Vgl. Bayrle, Bayerische Presse, S. 87. 164 Vgl. ebenda, S. 88. 165 Vgl. Innenminister Abel an Regierung von Schwaben und Neuburg vom 25.1.1838, StAA Regierung 7055. 166 Gollwitzer, Ludwig I., S. 566. 167 Vgl. dazu ausführlich Gollwitzer, Ludwig 1., S. 5 6 1 - 5 7 1 . 168 Vgl. Michael Doeberl, Entwicklungsgeschichte Bayerns, Bd. 3, hrsg. von Max Spindler, München 1931, S. 126, und Josef Grisar, Bayern und Preußen zur Zeit der Kölner Wirren, München Diss. 1923, S. 8. 169
Zunächst führte Abel das Innenministerium als Ministerverweser, erst am 1.4.1838 wurde er zum Innenminister ernannt. Zu Abels Persönlichkeit, vgl. Gollwitzer, Karl von Abel.
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schon vor 1837 immer mehr an politischem Einfluß gewann.170 Mit Abel ernannte Ludwig I. einen Minister, der sich nicht nur seinen politischen Absichten - der Stärkung des monarchischen Prinzips und des Katholizismus - anpaßte, sondern sie auch mit »ungewöhnlicher Festigkeit und Begabung«171 durchführte. Die Stärkung des Katholizismus durch den bayerischen Königs hatte Auswirkungen auf das Verhältnis Bayerns zum Deutschen Bund sowie auf die Pressepolitik. Mit Preußen befand sich Bayern Ende des Jahres 1837 in einem offenen Konflikt, der hauptsächlich durch die Presse geschürt wurde. Auslöser für die Pressefehde war der Mischehestreit, der mit der Verhaftung des Kölner Erzbischofs Droste-Vischering seinen Höhepunkt erreichte.172 In Bayern erschienen kurz darauf zahlreiche Streitschriften, die sich mit dem Thema Katholizismus versus Protestantismus bzw. Bayern versus Preußen auseinandersetzten. Die wohl berühmteste katholische Schrift ist der Athanasius von Joseph Görres. Der Publizist nahm auch in seinen Historisch-Politischen Blättern gegen Preußen Stellung.173 Zentrales Objekt des Streites zwischen den beiden Staaten war jedoch die Neue Würzburger Zeitung, die von Ernst Zander herausgegeben wurde.174 Zander polemisierte offen gegen das Vorgehen Preußens und gab daher Anlaß zu zahlreichen Beschwerden der preußischen Regierung. Um diese zu beruhigen, unterstellte Abel alle Artikel, die das Kölner Ereignis behandelten, der Zensur, da sie über ein außenpolitisches Thema berichteten. »Eine ruhige Erörterung, die leidenschaftslos auf dem wissenschaftlichen Felde des Kirchenrechts wie des geistlichen Staatsrechts das Ereignis«175 diskutierte, wurde jedoch geduldet. Ludwig I. und sein Innenminister waren zunächst nicht gewillt, schärfer gegen die katholischen Journale vorzugehen, im Gegenteil, ab März 1838 wurden die protestantischen Blätter unter schärfere Zensur gestellt.176 Erst als die preußische Regierung ihre Beschwerde gegen die Neue Würzburger Zeitung dem Deutschen Bundestag vorlegte, reagierte die bayerische Regierung. Abel erließ am 23. April 1838 eine Verordnung, die die Zensur ohne Unterschied zwischen innerer und äußerer Politik für alle politischen Zeitungen und periodischen Schriften politischen Inhalts wieder einführte und Inserate in diese
170
Heinz Gollwitzer, Bemerkungen zum politischen Katholizismus im bayrischen Vormärz und Nachmärz, in: Staat und Parteien, Festschrift für Rudolf Morsey zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Karl Dietrich Bracher u.a., Berlin 1993, S. 2 8 3 - 3 0 4 , hier S. 284f.
171
Doeberl, Entwicklungsgeschichte, Bd. 3, S. 127. Vgl. Grisar, Kölner Wirren; Huber Verfassungsgeschichte, Bd. 2, S. 185-268; Franz Schnabel, Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert, Bd. 4: Die religiösen Kräfte, Nachdruck München 1987, S. 106-166, und Rupert Hacker, Die Beziehungen zwischen Bayern und dem Hl. Stuhl in der Regierungszeit Ludwigs I. 1825-1848, Tübingen 1967.
172
173
Vgl. Franz Rhein, Zehn Jahre »Historisch-Politische Blätter« 1838-1848. Ein Beitrag zur Vorgeschichte des Zentrums, Bonn Diss. 1916. 174 Yg[ hierzu ausführlich Grisar, Kölner Wirren. Zu Zander vgl. auch Elmar Roeder, Der konservative Journalist Ernst Zander und die politischen Kämpfe seines »Volksboten«, München 1972 (Miscellanea Bavarica Monacensia, Heft 41). 175 Grisar, Kölner Wirren, S. 40. 176 Z.B. der Fränkische Merkur und der Correspondent von und für Deutschland, vgl. ebenda, S. 14 und 72 a.
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Zensur einschloß.177 Der Ministerialerlaß durfte nicht veröffentlicht werden, seine Auswirkungen waren für die Redakteure der bayerischen Journale indes spürbar.178 Die Ausdehnung der Zensur genügte jedoch nicht. Gleichzeitig verfügte Abel, daß alle neuen Blätter nur mit, allerdings lediglich unter dem Vorbehalt des Widerrufs gegebener, Genehmigung des Königs durch die Post verbreitet werden dürften. 179 Der Genehmigungsweg für eine neue Zeitung ging über das örtliche Postamt, das den Antrag der Generaladministration der kgl. Posten vorlegte, dann über das Außenministerium zum Innenministerium, das wiederum die Bewilligung oder Ablehnung des Königs einholte.180 Die Genehmigungspflicht für den Postdebit der Zeitungen stand im Widerspruch zum Geist der bayerischen Verfassung, da nach § 2 des Presseediktes keine besondere Genehmigung zur Herausgabe einer Zeitung notwendig war. Ohne eine Debiterlaubnis konnte eine Zeitung jedoch nur schlecht verbreitet werden. Die Umgehung der Verordnung durch die Versendung der Zeitungen unter Couvert war in der Regel ausgeschlossen, da dies eine unverhältnismäßige Verteuerung der Zeitung nach sich gezogen hätte. Abel umging mit dieser geheimen Verordnung eine Verfassungsänderung, die die Zustimmung der Kammern benötigt hätte. Trotz dieser Verordnungen war die preußische Regierung in Sachen Neue Würzburger Zeitung zur Klage beim Bundestag entschlossen. Erst durch den von Ludwig I. arrangierten Rücktritt Zanders von der Redaktion der Neuen Würzburger Zeitung konnte ein Vorgehen des Deutschen Bundes gegen Bayern verhindert werden.181 Bayern wurde aber trotz seines Einlenkens im Fall Zander eine »Hochburg der katholischen und ultramontanen Publizistik«.182 Protestantische Meinungsäußerungen wurden ebenso scharf unterdrückt wie Artikel der liberalen Opposition. Der Ministerialerlaß vom 23. April 1838 war die erste von vielen Verordnungen zur Unterdrückung der Presse unter dem Innenminister Abel. Der Postdebit bot noch zahlreiche Gelegenheiten, die Journale zu überwachen. Ab dem 25. Juni 1839 mußte bei jedem Redaktionswechsel eine neue Genehmigung zur Spedition der Zeitung eingeholt werden,183 1846 dehnte sich diese Instruktion auch auf den Namenswechsel einer Zeitung aus.184 Zur Regulierung der ausländischen Presse wurde das System der Vorzensur ausgebaut. Zuerst wurden einzelne Blätter wie die Leipziger Allgemeine Zeitung 177
Erlaß des Innenministeriums an alle Regierungspräsidenten vom 23.4.1838. BayHStA MA 25004 und StAA Regierung 7055; Text im Anhang. 178 Vgl. Bayrle, Bayerische Presse, S. 88. 179 Vgl. Erlaß des Innenministeriums an alle Regierungspräsidenten vom 23.4.1838, BayHStA MA 25004 und StAA Regierung 7055, Text im Anhang. 180 v g l . Bäuml, Staatspolitik, S. 8. Von der Masse der zu genehmigenden Zeitungen zeugen die dicken Aktenbündel StAM, Archiv der Oberpostdirektion Verz. 7, 1839 Nr. 43; 1840 Nr. 26; 1841 Nr. 32; 1842 Nr. 64; 1843 Nr. 40; 1844 Nr. 24; 1845 Nr. 40; 1846 Nr. 35, 4 4 + 45; 1847 Nr. 39 a+b; Nr. 40. 181 182 183
184
Vgl. Grisar, Kölner Wirren, S. 123-125. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 321. Vgl. Ausftihrungsbestimmung des Innenministeriums an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 27.6.1839, StAA Regierung 7055. Vgl. Bäuml, Staatspolitik, S. 8f.
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oder der Moniteur Parisienne der Vorzensur unterstellt, ab 19. Juli 1838 mußten generell alle außerbayerischen Zeitungen vor der Ausgabe an die Abonnenten den Zensurbehörden vorgelegt werden.185 Um eine Umgehung der Verordnungen durch andere Beförderungsarten zu verhindern, wurde den Redaktionen die ausschließliche Beförderung ihrer Blätter durch die Post vorgeschrieben und ein Ausweichen auf private Vertriebssysteme verboten. Eine lange Liste von abgelehnten oder entzogenen Speditionsbewilligungen zeigt, wie häufig diese Maßregeln angewendet wurden.186 Beschwerden gegen dieses Verfahren sah die Regierung als unbegründet an, da in ihren Augen kein gesetzlicher Anspruch auf den Postdebit einer Zeitung bestand.187 Auf dem Landtag von 1840 setzte sich Abel über alte Souveränitätsbestrebungen der bayerischen Regierung hinweg und erkannte die Verbindlichkeit der Karlsbader Beschlüsse auch für Bayern an.188 Zahlreiche weitere Zensurinstruktionen regelten die Zulassung von Artikeln. Ab dem 28. Dezember 1841 durften Nachrichten über die königliche Familie nur dann zitiert werden, wenn sie in der Münchner politischen Zeitung oder in der Allgemeinen Zeitung mit offizieller Autorisierung abgedruckt waren. 189 Schon im Dezember 1840 wurden Heiratsanzeigen wegen der »Profanierung des heiligsten Bundes« verboten,190 Aufrufe über Geldsammlungen zu öffentlichen Zwecken bedurften ebenso der Genehmigung wie Ankündigungen von Lotterien.191 Unter Innenminister Abel wurde somit das System der Meinungskontrolle in Bayern perfektioniert. Der Gegensatz zwischen Förderung der katholischen Publizistik und Unterdrückung der protestantischen wie liberalen Meinungsäußerungen zeichnete die neue Phase in der bayerischen Pressepolitik aus. Die politische Zielsetzung der Pressepolitik hatte sich geändert, die Mittel der Unterdrückung blieben jedoch die gleichen.192 Verboten war die Herabwürdigung und Verspottung von Behörden, ganzen Bevölkerungsgruppen und Staatsbürgern, außerdem Nachrichten, die eine Beunruhigung der Bevölkerung auslösten, Mitteilungen über Personalveränderungen in den Behörden vor deren offizieller Bekanntgabe, Auszüge aus Anordnungen des Königs, die zu Mißverständnissen führen konnten, Bekanntmachungen amtlicher und nicht öffentlicher Erlasse, Aufrufe zur Teilnahme an öffentlichen Vereinen vor deren Genehmigung sowie nichtoffizielle Bezeichnungen von Amtsstellen, Lan-
185
Vgl. Bayrle, Bayerische Presse, S. 93. Vgl. Bäuml, Staatspolitik, S. 9-11. 187 Vgl. ebenda, S. 11. 188 v g l . Emst Richter, Die Entwicklung des bayerischen Pressrechts von 1848-1874, München Diss. jur. masch. 1952, S. 5. 189 Vgl. Regierungsrat Perglaß an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 29.12.1841, StAA Regierung 7059. 190 Vgl. Innenministerium an die Regierungspräsidien vom 9.12.1840, StAA Regierung 7055. 191 Vgl. Regierungspräsident Stengel an die Zensoren von Schwaben und Neuburg vom 6.3.1843 und Regierungspräsident Fischer an die Zensoren von Schwaben und Neuburg vom 26.3.1844, StAA Regierung 7055. 192 v g l . Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 320. 186
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desteilen, Gebäuden oder Personen.193 Abel übte eine strengere Zensur, »als wenn die Verordnung vom Jahre 1831 erneuert worden wäre.« 194 Vorzensur war die Regel, die Spedition ausländischer Zeitungen streng überwacht. Versuche der Kammer der Abgeordneten, besonders aber Gottlieb Freiherr von Thon-Dittmers, eine verfassungskonforme Pressegesetzgebung anzuregen, schlugen fehl. 195 Die bayerische Regierung täuschte im Falle der Zensur einen intakten Verfassungsstaat vor, doch die Verfassungswirklichkeit war nicht durch Gesetze, sondern durch »monarchischen Absolutismus, bürokratische Willkür und reaktionären Bundeseinfluß«196 geprägt, also durch wechselnde und sich widersprechende Instruktionen auf allen Verwaltungsebenen.197 Außer dem III. Edikt zur Verfassungsurkunde von 1818 gab es kein Pressegesetz. Ausgehend von diesem Edikt waren Ministerialerlasse, Zensurverordnungen und Instruktionen die Grundlage für die Zensur. Der Staat wurde nicht gesetzgeberisch tätig, sondern regelte die Probleme über den Verwaltungsweg. Bezeichnend dafür ist, daß Instruktionen erst dann erlassen wurden, wenn das Ministerium auf konkrete Vorfalle reagieren mußte. Das konnten politische Ereignisse oder bestimmte Artikel in einer einzigen Zeitung sein. Ausgehend von diesen Artikeln wurde eine Instruktion an den Zensor erlassen, die in allen Regierungsbezirken Gültigkeit erlangte.198 Da in der periodischen Presse kaum mehr aktuelle Themen behandelt werden konnten, verlagerte sich die Diskussion solcher Gegenstände auf unperiodisch erscheinende Flugschriften, da diese keiner Vorzensur unterworfen waren. Für Flugschriften gab es keine eindeutige Definition in den Pressegesetzen. Die behördlichen Akten führten sie als Druckschrift, Flugschrift, Pamphlet usw., und sie konnten wegen ihres Umfangs von Büchern nicht mehr unterschieden werden. 199 Auf diese Weise erfreuten sich Flugschriften als Medium der freien Meinungsäußerung schnell großer Beliebtheit. Die Zensurbehörden reagierten mit außerordentlich strenger Überwachung der Buchhandlungen und schneller Beschlagnahme verdächtiger Schriften. Die Souveränität Bayerns gegenüber dem Deutschen Bund blieb in bezug auf die Pressepolitik nur kurze Zeit gewahrt. Der Verfassungsvorbehalt bei der Veröffentlichung der Karlsbader Beschlüsse kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß
193
Vgl. Bayrle, Bayerische Presse, S. 94.
194
Aussage Thon-Dittmers vor der Kammer der Abgeordneten, zitiert nach Finken, Thon-Dittmer, S. 231.
195
Vgl. ebenda, S. 231-235.
196
Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 261.
197
Vgl. Edda Ziegler, »Das papierene Kalb oder die Preß- und Gewissensfreiheit«. Die Pressepolitik Ludwigs I. in der Münchner Publizistik der Jahre 1830/31, in: »Unmoralisch an sich ...«, hrsg. von Herbert G. Göpfert und Erdmann Weyrauch, Wiesbaden 1988, S. 269-291, hier S. 275.
198
Dies ist in allen Zensurakten der Zeitungen nachvollziehbar. V g l . z.B. BayHStA
MInn
25097/1 + III. 199
Vgl.
Hans-Joachim
Ruckhäberle,
Flugschriftenliteratur
im historischen
Umkreis
Georg
Büchners, Kronberg/Taunus 1975, S. 16f.
93
die Zensur in der Realität durch umfangreiche Verordnungen Schritt für Schritt verstärkt wurde und damit auf Metternichs Linie einschwenkte.200 Ein Eingreifen des Deutschen Bundes in die innenpolitischen Belange Bayerns wollten die Könige Maximilian I. und Ludwig I. um jeden Preis verhindern. Mit der schleichenden Verschärfung der Zensur verfolgten sie ihr Ziel in diesem Punkt erfolgreich. In den meisten Fällen kam die bayerische Regierung mit ihren Verordnungen und Verboten den drohenden Bundesmaßnahmen sogar zuvor. Der Rücktritt des Innenministers Karl von Abel201 war ein erstes Anzeichen von Entspannung im Regierungssystem Ludwigs I., das unter anderem auch zur Entspannung der prekären Situation der Presse beitrug. Am 1. Januar 1847 schuf der König das Ministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten,202 dem er u.a. die Aufsicht über die Presse und den Buchhandel als Aufgabengebiet zuwies. Vorläufiger Kultusminister wurde Friedrich Frhr. v. Zu Rhein. Johann Baptist v. Zenetti wurde Innenminister, Georg Ludwig v. Maurer Justizminister und am 17. September 1847 auch Außenminister.203 Das Ministerium setzte vorsichtige Reformen im Sinne des Liberalismus durch. Hinsichtlich der Presse wurde die Zensur der Artikel, die sich mit der Innenpolitik beschäftigten, gelockert. Die Abgeordneten, die auf dem Landtag 1847 die Pressefreiheit gefordert und auf eine sofortige Lockerung der Zensurbestimmungen gehofft hatten, sahen sich aber getäuscht.204 Noch vor Ende der Landtagssitzungen beschloß Ludwig I. einen erneuten Wechsel der Minister. Neuer Kultusminister und daher verantwortlich für die Presse wurde am 1. Dezember der frühere Innenminister Fürst ÖttingenWallerstein, der es verstanden hatte, nach dem Rücktritt Abels seine politischen Konkurrenten um ein Ministeramt beiseite zu drängen. Zwei Wochen nach dem Amtsantritt Öttingen-Wallersteins hob der König die Zensur der inneren Angelegenheiten mit Wirkung zum 1. Januar 1848 wieder auf. Unter Zensur sollten zukünftig nur noch die »Gegenstände der äußeren Politik«, »Artikel, wodurch ein bestehendes Strafgesetz im Verbrechens- oder Vergehensgrade übertreten wird« und »Angriffe auf die Ehre von Privatpersonen« stehen.205 Darin wurde ausdrücklich festgelegt, daß die Normen aus den Jahren 1832 bis 1837 wieder Gültigkeit erlangen sollten. Eine Vollzugsanweisung an sämtliche Kreisregierungen
200 201
202 203
204
205
94
Vgl. Büssem, Karlsbader Beschlüsse, S. 447. Abel reichte mit vier seiner Ministerkollegen wegen der Indigenatsverleihung an Lola Montez durch den König seinen Rücktritt ein. Ende Februar 1847 gestattete Ludwig I. den Ministerwechsel. Zur Vorgeschichte des Rücktritts und zur Affäre um Lola Montez vgl. Gollwitzer, Ludwig I., S. 6 6 8 - 6 8 8 . Weiterhin Kultusministerium genannt. Alle Minister bekamen ihr Amt nur provisorisch übertragen. Vgl. Gollwitzer, Ludwig I., S. 6 9 5 - 7 0 2 . Vgl. Erika Margarete Rupp, Die Pressepolitik unter Ludwig I. mit besonderer Berücksichtigung der Münchener Presse, München Diss, masch. 1953, S. 177. Vgl. Regierungsblatt 1847 Nr. 52, S. 1029-1032., vgl. auch Fortgesetzte Sammlung der im Gebiete der inneren Staatsverwaltung des Königreichs Bayern bestehenden Verordnungen von 1 8 3 5 - 1 8 5 2 aus amtlichen Quellen bearbeitet von Frhr. v. Strauß, N.F. Bd. 2, München 1853 = Döllinger, Sammlung, Bd. 22, S. 133.
erläuterte weiteres.206 Unter »auswärtiger Politik« verstand die Regierung alle Angelegenheiten des Deutschen Bundes an sich, der außerdeutschen Staaten und der Wechselbeziehungen dieser mit Bayern. Dabei waren auch Beleidigungen gegen Dynastien, Angriffe auf die Gesetze, die soziale Ordnung und die Grundlagen eines christlichen Staates zu zensieren.207 Bezüglich des Strafrechts waren Artikel, die Polizeiübertretungen behandelten, im Gegensatz zu Berichten über Verbrechen und Vergehen ausdrücklich ausgenommen. Als Begründung wurde auf den vagen Polizeibegriff und die damit verbundene willkürliche Interpretation bei der Zensur hingewiesen.208 Die einschneidendste Neuerung war neben der Aufhebung der Zensur für innere Angelegenheiten die Interpretation der »Privatehre«. Die Instruktion besagte ausdrücklich, daß Verunglimpfungen von Personen, die durch kein öffentliches Amt auf die Presse Einfluß nehmen konnten, untersagt seien. Hiermit versuchte man »das gemeine Wort von dem Pfuhle der Klatscherei«209 zu unterscheiden. Tadel gegen öffentliche Bedienstete und Beamte, die deren Amtsführung und Tätigkeit betrafen, wurden von dem Verbot ausgenommen. 210 Um die Arbeit der Zensoren und die Beschwerden der Redakteure besser beurteilen zu können, ordnete Öttingen-Wallerstein an, daß Zensurstreifen in dreifacher Ausfertigung vorzulegen und diese monatlich zum Zweck der Registratur an die Kreisregierung und an das Kultusministerium zu übersenden seien.211 Die Zensur wurde nicht mehr so restriktiv gehandhabt wie unter Abel, Basis blieben jedoch weiterhin die geheimen Instruktionen, die schon 1832 bis 1837 galten.212 Die Vorzensur für auswärtige Blätter wurde überprüft, aber nicht aufgehoben.213 Die öffentliche Reaktion auf die Instruktion vom 16. Dezember blieb auch nach deren Veröffentlichung aus. »Das Verhältnis zwischen Regierung und Presse war nach all dem, was sich in dem zurückliegenden Jahrzehnt zugetragen hatte, zu sehr vergiftet, als daß nun durch einen Federstrich eine neue Ära vertrauensvoller Zusammenarbeit hätte beginnen können.«214 Die Revolution von 1848 machte allen Bemühungen der Regierung, einen moderateren Weg in der Pressepolitik zu gehen, vorzeitig ein Ende. In der Proklamation vom 6. März gewährte König Ludwig I. seinen aufgebrachten Bürgern auch
206 Vgl. Vollzugsanweisung des Kultusministeriums an alle Kreisregierungen vom 26.12.1847, StAA Regierung 7109 und BayHStA MA 25004, Text im Anhang. 207 208
209
210 211 212 213
214
Vgl. Abschnitt II.+ V., ebenda. Zur Unterscheidung zwischen Verbrechen, Vergehen und Polizeiübertretung am Beispiel der Majestätsbeleidigung vgl. Droß, Vom Spottgedicht zum Attentat, S. 6 1 - 6 5 . Abschnitt IV, Vollzugsanweisung des Kultusministeriums an alle Kreisregierungen vom 26.12.1847, BayHStA MA 25004, Text im Anhang. Vgl. ebenda. Vgl. Abschnitt VI. + VIII., ebenda. Vgl. Rupp, Pressepolitik, S. 177. Vgl. Instruktion an sämtliche Kreisregierungen vom 15.1.1848, BayHStA MA 25004; vgl. auch Bayrle, Bayerische Presse, S. 106. Armin Huth, Preßfreyheit oder Censur. Staatliche Pressepolitik und politisches Schrifttum in Würzburg und Unterfranken zwischen Revolution und Reaktion ( 1 8 4 7 - 1 8 5 0 ) , Würzburg 1975, S. 41.
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endlich die Pressefreiheit.215 Die rigide Aufsicht auf die Zeitungen mit Hilfe des Postdebites sollte ebenfalls abgeschafft werden. Schon neun Tage nach der Abdankung König Ludwigs I. erließ Maximilian II. die Weisung, daß der Debit neuer Zeitungen nicht mehr genehmigt werden mußte, sondern eine Anmeldung zum Debit genüge. 216 Wie setzte man aber die Gesetze und administrativen Instruktionen während der Jahre 1815 bis 1848 in die Praxis um? Welche Auswirkungen hatte eine Zensur, wie Metternich sie in Bayern durchsetzen wollte und konnte, auf eine Zeitung wie die AZ? Am konkreten Beispiel soll dargestellt werden, wie die Mechanismen der Zensur arbeiteten, wer die beteiligten Personen waren und wie sich die Zensur der AZ sowie die Zeitung selbst entwickelten.
3.2.
Die Zensoren der Allgemeinen Zeitung Die schlechteste Partie Mädel, ο Mädel, was fällt dir ein! Bist du a u f s Frei'n so verpicht? Willst du den Censor, den Censor frei'n? Findet kein Andrer sich nicht? Wenn ich den Censor betrachte recht, Müßt ich des Teufels doch sein, Wollt ich nicht lieber den Schinderknecht, Als so 'en Censor mit frei'n. Schinderknecht ist ja noch Poesie Gegen den Censor gemeint: Tötet der Schinder das kranke Vieh, Tötet der Censor den Geist. 2 1 7
Das Gedicht Hoffmanns von Fallersleben ist eines der vielen literarischen Zeugnisse, die Zensorenschelte übten. Außer ihm gab es noch viele Schriftsteller, die in ihren Werken die Zensur kritisierten.218 Diese Texte verwenden durchgehend den literarischen Topos des ungebildeten, engstirnigen und bürokratischen Zensors. 219 2,5
216
217 218
219
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Zur Revolution in Bayern vgl. Karl Joseph Hummel, München in der Revolution von 1848/1849, Göttingen 1987 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Bd. 30). Allgemein vgl. Wolfram Siemann, Die deutsche Revolution von 1848/49, Frankfurt am Main 1985. Vgl. Johann Brunner, Die bayerische Postzeitungsliste von 1848, in: Archiv für Postgeschichte in Bayern 1973, H. 1, S. 46. Vgl. dazu auch Johann Brunner, Bayerns Postzeitungswesen im Jahre 1848, in: Archiv für Postgeschichte in Bayern 1930, H. 1, S. 53-62. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, Deutsches Liederbuch, Leipzig 1848. So z.B. Arnold Rüge, Gustav von Struve, Karl Marx, Ferdinand Coelestin Bernays u.a. Heinrich Heine veröffentlichte in den Reisebildern das wohl bekannteste Zensorengedicht, welches mit »Die deutschen Censoren« beginnt und außer dem Wort »Dummköpfe« nur Striche enthält, die die üblichen Zensurstriche sowohl darstellen als auch satirisch aufnehmen. Vgl. Siemann, Ideenschmuggel, S. 96f. Vgl. Kanzog, Literarische Zensur, S. 1031.
Häufig benutzte Begriffe waren »Dummkopf«, aber auch »Gedankenmörder«, »Schinder« und »Henker«.220 Das Gedicht Hoffmanns von Fallersleben verdeutlicht, was die Schriftsteller bzw. Publizisten von ihren Zensoren hielten. Einige Zensoren empfanden ihr Amt aber nicht als mörderische oder stupide Tätigkeit. Ein bekannter Vertreter seines Berufsstandes war der preußische geheime Hofrat Karl Ernst John. Er war promovierter Jurist und arbeitete seit 1812 als Sekretär bei Goethe, bis er sich Ende 1813 mit diesem überwarf.221 Über Umwege gelangte er schließlich in den preußischen Staatsdienst und wurde 1821 Lokalzensor der Berliner Zeitungen, 1823 Zensor für politische Zeitungen und etwas später auch für die Schriften zuständig, die nach Preußen importiert wurden. Wegen seiner Verdienste um die Zensur wurde er 1823 vom Regierungssekretär zum Hofrat befördert und zum Redakteur der Allgemeinen Preußischen Staatszeitung gemacht. Er sehnte sich jedoch bald nach seinem Amt als Zensor zurück, wurde im Juli 1832 als solcher wieder eingesetzt und bekam die gesamte Berliner Zensur übertragen. 1836 erklomm er »die höchste Staffel des Ruhmes«,222 als ihn seine Vorgesetzten zum alleinigen Zensor für das »Junge Deutschland« ernannten. In dieser Eigenschaft verbot er nicht nur die verschiedensten Schriften, sondern schrieb auch rezensierende Abhandlungen über die zensierten Werke. War John ein Mensch, der an der Zensur von Schriften sogar eine gewisse Freude empfand, so mußte der Schriftsteller Joseph Freiherr von Eichendorff den Beruf eines Zensors ergreifen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. 223 Wie John und Eichendorff ist auch der österreichische Zensor, Redakteur, Autor und Vizedirektor des Burgtheaters Ludwig Deinhardstein224 als Einzelperson bekannt geworden. Diesen steht jedoch eine große Anzahl an Amtskollegen gegenüber, die weder Schriftsteller oder Publizisten noch bekannt oder berühmt waren. Zur Verdeutlichung der Stellung der bayerischen Zensoren soll hier in Kürze die Situation der württembergischen und die der preußischen Zensoren im frühen 19. Jahrhundert skizziert werden. Im 18. Jahrhundert führten die Zensoren ihre Aufgabe als zusätzliches Amt neben ihrer eigentlichen Berufstätigkeit aus. 225 Sie waren Geistliche, Universitätsprofessoren oder Bibliothekare, die aufgrund ihrer wissenschaftlichen Qualifikationen für das Amt des Bücherzensors von der Regierung berufen wurden. Für die Zeitungszensur gab es eine eigene Zeitungszensur220
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222 223
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225
In Karikaturen wurden sie meist mit Schere, blutroter Tinte und Henkerseil dargestellt. Vgl. Radlik, Heine, S. 479f. Ausführlicher zu John: H.H. Houben, Verbotene Literatur von der klassischen Zeit bis zur Gegenwart. Ein historisch kritisches Lexikon über verbotene Bücher, Zeitschriften und Theaterstücke, Schriftsteller und Verleger, 2 Bde., Bremen 1925/26, Neudruck Hildesheim 1965, Bd. II. S. 290-300. Vgl. Houben, Verbotene Literatur, S. 298f. Vgl. Wolfgang Frühwald: Der Regierungsrat Joseph von EichendorfF. Zum Verhältnis von Beruf und Schriftstellerexistenz im Preußen der Restaurationszeit, in: Archiv für Sozialgeschichte der Literatur 4 (1979), S. 37-67. Vgl. Silvester Lechner, Gelehrte Kritik und Restauration: Metternichs Wissenschafts- und Pressepolitik und die Wiener Jahrbücher der Literatur (1818-1849), Tübingen 1977, S. 2 3 2 250; ders. Eine Ästhetik der Zensur. Johann Ludwig Deinhardstein als Kritiker, in: Literatur in der sozialen Bewegung, hrsg. von Alberto Martino, Tübingen 1977, S. 284-326. So z.B. in Württemberg. Vgl. auch zum folgenden Siemann, Ideenschmuggel, S. 97-99.
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behörde. Auch für die Mitglieder des württembergischen Oberzensurkollegiums, das von 1808 bis 1817 bestand, war die Zensur eine Zusatzaufgabe neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit. Erst in den Jahren nach dem Wiener Kongreß und der Verabschiedung der Karlsbader Beschlüsse »vollzog sich der Wandel zum hauptamtlichen Zensor im Staatsdienst«.226 So wurde z.B. in den preußischen Rheinlanden 1819 die Verantwortlichkeit für die Zeitungszensur den Oberpräsidenten der Regierungsbezirke zugeteilt, die die Ausführung wiederum lokalen Staatsbeamten übertrugen.227 Es waren demnach überwiegend Landräte, die die Zensur als Teil der polizeilichen Aufgaben ausüben mußten, oder die Polizeipräsidenten selbst waren als Zeitungszensoren tätig. Auch für sie war diese Tätigkeit ein Nebenamt, zunächst sogar ohne zusätzliche Vergütung. Als Ausgleich für ihre Tätigkeit konnten sie aber Zensurgebühren verlangen, die die Verleger der Zeitungen bezahlen mußten, 228 da die Zensur ihnen ja die Möglichkeit der legalen Verbreitung sicherte. Die Zensurgebühren mußten die Zensoren selbst mit den Verlegern abrechnen und von diesen eintreiben. Mit der Reorganisation des Zensurwesens in Preußen 1843 übernahm das Berliner Ministerium des Innern die Aufsicht über die Zensoren auch in den einzelnen Regierungsbezirken. Der Innenminister ernannte Regierungsräte als Bezirkszensoren für alle Druckschriften und Lokalzensoren für die Zeitungen. Die Lokalzensoren übten jedoch ihr Amt auch weiterhin unter der Aufsicht der Oberpräsidenten der Regierungsbezirke aus. An dem Personenkreis der zur Zeitungszensur berufenen Beamten und an ihrer Stellung änderte sich aber nichts.229 Im Gegensatz zu den Jahren vor 1843 sollten sie jedoch eine Entlohnung aus der Regierungshauptkasse erhalten, die aus der Anzahl der zensierten Zeitungen und ihrer Bogenzahl errechnet wurde.230 Frederik Ohles bemerkt in seinem Buch über die Zensur in Hessen-Kassel sehr richtig, daß die Zensoren des 18. Jahrhunderts meist Fachleute, d.h. Universitätsprofessoren oder Geistliche waren, die die Autoren oft kannten und einiges vom Inhalt der Schriften verstanden. Die Zensoren des 19. Jahrhunderts waren jedoch häufig Beamte, deren Ausbildung mit Literatur und Wissenschaft nicht viel zu tun hatte. Die Autoren waren fur diese Beamten meist Unbekannte, die Zensur ein technischer Vorgang und der Inhalt der zu zensierenden Schriften hatte mit ihrem eigenen Berufsumfeld wenig zu tun.231 226
227
228 229 230
231
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Ebenda, S. 99. Zu Zensoren in Baden vgl. Hildegard Müller, Liberale Presse im badischen Vormärz. Die Presse der Kammerliberalen und ihre Zentralfigur Karl Mathy 1840-1848, Heidelberg 1986, S. 7 2 - 7 4 . Vgl. Karl Kruchen, Die Zensur und deren praktische Anwendung bei rheinischen Zeitungen in der vormärzlichen Zeit 1814-1848, in: Düsseldorfer Jahrbuch 34 (1928), S. 1-136, hier S. 40ff. Vgl. ebenda, S. 46f. Vgl. ebenda, S. 66ff., besonders aber S. 78ff. Die Verleger wurden durch diese Regelung jedoch nicht von der Bezahlung der Zensurgebühren befreit. Die Abrechnung der Zensurgebühren zwischen Verlegern und Zensoren übernahm nun an Stelle der Zensoren die Regierungshauptkasse. Vgl. Kruchen, Die Zensur und deren praktische Anwendung, S. 79f. Vgl. Frederik Ohles, Germany's Rude Awakening. Censorship in the Land of the Brothers Grimm, Kent 1992, S. 48.
3.2.1.
Ausbildung und Lebensweg der bayerischen Zensoren
Wie aber war die Zeitungszensur in Bayern geregelt, wer war in Augsburg für die Zensur der ΑΖ zuständig? Im Zuge der Zentralisierung und der Neugliederung des Staatsgebietes unter dem Staatsminister Graf Montgelas wurde Bayern in 15, nach Flußnamen benannte, Kreise eingeteilt und als Mittelbehörde für jeden Kreis ein Generalkommissariat eingerichtet.232 Sitze der Mittelbehörde waren für den Lechkreis Augsburg und für den Oberdonaukreis Ulm, wo die ΑΖ bis 1810 erschien. Bereits 1810 und nochmals 1817 wurden mehrere Kreise zusammengefaßt und neu strukturiert. Der heutige Regierungsbezirk Schwaben erhielt den Namen »Oberdonaukreis« mit Sitz des Generalkommissariats in Augsburg. König Ludwig I. änderte mit der Verordnung über die »Einteilung des Königreichs Bayern« 1837 den Namen in Kreis »Schwaben und Neuburg«. 233 Die Generalkommissariate bzw. Kreisregierungen waren die Vollzugs- und Aufsichtsbehörden der Ministerien des Inneren und der Finanzen. Deshalb wurden jeweils eine Kammer des Innern und eine der Finanzen bei den Kreisregierungen eingerichtet. Die Kammern wurden von jeweils einem Regierungsdirektor geleitet, der wiederum dem gesamtverantwortlichen Regierungspräsidenten unterstand.234 Die Zensur war Aufgabe der Landgerichte bzw. Stadtkommissariate, die die Verwaltungs- und Polizeiaufgaben zu erfüllen hatten.235 Auch diese Unterbehörden waren dem Regierungspräsidenten unterstellt. In Augsburg selbst war das Amt des Stadtkommissärs häufig mit dem eines Regierungsrates aus dem Regierungskollegium in Personalunion verknüpft. Die Zensur der Augsburger Zeitungen führte in den meisten Fällen der Stadtkommissär oder ein anderer Beamter aus dem Regierungskollegium durch. Der berufliche Werdegang war daher bei allen Beamten ähnlich und nach den Grundsätzen der Ausbildung und den Prüfungskriterien der bayerischen Beamtenschaft geregelt. Die bayerischen Beamten wurden von ihrem Dienstherrn ausreichend besoldet, es war ihnen der Schutz vor Entlassung gesetzlich zugesichert. Den Beamten wurde somit die Möglichkeit gegeben, ihren Dienst zu versehen, ohne auf Bestechungsgelder und zusätzliche Nebeneinkünfte angewiesen zu sein. Die Anstellung und Beförderung war nach dem Leistungsprinzip geregelt.236 Rechte und Pflichten der Beamten wurden erstmalig
232
Zur Verwaltungsgeschichte in Bayern vgl. Wilhelm Volkert, Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799-1980, München 1983. Hier vgl. besonders Bernhard Hagel, Vom Landrath des Oberdonaukreises zum Bezirkstag Schwaben. Anmerkungen zur politischen Geschichte der dritten kommunalen Selbstverwaltungsebene in Bayern, in: Aus Schwaben und Altbayern. Festschrift für Pankraz Fried zum 60. Geburtstag, hrsg. v. Peter Fassl, Wilhelm Liebhardt u.a., Sigmaringen 1991, S. 3 1 - 3 6 , hier S. 31.
233
Vgl. ebenda, S. 32. 234 v g l . Reinhard Häuf, Staatliche Verwaltung in Bayern und Preußen zwischen Beharrung und Reform 1808-1920, in: Dienst für die Geschichte. Gedenkschrift für Walter Hubatsch, hrsg. v. Michael Salewski, Göttingen/Zürich 1985, S. 7 1 - 9 2 , hier S. 74. 235 236
Vgl. B a y H S t A M I n n 4 1 0 1 8 . Vgl. Götschmann, Innenministerium, S. 130. Vgl. auch Walter Schärl, Die Zusammensetzung der bayerischen Beamtenschaft von 1806-1918, Kallmünz 1955, und Bernd Wunder, Privilegierung und Disziplinierung. Die Entstehung des Berufsbeamtentums in Bayern und Württemberg ( 1 7 8 0 - 1 8 2 5 ) , München 1978. Allgemein: H.J. Henning, Die deutsche Beamtenschaft
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in der Dienstpragmatik von 1805, später dann in der Verfassung von 1818, Beilage IX, gesetzlich festgelegt. Dabei muß jedoch bedacht werden, daß nur die Laufbahn im höheren Dienst den Beamtenstatus ermöglichte. Für diesen höheren Dienst war bereits 1803 eine Ausbildung im Rechts- und Verwaltungswesen vorgeschrieben. Da die Zensoren der AZ ausschließlich Beamte waren und somit die Ausbildung für den höheren Dienst durchschritten hatten, sei diese in Kürze dargestellt. Voraussetzung war ein dreijähriges Jurastudium, wenn möglich an einer der Landesuniversitäten, und ein anschließendes Praktikum an einem Land-, Kreis-, Stadt- oder Herrschaftsgericht.237 Nach dieser Grundausbildung konnten sie die für ihre Laufbahn sehr wichtige Staatsprüfung, den »Concurs«, ablegen. Die Prüfung bestand aus einem theoretischen und einem praktischen Teil und wurde in den Fächern Administration und Justiz abgenommen. 238 Nur die besten der Prüflinge - die Noten »mit höchster Auszeichnung« und »mit Auszeichnung« waren Voraussetzung - wurden zum nächsten Ausbildungsabschnitt, dem sogenannten Akzeß, zugelassen.239 Der Akzeß war ein zweijähriges Praktikum - meist bei einer Kreisregierung - , wovon das erste Jahr in Kanzlei, Registratur und Sekretariat der Regierungsbehörde, das zweite Jahr bei einem Regierungsrat abgeleistet werden mußte. Folglich wurden diese beiden Ausbildungsabschnitte als Kanzlei- und Ratsakzeß bezeichnet. Für ihre Tätigkeit während der beiden Jahre bekamen die Praktikanten keinen Lohn. Nach dem zusätzlichen Praktikum konnte die Akzeßprüfiing, die von der jeweiligen Kreisregierung durchgeführt wurde, abgelegt werden. Die Prüfung selbst bestand aus der »Bearbeitung eines schwierigen Geschäftsvorganges, bei dem Fragen von prinzipieller Bedeutung zu entscheiden waren und aus einer mündlichen Prüfung mit allgemeinen Fragen aus dem Gebiet der Verwaltung und der Justiz.«240 Die Prüfungsergebnisse wurden dem Innenministerium vorgelegt, das wiederum die positive Bestätigung der Ergebnisse beim König beantragte. Mit der Bestätigung der Prüfung durch den König konnte sich der Akzessist auf eine Stelle im höheren Dienst bewerben. Die Wartezeit zwischen Bewerbung und Ernennung auf eine Stelle wurde ebenfalls durch unbezahlte Tätigkeit bei der Kreisregierung überbrückt. Erst 1836 wurden die Stellen der Akzessisten zu Regierungssekretärsstellen der 2. Klasse umgewandelt und somit auch honoriert.241 Die sieben- bis achtjährige Ausbildung mußte bis dahin von der Familie des Kandidaten getragen werden. Dadurch ist erklärlich, daß die Beamten meist den gehobenen sozialen Schichten entstammten.242 Eine besondere Eignung oder Ausbildung für die Tätigkeit als Zensor mußten die Beamten hingegen nicht nachweisen. Die Zensur wurde als eine der vielen im 19. Jahrhundert. Zwischen Stand und Beruf, Stuttgart 1984, und Bernd Wunder, Geschichte der Bürokratie in Deutschland, Frankfurt am Main 1986. 237 238 239
240 241 242
100
Vgl. auch zum weiteren Götschmann, Innenministerium, S. 135ff. Zur Problematik und Veränderung der Staatskonkursprüfung vgl. ebenda, S. 136-140. Prüflinge mit schlechteren Noten konnten sich um Stellen als Schreiber, Kanzlist, Protokollist usw. bewerben. Götschmann, Innenministerium, S. 143. Vgl. ebenda, S. 144. Vgl. ebenda, S. 146-151.
Diensttätigkeiten verstanden, für die die übliche Ausbildung zum Staatsbeamten ausreichte. In den Jahren von 1815 bis 1848 waren insgesamt zehn Regierungsräte längerfristig Zensoren der AZ, vier weitere in Vertretung oder nur für kurze Zeit. 243 Am 20. Juli 1814 begann Ludwig Wirschinger seine Tätigkeit als Zensor der AZ. Der am 30. September 1781 im Fürstentum Regensburg als Sohn eines Schneidermeisters geborene Wirschinger244 war katholischen Glaubens, er besuchte das bischöfliche Lyceum in Regensburg. Dank der Förderung durch den Regierungs- und Hofgerichtsdirektor Epplen konnte er im fürstbischöflichen Amt Wörth an der Donau erste Amtspraxis für die Vorbereitung auf den Staatsdienst erwerben. Danach trat Wirschinger sein Jurastudium an der Universität in Landshut an, das er 1805 mit einer preisgekrönten Dissertation abschloß. 245 Nach seiner Rückkehr nach Regensburg bearbeitete er als Sekretär die Statistik des Fürstentums. 1806 bekam er die Landrichterstelle in Wörth an der Donau bei Regensburg übertragen. Als das Fürstentum 1810 an Bayern überging, bemühte sich Wirschinger um eine Anstellung als Regierungsrat, die ihm aber erst einige Jahre später zugestanden wurde. Im Mai 1811 übersiedelte er nach Landshut, ein halbes Jahr später nach München, um dort als Polizeikommissär zu arbeiten. Im Jahr 1814 wurde er als provisorischer Polizeidirektor nach Augsburg berufen. 246 Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde ihm vom Augsburger Generalkommissär Freiherrn von Gravenreuth die Zensur der AZ übertragen. Anfangs zensierte er so ängstlich, daß er sogar die Nachricht über eine Unpäßlichkeit des österreichischen Kaisers Franz I. strich. »Er korrigierte die Manuskripte wie Schülerarbeiten« und widerrief oft bereits erteilte Abdruckgenehmigungen am selben Nachmittag. 247 Am 2. Januar 1818 übertrug Gravenreuth die Zensur auf Freiherrn von Seida.248 Wirschinger avancierte im gleichen Jahr zum Stadtkommissär und ein Jahr später zum »wirklichen Regierungsrath«. Im Oktober 1819 übernahm er wieder die Zensur der AZ und behielt diese Aufgabe bei bis zu seiner Versetzung als Ministerialrat ins Innenministerium nach München am 18. Oktober 1823. Er wechselte 1828 ins Finanzministerium und stieg dort zum Vorstand der Generalzolladministration auf. Am 2.1.1835 wurde er Finanzminister. Er starb am 17. März 1840 an einem Krebsleiden 249 Der zeitweilige Vertreter Wirschingers, Franz Eugen Freiherr von Seida, war seit 1799 Präsident des inneren Senats und Oberrichter in Augsburg. Er wurde 1772 in 243
Es sind alle Zensoren der AZ namentlich bekannt, ihre Biographien sind jedoch nur in sehr unterschiedlichem Maße nachvollziehbar. Zu einigen gibt es weder im StA Augsburg noch im BayHStA Personalakten oder sonstige Hinweise. 244 Vgl. Götschmann, Innenministerium, S. 318-321, und Schärl, Beamtenschaft, S. 117. Außerdem BayHStA MInn 35834, 37597 und MA 43712. 245 Ausführlicher Götschmann, Innenministerium, S. 318f. 246 Diese Stelle wurde ihm 1817 fest zugesprochen. Vgl. ebenda, S. 320. 247 Vgl. Bitterauf, Zensur in Bayern, S. 324. 248 Laut Bitterauf trat Gravenreuth von der Zensur zurück. Er war jedoch nur für ihre ordnungsgemäße Durchführung verantwortlich. Vgl. ebenda, S. 327. 249 vgl. Regierung von Oberbayern an Innenministerium vom 23.3.1840, BayHStA MInn 35384.
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Rheinburg (Kurköln) geboren und stand als Offizier im kurkölnischen Dienst, bevor er 1797 Stadtgerichtsassessor in Augsburg wurde. Neben seinen beruflichen Pflichten war Seida publizistisch tätig. 1817 übernahm er die Redaktion άζτ Augsburger Postzeitung.250 Gravenreuth hielt dies für unvereinbar mit den Aufgaben eines Staatsdieners,251 übertrug ihm aber trotzdem zeitweilig (1818-1819) die Zensur der AZ. Durch seine publizistische Erfahrung und Tätigkeit kannte er die Probleme eines Redakteurs sehr gut. Aber gerade seine redaktionellen Tätigkeiten rückten Seida in den Augen der Regierung zu nahe an die Redakteure heran, denen ein Zensor ihrer Meinung nach eher distanziert gegenüberstehen sollte. Gravenreuth sah bei Seida eine Interessenkollision, die er nicht unterstützen wollte, und übertrug die Zensur wieder auf Wirschinger. Seida übernahm die Zensur nur noch in Vertretungsfällen.252 Als Nachfolger Wirschingers war der Regierungsrat Franz Xaver Krafft von Dellmensingen 253 junior vorgesehen. Im November 1823 schrieb Stegmann an Johann Friedrich Cotta, Krafft junior sei ein junger, im Fache der Zensur noch ganz ungeübter Mann, der guten Willens sei, aber außerordentlich ängstlich und furchtsam. Eine offizielle Bestätigung des neuen Zensors konnte er aber noch nicht melden.254 Krafft junior teilte sich die Zensur der Augsburger Zeitungen vorübergehend mit Seida, denn Stegmann schrieb einen Monat später, daß Seida die Zensur immer noch provisorisch durchführen würde und bereits ein neuer Zensor aus München eingetroffen sei.255 Dieser neue Zensor war der Regierungsassessor Graf Carl Giech.256 Er stammte aus der reichsständischen Familie Giech und wurde am 29. Oktober 1795 als zweiter Sohn des Grafen Carl von Giech in Thurnau geboren. 1811 besuchte er die Universität Heidelberg, später die Universitäten Erlangen und Würzburg. Giech studierte Jura, beschäftigte sich mit Philosophie und stand mit dem Heidelberger Philosophen Johann Jakob Wagner in engem Kontakt. Als einer der wenigen Abkömmlinge der mediatisierten Reichsgrafen stellte sich Giech auf die neuen rechtlichen Grundsätze ein und ergriff die Beamtenlaufbahn. Er arbeitete zuerst als Rechtspraktikant, Akzessist und Assessor im Untermain- und Isarkreis, bevor er nach Augsburg zur Regierung des Oberdonaukreises versetzt wurde. Dort wurde er am 9. Dezember 1823 zum Zensor der AZ ernannt.257 Obwohl er versuchte, 250 251 252
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254 255 256
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Vgl. Hart, Augsburger Postzeitung, S. 36. Vgl. Gravenreuth an Innenministerium vom 10.10.1817, BayHStA MInn 35606. Am 28. September 1826 starb Seida in Augsburg. Vgl. Mitteilung an das Innenministerium vom 28.9.1826, BayHStA MInn 35606. Über diesen Beamten ist nichts bekannt. Der Vollständigkeit halber soll aber auch er erwähnt werden. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 64 vom 1.11.1823. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 68 vom 11.12.1823. Vgl. Schärl, Beamtenschaft, S. 198, und Heinz Gollwitzer, Graf Carl Giech 1795-1863. Eine Studie zur politischen Geschichte des fränkischen Protestantismus in Bayern, in: ZBLG 24 (1961), S. 102-162. Vgl. Generalkommissar der Regierung des Oberdonaukreises an Giech vom 9.12.1823, StAA Regierung 7070.
dieser Aufgabe zu entgehen, hatte er bis zu seiner Beförderung zum Regierungsrat im Untermainkreis am 21. Dezember 1824 das Zensoramt auszuüben. 258 Stegmann bezeichnete Giech als strengen und ängstlichen Zensor, 259 der sich korrekt an die Weisungen aus München hielt.260 Giech wurde 1832 Regierungsdirektor in Würzburg, von 1838 bis 1840 war er Regierungspräsident von Mittelfranken. In Würzburg zensierte er die Neue Würzburger Zeitung des Journalisten Zander, der seine Zeitung als Sprachrohr gegen das Vorgehen Preußens in den Kölner Wirren benutzte. 261 Der Protestant Giech hatte dabei den schwierigen Weg zwischen einem wichtigen Staatsinteresse, der Verteidigung der katholischen Religion, und seinen eigenen Glaubensvorstellungen zu finden. Erst die Kniebeugungsorder262 Ludwigs I. trieb Giech in die kirchenpolitische Opposition und nach einer ehrverletzenden Auseinandersetzung mit dem Innenminister Abel reichte er seinen Abschied ein.263 Giech wandte sich der Opposition gegen Ludwig I. zu und schrieb eine Denkschrift über die Mißbräuche der bayerischen Verwaltung.264 Er widmete sich der Bekämpfung der Kniebeugungsorder und setzte sich für den Protestantismus in Franken ein. 1846 starb sein älterer Bruder Hermann, und Giech übernahm die Standesherrschaft. Giech vertrat von da an seine Ziele auch in der Kammer der Reichsräte und setzte sich unter anderem für die Pressefreiheit ein.265 Während der Revolution von 1848 entsagte Giech allen standesrechtlichen Vorzügen, wodurch er eine Verständigung mit seinen Untertanen in Thurnau erreichen und revolutionäre Aktionen verhindern konnte. Er trat für die Reform der Kammer der Reichsräte ein und rückte am 23. Oktober 1848 als Ersatzmann für die Stadt Hof in die Frankfurter Nationalversammlung nach. Er schloß sich dort der »äußersten preußisch gesinnten Rechten«, der Fraktion »Cafe Milani«, an.266 Auch in Frankfurt führte er seine Reformpolitik fort und wurde schließlich fraktionslos. Am 18. Mai 1849 trat er aus der Nationalversammlung aus, da er zu den Nachfolgern des Ministeriums Gagern kein Vertrauen mehr hatte. Bis zu seinem Tod am 2. Februar 1863 widmete er sich seinen Aufgaben als Standesherr und Reichsrat. Giech zensierte die AZ nur eineinhalb Jahre, stellte sich aber dieser Aufgabe wie allen seinen Regierungstätigkeiten. Von allen Zensoren der AZ vor 1848 entwickelte er sich zum politisch aktivsten und streitbarsten Mann. 258
Vgl. Rescript vom 21.12.1824, BayHStA MInn 3 5185. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 69 vom 29.12.1823. 260 v g l . CA, CB Stegmami an Cotta Nr. 70 vom 20.1.1824. 261 Zur Neuen Würzburger Zeitung und deren Zensur vgl. Grisar, Kölner Wirren. 262 Ludwig I. hatte befohlen, daß sich das Militär beim Vorübergehen am Allerheiligsten ohne Rücksicht auf die konfessionelle Zugehörigkeit niederknien mußte. Diese Anordnung führte zu zahlreichen Differenzen mit der protestantischen Kirche. Vgl. Gollwitzer, Ludwig I., S. 5 9 5 - 5 9 8 . 259
263
264
265 266
Über die Motive Giechs zum Austritt aus dem Staatsdienst vgl. GHA ARO 21 II, Giech an Ludwig I. vom 12.9.1840. »Darstellung aller Motive, welche in mir den Entschluß hervorgerufen haben, meinen Rücktritt aus dem allerhöchsten Dienst Eurer Majestät zu nehmen«, vgl. A. Chroust, Ein Kritiker Ludwigs I. von Bayern, in: ZBLG 13, 1940/41, S. 5 3 - 8 6 . Vgl. Gollwitzer, Giech, S. 145. Vgl. ebenda, S. 149.
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Als Vertreter im Zensurgeschäft wurde Giech der Regierungsassessor Josef Carl von Ahomer zur Seite gestellt. Ahorner, am 8. Dezember 1791 in Wien geboren, entstammte einer katholischen Familie und siedelte im Alter von eineinviertel Jahren mit seinen Eltern nach Augsburg über. Sein Vater war dort Hofrat und ein angesehener Arzt. Ahorner besuchte von 1803 bis 1808 das Gymnasium in Augsburg und schloß dieses mit Auszeichnung ab.267 1808/09 studierte er an der Universität Innsbruck Philosophie, von 1809 bis 1812 an den Universitäten Landshut und Erlangen Jura. Alle seine Studien beendete er mit der Beurteilung »Ausgezeichnet«. Vom 30. November 1812 bis zum 1. April 1817 leistete er beim Landgericht Göggingen, dann bis 20. Juni 1817 bei der Regierung Augsburg sein Praktikum ab. 1816 bestand er die Konkursprüfung in München in den Fächern Administration und Justiz mit der Note »gute Befähigung«. 268 1 8 1 7 wurde er »Sekretariat-Concigist« der königlichen Regierung in Regensburg mit einem jährlichen Gehalt von 600 Gulden. Nach dem Tod seiner Mutter im gleichen Jahr versuchte Ahorner, seine Versetzung nach Augsburg zu erreichen, um seinem Vater beizustehen.269 Der Bitte wurde erst im September 1818 entsprochen. Am 18. Dezember 1823 wurde er zum Regierungsassessor der Kreisregierung Augsburg befördert. Ahorner zensierte die Augsburger Zeitungen immer als Vertreter des Grafen Giech und nach dessen Versetzung bis zur Neubesetzung der Stelle. Aber auch Giechs Nachfolger Baur-Breitenfeld wurde Ahorner als Vertreter fur die Zensur zugeteilt. Diese Vertretungsaufgabe übernahm er schließlich bei allen Zensoren, und bei Suspendierung des regulären Zensors erfüllte er dessen Aufgabe bis zur Bestellung eines neuen Zensors. Stegmann beurteilte Ahorner als weniger streng, kulanter und sicherer als Graf Giech.270 Warum Ahorner die Zensur nicht als ständige Tätigkeit übertragen wurde, geht aus den Quellen nicht hervor. Im Januar 1826 avancierte Ahorner zum königlichen Rat und Regierungssekretär271 und am 20. Januar 1837 zum Regierungsrat.272 Er bekam das Referat »Kreisschulsachen« zugewiesen273 und war für das Erziehungswesen im Bezirk zuständig.274 Ahorner starb am 28. März 1863 in Augsburg. Nachfolger Giechs wurde der Regierungsrat Anton von Baur-Breitenfeld.275 Stegmann beschrieb ihn als gefälligen und höflichen Mann und sprach die Hoffnung aus, sich gut mit ihm arrangieren zu können. 276 Auch Gravenreuth war von 267 v g l . Personalbogen, StAA Regierung 8988. 268 269
270 271 272 273 274
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Ebenda. Sein Vater wie er selbst reichten zahlreiche Gesuche an das Innenministerium ein. Vgl. Personalakte, BayHStA MInn 39967. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 69 + 70 vom 29.12.1823 und 20.1.1824. Vgl. Personalbogen, StAA Regierung 8988. Vgl. Rescript vom 20.1.1837, BayHStA MInn 39967. Vgl. Rescript vom 3.4.1824, ebenda. Vgl. Regierungspräsident von Schwaben und Neuburg an Innenministerium vom 14.3.1846, BayHStA MInn 25097/1. Vgl. Regierung des Oberdonaukreises an Baur-Breitenfeld vom 5.2.1825, StAA Regierung 7070. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 77 vom 14.2.1825.
Baur-Breitenfelds Ruhe und Klugheit überzeugt.277 Der neue Zensor führte jedoch die Zensur nicht zur Zufriedenheit des Ministerium aus.278 Die Zensur der ΑΖ wurde ihm 1829 entzogen und seinem Kollegen Voltz übertragen. Die übrigen Augsburger Blätter, die Augsburger Abendzeitung, die Neue Augsburger Zeitung und die Augsburger Postzeitung zensierte Baur-Breitenfeld allerdings weiter. Am 4. März 1830 benachrichtigte der Regierungspräsident die Zensoren, daß die Zensur der Augsburger Zeitungen notwendigerweise mit der der AZ verbunden sei und die Zensur aller Zeitungen Voltz übergeben werde. 279 Nur die Revision des Lokalintelligenzblattes, das wegen seines statistischen Inhalts auch unter Zensur stand, wurde weiterhin von Baur-Breitenfeld durchgeführt. 280 Baur-Breitenfeld wurde vorgeworfen, er habe nicht nur die AZ, sondern auch die übrigen Zeitungen ungenügend zensiert, was zu zahlreichen Differenzen mit seinem Vorgesetzten führte. 281 Der damalige Regierungspräsident Fürst ÖttingenWallerstein sprach dem betagten Baur-Breitenfeld die nötige Kraft ab, das »Geschäft gebührend zu versehen.«282 Das Innenministerium war mit einem Wechsel einverstanden.283 Der neue Zensor Ludwig Friedrich Voltz wurde 1791 im badischen Mosbach geboren. Sein Vater war dort Rat, Amtsadvokat und zuletzt Oberhofgerichtsrat in Bruchsal.284 Der Lutheraner Ludwig F. Voltz studierte ab 1809 an der Universität Heidelberg das Fach Rechtswissenschaften. Über das Ergebnis der Abschlußprüfungen ist nichts bekannt.285 Ab 1814 arbeitete er als Sekretär bei der Landesadministration der späteren bayerischen Pfalz und wurde bei der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch Bayern zum Sekretär und Bürochef bei der Speyerer Regierung ernannt.286 Im Jahr 1821 erhielt er den Rang eines Regierungsassessors und unterzog sich nachträglich dem bis dahin nicht abgeleisteten Staatskonkurs. Die Beförderung zum Regierungsrat 1824 wirkte sich für Voltz schon 1825 nachteilig aus. Seine Stelle fiel den Sparmaßnahmen König Ludwigs I. zum Opfer, und Voltz wurde mit der Möglichkeit, unentgeltlich bei der Regierung weiterbeschäftigt zu werden - in den Ruhestand versetzt.287 Erst 1827 konnte er auf die freigewordene 277
Vgl. Gravenreuth an Außenministerium vom 5.2.1825, BayHStA Minn 25097/1. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 78 vom 30.10.1829 und Regierung des Oberdonaukreises an Innenministerium vom 4.3.1830, StAA Regierung 7070. 279 Vgl. Regierung des Oberdonaukreises an Baur-Breitenfeld und Voltz vom 4.3.1830, StAA Regierung 7070. 280 Ygi Lauerer, Augsburger Presse, S. 58. 281 y g i . auch Josef Mancal, Augsburger Zeitungen: Abend- und Postzeitung, in: Aufbruch ins Industriezeitalter, Bd. 2: Aufsätze zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Bayerns v. 1 7 5 0 - 1 8 5 0 , hrsg. v. Claus Grimm, München 1985, S. 6 0 7 - 6 2 3 , hier: S. 612. 278
282 283 284 285 286 287
Öttingen-Wallerstein an Innenministerium vom 4.2.1830, StAA Regierung 7070. Vgl. Innenministerium an Öttingen-Wallerstein vom 14.3.1830, StAA Regierung 7070. Vgl. Schärl, Beamtenschaft, S. 215. Vgl. Götschmann, Innenministerium, S. 358. Vgl. ebenda und StAS Η 2 Nr. 801. Vgl. Armansperg an Stichaner vom 13. Juni 1826 und folgenden Briefwechsel, StAS Η 2 Nr. 801.
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Rat-Stelle bei der Regierung des Oberdonaukreises berufen werden.288 Im Jahr 1829 übernahm er die Zensur der AZ, 1830 auch die der übrigen Augsburger Zeitungen. Seinen Stil, die AZ zu zensieren, bezeichnete Stegmann als zu liberal und gab ihm deshalb die Schuld für weitere und schärfere Instruktionen.289 Hier wird deutlich, wie sehr sich die Redakteure auf die Zensoren einstellten. Eine strenge Zensur war ihnen angenehmer als eine Zensur, mit der die Regierung nicht einverstanden war. Schon im Jahr 1832 konnte Voltz sein Amt als Augsburger Zensor niederlegen, da er als protestantischer Rat des Oberkirchen- und Schulrates ins Innenministerium berufen wurde,290 die Ernennung zum Ministerialrat in gleicher Funktion erfolgte 1836. Im Jahr 1846 avancierte er zum Vorsitzenden der ständigen Ministerialkonferenz und als ranghöchster Beamter im Innenministerium war er der Stellvertreter des Ministers. Der politischen Haltung seines Vorgesetzten Abel stand Voltz sehr kritisch gegenüber,291 vertrat jedoch in der Kniebeugungsaffare konsequent dessen Meinung. Seine liberale Einstellung, die Stegmann in dem obengenannten Brief schon 1829 bemerkt hatte, stellte Voltz offenbar hinter seine Dienstpflichten zurück. Nach Abels Rücktritt und bis zur Ernennung des Ministerverwesers Zenetti leitete Voltz das Innenministerium. Kurze Zeit später wurde er zum Staatsrat im ordentlichen Dienst ernannt. Dieses Amt übte er mit einer Unterbrechung - von 1849 bis 1853 war Voltz Regierungspräsident von Mittelfranken - bis zu seinem Tod 1872 aus. Am 31. Januar 1832 wurden die Redaktionen der Augsburger Zeitungen von einem weiteren Zensorwechsel benachrichtigt. Der Regierungsrat Anton Edler von Braunmühl bekam die Zensur übertragen.292 Der Katholik Braunmühl wurde 1784 geboren, er kam nach einer Tätigkeit als Landrichter 1826 als Regierungsrat nach Augsburg. Wegen seiner großen Kenntnisse, auch über die Verhältnisse im Regierungsbezirk, und seiner untadeligen Moral war Braunmühl ein geschätzter Mann, den Öttingen-Wallerstein bei seiner Ernennung zum Innenminister schnellstmöglich nach München geholt hatte. Dies geschah bereits Ende Februar 1836, so daß er die Zensur der AZ nicht sehr lange ausüben konnte. Er wurde Leiter der politischen Polizei und war für die Zensur der politischen Zeitungen verantwortlich. Innenminister Abel versetzte den Beamten zurück zur Regierung des Isarkreises, wo er als Regierungsrat bis zu seinem Tode am 14. Dezember 1848 arbeitete.293
288 v g l . Entschließung König Ludwigs vom 28.7.1827 an Generalkommissär Graf von Drechsel, StAS Η 2, Nr. 801. 289
Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 78 vom 30.10.1829. Vgl. auch im weiteren Götschmann, Innenministerium, S. 359f. 291 Vgl. ebenda, S. 360, Fußnote 575. 292 v g l Regierung des Oberdonaukreises an die Redaktionen der AZ, der Abendzeitung und der Ordinari Zeitung vom 31.1.1832, StAA Regierung 7070. Ausführlicher zu Braunmühl Götschmann, Innenministerium S. 3 7 1 - 3 7 4 , und Siemann, Deutschlands Ruhe, S. 2 1 3 - 2 1 6 . 293 v g l . Götschmann, Innenministerium, S. 373f. 290
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Bereits am 16. März 1832 erscheint der katholische Regierungsrat Anton Fischer als Zensor der AZ in den Akten.294 Er wurde am 1. November 1792 als Sohn des Bürgers und Metzgermeisters Adam Fischer in Würzburg geboren, 295 studierte in seiner Heimatstadt Jura und legte 1816 die Staatskonkursprüfung mit mäßigem Erfolg ab. Erst von 1819 bis 1824 konnte er eine Stelle als Kanzleiakzessist bei der Regierung des Untermainkreises antreten, 1824 wurde er zum Regierungsassessor befördert. Diese Tätigkeit führte er bis 1829 unentgeltlich aus. 296 1829 rückte er zum Assessor bei der Ministerialsektion für die Angelegenheiten der Kirche und des Unterrichts auf und bekam erstmals ein Gehalt von 1100 Gulden jährlich. 1832 wurde er als Regierungsrat zur Regierung des Oberdonaukreises versetzt.297 Dort übernahm er die Landratsgeschäfte, das Sanitätswesen und die Überwachung des Zwangsarbeitshauses in Kaisheim. 298 Kolb bezeichnete ihn als offenen, einfachen und »ziemlich jungen Mann«, der, »von bestem Rufe«, mit dem geselligen Kreis der Redaktion schnell in ungezwungenem Kontakt gestanden habe.299 Während seiner Inspektionsreisen übernahm wieder Ahorner die Zensurgeschäfte.300 Der Bitte Fischers, ihn wegen Arbeitsüberlastung von der Zensur zu befreien, wurde nicht stattgegeben, da der Regierungspräsident Link mit seiner Zensur sehr zufrieden war.301 Im Februar 1836 suspendierte Link den Zensor jedoch von seinem Amt, da er einen Artikel aus Triest über griechische Angelegenheiten nicht gestrichen hatte. Kolb benachrichtige Georg von Cotta darüber und teilte ihm mit, daß über Griechenland kein einziger Artikel mehr gedruckt werden dürfe.302 Einen Monat später schrieb Kolb, daß Fischer die Zensur Mitte April wieder übernehmen solle.303 In den Akten erscheinen jedoch Ahorner als Vertreter bzw. Perglaß als Nachfolger. Zwei Jahre später verließ er Augsburg und wurde Regierungsdirektor bei der Regierung von Oberbayern. Im Jahr 1843 kehrte er als Regierungspräsident von Schwaben und Neuburg nach Augsburg zurück. In dieser Funktion kam er wieder in Kontakt mit der AZ und ihrer Zensur, die er nun als Regierungspräsident zu beaufsichtigen hatte.304 Am 1. Juli 1849 wurde Fischer Staatsrat im ordentlichen Dienst und 1858/59 Ministerverweser im Finanzministerium, 1867 im Justizministerium. Bereits im
294
Vgl. Fischer an Regierung des Oberdonaukreises vom 16.3.1832, StAA Regierung 7065. Vgl. Schärt, Beamtenschaft, S. 92. 296 v g l . Götschmann, Innenministerium, S. 347f. 297 Vgl. Dekret vom 23.2.1823, BayHStA MInn 36721. 298 Vgl. Fischer an Regierung des Oberdonaukreises vom 2.12.1834, StAA Regierung 7065. 299 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 130 vom 15.3.1832. 300 Vgl. Regierung des Oberdonaukreises an Ahorner vom 19.8.1832 und 19.2.1836, StAA Regierung 7070. 301 Vgl. Link an Innenministerium vom 6.12.1834, BayHStA Minn 25097/1. 302 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 186 vom 25.2.1836. 303 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 195 vom 26.3.1836. 304 Fischer stand in engem Kontakt zu Innenminister Abel und konnte auf dessen Unterstützung rechnen. Darauf lassen zahlreiche Auszeichnungen während der Regierungsjahre Abels schließen. Vgl. Götschmann, Innenministerium, S. 348. 295
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Jahr 1849 bekam er das Ehrenbürgerrecht der Stadt Augsburg verliehen.305 1 874 wurde Fischer in den erblichen Adelsstand erhoben.306 Nach der Suspendierung Fischers übernahm Karl August Freiherr von Perglaß die Zensur.307 Er stammte aus Mannheim und hatte in Heidelberg studiert. Von 1807 bis 1814 war er Hofratsassessor und Hofrat in Mannheim. 1814 gab er seine dortige Stellung auf, um die Güter seiner Frau in Rain bei Straubing verwalten zu können. 308 Gleichzeitig bat er um Aufnahme in den bayerischen Staatsverband, was König Maximilian I. mit seiner Einstellung als Kreisrat ohne Gehalt beim Generalkommissariat Regensburg gewährte.309 Im Jahr 1817 wurde der Katholik Perglaß zum Regierungsrat bei der Regierung des Oberdonaukreises ernannt.310 In den Jahren 1826 bis 1830 wurde er aus unbekannten Gründen quiesziert. Nach seiner Rückkehr in den besoldeten Dienst im Februar 1830 bekam er 1836 die Zensur der ΑΖ zugewiesen, fur deren strenge Durchfuhrung er schon im gleichen Jahr vom Innenministerium besonders gelobt wurde.311 Hintergrund dieser Belobigung war der Vorschlag des französischen Gesandten an das Außenministerium, Perglaß für die gewissenhafte Zensur auszuzeichnen.312 Perglaß hatte den Abdruck eines Heine-Textes verhindert und kam damit den Interessen der französischen Regierung hinsichtlich des Inhalts der AZ entgegen. Die Strenge der Zensur konnte Perglaß einige Zeit durchhalten. Gustav Kolb stöhnte darüber gegenüber Georg von Cotta, er konnte sich die Beweggründe des Zensors beim Abstrich einiger Artikel nicht erklären.313 Mit der Veränderung der innenpolitischen Situation in Bayern, dem Amtsantritt Karl von Abels als Innenminister im November 1837, änderte sich das Verhältnis des Zensors Perglaß zu seinen Vorgesetzten. Bereits im Januar 1838 wurde Perglaß von seinem Zensorenamt suspendiert, weil er angeblich Cotta unerlaubt eine Zensurinstruktion zur Kenntnis gebracht hatte. Er konnte jedoch nachweisen, daß er im Auftrag des Regierungspräsidenten gehandelt hatte,314 und somit die Rücknahme der Suspendierung erreichen.315 Doch bereits im März desselben
305
Maximilian II. an Regierung von Schwaben und Neuburg vom 31.7.1849, BayHStA MInn 36721. 306 Eingetragen am 24.11.1874. Fischer starb 1877. Vgl. Schärl, Beamtenschaft, S. 92. 307 Den ersten Hinweis auf Perglaß als Zensor enthält der Brief des Regierungspräsidenten Link an das Innenministerium vom 4.8.1836, BayHStA Minn 25097/1. 308 perglaß war mit der Gräfin von Sandizell, verwitwete Gräfin von Leublfing verheiratet. Vgl. Perglaß an König Maximilian I. vom 3.9.1814, BayHStA MInn 34810. 309 Maximilian I. an Generalkommissariat Regensburg vom 17.9.1814, BayHStA MInn 34810. 310 v g l . Personalbogen, StAA Regierung 6929 und 6930. 311 Vgl. Innenministerium an Regierung des Oberdonaukreises vom 26.8.1836, BayHStA 25097/1. 312
313
314
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Vgl. Hansen, Heines politische Journalistik, S. 47. Vgl. auch FGB III, S. 295f. und FGB IV, S. 81 f. Vgl. u.a. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 264 vom 14.1.1837, Nr. 294 vom 21.6.1837, Nr. 297 vom 19.7.1836. Vgl. Perglaß an Regierung von Schwaben und Neuburg vom 25.1.1838, StAA Regierung 7067. Innenministerium an Regierung von Schwaben und Neuburg vom 1.2.1838, ebenda.
Jahres sprach der Innenminister ihm die »nöthige Einsicht oder den pflichtmäßigen Willen zur gehörigen Führung der Censur« ab und befahl seine Ablösung.316 Die Zensur der Zeitungen wurde auf Regierungsassessor Joseph von Kolb übertragen. Die Ursache der Suspendierung war ein nicht zensierter Artikel über das Befinden Öttingen-Wallersteins, der, wie schon erwähnt, im Zwist mit seinem Nachfolger im Innenministerium, Abel, lag. Eine ausführliche Rechtfertigungsschrift Perglaß' mit der Auflistung seiner Verdienste für den bayerischen Staat317 konnte den Minister nicht umstimmen. Erst im März 1839 wurde Perglaß rehabilitiert und bekam nach dem Rücktritt Joseph von Kolbs die Zensur wieder zugesprochen.318 Sofort nach dem Dienstantritt Perglaß' als Zensor meldete Gustav Kolb die Verschlechterung der Situation für die Redaktion an Georg von Cotta.319 Bis zu seiner endgültigen Amtsenthebung im Jahr 1842 führte Perglaß die Zensur nun zur Zufriedenheit des Innenministers durch. Auch die französische Regierung registrierte die erneute Übertragung der Zensur an Perglaß mit Zufriedenheit und versuchte, durch ihn Einfluß auf die AZ zu nehmen. Im Jahr 1840 schrieb Kolb darüber an Heine: Zum Überfluß haben wir auch gerade einen Censor, den Ludwig Philipp kürzlich zum Offizier der Ehrenlegion gemacht hat (wenn nicht wegen der Allgemeinen Zeitung, weiß kein Mensch recht warum) und der sich doch etwas dankbar dafür bezeugen m u ß . 3 2 0
Von seinen sonstigen Pflichten als Regierungsrat wurde Perglaß aus gesundheitlichen Gründen teilweise entbunden, so daß er den Zeitungen prozentual mehr Zeit widmen konnte als andere Regierungsräte.321 Seine ständige Anwesenheit in Augsburg - er wurde nicht auf Inspektionsreisen durch den Regierungsbezirk gesandt - garantierte einen reibungslosen Ablauf der Zensur, ohne den ständigen Wechsel der Zensoren. Der Regierungspräsident Stengel beurteilte Perglaß als routinierten Zensor mit der entsprechenden Bescheidenheit, um strittige Zeitungsartikel bei jedem Zweifel dem Regierungspräsidenten zur Klärung vorzulegen. Nur in den Fällen, in denen Perglaß nicht nachgefragt habe, seien - laut Stengel - Beschwerden die Folge gewesen. Durch die Zusammenarbeit Perglaß' mit Stengel konnten somit die Beanstandungen durch den Innenminister reduziert werden.322 Ein Artikel in der AZ, der sich 1842 gegen die katholische Kirche
316 317
318
Vgl. Auszug aus dem Rescript des Innenministerium vom 18.3.1838, StAA Regierung 7070. Perglaß war maßgeblich an der Überführung, Verhaftung und Anklage der Redakteure Kurz, Volkart und Österreicher beteiligt. Diese wurden des Majestätsverbrechens für schuldig gesprochen und dementsprechend verurteilt. Vgl. Perglaß an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 30.3.1838, StAA Regierung 7070. Zu Majestätsbeleidigung und deren Ahndung in Bayern vgl. Droß, Vom Spottgedicht zum Attentat. Vgl. Innenminister Abel an Regierungspräsident Stengel vom 14.3.1839, StAA Regierung 7070.
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Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 390 vom 30.3.1839. Kolb an Heine vom 27.2.1840, zitiert nach Winfried Woesler, Zum Briefwechsel Heinrich Heine - Gustav Kolb, in: Heine-Jahrbuch 1970, S. 110-133, hier S. 119; vgl. auch Hansen, Heines politische Journalistik, S. 47. 321 Vgl. Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg an Innenministerium vom 14.5.1842, StAA Regierung 7070. 322 v g l . ebenda.
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wendete,323 führte endgültig zur Absetzung. Perglaß1 Krankheit schien auch seinen geistigen Zustand derart angegriffen zu haben, daß Stengel ihn nicht einmal mehr fur fähig hielt, seine Aufgaben als Regierungsrat zu erfüllen. 324 Im Juni desselben Jahres wurde Perglaß im Alter von 58 Jahren in den Ruhestand versetzt.325 Der Kollege und zeitweilige Vertreter Perglaß' im Zensorenamt, Joseph von Kolb, war Sohn eines Landrichters in Ottobeuren und studierter Jurist.326 Die Staatskonkursprüfung hatte er als bester von zwölf Kandidaten mit der Beurteilung »ausgezeichnete Befähigung« abgelegt. In allen Beurteilungskriterien wie sittlichem Verhalten, natürlichen Anlagen, Kenntnissen, Geschäftsgewandtheit und Fleiß hatte er die besten Noten erhalten.327 Er wurde sofort zum Kanzlei-Akzeß, ein Jahr später zum Rats-Akzeß zugelassen und wurde nach der Akzeß-Prüfung in schneller Folge I. Landgerichtsassessor von Obergünzburg, 1836 Landgerichtsassessor von Kempten und 1837 Regierungsassessor bei der Regierung von Schwaben und Neuburg. Nach der Suspendierung von Perglaß im März 1838 führte er die Zensur der Augsburger Zeitungen durch. Am 25. März 1839 bat Joseph von Kolb um die Erlaubnis zum Rücktritt von der Zensur, da seine Frau gestorben war und er seine vier Kinder zusätzlich zu der vielen Arbeit allein erziehen mußte. 328 Dieser Bitte wurde sofort entsprochen, da bereits eine Woche zuvor die Rehabilitierung und Wiedereinsetzung Perglaß' in das Amt des Zensors beschlossen worden war.329 Am 19. Oktober 1846 wurde Joseph von Kolb zum Regierungsrat ernannt und ihm das Referat für Kirchensachen zugewiesen. Die Zensur der Zeitungen übte er nur noch vertretungsweise aus. Nach der Absetzung des Zensors Lufft im März 1846 wurde die Zensur der Augsburger Zeitungen geteilt und Joseph von Kolb die der »beiden Sionis sowie [die] der Postzeitung«330 zugewiesen. Er starb am 10. Januar 1866 in Augsburg.331 Nachfolger Perglaß' als Zensor der AZ wurde nicht Joseph von Kolb, sondern Regierungsrat Adolf August Lufft, 332 der 1843 nach Augsburg versetzt worden 323 324
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AZ Nr. 126 vom 6.5.1842, S. 1003, Korrespondenz aus Paris vom 30.4.1842. Vgl. Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg an Innenministerium vom 14.5.1842, StAA Regierung 7070. Vgl. Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 16.6.1842, BayHStAMInn 34810. Um Verwechslungen mit dem Redakteur der AZ zum vermeiden, wird der Vorname immer genannt. Die beiden waren nicht verwandt. Geburtsdatum und genauer Ausbildungsweg Joseph von Kolbs sind nicht bekannt. Zu seinem beruflichen Werdegang vgl. BayHStA MInn 39221. Vgl. Qualifikationstabelle von 1827, ebenda. Vgl. Joseph von Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 23.3.1839, StAA Regierung 7070. Vgl. Innenminister Abel an Stengel vom 8.3.1839 und vom 14.3.1839, StAA Regierung 7077. Vgl. Regierungspräsidium an Innenministerium vom 14.3.1846, BayHStA Minn 25097/1. Vgl. Telegramm des Regierungspräsidiums von Schwaben und Neuburg an Innenministerium vom 11.1.1866, StAA Regierung 7077. Zu Lufft vgl. Edgar Süß, Die Pfälzer im schwarzen Buch. Ein personengeschichtlicher Beitrag zur Geschichte des Hambacher Festes, des frühen pfälzischen und deutschen Liberalismus,
war. Der Protestant - häufig nur August Luffit genannt - wurde am 28. Dezember 1801 im Worms geboren. Sein Vater Karl August Lufft stammte aus dem Elsaß und war französischer Offizier. 333 Die Familie siedelte 1805 nach Kaiserslautern über.334 Lufft besuchte um 1810 eine Privatschule in Otterberg, später das Gymnasium in Kaiserslautern. Nach Abschluß des Gymnasiums und eines weiteren Jahres am Lyceum in Speyer immatrikulierte sich Lufft im Wintersemester 1818/1819 an der Universität Heidelberg im Fach Rechtswissenschaften. Nachdem er 1822 ein Jahr an der Universität Erlangen studiert hatte, beendete Lufft seine Studien 1823 in Heidelberg. Er hatte sich in seiner Heidelberger Zeit u.a. in folgenden Fachgebieten gebildet: Naturrecht, Pandekten und Rechtsgeschichte bei Thibaut, katholisches und protestantisches Kirchenrecht, code procedure und code de commerce, code civil sowie deutsches Privatrecht. In Erlangen studierte er u.a. das Staatsrecht des Königreichs Baiern, Concursprozeß, Staatspolizei, Staatswissenschaft und Finanzwesen, Wechselrecht, Völkerrecht und den code penal.335 Neben seinen Studien beteiligte er sich an der Gründung des Corps »Rhenania« an beiden Universitäten.336 Seine berufliche Laufbahn begann Lufft mit der »Praxis im Finanzfache auf dem kgl. Rent- und Hypothekenamt Kaiserslautern«.337 Er setzte 1824 seine Ausbildung am Rentamt in Frankenthal und dann bei der Regierung des Rheinkreises, Kammer der Finanzen, fort. Seine Konkursprüfung für den Staatsfinanzdienst legte er mit Auszeichnung ab. Um für den allgemeinen Staatskonkurs zugelassen zu werden, bildete sich Lufft beim Bezirksgericht und Landkommissariat in Kaiserslautern im Justiz- und Administrativwesen fort. Die Staatskonkursprüfung bestand er im September 1828 ebenfalls mit Auszeichnung. 338 Nach der Ableistung des Kanzlei- und Rats-Akzesses wurde er 1831 als Landkommissariatsaktuar nach Bad Bergzabern berufen. Seine französischen Sprachkenntnisse und die allgemeine Ausbildung in allen Geschäftszweigen der Kreisregierung ließen ihn für diese Stelle besonders geeignet erscheinen.339 Im Mai 1832 heiratete er Amalie Schneider, die Schwester des Bierbrauers Friedrich Jakob Schneider, der zu den
Heidelberg 1956 (Heidelberger Veröffentlichungen zur Landesgeschichte und Landeskunde Bd. 3), S. 93-95. 333 Vgl. Otto Jung, Kurze Biographie für die Pfalz, in: Das große Pfalzbuch, hrsg. vom Pfalzischen Verkehrsverband 21960, S. 433. 334 Vgl. biographischen Abriß in: August Lufft, Streiflichter auf bayerische Zustände, Mannheim 1873. 335 Vgl. »Verzeichnis der Zeugnisse, welche der Rechtskandiat A. Lufft dem Kgl. Rentamt, seinem Gesuch vom 31. Mai 1823 zur Unterstützung, beigelegt hat. Vom 13. Juni 1823«, StAS Η 2, Nr. 461, Bl. 42. 336 Vgl. Lufft, Streiflichter, S. 2, und Süß, Pfälzer, S. 93. 337 Lufft an die Regierung des Rheinkreises vom 15.2.1829, StAS Η 2, Nr. 461. 338 v g l . ebenda. 339 Vgl. Regierung des Rheinkreises an Innenministerium vom 17.6.1831, StAS Η 2, Nr. 461, vgl. auch den Personalakt Luffts BayHStA MInn 35383.
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»exaltiertesten Liberalen in Landau«340 gehörte und wegen seiner Unterzeichnung der Knöbelschen Protestation341 zu sechs Tagen Gefängnis verurteilt worden war. Das Vorgehen der bayerischen Regierung gegen die Teilnehmer des Hambacher Festes stand in Widerspruch zu Luffts politischen Grundsätzen. Obwohl er selbst nicht daran teilgenommen hatte, stellte er am 18. März 1833 sein Gesuch auf Entlassung aus dem Staatsdienst.342 Dieses wurde am 16. Mai 1833 nur mit Bedauern vom Regierungspräsidenten Stengel genehmigt.343 Lufft zog sich auf die Güter seiner Frau zurück und stellte sich bei dem Prozeß gegen Johann Heinrich Hochdörfer, der wegen seiner Rede auf dem Hambacher Fest angeklagt war, als Vertreter von dessen Verteidiger Culmann zur Verfugung. Er mußte jedoch nicht tätig werden.344 Nach der Verhaftung von Philipp Hepp, dem Eröffnungsredner des Hambacher Festes und Teilnehmer am Frankfurter Wachensturm, die ihn entrüstete,345 stellte Lufft im Frühjahr 1834 ein Auswanderungsgesuch, das ihm im April desselben Jahres genehmigt wurde. Er begab sich nach einem Aufenthalt im Elsaß nach Bern, wo er im Mai 1834 als Untersuchungsrichter angestellt wurde.346 Im Juli 1834 kehrte er in die Pfalz zurück, um seine Frau und sein Kind in die Schweiz nachzuholen. Zur selben Zeit wurden bei einem Buchbinder Pakete mit verbotenen Druckschriften Siebenpfeiffers gefunden, die auf Veranlassung von Amalie Lufft an den Buchbinder gesandt worden waren.347 Die verbotenen Schriften waren zwischen Exemplaren des Siebenpfeifferschen Handbuchs der Verfassung, Gerichtsordnung und Verwaltung Rheinbayerns versteckt. Angeblich hatte Lufft nichts vom dem verbotenen Inhalt der Pakete gewußt. Er und seine Frau wurden trotzdem wegen »Verbreitung aufrührerischen Schrifttums« verhaftet und vor Gericht gestellt. Der verhandlungsfuhrende Richter am Bezirksgericht in Landau war Emil Cotta, der Neffe Johann Friedrich Cottas,348 der das Ehepaar 340 341
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Süß, Pfälzer, S. 119. Der pfälzische Deputierte Friedrich Wilhelm Knöbel war federführender Verfasser einer Protestation gegen die BundesbeschlUsse vom 28. Juni 1832, die zunächst von 38, insgesamt aber von 1347 Pfälzern unterzeichnet wurde. Vgl. Süß, Pfälzer, S. 14f. Vgl. Lufft an Regierung des Rheinkreises vom 18.3.1833, StAS Η 2, Nr. 461, Bl. 16f. In Auszügen gedruckt bei August Lufft, Aktenmäßige Verwahrung und Abwehr des quieszierten Regierungs-Direktors A. Lufft bezüglich der gegen ihn erhobenen politischen Anschuldigungen, Augsburg 1848, Beilagen, S. 3f. Vollständiger Text im Anhang. Lufft, Aktenmäßige Verwahrung, Beilagen, S. 5. Vgl. Kurt Baumann, Das pfälzische Appellationsgericht in der Zeit von 1815-1871. Die pfälzische Justiz im Kampf um den modernen Rechtsstaatsgedanken, in: 150 Jahre Pfälzisches Oberlandesgericht. Festschrift zum 150jährigen Bestehen, hrsg. von Wilhelm Reinheimer, Zweibrücken 1966, S. 1-57, hier S. 34. Vgl. Lufft, Aktenmäßige Verwahrung, S. 17. Vgl. Süß, Pfälzer, S. 93. Amalie Lufft hatte ein den Paketen beiliegendes Schreiben - in Luffts Handschrift - an den Buchbinder Engel unterschrieben. Vgl. Bericht des Staats-Prokurators zu Frankenthal an Staats-Prokurator am Appellationsgericht in Zweibrücken vom 9. Juli 1834 (Abschrift), StAS Η 2, Nr. 461, Bl. 8 4 - 8 8 . Lufft schreibt, daß Siebenpfeiffer ihn in Bern gebeten habe, die Versendung der Schriften von Neustadt aus zu veranlassen. Vgl. Lufft, Aktenmäßige Verwahrung, S. 24. Vgl. Neugebauer-Wölk, Revolution, S. 61 lf.
Lufft aus Mangel an Beweisen freisprach. Nach der Haftentlassung begab sich Lufft zusammen mit seiner Familie im August 1834 in die Schweiz. Dort führte er u.a. 1836 die Untersuchungen gegen die oppositionelle Vereinigung der Handwerker in Zürich und Bern, die sich »Junges Deutschland«349 nannte, und deren Präsidenten Ernst Schüler.350 Im Jahr 1837 legte er sein Richteramt nieder, verließ die Schweiz und kehrte in die Pfalz zurück. Die Gründe für seine Rückkehr hat Lufft nicht einheitlich dargestellt. Er betonte einerseits, daß er auf Wunsch seiner Frau, die das Berner Klima nicht vertrug, nach Bayern zurückgekehrt sei, andererseits war er auch vom politischen System der Schweiz enttäuscht und bereute seinen Weggang aus der Pfalz.351 Er bat König Ludwig I. um die Wiederverleihung des bayerischen Indigenats und um erneute Anstellung im bayerischen Staatsdienst.352 Die bayerische Regierung war Lufft wohlgesonnen, und König Ludwig I. ernannte ihn am 26. April 1838 zum Regierungsassessor bei der Regierung von Oberbayern in München.353 Aufgrund seiner Kenntnisse über revolutionäre Verbindungen, die er sich in der Schweiz erworben hatte, wurde Lufft im Sommer 1838 zum Sicherheitskommissar der kaiserlichen Familie von Rußland bei ihrem Besuch in Bad Kreuth ernannt. Für seine Verdienste bekam er vom russischen Kaiser den Stanislausorden III. Klasse verliehen.354 Am 16. Januar 1843 wurde August Lufft als Regierungsrat der Regierung von Schwaben und Neuburg nach Augsburg berufen.355 Mit seinem Amtsantritt in Augsburg wurde ihm das Amt des Stadtkommissärs und die Zensur der Zeitungen zugewiesen.356 Auch wenn Lufft selbst über seine Tätigkeit als Zensor der AZ und Stadtkommissär positiv berichtete,357 so begann die Augsburger Zeit nicht sehr erfreulich für ihn. Nach seiner Ernennung kursierten in Augsburg »nachtheilige Gerüchte über seinen früheren Lebenswandel und seinen Charakter«,358 die Anfeindungen seitens der Augsburger Bevölkerung zur Folge hatten. Regierungsprä349
Gegründet von Wilhelm Weitling. Nicht zu verwechseln mit den unter der Bezeichnung «Junges Deutschland« verfolgten Schriftstellern. Vgl. Siemann, Deutschlands Ruhe, S. 26 und 98.
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Vgl. hierzu: August Lufft, Untersuchungsrichter in Bern. Aktenmäßiger Beschluß des Untersuchungsrichters von Bern, wodurch die peinliche Hauptuntersuchung gegen Ernst Schüler von Biel wegen Hochverrats verhängt wurde. Bern 1837. Vgl. auch Ernst Schüler, Die Regierung der Republik Bern, und die Verfolgten der Könige. Als Verteidigung gegen eine Anklage auf Hochverrat vor dem Gericht und der öffentlichen Meinung. Ein Beitrag zur Geschichte Berns im Jahre 1836. Biel 1837. Vgl. Lufft, Streiflichter, S. 6, Lufft, Aktenmäßige Verwahrung, S. 84f. und Süß, Pfälzer, S. 94. Zu den Gründen, sich wieder im Staatsdienst anstellen zu lassen, vgl. Lufft, Aktenmäßige Verwahrung, S. 8 5 - 8 7 . Dekret vom 26.4.1838, StAS Η 2, Nr. 461. Vgl. BayHStA Ordensakten 8595, Lufft, Streiflichter, S. 9f. und Süß, Pfälzer, S. 94.
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Vgl. Ludwig I. an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 16.1.1843, StAS, Η 2, Nr. 461 und BayHStA MInn 36316. Vgl. Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 19.1.1843, BayHStA MInn 36316. Vgl. Lufft, Streiflichter, S. 12f. Vgl. Regierungspräsident Stengel an Innenministerium vom 36316.
14.4.1843, BayHStA
MInn
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sident Stengel nahm Lufft gegenüber diesen Angriffen in Schutz. Er betonte, Lufft habe sein früheres Verhalten bereits bereut und der König habe ihm schließlich mit der Wiederverleihung des Indigenats seine Gunst erwiesen.359 Um Lufft die Zensur der AZ zu erleichtern, bot Stengel dem Zensor an, sich bei ihm direkt persönlichen Rat holen zu können. Die umständliche Einhaltung des Geschäftsweges, die jedesmal eine schriftliche Anfrage erfordert hätte, hielt Stengel fur unnötig. Lufft nutzte diese Möglichkeit über Gebühr, setzte sich jedoch in einem Fall über die vom Regierungspräsidenten empfohlenen Zensurstriche hinweg und ließ den Artikel in einer von ihm divergierend zensierten Form zu. Die wegen dieses Vorgangs erteilte Rüge des Regierungspräsidenten führte zum Streit, der mit dem Abbruch der persönlichen Gespräche, einem Versetzungsgesuch Luffts und seiner Beschwerde über Stengel an das Innenministerium endete. Zur gleichen Zeit hatte Stengel Abels System der Pressezensur kritisiert und geäußert, daß dieses nicht von Dauer sein könne. Abel, erbost über Stengels Kritik, nahm Luffts Beschwerde über den Regierungspräsidenten zum Anlaß, Stengel jegliche Aufsicht über die AZ zu entziehen und diese selbst auszuüben. Lufft zog sein Versetzungsgesuch daraufhin zurück.360 Die Beziehung zwischen dem Regierungspräsidenten und seinem Regierungsrat blieb nach diesem Vorfall auf die rein dienstlichen Angelegenheiten und die schriftliche Form beschränkt. Stengel lehnte jeden weiteren gesellschaftlichen Verkehr mit Lufft ab. Das Verhältnis besserte sich nicht wieder. Lufft klagte wiederholt über Arbeitsüberlastung, die ihm Stengel aufgebürdet habe,361 Stengel wiederum beklagte sich über den »bei jeder geringsten Veranlassung in Leidenschaftlichkeit aufbrausende[n] Beamte[n]«, der bei jeder Verfugung »eine mehr oder minder grobe Rückäußerung« aussprach.362 Die Arbeitsüberlastung Luffts führte Stengel auf die »allzu große Schreiblust«363 des Zensors zurück. Im Oktober desselben Jahres erkrankte Lufft schwer, so daß er für zwei Monate die Zensur der AZ an seinen Vertreter Joseph von Kolb abtreten mußte.364 Auch in dieser Zeit offenbarte sich Luffts gutes Verhältnis zu König Ludwig I., der ihm ein persönliches Handschreiben mit Genesungswünschen übermitteln ließ.365 Nach seiner Gesundung, bei der Rückkehr in den Dienst, fand Lufft eine veränderte Situation in der Kreisregierung vor. Regierungspräsident Stengel war aus Augsburg abberufen worden. Anton Fischer hatte dieses Amt übernommen und konnte alle früheren Spannungen bereinigen.
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Vgl. ebenda. 360 v g l . Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 26.7.1843, BayHStA MInn 36316. 361 Vgl. u.a. Lufft an Ludwig I. vom 26.10.1843, BayHStA MInn 36316. 362 Vgl. Regierungspräsident Stengel an Innenministerium vom 10.8.1843, BayHStA MInn 25097/1. 363 Vgl. ebenda. Dank dieser Schreiblust ist es jedoch möglich, einen genaueren Einblick in die Zensur der AZ zu nehmen, da zahlreiche und sehr ausführliche Briefe Luffts in den Zensurakten überliefert sind. 364 Vgl. Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg an Innenministerium vom 24.10.1843 und 29.12.1843, BayHStA MInn 25097/1. 365 Vgl. Lufft, Streiflichter, S. 12f.
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In seiner Darstellung der Augsburger Zeit rühmte Lufft sich, die Allgemeine Zeitung mittels guter Zensierung in eine günstige Position gebracht zu haben. 366 Seine Tätigkeit als Stadtkommissär und Zensor scheint Ludwig I. jedenfalls beeindruckt zu haben, Lufft bekam das Ritterkreuz des königlichen Verdienstordens vom heiligen Michael am 1. Januar 1844 verliehen.367 Trotzdem konnte auch der Zensor Lufft im Zensurgeschäft den üblichen Rügen und Tadeln nicht entgehen. Die Zulassung eines Artikels über Rußland, der besonders gegen Kaiser Nikolaus gerichtet war, brachte die bayerische Regierung in Schwierigkeiten.368 Die russische Regierung bestand auf der Bestrafung und Entfernung des Zensors, eine Forderung, der der Innenminister nur unter dem Druck der politischen Verhältnisse nachkam. 369 Lufft wurde die Zensur der AZ entzogen, eine härtere Bestrafung erfolgte jedoch nicht. Im Gegenteil, er wurde per Dekret Ludwigs I. am 30. Mai 1846 zum Regierungsdirektor der Kammer des Innern bei der Regierung der Pfalz ernannt. 370 Gustav Kolb kommentierte diesen Vorfall und die Beförderung Luffts in einem Brief an Levin Schücking: »Den König wurmte dieß seither, daß er den Russen hatte nachgeben müssen«, so daß er Lufft zum Regierungsdirektor beförderte.371 Regierungspräsident Fischer empfand die Entfernung Luffts von der Zensur als außerordentlichen Verlust, der nicht leicht überbrückt werden könne. Er beurteilte Lufft als scharfsinnig, sehr fleißig, musterhaft pünktlich und mit glücklicher Kombinationsgabe ausgestattet, weswegen er für das Amt des Zensors besonders geeignet gewesen sei.372 In Speyer konnte Lufft sich nicht halten. Ein am 8. März 1848 gegen ihn gerichteter Volksauflauf und die Forderung einer Volksversammlung, Lufft von seiner Stelle als Regierungsdirektor abzuberufen, da er »sich des Vertrauens des pfälzischen Volkes nie würdig gezeigt habe«,373 führten zu einer von ihm selbst gewünschten Beurlaubung. Im April 1848 wurde Lufft unter Beibehaltung seiner Bezüge in den zeitweiligen Ruhestand versetzt.374 Die spätere Rückkehr in den Staatsdienst gelang ihm ungeachtet zahlreicher Bemühungen nicht. Trotzdem war Lufft wohl zeitweise ein Ratgeber König Maximilians II. in juristischen Fragen.375 Außerdem weitete er seine publizistischen Tätigkeiten aus, nachdem er schon seit der Zeit als Regierungsrat Zeitungsartikel veröffentlicht hatte.376
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Vgl. Lufft, Aktenmäßige Verwahrung, S. 104f. Vgl. Außenminister Gise an Lufft vom 1.1.1844, BayHStA Ordensakten 4845. 368 AZ Nr. 4 0 vom 9.2.1846, S. 316f., »Spanien und Rußland«. 369 Der russische Gesandte hatte mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gedroht. 370 Vgl. Ludwig I. an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 30.5.1846, StAS Η 2, Nr. 461. 371 Kolb an Schücking vom 31.5.1846, zitiert nach Duczek, G. Kolb, S. 298. 372 Vgl. Regierungspräsident Fischer an Innenministerium vom 14.3.1846, BayHStA MInn 25097/1 und StAA Regierung 7068. 373 Süß, Pfälzer, S. 94. 374 v g l . den Schriftwechsel im Zusammenhang mit der Zahlung des Ruhegehaltes in StAA Regierung 6457. 375 Vgl. Baumann, Das pfälzische Appellationsgericht, S. 52f.. 376 Lufft lebte in Frankfurt, Karlsruhe und München, wurde 1872 in den endgültigen Ruhestand versetzt und starb am 20. Oktober 1887 in Karlsruhe. Vgl. Süß, Pfälzer, S. 95. 367
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Lufft war von allen Zensoren der AZ die widersprüchlichste Persönlichkeit. Der Verlauf seiner Karriere als Staatsbeamter ist in manchen Abschnitten undurchsichtig. Es mag daher vielleicht verwundern, daß er zum Zensor der wichtigsten bayerischen Zeitung berufen wurde. Für Ludwig I. erschien Lufft jedoch als der »rechte Mann [...] ein Bekehrter zwar; aber derlei Leute kennen am Besten die Triebfedern ihrer früheren Sippschaft.«377 Der Geschäftsträger der Österreichischen Gesandtschaft v. Kast, äußerte sogar den Verdacht, daß Lufft vom Öttingen-Wallerstein'schen Ministerium zu geheimen Sendungen in die Schweiz geschickt worden sei.378 Diese Annahme muß jedoch Vermutung bleiben, solange weitere Hinweise nicht zu finden sind. Nachfolger Luffts wurde Regierungsrat Ludwig Ploner, der zuvor nur mit Aufgaben der inneren Verwaltung des Regierungsbezirkes beschäftigt gewesen war. Er konnte somit nur wenig Erfahrung mit den außenpolitischen Belangen des bayerischen Staates, die für die Zensur der AZ jedoch notwendig war, vorweisen.379 Neben der Zensur mußte Ploner das Kommunal- und Stiftungsreferat weiterfuhren, da dies mit der Person eines katholischen Regierungsrats verbunden sein sollte, und die übrigen katholischen Mitglieder der Augsburger Regierung ebenfalls ausgelastet waren.380 Da Ploner im September 1846 schwer erkrankte, wurde die Zensur wieder einmal Joseph von Kolb zusätzlich aufgebürdet, bis im November desselben Jahres der neue Regierungsrat und Stadtkommissär v. Hundt seinen Dienst in Augsburg begann. Der Katholik Friedrich Hektor Graf von Hundt wurde am 5. September 1809 als Sohn des königlich bayerischen Kämmerers und Stallmeisters Maximilian Graf von Hundt in Weikertshofen geboren.381 Über seine Schul- und Universitätsbildung ist nichts bekannt, sie dürfte sich jedoch im oben beschriebenen Rahmen bewegt haben, da er 1834 die Staatskonkursprüfung ablegte, die er mit Note I bestand. Bis zu seiner Berufung zum Ratsakzessist am Innenministerium 1835 arbeitete er als Rechtspraktikant bei der Regierung des Oberdonaukreises. Im Juni 1836 wurde er zum Kammerjunker ernannt, 1838 zum Regierungsassessor und im Mai 1839 zum Landrichter in Bad Brückenau.382 Nach dem Wechsel Luffts nach Speyer konnte Hundt 1846 auf die freigewordene Regierungsratsstelle in Augsburg aufrücken. Zeugnisse über seine Tätigkeit als Zensor oder Bemerkungen der Redakteure der AZ sind nicht überliefert.383 377 378 379
Ludwig I. zitiert nach Hansen, Heines politische Journalistik, S. 49. Vgl. v. Kast an Metternich, ÖGB III, S. 187.
Vgl. Regierungspräsident Fischer an Innenministerium vom 14.3.1846, BayHStA MInn 25097/1. 380 Vgl. ebenda. 381 Vgl. Schärl, Beamtenschaft, S. 129f. und Götschmann, Innenministerium, S. 3 8 5 - 3 8 7 und BayHStA MInn 36794. 382 Götschmann führt den schnellen Aufstieg Hundts auf die Heirat seines Bruders mit der Tochter der Marchesa Marianna Florenzi, einer italienischen Bekannten Ludwigs I., zurück. Vgl. Götschmann, Innenministerium, S. 386. 383 ] g 4 9 wurde e r Ministerialrat im Innenministerium. Neben seinen dienstlichen Tätigkeiten widmete sich Hundt wissenschaftlichen und publizistischen Arbeiten, war seit 1850 Mitglied
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Während der letzten Monate vor der Abschaffung der Zensur im März 1848 war Alexander Freiherr von Berchtolsheim für die AZ zuständig.384 Über ihn ist weder in den Personalakten der Regierung noch in den Zensurakten etwas zu erfahren. In seiner Amtszeit gab es über die Zensur der AZ keine Beanstandungen mehr. Alle Zensoren der AZ hatten die Stellung von Regierungsassessoren oder Regierungsräten der Kreisregierung des Oberdonaukreises. Sie waren Staatsbeamte, die einen vorgeschriebenen Ausbildungsweg durchschritten und zahlreiche Qualifikationsprüflingen für ihre Beamtentätigkeit abgelegt haben mußten. Auf die Zensurtätigkeit wurden sie in der Ausbildung nicht vorbereitet, sie war eine der vielen Pflichten, die die Beamten zu erfüllen hatten. Die familiäre Herkunft der einzelnen Zensoren ist recht unterschiedlich, aber alle konnten die Wartezeiten auf eine bezahlte Stelle finanziell überbrücken. Konfessionelle Überlegungen spielten bei der Berufung der Zensoren keine Rolle, wichtiger war deren Fähigkeit, den politischen Zeitgeist im Sinne der Regierung zu erahnen und die Zensur danach auszurichten. 3.2.2.
Amt und Arbeitsalltag
Als Mitglied der Kreisregierung konnte man sich nicht um das Amt des Zensors bewerben, sondern man wurde damit beauftragt. Die Auswahl des Zensors wurde vom Regierungspräsidenten im Auftrag des zuständigen Ministeriums getroffen. Der Zensor sollte ein »leidenschaftsloser und verständiger«385 Mann sein, der mit den Regierungsgrundsätzen des Königs vertraut war. Der badische Regierungsdirektor des Seekreises, Friedrich Christian Rettig, formulierte 1839 die Voraussetzungen, die ein guter Zensor erfüllen sollte.386 Zu einem tüchtigen Zensor wird meines Erachtens erfordert: 1) Allgemeine wissenschaftliche Bildung, damit der Zensor den Inhalt und die Tendenz der ihm vorgelegten Artikel schnell auffasse und ihre Beziehungen verstehe. 2) Eine Sammlung von geographischen, historischen, genealogischen und statistischen Kenntnissen, verbunden mit der Kunde der Staatsverfassung, zumal der deutschen, und Darstellung derselben durch die tonangebenden Tagblätter der verschiedenen politischen Fakten. 3) Jener Gleichmut, der sich weder durch Phrasen oder Demonstrationen irre machen noch durch Sticheleien und Neckereien ermüden läßt, verbunden mit der Hingebung, welche (das) in der Regel von zwei Seiten undankbare Geschäft erheischt. 387
des Historischen Vereins für Oberbayem und seit 1858 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Graf v. Hundt starb im Januar 1881 in München. Vgl. ebenda, S. 386f. 384 Vgl. Schreiben des Regierungspräsidiums an Berchtolsheim vom 20.12.1847, StAA Regierung 7070. 385 vgl. Verordnung vom 7.1.1815, BayHStA Minn 25097/1. Auch in den Rheinlanden sollte das Amt »einem besonnenen, verständigen, nicht zu ängstlichen aber doch vorsichtigen Manne« übertragen werden. Vgl. Kruchen, Die Zensur und deren praktische Anwendung, S. 4. 386 Ein derartiger Kanon wurde für die bayerischen Zensoren nicht erstellt; es zeigt sich aber recht deutlich, welche Anforderungen im allgemeinen an die Zensoren gerichtet wurden. 387 Fetscher, Konstanzer Seeblätter, S. 25.
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Diese Anforderungen waren hoch gesteckt und konnten nicht von allen Zensoren erfüllt werden. Bezeichnend dafür ist einerseits die Bitte Gustav Kolbs an Georg von Cotta, Innenminister Abel zu fragen, »ob es denn gar nicht möglich sey, einen gebildeten, geistig selbständigen Censor zu bekommen, der nicht nach den Orden, die er erhalten hat, oder erhalten möchte seine Censurstriche einrichtet.«388 Andererseits zeigt der häufige Wechsel der Zensoren auch die Unzufriedenheit der Regierungen mit der Arbeit ihrer Beamten.389 Der Autoritätsverlust der Zensoren gegenüber Autoren und Redakteuren und die daraus resultierende Unzufriedenheit ihrer Vorgesetzten war in den 1840er Jahren besonders groß. Dieses Versagen ist jedoch nicht dem einzelnen Beamten und seiner individuellen Fähigkeit bzw. Unfähigkeit zuzuschreiben. Die alten Kontrollmechanismen der Zensur waren der Entwicklung der Meinungsvielfalt im Vormärz nicht mehr gewachsen. Die Obrigkeit reagierte darauf aber nicht mit der Anpassung und Modernisierung der Meinungskontrolle, sondern ließ das alte System immer strenger ausführen. Die Zensoren scheiterten also nicht nur am zähen Apparat der Zensurbürokratie, sondern auch »an der Unmöglichkeit, Literatur mittels obrigkeitlich verfügter und kontrollierter Normen einem staatlichen System gefugig und verfügbar zu machen.«390 Es kam für die Zensoren erschwerend hinzu, daß sie die Zensur neben all ihren sonstigen Verwaltungstätigkeiten durchführen mußten. Ein Brief des Augsburger Zensors Anton Fischer an den Regierungspräsidenten des Oberdonaukreises aus dem Jahr 1834 verdeutlicht dieses Dilemma: Seine reguläre Verwaltungstätigkeit setzte sich aus der Betreuung der niederen Polizei und den »Angelegenheiten eines Landrates alle Zweige der inneren Verwaltung umfassend«391 zusammen. Dazu gehörte die Beschäftigung mit »Bundeskultur, Handel und Industrie, Gouvernement und Statistik«, die Betreuung des Sanitätsdienstes und die Aufsicht des Zwangsarbeitshauses in Kaisheim. Diese verschiedenen Tätigkeiten beanspruchten Fischer derart, daß er kaum die nötige Ruhe fand, die Zensur der Zeitungen im Sinne der Regierung durchzuführen.392 Die ΑΖ mußte nun aber unter dem Zwang der Druck- und Versendungstermine zensiert werden. Da die Redakteure die am Morgen angekommenen Briefe und Zeitungen auswerten mußten, konnte die Druckfahne erst mittags auf den Schreibtisch des Zensors kommen. Allein Manuskripte, die schon am vorhergehenden Abend fertiggestellt worden waren, konnten früher vorgelegt werden. Das bedeutete, daß der Zensor von 8 Uhr morgens bis 2 Uhr nachmittags der Zeitung verpflichtet war.393 Diese Zeiten mußte er einhalten, da die Fertigstellung der Zeitung gewährleistet sein mußte.394 In der Praxis hieß dies, daß die Zensoren wichtige Sitzungen verlassen395 oder das Mittagessen
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CA, CB Kolb an Cotta Nr. 427 vom 6.6.1840. Zum Problem, gute Zensoren zu finden, vgl. auch Ohles, Germany's Rude Awakening, S. 50. 389 Vgl. dazu auch Kruchen, Die Zensur und deren praktische Anwendung. 390 Ziegler, Zensurgesetzgebung, S. 199. 391 Fischer an Regierung d. Oberdonaukreises vom 2.12.1834, StAA Regierung 7065, Text im Anhang. 392 v g l . ebenda. 393 Vgl. Fischer an Regierung d. Oberdonaukreises vom 2.12.1834, StAA Regierung 7065. 394 Vgl. auch Fetscher, Konstanzer Seeblätter, S. 23. 395 v g l . Bitterauf, Zensur in Bayern, S. 317.
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versäumen mußten. Aus eben diesem Grund versuchte 1823 der Regierungsassessor Graf Giech, seiner Verpflichtung zum Zensor der ΑΖ zu entgehen. Auf seine Berufung antwortete er: Da ich nun als Unverheiratheter im Gasthof zu Essen gezwungen bin, und in den hiesigen Gasthäusern um 1 Uhr gespeist wird, so müßte ich mir das Censur-Blatt dahin bringen lassen, was schon an und für sich unschicklich, besonders aber mit der [...] Aufmerksamkeit unvereinbar seyn würde, welches dieses Geschäft erheischt. Geruhe daher ein königliches General-Commißariat aus dieser Darstellung die Überzeugung zu schöpfen, daß die Censur der Allgemeinen Zeitung mit der Lebensweise und der Tageseintheilung eines Garcons - alle bisherigen Censoren waren verheirathet oder führten zum Wenigsten eigene Haushaltungen - nicht wohl vereinbar ist.396
Die fadenscheinigen Ausführungen nützten Giech nichts. Sein Brief zeigt aber, wie unbeliebt die Zensur der Zeitungen bei den Regierungsmitgliedern war. Auffällig ist, daß die zwei erwähnten Zensoren sich nur gegen die Zensur der AZ wehrten. Sie mußten aber auch die anderen Augsburger Zeitungen 397 zensieren. Da diese mit keinem Wort erwähnt sind, unterstreicht das die Bedeutung der AZ in der täglichen Zensurarbeit. Die erwähnten Argumente Fischers zeigen aber auch, daß die Zensoren in einem Spannungsverhältnis zwischen den Pflichten gegenüber der Regierung und den Pflichten gegenüber der Zeitung standen. Sie durften das rechtzeitige Erscheinen der Zeitung nicht behindern, mußten aber gleichzeitig ihre anderen Diensttätigkeiten vorschriftsmäßig ausüben. Aus diesem Grund schlug sich die Beschleunigung der Post-Zeitungsspedition 1838 auch auf die Zensur nieder. Regierungsassessor Joseph von Kolb klagte, daß er nur eine halbe Stunde Zeit zur Zensur habe, da die zu zensierenden Bürstenabdrucke erst um 12 Uhr kämen, ein Teil der Zeitungen aber bereits um 14 Uhr auf der Post sein müsse.398 Er beklagte außerdem, daß die Bürstenabdrucke ungeordnet, kaum leserlich und noch nicht korrigiert seien und somit sinnstörende und sinnverkehrende Druckfehler enthielten.399 Eine zügige Zensur der Zeitung war daher sehr schwierig. Im Jahr 1843 kamen die Fahnen des Hauptblattes der AZ zwischen 7 Uhr und 10 Uhr sowie zwischen 15 Uhr und 18 Uhr zur Vorlage, die der Beilage zwischen 10 Uhr und 12 Uhr, die der Ankündigung zwischen 15 Uhr und 17 Uhr.400 Daneben zensierte der damalige Zensor Lufft die Abendzeitung zwischen 10 Uhr und 11 Uhr und die übrigen drei Zeitungen - das Anzeigeblatt, den Hausfreund und das Augsburger Tagblatt - zwischen 16 Uhr und 20 Uhr.401 Da die Zeitungen täglich erschienen, waren diese Aufgaben auch an Sonn- und Feier396
Giech an Regierung d. Oberdonaukreises vom 11.12.1823, StAA Regierung 7070, Hervorh. i. Org. Zu den Klagen der Zensoren siehe auch Bitterauf, Zensur in Bayern, S. 317. 397 Das waren die Augsburger Postzeitung, auch Moy'sche Zeitung genannt, die Augsburger Abendzeitung und die Neue Augsburger Zeitung. Vgl. Karl d'Ester, Augsburg und die deutsche Presse, in: Augusta 955-1955, S. 397f., und Hermann Hart, Die Geschichte der Augsburger Postzeitung, Augsburg 1935. 398 vgl. Regierungsassessor von Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 14.9.1838, StAA Regierung 7067. 399 Vgl. ebenda. 400 Lufft an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 2.6.1843, StAA Regierung 7070. 401 Vgl. ebenda.
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tagen durchzufuhren. Lufft teilte nun den Redaktionen mit, daß er alle Artikel, die nicht bis 17 Uhr vorliegen würden, nicht mehr zensieren wolle. Alle später eintreffenden Artikel würden erst am nächsten Tag zwischen 6 und 8 Uhr bearbeitet.402 1844 versuchte Lufft, wenigstens an Sonn- und Feiertagen die Zensur der drei Tagblätter ganz zu verweigern, was bedeutete, daß diese Zeitungen am Tag darauf nicht hätten erscheinen können. Er war außerdem nicht gewillt, Ausgaben für Sonn- und Feiertage am Tag vorher, außerhalb seiner üblichen Arbeitszeiten, zu zensieren. Zur Unterstützung seiner Argumentation zog er die geheime Zensurinstruktion vom 8. März 1836 heran und unterstrich, daß ein »christlicher Beamter« an Sonn- und Feiertagen »nur mit Not« seinen Amtsgeschäften als Zensor nachgehen könne. So wenig die Censurbehörden dem regelmäßigen Erscheinen der ihr untergebenen Blätter hinderlich seyn, oder insbesondere deren rechtzeitige Versendung durch die Post mittelst willkürlichen Feststellens der Censurstunden hindern darf, so wenig kann derselben andererseits zugemuthet werden, die Censur ohne Noth zu ungewöhnlichen Geschäftsstunden zu besorgen. Es ist daher mit Strenge darauf zu bestehen, daß die Redactionen ihre Blätter der Censur so viel möglich zu einer angemessenen Stunde übergeben, und der betreffende Regierungs-Präsident hat im Anstandsfalle mit billiger Berücksichtigung aller Verhältnisse die sachgemessene Entscheidung zu treffen. 403
Nach Lauerer404 hatten die Klagen der Beamten über die Arbeitsbelastungen durch die Zensur bereits 1823 Erfolg. Die Zensur der Augsburger Blätter sollte auf zwei Beamte aufgeteilt werden. Diese Teilung wurde jedoch nur kurzfristig vorgenommen. Graf Giech, der im Dezember 1823 die Zensur übernahm, war wieder für den gesamten Bereich zuständig. Auch in der folgenden Zeit änderte sich dies im Prinzip nicht.405 Erst in den 1840er Jahren wurde die Zensur auf zwei Regierungsräte verteilt. Ein Beamter bekam die katholischen Blätter - »beide[n] Sionis«406 und die Augsburger Postzeitung - , ein anderer die ΑΖ, die Augsburger Abendzeitung und die Lokalblätter zugewiesen.407 Die Teilung der Zensur für katholische und nicht katholische Blätter ist, wie noch gezeigt wird, ein Ergebnis der Konfessionalisierung der Pressepolitik seit 1837. Ein Zensor bekam kein zusätzliches Gehalt für seine Tätigkeit.408 Er war jedoch allein verantwortlich für die Zulassung von Artikeln und die Striche und 402
Vgl. ebenda. Lufft datiert diese Instruktion auf den 17.3.1836. Aus einem weiteren Brief, in dem er diesen Artikel zitiert, geht jedoch eindeutig hervor, daß nur die Instruktion vom 8.3.1836 gemeint sein kann. Vgl. Lufft an Regierung von Schwaben und Neuburg vom 2.6.1843 und vom 16.12.1844, StAA Regierung 7070. 404 Vgl. Franz Lauerer, Die Entwicklung der Augsburger Presse von 1806-1848, München Diss, masch. 1940, S. 57. 405 Vgl. Generalkommissar d. Oberdonaukreises an Baur-Breitenfeld und Voltz vom 4.3.1830 und andere Schreiben des Aktes StAA Regierung 7070. 406 Die Sioni und die Neue Sioni. 407 Vgl. Regierungspräsident Fischer an Innenministerium vom 14.3.1846, BayHStA MInn 25097/1, und der preußische Gesandte Rochow an Außenminister Bülow vom 1.12.1844, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9128, Bl. 64. 408 vgl. Regierung des Isarkreises an Regierung des Rezatkreises vom 6.9.1826, StAM RA 25615. 403
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mußte laut Verordnung vom 7. Januar 1815 bei Zurechtweisungen fur den ersten vom Ministerium gerügten Artikel 25 Gulden, für den zweiten 50 Gulden an den »Local-Armenfond« bezahlen. Bei wiederholtem Vergehen sollte er sogar noch härter bestraft werden. 409 Wie lange diese Bestimmung gültig war, ist ungeklärt. In den vorliegenden Quellen gibt es nur einen Hinweis auf solche Strafen. Freiherr von Perglaß hatte im Mai 1839 einen Artikel in der AZ zugelassen, der die katholische Kirche angriff. Er wurde dafür gerügt und mußte eine Geldbuße von 25 Gulden in den Unterstützungsfond für Staatsdiener des Kreises Schwaben und Neuburg bezahlen.410 Rügen durch das Ministerium waren jedoch an der Tagesordnung. Allerdings versuchten die Zensoren in den meisten Fällen, die Rücknahme einer Rüge mit Hilfe von Entschuldigungs- oder Rechtfertigungsbriefen zu erreichen. Im Jahr 1812 antwortete ein Zensor auf eine Rüge, daß er die Zensur ja gar nicht richtig ausfuhren könne, da ihm das Arbeitsmaterial dazu fehle. Er hätte die Manuskripte der AZ mit den Originalartikeln des Moniteur vergleichen sollen, durfte diese Zeitung jedoch nicht abonnieren.411 Eine häufigere Entschuldigung war jedoch der Hinweis auf die Arbeitsüberlastung und die knappe Zeit, in der die Zeitungen zensiert werden mußten. 412 Die Rügen wurden von den Beamten als Ehrenkränkung oder persönliche Diffamierung verstanden, und sie verwahrten sich entschieden dagegen.413 Unabhängig von der persönlichen Kränkung waren sie ein erfolgreiches Disziplinarmittel, um die Zensoren zu strenger Arbeit anzuspornen. Trotzdem wurden die Gemaßregelten häufig entlassen oder wollten auf eigenen Wunsch zurücktreten, da sie dem Druck der Zensuraufgabe nicht standhielten 414 Sie waren das schwächste Glied im Instanzengeflecht der Zensurbehörden. Jede Veränderung in der Zensurpolitik und in der Gesinnung der Regierung bekamen sie unvermittelt zu spüren. Beschwerden auswärtiger Regierungen und die dadurch hervorgerufenen Spannungen in den außenpolitischen Beziehungen Bayerns sowie die Verärgerung des Königs wurden an sie weitergegeben. Bezeichnenderweise notierte sich ein württembergischer Zensor folgende Zeilen: In der Bibel steht geschrieben: »Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet«; hier aber heißt es: »Streichet, daß ihr nicht gestrichen werdet.« 415
Das gespannte Verhältnis zwischen den Redaktionen und den Zensoren sorgte für zusätzliches Konfliktpotential. Die Zensoren der AZ standen im ständigen Kontakt mit den Redakteuren, stritten sich mit ihnen um einzelne Textpassagen und mußten alle Beschwerden über die Zensur als erste entgegennehmen. Strich ein Zensor wichtige Artikel, so wandte sich die Redaktion der AZ an die oberste Re409 vgl. Verordnung vom 7.1.1815, BayHStA Minn 25097/1. 410
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Vgl. Innenministerium an Regierung von Schwaben und Neuburg vom 5.5.1839, StAA Regierung 7967. Vgl. Moran, Toward the Century of Words, S. 106. Vgl. u.a. Regierungsassessor Joseph von Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 14.9.1838, StAA Regierung 7067. Vgl. z.B. ebenda, und Perglaß an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 25.1.1838, StAA Regierung 7067. Vgl. Fischer an Regierung des Oberdonaukreises vom 2.12.1834, StAA Regierung 7065. Siemann, Ideenschmuggel, S. 100.
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gierungsbehörde, um doch noch die Zulassung der Artikel zu erwirken.416 Manchmal gelang dies sogar auch. Die Beamten standen daher im Kreuzfeuer zwischen den Vertretern des Cottaschen Verlages und dem Regierungspräsidenten oder gar dem Innenministerium.417 Bei der Beurteilung des Inhalts der Artikel orientierten sich die Zensoren in der Regel an den Zensurinstruktionen, die auch den Redakteuren bekannt waren. Sie enthielten die stereotype Formel, nichts, was gegen Staat, Religion und gute Sitten verstoße oder aber fremde Staaten beleidige, in den Artikeln zuzulassen. Viele der Instruktionen waren Reaktionen auf aktuelle oder politisch brisante Themen, die aus der öffentlichen Diskussion ausgeschlossen werden sollten. Da diese Verordnungen durchaus unterschiedlich interpretiert werden konnten, kam es zur willkürlichen Auslegung der Zensurmaßregeln. Eine genaue Dienstanweisung, wie sie der Augsburger Regierungspräsident Gravenreuth schon 1817 anstrebte,418 gab es nicht. Die Zensoren konnten nur die Sammlung der Instruktionen und die früheren Zensurakten zu Rate ziehen. Diese Akten wurden von jedem Zensor immer an seinen Nachfolger weitergegeben.419 Zusätzlich stand ihnen für ihre Arbeit die Münchner Politische Zeitung, das offizielle Regierungsorgan, zur Verfügung. 420 Regierungsrat Perglaß bemerkte, daß obschon Vorschriften in Menge bestehen, dennoch bei eintretenden wichtigen Weltereignissen, wo der freien Presse stets die Beftlgnis offen bleibt, sich auf die eine oder andere Seite hinzuneigen, immerhin der Zweifel obwalten kann, welches System der persönlichen Entscheidung Seiner Majestät des Königs und daher der Staatspolitik am meisten entspreche. 4 2 1
In diesen Zweifelsfallen konnten sich die Zensoren an den Regierungspräsidenten wenden und ihn um entsprechende Instruktionen bitten.422 Gerade die Zensoren waren diejenigen, die klare Gesetze in Harmonie mit der Verfassung und entsprechend eindeutige Instruktionen am meisten benötigten und dies nicht nur in Bayern.423 Erst die geheime Zensurinstruktion vom 8. März 1836 versuchte, diesem generellen Mangel zu begegnen. Zentral ist dabei das Kapitel »besondere Pflichten der Censoren«, das bisher erstaunlicherweise in den Quelleneditionen und der Forschung kaum beachtet wurde. Darin wurden die Grundelemente der Richtlinien 416
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Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 75 vom 1.2.1825; vgl. auch Fetscher, Konstanzer Seeblätter, S. 24. Vgl. Siemann, Ideenschmuggel, S. 103. Vgl. Bitterauf, Zensur in Bayern, S. 310f. Vgl. Generalkommissar des Oberdonaukreises an Giech vom 9.12.1823, StAA Regierung 7070. An diesem Verfahren änderte sich bis 1848 nichts. Vgl. Regierung des Oberdonaukreises an einen unbekannten Adressaten vom 30.3.1830, StAA Regierung 7070. Perglaß an Regierungspräsidenten von Schwaben und Neuburg vom 13.1.1838, StAA Regierung 7067. Vgl. u.a. Regierung des Oberdonaukreises an Baur-Breitenfeld vom 5.2. und 8.11.1828, Regierung des Oberdonaukreises an Ahorner 19.8.1832, StAA Regierung 7070, Regierungsassessor Joseph von Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 14.9.1838, StAA Regierung 7067 und die Verordnung vom 8.3.1836, StAA Regierung 7055. Vgl. auch Ohles, Germany's Rude Awakening, S. 58.
zusammengefaßt. 424 Abschnitt 1 dieses Kapitels wies die Zensoren darauf hin, daß die Zensurvorschriften ausschließlich eine instruktive Dienstvorschrift und daher weder zur Weitergabe an die Redaktionen noch zur Veröffentlichung in den Zeitungen geeignet seien.425 Alle bekanntgegebenen Instruktionen wurden demnach nur auf besondere Veranlassung des Ministeriums zur Bekanntgabe an die Redakteure freigegeben426 Außerdem durften die Zensoren die Redakteure über den Grund der Zensierung bestimmter Artikel informieren und sie zur besseren Selbstzensur anleiten (Abschnitt 6) 4 2 7 Der Zensor durfte sich bei der Entscheidung über die Zulassung eines Artikels nicht davon beeindrucken lassen, daß dieser gegebenenfalls schon in einer anderen zensierten bayerischen Zeitung erschienen war. Er hatte sich lediglich nach dem Wortlaut des Textes und den für diesen gültigen Instruktionen zu richten (Abschnitt 2). Überdies durfte er sich weder von seinen Arbeitsbedingungen, die Fischer so beanstandet hatte, noch vom Urteil der betreffenden Redaktion beeinflussen lassen (Abschnitt 3). Im Gegensatz zur früher geübten Praxis sollte der Zensor nur noch alternativ über Aufnahme oder Streichung eines Artikels entscheiden. Verstümmelung der Artikel durch Abstriche einzelner Passagen oder Veränderung der Wörter war nicht mehr erlaubt (Abschnitt 5). Bei Beanstandungen konnten die Redakteure dadurch nicht mehr auf die Korrekturen des Zensors hinweisen. Es sollte mit dieser Maßnahme vermieden werden, daß die Redakteure die Verantwortung für die publizierten Artikel auf die Zensoren abwälzten. In Abschnitt 7 erinnerte das Ministerium die Zensoren an frühere Verordnungen, die untersagten, Titel von zensierten Artikeln in den Inhaltsübersichten der Zeitungen aufzunehmen. Verboten waren auch Zensurlücken und die Ankündigung von besonderen Veröffentlichungen, mit denen die zensierten Artikel verbreitet werden sollten. Der letzte Abschnitt richtete sich besonders an die Regierungspräsidenten. Sie hatten die Zensoren zu ernennen, zu überwachen und sie zur vorschriftsmäßigen Zensur anzuleiten. Gegebenenfalls mußten sie sie entlassen und neue Zensoren finden. 428 Die Zensierung einer Zeitung und die damit verbundenen Rügen oder Belobigungen wirkten sich nicht allein auf die berufliche Karriere eines Beamten aus. Die Beurteilung der Regierungsräte erfolgte anhand vieler verschiedener Kriterien und die Zensur war nur ein Bestandteil der vielfaltigen Aufgaben. Die Zensurtä-
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Die Verordnung ist bei Döllinger, Sammlung Bd. 3, S. 31 lf., 323f., 334, 372, 379, unzusammenhängend und auch bei Schletter, Handbuch, S. 232-235, unvollständig abgedruckt. In den Zensurakten ist die vollständige Verordnung jedoch mehrfach überliefert. Verordnung vom 8.3.1836, StAA Regierung 7055; siehe Anhang. 425 Vgl. Verordnung vom 8.3.1836, StAA Regierung 7055; siehe Anhang. 426 Die Protokolle der Zensurbehörden Uber die Bekanntgabe der Instruktionen an die Redaktionen sprechen eindeutig dafür. Vgl. StAA Regierung 7054. Es waren nur die Dienstvorschriften vom 30.9.1831 und 8.3.1836 ausdrücklich davon ausgenommen. 427 Vgl. Verordnung vom 8.3.1836, StAA Regierung 7055. 428 vgl. ebenda, Abschnitt 8.
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tigkeit war nicht sehr beliebt, Rügen oder die Entfernung von diesem Amt wurden jedoch als kränkend empfunden. Es war »das Los der Zensoren, daß die Tüchtigkeit nie, jedes Versagen aber sogleich bemerkbar wird.«429 In gesellschaftlicher Hinsicht mußten die Zensoren nicht unter ihrem Amt leiden. Regierungspräsident Fischer, der selbst Zensor der AZ gewesen war, hatte keinen Fall übler Nachrede erfahren, da der Bevölkerung in Augsburg bekannt war, daß dieses Amt zur Pflichterfüllung des Staatsdieners zählte.430 Der häufige Wechsel der Zensoren lag zum einen an den verschiedenen Aufgaben der Regierungsräte, die auch Inspektionsreisen durch ihren Kreis unternehmen mußten, an Krankheiten und anderen Absenzen, zum anderen aber auch am Zensursystem, in dem die Regierungen ihre Unzufriedenheit mit dem Inhalt der Zeitungen durch einen Wechsel des Zensors ausdrückte. Die Redaktion der AZ mußte sich daher häufig auf neue Zensoren einstellen, was immer wieder zu internen Klagen führte. Stegmann machte die Erfahrung, daß neue Zensoren immer besonders ängstlich und penibel zensierten,431 was er auf die berufliche Unerfahrenheit der meisten zu Beginn ihrer Tätigkeit zurückführte. Je liberaler sie jedoch zensierten, desto mehr Schwierigkeiten bekamen sie mit ihren Vorgesetzten. 3.2.3.
Das Verhältnis zwischen Redaktion und Zensoren
[...] der Zensor bewacht nur die Redaktion und diese vermag kein Vertrauen zu jenem erlangen, weil sie ihn nur mit Mißtrauen gegen sich erfüllt weiß. Vertrauen kann die Redaktion besonders nur dann zu dem Zensor erlangen, wenn sie ihn nur mit gutem Willen, zugleich aber auch mit den geistigen Mitteln versehen weiß, ihr in vorkommenden Fällen Belehrung zu erteilen [...] 432
Die Äußerung des preußischen Außenministers Frhr. von Werther zeigt nicht nur, daß die Probleme der Zensoren bekannt waren, sie charakterisiert auch das schlechte Verhältnis zwischen Zensoren und Redaktionen. Trotz ihrer gegensätzlichen Ausgangspositionen drängt sich die Frage auf, ob nicht beide Parteien versucht haben, sich das tägliche Leben zu erleichtern. Wie gestaltete sich das Verhältnis zwischen der Redaktion der AZ und ihren Zensoren? Welche Möglichkeiten hatte der Verlag, mit dem Zensor als seinem »Geschäftspartner« so umzugehen, daß dieser im Rahmen der Möglichkeiten wohlmeinend zensierte? Wie geschah dies und zu welchem Ergebnis führte es? Die Redaktion stand in täglichem Kontakt mit dem Zensor. Ein Bote brachte ihm die Druckfahnen und holte sie wieder ab. In vielen Fällen besuchten die Redakteure selbst den jeweiligen Beamten, um sich Klarheit über Streichungen zu verschaffen. Stegmann diskutierte sogar über einzelne Textstellen mit dem Zensor und klärte bei manchen Artikeln schon vor dem Satz der Zeitung, ob diese Korre-
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Perglaß an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 2.6.1839, StAA Regierung 7067. 430 Yg] Regierungspräsident an Innenministerium vom 14.4.1843, BayHStA MInn 36316. 431 Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 70 vom 20.1.1824 und Nr. 77 vom 14.2.1825. 432 Frhr. von Werther am 24.3.1839, zitiert nach Krachen, Die Zensur und deren praktische Anwendung, S. 51.
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spondenzen die Druckgenehmigung erhalten würden. 433 Auch bei Streichungen in der Druckfahne versuchte er, doch noch eine Erlaubnis zum Druck der gestrichenen Beiträge zu erlangen.434 Es gab auch Absprachen zwischen Zensoren und der Redaktion, um eine gute Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Wirschinger sicherte Stegmann zu, nicht zu streng zu sein, wenn dieser sich vorsichtiger ausdrücken würde. 435 1832 versprach die Redaktion, keine Zensurlücken mehr zu lassen, wofür Fischer sich erkenntlich zeigen wollte.436 Die informellen Kontakte zu den Behörden wurden auch von Gustav Kolb gepflegt. Kolb berichtete über persönliche Besuche der Regierungspräsidenten in den Räumen der Redaktion, bei denen aktuelle Probleme der Zensur, aber auch politische Neuigkeiten besprochen wurden. 437 Sogar auf Reisen brach die Verbindung nicht ab. Kolb traf anläßlich einer Reise Regierungspräsident Fischer am Urlaubsort und wohnte mit ihm in einem Haus. 438 Fischer hatte dem Redakteur das Zimmer vermittelt. Durch die engen Kontakte zu den Regierungsbeamten erfuhren die Redakteure auch, welche Einstellung bei den Ministerien in München gegenüber der ΑΖ und der Presse überhaupt in dem Moment herrschte.439 Behördeninterne Vorgänge und Instruktionen im Bereich der Pressepolitik wurden der Redaktion auf diesem Wege vertraulich mitgeteilt.440 Wie versuchten die Redakteure oder die Verleger nun, die Zensoren günstig zu stimmen? Stegmann erfuhr, daß Regierungsrat Wirschinger gern englische Zeitungen las. Er gab ihm daraufhin wöchentlich die neuesten Ausgaben des Morning Chronicle zu lesen. Johann Friedrich Cotta bekam die Zeitungen erst zugesandt, wenn Stegmann sie von Wirschinger zurückerhalten hatte.441 Inwiefern Wirschinger deswegen der Redaktion der ΑΖ bei der Zensur entgegenkam, ist nicht mehr nachvollziehbar. Offensichtliche Bestechungsversuche sind ebensowenig nachweisbar. Es ist auch die Frage, ob sie angenommen worden wären. Die Zensur der AZ empfanden die Zensoren eher als unangenehm und belastend. Da sie offenbar keine materiellen oder sonstigen Vorteile aus ihrem Zensorenamt ziehen konnten, dürfte auch der Wunsch, das Amt zu behalten, nicht sehr groß gewesen sein. Ein weiterer unangenehmer Punkt für die Regierungsbeamten war ein Tadel durch die höherstehenden Behörden, da er möglicherweise auf die Beurteilung des Beamten bei einer Beförderung negativen Einfluß hatte. Somit fügten sich die Zensoren eher den Anweisungen, als daß sie sich von einer Redaktion beeinflussen ließen. Ein einziges Mal versuchte die Redaktion, bei einer Neubesetzung der Zensorenstelle direkt Einfluß zu nehmen. Nach der Versetzung des Grafen Giech übte Ahorner die Zensur aus. Stegmann erläuterte Cotta, daß Ahorner zwar im Au433 434 435 436
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Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 67 vom 15.11.1823. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 68 vom 11.12.1823. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 21 vom 18.8.1815. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 133 vom 26.3.1832. Das Verbot der Zensurlücken wurde in Art. 28 der Wiener Beschlüsse aus dem Jahr 1834 bestätigt. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 311 vom 10.12.1837 und Nr. 589 vom 13.1. 1845. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 757 vom 15. Juli 1847. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 133 vom 26.3.1832. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 55 vom 25.7.1822. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 44 vom 8.3.1822.
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genblick liberal zensieren würde, er fürchtete aber seine endgültige Ernennung zum Zensor. Er erwartete eine ängstliche, strenge und kleinliche Zensur Ahorners.442 Aus diesem Grund versuchte Stegmann, durch ein Gesuch an den König die Ernennung eines Zensors, der in seinem Sinne arbeiten würde, durchzusetzen. Er erläuterte, daß ein geeigneter Zensor für das Gedeihen der ΑΖ von großer Wichtigkeit sei, und schlug zwei Personen zur Auswahl vor. Der eine war Freiherr von Seida, der schon einmal die AZ zensiert hatte und deshalb über die passende Erfahrung verfügte. Der zweite war Schulrat Franz Joseph Müller.443 Stegmann schilderte Müller als einen Mann, »dessen Talente und Verstand von jedermann gerühmt werden«,444 und der gelehrt und verständig auf vernünftige Argumente reagiere.445 Johann Friedrich Cotta gefiel dieser Vorstoß Stegmanns nicht. Er befürchtete, daß etwaige Beschwerden keinen Erfolg mehr haben könnten. Das Argument, die Redaktion habe den Zensor selbst ausgewählt, wollte Cotta der Regierung nicht in die Hand geben.446 Gravenreuth lehnte die Vorschläge Stegmanns ebenfalls ab. Seida redigierte die Augsburger Postzeitung und mußte täglich selbst Striche des Zensors hinnehmen. Für Gravenreuth war das Grund genug, Seida nicht als Zensor zu akzeptieren. Der Schulrat Müller war so mit seinen anderen Tätigkeiten überlastet, daß er diese nur mit großer Anstrengung erledigen konnte. Gravenreuth wollte ihm nicht noch weitere Aufgaben aufbürden.447 Erst seit der Tätigkeit Perglaß', dann aber ganz besonders bei Lufft, sind die Kontakte zur Redaktion besser nachweisbar. Perglaß rühmte sein gutes Vertrauensverhältnis zu den Augsburger Redaktionen, besonders aber zur AZ. 448 Während Kolb über die Perglaß'sche Zensur stöhnte und in den Auseinandersetzungen mit ihm »mündlich und schriftlich tausend Worte verschwendet[e]«,449 informierte Perglaß die Redaktion über die Probleme anderer bayerischer Zeitungen mit den Behörden450 und legte seine Gründe für die Streichung mancher Artikel dar.451 August Lufft dehnte seine Kontakte zur Redaktion über den amtlichen Bereich hinaus aus. Lufft wies Kolb auf die Möglichkeit hin, eine zensurfrei erscheinende Beilage als weiteres Supplement der AZ für unverfängliche Artikel zu gründen. Kolb nahm diese Anregung auf und konzipierte eine Beilage, in der rein wirtschaftliche und historische Beiträge erscheinen sollten.452 Das Ergebnis dieser Pla-
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Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 73 vom 26.1.1825. Vgl. Gesuch Stegmanns vom 25.1.1825, StAA Regierung 7070. Ebenda. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 73 vom 26.1.1825. Vgl. ebenda. Vgl. Gravenreuth an Außenministerium vom 5.2.1825, BayHStA Minn 25097/1. Vgl. Perglaß an Regierung von Schwaben und Neuburg vom 13.1.1838, StAA Regierung 7067. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 297 vom 19.7.1837, vgl. auch Duczek, G. Kolb, S. 298. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 316 vom 9.1.1838. Vgl. CA, CB Perglaß an Kolb Nr. 312 a vom Dezember 1837 bei Kolb an Cotta Nr. 312 vom 13.12.1837. Vgl. dazu Duczek, G. Kolb, S. 330.
nung waren die Monatsblätter zur Ergänzung der Allgemeinen Zeitung, die im Januar 1845 zum ersten Mal erschienen. Auch in anderer Hinsicht war Lufft für Georg von Cotta tätig. Von Ende 1844 bis Juni 1846 schrieb der Zensor Berichte über Schweizer Angelegenheiten für die ΑΖ. 453 Anfangs tat er dies ohne fest vereinbartes Honorar. Kolb bat Cotta daraufhin, Lufft »einige hübsche Bücher«454 als Dank für die Korrespondenzen und die gute Zensur zu übersenden. Im November 1845 überredete Lufft Cotta schließlich, den Schweizer Korrespondenten, den er nach eigener Aussage selbst vermittelt hatte, fallenzulassen, indem er diesem »Leidenschaftlichkeit, Einseitigkeit, [...], Verdächtigung und selbst Perfidie«, Verdrehungen und »maliziöse Insinuationen« vorwarf 455 Er beabsichtigte mit seinem Brief, Cotta darauf aufmerksam zu machen, daß er selbst der bessere Korrespondent fur die Schweiz sei. Cotta bot ihm daraufhin an, nicht mehr unentgeltlich, sondern mit einem fixen Honorar für die AZ zu schreiben.456 Sie einigten sich auf ein Honorar von 77 fl. pro Monat für Artikel im Umfang eines Druckbogens, wobei dies als Maximum vereinbart wurde. Sollte Lufft mehr Artikel schreiben, würde sich das Honorar nicht erhöhen.457 Diejenigen der Schweizer Zeitungen, die die Redaktion der AZ nicht abonniert hatte, wollte Lufft selbst beziehen. Um bei der Post jedoch nicht als Abonnent in den Listen zu erscheinen, sollte der Faktor der AZ, Roeth, die Bestellung für Lufft vornehmen. 458 Das bedeutete gleichzeitig, daß Lufft die Korrespondententätigkeit vermutlich ohne Wissen seiner Vorgesetzten durchführte. Seine Motive für dieses publizistische Engagement verdeutlicht Lufft in einem Brief an Cotta: [...] 1. Einerseits hatte die allgemeine Zeitung in der Schweiz bey der großen Mehrheit sehr am Credit eingebüßt. Es kamen mir von Seite höchst ehrenwerther Männer inner- und außerhalb der Schweiz im Sinne des gemäßigten Theils jener Majorität bittere Beschwerden zu Ohren, welche die Redaktion sowohl als auch mich trafen, und uns bezüchtigten, die Sache des Ultramontanismus zu fördern. [...] 2. Andererseits war die Minderheit ebensowenig befriedigt, und machte dieselbe auf die ganze Hand Anspruch, indem sie fortwährend mit gehäßigen Anläufen und perfider Denunziation gegen die allg. Zeitung zu Felde zog. 3. Endlich kannte ich vollständig die hohe Bedeutung und Wichtigkeit der Vorgänge in der Schweiz filr das Ausland, namentlich für Deutschland - wie ja z.B. ein geistreicher und wohlunterrichteter Mann die Schweiz mit Recht den Brückenkopf nennt, von welchem aus Rom Deutschland (und den Protestantismus) angreift. 4. Somit war es für die allg. Zeitung sicherlich zur Pflicht und Notwendigkeit geworden, jenen Ausweg zu wählen, den ich mit meiner Artikelfabrikation eingeschlagen zu haben glaube. Die allg. Zeitung soll hienach bey gedrängter Übersicht bey möglichst objektiver Haltung die erheblichsten Thatsachen nach ihren inneren Motiven und in ihrem Zusammenhange registrieren, oder mit anderen Worten soweit thunlich die Thatsachen sprechen lassen. 453 454 455 456
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Vgl. private Briefe Luffts an Cotta, Cotta-Archiv Marbach. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 586 vom 4.1.1845. CA, CB Lufft an Cotta Nr. 2 vom 14.11.1845. Lufft scheint auch in publizistischer Hinsicht seinem Ruf als »Vielschreiber« gerecht geworden zu sein. Mebold bezeichnete ihn als »fleißigen Mitarbeiter« der AZ. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 74 vom 29.7.1845. Vgl. CA, CB Lufft an Cotta Nr. 3 vom 18.11.1845 und Nr. 4 vom 25.12.1845. Vgl. CA, CB Lufft an Cotta Nr. 4 vom 25.12.1845.
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5. Dabey ging ich, bey dem warmen Interesse, welches ich an der allg. Zeitung nehme, von der guten Absicht aus, nicht allein sie von Beschwerden hier und vor Denunziationen usw. dort nach Möglichkeit zu bewahren, sondern auch ihr nach Thunlichkeit den gebührenden I. Rang für Schweizernachrichten unter den deutschen Zeitungen zu sichern. 6. Schlüßlich erwog ich, daß durch mein Mitarbeiten alle ständigen Correspondenten resp. Verlegenheitsbereiter überflüssig würden, und daß damit zugleich der allg. Zeitung eine Kosten-Ersparniß zugienge - ein Umstand, der auch bey der Annahme eines Honorars für mich umso entscheidender war, als ich darin eine Ausgleichung erkannte, während ich der allg. Zeitung eine neue Last unter keiner Bedingung hätte zumuthen mögen. 4 5 9
Das lange Zitat bestätigt den Eindruck, den Luffts Briefe über ihn selbst vermitteln. Der preußische Gesandte in Stuttgart, Thomas Heinrich Rochow, der Lufft schon in der Schweiz kennengelernt hatte, urteilt: »er glaubt ein politischer Kopf zu sein und ist in dieser Beziehung doch beschränkt, sehr eitel und eingenommen von sich, ist er leicht zu behandeln und zu dem zu bewegen, wozu man ihn brauchen will.«460 Es ist fraglich, ob Lufft mit seinen Korrespondenzartikeln nicht doch im Auftrag der Regierung gehandelt hat, ebenso wie der österreichische Geschäftsträger von Kast seinen Aufenthalt in der Schweiz mit geheimen Missionen begründet hatte. Das »zwielichtigef..]«461 Verhalten Luffts und sein gutes Verhältnis zu König Ludwig I. und Innenminister Abel legen diesen Schluß ebenso nahe, wie Gollwitzers Urteil, 462 Lufft sei Opportunist und Denunziant gewesen. Mit seiner Versetzung als Regierungsdirektor nach Speyer im Juni 1846 beendete Lufft seine Korrespondententätigkeit für die AZ.463 Die Gründe dafür legt er nicht dar, sie können aber nur zweierlei Art gewesen sein. Zum einen hatte Lufft in Speyer nicht die Möglichkeit, anonym über die Redaktion der AZ die Schweizer Zeitungen zu abonnieren, zum anderen war er ohne sein Amt als Zensor auf den guten Kontakt und das enge Verhältnis zur AZ und Cotta nicht mehr angewiesen. Zusätzlich war die Aufrechterhaltung des »confidentiellen«464 Verhältnisses zwischen Lufft und der Redaktion über eine größere Entfernung, bei der man ausschließlich auf den schriftlichen Kontakt angewiesen war, nicht so leicht möglich. Zwar bezeichnete Lufft sein Verhältnis zu Altenhöfer und Mebold als ein freundschaftliches, 465 die Redakteure waren jedoch erleichtert über sein Ausscheiden aus den Diensten der AZ. Kolb freute sich, »seiner langweiligen Schweizer Artikel«466 entronnen zu sein und zählte die Einsparung des »ungeheuren Honorars« zu den weiteren positiven Begleiterscheinungen von Luffts Weggang 467 459 460
461 462 463 464
465 466 467
128
CA, CB Lufft an Cotta Nr. 5 vom 30.12.1845. Abschrift eines Schreibens des Gesandten Rochow an Außenminister Bülow vom 29.1.1843, GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. Α Nr. 34, Bl. 129f. Gollwitzer, Karl von Abel, S. 210. Vgl. ebenda, S. 202. CA, CB Lufft an Cotta Nr. 9 vom 6.6.1846. Dieses Wort gebraucht Lufft immer dann, wenn er Cotta Ansichten der bayerischen Regierung über die AZ mitteilte. Vgl. CA, CB Lufft an Cotta Nr. 2 vom 14.11.1845. Vgl. Lufft, Streiflichter, S. 12. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 690 vom 31.5.1846. Vgl. ebenda. Mebold war anfangs nicht sehr glücklich über die Abberufung Luffts, da er sich im Laufe der Jahre gut mit ihm arrangiert hatte. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 76 vom 15.2.46.
Auch in amtlicher Hinsicht hatte Lufft sich in vielfältiger Weise um die ΑΖ gekümmert. Nach eigener Aussage hob er die AZ bei seinen Besuchen im Innenministerium oder beim König positiv hervor468 und berichtete über die aktuelle Einstellung des Königs gegenüber der ΑΖ.469 Außerdem ließ Lufft Cotta ministerielle Aktenstücke zur Information zukommen. 470 Auffallend ist, daß Lufft die Redaktion täglich für etwa eine Stunde besuchte 471 Dabei dürften die Zensurstriche bzw. Modifikationen der Artikel besprochen worden sein. Die Redaktion arrangierte sich mit dieser Unterbrechung der Arbeit, konnten doch so einige Zensurstriche besser diskutiert und geändert werden. Erst nach Luffts Amtsenthebung verspürten die Redakteure die Erleichterung durch den neuen Zensor, der die Räume der Redaktion nicht betrat.472 In der Person Luffts fand die Redaktion einen Zensor, der sich über seine strikten Dienstanweisungen, wie ζ. B. die Abstreichung von Artikeln ohne Korrektur, hinwegsetzte. Mit der Aufnahme der Schweizer Artikel in die AZ schmeichelte Kolb dem Beamten, Buchgeschenke und das spätere Honorar für diese Artikel taten ein übriges, um das persönliche Verhältnis zu entspannen und den Zensor für die Zeitung zu gewinnen 473 Lufft ist jedoch der einzige Zensor, für den ein direkter außeramtlicher Kontakt zur Zeitung nachgewiesen werden konnte. Zwar pflegte die Redaktion auch ihre Beziehungen zu ehemaligen Zensoren wie zu Fischer oder Graf Giech,474 dies hatte jedoch weniger mit ihrer ehemaligen Stellung als Zensoren der Zeitung als vielmehr mit ihrer politischen Stellung innerhalb des bayerischen Staates zu tun. Es zeigt sich also, daß Kontakte zwischen Redaktion und Zensor nur auf der informell-persönlichen Ebene hergestellt werden konnten. Deren Auswirkungen auf eine gemäßigtere Zensur lassen sich in diesem Rahmen jedoch nicht nachweisen. Das Innenministerium und König Ludwig I. beobachteten die AZ zu genau, um den Zensoren größeren Handlungsspielraum zu gewähren. Die dem Zensor übergeordneten amtlichen Stellen waren darauf bedacht, die Unabhängigkeit gegenüber der zu zensierenden Zeitung zu behaupten.
3.3.
Die Mechanismen der Unterdrückung und ihre Folgen
3.3.1.
Methoden und Normen staatlicher Eingriffe
Für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts lassen sich zwei Formen der Einflußnahme des Staates auf die Presse unterscheiden: das vielfältige und sich erst durch die Revolution von 1848 stark verändernde Repressionsinstrumentarium der Kon468 469
470 471 472 473 474
Vgl. z.B. CA, CB Luffi an Cotta Nr. 2 vom 14.11.1845. Lufft schreibt, daß er ein Handbillet Ludwigs I. erhalten habe, indem dieser sich über die AZ äußerte. Vgl. CA, CB Luffl an Cotta Nr. 3 vom 18.11.1845. Vgl. CA, CB Lufft an Cotta Nr. 6 vom 2.1.1846. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 78 vom 28.8.1846. Vgl. auch CA, CB Kolb an Cotta Nr. 680 vom 15.4.1846. Vgl. auch Duczek, G. Kolb, S. 298. 1 847 besuchte Graf Giech Kolb in der Redaktion und führte mit ihm eine lange Unterhaltung. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 781 vom 2.12.1847.
129
trolle, und die Verbreitung eigener Auffassungen, also Propaganda. Die Repressionsinstrumentarien sind Vorzensur und Nachzensur. Diese Eingriffsebenen und die Normen, die dabei zur Anwendung kamen, sollen hier dargestellt werden. Vor 1848 galt in Bayern für politische und periodische Schriften das Präventivsystem, also die Vorzensur. Da die Gerichte nicht für diese Art von Zensur zuständig waren, sondern nur für Fälle von Zensur im Sinne des Prohibitivsystems, mußte der Staat Behörden bzw. Stellen schaffen, die die Vorzensur ausführten. Dies geschah, indem bereits bestehenden Institutionen die Aufgabe der Zensierung zugewiesen wurde. Bis 1825 war das »Ministerium des königlichen Hauses und des Äußeren« zuständig für die Zensur, danach das »Ministerium des Inneren«. Das Ministerium übertrug die Durchführung den Kreisregierungen, das heißt dem jeweiligen Regierungspräsidenten als Verantwortlichem. Dieser wiederum konnte die tägliche Zensur einem Regierungsmitglied oder den Stadtkommissären derjenigen Städte, in denen Zeitungen erschienen, überantworten.475 Jede untergeordnete Zensurbehörde war der nächst höheren Dienststelle verantwortlich. Das Ministerium selbst stand unter der Aufsicht des Königs, der in schwerwiegenden Fällen sein Handeln vor dem Deutschen Bund rechtfertigen mußte. In der Praxis bedeutete dies - und das soll im folgenden am Beispiel der ΑΖ aufgezeigt werden daß ein Mitglied der Kreisregierung, das in Augsburg auch die Funktion des Stadtkommissärs in Personalunion innehatte, die tägliche Zensur ausübte. Der Zensor bekam jeweils die Bürstenabzüge, d.h. die Korrekturblätter der Zeitungsausgaben, vorgelegt, sah sie durch, strich Mißliebiges an und unterschrieb das Exemplar nach erfolgter Zensur. In den preußischen Rheinprovinzen bekamen die Zensoren zwei Exemplare vorgelegt, von denen sie eines behielten, um etwaige Abweichungen in der gedruckten Ausgabe der Zeitung später feststellen zu können. 476 In Bayern scheint dies nicht üblich gewesen zu sein, da Hinweise auf diese Praxis weder in den Instruktionen noch in den Akten zu finden sind. Da dieses Material fehlt, ist es auch nur eingeschränkt möglich, Aussagen zu Zensurkriterien, die über die Verordnungen hinausgingen, zu machen. Trotzdem soll hier versucht werden, inhaltliche wie sprachliche Reizthemen und -Wörter darzustellen, die nicht nur von den tagespolitischen Ereignissen geprägt waren, sondern längerfristig Gültigkeit hatten. Bei Artikeln, für deren Streichung oder Kürzung der Zensor sich nicht eindeutig entscheiden konnte, durfte er den Regierungspräsidenten zu Rate ziehen. Dieser bestimmte dann das Vorgehen und übergab dem Zensor die geeigneten Instruktionen.477 In manchen Fällen sandte er den Artikel nach München ins Ministerium und wartete eine »allerhöchste Entscheidung«478 ab. Die Antwort erfolgte durch den Minister, der den Artikel entweder verbot, ihn zuließ oder so weit korrigierte, daß er in abgeänderter Fassung in der Zeitung abgedruckt werden 475
Diese Instanzen wurden schon 1799 bestimmt. Verordnung vom 6.9.1799, § § 3 und 4. Vgl. Döllinger, Sammlung, Bd. 3, S. 313. In der Zensurinstruktion vom 28.1.1831 wird dieser Grundsatz nochmals bestätigt. Vgl. Zensurinstruktion vom 28.1.1831, BayHStA MInn 45188. 476 Vgl. Krochen, Preßverhältnisse in den Rheinlanden, S. 50. 477 Yg] Regierung d. Oberdonaukreises an Baur-Breitenfeld vom 5.2.1825, StAA Regierung 7070, vgl. auch StAA Regierung 7064, 7065, 7066. 478 Terminus der Amtssprache, vgl. BayHStA Minn 25097/1.
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konnte.479 Seine Entscheidung sandte der Minister jedoch nicht direkt dem Zensor, sondern dem Regierungspräsidenten, der sie dann an den Zensor weiterleitete. Der Weg durch alle Instanzen dauerte in der Regel gut eine Woche, teilweise auch wesentlich länger.480 Die Aktualität der Zeitung litt darunter beträchtlich. Oft waren die durch die Zensur verzögerten Artikel schon in anderen Zeitungen erschienen, so daß ein Abdruck in der ΑΖ für die Redaktion nicht mehr rentabel war. Teilweise waren die Artikel so stark gekürzt, daß man sie nicht mehr erscheinen ließ.481 In der Regel bestand die Regierung jedoch darauf, daß die korrigierten Artikel auch gedruckt wurden. So ergab es sich, daß völlig veraltete Artikel ohne jeden Zusammenhang zum Ereignis, auf das sie sich bezogen, in der Zeitung abgedruckt wurden. »Häufige Anfragen der Zensoren bei der Regierung verraten deren Unsicherheit, ja Ängstlichkeit, wozu die fast unnachsichtige Aufsicht über die Aufseher [d.h. die Zensoren, d.Verf.]«482 beitrug. Die Nachzensur als zweite Form der staatlichen Kontrolle wurde dann ausgeübt, wenn gegen bestimmte Artikel der ΑΖ Beschwerde bei der Regierung eingelegt worden war. Jede Privatperson, Institution oder ausländische Regierung hatte die Möglichkeit, sich über einen Artikel zu beschweren. Das zuständige Ministerium begutachtete die Beschwerden und entschied, ob sie gerechtfertigt erschienen. Wenn ja, wurde dem Zensor oder der Redaktion über den Instanzenweg die Beschwerde bekannt gemacht und Genugtuung in Form eines Widerrufes oder einer Rüge gefordert. Beschwerden von Privatpersonen über die AZ waren selten. Die Beschwerden von Staatsbeamten oder ausländischen Regierungen wurden von der Regierung meist sehr ernst genommen. Außenpolitische Differenzen wegen eines unliebsamen Artikels oder sogar Konflikte mit Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes wollte die bayerische Regierung auf jeden Fall vermeiden. Beschwerden von ausländischen Regierungen, mit denen Bayern nicht in freundschaftlichem Verhältnis stand oder deren Beschwerde nicht wichtig erschien, wurden von den zuständigen Behörden jedoch in einigen Fällen abgewiesen 483 Als Beispiel mag eine Beschwerde der großherzoglich-hessischen Regierung dienen. Der dortige Außenminister Du Thil übergab dem bayerischen Gesandten am Darmstädter Hof eine Protestnote, in der sich die Regierung über die Berichterstattung in der AZ beklagte. Er schrieb, daß man die Artikel der AZ mit der Begründung bisher noch nicht gerügt habe, da »sie theils ganz falsche, theils sehr entstellte Thatsachen meldeten«, die der gebildete Leser als solche erkennen könne.484 Da der Inhalt der Artikel aber »immer leidenschaftlicher und bösartiger«485 werde, und diese auch von anderen Journalen übernommen würden, sah sich die großherzoglich-hessische Regierung zu einer Beschwerde genötigt. Sie forderte die bayerische Regierung auf, den Zensor und die Redaktion der AZ zu 479 480 481 482 483 484 485
Vgl. Außenministerium an Gravenreuth vom 29.3.1824 und 2.4.1824, ebenda. Z.B. vom 27.2.-29.3.1824 vgl. ebenda und StAA Regierung 7064. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 16 vom 12.4.1815. Mancal, Augsburger Zeitungen, S. 613. Vgl. Beschwerde Schweiz 16.11.1826-27.11.1826, BayHStA Minn 25097/1. Vgl. Du Thil an Lerchenfeld vom 7.10.1826, BayHStA Gesandtschaft Darmstadt 762. Ebenda.
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verwarnen und entsprechende Maßregeln zu erlassen. Außerdem wollte sie von der Redaktion den Namen des Verfassers erfahren, damit dieser zur Verantwortung gezogen werden könnte.486 Drei Wochen später folgte eine weitere Note, in der die AZ von der großherzoglich-hessischen Regierung bezichtigt wurde, der rheinhessischen Opposition »ihre Spalten zu öffnen«. 487 Wiederum leitete der Gesandte Freiherr von Lerchenfeld diese Noten an das Außenministerium weiter. Dieses benachrichtigte das Staatsministerium des Inneren. Der Innenminister wies den Regierungspräsidenten des Oberdonaukreises in Augsburg an, die Redaktion der AZ von dieser Beschwerde zu informieren und sie zu verwarnen.488 Der damalige Vizepräsident Raiser sandte eine entsprechende Mitteilung mit einer Stellungnahme Stegmanns an das Innenministerium zurück. Stegmann erklärte sich bereit, den Nachrichten des Großherzogtums Hessen in Zukunft mehr Aufmerksamkeit zu widmen und bot an, in der AZ einen Korrespondenten der großherzoglichen Regierung selbst zu Wort kommen zu lassen. Den Namen des Korrespondenten der bereits erschienenen Artikel erwähnte er mit keiner Silbe.489 Ausgehend vom Regierungspräsidenten des Oberdonaukreises durchlief die Antwort wiederum alle Instanzen bis zum Gesandten von Lerchenfeld, der sie der hessischen Regierung übergab. Die Art des Verfahrens blieb bei allen Beschwerden auswärtiger Regierungen gleich. Ein Unterschied bestand lediglich in der Geschwindigkeit, mit der die Beschwerde bearbeitet wurde. So behandelte das Ministerium Beschwerden von deutschen Bundesstaaten bevorzugt, während die endgültige Beseitigung aller strittigen Punkte nach einer Schweizer Beschwerde fiinf Monate dauerte.490 Wenn das Ministerium eine Beschwerde für begründet hielt, wurde die Redaktion der AZ verpflichtet, einen Widerruf abzudrucken.491 Den Beurteilungsmaßstab für die Arbeit der Zensoren bildeten neben den in ganz Bayern gültigen generellen Verordnungen die Einzelfallinstruktionen,492 d.h. Spezialanweisungen, die für einen konkreten Fall ausgesprochen und dann auf dem Verwaltungsweg auch den Zensoren anderer Zeitungen mitgeteilt wurden. Diese Instruktionen änderten sich je nach Einstellung des Königs zur Presse oder aufgrund aktueller politischer Ereignisse, und durch sie konnte die Regierung schnell auf die verschiedensten Geschehnisse reagieren. 486
Vgl. ebenda. Vgl. Lerchenfeld an Thürheim vom 24.10.1826, ebenda. 488 Vgl. Innenministerium an Regierung d. Oberdonaukreises vom 30.10.1826, BayHStA MInn 25097/1 und StAA Regierung 7064. 489 Vgl. Bericht Stegmanns vom 14.11.1826, BayHStA Gesandtschaft Darmstadt 762 und StAA Regierung 7064 (in Abschrift). 490 Vgl. BayHStA Minn 25097/1, Beschwerden: Schweiz: 6.11.1814-12.4.1815. Württemberg: 19.5.1815-29.5.1815 und Preußen: 29.4.1832-16.5.1823. 491 Vgl. z.B. Protokoll vom 11.12.1814 und 1.4.1815, Stegmann an die Zensurbehörde vom 12.3.1825, ebenda. 492 Vgl. Wolfram Siemann, Normenwandel auf dem Weg zur »modernen« Zensur: Zwischen »Aufklärungspolizei«, Literaturkritik und politischer Repression (1789-1848), in: Zensur und Kultur. Censorship and Culture, hrsg. von John A. McCarthy und Werner von der Ohe, Tübingen 1995 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, Bd. 51), S. 63-86. 487
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Die Klage der Zensoren, daß diese Vorschriften fiir die tägliche Arbeit nicht ausreichten, zeigt, daß sie »den eigentlichen Willen der staatlichen Autorität intuitiv«493 erahnen oder interpretieren mußten. So entstanden Nonnen mit Zensurkriterien, die die Zensoren wie eine Schablone über die Artikel legten. Der Normenhorizont unterlag einem ständigen Wandel und war eng an die staatliche Autorität gekoppelt. Seine Anwendung war jedoch auch von der Persönlichkeit, der politischen Einstellung und der Bildung der Zensoren abhängig. War der Zensor bei der Lektüre der Zeitimgsberichte in der Lage, größere politische Zusammenhänge zu erkennen und sie dementsprechend zu beurteilen, gewann die Zensur gewissermaßen den Wert einer kritischen Rezension, an deren Ende das Verbot eines Artikels oder die Genehmigung zu seiner Veröffentlichung stand. Stand aber das geistige Niveau des Zensors nicht auf der Höhe der zu beurteilenden Artikel, blieb seine Arbeit die kleinlichen Suche nach unpassenden Wörtern. Die umfangreichen Normen fiir die Zensur lassen sich in zwei Hauptgruppen, inhaltliche und sprachliche, einteilen. Bei der inhaltlichen oder Themenzensur 494 gab es im 19. Jahrhundert allgemeingültige Regeln, die als Basiskriterien bezeichnet werden können: 495 Artikel gegen einen Staat, seine Verfassung und Repräsentanten sowie die Herabsetzung von Religion und Christentum durch die Verletzung religiöser Normen wurden ebensowenig zur Veröffentlichung zugelassen wie Schmähreden und die Verletzung der Ehre von Privatpersonen oder Verstöße gegen die Sittlichkeit 496 Die Karlsbader Beschlüsse von 1819 und die Ergebnisse der Wiener Ministerkonferenz verdeutlichten die verstärkte Aufmerksamkeit des Deutschen Bundes in Bezug auf politische Zensurkriterien.497 Wurden diese schon bei der Buchzensur in den Vordergrund gestellt, so erhielten sie in ganz besonderem Maße nun auch bei der Zensur der Zeitungen Gültigkeit. Beispielsweise durfte in der AZ der Inhalt keines Beitrages eine »liberale«498 Grundhaltung zeigen, selbst der Schein, »einer auf die Nährung und Verbreitung des revolutionären Geistes hinzielenden Tendenz«499 war zu vermeiden. In einem der wenigen mit den Streichungen des Zensors erhaltenen Korrespondenzberichte sind alle kritischen Stellen, insbesondere die, die sich gegen den Adel richteten, getilgt.500 Die Verbreitung von Lehren, die »in den Leidenschaften und beschränkten Einsichten der unteren Volksklassen ihren Nutzen« sahen und somit der Erschüt-
493 494 495 496
497 498
499 500
Ebenda, S. 64 Vgl. Kanzog, Zensur, literarische, S. 1038. Vgl. auch Siemann, Normenwandel, S. 67. Vgl. III. Beilage zur Verfassungsurkunde vom 26.5.1818 und die schon erwähnten Einzelverordnungen. Vgl. auch Klaus Kanzog, Textkritische Probleme der literarischen Zensur. Zukünftige Aufgabe einer literaturwissenschaftlichen Zensurforschung, in: »Unmoralisch an sich ...«, hrsg. von Herbert G. Göpfert und Erdmann Weyrauch, Wiesbaden 1988 (Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens, Bd. 13), S. 309-331, hier S. 311. Vgl. Siemann, Normenwandel, S. 81. Mit »liberal« ist hier ein Wort Stegmanns verwendet. Daß trotzdem »liberale« Artikel in der AZ standen, hat Rintelen nachgewiesen. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 113 vom 24.10.1835 und Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration. CA, CB Schenk an Cotta Nr. 15 vom 10.10.1830. Vgl. Korrespondenzbericht, Beilage zu CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 61 vom 2.8.1823.
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terung der »bestehenden rechtlichen Ordnung«501 dienten, galt als ebenso verwerflich wie politisches Räsonnement. 50 \Einzelne Aussagen in Artikeln strich der Zensor schon, wenn er sie persönlich für falsch hielt.503 Besonders empfindlich reagierten die Behörden auf Beiträge, die eindeutig die öffentliche Meinung gegen die Regierung zu beeinflussen versuchten.504 Sie erkannten darin sofort eine revolutionäre TendenzBaiern< gleich am Anfang«157 gedruckt werden sollen. Cotta entgegnete ihm, daß die AZ keine bayerische Zeitung sei, sondern eine allgemeine. Gravenreuth wandte sich an das Innenministerium, um eine Lösung des Konfliktes zu erzielen.158 Das Innenministerium leitete den Brief jedoch nur an das Außenministerium weiter, da es zu diesem Zeitpunkt noch nicht zuständig war.159 Weitere Aktenstücke darüber sind in den Quellen nicht vorhanden. Für die Redaktion sollten die Jahre 1826/27 die ruhigsten Jahre in der Beziehung Zeitung - Zensur werden. Es gab 1826 nur zwei Beschwerden,160 die ohne größere Probleme beseitigt wurden. Für das Jahr 1827 sind weder in den Zensurakten des Innenministeriums und denen der Kreisregierung noch in den Briefwechseln der Redakteure mit Johann Friedrich Cotta Hinweise auf Schwierigkeiten mit der Zensur enthalten. Es existiert nur die Anweisung der Regierung, daß Personal-, Standes- und Rangverhältnisse nicht falsch angegeben werden dürften.161 Ein weiterer Grund für die unbehinderte Arbeit der AZ war der kulturpolitische Ehrgeiz Ludwigs I. Er versuchte, Cotta fur einen Umzug der Verlagsgeschäfte von Augsburg nach München zu gewinnen.162 Cotta wollte sich jedoch nicht in die Abhängigkeit der bayerischen Regierung begeben. Er stellte zahlreiche Forderungen163 und gründete letztlich nur die »Literarisch-Artistische Anstalt« in München, die eine große kartographische Abteilung besaß. Die gewünschte Verlegung der AZ kam 1825 nicht zustande, und ein verstärktes Engagement Johann Friedrich Cottas in der Landeshauptstadt blieb aus.164 Die AZ blieb weiterhin in Augsburg. Erst im November 1828 sind wieder vermehrt Auseinandersetzungen der Redaktion mit den Zensurbehörden bezeugt. Am 7. November erschien in der Beilage der AZ Nr. 312 ein Artikel aus Pest, datiert auf den 25. Oktober. Der Artikel meldete eine Niederlage Zar Nikolaus' I. von Rußland im türkisch-russischen Krieg und seinen Rückzug vor den Osmanen aus Varna.165 Nach Meinung Metternichs 156
Gravenreuth an Innenministerium vom 21.10.1825, BayHStA Minn 25097/1. Ebenda. 158 Vgl. ebenda. 159 Vgl. Innenministerium an Außenministerium vom 23.10.1825, ebenda. 160 Beschwerde Kurhessen vgl. Außenministerium an Innenministerium vom 18.3.1826 und Gravenreuth an Innenministerium vom 26.3.1826, BayHStA Minn 25097/1. 161 Vgl. StAA Regierung 7054. 162 Vgl. Dirrigl, Ludwig I., S. 312ff. und ÖGB II., S. 127ff. 163 Privileg zur Betreibung der Dampfschiffahrt, Erleichterungen der Briefpost, Postwege und Korrespondenzen, Überlassung des staatlichen Schulbuchverlages und Druck des Regierungsblattes. Wieviele Forderungen genau erfüllt wurden, ist nicht angeführt. Vgl. Dirrigl, Ludwig I., S. 318. 164 Vgl. dazu Steuer, Cotta in München. 165 Vgl. Rescript Metternichs an den Gesandten Graf Spiegel vom 11.11.1828, ÖStA HHStA, Staatskanzlei: Wissenschaft und Kunst 13, vgl. auch die Abschrift CA, CB Metternich Nr. 3 a, Text im Anhang. 157
170
diente der Artikel dazu, Unzufriedenheit unter der Bevölkerung des Königreichs Ungarn zu stiften und »Zwietracht zwischen den verschiedenen Religionsparteien zu erregen«.166 Deshalb erließ der österreichische Staatskanzler bereits vier Tage später das Reskript, daß die AZ sofort »im ganzen Umlauf der österreichischen Monarchie unausbleiblich verboten werden wird«, wenn sie je wieder einen derartigen Artikel drucken sollte. Metternich zweifelte, daß der Bericht in Pest selbst geschrieben worden war und wollte »nöthigenfalls bis zur Evidenz dartun«, daß der Verfasser kein Ungar sei.167 Im ersten Reskript hatte Metternich jedoch nur die Aussagen des österreichischen Kaisers Franz I. wiedergegeben. Seine eigene Meinung äußerte er in einem zweiten Reskript an den österreichischen Gesandten in München, Graf Spiegel. Darin verdächtigte Metternich den Ministerialrat im bayerischen Außen- und Innenministerium, Freiherrn von Hormayr, den Artikel verfaßt zu haben.168 Hormayr stand früher in österreichischen Diensten, wechselte in den Staatsdienst Bayerns und wurde 1828 von Ludwig I. als eine »Art bayerischer Pressechef«169 ins Außenministerium berufen. Hormayr bekämpfte in seinen Veröffentlichungen Metternich und zog sich so dessen Unwillen zu. 170 Graf Spiegel sollte Cotta darauf hinweisen, daß weitere Korrespondenzen Hormayrs zu Unannehmlichkeiten fur die AZ in Österreich führen würden.171 Anfang Dezember erschien jedoch ein zweiter Artikel aus Pest,172 der dem ersten sehr ähnlich war. Metternich sandte ein weiteres Reskript nach München, kündigte schwerwiegende Folgen für die AZ an, da der Artikel ein »Beweis muthwilliger Vernachlässigung« sei,173 und verlangte von Cotta die Bestätigung, daß dieser bei Erscheinen des Artikels von den früheren Reskripten gewußt habe. Daneben erließ er eine neue Weisung bezüglich der Artikel aus Österreichischen Staaten: »Neuigkeitsartikel«, ohne Angabe von Ort und Datum konnten ohne weiteres gedruckt werden, bei »raisonnierenden Aufsätzen«, insbesondere aus »Ungarn, Siebenbürgen und Gallizien«, mußte Cotta allerdings bereit sein, die Korrespondenten namhaft zu machen. Ausflüchte in die Anonymität der Autoren wollte Metternich nicht dulden.174 Erst am 14. Dezember bestätigte Spiegel den Verdacht, daß Hormayr der
166
Ebenda. Ebenda. 168 Vgl. 2. Rescript Metternichs an Graf Spiegel vom 11.11.1828, ÖStA HHStA, Staatskanzlei: Wissenschaft und Kunst 13, vgl. auch die Abschrift CA, CB Metternich Nr. 3 b, Text im Anhang. Graf Spiegel hatte Metternich auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, daß Hormayr der Verfasser sei. Vgl. Graf Spiegel an Metternich vom 8.11.1828, in: ÖGB II, S.211. 169 v g l . Treml, Bayerns Pressepolitik S. 127f., und Erika Margarete Rupp, Die Pressepolitik unter Ludwig I. mit besonderer Berücksichtigung der Münchener Presse, München Diss. 1953, S. 74f. 167
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Vgl. Rupp, Pressepolitik unter Ludwig I., S. 75. Vgl. Rescript Metternichs an Graf Spiegel vom 11.11.1828, ÖStA HHStA, Staatskanzlei: Wissenschaft und Kunst 13, vgl. auch die Abschrift CA, CB Metternich Nr. 3 b, Text im Anhang. Beilage der AZ, Nr. 342, 1828. Vgl. Metternich an Graf Spiegel vom 12.12.1828, ÖStA HHStA, Staatskanzlei: Wissenschaft und Kunst 13, vgl. auch die Abschrift CA, CB Metternich Nr. 3 c, Text im Anhang. Vgl. ebenda.
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Autor der Artikel aus Pest sei, und berichtete von Cottas Versprechen, Hormayrs Berichte nicht mehr zu drucken.175 Drei Tage später schrieb Cotta selbst einen ausfuhrlichen Brief an den österreichischen Staatskanzler, entschuldigte sich bei Metternich für die Artikel und versicherte, daß weder die Redaktion noch er böswillige Absichten verfolgt hätten. Die Redaktion habe angenommen, daß die Artikel aus offizieller Quelle stammten, da die Korrespondenzen mit der Wiener Post in Augsburg eintrafen.176 Auf den Druck des österreichischen Staatskanzlers hin wies Cotta die Redaktion an, in Zukunft nichts über die österreichischen Staaten und ihre Regierung zu drucken, was nicht aus offizieller Quelle stamme, bei räsonierenden Artikeln sollten Herkunftsangaben weggelassen werden.177 Cotta bat Metternich außerdem, eine Vertrauensperson in Augsburg zu benennen, von der die österreichischen Artikel bereits vor dem Druck überprüft werden könnten.178 Cotta war also bereit, die Zeitung verstärkt unter österreichische Aufsicht zu stellen, um sich einem Verbot zu entziehen. Interessanterweise ist kein Hinweis auf die Benachrichtigung der bayerischen Zensurbehörden von Seiten Österreichs zu finden. Kümmerte sich Metternich im Fall der AZ nicht mehr um die diplomatischen Instanzen, oder wußten und billigten die Behörden sein Vorgehen? Mit Sicherheit hatten die Reskripte Metternichs bei Johann Friedrich Cotta mehr Wirkung und ein schnelleres Einlenken zur Folge, als dies die Zensurbehörden je bewirken konnten. Die österreichische Regierung war sich sicher, daß in der AZ keine »gehässigen Ausfälle«179 mehr erscheinen würden. Einen Tag nach dem Artikel aus Pest vom 7. November erschien in der Beilage der AZ der erste Teil eines Sendschreibens des »Osman Joselub« aus Konstantinopel, das sich mit der russischen Kabinettspolitik und deren Tätigkeit zur Linderung der Not des russischen Volkes beschäftigte. Die Fortsetzung des Sendschreibens sollte in den folgenden Nummern der AZ erscheinen. Der Artikel stammte aus der Feder des Hofrats Adam Müller in Wien 180 und wurde später in anderen Blättern mit dem Bemerken zititert, er stamme aus einer österreichischen Quelle.181 Der neue Augsburger Regierungspräsident Öttingen-Wallerstein182 bat die Redaktion der AZ, ihm den noch ungedruckten Teil der Korrespondenz fur 24 Stunden zu überlassen. Öttingen-Wallerstein hatte im ersten Teil bereits Angriffe auf den russischen Zaren festgestellt und wollte daher dem Bericht besondere
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Vgl. ÖGB II., S. 214, Anmerkung 1. Vgl. CA, CB Cotta an Metternich vom 17.12.1828 bei Metternich Briefe Nr. 3 d, Text im Anhang. 177 Vgl. ebenda. 178 v g l . ebenda. 179 Graf Spiegel an Metternich vom 7.1.1829, in: ÖGB II., S. 217. 180 Vgl. Graf Spiegel an Metternich vom 23.11.1828, in: ÖGB II, S. 2 0 9 Anm. 3 und v. Küster an König Friedrich Wilhelm III. vom 28.11.1828, in: PGB II, S. 120. 181 Vgl. Außenminister Armansperg an König Ludwig I. vom 20.12.1828, BayHStA MA 50833. 182 Er war 1828 von Ludwig I. zum Regierungspräsidenten des Oberdonaukreises ernannt worden. Zu Öttingen-Wallerstein und seiner späteren Tätigkeit als Innenminister vgl. Valeria Dcsacsovszky, Das Ministerium Öttingen-Wallerstein 1832-1837, München Diss. 1932. 176
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Aufmerksamkeit schenken.183 Er benachrichtigte das Innenministerium, das den weiteren Abdruck des Sendschreibens sofort untersagte.184 Das Ministerium begründete das Verbot damit, daß die »mit kühner Leidenschaft unternommene Schmähung und Verdächtigung des russischen Cabinetts, seines bisherigen Verfahrens und seiner weiteren Entwürfe, die versuchte Herabwürdigung der edelsten Bestrebungen für die Linderung der auf einem unglücklichem Volke lastenden Leiden, und die [...] Irreführung der öffentlichen Meinung« nicht mit den »Pflichten und Obliegenheiten«185 der Zeitung in Einklang stünden und der Artikel daher gegen die bestehenden Gesetze verstoße. Außerdem habe die AZ das in sie gesetzte Vertrauen verletzt, das ihr nach der letzten Beschwerde des russischen Geschäftsträgers von Kruedener186 eine Mahnung erspart gehabt hatte. Als Folge dieser Affäre wurde der Zensor Baur-Breitenfeld abgesetzt und sein Amt kurzfristig direkt dem Regierungspräsidenten Öttingen-Wallerstein,187 später dann dem Regierungsrat Voltz übergeben. Nach diesen sofort geahndeten Versuchen der Redaktion, der Opposition wieder verstärkt die Spalten der AZ zu öffnen, fügte sie sich ganz den Bestimmungen und gab wenig Anlaß zu Reklamationen. Der im September 1828 neu berufene Innenminister Eduard Schenk arbeitete daran, die Zensur für alle Zeitungen wieder einzuführen. 188 Der reaktionäre Einfluß auf die Zensur der AZ wurde stärker und führte zu der bereits dargestellten Diskussion um die Verlegung der Zeitung nach München. Die Julirevolution von 1830 in Frankreich brachte die Wende in der bayerischen Pressepolitik. Als direkte Folge der Revolution wurden zahlreiche Einzelbestimmungen erlassen, die die den Zeitungen seit 1825 gewährten Freiheiten wieder einschränkten. Gleichzeitig versuchte Ludwig I. jedoch, sich der Loyalität der AZ zu versichern. Er gestand der AZ ausdrücklich zu, daß sie die ruhige und gemäßigte Erörterung der Ereignisse fortsetzen könne, daß aber eine sorgfaltige Auswahl der »raisonnierenden Artikel« getroffen werden solle.189 Außerdem erhielt sie neben der Münchner politischen Zeitung das Privileg, Nachrichten über den König, die königliche Familie und die politischen Maßnahmen der Regierung erscheinen zu lassen. Alle anderen Zeitungen mußten die Artikel der AZ abwarten und durften nur diese zitieren.190 Ab 20. Juli 1830 bedurften Artikel über die Beziehungen Bayerns zu anderen Staaten einer Genehmigung des Außenministeriums oder mußten der Münchner politischen Zeitung entstammen.191 Die Befreiung der innenpolitischen Blätter von der Zensur bedeutete nicht, daß diese sich deswegen mit Außenpolitik befassen durften. Die Grenze zwischen innerer und äußerer Politik wurde jedoch nicht de183
Vgl. Öttingen-Wallerstein an Cotta bzw. die Redaktion der AZ vom 8.11.1828, StAA Regierung 7065. 184 Innenministerium an Öttingen-Wallerstein vom 9.11.1828, BayHStA MA 50833 und StAA Regierung 7065. 185 Ebenda. 186 Vgl. Außenministerium an Innenminister Schenk vom 8.10.1828, BayHStA MA 50833. 187 Vgl. v. Küster an König Friedrich Wilhelm III. vom 28.11.1828, in: PGB II, S. 120. 188 vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 132-135. 189 Vgl. CA, CB Schenk an Cotta Nr. 15 vom Oktober 183 0, CA, CB Schenk Nr. 15. 190 vgl. Mayring, Bayern nach der franz. Julirevolution, S. 93. 191 Vgl. Verordnung vom 20.7.1830, StAA Regierung 7054.
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finiert,192 dies wurde den Kreisregierungen überlassen.193 Ein Ministerialreskript Schenks gebot am 3. August, daß Zeitungsberichte von und aus Frankreich zukünftig nur noch mit Quellenangabe französischen, englischen oder niederländischen Journalen entnommen sein durften. 194 Am 24. Oktober 1830 wurde der Zensor der AZ schließlich darauf hingewiesen, Korrekturen der Artikel zu unterlassen, da sprachliche Änderungen die Artikel zu seinem geistigen Eigentum machen würden. 195 Trotz der Vorrechte der Zeitung zeugt auch die Einstellung Ludwigs I. zur AZ von der gespannten Situation zwischen dem König und der Presse. Im Briefwechsel mit Schenk konstatiert er, daß in dem Cottaschen Blatte »gewöhnlich den Empörungen das Wort geredet wird.«196 Folglich wurde die Situation für die AZ im November 1830 wieder schwieriger. Auslöser für die folgenden Spannungen war ein Schreiben des braunschweigischen Ministeriums an den Bundestagsgesandten von Marschall, das die Redaktion veröffentlicht hatte.197 Dieses Schreiben war dem Protokoll des Bundestages nur beigelegt worden und somit nicht zur Veröffentlichung vorgesehen gewesen. Sein Abdruck rief eine Beschwerde des Bundestagsgesandten bei der bayerischen Regierung hervor. Schenk wandte sich unter Umgehung der lokalen Zensurbehörde sofort an Cotta, warnte den Verleger davor, Artikel zu drucken, die Beschwerden der Bundesversammlung hervorrufen könnten, und bat ihn, die Redaktion anzuweisen, Anlässe für Beschwerden zu vermeiden.198 Er verhinderte somit eine langwierigere Mahnung der AZ durch die örtliche Zensurbehörde. Schenk, der mit Cotta auch wegen der Veröffentlichung der Gedichte König Ludwigs I. und eines eigenen Schauspiels in regem Kontakt stand, erwies dem Verleger damit einen großen Gefallen. Die Schlußbemerkung des Protokolls der 35. Sitzung des Bundestages verdeutlicht, wie sehr die AZ in Gefahr geraten war, Objekt einer Bundesmaßnahme zu werden. Nur durch die Tatsache, daß sich von Marschall direkt an die bayerische Regierung gewandt und nicht in der Bundesversammlung Beschwerde eingelegt hatte, »ist die Einschreitung und Aufforderung der Bundesversammlung beseitigt worden, die sonst hätte eintreten müssen.«199 192
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Vgl. Verordnung vom 22.7.1830, StAA Regierung 7054, und Bayrle, Bayerische Presse, S. 54. Mayring datiert diese Verordnung auf den 6.8.1830. Hier dürfte es sich aber um die Durchfilhrungsanweisung oder eine Wiederholung der Verfügung an die Regierung von Mittelfranken handeln, die meist erst etwas später bei den Regierungen eintraf. Die Regierung des Oberdonaukreises bekam im August ebenfalls ein weiteres Schreiben ähnlichen Inhalts. Vgl. Innenministerium an Regierung des Oberdonaukreises vom 2.8.1830, BayHStA MA 25009 und Mayring, Bayern nach der Julirevolution, S. 93. Vgl. BayHStA MInn 45176, S. 305. Vgl. Innenministerium an Regierung des Oberdonaukreises vom 3.8.1839, BayHStA MA 25009, und Mayring, Bayern nach der Julirevolution, S. 93. Vgl. Verordnung vom 24.10.1830, StAA Regierung 7054. Ludwig I. an Schenk vom 27.10.1830, in: Briefwechsel zwischen Ludwig I. und Eduard von Schenk, hrsg. von Max Spindler, München 1930, S. 162. AZ Nr. 2 7 4 vom 24.9.1830. Schenk an Cotta vom 10.11.1830, BayHStA Minn 25097/1, auch CA CB Schenk Nr. 17. Auszug aus dem Protokoll der 35. Sitzung des Bundestages vom 8.11.1830, Anlage zu Außenministerium an Innenministerium, vom 13.11.1830, BayHStA Minn 25097/1.
Diese Entwicklung in der bayerischen Pressepolitik führte wieder zu vermehrten Anfragen der lokalen Zensurbehörden beim Ministerium über die Zulassung von Artikeln.200 Ende des Jahres 1830 verfügte Ludwig I., daß ihm Zeitungsartikel, in denen seine eigenen Äußerungen abgedruckt werden sollten, zuvor vorzulegen seien.201 Auch die Differenzen über den pressepolitischen Kurs der bayerischen Regierung auf dem Landtag 1831 und die dadurch angespannte Haltung der Behörden gegenüber den Zeitungen wirkte sich durch eine strengere Ausübung der Zensur aus. Anfang März 1831 kam es zu Differenzen zwischen dem Zensor Voltz und der Redaktion der ΑΖ. Voltz hatte Stegmann beschuldigt, einen Artikel der AZ vom 1. März 1831 nicht der Zensur vorgelegt zu haben. 202 Stegmann beteuerte der Kreisregierung, daß dies geschehen sei, und ließ sich den Tatbestand von dem Faktor des Verlages, Reichel, bestätigen.203 Nachdem der Zensor das Zensurblatt nicht finden konnte, ließ die Kreisregierung den Vorfall schließlich auf sich beruhen.204 Im Juli 1831 wandte sich Metternich bezüglich der AZ erneut an Cotta. Er beschuldigte ihn, sich nicht um die inhaltliche Tendenz, sondern nur um den wirtschaftlichen Erfolg der Zeitung zu kümmern, 205 und drohte wiederum mit dem Verbot der AZ in Österreich, sollte sich die Zeitung nicht dazu bereit finden, ausschließlich österreichfreundliche Artikel zu drucken. Ursachen für den neuerlichen Verweis waren Artikel, die Metternichs Meinung nach »falsche Ansichten über die friedlichen Zwecke der österreichischen Politik«206 verbreiteten. Eine Entgegnung Johann Friedrich Cottas hierauf oder eine Reaktion der Redaktion ist nicht erhalten. Hofften die bayerischen Publizisten Ende 1825 auf eine liberale Pressepolitik Ludwigs I., so bestätigte sich diese Hoffnung nur in den ersten Jahren seiner Regierungszeit. Es zeigte sich sehr bald, daß Ludwigs I. Liberalismus nur ein scheinbarer war. Sobald sich Nachrichten, Artikel und Aufsätze gegen die persönliche Stellung Ludwigs und gegen seine politische Einstellung und das monarchische Prinzip als deren Grundelement richteten, schritt er ein und verengte den Spielraum der Presse durch Instruktionen. Die politischen Erschütterungen Europas durch die Julirevolution in Frankreich und deren Folgerevolutionen verunsicherten den bayerischen König und veränderten seine Einstellung zur Pressepolitik. Auf den ersten Blick war die AZ nicht von den in Kapitel 3.2. beschriebenen Instruk-
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Vgl. Öttingen-Wallerstein an Innenministerium vom 29.11.1830, 9.12.1830, 20.12.1830, und Schenk an Öttingen-Wallerstein vom 30.11.1830, ebenda. Bemerkung Ludwig I. auf: Vortrag des Schenks an Ludwig I. vom 26.12.1830, ebenda. Regierung des Oberdonaukreises an Innenministerium vom 1.3.1831, ebenda. Stegmann an Regierung des Oberdonaukreises vom 4.3.1831, und Reichel an Regierung des Oberdonaukreises vom 4.3.1831, StAA Regierung 7065. Regierung des Oberdonaukreises an Innenministerium vom 7.3.1831, BayHStA Minn 25097/1. Vgl. Metternich an Cotta vom 13.7.1831, CA, CB Metternich Nr. 1 a, Abschrift auch in: ÖStA HHStA, Staatskanzlei: Wissenschaft und Kunst 13. Ebenda.
175
tionen von 1831 betroffen, spürte aber doch die gewandelte politische Stimmung in der bayerischen Regierung. Der offensichtliche Einfluß Metternichs auf die bayerische Presse war in den ersten Regierungsjahren Ludwigs I. nicht so stark wie zur Regierungszeit König Maximilians I. Der österreichische Staatskanzler begann daher direkt auf Cotta einzuwirken, um seine Interessen bezüglich der AZ durchzusetzen. Cotta verhandelte mit Metternich, ohne bayerische oder württembergische Regierungsinstanzen einzuschalten, um eine möglichst positive Ausgangsposition für seine Zeitung in den österreichischen Staaten zu erlangen. Es wurde schon wiederholt betont, daß die Verbreitung der Zeitung in diesem Gebiet für den Verlag außerordentlich wichtig war. So ist es nur zu verständlich, daß die österreichische Regierung versuchte, ihren Einfluß auf die Zeitung direkt über Cotta geltend zu machen, und nicht nur Metternich benutzte diese Möglichkeit, sondern auch, wie noch gezeigt werden wird, die preußische Regierung, in deren Staatsgebiet aber sehr viel weniger Abonnenten die AZ bezogen. Metternich nahm den direkten Kontakt zu Cotta auf, wenn er über die bayerischen Behörden nicht alle seine Wünsche erreichen konnte. Der drohende Verlust des Verbreitungsgebietes war für Cotta Grund genug, den Wünschen der österreichischen Regierung im Rahmen seiner eigenen Zielsetzung für die Zeitung entgegenzukommen. Erst in Folge der Julirevolution 1830 konnte Metternich seinen direkten Einfluß auf die offizielle bayerische Pressepolitik wieder verstärken.
4.4.
Die bayerische Pressepolitik unter dem erneuten Einfluß Metternichs (1832-1837)
Ende 1831 wandte sich Ludwig I., entgegen seiner bisherigen Souveränitätspolitik, mit der Bitte an Metternich, ihm im Kampf gegen die liberale Presse zu helfen. Anlaß war die oppositionelle Zeitung Deutsche Tribüne, die der Redakteur Johann Georg August Wirth seit Juli 1831 herausgab. Diese Zeitung war das Nachfolgeblatt des Inland, einer Zeitung Cottas, deren Redakteur Wirth gewesen war. Cotta wurde verdächtigt, die Deutsche Tribüne finanziell zu unterstützen. Graf Spiegel bat Metternich im Namen Rechbergs, er solle mit dem Verbot der AZ in Österreich drohen, um Cotta zu zwingen, die Unterstützung der Deutschen Tribüne einzustellen.207 Metternich lehnte dieses Ersuchen ab und forderte die bayerische Regierung auf, sich selbst zu helfen. 208 Der Verdacht gegen Johann Friedrich Cotta stellte sich später als unbegründet heraus. Zusätzlich geriet die bayerische Pressepolitik immer stärker unter den Einfluß der Bundespolitik. Auch der neu berufene Innenminister und ehemalige Augsburger Regierungspräsident Öttingen-Wallerstein, der nach wie vor auf die Souveränität Bayerns bedacht war, konnte diesen Einfluß nicht verhindern. Am 1. März 1832 verbot Ludwig I. die Zeitungen Deutsche Tribüne und Westbote, die sich der Zensur entzogen und mit oppositionellen Inhalten gegen die Presseverordnungen Bayerns verstoßen hatten, und kam damit einem Verbot der Zeitung 207 208
176
Vgl. Graf Spiegel an Metternich vom 12.10.1831, in: ÖGB II, S. 366. Vgl. ÖGB II, S. 366f. Anmerkung 2.
durch den Deutschen Bund zuvor. Der entsprechende Bundesbeschluß wurde einen Tag später erlassen209 und löste eine weitere Instruktion zu Verschärfung der Zensur in Bayern aus: Ludwig I. wies die Regierungspräsidenten der Kreise an, die Zensur außenpolitischer Artikel mit aller Rücksichtslosigkeit durchzuführen. Es durfte nichts gedruckt werden, was die Würde des Deutschen Bundes, der Bundesstaaten, ihre Verwaltung und Verfassung angriff und die Ruhe in Deutschland gefährden konnte.210 Jede Zeitung mußte sich der Zensur unterwerfen und sollte bei Zuwiderhandlung sofort verboten werden. Die Zensoren durften keine Veränderungen an den Artikeln vornehmen oder etwa einzelne Teile streichen, sie mußten den gesamten Artikel verbieten. 2 " Diese Instruktion betraf aber nur Berichte über Staaten, die - im Sinne Bayerns - ebenfalls eine strenge Zensur übten.212 Auch in der Redaktion der A Z fanden Veränderungen statt. Der Redakteur Gustav Kolb bekam von Cotta die Rubrik »Deutschland« übertragen, was zu Spannungen zwischen Stegmann und Kolb führte. Stegmann befürchtete Konsequenzen für die Zeitung, nachdem Kolb »leidenschaftliche« Artikel »im Sinne beider Extreme«, 213 der Opposition und der Regierungsmeinung, in die Zeitung gesetzt hatte. Kolb verwahrte sich gegen die Vorwürfe und sagte Johann Friedrich Cotta zu, auf »strenge Unparteilichkeit und eine Art historische Gewissenhaftigkeit« 214 zu achten. Aber nicht nur in der Redaktion der A Z kam es Kolbs wegen zu Spannungen, auch Metternich hielt es für bedenklich, diesen ehemaligen Burschenschafter als Redakteur der A Z arbeiten zu lassen. Öttingen-Wallerstein wies die von Metternich geforderte Ausweisung Kolbs aus Bayern zurück, 215 sah aber in Kolbs »gehässigen Artikeln gegen verschiedene deutsche Regierungen« 216 ebenfalls eine Gefahr. Statt der Entfernung Kolbs aus der Redaktion der A Z wies er eine sorgfaltigere Zensur an 217 und schlug Metternich vor, mit der bewährten Androhung des Verbots der Zeitung in den österreichischen Staaten ihre Ruhigstellung zu erwirken.218 Kolb erfuhr von den Bestrebungen der bayerischen Regierung und bot Cotta an, von der Redaktion der A Z zurückzutreten, um die Zeitung nicht zu gefährden.219 Cotta lehnte das jedoch ab. Heinrich Heines Korrespondenzen aus Paris waren eine weitere Ursache für die strengere Überwachung der AZ. Obwohl dessen Berichte von Kolb selten oder nur stark abgeschwächt sowie ohne Verfasserangabe gedruckt wurden, wußten die 209
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Vgl. Verordnung vom 1.3.1832, in: Döllinger, Sammlung, Bd. 3, S. 333 und Bundesbeschluß vom 2.3.1832, in: Schleuer, Handbuch, S. 150. v g l . Verordnung vom 15.3.1832, StAA Regierung 7054. Vgl. ebenda. Vgl. Verordnung vom 18.3.1832, StAA Regierung 7054. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 89 vom 11.5.1832. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 130 vom 15.3.1832. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 140 vom 24.4.1832. Ö G B I I , S. 452, Anmerkung 1. Vgl. Innenministerium an Regierung d. Oberdonaukreises vom 19.4.1822, StAA Regierung 7065. Vgl. Metternich an Fürsten Schönburg vom 3.5.1832, in: ÖGB II, S. 452. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 149 vom 11.5.1832.
177
Leser trotzdem, wer der Verfasser dieser Pariser Korrespondenzen war.220 Öttingen-Wallerstein beschuldigte die AZ daraufhin, sich der »äußersten Linken« zuzuwenden 221 und rügte den Zensor in Augsburg. Die Augsburger Zensurbehörde versuchte sich zu rechtfertigen,222 was ihr aber nur einen ausdrücklichen Hinweis auf die Zensurinstruktion vom 30. September 1831 einbrachte.223 Das Hambacher Fest vom 21.128. Mai 1832 und die darauf folgenden Bundesbeschlüsse vom 28. Juni und 5. Juli wirkten sich auch auf die AZ aus. Die Verordnung vom 11. August 1832, auch Artikel gegen die neuesten Bundesbeschlüsse zu streichen,224 bekam Stegmann sofort zu spüren. Er klagte gegenüber Johann Friedrich Cotta, daß er jetzt auch keine Artikel aus der von Karl August Mebold herausgegebenen Stuttgarter Zeitung mehr aufnehmen dürfe, und daß sogar englische Parlamentsreden, die mit dem Deutschen Bund gar nichts zu tun hätten, gestrichen würden. 225 Im Anschluß an den Bundesbeschluß folgten noch weitere Verordnungen. Zuerst wurden auch ausländische Zeitungen dem Presseedikt von 1818 unterstellt,226 dann durften sogar die Überschriften zensierter Artikel nicht mehr gedruckt werden. 227 Aber nicht nur die strenge Zensur beschäftigte die Redakteure, sondern auch Gerüchte um ein Verbot der AZ. Von unbekannter Seite hatte Kolb von Verhandlungen der bayerischen Regierung hierüber erfahren, zweifelte aber die Zuverlässigkeit der Quelle an.228 Stegmann wußte von einer bevorstehenden Bundesmaßnahme gegen die AZ zu berichten und erläuterte, daß gerade die kleinen Bundesstaaten »namentlich Nassau, Darmstadt und Hessen, Kassel sehr aufgebracht gegen die AZ«229 wären. Ein Verbot der AZ erfolgte zwar nicht, in Bezug auf Deutschland war der AZ jedoch jede Möglichkeit zur Meinungsäußerung genommen.230 Wie empfindlich die bayerische Regierung inzwischen reagierte, zeigt eine Mahnung des Innenministers an die Augsburger Kreisregierung und den Zensor. Öttingen-Wallerstein konstatierte, daß die Berichte zwar keine dogmatische oder polemische Tendenz mehr hätten, sondern erzählender Art seien, aber durch einzelne Bemerkungen ihre wahre Absicht verrieten. Die »populäre Sprache« diene der allgemeinen Verständlichkeit und somit der Aufwiegelung der unteren Volksklassen.231 Immer differenziertere Einzelanweisungen zur Zensur im Jahr 1833 führten erneut zu einer verstärkten Rückversicherung der Zensoren in München. Im November sandte die lokale Zensurbehörde 19 Artikeln auf einmal an 220
Vgl. Radlik, Heine in der Zensur, S. 475f. Vgl. Öttingen-Wallerstein an Regierung d. Oberdonaukreises vom 17.6.1832, BayHStA MInn 25097/1. 222 v g l Regierung d. Oberdonaukreises an Innenministerium vom 19.6.1832, ebenda.
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223 224 225 226 227 228 229 230 231
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Vgl. Innenministerium an Regierung d. Oberdonaukreises vom 9.7.1832, ebenda. Vgl. Verordnung vom 11.8.1832, StAA Regierung 7054. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 90 vom 13.8.1832. Verordnung vom 4.10.1832, vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 226. Verordnung vom 15.11.1832, vgl. Bayrle, Bayerische Presse, S. 76. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 169 vom 24.9.1832. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 92 vom 25.9.1832. Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 93 vom 17.11.1832. Öttingen-Wallerstein an Regierung d. Oberdonaukreises vom 16.3.1833, BayHStA MInn 25097/1.
das Innenministerium.232 Ob der Tod Johann Friedrich Cottas am 29. Dezember 1832 und die Übernahme der Verlagsgeschäfte durch seinen Sohn Georg von Cotta die strengere Zensur bewirkt hatte, ist anhand der vorliegenden Quellen nicht nachzuweisen. Auf eine Beschwerde der Regierung des Herzogtums Lucca über die AZ sandte Öttingen-Wallerstein eine geharnischte Abmahnung an den Zensor der AZ, Regierungsrat Fischer. Öttingen-Wallerstein setzte Fischer die in der Verfassung und den zahlreichen Verordnungen festgelegten Prinzipien der bayerischen Zensur eindringlich auseinander und stimmte der Beschwerde mit der Begründung zu, die AZ hätte wieder einmal die monarchischen und sozialen Grundsätze im allgemeinen und die der Regierung von Lucca im besonderen verletzt. Die AZ scheint seit einiger Zeit schärfer als früher die antigouvernementale Seite hervorheben zu wollen. Sie trägt im allgemeinen wesentlich zur Verbreitung der republicanischen St. Simonistischen [...] Grundsätze bei, da sie Grundsätze, wenn auch im mißbilligenden Gewände doch ausführlich, und insbesondere ihre verführerische Seite gegenüber der [...] Bevölkerung in Form von Besorgnissen zu Tage bringt. [...] Sie [...] niedrigt überhaupt in ihren Correspondenz-Artikeln über Frankreich nicht nur einen mit Bayern in freundschaftlichen Verhältnissen stehenden Monarchen, sondern auch das Königthum selbst auf eine Weise herab, welche am Ende selbst ein freysinniges Cabinett zu Reclamationen bestimmen müßte. Sie [ . . . ] streut Samen des Mißtrauens in zahlreichen kleinen Artikeln aus, [...] und gibt sich in neuester Zeit wieder zum Sprachstile jener süddeutschen Oppositionen [...] her. Ja, die kaum erschienene Französische Verfassung blieb nicht sicher vor dem Geifer der Böswilligkeit. 2 3 3
Diese Haltung des Innenministeriums gegenüber der AZ wird auch durch die Anweisung an den Zensor verdeutlicht, alles zu streichen, was nur den Anschein oppositioneller Meinungsäußerung hätte haben können. Um seine Loyalität gegenüber Österreich darzustellen, bat Öttingen-Wallerstein das Außenministerium, diese Instruktion dem österreichischen Kabinett zur Kenntnisnahme zu übersenden.234 Die endgültige Wandlung Bayerns von einem liberalen Staat zum - im pressepolitischen Sinne - österreichhörigen Bundesstaat war 1834 bereits vollzogen. Die Zeitungen hatten so gut wie keine Möglichkeiten mehr, Artikel über den Deutschen Bund und die mit ihm in Verbindung stehenden europäischen Großmächte aufzunehmen. So waren Flugblätter und Flugschriften vermehrt zum Organ oppositioneller Meinungsäußerung geworden, fanden sie doch häufig einen Weg, der strengen Aufsicht über die Buchhandlungen und der Beschlagnahme zu entgehen.235
232 Vgl. Regierung d. Oberdonaukreises an Innenministerium vom 14.11.1833, BayHStA MInn 25097/1. Zu den vielen Einzelanweisungen vgl. Verordnungen vom 18.11.1832, 22.12.1832, 15.1.1833, 5.5.1833, 16.6.1833. 23.10.1833, StAA Regierung 7055; zusammengefaßt in der Ministerialausschreibung vom 8.3.1836, Text im Anhang. 233 234 235
Öttingen-Wallerstein an Regierung d. Oberdonaukreises vom 29.11.1833, ebenda. Innenministerium an Außenministerium vom 29.11.1833, ebenda. Vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 255.
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Der größte Streitpunkt zwischen der Redaktion der AZ und der Regierung war in den Jahren 1834 bis 1837 die Berichterstattung aus Griechenland. Am 13. Februar 1832 wurde der minderjährige bayerische Prinz Otto zum König Griechenlands bestimmt und von der griechischen Nationalversammlung bestätigt. Als vorübergehende Regierung wurde König Otto bis zu seiner Volljährigkeit ein Regentschaftsrat zur Seite gestellt, dem Graf Armansperg, 236 Staatsrat Maurer und Oberst Heydeck, später auch Karl von Abel angehörten. Ludwig I. gab dem Regentschaftsrat eine kollegiale Verfassung, die bereits 1834 zu dessen Bruch führte, da Maurer und Abel gegen Armansperg opponiert hatten. Sie wurden 1834 nach München zurückberufen und durch zwei Armansperg genehme Personen ersetzt.237 Seit Januar 1834 veröffentlichte Friedrich Thiersch lange Auszüge aus griechischen Briefen in der AZ, in denen die dortige Regentschaft stark kritisiert wurde. Kolb berichtete Thiersch, daß die AZ beschuldigt werde, falsche Nachrichten über Griechenland zu verbreiten.238 Um die Grundsätze der AZ nicht zu verletzen, mußte Kolb die Gegendarstellung der Regierung zu den Artikeln Thierschs ebenfalls drucken. Der Unmut der bayerischen Regierung hinderte Kolb jedoch nicht daran, Thiersch's Artikel weiter zu veröffentlichen. 239 Im November 1834 schritt Öttingen-Wallerstein gegen diese häufigen Berichte ein. Er fand, daß in den Artikeln, »worin vorherrschend Partheyansichten über die inneren und äußeren politische Verhältnisse dieses Staates geltend gemacht werden, die Stellung der Regentschaft in mehrfacher Beziehung und ebenso deren Wirksamkeit einseitig und in bestimmter, der Würde und den Interessen des Gouvernements nicht vortheilhafter Richtung beurtheilt wurde«.240 Öttingen-Wallerstein verlangte von dem Zensor ein schärferes Augenmerk auf die griechischen Artikel. Bereits am 30. November erfolgte eine neuerliche Rüge an den Zensor Fischer. Er hatte die geforderte Aufmerksamkeit für die griechischen Nachrichten nicht walten und zusätzlich Artikel mit republikanischen Ideen über Spanien und Frankreich passieren lassen.241 Öttingen-Wallerstein forderte das Außenministerium auf, doch fur geeignete Korrespondenten aus Griechenland zu sorgen.242 Er kannte die Praxis der AZ, offizielle Regierungsartikel in das Blatt aufzunehmen, und wollte, daß Griechenland sich diesen Vorteil sicherte. Nach der zweiten scharfen Rüge versuchte sich der Zensor Fischer zu rechtfertigen, stellte die Arbeitsverhältnisse mit der und um die Zensur der AZ ausfuhrlich
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Zu dessen Zeit in Griechenland vgl. Roswitha Gräfin Armansperg, Joseph Ludwig Graf Armansperg. Ein Beitrag zur Regierungsgeschichte Ludwigs I. von Bayern, München 1976 (Miscellanea Bavarica Monacensia, Heft 67), S. 205-219. Vgl. Max Spindler, Handbuch der bayerischen Geschichte, 4. Bd.: Das neue Bayern 1800 bis 1970, München 1974/75, S. 170. Vgl. Hans Loewe, Friedrich Thiersch und die griechische Frage, München 1913, S. 89.
239 Yg] ebenda. 240
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180
Öttingen-Wallerstein an Regierung d. Oberdonaukreises vom 2.11.1834, BayHStA MInn 25097/1. Vgl. Öttingen-Wallerstein an Regierung d. Oberdonaukreises vom 30.11.1934, ebenda, Text im Anhang. Vgl. ebenda.
dar und bat um Enthebung aus dem Amt des Zensors. 243 Der Augsburger Regierungspräsident Link lehnte dieses Ansuchen jedoch ab, da er glaubte, keinen weiteren geeigneten Zensor finden zu können.244 Auf die neuerliche Einschränkung ihrer Berichterstattung antwortete die Redaktion der ΑΖ mit einer Beschwerde und der ausführlichen Darstellung ihrer Beweggründe. Sie führte aus, daß es schwierig sei, »Wahrheit und Partheyentstellung« in den griechischen Korrespondenzen zu unterscheiden, wollte aber auch hier ihrem alten Grundsatz der Unparteilichkeit treu bleiben. Daneben erklärte sie der bayerischen Regierung, daß die Korrespondenten der ΑΖ sofort fur andere Zeitungen arbeiten würden, sollten ihre Berichte nicht mehr gedruckt werden dürfen.245 Das hätte zur Folge, daß die griechischen Artikel nicht mehr in der ΑΖ, sondern in ausländischen Zeitungen erscheinen würden. Die AZ erklärte sich aber bereit, zukünftig nur noch in gemäßigtem Sinne unter strenger Beibehaltung neutraler Positionen über Griechenland zu berichten.246 Doch bereits am 11. Januar 1835 erschien ein Artikel über das griechische Erziehungsinstitut in München, den das Innenministerium scharf rügte, 247 und der mutmaßlich auch von Thiersch stammte. Das Institut war von Thiersch schon unter König Maximilian I. gegründet worden. Im Jahr 1834 kam es aber zu heftigen Intrigen um das Institut und Thiersch, und Ludwig I. forderte seinen Innenminister auf, für Ordnung zu sorgen und Thierschs Einfluß gänzlich zu unterbinden.248 Auf derartige Probleme reagierte Ludwig I. sehr empfindlich, sah er sich doch in seinem Idealismus für die griechischen Belange enttäuscht. Artikel über das Institut waren daher unerwünscht. Am 1. Juli 1835 übernahm König Otto die Regierung in Griechenland. Er zerstritt sich bald mit dem ehemaligen Mitglied des Regentschaftsrat, Armansperg, 249 und die Zensurbehörden reagierten auf neue Artikel aus Griechenland sehr schnell und empfindlich. Im August 1835 griff das ehemalige Regentschaftsmitglied Maurer in einer Schrift über Griechenland die AZ an und warf ihr vor, »unwahre und verleumderische Dinge« über ihn abzudrucken. Stegmann ermöglichte Maurer daraufhin, Auszüge aus seiner Schrift zur Gegendarstellung in der AZ abzudrucken. Der Zensor verbot den Abdruck der Auszüge jedoch sofort. Stegmann beschwerte sich direkt beim Innenminister Öttingen-Wallerstein und führte an, daß man doch »etwaige Mängel und Einseitigkeiten« der früheren Berichte durch die Gegendarstellung Maurers relativieren müsse. 250 Öttingen-Wallerstein ließ sich nicht ganz überzeugen und verbot jeglichen Abdruck von Teilen der Maurer-
243
Vgl. Fischer an Regierung d. Oberdonaukreises vom 2.12.1834, StAA Regierung 7065, Text im Anhang. 244 Regierung d. Oberdonaukreises an Innenministerium vom 6.12.1834, BayHStA Mlnn 25097/1. 245 v g l . Redaktion an Zensurbehörde vom 12.12.1834, ebenda, Text im Anhang. 246 v g l . Regierung d. Oberdonaukreises an Innenministerium vom 14.12.1834, BayHStA Mlnn 25097/1. 247 v g l . Innenministerium an Regierung d. Oberdonaukreises vom 13.1.1835, ebenda. 248 Vgl. Gollwitzer, Ludwig I., S. 852f. 249 Vgl. Spindler, Bayerische Geschichte, S. 170. 250 Vgl. Stegmann an Öttingen-Wallerstein vom 23.8.1835, StAA Regierung 7065.
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sehen Schrift, da sie direkte oder indirekte Angriffe auf Belange der bayerischen Regierung enthielt.251 Der Streit König Ottos mit Armansperg führte Anfang 1836 zu Gerüchten über dessen mögliche Rückberufung. Als die AZ einen Artikel über Armansperg abdruckte, der diese Gerüchte aufgriff, wurde der Zensor Fischer abgesetzt. So schilderte Kolb den Wechsel der Zensoren.252 In den Regierungsakten wird dies anders dargestellt: Fischer hätte zu einer Visitationsreise durch den Oberdonaukreis aufbrechen müssen, die Zensur wurde währenddessen Ahorner übertragen.253 Die Abreise Fischers war eine günstige Gelegenheit für den Regierungspräsidenten, die Umbesetzung der Zensorenstelle ohne große Aufregung in der Kreisregierung durchzufuhren und dem Innenministerium seinen guten Willen zu signalisieren. Kolb stellte fest, daß nun weder der Regierungspräsident noch der Zensor einen einzigen Artikel über Griechenland zuließen. Selbst Auszüge aus der Münchner politischen Zeitung wurden gestrichen.254 In einer Unterredung mit dem Augsburger Regierungspräsidenten Link erfuhr Kolb von der Weisung Öttingen-Wallersteins, »vorerst ohne Ausnahme keinen Artikel über Griechenland mehr passieren zu lassen, der nicht vorher dem Ministerium vorgelegt worden!«255 Er bat Georg von Cotta, Beschwerden an Öttingen-Wallerstein und den Außenminister Gise zu senden.256 Die Redaktion bemängelte, daß inzwischen sogar halbamtliche und für Griechenland sehr positive Artikel, die aus einer englischen Zeitung stammten, gestrichen würden. Die Verständnislosigkeit wuchs, als der Zensor auch noch Originalberichte aus Athen, die eine Meldung in der Münchner politischen Zeitung bestätigten, strich.257 Die Redaktion rechtfertigte ihre Bitte um die Aufhebung der jüngsten Verordnung, indem sie betonte, daß sie mit diesen positiven Artikeln nur die »gegenwärtigen lügenhaften Berichte der franz. Blätter«258 widerlegen wolle. Sie argumentierte, daß ein Verbot der griechischen Artikel in der AZ den französischen Berichten den Anschein der Wahrheit geben würde, was nicht im Interesse der bayerischen Regierung liegen könne. 259 Die gleichen Gründe führte Georg von Cotta in seinen Schreiben an Öttingen-Wallerstein und Gise an.260 Er bezeichnete die Weisung, die Artikel erst in München vorlegen zu müssen, als gleichbedeutend mit ihrem gänzlichen Verbot, da sie ihre Aktualität verlieren würden und somit für die AZ völlig wertlos wären.261 Zwei Wochen später berichtete Kolb, daß Artikel, die der AZ gestrichen worden waren, in Nürnberger 251
Vgl. Öttingen-Wallerstein an Regierung d. Oberdonaukreises vom 30.8.1835, StAA Regierung 7065. 252 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 186 vom 25.2.1836. 253 Vgl. Regierung d. Oberdonaukreises an Fischer vom 19.2.1836, StAA Regierung 7070. 254 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 186 vom 25.2.1836. 255 CA, CB Kolb an Cotta Nr. 187 vom 26.2.1836. 256 Vgl ebenda. 257 Vgl. Redaktion an Öttingen-Wallerstein, CA, CB Kolb Nr. 187 a. 258 Ebenda. 259 Vgl. ebenda. 260 Vgl. Cotta an Öttingen-Wallerstein und Cotta an Gise vom 28.2.1836, CA, CB Kolb Nr. 187 b+c. 261 Vgl Cotta an Öttingen-Wallerstein, CA, CB Kolb Nr. 187 b.
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und Münchener Zeitungen erschienen seien, und beklagte die Ungerechtigkeit der Zensur.262 Nach weiteren zwei Wochen erfolgte aus München die Antwort auf die Beschwerden. Die Redaktion durfte ungehindert zwei griechische Briefe aufnehmen. Der Zensor teilte mit, daß die strenge Zensur vom Außenministerium provoziert worden sei. Kolb äußerte sich aufgrund von Zusagen Öttingen-Wallersteins in einem Brief an Georg von Cotta zuversichtlich über diese Ergebnisse und konnte gleichzeitig vermelden, daß der abgesetzte Zensor Fischer sein früheres Amt wieder erhalten sollte.263 Gleichzeitig erwähnte er eine neue Zensurinstruktion, deren Einzelheiten die Redaktion aber nicht kannte, da sie nur für den Dienstgebrauch der Zensoren bestimmt war.264 Es handelte sich hier um die Ministerialausschreibung vom 8. März 1836. Die Ministerialausschreibung war eine Zusammenfassung aller Zensurinstruktionen seit dem 1. Januar 1832. Sie sollte die Arbeit der Zensurbehörden erleichtern und übersichtlicher machen. Da sie in übersichtlicher Weise verdeutlicht, worauf nicht nur die Redaktion der AZ sondern Zensoren wie Redaktionen aller bayerischen Zeitungen zu achten hatten, soll sie hier ausführlicher vorgestellt werden. Die einzelnen Abschnitte der Instruktion waren den zugehörigen Paragraphen der III. Verfassungsbeilage von 1818 zugeordnet. Paragraph 2, der die politischen Zeitungen und periodischen Schriften politischen und statistischen Inhalts der Zensur unterstellte, fand die meisten Ergänzungen. Abschnitt I zu § 2 behandelte die »Herausgabe von politischen Zeitungen und periodischen Zeitschriften politischen Inhalts« und die »Verhältnisse der Redakteure«.265 Ein Redakteur benötigte zur Herausgabe eines Blattes keine besondere staatliche Erlaubnis, mußte aber seinen Namen oder den seines Verlegers bei jeder Ausgabe der Zeitung anführen. Ein ausländischer Redakteur jedoch durfte ohne staatliche Genehmigung keine Zeitung herausgeben. War der verantwortliche Redakteur nicht anwesend, hatte er einen geeigneten Vertreter zu benennen. Ein Verfahren gegen eine Zeitung wegen einer Gesetzesübertretung konnte nicht durch den Wechsel der Redakteure verhindert werden. 266 Abschnitt II. betraf Blätter und Artikel, die sich auf die Innenpolitik beschränkten. Zeitungen, die sich nur auf die Innenpolitik bezogen, waren zensurfrei. Behandelten die Redakteure jedoch innere wie äußere Politik in einem Blatt, mußten sie die vollständigen Druckfahnen zur Zensur vorlegen. Die Artikel über Innenpolitik durften dabei nicht zensiert werden. Bemerkten die Zensoren bei diesen Artikeln jedoch Verstöße gegen die Paragraphen 6 und 7 der III. Verfassungsbeilage, konnten sie die gesamte Ausgabe der Zeitung beschlagnahmen lassen. Auf problematische Themengebiete sollten sie die Redaktionen jederzeit aufmerksam machen.267
262
Vgl. Vgl. 264 Vgl. 265 Vgl. 266 v g l 267 vgl. 263
CA, CB Kolb an Cotta Nr. 192 vom 12.3.1836. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 195 vom 26.3.1836. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 196 vom 30.3.1836. Ministerialauschreibung vom 8.3.1836, StAA Regierung 7055, Text im Anhang. ebenda, Abschnitt I., Punkt 1-6. ebenda Abschnitt II., Punkt l ^ J .
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Abschnitt III. behandelte die Zensur der Schriften, die sich mit der Außenpolitik beschäftigten. Darin wurde festgelegt, welche Schriften als periodisch zu gelten hatten und welche Grenze zwischen innerer und äußerer Politik galt.268 Als außenpolitische Artikel galten 1836 alle Berichte, die in irgendeiner Weise, und sei es im entferntesten Sinne, die Belange Bayerns und die des Deutschen Bundes betrafen, sowie alle Artikel über andere Staaten.269 Dezidiert verboten waren außerdem Berichte, die auf den Umsturz der bestehenden Verhältnisse hinzielten oder sich mit den Untersuchungen zur Aufklärung verräterischer Komplotte beschäftigten. 270 Artikel über die Ständeverhandlungen mußten aus offziellen Zeitungen stammen, Nachrichten aus Griechenland wurde besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Da Belgien von Bayern noch nicht als souveräner Staat anerkannt war, mußten Berichte über Belgien unter der Rubrik »Niederlande« abgedruckt werden.271 Artikel, die von Ländern, die selbst Zensur übten, gestrichen wurden, durften auch in Bayern nicht erscheinen, im Gegensatz zu Artikeln aus und über zensurfreie Länder. Ausländische Blätter unterlagen ebenfalls der Zensur nach der III. Verfassungsbeilage, die aber erst nach dem Eintreffen der Zeitungen in Bayern und unter der Beachtung des Postgeheimnisses angewendet werden konnte.272 Abschnitt IV. behandelte, wie schon gezeigt, die besonderen Pflichten der Zensoren und Abschnitt V. die Handhabung der Zensur im Sinne des bereits dargestellten Zensurverfahrens. Die Instruktionen zu § 4 und § 5 des Presseedikts von 1818 beschäftigen sich mit der »Aufsicht auf die Erzeugnisse der Presse überhaupt und insbesondere auf Buchhandlungen, Buchdruckereyen und Leseinstitute«, die zu § 6 und § 7 mit dem Mißbrauch der Presse durch Druckschriften. 273 Die Ministerialausschreibung vom 8. März 1836 war die letzte große Zusammenfassung der Zensurinstruktionen vor 1848. Danach wurden nur noch vereinzelt Verordnungen herausgegeben, die auf verschiedene politische Begebenheiten reagierten. Im Frühjahr 1836 kündigte sich bei der AZ ein Generationenwechsel an. Stegmann besaß im Alter von 69 Jahren, geschwächt durch eine Krankheit, nicht mehr die nötige Kraft, die Redaktion der AZ alleine zu leiten. Gustav Kolb und der dritte Redakteur, Lebret, wurden Stegmann als Verantwortliche zur Seite gestellt.274 Die Zensur der AZ blieb, solange Stegmann lebte, von diesem Generationenwechsel unbeeinflußt. Nach über 3 Oj ähriger Auseinandersetzung mit der Zensur hatte Stegmann resigniert.275 Beschwerden bei der obersten Zensurbehörde in 268 vgl. ebenda Abschnitt III., Punkt 1-3. 269 vgl. ebenda Abschnitt III., Punkt 4+5. 270 271 272 273 274
275
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Vgl. ebenda Abschnitt III., Punkt 6. Vgl. ebenda Abschnitt III., Punkt 8+9. Vgl. ebenda Abschnitt III., Punkt 10+11. Vgl. Ministerialausschreibung vom 8.3.1836, StAA Regierung 7055, Text im Anhang. Am 31.3.1836 verhandelte bereits Lebret mit dem österreichischen Gesandten über die Möglichkeiten zum Ausbau der AZ. Vgl. Hofrat Freiherr von Kreß an Metternich vom 31.3.1836, in: ÖGB II, S. 620-622. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 118 vom 18.4.1836.
München maß er keine Bedeutimg mehr bei, glaubte nicht mehr an deren Erfolg,276 auch wenn er nach wie vor seine Unterschrift als verantwortlicher Redakteur darunter setzte.277 Die Redaktion dachte Ende 1836 daran, die Korrespondenten zu entlassen, deren Artikel wegen ihres polemischen Inhalts zu oft gestrichen wurden. Beiträge, die schließlich nicht in Druck gehen konnten, sollten das Unternehmen nicht auch noch finanziell belasten.278 Das Jahr 1837 brachte einschneidende Veränderungen in der Redaktion der AZ. Am 3. März 1837 starb der verantwortliche Redakteur Karl Joseph Stegmann, der die Geschicke der AZ über 30 Jahre lang geführt hatte. Sein Nachfolger wurde Gustav Kolb, der ebenfalls lange Zeit maßgeblichen Einfluß auf die AZ ausüben sollte. Den Einbruch der Zensur auch in die innenpolitischen Bereiche der Berichterstattung erlebte Stegmann nicht mehr. Die AZ war bis 1837 zu einer so bedeutenden Zeitung gereift, daß nicht einmal Metternich sie verbieten wollte, da sie ihm zu wichtig schien. Er machte der Redaktion sogar Zugeständnisse: Polemik muß aus einem Blatte wie die »Allgemeine Zeitung« nicht ausgeschlossen werden. Es eröffiie aber seine Spalten nur der gediegenen Polemik in der guten Richtung [...] Wäre die »Allgemeine Zeitung« ein gewöhnliches Produkt, so wäre ich der erste, welcher auf sie entweder meine Aufmerksamkeit nicht lenken oder eine uns ganz zu Gebote stehende Verbotsmaßregel anwenden würde. 2 7 9
4.5.
Konfessionenstreit und ausländische Beschwerden. Die Allgemeine Zeitung unter dem Ministerium Abel (1837-1847)
4.5.1
Vom Hannoverschen Verfassungsstreit bis zur Amtsenthebung des Zensors Perglaß
Der Amtsantritt des neuen Innenministers Karl von Abel wirkte sich auch auf die AZ aus. König Ludwig I. war mit dem Inhalt der Zeitung bezüglich der innen- und außenpolitischen Themen nicht mehr zufrieden und befahl seinem Minister, ein Gutachten über den Zensor Perglaß und dessen mögliche Ablösung zu erstellen.280 Das Gutachten ist nicht überliefert, doch der Beschluß für einen Wechsel des Zensors wurde schon im Januar 1838 gefaßt, auch wenn er erst im April 1838 ausgeführt wurde.281 In den Zensurakten der AZ ist für die Monate November und Dezember nur Unbedeutendes überliefert. Die Zeitung wurde streng überwacht, und Gustav Kolb war bemüht, keine Schwierigkeiten mit der bayerischen Zensur zu bekommen, da 276
Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 122 vom 15.11.1836. Vgl. Redaktion an Öttingen-Wallerstein vom 16.11.1836, CA, CB Kolb Nr. 2 4 7 a. 278 Vgl. Metternich an Legationssekretär Frank vom 31.12.1836, in: Ö G B II, S. 646. 279 Metternich an Legationssekretär Frank vom 31.12.1836, in: ÖGB II. S. 646. 280 Vgl. Signat König Ludwigs I. vom 11.11.1837 Nr. 600, in: Signate, Bd. 3, S. 281 Ygi perglaß an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 25.1.1838, StAA Regierung 7067. 277
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er schon seit 1836 scharfen Angriffen aus Österreich ausgesetzt war.282 Ein Artikel aus London, datiert vom 1. September 1837, der Notizen über das Wirken des Geheimbundes »Junges Europa«283 enthielt, hatte dann das besondere Aufsehen des Fürsten Metternich erregt. Anhand dieser und weiterer Artikel festigte sich Metternichs Meinung, daß Kolb mit Führern der europäischen Geheimbünde in Kontakt stehe. Ein aktuelles politisches Thema und dessen Diskussion in der AZ spitzte die Situation für die Zeitung zu: der Hannoversche Verfassungsstreit. Die AZ berichtete ausfuhrlich in sachlicher und unpolemischer Form, jedoch mit eindeutiger politischer Tendenz. 284 Über das Patent des hannoverschen Königs Ernst August vom 5. Juli 1837, das das geltende hannoversche Staatsgrundgesetz von 1833 als ungenügend erklärte und verdeutlichte, daß sich der König nicht an dieses Gesetz gebunden fühlte, 285 und die daraus entstandenen politischen Folgen hatte die AZ mit kurzen Artikeln und längeren räsonierenden Beiträgen mißbilligend berichtet. Sie war damit die führende Zeitung im Meinungsstreit gegen den hannoverschen König, wobei sie nicht die Person, sondern die Sache an sich kritisierte. Nach der Veröffentlichung des Patents vom 1. November desselben Jahres, das die Verfassung Hannovers von 1833 abschaffte, bat die hannoversche Regierung Metternich um Unterstützung in ihrem Verlangen nach strengerer Zensur in Bayern 286 Schon vor der Bitte Hannovers um Hilfeleistung hatte sich Metternich mit dem preußischen Gesandten Maitzahn in Wien besprochen, um gemeinsam mit Preußen die Entfernung Kolbs von der leitenden Redakteurstelle zu erreichen.287 Die Androhung des Debitverbotes für Österreich und Preußen zwang Georg von Cotta, rasch zu handeln, zumal König Ludwig I. mit dem Einfluß der beiden Staaten auf die Zeitung insofern einverstanden war, als er selbst mit ihrer Tendenz immer unzufriedener wurde.288 Ein Verbot der Zeitung lag jedoch nicht im Interesse Ludwigs I. Die Drohung wurde als Mittel benutzt, um bei der Redaktion einen Sinneswandel herbeifuhren.
282 283
284
285 286
287
288
186
Vgl. Duczek, G. Kolb, S. 305. Der italienische Rechtsanwalt Giuseppe Mazzini hatte nach dem Zerfall seines revolutionären Geheimbundes »Giovine Italia« in der Schweizer Emigration mit Gesinnungsgenossen den internationalen Bund »La Giovine Europa« gegründet. Ziel des Bundes war der Sturz der Monarchien. In den Jahren von 1 8 3 6 - 1 8 4 8 lebte Mazzini in England. Vgl. Rudolf Lill, Geschichte Italiens in der Neuzeit, Darmstadt 4 1988, S. 111-115. Vgl. Konrad Morg, Das Echo des hannoverschen Verfassungstreites 1837-1840 in Bayern, Erlangen Diss. 1930, S. 80. Zum Verfassungsstreit vgl. Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. II, S. 9 1 - 1 1 5 , und W. Real, Der hannoversche Verfassungskonflikt von 1837-1838, Göttingen 1972. Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. II, S. 94. In den Zensurakten der AZ fehlen diese Aktenstücke. Zu den Beschwerden Hannovers bei der bayerischen Regierung vgl. Morg, Das Echo, S. 8 4 - 8 5 . Vgl. Maitzahn an den preußischen Außenminister Werther, Wien vom 17.9.1837, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 8 - 9 . Vgl. Geschäftsträger R.v. Kast an den Fürsten Metternich vom 27.11.1837, in: ÖGB III, S. 2, und Außenminister Werther an den preußischen Gesandten Dönhoff in München vom 29.9.1837, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 11; vgl. auch Baron de Bourgoing an den Grafen Μοίέ vom 8.12.1837, in: FGB IV, S. 5.
Hermann von Reischach reiste nach Wien, um ein Verbot der Zeitung in Österreich zu verhindern und Metternich davon zu überzeugen, daß Kolb die ΑΖ durchaus im Sinne der österreichischen und bayerischen Regierung redigieren werde. Ein mehrwöchiger Aufenthalt Reischachs in Wien, eine Entschuldigung für die Art der Berichterstattung bei dem hannoverschen Gesandten Bodenhausen und viele Gespräche mit dem Fürsten Metternich, mit Karl Emst Jarke, dem Nachfolger von Gentz, und mit Joseph Anton Pilat, dem Herausgeber des Österreichischen Beobachters, konnten die aufgebrachte Stimmung beruhigen. 289 Kolbs Angebot an Cotta, den politischen Teil der AZ einem anderen Redakteur zu übertragen,290 war somit hinfallig geworden. Kolb versprach, das Vertrauen, das Cotta und Metternich in ihn setzten, nicht zu enttäuschen.291 Die oppositionelle Haltung der AZ gegen die Regierung Hannovers schwand. Kolb mußte Artikel, die die Patente König Ernst Augusts verteidigten, in die Zeitung aufnehmen. Er begnügte sich in der folgenden Zeit damit, eine möglichst vollständige Sammlung fremder Zeitungsartikel über den Hannoverschen Verfassungsstreit ohne Kommentar abzudrucken.292 Aber selbst ein Artikel über die Kollekte zugunsten der »Göttinger Sieben«, den von König Ernst August aus dem Universitätsdienst entlassenen Professoren, wurde von Innenminister Abel gerügt. Er verbot alle weiteren Artikel, die sich mit den »Göttinger Sieben« beschäftigten. 293 Die Berichterstattung über die Hannoversche Verfassungsangelegenheit blieb jedoch auch während des Jahres 1838 ein Stein des Anstoßes. Zensor Perglaß hatte einen Artikel über die hannoversche Ständeverhandlung zugelassen, der weder durch hannoversche Zeitungen, noch durch eine offizielle Veröffentlichung von Akten autorisiert gewesen war. Damit hatte er gegen die Instruktion vom 8. März 1836 verstoßen, die genau dies verboten hatte.294 Diese Unachtsamkeit des Zensors führte zu seiner vorläufigen Absetzung.295 Ab Mai 1838 erscheint dann der Regierungsassessor v. Kolb als Zensor der AZ in den Akten. Auch der neue Zensor ließ einen Artikel aus Frankfurt die Zensur passieren, der aus einer Erklärung des hannoverschen Bundestagsgesandten zur Verfassungsbeschwerde der Stadt Osnabrück und »feindseligen Bemerkungen«296 darüber bestand. Dieser 289
Vgl. CA, CB Reischach an Cotta Nr. 45 N o v ./Dez. 1837, Nr. 46 vom 8.12.1837 und Nr. 47 vom 12.12.1837; Reischach an Kolb Nr. 307 a vom 29.11.1837 bei CA, CB Kolb an Cotta und der preußische Gesandte Maitzahn an Außenminister Werther vom 21.12.1837, GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. Α Nr. 34, Bl. 29.
290
Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 307 vom 4.12.1837, vgl. auch Duczek, G. Kolb, S. 305. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 308 vom 5.12.1837. Vgl. Morg, Das Echo, S. 8 4 - 8 5 . Vgl. Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 30.12.1837, StAA Regierung 7067. Der Erlaß an alle Stadtkommissäre des Regierungsbezirkes erging am 2.1.1838, ebenda. Instruktion vom 8.3.1836 Abschnitt III.7., Text im Anhang. Vgl. auch Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 15.4.1838, StAA Regierung7067. Die Rechtfertigung Perglaß wurde als nicht »genügend« bezeichnet, ihm wurde eine offizielle Rüge ausgesprochen. Vgl. Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 4.6.1838, StAA Regierung 7067. Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 1.7.1838, StAA Regierung 7067 zu dem Artikel in der AZ Nr. 168 vom 17. Juni 1838.
291 292 293
294
295
296
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Artikel verstieß gegen das Verbot vom 29. November 1836, Bundesbeschlüsse zu kommentieren, und führte somit zu einer weiteren Rüge für den Zensor.297 Eine Warnung an alle Zensoren Bayerns, das obige Verbot genauestens zu befolgen, folgte am 2. August.298 Die Hoffnung der Regierung, den Namen des Korrespondenten, der diesen Artikel geschrieben hatte, zu erfahren, blieb unerfüllt. 299 Eine strenge Zensur verhinderte in der folgenden Zeit weitere Beschwerden. In den Jahren 1839 und 1840 sank das Interesse Bayerns an den Fragen des Hannoverschen Verfassungsstreites beträchtlich und die AZ wagte es, wieder längere Artikel über den »Stand der hannoverschen Sache« zu drucken, die von der Zensur unbeanstandet blieben.300 In der bayerischen Pressepolitik waren die Jahre bis 1843 von der Idee Ludwigs I. bestimmt, Bayern zur Schutzmacht des Katholizismus zu machen. Eine Pressefehde mit Preußen über die Neue Würzburger Zeitung und die Förderung der katholischen Publizistik bestimmten die Politik, und die vielen einzelnen Zensurinstruktionen zum Konfessionenstreit betrafen auch die AZ. So durfte z.B. die Bezeichnung »Kirchenfürst« als Synonym für »Papst«301 nicht verwendet werden. Artikel über die Kniebeugungsorder, gleich ob von katholischer oder protestantischer Seite, wurden von Ludwig I. verboten.302 Von dem österreichischen Staatskanzler kam 1837 die Weisung, die AZ solle die Kölner Ereignisse, d.h. den Mischehestreit und die Verhaftung des Kölner Erzbischofs Droste zu Vischering, möglichst wenig behandeln. 303 Der Inhalt der AZ stand allerdings im Widerspruch dazu. Kolb versuchte, möglichst alle Meinungen zum Kölner Ereignis zu veröffentlichen und dafür gut informierte Korrespondenten zu gewinnen.304 Die Zensur hinderte ihn nicht daran. Das zeigt, daß die bayerische Regierung Interesse an der Berichterstattung über den Mischehestreit hatte und sich in diesem Fall über österreichische Wünsche hinwegsetzte. Da Metternich diesem Vorgehen nicht Einhalt gebieten konnte, forderte er, nur gemäßigte Äußerungen der streitenden Richtungen zu veröffentlichen. 305 Nachdem im Zusammenhang mit dem Kölner Ereignis die Neue Würzburger Zeitung alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, konnte Kolb mit dem Hinweis auf das grundsätzliche Bemühen der AZ um »Unparteilichkeit« von den Zensurbehörden die Erlaubnis zum Abdruck gemäßigter Artikel über den Protestantismus erlan297
Vgl. ebenda und Außenminister Gise an Innenminister Abel vom 27.6.1838, BayHStA MInn 25097/1. 298 Vgl. StAA Regierung 7055. 299 Vgl. Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 5.7.1838, BayHStA Minn 25097/1. 300 Vgl. neben den Zensurakten: Morg, Das Echo, S. 89-90. 301 Vgl. Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 20.9.1838, StAA Regierung 7067. 302 Vgl. Anmerkung des Regierungspräsidenten Stengel auf einem Schreiben Gustav Kolbs an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 28.2.1839, StAA Regierung 7077. 303 vgl. der preußische Gesandte Maitzahn an Außenminister Werther, Wien vom 21.12.1837, GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. Α Nr. 34, Bl. 29. 304 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 314 vom 27.12.1837. 305 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 313 vom 23.12.1837.
188
gen.306 Zensor Perglaß informierte ihn über die Schritte, die gegen die Neue Würzburger Zeitung unternommen wurden, so daß der Redaktion die Grenzen der Berichterstattung bekannt waren.307 Sogar die preußische Regierung war diesbezüglich mit der Tendenz der AZ einverstanden.308 Trotzdem konnten Schwierigkeiten nicht vermieden werden. Der Innenminister verdächtigte die Redaktion, »eine den Ultraliberalismus in politischer und den Rationalismus in religiöser Beziehung unterstützende Richtung«309 zu verfolgen, und fand seine Meinung in der Ausgabe vom 5. Mai 1839 bestätigt. Diese Ausgabe enthielt einen Artikel über das römische Volksleben, in dem der Hl. Joseph nach Meinung des Ministeriums als »Schutzpatron der Hahnreye« dargestellt wurde.310 Zusammen mit dem Beitrag »Teutsche Literatur in Frankreich«, der die Übersetzung des Werkes Das Leben Jesu von David Friedrich Strauß besprach, gab dieser Artikel Anlaß für eine empfindliche Bestrafung des Zensors. Perglaß durfte sein Amt zwar behalten, er mußte jedoch eine Geldbuße zugunsten des Unterstützungsfonds für Staatsdiener im Kreis Schwaben und Neuburg bezahlen. Die Redaktion rechtfertigte sich, indem sie äußerte, die Artikel anders verstanden zu haben, und hob hervor, daß die AZ die einzige bedeutende Zeitung Deutschlands sei, die die katholischen Interessen noch vertreten würde. Weiter stellte sie dar, daß in der AZ keine Berichte der katholischen Vertreter mehr gedruckt werden würden, wenn es der Zeitung nicht erlaubt werden würde, auch protestantische Beiträge zu drucken.311 Das Innenministerium wies die Rechtfertigung der Redaktion zurück und forderte die strengste Einhaltung der Zensurvorschriften von Zensor und Zeitung.312 Trotzdem scheint die Drohung der AZ, sich den Artikeln der katholischen Interessenvertreter zu verschließen, eine gewisse Wirkung gezeigt zu haben. Die Differenzen bezüglich des Konfessionenstreites zwischen den Behörden und der AZ wurden seltener, während gleichzeitig von der Regierung zahlreiche Artikel zugunsten der katholischen Kirche bei der Redaktion eintrafen.313 Mit deren Abdruck verfolgte König Ludwig I. die Absicht, über die AZ seine Meinung nicht nur in Europa sondern hauptsächlich in ganz Bayern zu verbreiten.314 Die AZ wurde zwar nicht überall in Bayern gelesen, aber die Zeitungen der einzelnen Kreise benutzten das berühmte Blatt als Quelle und druckten viele Artikel nach. Dieser Umstand dürfte einer der Hauptgründe dafür gewesen sein, daß die bayerische Regierung der AZ auch den 306
Vgl. Kolb und Altenhöfer an die Zensurbehörde vom 3.1.1838, StAA Regierung 7067. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 316 vom 9.1.1838. 308 v g l . der Gesandte Dönhoff an König Friedrich Wilhelm III. vom 19.3.1838, PGB III, S. 33. 309 Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 5.5.1839, StAA Regierung 7067. 310 Vgl. ebenda. 311 Vgl. Redaktion der AZ an Zensurbehörde vom 7.5.1839, StAA Regierung 7067. 312 Vgl. Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 17.5.1839, StAA Regierung 7067. 313 Vgl. verschiedene Schreiben zwischen 1839 und 1842 in StAA Regierung 7077. Vgl. auch Regierungspräsident Stengel an Kolb vom 17.12.1839 bei CA, CB Kolb an Cotta Nr. 417. Vgl. Dönhoff an Friedrich Wilhelm IV. vom 2.2.1842, PGB III, S. 268 und Geschäftsträger v. Nagler an Friedrich Wilhelm IV. vom 18.7.1842, ebenda, S. 286
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Vgl. Signat König Ludwigs I. vom 2.1.1842 Nr. 62, in: Signate Bd. 5, S. 24. vgl. auch Signat vom 7.5.1842 Nr. 279, ebenda.
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Abdruck von Berichten genehmigte, die die protestantische Sicht zur Pressefehde darstellten. Jenseits der Konfessionenproblematik wurde der Spielraum der ΑΖ, aber auch der der übrigen bayerischen Zeitungen, immer stärker eingeengt. Die Verordnungen des Innenministeriums an die Zensoren aus den Jahren 1838-1842 schreiben eine kleinliche Wortzensur vor, so durfte z.B. der Begriff »Rheinbayern« für »Pfalz«315 nicht verwendet werden, der »Ludwig-Donau-Kanal« durfte nur noch »Ludwigskanal«316 und der geplante neue Flügel des Münchner »Residenzschlosses« nur »Saalbau« genannt werden.317 Nach dem Tode Karl von Rottecks, des badischen Historikers und Führers der liberalen Opposition in der badischen Zweiten Kammer der Abgeordneten, verbot Abel alle positiven Würdigungen, da der Freiburger Professor »zu den entschiedensten Anhängern und Verfechtern demokratischer Prinzipien«318 gehört habe. Außerdem waren Nachrichten über bayerische Kriegsrüstungen verboten, während Nachrichten über Kriegsrüstungen anderer Staaten durchaus erlaubt waren.319 Die Regierung ging immer stärker dazu über, nicht nur mit lancierten Artikeln in den einzelnen Blättern die öffentliche Meinung zu steuern, sondern auch mit gezielten Zensurverordnungen, die nicht die allgemeine politische Haltung einer Zeitung, sondern ganz konkret ihren Inhalt bestimmten. Eine Unaufmerksamkeit des Zensors nutzte die Redaktion der AZ 1838, indem sie in der Artikelübersicht auf der ersten Seite der Zeitung die Überschriften von gestrichenen Artikeln stehen ließ. Kolb entschuldigte diesen Vorfall mit der Hektik bei der Herstellung der Zeitung. Eine Wiederholung dieses Verfahrens im April 1839 führte zu der Drohung, daß Inhaltsübersichten generell verboten würden, sollte sich eine derartige Unachtsamkeit ein weiteres Mal wiederholen.320 Die Empfindlichkeit der Regierung führte jedoch in diesem Fall nicht zu strengeren Maßnahmen gegen die Zeitung, sondern drückte sich hauptsächlich in Ermahnungen und Rügen für den Zensor aus. Diese Reaktion auf unliebsame Artikel ist in den folgenden Jahren immer häufiger zu beobachten. Manche Beanstandungen seitens des bayerischen Königs waren dabei nicht einmal dem Zensor verständlich.321
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Vgl. Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 12.7.1838, StAA Regierung 7058. 316 Vgl. Regierungspräsident Stengel an alle Stadtkommissäre und Polizeibehörden vom 10.8.1840, StAA Regierung 7059. 317 Vgl. Signat König Ludwigs I. vom 31. Mai 1840, BayHStA Minn 25097/1 und Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 20. Juni 1840, StAA Regierung 7059. 318 Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 18.1.1841, StAA Regierung 7059. 319 Vgl. Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 20.10.1840, StAA Regierung 7059. 320 vgl. Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 10.4.1839, StAA Regierung 7067. 321 Vgl. Regierungsassessor Joseph von Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 14.9.1838, ebenda.
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Ende 1838 führte eine Unstimmigkeit zwischen den Redakteuren Altenhöfer und Kolb zu einer heftigen Zurechtweisung der Redaktion und einer Verschlechterung des Arbeitsklimas zwischen dem Regierungspräsidium und den Redakteuren. Altenhöfer hatte Kolb überredet, einen Artikel aus Würzburg zu drucken, der ein in der Neuen Würzburger Zeitung enthaltenes Gedicht über den gefangenen Erzbischof von Köln nach der Melodie »Heil dir im Siegerkranz« behandelte. Altenhöfer kommentierte das Gedicht, indem er auf dem bereits zensierten Korrekturstreifen ohne Wissen Kolbs den Satz hinzufügte: »Die Poesie ist übrigens von der gewöhnlichen Sorte aller nach dieser Methode versifizierten Huldigungslieder«.322 Kolb bemerkte dies erst, als bereits ein Teil der Ausgabe der ΑΖ gedruckt war, stoppte den weiteren Druck, ließ diesen Satz herausnehmen und bestimmte, daß alle Exemplare, die ihn enthielten, ins Ausland geliefert werden müßten.323 Der Vorfall wurde dennoch entdeckt, als König Ludwig I. eines dieser Exemplare zugesandt wurde, und er den Innenminister darauf aufmerksam machte. Abel verglich des Königs Exemplar mit einer Ausgabe der Nummer, die das Ministerium erhalten hatte und bemerkte den Unterschied. Er forderte den Regierungspräsidenten von Schwaben und Neuburg sofort auf, diesen Vorfall zu klären.324 Der Zensor konnte seine Unschuld anhand der Zensurstreifen beweisen; Altenhöfer wurde vom Regierungspräsidenten scharf zurechtgewiesen. Die Rechtfertigungsversuche und Entschuldigungen der Redaktion wurden nicht angenommen, und im Falle einer Wiederholung drohte der Regierungspräsident die schärfsten Maßnahmen an.325 Georg von Cotta war über diesen Vorfall sehr verärgert, Kolb sagte ihm daraufhin zu, daß derartiges nicht mehr vorkommen sollte.326 Kolb hielt die Maßnahmen der Zensur für unerträglich und befürchtete eine Niederlage der ΑΖ im Konkurrenzkampf mit der neuen Leipziger Allgemeinen Zeitung,327 die durch ihre liberale Berichterstattung fur die AZ gefährlich zu werden schien.328 Er schilderte Cotta Münchner Gerüchte, die besagten, Abel wolle die AZ durch strenge Zensur erheblich einschränken und »herunterbringen«.329 »Da die Vorwürfe sich von München über das nichtigste Zeug immer« 330 wiederholten, bat Kolb Cotta um Vermittlung.331 Letztlich bemühte sich dann doch Kolb persönlich um eine Audienz bei Innenminister Abel, die ihm auch gewährt wurde. Während dieser Audienz drückte Abel wohl zuerst sein Mißfallen über die 322
Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 365 vom 13.11.1838.
323 vgl ebenda. 324
Vgl. Innenminister Abel an Ludwig I. vom 7.11.1838, GHA N L Ludwig I. Kabinettsakt 73 und Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 7.11.1838, StAA Regierung 7067.
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Vgl. Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg an die Redaktion der AZ vom 19.11.183 8 bei CA, CB Kolb an Cotta Nr. 367 vom 21.11.183 8.
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Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 366 vom 17.11.1838. Zur Geschichte und Bedeutung des Blattes vgl. Friedrich Wilhelm Neefe, Geschichte der Leipziger Allgemeinen Zeitung 1 8 3 7 - 1 8 4 3 . Ein Beitrag zur Geschichte des Zeitungswesens in der Zeit des Kampfes um die Preßfreiheit, Straßburg Diss. 1914, zugl. Leipzig 1914 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 369 vom 4.12.1838 und Nr. 370 vom 7.12.1838. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 370 vom 7.12.1838. Ebenda. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 371 vom 11.12.1838.
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Zeitung aus, mußte dann aber zugeben, »daß man direkt nichts oder wenig zu klagen habe, daß man aber glaube, wir [die ΑΖ, d. Verf.] machten in Londoner und Pariser Briefen oft Anspielungen auf Bayern und bayerische Verhältnisse!«332 Das wichtigste Ergebnis der Audienz war für Kolb, daß Abel an seiner Person im Amt des Chefredakteurs nichts auszusetzen hatte. Für Kolb war diese Erklärung nach den Versuchen Metternichs, ihn aus Augsburg zu entfernen, eine beruhigende Basis für seine Arbeit an der Zeitung.333 Die Gerüchte um das Verbot der AZ und das Gespräch Kolbs mit Abel verdeutlichen, in welcher Situation sich die Zeitung 1838 befand: Sie konnte ihre unabhängige Stellung in der Presselandschaft behaupten und trotz strenger Zensur gewisse Freiräume bewahren. Auf der anderen Seite zeigt sich aber auch die zwiespältige Haltung der Regierung, die zum einen versuchte, die AZ mit der immer strenger werdenden Zensur in ihre Grenzen zu weisen, während sie zum anderen gerade das Ansehen der Zeitung nutzte, um eigene Verlautbarungen zu veröffentlichen, und genau diese Möglichkeit nicht aufgeben wollte. Die Jahre 1839/40 waren trotz des Wohlwollens seitens der Regierung von ständigen Reibereien zwischen Zensor und Redaktion geprägt. Der Zensor wollte viele Artikel ohne die Zustimmung seiner Vorgesetzten nicht zulassen und verzögerte durch seine ständigen Anfragen das Erscheinen wichtiger Beiträge. Im März 1839 bekam Perglaß die Zensur der AZ wieder übertragen und brachte durch seine Arbeitsweise die Redaktion zur Verzweiflung, wie Kolb nach Stuttgart berichtete.334 Gemäß der Anordnung vom 23. April 1838, die die innenpolitischen Artikel und die Inserate ebenfalls unter Zensur stellte, sind auch viele Anfragen des Zensors bei seinen Vorgesetzten über die Aufnahme von Inseraten überliefert.335 In den meisten Fällen, die das Innenministerium beanstandete, wurde jedoch nicht die Redaktion zur Verantwortung gezogen, sondern dem Zensor eine Rüge und Verwarnung erteilt. Anlaß für neue Instruktionen waren auch die bayerischen Landtagsverhandlungen von 1840. Abel wies den Regierungspräsidenten von Schwaben und Neuburg darauf hin, daß Artikel über den Landtag nicht aus offizieller Quelle stammen müßten, aber, wie alle anderen politischen Aufsätze, der Zensur unterlägen. Sprachliche Ausfälligkeiten und Beleidigungen, die zuweilen während der Sitzungen geäußert wurden, durften aber auf keinen Fall gedruckt werden.336 Die Artikel der AZ waren jedoch meist offiziellen Ursprungs und bestanden aus trockenen Aufzählungen der diskutierten Themen. Die Reden der Regierungsvertreter druckte Kolb bevorzugt ab. Raubold bezeichnete die Berichterstattung der
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CA, CB Kolb an Cotta Nr. 380 vom 5.2.1839. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 387 vom 17.3.1839. Vg. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 390 vom 30.3.1839. Vgl. zu den Anfragen bezüglich einiger Artikel und der Inserate in den Jahren 1839-1840 BayHStA Minn 25097/1, vgl. auch StAA Regierung 7077, und Regierung 7067. Vgl. Regierungspräsident Stengel an Innenminister Abel vom 18.1.1840 BayHStA MInn 25097/1, und Abel an Stengel vom 29.1.1840, StAA Regierung 7073. Vgl. auch Georg Raubold, Die bayerische Landtagsberichterstattung vom Beginn des Verfassungilebens bis 1850. Ein Beitrag zur Geschichte Bayerns und der Presse, München Diss. 1850, S. 88.
AZ von den Landtagsverhandlungen als »öde und abgestorben«, es war der Zeitung jedoch nicht erlaubt, kritische und kommentierende Artikel zu drucken. 337 Ende 1842 gab wieder die Person Gustav Kolbs Anlaß zur Beunruhigung. Er wurde verdächtigt, auf seiner Urlaubsreise nach Ostende in Karlsruhe Kontakt zu Vertretern der ständischen Opposition des badischen Landtags aufgenommen und revolutionäre Pläne besprochen zu haben. Innenminister Abel ging diesen Gerüchten nach, veranlaßte eine Untersuchung und stellte den Redakteur unter geheime polizeiliche Aufsicht. Möglicherweise war die Verbreitung des genannten Gerüchtes ein Racheakt eines badischen, der konservativen Partei angehörigen Abgeordneten, dessen Beitrag fur die AZ Cotta abgelehnt hatte. Dieser Abgeordnete beschwerte sich über diesen Vorgang bei Abel, der zwar bei der AZ Erkundigungen darüber einholte, aber nichts weiter unternahm.338 Gustav Kolb erfuhr von dieser Untersuchung und versuchte durch ein persönliches Gespräch mit Abel in München, das Gerücht zurückzuweisen. 339 Er hielt das Ergebnis in einem Schreiben fest, das er als Bestätigung seiner persönlichen Integrität nicht nur dem bayerischen Innenminister, sondern auch der österreichischen und württembergischen Regierung zukommen ließ.340 In den Jahren 1838 und 1840 gab es zwei weitere Beschwerdefalle, die Beachtung verdienen, da sie Beispiel für den »Presse-Regulierung« bzw. Persönlichkeitsschutz in der Pressepolitik sind. In der AZ Nr. 162 vom 10. Juni und Nr. 185 vom 4. Juli 1838 hatte die Redaktion Artikel über den sachsen-meiningenschen Geheimen Rat Vahlkampf veröffentlicht, die diesen Staatsbeamten »durch die niedrigsten nach sicherer Erfahrung von aller Wahrheit entblößten Äußerungen«341 verunglimpften. Der Oberpräsident des preußischen Regierungsbezirkes Westfalen, Vincke, forderte bereits am 16. Juni, also nach Erscheinen des ersten Artikels, die Ermittlung des Verfassers durch seine Regierung, da Vahlkampf ein ehrenvoll entlassener Staatsdiener Preußens gewesen und die Angriffe gegen ihn unbegründet seien.342 Die preußische Regierung lehnte dieses Ansinnen vorerst mit der Begründung ab, die Nachfrage nach Verfassern habe bei der AZ noch nie Erfolg gehabt.343 Vahlkampf beschwerte sich daher persönlich bei der bayerischen Regierung und forderte sie auf, den Verfasser des Artikels zu ermitteln. Die Redaktion
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Vgl. ebenda S. 8 9 - 9 0 . Vgl. Innenminister Abel an den Regierungspräsidenten v. Stengel vom 29.9.1842, StAA Regierung 7077. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 528 vom 27.11.1842, Nr. 529 vom 4.12.1842 und Nr. 531 vom 10.12.1842. Vgl. Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 31.12.1842, darauf Abschrift des Schreibens an Innenminister Abel, StAA Regierung 7077. Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 11.7.1838, StAA Regierung 7067. Vgl. Oberpräsident Vincke an das preußische Außenministerium vom 16.6.1838, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 16. Vgl. Entwurf eines Rückschreibens auf dem Brief von Vincke, ebenda.
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der AZ bezeichnete den Vizepräsidenten Westfalens Du Vigneau als Einsender.344 Du Vigneau widersprach dieser Erklärung und äußerte, er habe der AZ nie einen derartigen Artikel zugesandt.345 Im Interesse der AZ forderte das bayerische Innenministerium die Herausgabe der Originalkorrespondenz, um den wahren Urheber des Artikels ermitteln zu können. Bei einer Weigerung hätte die Redaktion mit einer gerichtlichen Injurienklage Vahlkampfs gegen die Zeitung zu rechnen gehabt.346 Die Redaktion gab das Manuskript an die Regierung weiter und erklärte, daß auf dem vernichteten Briefumschlag der Poststempel von Münster gewesen sei.347 Kolb druckte jedoch nach einer Aufforderung durch Preußen bereitwillig eine Ehrenerklärung fxir beide Staatsbeamte in der AZ ab.348 Die Beschwerde war somit beigelegt. Durch eine zweite Beschwerde drohte der AZ ebenfalls eine Injurienklage wegen Beleidigung, wiederum seitens eines preußischen Staatsbeamten. In der AZ Nr. 178 vom 26. Juni 1840 - in einer Korrespondenz aus Paris - wurde der preußische Gesandte Graf Bresson beschuldigt, einen Aktendiebstahl begangen zu haben. Graf Bresson forderte die öffentliche Widerlegung dieser Anschuldigung, die ihm durch einen Artikel in Nr. 194 der AZ gewährt wurde.349 Die Redaktion rechtfertigte den ersten Artikel allerdings mit der Begründung, daß der ausgesprochene Verdacht mehrere Wochen lang in den Pariser Journalen diskutiert worden sei, und daß eine Verleumdungsklage allenfalls gegen den Urheber der Pariser Korrespondenz und nicht gegen die AZ erhoben werden könne.350 Auch diese Beschwerde wurde nach dem Abdruck der Widerlegung zu den Akten gelegt. Im Mai 1842 führte ein Artikel aus Paris über die Einweihung der Kirche der Hl. Magdalena (»Madeleine«) zur Absetzung des Zensors Perglaß.351 Der Inhalt des Artikels bzw. die Behandlung der christlichen Glaubensvorstellungen darin wurde von der bayerischen Regierung mit Entrüstung aufgenommen und die Fähigkeit
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Der angebliche Einsender hatte der Redaktion ausdrücklich die Erlaubnis erteilt, seinen Namen bei Bedarf zu veröffentlichen. Vgl. Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 13.7.1838, StAA Regierung 7067. 345 Vgl. Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 23.8.1838, StAA Regierung 7067. 346 Vgl. ebenda. 347 Vgl. Erklärung Gustav Kolbs vom 30.8.1838, BayHStA MA 28006. Du Vigneau hatte inzwischen auch die preußische Regierung gebeten, bei der Aufklärung zu helfen. Vgl. Innenminister v. Rochow an Außenminister Werther vom 3.9.1838 und 7.9.1838 sowie Werther an den Gesandten Dönhoff in München vom 8.9.1838 und 12.9.1838, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 19-24. Vgl. auch Verbalnote Dönhoffs an Außenminister Gise vom 17.9.1838, BayHStA MA 28006. 348 vgl. der Gesandte Dönhoff an Außenminister Werther vom 17.9.1838, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I N r . 9127, Bl. 25. 349 Vgl. Außenminister Gise an Innenminister Abel vom 7.7.1840 und Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg an Innenministerium vom 11.7.1840, BayHStA Minn 25097/1. 350 Vgl. Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 11.7.1840, BayHStA Minn 25097/1. 351 A Z N r . 126 vom 6.5.1842, S. 1003. Vgl. auch Hansen, Heines politische Journalistik, S. 48f.
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des Zensors zu zufriedenstellender Amtsführung in Frage gestellt.352 Perglaß wurde seines Amtes enthoben und die Zensur vertretungsweise dem Regierungsassessor Joseph von Kolb übertragen.353 Trotzdem war Perglaß bis zu seiner endgültigen Versetzung in den Ruhestand immer wieder an der Zensur der AZ beteiligt, und erst durch die Berufung des Regierungsrates Adolf August Lufft 1843 wurde die Zensur der AZ wieder einem einzigen Zensor zugeordnet. 354 Parallel dazu hatte schon Außenminister Gise gegenüber dem preußischen Gesandten Dönhoff verlauten lassen, daß Perglaß nicht geeignet sei, die Zensur der AZ weiterhin durchzuführen. 355 Dönhoff selbst bezeichnete Perglaß als politisch nicht gerade sehr taktvollen oder sonst besonders ausgezeichneten Beamten. 356 Die Amtsenthebung von Perglaß fand großes Interesse in Berlin. Der Geschäftsträger der preußischen Gesandtschaft in München, v. Nagler, berichtete mehrmals über die Hintergründe, konnte jedoch nicht in Erfahrung bringen, welcher Artikel für den Wechsel der Zensoren der ausschlaggebende gewesen war. 357 Die Redakteure der AZ empfanden die Arbeitssituation in den Jahren 1837 bis 1843 als »strangulös«.358 Die Zersplitterung der deutschen Verhältnisse, die schwankende Haltung der Censur, die Schwerfälligkeit der Formen in welchen sich unser öffentliches Leben bewegt, die tausenderlei zu beobachtenden Rücksichten werden eine Behandlung stets erschweren, die sichs zur Aufgabe machen wollte, mehr dramatisches Interesse in die deutschen Fragen hineinzubringen,
Dieses Resümee Mebolds verdeutlicht die großen Probleme, denen die Redakteure bei der Herstellung der Zeitung begegneten. Größte Schwierigkeiten hatten sie mit der Selbstzensur, da sie die Zensur für prinzipienlos hielten und nicht erraten konnten, welche Artikel die Zensur passieren würden und welche nicht.360 Das Jahr 1839 bezeichnete Kolb sogar als >Probejahr< für die AZ, mußte sich doch die Redaktion nicht nur mit den strengeren Zensurverhältnissen vertraut machen und sich gegen sie behaupten, sondern auch die Leipziger Allgemeine Zeitung, die in den Augen Kolbs eine der schärfsten Konkurrentinnen auf dem Zei-
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Vgl. Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 10. Mai 1842, BayHStA Minn 25097/1. Regierungspräsident Stengel an Innenministerium vom 14.5.1842, BayHStA Minn 25097/1. Vgl. Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg an Innenministerium vom 26.6.1842 und Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 19.1.1843, BayHStA Minn 25097/1. Der Gesandte Dönhoff an Außenminister v. Biilow vom 4.5.1842, GStA Merseburg 2.4.1 .Abt. INr. 9127, Bl. 181-182. Vgl. der Gesandte Dönhoff an Außenminister v. Biilow vom 25. Mai 1842, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. INr. 9127, Bl. 196. Vgl. v. Nagler an Außenminister v. Bülow vom 21.5. und 27.5.1842, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. INr. 9127, Bl. 198-200. Vgl. Kolb an Fürst Pückler-Muskau zwischen 20. und 26.12.1839, bei CA, CB Kolb an Cotta Nr. 418. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 60 vom 24.2.1842. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 43 vom 21.7.1838.
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tungsmarkt war, wieder verdrängen.361 Kolb bat Cotta wiederholt, persönlich sowohl in München beim Innenminister oder beim König, als auch in Augsburg beim Regierungspräsidenten vorstellig zu werden, um die Zensur wieder zu lockern.362 Im Konkurrenzkampf mit der Leipziger Allgemeinen Zeitung leistete die bayerische Regierung der ΑΖ Hilfestellung, ohne daß sie von dieser dazu gedrängt worden war, indem sie die Verbreitung der sächsischen Zeitung in Bayern im Dezember 1839 verbot.363 Mindestens genauso stark wie die Redaktion litten die Zensoren unter der Unterdrückung der Presse. Sie wurden für jeden kleinsten Fehltritt zur Verantwortung gezogen und verstanden manchmal den Grund für die Abmahnungen selbst nicht. Das führte zu mehrfachem Wechsel der Beamten im Zensorenamt, wobei die Regierung auf die Dauer mit keinem zufrieden war. 4.5.2.
»Teutsch sei sie.«364 Die Allgemeine Zeitung unter der Zensur Adolf August Luffts
Die endgültige Absetzung des Zensors Perglaß und dessen Versetzung in den Ruhestand war Folge einer konzertierten Beschwerde der sardischen und preußischen Regierungen sowie von Schweizer Beiträgen in der AZ, die den monarchischen Grundsätzen Ludwigs I. widersprachen.365 Für Preußen war die Berichterstattung der AZ über die Reformen in der Pressepolitik seit 1841 Stein des Anstoßes. Die AZ hatte die preußischen Zensurinstruktionen veröffentlicht 366 und »unverhohlen der Freiheit der Presse das Wort«367 geredet. Da die Verordnungen Preußens zur Neuorganisation des Zensurwesens im Februar 1843 in der AZ mit Sicherheit kontrovers diskutiert worden wären, war die preußische Regierung dankbar für die Ablösung des in ihren Augen nachlässigen Zensors und interessierte sich für die Person Luffts. Der preußische Gesandte in Stuttgart, Thomas Heinrich Rochow, der Lufft in der Schweiz kennengelernt hatte, teilte seiner Regierung genauere Eindrücke über den neuen Zensor mit. Er erklärte, daß Lufft ungeachtet seiner Religionszugehörigkeit - er war Protestant - Günstling des Innenministers Abel geworden sei, >polizeiliche Fähigkeiten und einen ungeheuren Fleiß habe. »Bei 361 362
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CA, CB Kolb an Reischach Nr. 369 vom 4.12.1838. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 371 vom 11.12.1838, Nr. 382 vom 14.2.1839 und Nr. 427 vom 6.6.1840. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. Nr. 418 vom 20.12.1839. Die L.A.Z. hatte sich im Kirchenstreit für Preußen engagiert und sich abfällig über bayerische Regierungsbeamte ausgesprochen. Das Verbot wurde 1840 wieder aufgehoben, 1842 jedoch erneut ausgesprochen. In Preußen wurde sie 1842 ebenfalls verboten, in Österreich nie zugelassen. Vgl. Neefe, Leipziger Allgemeine Zeitung, bes. S. 72-93 und 160-192. Signat Ludwigs I. vom 25.2.1846, BayHStA Minn 25097/1. Kolb meldete diesen Auspruch schon einen Tag später an Cotta. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 673 vom 26.2.1846. Vgl. Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 18.1.1843, BayHStA MA 25010 und Abschrift eines Schreibens Gises an die bayerische Gesandtschaft in Berlin vom 24.1.1843, GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. Α Nr. 34, Bl. 133. Vgl. auch Hansen, Heines politische Journalistik, S. 49. Vgl. auch Berichte des Gesandten v. Küster an Friedrich Wilhelm IV. vom 18.1.1843 und 13.2.1843, in: PGB III, S. 306f. und 312. Vgl. A Z N r . 12. vom 12.1.1842, Nr. 33 vom 2.2.1841, Nr. 37 vom 6.2.1842. v. Kast an Metternich vom 5.6.1842, in: ÖGB III, S. 170. Hervorh. i.d. Vorlage.
großer Verehrung für Preußen und dessen musterhafte Verwaltung, wird er schwerlich Artikel passieren lassen, die gegen Preußen gerichtet sind.«368 Der Gesandte beurteilte den Wechsel als sehr positiv, obwohl er Luffts zweifelhaften Charakter< kannte. Er wies außerdem darauf hin, daß der neue Zensor vor allem auch die Anerkennung des Auslandes suche und deshalb leicht zu behandeln sei.369 Die Berufung Adolf August Luffts zum Zensor der AZ war für die Redaktion ein einschneidendes Ereignis. Lufft zensierte die AZ so streng, daß die Zeitung mehrere Wochen nur mit einem Umfang von einem Bogen erscheinen konnte. Georg von Cotta und Hermann von Reischach begaben sich persönlich nach Augsburg, um mit der Redaktion Maßnahmen zu besprechen. Sie verhandelten mit Regierungspräsident Stengel über bessere Zensurbedingungen und versuchten zu ergründen, ob eine Eingabe bzw. Beschwerde bei Ludwig I. selbst Erfolg haben könnte. Stengel riet von einer Beschwerde beim König ab und wies die Verleger darauf hin, »daß, solange ihre Redaktion häufig genug Artikel der Zensur unterstellte, die die Unzulässigkeit an der Stirne tragen, ja deren Zulassung eine Blattsperre in Österreich oder Preußen zufolge haben könnte, sie für die Zensur eher danken, als gegen sie reklamieren sollten.«370 Cotta und Reischach sahen, daß sie nichts erreichen konnten, und zeigten sich gegenüber Stengel einsichtig. Sie nahmen den Vorschlag, bessere Selbstzensur zu üben, vorerst auf und arrangierten ein Treffen Kolbs mit dem Regierungspräsidenten, damit die Grenzen der Berichterstattung genau besprochen werden konnten.371 Da Beschwerden und Gespräche mit der Obrigkeit zwecklos waren, kam es zu ernsthaften Drohungen Cottas, den Verlag der AZ von Bayern in ein anderes Land zu verlegen. Schon 1841 waren Gerüchte über eine Übersiedlung laut geworden,372 und selbst Kolb hatte dieses Thema wiederholt angesprochen, ohne jedoch Erfolg zu haben. Der Oberpostmeister Graf Tauffkirchen informierte den Außenminister über Gerüchte, die in Augsburg größere Aufregung verursacht hatten. Er erklärte dem Minister, daß mehr als 400 Personen dem Verlag folgen müßten, wollten sie nicht brotlos werden.373 Ludwig I. war anfangs erbost über das Gerede und das Verhalten der Verleger wie das der Zeitung. Er sondierte die Haltung Österreichs, um zu ergründen, ob der harte Kurs gegen die Zeitung eingehalten werden könne. 374 Zusätzlich beauftragte er Außenminister Gise, mit Reischach, der zu der Zeit in München wohnte, 368
v. Rochow an Außenminister v. Bülow vom 29.1.1843, GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. Α Nr. 34, Bl. 129-130. Vgl. auch Abschrift eines Schreibens des Staatsministers v. Bülow an den Gesandten v. Küster vom 20.2.1843, BayHStA MA 25010. 369 Ygi ebenda und Außenminister v. Bülow an Innenminister Graf Graf Arnim vom 24.2.1843, ebenda, Bl. 136. 370
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Vgl. Regierungspräsident Stengel an Innenministerium vom 14.4.1843, BayHStA MInn 36316. Vgl. ebenda. Die Gerüchte wurden auch in Wien und Berlin registriert und diskutiert. Vgl. Adler, Literarische Geheimberichte, S. 85 und Schreiben des Gesandten Dönhoff an Außenminister Werther vom 6.5.1841, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 135-136. Tauffkirchen an Außenministerium vom 26.2.1843, BayHStA M A 74035. Vgl. Geschäftsträger v. Kast an Metternich vom 6.2.1843, in: ÖGB III, S. 188.
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Kontakt aufzunehmen, um den Wahrheitsgehalt der Gerüchte zu überprüfen. Ein Gespräch zwischen Gise und Reischach kam vorerst nicht zustande, da der Schwager Cottas sich noch in Augsburg aufhielt. Cotta wandte sich auch an seine Kontaktpersonen am österrreichischen Hof und bekam Unterstützung unter einer Bedingung zugesichert: Die ΑΖ müsse hinsichtlich der neuen preußischen Zensurinstruktionen, die die erhofften Freiräume der Presse wieder schlossen, eine konservative oder schweigende Haltung einnehmen und sich nicht »in die Reihe der radicalen Blätter stellen«.375 Inzwischen mehrte sich bei der bayerischen Regierung die Besorgnis über eine tatsächliche Verlegung des Unternehmens. Ludwig I. erlaubte Gise, Reischach eine Ordensverleihung in Aussicht zu stellen, falls dieser sich bereit erklärte, einen Umzug zu verhindern. 376 Da der finanzielle Aufwand zu hoch war, kam zu Lebzeiten Georg von Cottas ein Umzug nicht zustande, obwohl er Angebote aus Coburg, Württemberg und Baden bekommen hatte.377 Die Befürchtung des bayerischen Königs, die renommierte Zeitung könnte Bayern verlassen, legte sich jedoch nicht. Bezeichnend für seine Haltung ist ein Signat aus dem Jahr 1844: An den Minister des Innern. Es ist zu verhüten, daß die Allgemeine Zeitung von Augsburg wegkomme. Nicht allein daß 50/m fl jährlich die Staatscasse verlöhre, sondern es käme um jeden Einfluß die bayerische Regierung auf dieses ihr ohnehin schon abholde Blatt; dieses sicher von allen teutschen, vielleicht von allen europäischen verbreitestes Ansehen genießende wird zum erklärten Feind. Zur Äußerung obiges zu verhindern. 378
Erst im Jahr 1846 verlieh Ludwig I. Hermann von Reischach den bayerischen Verdienstorden als Dank und besonders für die Leistung der AZ in konfessionellen Angelegenheiten.379 So sehr die Redaktion der AZ unter der Zensur Luffts litt,380 so zufrieden war die bayerische Regierung mit seiner Arbeit. Rückfragen und innerbehördliche Diskussionen über Artikel, aber auch Zurechtweisungen des Zensors waren in den ersten Monaten sehr selten geworden. Wie schon in den Jahren zuvor gab es nur kleinere Anweisungen bezüglich der Wortzensur oder Ähnlichem.381 375
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Metternich an den österreichischen Gesandten in Stuttgart, Graf Buol vom 7.4.1843, in: ÖGB III, S. 195-198. »Befragliche Ermächtigung erteilt, nämlich wenn es noth tue die Verlegung zu verhindern das Ritterkreuz des St. Michaels-Ordens, ja sogar das der bayerischen Krone zuzusagen«, Signat Ludwigs I. von 10.4.1843 auf dem Schreiben Gise an Ludwig I. vom 9.4.1843, BayHStA MA 74035. Vgl. Graf Buol an Metternich vom 17.4.1843, in: ÖGB III, S. 198 Anm. 2, und Duczek, G. Kolb, S. 291. Signat König Ludwigs I. vom 24.11.1844, in: Signate Bd. 5, Nr. 474, S. 619; vgl. auch Signat Nr. 244 vom 21.4.1843, in: Signate Bd. 5, S. 303. Der preußische Gesandte Graf Berastorff fand dies bemerkenswert, da Reischach den Michaels-Orden, den man üblicherweise vor dem Verdienstorden verliehen bekam, noch nicht erhalten hatte. Vgl. Graf Bernstorff an Friedrich Wilhelm IV. vom 5.1.1846, in: PGB IV, S. 114. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 67 vom 13.8.1843. Vgl. u.a. Signat König Ludwigs I. an Luffi vom 24.6.1843, BayHStA Minn 25097/1; auch abgedruckt in: Signate Bd. 5, S. 346 Nr. 378, dort mit anderem Datum versehen.
Umso größere Aufmerksamkeit muß den häufiger werdenden Beschwerden der verschiedenen europäischen Staaten gegen die ΑΖ geschenkt werden. Im September 1843 reklamierte der niederländische Geschäftsträger Frhr. von Bentinck einen Artikel »Von der Weser« in der AZ Nr. 226 vom 14. August 1843.382 Der Artikel verglich die holländische Handelspolitik mit der der deutschen Bundesstaaten und äußerte sich in sehr heftiger und polemischer Art und Weise: es wurde von »List und Trug der Holländer« von »Gewissenlosigkeit«, »Gewaltthätigkeit« und »Ausplünderung« gesprochen. Außenminister Gise unterrichtete Innenminister Abel von dieser Beschwerde, drang jedoch nicht auf eine Bestrafung des Zensors oder der Redaktion, sondern gab lediglich die Anweisung, derartige polemische Äußerungen in Zukunft zu verhindern.383 Ein anderer Artikel beleidigte die Königin von England, und der bayerische Gesandte in London, Freiherr von Cetto bat ebenfalls um die Anweisung an den Zensor, ähnliches in Zukunft zu verhüten. 384 Ludwig I. entschuldigte den Artikel mit der Abwesenheit Luffts. 385 Dieser war im Oktober 1843 an »Schleimfieber« erkrankt und konnte seinen Dienst bis Ende Dezember nicht ausüben. 386 Die Vertretung hatte Regierungsassessor Joseph von Kolb übernommen. Größeren Einfluß auf die Zensur der AZ übte Bayerns Verhältnis zu Rußland aus. Dies hatte zwei Ursachen. Zum einen betrieb Rußland in seinem Einflußgebiet eine antikatholische Politik zu Gunsten der orthodoxen Kirche und ging »gegen das Deutschtum im Baltikum«387 vor. Zum anderen war Rußland neben Frankreich und England Schutzmacht Griechenlands. Während England und Frankreich darauf drangen, daß Griechenland eine konstitutionelle Verfassung erhielt, setzte sich Rußland stark für die Interessen der griechisch-orthodoxen Kirche ein. Kolb wurde schon im Februar 1841 aufgefordert, die russische Politik vorsichtig zu behandeln, ihre Diskussion in der Zeitung war jedoch ausdrücklich zugelassen.388 Eine Warnung des russischen Gesandten Severin, den Interessen des russischen Kaisers nicht zu nahe zu treten, wies Ludwig I. zurück. Er ordnete an, daß Cotta »nicht veranlassen soll, daß die Allg. Zeitung im Teutschen Sinn zu schreiben Rußland betr. unterlassen soll. Teutsch im Betreff aller.«3*9 Die Ereignisse in Griechenland gaben ihm später Anlaß, diese Haltung zu ändern. Die Weigerung König Ottos, zur griechisch-orthodoxen Kirche überzutreten, und die Differenzen bezüglich der Verfassungsgebung sorgten fur große Spannungen in Griechenland. In der Nacht von 14. auf 15. September 1843 kam es zu einem Aufstand in Athen, der König Otto zwang, ein Verfassungsversprechen zu 382
Der Artikel ist datiert vom 4.8.1843. Vgl. Gise an Abel vom 22.9.1843, BayHStA Minn 25097/1 und die Akte BayHStA MA 25010. 384 Vgl. AZ Nr. 334 vom 30.11.1843, Gise an König Ludwig I. vom 15.12.1843, BayHStA MA 25012 und Signat König Ludwigs I. vom 16.12.1843 Nr. 696, in: Signate Bd. 5, S. 449f. 385 Vgl. Signat König Ludwigs I. vom 15.12.1843 Nr. 697, in: Signate Bd. 5, S. 450. 386 v g l . Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg an Innenministerium vom 24.10.1843, BayHStA Minn 25097/1. 387 Gollwitzer, Ludwig 1., S. 639f. 388 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 4 5 2 vom 2.2.1841. 389 Signat Ludwigs I. vom 6.7.1842, BayHStA MA 50834. Hervorh. i. Original. 383
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leisten und ein neues Ministerium zu berufen. 390 Die russische Regierung kam in Verdacht, Drahtzieher des Aufstandes gewesen zu sein, was der russische Kaiser jedoch zurückwies. Nach der Verschwörung in Athen erhob die AZ jedoch heftige Beschuldigungen gegen die russische Politik.391 Ludwig I. selbst entschied, daß alle Artikel zum Druck zugelassen werden sollten, die die tatsächlichen Begebenheiten in Griechenland schilderten, während alles gestrichen werden sollte, was die Revolution entschuldigte, beschönigte oder gar rechtfertigte.392 Außerdem sorgte der König selbst für den Abdruck von Artikeln über die griechischen Ereignisse393 und Lufft erhielt ein Lob des Königs für seine gute Zensur.394 Der russische Geschäftsträger Viollier teilte der bayerischen Regierung währenddessen mit, man würde eine förmliche Beschwerde erwägen.395 Um größere politische Differenzen zu vermeiden, war Ludwig I. daher gezwungen, eine Instruktion an alle Regierungspräsidien der Kreise zu erlassen, die die Aufnahme von Aufsätzen über die griechischen Vorfalle und die russische Politik in allen bayerischen Blättern untersagte.396 Die förmliche Beschwerde der russischen Regierung scheint trotz der schnell erfolgten Zensurinstruktion eingetroffen zu sein, denn Abel zog eine weitere Konsequenz, die diese Beschwerde zur Ursache hatte. Der Regierungspräsident Stengel wurde auf den Posten des Präsidenten des Appellationsgerichtes von Schwaben und Neuburg versetzt und Anton Fischer zum Regierungspräsidenten berufen. Aber nicht nur die russische Beschwerde war der Grund für Stengels Absetzung. Abel hatte herausgefunden, daß Stengel der Informant Kolbs über dessen geheime polizeiliche Überwachung gewesen war. Diese Indiskretion war ein weiterer Grund gewesen, disziplinarisch gegen den Beamten vorzugehen.397 Die Gründe für Stengels Versetzung wurden nicht nach außen getragen. Die Redaktion überging sie in allen Schreiben an Cotta. Lufft, der Differenzen mit Stengel gehabt hatte, bemühte sich sofort um ein günstiges Ansehen bei der Regierung. Obwohl er für die gerügten Artikel nicht verantwortlich war - er war Ende Oktober schwer erkrankt - , erarbeitete er eine Zensurinstruktion für die AZ. 398 Diese Instruktion fand Zustimmung bei König 390
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Vgl. Theodor Schiemann, Geschichte Rußlands unter Kaiser Nikolaus I., Bd. IV. Kaiser Nikolaus vom Höhepunkt seiner Macht bis zum Zusammenbruch im Krimkriege 1840-1855, Berlin/Leipzig 1919, S. 35-37. Vgl. Schiemann, Geschichte Rußlands, S. 38. Vgl. Gise an Ludwig I. vom 15.10.1843, GHA NL Ludwig I. 46/3/7. Noch einen Monat später sprach sich Ludwig für diese Art der Berichterstattung aus. Vgl. Signat Ludwigs I. vom 15.11.1843 Nr. 621, in: Signate Bd. 5, S. 425. Vgl. Signat Ludwigs I. vom 26.10.1843 Nr. 570, in: Signate Bd. 5, S. 409. Gise bat ihn zusätzlich um ein paar Privat-Briefe, um Artikel für die AZ über die griechischen Angelegenheiten zusammenstellen zu können. Vgl. Gise an Ludwig I. vom 15.10.1843, GHA NL Ludwig I. 46/3/7. Vgl. Ludwig I. an Luffi vom 16.10.1843, GHA NL Ludwig I. 46/3/7. Vgl. Gise an Ludwig I. vom 15.11.1843 BayHStA MA 50834. Vgl. Innenministerium an alle Regierungspräsidien vom 16.11.1843, BayHStA MA 50834. Zwischen Abel und Stengel gab es schon länger größere Unstimmigkeiten bezüglich der Pressepolitik. Vgl. Gollwitzer, Karl von Abel, S. 210. Vgl. auch Schreiben über die Nachforschungen hinsichtlich Kolbs Informanten im März und April 1843, StAA Regierung 7077. Vgl. Lufft an Ludwig I. vom 3.12.1843, BayHStA MA 50834.
Ludwig I. und erlangte Gültigkeit für alle bayerischen Zeitungen. 399 Die Instruktion verbot alle Artikel, die »eine der drei Schutzmächte, Rußland nicht ausgenommen« verletzen würden, außerdem sollte nichts zugelassen werden, wodurch »irgendeiner der bekannten griechischen Führer der revolutionären Bewegung erbittert und gereizt« und die »ruhige Entwicklung der neuen Ordnung der Dinge gefährdet« würde. 400 Die russische Regierung konnte mit diesen Zensurmaßnahmen beruhigt werden, aber bereits im März 1844 folgte eine erneute Beschwerde, die eine Reaktion der Behörden erzwang. Diesmal beließ man es jedoch dabei, dem Zensor nur eine höhere Aufmerksamkeit zu empfehlen. 401 Im Herbst 1844 wurde der Konfessionenstreit Ursache für und Mittelpunkt in den Auseinandersetzungen zwischen Regierung, Zensor und AZ. Auslösendes Moment war die Wallfahrt anläßlich der Ausstellung des Heiligen Rockes in Trier, die hunderttausende von Menschen dorthin kommen ließ.402 Die AZ berichtete über diese Wallfahrt in mehreren kritischen Artikeln, durch die Ludwig I. den religiösen Frieden gefährdet sah.403 Lufft wurde angewiesen, religiöse Fragen aufmerksamer zu behandeln. In seiner Rechtfertigung wies er darauf hin, daß er nicht nur in den Artikeln aus Trier einige Absätze gestrichen habe, sondern auch in anderen Berichten über kirchliche und religiöse Angelegenheiten. 404 Seinen Fehlgriff bei den Artikeln über die Wallfahrt begründete der Zensor mit der Absicht, »die Redaktion in ihrer eigenen Charakteristik gewähren zu lassen, unter anderem weil die Censur hierdurch an und für sich beim Lesepublikum eine günstigere Stellung gewinne«.405 Die Zustimmung erwartende Verteidigung Luffts wurde vom Innenminister jedoch zurückgewiesen. Weit heftigere Diskussionen als die Trierer Wallfahrt erregte das Verbot des Gustav-Adolf-Vereins in Bayern. Der protestantische Verein war aus Anlaß des 200. Todestages des schwedischen Königs Gustav Adolf gegründet worden. Er nahm sich hauptsächlich der Förderung von bedrängten, protestantischen
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Vgl. Signat Ludwigs I. vom 6.12.1843 und Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 9.12.1843, BayHStA MA 50834. Vgl. Lufft an Ludwig I. vom 3.12.1843, BayHStA MA 50834. Vgl. Außenminister Gise an Innenminister Abel vom 24.3.1844 und Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 27.3.1844, BayHStA Minn 25097/1 und MA 50834. Vgl. auch BayHStA MA 25013. Über die Wallfahrt, die Beweggründe der katholischen Kirche diese abzuhalten und deren Folgen vgl. Wolfgang Schieder, Kirche und Revolution. Sozialgeschichtliche Aspekte der Trierer Wallfahrt von 1844, in: Archiv für Sozialgeschichte 14, 1974, S. 4 1 9 ^ 5 4 , und die Entgegnung Rudolf Lills, Kirche und Revolution. Zu den Anfängen der katholischen Bewegung im Jahrzehnt vor 1848, in: Archiv für Sozialgeschichte 18, 1978, S. 5 6 5 - 5 7 5 .
403
Vgl. Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 16.10.1844, BayHStA Minn 25097/1 und StAA Regierung 7068. Zu den Artikeln vgl. u.a. AZ Nr. 252 v. 8.9.1844, S. 2011. Dieser Artikel diskutiert die angebliche Existenz von mehreren Röcken Christi an verschiedenen Orten.
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Vgl. Lufft an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 19.10.1844, StAA Regierung 7068. Ebenda.
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Diasporagemeinden an.406 Ludwig I. verweigerte indes die Unterstützung evangelischer Gemeinden in Bayern durch den Verein, da er dies als Einmischung ausländischer Kräfte in ein landeskirchliches Recht ansah. Konnte sich der Verein in den ersten Jahren relativ ungehindert betätigen, so war ein Antrag, Geldsammlungen in Bayern durchfuhren und diese durch einen Aufruf in der ΑΖ bekannt machen zur dürfen, Anlaß zur Ablehnung der Bewegung durch Ludwig.407 Am 10. Februar 1844 wurden der Verein und die Annahme von Geschenken an evangelische Gemeinden in Bayern endgültig verboten.408 Am 24. August des Jahres folgte das Verbot der Aufnahme von Zeitungsartikeln, die den Verein erwähnten.409 Nicht einmal die kleinste Notiz über den Gustav-Adolf-Verein durfte nun noch gedruckt werden. Die Redaktion beschwerte sich mehrmals bei Lufft über diese Instruktion und bat um die Erlaubnis, wenigstens »Faktisches« über den Gustav-Adolf-Verein drucken zu dürfen. 410 Die ΑΖ mußte Artikel der Regierung gegen den Verein drucken, wobei die Redaktion jedoch darauf drang, auch gemäßigte Gegenstimmen veröffentlichen zu können. Sie tat dies in sehr begrenztem Umfang und wurde damit Objekt einer monatelangen Pressekampagne, in der ausländische Journale ihr vorwarfen, ein Regierungsorgan geworden zu sein.411 Lufft unterstützte die AZ in der Ansicht, auch gemäßigte Gegenstimmen aufzunehmen, indem er anführte, daß alle ausländischen Blätter, die ja z.T. auch in Bayern gelesen würden, ebenfalls die Gegenmeinung äußern würden.412 Trotzdem mußte der Zensor den Weisungen aus München folgen und sogar ein Handschreiben des württembergischen Königs, das diesen Verein erwähnte, streichen. Auch die Bitte Kolbs, den Charakter der AZ als Geschichtsquelle nicht zu zerstören,413 fruchtete nicht, die Redaktion erhielt lange Zeit keine Antwort darauf und das Verbot blieb bestehen.414 Als selbst Handschreiben des preußischen Königs nicht zugelassen wurden, versuchte die Redaktion nochmals Einwände gegen dieses Verbot zu erheben.415 Erst nach mehrmaliger Nachfrage seitens der Redaktion beim Zensor und seitens des Zensors bei seinen Vorgesetzten genehmigte die Regierung allen bayerischen Zeitungen, in eingeschränktem Umfang Artikel aufzunehmen. Der 406
Vgl. Gollwitzer, Ludwig I., S. 594. Vgl. auch Gustav Plitt, Erlaß und Aufhebung des bayerischen Gustav-Adolf-Vereinsverbotes, München Diss. 1912, und Hermann Steinlein, Die Entstehung des bayerischen Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stiftung, in: Zeitschrift fllr bayerische Kirchengeschichte 1 (1926), S. 120-146. 407 vgl. Plitt, Gustav-Adolf-Vereinsverbot, S. 10f. 408 Vgl. ebenda, S. 11-16. 409 vgl. Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 23.10.1844, StAA Regierung 7068. 410 Vgl. Lufft an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 11.10.1844, StAA Regierung 7068. 411 Vgl. Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 13.10.1844, ebenda. 412 Vgl. Lufft an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 11.10.1844, ebenda. 413 Vgl. Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 13.10.1844, ebenda. 414 Vgl. Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 23.10.1844, ebenda. Vgl. auch CA, CB Mebold an Cotta Nr. 71 vom 19.9.1844 und Nr. 72 vom 21.9.1844. 415 Vgl. Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 2.11.1844, ebenda.
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Druck »tatsächlicher Nachrichten« 416 und historischer Dokumente wurde unter der Voraussetzung zugelassen, daß keine Kritik an den diesbezüglichen Verordnungen des Königs und keine wertenden Kommentare erscheinen dürften. Dieser Verordnung war ein Schreiben Georg von Cottas vorausgegangen, in dem er ebenfalls bat, die Einschränkungen so zu modifizieren, daß es der AZ möglich sei, ihre Aufgabe als Geschichtsquelle zu erfüllen. 417 Die preußische Regierung verfolgte die Entwicklung der bayerischen Pressepolitik mit Sorge. Niemand erwartete, daß »das ultramontane Treiben« 418 hinsichtlich der AZ gemildert werden könne. Es gab aber Überlegungen, »ein öffentliches Organ ins Leben zu rufen, welches die Allgemeine Augsburger Zeitung entbehrlich«419 machen würde. Dieser Plan wurde jedoch nicht weiter erörtert und man versuchte, weiterhin Einfluß auf das Cottasche Blatt zu gewinnen. 420 Rochow meldete die Vorgehensweise des Zensors genauestens nach Berlin, und die preußische Regierung mußte feststellen, daß nicht einmal die kgl. Handschreiben gedruckt werden durften 421 Alle Versuche, über Cotta persönlich eine bessere Berichterstattung über die protestantischen Angelegenheiten zu erreichen, scheiterten an den Direktiven der bayerischen Regierung. Das Jahr 1845 stand ganz im Zeichen ausländischer Beschwerden gegen die AZ, wobei erstmalig auch am Deutschen Bundestag ausführlich über die Zeitung diskutiert wurde. Die AZ vom 15. Januar 1845 veröffentlichte den Brief eines ungenannten Mitglieds der schleswig-holsteinischen Ständeversammlung, der mit ausführlichen Bemerkungen Ernst Moritz Arndts aus Bonn versehen war, und der sich für die Unabhängigkeit Schleswig-Holsteins von Dänemark aussprach. Die Diskussion in der Presse um die Lage Schleswigs und Holsteins wurde durch eine Erklärung des Kopenhagener Bürgermeisters Ussinger in der Ständeversammlung von Roskilde, die Dänemark, Schleswig, Holstein und Lauenburg zu einem einigen und unteilbaren Staat erklärte, erneut angefacht. In der AZ hatte der Historiker und spätere Professor Lorenz von Stein aus Kiel schon seit 1843 in vielen Artikeln die Idee eines großen Wirtschaftsraumes in Norddeutschland mit Anschluß an das übrige Deutschland propagiert,422 aber erst der Artikel Arndts erregte Anstoß. Er griff die 416
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Innenminister Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 16.11.1844, ebenda. Vgl. Georg von Cotta an König Ludwig I. vom 15.11.1844, CA AZ I A 1. Die Minister Eichhorn und Graf Arnim an Außenminister v. Bülow vom 4.7.1844, GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. A Nr. 34, Bl. 166. Ebenda. Der preußische Gesandte ν. Rochow besuchte sogar die Redaktion in Ausgburg und sprach mit dem Zensor. Vgl. v. Rochow an Außenminister v. Bülow vom 20.9.1844. GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9128, Bl. 35-38. Vgl. u.a. v. Rochow an Außenminister v. Bülow vom 23.9.1844, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9128, Bl. 41. Vgl. Werner Schmidt, Lorenz von Stein. Ein Beitrag zur Biographie, zur Geschichte Schleswig-Holsteins und zur Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts. Eckemfbrde 1956. Vgl. auch Dirk Blasius, Lorenz von Stein. Grundlagen und Struktur seiner politischen Ideenwelt. Köln 1970.
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Danisierungspolitik der dänischen Regierung in den deutschprachigen Gebieten heftig an, nannte die Dänen »fratzenhaft eitel« und rief die deutschen Regierungen zur Wachsamkeit gegen die drohende Gefährdung der Nationalität und der Grenzen auf.423 Der dänische Gesandte am Deutschen Bundestag,424 Pechlin, beschwerte sich im Namen seiner Regierung bei seinem bayerischen Kollegen, Karl August Frhr. v. Oberkamp, über den Artikel und forderte die Zurechtweisung des Zensors und die Veröffentlichung der Zurechtweisung in der ΑΖ 425 Wiederum war es nicht Lufft, der sich für die Zensur verantworten mußte, sondern Regierungsrat Hänlein, der Lufft während dessen Reise nach München vertreten hatte. Das Rechtfertigungsschreiben der Redaktion weist darauf hin, warum niemand Bedenken gehabt hatte, den Artikel zu drucken. Zum einen war dies die Person des Autors, Ernst Moritz Arndt, dem man »das etwas rauh geprägte Wort nicht verargen würde«.426 Zum anderen hatte die dänische Presse oft genug das deutsche Volk und die deutschen Bundesstaaten angegriffen, so daß man sich einen Gegenartikel durchaus erlauben wollte. Mit der üblichen Zurechtweisung an Zensor und Redaktion, daß die Entschuldigungen »vollkommen genügend nicht zu erachten«427 gewesen seien, hoffte die bayerische Regierung die Beschwerde beilegen zu können; eine Zurechtweisung wurde nicht veröffentlicht. Gustav Kolb war wegen der Beschwerde nicht beunruhigt und teilte Cotta mit, daß die bayerische Regierung der Sache keine große Bedeutung beimesse. 428 Bevor Oberkamp von dieser Instruktion benachrichtigt werden konnte, legte der dänische Gesandte jedoch eine Beschwerde am Deutschen Bundestag vor. Pechlin berief sich auf auf die §§ 1 und 6 des Bundes-Preßgesetzes vom 20. September 1819429 und bat um Untersuchung der Beschwerde und um ein Einschreiten gegen die AZ und Bayern.430 Außerdem forderte er die preußische Regierung dazu auf, Arndt, der als Professor in Bonn tätig war, zu bestrafen.431 Der Beschwerde am Bundestag versuchte die bayerische Regierung mit gleichen Mitteln zu begegnen. Außenminister Gise erteilte Oberkamp den Auftrag, dafür zu sorgen, daß der Fall in den Protokollen nicht mehr erwähnt werde,432 und nahm Kontakt zur preußischen Regierung auf,
423
Vgl. AZ, Nr. 15 vom 15.1.1845, Beilage. Die Herzogtümer Holstein und Lauenburg waren Mitglieder des Deutschen Bundes. Da der dänische König die Herzogtümer in Personalunion regierte, war die dänische Regierung am Deutschen Bundestag vertreten. Vgl. Huber, Verfassungsgeschichte Bd. 1, S. 583-588. 425 Vgl. Protokolle der Deutschen Bundesversammlung vom Jahre 1845, Frankfurt am Main 1845, 9. Sitzung vom 6.3.1845, § 96, S. 194-196. 426 Gustav Kolb an die Zensurbehörde vom 18.2.1845, BayHStA Minn 25097/1. Kolb spricht hier die Textstelle »Klein und schwach ist der Däne als Volk und fratzenhaft eitel« an. Vgl. AZ Nr. 15 vom 15.1.1845, S. 115. 427 Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 28.2.1845, BayHStA Minn 25097/1 und StAA Regierung 7068. 428 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 606 vom 8.2.1845. 429 Vgl. Huber, Dokumente Bd. 1, S. 102f. 430 vgl. Protokolle d. Dt. Bundesversammlung, 9. Sitzung vom 6.3.1845, § 96, S. 194-196. 431 Vgl. der preußische Gesandte in Frankfurt, Dönhoff, an Außenminister v. Bülow vom 2.2.1845, GStA Merseburg 2.4.1 .Abt. I Nr. 9342, Bl. 115. 432 Vgl. Gise an Oberkamp vom 10.3.1845, BayHStA MA 25014. 424
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um eine gemeinsame Linie abzusprechen.433 Anstoß an der Beschwerde Dänemarks nahm Gise hauptsächlich wegen der Forderung, die Zurechtweisung des Zensors in der AZ zu veröffentlichen. Dies lehnte er ab, da »einer Regierung nicht zugemuthet werden könne, durch einen solchen öffentlichen Verweis selbst die Autorität der Zensurbehörden bloßzustellen«.434 In der 10. Sitzung der Bundesversammlung entgegnete Oberkamp dem dänischen Gesandten in diesem Sinne und teilte u.a. mit, »daß der Inhalt des zum Gegenstande einer Beschwerde gemachten Artikels nur einen Widerhall der Sprache bilde, welche die dänischen Zeitschriften, Faedrelandet an der Spitze, gegen die Deutschen und gegen Deutschland schon seit längerer Zeit fuhren«.435 Oberkamp machte deutlich, daß die bayerische Regierung nur dann bereit sei, Ausfälle gegen Dänemark zu ahnden, wenn die dänische Regierung ihrerseits die gleichen Grundsätze in ihrer Pressepolitik einhalten würde. Parallel dazu wurde die Redaktion der AZ angehalten, Beweise gegen die dänische Presse zu sammeln, um der Beschwerde wirksam entgegen treten zu können.436 König Ludwig I. stellte sich hinter die Interessen des Deutschen Bundes in Schleswig-Holstein und nahm Partei für die Deutschen in diesem Gebiet. »Keineswegs soll aus Gefälligkeit für Dänemark der AZ untersagt werden fur Teutschland Recht sich auszusprechen, im Gegenteil ist sie besonders zu loben.«437 Die AZ durfte ausdrücklich »die angreifende Sprache der dänischen Presse mit gleicher Münze«438 zurückzahlen. Der bayerischen Regierung gelang es nicht nur, mit der preußischen Regierung eine Linie gegen Dänemark 439 zu finden, sondern auch, die Kommission für Preßangelegenheiten am Deutschen Bundestag zu überzeugen. Da eine Gegenseitigkeit in der Behandlung der Presse nicht vorlag, wurde die Beschwerde von der Kommission abgelehnt und Pechlin zog sie offiziell zurück.440 Die Gegenseitigkeit in der Behandlung der Presse konnte der dänische Bundestagsgesandte jedoch nicht zusichern, und die bayerische Regierung beschwerte sich nun ihrerseits über einen Artikel in der Kjöbenhavens Post, der gegen die deutsche Nationalität und den Deutschen Bund gerichtet war.441 Die dänische Regierung legte daraufhin in der 17. Bundestagssitzung eine Erklärung vor, in der eine Überwachung der dänischen 433
Vgl. Gise an den bayerischen Gesandten in Berlin, Lerchenfeld, vom 20.3.1845, BayHStA MA 25014. 434 Ebenda. 435 Protokolle der Deutschen Bundesversammlung, 10. Sitzung vom 13.3.1845, § 101, S. 202. 436 Vgl. Gise an Innenministerium vom 20.3.1845, BayHStA Minn 25097/1 und Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 30.3.1845, StAA Regierung 7068. 437 Signat König Ludwigs I. vom 6.4.1845 auf dem Schreiben: Gise an Ludwig I. vom 2.4.1845, BayHStA MA 25014. 438 CA, CB Kolb an Cotta Nr. 626 vom 1.5.1845. 439 Vgl. Abschrift eines Schreibens des Außenministers v. Bülow an den preußischen Bundestagsgesandten Dönhoff vom 20.3.1845, BayHStA MA 25014. 440 v g l Abschrift eines Vortrages der Kommission in Preßangelegenheiten o.D., GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9342, Bl. 91-97 und Protokolle der Deutschen Bundesversammlung 11. Sitzung vom 3.4.1845, § 155, S. 279f. 441 Vgl. Gise an Ludwig I. vom 17.4.1845, BayHStA MA 25014.
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Presse hinsichtlich der Artikel gegen den Deutschen Bund und die Deutschen gewährleistet wurde.442 Ludwig I. wies im Anschluß daran die Zensurbehörden an, nur eine »anständige Diskussion« in den Journalen zuzulassen, und gab an, sich nur solange an diese Weisung gebunden zu fühlen, solange die dänische Presse ebenfalls ihre Angriffe einschränkte.443 Bei diesem Konflikt, dem einzigen Mal, bei dem die AZ direkt Objekt der Verhandlungen am Deutschen Bundestag war, konnte sie mit den Schutz der bayerischen Regierung rechnen. Ludwigs I. Interesse, auch mittels der Pressepolitik für die deutsche Frage zu kämpfen, war schwerwiegender als jeder Tadel gegen einen bayerischen Zensor. Ein Glücksfall war dabei die Tatsache, daß im Deutschen Bundestag auf die fehlende Gegenseitigkeit in Behandlung der Presseangelegenheiten seitens Dänemarks hingewiesen und die Beschwerde so abgeschmettert werden konnte. Ludwig I. hob mit dieser Kampagne seine Rolle als Beschützer der deutschen Einheit hervor. Er erwartete, in der öffentlichen Meinung neues Ansehen erlangen und dem preußischen Führungsanspruch innerhalb Deutschlands begegnen zu können. 444 Auch die Behandlung der übrigen Beschwerden während des Jahres 1845 wurde allein von Ludwigs I. außenpolitischen Rücksichten geleitet. Eine Beschwerde des Kantons Luzern über einen Bericht von dortigen Unruhen wurde nach der Vernehmung des Zensors und der Redaktion ohne eine weitere Zurechtweisung beigelegt.445 Ludwig I. wahrte hier gegenüber der innenpolitischen Entwicklung in der Schweiz Neutralität, die er auch kurz vor dem Schweizer Sonderbundskrieg noch einmal betonte.446 Eine Beschwerde des preußischen Hofrats Dorow über eine Anzeige, die dieser als »moralischen Banditenanfall«447 auf seine Person bezeichnete, wurde als selbst verschuldet abgewiesen,448 während eine Beschwerde des britischen Gesandten Milbanke die bayerische Regierung unangenehm berührte. Die AZ hatte in einer Schilderung über einen englischen Hofball einen humorvollen Ton vorherrschen lassen, den sogar Lufft für richtig hielt.449 Da die englische Königin im Begriff 442
Vgl. Gise an Ludwig I. vom 27.5.1845, BayHStA MA 25014 und Protokolle der Deutschen Bundesversammlung, 17. Sitzung vom 21.5.1845, § 181, S. 436f. 443 Vgl. Gise an Ludwig I. vom 4.6.1845 und Signat Ludwigs I vom 9.Juni 1845, BayHStA MA 25014. 444 vgl. Treml, Bayerns Pressepolitik, S. 323. 445 Vgl. Abschrift einer Entschließung an die kgl. Gesandtschaft in der Schweiz vom 13.2.1845, BayHStA Minn 25097/1. 446 Vgl. Gollwitzer, Ludwig I., S. 638f. Zum Sonderbundskrieg vgl. kurz, Langewiesche, Europa zwischen Restauration und Revolution, S. 18f. 447 Vgl. Dorow an den bayerischen Justizminister v. Schrenk vom 27.6.1845, BayHStA MInn 25097/1. 448 In der Anzeige wurden beleidigende Äußerungen Dorows in dessen Buch Erlebtes zurückgewiesen. Vgl. Lufft an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 31.6.1845, Gustav Kolb an Zensurbehörde vom 25.6.1845, Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 10.7.1845, StAA Regierung 7068, parallel dazu die Schreiben in BayHStA Minn 25097/1. 449 Vgl. Lufft an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 4.8.1845 und Altenhöfer an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 29.7.1845, StAA Regierung 7968.
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war, Deutschland zu besuchen, und Artikel der deutschen Presse von der englischen Regierung daher besonders beachtet wurden, erging an die bayerischen Zensoren und die AZ die Weisung, Artikel über Königin Viktoria mit besonderer Sorgfalt zu behandeln. 450 Einer Beschwerde der sächsischen Regierung kam die bayerische Regierung nur nach, weil die beanstandeten Artikel auch gegen Ludwigs I. Prinzipien gerichtet waren. Die Schilderungen von Tumulten anläßlich einer Militär-»Revue« zu Ehren Prinz Johanns 451 stellten zu ausführlich revolutionäre Bestrebungen dar, die Ludwig I. auf jeden Fall unterdrücken wollte. Deshalb erging an Lufft die Weisung, ähnliche Berichte in Zukunft nicht mehr zuzulassen 452 Der sächsischen Regierung gegenüber äußerte der bayerische Außenminister in der Antwort auf die Beschwerde seine Verwunderung, indem er bemerkte, daß in Sachsen die Presse sehr frei gehandhabt werde. Gise stellte deutlich heraus, daß eine Ermahnung an den Zensor nur deshalb ergangen sei, weil König Ludwig I. die Tendenz der Artikel auch von sich aus gerügt hätte. Die Beschwerde Sachsens wollte er jedoch nicht anerkennen, da die dortige Presse mehrere äußerst »böswillige«453 und für den bayerischen König beleidigende Artikel veröffentlicht hätte. In der Redaktion wurden die Ermahnungen bezüglich der englischen und sächsischen Beschwerden ohne Aufregung aufgenommen. Mebold hatte sogar den Eindruck, daß man der englischen »Beschwerde keine sonderliche Wichtigkeit« beimesse. 454 Während mehrerer Jahre hatte die Redaktion versucht, Artikel über Sylvester Jordan in der AZ zu drucken. Der Jurist Jordan war in den Jahren vor der Revolution von 1848 einer der bekanntesten Liberalen in Deutschland. 455 Er war maßgeblich an der Ausarbeitung der kurhessischen Verfassung von 1831 beteiligt gewesen und verteidigte diese hartnäckig gegen die Interessen der kurhessischen Regierung in der Ständeversammlung. Im Jahr 1839 wurde Jordan wegen angeblicher Teilnahme an hochverräterischen Unternehmungen verhaftet und erst 1843 ohne eindeutige Beweise zu fünf Jahren Haft verurteilt. Gegen dieses Urteil legte er nicht nur Revision ein, sondern er veranlaßte das Erscheinen einer Reihe von Zeitungsberichten, in welchen sich die jeweiligen Autoren für seine Unschuld aussprachen. Auch die Redaktion der AZ versuchte, Artikel über Jordan zu drucken, die Lufft mit dem Hinweis ganz strich, daß über unabgeschlossene Gerichtsver-
450
Vgl. Gise an Ludwig I. vom 11.7.1845 und Signat Ludwigs I. vom 13.7.1845, BayHStA MA 25012. 451 Vgl. AZ Nr. 229 vom 17.8.1845 S. 1829-1831 und AZ Nr. 2 3 0 vom 18.8.1845, S. 1 8 3 7 1839. 452 v g l . Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 8.9.1845, StAA Regierung 7068. 453 Vgl. Gise an die sächsische Gesandtschaft in München vom 21.10.1845, BayHStA MInn 25097/1. 454 455
Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 75 vom 5.9.1845. Vgl. Ohles, Germany's Rude Awakening, S. 4 3 ^ 5 ; Günter Kleinknecht, Sylvester Jordan ( 1 7 9 2 - 1 8 6 1 ) . Ein deutscher Liberaler im Vormärz, Marburg 1983 (Marburger Stadtschriften zur Geschichte und Kultur 8) und Hellmut Seier, Sylvester Jordan und die kurhessische Verfassung von 1831, Marburg 1981.
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handlungen in Hochverratsprozessen nicht berichtet werden dürfe. 456 Erst als alle anderen deutschen Zeitungen, besonders aber die Frankfurter Zeitungen, auch im Jahr 1844 immer noch über den Jordanschen Prozeß berichteten, wurde er unsicher in seiner Entscheidung. Lufft fragte bei seinen Vorgesetzen nach, ob die obengenannte Bestimmung noch uneingeschränkt gültig sei, worauf das Innenministerium nicht nur ihn, sondern alle Zensoren anwies, besonders hinsichtlich Jordans diese Instruktion genau zu befolgen. 457 Als die AZ in der 69. Nummer vom 10. März 1845 in zwei kurzen Artikeln Jordans Haftentlassung meldete und darin erwähnte, daß eine schnelle Freisprechung erfolgen würde, beschwerte sich die kurhessische Regierung. Sie führte an, daß die Artikel »Tatsachen und Verhältnisse berühren, welche erst noch der gerichtlichen Kognition unterliegen« würden.458 Lufft wies dies in seiner Rechtfertigung zurück, indem er anführte, daß sich der Artikel ja nur auf die Freilassung beziehen würde und nicht auf das ausstehende Revisionsurteil 459 konnte den Innenminister mit diesen Argumenten aber nicht überzeugen und erhielt eine strenge Rüge 4 6 0 Die letzte ausländische Beschwerde in der Amtszeit Luffts war diejenige, die das größte internationale Aufsehen erregte. Die AZ Nr. 40 vom 9. Februar 1846 veröffentlichte unter der Überschrift »Spanien und Rußland« einen Berliner Korrespondentenbericht, der nicht nur »den üblichen Schutz für eine freundliche Macht, sondern besonders den Tabuzaun um Monarchen«461 verletzte. Der Artikel bezeichnete den Einfluß Rußlands auf Europa als »verderblich«, die Russen als »von der Civilisation mehr verweichlicht als aufgeklärt« und das Auftreten Kaiser Nikolaus I. als wenig beeindruckend.462 Der russische Gesandte in München, Severin, beschwerte sich im Namen seiner Regierung über diesen Artikel und forderte die Absetzung des Zensors.463 Schon bevor Gise dem russischen Gesandten seine Anordnungen zur Ausräumung der Beschwerde mitgeteilt hatte, besprach sich Severin mit dem österreichischen Gesandten Grafen Senfft und dem preußischen Gesandten Grafen Bernstorff und drohte im Gespräch mit diesen sogar mit Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Rußland und Bayern.464 456
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461 462 463 464
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Vgl. Lufft an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 10.8.1843, BayHStA MInn 25097/1. Vgl. auch Ministerialerlaß vom 8.3.1836 Teil III, Abschnitt 6, Text im Anhang. Durch die Revision Jordans betrachtete Lufft den Prozeß als nicht abgeschlossen. Vgl. Lufft an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 19.8.1844 und Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 14.10.1844, StAA Regierung 7055. Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 13.4.1845, StAA Regierung 7068. Vgl. Lufft an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 25.4.1845, StAA Regierung 7068. Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 23.7.1845, StAA Regierung 7068. Hansen, Heines politische Journalistik, S. 52. Vgl. AZ Nr. 40 vom 9.2.1846, S. 317. Vgl. u.a. den gesamten Aktenvorgang in BayHStA MA 50834. Vgl. Graf Bernstorff an Friedrich Wilhelm IV. vom 15.2.1846, in: PGB IV, S. 135f.
Senfft forderte Abel daraufhin in einem Privatgespräch auf, mit der Entlassung des Zensors aus diesem Amt die aufgebrachte russische Regierung zu beruhigen.465 Auch Bernstorff hatte schon vor der Beschwerde Severins den bayerischen Außenminister auf den Artikel aufmerksam gemacht und auf die Beleidigung der russischen Regierung hingewiesen. Er hielt die Absetzung des Zensors allerdings für eine ungenügende Genugtuung und forderte stattdessen prinzipiell eine Verschärfung der Zensur in ausländischen Angelegenheiten.466 Auch bei der Redaktion der ΑΖ wurden die diplomatischen Bemühungen um Luffts Absetzung schnell bekannt, ohne jedoch größere Aufregung zu verursachen. 467 Lufft mußte zugeben, daß er den Artikel nicht ganz gelesen und den beleidigenden Inhalt daher übersehen hatte.468 Von einer sofortigen Absetzung sah die bayerische Regierung jedoch ab. Dem Zensor wurde die »allerhöchste Mißbilligung«469 mit dem Hinweis ausgesprochen, daß ein nochmaliges Verfehlen die Absetzung als Zensor nach sich ziehen würde. König Ludwig I. leistete der Beschwerde Rußlands nur ungern Genüge. Er empfand den Abdruck des Artikels zwar als Fehler, »aber ein russisches Blatt hat die Allgemeine Zeitung nicht zu werden, teutsch sei sie.«470 Die russische Regierung gab sich mit der Zurechtweisung Luffts jedoch nicht zufrieden und forderte wiederum seine Absetzung. Nach einer erneuten Intervention der drei Gesandten Rußlands, Österreichs und Preußens mußte der König nachgeben und Lufft seines Amtes entheben.471 Am 14. März wurde die Zensur der ΑΖ dem Regierungsrat Ploner übertragen, Luffts Tätigkeit als Stadtkommissär blieb unberührt.472 Erst im Mai gab die bayerische Regierung dem Druck der russischen Regierung nach und entfernte Lufft ganz aus Augsburg. Der ehemalige Zensor wurde jedoch nicht strafversetzt, sondern zum Regierungsdirektor der Pfalz befördert.473 Ludwig I. erfüllte damit zwar die Forderungen der russischen Regierung, drückte aber zugleich seine Zufriedenheit mit seinem Beamten aus. Den Verfasser des Artikels »Spanien und Rußland« konnten weder die bayerischen Behörden noch die preußische Regierung in Erfahrung bringen.
465
Vgl. Senfft an Metternich vom 15.2.1846, in: ÖGB III, S. 343f. Vgl. Graf Bernstorff an Außenminister Canitz vom 20.2.1846, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9128, Bl. 101-103. 467 Baron Reischach hatte den Redakteuren von den Geschehnissen aus München berichtet. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 76 vom 15.2.1846. 468 Ygi Lufft an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 17.5.1846, StAA Regierung 7068. 469 Gise und Abel an Ludwig I. vom 24.2.1846, Signat Ludwigs I. vom 25.2.1846, BayHStA Minn 25097/1 und Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 1.3.1846, StAA Regierung 7068. 466
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Signat Ludwigs I. vom 25.2.1846, BayHStA Minn 25097/1. Kolb meldete diesen Auspruch schon einen Tag später an Cotta. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 673 vom 26.2.1846. Vgl. Senfft an Metternich vom 12.3.1846, ÖGB III, S. 351f. Nicht, wie irrtümlich von Hansen angenommen, erst am 18. März. Vgl. Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 14.3.1846, BayHStA Minn 25097/1 und Lufft an den Regierungspräsidenten Fischer vom 15.3.1846, StAA Regierung 7070, Hansen, Heines politische Journalistik, S. 53. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 690 vom 31.5.1846.
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Nach der Absetzung Luffts verlief das Jahr 1846 für die Redaktion der AZ weitgehend ruhig. Erst am Ende des Jahres kam es zu einem folgenschweren Eklat: Nachdem Abel Gustav Kolb nicht aus der Redaktion der AZ entfernen konnte, fand er einen Grund, auf der Entfernung August Altenhöfers zu bestehen. Der Redakteur hatte im Jahr 1840 anläßlich einer Englandreise einen Brief an den politischen Flüchtling Oesterreicher geschrieben, der mit kritischen Bemerkungen über die damaligen Verhältnisse in Deutschland versehen war. Dieser Brief wurde im Jahr 1846 in der Deutschen Londoner Zeitung abgedruckt.474 Nachdem Altenhöfer die Authentizität dieses Briefes in der AZ 475 bestätigt hatte, forderte Abel Georg von Cotta auf, den Redakteur wegen seiner »politisch religiösen«, »destruktiven«, ja »gefahrlichen«476 Grundsätze sofort zu entlassen. Cotta stellte sich vor seinen Redakteur, der Innenminister bestand jedoch auf dessen Ablösung. Der Regierungspräsident erklärte Kolb, daß mit der Ablösung Altenhöfers nur »das Rückziehen der Unterschrift«477 gemeint sei, d.h. Altenhöfer nicht mehr als verantwortlicher Redakteur im Impressum der Zeitung erscheinen sollte. Dieser Forderung konnten sich Cotta und Altenhöfer nicht verweigern. Um seinen sonstigen Wirkungskreis bei der AZ behalten zu können, wandte sich der Redakteur in einer Bittschrift an König Ludwig I. Dieser war mit dem Rückzug der Unterschrift besänftigt, und Altenhöfer konnte seine weitere Tätigkeit bei der AZ fortsetzen.478 Auch in diesem Fall konnte Abel sein ursprüngliches Ziel, Altenhöfer ganz aus der Redaktion zu entfernen, nicht erreichen. Anders als bei Kolb gelang es ihm jedoch, Altenhöfers Position in der Öffentlichkeit und innerhalb der Redaktion herabzusetzten. Der Rücktritt aus der Reihe der verantwortlichen Redakteure verdroß Altenhöfer sehr und stärkte Kolbs Position innerhalb des Unternehmens. 479 Die Pressepolitik Ludwigs I. war in den Jahren von 1838 bis 1846 von dem Wunsch geprägt, den Katholizismus zu fördern und die deutsche Nationalität, sei es in Schleswig-Holstein oder in den baltischen Ländern, zu verteidigen. Er wollte in der Öffentlichkeit als Anwalt der deutschen Einheit gelten und versuchte, sich neben Preußen, das seinen Führungsanspruch in Deutschland ausbaute, zu behaupten. Jenseits dieser Bestrebungen war jedoch die Verhinderung der freien Meinungsäußerung ein Schwerpunkt seiner Politik. Die Zensurinstruktionen und die Möglichkeit des Debitverbotes für die Journale schränkten die Presse in einem vorher nicht gekannten Maße ein. Gleichzeitig wird jedoch deutlich, daß Zensurinstruktionen immer häufiger dazu benutzt wurden, die Presse auch in gewisser Hinsicht zu lenken. Die thematischen Schwerpunkte waren hierbei ganz von 474
Vgl. Dietmar Nickel, Die Revolution 1848/49 in Augsburg und Bayerisch Schwaben, Augsburg 1965 (Schwäbische Geschichtsquellen und Forschungen, Bd. 8), S. 37. 475 AZ Nr. 290 vom 17.10.1846. 476 Abel an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 20.10.1846, StAA Regierung 6443. 477 CA, CB Kolb an Cotta Nr. 708 vom 25.10.1846. 478 Vgl. Voltz (Innenministerium) an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 16.2.1847, StAA Regierung 6443. 479 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 738 vom 2.3.1847.
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Ludwigs I. Interessen geprägt. Eine Veränderung der Position Bayerns zugunsten des Protestantismus oder aber zugunsten der Interessen anderer Staaten kam nur auf außenpolitischen Druck zustande. Wie halbherzig neue Instruktionen fur die ΑΖ teilweise waren, zeigt die erste Beschwerde Rußlands. Ludwig I. verwarnte einerseits den Zensor und die Redaktion, äußerte aber auf der anderen Seite, daß die Zeitung nicht russisch zu werden brauche. Auch in der Beziehung zur Zeitung selbst ist das Wechselspiel zwischen harter Zensur und Nachgeben der Regierung spürbar. Zum einen wurde die ΑΖ besonders unter Luffit regelrecht unterdrückt, andererseits nützte die bayerische Regierung das Cottasche Blatt, um eigene Artikel zu verbreiten. Von dieser Möglichkeit machte sie immer öfter Gebrauch und mußte daher gleichzeitig darauf achten, dieses Organ fur die Verbreitung offizieller Artikel nicht zu verlieren. 480 Auch die Redaktion befand sich in dem Zwiespalt, einmal mit der Verweigerung des Drucks regierungsfreundlicher Artikel, ein anderes Mal mit der Übersiedlung in ein anderes Land drohen zu müssen, ohne diese Drohungen verwirklichen zu wollen bzw. zu können. Der bayerische König wiederum versuchte eine Abwanderung des Unternehmens unter allen Umständen zu verhindern. Die gegenseitigen Abhängigkeiten waren zu groß geworden. Das ständige Pendeln der Regierung und der Redaktion zwischen Härte und Nachgiebigkeit diente dazu, immer wieder die Grenzen der Berichterstattung auszuloten und selbst die kleinste Möglichkeit der Meinungsäußerung zu nutzen. Für die Redakteure war der ständige Kampf mit der Zensur zum Alltag geworden. Ihre Briefe an Cotta enthielten nur noch selten Äußerungen über die Zensur und die Pressepolitik. Schließlich ist jedoch noch ein weiterer Aspekt der bayerischen Pressepolitik erkennbar: Der Gewerbeschutz. Ein Aufruf zur Unterstützung der Opfer einer Brandkatastrophe in Smyrna durfte in der AZ gedruckt werden, da mit diesem weder eine Vereinsbildung noch eine Verwendung des Geldes innerhalb Bayerns, sondern nur die Veröffentlichung einer Pariser Adresse verbunden war, an die das Geld gesandt werden konnte.481 Die Ankündigung über die Gründung der Feuerund Lebensversicherungsanstalt Globe aus London wurde jedoch verboten, da solche Versicherungsanstalten in Bayern bereits bestanden und nicht durch ausländische Konkurrenz geschwächt werden sollten.482
Exkurs: Die Allgemeine Zeitung und Preußen Die bayerische Regierung nahm durch Zensur und die Anfänge einer gezielten Propaganda großen Einfluß auf die AZ. Daneben bemühten sich aber auch die beiden Großmächte im Deutschen Bund, Österreich und Preußen, die Zeitung in ihrem Sinne zu lenken. Das Vorgehen Metternichs ist in dieser Arbeit wiederholt 480 v g l . GHA N L Ludwig I. 49/4/73,1. In diesem Aktenfaszikel sind zahlreiche Schreiben aus den Jahren 1 8 4 0 - 1 8 4 8 mit dem Auftrag, Artikel an die AZ weiterzugeben, übermittelt. Die betreffenden Artikel liegen jedoch nicht bei. 481
482
Vgl. Innenministerium an Ludwig I. vom 15.8.1845 und Signat Ludwigs I. vom 21.8.1845, BayHStA Minn 25097/1. Vgl. Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 1.9.1845, BayHStA Minn 25097/1.
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dargestellt, der Einfluß des österreichischen Staatskanzlers auf Johann Friedrich und Georg von Cotta in der Literatur immer wieder betont worden.483 Nur Heyck und neuerdings Rintelen gehen dagegen auf die Beziehungen der AZ zu Preußen ein.484 Heyck sah Preußen »weit entfernt von Ulm und Stuttgart«485 und bezeugte der Redaktion Desinteresse an Preußen, während Moran der preußischen Regierung Desinteresse an der AZ bescheinigte.486 Rintelen betonte demgegenüber, daß die fehlende Berücksichtigung des Verhältnisses Preußens zur AZ durch die Literatur zu unrecht geschehen sei. Er begründet dies mit der Art der Berichterstattung über Preußen, die gerade in der Frühzeit der Zeitung ausführlicher und besser gewesen sei als die über Österreich.487 Die Konzentration der Forschung auf die Beziehung zwischen Metternich und der AZ hat verschiedene Ursachen: Ein erster Grund war der große Absatz der AZ in Österreich. Im Jahr 1830 hatte die AZ dort im Durchschnitt 1185 Abonnenten bei einer Gesamtauflage von etwa 4700, d.h. etwa ein Viertel aller Abonnenten.488 Ähnliche Zahlen können auch für die folgenden Jahre angenommen werden. Ein Debitverbot der AZ in der österreichischen Monarchie und ein Transitverbot der Ausgaben, die nach Italien und in die südosteuropäischen Länder gebracht werden mußten, hätte das Verlagsunternehmen wirtschaftlich nicht verkraftet. Die Abhängigkeit der Zeitung von Österreich war daher wirtschaftlich begründet. Zum zweiten nahm Österreich schon frühzeitig großen politischen Einfluß auf die Zeitung. Bereits die ersten Differenzen mit der österreichischen Regierung im Jahr 1798 hatten Johann Friedrich Cotta auf die Empfindlichkeiten der Donaumonarchie aufmerksam gemacht. Trotzdem war die österreichische Regierung der AZ generell wohlgesonnen. Das Cottasche Blatt war während des zweiten Koalitionskrieges gegen Napoleon die österreichische »Armeezeitung«489 Erzherzog Karls geworden und konnte sich so in der österreichischen Presselandschaft, die von strenger Zensur geprägt war, einen festen Platz sichern.490 Trotzdem mußte auch sie wie alle ausländischen Zeitungen mit sofortigem Debitverbot rechnen, wenn sie die österreichische Politik kritisch darstellte oder kommentierte. Außer der Kriegsberichterstattung zugunsten Österreichs war es der AZ daher kaum 483
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Vgl. u.a. Heyck, AZ, S. 238-298; Moran, Toward the Century of Words, S. 100-107, 2 0 9 215, und Hanousek, Die Stellung der AZ im vormärzlichen Österreich. Treitschkes Urteil, die AZ sei ein serviles Werkzeug Wiens gewesen, lenkte von Preußen ab. Vgl. Heinrich v. Treitschke, Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert, Bd. 3, S. 353f. und S. 188. Vgl. Heyck, AZ, S. 298-334, und Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration, S. 9 7 103. Heyck, AZ, S. 74. Vgl. Moran, Toward the Century of Words, S. 109f. Vgl. Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration, S. 97f. Im ersten Semester waren es 1146 und im 2. Semester des Jahres 1223 Abonnenten. Vgl. Giese, Geschichte der Pressegesetzgebung, Sp. 445f. und Kapitel 2.6.2. dieser Arbeit. Heyck, AZ, S. 238. In den österreichischen Staaten waren Zeitungen nur in größeren Städten zugelassen. Die Blätter bestanden hauptsächlich aus der offiziellen »vervielfältigten Wiener Zeitung«, und die Leser lasen ausländische Journale. Vgl. Hanousek, Die Stellung der AZ im vormärzlichen Österreich, S. 55-60. Vgl. auch J.W. Nagl/J. Zeidler, Deutsch-Österreichische Literaturgeschichte, Wien 1914, Bd. 2, S. 852-871.
möglich, Artikel über die dortigen politischen Verhältnisse zu drucken. Johann Friedrich Cotta arrangierte sich und konnte 1804 einen entscheidenden Erfolg verzeichnen: Die AZ wurde in das Verzeichnis der in Österreich erlaubten Zeitungen aufgenommen. 491 Diesen Status wollte und mußte die AZ gegenüber Metternich immer wieder behaupten. Anders war dagegen die Situation für Preußen. In den Gebieten Preußens gab es viel weniger Leser der AZ. Laut einer Tabelle des preußischen General-Postmeisters Nagler 492 hatte sie dort im Jahr 1829 308 Abonnenten gegenüber einer Gesamtauflage von durchschnittlich 4800 verkauften Exemplaren und im Jahr 1831 432 Abonnenten gegenüber 6350 kalkulierten Exemplaren. 493 In den ersten Jahren der Zeitung zeigte die preußische Regierung wenig Interesse an der AZ, auch beschäftigte Johann Friedrich Cotta keinen Mitarbeiter in Berlin. Die Korrespondenzen über preußische Angelegenheiten kamen ihm aus Hamburg zu. 494 Trotzdem räumte die Redaktion der Berichterstattung aus und über Preußen mehr Raum ein als Artikeln aus Österreich. Aus Preußen konnte »ohne zahlreiche Rückversicherungen zu Regierungsstellen«495 berichtet werden und die preußische Regierung nahm keinen Anstoß an dieser Berichterstattung. Der preußische Staatsminister Hardenberg, mit dem Johann Friedrich Cotta in persönlichem Kontakt stand, sandte ihm ab und zu Privatschreiben zum Abdruck in der AZ und nahm sich gleichzeitig der Bemühungen Cottas um die Verbesserung des Urheberrechts an.496 Schon vor dem Erlaß der Karlsbader Beschlüsse begann jedoch auch der Druck Preußens auf die AZ zu wachsen und jede nennenswerte Berichterstattung des Blattes zur preußischen Politik hörte auf. Ein weiterer Grund für den größeren Einfluß Österreichs auf die AZ war das Interesse der österreichischen Regierung, besonders aber das Interesse Metternichs, den Inhalt der AZ durch gute und umfangreiche Korrespondenzen zu beeinflußen. Johann Friedrich Cotta hatte schon früh Verbindungen zu österreichischen Staatsmännern genutzt und beschäftigte laufend Vertrauenspersonen der österreichischen Regierung als Korrespondenten. Georg von Cotta änderte nichts an diesen Kontakten und bezahlte den österreichischen Mitarbeitern außerordentlich hohe Honorare. So bezogen in den Jahren 1839 bis 1845 der Herausgeber des Österreichischen Beobachters, Joseph Anton Pilat,497 zwischen 1500 fl und 2160 fl pro Jahr, Wilhelm Hoppe 498 zwischen 900 fl und 1750 fl, der Dichter und 491 492 493
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Vgl. Hanousek, Die Stellung der AZ im vormärzlichen Österreich, S. 61. Vgl. Giese, Geschichte der Pressegesetzgebung, Sp. 460. Für das Jahr 1831 sind keine Absatzzahlen überliefert. Eine genauere Aufteilung der Absatzgebiete anhand der Abrechnungen ist leider nicht möglich. Die Abonnentenlisten der Post existieren nicht mehr, in den Verlagsunterlagen waren nur Unterscheidungen zwischen Post- und Buchhandelsabsatz zu finden. Vgl. Moran, Toward the Century of Words, S. 109-111, und Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration, S. 97f. Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration, S. 98. Vgl. Heyck, AZ, S. 302. Über die Berichterstattung aus Preußen vgl. Rintelen, Zwischen Revolution und Restauration, S. 9 8 - 1 0 3 . Zu Pilat vgl. Heyck, AZ, S. 2 4 5 - 2 4 9 ; Schiller, Briefe an Cotta, Bd. 2, S. 5 3 - 6 1 , und A D B Bd. 53, S. 59f. Er war bis 1848 Korrespondent der AZ, vgl. Heyck, AZ, S. 251.
213
Politiker Joseph Christian Frhr. von Zedlitz499 1440 fl und Anton v. Kleist sogar 4320 fl pro Jahr.500 Das Honorar v. Kleists ist unerklärlich hoch, übersteigt es doch sogar das Redaktionsgehalt von Gustav Kolb, der ca. 3000 fl im Jahr bekam. Heyck erwähnt ihn ohne weitere Angaben als einen Wiener Korrespondenten in den Jahren zwischen 1839 bis 1847.501 Es stellt sich die Frage, ob über ihn Korrespondenzen abgerechnet wurden, deren Autoren anonym bleiben wollten, oder ob er Berichte im Auftrag der Regierung geschrieben hat. In Preußen hatte die AZ über das Jahr 1822 hinaus keinen offiziellen oder halboffiziellen, d.h. von der Regierung beauftragten, Korrespondenten, sondern nur von Johann Friedrich Cotta angeworbene Mitarbeiter, die in keinem direkten Kontakt zur Regierung standen.502 Nach dem Tode Johann Friedrich Cottas bemühte sich Georg von Cotta im Jahr 1834 um bessere Informationen aus erster Hand, d.h. direkt von der preußischen Regierung, und um die Zuweisung eines geeigneten Korrespondenten.503 Ein offizieller Korrespondent sollte nach Maßgabe der Redaktion »von allen wichtigen Vorkommenheiten im Gebiete der Politik und der Regierungsmaßregeln, soweit sie überhaupt zur Öffentlichkeit und öffentlichen Besprechung gelangten, sowie von den bedeutenden Tagesbegebenheiten, zeitig genug und auf eine zuverlässige Weise«504 berichten. Die preußische Regierung hielt eine direkte Verbindung zur Zeitung jedoch nie für angemessen. Sie wollte kein offizielles Verhältnis konstituieren und bevorzugte Mittelspersonen zur Übermittlung von Artikeln an die AZ, 505 versprach sich aber prinzipiell keinen Nutzen von offiziellen Korrespondenten. Bei Beschwerden der preußischen Regierung über die Berichterstattung der AZ in der Rubrik »Preußen« argumentierten die Verleger immer wieder, daß die Zeitung für eine angemessene Darstellung der preußischen Belange eben doch einen offiziellen Korrespondenten benötige.506 Die Bedeutung von offiziellen Korrespondenten für die AZ wurde von den preußischen Ministem während des hier untersuchten Zeitraumes unterschiedlich bewertet. Neben der völligen Ablehnung der Kooperation gab es auch die Bereit-
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Vgl. Hanousek, Die Stellung der AZ im vormärzlichen Österreich, S. 28-55; Schiller, Briefe an Cotta, Bd. 3, S. 183-216, und Heyck, AZ, S. 260-295. 500 Vgl. Honorarabrechnungen aus den Jahren 1836-1845, bei Kalkulationen über Einnahmen und Ausgaben 1839-1845, CA, AZ I Β 8. 501 Vgl. Heyck, AZ, S. 251. 502 Vgl. ebenda, S. 323f. 503 Vgl. Cotta an den preußischen Innenminister Gustav Adolf von Rochow vom 30.5.1834 und 1.7.1834, GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. Α Nr. 34, Bl. 1 und 5f. Abschrift eines Schreibens Cottas an den preußischen Gesandten in München, Dönhoff, vom 2.5.1836, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9126, Bl. 237'f. und der Gesandte Rochow in Stuttgart an den Außenminister Werther vom 2.7.1840, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 100. 504 Der preußische Gesandte in München, Albrecht v. Bernstorff, an Außenminister Canitz vom 5.2.1847, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9128, Bl. 144f. 505 Ygi ebenda, und Innenminister Rochow an Außenminister Ancillon vom 4.4.1836, GStA Merseburg 2.4.1 .Abt. I Nr. 9126, Bl. 211 f. 506 Albrecht von Bernstorff an Außenminister Canitz vom 5.2.1847, GStA Merseburg 2.4.1 .Abt. I Nr. 9128, Bl. 144f.
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schaft, der Zeitung durch die Ministerien selbst Artikel zukommen zu lassen.507 Die Einsicht, daß gute Korrespondenten Preußen »erfolgreicher und nachhaltiger [...] dienstbar« sein würden als die »Aufnahme ungeeigneter Korrespondenzartikel« und die »Androhung des Debit- und Transitverbot[es]«,508 konnte die Meinungsverschiedenheiten der preußischen Minister in dieser Angelegenheit nicht ausräumen. Von den durch Georg von Cotta selbst engagierten preußischen Korrespondenten erhielt in den Jahren 1836 bis 1845 lediglich ein Dr. Lehmann 509 längerfristig regelmäßig die Summe von 350 fl pro Jahr. Auch wenn der Einfluß Preußens auf die Zeitung bei weitem geringer war, als der Österreichs, versuchten die preußischen Außenminister 510 auf unterschiedlichen Wegen, die AZ zu beobachten und sie zu beeinflußen. Die Kontakte der preußischen Regierung zu den Stuttgarter Verlegern hat Heyck bereits kurz dargestellt.511 Er tat dies aber anscheinend nur auf der Basis der Quellen im heutigen Cotta-Archiv. Anhand der staatlichen Quellen der preußischen Regierung können nun die einzelnen Aspekte der Aufsicht und der versuchten Einflußnahme aufgezeigt werden. Darin zeigen sich auch in ganz besonderem Maße das Lavieren der Verleger, die Auswirkungen der bayerischen Pressepolitik und das wirtschaftliche Interesse der Cottas im Zusammenhang mit Preußen. Der preußische Gesandte in München, Graf Dönhoff, sprach bei den verschiedensten Gelegenheiten mit dem bayerischen Außenminister Gise und versuchte auf die bayerische Pressepolitik hinsichtlich der AZ Einfluß zu gewinnen. 512 Gise lehnte diese Einmischung Preußens mit dem Hinweis ab, daß das bayerische Innenministerium die AZ beaufsichtige und dem Außenministerium dabei wenig Mitspracherecht gewähre.513 Trotz der abweisenden Haltung Gises in Sachen AZ erhielt Dönhoff alle wichtigen Informationen über die Haltung der Zensurbehörden gegenüber der Zeitung mitgeteilt.514 Da die bayerische Regierung nur bei offiziellen Beschwerden Preußens über die AZ reagierte, nutzte der preußische Außenminister von Werther die Gelegenheit, inoffiziell mit den Zensoren in Kontakt zu treten. Perglaß, der sich schriftlich bei der preußischen Regierung über die Qualität seiner Zensur rückversicherte, bekam volle Anerkennung ausge507
Vgl. Außenminister Ancillon an Innenminister Rochow vom 18.3.1836, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. INr. 9126, Bl. 200f. 508 v g l . d e r preußische Gesandte in München, Dönhoff, an Außenminister Ancillon vom 3.6.1836, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9126, Bl. 244f. 509 Vgl. Heyck, AZ, S. 333. 510 Ancillon ( 1 8 3 2 - 1 8 3 7 ) , Frhr. v. Werther ( 1 8 3 7 - 1 8 4 1 ) , Graf Maitzahn ( 1 8 4 1 - 1 8 4 2 ) , Frhr. v. Bülow ( 1 8 4 2 - 1 8 4 5 ) und Frhr. v. Canitz ( 1 8 4 5 - 1 8 4 8 ) . 511 Vgl. Heyck, AZ, S. 2 3 8 - 2 9 8 . 512 Vgl. Dönhoff an Außenminister Ancillon vom 27.6.1834 und vom 17.7.1834, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9126, Bl. 173f. und 176. Dönhoff an Außenminister Bülow vom 4.5.1842, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 181f. 513 Vgl. Dönhoff an Außenminister Ancillon vom 17.7.1834, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9126, Bl. 176. 514 Vgl. Dönhoff an Außenminister Ancillon vom 17.7.1834, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9126, Bl. 176, und an Außenminister Bülow vom 4.5.1842, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 181f.
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sprachen. 515 Später nahm der preußische Gesandte in Stuttgart, Thomas Heinrich v. Rochow, Verbindung zu Adolf August Lufft auf, den er während seiner Tätigkeit als Gesandter in der Schweiz kennengelernt hatte. Rochow besuchte Lufft und die Redaktion der AZ während eines kurzen Aufenthaltes in Augsburg.516 Zum Beweis seiner täglichen Mühen mit der AZ gab ihm Lufft zur Übermittlung an die preußische Regierung Abschriften von zensierten Sätzen aus Artikeln oder Zensurfahnen mit. 517 Die preußische Regierung reagierte nicht auf diese Sendung Luffts. Das preußische Außenministerium hielt die Zensurstriche Luffts fur so kleinlich und unbedeutend, daß man es nicht als nötig erachtete, die Zensurstreifen dem eigenen Innenministerium zur Kenntnisnahme vorzulegen.518 Der preußische Gesandte in Wien, Maitzahn, war Ansprechpartner des österreichischen Staatskanzlers Metternich, wenn dieser ein gemeinsames Vorgehen gegen die AZ für notwendig hielt. Als Metternich 1828 wegen des »revolutionären Geistes«519 in den Artikeln aus Paris und London Johann Friedrich Cotta das Debitverbot für die AZ androhte, versuchte er, die gleiche Drohung von der preußischen Regierung zu erwirken.520 Die preußische Regierung stimmte seinem Ansinnen zu, und schrieb in diesem Sinne an Cotta.521 Metternich reagierte »mit Vergnügen«522 auf die Antwort Preußens. Seine eigene Drohung modifizierte er allerdings, indem er nicht mehr auf einem generellen Debitverbot beharrte. Metternich wollte zuvor die Wirkung seiner Androhung eines partiellen Verbotes abwarten, die besagte, daß die AZ in »Geschäften, Cafehäusern und sonstigen öffentlichen Orten«523 nicht mehr angeboten und gelesen werden dürfe. Das gemeinsame Vorgehen Österreichs und Preußens gegen die AZ endete erst, als die österreichischen Korrespondenzartikel sich immer mehr gegen die preußische Politik richteten. Beschwerden Preußens bei der bayerischen Regierung über diese Artikel in der AZ wurden abgelehnt, denn der bayerische Außenminister zeigte sich ohnmächtig gegenüber den offiziellen österreichischen Berichten. Er verdächtigte Hofrat Jarke oder Frhr. von Zedlitz, die meist im Auftrag der österreichischen
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Vgl. Außenminister Werther an Perglaß vom 21.12.1841, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 149. Vgl. Th. H. v. Rochow an Außenminister Bülow vom 20.9.1844, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9128, Bl. 35-38. Abschrift des Schreibens in GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. Α Nr. 34, Bl. 171-174. Vgl. ebenda. Etwas später sandte Lufft dem Gesandten Abschriften und Zensurfahnen zu. Vgl. Th. H. v. Rochow an Außenminister Bülow vom 11.10.1844, vom 7.11.1844, vom 19.2.1845, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9128, Bl. 44f„ 51 und 91-93. Vgl. Bemerkung auf dem Brief Th. H. v. Rochows an Außenminister Bülow vom 11.12.1844, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9128, Bl. 71. Maitzahn an Außenminister Christian von BernstorfF vom 23.3.1828, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I N r . 9126, Bl. 29. Vgl. ebenda. Vgl. Außenminister Christian von Bemstorff an Maitzahn vom 8.4.1828 und an den Generalpostmeister v. Nagler vom 13.4.1828, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9126, Bl. 30f. Maitzahn an Außenminister Christian von Bernstorff vom 23.4.1828, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I N r . 9126, Bl. 33. Ebenda.
Regierung schrieben, als Autoren.524 Beschwerden Preußens bei Metternich führten ebenfalls zu keinem Ergebnis.525 Das Zusammenspiel der Großmächte in Sachen ΑΖ endete und das Verhältnis der beiden Staaten kühlte merklich ab. Man verständigte sich nur noch in international brisanten Beschwerdefallen wie z.B. bei der russischen Beschwerde, die zur Absetzung des Zensors Lufft führte. Beiden Staaten gemeinsam war das Mittel, mit dem sie Johann Friedrich Cotta aber auch Georg von Cotta unter Druck setzten: die Androhung des Debit- und Transitverbotes. Die preußische und österreichische Regierung drohten damit, um unerwünschte Berichterstattung zu unterbinden. Ziel war jedesmal die Veränderung des Inhaltes der AZ zugunsten der Interessen der Regierung, die das Verbot androhte. Hierbei widersprachen sich in den meisten Fällen die Interessen der bayerischen, österreichischen und preußischen Regierung. Die Verleger und ihre Redakteure mußten einen Weg finden, ein Verbot, egal in welchem Land, zu vermeiden. Als die Pressefehde Bayerns gegen Preußen nach der Verhaftung des Kölner Erzbischofs dazu führte, daß die AZ gezwungen war, immer mehr Artikel gegen den Protestantismus und gegen Preußen zu drucken, versuchte die preußische Regierung, Georg von Cotta gegen Bayerns Bestreben, keine Artikel über protestantische Interessen veröffentlichen zu lassen, zu unterstützen, indem sie ihm mit den Debitverbot drohte. Hinter dieser Idee des preußischen Außenministers Frhr. v. Werther verbarg sich der Gedanke, daß die bayerische Regierung kein Interesse daran haben konnte, der AZ wirtschaftlich zu schaden. Georg von Cotta sollte die preußische Drohung benutzen, »um Anmuthungen wegen Aufnahmen von Artikeln, die Preußen verletzen, mit Erfolg« 526 entgegentreten zu können. Wie bereits gezeigt, hatten Cottas Bemühungen, auch Artikel über protestantische Themen drucken zu dürfen, Erfolg. Einen außerordentlich regen Kontakt zur AZ, besonders aber zu Georg von Cotta, hielt ab dem Jahr 1838 der preußische Gesandte in Stuttgart, Thomas Heinrich von Rochow.527 Rochow stand schon seit 1827 in stetigem Kontakt zu Vater und Sohn Cotta und übermittelte der Zeitung von der Schweiz aus Artikel über Preußen oder preußische Interessen in der Schweiz.528 Rochows Erfolge bei der Identifizierung von Korrespondenten wurden bereits erläutert, er war aber auch in anderer Hinsicht für seine Regierung tätig. Er beobachtete den süddeutschen Buchhandel, vor allem die Entwicklung des Cotta-Verlages, und das Stuttgarter Pressewesen genau und gab seine Analysen an den Au-
524 Vgl. der Geschäftsträger der Gesandtschaft in München, v. Nagler, an Außenminister Bülow vom 24.6.1842, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 223. 525
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Vgl. der preußische Gesandte in Wien, Canitz, an Außenminister Bülow vom 8.7.1843, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 225f. Außenminister Werther an Innenminister Rochow vom 23.1.1840, GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. Α Nr. 34, Bl. 32f. In diesem Jahr wurde er von der Schweiz nach Stuttgart berufen. Vgl. CA, CB Rochow an Cotta vom 18.5.1827 und folgende. Auszüge der Briefe hat Heyck veröffentlicht. Vgl. Heyck, AZ, S. 3 1 3 - 3 1 6 .
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ßenminister weiter.529 Dabei erörtete er die wirtschaftliche Situation der AZ, so z.B. die Verteuerung der Inserate,530 teilte Veränderungen in der Redaktion531 und im Augsburger Zensurwesen mit.532 Aber nicht nur Georg von Cotta stand über Rochow in Kontakt mit der preußischen Regierung, sondern auch der preußische Gesandte in München, Graf Dönhoff, pflegte Verbindungen zu einem Verleger der AZ, allerdings nicht zu Cotta, sondern zu Hermann von Reischach. Rochow schätzte den Schwager Cottas zwar als unbedeutend und unselbständig ein,533 Dönhoff benutzte aber den Kontakt, um Informationen über die Lage der AZ zu erhalten.534 Die Redaktion der AZ und die Veränderungen des Personals wurde von der preußischen Regierung genau beobachtet. Ein Beispiel dafür ist die Reaktion des preußischen Außenministers Frhr. v. Werther auf die Mitteilung, daß Franz Dingelstedt als Mitarbeiter bei der AZ angestellt worden sei.535 Dingelstedt war der Autor des politisch-revolutionären Gedichtbandes Lieder eines kosmopolitischen Nachtwächters, den der Hamburger Verleger Julius Campe 1841 anonym herausgegeben und durch raffinierte Werbung und geschickten Vertrieb schnell verbreitet hatte. Ein österreichischer Spion deckte Campes Praktiken auf, indem er unvorsichtige Äußerungen Dingelstedts weitergab. Das führte im November 1841 in Preußen, dem wichtigsten Absatzmarkt Campes, nicht nur zum Verbot von Dingelstedts Buch, sondern zu einem halbjährigen Verbot aller Verlags-Produkte der Buchhandlung Hoffmann & Campe. 536 Dingelstedt, der schon 1837 mit Georg von Cotta Verbindung aufgenommen hatte, war im Oktober 1841 als Mitarbeiter der AZ nach Augsburg gekommen und hielt es nach dem Verbot seines Buches in Abstimmung mit Kolb und Cotta für angebracht, im Interesse der AZ die Redak-
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Vgl. Th. H. v. Rochow an Außenminister Werther vom 4.4.1841, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 129-132, und vom 24.4.1840, GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. Α Nr. 34, Bl. 62-65. Texte im Anhang. Vgl. Th. Η. v. Rochow an Außenminister Werther vom 21.4.1840, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 78f. Vgl. Th. H. v. Rochow an Außenminister Werther vom 13.3.1840, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 69-71. Vgl. Th. H. v. Rochow an Außenminister Bülow vom 1.12.1844, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9128, Bl. 64. Vgl. Th. H. v. Rochow an Außenminister Werther vom 19.2.1840, GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. Α Nr. 34, Bl. 42-52, Text im Anhang. Vgl. Dönhoff an Außenminister Werther vom 26.10.1834, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9126, Bl. 182, vom 6.5.1841, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 135f. Dönhoffs Nachfolger Albrecht von Bemstorff setzte die Kontakte fort. Vgl. Albrecht von Bernstorff an Außenminister Canitz vom 5.2.1847, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9128, Bl. 144f. und vom 3.6.1847, in: PGB IV, S. 275-277. Vgl. Außenminister Werther an die Gesandten Dönhoff und Rochow vom 30.1.1842, GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. Α Nr. 34, Bl. 101 f. Vgl. Dieter Breuer, Geschichte der literarischen Zensur in Deutschland, Heidelberg 1982, 177f. Die Lieder eines kosmopolitischen Nachtwächters wurden auch in Bayern verboten. Vgl. Abschrift eines Schreibens Dönhoffs an Außenminister Maitzahn vom 12.2.1842, GStA Merseburg Rep. 77 Tit. II Spec.Lit. Α Nr. 34, Bl. 110.
tion und Augsburg wieder zu verlassen.537 Er begab sich nach Paris und sandte von dort regelmäßig Korrespondenzbriefe für die AZ. 538 In dem Moment - als die preußische Regierung von dem geschäftlichen Kontakt zwischem ihm und der AZ erfahren hatte - war er schon aus Augsburg abgereist.539 Dies konnte Rochow dem Außenminister mitteilen, der die weitere Beobachtung Dingelstedts wünschte. 540 Zusammenfassend läßt sich das Verhältnis zwischen Preußen und der AZ folgendermaßen charakterisieren: Die preußische Regierung erkannte den Einfluß Bayerns und Österreichs auf die Zeitung und nutzte die gesandtschaftlichen Beziehungen mit diesen Ländern zur Abstimmung verschiedener Maßnahmen und zur eigenen Information. Die staatlichen Informationen über die AZ wurden durch die persönlichen Kontakte der Gesandten zu den Verlegern Georg von Cotta und Reischach vervollständigt. Zugleich konnte auf diesem Wege versucht werden, auf die Verleger einzuwirken, den Inhalt der Zeitung stärker im Sinne Preußens zu gestalten. Die Information Preußens durch einzelne Zensoren entstammte mehr deren eigener Eitelkeit als der Notwendigkeit für Preußen, Auskunft über diverse Zensurstriche zu erhalten. Einen gleich starken Einfluß wie Österreich konnte und wollte die preußische Regierung nie erreichen. Dies zeigt sich besonders am Unwillen der preußischen Minister, sich über den Nutzen eines oder mehrerer offizieller Korrespondenten zu verständigen. Die Benennung solcher Korrespondenten hätte in den Augen der Minister ein offizielles Verhältnis zur AZ konstituiert, das sie jedoch nicht schaffen wollten.541 Die Kontakte zwischen den Stuttgarter Verlegern bzw. der AZ und der preußischen Regierung waren aber vielfaltiger als bisher angenommen. Besonders Rochows persönliches Engagement und seine täglichen Treffen mit Georg von Cotta intensivierten die Verbindung zwischen 1838 und 1848.
4.6.
Die Vorboten der Revolution (1847-1848)
Die Veränderungen in der bayerischen Politik im Jahr 1847 wurden von der Redaktion der AZ mit großer Spannung beobachtet. Gustav Kolb berichtete Cotta
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Vgl. Schiller, Briefe an Cotta, Bd. 3, S. 393-399. Zu Dingelstedts Verhältnis zur AZ und Gustav Kolb vgl. auch Duczek, G. Kolb, S. 347-350. 538 Vgl. Duczek, G. Kolb, S. 349. 539 Der erste Brief an Cotta war auf den 16.12.1841 datiert, vgl. Schiller, Briefe an Cotta, Bd. 3, S. 399; von der Anstellung Dingelstedts bei der AZ berichtete Kultusminister v. Eichhorn erstmals am 14.12.1841. Vgl. v. Eichhorn an Innenminister G. v. Rochow vom 14.12.1841, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9127, Bl. 152. 540 v g l . Th.H. v. Rochow an Außenminister Maitzahn vom 5.2.1842, GStA Merseburg 2.4.1 .Abt. I Nr. 9127, Bl. 155f., und Rochow an Außenminister Bülow vom 19.4.1843, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. INr. 9128, Bl. 4. 541 Vgl. u.a. die Erörterungen Dönhoffs zu diesem Thema. Vgl. Dönhoff an Außenminister Ancillon vom 10.4.1836, GStA Merseburg 2.4.1.Abt. I Nr. 9126, Bl. 2 1 9 - 2 2 2 .
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ausfuhrlich über die Ereignisse um Lola Montez 542 und Karl von Abel. Den Rücktritt Abels vom Posten des Innenministers nahm er erleichtert zur Kenntnis, und Abel selbst bedauerte der Redakteur nicht.543 Sofort nach dem Amtswechsel in den Ministerien reiste Kolb nach München, um in Gesprächen mit den »neuen Gewalthaber[n]«544 die Lage der ΑΖ neu zu bestimmen. Der Redaktion wurde dabei ausdrücklich gestattet, über die »Abelsche Katastrophe«545 und die damit verbundenen Ereignisse zu berichten. Kolb verhielt sich jedoch zurückhaltend, einen »wütend abgefaßten Artikel«546 gegen Abel wollte er nicht drucken, da er die Stimmung in München für zu gereizt hielt. Statt dessen schrieb er selbst Berichte über die Lage in München.547 An der Zensur der Zeitung änderte sich anfangs wenig. Die Aufsicht über Presse und Buchhandel war dem neuen Kultusministerium übertragen worden, wobei das Innenministerium offensichtlich weiterhin fur die ΑΖ zuständig blieb, denn alle Schreiben in den Zensurakten der ΑΖ stammen aus dem Innenministerium. Erst als Öttingen-Wallerstein das Kultusministerium übernahm, zog dieser die Zensur der AZ in seinen Kompetenzbereich. Die Redaktion der AZ war in dieser Zeit weder Reklamationen seitens der Regierung noch ausländischen Beschwerden ausgesetzt. Der Ministerwechsel schaffite eine freiere Stimmung im Lande und es hatte den Anschein, die Zensur sei gelockert worden. Dies war die Folge einer veränderten Interpretation der Zensurinstruktionen. Sie wurden weniger streng ausgelegt als zu Zeiten Abels. Anstatt eine glaubwürdige Pressepolitik zu schaffen, beharrte König Ludwig I. aber auf seinen früheren Anordnungen und erinnerte ausdrücklich daran, daß keine einzige Verordnung aufgehoben worden sei.548 Konkreter Anlaß waren die Meldungen über die personellen Veränderungen in den Ministerien. Die sogenannten Dienstnachrichten durften erst von den bayerischen Zeitungen gedruckt werden, wenn eine Veröffentlichung im Regierungsblatt vorausgegangen war. An diese Anordnung hatten sich die wenigsten Blätter gehalten, und so mußten die Zensoren erneut auf die Instruktion aufmerksam gemacht werden. 549 Da das Regierungsblatt zu unregelmäßig erschien, wurde als Ersatz die AZ autorisiert, die offiziellen Nachrichten mitzuteilen. Die übrigen bayerischen Blätter konnten wiederum die AZ als Quelle benutzen. Die Regierung war bei dieser Instruktion jedoch darauf bedacht, herauszustellen, daß die AZ durch diese Genehmigung kein offizielles Blatt geworden sei.550 Die AZ hatte für diese Zwecke schon unter dem 542
Zu Lola Montez vgl. Gisela Barche, Jenseits der bürgerlichen Moral. Abenteuer Emanzipation: Lola Montez und Lady Digby, in: Biedermeiers Glück und Ende: ... die gestörte Idylle 1815-1848, hrsg. von H. Ottomeyer und U. Laufer, München 1987, S. 181185. 543 Vgl. Kolb an Cotta vom 17.2.1847, in: Briefe an Cotta, Bd. 3, S. 152. 544 CA, CB Kolb an Cotta Nr. 737 vom 28.2.1847. 545 Ebenda. 546 CA, CB Kolb an Cotta Nr. 738 vom 2.3.1847, vgl. auch Briefe an Cotta, Bd. 3, S. 153. 547 Vgl. ebenda und Duczek, G. Kolb, S. 361. 548 Vgl. Huth, Preßfreyheit oder Censur, S. 37. 549 vgl. Innenminister (Verweser) Zenetti an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 19.3.1847, StAA Regierung 7104. 550 vgl. Regierungspräsident Fischer vom 15.4.1847, StAA Regierung 6443.
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Ministerium Abel als Kontaktperson zur Regierung einen eigenen Korrespondenten, Herrn von Plötz, benannt, der diese Funktion auch weiterhin ausübte.551 Die bayerische Regierung ging immer mehr dazu über, Fehler in der Berichterstattung der AZ nicht mehr durch Zensur, sondern durch berichtigende Artikel zu verbessern. Außerdem bekam die Redaktion immer häufiger durch den König selbst oder durch seine Beamten Artikel zugesandt.552 Auch in Sachen Lola Montez wurde der AZ eine Sonderrolle zugewiesen. Nachrichten über die Erhebung der Lola Montez in den Adelsstand durften unter der Regierung der neuen Minister, nach der Veröffentlichung im Regierungsblatt, weder von der AZ noch von den übrigen bayerischen Zeitungen publiziert werden. 553 Kurze Zeit später instruierte Außenminister v. Maurer den Regierungspräsidenten von Schwaben und Neuburg jedoch über die Zulassung dieser Meldung in der AZ. 554 Gustav Kolb wurde in diesem Fall sogar direkt vom Ministerium beauftragt und erhielt genaueste Anweisungen, wann, wo und mit welchem Text die Erhebung in den Adelsstand zu publizieren sei.555 Kolb resümierte 1847 die neue Situation der AZ: Die Censurverhältnisse sind jetzt hier so, daß der Censor mir eigentlich nichts streicht, da er sieht, daß das Cabinett und die Minister alles direct an uns gelangen lassen. Desto aufmerksamer muß die Redaction seyn, weil sonst aus heiterem Himmel ein Donnerwetter einbricht. 5 5 6
In der Behandlung von außenpolitischen Themen in den Zeitungen änderte sich gegenüber 1846 dennoch wenig. Die Verhandlungen des preußischen vereinigten Landtags mußte Kolb sehr vorsichtig behandeln, damit der AZ die letzten genehmigten Reste der Landtagsberichterstattung erhalten blieben.557 Die Pressepolitik der deutschen Staaten, besonders aber die des Deutschen Bundes, wurde schon im Frühjahr 1847 Thema fur die Redaktion der AZ. Eine kurze Meldung über die Vorlage eines Antrages »auf Abfassung eines die Freiheit der Presse nach dem Repressivsystem bedingenden Preßgesetzes« 558 von Seiten Preußens in der AZ vom 23. März nahm eine Entwicklung voraus, die kurze Zeit später Wirklichkeit werden sollte. Die AZ scheint hier direkte Informationen aus Berlin über geplante Anträge erhalten zu haben, denn der Entwurf für ein neues 551
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Vgl. Kolb an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 22.4.1847, StAA Regierung 6443. Vgl. Innenministerium an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 19.2.1847, 5.3.1847, 15.4.1847, u.a.; Ludwig 1. an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 19.7.1847 und 21.8.1847, alle StAA Regierung 6443. Vgl. Innenminister Zenetti an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 21.8.1847, am 7.9.1847 wurde diese Anweisung wiederholt. StAA Regierung 7104. Vgl. v. Maurer an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 19.9.1847, StAA Regierung 7104. Huth kannte diese Anweisung nicht und beurteilte den Abdruck der Meldung in der AZ als Rückzug der Zensur in Bayern. Diese Beurteilung muß revidiert werden. Vgl. Huth, Preßfreiheit oder Censur, S. 37f. Vgl. v. Maurer an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 19.9.1847, StAA Regierung 7104. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 756 vom 28.6.1847. Mebold bestätigte dies kurze Zeit später in ähnlichen Worten. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 83 vom 27.8.1847. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 743 im Frühjahr 1847 und Nr. 752 vom 7.6.1847. A Z N r . 82 vom 23.3.1847, S. 653.
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Pressegesetz wurde sämtlichen Regierungen erst Anfang April von Preußen vorgelegt.559 Da die bayerische Regierung selbst von diesem Antrag noch nichts wußte oder davon nichts an die Öffentlichkeit gelangen lassen wollte, zog sie den Zensor der AZ zur Verantwortung, der diesen Artikel zugelassen hatte.560 Der Zensor Hundt entschuldigte sich mit der Begründung, er habe den Artikel für eine halboffizielle Nachricht gehalten.561 Die Regierung ließ es dabei bewenden; der Artikel war in der Zwischenzeit in anderen bayerischen Blättern nachgedruckt worden, und Preußen hatte in der Tat einen Entwurf für ein neues Pressegesetz vorgelegt. In der Redaktion herrschten Zweifel über die Ernsthaftigkeit der Verhandlungen am Deutschen Bundestag und man fragte sich, ob das neue Pressegesetz »nicht bloß ein anderes noch drückenderes Fachwerk«562 werden würde. Die Haltung der AZ gegenüber den Vorgängen im Schweizer Sonderbundskrieg563 erregten besonderen Anstoß - jedoch nicht bei der bayerischen Regierung, sondern bei dem österreichischen Staatskanzler Metternich. Die Großmächte Österreich, Preußen und Rußland planten eine Intervention in der Schweiz, um einen »politischen Dammbruch«564 in den konservativen Staaten zu verhindern, und Metternich stellte an Ludwig I. das Ansuchen, Bayern solle an einzelnen Punkten der Schweizer Grenze Truppen stationieren. Der bayerische König lehnte eine Einmischung ab, da er sich nicht für befügt hielt, die eidgenössische Neutralität anzugreifen. 565 Österreich wollte die katholisch-konservativen Kantone der Schweiz stärken und versuchte in dieser Hinsicht auch durch die AZ die öffentliche Meinung beeinflussen. Kolb lehnte eine einseitige Berichterstattung ab, obwohl er sonst gern bereit war, in der AZ für Österreich zu sprechen. Hinsichtlich der innenpolitischen Verhältnisse eines neutralen Staates, besonders aber der Reformen in diesem Staat wollte Kolb jedoch Unparteilichkeit bewahren und nicht nur konservative Anschauungen publizieren.566 Überlegungen Österreichs, in der Schweiz mit Waffengewalt einzugreifen, hielt der Redakteur für »wahnsinnig«.567 Beschwerden des österreichischen Gesandten Frhr. v. Brenner bei der bayerischen Regierung über die Haltung der AZ lehnte Außenminister v. Maurer, später auch
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Vgl. Kohnen, Pressepolitik im Deutschen Bund, S. 16. Vgl. Außenministerium an Ludwig I. vom 25.3.1847 und Signat Ludwigs I. vom 27.3.1847, BayHStA Mlnn 25097/1. Vgl. Hundt an Regierungspräsidium von Schwaben und Neuburg vom 14.3.1847, BayHStA Minn 25097/1. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 80 vom 9.6.1847. In den vierziger Jahren hatten sich in der Schweiz die katholisch-konservativen Kantone zu einem Sonderbund zusammengeschlossen. Die Auseinandersetzungen dieses Sonderbundes mit den bundesstaatlich orientierten Kantonen führte 1847 zum Krieg innerhalb der Schweiz. Vgl. Langewiesche, Europa zwischen Restauration und Revolution, S. 18f. Ebenda, S. 18. Vgl. Gollwitzer, Ludwig I., S. 639. Vgl. Kolb an Cotta vom 4.12.1847, in: Briefe an Cotta, Bd. 3, S. 160-162. Kolb an Cotta vom 20.12.1847, in: Briefe an Cotta, Bd. 3, S. 163.
Öttingen-Wallerstein ab.568 Da Metternich über die bayerische Regierung nichts erreichen konnte, wandte er sich direkt an Cotta. Kolb blieb von den Drohungen aus Wien vorerst unbeeindruckt und hielt an seiner Art der Berichterstattung fest. Metternich drohte daraufhin mit dem Verbot der Zeitung in den österreichischen Staaten und unterstrich diese Drohung mit einer Veränderung der »Pränumerationen«569 der Zeitung. Die k.u.k. Postbehörden wurden angewiesen, die Bestellungen fur die ΑΖ nicht mehr für das ganze Jahr, sondern nur noch für das erste Semester des Jahres 1848 anzunehmen. Sollte Cotta den »revolutionären Bestrebungen«570 der Zeitung nicht Einhalt gebieten, wollte Metternich sie ab 1. Juli 1848 verbieten. Kolb mußte sich ein letztes Mal den Wünschen des österreichischen Staatskanzlers beugen. Nachdem er über alle außenpolitischen Themen, bei denen österreichische Interessen berührt wurden, nur eingeschränkt berichten konnte, sah der Redakteur die Qualität der Zeitung schwinden. 571 Er hoffte jedoch, daß der Unmut Metternichs vergehen würde, und meinte, daß der Sonderbundskrieg und die Lage in der Schweiz ohnehin schnell in den Hintergrund treten würden.572 Nicht umsonst hatte Kolb schon im Oktober 1847 eine Veränderung der Schwerpunkte innerhalb der Zeitung im Auge. Den Raum für die europäischen Rubriken, besonders aber die Rubriken Frankreich und England, wollte er zugunsten der deutschen Artikel verringern.573 Sofort nach seinem Amtsantritt als Kultusminister begann Öttingen-Wallerstein, die Aufhebung der Zensur für die innenpolitischen Angelegenheiten zu planen. Noch bevor der König die neue Verordnung genehmigt hatte, unterrichtete Regierungspräsident Fischer die Redaktion der AZ im Auftrag des Kultusministers über dessen Pläne. In diesem Zusammenhang bat Öttingen-Wallerstein die Redaktion aber darum, »daß Staatsneuigkeiten - d.h. neue Anstellungen, Nachrichten über Verfügungen und so weiter - einem Beamten seines Ministerium vorgelegt werden, damit unrichtige Meldungen vermieden würden.«574 Die Aufhebung der Zensur für innenpolitische Angelegenheiten am 1. Januar 1848 nutzte die Redaktion der AZ in der Zeitung zu Diskussionen über die Frage der Pressezensur. Sie veröffentlichte im Auftrag der Regierung die Instruktion und deren Vollzugsanweisung sowie kommentierende Artikel dazu, 575
568 v g l . Metternich an Brenner vom 14.11.1847 und Maurer an Brenner vom 20.11.1847, in: ÖGB III, S. 491—493 und Öttingen-Wallerstein als Verweser des Außenministeriums an den bayerischen Gesandten in Berlin Graf Lerchenfeld-Köfering, in: ÖGB III, S. 503f. 569 570 571 572 573
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Vgl. Metternich an den Gesandten Buol in Stuttgart vom 12.12.1847, in: Ö G B III, S. 505f. Ebenda. Vgl. Kolb an Cotta vom 20.12.1847, in: Briefe an Cotta, Bd. 3, S. 163. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 790 vom 23.12.1847. Er wollte dies vor allen Dingen auch durch Veränderungen im Redaktionpersonal erreichen. Es sollte ein Redakteur mehr für die deutsche Rubrik arbeiten. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 770 vom 25.10.1847. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 783 vom 5.12.1847. Vgl. AZ Nr. 7 vom 7.1.1848, S. 1 und AZ Nr. 19 vom 19.1.1848, S. 293. Vgl. auch Kultusminister Öttingen-Wallerstein an Regierungspräsident Fischer vom 5.1.1848 und 16.1.1848, StAA Regierung 7114.
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die Kolb zum Teil selbst geschrieben hatte.576 Die Redaktion spürte erleichtert, daß sich der alltägliche Druck der Zensur verringerte.577 Die Öffentlichkeit zeigte sich von diesen Zugeständnissen unbeeindruckt, die Forderung nach Pressefreiheit wurde lauter. Die Revolution Anfang März 1848 machte alle Bestrebungen der Regierung, einen anderen Weg zu gehen, zunichte. Sie mußte die Pressefreiheit gewähren und die Vorzensur abschaffen.
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Vgl. AZ Nr. 23 vom 23.1.1848, S. 357 und AZ Nr. 30 vom 30.1.1848, S. 469. Vgl. dazu auch Duczek, G. Kolb, S. 325. Vgl. Duczek, G. Kolb, S. 325.
5.
Auflagenhöhe und Zensur. Pressepolitik im Spiegel des Abonnentenverhaltens (1815-1848)
Johann Friedrich Cotta bemühte sich immer wieder schriftlich und persönlich bei den zuständigen Ministern um eine weniger strenge Zensur. Konnte er sein Ziel mit inhaltlichen Argumenten nicht erreichen, versuchte er wirtschaftliche Faktoren geltend zu machen: ich [will] die allgemeine Zeitung durch die neuen Befehle nicht zu Grunde richten lassen, so muß ich es wagen höchst diesselbe aufs dringenste zu ersuchen, die gegebenen Befehle zu mildem. [...]wie sollte ein Institut wie die AZ noch bestehen können, wenn ihr ihr Sprachrohr genommen ist, da die Unparteilichkeit in Aufhame des Für und Wider jedes Gegenstandes [besteht]. Schon sind mir darüber Klagen eingekommen und ich muß besorgen, daß mit dem neuen Jahr die Zahl der Abonnenten bedeutend abnehmen werde. Mit was habe ich dies verschuldet und welcher Unpartheiische muß nicht mir und dem Redakteur der AZ das Zeugnis geben, daß wir in dieser so sehr bewegten Zeit alles anwenden, um die wahre Mittelstraße zu halten, keiner Parthei frönend, nur der Wahrheit huldigend! Bedenken Eur gräfl. Excellenz, daß ich bis zu 20000 [fl] nur auf Correspondenten verwende, eine Summe, die durch jene Befehle größtentheils vergeblich verwandt ist. 1
Johann Friedrich Cotta führte nicht nur die Ausgaben für die Korrespondenten und die zurückgehenden Abonntentenzahl wiederholt an, sondern er argumentierte auch mit seiner Investition für die Schnellpresse.2 Es stellt sich nun die Frage, ob diese Behauptung, die AZ würde zuviele Abonnenten verlieren und müsse ihr Erscheinen einstellen, berechtigt war, ob sie im Sinne Cottas gewirkt hat, oder ob es sich nur um ein taktisches Argument gehandelt hat, um bei den Zensurbehörden eine mildere Durchführung der Zensur zu erreichen. Es soll hier versucht werden, durch einen Vergleich der Auflagenzahlen mit den einzelnen Zensurphasen tatsächliche Auswirkungen zu überprüfen. Wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitische Faktoren bleiben dabei unberücksichtigt. In der Graphik 1 ist die Auflagenentwicklung der AZ zwischen 1815 und 1856 anhand der Kalkulationen und der Anzahl der verkauften Exemplare dargestellt. Grundlage sind alle in der Tabelle 1, Kapitel 2.6.2., ermittelten Werte. Zur Darstellung der verkauften Exemplare wurde für jedes Jahr ein Durchschnittswert aus allen in den Quellen genannten Angaben errechnet. Dieser Wert wurde für den Eintrag in die Graphik verwendet. Eine zweite Graphik verdeutlicht die Schwankungen der Auflagenhöhe innerhalb der einzelnen Jahre. Dieser Graphik liegen die Kalkulationen und die Anzahl der verkauften Exemplare jeden Quartals aus den Jahren 1839 bis 1845 zu gründe. Hier wird noch einmal deutlich, wie groß der Einfluß des Abonnementsystems mit vierteljährlicher Bestellung, aber nur halb
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Cotta an Rechberg vom 30.10.1820, BayHStA Minn 25097/1. Vgl. u.a. Cotta an Rechberg vom 28.6.1823, BayHStA Minn 25097/1.
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jähriger Kündigung gewesen ist. Die Absatzzahlen lagen im zweiten und vierten in der Regel höher als im ersten und dritten, weil die Bezieher zwar die Zeitung jedes Quartal neu bestellen, aber nur zu Ende jeden Semesters wieder abbestellen konnten. Von 1798 bis 1848 stieg die Auflagenhöhe insgesamt an. Im Januar 1824 befürchtete Stegmann, die Zahl der Abonnenten könnte abnehmen, da die Abonnementbestellungen rückläufig waren.3 Er bat Johann Friedrich Cotta, den Rückgang der Abonnentenzahl nicht der Unfähigkeit der Redaktion zuzuschreiben, sondern der Verschärfung der Zensur der AZ seit Mitte 1823. Er sah dadurch die Attraktivität und die Qualität des Blattes fur die Leser gemindert.4 Die von Heyck aufgegriffene Interpretation hat sich bis heute in der Literatur gehalten.5 Daß die strengere Zensur und damit eine verminderte Attraktivität der Zeitung ein Grund für die negative Tendenz war, ist wahrscheinlich, da der Absatz 1824 niedriger lag als 1822. Im Jahr 1825 erholte sich die AZ vom Abonnentenrückgang und nach der Thronbesteigung Ludwigs I. stieg die Zahl der Bezieher kontinuierlich bis 1829. Der Sprung in der Kalkulation von 1827 auf 1828 kann durch die ausführliche Berichterstattung über den bayerischen Landtag von 1827/28 hervorgerufen worden sein. Cotta hatte erkannt, daß es zu seinem Vorteil gereichen könnte, wenn er sich um die offizielle Landtagsberichterstattung bemühen würde. Er bekam den Zuschlag, und Ministerialrat Wirschinger, der als früherer Zensor der Redaktion der AZ bekannt war, wurde beauftragt die Artikel anfertigen zu lassen.6 Raubold 7 konnte nachweisen, daß sich das öffentliche Interesse in diesem Jahr ganz auf die AZ richtete, während die übrigen bayerischen Zeitungen für die Landtagsberichterstattung nur geringe Bedeutung hatten. Der ansteigende Absatz der AZ könnte daher durch eine Vermehrung der Bezieher in Bayern hervorgerufen worden sein. Der Rückgang der Abonnentenzahl 1830 unterstützt diese Vermutung, denn in diesem Jahr fand kein Landtag in Bayern statt. Ob der Rückgang des Absatzes auch auf den stärkeren reaktionären Einfluß Österreichs oder etwa auf die revolutionären Bewegungen in Europa zurückzuführen ist, ist fraglich. Auffallend ist die Steigerung in den Kalkulationen für das Jahr 1831. Wieder fand ein Landtag statt und in der Kalkulation dürfte sich die Hoffnung des Cotta-Verlages niedergeschlagen haben, daß die AZ wieder auf großes Interesse in der Bevölkerung stoßen würde. Der Landtag von 1831 mit seinen heftigen Diskussionen um die Zensurverordnung Ludwigs I. fand großen Widerhall in der bayerischen Presse.8 Die AZ blieb bei der Berichterstattung in diesem Jahr allerdings im Hintergrund. Die öffentliche Diskussion wurde von der halbamtlichen Landtagszeitung des Dr. Eisenmann aus Würzburg, dem Volksblatt, dem Cottaschen Journal Inland und anderen Zeitungen gefuhrt. Die AZ druckte nur die Berichte, die im Auftrag des
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Vgl. CA, CB Stegmann an Cotta Nr. 70 vom 20.1.1824. Vgl. ebenda. Vgl. Heyck, AZ, S. 223; Padrutt, AZ, S. 139. Auch Rintelens Arbeit endet 1823. Er sah ab 1823 die Presse auch in Bayern nachhaltig unterdrückt und die AZ als Opfer der Disziplinierung. Vgl. Rintelen, Revolution und Restauration, S. 1. Vgl. Raubold, Landtagsberichterstattung, S. 63. Vgl. Raubold, Landtagsberichterstattung, S. 68. Vgl. Raubold, Landtagsberichterstattung, S. 71-88.
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Ministeriums verfaßt wurden, und engagierte sich nicht so stark wie 1828.9 Ob sich dies in weniger verkauften Exemplare niederschlug läßt sich nicht eruieren. Gegenüber dem Jahr 1831 wurde 1832 allerdings mit einer geringeren Auflage gerechnet. Für die Jahre 1833 und 1834 sind keine Angaben über die Auflagenhöhe vorhanden. Sie setzten erst 1835 bei einem niedrigeren Niveau als 1832 wieder ein. Hier könnte sich die reaktionäre Pressepolitik Bayerns und des Deutschen Bundes und die strengere Kontrolle der AZ bemerkbar gemacht haben. Ende März 1836 zeigte sich Gustav Kolb besorgt über die rückläufige Anzahl der Bestellungen,10 in den Kalkulationen des Verlages ist jedoch kein Rückgang erkennbar. Im Gegenteil, bis zum Jahr 1841 stieg der Verkauf der Zeitung in jedem Jahr stark an. Der Wechsel an der Spitze des Innenministeriums - Abel wurde 1837 Minister - und die folgende Unterdrückung der gesamten bayerischen Presse durch das Ministerium Abel wirkte sich nicht negativ auf den Absatz der AZ aus. Möglicherweise war sie sogar ein Grund für den Anstieg der Bezieherzahlen der AZ, da die Zensur keiner Zeitung eine nennenswerte Berichterstattung über innen- und außenpolitische Themen zuließ und die bayerische Presselandschaft in diesen Jahren wenig Profil entwickeln konnte. Demgegenüber konnte sich die AZ gewisse Freiräume erkämpfen und nutzte diese auch bis an die äußersten Grenzen aus. Sie engagierte sich im Hannoverschen Verfassungsstreit, bis ihr die Diskussion darüber verboten wurde. In der Pressefehde um die Konfessionalisierungspolitik zwischen Bayern und Preußen versuchte die AZ, neutral zu bleiben und neben den katholisch orientierten Artikeln auch protestantische Meinungsäußerungen zu Wort kommen zu lassen. Die Möglichkeit, dies zu tun, erkämpfte sie sich gegen den Widerstand der bayerischen Regierung. Die Drohung, katholische Artikel nicht aufzunehmen, wenn protestantische Berichte nicht gedruckt werden dürften, hatte gewirkt. 1837 schrieb Kolb erleichtert an Georg von Cotta, daß die Verbreitung der AZ weiterhin zunahm.11 Er setzte dies auch in Zusammenhang damit, daß die preußische Regierung den Vertrieb der Zeitung nicht erschwert hatte. Ein weiterer Grund für den Anstieg der Abonnenten könnte das Verbot vieler ausländischer Zeitungen wie z. B. der Leipziger Allgemeinen Zeitung in Bayern gewesen sein. Möglicherweise griffen deren Leser auf die AZ zurück. Im Jahr 1842 sank die Auflage erstmals wieder. Die Redaktion der AZ kommentierte diesen Rückgang nicht. Hat sich in diesem Jahr die ständig wechselnde Zensierung durch Joseph von Kolb und Frhr. von Perglaß ausgewirkt? Wohl eher nicht. Eindeutiger wirkte sich in der Entwicklung der Auflagenhöhe die Berufung August Luffts zum Zensor der AZ aus. Im Jahr 1843 sank der Absatz der AZ ein weiteres Mal. Der Grund fur den schlechteren Jahresdurchschnitt gegenüber dem Jahr 1842 ist der schlechte Verkauf vor allem in der zweiten Jahreshälfte. Die folgende Graphik kann dies verdeutlichen.
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Vgl. Raubold, Landtagsberichterstattung, S. 84. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 193 vom 14.3.1836. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 262 vom 10.1.1837.
Graphik 2: Der Absatz der AZ von 1839-1845 in Quartalsangaben Absatz
Kalkulation
Verkaufte Exemplare
Der Zensor Lufft trat im ersten Quartal des Jahres 1843 seine Arbeit an und hatte sich nach anfanglichen Schwierigkeiten schnell eingearbeitet. Der Wechsel des Zensors dürfte im zweiten Quartal noch keine Auswirkungen gehabt haben, da die Leser noch nicht wissen konnten, wie sich die Zeitung unter seiner Zensur längerfristig entwickeln würde. Auffällig ist der starke Rückgang der Abonnenten im dritten Quartal des Jahres, zu einem Zeitpunkt, an dem der Leser die neue Zensur bzw. die Veränderung der Zeitung bereits beurteilen konnte. Die niedrigere Bestellrate des jeweils 3. Quartals im Jahreszyklus wurde zusätzlich verstärkt. Kolb betrachtete den Rückgang der Abonnenten im Juli 1843 jedoch nicht als großen Verlust für die Zeitung.12 Aus welchen Gründen Kolb die Situation so einschätzte, geht aus seinem Brief nicht hervor. Möglicherweise hatte er den hohen Gewinn der Zeitung aus dem Jahr 1842, in dem die höchste Gewinnspanne der Jahre 1839 bis 1845 verzeichnet werden konnte, vor Augen und sah einen ähnlichen wirtschaftlichen Erfolg im Jahr 1843 nicht gefährdet. Im gleichen Jahr mußte die AZ alle Hoffnungen auf eine beständige liberalere Pressepolitik in Preußen begraben, da die Zensurverordnungen von 1841 wieder rückgängig gemacht und das Zensurwesen in Preußen neu organisiert worden waren. Sie hatte die Entwicklung seit 1841 in ihren Zeitungsberichten aufmerksam verfolgt und darin ihrer Hoffnung für eine liberalere Pressepolitik im ganzen Deutschen Bund Ausdruck gegeben. Die Neuordnung der Zensur in Preußen und das damit verbundene Ende vieler Hoffnungen durfte in der AZ nicht mehr diskutiert werden. Die AZ hatte erneut ein Stück Attraktivität verloren. 12
Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 540 vom 9.7.1843.
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Der Absatz der AZ erreichte erst 1846 wieder den Stand des Jahres 1841. Kolb hatte im Dezember 1845 einen steigenden Absatz gemeldet,13 so daß dementsprechend reagiert werden konnte. Bis zu diesem Zeitpunkt litt die Redaktion beträchtlich unter der Unterdrückung der Presse. Die Drohungen Georg von Cottas, die AZ an einen anderen Ort zu verlegen, und der Wille des Königs, die Zeitung im Land zu behalten, wirkten sich nicht auf die Zahl der Abonnenten aus. Die erkämpften Freiräume ließen die AZ nicht attraktiver werden. Im Juli 1846 teilte Kolb ein weiteres Sinken des Absatzes mit.14 Erst nach der Absetzung Luffts als Zensor der AZ und dem Rücktritt Abels entspannte sich nicht nur das Verhältnis zwischen Zeitung und Zensur, sondern es wurde die Hoffnung des Augsburger Zeitungsinstitutes auf einen steigenden Absatz der AZ sichtbar. Trotzdem beobachtete Kolb die Entwicklung der bayerischen Presselandschaft, auf die die gelockerte Zensur großen Einfluß hatte, mit Sorge. Die Konkurrenzblätter der AZ wurden für die Leser wieder attraktiver, und der Redakteur fürchtete, daß der Absatz der AZ deswegen sinken würde. Ende des Jahres 1847 konnte er aber erleichtert einen gleichbleibenden Abonnentenstand mitteilen.15 Die optimistischen Kalkulationen in den einzelnen Quartalen des Jahres 1848, wie sie aus der Tabelle 1 hervorgehen, erwiesen sich als trügerisch. Schon Anfang des Jahres befürchtete Kolb, daß der Absatz der Zeitung zurückgehen würde. Nach Mitteilung seines Kollegen Mebold trat dies jedoch nicht ein.16 Doch bereits im Juli meldete Kolb, daß die Abonnenten zu anderen Zeitungen greifen17 und die Bestellungen für das zweite Semester auffallend langsam eintreffen würden.18 Die AZ hatte im Jahr 1848 den Höchststand an Beziehern überschritten. Die nach der Verkündung der Pressefreiheit im März 1848 enstandene große Konkurrenz auf dem Zeitungsmarkt zeigte ihre Wirkung. Die Leser konnten ihr Bedürfnis nach Information und meinungsbildenden Artikeln durch viele verschiedene Blätter decken. Das Festhalten Georg von Cottas am Programm der Unparteilichkeit ließ die Attraktivität der AZ gegenüber der entstehenden Parteipresse sinken. Kolb reagierte orientierungslos auf die neuen Bedingungen - es gab keine Vorzensur mehr.19 Die inhaltlichen Erwartungen des lesenden Publikums konnte er nicht erfüllen, und die AZ verlor zusätzlich »durch die geographische Lage an der Peripherie die Einbindung in das aktuelle Geschehen«.20 Wie gerechtfertigt ist nun Johann Friedrich Cottas Argumentation hinsichtlich des Zusammenhangs von Zensur und Abonnentenzahlen? Vor 1824 übermittelte er damit der Regierung seine Sorge um die Zeitung und benützte das Argument, um seiner Beschwerde mehr Gewicht zu verleihen. Der Einbruch der Abonnenten13 14 15 16 17 18 19 20
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Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 659 vom 9.12.1845. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 698 vom 9.7.1846. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 773 vom 5.11.1847. Vgl. CA, CB Mebold an Cotta Nr. 86 vom 27.1.1848 Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 824 vom 1.7.1848. Vgl. CA, CB Kolb an Cotta Nr. 826 vom 4.7.1848. Vgl. Duczeck, G. Kolb, S. 354. Ebenda.
zahlen 1824 war für den Verleger eine deutliche wirtschaftliche Einbuße. Dies stand bei seinen späteren Diskussionen mit den Zensurbehörden sicherlich im Hintergrund. Es läßt sich aber nicht nachweisen, daß dieses Argument zu Lebzeiten Johann Friedrich Cottas außer 1824 noch in anderen Jahren gerechtfertigt war, da zu wenig Angaben über den Absatz der Zeitung bis 1832 existieren. Sein Sohn Georg von Cotta gebrauchte dieses Argument nicht mehr, da er dank des wirtschaftlichen Erfolges der AZ bessere Argumente in den Verhandlungen mit der Regierung vorbringen konnte. Die Drohung der Verlegung des Augsburger Verlagsteiles hatte mehr Wirkung bei König Ludwig I., als der Hinweis auf einen sinkenden Absatz. Die Auswirkungen der bayerischen Pressepolitik scheint in einigen Fällen plausibel, läßt sich aber nicht ohne Berücksichtigung wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischer Faktoren nachweisen.
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6. Zusammenfassung
Die Allgemeine Zeitung, eine der bedeutendsten deutschen Zeitungen des 19. Jahrhunderts, ist ein herausragendes Beispiel, um die bayerische Pressepolitik vor der Revolution von 1848 darzustellen. Die Gründe hierfür sind ihr kontinuierliches Erscheinen in Bayern von 1803 bis weit über das Jahr 1848 hinaus und ihre Verbreitung als wichtigstes bayerisches Journal auch außerhalb des Königreichs. Ihre Bedeutung erlangte die ΑΖ durch den Verleger Johann Friedrich Cotta, der nicht nur einen der wichtigsten Großverlage besaß, sondern auch als württembergischer Landtagsabgeordneter und Politiker in geheimen Sondermissionen das Vertrauen des württembergischen und des bayerischen Königs gewinnen konnte. Mit der Herausgabe der Allgemeinen Zeitung verfolgte Cotta nicht nur die Absicht, in einer Tageszeitung »Vollständigkeit, Unparteilichkeit und Wahrheit« zu verbreiten, er war auch sehr daran interessiert, die Zeitung zu einem rentablen Wirtschaftsunternehmen zu formen. Der Inhalt der Zeitung war jedoch nicht ausschließlich vom Verleger und seiner Redaktion bestimmt, sondern in hohem Maße von der Pressepolitik Bayerns abhängig: die ΑΖ stand - wie für solche Druckerzeugnisse üblich - bis zur Revolution 1848 unter der Aufsicht des Staates, d.h. unter Zensur. Johann Friedrich Cotta wie sein Sohn Georg von Cotta versuchten wiederholt, die strenge staatliche Kontrolle der Zeitung zu beeinflussen, indem sie mit der Verlegung des auch fur Bayern nicht unrentablen Unternehmens in ein anderes Land drohten. Die zentrale Frage der Arbeit mußte daher sein, welche Bedeutung die Zensur für die ΑΖ und welche die AZ für den bayerischen Staat hatte. Dabei wurde nicht nur die Rechts- und Pressegeschichte berücksichtigt, d.h. die Zeitung als Objekt bayerischer Zensur- und Pressepolitik betrachtet, sondern auch versucht, Unternehmens- und sozialgeschichtliche Faktoren zu berücksichtigen. Der erste Teil der Arbeit verdeutlicht die Ursprünge der Zeitung und benennt die sie gestaltenden Persönlichkeiten. Dies waren zum einen die Stuttgarter Verleger Johann Friedrich Cotta und sein Sohn Georg von Cotta, die neben ihren Aufgaben als Unternehmer und Großverleger die AZ intensiv betreuten. Zum anderen war das die Redaktion in Augsburg, bestehend aus zwei oder drei Redakteuren, von denen einer als Verantwortlicher im Impressum der Zeitung aufgeführt werden mußte. In der Zeit von 1815 bis 1837 war dies Karl Joseph Stegmann. Er prägte die AZ durch seine Beständigkeit und sein Gefühl für neue und wichtige Nachrichten, die er von Gerüchten und Zeiterscheinungen zu trennen wußte. Von 1837 bis 1865 war es Gustav Kolb, der den Ruhm der Zeitung ausbauen und festigen konnte. Er mußte sich Bestrebungen der österreichischen Regierung erwehren, ihn wegen seiner burschenschaftlichenVergangenheit und seiner liberalen politischen Haltung aus der Redaktion zu entfernen. 232
Dem Redaktionsstab der ΑΖ gehörten im untersuchten Zeitraum Menschen an, die aus Kaufmanns-, Handwerker- oder Theologenfamilien stammten und die sich durch ein akademisches Studium und freiberufliche publizistische Arbeiten die unausgesprochenen Voraussetzungen für die Mitarbeit an der AZ und den Zugang zum Bildungsbürgertum geschaffen haben. Ihre langjährige und ausschließliche Beschäftigung in der Redaktion zeigt, daß eine wirtschaftliche Existenz als Journalist bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts möglich war. Der enge Kreis der eigentlichen Redaktionsmitglieder wurde durch zahlreiche wechselnde Mitarbeiter erweitert, die zeitweise in Augsburg selbst oder als Korrespondenten für die Zeitung arbeiteten. Dank der hervorragenden Quellenlage war es möglich, die tägliche Redaktionsarbeit zu skizzieren und den Fundus, aus dem die Zeitung ihr Material schöpfte, zu erforschen. Dieser setzte sich nicht nur aus den bis zu 65 verschiedenen Zeitungen aus ganz Europa zusammen, die täglich in Augsburg eintrafen, sondern auch aus den zahlreichen Berichten, die das geographisch weit gespannte Korrespondentennetz mit seinen über 300 Beteiligten lieferte. Diese ungeheuere Menge der täglich zu verarbeitenden Informationen macht klar, daß der Alltag der Redakteure im frühen 19. Jahrhundert alles andere als beschaulich gewesen sein muß. Sie bemühten sich, den Lesern ausgewogene und fundierte Informationen zu bieten. Nachrichten aus Europa, ja aus der ganzen Welt standen dabei im Vordergrund, während die Berichterstattung aus Deutschland, durch die Zensurinstruktionen stärker eingeschränkt, der auswärtigen untergeordnet war. Lange Jahre versuchte der Redakteur Gustav Kolb, den inhaltlichen Schwerpunkt der AZ zugunsten der Rubrik »Deutschland« zu verlagern, konnte dies aber erst nach der Revolution 1848 verwirklichen. Erstmalig wird auf die Vertriebsbedingungen der AZ eingegangen. Der Postvertrag von 1810 sicherte der AZ zahlreiche wirtschaftliche Vorteile, die der Verlag zur Etablierung der Zeitung in der Presselandschaft Deutschlands nutzen konnte. Der Vertrieb in Bayern selbst war günstig, der für sie verbilligte Bezug ausländischer Zeitungen gab der Redaktion die Möglichkeit, zusätzliche Blätter zu abonnieren und somit ein breiteres Meinungsspektrum zu erhalten. Der Postvertrag, den Georg von Cotta 1834 aushandelte, veranschaulicht, wie sehr die bayerische Regierung bemüht war, die Privilegien, die sein Vater Johann Friedrich Cotta mit seinem Verhandlungsgeschick 1810 erzielt hatte, abzubauen und die staatlichen Einnahmen zu erhöhen. Für die Generalverwaltung der bayerischen Post war der Verlag der AZ ein bedeutender Geschäftspartner, wie aus dem Bemühen Ludwigs I. hervorgeht, die AZ als Einnahmequelle nicht durch zu strenge Ausübung der Zensur zu verlieren. Die wirtschaftliche Situation der AZ läßt sich nun anders einschätzen, als bisher. Die Aussage Georg von Cottas, anläßlich der Honorarverhandlungen mit Heinrich Heine im Jahr 1841, die AZ sei »eine finanzielle Misere«,1 die in der Literatur immer wieder zitiert wurde, muß neu überdacht werden. Die teilweise beträchtlichen Gewinne der Jahre 1840 bis 1845 lassen diesen Schluß nicht zu. Absatzschwankungen hätten durchaus ausgeglichen werden können, nicht jedoch ein
Zitiert nach Hansen, Heines politische Journalistik, S. 54.
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Debitverbot für die österreichischen Staaten. Hiermit wird das Taktieren der Verleger und Redakteure und ihre Bereitschaft, österreichische Interessen zu vertreten, verständlich: Der wirtschaftliche Erfolg war in hohem Maße von der Kooperation mit der Zensur abhängig. Die Bereitsstellung der Arbeitsplätze, die etwa 400 Personen in Augsburg ernährten, konnte jedoch ebenso als Argument Cottas gegen eine zu strenge Kontrolle dienen, wie der Verlust der Staatseinnahmen aus dem Vertrieb der ΑΖ bei einer möglichen Verlegung des Produktionsstandorts. Eine wirtschaftsgeschichtliche Untersuchung des gesamten Cottaschen Zeitungsverlags im Vergleich mit seinem Buchverlag wäre jedoch notwendig, um eine konkretere Einordnung des Wirtschaftspotentials der ΑΖ vornehmen zu können. Der zweite, zentrale Teil der Untersuchung behandelt die AZ als Objekt staatlicher Aufsicht. Die rechtlichen Grundlagen fur die Zensur der Zeitungen zwischen 1815 und 1848 wurden durch Bundesbeschlüsse, bayerische Landesgesetze und Zensurverordnungen geschaffen. Da Verabschiedung und Änderung von Pressegesetzen nur mit Zustimmung der Kammern möglich war, wurde durch Gesetze wenig Einfluß auf die Pressepolitik genommen. Es gab außer der III. Verfassungsbeilage kein ordnungsgemäß verabschiedetes Pressegesetz. Versuche, ein solches zu erstellen, scheiterten auf dem bayerischen Landtag 1831 wie auch auf Bundesebene kurz vor der Revolution von 1848. Die Zensur basierte hauptsächlich auf Zensurverordungen und Ministerialreskripten, die beliebig erlassen und wieder aufgehoben werden konnten und die über den Verwaltungsweg an die Zensoren weitergegeben und somit selten veröffentlicht wurden. Dabei gab es einige Instruktionen, die den Redakteuren nicht mitgeteilt werden durften. Das führte zu Differenzen zwischen den Anforderungen der Zensur bzw. des Zensors und den Möglichkeiten der Redakteure, diese zu erfüllen. An ihrer Handhabung der legislativen Voraussetzungen wird der Konflikt der bayerischen Regierung deutlich, die widersprüchlichen Tendenzen - staatliche Souveränität, Bedürfhisse des Deutschen Bundes und Einfluß Metternichs - zu einer einheitlichen Pressepolitik zu formen. Die Folge des Konflikts war die Notwendigkeit, ein ungenügendes Gesetzeswerk durch wechselnde Verordnungen und dauernde Eingriffe der Verwaltung in die Zensur zu ergänzen. Bis 1825 war auf oberster Ebene das Außenministerium, danach das Innenministerium für die Zensur zuständig, 1847 bekam das neu geschaffene Ministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten die Aufsicht über Presse und Buchhandel übertragen. Von dort wurde die Durchführung der täglichen Zensur an die Regierungen der verschiedenen Kreise delegiert. Der jeweilige Regierungspräsident konnte sie wiederum einem Regierungsmitglied übertragen. Die enzyklopädische Darstellung der Zensorenbiographien zeigt den Wandel dieses Berufstandes, der ursprünglich von Gelehrten oder Theologen ausgeübt wurde, hin zum Verwaltungsbeamten im frühen 19. Jahrhundert. Die Zensoren waren Angestellte der Regierung, Regierungsassessoren oder -räte, die eine juristische Ausbildung abgeschlossen hatten. Sie wurden unabhängig von konfessioneller und familiärer Herkunft eingestellt, wobei der kostenaufwendige Ausbildungsweg dazu geführt hatte, daß nur Angehörige wohlhabenderer Familien die Beamtenlaufbahn ein-
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schlagen konnten. Die Tätigkeit als Zensor befreite die entsprechenden Beamten nicht von ihren sonstigen Aufgaben, die sie als Regierungsräte wahrzunehmen hatten. Das führte zu großen Belastungen im Arbeitsalltag und in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts geradezu zu einer Krise der Zensur: Die Kontrollmechanismen waren dem Wandel der Pressemedien, der Beschleunigung des Vertriebs und der stark ansteigenden Menge der zu zensierenden Artikel nicht mehr gewachsen. Die täglichen, oft persönlichen, Kontakte zwischen Zensoren und Redakteuren ermöglichten aber keinen zusätzlichen Handlungsspielraum fur die inhaltliche Gestaltung der Zeitung, da die Arbeit der Zensoren durch die vorgesetzten Behörden, nicht zuletzt auch durch den König streng kontrolliert wurde. Eine Bestechung der Zensoren hätte somit ihren Zweck nicht erfüllen können, es konnte auch keine nachgewiesen werden. Adolf August Lufft war der einzige Zensor, der sich außerhalb seiner Dienstaufgaben fur die AZ engagierte und auch Korrespondentenberichte schrieb. Die Verfahrensweisen und Taktiken im Umgang mit der Zensur waren vielfaltig. Es gab inhaltliche und sprachliche Reizthemen, Wortzensur und den langwierigen Instanzenweg bei Beschwerden der Redaktion über die Zensur. Heftige ausländische Beschwerden zogen langwierige Diskussionen über den Abdruck von Gegendarstellungen nach sich. Die Redaktion richtete den Inhalt der Zeitung auf die Instruktionen der Zensurbehörden aus und übte Selbstzensur. Diese erleichterte den Redakteuren den täglichen Umgang mit dem Zensor und die Disposition der Arbeitszeit. Denn lange Striche des Zensors konnten im äußersten Fall die rechtzeitige Fertigstellung der Zeitung und ihre Auslieferung verhindern. Die Schwierigkeit bestand jedoch darin, daß ein großer Teil der Verordnungen auch vor den Redaktionen geheim bleiben sollte und die Redakteure erst anhand der zensierten Artikel feststellen konnten, welche Themen unerwünscht waren. Selbstzensur erforderte somit großes Fingerspitzengefühl für die jeweilige politische Stimmung, aktuelle politische Strömungen und Veränderungen im Königreich. Schützte die Selbstzensur Zeitung und Redaktion vor staatlichen Strafmaßnahmen, so konnte der Schutz der Korrespondenten so nicht gewährleistet werden. Sie mußten selbst für ihre Beiträge die Verantwortung tragen und die eventuellen Folgen auf sich nehmen. Zu ihrem Schutz entwickelte die Redaktion ein System von Siglen, die in der Zeitung an Stelle der Namen als behördlich vorgeschriebene Quelle angegeben werden konnten. Wer sich hinter den Siglen verbarg, versuchten die Redakteure unter allen Umständen und meist mit Erfolg geheim zu halten. Neben diesen umfassenden Schutzmaßnahmen bemühten sich Redaktion und Verleger, durch Beschwerden ihrerseits - auch beim bayerischen König - Vorteile für die Zeitung zu erreichen. In der Regel blieben die Beschwerden fruchtlos, die Beschwerde- und Antwortbriefe enthielten meist nur Standpunktdiskussionen, gefolgt von den Versicherungen des gegenseitigen Wohlwollens. Oft hatten sie den Stellenwert taktischer Schachzüge, wirkliche Verbesserungen konnte Cotta selten erreichen. Wirksamer als die Beschwerden waren die Drohungen Cottas, die AZ und damit das gesamte Augsburger Unternehmen an einen außerbayerischen Ort zu verlegen. Ludwig I. wollte jedoch eine Verlegung der AZ verhindern, was
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er u.a. durch die Ordensverleihung an Cottas Schwager Reischach zu erreichen versuchte. Die Drohung Cottas hatte also der Redaktion in begrenztem Umfang Freiräume verschafft. Es wurde ihr möglich, diese auszunutzen, da sie ihre Grenzen durch gute Anwendung der Selbstzensur nur selten überschritt. Den tatsächlichen Beschränkungen durch die Zensur konnte die Redaktion aber nicht entgehen. Das tägliche Erscheinen der Zeitung bildete die Grundlage ihrer Existenz und durfte nicht gefährdet werden. Trotz aller Konflikte wird deutlich, daß die AZ eine Sonderstellung unter allen bayerischen Tageszeitungen bezüglich der Handhabung der Zensur erreichen konnte. Als einzige konnte sie unterschiedliche Meinungen im gegebenen Rahmen darstellen und diskutieren; nicht zuletzt darauf konnte sie ihr Renommee aufbauen. Wegen dieser Meinungsvielfalt wurde sie in vielen Fällen besonders genau kontrolliert und regelrechte Pressefehden, wie sie die Neue Würzburger Zeitung ausfocht, waren ihr nicht möglich. Der Komplex Zensur wurde in zwei Ebenen untersucht, zum einen, wie er über lange Jahre hinweg in seinem äußeren Vorgang fast unverändert blieb, zum anderen, wie er von der jeweiligen politischen Situation inhaltlich bestimmt wurde. Die chronologische Darstellung der Zensur der AZ demonstriert, daß nicht nur die vorgegebenen Vorschriften eingehalten werden mußten, sondern daß auch Neuigkeiten, die schon in der Zeitung abgedruckt worden waren, der Zensurbehörde eventuell einen Grund geben konnten, gegen die Veröffentlichung nachträglich einzuschreiten. So hatte sich die Hinwendung Bayerns zum Deutschen Bund bereits zuvor im Verbot räsonierender Artikel über Bundesangelegenheiten bemerkbar gemacht. Für das gesamte Pressewesen waren die Karlsbader Beschlüsse und ihre Folgegesetze von einschneidender Bedeutung. Sie waren auf politischer Ebene heftig umstritten und durften schon deswegen nicht in den Zeitungen diskutiert werden. Bereits vor ihrer offiziellen Veröffentlichung wurde jegliche inoffizielle Berichterstattung über sie untersagt. Dieses Verbot wurde dann nicht nur auf die weiteren Bundesbeschlüsse ausgedehnt, sondern auch auf Themen, die bayerische Interessen in anderen Staaten publizistisch behandelten und Bayerns Beziehungen zu anderen Staaten berührten. Die AZ verlegte ihre Berichterstattung von Anfang an auf außerdeutsche Themen, da die strengen Zensurverordnungen Nachrichten aus »Deutschland« nur in begrenztem Maße zuließen. So berichtete die Redaktion z.B. aus England, druckte dabei häufig Debatten aus dem englischen Parlament und scheute sich nicht, auch die Oppositionsreden ausfuhrlich zu zitieren, eine für die deutschen Landtags- und Bundestagsverhandlungen unvorstellbare Vorgehensweise. Da die bayerische Regierung nicht erwarten konnte, daß in der englischen Presse der Abdruck von kritischen Artikeln zur bayerischen Politik verhindert werden würde, - in England gab es keine Vorzensur - , ließ sie auch in der bayerischen Presse Äußerungen zur englischen Politik zu, sofern diese bayerische Belange nicht betrafen. Zusammenfassend läßt sich zeigen, daß alle die Artikel unzulässig waren, die in räsonierender Form oder in verletzender Weise die Belange Bayerns in und zu anderen Staaten, weiter die Belange des Deutschen Bundes und die befreundeter
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Länder betrafen. Die Aufrechterhaltung des monarchischen Prinzips und die Unterdrückung aller revolutionären Bestrebungen auf politischem oder kirchlichem Gebiet waren ebenso Ziele der Pressepolitik wie der Schutz der Gesetze und die Erhaltung des Vertrauens der Bevölkerung in die Regierungspolitik. Es zeigt sich, daß die vier Grundnormen der Zensur - Schutz der Politik, der Religion, der Sittlichkeit und der Ehre - auch in der Pressepolitik der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nachweislich ihre Gültigkeit hatten. Die ΑΖ wehrte sich mit Vehemenz gegen immer weitergehende Einschränkungen. Im Lauf der Zeit verschärfte sich die politische Reaktion aber derart, daß selbst positive Artikel über Griechenland in den Jahren 1835/1836 und einige Jahre später solche über den Protestantismus nicht mehr erlaubt waren. Die Redaktion hatte kaum eine Möglichkeit, sich den Auswirkungen der bayerischen Pressepolitik zu entziehen. Hätte sie ein Verbot riskiert, wäre zwar politischem Idealismus Rechnung getragen worden, aber um den Preis des Unternehmens. Sicher hätten es sich Verleger wie Johann Friedrich Cotta und Georg von Cotta leisten können, einzelne Verlagsprojekte ohne wirtschaftlichen Erfolgszwang auf reiner idealistischer Haltung aufzubauen. Ein personell und finanziell so aufwendiges Unternehmen wie die AZ mußte aber auf wirtschaftlichen Erfolg abzielen. Aus diesem Grund hatten sich die Cottas und auch die Redaktion mit den gegebenen behördlichen Vorgaben zu arrangieren. Dies geschah nicht nur durch strenge Selbstzensur sondern auch durch die Bereitschaft, Regierungsverlautbarungen abzudrucken. Diese Offenheit wurde von der bayerischen Regierung in zunehmendem Maße genutzt. Die Anzahl der von der AZ veröffentlichten offiziellen Artikel stieg bis 1848 kontinuierlich an. Ebenso offen war die AZ auch gegenüber österreichischen und preußischen Regierungsverlautbarungen. Während die österreichische Regierung diese Möglichkeiten gebührend nutzte, zeigte die preußische Regierung nur eingeschränktes Interesse. Diese Offenheit für alle politischen Richtungen brachte der AZ zwar viel Kritik ein, sicherte aber das tägliche Erscheinen und einen Rest verlegerischer Unabhängigkeit. Ihre Kompromißbereitschaft erlaubte es den Verlegern und der Redaktion, ihren Grundsätzen »Vollständigkeit, Unparteilichkeit, Wahrheit« wenigstens annähernd treu zu bleiben. Die nötigen Mittel - Einfluß und Geld - stellten die Cottas zur Verfugung. So konnten sie trotz aller Einschränkungen durch die Zensur der Öffentlichkeit einen Informationsträger von hohem Niveau bieten. Die Differenzierung des Begriffes »Pressepolitik« in »Regulierung, Repression und Propaganda« für die Zeit nach 1848 kann mit geringen Modifizierungen auch für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts verwendet werden. Als Mittel der »Regulierung« gab es bereits einen Vorläufer des Impressums, in dem die Redaktionen verpflichtet waren, den Namen des leitenden Redakteurs in jeder Zeitungsausgabe anzugeben. Die zweite Möglichkeit der Regulierung, berechtigte Beschwerden von Privatpersonen über beleidigende Artikel und die damit verbundenen Gegendarstellungen in der Zeitung abzudrucken, kam jedoch nur sehr selten vor. Mittel der »Repression« war zwar nicht wie nach 1848 die für die Herausgabe einer Zeitung benötigte Konzessionserteilung, aber sowohl der Entzug des Post-
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debits wie der hoheitliche Zugriff auf Verleger oder Redakteure waren möglich und wurden auch genutzt. Die Vorzensur, die in der Revolution 1848 abgeschafft wurde, muß zu den Mitteln der Repression gezählt werden. Auch von »Propaganda« kann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchaus gesprochen werden. Sie war zwar nicht systematisch organisiert, aber die bayerische Regierung nutzte die Möglichkeit, offizielle Regierungsverlautbarungen in der AZ drucken zu lassen. Daneben lancierte sie auch häufig Berichte, ohne deren Herkunft offenzulegen. Während des Konfessionalisierungsstreites nach 1837 wurde sogar eine zweite Möglichkeit genutzt, eine propagandistische Wirkung zu erzielen, nämlich durch Zensurverordnungen. Das Verbot von Artikeln, die über den Protestantismus oder protestantische Interessen berichteten, und die gleichzeitige Bevorzugung von Artikeln, die katholische Anschauungen verbreiteten, unterstützten die Absicht Ludwigs I., Bayern zur Schutzmacht des Katholizismus zu machen. In ähnlicher Weise versuchte Ludwig I. sein Anliegen, das deutsche Nationalbewußtsein zu stärken, mit Hilfe seiner Pressepolitik zu erreichen.
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Abkürzungsverzeichnis
ADB AGB AZ BayHStA BU CA CB FGB fl GHA GStA Merseburg GWU HStAS HZ kr MA Minn NDB ÖGB OPA OPD ÖStA, AVA ÖStA, HHStA PGB StAA StadtAA StAL StAM StAN ZBLG
Allgemeine Deutsche Biographie Archiv für die Geschichte des Buchwesens Allgemeine Zeitung Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Büschel Cotta-Archiv Bestand Cotta Briefe Gesandtschaftsberichte aus München, die Berichte der französischen Gesandten Florin (Abkürzung für Gulden) Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Abteilung Geheimes Hausarchiv Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Abteilung Merseburg ( j e t z t Berlin Dahlem) Geschichte in Wissenschaft und Unterricht Hauptstaatsarchiv Stuttgart Historische Zeitschrift Kreuzer Ministerium des Äußeren Ministerium des Inneren Neue Deutsche Biographie Gesandtschaftsberichte aus München, die Berichte der österreichischen Gesandten Oberpostamt Oberpostdirektion Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv Österreichisches Staatsarchiv, Haus- Hof- und Staatsarchiv Gesandtsschaftsberichte aus München, die Berichte der preußischen Gesandten Staatsarchiv Augsburg Stadtarchiv Augsburg Staatsarchiv Ludwigsburg Staatsarchiv München Staatsarchiv Nürnberg Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
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Anhang
Verordnungen Verordnung König Maximilians I., Wien, 7. Januar 1815' Quelle: BayHStA MInn 25097/1
Maximilian Joseph von Gottes Gnaden König von Baiern Wir haben nicht nur mit allerhöchstem Mißfallen die seit kurzer Zeit beobachtete ungeeignete Auswahl politischer Artikel in den in Unserem Reiche erscheinenden Zeitungen, und die dabei eingetretene Sorglosigkeit oder Nachsicht der Censoren wahrgenommen, sondern auch von mehreren Seiten Beschwerden dagegen erhalten. Wir finden uns daher bewogen, zu verordnen wie folgt: I. Die unterm 6. September 1799 - 17. Februar 1806 - 16. März 1 8 0 8 - 1. November 1808 - 28. September 1811 - 15. April 1812 - 16. August und 13. September 1814 gegebenen und respee erneuerten Vorschriften werden hierdurch zur genauesten Nachachtung im Allgemeinen wiederholt. II. Wir befehlen insbesondere ernstlich, daß in den Zeitungsblättern Unseres Reichs jeder unanständige Ton und beleidigende Bemerkung gegen was immer fur auswärtige Regierungen und Souveraine durchaus beseitig werden. III. Wir untersagen bestimmt die Einrückung eines jeden gegen Unsere Regierungsgrundsätze und Unser Staatsinteresse gerichteten Artikels, so wie jener mit Raisonements verbundenen Nachrichten, welche auf die Verhältnisse der Staaten gegeneinander, und auf die politische Stellung Unseres Reichs gegen andere Staaten Bezug haben, wenn selbe auch schon in anderen ausländischen Blättern erschienen sein sollten. IV. Einfache politische Nachrichten dürfen übrigens nur aus den offiziellen Blättern des Auslandes in die diesseitigen Zeitungen aufgenommen werden, und als solche Blätter erklären Wir jene, welche in den Residenzen der Souveraine, und folglich unter der nächsten Aufsicht der Regierungen herauskommen. V. Die Zeitungsschreiber, welche einen gegen diese Vorschriften laufenden Artikel, ohne ihn der Censur vorgelegt zu haben, einzurücken sich erlauben, haften persönlich, und werden einer verhältnismäßigen Strafe, und selbst nach Befund der Umstände der Einbeziehung ihres Privilegiums unterworfen. VI. Uiberall, wo eine Zeitung erscheint, hat die oberste Behörde sogleich nach Empfang dieses einen leidenschaftslosen und verständigen Censor, welcher mit unsern Regierungsgrundsätzen vertraut ist, zu ernennen, auf die genaue Beobachtung der gegebenen Vorschriften anzuweisen, und das gewählte Individuum förderlichst anher namhaft zu machen. VII. So wie diese Verpflichtung dem Censor übertragen ist, wird derselbe, wenn durch seine Schuld ein den ausgesprochenen Grundsätzen entgegenlaufen1
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Vgl. auch Döllinger, Sammlung, Bd. 3 S. 317/18.
der, oder von irgend einer Seite mit Grund gerügter Artikel eingerückt wird, im ersten Fall mit 25 fl. im zweiten mit 50 fl., welche für den Local-Armenfond bestimmt sind, und bei wiederholt vorkommender Schuldhaftigkeit noch schärfer bestraft. VIII. Die General-, Local- und Hofcommissariate, welcher Wir hierdurch der unmittelbaren Censur der Zeitungen übergeben wollen, haben zu wachen, daß die gegebenen Vorschriften genau beobachtet werden, und in eintretenden Contraventionsfällen sogleich selbst gegen den Censor zu verfahren. Wir versehen Uns, daß den hier ertheilten Anordnungen auf das punktlichste werde Folge geleistet werden. Verordnung des bayerischen Außenministers Rechberg, München, 4. Januar 1818 Quelle: StAA Regierung 7058
Da sich seit einiger Zeit mehrere öffentliche Blätter Ausfalle gegen die Bundesversammlung erlauben, so erhält die Regierung des Ober-Donau-Kreises den Befehl, die Censoren und Redakteure der in ihrem Kreise erscheinenden Zeitungen und anderer Zeitschriften ernstlich anzuweisen, selbe nicht aufzunehmen. Verordnung des bayerischen Außenministers Rechberg, München, 6. Juni 1823 Quelle: StAA Regierung 7054
Obgleich die Bundesbeschlüsse v. 20. Sept. 1819 über den Mißbrauch der Presse durch das Regierungsblatt (49 v. J. 1819) zur geeigneten Nachachtung bekanntgemacht, auch die früher bestandenen Vorschriften, daß keine die Sicherheit und die Würde des Staates und der fremden Regierungen gefährdende und beleidigende Artikel in den im Königreiche erscheinenden Zeitungen und periodischen Schriften eingerückt werden sollen, mehrmals wiederholt worden sind, und obgleich in neuerer Zeit insbesondere die Aufnahme aller der aus Privatcorrespondenzen geschlossenen und der Erscheinung der Bundestagsprotokolle vorgreifenden Artikel über die Verhandlungen am Bundestage alles Ernstes untersagt worden ist, so ist dem ungeachtet unlieb wahrzunehmen gewesen, daß diese Anordnungen nicht allenthalben und fortdauernd, wie es sich gebührt, Folge geleistet worden. Damit nun gegen die in Baiern erscheinenden Zeitungen nicht ebenso wie es gegen den teutschen Beobachter geschehen ist, mehrere Beschwerden bei dem Bundestage vorgebracht werden, und eine gleiche Entscheidung desselben gegen diese wie gegen den genannten Beobachter, dessen Unterdrückung in der 14. Bundestagssitzung beschlossen worden ist, statt finde, wird der Kgl. Generalkommissär und Regierungspräsident Freiherr von Gravenreuth angewiesen, die Redaktion der im Kreise erscheinenden Zeitungen auf die ihr eigenes Interesse beziehende genaue Beobachtung der bestehenden Verordnungen und Vorschriften wiederholt und dringend aufzufordern, und ebenso die Censurbehörde auf die Notwendigkeit aufmerksam zu machen, die größtmöglichste Sorgfalt zur Vermeidung aller Beschwerden und Einschreitungen gegen die sträflichen Mißbräuche der Presse, in dem ihr anvertrauten Geschäfte zu verwenden
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Zensurinstruktion des bayerischen Innenminsteriums, München, 30. September 1831, (nur für den Dienstgebrauch) Quelle: StAA Regierung 7054, Entwurf: BayHStA MInn 45180, auch in: BayHStA MInn 45176, S. 294 § 139
Instruktion für die Ausübung der Censur über die in den politischen Zeitungen und periodischen Schriften erscheinenden Artikel der auswärtigen Politik 1. Damit mehr Gleichförmigkeit bey Ausübung der Censur über jene Nachrichten und Aufsätze beobachtet werde, welche die Verhältnisse des deutschen Bundes, die Staatsverhältnisse zu oder in den einzelnen dem deutschen Bunde angehörigen Landen außer Bayern, die Staatsverhältnisse zu oder in anderen auswärtigen Landen betreffend, und durch Zeitungen oder periodische Schriften, worin äußere Politik behandelt wird, zur Oeffentlichkeit gebracht werden wollen, daher auch nach der dermaligen Gesetzgebung, vor Vollendung des Druckes den Censurbehörden vorzulegen sind, wird eine provisorische allgemeine Instruktion ertheilt, vorbehaltlich der Modifikationen, welche sich durch den Wechsel politischer Verhältnisse ergeben können. 2. Aufsätze, welche zu Vergehen oder Verbrechen, oder zu solchen Handlungen auffordern, oder anreitzen, welche gegen ein bestimmtes in Bayern bestehendes Strafgesetz anstoßen, oder welche die Schicklichkeit gegen einen fremden Hof oder eine dem bayerischen Hofe beglaubigte diplomatische Person verletzen, sind durch die Censur von dem Drucke auszuschließen, wenn sie solche Regierungen betreffen, in deren Staaten der Grundsatz der Gegenseitigkeit in dieser Beziehung anerkannt und beobachtet wird. In gleicher Art und* unter gleicher Voraussetzung wird in Bezug auf jene Artikel verfahren, wodurch die Häupter fremder Staaten, die bey dem Könige accreditierten Gesandten, oder die mit öffentlichem Charakter bekleideten Bevollmächtigten fremder Staaten in solcher Eigenschaft, endlich die Regierungen oder Behörden fremder Staaten durch Lästerung, Schmähung und Verspottung an ihren Ehrenrechten angegriffen werden. 3. Bey jenen Staaten, in welchen völlige Preßfreiheit besteht, und die Verletzungen fremder Staaten lediglich auf gesetzlichem Wege zu verfolgen sind, tritt auch in Bayern eine völlige, gleiche Erwiderung ein, wohin England, Frankreich, Holland und Belgien in Europa zu zählen sind. 4. Aufsätze, worin Bayern aufgefordert wird, sich von dem deutschen Bunde zu trennen und von seinen Gesetzen loszusagen, oder gegen jene Staaten, mit welchen ein freundschaftliches Verhältnis besteht, sich in eine feindschaftliche Stellung zu versetzen, können die Genehmigung der Censur nicht erhalten, sie mögen aus fremden Zeitungen, gedruckten Werken oder aus Manuskripten genommen seyn. 5. Öffentliche Staatsschriften und Ständeverhandlungen, wenn sie nicht für den offenbaren Zweck einer strafbaren Aufreitzung entstellt oder verstümmelt worden sind, werden von der Censur nicht beanstandet. 6. Durch Nachrichten über aufrührische Bewegungen in Teutschland haben die Censoren mit der erforderlichen Vorsicht und möglichsten Vergewisserung der Quelle vorzugehen. 7. Wenn die Zeitungsartikel aus den unter Censur stehenden Zeitungen geschöpft wurden, sind sie mit der Angabe der Quelle ohne Bedenken in bayerische Zeitungen und periodische Blätter aufzunehmen. Bei den aus censurfreyen Blättern oder aus Correspondenzen mit gleichfalliger Bezeichnung der Quelle, wenn sie eine Druckschrift ist, entnommenen Artikel ist darauf zu sehen, daß nicht eine bestehende strafrechtliche Bestimmung nach
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oben 2. übertreten, oder das politische Verhältnis Bayerns nach 4. beeinträchtigt wurde. 8. Die Censur der erwähnten Zeitungen oder periodischen Schriften ist a, in den Kreishauptstädten von dem kgl. General-Commissar oder von einer durch diesen zu beauftragenden, sachverständigen und umsichtigen Regierungsmitgliede b, in den Städten, in welche ein Stadtcommissär aufgestellt ist von diesem, c, an den übrigen Orten von Land- und Herrschaftsrichter zu fuhren. 9. Die Censur-Behörde hat keine andere Befugnis und Obliegenheit, als die zur öffentlichen Bekanntmachung der in dieser Instruktion behandelten Nachrichten und Aufsätze die Genehmigung auf eigene Verantwortung zu ertheilen oder zu versagen, und das Eine oder Andere auf den gemachten Vorlagen mit Namensunterschrift auszusprechen. Gegen den Ausspruch, gegen Competenzüberschreitungen, gegen Verzögerungen der Censurbehörde ist die Beschwerdefuhrung bei der vorgesetzten Stelle oder Bezirksregierung gestattet. Ministerialaussschreibung des bayerischen Innenministeriums, München, 8. März 1836 Quelle: StAA Regierung 7055
Das unterzeichnete Staatsministerium hat die über den Vollzug der dritten Verfassungsbeilage seit dem l t e n . Januar 1832 ergangenen Ministerial-Ausschreibungen und Spezialentscheidungen zur Erleichterung der Behörden in eine Uebersicht bringen lassen, welche dem kgl. Regierungspräsidium nachstehend zum dienstlichen Gebrauch zu geschlossen wird. Zu § 2 der dritten Verfassungsbeilage: I. Herausgabe von politischen Zeitungen und periodischen Zeitschriften politischen Inhalts, Verhältnisse der Reddeteure2 1. Zur Herausgabe eines Blattes, d.h. zur Ausübung der rein persönlichen Befugniß eines Redakteurs, bedarf es keiner speciellen Bewilligung, es wäre denn, daß damit die Erwerbung einer speciellen Verlags-Befugniß beabsichtigt würde, in welchem Falle die näheren Bestimmungen der Gewerbsgesetzgebung Anwendung zu finden hätten. 2. Da die Verantwortlichkeit des Redakteurs oder Verlegers eines der Censur unterliegenden periodischen Blattes an und für sich eine individuelle ist, so erscheint auch die Herausgabe von solchen Blättern nur unter der Verantwortlichkeit eines benannten Redakteurs oder Verlegers gestattet, und es darf daher eine solche Zeitschrift weder a, ohne Beidruckung des Namens ihres Redakteurs oder Verlegers, noch b, unter erdichtetem Namen erscheinen. 3. Die dritte Verfassungsbeilage besagt in in ihrem § 1. wörtlich, was folgt: »Den offenen Buchhandlungen und denjenigen, welche zu diesem Gewerbe obrigkeitlich berechtigt sind, ist in Ansehung der bereits gedruckten Schriften freyer Verkehr, sowie den Verfassern, Verlegern und berechtigten Buchdruckern im Königreiche in Ansehung der Bücher und Schriften, welche sie in Druck geben wollen, vollkommene Preß-Freyheit gestattet.« Da sonach die, den inländischen Verfassern, Verlegern, berechtigten Buchdruckern und Buchhandlungen verfassungsmäßig zustehenden Rechte in keiVgl. auch Döllinger, Sammlung, Bd. 3, § 9, S. 31 lf. und Schletter Handbuch, S. 230f.
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6.
ner Weise auch auf Ausländer sich erstrecken, und diese eben deßhalb sich auf die Verfassungsurkunde nicht berufen können, so kann allerdings ein, von der bayerischen Regierung nicht obrigkeitlich berechtigter Ausländer das Recht nicht ansprechen, a, eine von seinem Staate verbotene Zeitschrift in Bayern fortzusetzen, oder b, von ihm unterschriebene censierbare Artikel in bayerische Blätter zu übertragen, in so lange von Seite seines Gouvernements die obrigkeitliche Berechtigung zur Herausgabe oder Fortsetzung von Zeitschriften versagt bleibt. Bei Verhinderung eines Redakteurs zur persönlichen Ausübung der Redaktion kann die Fortsetzung des Blattes nur unter der Voraussetzung stattfinden, daß ein anderer der Verantwortung fähiger inländischer Redakteur oder Verleger sich darstellt. Enthält eine Schrift Mittheilungen und Nachrichten, welche nur mit Verletzung besonderer Pflichen, z.B. der staatsdienerlichen, durch Ueberschreitung der Amtsverschwiegenheit, Platz zu greifen vermögen, so kann die Redaktion sich des Zeugnisses über die Quelle, aus welcher diese Mittheilungen erfolgt sind nicht entschlagen. (St. G. L. Theil II. Art. 206, G.O.Cap. X. § 8) Die Veränderungen der Person des Redakteurs kann die Verfolgung der, von dem vorigen Redakteur begangenen Gesetz-Verletzungen nicht aufheben noch derselben entgegenstehen.
II. Verfahren gegen Blätter und Artikel, welche sich auf die innere Politik beschränken:3 1. Seine Majestät haben geruht, so lange Allerhöchstdieselben nicht anders verfugen, von Uebung der Censur in Ansehung der Gegenstände innerer Politik Umgang nehmen zu lassen. Dem Redakteur einer Zeitung oder Zeitschrift politischen Inhaltes steht demnach frey, die Erzeugnisse seiner Feder nach der Grenzlinie äusserer oder innerer Politik zu scheiden, und den Artikeln über äussere Politik ein censibles, den Artikeln über innere Politik aber, ein censurfreies Blatt zu widmen. Zieht derselbe jedoch vor, innere und äußere Politik in einem und demselben Blatte, sei es fortlaufend, oder in Form integrirender Beilagen abzuhandeln, so nimmt er eben dadurch um so mehr die Pflicht auf sich, die vollständigen Probeblätter zur Einsicht des Censors gelangen zu lassen, als die Censurbehörde der Natur der Sache und den stets bestandenen Vorschriften gemäß, vorbehaltlich der dem Redakteur an die Kreisregierung und an das Staatsministerium des Innern zustehenden Beschwerdefuhrung, dafür haftet, daß in den unter Censur-Firma erscheinenden Blättern kein, die äußere Politik berührender Artikel, uncensirt erscheine. 2. Der Censor ist durchaus nicht berechtigt, in solchen Blättern gemischten Inhalts irgend eine, dem Bereiche der innern Politik angehörige Stelle dem Abstriche zu unterwerfen. 3. Nimmt jedoch der Censor in dem, der Censur enthobenen Theile der Blätter Artikel gewahr, welche ihm nach § 7 der dritten Verfassungsbeilage zur Beschlagnahme geeignet erscheinen, so liegt ihm ob, davon die Beschlagsnahms-Behörde, nach fruchtloser Aufmerksammachung der Redaction, rechtzeitig, und in der Art in Kenntniß zu setzen, daß die etwa als verfassungsmäßig geboten erkannte Beschlagnahme vor der Verbreitung der Auflage verwirklicht werden könne, wobey sich von selbst versteht, daß Ankündigungen in Beschlag genommener, so wie verbotener Schriften, sich als Versuche der Verbreitung solcher Schriften unter die § § 6 und 7 der III. Verfassungsbeilage subsumieren. 3
244
Vgl. auch Döllinger, Sammlung, Bd. 3, S. 323f. und Schletter, Handbuch, S. 231.
4.
5.4
6.
Ebenso liegt dem Censor ob, den Redakteur auf die Anstände aufmerksam zu machen, welche aus der Aufhahme a, unerlaubter Veröffentlichungen amtlicher Notizen, im Widerspruche mit § 3 der III. Verfassungsbeilage; b, aus Veröffentlichung gerichtlicher Verhandlungen, im Widerspruche der Verordnungen vom 21«η Juni 1814, Regierungsbl. 1814. Seite 1266-1270, dann c, aus Artikeln entstehen können, welche, ohne die Beschlagnahme zu begründen, wie Bekanntmachungen auswärtiger, nicht genehmigter Verloosungen und unerlaubte Ankündigung geheimer Arzneimittel u.s.w. nach § 6 der III. Verfassungsbeilage polizeiliche oder gerichtliche Einschreitung und namentlich auch die Verurtheilung zum Widerrufe zu begründen vermögen. Im Rheinkreise kann in Beziehung auf Rechtssachen, deren mündliche öffentliche Verhandlung nach der besondern Gerichtsverfassung des Kreises erlaubt ist, die Veröffentlichung mittelst des Druckes in so weit nicht versagt werden, als nicht: a, der Aufhahme in Zeitungen und Zeitschriften die bestehenden Censurvorschriften rücksichtlich der Gegenstände äusserer Politik, b, oder überhaupt die Bestimmungen des Edikts III. § § 6 und 7 entgegenstehen, indem ein Recht auf Verbreitung von Thatsachen und Aeußerungen, deren Verbreitung mittelst des Druckes verfassungswidrig wäre, aus der partikulären Oeffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen im Rheinicreise, und dem unmittelbaren Zwecke derselben nicht abzuleiten ist. In Bezug auf die, lediglich der innern Politik gewidmeten, und sonach der Censur nach der gegenwärtigen Uebung nicht untergebenen Blätter, bleiben die Polizeibehörden dafür, daß den Bestimmungen des Edicts III. § 6 und 7, die entsprechende Anwendung, namentlich in Absicht auf rechtzeitige Verhinderung der Verbreitung gesetzwidriger oder gefährlicher Artikel und zu dem Ende zur entsprechenden Handhabung der ihnen durch § 4 der III. Verfassungsbeilage übertragenen Aufsicht auf die Druckereien, verpflichtet.
III. Anwendung der Censur auf periodische Schriften statistischen Inhaltes, dann auf Zeitungen und Zeitschriften über Gegenstände äusserer Politik, und Vorschriften für die Beurteilung der Zulässigkeit der Artikel solchen Inhaltes. 1. Der Censur sind so nach zur Zeit blos unterstellt: a, alle mit äusserer Politik ausschließend sich beschäftigenden Zeitschriften und Tagblätter bezüglich ihres vollen Inhaltes, b, alle auf äussere und innere Politik zugleich sich erstreckenden Zeitschriften und Blätter bezüglich der Artikel über äussere Politik, c, alle die Statistik berührenden periodischen Schriften bezüglich der Artikel der Statistik. 2. Der Begriff einer periodischen Schrift bedingt sich nicht durch die Form der Herausgabe oder durch das Erscheinen an den vorherbestimmten Tagen oder Perioden, sondern lediglich durch die Natur derselben als Zeitung oder Zeitschrift. 3. Insbesondere aber sind die jährlichen, also in schon bestimmten Perioden erscheinden Kalender jederzeit, namentlich Zeug des Generals vom 18. September 1818 als periodische Schriften statistischen Inhaltes in Ansehung ihres statistischen Theiles, behandelt worden.
Im Original nicht numeriert, aber wahrscheinlich »5«.
245
4.
5.
6.
7.
8.
246
Der Begriff äusserer Politik im Gegensatze zu der Innern erstreckt sich auf Alles, was a, das Verhältnis Bayerns zu dem Auslande, und b, das Ausland in sich oder in seiner Beziehung zu dem bayerischen Staate, berührt. Namentlich erstreckt sich dieser Begriff: a, bei der völkerrechtlich anerkannten Souveränität des Königreiches Bayern und bei dem durch Art. I. der Bundes-Akte dem Bunde beigelegten ausschließenden Charakter eines völkerrechtlichen Vereins sämmtlicher souveräner Fürsten und freyer Städte zu gewissen Zwecken auf alle Erörterungen über die Angelegenheiten des Bundes im Ganzen, dann über alle äussern und innern Angelegenheiten der übrigen verbündeten teutschen Staaten. b, bei der Natur des Zoll-Vereins als einer speziellen Verbindung souveräner teutscher Staaten und freyer Städte zu speciellen Handels- und VerkehrsZwecken, - auf alle Verhältnisse des Zoll-vereins im Ganzen berührenden Gegenstände. Der Standpunkt der Censur in Absicht auf die Bundesverhältnisse und verbündete Staaten berührende Artikel, findet seine nähere Bezeichnung in dem Art II. der Bundes-Akte, und der dort näher entwickelten Zwecke des Bundes. - Hiernach darf namentlich kein Artikel passieren, der in irgend einer Art durch Tadel, Spott, Schmähung, oder sonst a, die Verhältnisse Teutschlands im Ganzen, b, die Würde und Beschlüsse des Bundes, oder c, die Würde und Sicherheit der übrigen Bundesstaaten, oder d, deren Verfassung und Verwaltung, ihre Behörden und ihre Beschlüsse, oder endlich e, die Erhaltung des Friedens und der Ruhe in Teutschland verletzen oder gefährden könnte. Ebenso darf kein Artikel gestattet werden, der direkt oder indirekt auf den Umsturz der bestehenden Ordnung, auf eine demokratische Umgestaltung der Bundes-Verhältnisse oder auf eine Einigung Teutschlands im Sinne der Bünde von 1813, 1814 und 1815, und der neuen Journal-Theorien abzielen, oder außeramtliche Nachrichten über den Gang der hochverrätherischer Complotte in Teutschland, über die Untersuchungen derselben und über ThatUmstände und Verhältnisse veröffentlichen könnten, die noch der gerichtlichen Cognition unterliegen, welche erst nach dem Schlüsse des gerichtlichen Verfahrens zur Publizität sich eignen. Berichte und Nachrichten über die Ständeverhandlungen auswärtiger Staaten dürfen a, so ferne der betreffende Staat dem Teutschen Bunde angehört, nur den öffentlichen Blättern und den zur Oeffentlichkeit bestimmten Akten des betreffenden Staates entnommen, und b, so weit es sich um andere Länder handelt, nur in so ferne geduldet werden, als dieselben weder dem Ansehen der Regierungen als solchen, und des Staatsoberhauptes nahe treten, noch dazu dienen, die Freunde des gouvernementalen Prinzips einzuschüchtern, und die Ansicht der radikalen oder republikanischen Oppositionen in dem Publico zu accreditiren. Die Artikel über Griechenland und dessen ehemalige Regentschaft, sind in den bayerischen Blättern mit der, durch die engeren Beziehungen jenes Staates und seiner erhabenen Dynastie zu Bayern, und durch die Eigenthümlichkeit seiner äußeren und inneren Verhältnisse gebotenen besonderen Umsicht und Zartheit zu überwachen.
9.
Artikel über Belgien können, solange dieses Königreich von Seite Bayerns noch nicht anerkannt ist, auch unter einer eigenen Abtheilung in bayerischen Zeitungen nicht zugelassen, müssen vielmehr mit jenen über Holland, unter die gemeinsame Bezeichnung »Niederlande« verwiesen werden. 10. Übrigens hat als Regel zu gelten, daß a, so ferne die Regierung eines Landes gesetzlich mit der Censur bekleidet ist, die bayerischen Blätter nie zu Veröffentlichung dort gestrichener Artikel mißbraucht werden dürfen, während b, im Gegenhalte zu den, eine Censur nicht übenden Ländern die Abstriche nur auf das dem gouvernementalen Principe überhaupt feindselig Entgegentretende, sohin auf diejenigen Artikel sich beschränken, welche entweder aa, die Würde, dem Charakter und die Persönlichkeit des Staatsoberhauptes angehen, oder bb, die Prinzipe eines anderen Gouvernements in Frage stellen, oder cc, zur Verbreitung gefährlicher Lehren, und zum Umstürze der bestehenden Ordnung dienen können. 11. Insbesondere ist in Belang der ausserhalb des Königreichs verlegten, sonach der verfassungsmäßigen Censur vor ihrem Erscheinen nicht unterwerfbaren Blätter und Zeitschriften politischen und statistischen Inhaltes, der Grundsatz nicht ausser Acht zu lassen, daß zwar: a, die Bestimmungen des § 2 der III. Verfassungsbeilage auf alle Zeitungen und periodischen Blätter politischen und statistischen Inhaltes Anwendung finden, daß sonach den im Auslande erscheinenden Blättern der oben erwähnten Categorie auf die Verbreitung in Bayern, ohne nachträgliche Erfüllung der Verfassungs-Bedingungen, sohin auf eine Bevorzugung gegen die inländischen, kein Anspruch steht, daß aber b, Vermöge der von der bayerischen Regierung stets behaupteten fakultativen Eigenschaft der Censur, deren Anwendung auf die verschiedenen auswärtigen Zeitschriften von der jeweiligen Instruktion abhängt, und daß diesselbe c, da, wo sie in Wirkung tritt nur unbeschadet des Postgeheimnisses, also nur hinsichtlich der offenen oder unter Kreuzband eintreffenden Exemplare, und auch hier nur bezüglich jener Artikel statt zu finden habe, welche überhaupt dem GoMvernewe«/a/-Principe oder speziell dem bayerischen Staate nachtheilig erscheinen. 12. In Ansehung der für die am k. bayerischen Hofe accreditierten Gesandtschaften bestimmten fremden Zeitungen und Journale, soll von der Anwendung dieser Vorschriften nach den hierüber speziell erlassenen Instruktiv-Verfügungen Umgang genommen werden.
IV. Besondere Pflichten der Censoren 1. Die Censurvorschriften sind ihrer Natur nach lediglich instruktive DienstesNormen für die Censur-Beamten, und daher, laut aller vom und seit dem 26. May 1818 ergangenen Weisungen weder zur formellen Eröffnung an die Redaktionen, noch weniger aber zur Veröffentlichung durch die Zeitungen geeignet. 2. Die Zulässigkeit oder Nichtzulässigkeit von Artikeln hat der Censurbeamte lediglich dem Texte, und wo dieser schweigt, dem Geiste seiner Instruktionen zu entnehmen. Die Aufnahme eines ihm instruktionswidrig scheinenden Artikels in ein anderes unter bayerischer Censur erscheinendes Blatt, berechtigt ihn nicht zur gleichmäßigen Censur-Vidit, falls der betreffende Artikel ihm mit den bestehenden Vorschriften unvereinbar erscheint. 3. Der Censor ist für die strenge Uebung seines Amtes persönlich verantwortlich. Ihn entschuldigen weder Nebenrücksichten, noch Bezugnahme auf das 247
4. 5.
6.
7.
8.
Urtheil der Redaktion oder Dritter, noch endlich angebliche Aufschlüsse über die Quelle der betreifenden Artikel, wohl aber kömmt ihm zu, zweifelhafte Fälle, /:und zwar wo besondere Umstände es räthlich machen, mittels Estaffette:/ der Entschließung seines General-Kommissärs und Regierungs-Präsidenten zu unterstellen. Der Censor darf sich weder Abänderungen, noch Correkturen erlauben, und in keiner Weise durch Verstümmelung das geistige Eigenthum Dritter eingreifen. Seine Thätigkeit beschränkt sich lediglich auf gänzliches Abstreichen jener Artikel, die entweder ob des Gesamt-Inhaltes und der Gesamt-Tendenz, oder ob einzelne Stellen den Censur-Normen widersprechen; dagegen bleibt ihm unbenommen und selbst empfohlen, Redaktionen, von deren Seite ein Mißbrauch durchaus nicht zu besorgen ist, auf Verlangen mündlich auf die Gründe seiner Abstriche zu belehren, und ihnen auf diese Weise die Gelegenheit zur Selbstabänderung der Stellen darzubieten. Übrigens ist a, die Aufnahme der Titel abgestrichener Stellen, b, die Kenntlichmachung erfolgter Abstriche durch Censurlücken, und c, die Ankündigung des besonderen Abdrucks gestrichener Stellen oder die Verbreitung solcher Abdrucke als direkte Entgegenhandlung gegen dem § 2 der III. Verfassungs-Beilage durchaus unzulässig und eintretenden Falles durch strengste Einschreitung zu beseitigen. der k. Generalcommissär ernennt die Censoren, wacht über deren pflichtreuen eifrigen Wirken, beahndet laues oder vorschriftswidriges Betragen mit aller Strenge der Dienstbefugnisse, wechselt gegebenen Falles den Censor dort, wo eine Auswahl von Beamten möglich ist, trägt auf Versetzung säumiger, oder zum Censuramte untüchtiger Beamten an, und wird im Unterlassungs-Falle, nicht nur für die Unterlassung, sondern auch für die ferner unzweckmäßige Handhabung der Censur verantwortlich.
V. Handhabung der Censur und desfalsiges Verfahren.5 1. Die der Zensur unterliegenden Schriften müssen derselben vor dem Abdrucke unterstellt, und dürfen nur in dem Maße, als die Censurerlaubnis erfolgt, in Druck gegeben und verbreitet werden. 2. Gegen Redakteure, Verleger und Drucker, welche sich der Beobachtung dieser verfassungsmäßigen Bestimmung in irgendeiner Weise entziehen, ist mit Hinwegnahme des verfassungswidrig bewerkstelligten Abdruckes und unbedingt nach den gesetzlichen Directiven zu verfahren, welche die allerhöchste Entschließung vom l t e n . März 1832 in unwidersprechliche Evidenz gestellt hat, unbeschadet der in den sieben älteren Kreisen, nach Maßgabe des Art. 6 Ziff. 4. der gesetzlichen Grundbestimmungen über das Gewerbswesen etwa gegeben, von den competenten Behörden, nämlich den Landgerichten, den Herrschaftgerichten, den herrschaftlichen Commissariaten und nach § XI. lit.b. und § XVI der allerhöchsten Verordnimg vom 15. September 1818 von den k. Stadt-Commissariaten zu beschließenden und von der theilweise nach Art. 10 des kaiserlichen Decrets vom 5. Febr. 1810 von der competenten Kreisregierung, unter Bestätigung des k. Staatsministeriums des Innern zu verhängenden gewerbspolizeilichen Einschreitung. 3. Wie überhaupt bei Anzeigen verfassungswidriger Absichten im Gebiete der Presse, so sind die Preßpolizeibehörden insbesondere auch bei obwaltendem Verdachte einer beabsichtigten oder wirklichen Umgehung der Censur, gehalten, ihre durch § 4 der III. Verfassungsbeilage begründete Aufsicht auf die Of5
248
Vgl. Döllinger, Sammlung, Bd. 3, S. 334 §42 und Schletter, Handbuch, S. 232f.
4.
5.
fizien zu verdoppeln, die uncensirten, oder dem Censurvidit nicht entsprechenden Abdrücke censurpflichtiger Schriften an Ort und Stelle hinwegzunehmen, und mit aller Kraft ihrer amtlichen Wirksamkeit dafür zu sorgen, daß der beschwornen Verfassung die volle Anwendung gesichert bleibe. So wenig die Censurbehörden dem regelmäßigen Erscheinen der ihr untergebenen Blätter hinderlich seyn, oder insbesondere deren rechtzeitige Versendung durch die Post mittelst willkürlichen Feststellens der Censurstunden hindern darf, so wenig kann derselben andererseits zugemuthet werden, die Censur ohne Noth zu ungewöhnlichen Geschäftsstunden zu besorgen. Es ist daher mit Strenge darauf zu bestehen, daß die Redactionen ihre Blätter der Censur so viel möglich zu einer angemessenen Stunde übergeben, und der betreffende Regierungs-Präsident hat im Anstandsfalle mit billiger Berücksichtigung aller Verhältnisse die sachgemessene Entscheidung zu treffen. Insbesondere haben die Censurbehörden Sorge zu tragen, daß die Durchsicht der an sie gelangenden auswärtigen Tageblätter ohne allen Aufschub erfolge, und daß von jeder Censurbehörde der Augenblick genau festgesetzt werde, in welchem die betreffenden Exemplare wieder abgeholt werden können, damit die Ablieferung derselben an die Pränumeranten keiner unnöthigen Verzögerung unterliege, und auch der Postdienst durchaus keine Störung erleide.
Zu § 4 und 5 der III. Verfassungs-Beilage: Aufsicht auf die Erzeugnisse der Presse überhaupt und insbesondere auf Buchhandlungen, Buchdruckereyen und Leseinstitute6 1. Von allen im Kreise erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften hat die Kreisregierung sogleich bei ihrem Erscheinen, unter Angabe des Verlegers und Redakteurs, dann der etwaigen Censurbehörde, mittels Vorlage eines, nach dem in der Ministerialentschließung vom 10 t e n April 1834 vorgeschriebenen tabellarischen Extractes, Anzeige zu erstatten. 2. Da die §§ 4 und 5 der III. Verfassungsbeilage alle Leseinstitute ohne Ausnahme einer preßpolizeilichen Aufsicht unterwerfen, so kann keine Gesellschaft in Ansehung des mit derselben verbundenen Leseinstitutes dieser gesetzlichen Bestimmungen entbunden werden. - Sache der verantwortlichen Polizeibehörde ist es jedoch, die Geltendmachung dieser Aufsicht nach dem Grade von Strenge und Sorgfalt zu bemessen, womit jede einzelne Gesellschaft in Bezug auf die von ihr bestellten Schriften verfährt. Zu § 6 und 7 der dritten Verfassungsbeilage: Verfahren gegen den Mißbrauch der Presse durch Schriften. 7 1. Der Fall der durch die III. Verfassungsbeilage begründeten geschärften Aufsicht ist gegeben, sobald die Polizeibehörde durch Auszüge öffentlicher Blätter oder auf sonstigem Wege, von dem Erschienen seyn und der stattfindenden Verbreitung einer den verfassungsmässigen Voraussetzungen zuwiderlaufenden Schrift, in Kenntnis gesetzt wird. Die Anzeige an das einschlägige Untersuchungsgericht, die Einleitung des polizeilichen Strafverfahrens und die etwa gegebene Beschlagnahme aber, setzt stets den erlangten Besitz der angeschuldigten Schrift oder sinnlichen Darstellung und die unmittelbare Kenntnisnahme von deren Inhalt voraus. 2. Bei Straferkenntnissen wegen Preßvergehen haben die Fiscale zwar gegebenen Falles die Berufung binnen des in der allerhöchsten Verordnung vom 19. März 1816 § 3 festgesetzten präklusiven Termins von 3 Tagen anzumel6 7
Vgl. Döllinger, Sammlung, Bd. 3, § 74, S. 358, Schletter, Handbuch, S. 233. Vgl. Döl linger, Sammlung, Bd. 3, S. 373, § 87, Schletter, Handbuch, S. 234.
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3. 4.
5.
6. 7.
den, zu deren Ausführung jedoch sofort die Zustimmung der k. Regierungskammer des Innern zu erholen, welche letztere den Gegenstand in reifliche Erwägung zu ziehen, und das den Gesetzen und der Sachlage Entsprechende zu beschließen hat. Die Anzeige der Beschlagnahme verschiedener Schriften bei dem Ministerio hat in gesonderten Berichten zu geschehen. Die Ausschreibung einer, durch das k. Staatsministerium des Innern verfugten Beschlagnahmsbestätigung, hat jederzeit sogleich stattzufinden, die Umwandlung der Beschlagnahme in die Confiskation selbst aber ist erst nach Ablauf des Rekursfatales in definitiven Vollzug zu setzen. Die verfassungsmäßig beschlossenen Maßregeln gegen Zeitschriften, periodische Blätter und Werke, erstrecken sich auf die durch die Post versendeten nur in so ferne, als selbe entweder a, unverschlossen, oder b, unter Kreuzband in einer Weise eintreffen, welche die Constatierung der Identität ohne Verletzung des Kreuzbandes möglich macht. Die Postbehörden sind verbunden, gesetzmässigen, dem Postgeheimnis nicht nahe tretenden Requisitionen der mit Handhabung des Preßedicts beauftragten Stellen und Behörden zu entsprechen. Gegen die Verbreitung verbotener Schriften durch die Boten ist durch pünktliche Handhabung der Botenordnung vom 16. November 1822, §§ 11, 12, 14, insbesondere durch genauen Vollzug von den § 22 desselben vorgeschriebenen Visitationen, dann durch angemessene Bestrafung der Uebertreter einzuschreiten. Ebenso ist zu sorgen, daß nicht die Verbreitung verbrecherischer Erzeugnisse der Presse durch Boten, im Widerspruche mit den § 12 der Botenordnung, und mit Theil I Art. 308, 324 des Strafgesetzbuchs bewirkt, daß vielmehr solchen Versuchen, gesetzlicher Ordnung gemäß, mit Berücksichtigung der Bestimmungen des Strafgesetzbuchs Thl. I. Art. 396 und der Anmerkungen zu demselben, Thl. III. S. 259 u. 260 begegnet werde.
Zu § 9 der dritten Verfassungsbeilage: Berufung und Beschwerde an den königlichen Staatsrath8 Uebrigens bleibt der Weg an den k. Staatsrath auch außer dem im § 9 der III. Verfassungsbeilage, bezüglich speciell vorhergesehener Beschwerdefälle, dem Geiste des Tit. II. § 2 lit. Β. Ziffer 18 und nach Umständen lit. Α. Ziffer 11 der allerhöchsten Verordnung vom 18. November 1825 (Regierungsblatt, Jahrg. 1825, Nro. 46, S. 865ff.) gemäß, überhaupt gegen jede auf die Verletzung der III. Verfassungsbeilage sich beziehende Verfugung der ersten Stellen und Behörden sowohl, als des k. Staatsministeriums des Innern offen, und es ist der Betretung dieses Weges in keiner Weise ein direktes oder indirektes Hindernis entgegen zu stellen.
8
250
Vgl. Döllinger, Sammlung, Bd. 3, § 97, S. 379; Schletter, Handbuch, S. 234f.
Den Vollzug des III. Edikts zur Verfassungsurkunde hinsichtlich der politischen Zeitungs- und der zensurfrei erscheinenden Tags-, oder sonstigen periodischen Blätter und Druckschriften überhaupt. Erlaß des bayerischen Innenministeriums an alle Regierungspräsidien, München den 23. April 1838 Quelle: BayHStA MA 2 5 0 0 4 (Abschrift) und StAA Regierung 7055
Die von dem k. Ministerium des Innern unterm 8. März 1836 erlassene CensurInstruktion hat die seit einigen Jahren bestandene Bestimmung erneuert, daß, solange Seine Majestät der König nicht anders verfügen, von Uibung der Censur in Ansehung der Gegenstände innerer Politik Umgang genommen werden, und daher den Censoren nicht gestattet sein solle, in Blättern gemischten Inhalts irgend eine dem Bereiche der inneren Politik angehörende Stelle dem Abstriche zu unterwerfen; das so nach gegen Artikel aus dem Bereiche der inneren Politik nur bey dem Dasein der in § 7 der III. Verf. Beyl. bezeichneten Voraussezungen und auf dem dort vorgeschriebenem Wege der Beschlagnahme einzuschreiten sey. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die unerläßliche und verfassungsmaeßig vorgeschriebene polizeiliche Aufsicht auf die periodische Presse bey dem Fortbestehen dieser Begünstigung umso weniger mit der erforderlichen Wirksamkeit gehandhabt werden koenne, als die Befugnis zur Redaktion und Herausgabe von Tagesblätter groeßtenteils von solchen Individuen ausgeübt wird, die durch ihren Charakter und ihre Bildung und durch ihre persönlichen Verhältnisse durchaus keine Bürgschaft für einen gesetzmäßigen und mit den Anforderungen der oeffentlichen Ordnung im Einklang stehenden Gebrauch der zugestandenen Begünstigung darbieten. Die III. Verf. Beyl. unterwirft in dem § 2 alle politischen Zeitungen und periodischen Schriften politischen und statistischen Inhalts der dafür angeordneten Censur; sie hat diese Censur nicht etwa erst neu eingeführt, sondern, wie dieselbe von jeher, und namentlich nach den landesherrlichen Verordnungen vom 6. Sept. 1799 und 17. Febr. 1806 bestanden, ohne irgendeine Abänderung bestätigt und aufrecht erhalten. Die Unterscheidung zwischen innerer und äußerer Politik und die Idee, daß eine Zeitung oder sonstige periodische Zeitschrift nach der Verschiedenheit des Stoffes, welche die einzelnen Artikel behandeln, zum Theile unter dem präventiven System der Censur und zum Theile unter dem regressiven der nachfolgenden Bestrafung und der polizeilichen Beschlagnahme zu stehen habe, sind der III. Verf. Beyl. ebenso fremd, wie der früheren, durch dieselbe lediglich aufrechterhaltene Gesetzgebung und der bis auf die neueren Zeiten herab bestandenen stets gleichförmigen Anwendung und Ausübung der einen und der anderen. Die erwähnte Unterscheidung widerstreitet zugleich dem Sprachgebrauch und steht mit sich selbst im Widerspruch, indem sie zugiebt, daß mit dem Worte Politik ein Gattungsbegriff bezeichnet werde, der in zwey Arten, die innere und äußere Politik sich abtheile - dennoch aber die von dem Gesetze gewählte Bezeichnung des Gattungsbegriffes auf eine einzelne, unter demselben enthaltene Art beschränken will. Kann nun aber bey ruhiger und unbefangener Prüfung kein Zweifel darüber bestehen, daß alle Zeitungen und periodischen Schriften, welche sich mit Politik, sey es innerer oder äußerer, oder mit Statistik befassen, in ihrem Gesamtinhalte verfassungsmaeßig der Censur zu unterliegen haben: führt ferner die Annahme, daß nach den Gesetzen nur die äußere Politik und die Statistik unter der Herrschaft der Censur gestellt sey, zu einem offenbaren Widersinn, da unter dem allgemeinen Begriff der Statistik auch die innere Politik begriffen, und durchaus kein auch nur scheinbarer Grund denkbar ist, warum die Statistik mit Ausschluß der innerern Politik in dem Bereich der Censur hätte gezogen werden sollen, und hat endlich 251
die Erfahrung dargethan, daß die der Journalistik in Beziehung auf das Gebiet der inneren Politik seit einigen Jahren zugestandene Begünstigung der Polizeybehörden die Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Obliegenheiten ungemein erschweren und in manchen Faellen unmöglich mache, so erwachset hieraus von selbst die Pflicht, dasjenige was als verfassungsmäßige Bestimmung erkannt ist, unbedingt und ohne Beschraenkung zur Geltung und zum Vollzug zu bringen. Es ist der ernste Wille Seiner Majestät des Königs, daß die Censur fortan wieder mit dem vollen, durch die III. Verf. Beyl. vorgezeichneten Umfange nach den bestehenden Vorschriften nachdrücklich gehandhabt, jeder Preßunfug mit kräftiger Entschiedenheit unterdrückt und keinerley eigenmächtige Ausdehnung jener Rechte zugelassen werde, welche in der III. Verf. Beyl. den königlichen Unterthanen bezüglich des Gebrauchs der Presse und namentlich der Herausgabe von Zeitungen und periodischen Schriften eingeräumt worden sind; Seine königliche Majestät haben demgemäß allerhöchst zu verfugen geruht wie folgt: I. Die verfassungsmäßig angeordnete Censur hat sich von nun an wieder über alle politischen Zeitungen und periodischen Schriften politischen oder statistischen Inhalts nach ihrem ganzen Inhalte und daher ohne fernere Zulassung des unhaltbaren und gesetzwidrigen Unterschieds zwischen innerer und äußerer Politik, und ohne Ausnahme der Inserate zu erstrecken, und ist in dieser vollen verfassungsmäßigen Ausdehnung nach den gegebenen oder künftig noch zu gebenden Vorschriften auszuüben. II. Keiner neuen Zeitung oder sonstigen periodischen Schrift soll der Absatz und die Vertheilung durch die Zeitungsexpedition der k. Postbehörden ohne besondere allerhöchste Bewilligung von nun an gestattet werden. Bezüglich der Zeitungen und periodischen Blätter, welche dieser Absatzbegünstigung sich zu erfreuen haben, bleibt die Zurücknahme derselben zu allen Zeiten vorbehalten, und es soll insbesondere dann, wenn einzelne Zeitungen oder sonstige periodische Schriften dieser Absatzbegünstigung sich unwürdig machen, oder bisher etwa schon unwürdig gemacht haben, unverzüglich Bericht erstattet werden, damit wegen Entziehung der genoßenen Begünstigung das Geeignete sofort eingeleitet werde. III. Den k. Regierungspräsidien wird jedes öffentliche Ausschreiben der gegenwärtigen Instruktion auf das Bestimmteste untersagt. Dieselben haben die einzelnen Censoren mit den zum Vollzug erforderlichen Weisungen zu versehen, und mit der ernsten und nachdrücklichen Handhabung der gegebenen Vorschriften zu beauftragen, zugleich aber dieselben dafür verantwortlich zu machen, daß der nähere Inhalt ihrer Instruktion auf keine Weise veröffentlicht, und am wenigsten den Redaktionen der Zeitungen oder sonstigen Tagblaetter darüber irgendeine Eröffnung gemacht werde. Hierbei werden noch die königlichen Regierungspräsidien wiederholt aufmerksam gemacht, daß 1. der § 1 der III. Verf. Beyl. den freyen Gebrauch der Presse nur den k. Unterthanen nicht aber den Auslaendem gestattet, daß ferner 2. der Verlag gedruckter Schriften jeder Art und der freye Verkehr in Ansehung derselben nach dem erwähnten § 1 nur den offenen Buchhandlungen, und denjenigen, welche zu diesem Gewerbe obrigkeitlich berechtigt sind, zustehe, endlich daß 3. gegen die eben erwähnten Berechtigten bey eintretendem Mißbrauche, beharrlichem Ungehorsame oder Widersetzlichkeit gegen obrigkeitliche Anordnungen in Beziehung auf ihr Gewerbe von den zuständigen Behörden mit der Strafe der Ge-
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werbseinstellung auf bestimmte Zeit oder nach Umständen mit gänzlicher Entziehung der Conzession nach Artikel 6 Ziff. 4 des Gewerbegesetzes vom 11. September 1825 einzuschreiten ist. Auch diese Bestimmungen sind den betreffenden Behördung mit Umgehung und Untersagung jedes öffentlichen Ausschreibens in Erinnerung zu bringen. Vollzugsanweisung des bayerischen Innenministeriums an sämtliche Kreisregierungen, München den 26. Dezember 1847, bezüglich der Aufhebung der Zensur für innere Angelegenheiten Quelle: BayHStA MA 2 5 0 0 4
Als Seine Majestät der König durch allerhöchste Verordnung vom 16. des Monats den Vollzug der III. Verfassungsbeilage huldreichst neu zu regeln geruhten, trugen Allerhöchstdieselben zugleich Ihrem Ministerio des Inneren für Kirchen und Schulangelegenheiten auf, das weitere Geeignete zu verfugen und für den Vollzug Allerhöchstihrer wohlwollenden Absicht Sorge zu tragen. In Gemäßheit dieses königlichen Befehls erhalten sämmtliche Regierungen, K.d.I., hiermit nachstehende Vollzugsweisung: I. Der Monarch will, ebensolange Allerhöchst Er nicht anders befiehlt, die inneren Landesangelegenheiten jeder Präventiv-Einschreitung entrückt und letztere fortan nur angewendet wissen 1. auf Gegenstände der äußeren Politik; 2. auf Artikel, wodurch ein bestehendes Strafgesetz im Verbrechens- oder Verfahrensgrade übertreten wird; 3. auf Antastungen der Ehre von Privaten. Diese allerhöchste Bestimmung ist durchaus loyal und ohne alle [unleserlich]talreservation gegriffen. Sie muß also auch mit gleicher Loyalität vollzogen werden. II. Unter auswärtiger Politik ist lediglich zu verstehen, was den teutschen Bund als solchen, dann das politische Leben jedes einzelnen teutschen und außerteutschen Staates sowohl in sich, als in seinen Wechselbeziehungen zu den übrigen Staaten einschlüssig Bayerns angeht. Innere Landesangelegenheiten des bayerischen Staates unter irgendwelchen Vorwänden in das [!] Bereich der äußeren Politik hineinziehen, wäre den allerhöchsten Absichten geradezu entgegen. III. Bezüglich des strafrechtlichen Gebietes wurde sich in der Allerhöchsten Anordnung deshalb ausdrücklich auf die Sphäre der Verbrechen und Vergehen beschränkt und von Gesetzesverletzungen im Polizeyübertretungsgrade Umgang genommen, weil der diesseits des Rheines so unendlich vage Polizeybegriff dem Censurgebiete jede sichere Begränzung entziehen und Willkührlichkeiten Thür und Thor öffnen würde. Das königliche Zugeständnis ging absichtlich weiter, als die III. Verf. Beilage, welche in § 6 sogar förmliche Beschlagnahme aus dem einfachen Polizeymomente gestattet. Es bedarf daher nicht erst der Erwähnung, daß die Censoren auf den Grund der Ziff. 2 Abs. 2 der allerhöchsten Verordnung nur demjenigen das Imprimatur zu verweigern haben, was wie z.B: Majestätsbeleidigungen /: diesrheinisches Strafbesetzbuch Teil I Art. 309 bis incl. 314 :/ Verbrechen gegen den öffentlichen Rechtsfrieden usw. in dem Fall des Erscheinens wirklich strafrechtlicher Kognition anheimfallen würde. IV. Die Fürsorge zu Gunsten der Privatehre liegt bekanntermaßen die eben so gerechte als weise Ansicht zu Grunde, es komme der Regierung zu, Jene, welche durch kein öffentliches Amt in das politische Räderwerk des Landes
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eingreifen, mittels der verfassungsmäßigen Censurwaffe gegen Verunglimpfungen insolange zu sichern, als nicht die bevorstehende neue Civilgesetzgebung dem Mißbrauche der Presse zu entwürdigenden Antasten des Privatlebens einen voll wirksamen Damm entgegenstelle. Sicher ist diese Allerhöchste Beschränkung das Edelste und Fürderlichste, was sich im Interesse vernünftiger Pressfreiheit je ersinnen ließ, indem die leider allenthalben beträchtliche Zahl derer, welche in den Tagblättern zunächst ein Erwerbskanal erblicken, nur zu gerne den Privatverhältnissen, als einem vorzugsweise pikanten Gegenstande sich zuwendet, und das Zustandekommen einer würdigen Presse, dann einer von dieser getragenen ächten öffentlichen Meinung, wesentlich dadurch bedingt erscheint, daß das freie Wort von dem Pfuhle gemeiner Klatscherei hinübergedrängt werde und daß auf das ernste und fruchtbare Gebiet der öffentlichen Interessen. Aber eben dieses Motives wegen darf dem Tadel gegen Staats- und öffentliche Diener, in welcher Form er sich auch bewege, ein Abstrich nicht entgegentreten. Selbstkritiken, worauf der Begriff einer Amtsehrenbeleidigung anwendbar erscheinen könnte, haben frei vor das Publikum zu treten, damit alle Welt erkenne, daß, wer in Bayern ein öffentliches Amt annimmt, und die öffentliche Bühne betritt, auch vor dem öffentlichen Urtheil, keine Scheu trägt. Hinwieder sind die betreffenden Redaktionen gehalten, auch Erwiderungen der Betheiligten ihre Spalten zu öffnen, und ist ein öffentlicher Beamter oder Diener mit Unrecht getadelt worden, so wird, abgesehen von der ihm zustehenden Injurien oder Kalumniarklage die k. Regierung, K.d.Inneren, es sich zur dringenden Pflicht rechnen, nicht nur den schuldlos Getadelten auf dem Wege der Publicität energisch und erschöpfend zu vertreten, sondern auch, so ferne es irgend zulässig erscheint, die strafrechtliche Einschreitung aus dem Titel beleidigter Amtsehre ex officio zu provozieren. V. Die Zensur in Gegenständen der äußeren Politik darf nichts dulden, was die Verfaßung und die Gesetze des teutschen Bundes, oder die Grundlagen des christlichen Staates und der sozialen Ordnung irgendwie antasten könnte. Sie darf ferner keinerlei Beleidigungen gestatten gegen auswärtige Regenten und Dynastien und gegen fremde Regierungen. Im uebrigen ist ihr Zweck keineswegs, den öffentlichen Blättern eine bestimmte Richtung aufzudrängen; vielmehr muß das freie Urtheil insoweit geehrt werden, als dasselbe in ruhiger anständiger und bemessener Form hervortritt, und als die Redaktionen sich nicht weigern, auch eingesendeten Berichtigungen den Zugang zu gestatten. Überdies ist auf den Reziprokitätstandpunkt sorgfältige Rücksicht zu nehmen. VI. Die Censurstreifen sind fortan stets dreifach vorzulegen. Verweigert ein Censor das Imprimatur, so muß diese Weigerung auf sämtlichen drei Exemplaren in margine des durchgestrichenen Artikels mit Beifügung des Datums und unter eigenhändiger Unterschrift des Censors constatiert werden. Der Redaktion steht die alsbaldige Berufung an die königliche Kreisregierung, K.d.I., zu, welche im bureaucratischen Wege binnen 3 Tagen nach Eintreffen der Berufung zu entscheiden gehalten ist. Auch bleibt der Redaction gegen die Entscheidung der Kreisregierung der Recurs an das k. Ministerium des Inneren fiir Kirchen und Schulangelegenheiten und gegen eine ablehnende Entschließung des letzteren auf dem Grunde des § 9 der III. Verfassungsbeilage, dann Titel II § 7 Lit. Β No. 18 der allerhöchsten Verordnung vom 18. November 1825 die Beschwerde an den königlichen Staatsrat offen. VII. Die Zensur darf unter keinem Vorwande Artikel ändern; auch ist sie zur teilweisen Abstreichung nur insofern berechtigt, als eine Redaktion aus254
drücklich zu Protokoll erklärt, partielle Abstriche dem totalen Abstreichen einzelner Artikel vorzuziehen. VIII. Mit Schlüsse jeden Monats sind die Duplikate und Triplikate der Censurabstriche an die königliche Kreisregierung, Kammer des Innern, einzusenden, welche ihre etwaigen Erinnerungen dem Censor kundgibt, sofort das eine Exemplar in ihre Registratur aufbewahrt, das andere aber unter abschriftlicher Beifügung der etwa von ihr erlassenen Erinnerungen dem k. Ministerio des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheit zur weiteren Beurteilung übermittelt. IX. Beschlagnahmen inländischer Blätter sind nur bezüglich solcher Artikel zulässig, welche gemäß § Ziffer I., II., III. und IV. gegenwärtiger Vollzugsweisung der Censur nicht unterliegen. Rücksichtlich derselben ist genau nach Vorschrift der §§ 6, 7, 8, 9, 10, 11 der III. Verfassungsbeilage zu verfahren. X. Bezüglich aller in gegenwärtiger Vollzugsweisung nicht vorhergesehenen Fälle bleiben die Normen vom 8. März 1836 in ungetrübter Wirksamkeit. Die k. Regierung, Kammer des Inneren, wird hiernach das weiter Geeignete anordnen, und die Redactionen im Geiste vorstehender Verfügung anweisen.
Briefe
Brief des Verlegers Johann Friedrich Cotta an den bayerischen Außenminister Grafen Rechberg, Stuttgart, 30. Oktober 1820, in Betreff der Verordnung vom 11. Oktober 1820 Quelle: BayHStA Minn 25097/1
Hochwohlgeborener Herr Graf, Gnädiger Herr Staatsminister! Mit schweren Herzen komme ich daran, Eurer hochgräflichen Excellenz in Ihren wichtigen Geschäften zur Last zu fallen, allein will ich die Allgemeine Zeitung durch die neuern Befehle nicht zu Grunde richten lassen, so muß ich es wagen, Hochdiesselbe aufs dringenste zu ersuchen, die gegebnen Befehle zu mildern. Die A.Z. - bin ich anders recht berichtet - soll nicht zu Gunsten der Königin aufnehmen, nichts zu Gunsten der spanischen, portugisischen und neapolitanischen Revolution. Welcher Spielraum ligt in disen Verordnungen für den Censor? und wie sollte ein Institut wie die A.Z. noch bestehen können, wenn ihr ihr Hauptcharakter genommen ist, der der Unparteilichkeit in Aufname des Für und Wider jedes Gegenstandes - Schon sind mir darüber Klagen eingekommen und ich muß besorgen, daß mit dem Neuen Jahr die Zahl der Abonnenten bedeutend abnemen werde. Mit was habe ich diß verschuldet und welcher unparteiische muß nicht mir und dem Redakteur der A.Z. das Zeugniß geben, daß wir in diser so sehr bewegten Zeit alles anwenden, um die wahre Mittelstraße zu halten, keiner Partei fröhnend, nur der Wahrheit huldigend! - Bedenken Euer Hochgräfliche Excellenz, daß ich bei f 20.000 nur auf Correspondenz verwende, - eine Summe, die durch jene Befehle größtentheils vergeblich verwendet ist. Schon ligen viele Tage 3 Schreiben aus London beim Censor ohne Erledigung, ein diplomatischer Bericht über die Unruhen in Palermo ist seit 14 Tagen beim Censor, die Times worinn das Schreiben des Fürsten von Metternich an Berstetten kommt, hat die Redaction nicht wieder zurükerhalten, und während diser Vorsichtsmaßregeln gibt die Minerva jenes Schreiben und verbreitet es in ganz Teutschland und die hiesigen Zeitungen sind ungenirt, über alle obige Gegenstände die günstigsten Nachrichten zu verbreiten - wäre die A.Z. hier, so wäre von 255
Allem was bei ihr gestrichen wurde, und was sie nicht aufnemen durfte, alles gedruckt und ich hätte wahrscheinlich eine weitbedeutendere Abname. Aber ich wäre mit der gegenwärtigen zufrieden, wenn ich sie nur erhalten könnte, diß ist aber bei jenen Befehlen nicht möglich. Haben Sie daher die Gnade, hiefür doch schleunige Hülfe zu schaffen, damit ich bei Zeiten die gehörigen Maaßregeln ergreiffen kan. Erst vor kurzem habe ich einen Gelehrten zum Behuf der Allg. Zeitung nach Spanien und Portugal gesandt und in England einen engagirt, und mit einem, der nach Amerika reisen will, bin ich deßwegen in Unterhandlung. Ich gedenke meiner andren Einrichtung nicht weiter, aber es wäre gewiß Schade, wenn ein solches Insitut in unsren Zeiten zu Grunde gehen sollte. Und fragen wir uns warum? Ach, dise Geister werden nicht auf dise Weise beschworen! Ich schmeichle mir gewiß, mit der baldigsten, beruhigendsten Antwort - das Neujahr ist sehr nahe - und ich bitte noch die Abschrift der Befehle doch gnädig beifügen zu lassen, die dem Redakteur der A.Z. nur vorgelesen, aber nicht zur Abschrift mitgetheilt wurden Antwort des bayerischen Außenministers Grafen Rechberg an Johann Friedrich Cotta auf dessen Brief vom 30. Oktober 1820, München, 14. November 1820 Quelle: BayHStA Minn 25097/1
[,..]Fürs erste scheint es, als ob Sie über die dem Redakteur jener Zeitung zugekommenen neuerlichen Weisungen ganz mißlich berichtet wurden. Es ist niemals von einem Verbote der Aufnahme hinlänglich beglaubigter Thatsachen oder authentischer Aktenstücke in Bezug auf die Angelegenheiten von Spanien und Portugal, Neapel und den übrigen italienischen Staaten die Rede gewesen. Vielmehr hat sich dieses Verbot lediglich auf die Aufnahme räsonnierender, den Bewegungen und Umwälzungen in jenen Staaten das Wort redender Artikel erstreckt. Diese Maßregel ist aber ebenso notwendig als müßig und billig. Wie könnte es auch in einem Augenblicke, wo die großen europäischen Mächte über einen so schwierigen und wichtigen Gegenstand erst Berathung pflegen, wo ihre Ansicht noch nicht entschieden ausgesprochen ist, den Zeitungen erlaubt seyn, ohne weiteres Parthei fur jene Umwälzungen zu nehmen, und den Beschlüssen der Mächte mit kühner Anmaßung vorzugreifen! Unter Zensur stehende Zeitungen zumal deren Äußerungen darum als von ihrer Regierung gebilligt oder doch wenigstens als nicht mißbilligt angesehen werden müssen! Ich bin demnach von ihrer Einsicht überzeugt, daß Sie das Zweckmäßige und Unerläßliche der getroffenen Anordnung erkennen werden. Dabei glaube ich Ihnen aber im allgemeinen bemerken zu müssen, daß im Grunde der in der neueren Zeit, aus Nachahmung der englischen und französischen Blätter, immer mehr eingerissene Gebrauch, ich möchte wohl sagen Mißbrauch, einer stets zunehmenden Aufnahme räsonnierender Artikel in den deutschen Zeitungen der Natur und Bestimmung dieser Institute ganz entgegen ist, den unstreitig ist der ursprüngliche und wahre, lange bewährte und auch jetzt noch von der Mehrzahl deutscher Zeitungen festgehaltene Beruf dieser Blätter der reine, treue und unentstellte Bericht von Thatsachen und die Aufbewahrung dieser und der offiziellen Aktenstücke als Material für die Geschichte. Dieser schöne und würdige Beruf dessen genaue Einhaltung alle Inconvenienz für die Zeitungsredaktionen, wie für die Regierungen beseitigen und damit vielleicht am ersten und gründlichsten die Aufhebung einer lästigen Aufsicht bewirken könnte, wird aber völlig verkannt und verletzt, wenn durch die Aufnahme räsonierender Artikel dem unbefangenen, ungetrübten Urteile des Lesers vorgeriffen wird, und die Thatsachen selbst von einem immer einseitigen Gesichtspunkte aus in ein falsches Licht gesetzt, ja wohl gar entstellt wer-
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den. So bekommen diese Blätter, indem sie ihre frühere, rein historische mit einer volksrednerischen Natur und Dichtung vertauschen, und sich zum Organ der Partheien hergeben, einen für den Staat bedenklichen, eine Aufsicht nöthig machenden Charakter, und ihr geschichtlicher Werth vermindert sich in eben dem Maße und verliert sich endlich wohl ganz. Es ist übrigens nur eine leidige Täuschung, wenn die Zeitungsredaktionen wähnen, die Unpatheilichkeit und damit den Werth ihrer Zeitungen wieder herzustellen und zu erhalten, wenn sie nur räsonnierende Artikel in verschiedenartigem Sinn aufnehmen, und so gewissermaßen jeder Ansicht und Parthei ihr Recht widerfahren zu lassen scheinen. Den erstens ist es nicht wohl möglich, auch mit dem besten Willen zwischen den entgegengesetzten Meinungen ganz indifferent und ohne eine, wenigstens unwillkürliche immer unmerklicher werdenden Vorliebe für eine Ansicht oder Richtung zu erscheinen. Dann aber müssen die auf alle Weisen und fortgesetzt ausgesprochenen Partheimeinungen offenbar die Ausbildung und Steigerung des Partheigeistes, der jede reine und freie historische Auffassung unmöglich macht, befördern und es am Ende nur dahin bringen, daß jede Parthei lediglich die in ihrem Sinne geschriebenen Artikel zur Bestärkung in ihrer Sinnesart, die entgegengesetzten aber höchstens darum liest, um sich in ihrem Hasse gegen die Gegenparthei zu befestigen, so daß einer Zeitung auf diesem Wege allenfalls eine Zeitung für alle Partheien, keineswegs aber eine unpartheiische werden könnte. Diese Betrachtung fuhrt mich darauf, Ihnen einiges über die bisherige Führung der allgemeinen Zeitung, die sich fur ganz unpartheiisch erklären, zu erinnern. Ich gestehe Ihnen, daß ich diese Unparteilichkeit nicht eben erkannt habe, so wie mir auch vielfache und fortgesetzte Klagen über das Gegentheil zugekommen sind. Es ist nicht zu verkennen, daß sich eine der Ansichten und Partheien der Zeit, die ultraliberale, einer besonderen Vorliebe und Begünstigung von Seite der Redaktion der allgemeinen Zeitung zu erfreuen hat, während Aufsätze, die in einem entgegengesetzten Sinne abgefaßt sind, nur sehr selten und mit sichtbarer Abneigung aufgenommen werden. Die Correspondenz-Artikel aus Frankreich zwar sind in den verschiedenartigen dort herrschenden Ansichten geschrieben, indeß sind auch hier die jener Lieblingsparthei bei weitem die zahlreichsten und ausführlichsten. Wenn aber die Artikel aus Frankreich in verschiedenem Sinne und mehrentheils auch ziemlich gemäßigtem Ton waren, so zeigte sich der bis auf die letzte Zeit einzige Correspondent der Allg. Zeitung aus London ganz in der völlig rücksichtslosen, jede Schranke und allen Anstand verletzenden Weise der Radikalen, so daß ich Sie wirklich ersuchen muß, den Artikel dieses Correspondenten, der mehreren Cabineten wohl bekannt und bezeichnet ist, und allen ähnlichen künftig die Aufnahme in die Allg. Zeitung zu versagen und sich mit denselben, da die Censur doch am Ende den Abdruck verhindern würde, nicht unnöthige Auslagen zu verursachen. Ein weiterer, die Unparteilichkeit der Redaktion nicht eben beweisender Umstand ist die Art, wie die Verhandlungen sowohl des englischen Parlaments als der französ. Kammern in die allgem. Zeitung aufgenommen zu werden pflegen. Während nämlich kein Anstand gefunden wird, die Reden der Opposition großenteils ausführlich und besonders mit allen, wenn auch noch so heftigen und derben Ausfallen gegen die Regierung und die Gegenparthei wiederzugeben, werden die Reden der royalistischen- und Ministerial-Parthei meist nur in einem sehr dürftigen, sie jeder Kraft und Wirkung beraubenden Auszuge geliefert. Auch in dieser Beziehung muß ich daher wünschen, daß in Zukunft entweder die Reden der einen oder anderen Parthei gleich ausfuhrlich und genau, oder alle nur in Auszuge und mit Hinweglassung aller heftigen und beleidigenden Ausdrücke aufgenommen
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werden. So nur kann die Zeitung den Charakter der Unparteilichkeit sich aneignen und behaupten. Es gibt endlich eine Art die Dinge vorzutragen und herzustellen, wodurch der Darsteller allerdings sich die Mine der Unbefangenheit, und damit vor allen Anfechtungen sich gesichert erhält, meist ein übler Geist unverkannter hervorleuchtet und vielleicht unter diesen halben Verhüllungen umso verderblicher wirkt, als er das Ansehen gewinnt, durch äussere Gewalt zurückgehalten und unterdrückt zu seyn, und noch mehr vermuthen läßt, als er verräth. Ich kann die Allg. Zeitung davon nicht freisprechen, hier und da Spuren dieses Geistes und dieser Behandlungsart gezeigt zu haben, und je weniger die Censur hiergegen vermag, um so mehr glaube ich von Eur. p. guten Gesinnung für die Zukunft erwarten zu dürfen, daß die Allg. Zeitung durchaus nur in einem guten löblichen Ihnen und eines Institutes, was keine gemeines Partheiblatt sein soll, würdigem Geiste geschrieben werde. Sie dürfen überzeugt seyn, daß ich den Werth dieser in vieler Hinsicht ausgezeichneten Zeitung so wie Ihre Bestrebungen und Verwendungen für diesselbe vollkommen erkenne. Aber sie werden mir auch zugeben müssen, daß mit den für diese Anstalt verwendeten Auslagen sich ebenso gut andere, von einem besseren lobenswürdigem Geiste beseelte Mitarbeiter erhalten Hessen, und ich hoffe, daß sie bei der Auswahl der neuerlich in Spanien und Portugal, dann in England und Amerika bestellten Correspondenten vor Allem auf jene bessere, tüchtige und tadellose Gesinnung gesehen haben werden. Was Ihre mir geäußerten Besorgnisse wegen geringeren Absatzes der All. Zeitung und des Ihnen dadurch zugehenden Schadens betrifft, so hege ich einerseits das volle Vertrauen, daß bei einem Mann von Vermögen wie Einsicht und guter Gesinnung, wenn es sich um Pflicht und höheres Wohl handelt, bloß mercantile Rücksichten gewiß nicht vorherrschen und überwiegen werden. Unmöglich können sie Nachrichten und Äußerungen, die der Staat als üble, schädliche und gefahrliche betrachten muß, etwa gerade darum und um jener Rücksichten willen für die »günstigsten« halten und erklären! Mögen dürftige obscure Zeitungs- und Pamphletschreiber, die allein für den Tag und seine vorübergehenden Partheimeinungen und Interessen schreiben, weil sie einzig vom Tage leben, darin ihre Entschuldigung finden, wenn sie dem [...?] Geschmack und dem schlechten Gaumen des kannegießerischen Pöbels zu schmeicheln suchen, bei einer Zeitung, die auf höheren Rang und auf bleibenden Werth Anspruch macht, kann der Beifall des Haufens, dem jetzt freilich leider! die frechsten Ausfälle am besten gefallen, nicht als erste Norm gelten. Ihre Existenz und ihr Bestand ruhen auf besseren und festeren Grundlagen. Ohnehin ist die ΑΖ schon durch ihre ganze Form und Einrichtung wie durch ihren Preis kein Blatt für die große Menge gemeiner Zeitungsleser, sondern mehr für die besseren und gebildeteren, die dann auch wohl an dem gewöhnlichen glatten Oppositions- und Liberalitätswesen oder gar an Artikeln im Sinne des Radikalismus kaum Gefallen finden mögen. Auf der anderen Seite möchte sich auch leicht zeigeil, daß selbst das mercantile Interesse bei einer besseren unbefangenen, rein historischen und wahrhaft partheilosen Führung am besten berathen sein dürfte. Denn wenn eine demagogische Richtung und Arrondierung nach den verkehrten und beweglichen Meinungen und Wünschen der Menge und des Augenblicks wohl auch anfangs eine Anzahl Leser mehr gewinnen könnte, so würde doch bald ein weit bedeutenderer Schaden daraus hervorgehen, in dem die Zeitung ganz unfehlbar in mehreren der größeren Staaten verboten würde. Auf daß, was Sie mir über die Lage der Zeitungen an Ihrem Wohnort sagen, kann ich Ihnen nur erwidern, daß es einzig die Sache der dortigen Regierung ist, Ihr Benehmen in dieser Beziehung zu verantworten. Die baierische Regierung, deren ächte Liberalität und Achtung jeder anständigen Feiheit längst erprobt und an258
erkannt ist, kann und wird sich niemals eine andere zum Muster nehmen. Sie kennt und beobachtet genau ihr Pflichten, gegen auswärtige Regierungen, wie gegen ihre eigenen Beschlüsse insbesondere. Von diesem Gesichtspunkte ist diesselbe bei den letzten Anordnungen für die Censur der Zeitungen ausgegangen, und ich kann daher ebensowenig eine Anordnung oder gar eine Aufhebung derselben eintreten lassen, als es nicht in meiner Macht steht, Instruktionen, die des Königs Majestät für die Censoren erlassen, auch anderen mitzutheilen. Wenn Eur. p. übrigens die in diesem ausführlichen Schreiben Ihnen gemachten Bemerkungen, deren Richtigkeit und Billigkeit wohl nicht zu verkennen sind, berücksichtigen, und die Redaktion der Allg. Zeitung nach demselben einzurichten sich verstehen werden, so wird das Amt des Censors in Bezug auf diese Zeitung nicht nur erleichtert, es wird vielleicht ganz überflüssig werden, was ich gewiß von ganzen Herzen wünsche. [...] Abschrift eines Rescriptes des Herrn Hof- und Staatskanzlers Fürsten von Metternich, Durchlaucht an den Herrn Gesandten Grafen von Spiegel Hochgeboren, Wien, 11. November 1828 Quelle: ÖStA HHStA, Staatskanzlei: Wissenschaft und Kunst 13; vgl. auch Abschrift: CA, CB Metternich Nr. 3 a
In N° 312 der allgemeinen Zeitung vom 7. November findet sich unter der Rubrik: Pesth. ein Artikel, dessen feindseliger Zweck so klar zu Tage liegt, daß beim ersten Anblick desselben, der Geist, welcher ihn eingegeben hat, sich nicht verkennen läßt. - Es geht aus jeder Zeile desselben die Absicht hervor, unter den Bewohnern des Königreiches Ungarn Unzufriedenheit mit ihrem jetzigen Zustande, ja sogar Zwietracht zwischen den verschiedenen Religions-Parteien zu erregen, und S e r M a j . griechischen Unterthanen Gesinnungen, die mit ihrer bekannten Treue und Ergebenheit an das regierende Haus in Widerspruch stehen, anzudichten. Daß der Artikel in Pesth nicht geschrieben worden, und der Verfasser desselben kein Ungar sein kann, läßt sich nöthigenfalls bis zur Evidenz darthun. Auch soll die Frage, wie ein so boshafter Versuch, den National-Frieden zu stören, in ein fremdes Blatt gelangen konnte, hier nicht näher erörtert werden. - Wir haben es allein mit der anderen Frage zu thun, ob ein Blatt, welches Artikel dieser Art, in welcher Absicht es auch seyn mag, aufnimmt, in dem k.k. Ländern geduldet werden kann. Euer Hochgeboren erhalten demnach auf ausdrücklichen Befehl S e r Maj. des Kaisers den Auftrag, dem Freiherrn von Cotta unverweilt zu eröffnen, daß, wenn je wieder ein Artikel von dieser oder ähnlicher Tendenz in der allgemeinen Zeitung erscheinen sollte, die Cirkulation dieses Blattes sofort im ganzen Umfang der Österreichischen Monarchie unausbleiblich verboten werden wird. Abschrift eines Rescriptes des Herrn Hof- und und Staatskanzlers, Fürsten von Metternich, Durchl, Wien, 11. November 1828 Quelle: ÖStA HHStA, Staatskanzlei: Wissenschaft und Kunst 13; vgl. auch Abschrift: CA, CB Metternich Nr. 3 b
[...] werden aus dem beigehenden Rescripte S e r kaiserl. Maj. höchsteigenen Willensmeinung in Ansehung eines in der allgemeinen Zeitung vom 7. d. M. erschienenen Artikels vernehmen. - S e M. sind, ohne weiter nach dem Verfasser des Artikels zu forschen, einzig bei dem Eindruck stehen geblieben, den sein solches Werk der Treulosigkeit und Bosheit auf höchst dero Gemüth machen mußte, und 259
den jeder rechtliche Mann, in und außerhalb Österreichs, theilen wird. Ich halte es jedoch meiner Seits für nöthig, [...] zur Erläuterung der Sache noch folgendes zu eröffnen. Es hat sich nicht allein mir sondern Jedem, der mit dem obwaltenden Verhältnißen nur einigermaßen bekannt ist, beim Lesen dieses Artikels sogleich die Überzeugung nachgedrungen, daß solcher aus keiner anderen Feder, als aus der des jetzt in Bayern angestellten Freiherrn von Hormayr gefloßen seyn kann. - Sowohl die unverkennbare Schreibart und charakteristische Manier dieses Schriftstellers, als die schnelle Erscheinung des Machwerkes, und die anachronistische Unwahrscheinlichkeit einer so frühen Mittheilung aus Pesth, erheben diese Überzeugung zur Gewißheit, und wir könnten für uns in dem einzigen Falle aufgeben, wenn der Herausgeber der allgemeinen Zeitung im Stande und Willens seyn sollte, eine anderweite Quelle aufzuweisen. Da sich nun bei den feindseligen Gesinnungen, in welchen der Freih. von Hormayr die Kaiserl. Staaten verlassen hat, voraussehen läßt, daß derselbe die Nachbarschaft der allgemeinen Zeitung und seine bekannten Verbindungen mit dem Herausgeber derselben öfter benützen mögte [!], um seinem Haße gegen einen Staat, in welchem er mit unverdienter, überschwenglicher Milde behandelt worden ist, Luft zu machen; so ist es umso nothwendiger, dem Freih. von Cotta auf einen Umstand aufmerksam zu machen, der ihm nicht nur mancherlei Unannehmlichkeiten zuziehen, sondern auch im nächsten ähnlichen Falle der allgemeinen Zeitung den Eingang in die k.k. Staaten unausbleiblich verschließen würde. b.p. werden daher sowohl dieses offizielle Rescript, als auch den gegenwärtigen Nachtrag zu dem selben dem Fr. v. Cotta unverweilt zur Kenntnis zu bringen belieben. Auszug eines Rescripts des k.k. Herrn Hof- und Staatskanzlers, Fürst Metternich, durchl. Wien, 12. Dezember 1828
von
Quelle: ÖStA HHStA, Staatskanzlei: Wissenschaft und Kunst 13; vgl. auch Abschrift: CA, CB Metternich Nr. 3 c
Ich kann mir nur aus der Abwesenheit des Herrn von Cotta und der Versäumniß seines Agenten erklären, daß b.p., mich von dem fernem Resultate ihrer Besprechungen mit Letzterm noch nicht benachrichtigt haben. Zu meinem äußersten Befremden aber finde ich in der Beilage der allgemeinen Zeitung Nr. 343 einen abermals aus Pesth datierten Artikel, der jenem, welcher die Verfügungen vom 11. v. M. veranlaßte, vollkommen ähnlich, auch offenbar aus der nämlichen, oder damit nahe verwandten Quelle gefloßen ist. Sollte Herr von Cotta zu der Zeit, wo dieser neue Artikel eingerückt wurde, von dem an b.p. adreßierten Eröffnungen bereits unterrichtet geweßen seyn, - so haben Sie ihm, wo er sich auch immer aufhalten mag, zu melden, daß dieser Beweis muthwilliger Vernachlässigung der ihm zugekommenen wohlgemeinten Warnungen, nicht ohne Folgen bleiben wird. Sollte er sich hingegen mit Unkenntniß der früheren Eröffnungen entschuldigen können, so trage ich b.p. hierdurch auf, ihn bald möglichst sowohl von jenem, als von dem gerechten Mißfallen, welches der letzte aus Pesth überschriebene Artikel hier erregt hat, verständigen zu lassen. Die unerwartete Erscheinung dieses Artikels macht aber noch eine andere Weisung nothwendig. Es ist allgemein bekannt, daß ein großer Theil der Korrespondenzartikel der allgemeinen Zeitung von Orten, wo solche keineswegs geschrieben werden, mit einer Willkühr, und je nachdem die Redaktion oder dem Korrespondenten es ihrer Konvenienz gemäß finden, datiert werden.
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Von diesem Sistem, welches die Redaktion gegen ihr Publikum zu verantworten hat, nehmen wir weiter keine Kunde. Es kann uns aber nicht gleichgültig seyn, daß Aufsätzen, zu welchen sich kein Österreich'scher Unterthan bekennen würde, ein Datum angedichtet werde, welches auf keinen Österreich'schen Ursprung hinweiset. Wenn Hr. v. Cotta Aufsätze, wie der in dem obengedachten Blatte enthaltenen, aufnehmen will, so steht es ihm /: insofern sein Censor nicht dagegen hat:/ vollkommen frei, solche in eben der Form, wie die fast täglich unter allgemeinen Rubriken ohne alle Angabe des Ortes, in seiner Zeitung erscheinenden, in gleichem Sinne und mit gleicher Tendenz geschriebenen, abdrucken zu lassen. Sobald er aber dergleichen raisonierende Aufsätze /: die von gewähnlichen Neuigkeitsberichten ganz verschieden sind :/ von irgend einem in der Österreich'schen Monarchie, und namentlich Ungarn, Siebenbürgen und Gallizien [ . . . ] - dem Schauplatze der täglichen Ereignisse nahe Orte her datieren läßt, muß er jederzeit den Verfasser derselben, wenn solches verlangt wird, namhaft zu machen bereit seyn, ohne daß die Ausflucht der Anonimität ihm dabei zu Hülfe kommen könnte. Zu dieser Forderung sind wir in mehr als einer Hinsicht durchaus berechtigt, und die in dem K.K. Staaten in Bezug auf die Kommunikation mit auswärtigen Verlegern und Zeitschriften bestehenden Verordnungen mahnen uns diesselbe zur Pflicht. Wenn Herr von Cotta dieser Bedingung, der er übrigens durch Weglassung der Ortsüberschrift ganz leicht ausweichen kann, sich nicht unterwerfen zu können glaubt; so wird er sich den Folgen, welche die Nichtbeachtung derselben von nun an nach sich ziehen wird, selbst zuzuschreiben haben. Die angekündigte Fortsetzung des letzteren Aufsatzes wird wahrscheinlich in demselben Geiste, wie der erste Abschnitt derselben gefaßt seyn; wie sie aber ausfallen mag, kömmt bei der hier angekündigten Maßregel, die sich allein auf die äußere Form bezieht, nicht in Betracht. Johann Friedrich Cotta an den österreichischen Staatskanzler Metternich, München, 17. Dezember 1828 (in Abschrift)
Fürst
von
Quelle: CA, CB Metternich Nr. 3 d
Euer Durchlaucht, haben mich durch S. Ex. den Grafen von Spiegel von vier Rescripten 9 in Existenz setzen lassen, welche die Aufnahme mehrerer Artikel in die Allg. Zeitg. betrafen, deren Inhalt und Tendenz das höchste Mißfallen S. M. des Kaisers zugezogen haben. - Wie schmerzhaft mir dieses seyn muß, wie unangenehm mir die Aufnahme dieser Artikel war, glaube ich Eur. Durchlaucht nicht versichern zu dürfen, da mein stetes Bemühen, durch dieses Institut keine Regierung, am wenigsten die Oest. zu kränken, seit so vielen Jahren und von so vielen Seiten anerkannt, und da auch meine lezte Reise nach Wien einzig und allein in dieser Hinsicht gemacht wurde. - Was die Red. der Allg. Ztg. zu ihrer Vertheidigung darüber gegen mich angeführt hat, darf ich, um Eur. Durchlaucht kostbare Zeit nicht zu sehr in Anspruch zu nehmen, hier nicht detaillieren, so viel erhellt aber daraus, daß sie schuldlos und ohne Arges zu ahnen, jene Artikel aufnahm, ja sie war wegen des in dem Rescript vom 13/tenio gerügten Artikel in No 345 der Alg. Zeitg. in dem größten Irrthum, daß derselbe, weil er ihr von der Wiener Post zu kam, aus einer Quelle herrühre, die nicht nur unverfänglich, sondern sogar im Sinne der Regierung wäre. Auch glaubte die Red. es zu ihrer Entschuldigung anfuhren zu können,
In der Quellensammlung sind nur drei Rescripte überliefert. Dieses Rescript ist in der Quellensammlung nicht vorhanden.
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daß die seit einiger Zeit sehr strenge Zensur, diese Artikel stehen ließ und sie also auch für unverfänglich hielt. Ich glaube alles dieses Ew. Durchlaucht unterth. anführen zu müssen, nicht um die Red. zu rechtfertigen, sondern um zu zeigen, daß sie wirklich nicht glaubte, durch Aufnahme dieser Art. irgend eine Schuld auf sich zu laden und daß das Gift, welches darin versteckt ist, ihr ganz entging, namentlich in der Freiheit der Donau nichts Anderes fand, als was schon oft hinsichtlich der Freiheit des Rheins ausgesprochen wurde. Damit indessen weder schuldlos noch schuldhaft Aehnliches vorkommen könne, habe ich der Red. aufs Ernstlichste befohlen, künftig nichts mehr in die A.Z. aufzunehmen, was die oest. Regierung, oest. Nationen oder irgend einen Theil derselben betrifft, es wäre denn, daß es ihr auf offiziellem Wege, oder durch das dafür erbetene Organ ihr zu komme. Ich habe ihr ferner befohlen, alle Ortsbenennungen von den raisonnierenden Aufsätzen wegzulassen und sich überhaupt alles dessen zu enthalten, was irgend den Glauben begründen könnte, als wäre aus den oester. Staaten ihr etwas zugekommen, was entfernet nur verlezen könnte, sey es nahe oder ferne. - Wäre es dabei möglich irgend jemand in Augsburg aufzufinden, der das Vertrauen Eur. Durchlaucht in dem Grade besäße, das hochdieselbe ihnen ein geltendes Urtheil zugeständen, so würde ich mit dem größten Vergnügen die Einleitung treffen, daß demselben alle, Oesterreich betreffenden Artikel vor dem Abdruck zur Genehmigung vorgelegt würden. Auch beschäftigte ich mich von nun an mit dem Gedanken, die Allg. Ztg. hierher zu verlegen, weil denn gewiß wäre, bei der verehrten Oest. Gesandtschaft in zweifelhaften Fällen über alle Oest. betreffenden Artikel die sicherste Leitung zu finden. Möchte dies nur nicht mit größten Opfern verbunden seyn. Ich schmeichle mir hiedurch hinlänglich zu belegen, wie angelegen es mir ist und stets seyn wird, Alles anzuwenden, was in meinen Kräften liegt, um möglichst jeden Grund zu einer Mißbilligung von Seiten S. M. des Kaisers hinsichtlich der Allg. Ztg. zu vermeiden. Es geschieht diß schon aus meiner persönlichen Verehrung gegen dessen geheiligte Person, es liegt aber auch in meinen Grundsätzen überhaupt, die ich gegen jeden Regenten und Regierung zu beobachten für Pflicht halte. Ich hoffe aber dadurch dem Verlangen Er. Durchlaucht entsprochen zu haben und zu bewähren, daß soweit dieß bei der Entfernung des Druckorts mir möglich ist, ich dies A.Z. stets bewache [...]. Je sorgfaltiger, ordentlicher aber mein Bemühen in dieser Hinsicht ist, und je zahlreicher und bedeutender die Beweise der Anerkennung hieran sind, desto empfindlicher mußte es mir fallen, in einem der Rescripte ausgedrücktes zu sehen, als wäre eine muthwillige Vernachlässigung von meiner Seite denkbar. - Der Inhalt des H. Rescriptes hat auch persönlich nur in der Misbilligung des Kaisers, aus dem von Eur. Durchlaucht danach gestellten Verlangung und Befolgung und in dem erwähnten Ausdruck berührt, das Uibrige ist mir fremd. Wenn ich mich durch diesen Brief verlezt sehe, so bitte ich Eur. Durchlaucht nur zu bedenken, was ein solches Benehmen voraussetzt und wie fremd demselben ein Charakter bleiben muß, der sich in einer langen Reihe von Jahren bei den verschiedensten Lagen und Verhältnissen, rein und untadelhaft erhalten hat. Dieses Zeugnis darf ich mir geben und sich bin stolz auf dieses Bewußtsein. Ich darf und muß mir daher auch die Bitte erlauben Eer. D. möchte es gefallig seyn, bei der Nachricht ob und wie weit hoch dieselben mit den von mir ergriffenen Maßregeln zufrieden sind, auch die Versicherung beyzufügen, daß Hochdie. mir diejenige Gerechtigkeit widerfahren lassen welche eine so kränkende Meinung von mir nie zulassen kann.
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Schreiben des bayerischen Innenministers Öttingen-Wallerstein an die Regierung des Oberdonaukreises, München, 30. November 1834 Quelle: StA Regierung 7065, Entwurf des Ministers BayHStA Minn 25097/1
[...] Die Censur der allgemeinen Zeitung wird seit einiger Zeit nicht mit jenem Ernste und mit jener Umsicht gehandhabt, welche die bestimmt erklärten Absichten seiner Königlichen Majestät und die Stellung Bayerns gleich dringend erheischen. Über die Verhältnisse Griechenlands haben Artikel Aufnahme gefunden, deren Unzartheit dem Takte keines Censors entgehen konnte, und deren Erscheinen in einem censirten bayerischen Blatte in politischer Beziehung selbst auch die diplomatischen Verhältnisse nachtheilige Rückwirkungen äußern könnten, und in den Artikeln über Spanien und Frankreich, namentlich aber in den Briefen aus letzterem Lande werden die Bestrebungen und Hoffnungen der republikanischen Parthei in einer Weise dargelegt, und das gouvernementale Prinzip in seinen Personen und Verhältnissen dergestalt herabgewürdigt, daß nur die Überschrift mangelt, um einzelne dieser Artikel als feyerliche Manifeste der Propagnada und deren ganze Reihenfolge als ein öffentliches Collegium über die Kunst des Revolutionierens erscheinen möchten. Namentlich ist der jüngste Brief aus dem südlichen Frankreich in dem Blatte vom 14. November Nr. 318 S. 1747 [...] wahrscheinlich bestimmt, jedenfalls gemacht, den gesunkenen Muth der Umwälzungs-Männer in ganz Europa zu beleben, die an Ruhe und Ordnung Hängenden gänzlich zu entmuthigen, die allmählich wiederkehrende Beruhigung der Gemüther total zu zerstören, und den Aufregungsstoff allenthalben recht förmlich unter der Asche warm zu halten, damit der beabsichtete und von den Schweizer Propagandisten bereits verkündete neue Versuch ja sicherlich allenthalben wache und bereite Werkzeuge finde. Ein solcher Zustand darf nicht ferner geduldet werden. Es fällt auch dem Censor umsomehr zur Last, je bestimmter die Standpunkte der Censur durch das an alle Präsidien ergangene Generale vom 15.3.1832, den genauen Vollzug des III. constitutionellen Ediktes in Handhabung der Censur bezüglich auf die äußere Politik betreffend, und insbesondere durch das Nachtrags-Generale vom 18. desselben Monats gleichen Betreffes festgestellt, und je mehr auch bezüglich auf die eine Reziprocität nicht gewährenden Staaten alle Artikel untersagt sind, welche durch eingeflochtenen Beziehungen, /gefährlich hingestellte Thatsachen, Andeutungen usw:/ oder durch Geltendmachung gefährlicher Doktrinen die Ruhe und Ordnung im Allgemeinen gefährden, und je direkter solch eine, wenn auch nicht dem Willen, doch jedenfalls dem Effekte nach, die Umwälzung begünstigende Jounalistik dem Inhaber der allgemeinen Zeitung, Freiherrn von Cotta und dem würdigen Redakteur derselben, Dr. Stegmann, zuwiderläuft. Das k. Regierungspräsidium hat dem Censor entweder in dieser Beziehung angemessen zu belehren, oder sofeme es angemessener erscheinen sollte, denselben alsbald ohne Angabe von Gründen zu wechseln, jedenfalls aber allen Ernstes darüber zu wachen, daß der Censor des gedachten Blattes mit dem nöthigen politischen Takt die Gabe verbinde, den der allgemeinen Zeitung stets eigenen Charakter edler Unabhängigkeit und Unparteilichkeit zu wahren, die den Bundesbeschlüssen widersprechende Aufnahme nicht offizieller Nachrichten über den Fortgang der zu Frankfurt schwebenden politischen Untersuchungen zu beseitigen, und das so treffliche Blatt vor bewußtloser Umwandlung in das Werkzeug einer jenem Institute, wie aller wahren Freyheit feindseligen Parthei zu bewahren.
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Brief des Augsburger Zensors Anton Fischer an den Regierungspräsidenten des Oberdonaukreises, Augsburg, 2. Dezember 1834 Quelle: StA Augsburg Regierung 7065
Euer Excellenz hatten die Gnade mir heute bemerken zu lassen, daß die Censur namentlich jene der allgemeinen Zeitung künftig nur ausschließend jede Beeinträchtigimg des gouvernementalen Prinzips wie der Geltendmachung gefahrlicher Doktrinen und alle durch eingeflochtene Beziehungen, gefahrlich hingestellte Tatsachen, Andeutungen u. sowie mögliche Bedrohungen der Ruhe und Ordung gehandhabt werden dürfe. Ich fühle lebhaft das Gewicht dieser instruktiven Weisung, umso mehr bin ich verpflichtet Eur. Excellenz zu bekennen, daß ich diese Aufgabe neben den übrigen mir zur Bearbeitung so gnädig als vertrauensvoll übertragenen Zweigen der inneren Verwaltung zu lösen außer Stand bin. Die niedere Polizei durch den ganzen Kreis und die höhere [...], bedingen ihrer Natur nach einzig eine rasche unaufgehaltene Erledigung aller Vorkommenheiten. Die Angelegenheiten eines Landrates alle Zweige der inneren Verwaltung umfassend heischen bei der vollen ihnen zugestandenen Öffentlichkeit unerläßlich die tadelfreieste Bearbeitung. Bundeskultur, Handel, Industrie, Gouvernement und Statistik sind von dem Gouvernement in jenem Werthe selbst anerkannt, den sie jenen materiellen Interessen der Nation gegenüber, die sie bergen, bezeugten; sie füllen eine Aufgabe, welche nur durch hartgesetzten Selbstunterricht wie durch aufmerksamste Beachtung aller einzelnen Erscheinungen einigermaßen befriedigend gelöst werden kann. Dazu das Sanitätswesen und die Verwaltung des Zwangs-Arbeits-Hauses zu Kaisheim, in den neuesten Tagen eine wahre Kalamität. Die täglichen Einlaufe und Besprechungen aus diesen Geschäftszweigen durchkreuzen sich beinahe stündlich in einer Art, daß es unmöglich, die Ruhe und Besonnenheit zu gewinnen oder zu behaupten, welche dem Censor einer Zeitung von dem Gehalte und Umfange dann von der Bedeutenheit wie die allgemeine, notwendig gegönnt sein muß, wenn es ihm gelingen soll, der aufhabenden Pflicht ohne Mißgriffe zum Nachtheile der öffentlichen Interessen oder zur Beeinträchtigung der von der Staatsregierung mit Recht in Schutz genommenen literarischen Anstalt befriedigend zu genügen. Mir liegen bereits mehrere solcher Mißgriffe zur Last, die ich weit entfernt bin zu rechtfertigen, ob ich mir gleich bewußt bin, das Mögliche mit dem besten Willen geleistet zu haben, denn nicht, daß der Censor instruktionsmäßig gehandelt, wird aus den Blättern unter seiner Censur erkannt, sondern, daß er gegen seine Instruktion gehandelt habe - die Spalte mit dem Abstriche wandert stumm und unbekannt ihrer Zerstörung zu. Jene Mißgriffe haben aber keinen anderen Ursprung als den, das gleich dringende Geschäfte den flüchtigen Moment in Anspruch nehmen. Die erneuerten Bestimmungen der erwähnten Instruktion für die Censur sind ernster Bedeutung wie die Zeit, fur welche sie gegeben. Frankreichs König kämpft gegen die Republik - In England droht ein Ministerium Durham. Spanien macht eine Revolution, in Portugal ist sie noch nicht vollendet - Dänemark sieht einem Kampfe der Prinzipien entgegen. In dem revolutionierten Belgien, in Frankreich, England u. Portugal ist die Presse nicht blos frei, sondern zügellos. [...] Diese Länder sind es, welche gegenwärtig den Politiker beschäftigen und den Zeitungen fast ausschließend den Stoff geben, ihre Spalten zu füllen.
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Ist es nun die Aufgabe der Censur, das gouvernementale Prinzip in seinen Personen u. Verhältnissen gegen alle Angriffe der Schmähung des Spottes, der Tücke und der Intrigen auch in den Artikeln über Frankreich, England, Spanien, Portugal und Belgien, dann der Schweiz in Schutz zu nehmen, sowie die Ruhe und Ordnung in Deutschland gefährdenden Doktrinen aus den Artikeln jener Länder beseitiget zu halten. So ist dadurch fur den Censor eine ruhige besonnene Prüfung solcher Artikel absolutes Gebot. Ich darf zu erwähnen nicht unterlassen, daß das Institut der allgemeinen Zeitung in seiner Einrichtung den Zensor auf einen genau bemessenen Zeitpunkt hindrängt, in welchen die Spalten zensiert sein müssen, die große Auflage und die Versendung durch die Post fordert dies gebieterisch. Ein anderes Erfordernis, wovon das Institut nicht abgehen kann, ist die Vorlage der Spalten in Zwischenräumen von oft mehreren Stunden - von früh 8 bis Nachmittag um 2 Uhr ist daher der Censor diesem Institut pflichtig. Geruhe nun Excellenz gnädigt selbst zu ermessen, wie es mir neben den mir übertragenen eigentlichen Geschäften der Kreisregierung möglich sein kann, die zur Übung der Censur nötige Fassung in dem Amt zu gewinnen, das ich während eines ganzen Vormittags zu jeder Viertelstunde darüber zu gebieten vermögte und genehmigen Euer Excellenz die ehrfurchtvollste Bitte: »mich gnädigst der Censur zu entheben.« In den 17 Jahren, welche ich der inneren Administration diene, ist dieses die erste Bitte solcher Art, und ich darf das Zeugnis meiner Vorstände für mich sprechen lassen, daß ich nie eine Arbeit scheute. In dem gegenwärtigen Falle ist nicht die Scheu vor dem Censoramte, sondern das Bewußtsein, daß ich den Obliegenheiten desselben nicht genügen kann, welche mir die Bitte um Enthebung zur herben Notwendigkeit macht. Gerne unterziehe ich mich jeder Zulage im Referate, da keine das absolute Hindernis der Vereinigung mit den übrigen Geschäftsaufgaben darbietet wie die Censur. [...] Beschwerdebrief des Redakteurs Stegmann an den bayerischen Öttingen-Wallerstein, Augsburg, 19. Dezember 1834
Innenminister
Quelle: BayHStA Minn 25097/1
Euer Hochfürstlichen Durchlaucht wagt der Unterzeichnete eine vor etwa acht Tagen der hiesigen Censurbehörde übergebene Erklärung über die Censurverhältnisse der allgemeinen Zeitung in Abschrift vorzulegen und die Versicherung beizufügen, daß der Eigenthümer der Zeitung Freiherr von Cotta sich mit dem ganzen Inhalte dieser Eingabe vollkommen einverstanden erklärt hat. Zwar ist mit den letzten Tagen die Censur wieder milder geübt worden, so wie denn auch einige der frühesten Censurstriche in die Zeit der augenblicklichen Abwesenheit des gewöhnlichen Herrn Censors fielen; wegen der in der Eingabe zur Sprache gebrachten allgemeinen Fragen aber fühlt sich der unterthänigst Unterzeichnete im Einklang mit seine Kollegen und des Eigenthümers des Blattes gedrungen, an die edle Gesinnung und das billige gerechte Urteil Euer Hochfürstlichen Durchlaucht selbst zu appellieren. Ich brauche nicht beizufügen, daß damit nichts weniger als eine Klage gegen die Herren Censoren beabsichtigt wird, deren humanes Benehmen die Redaktion der allgemeinen Zeitung nur dankbarst anerkennen und rühmen kann, und die sie nicht zu verletzen befürchten darf, wenn sie zur Aufklärung von Mißverständnissen und Erläuterungen einiger, der für die Redaktion wichtigsten Fragen sich vertrauensvoll an die hohe Quelle selbst, aus der die Instruktionen fließen, zu wenden wagt.
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Beschwerdebrief der Redaktion der Allgemeinen Zeitung an die Augsburger Zensurbehörde vom 12. Dezember 1834 Quelle: BayHStA Minn 25097/1 im Anhang zum Brief Stegmanns an den Innenminister öttingenWallerstein vom 19. Dezember 1834
Königliche hochlöbl. Censurbehörde hatte die Gewogenheit der gehorsamst unterzeichneten Redaktion einige Andeutungen über höheren Orts bestehende Unzufriedenheit mit einigen Artikeln der allgemeinen Zeitung zu geben. Schon die seit etwa acht Tagen eingetretene beispiellose Härte der Censur mußte die Redaktion auf die Vermuthung streng geschärfter Instruktionen fuhren. Die Redaktion der Allg. Ztg. erlaubt sich darauf zu erwidern, daß sie seit einer längeren Reihe von Jahren weder in den Personen noch in den Tendenzen die mindeste Ändemung erlitten hat, daß sie also sich bewußt ist, nicht in sich selbst die Veranlassung eines Verfahrens zu tragen, daß ihr, wenn es so fortgeführt würde, den Lebensnerv durchschnitte. Über allgemeine deutsche Angelegenheiten finden sich in diesem Augenblicke in den halbamtlichen Blättern von Hannover, Stuttgart, Kassel, so wie von Frankfurt, dem Sitze des Bundestages, Artikel, die wir zu wiederholen auch nicht einmal den Versuch machten. Daß er vergeblich gewesen wäre, beweißt schon der Umstand, daß uns dieser Tage große Stellen aus einem Aufsatze der halbamtlichen Hannoverschen Zeitung über die hessischen Stände gestrichen wurden. - Was Frankreich betrifft, so hat nicht einer unserer vielen regelmäßigen französischen Korrespondenten auch nur entfernt eine antimonarchische Tendenz; aber die Schilderung des dortigen Parteikampfes, wahr und treu wie er ist, ist Aufgabe und Pflicht jedes besseren öffentlichen Blattes, und wenn selbst der Oesterr. Beobachter und die Preuß. Staatszeitung die externen Äußerungen der Partheien nicht ausschließen, so wird dies einem Blatte von noch umfassenderer Richtung, wie die Allg. Ztg., doch gewiß nicht zum Vorwurf gemacht werden können. Wenn ein Theil der republikanischen Partei z.B. erklärt, sie werde und müsse siegen, wenn sie dem Könige Ludwig Philipp den gewissen Untergang verkündet, wenn deswegen nicht nur die Regierung gegen jene Partei mit Strenge einschreitet, sondern auch die gemäßigte Opposition sie verläßt, so läßt sich letzteres nur auf dem ersteren erklären, und bleibt unerklärt, wenn wir jenes verschweigen. Nie hat die Redaktion der AZ die Absicht, eine republikanische Äußerung um ihrer selbst willen zu geben, sondern immer nur als eines der notwendigen Merkmale des ganzen Gemäldes. Abgesehen von allen inneren Gründen müßte die Red. d. Allg. Ztg. ja das nächste Gefühl, das ihrer Existenz, das Gefühl der Selbsterhaltung aufgeben, wenn sie im geringsten einer antimonarchischen Tendenz sich hingeben wollte. Die Gegner sind darin in ihrer Härte gerechter, indem sie immer und überall die AZ als eines der mächtigsten Organe, das ihrem Plane entgegentritt, bezeichnen. Kein französisches ultraliberales Blatt nennt die Allg. Ztg. anders, als mit dem Ton bitterster Feindschaft; ebenso machen es die Schweizer radikalen Blätter und ebenso machten es die früheren deutschen, kämen diese Stimmen heute wieder zur Macht, so wäre die Allg. Ztg. eines der ersten Ziele, gegen das sie ihre Striche richten würden. Glaubt man, daß die Redaktion nicht das volle Gefühl dieser ihrer Stellung in Deutschland habe, die sie zur Besonnenheit und Mäßigung zwänge, auch wenn der lang bewährte Charakter der Redaktion nicht eine volle Garantie dafür böte, daß die Zeitung reicher ist an eigenen Mitteln, daß sie mehr Korrespondenten hat, als fast irgend ein Blatt der Welt, das hat freilich zur Folge, daß die unruhigen Bewegungen der Länder, von denen sie Kunde gibt, darin in einem bewegteren Bilde erscheinen; aber wird man dies, worin ihr größter Vorzug liegt, ihr in irgend einer Weise zum Vergehen machen wollen? Gewiß nicht. Man müßte dann nur auf diese oder jene einzelne Stelle, diesen oder jenen einzelnen Artikel, nicht 266
auf die ganze Zusammenstellung, den Charakter des Blattes blicken. Selbst jenem Briefe aus Nancy, der Mißfallen gefunden hat, folgt unmittelbar ein Brief aus Marseille, der eine indirekte Widerlegung und Milderung desselben enthält. England betreffend so finden sich dort ohnedies fast keine antimonarchischen Elemente, am wenigsten in den größeren Blättern, aus denen wir allein Auszüge liefern. Aber der Kampf für und gegen die Minister hat eben deswegen einen lebhafteren Charakter als irgendwo, und wollten wir in Darstellung dieses Kampfes ihm den eigenthümlichen englischen Humor, die Grobheit John Bulls, den ganzen Witz und kecken Trotz der Sprache, wie sie im Parlament selbst wiedertönt, nehmen, wollen wir ihm alle Spitzen stumpfen und abrunden, so würden wir alles, nur nicht die Wahrheit geben. Auch hierin berufen wir uns auf die preuß. Staatszeitung, die Frankfurter Oberpostamtsztg., den Schwäb. Merkur, usw., die täglich selbst das Stärkste, was in dieser Art in England vorkommt, aufnehmen. Mit besonderer Beschränkung ist uns endlich in Bezug auf Griechenland gedroht. Die Redaktion selbst gesteht, daß es ihr oft schwer war, in den Correspondenzen aus Nauplia zu unterscheiden, was darin Überzeugung und was darin Partheientstellung war. Die neue Lage des Landes, die Vermittlung mit fremden, sehr wenig bekannten Elementen brachten dies notwendig mit sich. Die Redaktion konnte nichts thun, als auch hier ihren alten Grundsatz anwenden, das Für und Wider reden zu lassen, und nur das offenbar Gehässige zu streichen. Dies geschah. Wenn auch einzelnes aufgenommen wurde, was höheren Ortes Mißfallen erregte, so lag dies vielleicht in dem Umstände, daß man dort über das Gesagte vollständiger und besser unterrichtet war, als wir hier seyn konnten. Manches wird aber auch erst durch die Zukunft gerechtfertigt. [...] Die Redaktion ΑΖ ist wie jeder Deutsche stolz darauf, daß in Griechenland ein deutscher Thron sich erhebt, und sie war bisher auch darauf stolz, fast die einzige Quelle der Nachrichten von dort zu seyn, die einzige Quelle in der nicht bloß eine, sondern die Parteien geschildert wurden, ohne daß des jungen Monarchen je anders als mit dem Ausdrucke freudiger Huldigung gedacht worden wäre. Letzthin strich uns aber die Censur in einer griechischen Korrespondenz nicht nur ein oder zwei Stellen, sondern ganze Spalten, die ganze Korrespondenz vom ersten bis zum letzten Worte, ungeachtet darin bloß von der Stellung der inneren einheimischen Parteien zueinander die Rede war, eine bloße historische Darstellung der Entwicklung jener Elemente. Augenblicklich legten wir fünf bis Seiten desselben Korrespondenten unbenutzt zur Seite. Würde dieses Verfahren fortdauern, würde uns fernerhin in diesen Art. so Bausch und Bogen gestrichen, so ist es klar, daß wir alle unseren kostspieligen griechischen Korrespondenten verabschieden müßten. Man glaube aber nicht, daß damit jene Korrespondenten zum Schweigen gebracht wären. Die Red. d. Allg. Ztg. weiß, daß einige der bedeutensten jener Korrespondenten seit langer Zeit von Stuttgarter. Berliner und Hannoverschen Blättern Anerbietungen erhielten, ihnen ihre Korrespondezen zuzuwenden, und sich der Az zu entziehen. Die Korrespondenten antworteten nein, so lange sie nicht in der AZ in der Darlegung ihrer Ansichten beschränkt würden. Schlössen wir sie jetzt aus, so würden sie bald in den anderen deutschen Blättern auftauchen, und dort wären sie weit weniger beschränkt, wie schon daraus hervorgehen möchte, daß selbst die Artikel der Allg. Ztg. die das größte Mißfallen höheren Orts erregt zu haben scheinen, in der preuß. Staatszeitung Aufnahme fanden. Die Red. d. Allg. Ztg. wird übrigens wenn nicht diese vernichtende Strenge gegen sie fortgesetzt wird, jenes Mißfallen als einen zu ehrenden Fingerzeig der doppelten Nothwenigkeit besonnener Rücksichten und ruhiger Parteilosigkeit betrachten. Dies sind, in Eile entworfen, die Erläuterungen, die die Redaktion offen und rückhaltslos aber mit tiefster Achtung der kgl. Censurbehörde zugeben sich gedrungen fühlt. 267
Immer ward von der großsinnigen Liberalität der bayerische Regierung diesem Institute Schutz und billige freie Bewegung, wie sie die Bedingung unserer Existenz bildet, versprochen. Ein sehr einflußreicher Mann in einer großen deutschen Hauptstadt sagte nämlich: »Man müsse der AZ nach beiden Seiten einige Freiheit lassen, denn dadurch allein enthalten ihre Artikel für die gute Sache bei den Gegnern Gewicht.« Dies ist das ganze Geheimnis unserer Stellung. Seit vielen Jahren kamen solche spaltenweise Durchstriche nicht mehr vor, und wir hoffen in Ehrfurcht vor jenem Schutze, daß sie uns auch fortan nicht mehr treffen werden, denn wir wünschen ja nichts so mehr als die Freiheit, welche alle anderen deutschen Blätter von einigem Rufe genießen. Die Zukunft wird zeigen, daß wir davon keinen Mißbrauch machen, wie die ganze Vergangenheit uns dieses Zeugnis gibt, so oft es uns auch in vorübereilenden Momenten streitig gemacht würde. Der preußische Gesandte in Stuttgart, Thomas Heinrich von Rochow, an den preußischen Außenminister Werther, Stuttgart den 19. Februar 1840 Quelle: GHStA Merseburg Rep. 77 Tit. II. Spec. Lit A, Nr. 34, Blatt 42-52 (Abschrift)
Er. Exzellenz hochverehrliche Erlasse vom 11. und 12. d. M., die allgemeine Augsburger Zeitung betreffend, habe ich gestern zu erhalten das Glück gehabt. Der mir dadurch gewordene Auftrag kam mir nicht unerwartet, denn ich konnte wohl voraussetzen, daß man dem Institute jener Zeitung eine besondere Aufmerksamkeit widmen und die von ihr zuweilen verbreiteten Aufsätze sorgfaltig beachten würde. Der Umstand, daß Herr Frhr. v. Cotta abwesend und in München befindlich ist, giebt mir Veranlassung, noch vor Ausführung von Er. Exzellenz Befehlen Hochdemselben einige Bemerkungen über die allgemeine Zeitung ehrfurchtvollst vorzutragen: bei diesem Blatte sind vorzüglich zu berücksichtigen: 1. Die Besitzer des Instituts, 2. die Redaktion in Augsburg, 3. die Zensur in Bayern, 4. die merkantilischen Rücksichten und 5. die Einflüsse von Bayern und Österreich. ad 1., so sind der Frhr. v. Cotta und der königlich württembergische Kammerherr Frhr. v. Reischach die Besitzer; der Erstere hat seinen Wohnsitz in Stuttgart, der Letztere in München; Beide erhielten unlängst das könig. bayerische Indigenat. Die Administration der Allgemeinen Zeitung ist von der Buchhandlung unter der Firma J.G. Cotta, an welcher ein gewisser Wagner Teilnehmer ist, getrennt, Herr v. Cotta besorgt hauptsächlich die Korrespondenzen; Herr v. Reischach sucht durch persönliches Auftreten Mißverständnisse in München auszugleichen und geht ab und zu nach Wien, wenn man dort etwa unzufrieden war. Herrn v. Cotta ist als Geschäftsmann gewissenhaft, nicht ohne Kenntnisse und läßt den Cotta'schen Rath, bestehend aus mehreren Gelehrten, als: Herrn von Kölle, Dr. Menzel, Mebold, Pfitzer, Schwab, Kohl, Herrn von Lehr, Gfrörer, in die Zeitungsfrage nicht mit einreden. Seine politische Gesinnung ist korrekt, konservativ, royalistisch, in religiöser Beziehung streng evangelisch, billig, gemäßigt und von edlem deutschen Nationalgefuhl aufrichtig beseelt. Herr von Reischach dagegen ist unbedeutend, nicht selbständig, hat als ehemaliger Oberleutnant der Württembergischen Feldjäger-Eskadron nichts gelernt; doch auch er hat ritterliche Gesinnungen und ist von gutem evangelischen Glauben. Wie im allgemeinen der ganze süddeutsche Adel eine Hinneigung nach Österreich zeigt: so findet sich eine solche Richtung auch bei Herrn v. Reischach; deshalb mußte er auch mehrmals
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Reisen nach Wien übernehmen, wo ihn der Herr Fürst v. Metternich zwar öfter tüchtig den Kopf zurechtsetzte, aber doch immer wieder zu fesseln wußte. ad 2. An der Spitze der Redaktion steht Herr Gustav Kolb, in Berlin hinlänglich bekannt. Er hat sich den Besitzern gegenüber eine gewisse Selbständigkeit verschafft und wer von der Allgem. Zeitung etwas will, muß im Grunde das Geschäft in Augsburg machen. Als mir Herr v. Cotta im Monat Dezember v.J. einen Aufsatz aus Wien vorlas, der unmittelbar nach Augsburg geschickt war, äußerte er selbst seine Verwunderung darüber, daß die Redaktion ihn hierher communicierte. Der Artikel war angeblich aus Berlin geschrieben und enthielt, mit vieler Freiheit vorgetragen, eine Reihenfolge harter Vorwürfe und Anklagen gegen das könig. Gouvernement in Bezug auf die Behandlung der kirchlichen Angelegenheiten. Herrn v. Cotta's besseres Gefühl widerstrebte der Aufnahme des Artikels, der ihn von einem sehr begünstigten, ziemlich hoch gestellten Manne aus Wien zugesandt war, gegen den er viel Rücksicht zu nehmen hatte. Ich vermochte den Inhalt der Mitteilung natürlich nicht zu billigen und Herr v. Cotta stellte die Redaktion die Bedenken vor, welche die Veröffentlichung solcher Angriffe gegen Preußen haben dürfte. Der Artikel erschien nicht, allein Herr v. Cotta selbst gestand mir später ein, daß er nicht ohne Besorgniß gewesen sei; die Redaktion möchte den Weisungen aus Wien mehr als den seinigen gehorchen. Dies reicht hin, die Stellung der Redaktion zu beurtheilen, indessen hebt sich dieselbe noch deutlicher hervor, wenn ich bemerke, daß Herr Kolb im letzten Herbst in Wien war, um [...] zu erfahren, wie weit man in der Zeitung gehen könne, was vorzüglich in Wien verlangt werde und welche Artikel besonders ge- oder mißfielen. Bei seinem Aufenthalte in Wien wurde Herr Kolb von Fürsten Metternich und Grafen Sedlnitzky empfangen und sogar honoriert und die Freunde des Hr. v. Cotta dringen täglich in Letzteren, daß auch er, nachdem er eine preuß. Ordens-Dekoration erhalten, von München nach Wien reisen möchte, um sich selbst einmal wieder dort vorzustellen. Wenn ich Er. Exzellenz ehrfurchtvollst bemerke, daß Hofrath Pillat, Rath Jarke und selbst der kaiserliche Gesandte von Prokesch die fleißigsten Wiener Correspondenten sind und daß letzterer selbst über die kirchlichen Dinge schreibt: so wird es Hochdemselben vielleicht nicht unlieb sein, aus einem Briefe des Herrn von Brockesch an den Geheimen Hofrath Ernst v. Münch, den ich in Abschrift beizufügen mir erlaube, dessen religiöse Ansichten und gerade solche kennen zu lernen, wie er vielleicht veranlaßt worden, dieselben an Männer auszubeuten, von deren bekannter Indiskretion eine weitere Verbreitung erwartet werden kann. Hiernach genügt die Bemerkung, daß der ultramontane Aufsatz, dessen Publikation das gute evangelische Gefühl des Herrn v. Cotta verhinderte, von dem Herrn v. Prokesch war, doch wird man ähnliche Zumutungen aus Wien nicht oft zurückweisen können. ad 3. Eure Exzellenz ist es nicht unbekannt, daß der könig. bayerische Regierungsdirektor Freihr. v. Perglas die Censur in Augsburg leitet. Die in Bayern vorherrschende kirchliche Richtung nöthigt die Allgemeine Zeitung zwar, ultramontane Aufsätze aus ihren Spalten nicht ganz zu verbannen, indessen sucht sie doch, ihre ursprünglichen Bestimmung »der Allgemeinheit« treu, auch evangelischen Richtungen zu huldigen; allein dies muß immer sehr gemäßigt und vorsichtig, gewissermaßen einschwärzend, geschehen, weil sonst die fulminanten Rescripte vom Könige von Bayern selbst eingehen. Schonung der griechischen Verhältnisse und keine Aufdeckung der römischen Übergriffe wird gebieterisch verlangt. ad 4. Hat Herr v. Cotta auch unbezweifelt eine endliche politische und vernünftige evangelische Gesinnung, so neigt doch die Redaction mehr zu liberalen Tendenzen hin. Hauptsächlicher Gesichtspunkt ist aber bei beiden Teilen der finanzielle. Daher Huldigung der Tagesfragen nach der frequenteren Auffassung. Die Redaktoren haben eine Tantieme von der Jahresvereinnahme und diese Art 269
der Betheiligung influenciert natürlicherweise sehr mächtig. Was neu und aus den entfernteren Ländern kommt, wird ohne Wahl aufgenommen und mit sorgfältigerer Prüfung nur das retouchiert oder umgearbeitet, was in München oder Wien nicht gefallen möchte. Grund hiezu ist nicht allein die bayerische Censur, sondern der überwiegende große Absatz der Zeitung in Bayern und Österreich. Zwei Dritteile der Abonnenten befinden sich in diesen beiden Ländern. Ganz Norddeutschland, Preußen und das übrige Ausland zusammengenommen, erfordern nicht soviel Exemplare als Österreich. Seit dem 1. Januar d.J. werden circa 9.200 Exemplare abgezogen; 6.000 sind erforderlich, um die Kosten der Zeitung zu decken, die übrigen liefern den reinen Gewinn des großartigen Unternehmens, welches allein für diesen Zweck täglich circa 19.000 Bogen Papier verbraucht, unterdessen in dem Cotta'schen Verlag im ganzen Tag für Tag 40.000 Bogen gedruckt werden. Seit Anfang des Jahres 1838, wo man am Niederrhein und Westphalen an die Möglichkeit des Verbots der Allgemeinen Zeitung dachte, nahm die Zahl der dortigen Abonnenten ab, dagegen aber wurden seitdem durch Buchhändlerverbindungen in resp. monatlichen oder wöchentlichen Sendungen mehr denn 200 Exemplare nach den Rheinprovinzen und Westphalen abgesetzt. Die Anführung dieses Umstandes scheint nicht unwichtig, um Er. Exzellenz zu zeigen, auf welche Weise man sich die Zeitung, im Fall eines Verbots, dennoch immer verschaffen würde, und wie durch solche Maaßregeln, ohne Grunderschütterung des Unternehmens, nur der Netto-Gewinn vermindert werden dürfte. Aus allem Vorhergehenden, daß auf ziemlich zuverlässigen Notizen beruht, leuchtet aber unbedingt hervor, daß ad 5. Bayern und Osterreich den mächtigsten Einfluß auf diese Zeitungen ausüben. Es sind jedoch nicht bloß die pekuniären Rücksichten, welche diesen Einfluß hervorrufen, sondern auch die besseren Correspondenten, die sich der Redaktion von dorther darbieten. In Österreich finden sich höher gestellte Personen und Beamte, welche am Centraipunkt Zugang haben und eine Berichterstattung übernehmen; j a der Herr Fürst Metternich hält es nicht für unwert, einen seiner Untergebenen aufzutragen, bei der einen oder anderen Gelegenheit in dem von ihm angegebenen Sinne mit einer Art von Cabinettsstempel nach Augsburg zu schreiben. In Preußen fällt es dagegen schwer, gute Correspondenten zu engagieren. Herr v. Cotta hatte im Sommer 1838 einen seiner Freunde besonders nach Berlin geschickt, um Correspondenten zu werben. Dieser Agent mit Herrn v. Chamisso, Herrn Direktor Hitzig und dem Geheimen Oberregierungsrath Streckfuß bekannt und noch dazu eifriger Freimaurer, hatte am Ende nur letzteren enrollirt. Herr v. Vamhagen und Hofrat Dorow sind abgenutzt; die ganze Korrespondenz aus Berlin reduziert sich also jetzt auf: den Übersetzer der italienischen und spanischen Klassiker, der den Tag über durch die Commune und städtischen Angelegenheiten in Anspruch genommen ist, die äußere Welt wenig kennt, preußische Zustände im allgemeinen in ihrer historisch-administrativen Entwicklung ganz gut, obwohl etwas sächsisch, beleuchtet, aber die kirchlichen Verhältnisse weder aus seinen Akten und seinem Umgange, noch aus den Vorträgen im Ministerium des Inneren kennen kann; auf die Herren Lehmann Δ , " dem Mitredakteur des Magazins für Literatur des Auslandes, dem hier höhere Gunst, gute Verbindungen, Protection und genaue Bekanntschaft mit den Cabinettsverhältnissen beigemessen werden und auf einen Herrn Höffken Π, 12 der im Caffe royal oder bei Steheli und Josly seine Nachrichten sammelt.
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Sigle für den Namen des Korrespondenten, bei Abdruck der Artikel in der AZ. Dito.
Herr ν. Cotta hat mich schon oft inständig gebeten, ihm Männer aus Preußen zu nennen, welche sich in der Lage befänden, von dort aus zuverlässige, und den dasigen Beziehungen nützliche und entsprechende Berichte zu liefern. Ich durfte desfallsige Vorschläge mir nicht erlauben, hatte [...] nur zu erwidern, daß mein Gouvernement ihm dazu freilich nicht behülflich sein könne; wenn er aber in der That so redliche Absichten für Preußen und ein so lebhaftes Interesse für die Wahrheit in sich trage; so werde es ihm in einem Lande, wie gerade Preußen, auch nicht schwerfallen, wohlgesinnte, intelligente und unterrichtete Korrespondenten zu finden. So antwortend verhehlte ich mir selbst jedoch nicht, daß aus eigenem Antriebe schwerlich ein Beamter einer solchen Aufforderung werde genügen wollen und können. Wenn man aber leider einräumen muß, daß thatsächlich ein großer Theil der Leser der Allg. Zeitung seine politischen Meinungen und Urtheile nach dem Inhalte dieses Blattes moduliert, wodurch dasselbe ein Art von Einfluß auf die öffentliche Meinung ausübt: so sollte man, nach meiner unvorgreiflichen Ansicht, den Gedanken nicht ganz von der Hand weisen, diesen oder jenen zuverlässigen und befähigten Mann zu vermögen, sich dem Herrn v. Cotta als Correspondent anzubieten. Ein solcher müßte dann nach Anweisung und Bedürfnis berichten, indessen unter Berücksichtigung der eigenthümlichen Verhältnisse zu Bayern und Österreich nicht zu scharf einschneiden. Würde man aber darauf nicht eingehen und wollte man sich bloß mit der Widerlegung eines oder des anderen nicht gefalligen oder unbehörigen Artikels begnügen: so darf ich geh. bemerken, daß Herr v. Cotta bei Gelegenheiten, wo ich ihm über vorkommende solche oder irrthümliche Correspondenzen Vorwürfe machte, sich stets erbot, Berichtigungen oder Widerlegungen sofort aufzunehmen. Es lag weder in meiner Befugnis noch Befähigung, solche Modifikationen zu veranlassen und obwohl mir zu gleichem Zweck auch der Schwäbische Merkur zu Gebote steht, so werde ich derartige günstige Beziehungen doch unbenutzt lassen, wenn ich nicht etwa speziell dazu ermächtigt werden sollte, was jedoch nicht wahrscheinlich ist. Er. Exzellenz darf ich nicht verhehlen, daß, um die Allgem. Zeitung für Preußen weniger schädlich zu machen, mir die Besorgung eines taktfesten, gewandten, publizistisch und politisch gebildeten Correspondenten das zweckmäßigste Mittel scheint. Herr v. Cotta hat mit einmal von einem Herrn Crelinger gesprochen, von dem er sehr wünscht, derselbe möchte sich mit ihm in Relation setzen; ich weiß nicht, ob er damit den königlichen Oberlandesgerichtsrat Crelinger gemeint hat, obgleich mir wohlbekannt ist, daß alles, was zu dieser Familie gehört, ebenso gescheit und brauchbar, als zuverlässig und wohlgesinnt ist. Nach meiner untergeordneten Auffassung behandle ich eine Art [...] geheimen I indirekten: I Einfluß auf einige politische Blätter und amtlich auf die Allgem. Augsburger Zeitung nicht mit Gleichgültigkeit. Keine Parthei, keine große Macht, die nicht ihre Organe hätte! Viel wäre gewonnen, wenn man auf rationelle Weise die beständigen Angriffe der hostilen Blätter im in- und außer-Deutschland widerlegen könnte, statt dieselben zu verachten. Neben der katholischen Frage gibt es noch andere, welche eine fortdauernde große Aufmerksamkeit verdienen. Vorzüglich aber sollte versucht werden, die Hauptorgane des hostilen Katholizismus zu neutralisieren und dies erscheint um so notwendiger in einer Zeit, wo unleugbar die periodische Presse eine vorzügliche Macht ausübt. Ich wünsche daher Preußen Correspondenten, die genügsamen Einfluß auf diese Presse und hinreichende Gaben des schriftlichen Vortrags besitzen, um eine gewisse Reaction zugunsten der letzten kirchlichen Angelegenheiten, von ihrem wahren Gesichtspunkte aus betrachtet, bewirken zu können, und deren soziale Stellung und Kenntnis des poli271
tischen Getriebes sie in die Möglichkeit versetzt, sowohl die Intentionen der Regierung als die Direktionen ihrer Feinde zu kennen und ihnen zu begegnen. Aus den Provinzen dürfte aber kein Beamteter sich unterstehen, mit irgendeinem ausländischen Blatte in Verbindung zu treten. Durch solche einzelne Berichtigungen, die doch nicht den rechten Fleck treffen und denen namentlich der Cabinetsstempel fehlt, wird eher geschadet als genutzt. Ein anderes Zeitungsinstitut etwa denjenigen in Augsburg entgegen zu stellen, würde mit großen Schwierigkeiten verbunden sein, die Kosten gar nicht in Anschlag gebracht. Einmal hat die Allg. Zeitung sich unbedenklich eine gewisse Autorität erworben; sodann stehen aber auch die literarischen Verbindungen der Cotta'schen Buchhandlung, die Correspondenzen im Auslande, die disponiblen Fonds, welche das Geschäft erleichtern, nicht jedem anderen Unternehmen zu Diensten. Das deutsche Frankfurter Journal, oder die Allgemeine Leipziger Zeitung können sich der Augsburger nicht gleichstellen. Das erstere Blatt ist in Mitteldeutschland sehr gelesen, allein sein Ruf nicht gut. Die Brockhaus'sche Zeitung hat jetzt etwa 1300 Abonnenten; um sie zu erweitern, würde ein Kapital von 6080.000 [...] disponibel gemacht und eine sorgfältigere Wahl der Redaction getroffen werden müssen. Herr Brockhaus ist zwar ein unternehmender Buchhändler, allein als Zeitungsredacteur ist er nicht erfahren und nichts fahlt schwerer, als einen unterrichteten, gewandten und talentvollen Redacteur zu finden. Aus der Leipziger Allgemeinen Zeitung werden jetzt nur die Aufsätze von Bülow gern gelesen. Sollte es einmal dahin kommen, als Gegengewicht gegen die Cotta'sche Zeitimg eine andere zu begünstigen, so bin ich so frei, zur Mitredaktion den Dr. Malten, aus Frankfurt an der Oder gebürtig, jetzt in Mainz wohnhaft, als vorzüglich geeignet und wohlgesinnt ehrfurchtvoll zu empfehlen. Eure Exzellenz wollen sich aus meinem ganz gehorsamsten Vortrage überzeugen, daß ich der fraglichen Sache schon früher, als durch Hochdero neuesten Erlaß dazu aufgefordert, die gehörige Aufmerksamkeit gewidmet habe und wenn Er. Exzellenz meine Ansichten und Vorschläge auch nicht billigen und genehmigen sollten, so darf ich doch hoffen, daß einzelne meiner Bemerkungen zu Material fur die reifere Beurtheilung der Verhältnisse der Allg. Augsburger Zeitung dienen werden. Sie sind aber keineswegs Eurer Exzellenz vorgetragen, um als ehrerbietige Bedenken gegen die Ausführung von Hochdero Befehlen vom 11. und 12. angesehen zu werden; im Gegenteil finde ich in diesen hochverehrlichen Rescripten die allererwünschenste Unterstützung einer früheren vertraulichen Unterhaltung mit dem Freiherrn v. Cotta. Ich bin der unvorgreiflichen Meinung, daß es sehr dienlich sein würde, erhielte Herr v. Cotta die Communikation der Verfügung vom 11. noch während seines Aufenthalts in München, oder doch bei seinem Eintreffen in Augsburg, wo er sich bei der Reise von München auf seine Güter im Württembergischen Schwarzwald, einige Tage aufzuhalten gedenkt. Soweit ich gut unterrichtet bin, dürfte Herr v. Cotta noch 14 Tage in München verweilen und, wenn er nicht von dort sich nach Wien begiebt, etwa in drei Wochen wieder in Stuttgart sein. Er. Exzellenz hoher Bescheid kann mir daher für alle Fälle noch zeitig zugehen. Das wohlwollende und ehrenvolle Vertrauen, welches Er. Exzellenz am Schlüsse des gnädigen Schreibens vom 12. auszusprechen belieben, überläßt mir zwar die Behandlung der Angelegenheit; allein da die Abwesenheit des Herrn v. Cotta noch einen Auftrag zulässig macht, so bitte ich Hochdieselben g. geh. mir hochgefälligst zu befehlen: Ob ich die vorgedachte Mitteilung nach München einsenden darf, oder ob die Rückkehr des Herrn v. Cotta nach Stuttgart abzuwarten ist?
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Beehre Eure Exzellenz mich bis zum 2. k.M. nicht mit einer Antwort, so würde ich nach München schreiben und verspreche mir davon einen guten Erfolg. Vielleicht aber ziehen es Eure Exzellenz vor, diese Sache den gewandteren Händen des Herrn Grafen v. Dönhoff zu übergeben, in dessen Nähe Herr v. Cotta sich dermalen befindet.
Quellen zum Vertrieb der AZ Vertrag zwischen dem königlichen Oberpostamt zu Augsburg und dem Buchhändler Johann Friedrich Cotta zu Tübingen, Augsburg, 1. September 1810 Quelle: CA, A Z II 2
Nachdem der Buchhändler Cotta zu Tübingen, als Verleger der von Seiner Majestät dem König von Baiern privilegirten allgemeinen Zeitung, welche bisher zu Ulm herausgekommen ist, sich entschlossen hat, dieselbe in Augsburg herauszugeben, so ist zwischen dem königlichen Oberpostamte, und erwähnten Verleger Cotta, nachstehende Übereinkunft abgeschlossen worden. §1 Der Buchhändler Cotta als Verleger der allgemeinen Zeitung erklärt die Herausgabe derselben, vom 1. September 1810 angefangen, in Augsburg zu besorgen, und überläßt den auswärtigen Verschleiß erwähnter Zeitung ausschließlich der diesseitigen königlichen Oberpostamts-Zeitungs-Expedition. Derselbe ist demnach nur ermächtigt, innerhalb der Stadt Augsburg, und was zur städtischen Markung gehört, die allgemeine Zeitung aus seinem Comptoir abzusetzen, dagegen wird sich die Oberpostamts-Zeitungs-Expedition allen und jeden Verschleiß, innerhalb der Stadt, und deren Gemarkung enthalten; indessen ist es dem Buchhändler Cotta als Verleger gestattet, diejenigen Frey-Exemplare, welche er zur Erfüllung seiner eingegangenen Verbindlichkeiten bey Erwerbung des Privilegiums, nach München, Wien, Paris, abzugeben hat, mit der reitenden Post unentgeltlich an ihre Bestimmungen, jedoch sous bände zu befördern. Die Zahl dieser freyen Exemplare wird auf 40 Stück festgesetzt. Ferner steht dem Verleger Cotta frey, die allgemeine Zeitung in wesentlichen Versendungen mit dem Postwagen unmittelbar nach Leipzig, und an die Cottaische Buchhandlung in Tübingen abzusetzen. Demselben wird auch die Absendung eines Paketes wöchentlich einmal mit dem Postwagen von Ulm nach Augsburg, und zurück an die, und von der Expedition der allgemeinen Zeitung ohne Bezahlung des königlichen bayerischen Porto gestattet, jedoch soll das Gewicht dieses Pakets, nicht mehr als fünfzehn Pfund höchstens betragen, und der Inhalt nur bloß litterarische Gegenstände betreffen, die zur Vervollkommnung der allgemeinen Zeitung benützt werden müssen. §2 Der Verleger Cotta ist verbunden, jene Boten von dem Lande ausschließend zur Oberpostamts-Zeitungs-Expedition zu verweisen, so wie letztere verspricht, jeden städtischen Abnehmer der allgemeinen Zeitung dem Comptoir zuzuschicken. §3 Der Preis der allgemeinen Zeitung wird für die Oberpostamts-Zeitungs-Expedition auf zwölf Gulden, vierzig fünf Kreutzer für das Exemplar jährlich festgesetzt; der Betrag wird in halbjährigen Fristen, und zwar im Monat July für das erste halbe Jahr, und im darauf folgenden Monat Januar für das zweyte halbe Jahr berichtiget. Es wird noch besonders festgesetzt, daß die Zeitung für das erste Absatzpostamt 273
mit 14 fl. 15 χ für das zweite mit 15 fl. 15 χ und in dem entfernten Teil im Königreich mit 16 fl. 15 χ abgegeben werden soll. §4 Buchhändler Cotta wird dem königlichen Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, täglich neun freye Exemplarien zusenden, so wie für die königliche General-Post-Direktion in München unter Umschlag täglich ein frey Exemplar liefern, bewilligt auch zugleich außerdem noch drei freye Exemplare für die Oberpostamts-Zeitungs-Expedition. §5 Die sich etwa ergebenden Zeitungs-Mängel, wird der Verleger, wenn sie demselben binnen vier Wochen angezeigt werden, unentgeltlich ersetzen; nach dieser Zeit verbindet sich aber die königliche Oberpostamts-Zeitungs-Expedition jedes abgängige Blatt gegen Vergütung von drey Kreutzer abzulasten. Nach Umlauf von 3 Monaten können keine abgängigen Blätter verlangt werden, es sey und wäre denn, daß der Verleger sich freywillig zu deren Ablieferung verstünde. §6 Man ist übereingekommen, daß die Bestellung der allgemeinen Zeitung, sowie deren Abbestellung, halbjährig statthaben könne. §7 Der Verleger ist verbunden, die Lieferung der benöthigten Zeitungs-Blätter zu den festgesetzten, und bereits bekannt gemachten Stunden auf die Post zu bringen. §8
Ebenso macht sich derselbe anheischig, die Zeitungen zusammengelegt, und halbhundertweis abgezählt zur Post liefern zu lassen: da das Nachzählen wegen Drang der Arbeit nicht fuglich geschehen kann, so muß den Anzeigen der Zeitungs-Expedition unbedingter Glaube beygemessen werden. §9 Dem Verleger werden die benöthigten auswärtigen Zeitungen ohne Bezahlung der Speditions-Gebühren, und bloß gegen Erläge der Auslagen beschrieben, und abgegeben. §10 Dem Verleger Cotta wird die beschränkte Briefporto-Freiheit, nach der desfalls ergangenen allgemeinen Verordnung vom 19. December 1808 bewilligt. §11 Jedem Teil steht es frey, gegenwärtigen Vertrag nach einer vorausgegangenen halbjährigen Aufkündigung wieder aufzuheben. §12 Irrungen, welche sich über die Anwendung des gegenwärtigen Vertrages, oder über Gegenstände die darin nicht ausgedrückt sind, ergeben mögen, sollen nach Billigkeit gütlich beygelegt, oder von der königlichen General-Post-Direktion, vorbehaltlich des Appellationszuges an den königlichen Geheimen Rat richterlich entschieden werden. § 13 Gegenwärtiger Vertrag soll vom 1. September 1810 anfangend, Gültigkeit erlangen. Rücksichtlich des neu stipulirten Zeitungs-Preises, versteht es sich jedoch, daß vor dem 1 Jänner 1811 die von dem Verleger bedungene Preiserhöhung nicht in Anwendung kommen könne. Der Vertrag unterliegt der Ratifikation königlicher General-Post-Direktion. 274
Man hat zwey gleichlautende Exemplare dieses Vertrages ausfertigen lassen, wovon eines nach beyderseitig geschehener Unterschrift und Fertigung in Verwahrung des königlichen Oberpostamtes Augsburg bleiben, das andere aber dem Verleger Cotta eingehändigt werden wird. Johann Friedrich Cotta an den bayerischen Außenminister Gise, Stuttgart, 8. Dezember 1832, anläßlich der Verhandlungen um einen neuen Postvertrag Quelle: StAM O P D Verzeichnis 7, 1827, Nr. 16
Hochwohlgeborener Freyherr, Höchst Verehrtester Herr Staatsminister! Eure Excellenz ist durch den Professor Lebret, welchen ich hierzu beauftragt nach München gesandt habe von der Sachlage einer der allgemeinen Zeitung bevorstehenden neuen Postprovisions-Gebühren-Erhöhung, unterthänigster Vortrag erstattet worden, welchen Sie so wohlwollend anzuhören die Gnade hatten, daß ich es wohl wagen darf, Euer Excellenz in Betreff dieses Gegenstandes noch weiter zu unterhalten und für denselben ihre Intercession anzusprechen. Sollte diese Erhöhung wirklich mit dem neuen Jahr ins Leben treten, so würde hiedurch nicht allein sein sehr beträchtlicher Zweig der vaterländischen Industrien, und mit demselben das Interesse des königlichen Aerars gedrückt und geschmälert, sondern was ich noch höher anschlagen zu müssen glaube, das nüzlichste Organ der Regierungen mittelt dessen diesselben die öffentliche Meinung eben sowohl lenken, als wo irre geleitet, berichtigen können, würde dadurch in seiner Wirksamkeit und Europäischen Bedeutung gelähmt. Denn als solches hat sich die allgemeine Zeitung immerdar erprobt, als solches dient sie täglich, und als solches verdiente sie wohl in keiner Zeit größere Anerkennung und Berücksichtigung als eben in der Jezigen. Gehe ich also von dieser allerorten zu München sowohl als zu Wien, Berlin, und Frankfurt ppp. allgemein anerkannten Bedeutsamkeit der allgemeinen Zeitung aus, so darf ich wohl überzeugt seyn, daß Euer Excellenz mir in diesem Vordersaze beistimmend, um so geneigter seyn werden, die angedrohte unverhältnismäßige Provisionserhöhung abzuwenden, oder wenigsten zu verschieben, welche nachzuweisen ich die Ehre haben werde, wie denn von selbst in die Augen springt, daß ihre Durchfuhrung der allgemeinen Zeitung die Mehrzahl ihrer Abonnenten nehmen würde. Um aber den Beweis, daß die angedrohte Erhöhung unverhältnismäßig wäre, überraschend genug herauszustellen, erlaube ich mir das Beispiel auf die kleine Distance von Augsburg nach Stuttgart angewendet, Euer Excellenz vor Augen zu legen. Statt des bisherigen Preises von f. 14.15 χ um welchen das Oberpostamt Augsburg die allgemeine Zeitung, welche es von meiner Zeitungsexpedition um f. 12.45 χ erhält, an das Postamt Stuttgart abgegeben, will es dieselbe von 1833 an, nur um f. 16.52 χ also um f. 2.37 χ theurer abgeben, während meinerseits durchaus keine Preiserhöhung stattfindet.13 Die Preis-Erhöhung beträfe also nur allein von Augsburg bis Ulm oder auf etwa fünf bayrische Posten f. 2.37 χ und im Ganzen also auf diese Distance die Post-Provision volle f. 4.7 x. Je enormer bei Erhebung einer gleich starken ebenmäßig durch das ganze Königreich erhobenen Provision die Zeitung an den östlichen und nördlichen Gränzen vertheuert würde, um so unverhältnismäßiger erscheint diesselbe auch im
f. entspricht fl, also florin; χ entspricht kr, also Kreuzern.
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Vergleich mit den Taxis'schen, badische, französischen und preußischen PostProvisions-Gebühren. Die Taxis'sche Post gibt nämlich eine der allgemeinen Zeitung an Gewicht und Umfang ganz gleiche, zu Stuttgart erscheinende Zeitung den Schwäbischen Mercur an das Oberpostamt Augsburg also auf eine gleiche Entfernung gegen eine Postprovision von f. 1.30 χ ab. Eben soviel nahmen die bayerischen Postbehörden bisher auch von der allgemeinen Zeitung, steigern sie diesen Preis nun aber ohne Preiserhöhung von meiner Seite mit einem Male, und auf eine so kleine Distance um f. 4.7 χ so wird meine Klage gewiß nicht unbegründet erscheinen. In Baden wird diese Zeitung durch die badischen Postbehörden mit einer Provision von nur f. 2,- durch das ganze Großherzogtum und in die entferntesten Punkte gleichmäßig. In Frankreich erheben die Postbehörden von jedem Blatt (und wie groß sind die französischen Zeitungen) nur 1 Centime des Jahres also f. 1.39 ungefähr; um welche Postprovision jede Zeitung durch das ganze Königreich bis an die entferntesten Gränzen verschickt werden muß. In Preußen sind die Post-Provisions-Gebühren nicht minder schonend fur die Zeitungsindustrie, die doch wie jede Industrie Berücksichtigung verdient. Sollte nun im Widerspruch mit diesen milderen auswärtigen Postregulativen, nur die bayerischen Postprovisionen die vaterländische Industrie drücken und unverhältnismäßig beschwehren wollen; sollten sie dies im Widerspruch mit den Bestimmungen unseres Handels- und Zollvereins; sollten sie es im Widerspruch mit den höheren politischen Rücksichten, welche doch gewies für die allgemeine Zeitung und in der jezigen zeit doppelt laut sprechen? Gewiß nicht, den gewiß ist dies weder Euer Excellenz noch der erlauchten bayerischen Regierung Wille und Absicht. In dieser Ueberzeugung wage ich es daher Euer Excellenz unterthänigst zu bitten das projektierte neue Post-Provisions-Regulativ in nähere Überlegung zu ziehen, und mich dabei weiter anhören, vornächst aber daselbe wenigsten um ein halb Jahr verschieben zu wollen, weil die Kürze der Zeit eine Erledigung bis zum 1. Januar kaum mehr gestattet. In der Hoffnung daß Euer Excellenz diese Bitte in betracht der Wichtigkeit des Institutes der allgemeinen Zeitung genehm halten, und mich mit ein paar zusagenden Teilen beehren wollen, verharre ich in unbegränzter Verehrung Vertrag zwischen Oberpostdirektion Augsburg und Georg von Cotta vom 15. Januar 1834 Quelle: CA, AZ II 2, 6. Mappe
Nachdem der seit dem 1. Jänner 1811 zwischen dem königlichen Oberpostamte zu Augsburg unter J.G. Cottaschen Buchhandlung für die Spedition der Allgemeinen Zeitung bestandene Vertrag in Folge geschehener Aufkündigung von Seite der Postanstalt erloschen war, jedoch die gedachte Buchhandlung den Wunsch geäussert hat, daß hinsichtlich der Spedition der Allgemeinen Zeitung ein neuer Vertrag abgeschlossen werden möchte, so ist man von Seite des königlichen Oberpostamts zu Augsburg eines - und der J.G. Cotta'schen Buchhandlung anderen Theils - vorbehaltlich der höchsten Genehmigung über nachstehende Punkte übereingekommen: §1 Die Verlagshandlung der in Augsburg erscheinenden Allgemeinen Zeitung überläßt den auswärtigen Verschleiß derselben ausschließlich dem königlichen Ober276
postamte in Augsburg; sie ist demnach nur ermächtiget, Exemplare der Allgemeinen Zeitung an die Bewohner der Stadt Augsburg und der Gemarkung derselben abzugeben, und erklärt hiemit förmlich jede sowohl durch die Post, als durch Boten ihr weiterher zukommende Bestellung an das königliche Oberpostamt zu verweisen; wogegen auch dieses sich jedes Verschleisses der Allgemeinen Zeitung innerhalb der Stadt Augsburg und deren Gemarkung zu enthalten hiedurch zusichert. Diese Bestimmungen sollen jedoch den wochen- oder monatsweisen ZeitungsAbsatz im Wege des Buchhandels nicht beschränken. Der Verlagshandlung soll auch gestattet seyn, diejenigen Frey-Exemplare, zu deren Abgabe nach Paris, Wien usw. sie sich verbunden hat, durch die königliche Postanstalt unentgeltlich zu spedieren; die Zahl dieser in das Ausland gehenden Freyexemplare wird in Summa zu vierzig Stücken festgesetzt; sie müssen dem königlichen Oberpostamte sous bände übergeben werden, und mit Adressen versehen seyn. §n Die Verlagshandlung wird dem königlichen Oberpostamte die Allgemeine Zeitung wie bisher um zwölf Gulden vierzig fünf Kreuzer per Exemplar überlassen. Die Zahlungen hiefür sollen von dem königlichen Oberpostamte halbjährig, und zwar im Monate Julius für das Ite. und im Monate Januar für das IIte. Semester des unmittelbar verflossenen Jahres an die Verlagshandlung oder für deren Rechnung geleistet werden. Es können demnach Abschlagszahlungen im Laufe eines Semesters von der Verlagshandlung nicht angesprochen werden; inzwischen wird das königliche Oberpostamt - wie seit Jahren geschehen - auch ferner nach Thunlichkeit und nach Kräften der Casse im Verlaufe des Semesters allenfalls vorräthige Praenumerationsgelder auf Verlangen zur Verfugung der Verlagshandlung der Allgemeinen Zeitung stellen. §111 Die Abgabspreise der Allgemeinen Zeitung würden auf den Grund des für alle Zeitungen bestehenden Tarifes, wie folgt zu regulieren seyn: im I. Rayon 17 f. 4 kr. im II. Rayon 18 14 im III. Rayon 19 21 nach Maßgabe des Erlaßpreises von der Verlagshandlung zu 12 f. 45 kr., des Umfanges nur zu 1Ά Bogen, und wöchentlicher siebenmaliger Ausgabe. Es wurde aber lediglich aus Berücksichtigung für die Allgemeine Zeitung in die Speditionsnormen I :vid. Tarif Allgemeine Bemerkungen: I schon aufgenommen: »daß jene Zeitschriften, welche täglich über einen Bogen stark erscheinen, und durch die Post einen Absatz von wenigstens tausend Exemplaren haben, der vierte Theil der Speditions- und Beförderungsgebühr als besonderer Nachlaß bewilligt werde.« Hiernach reguliren sich die Abgabepreise der Allgemeinen Zeitung an die Abonnenten tarifgemäß auf folgende Weise: im I. Rayon zu 16 f. ~ kr im II. Rayon zu 16 52 im III. Rayon zu 17 42 der Verschleiß der Allgemeinen Zeitung in der Haupt- und Residenzstadt München soll - lokal genommen - nach dem Betrage des I. Rayons zu 16 f. per Exemplar stattfinden. Ferner soll auf den Grund früherer Zugeständnisse es auch noch dabei sein Verbleiben haben, daß das königlich Württembergische Oberpostamt in Ulm für den Lokal-Verschleiß - wie im I. Zeitungsrayon gelegen - betrach277
tet, und demgemäß die Allgemeine Zeitung nach Ulm nur zu 16 f. per Exemplar angerechnet werden wird. Würde aber das königlich-württembergische Oberpostamt Ulm diese Moderation für den Lokal-Verschleiß abusive wieder auf die Weiterspedition auszudehnen versuchen, als z.B. nach Stuttgart, Francfurt, Carlsruhe p.p., so ist die königliche Postanstalt berechtigt, diese Begünstigung aufzuheben, und es würden die vorstehend normirten Preise des II. Rayons zu 16 f. 52 kr. einzutreten haben. Endlich wird noch vergünstigungsweise zugestanden, daß jene Abonnenten der Allgemeinen Zeitung, welche das Register derselben zu besitzen verlangen, dieses ohne Berechnung eigener Speditions- und Beförderungskosten erhalten sollen. §IV Die sich ergebenden Zeitungs-Defecte wird die Verlagshandlung - sofern sie derselben innerhalb vier Wochen angezeigt werden - unentgeltlich ersetzen; nach dieser Zeit verbindet sich das königliche Oberpostamt jedes abgängige Exemplar gegen eine Vergütung von drey Kreuzer von der Verlagshandlung abzunehmen. Nach Verlauf von drey Monaten können allenfalls abgängige Blätter nicht mehr verlangt werden, es wäre denn, daß die Verlagshandlung sich zu deren Ablieferung freiwillig verstände. §V Bei der bisherigen Observanz, daß die Zubestellung der Allgemeinen Zeitung vierteljährig, die Abbestellung aber nur halbjährig geschehen kann, soll es auch in der Zukunft sein Verbleiben behalten. §VI Die Verlagshandlung ist verbunden, die Ablieferung der benöthigten Zahl von Zeitungsblättern zu den festgesetzten und derselben bey etwaigen Veränderungen in den Postcursen jedesmal bekannt gemacht werdenden Stunden zu bewerkstelligen, und wird diese Verbindlichkeit strenge einhalten; von Seite des königlichen Oberpostamtes ist der ausdrückliche Vorbehalt gemacht worden, daß demselben die Befugnis zustehe, in den Fällen einer Ablieferungsverspätung, die Zeitungen den bereits abgegangenen Posten estafettaliter auf Kosten der Verlagshandlung nachzusenden, den Fall der Erkrankung der Redacteure, und eines nicht sogleich wiederherzustellenden Defekts der Maschine ausgenommen. § VII Die Verlagshandlung macht sich anheischig, die Zeitungen gehörig zusammengelegt, nach je 50 Stücken gezählt und abgeteilt dem königlichen Oberpostamte liefern zu lassen, und da das augenblickliche Nachzählen wegen Drang der Speditionsgeschäfte nicht vorgenommen werden kann, den allenfallsigen Fehlanzeigen der königlichen Oberpostamtszeitungsexpedition unbedingt Glauben zu schenken. § VIII Aus besonderer Begünstigung des Instituts der Allgemeinen Zeitung werden der Redaction an etwa benöthigten ausländischen Zeitungen zehn derley, ohne Berechnung und Bezahlung des bayrischen Postaufschlages und bloß gegen Entrichtung des auf denselben haftenden fremden Postporto oder Aufschlages beschrieben und abgegeben, die nach Gefallen die Redaction bezeichnen kann. Dagegen macht sich dieselbe verbindlich 1. an das königliche Staatsministerium des königlichen Hauses und des Äußeren zwölf 2. an die Generaladministration der königlichen Posten sechs 3. an das königliche Oberpostamt in Augsburg zwey Freiexemplare abzuliefern.
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Auch soll die Verlagshandlung respective Redaction der Allgemeinen Zeitung gehalten seyn, jede Bekanntmachung über Post-Sachen, welche derselben durch die General-Administration der königlichen Posten, oder durch das königliche Oberpostamt in Augsburg mittelbar zukommen wird, unentgeltlich in der Weise in die Allgemeine Zeitung aufzunehmen, wie hierüber die nähere Andeutung von der Postbehörde erfolgen wird. Eine Bezahlung für das Einrücken könnte nur dann angesprochen werden, wenn ein und dasselbe Inserat in demselben Jahr mehr als dreimal aufgenommen werden müßte. §IX Die Nachnahme der Inseratenrechnungen - unter Haftung der Redaktion respektive des Verlegers - wird postwagenstäglich bis zu dem Betrage von zwanzig Gulden, unter Vorbehalt der für den Fahrpostdienst hergebrachten Speditionsnormen ohne Unterbrechung in der laufenden Zeit gestattet.
§x Allenfallsige Irrungen, welche sich über die Anwendung des gegenwärtigen Vertrages oder über Gegenstände ergeben möchten, welche in demselben nicht ausdrücklich vorgesehen sind, sollen nach Billigkeit gütlich beigelegt, oder vor der Generaladministration der königlichen Posten vorbehaltlich des Rekurses an die höheren Stellen entschieden werden. §XI In die Allgemeine Zeitung und auch in anderen Zeitungen dürfen keine Bekanntmachungen über die in diesem Vertrag zugestandenen Begünstigungen aufgenommen werden, ausser nur nach vorausgegangener ausdrücklicher Zustimmung der General-Administration der königlichen Posten - sowohl in Bezug auf Inhalt, als auf die Fassung. §XH Der vorliegende Vertrag wird auf wechselseitige - jedem Teile freistehende halbjährige Aufkündigung abgeschlossen, und soll vom l ten . July 1834 in Ausübung kommen. Es sollen drei gleichlautende Ausfertigungen gemacht, und nach erfolgter Genehmigung hiervon ein Exemplar in der Registratur der General-Administration der königlichen Posten, das zweite der des königlichen Oberpostamtes zu Augsburg hinterlegt, das dritte aber der Verlagshandlung ausgeliefert werden.
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Quellenverzeichnis
Archivalische Quellen Im Quellenverzeichnis sind alle Quellen verzeichnet, die in den angeführten Archiven zur AZ ermittelt werden konnten. Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Abt. II, Geheimes Staatsarchiv: (BayHStA) Ministerium des königlichen Hauses und des Äußeren (MA) MA 735 MA 872 MA 25002
MA 25003
MA 25004
MA 25005
MA 25009
MA 25010
Die Haltung der Münchner Allgemeinen Zeitung betr., 1891. Die beabsichtigte Verlegung der Allgemeinen Zeitung nach Stuttgart, 1875. Die bundesbeschlußmäßig im Königreich verordnete strengere Censur der Zeitungen, und verbotene Einfuhr der zum Aufruhr reizenden ausländischen periodischen Schriften betr., 1819-1824. Die Zensur der Zeitungen, hier die verlangte Mitteilung der seit 1818 an die Censurbehörden ergangenen Instruktionen, von Seite der ständischen Kammer der Abgeordneten, 1819; die bestehenden constitutionellen Bestimmungen und die bei dem Bundestage beschlossenen Maßregeln über die Zensur, 1825; das künftige Preßgesetz in Bayern; Vorlegung in der Ständischen Kammer und Mitteilung an einige diesseitige und auswärtige Gesandtschaften, u.a., 1831. Vollzug des Ediktes III zur Verfassungsurkunde, hinsichtlich der politischen Zeitungs-, und der censurfrey erscheinenden Tags- oder sonstigen periodischen Blättern und Druckschriften Uberhaupt. I. über die Herausgabe von politischen Zeitungen, periodischen Zeitschriften politischen Inhaltes, Verhältnisse der Redakteure. II. Verfahren gegen Blätter und Artikel, welche sich auf innere Politik beschränken. III. Anwendung der Censur auf periodische Schriften statistischen Inhaltes; dann auf Zeitungen und Zeitschriften über Gegenstände äußerer Politik. IV. Besondere Pflichten der Censoren; Juni 1829-26.1.1848. Die Aufsicht auf öffentliche Blätter, insbesondere den Vollzug verfügter Beschlagnahme, dann die Censur der in München ausgegebenen ausländischen Zeitungen, sowie die Mitteilung des Verzeichnisses der Abonnenten derselben, 1838-1841. Die Inserate in der Allgemeinen Zeitung resp. die erlassenen Anordnungen hinsichtlich der Aufnahme von Artikel beleidigenden Inhalts in der allgemeinen Zeitung gegen auswärtige Staatsregierungen in Specie die Artikel gegen die Regierungen von Frankreich und England, röm. Stuhl, Braunschweig, Hessen-Homburg, Polen, Hannover, Nassau, Oesterreich, [...], Schweden, Fürst von der Moldau, Sturdza, Meklenburg, Schwerin und Meinigen, sowie die Zensur dieser Zeitung betr., März 1829-Februar 1839. Die Inserate in der allgemeinen Zeitung und die Censur derselben resp. die erlassenen Anordnungen hinsichtlich der Aufnahme von Artikeln beleidi-
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MA 25011
MA 25012 MA 25013
MA 25014
MA 28001
MA 28005
MA 28006 MA 28007 MA 50825 MA 50833
MA 50834
MA 74035 MA 74045 MA 74048 MA 74060
MA 94775 MA 94803
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genden Inhalts in der Allgemeinen Zeitung gegen auswärtige Staatsregierungen, in Specie die Artikel gegen die Regierungen von Russland, Preußen, Sardinien, Niederlande, Oldenburg resp. Bentink'sche Angelegenheit am Deutschen Bundestage, Schweiz, 26.7.1842-21.4.1847. Einen anstößigen Correspondenz Artikel der Allgemeinen Zeitung vom 26. Juni 1840 gegen den französischen Gesandten zu Berlin, Grafen Bresson, betr. Die Beschwerde über die Artikel in der Allgemeinen Zeitung gegen Ihre Majestät der Königin von England, 9.12.1843-23.7.1845. Die in der Allgemeinen Zeitung aufgenommenen Äußerungen des Kgl. griechischen Obersten Kalergis zu Athen, resp. die Beschwerde Sr. Durchlaucht des Herrn Prinzen Eduard von Sachsen-Altenburg, 1844. Die Beschwerde der königl. Dänischen Herzogl. Holstein, und Lauenburgischen Regierung, wegen eines in der Allgemeinen Augsburger Zeitung enthaltenen Artikels betr., 21.1.1845-25.6.1845. Die diesseitigen Grundsätze in Hinsicht der Einrückung fremder Verordnungen, in Bezug auf [!] die im Auslande sich befindlichen Unterthanen in die im Königreiche erscheinenden öffentlichen Blätter betr., 1812. Den dermaligen Redakteur der AAZ Dr. Gustav Kolb, hier die gegebenen Notizen, von Seite der k. Bayerischen Commission bei der Bundes-Centralbehörde, wegen Theilnahme desselben an einer hochverrätherischen Verbindung betr. Den in der AZ über den herzoglich Sachsen-Meining'schen geheimen Rath Vahlkampf erscheinenden Artikel betr., 1838. Die Beschwerde des k. preußischen Hofrats Dr. Dorow zu Halle gegen die Redaktion und den Censor der Allgemeinen Zeitung, 1845. Reklamation I.M. der Königin Amalie wegen eines Artikels in der Allgemeinen Zeitung, 1868. Die Verfügungen wegen Aufnahme von Artikeln beleidigenden Inhalts gegen auswärtige Staatsregierungen bayerischer Zeitungen, hier Beschwerde Rußlands Uber Aufsätze in öffentlich bayerischen Blättern, Conv. I, 18271829. Die Verfügungen wegen Aufrahme von Artikeln beleidigenden Inhalts gegen auswärtige Staatsregierungen bayerischer Zeitungen, hier Beschwerde Rußlands über Aufsätze in öffentlich bayerischen Blättern, 1831-1881. Die Rücksprache mit dem Freiherm von Reischach über die Beschwerde der Eigenthümer der Allgemeinen Zeitung, 1843. Zuwendung amtlicher Inserate an Zeitungen betr., 1855-1858. Die Organisation der Presse in und für Bayern bzw. die Einwirkung der k. Regierung auf die Presse, 1855-1865. Die Einrückung amtl. Bekanntmachungen in öffentliche Blätter, hier den mit den Eigenthümern des Korrespondenten von und für Deutschland abgeschlossenen Vertrag betr., dann der Augsburger Allgemeinen Zeitung, 18671893. Die Allgemeine Zeitung 1890-1916. Diez, Dr. Hermann, Chefredakteur der Allgemeinen Zeitung, 1907.
Ministerium des Innern (Mlnn) MInn 15874
Mlnn MInn Mlnn MInn MInn MInn MInn MInn MInn MInn MInn MInn MInn MInn MInn MInn
25097/1 25097/III 34810 35185 35383 35606 35834 36133 36316 36721 36794 39221 39967 41018 43712 43971
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Den Redakteur der Europäischen Annalen und der Allgemeinen Zeitung, Joseph Wiedemann zu Augsburg, in specie dessen periodische Schrift >Der Staatsbürgen betr., 1815-1824. Die Allgemeine Zeitung, 1803-1848. Die Augsburger Zeitungen betr. Perglas. Carl Graf v. Giech. Luft [!] A.A., Landcommissariatsaktuar in Bergzabern, 1829-1833. Seida. Wirschinger. Ludwig Friedrich Volz (Voltz). Luft [!] A.A., Direktor bei der Regierung in der Pfalz, 1831. Fischer, Anton. Friedrich Hektor Graf v. Hundt. v. Kolb, Joseph, Regierungsrat in Augsburg, 1827-1866. Joseph Carl von Ahomer. K. Stadtkommissariat der Stadt Augsburg. Kommissär, 1818-1882. Wirschinger, Polizeicommissar. Die projectionierten Unternehmungen des Freiherrn von Cotta in Bayern resp. in München, 1826 und 1827. Materialien zur Gesetzgebung gegen den Mißbrauch der Presse seitens der Bundesversammlung, Bayerns, Österreichs, Württembergs, Frankreichs. Die Organisation der Presse in und für Bayern, die Angriffe der Presse auf die bayerische Staatsregierung, die gegen den Mißbrauch der Presse zu treffenden Maßregeln, dann die Vertretung bayerischer Interessen in in- und ausländischen Journalen, die Korrespondenzbureaus für die Leitung der Presse, dann die Erstattung monatlicher Preßberichte, die »Neue Münchner Zeitung« und die Tätigkeit des Prof. Dr. Riehl, 1848-1855. Instruktion ftlr die Gleichförmigkeit bei Ausübung der Zensur der politischen Artikel in den Zeitungen, 30.09.1831.
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Der Localabsatz der im Königreich erscheinenden Zeitungen, dann die grossdeutsche Presse und die Unterstützung des Literaten Georg Plüger in Hanau, 1859-1862. 45188 Zensurinstruktion vom 20.1.1831. 45189 Wiener Konferenz, Beschlüsse, Veröff., 1834. 45193 Übersicht über die 1856/1857 verfügte Beschlagnahme von Zeitungen und Zeitschriften. Sammlung von Artikeln und Berichtigungen die das Innenministerium in der 45206 Augsburger Allgemeinen Zeitung, in der Neuen Münchner Zeitung usw. erscheinen ließ. - Eigenh. Bemerkung Ludwig I., 1824-1861. Bundesbeschlüsse vom 28.6.1832 zur Erhaltung der Ruhe und Ordnung in 45582 Deutschland und die Umtriebe dagegen in Bayern. 4 6 6 7 0 ^ 6 6 7 6 Verzeichnisse der erscheinenden Zeitungen und periodischen Schriften, dann der hierfür bestellten verantwortlichen Redakteure 1858-1871. Febr. Bd. VII. (I.-VI. eingestampft); 1871-1879; 1880-1884; 1885-1888; 1 8 8 9 1892; 1893-1895; 1896.
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Verzeichnisse der in Bayern erscheinenden Zeitungen Zeitschriften, Wochenblätter und der Zeitungsredakteure. Vollzug des Gesetzes vom 17.3.1850, den Schutz gegen den Mißbrauch der Presse nun des Reichspressegesetzes vom 7.5.1874. Allgemeine Zeitung, 1852-1929.
283
Ministerium der Finanzen MF 37597
v. Wirschinger. Ministerialrath und Vorstand der k. General-Zoll Administration. wirklicher Geheimer Rath, k. wirkl. Staatsrath und Staatsminister der Finanzen.
Ordensakten Ordensakten 4865 Ordensakten 8592
St. Michaels Orden: Lufft, Aug. Adolf. Regierungsrat in Augsburg. Lufft, Königlicher Regierungsassessor: Annahme des K. russischen Stanislaus Orden IV. Klasse 1838 (Fremde Orden betr.).
Gesandtschaftsberichte Gesandtschaft Bern 96 Offizielle Schweizer Beschwerden gegen die Α Ζ, 1804-1820. Gesandtschaft Darmstadt 762 AZ in Augsburg; Beschwerden der hessischen Regierung, 1826. Gesandtschaft Dresden 2046 Übersichten über Maßregeln, welche die bayerische Regierung gegen den Mißbrauch der Presse unternommen hat. Gesandtschaft Karlsruhe 686 Allgemeine Zeitung in Augsburg. Verschärfung der Zensur, 18401842. Gesandtschaft Kassel 158 Allgemeine Zeitung; Beschwerden der Kurhessischen Regierung, 1830/31. Gesandtschaft Paris 5772 Augsburger Allgemeine Zeitung. Einforderung einer verbotenen Nummer von der französischen Regierung, 1853. Gesandtschaft Paris 5780 Memorial Diplomatique, Berichtigung eines Artikels über die angebliche Beteiligung der bayerischen Gesandtschaft in Rom bei der Veröffentlichung der Konzilsbriefe in der Allgemeinen Zeitung 1870. Gesandtschaft Rom 1426 Allgemeine Zeitung, Untersuchung gegen die Schriftleitung wegen Verleumdung, 1869. Gesandtschaft St. Petersburg 339 Beilage zur Allgemeinen Zeitung Nr. 61, 65, 68 1821. Besprechung des Buches von Dr. Johann Nepomuk von Raiser »Die römischen Altertümer zu Augsburg«, 1821. Gesandtschaft Stuttgart 420 Presse und Flugschriften, Pressezensur; Allgemeines und Einzelnes II, 1831-1847. Gesandtschaft Wien 1838 Pressegesetzgebung und Mißbrauch der Presse, 1811-1870. Gesandtschaft Wien 1839 Bezug und Zulassen von Zeitungen in Bayern und Österreich; bayerische Pressepolitik, 1818-1887.
Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Abt. IV. Geheimes Hausarchiv (GHA) Nachlaß König Ludwig I. (NL Ludwig I.): 49/4/43,1 I A 41 ARO III und IV ARO 21 II ARO 25 X. und XI. 73 XII. 73 XVI. 73 88/5/3
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Allgemeine Zeitung und Inserate. Johann Friedrich Cotta an Ludwig I., 2 Briefe aus Stuttgart, 1822. Akten des Innenministeriums, 1841, 1843-1849. Graf v. Giech Uber die Motive zu seinem Austritt aus dem Staatsdienst 1840; die Preßgesetzgebung betr., 1843. Johann Friedrich Cotta an Ludwig I., 1828. Augsburger Allgemeine Zeitung. Augsburger Allgemeine Zeitung, 1841. Pressesachen (Berichte, Maßnahmen). ohne Titel.
Staatsarchiv Augsburg Regierung von Schwaben und Neuburg: Regierung 3443 b Regierung 5475 Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung Regierung
Bestechlichkeit von Beamten. Den Vollzug des Gesetzes zum Schutze gegen den Mißbrauch der Presse in der Kreishauptstadt Augsburg betr., 1859-1874. 6424 Charakteristik der inländischen Tagesblätter, 1847-1849. 6433 Die Aufsicht auf die Presse (Sammelberichte), 1875-1880. 6443 Allgemeine Zeitung Bd. VII, 1846-1848. 6457 Quiescenzgehalt des Regierungsdirektors Lufft, zeitweise Versetzung in den Ruhestand. 6664 Lufft, August, q.h. Regierungsdirektor aus Speyer, Pension, 1863. 6697 Presse, 1832. 6929 und 6930 Quiescentenlisten. 7054 Die Zensur der politischen und statistischen Zeitschriften, Bd. I, 1818-1835; allgemeine Vorschriften. 7055 Die Zensur der politischen und statistischen Zeitschriften, Bd. II., 1836. 7056 Die Zensur der Zeitungen und übrigen periodischen Schriften politischen Inhalts, 1835. 7057 Die Zensur der kleineren im Regierungsbezirke erscheinenden periodischen Schriften politischen und statistischen Inhalts, 1818-1845. 7058 Zensurvorschriften, allgemein anwendbare fllr besondere oder vorübergehende Verhältnisse, 1818-1838. 7059 Zensurvorschriften - allgemein anwendbare die besonderen oder vorübergehenden Verhältnisse betr., 1839-1846. 7064-7067 Allgemeine Zeitung, Bd. l ^ i , 1823-1840. 7068 Allgemeine Zeitung, Bd. 6, 1844-1846. 7070 Die Ernennung der Zeitungszensoren betreffend, 1828-1848. 7073 Censur-Vorschriften für die Veröffentlichung landständischer Verhandlungen, 1821-1847. 7074 Die in öffentlichen Blättern erscheinenden auf die Stadt Augsburg bezüglichen Artikel; 1829-1844. 7077 Zensurvorschriften: Allgemeine Zeitung, 1843. 7088 Artikel für öffentliche Blätter. 7104 Die Censur der politischen Blätter. Generalia, 1846-1847. 7108 Die Handhabung der Censur. Vollzug der Ministerialentschließung vom 22.11.1847. 7109 Der Vollzug der Allerhöchsten Verordnung vom 16.12.1847. Die Aufhebung der Censur für innere Angelegenheiten betr., 1847-1848. 7112a Verzeichnis der Zeitungen, denen amtliche Inserate zugewendet werden dürfen, 1856-1858. 7114 Die Censur, 1847-1848. 8753 Die Aufsicht auf die Presse betreffend, 1848-1879. 8755 Allgemeine Zeitung: Hierauf bezügliche allerhöchste Befehle, 1833-1871. 8988 v. Ahomer, Dr. Joseph Karl, Regierungsassessor. 9914 Gegendarstellung des K.b. PlatzofTiziers in Kassel zu Auswanderungsmeldungen in der »Allgemeinen Zeitung«. 9916 Artikel der »Allgemeinen Zeitung« zu einer Reise des geheimen Legationsrates von Dönniges, 1852. 11431 Politische Zeitungen und Zeitschriften, 1870.
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Staatsarchiv München (StAM) Regierung (RA) RA 25606
Einen in der Allgemeinen Zeitung im Jahre 1827 enthaltenen Artikel wegen Verhaftung der Verfertiger und Verbreiter falscher preußischer Staatspapiere. Censurgebtlhren betr.
RA 25615
Archiv der Oberpostdirektion München Verzeichnis 7 Verz. 7, 1826 Nr. 16 Postbegünstigungssache des Freiherrn von Cotta über den Bezug fremder Journale der in dem literarisch-artistischen Institute erscheinenden periodischen Schriften; die Versendung dieser Zeitschriften in dem Inlande, und nach dem Auslande. Das Porto für Briefe und Postwagensendungen betr., 1826-1847. Verz. 7, 1827 Nr. 16 Die Spedition der in Augsburg erscheinenden Allgemeinen Zeitung durch die k. Postanstalt betr., 1827-1848. Verz. 7, 1839 Nr. 43; 1840 Nr. 26; 1841 Nr. 32; 1842 Nr. 64; 1843 Nr. 40; 1844 Nr. 24; 1845 Nr. 40; 1846 Nr. 35,44 + 45; 1847 Nr. 39a+b,Nr. 40 Spedition der Zeitungen, Tagblätter und Zeitschriften, 1839-1848.
Staatsarchiv Nürnberg (StAN) Lehrerseminar
Schwabach
Nr. 248
das Zeitungslesen betr., 1848.
Ms. Hist. (Historischer Verein Mittelfrankens) Fallmerayer Nr. 648/23
Nr. 648/24 und 25 Nr. 648/41 Nr. 648/42 Nr. 648/43 Nr. 648/44
Eigenhändige von G.M.Thomas ergänzte Zusammenstellung von Fallmerayers Aufsätzen in der Augsburger »Allgemeine Zeitung« von 1839-1860 (7 S.) + Zerstreute Aufsätze vom Jahre 1839-1860. Konzepte von Fallmerayers Aufsätzen für die Augsburger »Allgemeine Zeitung« u.a. I und II, 1839-1849; 1850-1860. Dr. Gustav Kolb (Allgemeine Zeitung), Augsburg, an Fallmerayer, 4 Briefe vom 19.5.1940, 20.11.?, 14.10.1848 und 20.2.1861. Fallmerayer, Konstantinopel an Dr. Gustav Kolb, Allgemeine Zeitung Augsburg, 19.5.1841. Georg Cotta und Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart an Fallmerayer, 6 Briefe mit 1 Vertrag und 7 Honorarrechnungen, 1842-1853. v. Abel, k.b. Innenminister, München, an Fallmerayer 1 Brief vom 19.3.1843 (bezüglich Zensur).
Stadtarchiv Augsburg Bestand 2 Nr. 465
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Allgemeine Zeitung, Gesuch um Verleihung von 16 Wasserstiften zu der Schnelldruckerei in der Karmelitengassse.
Schiller-Nationalmuseum/Deutsches Literatur-Archiv, Cotta-Archiv (Stiftung der Stuttgarter Zeitung) Briefe an Johann Friedrich Cotta und Georg von Cotta [Cotta Briefe] von: (Die Briefwechsel enthalten in manchen Fällen auch die Antwortschreiben. Die genauen Daten der Briefe werden in den Fußnoten genannt) Abel, Karl Altenhöfer, Josef August Armbruster, Carl Bacmeister, Adolph Dönniges, Wilhelm Friedrich Wilhelm III., König von Preußen Hardenberg, Karl August v. Huber, Georg Humboldt, Alexander v. Kolb, Gustav Lebret, Albrecht Ludwig I., König von Bayern Lufft, August Adolf Maximilian I., König von Bayern Mebold, Karl August Metternich, Clemens Fürst v. Öttingen-Wallerstein, Ludwig Fürst Orges, Hermann Rechberg, Alois Graf von Reischach, Hermann v. Rochow, Gustav Adolf Rochus Rochow, Thomas Heinrich Rupprecht, Johann Baptist Stegmann Karl Joseph Wagner, Moritz Wiedemann, Josef F.L. Lindner: darin A. Lebret an Cotta Cotta Verv. Reichel: verschiedene Schreiben. Cotta Verträge: Vertragsunterlagen mit verschiedenen Personen. Copierbücher I-VI. Copierbuch G.v. Cottas an die Redaktion der Allgemeinen Zeitung, 1851-1861. Archivkartons verschiedenen Inhalts: AZ I A 1; A2 I A 3; AZ I Β 6; AZ I Β 8; AZ I D 1; AZ I D 2; AZ I D 3 AZU 1; AZ II 2; AZ II 3 Cotta, Verschied.: Zs. II. A.II; Zs. II. B.
Hauptstaatsarchiv Stuttgart Königlicher Geheimer Rat Ε 31 Büschel 195 Ε 31 Büschel 1054
Differenzen König Friedrichs mit den Ständen über ein in der Allgemeinen Zeitung abgedrucktes Schreiben. Gesuche zur Herausgabe von Zeitungen und Maßnahmen wegen vorgefallener Verstöße gegen die Zensurvorschriften: Staats- und gelehrte Zeitung des Hamburgischen unparteiischen Korrespondenten Nr. 37 vom 6.3.1798; Augsburgische Ordinäre Zeitung Nr. 48 vom 24.2.1798; Nr. 63 vom
287
Ε 31 Büschel 1055
14.3.1798; Nr. 66 vom 17.3.1798; Allgemeine Zeitung Nr. 321 vom 17.11.1800, 1798-1817. Verbote gegen die bei Verleger Cotta in Tübingen erschienene »Allgemeine Zeitung« (vorher »Neueste Weltkunde« und »Allgemeine Weltzeitung«), 1797-1803.
Deutscher Bund E 6 5 V e r z . 57, 191
darin: 14. Beschwerde Dänemarks gegen Bayern wegen Zulassung eines Artikels in der Allgemeinen Zeitung von 18.1.1845 »die sogenannte Danisierung der Schleswig-Holsteiner«.
Außenministerium/Württembergische Ε 70 a, BU 47/4
Gesandtschaft in Paris
Entwurf eines Schreibens an Minister Talleyrand zur Mitteilung, daß Kurfürst Friedrich die »Allgemeine Zeitung« verboten habe, nachdem Talleyrand sich über sie beklagt hatte. Auszüge aus französischen Zeitungen, Artikel über die Zustände in Württemberg, 1804.
Außenministerium/Württembergische Ε 70b, Bü 66/13
Gesandtschaft in Wien
Akten betreffend Zeitungsangelegenheiten. Enthält u.a.: Verkauf der Eigentumsrechte der Familie Cotta an der »Augsburger Allgemeinen Zeitung«, 1876.
Außenministerium/Württembergische Ε 70f, 308
Gesandtschaft in Baden
Amtliche Reaktionen auf Pressemitteilungen, Zensureinzelfälle, enthält: Allgemeine Zeitung, 1816, Allgemeine Zeitung, 30.5.1868/Nr. 151, 1816— 1869.
Staatsarchiv Ludwigsburg Oberregierung
Stuttgart
D 41, 434
Die »Neueste Weltkunde«. Censurfreiheit derselben. Klagen des kaiserlich Russischen und kaiserlich Österreichischen Ministers, gegen einige Stellen in derselben, wie auch des Schwäbischen Merkurs, 1798. Beschwerden des Fürstbischofs zu Speier, gegen einige Stellen in derselben, 1798. Neueste Weltkunde«, deren Fortsetzung unter dem Titel »Allgemeine Zeitung« unter Censur, 1799-1800.
D 41,435 D 41,436: Kriminalsenat
Esslingen
Ε 319 Büschel 1-3
Beschuldigte: 1. Dr. Gustav Kolb aus Stuttgart 2. Leonhard Tafel aus Stuttgart wegen Hochverrat, Tatzeit: 1821/1824, Tatort: Stuttgart, Tübingen u. andere Orte. Tat: Gründung eines geheimen Bundes mit dem Ziel, die Regierung und den König zu stürzen; Urteil: 27.3.1825. Akten in Nr. 1: Akten der Spezialuntersuchungs-Kommission, Vernehmung einzelner Beschuldigter Nr. 5-21; in Nr. 2: Akten der Spezialuntersuchungs-Kommission, Vernehmung einzelner Beschuldigter Nr. 2 - 4 und Akten des Kriminalsenats; in Nr. 3: Akten des Kriminalsenats, 1825 .
Nachlaß Dr. Ferdinand von Steinbeis. Präsident der württ. Zentralstelle für Gewerbe und Handel
(1807-1893) PL 702 Büschel 103 Allgemeine Zeitung, München, betr. Rücksendung eines Aufsatzes als zu ausführlich. München 24.7.1883.
288
Landesarchiv Speyer Regierung der Pfalz Bestand Η 2,461 Bestand Η 2,801
Luffi. Voltz.
Österreichisches Staatsarchiv: Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien Staatskanzlei Wissenschaft und Kunst 13
Zeitungen.
Österreichisches Staatsarchiv: Allgemeines Verwaltungsarchiv Polizeihofstelle (AVA PHST) ZI. 10039/1827 22kk/1810 ZI. 594/1828 ZI. 872/1830 ZI. 2377/1831 II. 921/1859 II. 807/1859 II. 67/1859 H. 236/1827
Allgemeine Zeitung, Korrespondenz. Allgemeine Zeitung: Beschlagnahme wegen Angriffes auf den österreichischen Staatskredit. Cotta - Gasser, Interzepte. Stegmann - Interzepte, Augsburg. Stegmann - Interzepte, Augsburg. AZ, Artikel über den angeblichen Aufenthalt Kosshuts. AZ: Nachforschungen nach dem Tiroler Korrespondenten. Mailänder Artikel. Zensur ausländischer Journale - Wiener Korrespondenten.
Geheimes Staatsarchiv Preussischer Kulturbesitz, Abteilung Merseburg (GHSTA Merseburg) Bestand 2.4.1. Abt. I: Preußisches Ministerium des Äußeren Nr. 9126
Nr. Nr. Nr. Nr.
9127 9128 9129 9221
Nr. 9297
Nr. 9342
Acta betr. die in der Augsburger Allgemeinen Zeitung enthaltenen Ausfälle gegen Preußen: Baierische Zeitungen im Allgemeinen, desgl. der Nürnberger Correspondent, desgl. die in Saarbrücken erscheinende Zeitschrift »Rheinbayern«; desgl. die in Augsburg in zwanglosen Heften erscheinende Zeitschrift des Dr. Kurz »Die Zeit«, 1817-1836 Acta betr. die baierischen Zeitungen, 1837-1843. Acta betr. die baierischen Zeitungen, 1843-1847. Acta die Presse im Königreich Bayern betr., 1848-1854. Acta betr. die von dem Dr. Cotta zu Stuttgart zu verlegende Bundestagszeitung; dessen Ernennung zum preußischen Geheimen Hofrat, Patent vom 18.1.1817. Acta betr. die angeordneten Ermittlungen über die Quelle eines in No. 48 der Augsburger Allgemeinen Zeitung enthaltenen, fast wörtlich aus einem offiziellen gesandtschaftlichen Berichte entnommenen Aufsatzes, 1824. Acta betr. die Beschwerde Dänemarks beim deutschen Bunde über einen in der Augsburger Allgemeinen Zeitung abgedruckten Aufsatz des Professor Arndt, Februar 1845-1848.
Rep. 75 A: Preußische Gesandtschaft am Bundestag zu Frankfurt Rep. 75 Α Nr. 643 Rep. 75 Α Nr. 644
Aufsicht über die Presse in Bayern, 12.1831-12.1832. Aufsicht über die Presse in Bayern, 1833-1847.
289
2.4.23. Preußische Gesandtschaft in München 2.4.23. Nr. 1370
Gerichte [!] über die Allgemeine Zeitung im Mai 1846-Sept. 1847.
Rep. 77. Preußisches Ministerium des Innern Rep. 77 Tit. II. Spec. Lit. A. Nr. 34 die bei von Cotta in Stuttgart herauskommende Allgemeine Zeitung und die darin auf zunehmenden Aufsätze und Artikel, 14.6.18341847. Rep. 77 Tit. 621 Nr. 1 Acta betr. die Verhältnisse der Presse in dem Königreich Bayern vom 22.12.1849-5.12.1913. Rep. 77 Tit. 621 Nr. 3 Vol 1 die Augsburger Allgemeine Zeitung vom 2.1.1854-30.12.1864. Rep. 77 Tit. 621 Nr. 3 Vol 2 die Augsburger Allgemeine Zeitung vom 31.1.1866-1867. 2.3.35.
Literarisches Büro = Staatsministerium
Nr. 288 Nr. 290
Centraistelle für
Preßangelegenheiten
Acta die Bayerische Presse betr. Acta betr. die in Augsburg erscheinende 4.11.1854-1862.
Allgemeine
Zeitung
vom
Generallandesarchiv Karlsruhe Politische Nachlässe: Dr. Karl Glockner, Präsident des Bad. 52 Glockner/1
Verwaltungsgerichtshofs
Korrespondenz mit Dr. Julius Jolly, Chefredakteur der Allgemeinen Zeitung in München, 1896-1898.
Periodika Allgemeine Zeitung, Augsburg. Gesetzblatt für das Königreich Bayern. Regierungsblatt des Königreichs Bayern. Sammler. Beilage zur Augsburger Abendzeitung, Nr. 150 und 151, Augsburg 1898.
Gedruckte Quellen Abran, Hippolyt de: Das deutsche Zeitungswesen, in: Deutsche Vierteljahresschrift 1. Heft. Stuttgart und Tübingen 1840, 1-66. Adler, Hans: Literarische Geheimberichte. Protokolle der Metternich-Agenten, 2 Bde. Köln 1977. Allgemeine Vorschriften bezüglich des Dienstbetriebes bei den Poststellen und Posthaltereien der Fürstlich Thum und Taxisschen Posten. 1860, Nd. Kallmünz 1984 (Studien und Quellen zur Postgeschichte, Reihe B: Faksimiliedrucke, Bd. 2). Bibl, Viktor: Metternich in neuer Beleuchtung. Sein geheimer Briefwechsel mit dem bayerischen Staatsminister Wrede. Wien 1928. Bluntschli, Johann Caspar: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben. Bd. I. Zürich 1808-1848, Bd. II. München 1848-1861, Nördlingen 1884. Bodenstedt, Friedrich: Erinnerungen aus meinem Leben, Bd. 2. Berlin 1890. Camerer, Joh. Wilhelm: Beiträge zur Geschichte des Stuttgarter Gymnasiums. Stuttgart 1834. Collmann, Julius August: Quellen, Materialien und Commentar des gemeinen deutschen Pressrechts. Berlin 1844. Cotta. Dokumente, Handschriften, Bücher aus drei Jahrhunderten, hrsg. von Liselotte Lohrer. Stuttgart 1959 Dingelstedt, Franz: Münchner Bilderbogen. München 1879.
290
Döllinger, Georg: Sammlung der im Königreiche Bayern bestehenden Verordnungen. Bd. 3, München 1836. Fournier, August: Die Geheimpolizei auf dem Wiener Kongreß. Eine Auswahl aus ihren Papieren. Wien 1913. Fröbel, Julius: Ein Lebenslauf. Aufzeichnungen, Erinnerungen und Bekenntnisse, 2 Bde. Stuttgart 1890/91. Geiger, Ludwig: Therese Huber. Leben und Briefe einer deutschen Frau. Stuttgart 1901. Gesandtschaftsberichte aus München 1814-1848. Abt. I. Die Berichte der französischen Gesandten, bearb. von Anton Chroust, Bd. 1-4. München 1935ff. (Schriften zur bayerischen Landesgeschichte, Bd. 19-23); Abt. II. Die Berichte der österreichischen Gesandten, bearb. von Anton Chroust, Bd. I—III» München 1939 (Schriften zur bayerischen Landesgeschichte, Bd. 3 9 43); Abt. III. Berichte der preußischen Gesandten, bearb. von Anton Chroust, Bd. I-IV. München 1949ff. (Schriften zur bayerischen Landesgeschichte, Bd. 33, Bd. 36-38). Giech, Carl Graf: Ansichten über Staats- und öffentliches Leben. Nürnberg 1843. Glossy, Karl: Literarische Geheimberichte aus dem Vormärz. Wien 1910-1912 (Jahrbuch der Grillparzer Gesellschaft Bd. 21-23). Grumach, Renate (Hg.): Goethe. Begegnungen und Gespräche, Bd. IV. 1793-1799. Berlin, New York 1980 Hase, Karl: Ideale und Irrtümer. Leipzig 2 1873. Heine, Heinrich: Briefe. Säkularausgabe, Bd. 20-27. Weimar, Paris 1970-1984. - Historisch-Kritische Gesamtausgabe der Werke, hrsg. von Manfred Windfuhr, Bd. 13/1 (Lutezia). Hamburg 1988. Held, Friedrich Wilhelm Alexander: Censuriana oder die Geheimnisse der Censur. Cassel 1844. Huber, Emst Rudolf: Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1: Deutsche Verfassungsdokumente 1803-1850. Stuttgart 3 1978; Bd. 2: Deutsche Verfassungsdokumente 18511900. Stuttgart 3 1986. Huber, Ludwig Ferdinand: Sämtliche Werke seit dem Jahre 1802 nebst seiner Biographie, Bd. 1. Tübingen 1806. Ilse, Leopold Friedrich: Geschichte der politischen Untersuchungen, welche durch die neben der Bundesversammlung errichteten Commissionen, der Centrai-Untersuchungskommission zu Mainz und der Bundeszentralbehörde zu Frankfurt am Main in den Jahren 1819-1827 und 1833-1842 geführt sind. Frankfurt 1860. Keßler, Ewald: Ignaz von Döllinger - Johann Georg Cotta-Verlag. Briefwechsel 1828-1889, in: ZBLG 42, 2, (1979), 305-350. Klüber, Johann Ludwig: Wichtige Urkunden für den Rechtszustand der deutschen Nation, hrsg. vonC. Welcker. 2 1845. Kolb, Gustav: Nekrolog (für Karl Josef Stegmann), AZ 5.3.1837 + 8.3.1837. Kuhn, Dorothea (Hg.): Goethe und Cotta. Briefwechsel 1797-1832. Stuttgart 1979. List, Friedrich: Schriften, Reden, Briefe. Bd. 8 Tagebücher und Briefe 1812-1846, hrsg. von Edgar Salin. Berlin 1933. Lufft, August: Untersuchungsrichter in Bern. Aktenmäßiger Beschluß des Untersuchungsrichters von Bern, wodurch die peinliche Hauptuntersuchung gegen Ernst Schüler von Biel wegen Hochverrats verhängt wurde. Bern 1837. - Offene aktenmäßige Verwahrung und Abwehr bezüglich der gegen ihn erhobenen politischen Beschuldigungen. Augsburg 1848. - Ein Streiflicht auf die rheinpfälzischen Landtagswahlen im Jahr 1855, vierte, durchgesehene und um ein zweites Vorwort vermehrte Auflage. Heidelberg 1855. - Der Feldzug am Mittelrhein in den Monaten Mai, Juni, Juli 1794, insbesondere die Sprengung der Gebirgspostenlinie der Alliierten zwischen Edenkoben und Kaiserslautern. Karlsruhe 1870. - Streiflichter auf bayerische Zustände. Mannheim 1873. - Der Feldzug am Mittelrhein von Mitte August bis Ende Dezember 1793. Freiburg im Breisgau, Tübingen 1881.
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Personenregister
Abel, Karl August von 89-95, 103, 106108, 114, 118, 128, 136, 180, 185, 187, 190-193, 196, 199, 200, 209f., 220, 228, 230 Ahomer, Josef Carl von 104, 107, 125, 182 Altenhöfer, August Joseph 8, 28f, 34, 38f., 42,46, 65, 128, 191,210 Armansperg, Joseph Ludwig Graf von 50, 85, 88, 169, 180-182 Arndt, Ernst Moritz 203 Baur-Breitenfeld, Anton von 104f., 173 Beck (Korrelctor der AZ) 40 Bentinck, Frhr. von (niederl. Geschäftsträger) 199 Berchtolsheim, Alexander Freiherr von 117 Berg, Günther Heinrich von 69 Bernstorff, Albrecht Graf von 208 Bemstorff, Christian Günther Graf von 157 Bodenhausen, hannoverscher Gesandter in Wien 187 Börne, Ludwig 35 Böttiger, Karl August 35 Braunmühl, Anton Edler von 106 Brenner, Frhr. von, österr. Gesandter 222 Bresson, Graf 194 Campe, Julius 218 Cetto, Anton Frhr. von 199 Cotta (zu Cottendorf), Johann Friedrich 1, 4, 7, 13-18, 20-27, 30, 32, 34-38, 40, 42-44, 46-52, 102, 112, 125f., 137-141, 144-150, 152-157, 160-168, 170-172, 174-179, 212-217, 225, 227, 231, 232f„ 235-237, 255f., 259-261, 273-275 Cotta zu Cottendorf, Johann Georg von 5, 7f„ 17-19, 28f., 31, 34-36, 38^14,46, 51-54, 62, 64f„ 67, 107-109, 118, 127129, 137-145, 150, 179, 182f„ 186f„ 191, 193, 196-200, 203f„ 210-215, 2 1 7 220, 223, 228, 230-237, 263, 2 6 5 , 2 6 8 273, 276 Cotta, Emil 112 Cotta, Friedrich Christoph 4 Cotta, Ida von 18f. Cotta, Sopie von, geb. v. Adlerflycht 17
Culmann, August Ferdinand 112 Deinhardstein, Johann Ludwig 97 Dingelstedt, Franz 218 Dönhoff, August Heinrich Hermann Graf von 145, 147, 1 9 5 , 2 1 5 , 2 1 8 , 2 7 3 Dorow, preuß. Hofrat 206, 270 Droste zu Vischering, Klemenst August Frhr. von 188, 191 Eckstein, Ferdinand Baron von 35 Eichendorff, Josepf Frhr. von 97 Eichthal, Simon Frhr. von 35 Ernst August, König von Hannover 186f. Fackler, Faktor der Augsburger Druckerei 40, 62, 65 Fischer, Adam 107 Fischer, Anton (von) 107f., 114f., 118f., 123-125, 129, 179-183, 200, 223, 264 Franz I., Kaiser von Österreich 101, 171 Friedrich I., König von Württemberg 15, 20f. Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen 77, 202 Fröbel, Julius 76 Gentz, Friedrich 35, 156, 160, 162f., 187 Georg IV., König von England 161 Gfrörer, August Friedrich 268 Giech, Carl Graf von 102-104, 119f., 120, 125, 129 Giech, Hermann Graf von 103 Gise, August Frhr. von 50-52, 88, 182, 195, 197-199, 204, 207f. ( 215, 275 Goethe, Johann Wolfgang von 14f., 96 Görres, Joseph 89, 90, 152 Gravenreuth, Karl Emst Frhr. von 80, 89, lOlf., 104, 122, 126, 154, 159f., 164, 167, 169, 241 Gutzkow, Carl 3 5 , 7 5 Hänlein, Wilhelm 204 Hardenberg, Karl August von 213 Heine, Heinrich 27, 35, 75, 96, 108f„ 140, 177,233 Held, Friedrich Wilhelm Alexander 79 Hepp, Philipp 112 Herder, Johann Gottfried 15
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Heydeck, Oberst 180 Hirzel, Heinrich 24 Höfken, Gustav 39 Hoppe, Wilhelm 213 Hormayr, Joseph Freiherr von 171, 260 Hruby-Gelinie, Karl Eduard Frhr. von 152, 160 Huber, Georg 40, 65, 145 Huber, Ludwig Ferdinand 21 f., 25, 151 Huber, Therese 25f. Humboldt, Alexander von 15,18 Hundt, Friedrich Hektor Graf von 116, 222 Jarke, Karl Ernst 187, 216, 269 Jean Paul (eigentl. Johann Paul Friedrich Richter) 15 Johann, Erzherzog 17 Johann, Prinz von Sachsen 207 John, Karl Ernst 96f. Jordan, Sylvester 207f. Karl, Erzherzog 212 Karoline, Königin v. England 161 Käst, Theodor von 116,128 Katte 65 Kleist, Anton von 214 Kolb, Gustav 5, 8, 22-31, 34, 36-44, 46, 57, 65, 107-109, 115, 118, 125-129, 138-140, 142, 144, 146, 150, 177f., 180, 182-195, 197, 199f., 202, 204, 210, 214, 218f, 221-224, 228-230, 233, 269 Kolb, Joseph von 109f„ 114, 116, 119, 135, 187, 195, 199, 228 Kotzebue, August von 70, 158 Krafft von Dellmensingen, Franz 102 Kruedener, von, russischer Geschäftsträger in München 173 Laube, Heinrich 75 Lebret, Albrecht 25f., 34, 39, 41, 51, 138f„ 184,275 Lebret, Bibliothekar und Zensor 21 Lebret, Johann Friedrich 25 Lehmann, Joseph Maximilian Emanuel 215, 270 Lerchenfeld, Maximilian Emanuel Frhr. von 132 Liesching, Samuel Gottlieb 72 Link, Amold von 107, 181, 182 Lippe, Philipp Ferdinand von 52 List, Friedrich 141 Ludwig I., König von Bayern 9, 16f., 45, 52, 79, 84-95, 99, 103, 105, 113-116, 128f„ 136, 149, 162, 169-171, 173-177, 180f., 185f„ 188-191, 1 9 7 - 2 0 2 , 2 0 5 -
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207, 209f., 220, 222, 227, 230f., 233, 235, 238 Lufft, Adolf August 38, 46, 110-116, 119, 126-129, 135f., 150, 195-202, 2 0 4 , 2 0 6 209, 211, 216f., 228-230, 235 Lufft, Amalie (geb. Schneider) 111,112 Lufft, Karl August 111 Maitzahn, preuß. Gesandter in Wien 186, 216 Marggraff, Hermann 39 Marschall, von, braunschweigischer Bundestagsgesandter 174 Marx, Karl 96 Maurer, Georg Ludwig von 94, 180f., 221 f. Maximilian I., König von Bayern 16,22, 80f., 83,93, 108, 126, 148f., 151, 153, 159, 162-165, 168f., 176,240 Maximilian II., König von Bayern 115 Mazzini, Guiseppe 186 Mebold, Erdmann 29 Mebold, Karl August 8 , 2 8 - 3 1 , 34, 39, 42f., 65, 128, 137, 178, 195, 207, 230, 268 Menzel, Wolfgang 268 Metternich, Clemens Wenzel Lothar Fürst von 1, 3, 6f., 35, 45, 70f„ 74, 77f„ 83f„ 93,96, 155f„ 158, 160-163, 165f., 168, 170, 172, 175-177, 185-188, 1 9 2 , 2 1 1 213, 216, 222, 234, 255, 259-261, 269f. Mohl, Julius 35 Montez, Lola (eigentl. Maria Dolores Eliza Gilbert) 94, 220f. Montgelas, Maximilian Joseph Graf von 22, 99, 151-155 Müller, Adam 172 Müller, Franz Joseph 126 Mündt, Theodor 75 Nagler, Karl Friedrich Ferdinand von 195, 213 Napoleon I., Kaiser der Franzosen 2, 25, 152,212 Nikolaus I., Zar von Rußland 113-115, 170, 200, 208 Oberkamp, Karl August Freiherr von 204 Oken, Lorenz 158 Orges, Hermann 39, 144 Öttingen-Wallerstein, Ludwig Fürst zu 88f., 94f., 105f., 109, 116, 147, 172, 177-182, 220, 223, 263-266 Otto I., König von Griechenland 180-182, 199 Perglaß, Karl August Frhr. von 107-110, 121f, 126, 185, 187, 189, 192, 194-196, 215,228
Peschel, Oskar 39f. Pfeffel, Hubert Frhr. von 164 Pfizer, Gustav 268 Pilat, Joseph Anton 35, 156, 187,213,269 Ploner, Ludwig 116,209 Plötz, Korrespondent 221 Posselt, Ernst Ludwig 20, 42 Raiser, Johann Nepomuk 132 Rechberg, Aloys Graf v. 83, 150, 154-162, 164f„ 169, 241, 255f., Reich, Philipp Erasmus 14 Reichel, Wilhelm 40, 175 Reichenbach, Carl August 62 Reischach, Frhr. Hermann, Ludwig Emst Albert v. 18f„ 56, 65, 146, 150, 187, 197f„ 218f„ 268 Rettig, Friedrich Christian 117 Riehl, Wilhelm Heinrich 23, 39f. Rochow, Gustav Adolf von 146 Rochow, Thomas Heinrich von 128,146, 196, 203,216-219, 268 Roeth 40, 62, 127 Roth, Ludwig 64 Rothschild, Bankier in Wien 163 Rüge, Arnold 96 Rupprecht, J.B. 165f. Sand Karl Ludwig 70, 158 Schelling, Friedrich Wilhelm von 15 Schenk, Eduard v. 85, 87f„ 149, 173f. Schiller, Friedrich von 8, 14f„ 20, 29, 32, 213 Schneider, Friedrich Jakob 111 Schücking, Levin 39, 115 Sedlnitzky, Joseph G r a f S . von Choltitz 269 Seida, Franz Eugen Frhr. von lOlf., 126, 155-157 Senfft-Pilsach, Friedrich Christian Ludwig Graf von 208 Severin, russischer Gersandter 199, 208 Siebenpfeiffer, Philipp Jakob 73, 112, 139 Spiegel zum Desenberg, Kaspar Philipp Graf von, 171,176,261 Stainlein, Eduard Graf von 83 Stegmann, Karl Joseph 5, 7, 13, 22-27, 29, 32, 34, 3 6 - 4 1 , 4 5 , 102-106, 124-125, 131f, 138-140, 142-144, 146, 148-149, 151, 153, 155, 157, 159-160, 163-165, 167, 175, 177f., 181, 184f.,227, 232, 263, 265f.
Stein, Lorenz von 203 Stengel, Karl Freiherr von 109, 112, 114, 142, 197, 200 Stifter, Adalbert 35 Strauß, David Friedrich 189 Struve, Gustav 7 9 , 9 6 Tauffkirchen, Graf (Oberpostmeister) 197 Thibaut, Anton Friedrich Justus 111 Thiers, Adolphe 35 Thiersch, Friedrich 162f., 180, 181 Thil, Karl Wilhelm Heinrich Frhr. von du B o s d u 131 Thon-Dittmer, Gottlieb Frhr. von 92 Thürheim, Friedrich Graf von 169 Trauttmansdorff-Weinsberg, Joseph Graf von 164 Trott zu Solz, Legationsrat 17 Usteri, Paul 35 Varnhagen (von Ense), Karl August 270 Vahlkampf, sachsen-meinigenscher Geh. Rat 193 Vigneau, du, Vicepräsident Westfalens 194 Viktoria, Königin von England 45, 161, 199, 207 Vincke, Friedrich Ludwig Freiherr von 193 Viollier, russischer Geschäftsträger 200 Voltz, Ludwig Friedrich 105f., 147, 173, 175 Wagner, Moritz 39 Wangenheim, Karl August Freiherr von 17 Werther, Heinrich August Alexander Wilhelm Frhr. von 1 2 4 , 2 1 5 - 2 1 8 , 2 6 8 Widemann, Ludwig 37 Wiedenmann, Eduard 26, 39 Wieland, Christoph Martin 29 Wienbarg, Ludolph 75 Wilhelm I., Kg. v. Württemberg 15f., 202 Wirschinger, Ludwig lOlf., 125, 153, 160, 227 Wirth, Johann Georg August 72f., 139, 176 Zander, Ernst 90f., 103 Zastrow, v. preuß. Gesandter in München 157 Zedlitz, Fhrh Josef C . v . 6 5 , 2 1 4 , 2 1 6 Zenetti, Johann Baptist von 94, 106
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