Die Amazonen in der attischen Literatur und Kunst: Eine archäologische Abhandlung [Reprint 2021 ed.] 9783112406069, 9783112406052


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Die Amazonen in der attischen Literatur und Kunst: Eine archäologische Abhandlung [Reprint 2021 ed.]
 9783112406069, 9783112406052

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DIE AMAZONEN IN DER

ATTISCHEN

LITERATUR UND

K

U

N

S

T

.

EINE ARCHAEOLOGISCHE ABHANDLUNG VON

ADOLF

KLÜGMANN.

STUTTGART. VERLAG

VON

W.

1875-

SPEMANN.

Druck von Gebrüder Mäntler in Stuttgart.

W I L H E L M HENZEN

gewidmet.

VORWORT.

A u s g e h e n d von dem Studium der künftlerifchen Darftellungen der Amazonen

habe

ich

die literarifche Behandlung

der die kricgerifchen

Heroinen betreffenden Sagen bei den griechifchen und römifchen Schriftftellern unterfucht und in diefer Schrift die Monumente der wichtigften unter diefen Sagen, der attifchen, zu erläutern gefucht. Die attilclie Sage ift in fich keine einheitliche,

fondern. zerfällt

in zwei nicht immer mit

einander verbundene Theile, in die E r w e r b u n g der Amazone durch Thefeus und in den Kampf der Amazonen in A t h e n . Diefe Theilung musste bei der Anordnung des Stoffes zur Geltung kommen, im Uebrigen habe ich

mich

bemüht,

die Ueberlieferung

fo zufammenzuftellen, dass die

chronologischen und die eidographifchen Gefichtspunkte in gleicher Weife berückfichtigt werden. Die bedeutendften K u n f t w e r k e , welche in Betracht k o m m e n , bereits in Werken dürften,

veröffentlicht, die

find

allen Fachgenoffen zur Hand fein

ihre Wiederholung fchien daher unnöthig zu fein.

F ü r den in

Athen gefundenen Sarkophag mit A m a z o n e n k ä m p f e n ift eine Publikation fchon von anderer Seite -verfprochen.

D e r vorliegenden Schrift dienen

nur die Abbildungen von zwei gefchnittenen Steinen aus der Sammlung der Parifer Bibliothek zur Zierde, welche, obgleich dem gewählten T h e m a nicht unmittelbar zugehörig, doch nicht länger unbekannt bleiben follten, weil fie für Alle,

die

fich mit der Unterfuchung über die berühmten

ephefifchen Amazonenftatuen befchäftigen, von Intereffe fein werden.

Die

Güte des Herrn Chabouillet geftattete mir vor einigen Jahren, die Zeichnungen der beiden Steine anfertigen zu laffen. Die neuere mythologifche Forfchung hat die Amazonen mit den Walkyren

mehrfach

oder mit dem wilden Heere am Himmel verglichen

VI oder in ihren Sagen Spuren des Dienftes einer von den femitifchen Völkern Afiens verehrten kriegerifchen weiblichen Gottheit zu erkennen geglaubt. Trotz meiner Bemühung

bin ich nicht in die L a g e gekommen, felbft-

ftändig den Werth zu beurtheilen, welche die aus der nordifchen oder afiatifchen Götterlehre Erkenntniss

vorgetragenen Analogien

für eine umfaffendere

der mythologifchen Natur der Amazonen

befitzen.

Eine

Bezugnahme auf diefe mythologifchen Betrachtungen musste daher diefer Schrift ferne bleiben. , Für die Förderung,

welche mir im Laufe der Arbeit von meinen

Freunden zu Theil geworden ift, fage ich denfelben warmen Dank.

R o m , Anfang Juni 1875.

A. Klügmann.

INHALT.

Seite

I. II.

Einleitung Die A m a z o n e n bei A e f c h y l u s

i .

.

8

III.

Thefeus und Herakles

IV.

Die Sage bei den Epikern

16

Die Erwerbung der A m a z o n e durch T h e f e u s

21

V. VI.

Zug und K a m p f der A m a z o n e n g e g e n A t h e n : A.

Die ältere literarifche Ueberlieferung

B.

Künillerifche Darflellungen des K a m p f e s : a) durch Mikon und die V a f e n m a l e r b) durch Phidias

VII.

12

31

42 56

C.

D i e Auffaffung der Redner

65

D.

Die Tradition der Univerfalhiiloriker

78

E.

Spätere künillerifche Darilellungen

81

A m a z o n e n f a g e n an anderen Orten Griechenlands

89

D as Glaukoslicd der Ilias nennt als die letzte T h a t Bellerophons, dass er männergleiche Amazonen erfchlagen, Schaaren von männergleichen Amazonen hat Priamos in feiner Jugend am Sangarios als Bundesgenoffe der phrygifchen Könige bekämpft. Die Ilias kennt überhaupt in Afien kaum andere Kämpfe der mythifchen Vorzeit als diejenigen gegen die kriegerifchen Weiber, aber auf die Schilderung derfelben geht fie nicht weiter ein, nur ein Vers des Schiffscatalogs^gedenkt noch einer Amazonenfage: den H ü g e l , an welchem Hektor die T r o e r o r d n e t , nennen die Menfchen Batiea, die Unfterblichen aber das Mal der vielfpringenden Myrine. Kriegerifcher R u h m fremder Weiber und nahe Verbindung derfelben mit dem Cultus einer Gottheit find die H a u p t m o m e n t e aller Sagen von den Amazonen bei den Griechen. Vereinigt finden fich beide in dem Glauben, welcher fie zu Töchtern und Dienerinnen von A r e s macht. Arktinos, der ältefte der nachhomerifchen E p i k e r , hat Penthefilea eine Thrakerin und T o c h t e r des Ares g e n a n n t , fortan ift in der nationalhellenifchen Sage, in Literatur und Kunft die kriegerifche Natur der fremden Weiber ftets gefeiert worden. Jedem Dichter bleibt fie bewusst und kein griechifcher Künftler hat eine A m a z o n e jemals anders als bewaffnet und in kriegerifcher T r a c h t dargeftellt. A b e r ausser in der nationalen Sage treten die Amazonen auch in ftädtifchen Sagen auf, befonders in denjenigen der griechifchen Kolonien an den Kiiften Kleinafiens. Sie find hier E p o n y m e , es knüpft fich an fie zwar keine eigentlich religiöfe Vorftellung, aber wohl eine für den Cultus wichtige Idee. Die berühmtefte unter diefen kleinafiatifchen Sagen ift die von E p h e f o s , der Stadt der grossen Naturgöttin, welche die Griechen Artemis nennen, die Amazonen follen ihr Cultusbild geftiftet oder ihren Tempel gegründet haben. Die Dienerinnen diefer Göttin mussten Jungfrauen fein, und gewiss hat diefe Cultusbeftimmung nicht wenig dazu beigetragen, dass man den A m a z o n e n



2



j e n e R o l l e in den L e g e n d e n des Cultus zugewiefen

hat.

Aber

A b n e i g u n g gegen L i e b e und E h e nicht das Fundament charakters

fondern

kein innerer, Weibern. fich

die

des A m a z o n e n -

nur eine F o l g e aus demfelben ift,

fo besteht

auch

nöthwendiger Zufammenhang zwifchcn der Göttin und den

Die A u s d e h n u n g ,

finden,

wie

deckt

in welcher

die ftädtifchen

Amazonenfagen

fich durchaus nicht mit der Verbreitung des Dieniles

der ephefifchen G ö t t i n , im Gegentheil kaum irgend eine unter den nach Amazonen

benannten

Städten Kleinafiens

lässt auf ihren

Münzen

Infchriften einen Cultus der Göttin von E p h e f o s erkennen.

oder

Nimmt man

dazu, dass einzelne j e n e r E p o n y m e n auch in der litcrarifchen Ueberlieferung mit

anderen G o t t h e i t e n ,

werden,

Apollo

fo wird es k l a r ,

und

Hermes

in V e r b i n d u n g

gebracht

dass die Bedeutung diefer S a g e n nur auf der

E p o n y m i e in weiterer Faffung diefcs Begriffs beruht. D e r lebhafte T r i e b der Griechen, zu personificiren, führte sie darauf, für jeden wichtigeren Zweig

ihrer Lebenseinrichtungen

im Cultus wie in

der Politik eine beilimmte Perfönlichkeit als Urheber zu bezeichnen, aber diefe Perfönlichkeit konnte kein Menfch nur ein G o t t oder ein H e r o s ,

gewöhnlicher A r t

fein,

fondern

deffen das Maass des Menfchlichen

fteigende Natur dem, was er vertrat, eine rcligiöfe W e i h e verlieh.

über-

Namentlich

konnte eine S t a d t nicht ohne einen Repräfentantcn gedacht werden, der fie heiligte; die

ftädtifche

Genoffenfchaft, ihr gefchloffencr und feiler Be-

iland war dem Griechen zu wichtig, um nicht fchon der S t a d t als folcher einen Cultus zu widmen. lichkeit voraus, perfonifiziren,

E i n Cultus

aber fetzt eine b e i l i m m t e Perfön-

fo dass das Bedürfniss des Cultus und j e n e r T r i e b , hier untrennbar verbunden

find.

Für

die

zu

einfache V o r -

ilellungsweife war ein folcher Rcpräfentant der S t a d t zugleich Stifter und Eponym,

das heisst

die S t a d t

A b e r man liebte es a u c h ,

war fein W e r k und trug feinen

Namen.

einen G o t t oder einen weitberühmten

Heroen

an die Spitze der Gefchichte der S t a d t zu Hellen; gleichheit jenem

im N a m e n ,

Heroen

fo k o n n t e

verknüpft

der E p o n y m e

werden.

Dem

blieb dabei eine U n -

leicht

weiblichen

genealogifch mit Gefchlechte

vieler

Städtenamen entfprechcnd traten an die Stelle der männlichen E p o n y m e n oft

auch

Frauen,

befonders

Heroinen den Göttern

nahe,

Amazonen. so

machte

Standen

diefelben

ihr vielgcfeierter

fchon

als

kriegerifcher

Charakter fie mehr als andere geeignet, Repräfentantcn rüftiger und thatkräftiger S t ä d t e zu fein, und da man fie fich als ein fremdes V o l k dachte, konnte aus ihrer unbefchränkten Zahl

für den Namen

einer

jeden

den

Griechen fremdlautenden S t a d t eine Vertreterin gefunden werden, die als Gegnerin

von

Würde befass. das

ficherfte

glauben.

Herakles,

Achill,

Jede Stadt

endlich

Bellerophon, konnte

von

W a h r z e i c h e n ihrer A n w e f e n h e i t ,

Im eigentlichen Griechenland hat

Thefeus

volle

heroifche

einer folchen

Eponyme

ihr G r a b m a l ,

man

den

zu

fremden

befitzen Heroinen



3



Benennungen von Städten begreiflicher Weife nicht zugefchrieben, auch als Stifterinnen von Heiligthümern find fie hier nur an wenigen Stellen gefeiert worden, häufiger knüpfte ficli ihr Gedächtniss an Gräber. Unter allen Amazonenfagen ift die attifche weitaus die wichtigfte, nicht nur wegen des Reichthums ihrer Ueberlieferung, fondern auch weil in ihr das Element des Cultus in direkter Beziehung fteht mit dem Charakter der Amazonen, weil die Amazonen in Athen als Töchter und Dienerinnen von Ares gegolten h a b e n , keiner anderen Gottheit nahe ftehen ausser dem Kriegsgotte. Freilich ift ihre Verbindung mit Ares auch hier hauptfächlich nur für den Cultus von Bedeutung gewefen und tritt in der Ueberlieferung nicht immer hervor. Sieht man von diefem Moment der Sage zunächfl einmal ab und betrachtet fie nur in ihren allgemein bekannten Zügen, fo lautet fie in der K ü r z e : Thefeus raubt eine Amazone aus ihrer Heimath und führt fie nach Athen, die übrigen aber eilen ihm nach, kämpfen mit ihm und den Seinen in Athen und werden befiegt. Unter den attifchen Sagen gibt es eine fehr ähnliche, diejenige vom Raube der Helena. In Gemeinfchaft mit Peirithoos zieht Thefeus aus, Helena zu entführen; während er dann Athen wiederum verlässt, um für feinen Freund l'erfephone zu gewinnen, kommen die Dioskuren, Helena's Brüder und führen, glücklicher als die Schwertern der A m a z o n e , die Geraubte wieder heim. Die hier vorliegende Analogie könnte darauf führen, die Amazone und Helena in nähere Parallele mit einander zu fetzen, zumal da die Helenafage allem Anfcheine nach die ältere von beiden ift, jedenfalls eine ältere Tradition in der Literatur und Kunft befitzt und feit der Zeit, in welcher die Amazonenfage in den Vordergrund tritt, ihrerfeits mehr und mehr verfchwindet. Indeffen lässt fich unfrer Anficht nach die Vermuthung nicht begründen, dass Hippolyte oder Antiope, wie in A t h e n die vom T h e r m o d o n Geraubte heisst, jemals eine aridere mythologifche Bedeutung gehabt h a t , als diejenige einer Amazone. Die kriegerifchen Heroinen waren durch ihre K ä m p f e mit den grössten nationalen Helden bereits lange hochberühmt, bevor die attifche Sage Geftaltung gewonnen hat. Sowohl die herakleifche als die ilifche Amazonensage ift auf den Gebieten der älteren Dichtung und K u n f t ü b u n g häufiger vertreten, als die attifche. Erft der fpätefte Kykliker, der Verfaffer der N o f t e n , hat letztere berührt und unter den Lyrikern, wie es fcheint, Niemand vor P i n d a r , auch die älteren Künftler haben fich mit ihrer Darfteilung kaum befchäftigt, nur zwei Vafenbilder, welche in der Weife des älteren Styles mit fchwarzen Figuren bemalt find, führen fie uns vor Augen. Allein aus dem Alter der Tradition eine Folgerung zu ziehen hinfichtlich des Alters der Sage felber, bleibt misslich, es lässt

fich weder ftrenge beweifen noch widerlegen, dass Thefeus in feinen Beziehungen zu den Amazonen bloss ein Nacheiferer von Herakles und Achill gewefen ift. Nur fo viel tritt in der Gefchichte der Sage klar hervor, dass fie erft in den T a g e n von Aefchylus und Phidias eine Beachtung gefunden h a t , welche fie aus ihrem dunklen Urfprunge herausführte. Als die Bedeutung und Macht Athens fich durch die Perferkriege in wunderbarer Weife gehoben und die Stadt in die allgemeinen Schickfale von Hellas mit Thatkraft und Erfolg eingegriffen h a t t e , war es natürlich, dass man auch für den Repräfentanten der Vorzeit des Staates einen höheren R u h m in Anfpruch nahm. Die Grösse des Staates in der Gegenwart duldete keine dunkle oder unrühmliche Vergangenheit. Das neue Athen fand in Thefeus feinen politifchcn Heros, fein Name fowohl wie der Glaube an tapfere T h a t e n , welche er vollbracht, machte ihn dazu geeignet. Man gefiel fich mehr und mehr darin, ihn zum Theilnehmer an den grossen Unternehmungen der Heroen der Vorzeit zu machen, ihn felbftftändig in die berühmteften Sagen der Nachbarftämme eingreifen zu laffen, ihn mit kriegerifchem R u h m e zu überhäufen. Ein deutliches Bild der allmählichen Entwicklung diefer patriotifchen Erfindungen bietet die Sage von der durch Thefeus herbeigeführten Beftattung der Leichen der vor T h e b e n gefallenen argivifchen Heroen. Während die Boeoter erzählten, Adraft habe die T h e b a n e r durch Kunft der Rede bewogen, die Leichen zu beftatten, trat bei Aefchylus Thefeus an die Stelle von Adraft und bei Euripides dann weiter ein durch Waffengewalt von Thefeus errungener Sieg über die T h e b a n e r an die Stelle der gütlichen Ueberredung Auch gegen Euryftheus soll Thefeus fiegreich g e k ä m p f t h a b e n , als diefer verlangte, dass die Herakliden die ihnen in Attika eingeräumten Sitze verlaffen follten. E s war dies eine S a g e der attifchen Tetrapolis, in welcher Herakles einen alten Cultus h a t t e , und man erkennt, dass urfprünglich Herakles, Hyllos und Jolaos in der S a g e eine weit grössere Rolle gcfpielt h a b e n , als Thefeus oder dessen Sohn D e m o p h o n 2 ) . Thefeus Sieg über die ihm verwandten Pallantiden bot der patriotifchen Tendenz keinen günftigen Stoff zur Verherrlichung, an dem R u h m e , welchen er fich im Kentaurenkampfe erwarb, hatte A t h e n keinen unmittelbaren Antheil. A b e r dass die Kinder des Kriegsgottes von Thefeus und den Bürgern in A t h e n felbft befiegt worden waren, musste die Phantafie des Volkes im höchften Grade feffeln. Mit denjenigen S a g e n , in welchen das attifche Volk feine tiefen, poetifchen Naturanfchauungen niedergelegt h a t , befitzt, wie es fcheint, ]

) F i n d . O l . V I , 15.

2

) P a u f , I, 32, 5 .

Euripid. Suppl. 637. Diod. IV, 57.

PJutarcli T h e f . 2 9 .

XII, 4 5 .

Stein zu H e r o d I X , 2 7 .

Ifokrnt. Helen, encoin.

31.

-

s -

keine einzige von den patriotifchen Erzählungen von Thefeus' Kriegsruhm nähere Berührungspunkte. Jedenfalls gilt dies von der Amazonenf a g e , fie ift ein fpröder Stoff, der ifolirt bleibt. Selbft mit der Sage von Hippolytos tritt fie nur in eine äusserliclie Verbindung. Nach der älteren Ueberlieferung, deren Gewährsmann l'indar ift, war nicht Hippolytos, fondern D e m o p h o n der Sohn von Thefeus und der Amazone, gewiss weil diefer als der kriegerifchefte unter den Söhnen von Thefeus galt, an den Kämpfen von Troja Theil genommen und auch an Stelle feines Vaters den Herakliden Bciftand geleiilet haben follte 3 ). Die bekannte Tradition von Hippolytos' A b f t a m m u n g ift vielleicht erft durch Euripides gefchaffen, deffen Tragödie dann jene andere Genealogie ganz verdrängt hat. Auch hat der Tragiker die A b f t a m m u n g feines Helden nur in fehr einfeitiger Weile benutzt, denn vergebens fucht man in feinem D r a m a ein W o r t , in welchem er die Sinnesart von Hippolytos, deffen Anhänglichkeit an Artemis und Abneigung gegen Aphrodite aus dem Charakter der Mutter abzuleiten und zu begründen fich bemüht, vielmehr ift es nur fein Zweck, den Amazoniden als Sohn einer F r e m d e n , als Nothos, der kein volles bürgerliches Recht befitzt, i-rfcheinen zu laffen. So nennt er auch nie den Namen der Mutter, fondern bezeichnet fie ftets in emphatifcher Weife bloss als die Amazone. Später hat Seneca allerdings in feiner Tragödie Phädra Hippolytos' Charakter als den eines Amazonenfohnes zu fchildern g e f u c h t , die betreffenden Verfe laffen es jedoch wenig glaublich erfcheinen, dass er fie feinem griechifchen Vorbilde entlehnt h a t 1 ) . Wie Euripides haben auch andere Athener die thefeifche Amazone nicht mit einem Eigennamen, fondern fchlechthin die Amazone genannt. Ueberhaupt ift ihr ein fefter, fich gleich bleibender Eigenname nicht zu Theil g e w o r d e n , kein individueller Name konnte ihr Wcfen fo deutlich ausfprechen wie die allgemeine Bezeichnung ihres Stammes. In der literarifchen Ueberlieferung heisst fie wohl eben fo oft Antiope wie Hippolyte, die Schriftfteller haben jedoch nicht ganz willkürlich zwifch'en beiden Namen gewählt, vielmehr laffen fich beftimmte Regeln fiir den Gebrauch derfelben aufftellen und wir möchten die vorliegende Einleitung in«die Sage nicht fchliessen, ohne diefe Regeln zu erörtern. Hippolyte gehört zu den vielen Compofiten von innug, welche die Griechen gerne als Namen gewählt haben. In der herakleifchen Amazonenfage hat fich diefer Name als derjenige der Königin, deren Gürtel

3

) Pindar bei Plut. Thef. 28.

Liber. 33. 4

Lefches bei Paulan. X, 25, 2.

Pherekydes bei Anton.

Vgl. P a u f a n . I, 28, y.

) Euripid. Hippol. vs. 3 0 8 ,

Das Wort ' sl[ia£,ovi8t]g

9 6 2 , 1083.

Seneca Hippnl. vs. 2 3 3 , 5 7 6 , 6 5 8 , 910.

lieft man am Schlufl'e des Artikels von Steph. Byz. v. 'sJf.l.

I ' o l l n x V I I . 68.

D i o d o r 11. 46.

Scliol, und Kullalli. acl D i o n .

Perieg. 828. — O e r ]mU i 11 il'elle Ausdruck wechfclt : liei Plaut. Menaechin, I, 3. 1 7 hei Ver«. A c n , I ,

492,

Stat. T h e b . X I I ,

528,

Claudian \ I ,

Kapt. l ' r o f c r p . II, ,'Ì7 cinclus, bei Mnrti.il IX, 1 0 ] ,

37 c i n g u l u m ,

succingulum, bei Claudian

5 nodus, meid aber b a l t e u s ,

v«jl. Ovid

Metani. IX, 188, Valer. Klacc, Arg. V, 140, Seneca 1 lere. für. r>43, H e r c . O e t . 27, A g a m . 8 4 1 , Aulcm. Idyll. X I X , 6, Sidon. Apoll. X I ' 9 1 , Mythogr. V a t . I ,

63,

Cingulum

vgl. A. Müller, das Gingillimi militine Ploen 20

XV

144,

Antimi, lat. I, 4 3 ,

und balteus find A u s d r ü c k e

l l y g i n F a b . 30.

der r ö m i f c h e n Militärfprache.

1873.

) Vgl. Lelir's Arillarch. p. 1 2 1 , feine D e u t u n g der Stelle bei Q . S m y r n . V I , 2 4 3 kön-

nen w i r nicht theilen.

D e r l i e i n a m e von A t h e n e ZacrTf/^ia

Kulbing bezogen, Pauf. I X ,

in T h e b e n w u r d e auf kriegerifche

17, 3 ; ähnlich w o h l bei den I.okrern Stepli. liyz.

v. Z t o O T i / p .

In Betreff der attifchen Sage bei Paul'. 1, 3 1 , 3 vgl. Ariflitl. I, p. 97, Herodian I, p. 4 7 , 2 « L e u ? . 21

) J11 Hin II, 4, 18.

")

Odyil'ee

XI.

PIutarch Quaefl. gr. 45.

245,

D i o n . X X V , 250, vgl. V, 31.3, Pind. I I I , 3 8 ,

llymn.

165,

in V e n e r .

Claudian X I , 3 7 .

auf w e l c h e w i r z u r ü c k k o m m e n ,

(JTÓpvrj.

Chryfoft. V I I I ,

heisst die Königin

Lykopin-. Call'. 1 3 3 0 nennt T h c f e u s ¡¿cjffrìjpox'héjirtjc; Wortes

Dio

136,

A u c h in den epifchen Verfen bei yovtjó^oyvog

Nonn. Schol.

àvdfffft].

und bedient sich dann des feltenen

Gürtels

leere T r a d i t i o n

-

wiederholt28).

der A m a z o n e n k ö n i g i n

b l o s s eine

i5

des

Vielleicht

ift darin

epifchen S p r a c h g e b r a u c h s

zu

nicht

erkennen,

w e n i g f t e n s darf man daran erinnern, d a s s die M a f l a g e t e n zum E r f t a u n e n d e r G r i e c h e n mit G o l d

verzierte Gürtel

getragen

haben.

Königin

der

M a f l a g e t e n w a r T o m y r i s , die über K y r o s g e f i e g t haben foll, und m ö g e n auch

manche

Punkte

in den E r z ä h l u n g e n

von

diefer M a f l a g e t e n f ü r f t i n

v o r der hiftorifchen Kritik nicht S t i c h halten, fo bleibt doch die A n a l o g i e beftehen24).

zwifchen ihr und den A m a z o n e n Nicht nehmen

immer

hat man

aufgefasst,

an

den Z u g

welchem

nach T h e m i s k y r a

(ich

die

Heroen

als

der

ein Unter-

verfchiedenen

g r i e c h i f c h e n S t a m m e unter H e r a k l e s ' F ü h r u n g b e t h e i l i g t ; die A u f n a h m e der S a g e

unter

die Zahl

dtr

von

Eurvftheus

d e m Helden

auferlegten

A t h l e n hat d a r a u f g e f ü h r t , H e r a k l e s allein den Z u g v o l l b r i n g e n zu 1 äffen 2Ä ). A b e r auch d a , w o H e r a k l e s den Z u g mit G e n o f f e n u n t e r n i m m t , T h e f e u s k e i n e s w e g s i m m e r zu d e r R e i h e der G e n o f f e n . V a f e n m a l e r felbft auf

infchriftreichen Bildern

gehört

S o machen die

niemals T h e f e u s ,

fondern

i m m e r nur T e l a m o n n a m h a f t als D e u t e r a g o n i f t e n neben H e r a k l e s , f o w e n i g wird er in den S c h i l d e r u n g e n des

herakleifchen Z u g e s ,

cbenwelche

Apollonior. R h o d i o s (II, 967 ff.) und V a l e r i u s F l a c c u s (V, 1 3 2 ff.) in ihre epifchen G e d i c h t e über die A r g o n a u t e n

aufgenommen

haben,

erwähnt.

Man darf d a h e r auch nicht die als F r a g m e n t überlieferten epifchen V e r f e eines unbekannten Dichters, in welchen T e l a m o n ' s R u h m im A m a z o n e n kampfe

gefeiert

wird,

YVelcker gethan

Thefeus

hat.

in den Mund

legen

W o Telamon Deuteragonift

wollen,

ift,

wie

bliebe

dies

für

Helden von A t h e n nur die d ü r f t i g e S t e l l e des T r i t a g o n i f t e n übrig. rühren jene V e r f e g e w i s s nicht aus einer A t t h i s h e r ,

den Auch

fondern wohl

aus

einem A r g o n a u t e n e p o s , n a c h g e a h m t find fie den V e r f e n der Ilias (VI, in welchen A i a s T e l a m o n ' s S o h n gefchiklert wird 2:i

)

V. X I I , 5 2 7 . Ik-licr den

2,i

lS.S.

V r I . auch Claudia» Rapl. Prof. II, «).|. Strahn X I , r» 1:t-

hcraklcifchen Dodckaathlos

v^l. Annali d. (nO.

1864.

p. ;{(>4

und

lUiiS, p. 249. 26

Telamon

)

Die Vafenbildcr find zufammcn;-;cncllt von Jahn Annali ilt auch von Pindar bei Schol. Apoll. Khod. I ,

1241;.

d. Juli. 1 8 6 4 ,

als Tluilnehiner

IVrlcIlic Dichter nennt auch andere Helden, Ib Pelcus IV. 149. Jolaos Nein. III, Seholiall die im

Texte erwähnten V'erl'e überliefert.

Sie lallten :

Tikanoiv (''xooijToc «i'rrc; 7/;i£repoi£ Kreivag

tTÖooim dvdooXereipav

sJvToxc«nyv7irijv Vgl. Welcker Kp. Cycl. I. S. 300.

(fvroc;

norjriaroc;

äftcoftrjrav

xpvffo^r'ivoio

tifrjxev JV/sXaviTTrrtjv

ävdcrcri]c.

p. ;.;criihnil. delicti



16



Die Sage bei den Epikern. Die genauere Betrachtung der attifchen Amazonenfage muss mit der epifchen Tradition beginnen. Dass die älteften epifchen Dichter die Sage behandelt h a b e n , ift nicht überliefert und auch nicht wahrfcheinlich 27 ). Erft der Troezenier Hegias oder A g i a s 2 8 ) hat Thefeus F a h r t nach T h e m i s k y r a in feine Noften aufgenommen und der Verfaffer einer epifchen Thefeis fodann den Amazonenkampf in A t h e n gefchildert. Beide Erzählungen find nicht in direkter Weife, fondern nur in kurzen Notizen bei Paufanias und Plutarch erhalten, doch fcheinen fie auch urfprünglich nicht weitläufig ausgeführt worden zu fein. Sie ftimmen darin mit einander überein, dass fie Thefeus und Herakles zu Genoffen machen, welche einander die wirkfamfte Hilfe leiften. Der Verfaffer der Thefeis hat auf die fpätere Ueberlieferung der Sage keinen Einfluss geübt, auch Hegias' Darftellung war jedenfalls nur in fehr befchränktem Grade für die Folgezeit maassgebend. D a s jüngere E p o s hat eine erneuerte Behandlung der gleichen Stoffe, wie es fcheint, nicht wieder verfucht, nur in einer Epifode von Statius' Thebais lieft man eine der Sage entlehnte Schilderung: fie befchäftigt fich mit Thefeus fiegreicher Heimkehr von feinem Zuge, ein T h e m a von dem fich nicht wohl annehmen lässt, dass es von Statius' Vorgängern bereits behandelt ift. Die Erzählung aus den Noften überliefert Paufanias 1, 2 , i mit folgenden W o r t e n : »Als Herakles Themiskyra am T h c r m o d o n belagerte und nicht einnehmen k o n n t e , ü b e r g a b Antiope aus Liebe zu Thefeus (Thefeus nämlich war mit Herakles gezogen) den Ort.« W i e die übrigen Angaben, welche Paufanias den Noften entnommen h a t , rührt auch die

27

)

Die

von Suidas v.

oft ausgefprochen worden gewelen

ift,

'OfnjQOQ H o m e r z u g c f c h r i e b e n e A m a z o n i s nichts A n d e r e s

als

der

fein ; in ä h n l i c h e r W e i f e e r w ä h n t S c l i o l . II. I I ,

v o n y u i n t u s S m y r n a e u s als A m a z o n o n i a c h i a . l o w e n i g ein E p o s , lenaeer,

w i e die A m a z o n i k a

vgl. Müller F r .

B u c o l . gr. I I , p. berühren bemerkt

ift,

52.

welche

Erzählungen

Argonautika aufgenommen. Sage ausgehend,

aus

der

Die Amazonis von Poffis w a r

158, IV, Die in

man,

p. 4 8 3 ,

delfen H y p o t h e f e

durch

v o n den S c h o l i a l l e n a u f b e w a h r t e n den K r e i s wie

herakleifchen

der A r g o n a u t i k a

am Schlaffe Amazonenfage

eingereiht

des v o r a n g e h e n d e n in

Ahrens

Fragmente lind,

Kapitels

die B e a r b e i t u n g e n

der

D o m i t i u s M a r i u s e n d l i c h hat in f e i n e r A m a z o n i s , v o n der i l i f c h e n

in e i g e n t ü m l i c h e r

) D a s s der von P a u f a n . 1 ,

genannten

der Posthonierica eben-

W e i f e von Nachkommen

des W e l l e n s g e d i c h t e t , v g l . H o r a t . C a r m . 28

2 2 0 das erfte B u c h

fchon

Aethiopis

Mity-

gewöhnlich hat

wie

vielleicht

lull. gr. I I I , p .

Umgekehrt

wird,

von A r k t i n o s '

v o n O n a f o s o d e r v i e l m e h r v o n D i o n y T i o s dem

3 4 : ! , nicht b e f e i t i g t ift.

Erzählungen,

vgl. D i o d o r I I I ,

erlle T h e i l

2,

I V , 4, 1

1 7 , Martial

citirte H e g i a s

Verfall'er d e r Möllen i d e n t i f c h ill, w i r d

der A m a z o n e n IV,

in den

29, Scrv. ad Aen.

von Troezen

feit W e l c k e r a l l g e m e i n

Ländern I,

243.

mit d e m f o n l l A g i a s angenommen.



17



vorliegende wohl aus demjenigen Theile d e r Nekyia diefes E p o s her, welcher die Schickfale von H e r o i n e n aufzählte; auch die von anderen Schriftftellern erhaltenen Notizen aus den Nörten laffen fchliessen, dass g r a d e diefer Theil n o c h in fpäterer Zeit einer befonderen Beachtung werth gehalten ift. E r war, wie fich herausftellt, in b e f t i m m t e m Hinblick auf den e n t f p r e c h e n d e n A b f c h n i t t der in die O d y f f e e eingefügten Nekyia gedichtet worden. V o n Maira und K l y m e n e , die der homerifche Dichter nur kurz a m Schluffe e r w ä h n t hatte, war in den Nörten eingehender die R e d e , der A n t i o p e , welche Odyffeus f a h , e n t f p r a c h in den Nörten eine gleichnamige Heroine, j e n e war die boeotifche, die T o c h t e r des A f o p o s 29 ), diefe die A m a z o n e . A u s s e r H e r o i n e n , die d e m eigentlichen Hellas ang e h ö r e n , fah Odyffeus auch zwei K r e t e r i n n e n , die in die Thefeusfagen verflochten find, P h a e d r a und Ariadne. D e r Verfaffer der Nörten hat, fo viel man erkennt, auch zwei fremdländifche Heroinen, beide dem fernen Orten e n t f l a m m t , in feiner Nekyia gefchildert, A n t i o p e und M e d e a und, infofern er der T h e f e u s f t a d t T r o e z e n angehört hat, m ö c h t e man glauben, es fei bei ihm nicht nur der U m f t a n d , dass Medea wie A n t i o p e die Ihrigen aus L i e b e zu einem griechifchen Heros verrieth, fondern auch Medea's Eingreifen in die attifche S a g e zur Geltung g e k o m m e n . W i e dem a b e r auch fei, jedenfalls lag es bei Erzählungen über die Schickfale von H e r o i n e n fehr n a h e , das Liebesgefühl derfelben als t r e i b e n d e s Motiv darzuftellen, und fo ift es auch hier nicht die T h a t k r a f t der Helden, fondern die L i e b e der H e r o i n e , welche den Ausfchlag bringt und die U e b e r g a b e T h e m i s k y r a ' s veranlasst. Die Liebe fpielt bekanntlich auch in anderen S a g e n vielfach um den jugendlich fchönen attifchen Heros. U n t e r den drei Claffen, in welche eine fpätere Gelehrfamkeit die Sagen von Thefeus' F r a u e n eingetheilt h a t , ift diejenige der von ihm aus Liebe geheiratheten die zahlreichfte; J f t r o s , der Schüler von K a l l i m a c h o s , welcher den Catalog d e r F r a u e n von T h e f e u s b e a r b e i t e t e , hat auch die A m a z o n e H i p p o l y t e , wie er fie n e n n t , in jene Claffe a u f g e n o m m e n . Allein im Uebrigen ift die L i e b e der A m a z o n e zu T h e f e u s , wie fie den Künftlern keinen Stoff für ihre Darftellungen g e b ö t e » hat, auch von den fpäteren nicht epifchen Schrift-

29

) W i e feil die e p i f c h e T r a d i t i o n an H o m e r fich a n f c h l o s s ,

Genealogie

der

boeotifchen Antiope

ein

l e h r r e i c h e s Beifpiel.

fie n a c h V o r g a n g der O d y i f e e XI, 260 Afios bei P a u f . II, 6, 2, Ol. X I I I , 7 4 ,

und

bei T z e t z . ad L y k o p h r .

174

D a s s Tie an l e t z t e r e r Stelle G a t t i n des N y k l e u s der L o g o g r a p h e n , vgl. P h e r e k y d e s fr. 102. in der N e k y i a a u c h die R e d e w e n d u n g

des A f o p o s

heisst,

nennen

E u m e l o s bei S c h o l .

und Apollon. Rhod. I, 7 3 5 ,

Vielleicht

zufamnien,

d a f ü r liefern N a m e u n d

Tochter

IV,

Pind. 1090.

ill eine C o n c e f f i o n an die T r a d i t i o n hangt

mit

der E r w ä h n u n g

Antiopes

deren fich H e r m e f i a n a x bei A t h e n . X I I I ,

5 9 7 d in B e z u g auf die e l e u f i n i f c h e D e i o p e - A n t i o p e b e d i e n t :

yvuOTij S' ¿crri xai eiv àiôtj.



ftellern

i 8



k a u m j e m a l s wieder h e r v o r g e h o b e n 3 0 ) ,

fie

ftimmte

mit d e r herr-

f c h e n d e n A n f i c h t v o n der j u n g f r ä u l i c h e n m ä n n e r f e i n d l i c h e n G e f i n n u n g der Amazonen

nicht

überein.

Auch

hinfichtlich

eines

a n d e r e n P u n k t e s ift

die E r z ä h l u n g d e r Nörten o h n e E i n f l u s s a u f die f p ä t e r e attifche T r a d i t i o n geblieben.

B e i H e g i a s ift n ä m l i c h T h e m i s k y r a nicht wie fonft eine E b e n e ,

f o n d e r n eine B u r g , u m w e l c h e die H e l d e n k ä m p f e n ; diefe A u f f a f f u n g b e i dem Epiker um

gewiss

Priamos' S t a d t

durch

die E r i n n e r u n g

hervorgerufen,

an die Ilias und die

findet

fich

abgefehen

Kämpfe

von

einigen

W o r t e n d e s P a u f a n i a s nur bei D i o d o r w i e d e r und z w a r b e i i h m nicht in Verbindung

mit

der

attifchen,

A n d r e r f e i t s ift der G e d a n k e ,

f o n d e r n mit d e r h e r a k l e i f c h e n

Sage31).

Thefe'us zu H e r a k l e s ' G e n o f f e n b e i m

Zuge

an d e n T h e r m o d o n zu m a c h e n und i h m ein V e r d i e n f t an d e f f e n E r f o l g e zu vindiciren, n i c h t w i e d e r erlofchen.



D i e v o n W e l c k e r mit V o r l i e b e v e r t r e t e n e A n f i c h t , dass

Hegefinoos

d e n Z u g der A m a z o n e n g e g e n A t h e n in feiner e p i f c h e n A t t h i s

behandelt,

ift mit R e c h t f c h o n v o n O . Jahn und A n d e r e n als in j e d e r H i n f i c h t fehr u n w a h r f c h e i n l i c h b e z e i c h n e t w o r d e n 3 2 ). E s fehlt f o g a r an j e g l i c h e r S t ü t z e für die V e r m u t h u n g ,

dass die S a g e v o n diefem Z u g e d e r A m a z o n e n

der e p i f c h e n P o e f i e A u f n a h m e g e f u n d e n h a b e . Thefeis, der uns durch Plutarch bekannt ift, z o n e n k a m p f e s in A t h e n Folge

eines

V o n der fpäteren Tradition weicht

wefentlich

gefunden.

hat allerdings eines

Sie

ab

und

verdient

hat aber

Ama-

d e r f e l b e w a r b e i ihm a b e r nicht eine

v o n S e i t e n d e s W e i b e r v o l k e s nach A t t i k a

Heereszuges. haupt

erwähnt,

in

D e r D i c h t e r d e r epifchen

unternommenen

feine E r z ä h l u n g

über-

d a h e r a u c h bei P l u t a r c h l e b h a f t e n

Tadel

eine

genauere Betrachtung

u m fo m e h r ,

als fie die e i n z i g e ift, w e l c h e uns ü b e r die S t e l l u n g A u f f c h l u s s g i b t , die die S a g e in d e n T h e f e i d e n e i n g e n o m m e n

hat.

N a c h d e m P l u t a r c h im L e b e n d e s T h e f e u s

berichtet,

den A m a z o n e n der Erinnerung werth gefunden,«

fügt

»was er v o n

er hinzu

c.

28:

»Der A u f f t a n d d e r A m a z o n e n (¿navcccrraaig), v o n w e l c h e m der D i c h t e r der Thefeis fchreibt,

w i e nämlich A n t i o p e T h e f e u s ,

als

diefer P h a e d r a hei-

rathete, a n g e g r i f f e n , die bei ihr b e f i n d l i c h e n A m a z o n e n ihr g e h o l f e n

und

H e r a k l e s fie g e t ö d t e t , g l e i c h t o f f e n b a r einer E r d i c h t u n g (fiv&a y.ai nkdfffian.)-« D e m j e n i g e n , d e m fich die f p ä t e r e E n t w i c k l u n g "tier S a g e

30

) Ueber

Ifokrates Worte

im P a n a t h .

n a c h der t r e f f l i c h e n E m e n d a t i o n von M e i n e k e . auf H e g i a s ' E r z ä h l u n g b e z o g e n e V a f e n b i l d

19;! vgl.

u n t e n I f t r o s bei A t h e n .

S . 166.

) P a u f . I, 15, 2.

32

) W e l c k e r E p . C y c l . I,

hat feine richtige E r k l ä r u n g

Diod. II, 45, IV, S. 292

ff.

X I I I , 557,

D a s v o n W e l c k e r , A l t e D e n k m . I I I , S. 3 5 0 ,

e r h a l t e n , vgl. P a u l y ' s R e a l e n c . I, 2te Aufl., S. 1144. N o t e . 31

eingeprägt

fchon

durch

Bruun

"

16. O. Jahn,

A r c h . Beitr. S. 272.

B e r n h a r d y G r i e c h . L i t . - G e f c h . I I 3 t e Aufl. S. 335-

Nitzfeh Beitr.



ig —

hat, muss diefe Erzählung freilich feltfam erfcheinen, aber fie erklärt fich zum Theil wenigftens aus den E i g e n t ü m l i c h k e i t e n einer epifchen Thefeis. Nach Ariftoteles' bekannten Worten beruhte der Zufammenhang in den Epen, welche Herakles' oder Thefeus' Thaten gewidmet waren, auf der Einheit des Helden, nicht auf derjenigen des Mythos, und man begreift, dass der Epiker, welcher eine jene Thaten umfaffende Dichtung herftellen wollte, gezwungen war, die einzelnen Thaten in mehr oder weniger künftlicher Weife an einander zu knüpfen. So wird auch der T o d Antiopes in Verbindung gefetzt fein mit der Heirath Phaedras, um von der Amazonen- zur Hippolytos-Sage überzuleiten. Die gewöhnliche Tradition lässt beide Sagen in der gleichen Weife auf einander folgen, aber das zwifcnen beiden vermittelnde Moment hat fie ihrerfeits nicht nöthig, da fie fich nur mit der zeitlichen F o l g e der Sagen befchäftigt, fie nicht genauer mit einander zu verketten fucht 3 3 ). In der Thefeis führt der durch Eiferfucht geweckte Zorn Antiopes den Aufftand der Amazonen herbei, dies Motiv entfpricht auf das Genauefte der Schilderung der Heroine in den Noften. Die Liebe zu Thefeus liess fie ihm ihre Stadt überliefern und die Liebe zu Thefeus bereitet ihr nun auch den T o d . Die A m a z o n e n , welche mit ihr fallen, find nicht aus Afien herbeigeeilt, ihre W e g f ü h r u n g zu rächen, fie find bei ihr in Athen und bilden ihr Gefolge. Ein folches Gefolge ift der epifchen Vorftellungsweife gemäss, die heroifche W ü r d e der Fürftin erfordert es, dass fie nicht allein fteht. Penthefilea ift, obwohl ein Flüchtling aus der H e i m a t h , doch in den epifchen Nachdichtungen von Arktinos' Aethiopis ftets von einer Schaar von Genoffinnen begleitet, auch bei Statius.tritt Hippolyte nicht unbegleitet auf 34 ). Andrerfeits fehlen in der vorliegenden Erzählung alle H a u p t m o m e n t e des patriotifchen Dogmas von Thefeus' Siege. E s ift nur eine Schaar, nicht das Volk der Amazonen, welches in Athen kämpft, A n t i o p e ftreitet nicht neben Thefeus und nicht Thefeus, fondern Herakles ift der Sieger. Letzteres ift das Auffallendfte und kann nur durch den Einfluss der Vorftellung erklärt werden, dass Herakles in Athen als Alexikakos verehrt worden ift. Er war für Thefeus ein Erretter aus der N o t h hier nicht weniger, als in der Sage vom Raube Perfephones. Dies Verhältniss Beider zu einander muss auch veranlaffen, die Thefeis für älter zu halten, als die Zeit Kimons, in welcher dem Glauben an die von Thefeus vollbrachten Thaten ein höherer Auffchwung verliehen worden ift. Nachdem das Thefeion ein A f y l , der Heros ein Helfer für die Bedrängten

33

) Vgl. die Erzählung aus der Thefeis des Zopyros, die, w i e w i r mit J a h n a. a. O.

annehmen, in Profa gefchrieben w a r , Stob. L X I V , 38. 34

) Q. Smyrn. I, 4 2 .

Tzetz. Posth.

176.

Plutarch. Parall. 3 4 , vgl. ibid. 3 6 fin.

Statius T h e b . X I I , 5 2 9 .

635.



2 0



geworden, wird felbft ein Dichter, für den die im Epos übliche Anfchauungsweife maassgebend war, Herakles nicht mehr die Arifteia in einem Kampfe, der Thefeus galt, überlaffen haben können. In der jüngften epifchen Behandlung der attifchen Sage tritt Thefeus als glorreicher König auf. Sie findet fich im letzten Buche von Statius' Thebais als Epifode in der Schilderung einer anderen kriegerifchen Grossthat von Thefeus, von welcher zuerft Euripides gedichtet. Die Frauen der vor Theben gefallenen argivifchen Heroen wenden fich nach Athen an Thefeus, um durch ihn die Beftattung der Ihrigen zu erlangen. Sie treffen ihn, als er heimkehrt, froh über den Thermodontifchen Triumph, wie die Epifode von Statius XII vs. 163 kurz und gefchickt eingeleitet wird. Später vs. 519 ff. folgt die Befchreibung des Triumphzuges, in welcher die römifclie Sitte des Triumphs in pikanter Weife durch Einzelheiten, die der Amazonenfage entnommen werden, variirt und zugleich zu dem Auftreten der klagenden argivifchen Frauen in wirkungsvollen Gegenfatz geftellt wird. Wie Thefeus und die Seinigen gleich bereit find, den Frauen zu helfen, will auch Hippolyte die nordifche Schaar, die mit ihr gekommen, gegen Theben führen, wird aber durch ihren Gatten (fo heisst Thefeus hier mit beftimmter Beziehung auf Hippolytos) davon abgehalten. In den Worten Kreons vs. 7 6 1 , Thefeus habe, wenn er fich ihm gegenüberftelle, nicht nur mit peltentragenden Jungfrauen zu kämpfen, klingt dann die Epifode wieder aus. Von der Art, wie Thefeus die Amazone fich erworben, von ihrem fpäteren Schickfal in Athen ift hier nicht die Rede, ebenfowenig von Herakles. Hippolytes Verhältniss zu Thefeus wird beftimmt durch die Hippolytossage, attifch ift die häufige Hervorhebung der nordifchen Heimath ihres Volkes. In anderen Punkten darf man den Einfluss fpäterer alexandrinifcher Gelehrfamkeit erkennen, wenigftens haben die von Statius befchriebenen Eigenthümlichkeiten der Bewaffnung und Tracht der Amazonen auch die griechifchen Gelehrten im letzten Jahrhundert vor unferer Zeitrechnung mehrfach befchäftigt 3 5 ), und wenn Statius erzählt, wie die von Thefeus gefangenen Amazonen trotzig und ungebeugten Muthes nur das Heiligthum der jungfräulichen Athene auffuchen, fo entfpricht dies der Auffaffung, welche der von Diodor ausgefchriebene Dionyfios in feinen Fabeleien über die libyfchen

35

) Vgl. Metrodor

von Skepfis und Hypfikrates bei Strabo X I ,

Diodor III, 54, Welcker E p . Cycl. I S. 82.

504,

Dionyfios bei

D e r Coneetto von den Aexten der Amazonen

findet fich ähnlich wie bei Statius a u c h bei Philoftrat. Heroic. X X , 45 und Claudian R a p t . Proferp. I I , 66.

Die Verfe der Aeneis XI, 650 ff., welche

find von Statius nicht berückfichtigt.

Auch

von den Amazonen

fonft fpricht Statius

handeln,

oft von den Amazonen,

einige Analogie mit der oben befprochenen Schilderung zeigen die Verfe in den Silv. I, 6, 55 und VI, 1, 1 3 0 ;

vgl. auch Achill, I. 353, II, 84. 159, T h e b . IV, 3 9 4 , V, 144, XII,

181.



2 1



Amazonen vertritt 3 6 ). Andrerfeits ift aber fowohl die ganze Anlage der Epifode als die Verknüpfung mit der S a g e von der Beftattung der argivifchen Heroen eine originelle und anmuthige Erfindung des Dichters.

Die Erwerbung der Amazone durch Theseus. Die reichfte Fülle von Erzählungen aus der attifchen Sage verdanken wir dem fchon mehrfach erwähnten Abfchnitte in Plutarch's Lebensbefchreibung von Thefeus c. 26—28. Für Plutarch hatten die Sagen von Amazonengräbern ein heimifches Intereffe, denn auch in Chaeronea, feinem Geburtsort, wusste man von einem folchen Grabe zu erzählen. Ausserdem aber fcheint befonders der Umftand, dass er die in der fonft von ihm ftark benutzten Atthis von Philochoros enthaltene A n g a b e über die Amazonenfage nicht für glaubwürdig hielt, ihn dazu veranlasst zu haben, eine Menge von Berichten älterer Schriftfteller aufzunehmen 3 7 ). Er gibt Stellen a u s - P h e r e k y d e s , Hellanikos, Herodor, Bion, Menekrates, Kleidemos, dann noch Erzählungen ungenannter Autoren über das Schickfal der thefeifchen Amazone, fowie über Amazonengräber, zum Schluffe erwähnt er in der Kürze abweichende Ueberlieferungen einiger Dichter, des Verfaffers der Thefeis und Pindars, jene, wie wir fahen, nicht ohne ftrengen Tadel. Seiner Gewohnheit gemäss hat er zwar nicht fehr forgfältig gearbeitet, aber die verfchiedenen Berichte gefchickt gruppirt. Zunächft (teilt er die Traditionen über die Enverbung Antiope's zufammen, dann behandelt er gefondert davon die Sage vom Kampfe in Athen. Wir folgen ihm hierin und befprechen jede der beiden Sagen für fich. Plutarch beginnt mit den Worten c. 26: »Thefeus fuhr in den Pontos Euxeinos, wie Philochoros und einige Andere fagen, als Genoffe von Herakles bei deffen Zuge gegen die Amazonen und empfing Antiope als Ehrenpreis für feine Arifteia. A b e r die Meiften unter ihnen auch

3G)

wie

D i o d o r III, 7 1 .

Für

die

die N e b e n e i n a n d e r f t e l l u n g e n

attifche Sage

der G ö t t i n

O . S m y r n . I, :j6f>, V a l e r . F l a c c . A r g . I V , gymn. VI, 37)

mittelbar, letzterem

11

bei W a l z

604.

bleibt diel'er G e d a n k e ebenfo der A m a z o n e n

bei P l a t o

S. 4 6

ff.

ift

unwichtig,

legg. V I I ,

806,

Unverftändlich b l e i b t es, dass N i c o l a o s

Pro-

R h e t , I, p. 3 1 6 , A t h e n e die M u t t e r der A m a z o n e n

G. G i l b e r t P h i l o l . X X X unmittelbar

und

der A n f i c h t ,

dass P h i l o c h o r o s ' A t t h i s

aber die A t t h i s v o n Iftros P l u t a r c h s H a u p t q u e l l e

habe ich m i c h nicht ü b e r z e u g e n können.

nennt.

gewefen

P l u t a r c h gibt der A m a z o n e einen

ift;

nur von

anderen

N a m e n als Iftros und hat a u c h deffen E r z ä h l u n g , dass fiu T h e f e u s geliebt, nicht a u f g e n o m m e n .



2 1



Amazonen vertritt 3 6 ). Andrerfeits ift aber fowohl die ganze Anlage der Epifode als die Verknüpfung mit der S a g e von der Beftattung der argivifchen Heroen eine originelle und anmuthige Erfindung des Dichters.

Die Erwerbung der Amazone durch Theseus. Die reichfte Fülle von Erzählungen aus der attifchen Sage verdanken wir dem fchon mehrfach erwähnten Abfchnitte in Plutarch's Lebensbefchreibung von Thefeus c. 26—28. Für Plutarch hatten die Sagen von Amazonengräbern ein heimifches Intereffe, denn auch in Chaeronea, feinem Geburtsort, wusste man von einem folchen Grabe zu erzählen. Ausserdem aber fcheint befonders der Umftand, dass er die in der fonft von ihm ftark benutzten Atthis von Philochoros enthaltene A n g a b e über die Amazonenfage nicht für glaubwürdig hielt, ihn dazu veranlasst zu haben, eine Menge von Berichten älterer Schriftfteller aufzunehmen 3 7 ). Er gibt Stellen a u s - P h e r e k y d e s , Hellanikos, Herodor, Bion, Menekrates, Kleidemos, dann noch Erzählungen ungenannter Autoren über das Schickfal der thefeifchen Amazone, fowie über Amazonengräber, zum Schluffe erwähnt er in der Kürze abweichende Ueberlieferungen einiger Dichter, des Verfaffers der Thefeis und Pindars, jene, wie wir fahen, nicht ohne ftrengen Tadel. Seiner Gewohnheit gemäss hat er zwar nicht fehr forgfältig gearbeitet, aber die verfchiedenen Berichte gefchickt gruppirt. Zunächft (teilt er die Traditionen über die Enverbung Antiope's zufammen, dann behandelt er gefondert davon die Sage vom Kampfe in Athen. Wir folgen ihm hierin und befprechen jede der beiden Sagen für fich. Plutarch beginnt mit den Worten c. 26: »Thefeus fuhr in den Pontos Euxeinos, wie Philochoros und einige Andere fagen, als Genoffe von Herakles bei deffen Zuge gegen die Amazonen und empfing Antiope als Ehrenpreis für feine Arifteia. A b e r die Meiften unter ihnen auch

3G)

wie

D i o d o r III, 7 1 .

Für

die

die N e b e n e i n a n d e r f t e l l u n g e n

attifche Sage

der G ö t t i n

O . S m y r n . I, :j6f>, V a l e r . F l a c c . A r g . I V , gymn. VI, 37)

mittelbar, letzterem

11

bei W a l z

604.

bleibt diel'er G e d a n k e ebenfo der A m a z o n e n

bei P l a t o

S. 4 6

ff.

ift

unwichtig,

legg. V I I ,

806,

Unverftändlich b l e i b t es, dass N i c o l a o s

Pro-

R h e t , I, p. 3 1 6 , A t h e n e die M u t t e r der A m a z o n e n

G. G i l b e r t P h i l o l . X X X unmittelbar

und

der A n f i c h t ,

dass P h i l o c h o r o s ' A t t h i s

aber die A t t h i s v o n Iftros P l u t a r c h s H a u p t q u e l l e

habe ich m i c h nicht ü b e r z e u g e n können.

nennt.

gewefen

P l u t a r c h gibt der A m a z o n e einen

ift;

nur von

anderen

N a m e n als Iftros und hat a u c h deffen E r z ä h l u n g , dass fiu T h e f e u s geliebt, nicht a u f g e n o m m e n .



2 2



Pherekydes und Hellanikos und Herodor fagen, dass Thefeus fpäter als Herakles felbftftändig zu Schiffe dahin gefahren fei und die Amazone gefangen genommen habe; auch ift dies glaubwürdiger, denn es wird von keinem anderen Genoffen von Herakles erzählt, dass er eine Amazone gefangen genommen. Bion aber hat erzählt, dass Thefeus auch diefe in liftiger Weife entführte; die Amazonen hätten nämlich von Natur die Männer gern und wären auch vor Thefeus nicht geflohen, als er in ihrem Gebiete landete, hätten ihm vielmehr Gaftgefchenke gefchickt. Die Ueberbringerin habe er eingeladen, fein Schiff zu befteigen und als fie dies gethan, fei er davon gefahren.« Die hier überlieferten Erzählungen werden Von anderen Seiten zum Theil ergänzt und berichtigt; dabei ftellt es fich heraus, dass die Logographen nur im Allgemeinen in dem Punkte übereingeftimmt haben, welcher für Plutarch im Hinblick auf Philochoros der wichtigfte war, nämlich darin, dass fie Thefeus nicht als Herakles' Genoffen, fondern auf einem von ihm ohne Herakles unternommenen Zuge die Amazone erwerben Hessen. Pherekydes hat? wie der Scholiaft zu Pindar Nem. V , 89 überliefert, berichtet, dass Thefeus die Amazone mit Phorbas feinem Wagenlenker geraubt (dpud^ft), und an der Bezeichnung feiner That als eines Raubes halten wir um fo fefter, als fich der gleiche Ausdruck auch wiederfindet in den Worten, mit welchen Paufanias I , 2 , 1 Pindars Erzählung der Sage überliefert. Ob fich auch Hellanikos Pherekydes ajigefchloffen, lässt fich nicht mehr beftimmen. Bions Erzählung ift infofern von Intereffe, als darin Thefeus' Ruhm möglichft verringert wird fowohl durch die L i f t , welche er anwendet, als auch durch die Schilderung des Charakters der Amazonen. Der Prokonnefier Bion theilte in keiner Weife die in Athen herrfchende Vorftellungsweife von den kriegerifchen Weibern. Eine genauere Erörterung erfordert fodann Herodor. Das Streben der Athener, Thefeus' Ruhm über die Grenzen von Attika hinauszutragen, hat an diefem aus der Heraklesftadt am Pontos flammenden Verfaffer eines vielgelefenen Werkes über Herakles einen entfchiedenen Gegner gefunden. E r läugnete Thefeus' Theilnahme an den berühmten Unternehmungen der Heroen, abgefehen von dem Kriege der Kentauren gegen die Lapithen; als derfelbe bereits entbrannt, fei Thefeus zu Hilfe gekommen und habe damals auch zuerft Herakles kennen gelernt, nachdem diefer bereits feine Thaten vollbracht. Demgemäss hat Herodor auch die Erwerbung der Amazone fo erzählt, dass fie mit der heraklifchen Sage in keiner Verbindung fteht, mit ihr nicht einmal das Lokal gemeinfam hat, fondern Thefeus auf Attika befchränkt. Seine Worte finden fich an einer Stelle überliefert, welche zum Theil verderbt ift in einer Weife, die noch der Aufklärung bedarf, doch ftehen die Punkte, welche hier in Betracht kommen, ficher. Tzetzes nämlich fagt,



23



nachdem er von der A m a z o n e n f c h l a c h t der Pontiker berichtet,

damals

in A t h e n

gefprochen:

erwarb T h e f e u s A n t i o p e ,

Herodor

indem er mit

ihr kämpfte, oder indem fie zu den A t h e n e r n a l s F r i e d e n s g e f a n d t e k a m 3 8 ) . Beachtet man, dass unter den Schriftftellern, w e l c h e nach Plutarch's Meinung Glaubwürdigeres

als Philochoros

über

die A m a z o n e n f a g e

erzählt

haben, an letzter Stelle H e r o d o r genannt ift, fo wird man darauf geführt, dass auch der G r u n d , Herodor

aus

aufgeftellt i f t ;

welchem Plutarch

und in der T h a t

ihnen

folgt,

bereits von

ift derfelbe fiir H e r o d o r viel

a n g e m e f f e n e r als für Plutarch oder P h e r e k y d e s .

D e n n während es fich

bei der Ueberlieferung der attifchen S a g e g a r nicht darum handelte, ob ausser T h e f e u s noch andere Heroen A m a z o n e n erbeutet haben ., konnte fich d e m j e n i g e n , merkung

der über die herakleifche S a g e fchrieb, .leicht die B e -

a u f d r ä n g e n , dass T h e f e u s nicht als G e n o f f e v o n H e r a k l e s die

A m a z o n e erworben, weil von anderen Theilnehmern der F a h r t dergleichen nicht

berichtet

würde.

A u c h der A u s d r u c k

gefangen

nehmen

alfttd\coTOv), deffen fich Plutarch hier f o g a r zweimal bedient, von H e r o d o r als von P h e r e k y d e s h e r , Herodor

an

erfter Stelle

infofern w e n i g f t e n s

recipirten Erzählung

von

(Xaßeiv

rührt eher in der

von

einer S c h l a c h t die

R e d e gewefen ift. D i e G e f a n g e n n a h m e der A m a z o n e in der Schlacht in A t t i k a ift ferner auch anderweitig überliefert, man

lieft fie auf der be-

kannten T a b u l a A l b a n i , fowie bei den Scholiaften zu A r i f t i d e s Panath. n 8 , 4. A u f j e n e r T a b u l a bildet die attifche A m a z o n e n f a g e nur eine E p i f o d e der Thaten von Herakles,

die den eigentlichen Inhalt derfelben ausmachen.

D a s Gleiche darf man hinfichtlich H e r o d o r ' s S c h r i f t vorausfetzen, e b e n f o überein39).

stimmen beide in der W a h l des A u s d r u c k e s Xa/Mv aifttciXarov

D i e f e Uebereinftimmung ift nicht ohne Intereffe, d o c h darf fie nicht den Glauben

erwecken,

Quelle benutzt h a t ,

dass

der V e r f e r t i g e r d e r T a f e l H e r o d o r direkt als

denn er giebt der A m a z o n e einen anderen N a m e n ,

denjenigen, welchen fie in A t h e n geführt hat, während H e r o d o r an dem Namen

3S

fefthält,

)

der

in der herakleifchen Tradition üblich ift.

Tzetz. ad L y k o p h r .

1332.

'ÄjooÄwpog

Ss

0 Jlomxog

röte

¡prjcrl

Gewiss

Qrjoka.

XaßBtv Tijv 'JDVTIÖMJV rj nay_ofi£VI]V [ßtr CWTÜV xai VNO Mohmdog xfjg 'ApaKovoq dxovnod-tTadv TE xai necrovaav] rj NQEAßIV ei^rjlijs TOXQ 'si&rtvaioic, fierci £tvlav sX&ovoav.

Müller Fragm. hift. gr. I I p. 3 2 fr. 1 6 glaubt,

ohne Verftändniss

aus

zwei

verfchiedenen Erzählungen

Tzetzes

habe die ganze Stelle

bei Plutarch Thes. 26 und 27

zu-

fammengetragen; in der T h a t finden fich auch die eingeklammerten Wörter an letzterer Stelle wieder und dass Tzetzes Plutarch benutzt, möchten wir nicht läugnen. es

auch

gewiss,

Attika e r w o r b e n ,

dass Tzetzes

die A n g a b e ,

Aber andrerfeits ift

Thefeus habe die Amazone in der Schlacht in

in Plutarch nicht hat finden können.

A u c h das den angeführten Worten

vorangehende Citat aus L y f i a s ' Epitaphios hat Tzetzes Plutarch nicht entlehnt. 39

) Vgl. oben n. A.



24

-

hat auch Herodor die Sage nicht erfunden, fie wird fich vielmehr in Athen felber gebildet haben und zwar zu einer Zeit, als man dort nicht mehr in dem von Thefeus vollführten Raube die Veranlaffung zu dem Zuge der Amazonen gegen Athen fehen mochte. In welcher Weife man dann diefen Zug zu motiviren gefucht hat, erfieht man aus dem Epitaphios von Herodor's Zeitgenoffen Lyfias. Die zweite von Herodor überlieferte Erzählung, der zufolge Thefeus fich Antiope's bemächtigt, während fie als Friedensgefandte zu den Athenern kommt, erinnert einigermaffen an Bion's Schilderung und hat ebenfo wie diefe keine weitere Ueberlieferung gefunden. Neben den Worten der Mythographen verdienen hier einige Vafenbilder Beachtung, um fo mehr, da ihre Darftellungen vermuthen laffen, dass die Erzählung vom Raube Antiopes für die Vafenmaler der älteren Periode maassgebend gewefen, ihre Gefangennahme in der Schlacht aber eine etwas jüngere Erfindung ift. Antiopes Raub fieht man auf vier in Vulci gefundenen, mit Infchriften reich verfehenen Vafenbildern von vortrefflicher in gebundenem Stile gehaltener Zeichnung, zwei von ihnen befinden fich auf Amphoren mit fchwarzen Figuren, die eine jetzt, wie es fcheint, verfchollen 40), die zweite in der Münchener Vafenfammlung n. 7, die anderen beiden Vafen find rothfigurig, die eine ift die Kachrylionfchaale im brittifchen Mufeum n. 827, die andere die berühmte Vafe im Louvre, auf deren Vorderfeite Kroefus auf dem Scheiterhaufen dargeftellt ift, abgebildet in den Monumenti d. Inst. I, 55. Antiope oder wie die Beifchriften fie, wo der Platz ausreicht, nennen, Antiopeia fteht gekleidet in der Tracht der Bogenfchiitzen auch mit deren Waffen verfehen bereits auf Thefeus Quadriga und wird von feinem Arm gehalten. Nur der Künftler der Kroefusvafe hat fich von diefer noch etwas typifchen Weife der Darftellung freigemacht und ein fo fchönes Bild des Raubes zu fchaffen gewusst, wie bei den Gefetzen des ftrengen Stiles auf einer Vafe zu erreichen war: Thefeus trägt die Amazone in feinen Armen eilig und vorfichtig davon, beide wenden fich um, Antiope mit flehend zurückgeftrecktem rechtem A r m e , in ihrer Tracht und ihrem feineren Körperbau kommt der Gegenfatz zu dem noch jugendlichen, aber ftattlichen, fchwergerüfteten griechifchen Heroen in glücklicher Weife zum Ausdruck. E s folgt ihnen Peirithoos ebenfalls ängftlich beforgt und eilenden Schrittes. Auf der -anderen rothfigurigen Vafe kommt zu den Dreien noch Phorbas hinzu. Die attifche Volksfage liebte es, die beiden genannten Heroen für Genoffen von Thefeus bei den von ihm in der

40

phani

) Die Vafe wurde

C o m p t e rendu

1843

1 8 6 6 S.

167

in P a r i s n.

2.

aus

dem

B e f i t z e v o n C a n i n o verweigert

vgl. Sle-



25



F e r n e vollbrachten Thaten zu halten. Phorbas galt Thefeus gegenüber als der A e l t e r e , als fein Lehrer und Wagenlenker, er war in andere Sagen verflochten, welche in eine frühere Generation verlegt wurden 4 1 ). Noch berühmter war Thefeus' Kameradfchaft mit Peirithoos, als Genoffen beim Raube Antiopes nannte ihn auch Pindar, wie Paufanias I , 2, i überliefert. A u f der Münchener A m p h o r a endlich ift ausser den beiden Gefährten noch Pofeidon dargeftellt. In typifcher Weife feinen Dreizack fchwingend eilt der Gott im Hintergrunde des Bildes Thefeus entgegen, doch ohne ihn zu bedrohen, und fo deuten wir feine Anwefenheit dahin, dass er feinen Sohn auf der Heimkehr vom L a n d e der Amazonen in fein Reich aufnimmt und ficher über das Meer geleiten wird. Die Eile, mit welcher Pofeidon fich nähert, malt nicht weniger als der Lauf der Quadriga die Schnelligkeit der Flucht. Dass die Heroen ihre Thaten in Gegenwart fchützender oder geleitender Gottheiten vollbringen, entfpricht der Anfchauungsweife der älteren Zeit und da diefelbe in den S a g e n von Thefeus verhältnissmässig nur feiten zum Vorfchein kommt, fo erregt die Erfcheinung Pofeidons auf diefem Bilde befonderes Intereffe. — Jünger als die vier genannten ift das in völlig freiem Stil gezeichnete Bild einer Hydria aus Ruvo, welche, nachdem fie viele fchlinime Reftaurationen hat erleiden müffen, fich jetzt in der Eremitage zu Petersburg befindet 4 2 ). Man fieht hier die Amazone (ein Name ift; ihr nicht beigefchrieben) auf einer Quadriga von zwei Jünglingen fortgeführt, während Thefeus noch mit A n d r o m a c h e , feine Genoffen mit anderen Amazonen im K a m p f e begriffen find. E s ift hier alfo eine Gefangennahme in Mitten einer Schlacht dargeftellt und als das Lokal derfelben werden wir uns nicht Themiskyra, fondern Attika zu denken haben, weil einerfeits Herakles unter den Kämpfern fehlt, andrerfeits die Ueberlieferung keine Schlacht kennt, welche Thefeus ohne ihn am Thermodon geliefert. Die Tradition vom Raube der Amazone ift durch die Erzählung der S a g e , welche an die attifche Schlacht anknüpft, aus dem Kreife der Vafenbilder verdrängt, aber fie gehört auch im Uebrigen in der Folgezeit zu den verfchollenen. Dies bewirkte die Vorftellung, welche Thefeus zum Genoffen bei Herakles' Zuge an den Thermodon machte und auf diefe Weife feinen Ruhm zu verbreiten und zu vergrössern fuchte. Seit Hegias' Noften ift die Tradition- von Thefeus' Kampfgenoffen-

41

Gelehrte S.

)

Vgl. deutet

die Z u f a m m e n f t e l l u n g auch

den N a m e n

der S a g e n

bei S t e p h a n i a . a. O . S.

des W a y e n l e n k e r s

auf

der Münchener

161

f.

Vafe auf

Derfelbe Phorbas

lf>8. 42

) Stephani

Catal.

n.

1143,

Annali

d. I n f i . 1 8 5 6 ,

Taf.

15.

Die

Ergänzung

N a m e n s A n d r o in A n d r o m a c h e f c h e i n t mir u n z w e i f e l h a f t v g l . die im F o l g e n d e n Vafenbilder.

des

befchriebenen



26



fchaft mit Herakles nicht wieder erlofchen, auch zu Pherekydes' Zeit ging fie neben der S a g e vom Raube her. Phidias und Euripides find ihr gefolgt. Jener ftellte Thefeus neben Herakles in der Amazonenfchlacht dar, mit welcher er die Querriegel am Throne des Zeus zu Olympia zierte, und in Euripides' Herakliden beruft fich Jolaos darauf, dass Thefeus die Fahrt mitgemacht hat nach dem verderblichen Gürtel 4 3 ). In fpäterer Zeit ift diefe Tradition dann noch allgemeiner verbreitet, was wohl befonders der Autorität von Philochoros zuzufchreiben ift. Philochoros' Anficht war, wie aus den oben mitgetheilten Worten Plutarchs hervorgeht, dass Thefeus Antiope als Ehrenpreis für feine Arifteia von Herakles erhalten habe. A n ein folches Verhältniss zwifchen den beiden. Heroen wird gerade Philochoros gerne geglaubt haben, aber dass er Thefeus' Arifteia genauer gefchildert, darf man nicht vorausfetzen. Um Thefeus' Anfpruch auf Antiope zu begründen, genügte die A n g a b e , er habe fie im L a u f e feiner Arifteia gefangen genommen, zumal da damit das Refultat des Kampfes am Thermodon für Thefeus das gleiche war, wie in der vorhin befprochenen Erzählung von der Schlacht in Attika. Direkt überliefert wird dann die Gefangennahme durch Thefeus vom Scholiaften zu Euripides Hippol. v. 10, fowie von Juftin II, 4, 23 und, wenn Diodor IV, 16 und Hygin Fab. 30 Antiope fchlechthin als eine Gefangene bezeichnen, welche Herakles nach Beendigung des Kampfes an Thefeus gefchenkt habe, fo ift zu beachten, dass beide Schriftfteller an diefen Stellen nicht die attifche Sage, fondern den herakleifchen Dodekaathlos behandeln und daher von Thefeus nur beiläufig am Schluffe der Erzählung von Herakles' neuntem Athlos fprechen. Im herakleifchen Dodekaathlos war für T h e feus eigentlich kein Platz, auch haben die älteren Bearbeiter deffelben ihn offenbar gar nicht berückfichtigt. Noch deutlicher als bei Diodor und Hygin erkennt man dies bei Apollodor III, 5, 9, denn, obwohl Apollodor davon fpricht, dass Herakles freiwillige Genoffen auf feine Fahrt zum Thermodon mitgenommen, erwähnt er Thefeus nicht. E s haben fich daher auch diejenigen, welche feinen Bericht über die Heraklesthaten recipirten, ihrerfeits aber Thefeus nicht übergehen wollten, in verfchiedener Weife geholfen. Tzetzes ad L y k o p h r . 1327 hat einfach Thefeus Namen eingefchoben, der Interpolator von Zenobios V , 33 aber hat das Sprichwort »nicht ohne Thefeus« nur ^dadurch mit dem Athlos in Verbindung zu bringen gewusst, dass er demfelben einen zweiten Zug von Herakles

43)

Euripid. Heracl, 217 vgl, Herc. für. 4 1 3 ,

wird XOQCCQ 'slgeictQ Decke hat, Delphi

nen'kav

"XgvaöoTokov

erfieht man aus Jon. vs. 1146 ff.;

diente,

wo

tfä^oq.

ausser

dem Gürtel auch erwähnt

Welche Bewandtniss

dem Zwecke

war fie mit Bildern von Himmelserfcheinungen verziert,

Ztg. 1874 S. 96.

es mit diefer

entfprechend, welchem fie in vgl. Kekule A r c h .

— g e g e n die A m a z o n e n

folgen

27

lässt,



an

welchem Thefeus

fich d a n n b e -

theiligt44). W ä h r e n d in diefer W e i f e die attifche S a g e in d e n literarifchen U e b e r l i e f e r u n g e n des D o d e k a a t h l o s von Schriftftellern,

welche

nur

ein A n h ä n g f e i

darauf

ausgingen,

ift

umgekehrt

den A m a z o n e n k a m p f

A t h e n als F o l g e des Z u g e s an d e n T h e r m o d o n kleifche S a g e umgeftaltet worden.

bleibt,

darzuftellen,

die

in

hera-

S o lässt L y k o p h r o n in d e m A b f c h n i t t e

d e r C a f a n d r a , in w e l c h e m die H e r o e n , o d e r w i e C a f a n d r a f a g t die R ä u b e r aufgezählt

werden,

welche Kämpfe

z w i f c h e n A f i e n und E u r o p a

geführt haben, Herakles g a n z hinter T h e f e u s zurücktreten und

herbei-

bezeichnet

l e t z t e r e n als den G ü r t e l r ä u b e r , weil nicht nur die H e i m f ü h r u n g d e r A m a zone

fondern

auch die W e g n a h m e des G ü r t e l s d e n Z u g d e r

g e g e n A t h e n veranlasst h a b e n foll. und H e r o e n fo auch d e n A m a z o n e n andere fchwerverftändliche N a m e n , •die mit d e m B o g e n

nicht die

ihre

gewöhnlichen,

fondern

v o n T h e f e u s e n t f ü h r t e nennt fie

b e z w i n g e n d e (ro^dSaftvog)

die n e p t u n i f c h e n M ä d c h e n .

Amazonen

D a b e i g i b t C a f a n d r a w i e allen G ö t t e r n

Orthofia,

ihre

Schwertern

D i e S c h o l i e n u n d T z e t z e s g e b e n keinen

ge-

n ü g e n d e n A u f f c h l u s s , letzterer conftruirt f o g a r den b e t r e f f e n d e n V e r s 1 3 3 1 anders,

als

1454.

Wie

es L y k o p h r o n s S p r a c h g e b r a u c h

unverftändlich.

die

Benennung Orthofia

p e l o p o n n e f i f c h e n Culten

ift

v e r l a n g t v g l . vs.

der

Schwertern

ein

Name,

gefeiert

worden

zu

unter

erklären welchem

130, ift,

894, bleibt

Artemis

ift und d a ältere T r a g i k e r

v o n L y k o p h r o n für O r t h o f i a g e w ä h l t e B e i w o r t

nicht

nur A r e s

in das

fondern

a u c h A r t e m i s g e g e b e n h a b e n , fo wird allerdings d e m D i c h t e r w o h l eine A n a l o g i e zwifchen diefer G ö t t i n und der t h e f e i f c h e n A m a z o n e v o r g e f c h w e b t haben45).

A r t e m i s und die A m a z o n e n

find

nicht nur in d e r e p h e f i f c h e n ,

f o n d e r n a u c h in anderen C u l t u s f a g e n v e r b u n d e n , a b e r v o n A t h e n ift k e i n e f o l c h e überliefert und a u f j e n e d u n k l e n W o r t e L y k o p h r o n s eine E r k l ä r u n g der attifchen S a g e g r ü n d e n zu w o l l e n , fcheint uns u n f t a t t h a f t . E i n e ausführlichere E r z ä h l u n g der

h e r a k l e i f c h - t h e f e i f c h e n S a g e liest

44

) V g l . C. R o b e r t D e A p o l l o d o r i b i b l i o t h e c a p . 46. 49,

45

)

V g l . A e f c l i y l . P e r f . 86, E u r i p i d . H i p p o l .

D i e Notiz beim Schol, Pind. Ol. I I I ,

1445, D i p h i l o s b e i A t h e n .

54 von einem Cultus

b e r u h t a u f e i n e r V e r w e c h s l u n g v g l . P a u f a n . I , 29, 2, H e f y c h . v . xaX'kiaTi] M y t h o l . I , 3 t e A u f l . S. 259 n. 1.

jVenrowifitg

f e i e n n a c h d e r N i e d e r l a g e in A t t i k a n a c h I t a l i e n

Etymol.

Athen Griech.

überliefert.

b e m e r k t d e r S c h o l i a f t , die A m a z o n e n

gekommen.

v o n d e r bei S t e p h . B y z . e r w ä h n t e n S t a d t V i f i a C o v / a A m a z o n e K l e t e , die L y k o p h r o n

Preller

A u s A f i e n ift d i e f e r B e i n a m e d e r A r t e m i s n i c h t

Z u r E r k l ä r u n g des A u s d r u c k s Tiao&h'oi

223.

VI, p,

d e r A r t e m i s O r t h o f i a in

In Italien

in M e ß a p i e n

auch

gab

es

die S a g e

abgefehen von

der

v s . 993 b e r ü h r t , v g l . T z e t z , , E t y m o l . G u d . e d , S t u r z , p . 325,

M . p . 5 1 " v . x X f i r ? ; , S e r v . A e n , I I I , 553 u n d P o l y b i u s X I I , 5 ff. A b e r K l e t e

a l s P e n t h e f i l e a s ' A m m e mit d e r a t t i f c h e n S a g e in k e i n e r d i r e k t e n

Verbindung.

fleht



man in Juftins A u s z u g Trogus

fasst

-

aus T r o g u s Pompejus' g r o s s e m

die A m a z o n e n

T h a t e i i in Parallele

28

mit

als ikythifche W e i b e r

denen

der

und

ftellt

ihre

er

führt

aus,

fkythifchen M ä n n e r ,

w e l c h grosses Reich fie fich e r w o r b e n ,

fchildert

ihre Sitten und bringt

dann die verfchiedenen S a g e n von ihren K ä m p f e n fammenhang.

Gefchichtswerke.

auf

in pragmatifchen Zu-

Die H a u p t m o m e n t e des hier in Betracht k o m m e n d e n A b -

fchnittes feiner Erzählung lauten nach Juftin II, 4, 19 ff.: D i e A m a z o n e n haben zwei K ö n i g i n n e n , A n t i o p e und O r e i t h y i a ,

letztere

war

mit

dem

H a u p t h e e r e abwefend, als Herakles und die H e r o e n in neun Kriegsfchiffen landen, die W a f f e n der K ö n i g i n zu erlangen.

Sie

treffen nur

geringe Zahl, da A n t i o p e keine Feindfeligkeit befürchtete.

auf

eine

S o ereignete

es fich, dass nur W e n i g e durch den plötzlichen A n g r i f f aufgefchreckt die W a f f e n ergriffen und den F e i n d e n einen

leichten S i e g

bereiteten,

viele

werden niedergehauen oder g e f a n g e n g e n o m m e n , unter den letzteren zwei Schwertern A n t i o p e s Melanippe Thefeus

heirathete

von Herakles,

feine G e f a n g e n e ,

von Thefeus.

n a c h d e m er fie als E h r e n g a b e er-

halten, und zeugte mit ihr den H i p p o l y t o s . Melanippe an die S c h w e i l e r

Hippolyte

Herakles g a b nach d e m

Siege

erhielt dafür als L o h n die W a f f e n

zurück,

der K ö n i g i n und kehrte, nachdem er feine A u f g a b e gelöst, zurück. aber Oreithyia

erfährt,

dass man ihre Schwertern mit K r i e g

und der R ä u b e r K ö n i g der A t h e n e r fei, mahnt fie zum R a c h e z u g e A t h e n und führt ihn mit allen K r ä f t e n aus u. f. w. fieht,

diefen R a c h e z u g

zu

motiviren,

feiner A b w e h r erwachfenden R u h m

Es

Als

überzogen

galt,

gegen

wie man

feine Gefahr und damit den aus

der A t h e n e r

zu

mehren.

W e i l die

mächtigere Königin die Anführerin auf diefem Z u g e g e w e f e n fein follte, musste fie Herakles g e g e n ü b e r Reich auch die andere K ö n i g i n b e f i e g t Melanippe.

er

und L e b e n nicht,

bewahrt

fondern

haben,

aber

nur ihre S c h w e i l e r

Mehr durch L i f t als durch T a p f e r k e i t fiegt er über Melanippe,

wie ein anderer E p i t o m a t o r von T r o g u s fich ausdrückt 4 0 ).

In diefer S a g e

von Melanippe zeigt fich eine bemerkenswerthe Uebereinftimmung zwifchen T r o g u s und A p o l l o n i o s R h o d i o s bare

Berückfichtigung

der

4

'), die aber wohl nicht auf eine unmittel-

Argonautica

des

letzteren

von

Seiten

des

Hiftorikers, vielmehr auf die B e n u t z u n g einer gemeinfamen Quelle durch beide zurückzuführen ift. D i e v o n T r o g u s a n g e n o m m e n e Doppelherrfchaft bei den A m a z o n e n und ihre durch mehrere Generationen hindurchgeführte

JC

) Jordanes

O b Deinem

D e r e b . G e t i c . c. 7, v g l . G u t f e h n l i d in J a h n s J a h r b . S u p p l . I I S. 1 9 3 ff.

in f e i n e r p e r f i f c h e n G e f c h i c h t e d i e A m a z o n e n f a g e b e h a n d e l t

hat,

lässt

fich

nicht

feftftellen, 47

)

A p o l l o n . R h o d . I I , 967 v g l . a u c h D i o d o r I V ,

G ü r t e l s ift a u c h a u f m e h r e r e n B u l l e t . N a p . N . S. V I I ,

13.

16 lin.

unteritalifchen Vafenbildern Bullet d. Infi.

18:3

p.

152.

Die

friedliche Einlöfung

dargeftellt. vgl. Mus. B o r b .

VI,

des



29



Gefchichte hat ihm Veranlaffung gegeben, viele Amazonenköniginnen zu nennen, es find der Reihe nach folgende: Marpeffa, L a m p e t o , Sinope, Oreithyia, Antiope, Melanippe, Hippolyte, Penthefilea, endlich Menethyia oder Thaleftris. Die meiften unter diefen Namen find fehr feltfam, um fo mehr ift zu bedauern, dass T r o g u s Erzählung nicht vollftändig, fondern nur in Auszügen vorliegt. Hinfichtlich des Gebrauchs der Namen Hippolyte und Antiope ftellt fich T r o g u s in Gegenfatz zu allen übrigen Schriftftellern, auch zu Apollonios, vgl. den Schluss unfrer Einleitung. Doch bleibt es zweifelhaft, ob hier eine einfache Vertaufchung derfelben vorliegt. Oreithyia ift bei Trogus die Vorgängerin von Penthefilea, fonft • heisst deren Mutter Otrere und es verdient Beachtung, dass in gleicher Weife wie bei T r o g u s Oreithyia neben Antiope herrfcht, in Apollonios' Gedicht Otrere und Antiope als Königinnen neben einander genannt werden 4 8 ); allein die attifch-thrakifche Heroine ift auch von Anderen in die Amazonenfage verflochten, allerdings in andrer Weife als von Trogus vgl. Q. Smyrnaeus I, 168 und Mythograph. Vatican I, 26. Marpeffa ift der Name der Tegeatin, welche unter ihren Landsmänninen am tapferften gegen die Lacedaemonier gekämpft haben follte, eine Erzählung, welche für den Arescultus in T e g e a von Bedeutung w a r , wie man aus Paufanias VIII, 47, 2. 48, 3 erfieht, mit ihr fteht vielleicht in Verbindung das e i g e n t ü m l i c h e Eingreifen der Skythen in eine andere tegeatifche Sage, die man bei Jornandes de reb. Getic. c. 9 liest. D e r Name L a m p e t o könnte mit der von Kallimachos bei Schol. Theokr. XIII, 25 überlieferten S a g e zufammenhängen, welcher zufolge die Plei'aden Töchter der A m a zonenkönigin gewefen find 4 9 ). S i n o p e , welche in Juftin's A u s z u g fehlt, aber von Orofius X V , 65 erwähnt wird, ift die E p o n y m e einer Stadt, in deren Sagen die Amazonen eine bedeutende Rolle fpielen; der Ruhm der Jungfräulichkeit, welcher an der Amazone Sinope hervorgehoben wird, verbindet fie nur noch enger mit jener E p o n y m e 50 ). F ü r Menethyia's Namen endlich lässt fich keine nähere Analogie finden, als derjenige der Meneteis Antianeira bei Apollonios I, 56. E s ergeben fich in diefer Weife die verfchiedenften Beziehungen und Anknüpfungen an andere S a g e n , diefelben genauer zu erkennen hindert die Befchaffenheit der erhaltenen Auszüge aus Trogus Gefchichtswerk. D a ferner die angeführten

48

von

) Apollon. R h o d . II, 387 schol. ibid. 1032, vgl. Hygin. fab. 163 Otrere als Mutter

Penthefilea

und

Pofth. 8. 57. 127. 49

) Das

Gnttin

von Ares:

Schol. II. III,

189,

Lykophr.

Caf. 997.

von Dübner

zu Juftin I I , 4 , 12

Nationalbibliothek (Chabouillet Cat. n. 2247

erwähnte,

in

Petit D e Amazon,

der Sammlung

) Vgl. Philolog, 1870 S. 549 f.

der Parifer

p. 2 1 8 ) befindliche Siegel

ift unfrer Anficht nach für die Namensform L a m p e d o von keiner Autorität. 5t>

Tzetz.

Hygin. fab. 1 1 2 , 223. 225, Serv. ad Aen. I, 491.



3o



N a m e n (ich in den übrigen Traditionen der A m a z o n e n f a g e n nicht wiederholen ,

fo tragen fie zur E r l e d i g u n g der F r a g e ,

welchem älteren A u t o r

T r a g u s in feiner Erzählung im A l l g e m e i n e n gefolgt ift, nichts bei.

Wahr-

fcheinlich ift jedoch E p h o r o s diefer A u t o r g e w e f e n 5 1 ) . Herakles' Z u g nach T h e m i s k y r a bildet die G r u n d l a g e für die E p o nymie- und Gründungs-Sagen vieler Städte der K ü f t e K l e i n a f i e n s ;

auch

T h e f e u s wird in einigen derartigen S a g e n genannt, dabei bot die A m a zonenfage

das Mittel,

feine A n w e f e n h e i t

in diefer G e g e n d zu erklären.

D a die betreffenden Erzählungen indeffen die attifche S a g e k a u m berühren, brauchen fie hier nur kurz referirt zu werden. Pindar hatte in dem G e d i c h t e ,

in welchem er von dem Z u g e der

A m a z o n e n g e g e n A t h e n fprach, erwähnt, dass die kriegerifchen Heroinen auf diefem Z u g e das Heiligthum der A r t e m i s in E p h e f o s geftiftet.

Pau-

fanias V I I , 2, 7 polemifirt g e g e n diefe W o r t e , weil es ihm daran g e l e g e n ift, die E n t f t e h u n g des Heiligthums und insbefondere des mit demfelben verbundenen A f y l s in

ein viel höheres Alterthum hinaufzurücken.

Die

gleiche Tendenz fpricht fich auch in der A n f i c h t aus, der N a m e E p h e f o s fei davon abzuleiten, dass Herakles den A m a z o n e n die G e g e n d v o n M y k a l e bis Pitane überlaffen habe (¿tpEivai), vgl. Herakleides Pontikos fr. 3 4 ;

in

der fpäteren Ueberlieferung diefer aitiologifchen S a g e ift dann bisweilen T h e f e u s vor Herakles in den V o r d e r g r u n d geftellt vgl. E t y m o l . M a g n u m V; "E(psaog der

und Schol. ad D i o n y s . Perieg. 828. — A u c h

zweiten

berühmten

Amazonenftadt

S m y r n a , fpielte T h e f e u s eine R o l l e ,

an

in

den S a g e n

der W e f t k i i f t e Kleinafiens,

doch ift felbft aus den R e d e n v o n

Ariftides, der auf die Verwandtschaft feiner V a t e r f t a d t mit A t h e n hohen Werth legte,

nicht genau zu ermitteln,

in welcher W e i f e man fich das

Verhältniss zwifchen dem attifchen H e r o s und der A m a z o n e S m y r n a , der E p o n y m e der Stadt, g e d a c h t h a t 5 2 ) . — Endlich überliefert Plutarch T h e f . v. 26

aus Menekrates' Gefchichte

Pythopolis,

von Bithynien

noch

eine S a g e

von

welche an den A u f e n t h a l t von T h e f e u s und A n t i o p e in der

dortigen G e g e n d anknüpft und von der unglücklichen L i e b e eines G e n o f f e n von Thefeus, des A t h e n e r s Soloeis für A n t i o p e , von der Standhaftigkeit der letzteren, von dem T o d e des Jünglings und den fich daran anfchliessenden E p o n y m i e n zu berichten weiss.

D i e bithynifchen Städte waren reich

an A m a z o n e n f a g e n und fuchten den A u s g a n g s p u n k t für diefelben in d e r R e g e l in der herakleifchen S a g e , in Pythopolis aber hat die Vorftellung,

51

) Eine S p u r der Doppelherrfchaft bei den Amazonen kann man in E p h o r o s ' Deutung

der Verfe der Ilias I I , 8 5 6 f. erkennen, vgl, E p h o r o s fr. 87 bei Strabo X I I , 5 5 0 .

Wichtiger

ift die Uebereinftimmung in der Schilderung des VerhältnilTes der Amazonen zu den Männern vgl. Jüdin I I . 4, 6 ff. und E p h o r o s bei Schol. A p o l l o n . R h o d . I I , 9 6 5 , 52

) V g l . Philolog. a. a. O. S. 5 3 1

f.



3i



dass Athener bei der Gründung der Stadt mitgewirkt hatten, die thefeifche Sage an die Stelle der herakleifchen treten laffen. Zum Schluffe fei hier noch bemerkt, dass von verfchiedenen Gelehrten Vafenbilder fpäteren Stiles als Darftellungen der Hochzeit von Thefeus und Antiope aufgefasst worden find; ebenfowenig a b e r , wie diefe Deutungen eine Stütze in der Literatur finden, fcheinen fie uns vom kunftarchaeologifchen Standpunkte aus genügend ficher geftellt zu fein. Die Feier der Hochzeit zwifchen dem attifchen Heros und der Amazone ift für den Inhalt der S a g e offenbar von keiner Bedeutung. Die betreffenden Vafen, deren richtige Erklärung noch ausfteht, find die folgenden: V a f e in Wien Sacken S. 163 n. 69, Monum. d. Inft. IV, 43, Welcker Alte Denkm. III S. 3 5 3 ff.; grosse fehr reftaurirte Amphora aus R u v o in Neapel Heydemann n. 3 2 5 6 , Monum. d. Inft. II, 3 1 , Braun Annali 1 8 3 6 p. 9 9 ; Hydria aus R u v o in Petersburg Stephani n. 1 1 4 3 , Compte rendu 1866 S. 168 n. 4.

Die ältere literarische Ueberlieferung vom Zuge und Kampfe der Amazonen gegen Athen. Ausserhalb Athens ift die S a g e vom Zuge der Amazonen gegen diefe Stadt lange unbekannt geblieben. Herodot hat ihr in der Einleitung feines W e r k e s , in welcher er die mythifchen Vorfpiele der Perserkriege aufzählt, keinen Platz eingeräumt, in der von Diodor II, 45 überlieferten Gefchichte der A m a z o n e n , für deren Urheber man mit gutem Grunde Ktefias hält, ift die attifche S a g e völlig übergangen, und wenn der Verfaffer der epifchen Thefeis auch, wie oben dargelegt ift, von einem in Athen vorgefallenen Amazonenkampfe zu erzählen wusste, fo war derfelbe für ihn doch keineswegs die F o l g e eines gegen die Stadt unternommenen Feldzuges der kriegerifchen Weiber. Andrerfeits giebt uns die fpeciell attifche Literatur und Kunst des fünften Jahrhunderts zahlreiche und gewichtige Zeugen für die S a g e , neben A e f c h y l u s ftellen fich nicht nur Phidias und Mikon mit ihren mächtig wirkenden künftlerifchen Darftellungen, fondern auch die früheften Atthidenfchreiber Hellanikos und Kleidemos. In der Folge haben fich dann befonders die attifchen Redner der S a g e bemächtigt, ihre A u f f a f f u n g theilen im Allgemeinen die fpäteren Schriftfteller und Kiinftler. Bei dem Reichthum der Ueberlieferung empfiehlt es fich, fie in mehrere Abfchnitte zu zerlegen und zunächst die ältere literarifche Tradition zu betrachten.



3i



dass Athener bei der Gründung der Stadt mitgewirkt hatten, die thefeifche Sage an die Stelle der herakleifchen treten laffen. Zum Schluffe fei hier noch bemerkt, dass von verfchiedenen Gelehrten Vafenbilder fpäteren Stiles als Darftellungen der Hochzeit von Thefeus und Antiope aufgefasst worden find; ebenfowenig a b e r , wie diefe Deutungen eine Stütze in der Literatur finden, fcheinen fie uns vom kunftarchaeologifchen Standpunkte aus genügend ficher geftellt zu fein. Die Feier der Hochzeit zwifchen dem attifchen Heros und der Amazone ift für den Inhalt der S a g e offenbar von keiner Bedeutung. Die betreffenden Vafen, deren richtige Erklärung noch ausfteht, find die folgenden: V a f e in Wien Sacken S. 163 n. 69, Monum. d. Inft. IV, 43, Welcker Alte Denkm. III S. 3 5 3 ff.; grosse fehr reftaurirte Amphora aus R u v o in Neapel Heydemann n. 3 2 5 6 , Monum. d. Inft. II, 3 1 , Braun Annali 1 8 3 6 p. 9 9 ; Hydria aus R u v o in Petersburg Stephani n. 1 1 4 3 , Compte rendu 1866 S. 168 n. 4.

Die ältere literarische Ueberlieferung vom Zuge und Kampfe der Amazonen gegen Athen. Ausserhalb Athens ift die S a g e vom Zuge der Amazonen gegen diefe Stadt lange unbekannt geblieben. Herodot hat ihr in der Einleitung feines W e r k e s , in welcher er die mythifchen Vorfpiele der Perserkriege aufzählt, keinen Platz eingeräumt, in der von Diodor II, 45 überlieferten Gefchichte der A m a z o n e n , für deren Urheber man mit gutem Grunde Ktefias hält, ift die attifche S a g e völlig übergangen, und wenn der Verfaffer der epifchen Thefeis auch, wie oben dargelegt ift, von einem in Athen vorgefallenen Amazonenkampfe zu erzählen wusste, fo war derfelbe für ihn doch keineswegs die F o l g e eines gegen die Stadt unternommenen Feldzuges der kriegerifchen Weiber. Andrerfeits giebt uns die fpeciell attifche Literatur und Kunst des fünften Jahrhunderts zahlreiche und gewichtige Zeugen für die S a g e , neben A e f c h y l u s ftellen fich nicht nur Phidias und Mikon mit ihren mächtig wirkenden künftlerifchen Darftellungen, fondern auch die früheften Atthidenfchreiber Hellanikos und Kleidemos. In der Folge haben fich dann befonders die attifchen Redner der S a g e bemächtigt, ihre A u f f a f f u n g theilen im Allgemeinen die fpäteren Schriftfteller und Kiinftler. Bei dem Reichthum der Ueberlieferung empfiehlt es fich, fie in mehrere Abfchnitte zu zerlegen und zunächst die ältere literarifche Tradition zu betrachten.



32

-

Der Zug der Amazonen gegen Athen hat durch die Analogie der Perferkriege feine höchfte Bedeutung für das attifche Volk erlangt, aber er ift nicht erft durch fie in dem Glauben des Volkes hervorgerufen. E r bildet das nothwendige Correlat zu der Sage vom Raube der Amazone durch Thefeus. Wenn Paris oder Thefeus Helena entführt, der fikyonifche Epopeus die boeotifche Antiope raubt, fo ift ein zur Rache unternommener Heereszug die für Alle verftändliche, von der Poefie verherrlichte Folge des Raubes. Allein für die Athener hatte die Sage offenbar mehr als eine rein poetifche Bedeutung. Während das eigenthümliche Element der ftädtifchen Sage als folcher in den Erzählungen von Thefeus' Raube in Bezug auf Athen nicht hervortritt, macht es fich hier geltend. Es zeigt fich in dem religiöfen Glauben, welcher den Amazonen im Cultus einer athenifchen Gottheit eine Stelle anweift und fie felbft mit heroifchen Ehren feiert. Dass die Amazonen auf ihrem Zuge das Artemisheiligthum in Ephefos geftiftet haben follen, ift eine ephefifche, nicht eine attifche Tradition 5 3 ). In Athen, wo man fich die Heimath der Amazonen im Nordoften des Pontos dachte, erzählte man, dass ihr Marfch fie über die Länder im Norden geführt. Sie zogen über das Eis des kimmerifchen Bosporos und »trieben die fkythifchen Pferde über den fchwarzen Iftros« ä4 ). Eine Tradition, welche die Amazonen in Athen mit Artemis verbindet, ift nicht bekannt, nach attifcher Auffaffung hat, wie man aus der Hippolytosfage fieht, die Ehe die Natur der Amazone nicht völlig aufgehoben. In Ephefos bildet die Ehelofigkeit das wichtigfte Fundament für die Cultusfagen, in Athen aber nicht. Hier ift Ares ihr Gott, der Tradition nach find fie nur für feinen Cultus von Bedeutung. An Ares' Verwandtfchaft mit den Amazonen glaubte jeder Grieche. Arktinos hatte Penthefilea Tochter des Ares genannt, ebenfo galt der Gott als Vater der Gegnerin von Herakles, die Genealogie ergab fich von felbft und dehnte fich auf alle Amazonen aus. Ares war der mächtigfte Gott in den weiten Gebieten des Nordens, er herrfchte in Thrakien, der. Heimath Penthefileas, wie in Kolchis, dem aefchyleifchen Amazonenlande und nicht nur die thermodontifchen Amazonen, auch ihre örtlichen Nachbarn die Chalyber und die Leukofyrer füllten von Ares abftammen 5 5 ). Die Pferdeopfer, welche fie auf der Aresinfel dem Gotte nach Apollonios' Schilderung darbringen, entfprechen denen, mit welchen die Sauromaten 53

_) Pindar

bei Paufan. V I I . 2 , 7 ,

Eine andere Anficht

ift aufgeftellt von Curtius

Abh. d. Beri. Akad. 1 8 7 2 S. 12. 54

vs. 1332.

) Hellan. bei P l u t . Thef. 27.

D i o d o r IV, 28.

L y k o p h r . Caf. 1336.

Tzetz, ibid.

Euftath. ad Dion. Perieg. 653.

" ) Odyflee VIII, 3 6 1 c. schol. Apollod. s, 9, 16. R h o d , II, 3, 946. 1 1 7 6 .

Pauf. III, 19, 8.

Schol. Apoll.

-

33



ihre Gottheit gefeiert haben, und wie man diefe in Athen kannte, wusste man hier auch zu erzählen, dass die Amazonen weisse Pferde geopfert; Ariftophanes fpielt fcherzend darauf an in einem Verfe der Lyfiftrata 56 ). A u c h in dem Cultus, welchen man in älterer Zeit den Amazonen in Athen widmete, trat ihre Beziehung zu A r e s und den Sauromaten hervor. Localifirt hat fich die Amazonenfage in Athen hauptfächlich am A r e o p a g und an den Amazonengräbern beim itonifchen Thore. Eine freilich nur durch einen fpäten Scholiaften zu Ariftides Panath. 107, 1 4 überlieferte S a g e deutet den Namen des A r e o p a g s in folgender W e i f e : als A r e s die Amazonen, feine Töchter, von den Athenern vernichtet fah, zog er gegen fie zu Felde und auf dem Areshügel (Ich feftfetzend belagerte er die Akropolis. W a s hier von A r e s berichtet wird, haben nach Aefchylus die Amazonen felber gethan. Die Verfe, in welchen der grosse Dramatiker der S a g e in den Eumeniden gedenkt, bilden einen Theil der feierlichen Rede, mit welcher die Göttin Athene den areopagitifchen Gerichtshof einfetzt und bezeichnen als Sitz deffelben: . . . den Hügel, einft die Lagerftatt Der Amazonen, als dem Thefeus gram ihr Heer Heranzog und die neue hochgethürmte Burg Der A k r o p o l entgegenthürmte . . . Dem A r e s opfernd, davon noch den Namen trägt Der Fels und Ares Hügel. Dort nun waltend foll Ehrfurcht der Bürger und der Schreck dem Gott verwandt Rechtlofem Thun ftets wehren fo bei T a g wie N a c h t 5 7 ) . Der Areshügel _ ift durch feine L a g e dem A u f g a n g e zur Akropolis gegenüber der wichtigfte Stützpunkt bei einem Angriffe auf letztere, A e f c h y l o s felber hatte erlebt, dass die Perfer von ihm aus die Burg belagerten. Hügel und B u r g gehören zu einander, die A t h e n e r aber haben 56

) A p o l l o n . R h o d . I I , 3 8 7 P a u f a n . I , 2 1 , 6, vgl. H e r o d o t I, 2 1 6 . I V , 6 2 .

Lyfiftr. 1 9 1 5

Ariftophan.

c. f c h o l .

' ) Aefchyl. Eumen. 655 TJdyov

8' . . . rövä'

ffxtjvccg

ör'

crroaTrjXaTovaat,

xai

T>'¡vÖ' vil'invpyov 660 "yJpei

'sjftai^üvcov

ijXöov

rrüXei

¿v&ev

TIEROA

NÄYNC

r ' "AGEIOQ.

darcov

\ e y v a w i r d eine C h r y f e in einer S a g e

von Ares erwähnt. wir

nicht

D e n gelehrten C o m b i n a t i o n e n

beitreten.

D a s v o n ihm e r w ä h n t e

von W a c h s m u t h a, a. O . S. 4 2 2 ff. k ö n n e n

Vafenbild

wird

von Sacken Verz.

der W i e n e r

S a m m l u n g S. 2 4 3 n. 2 7 6 in einer W e i f e charakterifirt, dass es für die F r a g e n a c h der Natur der lemnifchen G ö t t i n

C h r y f e irrelevant

wird.

66)

W a c h s m u t h a. a. O . S . 3 6 8 .

")

V g l . den A u s d r u c k r c t c p o u g Tcöv

h ä l t fie f ü r A m a z o n e n g r ä b e r . t a r c h Q u a e f t . gr. 5 6 ift das

neavvrav.

betreffende W o r t

rpovsv&evTav,

c u l i n f o r m g e b r a u c h t d o c h fich a u f die A m a z o n e n vgl. auch L o b e c k A g l a o p h .

W a c h s m u t h a. a. 0 . S. 4 1 5 n. 1

In der v o n i h m zur V e r g l e i c h u n g

S.

216.

herangezogenen

welches

obwohl

Stelle

Plu-

in der Mas-

b e z i e h e n f o l l , k e i n e s w e g s ficher überliefert



39



Mit den Worten, die Athener werden bis zu den Eumeniden weggedrängt und weichen vor den Weibern zurück, fchliesst Kleidemos fodann die Schilderung des erften Treffens. Die Lage des Heiligthums der Eumeniden an der örtlichen Seite des Areopags der Akropolis gegenüber fteht unzweifelhaft feft, und infofern Kleidemos die Athener bis hierhin zurückweichen lässt, hat er offenbar geglaubt, dass die Amazonen den ganzen Areopag befetzten und hier lagerten. Beim zweiten Treffen erwähnt Plutarch einiger topographifchen Punkte, welche im Südoften und Often der Stadt gelegen haben: Palladion, Ardettos und Lykeion. Meift find es Anhöhen, deren fich die Athener bei diefem Treffen in gleicher Weife bedient haben mögen wie bei dem früheren des Muleions. Mit der Amazonenfage find fie ebenfowenig verknüpft wie letztere und man kann unfrer Anficht nach ihre Erwähnung in diefem Treffen nur dann richtig verftehen, wenn man beachtet, dass zwifchen ihnen und dem Lager der Feindinnen auf dem Areopag fich die zweite Stelle befindet, an welchem fich die Amazonenfage in Athen localifirt hat. Es find die Amazonengräber. Obwohl Plutarch erft fpäter nach einigen Zwifchenbemerkungen von dem bekannteren diefer beiden Gräber berichtet, fo lässt fich doch nicht bezweifeln, dass Kleidemos daffelbe berückfichtigt hat, wir möchten fogar glauben, dass die ganze Erzählung vom zweiten Treffen nur die Bedeutung hat, dies Grab in den Schauplatz des Kampfes hineinzuziehen 68). Es lag am itonifchen Thore in der Nähe des Heiligthums der Ge Olympia. In dem unter Piatos Schriften aufgenommenen Dialog Axiochos wird es fchlechthin als Amazonenftele bezeichnet, nach Paufanias' Angabe ift es das Mnema Antiopes und er fügt hinzu, »die Athener erzählen, dass, als die Amazonen gekommen, Antiope von Molpadia mit einem Pfeil getroffen wurde, Molpadia aber von Thefeus Hand ftarb, und die Athener auch ein Mnema von Molpadia haben«. Von diefem zweiten Amazonengrabe ift Nichts weiter überliefert, der Zufammenhang fuhrt aber darauf, Molpadias Grab ganz in der Nähe der von ihr Verwundeten anzunehmen. Die Erzählung vom Tode Antiopes der Frau von Thefeus durch Molpadia wird auch in dem fchon früher erwähnten Fragmente aus Herodors Schrift überliefert fowie von Plutarch in feinem Nachtrage zu Kleidemos' Bericht 6 9 ), den er alfo

68

) Anders Wachsmuth a. a. O. S. 447 und früher im Rhein. Muf. X X I I I S . 1 7 5 .

69

) Plato A x i o c h . p. 3 6 4 d, P a u f a n . I. 2, 1 .

oben n. 3 8 vgl. Diodor I V , 28 im Philo], 1 8 6 7 S. 3 3 7

und

Himerius Orat. I I ,

von Kumanudes

Herodor bei Tzetz. ad L y k o p h r . 12.

Die Bemühungen

im '¿l&ijvcuov

1 8 7 2 I S. 4 0 0 , monumentale

R e d e auf Antiopes G r a b zu beziehen, können w i r hier unberückfichtigt laffen. des Namens Molpadia

olSa

tf¿vi

aradirj

lässt

örjicj

fich

auf

fiiXnea&AT.

den

bekannten Vers

"AQI]I.

1332

von Pervanoglu

der Ilias V I I ,

242

Hinfichtlich verweifen:







vielleicht Herodor entnommen hat. Kleidemos feinerfeits ift allerdings der Tradition, die thefeifche Amazone fei im Kampfe gefallen, nicht gefolgt, vielmehr hat er überliefert, dass durch fie fchliesslich der Vertrag zu Stande gekommen fei, auch hat er fie, wie Plutarch hinzu fügt, nicht A n t i o p e fondern Hippolyte genannt, er wird alfo die Stele am itonifchen T h o r e wohl für das Grabmal einer Feindin aufgefasst haben. D a s Amazonengrabmal liess verfchiedene Sagen zu, je nachdem man die dort Beftattete für eine Freundin oder Feindin A t h e n s hielt. Wichtiger als diefe Differenz der Sagen fcheint uns der U m f t a n d zu fein, dass das Amazonengrabmal durch feine L a g e am itonifchen T h o r e in Analogie tritt mit den anderen Thorgräbern A t h e n s , dem fchon erwähnten Heroon des Chalkodon und dem Mnema des Heroldes Anthemokritos an der Strasse nach Eleufis und Megara 7 0 ). Die T h o r g r ä b e r find keine gewöhnlichen, vielmehr H e r o a , welche mit ihren prophylaktifchen Kräften der Stadt zum Heile gereichen, die Feinde derfelben abfchrecken follen. Anthemokritos war ein von den Megarern gegen alles göttliche und menfchliche Recht getödteter athenifcher Herold, und nach athenifchem Volksglauben hatte felbft Hadrians Fiirforge für Megara die Folgen des Zornes der Götter, der wegen jener T h a t die Stadt getroffen h a t t e , nicht ausgleichen können. Die S a g e , welche fich an das Grab von Chalkodon beim peiraifchen T h o r e geknüpft hat, ift nicht überliefert, allein es liegt fehr n a h e , diefelbe zu reconftruiren nach Analogie der Sagen von den beiden anderen Heroa des Chalkodon, die Paufanias in Arkadien und Boeotien kennen gelernt h a t 7 1 ) . Wie d o r t , fo wird man fich auch in Athen Chalkodon als einen im Kampfe gefallenen Landesfeind gedacht und feinem Heroon die gleiche Bedeutung beigelegt haben, welche z. B. die Thebaner den Grabmälern der unter den Mauern ihrer Stadt beftatteten argivifchen Heroen zufchrieben. Wie man endlich auch immer das Schickfal, welches Antiope betroffen, aufgefasst haben mag, jede Erzählung von ihr bot für den Volksglauben eine Seite d a r , unter welcher das Grabmal der fremden kriegerifchen Heroine dem T h o r e , an welchem es lag, prophylaktifchen Schutz verlieh. Auch die Vorftellung, dass die Amazonen ihre Heimath im Norden haben, lässt fich fehr wohl mit der Localifirung der Sage am itonifchen Thore vereinigen. Denn da dies T h o r den Abfchluss für die Strasse nach dem Phaleron, dem älteften Hafen A t h e n s , bildete, mithin in älterer Zeit aller Verkehr der Stadt mit den entfernter wohnenden Völkern, namentlich mit allen Bar-

70

) Paufan. I, 2. 4. 36, 3.

Nicht weniger reich an folchen Thorgräbern w a r T h e b e n

Paufan. I X , 1 1 , l . 1 8 , l . 2. 25, 1.

Vgl. auch II, 11, 1.

V, 4 , 4

E. Curtius Zur Gefchichte des Wegebaues S. 6 1 , 71

) Paufan. VIII, 15, 3. IX, 19. 3 vgl. Euripid. Jon. 59 ff.

und

im Allgemeinen



41



baren durch daffelbe feinen W e g n a h m , hatte das G r a b der fremden Heroine hier feine richtige Stätte. V o n Melite, demjenigen Stadttheile Athens, in welchem die neuefte Forfchung über die Urzeit Athens Spuren •einer frühen phönicifchen oder lelegifchen Niederlaffung nachzuweifen ficli b e m ü h t 7 2 ) , ift das Amazonengrab weit entfernt. Ebenfowenig find die anderen noch zu erwähnenden Cultusftätten, mit deren Alterthümern die Amazonen in Verbindung gebracht find, das Horkomofion und das Thefeion in Melite zu fuchen. Nachdem Plutarch die verfchiedenen Sagen über die thefeifche Amazone berichtet, kommt er auf jenen Vertrag, der Kleidemos zufolge den Kampf beendet hat, zurück, um zwei Zeugniffe für denfelben anzuführen, nämlich den Namen der neben dem Thefeion befindlichen Oertlichkeit Horkomofion d. i. Eidfchwur und das vor Alters den Amazonen vor den Thefeen dargebrachte Opfer. Die Amazonen find alfo in die Inftitutionen des Thefeuscultus verflochten. Das berühmtefte Thefeusfeft fiel auf den achten Pyanepfion und der Monat Pyanepfion war der vierte im attifchen Jahre. Damit erklärt fich, wie bereits Wachsmuth bemerkt hat, in einfachfter Weife die Anfetzung des Vertrages im vierten Monate. An dem den grossen Thefeen vorangehenden T a g e , am fiebenten Pyanepfion , fanden Todtenopfer ftatt für H e r o e n , welche mit Thefeus in naher Verbindung gedacht wurden, für feinen Vater Aigeus, für feinen Lehrer Konnidas 73 ); ihnen fchliesst fich das Opfer für die Amazonen an. Zumal wenn der Kampf durch einen Vertrag geendet war, konnte den Heroinen ein Todtenopfer ebenfowenig fehlen als ein Grabmal. Andrerfeits ftanden die Thefeen bekanntlich mit den Epitaphien in engem Zufammenhang. Ein wichtiger Akt diefer letzteren Feier war die öffentliche Lobrede auf die im Kriege für Athen Gefallenen und in diefer Rede bildete der K a m p f mit den A m a z o n e n einen der grössten Ruhmestitel der mythifchen Vorzeit. Freilich wurde der Verlauf des Kampfes von den Lobrednern ganz anders dargeftellt, als von einem Antiquar wie Kleidemos war. Denn für fie handelte es fich darum, einen Sieg zu feiern, und man begreift, dass der Eindruck deffelben durch die Erinnerung an einen friedlichen Ausgang des Kampfes nur gefchwächt worden wäre. Wie populär die Auffaffung, welche Kleidemos vertritt, zu feiner Zeit in Athen gewefen ift, lässt fich nicht ermeffen, in der Folgezeit ift von einer friedlichen Beendigung des Kampfes fowie von dem Cultus der Amazonen in Athen

") unter

Wachsmuth a. a. O. S. 4 0 4 — 4 4 5 .

den H e r o e n ,

namhaft machen.

welche

neben T h e f e u s

bekämpfen,

mehrmals Phaleros

Eine fehr gewagte H y p o t h e k über den Urfprung der attifchen Amazonen-

fage liest man bei Deimling D i e I.eleger S . 73

E s verdient B e a c h t u n g , dass die Vafenmaler die Amazonen

) Wachsmuth a. a. 0 . S. 4 1 9 n. 2.

184. A . Mommfen Heortologie S. 280.

— kaum noch die Rede.

42



D e r Name der Stätte des Vertrags Horkomoiion

ift ganz verfchollen, die A n g a b e , daffelbe habe neben dem Thefeion gelegen ,

bleibt

jedoch

nicht

ohne

anderer Heiligthümer, namentlich

Werth,

des

weil

Tie die

Lage

einiger

offenbar analogen S y n t h e m a ,

an

welchem die Legende den Abfchluss des Vertrags zwifchen Thefeus und Peirithoos fixirt, zu beftimmen helfen kann ihrer Niederlage in Athen

gewidmeten

74

). D e r den Amazonen nach

heroifchen Ehren

gedenkt

noch

Proklos in einer bisher meift überfehenen Stelle feines Commentars zum fünften Buche von Piatos Republik

75

).

Indem

er dabei das nahe V e r -

hältniss der kriegerifchen W e i b e r fowohl zu Ares wie zu den Sauromaten berührt, zeigt er fich als wohl bewandert in den von Alters her in Athen geltenden Vorftellungen.

Darstellungen des Kampfes durch Mikon und die Vasenmaler. Die

grossen Künftler,

welchen Kimon

und Perikles

die Aufgabe

anvertrauten, das reich und mächtig gewordene Athen mit Werken monumentaler Kunft auszufchmücken, zur Darftellung gebracht.

haben mit Vorliebe die Amazonenfage

D e r K a m p f zwifchen den attifchen Heroen und

den kriegerifchen Weibern bot in künftlerifcher Beziehung das mannichfachfte Intereffe, Gefchlechte, waffnung.

indem fich Gegner gegenübertraten von verfchiedenem

verfchiedener Nationalität,

Die Scenen

eines

Kampfesweife,

folchen Kampfes

Tracht

und Be-

bedürfen einer gewiffen

Idealifirung, befitzen aber auch, falls diefe eintritt, einen unmittelbar feffelnden Reiz und find eines ausserordentlichen Reichthums an Motiven fähig. Vielleicht nur ein einziges T h e m a

lässt

und Geftaltungsfülle in Vergleich

ftellen,

fich

an

poetifcher Wirkfamkeit

der K a m p f

zwifchen Lapithen

und Kentauren und es ift bekannt genug, dass in der T h a t beide K ä m p f e die Phantafie jener Künftler

faft

in gleichem Maasse befchäftigt haben.

D e n Lapithen war Thefeus zu Hülfe geeilt, fo eignete fich fein Sieg über

u

) V g l . Plutarch T h e f . 3 0 ,

Paufan. I ,

18, 5 , D i o d o r I V , 6 3 .

Peterfen D i e K u n f t

des Pheidias S, 367 Ueber die L a g e des Thefeions vgl. W a c h s m u t h S. 218. 7 5 ) Procl. in Plat, rempubl. p. 4 1 8 ed. B a f i l : xal TTjv SV roig ¿Qydv V g l . A i c h . All/., 2 0 E ,

welche

fich

I8f»4 s .

167.

neben einem K r i e g e r

Gerhard A . V. I V finden,

zu d e m

S.

Namen

107

e r g ä n z t die B u c h f t a b e n

des S t h e n e l o s .

Sthenelos

ifl

a l l e r d i n g « T h e i l n e h m e r bei H e r a k l e s ' Z u g an den T h e r m o d o n , lieht a b e r in k e i n e r B e z i e h u n g zur a t t i f c h e n S a g e .

W i r erganzen M e n e f t h e u s , delien N a m e n m a n f o w o h l a u f der

v a f e als a u f der K o d r o s s c h a a l e

Francjois-

liest.

4

— 5° — giebt; ganz ähnlich findet fie (ich bereits auf fchwarzfigurigen Vafen und, wie die Beifchrift Achilleus auf einem capuanifchen Bilde von grossartiger Zeichnung lehrt, hat man fie zur Zeit des hohen Stiles auch bei der Darfteilung der ilifchen S a g e benutzt 8 1 ). Jedenfalls befitzt fie eine ältere Tradition als die Gruppe des Reiterkampfes, eine Thatfache, die fich auch darin bemerklich macht, dass das fremdländifche Coftumc und die ungriechifchen Waffen auf diefen Bildern feltener find als auf den Reiterbildern; die Kiinftler folgten hier mehr dem älteren Brauche, die Rüftung der Amazonen im Allgemeinen derjenigen der griechifchen Krieger entfprechend darzuftellen. — Selbft auf figurenreichen Bildern des fchönen Stils ftehen fich K r i e g e r und Amazone kaum jemals in einer anderen Stellung, als in der eben angegebenen gegenüber, doch ift das Motiv in feinen Einzelheiten ftets frei und eigenthtimlich behandelt. Einen intcreffanten Beleg dafür bietet das dritte zur attifchen S a g e gehörige Bild, welches aus Cumae in das Mufeum zu Neapel gebracht ift und die Zierde der dortigen Cumanifchen Sammlung bildet, vgl. Heydemann Neap. Vafen Racc. Cum. n. 2 3 9 und die Abbildung bei Fiorelli Racc. Cum. 8. A u f hügeligem Terrain, welches an die A b h ä n g e des A r e o p a g s als Schauplatz der Schlacht in Athen erinnert, fieht man in zwei über einander laufenden Reihen, die in der Mitte durch eine von der oberen zur unteren herabfteigenden Amazone verbunden find, fechs attifche Heroen und fieben Amazonen in lebhaftem K a m p f e begriffen. Keine von den Heroinen ift verwundet oder befiegt, indem fie jedoch mit A u s n a h m e zweier Schützinnen fämmtlich den Fuss bereits zur Flucht gewandt haben, erfcheinen fie deutlich als die fchwächere, unterliegende Partei, welche mehr auf Rettung als auf Angriff bedacht ift. Die Compofition ift fo vortrefflich, dass man die Schwierigkeiten leicht iiberfieht, welche die Gleichmässigkeit jenes Motivs dem Künftler bereitet haben muss. Den Genoffen von Thefeus find die Namen Phaleros, Teithras, Monichos, A f t y o c h o s , Phylakos beigefchrieben, alle find jugendlich. In den Namen zeigt fich keine Uebereinftimmung mit den anderen beiden erwähnten Gefäffen, vielmehr ift Thefeus' Name hier nicht weniger als auf den Bildern des Reiterkampfes der einzige, welcher immer wiederkehrt. Die Künftler jener beiden anderen Bilder haben Namen von allgemein bekannten attifchen Heroen gewählt, hier dagegen fehlen folche. A f t y o c h o s und Phylakos find wohl als heroifche Namen allgemeinerer A r t aufzufaffen, doch findet fich erfterer auch auf der Frangoisvafe neben einem Begleiter von T h e f e u s auf dem Z u g e nach Kreta. Die übrigen drei Phaleros, Monichos, Teithras ftehen in der engften Be84

) V g l . M011. d. Infi. X , 9.

Annali 1 8 7 4 P- 2 0 5 , w o der V e r f a f f e r die rothfigurigen

Vafenbilder, auf welchen die G r u p p e fich findet, g e n a u e r behandelt hat.



5i



ziehung zu Attika, Tic find E p o n y m c n attifcher Dcmcn und bezeugen als folche den attifchen Urfprung des Gefäffes. Phaleros hilft Thefeus auch auf einem jener Reiterbilder, die anderen beiden find nur hier dargeftellt. Während die Anderen tapfer k ä m p f e n , fitzt Teithras am Roden und pflegt feine W u n d e ; der unglücklichen R o l l e , welche er fpielt, entfpricht es, dass der Demos Teithras in A t h e n übelbeleumundet gewefen ift 8 5 ). Einen ähnlichen Künftlerfcherz, wie wir ihn hier vorausfetzen, bietet das agrigentiner Gefäss, wenn anders auf demfelben ein von einer Amazone verwundeter Krieger in der That den Namen von Thefeus' Widerfacher Meneftheus führt. Die Amazonen heissen Antianeira 8 6 ), K r e u f a , K l y m e n e , Ariftomache, O k y a l e , L a o d o k e , der Name der fiebenten hat fich verloren. Die fonft in der Ueberlieferung der S a g e am meiften gefeierten Namen finden fich trotz des Reichthums an Beifchriften hier nicht vertreten, doch bleiben andrerfeits die gewählten Namen auch nicht völlig ifolirt. Der erfte Name, welcher neben Thefeus' Gegnerin fleht, ift offenbar eine Reminiscenz an das homerifche Beiwort ävTidveigai, als Eigenname einer Amazone lieft man ihn auch in einem von Euftathius ad Iliad. III, 189 aus Paufanias überlieferten Sprichwort fowie bei Tzetzes Pofthom. 176. K r e u f a und K l y m e n e find fehr bekannte Heroinennamen allgemeinerer Bedeutung, Ariftomache ein, wie man aus Ariftophanes T h e f m . 806 erfieht, in Athen häufiger Erauenname. Neben einander befanden fich die drei letzteren auf Polygnots delphifchem Gemälde der Zerftörung Trojas als Namen von kriegsgefangenen Töchtern von Priamos; wie Paufanias X , 26, I bemerkt, hatte Polygnot fie älteren Gedichten entnommen. K l y m e n e lieft man ausserdem auch in der bei Hygin F a b . 163 enthaltenen Lifte von A m a zonen, ebenfo Okyale, einen fonft nirgends wieder überlieferten Namen. Endlich fcheint auch L a o d o k e wiewohl nicht in der gleichen L i f t e , _fo doch in Hygins Verzeichniss der Söhne des Kriegsgottes F a b . 1 5 9 als Gattin von Mars erwähnt worden zu fein. Leider ift letzteres Verzeichniss fo lückenhaft auf uns gekommen, dass nicht mehr feftzuftellen ift, ob und in welcher Weife es mit der Amazonenlifte in Verbindung geftanden hat 87 ).

8D

) V g l . S c l i o l . Arillopli. R a n . 4811.

Rliein. Muf. X V I I 86

befindet

Ueber

die

Namensform

Monichos

) V o n diefem Namen find allerdings nur die B u e h d a b e n NTIANE fich

vor

vgl. A h r e n s

S. 364. erhalten, doch

denfelben ein B r u c h und hinter ihnen ein reftaurirtes Stück.

Heydemann

a . a. O. glaubt, der N a m e h a b e A n t i a n e g e l a u t e t , aber der G e b r a u c h des B u c h i t a b e n

f l ift

a u f der V a f e bereits conftant. 87

) B u r f i a n s A n f i c h t , die Namen der A m a z o n e n hätten fich der R e i h e der M a r s s ö h n e

unmittelbar a n g e f c h l o f f e n , ift von M. Schmidt in der V o r r e d e zu feiner A u s g a b e H y g i n s p. X V mit R e c h t

zurückgewiefen.

— Hygins Amazonenlifte

52

bleibt

-

allerdings ebenfalls

noch

räthfelhaft,

a b e r ihr V e r h ä l t n i s s zu d e r R e i h e d e r v o n d e n V a f e n m a l e r n ü b e r l i e f e r t e n A m a z o n n a m e n v e r d i e n t m e h r b e a c h t e t zu w e r d e n , ift.

als b i s h e r

Hygin giebt folgende N a m e n : Okyale, Dioxippe,

Hippothoe,

Otrere, Antiope,

Laomache,

Glauke, A g a v e ,

p o l y t e , K l y m e n e , P o l y d o r a , Penthefilea. Amazonennamen

find e s

meinen üblich g e w e f e n bei H y g i n

welche

Hip-

bekannten

für H e r o i n e n im

Allge-

u n d bei d e n M y t h o g r a p h e n , b e f o n d e r s

auch aus

g a n z a n d e r n S a g e n k r e i f e n , e i n e B e z i e h u n g a u f die k r i e g e r i f c h e N a t u r

der

eines

fich

A b g e f e h e n von den

folche,

Xanthc,

Thefeis

m e h r f a c h w i e d e r h o l e n als N a m e n v o n F r a u e n

Amazonen

felber

meift

find

gefchehen

Iphinome,

enthalten nur wenige.

verhältnissmässig

wenigftens man

bei

den

Pofthom. filea

alten

Urfprungs

fie

fich d a d u r c h

unterfcheidct

Zufammcnftellungen

der Namen

fpäteren

1 7 6 ff. lieft.

von

Epikern

Q.

der

Lifte

bei

Merkmal

angefehen

werden,

in d e u t l i c h e r W e i f e

Penthefilea's Smyrnaeus

1,

A u c h ift e s b e m e r k e n s w e r t h ,

nur H i p p o t h o e

Zufammenhang

D i e f e r U m f t a n d d a r f als ein

letzteren wiederkehrt.

von

Genoffinnen, 42

ff.

den

welche

und

Tzetzes

dass ausser

Penthe-

Geringer

noch

ift

der

m i t der L i t e r a t u r und d e n D a r f t e l l u n g e n d e r H e r a k l e s f a g e ,

kein einziger N a m e der von Diodor I V ,

16 e r w ä h n t e n z w ö l f G e g n e r i n n e n

v o n H e r a k l e s b e g e g n e t hier, e b e n f o w e n i g i r g e n d einer d e r v o n d e n V a f e n m a l e r n feinen F e i n d i n n e n b e i g e f c h r i e b e n e n , f e l b f t M e l a n i p p e , die in j e n e r S a g e eine die

hervorragende Rolle fpielt,

Bezeichnung

ftimmt

a u f die

Thefeis

Hippolyte

attifche S a g e

Namen Klymene

hin.

fehlt bei H y g i n .

d. i. Auch

die

Dagegen

thefeifche

weift

Hippolyte

be-

w i e d e r h o l e n fich nicht nur die

u n d O k y a l e als f o l c h e a u f d e m V a f e n b i l d e a u s

Cumae

u n d in d e r L i f t e , f o n d e r n w i e K l y m e n e hier n e b e n die t h e f e i f c h e A m a z o n e g e f t e l l t ift, fo fieht m a n fie a u f d e m B i l d e n e b e n d e r G e g n e r i n v o n T h e feus k ä m p f e n u n d O k y a l e , m i t w e l c h e r dem Bilde

nicht

in

der Compofition.

der Mitte,

Eine

die Lifte beginnt,

fondern an

einem der

findet

fich

andere A u f z ä h l u n g von A m a z o n e n n a m e n

die S c h o l i a f t e n z u r Ilias III,

1 8 9 e r h a l t e n , fie l a u t e t H i p p o l y t e ,

ftathios

deren T o c h t e r Penthefilea. 88 )

und E u d o c i a ,

bei A n t i o p e

auslaffen

e i n f e h i e b e n : rt Qr^kag Hygin

S8

Hippolyte

hat.

es

und

ftatt

189.

wird

Otrere fowie

letzterem

hinter

Glauke, von

auch jenen

Hippolyte

Anaia

die

Eu-

Zufatz Worte

ift die E p o n y m e

bei der

E i n e ganz andere- R e i h e v o n N a m e n giebt E u l l a t h . ad

find E j j o n y m e n b i t h y n i f c h e r O r l l c h a f t e n , jene

diefelbe

E s ift alfo a u c h h i e r w i e d e r w i e

die t h e f e i f c h e A m a z o n e .

E u d o c i a p. 3 8 h a t fie in

v o n ihr g e t r e n n t h ä l t ,

welche jedoch

var£$ov yvvrj.

) Eultat Ii. ;ul 11. I I I ,

P i n n . Perieg, 828,

Wiederholt

haben

Antiope,

die T h e f e u s r a u b t e (rjv xai Tjpnaffs &>jiysvg), A n a i a , A n d r o m a c h e , Otrere,

auf

Ausgangspunkte

ältere Reihe

eingefügt,

w e l c h e er A m a n

während

entlehnt

Iiultathios felber fie

D i e v o n Juitin ü b e r l i e f e r t e n N a m e n bleiben ganz ifolirt.

— Ortfchaft diefes N a m e n s ihr hat E p h o r o s

53



an der S a m o s

gegenüberliegenden K ü f t e ,

erzählt vgl. Stcph. Byz. v. 'Avaici und feinem Einfluffe

verdankt Tie wohl die A u f n a h m e in jene Aufzählung. ab, fo folgen auf A n t i o p e A n d r o m a c h c und Glauke. folge erhält man bei H y g i n , wenn man, geneigt ift,

von

Sieht man von ihr Die gleiche Reihen-

wie auch M. S c h m i d t zu thun

in feiner L i f t e ftatt L a o m a c h e (ein Frauenname,

der

ohne

jegliche anderweitige Ueberlieferung bleibt) A n d r o m a c h c lielt. D a s s T h e feus' Gegnerin auf den beiden dem cumanifchen entfprechenden V a f e n bildern fo heisst, dromachc Sl1

gewefen

ift bereits bemerkt w o r d e n ;

für die V a f e n m a l e r und fo möchte

),

der

man

aber auch fonft ift A n -

allergebräuchlichfte

Amazonenname

ihn auch in einer L i f t e nicht miffen,

deren Z u f a m m e n h a n g mit Monumenten der K u n f t hoffentlich noch durch weitere Auffindungen deutlicher g e m a c h t werden wird. Es

find

bisher nur diejenigen V a f e n b i l d e r von K ä m p f e n

zwifchen

A m a z o n e n und Heroen befprochen worden, welche in beftimmter W e i f e mit der attifchen S a g e

in Beziehung gefetzt werden

können,

eine

aus-

gedehntere B e t r a c h t u n g der K a m p f b i l d e r ähnlicher A r t fcheint uns hier nicht a m Platze zu fein.

D a g e g e n möchten wir nicht unterlaffen, in der

K ü r z e noch einiger anderer Produkte des K u n f t h a n d w e r k e s zu erwähnen, welchc für die attifchen Vorftellungen von den Amazonen in älterer Zeit von Intereffe find. Bekanntlich mussten die attifchen E p h e b e n , bevor fie ihre K r i e g s dienfte begannen, im Heiligthume der A g l a u r o s einen E i d leiden. ftellungen diefer Cercmonic

ficht

man

auf einem

Dar-

fchwarzfigurigen fowie

auf einem rothfigurigcn V a f e n b i l d e , welche beide Conze nach dem V o r g a n g e von Brunn erläutert H. J . veröffentlicht hat.

und in den Annal. d. Inft. 1 8 6 8 tav. d ' a g g .

D e m E p h e b e n auf dem älteren Bilde entfpricht

auf einer gleichfalls fchwarzfigurigen V a f e der S a m m l u n g in München 11. 687 eine A m a z o n e .

Durch ihre T r a c h t als fremde Kriegerin charakterifirt fleht

fie v o r einem A l t a r e , auf welchem F e u e r lodert, und hält die H ä n d e über demfelben,

ihre W a f f e n lehnen an einer W a n d hinter ihr;

die den E i d

abnehmende Magiftratsperfon, welche man auf den E p h e b e n b i l d e r n ' ficht, fehlt bei der Heroine.

s0

)

Vgl. ausser den

Petersburg Stephani felien M u f e u m

Wie die älteren V a f e n m a l e r Scenen der R ü f t u n g

beiden im T e x t

11. 1 1 4 3 ,

11. 8 ' i o ,

fowie

eine

früher

n. 2 8 , d a n n d i e B i l d e r m i t f i e h r ü l l e n d e n III,

lyy,

in M ü n c h e n

dass man

den

Namen

genannten

Vafen

die

bereits früher e r w ä h n t e

f e r n e r d i e B i l d e r d e r H c r a k l e s f a g e in B e r l i n n. C)SS, im

n. 4 u n d

in C a m p a n a r i s B e f i t z e b e l i n d l i c h e oder herbeireitenden

in N e a p e l M u f . B o r b . X , 6 3 .

Andromache

mit R e c h t

Amazonen Läugnen

auf einem v u l c e n t i f c h e n

hei

p. CXL1X 1829

n

-

n.

'4(W.

Bröndlledt

bei G e r h a r d

m ö c h t e ich jetzt

A. V.

dagegen,

leider,

l ' c h e i n l , v e r f c h o l l e n e n G e f ä s s e g e l e f e n h a t v g l . C o r p . I n f e r , g r . I V n. 7 f > 8 o , J a h n

in

britli-

wie

es

Einleitung

1 0 6 0 h, e i n K a c f i m i l e d e r I n f c h r i f t im M u s . i ' t r . d u p r i n c e d e C a n i n o V i t e r b o



54

-

und Vorbereitung zum K a m p f e in einfacher Weife von den Kriegern auf die Kriegerinnen übertragen haben 90 ), fo fcheint der Maler des Münchener G e f ä f f e s von dem Gedanken ausgegangen zu fein, dass die Amazonen nicht weniger als die E p h e b e n ihre kriegerifche Thätigkeit mit der A b l e g u n g eines Eides begonnen h a b e n ; ein Gedanke, der um fo näher l a g , als im Ephebenfchwur die Kriegsgötter Enyalios und A r e s an erfter Stelle angerufen wurden vgl. Pollux V I I I , 106. Das Bild ift das einzige Monument älterer Zeit, auf welchem man eine Amazone in A u s übung einer gottesdienftlichen Handlung ficht. Die Münztypen, welche auf die Cultus- und E p o n y m i e f a g e n der kleinafiatifchen Städte Bezug nehmen, gehören erft der römifchen Kaiferzeit an. Grösser ift die Zahl derjenigen Kunftwerke, für deren Deutung wir die in Athen herrfchenden Vorftellungen von der Heimath der Amazonen im hohen Norden als maassgebend betrachten möchten. Schon oben ift bemerkt worden, dass, während aus der Literatur nur die Arimafpen als Gegner der Greifen bekannt find, die Künftler in der Regel ftatt ihrer die Amazonen mit den Fabelthieren des Nordens kämpfen laffen. Ein Ueberblick über die betreffenden Darftellungen lehrt, dass fie nicht monumentaler A r t find, fondern zum Schmucke des Hausraths gedient haben, fowie dass fic zu einer Zeit entftanden find, *in welcher Scenen des K a m p f e s zwifchen Amazonen und Heroen in Athen bereits eine lange und eifrige Kunftübung gefunden hatten. Der Reichthum und die Beliebtheit der kiinftlerifchen Tradition diefer K ä m p f e mochte athenifche Künftler veranlaffen, dicfelbe auf ein T h e m a zu übertragen, welches fie auf jeden Fall für ein verwandtes halten mussten. Man findet die K ä m p f e mit den Greifen befonders auf Terracottareliefs und auf Vafenbildern. Unter erfteren zeichnen fich einige zum Anheften beftimmte farbige oder vergoldete Reliefs a u s , vielleicht das fchönfte derartige befitzt das Mufeum von Neapel, ein im Peiraieus gefundenes befindet fich in der Sammlung zu Würzburg, vgl. Urlichs Befchreibung derfelben I, S. 37 n. 1 0 3 , ein anderes aus Griechenland ftammendes fieht man abgebildet bei Chabouillet Musee Fould p. 68. Intereffe verdient auch die Darftellung einer A m a z o n e , welche bereits auf die Kniee gefunken ift, aber fich noch des Greifen, der fie packt, zu erwehren fucht. Diefelbe wiederholt fich auf mehreren mit Reliefs verzierten R h y t a der Mufeen zu Neapel (Heydemann S . 6 5 2 n. 66), Paris und London, ferner mit geringen Aenderungen auf einer etruskifchen Afchenkifte aus Volterra

90

) Das

naivfle

derartige Bild

fieht

man

auf

einer A m p h o r a

aus C a e r e

in Berlin

n. 1633 bei G e r h a r d A . V. I, :i7. 2, w o e i n e den H a r n i f c h a n l e g e n d e A m a z o n e e i n e r F r a u , welche Lanze,

Schild

u n d H e l m bereit h ä l t ,

in

fontl der G a t t e o d e r S o h n feiner F r a u oder M u t t e r .

ganz

gleicher W e i f e gegenübei f l e h t ,

wie



55

-

abgebildet bei Inghirami Mon. etr. I , i , tav. 42 und endlich auch auf einer Reihe von denjenigen Terracottaplatten, welche befonders in R o m oft zu einer fries- oder metopenartigen Wanddecoration verwendet worden find und faft in keinem Mufeum fehlen 91 ). Die bezeichnete Gruppe ift unferes Wittens die einzige, welche auf den zuletzt genannten Glatten von Reliefs zur Darftellung des K a m p f e s zwifchcn Amazone und Greif verwendet worden ift. Andere Gruppen ficht man auf Vafenbildern. Bei der meift fehl' flüchtigen A r t der Zeichnung derfclben ift nicht immer genau zu beftimmen, ob die Gegner der Greifen Jünglinge oder Weiber, Arimafpcn oder Amazonen find, doch find letztere unzweifelhaft zu erkennen auf zwei Bildern von forgfältiger A u s f ü h r u n g im Mufeum Jatta zu R u v o Bullet. Nap. N. S. V , 13 und im Mufeum zu Neapel Meydemann n. 2890 Braun Bullet, dell' Inft. 1 8 5 5 p. 35 vgl. auch Antiq. du Bosph. cym. pl. L V I I I n. 6 l(2). Jedenfalls haben Amazonenkämpfe auch zu den übrigen in Betracht kommenden Darftellungen die A n r e g u n g gegeben. Sehr oft befchränkt fich das Bild auf eine reitende Figur, welche mit eingelegter Lanze gegen einen Greifen fprengt. Die betreffenden Vafen find einander fo ähnlich im Stil der Zeichnung, in der A n w e n d u n g der Farben, auch in der Form der Gcfäffe, dass man fie für Krzcugnifle derfelben Fabrik halten darf; diefc Fabrik muss aber im Centrum des Kunfthandwerkes ihrer Zeit gelegen haben, denn an allen Hauptfundplätzen von Vafen in der K r i m , in Griechenland, in K y r e n e , in Unteritalien, in Ftrurien find folche Bilder zum Vorfchein gekommen : ' 3 ). S o viel wir deren haben fehen können, haben wir überall die Reiterin in ähnlicher Weife aufgefasst und dargeftellt gefunden, wie die Gegnerin von Thefeus auf den zuerft befchriebenen attifchcn Vafenbildern und fo dürfte der Glaube nicht unberechtigt fein, dass felbil noch auf diefen Greifenvafen ein Abglanz des berühmten Gemäldes der Amazonenfchlacht in der Halle von Athen zu erkennen ift.

91

11. 14;!.

) Abgebildet

ift eine

folche

Platte

z. 15.

bei M ü l l e r - W i e f e l e r D e n k m ä l e r

11,

l.'i

P l a t t e n mit A r i m a s p e n und Greifen bei C a m p a n a U p . in plall. t. 79. 8(1. 92

) S t e p h a n i hat in feiner M o n o g r a p h i e über die G r e i f e n im C o m p t e - r e n d u 1 8 6 4 S. 8r>

b e m e r k t , dass auf einer Val'e in P e t e r s b u r g n. 8 1 1 , Micali Mon. ined. t a v . X I , u n d auf e i n e r a n d e r e n im Berliner M u f e u m n. 171)1 die G e g n e r d e r G r e i f e n o f f e n b a r M ä n n e r find, die beiden Valen Icheinen indeflen aus etruril'chen F a b r i k e n

herzurühren;

die A b b i l d u n g

einer

dritten

Vafe bei Palferi Pict. etr. II. 1 1 8 , w o der G e g n e r der (¡reifen bärtig ift, befitzt w e n i g A u t o rität.

Zu bedauern ift,

dass d e r jetzige A u f b e w a h r u n g s o r t d e r

von

de W i t t e C a b .

Durand

n. 1(51 b e f c h r i e b e n e n Vafe u n b e k a n n t b l e i b t ; f o l l t e die V a f e in d e r T h a t f c h w a r z l i g u r i g fein, fo liesse fie fich w o h l vergleichen ®3) A b b i l d u n g e n

mit der

folcher Vafen

find

u n d A n t i q u . du B o s p h . c y m . pl. L V I I I ,

im B u l l e t , dell' Inll. 1867 p. 1 3 4 b e f p r o c h e n e n . feiten,

l , 2.

vgl. D u b o i s - M a i s o n n e u v e I n t r o d . pl.

75

-

56

-

Phidias' Darstellungen des Kampfes. D i e S a g e n von den kricgerifchen Heroinen haben Phidias den A n lass zu mehr als einer Darfteilung g e g e b e n .

Im Heiligthum der A r t e n i i s

zu E p h e f o s fah man eine A m a z o n e n f t a t u e von feiner H a n d , am T h r o n e des olympifchen Z e u s

hat er

feiner S c h a a r in einer

figurenreichen

nicht

nur

den K a m p f von H e r a k l e s

Reihe von R u n d w e r k e n

fondern auch d e m R e l i e f b i l d e der Schlacht

und

verherrlicht,

in A t h e n eine Stätte einge-

räumt, w o es J e d e m , der fich dem höchften G o t t c nahte, in die A u g e n fiel.

F r ü h e r fchon hat er die gleiche S c h l a c h t auf der A u s s e n f l ä c h e des

Schildes

der

Hauptgöttin

der

Athener,

der

Parthenos,

gefeiert

H ä u f i g e E r w ä h n u n g e n in der Literatur fowie Nachbildungen auf anderen Schilden zeigen, wie berühmt die Darftellung auf d e m Schilde der Göttin g e w e f e n ift.

U e b e r die C o m p o f i t i o n felber ift aus den W o r t e n der Schrift-

fteller leider nur w e n i g zu lernen, das eine F a c t u m jenige

von

beziehen,

Perikles

auf

weil fie fich faft fämmtlich bloss auf

dass Phidias fein eigenes Portrait und das-

d e m Schilde

Pericl. 31 wohl nach E p h o r o s erzählt,

angebracht

hat.

Wie

Plutarch

»fügte Phidias in die Darftellung

der A m a z o n e n f c h l a c h t ein Bild feiner felbft als eines k a h l k ö p f i g e n Alten, der einen Stein mit beiden Händen e m p o r g e h o b e n hält, fowie auch ein fchönes Portrait von Perikles ein, der eine A m a z o n e b e k ä m p f t .

Daffelbe

w a r in fehr kunftreicher W e i f e hergeftellt, indem nämlich Perikles'

Hand

den S p e e r vor feinem G e f i c h t e hoch hielt, fchien er die zu beiden Seiten hervortretende A e h n l i c h k e i t v e r b e r g e n zu wollen.« D e r bekannten E r z ä h l u n g v o m Bilde der Elpinike, K i i n o n s Schwerter, auf P o l y g n o t s troifchem G e m ä l d e

in der Poikile

darf man

entnehmen,

dass ein bedeutender Klinftler jener Zeit einer Figur der S a g e die Z ü g e einer lebenden Perfönlichkeit erregen;

auch

hat g e b e n

können,

ohne viel A n f t o s s

foll Phidias felbft einer von den F i g u r e n ,

welche er

zu am

T h r o n e des olympifchen Zeus als Perfonificationen der o l y m p i f c h e n K a m p f fpiele angebracht h a t , eine A e h n l i c h k e i t mit feinem L i e b l i n g e verliehen 94

haben.

Immerhin

aber

bleibt

) D i e f r ü h e r g e ä u s s e r t e A n f i c h t , d a s s a u f den

es ein

Zeichen

Pantarkes

von

grossem

Mctopen der N o r d f e i t e des

A m a z o n e n k ä m p f e zu e r k e n n e n f e i e n , h a t b e r e i t s M i c h a e l i s P a r t h e n o n

S. 137

Parthenon

zuriickgewiefen.

D e r f c l b e G e l e h r t e h a t d a n n f e i n e r f e i l s e b e n d a f. S. 148 C o c k e r e l l s V e r m u t h u n g , d a s s

derartige

K ä m p f e den I n h a l t d e r M e t o p e n

erweifen

gefucht.

Doch

an d e r W e f l f r o n t bilden , a d o p t i r t u n d g e n a u e r z u

k ö n n e n w i r i h m d a r i n n i c h t b e i i l i m m e n , tlu-ilen v i e l m e h r d u r c h a u s die f c h o n

v o n E . P e t e r f e n K u n l l d e s P h e i d i a s S. J 2 w i r u n s in A t h e n geilellt

find,

davon überzeugen,

ff. e r h o b e n e n

Bedenken.

Noch weniger

konnten

dass am Fries des Niketempels A m a z o n e n k ä m p f e

w i e Bntticlier Verz. d. Abg. Berl.

1871

dai-

S. 86 g l a u b t , vgl. K e k u l i Balustr. d e s

Nikt-t. S. 20, F ö r t t e r B u l l e t , d e l l ' I n s t . 1 8 7 0 p . 40, A r c h . Ztg.

1 8 7 4 S.

102.



57



Selbftbewusstfein des Künftlers, dass er fich und feinen Freund unter den Protagoniften des athenifchen V o l k e s im K a m p f e mit den Feinden der Heroenzeit kenntlich gemacht hat. A u c h konnte eine folche Hervorhebung der eigenen Peribnlichkeit nicht ungeahndet bleiben in einer fo demokratifch fühlenden und dem Parteitreiben fo ergebenen Stadt, wie es das damalige Athen war. Für den H a s s , mit welchem Pcriklcs' politifche Gegner den Künftler verfolgten, bildeten die Portraits, wie Plutarch hervorhebt, einen Hauptanhaltspunkt, und die Nachricht, Phidias habe nach Vollendung des Bildes der Parthenos Athen meiden miiffen, verdient fowohl an fich als wegen ihres Gewährsmannes Philochoros allen Glauben" 5 ). Andrerfcits hat jener Hass doch nicht die F o l g e gehabt, dass man die Compofition des Schildes felber angetaftet hätte, vielmehr find die beiden Portraits offenbar an der Stelle geblieben, welche fie dort einnahmen. Ein deutliches, wenn auch nur indirektes Zeugniss dafür befitzen wir in der von den Erzählern wunderbarer Dinge oft wiederholten Sage, Phidias habe fein Portrait fo eingefügt, dass man es nicht herauszulöfen vermocht hätte, ohne das ganze Werk zu zerftören 9Ü). Nur für die nachahmenden Künftler ift die Compofition keine feft gefchloffene geblieben. In diefer Beziehung ift eine Stelle von Intereffe, in welcher Cicero Orator 7 1 , 2 3 4 die Bedingungen, unter denen man fich der Redeweife, welche er die gelöste (soluta) nennt, bedienen dürfe, durch eine in folgende Worte gefasste Vergleichung erläutert: »wenn Jemand Phidias' Schild auflöst, fo nimmt er allerdings die Zierde fort, welche die Compofition im Ganzen befitzt, aber darum noch nicht die den einzelnen Theilen eigene Schönheit.« Ein derartiges Auflöfen von Phidias' Schild war zu Ciceros Zeit, wo die Bildhauer fich bereits vielfach mit dem Copiren älterer Werke in freierer oder unfreierer Weife bcfchäftigten, Nichts Seltenes. Bei der Herftellung von Athenaftatuen und zwar nicht nur von folchen, welche den T y p u s der Parthenos wiederholten, hat man den Schild der Göttin oft nach dem Vorbilde decorirt, welches Phidias gegeben hatte. Wie Paufanias X , 3 4 , 8 überliefert, haben die Söhne des Polykles das Relief des Schildes der Parthenos auf dem Schilde der Athene Kranaia in der Nähe von Elateia in Phokis nachgeahmt. W i e ' w e i t die von Paufanias erwähnten Künftler, die aller Wahrfcheinlichkeit nach Athener waren, in ihrer Nachahmung gegangen find, bleibt unbekannt, aber kaum wird der Schild der elateiifchen Göttin hinreichenden R a u m geboten haben zu einer vollftändigen Wiedergabe von Phidias' Compofition. Einzelne, aus dem Zufammenhange gelöste

95

)

P h i l o c h o r o s beim S c h u l . A r i l l o p h . P a c . 6 0 6 .

°6) Valer. Max. V I I I ,

1 4 , 6.

B e k k . de niirah. a u s c u l t . 11. 1 5 5 ,

V>sl. M i c h a e l i s P a r t h e n o n

A p u l e j . de m u n d o 3 2 .

A m p e l , üb. m e m . 8.

Arillot.

de

S.

38,

m u n d o 6 p.

399,

Vgl. Engelmann Arch. Ztg. 1868 S. 107,

-

58

-

Figuren derfelben Hessen fich felbft auf viel kleineren Schilden mit Leichtigkeit anbringen. Auch fehlt es nicht_ an monumentalen Belegen dafür, dass folche Figuren die beliebtefte Decoration von Athenefchilden gebildet haben: in neuerer Zeit find, nachdem zuerft Conze derartige Reproductionen von Phidias' Schöpfung auf anderen Schilden nachgewiefen hatte, deren nicht weniger als vier bekannt geworden. Von ihnen find allerdings drei nur unvollftändig erhalten und auch der vierte ift infofern von geringer Bedeutung, als er nur einen fehr kleinen Umfang befitzt und fein Relieffchmuck nicht fein ausgeführt worden ift. Er gehört zu der vielfach befprochenen, von Lenormand in Athen gefundenen Statuette, welche als eine authentifche Copie der Parthenos gelten kann. Ebenfalls aus A t h e n flammt das grösste Fragment von jenen drei unvollftändig erhaltenen Schilden, aus der Sammlung Strangford ift es in den Befitz des brittifchen Mufeums übergegangen. Die beiden übrigen Bruchftücke find in Rom gefunden, das eine ift jetzt im Mufeum Chiaramonti des Vaticans, das andere neuerdings mit Fragmenten einer grösseren Copie der Parthenos auf dem Esquilin ausgegraben foll bald in das capitolinifche Mufeum gebracht werden n7). A n Kunftwerth übertreffen die römifchen Copien die athenifchen, ihre Figuren find von feinen Umriffen und von guter Bewegung, leider bilden fie nur geringe Theile der beiden Schilde, zu welchen fie gehört haben, das eine ift die linke Hälfte des oberen Theiles, das andere die Mitte der unteren H ä l f t e ; an dem glücklicher erhaltenen Strangford'fchen Schilde fehlt nur ein Theil der oberen Hälfte. Vergleicht man die genannten Stücke unter einander, fo erkennt man, dass die Verfertiger das gemeinfame Vorbild mit grosser Freiheit benutzt, die einzelnen Figuren deffelben vielfach aus ihrem Zufammenhange gebracht und umgeftellt, zum Theil fogar verändert haben. Doch find gewiffe E i g e n t ü m l i c h k e i t e n der Compofition Allen gemeinfam und da diefelben charakteriftifch find für die Darftellung der Schlacht in Athen und zugleich dem Motive entfprechen, welches dem Schilde der Parthenos in dem Gefammtbilde ihrer Statue gegeben war, fo darf man den Verfuch machen, fich mit ihrer Hülfe die A r t der Anordnung der Figuren auf dem Original zu reconftruiren. Der Schild wurde nicht von dem linken Arme der Göttin getragen, fondern ftand neben ihr in der Weife, dass fein unterer R a n d auf der Bafis aufruhte, und nur fein oberer Rand von der gefenkten linken H a n d der Göttin berührt wurde. Der Schild b o t daher nach aussen eine fteil ®7) Vgl. Conze

Arch. Ztg.

1865

S. 33 ff.

Michaelis Parthenon. S. 2 7 7 ,

283

und

T a f . XV, w o die drei zuerft bekannt gewordenen Schilde abgebildet find. Ueber den vierten vgl. Arch. Ztg. 1874 S. 114 und Bullett. d. comm. arch, mun, I p. 298 n. 17.



59

-

vom Boden auffteigende Fläche dar und diefe Fläche diente dem Künftler dazu, die fteilen A b h ä n g e des Areopags den Befchauern als das Lokal des Kampfes in Athen zu kennzeichnen. Allerdings hat er die Beziehung auf das Lokal nur durch die den Figuren gegebenen Bewegungen ausgedrückt, in materieller Weife das Terrain felber anzudeuten, hat er unterlaffen, vielleicht des Gorgoneions wegen, welches als ein nothwendiges Requifit des Schildes an feiner gewöhnlichen Stelle in der Mitte angebracht ift und jedenfalls alle etwaigen Terrainlinien ftörend unterbrochen haben würde. Im unteren Theile der Schilde ficht man Gruppen von Kämpfenden im Handgemenge begriffen und hier unterliegen die Amazonen, weiter aufwärts find beide Partheien durch den Medufenkopf von einander getrennt, einzelne Figuren klettern mit Anftrengung aufwärts oder abwärts, fchleudern ihre beim Kampfe aus der Ferne dienenden Waffen oder ftürzen getroffen hinunter, links find es Amazonen, rechts A t h e n e r , welche vordringen. Oben endlich waren, foweit es fich aus den in diefem Theile am wenigften giinftig erhaltenen Copien erkennen lässt, wiederum im Nahekampf begriffene Gruppen. Die einzelnen Figuren find mit grosser K u n f t entworfen, die Lebhaftigkeit und Mannichfaltigkeit ihrer Bewegungen ift des grössten Künftlers würdig. Eine von ihnen erregt befonderes Intereffe, weil fie den oben angeführten Worten Plutarchs cntfpricht und uns ein Bild geben kann von der Perfönlichkeit des Künftlers. Auf dem Strangfordfchen Schilde fieht man nämlich einen kräftigen aber fchon kahlköpfigen Mann, welcher mit beiden Händen eine Waffe über dem Kopfe hält, feine Gefichtszüge find, wenn auch einer Befchädigung wegen fchwer im Einzelnen zu erkennen, doch offenbar individueller Art. Eine ganz ähnliche Figur wiederholt fich auf dem esquilinifchen F r a g m e n t e fowie auf dem Schilde der Stat u e t t e , doch gewinnt man auch hier kein deutliches Bild von dem Gefichte des Meifters. Nach Plutarchs A n g a b e führte Phidias als Waffe einen Stein, nicht alle Copiften find dem Original in diefem Detail gefolgt, vielmehr nur der Verfertiger der Statuette; auf den anderen Schilden ift der Stein durch eine A x t erfetzt, doch ift diefe Verfchiedenheit der Waffe unwefentlich, da die Bewegung der Figur nicht geändert wird. Auch die Stelle, an welcher Phidias kämpft, ift nicht überall die gleiche, der Steinfchleuderer fteht oberhalb des Medufenkopfes, der K ä m p f e r mit der A x t unterhalb deffelben. Auf den beiden in Athen gefundenen Schilden hat man neben Phidias auch Periklcs erkennen zu können geglaubt, allerdings bedeckt ein zu feiner Linken kämpfender Krieger einen Thcil feines Gefichtes mit feinem Arme, doch nicht völlig in der Weife, welche Plutarch befchrieben hat. Das Geficht ift felbft auf dem Stangfordfehen Schilde unausgeführt gelaffen. Der Verfertiger des esquilinifchen Exemplars hat Phidias einen anderen Nebenmann gegeben.



6o



V o n den G r u p p e n m ö c h t e n wir hier nur zweier erwähnen. einen,

welche

Krieger

beiden athenifchen Schilden gemeinfam

eine bereits knieende

A m a z o n e mit d e m S c h w e r t e , Statuette allein

überliefert

und v o n

ihm

fieht

ergriffene

die durch den Schild der

man eine

v o n einer anderen f l e h e n d e n unterftiitzt.

In der

b e d r o h t ein

an den Haaren

in der z w e i t e n ,

wird,

ift,

niederfinkcnde

Beide G r u p p e n

find

Figur

für Dar-

ftellungen v o n A m a z o n e n k ä m p f e n gewiffermassen typifch g e w o r d e n ,

fie

kehren auf fehr vielen Reliefs, welche mit dem Schilde der Parthcnos in keiner direkten V e r b i n d u n g flehen, g a n z ähnlich wieder befonders o f t auf dem Friefe v o n Phigalia.

U n d hat auch der K ü n f t l e r diefes F r i e f e s in feiner

Compofition eine fehr b e d e u t e n d e K r a f t und Originalität der E r f i n d u n g an den T a g

gelegt

und

lieh

von

den

formalen

Eigentümlichkeiten

des

attifchen Reliefs nur w e n i g beeinfluffen laffen, fo darf man d o c h vorausfetzen, dass er jene beiden G r u p p e n auf d e m Schilde der P a r t h e n o s gefehen und bewundert hat.

S c h o n hier wird die Schlacht nicht allein aus Scenen

d e s K a m p f e s beilanden h a b e n , fondern unterbrochen worden fein durch ein Bild mitleidsvoller T h e i l n a h m e ,

die

ein K r i e g e r für feinen Genoffen

oder eine A m a z o n e für ihre S c h w e i l e r empfindet.

E b e n f o wird es eine

v o n Phidias b e g r ü n d e t e künftlerifche Tradition fein, dass der liche S c h m u c k der F r a u e n ,

ihr langes H a a r ,

eigentüm-

ihren G e g n e r n

das Mittel

giebt, die Kriegerinnen zu bewältigen, dass die Männer ihre Feindinnen nie am K ö r p e r f e l b f l faffen,

fondern fich ihrer immer fo

bemächtigen,

dass die unmittelbare B e r ü h r u n g eine möglichft g e r i n g e bleibt. Eine ähnliche Charakterifirung des K a m p f p l a t z e s als eines hügeligen Terrains,

wie Phidias fie d u r c h g e f ü h r t hat, wird bei den Compofitionen

v o n Friefen

und friesartigen Reliefs

fchon durch

die

nöthige R ü c k f i c h t

auf die im Verhältniss zur L ä n g e geringe H ö h e der F l ä c h e ausgefchloffen. A u c h ift uns nur ein Relief b e k a n n t , w e l c h e s ,

o b w o h l keine C o p i e des

Schildes, doch in diefer B e z i e h u n g mit demfelbcn verglichen w e r d e n kann. E s ift eines der w e n i g e n antiken M o n u m e n t e , Farnefe find;

in R o m

nach

geblieben,

gegenwärtig

einer allerdings

aus A t h e n flammen.

welche

dort aber

nicht g e n a u e r

noch

ganz

im Palazzo unzugänglich

b e g l a u b i g t e n A n g a b e foll es

V o n vortrefflicher A r b e i t u n d , wie es fcheint,

zu

einer Zeit entflanden, w e l c h e derjenigen von Phidias nahe ift, b e f c h r ä n k t fich das Relief auf die D a r f t e l l u n g

zweier G e g n e r ,

welche

von

beiden

Seiten eine zwifchen ihnen liegende E r h ö h u n g des B o d e n s erfteigen und in lebhaftem von

noch

der F i g u r

unentfehiedenem K a m p f e

des K r i e g e r s

R o m s III, 3 S. 422 n. 4. An

fehlt

den H e l l e n e n ,

einander

obere H ä l f t e ,

gegenübertreten, vgl. B e f c h r e i b u n g



feiner grossen S c h ö p f u n g

hat Phidias

die

welche

im Nationalheiligthume kamen,

das A b b i l d

zu O l y m p i a

ihres

höchften

G o t t e s zu verehren, zweimal K ä m p f e mit den A m a z o n e n vor A u g e n

ge-



61



f ü h r t : den K a m p f am T h e r m e d o n und die Schlacht in Athen. Eriteren (teilte er auf dreien von den vier zwifchen den Füssen des Zeusthrones befindlichen Querriegeln in Randfiguren dar. Unter den für den Schmuck des Thrones gewählten Compofitionen war diefe die ausgedehntefte, die lebhaften Bewegungen der K ä m p f e n d e n werden die ruhigen Linien der conftructivon Theile des Werkes und feiner anderweitigen Verzierungen in wohlberechneter Weife unterbrochen haben, Paufanias V, 1 1 , 4 giebt folgende Befchreibung von diefer Darftellung: »Auf den übrigen Querriegeln (d. h. abgefehen von dem an der Vorderfeite des Thrones befindlichen , der mit den Perfonificationen der olympifchen Kampffpiele verziert war) befindet ficli die Schaar, welche mit Herakles gegen die Amazonen kämpft. Die Zahl beträgt auf beiden Partheien zufammen gegen neunundzwanzig, auch Thcfeus ift unter Herakles Genoffen.« Figurenreiche Darftellungcn des Kampfes von Herakles und feiner Schaar find noch in den Sculpturen vom Tempel bei Phigalia und vom Maufoleum erhalten, allein fchon der U m f t a n d , dass diefelben Reliefs nicht Rundbilder find, fpricht gegen die Muthmassung, dass ihre Künftler durch diefe Compofition von Phidias ftark beeinflusst worden find !)S). Doch möchte eine Uebereinitimmung wenigftens infofern anzunehmen fein, als die Erlangung des Gürtels durch Herakles für Phidias gewiss ebenfowenig, als es für die Künftler der Friefe der Fall gewefen ift, das Hauptm o m e n t der Compofition gebildet haben wird. Die Erinnerung daran, dass der Gürtel der Königin den Zug veranlasst hat, passt für compendiarifche Darftellungen der Heraklesathlen, nicht aber für grosse, ausgedehnte Kampfbilder. F ü r den Stadt- und Zeitgenoffen von Kimon und Perikles lag das Iiauptintereffe an der S a g e gewiss in dem Ged a n k e n , dass es fich dabei um einen Kampf handelte, in welchem die Hellenen gegen die Barbaren zufammenftanden und der attifche Heros unter den Protagoniften gefeiert werden konnte. Nach attifcher Auffaffung bildete die Schlacht gegen die Amazonen in Athen den Abfehluss des herakleifchen K a m p f e s ; dass aber ihre Be-

9S

man

) D a s s die y u e r r i c g e l

den A u s d r ü c k e n

entnehmen,

mit R u n d l i g u r e n ,

dyaXftara in'

vgl. S c h u b e r t

Philul.

avTO)

und

nicht mit Reliefs gefchmiiekt w a r e n , £7li ro'iQ X o i n o i g bei I ' a u f a n . V ,

1 8 6 1 S. f / > 3 , S c h a a r l c h m i d t D e ETti p r a e p o s i t . p . 2 2 .

D e r Protagoniit auf dem Friefe von Phigalia (Brit. Muf. I V pl. Thefeus gehalten ,

doch c h a r a k t e r i f i r c n ihn L ö w e n h a u t ,

Fauft vorauszufetzende Bogen

(zwifchen den Fingern

18) w i r d f r e i l i c h

Keule.

ift R a u m

darf

11, 3 . 4 nieift

— für

f o w i e d e r in f e i n e r l i n k e n

für denfelben geladen)

deutlich

als H e r a k l e s , vgl. M o n . dell' Inst. IX, 31, 4.

In P h i g a l i a u n d d e l f e n U m g e b u n g w a r H e r a k l e s

weit

15, 8.

b e k a n n t e r a l s T h e f e u s , vgl. P a u f a n

IV,

d e n M a u f o l e u m s ift H e r a k l e s w e n i g a u s g e z e i c h n e t ,

V , 5, 4 .

VIII,

12, 3 .

Auf dem Friefe

vgl. M o n . d e l l ' I n s t . V , t a v , 2 1 ,

13;

auf

d e m j e n i g e n v o n M a g n e f i a ift e r m e h r a l s e i n m a l d a r g e f t e l l t , vgl. C l a r a c . I I p l , 117 n , 6 .

30.

W e l c h e r von den Heroen auf diefen Friefen T h e f e u s genannt w e r d e n k ö n n t e , bleibt unficher.



62



deutung für die Athener damit nicht erfchöpft war, hat Phidias deutlich gezeigt. E r hat diefen zweiten Amazonenkampf an der vorderen Fläche des Schemels dargeftellt, mithin an einem Orte, welcher den Blick des Befchauers des Zeusbildes nicht nur viel eher auf fich zog als jene Querriegel, fondern überhaupt unmittelbarer als irgend ein anderes den Thron zierendes Detail das A u g e feffelte. D a nämlich der Schemel vor dem Throne auf der Bafis ftand, fo lag feine vordere Fläche J e d e m , der fich dem Zeusbilde vom Eingange her näherte, in bequemer Höhe grade gegenüber. Konnte die attifche Schlacht alfo nicht überfehen werden, fo wurde ihre Bedeutung ausserdem wahrfcheinlich auch in einem am Schemel angebrachten Epigramm direkt ausgefprochen. Paufanias V , I i , 7 befchreibt die Darfteilung am Schemel mit folgenden Worten: ro vnö&IJT-ta 8i TO vno TOV Jwg roig noaiv, üno rcöv h rij 'ATTIM]

xakovftevov

fia/»;v

n)v

ß-oaviov,

liovraa

npog '/¡¡latovac;,

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ig

VTOg

kann nicht richtig f e i n ,

¿Severov.

vgl.

Note. damit

Kallimachos

bei T z e t z .

ad

Lykophr.'647

D i e v o n S c h n e i d e r C a l l i m . fr. 2 7 0 a u f g e h e l l t e D e u t u n g

da v o n A t h e n g e w i s s nicht zwei A m a z o n e n k ö n i g i n n e n

heimkehrten,

v g l . w a s oben S. 28 ff, über die D o p p e l h e r r f c h a f t bei den A m a z o n e n bemerkt ift.



93

-

Sowohl Duris als Plutarch deuten fie auf den berühmten Sieg Philipps von Macédonien über die Hellenen bei Chaeronea, doch können fie dies nur, indem fie zu den abfonderlichften Interpretationskiinften greifen. Duris erzählte: »mit dem Thermodon wäre nicht der Fluss gemeint, fondern es hätten einige Leute, die ein Zelt auffchlugen, beim Graben eine Statuette von Stein gefunden, welche einer Infchrift zufolge den Thermodon darftellte, mit einer verwundeten Amazone in den Armen.« E s ift wenig glaublich, dass dem Samier bei diefen Worten die Erinnerung an ein Werk der Sculptur im Sinne gelegen hat, vielmehr wird er fie wohl einer dichterifchen Schilderung der herakleifchen Amazonenfahrt entnommen haben: bei Valerius Flaccus Arg. V, 135 findet fich Thermodon in ähnlicher Action. Plutarch feinerfeits hilft fich mit folgenden Worten: »Der Thermodon, fagt man, ift ein kleiner F l u s s , der bei uns bei Chaeronea in den Kephifos fällt. Zwar wiffen wir, dass jetzt kein Fluss fo genannt wird, nehmen aber an, dass der Haimon damals Thermodon geheissen hat. Derfelbe fliesst nämlich beim Herakleion vorbei, wo die Hellenen lagerten und wir vermuthen, dass, als der Fluss in der Schlacht mit Blut und Leichen angefüllt war, er den neuen Namen Haiinon (ai/ia Blut) erhalten hat. « Bei der Aufzählung der Amazonengräber kommt Plutarch Thef. 27 hierauf zurück, indem er bemerkt: »Andere Amazonen follen auch in der Gegend von Chaeronea geftorben und neben dem Bache, der früher, wie es fcheint, Thermodon, jetzt aber Haimon lieisst, beftattet fein, worüber wir im Leben des Demofthenes gefchrieben haben.« So vindicirt der Chaeroneer feiner Heimath nicht nur den aus den Orakelfprüchen bekannten Thermodon, fondern auch Amazonengräben Die Amazonen greifen in die boeotifchen Sagen nirgends direkt ein. Will man aber den Gräbern bei Chaeronea eine Bedeutung beilegen, fo führt der Umftand, dass Plutarch neben denfelben fchliesslich auch von Amazonengräbern bei Skotuffa und Kynoskephalai in Theffalien erzählt, auf den Gedanken, dass die betreffenden Erzählungen hervorgerufen find durch Erinnerungen an Niederlagen, welche in hiftorifcher Zeit an den genannten Stellen Boeotiens und Theffaliens erlitten worden find. In der Kriegsgefchichte ift jene Gegend Theffaliens berühmt durch den Sieg, welchen T . Quinctius Flamininus über den König Philipp von Macédonien erfochten hat und Livius X X X V I , 8 erzählt, dass fpäter König Antiochus der Grosse von Syrien die Gebeine der dort gefallenen Macedonier unter einem grossen Hügel in feierlicher Weife beftatten liess. Eine Amazonenfage konnte fich an diefem Hügel, zu deffen monumentalem Schmucke jedenfalls Pelten und andere ungriechifche Waffen gehört haben werden, leicht anheften. Bei Chaeronea fchlug Sulla das Heer des Mithridates, deffen Reich auch das Land der Amazonen am pontifchen Thermodon umfasste. Wenn nun überliefert wird, dass Pompejus' Soldaten unter

den T r u p p e n der V e r b ü n d e t e n haben

94 — von Mithridates A m a z o n e n

gefunden

zu

fo können ähnliche Soldatenerzählungen auch fchon

glaubten127),

in Sullas H e e r e bei C h a e r o n e a vorausgefetzt werden. D e r Peloponnes wird in Plutarchs Z u f a m m e n f t e l l u n g der A m a z o n e n gräber

nicht b e r ü c k f i c h t i g t ,

mehrfach

in V e r b i n d u n g

der Halbinfel.

bei

Paufanias

gebracht

mit

aber

werden

d e m Cultus

die

Heroinen

v o n Heiligthümern

A u f feine W o r t e über den T e m p e l des A r e s bei T r o e z e n

II, 3 2 , 9 h a b e n wir bereits oben aufmerkfam g e m a c h t , T h e f e u s h a b e die A m a z o n e n

auch

hier

da die A n g a b e

beim Arestempel

überwunden,

einen guten B e l e g enthält fowohl für die e n g e V e r b i n d u n g von A r e s und den A m a z o n e n , als auch für die Localifirung der S a g e in der b e r ü h m t e r e n Thefeusftadt.

Im Z u f a m m e n h a n g e

mit diefer troezenifchen S a g e f l e h e n

a u c h folgende W o r t e des Periegeten II, 3 1 , 4 :

»Nahe beim T h e a t e r (in

T r o e z e n ) errichtete H i p p o l y t o s das Heiligthum der A r t e m i s L y k e i a .

Hin-

fichtlich ihres Beinamens h a b e ich von den Führern N i c h t s in E r f a h r u n g zu bringen gewusst, meiner Meinung nach aber fcheint entweder H i p p o l y t o s W ö l f e (Xvxovc), welche das L a n d der T r o e z e n i e r gefchädigt, vertrieben zu haben, oder es ift dies der Beiname der A r t e m i s bei den A m a z o n e n , zu denen er v o n Mutter Seite gehört hat. Grund fein, den ich nicht kenne.« blosse V e r m u t h u n g v o n Paufanias,

E s könnte aber noch ein andrer

D i e D e u t u n g des N a m e n s ift alfo eine der

er felber kein Gewicht

beilegt.

D a s s die A m a z o n e n A r t e m i s L y k e i a g e n a n n t haben, ift im U e b r i g e n b e k a n n t , überhaupt

findet

für A r t e m i s nur an diefer Stelle.

W i r g l a u b e n , dass einerfeits die o b e n

erwähnte troezenifche A m a z o n e n f a g e , andrerfeits die B e d e u t u n g , den A m a z o n e n fanias

auf

welche

in einigen anderen A r t e m i s c u l t e n b e i g e l e g t w u r d e ,

veranlasst

Artemis

nicht

fich diefer N a m e , fo häufig er für A p o l l o ift,

hat,

die

ungewöhnliche B e n e n n u n g

die A m a z o n e n

zurückzuführen.

D e r berühmtefte A r t e m i s -

cultus feiner Zeit w a r der ephefifche und aus den W o r t e n , der vielleicht in

der N ä h e

von E p h e f o s

Pau-

der troezenifchen mit welchen

heimifche Pericget ihn an ver-

fehiedenen Stellen feines W e r k e s feiert, erkennt man, dass er fich über die A l t e r t h ü m e r deffelben und insbefondere auch über die A m a z o n e n

darin

einnahmen,

I V , 31, 7. V I I , 2, 7.

Aber

auch

genauer

die S t e l l u n g ,

welche

hat unterrichten laffen,

im P e l o p o n n e s

weiss

er

vgl.

noch

von

einem anderen A r t e m i s c u l t u s zu b e r i c h t e n , in deffen L e g e n d e die A m a zonen verflochten fein follen. In feiner B e f c h r e i b u n g v o n Pyrrhichos, einer

,2;

) Vgl. Appian

Mithrid.

d a t e n f a b e l n » a b es in d e m kämpfte,

Tie

C a n n . I V , 4,

find

Heere,

103, Plut. Pomp. welches

von D o m i t i u s M a r i u s

17, M a r t i a l I V ,

35.

Jnftin X L I I ,

u n t e r Drul'iis und

3, 7-

Aehnliche

T i b e r i u s die A l p e n v ö l k e r

in f e i n e r A m n z o n i s b e a r b e i t e t w o r d e n ,

29, F l o r u s E p i t . I I , 22 u n d h a b e n

g e f u n d e n auf dem fogenannten S c h w e r t e des Tiberius,

dann

vgl.

Solbe-

llorat.

a u c h eine P a r f l e l l u n g

T r o p h ä e n h e i C h a e r o n e a P a u f a n . I X , 40, 7•



95



Stadt des Ridlichen Lakoniens, lieft man III, 25, 3 : »Auf ihrem Gebiete giebt es Heiligthümer der Artemis mit dem Beinamen Aftrateia, weil die Amazonen hier ihren Kriegszug beendet, fowie des A p o l l o Amazonios. Beide find Xoana, die Weiber vom Thermodon follen fie geftiftet haben.« In diefer Legende handelt es fich, wie man fieht, um E p o n y m i e und Stiftung alterthümlicher Cultusidole eines Apollo und einer Artemis. Bei Pindar Olymp. V I I I , 4 7 ift A p o l l o den Amazonen befreundet, nach delphifcher L e g e n d e , auf welche Euripides Jon. 1 1 4 6 Bezug nimmt, hat Herakles dem dortigen Gotte feine Beute vom Z u g e nach dem Thermodon geweiht, in Gryneia in Aeolis erzählte man, A p o l l o habe die A m a zone G r y n e , die E p o n y m e der S t a d t , gefchändet, vgl. Serv. ad V e r g . Aen. I V , 325, in den K ä m p f e n am F r i e f e von Phigaleia erfcheinen Apollo und Artemis zum Beiftande der griechifchen Heroen, in der attifchen S a g e endlich unterftützt der Gott Thefeus und feine Mitbürger gegen die A m a zonen. D a s Verhältniss des Gottes zu den kriegerifchen Weibern wechfclte nach den Beziehungen, welche die einzelnen Sagen hatten. Man gewinnt daher aus dem Beinamen Amazonios kein ficheres Verftändniss der Legende von Pyrrhichos. A u c h das W e f e n der Artemis Aftrateia geht aus ihr nicht deutlich hervor. Die Verbindung ihres Cultus mit demjenigen Apollos erlaubt es nicht, fie mit der ephefifchen oder mit der ikythifchen Artemis in nähere Parallele zu b r i n g e n , ebenfowenig ift man dazu berechtigt, die beiden letzteren desshalb für einander verwandt zu halten, weil den Amazonen in ihren Cultusfagen eine Stelle eingeräumt worden ift 1 2 s ). Welche Bewandtniss es aber auch mit den Gottheiten von Pyrrhichos gehabt haben mag, fo viel geht aus Paufanias' Worten wenigftens hervor, dass die kriegerifche Natur der Amazonen auch in ihrer L e g e n d e nicht unbcriickfichtigt geblieben ift. 12s

) F ü r das V e r h ä l t n i s s der A m a z o n e n

zur

fkytliifclien A r t e m i s

lind von

Interelfe:

D i o d o r I I , 46, Stadiasni. m a r . magni 28ri I»c-i Müller G e o g r . gr. m i n . I p . 499, R o s s gr. ined. I I n. 1 9 0 p . 73-

Strabo XIV,

639.

Inscr.

REGISTER.

A e f c h y l u s S. 8 IV. 33 1.

Deinomache

Agave

Demophon

S.

52.

Alexandra

j Demofthenes'

S. 4 9 . S. 3 7 .

'Jfta^óvewv

Titel

'.JfiaZfiVSg

89.

von

10.

S.

'^licCovofia/ia

Dramen

Dioxippe

10.

S.

Amazonen

16. S. 2 .

als E p o n v m e n

29 f.

33

t

52. 5-1 • Grabmaler

S. 2 . 39 IT- 77. » 9



Namen

Allgemeinen



als R e i t e r i n n e n

— —

S c h i l d e S. 45- 9 0 f. Statuen S. 6 3 f. 8 2 f.



V e r h ä l t n i s zu den Mannern 49. 60. 7 1 •

S. 8 f.



Wohnsitze

71 T.

Anaia

S.

im

S.

S. 4 5

Io

f.

f. 71.

S.

I

Kphefos

1 f. 3 0 .

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S. 29.

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'dvTiàveioai Antiope 52.

89

S. 3 5 .

Ares

14. 2 7 .

S.

S.

Artemis

29. S.

32 ff. 37. 4 2 . 5 4 . 8'J. 94-

12.

15-

S. 2 0

Atlantier

S.

!

I

94

f. r/> IT-

;

73.

der Sieben

40. 72.

B i o n S. 9. Boedromien

vor Theben

S. 4 .

20.

S. 3 5 89. S. 3 8 .

90.

:

35.

16

S,

f.

78. 22.

26.

28.

75.

39.

Hipparchikos

S,

77.

52.

S.

S. 5

20.

f.

S. 5 .

Hippolytos

19

S. 4 1

28

f.

40.

48

f.

f. 7 8 .

94.

f.

Amazonenlille

llypereides'

S, 51 IT.

E p i t a p h i o s S. 7 0 .

76.

Iphinome

S.

Il'okrates'

P a n a t h e n a i k o s S.