Die alemannischen Lehnwörter in den Mundarten der französischen Schweiz: Teil 1 [Reprint 2019 ed.] 9783111426662, 9783111061764


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German Pages 103 [116] Year 1914

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Inhalt
Vorrede
I. Kulturhistorischer Teil
II. Linguistischer Teil
Transkription
Literaturangaben
Sachindex
Abkürzungen
Erläuterungen zur Karte
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Die alemannischen Lehnwörter in den Mundarten der französischen Schweiz: Teil 1 [Reprint 2019 ed.]
 9783111426662, 9783111061764

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DIE

ALEMANNISCHEN LEHNWÖRTER IN DEN MUNDARTEN

DER FRANZÖSISCHEN SCHWEIZ

KULTURHISTORISCH-LINGUISTISCHE UNTERSUCHUNG VON

ERNST TAPPOLET

ERSTER TEIL MIT E I N E R

KARTE

KARL J. TRÜBNER, STRASSBURG 1914

WURDE AUCH ALS PROGRAMM ZUR REKTORATSFEIER DER UNIVERSITÄT BASEL AUSGEGEBEN.

Untre raiUtts*Buehdruokerei Friedrieh Reinhardt, B u e l .

Inhalt. Seit«

Vorrede

1

I. Kulturhistorischer Teil. A. Die allgemeinen Ursachen der Entlehnung § 1. § 2. § 3.

Der geographische Gesichtspunkt Der volkswirtschaftliche Gesichtspunkt . Der historische Gesichtspunkt

11 .

.

.

.

B. Die einzelnen Lebensgebiete 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Haus und Hof § 4—8 Landwirtschaft § 9—10 Handwerk § 11 Handel und Wandel § 12—13 Das öffentliche Leben § 14—17 Die Gefühlswelt § 18—19 Das Verhältnis zu den Deutschen § 20—22 Verschiedenes § 23

11 13 14 13

.

.

.

.

19 27 34 38 43 46 47 52

II. Linguistischer Teil. A. Der Entlehnungsprozess im Allgemeinen § 24. Das BedOrfnislehnwort § 25. Das Luxuslehnwort § 26. Die Einbürgerung

53 54 55 58

B. Der Entlehnungsprozess im Einzelnen. 1 Lautlehre. Allgemeines § 27. — Die alemannische Vorlage § 28 . 5 9 Die Schicksale der Lehnwörter im Patoisgebiet: Vokale § 29—31. — Konsonanten § 32—35 . . . . 65 Lautschwund § 36. — Lautzusatz § 37 — Verschiedenes § 38 74 Die Lautverhältnisse an der Sprachgrenze § 39 . . 7 7 2. Formenlehre. Flexionsendungen § 40—41 . 7 8 G e n u s : Methodisches § 42. — Natürliches Geschlecht § 43. — Einfluss der Form § 44, der Bedeutung § 45—46. — Schwanken im Genus §47 80 3. Von der Wortbildung. Präfixe § 48. — Suffixe § 49. — Verbalsubstantive § 50

.

4. Vom Bedeutungswandel. Entlehnung im vollen Umfang § 51. — Partielle Entlehnung § 52. — Verschiebung § 53 . . . Transkription Literaturangaben Sachindex Abkürzungen Erläuterungen zur Karte

. 8 9

92 98 100 102 104 105

Vorrede. Den germanischen Einfluss auf die französische Sprache zu ermitteln und kulturhistorisch wie linguistisch zu beleuchten, ist von jeher ein Anliegen der romanischen Sprachwissenschaft gewesen. Seit Beginn unseres Jahrhunderts sind diese Probleme aufs neue in Angriff genommen worden, u. a. von B e h r e n s , P f e i f f e r , B a i s t , U l r i x , J u d und in jüngster Zeit mit besonderer Schärfe von J. B r ü c h . Bis jetzt hat sich die Forschung vorwiegend mit der Ginwanderung deutscher Wörter in vergangenen Jahrhunderten beschäftigt. Bedenkt man nun, wie wir, trotz gründlicher Vorarbeiten, so vielen der filtern Lehnwörter noch unschlüssig oder ratlos gegenüberstehen, wie insbesondere ihre Lautform, ihr genauer Vorstellungsinhalt, ihre kulturgeschichtliche Bedeutung uns rätselhaft erscheinen, weil wir die historischen und geographischen Bedingungen nicht kennen, unter denen sie entlehnt worden sind, so hat es einen besondern Reiz, auf einem kleinern geographischen Gebiet und in moderner Zeit das Entlehnungsproblem zu untersuchen. Dieses Gebiet sei die französische Schweiz. Hier sind die Untersuchungsbedingungen die denkbar günstigsten: wir kennen die geschichtliche Entwicklung der einzelnen welschen Landesteile, wir können uns jederzeit Einblick verschaffen in alle Einzelheiten der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse, nicht nur des E i n f u h r g e b i e t e s , sondern, was nicht weniger wichtig, auch des A u s f u h r g e b i e t e s . Der Entlehnungsprozess spielt sich daher gewissermassen vor unsern Augen ab, wir können nötigenfalls die1

2 jenigen persönlich befragen, die ihn mit erlebt haben. Und wie weit ist gerade für dieses Gebiet die Mundartenforschung gediehen! Welch unschätzbare Dienste leisten uns da die sieben inhaltsschweren Bände des Schweizerischen Idiotikons, das stattliche Wörterbuch der * elsässischen Mundarten und die dichtbesetzten Zeddelkasten des Glossaire des patois de la Suisse romande! Was die nachfolgende Studie im Einzelnen anstrebt, sei an einem besondern Fall erläutert. Das, was der Zeiger am Scheibenstand zu tun hat, heisst im ganzen Südteil der französischen Schweiz tsiga, d. h. 'zeigen'. An dieses Wort knüpfen sich zweierlei Probleme. Erstens ist es ein k u l t u r h i s t o r i s c h e s I n d i z i u m , mit siba (Scheibe) und stä (Schützenstand) zusammen bezeugt es den starken deutschen Einfluss auf dem Gebiete des Schützenwesens. Zweitens ist es die Grundlage einer weitverzweigten Wortsippe, deren Lautvarianten (tsaiga, tsega, tsiga, sega etc.) und Bedeutungsschatlierungen ('den Dienst eines Kegelbuben versehen', 'einen Schlitten lenken', 'sich verstecken' etc.) der Wortforschung eine Reihe l i n g u i s t i s c h - p s y c h o l o g i s c h e r E i n z e l f r a g e n vorlegen. Gemeinsam ist ihnen allen, dass ihre Behandlung die Dialektverhällnisse sowohl des aufnehmenden wie des abgebenden Gebietes im Auge behalten muss. Damit soll die Doppelaufgabe angedeutet sein, die wir uns hier stellen. W i r m ö c h t e n e i n e r s e i t s an H a n d des L e h n w o r t e s ein K u l t u r b i l d e n t w e r f e n vom d e u t s c h e n Einf l u s s auf die L a n d b e v ö l k e r u n g d e r f r a n z ö s i s c h e n S c h w e i z , u n d a n d r e r s e i t s m ö c h t e n w i r d i e so v e r s c h i e denartigen sprachlichen .Schicksale der deutschen E i n d r i n g l i n g e v e r f o l g e n , u m , soweit der schwierige Gegenstand es zulässt, a u s i h n e n a l l g e m e i n e G r u n d s ä t z e ü b e r d a s V e r h a l t e n der S p r a c h e bei der E n t l e h n u n g abzuleiten. Dieser Doppelaufgabe entsprechend, teilen wir die ganze Untersuchung in einen k u l t u r h i s t o r i s c h e n und in einen l i n g u i s t i s c h e n Teil. Später wird zu den rund 600 hier verarbeiteten Lehnwörtern ein W ö r t e r b u c h erscheinen, das seines Umfanges wegen der vor-

3 liegenden Abhandlung nicht mehr angegliedert werden konnte. Auf dieses 'Lehngut-Wörterbuch' sei hier ein für allemal verwiesen, sobald sich beim Leser da und dort das Bedürfnis nach näherer Information oder nach kritischer Beleuchtung des Einzelfalles einstellen sollte.1) Nicht ohne Schwierigkeiten vollzog sich die Abgrenzung des Stoffes. Im allgemeinen verstehen wir unter ' a l e m a n n i s c h e n L e h n w ö r t e r n ' solche, die sicher oder wahrscheinlich v o n O s t e n o d e r N o r d e n h e r in d a s G e b i e t der f r a n z ö s i s c h e n S c h w e i z e i n g e w a n d e r t s i n d . Ausgeschaltet wurden von vorneherein alle germanischen Lehnwörter der französischen (oder ostfranzösischen) Gemeinsprache, von denen anzunehmen ist, dass sie mit ihr als französische Wörter von Westen her eingedrungen sind,2) und zwar sowohl ältere wie garder, guetter, afr< rober, tvani 'säen' (frz. gagner), agace 'Elster', dial. écouvre 'Schraubenmutter' (aus mhd. schrube, franz. écrou), als auch jüngere wie kaiserlich, képi, chenapan, tringuelt, kirsch, bitter. Damit soll nicht geleugnet werden, dass Wörter wie die letztgenannten, die noch heute im alemannischen Gebiet ähnlich lauten, ihr Fortbestehen, gelegentlich sogar ihre lokale Einführung deutschnachbarlichem Einfluss verdanken ; aber solange dieser Einfluss nicht irgendwie formal erkennbar wurde, konnten sie nur ausnahmsweise in den Bereich unserer Betrachtung aufgenommen werden. Sobald aber bestimmte Wo es im laufenden Text lediglich auf das V o r h a n d e n s e i n des Wortes an sich und gar nichts auf seine Lautgeslalt ankommt, wie fast überall im kulturhistorischen Teil, wurde als Reprüscntalionsform nur das S t i c h w o r t des Worterbuchartikels (meist in Sperrdruck) angegeben. Als Stichwort wird im 'Worterbuch' aus Gründen, die hier nicht erörtert werden können, die den Patoisformen etymologisch entsprechende deutsche Form des Wortes stehen, also S c h e i b e repräsentiert siba, Siba, Mba, iseba, higba, sdiba, Hb oder C h r l l z e steht für krits3, kretsa, kreti, kratS, xritse. 2 ) Aus diesem Grunde wühlten wir im Titel den Ausdruck 'alemannisch' lind nicht 'deutsch' oder 'germanisch'. 'Alemannisch' mussten wir sie nennen und nicht 'Schweizerdeutsch', weil fQr den nördlichen Teil des Berner Jura ein elsassischer Einschlag deutlich nachweisbar ist. Dass wir unter 'alemannischen Lehnwörtern' nicht nur solche verstehen, die dem alemannischen (oder aletnannisierlen) Gebiet ausschliesslich eigen sind, darf wohl in diesem Zusammenhang als selbstverständlich gelten.

1*

4 Merkmale vorlagen, glaubten wir dem Wort die Aufnahme-nicht verweigern zu sollen. Solche Fälle von D o p p e l e n t l e h n u n g begegneten häufiger, als man anzunehmen geneigt wäre. Sie sind natürlich von sehr verschiedener Art und Bedeutung. Eigentliche Doppelentlehnung zeigen z.B. R o s s , S c h e i b e , B o c k , S c h l a g , S a u e r k r a u t , l u s t i g , W a s e n , S p e n z e r , K a p p e etc.; geringfügigere deutsche Einwirkung weisen auf: un valtse (frz. une valse), brâtvè (frz. brandevín), abrdsak (frz. havresac), etc. Nicht selten finden sich natürlich unter den deutschen Lehnwörtern auch solche von ursprünglich romanisch-lateinischer Herkunft (Rückentlehnung) : so z. B . S c h e m e l , P f l a s t e r , T r u m p f , K a r t o f f e l , L i n e a l , K a l e n d e r , P a r a p l ü , vielleicht auch Schurz. Von besonderem Interesse ist der seltene Fall einer halben Übersetzung: viZpyö 'Bleistift' (aus schwd. wisspli). Im übrigen konnte das 'Übersetzungslehnwort' 8 ) nicht berücksichtigt werden, wie überhaupt der q u a l i t a t i v e E i n f l u s s des Deutschen im Sinne der beachtenswerten Einleitung von Joseph B r ü c h einer besonderen Untersuchung vorbehalten bleiben muss. Andere Schwierigkeiten brachte die Abgrenzung des Stoffes beim stark labilen Wortschatz gewisser G r e n z d ö r f e r , der wie etwa in Romont (B) oft einer Mischsprache nahe kommt. Bei der Unmöglichkeit, ohne persönliche Nachprüfung an Ort und Stelle, zwischen individuellem und allgemeinem Usus zu scheiden, glaubte ich das von Zi m m er Ii und F r i d e l a n c e gesammelte Material für die Dörfer Charmoille, Soyhières, Romont und Orvin hier mitverarbeiten zu sollen. Dabei ergaben sich sachlich interessante Gruppen, wie je drei Lehnwörter für 'Peitsche' (§ 12) und für 'um8 ) Hier nur wenige Beispiele : ye pèyû d bayi X boyu = j'ai peur de 'donner' un buveur, vgl. schwd. geben 'werden'. — fri d l'av (B) 'uriner' schwd. 'das Wasser abschlagen'. (Réveil Suisse 1905, 175). Vielleicht auch maranil 'splitternackt', vgl. 'multernackt' und marosolè 'mutterseelenallein'. Sicher gehört hieher die Wendung qu'est-ce ça pour un village? Was ist d a s für ein Dorf? — Zweifelhaftere Beispiele u. a. bei Quinche. — Zur Erscheinung im allgemeinen vgl. u. a. den bedeutungsvollen Aufsatz von S. S i n g er, Beiträge zur vergleichenden Bedeutungslehre (Zeitschrift für deutsche Wortforschung3, 220 ff., 4, 125 ff.), der den Terminus 'Bedeutungslehnwort' vorschlägt.

5 ziehen' (§ 6), sowie eine Reihe von Handwerksausdrücken (§ 11), die obiges Verfahren rechtfertigen dürften. Das hier vorgelegte Wortmaterial, das der Hauptsache nach zum erstenmal veröffentlicht wird, verdanke ich den Sammlungen des Glossaire des patois de la Suisse romande.4) Sehr zustatten kamen mir die kleineren Wörtersammlungen von: P. . . 'Deutsche Wörter in französischen Mundarten (Anzeiger für Geschichte und Altertumskunde 1857, 62), Z i m m e r l i ( I , 6—7, 1 3 - 1 4 , 3 4 - 3 5 ) , W i s s l e r (63—64), F r . I s a b e l aus Les Ormonts (Revue du Dimanche, 1893, 238), F r i d e l a n c e (Jura du Dimanche 1898, 168) und A. F r a n ç o i s (Les provincialismes suisse-romands et savoyards de J. J. Rousseau; Annales J. J. Rousseau 3, 36—37); ferner eine handschriftliche Sammlung von Herrn E p a r s aus Penthalaz (Vd; im Besitz des Glossaire). Ausserdem lieferten mir wertvolle Beiträge meine beiden Kollegen von der Rédaction du Glossaire, L. G a u c h a t und J. J e a n j a q u e t . 5 ) In besonderer Schuld stehe ich Kollegen A. B a c h m a n n gegenüber, der mir, neben manchem schätzbaren Wink, aus dem angedruckten Material des Idiotikons stetsfort bereitwillige und sachkundige Auskunft erteilte. 6 ) Es liegt auf der Hand, dass unsere Untersuchung auf noch grössere Vollständigkeit hätte Anspruch erheben können, wenn wir damit bis nach der Veröffentlichung des ganzen Glossaire romand zugewartet hätten. Wenn wir uns trotzdem zum Abschluss dieser Arbeit im gegenwärtigen Zeitpunkt entschlossen haben, so geschah es, von persönlichen und organisatorischen Gründen abgesehen, vor allem in der Überzeugung, dass das zukünftige Glossaire aus einer 4

) Soweit diese von den correspondants du Glossaire herstammen, habe ich sie seit mehreren Jahren auf Lehnwörter hin systematisch durchsucht. Das übrige Material wurde ergänzungsweise benutzt. 5 ) Die mir auch wahrend der Korrektur der ganzen Arbeit sehr dankenswerte Hilfe leisteten. 6 ) Für mehr gelegentliche Auskunft bin ich zu Dank verpflichtet den Herren: Pfr. B l o c h e r in Zürich, Dr. D i c k und M. F a l l e t in Basel, Dr. F. F a n k h a u s e r in Winterthur, F. F r i d e l a n c e in Pruntrut, Dr. A u g . H u b e r (im Staatsarchiv) und A. R o s s a t in Basel.

6 zusammenhängenden, vergleichenden Darstellung der Lehnwörter ungleich grössern Nutzen ziehen werde, als dies bei umgekehrter Reihenfolge beider Publikationen der Fall wäre. Auch hier dürfte der Spruch zutreffen, dass oft das Gute des Bessern Feind ist. Bei Unvollkommenheiten und Lücken, die der Leser ohne Zweifel entdecken wird, möge er im Auge behalten, dass eine alle vorhandenen Quellen ausschöpfende Sprachuntersuchung, wie sie für ältere Perioden durchführbar sein mag, bei der Erforschung von noch kräftig lebenden Mundarten immer hinter dem Ideal der Vollständigkeit zurückbleiben wird. Bewusst unvollständig sind namentlich unsere Belege für die ältere Zeit.7) Hier Hesse sich das Material durch Sammlung in den Archiven noch wesentlich vermehren. Personen- und Ortsnamen konnten nur gelegentlich berücksichtigt werden. Unserem Gegenstand wurde bis jetzt nur eine Abhandlung gewidmet, von Ph. Q u i n c h e , De l'influence de l'allemand sur le parler •populaire de la Suisse française, 1909. Ein stofflich wertvoller, elegant geschriebener Aufsatz, der, die Mundarten nur streifend, sich im wesentlichen mit den deutschen Wörtern und Wendungen im jetzigen français romand beschäftigt. Wenn auch durch romanistische Studien des Verfassers etwas geläutert, treten doch da und dort stark puristische Tendenzen zu Tage, die den wissenschaftlichen Wert der Arbeit nicht erhöhen. Quinche kommt es nicht so sehr darauf an, die Germanismen zu erkennen und sprachwissenschaftlich zu deuten, als seine weniger gebildeten Landsleute davor zu warnen; denn 'ce qui contribue pour une bonne part à déparer le langage populaire de la Suisse romande . . . . ce sont précisément les nombreux germanismes dont inconsciemment le peuple émaille ses discours' (306 ff.). Daher die wiederholte Aufforderung lde parler une langue aussi pure que possible' (306), 'd'épurer son langage' (307). Und indirekt kommt der Purist zum Vorschein, wenn der Verfasser die längste seiner 7

) Ausser einigen Archivwörtern kommen in Betracht etwa 15 deutsche Wörter aus den Paniers (B, um 1735), 5 aus Rousseau und andere 15 aus dem Neuenburgischen (1857).

7 Wortlisten mit 'termes allemands corrompus' (310) betitelt. Mit der wissenschaftlichen Forschung hat dieser schulmeisterliche Standpunkt nichts su schaffen. Wir werden im Gegenteil davon zu berichten haben, dass nicht selten das deutsche Lehnwort im volkstümlichen Wortschatz des Welschschweizers eine Lücke auszufüllen scheint.8) Im Gegensatz zur allgemeineren Aufgabe, die sich Quinche stellte, aber auch im Gegensatz zur blossen etymologischen Wörterzusammenstellung, die Joseph G r a f in seiner Dissertation über Die germanischen Bestandteile des Patois Messin, 1890, brachte, sucht sich unsere Studie in Anlage und Methode an die Lehnwort-Untersuchungen von B r u c k n e r (1899), B o r c i a (1903), B r a n d s t e t t e r (1905), S a l v e r d a de G r a v e (1906) und B r ü c h (1913) anzulehnen.9) Dank der Sammelmethode des Glossaire10) konnte mehr als in obigen Arbeiten auf die Verbreitung und Vitalität eines Wortes Gewicht gelegt werden. Von besonderem Interesse war für uns die Verteilung des Lehngutes auf die einzelnen Landesteile der französischen Schweiz. Darüber lässt sich schätzungsweise etwa Folgendes aussagen. Der Löwenanteil kommt unbestritten dem B e r n e r J u r a zu, und zwar ist seine nördliche Hälfte, bestehend aus den Bezirken Pruntrut und Delsberg, am reichlichsten mit Lehnwörtern gesegnet. n ) Sehr viele von ihnen haben sich auch in die Bergdörfer des Clos du Doubs, vertreten durch Epauvillers, verirrt, wenige nur in das grosse Hochplateau der Freiberge. Aus der Prévôté 8

) Vgl. dazu besonders die Abschnitte Aber 'Bedörfnislehnwort' (§ 24) und 'Luxuslehnwort' (§ 26), sowie die Artikel F e i e r a b e n d , Futter, Zwick (Zwitter); tragen, s c h e n k e n , heimatlos, mutz u. a. im 'Wörterbuch', auch Wissler, 72. 9 ) S. Literaturangaben am Schluss. 10 ) Vgl. M or f, Die romanische Schweiz und die Mundartenforschung, Archiv für das Studium neuerer Sprachen, Bd. 119 oder Aus Dichtung und Sprache der Romanen, zweite Reihe S. 288 ff. n ) Die Verhaltnisse sind hier so eigenartig, dass sie in mancher Hinsicht eine gesonderte Darstellung verdient hätten.

8 (Birstal von Tavannes bis Moutier mit dem Grand Val), wo das Patois

am Aussterben ist,

haben wir zu

spärliches

Material,

um einen sicheren Schluss zu ziehen; je4enfalls aber stehen die aus jener Gegend belegten Lehnwörter in keinem Verhältnis zu der ungewöhnlich starken Durchsetzung der Bevölkerung mit deutschen Elementen, wie sie die heutige Statistik aufweist (vgl. § 2). Wie es im St. Immertal früher aussah, wo das Patois heule so viel wie ausgestorben ist, entzieht sich unserer Kenntnis.

Wohl aber

wissen wir, dass das sogenannte Bas-Erguel, vornehmlich das Plateau de Vauffelin und der Tessenberg, die topographisch wie wirtschaftlich gegen das solothurnisch-bernische Tiefland hin (Grenchen, Biel, Twann) offen liegen, stark mit deutschen Lehnwörtern übersät sind. Dem Berner Jura reiht sich der K a n t o n N e u e n b u r g an. Obwohl er nur auf einer ganz kurzen Strecke von ca. 6 km an das deutsche Gebiet grenzt, weist er, besonders im Val de Ruz, eine überraschende Ftflle von deutschen Sprachelementen auf. Wie wir sehen werden, erklärt sich die Tatsache durch Einwanderung (§ 2).

Spärlicher ist natürlich das Val de Travers besetzt. Am gleichmässigsten erscheinen die Lehnwörter

Kanton F r e i b u r g hin

über den

verteilt. 12 )

Sehr ungleich wieder ist die breitarmige W a a d t

bedacht.

Einige ältere Lehnwörter beherrschen den ganzen Kanton, viele machten auf ihrer Wanderung nach Westen an den Vorlagerungen des Jura Halt. Die meisten aber reichen westlich nicht weiter als bis ins Broye-Jorat-Gebiet. Deutschen herrühren,

Soweit sie nicht von eingewanderten

stammen

sie mutmasslich

aus dem Frei-

burgischen oder sind aus dem Pays d'Enhaut über den Col de Jaman nach Vevey verschleppt worden, von wo sie sich über die waadtländische Veveyse, durch Blonay so trefflich vertreten, werden verbreitet haben (vgl. § 1).

Jedenfalls ist das P a y s

d'Enhaut,

das von 1555—1803 mit dem deutschen Saanenland zusammen als bernisches Untertanenland eine politische Einheit bildete, als ein eigentlicher Herd für deutsche Lehnwörter zu betrachten. Ein I2 ) Wenn in unserer Arbeit die Gruyère einen starken Anteil hat, so beruht das vielleicht darauf, dass uns aus jenem Eldorado des Freiburger Volkstums bedeutend mehr Material zu Gebote stand.

9 guter Teil der freiburgischen Lehnwörter wird auf diese Quelle zurückzuführen sein. Geringer schon ist der deutsche Einschlag im übrigen Gebiet der Waadtländer Alpen, das sein Lehngut der Hauptsache nach aus dem Ormonttal bezogen haben wird. Einiges davon ist bis in die Rhoneebene hinunter gedrungen, von wo es zögernd und spärlich dem Unterwallis vermittelt wurde. Mit G e n f ist das W a l l i s der an Lehnwörtern ärmste Kanton der französischen Schweiz. Abgesehen von einigen Eindringlingen aus dem deutschen Unterwallis, die im wesentlichen auf den Bezirk Siders beschränkt bleiben, weist das Wallis fast nur solche Lehnwörter auf, die als Gemeingut der französischen Schweiz betrachtet werden müssen. Den grössten Widerstand aber von allen welschen Gegenden haben dem deutschen Wort die Hochtäler des Val de Bagne und des Val d'Entremont 18 ) entgegengebracht. Als lebenskräftiges Gemeingut der meisten westschweizerischen Mundarten können etwa folgende Lehnwörter gelten: D a s ö f f e n t l i c h e L e b e n b e t r e f f e n d : Landsturm, Landwehr, Putz, Spatz; Scheibe, zeigen, Stand; heimatlos; in älterer Zeit auch: Batzen, Kreuzer, Ohmgeld; Frevel und Schellenwerk. D i e A r b e i t e n in H a u s u n d F e l d b e t r e f f e n d : reiben, putzen, tragen, bletzen; Melchtere, Chräze, Reff, Gepse, Chratte, Bügeleisen; Strube, Stahl, Lägerfass; Risi, Graben, gouille(s. Gülle); Bube, Zwick (Zwitter); grob; hott, hüscht, use, zurück. A u s d e m P r i v a t l e b e n : Rübe, Weck, Brusttuch, Tschope, Spenzer; ferner: Feierabend, Jass, ringen, schmarotzen, schenken; deutsch und stoftfre (s. Stadtpfeifer). Was andere Lehnwörter von mehr kantonalem oder regionalem Geltungsgebiet anbelangt, müssen wir den Leser auf das 'Wörterbuch' verweisen. Gross ist die Zahl der deutschen Lehnwörter in rätoromanischen und tessinisch-lombardischen, in lothringischen und wallonischen Mundarten. So frappant manche Ubereinstimmungen sind, so zurückhaltend muss man bei kulturhistorischen Schlüssen sein, bevor 13

) Nach der Volkszählung von 1900 ist Entremont der an Deutschen Ärmste Bezirk der welschen Schweiz.

10 Gebrauch, Verbreitung und Vitalität des Lehnwortes hinreichend erforscht sind. 14 )

Über die kulturhistorische Bedeutung des alemannischen Lehngutes in der französischen Schweiz wird man überblicksweise Folgendes sagen dürfen: manche deutschschweizerischen Dinge und Vorstellungen, Empfindungen und Ausdrucksmittel sind in die welschen Gaue hinübergeflossen und haben hier, bald vorübergehende, bald bleibende, Aufnahme gefunden. Sie erstrecken sich über die verschiedensten Lebensgebiete: sie berühren leibliche und seelische Bedürfnisse, sie sprechen uns von Arbeit und Vergnügen, von Häuslichkeit und Öffentlichkeit, von Lust und Unlustgefühlen. Zu denjenigen Lebenssphären, die vom deutschen Element besonders stark beeinflusst sind, gehören: Viehzucht und Transportwesen, Nahrung und Kleidung, Handel und Bettelei, Schützen- und Militärwesen. 14

) Was von unsera Lehnwörtern aus derselben deutschen Schweiz zugleich ins rBtisch-lombardische Sprachgebiet gedrungen ist, sei hier, ohne irgend welchen Anspruch weder auf Vollständigkeit noch auf kritische Sichtung des Materials, kurz nach U l r i x zusammengestellt. Im R a t i s c h e n : Batzen, Bettler, Brusttuch, Bube, Buchstabe; Fähnrich (vgl. Vorfenner), Ffissli (vgl. LSgerfass), fleissig; Gasse, Gatter, Gelte, Gerber, glucksen, grob, gucken, Gulden, Galle; Kragen, Kram, Kreide; Laune, Inten, lugen; Melchtere; Pflaster; Riegel, Reisblei (vgl. Bleiweiss, Wissbli); schenken, Schnauz, Schneider, schrfig, Schraube, Schwefel, Scheibe, Stahl; wagen, Winde; zfihe. Im L o m b a r d i s c h e n : Gerber, Habersack, Kreuzer, lustig, Pfeiffer, schlafen, Schlitten, Schnaps, Schnauz, Schneider, Taler, Weibel, Ziger.

I. Kulturhistorischer Teil.

A. Die allgemeinen Ursachen der Entlehnung. Unsere erste Aufgabe wird sein müssen, die äusseren Umstände zu schildern, die, offenkundig oder mutmasslich, die Einwanderung deutscher Wörter bedingt haben. Nach den bekannten Darstellungen von Z i m m e r Ii. und M o r f können wir uns kurz fassen. § 1. Der geographische Gesichtspunkt. Ein Blick auf die beigelegte Karte zeigt, wie stark die welschen Kantone und Kantonsteile dem deutschen Einfluss ausgesetzt sind. W a s man in der Schweiz 'Welschland' nennt, bildet keine geographische Einheit; nur der Süden; Waadt, Freiburg, Unterwallis bilden eine grössere kompakte Masse, die einer Durchsetzung mit fremden Elementen einigen Widerstand bieten konnte. Verfolgen wir die deutsch-französische Sprachgrenze, so finden wir zwischen den Gebirgskämmen, über die sie sich hinstreckt, mehr oder weniger tiefe Einschnitte, die einen meist sehr regen d o p p e l s p r a c h i g e n G r e n z v e r k e h r ermöglichen. Das sind die E i n g a n g s t o r e für das deutsche Lehnwort. Es sind folgende Gebiete (von Nord nach Süd): Bonfol bis Charmoille an der elsässischen Grenze, die Talenge von Soyhieres an der wichtigen Verkehrsader Delsberg-Basel; von nur lokaler Bedeutung sind die gegen deutsches Gebiet hin ansteigenden Juratäler, Val Terbi und Grand Val. Dann wieder die enge Schlucht der Suze bei Bözingen (nördlich von Biel); die grösste Strecke ohne fühlbare natürliche Schranke geht von Murten bis Freiburg. Bald erheben sich wieder die Berge, in

12 denen der Jaunpass einen Einschnitt bildet, aber erst im P a y s d ' E n h a u t stossen wir auf einen wirklich regen Grenzverkehr. Wichtig ist sodann der leichte C o l d e P i l l o n als Verbindung zwischen dem Bezirk Sannen und dem Ormonttal und des weitern zwischen dem Simmental und dem Marktort A i g 1 e. Eine ähnliche Rolle spielt der Col d e J a m a n , der die Berneroberländer früher oft nach dem bedeutenden Handelszentrum Vevey führte.' 5 ) Im Wallis, abgesehen von deutschen Sprachinseln wie Brämis und teilweise Sitten, kommen die beiden Elemente heute nur in der Gegend von S i d e r s in Berührung. Es gibt spezifische G r e n z d ö r f e r , deren Sprachmischung eine gesonderte Untersuchung verlangen würde, solche sind etwa: M i e c o u r t , S o y h i e r e s , R o m o n t , O r v i n , 1 0 ) R o u g e m o n t und Miege. 1 7 ) Zum Grenzverkehr gehört namentlich das regelmässige Zusammentreffen beider Elemente in benachbarten M a r k t f l e c k e n . Der Markt ist ein ungemein wichtiges Organ der Sprachmischung. Solche Vermittlungszentren sind u . a . D e l s b e r g , M o u t i e r , Grenchen, Biel, Neuveville, Murten, Freiburg, Chäteau d ' O e x und S a a n e n , das mehr Verkehr hat mit dem Pays d'Enhaut als mit dem Simmental, endlich S i d e r s . Von besonderer Bedeutung ist der Handel mit Vieh und Gemüse (vgl. § 9 und 7). Allgemeine Marktwörter sind unter 'Handel und Verkehr' (§ J2) aufgeführt. ,5

) Beachtenswert sind für diese ganze Ostecke der Waadt die im angrenzenden Bernbiet noch mehr oder weniger lebenskraftigen deutschen Ortsnamen: O b e r l a n d (Pays d'Enhaut) mit R e t s c h m u n d (Rougemont), O e s c h (Chäteau d'Oex) etc.; S c h a f m a t t e n (Les Avants), M u c h t e r n (Montreux), V i v i s ; ferner d i e P i l l e oder Pillenberg, O r m u n d , A e l e n (Aigle), B e i s (Bex), Neustadt(Villeneuve). Entsprechend Gesaenay (Saanen) und Le Chätelet (Gsteig). — s. Blocher und Garraux, Die deutschen Ortsnamen formen der Westschweie (Deutsche Erde, 1906, 170-182). 10 ) Als Beispiel mag eine wohl etwas ad hoc zurechtgemachte Wetterregel dienen, die mir in Orvin angegeben wurde: quand les Spats se virent dans la Staub, c'est signe de rig. 1T ) Immerhin ist vielleicht der Verkehr mit dem eine halbe Stunde entfernten deutschen Saigesch doch nicht so rege, wie ihn Zimmerli (III, 48) darstellt. Nach meinen personlichen Erkundigungen in Miige (1912) bestünden nur wenig Beziehungen, (blosser Saumweg, keine gemeinschaftlichen Feste, keine Heiraten).

13 § 2. Der volkswirtschaftliche Gesichtspunkt. In den französischen Landesteilen der Schweiz wohnen rund 92 000 DeutschSprechende, 1880 waren es 1 3 % , 1888 12,7%, 1900 1 2 % der Gesamtbevölkerung. Eine solche Durchsetzung mit deutschen Elementen muss in der Sprache zum Ausdruck kommen. Die Verteilung dieser 92 000 Deutschen ist eine sehr ungleiche. Bekannt ist, dass der Berner und Neuenhurger Jura das Hauptkontingent beherbergen. Die Bezirke Neuchätel und Courtelary wiesen z. B. im Jahre 1888 28 % , der Bezirk Montier sogar 37 % Deutsche auf. Näheres gibt Zimmerli's Karte zur Sprachenverteilung. Von grösster Wichtigkeit ist es nun, zu wissen, welchen Volksschichten diese vielen Einwanderer angehören. Es ist in der Hauptsache die auf den Broterwerb angewiesene Klasse: P ä c h t e r und T a g l ö h n e r , V i e h h ü t e r und S e n n e n ; dann H a n d w e r k e r und K l e i n h ä n d l e r , endlich K n e c h t e und M ä g d e in unabsehbarer Zahl. 1S ) Mit andern Worten, vom Standpunkt unserer an städtischen Verhältnissen bemessenen Kultur, ist es die wirtschaftlich, gesellschaftlich und sprachlich i n f e r i o r e r e Bevölkerung. Der Herkunft nach sind mehr als die Hälfte B e r n e r , vorab die deutschen Landwirte im Neuenburger und Berner Jura. Laut Zimmerli (I, 7) stammen die Deutschen in Miecourt (Ajoie) vorwiegend aus dem Berner Oberland. Nach Bern sind in erster Linie Sololhurn, dann auch Aargau und Luzern an der Einwanderung beteiligt. W a n n und warum sind sie eingewandert?

Der Hauptschub

hat wahrscheinlich erst im 19. Jahrhundert stattgefunden, in zunehmendem Masse in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Leider fehlen für die Zeit vor 1880 statistische Angaben, welche auf die Sprachzugehörigkeit Rücksicht nehmen. 1 9 ) 18

Die Hauptursache

der

J Vgl. Zimmerli, passim; auch Geogr. Lexikon der Schweis, Artikel Wallis, Bd. 6, 546. w ) Erwähnt sei nur, dass im Jahre 1846 der Kunton Neuenburg 24 642 kantonsfremde Einwohner zfihlte, d. h. mehr als einen Drittel der Gesamll»vOlkerung (68 247). Es ist anzunehmen, dass diese 24 000 vornehmlich eingewanderte Deutschschweizer waren. Zwischen 1850—1860 nahm dann die Bevölkerung rapid zu, hauptsachlich durch erneute Einwanderung von Deutschschweizern, die der sicherere und höhere Verdienst anlockte. (Nach FalletScheurer, Le travail h domicile dans l'horlogerie suisse 1912, S. 237 ff.).

14 Masseneinwanderung ist der Aufschwung der U h r e n i n d u s t r i e , welche, die Leute vom Acker in die Werkstatt treibend, zu einer allgemeinen Vernachlässigung der Landwirtschaft führte. Der arbeitstüchtige Berner Bauer trat in die Lücke. Es gibt in den Jurabergen wenige Einzelhöfe, in denen nicht das urchigste Bärndütsch ertönt. Ein grosser Teil der Einwanderer wandte sich ebenfalls der einträglicheren Uhrenmacherei zu. Erwähnt seien noch folgende Einzeltatsachen. Die im Freiburgischen viel gelesenen 'Murtenblätter' sollen oft 10—15 Offerten von jungen Deutschbernern enthalten, die ihre Dienste als Knechte und Taglöhner anbieten, während die einheimischen Freiburger in Paris ihr Auskommen suchen. In Montborget und Murist (F) leben zahlreiche Pächter und Knechte deutschbernerischer Herkunft. — Ähnlich stand es vor Zeiten im Eifischtal, wo man die Taglöhner für Feld- und Weinbergarbeiten aus dem vor einem Jahrhundert noch grösserenteils deutschen Siders bezog. § 3. Der historische Gesichtspunkt. Über den Einfluss der deutschen Sprache in früheren Jahrhunderten können wir hier nur einzelne Notizen und Vermutungen bieten. Eingehendere Studien, vornehmlich für den Berner Jura, würden zweifellos des Interessanten genug zu Tage fördern. Bcrner Jura. Ausser der erwähnten Einwanderung in moderner Zeit kommen für den Berner Jura noch andere Momente in Betracht: Die Herrschaft der Fürstbischöfe von Basel, die Täuferbewegung und die Beziehungen zum Elsass. Bei keinem andern welschen Landesteil ist der politisch bedingte deutsche Einfluss so lange und so nachhaltig gewesen, wie beim Berner Jura, der vom 9. bis zum 18. Jahrhundert zum vorwiegend deutschen und grösstenteils deutsch verwalteten B i s t u m B a s e l gehörte. W i e bekannt, nahmen die Basler Bischöfe abwechselnd in Pruntrut, St. Ursanne und Delsberg ihre Residenz. Wer zu ihrem Hofstaat gehörte, war wohl sehr oft deutscher Zunge. Viele Beamte trugen deutsche Titel: W e i b e l , U n z ü c h t e r , B a n n w a r t . Als Pächter der auf bischöflichem Territorium liegenden Klöster wurden gern Deutsche angestellt. Daher die noch

15 heute üblichen Ausdrücke Sefr und Sefrü20)

(s. Schäfer). W i e weit

Ausdrücke des privaten Lebens auf diese Quelle zurückgehen, wird kaum zu ermitteln sein. Ein

weiterer Verdeutschungsfaktor

bernischer T i l u f e r .

war die Einwanderung

Die Tfiuferbewegung versetzt uns ins 16. Jahr-

hundert. Sie spielte vornehmlich im Emmental. Die Täufer, fromme, friedliche und tüchtige Bauern, mussten auf Geheiss der reformierten Staatskirche, die sie nicht anerkennen wollte, das Land verlassen; sie siedelten sich um die Mitte des Jahrhunderts in den einsamen Jurabergen an und brachten hier Ackerbau und Viehzucht zu hoher Blüte. Sie haben sich, wenn auch in verminderter Zahl, bis heute erhalten in vielen zerstreuten Gemeinden auf dem Sonnenberg, im Petit Val, im St. Immertal, in den Freibergen, in Pery, Tramelan, Court, Perrefitte und Moutier. 722 Seelen.

Im Jahre 1888 zählte man noch

Sie sind z'ähe Bewahrer ihres deutschen Volkstums

und haben grundsätzlich bis heute eine Vermischung mit der französischen Bevölkerung gemieden. 21 ) nicht

stark in Betracht,

und

ist

Kommen sie auch numerisch auch

bei ihrer

eingezogenen

Lebensart ihr sprachlicher Einfluss auf die welsche Bevölkerung sicher nicht hoch anzuschlagen, so bleibt doch die Tatsache bestehen, dass sie u. W . seit der Burgunderzeit das älteste sesshafle deutsche Element im Berner Jura darstellen.

Auch ist nicht zu

übersehen, dass sie bei der straffen Organisation ihrer Gemeinden am besten in der Lage waren, neue Arbeitskräfte aus ihrer bernischen Heimat zu beziehen. Endlich fallen für unsere Lehnwörter die Beziehungen

des

Berner Jura zum E l s a s s stark in Betracht. Der Verkehr zwischen dem Eisgau (Ajoie) und dem nahen Sundgau muss früher viel reger gewesen sein. 22 )

Eine wichtige Handelsstrasse verband im

IG. Jahrhundert Pruntrut mit Ensisheim und Strassburg. " ) M)

21)

Nach Mitteilungen von Herrn Fridelance.

Nach Ernst M a l l e r , Geschichte der bernischen Täufer,

1895. Vgl.

dazu Ph. B r i d e ] , Course de Bäle ä Bienne, 1789, S. 124—131, wo ausdrücklich das Festhalten an der deutschen Sprache erwähnt wird (S. 126).

*ä) Vgl. Rossat, Schiceis. Archiv für Volkskunde, 17, 32 S45. Vgl. Tr. Geering, Handel und Industrie der Stadt Basel, Basel 1886,

M)

S. 423. — Vgl. beigelegte Karte.

16 Verschiedene Handwerker verbrachten ihre Lehrzeit im Elsass, wo sie sich die Kunstausdrücke in elsässischer Sprache aneigneten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war es in den bessern katholischen Familien Delsbergs Sitte, die Kinder zur weitern Ausbildung nach Mülhausen, Bollweiler oder Gebweiler zu schicken. Andrerseits suchten elsässische Hausierer und jüdisch-elsässische Händler häufig die Gegend von Pruntrut heim. Diesen elsässischen Beziehungen verdankt der Berner Jura folgende Wörter : ganz sicher w a n d e l n , W a n d e r g e s e l l e ; B u t t e r w e c k , Uriflat (Strübli), G e r b e r , B r u d e r (Einsiedler); G i c h t e r , T e i c h , b r a u c h e n ; wahrscheinlich einen guten Teil der in § 7 'Speisen', auch § 12 'fahrende Leute* und § 19 'Verächtliches' aufgeführten Wörter, deren Form keine Entscheidung erlaubt; vielleicht auch Z u n f t (vgl. § 11), T i s c h m a c h e r , M a n g o l d , p o s t e n (umherstreichen); (vgl. jeweilen das 'Wörterbuch'). Im übrigen sei betont, dass auch wohl unabhängig von bischöflichem, täuferischem oder elsässischem Einfluss eine deutsche Einwanderung im Berner Jura zu jeder Zeit bestanden hat. Für O e l s b e r g z.B. lässt sich das an Hand von Personennamen schon für 1 3 5 0 nachweisen. Eine Urkunde von 1 5 3 0 bringt Vereidigungsvorschriften für an Ort und Stelle gewählte Deutsch sprechende Beamte. 21 ) Für das St. I m m e r t a l zeigt eine Klageschrift der Gemeinden gegen die Täufer aus dem Jahre 1 7 2 9 , dass neben den Täufern auch andere Deutsche im Tale wohnten. s: ') Desgleichen ist für die Prévôté die Ansiedelung deutscher Berner in etwas späterer Zeit bezeugt.86) Um das Jahr 1775 wurde als Annex !
. Tiere 27—31. Tiroler 34. Topographisches 32. Transport 39—40. Trinken 41—42.

Nasallaute 68—69, 74. ObszOnes 47. Parasitlaute 75. Pejoratives 46. Prothese 7 5 - 76. Ratisch, deutsche Wörter im R. 10 u . Rauchen 42—43. Reibelaute 70-72. Religiöses 3250 Rflckentlehnung 4. Schimpfwörter 47. Schreiner 36. Schriftbild, Einfluss des 77. Schuhmacher 36. Schule 45. Schützenwesen 43. Schwankungen: Lautform 62 — 63; Genus 82, 88. Sennerei 31. Speisen 24—26. Spiele 41. Spottverse auf die Deutschen 48. Sprechweise, umgekehrte 60—62. Sprosslaute 75.

Uebersetzungslehnwort 4 3 . Uhrenmacherei 13—14, 38. Umspringen von Lauten 76. Unlust 46. Unsauberes 47. Unterhaltung 40—41. Verächtliches 46—47. Vergnügen 40—43. Verkauf 38-39. Verschränkung 77. Verschlusslaute 70. Verstärkung 56—58. Verteilung der Lehnwörter auf die Kantone 7—9. Verwaltung 44—45. Verwandtschaftsnamen 23. Viehzucht 27—31. Vokale 65—69, einfache 65—67. Vorschlag von e 75—76. Wald 33-34. Waschhaus 20. Wegfall von Lauten, Silben, Wörtern 74. Wirtshaus 41—42. Zimmermann 36. Zunftwesen 35—36.

Abkürzungen. Bei Angabe der geographischen Verbreitung wurden die-bei den Glossatre-Publikationen ablichcn Abkürzungen gebraucht.

B G F N V Vd Vd

= Berner Jura (Franz. Teil des Kantons Bern) = Kanton Genf = Franz. Teil des Kantons Freiburg = Kanton Neuenburg = Franz. Teil des Kantons Wallis (Valais) = Kanton Waadt (Vaud) Alp. = Alpes Vaudoises (vgl. die beigelegte Karte)

alem. = alemannisch eis. = elsässisch schwd. = Schweizerdeutsch

C a r t e politique.

Sch^fitib'-ì^^

Politische Übersicht. Carta politica

Mtrgovie lOUeokifc

1 : 275O000. Bàie ville 35,7« km2 f/n/omeü • " 112227 h (habitant Ohwnld 4-74,30 km! • 15260 h N'idwald 290.SO km= f .li, TI 1hU VJ " I13070 Rhodes extér? km" j 55281h SA?'"' Khodos inln-M72.08kofl3'l'JDh; 807.'«» km t 126279h

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