Deutsches Wörterbuch: Lieferung 1 Wilb – Wille [Unveränd. Nachdr. der Ausg. Leipzig. Reprint 2022 ed.] 9783112642269


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Deutsches Wörterbuch: Lieferung 1 Wilb – Wille [Unveränd. Nachdr. der Ausg. Leipzig. Reprint 2022 ed.]
 9783112642269

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DEUTSCHES

WÖRTERBUCH VON

JACOB GRIMM UND WILHELM GRIMM Herausgegeben von der

Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin

XIV. Bandes II. Abteilung 1. Lieferung WILB —WILLE

19 5 9 S. HIRZEL VERLAG . LEIPZIG IN ARBEITSGEMEINSCHAFT MIT DEM AKADEMIE-VERLAG GMBH, BERLIN

Un veränderter Nachdruck Erschienen im S. Hirzel Verlag, Leipzig G 1, S chuhm ach ergäß che a 1—-3, in Arbeitsgemeinschaft mit dem Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8, Mohrenstraße 39 Lizenz-Nr. 202 . 100/46/59 Offsetdruck: VEB Druckerei „Thomas Müntzer" Bad Langensalza Bestell- und Verlagsnummer: 3021/XIV/II/—/I Preis: DM 5,— Printed in Germany

WILB— WILD n.

1

W I L B - (wilbert, wilbrfiunen, wilbrecht) s. wildbr-, W I L C H , adj. laulich, überschlagen, welk th. 14 I; oberhess. CRECELIUS; ablaut walch und wulch VILMAR; REINWALD; mhd. welc, welch, wilch

also nebenform zu kurhess. auch mit henneberg. willich feucht, lau, milde

LEXER.

W I L C H E , f.,

s. wilge.

» W I L D , n. I. Herkunft,

form,

ableitungen.

A. Herkunft dunkel nach KLUGE etym. tob.'1 493B; kaum mit wald zusammenhängend, eher mit wild, adj., neben dem es eine collectivbildung sein könnte: urgerm. wil|)iz n., dhd. wild, mhd. wilt, mnd. wilt, seltener weit (DIEFENBACH gloss. 230b, 15. jh.); ags. wild, wildor und jünger wildeör; engl, wild (alterthümlich); nl. wild; dän. schwed. vildt (lehnwort); oberdeutsch, namentlich in der Volkssprache, meist gewild, s. oben gewild II th. 4, 18, 5805 ff. B. plural dhd. wildir: was her thö mit wildirun TATIAN 15, 6; mhd. und nhd. wild und wilde: pedicula fuszangel da mit man die wild vacht DIEFENBACH gloss. 420b; wir trieben die wild auf, jagten sie uns entgegen SCHAIDENREISZER Odyssea (1537) 36b; in tiefer Wildnis dieser thäler schreckte des jägers hörn die scheuen wilde kaum GÖTHE 16, 324 Weim.; mit der zunehmenden collectiwerwendung der singularform wird die pluralform entbehrlich. C. ableitungen mit Suffixen sind wildenzen, wildzen; von der alten pluralform gehen vielleicht aus wildericht,wildern und wilderer. II. bedeutungsentwicklung,

synonyme.

A. wie auch der alte plural zeigt, bezeichnet das wort im dhd. gewöhnlich ein einzelwesen: uuild n. fera cod. s. Gull. 842 GRAFF L, 804; im mhd. dagegen tritt die Verwendung als collectiv mehr hervor, und diese ist auch im nhd. vorherrschend, ohne aber den individualisierenden gebrauch ganz zu verdrängen, der auch heute, namentlich in der dichterischen spräche, noch möglich, ist. doch verlangt der neuere Sprachgebrauch gewöhnlich, wenn von einzelnen thieren die rede ist, den zusatz von stück wie bei vieh, worauf schon ADELUNG aufmerksam macht. B. in der alten spräche ist der begriff wild weiter als in der neueren und umfaszt alle wilden thiere, also auch die raubthiere: was vom wilde zerrissen ist 3. Mos. 17, 15; gleichzeitig ist die Verwendung noch ziemlich beschränkt, da zur bezeichnung der wildlebenden thiere im gegensatz zu den zahmen, dem vieh, das wort thier allein genügte; vgl. DIEFENBACH gloss. 230B dier (14. jh.), tier {fera), sowie engl. deer. von LUTHER an, der in seiner bibelübersetzung durchgängig wild setzt, wo seine Vorgänger noch wilde thiere haben (und die samenung der wilden tier zu dem herrn erste deutsche bibel 119, 24 Kurrelmeyer), wird der gebrauch häufiger und gleichzeitig der begriff enger, besonders wohl unter dem einflusz der Weidmannssprache, wild bedeutet im nhd. gewöhnlich mit ausschlusz der raubthiere nur noch die jagdbaren thiere, die wegen ihres fleisches erlegt werden, meist ohne einrechnung des wilden geflügels, oft sogar mit noch weitergehender specialisierung das rothwild allein als die edelste und verbreitetste wildart, und von diesem besonders die hindin oder hirschkuh. die naheliegende Übertragung vom lebenden wild auf das fleisch des erlegten, das wildbret, findet sich schon im mhd., wird aber allgemeiner erst, nachdem die ursprünglich üblichere bezeichnung wildbraete ihre grundbedeutung eingebiiszt hatte und wildbret auch für Übendes mld in gebrauch gekommen war. C. völlig gleichbedeutend mit wild ist trotz der von CAMPE 2, 363" versuchten Unterscheidung beider Wörter die zuerst von STIELER (1691) gemeinsam mit wild gebuchte concurrenzform gewild(e). fernere synonyme ausdrücke sind wildfang, wildstück, wildthier {namentX I V . 2.

2

WILD n.

lieh zur bezeichnung des einzelnen thieres); wildbahn, wildbret, das wilde, wildnis, wildstand, wildwerk, will veih meckl. vorpomm. M i ( f ü r den collectiven gebrauch). von diesen macht im 16. und 17. jh. besonders wildbret scharfe concurrenz und dringt trotz seiner ganz verschiedenen grundbedeutung allmählich in den ganzen bereich von wild ein, bis dann der neuere Sprachgebrauch die beiden Wörter wieder scheidet, zum vortheil von wild, das seinen besitzstand bewahrt, während wildbret fast nur noch von dem fleisch des wildes gebraucht icird. III. bedeutung

und

gebrauch.

A. frei lebendes, jagdbares thier, einzeln und collectiv; nach DOMBROWSKI cncylä. der ges. forstund jagdwiss. 8, 400 alle thiere, die man zur jagd rechnet: l) ein einzelnes

thier:

darinne (in dem Schilde) stuont ein lfltej wilt, alsam ein hirz gestellet KONR. v. WÜRZBURG trojan. krieg 31340; dise leut jagen noch ein ander sehr hörniges wild J. HEYDEN Plinius 133;

grimmiges

ein-

darnach die zeit nit lang vergieng, das man do bald ein wild fieng, recht als der fürste het begert Pfarrer von Kalenberg 85 neudr; denn als sie eins mals auf das gejaid, wild zu fahen ritten und sie auf ein hohen berg oder felsen hetten sich gelassen, einem wild nach zueilen, . . sähe Theseus den fels hinab nach dem wild, wo es hin war gefallen nachtbüchlein 71; hastus wilt? ei ja du, ei ja ich, das wilt hab ich geschossen und habs gar redlich trolfen FORSTER fr. teutsche liedlein 87; Antilochus schnell und geschwind auf ihm darliefe als ein wind, der einem wild nacheilen thut SPRENG Ilias 212"; (Äneos) bracht siben grosze häupt darvon, damit er jedem schiff könnt geben ein wild, darüber wol zu leben Aneitt 6 a i keule . . . das viertheil von einem wilde GUEINTZ deutsche rechtschreibung 89;

hinterwärts

. . . hier schlaget mich das schrecken, dort ängstet mich ein wild P. FLEMING deutsche gedichtc 1, 102; es verlaufe sich ein wild so tief ins finstere holz, als es immer wolle ABR. A ST. CLARA etwas für alle 2, 10; wir brauchen unsre Waffen, nur uns zur kost ein wild, im streite recht, zu schaifen GOTTSCHED deutsche Schaubühne 5, 220;

man asz noch, was das land in seiner schosz gebar, . . ein selbst erlegtes wild B. NEUKIRCH gedickte

107.

auf sprang ein weiszer hirsch von ferne, mit sechzehnzackigem gehörne . . das wild duckt sich in's ährenfeld und hofft da sichern aufenthalt BÜRGER 70" (der wilde Jäger), mein vater muszt ein wild mit seinem kind erkaufen

J o n . E . S C H L E G E L 1, 433;

sodasz man dein, als eines wilds vergiszt, das zu der jagd noch spiel'ndem anfang fiel

FOUQUE held des nordeng 2, 95.

gerne mit zusetzung von stück, vgl. auch wildstück: denselbigen (den Polen) und iederm herrn besondern schenkt landgraf Wilhelm ein wagen mit habern, zwei stück wild und ein wildschwein KIRCHHOF wendunmuth 2, 276; und lieszen doch die Seiten klingen durch einen schönen lustwalt grün, (manch grosz stück wild lief da so kün) CASP. SCHEIT frölich heimfart MI»; ach, dasz fürsten und herrn keine gröszere sünde begiengen, als in erjagung eines . . ermüdeten stück wildes! HARSDÖRFFER frauenzimmer gesprechspiele 3, 109; auch in einem walde hätte keiner von ihnen (den philosophen) das herz, einem auf ihn los rennenden stück wild stand zu halten WIELAND Lucian 1, 277; 1

3

W I L D N. i)

collectiv:

der wald gienc wildes voll I-wein 126; item 8 m. den knechten, dy do wilt brochten von Slochow in den tirgarthen zum Sthume Marienb. treszlerbuch 983, 17; derselbig ort heiszet die Hahr, da man viel wildes wird trcwar THYM Thedel v. Wallmoden 328 neudr., {der hund). . mocht nicht mehr so hurtig laufen, derhalb ihm oft das wild entgieng HANS SACHS 9 , 2 3 0 , 1 6

Keller;

o lasset euch erbarmen, grosz schat das wild uns armen J. v. SCHWARZENBERG teittsch Cicero 138; so Wüllen wir . . einen thiergarten nahe an der meierei anrichten, darin man allerlei thier, als hasen, gambsen . . und dergleichen wild mehr, eingeschlossen könne halten SERIZ feldbau 556; nun war gleich frau Monymen wildschüz auszgangen, etlichem wilde -nachzustellen A. H. BUCHOLTZ Herkuliskus u. Jfferkuladisla 173; rückte er mit seinem antrage hervor, welcher dahin ging, dasz der jäger täglich ein paar stunden gegen das wild im felde liegen solle IMMERMANN I, 150. 3) im weiteren sinne alle wildlebenden thiere einschlieszlich der raubfhiere, der raubvögel und des wilden, geflügelt im gegensatz zu den zahmen ihieren, daher gerne in der Verbindung zahm und wild: wilt unde zam minnennger (1758) 1, 31 B ; dir dienet zam unde wilt Parzival 252,8; das wilt und DAS gewürme WALTHER 8, 36; dem wilde und den bienen . . zur narung C. HENNENBERGER preusz. landtaffel 8; wild heiszet das jagtbare vieh, welches in den wäldern sich aufhält compend. u. nutzb. haushalt.-lex. 1036. als unterabtheilungen erscheinen rothes oder falbes und schwarzes wild (gewöhnlicher rothwild und Schwarzwild), hohes und niederes oder groszes und kleines; edles oder eszbares ADELUNO; gehörntes und gefiedertes GÖTHE; die heutige Weidmannssprache unUrscheidet nach dem kleid haar- und federwild, nach dem nutzen nutz- und raubwild, nach der Werthschätzung hohe und niedere jagd. vgl. LORET handb. der forstvnss. I 2, 448/. und die Zusammensetzungen, unter E: näch dem rOten wilde jagen Tristan 17254; insgemein wird es (das wild,} eingetheilt in das hohe, als da ist das rothe wildpret, hirschgewild oder schwarz wildpret, als säu, baren, und das kleine, als rehe, hasen, füchse, die beisz mit dem habich, dem sperber B E C H E R jägercabinet

(1582) 1 9 ;

(er) traf ein öde insel an, darin vil hohes wild ward gahn HANS SACHS 21, 133, 6

Keller-Qötzc;

vom hohen wild die rasche Schaar, die durch diesz dichte buschwerk eilen, wenn ich den schnellen hirsch, wenn ich das leichte reh durch bfisch und str&ucher springen seh' BROCKES 1, 203;

sy wissen von dem edlen gewild nicht, wo es laufe und laufen vast dem wild nach TAULER sermones L V B ; die erfreuliche glückliche jagd, sowohl hohen als niedern, gehörnten und gefiederten wildes GÖTHE IV 33, 291,14 Weim.; edles wild, vögel und fische MÖRIKE 8, 97 (maier Nolten). 4) im engeren sinn mit

4

W I L D N.

ausschlusz

a ) der vögel,

die für sich besonders angeführt werden: des heldes si da pflägen vor vogeln und vor wilde Wigdlois 9962; dich rührt die Schönheit deiner braut, ihr sttszer scherz, ihr holdes lachen, weit mehr, als allfs, was man schaut, wenn wild und vögel hochzeit machen GOTTSCHED gtdicMe

268;

dem herrn gehört das wild und das gefieder SCHILLER TeII

3,3;

ich herrsch' über'» wild und vögelheer GÖTHE 16, 86 Weim. (Satyrn). b) der raub thiere, für welche die besondere bezeichnung wilde thiere aufgekommen ist: und w a s über bleibt,

lasz das wild auf dem felde essen 2 Mos. 23, 11; ihr (Dianas) wagen war von allem möglichen wilde bedeckt und dessen köpfe umkränzten ihn mit vergoldetem horn und bunten federn G. KELLER 8, 188; in dieser engeren Verwendung gerne dem vieh gegenübergestellt: wie manches vieh und wild in grünen tälern geht, G. TREUER deutscher Dädalus 1,183; das weidevieh und wild verbisz noch die wenigen loden WIMMER geschickte d. deutschen bodens 195. c) in der Jägersprache mit noch weitergehender specialisierung 'weiblicher hirsch', ebenso wie wildbret, wildthier und wildstück; also mit ähnlicher Verwendung des neutrums wie bei weib, huhn, l a m m : der Laurenholde poet Petrarcha, wan er seine liebste Laura der ehren gemäsz beschreiben will, kan nicht bessere wort linden oder erdenken, als dasz er dieselbe einem weiszen wild vergleichet MoSCHEROSCH gesichte 8, 320; der hindm oder dem weiblein, so von den jägern das wild oder die hirschkuh genennet wird, wachsen kleine hörner BECHER jägercabinet 24; die hirsche suchen ihr thier oder wild DÖBEL jägerpractica'1 1, 4*; beschlagen sagt m a n , wan der hirsch auf ein stück wilt springet J o n . TÄNTZF.R Dianen höh. u. nied. jagtgeh. i, 10; d'une biche, von einem thier oder wild DUEZ nomencl. 26; der männliche hirsch heiszt rothhirsch, der weibliche thier, roththier und stück wild BREHM

thierleben2

3, 138.

d) gerne in stehenden, oft formelhaften mit beziehung

Verbindungen

a) auf den auf enthalt des wildes in wald undfeld; daher sehr häufig wild und wald: sie wolten sich derhalb wie das wild in wälden der freiheit brauchen S E B . F R A N C K Sprichwörter

L, 1 2 5 * ;

so ist sie (die laute) auch nit ungcstUmm, und bringt nicht forcht, sorg oder grimm, erschreckt die leüt nicht in dem feld, beid hirt und herd, beid wild und wäld FISCHART ein artliches lob der lauten v. 54 Hauffen; der bauer lobt die felder, der jäger wild und wälder [K. STIELER] geharnschte Venus 16 neudr.; da sich verhalt das wild im wald SPEE trutz-nachtigall 36; das wild geht in den Wäldern SIMON DACH 717

Osterleu;

was raschelt, rief ich erschrocken aus. es ist das wild im walde häufig GÖTHE 4, 328 Weim.; mit diesem gedanken hab ich ganz Frankreich durchreist, nichts so gesucht als wälder und wild PÜCKLER briefw. u. tageb. 6, 34; weil das wild lebt in den heiden Venusgärtlein 4 neudr. ; geh, frage bei dem wild auf jener grünen heide, wozu sie gott erschuf; sie sagen dir: zur freude J . F . v . CRONEGK 2, 3 8 ;

frei dann ich bin wie wild auf heiden wieder

K L E I S T 1, 289 ( P e n t h e s . ) ;

alles wild des feldes HUMBOLDT kosmos 2, 46; das wild in den gesträuchen . . . kriegt jedes seines gleichen, so bald es ihm gefeilt Königsb. dichterkreis 18 neudr.; (hier soll) kein wild in seinem busch geschreckt, verwundet, hingeschmettert werden GÖTHE 10, 276 Weim. (natärl. tochter); ß) auf die wilde lebensweise; daher namentlich im 17. jh. gerne das wilde wild: und dasz das wilde wild Amiion nachgezogen, ist mancher klügling noch zu glauben ungewisz P . FLEMING poemata

(1651) 57;

Diana sucht mit fleisz des wilden wildes spur, und bringt nicht ohne schweisz den groszgeweihten hirsch in die gestellten netze G. TREUER deutscher Dädalus 1, 348; y) auf das vorkommen des rothwildes in rudeln: ein rot wildes sie laufen sach in ein höl und bald darausz wieder H . SACHS 2, 228, 88

Keller;

sie gegen ir komen sache ein rot wildes ARIGO decamerone 98, 86.

5

WILD ( f ) auf

besondere

WILD

N.

eigenschaften

des wildes,

z. b. die

scheuheit: in den Wäldern will ich irren . . . mit verscheuchtem wilde ziehn J. C. GÜNTHER 276; es kam dahin ein arm, verschüchtert wild, das von des jägers pfeil beschädigt war, um auszuschmachten Shakespeare wie es euch gefällt 2, 1; das s c h e u e w i l d w e i d e t n o c h v e r t r a u l i c h n e b e n d e m m e n s c h e n GÖTIIE 48,160, 2 Weim.; auf die ruhelosigkeit und Schnelligkeit des wildes: ist w a s a u f g e s t o s z e n , m u s z m a n a u g e n b l i c k s a n s c h l a g e n , das k o r n und flüchtige w i l d zus a m m e n f a s s e n F L E M I N G vollk. teutsche sobJat 29; einst e r l e g t e D i a n a d a m i t d a s s t r e i f e n d e w i l d auf den b e r g e n HERDER 24, 197; e i n s a m und öde starrt a l l e s u m h e r , nur flüchtiges w i l d d e u t e t auf k ü m m e r l i c h e n zustand GÖTHE 41, I, 832 Weim.; als l ä u f e r ü b e r h o l t e er das 2, 266; auf s c h n e l l s t e w i l d MOMMSEN röm. geschickte die ungebundenheit und freiheit: der landmann leichtem sand den samen anvertraut und seinen kohl dem freien wilde baut GÖTHE 2, 141 Weim. ;

w i e d e r j a g d h u n d , . . d e n der i n s t i n k t f o r t r e i s z t , w e n n d a s w i l d w i t t e r t K L I N G E R werke 3, 140;

er

es war kein noch so schlechter jäger, verstört* er dieses wildes läger RÜCKERT 1, 110; e i n l ä n g s t u m s c h l i c h e n e s w i l d HOLTEI erzähl. Schriften 1,188; w i l d b e s c h l e i c h e n J . A . N A U M A N N naturgesch. d. vögel 2 I 333; mit hervorhebung des hetzens und treibens: das w i l d b e h u n d e n feram canibus premendam exponere S T I E L E R (1691); scheuchte m i t g r a u s e n d e m getöse das s c h e u e w i l d v o r sich her M u s Ä u s Volksmärchen 1, 6 Hempel; du hast mit hunden wild gehetzt ZACH. WERNER die söhne des thalcs 1, 121; d e m . . j ä g e r das w i l d . . in den schusz t r e i b e n A R N D T werke 1, 218; da w a r d das w i l d v o n e i n e r m e n g e scharw e r k e r und j ä g e r in d i e D o n a u f o r c i r t G. F. N I C O L A I reise d. Deutschland u. d. Schweiz 2, 4'J3; z u m zutreiben des w i l d e s PESCHEL Völkerkunde 35I; mit hervorhebung des stellens von netzen und fallen:

ein unvernünftig wild, das sonsten mehr nicht sucht, als wie es tich nur völlt LOGAU 1, 222, 15; in dickichtsschauer drängt sich das rauhe wild GÖTHE 2,61 Weim.;

heut, da man seine i'tichs thut kennen, und will den fuchs ausz der hell brennen, da wüt er und wehrt sich zu letz wie ein wild, das schon steckt im netz FISCHART thierbildcr v. 429 Haufen; e i n j ä g e r h a t abends spät das n e t z gestellt und b l ä s t a l l e w e i l b e i d e r n a c h t . . . m i t s e i n e m h ö r n e das w i l d aus d e m k o r n ins l a n g e h o l z HERDER 5, 136;

dann mische mir zur lust das . . . geheule des wildes . . . sich in mein seufzen ein J. A . CRAMER gedickte 3, 354;

. . . habe nun mein wild auf der spur, Mathilde, dich mit netz und garn umzogen MALER MÜLLER 3, 107;

auf uie

die t nvernunft und abwesenheit jeder sie sich namentlich in den naturlauten

Verfeinerung, äussert:

aus seiner höhle brüllt das wild ihm seinen dank R . Z. BECKER mildh. liederb. 29. e) auf

den schaden

des

wildes:

darzu das wild den armen leutn lassn schaden thun in Sommerszeiten RINGWALT die lauter warheit 222; m a n h a t die r e i c h e e r n t e v o n d e m w i l d z e r t r e t e n lassen GLEIM

briefwechsel 2, 471; denn unterm rosz des jägers erstirbt die saat; und, was der huf des rasenden heers verschont, zerwühlt das wild J. M . MILLER gedickte 333 ;

d i e e r w ä h n u n g des w i l d e s , d a s i h m s e i n e s a a t e n zert r a m p e l t e P O L E N Z büttnerbauer 1, 62; auf die abioehr des schadens: hier klatschte nicht des armen landmanns peitsche, die nachts das wild vom acker scheucht! SCHUBART gedickte 2, 69; dasz sich k e i n e r u n t e r s t e h e n d ü r f e , das w i l d , das s e i n e n a c k e r a b f r e s s e , z u v e r j a g e n M . J . S C H M I D T gesch. der Deutschen 5, 188. i) auf das jagen des wildes; siehe auch die unter g e w i l d I I sp. 5812, 3 f f . und unter w i l d b r e t angeführten belege: ich bin nachgehengt uberal dem wild beide durch berg und thal HANS SACHS 1, 92,10 Keller; du magst mit jägern de'incs gleichen nach wilde durch die Wälder streichen A . G. KASTNER 1, 245; n u n r u f t d i e j a g d i n ' s f r e i e ; m a n v e r f o l g t das w i l d m i t eifer

GÖTHE 41 I I , 104, 14

Weim.;

er jug das wild wol aus dem holz mit

6

n.

gefunden nun mein wild, hab's ausgestübert MALER MÜLLER 2, 28;

hervorhebung

des lauerns

und

ARNIM 18,199;

aufspürens:

v e r o r d n e t e n . . . l a u s t e r t e n auf das w i l d

JOH. N A S

die das

eins und hundert 2, R V I I b ; das schlecken macht die leut zu gecken, henken gleich nach dem, das sie schmecken, und werden wie der hund verführt, der viel zu viel dem wild nachspürt FISCHART Eulenspiegel v. 11254 Hauffen; da m a u d e m . . . a u f g e t r i b e n e n w i l d a u f p a s s e t GRIMMELSHAUSEN 8 , 8 1 , 2 2 Keller (springinsfeld) ; so hat dort der Trojanerheld, Carthago, durch dein flaches feld, auf einem schnellen gaul des wildes spur entdecket; so ward auch Agamcmnons pfeil manch aufgespürtes wild zu theil, bevor er T r o j a noch in lichten brand gestecket GOTTSCHED gediehte 40; antipap.

mit

hervorhebung

des erlegens

und

tödtens:

da man die herm denn nit wird fragn, wie viel sie haben wild geschlagn RINGWALT die lauter warheit 220; denselbigen (Scamandriue) Diana mächtig gclernet hett in ihrem wald, aas wild ernider schieszen bald Jon. SPRENG Ilias 52 B ; Diana selbst hatt' ihn die kunst gelehrt, zu fällen jeglich wild des haingebirgs BÜRGER 159; . . . gesungen soll der feind ein siegslied haben von erlegtem wild MÜLLNER dram. 'werke {die Albaneserin 1, 4). B . fleisch des wildes, wie w i l d b r e t und w i l d f l e i s c h ; vgl. mnd. w i l t vel w i l t b r a t SCIIII.LER-LÜBUEN 5, 722. 1) im weiteren sinne das fleisch aller eszbaren wilden thiere, einschlieszlich der vögel, im gege-isatz tu dem der zahmen oder zu anderen nahrungsmitteln: zam, wilt, vische, Clären weize, unde win ime und deme gesinde sin gap man mit vollen mä^en BARTSCH md. gedickte 4, 18; essen Sie k e i n w i l d ? H I P P E L lebensläufe 1, 489; i h r e nahrung b e s t e h t aus f r ü c h t e n , w i l d o d e r m i l c h SCHEREI; litt.-gesch.1 4. 2) im engeren sinne und gewöhnlicher das fleisch des vierfüszigen wildes, besonders des rothSchwarzwildes, im gegensatz zu dem der vögel zu andern speisen:

nur und oder

was ihm geflügel, wild, pasteten, welsches hun, das alles kan mir auch ein guter stockfisch thun J. RACHEL satyr. gedickte 61 neu.dr. • speisen sind genug bei^it, vögel, wild und fische GÖTHE 1,137 Weim. C. bildlich für menschen, deren eigenschaften oder zustand dem des wildes ähnlich sind (selten für einen abstracten b e g r i f f : a u c h sind ö f f e n t l i c h e g e s c h ä f t e nichts w e n i g e r als w i l d f ü r m e i n e l i e b l i n g s j a g d BODE Mich. Montaignes ged. u. mein. 5, 18; d a s u n a u f h ö r l i c h e z u s a m m e n d r ä n g e n seiner ideen, die er . . . w i e in e i n e r k l o p f j a g d , groszes und k l e i n e s w i l d , s c h m a c k h a f t e s und ungenieszbares, auf e i n e n h ä u f e n t r e i b t GERSTENBERG litteraturbriefe X I I [lit. denkm. 29, 83]). l ) für einzelne menschen: ihr teufel v o n allen enden dran, h e t z t , j a g t , t r e i b t getrost, i h r h a b t d a s r e c h t e

7

8

WILD ».

WILD adj.

wilt für euch: wenn der Luther ligt, so seit ihr genesen L U T H E R 23, 86, 12 Weim.; der prack . . . kam auf das rechte spor und suchet nach wild (nach Tristan und Isolde) buch der liebe 92»;

F R A N C K Sprichwörter L, 6 * (mit der erklärung: etwa hat man glaubt, dasz gwild fleisch gessen faulkeit mit sich bring); von dem ködern eines thoren durch einen augenblickliehen vortheil: wenn es (das glück) einschmeichelt, so wil es ihm (dem menschen) den hals abstechen, und das specklin auf die fallen legen, dasz das wild einfalle S C H O T T E L Sprichwörter 1126 (zur erklärung von: glükk ohne mangel, ist nimmer ohne angel); von der Verschiedenheit der neigungen und des geschtnackes: meinet ihr, dasz alles wild nach einer Witterung geht? G Ö T H E 1 7 , 1 4 Weim. (triumph der empfindsamkeif).

ich habe gestelt auf grüner beide: mein hünaelein sind mir entgangen, das wild, das ich gejaget hab, ein andrer hat es gefangen

bergreihen 66, 7 neudr. ;

{Richard:) nein, Warwick, lies ein andres wild dir aus, ich selbst musz diesen wolf (Clifford) zu tode jagen

Shakespeare Heinr. VI 3. th. 2, 4;

hier musz ich auf der lauer liegen. dorther kommt mir mein wild LUDWIG S, 273; auf Tilly's stirn die ader steigt, denkt seines wildes er vielleicht . . .? DROSTE-HÜLSHOFP 2 , 1 6 2 ;

2) collectiv: es ist itzt nicht mehr ein weit wie vorzeiten, da ihr die leut wie das wild jagetet und triebet L U T H E R LL, 270 Weim.; rastlos jagen schwed'sche jäger wild auf finnischen revieren GRABBE 1,32;

kein land, wo dieses jagdbare wild (die Sklaven) sich vorfand, blieb . . . verschont M O M M S E N röm. geschickte 2, 76; ein anderer meister in allen kniffen des kunsthandels, der besonders deutsche pinsel als sein wild betrachtete J U S T I Winckelmann 2 i, 317. 3) mit ausmalung des bildlichen Vorgangs, oder doch mit angdbe des tertium comparationis, das zu dem, vergleich anlasz gibt: a) die menschen haben mit dem vrild gemeinsam das gejagt- oder gehetztwerden: der bruder war von seiner blutigen faust nicht so geschwinde erwürget, als das gewissen bei Cain aufwachte, so dasz er als ein verscheucht wild in der irre herum lief F L E M I N G d. vollk. teutsche Soldat, vorbericht 2; (ich) lief nach deinen fährten, edles wild, und habe dich ergriffen UHLAND Ernst v. Schw. 7*6 (ort 2);

ich weisz nur, dasz ich . . . wie ein gejagtes wild durch die straszen dem hause der signora Campoco zulief H A U F F 7, 2 0 4 ; plötzlich lief sie davon wie ein gehetztes wild S C H E F F E L Ekkehard 244. b) die menschen haben mit dem wilde gemeinsam gewisse eigenschaften, und zwar: a) Vorzüge, wie muth bei der vertheidigung, Schnelligkeit, munterkeit, ungebundenheit oder ähnliche eigenschaften, bei denen hauptsächlich an das rothwild gedacht wird: snelleclichen als ein wilt

Engelhard 4907 Haupt; sein (Napoleons) stolz verschmähte die offene rückzugsstrasze nach dem Rheine, . . . das edle wild war gestellt ; das gewaltige kesseltreiben dieses herbstes näherte sich dem ende T R E I T S C H K E deutsche gesch.'i 1 , 4 9 9 ; du leichtes wild! ihr schüchterne gesellen! K O N R . VON W Ü R Z B U R G

HERAUS gedickte und Inschriften 197; was willst du, lockres wild, hier im gehäge?

SEB.

D. im rothwelsch, ohne dasz man einen inneren Zusammenhang aufdecken könnte, in der bedeutung ,bude', Hempels wahlerey (1687) bei K L U G E rothwelsch 1 , 1 6 7 ; namentlich in den Verbindungen ein bley-sacks-wild eine ,zienbude' (zinnhütte, pochwerk); ein grün-wild eine ,silberbude', ein flader-wild eine ,band- oder zwim-bude' ebd. 169; vgl. dazu unten wildner silberkrämer. E. in Zusammensetzungen zur bezeichntmg der wildarten: auerwild, b e u t e w i l d , birkwild, damwild, edelwild, erdwild, f a l b w i l d , fallwild, federwild, flugraub wild, forstwild, g e m s w i l d , grenz wild, grobwild, haarwild, kahlwild, löffelwild, m e n s c h e n w i l d , m i t t e l w i l d , m u r m e l w i l d , m u t t e r w i l d , naschwild, n u t z w i l d , r a c k e l w i l d , raubwild, rehwild, renwild, rothwild, s c h a l l w i l d , Schwarzwild, seewild, Standwild, steinwild, stoszwild, streifwild, tannenwild, urwild, vogelwild, wasserwild, wechselwild, die gesperrt gedruckten Wörter sind in den früheren bänden nicht behandelt. 2 W I L D , » . wildnis, apokopierte form von das wilde, s. unten wilde, ». unter C. 8 W I L D , n. an der TJnterweser für fegkraut, eguisetum arvetise P R I T Z E L - J E S S E N .

W I L D , adj. I. form. A. herkunft, Verwandtschaft, mundarten. ge meingermanisches adjectiv von unsicherer herkunft, gegensatz von zahm, mit dem es oft zusammengeht; vgl. daher auch den artikel zahm in th. 15. vorgermanisch wiltjo; vielleicht von derselben wurzel wie wald (vgl. S C H A D E altd. wb. und oben th. 13, 1072) oder wie wollen, wille, wähl ( P O T T etymolog. forsch. 2 4, 8 0 5 ; F I C K indogerm. wb. 3 8, 296, anders F I C K - T O R P wb. * 3, 4 0 3 ; S K E A T etymolog. dict. 7 1 1 ; T E N D O O R N K A A T K O O L M A N wb. d. ostfries. spr. 3, 551): got. wilfieis, ahd. wildi, mhd. wilde, altsächs. wildi, angels. wilde, altnord. villr (meist 'irregehend, verirrt'), engl, wild, nl. wild, schmd. vill (irre, unstät, unwillig), schwed.-dän. vild (lehnwort); wohl verwandt mit kymr. gwyllt ungezähmt und altbret. gueld-enes insula indomita; nach F A L K und T O R P norweg.-dän. wb. 2 , 1 8 7 7 / . vielleicht auch mit russ. viljati hin- und herlaufen. 4

weit verbreitet in den mundarten: westf. wild, mecklenb.-vorpomm. wild, will, thüring. wel, weller, Oberhees. w61I, wSell, weall, nass. will, wöll, henneberg well, Cronenberg, weilt, luxemb. wel, handschuhsh. wil von pflanzen, sonst wilt, lothr. wilt, wil, wel, elsäss. wild, wild, pack dich hinweg, du loses wild, mit deinen tölpis.chen Minden österr. wüld, im sonstigen oberdeutschen wild, auffälengl, comedien u. tragedien (1624) Aaa I»; lig ist waldeck, wilt, weil hier die ja-stämme das auslauder kern des menschen ist verheert tende e sonst bewahren; doch vgl. auch gött.-grubenh. wild und in ein tummes wild verkehrt S C H A M B A C H 298. eine alte und seltene nebenform ist mittelKönigsb. dichierkreis i9; und ndd. gewilde, s. th. 4 , I 3T 5 8 0 0 ; ganz vereinzelt steht die weit ward durch den krieg ein unvernünftig wild das ndd. wildern, willern (versuch eines brem.-niedersächs. LOGAU Sinngedichte 2 1 0 , 1 5 Eitner; wb. 2. nachtr. 411), offenbar gebildet mit dem ausgang -in, als unser Teutschland noch waldigt, rauh und sumpficht der vornehmlich stoffadjective bildet, also entstanden aus war, war der Teutsche ein jäger, roh wie das wild, wil|>ig-in; vgl. obd. kälbernes, schweinernes. dessen feil er um seine schultern schlug S C H I L L E R L, 166 (versuch über den Zusammenhang) ; indesz für das B. w i l d e und w i l d , die verkürzte form ist seihon im plumpe wild (das volk), das man fangen wollte, war 16. jh. die allgemeinere (so vor allem bei L U T H E R ) , mit die . . schlinge eben recht M O M M S E N römische geschickte ähnlicher entwicklung wie bei mild, mit dem wild oft im 3 2, 123. reim auftritt, doch findet sich die längere form mit ab4) in Sprichwörtern und stehenden redensarten (vgl. nehmender häufigkeit noch bis gegen das ende des 18. jhs., auch W A N D E R sprichwörter-lex. 5 , 2 3 8 f f . ) ; z. b. als hieb so bei S P E E , Z I N K G R E F , O P I T Z , L O H E N S T E I N , G O T T gegen müsziggänger: du hast auch vom wild gessen S C H E D , Uz. auffallend ist H E R D E R S nur durch thür.

(Walther); ß) mängel, wie unvernunft, roheit, plumpheit, bei denen mehr das bild des schwarzwildes vorschwebt: D R O S T E - H Ü L S H O F F 2, 217

WILD adj.

WILD adj.

einflusz erklärliche und besonders bei adverbialem gebrauch hervortretende und zweckdienliche Vorliebe für wilde, womit er unter den classikern wohl allein steht: im lande der riesen geht es wilde zu HERDER 18, 494; wilde verzweifelnd wie Berecynthia's tobender Atys

an, die auch unserem heutigen Sprachgefühl ganz geläufig sind: 'nicht zahm, unbewohnbar, rauh, tyrannisch, grausam, roh, unerzogen', nach ADELUNG, der hier merkwürdig ungenau ist, sind die drei hauptbedeutungen: 'der physischen, der gesellschaftlichen und der moralischen cultur entgegengesetzt', von einzelnen fällen erwähnt er wilde baumstämme, w. fische und fischerei, w. wasser, w. boden, w. gestein, w. fleisch, w. feuer; auszerdem kennt er die bedeutung 'fremd' aus den 'schwäbischen' dichtem (BURKHART VON HOHENFELS), doch finden sich in der litteratur des 18. jhs. noch manche, uns fremd anmuthende Verwendungen, wie z. b. Henriettens wilde annehmlichkeiten LESSING, die wilde federzeichnung, wilde und geistreiche probedrucke GÖTHE III 3, 375; IV 42 , 25 Weim. an neuen Verwendungen schafft das 18. und 19. jh. nur die Verbindung wilde ehe mit ihren verschiedenen nachbildungen, sowie den gebrauch von der wilde im eigentlichen sinne sowohl, als bildlich in der spräche der Studenten, der Parlamentarier und der schüler. im übrigen beschränkt sich nach den Wörterbüchern von HEYNE, PAUL und WEIGAND das heutige gebrauchsgebiet auf die Verwendungen 'nicht gezähmt, nicht veredelt, nicht angebaut, unbewohnt, schwer zu bändigen, roh, ungepflegt, ausgelassen, sittenlos, gegen Ordnung und zucht, aufgeregt, zornig', auszer gebrauch gekommen sind darnach also die bedeutungen 'seltsam, werthlos, unecht, unschön, unehrenhaft, unregelmäszig, unfundiert, heimathlos, fremd, dunkel, spröde, scheu' u. a., auszerdem eine grosze zahl von festen Verbindungen, redensarten und ausdrücken aus den fach- und berufssprachen, die unter III G und E zusammengestellt werden, als ein gewisser ersatz für diesen ausfall mögen gelten die der neueren, namentlich der dichterischen spräche eigenthümlichen, nach älteren Vorbildern wie wildfremd gebildeten Zusammensetzungen wie wildbleich, wildeinheimisch, wildfrech, wildheiter, wildkalt, wildkühn, wildlustig, wildnaiv, wildromantisch, wildschön, wildscheu, wildschroff, wildstark, wildstarr, wildsüsz, wildtoll, wildunruhig, wildverrückt, wildverstört, wildviehisch, wildwüchsig u. a.; s. unten die betr. artikel. von eigenthümlichkeiten des mundartlichen gebrauchs, auf die unten im einzelnen eingegangen wird, seien erwähnt 'häszlich' bair.-österr.; 'schön' schwäb.; 'traurig' ndd.; 'lustig' ndd., elsäss.; 'fremd' ndd.; 'irre' brem.; 'schwindelfrei' Schweiz. STALDER 2 , 450; 'sehr häszlich, schmutzig' henneberg. (REINWALD) ; KALTSCHMIDT gesammtwb. (1851) 1069 erwähnt als süddeutsche eigenthümlichkeiten 'schmutzig, häszlich, struppig, schlottrig'; gemeinsam ist sämtlichen mundarten mit der Umgangssprache die Vorliebe für wild = 'zornig' in seinen verschiedenen Verwendungen, beachtenswerth ist auch die ähnliche, vielseitige entfaltung des wortes im englischen, während das dänische und schwedische, soweit sie nicht, durch das deutsehe beeinfiuszt sind, das wort in der von altnord. villr vorgezeichneten richtung ziemlich einseitig entwickelt haben, vgl. dän. fare vild irre gehen, schwed. ga i villa tu der irre gehen u. a.

9

28, 299.

C. flexion und comparation sind regelmäszig; vereinzelt findet sich eine erweiterte comparativform wilderer, wohl gebildet zur Unterscheidung von der flectierten form, des positivs: sind viel unzuchtiger und sicherer, wilderer, geiziger LUTHER 33, 665, LL Weim.; wilderer saevior STIELER

(1691).

D. substantivierte

formen

siehe unter wilde, m.,

f.

». E. ableitungen sind: wilde, wilden, wildein, wildnen, wildern, Wildling, wildnisz, wildung, wildene, wildenei, wildericht, wildelich, wildelicht, wildig; s. die betr. artikel, sowie unten III A und B.

F. die Verwendung im Satze ist überwiegend attributiv und adverbial; prädicativ erscheint wild hauptsächlich in der bedeutung 'zornig, wüthenH; in diesem falle gerne mit den präpositionen auf, nach, über, selten mit einem dativobject. II. bedeutung

und

gebrauch

im

allgemeinen.

A. über die grundbedeutung läszt sich so wenig sicheres sagen wie über die herkunft des Wortes. ADELUNG hält 'ungestüm' für den vorherrschenden begriff. POTT, EICK, SKEAT sind für 'seinem freien ungehinderten willen nachgebend!'. KLUGE 6 nimmt mit rücksicht auf altnord. villr für die grundbedeutung 'wandernd', KLUGE 1 'verstandlos, unvernünftig', gegen die annahme, dasz wild ursprünglich nur von lebenden wesen gebraucht tcurde, wendet sich v. BAHDER oben th. 13, 1072 mit dem hinweis auf got. wilf>eis alSwabagms. für die grundbedeutung 'wändernd, irrend' tritt in ztschr. f. dt. wortforsch. 11, 299 HAU SCHILD ein; doch vermag seine erklärung von fuchswild, federwild und hirschwild nicht zu überzeugen, während dagegen sein hinweis auf das altnordische sowie auf mnd. wilden umherstreifen, wiltloper bettler, und schles. wildstreicher landstreicher, denen noch mnd. wildschuren und wilde fruwen fahrende öffentliche frauen LÜBBEN-WALTHER 682 anzufügen wären, alle beachtung verdient, am meisten Wahrscheinlichkeit haben immer noch die aus der Zusammenstellung mit wald sich ergebenden grundbedeutungen 'un angebaut, ungepflegt, wüste' (vom lande), 'im walde wachsend oder lebend' (von pflanzen, thieren, dämonen), aus denen sich am leichtesten die reiche sowohl persönliche als sachliche bedeutungsentfaltung des wortes ableiten läszt; vgl. auch die parallele silvaticus, sauvage sowie v. D. LEVEN und SPAMER die altd. Wandteppiche im Segensburger rathhause 18 f. B. für den gang der bedeutungsentwicklung haben wir nur wenige anhaltspunkte. von den bei GRAFF ge buchten ahd. fällen bezieht sich wild zweimal auf personen, achtmal auf thiere, zehnmal auf pflanzen und friichte, einmal auf eine örtlichkeit (thal), nur einmal auf einen abstracten begriff (agresti cultu). rasch mehren sich aber die fälle übertragener Verwendung, in denen das wort mehr und mehr eine erstaunliche Vielseitigkeit entfaltet. DIEFENBACH führt wild bereits an als glosse nicht nur zu ferus, agrestis, silvestris, sondern auch zu lascivus, immansuetus, rudis, irritus-irritatus, fluctivagus, erro, girovagus, vagus, sevus, severus, ferner in Verbindungen wie wild geschrei (rictus), wilde freiheit (vis rationalis), von des wilden (traurigen) mutes bekumernisse (cogitatio); dem mittelhochdeutschen sind ganz geläufig die bedeutungen 'zornig, unheimlich, dämonisch, sittenlos, ungesetzlich, seltsam, wunderbar, irre, unstät, untreu, fremd, entfremdet, abgestorben, faul' (vom fleisch). auf der höhe seiner entwicklung erscheint das wort im 16. und 17. jh. eine einschränkung des gebrauchsumfangs ist deutlich zu erkennen etwa von der mitte des 18. jhs. an, offenbar zusammenhängend mit dem bestreben, den allzu vieldeutigen ausdruck durch genauere Scheidung zu 'Seiten, bereits RÄDLEIN (1711) gibt nur die bedeutungen

10

C. hand in hand mit der Verengerung des gebrauchsgebietes hat sich in der neueren spräche eine Veränderung des gefühlswerthes des wortes vollzogen und zwar mit merklicher umbiegung in malam partem. die Vorstellung des feindseligen und gefährlichen, die in der alten spräche weniger im Vordergrund stand als die des ungezähmten, uncultivierten (vgl. wilde bäume, wilde blumen, wild von Singvögeln, äffen), ist für das neuere Sprachgefühl die vorherrschende geworden (vgl. wilde thiere raubthiere), auszer in den fällen, wo der gegensatz zu zahm, veredelt die herrschende Vorstellung ist, wie bei wilde rosen, w. pferde. deszhalb spricht man jetzt lieber von feld-, wald oder Wiesenblumen, sowie von waldbäumen als von wilden blumen und wilden bäumen, anders zu beurtheilen ist das zurücktreten der alten formelhaften Verbindungen der wilde wald, das wilde meer. in diesen fällen haben wohl die begriffe wald und meer ihren gefühlsklang verändert und das furchtbare für uns verloren, wodurch der anlasz zu jenen formelbildungen weggefallen ist; vgl. zu wald oben th. l } , 1082/. für die

WILD adj.

11

spräche der litteratur insbesondere sind auszerdem, je nach dem Charakter der betr. Zeitspanne, gewisse Schwankungen und Verschiebungen im klang und gebrauch nicht zu verkennen, in wie eigenartigen Verwendungen sich die mhd. dichtungen gefallen, ist schon oben erwähnt worden, auch in den folgenden Zeiten finden wir das warmblütige und nach allen möglichen richtungen dehnbare wort als einen liebling besonders der temperamentvollen und gefühlsreichen Schriftsteller und redner, die ihm je nach ihrer eigenart einen besonderen Stempel aufdrücken, in dem groben und derben, mit dem sprachlichen ausdruck noch schwer ringenden 16. und- anfangenden 17. jh. sehen wir das wort selbst einen groben und leidenschaftlichen ton annehmen — so ist auch die einzige von M AALER (l56l) angegebene bedeutung von wild beüwrisch grob — und auszerdem die undankbare rolle eines Provisoriums spielen zum ausdruck von Vorstellungen, empfindungen und Schattierungen, für die dem modernen dichtet dutzende von feingeschliffenen und abgetönten sonderausdrücken zur Verfügung stehen, ganz anders wie aus dem munde oder der feder eines L U T H E R , B R A N T , A U R A H A M A S T . C L A R A oder S C H U P P klingt datin später das wort in der zeit des sturmes und dranges bis in die jähre der J E A N P A U L sehen gefühlsseligkeit, wo es in erster linie als ventil für den inneren Überschwang erregter gefühlt dienen musz und selbst einen überschwenglichen Charakter annimmt, sogar den ruhigen L E S S I N G finden wir nicht frei von solchen uns fremdartig berührenden

Verwendungen:

wilder,

guter,

edler



wie

nenn ich ihn? Nathan 2, 9. weniger wundern wird uns dagegen, wenn bei J E A N P A U L selbst die tote natur sich übertrieben gebärdet und die Vorgebirge wild in das meer

dringen

und

waten

Titan

4, 130.

die

classiker

bringen den unserem heutigen Sprachgefühl entsprechenden, maszvolleren gebrauch zur herrschaft. die dichter des 19. und 20. jhs. sehen wir dann in ihrem bedürfnis nach möglichst neuen und starken ausdrücken zu verstärkenden neuschöpfungen und Verdoppelungen greifen, wie die schroff.

schon

erwähnten

12

WILD adj.

wildheiter,

wildschön,

wild-

D. Vieldeutigkeit und spuren von Unklarheit, bei den vielerlei Vorstellungen, aus denen das gesammtbild des 'wilden' sich zusammensetzt, sind fälle der mehrdeutigkeit, ja der völligen Unklarheit durchaus nicht selten, so namentlich, wenn das adjectiv als contradictio in adjecto durch das ihm beigesellte substantiv in seiner bedeutung völlig aufgehoben oder in sein gegentheil verkehrt erscheint, wie z. b.: eine wilde (verworrene) Ordnung PARACELSUS; eine wilde (verstörte) gleichgültigkeit GÖTHE, IMMERMANN epig. 2 l , 234; einen übertriebenen unkindlich wilden ernst J. E. SCHLEOF.L 6,75; zwischen den schloszm a u e r n und diesem abgrund ist ein wilder (kunstloser, natürlich aussehender) Spaziergang angelegt N O V A L I S

2, 56. in anderen fällen zeigt das wort in einem und demselben satz zwei oder mehr ganz verschiedene bedeutungen, theilweise mit bewuszter ausnützung der Vieldeutigkeit zum zweck eines Wortspiels: die kleineren gemeindewege zumal nehmen sich mit ihren . . hilfsfuszp f a d e n genau wie das wilde ( u n r i n g e d ä m m t e ) Strombett eines vertrockneten ilusses aus. diese ungeregelten,

überzähligen wilden (nicht vorschriftsmäszigen,

überflüs-

sig wuchernden) pfade fressen unglaubliche strecken culturfähigen landes w e g R I E H L land und leute* 214; wild (ungezähmt'•) bist du nicht, du zartes bild, doch darf ich dich auch nicht zahm nennen: allein musz jedermann bekennen, dasz der, der dich nicht liebet, wild {roh, barbarisch) WECKHERLIN

1, 451.

in Zusammenhang mit dieser Vieldeutigkeit des Wortes steht das bestreben, es durch synonyme ausdrücke (theilweise in formelhafter Verbindung, s. unten III C) oder durch antithese enger zu umgrenzen: diese seelsorger nun sehen die Vernunft, eben w i e Montaigne, als ein wildes, unbändiges, reiszendes und gefährliches thier a n L i s c o w 461;

nu bistu flüchtig, falsch und wilde [K. STIELER] geh. Venus 49 Neudr.;

bürger von altdeutscher sitte, bider, geschäftig, w i l d (ureichen S C H U B A R T leben

wüchsig) und stark w i e ihre und gesinn. 1, 9;

und macht die wilden herzen mild FISCHART

aprilwetter . ., ABRAHAM

K

welches

ST. C L A R A

bald

lob der lauten v.

schön,

etwas für

alle

bald

Hauffen;

7

w i l d . . ist

2, 4 5 ;

weisen wollens, wilden handelns GÖTHE

1 I I I 13, 97

nicht so w o h l wild als verwildert H E H N Italien

Weim.; 67.

aber auch das mittel der antithese hilft nicht immer zu einer klaren Vorstellung: er meint, sie (die Wildetfdn) gleich wie ihr namen laut, so fand er sie gar milde, er wolde sie zur braut

wer so wilde,

ZINKGREF

gedickte

15

neudr.;

m a n findt darunter (unter den Briaysern, einem französischen volksstamm) dreierlei arten, verschmitzte, wilde, und thorechte SEBIZ feidbau 40; anmuthig, doch nicht geil, herzhaftig, doch nicht wild J. R A C H E L

tat. gedickte

28

neudr.

wo ein neuerer schriftsteiler eine der älteren vieldeutigen Verwendungen nicht umgehen kann, zieht er es vor, einen neueren, eindeutigen ausdruck erklärend neben den alten zu setzen: j e nachdem . , unterscheidet m a n : wilde oder natürliche und z a h m e oder künstliche fisoherei SCHWAPP A C H forstpolitik 332.

E. bemerkenswert allitterierenden

ist auch der gebrauch des Wortes in Verbindungen; so attributiv neben

wald, wasser, weit, woge, wachsen, aber auch copulativ und verworren.

III. bedeutung und folgender Übersicht:

wurzel, in w i l d

gebrauch

im

adverbial neben und wüst, w i l d

einzelnen

nach

A. grundbedeutung: 'ungezähmt, uncultiviert' a) von ihieren, b) von pflanzen, c) von sonstigen naturerzeugnissen, d) von menschen, e) von der sonstigen natur; B. abgeleitete bedeutuhgen: L) 'heftig, stark', 2) 'unbändig, zügellos', 3) 'erregt, zornig, leidenschaftlich', 4) 'bösartig, gefährlich, furchtbar', 5) 'eindrucksvoll', 6) 'wandernd, heimathlos', 7) 'fremd, seltsam', 8) 'unvernünftig, roh', 9) 'scheu, spröde', 10) 'urwüchsig, derb, natürlich', 11) 'verwildert', 12) 'wirr', 13) 'unschön', 14) 'wuchernd', 15) 'gesetzlos, regellos', 16) 'gehaltlos, unrein, unecht'; C. formelhafte D.

Verbindungen;

Zusammensetzungen;

E. fach-

und

berufssprachen.

A. eigentliche Verwendung mit beziehung die von der cultur nicht berührte natur, schlieszlich des im urzustand lebenden schen.

auf einmen-

hier bedeutet das wort im naturzustand befindlich, von der menschlichen cultur nicht berührt, in folge dessen 'nicht gezähmt, freilebend' (von thieren)', 'unveredelt, nicht angebaut' (von pflanzen), 'unschmackhaft, nicht genieszbar' (von fruchten), 'unverfeinert, nicht hergerichtet' (von sonstigen naturerzeugnissen), 'culturlos, primitiv' (vom Urmenschen), 'unangebaut, brach' (vom boden), unbewohnt, öde' (vom wald und anderen theilen der erdoberfläche), 'ungebändigt' (von naturkräften). a) von thieren 'ungezähmt, ungebändigt, im gegensatz zu den hausthieren; meist in Verwendung;

freilebend' attributiver

«) in Verbindung mit allgemeinen begriffen wie 'fauna, thiere, bestien, vieh, wild' in gegenüberstellung zu zahm, geheuer, heimisch, harmlos, h a l b w i l d ; ursprünglich

'wild-

lebende thiere jeder art' umfassend; dann häufig verengt zu dem begriff 'jagdbare thiere, tvild', und im neueren Sprachgebrauch meist mit ausgesprochener gleichstellung von w i l d e thiere = raubthiere; vgl. zu letzterem auch B 4, ebenso die artikel wildthier und wildzeug: wildiu tier GRAPP L, 804; und die samenung der wilden tier zu

dem herrn erste deutsche bibel 119, 24

Kurrelmeyer;

13

WILD adj. manch fruchtbar bäum auch über das bschuf ich auf erden zu einr zir, allerlei wild und zame thier und auch die vögel in dem luft HANS SACHS 1, 20 Keller; auch uberal di thyr geheur ünt wild SCHEDE-MELISSUS psalmen 82 neudr.;

den wilden, den heimischen thieren PARACELSUS opera 2, 825; die vorgefundene animalische w e i t (wurde) durch theilweise Vernichtung der wilden fauna verringert und durch hausthiere bereichert WIMMER gesch. des deutschen bodens L; wider die wilden bestien zu kämpfen S. v. BIRKEN ostländischer lorbeerhäyn (1657) 19; die nächsten geschöpfe des feldes und waldes an harmlosen und wilden thieren sind auch vorhanden (im osteologischen cabinett) GÖTHE IV 29, 14« Weim. vereinzelt finden sich die Verbindungen das wilde wild (s. oben sp. 4 unten) und das wilde vieh, meckl. vorpomm. will veih 'wild' Ml. ß) in Verbindung mit den namen einzelner thiergattungen, wobei gerne Verschmelzung mit dem substantiv eintritt, vgl. wildbär, -beest, -büfTcl, -eber, -ente, -esel, -falke, -gans, -geisz, -hahn, -huhn, -hund, -katze, -ochse, -pferd, -rind, -sau, -schaf, -Schnepfe, -Bchwan, -schwein, -stier, -taube, -vogel, -ziege. aa). thiergattungen, die nur im naturzustand vorkommen, wobei zu beachten ist, dasz in der älteren spräche auch kleinere und harmlose thiere nie äffen, Singvögel, sowie fische u. a. wild genannt Vierden: der wilde b6r, luhsa diu wilda GRAFF l, 803; die wilden vogel WALTHER 124, 80; man hat zwein wilden vischen den helt gebunden umbe ir kragen KONR. VON WÜRZBURG trcrj. krieg 27384/.; der (Kain) loff da her und brummet wie ein wilder beer HANS SACHS 1, 61 Keller; l ö w e n , beeren, hunde, w ö l f e und andere wilde thier MOSCHEROSCH gesichte 8, 414; von äffen: dann jeder sehen wolt den äffen, der weibern gibt so viel zu schaffen, und freuten sich Seins Unglücks all, das man disz wild thier brächt in stall FISCHART flöhhaz v. 1256 neudr. von vögeln: es sang ein nachtigall wilde von sunnen schein in gr5nem hag HÄTZLERIN 4; Ägyptens eingestürzte seulen sind die behausung wilder eulen GOTTSCHED gedickte 118; sie schwärmen wie wilde vögel durch feld und Waldrevier GEIBEL 1, 54; auch vom gesang der vögel: wie die turteltaube girret und manch wilder vogelsang mit echo am felsenhang zärtlich und verliebt sich wirret TIECK 1, 397; bb) thiergattungen, die auch als hausthiere oder wegen ihres nutzens gehalten werden, ine ochsen, hunde, gefiügel, bienen: wilda esila, wildiu gans GRAFF l, 804; ein w i l t bock ibex, ein wilde gaisz rupicapra, ein wilde katz figus DIEFENBACH nov. gloss.; item 1/2 m - eyme manne gegeben, der unserm homeister eyn w i l t pferdt brochte Marienb. treszlerbuch 244; doch seufzt und ächzt er in unmut, wie ein wilder ochs brüllen thut DÄHNHARDT griechische dramen 2, 80; von einem wilden schwein RANKE 1, 235. vom gefiügel, von bienen: zahmes und wildes gefieder AITINGFR jagdu. weidb. (1681) A I B ; wildes gefiügel in menge G. FORSTER 4, 28; eine taube . . ist der fcekante hausvogel, wiewohl ihr auch unterschiedener a l t wild seind HARSDÖRFFER d. teutsche secretarius 1, 74; wilde bienen und andere thiere allgem. haush.-lexieon 3, 729. cc) thiergattungen, die andern ähnlich selten und deshalb uneigentlich nach diesen genannt werden, wie es bei pflanzen noch häufiger ist: wilder rehbock, damhirsch, wilder Sperling, sanggrasmücke CAMPE 5, 718; vgl. auch unten wildelster, wildstör, wildgeisz. y) in der älteren spräche von dem fleisch wildlebender thiere: was wild, unzam fleisch ist, das von leuten nicht

14

WILD adj.

geführet und erzogen, ist PARACELSUS opera 1,300°. auch von dem zubereiteten fleisch wilder thiere in der Verbindung wilder braten, Wildbraten: man legte also den hasen in eine scharfe essigbeize, und liesz ihn nach mühsamer reinigung zu einem wilden Sauerbraten werden der Leipziger aventurier (1756) 1, 54; daher auch wildgemacht.. eis alSwabagms, ahd. wildiu eih esculus, v i e p o u m a , olepoume sycomoros, mulpoume GRAFF 1, 808; bei DIEFENBACH gloss. 394" wilder olb a w m olea. aa) wilde flora, waldbäume und -sträucher: zusammentreffen der wilden floren zweier continente . . auf einer oceanischen insel R I T T E R erdkunde 1, 49; ihr bäume, beide wild und zahm, kommt lobet meinen bräutigam A. SILESIUS heilige teelenlust 214 neudr. ; ein jägerhans . . ganz m i t birken und andern wilden bäumen verwachsen S. v . BIRKEN der vermehrte Donaustrand 48/.; ein niedriger hügel, voll brombeerranken und wilder rosenbüsche STORM 1, 99. der gegensatz ist 'zahmer bäum': myrtus ist nicht in deutschen landen, ich hab auch sonst keinen gesehen, sie schreiben aber, es sei nicht ein wilder, sondern ein zamer bäum LUTHER 23, 510 Weim. bb) wilde Obstbäume: ein wilt appel macianum DIEFENBACH nov. gloss. 242b; einen . . wilden birnbaum polit. maulaffe (1679) 103; . . stelle deine Streiter dort zum wilden feigenbaum

BÜRGER 174.

cc) sonstige bäume mit ungenieszbaren frückten im gegensatz zu verwandten 'nutzbäumen': die meisten wilden kastanien- und lindenbäume KERNER bilderbuch 37. dd) 'ungepfropfte' bäume und stocke im gegensatz zu 'edeln' oder 'veredelten': wie ain zweyl edler natur, so auf ainn wilden stock gepelzt w i r t , die wildnatur desselben stocks an sich zeucht und daraus ainn edeln paem macht, der guote frucht bringt BERTII. V. CHIEMSEE teutsche theologey 137; itzo versetzet man die wilden stämme, die übers j ä h r sollen gepfropfet werden allg. haushalt.-lexicon 1, a, 3 b . ß) von unkraut, sowie von gras, heu, stroh, die nicht von wiesen oder feidern herrühren; vgl. auch die artikel wildkraut und rildheu: wild krüt DIEFENBACH nov. gloss. 13; wildes nnkraut wird euch ersticken SAL. GESZNER (1778) 2, 9;

15

die dach sind mit wildem stro oder sträw, die in den weiden von ihm selbst wächst, bedecket general Chroniken (Frankfurt 1576) 42 y) von pflanzen, die nutzpflanzen wie Weinrebe, kümmel, kürbis, hopfen, spargel ähnlich oder mit ihnen verwandt sind: GRAFF 1, 803 nennt als 'wild' winrebun, repa, cresso, haparun, churpiza; DIEFENBACH gloss. wilde papele alcea 8, wilder sänf eruca 209", wild saffran eupatorium 218*, wild senp eutentilla 218 b , wildiu repa wildreb labrusca 314 B ; nov. gloss.: wilde kresse (cardamum), wilde 6enf (azonium), wildi reb (senecia), wilde ader velt komel (siler), wilder kole (struthium); EMMELIUS nomenclatura hat w. cucumern (42), senff (74), kümmel (76), saffran (67), wicken (64), feig (53), köl (65), kresz (75), kurbis (66), lauch (66), rübstock (57). bei älteren und volkstümlichen benennungen besteht oft gar keine andere beziehung als die äuszere ähnlichkeit zwischen der als wild bezeichneten und der eigentlichen pflanze; wild bedeutet also hier wie bei manchen thiernamen 'uneigentlich' oder 'unecht': thüring. well' baumwäll (eriophorum L.), weller hunf (galeopsis tetrahit. L.), Weller Waldmeister (galium silvaticum L.) HERZOG über volksnamen der pflanzen im hzt. Gotha (mittheilungen der Vereinigung für gothaische geschichte 1901) 188; brandenb. wilen töbak (königskerze) archiv der Brandenburgia 11, 122; wild flass, wille flass, wille wie SCHAMBACH gött. idiot. 271; wille more, w. vitesbohn. w. mandelkrüd WOESTE xoestf. wb. 324. d) von sonstigen kräutern und blumen, die nicht in gärten angepflanzt werden: STEINBACH (17S4) wilde kräuter herbae erraticae; die gesammelten blumen, die wilden kräuter BETTINE tagebuch 198;

c) von anderen naturerzeugnissen 'wildwachsend', meist mit dem nebensinn 'unschmackhaft, bitter' (von genieszbaren), 'unverfeinert, nicht künstlich hergerichtet, roh' (von sonstigen): a) friichte wilder Obstbäume und beerensträucher, halmfruchte, wurzeln; auch in diesen fällen ist, wie für bäume und blumen, das heutige gebrauchsgebiet von wild enger als dasfrühere, indem bezeichnungen wie holzäpfel, waldbeeren gebräuchlicher geworden sind: wildiu peri, wildi honag G R A F F l , 803;

wild

c) von dem ungepflegten wachsen der pflanzen: der weinstock wird wild vitis sylvescit STEINBACH ; die tulpe,ist in ihrem wilden zustand gelb GÖTHe II 5, 2,160 Weim.; Theophrastus bemerkte, dasz in den bergländern hinter dem kaspischen meer die gerste wild wächst J. v. MÜLLER 1, 25; w o wild die rose um den steinpfad w u c h s HÖLDERLIN 2, 202;

hüdlich: ei w a s ! geschnitzte helden hätten wir genug; mir sind die lieber, die wild im walde wachsen BAUERNFELD 5, i n ; ist's genug, dasz in und um Weinsberg die geister wild wachsen wie wegerich? IMMERMANN Münchhausen 8 2,146; minister von der begabung Falk's wachsen bei uns nicht wild BISMARCK ged. u. erinn. {volksausg.) 2, 157. besonders in der Verbindung a u s oder v o n w i l d e r w u r z e l , eigentlich 'auf neu gerodetem boden': swar gebure en nie dorp besettet van wilder wortelen Sachsensp. 8, 79 Horn.,- seit dem 12. Jahrhundert kamen die städtegriindungen 'von wilder wurzel', wenn auch im anschlusse an schon vorhandene dörfer, auf R . SCHRÖDER rechtsgesch. 2 606; ein durchgreifender wille ordnete die dinge gleichsam aus wilder wurzel TREITSCHKE aufs, s, l».

i o h a n n e s b r o d t fabago

DIEFENBACH

gloss. 221*; alles wildes obes, als holzbirn, holzepfel oberrhein. stadtrechte {Miltenberg 1879) 1, 315; ich hab gepflanzet ain Weingarten, . . so hat er bracht wilde und biter frücht KNEBEI. chronik von Kaisheim 13; soll m a n den kranken mund an wilden äpfeln weiden? B . NEUKIRCH gedickte 109;

wie

schmeckt

die wilde

und

unverbildete

kastanie?

IMMERMANN I , 1 0 ; und beeren wilder art WIELAND 22, 6 (Oberon I 6, 4); w a s sollt' ich auch . . die wilde kost verzehren? PLATEN 153 (an die taube); und wilde wurzeln waren eure speise SCHILLER 13, Sil (jgfr. v. Ort. 5, 2);

die wilde halmfrucht MOMMSEN röm. gesch. l, 18; hierher auch Zusammensetzungen wie wildobst, wildapfel u. s. w., s. die betr. artikcl. ß) vom honig und wein: sein speis was heischrecken u n d w i l d h ö n i g Marc,

l , 6 bei B E R T H O L D V. C H I E M S E E

teutsche theologey 609; dann Christus hat nit wöllen wilden wein zu trinken geben, sondern zamen wein PARAC E L S U S opera

2, 413.

y) sonstige naturerzeugnisse

wie federn, pelz,

holz:

er trug ein w a m s von leder und einen jägerhut mit mancher wilden feder UHLAND ged.2

wilde ausgeraufte blumen streuet sie ihm jetzt aufs dunkle haupt MALGR MÜLLER werke 1, 75;

in der älteren spräche allgemeiner als in der heutigen, die nur noch die unveredelten verwandten unserer gartenblumen wild nennt, ioie die wilden rosen, nelken u. a., mährend sie sonst die benennung wildwachsend, wald-, feld- oder Wiesenblumen vorzieht, sowohl im allgemeinen als von einzelnen gattungen, wie z. b. wiesensalbei, feldquendel, waldminze statt wilder salbei u. s. w.: wildiu minza GRAFF l, 804; DIEFENBACH gloss. nennt so wilt acceley (aquileya agrestis 44), wildiselbin, wilde salben, salbeie (eupatorium 218*); EMMELIUS nomencl. w. bolei (68), galgan (65), kerbel (75), basilien (71), ochsenzung (77), rauten (78), schwertel (70); GERSDOHFF wundarzney (1517) XXXVII l a wilder sanickel; aüg. haushalt. lexicon 8, 729 wilde anemone; ebenso noch heute mundartlich wille fillette (nelke), wilen lifekin, w. melle {melde), w. stockrose (malve) WOESTE westf. wb. 824.

16

WILD adj.

WILD adj. dem rauschenden wilden grase auf zerfallnen heldengräbern gleich SCHUÜART gedickte 2, 287;

377,

mit wilden katzenbelzen Garg. 90 neudr.; s. auch hinten wildholz, 'angeschwemmtes holz'. (f) bildlich von den sprachen wilder Völker, wohl weil sie mit naturerzeugnissen verglichen werden: so ordnen nicht nur alle wilden sprachen, sondern ungeachtet der groszen cultur, die sie erlangt hatten, auch die sprachen der Griechen und Römer ihre bilder HERDER 22, 146; vgl. auch W. v. HUMBOLDT briefe an Welcker 52. d) von menschen 'im naturzustand lebend, unkultiviert', meist mit dem nebensinn des unvernünftigen, rohen, gefährlichen. «) in der älteren spräche mit Vorliebe von dämonischen, meist mit übernatürlichen kräften bfigabten bewohnern des waldes und der berge, vgl. wildemann, wildfrau, wildweib, wildleute: wildag wip lamia, wildiu wip ululae GRAFF l, 804; die wilden merwip Nib. 1514, 8; und in dem obgenanten perg, do sein wild leut, die chain wanung haben pei andern menschen . . und laufen als andere thier in dem perg und essen auch laub und gras SCHILTBERGER reisebuch 89 lit. verein; in diesem wald hätten früherhin wilde leute gehaust, deren handgriffe man noch in den steinen sähe GRIMM sagen2 l , 211; die wilden männer sind s' genannt, am Harzgebirge w o h l bekannt, natürlich nackt in aller kraft, sie kommen sämtlich riesenhaft

sonst vgl. B 4 b.

GÖTHE 15, 54 Weim. (Faust II).

ß) von naturvölkern in fremden erdtheilen, meist in Verbindung mit dem volksnamen, erst später mit Substantivierung des adjectivs, vgl. unten wilde, m.: und frage doch einmal das volk der wilden mohren B . NEUKIRCH gedickte 113;

bei den wildesten wie bei den cultivirtesten nationen Jt. L. v. HALLER restaur. d. staatswiss. l, 1. y) in der älteren spräche auch für 'halbbarbaren, halbwilde', die nicht culturlos sind, sondern nur auf einer tieferen culturstufe stehen, ein ungenauer gebrauch, der schon von ADELUNG beanstandet wirddie wilden

18

WILD adj.

WILD adj.

Indier SEBIZ feldbau 229; die wilden Schotten NEUMARK neuspr. teutsche palmb. (1668) l l l ; wilde Griechen ebd. 346; vgl. unten Wildschotten.

in eine wilde einöde BOLTZ Terenz deutsch 160*; in dem wilden tal ARIGO decamerone 148, 21; an diesen wilden unbewohnten orten GRIMMELSHAUSEN 2, 38 Keller; das wildeste land mediz. maulaffe 106; die gegenden sind meistens wüst und wild BROCKES ird. vergnügen in gott 4, 224; er wollte überall -die wilde, gemeine und ungesäuberte natur sehen WACKENRODER herzenserg. 146; die scene stellte eine wilde gegend vor KLINGER wgrke 3, 28; wild ist es hier und schauerlich öd'

y) vom wasser 'flieszend' im gegensatz zu stehenden, künstlichen gewässern: des wilden wassers flumen DIEFENBACH gloss. 240°; swe so vischet in enes anderen mannes watere an wilder wage (in strömendem wasser) Sachsensp. 2, 28, 1; nicht in bestimmte rinnsale geleitet: vielleicht waren sie (die sümpfe) früher trocken gelegt gewesen und . . nachher den wilden wassern wieder überlassen worden NIEBUHR röm. gesch.3 l, 147; 'nicht beständig flieszend': wilde flüsse periodische, unstätige SCHM ELLER 2, 899; im gegensatz zu quell- oder wasserleitungswasser: indem wiederholt die fassung derselben (quellen) zur abwendung wilden wassers verändert und verbessert wurde Leipz. tageblatt v. 6. mai 1901; die Verachtung . ., welche so häufig die alpenbewohner gegen die 'wilden' gletscherwasser bezeugen, und ihre Verehrung vor den 'lebendigen' quellen TSCHUDI thierleben 223; ADELUNG definiert w. wasser als 'nicht durch kunst geleitet und gehegt'; HEYNE 3, 1382 als 'nicht in künstliche rinnsale geleitet. vgl. auch wildbad 'natürliches heilbad', sowie die artikel wildfluth, -gerinne, -wasser; ferner unten B 16 wild, werthlos.

im wilden, unholden Litthauen G. FORSTER 8, 24; auch mit beiouszter Übertreibung von schwächer bevölkerten und weniger angebauten ländern: morgen geh ich . . nach Waldeck, wilde gegenden und einfache menschen aufzusuchen GÖTHE IV 3, 6, 8 Weim.

B. abgeleitete bedeutungen, wobei ein ursprünglich nebensächliches merkmal der Wildheit hauptmerkmal wird, häufig mit Übertragung theils von der natur auf die cultur, theils vom körperlichen auf das geistige, vielfach nur von vorübergehenden zuständen.

17

e) von der sonstigen baut' (länder, gegenden), (erdboden), 'ungebändigt,

natur 'unbewohnt, unange'brach, unbearbeitet, unfruchtbar' nicht nutzbar gemacht' (demente).

a) von ländern und gegenden, 'öde, einsam, rauh' und darum zusützen:

wildag tal

oft mit dem nebenbegriff auch mit entsprechenden

G R A F F 1, 8 0 4 ;

fif den wilden sant

Gudr. 849, 2;

SCHILLER 11, 90 (Spaziergang)

-,

in der älteren spraehe namentlich in den Verbindungen der wilde wald, die wilde heide, an wildem ende: k a m in a i n w i l d e s t a n

HÄTZLERIN 1 4 3 ;

und wärest du in einem wilden wald KEISERSBERG Spinnerin a9'; auf wilder heid such ich mein weid bergreihen 115, 8 neudr. ; die haide . ., die so schwarz und wild zu ihren föszen lag STORM l, 226; westf. de wille haie (haide) WOESTE 824; auszer gebrauch gekommen ist die redensart an wildem ende, in der einsamkeit: ich bin, die du hast hingefürt ausz meim köngkreich in das eilend, die du verliest an wildem end H . SACHS 2, 259, 3 4

Keller;

wie pist du so gar alleine an -disem wilden ende zu diser zeit der nacht ARIGO decamerone 330, 15; weil ihr so gar alleine an diesem wilden ende zu dieser zeit des tages und fast nachtes kommet schausp. engl, comöd. 230, 29 Greizenach. vom gebirge

und von f eisen : gän den wilden alben Barlaam u. Jos. 194, 40 Pfeiffer;

ein wildes rauches gebärge SCHAIDENRAISZER Odyssea (1637) l l b ; es müssen auf den wildesten gebürgen sehr viele grosze herren gelebt . . . haben HALLER tagebuch s. beobachtungen l , 15; Uber diesen (den Innstrom) herüber aber schauen die wilden kaiser STEUB drei sommer in Tirol 12; hier an den felsen, schroff und wild LENAU gewichte

(1857) 1 , 1 9 7 ;

s. auch wildalpen, wildberg. ß) vom erdboden, 'unfruchtbar': der erdpodem ist aller verflucht, was man nit baut, ist wild, und pringt nichts dann distel und dorn S. FRANCK teutsch. nat. chron. (1539) 3 B ; 'unbebaut': 1768 wurden 56 ruthen . . so, wie es noch wild dalag, für 100 thaler angeschlagen MÖSER Osnabr. gesch. 2 1,117; besonders in dem fachausdruck w i l d e e r d e , w i l d e r b o d e n : denn gesetzt auch, dasz in dieser art (bei tiefem pflügen) wilde erde herauf gebracht würde, so wird doch solche hernach den sommer über mit dampf und frucht aus der luft und sonne geschwängert CHOMEL öcon. u. phys. lex. 7, 709; der sogenannte wilde boden, der unter der Bchicht der ackerkrume liegt, musz bedachtsam aufgepflügt werden AUERBACH neues leben 2, 5; luxemb. wele bu e dem unter dem fruchtbaren boden liegende erde (wb. der luocemb. mundart 483); tirol. wild, unangebaut SCHÖPF; vgl. ferner unten wildboden, -land, -wiese. XIV. a.

l) 'stark, heftig, ungestüm'; zunächst noch von den naturgewalten, dann übertragen auf menschliche kräfte, eigenschaften, empflndungen und gefühle, vor allem auf leidenschaften; auch auf thätigkeiten und Vorgänge, besonders auf bewegungen; oft nur als gradbestimmung, namentlich in verbalen fügungen wie wild stinken, a) von naturerscheinungen, besonders vom wetter: ihr wilden elemente, werdet herr!

SCHILLER 14, 3 7 0 ( T e i l 4 , 1 ) ;

furcht vor den wilden naturkräften MOMMSEN röm.

gesch.

1, 1 5 9 ;

du reisest! seufzte sie, und ach! trotz wilder hitze? nach Deutschlands Wüstenei, nach dummer Gothen sitze ? Uz 283 v. 93 Sauer; j e tiefer der winter sich senkte, j e wilderes wetter, j e unzugänglicher die wege GÖTHE SO,249,2 Weim. (waMverw.); wildes wetter, 'eine Verbindung von regen, schnee mit starkem

und

wechselndem

wind'

LIECHTENSTERN

allg.

dt. sachwörterbuch (1834) 10, 378; s. auch hinten wildwetter; regen stürzt in wilden gttssen, grauenhafter donner brüllt PLATEN 1, 8 ;

soeben durch ein wildes Schneegestöber von einem termin zurückgekehrt BISMARCK briefe a. s. braut u. gattin 14; vom wasser: sein (des backet) flusz was angestlichen wild HÄTZLERIN 166, 8 0 ;

gleich wie die wilde flut nicht allezeit sich musz bewegen Königsb. dichterkrete SB neudr.; auch des wilden stromes bette schlieszt sie in denSCHILLER heiigen räum 11, 297 (bürgerlied); thäler, in die sich wilde b&che hinabstürzen RACMER gesch. d. Hohenst. 4, 66; so wild das wasser stUrmt und rauscht

DROSTE-HÜLSHOFF 2, 9 2 .

vom feuer, wofür in der älteren spräche die Verbindung wildes feuer ganz stehend ist: daj wilde viuwer vor ir ougen glaste Rabenschlacht 823; dasz das wilde feuer aus . . heim und schild fuhr Volksbuch v. geh. Siegfried 73 neudr.; das wilde feuer, das seine rote zunge nach mir streckt TIBCK 1 , 9 1 ;

von der dSrfer, von der städte wildem brande

SCHILLER 11,- 816, 8 4 0 ;

da fangen Wälder an zu rauchen und prasseln wild im stürme auf

2

MÖRIKB 1 , 1 4 S ;

19

WILD

WILD

adj.

wildes feuer altertümlich auch in der bedeutung 'Scheiterhaufen, feuertod'; vgl. mhd. w i l d e j viur rogus DIEFENBACH gloss. 500": das die . . . frau des wilden feurs wirdig ist, die iren leib . . . verkauft ARIGO decamerone 467. b ) von menschlicher körper- und geisteskraft: sein vater hatte in der jugend wilde kräfte, zu deren spiel nur ein Schlachtfeld oder königreich geräumig gewesen wäre J. PAUL Titan l, 4; aus überflüssiger, wilder und üppiger kraft WACKENRODER herzenserg. 155. c) von empfindungen seelischen:

und gefühlen,

körperlichen

und

es wand ihr ein knäbchen sich weinend v o m schosz bei w i l d e m unsäglichem schmerze BÜRGER 62A {des Pfarrers tochter von Taubenhain); plötzlich treibt ein wildes sehnen nach den bergen mich, zu ihr LENAU gedichte (1857) 1, 29; die zehn mohrenritter hat ein wilder schreek gefaszt UHLAND ged.' 281;

der alte (im W. Meister) . . . ergreift uns mit wilder Wehmut FR. SCHLEGEL Athenäum 1, 12; der wilde zorn3,82; unter wilder lustigkeit ZIMMERMANN einsamkeit L, 18; mit wildem humor gewürzt MOMMSEN röm. geschickte 3, 39; volksthümlich auch von heftigen krankheitscrscheinungen, bairisch wilde vergicht wüthende gicht HÖFLER krankheitsnamen 192. d) von Vorgängen, th&tigkeiten und ereignissen, namentlich vom kämpfe: er bat so mengen wilden strusz mit den juden allen gehan

MONE schausp. d. mittelalt. 2, 272; in meinem köpf entstand ein wildes ringen EBNERESCHENBACH i, 250; eine wilde revolution NIEBUHR röm. gesch. 1, 82; es braust. . w i l d durch die weit der krieg A R N D T werke 4, 7 ;

hierher auch aus der Umgangssprache die häufige mdhnung: nicht so wild I 'nicht so ungestüm i' und aus der bierbrauersprache wilde gährung von der ersten, besonders heftigen gährung im gegensatz zur nachgährung und stillen gährung PRECHTL technolog. encykl. 21, 444. e) von raschen beteegungen: ain wild gestrabal (gestrabet) Oarg. 44 neudr.; mit rollenden äugen und wilden

schritten LANGBEIN

6, 268;

täglich über's meer in wilder eile fliegen ihre schiffe LENAU gedichte (1857) 1, 227; hier w a r zu sehn Dianas wilde j a g d HEINE 2, 47; zerstob ein theil i m wilden lauf MÖRIKE 1, 839.

f ) mit völlig verblaszter bildlicher Vorstellung, nur zu temperamentvoller Verstärkung, namentlich in der älteren und volksthümlichen spräche und vorzugsweise als adverb: denn solchs ein gemein werk ist weltlichs schwerts, und viel davon geschrieben und manch wilde scherfe hirinnen gesucht wirt LUTHER 11, 251, 8 Weim.; da m a n es (das kraut basilicum) aber stark reibet, stinkt es gar wild ABRAHAM A ST. CLARA Judas L, 87; es stinkt wild auch bairisch SCHMELLER 2,899; hierher wohl auch: wild närrisch, wild schön sehr schön SCHMELLER a. a. o.; henneberg. well sehr, gar zu well gar zu sehr REINWALD L, 190; ähnlich in der norddeutschen Umgangssprache wild hübsch 'sehr hübsch' zts. f . dt. wortforsch. 2, 834; auf der kirmes war's gar wild hübsch, es friert mich wild SPIESZ Senneb. idiot. 283; vgl. auchthür. e weler schnupfer, raucher HERTEL 258; weniger kühn erscheinen uns Verwendungen wie: ich sudle heut abend wild, aber es ipt besser etwas als nichts GÖTHE I I I 1, 224 Weim.; oder von schwerer arbeit: die natur hat sich schwer und wild abgemüht, bis sie die jetzigen typen . . . festgestellt hat VISCHER auch einer 3

8 , 116.

a) 'unbändig', in verschiedenen abstufungen von harmloser ausgelassenheit bis zu völliger ßügeüosigkeit und zuchttosigkeit; von ungezähmten thieren zunächst übertragen auf gezähmte, die schwer zu bändigen sind:

20

adj.

j e gröszer herr, je wilder beer SEB. FRANCK Sprichwörter 1, 3 6 B ; seid nicht so unverständig, w i e g&ul' und mftuler sein, die eh' nicht werden b&ndig, als wenn ihr wildes maul ein scharfer zügel zwingt FLEMING deutsche gedichte 1, 5 ; ins lustgeheul der wilden doggen rauscht ein gräulich schnauben DROSTE-HÜLSHOFF 2, 214;

in der Jägersprache von Jagdhunden: wild werden heiszet, wenn der leithund auf des Jägers Zuspruch, lieben und strafen nicht mehr achten, sondern in allem nur seinen eigenen willen haben, und in keine rechte Ordnung sich bringen lassen will HEPPE lehrprinz 42. dann übertragen auf menschen und menschliche Verhältnisse; meist als dauernde eigenschaft; gerne im gegensalz zu milde oder z a h m , vgl. j e wilder er, j e milder sie WANDER sprichw.-lexicon 5, 824; ein wilder mann wird nimmer als nur von liebe zahm RÜCKERT ges. gedichte

4, 375.

a ) 'unerzogen, ungezogen, ausgelassen, ungebunden, feurig', zunächst von hindern und jungen mädchen, namentlich in stehenden Verbindungen wie wilde hummel, wilde brut: man sagt mir, ich soll in meinen kindlichen jähren fast wilt gewest sein SASTROW 1, 61; ir hildenbrandstreichige wilde hummeln (von männem; vgl. th. 4 II, 1903) Oarg. 16 neudr.; aber so ein liebes mädchen mit einer wilden zu vertauschen? STEPHANIE lustspiele (1771) 123; mit der blonden tochter des liederlichen pachters, einer wilden hummel von brünette GÖTHE 24, I I I , 23 Weim. (wanderj. 2, 6); hast dich m i t wilder brut wieder eins berumgeschlagen?

M Ü L L N E R I , 16;

Henriettens wilde annehmlichkeiten, ihre wohl lassende dreustigkeit, ihre fröhlichen entzückungen stechen mit den. gründlichen eigenschaften ihrer schwester vortrefflich ab LESSING 2, 59, 16 (freigeist 1, 8); der ungebundnen Freiheit wollen sie entsagen, nicht dem zllgel des gesetzes entzieht sich ihre brausend wilde jugend SCHILLBR 14, 95 (br. v. Messina

4,1);

westf. en willen jungen ein lebhafter junge, dat w i l l e für ein wildes frauenzimmer WOESTE 325; gött. de w i l l e düwel der wilde knabe SCHAMBACH 298; elsäss. e wil d kind ausgelassen, e \yildi hüt ein lustiges mädchen MARTIN -LIENHART 2 , 820; vgl. auch hinten wildfang, wildfisch und w i l d h a m m e l ; aueh von erwachsenen, vielfach tadelnd als 'formlos, rauh':

scherzweise, aber auch

ein jung gesel, der noch so wild, kan werden durch ein w e i b gestilt

B. KRÜGER Ciawerts werdet. hUt. 18 ndr.;

der abt Terrason hat irgendwo bemerket, man werfe den Engländern ein gewisses wildes und ungezähmtes wesen vor ZIMMERMANN von dem nationalstolze 73; ein wild leben fera agrestisque vita, immanes et barbari mores DENTZLER clavis linguae lat. (1716) 352B; allein eine (spräche) i m wilden freien leben,' i m reich der groszen weiten Schöpfung, noch ohne bücher und buchstaben . . sie musz sich verändern HERDER 6, 126 (ursprung der spräche). b ) die grenzen des erlaubten überschreitend, 'unbändig, zügellos, frech, ausschweifend', schlieszlich 'maszlos'. a) von personen: wilde, unsanftmutig immansuetus DIEFENBACH gloss. 287B; viertens müsset ihr m i t allem fleisz verfügen, dasz eure arme untertbonen nit beschwert werden von dem wild, v i l weniger von den wilden und ungeheuren jägern AEG. ALBERTINUS zeitkürzer 28; der junge ist wild w i e der teufel IFFLAND 2, 18 (die jäger L, 5); er hat ein gut gesicht; nur zu wild ist er STORM 1, 239; gerne in Verbindungen wie w . brüder, w. künden, w. meyer, w . v o g e l , w. knabe, und modemer ein w . passagier: das jung wild blut iiberhub sich des glücks SEB. FRANCK thron. Germ. 8 l 2 ; und kument mir so wilde künden, die ich alle sol beschweren I MURNER narr, beschw. N 1 ; für w i l d e n brlldera hllte dich

RINOWALT die lauter w arheU 41;

21

WILD

adj.

W I L D

Bacche, da bist ein wilder meyer SCHEIT Grobianus 66 neudr. ; der jüngste w a r ein wilder vogel KIRCHHOF i, 278; ich w a r in meinen j ü n g e r n j ä h r e n ein wilder passagier H. BECK schachmaschine (1798) 15; und der wilde knabe brach 's röslein auf der beiden GÖTHE 1,16 Weira.; ferner

vgl.

unten

ndd. w i l d b r ä g e n

und

alem.

wildhirn.

ß) vom blut selbst als dem sitz des Charakters, Charakter und einzelnen eigenschaften, namentlich übermuth, ehr geiz, kämpfeslust:

vom von

von der kraft, die dir das leben mit dem wilden blut gegeben, nimm den tod MÜLLNER 1, 68; das milchblut der zinnoberwangen bat meinen wilden geist gefangen [K. STIELER] geharnschte Venu» 16 neudr. ;

NITZSCH deutsche Studien d. dt. städte 2, 804;

A Y R E N H O F F 1, 91;

der wilde ehrgeiz m a c h t Unterdrücker L E N Z vertheidigung des herrn W. 38; mit w i l d e m übermuthe h a b ' ich a n den kräftigen s t a m m hand gelegt HOLTEI erz. Schriften 2, 10; eine wilde rauf- und beutegier MOMMSEN röm. gesch. 2, 64. y) vom schweren wein: wil der w e i n i m fasz zu w i l d sein, so schlag ihn m i t der wasserstangen SEB. FRANCK Sprichwörter (1541) 1, 148*; (weine) nit so wild als die Traminer H. G U A R I N O N I U S grewel der Verwüstung 685; vereinzelt auch in der neueren spräche, so bei dem Schweizer H. FEDERER : ich w a r berauscht . . w i e es nur bei leuten v o r k o m m e n mag, die in einem schwächezustand schweren, w i l d e n w e i n trinken daheim 1909 no. 40, 19. (I) von der phantasie,

vom stil,

von kunstwerken,

ge-

danken: freund I du zähmest nie die wilde phantasei I Z. WERNER Martin Luther

128;

die bunten gebilde einer groszartig wilden gothik der phantasie LANGE materialismus vorw. 8; die kühne, oft wilde Schreibart SCHUBART leben und gesinnungen 2, 10; das wilde bacchanal des barockstils JUSTI Winckelmann I,418; die wilden einfälle der rasenden KLINGER werke 12, 244; die wildesten hypothesen K A N T (1867) 2, 579; in w i l d e n Schätzungen v o n fallhöhen HUMBOLDT kosmos 8, 288; wilde speculationen FREYTAG handschrift 8, 9. e) von sonstigen äuszerungen zügellosen wesens, z. b. dem, freiheitsdrang, der ausschweifenden lebensweise, lautem lärm: in diesem w i l d e n wesen, ehescheiden und v o n einander laufen FRANCK sprichw. 204 b ; die wilde gesetzIosigkeit HERDER 28, 8; w i l d e wollust und unmäszigkeit K A N T (1867) 6 , 60; i n den wildesten gewaltsamkeiten RANKE

1,141;

er gab der stärkem Wahrheit nach, die seine wilde freiheit brach

Uz 144 v. 68 Sauer;

den briefen . . w ü r d e n w i r es nicht ansehen, dasz eine so w i l d e Studentenzeit in ihrem rücken liegt D. F. STRAUSZ Schubarts leben in s. briefen 1, 6; einige h ä u f e n Soldaten . . trieben so wildes zeug in R o m , dasz es gefährlich w a r , i n öffentlichen Werkstätten zu arbeiten GÖTHE 48, 98 Weim. (Cellini th. L); ein w i l d e r l ä r m lockte m i c h ans fenster PFEFFEL pros. vers. 5, 69; doch Apoll . . . hemmt der freude wildes dröhnen mit der leier ernstem masz RÜCKERT ges.

gedichte

(1837) 3, 466.

£) adverbial, namentlich in fügungen wie es w i l d treiben, w i l d zugehen: w e n n sie n u r w i l d e lebten GOTTSCHED vers. e. krit. dichtk. (1751) 46 anm.; hoch bäumte sich, wild schnob der rapp' und sprühte feuerfunken BÜRGER 15 b

(Lenore);

ihrem aus den schranken ihrer umgebung w i l d h i n a a s strebenden sinne HOLTEI erz. sehr. 4,89; in der gefangenschaft betragen sich diese vögel (wachholderdrosseln) anfangs w i l d und störrig N A U M A N N naturgesch. d. vögel 8 1 , 80*; indem sie sich so w i l d gegenseitig überboten

es

ging w i l d



chron.

wos wild zuging, was ich inmitz H. R . MANUEL weinspiel 2519 neudr.; w o l l t ers noch wilder treiben L U D W I G 2, 44

(Heiterethei).

rj) gerne in Verbindungen wie toll und wild, w ü s t und wild, w i l d und geil, frech und wild, keck und wild, namentlich in der spräche des 16. und 17. Jahrhunderts: daher so lebet m a n auch so wilde und wüste in der weit L U T H E R 28, 558, 22 Weim.; ut corpus dometur, ne fiat w i l d und geil 27, 754, 30; es gilt hia nicht mehr blöde sein, ktin, unerschrocken, frech und wild, sol mir die schanz gewinnen mild M. HAYNECCIUS Hans Pfriem 27, 567 ndr. . . hat lust, dasz er demütig, was hochfertig ist, wild und wütig FISCHART die gelefirten die verkehrten v. 1984 Kurz; seid gottlos, roh, frech, keck und wilt HOLLONIUS somnium vitae humanae 95, 36 ndr.;

mein wilder Charakter SCHUBART leben und gesinnungen I, 89; sein frommfarbichter mantel bedeckt' ein wildes herz THÜMMEL Wilhelmine 83, 6 (ndr. der l. ausg. 1764); wenn deinen wilden trotz nicht meine güte bricht

47;

22

adj.

das sie nit alle solche w i l d e tolle krieger wie Julius (papst Julius I I ) gewesen sind J. SLEIDANUS reden 212 lit. ver.; wilde und schändliche fehler ABRAHAM A ST. CLARA Judas (16S7) L, 396; zwei königssöhne gingen auf abenteuer aus und geriethen in ein wildes wüstes leben J. u. W . GRIMM kinder- und hausmärchen (1812 ff.) 1, 296; lasz mich nicht von dir glauben, dasz du nicht sowohl das metier als die wilde lüderliche lebensart liebtest, die unglücklicher weise damit verbunden ist LESSING 2, 219, 32* (Minna v. Barnh. 3, 7). 8) 'erregt', in verschiedenen abstufungen bis zum zorn, zur wuth (auch bei thieren) und zur höchsten leidenschaft; meist von vorübergehenden zuständen. a ) 'erregt', je nach der Ursache auch 'traurig, düster': und mit früntlicher huslicher Satzung und underwisung stillet und geschwaigt er die w i l d e n gemüte NICLAS VON W Y L E translationen 135, 83; bis das die mordpropheten k a m e n und den m a n (Karlstadt) w i l d und unrügig machten L U T H E R 18, 94, 22 Weim.; m a n musz euch m ä n n e r scharf zeichnen (mit dem dolch), w e n n ihr merken sollt, rief sie mit einer wilden heiterkeit aus GÖTHE 22,132, 3 Weim. (W. Meisters lehrj. 4, 20); ein heer von wilden t r ä u m e n A. G. KÄSTNER 1, 82; der wilde akkordwechsel zerflosz in zarte engelsharmönien FOUQUE gefühle, bilder L, 160; bair. wilder schlaf, HÖFLER krankheitsnamen 192; 'traurig, düster, bedrückt, verstört': seiner wilden, stummen Zerstreuung SING 3, 172 (Nathan 5, 8);

tempelherr (aus a u f f a h r e n d ) LES-

mit wildem und gebrochnen blick schaut ich zum himmel 1 GERSTENBERG ged. e. ikalden, lit. denkm. 30, 364; wie ist heut mir doch zu muthel so vergnüglich und so klar! da bei frischem knabenblute mir so wild, so düster war GÖTHE 6, 28 Weim.; und düster wild an heitern tagen, unbändig, ohne froh zu sein, schläft er, an seel' und leib verwundet und zerschlagen, auf einem harten lager ein 2,146; hierher gehört auch das von SCHMELLER 2, 899 erwähnte henneberg. w e l l tun (wild thun) 'kläglich thun'; vereinzelt und volksthümlich 'durch alkoholgenusz erregt, angetrunken': der Steinsetzer w a r schon so 'wild', dasz er sich mit den eilenbogen b a h n brach und mit einem derben faustschlag einen tisch eroberte G U T Z K O W werke 2, 177.

b ) 'zornig', mit Vorliebe in Verbindungen wie wild sein, w . w e r d e n ; hauptsächlich der Volkssprache und der Umgangssprache eigen; gerne in Verstärkungen teie fuchswild, teufelswild, fuchsteufelswild s. oben th. 4 I 1, 357, wolfswild, elsässisch füdlewid, kürbsewild M A R T I N - L I E N H A R T 2, 820.

et) als prMicatsnomen, häufig mit den präpositionen auf, über, seltener mit einem genetiv- oder dativobject: si mögen den nit hören, er straft und sye w i l d uf der kantsei RIEDERER Spiegel der waren rhetorik a i y 1 ;

2*

23

WILD adj.

sie thet mir auch mein herz gwinnen, dasz sie sich so demütig macht, ward gar nicht wilt, noch ungeschlacht, sonder gab sich so willig drein AYRER 200, 28 (Tarquinius 2); wer sie (die wetber) bei tausenden will auf die probe nehmen, .. wird draber wild, und lästert dann LESSING 1,12;

WILD adj.

24

der, nach dem schauspiel, hofft ein kartenspiel, der eine wilde nacht an einer dirne busen GÖTHE 14, 12 Weim.; sttsz war vor allen die reb' auf Lesbos gipfeln, herb erst ward sie, da Sappho's wilde thräne drauf gefallen GEIBEL 3, 20 (neue gedickte); ich (Emilie) ward in deinen wilden armen, was ich nie gewesen: rein . . . und glücklich A. SCHNITZLER Ana toi 107; zu einem wahrhaft wilden taumel hinreiszen STORM 1, 239; sehr häufig zum ausdruck sinnlicher oder sonstiger begierde: wylde, unkusche lascivus DIEFENBACH gloss. 819°; (viele lose klosterleute) leben als die unzaumte ochsen, werden zwifacher gailer, wilder, nach langer zuchtlicher gefänknusz, dann si vorhin gsein seind EBERUN v. GÜNZBURC 2, 123 neudr.; in der älteren spräche kann der gegenständ der begierde auch mit der präposition zu oder nach angefügt werden:

hier begann der j unker ganz wild auszusehen, und der schäum zeigte sich auf seinen lippen BODE gesch. des Th. Jones 6, 89; unser herr wird wild sein, und ich bin's selbst, dasz er uns entgangen ist GÖTHE 39, 3,16 WEIM. (Götz); ich bin schlimmer als krank gewesen; miszvergnügt, ärgerlich, wild LESSING 18, 57; ich bin auch nicht schön, wann ich wild werd HAFNER l, 182; sei nicht wild, wenn ich noch immerfort lach LUDWIG 2, 150 (Heiterethei); besonders auch mundartlich: korrigiern s' mich net, sonst werd' ich wild NESTROY L, 85; westf. hai wör wild WOESTE 324; doch auch in der heutigen gewählten Schriftsprache: Franz wurde wild, und in der aufgebrachten Iaune, in der er war, tadelte er rückzir gesihte wird ich wild WALTHER 47, 28; wenn ich aber mein ehe nicht hielt sichtslos Carlo's Zeichnungen HEYSE novellen 1, 161 (erund wer nach fremden weibern wild kenne dich selbst); vereinzelt auch mit unpersönlichem GEORG ROLLENHAGEN froechmeueeler J 2 A (12, 4); verbum: da sind die weiber alle wild auf die herrschaft MusÄus sorg nicht, mir ist in dieser nacht so wild, dasz ich den eignen unmuth ganz gewisz phys. reisen (1778) 2, 190; recht kräftig ausliesz e) 'unruhig, wild bewegt', von äuszeren umständen, naFOUQUB held des nordens 1,135; mentlich in Verbindungen wie w. läufe, w. zeit, w. leben: mit genetiv- oder dativobject: umb der kriege und wilden leufe in den landen JANSSEN des slages was er wilde, da; sin sper gar zebrach Frankfurts reichscorr. L, 159; mitten im wilden kriegsU. V. D. TÜRLIN kröne 53»; getümmel MORITZ Ant. Reiser 22, 27 neudr.; das könnte solch eiteln streitens ward Walthari endlich wild SCHEFFEL Ekkehard 114; in der letzten wilden zeit sein vergessen worden GÖTHE IV 28, 69 Weim.; wie bin ich der schlänge Genovefa immer mehr wild wohl euch mein könig I früh hat euch das herz, MALER MÜLLER 8, 280; was mich ein wildes leben spät, gelehrt 1 mit präpositionen: SCHILLER 13, 256 (jgfr. v. Orl. 3, S); Alander, hör' ich, ist auf mich gewaltig wild wie soll sich seele zu seele finden im wilden getriebe LESSING 1,13; der menschen? SEIDEL vorstadtgesch. 146. er ist noch auf die Heitherethei wild LUDWIG 2,109; 4) 'bösartig, grausam, gefährlich, furchtvater Gleim wird auch über mich wild sein GLEIM briefbar, unheimlich', von raub und andern thieren, teechsel 2, 184; wild über die gewalt, so sie über mich feindlichen naturgeistern, personen oder personificationen gewonnen S. v. LAROCHE frl. v. Sternheim 1, 209; und deren aussehen, eigenschaften, von naturgewalten ß) attributiv: u. s. w. Maria liebe swester min gesteme dem wilden mude din a) von raubthieren: MONE echausp. d. mittelalt. 1, 79; alte hunde und äffen, junge mönche und pfaffen, dasz Sophokles Philoktet. . mit wilden Verwünschungen wilde lewen und beeren das öde eiland anfülle HERDER 3, 13; denn sobald ich sol niemand in sein haus begern zu ihm kam, fuhr er gleich mit wilden Worten heraus HERTZOG »chiUwache B V ; GÖTHE 43, 162 Weim. (Cellini l. th.); Ihr herr machte ein von bösartigen hausthieren: wird das schlosz von wilwildes gesicht, als er mich sah PETRASCH 2,194; er sah den, bösen hunden bewachet v. BIRKEN der vermehrte Uns mit wilden verachtenden blicken an GÖTHE 33, 266 Donau-strand (1684) 68; auch bildlich von menschen: o du Weim.; nach dem miszlungenen Ingolstädter zug . . war wilde haber gaiszl HARTMANN volksschausp. in Bayern Philipp in eine gereizte, wilde Stimmung gerathen RANKE u. Österreich (1880) 364, 343; mit Übertragung ins Pflanzen4, 381; vgl. auch: Mellefont (der mit einer wilden Stelreich, vom dorn der rose: lung hereintritt) LESSING 2,283 (Sara Sampson 2, 3); die rose . . bückt sich mit gefahr zu ihres dornes wilden ästen y) in verbalen fügungen wie wild machen, sich wild [K. STIELER] geharn. Venu» 81 neudr. stellen, wild thun: sehe nur ein iglicher auf sich selbs, b) von dämonen. geistern, gespenstern: wildaj wip lawie wir uns so wild und verzagt stellen, wenn wir nur mia, wildiu wip ululae GRAFF I, 804, GRIMM mythol. ein groschen sollen umb gottes willen geben LUTHER L, 403; 28, 690 Weim.; als ob in triege ein wilder alp wie stelst dich auch so letz und wild, KONR. v. WÜRZBURG troj. krieg 27401; wirstu denn immer nicht gestilt? ein unterirdisch wesen folgt ihm wild, FISCHART von S. Dominici artl. leben v. 3675 Kurz; der menschenschönheit schauerlichste lüge er thut wilde ferocit STEINBACH dt. worterb. 2, 994; hüte DROSTE-HÜLSHOFF 2, 244 (Walter 5. ges.); dich, ihn wieder wild zu machen durch deinen spröden namentlich in den Verbindungen der wilde jäger, die w. sinn MusÄus Volksmärchen 1, 27 Hernpd; maoh mi jagd, das w. heer, der w. zug, die w. fahrt; siehe auch nit wild! jährbuch f . Elsasz-Lothr. 11, l l l ; auch sonst oben th. 4 II, 752, 2205 und 2219: in den dialecten, namentlich Süddeutschlands, sehr gegespenster zogen überall herum, . . . der wilde Jäger machte jagd bräuchlich. R. Z. BECKER mildh. Uederb. (1799) 77; c) 'wüthend, scheugeworden', von haussieren: wo die ist es der jäger wildes geisterheer ? pferd das feur sehen, werden sie davon wild SEBIZ GÖTHE 2,142 Weim.; fddbau 32; der elefant wurde von der ihn blendenden der wilde zug macht alles leer 10, 227; weiszen färbe wilde und wütend LOHENSTEIN Armiwann dör wild g'joad käm HARTMANN volksschauspiele nius 1, 468b; indessen wurden ein paar pferdchen unter in Bayern u. Österreich 156, 229 u. ö.; 's wild gjäg der trappe wild GÖTHE 48, 94 Weim. (Gellini l. th.). SCHMELLER 2, 899; die wilde fahrt SCHÖPF tirol. idiot. d) 'leidenschaftlich, toll, versessen auf, gierig": sie 816; thue wie die wildi jagd oder wie d's wüetig heer gehörten zu den wildesten Parteigängern K. GUTZKOV heiszt im Emmenthal 'sich ausgelassen geberden', schv ritter vom, geiste 4, 50; archiv. f . Volkskunde L, 219;

25

WILD adj.

WILD

c) von peraonen, gerne in Verbindung mit w ü t h e r i c h , feinde, h o r d e n , b a n d e n u. a.: er ( I s m a e l ) w i r d e i n w i l d e r m e n s c h sein; seine h a n d wider j e d e r m a n n und jederm a n n s h a n d w i d e r i h n 1 Mos. 16, 12; aber, o herr, du bist mein schild für mich vor meinen feinden wild HANS SACHS 18, 81, 24 Kdler-Qötze; der wild und grausam wUterich, so Diomedes ist genannt J. SPRENG Ritts (1610) 78 •>; o lustl es steckt nach wuth und morden der wilde Mars die Schwerter ein GOTTSCHED gedickte (1751) 4; nur grosz an glück, am herzen wild als tiger LENZ gedichte 79 Weinhold ; der gute schein nur ist's, worauf sie warten, um loszulassen auf dies arme land die wilden horden ihrer kriegesmacht SCHILLER 14, 286 (Teil 1, 2); dann sie hatten ihn eingebildt, das heilig müsz auch sehen wild, FISCHART jamitenhütlein v. 60 Haufen; im felde schleich' ich still und wild, gespannt mein feuerrohr GÖTHE 1, 62 Weim. (lieder); von personificationen wie 'ewietracht, tod, weit': die wilde Zwietracht und den klang der waffen rufst du in dieses friedgewohnte thal SCHILLER 14, 286 (Teil 1, 2); . . . wenn im blut'gen streite, er (der kühne held) starr mit einem blicke sieht vor sich den wilden tod, und ewigkeit zur seite LESSING L, 138, 4 4 ;

und ich, die ärmste, stünde ganz allein auf dieser weiten, fremden, wilden weit GÖTHE 10, 276, 640 Weim. (nat. tochter 1, 6); sich m i t d e r w i l d e n w e i t h e r u m b a l g e n IV 28, 61 Weim. ;

d) von bösartigen gesinnungen und ihren äuszerungen: i c h b i n i n W o r m s f ü r d e m k e i s e r u n d g a n z e n r e i c h ges t a n d e n , ob i c h w o l z u v o r w ü s t e , d a s m i r d a s geleit g e b r o c h e n w a r , u n d w i l d e s e l t s a m e t ü c k u n d list a u f m i c h g e r i c h t w a r e n L U T H E R 15, 214 Weim.; nie soll ein artig kind (mädchen) die wilde strenge lieben Uz 29 v. 26 Sauer; auf diesem (kriegsechüd) webten hadergeist und kraft und wilde mordbegier BÜRGER 167; d e r gegensatz z w i s c h e n w i l d e r t y r a n n e i u n d m i l d e r herrs c h a f t SCHERER litteraturg. 129; e i n so wildes destruct i v e s b e g i n n e n RANKE 2,-10; besonders auch von den hierbei dienenden Werkzeugen: ein königreich, aus dem die sanfteren künste, scheu vor den wilden waffen, entflohn RAMLER lyr. gedichte (1772) 168; kommt mit zacken und mit gabeln, wie der teufel, den sie fabeln, und mit wilden klapperstöcken durch die leeren felsenstrecken I GÖTHE 1,1, 212, 68 Weim. (balladen); wilde m a u l h e l d e n . . ihr ganzes h e l d e n t h u m eben in d e r w i l d e n z u n g e LUDWIG 6, 235. e) von wunden, sowie volksthümlich und aUerthümlich von krankheiten, zum theil wohl auch deshalb, weil man sie von wilden dämonen gebracht glaubte, z. b. w . b r a n d , b r ä u n e , g e s c h w u l s t , k r ö p f , seuche, geblüt, p o c k e n , zitt e r a c h , Warzen HÖFLER krankheitsnamen 805; vgl. erw i l d e n sich bösartig entzünden PARACELSUS Chirurg. Schriften I I I » ; e i n w i l d e s fleck eine schlimme wunde SPIESZ henneb. idict. 283; siehe auch hinten w i l d e n m „ w i l d f e u e r und w i l d s u c h t : als m i c h v o n d e m w i l d e n stich einer tödtenden natter eine grausame krankheit v e r z e h r e t e STEINBRYCKEL Philoctet (1760) 22; es lag ein wütherich auf goldnen kissen und schlief; da kamen fürchterliche träume ihm ins gemüt, gleich wilden Schlangenbissen PLATEN 1, 8 0 ;

I) von naturkräften

wie feuer

und wasser: so stürzen die ströme im schneeschmelzenden lenz von steilen felsen und machen ruhige Suren zum wilden see LENZ gedichte 22 Weinhold; namentlich von dem meere: (das schiff) die ganzen nacht •on dem wilden mere pestriten was A R I G O decamerone

107; die Malthäser galeeren lieszen . . . ihre barken mit

den leuten, HEBERER

so d a r i n n e n ,

a l l e auf

Aegyptiaca servitus

26

adj.

(1610)

dem

wilden

meer

82;

das wilde meer nun brauset und wütet ungestüm SFEE trutz-nachtigall

(1649) 113;

5) 'eindrucksvoll, die sinne gefangennehmend, wildromantisch', nur der gehobenen spräche angehörig, zunächst von der natur, von landschaften, dann auch übertragen, z. b. von der pracht der färben, des schmuckes, auch des sprachlichen ausdrucks: wie j e d e r t r i t t i n wilde u n d f u r c h t b a r e r h a b e n e gegenden die seele e n t z ü c k e t ZIMMERMANN einsamkeit l , 19; wie prächtig steht dem golde die wilde pracht, dem herrscherantlitz drohend hinzugeprägt H E R D E R 27, 5 0 ;

wo sich goldfasanen brüsten unter wildem rosenglanz ARNIM 22, 48; wie oft verbirgt in wilder pracht des ausdrucks unerhellte nacht gedanken, die im staube kriechen! Uz 368, 25 Sauer;

von der Herrlichkeit und poesie des kriegs: der krieg

h a t e u c h i n s e i n e r w i l d e n h e r r l i c h k e i t a n g e r e d e t NOVALIS 4, 170; G n e i s e n a u f ü h l t e sich . . . w i e b e z a u b e r t v o n d e r w i l d e n poesie des krieges T R E I T S C I I K E dtsch. geschichtet 1,756; von starken duften: ein süször, wilder, b e r a u s c h e n d e r d u f t stieg v o n i h r {der pflanze) a u f H. v . K A H L E N B E R G

Eva Sehring 83.

6) 'wandernd, umherirrend' als vorübergehender und als dauernder zustand; im letzteren falle 'ruhelos, heimathlos'; vielleicht die älteste bedeutung von wild, vgl. oben I und I I ; dem neueren schriftdeutschen ganz fremd geworden; dagegen für das ältere hochd. und niederd. namentlich aus DIEFENBACHS glossar reichlich zu belegen: u n s t e d e , wilde fluetuosus 240 b , wilde, unstetig, w i l d f a r e n d e r m e n s c h girovagus 268°, w i l d e l a n d f a r e i , u m b s c h w e i f e r erro 209", l a n d f a r e r , w y l t v a n w e s e n Numida (nomada) 385*; mnd. w i l d e f r u w e n fahrende, öffentliche frauen LÜBBEN-WALTHER 582; hierher auch mit der bedeutung 'heimathlos' die alten Verbindungen wilder gast s. oben th. IV l , I 1456 und w i l d e s k i n d th. 5, 719; ferner w i l d f a n g in seinen alten Verwendungen. a) im eigentlichen sinne: d a s s i n d die l e n t , die d e n e r b e n a u f z i h e n u n d bei seines v a t t e r s g u t b e h a l t e n , dasz e r n i t wild u n d ein I a n d l e u f e r w e r d e LUTHER

10, 1, 844 Weim.;

nun kum ich ouch ietz off das bSst und bring mit mir vil wilder gest

GENGENBACH 1.10

v. 2 5 9 ;

b) überall, wo ein heimathlos umherwandernder einen aufenthalt macht, wird er von den ansässigen stark verächtlich als 'ortsfremd, hergelaufen' empfunden; weiterhin von den zu einem geschlossenen gemeinwesen gehörigen bürgern, vor allem von den in Zünften zusammengefaßten gewerbetreibenden, als 'auszerhalb der Ordnung stehend, nicht incorporiert, nicht zur z u n f t gehörig' betrachtet: die w i l d e n d r e s c h e r wandernde drescher, gewöhnlich aus Tirol SCHMELLER 2, 899; n o c h i s t eins, d a s sind die w i l d e n m a u l b e e r b a u m i n den wälden, dasselbig sind die wilden arzt, die hin und h e r a p o s t i r e n PARACELSUS Chirurg, bücher 526°; a n j e t z o t r ä g t ein j e d e r m i s t f i n k u n d w i l d e t ä n d l e r b ä t t e n (hausierer) t a f l e t u n d s e i d e n STRANITZKY oUapatrida 848, 29 neudr. ;

in neuerer zeit theilweise scherzhaft gebraucht, zunächst von Studenten, Politikern und schillern, s. unten wilde «i.; dann in bezug auf sonstige personen, die aus einem zufälligen, meist scherzhaften anlasz zu einer zunft oder bevorzugten classe zu gehören scheinen, ohne jedoch echte Vertreter derselben zu sein: ich ü b t e m i c h e i n u n d w a r b a l d ü b e r u n d ü b e r m i t öl, Schmirgel u n d f e i l e n s t a u b b e s c h m i e r t a l s e i n w i l d e r b ü c h s e n m a c h e r KELLER 4, 81; i h r seid k a u f h e r r , d a s i s t a u c h s c h ö n , u n d e i n e a r t w i l d e r r a t h s h e r r n o c h d a z u ! 8, 99; w e r a u f d e r b u d e l (kegelbahn) alle n e u n s c h e i b t , wird ein w i l d e r m i l l i o n ä r

27

WILD

adj.

WILD

RAIMUND 6, 61 (bauer als mülionär); a wilde gräfin HÜGEL Wiener dial. 189; wilde Wandervögel 'auf eigene faust wandernde' Heidelb. Zeitung 30. aug. 1912 s. 2 sp.i; die f e s t n ä h m e des 'wilden' g e p ä c k t r ä g e r s ( k o f f e r d i e b s ) reichsbote 1911 no. 196 beil. ähnlich auch mundartlich in Heidelberg: die seitherige, s o g e n a n n t e wilde Heidelberger e i s m ä n n e l i n u n n e i s w e i w e l i n (die nicht von der Zuckerbäckervereinigung angestellten Verkäufer von gefrorenem) Heidelb. tageblatt vom 1. juni 1912 beiblatt Perkeo; daher auch wilde p e n n e : es w a r vergeblich, die h e r b e r g e z u r h e i m a t u n d einige wilde p e n n e n aufzus u c h e n H. HESSE Peter Camenzind 191; s. auch unten E rinm'einspräche, hierher in gewissem sinn auch wilde c a n d i d a t u r (Freiburger zeitung 4. mai 1911) und wildes e x a m e n , die in der form wohl als nachbildungen von wilde e h e zu betrachten sind; vgl. unten 15 d. 7) das 'wilde', vor allem 'wilde' länder, erscheinen dem culturmenschen auch als 'fremd', daher die alte pleonastische bildung w i l d f r e m d ; vgl. ferner w i l d e r n , sich w i l d e r n entfremden und den gegensatz z a h m 'vertraut' {unter z a h m 2). a) in diesem

eigentlichen

sinn

erscheint

es

«) attributiv, meist von ländern: die (salben) bracht ich (der arzt) usz Bohemer land, . . die usz wilder heiidcnschaft Alsfelder passionsspiel 239, 7574; durch dich (den Mg. geist) kam Moisés fort in seinen wilden raisen (durch wilde länder) ROMPLER v . LÖWENHALT 1. gebüsch

4;

v e r t a u f i n die w i l d e f r e m d e NIEBUHR röm. geschß 2, 673. ß) prädicativ, namentlich in der mhd. dichtersprache häufig, soviel als 'unbekannt' oder von personen 'entfremdet': a a ) von personen, wobei die sache oder person, der man entfremdet ist, im genetiv, dativ oder mit der präposition v o n angefügt wird: des gelouben bin ich wilde Laszbergs liedersaal 1, 631, 6; hl wart der furste milde Duringer landes wilde, d a j er '3 nummer me gesach leben der hl. Elisabeth 4323; ewer sich von phaffen bilde gote gemachet wilde (eich entfremdet) HARTMANN V. AUE Qregorius

1346;

der ungetrüwe man ie was von gote wilde passional 337, 13; vereinzelt ist dieser gebrauch noch im 17. Jahrhundert zu belegen, aber nur mit dem erklärenden zusatz von f r e m d : bin ich mir ganz entworden, mir wild und fremd gemacht DACH 218; bb) von sachen: dag lant ist mir wilde Alpkart» tod 329, 3; mir ist sorge wilde BODMER minnesing

er (1758) 1 , 1 9 3 B ;

diu minne ist den töten in dem munde zam und in dem herzen wilde WALTHER 102, 4: w a t t a t w o r t ( c a m i n a t a ) s p r e k t , d a t ys m y w y l d e LERB E C K Schaum.bg. 6, 713.

Chronik

(15. jh.)

bei

SCHILLER-LÜBBEN

b) da man durch die dauernde entfremdung gegenüber gewissen gefühlen, gewohnheiten und dgl. zuletzt diese ganz verlieren wird, so kann wild auch 'abwesend, fehlend, f o r t ' , ferner 'selten, arm' bedeuten, im letzteren fall mit der präposition a n verbunden: da ward all sein t r a w r e n w i l d cod. germ. Monat. 714, 94 SCHMELL E R 2, 899;

froide ist an mir worden wilde BODMER Minnesinger

(1768) 1, 2 7 » ;

an guoten werken wilde KARAJAN sprachdenkm.

81, 8 0 ;

hierher auch elsäss.: by I n n e s t e k k t d e r v e r s t a n d so wild a s s w i e . . euch fehlt es an verstand MARTIN-LIENHART.

y) adverbialer gebrauch: sich w i l d (fremd) umsehen, sich w e i l ' imgugge CRECELIUS oberhess. wb. 2, 915. c) das culturasen

aus wüden ländern zustand erinnernde

kommende ist meist

oder an ' ausser

den ge-

28

adj.

wöhnlich, seltsam, aufsehenerregend, abentheuerlich'; auf geistigem gebiet ist 'seltsam' auch gleichbedeutend mit 'dunkel, geheimnisvoll'; häufige Verbindungen, die aber durchgängig mehr der älteren als der neueren spräche angehören, sind wilde t r a c h t , w . k a p p e n , w . b ä r t e , w . worte, w . m ä r e n , w. fabel, w . w u n d e r , w . a b e n t h e u e r , w . Sachen, w . g e s c h i c h t e ; von Paarungen finden sich s e l t s a m u n d wild, f r e m d u n d wild, wild u n d w u n d e r l i c h , w i l d ü b e r w i l d ; von der tracht: so meinte ich doch, es wärind Türken und heiden mit den seltsamen kappen und wilden kleiden N . MANUEL 72

Bächtold;

wild kappen, mentel, umblouff dran

BRANT narrenschiff

4,19;

wie's die Phantasie erdacht, umhüllt den welken leib die wilde tracht DROSTE-HÜLSHOFF 2, 221;

es musz sein lündsch und mechelsch kleid, . . . . mit aller färb wild über wild {grellfarbig,

BRANT narrenechiff

von sonstigen

concreten

bunt)

82,17;

begriffen :

d a ; gewürhte was s8 wilde Lanzelet 4760; von worten, reden u. ä.: d a d e r herzog R e y n h a r t e n als wilde s p r a c h (ein schlechtes französisch) reden hört, b e g u n d t er z u l a c h e n Aymont R III • ; vindaere wilder (dunkler) msere, der maere wildensere

Tristan 4663;

u n d i s t der w o r t e r b r a u c h s e l t z a m u n d wild LUTHER 7, 449, 36 Weim.; der ganz H o m e r u s i s t vol h a i m l i c h e r k ü n s t e n , die d o c h m i t w i l d e n s i n n e n u n d w o r t e n uszg e s p r o c h e n sind REUCHLIN augenspiegel XI*; du sagst mir do ein wild gefört GENGENBACH 87, 3S9;

bruder, du seist mir da wild schwenk auch in der heutigen spräche scheint diese noch manchmal durchzuklingen: der ruhelose, dem die wilde fabel vorauseilt A . SCHNITZLER der grüne

108, 1184; bedeutung

kakadu

(1899) 2 0 ;

von abstracten wie 'fund, wunder, abentheuer, Sachen, geschickten' u. a.: darzuo gehörte wilder funt Parzival 4, 6; reht als ein wunder wilde wart sin lfp gekapfet an KONR. v . WÜRZBURG troj.

krieg

29508

Keller;

diu minne geltchet sich dekeinem bilde, ir nam ist kunt, si selbe ist aber wilde (unbegreißich)

W A L T H E R 81, 3 4 ;

gleich g e h ö r t zu s e i n e m gleichen . . es w e r e ein wilde Ordnung, so w i r w o l t e n i m w i d e r s p i e l u n s e r h e i l s u c h e n PARACELSUS

opera

1, 3 2 ° ;

mit wunderbaren wilden Sachen woltend si sich gern luter machen H . R . MANUEL weinspiel

3424

neudr.;

b o t t e n sie d e m k h o n i g v o n P o l e n d a s schlosz a n , so e r i n e n ire h i n t e r s t e i l i g e b e s o l d u n g w o l t e e n t r i c h t e n , d a s sie es i m e ü b e r g e b e n w o l t e n . d a s w a r d e m k h o n i g e e i n e w i l d e s a c h , a b e r er k h o n t e a u c h z u m .gelde n i c h k h o m e n KANTZOW chron. v. Pommern letzte bearbtg. 291 Qäbel; w i e . . d e r a u c h , w ö l c h e m m a n die h ä n d abg e s c h n i t t e n h ä t t , gar e i n e r w i l d e n s a c h (acerbissimae rei) a'nzeigung g ä b e n HEROLD Dictys (1554) 44; ob n i c h t . . h i e r ein j u n g e s m ä d c h e n s e i n e n a n g e h ö r i g e n v e r l o r e n gegangen sei? . . d a s i s t eine w i l d e g e s c h i c h t e I IMMERMANN epigonen

2

L, 15; e s i s a w i l d e g ' s c h i c h t !

NESTROY

2, 217; vgl. GERZON die jüdisch-deutsche spräche 126: w i l d e (ungeheuerliche, ungewöhnliche) Sachen, deutlich tritt in der mehrzahl der belege neben der Seltsamkeit auch die Vorstellung 'peinlieh, bedenklich, strafbar' hervor und steht für die neuere spräche sogar entschieden im Vordergrund; vgl. die üblicheren Wendungen e i n e s c h l i m m e , b ö s e s a c h e oder g e s c h i c h t e . prädicativ oder adverbial: w e i l d e n n d a s so gar e i n n e u e r s e l t s a m e r b e f e l h ist, d e r k e i n e x e m p e l f ü r sich h a t , ists d e m p r o p h e t e n J o n a a u c h wilde u n d w u n d e r lich, d a s gott so e b e n i h m ein s o l c h s f ü r a l l e n a n d e r n b e f i l h e t LUTHER 19, 202 Weim.; die k r a n k h e i t . . die d e n -

29

WILD adj.

selbigen gar frembd und wild im köpf ambwirbeln w i r d P A R A C E L S U S Chirurg,

schrift.

278 B .

8) 'unvernünftig, roh', nur von thieren, besonders auch in vergleichen: warumb wirdestu o mensch von den wilden unvernüfftigen thieren unterscheiden? AMBACH vom zusauffen und trunckenheit B I V B ; ein wildes vieh entdeckt mit stummen zeichen des innero herzens s i n n ; durch reden herrschen w i r ! A. GRYPHIUS 41 Palm;

in vergleichen: ungeniet (unerfahren) kind ist wie ein wild rind SEB. FRANCK Sprichwörter (1541) l, 121*; »ie {die metzen)

gänd h a r wie die wilden thier (echamlos), BRANT narremchiff 4,122;

er lebt wie ein wild 7ieh teutsch-engl. 1716) 2488.

lexikon

(Leipzig

9) 'scheu, spröde, ablehnend', vgl. fr. sauvage, namentlich von mädchen und in Verbindungen wie wild thun, sich wild stellen: gein friunden kürre, gein fremden wilde HUGO V. TRIMBERG Senner 12058; ach weibliches pild, beleih fnunden milt, gen den Schalken wild, wann anplick verraten dick liebe s a c h l HATZI.ERIN 5 7 ;

und sie, die sich ein wenig gegen im wild stellet, deszgleichen thet, als ob sie sein nicht acht hette LINDENER rastbüchlein 47; er küste sie zur dankbarkeit etliche mal wieder, weil sie nun nicht wilde gegen ihm that, so fieng er an, seine gliickseligkeit deswegen z u r ü h m e n KUHNAU musie.

quuclc-salber

127,10; i c h h a b e

solche mädchen mehr vor mir gehabt, die wild gegen mich gethan; aber sie sind bald zahm geworden GELL E R T 8, 804 {loos

in

der

lotterie

4, 5).

10) 'urwüchsig, derb, rauh', im guten sinn auch 'natürlich, nicht verfeinert, ungekünstelt, ansprechend', im schlimmen sinn 'roh, ungeschlacht'. a) im schlimmen sinn 'ungeschliffen, tölpelhaft, roh, grob', häufig in der Verbindung grob und wild: grob und wilt an den sitten rudis DIEFENBACH glossar. 503*; es wer denn in der ganzen pfarr ein mann der allergröst stocknarr, so dölpisch, grob, wild und ungfUg, der ein weib unverschuldet schlüg H. SACHS 17, 140 Keller-Götze; schäm* euch, ihr wilde grobe blSck J . SPRENG lUas 44»;

ein anderer {mann) ist so wild, dasz er. mit schmutziger goschen sauft und folgsam das glas nicht anders aussiehet, als wie ein flecksiederermel STRANITZKY ollapatrida 138, 22 neudr.,- gerne vom geschmack, von den sitten: er dachte, so wild und barbarisch auch der geschmack der nation sei, so müsse er doch seine grundsätze haben LESSXNG 10, 76; als ob die sitten der Engländer überhaupt wild wären ARCHENHOLZ England u. Italien (1785) 1 i, 19; ein wildes geheul ABRAHAM A ST. CLARA etwas für alle 2, 136; als adverb: du hast köstliche sachen, nur gehst du etwas zu wild damit um CRÖTHE IV 21, 121 Weim. b) in neutralem sinn, ohne dasz ein lob oder ein tadel ausgesprochen werden soll: a) 'rauh, derb, herb', besonders von menschen, gefühlen, sitten: {.Nathan)

sodann such' ich den wilden, launigen Schutzengel auf LESSING 3 , 1 0 (.Nathan

1,1);

diese wilden und redlichen menschen (die Lazzaroni) sind wohl zu unterscheiden von der hefe des italienischen volks JUSTI Winckelmann 2162; nichts kannt' ich als der Waffen wilde freudei.

SCHILLER 14, 41 (braut v.M.1, 7); übertragen auch von Sachen, die den verfeinerten culturerieugnissen gegenübergestellt werden: der Schauplatz {im Hamlet) ist ein nordischer hof, halb gekleidet im wilden eisen der alten zeit, halb im tuche unserer tageshelden BÖRNE 2,176; selbst die wilde eisenerde und der harte fels musz sich dazu {zu salzen und ölen) bequem e n H E R D E R 18, 49;

30

WILD adj.

ß) 'ungebahnt, ungepflegt' von wegen, 'uneingedämmt, ohne künstliches Jett' von gewässern: und füret gott in Araboth, das ist, in ungepaneten wilden wüsten wegen LUTHER 8, 7 Weim.; dasz er im nachfolgt durch wilde straszen {im gebirge und in der wildnis) CAMMERLANDER Sallust (1534) H L " (zusatz); durch wilde ungebahnte straszen und abwege PRÄTORIUS Anthropodemus Plutonicus (1666) B I S ; der weg zum gutten ist fast wild, mit dorn und hecken auszgefüllt

P. GERHARDT bei Fischer-Tümpel, kirchenlied 8, 372; gleich hinter dem hausgarten führt ein wilder pfad nach einem felsen GÖTHE IV 3, 10 Weim.s. auch hinten 2 wildbahn und wildsteig, wildweg; von gewässern: man empfand, dasz der wilde Wasserfall tiefer bohrte, und selbst in seinen mannichfaltigen strudeln schöner sei, als der in abgemessenen kanälen so einförmig einherschleichende ström KRETSCHMANN L, 2; das wilde Strombett eines vertrockneten flusses RIEHL land und leutes 214; vgl. wildbett. y) 'kunstlos', von Sachen, an denen man sonst seine ge schicklichkeit zu zeigen liebt: so brach ich wohl mit grund in meinem garten die blumen aller färben, aller arten, und bring sie dir, zu wildem strausz gereihet UHLAND gedickte2152; nun dauert es nicht lange, so zieht das burscbenvolk'einmal aufs schlosz, mit wildem sänge

'natürlich,

nicht künstlich

gemacht':

MÖRIKB 1, 72;

echo, der wilde Widerhall, will sein bei diesem freudenschall und lasset sich auch hören Simpl.

22

Kögel;

wild feuerwerk als gegensatz zu lustfeuerwerk, künstlichem feuerwerk SCHMELLER 2, 899; eine allerliebste wilde naturjagd {im gegensatz zu einem wildpark) ARNDT werke 1, 121. c) in gutem sinne 'ungekünstelt, frisch, natürlich', mundartlich sogar gesteigert bis zu 'schön'; im schwäbischen wild 'schön, gut aussehend, von angenehmen tönen' SCHMID wb. 530: {Nathan)

wilder, guter, edler, wie nenn' ich i h n ?

auch Inklen nimmt dies kind (eine bei wilder anmuth ein

LESSING 3, 73; wilde) GELLERT 1, 2 4 ;

der wilde naturgesang {des vogels) ARNIM Isabella v. Ägypten 38; da {in den römischen Villen und gärten) entwickelte sich . . . erst jene wilde poesie, die sorgsame pflege nicht aufkommen liesz JUSTI Winckelmann 2 21. 11) 'verwildert, ungepflegt, verwahrlost': du siehst wild aus, Friderike; wie du durchnäszt bist! GÖTHE 18, 41, 23 Weim. {aufger. 2, 5); und zeig' ihm dann mein bild, von tiefer, stummer trauer, und langem elend wild SCHUBART ged. 2, 9 1 ; m a n sieht nit an dein wilden bart GENGENBACH 8, 551;

laszt uns lieber den wilden bart tragen, ehe wir zugeben, dasz die lehrlinge der barbierstuben an uns lernen LESSINQ 8, 12; ich nahm meinen stock . . und zerschlug mit demselben alle steinbrechen, . . dasz der ort wild und wüst war STIFTER 2, 300; übertragen: wo war eine aussieht, jene produetionen {Ardinghello, räuber) von genialem werth und wilder form zu überbieten? GÖTHE 36, 248, 15 Weim. wegen der bedeutung 'unschön' s. hinten unter 13. 12) 'wirr, ungeordnet, verworren, zielund planlos, übertrieben'; gerne in Verbindungen wie wild und verwirrt, wild und verworren, wild und wüst, toll und wild; ferner vgl. wildewahl 'Verwirrung'. a) von sinnlich

wahrnehmbarem:

den welken epheukranz um's wilde h a a r UHLAND ged.2

323;

quer ü b e m r ä u m die wilden Schnörkel fahren DROSTE-HÜLSHOFF 2 , 1 0 0 ;

31

32

W I L D adj.

W I L D adj.

in Verbindung mit chaos, labyrinth, unordnung, gedränge, gewimmel u. a.: wie manche wilde, wüste unordnung und gemenge LUTHER 15, 38, 27 Weim.; ein wildes chaos KLINGER werke 3,120; sie folgte ihr in die wildesten labyrinthe der natur PFEFFEL pros. vers. 6,16; die trümmer eines . . . falschen putzes lagen . . . zerstreut in wilder unordnung durcheinander GÖTHE 21, 88 Weim.

CELIUS, luxemb. wel flêsch, lothr. FOLLMANN, eis. MARTIN-LIENHART, aarg. HUNZIKER, dän. vildt kjad; solche auswüchse sind nach volksthümlicher ansieht durch, fieisziges und gesundes leben zu verhüten; daher die redensart: wir wollen euch zu thun geben, dasz euch das wilde fleisch nicht zu den fingern heraus wächst CHR. WEISE Jacobs doppelte heirath (1699) 120.

b) von geistig wahrnehmbarem, namentlich von wirren gedanken und gefühlen: aber im innern (Albertinens) sah es noch wilder, noch wüster aus GÖTHE 251, 208, 4 Weim.; die erfahrenheit der jähre ordnete nachher diesen wilden, üppigen reichthum in seinem geiste WACKENRODER herzensergiesz. 68; verzeihen sie mein wildes geschwätz SOLGER Schriften u. briefwechsel l, 343; der mensch soll an das glauben, was die bibel lehrt, nicht an wildes zeug, das, wie sie im dorfe sagen, durch den wald und in die nacht dahinfährt FREYTAG handschrift 1,102; vgl. auch he leewt in's wilde hundert in den tag hinein DÄHNERT plattd. u-b. (1781) 550; wegen des ausdrucks ins wilde 'aufs gerathewohl, ins blaue' s. hinten wilde, n.

c) auch von sonstigen, meist unerwünschten er scheinungen, so

13) 'unschön, unsauber', namentlich bayrisch österreichisch; CAMPE 5, 718 (mädchen, wetter); SCHMELLER 2, 899 (gesteht, menschen, wetter); CASTELLI mundart in Österreich S68; SCHÖPF tirol. idiot. 816; REINWALD henneberg. idiot. 1, 190, das hemd is well, schwarz, unrein 2, 140; LIECHTENSTERN allg. dt. sach-wb. (1834) 10, 378; von personen: weil er aber ein wilder, garstiger . . pfui teuffei wäre, also bekäme er bei allen jungen menschern, die er begehrt hat, den korb, eine abschlägige antwort STRANITZKY ollapatrida 23, 37 neudr.; zwar ist er nicht so wild and alt MASTALIER 41, 6; ein tochter, an dero ein häufen ohnflat zu sehen, dann sie ist wild wie ein misthaufen, schwarz wie ein kohlhaufen ABRAHAM A ST. CLARA Judas L, 45; und ihre pupillin, sie mag schön oder wild sein, bekommt einen mann PH. HAFNER L, 30; vom männlichen geschlecht, im gegensatz zum weiblichen: jetzt weisz ich nicht, gehör' ich zum schönen oder zum wilden geschlecht A. BÄuERLE 2, 69 (JStaberles hochzeit 3, 2); von kleidungsstücken, tüchem, lumpen: wer wollte ohne seufzen die neugeborene kinder in wilden tüchern eingewickelt ansehen SCHUPP Schriften 694; gott läszt ihm die äugen nicht verbinden, sieht nicht allein durch diesen wilden hadern und unreinen lumpen, den ihr (kriegsknechte) ihme um das gesicht gewunden ABRAHAM A ST. CLARA Judas l, 254; von krankheitserscheinungen: wilder schleim übel aussehender, h&szlicher auswurf [bayrisch) HÖFLER krankheitsnamen 580; vom weiter: aprilwetter . . welches bald schön, bald wild . . . ist ABRAHAM A ST. CLARA etwas für alle 2, 45. 14) 'unbeschnitten', übertragen 'wuchernd, unerwünscht, uneigentlich, überzählig', meist mit der begleitenden Vorstellung des werthlosen; s. deshalb auch unten 16).

neben-

a) von dem nicht bezahlenden publicum: Zaungäste und wildes publikum nation, ztg. 33, 283 nach SANDERS erg. 636; ß) von überzähligen nebenwegen: diese ungeregelten, überzähligen wilden pfade RIEHL land u. leute 8 214 ; y) von wimperhaaren, die wegen ihrer falschen Stellung die augenbindehaut reizen HÖFLER a. a. O. 211; à") von unbeabsichtigten flammen beim feuerwerk: mitten im feuersprühenden getöse (des feuerieerks) drangen jedoch plötzlich zwischen den kunstgerechten auch wilde flammen hervor VARN HAGEN denkw. 2, 269; von einer nebenerscheiunng beim ziegelbrennen: das sogenannte wilde feuer, das sich durch heftige, aus den Zuglöchern strömende, oft 4—6' hochsteigende flammen von silberweiszer färbe zu erkennen gibt KARMARSCH-HEEREN techn. wörterb. 3, 485. 15) 'unregelmäszig, gehörig, illegitim'

regelwidrig,

regellos,

un-

:

a) von einrichtungen, die sich von unbeeinfluszten naturvorgängen wenig oder nicht unterscheiden, z. b. wilde w i r t h s c h a f t , regellose wirthschaft, bei der man einen theil des vorhandenen culturfähigen bodens so lange zum ackerbau benutzt, als derselbe noch befriedigende ertrüge abwirft, illustr. landwirthsch. lex. 3 (1900) 899; wilde f e l d g r a s w i r t h s c h a f t , die ursprünglichste form der feldgrasxoirthschaft, bei welcher ohne bestimmte regel ein beliebiges stück des gesamimten feldareals zum körnerbau benutzt wurde, während der übrige theil als weide diente, ebd. und WIMMER gesch. d. deutschen bodens 206; nach G. HANSSEN agrarhist. abhandl. 125 dagegen eine solche, welche auf eine ackercultur von einem jähre oder einigen jähren eine vieljährige grasnutzung folgen läszt; wildes g e s t ü t e ; in den wilden gestüten Ruszlands werden die herden das ganze jähr hindurch sich selbst überlassen BREHM thierleben2 3,29; wilde f i s c h e r e i , in flüssen, buchen, seen, meeren, nicht in teichen ADELUNG, CAMPE ; im gegensatz zur 'zahmen fischerei' CHOMEL öcon.phys. lex. 4, 78 ; SCHWAPPACH forstpolitik, jagd- und fischereipol. 332; wilde f a s a n e r i e DÖBEL jägerpract. l, 143, CHOMEL 8, 1409; halbwilde S c h w e i n e z u c h t SANDERS erg. band 636; wilde p a a r u n g , wilder S p r u n g (dem Zufall überlassen), wenn alle männlichen thiere frei zwischen den weiblichen gehen, namentlich in der Schafzucht, illustr. landw. lex. 899; wilde z n o h t :

so hat er bäume sich gesucht, die auch nicht fruchte tragen, a) im eigentlichen sinn von trieben und zweigen: nu sie hergepflanzt ums hügelhaus in wilder zucht geet der weingertner schir ausz und beschneidet die RÜCKERT ges. gedickte (1834-38) 4, 278; reben, das ist das wild holz schneidt er ab TAULER 26B; vgl. auch unten wildflöszerei und wildwuchs. wie wusztest du das zarte reis b) vom erwerbsieben in bezug auf unerlaubten Wettmit kittglich sanfter hand zu beulen, bewerb, unlautem erwerb, wie raub, bettel, wucher u. a. die oftmals auch den wilden zweigen den rechten wuchs zu geben weisz (s. auch unten E kaufmännische fachausdrücke): wante GOTTSCHED gedickte (1761) 116; dem rike von Denemark grot schade tokomen is van ich will euch wilde äste weghen der mennigerleye wilden legheren (loger), de de zu einem wohlgefugten haus verbauen RÜCKERT werke 1, 5; copman hebben in Denemarkes siden uppe den Schonreisen (1442) SCHILLER-LÜBBEN 5, 714; b) in übertragenem, sinne von wucherndem fleisch die (Christenjuden) triben doch wild koufmanschatz in wunden s. th. 3, 1753; auch faules oder gailes fleisch und Bchwigt darzfl all recht und gsatz th. 4, I 2, 2588: dag töt oder dag wild fleisch ausz den BRANT narrentchiff 93, 27; wunden MEGENBERG buch der natur 383, 31; 399, 28; der bettel ist ein wild gefert DIEFENBACH gloss. 289B fleeino; RÄDLEIN I, 1001»; ADEGENGENBACH 344, 48; LUNG; coro luxurians NEMNICH lex. nosolog. 17«; neuübertragen auf zweifelhafte politik: bildungen, wie Condylome, warzen, das sogenannte du ( Venediger) sfichst gar manchen wilden fand, wilde fleisch der granulationen SÖMMERRING vom baue mit den Franzosen hastu gmacht ein bund 18, 819. des menschl. körpers 8, l, 140; granulationes fleischwärzc) von geistigen dingen wie argumenter, einwänden, chen HÖFLER krankheitsnamen 158 und 805; in den hilfsmitteln, winkelzügen, der neueren spräche fast gant meisten mundarten bezeugt: oberhess. w. fl&esch CRE- fremd: drumb suchen sie manche wilde hulf und aus-

38

W I L D

W I L D

adj.

flucht L U T H E R 11, 327 Weim.; w a r ists, das die j u d e n . . sich gar engstlich geschützt h a b e n mit mancher wilden glosze 11, 332, 22; vgl. mnd. w i l d e w e g e ungehöriges verfahren L Ü B B E N - W A L T H E R 582. d) i m besonderen von geschlechtlichen ' auszerehelich, ungesetzmäszig, illegitim':

beziehungen

RI) e w i l d s ein uneheliches kind SEILER Basler mundort 315 und SPRENG idiotikon rauracum 43 Socin, wo sich die wohl kaum zutreffende erklärung findet: 'wild nennen die alten, was ihnen unbekannt war. ein wildes ist also ein kind, dessen vater man nicht weisz oder nicht wissen darf; das w i l d e kind für einheimisch und eigen erziehen G U A R I N O N I U S 354; vgl. auch Wildling, wildprinz. ß) w i l d l e b e n mit einer f r a u : er het w i l d mit seim w e i b gelebt chron. d. dt. städte 11, 641, 7; sie k a m schon so ziemlich b e j a h r t m i t dem ewig betrunkenen M a r z a h n hier an, mit dem sie anfangs w i l d gelebt hatte und erst verheirathet wurde, als er den posten b e k a m GUTZKOW ritter vom geiste2 2, 64. y) nach dieser verbalen redensart sind wohl gebildet die nicht vor dem 18. jahrhundert zu belegenden ausdrücke w i l d e e h e und w i l d e l i e b e , anstelle der älteren kebsehe und unehe; vgl. LADENDORF schlagwörterbuch 343 / . : dann musz w o l die w i l d e ehe etwas sehr unbequemes sein HERMES Sophiens reise (1771) 3, 34; w e n n die hurkinder nie ohne eine grosze that fürs Taterland zur ehre . . gelangen könnten, w ü r d e n viele w i l d e ehen in bürgerliche . . v e r w a n d e l t w e r d e n J. MÖSER 2, 70; die wilde liebe, zwischen ihr, der fremden, und Octavian, sie soll sich plötzlich wenden TIECK 1, 68;

ich h a b e mehr als einen hagestolzen gekannt, der statt des sanften j o c h s der gesetzmäszigen ehe, das harte .joch der leidenschaften und der w i l d e n ehe getragen hatte METZOER med. Schriften l, 19 bei Jahn Volksthum 434; dem z ' s a m m ' l e b e n in der wilden eh' m i t deiner Kathl, dem dürft jetzt a ziel g'setzt sein ANZENGRUBER 3 3, 155 (dorfgänge I ) ; eine freie Weiterbildung ist 'wilde' hochzeitBreise bei BLEIBTREU gröszenwahn (1888) 2, 173. auch bildlich von bedenklichen und folgenschweren Verbindungen auf geistigem gebiet gebraucht:

zwar scheint ein schlechter vers ein kleines wehe, und doch erzeugt er eine menge Sünden; denn allzuleicht nur wird in wilder ehe sich eine schlechte that mit ihm verbünden PLATEN 292 (Ödipue III); diese herzensangelegenheit bringt n u n der pietismus mit der philosophie in eine wilde ehe, aus welcher schon die ungeschlachtesten bastarde entsprungen sind R Ü G E 2 2, 198.

e) ferner finden sich freie Weiterbildungen, bei denen die Vorstellung des unerlaubten ganz verschwindet und nur die des unregelmäszigen zurückbleibt, wie w i l d e erz i e h u n g : d a Jupiter selbst von einer nymphe, w o nicht gar v o n einer ziege genährt worden, andere götter und heroen gleichfalls eine w i l d e erziehung i m verborgenen genossen GÖTHE 49 II, 10,10 Weim.; ganz neuen ursprungs sind wildes examen, w i l d e candidatur, bei denen auch noch die Vorstellung von w i l d 'hergelaufen, ortsfremd' mitklingt; siehe deshalb oben B 6 b, sowie w i l d e m. 16) 'gehaltlos, unrein, werthlos, unecht'; der ausgangspunkt dieser Verwendung sind fäUe wie w i l d e (d. h. unechte oder uneigenttiche) rebe, wildes w a s s e r (im gegensatz zum trinkwasser). sie dehnt sich dann auch, auf fäUe aus, wo kaum mehr ein Zusammenhang mit dem ausgangspunkt gefühlt wird, wo aber stets etwas uneigentliches, minderwertiges im gegensatz zu dem eigentlichen und werthvolleren bezeichnet werden, soll; s. auch wildkegel; femer vgl. altnord. villubiskup, villukristr, villumeistari, villupostoli ( F R I T Z N E R ) d. h. 'falscher bischof, Christus, lehrer, apostel', wobei jedoch die Entwicklung den weg über 'herumirrend, irrend' gegangen ist. so gebraucht man das wort a ) von erzen im sinne von 'gehaltlos, unrein': wenn n u n die blick oder silberkuchen grosz und ungeschmeidig oder die erz wilde sein, so henget sich wildigkeit und unreinigkeit unten an das silber U A T H E S I U S Sarepta I49 B ; X I V . 2.

adj.

3i

heten perckhleut vil perckhwerch guet . . wers hangend vest, das ligend mila und die arzt im schmelzen nit wild RÖSCH V. GEROLDSHAUSEN

wunschtpruch

46;

s. auch wilderz und wildigkeit; daneben bedeutet es hier aber auch 'unverarbeitet, im rohen zustand': es haben auch etliche die rohen wilden erz zu probirn, diese weise ERCKER beschr. aller mineral, ertzt (1580) 15*; s. auch wildzeug. b ) vom gestein: wilder knauer ist das harte gestein, gebürge oder hornstein, so m a n mit päuscheln gewinnen musz MINEROPHILUS bergwercks- lexicón 718; ADELUNG definiert wildes gestein als 'zu hart für die bearbeitung, aber auch taub'; w i l d , unartig, vest gestein ist ein gestein, so v o n den übrigen steinarten abweichet und fast garnicht zu gewinnen ist, w e g e n seiner festigkeit JACOBSSON technolog. Wörterbuch 4, 646; wilde arten, Unarten, unartiges gestein LIECHTENSTERN allg. dt. sachwärterb. (1834) 10, 376 ; wildes gestein n. (bgb.), fr. roche stérile f., engl, dead rock, barren rock B E I L technol. wb. 1, 657.

c) von weniger werthvollen satz zu werthvolleren, namentlich zu gold:

metallen im gegenvom eisen im gegensatz

wie er aus wildem eisen wolt machen pur lauter rotes gold

geechichtt. Heder u. Sprüche Würthemberga (1597) 102, 8; auch im gegensatz zu besserem, echtem stahl: wilder oder willer stahl eine ort weissen, bei der drahtfabrication verwendeten roheisens SCHEUCHENSTUEL idiotikon der öst. berg- und hüttenspr. 265, s. auch wildstahl. d ) vom gas: wildes gas (mephitisches) LIECHTENSTERN allg. dt. sachwb. 10, 878; wilder dunstschwaden {kohlensaure luft) PIERER realwb. (1829) 8, 681. e) vereinzelt von dem irren, ungewissen, wechselnden licht der vom nebel halb verhüllten sonne: de w i l d ' sünn schient SCHÜTZE holstein. idiot. 4 , 362; oder von dem 'hof' der sonne : wilde sunnen, der sunnen o. des monen hof halo DIEFENBACH nov. gloss. 200 f ) vereinzelt von den Sternen, die kein eigenes licht haben: die stern sein z w a r schön, aber ohn der sonnen hülf sein sie w i l d (kraftlos) SCHUPP 702 (kunst reich zu werden). g) von unreinem, entartetem blut: w i r d das israelitisch blut gar vermischt, unrein, wässerig und w i l d e w o r d e n sein L U T H E R 8 (1562), 121 h ) von abfallstoffen bei gewerblichen betrieben und chemischen Zersetzungen, namentlich vom gehaltlosen wasser u. ähnl.: Scheidung des w i l d e n und haltenden wassers . . so viel helt die mensur des w i l d e n , öden, unnutzlichen wassers bei sich THURNEISZER von wassern (I612) 29; aus einer bernsteingräberei führt ein kanal das w i l d e w a s s e r nach der Ostsee gegenwart 2, 13511 ; im gegensatz zur sole: m a n h a t auch geringsweis u m b die suln (sole) g r a b e n , mit letten v e r d a m p t (abgedämmt), dasz das w i l d w a s s e r nit zu dem guten k a n J. HEROLT chronica v. Hall 259 Kolb; m a n k a n n unsern körper als ein gradierhaus ansehen, w o das w i l d e w a s s e r v o n dem guten geschieden w e r d e n soll CLAUDIUS 7,179; JACOBSSON technol. wb. *, 647 ; w i l d e fluth das von einem pochoder waschwerk in die frei fortlaufenden bäche oder fiüsse abfallende trübe wasser SCHEUCHENSTUEL idiot, d. äst. berg- u. hüttenspr. 265; wilde lauge vitriollauge, au» der auslaugung des kupferrauchs erhalten JACOBSSON technolog. wb. 4, 647 ; durch fallenden regen entstehende lauge auf vitriol- und alaunhütten oder wie rotlauge die erste durch infundieren der erze mit wasser erhaltene vitriol-, alaun- und quicksalzlauge LAMPADIUS hdwb. d. hüttenkunde (1817) 218; wilder käs von dem zusammenhängenden labgerinnsel losgelöste einzelne flocken, die auf der abgeschiednen mölke schwimmen und darum auch 'schwimmkäs' genannt werden (Schweiz) MARTINY wb. der müchwirtsch. (1907) 138; mit w i l d e m a b r a u m aus gefüllt KÖNIG die klubbisten in Mainz (1847) 1, 128; w i l d e r rauch in hüttemoerken die beim, 'rösten' oder schmelzen dar erze entwickelten gase, die zwar werthvolle bestandtheäe enthalten können, aber doch nicht eigentlich

3

35

WILD

WILD adj.

verwerthbar sind: (aus einem urtheil des Freiberger bergschöppenstuhls vom 11. jan. 1697) dasz er den beim rösten der zwitter (zinnhaltiges erz) in die luft steigenden wilden rauch auffangen und daraas arsenicum machen möge HERTTWIG bergbuch 31 B . i) von unausgenützter Wasserkraft: das wasser wild laufen lassen, wildes wasser (beim müMenbetrieb) SANB DERS 2, 1603 ; vgl. auch wildgraben. k) von verdorbenem, fleisch: wild, stinkend, verdorben fleisch LUTHER 38, 845, 87 Weim.; wildes fleisch, wildenzendes fleisch LIECHTENSTERN allg. dt. aach wb. 10, 878. 1) von irreführenden pathologischen erscheinungen wie wildes fruchtwasser HÖFLER krankheitsnamen 785; w. kindswasser PIERER real-wörterb. 8, 681; wilde (auch falsche, blinde) wehen AMARANTHES frauenzimmer lex. (1715) 2124; s. auch oben wehen th. 14 I, 40; mundartttich von abarten von krankheiten, die der eigentlichen art in der erscheinung ähnlich sind: wilde blättern HÖFLER 53, wilde blotere Schafblattern SEILER Basler mundart 816; wildi blotere HUNZIKER aarg. wb.; eis' wilde bürwele Schafblattern MARTIN-LIENHART 2 , 820; wilde pocken heidepocken, Schafblattern bei hindern HÖFLER 478.

C. formelhafte Verbindungen, meist zur Verstärkung dienend (die belege meist oben): 1) mit vorgesetztem adverb: unmeg wildi nimium ferox GRAFF 1, 804, teufelsmäszig wild, grimmig wild. 2) mit nachfolgendem vergleich: wilder denn seublut H. SACHS 21, 85, 5; wild wie ein holzbock WANDER Sprichwörter lex. 5, 235; wild wie der teufel. 3) mit einem gegentheiligen begriff: w. und zahm s. A sowie zahm li]l. 4) mit einem sinnverwandten adjectiv, theilweise allit tarierend: wild und unbändig, wild und störrig, hitzig und wild, wild und toll; wild und keck, wild und frech, wild und lüderlich, gail und wild; wild und rumorisch; wild und unruhig; wild und wüst, wild und grimmig, wild und wüthig; letz und wild; wild und schändlich, wild und grausam; wild und greulich; wild und unvernünftig; wild und roh; wild und grob; wild und barbarisch; wild und ungeschlacht, wild und ungefüg; wild und ungeheuer; wild und gesetzlos; rauh und wild; wild und verworren; wild und düster; trüb und wild; wild und fürchterlich; fremd und wild; wild und öd; wild und seltsam; wild und wunderlich; wild und wunderbar; mit Verdoppelung wild über wild S. BRANT.

5) mit substantiven (die fachausdrücke unier E): wilder mann, w. frau, w. weib, w. köpf, w. künden, w. vogel, w. gast, w. kind, w. hummel, w. jäger, w. rotte, w. jagd, "w. heer; w. feuer, w. wasser; w. zeit, w. .läufe; w. wesen, w. leben, (in der nacht da fechtet des ritters hausfrau in dem schlaf und weint und schrei, und hett ein wild leben PAULI schimpf U. ernst 186); wilde mette (von einer Schlacht LILIENCRON Volkslieder 8, 20); w. wald, w. heide, w. meer, w. wurzel, w. straszen, w.'ende, w. elend; mnd. wilde wege ungehöriges verfahren LÜBBENWALTHER 582; w. weite (welcher später . . in die wilde weite der vier winde hat entfliehen müssen ARNDT Schriften f . u. a. s. I. Dtschen 4, 284); w. fund, w. geschichte, w. sache, w. gewerb, w. schwanke, w. gefährt, w. ehe, w. examen, w. nase. vgl. auch die zusammenrückungen wie wildemann, wildfrau, wildweib, wildfeuer, wildwasser, wildewahl u. s. w. 6) mit verben: wild werden, w. machen, w. leben, w. zugehen, w. thun, sich jv. stellen, w. wachsen, wild stinken; mnd. wild lopen toU hergehen LOBBEN-WALTHER

582.

7) sonstige: ins wilde, s. dieses unten bei wilde n. D. Zusammensetzungen kungen.

oder

zusammenrük-

l) endglied ist wild in einer ganzen reihe von fällen, so z. b. in b a r t w i l d , b l u t w i l d , fuohswild, fuchs-

adj.

36

teufelswild, elsässisch f ü d l e w i l d , halbwild, k ü r b s e wild, minnewild, sehnsuchtswild, siegeswild, strauchwild, sturmwild, teufelswild, unwild, urwild, waltwilde, wolfswild, zorneswild, die gesperrt gedruckten sind in den früheren theilen nicht erwähnt. 2) als anfangsglied ist wild ungemein häufiger; vor allem steht es a) noch ziemlich lose neben participien, so beispielsweise in a) wild-andringend, -anprallend, -anstürmend, -athmend, -aufbrausend, -auflodernd, -aufrasend, -auftobend, -ausbrechend, -aussehend, -bedrängend, -begeisternd, -blickend, -brausend, -brüllend, -eifernd, -fahrend, -flammend, -flatternd, -fliegend, -fluthend, -funkelnd, -gährend, -gebahrend, -gischtend, -glühend, -hauend, -herabhängend, -heulend, -höhnend, -jagend, -jauchzend, -jubelnd, -kochend, -krächzend, -kreischend, -laohend, -lärmend, -laufend, -lebend, -liebend, -lodernd, -pochend, -quellend, -rankend, -rasend, -rauschend, -reiszend, -rennend, -rollend, -rufend, -schäumend, -scheinend, -schieszend, -schnaubend, -schnaufend, -schwärmend, -schweifend, -sengend, -spielend, -sprechend, -strömend, -stürmend, -stürzend, -taumelnd, -tobend, -tosend, -treibend, -umstarrend, -umwogend, -verheerend, -wachsend, -wechselnd, -widersprechend, -wiehernd, -wogend, -wuchernd, -wüthend, -zürnend; ß) wild - angelaufen, -aufgekraust, -aufgesetzt, -aufgeschossen, -aufgewachsen, -begeistert, -belebt, -besessen, -bewachsen, -bewegt, -bewuchert, -emporgeschraubt, -empört, -entbrannt, -entflammt, -ergriffen, -erregt, -erschüttert, -erwachsen, -gebildet, -gedrängt, -geharnischt, -gejagt, -gemacht, -gesträubt, -gewachsen, -geworden, -umfurcht, -umflattert, -umhergeworfen, -umufert, -verbraust, -verbunden, -verflochten, -verkehrt, -verschlungen, -verschränkt, -verträumt, -verwachsen, -verworren, -verzerrt, -verzweifelt, -zerfleischt, -zerklüftet, -zerrauft, -zerrissen, -zersplittert, -zerstört, -zerstreut, -zerwühlt, -zerzaust, -zusammengetrieben, wichtig ist wegen seiner form darunter wilde-verwundet HERDER 26, 233. b) sonst vor adjectiven, so abgesehen von den oben sp. 10 genannten formen in wild-bedrohlich, -behaart, -beherzt, -borstig, -erhaben, -felsig, -feurig, -frei, -froh, -fröhlich, -genial, -gewaltig, -gezackt, -gierig, -grausig, -grosz, -grotesk, -grün, -harmonisch, -heroisch, -herrlich, -kraus, -ländlich, -leidenschaftlich, -locker, -mächtig, -malerisch, -pittoresk, -salzig, -schaffen, -scythisch, -stürmisch, -trotzig, -üppig, -verästet, -wachsen, -zornig. 3) häufig ist es auch neben substantiven, wobei Zusammensetzung mit zusammenrückung wechselt (wildfrau — wildefrau). beispiele dafür sp. 13 (unter ß), 14 (unter b). übrigens werden von all diesen Verbindungen nur die mit substantiven und die mit adjectiven wegen ihrer engeren Verbindung im folgenden als besondere artikel behandelt. E. Verwendung in den fachund berufssprachen. ackerbau: 'ungepflügt, brachliegend' (w. boden), 'unrationell' (w. feldgraswirthschaft, w. samen aarg. 'nicht absichtlich gesät' HUNZIKER); alchimie: 'gehaltlos' (w. wasser), 'unedel' (w. eisen); bergbau und hüttenwesen (vgl. auszer LAMPADIUS und SCHEUCHENSTUEL auch DANNENBERG-FRANTZ bergm. wb): l) 'taub, gehaltlos, unartig' (w. gestern, w. erz); 2) 'ohne zuthun der menschen hervortretend und sich sammelnd', daher oft 'gefährlich' (w. wasser, w. gas); 3) 'auf natürliche, kunstlose weise hergestellt', im gegensatz zu den erzeugnissen eines vervollkommneten technischen Verfahrens (w. Vitriol); 4) 'unecht', daher 'minderwertig' (w. stahl, s. wildstahl); 5) 'werthlos', weil bereits ausgebeutet oder die ausbeutung nicht lohnend, als abfallstoff betrachtet (w. fluth, wie pochfluth und herdfluth, das freigerinne bei der aufbereitung, dessen inhalt von erzen u. s. w. nicht benutzt wird, sondern abflieszt, im gegensatz zu der erzhaltigen trübe), botanik: 'einheimisch' (w. arten); 'uneigentlich, unecht' (w. reben und anderepflanzennamen); brauerei: 'stürmisch' (w. gährung, im gegensatz zur nachgährung); brunnenbau:

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WILDABSCHUSZ - WILDAPFEL

WILDAPFELBAUM -

WILDBACH

38

168. — 'nicht zur gefaszten quelle gehörig' (w. wasser) \fischerei: \ geführt werden HOOFS waldbäume u. culturpfl. w i l d a p f e l b a u m , m. DIEFENBACH gloss. 543* sor'unrationell, natürlich, in freien gewässern betrieben'; bus: (unter den eingerammten pfählen der Pfahlbauten) flöszerei: 'nicht in festverbundenen floaten bewerkstelda finden wir vor allen eichen, . . ulmen, wildapfelbaum ligt', vgl. wildflöszerei; forstwesen: 'nichtvan menschenBERNHARDT geschiehte des waldeigenthums 1, 25; das hand gefällt' (vgl. wildholz), 'aus lebenden sträuchern ge weisze und rosige geflocke der blühenden kirsch- und bildet' (wildhecke, wildzaun); fuhrwesen: 'auszerhalb wildäpfelbäume ROSEGGER 1, 26. des hauptgeleises liegend', vgl. wildbahn; gärtnerei: 'unveredelt, ungepfropft' (w. obstbäüme, w. Sträuche); W I L D A R E A L , n., zu wild adj., das noch nicht urbar gerberei: 'besonders stark' (vgl. wildhäute); jagd: gemachte land, der ivildboden, im gegensatz zum cultur'störrisch, ungehorsam' (w. werden, von hundert); inboden: hier war der Deutsche einestheils auf uraltem genieurwesen: 'gieszbachartig' (vgl. wildwasser); kaufbereits parcellierten culturboden angesiedelt und andermannssprache, vgl. EITZEN wb. der handelsspr. dt.-engl. seits wurde das wildareal durch rodungen soweit in (1893), SCHIRMER wb. der dt. kaufmannsspr. (1911): 'ungeansprach genommen, dasz . . neubrüche nur sporadisch wöhnlich, unsolid, gewagt' (w. geschäfte, w. speculanten, vorkamen WIMMER gesch. d. deutschen bodens 131. w. firmen); 'unofficiell, nicht anerkannt, zweifelhaft' (w. W I L D A R M , adj., zu wild n.: ausgedehnte nadelwalmarke, w. markt, w. noten, w. scheine); 'heftig, stürdungen sind in älterer zeit stets als besonders unwirthmisch' (wilde hausse): in einem der pronunciamentos lich und wildarm von der cultur gemieden worden sagt Lawson, dasz die wildeste hausse, welche die weit HOOPS waldbäume u. culturpfl. 155. — w i l d a r m u t h , jemals gesehen haben wird, zur thatsache werden wird /., zu wild n.: wenn einmal hungersnoth, Viehseuchen Münch, allg. zeitg. 1908, 714*; medicin, namentlich volksoder wildarmuth sie drängen sollte RITTER erdkunde Tnedicin: 'wuchernd' (w. fleisch), 'entzündet' (w. feuer), 2, 971. 'von wilden waldgeistern gebracht' (von plötzlich auftretenden krankheiten), 'unecht, täufchend' (w. blättern, w. W I L D A R T , f., zu wild n.: ein hund, der nur auf der wehen); mühlenwesen: 'unausgenützt' (w. laufen, vom fährte folgte und bei allen groszen wildarten mit auswasser); politik: 'zu keiner fracüon gehörig'; rechtsnähme des schweines angewendet wurde SCHWAPPACH und staatswissenschaft: 'heimathlos, herrenlos', vgl. handbuch der forst- und jagdgeschichte l, 66; die richtige wildfangundmnd wilde fruwenfahrende, öffentliche frauen deutung der haare des Winterkleides unserer wildarten LÜBBEN-WALTHER582; 'ungehörig': wilde wegeebd.; rinnist . . schwer BREHM thierleben 3, 763; s. auch unten steinsprache: w. penne freie herbergt, schnapsherberge wildgattung, -geschlecht, -sorte. — w i l d a r t i g , adj., zu OSTWALD; Salzgewinnung: 'nicht salzhaltig'; schüwild n., dem wild ähnlich, verwildert: wildartige Schweine lersprache: 'zu keiner staatlichen anstatt gehörig'; GÖTHE 48, 169 Weim. Studentensprache: 'nicht incorporiert'; Viehzucht: WILDÄSTIG, adj., zu wild adj.: schlanke wildästige 'ohne fürsorge für fütterung, ställe, begattung, dem fichtenstämme ROSEGGER II 7, 16. naturzustand nahekommend' (w. gestüte, w. paarung); W I L D AUFSEHER, m., zu wild n.: von der alm herab volkswirthschaft: 'auszerhalb der gemarkung, in der steigt würdigen schrittes der wildaufseher ROSEGGER wildnis gelegen', vgl. wildhufe; ziegelbrennerei: 'nicht II 7, 125; s. auch unten wildhüter, -Wächter, -wart, von der eigentlichen feuerung auagehend' (w. flammen). Wärter. W I L D A B S C H U S Z , m„ zu wild n. l ) das abschieszen W I L D Ä U G I G , adj., zu wild adj.: zwei kecke wilddes wildes; 2) das abgeschossene wild selbst: der wert äugige burschen SUDERMANN frau sorge 44. des jährlichen wildabschusses SCHWAPPACH forstpolitik, W I L D A U R I N , CT., zu wild adj., auch gnadenkraut, gotjagd- u. fischereipol. 804. tesgnadenkraut, gottesgabenkraut, purgierkraut, weiszes W I L D A C K E R , m., zu wild »., jeder acker, der im gallenkraut, heckenysop ANTHON hdwb.f. ärzte, apotheker freien feld oder in einem revier oder wildpark zur äsung 637; DIEFENBACH gloss. 269* gratia; KINDERLING reinigdes vrildes angelegt und bestellt wird ADELUNG ; ein stilck keit d. deutschen spräche 273 gratiola gottesgna'de; LIECHfeld, welches in einem mit wild wohl versehenen walde TENSTERN 10, 875; HOLFERT volksth. namen der arzneioder thiergarten ordentlich mit allerhand getreide und mittel; sonst auch ohne zusatz nur aurin, im gegensatz feldfrüchten besäet und bepflanzet wird JACOBSSON techn. zum rothen, s. oben th. 1, 817. wörterb. 4, 646; DOMBROWSKI encykl. d. forst- u. jagdW I L D B A C H , m., zu wild adj., von der neueren Schrifticiss. 8, 401; KEHREIN wörterb. der weiCmannsprache 825; sprache der spräche der alpenländer entlehnt, in den älLOREY handbuch der forstvoiss. 2 2, 404; FÜRST ill. forstteren Wörterbüchern nicht gebucht: u. jagd-lex. 796: die gewalt eines grundherrens . . wild1) ein bach im gebirge mit starkem gefäll, brausendem äcker . . anrichten zu lassen FLEMING vollkomm, teutsch. lauf, steinigem, meist tiefeingegrabenem bett; im sommer jäger 50. dem gleichen zwecke dient die wildwiese; s. diese unten, über den wildacker als brunftacker vgl. oft versiegend; bei gewitter gefährlich anschwellend, weshalb verbauungsarbeiten an den ufern nöthig sind; synoF Ü R S T a. a. o. 122. nyme gieszbach, wildwasser; der wilde, oft tobende lauf W I L D A D E L , m., Österreich, für mehlbeerbaum, pirus dieser gewässer hat zu den benennungen gieszbäche, aria LIECHTENSTERN dt. sachwb. 10, 376; KALTSCHMIDT wildbäche u. s. w. veranlassung gegeben OKEN allg. gesamtwörterb. 3 1069; PRITZEL-JESSEN pflanzennamen. naturgesch. 1, 666; die reichste mannigfaltigkeit von W I L D A L P E N , pl., zu wild adj., wildes hochgebirge: tannengeschmückten gründen, wildbächen mit kleinen denn selbst den namen Miaotsteu . . hat dasselbe kriegeWasserfällen GUTZKOW ritter vom geiste 2, 13; nachdem rische voll' in seinen wildalpen behalte« RITTER erdwir die brücke überschritten, steigen wir tief in die kunde 4, 761. Schlucht zu den wildbächen hinab STEUB drei sommer in Tirol 1,167; das brausen der wildbäche aus der tiefe W I L D A M P F E R , m., rumex acetosa u. a., im gegensatz war, vom nebel gedämpft, dem ohre kaum vernehmbar zu gartenampfer, rumex patientia SEBIZ 66. C. F. METER Jürg JenatschB 28; auch bildlich: vielleicht W I L D A N G E R , m. 1) zu wild, n., wildgarten, wildpark: wäre sie (die tochter) ihm j a geworden und hätte den Kobell in seinem 'wildanger' SCHWAPPACH handbuch wildbach seines schicksalB in ein fortan friedliches bette der forstund jagdgeschichte 1, 67. 2) zu wild adj., geleitet HERM. KURZ der sonnenwirth 1, 91; wilder anger: es hat ihn keiner gesehen, wenn er auf dem wildanger stand und hinabstarrte in's thal ROSEO OER 7, 396. W I L D APFEL, m. 1) wilder apfel DIEFENBACH gloss. 542° sorba: cider aus wildäpfeln flosz in strömen ROSEGGER 7, 9. — 2) der wilde apfelbaum: listen aller im walde vorkommenden holzarten, worin als fruchtbare bäume und bauhölzer eiche, buche, wildapfel . . auf-

der trommeten hell gedröhne und der geigen tolle lieder stürzen vom gertlste nieder, als ein wildbach froher töne L E N A U ged.

(1857) 1, 165.

2) in der forstmännischen fachsprache benennung für alle bäche, die geeignet sind, aus irgend einem gründe dem forstmann Schwierigkeiten zu bereiten (vgl. DOM3*

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WILDBACHBETT -

WILDBADEN - WILDBAHN

WILDBAD

BROWSKI encykl. d. jagd- u. forstwiss. 8, 401 f.), so z. b. ein durch besondere umstände, vor allem, durch erdrutschungen neu entstandener lach, der sich durch fortschwemmen des waldbodens erst ein bett bilden musz: durch die unvorsichtige anlage und benutzung von erdriesen (abfuhrweg für holz) . . . wurde häufig die veranlassung zur entstehung von wildbäehen und erdrutschungen gegeben SCHWAPPACH handbuch der forstund jagdgeschichte 1, 473; oder ein bach, dessen Wildheit sich weniger in starkem gefäll als in breiartigem wasser äuszert: wildbäche sind wasserläufe, aus deren sammelgebiet ab und zu 'muren' d. i. ein breiartiges gemenge von wasser, kies, sand, steinen und schlämm hervorbrechen forstpolitik, jagd- u. fischereipol. 60 anm. — w i l d b a c h b e t t , n.: aus derselben (der engschlucht) kommt ein steiniges wildbachbett, in welchem kein wasser rinnt ROSEGGER III 2, 857; vgl. auch wildbett. — w i l d b a c h f l u t h , / . : die wildbachfluten müssen, hier (im Ridnaunthal) fürchterlich wirthsohaften alpensommer 898. — w i l d b a c h s c h l u c h t , f.: er hat sich selber ang'schossen und is kopfüber abi in d'wildbachschlucht g'stürzt ANZENGRUBER 6, 197. — w i l d b a o h v e r b a u u n g , f., arbeiten, die den zweck haben, einen wildbach einzudämmen und die ufer vor Überschwemmung zu schützen: man ist . . in Frankreich bei der wildbachverbauung von der bloszen berasung . . zurückgekommen SCHWAPPACH forstpolitik, jagd- u. fischereipolitik 60; was nicht beim militär war, das hatte bei einer groszen wildbachverbauung im Anderthal arbeit R O S E G G E R I I I 4, i s i .



wildbachwelle,/..-

deines blutes wildbachwelle schäumt nicht rasch und immer rascher F R . LIENHARD gedichte

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2G.

WILDBAD, n., zu wild adj., alter plural wildbade, wiltpad; wildpade murtetum vocabul. theut. (1488); warme w i l d b a d AVENTIN rudim. gramm. c M; gloss. 6 7 9 ° ; E M M E L I U S nomencl. 88 thermae;

DIEFENBACH E. ALBERUS

nov. dict. genus 25" thermae, lautulae; RÄDLEIN 1,1061•; sonst gesund-, heil-, mineral-, warmbad, bad oder heilbrunn: 1) natürliche warme quelle, deren wasser zum baden, meist für heilzwecke benützt wird: in etlichen haijen waggern, diu von nätür haig sint, sam diu wiltpad K O N R . v . MEGENBERG 810, 20; Aquisgranum

Aach,

von

Grano dem brüder Neronis, der die ader des warmen wildpads alda erster in der Römer krieg gefunden hat, und von im Aquisgranum genennt FRANCK chronicon Oermaniae 280'; nun gibt die erfarung, das wildbeder gemeinklich vom kalchstein oder bleischweblichten gengen oder alaunfletzen kommen MATHESIUS Sarepta 2 b ; das gewaltige fetter in der erden, das die wildbäder erhitzet 86'; bei K u r nit ferr ein wilbad ist, leit bei sant Benedictes w i s t , genant Pfeffers FOLZ faslnachiep. da es ein herrlich w i l d b a d hatt, biszher B a i a e genannt allwegen SPRENG Aneit

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kische . , wildbad sich schon im stillen rüstet, . . die grünen spieltische aufzunehmen! GUTZKOW werke 7, 56; von altersher als kostspieliger auf enthalt geltend: erstlich müssen die reichen die drei monat spacieren, in gerten umb majiren, schalatzen, reiten und farn, im wildpad nichtsen sparn H. SACHS 5, 2 9 1 , 1 0

Keller-ffötze;

8) eine badeanstalt für warme bäder, auch wenn das wasser nicht aus einer warmen quelle herkommt, namentlich im 16. jahrhundert: wo seind die wildbäder Diocletiani hinkommen? PETRARCHA trostbücher 108"; hart am haus daran (neben seinem lwhen schlosz), da hett' er ein wildbad, in d e m er b a d e t GEN 78.

GÖTZ v .

BERLICHIN-

4) ein warmes wannen- oder Schwitzbad, daher wildbaden, wildbad baden schwitzbaden : was wilt der würz? du wilt lecht sitzen ins wildbad und am narren schwitzen ? HANS SACHS 14, 269 die itzt dort sitzt, doch mir an schad, in einer wannen im wilbad

KeUer-Qötze; 12, 546; -

ein recht warm wild bad STUMPF Schwytzerchronik 639b; bildlich von dingen, die dem menschen stark zusetzen können, z. b. von der liebe, vom tode: von der lieb wildbad HARSDÖRFFER frauenzimmer gesprechspiele l, P vn»; das wildbad (der tod, der junget dauf) ist ein wilder m a n , j a freilich wild und selten z a m . w e r sein bad spart uff den dodt, der bleibt oft Ilgen in dem kot. gots giete und barmherzikeit hond mir von dem wildbad geseit MURNER badenfart cap. 32 v. 5 ff.; dan keiner ist erwider kommen, von dem ich hett doch ie vernommen, der mir v o m wildbad (dem tod) seit die mere, w i e im das bad erschossen were ebd. 5 0 ;

in der Verbindung im wildbad schwitzen wiederholt in dem fastnachtspiel 'das wildbad' von H. SACHS KellerOötze b. 21, wo wildbad spöttisch von einer kerkerhaft gebraucht wird. 5) eine grosze wanne für ein warmes bad, zum gemeinsamen baden für mehrere personen, im 16. jahrhundert: solium ein badcasten von marmor oder stein gemacht, darin mehr personen sitzend mit einander baden kunten; wie die reichen jetzt von zin oder kupfer machen und es wildbäder nennen; solium ex plumbo albo ein zinenes wildbad OSTERMANN voc. analyt. 1,74»; wiederholt bei H E N I S C H 169.

6) vereinzelt ein kaltes bad, im freien: etwan hat sie es gar nicht gewuszt, dasz ich einer jener männer bin, von denen sie in ihrem wildbade überrascht worden R O S E G G E R 10, 314.

— w i l d b a d e n , v.: baden (in warmem wasser), schwitzbaden, wildbaden ttsar', pigliar' i bagni caldi o le stuffe KRAMER; also sein eilf . . wildigkeiten der wildbadenden menschen GUARINONIUS grewel der Verwüstung 953; sy189B; nonymer ausdruck wildbad baden SCHMELLER 2, 898. — als moderner fachwissenschaftlicher ausdruck eine warme w i l d b ä d e r , m., w i l d b a d e r i n , / , l) bademeister, badequelle ohne mineralische bestandtheile. meisterin, maestro di bagni miwrali KRAMER: die 2) ein ort, wo eine solche quelle sich befindet, ein badewannen in dem wilpat auf der schüt, die sein alle ort, besonders Wildbad im Schwarzwald: halb der stat hie und halb des wilpaders, der dorinnen genant im S w a r z w a l d das W i l p a d , ist TUCHER baumeisterb. d. st. Nürnberg 108; 8) eine ist mancherlei prechen nit schad fattnachüsp. 1860; person, die das wildbad benützt: der frommen wildbaderin GUARINONIUS grewel der Verwüstung 955. dem (magenkranken abte) sein ärzt rieten in der Seneser 1 WILDBAHN,/., zu wild n.; auch wildbahne/. GRIMwildbad zereiten ARIGO decamerone. 591; MELSHAUSEN, v. FLEMING; wildbahn m. unter anlehnung d a wil ich hin in ein wildbad, an wildbann SEBIZ, HOHBERG; alter plural wildbahne ob mir drin mScht geholfen werden HANS SACHS 21, 7

1261;

KeUer-Oötxe;

mit offnen schenkein and Schäden in den wildbädern umbziehen AEG. ALBERTINUS Lueifers königreich 199; dasz er . . gen Göppingen . . ins wildbad geritten war G. v . BERLICHINGEN

lebensbeschrbg.

42;

in's W i l d b a d w i l l er reiten, w o heisz ein quell entspringt UHLAND ged.1 865;

in der neueren spräche, der sonst bad allein genügt, nur noch ganz vereinzelt: wer weisz, welches kleine frän-

S C H U P P ; mhd. w i l t b a n / . ; mnd. w i l d b a n e / . , • APINUS gloss. nov. 554; R Ä D L E I N , S T E I N B A C H , ADELUNG, B A U E R -

COLLITZ 182; vgl. auch unten wildbretbahn, dichterisch auch wildesbahn LENAU gedichte (1857) 8, 483. die bedeutungsenturicklung des Wortes ist beeinflusset einerseits durch den anklang an wildbann (ADELUNG), andrerseits durch die ausdrücke wildfahre, -flur, -führe, -gasse, -gehege, •stand, -weg, die eine ähnliche Verwendung und enttoicklung zeigen:

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WILDBAHN

WILDBAHN

1) der ort, wo das wild seine bahn d. h. ungehinderte bewegungsfreiheit hat und sich deshalb mit Vorliebe aufhält, meist ein besonders dazu geeigneter theil des waldes, ähnlich wie bei wildstand und wildfuhre: hölzer werden (weidmännisch) genant först, wildban, bürsch, gebirg, räuhinen, auwen und wildfahren . . , wildsulzen, löher, vorhölzer SEBIZ feldbau 567; es ist auch bekant, dasz, w o thiergarten sein, auch noch auszwendig herumb allerhand gehölze und wiltbahnen und auch darin unterschiedliches wildpret verhanden ist TÄNTZER Dianen höh. u. nied. jagtgeh. 2, 83. 2) die bahn des wildes, seine fährten und Wechsel, der wildpfad; oft im plural; unter dem einflusz von wildfuhre 'furche' auch ein künstlich aufgegrabener weg, auf dem man das hin- und herwechselnde wild besser aufspüren kann ADELUNG : dann folgte eine prüfende Unterredung von wildbahnen und fährten LANGBEIN Schriften 5 2 231; in einer wildbahn reisz' ich es (das pferd) bergan KLEIST 1, 24 (Jam.

Schroff.);

wo kreuzend durch die forst die wildbahn bricht 2, 827 (Hermannaschi. 1, 2). S) unter einflusz von wildbann ein abgegrenzter Jagdbezirk oder bannforst, in dem das wild geschont wird und nur von dem jagdherrn erlegt werden darf; RÄDLEIN caccia riservata; STEINBACH venatio prineipis, lustrum; ADELUNG; in der heutigen Weidmannssprache nach DOMBROWSKI encykl. der ges. forst- u. jagdwiss. 8, 401 ein revier, in welchem das wild, die Hauptrolle spielt; vgl. auch campend, u. nutzb. haushaltungslexictm 1036; allg. deutsche bibliothek 42, 238: das stift vermogte eine eigne wildbahne, und hielt dahero auch einen eigenen jäger Simplicissimus 184 Kögel; er ( T i U y ) sehe, dasz darinnen (in Hessen) sein gute wildbahne, gute fischereien, gute Viehzucht SCHUPP 94; des nachts bleibts nicht bald i m holz, sonderlich w o grosze wildbahnen sein AITINGER jagd- und weidb. 218; es habe ein fürst , . sich in denen von dannen nicht allzuweit entfernten friesischen wildbahnen einmal verirret LOHENSTEIN Arminius l, 94*; die landesfürstlichen gehege und wildbahnen ungescheuet durchzuziehen, darinnen zu j a g e n , zu hetzer FLEMING vollk. teutsche soldat 105 § 3; dasz die wildbahn einen groszen herrn jährlich etwas mehr koste, als einen bauren seine mutze, ist so bekannt als der babylonische thurm STAHL der geuxhrgerechfe jäger 13; wann einer ein thier verwundet in seiner wildbahn und das fleucht von ihm und k ö m m t in eines anderen BECHER jägercabinet 3; ich armer teufel, herr baron, beneide sie um ihren stand, . . um ihres vaters festes schlosz, um seine wildbahn und geschosz GÖTHE 6, 84

Weim.;

hinaus dann] wo uns der gaum hinruft, zum fischteich oder zur wildbahn HERDER 26, 266;

jagd in wohlgenährten wildbahnen und geldzählen waren seine einzige wollust geworden ZCHOKKE 32, 224; das edelwild . . . steckt in einem theile der wildbahn BREHM thierleben 8, 464; eine prächtige wildbahn boten die Isarwälder HIEHL naturgesehichte d. Volkes 4 , 263; dem wildstand zulieb wird auch der wald in den wildbahnen geschont: wenn das roden nur innerhalb der landesherrlichen wildbahn verboten, auszerhalb derselben aber gestattet w a r SCHWAPPACH handbuch der forst- u. jagdgeschichte 1, 849; in Sachsen-Weimar wird 'gnadenholz' angewiesen, wenn eB ohne schaden der gehölze und der wildbahn geschehen kann ENDRES waldbenutzung 97; die grenzen der wildbahn fallen nicht immer mit den gemarkungsgrenzen zusammen, sondern sind oft weiter; auch können auszer dem wald noch wiesen und fehler in der wildbahn begriffen sein JACOBSSON tedhnol. wörterb. 4, 646: w e i l . . bei der wildbahn in . . groszen Wäldern mehrere marken . . interessirt w a r e n : so muste ein höherer friede . . eintreten MÖSER osnabr. gesch.2 L, 65; zuletzt . . . . gienpen die Parteien den theilungsplan des bären ein,

der sich, dem wolf und fuchs die Wälder, der hnndezunft die flachen felder zur wildbahn vorschlug PFEFFEL poet. versuche 6, 99 ;

die wildbahn erscheint als ein weiter unbegrenzter be zirk im gegensatz zu engeren räumen, namentlich in der Verbindung freie wildbahn gegenüber eingegatterten Jagdbezirken, vgl. POSENER rechtslex. 1, 782: laszt den kranken fiillentreiber unverlacht, der zum kreislauf der gedanken aus der wildbahn ohne schranken eine reitbahn macht I THÜMMEL reite 9, 32; in der gewöhnlichen spräche wird diese Unterscheidung weniger beobachtet, sondern wildbahn und thiergarten als ziemlich gleichbedeutend behandelt: wir (der junge Göthe und seine schwester) wünschten, eine solche zahme wildbahn (der hirschgraben) wäre auch noch bei unsern zeiten zu sehen gewesen GÖTHE 26, 15 Weim.; leicht verbindet sich mit der Vorstellung des jagdreviers auch die des wildpfads: von da geht eine wildbahn am gehänge des . . . hochgebirges hinauf R I T T E R erdkunde 2, 883. 4) vielleicht wild,

der

auch

wildstand;

das in

einem jagdrevier

LIECHTENSTERN

befindliche

10, 376;

FÜRST

illustr. forst- und jagdlex. 796: ein einziger mensch wird uns die wildbahn nicht so verwüsten CHR. WEISE comöd. 9; die vortheile dieses kreises sind . . wildbahn und rindviehzucht allg. deutsche bibliothek 91, 496; es (der uhu) ist die einzige eulenart, welche wirklich der wildbahn schädlich ist OKEN 7, 123; aus seiner nahrung ergiebt sich, dasz er (der königsadler) ein der wildbahn höchst schädlicher vogel ist NAUMANN naturgesehichte d. vögel l, 207; eine wildbahn, wie alle königsforsten . . . zusammen nicht aufbringen PÜCKLER briefwechsel und tageb. 6, 39. 5) die jagd in einer wildbahn: mit den Worten wildfuhr, wildbahne, wildjagden sind in den lehrbriefen die hohe und niedere jagden zu verstehen v . FLEMING vollk. teutsche jäger anhang 12; wie leicht der Übergang von 'jagdrevier' zu 'wildstand' oder 'jagd' möglich war, zeigen folgende beispiele: also treumet in gemein . . denen jägern von der wildbahn BUTSCHKY Pathmos 539; schon der erste winter gewährte die raschen geselligen freuden der j a g d , von welchen ausruhend man die langen abende . . . mit allerlei merkwürdigen abenteuern der wildbahn . . zubrachte GÖTHE I I 66, 99 Weim. 6) vereinzelt eine art jagdhunde: wildbahn oder wildfuhr ist früher der eiserne jagdhund genennet worden FLEMING vollk. teutsche jäger lll. 7) als alter fachausdruck der geometer ein schmaler weg oder eine schneise im wald: wildbahn frz. laie, laye heiszet ein durchgehauener weg i m wald. die feldmesser haben das recht 3 fusz breite wege in jeder holzung zu machen, um ihre ketten zu führen, um nach dem instrumente und stäbe sehen zu können FÄSCH kriegsingenieur-see-lexicon (1735) 1002. 2

W I L D B A H N , f.,

wegen

der Verschiedenheit

der

bedeu-

tung kaum dasselbe wie das vorausgehende wort. und darum auch wohl mit seinem ersten bestandtheil gehörig zu wild adj. 'ungebahnt, uneigentlich': l) bei einem fahrweg das nebengeleise, der ungebahnte weg neben dem ordentlichen fahrweg (ADELUNG, KALTSCHMIDT) : wildbahn heiszet auch beim fuhrwerk, wenn das dritte pferd, welches neben denen beiden deichselpferden vor dem wagen 'gespannet ist, neben der ordentlichen bahne zur seiten laufen musz allgem. haushalt.-lexicon 8, 789; ebenso bei JACOBSSON technol. wörterb. 4, 646; daher von pferden in die wildbahn gespannt LIECHTENSTERN 10, 376 oder a u f d e r w i l d b a h n : auch fährt sie (die Victoria auf dem Brandenburger thor) langengelsch (mit vieren vom bock), aber m i t . vier pferden breit — z w e i auf der wildbahn — w i e ich das männigmal i m früheren Zeitalter bei pohlnische juden gesehen habe FR. REUTER a, 817 volksausg. Wismar 1902 (schurrmurr 8); auch übertragen von menschen: beim ziehen an der leine sind die mannschaften auf der seite nach dem lande zu angebunden, wurden an ström-

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WILDBAHNER - WILDBANN

WILDBANN

schnellen noch eine anzahl baummetzseher angenommen, so banden sich einige auf der seite nach dem wasser za an, es heiszt dann: auf der wildbahn gehen WEBER elbschiff. 138. in der Verbindung auf der wildbahn auch übertragen: ob vernünft'ge leute nicht wirklich der meinung sind, dasz wir besser auf der wildbahn als im gleise gehen? J. G. MÜLLER die herren von Waldheim l, 8; auf der wildbahn schweifend (ungewöhnliche wege gehend), wie die magie selbst, sind die Charaktere, in denen sie {die magussage) auftritt CUNO FISCHER Oötheschriften 4 6 , 25«; seltener mit der Vorstellung des nebengeleises, der parallelen richtung: zwar wurde Laura nicht bei dem geheimen Vortrag des professors zugelassen, aber ihre seele flog getreulich auf der wildbahn nebenher FREYTAG Handschrift 2, 67. 2) das in der wildbahn laufende pferd selbst, wofür sonst auch wildbahner: sonsten nennen die postillons wildbahn das dritte pferd, welches neben den beiden, die an die deichsei gespannet sind, läufet FÄSCH kriegsingenieur-see-lexicon 1002. w i l d b a h n e r , m„ zu 2 wildbahn, in der Steiermark ein pferd, namentlich ein postpferd, da» nicht am geleise

L) ein recht, über dessen umfang und besitzer verschiedene auffassungen vorhanden sind, s. auch unten wildbannsgerechtigkeit : a) das recht, bannforsten zu errichten, d. h. einen gebannten, in seinen grenzen eingeschlossenen und andere ausschlieszenden jagdbezirk zu halten ADELUNG ; das recht, rodungen darin zu verbieten und die gerichtsbarkeit gegen zuwiderhandelnde auszuüben DOMBROWSKI a. a. o.; somit unterschieden von dem jagdrecht einerseits und der waldbenutzung andererseits, die in dem wildbann enthalten sein können, aber nicht müssen ciUgem. haushalt. lexicon

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läuft

DNGER-KHULL 683.

WILDBAHNHERR, m„ zu 'wildbahn, der inhaber des jagdrechtes, manchmal im gegensatz zu dem besitzer des grund und bodens: so ist doch billicher . . (dasz) . . die inhaber des grundes eine gewisse bedingte anzahl schwein hineinschlagen und also etlichermaszen ihres grundes und der wildbahnherr nichts desto weniger seiner gereohtigkeit genieszet HOHBERG georg. 2, 585. — w i l d b a h n o r d n'ung, f . , ein theil der forstordnung: die forstordnungen (holzordnungen, waldordnungen, forst- und jagdordnungen, wildbahn-, forst- und holzordnungen, wald- und kohlenordnungen etc.) SCHWAPPACH handbuch der forstund jagdgeschichte l , 280. — w i l d b a h n s g e r e c h t s a m e , f . , rechte, die sich auf anlegung und erhaltung einer wildbahn beziehen: anleitung, wie die forst-, jagdund wildbahnsgerechtsame aufs beste zu beachten 2, 554 anm. 1*. — w i l d b a h n s i n h a b e r , m.: wenn ein landmann . in seiner wildbahn ein thier anschieszet, dasz es yerwundt in . . . eines andern wildbahn trete, so soll ers alsobald dem forstknecht in selbigen ort, oder des wildbahnsinhaber anzeigen österr. forstordnung v. j. 1575 ebenda 2 , 608 anm. 82. — w i l d b a h n s v e r d e r b e r , m., selten für wilderer: wo er {der forstmeister) . . jemanden . . dergleichen dero landfürstl. wildbahnsverderber betreten werde, ob er . . . wagen oder rosz zum wildpretführen hergeliehen HOHBERG 2, 696. WILDBANN, m., zu wild n., plur. wildbänne; ahd. wiltpan GRAFF I, 804, mhd. wiltban (willpan, wildbant), plur. wiltpanne, wiltbane, wilpenne LEXER 8, 898; wildband GRIMM weisth. 7, 355 register, wildbanne eb. L, 498. 508 ; 6,568; in seinen wildbanten {neben wildpanen) ehren, d. deutschen städte 2, 188; wildpan HÄTZLERIN; willpan AYRER, FISCHART; wildban LUTHER, MATHESIUS; wildb a h n m. ABRAHAM A ST. CLARA, HOHBERG; femer vgl.

unten das seltnere, wohl nur durch die Schreibung verschiedene wildpfand n. und oben das obd. gewildbann. die grundbedeutung ist wohl 'jagdrecht', s. oben bann th. L, 1118 ff.; doch hat schon das mhd. attch die bedetitung 'jagdbezirk' LEXER 8, 898; das anklingen an wildbahn trägt dazu bei, diese Verwendung zu begünstigen. SCHWAPPACH handbuch der forst- und jagdgeschichte 2, 588 anm. 1 zählt drei alte Verwendungen des Wortes auf: L) die jagdgerechtigkeit, 2) die gegend, welche mit dieser gerechtigkeit begabt ist, 8) das gesetz, wodurch der landesherr das wild u. s. w. seinem eigenthum unterwirft; ADELUNG bucht die bedeutungen: 1) recht, einen gebannten jagdbezirk zu halten, vom jagdrecht unterschieden und mehr als dieses; 2) der eingeschlossene jagdbezirk selbst; HEPPE jagdlust

(1784) 8, 755 und

DOMBROWSKI

encykl.

der ges. forqt- und jagdwiss. 1, 423 kennen wie der neuere Sprachgebrauch nur die bedeutung 'jagdgerechtigkeit'; als synonyme erscheinen wildbahn, wildfang, wildflur, wildfuhr, forstbann, bannforst, wildbannsgerechtigkeit.

8, 729.

b) im engeren sinne nur das recht, in einem solchen begrenzten jagdbezirk zu jagen und unberechtigte auszuschlieszen HEPPE jagdlust 3 , 765: wo ihnen {den Colonen) auch nutzungsrechte in den Waldungen eingeräumt wurden, behielten sich die könige, prälaten oder grafen doch den wildbann vor BERNHARDT geschickte des waldeigenthums 1, 46. c) diese rechte sind ursprünglich regalien und stehen nur dem könige oder dem landesherren zu WIMMER gesch. d. deutsch, bodens 316; EICHHORN deutsche staats- und rechtsgesch. 8 2, 659 ; daher gern in der Verbindung blutbann und wildbann SCHERZ-OBERLIN gloss. 2, 2031 : so lassen wir unserem landherren gerne zu, sonderlich wann er on das eins wildbans gerechtigkeit hat, daz er den jagten mag zu zeiten obligen SEBIZ fddbau 669. sie können als lehen mit dem gebiet, an dem sie haften, weitervergeben werden und kommen so in den besitz der edelleutc: item setzt ihnen lehen an auf die nechstgelegene güter, . . sampt freiem wildpan, wildfuhr Oarg. 434 neudr.; hat den kirchensatz zü Aawangen, sampt dem wildbann und etwas zugehörden an das . . closter Creuzlingen geben STUMPF Schwytzerchronik 4 3 5 d a r u m b haben dise edelknecht stets neben der herrschaft das schlosz mit etwas wildbanns und rechtungen vor der statt besässen 412 m; deshalb will ich die sUnde- über mich nehmen, zum frommen eures gutes {des vom wild verwüsteten féldes) am wildbann der hiesigen edelleute zu freveln IMMERMANN L, 161 {Münchhausen). ihre Verletzung ist strafbar: man lasset auch zu, dasz grosze herren den gewalt haben, die unterthanen zur billigen straf zu ziehen, welche in dem wildbahn sich freventlich vergreifen ABRAHAM A ST. CLARA etwas für alle 1, 164; soll die Verletzung des wildbannes gesühnt werden, so erbiete ich mich, den dreifachen werth des hirsches . . in gutem gelde zu erlegen RIEHL geschickten aus alter zeit L, 37. S) die gegend, an der diese rechte haften, der 'jagdbezirk', meistens ein wald; wildban venatioprineipis DENTZLER clavis ling. lat. (1716); in der alten spräche nach ADELUNG sonst bannforst, in der neueren infolge mundartlicher dehnung und dadurch herbeigeführter Verwechslung auch wildbahn ; bannforst, bannus ferinus, wildbann SCHWAPPACH forstpolitik 807 : wir . . verhörten von den hübenern, als sye über den wiltpanne zu der Ureyeiche gesworn han, das sye deilten uff den eid, wo der wilt panne usz und ane geet GRIMM weisth. 1, 498 {Dreieicher wildbann

1888);

wie stehd dasz gedrait auf dem feit und wie helt sichs in dem willpan?

J . AYRER 8186, 32;

musz nicht in Frankreich derjenige Jägermeister, so einen hirsch . . antriffet, denselben unverletzt gegen Paris zu treiben, damit er in die königliche wildbänne gebracht und vom könig allein gejagt werde? MOSCHEROSCH gesichte 2, 321 ; ein groszer wildbann, der oft über fremdes gebiet zog, war köstlich, und zeugte von der herren reichthum H. ZSCHOKKE 30, 75; wie gehege und revier auch bildlich: wo änderst diese bergleut gott nit in sein hegwasser und wildban gefallen sein MATHESIUS Sarepta

IX B ;

seine last war. und Perez', so hiesz sein gesell und vertrauter, wann sich zuweilen ein fremder in ihrem wildbann verirrte,

WILDBEET-WILDBODENHUND

WILDBANNBEZIRK-WILDBEERE

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eine lichte zu spalten, und hand und fusz in der spalte eingekerkert drei tag' ihn heulen und schmachten zu lassen BODMER Noah 156 (5, 556).

3) vereinzelt und alterthümlich wie wildbahn auch für die 'jagd': was ich des wiltpans will genieszen, das m&sz ich haimlich echieszen HÄTZLERLN 887 nr. 6 7 ; seid du bist auch ain waidman, sag etwas von dem wildpan ebd.

4) im anschlusz an die grundbedeutung gerne in der Verbindung den w i l d b a n n (oder die w i l d b a h n ) b r e c h e n , d. h. Wilddieberei begehen, auch bildlich von sonstigen, wirklichen oder scheinbaren rechtsübertretungen: es were ein teutsch Sprichwort: an einem fuchs bricht man keine wildban, das ist, man möchte einem fachs nachgehen und nachstellen, als weit und ferne man könnte L Ü T H E R tischr. 267»; ähnlich G . N I G R I N U S von rem 266; SCHADE Satiren u. pasguille L, 75, 2 3 9 ;

zäubeOPEL-

COHN dreiszigjähr. krieg 884. w i l d b a n n b e z i r k , m., ein jagdbezirk, dessen Waldungen nicht immer dem jagdinhaber angehören, und dessen grenzen nicht immer mit den gemarkungsgrenzen zusammenfallen: wenn sie (die privatwaldungen) zu einem landesherrlichen wildbannbezirk gehörten SCHWAPPACH forstpolitik 71; wenn die mark nicht zu einem wildbannbezirk erklärt worden war handbuch der forstund jagdgeschichte l, 211. — w i l d b a n n d i s t r i c t , m., jagdbezirk: es sind die wildbanndistricte vorzüglich, von denen die quellen reden BERNHARDT geschichte d. waldeigenthums l, 55. — w i l d b a n n r e c h n u n g , / . , rechnung über die einnahmen und ausgaben, die mit dem wildbann oder der wildbahn zusammenhingen: in den wildbannrechnungen von Rothenburg a. d. Tauber WIMMER geschichte des deutschen bodens 824. — w i l d b a n n s g e r e c h t i g k e i t , f., verschiedene rechte in sich begreifend, s. oben wildbann 1; im älteren Sprachgebrauch dafwr auch forst: SCHWAPPACH forstpolitik 1 anm.; handbuch der forst- u. jagdgeschichte l, 487; tractatus de jure venandi et banno ferino, von der jagd- und wildbannsgerechtigkeit BERNHARDT geschichte des waldeigenthums 1, 184; wegen der wildbahn, Wildbannsgerechtigkeit, forstliche oder waldliche obrigkeit attgem. haushält.-lexicon S, 729. — w i l d b a n n s g e r i c h t , n., gericht für jagdund forstsachen: (die wilähuber) scheinen . . . für den schöffendienst bei dem wildbannsgericht bestellt gewesen zu sein SCHWAPPACH handbuch der forst- und jagdgeschichte l, 248. — w i l d b a n n s h e r r , m„ vgl. oben wildbahnsherr: die mastung verlangt nicht der landsherr, sonder der wildbannsherr allg. deutsche bibliotkek 7 II, 281. WILDBÄR, m„ zu wild adj., gerne bildlich: „Daniel, Daniel!" rief der Gaberfranz, „sind deine engel auch solche wildbären gewesen?" ROSEGGER 13, 109. WILDBÄRTIG, adj., mundartlich wildbartet: da saszen sie stundenlang . . zusammen, die rauhen wildbärtigen wäldler ROSEGGER 12, 7; und das wildbartete ausgeschau! II 28, 280. 1 WILDBAUM, m., zu wild adj. l) ein waldbaum: Wolfram zog die mütze, wie es dem Jäger geziemte, wenn er unter die wildbäume trat FREYTAG 8, 348 (die ahnen); 2) ein bäum ohne eszbare früchte im gegensatz zu einem Obstbaum: wenn man sich z. b. entschlieszt, statt der wildbäume an wegen und Chausseen Obstbäume zu pflanzen reichsbote 8. 4. 1899 1. beilage. 2 WILDBAUM, m., zu wild n.: in groszen Wäldern, wo viel wild gehäget wird, pfleget man Winterszeit zu dessen erhaltung junge kiefern zu fällen, als wovon das rothe wildpret oder die hirsche die rinde gerne abschälen, und dieses werden wildbäume genennet aUgem. haushalt.-lexicon 3, 729. WILDBEERE, f., zu wild adj. l) wildwachsende beere im allgemeinen: sie . . pachtete in den Wäldern und geschlägen die ameisenhaufen, die wildbeeren, die pilze ROSEGGER schelm aus den bergen 1,59; 2) im besonderen toükirsche, belladonna CHOMEL öcon. und phys. lex. 1, 1873.

46

WILDBEET, n., zu wild n., eine durch den wald geschlagene linie, die öfters wund gemacht wird, damit man das über dieselbe ziehende wild fährten kann DOMBROWSKI enc. d. ges. forst- u. jagdwiss. 8, 401; vgl. auch unten wildfuhr. WILDBEHÜTER, m„ zu wild n.: die Hamadryaden, die sollen dir für schaden, für wildbehüter sein die rauhen Oreaden

TREUER deutscher Dädalm 1, 679. WILDBEIN, f., wilde bein (biene), schwammfliege; steirisch

UNGER-KHULL

688.

WILDBER, m. zu b6r, das männliche Schwein, s. oben th. L, 1485; mhd. wiltbSr LEXER; mnd. wiltbeer SCHUEREN teuthonista

(1477);

bair.

nach

S C H M E L L E R 2, 898 in

bedeutung L) männliches wildschwein, 2) Schimpfwort.

de>

1 WILDBERG, m., zu wild adj.: die Lautersteinischen wildberge an diesem waldkranz CHR. LEHMANN obererzgebirge 92.

'WILDBERG, m., zu wild n., künstliche hügel, auf die sich in überschwemmten jagdbezirken das wild retten kann Brockhaus konv.-lex.11 9, 238. WILDBESCHÄDIGUNG, f.: was der v. von . . wildbeschädigungen . . sagt, verdient gelesen zu werden allg. deutsche bibliothek 53, 452; vgl. unten Wildschaden. WILDBESTAND, m„ zu wild n.: die kolossalen wildbestände SCHWAPPACH handbuch der forst- und jagdgeschichte 1, 348; s. auch unten wildstand. WILDBETT, n., zu wild adj., bett eines wilden bachs oder flusses: durch das thal der sausenden Enns, welche ihrem schauerlich schönen wildbette den namen gesäuse gibt KÜRNBERGER noveüen• 2, 176. für

WILDBEUTE, f., zu wild n., juristischer fachausdruck das in besitz genommene wild POSENER rechtslex.

1, 782.

WILDBIRNE, f.: achras ein gattung der holzbiren oder wildbiren CALEPINUS XI ling. (1598) 83*: 1) die frucht des wilden bimbaums: dise rüben werden nit . . gröszer dann die wilden biren H. BOCK kreuterbuch II, LV; 2) der wilde birnbaum selbst, vgl. oben wildapfel: listen aller im walde vorkommenden holzarten, worin als fruchtbare bäume und bauhölzer eiche, buche, wildapfel und wildbirne . . . aufgeführt werden HOOPS waldbäume u. culturpfl. 168. WILDBLAUENTE, f.: dise und dergleichen nennend die unseren groszenten, wildblauenten HEUSZLIN Conr. Oesners vogelbuch x x x m b . WILDBLEICH, adj., zu wild adj.: das wildbleiche ge sieht seines bruders LUDWIG L, 337. WILDBLUME, f., blume:

dichterisch für

'wildwachsende'

hier freut das kalte, bleiche licht die kränkelnden wildblumen nicht I FREILIO^ ATH 5, 163.

WILDBÖCKEREI,/., wesen eines wildbv ,ts, unbändigkeit, trotz, starrsinn: wenn denn aber alles dieses nichts half, und sich ungeachtet aller dieser stillen vorbiegungsmitteln dennoch ein' rechtsstreit entspann, so suchte Arner vor allem aus der gegenseitigen anfangs - wildböckerei, die immer das gefährlichste gift der rechtshändel ist, vorzubiegen PESTALOZZI Lienhard u. (iertrud 8 (1792), 178; vgl. auch wilderböckig. WILDBODEN, m., zu wild adj. in der bedeutung 'unangebauf; vgl. oben wildareal: der historische wildund culturboden (Überschrift) WIMMER gesch. d. deutsch, bodens 3. WILDBODENHUND, m., zu wild n., ein jagdhund, auch brackierhund genannt, meist fuchsroth, auch braun und schwarz, dem dachshund ähnlich, in coupiertem terrain besonders brauchbar, vgl. LOREY handb. der forstwiss.3 2, 440: diese (Jagdhunde) aber, so man braucht, dasz sie alles jagen, werden wildbodenhunde genannt D Ö B E L jägerpracticaA

L, 118».

47

WILDBOHNE - WILDBRET

WILDBOHNE, f., BACH glossar

WILDBRET

wolfsbohne; faba lupina DIEFEN-

221*.

WIDBOLEI s. wildpolei. WILDBRÄGEN, m., ein wilder, unruhiger mensch DÄHNERT plattdt. wb. (1781) 550; zu brägen n. gehirn, oben th. 2, 353; vgl- unten wildhirn. WILDBRAND, m., s. wildfeuer. WILDBRATEN, m., ein jüngerer ersatz für mhd. wildbrsete, das schon im 16. jh. nicht mehr in seiner eigentlichen bedeutung verstanden wurde {s. wildbret), sodasz sogar die verdoppelte bildung wildbretsbraten (s. unten) möglich wurde; carnes ferine DIEFENBACH glossar. 102"; KRAMER; STF.INBACH: ihre kost war nichts mehr als buschohbst, käse, milchspeis', und bisweilen ein frischer Wildbraten ZESEN Rosemtmd 201 neudr.; der herr GEvatter verzehrte einen Wildbraten, zwei bouteillen franzwein und eine ungarisch HIPPEL lebensläufe S 2 , 525; trotz des fasttages dampfte ein mächtiger Wildbraten auf dem tisch RIEHL geschichten aus alter zeit 2, 131; auch das zum braten bestimmte noch rohe fleisch: bis ich ihm . . mehrere tüchtige Wildbraten zugeschickt hatte BRENTANO 4, 234; dann bat er die freunde zum hochzeitschmaus, suchte bei hofe um den Wildbraten nach, den der landesherr seinen Professoren bei hochzeiten zu schenken pflegte FREYTAG 19, 119 (bilder 2 II, 4). WILDBRAUE, / . ,

bair. statt

windbrawe,

wimper

SCHMELLER 2, 900.

WILDBRÄUNEN, intr. v., wildgeschmack oder -geruch haben, wie wilderen, wildpern, gebucht von ADELUNG,

LIECHTENSTERN,

KALTSCHMIDT;

ableitung

von

wildbret, wilpert (wilper) mit dem suffix -einen (wilbereinen), das besonders an der Nab und Pegnitz häufig ist SCHMELLER

mundarten

Bayerns

423/.;

KLUGE

7

128;

unzutreffend ist somit die erklärung bei KEHREIN wörterb. der weidmannsspr. 325: 'weil dieses fleisch eine bräunliche färbe hat'. WILDBRECHER, m„ zu wild adj., auch wildbrächer, eine art brechbirne LIECHTENSTERN saeh-Wörterbuch; KALTSCHMIDT gesamtwörterb.; nach NEMNICH Wörterbuch der naturgesch. 8, 648 auch spatbrecher pyra serotina Waldensium, eine abänderung der brechbirne; schon im 16. jahrhundert al» wildbrechernbyren zs. f . dt. wortforsch. 12, 254. WILDBRET, n., zu wild adj. und mhd. brät n. 'das eszbare fleisch', s. brate th. 2, 309. I. herkunft und form: l) mhd. wildbrät, wildbreete das zum braten bestimmte fleisch des wildes LBXER 3, 894; zameg und ouch wildprsete St. Oswald 2243 = 8215. 8) in der Schreibung herrscht bis ins 18. jahrhundert die grösite willkür: wiltpret voc. theut. 005B; wilbred FREY gartengesellsch. 210, 5; wilpret P. GERHARDT geist. andachten 547, STEINBACH ; wilprett FISCHART Eulenspiegel 446 Hauffen; wilbrett AYRER 1981, SO; wilt brat, wildbrat DIEFENBACH gloss. 76, 171»; wildbrait (Mfel 1398) GRIMM weisth. 6, 663; wiltbrat, wildprat HERTZOG schildwache Bij, DEDEKIND 49B, G 6"; wiltbrot Alsfelder passionsspiel 27, 887; wilbrat, wilprat pfarrer von Kalenberg 622 neudr., MONTANUS schwankbücher 524; wiltprecht (Bodensee) DIEFENBACH gloss. 76; wildbrecht, wiltprecht LUTHER 8, I50 B , HUTTEN clag

und

vermanung

405; wilbrecht JOACHIM treszlerbuch 85, 15; wilprecht BOCK kreuterbuch i n x x b ; wilpart (rheinl.) DIEEENBACH gloss. 76; wilpert DUEZ nomencl. 191, WEISE überfl. gedenken 176; wildpert KRETSCHMANN 2, 252, CH. JÄGER weltbeschauung 28; wildbert PHIL. V. SITTEWALD vorr. l b , GROB dichter, versuchg. 37; von der mitte des 18. jahrhundert» werden mehr und mehr vorherrschend wildbret, wildpret und wildprett; daneben vereinzelt wildprät HAGEDORN, POCCI ; w i l d b r ä t

UHLAND.

8) neuere mundartliche nebenformen: niederd. wildbradt RICHEY idiot. hamburg.; sächs. wilbert ALBRECHT Leipz. mundart; westfäl. wilbert WOESTE ; sehlesisch wilpert HOLTEI erz. sehr. 16, 244; 23, IIS; thür. wildbrät, wilberd HERTEL ; luxemb. welpert, wilbert,

48

wälpert wb. d. luxemb. mundart; itnterfränk. wilpert (wilpertsdiab) RUCKERT; schwäb. wildprecht SCHMID; elsäss. wildbert, gewildbert MARTIN-LIENHART 2, 820; bair.-österr. wildbrat, ah lehnwort dän. vildbrad, schued. vildbrâd, gegenüber altisl. villi-brâd f . (CLEASBY-VIGFUSSON), niederl. wildbraad. wildbretlein und wildgebret s. unten; gewildbert s. oben. 4) ausnahmsweise auch als plural: unter den kleinen wilbret, ist zu rechnen das rehe HARSDÖRFFER frauenzimmer gesprechspiele 8, 113. 5) verbale ableitungen, ausgehend von der mundartliehen form wilpert, nnd wildbräunen und wildpern, s. diese. gebrauch. II) bedeutung und A. bedeutungsentwicklung. die grundbedeutung ist 'zum braten bestimmtes oder gebratenes, auch gesottenes wild' KLUGE7 498; sie bleibt nach den Wörterbüchern die vorherrschende Verwendung: E. ALBERUS nov. dict. genus 441 deutet es als ferina, vel coro ferina; DUEZ nomenclat. 26 de la venaison ; STEINBACH ferina; compend. u. nuteb. haushaltungslex. 1036 das fleisch von den wilden thieren. daneben findet sich vom 16. jahrhundert an die bedeutung 'wild', ursprünglich wohl für erlegtes, totes, das zum braten bestimmt war, bald aber auch für lebendes; und zwar wie wild ebensowohl col lectiv als für ein einzelnes ihier: bestes légères, leicht wilpert DUEZ nomencl. 191, femer rot, schwarz, hauswilpert; wildpret, wild als roth wildpret, schwarz wildpret RÄDLEIN; noch ADELUNG bucht diese bedeutung neben der zuerstgenannten, die neuere spräche versteht unter wildbret meist nur das fleisch des erlegten thieres, und zwar hauptsächlich im rohen zustand; wegen der gröszeren deutlichkeit behält sie es gern statt wild n. in Zusammensetzungen (s. diese unten), für das als speise zubereitete fleisch ist heute wild, Wildbraten gebräuchlicher. wie sehr zeitweise und örtlich die Verwendung des worts für lebendes wild vorherrschte und die grundbedeutung verdrängt hatte, zeigen bildungen wie wildbrets braten, wildbretsdieb und Wildbretsfleisch oder Verbindungen wie totes wildbret. vgl. zu diesem und allem folgenden auch oben den artikel wild ». B. gebrauch im einzelnen: l) das fleisch des wildes einschlieszlich des wilden geflügels, sowohl im rohen als im zubereiteten zustand. a) das fleisch im rohen zustande, a) sowohl collectiv aU für ein einzelnes stück fleisch: item 1 m. Juden im gebite zu Osterrode geben am dinstage noch Luce ewangeliste, als her dem meister wilbrecht brachte JOACHIM Marienb. treszlerbuch 85, 15; so leszt im der alte Isaac ein gut wildpred zurichten MATHESIUS Sarepta X"; /S) verschiedene arten: edels wilpret fastnachtspiele 748, 23; ain pfund schweinich wilpredt chron. d. deutschen städte 23, 328; hirtzen wildpret RYFF Spiegel u. reg. der gesundheit iS a ; hirschein, reherein oder s weinein wildpret Nürnb. polizeiordn. 812; rot, schwarz, stinkend wilpert DUEZ nomencl. 191 ; schwarz-, rot-, rauh-, eszwilpert STIELER; bratwildbret und kochwildbret FÜRST jagdu. forsüex. 796; kurz-wildpret, die hodm des hirsches DÖBEL jägerpract.*

l, I8 b ; schweinwildbrät STEINBACH;

schweinwildbret, hirschwildbret ADELUNG; S. auch unten 2 b y und vorne die artikel birk-, reh-, gemswildbret u. a. y) im gegensatz zu. zahmem oder hausfleisch: die jäger henken das fleisch und wilprät darein SEB. MÜNSTER cosm. cccci ; das land hat überflusz an hausoder zammem fleisch, an wilbrat, butter, kees QUADT VON KINCKELBACH teutscher nation herligkeit 48 ; gleichwie mons. Canard mehr wildpret hinweg zuwerfen, als mancher zufressen hatte, der eine eigne wildbahne vermag, und ihm mehr zahmes verèhrt ward, als er und die seinigen verzehren konnten GRIMMELSHAUSEN Sirnpl. 295 Kögel; vgl. auch oben I den beleg aus St. Oswald.

49

( f ) in der iceidmannssprache das 'fleisch des wildes' im gegensatz zu dem feil, den Jcnochen usw. DÖBEL jägerpract. 4, 26»: viele wilderer schieszen etwan ein stück allein von der haut wegen und lassen das wildbret ihren gemeinern zustehen würtemb. wildbretschützenordnung 22; die zwei streifen wildpret a m halse heiszen die kehlbraten DÖBEL jägerpract. l, 18"; (die ortolane) fressen sich . . so fett, dasz fast kein wildpret an ihnen zu sehen ist 57*; (das thier, wenn es feist ist) ist gut und stark am wildpret HEPPE lehrprinz l i é ; das wildbrett (der nilgans) unterscheidet sich . . nicht von dem anderer wildgansarten BREHM thierleben 6, 621; die enten sind {in diesem jähre) . . gut im wildbret FRENZEL Leipz. neu. nachrichten 17. 7. 1905, 3. beilage. e) der längeren genieszbarkeit wegen wird es gerne in einem kleinen fasz eingesalzen, eingeschlagen oder gebeizt; vgL wildbret einsalzen ADELUNG; näheres über das verfahren dabei s. CHOMEL Scon. u. phys. lex. 8, 233; femer s. unten wildbretfäszlein : dri häringtunnen dessein ben wildprätz RICHENTAL chronik d. Constanzer conzils 100; wiltbret in dem salz PAULI schimpf u. ernst 18; das eingebeizte wiltbret wollte die frau selbst aus dem keller holen GRIMMELSHAUSEN 2,841 Keller (Vogelnest); das eingeschlagene wildprett in dem fasz ABRAHAM A ST. CLARA mercks Wien (1680) 57. s) der geruch findet häufige und nicht sehr lobende erwähnung: da sie doch eben ein stück stinkend wildpret aus einem fäszlein langete GRIMMELSHAUSEN 8, 341 Keller (Vogelnest). ii) auch übertragen vom menschenfieisch und dem fleisch von thieren, die gewohnlich nicht gejagt werden, wie äffen:. auch in der kunst, das vornehmste und schönste wildpret, den mann, zu schlachten . . bin ich . . meisterin WIELAND Lueian 4, 236; kein besseres wildpret . . als menschenfieisch PRÄTORIUS anthropodemus plutonicus l, 384; mancher reisende hat . . die äffen als . . wildbret . . betrachten müssen BREHM thierleben I, 802. b) als zubereitete

speise,

a) als speise der reichen, der leckermäuler und als inbegriff alles köstlichen, woher das Sprichwort wildpret und fisch gehören auf des herren tisch WANDER 5, 235 ;

50

WILDBRET

WILDBRET

es wäre so wenig standesgemäsz, als wenn er wildpret und fisch auf eine hochzeittafel bringen wollte RIEHL deutsche arbeit 25. s. auch unten wiltbretundfischbrief. ß) bald als stärkend empfohlen, bald als zu scharf verboten: er soll sich hüten vor dürrem und gesalzenem fleisch und soll kein speck, wiltpret, gewürz oder derglichen vilerlei essen GERSDORFF wundarznei XLVII l b ; ich dachte nicht, dasz wildbratt ungesund were briefe der prinz. E. CH. V. ORLEANS 439; damit die mönche . . durch das wildpret, wenn sie krank würden, sich laben und stärken könnten SCHMIDT gesch. der Deutschen 1, 495. y) die gewöhnliche Zubereitung ist das braten; die häufige Verbindung gebratenes wildbret zeigt das völlige verblassen der grundbedeutung: gebradet wilprat als hasen KRUMBHOLTZ d^ie gewerbe der Stadt Münster 289; wie gern woltest du dein gebraten wildpret hergeben GRIMMELSHAUSEN 2, 416; auch sauer zubereitetes fleisch zahmer thiere kann wildbret heiszen, so ndd. wildbradt brem.-niederd. wörterb. 5, 256; schwäb. ditsch wildpret gebeiztes rindfleisch BUCK med. volksabergl. 6; siehe auch unten wildbretsbraten, -keule, -pfeffer, -ragout, -sauce. 2) das wild selbst, und zwar sowohl das erlegte oder gefangene, als das noch lebende und in freiheit befindliche; der älteste beleg für letztere Verwendung ist wohl bei GRIMM wdsOi. 6, 668 wildbrait (Eifel 1398). a ) das erlegte wild, die jagdbeute: da man doch sonsten darinn den Schweinen, wildpret . . und dergleichen thieren . . die borsten, haare und federn abbrühet BIRKEN der vermehrte Donaustrand 65; ein reh und ander todt wildpret (aus dem katalog einer gemäldegalerie) GÖTHE 47, 368 Weim.; aus eben dem messer, mit dem der wilde sein wildpret zerlegte, erfand Lionet dasjenige SCHILLER l, 155 (versuch über den Zusammenhang); alterthümlich als synonym zu thierleiche, cadav e r : die arme häsinn . . sieht noch, mit sterbenden äugen, manchen stattlichen jäger sich um ihr wildpret versammeln THÜMMEL Wilhelmine 34, 37 neudr. der l. ausg. b) das lebende

wild,

auf das jagd gemacht wird,

a) collectiv: (die insel Schutt) ist . . ein kostlicher ort m i t wilbrecht mitth. d. Vereins für gesch. von Erfurt 4, 12 (erlebnisse eines landsknechts, um 1530); es ist die riehen ladt man zfl dem tisch sunst ein güt land an viech . ., wildpret und ander und bringt inn wiltpret, vogel, visch BRANT narrentch. 17,15 Zarncke; dingen SEB. MÜNSTER cosmogr. DCXCIIII; keine raubthierer gibts nicht, aber sonst allerhand gut wildpert w i e man den vernaschten weibern ein abscheuen v o r m CH. JÄGER weltbeschauung 28; die jungen w ö l f e . . lernen wildbret macht GRIMMELSHAUSEN 4, 508 ; daher bildlich die Schlupfwinkel des Wildbrets kennen J. GRIMM Seinfür leckerbissen überhaupt: hart Fuchs, vorrede x x n ; gerne in Verbindung mit der schlangen kost und most, herde, rudel, v o l k : der Würmer süsze speise, der raben wildprät (der berg Ida) da des wildprets unzehlbarlich umblaufen tnut ein grosze herd TREUER deutscher Dädalus 4, 35; SPRENG Hias 203».; äpfel und hart schimlich brod . . (waren) mein bestes ein rudel wildpret DÖBEL jägerpractica2 l, 19»; wildbret GRIMMELSHAUSEN Simpl. I, 409, 26 Kurz. es wohnt' im selben eichenwald stehender bestandtheil jeder festlichen mahlzeit und ein volk von wildprett mannichfalt RÜCKERT gen. ged. (1837) 3, 328. gerne in Verbindung mit geflügel, fisch, pasteten, austern, wein : ß) von dem einzelnen thier: gehe aufs feld, und f a h e mir ein wildbret l Mos. 27, 3; der wirt stelt wildpret für und fisch J. FISCHART Eulenspiegel 11086 H auffen; weil keiner richtiger des rammlers fährte spürte, all ding örnlich und wol versehen, noch anschlug, so wie er, wo sich ein wildprät rührte zu knechten, keller, bett und tisch, HAGEDORN 1, 41; mit köstling drank, wildpret und fisch worauf musz der lauern? auf ein wildbret nicht LUDHANS SACHS 2,48 16 Keller; WIG 3, 96 (erbförster 4, 6); gerne, wie wild, in Verbinhätt ich wiltpret, wein und fisch dung mit stück: als w a n n ein stuck wildbret verund die ganze weide PAUL GERHARDT bei Fischer-Tümpel, kirchenlied 3, 408B; banden gewest wäre GRIMMELSHAUSEN 2, 81, 18 Keller; um . . ein anständiges stückgea wildpret zu schieszen dein austern liebt er nur, dein wilpr&t, gar nicht dich SCHNABEL ins. Felsenbg. 27. LOGAU 168 (nr. 80); mehr denn kein andre zeit der winter als ein koch y) für verschiedene arten wie das fliegende wildpret vih, wildbret, vSgel, fisch uns auf den tisch ftlrsetzet PARACELSUS opera 2, 326; laufendes und fliegendes wildWECKHERLIN 2, 396 ; prät GULER v . WEINECK Raetia 164*; hohes und kleines, nicht wildprät und pasteten SIMON DACH 718; stiebendes und fliegendes HARSDÖRFFER frauenzimmer man setzt die braut zu tische, gesprechspiele 3, 113; rothes und schwarzes wildbrett man gab ihr wildpret and fische Württemb. erneu, vorstordn. 98; federwildbrett eb. 93, HERDER 26,109 ; SCHOTTEL haubtsp. 78; schwarz-, rot-, eszwilpert, federmeiner mntter ziemet wildbr&tUHLAND und fisch ged. * 343 ; wilpert STIELER; schmalwildbret DÖBEL l , 5*; vgl. auch XIV. 8.

4

51

RÄDLEIN und ADELUNG; fallwildbret s. unten wildfall; scherzhaft auch zahmes wildbret für hausthiere: hab nie kein hoch wilbret geschossen H. SACHS 8, 55, 89 KEUER; einem calecutischen hahn, oder wie man das zahme wildpret auf hoch teutsch . . nennet, einem truthahn WEISE die drei ärgsten erznarren 202 neudr.; sonst vgl. MARPERGER vollst, küch- und kellerdict. 1317b; AMARANTHES frauenz. lex. 212t; schwarz wildpret soll nur im thiergarten geduldet werden allg. deutsche bibliothek 92, 162; das wilde geflügel wird manchmal in das wildbret eingerechnet, gewöhnlich aber neben diesem besonders erwähnt: von wildem geflügel giebt es . . mehrere arten als von anderm wildpret G. FORSTER l, 46; ain haselhun, das fleugt, ain rech, das da steubt, . . sei das best wildpret Oarg. 3, 58 neudr.; die andern artikel von freiheit des wiltprets, vogel, fisch, holz, weide LUTHER 18, 327 , 28 Weim.; weidvögel {geflügel) und wildprät volksb. v. dr. Faust 61, 113 neudr.; viel wildpret und Vögel HOLTEI erz. sehr. 13, 177. $) in der Weidmannssprache mit Vorliebe das rothwild, besonders die hirschkuh, sonst auch wild oder thier genannt HEPPE lehrprinz 88: des wildbrets sollten sie verschonen, aber bachen zusamt den frischlingen und keulern nidermachen OPEL-COHN 30 jähr, krieg 278, 47 J die jungen hirsche sind dem wildbret zur brunftzeit sehr angenehm FLEMING vollk. teutsch. jäger 90B; die schlechten hirsche oder spieszerte, die sich noch bei dem wildprete oder thieren im truppe oder rudel bisher gehalten DÖBEL jägerpractica L, 4*; . e) gerne mit verben, die sich auf das jagen beziehen, wie aufjagen, aufspüren, stellen, wittern, hetzen, fällen, erlegen, hegen u. a., vielfach bildlich:

52

WILDBRET

WILDBRET

4) in vielfacher bildlicher

Verwendung:

a) atisgehend von der bedeutung 'Wildbraten' und mit dem tertium comparationis des wohlschmeckenden und willkommenen oder des seltenen und verlockenden. a) ein leckerbissen: din buch hast gmästet wie ein schwin, den würmen wirst du wildbrät sin! N. MANUEL 17, 78; so versteh ich nun wol, dasz es ihnen ein wildpret ist, und ihnen im herzen schmecket theatrum diabolorum 2, 187°; sportein sind eine art von einkünften (der beamteti), welche den stolgebühren der geistlichkeit gleichen; sie sind also das wildbrät auf beiden tafeln WEKHRLIN paragrafen 1 (1791), 130; häufig von verlockenden weibern: die edle (mädehen) wären einheimisch, diese (die bauernmägdlein) aber wildpret WEIDNER Zinkgrefs apophthegmata (1653) 3, 84; es (ein bestimmte art mägdlein) ist ein wildpret, worauf sich die schmeiszfliegen gar bald setzen STRANITZKY oUapatrida 355, 23 neudr.; ß) sonst etwas hochgeschätztes: der tod ist mir (dem paptt) ein güt wildbrät, dardurch mine diener und mine rät mögend ftteren hohen gebracht N. MANUEL 49; b) ausgehend von der Vorstellung des gejagten wildes ein verfolgter mensch: die geistlich herrn jagten mioh als wilpredt LUTHER 18, 445 Weim.; darumb wil ich mich wider rüsten und wil noch mehr wildpret (feinde) fahen buch der liebe 18°; auch wieder gerne von mädehen oder frauen, denen von ihren Verehrern nachgestellt wird: dessen war der fuhrmann wol zufrieden, denn es daucht ihn, das wildprat (ein junges starkes mädehen) were der arbeit wol Werth HERTZOG die schiltwache B IJ; schafft mir das heimlich wildprät (ein frauenzimmer) aus euerem haus, damit die gelegenheit vermeidet sei ABRAHAM A ST. CLARA Judas 1, 95; das biszchen wildpret zu hüfen, das in seinem häuslichen park, zwischen, tisch und bett friedlich einherging LICHTENBERG verm. Schriften 5, 180;

der bapst mit disen falken beiszt, die jagen im das wiltprecht auf HUTTEN clag und vormanung v. 106 Balke; ihr jftger spürt und häzt das wiltpret in dem holz! ROMPLER VON LÖWENHALT 1. gebütch 17; allein der schnupfen, so mich plagt, benimmt mir alle kraft, das wildpret auszuspttren LICHTWBR äsopische fabeln 140; geschwind I dasz wir das wildpret (das mädet) nicht verlieren GÖTHB 14, 47 Weim.; könnt ihr schon mein wildpret wittern? ZACH. WERNER das kreuz an der OtUee 22; auch von mühsam gesuchten gedanken: es ist ein schönstes wildpret dieser fluren, ander studiern in der schrifi, wenn man tunkel schrift fallt dich niemals schnsz netz ? gedickte 2,110; und figuren auslegt, das wirt genennet ein weidewerk Voszund sämmti. das wildpret zu erlegen, da man etlich lustige vorstand als das wilprett sucht mein lust hab' ich daran BÖHME volksthüml. lieder der Deutschen und fehet LUTHER 7, 639 Weim.; nun aber ermahnte man uns auch ganz ernstlich, auf die bilderjagd auszugehen, im 18. und 19. jh. 443; die uns denn doch zuletzt nicht ohne frucht liesz, es ist wildbret, das ich eigentlich nicht selbst hege, obgleich Apels garten, die kuchengärten, das Rosendas nur von ungefehr in mein gehege übergetreten ist thal, Gohlis, Raschwitz und Konnewitz das wunderLESSINQ LL, 36. lichste revier sein mochte, um poetisches wildpret 3) übertragen auch irgend ein anderes thier, wobei darin aufzusuchen GÖTHE 27, 102, 14 Weim. (aus meinem das tertium comparationis entweder das wohlschmeckende leben 7); fleisch oder das gejagtwerden ist, stets scherzhaft: 0) seltener ausgehend von der Vorstellung, dasz das a) ein hausthier, z. b. ein schaf oder rind; vgl. hauswild im gegensatz zu den hausthieren sich selbst erhalten wilpert DUEZ nomencl. 191: musz: dasz wir 'noch keinen galgen für die nachdrucker und achl was anch musz denken haben, i s t . . beweis, dasz unsre . . fürsten noch keinen der fromme vatter mein sich, weil so spät last fenken funken liebe für gelehrte haben, sondern diese mendas Wüllen wiltprat (echaf) sein schenart betrachten, wie das wildpret, das sich selbst SPBE irubnacht. 288; erhalten musz BAHRDT gesch. s. lebens 2, 82. ein stück stallwilpert aus meinem hof (rind) MusÄus 5) häufig in festen redensarten und in Sprichphys. reise l, 87. wörtern, namentlich des 16. und 17. jdhrhunderts, gern b) eine fliege: j e nachdem sie (die spinne) sich bildlich; vgl. auch WANDER sprichwörterlex. 6, 285; so mit eines netzes gebrauchet, ihr wildpret zu belaustern bezug GRIMMELSHAUSEN Simpl. l, 157, 27 Kurz. a) auf den Wohlgeschmack: der brei schmeckt den o) im 16. Jahrhundert mit Vorliebe das Ungeziefer, bauern basz dann groszen herrn wildpret SEB. FRANCK wie flöhe oder läuse: Sprichwörter L, 109*; man lasz den edelleuten ihr wilpret, sie mfiszte zwischen beide bein den pauern ihr kirchweihe J. AGRICOLA 750 teutscher mit grossem ernst greifen hinein, Sprichwörter k l * ; daher wildpret essen, schlemmen, fauund jagen das schwarze wildpret, das sich im forst gesamlet het lenzen : FISCHART flöMuu 13, 879 neudr.; wann holzhauen auch wer ein orden, ouch der sich kratzet in dem grind so wem der münch so viel nicht worden, und lflg, ob er kein wiltpret find' als der im Faulharts orden sind, wie maus in allen clostem find, BRAUT narrentch. 110», 128;

WILDBRET

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WILDBRETBAHN -

weil sie auch oft am tisch gesessen und mit andern vom willpret gessen

I

EVEKING proverb. cop. 1, 803; j

sonst auch wildpret naschen:

j

wann der hund von dem wildpret nascht, dest lieber er fort hasen hascht

3, 381;

dies auch im sinn von 'zu hoch hinaus wollen': ich merk, sie hat kein lust zu mir, ich hab kein schwere taschen, sie sprach: du leckest noch wol ein schnee, darbei ich ihr meinung versteh, ich solt nit wilpret naschen Ambraser liederbuch 178,11. b) auf den scharfen geruch oder geschmack, der das wildbret leicht verräth und eine besonders scharfe Zubereitung oder allerlei zulhaten nSthig macht: advocaten . ., welche . . über ein jedes stinkendes wildpret ein brühle zu machen wissen ALBERTINUS hirnschl. SOS; ähnlich BUTSCHKY Pathmos 285; wildprät will pfeffer haben KIRCHHOFER schweizerische sprilchwörter 256; es heiszt: wer wildprett essen will, der kenn es und warmit man's füll FISCH ART Eulempiegü

4989

Haufen;

c) auf die Schwierigkeit des fangens und die mühSeligkeiten der jagd Oberhaupt, vor allem, des vrildtra'gens: Nicanor überschlug gering, verkouft das wiltpret, ee ers fing BRANT narrenschiff

15, 26;

ähnlich GENGENBACH 8, 21; die aber drauf (auf dem thron) sitzen, müssen oft auch blut schwitzen und schlafen gehen, als hetten sie wilbret getragen MATHESIUS Sarepta

XCIIII > > .

'

d) auf der Seltenheit und daher kostbarkeit dieser speise für den gemeinen mann beruht die redensart w i l d p r e t s e i n , 'selten, fremd, unbekannt sein' (vgl. oben * a);

WILDBRETFRASZ

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ein fttrst ist so seltzam im himmel, als ein hirsch in eines armen kUchen prov. cop. 2, 75. bei den dichtem des 17. Jahrhunderts häufig in der Verbindung e i n w i l d b r e t . d i e s e r z e i t (oder dieser weit): du warst ein wildprät unsrer zeit SIMON DACH 750;

lieben, lieben ist ein wildpret dieser zeit

B. SCHMOLCK 2, 370;

die edle gottesfurcht, das wildpret dieser weit

H. v . HOFFMANNSWALDAU und anderer Deutschen

u. bisher, ungedr. gedichte 3, 299.

auterl.

oft mit dem erklärenden zusatz selten, seltsam, nicht gemein u. a.: es ist im ein seltzam kraut und solch wildprett, das nicht gemein ist, das ein heubtmann solchen glauben sol haben LUTHER 6 (1557), 318*; es ist ein köstliches, aber gar ein seltzames wilpret umb einen treuen freund SCHUPP 404; dasz sie (die rednerkunst) ein gar seltenes wildbret unter denen gelehrten sei THOMASIUS kleine teutsche Schriften 2 376. Zusammensetzungen: w i l d b r e t b a h n , f., dasselbe wie wildbahn: an denen orten, da gute wiltpretbahnen unterhalten . . . werden TÄNTZER Dianen höh. m. nied. jagtgeh. 2, 89. — w i l d b r e t ( s ) b r a t e n , m.: ist schon die chrie nicht recht nach dem Donat geraten, quid tum? der stilus bringt uns keine wildpretbraten

FASZMANN d. gelehrte narr 11;

zum mittag schick ich ihnen ein stück wildpretsbraten GÖTHE I V 5, 94

Weim.;

doch bat ich jQngst den lockern pfarr auf einen wildpretsbraten

LANGBEIN ged. (1804) 1, 156.

— w i l d b r e t b r ü h e , f . brühe, in der wüdbret gekocht wird, vgl. AMARANTHES frauenz.-lex. — w i l d b r e t s b r ü h e n , » . : zum wildpretsbrühen hackt man speck «) zuweilen von personell: wo sint aber ietz sölche und zwiebeln allgem. haushalt.-lexicon 2, 677b. — w i l d jungen, worlich es ist wiltpret, wo man si ietz findt b r e t ( s ) d i e b , m. von wildbret in der bedeutung KEISERSBERG bilg. 151 B ; vgl. auch D E N T Z L E R clavis lin'lebendes wild'; vom 17. jh. an häufig belegt, vom 18. jh. guae latinae 352B; an allmählich ersetzt durch Wilddieb, wilderer, Wildsolch diener jetzund wildpret sein schütz, im 19. jh. selten, jetzt ganz auszer gebrauch (s. AYRER 3069, 3 Keller; auch wildbretschütz): wildpretdieb (beispiel für dreidann solcher (der guten weiber) man die meng nicht hat gliedrige composita) SCHOTTEL hauptspr. 78; dasz dise und seind schier wiltbret wordn auf erdn REBHUN 130 (hochz. zu Cana act 3, v. 787); wildbrettdieb mit geschiften bärten, vermumbten angesichten . . gehen würtemb. erneu. Vorstordnung 125; das ß) noch häufiger und wohl auch früher von unpersönzu haben heimlichen Strauchmördern und wildbrätdielichem: ben anständiger, als ehrlichen leuten GRIMMELSHAUdie mSrin sprach: das ist wilbret SEN 4, 634, 16 Keller; wegen bestrafung derer wildprätsin minem herzen sicherlich diebe FLEMING vollkomm, teutsch. jäger 813; den wildH . v . SACHSENHEIM Mörin 2488 Martin; es was mir vor wilpret, pretsdieben und räubern nachstellen allgem. haushalt.e ich die warheit fand lexicon 3, 736; ich hatte einen tückischen wildpretdieb eletgertüclüetn 215, 30; . . auf dem körne BRENTANO 4, 228. — w i l d b r e t ( s ) gedenk wie ein solcher (spater) rüw so kum überkomd i e b e r e i , /.: er hat die wildbrätsdieberei lange gemen werd, und so seltzam ist, es ist wilpret, wo es ist braucht (Hessen) DIEFENBACH-WÜLCKER 904. — w i l d D KEISERSBERG bilg. 48 . b r e t e s s e n , » . : dasz Madhawya s. 194 vom wildpretessen spricht G. FÖRSTERS, 342. — w i l d b r e t e s s e n z , oft auch von guten eigenschaften oder seltenen Kenntf., die erkaltete und durchgeseihte brühe von hirsch• nissen: treüw ist wildprät fides concidit MAALER; dankfleisch, alten rebhühnem und wilden kaninchen, die man barkeit ist jetzt ein wilpert (pro raritate) STIELER; liebe ist wildprät KIRCHHOFER schweizerische Sprüchwärter 196; mit weiszwein und gewürz weich gekocht hat, Herders convers.-lex. 8, 1578. — w i l d b r e t f a l l e , / . ; dieweil auch treu ist ein wildpret, könnte doch aus der treu auch die wildbrettfallen und selbgeschosz so gemein in uneine untreu werden SCHWEINICHEN denkwürd. 7; serm land werden würtemb. erneu. Vorstordnung 126. — dasz klug und edel sein jetzt fast ein wildprät ist w i l d b r e t f a n g e n , n., im engeren sinn 'fangen des CHR. GRYPHIUS poet. wäld. 8,142; wildes in fallen und netzen', im weiteren 'jagd' Überhaupt: wie dann selbiger zeit gut latein, bevorab in disen lanihr (Lisabon) waget, ist mir recht, nicht viel auf wildpretb den, w i l d p r ä t w a r G U L E R VON W E I N E C K 1laetia 87 ; fangen M. OPITZ teutsche poemata 230 neudr. y) besonders gerne in der Verbindung w i l d b r e t i m h i m m e l : so spricht man, es ist wilpret im himmelrich, — w i l d b r e t f ä s z l e i n , n., kleines fasz, in dem wilddarumb das es also seltzam ist KEISERSBERG bilg. 484; bret eingesalzen oder gebeizt wurde: erst in der mitte von der Seltenheit guter fürsten: wer weisz, das nicht, des wildbrätfäszleins fand man füsz und eselsohren das ein fürst wiltprett im himel ist? LUTHER n , 273 NAS das antipap. eins und hundert 5, 365*. — w i l d Weim.; ähnlich 6, 468 ; 7, 591; 10, I I , 309; 19, 648; sprichb r e t f l e i s c h , » . vereinzelt für wildbret, wild, wildwörtlich nach EYERING premerb. cop. 3, 75; nur selten in fleisch: wegen der steten und vielfältigen bewegung neuerer zeit-, ist das wildpretfleisch trockener als das fleisch der ein förat ist wildpret im himmel zahmen thiere MARPERGER vollst, küch- u. keller dict. BAUBRNFELD 6, 210 (Franz von Sicktngen 4, 7); 1317b. — w i l d b r e t f r a s z , m.: dieses (für das wild gehegte heu) wird einiger orten auch frasz oder wildpretfrasz vgl. auch bei E Y E R I N G : i*

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WILDBRETFÜHRE -

WILDBRETSCHIRN

genennet HEPPE lehrprinz 40. — w i l d b r e t f u h r e , /. wegfahren des geschossenen wildes durch die bauern im frohndienst, wofür auch wildfuhre: dasz die armen unterUlanen . . mit wagen, pferden . . , auch wildprätfuhren, hundeziehcn oder leiten . . aufgeboten SCHWAPPACH handbuch der forst- u. jagdgeschichte 2, 610 anm. 36 ( k u r f ' . sächs. 1608). — w i l d b r e t g e s c h m a c k , m„ im eigentlichen sinne und Kidlich: j e mehr er ihr {der sauce) jenen echten wildbretgeschmack zu geben weisz W . HAUFF 3,218. — w i l d b r e t g e w i c h t , n., gewicht für auf gebrochenes wild, im gegensalz zu wildgewicht, dem gewicht des unaufgebrochenen thieres; nach dem Vorschlag von FÜRST ill. jagd- u. forsttex. 862. — w i l d b r e t h ä n d l e r , m.: ich Iasz ihn (den eber) beim wildprethandler wiegen RAIMUND S, 112. — w i l d b r e t i s c h , adj., 'zum wild gehörig, wildartig', alterthümlich: seind auch vil wildprätisch thier darin MÜNSTER cosm. dccccxvl. — w i l d b r e t k a m m e r , / , aufbeicahrungsort für wildbret: heute kann ich nicht mehr in die wildbretkammer kriechen HOLTEI erz. Schriften 9, 147. — w i l d b r e t l e , w i l d b r e t l e i n , n., gerne bildlich und scherzhaft: auf dises wildprätle lauszten sie STUMPF Schwytzerchronik 755". — w i l d b r e t l e c k e , / . , wildlecke, salzlecke: wenn das laub ausgeschlagen, werden die sulzen oder wilpretlecken wieder angerichtet allgem. haushalt.-lexicon 1, b 4 B . — w i l d b r e t l i s t e , /..- der endlosen wild prett-, geflügel- und dessertliste der römischen gastronomie MOMMSEN römische geschickte 8, 9; und w i e wir sahen, figuriert dieser riesenhirsch auch auf Rumpiers wildpretliste des Neuburgerwaldes WIMMER gesch. des deutschen bodens 328. — w i l d b r e t m a r k t , m.: wenn sie reden könnten, die hirsche, rehe und hasen auf unseren wildpretmärkten, sie müszten die lustigsten stücklein zu erzählen wissen von den verwegenen burschen ROSEGGER I I 6, 312. — w i l d b r e t p a s t e t e , / . : der schinken, die würste und die wildpretpastete freilich waren neueren datums (als der wein) RIEHL geschickten aus alter zeiti, 821. — w i l d b r e t p f e f f e r , m., wildbreit in stark gewürzter brühe: (beim bürgermeisterwechset) ist gespeist. . wilbredtpfeffer Schlettstadter stadtrechte 2, 700. — w i l d b r e t p ü r s c h e n , n.: wenn nun . . . hinter dem gewehr auch ein guter schütze ist, so musz dieser doch noch bei dem wildpretpürschen wohl auf den wind achtung geben allgem. haushalt.-lexicon 2, 591b. — w i l d b r e t r a g o u t , n.,für älteres wildbretpfeffer: die knödel, das wildpretragout und die strauben . . blieben den erquickten geraume zeit noch unvergessen STEUB dreisommerin Tirol 1,131. — w i l d b r e t ( s ) s a c h e , / . , eine das wild betreffende angelegenheit, meist im plural und in Verbindung mit forstsache oder holzsache, vgl. wildsache: aber es stecket weiterhin in forst und wildpretssachen . . ziemliche grosze consideration darhinder TÄNTZER Dianen höh. u. nied. jagtgeh. 1, 46; dasz kein unterschleif unter ihnen, noch von anderen schmälerung oder eingrif in holz- und wildpretsachen . . vorgenommen und 2, 454B. — nachgelassen werde allgem. haushalt.-lexicon w i l d b r e t s a u c e , f.: fasanenpudding in wildbretsauce HEINE 8, 176. — w i l d b r e t s c h a d e n , m., alterthümlich für Wildschaden und wie dieses auch gebraucht für die entschädigungssumme, die dem geschädigten ausgezahlt wird: v o m wildpretschaden . . . ist die . . . berechnung merkwürdig allg. deutsche bibliothek 60, 369; rnaterialien zu einem . . normalgesetze wegen erstattung des wildpretschadens 98, 546. — w i l d b r e t s c h ä d i g e r , m.: wildpretschädiger (beispiel für eomposita aus vier 'Stammwörtern') SCHOTTEL hauptsp. 78. — w i l d b r e t s c h i e s z e n , «., alterthümlich (oberdeutsch) und mundartlieh (bair.österr.) vom verbotenen jagen, 'Wilddieberei', vgl. wildbretschütz und wildschieszen: so bald sie sich einst dem wildpräthschieszen ergeben, so werden sie werklos, faullenzer, verthuner, schwelger SCHWAPPACH handbuch der forst- und jagdgeschickte 2, 691 anm. 8 (Würtemb. 1608); das gefahrlich wildbrettschieszen hat bei dem losen gesind . . überhand genommen toürtemb. erneu. Vorstordnung 108; wer so viel geld hat, der sollt sich dooh nit mit dem nötigen wildpretschieszen abgeben 1 ROSEOOER III 8, IM. — w i l d b r e t s c h i r n , m. zu schirn,

WiLDBRETSCHREIBER — VERZEICHNIS

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scharn öffentliche fleischbank KEHREIN weidmannsspr. 325, s. wildfactorei. — w i l d b r e t s c h r e i b e r , m., der die listen über das erlegte wild zu führen hat: l jagdsecretarius und wildpretschreiber SCHWAPPACH handbuch der forst- und jagdgeschichte 2, 639 anm. 36 ( W ü r temb. 1788). — w i l d b r e t s c h r e i b e r e i , f. (in Würtemberg) die gebäulichkeit, wohin die kgl. forst- und jagdbeamten das erlegte wild aus den hofjagden und Wildparken zum verkauf schicken; ztschr. f. d. wortforsch. 9, 63. — w i l d b r e t s c h ü t z , m., alterthümlich und namentlich oberdeutsch für Wildschütz und wie dieses ursprünglich gleichbedeutend mit jäger; wildbretschütz, wilderer, ve nator STIELER (1691); mundartlich noch lebendig in Bai ern und Österreich: der todt . . wie ein jäger oder wildtpretschutz allenthalben . . umbgehet ALBERTINUS hirnschleiffer (1664) 619; so vil diejenige wildprädtschützen anbelangt, welche des wildprädtschieszens halber verruft SCHWAPPACH handbuch der forst- und jagdgeschichte 2, 643 anm. 1 (bair. 1663); die bedeutung 'wilddieb' bekommt vom 17. jahrh. an das übergewicht: dasz etliche schädliche holzgänger sich auch w i e die wildpretschützen (daneben auch wilderer) vermummen würtemb. erneu. Vorstordnung 80; wir haben hievon beweis genug an denen wildpretschüzen STAHL der gewehrgerechte jäger. 185, 21; der flüchtige wildpretschütz, der niemals genossenschaft sucht LEOPRECHTING aus dem Lechrain 126; steirisch wildpretschütze = Wildschütze, wilderer UNGER-KHULL. — w i l d b r e t s f r a u , /., selten für wildbretshändlerin AMARANTHES frauenz. lexieon 2124. — w i l b r e t s f ü m e t , n., zu franz. fumet m. duft, Witterung: die seele der rothen Appel dampfte eben darum ein wildpretsfümet aus und roch wie angebrannte milchsuppe JEAN PAUL 7/10, 462. — w i l d b r e t s g e r i c h t , alterthümlich für wildbann, vielleicht auch für forstamt: damit nicht allein die füchs geschossen, sonder zu nachtheil des hohen wildbrettsgericht auch viel hund erlegt und beschedigt werden würtemb. erneu. Vorstordnung 92. — w i l d b r e t s j ä g e r , m., vereinzelt für j ä g e r : dasz . . der diener . . ein wildpretsjäger sei allg. deutsche bibliothek 96, 71. — w i l d b r e t s k e u l e , f.: nur selten stärkt mich eine wildbretskeule FALCK 3, 114. — w i l d b r e t s l a u f t , m., zu lauft bein eines vierfüszigen wildes, lauf: also ist einem weidemann nicht wohl zuzumuthen, dasz er dergleichen geringen hirsch vor einem alten wildprettslauft erkennen oder unterscheiden möge GÖCHHAUSEN notabilia venatoris 22. — wildbretsi e b e r , f.: wir gebrauchten öfters statt des brodtes die gekochten wildpretslebern SCHNABEL insel Felsenburg 180. — w i l d b r e t s l i e b h a b e r , m.: (ackergansfleisch) ist . . . dem wildpretsliebhaber wegen des . . . wilderichten beigeschmacks . . . sehr angenehm NAUMANN naturgeschichte der vögel 11, 801. — wildb r e t s p l a g e , /..• ist j e eine pest neben der wildpretsplage, . . . so ist es die pest der Schäfereien allg. deutsche bibliothek 63,598. — W i l d b r e t s r e c h n u n g , f.: alle rapporte in jagdsachen, alle wildpretsrechnungen . . laufen bei ihm ein (dem oberjägermeister) HEPPE lehrprinz 197. — w i l d b r e t s t a n d , m., Standort des wildes, wildstand, vgl. wildstand: damit die dicken sträucher und wildbretstände nicht verwüstet werden HOHBERG georgica l, HO. — w i l d b r e t s t r a f e , f., strafe für wilderer: (ein wilderer, der sich zur wehr setzt) soll zu obbestimbten nach der zahl gesetzten wildbretstrafen . . noch weiteres vierzehen tag i m thurm büszen würtemb. wildbrettschützenordnung8. — w i l d b r e t s t a x e , / . , taxe, durch die die preise für den verkauf des wildes festgesetzt waren; vgl. allgem. haushält, lex. 8, 786. — w i l d b r e t s t e u e r , f., Steuer auf wildbret, vrildsteuer: es hat z. b. i m jähre 1866 die stadt Berlin eingenommen . . . (als antheit) . . . an wildpretsteuer 20000 thaler MOLTKE 7,58/. — w i l d b r e t s u l z e , / . , wildlecke, wildsulze, salzlecke: mit dem leithunde fängt man nun auch bei der jägerei an auszuziehen und das behängen abzuwarten, auch noch die wildpretsulzen zu verneuen allgem. haushalt.-tecicot* 1, c 8 b . — wildbretsverz e i c h n i s , n.: wildpretsverzeichnisse heiszen die . . . rapporte, welche bei einer wohleingerichteten jägerei

WILDBRETSWAGE - WILDDIEBEN

WILDDIEBEREI-WILDE m.

die . . . forstbediente . . . dem oberjäger . . . einsenden müssen HEPPE lehrprinz 148. — w i l d b r e t s w a g e , f., s. auch wildwage: vor jagdbar wird der hirsch . . angesprochen, wenn derselbe . . . im ganzen gegen, aber nicht über, 300 pfund nach der wildpretswage hat HEPPE lehrprinz tA. — w i l d b r e t s z e h r g a r t e n , m., alterthümlieh für Wildpark: (wildpretstaxe) nach welcher seine Churfürstliche Durchlaucht zu Sachsen, Herzog Friedrich August, in dero proviant- und rauchhause, wildpretszehrgarten und sonst, das wildpret verkaufen lassen wollen allgem. haushalt.-lexrieon 8,736. — w i l d b r e t u n d f i s c h b r i e f , m., ein scherzhafter gelegenheitsausdruck: wie nun der vorhergehende theil nur in Worten und leerer höflichkeit bestehet, als haben folgende theil realia, oder wie jener sagte, es sind wildpret- und flschbriefe HARSDÖRFFER der teutsche secretarius 2, ):( ):( n b . — w i l d b r e t v e r k a u f , m . : die Verwaltung des wildpretverkaufes gehörte . . . in das département des haushofmeisters HOLTEI erz. sehr. 9, 147.

dieben oder spionieren . . . wolle SPINDLER n. f . 19, 118 {Theophil Langenstrick); dasz . . die feldjäger vom corps zu pferde und zu fusz wilddiebten BERNHARDT geschichte des waldeigenthums 1, 224 anm. 17; was hier blosz gewilddiebt wirdl HAUPTMANN der biberpelz l; 2) seltener transitiv: die gewilddiebten hasen DROYSEN York 2, 90. — W i l d d i e b e r e i , f., synonym zu wilddiebstahl und zu dem älteren wildbretdieberei, wildbretschieszen, wildschieszen: dasz . . dadurch {durchs tragen von waffen) Wilddieberei gewisz werde allg. deutsche bibliothek 213; wenigstens behandelte man Wilddieberei als ein viel gröszeres verbrechen, denn holzdiebstahl RAUMER gesch. d. Hohenst. 5, 369; im volksmund ohne üblen beigeschmack: Wilddieberei hält in den Alpen niemand für ehrlos PICHLER allerlei gesch. aus Tirol 80. — w i l d d i e b i n , / . 1) wildernde fr au: (eine wilddiebin.) a m mittwoch abend wurde auf der strasze {in einem dorf) eine frau von der gendarmerie wegen wilderei verhaftet Heidelb. neu. nachr. l.juni 1912 s. s; 2) übertragen von Wildkatzen: die böse und selbst für den jäger oft gefährliche wilddiebin WIMMER gesch. d. deutschen bodens 829.

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W I L D B R Ü C K E , f., theil eines wagens: wallach . . mit gebrauchtem geschirr und frisch renovirtem viersitzigem américain, patentachsen, laternen, schoszleder, wildbrücke Leipz. neu. nachr. 19. 4. 1900 4. beilage. W I L D B R U T , f., zu wild »..• nicht als verheererin, sondern als . . . nährerin der wildbrut dachte man die Göttin (Artemis) K. 0 . MÜLLER die Dorier l, 379. WILDBDDE, f., laden eines wildbrethändlers : in der stinkendsten wildbude der stadt BODE gesch. des Thomas Jones l, 8. W I L D B Ü F F E L , m., DIEFENBACH glossar. 79* bonasus : bisweilen versucht er {der tiger) seine kraft . . am gewaltigen wildbüffel BREHM thierleben l, 875. WILDBUSCH, m„ zu wild

adj.:

gewaltig tobt der wind und beugt den wildbusch, sausend in der Schlucht

LENAU 338.

WILDDEPUTAT, M„ abgabe an wild, die der jagdeigenthümer dem grundeigenihümer schuldig ist, Brockhaus konvers.-lex. 1 4 4, 758 {députât). W I L D D E U B E , f.,

wilddiebstahl

alterthüvdich

ADELUNG,

und oberdeutsch

LIECHTENSTERN

SCHMIDT; vgl. oben deube th. 2, 1036.

und

für

KALT-

W I L D D I E B , m., zu wild »., jünger als wildbretdieb, wildbretscljütz, raubschütz, erst im 17. jh. belegt bei STIELER SIS; vrie wilderer und wildschütz bald gebräuchlicher als die beiden älteren ausdrücke; eine alte oberdeutsche nebenform ist wilddeub (die raubschützen oder wilddeuben DÖBEL practica 2, 28) : wann keine gewisse strafe wider dergleichen Wilddiebe vorgeschrieben FLEMING vollkomm, teutsch. jäger 313 ; das ist das leibgewehr der Wilddieben STAHL der gewehrgerechte jäger 77, 12; und läszt den Wilddieb stranguliren R A M L E R fabeUese 3 , 81 ; w a s ? ich ein wildschütz? ich ein Wilddieb? IMMERMANN 1, 151 {Münchhausen); gerne in Verbindung mit Schmuggler, pascher u. dgl.: die letzten halt' ich für Schmuggler, für Wilddiebe GÖTHE 84 , 57 Weim.; ich kenne euch und weisz, dasz euch allen der pascher und Wilddieb von kindheit an im leibe steckt FONTANE I 6, 10 {Quitt 2) ; was schaffst du, pflichtvergessener vasall? baumfrevler, Wilddieb ! P L A T E N 2,189 (Berengar) ; auch übertragen von raubthieren: da er {der luchs) j e doch als böser Wilddieb bei den jägern sehr verhaszt . . . war WIMMER gesch. d. deutsch, bodens 324; bildlich von plagiatoren: dasz es so leicht nicht i s t , in den alten classicis zu jagen, ohne ein gelehrter Wilddieb zu werden LESSINO 8, 273, 27 (127. litteraturbrief) ; Kapp h a t in einem besonderen buche über Schölling diesen förmlich als einen philosophischen Wilddieb behandelt HILLEBRAND d. d. nat.

lit. 8, 41.



Wilddieben,

v.

l ) meist intransitiv: dasz man ihn dort {im walde) als einen verdächtigen verhaftet, der entweder Wild-

58

WILDDIEBSTAHL, m., im allgemeinen gleichbedeutend mit Wilddieberei, aber davon insofern unterschieden, als es das unerlaubte jagen nicht als ausübung eines {nach dem Volksempfinden mit unrecht) verbotenen sports, sondern als vergehen an fremdem eigenthum betrachtet; eine anschauung, die zu pflegen im interesse der jagdbesitzer lag, während die heutige rechtsprechung wieder müder urtheilt und den ausdruck vermeidet: überaus hart sind die strafen des wilddiebstahls und der jagdübertretungen BERNHARDT geschickte des waldeigenthums L, 234; sonst, vgl. SCHWAPPACH handbuch der forst- und jagdgeschichte 2, 591; forstpolitik 223. — W i l d d i e b s v o l k , »..- ein Wilddiebs- und schleichhändlervolk JAHN werke 1, 166. WILDDIENST, m„ zu wild n., thätigkeit oder befugnisse eines jagdbeamten: der verf. glaubt, dasz beides (jagd- und forstbeamter in einer person) nich^ bestehen könne, weil der jäger wilddienste verlanget allg. deutsche bibl. 106, 228. WILDDINKEL, m., simplex zea, lolium minus, S. Peterskorn, einkom, dinckel, wild dinckel ALBERUS t t j a ; ausdauernder lolch LIECHTENSTERN 10, 377. WILDDOST, m-, zu wild adj. wirbeldost, clinopodium NEMNICH wörterb. d. naturgesch. 8, 648; LIECHTENSTERN 10, 377.

W I L D E , m., Substantivierung von wild adj., plur. die wilden, selten die wilde (die canadische wilde v. MOSER beherzigungen 3 363) ; L) angehöriger eines wilden, d. h. culturlosen volkstammes, zuerst gebucht von LUDWIG (1716) die wilden in Amerika; belegt schon im 17. jh.: die wilden in Brasilien MOSCHEROSCH gesichte 2, 61; die wilden in der neuen weit DANNHAWER catechismus milch L, 358; der alte Sprachgebrauch hat daneben wilder mann, wildmensch, Wildling, wildleute, menschen der wildnis; s. die betr. artikel: als 1755 die wilden in Pensilvanien einfielen ARCHENHOLZ England u. Italien L L , 188; ruhig lächelnd sagte der Hurone: seht, ihr fremden, klugen, weiszen leute, seht, wir wilden sind doch beszre menschen!

SEUME 673;

da sinkt die grosze Weltherrschaft von Rom vor eines wilden (Hermann) witz zusammen KLEIST 2 , 4 4 5 (Hermannschi.

5, 81);

gegen den oft unberechtigten gebrauch des Wortes wendet sich wie ADELUNG auch CHAMISSO 4, 818: die'also dichten und singen, werden meist von unseren schriftgelehrten, j a unseren reisenden 'wilde' genannt! ein Sprachgebrauch, dem ich mich nicht fügen kann; thatsächlich wendet der gexeöhnliche Sprachgebrauch das wort auch auf Völker an, die durchaus nicht ohne cultur sind, namentlich wenn sie in recht fernen ländern wohnen: das wort tzijim habe ich durch wilde übersetzt; dies wort gefiel mir besser als: die bewohner der wüsten; denn es zielt auf weit entfernte nationen,

59

WILDE m.

WILDE f.

60

vativen rechten) etliche klerikale und unbestimmbare .. die auf schiffen herzukommen, also, die wilden in entwilde BENNIGSEN die nationalliberale partei 46. fernten welttheilen werden kommen, um ihm (gott) zu c) ein sonstiger auszenstehender, z. b. in der huldigen JUNG-STILLING 8, 579; der inquisitionskriegspennälersprache ein prüfling, der sich nicht auf der geist . ., der ketzer und unbekehrte als wilde und sarajeweiligen anstatt vorbereitet hat SANDERS ergänz, band cenen bis zur ausrottung bekämpfte HERDER 23, 13 636; ein fremder, der auf einer kegelbahn spielt, ohne (.Aurora); wilde im zeit dem betr. club anzugehören ebd.; in der rinnsteinsprache nähret die palme RÜCKERT 1,191; ein künde, der auf ein anderes geschäft reist OSTWALD und noch erscheinen die Iren in den meisten berichten 167. als wilde RANKE 15, 28; CAMPE 5, 718 erkennt diesen 1 W I L D E , f., Substantivierung von wild adj., wildes Sprachgebrauch an, indem er sagt, dasz die wilden auf weil, wilde stute, weib eines wilden (ahd. wilda, unbelegt),vielerlei verschiedenen stufen stehen können. in der 1) ein wildes, d. h. böses oder gefährliches weib: spräche der Wissenschaft wird der ausdruck mit vorsieht ausz ihrem tempel liech ein schwerd gebraucht, wie sich an dem häufigen ausatz s o g e n a n n t und einen christallinen Schild, sehen läszt: lese m a n die reden der sogenannten wilden das in mocht sehen nit die wild (Medusa) in Amerika HERDER 22, 166 (Kalligone 2); dasz der soHANS SACHS 2,171,17 Keller ; genannte wilde lieber auf das dasein verzichtet, als vereinzelt bildlich von menschlichen leidenschaften: die lasten der gesittung sich zuziehen PESCHEL Völkerder wilderen wilden, der herrschsucht kunde 157; vgl. auch 245; mit den Amerikanern, denen KLOPSTOCK Oden 2, 86, 25. wir den namen der wilden beilegen M. J. SCHMIDT 2) eine wilde, d. h. aus einer wilden stuterei kommende gesch. der Deutschen 1, 7 vorrede; oder halbwild gefangene stute, entsprechend dem namen 2) ein dem wilden ähnlicher culturmensch, im guten wildfang für ein männliches wildes pferd, das stärker wie im schlimmen sinne, häufiger in letzterem; und unbändiger ist als die zähmen; mnd. wilde f . wildes pferd, mutterstute LÜBBEN-WALTHER 582; s. unten wildena) im neutralen oder guten sinne: ich bin noch ein meister und wildstute; GUEINTZ die deutsche rechtschreiwilder, der vor dem glänze schüchtern zurückbebtI bung 162; RÄDLEIN 1, 1061'; auch ein wildes pferd überGLEIM briefw. 1,3; liebt ihr euer kind? . . ob ich's liebe? haupt, ohne geschlechtsangabe; equus intractatus et novus, den kleinen wilden bis zur narrheit GÖTHE 45, 127 ein wild rosz, so noch in der stutterei lauft STIELER: Weim. (Bameaus neffe); derselbe ander dort, welcher uff jener trefflichen starb) in weniger gutem sinne: ken wilde sitzet, . . ist ein neuer ritter, seiner Jandart im drama nur zählt er euch zu den wilden (.der Musagete ein Franzos BASTEL V. D. SOHLE Harnisch aus fleckendie Germanen) AYRENHOFF 5,19, 28; land 201; nur vereinzelt von anderen weiblichen thieren er ward aus einem freunde gottes ein wilder HIPPEL wie von der hirschkuh STIELER, wofür sonst wild n. lebensläufe L, 899; gerne in der abschwächenden Verbinhäufiger ist; s. dieses oben sp. 4. dung ein h a l b e r w i l d e r : so fieng Sebaldus, der bis3) erst im, 18. jahrhundert das weib eines wilden her als ein halber wilder gelebt hatte, an, sich fleisziger an stelle des bisher üblicheren wildin: den bart zu putzen NICOLAI Seb. Nothanker l, 3; sie und zeigt durch Zärtlichkeit, mit jedem neuen tage, halten mich für einen halben wilden B. v. ARNIM was für ein treues herz in einer wilden schlage! Oünderode L, 71. GELLERT (1774) 1, 25; gerne in bildlichen redensarten, namentlich in der Vermeist mit verächtlichem ton als Sinnbild der häszlichkeit bindung t h u n oder l e b e n w i e ein w i l d e r zum ausoder schmutzigkeit: druck des sinnlosen Ungestüms oder der unbändigen die grazien entCohn, zu stolz an einer wilden kraft: nun wird gleich darauf losgelebt wie ein wilder! der Schönheit . . zttge für barbarn auszubilden DUSCH 13; VIEBIG das schlafende heer 1,76; aarg. tue wie-n e wilde HUNZIKER 297; elsäss. der geht driwer enin wie e wilwenn eine mit bändern und blumen geschmückte Fillis der MARTIN-LIENHART 2, 820; reizender ist als eine schmutzige wilde WIELAND (1766 —1767) 1, 98 (Agathon 3, 2); ein bettelweib in . . lumlustig sind's wie d'fisch im see, tanze tttend s'wie wildi pen, . die haare wie eine wilde um den köpf hängend Schweiz, archiv f. Volkskunde 1,116; ARCHEN HOLZ England u. Italien 1 2 , 370; an den älteren oder der rauheit, ungeselligkeit: Sprachgebrauch (vgl. wilder mann oben sp. 58) erinnert da ist der fehler, da sitzt es eben! die Verbindung wildes mädchen für eine noch nicht versobald die kerls wie wilde leben, heiratete 'wilde': und nicht bethulich und freundlich sind ein wildes mädchen springt aus dem gebttsch hervor GÖTHR 16,68 Weim. (paler Brey 217); GELLERT (1774) 1, 24. vereinzelt von thörichter einbildung: elsässisch de» 4) in der neueren geschäftssprache vereinzelt für wildwilde» risse» eingebildet und vornehm thun MARTINhaut, wildsohlleder, s. d. LIENHART 2, 820. 2WILDE, f. I. wildnis, einöde, mhd. wilde 3) ein Student oder Parlamentarier, der auszerhalb der LEXER 3, 885; ahd. wild! (unbelegt); auch in der mundstudentischen corporationen oder der fractionen steht, oder artlichen form wildi und verkürzt wild, sowie in der ein sonstiger auszenstehender; vgl. wild adj. III B 6, längeren gestalt wildene, wildine (s. dieses unten); vera) ein nichtincorporierter Student; nach KLUGE stud. zeichnet bei MAALER, CALEPINUS, STIELER, RÄDLEIN, spr. 134 sät 1813; nach zeitschr. f . dt. wortforsch. 8, 103 zuSTEINBACH; jetzt noch Schweiz, wildi STALDER, HUNZIerst in Jena 1809: die landsmannschaften und die wilden KER; engl, wild, ags. wildu (unbelegt); im plural wilwaren noch viel ärger (als die burschenschaften) LAUBE den, aber auch oberd. wildenen, wildinen, entsprechend Schriften 1, 87; im folgenden frühjahr traten dann dem ahd. höhinä; im jahrhundert nur vereinzelt und die mitglieder von zwei landsmannschaften . . mit dichterisch: einigen wilden zusammen, und am 12. juni 1815 war l) wildnis, einöde: die neue burschenschaft.. eröffnet TREITSCHKE d. gesch. 2 2, 422. . . ich sach sitzen in der wild mit senender clag ain weiplich pild b) ein zu keiner partei oder fraction gehörender ParlaHÄTZLBKIN 244, 59; der got Mercurius erschin mentarier; nach LADENDORF 344 zuerst bei LAUBE das und bracht drei gottin zu im (Paris) hin, erste deutsche Parlament 3, 41: eine gewisse anzahl sofrei muternackat in die wild genannter 'strandläufer' oder 'wilder' ferner, die zu HANS SACHS 2,148,17 Keller; keiner bestimmten partei gehörten, war trotz all den ich ruf euch ahn ins diser wild WICKRAM 7.314; fraktionen übrig geblieben; sonst: er stand als ein 'wilder' zwischen den parteien TREITSCHKE hist. und da lieszen si sich nider in einem tal, heiszet Brunnen, polit. auf Sätze l, 302; auszerdem (gehörten zu der conserda gar nützet was anders dann ein hüpsche wilde ET-

61

W I L D E /.

TERLIN kronicon der eydgnoschaft 10'; disz kraut wachset fast in allen wilden THURNEYSZER beschreibung influentischer Wirkungen aller erdgewächse 54; wann sie in der wilde seind, können sie ihnen selbst helfen FLEMING vollkomm, teutsch. jäger 353; das babenstück schläft — in dieser wilde kein lauscher SCHILLER 2, 164 (räuber 4, 6); sie stiegen auf und eilten sehr, zu schweifen in der wilde UHLAND ged. * 361; bin ich selbst doch in der wilde aufgewachsen ohne zucht RÜCKERT 1, 696;

W I L D E N.

62

III. schweizerisch wildi eine Stromschnelle, wofür auch gewild ». STALDER 2, 451; offenbar eine sonderanwendung des begriffs 'Wildheit' im sinn von 'stelle der Wildheit'.

WILDE, n., Substantivierung des adj. wild; in älterer zeit hauptsächlich concret 'das wild, wildbret, die wildnis', vom 18. jahrhundert an vorwiegend abstract 'Wildheit',1) wild, wildbret: wenn Münchhausen nichts wildes lieferte SEUME 34 (mein leben); vgl. auch zahmes und wildes GRIMMELSHAUSEN 2, 363, LI und oben sp. 15/. du hast eine eroberung gemacht in dieser wilde! ZSCHOKKE 16, 179; gerne in Verbindung mit wald oder 2) uneheliches kind, vgl. wild adj. III B 15. 3) die wilde natur, im gegensatz zu bewohntem gegenwiiste: fast alles geflügel selbst sich aus ihrer wilde den, älterthümlich und vereinzelt: und wäldern . . in das wasserbad begeben GUARINONIUS grewel der Verwüstung 903; in der wilde, auch gar wer doch het die kinder in das wilt hertragen in der wüste PARACELSUS opera l, 1066°; in der wüste A Y R E R ». 4 8 , 1 0 KeUer (erbauung Rom»); und wilde HERDER 6, 515; einen würmigen grund, aus im gegensatz tum friedlichen heim: dem man erst in die wahre wilde und rechte wüste kam RITTER erdkunde 14, 887; bildlich für ein leidens- so ist das herz, im getttmmel begehrt es der friedlichen stille, und aus der stille sogleich will es ins wilde hinaus volles leben: ARNDT werke 4, 64; aus dieses erdelebens rauher wilde im gegensatz zu einem geschützten, abgegrenzten räum : UHLAND ged.1 143. in den landschaften Huguang und Gvangsi . . werden 2) der nicht urbar gemachte theil einer gegend, ohne kleine würmlein gefunden, die ins wilde bauen, und dasz er eine eigentliche wildnis zu sein braucht, namentein weiszes wachs, gleich den bienen, bereiten ZEDLER lich schweizerisch; nach STALDER 2, 451 eine hohe alp, univ. lex. 52, 207. besonders eine solche, wo kein laubheiz wächst, ein un4) in der Verbindung i n s w i l d e , die vom 16. jh. an gedüngtes stück wiese: dise bergleut sampt ihrer landbelegt und im 18. besonders häufig, heute aber meist durch schaft und wilde STUMPF Schwytzerchronik 426*. ins blaue, aufs gerathewohl ersetzt ist; vgl. mnd. und II. Wildheit, mhd. wilde Wildheit, irres wesen, wunderostfries. int wilde SCHILLER-LÜBBEN 5, 713, DORNKAATbares, unbegreifliches wesen LEXER 3, 885; untreues, unKOOLMANN 3, 551; stätes wesen MÜLLER-ZARNCKE 3, 667; mnd. das umhera) noch annähernd im eigentlichen sinn: ins wilde schweifen SCHILLER-LÜBBEN 6, 714; wilde, reühe feritas gehen verwildern, ausarten, ins kraut schieszen, also DASYPODIUS, feritas CALEPINUS XI ling. (1598); Schweiz. müste hertzog Bugslaff ins wilde gehen und wurt nicht wildi TOBLER, HUNZIKER ; vorwiegend oberdeutsch; seit allein wol gehalten, sonder lernte auch . . weinig KANTdem 17. und 18. jahrhundert, wie wildigkeit, allmählich zow chronik von Pommern (letzte bearb.) 317 Qäbel; sonst verdrängt durch Wildheit, jetzt nur noch vereinzelt und vgl. mein leben ist sicherlich ins wilde geschossen dichterisch. BAABE zum wilden mann 53. 1) Wildheit, namentlich von thieren: do wurdent si b) übertragen 'aufs gerathewohl, ohne vorherigen (die thiere) von banden und von wildi also blöd, das plan' : wir machen promenaden ins wilde I BETTINE man si . . . lebendig nit mocht bringen BICHENTAL Gl. Brentanos frühlingskranz 463; von einer meiner Constanzer conzil 100; da mit er mainet, in (den stier) vorgeblichen botanischen rasereien ins wilde zurückgezämet haben und sine wildi benomeji STAINHÖWEL kehrend, fand ich einen ¿rief zu hause BAABE zum Äsop 285; was wilde und unvernunft sie (thiere) gleich wilden mann 62; daher oft 'kopflos, unbedacht', nahaben Amadis 1,344; auch von menschen, meist im mentlich auch vom reden: mnd. int wild Seggen aufs sinne von roheit, gefühllosigkeit: des tode ich teglich gerathewohl, ohne absieht LÜBBEN- WALTHER 582; men peweinet habe, wie wol ich mich wider in herte und die wyle szie . . . thom handele gekamen, hedde hie wilde peweiszet ARIGO decamerone 205; von ihrer wilde szust, szo me wol plecht, int wilde hin gesecht, dat und unsinnigkeit willen GUARINONIUS grewel der Verhie . . Wism. zeugenb. (I55I) 12 bei SCHILLER-LÜBBEN wüstung 272; 5, 713 B ; du sollst ihm (dem willen) seine wilde stören der (Petrus) gleich aus seinem tummen sin fragt ins wilat dahin WALDIS Ktoput 4, 95 Kurz; RHCKERT 4, 370; schreckend malt die eigne wilde schau, dorten schon ins wilde ihres gottes härtigkeit LUDWIG 1,132. die wollgebleichte Schaar sich gar ohn schütz und Schilde gerne im gegensatz zu milde, f . : eines lobwirdigisten verwicklet in gefahr SPEE tnitz-nacht. 45; fürsten . . , bei deme . . mehrer milde als wilde soll geer urtheilt so was ins wilde hinein 'at volley, at ranfunden werden ABRAHAM A ST. CLARA etwas für alle dorn', teutsch-engl. lex. (1716) 2488; vgl. l, n ; in neuer zeit wird überhaupt . . den weibern er spricht ins wilde, sicher ist er toll statt der milde mehr die wilde (d. h. Wildheit) ange0he talks at random) rathen JEAN PAUL Vorschule der ästhetik 3, 143; verShakespeare Heinrich VI 1. th. 6 , 3 . einzelt für barbarei, unsinn: diese wilde, vorzulesen c) ins schrankenlose, ungemessene, wo alles sich leicht und zu schreiben (beim universitätsunterricht) hat den verliert oder zerflieszt; manchmal in der Verbindung ins anfang von denjenigen Zeiten genommen, zu welchen weite und wilde: die buchtruckerei noch nie ist erfunden worden SCHUPP und das wilde wird ins wilde Schriften 728; mundartlich für 'zorn': appenzell. TOBLER euch als trug und wahn zerfliehen I 449; Vorarlberg, seine wilde verbeiszen FELDER Nüma ARNDT werke 5,118; müllers 33. zweitens m u r sich der mensch in allen dingen eine gewisse Ordnung festsetzen, sonst geräth er ins wilde 2) Unreinheit alt fachausdruck der alchymie, vgl. und unaufhaltsame GRILLPARZER (1874) 8, 49; von abwild adj. H I B 16 und wildigkeit; meist mit der begleitenschweifungen: so sehr auch unser ritter in's weite und den Vorstellung elementarer kraft und gefährlichkeit, im wilde ging HIPPEL kreuz- und querzüge 1, 148; auch gegensatz zur Zahmheit: benimbt ihnen die schwerze, 'maszlos, übertrieben, toll': andre, welche ins wilde gereuhe and wilde THURNEYSZER magna alchymia 64; das fordert hatten, traten aus gleicher Ursache zurück macht die wildi, so im salniter ist PARACELSUS opera M£SERpatr. phant. 2, 80; im siebenden jähr gehts noch 1,84»; dai salz hat ein wilde in sich, die es im bürg menr ins wilde, geld and credit seind alle v. MOSER gewint GUARINONIUS grewel der Verwüstung 468.

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der herr u. d. diener 1121; durch die zügellosigkeit der emigranten selbst zügellos gemacht, trieben sie ihre freohheit.. ins wilde L A U C K H A R D leben, und schickaale 3, 68; vgl. auch F R I S C H B I E R 2, 469. W I L D E B E E S T , n., weiszschwanz-gnu, catoblepas gnu B R E H M thierleben 8 , 4 1 8 ; lehnwort aus dem niederl. — w i l d e b e e s t b o c k , m.: einzeln und in kleinen trupps . , . sieht man zuweilen die alten wildebeestböcke 3, 419.

WILDEBER, m., zu wild adj.: wie er . . den groszen wildeber von seines vaters gelben sauen abgejagt S T O R M 5, 278.

WILDEHAGEN, m., heckenrose; hagdorn bedegar DIEnov. gloss. 60. WILDEINHEIMISCH, adj., in wildem zustand einheimisch: die wildeinheimische existenz des kameels in Libyen R I T T E R erdkunde 13, 710. W I L D E I N S P R U N G , m„ zu wild n„ offene stelle in der einzäunung, durch die das ausgebrochene wild wieder in den park zurückkehren kann D O M B R O W S K I encycl. der g. forst- u. jagdwiss. 8, 406. 416. 565. W I L D E I S K R A U T , n., artemisia glaeialis (im Pongau, Pinzgau, Zillerthal) P R I T Z E L - J E S S E N . FENBACH

W I L D E L E R s.

wilderer.

adj., zu 'wild »., von wildartigem geschmack oder geruch, häufiger wildericht, wilderig, s. dieses: eines häszlichen wiltelächten geruchs G E S N E R b F O R E R fischb. 82 ; den gebratnen onvogel (pelikan) . . hat mich rauch, wiltelecht und ungeschmackt bedücht G E S N E R - H E U S Z L I N vogelbuch 186. WILDELIG, adj., zu wildein v., Schweiz, 'wüthend' WILDELICHT,

S T A L D E R 2, 451.

WILDELN, intr. v., oberdt. wildelen, mit ähnlicher bedeutungsentneicklung wie wildern, nur mundartlich noch erhalten: 1) nach wild riechen- oder schmecken, meist in schlimmem sinn, vgl. wildenzen; wildelen ferinam safere D E N T Z L E R (1716); schwäb. wildelen S C H M I D ; elsäss. wildelen (neben wilbere», wilberzen, wilze", wilzerlen) MART I N - L I E N H A R T 2, 820; appenzell, wildelen T O B L E R 449; steir. wildein U N G E R - K H U L L 683; kärtn. wildilan L E X E R 267: wiltu dasz das fleisch nicht wildele, wans schier halb gesotten ist, so thus heraus, und lasz ein stund stehen fünfzig stück des meistert Fallopia de Modana (Nürnb., Fr. Öutknechf) Bv. — substantiviert w i l d e i n , n., urildgeruch oder -geschmack: etlich . . brauchen (beim kochen des bibers) keinen deckel, damit das wildelen oder bitter grueh darron dempfe G E S N E R - F O R E R thierbuch 28 b. 2) wild oder wüthend sein, namentlich schweizerisch S T A L D E R 2, 461: der knabe, der in der schule . . hinunter musz, wird entweder niederträchtig und achtet es nicht, oder giftig, und wildelet P E S T A L O Z Z I 18,221; auch 'wild sein, lärmen' S C H M I D schwäb. wb. 8) wildern, Wilddieberei treiben, schwäb.SCHMID, steir. U N G E R - K H U L L , Schweiz. S T A L D E R : die ländlichen Vergnügungen, als rangeln, fingerhäkeln,.. fensterin und wildein würden etwas länger gebraucht haben, um mich in den Strudel des b&uemlebens hineinzuziehen, als es die arbeit und das leiden gethan R O S E G G E R I I I 8, 206.

4) bairisch wiltln eine art karten

spiel

64

WILDEMANN

WILDEBEEST - WILDEMANN

(färbeln)

S C H M E L L E R 2, 900.

WILDELSTER, f . , zu wild 'unecht, uneigentlich', der grosze oder raubwürger, lanius excubitor B R E H M thierleben 4,- 4 8 6 ; N A U M A N N naturgeseh. d. vögel 2, 7 : die gröszere art (des neuntbdters) wird auch wild- oder kruckelster genennet campend, u. nutz, haushaltungslexicon 1036. W I L D E M A N N , m., auch wildmann, wilder mann, fem. wildfrau, wildweib, plur. wilde männer, wildleute; siehe ferner oben waldmann, waldleute; altnord. villu-madr, villu-IFDR F R I T Z N E R , nl. wilde man menschenfresser.

L) sagenhafter ungehöriger eines riesengeschlechtes, das vor der geschichtlichen zeit die heimath bewohnt haben soll; nach dem Volksglauben noch vereinzelt in den bergen, namentlich im Harz; in der hauptsache gutartig, namentlich freunde der bergleute; manchmal auch gespenstigen. Charakters und auf einer linie stehend mit nachtleuten, feuerleuten; in der grösze den zwergen, elben, waldmännlein entgegengesetzt; völlig nackt, mit langen weiszen bärten, um die lenden mit moos oder laub umgürtet, vgl. S C H M E L L E R 2 , 899, G R I M M mythologie

2

1, 451, v. D. LEYEN-SPAMER die

altdeutschen

Wandteppiche im Regensburger rathause 16 ff.; ferner die Schilderungen eines wilden mannes im Iwein 425—470 und könig Laurin 170—210,- eines wilden weibes im Wigalois 162, 23 ff. Pfeiffer; in der Vorstellung der Tiroler besonders lebendig und mit Zügen Donars ausgestattet, aber auch als riesenhafter waldmann, der die kinder fressen will; manchmal auch harmlos, hilfreich und namentlich wetterkundig; im spiel von den mädchen aus einer höhle im wald geholt und im dorf herumgeführt, vgl. Z I N G E R L E in Wolfs zs. f . mythol. 3, 200; im südöstlichen Deutschland gerne auch verwechselt mit waldmännlein, waldleuten, holzleuten, moosleuten und dann nicht vereinzelt und als riesen gedacht, sondern als zwergartiges volk wie elben und wichtein J . G R I M M mythol. a. a. o. a) im eigentlichen sinne: was den menschen antrifft, als wildleut, riesen, feurleut, nachtleut, etc., denen ihr geburt kompt aus dem fex P A R A C E L S U S opera 2, 20B; risen, wild leut 2, 456; das geschlecht der wildenmänner des Harzwaldes P E T R A S C H l , 725; vergl. auch oben sp. 16. b) übertragen, a) als Sinnbild des bergbaus und des daraus ftieszenden reichthums: wie einer, der sein heil auf wilde männer baut STOPPE

die reiche zunft der wilden männer hat allenthalben freund und gönner

Parnatz

407;

42;

daher gerne auf gold- und silbermünzen abgebildet, s. unten wildemannsdukaten, -gülden, -thaler: einer . . . dessen gesicht so gar mit haaren umbwachsen, dasz . . ich ihn für einen wilden mann gehalten, wie sie . . . auf den pommerischen und lüneburgischen thalern gesehen werden M O S C H E R O S C H gesichte l, 243. /?) als wappenhalter z. b. auf dem königl. preuszischen wappen, vgl. Q U E R F U R T H herald, wb. 178. y) als name oder schild für Wohnhäuser, wirthshäuser, apotheken, kanonen: in die herberg zü dem wilden man Eulenspiegel 28; zü Colmar züm wildemann hat der würt hochzeit W I C K R A M 8, 8 2 ; zum wilden mann A B R A HAM A S T . C L A R A Judas 1, 218; item ein gattung (kanonen), so man die sau, äffen, baur, ochsen, wildenmann, oder dergleichen änderst nennet F R O N S B E R G E R kriegsbueh (1673) 8, B L». ; von wirren, formlosen dichtem : können sie noch deutsch, die romantisch gaukelnden wildfänge gesamt? V o s z antisymb. 1, 355; misrathene Schüler, schöngeisterische wildfänge, mochte der m a n n (Heyne) u n s n e n n e n 2, ioe ; 6) in der neueren spräche völlig harmlos geworden und fast nur von jungen leuten und hindern gebraucht in der bedeutung 'gedankenloser, leichtsinniger, lebhafter mensch', aber auch als kosewort; von älteren meist nur, um sie trotz der jähre als ländlich zu kennzeichnen : a) von jüngeren leuten und hindern: andere leute suchen sie (die sta/tur) zu verbergen, und der kleine wildfang wil grosz pralens d a m i t treiben CHR. WEISE die drei klügsten leute (1675) 49; da sie (die Athener) sich bald von dem gerber Kleon, bald von dem wildfang Alcibiades miszregieren . . lieszen WIELAND 24, 163; und ich will kein ehrlicher m a n n sein, w e n n ich mir nicht eine rechte freude darauf eingebildet habe, den wildfang, wie sie ihn sonst zu h a u s e nannten, zu m e i n e m sohwiegersohne zu h a b e n LESSING 2, 57 (freigeist l, 3); den inhalt dieser Schachtel gieb dem kleinen wildfang nnd schicke sie mir zurück GÖTHE IV 28, 228 Weim.; zehnmal besser ist m i r der gutherzige wildfang, der noch leben i m busen n ä h r t und liebe F. H. JACOBI

L, 7 8 ;

'

der braunlockige wildfang Vosz sämmU. gedickte 8, 865; h e u t abend müszt ihr euoh wieder einmal in der groszm u t h sehen lassen, ihr jungen wildfänge TIECK S, 88 (Fortunat I 2, 2) ; ein . . liebenswürdiger wildfang ARNDT werke L, 20; er ist der frischste, schönste, schlankste, leichtste wildfang, den ich j e sah KLINGER werke L, 99; auch von mädchen: denn wollte m a n ein m ä d c h e n sehen, das zur h a u s f r a u und f ü r s h a u s völlig verdorben schien, so war es präsidents wildfang HAUFF 3, 5; empfehlen sie m i c h j a doch allen den liebenswürdigen damen, die schönen töchter (Sanftmuth und Wildfang) nicht zu vergessen PÜCKLER briefwechsel u. tageb. 7,420; deine braut, der wildfang, ist m i r wohl wieder über meinem k r a m gewesen STORM L, 328 ; der bezopfte wildfang SEIDEL vorstadtgesch. 82; seltener von verheiratheten frauen : vermuthlich h a t einmal . . der selige Lyk i h n e n geklagt, dasz er mit dem wildfang von frau •garnicht fertig zn werden . . . wisse J. J. ENGEL Schriften 12, 252.

b) von jugendfrischen alten leuten: ich gebe es weder f ü r alt noch neu aus, da ich junger wildfang so eben beides nicht weisz, noch wissen mag GLEIM briefwechsel 1, 250; (Bülow) überträgt i h m (dem general Oppel) den befehl über die reiterei, und einmal bei der arbeit, bleibt der wildfang fröhlioh dabei TREITSCHKE d. gesch. 3 L, 481. WILDFÄNGER, m., zu wild »., einer, der wild fängt CAMPE.

WILDFÄNGER EI, f . , zu wildfang, ausgelassenheit, tolUieit: kinderei ist aber doch i m m e r eben so sohlimm als wildfängerei LAUKHARD leben u. schickaale s, 14. WILDFANGFREDDE, f.,.aussehweifung : was bieten dir die wildfangfreuden, die geist und mark wie sand vergeuden D . v . L I L I B N O R O N 7,

WILDFÄNGIN - WILDFELSIG

WILDFENCHEL - WILDFEUER

W I L D F Ä N G I N , / . , weiblicher wildfang, alter juristischer fachausdruck: die hergebrachte Bitte, . . dasz die kinder aas der ehe eines wildfanges, und selbst einer wildfängin mit einem unterthan der untergeordneten herrschaft sämtlich knrpf. (kurpfälzische) wildfänge worden FREY versuch einer . . beschreibung des kön. bayer. Eheinkreises 4 anhang, 80. WILDFANGRAUBVOGEL, m., wildgefangener raubvogel: die werden alsdann gereget, wann der wildfange raubvogel in die nahe kompt A I T I N G E R jagd- u. weidbüchlein A III». — w i l d f a n g s e p o c h e , f . , aueschweifende Jugendzeit: dieses väterliche Tempe (einen lustgarten) hatte der verschwenderische söhn zur zeit seiner wildfangsepoche am ein Bpottgeld verschleudert MusÄus Volksmärchen 2, 89. — w i l d f a n g s f e h d e , f . , fehde zwischen Kurpfalz und Kurmainz wegen des wildfangrechtes: die veste Landstuhl. . theilte sowohl während des 80 jährigen krieges, als auch der kurpf. wildfangsfehde und der franz. kriege das schicksal mit der Homburg FREY versuch tiner . . beschreibung des kSn. bayer. Eheinkreises *, 176. — w i l d f a n g s g e l d , »., schuszgeld für erlegtes wild: er hatte sogar die versprochenen zehn thaler wildfangsgeld . . . vergessen RAABE die leute aus dem walde L, 76. — w i l d f a n g s r e c h t , n., auch wildfangregal (R. SCHRÖDER deutsche rechtsgesch. 6 887), recht, herrenlose oder aus anderen herrschaften zugewanderte unter gewissen bedingungen in den unterthanenverband aufzunehmen, s. oben wildfang III 5 b ; diritto di appropriarsi per sudditi quei che stanno senza padrone K R A M E R ; A P I N U S gloss. non.; jus wUdfangiatus S T E I N B A C H ; jus albinagii, droit d'aubaine oder espaviti ADELUNG; P O S E N E R rechtslexikon L, 668; nach MAURER fronhöfe 2, 9«—118 ursprünglich gleichbedeutend mit 'fremdlingsrecht überhaupt und ein königsrecht, das erst später auf den landesherrn überging: hingegen verfiel Churmainz . . . in einen anderwärtigen streit mit Churpfalz wegen des von diesem über die rechtmäszige schranken and zum nachtheil des juris territorialis der benachbarten aasgeübten wildfangrechts SCHMAUSZ begriff der reichshistorUP 741; möglich aber ist, dasz in andern deutschen gegenden schon im alterthum für fremde, die sich zu einheimischen hörigen gesellten, wildfangsrecht gegolten hat J . GRIMM deutsche rechtsalterthümer 4 L, 551; spöttisch von hoheitsrechten überhaupt: was ist ein volk? . . die geringe unterthanenschaft, worüber ein zwergstaatchen sein wildfangsrecht ausübt? JAHN merke 8. — w i l d f a n g s t h a t , / . , kühne, jugendliche that: wie sie sich aus mehreren Stämmen aneinander gereiht hatten zu freien wildfangsthaten FOUQUE altsächsischer bildersaal 4, 25. — w i l d f a n g v o g e l , m., wildgefangener vogel: wann das der wildfangvogel weit siehet, gibt er sich nach dem ort nieder A I T I N O E R jagd- und weidbüchlein A III».

vor wildfelsigem hoohgewände, sehe ich einen schoberartigen vorberg ROSEGGER alpensommer 52. W I L D F E N C H E L , m„ auch wild liebstöckel, roszfenchel, hippomarathron, othomarathrum, agreste marothron, feniculum erraticum vel marinum ALBERUS DDiiijb.

77

W I L D F A R N , m., auch wildfarren, wildvaren, zu wild adj. ,• polypodium vulgare P R I T Z E L - J E S S E N ; wurmschildfarn filix mos SALOMON-VOSZ wb. der deutsch, pflanzennamen 212: hier klettert der kümmerliche fuszsteig über einen steinwall, der mit wildfarren, dornsträuchern und Schierling bewachsen ist ROSEGGER I , 29. — Wildf a r n k r a u t , n..- nebelfeuchtes wildfarrnkraut reisze ich ab nnd lege es auf seine glühende stirne ROSEGGER 10,216. — w i l d f a r n w u r z e l , f . , rhiz. fllieis H O L P E R T volkst. namen der arzneimittel. W I L D F A U N A , f . , die gesammtheit der wild lebenden thiere: der deutsche boden bietet . . günstige Vorbedingungen für die entwicklung einer reichhaltigen wildfauna W I M M E R gesch. des deutschen bodens 816. W I L D F E I G E , f . , zu wild adj., vgl. dhd. wildviopoum

GRAPF L, 804; sicomorus

DIEFENBACH gloss. 682°;

capri-

ficus EMMELIUS nomencl. 68. W I L D F E L L , n., zu wild n., feil eines wilden thiere», namentlich eines raubthieres; vgl. wildhaut. W I L D F E L S I G , adj.: dann aber folgt wieder eine wildfelsige klippenpassage . . über . . granit- und gneuszfelsen R I T T E R erdkunde 8 , 7 7 0 ; jenteeits des Gailthales, südlich,

78

W I L D F E S T E , f . , wildbahn, wildgarten: ein wilt vest (1420), tier-weida, -warta lustrum DIEFENBACH non. gloss. 242*. W I L D F E U E R , » . , auch wildes feuer, vgl. oben wild adj. I I I B l a . 1) im eigentlichen sinn von wirklichem feuer. a) der blitzstrahl und das dadurch hervorgerufene feuer; noch lebendig in der steirischen mundart UNGER K H U L L : die feuerbrünst, die auf erden auskommen, oder von oben herab das wild feuer und blitz PETRARCHA trostbücher 107*; da schlùg das wildfür in den lüginsland chron. d. dt. städte 23, 70 anm. l ; briefe (urkunden), so in dem Freymosz . . durchs wildfeuer verbrennt worden H U N D bayrisch stammen buch 2, 342. vgl. ferner deutsche städtechron. 22, 76, sowie oben th. 3, 1586. b) das nothfeuer zur abwendung einer Viehseuche, s. oben th. 7, 936; götting. SCHAMBACH 141. c) funken auf dem bett, die einen sterbefall bedeuten sollen; westfäl. wildfuer sehen W O E S T E . d) vereinzelt irrlicht, wild für S C H Ü T Z E holstein. idiot. 4, 362; herzog der Phantasterei . ., herr zu Irrlicht, Nebelthau und Wildfeuer IMMERMANN Münchh. 2 8, 147 ; vgl. dagegen engl, wild fire, wildfire griechisches feuer

MURRAY 4, 2891>.

2) übertragen. a) medicinisch von verschiedenen entzündung skrankheiten, namentlich von erysipelas gangraenosum, rose, Wundrose, rothlauf, einer hautkrankheit, vgl. realencykl. der ges. heilkunde 7, 322; auch wildbrahd oder wildflug H Ö F L E R krankheitsnamen; sant Anthonien für, uberróthe, rothlauffen ignis sacer DIEFENBACH nov. gloss. 209 *; erysipelas 155*; sant Anthoni plag gloss. 208b ; pusula 474b ; voc. teuth. 1882; risipeUa, rosa. fuoca di 8. Antonio K R A M E R ; C A M P E ; vitiligo NEMNICH lex. nosolog. 17"; SCHMELLER I, 743; LIECHTENSTERN 10, 878;

s. ferner oben th. 1, 601 antoniusfeuer und 3,1686 feuer 16) ; westfäl. he sfiht fit as et wille für, d. h. gesund, rothwangig W O E S T E ; lothr. 'rothlauf F O L L M A N N ; luxemb. 'hautausschlag' wörtb. der lux. mundart; preusz. 'ausschlug im gesicht' F R I S C H B I E R ; angels. wylde f j r erysipelas B O S W O R T H : das wildfeuer regiert zü diser zeit seer in dem Niderland, das der menschen hend entzündt, bald wie ein kol erschwarzten F R A N C E chronicon Oermaniae 159 " ; zuletzt als er auszsetzig war, schlug das wild feuer darzu, das er entzündt wütend schrie, ich brin lebendig in der hell teutsche nat. chron. 76 *; dermaszen ist sie (jpersicaria) auch gut auszerthalb ubergelegt, ober das wildfeur und alle hitzschäden PARACBLSUS opera 1,1010 A; auch kan ich gar wol für den schlag und für die faUentsucht darnach, . . . für die bräun, in dem hals gar schwarz, fare wiltfeur und contraction AYRER 2542, 19 Keller; wie man abschneidt eine faule band, darin das wildefeur anbrant 11 ROLLENHAGEN frotehmeiueler Y 6 (l, 8, 8) ; er (kaiser Friedrich III.) hat das wildfeur an einem Schenkel, das man im den absegen must H E R O L T chronica von Hall 163,25; das wildfeur fer hin von uns jag in wilds gerSr und hage UHLAND volisi. 814. in einer Verwünschungsformel: ei das wild feuer prenn dich W I R S U N G Calixstus C 6 » ; in der Verbindung mit teufel: j a der teufel und das wilt feuer, lasz sich mer weihen (zum priester) SCHADE Satiren 8, 147, 20. in Verbindung mit synonymen: für den kalten brand oder wild feur S E U T E R roszarznei 70; unser lieb frau hub

79

WILDFLUR -

WILDFEURIG-WILDFLÜGEL

auf ihr rechte hand, sie gesegnet Hansin das wildfeuwer and nachtbrandt, sie druckt ihn ansz aus Büdinger heocenproceszacten

in

Wolfs

ztschr.

f . d. myth.

L, 278;

wider das rotlaufen oder wildfeuer, den brand und alle entzündung T A B E R N A E M O N T A N U S 896. auch von geschwüren und blasen: des bouttons ou vessies qui viennent en quelque partie de corps RÄDLEIN ; ebenso bei HÖFLER krankheitsnamen 888; von den hitzblattern, yhlyctaena ADELUNG und lothring. FOLLMANN ; von der bräune oder dem brand der Schweine LIECHTENSTERN

10 , 878 und

steirisch

UNGER-KHULL

(vgl.

engl.

w i l d fire 'schaf krankheif Century dict. 8, 6924); von einem Hautausschlag der kinder, wegen dessen man sie in den backofen oder in einen mehlsack steckt BIRLINGER volksth. aus Schwaben 1, 200. vereinzelt von inneren krankheiten ganz allgemein: herr kfinig, euch fault das ingeweidt, in euch brmdt anzündt das wildfeur HANS SACHS 11,158, 17

b) von leidenschaftlichen gefühlen: nun hett sein adel, muth und that, sein schön pestalt, Weisheit und rath im ersten anblick sie erschreckt, im herzen ein wildfeur erweckt ROLLENHAGEN froschmemder

F

Keller;

(1,1, 8);

e s w a r d a s a n g e l ö s c h t e w i l d f e u e r d e s j a h r e s 1818, d a s d a m a l s n o c h s e n g t e . . dies w i l d f e a e r flammte, e i n feuer, das den hört des versunkenen volksthums anzeigte P R Ö H L E Jahns

leben

188 bei

S A N D E R S 2 I , 440.

c) von leidenschaftlichen menschen: toestfäl. d a t wille fflr das wilde frauenzimmer WOESTE. W I L D F E U R I G , adj.: d e r angriff d e s w i l d f e u r i g e n M i r a b e a u SCHUBART vat. chron. 267; n i c h t l a n g e n a c h d e m b a b y l o n i s c h e n t h u r m b a n k a m dieser wildfeurige orgiasmas . . . in die westgegenden Y o s z antisymb. L, 86.

W I L D F I S C H , m., zu wild adj., wildfang, wilder mensch : e i n a n d e r e r i s t e i n w i l d f i s c h , g e h e t i m heiligen gebet m i t l a u t e r w i l d e n Bachen a m ABR. A ST. CLARA etwas für alle 2, 795. W I L D F I S C H E R , m.: einer, der ohne erlaubnis in fremden gewässern fischt, neue analogiebildung zu Wildschütz. WILDFLACHS, S C H M I T T 1069; linum

m.,

bergcatharticum

oder

wiesenflachs

KALT-

N E M N I C H 8, 648.

W I L D F L E I S C H , n. L) zu wild n„ wildbret, wild: i n s a l z l a k e gelegtes wildfleisch soll, w i e m a n sagt, s e i n e n z u s t a n d a n d s e i n e n g e s c h m a c k n a c h d e n gesetzen d e s l e b e n d e n fleisches v e r ä n d e r n BODE Mich. Montaignes ged. u. mein, l , 84; es f e h l t e n i c h t . . a n b r o t u n d wildfleisch ROSEGGER 2, 843.— w i I d f l e i s c h h a c k e r , m . : B e r c h t o l d u s d e r w i l d e f l e i s h e c k e r Frankf. arch. (1888) bei DIEFENBACH-WÜLCKER

905.

2) zu wild adj., s. dieses oben I I I B 14, wildes, wucherndes fleisch in wunden, coro luxurians; daher w i l d f l e i s c h t u p p volksthümlieh für das zum ätzen des wilden fleisches benützte alaun HOLPERT volkst. namen der arzneimittel. W I L D F L O R A , f . , die gesammtheit der wildwachsenden pflanzen: die h i e r . . v o r g e f ü h r t e n h i s t o r i s c h e n s t r a u c h f o r m e n sind w ä h r e n d d e r n e u z e i t d u r c h a u s l ä n d i s c h e gesträuche ebenfalls stark v e r m e h r t worden, ohne dasz e s j e d o c h g e l a n g e n w ä r e , sie . . z u b e s t a n d t h e i l e n der w i l d f l o r a z u m a c h e n WIMMER gesch. des deutschen bodens 227. W I L D F L Ö S Z E R E I , f . . zu wild adj. 'natürlich, kunstlos': j e n a c h d e m ob die h o l z s t ü c k e g e t r e n n t d e m w a s s e r ü b e r g e b e n oder o b sie v o r h e r z u k l e i n e r e n oder gröszeren körpern verbunden werden, unterscheiden wir die wildflöszerei oder t r i f t u n d die g e b u n d e n e flöszerei LORE? hdb. der forstwiss. 2 8, 681. W I L D F L U G , m., zu wild adj., eine liehen malignus HÖFLER krankheitsnamen gleichbedeutend mit w i l d f e u e r 2 a , « . dieses für

hautkrankheit, 169. auch oben.

W I L D F L Ü G E L , m., herrenloser mensch, schweizerisch w i l d f a n g , s. d. I I I 6 b : i t e m so e r b t die s t a t t a l l e

WILDFREI

80

wiltfluigel, d a s i s t f r o e m d e h e r k o m m e n e , so n i c h t burger o d e r h i n t e r s a e s z e n n o c h e i d g e n o s s e n s i n d J. Stat. Solod. bei SCHERZ-OBERLIN gloss. 2, 2032. W I L D F L U R , f . , zu w i l d ».,• wie w i l d b a h n das Jagdrevier und die jagdgerechtigkeit: so w e i t dieses . . Verw a l t e r s w i l d f l u r sich e r s t r e c k t HARSDÖRFFER frauenzimmer gesprechspiele 2, 76; d e r g l e i c h e n r e v i e r n e n n e t m a n e i n e n forst, oder w e n n es n u r d e r w i l d b a h n w e g e n e i n g e t h e i l e t w i r d , e i n e wildflur DÖBEL jägerpraeiiea 4, 19; d a m i t d e r r e c h t e g e b r a u c h d e r j a g d e n d e m a l t e n herk o m m e n g e m ä s z e r h a l t e n , u n d a u c h s o n s t die h o h e wildfluhr und jagdbarkeit des fürsten und landesherren b e h a u p t e t w e r d e n m ö g e allgem. haushalt.-lex. 8, 729. W I L D F L U T H , f . , meist im plur. w i l d f l u t h e n , synonym zu w i l d w a s s e r : a m r e c h t e n u f e r d e r P a s s e r liegt d i e w a s s e r m a u e r , e i n s t e i n e r n e r d ä m m z u r a b w e h r der w i l d f l u t h e n STEUB drei sommer in Tirol 2, 209; auch an der Weser üblich, vgl. Hann. mag. (1838) 822. W I L D F O L G E , f . , das recht des jägers, ein angeschossenes wild in ein fremdes revier zu verfolgen; s. oben folge th. 8, 1871; KEHREIN weidmannsspr. 826; DOMBROWSKI encykl. der ges. forst- und jagdwiss. 8, 406: die l e x L a n g o b a r d o r u m e n t h ä l t die ä l t e s t e b e s t i m m u n g ü b e r wildfolge SCHWAPPACH hdb. der forst- u. jagdgesch. 1, 70; a u c h i s t d e n a u s l ä n d e m , j e d o c h n a r gegen d a s rec i p r o c u m , die wildfolge z u g e s t a t t e n HARTIG entumrf einer allgem. forst- u. jagdordnung 147. W I L D F O R S T , m.,

zuerst

gebucht

von

ADELUNG,

L)

zu

w i l d n., der wald als auf enthalt des wildes, vgl. wildförster: u n d mögen iagen in n n s e n wiltforste, w a n n e r d a t w y w i l l e t SCHILLER-LÜBBEN 6, 722 ( M ü n s t . urkund. 1855); u n d v e r l a n g e n n i c h t s v o n i h r alB die g ä b e d e s feldes, d e r Viehweide, d e s flschteiches, d e s w i l d f o r s t e s IMMERMANN 1, 148. 2) zu wild adj., 'unoald', vereinzelt: die F r e i n i s t e i n e h o l z k n e c h t g e m e i n d e , w e l c h e sich v o r sechzig j ä h r e n h i e r a n s i e d e l t e , u m die w i l d f o r s t e z u l i c h t e n f ü r d a s g u s z w e r k b e i M a r i a z e l l ROSEGGER I I 12, 81. — w i l d f ö r s t e r , m., zu w i l d f o r s t 1: forestarius qui dieitur w i l t f o r s t e r e GRIMM weisthümer 4, 688 (13. jh.); die ' w i l d f ö r s t e r ' h a t t e n d e n forst- u n d j a g d s c h u t z , m a s z t e n a b e r a u c h j a g d d i e n s t e l e i s t e n SCHWAPPACH hdb. der forst- u. jagdgesch. 1, 246. s. auch w a l d f ö r s t e r . W I L D F R A S Z , m„ zu wild n., der schaden, der vom wild durch abfressen im wald und auf den feldern angerichtet wird ADELUNG, CAMPE; vgl. W i l d s c h a d e n : d i e bittersten klagen über den erleidenden starken wildfrasz oder Wildschaden HEPPE lehrprinz 196; d a n n a b e r n o c h 6 s e i t e n ü b e r w i l d f r a s z i n d e n f o r s t e n BERNHARDT gesch. des waldeigenthums 2, 152 anm. 4. WILDFRAU,

WILDEFRAU,

f.,

L)

angehörige

eines

riesigen geschlechts, das vor dem jetzigen menschenge schlecht die gegend bewohnte, oberhessisch CRECELIUS 2, 916; vgl. auch w i l d e m a n n , w a l d f r a u , w a l d w e i b . 2) bairisch ein kinderraubender und totgeburten veranlassender weiblicher dämon HÖFLER krankheitsnamen 168; überhaupt ein übernatürliches, mit Zauberkräften begabtes wesen: e i n e w i l d f r a u h a t er i m v e r w u n s c h e n e n h a u s , u n d k i n d e r m i t z i e g e n f ü s z e n ROSEGGER 9, 252. W I L D F R Ä U L E I N , n., auch Qraubünden eine ort Schafgarbe,

w i l d f r ä u l e i n k r a u t : 1) in achillea moschata STÄN-

D E R 2 , 4 6 1 ; S C H L E C H T E N D A L flora 5 2», 22s. 225; P R I T Z E L J E S S E N ; SALOMON - V O S S wb. der deutschen pflanzennamen

212. 2) als heilmittel herb, ivae mosch. HOLPERT volkst. namen der arzneimittel. 3) in Qraubünden, Bavos auch für Valeriana celtica PRITZEL-JESSEN. 4) waldweidenröschen, epilobium angustifolium SALOMON-Vosz 212. W I L D F R E C H , adj.: e r d a c h t e a n d e n w i l d f r e c h e n R e n o l d ZSCHOKKE 28, 136; d i e s e r f r e m d l i n g h a t u n s e r e allerheiligste religion . . v e r s p o t t e t , s c h o n e h e e r i n d i e w i l d f r e c h e n ö f f e n t l i c h e n r e d e n a u s b r a c h VISCHER auch einer 1, 888. W I L D F R E I , adj., zu w i l d adj., frei wie ein wildlebendes thier:

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WILDFREMD

WILDFREMDE - WILDFUHRE

derselbe schwarze (adler), der zerfleischt den weiszen jüngst als gute beute, derselbe, der das dach umkreischt, wildfreier bergbewohner heute FRBILIGRATH 3, 97.

W I L D F R E M D , adj., zu wild adj. I I I B 7; ein pleonasmus, da wild auch 'fremd' bedeutet, vgl. SIMON DACH 818 österley: bin ich mir ganz entworden, mir wild und fremd gemacht. die älteste belegte bedeutung ist für das zuerst als Substantivierung auftretende wort 'ortsfremder, wildfang': es schweret der beklagte aus den wildfremden NIGRINUS von zäuberern 312; ähnlich STIELER (1691) extorris; SCHERZ-OBERLIN gloss. 2, 8088 homo • peregrinus, homo vagus et prorsus alienus; im 16. und 17. jh. noch selten adjectivisch; in der heutigen bedeutung und Verwendung zuerst bei ADELUNG, aber ausdrücklich als der vertraulichen spräche angehörig bezeichnet; den volksthünUichen Charakter bezeugen die mundarten: oberhess. wSUfrimd CRECELIUS, Cronenberg, weiltfremt LEIH EN ER, aargau. wildfrönd HUNZIKER, basl. SEILER; niederl. wildvreemd, schwed. vildfrämmande, vgl. tonst steinfremd STEINBACH, wohl nach dem muster von steinalt. l ) völlig fremd und unbekannt, daher gleichgiltig, nicht vertraut, namentlich von menschen und meist im gegensalz zu befreundet oder v e r w a n d t : aber es ist ein zumal kühnes wagstücke, heil, ehr und leben einem wildfremden jünglinge . . . zu vertrauen BUCHOLTZ Berkuliskus und Herkuladisla 169; die nächternste schöne . ., die gegen wildfremde leute . . von den ihrigen böses redet GOTTSCHED deutsehe Schaubühne 6, 133; ein wildfremder mensch . . wird auf der stelle sein blutsfreund ENGEL* l, 98; verlebte der seltene mann, zwischen wildfremden Völkern, unter L a m a ' s . . noch einige j ä h r e RITTER erdJcunde 3, 684; ein' wildfremden menschen gieb ich nichts NESTROY 10,169; das wildfremde kriegsvolk der Magyaren und Kroaten TREITSCHKE hist. und polit. aufs/Uze l , 301; vader, da d'rein schick' ich mich niemal, so unter wildfremde leut in einem andern w e l t t h e i l ! ANZENGRUBER l, 118; für das gesprach m i t wildfremden menschen bin ich zu müde HEYSE nov. 1, 84 (an/, u. ende); wenn nun eines tages Elsbe aus dem elend wiederkäme, und wildfremde menschen öffnen ihr die thür FRENSSEN Jörn Uhl 400. gerne wieder substantiviert: sein herze wohnete mehr in ihr als in unserem pallaste so gar, dasz allerdings wildfremde ohne mühe daraus urtheilen kunten, w i e heftig verliebet und empfindlich verwundet er sei ZIEGLER asiatische Banise 309; wann ihr ein wildfremder wärt, ihr müsztet mich hochschätzen LENZ dramat. nachl. 288; unter den wildfrembden gute leut zu erwecken, die sich ihrer annehmen CREIDIUS nuptialia; mag niemand seine erb und gütern einem wildfremden erb- und eigenthümblich verkaufen ohne vorwissen seiner blutsfreande SCHLICHTHORST beitrüge 8, 109 (Khedingsches landrecht); j a , wenn es noch jüngere söhne wären, welche m i t zu der älteren erbschaft kämen, allein es sind wildfremde, die bei offenen hypothekenbüchern muthwillig geborgt MÖSER 8, 241 {patr. phantas.).

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märchenhaftigkeit der wildfremden erscheinung HEINE 8, 847; in den offenen blumenkelch, woraus die gelben Btrahlenfäden und wildfremden düfte mit unerhörter pracht hervordrangen 3, 78; blumen, deren oft eine bei diesem oder j e n e m steine stand, so prachtvoll und wildfremd, dasz i h r erschrocken wäret STIFTER 8, SO. 3) auch im bösen sinn 'unheimlich, furchterregend, häszlich, abstoszend': abenteuerliche gestalten wildfremder chimärischer thiere M u s Ä u s Volksmärchen 1, 83 (Rübezahl 8); das schändlichste, mir fremdeste ungeheuer, wildfremd und entsetzlich, w i e ein schuppiger drache TIECK 5, 116 (Phantasus 8); durch diese eigenschaften (gefräszigkeit und dummheit) wäre der fisch wildfremd und unschön, wenn nicht sein anstrengungsloses schweben . . . Wohligkeit ausdrückte VISCHER ästhetik 8, 130. 4) vrie fremd manchmal mit einem object im dativ: ihr edler rückhalt, ihre heroische flucht, bracht' ihn zu diesem, ihm sonst wildfremden schwung HIPPEL lebensläufe 8, 465; eines 'daher', welches keck und kühn . . . sich zwischen z w e i einander wildfremde . . Sätze stellt SCHOPENHAUER I, 663; eine dem epischen scheine und seinem ruhigen fortströmen wildfremde kraft NIETZSCHE 1, 46.

5) neben der häufigeren attributiven Verwendung auch prädicativ und adverbial: leute . . , denen Sprachstudien wildfremd geblieben sind J. GRIMM kl. Schriften 4,818; diese (Kants philosophie).. ist ihm wildfremd SCHOPENHAUER briefe 339; w i e kann man denn gar so wildfremd thun gegen nachbarinnen ? NESTROY 8, 328; dieses brausen und zischen klingt gar nicht so wildfremd LUDWIG 8,84 (Heiterethei)der Harras steht und schnauft mich bös und wildfremd an EBNER-ESCHENBACH 4, 886.

— w i l d f r e m d e , / . , die völlige fremde, als ortsbezeichnung: dieses glück in der wildfremde auszuschlagen, würde ich die kühnheit nicht haben BUCHOLTZ Herkuliskus u. Herkuladisla 1161; er w a r also in der wildfremde ganz allein STILLING häusl. leben 189. — w i l d f r e m d h e i t , f., völlige fremdheit, im gegensatz zur Verwandtschaft: zu nahe Verwandtschaft und ganze wildfremdheit (der eheleute) bringen nie gute früchte JAHN volksthum 489. W I L D F R E V E L , m., zu wild n., 'Wilddieberei', neuere bildung: um wildfrevel zu verhüten SCHWAPPACH forstpolitik, jagd- u. fischereipol. 68; die nutzung der jagdreviere wird nur den eigenthümern verstattet und wildfrevel durch duellartige Zweikämpfe gerächt PESCHEL Völkerkunde 1S8. — w i l d f r e v l e r , m.: die Übertreter und wildfreveler daselbst zu richten SCHWAPPACH handbuch der forst- und jagdgeschichte 8, 588 anmerk. l ; dasz . . jeder ergriffene wildfrevler den Verlust der hand . , zu gewärtigen hatte BREHM thierl.2 3, 897. W I L D F R I E D E , m„ zu wild n., bannfriede oder Schonung für wild und wald: als wenn der wildfriede nun aufgehoben . . wäre MÖSER Osnabr. gesch. 2 1, 54; von dem wildfrieden in groszen wäldern musz ich noch anmerken, dasz solcher schwerlich ad jus regium gek o m m e n sein würde ebd.

auch von örtUchkeiten, sprachen und andern Sachen: W I L D F R O H , adj., zu wild adj.: obgleich in Curland weinstock und traube etwas wild(die Hunnen) grUszten wildfroh jauchzend die heimische fremdes ist HIPPEL Lebensläufe s, l, 108; eine wildfremde Donauflut SCHEFFEL Ekkeh. 393. spräche KLINGER werke 4, 68; diese weibliche stimme W I L D F R Ö H L I C H , adj.: ein lebensreiches, wildfröhdäucht mir nicht so unbekannt, als eine wildfremde liches bild GAUDY ao, loa. BABO 884; in der wildfremden stadt GAUDY 8, 98; die mordthaten, um den leichenhandel nicht stocken zu W I L D F R O H N , f., zu wild » . , frohndienst für jagdlassen, werden zwar mit erstaunen und Verwunderung zwecke: darneben . . ist keines wegs zu billigen die gelesen und besprochen, aber w i e etwas wildfremdes, übermachte wildfrohn DANNHAWER catechismus milch das uns nichts angeht GÖTHE 49 II, 68 Weim. (kunst); 3, 140. wie Sylvius der hirt W I L D F R U C H T , / . , zu wild adj., wildgewachsene frucht. BO sehr geplaget wird, auch bildlich: wenn Phyllis ihn verachtet, und nach wildfrembder g u n s t . . . der sflnde süsze wildfrucht ward verzehrt LENAU 711 Barthel. begierig trachtet Königtb. dichterkreit (S. DACH) «. 99 neudr.; W I L D F Ü H R E , f., auch wildfuhr, zu wild n. und führe /• weg, fahrt, furche, s. oben th. 4, 11, 488 ff., plur. wild8) bei dichtem auch mit dem nebensinn 'seltsam, überführe, wildfuhren; mhd. wiltfuore l ) wildbahn s) wUdraschend' : die zaubermacht der ersten Überraschung, die X I V . 8.

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WILDFUHRE

WILDFURCHE-WILDGARN

gang, wo das wild freien Spielraum hat LEXER S, 895; MÜLLER-ZARNCKE 3, 284; STEINBACH (1734) stabula

alta

ferarum; die synonyme s. unter wildbahn. l) zu fahre gang, weg, strasze, s. th. 4, 11, 437 unten. a) wie wildbahn der theil des waldes, in dem das wild sich mit Vorliebe aufhält, und mit erweiterung der ganze wald, das Jagdrevier, namentlich daseingehegte oder doch fest umgrenzte; nach ADELUNG besonders ein kleinerer jagdbezirk; waldeck. Jagdbezirk, gehege BAUER-COLLITZ: da durch die teiche der neuen wildfahr nicht einiger schaden zu befahren (Lausitz 1576) DIEFENBACH-WÜLCKER; in den wildführen und hölzern M E U R E R jagu. forstrecht 188*; ob der Wildschütz in der besten wildfuhr, in der sulz oder aber nur im äuszeren holz gejaget E R T E L p.a. 1 , 4 0 8 bei SCHMELLER 1 , 7 4 7 ; das hinfür kein ir barger . . in einichs fürBten oder ander herschaft wildpan einichen hirschen oder ander rotwild schieszen . . sollen on sunder vergunsten der herschaft derselben wildfur Nürnberger polizeiordnungen 813; in unsern weiden . . und andern gehölzen, da uns die wildführe und gehege zustehen Sachsen-Weimarer polizeiordnung HS*; da kam er in ein land, dessen herr zog herumb von einer wildfuhr zu der anderen, bäiszte, hetzte, und jagte MOSCHEROSCH gesiebte 2, 158; ihr fleiszig aufsehen auf unsere wildführ, wildbänn und alles wildbrett haben würtemb. erneu. Vorstordnung 89; damit der wildfuhr kein schaden zugefügt wird, darf kein der wildfuhr nachtheiliger holzschlag . . angelegt . . . werden (bayr. verordn. 1651) ENDHES waldbenutzung 79; wildfuhre sagt so viel als wildbahn, jedoch nehmen einige die wildfuhr vor einen kleinen, die wildbahn aber vor einen groszen distrikt H E P P E wohlredender jäger 408; die wildfuhr seiner nachbaren vermeiden BODE Thomas Jones 1, 24«; 15 hinterhetzer mit SO hunden und 15 leithunden, welche das wild von der grenze in die wildfuhr hineinhetzen muszten SCHWAPPACH handbuch der forst- und jagdgeschichte 1, 346; bildlich: als in der wildfuhr er {Gustav Adolf) zu recht nun angelangt, . . . da musz er hören, . . wie nehmlich da herum ein häufen wilde schwein (TiUys scharen) sich sehen lassen, die da erosz und böse sein OPEL-COHN dreiszigjähr. krieg 878; b) übertragen, wie wildbahn, das jagdrecht, der wildbänn; waldeck. BAUER-COLLITZ 189: item setzt ihnen lehen an auf die nechstgelegene güter . . sampt freiem wildpan, wildfuhr, beholzung der vier stftmm Oarg. 484 neudr. c) mit weiterer Übertragung, der toüdstand, das wild: dardurch die abgeprunfte hirsch geschwecht und zum grund abgejagt werden, welches aber an der wildfuehr merklichen schaden bringen thuet bair. landrecht 787; 8) zu führe furche. a) ein aufgepflügter oder sonst aufgebrochener strich land oder weg im Jagdrevier, auf dem man die fährten des wiMes leicht erkennt; ADELUNO, BAUER-COLLIT^; in der neueren spräche auch wildfurche: eine wildfuhre heist ein geackerter oder aufgegrabener strich, so hin und wieder in einem holze geschieht, welcher mit einen harken eben gemacht, dasz man das wildpreth kan darauf über spühren TANTZER Dianen höh. u. nied. jagtgeh. l, 16 und B E C H E R jägercabinet 106; wildfuhrenpflügen, daher die sogenannte wildfuhre der benennung nach entsteht, ist bei denen alten vorfahren der jagdsverständigen eine wohl ersonnene sache gewesen aUgem. haushalt.-lexicon 8, 733; die es recht ordentlich halten wollen, lassen an dpn hagen herum wildfurchen pflügen s, 734; wildfuhr bedeutet eigentlich keine wildbahn oder gehäge, sondern ein wol umgeackertes und tüchtig geegetes, auch von wurzeln, steinen . . gereinigter, ziemlich langer rasenfleck, von 8 werkschuhen breit, in einem holz, auf einem geräumte, stellwege oder auch einer allee H E P P E lehrprinz 138. manchmal auch wegarüg: die breiten stellflügel, alleen oder wildfuhren im walde DÖBEL jägerpractica l, 97.

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b) zu wild adj. 'unbebaut': ein unbebauter rain, ähnlich wie wildfahre ADELUNG, KALTSCHMIDT; wildfurchen unbebaute streifen zwischen zwei äckem, hannov. gesetzsamml. (1853) 109. 3) zu führe fährt: frohnfuhre zur fortschaffung des wildes ADELUNG; LIECHTENSTERN 10, 878; führe mit wildpret KALTSCHMIDT 1070. WILDFURCHE, f.. wildfuhre 9. WILDFÜTTERUNG, f., zu wild n.: (forstordnung Weimar v. j. 1775) weilen das in den Waldungen erwachsende gras zur wildfutterung und unserem hohen jagdregali angehörig SCHWAPPACH handbuch der forst- und jagdgeschichte 3, 613 anm. 44; die wildfütterung im winter BERNHARDT geschickte des waldeigenthums 8, 93. WILDGAIL, n„ steirisch 'natürliche composterde' im gegensatz zum thierischen dünger, von wild adj. und Ssterr. gail dünger, s. oben geil th. 4, I 9, 2589: erden und laab, so man wildgail nennet Oäsz. weingartrechn (,1749) bei UNGER-KHULL 634; welcher dem andern sein erdreich aufhebt und zu wildgail in seinen Weingarten weck tragt bergrechtsbch. (1543) ebenda. WILDGANG, m., zu wild n„ ursprünglich wohl wie wildbahn 'gang, weg, spur, aufenthaltsort des wildes', namentlich im plur., vgl. oben gang th. 4 I L, 1925; dann auch 'gang auf die jagd': wie oft schon kehrte ich vom wildgang heim, ohne einen schusz gethan zu haben HAMMER gartenlaube 1873 s. 246. WILDGANS, f., anaer cinereus NAUMANN naturgeschichte d. vögel 11, 229; anser ferus BREHM thierleben 6, 602; sparulus DIEFENBACH glossar. 544°: haben auf dem weiten feld viel tausend und tausend wildgäns und wildänten einen . . blütigen kämpf geführt ABRAHAM A ST. CLARA reimb dich 193; wie die bienen ein Vorbild für freiwillige Unterordnung: gemainklich all menig naigen sich naturlich zuo ainem anfang, regierer oder haup. das wirt gesehen in impen, in wildgensen und etlichen andern tieren B E R T H . VON CHIEMSEE teutsche theologei 633; sprichwörtlich wegen des hohen alters, das sie erreicht: und würst du als ein wildgans alt HANS SACHS 14, 268, 5 KeUer-Qötze

;

on all reu mit der wildgans lebt er in dwedt (in die wette) HEROS ird. pilgrim g b ; .als Sinnbild gedankenlosen leichtsinns: aber die gottes volk sollen heiszen, erkennen ihres herren gerichte nicht, sondern leben ins gelag hinein mit der wilden gans P R Ä T O R I U S winterflucht vorr. A I ' ; als Wetterprophet: hörst du die wildgans in den loften schnattern? das kOndet frost, mein freund, und trübe zeitl LBNAU ged. 1, 140;

als Zugvogel, vgl. wandergans th. 13, 1655 und westfäl. 6erg9s (irrgans) W O E S T E ; in einer Variante der redensart von dem Sperling in der hand: es scheint mir, man solle die taube nicht ans der hand fliegen lassen, bevor die wildgans geschossen ist ZSCHOKKE 35, 818. — w i l d g a n s j a g d , f . , häufig in der redensart auf die wildgansjagd gehen von eifrigem und meist fruchtlosem suchen und laufen, besonders niederdeutsch: wenn sie sich einbilden, dasz ich in meinen alten tagen hinter ein paar hundert centner woll auf die wilde gaus' jagd geh', denn schneiden sie sich R E U T E R (Wism. 1902) L, 19« (schurr-murr 8); hast du lust auf die wildegansjagd? STORM S, IOI; vgl. das englische run the wild goose chase: ja, wenn dein witz auf die wildgansjagd geht, so bin ich am ende Shakespeare 9, 331 (Romeo u. JUL. 3, 4). W I L D G A R B E , f . , zu wild adj., spiraea filipendula NEMNICH 3,648, P R I T Z E L - J E S S E N , rother Steinbrech L I E C H TENSTERN 10, 878; knollige spierstaude ANTHON wörterb. f . ärzte, apotheker 1190; sechsblättriges mädesüsz W Ü N S C H E

die pflanzen Deutschlands. W I L D G A R N , n., zu wild n. und garn netz; plur. wildgarn, -garne; DIEFENBACH gloss. 104° cassis; RÄDL E I N ; F R I S C H dt.-lat. wb. (1741); JACOBSSON; ADELUNO; CAMPE; vgl. auch wildseil, wildnetz.

WILDGARTEN - WILDGATTER

WILDGATTUNG-WILDGERINNE

1) wildnetz im allgemeinen: rechseil (für das reh), wiltgarn zu hirz und zu schwinen straszb. gedieht vom Aausrath e s ' ; eim netz und wiltgarn macht era glich

die wildgatter beschädigte BERNHARDT gesch. des waldeigenthums L, 284 anm. 18; um sich an der rückseite des parks dem wildgatter gegenüber zu finden HEYSE kinder der weit 2, 196.

W I C K K A M 7,171;

W I L D G A T T U N G , f., zu wild » . : Schwarzwild sowohl als raubzeug gehörte . . zu jenen wildgattungen, deren erlegung auch dem landmann gestattet war SCHWAPPACH hdb. der forst- und jagdgesch. 1, 227.

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ferner bedarf man zum jagen garn, als wildseil, wildgarn, schweinseil HARSDÖRFFER frauenzimmer gesprechspiele 8, 112; die wildgarne werden von bauern imfrohndienst in den wald gefahren und daselbst mit Stangen und gabeln aufgestellt: und solt doch fahren die wildgarn. da kond ich mit eim ochsen nicht fahrn AYRER 2617 KeUer; so halt die hinde in das netze und in das mit garnstangen oder netzgabeln aufgespante wildgarn einfeit COMENIUS ianua 124. 2) als besondere netzen.

ort zur Unterscheidung von anderen

a) im gegensatz zu den schweren hirsch- und saunetzen, sowie zu den kostspieligen und schweren tüchern, mit denen sonst Kirsche und sauen gefangen Vierden FRISCH 2,447, LIECHTENSTERN 10, 878; nach HEINSIUS vollst, wb. der dt. spr. (1882) 4, 1632 ebenso lang, aber nicht so hoch wie hirschgarn; vgl. auch allgem. hausJialt.-lexicon 3, 784.

b) im gegensatz zu den leichteren reh- und hasengarnen: cum betrug gehören garn und netz: und die man zum gewild gepraucht, nent man auf weidmännisch wildseil, wildgarn, rechgarn, hasengarn SEBIZ 563. c) in der neueren weidm. fachsprache nur für netze zum fang von federwild, besonders rebhühnern, im unterschied von den für das sonstige wild üblichen netzen LOREY handb. d. forstwiss. 2 2, 422. 3) scherzhaft für ein grobes sieb in der Verbindung durch ein wildgarn reitern (sieben) FISCHART binenkorb 177l>, oder für die Uebeswerbungen, durch die das mädchen gefangen wird: der . . bräutigam ist der jäger, . . das wildgarn die liebe allg. deutsche bibl. 92, 166. W I L D G A R T E N , m., l ) zu wild n., ein eingehegtes stück land, vielfach im wald, aber auch in der nähe von schlässern gelegen, zur aufnähme von wild, meistens rothwild; auch zum Spazierengehen eingerichtet; oft gleichbedeutend mit dem neueren Wildpark oder thiergarten, aber meist kleiner; schon im mittelalter Üblich; vgl. auch wildbretzehrgarten: wolt ihr mit auf das jäid hinaus oder ein weil zum ringlein rennen . . oder ein weil spatzirn reisen zu dem wiltgarten in dem holz? AYRER 892 KeUer; in hainen von Steineichen unterhielt man wildgärten BERNHARDT geschickte des waldeigenthum» L, 190; eines Spazierganges durch den (Schwarzburger) wildgarten LEO meine Jugendzeit 81; es (das jagdschlosz) war in der mitte eines fasan- und wildgartens auf einer ziemlichen anhöhe einsam gelegen GRILLPARZER 10, 61 (selbstbiogr.). 2) zu wild adj., ein ungepflegter garten: am abend füllten sich die lüfte mit dem gewürzhaften dufte dieser reizenden wildgärten (der hafenstadt Joppe) RITTER erdkunde 16, 479; ein . . wohnlicher bau, Ton einem wildgarten mit wachholder-, dorn- und alpenrosensträuchen umgeben ROSEGGER 14,116. vereinzelt bildlich für den nahrungspendenden, wenn auch unangebauten boden überhaupt: denn der mensch hört auf, als almosenempfänger in den wild- und wurzelgärten der natur von der laune und dem zufall des tages zu leben PESCHEL Völkerkunde 867. W I L D G A R T H E I L , n„ zu wild adj., unechtes gartheil, Johanniskraut, hartheu, Hypericum, montanum und perforatum (in Schlesien) PRITZEL-JESSEN ; als arzneimittel herba hypherici HOLPERT volkst. namen der arzneimittel. W I L D G A S S E , f., s. wildbahn. W I L D G A T T E R , n., zu wild n., einfriedigung der Jagdbezirke und .Wildparke oder der darin eingeschlossenen äcker und wiesen, s. auch wildhag, -hecke, -zäun: wer

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W I L D G E B I R G E , n., zu wild adj., vgl. oben wildberge: sie (die luchse) lieben das hohe wildgebürge und die darinne befindliche Wildnissen allgem. haushalt.-lexicon 2, 645 B .

W I L D G E B R A T E N E S , n., jüngerer ersatz für mhd. wildbrsete, veraltet: welch kind gewehnet sich hernach zum grünen kraut, das nichts als Nekkerwein und wildgebratens schaut J. R A C H E L satyr. gedickte 41

neudr.

W I L D G E B R E T , n., alterthüml. im 16. und 16. jh. und besonders Schweiz, für wildbret und wild n. L) fleisch, zubereitet oder roh: wir ieman zu unserm tisch ladend und im zuwissen tund, das hünr, vögel und ander wildgebret bereit sie RIEDERER Spiegel der waren rhetoric s V I " ; vor und ee das wildgebrett verrieche N i c LAS VON WYLE Translationen Iis, 16; ain stuck wiltgebretz von ainem waldesel 873, 86. 2) lebendes wild: zam wildgebrett allenthalben in den wälden 234, 21. W I L D G E F Ä L L E , n. l) zu wild n., einkünfte von dem gejagten oder geschossenen wild ADELUNG, CAMPE. 8) zu wild adj., gefallenes, nicht von menschenhand gefälltes holz, Stämme oder äste: da rauschte ein bach unter wildgefälle und zwischen braunem gestern ROSEGGER II, 200. W I L D G E F L Ü G E L , n„ su wild adj., s. auch wildvogel: am edlen wildgeflügel sehr fruchtbar GUARINONIUS grewel der Verwüstung 448; kaum eine wildgattung wüszte ich zu nennen, welche die sachkundige, gewissenhafte hege dankbarer lohnt als dieses wildgeflügel (rebhuhn) LOREY hdb. der forstwiss.2 2, 406. W I L D G E H E G E , »., zu wild n., vgl. auch wildhag und waldgehege. L) ein eingehegter jagdbezirk, manchmal im gegensatz zur offenen wildbahn: wildgehäge, gehäge nennet der jäger die gegend, da das wild geschonet und nicht weggeschossen wird allgem. haush.-lex. 3, 734; der tigerberg mit seinem Wildgehege und jagdrevier RITTER erdkunde 6, 890; das land (Thüringen) war mit schlossern, parks und Wildgehegen übersäet TREITSCHKE deutsche gesch. 2 2, 398. s) vereinzelt und dichterisch der wald überhaupt: weisz, wie schnee im mondenlicht, senkt im grttnen Wildgehege maienblum' das angesicht KIND 166. WILDGEISZ,

WILDEGEISZ,

f.,

dama

DIEFENBACH

glossar. 166°; gemse CHOHEJ. äcon. lex. 8, 2839. W I L D G E M A C H T , adj., wildartig zubereitet: bei wildgemachtem hammelbr&ten LAGARDE deutsche Schriften 464.

WILDGEJÄGT, N„ jagd, jagdart, jagdrecht, veraltet: das hasenhetzen ist das allerlustigste und artlichste jagwerk unter allen den andern wildgejägten SEBIZ 698; haben die reeht und keiser durch Verleihung der regalien den Völkern das berüret wildgejägt nit nemen noch aufheben wöllen statutenrecht (Prankfurt 1678) 110*. W I L D G E N A T U R T , adj., zu wild adj., wildgeartet: von den greulichsten und wildgenaturtesten thieren FISCH ART ehzuchtbüchlin 279 Bauffen. WILDGENIAL, WILDGENIALISCH,

adj.:

heut und in

alle zukunft liegt jedem starken aufstreben jugendlicher geister ein überstürz nahe, der, blutsverwandt dem wildgenialen Faust, seine gefahren theilt VISCHER altes und neues 2, 93; sie verschmähten selbst den jungen Cramer, mit dessen wildgenialischem wesen sie nur schwer sich versöhnten GERVINUS gesch. der deutschen dichtung 6, 34.

W I L D G E R I N N E , n„ gerinne oder kanäle zur ableitung des 'wilden waasers' oder wildtoossere: unter umlaufen sind offenbar die heute sogenannten abweisungsgräben

6*

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WILDGERUCH -

WILDGRABEN - WILDGROSZ

WILDGIERIG

oder wildgerinne zu verstehen, welche unter umständen erforderlich sind, um das . . schnee- und regenwasser

. . abzufangen und fortzuleiten LOHMETER bei KASP. V.

KOSTITZ haush.-buch des fürstenth. Preuszen 18 anm. 4. WILDGERÜCH, n., zu wild n.: den starken wildgeruch am schwarzen wildpret WIELAND Horazetu tatyren 2, 46.

WILDGESANG, m., zu wild adj., vgl. auch wildsang: L) Überschrift eines liedes im Faust II GÖTHE 15, 63 Weim.; 8) vom gesang und geschrei wilder vögel: wär ich ein wilder falke! . . . o, da möcht' ich fliegen, fliegen! da mit scharfem fang und mit wildgesang möcht' ich sitzen ihr zu fQszen FREILIGRATH 8, 169.

WILDGESCHEIDE, n., zu wild n.. mögen und gedärme des wildes, s. oben th. 41, 2, 8860 , 8: ein wildgescheide schaute unter dem moos hervor, hier hatte ein mensch ein reh aufgebrochen daheim 39 (1908), 18. WILDGESCHLECHT, n. 1) zu wild adj., 'barbaren', alterthümlich und selten: was macht denn der soldat? das volk vom wildgeschlechte, das man forthin nicht mehr zu menschen zählen mSchte Ramien

und Lewing»

LOGAU 894;

2) zu wild n., 'wildgattung', vereinzelt: die zweite und erste (sylbe einer charade) ist der name eines wildgeschlechts Schriften der Göthe-gesellsch. 7, 169. WILDGESCHMACK, m., zu wild «., RÄDLEIN l , 1061";

in gutem wie in schlechtem sinne gebraucht: kein wildpret oder vogelwild musz lange in wasser geleget werden, so lange es noch frisch ist, weil sonst das wasser gleich ihm etwas von seinem wildgeschmack ausziehet MARPERGER vollst, küch- u. keller dict. 1318*; dasz das wildbret.. den köstlichsten wildgeschmack habe BREHM thierleben 6, 676; ihr (der Schneehühner) fleisch ist etwas derb mit scharfem, oft bitterm wildgeschmack TSCHUDI thierleben der Alpenwelt 484. WILDGESCHREI, n„ zu wild n„ schreie des wildes: es lassen sich auch die allervornehmsten arten des wildgeschreies darauf {auf dem guckguck, einer lockpfeife) nachmachen CHOMEL öcon. lex. 4, 1410. WILDGESTALT, f., zu wild adj., wilde gestaU: der kleine war gleich nach dem eintritte der wildgestalt über die tischplatte dem vater zugerutscht ROSEGGER 14, 118. WILDGESTEIN, n., wildes gestein. WILDGET0SE, »., zu wild adj.: bergwasser rauscht voll wildgetos' GREIF gewichte* 116.

WILDGEWACHSEN, adj., zu wild adj., s. auch unten wildwachsen, l) im eigentlichen sinn von blumen und friiehten, statt des namentlich in der alten spräche gebräuchlicheren wild: ja, als ihr im grQnen spieltet, wildgewachg'nen blumen gleich RÜCKERT 2, 80;

das abpflücken oder vom boden aufheben einer wildgewachsenen frucht SCHOPENHAUER I , 434. 8) übertragen 'urwüchsig, rauh': von den staffeln znindrer krieger schwang er sich bis zum tribun; und die wildgewachsne seele konnte nichts als herrisch thun SCHÖNAICH Hermann 106;

angeboren, oder ohne Unterricht selbsterworben: darum bildete Bich, da ich doch bis zum übermasz spielte, eine wildgewachsene fertigkeit {auf der flöte) aus KELLER 1, 894 (gr. Heinrich); proben eines durchdringenden Verstandes und einer wildgewachsenen, aber der seinigen mindestens ebenbürtigen staatskunst C. F. METER Jilrg Jenatsch 307. WILDGEWALTIG, adj., zu wild adj.: im angesiohte der wildgewaltigen erhabenheit ROSEGGER 13, so. WILDGEWICHT, n„ zu wild n„ das gewicht des Übenden, noch nicht aufgebrochenen thieres. s. auch wildbretgewicht. WILDGIERIG, adj., zu wild adj.: dies fremde, wildgierige volk RAUMER gesch. d. Hohenst. 4, 617.

88

W I L D G R A B E N , m. 1) zu w i l d n., grüben, die von den unterthanen zum schütz der äcker längs der waidgrenzen hergerichtet werden durften B A U E R - C O L L I T Z 188, ähnlich wie auch w i l d h e c k e n (s. dieses unten) : (jagdord-

nung Hessen-Cassel v. j. 1722) die vor denen hohen wildbahnen . . wohl angeordnete alte, zum theil verfallene

w i l d g r a b e n SCHWAPPACH hdb. d. forst- u. jagdgesch. 8, 622 anm. 87. 8) zu w i l d adj. a ) wilde Schlucht mit oder ohne wasserlauf, namentlich bairisch-österreichisch; vgl.

wildwassergraben: im felsigen wildgraben das holz abstoszen ROSEGGER 6, 96 ; er ist über den Heiderkogel in den wildgraben hinab 14, 887. b) alter ausdruck aus der müllersprache : graben oder kanal, der das wasser von einer mühle oder einer wehre abführet und wieder zum mühlgerinne oder zum hauptkanal führet JACOBSSON techn. wb. 4, 646; C A M P E ; ableitungsgraben für wildes wasser K A L T S C H M I D T gesambwörterb. 1070; s. auch oben

wild adj. III B 16.

WILDGRAF, m., zu wild adj. 'unangebauC ; mhd. wiltgrftve, wiltgrêve. 1) oberster gerichtsherr noch nicht urbar gemachte

über eine wilde d. h. oder waldige gegend,

wofür sonst auch forstgraf, holzgraf, wild- und waldgraf (CHOMEL öcon. lex. 8, 8387) und besonders r a u g r a f ;

daher

gerne in der Verbindung wild- und raugraf, comités hirsuti etsüvestres ADELUNG; vgl. auch SCHWAPPACH handb. d. forst- und jagdgesch. 1, 9 4 ; nicht haltbar ist der versuch einer Unterscheidung zwischen wild- und r a u g r a f bei HAHN einleit. 4, 122 anmerk. 2 ) besonders titel eines alten dynasteng eschlechts in der Mosel- und Mittelrheingegend, dessen besitzungen nach dem aussterben an die rheingrafen übergingen, weshalb

auch die Verbindung wild- und rheingraf sehr häufig ist:

comte du rhin et sauvage, rhein und wild graf DUEZ nomencl. 136; der rhein- und wildgrafen in Daun und Kyrburg vornehmste schlösser PRÄTORIUS Anthropodemus Plutonicus 3, 441; die sogenannte Winterhauch . . ist ein karolingischer wildbann gewesen, schon 961 von einem wild- und rheingrafen verwaltet BERNHARDT geschickte des waldeigenthums 1, 67; Rheinfelden . . ward vom wild- und rheingrafen Ott-Ludwig . . . erobert ZSCHOKKE 6, 389.

3) bei den dichtem, besonders des 18. Jahrhunderts, als eindrucksvolle benennung beliebt, wobei die Vorstellung der Wildheit sich gerne auf die person selbst Überträgt:

der wild graf kumbt HANS SACHS 13,10 Keller-Götze; gebt ihn (den kutx) nicht mir, nerr wildgraf, gebt ihn meinem thier GÖTZ im Oött. mueenalmanach 1771, 74 neudr. ;

der wild- und rheingraf stiesz in's hom

BÜRGER 69 •> (der witdejäger);

der strenge wildgraf Thrasimund

P F E F F B L poet. verwehe 3 , 9 5 .

— w i l d g r ä f i n , /..- frau zu Glaucha und Waldenburg, geborne wild- und rheingrtifin FLEMING deutsche gedichtet, S (widmung). — w i l d g r ä f l i c h , adj.: Veränderungen des wild- und rheingr&flichen hauses allg. deutsche bibliothek 13 , 654.



wildgrafschaft,

f.:

die

wildgrafschaft Kyrburg PRÄTORIUS Anthropodemus Plutonicus 8, 440. W I L D G R A M , m . , alter pflanzenname : knollen-mädesüsz, filipendula S A L O M O N - V o s z 1ob. d. dt. pflanzennamen* 218; wildgramvmrzel àlsheilmittel, radix filipendulae H O L P E R T volkst. namen der arzneimittel. W I L D G R A S , » . , zu w i l d adj. 1) eine bestimmte grasart, rexgras, wiesei\fuchsschwanzgras K A L T S C H M I D T ges.wb.; alopecurus pratensis NEMNICH 8, 648. 8) wildwachsendes gras überhaupt, gras einer waldmiese, dichterisch:

sie schritt quer hin durch das hohe wildgras ROSEGGER

I I 6, 887. WILDGRAUSIG,

adj.:

durch ein wildgrauaig thal WOI.FF der wüde jäger 7. WILDGROSZ, adj., zu wild adj. : die alten persischen pompe können kaum etwas erhabeneres und wildgröszeres dargestellt haben SCHUBART vat. ehr. 718 ; wildgrosze äugen H b i n b 1, 868.

WILDGROTESK

89

WILDHAMMEL -

-WILDHALSLE

WILDGROTESK, adj., tu wild adj.: wildgrotesker tanz RITTER erdkunde 8, 899. WILDGRÜBE, f., tu wild » . i ) grübe tum fang wilder thiere; tonst fallgrabe. 2) saltlecke LIECHTENSTERN 10, 878: wie ich in der vorrede derer wildgraben . . gedacht FLEMING vollkomm, teutsch. jäger 238. WILDGRÜN, adj., tu wild adj.: anweit yon dem groszen kastanienbanme, dessen wildgrüne zweige den bach überschatten HEINE 8, 883. WILDHAARIG, adj. tu wild adj.: der palmbaam, wie seine gebieter (beduinen) struppig, wildhaarig, netzumflochten RITTER erdkunde 18, 808; ein wildhaariger geselle ROSEGGER I I l, ericlymenumPmTZBi,landschaft bildet FÜRST iII. jagd- und forsttea. 797: im Vogelhaus wurde servirt oder auf einer im Wildpark auf- JESSEN. WILDRAUTE, f., alter name für verschiedene rautengeschlagenen estrade MOMMSBN röm. gesch. 4 8, 609; Wildparks, in denen fürstliche personen und reiche barone ähnliche pflanzen, ». auch waldraute. 1) arniola DIKFENXIV. S. 8

115

WILDRÖTHE - WILDSAFRAN

WILDREBE - WILDROSE B

BACH gloss. 688*, bisora 75 .

8) androsaemum

EMMELIUS

nomenel. 78. 8) artemisia spicata ährenbeifusz SALOMONYosz wb. der deutschen pflanzennamen 152. 4) fumaria officinalis ANTHON hdu>b. für ärzte, apotheker und PRITZEL-JESSEN, wofür sonst feld-, acker-, erd-rautenkraut, erdrauchkraut, frauenschuhkraut, katzenkörbel, nonnenkraut, tauppenkropfkraut, taubenkerbelkraut, krätzheilkraut, krätz kraut, fünsternkraut. 5) thalyctrum angustifolium

PRITZEL-JESSEN.

WILDREBE, f . , zu wild adj., wilde oder unechte rebe, vgl. auch wildrübe und Waldrebe; labrusca DIEFENBACH gloss. 314B; vitis agrestis, tamunia ALBERUS Nniij b . WILDRECHT, n., zu wild n. i) jagdrecht: ius venandi (ist) das wasser-, wild-, forst- und weidrecht DANNHAWER catechismus

milch

3,140.

8) antheil

des

hun-

des an dem erlegten, wild, meist köpf, herz und sonstige ringeweide

SEBIZ687; DUEZ nomenel.

181: w e n n . . er (der

windhund) . . nicht im stände ist, diese (antilope) zu bekommen . ., zieht er sich schamvoll zurück, auf sein wildrecht verzichtend BREHM thierleben 2, ISO. WILDREICH, adj., zu wild n., reich an wild: die wildreiche . . weitstreichende jagt TREUER deutscher Dädolus 1, 886; sehr wildreiche forste PICHLER marksteine 149. — w i l d r e i c h t h u m , m.: dasz 'geschlossene, einförmige Waldgebirge wegen ihres unerschöpflichen wildreichthums geradezu ein paradies' für ein primitives jägervolk sein müssen HOOPS waldbäume und culturpfl. 93. WILDREIS, m., wilder reis: sah den wildreis, mahnomonee F R E I U G R A T H 8, 4 6 ;

die . . Menomenni oder w i l d r e i s l e u t e PESCHEL Völkerkunde 449. WILDRIAN, m., ein wilder, roher mensch, mit ähnlicher bildung wie grobian, dummrian: immer noch heulend uiid schimpfend kam auch der wildrian {der gestrafte junge) nach und setzte seinen tobenden lärm . . fort LEO meine jugendzeit 70; s. auch Wildling und wilderich. WILDRICHT, adj., #. wüdericht. WILDRIND, n., gemeinsamer name für ur, wisent und andere arten, s. oben wildochs; bubalus DIEFENBACH ». gloss. 60: in Bayern lftszt sich aber die spur der beiden wildrinder (des urs und wisents) noch weiter herab verfolgen WIMMER geseh. d. deutsch, bodens 820; Traill beschrieb . . unter dem . . namen Gaur ein . . wildrind BREHM thierleben 3, 878. — w i l d r i n d e r a r t , f . , BREHM thierleben

8, 894.

WILDRODER, m., zu wild adj., einer, der den Urwald oder die wildnis ausroden und urbar machen hilft: sein söhn Wolf war wildroder ROSEGGER laszt uns von liebe reden 837. WILDROGGEN, m.. zu wild adj.: der wildroggen unterscheidet sich von der culturform nur durch die Zerbrechlichkeit der spindel H O O P S waldbäume u. culturpfl. 446. WILDROMANTISCH, adj.: der weg windet sich sehr wildromantisch in einer felsenschnecke hinunter SEUME 98 (spazierg.),- in wildromantischer landschaft RITTER erdkunde 1 834; das 'felsenmeer' . . . und die bergs c h l u c h t . . dürfen unbezweifelt einen ehrenvollen platz im gebiete des wildromantischen ansprechen DROSTEHÜLSHOFF 8, 849; die Nera bildet . . ein wildromantisches durchbruchsthal MOLTKE I, 161. WILDROSE, f . , häufig wildröschen, wildröslein, für heekenrose, Hundsrose; bedegar DIEFENBACH gloss. 70°: doch wie dein werk künstlich umwQben ist mit duft'ger wildros', blüh'nden waldeswinden FREILIGRATH 4 , 1 4 8 ;

im b u c h wildrBslein HANGEN

GEIBEL

174;

dieses mädel . . war so schneidig, nicht ein biszchen sentimental, ganz wie ein wildröschen am heckenstrauch ROSEOGER laszt uns von liebe reden 98.

116

WILDRÖTHE, f . , wilde wiesenröthe, nordisches lab kraut,

galium

boreale KALTSCHMIDT, NEMNICH S, 648.

WILDRÜBE, f . , zu wild adj. L) meistens die Zaunrübe, bryonia: die unsere nenen sie (die Zaunrüben) wildrüben BOCK kreuterbuch 2, LXX; es sei der strauch, den die naturkündigen . . . vitis alba nennen, welche deutsch heist wilderüben LUTHER 3 (1560), 328»; gott . . lies eine wilde rübe wachsen, das Jona eine lustige lauberhütte dran hatte ebenda; vgl. Jona 4, 6, wo es ein 'kürbis' ist, mit dem die wildrübe auch sonst zusammengestellt wird, vgl. wildkürbis. wegen des namens 'vitis alba' für jetziges 'bryonia cretica' s. LEUNIS 8, § 680, 10. 8) durch Verwechslung wegen, des ähnlichen namens oder aussehens die zaunrebe oder wilde rebe; EMMELIUS nomenel. 57 labrusca; vgl. auch ostfries. wilde winranke und engl, wild hop, beides für wild- oder zaunrübe. 8) steirisch für myagrum panieulatum und brassica campestris

UNGER-KHULL:

awa' längst trüeg dein feld und wies

wildrnebn und bttmäwisz

S'TELZHAMER 1, 58.

w i l d r ü b e n k r a u t , n., huflattich, als Heilmittel fol. farfarae HOLFERT volkst. namen der arzneimittel. WILDRUDEL, n., zu wild n.: deshalb (um wachsam zu sein) käut das leitthier eines wildrudels nur dann wieder, wenn es . . abgelöst worden ist BREHM thierleben l, 14. die dichterische nebenform wildesrudel bei H E R D E R 29, 463.

WILDRUF, m., zu wild n. 1) lockpfeife für vögel und wild, auch kuckuck, wildrufhorn oder wildlocker genannt. CAMPE: (die horndreher) machen unterschiedliche arten der wildrufe, da man jede nicht allein besonders haben kann, sondern auch alle in dem sogenannten guckguck . . b e i s a m m e n seind ABRAHAM A ST. CLARA etwas

für

alle 8, 738; einen kleinen von ihm selber fabricierten waarenballen und Auerbachischen hof von weiten kämmen, stock- und westenknöpfen, würfeln und wildrufen und

k r u z i f i x e n JEAN PAUL palingenesien

1, 34.

8) bei

JEAN PAUL auch mannigfach übertragen a) von einem menschen, der die lockpfeife gut zu verwenden versteht: seinem . . v a t e r . . , der . . seiher ein organisirter wild- und vogelruf war leben Mbels 14. b) für den gesang der Waldvögel: eine nachtigall, die bisher . . den tönen im zimmer (des gartenhauses) nur mit einzelnen wildrufen und nachschlägen der freude geantwortet hatte Titan 8, 17; im wildrufe der Waldvögel Siebentels 1, 181. c) als thätigkeitsbezeiehnung in der bedeutung von 'anrufung' oder 'berufung': zum letztern (dem subrector Füchslein) sollte der gute mensch diesen wildruf ins pfarramt tragen werke (1886—88) 4, 166 (Qu. Fixleiii); da ich unter dem wildruf die quintessenz und summarie meines heldengedichts einzuflechten hätte 40, 91 (Holzschnitte). — wildr u f d r e h e r , m„ auch wildhorndreher, kunstdrechsler, besonders in Nürnberg, der lockpfeifen, jagdhörner, pulverhömer, schreibzeuge, schreibbleie dreht JACOBSSON techn. wörterb. 4, 646, CHOMEL öcon. u.phys. lex. 8, 8388; allgem. Haushalt. - lex. 8, 688: es seind die wildruf- und horndreher schon von alters her in ehren gewesen ABRAHAM A ST. CLARA- etwas für alle 8, 788; einen guckuck, der von den wildrufdrehem in Nürnberg gemaoht war PETRASCH 8 , 667;

bei

JEAN

PAUL

bildlich

für

einen

schmeichlerischen und gewinnsüchtigen hof schrämen: keinen laut kann er (ein fürst) von sich geben, den nicht ein Weidmann und wildrufdreher zum mundstück und wildruf verbrauche Titan l, 187. — w i l d r u f h o r n , n., eine ort lockpfeife, allgem. haushalt.-lex. 8, 786; vgl. wildruf 1). WILDSACHE, f . , zu wild n., eine das wild betreffende suche oder angelegenhext, vgl. wildbretsache: in wild- und forstsachen allgem. haushalt.-lex. 8, l b . WILDSAFRAN, m., mehrdeutiger aller pßanzenname, der sowohl den eigentlichen wildgewachsenen safran, als auch verschiedene safranähnliehe wilde pflanzen bezeichnen kann; als Heilpflanze als ölliefernde pflanze

nomenclat. 67 cnicus

bei BOCK krüuterbuch bei SEBIZ 889; nach

(sonst 'kratidistel'),

8, LXXXI ; EMMELIUS

crocus ('sa•

117

WILDSALBEI -

WILDSCHADEN

fran'); nach STIELER auch saflor carthamus; cnicus; carthamus tinctorius saflor, bürstenkrautblumen, florsafran, bastardsafran, deutscher safran, cartham AN THON handwb. für ärzte, apotheker 384; ebenso bei HOLFERT volkst. namen der arzneimitiel flor. cartham.; bei SALOMON-VOSZ wb. d. deutschen pflanzennamen 162 Colchicum autumnale herbstzeitlose; ebenso steirisch UNGERKHULL nach PEINLICH pest 2, 507. WILDSALBEI, m., oder wilder salbei, mehrdeutiger pflanzennamen, der sowohl den eigentlichen, wildwachsenden salbei als andere, salbeiartige pflanzen bezeichnen kann; eupatorium DIEFENBACH gloss. 213* (sonst 'kunigundenkraut'), lilifagus 889°; BOCK kreuterbuch l, xiv; sphacelus EMMELIUS nomenclat. 68; nach HOHBERG 3, 431* auch scharlachkraut, scharlei; nach ANTHON handwb. f. ärzte, apotheker l) teucrium scorodonia, salbeiblättriger gamander, 2) salvia agrestis ackersalbei; bei SALOMONVOSZ wb. d. deutschen pflanzennamen S 168 salvia pratensis.

WILDSCHADENERSATZ - WILDSCHINDER

118

schaden . . abhalten ROSZMÄSZLER der wald 41; dafür auch manchmal waldschaden: die wild- und waldschäden erreichten eine unerhörte höhe EBNER-ESCHENBACH 2, 163. c) übertragen und humoristisch von sonstigen beschädigungen: als er den Wildschaden am steisze des staares (näml. einige ausgezogene federn) vorgefunden JEAN PAUL leben Fibels 28. 2) die für den erlittenen Wildschaden beanspruchte oder erhaltene

entschädigung

LIECHTENSTERN 10, 379;

vgl.

auch wildschadenersatz: die besitzer hatten auf 'Wildschaden' anspruch gemacht H O L T E I erz. sehr. 2, 165. w i l d s c h a d e n e r s a t z , m., zu Wildschaden; POSENER rechtslex. 2, 864: durch die nunmehr fast durch ganz Deutschland erlassenen bestimmungen über den wildschadenersatz S C H W A P P A C H forstpolitik, jagd- u. fischereipol. 303; da schrieb zum beispiel ein bauer, er müsse mich auf wildschadenersatz klagen ROSEGGER III 5, 159. — w i l d s c h a d e n n a c h w e i s u n g , f., jährlicher nachweis über die angemeldeten und zur auszahlung gelangten Wildschadenersätze DOMBROWSKI encyklop. 8,486. — w i l d W I L D S A L Z I G , W I L D S A L Z I G T , adj.: s c h a d e n s f r a g e , / . . • die behandlung der wildschadens. . des meeres wildsalsigte kraft frage SCHWAPPACH handb. d. forst- u. jagdgesch. 2, 638. HARSDÖRFFER frauenzimmer gtsprechspiele 7,243. — W i l d s c h a d e n v e r g ü t u n g , / . : dasz . . WildschadenWILDSANG, m., zu wild adj. l) wilder, kunstvergütung zu einem stehenden posten des einnahmeloser gesang, vgl. wildgesang und niederl. wildzang budgets eines gutes wird ROSZMÄSZLER wald 603; bei gesang wilder vägel: der Wildschadenvergütung ROSEGGER I, 340. und ihre stimme, silberhell und weich, die jauchzend oft mit unbewnsztem schmettern WILDSGHAF, n.: wir kennen die wildschafe noch in prächt'gem wildsang sich ergosz viel zu wenig BREHM thierleben 3, 213; keine andere wildFREILIGRATH 5, 23. ziegen- oder w i l d s c h a f a r t 8, 220. 2) ostfries. wildsank, wildsang wildes, wüstes beWILDSCHÄLEN, n., zu wild n., schälen der baumnehmen DOORNKAAT-KOOLUANN 3, 661. rinde durch wild DOMBROWSKI 8, 437: seitwärts überWILDSAU, f., plur. wildsäu, -Säue, -sauen; l) eigentwallte flächen, wenn man sie auf dem horizontallich ein weibliches wildschwein, aber schon früh unterschnitte besieht (wie beim wildschälen) zeigen die schiedslos für eber und sauen gebraucht BÄDLEIN l, 1061B; schönen bogigen figuren, die ich krummstäbe nenne vgl. auch wildschwein: RATZEBURG waldverderbnis 1, 44. — w i l d s c h ä l i g , weil jetzt die wiltsau ist sehr feist AYRER 1629; adj., vom wild geschält: noch jetzt im j . 1865 ist, im wildsauw, wo und wie die gefangen KIRCHHOF wendgegensatz gegen die wildschäligen, . . keine der wunden tmmuth 2, 218; die wild säw oder schwein GUARINOganz verheilt l, 111. NIUS grewel der Verwüstung 1112; eppän g&r a wildsau? WILDSCHARLEI, m., oder wildschorlei, zu wild adj., HARTMANN volksschauspiele in Bayern u. österr. 280. mehrdeutiger pflanzennamen, sowohl für eigentlichen schar818; in der Schriftsprache mehr und mehr durch wildlei oder scharlachkraut salvia sclarea (s. oben th. 8, 2208), schwein, in der Jägersprache durch das einfache sau als für ähnliche pflanzen; vgl. auch waldscharlei; bei DIEersetzt, aber in den mundarten noch lebendig, namentlich FENBACH gloss. 256° gallitrichum; NEMNICH 8, 648 salvia als schmähwort: lothr. wildsu schmutziges frauenzimmer pratensis. FOLLMANN, bairisch SCHMELLER 2, 899. WILDSCHATTEN, m„ steirisch, eine alpenpflanze, nixfür eine die jagd auf die wildsau ist sprichwörtlich kraut, wirksam gegen müchzauber UNGER-KHULL. gewagte sache, die man nur in der aussieht auf eine gutWILDSCHEU, adj., zu wild adj., wild oder unbändig bezahlte beute unternimmt: er federt keine wildsau, derund zugleich scheu: eine ungemein schöne, wildscheue weil eine bratwurst 3 heller gilt WANDER 5, 236. waidtaube RITTER erdkunde t, 68; und siehe das wildeine mythologische trinnerung, vielleicht an den scheue wesen I ROSEGGER 10, 810. wilden jäger, liegt vor in der hanauischen redensart die WILDSCHEUER, f., zu wild »., scheuer im wald zur wilden Säuen laufen durchs korn, die man bei dem fütterung des wildes im winter, s. wildschuppen: die wogen der Öhren gebraucht, wofür es tonst auch heiszt anlage von sulzen und wildscheuern wurde gewöhnder hase läuft im korn PFISTER naehtr. zu Vilmars lieh dem jagdberechtigten zugestanden SCHWAPPACH kurhess. idiot. 337; hierher auch das göttingische de willen handb. d. forst- u. jagdgesch. 2, 612. swine L&pet drupe SCHAMBACH 298. WILDSCHIESZEN, n„ zu wild n., auch gewildschieszen, 2) vereinzelt steht westf. wille süe, swin 'kellerassel' t. d., das schieszen des wildes, in der älteren spräche WOESTE. auch oft das unerlaubte schieszen, die Wilddieberei, WILDSÄULE, f., zu wild n„ grenzpfahl für Jagdbevgl. Wildschütz: wird hieher gezogen das unziemliche zirke: wildsäulen zu setzen allgem. haushalt.lex. l, 608 b . wildjagen und wildBchieszen DANNHAWER catechismus WILDSCHADEN, m., zu wild n., plur. Wildschäden. milch 2, 282; er dereinst das wildschieszen ernstlich verboten . . hatte BIRKEN ostländ. lorbeerhäyn 204; der streit l) der vom wilde angerichtete schaden, auch wildfrasz war über das wildschieszen . . angegangen MILLER SiegDOMBROWSKI encykl. d. ges. forst- u. jagduriss. 8, 424JF. ; POSEN ER rechtste:R. 2, 862 ff; einführungsges. z. bürgerl. wart l, 149; er habe diesen romantischen anblick (des äsenden wildes) den j&germeistern zu danken, deren gesetzb. 69—71. a) auf äckern und wiesen: den unterweiches herz den fürstlichen befehl des wildschieszens thanen, die so sehr im Wildschaden liegen FLEMING eben so wenig hätte vollziehen können, wie die ägypvollk. teutsch. jäger 7 (anhang); wenn die wilden Schweine tischen wehmütter den, die judenknaben todtzumachen dem armen manne seine felder verderben, so rechnet J . PAUL Besperut 2, 66; mit dem wildschieszen sei es man es ihm unter dem namen Wildschaden für göttliche doch nicht genug BERNHARDT gesch. d. waldeigenthums schickung an LICHTENBERG verm. schrift. 1, 386; Wild2, 91. schäden giebta HOSEGGER III 1, 66. b) im walde durch verbeiszen und schälen der Stämme: da man j a bei beurWILDSCHINDER, m„ zu wild n., einmensch, der eint theilung eines Wildschadens meist auf den anblick des rehgeis vom säugenden rehkitz wegschieszt oder netter stehenden holzes beschränkt ist RATZEBURG waldvervon wildgeflügel ausplündert, dt. jägerzeitg. 1900, 134 nach derbnis 1, 47; er (firster) kann . . . insekten- und Wildz. f. d. wortforsch. 9, 63. 8*

119

WILDSCHLEGEL -

WILDSCHROFF

WILDSCHLEGEL, m., zu wild n., die kettle eines wildes: dasz er einen wolfsschenkel anstatt eines wildschlegel verzehrt hatte BREHM thierleben 8, 49. WILDSCHLUCHT, / . , zu wild adj., wilde schluckt, vgl. wildgraben: indem er ihn (den gemsbocK) auf den rttcken ladet und eine wildschlucht hinuntersteigt KOBELL bei BREHM ihierl. 3 3, 878; ein blick in die wildschlucht, wie das zwischen den felsträmmern braust und gischt e t l ROSEGGER I I 7, 846.

120

WILDSCHROFFEN, m., plur. auch w i l d s c h r ö f f , stòle, gefährliche feiswände oder berge: jenem . . jäger, der . . hui und beherzt den berg und wiltschröff hinauf steigt GUARINONIUS grewel der Verwüstung 94; und jetzt will der herr schulmeister in die wildschroffen h i n a u f ? ROSEGGER l l , 13.

WILDSCHRÜNDIG, adj., wildzerklüftet: an den wildschründigen felsen des Fölzstein ROSEGGER II 4, 818. W I L D S C H U P P E N , W I L D S C H O P P E N , m„ zu w i l d

WILDSCHNEPFE, / . , sonst Waldschnepfe: der eine (jäger) wollte im walde zwei wildschnepfen geschossen h a b e n ROSEGGER I I 13, 867.

WILDSCHNUR, f . , verderbt aus wildschur, s. d. WILDSCHONGESETZ, n„ gesetz betreffend die einhaltung der Schonzeiten für das wild, ül. landwürthsch. lex. 3. WILDSCHÖN, adj., zu wild adj., von wilder Schönheit, in verschiedenen Schattierungen, je nachdem, wild so viel ist als 'romantisch, urwüchsig, leidenschaftlieh'; vom ausgehenden 18. jh. an belegt; zuerst wohl von gegenden, 'romantisch': die ganze gegend . . . hat von natur was wildschönes . . . an sich allgem. deutsche biiliothek 36, 574; die stadt liegt höchst romantisch in einer wildschönen gegend NICOLAI reise d. Deutschland u. d. Schweiz 8, 461; in die wildschönen thäler ob den Kernwald ZSCHOKKE 88, 841; eine wildschöne landschaft RITTER erdkunde 8, 984; ich habe dich gewählt, wildschönes thal RAIMUND 3, 337;

zu ehren der wildschön und weitab gelegenen bürg im Wutaohthal SCHEFFEL Juniperus 104; vom dichterischen stil, von poetischer Stimmung, von gegenständen der dichterischen Schilderung: wir erwarteten hier keine markige natur unserer älterväter; aber auch nicht das geringste wildschöne GÖTHE 87, sie, 6 Weim. (rez. Frankf. gel. an«.),• jene wildschönen Schilderungen des treibens der griechischen bergrölker TBEITSCHKE hist. u. polit. aufsätze l, 318; grosze stunden einer wildschönen poesie F. LIENHARD Oberlin SOS; von menschen: und küss' noch im Aug mich, wildschönes kind

EICHENDORFF 1, 847 U. I . ;

die wildschöne Siegerin mit rother mütze und flatterndem haar, die revolution, ward seine göttin TREITSCHKE deutsche geschickte im 19. jh. 5, 376; von naturerscheinungen wie weiter, blitz: ein tag im herbste war es, wildscnfin wie wenige sind FRBILIOBATH 4, 40;

in des derben burschen auge lag ein strahl, wildschön, w i e d e r b l i t z ROSEGGER 14, 868.

WILDSCHONUNG, f . , zu wild »., ursprünglich thätigkeitsbezeicknung. dann mit Übertragung auf den ort 'eingehegter theä eines waldes, in dem das wild geschont werden soll', s. oben Wildgehege; neuerdings auch wildreserve oder -reservation: wildschonungen zur hegung von hasen, kaninchen, hirschen und wildschweinen MOMMSEN röm. geschickte

WILDSCHROFFEN - WILDSCHUR

* 8, 608.

WILDSCHOPPEN, m., s. wildsohuppen. WILDSCHORLEI, m„ s. wildscharlei. WILDSCHOTTEN, plur., eigentlich die galisch redenden Hochschotten im gegensatz zu den sonstigen, englisch redenden Schotten; aber nach ÄVENTIN'S chronik auch die ebenfalls gälisch redenden Irländer SCHMELLBR 8, 485/.

WILDSCHROFF, adj., pleonastische Verstärkung von aohroff: dasz der Oberharz . . bei weitem keinen so erfreulichen anblick wie der romantisch malerische Unterharz gewährt und in seiner wildschroffen, tannendüstem Schönheit gar sehr mit demselben contrastirt HEINE 8, 75; dieser ort, der das Tigristhal am westeingange in die engern bergschluchten des dortigen wildschroffen sandsteingebirgs . . . beherrscht RITTER erdkunde 11,88.

n„

schuppen oder scheuer mit futter für das wild: da nun aber das wild das gras nicht alle wegäszet, so musz es doch gemeiet werden, damit auch das darauf gemachte heu und grummet in die wildschuppen gebracht werden kan DÖBEL jägerpractica 2 1,186 b ; er {der edle kirsch) ist auf armenunterstützung am wildschuppen jämmerlich angewiesen SALISCH forstästhetik 2 874 ; wenn sie in andern wildfuhren die salz- und wildschoppen mit diesem teufelsdrecke verunreinigen attg. haushatt.-lex. 3, 729. WILDSCHUR, f . , seltener und namentlich österreichisch m. CASTELLI, plur. wildschuren; aus poln. wilczura 'wolfspelz'; volksetymologisch manchmal zu ndd. schuur 'feil, haut gezogen, sodasz naehbüdungen wie wolfsschur, tigerschur möglich wurden, vgl. oben schür 4) th. 9, 3038 ; zuerst belegt und zwar als m. bei HERMES Sophien» reise 8, 168; gebucht

bei ADELUNG und

bei

BRAUN als

'pelz

SCHEFFEL / r o » Aventiurc

"49.

mit den haaren auswärts'; vereinzelt neuerdings auch wildschnur BÄUERLE kam. thealer 8, 86. 1) derberpelzmantel, vor allem reisepelz,im gegensatz zu feineren pclzmänteln; steirisch UNGER-KHÜLL: wenn man einen angenehmen und liebenswürdigen mann im Schlafrock oder im wildschur sieht HERMES a. a. o.; (ich) ging, in meine wildschur gehüllt, ins dorf 4, 291; wenn er nicht unter der wildschur ein ander kleid hätte HIPPEL lebensläufe l, 876; ehe wird sich der mond einen carbonari (mantet) und die sonne einen wildschur machen lassen RAIMUND 1, 50; als er aber nach ablegung seiner schweren wildschur mit der band Uber das . . haar strich STORM l, 889; der reisende sasz in einen dicken grauen mantel oder in die wildschar gehüllt FREYTAG 1, 15. meist mit den haaren auswärts: komm in falber wildschnr Vosz gedickte 3,183; dasz unter der wildschur (einem b&renfM) herr Spazzo, der kämmerer, verborgen steoke SCHEFFEL Ekkéh. 146. ursprünglich aus wolfsfett, dann aber auch aus anderen feilen PRECHTL technolog. encyclopädie 11, 68 : den tieger verarbeitet man zu Schabracken, der bär musz decken und müffe geben, der wolf wildschuren, das rhinozeros kntschriemen! KRBTSCHMANN 6, 165; aus der bärenhaut machte er ihm eine wildschur ARNIM trösteinsamkeit 840; sein feil (des moschusthiers) dient zu wildschuren, wie das der rehe RITTER erdkunde 8, 987. besonders von kranken gerne gebragen: nooh ein glQck, wenn sie (die ärzte) alsdann blosz wildschuren verschrieben LICHTENBERG verm. Schriften 6, 858; im siechenstnhl dein leib sich streckt, froh, d u z er in der Wildschur steckt 8) seltener ein feiner pelzmantel, wie ihn nur reiche und vornehme tragen: ein hochgewachsener mann . . , dessen mit zobel besetzte wildschur den vornehmen herm andeutete ALEXIS Isegrim l, 6; doch besser w&r's, dn thätest hocken bei uns in warmer kanzelei, trfig'st wildschnr auch und wollensocken und wär'st ein 'gnäd'ger herr' dabei STBLZHAMBB 8, 872.

imit dem tuch auswärts und daher auch in verschiedenen färben: man solle eine weisze wildschur umnehmen GELLERT 10, 79 ; den menschen mit der grünen wildschur LAUKHARD leben und schicksale l, 875; einer purpurrothen wildschur IMMERMANN 18, lll. 8) in der neueren spräche mit weiterem verblassen der ursprünglichen bedeutung und mit volksetymologischer anlehnung an wild »., manchmal auch an sohnur f . (». oben), ein um die lenden geschlagenes thierfeil:

121

WILDSCHUTZ-WILDSCHÜTZENLATEIN oft zur zeit der Sonnenwenden nächtlich ihr vorübersaust, eine wildschur um die lenden, eine kiefer in der f&ust

FREILIGRATH 1,114;

ein ähnlicher, nur mit einer wildschur bekleideter alter W E L C H E R alte denkmäler 8, 166. WILDSCHÜTZ, TO., zu wild n., schütz des toildes l) gegen wildfrevel, 2) gegen haar- und flugraubwild D O M B R O W S K I eneykl. d. ges. forst- u. jagdwisa. 8, 437; 2 L O R E Y handb. d. forstwiss. 2, 868. WILDSCHÜTZ, «i., »eltener Wildschütze, zu wild »., vgl. auch wildbretschütz. 1) ursprünglich ohne tadelnden beigeschmack jäger; neue» teutsch-franz.-lat. dict. (1669) 421", R Ä D L E I N , A P I N U S gloss. not).; so fast durchgängig im, 16. und 17. jh. und noch vereinzelt im 18. jh.; vgl. auch niederl. wildschut, jäger: wiewol dlsz stücklin auch wol ein weidmännischer bischoff zu Salzburg mit einer hirzhaut gekönt hat, wan er mit den Wildschützen des ActÄons spilet Oarg. 371 neudr.; und war (Esau) ein jeger und guter Wildschütz M A T H E S I U S Sarepta C L X I I I * ; hast du diszen pratten nicht gerochen vom fuchs? den man zu herren hoff für einen hasen den unerfarnen Wildschützen gibt au» dem kämpf der schioärmer gegen Luther 36 neudr.; zu disen möcht man auch die personen zum weidwerk and jagen gehörig rechnen, als forstmeister, Jägermeister, . . . bürschmeister, forstknecht, Wildschützen, holzwart, jägerknecht SEBIZ 663; also ein ädelmann, ein falkner, ein waidmann, ein Wildschütz trägt einen ganzen abgezogenen otter anstatt eines par händschuchs an M O S C R E R O S C H gesichte 2, 146; nun war gleich frau Monymen wildschüz ausgangen, etlichem wilde nachzustellen B U C H O L T Z Herkulisku» und Herkuladisla 178; gute gerechte jftger, Wildschützen . . . werden zu behauptung eines wildbahns erfordert HOHBERG l, 37; 1648 entdeckten . . russische wagehälse . . . und ein kosakischer Wildschütze, dasz Asien und Amerika nicht zusammenhiengen allg. deutsche bibliothek 75, 8lfi; der machtsprueh der liebe hatte bereits zum vortheil des schlanken wildsohützen entschieden MusÄus Volksmärchen 4, 90. 2) gleichbedeutend mit wilderer, Wilddieb, wildbretdieb, raubschütz; in dieser Verwendung erst von HEPPE und CAMPE gebucht, aber schon früher belegt: Wildschützen, hasenlauster, vogler, flacher, krebser, die ohne wissen und willen solches thun GRIMM weisth. 1,490 (Mörfelder centweiath., rheinhess.); zudem steht keinem redlichen landsassen zu, . . wie ein anderer wilderer, Wildschütze und holzdieb . . . dem wild nachzustellen SEBIZ 662; grosze herren werden . . . oft zorniger über Wildschützen als über menschenmörder SCHUPP Schriften 42; den er neulich von den Wildschützen errettet hatte HAPPEL 684; wo Siegwart ehemals den streit über die Wildschützen mit angehört hatte MILLER Siegwart 2,299; was? ich ein wildschütz? ich ein Wilddieb? IMMERMANN Münchh. s l, 167; auch finden sich Wildschützen und Schmuggler STRUB drei sommer in Tirol l, 130; der begriff wird bald enger und milder gefaszt, bald weiter und schärfer: als Wildschützen wurden . . nur diejenigen betrachtet, welche gröszeres wild gewohnheitsmäszig oder unter bedrohung des jagdpersonals erlegten SCHWAPPACH hdb. d. forst- u. jagdgeseh. 2, 648; wer aber sonst in meinen forst kommt mit einer flinte . ., der ist ein wildschütz LUDWIG 8, 68 (d. erbf. 2, 10); bald mit verächtlicher klangfarbe, bald Sympathie verrathend: ich glaub', das ist a miserables gesindel, wildsohützen jedenfalls Pocci 4,196; durch die braven Wildschützen kommt so etwas (zwei fasanen) auch an unser eins T I E C K 8 , 6 8 {Fortunat L, 8 ) ; vgl. aueh LORTZINOS oper •Wildschütz'. — w i l d s c h ü t z e n l a t e i n , n„ alterthümlich für 'weidmannssprache, jägerlatein', aber ohne spöttischen beigeschmack: man könnte die jägerwörter oder das wildschützenlatein dazu nemen H A R S D Ö R F F E R frauentimmer gesprechspiele 2 / 1 , 2 1 6 ; (derpoet soll sieh) des wildsohützenlateins befleiszigen poet. trichter 8, 189; vgl. aueh ebd.

WILDSCHÜTZENLEBEN - WILDSCHWEINEN

122

2, 32. — w i l d s c h ü t z e n l e b e n , n.: lasz mir doch das gottverbannte wildschützenleben I B O S E G O E R II 5, 126. — w i l d s c h ü t z e n l i e d , n.: alte Schneider- und wildschützenlieder SCHRETVOGEL 2 II 234. — w i l d s o h ü t z i n , f . , bildlich für ein gefallsüchtiges, den männern gefährliches weib: die weiber dieser männer . . . nahmen die geschworene als kokette wildschützin jedes ehelichen grenzwildprets auf sich J E A N P A U L 80,16; für ein weibliches wesen, das einem unbefugt ins gehege kommt oder concurrenz macht: irgend jemanden so duckmäuserig dem gelächter preiszugeben, das hielt er für sein revier, und die Heiterethei war ihm eine wildschützin darin L U D W I G 2, 20 (Heiterethei). W I L D S C H W A N , m., cygnus xanthorhinus NAUMANN naturgesch. d. Vögel 11, 478. W I L D S C H W E I N , n„ wildes schwein, ohne gesdilechtaunterscheidungsus scrofa B R E H M thierleben 3,618; porcus silvestris DIEFENBACH gloss. 448*; sanglier D U E Z ; altnord. villisvin; vgl. wildsau, eber, keiler, bache, sau. 1) im eigentlichen sinne: ISwen, Wölf, wild schwein und beren FISCHART tob der lauten v. 74 Ewffen; ein keiler heist ein jung wildschwein männliches geschlechte T A N T Z E R Dianen höh. u. nied. jagtgeh. 1, 18; es gehört nicht zum wildbann und darf von jedermann gejagt werden: wildschwein und eichhorn sind gäste W A N D E R dt. sprichw. - lex. 6, 286; wie der hirsch mit hunden gehetzt oder in netzen gefangen und dann abgestochen: da wir wildschwein, hirschen und hern allda weidmännisch stechen wem H . SACHS 1 6 , 8 2 , 8 Keiler-Götze; einen hirsch, reh, wolf, wildsohwein duroh die hund oder strick zu föllen W E C K H E R L I N 2, 266 Fischer; weil er jetzt ein wildschwein mit seinen hurden hetzt OPITZ teuitche poemata 296; ein Iand, dessen herr . . . bäiszte, hetzte und jagte hirsch und wildschwein MOSCHEROSCH geeichte 2,168; es liefert ein geschätztes wüdbret: wildschweine, hirache, hasen, rehe, wUlschhOhner, hflhner, eins' und enten.. sie gehen noch so ziemlich ein GÖTHE 1 6 , 1 8 Wehn. (Faust I I 1); das wildschwein verzehrt mit bedacht, und macht etwas weiszsaüer davon B I S M A R C K briefe a. ». braut u. gattin 362; zartbesaiteten gemüthem erscheint da» wort anstöszig: es war des jägers wagen, der ein paar salva venia wildschweine brachte A Y R E N H O F F 3,180. 2) übertragen in mannigfacher Verwendung als Sinnbild a) tapferen drauflosgehens -und blinder wuth: er fällt hinein, wie ein wild schwein, verwegen e» hinein setzen, als wüchsen köpfe auf bäumen, und Kette man das leben gestolen S C H O T T E L 1122 (sprichw.); b) der grobheü: wer sich vor einem wildsohwein niderlegt, auf demselben tritt es DANNHAWER catechismu» müch 2, 184; 0) eines »orglosen, angenehmen leben»: und lehn bessär Iis & wildschwei I HARTMANN votknchautpide in Bayern U. Otterreich 188. w i l d s c h w e i n a r t i g , adg.: alle . . hirten sind mit; pistolen b e w a f f n e t . . , um sich gegen die . . wildschweinartigen eber zu vertheidigen B R E H M thierleben 3, 624. — w i l d s o h w e i n (s) b r a t e n , m.: ein stück wildschwein- und hasenbraten W I E L A N D Lucian 1, 863; linsen, erbsen und wildsohweinsbraten G R A B B E 8,621 (Hermannsschlacht). — w i l d s c h w e i n c h e n , n.; dort hab' ich drei wildschweinchen aufgezogen HERDER 18, 263.

— w i l d s o h w e i n e n , adj., alterthümlich wie Schweinen adg., s. oben th. 9, 2444: Galenus wil, dasz wild sohweinin fleisch vil geblüts gebe R Y F F Spiegel der gesundheit 48 b ; der (Diomedes) sein rosz mit Traciem und erschlagenen gästen thet mesten, und ire häupter wie wildsohweinen köpf an die pfosten heften Qarg. 871; auch substantivisch: viel thunnen voll . . . wildsohweinens 76. — w i l d -

WILDSCHWEINISCH-WILDSFEUER

WILDSHAUT - WILDSTAND

s c h w e i n e n f l e i s c h , n., caro aprugna SAURUSMELANCHTHON nomenclatura D 4 a; carne di einghiale KRÄMER teutsch-ital. diet.— w i l d s c h w e i n i s c h , adj., roh, ungesittet: dieses wildschweinisches geschlecht GUARINONIUS grewel der Verwüstung 604. — w i l d s c h w e i n ( s ) j a g d , f . , RÄDLEIN L, I061B: in älterer zeit war besonders Kurhessen der schanplatz höchst ergiebiger, aber auch gefährlicher wildschweinjagden WIMMER gesch. d. deutschen bodens 334; seine lust an wildschweinsjagd J. VON MÜLLER 24, 8. — w i l d s c h w e i n m ä s z i g , adj., adv., bildlich z. b. für schlechte behandlung: ich werd' mich da so wildschweinmäszig behandeln lassen! RAIMUND S, 182. — w i l d s c h w e i n s k o p f , m.: während . . ein zweiter den wildschweinskopf . . umherzureichen begann FONTANE 12,13. — w i l d s c h w e i n s s c h i n k e n , m.: ein wildschweinsschinken ekelt ihn an FORSTER 5, 39«. — w i l d s c h w e i n w i r t h s c h a f t , f., unsaubere, unordentliche urirthschaft: gegen diese wildschweinwirthschaft der weit brennt in ihm . . der zorn VISCHER auch einer 2, 350. — w i l d s c h w e i n z a h n , m., als heilmittel benützt: wilde schweinszähne ANTHON hdwb. für ärzte, apotheker; ein pflaster von . . zerstoszenem wildschweinenzan SEBIZ 78. — w i l d s c h w e i n z a h n p u l v e r , concha praep. HOLFERT volksth. namen der arzneimittel.

georgica 3, 369 •; einer btichfinkenart nach dieser ort ihrei schlages NEMNICH wb. d. naturgesch. S unter fringilla caelebs; vgl. auch NAUMANN naturg. d. vögel 5, 27, wo aber fälschlich steht wildsteuer. WILDSHAUT, f . , s. wildhaut. WILDSINNLICH, adj., von leidenschaftlicher Sinnlichkeit: in den kreis der wildsinnlichen Klingerschen und Maler Müllerschen Fauste Schriften d. Qöthe-geseUsch. 13

123

WILDSCYTHISCH, adj., barbarisch: die wilden tänze der . . krieger . . haben einen wildscythischen Charakter RITTER erdkunde 7, 663. WILDSDRECK, m., excrement des wildes, losung DUEZ nomencl. 193. WILDSECH, m., im Pinzgau eine weidenart, Salix repens PRITZEL-JESSEN. WILDSEE, m., see in der wildnis: ein stiller, dunkelblauer wildsee KCRNBERGER nov. 2, 246; eine stunde von dem vielbesprochenen Rofner wildsee STEUB drei sommer in Tirol 1, 386. WILDSEGEN, m., Zauberspruch, wohl zur abicehr des wildes von den feldern oder zur erlangung einer guten jagdbeute: wir uns längst solten geschämt . . . haben . . . {der) krankheitsegen, wundsegen, . . . forst- und wildsegen DANNHAWER catechismus milch 1, 440. WILDSEIL, n., alter plural wildseiler, zu wild n., netz oder ga/rn zum fangen des wildes, vgl. oben wildgarn und wildnetz; SEBIZ 663; HARSDÖRFFER frauenzimmer gesprechspiele 2, 112: hie sond ir netz und wildseil stellen WICKRAM 7,199;

vor der jagd werden sie aufgerichtet, d. h. an Stangen und gabeln angebunden: ich habe nie die hift auf M&nals bere geblasen . . noch wildsei] aufgericht auf der Partnener rasen

MÜHLPFORTH 37;

der stat jäger sol sweren . ., wan wildseiler oder garn zu jagen anbindet und abgejagt, alle wegen die garn und wildseil zusamen ze tragen, . . ufzehenken und zu trucknen Schlettstadter stadtrechte 2, 724. WILDSENF, m., zu wild adj., unechter senf, name für verschiedene senfähnliche pflanzen; ahd. wildsenif eruca STEINMETER-SIEVERS 3,591; eruca D I E F E N B A C H ^ » « . 209*,

eutenülla 213B, portastrum 448b; hederich irio, erysimum EMMELIUS nomencl. 74; erysimum officinale, auch wegsenf, ackersenf, hederich, heiderettig, heidenreich ANTHON hdwb. f . ärzte, apotheker 1381. WILDSENNE, m., senne auf einer wilden alp, einer 'wilde': auch der wildsenne selbst benahm sich jetzt weniger unwirsch KÜRNBERGER novellen 2,149. WILDSEUCHE, f . , zu wild n., seuchenartige krankheit des wilds DOMBROWSKI encykl. d. ges. forst- u. jagdwiss. 8, 449; nach HÖFLER krankheitsnamen 805 auch waldseuche, waldkrankheit, milzbrand; nach dem illustr. landwirthsihaftl. lex.8 900 meist wild- und rinderseuche genannt, da sie auch die rinder befällt. WILDSFEUER, m., zu wild adj., name eines buchfinkenschlages: der wildsfeaer oder diszdered HOHBERG

124

XVIII.

WILDSOHLLEDER, n„ zu wild adj., besonders starkes sohlleder von sog. wildhäuten SANDERS erg.-band 636°; auch abgekürzt Wildleder oder (in marktberichten) gute, schwere wilde; vgl. 1 wilde 4, wildhaut, Wildleder. WILDSORTE, f., zu wild n., häufiger wildart, wildgattung: doch muszten häufig auch von diesen wildsorten (hochwild, niedere jagd, raubwild) einzelne körpertheile dem herrn als anerkennung seines hoheitsrechtes abgegeben werden SCHWAPPACH hdb. d. forst- u. jagdgesch. 1, 212. WILDSPIESZ, m., zu wild n„ jagdspiesz; DIEFENBACH gloss. 245° framea. WILDSPINNE, f., zu wild adj., theridium BECHTOLD handlex. d. naturwiss. 1099. WILDSPUR,/., zu wild n., spur des wildes, wildfährte: (das that) . . zieht zwischen waldjungle dahin, voll wildspuren RITTER erdkunde 6, 485; wildspuren in kreuz und krumm, aber von einer kalbin nichts und nichts ROSEGGER 1, 299; alterthümlich auch 'aufspüren des wildes', als besondere jagdart: auch ist zum eingang nicht stillschweigend zu ubergehn, welche zeit dem jagen, hetzen und der wildspur am dienlichsten seie SEBIZ 575. WILDSTAHL, auch wilder oder willer stahl, m., engl, wild steel, stahl von gröszter härte und Zähigkeit, dem rofteisen am nächsten stehend PRECHTL technol. eneykl. 15, 308; eine ort weiszen, bei der drahtfabrication verwendeten roheisens SCHEUCHENSTUEL idiot. der österr. berg- u. hüttenspr. 265. WILDSTAMM, m., alter plural wildstammen, zu wild adj., häufiger Wildling, wilder stock oder stamm, wildfang: jedoch wachsen die schosz allwegen viel eher, wann sie auf weiche . . wildstammen . . geimpft sint SEBIZ 322; es läszt sich ein edelauge in den Wildling setzen, ein edelreis auf den wildstamm JAHN l, 164. WILDSTAND, m., zu wild n., plur. wildstände und wildbestände; zuerst gebucht von STIELER (1691); nach ADELUNG L) der liebste und häufigste aufenthalt des wildes, 2) der vorralh an gehegtem wild, die Verwendung als ortsbezeichnung und zwar im plural ist wohl die ursprüngliche und schon im 16. jh. belegt; nahe lag dann die Übertragung auf die an dem betr. ort sich aufhaltenden lebewesen, das wild; ein wald, der ein guter wildstand ist oder viele wildstände hat, besitzt viel wild oder einen reichen wildstand; vgl. auch oben wildbestand und wildbretbestand. 1) Standort des wildes oder theil des waldis, in dem das wild sich mit Vorliebe aufhält, ähnlich wie wildbahn, wildfahre, wildfunr, wildflur; forstrevier bezw. district, in-welchem das zur hohen jagd gehörige edle haar- und federwild sich regelmäszig und dauernd aufhält FÜRST forst- u. jagdlex. 632: sie sollen auf unsere . . . Wälde, wildständ und auen ein treulichs, fleisziges aufsehen haben MEURER jag- u. forstr. 2»; ähnlich BECHER jägercabinet 9; wo wildstände sind, da soll man an denen straszen und gränzen etliche klafter des gedickig stehen lassen, dasz das wild seinen aufenthalt darinnen suchen könne allg. haushalt.-lex. l, g 8 b ; der Bachtelenbrunnen war der beste wildstand rund in der gegend GOTTHELF 8, 138.

2) der oestand an wild in einem Jagdbezirk, die gesamtkeit des in einem revier vorhandenen wildes DOMBROWSKI eneykl. d. ges. forst- u. jagdwiss. 8, 401; PoSENER rechtslex. 2, 864; vgl. auch 1 wildbahn 4: hasen und hiihner machten schon damals nieht die stärke des wildstandes auf Schwarzwaldauisohen revieren HOLTBI

WILDSTANDSAUSWEIS — WILDSTOCK

WILDSTOR - W I L D S U L Z E

erz. sehr. 8, 154; wo soll denn ein wildstand herkommen, I wenn es kein Standwild giebt? 27, 68; auch, von einer \ einzigen wildart allein, z. b. vom auerurild: da sich nach der zahl balzender hähne die beschaffenheit des wildstandes . . . beurtheilen läszt NAUMANN naturgesch. d. Vögel 6, 302; der wildstand soll reich sein, er soll gehegt und gepflegt werden, er soll gehoben, begünstigt und vermehrt, nur im nothfall vermindert, nicht beeinträchtigt, erschöpft oder gesprengt werden: er {der fürst Plesz) hat . . . einen prachtvollen wildstand MOLTKE 6 , 283; um den wildstand zu hegen und zu pflegen SCHWAPPACH forstpol., jagd- u. fischereipol. 73; strengste Schonung aber hob . . den wildstand wieder BREHM thierleben 2 3, 106; durch die begünstigung des wildstandes SCHWAPPACH hdb. d. forst- u. jagdgesch. L, 155; der junge graf drüben ist auch ein scharfer Jäger und hat seinen wildstand vermehrt IMMERMANN L, 151; er hatte schon in jener zeit auf die Verringerung des wildstandes gedrungen GÖTHE II 6,100 Weim.; den wildstand zu beeinträchtigen BERNHARDT gesch. des waldeigenth. L, 98; sobald der wildstand in einem revier erschöpft ist DAHLMANN dän. gesch. 1, 131; die ochsen sprengen uns den ganzen wildstand ROSEGGER L, 83.

oder incana SALOMON-VOSZ wb. der deutschen pflanzennamen2 207. WILDSTÖR, m., zu wild adj. 'unecht?, geräuchertes fleisch vom heringshai (lamna cornubica) STENGEL dt. seem. wb. 464. WILDSTREICHER, m„ zu wild adj., landstreicher WEINHOLD beitr. zu einem schles. wb.; vgl. wildfang. WILDSTREIT, m„ zu wild n., alt und selten, jagdrecht: unser forstmeister die sollen fürnemblich aufsehens haben, wo unsere gerechtigkeit aller unserer Wälde, wildstreits, jägereien und fischereien aus und angehen MEURER jag- u. forstrecht lb. WILDSTROM, m., zu wild adj.: feuchter nebelstaub drang empor aus dem brausenden bette des wildstromes ROSEGGER 6, 334; schneemassen, die im frühling als wildströme von den höhen herabstürzten EBNER-ESCHENBACH 3, 366; auch bildlich für einen leidenschaftlichen gefühlsausbruch: ein wort . . hätte sogleich einen wildstrom entfesselt 2, 217. WILDSTRUPP, m., plur. wildstrüppe, zu wild adj., baumstümpfe von wilden bäumen: an den wildstrüppen, die am bachesrand standen, hingen auch an den sommermorgen manchmal kleine eiszapfen ROSEGGER 15, 78. WILDSTRUPPIG, adj., pleonastische Verstärkung von struppig: der weichliche Midas und der wildstruppige Marsyas sind gleichsam die beiden entgegengesetzten endpunkte im gefolge des Bacchus BÖTTIGER kleine sehr, l , 66; sein wildstruppiger, langer bart ROSEGGER

125

vereinzelt auch vom toten wild: sonst haben sie . . . die feile und pelze von ihrem wildstande getragen ROSEGGER IO, 317.

w i l d s t a n d s a u s w e i s , m., tabelle über den gegenwärtigen stand aller wildgattungen DOMBROWSKI 6, 270 ; 8, «9. — w i l d s t a n d s r u h e , f., ruhe für den wildstand, Schonzeit: rücksicht für die wildstandsruhe SCHWAPPACH hdb. d. forst- u. jagdgesch. 1, 62; forstpolitik, jagd- u. fischereipol. 68. WILDSTARK, adj., zu wild adj., stark und wild: der einzelne . . mann, der sich über ein solches wildstarkes thier hinwirft, . . hat gar manchen widerstand . . zu erwarten GÖTHE 48, 170 Weim. WILDSTARR, adj., zu wild adj., starr und wild: wildstarre felsen widerstehn euch keineswegs GÖTHE 50, 307 Wetm..(Pandora); beide standen und sahen einander an mit wildstarren äugen BODE Thomas Jones 6, 280. WILDSTEIG, m. 1) zu wild adj., wenig betretener fuszpfad durch die wildnis, durch wald und berge: die fährten des . . hochwildes bildeten hier die besten wildsteige, welche die . . wegweiser zu den . . Übergängen der flüsse . . darbieten RITTER erdkunde 2, 894; durch aufsuchung und Vorbereitung der thunlichsten wildsteige STEUB drei sommer in Tirol 1, 401. 2) zu wild n., wie wildpfad ein schmaler pfad, den das wild durch häufiges hin- und herwechseln durch dickicht, gras und getreide gebildet hat KEHREIN Weidmannssprache 283: nach allen regeln der schwarzkunst war sie (die drahtschlinge für die hasen) an einem bäum befestigt und über einen wildsteig gestellt daheim 1902, nr. 35, 13. WILDSTEIN, m., Wildling, junger Obstbaum JACOBSSON technol. wb. 4, 646. WILDSTELLEN, »., zu wild »., widerrechtlicher fang des wildes: verbotten wildstellen {mit spitzen zaunstecken) SEBIZ 662. — w i l d s t e i l e r , m., faUenateller, amerik. trapper; titel der Übersetzung einer Lederstrumpferzählung

von

C. F . COOPER.

WILDSTEUER, f.. Steuer auf wild. vgl. wildbretsteuer: jetzt hat es (dieses geschrei der menschheit) eine wohlthätige regierung durch die wildsteuer gestillt JEAN PAUL 15/18, 857

anm.

WILDSTIER, m„ zu wüd adj., wilder stier, vgl. wildochs und wildrind: dazu (zu den ausgestorbenen thieren) gehören vor allem zwei wildstiere, der ur und wisent WIMMER geschickte des deutschen bodens 318; Plinius sodann kennt beide w i l d s t i e r a r t e n Germaniens ebd. W I L D S T O C K , I»., zu w ü d adj.,

ahd.

wildstoch GRAFF

1, 804. L) wilder stock, Wildling, s. dieses; 2) unechter Ölbaum DIEFENBACH gloss. 394° Oleaster; wohl gleichbedeutend mit Oleaster- oder uferweide, Salix elaeagnos

126

I I 1, 186.

WILDSTÜCK, n., im singular und plural auch wildstuck, zu wild n., alterthümlich und oberdeutsch; synonym zu wild n. und wildbret n. l) ein stück wild, gleichviel welcher art: darnach soll man . . den hunden zum jagrecht zu fressen geben, und allwegen den toden köpf vom wildstuck inen zeigen SEBIZ 600; grün . . taugt. . denen jägern . . zu einem groszen vortheil, das wildstuck zu betrügen ABRAHAM A ST. CLARA etwas für alle l, 466; weilen ihn (Cain) der Lamech für ein wildstück angesehen und also mit einem pfeil durchschossen Judas 1, 344; auch bildlich für menschen: ein gewaltiges wildprät oder wildstuck {für den jäger tod) lief in der weit herumb, das hiesz Alexander der grosze ALBERTIN us hirnschleifer 620. 2) insbesondere ein weiblicher hirsch, eine hirschkuh, wofür sonst auch wild n. oder stück wild; steirisch UNGER-KHULL: {jagdbuch des kurfürsten von Bayern 1726) hürschen 849, wildstuckh 38, hörschkälber 10, rech 1013 SCHWAPPACH handbuch der forst- und jagdgeschichte 2, 629 anm. 16. W I L D S T Ü R M I G , adj.,

vereinzelt:

erlas er rosse von hartem kern, . . wildstttrmige, flammenschnaubige

RÜCKERT 12,96;

häufiger w i l d s t ü r m i s c h : da . . . das Mittelländische mear so sanft und mild ist . . . gegen das wildstürmische des atlantischen golfs RITTER erdkunde 14 , 362; die weite, wildstürmische weit ROSEGGER I, 249. WILDSTURZ, m., zu wild adj., wilder stürz, ganz vereinzelt: (der flusz, der die gebirgswässer vereinigt und) in tosendem wildsturze durch die engschluchten der bergterrassen . . hinabführt RITTER erdkunde 4,189. WILDSTUTE, f., zu wild adj., halbwildes, weibliches pferd, s. oben 1 wilde f . 2): ich rede aber von solchen (frauenzimmern), welche wie die unbändige wildstutten von begierden brennen und ihre gröszte Vergnügung in der winkelliebe suchen ZENÜ. A ZENDORIIS teutsche winternächte 679. WILDSUCHT, f., zu wild adg., eine krankheit, wahrscheinlich dem aussatz ähnlich: wiewol sein fleisch heilsamlichen gebraucht wirt denen, so mit dem aussatz odder der wildsuoht behaft sind RYFF thierbuch Alberti. magni Bb 1*. WILDSULZE, f., plur. wildsulzen, zu wild »., eine sulze oder salzlecke für das wild: damit der wildfuhr kein schaden zugefügt wird, darf kein der wildfuhr

WILDSÜSZ - WILDTRAGE

WILDTRÄNKE - WILDVERWORREN

nachtheiliger holzschlag und am wenigsten bei wildsulzen angelegt . . . werden ENDRES waldbenutzung 79 (bayr. 1661); auch der theil des waldes, in dem sich die wildsuUe befindet: die hölzer werden genannt först, wildban, biirsch . . , wildsalzen, löher SEBIZ 567. WILDSÜSZ, adj., zu wild adj., süsz und zugleich leidenschaftlich erregend und beunruhigend; nur dichterisch: dieses ganze wildsösze falsche narrenspiel einer sommerleidensohaft LIENHARD Oberlin 148. WILDTAG- UND -NACHTKRAUT, «., tu wüd adj., in der Oberlausitz für parietaria erecta, sonst glaskraut oder mauer- und wandkraut FECHNER erklärung volksth. pflanzenn. 84. vgl. auch tag th. 11, 88 und nacht th. 7, 161.

8 seitliehen armsdicken Stangen, an denen es getragen wird FLEMING vollk. teutscher jäger 887; JACOBSSON technol. wb. 4,646; LIECHTENSTERN 10,879; KALTSCHMIDT gesamtwb.; allgem. hattsh.-lexicon 8, 786; HÜBNER zeitungs• lex. 3 1 4, 940 fc. WILDTRÄNKE, f . , zu wild n.: da unten im thal ist eine wildtränke. . . eine pfütze, wo die hirsche suhlen daheim 1908, nr. 89, 9. WILDTRANSPORT, m„ zu wild n., verbringung von lebendem oder getötetem wild DOMBROWSKI encyÜ. der ges. forst- und jagdwiss. 8, 449. — w i l d t r a n s p o r t k a s t e n , m., s. wildkasten. WILDTREIBER, m„ zu wild n.: auch den unaufhaltsamen publikum hatten die wildtreiber im gehölz wieder aufgefangen EICHENDORFF 3,190. WILDTROTZIG, adj.: Hermann's wildtrotzige lustigkeit war einem milden ernBte gewichen HOLTEI erz. sehr. 7, 868. WILDTÜLPE, f . , zu wild adj., tulipa silvestris SALOMON-YOSZ wb. der deutschen pflanzennamen2 198. WILDÜLME, f . , bergulme, ulmus montana: das holz der buchen und wildulmen wird in den häusern als brennstoff verwendet ROSEGGER försterbuben 184. WILDUNG, f . , zu wilden v., ursprünglich bezeichnung eines zustandes, so bei STIELER (1691); später gebräuchlicher als Ortsbestimmung; hauptsächlich oberdeutsch, selten. l) Verwilderung, auch Widerspenstigkeit: und ist derhalb eine solohe furcht und wildung in etliche gekommen, dasz mich wundert KREN N ER bair. landtagshandl. 10,171 bei SCHMELLER 8, 900. 8) wildnis: sie (die Sachsen) zerstreuten sich in die Wälder, in die Wildungen HALLER Alfred 88. WILDUNRUHIG, adj.: verbrachten wir den rest der nacht in einer wildunruhigen, verworrenen Stimmung

127

WILDTAUBE, f . , WILDTAUBER, m„ columba palumbus NADMANN naturgesch. der vögel 6,168; BREHM thier-

leben 6,408; palumbus DIEFENBACH gloss. 408*,° sonst auch ringeltanbe GARTH lex. lat.-germ.graecum 664*: dasz nehm11 ch eine grosze anzahl der wilddauben kommen and . . den berg hinaufgeflogen ABRAHAM A ST. CLARA etwas für alle l, 678; welche ihren leuten nit allein Sperlinge, sondern sogar geschossene raben vor Wildtauben zu fressen gegeben ZEND. A ZENDORIIS teutscke winternächte 716; sie girren, rucksen oder lachen: alle Wildtauben sind auf und girren ihr sterbegebet ROSEGGER 10, 69; quikt der Zaunkönig, pipst das goldhähnchen, rukst die Wildtaube, tropimeln die spechte TSCHUDI thierleben, der Alpenwelt 118; eine Wildtaube lacht ihr gurrr, gurrr D. v. LILIENCRON sommerschlackt 841; sie besitzt, vielleicht als Sinnbild des heiligen geistes, die Jcenntnis verborgener dinge: habt ihr (chiromanthen) dann das protocoll der göttlichen Vorsichtigkeit gänzlich durchblättert? was für ein Wildtauben ist euch auf das ohrwäschl gesessen? ABRAHAM A ST. CLARA Judas 8, 4. WILDTHIER, n.. zu wild adj., altnord. villidfr, wildes thier, ein wild, kaum mehr gebräuchlich: und stünde ein wildthier uf und fleng es der lehenmann mit seinen rüden, der möcht es behalten und essen und nicht verkaufen Selterser weisth. bei J. GRIMM rechtsalterth. * l, 848; gleich wie man etwan ein wildthier (ut feras) pflegt zu soheuchen MICYLLUS Tacitus 817*; tauschlechtig ist, wenn ein wildthier im tau gegangen und die tropfen von körn oder gras abgeschlagen TÄNTZER Dianen höh. u. nied. jagtgeh. l, 16; kein wildthier bewegte die zweige FRETTAQ 19,106; nahezu ausgerottet ist ein anderes wildthier Altgermaniens, der eich WIMMER gesch. des deutschen bodens 828. WILDTHIERISCH, adj., zu wild adj.: wie passen zu dieser erklärung jene wüdthierischen triebe, welohe der menschlichen liatur sich bemeistem? F. H. JACOBI 8,487. WILDTHUN, n., wildes benehmen, namentlich in der Volkssprache: noch unleidlicher . . ., als er ihrs schon früher in ihrer stube mit seinem wildthun und seinem groszen hunde gewesen J. PAUL ll/l4, 409; unterdes beginnt der Holders-Fritz alles mögliche, in das alte wildthun hineinzukommen LUDWIG 8,110 (Beiterethei); dös wildthun und dös einschmeicheln gilt j a ledig nur für heut ANZENGRUBER 8, 190 (Schandfleck); zwischen empfindlicher sohamhaftigkeit und derberem wildtun sich possierlich hin und wieder bewegen H. HESSE nachbarn 186.

WILDTOLL, adj.: . . uns denn ward beschert ein herr, wüdtoll im Jähzorn . . Vosz ArUtophanu 1,94 (fItter 41). WILDTÖTER, m., zu wild n . : wie zu erwarten . . , lassen sich . . abteilungen von tigern . . unterscheiden: die wildtöter, die viehräuber, die menschenfresser BREHM thierleben l, 408. WILDTRACHT, f . , zu wild »., Verpflichtung, das geschossene wüd ah seinen bestimmunggort zu verbringen: es blieb ihnen die wildtracht, wenn der herr zu ihnen auf die jagd k a m MÖSER 6, 18.

WILDTRAGE, f., zu wüd »., eine Vorrichtung zum fortschaffen des erlegten wildes, bestehend aus einem ungeftthr • eilen langen und 4 eilen breiten stück netz mit

IMMERMANN Münchh.

s

128

8, 177.

WILDÜPPIG, adj., wildwuchernd: die wildüppige Vegetation GAUDY 6, 98.

WILD VERARTET, adj., verwildert, s. oben verarten th. 12, 86: heidnische gebräuche wildverarteter civilisirter Völkerstämme, sogenannter culturvölker des Orientes (witwenverbrennung, kindermord) RITTER erdkunde 6,1088. WILDVERBISZ, m., zu wild n., beschädigung von bäumen durch den bisz des wildes, vgl. wildschälen: dasz die jungen kulturen zum schütz gegen wildverbisz eingehegt werden sollen SCHWAPPACH handbuch der forstund jagdgeschickte l, 188; wiederholter schneebruch . ., weidegang, wildverbisz lassen oft . . malerische gestalten entstehen SALISCH forstüsthetik 2 99. WILDVERRÜCKT, adj., vgl. wildtoll:

sie rBcheln, sehn mit wildverrttckten mienen gen himmel SCHUBART gedickte 8, 884. WILDVERSTÖRT,

adj.:

euch predigt diese zähe leiche mit jedem wildverstSrten zug

SCHUBART gedichte 1, 840;

nun auf sein rufen schieszt die ganze sippschaft wildverstört herbei KLEIST 1,176 (Qutekard a/ufir. 6); mit wildveratörter hast 1, 86 (Schroffenstein 1, 8).

WILDVERWEGEN,

adj.:

vom Nil zum Tajo hflret man schon regen die kriegsd&monen sich, die wildverwegnen HBRWBGH gedichte einet lebendigen 188. WILDVERWORREN, adj. l) von sinnlich wahrnehmbarem: der thiergarten, wildverworren, sumpfigüppig GUTZKOW werke i, 89; dieses tannengerippe . . streckte seine langen, kahlen, wildverworrenen äste so wüst gespensterhaft aus ROSEGGER 8,16;

aus des iheeres grünen wogen

taucht ein wildverworrnes bild

GAUDY 8,10;

in der feldschlacht wildverwormem drang

GBIBEL 8, 71 (JTMIIUL.);

t) von geistig wahrnehmbarem: . . . zum thurm, in den man rück Don Cäsar, den unglückselig wildverworrnen, brachte

GBIIXPARZEK 9,98 (ftrudermriet 4);

129

WILDWACHSEN - WILDWAGE

WILDVERWÜSTUNG- WILDWACHS ja I mitten in der wildverworrnen zeit ersteht ein fürst, vom eignen geist bewegt, and reicht hochherzig seinem volk die hand

U H L A N D gedickte ! 4 6 4 . WILDVERWÜSTUNG, f., zu wild n., Verwüstung durch das wild, Wildschaden: in Würtemberg, Weimar, Zweibrücken war es ganz . . toll mit den wildverwüstungen

BERNHARDT gesch. d. waldeigenthums

1, 219 anm. 2.

WILDVIEHISCH, adj.: keine so wildviehische und keine so teuflisch durchdachte grausamkeit V I S C H E R auch einer 2, 398. W I L D V O G E L , »»., plur. wildvogel, -vögel, älter auch -vögelen, zu wild adj., meist im plur. gebräuchlich als alter Sammelname für wildes geßügel oder federwild, s. auch wildgeflügel und vgl. ags. wild-fugel, engl, wild-fowl; altnord. villi-fygli; schwed. vildfagel: die guten hännen . . . , die ringern wildvöglen G U A R I N O N I U S grewel der Verwüstung 544; auch sind di wildvogel gut dorinen gesoten kuchenmeisterei b I b ; das federwildbrett, als aurhanen, aurhennen, hasel- und feldhüner, auch antvögel, raiger, und dergleichen wildvögel würtemb. erneu, vorstordnung 93. WILDVOGT, m., zu wild n., gleichbedeutend mit wildhirt, wildhttter C A M P E ; K A L T S C H M I D T . W I L D W A C H S , n.undm. L) neutrum; dunkler herkunft, áhd. wildi uaso copadium G R A F F 8, 705; wildiTaso, wildivahse S T E I N M E T E R - S I E V E R S glosa. 8, 219, 26, Mhd. wildiwahse L E X E R 8, 660; mnd. wildewasse S O H I L L E R - L Ü B B E N 6, 714; wildiwahse D I E F E N B A C H glosa. 149°. not), gloas. 113*; aber altfries. waldewaze, woldewaxe, waldewaxa S C H I L L E R - L Ü B B E N a. a. o.; noch westfei. wildwass W O E S T E ; Cronenberg, weiltwäs L E I H E N B R ; nassauisch wildwachs, wildfohs K E H R E I N ; S. unten wildwächsig adj. und oben in besonderen artikeln die gleichbedeutenden altenwachs, altwachs, eltewachs, haarwachs, waltwachs und waltenwachs. ausser den unter altenwachs und waltenwaohs versuchten erklärungen, sowie der annahme von W O E S T E , dasz wildwachs wildes, d. h. ungenieszbaresfleischbedeute, erscheint beachtenswerth der hinweis bei H Ö F L E R krankheitsnamen 772 auf ein im 18. jh. belegtes wal vel a-wahs, nervus G R A F F 1, 889 (vgl. auch die heilpflanze wallwürz th. 18, 1315 oder beinweil th. l, 1389). es würde sich dann bei einem darauf zurückgehenden waldwachs um eine volksetymologische anlehnung an wald handeln, die bei den vielfachen beziehungen zwischen wald und wild adj. leicht weiter zu einer neubildung wildwachs geführt haben kann, die herkunft des wurtes ist um so dunkler, als auch der zweite bestandtheil nicht feststeht (vgl. raso, fohs gegenüber sonstigem, vahse sowie wahse, waxe), und ebensowenig über die ursprüngliche bedeutung des wortes irgendwelche klarheit vorhanden ist; die lateinische wiedergäbe copadium entspricht keineswegs der Üblichen Verwendung von wildwachs 'sehne', sondern ist nach G R A F F 3,706 'quod in collo bovis . . .jacet', nach D I E F F E N B A C H nov. gloss. 118 ein brade, ein stucke vleisches; S C H I L L E R L C B B E N 6,714 nehmen deshalb auch eine ganz abweichende grundbedeutung, nämlich 'rückgrat', an. a) als alter anatomischer fachausdruck 'sehne, nerv, fleehse' im gegensatz zu fleisch oder ader, meist coüeetiv: jetzund ist zeit zu gen . . . zfl den wunden, damit verwundet seind die nervi, das ist das wild wachs B R A U N S C H W E I G chirurgia 14*; die adren oder das wiltwachs under der haut 80b; in ainem tail, in dem vil wild wachs oder vil geplüts ist 84*; were aber da groszer schmerzen, das wer ain zaichen, dasz das wild wachs in der tiefe der wunden geriiret oder gestopfet were 18; durch die zamenfügung der Seiten (sehnen) und wild wachs 66. erhalten in den oben angeführten mundarten. b) mundartlich bis in die neuere zeit 'wildes fleisch' in wunden HÖFLER krankheitsnamen 772. 2) masculinum; zu wild adj. und wachsen v., 'das wild gewachsene, der wilde pflanzenwuchs', vereinzelt für sonstiges wildwuchs; vgl. altnord. villi-vextir herbae pratenses G R I M M d. gramm. 2, 641; auch in Zusammensetzung: zwischen den Schutthalden zog sich wohl hié und da ein X I V . 2.

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streifen erdgelände hinan, auf welchem Sträuche und verknorrte flehten und lärchen mühsam fuszten, und am unteren ende einer solchen w i l d w a c h s z u n g e . . duckte sich das alte, moosbewachsene häuschen R O S E G G E R 12, 311.

WILDWACHSEN, adj., zu wild adj., synonym tu wildgewachsen und wildwüchsig; ein lieblingswort G U T Z KOWS.

1) im eigentlichen sinne von wildgewachsenen, nicht künstlich gezogenen pflanzen: von einem zwischen den dachziegeln wildwachsenen, zierlich geformten köpfe sogenannten hauslaufes aus G U T Z K O W werke 1, 20. 2) übertragen von dem wesen urwüchsiger, unverkünstelter menschen: wer nicht die menschennatur in ihrer lebendigkeit, wildwachsenen frische . . . harmlos hinzunehmen gelernt hat, wird sich nimmermehr unter der jugend heimisch fühlen 2, 219. oder von einer dem Zufall Überlassenen, planlosen erziehung: dasz Ernestine die absieht hatte, ihre wildwachsene erziehung etwas zu berichtigen 2,181; selten adverbial, 'ohne pflege, ohne Unterricht?: unter diesen wildwachsen aufschieszenden meistern l, 137. W I L D W A C H S E N D , adjeetivisches part. L) eigentlich von pflanzen, als ein von der mitte des 18. jhs. mehr und mehr um sich greifender ersatz für das früher übliche einfache wild adj., s. dieses oben III A b : eine menge wildwachsender weinstöcke allg. deutsche bibl. 85, 286; unter den wildwachsenden kräutern und pflanzen zeichnete sich eine art pastinacken aus S C H M I D T gesch. d. Deutschen 1,4; bei dem weibchen des wildwachsenden hopfens G Ö T H E I I 7, 351 Weim. (paralip. I V ) ; der duft wildwachsender myrthen Z S C H O K K E 1, 289; nahrung der wildwachsenden und kulturpflanzen L I E B I G hdb. der chemie 1366; wo sie (schwarzkiefer) überhaupt . . wildwachsend . . vorkommt R O S Z M Ä S Z L E R der wald 2 9 1 ; selten von waldbäumen, um zu bezeichnen, dasz sie nicht gesetzt worden, sondern von selbst gekommen sind: eine kühlende gruppe junger wildwachsender tannen und schwarzfichten R O S E G G E R 11, 254. 2) seltener übertragen wie wildwachsen und wildgewachsen von abstraften, z. b. von Verhältnissen u. a„ um zu bezeichnen, dasz diese sich der leitung des ordnenden Verstandes entziehen und aufs geraihewohl, wie der zufall es wiU, entwickeln: feste grundsätze muszten endlich einmal an die stelle der leidigen wildwachsenden thatsachen treten D A H L M A N N dän. gesch. 2 , L. W I L D W Ä C H S I G , adj., auch wildwächsig, zu wildwachs n., aus sehnen, nicht aus muskeln bestehend, alter medidnischer fachausdruck: die verwund blos (blase) nimpt kein heilung an, dorumb dasz sie ein wildwächsig glid ist, und mangelt des fleisch« G E R S D O R F F wundarznei X X X I I 2*. W I L D W Ä C H T E R , m., zu wild n., Wächter, die durch rufen und blasen das wild von den feldem verscheuchen muszten, allg. haushaU.-lex. 8, 73«; nach B A U E R - C O L L I T Z waldeck. wb. 182 bis 1848 verwendet; gleichbedeutend mit wildhüter, aber unterschieden von wildwart, s. dieses: schon 1571 verfügte landgraf Wilhelm IV., dasz die wildwächter beeidigt werden sollten, das wildpret nur aus den feldern, keineswegs aber aus den waldwiesen und vorhecken zu verscheuchen S C H W A P P A C H hdb. d. forst- u.jagdgesch. 2, 621 anm. 25; doch sollen die wildwächter zur verscheuchung des wildes nicht schieszen H A R T I G entwurf einer aUg. forst- u.jagdordn. 130; desweg hast du heute den wildwächter beurlaubt I R O S E G G E R I I 9, 157. — w i l d w ä c h t e r g e l d , «., aufwand für die wildwächter; waldeckisch B A U E R - C O L L I T Z 182 unter wildwächter (1767). WILDWAGE, f., zu wild n., schneUwage von starkem eisen und ketten, die von den jägem zum sofortigen abwägen des erlegten wildes mitgenommen wird, dessen gewicht dann bei rothwild zur erinnerung unter dem geweih angemerkt wird, allg. haushalt. lex. 8, 7 8 6 ; J A C O B S SON teäinol. wb. 4, 646 und LIECHTENSTEIN deutsches sach-wb. 10, 879.

9

WILDWALD - WILD WEIDEKRAUT

WILDWEINRANKE - WILDWUCHS

WILD WALD, m., ein vogelname: L) würger, lanius exeubitor NAUMANN naturgeseh. der vBgel 8, 7 und BREHM thierleben 4, 486, auch waldherr genannt NEMNICH S, 643. S) pirol LIECHTENSTERN deutsche» saehwb. 10, S79.

WILD WEINRANKE, f., aristolochia clematis PRITZELJESSEN (Toxites). — w i l d w e i n r e b e , f., berberis DIEFENBACH gloss. 72*; PRITZEL-JESSEN ; vgl. altnord. villivlnvidtr labrusea GRIMM d. gr. 2, 641. — w i l d w e i n stock, m., propago DIEFENBACH gloss. 466b.

131

WILDWART, WILDWÄRTER, m„ aufsehet über das wild, wildhüter: eis wildwärter daselbst wohnen musz FLEMING vollkomm, teutscher jäger 66; das war ein företer, der in fernem walde als wildwart wohnte JORDAN Nibelunge 7. getang. WILDWASSER, n„ tu wild adj., plur. wildwasser und wildwässer; s. auch oben wildbaoh.

132

W I L D WERK, »., zu wild n. und werk n., ähnliche bildung wie bnschwerk, fischwerk; mhd. wiltwerc LEXER 3, 896; SCHERZ-OBERLIN gloss. 2, 2038; ursprünglich mehr

für Sachen, später mehr und mehr für lebende wesen gebraucht; seit dem 17. jh. ungebräuchlich. 1) pelzwerk; daher wiltwerker kürschner, pelzhändler SCHERZ-OBERLIN 2, 803«; mhd. wiltwerkfn adj.,

L) sturzbach, gieszbach, wildbach, namentlich in den aus pelzwerk bestehend LEXER 8, 896; SCHILLER-LÜBBEN Alpenländern; schriftsprachlich erst seit dem 18. jh.; 5, 722; im nhd. nicht zu belegen. meist dichterisch; aber auch technischer fachausdruck, vgl.2) jagd, wobei wohl das anklingen an weidwerk die

HOYER-KREUTER teehnol. wb,8 L, 849: dasz die thäler . . brücke bildete, schon mhd. LEXER 8, 896: dasz die herrn durch das aashöhlen der . . wildwasser . . gebildet worand edelleat ans bischoffs hof etliche dergleichen vögel den allgem. deutsche bibl. 91, 201; es lagen die steinzum wildwerk abriohteten KIRCHHOF ibendunmuth 1, ger&the unter den schattkegeln von wildwassern PE200. SCHEL Völkerkunde 45; von . . . einem . . . ertrunkenen 8) wild, meist colleetiv; mitteldeutsch: (elephanten), welcher von einem . . wildwasser zu thal geschwemmt wurde BREHM thierleben 8, 81; der almder meier geht zur anen, der fischer in die see; die klagen jäger schauen herr mag sich aber gedacht haben, dasz wildwässer sich nach dem wildwerk ttmm im thale viel gröber graben als auf der höhe ROSEGGER P. FLEMING geütl. u. weUl. poemata (1660) 123; nixnutzig volk 816; tief im gebirge . . , wo die straszen dasz sie auch wie jagthunde das wildwerk ereilen PRÄsich za steigen verjüngen, die wildwasser unfahrbar TORIUS Anthropodemus Plutonicus 1, 888; sie wolten dem sind ANZENGRUBER 8, 207 {dorfgänge I); die wildwasser wildwerk nachstellen BUCHOLTZ Serkuliskus u. Herkurauschten za ihm heran SCHEFFEL Ekkeh. 82t; ladisla 1214; hat er (der oberjäger) die importanz and hat er in einer eisgrimmigen nacht ertrag der wildfahren and gehege, an hohen and niedas Christkindel Obers wildwasser gebracht deren wildwerk, wohl za überlegen GÖCHHAUSEN notaBIEKBADM irrgarten der Hebe SSO. bilia venatorie 288; in der Verbindung w i l d - und fischSY ü b e r s c h w e m m u n g s f l u t h e n SCHMELLBR 2, 899; w e r k : weil es wegen der groszen Wildnissen, strömen besonders von geschmolzenem schnee SANDERS 2 II 1498: das und seen viel wild- und fischwerk gibt OLEARIUS perwildwasser des Bobers TREITSCHKE deutsche gesch.81, sische reisebeschreib, th. 8 ». 80'. 475; alles ging aas rand and band, aas allen sohlachten W I L D WESEN, n„ zu wild adj., wildes wesen, vgl. wildwie entstautes wildwasser wogte der feind ROSEGGER thun: 2, 121. 8) seltener in verschiedenen übertragenen Verwendasz wir diejenigen sem, die wildwesen einfahren, stützen, prahln, orfllenreiszen, btthln, sanfen und pravieren dungen, für die sonst wildes wasBer gebräuchlicher ist, OPEL-COHN äOjähr. krieg 416,19. s. oben wild adj. III A e und B 16: W I L D WETTER, »., zu wild adj., wildes weiter: sein a) in den brunnen zuflieszendes, fremdes waaser, gesicht war brapn and zerrissen . . , wie das gebirgsdiu kein guettwosser ist, oberhessisch CRECELIUS 2,196; leben and das wildwetter so manohen menschen eben b) süszes wasser in Salzbergwerken, das die sole verherrichtet ROSEGGER 14,117.

ringert und zu entfernen oder durch mauern und bohlen

abzuhalten ist JACOBSSON teehnol. wb. 4,646; SCHMELLER 2, 899;

c) auch sonstiges gehaltloses

wasser, z. b. in der

spräche der alehymit, der bernsteinwäscherei SANDERS S II 1498. — w i l d w a s s e r g r a b e n , m., eine Schlucht, in der ein wildwasser flieszt, ein wildgraben: als der sommer kam, suchte man doch holzrisner für den wildwassergraben ROSEGGER 6, 96 (Volksleben in Steiermark). — w i l d w a s s e r s t u r z , m.: er hätte das tosen der zahllosen wildwasserstttrze and das beben des gebirges vernommen ROSEGGER II 12, 89. WILDWECHSEL, m„ zu wild ».. pfad des wildes: er (der forscher) war . . . im walde einen schmalen wildwechsel entlang gegangen BREHM thierleben 1, 67.

WILDWICKE, f., zu wild adj., aphaca EMMELIUS nomencl. 64; steirisch auch vogelwioke UNGER-KHULL; s. auch waldwicke. WILD WIESE, f .

gepflegte

l) zu wild adj., eine wilde, d.h.

un-

wiese, meist im gebirge: man kann die blü-.

hende wildwiese mit nichts and gar nichts vergleichen, als mit der — blühenden wildwiese ROSEGGER III 8, 218; das hochthal, die wildwiesen geheiszen 7,18. 2) zu

wild n., forstmännischer fachausdruck für eine wiese im walde, die besonders für das wild bestimmt und eingezäunt ist, s. oben wildacker.

WILDWUCHERND, adj., von pflanzen; übertragen vom

haar- und bgrUeuchi, vom etil, vom Seelenleben: das samen-

körnchen eines wildwuchernden ankrautes HOLTEI erz. sehr. 26,106; dies wildwuchernde gebüsch von Oleandern RITTER erdkunde 1, 946; seinen wildwuchernden bart WILD W E G , m. i) soviel als 1 wildbahn ADELUNG; ROSEGGER 7, 205; einen wildwuchernden styl GUTZKOW «) ein wenig betretener pfad im wald oder in der wüdnis, 12, 426; mit dem blicke . . des menschenfreundes folgte nur dichterisch: damit- wurde der wildweg, ohne ein er den wildwuchernden trieben jener zeit FRANCOIS wort za verlieren, von allen dreien zugleich eingeschlagen Beckenburgerin 1,192. KCRNBERGER noveüen 2, 21*. WILDWUCHS, m., zu wild adj., das wilde, d. h. vom WILD WEGLUG, m., zu wild adj., dtter pfiamen.no/me, menschen nicht beeinfluszte wachsen von pflanzen, nament-

wahrscheinlich für endivien-wegwarte, cichorium endivia; lich auf verwildertem euliurboden; auch die auf diese DIEFENBACH gloss. 629° seris. art wild gewachsenen pflanzen selbst, wofür seltener wildWILDWEIB, »., s. wildfrau und wildemann. WILDWEIDE, f.. zu wild adj. 1) wildwachsende

wachs, s. d.: wo der praktische eigennntz seinem brausenden wildwuchs gränzen zu setzen suchte BERLEPSCH weide, z. b. korbweide, Salix viminalis; vgl. auch wild-Alpen 110; dasz man . . die brache selbst auch nicht felber: machet ketten ansz wildweiden, an denen er ganz dem wildwuohs ttberliesz, sondern mit fattersich hinab thät lassen LACIUS bei FRONSPERGER kriegskr&utern besäte WIMMER gesch. d. deutsehen bodens 206; bueh 8, 286». 2) unechte weide, weidenähnliche pflanze, Überträgen und dichterisch von dem durch die cultur vgl. götting. wille wie gustrum SCHAMBACH. — w i l d unbeeii\fluszten aufwachsen von menschen: seine in freiw e i d e k r a u t , » . , agrian BOCK kreuterbuch 1, 71. heit und wildwachs keusch gebliebene natar E. StRAüsz

133

WILDWÜCHSIG -

WILDZEN

freund Mein 10 881; von wilden hindern: als kinderatuhe für den jugendlichen wildwuchs der familie nat.-zeitg. 48 (1896), sonntagsbeil. nr. S. — w i l d w ü c h s i g , adj., synonym, zu wildwachsen, wildgewachsen, meist von pflanzen, Midlich auch von selbsterworbenen kenntnissen im gegensatz zu den durch die Umgebung oder den Unterricht vermittelten: des Sinai, wo er mehrerer gruppen solcher wildwüchsiger dattelpalmen erwähnte RITTER erdkunde 18, 807; Humen vom walde, wildwüchsiger stransz WOLFF der wilde jäger 66; bildlich: in diesen schalen (bauernhof, caserne, America) waren seine ansichten wildwüchsig ans lebendiger erfahrung erstanden GERVINUS gesch. d. 19. jhs. 4, 67. W I L D WURMKRAUT, n„ achülea oder pta> mica; als heilmittel herb, ptarmic. HOLPERT volksth. namen der arzneimittel. W I L D W Ü R Z , f., zu wild adj., mehrdeutiger alter pflanzenname: apium agreste (eppich, Sellerie), lib. syn. Dom. (lioo) bei DIEFENBACH -WÜLCKER; mhd. erisipela LEXER 8 , 896; derisipda DIEFENBACH gloss. 175°. — w i l d w u r z l e r , m., auch wilde(n)wurzler, -wurzener, rcurzel- und kräutersammler, naturarzt; mhd. wilde-wurzener LEXER 8, 886, herbarius SCHERZ-OBERLIN gloss. 2, 2083: mit den appenteckern, wildwurzelern und denen, die man nempt empiricos stiftungsurkunde der univ. Freiburg i. B. (1467) bei RIEGOER analecta academiae Friburgensis 984. W I L D WÜSTE, f., schweizerisch für das häufigere wilde, wildene, wildnis: der boden und grand . . und der ganz umliegend wald . . oder unwonbare wildwüsti . . ist dem abt . . . zu gebrachen TSCHUDI chron. hdvet. 1, 70. WILDWÜTHEND, adj.: der wildwüthende tumult J. v. MÖLLER 33, 19; ein wildwüthendes raufen gieng los VISCHER auch einer 1,169. — w i l d w t t t h i g , adj.: der zweite (riese) hiesz Widolt und war so wildwüthig, dasz sie ihn in ketten mitführen muszten SCHEFFEL Ekkeh. 330. WILDZAUN, m. l ) zu wild » . , zäun für das to'.ld oder gegen das wild, vgl. auch wildhag, wildheoke, Wildgehege. a) für das wild, um es in dem wald oder revier zu halten; von der herrschaft errichtet, theilweise auch mit rücksicht auf die felder der bauern; nach LIECHTENSTERN 10, 880 gewöhnlich aus jungen flehten, in form des andreaskreuzes gestellt und 4 dien hoch; vgl. auch DOMBROWSKI encykl. der ges. forst- und jagdwiss. 8, 416 und FÜRST ill. jagd- und forsüex. 802: die gewalt eines grundherrens, . . wildzäune . . anrichten zu lassen FLEMING vollkomm, teutscher jäger 60; mein graf will einen wildzaun anlegen längs der bäuerlichen grenze POLENZ Büttnerbauer l, 68; es gibt verschiedene arten auszer der oben erwähnten, vgl. aUgem. deutsche bibl. 60, 869: man hatte nämlich wildzäune als sog. ttuszere hegen entweder in form von wildhecken . . oder in jener Ton innern wänden aus planken SCHWAPPACH handb. der forst- und jagdgeseh. 8, 621. b) gegen das wild, um die felder und wiesen zu schützen, von den bauern errichtet: dieser sähe die rauhigkeit des ortes, die wildzäune, die geringen häuser mit Verwunderung an LEHMANN Obererzgebirge 19; dasz die (von den bauern errichteten) wildzäune an den Tier ecken Öffnungen haben muszten WIMMER geschickte des deutschen bodens S16. 8) seltener zu wild adj., natürlicher, lebender zäun SCHMELLER 9, 899; vgl. wildhag und -hecke. WILDZEHENT, m., zu wild n„ der zehnte vom erlegten wild: bienen-, fisch-, holz-, wildzehend LEOPOLI> hdwb. der Ökonomie 688*. WILDZEN, v., vielleicht verkürzt aus wildenzen, wildezen; auch wiltzen, wildzen geschrieben; luxemb. Welzen, weelsen, eUäss. w i l z e » , wilzerlen MARTIN-LIENHART 2, 890.

WILDZERLEGEREI — WILE

134

l) ursprünglich nach wild riechen oder schmecken, wie wildenzen, wildpern, wildbräunen: sein fleisch wiltzet auch sehr RYFF thierbuch 108. 8) Übertragen auch von sonstigem schlechtem geruch oder rauhem, geschmack; vgl. oben wilderinzen; namentlich in den mundarten: luxemb. Welzen, weelsen, elsäss. wilzen schlecht oder muffig riechen, von leuten, die ihre kleider oder Wäsche selten wechseln, oder von zimmern, in denen selten das fenster geöffnet wird; davon abgeleitet wilzeren nach getrockneten windeln riechen; vgl. auch Oberhees. wBlzich rauh und wild schmeckend (von obst, früchten) CRECELIDS 2, 916: der geschmack (des waids) wiltzt BOCK kreuterbuch 1, 72. 8) mit einer irrihümlichen anlehnung an wild adj., 'wild werden, aufbegehren, in wallung geraihen', wenn darin nicht doch etwa eine alte ableitung mit einfachem -ezen (vgl. ahd. tumbizen, thöricht sein und WILMANNS gramm. 2, 108) bewahrt ist; zuerst wohl bei GÖTHE und Mich ihm vereinzelt auch bei neueren Schriftstellern: es wildzt die innere natar (des baren) GÖTHE 8, 89 Weim. (LÜU park); es wildzt mir das blut im leibe, wenn ioh sehe, wie überall die lumpe zu etwas kommen HEYSE kinder der weit l , 44; wenn die festbetrachtungen kommen mit ihrer frömmigkeit, ihrem gemüt und ihrer nächstenliebe, 'wildzt' wenigstens in einigen doch die innere natur kunstwart 12, 1, 222. WILDZERLEGEREI, f., s. wildfactorei. WILDZEUG, n, seltener m., zu wild adj. l ) wild, namentlich kleines raubwild, s. oben raubzeug: die germanischen magnaten . . trieben nur die vornehme jagd auf schwarz- und rotwild und überlieszen die Säuberung der Auren von gewöhnlichem wildzeug dem gemeinen manne WIMMER geschickte des deutschen bodens 816; selten von eszbarem wild: gut wildzeug, brummte er, feine vögel, werden einer hohen klerisei basz munden HANDEL-MAZZETTI Jesse und Maria l, l. 2) rohstoff, der erst durch Verarbeitung oder Zurichtung werth erhält, vgl. oben wild adj. I I I B 16: man findet zinnober . . . als . . . schwarzer wildzeug aUg. deutsche bibliothek 48,188; man findet. . w i l d z e u g s c h i e f e r ebd. 8)jagdzeug SCHMELLER 2, 900: eine offenbare reminiscenz des wilden jägers, der jetzt aus dem jungen burschikosen Jena ausreitet und dessen jagdpersonale, wildzeug, hifthörner, hundekoppel und weidwerk, am tages lioht besehen, auf ein mandel mausender eulen hinauslaufen JEAN PAUL 80, 60 anm. WILDZIEGE, f., wilde ziege: im Himalaja nährt er (Irbis) sich von . . wildziegen BREHM thierleben l, 479; keine andere w i l d z i e g e n - o d e r w i l d s c h a f a r t 8, 220. WILDZIEMER, m., zu wild n., Wildbraten: den hammelziemer, den ich unter dem hauptliede zu einem wildziemer überspicken sehen JEAN PAUL 6,109. WILDZORNIG, adj.: er wurde deshalb wildzornig auf alle FREYTAG ahnen l, 117. • W I L D Z U C H T , f., zu wild n. l ) nach analogie von Viehzucht, als erwerbstweig: Viehzucht und wildzuoht . . beleben . . die gegend ROSEQGER H 12,108. 2) als forstwissenschaftlicher fachausdruck 'sorge für die zucht und Vermehrung des freien wildes', ein theil der wildheg» LORET handb. der forstw.s 8,409; DOMBROWSKI encykl. der ges. forst- und jagdwiss. 8, 467. W I L D Z W I E B E L , f., auch wald-, feld- oder meerzwiebel; sguilla DIEFENBACH gloss. 649°; Scilla maritima PRITZEL-JESSBN (herbarius Pataviae I486); bulbu» agrestis ALBERUS CCIIIJ*. W I L E , interj., ruf tum locken der gänse oder kindliehe benennung der gänse selbst, auch wille, wule, wulle, meist in Verdoppelung auftretend; waldeck, wil® w i l « l (wil®gous gans) BAUBR-COLLITZ 114»; sächs. liwl, IIb IIb! wlle wilel wüle wüle) hüle hülel heise heise! MÜLLER-FRAUREUTH sächs. volkswörter 89; schlesisch wullwullwull, willwillwill, willawilla willwillwill, pilpillpill pilla pilla pilla mittheil, der schles. gesellsch. f . voüu9*

135

WILETZKIND — WILGENWEIDE

WILGEN — WILL

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künde 18, 111; preusz. Wille, will name und ruf für die nen wilgenwiden gesessen, do die lüstlichen knöpf an ente FRISCHBIER; näheres über diese loekrufe bei GRIMMsint, die do stond an den wesserigen Stetten GEILER VON KEISERSBERO bilg. 1994. gramm. 8, 809; SUOLAHTI vogelnamen 481. WILGEN, subst. plur., dornstrauch, eine in Virginien W I L E T Z K I N D , n„ W I L E T Z K N A B E , m„ auch w i l l e t z knabe, wort von dunkler Herkunft und bedeutung; einenheimische pflanze CAMPE. erklärungsversuch ('Wieltmdskinder') s. bei SCHMELLER 2, WILGEN, v.; auch bewilgen, mit ablaut walgen, 890; nur belegt in HANS ROSENPLUT der wiletzkinder vas- welgen rollen, wälzen SCHMELLER 2, 891, s. oben walgen, Walgern th. 18,1227. 1286, sowie wilgern v. unter nacht, einem spiel, in dem die söhne dem vater sagen, was wilger sie werden wollen, nämlich badekneeht, weinknecht u. s. w.: f. WUJGER, f., m., auch wilker, plur. wilgern, wilkeren; so wil ich ainen spilplatz haben und darzu eitel wuletzknaben, rundlich geformte, pfropfenähnliche masse, namentlich ein den wil ich legen Würfel und karten fattnachtupide 689 Keüer. durch reiben beider hände entstandener kleiner, runder körper, z. b. aus lehm oder aus teig, den man von den WILFLING, m„ halbwollener stoff, s. Wifling. bänden abreibt; STIELER 2480 der wilger, welger; gött. wilkere /. und wilkeren v. SCHAMBACH; thilr. (Harz) WILGE, f., weide, salix, hauptsächlich dsässisch und wilker, f., runder, walzenförmiger körper, wil-jere (ostniedersächsisch; SCHMELLER 2, 90*. thür.), wilkern (Harz) v., rollend wälzen HERTEL 268; I. Verwandtschaft und form: angels. wilige und mittel- vgl. auch oben th. 18, 1284 walger, wälger, wolger und engl, wilie weidenkorb; mittelengl. wilge, wilge, wilwe, unten wulger: nehmt die trogscharre wahrer bnsze mit wilowe; engl, willow, willy weide; niederl. wilg; ostfries. beiden bänden und kratzet aas dem tröge eures herwilge TEN DOORNKAAT-KOOLMAN; mnd. wilge, willige zens alle wilgern der sttnde und schände wider die h. SCHILLER-LÜBBEN; ndd. und ostpreusz. wilge brem.-ndd.10 geböte HERBEROER evang. herzpostille (1862) 240. — Wörterbuch, F R I S C H B I E R ; ndd. auch W i c h e l K R Ü N I T Z wilgergezeag, n., handmangel, rollzeug, thür. HERTEL. 9, 682, brem.-ndd. Wörterbuch 6, 286; eisäse. wilje, willig, — wilgerholz, n., auch walgerholz, weigerholz, nudelpfälz. welche, wilche MARTIN-LIENHART; ferner nach walze, windelholz HERTRICH 64. 67. den untenstehenden belegen auch wilg, wttlge, willige, WILHELM, m., eigenname, übertragen auf Sachen. williche; s. auch wilster f. HOOPS indog. forsch 14, 182 sieht als grundbedeutung an 'biegsamer zweig, schlingt.1) falscher zopf(in der Verbrechersprache) Württemberg, vierteljahrshefte n.f. 16, 77. 2) die sprossende felsnelke, II. bedeutung und gebrauch. dianthusprolifer CAMPE, preusz. FRISCHBIER; besonders in den Verbindungen wohlriechender W i l h e l m schöne meist'weide' im allgemeinen.-saUcetumDizrmBACB gloss. 608*, salix 508b, nov. gloss. 826*; aber auch von be-trichterwinde, ipomoea guamoclit C A M P E ; auch federwilsonderen arten, z. b. elsäss. wilgenbaam salix alba helm PRITZEL-JESSEN ; schöner gartenwilhelm dianthus barbatus SANDERS 2, 2, 1606". — wilhelmsbart, m., SCHMID; in der regel von den angepflanzten weiden (korbein Vollbart mit ausrasiertem kinn, wie ihn kaiser Wilweide, edelweide), im gegensatt tu den wildwachsenden; auch vonsonstigen, weidenähnlichen pflanzen: salieiumhelm I. trug: einen kurzen blonden wilhelmsbart FIvelfllex, ein wylg GERSDORFF wundarznei 91,2b (tloiabul. SCHER denkw. u. erinn. e. arbeiters * 188 Oöhre. herbarum); namentlich für solche mit weidenähnlichen W I L I S C H R E N N E N , » . , Wilsches rennen, lanzenstechen blättern wie für 'epilobium angustifolium' (wilde wilge beim tjost über eine bretterwand, vgl. oben th. 18, 1844 c, Ostfriesland) PRITZEL-JESSEN ; für die famüie der 'oeno- sowie die nebenform welisch ebd. 1827: wie denn sonderthereen' HEUFLER botan. beür. z. deutschen sprachsch. lich 14; folgende spiele wohl zu merken: . . das wilisch für 'cornus sanguinea' (roode wilge Oldenburg) PRITZEL- rennen in den armen FLEMING vollk. teutscher soldat JESSEN; vereinzelt für die ulme, deren biegsame zweige 24 §10. wie weidenzweige verwendet wurden DIEFENBACH gloss. WILSEN, subst. plur., norweg. välka, kärnth. wilken 626*: wer hinnanfärder off unser stette almende wilgen an den füszen SCHMELLER 2, 907. l) die durch rachitis setzet oder ander böme one urlop meister und rates veränderten knochen, weiche beine; 2) leichdorn als (1427) EHEBERQ Verfassungsgeschichte d. st. Straszburg 1,80; totes gewebe, das feucht maeeriert, welk geworden ist HÖFallerlei standen und gartenbäumlin, so zum flechten und LER krankheitsnamen. binden dienstlich, als weiden, lindbast, ihnen, ifenholz W I L L , adj., adv. oder riistb&um, erlen oder eist, liszbäum and allerlei wilgen, welche die wisen umgeben sollen SEBIZ (1680) 8; 1) mundartlich für wild adj., s. d. man sol pfä.1 oder stützen von weiden, felbingern oder 2) ndd. will, will« angenehm, erwünscht, von derselben wilgen hauen 60; ihre pflege war manchmal einem be- wurzel wie wille m. und wollen v.; angels. will und sonderen wilgenmeister anvertraut: ein jeder, so zu mittelengl. wil, wille desirable, agreeable BOSWORTH, wilgenmeister angenommen, soll. . . alle die wilgen in S T R A T M A N N ; gebucht von ADELUNG und CAMPE als anunserm bann zum allertreulichsten und Tleiszigsten geblicher bestandfheil von willkommen; will DÄHNHARDT treuhen SMettstadter stadtreckte 2,1018; er soll . . . die plattdt. wb.; wille brem.-ndd. wörterb. 6, 258; mecklenb. wasen zue den wfilen und bollwerken ordenlich und will MI. nur prädicaüv und adverbial. nutzlich uflegen und auch mit willigen, welholz nftl a) angenehm, erwünscht, namentlich in den Verbinwas darzu gehört, . . mit vleisz versehen 2, 572. dungen will und angenehm, will and Woll, will and wilgenbaum, m„ ndd. wilgenboem verebrum (slav. weioh: ja das interim auf der papisten seite noch werba) DIEFENBACH gloss. 6IAB. — wilgenblflte, f.: etwas willer and angenemer vorfertiget worden als es wilgenbiut (Jtos salieis) codex lat. Monacensis 16487, 104 der churfürst von Brandenburg dem Bucero zu verbei SCHMELLER 2, 904. — wilgenbusch, m.: hiesz sie lesen behendigt hette SASTROW 2, 886; et is alles will sioh ander den wilgenposch dort hin ins gras strecken und wol sie sind ganz zufrieden mit einander DÄHNOarg. 164 neudr. — wilgengerte, f., FISCHART biHARDT; allens . .wir will and woll REUTER (Wismar) nenkorb (1688) 260b. — wilgenholz, n.: echinen, ge- 9, 46; g&ng and g&w, blink and blank, holl and boll, macht von . . . dürren wilgenholz BRAUNSCHWEIQ chidoli an voll, will an woll (wohlgefällig, friedlich) korrerurgia (1689) 92*. — wilgenlaub, n.: man soll auch spondenzbl. d. ver. f. niederd. sprachforsch. 21, 8; idt is den habich also halten, dasz man in weiden odder daar alle wille and woll es herrscht ¿ort völlige Zufriedenwttlgen laob anderstreue RTFF thierbuch Alberti magni heit, brem.-ndd. wb. 6, 268.; will and weich, jast als die o 2b. — wilgenmeister, m., aufseher über die weiden brustfeder von 'ner eidergans not. ztg. 87 (1884), 16 bei Pflanzungen, s. oben wilge f. — wilgenstock, m., SANDERS erg.-bd. 687 b ; in Zusammenstellung een will weidenstamm: zuvor war dieses kreuz ein krummer, dode ein verstorbener, über den sich niemand grämt angeschickter wilgenstook oder weidenstamm gewesen DÄHNHARDT; vgl. Übrigens Willkommen, sowie angels. SCHMRBOANS Str ^stburger münstersagen 49. — wilgen- wilboda, wilgnst, willspell erfreulicher böte, gast, erfreuweide, f., weidenbaum: da . . bist aber ander die grü- liche rede.

137

WILLBRIEF - WILLE I.

b ) willig, namentlich übertragen von messem und schlossern, die wegen schwacher federn sich leicht öffnen

und scftlieszen lassen: dat mest is wille, dat slot geit w i l l e Dp brem.-ndd. wörterb. 5, 258. c) weit,

geräumig,

von kleidern, ringen:

dat kleed,

de ring is mi to wille ebenda. W I L L B R I E F , m „ s. Willebrief. W I L L E , W I L L E N , TO., sehwach, stark und gemischt flectiert, voluntas. I. herkunft,

Verwandtschaft

und

form.

A. Verbalsubstantiv von der gleichen wurzel wie wollen, ndd. w i l l e n » . ; verwandt mit wähl f.; indogerm. Stammform etwa veljön m.; sanskr. v&ra-s m., griech. ßovXr/, altslav. volja f., litt. w&le, wale, lett. wata, czech. vüle, poln. wola; got. wilja, an. yili (vgl. auch vil n. FRITZNER, vil /. 'begierde, lust' GERING, sowie vilna v. begünstigen), schwed. vilja, dän. vilje, ags. willa m., will » . (vgl. auch wilnian v. wünschen), engl, will, altsächs. willio, niederl. wil, ahd. willio, willo m„ mhd. wille m., vereinzelt welle: vele (sächsisch) propositum DIEFENBACH gloss. 486*; ze wellen dir HÄTZLERIN 68; gesellen: wellen HEINR. W I T TENWEILER ring (15. jh., gegend von Ulm) 32° 12; köln. welle HÖNIG; eis. weis (neben wila) MARTIN-LIENHART; sonstige mundartliehe besonderheiten s. unter flexion.

B. flexion. neben, der sehwachen flexion, die bis zum an fang des 15..jh». herrschend ist, finden sich vereinzelt im mittel hochdeutschen und bis ins 16. jh. stark flectierte formen nom. will, gen. willes, dat. acc. und plur. will, wille; vgl. das ebenfalls gerne stark flectierte mutwill; die im neuhochdeutschen herrschende gemischte flexion (nom. wille und willen, gen. willens, dat. aee. willen, plur. willen) tritt im 15. jh. auf und hat sich bereits am ende desselben durchgesetzt wie bei häufe, glaube, name, same, schade, funke, mutwille, Unwille, widerwille schlieszen sich dem Vorgang des grundworts an, das nunmehr nicht mehr der flexion Her n-Stämme, sondern der der alten nastämme wie wagen folgt; vgl. zu dieser entuticklung W I L MANNS deutsche gramm. 8 § 186, 8, sowie PAUL-BRAUNE beitrüge 27, 810. SM. l)

138

W I L L E I. II.

nominativ.

loth. wellen (neben wille) FOLLMANN; dsäss. vor vocal willen MARTIN-LIENHART.

2) genitiv. willen: mitteUiochd.; vom 16. jh. nur noch vereinzelt und (namentlich in Sachsen und Schlesien) bis ins 18. jh. .willn ZINKGREF gedickte 14 neudr.; BUCHOLTZ Herkul. 1, 818. 478» neben häufigerem willens; HOHBERG georgica (vorrede); BRAUN a. a. o. des willen oder des willens.

willes (theils stark, theils mundartlich für willens): synes wylles Karlmeinet 309 Keller; darzft was er nie willes gewesen WICKRAM 2, 80,10 Bolte.

willens: vom 16. jh. an »ich rasch durchsetzend, namentlich in der Verbindung willens sein (vgl. auch die alte adverbiale anwendung willens, willes 'freiwillig' unten E); begir des willens DIEFENBACH gloss. 381*, ein zeichen des willens 386°; des ersten göttlichen willens MARCUS VON DER LINDAUWE (1483) 48*; aigens willens NICLAS VON

WTLE translat. Keller 47, 8; freyes willens BON ER (1531)

Justinus 6*; eigens willens Herodot 5•; willens H. SACHS 20, 129, 18; bei sämmüichen neben älterem willen, vereinzelt willns ALBERUS Jijj b .

3) dativ, accusativ. willen, auch einsilbig, namentlich oberdeutsch, willn: DIEFENBACH nov. gloss. 808B pretendere, gloss. 412 B parare, 468* pretendere; sein bösen wiln SCHEDE psalmen

29, 18 neudr. wille, wohl theilweise mit der mundartlichen abstoszung des n zu erklären; namentlich nach präpositionen häufig: schaffen slnen w i l l e ALBRECHT V. HALBERSTADT 6, 100

Bartsch, nach minem wille 21, 199; im gottes wille

LUTHER in Wackernagels kirchenlied 3, 17; das landvolk (hat) ein wille zu (dem herzog) TSCHUDI chron. helv. 1, 243; Widder der fnrstinnen wille KANTZOW chron. von

Pommern 246; durch der koninginne wille Marienburger treszlerbuch 818, 17; wohl mit gewollter alterthümlichkeit bei BRENTANO 8, 143:

durch der geliebten wille (: stille); will mit mundarü. apokope des e: wil habin DIEFENBACH nov. gloss. 288b; dem freien will ABRAHAM A ST. CLARA

Judas 2, 4; ebenfalls besonders nach präpositionen und on ir wil und gefallen BERTHOLD

in festen formein: v . CHIEMSEE

120;

mit

des

meisters will

FISCHART

Eulenspiegel 140 Sauffen; umbs glaubens Christi will, nach seinem wil gesch. lieder und Sprüche Würtembergs 90, 7. 25; ohne iren will HAYNECCIUS Hans Pfriem 24, 460 aller will und meinung STUMPF Schwytzerwill (mit landschaftlicher tUgung des endvocals) im neudr.; wider chron. 28B; um deinetwill BRENTANO 2, 209. 15. und 18. j)t. vorherrschend, namentlich oberdeutsch; auch LUTHER nicht fremd: ein letzter will 8, 621 Weim.; 4) plur. willen, obd. auch will: sovil köpf alsvil

wille: mittelhochdeutsch, LUTHERS bibel; herrschende form für die Schriftsprache seit dem 17. jh.. während das jetzt mundartliche wille fheilweise aus willen gekürzt ist.

im 17. jh. noch bei GRIMMELSHAUSEN und ABRAHAM A ST. CLARA ausschlieszlich; bei P . GERHARDT, ZINKGREF, STIELER, RÄDLEIN, DENTZLER neben wille; be-

sonders lange erhalten in formein wie will und meinung, ». unter G, sowie im reim zu still DÄNHARDT griechische dramen

2, LT; SPRENG Ilias

89";

DROSTE-HÜLSHOFF

8, 148; ferner basl. will SEILER, österr. und steir. will ANZENGRUBER, ROSEGGER, eis. wel in formein LIENHART, lofhr. FOLLMANN.

MARTIN-

willen, auch einsilbig wiln, im 16. jh. auftretend, zuerst wohl auf batfrisch-österreichischem Sprachgebiet, wo es neben will auch herrschend geblieben ist: DIEFENBACH nov. gloss. 88111 tentio (Innthal 1429), gloss. 8811 nisus, M6* propositio; vom 18. jh. an mit zunehmender häufigkeit z. b. bei WICKRAM, SCHEIT, FLEMING, HOFFMANNSWALDAU, LOHENSTBIN, ABRAHAM A ST. CLARA, BREITINGER, WEISE, LICHTWER, BÜRGER, KLINGER; von STIELER (1691) noch als vulgäre nebenform bezeichnet; trotzdem auch bei dichtem häufig, namentlich im reime zu stillen, erfüllen, füllen bei WEISE, A. W . SCHLEGEL, BRENTANO oder zur Vermeidung des hiatus: willen und kräfte HERDER 9, 294; PLATEN (1839) 180 (gläs. pantoffel); bei BRAUN orth.-gramm. wb. (1798) als gleichberechtigt neben w i l l e anerkannt, was auch dem 0tatsächlichen zustand entspricht, vor allem in der Umgangssprache und in Süddeutschland; vgl. auch mutwillen, Unwillen, widerwillen; bair. w i l l n SCHMELLBR; Oberhees, win, w8nn CRECELIUS;

aigen will BERTHOLD V. CHIEMSEE 266; beder will tun v i l FRANCK sprichw.

1, 81".

der gebrauch de» plur als, der in der alten spräche häufiger ist, beschränkt sich in der neueren fast ganz auf die gewählte Schriftsprache: di willen di sint alle da z. f. d. aUerth. 7, 490; die güten willen one werk der ewigen wiszheit betbüchlin 61b; do man die willen, so sonst widerwertig waren, mit einander vereiniget LUTHER 83, 284, 86 Weim.; der

unsch&tzliche Vorrat deren willen, die seinem willen

ganz williglich aufgeopfert seind WECKHERLIN I , 214

Fischer; aus zwei willen einen machen, s. unten H;

bei ihren willen sind sie zu wankelmüthig FLEMING

vollk. teutscher soldat 6, § 15; sieben individuelle urtheilskräfte und sieben willen JUNG-STILLI^G 3, 285; die verschiedenen willen der Individuen FICHTE wesen d.

gelehrten 48; ja mit dem besten willen leisten wir so wenig, weil ans tausend willen kreuzen

GSTHE 10, 266 Wehn, (natürl. tochter 1, 5).

n. bedeutung und gebrauch. der bedeutungsumfang und Verwendungskreis des Wortes ist ursprünglich ein viel weiterer, als der heutige Sprachgebrauch erwarten läszt. er umfaszt nicht nur das wollen oder die äuszerungen des woUens im eigentlichen sinn, sondern erstreckt sich auch auf das fühlen, vor allem auf

139

WILLE II A l.

140

WILLE H A s .

die gesinnung und die gemüthsstimmung, ferner auf die triebhaften regungen und begierden, vor allem auf den geschlechtstrieb. so findet sich im ahd. wille als glosse

gerne in gegenüberstellung zu anderen Seiten des geistigen oder seelischen lebens, wie verstand, einsieht, talent, gefilhl, phantasie:

nicht nur zu volontas, intentio, propositum, Studium, Votum, impetuB, arbitrarium, sondern auch zu sententia, censio (meinung), affectus, affectio ( n e i g u n g ) , spiritue, mens, anima, ratio (geist, sinn), volaptas (begierde), placitum, nutus, oonsensus (einwilligung) GRAFF 1, 88A.

sS sehent si doch mit vollen ougen, herze, wille und all der muot WALTHER 99,88;

des nam er an sich unde las (nahm zusammen) den willen und die sinne trojan. lerieg v. 747 Kelter; wo war dein herz, will und verstand, da sich des himmels decken erstreckten über see und land und aller erden ecken? P . GERHARDT bei Fitcher-Tümpel Mrchenlied 8, 868";

die glossarien und der gebrauch, des mittelalters und des 16. jhs. zeigen dieselbe Vielseitigkeit der Verwendung; vgl. Verbindungen wie willen tragen zu, w i l l e n (freude) haben a n , einem den willen m a c h e n , oder in den w i l l e n k o m m e n ; sodann a u s , d u r c h , über, v o n , vor willen.

ordentlicher w e i s e h a t w e d e r verstand noch w i l l e einigen

antheil (am complimenf) RABENER 8, 178; w i r wissen ferner finden sich auch ansätze zu einer sachlichen und n u r zu sehr, dasz die Überzeugung nicht v o n der einpersönlichen bedeutung von wille als 'freiwillige gäbe, ent- sieht, sondern v o n d e m willen abhängt GÖTHE I I s, 18 schädigung, gegenständ des Verlangens, ideal', ohne dasz Weim.; es ist Vorstellungskraft und w i l l e d a SCHILLER jedoch diese zu einer völligen loslösung von der grundbe- 1, 150 (versuch über den Zusammenhang); macht die redeutung geführt hätten, eine besondere eigenihümlichkeit gierung flasco in dingen, die menschliche einsieht und des älteren gebrauchs sind die üppige entfaltung der ver- w i l l e überhaupt nicht beherrschen BISMARCK gedank. hüllenden Verwendungen erotischen Charakters, s. unten F,u. erinner. 8, 88 volksausg. sowie die zahlreichen formelhaften Verbindungen, Sprich8) das wollen im einzelnen fall und mit Vorstellung eines wörter und wortpaarungen, s. unten 6 und H. während bestimmten zieles, der einzelne willensakt, die einzelne noch bei GÖTHE von diesem reichthum vieles lebendig ist, willensäuszerung; meist gleichbedeutend mit absieht, hat das 19. jh., auch in der Volkssprache und den mundvorhaben, wünsch, begehr, lust, begierde, befehl, gebot, arten, den kreis der Verwendung bedeutend enger gezogen erlaubnis, einwilligung. und auch die meisten formelhaften Verbindungen auszer a) absieht, vorhaben; gerne in Verbindungen wie den gebrauch kommen lassen, gleichzeitig haben unter dem einflusz der philosophischen fachsprache das wort und der w i l l e n haben, vgl. C, willens sein, vgl. E , meinung u n d begriff wille, wenigstens für die spräche der gebildeten, w i l l e n , m u t h und w i l l e , vgl. G : der knecht . . seins vielfach eine schärfere prägung und abgrenzung, einen herrn w i l l e n weisz SCHEIT die fröhliche heimfahrt A I I I * ; ja er sagt, er wolt' ihn gerne (feinen tchatz, d. h. tetn altes mehr abstracten inhalt und eine kräftigere klangfarbe wetb) . . erhalten, als sie dem alten gebrauch eigen waren, vgl. bildest in die erde scharen, ist der wille dan nicht gut w i l l e z u m leben,

w i l l e znr macht,

es ist mein wille.

der ältere gebrauch von wille 'gesinnung' lebt dagegen noch heute weiter in mathwille, Unwille und widerwille. als selbstständige Wörter haben sich von dem grundwort schon in der alten spräche losgelöst willens (ursprünglich auch adv.) und willen, um-willen präp.

verwegner,

GROB dichter, versuehg. 68; ich verstehe deinen w i l l e n K L I N G E R werke

8, 58 (Fausts leben); wenn man den willen und die pläne des herrn der w e i t zu k e n n e n behaupte BISMARCK briefe an seine braut u. gattin 8. stärker

auch 'entschlusz',

so z. 6. auch in den schon

älteren Verbindungen auf den willen k o m m e n passional gliederung des stoffes: A. bedeutungen. 1) das wollen im allgemeinen, 3) die einzelne wiUensäuszerung 47, 74; einen v o n d e m w i l l e n bringen Parzival 186, 18; (yorhdben, wünsch, begierde, gebot, erlaubnis), s) das sitt- den willen fassen L U D W I G (1716). lich gute oder böse wollen, 4) die Willenskraft, 6) Selbstgerne im gegensatz zur ausführung oder that, 8. auch bestimmung -und freie Verfügung, 6) Charakter, Persönlich- unten 7: keit, 7) gesinnung, 8) freude, gefälligkeit, entschädigung, es ist der will eben gerad und gleich so vil, 9) ideal, 10) wille als philosophischer begriff, abgrenzungen, als hetst du es tuun mit der that ll) klangfarbe; B.—D. substantivische, adjectivische, verHANS SACHS 81, 256, 14 KeUer-Qötze; bale und präpositionale Verbindungen, E. willens, F. die wie glauben wir, dasz dies (die vollendete thatsache) dem verhüllenden Verwendungen, G. formelhafte wortpaarungen, H. redensarten und Sprichwörter, J. Zusammensetzungen. könige w ü r d e zu gemüth gestiegen sein, der a n d e m herzog so sehr den willen geahndet L E I B N I Z deutsche A. bedeutungen. Schriften 1, 807 ; wir richten ob der that, den willen gott 1) das wollen im allgemeinen, ohne Vorstellung GRILLPARZER (1887) 7, 6 (jbraderzwitt I). eines bestimmten Zieles; wille als reines Verbalsubstanb) 'wünsch, begehr', namentlich in Verbindungen ine tiv, aber gleichzeitig als bezeichnung für den inhalt des den willen thun, erfüllen oder in formein wie wünsch wollens, das gewollte, vgl. unten 10: dein wille geschehe, auf erden w i e i m h i m m e l Matth, e, 10; so . . . können w i r allein unsren w i l l e n durch bezeichnung der buchstaben zu verstehen geben HARSDÖRFFER teutsch. sewe-

tariue l, (b) n*;

und willen, wille und gefallen, w i l l e u n d begehr;

10 b : allen einen willen er in reden bat

Nibelungen 406, 8r

mein willen soll sich zu deinen füszen legen HOPFMANNSWALDAU

heldenbricfe

da eins gemttths und willn ein par ehvolk sich meint ZINKGREF

weil . , der

wille

der

auterl. ged.

14;

MÖRIKE 1,147;

nicht m e h r m e i n e m wil-

ich w ü r d e die feineren exemplare deB Philotas hier für

sein

musz

dein himmel ist schon hier auf dieser erden, wenn rein dein wille und dein auge licht I Z. WERNER Martin Luther 18; in ihm lasz deinen willen rnhn!

aber der w i l l e w i r d bis z u m letzten a t h e m eurer

ged. u. erinn. (anhang) l, 885; auch übertragen von unpersönlichen begriffen, wie z. b. m a j e s t ä t gehören BISMARCK von

naturkräften:

mit

ParztvaX 484, 11;

durch die (buchstaben) schicken w i r unsern w i l l e n in andere land STAINHÖWEL de claris mulieribus 99, 6; aber die weil als ich . . bei euch gewesen, . . merket ich euer neigung und w i l l e n , dasz ir solches gern i n deutsch transferieret h a b e n woltet H U T T E N 1, 847; was ist ihr lust und wille? CREIZENACH ichausp. engl. comSd. 149,16;

herrschaft ihr w i l l e

meine arbeitskraft entspricht

etslicher stnen willen sprach, als im sin bester sin veijach

75;

WOLFF verm. ged. v. d. gesellschaftl. leben 184;

len;

wegen

der von dem neueren Sprachgebrauch beobachteten schärferen Unterscheidung von w i l l e und w ü n s c h vgl. unten

eingezogenen

borke,

dem w i l l e n des stromee

MEYER

novellen 8,18.

rudern

fuhr

die

sich überlassend C. F .

sie h a b e n

binden

lassen,

wenn

ich ihren w i l l e n

ge-

w u s z t hätte LESSING 17,176; ist's aller wille, dasz verschoben werde SCHILLER 14, 834 (Tett 8, 8).

stärker 'das verlangen nach, die lust oder die begierde tu etwas oder zu jemand', namentlich in geschlechtlichem

141

WILLE II A s.

WILLE II As. 4.

sinn, wofür sonst häufiger mutwille, s. oben th. 5, 2833; vgl. angels. willa desire in an unfavourable sense BosWORTH 1226*, mittelengl. wille Umging STRATMANN 685* und altnord. VIL begierde, tust FRITZNER, GERING; gerne in Verbindungen wie seines willens pflegen, seinem willen genüge than oder in formein wie lust and wille, begierde and wille: will zfi haben(1468)DIEFENBACH nov.gloss. 29; der will vis concupiscibilis (16. jh.) gloss. 622°; einen willen worza haben STIELER; woher doch solcher appetit and wille sein erste ursach neme THURNEYSZER magna alchymia vorr.; eine solche antwort . . , die ihme allen last and willen ihn anzunehmen vertrieben GRIMMELSHAUSEN 2, 462 Keller (Vogelnest); o, mägdlein, sieh die Haschen leer, und voll ist noch mein willen BRENTANO 2,148. in geschlechtlichem sinn: ich het nicht gelaubet, dag da dich Tor mir keiner deiner begire oder willen verporgen oder geschachtet hettest ARIGO decamerone 132, 33; ir wille mer und gröszer was dann der sein 268, 8; aber die frau, die vormals irem willen kein genüge than hette, den stndenten wider zfi ir legt LINDENER rastbüchlein 10. c) von höherstehenden stärker 'das gebot, der befehl': sag mir, was ein volgender wille (gottes) sei, wan du mir genag von dem vorgenden willen . . gesagt hast MARCUS V. D. LINDAUWE buch der gehen gepot (1483) 63B; nach des griechischen herzog willen von stand an setzet sich der häuf SPRENG IUTU 1 6 * ;

142

ihren willen za der reise gegeben i. GRIMM kl. sehr, L, 8. von der geliebten die erhörung: sie wöhret sich mit ach und wehe, wolt bleiben in dem wittibstand, kein willen ich bei ihr nicht fand SPRENG Äneti 67». 8) das wollen vom sittlichen Standpunkt betrachtet als gut oder böse, vernünftig oder verkehrt, vgl. auch unten B guter, böser wille; a) als sittlich gut und vernünftig, gegenüber der Willkür, der leidenschaft, dem laster: weilen nun gott ist das vollkommenste wesen, und der will nichts anders, als ein verständiget trieb L E I B N I Z ätsch, sehr. 2, 86; seine Weisheit wie seine thorheit, seinen willen wie seine Willkür leiht er (der mensch) den thieren, den pflanzen, den elementen and den göttem GÖTHB 20, 47, 18 Weim. (wählverw. 1, 4); bedingung und gesetz und aller wille ist nur ein wollen, weil wir eben sollten, und vor dem willen schweigt die willkttr stille GÖTHB (Stuttg. 1833) 4 9 , 1 3 (eimeUteOen. maxtmen U. refiexionen); es gibt nar eine tagend, den reinen, ernsten willen, der im augenblick der entscheidung anmittelbar sich entschlieszt und wühlt NOVALIS 4, 238 Minor; ich glaabe an die macht des willens and der bildung S C H L E I E R MACHER Athenäum 1 I I , 111; das, was er seinen willen sonst genannt, wofür als pflicht, als neigung er entbrannt, ein wollen, eine liebe hat's verschlungen DBOSTE-HOLSHOPF 2,140.

wolt ich, wir nie verlieszen b) als sündhaft, verkehrt, eigenwillig, willden minsten willen dein kürlich, im gegensatz zur pflicht, zur Vernunft und SPBB trvt&nacMtgaU 81, 8; zur stimme des gemissens; gerne in Verbindungen wie den sprich, was duOPEL-COHN thust. sei kaiseis willn krieg 2, 6. willen zänmen, zügeln, brechen; vgl. engl, wilful eigendreiszigjähr. d) vereinzelt die concrete äuszerung eines Wunsches oder sinnig: sunder allein unser will ist ein arsach der sünd, in dem so er thut, das er lassen solt, oder last, befehle, die botschaft oder der letzte wille; vgl. zu das er than solt G E I L E R V. K E I S E R S B E R Q bügerseh. (1612) letzterem engl, will 'testament' und nach wille codicül, B v°; oben ih. 7, 232: brich des bSsen Seisches sinn, und du, der des verr&thers willen (botschajf) bringt, nimm den alten wülen hin erröthest nicht, solch einem herrn zu dienen? P . GBRHABDT bei Fischer-Tümpel UrchenUeä 8 , 8 1 1 ; GÖTHB (Stuttg. 1827) 7,169 (Mahomct 1, 4); thu alles mit bedacht and zäume deinen willen ausgeathmet hat der gute GROB dichter, vermchg. 30 (Nr. 72); Cid, der von Bivar sich nannte, wären wir von n a t a i so beschaffen, als es die regeln zu vollbringen seinen willen, ist Gil Diaz jetzt bedacht der gesunden Vernunft erfordern, so bedürften wir keine HBRDBK 28,688 (Cid 88); gesetze, die onserm verkehrten willen gewisse schrancken setzen Liscov 643; sei deines willens herr and sollte ich sterben, so wird die Seitenlinie nnseres. hauses deines gewissens knecht EBNER-ESCHENBACH L, 14. gewisz meinen willen ehren, den ich die herren ärzte 3 zu bezeugen bitte GUTZKOW ritler vom geiste 8, 127. 4) der wille als kraft, 'fähigkeit des Wüllens, bewusztes, planvolles, starkes wollen', meist im e) mit abschwächung auch die einwilligung, ergegensatz zur Schlaffheit, passivität: der wille that alles laub nis, namentlich in Verbindungen wie seinen willen velle instar omnium D E N T Z L E R clavis linguae latinae geben, jemandes willen erlangen, mit dem willen je863*; der wil ist des werks seel SCHOTTEL 1142 (spriehw.); mandes, sotoie in paarungen wie gonst und wille, wille b der wille macht den mann and gefallen; asscnsus DIEFENBACH gloss. 86 , obsequium b WANDBB spriehw. lex. 6, 288, 46. 889 ; mit deinem willen tuo permissu, concessu DENTZwohl kr&ater g&b's, des kSrpers qual zu stillen; LER; will, beifall consenso RÄDLEIN; vgl. auch angels. allein dem geist fehlt's am entschlusz und willen willa consent, aeeord BOSWORTH und engl, to get oder GÖTHB 8 , 2 6 Weim.; to have a person's will, ndd. willen hebben erlaubnis die jugend, sagt man, bilde sich zuviel haben DÄHNHARDT, sowie unten willebrief: auf ihre kraft, auf ihren willen ein 10,266 Weim.; er bot den willen stn ob liebe die gröszte leidenschaft sei, and ob za überSt. Ulriche leben 823 Schmaler; winden, versteh ioh nicht, bei mir ist sie willen, mäohmit des rata gunst and willen Nürnb. polizeiordnungen 26; tiger, unüberwindlicher B E T T I N E briefe 2, >8; Nicolaus I. schaffet mit des keisers willen, dasz kein dasz der mensch sich frei entschlieaze,.. gab ihm gott des willens kraft lei in der geistlichen ratschlag and wal sein sol FRANCK MÜLLNBR 1 , 6 7 (der 29. februar); chronicon Oermaniae 82*; vereinigten sie sioh . . ., das dasz es an trieb und willen nioht gefehlt G Ö R R E S «ie dasselbig (Preuszen) . . . anter den christentamb briefe 3, 90; harmonische, freie and maezvolle geistesbrengen wolten, and haben darauf des bapsts and keiarbeit veredelt aber nioht blosz den köpf, sondern den sers wille erlangt KANTZOW Chronik v. Pommern (fetzte ganzen leib, sie stärkt den willen and mit dem willen bearb.) 148; wan sie in für ein erweiten künig allweg die nervenkraft R I E H L die deutsche arbeit 290; der eingehalten, and mit sohwigendem willen darzft gehallen zige fehler dieses . . . gelehrten war, dasz er keinen and sin wal bestetiget hatten SCHÖFPERLIN Livius (1614) willen hatte J U S T I Winekelmann L, 64; organisoher wille 16*; als graf Otto . . einem andern grafen . . sin eewib tritt in wettkampf mit patriarohalisohem sohlendrian mit irem heimlichen willen entfürt TSCHÜDI chronic. und oligarohischerinteressenpolitik südd. blätter f . kirche Selv. l, 88; u.fr. chrirtenth. 1912, 69. mit meinem willen mag's geschehn I GÖTHB 8 , 2 2 9 Wehn.; auch im gegensatz zum unbewuszten naturtrüb, zum Gott verhelf' mir za euerm willen MALER M Ü L L E R I , tufall, zum blinden schicksal: gleichwie auoh ein grosz S19; sie (die mutier) hatte nur mit heimlioher angst unterscheid ist wille and natar. es ist gar viel anders,

143

W I L L E II A 6. «.

was da willig thuist und was du natürlich thuist LUTHER 10 I, L, 8«3 Weim.; der kämpf der unabwendbaren finsteren nothwendigkeit mit dem willen H. GRIMM Michelangelo l, wie Roms grösze nicht durch fatalität, sondern durch festen willen . . begründet sei NIEBUHR röm. gesch. 1, 11. 5) der wüle als freie Verfügung über »ich und andere, als freie wähl, gutdünken; libitum DIEFENBACH gloss. 827*; arbitrarium CALEPINUS XI ling. IIS*; arbitrium DENTZLER clavis 358*; vgl. auch die formel wille und wähl unten G, engl, at will, sowie mnd. wilnarre freiwilliger narr SCHILLER-LÜBBEN 6, 781. a) über sich, als Selbstbestimmung, freier wüle im gegensatz zur Unselbständigkeit und zum zwang: es ist aber klar, dasz die irrende keinen willen hat NIGRINUS von zäuberern, hexen, 168; man soll das kind nicht zwingen, sondern es seins willens lassen LUTHER 6,253B (Jena); der will thüts, sprach einmal ein baur, kuszt er einen schlegel FRAN CK sprichw. 2,124"; du weiszt, dasz die Römer mit willen mer nachlassen denn mit trang SCHÖFFERLIN Livius (1614) S5B; obschon alle bewegungen aus des menschen willen und wähl geschehen GUARINONIUS gretcel der Verwüstung 1168; musz macht die noht, den willen gott, der will ist und bleibt frei SCHOTTEL 1122 (sprichw.); nur der könig selbst konnte das ganze übersehen und leiten, einen willen haben und ausführen VARNHAGEN tageb. 1, 2;

WILLE II A 7.

144

b) sinn, geist, herz; mens SCHÖNSLEDER; vgl. auch in den willen (sinn) kommen unten G 2: von seinem pffird er sprang, er kert zü dem hus ein, er fand essen und wein, in fröden war sein wille Frtdr. v. Schwab. 18, 843 (deutsche texte d. im. 1). c) Persönlichkeit, person: zu lange schon erstickt' ich der natur gewalt ge regung, weil noch Ober midi ein fremder wille herrisch waltete SCHILLER 14,19 (braut v. M. 1, 2); offenbar hat das cabinet die absieht, jeden nicht ganz fügsamen willen zu entfernen briefw. zw. J. u. W. Grimm, Dahlmann und Oervinus 1, 208; nur der grosze wille fehlte, der solche herrliche kr&fte würdig zu benutzen verstand TREITSCHKE deutsche gesch. im 19. jh. 1, 215; dasz sie hier an einen überlegenen willen geraten sei POLENZ Grabenhäger 1,5; besonders ein höherer, heiliger, allmächtiger wille, d. h. gott: und ein gott ist, ein heiliger wille lebt, wie auch der menschliche wanke SCHILLER 11, 259; es ist ein schätz von geduld, heldenmüthiger ergebung in einen höheren willen in diesem volke EBNER-ESCHENBACH 2, 108.

7) der wille als gesinnung, meist im guten sinn als gute absieht, freundlicht gesinnung. a) 'guter wiUe' zu einer sache, 'eifer' im gegensatz zum bösen willen, zur trägheit, zum widerwülen: wille aus Wörterbüchern: licentiora mancipia, die zu viel gehet für gold CORVINUS fons tat. 502; es ist meine willens haben ALBERUS Jiij b ; ihr habt euren willen, pflicht, dasz ich . . den willen in worten zahle BIRKEN damit zu thun LUDWIG (1716); den leithnnd fassen, vermehrte Donaustrand (vorr. 2); damit er nicht so vielen willen habe ADELUNG 6, 227; lothr. de hasoh wille fa d'wahl (d. h. freie wähl) FOLLes iat kein wildes pferd, so bald er es besteigt, das nicht gehorsam anch und lauter willen zeigt MANN. NEUKIRCH ged. 184; als hächstes persönliches gut: ganz eifer! ganz wille I wie bereitwillig der übertölpelte thor izt über die Iinien des braven mannes hinweg0 willen! du beweis von meiner ewigkeit LICHTWBR recht der Vernunft 89; voltigiert SCHILLER 2, 244 (räuber 2, 2); ich bin voll willens an die arbeit gegangen HÖLDERLIN 2, 68, 4 (Hyfemer vgl. unter H die Sprichwörter: des menschen wille perion) ; vgl. auch die formel mit willen und Unwillen ist sein himmelreich; will' und lieb', die stiehlt kein unter G. dieb. vereinzelt im schlimmen sinn auch als eigensinn; tcestfiil. von willen eigensinnig WOESTE ; vgl. engl, wilful. auch concret eine freiwillige gäbe: basl. ein will eine freiwillige entschädigung SEILER; vgl. dazu unten 8, sowie guter wille unten B l, genug und wille G s, ferner willengeld. b) über andere, meist im schlimmen sinn als Willkür, im gegensatz zu recht oder gewissen: wille ist nicht landrecht (auch isländ. u. schwed.) WANDER 6, SM, 1«. 146. 161; auch hast du per (fas et) nefas einen pack briefe an mich von dir, welche ich mir bei dieser gelegenheit nicht von deinem willen, sondern von deinem gewissen wolte ausgebeten haben JEAN PAUL briefw. 18; vor der allgewalt des willens geht zagrunde jedes recht PLATBN 1,17;

oder im gegensatz zum können und vollbringen, namentlich in der Verbindung den willen für die that nehmen s. unten H: den willen hab ich wol, aber das guot ze Volbringen find ich nit BERTH. V. CHIEMSEE teutsche theologei 279; die gäbe ist klein, aber der wille grosz ARIGO decamerone 646, 37; doch n&mend für die wirk den willen H. R. MANUEL weinspiel 4101 neadr-s drüm nimm mit gnaderfttlltem sinn auf diszmal nur den willen hin NEUMARK fortgepfl. mutik.-poet. luetw. 1, 211; denn der wille und nicht die gäbe macht den geber LRSSING 3, 27, 639 (Nathan 1, 5); unbeschenkt doch lasz ich euch nicht, damit ihr den willec sehet, wofeme die that auch hinter dem willen zurückbleibt GÖTHB 50, 239 Weim. (Herrn. u. Vor. 6, 210);

beim dilettanten gilt immer der wille fürs werk GRILLPARZER (1887) 9, 81 (zur ästh.). b) 'freundlichegesinnung' gegen eineperson, 'wohlwollen, Zuneigung, liebe'; namentlich in Verbindungen wie willen zu jemand haben, tragen (s. unten C 2), sowie in formein wie gunst und willen, liebe und willen, dienst und willen, dank und willen (s. unten G); femer vgl. vor willen unter D, sowie um-willen präp. a) in activem sinn freundliche gesinnung', die man andern erweist; will Und anmütung erzeigen (t>u{tus) DASYPODIUS; will affectio erga quem SCHÖNSLEDER; vgl. angels. willa gpod will, favourable disposition Bos6) als kern der persönlichkeit oft gleichbedeutend WORTH; dän. have villie til neigung haben zu: mit Charakter, sinn, geist, person, wesen. ir ietwederg under in sich üf ir aller willen vleij Jwein 61; a) Charakter: dasz jedermann weit eifersüchtiger ir wille was st stiege 3478; auf die verstandesvorzüge als auf die guten eigender wirt in willen truoc Nibelungen 748, 3; schaften des willens ist KANT 10, 7; er war gein mir des willen ie Parzival 303,18; weh' mirl deinen stolzen willen dag ich mlnen willen hie rOhrte nie die fremde pein PLATBN (1839) 7 (Ued. s. rom.). geme erzeigte Wigaloia 41; namentlich in den Verbindungen in eines willen, nach eines willen, zu eines willen: der herr wird in bewaren . . und nicht geben in seiner feinde willen LUTHER S (Jena 1560), 395; vom römischen bischoff, . . in des willen were unser heil und Verdammung EBERLIN v. GÜNZBURG 1,81; in eins willen und gewalt DASTPODIUS (1587); zü allem dem, dag nicht wider ere und zucht ist, ich alle zeit zü eurem willen bereit bin ARIGO decamerone' 608, 84; nachdem die fortun nach ihrem willen und Wohlgefallen euch eures Vaterlandes beraubet CREIZENACH schausp. engl, comöd. 194, 4 (tragikomödie 1, 1).

WILLE n A 7. 8.

145

ick will di leve unde willen beden Sündenfall

8, 60 bei SCHILLER-LCBBEN 5, 716»;

ain geitig mensch . . wirt niemant zü willen und dienst v. EYBE Spiegel der sitten B vi*; dafür man iren dank soll sehen, und iren fleisz, stäts zu erfüllen den alten nachbarlichen willen FISCHART glückh. schiff v. 806 neudr. ; verstelt der kSchin weg und steg, bisz "sie zu ihm ein willen gwan WIDMANN Peter Leu, 706 Boberiag; die trügen söllichen gunst und willen zü im, dasz in ider nit anders hielt, dann wer er sin liplicher vatter gewesen SCHÖFFERLIN Livius (1614) 56 b ; sie wider iren willen einem jüngling . . . solt vermehelt werden, zü welchem sie keinen willen het WICKRAM 8,142, 82; darinn wohnet . . ein edelmann, . . zü dem herr Bernhart . . besonderen willen hat STUMPF Schwytzerchronik 650»; in gedachter hütten wurde Don Kichote mit allem willen von den ziegenhirten uffgenommen v. D. SOHLE junker Harnisch 121; herrschen freundlich und mit willen macht viel zwist und hader stillen SCHELLHORN sprichw. 87; mein einzig glück auf erden ist dein wille, dein freundlicher, zu mir GÖTHB 2,10 Weim.; von suchen 'gefallen' an etwas: dasz man bei unsern tagen deren gar vil befindt, die vil gröszere neigung und mehr willens tragen zü den griechischen, römischen, ungarischen historien . . als zu den historien teütscher nation STUMPF Schwytzerchron. (vorrede). ß) in passivem sinne 'wohlwollen', das man von andern genieszt: mit disem erlangt er bei inen allen grosze gunst und willen (sibi favorem omnium coneiliavit) BONER Justinus (1531) 88B; aber künig Richardus wollt sich im reich erzeigen und willen bi inen suchen, damit man ihm huldete TSCHUDI chron. Selv. l, 166; mit dem er ein groszen willen und gnnst bei der ganzen landschaft erlanget STUMPF Schwytzerchron. 46 b . y) gegenseitiger guter wille, 'einvernehmen, Harmonie'; mnd. willen haben mit friedlich stehen mit, b ausgesöhnt sein LÜBBEN-WALTHER 582 ; nynen willen hebben mit sich nicht einigen können SCHILLER-LÜBBEN 6,716 b : und was nit ein solcher will zwischen Hannibal und den seinen, als er vormals gewesen was CARBACH Titi Livii röm. hist. I2i b ; doch hattend der künig Heinrich und marggraf Berchtold nit vil willens zesammen TSCHUDI chron. Helv. l, 88; will und fried ists best, wers haben kann WANDER sprichw. lex. 6, 248 (HENISCH,

PETRI).

8) als folge oder beweis der freundlichen gesinnung oder des Wohlgefallens die 'freude', die man an etwas oder jemand hat, oder die man jemand macht; in der spräche des alten rechts auch die 'entschädigung'. a) die 'freude', die man an etwas hat; das 'behagen', auch der 'vortheil', namentlich ndd.; vgl. oben will adj., sowie angels. willa pleasure, delighi BosWORTH; altnord. vili wille, freude GERING; viljalauss freudelos

FRITZNER:

ir selbe s! dann« abe zSch an willen und an luste leben der h. Elisabeth 878 Bieger; er (gott) hatt nicht willen an der sterke der pferde LUTHER 16, 871,15 Weim.

(ps. 88, 17);

merk, Unrechts güts der teüfel lacht, das mir oft nutz und willen macht SCHWARZENBERG teutsch Cicero 1841"; idt is dem ossen een wille, wenn he bi der ko im stalle steit (von liebenden) brem.-ndd. wb. 6, 267; dat scholl nog een wille wesen ich würde daran eure erkenntlichkeit wahrnehmen ebd.; kinen willen van sien leben hebben unzufrieden sein 6, 411; westfäl. me het recht sinen willen deräne had WOESTE. b) die 'freude', die man einem macht, die 'gefälligkeit', die man erweist; namentlich in Verbindungen wie einem einen willen thun, den willen machen (vgl. unten C 2); vor willen nefiien gerne sehen, sich gefallen lassen LÜBBEN-WALTHER 582b und unten D L; ferner vgl. willen-

xiv. a.

146

WILLE H A 9.10

geld: d a r u m floch er zu den vom Sunde, als den er einen groszen willen gethan h a t t e , das er iren alten veind erwürgt h a t t e KANTZOW chron. v. Pommern (letzte bearb.) 246; bis d. Johan Marquardt mir tecte so viel zu vorstehn gab, das ime sonterlicher wille d a m i t beschege, w a n er ein geschickliches kleines roszlein h a b e n mochte SASTROW 2, 66; ich werde auch euern lieben eitern und allen den ihren . . . dienstliche willen und gefallen gethan haben THYM Thedel v. Wallmoden (vorw.) neudr.; thu mir diesen willen NEUMARK mus. poet. lustw. (1667) 428 ; westfäl. h e wêt em nix t e wellen er erkennt keine Verbindlichkeiten gegen ihn an WOESTE. c) die 'entschädigung' oder 'befriedigung' für eine geleistete arbeit oder für eine beleidigung: NOLTEN de praed. rust. 131, H. J. v. BRAUNSCHWEIG stat. d. Heinrichstadt, NOLTEN de bonis Pröbsting 177, sämmtlich bei BRINKMANN gloss. dipl. 3, 786; ferner s. unten Ci die belege zu einem den willen machen. 9) mit naheliegender Übertragung der 'gegenständ des willens, der sehnsucht, der neigung, das ideal, der höchste schätz, der inbegriff der Vollkommenheit', vgl. mhd. wünsch und angels. willa a pleasant, desirable thing BOSWORTH: unze chom der wille der Swigen puhele (donec veniret desiderium collium aeternorum) genesis 1,114,4 Diemer; dich, o mein söhn, mein wille, mein herz und Wunschesfülle P. GERHARDT bei Fischer-Tümpel Mrchenlied 3, 822; der dürre trockene april ist nicht der bauren will, sondern an seinem regen ist ihnen viel gelegen allgern. haush.-lex. 1, b 4 b . 10) als philosophischer begriff ist wille die allgemeine bezeichnung für alle arten von trieb- und activen Willensvorgängen — die einheitliche kraft, disposition zu wollungen, das constante willensvermögen, als psychologisches oder auch metaphysisches agens — der bestimmte inha.lt eines wollens (willensmeinung) ; psychologisch umfaszt er sowohl die einfache triebhandlung als auch die zusammengesetzte oder mllkürhandlung, vgl. EISLER phil. wb. 3, 1789; ebd. s. die auf Zählung der hauptsächlichsten dçfinitionen des willens, von einem, einflusz auf den gewöhnlichen Sprachgebrauch kann höchstens bei den folgenden punkten die rede sein. a) die herrschenden begriffsbestimmungen: der wille ist der Vorzug, den die seele einer a r t zu sein, über andere arten zu sein giebt A. v. HALLER tageb. l, 213; verstand und wille sind bei uns grundkräfte, deren der letztere, sofern er durch den ersteren b e s t i m m t wird, ein vermögen ist, etwas gemäsz einer idee, die zweck genannt wird, hervorzubringen KANT 10, 94; so dasz m a n auch den willen durch das vermögen der zwecke definieren k ö h n t e , indem sie jederzeit bestimmungsgründe des begehrungsvermögens nach principien sind 4, 167; das geistige in mir, unmittelbar als princip einer Wirksamkeit angeschaut, wird mir zu einem willen FICHTE Sittenlehre (1798) x v ; n u n aber ist das wollen nicht vollendet und es ist überhaupt kein wollen, w e n n nicht bestimmtheit da ist. dann heiszt es ein wille; wie in der redensart: das ist mein wille, oder eine wollung 206; denn diese (weit) ist, wie einerseits durch und durch Vorstellung, so andererseits durch und durch wille A. SCHOPENHAUER I, 85. b) die gewöhnliche abgrenzung gegenüber dem wollen, dem wünsch und der Willkür: sofern es (das begehrungs-, vermögen) mit dem bewusztsein des Vermögens seiner handlung zur hervorbringung des objecta verbunden ist, heiszt es Willkür; ist es aber damit nicht verbunden, so heiszt der aotus derselben ein wünsch, das begehrungsvermögen, dessen innerer bestimmungsgrund, folglich selbst das belieben in der Vernunft des subjects angetroffen wird, heiszt der wille. der wille ist also das begehrungsvermögen, nicht sowohl (wie die Willkür) in beziehung auf die handlung, als vielmehr auf

10

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W I L L E II B 1

W I L L E II B 1

den bestimmungsgrund der Willkür zur handlang betrachtet, und hat selber für sich eigentlich keinen bestimmangsgrund, sondern ist, sofern sie die Willkür bestimmen kann, die praktische yernunft selbst KANT 5,13f.; der wille gehört der freiheit, er bezieht sich auf den inneren menschen, auf den zweck; das wollen gehört der natur und bezieht sich auf die äuszere weit, auf die that GÖTHE II 4,100 Weim. (farbenl. gesch.). wegen der in der neueren gemeinspracfte geltenden Unterscheidungen vgl. unten Willkür, wollen und wünsch. c) die gewöhnliche Unterscheidung von erscheinungsformen des willens wie praktischer, moralischer, individueller, bewuszter wille u. a.: der sophist lehrte, dasz der praktische wille, der entschlusz, der in thaten ausbricht, nicht schlechterdings von dem urtheile des Verstandes abhänge MENDELSSOHN philos. Schriften 2 (1777), 68; die weiten sind erst die Sphären der Sichtbarkeit und der individuellen willen FICHTE thatsachen des bewuszts. 198; schon der blosze wille erhebt den menschen über die thierheit, der moralische erhebt ihn zur gottheit

also lieber damit nicht LESSING 10, 172; jemand, unterrichtet genug und von gutem willen GÖTHE IV 41, 80 Weim.; 'ehrliches streben': o weit, vor deinem häszlichen Schlund wird guter wille selbst zunichte

S C H I L L E R IO, 106.

d) zum gemeingut der gebildeten ist geworden SCHOPENHAUERS formet d e r w i l l e z u m l e b e n : dieses ist der Standpunkt der gänzlichen bejahung des willens zum leben; . . das gegentheil hiervon, die Verneinung des willens zum leben, zeigt sich, wenn auf jene erkenntnis das wollen endet SCHOPENHAUER 2 1, 872; jeder blick auf die weit, welche zu erklären die aufgabe des philosophen ist, bestätigt und bezeugt, dasz wille zum leben, weit entfernt eine beliebige hypostase, oder gar ein besseres wort zu sein, der allein wahre ausdruck ihres innersten wesens ist 2, 411; Weiterbildungen sind der wille zum dasein: ich bin zu ende mit meinem willen zum dasein und mit den mittein dazu HEYSE kinder der weit 2, 41; der wille zur macht NIETZSCHE; der wille zur einheit G. M. KLEIN, M. JOACHIMI

(vgl.

EISLEA a. a. o. 8,1810); der wille zum nichts, der wille zur form, der wille zum glauben HILBERT moderne willensziele (inhalf).

e) einer Hauptforderung der heutigen erziehungslehre entstammen neubildungen wie Willensbildung, -erziehung, -gymnastik u. a.; s. d. unten. ll) die klang färbe des Wortes kann je nach dem Zusammenhang und der auffassung des willens recht verschieden sein, im gegensatz zur leidenschaft («. oben 3 a), zum naturtrieb und zur willenlosigkeit (4), zum zwang und zur Willkür (6), zum bösen willen und Widerwillen (7) erscheint der wille vorwiegend als etwas schätzbares, festes, kraftvolles, in gegenüberstellung dagegen zum vollbringen (2 a, 7), zur besseren erkenntnis oder zum pflichtbewusztsein (8 b) als etwas unzureichendes, schwaches und schwankendes, der gefühlston ist in den ersteren fällen dementsprechend warm und anerkennend bis zur bewunderung, in den letzteren kühl und spöttisch bis zur Verachtung. B. adjectivische Verbindungen. l) g u t e r w i l l e u. ä. zustand und charakteranlage, mit a) als dauernder verschiedenen Schattierungen, je nach dem vorschwebenden gegensatz, und je nachdem von dem guten wiUen gegen gleich-, höher- odxr niederstehende, gegen freunde oder fremde (namentlich arme), gegen gott oder gegen menschen die rede ist; meist 'entgegenkommen, wohlwollen', benevolentia CALEPINUS XI ling. 168B, facilitas, obsequium, officium, promptitudo, sedulitas ALBERUS Cciij b : nichts . . sei wünschenswerter als die Verbreitung des allgemeinen guten willens GÖTHE 25, 64 Weim.; ich wollte wohl, unser strenges publicum ahmte dem französischen an gutem willen beim hören und hinnehmen nach GUTZKOW ritter v. geiste l, 8; 'liebenswilrdigkeit': der fürst primas . . hatte . . einen furchtbaren zudrang von literarischen Zusendungen, auf die er als mann vom stände, lebensart and gutem willen jederzeit etwas . . erwiderte GÖTHE IV 43,125 Weim.; 'eifer, diensteif er': der fleiszige m a n n , voll guten willens, Übereile sich

GÖTHE 3, 332 Weim. ;

dasz die regierung über den parteien stehen und mit allen arbeiten musz, die guten willens sind Freiburger zeitung 2. februar 1912; das 'sittliche wollen', namentlich im gegensatz zu den naturtrieben: die formale moralitftt . . (heiszt) auch guter wille FICHTE Sittenlehre 204; wie mancher hat das schönste projecte formiret . ., aber sein guter willen läge unten und böge sich unter der last der passionen BOOMER discourse der mahlern 1, 71 Vetter; 'wohlthätigkeit, hilfsbereitschaft': die mutter . . , welche . . durch ihren guten willen und durch ihre wohlthaten im ganzen gebirge bekannt und geliebt war GÖTHE 24, 19 Weim.; vgl. auch unten das Sprichwort: der gute wille musz zuletzt betteln gehen; in der älteren theologischen spräche auch 'gottesfurcht', jedenfalls unter dem einflusz der vulgatastelle Luc. 2, 14 et in terra pax hominibus bonae voluntatis: gutis willen susigkeit pietas DIEFENBACH gloss. 433°; auf erd ist frid den menschen, so ains guoeten willen sein BERTHOLD VON CHIEMSEE teutsche theologey 476; hie heiszt nit der gute wille, der do gute werk wirkt, sondern das wolgefallen und fridlich herz, das ihm Iessit allis gefallen, was ihm widerferet LUTHER 10 1 1, 90 Weim. b) als einzelne wUlensäuszerung 'die gute absieht, geneigtheit, Willensanstrengung': die selbst den guten willen zur Verständigung . . auszuschlieszen schien BENNIGSEN die nationallib. partei 8; es gehört immer etwas guter wille dazu, selbst das einfachste zu begreifen EBNER-ESCHENBACH 1, 81; selten im plural: die guten willen ohne werk s. oben I B 4 sp. 188; besonders 'eine gefälligkeit, bewirthung, gastfreundschaft': hier wird es schlechten guten willen setzen Simpl. 2, 200, 15 Kurz; das fräulein bedankete sich alles guten willens BUCHOLTZ Herkuliskus 45; uiid wenn ihr bleiben wollt, so findet ihr ein gutes bett und einen guten willen GÖTHE ll, £89 Weim. (Claudinc 8); hat ein einwandernder gesell beim meister gegessen und getrunken und ihm guter wille erweiset und eingeschenkt ist, so soll er sein handwerk beweisen und gefraget werden, wo er gelernt (i6Sl) KRUMBHOLTZ die gewerbe der Stadt Münster 881. gerne in Verbindungen wie einen guten willen erweisen, erzeigen, walten lassen, pfälz. guten w. haben; älter allen guten willen thun Venusgärü. 181 neudr.; guten willen und gastfreundschaft entbieten GÖTHE 88,82 Weim. ,jemandes guten willen verbitten 2, 144; NICOLAI Seb. Nothanker l, 154; sich eines guten willens annehmen HEDIO chronica der ehristl. kirchen 84B; sich eines guten unterthänigen willens befleiszen gegen baier. landtagsHandlungen 18, 92 Krenner; zu jemandes guten willen stellen KIRCHHOP militaris diseiplina )( I b ; sich zu jemandes guten willen verpfliohten BUCHOLTZ Herkules (1676) 1, 806*.

mit Verstärkung alt und volksthümlich auch manchmal 'das verlangen, die feste absieht: des ich guoten willen h&n Nibelungenlied 77,4 Lachmann; ähnlich 1470, 4; ir sfllt alle sitzen stille, das ist mein guetter wille WACKERNELL altdeutsche panionstpiOe aus Tirol 85; andererseits mit abschwächung 'die geneigtheit, einwillig ung, erlaubnis': s i e . . der künigin rate lobten, neue fabeln zesagen, und do die künigin irer gesellschaft gftten willen vernähme, zü in sprach ARIGO decamerone 16, 25 Keller; die andere hälfte der wandernden Cimbern zohe mit gutem willen der Chautzen, Friesen und Bructerer über den Rhein LOHBNSTEIN Arminius l, 900*; die kunst, reich zu werden, Callias, isPim gründe niohts anders, als die kunst, sieh des eigenthums andrer leute

149

WILLE II B 1

mit ihrem guten willen zu bemächtigen WIELAND Agathon (1766/67) 1, 108; vgl. mnd. dat scal use gude wille wesen wir haben nichts dagegen SCHILLER - LÜBBEN 6, 717*. gerne als 'gute absieht' in gegenüberstellung zu dem ungenügenden können: erhalte ich den zweck nicht, so soll mich doch der gute willen ergetzen WEISE d. drei ärgsten erznarren 5 neudr.; bair. eine schüssel voll guten willen als entsehuldigung gästen gegenüber CAMPE; oder als 'freier wille, fr eiwilligkeit' der gezwungenen leistung, der Verpflichtung gegenüber: solt er . . uns als ein hauptmann zu dienen nicht schuldig sein, denn so viel sein guter will wäre REISZNER G. V. Frundsberga kriegsthaten 63»; es wäre je so sehr keine pflicht, sonder nur ein guter wille der leute, was sie geben wollen KANTZOW chronik von Pommern 838 Gäbel.

150

WILLE II B s. 8 auch

'absichtlich':

wenn nun ein grobes holz, ein Eulenspiegels gleichen, läszt einen pfui-dich-an mit gutem willen streichen

RACHEL satyr. ged. 107 neudr.;

um (von, aus) gutem w i l l e n 'gern': etlich die bredigen cristum umb den neide und nmb krieg: wann etlich umb den güten willen (propter bonam voluntatem, vulg. l Phil, l, 16; ans guter meinung LUTHER, aus guter gesinnung ALLIOLI) erste deutsche bibel 8, 174; haben sie ohne alle noth und marter von gutem willen bekannt und gesagt (1511) bair. landtagshandl. 18, 244 Krenner; gleichwol schickte der gen. feldzeugmeister . . . eine halbe tonne, pulver, gleichsamb aus gutem willen CHEMNITZ schxoed. krieg 8, 57; bei gutem (dem besten) w i l l e n FONTANE I 5, 108.

f) in formelhaften paarungen wie neigung und vereinzelt zur Sachbezeichnung weiterentwickelt für 'ge- guter will ALBERUS oiij», HUTTEN 2,198; guter will und neigung SCHEIT Gröbianus 3 neudr.; guten willen und sehenk, drein gäbe': und belohnete die that dem schifffreundschaft ARIGO decamerone 867; gunst und guten brüchigen mit freuer kost und mancherlei andern guten willen SLEIDANUS reden 150; treu und guter wille SCHUPP willen RIEMER der politische stcckfisch 285; jetzt wollen Schriften 399; mit gutem willen und in ehren Beinicke wir denn, geliebt es gott, die allhier erfallende gebühi Fuchs (1650) 417; ihren guten willen und günstiges geund den guten willen in empfang nehmen IMMERMANN müthe 28; sie waren von gebärden als brüder zu achl, 188; vgl. das mit anderer entwicklung zur personenbezeichnung gewordene engl, goodwill 'Kundschaft eines ten, so guten willen und gesicht gab einer dem andern MOSCHEROSCH gesichte 8 , 800; in frieden and gutem geschäftsmannes' ( M U R R A T 4, 297*). willen GÖTHE 26, 177; 86, 8 Weim.; c) guter wille zu jemand, 'Zuneigung, gunst, freundg ) in Sprichwörtern: Schaft, liebe', namentlich in den Verbindungen einen guten willen zu einem haben MAALER, DENTZLER 368»; guot wille h&t ouch vor gote danc Benner £1087; tragen, schon mhd., vgl. MÜLLER-ZARNCKE 3, 668*, und dä setze ich guoten willen für die tät minnetinger 1, 803» ». d. Hagen; engl, to bear good will; einen guten willen gewinnen MAALER ; einen guten willen machen gratiam conciliare DENTZder gut will thut viel SCHOTTEL sprichw. 1148; der gute LER : und lieszen mir sagen, ich soll hiemit Ton ihnen wille musz zuletzt betteln gehen SCHELLHORN sprichw. verehret sein und ihren guten willen haben DÜRER 95; der weg zum himmel ist mit lauter gutem willen tagebuch 52; doctor Faustus nähme seinen abschied gepflastert H I P P E L lebensläufe l , 885; vgl. auch W A N D E R wider von hofe, da ihme beneben der keiserlichen und sprichw.-lex. 6, 289. anderer mehr schankungen aller guter willen bewiesen h ) mit ähnlicher Verwendung wie guter w i l l e erscheinen worden Volksbuch von Faust 77 neudr.; ich euern güten willen gegen mich vernime ARIGO decamerone 188 holder wille Nibelungenlied 855, 4 und öfter; mit günstigem, gnädigen willen acta publica 1, 38; günstiger Keller; wo nur die tochter einen guten willen zum N. wille DASYPODIUS; geneigter wille Amadis 1, 16; WICKhat, und der N. ehrlich ist, so ist der vater . . schüldig, RAM l , 15; F R E Y gartengesellschaft 3; D E N T Z L E R 358"; die tochter zu erhören und sie dem N. zu geben LUTHER geneigten, getreuen willen baier. landtagshandl. 18, 88; 8 (1560), 485b; ist mir und den meinigen diese 80 jähr mit allem freundlichen willen RINGWALT handbüchviel gutes willen und grosze wohlthat widerfahren MAlein A 8 a ; mein guter und treuherziger will SCHUPP THESIUS Sarepta vorrede 8 b ; mit dem Botschkai ihm Schriften 189 (Hiob); mein herzlicher wille RIST das bei den seinen ein gäten willen gemacht STUMPF Schwytzerehronik 50b; wormit er gleichwohl einen guten friedewünsch. Deutschland 11; treues w i l l e n s B I R K E N ostländ. lorbeerhäyn V I I » ; f r e u n d l i c h e r w i l l e GÖTHE 2, willen, ein schönes lob eines discreten kerls . . . be10, 13 Weim. käme Simpl. l, 280 Kurz; ob wir gleich nie erleben werden, dasz ein philosoph gegen den andern einen guten 2) böser, übler, s o h l i m m e r , arger w i l l e , vgl. willen habe GÖTHE IV 17, 158 Weim.; engl. Hl will: ahd. mit ubilemo willen, arger willo GRAFF 1, 822; nein, ich will mir andre suchen, ich ganz nit ir besa re götter, die . . guten gedenken zfi keim argen wil willen zu mir tragen BnAKT-narrenschiff 4 185 Zarncke; TIECK 1, 886 (Octavian 8, 5); vereinzelt auch der 'beweis der Zuneigung': häufig von geschlechtlicher begierde: gesechen han ich die jungen nachgen iren pösen willen ARIGO decamerone 84; sende mir ir guoten willen WALTHBR 100,1; 96, 8. er sich . . bereit fände, seinen pösen willen ze verpringen HO; fieng an zu zechen und des weins so vil d) in dem alten adverbialen genetiv guts w i l l e n s zu sich nahm, dasz er seim bösen willen nit mehr 'gern, unentgeltlich' MAALER : mit viel verheiszungen . ., mocht widerstand thfin MONTANUS 49 Bolte; hierher dasz er ihm die einnehmung Moldau guts willen vergünstigen wolle STUMPF Schwt/tzerchronik S6*; vgl. auch auch unkeuscher wille ARIGO 38; 109; 235 und öfter; mnd. gudes willen gutwillig, absichtlich SCHILLER-LÜBmanchmal gesteigert zu 'hasz.feindschaft': sandte gott BEN 8, 717*. einen bösen willen zwischen Abimelech und den männern von Siohem richter 9, 88; diewil ich . . din bösen e) in den präpositionalen Verbindungen m i t gutem willen gegen mir (Oeszier) verstan TSCHUDI chron. Helw i l l e n 'gerne, freiwillig', schon mhd., vgl. MÜLLERvet. l, 838; in der neueren spräche auch abgeschwächt zu ZARNCKE 8, 668*; engl, with (by) one's goodwiU MURRAT 'widerstreben, passiver widerstand': obgleich er 4, 897»: dag sol mit guotem willen stn Erec 6014; (Stein) beständig mit dem bösen willen der rheinbündischen souveräne zu kämpfen hatte TREITSCHKE dtsch. es ist mit gutem willen geschehen ab optima veluntate geschickte 8 1, 496. perfectum est D E N T Z L E R 868*; nach etwas durst' ich lang' im stillen, 8) groszer, k l e i n e r w i l l e , grosze oder geringe lust: nach einem labekusz von dir. Gajus Sulpitius den groszen willen der seinen erhört, den gib mir nur mit gutem willen, den sie hetten zü striten SCHÖFFERLIN Livius (1614) 64»; sonst nehm' ich rasch ihn selber mir BOROBR 80»; der pawr kham alle jar gemeinlioh ein mal zu hofe vgl. it ie with a good will (es geschieht mit gutem wil- und hette groszen willen zu reden KANTZOW chron. v. Pommern 886 Oäbel; gröszeren -willen (freundschaft, ehre) len) Shakespeare Beinrieh V 4, 8;

10»

151

WILLE

152

W I L L E I I B »—11

II B 4 - 8

b e w e i s e n W A L D I S Esopus 4, 75, 88 Kurz; des i c h z e t h o n gar k l e i n e n w i l l e n h a b e ARIGO decamerone 668; besonders gerne mit den präpositionen in, m i t , nach, z u : ahd.

speisen 15); n a c h f r e i e m w i l l e n nach belieben: vil hin und her webern nach friem willen STAINHÖWEL

mit michilemo willen GRAFF 1, 828; mit groszem willen

g e r w i l l e : ahd. mit gilustlichemo willen OTFRIED II 6, 10; einen freien, frolichen, lustigen willen LUTHER 1011,466 Weim.; ans freier liebe und lustigem willen 361.

(sehr gerne)

EBERLIN v o n

GÜNZBURG 1, 184 neudr.;

in

groszem willen STAINHÖWEL Äsop 108; zu groszem willen KANTZOW 168; ähnlich, reicher wille, hoher Wille: n&ch itchea willen gebot pattlonal 24, 20 Köpke;

den hohen willen thue mir

Beinicke Pacht (1660) 98;

mit dank und hohem willen 867. 4) g a n z e r , a l l e r , v o l l e r , e n d l i c h e r w i l l e u.ä.: gans wille, vollkommener ganczer wille propositum

de claris mulieribus

9) g e z w u n g e n e r

wille

LUTHER

lusti-

I O ' I , 866

Weim.;

gezwungener will ist ein unwill WANDER 6 , 289, 64; u n w i l l i g e r w.: die unwilligste willen zwingen WBCKHERLIN gedickte 1, 234; widerwilliger

w . GÖTHE I V 88, 66, 19 Weim.

10) b l i n d e r w i l l e im gegensatz zum klaren

. . läszt du den blinden willen , . dir einen leitstern sein?

DIEFENBACH gloss. 46«*;

ich (h^n) mit ganzem wille begeret, des ich nú bin geweret

8; mit ähnlicher Verwendung

verstand:

LOHENSTEIN SophonUbe (1680) 70, 408;

MÖNS tckauspiele des Mittelalters 1, 98;

darein sich Jhesus mit ganzem willen gab WACKERNELL altdt. patriomspiele aus Tirol 6;

herr, des frag ich mit ganzem willen nun 31; so magst du sie nach allem willen (ex sententia) verkaufen STAINHÖWEL Äsop 48; auch ist daselbst eine so hohe insel, . . die mag man sehen, so das wetter klar ist, nach allem willen (gut und gerne) sechzig

. . die leidenschaft verdunkelt den verstand, der blinde wille rast, und rast um einen tand 11) l e t z t e r ( e n d l i c h e r ) wille.

Uz 256.

a ) die über die hinterlassenschaft verfügende, meist geschriebene letzte willensäuszerung, das testament, gleich-

bedeutend mit älterem gescheft (s. th. 11, 263), gemächt

volkomen willen propositio DIEFENBACH gloss. 466*; also

(MAALER), e r b v e r m ä c h t n i s (curiöses bauernlex. 187), erbg e m ä c h t ( C A L E P I N U S ) ; vom 16. jh. an durch das fremdwort stark zurückgedrängt; erst durch ZESEN wieder neu belebt, vgl. KLUGE von Luther bis Lessing 185; trotzdem, auszer in der dichterischen spräche und in einzelnen mundarten dauernd zurückgetreten, vgl. auch oben th. 6, 817 und LL, 263; gebucht von MAALER 268D, 289A; SCHÖNSLEDER; lothr. FOLLMANN : ein t e s t a m e n t ist n i c h t an-

ist m e i n e n d t l i c h e r w i l l MAALER; DENTZLER 858*; s. auch oben endlich th. 8, 463, 4; wegen der bedeutung 'testa-

ders denn ein letzter wil LUTHER 8, 621 Weim.; obschon der vater dem älteren die regierung in seinem letzten

menta vgl. letzter wille. 5) e r n s t e r , ernstlicher, starker, fester, entschiedener, ausgesprochener, vorsätzlicher wille; alterthümlieh s t e i -

buch I I 165; dasz sie (Börner) . . ihren geist mit dem blute solcher fechter zu versöhnen, in ihrem letzten

bis sibenzig liege spagnolisten (spanische meilen) RUCHAMER neue weldte (1508) a 5 " ; oberhess. m e d a l l e m w 6 n n sehr gern CRECELIUS; ndd. m i t a l l e n w i l l e n allerdings

DÄHNERT plattdt. wb.; mnd. to vullen willen hebben ganz zu seinem willen bringen

SCHILLER-LÜBBEN 6 , 7 l 6 b ;

f e r w i l l e SPRENG Ilias 94 b , NEUKIRCH Moffmannswaldau und and. Deutschen gedickte 2, 56; mhd. g e w i s s e r

w i l l e n a n v e r t r a u e t h a t t e MICRAELIUS altes

w i l l e n v e r o r d n e t e n LOHENSTEIN Arminius

SCHMOLCKE »chrifl. 1,254;

dtsch. gesch. 3 1, 494.

ab

E. TH. A. HOFFMANN l , 54);

als

gegensatz

ich . . . sah mit vielem vergnügen in seinem schreibepult den letzten willen liegen HENRICI gedickte 8, 209;

auch Schreiber und notarien verlang' ich. um meinen letzten willen aufzusetzen

SCHILLER 12, 407;

sanfter

wille (mit senften willen Parzival 472, 14).

wenn . . . der letzte wille rechtsgiltig ist Josephs II ge-

7) e i g e n e r wille; aigen will voluntas DIEFENBACH gloss. 628°; in der alten spräche meist tadelnd für

L, 18";

das ist mein letzter wille, gott drückt das Siegel drauf

wille Tristan 16481; als gegensatz lauer wille TREITSCHKE 6) r a u h e r wille (vil rühes willen Parzival 297, 7), k a l t e r w. STIELER, h a r t e r w. (und sollen iren horten willen also nachkommen ARIGO decamerone 5), s c h a r f e r w. (den schärfsten willen stumpft die zeit

Pommerland

eigen-

willen: die voll eigens willen sint dt. myst. des 14. jh. 2, 645, 4 Pfeiffer; ein ungefiier leben in posen gedancken und argen listen, in aigem willen und unordenlicher

setze (1786) 111;

vereinzelt auch e n d l i c h e r wille: . . . mein endlicher wille liegt gefertigt im schrank

lieb BERTH. v . CHIEMSEE t. theologei 206; eigner w i l l b r e n n t i n der h e l l S. FRANCK sprichw. L, 125*, EYERING proverb. copia 2, 8, SCHOTTEL 1114, NEANDER sprichw.

PYRKER Tmistas 2, 58; alterthümlieh gerne in formein wie t e s t a m e n t und l e t z t e r w i l l e des heil. röm. reichs Ordnungen (1586) 88*, STUMPF Schwytzerchronik 862», HOHBERG 1,8; Ordnung und l e t z t e r

11; ähnlich s e i n e s e i n e n willens sein EMMELIUS sylva Q q l 4 ; e i g e n s w i l l e n s 'freiwillig': sein güt frei eigens willens übergeben BON ER Eerodot 6*; aigens willens

MARK neuspr.

und nit g e n ö t t N . v , W Y L E translationen 'absichtlich':

161, 8 ; seltener

will N. MANUEL 282; letzter will und anordnung EMMELIUS nomenel. 201; letzter wille und Verordnung NEUteutsch. palmbaum

295; als object in Ver-

bindungen wie den letzten w. besitzen, besetzen testamentare DIEFENBACH gloss. 5 8 l b ; s e e z e n nov. gloss. 868*;

thut eigens willens sehr stolzieren

SPRENG Utas 7*.

8) f r e i e r w i l l e , alterthümlieh für 'Willensfreiheit', namentlich in der spräche der theologen: hiemit. . verdamme ich . . alle lehre, so unsern freien willen preisen LUTHER 26, 603 Weim.; meine wenige meditation vom freien willen des menschen LEIBNIZ dtsch. schrift. l, ¡¡74; femer für 'freiwittigkeif: alles freien will ein freien willen haben ZINKGRHF gedickte 16;

in ein testament oder gemächt stellen, in geschrift verfassen MAALER 268D, 269*; den letzten willen eines sterbenden annehmen LUTHER 26 , 647 Weim.; verordnen EMMELIUS sylva (1592) M M i i j ; e r f ü l l e n ( a u s f ü h r e n ) A . GRYPHIUS (1698) 1, 416; v e r m a c h e n HOHBERG l , 8; zerstören STUMPF 862*; jetzt meist aufsetzen. b ) allgemein auch jede andere letzte willensäuszerung eines sterbenden, auch ohne beziehung auf seine hinterlassenschaft und mündlich: das (die erlösung) ist sein (Christi) letzter w i l l e L U T H E R 34 214, 12 Weim.; (meine

namentlich in der Verbindung f r e i e s w i l l e n s (vgl. oben fraü) stiesz mich mit den Worten von sich: schweig, eigens willens) freiwillig, absichtlich: einer . . liesze sich verrätherl dieses war ihr letzter wille RABEN ER L, 86; freies willens . . heftig verwunden BONER Justinus (I63I) ich . . . kam, 6*; dasz die Galli . . freies willens den Römern das den letzten willen dieser heldenseele dir kund zu thnn SCHILLER 16,1, 82; regiment wider uberliferet STUMPF Schwytzerchron. 153B; auch v o n f r e i e m w i l l e n (XYLANDER Polybius 40, LOGAU Sinngedichte 193 nr. 88)) oder a u s f r e i e m w i l l e n ( L U T H E R 101 1, 466 Weim., Z W I N G L I von freiheit d.

manchmal in ausgesprochener gegenüberstellung zu dem t e s t a m e n t als dem geschriebenen und urkundlichen letzten

willen: dasz er . . seinen letzten willen in seinem testa-

153

WILLE n c i . i

WILLE II C 8

ment ernstlich verschafft, dasz man . . den körper in kein anders ort begraben solle ABRAHAM A ST. CLARA Judas L, 97; Marcos macht ein testament, trSst sein weib mit letztem willen

dnck dich, Iasz fDrttber gan! das wetter wil sein willen han UHLAND volksl. 768; alterthümlich auch 'mit einem sein spiel treiben': dasz peste rosz, das nindert ist . . das wolten wir geben zu miete dem, der uns in verriete . . .; so wolten mir (wir) mit im unsem willen han fastnacMepiele 461, 6; die arme, elend frau, mit der das gelücke lang zeit sein spile und willen gehabt het ARIGO decamerone 120. b) den willen (eines anderen) t h u n , e r f ü l l e n , v o l l bringen(DASYPODius), v o l l z i e h e n , v e r b r i n g e n , erlangen, stillen, leisten, sich gefallen lassen, w o l l e n , e h r e n : dasz er seines herren willen vollbring BERTHOLD VON CHIEMSEE 26 (neben den willen thun, verbringen, vollziehen ei. 26. 27); verbringe wider mich dein herten willen ARIGO decamerone 253; daran verbringest du unsern gnädigen willen SCHWEINICHEN 152; als einen sunder, der sulchen willen gotte nit leisten mag LUTHER 8, 102, 15 Weim.; von kindheit auf hab ich in allen mir euren willen lassen gfallen H. SACHS 8, 85,1 Keller; ich war auch raths, des königes willen Seinicke Fuchs 63; . . ehstes zu stillen mich dergestalt thumlen werde, deinen willen und wünsch zu erlangen GRIMMELSHAUSEN Simplic. 476 Kögel; . . dieses kind verleih uns allen, dasz wir wollen seinen willen A. GRYPHIUS 109. o) einem den (seinen, jeden, allen) willen l a s s e n Parzival 97, 6, WALTHER IOO, 36, Erec 848, £ . ALBERUS 24*, dän. lade en sin villie; f ü g e n : ich wil dir umbe dise botschaft noch fliegen dlnes willen vil

LOGAU 473 nT. 79.

c) vereinzelt bildlieh für die bibel oder das neue testament: götlichs Versprechens und lessten willen oder testament3 gottes BERTHOLD VON CHIEMSEE 85; das nene testament, der letzte wille dessen, der menschlich starb TREUER dt. Dädalut 1,18. d) verhüllend für den geschlechtsgenuaz: und beider liebe zü manchmalen zü irem letsten willen kommen wäre LINDENER rastbüchlein 88. C. verbale Verbindungen. 1) als subject zu geschehen, ergehen, durchgehen, in erfttllung gehen, vor sich gehen, gehen, durchschlagen, stehen nach u. a.: im sein wille nit ergen wolt ehron. d. dt. städte 9, 124; schweigt mir! es musz ergehn mein will H. SACHS 8, 33, 89 KeOer; gottes will der ist ergangen ARNIM 21, 36 ( v m n d e r k o r n ) ;

so müsz doch für sich gon mein will WICKRAM

6,181;

deszhalb Camillo sein will nit gen mocht SCHÖFFERLIN Livius (1614) 61 b ; nach schatten stund sein will ZINKGREF 1 6 ;

ein alement, dem gegenüber auch der päpstliche wille nicht durchschlägt BISMARCK gedank. u. erinn. 2, 161. 2) als objeet oder sonstige ergänzung. a) w i l l e n ( d. h. lust) h a b e n 'vorhaben'; ahd. ih habo willen NOTKER psalm 118 einl.; mhd. willen h&n MÜLLER-ZARNCKE 3, 681; intendere, parare, pretendere, tendere DIEFENBACH gloss.; ALBERUS tiiij»: gemainklich die kranken haben willen gesund zesein BERTH. v. CHIEMSEE 191; denn ehe Jacob willen hatte oder ie gedachte etwas da zu maohen LUTHER 84, 498, 18 Weim. ; sölicher wort die gefätterin willen het zelachen ARIGO decamerone 862; dieselben haben nit willen recht zü tön A. v. EYBE Spiegel der sitien A l l l b ; dabei müst starken willen hon, dasz dn fflrt wBlet kain todsQnd ton SCHWARZENBERG teuiech

Cicero

LS9B.

gerne mit abhängigem, genetiv: im villeicht, des er willen het, gelingen möchte ARIGO 40; der hat ein schalkheit gethan oder hat einer willen AORICOLA sprichW.

(1691) 87 \

des dein herz willen hat, das thue wehendiklich and auch trat aUdeuttche pauionupiele am Tirol 83. auch den (einen) w i l l e n , in (im) w i l l e n h a b e n : wenn er etwas zethün ein willen hat MAALER; ich hatte garnit den willen, angeregten halben thaler zu nemmen GRIMMELSHAUSEN 9 , 1 8 (Springinsfeld); mit charakteristischer ellipse: Paul Beneke näherte sich der galleye . . . und frug, woher sie kämen und wohin sie den willen hätten FREYTAG 18, 870 nach DETMARS lüb. thron. 8, 701; in willen haben DASYPODIUS; er hett auch im willen, das ganz Sachsen . . . zä besetzen FRANCK chron. Oermaniae III»; und hett ich nit in willen, lang allda zu verharren BERLICHINGEN lebensbeschr. 60; ohne dasz wir im willen haben, sie (die melodie) zu singen GUTZKOW tauberer von Born 4,100; gerne mit einem pronominalen accusativobject: freilich habens die rabenäser im willen CHR. REUTER Schlamp, krankh. u. tod 94; was sie mit ihrer magd in willen habe WEISE pol. näscher 836. wegen der bildungen w i l l e n s oder in w i l l e n s h a b e n s. unten E 8. s e i n e n w i l l e n h a b e n 'durchsetzen', irem. wb. 6, 867, engl, to have one's will. dän. at have sin villie: weit ir änderst euren willen han Pfarrer von Kalenberg 43; sie hat im hause den willen gehabt, darbei ist sie verwohnt worden WEISE Catharine 187 Fulda;

154

WALTHER 5 5 , 1 9 ;

t h u n , g e s t a t t e n : wie ein kind, dem man seinen willen lest LUTHER 10 1 1, 663 Weim.; (die Vernunft soll dem gesind) nit iren willen lossen GEILER VON KEISBR8BERG bilgerschaft c n b ; und wurde dem aase aller willen gelassen CHR. HEUTER Schdmuffsky 93; laszt ihr den willen SCHILLER 13,179; ach, thut der teufel uns den willen zur strafe nur GOTTER gedichie 1,158; jeder wille wird ihm gestattet GÖTHE 19, 10, 14 Weim.; bis ihm der wille getan war FONTANE I 6,168. d) dem willen (eines anderen) sich f ü g e n ; sich u n t e r g e b e n SPRENG Äneis 64 B ; sich e r g e b e n GÖTHE 10, 3, 7 Weim.; mhd. h e n g e n : der ir willen henget und ir hulde welle haben N . V. REUENTHAL 3 , 3 9 .

e) des willens (eines anderen) l e b e n (eines willen geleben EMMELIUS sylva o q i d ) , s i c h b e f l e i s z e n , s i c h h a l t e n , g e s t e h e n : das ioh disen herren und frouwen irs willens ouch lebte NICLAS VON WYLE translationen 9, 31; ob sie gutwillig seines willens leben . . . wolte LOHENSTEIN Arminius L, 16 5 ; seins willen ich im nit gestee p/arrer von Kalenberg 48, 865; sioh hierinn guten, unterthänigen willens gegen unsern gnädigen herrn befleiszen baier. landtagshandl. 18, 98 Krenner, Dido ausz steter liebe rein sich Beines willens hielt allein SPRBNG And» 10*. f) sich an eines willen e r g e b e n MAALER; in eines w. g e b e n SCHMOLCKE Schriften L, 270; in eines willen s c h i o k e n BARTH weiberspiegel B v i " ; ebenso zu eines willen schioken ARIGO decamerone 260, 88; n a o h , zu, i n den (dem) willen f a h r e n : du soltst nftch mlnem willen vam Parzival 886,3; weliohes kind da in irem (der eitern) willen fttere J . GRIMM weisthümer 6, 806; ihn (den bedürftigen) zu willen faren naoh vermögen EBERLIN V. GONZBURG S,

155

WILLE II C 2

197; vgl. ferner einem zu willen dienen, leben, gehen, stehen unten D l, ferner in den willen kommen unten r und willfahren. g) den willen (eines anderen oder den eigenen) brec h e n STIELER, STEINBACH, lothr. FOLLMANN ; i m z a u m

h a l t e n STEINBACH; b ä n d i g e n , z w i n g e n , ren, u m s t o s z e n :

zerstö-

sie bringt mein seel zur hellen pein, wo gott nicht bricht den willen mein

Venusgärtlein 68 neudr.; wie sehr du mich gliioklich machen würdest, wenn du deinen willen brechen wolltest TIECK novellen (1862) 1, 20; (mit anderem sinne: Adam in kurzer zeit brach (übertrat) gottes willen und gebot

H. SACHS 1,179 KeUer;) wer kann eins menschen willen zwingen LUTHER 18, 394, 29 Weim.; und liegt uns dran so viel dest mehr, dasz man ihm sein willen zerstör AYRER 1381 KeUer;

wann . . . ein herr . . . den willen seiner unterthanen umbstoszen und nach seinem köpf richten will ALBERTINUS fürstt. lustgarten l, 172; der pflichten schwerste zu erfüllen, zu bändigen den eignen willen SCHILLER 11,282 (kämpf mit dem drucken v. 286);

vgl. auch mhd. e r w e r e n

den willen niemen mir erwert frauendienst

157,10.

h) den (eigenen) willen t h u n (schon mhd.), s c h a f f e n

(WALTHER 80 , 22, REINHARD gegenbericht 2, 18*, mnd., vgl. SCHILLER-LÜBBEN 6, 716 A ), e r w e r b e n

auch (nur

mhd.), v e r b r i n g e n , i n s w e r k s e t z e n , v o l l e n d e n ; a u s r i c h t e n LUDWIG (1716), e r h a l t e n , b e h a u p t e n , behalten, durchsetzen, durchführen: ich allen willen min erwarp (durchBetzen) HARTMANN V. AUE zwei büchlein 2,110;

(sie) on alle masze und Ordnung iren willen verprachten ARIGO decamerone 4, 85; ihren rachgierigen willen ins werk zu setzen GRIMMELSHAUSEN 2, 392 (Vogelnest); so hat er kein bevelch jedoch, mit schmähen, holderen und sehenden sein frechen willen zu vollenden SPRENG Was 7 * ;

der . . . richter bringet es dahin, dasz er seinen willen erhält OLEARIUS Jper«, rosenihal 6, 19; Natalie behauptete wie gewöhnlich ihren willen ARNIM 15, 278; Blase dow behielt hierin seinen willen und setzte ihn sanft noch öfter durch GUTZKOW 7, 25. vereinzelt seinen willen s e h e n : zwar ihr (tod, höUe) habet euren willen an des herren tod gesehn

NEUMARK fortgepfl. mus. peet. lustw. 1, 76; w o l l e n : der könig will seinen willen GÖTHE 8, 270 Weim. (Egmont IV); einem den willen a u f e r l e g e n , s e t z e n : Österreich und die bourbonisohen höfe gemeinschaftlich dem papstthum ihren willen auferlegten RANKE Sl/S2 , 268; (kaiser, adel u. s. v>.) der weit ihren willen sollten zu setzen vermögen LAMPRECHT dt. gcsch. 6 4 , 268; seinen willen gegen einen anderen s e t z e n : ob ich so stark gewesen wär', dasz, wenn der bursch seinen willen gegen den meinen gesetzt hätte, er's nit hätt' gewinnen mögen ANZENGRUBER'S, 76; vgl. auch willen gegen willen setzen unten H l . alt und hauptsächlich mnd. ist seinen willen w e r k e n (engl, to work one's will) SCHILLER-LCBBEN 5, 716*. i) seinen willen zu e r k e n n e n geben MAALER, erz e i g e n ders., SCHÖNSLEDER, o f f e n b a r e n STIELER, e r ö f f n e n BRENTANO 5 , 808, zu v e r s t e h e n g e b e n MAXIMILIAN Teuerdank 6, 29; den willen (entschlusz) f a s s e n LUDWIG (1716); einer sache willen n e h m e n : so hat sie doch dazumal dessen (des heirathens) genzlich keinen willen genommen Amadis l, 18. k) dem (eigenen) willen folgen (animo obsequi BOLTZ Terern

86b);

genugthun

CORVINOB fons

geht hin, ich wil euch einen (könig) geben

B. WALDIS Etoput 1, U Kurz; du solt auch niemand beeidigen nooh dringen, sondern ein jeglichen seines willens geleben lassen AMBACH vom zusauffen E i b ; dieweil sie dann gar sorglos und ihres freien willens ohne arbeit gelebt LEHMAN chron. d. st. Speyr 8»; neuer seinem willen leben GÖTHE 2, 147, 181. 1) zu seinem willen b r i n g e n (WICKRAM 7, 108 v.l60i), w e n d e n (H. SACHS 2, 6, 10 Keller), b e w e g e n (die vernünftigen tadlerinnen 2, 21), n ö t h i g e n (RANKE 88, 360). m) in eines willen s t e h e n (BERTH. V. CHIEMSEE 80, G. v.KEISERSBERG bilgerschaftxixi), s t e l l e n (V.MOSER beherzigungen

MAALER, DASTPODIUS,

ein

seines willen l e b e n

884; RÄDLEIN I, I 0 6 I B :

3

498, SCHILLER 6, 202*1.

n) auf (bei) seinem oder eines willen b l e i b e n (EBERLIN v. GÖNZBURG l, 49 neudr.), b e s t e h e n (FONTANE

I 5, 21), b e h a r r e n (H. v . KLEIST S, 260).

o) den (seinen) willen (einwilligung)

darein (darzu)

g e b e n MAALER, SCHÖNSLEDER, EMMELIUS sylva Q q DENTZLER 353», RÄDLEIN l, I06l b , ADELUNG: als dann

benannter symoneier . . den willen darein geben BERTH. v. CHIEMSEE 639; bis der sünder seinn willen darzuoe (zur Sünde) gibt 249; darumb so gib den willen drin BÄCHTOLD Schweizer spiele des 16. jh. 8, 268; thnt er sein willen d a n n geben H. SACHS 17,99, 32;

(hindern):

genügen thun ARIOO 89,18 u. 8.;

156

WILLE n G i

er (Jupiter) sprach: dasz ir (frösche) euere willen geleben,

und zft disen dingen nie kein willen geben hett SCHÖFFERLIN Livius (1514) 29 b ; gebt, ihr götter. drein den willen, Thyrsis freiet Amaryllen

FLEMING (1660) 451 (öden 4, 29); seltener einem seinen willen geben (ARIGO 292), seinen willen e r t h e i l e n (LOHENSTEIN Arminius l, 809). w i l l e n g e b e n nachgeben: du nit willen unser gir, f ibst ich ehpruchs uberzeugen wir SCHWARZENBERG teutsch Cicero

110;

in der Verbindung willen oder statt geben 710. w i l l e n n e h m e n 'heirathsbewilligung einholen', bair. SCHMELLER.

p) willen (zuneigung,

gunst)

tragen

(schon

MÜLLER-ZARNCKE 8, 66l), e r z e i g e n DASYPODIUS,

mhd. be-

w e i s e n , e m p f a n g e n , gerne in paarungen wie willen und gunst, liebe und willen, ehre und willen, s. auch unten G: wart aus sonderlichem willen, den er dem pfalzgraven trueg, bewegt, ihme hilf zu tain W. VON SCHAUMBURG 18; die (Römer) trügen solchen gunst und willen zü im CARBACH Titi Livii rSm. hist. 59 B ; (der herzog) wolte her Degener als einem der furnehmisten . . . gern willen darin erzeigen (gefällig sein) KANTZOW chron. v. Pommern 246 Qäbel; als nün Appius mit vil gaben und gewerben sie versücht und doch nit willen von ir empfahen mocht SCHÖFFERLIN Livius (1614) 48 b ; do de mir ehrlich glauben halst, . . . kan ich ein willn beweisen dir

EYERING proverbiorvm eopia 1, 2. q) einem den (einen, seinen) willen oder eines wil len m a c h e n für (mit, um) etwas, eines geneigtheit oder Zufriedenheit gewinnen, einen entschädigen, belohnen, beschenken: willen machen satisfacere DENTZLER clavts 858*; ich will euch schon euren willen davor (darum) machen io vi ricompenseri della vostra pena RÄDLEIN i, 1061 h; einen willen machen debitum solvere, für geübte unlust willen machen, willen und abtrag machen SCHERZ-OBERLIN gloss. 2, 2034; mnd. 6nes willen maken einen befriedigen, entschädigung zahlen LÜBBEN-WALTHER 688*, zufrieden stellen, sich vergleichen SCHILLER-LÜBBEN 5, 717 a ; de lüde willen maken sich in güte auseinandersetzen DÄHNERT plattdt. wörterb.; einem einen willen machen sich erkenntlich zeigen, brem. wörterb. 6, 267, einen befriedigen 6, 411; bair. seinen willen machen (thun) zufriedenstellen SCHMELLER 2,890: es soll kein richter oder stadtknecht einig gebott, fürgebott; arrest oder verkündung zu thun schuldig sein, es hab dann der, so sol-

158

WILLE n D 1

WILLE II D 1

ches begert, ihme seine gebahrende belohnung gegeben and entricht oder ihme sonst seinen willen darumb gemacht Frankf. reform. 1, tit. 8 § 18; der die habe und gut (eines bürgers) verkommern lest, der sol des gerichts knechte seinen willen machen, dasz er gehet, do der sitzt und wonhaftig ist, dem das gut verboten ist stadtrecht von Arnstadt (1543) bei MICHELSEN rechtsdenkm. aus Thüringen 90; D. Faustus aber wolte kurtzumb sein pfand . . widerumb haben, oder der jud solte ime seinen willen darumb machen volksb. v. Faust 8* neudr.2; wann er je gält und proyiant manglet, müst der thalrath alsbald härhalten, sich gen Trisif verfügen und ihme einen willen machen: sonst wolt er alles erbärmlich verherbergen GULER VON WEINECK Eaetia I74b; bitten ihn, er wolle mit ihnen in das gebirge gehen, sie wollen ihm seinen willen drumb machen PRAETORIUS Rübenzahl 891; passivisch: darnach soll aus dem Übrigen dem fröhner für zins, haubtgut, kosten und schaden ein Wille gemacht werden Kolmar. stadtr. 1.14 bei SCHERZ-OBERLIN a. a. o. vgl. auch unten G genug und willen.

in willen was sich ze offen ARIGO decamerone 249 U. öfter; wann in dem willen und fürsatz, dich zu erstechen, bin ich leider kummen FR\NCK weltbuch (1542) exe*; also der beur mit dem täoh usz der etat gieng, in willen das zü hus zü tragen Eulenspiegel 107 neudr.; im willen, ein väldschlacht mit ihm zuthün STUMPF Schwytzerchr. 486B; wegen der mischbildung in willens vgl. unten E 2.

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in gottes willen, alterthümlich für nach gottes w.: derselb (Abraham) regiert in gottes willen, bisz das er oucb sin ding wolt stillen MÖNS tchautp. d. mittelaU. 2, 335; mit frid and freud ich far dohin imm gotts* wille LUTHER in Wackernagel* dt. Kirchenlied 8,17. m i t : mit willen gerne, gutwillig, aus freien stücken, ahd. mit willen GRAFF L, 822; mhd. LEXER 8, 899, MÜLLER-ZARNCKE 3, 662*; sponte DIEFENBACH nov. gloss. 846*; animo lubentt DENTZLER clavis 353*: denn was wir nit mit willen thun, das thun wir nit, sondern der, von dem wir gezwungen werden LUTHER 101 1, 451 Weim.; so wurden sie (die Römer) doch . . verauch ohne die Vorstellung des zahlens oder schenkensachtet und mochten es (ihre Werbung) mit willen nit nur 'nachgeben', wie den willen thun, lassen: darzü bekommen CARBACH Titi Livii röm. hist. 6 B ; das soll mochten sie sinenthalb on irrung die sün Anci Marcii er inen (der meier dem gesinde) mit willen und gern erhöhen und dem senat damit den willen machen gönnen HERR feidbau 58b; dasz er eintweder mit im SCHÖFFERLIN Xdvius (1614) 16*; so man der gemeind streiten oder aber mit willen im und seinem volk ein ihren willen mächt und vil nachliesz, so wär kein ufland eingeben wölte STUMPF Schwytzerchr. 189*; hören S0A; darnaoh ward der . . krieg also vertragen, das gold steht feaer ausz: Veit duldet alle flammen, dasz die städte . . der zinse halben . . willen machen, eb er !&szt gold nnd sich mit willen thun von sammen auch graf Albrecht den bürgern von Magdeburg ihre LOGAU (1664) 3. taue, nr. 286, 40; lehengüter . . folgen lassen solte POMARIUS Magdeach sOszcbenl lasz mich zu dir ein mit willenl GÖTHE 1,196 Weim.; burg. stadtehron. (1687) 1»; als Sprichwort: wenn man so rührten meine liederklagen, einem den willen maoht, so ist er zufrieden WANDER zwar nicbt mit willen, deine brüst S, 241, 198. PLATEN (1839) 11; einen willen machen mit einem sich vertragen, verauch 'mit absieht, mit fleisz': mit willen daup obaudire DIEFENBACH gloss. 886*; consultum homicidium, der gleichen-. (der ungehorsame) verwiirkt den ersten tag mit willen geschieht ALBERUS nov. diction. genus 99*; gegen die obrigkeit sechs albus und also alle tag sechs min datnm hab ich also gesetzt, albus, bisz er mit der obrigkeit einen willen machet das ich mit willen niemants letzt weisthümer 9, 988 (Hunsrück 17. jh.). MURNER narrenbeechwör. 8,108 neudr.; einem den willen machen in der Umgangssprache zuwas er sich mit inen erlitten hab, hier mit willen weilen für 'einen zwingen'. übersehen FRANCK chron. German. 116*; mit willen wer) einem in den willen k o m m e n , alt und selten; nigstens will ich ihn niemals erzürnen RABENER 8,128, a) von dem eigenen willen, 'in den sinn kommen, ein- wahrlich ich hab es nicht mit willen gethan 6. v. ARfallen', wofür auch zu willen kommen: darumb redstu NIM die Oünderode L, 29; ohm, sage mir, that er das (Luther) on alle geschrift, das nechst, dag dir in willen mit willen? STORM 8, 89; die sache von Valtellin habe kumpt MURNER an den adel so neudr.; nun eines tages Urban VIII mit willen nicht beigelegt RANKE 38, 365. . . gar grosze hitze was und meister Ricardo zu willen gerne in Verstärkungen wie mit allem willen STEINkam, . . neuen lüfte zu nemen ARIOO 156. BACH 9, 1019; brem. wörterb. 6, 411; H. SACHS 6, 74, 18:

ß) von dem willen eines anderen, 'nachgeben, will- mit allem willen, und dasz ich noch deutlicher rede, fahren', vgl. oben f) in eines willen fahren: welcher mit aller freude WEISE Jacobs dopp. heirath 18; mit pursoh oder knecht in einem trutz von seinem herren gutem (groszen) willen, s. oben B; dasz es mit allem aufsteht und wird anderswo arbeiten . . und so er gutem willen unmöglich war WIELAND Lucian 4, 27. wider kompt, so soll er kein zech nit haben, so lang mit eines willen mit seiner einwilligung, mhd. MÜLbis er den meistern in willen kompt (1614) korrespon- LER-ZARNCKE 8, 661B; mit deinem willen tuo permissu denzbl. d. Vereins f. siebenbürg, landesk. 24, 100; ähnlich DENTZLER 863*: archiv desselben Vereins, neue folge 97, 586 (1791). er ritt mit meim willen nicht hin FÖRSTER frische t. liedlein 183 neudr. ; s) wegen der Verbindungen mit verhüllendem, erotischem sinn vgl. unten F. sie bemächtigten sich . . nach und nach mit meinem besten willen meines erbgutes WIELAND 28, 17; mit D. präpositionale Verbindungen. meinem willen freiwillig: mit meinem willen so werde l ) präposiUon + wille. ich euch nimmer verlassen Amadis L, 66; jedermann aus: usz eignem will und gwalt H. R. MANUEL wurde inne, mit seinem willen oder wider denselben iceinspid 8584; aus des menschen willen und wähl RANKE 8, N. GUARINONIUS greuel der verwilst. 1168; aus freiem wiln a c h willen, nach meinem w., ahd. nah iro willen len; vgl. auch um; — bei, ahd. pi willinpro voto GRAFF GRAFF L, 899; mhd. MOLLER-ZARNCKR 8, 661B; mnd. na 1, 899; bei dem besten willen GÖTHE 88, 7 Weim.; — willen SCHILLER-LÜBBEN 6, 7l6 B ; namentlich in Verbindurch, s. um; — für, s. yor; — gegen: Rose musz gegen dungen wie nach seinem w. leben, gehen DENTZLER ihren willen lachen HAUPTMANN Rose Bernd 19. — 868*; einem nach seinem w. reden STEINBACH 2,1019: h i n t e r , alterthümlich für neueres ohne: hinder ihrem dasz der teuffei dits nach willen nicht zu ende bringen willen und wissen C. SPANOENBERO Mansfeld. chron. konte SASTROW 1, 67; l, 8»*; hinder wissen und willen meiner eitern KIRCHloh dürfte nichts mehr thun als . . HOF mUtarxs disciplina )(HÜ'. . . wie ein thnmherr mich nach willen lustig machen NBUKIRCH Hoffmanmrmaldau u. and. Deutschen ged. 9, 220; in: in (im) willen sein DASTPODIUS, bair. SCHMBLich aber, wenn ich diesem brauche nach willen sollte LBR i, 890, mndd. SCHILLER-LÖBBEN S, 718*: er was nit pflichten bei in willen zetftn das N. v. WYLB tranelat. 81; (¡¡er fürst) LÖSAU (1654) 8. taut. 117, M;

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WILLE II D a

WILLE II D l

den groszen umrisz habe ich nach ihrem willen dankbar zurückbehalten GÖTHE IV sa, 2 « , 10 Weim.; nach allem willen nach herzenslust 10, 100, 17 Weim. ; nach herzens willen MALER MÜLLER 1, 118; attributiv: ein man nach gottes herzen will

H. SACHS 1, 814, 15 Keller; ein frawen nach seim willen PARACELSUS 9, 493. ohne willen, namentlich in Verbindungen wie ohne wissen und w., w. und gefallen, s. unten G; mhd. ân ir willen Parzival 593 , 80; unwilliglich, ungern on w i l l e n SCHÖPPER syn.

(1550) h 7 » :

160

mann wider willen STRAUSZ Schubarts leben 1, 38; als präposition wie trotz: wider willen der jedesmaligen Verfassung SCHEIERMACHER Piatons werke 6, 869. zu w i l l e n ; a) zu willen sein gratificari DIEFENBACH nov. gloss. 197*, obedio ALBERUS piiij*, gehorchen, volgen EMMELIUS sylva QQ LD, willfahren, brem. wörterb. 6,411; zu willen werden folgen MAALER, DENTZLER 853*: sei zu willen deinem Widersacher (Math. 5, 85) LUTHER 15, 166, 9 Weim. ; den Juden wil ich zewillen werden MONB schausp. d. mittelalt. 2,866 ;

rüfft er an die Sachsen, die im auch zû willen wurden MÜNSTER cosmogr. I IIII; aUerthümlich auch mit FISCHART Eulenspiegel v. 70 Harfen; hinzufügung der sache, womit man den gefallen erweist : dag sie . . im mit einem alten sacke ze willen würde on willen der kinder EYBE Spiegel der sitten A L B ; auf (che. . un sacco gli douasse) ARIGO decamerone 77 ; wer dem land tyrannisieren viel oberkei'en . . , auch wohl, von seinem gold und Silber niemand zu willen ist OLEwie sie sagen, ohne willen und gezwungener weise MoARIUS persian. rosenthal 8, 8; von der geliebten 'erhören', SCHEROSCH insomnis cura parentum 19 neudr. ; vgl. auch F : Zeus gebot mir hieher, ohn' meinen willen, zu wandern sieh, bist du mir zu willen, Vosz Odütiee 87, 99 Bernays. du zärtliche jungfrau sonder willen, mnd. sunder willen widerwillig MALER MÜLLER 2, 327. SCHILLER-LÜBBEN 5, 716 B . vereinzelt und alt auch unpersönlich oder von Sachen, 'angenehm, willkommen sein': meister, es ist mir also ü b e r willen, namentlich bair.-österr., 'gegen den wilwol zu willen volksb. von den Saimonskindern F 11 ; len' SCHMELLER a, 890: dazumahlen {als er fror) muste so es dir zu willen wär, so bitt ich dich buch der liebe er (David) über willen auf der zittern schlagen ABRAHAM A ST. CLARA reimb dich 227 ; treibt man solchen 348, 1; ist dir ze willen, die proba ze sehen ARIGO 144; (hart) hinaufwarts, dasz diese wenige haar über willen welch biszlein, welcher trank kan ihm (dem vollen mögen) zu willen sein? müssen bergauf stehen Judas 1, 78 ; ferner 1, 387 und RACHEL tatyr. ged. 61 neudr. 2, 4; älter und wohl ursprünglicher 'über den normalen b) zu willen d i e n e n , mhd. WINSBECKE 2 Haupt; leiwillen hinaus, über bedürfnis, übermäszig' : d e n DIEFENBACH gloss. 465 b ; l e b e n U L R I C H V. L I E C H das ist jetzund der pfaffen sitten, sitzen täglich beim wein zfl füllen, TENSTEIN 585, 24 Lachmann; gehen, s t e h e n ; ferner fressen und saufen über willen vgl. einem zu willen fahren oben C 8 f : also kam fein das kindlein Til zeitlich ins Wirtshaus on sein will

WICKRAM 5, 83;

mit ähnlichem ausgangspunkt 'über das zu erwartende hinaus': aber die frau, als si sein, wie gehört, woll gepflegen, lies sie in von den knechtn ober willen und dank aus dem lant belaiten und an sein Bicherhait b r i n g e n W I L W . v . SCHAUMBURG 88.

um, aus, duroh, v o n willen, s. unten willen präp. v o n w. : da schwam das holz von dem willen gottes über sich das summer teil der heiligen leben (1478) x x x i i i * c ; von ganzen eigen willen ARIGO decamerone 853. v o r ( f ü r ) w i l l e n , vom 17. jh. an namentlich sächsisch und schlesisch in der Verbindung vor (für) w. nehmen 'fürlieb nehmen'; für willen ADELUNO, aber als niedrig und [nur im gemeinen leben üblich bezeichnet; wohl niederdeutschen Ursprungs, vgl. mnd. vor willen nemen als beweis der freundschaft ansehen, vor neynen willen annemen ungern sehen SCHILLER-LCBBEN 5, 716b; gerne in der paarung vor lieb und willen, s. unten G: Ich will vor willen nemen und mich auf allen fall und, was du giebst, bequemen FLEMING dt. gedickte 1,166 ; schwinge dich, mein geist, empor, nimm mit deinem gott verwillen

ich leb' ihr, wie ich kan, zu willen NEUMARK fortg. mus. poet. hübe. 1, 337 ;

(man hat die direction nicht), dasz man den leuten zu w i l l e n lebe GÖTHE I V 13, 73 Weim.; ihr gesellen, die ihr freiet, . . nehmpt, was euch zu willen geht (gehorchen) Venusgärtlein 184 neudr. ; will man nun dieser angst und sorge mtlszig gehen, musz vater oder söhn der gruft zu willen stehn (helfen)

HENRICI gedickte 8, 79. 0) zu willen thun, w i s s e n 'zu gefallen thun, günstig gesinnt sein', alterthümlich; sonst zu w. reden: (He thaten den gälten) was sie wuszten in zu willen FISCHART glückh. schiff 34 neudr. ;

weil die Sextilia ihm nichts mehr wolte zu willen wissen, als muste er aus noht seinen palast verkaufen A. U. v. BRAUNSCHWEIG Octavia 3, 391; Margaretha hingegen favorisierte denen Dampierrischen kindern schlechterdings und wüste denen von Avesnes als bastarden wenig zu willen HAHN einleitung 4, 371 ; thut noch ein reicher freund dem armen was zu willen RACHEL gedichte 98 neudr. ; er hatte gehört, dasz man einem weibe . . zu willen reden müsse FRANÇOIS letzte Seckenburgerin 1,11. d) zu seinem willen Verfügung) h a b e n : wer solchergestalt den schlaf zu seinem willen hat, der darf nicht viel gewiegt werden STRANITZKY ollapatrida 186 neudr. e) zu willen f a l l e n , nach wünsch ausfallen:

schritten 1,1819 ; ferner 3,163 ; mit diesem danke nehmt für willen, und seht mir in den himmel nach GÜNTHER 833; drum werden sie mit der wenigen lust vor willen nehdu (gOtt) kanst, was du sagest, treiben, men WEISE Tobias, Zittauer theatrum (1699) 865; verdasz es dir zu willen feilt DACH 95 Osterleg. einzelt auch vorn willen nehmen HIPPEL Wiensläufe 1, 1) präpositional wie zuliebe: dem nehisten zu willen 79; 2, 133. LUTHER 26, 574 Weim, ; den papisten zu willen 841, 801 ; w i d e r w i l l e n , gerne in paarungen wie wider wissen nur euch zu willen und w., wunBoh und w., vgl. unten G; dhd. wider iro halt' ich mich an GÖTHB 15, 280 Weim. (Faust 9. Ol. III). willen GRAFF 1, 832; wider ir willen vrö Iwein 167; 2) wille präposition. Widdern, n i t m i t w i l l e n t h f t n A L B E R U S 78*; B E R T H O L D v. CHIEMSEE 68; auch 'ohne einwilligung' : sie mögent zur anknüpfung einer näheren bestimmung, die das doch die alten gewerken . . . nicht verlieren wider ziel des willens ausdrückt, dienen (soweit nicht der geihren willen AGRICOLA bergwerkbuch 67; 'unwissent- netiv verwandt wird, vgl. willen der arbeit nisus DIEFENlich, unwillkürlich': sollte ioh unglücklich genug geBACH gloss. 381*; einer sache willen haben, nehmen wesen sein, sie wider meinen willen zu beleidigen? oben C 2) die präpositionen an, gegqn, über, zu: er CRONEGK schrift. 1, 41; das gesprllch brachte mich hatt nicht willen an der sterke der pferde (ps. 38,17) wider willen auf sie zurück LESSING IS,