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German Pages 710 [712] Year 1978
Deutsches Fremdwörterbuch Vierter Band
Deutsches Fremdwörterbuch Begonnen von Hans Schulz, fortgeführt von Otto Basler weitergeführt im Institut für deutsche Sprache
Vierter Band
s bearbeitet von Alan Kirkness, Elisabeth Link, Isolde Nortmeyer, Gerhard Strauß unter Mitwirkung von Paul Grebe
w DE
G Walter de Gruyter • Berlin • New York 1978
Wissenschaftlicher Beirat: Joachim Bahr, Bernhard Gajek, Wolfgang Müller, Peter von Polenz, Heinz Rupp
CIP-Kur^titelaufnähme der Deutschen Bibliothek
Deutsches Fremdwörterbuch / weitergef. im Inst, für Dt. Sprache. Begonnen von Hans Schulz. Fortgef. von Otto Basler.— Berlin, New York : de Gruyter. NE: Schulz, Hans [Begr.]; Basler, Otto [Bearb.]; Institut für Deutsche Sprache Bd. 4. S / bearb. von Alan Kirkness . . . unter Mitw. von Paul Grebe. — 1978. ISBN 3-11-007891-0 NE: Kirkness, Alan [Bearb.]
© 1977/1978 by Walter de Gruyter Sc Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp. Printed in Germany Alle Rechte des Nachdrucks, einschließlich des Rechtes der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vorbehalten. Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin 61
Verzeichnis der zitierten Zweitquellen Die im Text verwendeten Kurztitel erscheinen eingeklammert in Versalien jeweils am Ende der bibliographischen Angaben. Georg Friedrich Benecke, Wilhelm Müller, Friedrich Zarncke, Mittelhochdeutsches Wörterbuch (Ndr.). Hildesheim 1963 (BENECKE/MÜLLER/ZARNCKE) Hans Holm Bielfeldt, Die Entlehnungen aus verschiedenen slawischen Sprachen im Wortschatz der neuhochdeutschen Schriftsprache, Berlin 1965 (BIELFELDT) Richard Brunt, The Influence of the French Language on the German Vocabulary (1649—1748), Diss. Oxford 1974 (BRUNT) Joachim Heinrich Campe, Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke, Braunschweig 21813 (CAMPE) Broder Carstensen, Englische Einflüsse auf die deutsche Sprache nach 1945, Heidelberg 1965 (CARSTENSEN) —, und Hans Galinsky, Amerikanismen der deutschen Gegenwartssprache. Entlehnungsvorgänge und ihre stilistischen Aspekte, Heidelberg 1963 (CARSTENSEN/GALINSKY) Carl Creifelds, Rechtswörterbuch, München 31973 (CREIFELDS) Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Mannheim/Wien/Zürich 1976ff. (DUDEN) Peter Ganz, Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz 1640—1815, Berlin 1957 (GANZ) L. H. Adolph Geck, Uber das Eindringen des Wortes „sozial" in die deutsche Sprache, Göttingen 1963 (GECK) Goethe-Wörterbuch, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1966ff. (GWB) Alfred Götze (Hrsg.), Trübners Deutsches Wörterbuch, Berlin 1939ff. (TRÜBNER) E. G. Graff, Althochdeutscher Sprachschatz oder Wörterbuch der althochdeutschen Sprache (Ndr.), Hildesheim 1963 (GRAFF) Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854ff. (DWB) Moriz Heyne, Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1890 ff. (HEYNE) William Jervis Jones, A Lexicon of French Borrowings in the German Vocabulary (1575—1648), Berlin/New York 1976 (JONES) Joseph Kehrein, Fremdwörterbuch mit etymologischen Erklärungen und zahlreichen Belegen aus Deutschen Schriftstellern, Stuttgart 1876 (KEHREIN) Ortrud Keil, Die italienischen Lehn- und Fremdwörter im Deutschen, Diss. Innsbruck 1944 (KEIL) Karen Kinnemark, Studien zum Fremdwort in deutschen Zeitungen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Sprach- und Bildungsgeschichte im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, Licentiatavhandling Kopenhagen 1964 (KINNEMARK) Ruth Klappenbach und Wolfgang Steinitz (Hrsg.), Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, Berlin 1961 ff. (WDG) Friedrich Kluge, Deutsche Studentensprache, Straßburg 1895 (KLUGE, Studentensprache) —, Seemannssprache. Wortgeschichtliches Handbuch deutscher Schifferausdrücke älterer und neuerer Zeit, Halle 1911 (KLUGE, Seemannssprache) —, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin 201967 (bearbeitet von W. Mitzka) (KLUGE) —, (Hrsg.), Zeitschrift für deutsche Wortforschung Bde. I—XV, Straßburg 1901 ff. (ZFDW) Erich Kunze, Sauna: der Einzug eines finnischen Wortes in die deutsche Sprache in: Neuphilologische Mitteilungen 71 (1970) 53—66 (KUNZE) Otto Ladendorf, Historisches Schlagwörterbuch, Straßburg/Berlin 1906 (LADENDORF) Heidi Lehmann, Russisch-deutsche Lehnbeziehungen im Wortschatz offizieller Wirtschaftstexte der DDR (bis 1968) ( = Sprache der Gegenwart 21), Düsseldorf 1972 (LEHMANN)
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Verzeichnis der zitierten Zweitquellen
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s Sabotage F. (-; -n), Anfang 20. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. Sabotage (zu saboter, sabotieren); zunächst in der Bed. 'mutwillige Sachbeschädigung durch streikende Arbeiter', anfangs auch gebucht für 'Neckerei', dann vor allem in Wirtschaft und Politik sowie beim Militär in der Bed. 'planmäßige Störung, vorsätzliche Beeinträchtigung, Behinderung', z. B. eines Betriebs, eines ordnungsgemäßen Arbeitsablaufes, der Durchführung geplanter Maßnahmen oder militärischer Operationen durch passiven Widerstand, Boykott, Zerstörung von Maschinen, Einrichtungen usw. (auch im Zusammenhang mit Spionage verwendet); häufig in den Verbalsyntagmen Sabotage treiben, begehen und in Zss. wie Sabotageakt, -tätigkeit; Betriebs-, Wirtschaftssabotage. Technik und Wirtschaft 5 (1912) 157 hat das Wort „sabot" in der Technik die Bedeutung Bremsklotz, Hemmschuh . . . es liegt also wohl näher, den Begriff Sabotage von dieser Bedeutung abzuleiten und dem Inhalt nach mit Hemmung, Störung zu übersetzen; 1918 Deutschland u. Katholizismus II 277 System der sogenannten Sabotage . . . d. h. durch Beschädigung von Maschinen . . . den Betrieb aufzuhalten und . . . auf Jahre zurückzuwerfen; 1922 Deutschlands Erneuerung 584 [Reichskanzler] warnt . . . vor der „Sabotage der großen Ideale der Welt"; Lania 1925 Hitler 15 Unser Plan war, nach dem Muster Schlageters den aktiven Widerstand durch Sabotageakte wie einen Guerillakrieg zu entfachen; Voss. Ztg. 8. 12. 1930 Nachdem in der russischen Öffentlichkeit die Sabotagetätigkeit der Angeklagten als so ungeheuer gefährlich hingestellt worden war . . . mußten . . . wenigstens die Hauptangeklagten zum Tode verurteilt werden; Berl. Illustr. Nachtausg. 22.2. 1933 wieviel ehemalige Genossen in der feldgrauen Uniform habt ihr durch eure Sabotage des Widerstandswillens in den Tod geschickt?; ebd. 4. 3. 1933 wird die Polizei besondere Maßnahmen ergreifen, um Sabotage- oder Terrorakte unter allen Umständen zu verhindern; ebd. 15.5. 1933 Ich erwarte von der Disziplin und Einsicht aller bewährten Betriebspioniere . . . daß sie versteckte marxistische Sabotageversuche an der nationalsozialistischen Aufbauarbeit klar erkennen; 8 Uhr Abendbl. 6. 6. 1933 Ob eine Nachlässigkeit eines Monteurs oder Sabotageabsicht vorliegt, läßt sich natürlich nicht sagen; Lokal-Anz. 1 Fremdwörterbuch
9. 7. 1933 der gefürchtete Gegner rückte immer näher heran, da setzte die Benzinzufuhr ganz aus. Untersuchung der Ursache: Düsen verklebt, Zucker im Benzintank — Sabotage l . . . Ein Rennen war durch den Neid eines anderen verlorengegangen; ebd. 6. 9. 1933 Frankreich wird irgendwelche neuen Gründe zur Sabotage jeder Abrüstung finden; Münch. N. N. 6. 4. 1941 ob die Produktion sich im Sinne des Rüstungs- und Versorgungsprogramms der Regierung entwickelt, ob keine Sabotage getrieben oder staatsfeindliche Tätigkeit geduldet wird; M.-A. Abendzfg. 26. 7. 1944 der Gegner . . . setzt auch Sabotagetrupps und Terroristengruppen zur Zerstörung kriegswichtiger Schienenanlagen ein; Siiddtsch. Ztg. 17. 6. 1950 Im Güstrower Schauprozeß . . . wurden hohe Zuchthausstrafen wegen „fortgesetzter Wirtschaftssabotage" und „Agententätitgkeit für den Westen" verhängt; ebd. 4. 1. 1951 Die Präsidentin des Alkoholgegnerverbandes nannte das „Sabotage" an ihren Bemühungen; ebd. 3. 10. 1963 So kindisch der Versuch . . . war, den Sozialdemokraten wegen ihres Auszugs aus dem sozialpolitischen Ausschuß des Bundestags „Sabotage" anzuhängen; Anders 1965 Antiquiertheit 4 ist Kritik eo ipso Sabotage des Fortschritts, ist damit eben reaktionär; ebd. 2. 11. 1965 Gegen Obermüller, dem Betriebssabotage vorgeworfen wird; FAZ 9.3. 1971 In den Meldungen über den Geheimprozeß in Halle . . . hatte es geheißen, daß „Sabotage" und „Bestechung durch MesseGeschenke" die Hauptvorwürfe gegen die Angeklagten gewesen seien.
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Saboteur — sabotieren
Saboteur M. (-s; -e), im früheren 20. Jh. aufgekommene Entlehnung aus gleichbed. frz. Saboteur (zu saboter, ->• sabotieren) mit der Bed. 'jmd., der Sabotage treibt, sabotiert'. Schuster 1936 Nachbar im Westen 199 Saboteure einer deutsch-französischen Verständigung; Münch. N. N. 1. 10. 1942 daß w i r jeden Saboteur dieser Gemeinschaft unbarmherzig vernichten werden; ebd. 27. 3. 1944 Wenn sie uns Rügen erteilen, dann doch deshalb, weil ihnen die Verbrecher, Saboteure und Schädlinge, vor denen w i r unsere Gesellschaft rücksichtslos schützen, in ihrer ehrenvollen Kampftruppe gegen unsere innere Front fehlen; Süddtsch. Ztg. 24.10.1950 jeder, der sein Ablieferungssoll nicht erfülle, werde als „Saboteur" nach Sibirien verschickt; ebd. 15. 11. 1950 hat Churchill in der Unterhausdebatte Bevin „den Erzsaboteur am Europa-Rat" genannt; ebd. 13. 6. 1952 zur Bekämpfung von „Saboteuren und Umstürzlern"; Bonn 1953 Gesch.
188 die Führer der unabhängigen sozialdemokratischen Partei, die von den Militärbehörden als Defaitisten und Saboteure verhaftet worden waren; Süddtsch. Ztg. 27.5. 1953 Schäffer ist es mit seiner Taktik der Verkoppelung der Steuersenkung mit einer Erhöhung des Bundesanteils gelungen, die Länder als Saboteure der Kleinen Steuerreform hinzustellen, wenn sie nicht beides gleichzeitig annehmen wollen; Haffner 1965 Todsünden 61 Die widerstrebenden Politiker galten schon beinahe als Verräter und Saboteure des deutschen Sieges; Anders 1965 Antiquiertheit 5 daß die Identifizierung von „ K r i t i k " und „Reaktion", die Anprangerung des Kritikers als reaktionären Saboteur zur ideologischen Taktik des Nationalsozialismus gehört hatte.
sabotieren V. trans., im früheren 19. Jh. entlehnt aus frz. saboter 'mit Holzschuhen treten, (in Holzschuhen plump umher-)trampeln', von daher 'nachlässig, unsorgfältig arbeiten; (ver-)pfuschen, verderben' (zu sabot 'Holzschuh', auch 'Hemmschuh, Bremsklotz' und 'Kreisel' ungesicherter Herkunft). 1 Zunächst gebucht (1838 bei Heyse) für 'mit dem Kreisel spielen; necken, foppen, zum Besten haben, zum Narren halten'. 2 Seit frühem 20. Jh. wohl neuentlehnt in der Bed. 'etwas durch Sabotage planmäßig, vorsätzlich stören, beeinträchtigen, behindern, vereiteln, hintertreiben, lahmlegen', bes. wirtschaftliche und militärische Einrichtungen, Arbeitsabläufe, Operationen usw., auch in der Politik; dazu das vereinzelt belegte Verbalsubst. Sabotierung, gleichbed. mit -»• Sabotage. sabotieren 2: Schickele 1920 Mädchen 39 Die städtischen Elektrizitätsarbeiter waren . . . zusammengekommen, in der festen Absicht, den Réveillon zu sabotieren, das heisst, das festliche Paris in Dunkel zu hüllen; 1931 Arbeitsausschuss 93 Wer diese Zollunionsidee bekämpft . . . der muß sich den Vorwurf gefallen lassen, daß er die Durchführung des Young-Planes sabotiert ; Berl. Illustr. Nachtausg. 23. 1. 1932 [durch die Aufrechterhaltung der Verträge w i l l ] Frankreich wieder die Abrüstung sabotieren . . . während nach deutscher Auffassung die Abrüstung für alle Staaten gleichmäßig durchgeführt werden m u ß ; Lokal-Anz17. 8. 1933 Die Strafe müsse hoch sein, daß ihm die Lust Gerichtsverhandlungen zu sabotieren, vergehe; ebd. 24. 4. 1934 Von chinesischer Seite wurde jedoch später die Durchführung dieser Vereinbarung sabotiert, indem man örtlichen nordchinesischen Stellen die Ausführung des
Abkommens überließ; ebd. 14. 8. 1934 planmäßige Überfälle auf die Züge der chinesischen Ostbahn zu unternehmen und den Bahnverkehr zu sabotieren; Münch. N.N. 11.11. 1944 die Geschichte der laut propagierten und meisterhaft „sabotierten Weltwirtschaft"; Offenburger Tagebl. 25. 5. 1960 Adenauer . . . sprach . . . von der „vorgefaßten Absicht" des Sowjetführers, die Pariser Konferenz zu sabotieren; Stuttgarter Ztg. 24. 9. 1962 mit der „ernsten M a h n u n g " an die Bundesregierung, die . . . Uebereinstimmung über die Einführung der 44-Stunden-Woche für die Bundesbahnarbeiter nicht nachträglich zu „sabotieren"; ebd. 4.9. 1963 Also sabotieren die Gewerkschaftsführer den Dreiecksplan. Sabotierung: 1922 Heimatland (München) Nr. 5 Die Folge der Revolution von oben ist also eine Sabotierung der Arbeit unten und oben.
Sadismus — Sadist
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Sadismus M. (-; selten Sadismen), Ende 19. Jh. v o n Krafft-Ebing übernommen aus gleichbed. frz. sadisme (subst. Ableitung v o m Namen des französischen Schriftstellers Marquis de Sade (1740—1814), dessen Werke sich durch eine gewalttätige und grausame Sexualität auszeichnen); a als psychologischer Fachausdruck zur Bezeichnung einer sexuellen Perversion, die nur über physische oder psychische Grausamkeit gegen das Lustobjekt Triebbefriedigung erreicht (Ggs. Masochismus). b Seit frühem 20. Jh. auch auf nicht sexuelle Bereiche übertragen in der allgemeinen Bed. 'Freude an Quälerei, Grausamkeit; lustvolle Gewalttätigkeit'. Sadismus a: Bahr 1893 Neben der Liebe 76 Ignaz Redl, der wilde Sänger der „Sadismen", die jeder seiner Maitresse gab und vor seiner Frau versteckte — die Psychopathia sexualis des KrafftEbbing in üppigen und spracherlauchten Versen; Euphorion 9 (1902) 674 die Todesszene [in Kleists Penthesilea], welche Krafft-Ebing „ein gräßliches Gemälde des vollkommenen weiblichen Sadismus" nennt; Werfe! 1920 Mörder 268 Ich aber will mein Geschlecht wieder der Erde verschwistern . . . damit sie uns entsühne von allen Morden, Eitelkeiten, Sadismen, Verwesungen des dichten Zusammenwohnens; Vorberg 1921 Erotik 17 die von Krafft-Ebing nach dem Marquis de Sade bezeichnete krankhafte Betätigung des Geschlechtstriebes, der Sadismus, und der von ihm nach dem Schriftsteller Sacher-Masoch benannte Masochismus sind dem Altertum nicht fremd. Beim Sadismus handelt es sich um Gewalttätigkeit mit Wollust verbunden; Stern-S^ana 1921 Bibliotheca 155 Wie man später die leidende Liebe nach dem Dichter der geprügelten Liebe, Sacher-Masoch, Masochismus nannte, so wurde nach Sade, dem Schilderer der grausamen Wollust durch Leiden-Verursachung, diese Art Liebe Sadismus benannt; Moreck 1928 Liebe 104 Von den Bordellen als Pflegestätte des Sadismus und Masochismus, der männlichen Homosexualität und des Amor lesbicus; Lokesch 1927 Fort'f. von Scherr, Kulturgesch. 709 Daß es diese Dinge, von denen man in der „guten" Gesellschaft offiziell nie sprach, auch in Deutschland immer gegeben hat, daß hier auch früher schon alle Arten von Perversitäten und Perversionen blühten, daß hier Homosexualität, Tribadie, Sodomie, Sadismus, Masochismus und wie all diese Entgleisungen Amors noch heißen, nicht unbekannt waren; Süddtsch. Ztg. 2. 1. 1960 Der Sexuologe Krafft-Ebing bediente sich des Namens de Sade zur Bezeichnung jener sexuellen Empfin-
dungen, die sich — als Sadismus — mit dem Wunsch verbinden, „Schmerz zu verursachen und Gewalt anzuwenden"; Stuttgarter Ztg. 22. 6. 1966 Zwar hat die Regie in diesem griechischen Film dabei die Gelegenheit benutzt, die spärlich bekleideten, aber reichlich verschmutzten Mädchen ausgiebig vorzuführen und die Stimmung mit etwas Sadismus anzuheizen. Sadismus b: Csokor 1924 Scbuss 93 einen Charakter von Ramsauers Art mit dem Klischee des geistigen Sadismus abzutun; Dtsch. AZ. 25. 4. 1944 [an keine] Rechtsnorm und kein Gesetz der Moral gebundenen, rachelüsternen Despotismus . . . und allen übrigen Leiden die furchtbare seelische Qual beständiger Todesfurcht hinzugesellt. Überall . . . sind den Truppen der Roten Armee die Organe des NKDV gefolgt und entfalten . . . ihren ganzen hemmungslosen Sadismus; V. B. 25. 5. 1944 Die Bestialität, mit der die Bolschewisten in Galizien, der Ukraine oder Bessarabien die Bevölkerung terrorisieren und einen Ausrottungsfeldzug von größtem Ausmaß eröffnet haben, steigert sich täglich zu einem immer flammenderen Brandmal eines vertierten Sadismus, der in seinen Einzelheiten menschliches Aufnahmevermögen fast überschreitet; Süddtsch. Ztg. 26. 5. 1951 Einen zum Tode Verurteilten auf Monate oder sogar Jahre hinaus ohne Kenntnis über sein weiteres Schicksal zu lassen . . . ist ein für den Sadismus des nationalsozialistischen Regimes typischer Zug; Stuttgarter Ztg. 23. 1. 1967 eines in den Nachkriegsjahren beispiellosen Falles von Menschenschinderei und Sadismus; FAZ 10. 2. 1969 Sagt man von ihren Bildern, sie seien surrealistische Märchengärten, dann tun sich plötzlich bösartige Fallen für inwendige Träume und auswendigen Kitsch auf. Spricht man von einem Sadismus der Ästhetik, dann spielen Ritter und Meer eine heitere erzählerische Landschaft.
Sadist M. (-en; -en), Ende 19. Jh. aufgekommene Personenbezeichnung zu Sadismus; a in der Psychologie in der Bed. 'Person, die an der sexuellen Perversion des Sadismus leidet; jmd., der durch physische oder psychische Grausamkeit sexuelle Befriedigung erreicht' (Ggs. Masochist), b V o n daher auch auf nicht sexuelle Bereiche l*
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Safari
übertragen in der allgemeinen Bed. 'jmd., der an physischer oder psychischer Grausamkeit Freude hat, der andere lustvoll quält'. Dazu die seit frühem 20. Jh. belegte adj. Ableitung sadistisch 'den Sadismus betreffend, auf Sadismus beruhend; lustvoll grausam' (Ggs. masochistisch). Sadist a: Bahr 1893 Neben der Liebe 115 Das hat 1935 In 160 Fällen beziehen sich die Notizen auf der kleine Sadist doch nicht ausgehalten, so gut Lustmordmotive, in denen Holl sich als ausfüher sonst dressiert ist; Vorberg 1921 Erotik 17 Zu render Teil bezeichnet. Auch der Name Erika, den Sadisten zählen auch die Nekrophilen, die der Vorname des Kindes Fehses, taucht im ZuLeichenschänder; Stuttgarter Ztg. 23. 1. 1967 sammenhang mit sadistischen Vorstellungen auf. Dazu kommt der menschliche Zusammenbruch Sadist b: Pappenberg 1913 Rokoko 34 die Sadisten des Mannes, der jahrelang an der Seite einer der Seele und ihre Opfer. Sadistin par excellence gelebt haben will, ohne sadistisch: Münch. N. N. 13. 8. 1940 Der franvon den Vorgängen in seinem Haus etwas zu zösische Dichter wird in der gleichen Novelle bemerken . . . nennt ihren Sadismus Nervosität, aber auch zum Zeugen für die sadistische Grauverniedlicht paranoide Symptome („Meine Frau samkeit des einfachen Franzosen, wie sie im Weltist herrschsüchtig und leicht erregbar") . . . steht krieg und auch in diesem Krieg wieder in der kaum weniger unter dem Bann seiner psychisch Behandlung der deutschen Gefangenen und Ziviabnormen Frau als die Mädchen, die ihr dienten, listen so erschütternd zutage getreten ist; ebd. sadistisch: Vorberg 1921 Erotik 17 Wer die 30. 5. 1944 um das deutsche Volk auch an den Lebensbeschreibungen der römischen Kaiser Feiertagen nicht vergessen zu lassen, daß ihm liest, an die Gewalttaten eines Tiberius, Caligula ein sadistischer, gnadenloser Vernichtungswille und Nero denkt, wird sadistische Züge leicht gegenübersteht; Suddtsch. Ztg. 8.3. 1949 Der herausfinden; auch die „Behandlung" der Sklaven Rückfall in mittelalterliche Torturen, die sadistimit Ruten, Peitschen und Geißeln, wie sie bei den schen Exzesse; Jandolo 1954 Bek. (Übers.) 261 römischen Damen beliebt war, deutet auf eine der eine sadistische Freude daran hatte, recht zu Störung des Geschlechtslebens hin; Lokesch 1927 übertreiben; FAZ 6. 8. 1966 Selbstverständlich Fort'f. von Scherr, Kulturgesch. 712 So sind wir nun- sind Entblößungen erzwungene Reuegeständnisse, mehr beim Masochismus angelangt, einer Ent- Dank für die Züchtigung wie auch dieses ganze deckung des . . . Schriftstellers . . . Sacher- sadistische Drum und Dran der VollzugsstellunMasoch, die sich durch Wollustempfindungen der gen zu verwerfen; ebd. 23. 5. 1968 Ganz entschiesadistisch behandelten Personen kennzeichnet . . . den lehnen sie [Aufsichtsbedienstete] die AufSadistische Neigungen finden sich, wenn auch fassung ab, Versagen im früheren Beruf, Abneiseltener als bei Männern, auch bei Frauen. Schon gung gegen körperliche Arbeit, die billige Dienstoft hatte die Polizei Gelegenheit, einen mit allen wohnung, sadistische Veranlagung oder Sensamöglichen Ruten, Peitschen und sonstigen Marter- tionslust seien Gründe für ihre Berufswahl; ebd. werkzeugen ausgestatteten „Salon" auszuheben, 20. 3. 1971 Was sadistische Methoden angeht, da der sich den Augen des erstaunten Laien als eine sind die Mädchen [jugendlicher Verbrecherwahre Folterkammer darstellte; Dtsch. A.Z. 5. 2. banden] den Jungen weit überlegen.
Safari F. (-; -s), im früheren 20. Jh., eventuell unter engl. Vermittlung, entlehnt aus Suaheli safari 'Reise' ( < gleichbed. arab. safar), zunächst in der Bed. 'mehrtägiger Fußmarsch durch ostafrikanische (Steppen-)Wildnis mit einer Trägerkolonne und Tragtieren', bes. zu Jagd- und Forschungszwecken, heute meist für 'organisierte Gesellschaftsreise in Afrika', deren touristische Attraktion das Beobachten, Photographieren und Jagen von Großwild (in Tierreservaten) darstellt, zuweilen auch allgemeiner für 'abenteuerliche (Jagd-, Forschungs-)Reise' verwendet, in jüngster Zeit häufig in Zss. im Bereich der Wohn- und Kleidungsmode für Gegenstände mit legerer, lässiger Note, die in Anlehnung an (englischen) Kolonialstil gestaltet werden (Safarih e m d , -sessel, - l o o k ) ; dazu in jüngster Zeit die subst. Gelegenheitsableitung Safarist M. (-en; -en) 'Teilnehmer an einer Safari'.
Safe — Saison Safari: Münch. N. N. 5. 10. 1938 zeigt der Film das Eindringen der europäischen Kultur in die Urwelt Afrikas. Obschon Europa im Norden liegt, erfolgte dies langsame Vordringen zuerst vom Südkap her, im schweren von zwölf Rinderpaaren gezogenen Burenwagen, dann zu Fuß mit der guten alten „Safari", der Trägerkolonne, die auch Schomburgk bei seinen Jagd- und Forschungsreisen in den Jahren 1898 bis 1925 begleitet hat; 1939 Geopolitik 515 [der Nyassasee ist] das beliebte Safari-Ziel südafrikanischer Reisegesellschaften; Münch. N. N. 6. 12. 1940 In seiner Stube lag . . . ein Haufen Afrikabücher, in denen er am Sonntag las, wenn ihn die Unruhe nicht auf dem Motorrad wegtrieb. Er nannte seine Fahrten „eine Safari", womit man einen afrikanischen Jagd- und Steppenausflug bezeichnet. Diese bayerischen Safaris führten aber nur auf langen Landstraßen dahin bis zu einer Bauernwirtschaft; Neue Ztg. 7. 3. 1953 Um nun die Wölfe zu dezimieren, hat man regelrechte Safaris in der nordischen Eiswüste organisiert; 1959 Gong 5 Michael, der sich . . . auf einer Kamerasafari in Afrika befand; Offenburger Tagebl. 20.3.1959 Bei diesen
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Nachtjagden werden die Krokodile mit starken Scheinwerfern geblendet und dann mit den Kugeln großkalibriger Flinten erlegt. Diese Jagd wird in sogenannten Safaris betrieben, von europäischen und amerikanischen Reisegesellschaften, die im fernen schwarzen Erdteil jene erregenden Abenteuer suchen, die ihnen in ihrer Heimat versagt blieben; Süddtsch. Ztg. 15. 5. 1961 Photo-Safari auf Dekolletés ; Offenburger Tagebl. 7. 7. 1961 Kingscote, der mit einigen Freunden auf einem SafariUrlaub im Serengeti-Tierpark . . . war, wurde von einem Löwen im Zelt überfallen ; Stuttgarter Ztg. 20. 6. 1968 Islandsafari mit Jet und Zelt; FAZ 21. 4. 1971 Strauß' Afrikareise . . . wird als privat bezeichnet. Er will auf eine Jagdsafari gehen ; Die Zeit 16. 1. 1976 Bis zum Februar ist Hauptsaison für Safaris in Kenia (Überschr.) war schon ein diskreter Auftakt zu den „Abenteuern und Aufregungen der Großwildsafari" gewesen, mit denen man uns . . . gelockt hatte, wenigstens auf farbigen Prospekten. Safaristi 1967 Durch die schöne Welt Nr. 6 um die Mitsafaristen nicht beim Fotografieren oder Filmen zu stören.
Safe M., auch N. (-s; -s), im späteren 19. Jh. (1871 bei Sanders) gebuchte, erst seit frühem 20. Jh. belegte Entlehnung aus gleichbed. engl, safe, ursprünglich save (zu save 'aufbewahren; sparen; retten' < gleichbed. altfrz. salver, sauver < spätlat. salvare 'heilen, retten; an etwas festhalten', zu lat. salvus 'wohlbehalten, gesund, heil'); in der Bed. '(einbruchs-, feuer-, wasser-)sicherer Ort zur Aufbewahrung v o n Wertsachen', v o n Gold, Juwelen, Aktien, Geheimpapieren u. ä., bes. 'stählerner Geldschrank, Panzerschrank' oder '(mietbares) Schließfach in den Stahlkammern, im Tresor einer Bank'. Klein 1925 Generaldirektor o. S. Den Beschluß der Besichtigung bildete der Besuch der im Souterrain befindlichen Panzerräume und Safes; Berl.Illustr. Nachtausg. 13. 1. 1932 Dahinter ist ein Geheimsafe. In dem hat der gnä' Herr die Perlen aufbewahrt; Lokal-Artz. 23. 1. 1933 Besonders auffallend war die Konstruktion des durchaus neuartigen, kunstvoll erdachten Safeverschlusses; Münch. N. N. 9. 1. 1941 eine große Anzahl von Geldschränken bzw. Safes; Süddtsch. Ztg. 8.1.
1951 war das Bankfach zum Leersafe deklariert . . . worden; Stuttgarter Ztg. 8. 4. 1960 Ermittlungen über die rund 20 000 Mark, die Dr. Hofmann aus dem Safe einer Mandantin bei einer Schweizer Bank genommen . . . haben soll; Süddtsch. Ztg. 17. 3. 1962 Die Räuber hatten es vermutlich auf das Safe des Juweliers, das im Geschäftsraum steht, abgesehen; Stuttgarter Ztg. 14. 9. 1964 Beim Einbruch überrascht, wird einer von zwei Amateur-Safeknackern zum Mörder.
Saison F. (-; -s, süddtsch. und österr. auch -en), im späteren 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. saison (wohl zurückgehend auf (flekt. Form von) lat. satio '(Zeit der) Aussaat', 2u satus, Part. Perf. v o n serere 'säen, pflanzen'); zunächst in der Bed. '(gute, richtige, günstige) Zeit, Jahreszeit', bes. f ü r Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Verkehr, v o r allem 'richtige Zeit f ü r den Besuch v o n Badeorten; Bade-, Kurzeit' und speziell '(Sommer- oder Winter-)Spielzeit der (Wander-)Bühnen'; v o n daher auf viele Bereiche des Kultur- und Geschäftslebens ausgedehnt in der allgemeinen Bed. '(Periode des) Hochbetrieb(-s), Hauptverkehr(-s); Hauptbetriebs-, Hauptgeschäftszeit; Blüte-
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Saison
zeit', auch in frz. Syntagmen wie saison morte 'Sommerpause, sommerliche Geschäftsstille; Sauregurkenzeit', ä la saison 'der Jahreszeit gemäß, entsprechend', hors de saison 'außerhalb der Jahreszeit; unzeitgemäß'; häufig als Grund- und Bestimmungswort in Zss. wie Hoch-, Nach-, Reise-, Sommersaison; Saisonarbeit, -betrieb; saisonbedingt, -abhängig. Dazu seit früherem 20. Jh. die wohl unter Einfluß von gleichbed. engl, seasonal (zu season < altfrz. se(i)son) aufgekommene adj. Ableitung saisonal 'saisonbedingt, der Saison entsprechend, die Saison betreffend', bes. im wirtschaftlichen Bereich. Saison: 1674 Friedrich Wilhelm (UAS XIII 720) Wofern es die Saison und die Situation des Orts leiden will (BRUNT); Ettner 1698 Chirurgus 175 Euer Durchlauchtigkeit / erwögen doch gnädigst die Saison der Zeit / und den noch allzu weiten Weg; Marperger 1711 Messen I 52 ob die Saison die Abfuhr der in der Meß gekaufften Waren . . . verhindert (BRUNT); ders. 1716 Küchendict. 1329 wann eine Waare am wohlfeilsten, und in ihrer rechten Saison ist; Durange 1722 Wegweiser 13 will ich als hors de saison überschlagen, und . . . des dritten gedenken; Fleming 1724 Wohl-unterrichtete Fischer 447 Die Saison der Stöhre ist der Sommer . . . Sie werden entweder frisch gespeiset, und mit Senf- oder Blätter-Brühen genossen; Stur.j 1779 Schriften (1243) Was . . . sind alle die grossen wichtigen Revolutionen der Saaten . . . und all das Auf- und Abrollen der Szenen, diese Saisons der Geschichte und der Natur, welche immer und immer einerlei aufziehn; Moser 1784 Patriot. Archiv 1213 Tabelle über das . . . in An. 1737 währender Saison geschossenen Wildprets; 1787 Journal der Moden I118 Im Frühjahr trägt man sie [künstliche Blumen am Kleid] nach der Saison; d. h. nur die, davon die Originale eben in den Gärten blühen; 1839 Badegäste 117 mit dem zweiten Pfingsttage . . . wie es nun in der Kunstsprache des Badelebens heisst: „die Saison hat ihren Anfang genommen I"; 1848 Grenzboten I 2, 168 Lords, die nichts verstehen, als in der „Saison" in London mit strohfarbenen Handschuhen spazieren zu gehen, diese sind das Unglück des Landes; 1853 Prutv£ Museum II 396 Je näher die Sommersaison ihrem Ende, desto trister und inhaltsleerer wird sie; Lindenberg 1883 Berlin 61 Bei den hier zusammengestellten Menüs gibt es keinen Unterschied der Saison mehr; während draussen der Schnee in dichten Flocken herniederwirbelt, stehen die zartesten frischen Gemüse . . . vor uns; 1886 Salon II 586 Die Saison morte ist eingetreten: die Theater haben ihre Pforten geschlossen, und alle Welt reist in die Bäder; Meurer 1892 Bergsteiger 49 um diese Zeit ist es im Gebirge selbst in der Hochsommersaison schon erträglich zum Gehen; Höcker 1910 Sonne 125 Der Lunch sollte im Freien eingenommen werden, mitten im Schnee, so war es hier in
der Wintersaison üblich; Meggendorffer Blätter 1925 N° 1806 Saison (Überschr.) Uberall ein Kofferpacken, Alles flieht wo anders hin, Einerseits um Holz zu hacken, Andrerseits ins Engadin . . . Jetzt ist die richt'ge Zeit — Saison, Saison l; Frankf. Ztg. 13.4.1926 Die Saisonbelebung in der Textil- und Bekleidungsindustrie hat . . . in den letzten Wochen erhebliche Fortschritte gemacht; Koralle 1928 Juni o. S. Der Tierfreund ist Frühaufsteher und Einzelgänger und reist deshalb außerhalb der „Saison"; Nagel 1930 die Saison ist tot — es lebe die Saison (Titel); Voss. Ztg. 17. 12. 1930 das Leben und Treiben in den bekannten Kurorten Oberbayerns steht während des Hochwinters in nichts dem sommerlichen Hochsaison-Betrieb nach; Dtsch. AZ. 30. 6. 1931 Der Zeitabschnitt der gebrauchsfertig gemachten Natur wird „Saison" genannt. Noch herrscht der halbfertige Zustand der „Vorsaison"; Lokal-An%. 9. 9. 1934 Lebhaftes Saisongeschäft in Kunstseide (Überseht.); ebd. 29. 10. 1934 In dichten Schwärmen zieht der Hering an Englands Ostküste entlang, es ist eine „Saison", wie sie Großbritannien seit langem nicht mehr erlebte; Dtsch. AZ. 28. 7. 1935 Obwohl nur in bestimmten Abteilungen die Abhaltung von Saison-Schlußverkäufen gestattet ist, so findet doch ein großes Aufräumen statt; ebd. 31. 8. 1935 Denn das Jahr ist eine runde Rennbahn und Saisonbeginnn bedeutet die Kurve — nimm sie recht hoch, daß du Schwung bekommst, aber rutsch nicht über die Böschung I Saison ist das „Richtige"; Ferien waren nur eine Episode, ein Ausspannen, Saison aber ist ein Anspannen, und zwar ein feierliches, denn „des echten Mannes wahre Feier ist die Tat 1" sagte Goethe, wenn er von Karlsbad zurückkam; N.Z.Z. 7. 11. 1941 kein Ausdruck ist dem Hotelier so geläufig wie das Wörtchen „Saison". Es umfasst sein ganzes Denken und Handeln, es bedeutet für ihn Betrieb und Verdienst; Lütge 1949 Bayer. Grundverfassung 165 Sinn des Jahresvertrages . . den Dienstboten auch über die „tote Saison" hin Brot und Arbeit zu sichern; Süddtsch. Ztg. 18. 8. 1949 Arbeitslosigkeit nicht saisonbedingt (Überschr.); Neue Ztg. 9.5.1950 Saisonabschlag der Milch- und Butterpreise; ebd. 25. 7. 1951 Ernte-
Sakko — sakral und Saisonarbeiter werden danach [Fahrpreisermäßigung] vom Wohnort zur Arbeitsstätte und zurück zum halben Fahrpreis befördert; ebd. 22.2. 1955 Das Rothenburger Heimatmuseum wird bis Fremdenverkehrssaisonbeginn einen neuen Ausstellungsraum . . . erhalten; Tages-An%. f . Zürich 23. 7. 1960 Die Festspielsaison bestimmt das Gesicht Bayreuths; Süddtsch. Ztg. 5. 9. 1965 Hauptsaison beendet (Überschr.) Fremdenverkehrsgewerbe ziemlich zufrieden; Stuttgarter Ztg. 19. 9. 1963 Unter der Bezeichnung „Ball-Saison 63" . . . eine Mischung aus Mode, Tanz und solistischen Darbietungen zusammengestellt; FAZ 2. 12. 1964 Abweichend von den früheren Jahren sind zur Zeit aber nicht nur Saisonartikel für den Winter neben Winterreifen vor allem Felgen und Nebellampen von den Lieferschwierigkeiten betroffen; Die Zeit 16. 1. 1976 Wichtigeres Operntheater als jetzt den „Orfeo" hat es im deutschsprachigen Raum in dieser Saison nicht gegeben.
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saisonal: 1937 Der Deutsche Volkswirt 2197 darf der Einfluß des saisonalen Geldmarktrhythmus auf die Anleihezeichnungen auch nicht überschätzt werden; Süddtsch. Ztg. 3. 9. 1955Abgesehen von den saisonalen, wetterbedingten Rückgängen in der Zahl der Beschäftigten; Arbeitgeber 20.3. 1956 Sie haben das Pech, daß Exportschwierigkeiten und eine saisonale Flaute im Inland mit den Regierungsmaßnahmen zusammentreffen; Offenburger Tagebl. 9. 2. 1959 Dagegen liegt er in der ledererzeugenden Industrie etwas unter den saisonalen Erwartungen; Süddtsch. Ztg. 11.7. 1966 Saisonale Konjunkturschwäche drückt auf die Wallstreet-Kurse; 1961 Theorie und Praxis 201 Nomadische Gruppe mit saisonalen Weidegebieten und temporärem Standquartier; Offenburger Tagebl. 9. 3. 1968 die Beschäftigung mit ihrer [der Konsumentin] Einstellung zum saisonalen Modewechsel steht bei der Entwicklung der Entwürfe stärker als bisher im Vordergrund.
Sakko M. oder N. (-s; -s), österr. nur N., Ende 19. Jh. (gebucht 1897 bei Weigand) aufgekommene italienisierende Neubildung zu Sack (< lat. saccus 'Sack') in seiner veralteten, aus engl./amerikan. sack(-coat) entlehnten Bed. 'modischer, kurzer, untaillierter, sackförmiger Herrenüberrock; Paletot'; heute allgemein für 'Oberteil des Herrenanzugs; Herrenjacke(-tt)' (Sakkoanzug; Sportsakko). Brieger-Wasservogel 1911 Gesellschaft 41 Sakkoanzug [des feinen Herrn]; Ompteda 1915 Margret 42f. faltenlose Sakkoanzug . . . Aufschläge seines Sakkos; Voss. Ztg. 24. 7. 1929 Lebenskunst im Sakko (Überschr.) der echte Pariser . . . knöpft sich seinen ultramarinblauen Sakko noch fester zu und schlendert vergnügt über den schmelzen-
den Asphalt; Dtsch. AZ. 31. 8. 1935 Der moderne Sakko wiegt im Vergleich zu dem Sakko der Vorkriegszeit nur die Hälfte; Mannh. Morgen 22.123. 1. 1977 Alpacca mit Nerzhaaren für seine Sakkos . . . ist für ihn gerade gut genug . . . die schöne harmonische Grundform des Stadtanzugs mit etwas kürzerem Sakko.
sakral Adj., gegen Mitte 19. Jh. aufgekommene Ableitung zu dem seit Ende 16. Jh. nachgewiesenen, heute veralteten Plurale tantum Sacra 'Heiligtümer; heilige Gegenstände und Handlungen' (zu lat. sacer '(einem Gott) geweiht, heilig; ehrwürdig, ehrfurchtsvoll'); l a in der Bed. 'heilig, geweiht; religiösen oder kirchlichen Zwecken dienend; Heiliges betreffend, auf einen heiligen Gegenstand oder eine heilige Handlung bezüglich' (Ggs. profan), häufig als Bestimmungswort in der Zs. Sakralbau 'religiösen, kirchlichen Zwecken (bes. dem Gottesdienst) dienender Bau; Kirche', b In neuester Zeit selten auch auf profane Phänomene bezogen in der Bed. 'feierlich, weihevoll, würdig; ehrfurchtsvoll'. Dazu in jüngster Zeit die subst. Gelegenheitsableitung Sakralität F. (-; ohne PI.) 'religiöse Weihe, andachtsvolle Atmosphäre, Heiligkeit' und vereinzelt die verbale Ableitung sakralisieren 'weihen, heiligen, religiösen Zwecken zuführen'. 2 Als Fachausdruck der Anatomie in der Bed. 'zum Kreuzbein ( = os sacrum) gehörig'.
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sakral l a : Preller 1846 Aufs. 494 Die sakrale Bedeutung des im engeren Sinne capitolinischen Gipfels ist für sich klar genug. Der römische Jupiterdienst hatte hier schon seit Romulus seine Stätte gefunden; Bachofm 1870 Tanaquil 545 die sakrale Tradition [des Tanaquilkultes in Rom]; Scholz 1907 Bodensee 85 Ihre [der Heiligenfiguren im Überlinger Dom] sakrale Starrheit ist verstaubt und leblos; Bierbaum 1910 Reife Früchte 23 Bestandteile der sakralen Garderobe; Curtius 1921 Barres 88 Die sakrale Weihe der Kaiserapotheosen macht die Herzen höher schlagen; Laum 1924 Heiliges Geld. Eine historische Untersuchung über den sakralen Ursprung des Geldes (Titel); Lokal-Anz11. 11. 1934 In dieser Zeit erwacht auch wieder die „Musica sacra", die „sakrale", die heilige, d. h. kirchliche Musik zu gesteigertem Leben; Münch. N. N. 5. 3. 1943 In seinem architektonischen Organismus ein Barockbau von sakraler Art; Muschg 1949 Bachofen 26 ist Gotthelf ja ein
letztes grosses Beispiel sakralen Dichtertums; in einem ganz undogmatischen Sinne; Süddtsch. Ztg. 3. 11. 1950 Der Kirchenbaumeister . . . Lehrer für sakrale Baukunst; Schilling 1957 Religion 47 [das] „sakrale Königtum"; Süddtsch. Ztg. 21. 7. 1958 wie er [ein Chor] sakrale Feierlichkeit mit heller Freude am Klang zu vereinigen verstand, macht ihn zu einem idealen Verfechter katholischen Chorstils; Stuttgarter Ztg. 30. 3. 1961 eine Ausstellung sakraler Kunst aus den Klöstern und Kirchen der Stadt. sakralisieren: Marti u. a. 1963 Literatur 341 Hier macht sich die Tendenz bemerkbar, die Musik — und zwar nicht nur die geistliche, sondern auch die weltliche — zu sakralisieren. Sakralität: Lieb 1952 München 232 die Sakralität der Allerheiligenhofkirche, sakral l b : Süddtsch. Ztg. 1. 6. 1951 sakrale Tonart des Monumentalen.
Sakrament N. (-(e)s; -e), im 13. Jh. entlehnt aus mlat./kirchenlat. sacramentum 'Zeichen für etwas Heiliges; religiöses Geheimnis' ( < lat. sacramentum 'verpflichtende Weihe; Fahnen-, Treueid', zu sacrare '(der Gottheit) weihen', zu sacer 'geweiht, heilig'), im 15./16. Jh. gelegentlich auch lat. flektiert, PI. früher auch Sakrament(en). a Als religiöser Begriff im Bereich der christlichen Kirchen in der allgemeinen Bed. 'von Christus eingesetzte, nach traditionellen Formen vollzogene heilige Zeichenhandlung als Versinnlichung göttlichen Gnadenerweises und Mittel des Gnadenerwerbs', die der Priester als Stellvertreter Gottes (und in seinem Auftrag) an dem gläubigen Christen vollzieht, in der katholischen Kirche bezogen auf Taufe, Firmung, Buße, Abendmahl, Ehe, Priesterweihe, Krankensalbung, bei den Protestanten nur für Taufe und Abendmahl; im engeren Sinne für das zentrale Sakrament des Altars und auch für das Gnadenmittel selbst, die Hostie (und den Wein); häufig mit dem Attribut heilig und als Grundwort in den Zss. Tauf-, Büß-, Altar-, Sterbesakrament und als Bestimmungswort in Zss. wie Sakramentshäuschen 'turmartiger, bildhauerisch meist reich verzierter Tabernakel aus Holz oder Stein in gotischen Kirchen zur Aufbewahrung der Monstranz und der geweihten Hostien', Sakramentstag 'Fronleichnamstag' und in der Reformationszeit Sakramentsschwärmer, -lästerer, -Schänder, -rotte; auch in verbalen Wendungen wie das Sakrament auf etwas nehmen 'bei Gott, bei der ewigen Seligkeit etwas schwören, versprechen, beteuern' (-> Sakrament b). Dazu seit dem 14. Jh. die adj. Ableitung sakramentlich, Sakrament (ar)isch 'ein Sakrament betreffend, in einem Sakrament begründet; heilig; feierlich; unauflöslich', seit Anfang 19. Jh. ersetzt durch das im 16. Jh. aufgekommene sakramental (isch) (zurückgehend auf gleichbed. mlat. sacramentalis), das bis ins 20. Jh. auch in subst. Verwendung in der Bed. 'Eideshelfer' nachgewiesen ist, mit der seltenen dazugehörigen subst. Ableitung Sakramentalität 'Heiligkeit, Weihe, Begnadetheit'; als kirchenspr. Fachausdrücke das seit späterem 19. Jh. (gebucht 1870 bei Heyse) nachgewiesene Sakramentar(ium) 'liturgisches Meßbuch der christlichen Frühzeit und des frühen Mittelalters, das u. a. die Riten der Sakramentenspendung enthält', vereinzelt die adj. Gelegenheitsbildung Sakrament(s)los 'ohne göttlichen Segen, ohne Weihe' und im 16. Jh. die verbale Präfixbildung versakra-
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menten 'durch das Sakrament weihen, heiligen', b Seit dem 16. Jh. häufig verwendet in Beteuerungs-, Schwur- und Fluchformeln wie bei Gottes Sakrament, bei allen Sakramenten 'bei allem, was jmdm. heilig ist'; von daher weiterentwickelt zur Interjektion in der Bed. 'Verflucht!' oder zum Bestimmungswort in Zss. wie Sakramentskerl, -leiter als vulgärer Ausdruck des Unwillens, Erstaunens, Zorns usw., dabei wohl aus Gründen religiöser Scheu oft entstellt (z. B. Sackerment, Sapperment, Schlapperment, Sakkerlot, Sapperlot), verkürzt (Sacker, Sakra, Sagra, Sapra, Sapristi) oder in Wortspielen versteckt (Sack voll Enten); gelegentlich auch als (weiblicher) Spitz- und Scheltname nachgewiesen. Dazu seit späterem 16. Jh. die heute auf mundartliche (bes. bayrische) Verwendung beschränkte verbale Ableitung sakramentieren, auch Sakramente (r)n (mit Varianten), 'fluchen', mit der als (historisches) Schimpfwort des 16./17. Jhs. verwendeten subst. Ableitung Sakramentierer, Sakramentist u. ä. '(reformierter) Gläubiger, der in der Lehre vom Abendmahl abweicht', mit der Nebenform Sakramenter, die seit dem 18. Jh. in verschiedenen Varianten ugs. und vulgär verwendet wird in der Bed. 'verfluchter Kerl; armer Bursche, Tropf'; dazu die gelegentliche subst. Ableitung Sakrament (ier)erei 'Sektiererei, Ketzertum' und seit früherem 17. Jh. das Adj. Sakrament(al)isch (mit Varianten) 'verflucht', c Seit Anfang 19. Jh. zuweilen übertragen verwendet im Sinne von '(unantastbares) Heiligtum; zentrales, wichtigstes Prinzip; ehrwürdiges Kernstück'. Sakrament a: 13. Jh. Klarissenregel o. S. christen- 1519 Sermon von dem Sacrament (W. II 743) und lich sacrament; um 1300 Heil. Elis. 9044 der sacra- Communicare auff latein heyst diss gemeynschaft mente heilekeit (MÖLLER); um 1300 Mimes. III empfahen . . . wir auff deutsch sagen zum sacra391 der sacramenten zirden (MÖLLER); 1343 ment gehen . . . diss sacrament bedeutet ein gantz Beheims Ev.buch 291 sacrament sacramentum; voreynung und unvorteylete gemeynschaft der 1388 Erf. II 972 sacramenta zu ministrieren heyligen; um 1520 Gilgengart a 3b vund bit dich (MÖLLER); 1406—76 Speier. Chronik (Mone, du wölst mich nit lassen sterben on deinen hailiQS. I 448) daz die konigen daz ware sacrament, gen fronleichnam vnd on die hayligen sacrament den fronlicham unsers Herren Jhesu Christi em- der Ölung; Luther-Emser 1521 Str.II23 daEmßers phahen solte; Ingold 1432 goldene Spiel 15 [Mann Abgötte, Babst vnd Cardinal radschlugen, wie man und Frau] sind auch geleich inn den sacramenten, weren solt yhrer lere, sonderlich beyder gestalt ym wann ains emphacht nit mer denn das ander; sacrament; ebd. 60 werd ich dennoch sagen, kein Dangkrot^heim um 1433 Namenbuch 360 was lutes heylig vatter hab die gewalt zu ordnen vnd machen sich in iren dienst gent, di sterbent nit ons sacra- ein artickel des glaubens oder sacrament, das die ment; Gross 1436 Grisardis 39 durch die Macht schrifft nit geordnet vnd gemacht hat; ebd. 38 der sacramenten der heyligen cristenheit; um 1450 Vnd ob wir auff vnser Seiten gleich ouch fallen Konstanter Chronik (Mone, QS. I 336) Er hielt durch vnsere sunden, so haben wir doch artzney och, das ain volkomen mensch gegen dem wirdi- vnd Sacrament der heyligen Christenlichen Kirgen sacrament sich nit biegen noch betten sölt, chen, durch die wir wider auff stehen mogenn, alz gantz hett sich gott mit im veraint; Muffel wolche yr ketzer voracht vnd vorspott; Pauli 1452 Beschr. Roms 20 das heylig sacrament, das 1522 Schimpf 53 und fürt der Priester den Bauren sich verwandelt in fleisch, do sant Gregorius mess für den Altar und im den Pfennig uss dem Mund hielt; Weinsberg 1487—88 Reg. 46 ein sackerment und gab im das recht sacrament; Karlstadt 1523—25 hüsse Machen; Keisersberg 1494 Bilgersch. 36a der Sehr. II 11 das sein brodt vnd kelch ein sacramensch het folien ein gñt end genommen, er het ment genent werden solt; Warbeck 1527 Schöne gebicht und gerüwgt an synem end, und het das magelone 23 Ich begegne auch nichts anders zu heilig sacrament empfangen (DWB); 1507 Ge- erlangen . . . dan die liebe der schönsten Magelonschichten Wilmlts von Schaumburg 24 nam . . . das na zum heyligen sacrament der ehe, solch zfi volallerheiligst sacrament; Lacher 1516 Unterw. enden nach gebrauch der heyligen christlichen (Reichensperger 138) Item willstu ein auszug oder kirchen; Alberus 1550 Fabeln 133b es hatt sich ein Sacramentheusel machen, so reis die große alles umgewendt, man gibt das heilig sacrament des Ersten Tabernakels vnd alß dickh du ihm wilt unangesehn dess bapsts gewalt stets unter beyderaußziehen alß manige vierung vergingen; Luther ley gestalt; um 1550 Luther 1335a wir müssen die
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schmilzt auch der sacramente eisernes band (DWB); Goethe 1779 briefl. der glaube lebt von dem himmlischen manna der sacramente (DWB); Schiller 1801 Maria Stuart I 2 versagt ist mir der Sarepta 69b die widertauffer und andere Schwer- priester meiner kirche, des sacramentes heiige iner, wolten mit der römischen kirchen zusatz, himmelspeise verschmäh ich aus den handen auch die bibel unnd sacrament verwerfen; Kirch- falscher priester (DWB); ders. um 1805 (Werke hof 1563 Wendunmut 1461 [den Pabst] welchen vil XI252) da tönt ihm von dem glockenstrang hellmann trugen auff einem köstlichen stul mit gold schlagend des geläutes klang, das alle sunder, gezieret, und vor ihm her das sacrament (wie sie hochbegnadet, zum Sakramente festlich ladet es nennen); 1563 Heidelberger Katechismus 45 Was (DWB); Nordau 1884 Lügen 347 Wenn man heirasind die Sacrament? Es seind sichtbare heilige tet, so geschieht es, um ein Sacrament zu erfüllen, warzeichen vnd Sigill, von Gott dazu eingesetzt, nicht, um einander in Liebe anzugehören; Ehrler dass er vns durch den brauch derselben die ver- 1928 Gesetz 151 Nicht wie man die Bande [der Ehe] heissung des euangelions desto besser zuuer- lockere, sei deren [der „Ehereformer"] Vorderstehen gebe; Spangenberg 1563 Formularbüchlein 96 satz, sondern wie man sie wieder anknüpfe an Hiergegen gehen die Sacramentsverächter dahin, ihre metaphysischen Ursprünge, zum Sakrament wissen wohl, daß sie von Sünden ablassen sollen, zurückbilde. ehe sie zum Sacrament nahen, aber sie sprechen, sakramental (isch): Dietenberger 1526 Wider Lusie haben sich noch nicht geprüft ; ebd. 97 dieweil ther D 2b Consecriren vnn gesegnen brot vnd wir aus guten und beweglichen Ursachen die wein, vnd sein leib vnd blüt vnder den Sacramenmancherlei Corruptelen und Verfälschung, so talischen zeichen, jm vnd seinem hymmlischen beide, der Lehre und Sacrament halben in die vatter zu lob vnn danck opffern; Gichtel 1722 Kirche hin und wieder eingeführt werden, als Theosophia Practica 35 Also ist auch ein Streit über gottlos, falsch und unrecht confutiren, verwerfen der Sacramentalen und geistlichen Geniessung, und verdammen; Luther 1567 Tischreden (Förste- welchen die 2. Religionen so lange Jahr vergebmann II 312) sacrament ist ein bund göttlicher lich geführet; Stingl 1740 Abbildung 47 mit der gnad und geschenk unter einer äuszerlichen gestalt Sacramentalischen Beicht sein Gewissen . . . und sichtlichen form im wort gereicht (DWB); gereiniget; 1758 Lebenslauf 16 neben der SakramenFischart 1579 Bienenk. 164 man möcht wol noch talischen Gnad; Winkler 1767 Heldin 339 allein andere vil figuren, di zal der siben sacrament damit von dem sacramentalischen Brod der Engeln zu bestättigen, beibringen; Musculus 1585 Wetter- gestärket; Burckhardt 1889 Br. an Preen249 müssen han 199 weder Wort noch Sacramenta unverfelscht die sakramentalen 21 Bäder durchgemacht sein; gelassen ; Rivander Zach. 1593 Lutherus rediviv. I 3 Dahn 1895 Erinn. IV 2 die sacraméntale Formel Ich such durchaus nichts / denn den rühm das „Mahlzeit"; Picard 1942 Ehe 85 Das Sakramentale durch mich sey in diesem Landt / das Sacrament- hat das „tremendum" um sich: etwas, vor dem fewer entbrandt [sagt Carlstadt]; ebd. I 5 Drinn man zittert; Greiner 1953 Biedermeier 35 der sakraist widerlegt sein sermon so er wider die hat mentale Charakter der Ehe; FAZ 20. 4. 1971 gethan so er Sacramentsschwermer heist; Kiechel ein Priester, der aus Gewissensgründen sein Amt um 1600 Reisen //7Gemeltte kürchen sein ausser- niederlegt, um beispielsweise eine sakramentale halb, wann süe ihr ampt lesen, stöts beschlossenn, Ehe zu führen. haltenn sich in ceremonien, messlesenn, süngen, Sakramentalität: Bernhart 1947 De Profundis 98 sacramentreichen aller den Grüechen gemäs; Sakramentalität der Ehe. Gei^kofler um 1600 Lebensbeschr. 19 das heilige sakrament(ar)isch: Karlstadt 1523—25 Sehr. II 9 Nachtmahl oder Sacrament des altars, wie man in der sakramentischen leren ersuffen; Fabricius es nennt, unter beider gestalt vel sub utique specie 1588 Surius' Chronik 155a sakramentarisch, zu reichen; Wehner 1608 Observ. 289f. Sacrament sakramentlich: Tauler (1361) 125, 31 nement es darauff nehmen; Crocius um 1645 Histor. Aus- sacramentlich (MÖLLER); Eckhardt 14. fb. 592, führung A 2b durch den vergangenen Sacrament- 39 sol sich sacramentlichen dar zuo fügen (MÖLstreit sehr erhitzet; P f y f f e r 1734 Transsubstantia- LER); Folz um 1460 ML 229 Die lib wirt im tion 18 die Transsubstantiation oder wesentlich beweiset So in Got geistlich speiset Und sacraVeränderung in dem Sacrament des Altars seye mentlich hie; Kettenbach 1523 Apología 160 sakranur ein bloss Menschen-Gedicht?; Schiller 1783 mentlichen standt; Zwingli 1525 Toufbüchlein II 1 Kab. ». Liebe III 6 sie müssen mit mir, und das dass . . . Paulus nit von dem sacramentlicen sacrament darauf nehmen, diesen brief für einen zeichen des toufs rede; Luther (um 1550) III 82b freiwilligen zu erkennen (DWB); ebd. V 1 eide, darnach kompt er auff das wort sacramentaliter vater binden wohl die lebendigen, im tode und spricht, das Christus fleisch sacramentlich messen lassen bleiben ein sactament und ment, welche nicht sind, noch mügen ein sein, so wenig als die ander sacrament, firmung, busze, Ölung etc. (DWB) ; Matbesius
testaopfer tauff, 1562
Sakrament sey gar nichts nütze, so wenig als es natürlich nütze sey, denn man darinnen weder den tod, noch die auferstehung sehen kan; ebd. 477'° hie ist ein sacrament, darumb müssen die wort drinnen sacramentlich oder figürlich genommen werden; ebd. 487* denn hie auch eine einigkeit aus zweyerlei wesen ist worden, die wil ich nennen sacramentlich einigkeit, darumb das Christus leib und brot uns alda zum sacrament werden gegeben (DWB). sakramentlos: Fischart 1575 Garg. 370 aber sonst wol daß jnen ein Sakramentloser Mönch im Sacrament vergab (RÜTTER); Zinkgref 1626 Apopbtb. 1182 als er einen geistlichen herrn in schertzweisz gefragt: ob er die ehe vor ein sacrament halte? und derselb geantwortet: ja, sagt er jhm hinwider: so seyt dann jhr ein sacramentsloser pfaff (DWB). versakramenten: Fischart 1582 Garg. 5f. Darum nam michs offt wunder, warum die Durchliechthelligsten, die man auf Mistbären tragen muß, uns sonst auff Lewen und Otter gehen, damit sie kein Zähe an ein Stein stossen, jhnen nit auch die Zähen wie die Finger . . . verchrisamen, verelementen, und versacramenten lassen (RÜTTER). Sakrament b: Alberus 1550 Fabeln 61 Und schwerst Gotts tauff, Gotts Sacrament; Schmeltz} 1556 Zug in das Hungerland (Spengler, 83) Nit schelt bey Gottes Namen vnnd Sacramenten sein; Frey 1556 Gartenges. 65, 19 es gfalt mir bey Gots sacrament die Ordnung wol; Lindener 1558 Kat^iporus 155 zületzt hebt die Kleine an zu weinen, das sie die Schlacht verlohren, dann die ander ein langes sacrament war, schier wie ein langer spyesz (DWB); ebd. 231 wie im aber sein heyliges sacrament die styfel abzog, fiel die wurst ausz der stifel (DWB); Dreytmin 1564 Chr. (LV 211) 139, 6 das dich gotts tausentt sacramentt sehend I; 1569 Amadis (LV 40,31) vnnd daselbst bey dem Sacrament zu schweren; Fischart 1570 Nacht Rab I 41 Wann Sacrament nur fluchst herauss; ders. 1575 Garg. 231 botz sacker menschenkopf, das ist ein zunselgespenst. ja wol zunsler, par la merdee, es ist ein verbutzter teuffei, bey dem sackerleider, der leibhaft butz, behüt und das heyligereutz (DWB); 1584 (Mohl, Tübinger Stud. 271) hundert tausend Donner-Sacrament; 1596 (ebd.) habe namentlich einen ungewöhnlich bösen Fluch gethan: Stern-Sacrament; um 1600 Schweinichen II114 auf den vordersten kutschen sollt ihr fahren botz sackrament und element bald I (DWB); Sommer 1608 Ethographia 1 B 3b Sieben Sacramenta thun sei offtmals fluchen / aber in sieben Jahren nicht eines suchen; 1614 Leben Lazaril 96 ich dürffte schweren bey dem Heyligen Sacrament; Meyfart 1636 V. d. Hochschulen 219 springet er auff öffentlicher Gassen vnd gruntzet / überall
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hundert tausend der Sakramenten; Mengering 1638 Soldatenteufel 126 heissen sie die Leute entweder in tausend Teuffei namen bey viel hundert Schlappermenten schweigen / oder lachen sie damit aus; Gryphius um 1650 Peter Squentz 21 ey hertzen lieber Herr könig, habet mir doch nichts für übel, ich habe es zu hause schlapperment wol gekünnt, ich wils mit meinen weibe und allen mitgesellen bezeugen (DWB); Hammer 1654 bist. Rosengarten 8 der edelmann fluch' aus zorn dem knecht alle die sacker die wend am hals und heist ihn reiten (DWB); Grimmelshausen 1669 Simpl. I 153 Kurz dasz dich der hagel erschlag I lebstu auch noch, bruder ? potz fickerment, wie führt uns der teufel hier zusammen? (DWB); ebd. III 158' Potz 100000 Sack voll Enten! (SANDERS 1871); Seihammer 1699 Tuba I 252 vor allem aber aus dem Rachen vielhundert Sacra / viel tausend Teuffei herausfahren; Guggenberger 1722 Prozesse 272 dabey er erschröcklich Gott gelästert / allzeit hundert tausend Galeen voll Sacra herausgeworfen; Weisse 1771 Kom. Opern III 286 je wo sapperloth! das heisz ich rennen (DWB); Schiller 1781 Räuber II 3 sapperment! ich riechs auch schon lang (DWB); ebd. ihr steht da, und gafft, und könnts nicht träumen — ich war auch nur drey schritte von der sakerments-leiter, auf der ich in den schoos Abrahems steigen sollte (DWB); 1812 Baiern 58 Im Zorn wird den meisten Worten das Sakra! vorgesetzt; Immermann 1838 Münchh. I 258 aber gott's sackerloth schrie der Pferdehändler erbost, aus fordern und bieten besteht doch der handel (DWB); IValiner 1864 Rückblicke 49 Du Sacramentskerl; König um 1875 Hum. I „Sakrapristi, den Namen will ich wissen!", fiel der Feldwebel ihm in's Wort; Gumppenberg 1888 Loder 40 Du Sakra!; Fendrich 1911 Schauinsland 127 den Himmelherrgottsakerment; Thoma 1914 Post Sekretär 183 Saggera Hosenzwickel . . . der Andere is no lang net der Dümmst I; Kutscher 1917 Sold'lied 55 Kotz Mohren, Blitz und Kreuzsakrament; Münchner Stadtanz- 19.9. 1952 Sacklzement, aber jetzt rührt sich was!; 1959 Brot und Wein 58 „Fixsternsakrament!" fluchte er. sakrament(ier)en: Kirchhof 1563 Wendunm. I 174 er, als ein zimlich starcker mann, wehret sich in der erst dapffer, lestert, martert und sacramentet weidlich; Mengering 1638 Gewissensmcker 275 viel besser ists / als wenn du bey deinem Creutz und Kranckheit wolltest sackern und fluchen / murren und schnurren; Ertl 1712 Buss-Kraut 377 gleich erschröcklich angefangen zu fulmisieren, zu fluchen und Sacramentiren (dann das ist das knopffete Vatter unser, welches die Vollsäuffer zu betten pflegen); Guggenberger 1722 Prozesse 273 habe sie ihnn einen Wildpret-dieb geheissen / über welches er noch mehrer sakramentirt / und alle Sacra so
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Sakrament
er nur gedencken können / heraus gescholten; blätter 14) vnd also die praeceptores . . . Alle Heppe 1779 Jäger 402 Ein wenig geflucht, und schwermerey vnd Gottes lesterey, sonderlich sakramentirt, dass der Himmel herunter fallen Itziger Zeitt der Sacramentirer, Gauckeley vnd möchte, das ist gut jägerisch; Goltz 1847 Buch d. Calvinisterey neiden, vnd meiden; Crocius um Kindheit 459 Wenns ihm die Leute zu bunt mach- 1645 Histor. Ausführung E Sacramentirer (mit ten so zackerirte er auch auf die ganze mensch- welchem Nahmen sie die Confessions Verwandten heit; Freytag 1855 Soll u. Haben II 241 Als ich nicht beschweren wolten); Ritter 1723 Fl. ihnen an die hundert schritt vor war, riß ich aus, Illyricus 112 die dahmals so genante Sacramentirer sie sackermenterten hinter mir her; Queri 1912 oder Zwinglianer; Herrliberger 1746 Ceremonien Kraftbayrisch 152 Eine Rauferei hebt an: zuerst ( A ) 15 Die Lutheraner erhitzeten . . . über die ein bissl „mentsich" tun, „montieren" (sakramen- Zwinglianer, denen sie den Namen der Sacramentieren), fluchen mit „Saxnsaxn"; Zell Riedle 1955 tierer angehencket. (Ottling, o. S.) wenn jeh arg gescholten wird und Sakrament(ier)erei: Luther 1567 Tischreden (FörStreit unter Eheleuten ist, sagt der eine i bin aber stemann, II 417) Denn Zwinglius wäre sehr ehrarg versakramentiert wore. geizig gewesen, er hätte auch in seinen büchern Sakramenter: Luther um 1500 (III 454) die geschrieben, dasz er nichts von mir gelernet anderen sakramenter bleiben doch auf einem irr- hätte; und ich wollts auch nicht gern, dasz er tum, dieser [Zwingli] bringet kein buch erfür, er seine sacramentiererei von mir gelernet hätte schütt newe irrthum aus (DWB); ebd. VI 19* sie (DWB). wissen, das ich zuvor hab mein bekenntnis, auffs Sakramentist: Luther (um 1550) VI 19a unser allergewissest und sterckest, nicht mit einem buch liecht stehet nicht unter dem scheffel verborgen, allein, wider die sakramenter öffentlich an tag ge- sondern brennet und leucht frey auff dem leuchtet, ben für aller weit (DWB); Jean Paul 1800—05 Titan so hell und klar, das es auch allen teufein sampt II 92 ich bin ein armer sakramenter, und erinnere jren papisten und sacramentisten in den äugen mich kaum, wovon ich bisher lebte, so blutwenig wehe thut (DWB). wars (DWB); Immermann 1838 Münchhausen I 42 sakrament(al)isch: 1630 Unzeitiger Vorwitz (UL da rief der commandirende fähnrich . . . in das XXIII 313) [s] Acker elementisch; Mengering getöse hinein: ihr sacramenter, in dreierteufel 1638 Gewissensmcker 321 schlappermentische namen, raisonirt nicht weiter (DWB); Tieck Pfaffen; Schiller 1781 Räuber II 3 ihr hättet 1836—40 Vittoria Accorombona I 392 Camillo sollen — den strick um den hals — mit lebendimacht sich auch noch davon, aber die sapper- gem leib zu grabe marschiren wie ich, und die menter von elementsgeister geben ihn doch nicht sakermentalischen anstalten und schinders cerewieder frei (DWB); Goltz 1847 Buch d. Kindheit monien (DWB); Laukhard 1796 Leben III 95 dass 271 Fragt sich ja doch, ob so einem Zackermen- alle Soldaten alle Donnerwetter zusammenfluchter, dem armen Kinde gegenüber, überhaupt eine ten, dass man sie um der sakkermentischen Predigt Leckerei zusteht; Frey tag 1855 Soll u. Haben II willen gezwungen hätte, sich anzuziehen; ders. 253 die Sakramenter dort sind nicht schlecht gegen 1804 Eulerkapper 24 Was ist das für ein sakkerdie Frauenzimmer, wenn nämlich diese Dreistig- mentalischer Lärmen?; Hemel 1903 Lebensbild 233 keit haben; Burckhardt 1874 Br. an Preen 78 Ihr begann mit seinem sakkermentschen ,der Herr Sackermenter; Finckh 1930 Urlaub 90 Heilands- Oberamtmann'; Hesse 1910 Gertrud 105 sakrisch sakramenter. schön; Klabund 1915 Sold'lied 181 Eine sakrische Sakramentierer: Lauterbach 1538 Tagebuch 52 die Gschicht; Ruederer 1916 Erwachen 201 sakrisch 3 secten Müntzer, Sacramentirer, Anabaptistae raffiniert; Nora 1932 Am Färbergraben 237 gebe haben dem euangelio grossen schaden gethann; ihm aber das Geld persönlich in die Hand, wegen Spangenberg 1563 Formularbüchlein 32 man hat neu- der sakermentschen Gerichtsvollzieher, die es licher Zeit Leut gehöret, die sich öffentlich ver- daheim sonst wegpfänden. nehmen lassen: man könnte den Streit mit den Sakrament c : Jean Paul 1804 Vorsch. d. Ästhetik Sacramentirern wol umgehen, dieweil es doch I 154 denn da der moralische zorn der satire sich kein Artikel des Glaubens sei; ebd. 49 Es ist am gegen die beiden Sakramente des teufels, gegen Tage, dass die, so sich der Augsburgischen Con- den moralischen dualismus, nämlich die liebfession rühmen, nicht einerlei gesinnet sind; losigkeit und gegen die ehelosigkeit zu kehren denn sich die Sacramentirer und danach alle Ver- hat (DWB); Goethe um 1810 (XXVII 123) hier fälscher beinahe derselben rühmen und sie zum war ihm aufgetragen eine galeere zu bilden, die Schanddeckel ihrer Corruptelen verwenden; ders. werth wäre die häupter der republik, am feyer. 1572 Gegenbericht B 1* Wer vom Sacrament auff lichsten tage, zum sacrament ihrer hergebrachten Calunisch leret, der ist ein Sacramentirer; 1575 meerherrschaft zu tragen, und diese aufgabe ist Schulordnung f . Dresden (1913 Dresdner Geschichts- fürtrefflich ausgeführt (DWB); Bettina v. Arnim
Sakrileg 1852 G. VII174 Volksvertrauen ist das Sakrament der Könige — Gottesgenuß — es erzieht etwas Göttliches in euch; Meinhard 1923 Narr 108 Mein starkes Gefühl der Verantwortung, Herr, ist das Sakrament meines Glaubens; Lokal-Anz- 4. 9. 1933 So verlobt er die neuen der alten Fahne. So
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teilt er ihnen ihre Weihe mit . . . Sinnbild großer magischer Kraft; priesterliche Handlung von ungeheuerer mystischer Wirkung; neues Sakrament. Sonne bricht auf. Gottes Glanz über seinem deutschen Acker; Ernst 1946 Essais II 13 das Sakrament der Sprache.
'Tempelraub; S a k r i l e g N . (-s; -e), gegen Mitte 1 6 . J h . entlehnt aus lat. sacrilegium Religionsschändung, - f r e v e l ' ( < sacra 'Heiliges' und legere 'auflesen, -sammeln', auch 'stehlen'), bis ins spätere 1 9 . J h . v o r w i e g e n d u n d n o c h i m 20. J h . häufig in der lat. F o r m S a k r i l e g i u m N . (-s; -ien). a Zunächst im religiösen Bereich in der Bed. ' V e r g e h e n gegen etwas Heiliges; Schändung, E n t w e i h u n g v o n Stätten, Personen, Gegenständen u n d H a n d l u n g e n religiöser V e r e h r u n g ; Religionsfrevel, Gotteslästerung, schwere Sünde', speziell f ü r 'Kirchenraub, -Schändung' und i m katholischen K i r c h e n r e c h t f ü r ' A n m a ß u n g priesterlicher F u n k t i o n e n o h n e bischöfliche W e i h e ' ; dazu v o m f r ü h e n 1 9 . J h . bis ins 2 0 . J h . das Subst. S a k r i l e g u s ( < gleichbed. lat. subst. A d j . sacrilegus) 'Tempel-, K i r c h e n r ä u b e r ; Heiligtumsschänder' und seit f r ü h e m 1 9 . J h . die adj. A b l e i t u n g s a k r i l e g i s c h , vereinzelt S a k r i l e g (zurückgehend auf gleichbed. lat. sacrilegus) 'kirchen-, tempelräuberisch; gotteslästerlich; f r e v l e r i s c h ; ein Sakrileg(ium) betreffend', b Seit spätem 1 8 . J h . auch auf nicht religiöse Bereiche übertragen in der allgemeinen Bed. ' V e r g e h e n gegen ehrwürdige, angesehene Personen, ehrfurchtsgebietende G e g e n stände, Stätten und H a n d l u n g e n ; Beleidigung, Beschmutzung, V e r u n g l i m p f u n g ' . Sakiileg(ium) a: Kettenbach 1555 Predigt 17 sünd und sacrilegium; Hedio 1545 Chronica Vorr. a 6a mit öffentlicher Simoney vnd Sacrilegien / wie diß die Canones erkennen vnd nennen; Spangenberg 1567 Gegenbericht G 2b solch grewliches vnmessliches Sacrilegium; Sandrub 1618 Delitiae 15 ein solches Sacrilegium vnd Geistlicher Diebstall; Lindenborn 1742 Diogenes 159 ob die Beth. Schwester in Priester-Joannes-Land wie wir, gekleidet sind, oder, ohne zackerlegium nach der dasigen Mode nackend gehen dürfen?; Wieland 1824 (XX 161) Was für eine Genugthuung die Stadt für dieses zwar unvorsätzliche, aber nichts desto weniger höchst unglückliche Sakrilegium der Latona zu leisten hätte (KEHREIN); Görres 1836—42 (IV 104) So erblickte das Kind des Sacrilegiums und des Ehebruchs das Tageslicht (KEHREIN); Bahr 1927Zauberstab 9 kein Sakrileg, wenn Leontjew von seinen religiösen Tänzen spricht; Süddtsch. Ztg. 23. 8. 1946 Die Isolierung des Ostens verschaffte den Stimmen, die von staatlicherseits geförderten Kirchenverfolgungen, Sakrilegen und Gottlosenpropaganda sprachen, eine geneigte Zuhörerschaft; ebd. 28. 7. 1958 Sakrileg (Überschr.) Seit Jahren hat sich in London nichts derart Unglaubliches ereignet: Von den Türmen der Westminster-Abtei flatterte eine weißblau gestreifte Schlafanzughose. sakrileg(isch): Wieland 1824 (XXXV 388) Ein sakrilegisches Verbrechen (KEHREIN); Görres
1836—42 (V 157) Alle [Beichten] haben dieser sacrilegen und verdammten geglichen (KEHREIN); Lübke 1891 Lebenser. 84 wetterten gegen die gemischten Ehen, welche von der Kanzel herab als „sacrilegische Verbindungen" gebrandmarkt wurden; Federer 1915 Sisto 21 Dem Wegelagerer, dem Brandstifter, dem sacrilegischen Dieb gehören Rad und Beil und Hänfling; HandelMaz%etti 1929 Maria I 256 dass der Verkauf [des Schmuckes] an den Juden etwas, wenn nicht Sakrilegisches, so doch Unehrerbietiges an sich hat; N.Z.Z. 14. 8. 1971 Sakrilegische Diebstähle (Überschr.) In jüngster Zeit haben sich die Kirchendiebstähle in verschiedenen Teilen Italiens in besorgniserregendem Masse vermehrt. Sakrileg (ium) b : Reiske 1783 Lebensbeschr. 25 eine Ungerechtigkeit, und gewissermassen ein Sacrilegium . . . in das anvertraute Gut eines Verstorbenen hineinzupfuschen; Andres um 1910 Hochzeit 296 Vater in Unterhosen . . . der Gedanke allein erscheint uns ja allen als ein Sakrileg (WDG); Anders 1912 Glossen 68 Darf man das Sakrilegium begehen und von einer verdummenden Wirkung der Presse reden?; Dibelius 1929 England I Vorr. XII ein Sakrileg an der Wissenschaft . . . wenn in einem wissenschaftlichen Werke eine politische Note leise erklang; Grisebach 1943 Bautechnik 323 Jeder Zweifel am Wert der Tradition, jede Kritik am historischen Bewußtsein gilt als ein Sakrileg.
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Sakristan — Sakristei
Sakristan M. (-(e)s; -e), im früheren 15. Jh. vereinzelt, erst seit spätem 18. Jh. häufiger belegte Entlehnung aus mlat. sacristanus 'Hüter und Aufbewahrer heiliger Gegenstände des kirchlichen Gebrauchs (in einem Kloster)' (zu lat. sacer 'heilig, (der Gottheit) geweiht'), zu dieser Zeit die ältere Nebenform Sigrist oder Sacrist ( < ahd. sig(i)risto < gleichbed. mlat. sacrista) verdrängend; als kirchlicher Fachausdruck in der Bed. '(katholischer) Kirchendiener, Küster, Mesner' mit der besonderen Aufgabe, die Aufsicht über die Sakristei und die darin befindlichen Gegenstände zu führen. Sakristan: 1435 Liegnitz 635 dem sacristan und glockener (MÖLLER); Schiller 1785ff. (XI 252) entschlossen ist er alsbald und macht den sakristan (DWB); ebd. 253 da kündet es der sakristan mit hellem glöcklein klingend an (DWB); Erdt 1786 Anl. f . Bibliothekare 33 Sacristan; Uhland (um 1815) 416 in der abtei von Sant Ouen war dazumal ein sacristan; er war als frommer mönch genannt, ihm gutes Zeugnis zuerkannt (DWB); Frommel 1879 Ampelschein 42 wie . . . er allein noch in der schwacherleuchteten Kirche zurückblieb. Da erblickt ihn der Sakristan, der ihn aufrüttelte; Winter 1943 Josefinismus 175 Und dieser Kaiser, der so leidenschaftlich die Kirchenreform betrieb, wurde von den einen als „Sakristan" verspottet, von den anderen als „Glaubensfeger" abgelehnt l Sigrist: Nachricht a.d.J. 1344, Knepper 257 der kirchherr selbdritt . . . mit einem schueler und
mit einem sigristen (NYSTRÖM); Mitte 15. Jh. Stretlinger Chronik 49 sigrist oder hüeter der kilchen; Hartlieb um 1460 Dial.Mir. (Reg.) sacrist oder ein custer; 1515 Eulenspiegel 17 der messner oder sigrist; Aufz. d. Basler Karthäusers 1529 (Basler Chroniken I 450) must unser sacrist die schlüssel zu den sacristien den pflegern zu iren henden geben; Hedio 1545 Chronica 5B ein messner oder sigerst; 1598 So. aus der Strassburger ko. Vormb. I 40 Dieser Ordnung Gottes auch nachkommen die Sigristen, welche auf dem Land in etlichen Flecken besondre teutsche Schulen hatten; Duez 1652 Nomencl. 5 Le marguillier ou sacristain, der meßner / kuster / glöckner / oder sigrist; 1787 Dtsch. Mus. II 48 Anm. [Mesner] So nennt man in diesen [schwäbischen] Gegenden den Mann, der in andern Kirchner, Glöckner, Siegrist, Sakristeier . . . heisst.
Sakristei F. (-; -en), im späteren 14. Jh. entlehnt aus mlat. sacristía 'Amt und Ort der Aufbewahrung der heiligen Gegenstände des kirchlichen Gebrauchs' (zu lat. sacer '(der Gottheit) geweiht, heilig'), zunächst in Formen wie sacristi(g)e, sacristi, sacriste; kirchlicher Fachausdruck in der Bed. '(an den Chor oder das Schiff angebauter) Nebenraum der Kirche, der als Aufbewahrungsort (kostbarer) heiliger Gegenstände, bes. der liturgischen Geräte, Bücher und Gewänder dient' und in dem sich der Priester und die Ministranten vor und nach der Messe aufhalten und umkleiden; selten auch übertragen verwendet. Closener 1362 Chronik 67, 22 sacristie; Justinger um 1420 Berner Chronik 58 sacrystye; Konstanter Chronik um 1450 (Mone, QS. I 345) Anno 1447 do ordnet her Rüdolff Lembli und hosst umb ain cappittel, das si in der sacrastig sond geben täglich win allen priestern zfi ir mess, als vil man der hett; Muffel 1452 Bescbr. Roms 11 in der kirchen do ist ein Cappel, die heist sacrista; Arnstadt (1481) 744 in der sacristen in der Capellen (MÖLLER); Bern 1484 Chr. 58,3 zwischent dem kore und der sacrastye (MÖLLER); Stolle um 1485 Chronik 159 dy nuwe sacristía; Aufz. d. Basler Karthäusers 1522—32 (Basler Chroniken I 450) mfist unser sacrist die schlüssel zu der sacristien den pflegern zu iren henden geben; Wicel 1535 Vom Beten 4 a so wirstu in der warheit erforschen, das gazophi-
lacia bey den Juden nit kästen waren, wie deyne kästen, sondern waren Exhedrae, dz sind Gewelbe im tempel, wie bey vns die Sacristen, darein sie jre schetz, sonderlich das Steurgelt legten, vnd verwarete, mitt welchem geld man den Tempel sampt seiner rüstung enthielt im baw vnd wesen; Fischart 1575 Garg. 452 sonder wißt, daß sie sondere Kleiderverwarer zu solcher Sacristei halten (RÜTTER); Furttmbach 1649 Kirchen Gebäw 1a die Sacristia, ein sehr notwendiges der Kirchen zum besten, vnendtperliches Zimmer; Matthisson 1792 Frankreich II 319 den neugierigen oder empfindsamen Reisenden . . . durch eine wenig bemerkbare Sakristeythür, an die Grabstäte der unsterblichen Laura zu führen; Jean Paul 1793 Uns. Loge I1133 sie kamen unter gebeten
sakrosankt — säkular in dem Sterbezimmer an, dieser sakristei eines unbekannten tempels, der nicht auf dieser erde steht (DWB); Gärres 1845 Wallfahrt 31 Wo eine Kirche gebaut wird, baut der böse Feind daneben seine Sacristei; Frenxfl 1884 Hausfreund 30 Zu
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ihrer Erlösung begann da die Orgel von neuem ihr Spiel, die Feier nahte sich ihrem Schluß. Wie billig ließen die Bauern, als der Pfarrer hinter der Sakristeithür entschwunden war, der Baronin . . . den Vortritt.
sakrosankt Adj., gegen Mitte 17. Jh. vereinzelt, erst seit späterem 19. Jh. häufiger belegte Entlehnung aus gleichbed. lat. sacrosanctus (zu sacer '(der Gottheit) geweiht, heilig' und sanctus 'unverletzlich; heilig, göttlich; rein', adj. Part. Perf. von sancire 'heiligen, weihen; als unverbrüchlich festsetzen, besiegeln'), anfangs auch vereinzelt mit lat. Flexion nachgewiesen; allgemein verwendet in der Bed. '(hoch-)heilig; unverletzlich, unantastbar, tabu; ehrwürdig'. Di lieh 1640 Von Vestungsgebewen I 20 daher dann die Römer die Mauren sacrosanctos vnd für heilig gehalten; Fontane 1871 Kriegsgef. 182 der Schreibtisch war sakrosankt; Rutenberg 1877 Zinne 37 das Verbrechen, ehe es Zutritt zu der sacrosancten Stätte freier Geistesschöpfung erhalten könne; Teuber 1881 fugendleben I 70 sacrosanete Person des Herrn Feldwebels; Fontane 1898 Zwanzig 639 Grobheit hat etwas Sakrosanktes; Nordegg 1907 Berliner Gesellschaft 126 haben die Hotels der Botschaften und der Gesandten im 20. Jahrhundert einige Ähnlichkeit mit den sakrosankten Asylen des klassischen Altertums; Bahr 1925 Liebe I 96 und der kritische Spruch [des Rezensenten] gilt ja für sakrosankt; es gibt für den . . . Dichter keine Berufung dagegen ; 1926 Sittengesch. d. Intimen 38 die als sakrosankt erklärten Minneregeln; 1930 Wachstum 55 Wer kennt nicht die quälenden Lektürestunden
aus eigener Schulzeit . . . in denen ein dicker, anmerkungsreicher, inhaltlich zwar langweiliger, aber sakrosankter Band in Stundenportionen . . . bis zur Seite 60 etwa geschafft wurde; Bernhart 1947 De Profundis 90 die Idee der Ehe als eines, seinem natürlichen Wesen nach sakrosankten Bundes; Stuttgarter Ztg. 12. 9. 1964 Ich nehme für meine Generäle das Recht in Anspruch, auch Abgeordnete zu kritisieren. Ein Abgeordneter ist nicht sakrosankt; Offenburger Tagebl. 3. 10. 1967 man sei nicht daran interessiert, das Wrack zu heben. „Für uns ist es ein Grab und bleibt damit sakrosankt"; FAZ 1.4.1969 Damit wird auf breiter Linie mit dem bisher sakrosankten System der Zollfreiheit . . . gebrochen; ebd. 27. 11. 1970 Man redet davon und macht gleichzeitig die Oder-Neiße-Linie als Grenze, die sie niemals in der Geschichte war, sakrosankt.
säkular Adj., seit frühem 16. Jh. vereinzelt, erst seit Ende 18. Jh. häufiger belegte Entlehnung aus lat. saecularis 'hundertjährig; allhundertjährlich; zeitlich, weltlich', mlat. nur 'weltlich, heidnisch' (zu saeculum 'Menschenalter, -geschlecht; Zeitalter; Zeit(lichkeit), Welt; Jahrhundert'), vereinzelt in der Nebenform säkularisch, bis ins 19. Jh. auch in der Schreibung secular. l a Zunächst in der Bed. 'alle hundert Jahre wiederkehrend, hundertjährlich; hundertjährig, hundert Jahre dauernd; ein Jahrhundert betreffend, Jahrhundert-' (Säkularfeier, -bild, -gedieht); b seit Anfang 19. Jh. fachspr. in Astronomie und Geologie für 'sich in längeren Zeiträumen bemerkbar machend', auf Bewegungen von Himmelskörpern und Veränderungen der Erdoberfläche bezogen (Säkularänderung, -gleichung). 2 Im späteren 16. Jh. vereinzelt, seit frühem 19. Jh. häufiger nachgewiesen in der Bed. 'der Laienwelt angehörig; weltlich; irdisch, zeitlich; profan' (im Ggs. zu regulär, geistlich, (christlich-)religiös, kirchlich), zunächst nur in Zss. auftretend (Säkulargüter, -kleriker); dazu die nur vereinzelt gebuchte, auf mlat. saecularitas 'Laienstand; Weltlichkeit' zurückgehende subst. Ableitung Säkularität F. (-; ohne PI.) 'weltliche Gerichtsbarkeit der Kirche (im Mittelalter); Weltlichkeit'.
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säkular
3 Seit frühem 20. Jh., wohl weiterentwickelt aus l a , in der übertragenen Bed. 'überzeitlich, zeitüberdauernd; sehr selten geschehend', von daher auch 'außergewöhnlich, herausragend; einmalig', meist auf (berühmte) Persönlichkeiten und (historische) Dokumente bezogen, und 'weitreichend, unabsehbar; schwerwiegend' für (politische) Entscheidungen. säkular l a : 1530 Spruch von dem edlen Wein (Einl.5) sekulären; Jüchter 1629 Cantzfl-Predigt 3 Mit gar gutem fueg hette Ich auch solche Predigt, eine Secular Predigt, woll können geheissen haben: Sintemal, da Ich dieselbe, im vergangenen Jahr, auf der newerbawten Cantzel gehalten, an die hundert Jahr verflossen gewesen, da aus sonderlicher Gnad Gottes, dass reine Seligmachende Evangelium . . . zu predigen angefangen worden; 1781 Dtsch. Museum 1425 Dies Jahr wirds gerade ein Jahrhundert, daß Straßburg mit Frankreich kapitulirt hat, man sagt auf 100 Jahre . . . Wenn dies Säkularfest eintrit, wirds vermutlich gefeiert werden, und da freue ich mich kindisch auf die Illumination des Münsters; Schmidt 1801 briefl. (I 132) einen schon angefangenen säcularischen Gesang für die Preussen zu vollenden [in der Neujahrsnacht]; Rönnefahrt 1859 Schiller und Goethe oder der 13. Juni 1794 ein Segenstag der Nation. Worte der Aufmunterung zu allgemeiner Teilnahme an der Säcularfeier des Geburtstages unseres Schiller (Titel); Gutzkow 1875 (46) Säkularbilder (VIII 274) Der Plan unseres Versuchs, Säkularbilder aufzustellen, war der, die Erörterung mit dem Daguerreotyp zu verbinden; 1910— 11 Literar. Echo 1331 Säkularfeiern, die nicht gerade ein aktuelles Interesse beanspruchen, gehören in unserem raschlebigen Lande zu den Seltenheiten; Lamprecht 1912 DGjV. I 127 das [römische] Imperium hatte in den langen Zeiten seines säkularen Friedens rund 150 000 km Chausseen geschaffen; Guthmann 1920 Slevogt 42 Menzel, der in jungen Jahren seine Friedrichs-Illustrationen schuf und später vor der Genialität der eigenen Erfindungsgabe erschrak und in seinem nahezu säkularen Leben durch beispiellosen Fleiss in Einzelstudien die nachträgliche Rechtfertigung für so viel Schöpfergeist beizubringen versuchte; Voss. Ztg. 18. 7. 1929 Die Säkular-Ausstellung . . . hat beim Publikum außerordentlich freundliche Aufnahme gefunden; ebd. Febr. 1930 Auf der Mittagshöhe der Erdenwanderung darf Waetzoldt nun die Vorbereitungen zu dem denkwürdigen Säkularfest der Berliner Museen treffen; Brecht 1932 Goethe 5 Wir feiern Goethe . . . wegen der säkularen Wiederkehr seines Todestages; Largiader 1945 Zürich I 259 Der säkulare Kampf zwischen Habsburg und Frankreich, säkular l b : Ritter 1810 Fragmente II 141 Laplace empfiehlt seinen Vorschlag, um über die Secular-
gleichungen des Mondes ins Reine zu kommen; Hallier 1889 Kulturgesch. 381 säkularen Senkungen des Meeresgrundes; 1889 ZDOeAlpenv. 135 die säkularen Schwankungen der Höhengrenzen, z. E. das häufig behauptete Sinken der Baumgrenze in unseren Alpen; Hochstetter-Bisching 1898 MG. 144 die allmählichen oder säcularen Hebungen und Senkungen des Bodens; Marcuse 1905 geogr. Ortsbest. 36 Durch diese sog. Säkularänderung der Schiefe der Ekliptik . . . werden gleichfalls Rektaszensionen und Deklinationen der Sterne um kleine Beträge geändert; Petermanns Mitt. 81 (1935) 202 an der säkularen, mindestens tausendjährigen Trockenperiode des Subboreal; NZ. (Basel) 7.2.1950 von allgemeinerem Interesse sind auch die Ausführungen . . . über die Schneeverhältnisse von Davos und ihre säkularen Schwankungen. säkular 2: Fischart 1575 Garg. 244 Pontanus, ein Weltlicher, Secular Poet ;Boltz 1752 Amts-Actuarius 478 Was aber die Secular-Güter und Lehendienste von denselben, ingleichen Feldzüge und andere Beschwerungen betreffen; 1807 WessenbergBriefiv. 52 Einkünfte der Säkular- und Regulargeistlichkeit; Koch-Sternfeld 1825 Beiträge I 411 Die Pfaffen, die Mönche, haben in unsern lateinischen Schulen weniger geschadet, als heutzutage die aufgeklärten Priesterlinge und Secularlehrer; Wagner 1870 Klosterleben I 47 [die Jesuiten] sind auch . . . der ganzen übrigen säcularen und regulären Geistlichkeit zuwider; Michael 1899 Gesch. II 5 diejenigen, welche man Säcularkleriker nannte; Preuss. Jahrbücher 114 (1903) 55 Für die wirkliche religiöse Gesinnungs- und Ueberzeugungsbildung bleibt es heute wie ehemals dabei, daß sie nur . . . in der Empfindung des Elends aller bloß immanenten und säkularen Weltbetrachtung . . . gewonnen wird; Euchen 1904 Strömungen 4 ein Sinken des Lebens ins Profane, Säkulare, Ordinäre; ebd. 315 der säkulare, bloss-menschliche Charakter; Goethe 6 (1941) 248 und so redet er von seinem „Heiligen Erwin" im Sinne einer säkularen Heiligkeit, der der Kunst; Leibbrand 1946 Homines 63 Die weltlichsäkulare Haltung der Philologie der letzten beiden Jahrhunderte; Röpke 1950 Mass 40 Deutung des Kommunismus als einer „säkularen Religion"; Süddtsch. Ztg. 6. 6. 1955 schlug . . . vor, daß sich die katholischen, evangelischen und säkularen Volksbildungswerke zusammenschließen sollten;
Säkularisation
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Salomon-Delatour 1959 Soz- 14 Das Naturrecht ist Parteien eine der großen säkularen Persönlicheine säkulare Form der Ethik . . . und ein über- keiten der deutschen Geschichte; Grimm 1940 geordnetes Prinzip; Offenburger Tagebl. 14. 1. 1966 Testament Richelieus 133 Es geht um eine säkulare Er ist dem „Orden der Fahrenden" gewidmet Entscheidung; Münch. Abendztg. 4. 3. 1949 Sein und zeichnet ein Bild vom Aufstieg und Nieder- furchtloses Eintreten errang ihm die Bewundegang der geistlichen Vaganten und von der säku- rung der abendländischen Christenheit und eine laren Gestalt des „Archipoeten"; ebd. 21. 7. 1969 ausländische Zeitung nannte ihn . . . nicht zu Säkulare Fröhlichkeit durchpulste Christoph Unrecht eine „säkulare Erscheinung" ; Körner 1950 Marginalien I 42 die säkulare Bedeutung Madame Demantius' „Singet all ihr Musici". säkular 3: Kohn 1928 Gesch. d. national. Bewegg. i. de Staëls und ihres Kreises; 1965 Aspekte 152 Orient Vorr. XI Mit sicherer Unabhängigkeit des den säkularen Prozess, durch den sich die LiteraUrteils, von hoher Warte aus das Dauernde und tur und Kunst der Neuzeit vom Kanon der Antike Säkulare vom Tageslärm scheidend; Voss. Ztg. als ihrer Vergangenheit . . . ablöste; Stuttgarter 22. 12. 1929 die Aufgabe, sich mit dem, was das Ztg. 17. 5. 1969 Bei der Aufklärung dieser „Fehlsäkulare Genie Sigmund Freuds der Mitwelt zu planung von säkularem Ausmaß" habe sich bisher sagen hat; Halbe 193} Scholle 273 Ein Name von die kontrollierende Münchner Stadtverwaltung Weltruf und säkularer Bedeutung; 12-Uhr-Blatt nur selbst kontrolliert. 3. 8. 1936 denn Hindenburg war jenseits aller
Säkularisation F. (-; -en), im späteren 18. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. sécularisation (zu séculariser, säkularisieren), anfangs auch in der Schreibung Sécularisation, a Zunächst in der Bed. 'zwangsweise Uberführung geistlicher Einrichtungen und Besitzungen auf weltliche Hoheitsträger; äußere Entmachtung der Kirche; Verstaatlichung von Kirchengütern', zuweilen auch als historische Bezeichnung (Reichsdeputationshauptschluß 1803); b seit spätem 19. Jh. auch allgemeiner verwendet in der Bed. '(innere, geistige) Lösung aus kirchlicher/geistlicher Bindung, Abhängigkeit, Autorität; Verweltlichung; Rationalisierung', auf Staat, Gesellschaft, kulturelle Erscheinungen und Einrichtungen (z. B. Sprache, Philosophie, Naturwissenschaften) bezogen. Säkularisation a: 1761 Geheimnisse 61 Das Project Hertling 1896 Kl. Sehr. 393 Den Katholiken aber wegen Secularisation der Stifter; Pütter 1769 waren infolge der Säcularisation die besten Stützen 1922 Reiterei 85 Grundriss 172 Der . . . Hochmeister des Teutschen genommen; Mangoldt-Gaudlitz Ordens verglich sich mit der Krone Polens über In Gallien war die Kirche bereits Grossgrunddie Secularisation von Preussen; Dohm 1785 besitzer. Die „Säkularisation" musste hier sehr Fürstenbund 61 und dann sind die hingeworfenen wirksam sein; Hausenstein 1935 Wanderungen 131 Worte von Secularisation . . . gewiss hinlänglich Bamberg, das durch die Säkularisationen von jeden zu ängstigen, der fette Pfründen genüsst; 1803 eine bayerische Landstadt geworden war; Koch-Sternfeld 1805 Nahrung 268 Die Sekularisa- Süddtsch. Ztg. 24. 4. 1950 Zehntausende von Gläutionen und die Aufhebungen der Klöster, Kapi- bigen werden . . . in Passau nicht nur Religionsteln und Stifter; Haller 1820 Restauration II 571 geschichte, sondern deutsche Geschichte überConfiskation oder sogenannten Sekularisationen haupt studieren können. Sie werden hören von geistlicher oder Ordens-Güter aus angeblicher . . . der Säkularisation und von Napoleons FeldLandeshoheit; Heunisch 1833 Baden 121 Der west- herrnplänen; 1953 Jb. fränk. Landesforschung 383 phälische Friede führte in das deutsche Staatsrecht Diese im Grunde namenlosen Raubzüge der den Begriff der Säcularisation ein, welchem der staatlich-öffentlichen Gewalt gegen das geistliche Lüneviller Vertrag seine Vollendung gab; 1848 Gut, vornehmlich im 18. Jahrhundert, haben . . . Grenzboten 198 Säcularisation der Klöster, welche einen neuen Namen erhalten, der gewissermaßen bisher das beste Mark des Landes ausgesaugt . . . einen dritten Säkularisationsbegriff aus der Taufe haben; Riehl 1861 Land 383 So schnitt man in gehoben hat, die „kalte Säkularisation"; SalomonNassau den ehemals unter geistlicher Herrschaft Delatour 1959 Soz- 163 die Gefahr der Säkularigestandenen Landestheilen ihr uralt heiliges Her- sation, womit man nicht nur die Enteignung des kommen ab . . . verletzte die katholische Bevölke- Kirchengutes bezeichnet, sondern seit Reformarung durch die Art der Verwendung von allerlei tion und Revolution die Ermächtigung der weltaus den Säcularisationen geflossenen Geldern; lichen Macht; FAZ 2. 10. 1969 Die katholische 2 Fremdwörterbuch
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säkularisieren
Kirche wurde durch die Säkularisation ihrer finanziellen Kräfte beraubt. Säkularisation b: Jhering 1885 Scherz 181 mit einem modernen Ausdruck als Säkularisation der Sakramente; Willmann 1905 Werkstatt 94 die Früchte der Säkularisation der Gesellschaftslehre; Weber 1907 Ehefrau 313 jener grossen allgemeinen Tendenz der modernen Eheentwicklung . . . welche man als „Säkularisation" der Ehe bezeichnen kann; 1916 Deutschland I 61 Anm. Säkularisation der puritanischen Idee; 1935 Ackermann aus Böhmen 58 Wir wissen heute, daß die ungeheure Vernunft-Entfaltung der Aufklärung teils eine neue, profanere Reformation . . . teils eine folgerechte Fortsetzung der Lutherischen Realisation und Säkularisation des Glaubens bedeutet; 1943 Welt als Geschichte 323 Die geistige Säkularisation des 19. Jahrhunderts verkehrte das ursprüngliche Verhältnis von Politik und Mythos; 1949 Wort und Wahrheit 1311 Leib Christi, Staat Gottes, das
heilige Reich und der göttliche Kosmos sind „veraltet" in einer heillosen Säkularisation, weil der diesen Strukturen zugehörige Mensch veraltet, säkularisiert, vergötzt ist; Goethe 17 (1957) 141 Ein . . . Beispiel der literarisch verarbeiteten Säkularisation religiöser Bewegungen; 1960 Studium Berolinense 64 Man muß ja die seit der Säkularisation des Schulunterrichts weggefallene, den Humanismus erst vervollständigende „philosophische Propädeutik" in beweglicher Form nachholen; Fügen 1962 Hauptrichtungen 135 Die führende Rolle der Literatur ist . . . mit jenem Vorgang gekoppelt, den man allgemein als „Säkularisation" bezeichnet; Offenburger Tagebl. 28. 10. 1963 Der zweite Vortrag der Reihe „Christ und Staat" . . . stand unter dem Thema „Säkularisation und Freiheit" . . . Säkularisation sei durch das Evangelium erst möglich geworden und bewirke im eigentlichen Sinne die Freiheit des Menschen.
säkularisieren V. trans., im späten 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. séculariser (zu mlat. saecularis, -> säkular), bis ins 18. Jh. auch in der Schreibung seculartsieren-, in der allgemeinen Bed. 'verweltlichen'; a zunächst im politischen Bereich für'kirchliche Güter und Stiftungen in weltliche umwandeln, kirchlichen Besitz einziehen, verstaatlichen'; b seit Anfang 19. Jh. dann auch in der zentralen Bed. 'etwas aus kirchlicher Bindung, Bevormundung, Abhängigkeit lösen; etwas nur unter weltlichem Gesichtspunkt betrachten und beurteilen; profanisieren; rationalisieren', bes. auf die kulturelle und geistige Emanzipation von Staat und Gesellschaft während Reformation und Aufklärung bezogen; dazu seit frühem 20. Jh. die subst. Ableitung Säkularismus M. (-; ohne PI.) 'Bestreben, das geistige und gesellschaftliche Leben aus kirchlicher Bindung zu lösen' mit der früher nur vereinzelt gebuchten subst. Ableitung Säkularist 'Anhänger des Säkularismus'; in neuester Zeit die adj. Ableitung säkularisierbar 'fähig, geeignet, säkularisiert zu werden'. Zu a und b seit spätem 18. Jh. das Verbalsubst. Säkularisierung F. (-; -en) 'Einziehung und Nutzung kirchlicher Güter durch den Staat; Verstaatlichung' (zu a; -»• Säkularisation a), seit Ende 19. Jh. auch 'Lösung aus kirchlich/religiöser Bindung; Verweltlichung; Rationalisierung' (zu b; -> Säkularisation b), daneben auch in der Bed. 'Erlaubnis für Klosterleute, sich für immer außerhalb des Klosters aufzuhalten' (vgl. Säkularkleriker, säkular 2). säkularisieren a: Hartmann 1678 Anatomia 282 wie man oftmal Geistliche Güter, welche zu Kirchen, Schulen, Hospitälen gewidmet sind, ohne Fug und Ursach angreiftet, secularisiret, nicht zu Geistlichen Usibus; Callenbach 1714 E 69 das ist eine Liste / worinn etliche geistliche Güter specificiret stehen / um secularisirt zu werden; Struve 1731 Reichs-Historie 232 benebst dem [1648] secularisirten Closter Walckenrieth; Zeller 1767 Beata 292 Doch wir wollen die Klöster saecularisiren, und
die Klosterfrauen nach und nach absterben lassen; Kreittmayr 1769 Grundriss I 406 In der oberen Pfalz wurden die von den lutherischen Pfalzgrafen secularisirte geistliche Güter auch von den katholischen Landessuccessoribus . . . als Cammergüter tractirt; Obernberg 1816 Reisen. Isarkreis IV 369 die, aus den Bibliotheken säkularisirter Klöster gesammelten Bücher; Westenrieder 1824 Mtl. I 163 ehemalige Zeit, wo das Säkularisiren aller geistlichen Güter als ein non plus ultra
säkularisieren
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von Völkerglückseligkeit gepriesen wurde; Krätzer profanen Wissenschaft sind häufig säkularisierte 1840 Domainen 30 die in den neuen und alten theologische Begriffe; Koch 1938 Geist 232 während Besitzungen der Erbstände gelegenen, durch den der junge Herder die theozentrischen Teile des Reichsdeputationshauptrezess von 1803 säkulari- Hamannschen Weltbildes säkularisierte; Leibbrand sirten geistlichen Güter; 1852 Prutz' Museum I 1946 Homines 51 Die griechische Medizin hat sich 721 von Grundstücken, welche . . . bei der Re- vom gesamten Geistesleben nie abgespalten, sie formation säcularisirt wurden; 1882 Monatsschr. ist sozusagen nie säkularisiert; Schock 1952 Sozio(Nathusius) I 68 dem „einigen" Italien das säcu- logie 320 Soziologie, die „am meisten säkularilarisirte Rom zu entreissen; Lokal-Anz- 3. 8. 1934 sierte" Wissenschaft; Siiddtsch. Ztg. 8. 3. 1954 es Die mecklenburgischen Adelsfamilien . . . nennen gelte heute, von der säkularisierten Sachlichkeit, immer wieder ihre Namen auf den stillen Steinen. die die wahre Bildung ersticke und eine EntIm Jahre 1552 wurde Doberan säkularisiert; christlichung unseres Lebens fördere, wegzuReitzenstein 1963 Städte 22 ein rundes Jahrtausend, kommen; Wandrus^ka 1956 Haus 143 vollzog sich bis sie ein ebenso gottloses wie „aufgeklärtes" im habsburgischen Bereich die Anerkennung Säkulum mit türkenwürdiger Schonungslosigkeit einer säkularisierten, von der religiösen Fundie„säkularisierte": der Welt gab, was nicht der Welt rung losgelösten Staatsräson; Picht 1958 Erfahgehörte. rung 41 Kants Zeitbegriff ist die säkularisierte und Säkularisierung: Nugent 1781 Reisen (Übers.) I in die Endlichkeit des Menschen projizierte ewige 137 Die Sekularisirung des Bisthums Schwerin Gegenwart, in der Gott steht; Mühlmann 1962 beym westphälischen Frieden war . . . kein Ersaz Homo 421 Gerade die Züge der rationalisierten für Wismar; Fischer 1790 Brandenburg-Anspach und säkularisierten europäischen Kultur . . . meI 99 Säkularisirung des Stifts Feuchtwang; 1798 thodische innerweltliche Lebensführung, FachBerlin. Archiv I 489 dass die Reichsfriedensdepu- menschentum. tation in die Abtretung des linken Rheinufers, säkularisierbar: Mühlmann 1962 Homo 438 Das und in die Basis der Secularisirung gewilligt habe; Christentum ist im Gegensatz dazu [zum Buddhis1804 Überblick Vorr. KT Sekularisirung der Stifter mus] weltlich anwendbar, es ist säkularisierbar. und Klöster; Schlesier 1836 Obd. Staaten 240 Es Säkularisierung: Paulsen 1896 G.U. I 107 Säkubegann das Zeitalter der Säcularisierung und der larisierung der Wissenschaften; Brauer 1929 Mediatisierung; Ehrle 1881 Armenpflege 1 die Sozialismus 14 die Säkularisierung [konnte sich] völlige Säcularisirung der charitativen Stiftun- über die ganze Breite des modernen Lebens gen; Srbik 1904 Staat und Kirche 9 Säkularisierung durchsetzen . . . die allumfassende Rationalisiedes Kirchenbesitzes durch das Reich — von der rung und Mechanisierung . . . war . . . gesichert; Reformatio Sigismundi gefordert; Franz 1954 Cassirer 1932 Ren. 7 Die Säkularisierung und Kulturkampf 16 Säkularisierung von Kirchen- Paganisierung des Denkens ist nicht aufzuhalgütern. ten; 1938 Festschr. a. Pinder 26 die Lichtwelt des säkularisieren b: Troxler 1812 Blicke 11 die. Seele Impressionismus als eine Säkularisierung des hat man nämlich, ungeachtet Alles beseelt ist, himmlischen Lichtes zu verstehen; Sedlmayr 1948 sekularisirt, und mit einer kleinen Pension ins Verlust 29 der bei Diderot erscheinende Kult der obere Dachstübchen verwiesen; Ranke 1878 Nachwelt, den Becker als eine Säkularisierung Tagebuchbl. (53j54,620) die Ehegesetze noch mehr der christlichen Religion darzutun versucht hat; zu säcularisiren; 1887 Grenzboten I 310 Toynbee- 1950 Festschr. R. Tboma 119 Zur Zeit der SäkuHall ist weltlich, es gehört keiner bestimmten larisierung des christlichen Denkens folgte die kirchlichen Richtung an. Wie die Universitäten Begrenzung der politischen Macht aus dem Glauheute säkularisiert sind, so auch die Universitäts- ben an die ewigen Grundsätze; 1961 Festg. a. bildung; Müller 1923 Gesch. 181 Der Humanismus Leschnitzer 49 Die Erkenntnis, dass die moderne . . . hat die Bildung „säkularisiert", um einen Aus- Gesellschaft in einem anhaltenden Säkularisiedruck Diltheys zu gebrauchen, d. h. der kirch- rungsprozess sich befinde; Trommler 1966 Roman lichen Ziel- und Grenzsetzung entzogen; Meinecke 103 Die Säkularisierung des Wirklichen. 1924 Idee 427 Das Naturrecht . . . von der Aufklä- Säkularismus: Schlunk 1929 Die Überwindung des rung wieder säkularisiert, ging aus von der Vor- Säkularismus. Die Entchristlichung der modernen aussetzung, dass Vernunftgesetze und Natur- Menschheit (Titel); 1953 Bildungsfragen 319 das gesetze . . . harmonierten; Groethuysen 1927 Ent- ursprüngliche Glaubensanliegen tritt mit dem stehung I 192 Das XV III. Jahrhundert säkularisiert fortschreitenden Säkularismus und Glaubensgewissermassen die Sünde, nimmt ihr ihren religi- schwund zusehends in den Hintergrund; Hobsösen Sinn und ihre spezifisch christliche Bedeu- batvn 1962 Sozialrebellen 160 im Säkularismus oder tung; Rothacker 1934 Gesch'phil. 123 Begriffe der Deismus des 18. Jahrhunderts. 2»
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Säkulum — Salami
Säkulum N. (-s; Säkula), Anfang 14. Jh. entlehnt aus lat. saeculum 'Menschengeschlecht, -alter, Generation; Zeitalter; (irdisches) Leben, Zeitlichkeit; Jahrhundert', bis ins 18. Jh. in lat. Form und Flexion, auch in der Schreibung Seculum, zuweilen auch verkürzt Säkul, Säkel\ heute eher bildungsspr. in der Bed. 'Zeitraum von hundert Jahren, Jahrhundert; Zeitalter; Welt', auch 'lange Zeit, großer Zeitraum', im 19. Jh. vereinzelt in der Wendung im Säkulum 'heute, in dieser Zeit'.
Um 1300 Main. Naturlehre 12 hundert iar heissent schwindenden Sekulum sank Spaniens letzter seculum, daz ist ein Welt; Rettenbach 1523 Küchen- König . . . unbeerbt in das Grab; Ratschky 1805 prediger 45 in sécula; Frischlin 1586 Nomenciator 5 a Neuere Gedichte 79 Der Thespis unsers Säkulums, Seculum, Zeit von hundert Jahren; 1662 Be- Herr Schikaneder, sey der Abgott seines Publischreibung der Zigeuner a2h in diesem und vorigen kums; 1848 Gren^boten 148 e,ine in unserm romanSeculo; Butschky 1677 Pathmos 15 geschweige in tischen Säculum ziemlich weit verbreitete Phrase; einer Woche, Jahr, oder Seculo; o.J. (um 1680) Fallmerayer 1859 Versuche (III 501) im Säculo Baurenstands Lasterprob. 3 Von dem Bauren-Krieg hatte die Bevölkerung bisher selbst keine deutliche wird in jedem Seculo geredet und geurtheilet Vorstellung, was sie eigentlich repräsentiren soll; werden; 1684 Zusahmen-Sprach von dem Bücher- Burckhardt 1870 Br. an Preen 9 Und da ich gegenscbr. 69 in einem sehr gelehrten Seculo; Corvinus wärtig viel Griechisch lese, komme ich in einen 1720 Reifern Früchte 4 ein Seculum und Innhalt wahren Hohn gegen unser Säkulum; Schles. Ztg. vieler Zeiten; 1750 Vergnügte Abendstunden III 205 30. 3. 1905 Verdaue diese Massen verschiedender lateinischen Schriftsteller . . . welche im eiser- artigster Geistesgerichte, die dir das „tintennen Seculo gelebt haben; Wieland 1757 Gesch. d. klecksende Säkulum" auftischt; H Z 134(1926) 353 Gelehrtheit 29 Selbst in den barbarischen Saeculis nirgends ein Juvat vivere, das dem neuen Säkusind die Englischen Gelehrten unter den übrigen lum entgegenjauchzte; Hausenstein 1935 WandeZwergen die Riesen gewesen; Sonnenfels 1769 rungen 4 eine der entzückendsten Formeln des 19. Theresie 49 Nicht erst in dieser Reih von Jahren, Säkulums; Süddtsch. Ztg. 24. 10. 1952 Was bleibt Schon da, als Menschen Schäfer waren, Vor von der deutschen Kunst im bürgerlichen SäkuSäklen schon hab ich, Sophia dich geküsst; lum ?; ebd. 5. 6. 1955 Die vom Bundestag beMusäus 1781 Physiognom. Reisen I 11 dass diese schlossene Umsiedlung von . . . Vertriebenen . . . edle Wissenschaft manch Säkulum hindurch gar soll . . . bis 1955 abgeschlossen sein. Genau zehn verfinstert . . . gelegen; 1782 Anthologie 125 Wie Jahre nach dem Beginn der großen Völkertief sank unser Sekulum herunter I; Becker 1784— wanderung unseres Saeculums; 1965 Aspekte 168 86 Reise 173 einem Geistlichen . . . der trotz seiner das äußerliche, in der Kirchengeschichte schon Rüstung aus dem vorigen Säkulum ein sehr ge- verwendete Einteilungsschema der „Zenturien" scheiter Kopf ist; Lavater 1795—98 (Nachgel. mit der neuen, am Säkulum der Aufklärung Sehr. II 278) des gegenwärtigen Christushassen- gebildeten Vorstellung [verknüpfte]. den Sekulums; 1800 fournal für Baiern 19 Mit dem
Salami F. (-; -(s)), seit Ende 16. Jh. vereinzelt, seit früherem 19. Jh. häufiger nachgewiesene Entlehnung aus ital. salame, PI. salami 'Salz-, Pökelfleisch; Schlackwurst (aus Eselsfleisch)' ( < (m)lat. sal(s)amen(tum) '(Salz-)Lake,(Salz-)Gewürz; Salzfisch', zu lat. sal 'Salz'); zunächst als Bezeichnung für eine italienische Spezialität, heute auch allgemein für 'stark gewürzte und geräucherte Dauerwurst (aus Schweine- und Rindfleisch)' (Salamiwurst); dazu die Zs. Salamitaktik 'Vorgehen, bei dem in kleinen Schritten, Stück für Stück auf ein (politisches) Ziel hingearbeitet wird', Ende der 40er Jahre von ungarischen Kommunisten geprägtes, um 1961 übernommenes politisches Schlagwort, heute auch allgemein verwendet für 'Taktik des Hinhaltens, Verzögerns, Hinausschiebens, -Ziehens'.
Salär Salami: Paumgartner 1594 Briefw. 221 Wird auch die rüestong oder zeüg auf die pferd darzu hinnausschicken sambtt ettlichen salami oder bologneser Würsten; Klein 1792 Provin^ialmb. II 100 Salami; Glasbrenner 1836 Bilder a. Wien II 95 kaufen vom herumziehenden Italiener Salamiwurst oder Käse; Staffier 1859 Tirol I 355 Würsten . . . unter dem Namen Salami- oder Cervelat-Würste . . . bekannt; Reimann 1839 Deutsche Volksfeste 194 Wälsche laufen . . . hin und her, rufen: „Salami! Salaminil Salamucci Käso" und schwingen ihre scharfen Messer . . . Diese Käsekramer und Veroneser Wursthändler; Fendrich 1911 Schauinsland 283 Chianti und Salami, Gorgonzola und Brot; Schnitt ler 1919 Medardus (IV 71) eben frisch angekommen, die beste italienische Salami . . . wärmstens empfohlen. Hält sich wochenlang; Quick 1962 Nr. 36 Salami-Erbin Gräfin Fabricia Citterio (noble italienische Wurstfabrikanten-Tochter); Stuttgarter Ztg. 7. 7. 1966 Er ist heute Fabrikant für original ungarische Salami; Die Zeit 16. 1. 1976 ein raffiniert zubereitetes Reisgericht mit Salami, Pilzen, Bohnen, Speck. Salamitaktik: Offenburger Tagebl. 23. 10. 1961 Daß Berlin nicht zu jener Art von Aggression einlädt, die als Salamitaktik — eine Scheibe nach der
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anderen — bezeichnet wurde; FAZ 12. 9. 1964 Nachdem sich auch maßgebliche politische Kreise und Persönlichkeiten lange Jahre hindurch auf eine familienpolitische Salamitaktik und „Häkchen-Methode" beschränkt hatten, ist es jetzt wohl unbestritten, daß eine sinnvolle Familienpolitik nur denkbar ist als eine vielschichtige gesellschaftliche Strukturpolitik; Stuttgarter Ztg. 12. 7. 1966 Die Ostberliner „Salami-Taktik" in der Passierscheinfrage (Überschr.); Süddtsch. Ztg. 17. 2. 1968 Durch die Salami-Taktik der letzten Jahre sei ein für die DDR nicht mehr erträglicher Status-quo-Minus entstanden; Offenburger Tagebl. 11.3. 1969 Architekt Wacker warnte vor einer Salami-Taktik: Ein Hallenbad sei keine Wurst, von der man nach Belieben einzelne Scheiben abschneiden könne; FAZ 8. 10. 1971 In Jerusalem waren am Donnerstag Anklagen zu hören, Rogers wende eine Salamitaktik an und wolle, um zu seinem Ziel zu gelangen, Israel von Mal zu Mal immer größere Konzessionen abzwingen; Mannh. Morgen 11.112.9. 1976 Diese Schreibweise [Westberlin] wurde von östlicher Seite schleichend eingeführt, vermutlich als weitere Scheibe einer gezielten Salamitaktik.
Salär N. (-s; -e), im späteren 15. Jh. entlehnt aus mlat. salarium 'Soldatensold, Knechtslohn' ( < lat. salarium, ursprünglich 'Salzration (für Soldaten und Magistratspersonen)', dann 'Verpflegungsgeld; Sold; Diät', auch 'Jahresgehalt', zu salarius 'zum Salz gehörig, Salz-', zu sal 'Salz'), bis ins 19. Jh. vorwiegend in der lat. (flektierten) Form, gelegentlich Salar(i), auch mit PL Salarien und selten in der entstellten Form Solarium; seit Mitte 17. Jh. vereinzelt, gegen Ende 18. Jh. zunehmend in der von gleichbed. frz. salaire beeinflußten heutigen Form; meist nur noch regional (schweiz.) gebraucht in der Bed. '(jährlicher, täglicher) Lohn, Sold; Gehalt; Bezahlung, Besoldung, Bestallung', selten übertragen verwendet für 'Lohn, Erfolg'. Dazu seit Anfang 16. Jh. das nur noch regional (schweiz.) verwendete, aus gleichbed. mlat. salariare (zu salarium) entlehnte Verb salarieren 'besolden, entlohnen, bezahlen' mit dem im 17./18. Jh. gelegentlich belegten Verbalsubst. Salarierung 'Besoldung, Bezahlung' und im 19. Jh. vereinzelt das aus gleichbed. frz. salariat entlehnte Subst. Salariat 'Lohn-, Besoldungssystem'. Salär: um 1470 Tucbers Baumeisterbuch 243 dem Dann die [Professoren] so von meim gn. Fürst paumeister fur sein solarium . . . 100 pfunt vnd Herrn aus andern landen vmb fürderung vnd (SCHIRMER, Kaufmannssprache); Weseler Rats- aufpawung der Yniversitet berieft werden, mit protok. 1516 (M. 196) dat men meister Herman merklichen costen ankomen, derhalben sy mit Bussius vur eyn rectoir der schoilen annehmen salariis mer vnd höher bedacht werden, dann die sali, jnd soe dan derselve vur salarium, als man andern, so vormals nach i m bestimpten besoldunversteet, duet gesynnen 1 goltgulden (NY- gen zulesen verpflicht gewest sind; 1598 OrientaSTRÖM); Pommersche KO 1535 (Richter KO1252) lisch Indien II 20 jhre besoldung vnnd Salari; Dar öuerst schal men bestemmen, wat se van den Wallhausen 1616 Ritterkunst 17 mit seinem Salario kindern hebben sehölen pro solario edder prescio vnnd Soldt soll er zu frieden seyn; Mengering 1642 (NYSTRÖM); 1537 (Urkunden Tübingen 203) Gewissensrüge 943 daß Kirchen und Schulen jhrer
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Salär
salarien und Erhaltung entsetzet werden; 1650 (Huhn, hl. Geist-Spital München 154) das ganze Salarium eines Choralisten; 1657 Hamb. PilotageOrdn. § 24 Auch sollen die Pilothen von den Schiffen, welche sie in grossen Sturmb oder ungewitter, wie dann auch die, so sie Ancker-, Tauw-, Mast- oder Ruhderloß eingebracht haben, über ihr ordinarie salarium noch ein mehrers nach Erkentenüß der Admiralität oder guten Menner zu genießen haben (KLUGE, Seemannssprache); Lassenius 1661 Tischreden 340 Was die ehrlichen Professores auf Universitäten anlanget / so wisset . . . [sie] haben . . . auch ihr gewisses von den Promotionen, welches ein Theil ihres Salarii ist; Seckendorff 1665 Fürstenstaat II 209 Schreiber und Advokaten / abzuschaffen / und die Erhöhung der Salarien, oder Bestellung und Besoldungen gewisser Advokaten / vorzunehmen; 1668 Ann. Ingolstad. Acad. IV 413 dem ganzen Landt und Churfürstenthumb Bayern zum Wolstandt geraichende Bezahlung der nothwendigen Salarien, und andern unentperlichen Ausgaben erforderter Mitteln; Lippesche SO 1684 Vormb. II 683 Wo die Schul-Salaria und das Schulgeld so gering (NYSTRÖM); Kuhnau 1700 Musikal. Quacksalber 259 So reisete er . . . mit einem . . . RecommendationSchreiben zu dem gedachten Capellmeister des Fürstlichen Hofes . . . allwo er . . . gleich in Bestallung kam, und mit einem anständigen Salario versorget wurde; 1717 Fama LIX 819 bey Einnehmung seines Salarii und Sportein; 1717 Verheiratung 21 Wann auch denen Herrn Geistlichen und Kirchen-Bedienten.. .ihren Stand und Ampt gemäss, auskömmliche Salaria gereichet würden; Uhse 1726 Poet 121 Ich darff nicht, wie ich will, nach theuren Büchern fragen, Denn mein Salarium kan solches nicht vertragen; Beust 1743 Consiliarius 227 Deswegen . . . Augustus . . . zuallererst unter den Römern denen, so öffentliche Ämter bedienet, gewisse austrägliche Salaria constituiret; ebd. 229 derer Fürstlichen Räte und Bedienten Salaria dergestalt in Rechten privilegirt, dass sie in Concursu Creditorum ein Vorzugs-Recht vor andern Gläubigern haben; Michaelis 1772 Einspruch (Werke 1791 IV 139) Was ist er für ein Mann; wofür kriegt er ein Salarium?; Schläfer 1783 Staats-Anz- IV 262 Die Rechnungen der ehemaligen SportulCasse, die . . . jezt in Salarien-Cassen umgetauscht sind; 1795 Engel 91 denn mit allen ihren hohen Salairs — was sind sie [die Handlungsdiener] ? (SCHIRMER, Kaufmannssprache); Marx 1844 Kritik (III 92) Ja selbst die Gleichheit der Saläre . . . verwandelt nur das Verhältnis des jetzigen Arbeiters zu seiner Arbeit in das Verhältnis aller Menschen zur Arbeit; Burckhardt 1846 Br. III 23 Es ist ein schändliches Mißverständniß zwischen diesem
Salar und dem Deinigen; IVolff 1887 Hagestolze 69 er wäre Artist und triebe die Heilkunde nach seinen eigenen Erfahrungen und wie er sie mit manchen Geheimnissen der Natur für theures Lehrgeld oder Salarium von seinem Meister gelernt hätte; Wiehert 1889 Grafenkind 214 als ihn auch schon derselbe Principal mit einem namhaften Salär anstellte; Hamburger Abendbl. 2. 8. 1951 In Griechenland und im Römischen Reich bekamen vor zweitausend Jahren alle Beamten (insbesondere auf Reisen), Soldaten und Arbeiter ihren Lohn ganz oder zum Theil in Salz ausgezahlt! Es war somit allgemeines Tauschmittel, und eine (legale l) Schieberei von Salzmengen war pausenlos im Gange. Der Name „Salarium", der diese Bezahlung bezeichnete, ist das lateinische Wort für Salzration. Von ihm wurde später abgeleitet „Salär", ein noch zur Zeit unserer Väter gebrauchter Ausdruck für Gehalt; Stuttgarter Ztg. 13.4. 1963 Das Salär: vier Wochen Gefängnis; Süddtsch. Ztg. 20. 4. 1963 Geboten werden sehr gutes Salär sowie Zimmer mit Klimaanlage und eigenem Bad (Anzeige); N.Z.Z. 4. 1. 1972 Sie müßten sich mit Schichtarbeit und Sonntagseinsatz abfinden, wogegen Sie mit einem Ihrem Wissen und Können und Ihrem Einsatz entsprechenden Salär . . . rechnen dürften (Anzeige). Salariat: Schaffte 1885 Aussichtslosigkeit 5 die völlige Abschaffung aller Privatdienstverhältnisse (des „Lohnsystems" oder „Salariates"). salarieren: Schulte 1513 Fugger II 29 nit condigne sallarirt (SCHIRMER, Kaufmannssprache); Francke 1702 Waisenhaus I 69 Es ist biß auf diese Stunde bey der Gemeine . . . noch nicht so viel Verfassung / daß ein Küster dergestalt salariret würde / daß er davon sein Leben hinbringen könnte; 1708 Academie zu Liegnit^ A2b Bediente salariret und bezahlet; 1719 abentheuerl. Welt VII 7 Er hielt nicht viel davon vom Diener-Salariren, Er wisse selbst die Kunst die Bücher recht zu führen; Kindleben 1779 Schluterius 39 die jungen, schlecht salarirten Schulmänner; Nugent 1781 Reisen (Übers.) I 611 Anm. In Rostock ist eigentlich gar keine Universität mehr. Die Hrn. Rostokker salariren zwar, ein paar Professoren, die Collegia lesen, aber sie haben gar keine Insignia mehr, dürfen auch keine akademische Würden ertheilen; 1784 Berlin. Man'sehr. III 469 die eigentlichen Gelehrten, nämlich die salarirten und die privatisierenden; Schaller 1802 Stu^iade 1286 Dies kostet nichts . . . und thut Dir wohler, als wenn ich Dein Leibpferd salarirte; Spaun 1821 Umtriebe 29 zu einem zwar zur Noth salarirten, aber beschwerlichen Dienst bestimmt; Knies 1857 Telegraph 268 die Rotten von „gebildeten" und wohlsalarirten Fälschern und Betrügern; Einsiedel 1884 Gouvernantenmsen 12 neben vielen
Salat geringen und gering salarirten [Stellen als Gouvernante], Salarierung: 1612 Schwetschke XVI Salarirung (SCHIRMER, Kaufmannssprache); Galler 1785 Bad. Oberland 38 Salarierung der Geistlichen; Schläfer 1793 Stats Recht 104 Salarirung [der Fürsten] (Überschr.) Nur sollte diese der Herrscher nicht selbst bestimmen . . . In der Demokratie beköstigen sich die Herrscher selbst . . . Die
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Einherrscher sind teuer: nur Friedrich der Einzige begnügte sich mit 220000 Rthlr. järlich; 1797 Belehrungsbuch 5 Dawider dienet die Abschaffung der Advokatensporteln und Errichtung einer Advokatenkasse zu deren Salarirung; Marx 1844 Kritik (III 92) Eine gewaltsame Erhöhung des Arbeitslohns . . . wäre also nichts als eine bessere Salarierung der Sklaven.
Salat M. (-(e)s; -e), seit dem 15. Jh. (LEXER) bezeugte Entlehnung aus ital. (in)salata (herba) '(ein-)gesalzene Salat(-kraut)speise' (subst. Part. Perf. zu (in)salare '(ein-)salzen', zu lat. sal 'Salz'), mit den frühen Schreibungen Salatt, Sal(l)ath. l a In der Bed. 'aus frischen oder gekochten pflanzlichen (oder tierischen) Zutaten gemischtes, mit Salz (und Essig, Öl u. ä.) angemachtes, kalt serviertes Gericht', je nach dem Hauptbestandteil näher spezifiziert als Kartoffel-, Fleisch-, Bohnen-, Reissalat usw., in den Verbalsyntagmen Salat anrichten, anmachen; dazu im 20. Jh. die selten belegte Substantivbildung Salatiere (wohl nach gleichbed. frz. saladiere) 'Salatschüssel' und, als Berufsbezeichnung, Salaterin, b Von daher gleichzeitig als Pflanzenname für den am häufigsten als Salat 1 a zubereiteten 'Gartenlattich' (auch Kopf-, Garten-, Blattsalat, grüner Salat genannt), dessen roh eßbare Blätter als erfrischende Beilage oder appetitanregende Vorspeise genossen werden (vgl. auch andere Salatpflanzen wie Endivie, Rapunzel). 2 Seit Mitte 19. Jh. übertragen und ugs. gebraucht in der Bed. 'Durcheinander, Gemenge; Mischmasch, Wirrwarr; Unordnung', vor allem in den Wendungen da haben wir den Salat 'da haben wir die (erwartete) unangenehme Bescherung', der ganze Salat, verächtlich für 'das alles' und in Zss. wie Blechsalat 'Autokarambolage', Wellensalat 'Senderüberlagerung beim Rundfunk' und Bandsalat 'technische Störung in der Motorik des Tonbandes'. Salat l a : Boccaccio 1472)73 Decameron 576 von erste ein salat, darnach das menestern (WIS); Fries 1519 Spiegel d. Arznei 370 zu Zeiten vermischt man feine bleter in einem salat; Mithobius 1552 Seuche der Pestilentz H3a Ein Sallat von Lactuken, Sawrampfer; Alvarez 1566 Warhafftiger Bericht 172 wie salat mit Knoblauch gemenget (WIS); 1585—1589 Kiechel 119 Salath und d e r gleichen starckhe und grobe speysen (WIS); Due% 1652 Nomencl. 24 der salat erfrischet das hertz; Zeiller 1653 Dialoge 74 mit einem Salat bey mir vorlieb zu nehmen; Hermbstädt 1807 Anleitung der Fabrikation des Essigs 227 Sallat-Essig; Lokal-An^.- 5. 8. 1934 Unsere Leserinnen finden hier den aus der Rubrik Gekochte Salate entnommenen Bunten Festsalat. Grüne Bohnen als Brechbohnen kochen, gelbe und rote Rüben . . . alles zu gleichen Teilen; Süddtsch. Ztg. 7. 9. 1951 Früher konnte man verschiedene Sorten Kartoffeln kaufen, je nach Wahl . . . Rosenkartoffel, gelbe Salatkartoffel, Heute gibt es nur mehr eine Sorte, die Speisekartoffel genannt wird; ebd.
10. 6. 1954 die Prozession der grünen und der Obstsalate um den Chrysanthemen- und den Knollenziestsalat und schließt seine süßsaure Salatschüssel nach einem kräftigen, roquefortgepulverten Zichoriensalat mit einem süßen Zwiebelsalat . . . Ich empfehle den Salat denen, die mir Vertrauen schenken wollen — er erfrischt, ohne zu schwächen, stärkt, ohne zu erregen . . . Rousseau schreibt dem Salat so viele mildernde Kräfte zu, daß er den Staaten zur Förderung der Wachsamkeit gegen jegliche Blutgier ans Herz legt, das Salatessen anzuordnen; Bild 7. 3. 1960 Was gehört zum Fleisch-Salat? (Überschr.). Salaterin: Süddtsch. Ztg. 3. 5. 1954 Tüchtige Salaterin mit guten Zeugnissen gesucht (Anzeige); ebd. 26.5. 1964 Tagesbetrieb sucht per sofort Koch Salaterin Spüler(innen) (Anzeige). Salatiere: Lokal-An5.2. 1933 Salatieren Festonform, m. Goldrand (Anzeige). Salat l b : Boccaccio 1472j73 Decameron 345 Salat ze suchen gangen waz (WIS); 1508 Newe Landte h1T mancherlay Krewther als Rettich, Lattich ader
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saldieren
Salathe (WIS); Agricola 1544 Terenz AndriaUbers. P5a Holera, Ein mensterlein, Rapuntzeln, Salletlein; Rinckbart 1618 Jubel-Comödie (Ndr.) 31 Eya, so du schöner Sallath, Hab ich nich von lang gesaht?; Comenius 1644 Sprachen-thür No 302 Salatkräuter; Schrank 1789Baier. Flora1257Feldsalat; Auerbach 1856 (1922) B. 53 den ganzen Tag die Rassel drehen, um die Sperlinge von den Frühkirschen und aus den Salatbeeten zu verscheuchen; Lucas 1889 Christi Gartenbuch 130 Salatgewächse; Berl. Illustr. Nachtausg. 15.5. 1933 Spinat und Rhabarber (Überschr.) Rückgang im Salatgeschäft hat sich fortgesetzt, zumal noch die starken holländischen Lieferungen anhielten; Strassburger Neueste Nachricht 6. 3. 1941 Bekanntlich hat Martin Luther . . . an Stelle des Wortes Salat, das von den anderen Völkern erst später aus dem Italienischen in „salata", Eingesalzenes, übernommen worden ist, schlechthin die Bezeichnung „bittere Kräuter" verwendet; Süddtsch. Ztg. 28. 5. 1951 Das Frühjahr beschert uns . . . mit seinem jungen, zarten Gemüse und erfrischenden Salaten aus Freilandkulturen eine solche Fülle der für unsere Ernährung so wichtigen Vitamine, daß sich jeder Einzelne auch von innen her erneuern und verschönern kann . . . In diesen Tagen wachsen in allen deutschen Anbaugebieten Millionen Köpfe zartesten Salats heran . . . Keine Mahlzeit ohne frischen Kopfsalat; Offenburger Tagebl. 27. 1. 1961 Viele Namen für ein und dasselbe: Rapunzel, Rapünzchen oder Mauseöhrchen, Feldund Ackersalat . . . Die Pharmacie verwendet es für nervenstärkende Mittel. Die kluge Hausfrau nutzt es in natura im wohlschmeckenden und erfrischenden Salat — zur Wahrung des Hausfriedens.
Salat 2: Prut% 1845 Wochenstube 107 Der alte Salat; Land 1890 Gott 167Da haben sie den Salat; Polens 1900 Liebe 31 hatte sich angewöhnt, den Unterschied der Konfession, wie alles, was mit Religion zusammenhing, als „Salat" zu bezeichnen; 1931 Echo Continental 218 Der Motor schluckt — klopft — spuckt — ein Ruck, und er bleibt stehen •—• So, da habt ihr den Salat; Süddtsch. Ztg. 6. 2. 1954 Keine Angst, es gibt keinen Spitzelsalat. Der Skiakrobat . . . springt — ohne sich Hals und Beine zu brechen — rückwärts über Almendächer, schlägt Saltos und tanzt auf glatten, weißen Hängen Walzer — alles auf Skiern; ebd. 11.5.1954 Gegen den 'Wellensalat', also die Tatsache, daß manche Sender sich überlagern oder überhaupt nicht mehr gehört werden können, sind wir natürlich machtlos; ebd. 10.6.1954 Literarischer Salat (Überschr.); Offenburger Tagebl. 12.2. 1969 Autobahn-Verkehrssalat mit Eiern garniert (Überschr.) Ein Schwerverletzter, zwei weitere Verletzte, 20 000 Mark Sachschaden und eine Ladung kaputter Eier waren das Ergebnis einer Massenkarambolage; 1971 Junge Wirtschaft H. 6/7 ich habe auch noch die SPD gewählt, damit neuer Schwung in den Laden kommt I Und jetzt haben wir den Salat; FAZ 10. 8. 1971 Die Leichtathleten in Helsinki werden fest numeriert . . . Eine Startnummer auf der Brust, eine weitere auf der Rückseite des Trainingsanzuges, und um ganz auf Nummer sicher zu gehen, ein Nummerchen auf der Sporthose. Zeugt dieser Nummernsalat schon von einigem Einfallsreichtum; ebd. 2. 9. 1971 Zahlensalat (Überschr.) Anhäufung von Daten über die verkehrstechnischen Anstrengungen der großen deutschen Städte.
saldieren V . trans., Mitte 16. Jh. entlehnt aus ital. saldare 'Konto ausgleichen, festmachen' (zu saldo 'fest, dicht, vollständig' < gleichbed. lat. solidus)\ kaufmännisches Fachwort in der Bed. 'ein K o n t o am Ende eines Abrechnungszeitraumes in Bezug auf Soll und Haben ausgleichend abschließen; (eine Rechnung) begleichen, bezahlen; einen
Rückstand aufheben, eine Schuld abtragen, tilgen' (Saldierbuch, -maschine), in Österreich für 'eine Rechnung bestätigen' gebucht; dazu seit dem 17. Jh. das Verbalsubst. Saldierung F. (-; -en), in der Bed. 'Rechnungsabschluß, -ausgleich; Tilgung, Abtragung, Bezahlung der schuldigen Differenzsumme', -> Saldo verdrängend. saldieren: 1549 Schweicker Vorr. 1b saldiern / terra aufgefarn vnd gebliben ist . . . muss also für Ist ein abrechnung oder vergleichung des Debitors aussgeben gesetzt vnd saldiert worden; 1610 gegen seinen Creditor / geschieht im Buch Wolff B2b die Conty [werden] saldirt (SCHIR(SCHIRMER, Kaufmannssprache); 1574 (Strieder MER, Kaufmannssprache); 1669 Zubrodt 344 1919 Levantinische Handelsfahrten 30) In dem Jour- wormit diese Rechnung saldirt oder verglichen nal heißt es: „Adi Febrer anno 1574 sollen herr wird (SCHIRMER, Kaufmannssprache); 1794— Dauid Detikoffer vnd mutuerwanten L 3055 . . . 1805 Schiller-Goethe Briefn>. III 116 Ich habe das haben, ist inen auf Nostra Dama della Gwardia Ganze unterschrieben, wodurch denn also das geben worden, so laider vor dem streto di Gilbe- Jahr saldirt wäre (KEHREIN); Wieland 1824
Saldo (XIX 291) Ihre Tabaksrechnung zu saldiren (KEHREIN); Bierbaum 1907 Musenkrieg 118 D'rum lege jeder seinen Wisch Vertrauensvoll auf diesen Tisch. Ich werde ihn der Magnifizenz präsentieren, Hoffend zu Gott, sie werde ihn saldieren; Münchner Stadtanz- 3. 4. 1959 Durch Saldieren ergibt sich hieraus, daß der letztjährige Wanderungsgewinn nicht mehr ganz zur Hälfte von der sogenannten bayerischen Binnenwanderung erbracht worden ist; Süddtsch. Ztg. 25. 10. 1960 Neu ist die Kombination von Ladenkasse und Saldiermaschine; Stuttgarter Ztg. 26. 3. 1968 [der] Berufskrankheit der Stenotypistin . . . vorzubeugen, ist Zweck eines Universaltischs für Büromaschinen mit eingelassener Drehscheibe, auf
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der die Saldiermaschine oder ein Spezialgerät zur Datenerfassung etwas versenkt steht. Saldierung: 1610 Wolff D2b In Saldirung derselben Contij (SCHIRMER, Kaufmannssprache); Büsch 1797 Hamburg. Handlung 12} Saldirung der Wechsel; Frankf. Ztg. 4.6.1933 Moderne Buchungsmaschine mit Journaladdition und Saldierung . . . zu verkaufen (Anzeige); Münch. N. N. 13.114. 3. 1943 Saldierung auch bei Kriegsbesitz (Überschr.) Die Frage, ob bei der Aktienanmeldung Verkäufe aus Kriegsbesitz ebenfalls gegen Neukäufe aufgerechnet werden können, ist bereits geklärt worden; Pieper 1970 Überlieferung o. S. ein sofortiges Anrecht auf Arbeitsbefreiung beziehungsweise auf Saldierung des Guthabens.
Saldo M. (-s; -s, auch Saldi, Salden), Anfang 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. ital. saldo (postverbales Subst. zu saldare, -> saldieren); im kaufmännischen Bereich mit der Bed. 'nach Abschluß einer Rechnung, zu deren völliger Begleichung fällig bleibender Betrag, Überschuß, Zahlungsrest; nach Aufrechnung der Soll- und Habenseite eines Kontos sich ergebender Unterschieds-, Differenzbetrag', der durch Zahlung bar beglichen oder auf neue Rechnung übertragen wird, früher auch 'Rechnungsabschluß, Abrechnung, Aus-, Vergleich', hierin durch Saldierung verdrängt; auch übertragen verwendet; als Bestimmungs- und Grundwort in Zss. wie Saldobetrag, -konto; Haben-, Sollsaldo, in den Syntagmen per saldo, pro saldo und in/im Saldo bleiben 'im Rückstand, schuldig bleiben'. Auch als Adj. (wie entsprechendes ital. saldo) nachgewiesen im veralteten Verbalsyntagma saldo sein 'abgerechnet, -gemacht, -geschlossen, ins Reine gebracht sein'. Saldo: Gutmar 1603 Gemerck vnd Kenn^eychen 3 Welcher Zweck [meines Buches] da er saldo, steyff hält vnnd bestehet; 1610 Wolff B2a Auff welcher Seiten dann die summa mehr ist / vnd so vil es auff der andern Seiten mangelt / muß per saldo / vnnd zur vergleichung der andern Seiten / wegen des Fürtrags / so vil darzu gesetzt werden (SCHIRMER, Kaufmannssprache); Hainhofer 1613 Corr. 248 wan es nun E. F. Gn. in gnaden erkhennen, vnd den saldo aller meiner Conty . . . befürdern, damit Ich denen so mir dienen auch wider khünde zu halten, vnd mich Ihrer hülff weitter getrösten; Schürtz 1662 Buchhalten 15 bin ich ihm schuldig, so wird ihm der Saldo gebracht zur rechten Hand, ist er aber mir schuldig blieben, so steht der Saldo zur linken Hand ihm in Debit; Friedet 1785 Briefe a. Wien II 68 ihren politischen Saldo mit Österreich ziehen; Kurz 1843 Schillers Heimatjahre II110 „Ich wollte mir das Vergnügen nicht versagen, den Saldo ipse zu behändigen", rief der Eintretende und zählte einen Haufen blanker Zwanziger mit dem Adler auf den Tisch;
Poschinger 1878 Bankwesen I 342 Saldo-ContoBuch; Rehm 1914 Bilanzen (Reg.) 10 Der Saldoposten teilt nach dem Wesen der Kontoform nicht die Natur der Bilanzposten, auf deren Seite er steht, sondern die Natur der Bilanzposten der Gegenseite. Denn der Saldo ist die Ausgleichs-, die die Bilanz, das Gleichgewicht herstellende Ziffer; Süddtsch. Ztg. 3. 1. 1970 Die Devisenbilanz (Überschr.) Der „letzte Saldo" der Zahlungsbilanz ist der Saldo der Devisenbilanz, also die Veränderung der Gold- und Devisenbestände der Bundesbank; Die Zeit 10. 9. 1976 Die Rückkehr der Frauen aus gehobenen Sozialschichten . . . wirken sich zugunsten der CDU/CSU aus. Negativ für die CDU/CSU ist die Diskussion um den Paragraphen 218 . . . Im Saldo gewinnt die CDU/CSU ihren traditionellen Vorsprung bei Frauen . . . nicht zurück. saldo: 1668 Overheide 315 womit dan vor dieses mahl die Quartal-Rechnung saldo seyn wird (SCHIRMER, Kaufmannssprache).
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salomonisch — Salon
salomonisch Adj., im späten 18. Jh. aufgekommene Ableitung von Salomo, dem Namen eines wegen seiner Weisheit und Macht als Idealbild des Herrschers gerühmten Königs über Israel und Juda (ca. 965—926 vor Chr.), der u. a. einen Siegelring besessen haben soll, der ihm Macht über die Geister verlieh; in der Bed. 'nach Art des Königs Salomo; weise (wie König Salomo); klug, scharfsinnig', häufig verwendet in den Syntagmen salomonisches Urteil, salomonische Entscheidung 'weises, scharfsinniges Urteil' nach der alttestamentlichen Erzählung vom Urteil Salomos im Streit zweier Mütter um ein Kind, bei dem sich die falsche Mutter verriet, indem sie ihre Zustimmung zu seinem Spruch gab, nach dem das Kind geteilt werden sollte; vereinzelt auch für 'den König Salomo betreffend, zu ihm gehörig'. Adelung 1787 Gesch. d. Narrheit V 32 die Adamäische und Salomonische Weisheit; Ratschky 1799 Striegel (NL CXL 15) mit salomonischem Geist erfüllt; Goethe 1812 Br. (Goethes Ehe 564) Diesen Process schlichtete ich salomonisch durch; Großmann 1847 gem. Gesellschaft 72 diese Äußerung ist vermutlich nicht unter dem salomonischen Siegel gehalten worden; Bodenstedt 1879 Leben I 14 Männer . . . voll salomonischer Weisheit; Süddtsch. Ztg. 2. 7. 1955 ist der Streit durch eine salomonische Entscheidung zugunsten des Kaffees gelöst worden; ebd. 18. 7. 1957 In der Tat entwickelt unsere Zeit eine bemerkenswerte Beflissenheit, die Probleme, die sich weder gütlich bereinigen noch durch schiedsrichterlichen Machtspruch ins Lot bringen lassen, auf jenem goldenen Mittelweg zu entscheiden, der Teilung heißt. Ist das nicht recht getan? Nun, es ist recht und gut, insofern es schlimmere Konflikte vermeidet.
Aber oft schiebt es sie eben nur auf und verschlimmert die Sachlage in Summa noch. König Salomons Urteil war schließlich nur deshalb „salomonisch", weil er wußte, daß aus der angedrohten Trennung in Wirklichkeit die Heilung hervorgehen würde: weil das beteiligte Mutterund Menschenherz lieber auf den ihm zugesprochenen Anteil verzichtet als daß es sein Kind zerstückeln läßt; ebd. 22. 7. 1959 daß der bayerische Landtag seine ihm vom Gesetz zugebilligten fünf Vertreter im Rundfunkrat salomonisch auf die fünf in ihm vorhandenen Parteien verteilte; Stuttgarter Ztg. 26. 1. 1959 für die drei Kinder aus der gesetzlich getrennten Ehe Rosselini-Bergman hat ein Pariser Amtsgericht am Samstag eine salomonische Entscheidung gefällt: Die Eltern sollen sich tageweise in die Betreuung . . . teilen; ebd. 31. 3. 1969 machte er den beiden Kandidaten den salomonischen Vorschlag: teilt den Preis.
Salon M. (-s; -s), Anfang 18. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. salon ( < ital. salone, einer Augmentativform von sala 'Saal', also 'großer, hoher (Fest-)Saal'); l a zunächst in der Bed. 'großes Besuchs-, Empfangs-, Gesellschaftszimmer; großer Saal' bes. in den Stadtwohnungen des Adels, in dem (regelmäßig) Zusammenkünfte aus gesellschaftlichem oder kulturellem Anlaß stattfanden, dann in bürgerlichen Häusern die 'gute Stube', die in erster Linie repräsentativen Zwecken diente, heute allgemein für 'elegant, bequem und großzügig eingerichteter Raum' in Hotels, Flugzeugen, Schiffen usw., mit Zss. wie Empfangs-, Rauch-, Ballsalon; Salonwagen 'Eisenbahnwagen, der (zur Beförderung hochgestellter Persönlichkeiten) wie ein Salon eingerichtet ist', b Seit dem 18./19. Jh. übertragen verwendet für den in einem solchen Raum 'regelmäßig sich treffenden Kreis von Personen, der in ständigem Gedankenaustausch über Kunst, Literatur, Wissenschaft oder Politik steht', auch als Titel der Zeitschrift eines solchen Zirkels und allgemein für die sich in solchen Räumen bewegende 'gute Gesellschaft; feine, gebildete, vornehme Welt', bes. auf französische Verhältnisse bezogen, als Grundund Bestimmungswort von Zss. wie Salonkultur, Salondame 'Rollenfach der eleganten, mitunter intriganten Dame von Welt', Salonlöwe 'gewandter, aber oberflächlicher Mann, der bei gesellschaftlichen Anlässen im Zentrum der (weiblichen) Aufmerksamkeit steht', salonfähig 'in den Rahmen der guten Gesellschaft passend, vorzeigbar; stubenrein'.
Salon
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2 Seit dem 19. Jh. in der Bed. 'Ausstellungssaal, -räum für Kunstwerke, Bildersaal', daher auch '(jährliche) Kunst-, Gemäldeausstellung', dann allgemein verwendet für 'Ausstellung' (Kunst-, Autosalon). 3 Im 20. Jh. belegt in der Bed. 'eleganter, mit einigem Luxus ausgestatteter Geschäftsoder Verkaufsraum' für Dienstleistungen, die ein gewisses Maß an Verwöhnung und individueller Betreuung des Kunden bieten wollen, z. B. in der Haar- und Körperpflege, im Verkauf kostbarer Damenbekleidung, häufig als Grundwort in Zss. wie Frisier-, Kosmetik-, Hunde-, Pelz-, Spielsalon. Salon l a : Elis. Cbarl. 1703 Br. (LV 88 324) Ich muss nüber in den salon, wo man die englischen königlichen personnen empfangen will; Florian 1749 Hausvater II 385a Jene heissen bei denen Frantzosen Salons, diese aber Sales; Brun 1801 Schriften IV 29b dies hohe Werk des Altertums ist höchst vortheilhaft in einem schönen Sallon aufgestellt; Großmann 1847 Gem. Gesellschaft 27 der größte Theil der Eingeladenen war bereits versammelt und der Salon gefüllt; HohenloheIngelfingen 1864—70 Leben III Sie betrat ihre Salons, hörte den Lärm auf dem Platze und trat an das Fenster, um zu sehen, was da vor sich gehe; Dincklage 1870 Gesch. III 387 das stattliche Hotel, in welchem er im ersten Stock seine „Salons" hatte; Roberts 1891 Mitleid 175 Sie meinte das Wort laut hallen zu hören durch die Weite des Salons; Jerusalem 1925 Soziologie I 410 der Franzose, der auch heute noch seinen Salon mit einem LouisStil auszustatten pflegt; Voss. Ztg. 15. 7. 1929 ein Wohnungsstil für unsere Zeit herangereift, der sogar . . . für das „bessere Wohnzimmer", früher Salon genannt, Uberzeugendes zu sagen weiß; Wohl 1932 Reporter 93 der Salonwagen, gut geheizt, mit intakter Funkanlage und erstklassigem Personal; Simpson 1941 Barrings 26f. stellte im Stillen . . . seine Betrachtungen an über die Ausstattung des „Salons". „Mein Himmel", dachte er, „Salon muss man doch schon sagen l" Wohnzimmer oder gar Wohnstube passt doch nun einmal nicht. Dazu ist es nicht gemütlich genug . . . die fast pedantisch anmutende Ordnung . . . die für das Zimmer charakteristisch war. „Sieht so ein bisschen unbewohnt aus. Na ja — Salon"; Münch. N.N. 18.10.1944 Die Älteren . . . werden sich noch daran erinnern können, wie es in der Wohnung ihrer Großeltern . . . aussah . . . Unweigerlich gehörte dazu eine Palme im „Salon"; Sedlmayr 1948 Verlust 47 Das Theater dringt in das Privathaus mit dem repräsentativen Salon des mittleren 19. Jahrhunderts; Naumann 1963 Leben 292 Das dritte dieser 3 Zimmer hiess der „Salon" . . . aufs wunderbarste möbliert . . . ausser den herrlich mit Schnitzereien, Spiegeln und Marmorplatten verzierten falschen Renaissancemöbeln, bestehend aus „Kredenz", „Trumeau", einem Speisezimmertisch . . .
gab es noch . . . eine übermoderne Sitzgarnitur; Süddtsch. Ztg. 21. 9. 1964 Verkehrsflugzeuge als „fliegende Unterhaltungssalons"?; Frau 10.3. 1968 Rauchsalons für Schüler — Wie finden Sie das? Salon l b : Gutzkow 1845 ReiseeindrUcke (XI 158) Jetzt, wo Alles auf Salons, auf Bälle, Maskeraden berechnet ist; Fallmerayer 1845 (Ges. Werke III 57) mit aristokratischer Salonroutine; 1846 Urania 16 Bei der Herzogin von Villafranca ist ein politischer Salon. Damen sitzen dort zu Gerichte über Tagesfragen; Stahr 1847 Italien I 330 Unsere Kunst . . . ist Salonkunst geworden. Salonmenschen sind Käufer und Besteller. Salons für „gebildete" und „anständig gekleidete" sind unsere Museen. Aber die Kunst ist für's Volk da, für jeden, für Alle; 1852 Prutz' Museum II 139 Das Märchen ist selber ein Kind; wenn wir es salonfähig zu machen suchen, so erinnert es uns nur an die ausgenutzten und bebänderten Püppchen; ebd. ( 1853) I 182 bis zu dem allergewöhnlichsten und alleroberflächlichsten Salongeschwätz; 1858 Kunst u. Handwerk I 68 die „salons" der Gräfin . . . und der Fürstin . . . waren . . . für die fremden Tonkünstler von höchster Bedeutung; Carus 1866 Lebenserinn. III 203 mehr Mann des Salons als der Wissenschaften; Lesser 1867 Die Salondame. Ein praktisches Bildungsbuch für junge Damen, bei ihrem Eintritt in die Welt, %ur Aneignung eines feinen gesellschaftlichen Benehmens (Titel); Hamerling 1870 Danton (VI 43) Ihr seid nicht in einem Maleratelier aufgewachsen, sondern auf glattem Salonparkett; Petersen 1870 Genrebilder 147 Keinen jener „literarischen Salons" (salons littéraires), wie man in jeder Strasse von Paris welche antrifft, wo man für 2 Sous einen Balzac'schen Roman verschlingen, für drei Sous . . . die Pariser Tageblätter durchstöbern kann; Rutenberg 1877 Zinne 132 Goethe, Heine, Eichendorff . . . Hessen eben in der feinen Natur ihre Lieder erschallen. Das verdünnte Salonparfüm kam erst unter den Romantikern in Mode; Strodtmann 1879 Dichterprofile I 112 Der Salon ist ein fürchterliches Schlachtfeld der Passionen, eine Schädelstätte, eine Wüste, wenn ihn ein kaltes Urtheil und eine strenge Sittlichkeit betrachtet; 1889 ZDOeAlpenv. 417 betraten wir, wenn auch
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nicht in gerade salonfähiger Gebirgstoilette, den behaglichen Vorraum des gastlichen Hauses; Bieberstein 1903 Recamier 267 ich wußte ja zur Genüge, daß, um in Paris einen vielbesuchten Salon zu halten und die großen Herrn zu gewinnen, keine außerordentlichen Vorzüge nötig wären; Falke 1912 Stadt mit goldenen Türmen 18 Er spielte das Erwachen des Löwen von Kontski, jenes jahrelang beliebte triviale Salon- und Virtuosenstück; Klein 1925 Generaldirektor o. S. Diese in den tausend Künsten und Künstchen ihres Salons geübte Frau hatte ein so leichtes Spiel mit dem jungen, unerfahrenen, naiven Jungen, weil sie seine Sinne an seiner Eitelkeit zu entzünden wußte; 1926 Sittengeschichte v. Paris 180 Jeder Salon war ein Zentrum. Er hatte seine Berühmtheiten, seine Stars, seine Koterien — und als Kristallisationspunkt die schöne, geistreiche, interessante Frau, der die Kunst eigen war, Geister hohen Ranges anzuziehen und festzuhalten; 1930 Handbuch der Frankreichkunde II 353 entpolitisierte feminine Salonkultur Racines; 1930 Die Dame Heft 23 7 das ewige Thema der Erotik von den „Salons" der Freudenhäuser her . . . zu erörtern; Tönnies 1935 Gemeinschaft 157 der Salon, d. i. die konventionelle Geselligkeit einer an sich schamlosen Sucht, sich geltend zu machen; AfdA. 56 (1937) 46 die preziöse Salonkultur Frankreichs im Zeitalter Ludwig XIV; Münchner Illustr. Presse 8. 4. 1937 Er hat es sich in den Kopf gesetzt . . . ein „Salonlöwe" zu werden. Wissen Sie, so einer, der jede Gesellschaft in alle möglichen Zustände versetzen kann, von den wahren Lachstürmen angefangen bis zum haarsträubendsten Entsetzen; Frankf. Ztg. 16. 6. 1940 Es ist, als litten sie alle an der „Salonscheue" wie an einer geistigen Wasserscheue! — Auch suchen sie die Einwirkung der Salons auf die Geister als etwas Verflachendes und Erschlaffendes darzustellen, und wohl mag das, was man jetzt „Salonleben" nennt, solche Wirkung hervorbringen. — Ich besuche die Salons seit Jahren nicht mehr; Münch. N. N. 10.2. 1943 Adolfine Hörmann, jugendliche Salondame und Liebhaberin, Schülerin von Staatsschauspieler Carl Graumann; Süddtsch. Ztg. 29. 1. 1951 Eine militärische Gleichberechtigung ohne politische Salonfähigkeit könnte nämlich für uns gefährlicher als der jetzige Status sein; ebd. 24. 9. 1951 muffig-frivole Salonwelt; Greiner 1953 Biedermeier 305 Salon im Heineschen Sinne, d. h. Ausstellung, Treffpunkt der guten Gesellschaft; Süddtsch. Ztg. 14. 2. 1959 Intelligent und attraktiv, mondän und herzlich zu sein, gelang Frau Jacobsen auf Anhieb. Eine Salondame in Luxusausführung; ebd. 28. 2. 1959 Deutsch als Fremdsprache ist wieder „salonfähig" geworden; ebd. 9. 1. 1961 Das Amt für öffentliche
Ordnung erteilt jedoch im letzten Augenblick dem vierbeinigen Wüstenkönig Saalverbot. Begründung: Da ohnehin schon viele Salonlöwen und Parkett-Tiger anwesend seien, könnte es zu wilden Ausschweifungen kommen; 1962 Constanze (Feb.) 4 Einst war sie die beherrschende Figur an dem Theater — heute gibt es nur selten Rollen für sie; Stirbt die Salondame aus? (Uberschr.) Die Salondame, diese glanzvollste aller Bühnenerscheinungen . . . Nur noch wenige Schauspielerinnen können ihr den gebührenden Faltenwurf aus Geist, Schönheit und Noblesse geben; FAZ 17.4.1963 Uli, ein großartiger Gesellschafter, ein Salonlöwe am Stammtisch, der bei keiner Hochzeit und keinem Jubiläum fehlt, ein Witzbold ohne Sitzfleisch; Stuttgarter Ztg. 3. 6. 1967 Die Wohnungsgesellschaft will dem Mann kündigen, wenn er nicht seine wenig salonfähigen Tiere ausquartiert. Salon 2: Niendorf 1854 Paris 28 Wo sind die Erwartungen, zu denen der Pariser Salon, dieser Brennpunkt neuer Kunstbestrebungen berechtigt?; Kircher 1928 Vedute 6 Die Vielseitigkeit des Geschmacks . . . siegte auch in Meckels „Kunstsalon". Seine so benannte ständige Kunstausstellung bildete einen der Hauptanziehungspunkte; Münch. N. N. 23. 6. 1940 Die ersten Gemäldeausstellungen fanden im Salon Carré statt und erhielten seitdem den Namen „Salons"; Heuss 1951 Qualität 57 Gustave Courbet veranstaltete, als der offizielle „Salon" seine Arbeiten zurückwies, Sonderausstellungen; FAZ 3. 10. 1959 Außerhalb des Pariser Stadtkerns . . . ist . . . der traditionelle Gebrauchtwagen-Salon aufgebaut ; Offenburger Tagebl. 5. 10. 1963 Von Salon ist nicht mehr viel die Rede (Uberschr.) Der Pariser Autosalon gilt als der Märchenwald der Franzosen — Aber man fährt am besten mit der Metro . . . Er ist ein Volksfest, eine Modenschau, ein Theater, eine Kirmes, nur ein Salon ist er nicht mehr; Süddtsch. Ztg. 12. 11. 1963 Preise im Münchner Herbstsalon (Überschr.); FAZ 13. 1. 1971 daß die Salonmalerei des 19. Jahrhunderts . . . mit zu den Grundlagen unserer gegenwärtigen Kunst zählt; ebd. 29.5. 1971 findet in diesem Jahr der Pariser Luftfahrtsalon statt, die bedeutendste Ausstellung dieser Art auf der Welt; Offenburger Tagebl. 30. 7. 1971 Deutsches Dorf auf Pariser Salon (Überschr.) Rund um den Dorfbrunnen umfassendes Angebot deutscher Agrarerzeugnisse. Salon 3: 1930 Die Dame 2. fan'heft 6ihre Toiletten sind aus einem ersten Salon . . . der Salon kann nicht genannt werden, aber auf dem Theaterzettel steht jedesmal: Die Hüte und Toiletten stammen aus dem Salon X . . . das köstliche Hellgraue mit dem Krepp-Georgette-Mantel und der Silberstickerei auf welkrosa Grund; Gürt 1942
salopp Rosen 70 daß sie das Geheimnis ihrer Jugend . . . einem bekannten Pariser Schönheitssalon, verdanke; Münch. N.N. 3.3.1945 reißt uns das Schicksal fort aus dem Dunstkreis dieses Figaros hin in eine andere Stadt, in einen anderen „Salon", unter Kamm und Bürste eines anderen Meisters; FAZ 17.5. 1963 Sehr hoher Gewinn, gute Rendite, beste Kapitalanlage: Chem. Reinigung — MünzwaschsalonI (Anzeige); Offenburger Tagebl. 11.2.1967 Geschäftseröffnung . . . Hundesalon
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(Anzeige); ebd. 12.2. 1967 Wegen Renovierung . . .geschlossen Friseur-Salon Buchholz (Anzeige); ebd. 25. 11. 1970 Der „Salon Kitty" wurde „Geheime Reichssache" (Überseht.) Ein Stück trivialer Zeitgeschichte — Freundliche Mädchen und Mikrofone hörten mit; ebd. 17. 8. 1971 Vom Urlaub zurück freut sich wieder auf ihren Besuch . . . Salon Münchenbach . . . Weibl. Friseur-Lehrling und Aushilfe für Freitag-Samstag gesucht (Anzeige).
s a l o p p Adj., seit frühem 18. Jh. nachgewiesene Entlehnung aus frz. salope 'sehr schmutzig, schlampig; Schlampe' unsicherer Herkunft (nach Wartburg gebildet aus frz. sale 'schmutzig' und hoppe 'Wiedehopf', ein Vogel, der seit der Antike f ü r seine Schmutzigkeit bekannt ist, wohl weil er sich in Tarnstellung mit ausgebreiteten Flügeln auf den Boden kauert und mit Erde bedeckt), zunächst vereinzelt in der Form saloppisch, auch in der frz. Schreibung salop(p)e\ in der Bed. 'unsauber, unreinlich, schmutzig; ungepflegt, unordentlich, schlampig', dann eher 'betont (nach-)lässig, leger, leicht, bequem; locker, ungezwungen, zwang-, formlos; unbekümmert, ungenau', v o r allem bezogen auf Kleidung, Benehmen, Lebensweise. Dazu gleichzeitig das veraltete Subst. S a l o p p e 'Uberwurf, Umschlagtuch; Morgengewand f ü r Frauen, Negligé' zum Verbergen v o n Nachtkleidern oder ungekämmtem Haar (wohl nach gleichbed. frz. salopè), daher auch f ü r 'unsaubere, nachlässig gekleidete Frau; Schlampe', und seit späterem 19. Jh. die subst. Ableitung S a l o p p h e i t F. (-; -en) '(Nach-)Lässigkeit', die veraltetes, aus dem Frz. übernommenes S a l o p ( p ) e r i e 'Unreinlichkeit, Schmutz (-igkeit)' ersetzt. salopp: Uffenbach 1728 Tagebuch 16 mein saloppische und tumultuoses Wirthauß (BRUNT); 1791 Märtyrer 113 erwäg überdem wie sehr saloppe das ist; Lewald 1836 Aquarelle I 79 in einem ziemlich saloppen Negligé; Gutzkow 1840 Lowe's Leben XXIII wenn er mit der saloppen Gesinnungslosigkeit, der witzelnden Blasirtheit des Herrn Heine zusammenkam; Meissner 1866 Schwars^gelb 6 Die christliche Milde . . . besteht nicht in der Nachsichtigkeit, in der schlaffen und saloppen Indulgenz gegen Schwächen; Beta 1878 Agrarverfassung 54 Die saloppe Reception des römischen Rechts in Deutschland; Dahn 1882 Bausteine III 364 das Leichte, Flotte in Tracht und Manier der Franzosen erhält dann . . . das Ansehen des Saloppen und Liederlichen; Dtscb. Revue 25 (1900) IV 77 schwach, äußerlich, salopp, provinziell, maniriert; Peters 1904 England 104 den Charakter des Unordentlichen, ja des Saloppen; Heinrotb 1906 Enttäuschungen II 34 dieses gemütvolle saloppe Pfälzerisch; Thäter 1911 Feldsytgserinn. 157ob man im Gefecht raucht? Ich habe es versucht, aber es hat keinen Reiz, man kommt sich dabei salopp vor; Lissauer 1913 Aufs. (I 95) wie denn Kuhs Prosa nicht an allen Stellen gleich ausgebildet und der Ausdruck, der niemals salopp blieb oder
fertig übernommen würde, an manchen Stellen nachgeblasst ist; Voss. Ztg. 30. 3. 1930 Das Schuhwerk kokettiert nicht mehr mit der saloppen Bequemlichkeit übertrieben breiter Modelle; Broch 1931 Br. (X 321) [zwei Kapitel des Romans] allzu feuilletonistisch und salopp aufgebaut; 1931 Dtsch. Welt 30 mußte . . . dem flotteren, leichtlebigeren und leichtsinnigeren, aber auch salopperen „galanten" Stil weichen; B.Z. am Mittag 1. 9. 1931 Hollywood tagsüber ist der uneleganteste und saloppste Platz in der Welt; Magazin 1932 Juni 37 Auch tragen wir unsere Zylinder salopper und mondäner auf den Köpfen als jene; Berl. Illustr. Nachtausg. 1.3. 1933 In den ersten beiden Spieldritteln sah man jedenfalls junge Leute, in reichlich saloppem Aufzuge ziemlich planlos auf dem Eise umherirren; Lokal-Anz- 13. 11. 1934 Die Schweizer Tänzerinnen . . . haben alle eine saloppe Grazie, eine schlenkrige Gelöstheit, eine Leichtigkeit, die nach Mühelosigkeit aussehen; M.-A. Abendztg. 7.6. 1944 mit diesen saloppen Worten, die seiner Wesensart und dem Börsenjargon seiner Freunde angemessen sind; Münch. N. N. 31. 8. 1944 Heinz Rühmann scheint die Rolle des pfiffig saloppen Kleinbürgers, der . . . jungenhaft unbekümmert arriviert, sündigt,
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Salto
flunkert. . . auf den Leib geschrieben zu sein; Siid- Jugendleben I 151 in einer stattlichen seidenen dtsch. Ztg. 26. 8. 1955 Zudem fehlt noch die saloppe Saloppe. Wichtigkeit, das freundliche Augenzwinkern der Salopperie: Wölfling 1795 Reise I 32 Salopperie Schauspieler mit dem Publikum; ebd. 9.4. 1959 und Unreinlichkeit; Weimar. Jahrbuch 2 (1855) 194 trug bei dieser Gelegenheit eine Tweed-Mütze, die beispiellose und unverzeihliche Salopperie; einen saloppen dreiviertellangen Mantel . . . Die Rümelin 1862 Reden III 323 Vorzüge des Geistes allgemein unsaubere Erscheinung wurde durch und Gemüths und bei den Frauen noch besonders die Tatsache unterstrichen, daß alles zur gleichen durch die, trotz einiger Salopperie und UngeZeit unordentlich zu sein schien — sogar der wandtheit, günstigste äussere Erscheinung; Stahr mittlere Westenknopf war nicht geschlossen. 1870 Jugendzeit I 136 Nichts aber war ihm verOder war er gerade abgerissen?; FAZ 15. 6. 1963 hasster als „Salopperie" in der Sprache. „Eine Salopp ist Trumpf (Uberschr.) das Eingehen auf gebildete Sprache", sagte er, „bezeichnet den den Hang des Verbrauchers zu leichterer Klei- gebildeten Menschen als solchen, auch wenn er dung. Das bequeme weite Hemd, in dem der in Lumpen zu gehen gezwungen ist". salopp gewordene Freizeitmensch bereits in den Saloppheit: 1864 Hausblätter IV 236 Saloppheit besten Lokalen auftaucht; 1968 Durch die schöne im Stil und Ausdrück; 1902 Grenzboten 1167 nach Welt Sept. Der steife Diener der ersten Vorstellung dieser Probe von Saloppheit; Falke 1912 Stadt im Schreibabteil ist längst von einem saloppen mit goldenen Türmen 397 der nun doch nachgerade „Na, wie geht's?" verdrängt; FAZ 18.3. 1970 in seinen neuesten Gedichten an Saloppheit und im salopp modischen Straßendress der Hippie- Geschmacklosigkeit den Gipfel erreicht hat; Generation. Edschmid 1928 Gagaby 133 Banffy zeigte, je feuriger Saloppe: Riedel 1767 Theorie 4 wenn ich die Lehr- der Match wurde, um so mehr jene vereiste gebäude der einen in Hüte, und die Gedichte und Saloppheit, die das Gentleman-Ideal der Antike Sammlungen der andern in Saloppen verwandelte; darstellt; Lüdtke 1941 Wagen 72 ein Ausdruck der 1787 Journal der Moden II 324 schwarze seidene amerikanischen Saloppheit; Rychner Einltg. zu Saloppen oder Mantel; 1790 Origines Bockel I 70 1958 Schweiz. Erzählungen 10 sie erobern und trug weder Pariser Kopfzeuge noch Reifrock, bringen heim, Stoffe, Formen, Stile, Saloppheiten weder Saloppe noch Andrienne; 1792 Wiener und die Fragen nach dem Menschen; 1966 Durch Musenalmanach 65 Hui warf sie wild ihr halbes Ich, die schöne Welt Nr. 3 Was Gemütlichkeit ist, läßt Salopp, Rock und Kontusche, Kurz, alles bis sich nicht sagen, um so mehr aber erfühlen. Ein aufs Hemd von sich; Christ um 1800 Schauspieler- wenig Saloppheit gehört dazu, Sinn für das Alte, leben 145 die schöne neue Pelzsaloppe; Goltz 1865 Leben und vor allem Lebenlassen.
Salto M. (-s; -s und Salti), seit Anfang 19. Jh. (gebucht 1 8 1 3 bei Campe) nachgewiesene Entlehnung aus ital. salto '(Kopf-)Sprang' ( < lat. saltus 'Springen; Sprung', subst. Part. Perf. zu salire 'hüpfen, springen'), anfangs auch in der lat. F o r m ; mit der Bed. '(Luft-)Rolle, Sprung mit Überschlag, freier Überschlag, Ganzdrehung des K ö r pers', vorwiegend in verschiedenen Sportarten, aber auch in anderen Bereichen; häufig mit den Attributen einfach, doppelt, gestreckt, im Syntagma e i n e n Salto s c h l a g e n und in den Zss. R ü c k w ä r t s - , V o r w ä r t s s a l t o , v o r allem jedoch in dem seit späterem 18. Jh. nachgewiesenen Syntagma Salto m o r t a l e M. (Salto mortale;-und Salti mortali) ( < ital. salto mortale 'tödlicher Sprung; Todessprung') in der Bed. 'todesmutiger, verwegener, halsbrecherischer, waghalsiger (Kunst-)Sprung' bei Zirkusartisten (Seiltänzer, Kunstreiter), in der Kunstfliegerei usw., auch übertragen verwendet f ü r 'kühner Gedankensprung, Schluß'. 1768 Brieje über d. österr. Litt. I 1 (Klotz'Bibl. 111 316) auf einmal geht eine deutsche Gesellschaft hervorl Ein salto mortale, mein lieber Baron; Goethe 1776 Theat. Sendung 101 ob es gleich so wenig zum Drama paßt als der Salto mortale meiner Königin und die drohende Wunderhand; 1826 Feldjäger I 261 bei dem Salto mortale, den
ich zu machen genöthigt war; Normann 1833 Österr. II 2, 86 da ich kaum noch Zeit habe, meinem Salto mortale neuen Schwung zu geben, um das salvierende Hausthor zu erreichen; Reimann 1839 Deutsche Volksfeste 404 einen unglücklichen saltum mortalem macht; Kladderadatsch 15 (1862) 82 sieht einem baldigen Salto mortale, als erster
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und letzter Hauptvorstellung im Gebiet der aller- Rolle um die eigene Achse vollführte gestern eine neuesten Aeronauti entgegen; Sudhoff 1912 Pkw-Fahrerin auf der neuen B 33 mitsamt dem Erstling der Sypb'Lit. 16 Mit einem fast seltsamen Fahrzeug . . . geriet schleudernd mit dem Wagen Salto mortale heisst es dann auch wieder rein über die Böschung. Dort überschlug sich das irdisch natürlich: „nach dem Hunger kommt all- Fahrzeug; FAZ6. 8. 1968 Brenners Salto mortale zeit . . . Krankheit"; Müller 1927 Einltg. z« Schle- (Überschr.) Als Führer der größten Gewerkschaft gel, Seele XV bei Clemens Brentano, bei dem viel der Welt hatte er . . . in einem ätzend scharfen Aneher von einem Salto mortale gesprochen werden griff auf die Dämpfungspolitik der Bundesbank so könnte; Ritter 1948 Macht Staat 36 ein logischer getan, als koche die Volksseele übet;Süddtsch. Ztg. Saltomortale; Mühlmann 1962 Homo 177 ein ver- 3. 1. 1970 während er sich mit einem Rückwärtsfehlter Salto mortale in die participation mystique; salto aus der Gefahrenzone brachte. Mitten im Offenburger Tagebl. 14.3. 1968 Salto mortale im Sprung merkte der Clown, daß die Zündung nicht Pkw auf der B 33 (Überschr.) Eine unfreiwillige funktioniert hatte. Salut M. (-(e)s; -e), früher auch N., Anfang 18. Jh. entlehnt aus der frz. Grußformel salut ( < flektierter Form von lat. salus 'Gruß (in Verbindung mit Wohlergehenswünschen); Wohlsein, Heil', zu salvus 'heil, gesund'); 1 in der heute veralteten Bed. 'Gottesdienst, Andacht, Salve'. 2 Seit Mitte 19. Jh. in der Bed. 'Ehrengruß', meist bei militärischen und öffentlichen Anlässen, v o r allem bei der Marine für 'feierliche Begrüßung (von Kriegsschiffen) durch Geschützsalven' (-> Salve), häufig in der Zs. Salutschuß und im Verbalsyntagma
Salut schießen. Salut 1: Elis. Charl. 1701 Br. (LV 88, 215) Sontag schriebe ich wieder nach Hannover undt muste in die predig undt es war auch salut; 1702 ebd. (LV 88, 306) Ich habe lachen müßen, daß Ihr sagt, daß der römische König nachmittags umb 4 die meß gehört; daß kan nicht sein, den man sagt keine nachmittags; es muß daß salut gewest sein. Salut 2: 1848 Kladderadatsch XX 229" Eine Breitseit zum Salut (SANDERS DWB); Volks^tg. o.J. XV1122 Der höchst nautische Gruß, der Königssalut von 21 Kanonenschüssen (SANDERS DWB); Offenburger Tagebl. 1. 8. 1966 Das Massenblatt „The People" ist der Ansicht: „Salut dem Fußball-Besten!"; 1969 Durch die schöne Welt Feb. Salut für Österreichs sonnenreichsten Wintersport . . . Salut für fünf Hallenschwimmbäder, zehn Skilifte, dreißig Eisschießbahnen; Stuttgarter Ztg. 13. 10. 1969 Am Samstag gegen zehn Uhr
morgens wurde die Geburt des Prinzen über Radio und Fernsehen verkündet. Das alte Zeremoniell der Salutschüsse wurde nicht mehr angewendet; Rhein-Neckar-Ztg. 19. 6. 1976 Während der Fahrt werden etwa 150 000 bis 200 000 Menschen die Straßen säumen, 21 Salutschüsse und das Motorengeräusch von 24 paradierenden Kampfflugzeugen werden für kurze Zeit zu hören sein, wenn das Königspaar auf Skeppsholmen die Schaluppe besteigt; Bild 21. 6. 1976 Glückwunsch mit Kanonen (Überschr.) Nach der Fahrt durch die Stadt rudern Kadetten der Marine-Akademie das frischvermählte Paar in einer Schaluppe zum Schloß . . . 21 Salutschüsse donnern über das bleigraue Wasser; Die Zeit 2. 7. 1976 Die Bauern . . . heben Weinglas oder Espresso-Täßchen zum Salut für die bunte Schar literarischer Pilger aus der Bundesrepublik.
salutieren V . (in)trans., seit späterem 16. Jh. (ROT) vereinzelt, seit spätem 18. Jh. häufiger nachgewiesene Entlehnung aus lat. salutare '(be-)grüßen' in der Bed. 'jmdm. den militärischen Ehrengruß erweisen, jmdn. militärisch grüßen; v o r einem militärischen Vorgesetzten strammstehen', auch 'Salut schießen', speziell bei der Marine. Goethe um 1775 (XII69) ich salutiere den gelehrten herrn (DWB); Schiller 1800 W. P. (H. XV 72) Die Wachen salutieren — dies Signal Bedeutet uns, die Fürstin sei herein; Goethe 1827—42 (W.
XIV 17) Wer ist der Herr, der uns salutirte? (KEHRLEIN); Brockhaus 1836 Conversations-Lex. IX 621 Salutiren nennt man das Begrüßen der höhern Befehlshaber mit dem Degen oder durch
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Salve
Senken der Fahnen, während die aufgestellten Truppen das Gewehr präsentiren. Schiffe hohem Ranges salutirt man durch eine bestimmte Anzahl Kanonenschüsse, wobei auch öfters die Flaggen gestrichen, d. h. heruntergelassen werden; Freilig-
rath 1849 Zwischen Garben 29 Vor den Särgen salutiert die Wacht, das Boot stößt ab, die Salve kracht (SANDERS DWB); Traven 1939 General 290 der Leutnant war aufgestanden und salutierte seinem General (WDG).
Salve F. (-; -n), früher auch N., Mitte 15. Jh. unter Vermittlung von gleichbed. frz. salve aufgekommen, zurückgehend auf lat. salve (2. Sing. Imperativ von salvere 'gesund sein, sich wohl befinden', zu salvus 'gesund, heil, wohlbehalten'), eigentlich 'sei gesund', als Grußformel 'Heil dir! sei gegrüßt!, Willkommen!'. 1 Im kirchlichen Bereich für 'Abendgottesdienst, -andacht' (Salve Regina) und speziell im Harz für den Nachmittagsgottesdienst der Konfirmanden. 2a Seit Anfang 17. Jh. im militärischen Bereich verwendet in der Bed. 'einmaliges, gleichzeitiges Abfeuern mehrerer Kanonen oder Gewehre zur Begrüßung' (-» Salut), in Zss. wie Geschütz-, Freuden-, Ehrensalve und in Verbalsyntagmen wie Salve geben, schießen; b daneben auch allgemein für 'gleichzeitig abgegebene Schüsse aus Feuerwaffen; Massen-, Reihenfeuer' (Kugelsalve); c seit dem 18. Jh. auch bildlich verwendet (Lachsalve). Dazu Anfang 17. Jh. die vereinzelt belegte verbale Ableitung salvieren 'Salve schießen, geben' (zu b). Salve 1: 1452 Urkundenb. der Stadt Arnstadt (Thüring. GeschichtsquellenIV307) zue den vesper, zue dem salve und an den sontagin (MÖLLER); Seb&iler 1545 Strassburger Chronik 58 Vesper und Salve gesungen; 1669 Simplicissimus III 2682i Gen Abend . . . da das Volk aus der Salve ging (SANDERS 1871); 1858 Grube Ch. II 12 das Salve regina oder das Abendgebet an die heilige Jungfrau (SANDERS 1871). Salve 2a: 1613 Billons Kriegskunst 243 die General Salue . . . thun lassen; ebd. 389 Ein Saluen oder Gruß von den Mußquetierern (JONES); Krafft 1616 Reisen 299 Nach Irem gethonen Salue schüessen Aus dreyen Mittelmessigen stücklen (JONES); Löhneyß 1622 Aulipolitica 36b wir ein jeder allein gliedweise / oder all zugleich eine Salve schießen sollen; Klaj 1644 Auferstehung D 3v Gebt Feuer in die Lufft und überlaut Sieg / Sieg in unsre Salven rufft (JONES); Olearius 1647 Reise 7 Es folgeten vns . . . neben Salve schussen / viel gute Freunde; ebd. 14 Als mit den Flint-Röhren Salve gegeben ward; ebd. 529 emfiengen wir jhn mit Salve schiessen (JONES); Schuppius 1663 Schriften 189 als . . . die Schiffer ihrem brauch nach etzliche geschütz gelöset, und wie sie reden salve geschossen; Böckler 1665 Schola militaris 583 wenn die Flügel ihre Charge und Salve gethan / so seynd die auf den Ecken fertig / und wenn diese auch loß gebranndt / so fallen die beiden Flügel auf die rechte Rinn; Wagner 1724 Soldatenbibl. 318 wenn er wohin kommt, wo Geschütz ist oder wenn er abzieht / so ist man schuldig salve zu geben; Freiligrath 1849 Pol. II 15 Es schickt die Pfalz 3
Salven mir über die Bahre (SANDERS DWB); Neues Deutschland 20.11. 1969 Ehrensalut von 20 Artilleriesalven geschossen (IDS-BONN). Salve 2 b : Prätorius 1667 Anthropodemus III 101 darauff soll eine Salve von 3000 Schössen oder Schlägen umb das Rawelin gehört werden; Grimmelshausen 1669 Simplicissimus 248 an der Salve, welche die Unserigen empfingen; Francisci 1672 Histor. Rauchfaß I 74 die Feinde setzten mit einer Galeeren darauff an; schössen ihm ernstlich / durch offtermalige Salven / das Steuer zu Trümmern; Dalhover 1689 Gartenbeetlein 2 durch feurige Regen und offt widerhollte bleyernde Kugel-Salve durch gehäuffte Pfeil und SteinWürfe; 1798 Schiller 1099a ließ St. Chamans eine solche Salve geben, daß 40—50 sogleich auf dem Platz blieben (SANDERS DWB); den. 1822—26 (XVII87) Er befahl zuerst eine Salve zu geben, damit der Feind ihre Anzahl nicht bemerkte (KEHREIN); Freytag 1855 Soll und Haben II 248 aus den fenstern des oberstocks flog die feurige salve (DWB). salvieren: Dilich 1607 Kriegsbuch 107 Salviren ist / wann man stillstehend durch reyen oder glieder triffet (JONES). Salve 2 c : 1729—1781 Lessing (XII 196) Ich bin im Anschlage, ihm [Klotz] noch eine ganz andere Salve zu geben (SANDERS DWB); 1784ff. Blumauer o. S. Aus Vater Noahs vollem Faß ein lautes Salve! geben (SANDERS DWB); Jean Paul 1826ff. XXIII 78 zwei auf ihn geworfene Augen-Salven (SANDERS 1871); 1853 Gartenlaube X 153 Wenn diese schauerlichen Warnungs-
Samariter — Sanatorium Salven [das den Einsturz einer Felswand verkündende Getöse] aus dem Innern des Gebirgs heraus erschallen (SANDERS DWB); Scheffel 1876
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Tromp. 134 einer salve gleich erklang . . . ein gewaltger tusch (HEYNE DWB).
Samariter M. (-s; -), auch Samariterin F. (-; -nen), im späteren 16. Jh. vereinzelt, erst seit spätem 18. Jh. häufiger nachgewiesene Ableitung von Samaria, dem Namen eines Landes im (biblischen) Palästina; a zunächst als Bezeichnung für Bewohner des Landes Samaria; b daneben seit spätem 18. Jh., ausgehend von der neutestamentlichen Gleichniserzählung über die vorbildliche Barmherzigkeit eines Mannes aus Samaria, übertragen verwendet in der heute dominanten Bed. 'freiwilliger Helfer von Kranken und Verletzten; hilfsbereiter Mensch; Vorbild an Barmherzigkeit', in der Schweiz auch für 'Sanitäter', häufig im Syntagma barmherziger Samariter und in Zss. wie Samariterdienst, -pflicht; dazu die seit späterem 19. Jh. (1871 bei Sanders) gebuchte subst. Ableitung Samaritertum N. (-s; ohne PI.) 'Wesen, Art, Verhaltensweise eines Samariters; Barmherzigkeit'. Samariter a: 1575 Costnit^er Concilium Bl. 24b die Samariter, das ist in Latein, die von Samarintarium, die rechte Heyden sind. Samariter b: Goethe 1778 Br. (III 252) Nehmen Sie diese Tropfen Balsams aus der kompendiösen Reiseapotheke des dienstfertigen Samariters, wie ich sie gebe; Müller 1787 Emmerich 148 Vom barmherzigen Samariter (Überschr.); Mahler 1864 Über die Eider 81 bei dem Hungrigen Samariterdienst zu üben; Fren^el 1884 Hausfreund 17 als hätte sie sich vorhin mit ihrem Samariterwerk etwas vergeben; ebd. 33 Paula kann dir ihr letztes Abenteuer erzählen . . . sie und Eva . . . wahre Samariterinnen; 1888 Gren^boten127Die modernste Blüte der populären Medizin ist die Samariterschule. Aus dem schönen Gedanken, dass jeder gute Mensch den Drang empfindet, einem verunglückten Menschen beizuspringen . . . ist der Esmarchsche Samariterdienst bei uns hervorgegangen; Fontane 1898 Zwanzig 464 er sprang hinzu, um ihr [seiner verunglückten Frau] zu helfen und erlitt dabei selbst eine schwere Verletzung. Der erlag er. Er war immer hilfebereit gewesen und in einem Samariterdienst schied er aus dem Leben; Brandt 1901 Ost-Asien 137 „Nun, für solche Fälle haben wir stets einen besonders
guten Tropfen", meinte der barmherzige Samariter und kam mit einer Flasche . . . wieder; Heer 1902 Joggeli 332 die mich wie eine Samariterin im Schneesturm gegrüsst hat; Hauptmann 1910Quint (1100) Und nun benahm sich der närrische Sonderling nicht anders als ein Samariter und Arzt von Beruf. Er trug Wasser herzu und wusch die Greisin (WDG); ^ur Megede 1911 Quitt 340 das Ende der Samariterpflichten; Voss. Ztg. 19. 6. 1931 Er erinnerte an die barmherzige Samariterspende, durch die Soederblum in schwersten Notjahren enge Verbindungen zwischen dem deutschen und schwedischen Volk geknüpft hat; Münch. N. N. 4./5.3. 1944 Im Samariterdienst und in der Fabrikarbeit haben sich Burmas Frauen besonders ausgezeichnet; NZ. (Basel) 24.2. 1950 50 Jahre Samariterverein Kleinhüningen (Überschr.); ebd. 7.5. 1950 Der Schweizerische Samariterbund (Überschr.); Süddtsch. Ztg. 18.9. 1950 Politische Arbeit ist Samariterdienst (Überschr.); de Boor 1963 Tagebuchblätter 7 Evangelium vom Barmherzigen Samariter; Offenburger Tagebl. 22. 3. 1966 Bis zu ihrer Pensionierung . . . füllte sie das schwierige und oftmals entsagungsvolle Amt als Samariterin des lungenkranken Nächsten in zahllosen Sprechstunden und Hausbesuchen aus.
Sanatorium N. (-s; Sanatorien), im späten 19. Jh., eventuell unter Einfluß von engl. 'Anstalt für Erholungsbedürftige', aufgekommene Bildung zu lat. sanare 'heilen', anfangs vereinzelt gebucht in der Form Sanitarium; in der Bed. 'Ort mit klimatisch günstiger und ruhiger Lage, wo sich Kranke zur Rekonvaleszenz aufhalten; klimatisch günstig gelegenes Genesungs-, Kurheim, Heilstätte' meist privater Art und Begüterten vorbehalten, im (bewußten) Gegensatz zur staatlichen Heil- und Pflegeanstalt, in Zss. wie Nerven-, Lungensanatorium, auch im übertragenen Sinne gebraucht. Sanatorium
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Sandale
Einsiedel 1884 Gouvernantenwesen 23 auf einem Brustkrankensanatorium in der Schweiz; Noe 1892 Bergfahrten 235 die Luft eines Sanatoriums; Fontane 1894195 E f f i Briest 497 wenn wir hier so ein Sanatorium anlegen könnten; 1902 Das Sanatorium. Allgemeine Rundschau über wissenschaftliche Naturheilkunde, Heilstättenbetrieb . . . (Titel); Reck 1909 Grossmutter 60 Fünf Jahre wanderte er zwischen verschiedenen Sanatorien hin und her, zu Hause hatten wir ihn fast vergessen; Brachvogel 1919 Glück 177 Doktor Ott brachte gemeinsam mit den Eltern und einer Pflegerin die Kleine in das Kindersanatorium; Stekel 1924 Grund der Seele o. S. Jüngst las ich eine ergreifende Schilderung eines Sanatoriums. Wie hier die Angst die Gesichter bleich färbe, wie der Tod hinter den Türen lauere . . . alles sehr schön und stimmungsvoll. Jedoch grundfalsch, wie es eben nur ein Schriftsteller beobachten kann, der draussen steht; Frisch 1926 Essays 191 ein Land, wo täglich offene Gewalt geübt wird, ist auch kein Sanatorium für die Nerven; Brändström 1931 Kriegsgefangene (Übers.) Vorm. XII Arbeitssanatorium, in dem früheren Kriegsgefangenen aus Russland durch Ruhe und sorgenfreie Arbeit die Möglichkeit gegeben werden soll, wieder lebenstüchtige und arbeitsfrohe Menschen zu werden; Lokal-Anz29. 6. 1932 Wenn ich je in meinem Leben heira-
ten sollte, dann müßte ich so viel Geld haben, daß ich meine Frau für die Hälfte des Jahres in einem Sanatorium unterbringen könnte; ebd. 2.2. 1933 in Polen Gefängnis . . . das heißt Hunger, Kälte, Krankheit, Siechtum, Marter . . . in Deutschland ist es für diese Verbrecher die reinste Sanatoriumsluft; Berl. Illustr. Nachtausg. 19. 8. 1933 Die Riesenhallen . . . sind „Hotel" (und „Sanatorium") für 160 Omnibusse; „Duden"Sammlung 1935 Kultur . . . ist kein geistiger und seelischer Nachtisch für Satte oder ein geistiges und seelisches Sanatorium für die breiten Massen; N. Z. Z. 21. 6. 1943 Kindersanatorien und -präventorien; Münchner Allgem. 14.5. 1950 Viele meldeten sich nur deswegen zur Schulung, weil es sich herumgesprochen habe, daß die Teilnahme einem „Sanatoriums-Auf enthalt" gleichkomme; FAZ 28. 3. 1964 Arztwitwe . . . möchte sich wieder verheiraten und bietet einem geeigneten Partner eine Existenz durch Einheirat in ein Kurheim, das gegebenenfalls Sanatorium werden kann (Anzeige); Stuttgarter Ztg. 14.3. 1967 daß in der Öffentlichkeit die Vollzugsanstalten teils als „mittelalterliche Zwingburgen", teils als eine Art „Sanatorium" apostrophiert [werden]; FAZ 4. 8. 1971 Alten-Sanatorium . . . wird an einen tüchtigen Arzt langjährig vermietet (Anzeige).
S a n d a l e F. (-; -n), um 1500 entlehnt aus lat. sandalia PI. Zurückgehend auf griech. uavSdAiov, Diminutiv zu CTÖCVSOCÄOV 'hölzerne Sohle, die mit Riemen am Fuß befestigt w i r d ; Pantoffel' ungesicherter Herkunft), anfangs nur in den Pl.-Formen sandaly (LEXER), Sandalia, Sandalien, erst Ende 18. Jh. in der Sing.-Form Sandale; in der Bed. 'leichte Fußbekleidung aus Leder, die aus einer meist absatzlosen Sohle mit Befestigungsriemen besteht; Riemenschuh, Binde-, Band-, Bänder-, Schnürsohle', zunächst zur Tracht einiger Mönchsorden gehörend, daher auch 'Mönchsschuh', dann auch eine A r t feiner Schuh für Frauen, (in Italien) ein zum liturgischen Gewand gehörender 'prunkvoller, pantoffelartiger Bischofsschuh mit Gold- und Perlenstickerei', heute als Freizeitschuh mit betont sportlicher Note getragen. Dazu im früheren 20. Jh. die französisierende Diminutivbildung Sandalette F. (-; -n) 'leichter, eleganter sandalenartiger Sommerschuh' für Frauen und Kinder, in Zss. wie R i e m c h e n - , B a d e s a n d a -
letten. Sandale: Öheim um 1500 Chronik 101,10 sandaly; F. Platter 1612 (Ausg. Boos) 250 Sandalen; Ahr. a. S. Clara um 1700 (Strigl IV 206) Daß Christus der Herr ebenfalls dergleichen Sandalien oder Schuhsohlen getragen habe, ist gar glaublich (TRÜBNER); Dallhover 1689 Gartenbeetlein 2 also müsten sie haben einen rothen Huth rote Handschuhe rothe Sandalien rothe Stiffel; Lunig 1719 Theat. ceremon. I 1320a ingleichen die selben Stiefeln, die man Sandalia nennt; Hederich 1743 Antiqu.-Lex. 2441 Sandalia Sohlen unter die Füße;
Schiller 1803 (Säk. Ausg. VII36) Erst wählet aus die zierlichen Sandalen, Der zartgeformten Füße Schutz und Zier (TRÜBNER); Wieland 1824 Luc. (W. VI 334) Den Mangel eines niedlichen Fußes durch vergoldete Sandalien zu verbergen (TRÜBNER); Lenau 1825—40 Sämtliche Werke 58 im härenen gewande, mit sandal' und muschelhut (TRÜBNER); Boy-Ed 1892 M. 109 so [schnell] kann nur ein Bote sprechen, der mit einer Bestellung kommt und, hat er sein Amt verrichtet, mit beflügelten Sandalen weiter will; Hoffmann 1894
Sanguiniker Stolpenburg 109 Sein Blick blieb haften an der sandalenbindenden Nike von der Akropolis; Schmitt^ 1911 Brevier 65 In unserer modernen Welt ist der englisch angezogene Mensch natürlich, echter als der Sandalenmann; Münch. N. N. 7. 2. 1944 den Zehen antiker Gottheiten auf der hohen Sohle der Sandalen vergleichbar; Mannh. Morgen 3.14. 7. 1976 Die Hoteliere . . . kommt barfuß in hochhakigen Sandalen daher, die weiße Leinenhose endet knapp überm Knie. Sandalette: Berl. Illustr. Nachtausg. 30. 5. 1933 die neuen Schuhe, in Schnür- oder Sandalettenformen; Lokal-An^. 3. 7. 1934 Damen-Sandaletten Rohleinen, mit Ledersohlen, Blockabsatz überzogen; Münch. N. N. 17. 6. 1940 SandalettenGeklapper (Überschr.) Klappern . . . gehört . . . zum . . . Schuhwerk — seitdem nämlich, in unbegrenzt scheinender Mannigfaltigkeit der For-
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men und Riemenverflechtungen, allenorts die Holzsandalen aufmarschiert sind; Guggenheim 1949 Wir 135 die hölzernen Sandaletten der strumpflosen Frauen; Süddtsch. Ztg. 9. 2. 1951 daß ich unlängst eine bestimmte Art von Sandaletten in sechs Schuhgeschäften nicht auftreiben konnte; ebd. 25. 6. 1955 Das bedeutet aber natürlich nicht, daß die Weiblichkeit nur hauchdünne, elegante Schühchen oder Sandaletten mit hohen zarten Absätzen auf der Reise mit sich führen soll; Münchner Stadtanz. 25. 8. 1961 Nachdem er sie vom Kopf über die behosten Beine bis zu deren barfüßigem, in Sandaletten steckenden Ende gemustert hat; FAZ 5. 10. 1971 Stadtstiefel, sportliche Winterstiefel, Allzweck- und Jugendskistiefel sowie Sandalen und Sandaletten mit fußkomfortablen Ausstattungen.
Sanguiniker M. (-s; -), Mitte 19. Jh. aufgekommene Substantivbildung, zurückgehend auf gleichbed. lat. sanguineus (-> sanguinisch), seit dem 14. Jh. nachgewiesenes, meist lat. flektiertes Sanguineus gleicher Bed. verdrängend, vereinzelt auch in der Form Sanguinikus; in der Bed. 'Mensch mit sanguinischem Temperament; Hitz-, Brause-, Feuerkopf', zur Bezeichnung eines der vier Grundtypen der antiken Temperamentenlehre (vgl. Choleriker, Melancholiker, Phlegmatiker). Sanguiniker: Boretius 1858 Br. 117 Noch immer ist er der alte, jugendlich ideale Schwärmer, Sanguiniker durch und durch, der auch an den dünnsten Halm seine Hoffnungen immer von Neuem anknüpft und sich ihre Erfüllung fest einredet, bis er eines schönen Morgens einmal das Gegenteil erlebt; Bibra 1862 Chili 137 malte er sich diese seine zukünftige Stellung mit den glänzendsten Farben aus, mit allen jenen funkelnden und blitzenden Farben, welche nur auf der Palette eines Sanguinikers zu finden sind. Liebe, Ehre, Unabhängigkeit, Reichthum I; Wallotb 1886Seelenräthsel 59 Des alten Sanguinikers Augen hatten die Eigenschaft, sich von innen heraus zu entzünden, wenn er lebhafter wurde; Wölfflin 1905 Dürer 282 Vollblütig, leidenschaftlich, ein hitziger Sanguiniker, muß er ein Mann gewesen sein, der Dürer im Temperament fernstand (WDG); Oncken 1914 Aufsätze I 11 ein Sanguiniker der Stimmung und des Ausdrucks. Sanguineus: um 1300 Meinauer Naturlehre 1 der naturen [des wassers] sint och die liute, den die meister sprechint sanguinei, die artent nach dem wazzir, unde sint gebinde, minnende, frolich, lachende, unde rotenthafter varwen, unde singent, unde feizet sint si, geturstic unde guot muotic (DWB); Creutzer 1545 Planetbüchlin B1°- ist von der Complexionn des Zeichens Zwilling, der naturen Mercurij, auss dem sanguineo. Warm, 3*
feucht, vnstetes sinns vnnd doch guter scharpffer vemunfft; Renner 1557 Handtbüchlein B1b wirdt in Sanguineus genandt; Harsdörffer 1644 Gesesprechspiele I 155 Massen die enge Verbündnis und Vereinbarung des Leibes und der Seelen (welche sonderlich bei den Trunkenen) verursachet, dass die Blutreichen von Frölichen (sanguinei) die Schwermüthige (melancholici) von Traurigen, die von Gal entbrante (Cholerici) von Zornrührigen, die mit faulen Feuchtigkeiten Beladene (Phlegmatici) von wankelbaren Thun und Wesen träumen; Lassenius 1661 Tischreden 207 die Complexion des Menschen, ob er Melancholicus, Sangineus, Cholericus oder dergleichen sey; Thomasius 1692 Sitten Lehre 4*—5* Diesem Temperament ist ein Sangvineus am nähesten / bey dem die Wollust die oberste Gemüths-Neigung ist (BRUNT); Schaarschmidt 1742 Med. Nachr. III 341 Lustige Leute sind gemeiniglich Sanguinei; Shaftesbury 1768 Cbar. (Übers.) XLI ist der blosse Sanguineus zu flüchtig und unbeständig, als dass eine melancholische Grille, die ihn befällt, so tiefe Wurzel bey ihm schlagen könnte. Sanguinikus: Herbart 1841 Vöries. 183 Hier greift das Temperament ein; das Spiel des Sanguinikus vergeht, aber wo Mißlaune habituell ist, da droht Gefahr, wenn, wie zu geschehen pflegt, aus Scherz Ernst wird.
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sanguinisch
s a n g u i n i s c h Adj., seit frühem 16. Jh. nachgewiesen, zurückgehend auf lat. sanguineus 'zum Blute gehörig, aus Blut bestehend, Blut-; blutig; blutfarbig, -rot' (zu sanguis 'Blut; natürliche Feuchtigkeit, Pflanzensaft; Lebensfrische') mit den seltenen, veralteten Nebenformen sanguin, sanguinos-, in der Bed. 'leichtblütig; lebhaft-beweglich, temperamentvoll; feurig, hitzig, reizbar, (leicht) erregbar', zur Bezeichnung eines der vier Haupttemperamente in der antiken Medizin (vgl. cholerisch, melancholisch, phlegmatisch), im Syntagma s a n g u i n i s c h e s T e m p e r a m e n t ; häufig auf Hoffnungen, Erwartungen bezogen im Sinne v o n 'überschwenglich, schwärmerisch; leichtsinnig, unbekümmert, heiter, optimistisch', gelegentlich auch f ü r 'sinnlich, leidenschaftlich' gebucht; bis Ende 19. Jh. allgemeinspr. verwendet, heute eher auf den fachspr. Bereich beschränkt (Psychologie und Medizin). Dazu seit früherem 19. Jh. die subst. Ableitung S a n g u i ( n i ) s m u s 'Leichtblütigkeit, sanguinisches Temperament; sanguinische Hoffnung, Optimismus', heute veraltet. sanguinisch: Indagine 1523 die kunst der chiromantzey o. S. die fyerdt complexion ist sanguinisch, und die edlest, so auch wenig menschen bekumpt . . .dannethär haben solch sanguinischen ein weich lynd fleysch, zarte nägel und haben sonderlich Wollust im gesäng, und in allem dem das des menschen gemüt zu frölickeit bewegt (DWB); Bapst 1596 Arzneibuch 180b sanguinisch; Simpl. 1669 (1863—64 KurZ HI 1U 14) dann ob ich gleich damals die gefährliche zeit der kützelhafften anfechtung angieng, so wäre mir doch leichter gewesen, dem sanguinischen antrieb, als jetzunder der übrigen dreyen ärgsten feuchtigkeiten gewaltsamen anlauff zugleich zu widerstehen (DWB); Musig 1718 Licht d. Weisheit II 85 flüchtige und sanguinische Naturelle; ebd. 86 Sanguinische Naturen haben . . . einen wohlgewachsenen Leib, und sind daher weich und vieles Geblüt im Fleische; Basedow 1758 Prakt. Philosophie 952 Bey denen man eine vorzügliche Lebhaftigkeit derselben antrifft, so daß sie leicht darzu gereizt werden, heißen sanguinisch; Wackenroder 1797 H. 106 Könnt ihr den Melancholischen zwingen, dass er scherzhafte Lieder . . . angenehm finde? . . . Oder den Sanguinischen, dass er sein Herz den tragischen Schrecknissen mit Freude darbiete?; 1798 Merkur (W) I 284 Hoffen Sie nicht zu sanguinisch; Lavater 1802 Physiognom. Regeln (Nachgel. Sehr. V 25) Augen mit langen, spitzen, besonders horizontalen Winkeln . . . mit dickhäutigen Deckeln, welche den Augapfel halb zu bedecken scheinen, sind sanguinisch genialisch; Sammler v. Tirol 2 (1807) 10 ungeachtet die Grödner Mädchen von einem lebhaften sanguinischen Temperamente . . . sind; Niebuhr 1807 Br. 23 Lass Du Dich aber nicht . . . zu sehr sanguinischen Hoffnungen verleiten; es giebt viel verborgene Klippen die uns sehr gefährLebe»1234) lich sind; Jakobs 1817 briefl. (Schütz, voll der sanguinischesten Hoffnungen; Bacherer
1840 Stellungen 59 [König Ludwig v. Bayern] durch seinen fast sanguinischen Kunstsinn manche Ideen des Lebens und der geistigen Bewegung förderte; Steffens 1841 Was ich erlebte III 41 ich erlebte es, welcher Grund von Zuversicht mit sanguinischer Hoffnung in mir lag; Kohl 1846 Dänemark I 24 Sanguinischen Erwartungen . . . dass alle kleinen Völker . . . von den grossen vernichtet werden müssen; 1848 Grenzboten I 2,240 Von einer [französischen] Intervention in Italien wird immer sanguinischer gesprochen; Wickede 1854 Soldat u. Leben III 130 Das war denn ein etwas kalter Niederschlag auf die auch wohl zu sanguinischen Hoffnungen, mit denen ich mich aus Ägypten nach Frankreich eingeschifft hatte; Gutzkow 1858 Zauberer II 327 sanguinisch-nervösen Temperaments; Walloth 1887 Praxis 12 ich dachte . . . dass er am Schlag sterben würde, er war so sanguinisch, so aufgeregt; Roberts 1891 Mitleid 77 Er hoffte in seiner sanguinischen Art in die blaue Zukunft hinein; Fontane 1893 Br. II 2,308 aber ich bin sanguinischer und dadurch in meinem Gemüte glücklicher beanlagt, und mit Hülfe dieser glücklichen Beanlagung bin ich verhältnismässig leicht über unausgesetzte Kränkungen fortgekommen; Eyth 1904 Strom 119 In solchen Dingen sind junge Engländer so sanguinisch, als irgend heissblütige Südländer es sein können; 1924 Festschr. Kippenberg 26 voll sanguiner Erwartungen. Sangui(ni)smus: Gutzkow 1838 Blasedow I 204 Narrheit ist gleich dem Sanguinismus und dem Feuer; Hellwald 1878 Orient 38 daß zwischen zwei gleich fanatisch gesinnten Religionen . . . ohne Schwierigkeit ein Freundschaftsbund etabliert werde? Nein, ein solcher Sanguinismus wäre in keiner Weise berechtigt; Haym 1902 Leben 222 mit einem Vertrauen, das . . . nur durch meinen eigenen Sanguinismus übertroffen wurde.
sanieren
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sanieren V. trans. oder reflex., seit späterem 19. Jh. (gebucht 1871 bei Sanders) nachgewiesen, 2urückgehend auf lat. sanare 'gesund machen, heilen' (zu sanus 'gesund, heil'); 1 zunächst in der (medizinischen) Bed. 'heilen, gesund machen; ergänzen' gebucht und heute noch in der medizinischen Fachbed. 'desinfizieren; einen Krankheitsherd (restlos) beseitigen', vor allem in der Zahnbehandlung. 2 a Daneben übertragen verwendet im Sinne von 'in Ordnung bringen, regenerieren, wiederherstellen, wiedergutmachen', bes. im politischen Bereich; b seit frühem 20. Jh. im sozialhygienischen und soziokulturellen Bereich, bezogen auf Städte, Stadtviertel und (Fluß-)Landschaften, in der Bed. 'die hygienischen Verhältnisse verbessern, gesunde Lebensbedingungen (wieder-)herstellen', auch '(verkommene Wohnkomplexe) wiederaufbauen, renovieren, modernisieren, rekonstruieren', heute auch unter Berücksichtigung ästhetischer und kunsthistorischer Gesichtspunkte und im Zusammenhang mit Denkmal- und Umweltschutz, c Gleichzeitig in der Wirtschaft verwendet für 'zerrüttete Vermögensverhältnisse regeln, neuordnen; tiefgreifende organisatorische Maßnahmen durchführen, um ein Unternehmen wieder leistungsfähig und rentabel zu machen', heute nur auf die freie Marktwirtschaft bezogen, auch im Sinne von '(eine soziale, gesellschaftliche Einrichtung) von Grund auf neu-, umgestalten, reformieren'; auch reflex. gebraucht in der Bed. 'finanziell gesunden, aus einer wirtschaftlichen Krise herauskommen', ugs. auch 'sich (mit unsauberen Mitteln) gesundstoßen, sich mit Gewinn aus einer finanziellen Situation herausretten'. Dazu seit spätem 19. Jh. (gebucht 1879 bei Petri) das häufig belegte Verbalsubst. Sanierung F. (-; -en) 'Heilung' (Zahnsanierung), älteres Sanation verdrängend (zu 1); 'Wiederherstellung, -gutmachung' (zu 2a); 'Wiederherstellung gesunder Lebensverhältnisse; Wiederaufbau (alter Wohnhäuser und Stadtviertel) nach hygienischen und ästhetischen Gesichtspunkten' (Altstadt-, Umwelt-, Verkehrssanierung; Sanierungsgebiet) (zu 2b); 'wirtschaftliche Aufhilfe, Aufbesserung; organisatorische Umgestaltung eines Unternehmens zur Behebung einer finanziellen Krise' (Sanierungsbilanz, -programm) (zu 2 c). sanieren 1: 1944 Heeresverordmmgsbl. Ausg. 30, 169 Seife für Saniergerät. Sanierung: Honekamp 1936 Die Heilung der Geisteskrankheiten durch Sanierung des endokrinvegetativen Systems mit natürlichen Heilstoffen (Titel); 1942 Wehrkreisverordnungsbl. 34, 221 Eine „Sanierung", d. h. die Beseitigung auch des kleinsten Zahnschadens, ist weder befohlen worden, noch notwendig; Münch. N. N. 19.120.2. 1944 Dr. Conti verwies auf die deutschen Gesundheitsämter . . . die Pflichtzahnsanierung . . . sowie die Röntgenuntersuchung auf Tuberkulose, sanieren 2a: Rogge 1937 Kollektivsicherheit 81 Verständigung, die einen schlechten Frieden zu sanieren sich bemüht. Sanierung: Schäffle 1906 Soziologie 79 Verderbnisse und Sanierungen des Gesellschaftsbewußtseins; Dessauer 1922 Ausländerrätsel 49 hoffte er vom Völkerbund die Sanierung aller gemachten Fehler; Lokal-Anz- 24. 3. 1933 Große moralische Sanierung (Uberschr.) Gleichlaufend mit dieser politischen Entgiftung unseres öffentlichen Lebens
wird die nationale Regierung eine durchgreifende moralische Sanierung an unserem Volkskörper vornehmen; Süddtsch. Ztg. 4. 9. 1948 „Sanierung" der Nazi-Größen; ebd. 25. 9. 1950 den verschleppten Lastenausgleich zur Sanierung unserer sozialen Gesundheit gleichsam als unseren waffenlosen Beitrag zur Verteidigung anbieten, sanieren 2b: Offenburger Tagebl. 10. 12. 1960 Karlsruhe will Altstadt sanieren (Überschr.) Bereits vor rund 30 Jahren war von einer Sanierung des ältesten Teils der Stadt gesprochen worden; ebd. 21. 1. 1964 die rund 6,9 MillionenWohnungen . . . die mit umfangreichen Aufwendungen saniert und modernisiert werden müssen. Sanierung: Preuss. Jahrbücher 114 (1903) 74 Rom . . . wo jene Sanierung im Verein mit der Regulierung und Einfassung der Tiber und dem Durchbruch großer Straßenzüge durch ein Gewirr schmutziger, gestankerfüllter ungesunder Gassen besonders erfolgreich durchgeführt worden ist; BZ am Mittag 28. 11. 1929 Pfahlbauten in der — Hebbelstraße (Überschr.) Die Senkungsgefahr
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sanieten
der Charlottenburger Häuser beseitigt . . . Magistratsoberhaupt Saumitz hat das Sanierungswerk mit großer Umsicht und Tatkraft so gut wie beendet; Lokal-An?. 2.9. 1933 die zur Ausschaltung von Hochwasserschäden erforderliche Abdämmung der Eider bei Nordfeld und die Sanierung der Niersniederung bei Viersen in der Rheinprovinz; Petermanns Mitt. 80 (1934) 251 Sanierung der Strandseen; Märkische Volks^tg. (Berlin) 19.6. 1935 Projekte einer modernen, hygienischen und städtebaulichen Anforderungen genügenden Sanierung der Lübecker Altstadt; Münch. N.N. 1.2.1941 Abbrüche in Litzmannstadt (Überseht.) Forderung der Sanierung und Schönheit . . . An Stelle der abgebrochenen Baublöcke mit ihren lichtlosen Hinterhöfen werden Häuser mit reichlichen Grünanlagen entstehen. Auch auf die Gestaltung der Läden, wie überhaupt auf einen guten Gesamteindruck der Fassaden wird größtes Gewicht gelegt; Siiddtsch. Ztg. 13.5. 1953 grossartige Sanierung der ganzen Behelfssiedlung; ebd. 17. 1. 1959 Eine gründliche Sanierung, die das ganze Abwasserproblem löse, koste rund 10 Milliarden Mark; ebd. 3. 2. 1962 Zur Verkehrssanierung der Ellwanger Altstadt (Uberschr.) die Zusammenfassung der bisherigen Ausfallstraßen . . . auf einer neuen Trasse zur Umgehung der 12 Prozent steilen Steige am Ellwanger Schloß; Offenburger Tagebl. 2.4. 1971 Umweltsanierung (Überschr.) ebd. 20. 10. 1971 Wohnungsbau, Altstadtsanierung und Verkehr (Uberschr.); Stuttgarter Ztg. 11.11. 1971 Über die Grundsätze der Förderungen von Aussiedlungen oder der Sanierung alter Gehöfte wurde bereits Einigkeit unter den beteiligten Beamten erzielt; NZ. (Basel) 31. 12. 1971 Die Behörden, die für das Interesse und das Wohl der Bevölkerung sorgen sollten, haben gezeigt, daß sie nicht bereit sind, den Umweltschutz, für den sich das Volk ausgesprochen hat, ernstzunehmen, dass ihnen . . . Ausbau und Erweiterimg des Verkehrs, „Sanierung" genannt, wichtiger ist als Ausbau und Erhaltung des Lebensraums; Offenburger Tagebl. 29. 2. 1972 „Vorstadt" zum Sanierungsgebiet erklärt (Überschr.). sanieren 2 c : 1922 Deutschlands Erneuerung 617 durch Errichtung einer neuen Notenbank, eine Zwangsanleihe und weitgehende Ersparungsmaßnahmen den Staat zu sanieren; BZ am Mittag 28. 11. 1929 Mehrfach hat ihn die Familie von Berlin aus saniert und aus den ärgsten Schwierigkeiten herausgeholt; Voss. Ztg. 1. 1. 1931 Ein junger Heimwehrmann aus Graz . . . sollte die Bahnen sanieren, nachdem ihm grade ein Richter schriftlich gegeben, daß er sich in der Inflationszeit „inkorrekt und unsauber", durch Häuserspekulation selbst saniert habe; 1932 Volk u. Reich 833
hat man . . . vielfach „saniert", d. h. man hat den Gläubigern die Richtigkeit des Sprichwortes, dass da, wo nichts zu finden ist, der Kaiser sein Recht verloren hat, klarzumachen versucht; Lokal-Anz5. 3. 1933 Ich saniere Sie sofort, ohne den üblichen Vergleich und ohne Konkurs, wenn Ihr Betrieb lebensfähig ist (Anzeige); Brauer 1936 Im Dienste Bismarcks 326 die arg in Unordnung geratenen Finanzverhältnisse des Reichs zu „sanieren" (wie man damals sagte); Münch. N.N. 3. 11. 1938 In der Regel ist die Tatsache des Schuldennachlasses und die Absicht des Gläubigers den Schuldner zu sanieren, ausschlaggebend; N. Z. Z. 21. 7. 1943 die teilweise ungesunden Verhältnisse in Handel und Kleingewerbe zu „sanieren"; Süddtsch. Ztg. 19. 1. 1959 Der Pleitegeier fliegt mit (Überschr.) Eine Roßkur soll Österreichs Luftfahrtgesellschaft sanieren . . . soll [ihr] wieder auf die Beine geholfen werden; ebd. 9. 10. 1962 gerät in den Verdacht, sich mit dem Geld seiner vermögenden Gemahlin sanieren zu wollen; FAZ 23.3. 1972 „Die Ruhrkohle sanieren" (Überschr.). Sanierung: 1923 Deutschlands Erneuerung 761 Es gibt nur eine Sanierung Deutschlands und die lautet: Arbeit am richtigen Platz! Arnholds Wocbenber. 6. 6. 1930 Umgestaltung der Krankenversicherung und vor allem die Sanierung der Arbeitslosenversicherung; ebd. 18. 10. 1930 Hoffnung, daß es gelingen werde, zur Durchführung des groß angelegten Sanierungsprogrammes zu kommen und über den Weg der Sanierung der Reichsfinanzen auch der deutschen Wirtschaft wieder mehr Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten; Guttmann 1932 Industriepolitik 76 Sanierung eines kranken Unternehmens; Berl. Illustr. Nachtausg. 3. 3. 1933 Die Sanierung der Landwirtschaft sei der Untergrund, auf dem der Wiederaufbau der übrigen Wirtschaft, Industrie und Handel, Handwerk und Gewerbe erfolgen müsse; Lokal-Anz9. 7. 1933 Sanierungen Kreditberatungen Treuhandfunktionen aller Art (Überschr.) ebd. 8. 8. 1933 in der nach dem Abschluß des Kaufvertrages aufgestellten „Sanierungsbilanz"; ebd. 26. 9. 1934 ein weiterer Teil wurde zur Abdeckung von Sanierungskrediten benutzt; Dtscb. AZ. 18. 12. 1935 daß man dem Unternehmen die Chance zur Sanierung geben solle; 1937 Dtsch. Volkswirt 286 Sanierung der Währung, Ausgleich des Staatshaushalts und Wiederherstellung des öffentlichen Kredits; Ottel 1937Bankpolitik 148 Die Änderungen der Kapitalgestalt von Unternehmungen beinhalten Vorgänge, welche im allgemeinen als „Sanierungen" bezeichnet werden; ebd. 91 zwischenstaatliche Anleihen zum Zwecke der „Sanierung" und „Stabilisierung" oder zu ähnlichen Zwecken; NZ. (Basel) 9. 2. 1950 eine dauerhafte Sanierung Europas erfordert intensiven wirt-
sanitär — Sanitäter schaftlichen Austausch; Arbeitgeber 20.2. 1959 Es werden daher nach Ansicht der Unternehmer wohl weitere einschneidende Maßnahmen zur Sanierung der Krankenkassen geboten sein; Offenburger Tagebl. 19. 10. 1960 Die Voraussetzung für eine Sanierung des Krankenhauswesens ist eine Neuordnung unter organisatorischen, finanziellen und sozialen Gesichtspunkten; Stuttgarter Ztg. 26. 11. 1960 Folge der von den Aktionären
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vor einem Jahr erhobenen Forderung nach einer „Sanierung aus eigener Kraft"; FAZ 16. 10. 1971 Zechenstillegungen zur Sanierung des Steinkohlebergbaus; Die Zeit 2. 1. 1976 Das bei der Steuerreform oft mißbrauchte Wort — hier paßt es: Die Sanierung und Modernisierung des öffentlichen Sektors wäre in der Tat ein „Jahrhundertwerk".
sanitär Adj., im späten 19. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. sanitaire (zu lat. sanitas 'Gesundheit'), mit der (schweiz.) Nebenform sanitariscb-, in der Bed. 'Gesundheit (-swesen) und Hygiene betreffend, gesundheitlich', auch einfach 'gesund, heilsam'; häufig in der festen Verbindung sanitäre Anlagen '(öffentliche) Bedürfnisanstalt', heute allgemein 'Hygieneeinrichtungen (Waschanlagen, Toiletten usw.)', z. B. in Krankenhäusern, Schulen, auch 'Wasserleitungen, -kanäle' in privaten Haushalten. Gisbert 1879 Zeit-Arabesken 55 sanitären; Forst 1884 Kasernen 76 sanitären Interessen; Derblich 1889 Militärarzt I 108 sanitären Zustände; Göhre 1891 Fabrikarb. 24 moralisch und sanitär gefährlichsten [Schlafstellen]; Mettrer 1892 Bergsteiger 27 den meisten Vorteil von ihrer Reise, sowohl in Bezug auf geistige Erwerbung und Aneignung, als auch in betreff des sanitären Moments; Roscher 1899 Handel (System III 903) saumselig in sanitären Sachen; Altenstein um 1910 Turnsport 15 Die sanitäre Bedeutung des Turnens; Voss. Ztg. 19. 11. 1929 Die Sowjetregierung, die angeblich aus sanitären Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Tausende in größter Enge und in unzulänglichen Quartieren in der Nähe der Hauptstadt zu belassen; Wilke 1930 Erinn. 12 Unter der Obhut unserer Gouvernante mussten wir täglich den obligaten sanitären Spaziergang nach dem nahen Tiergarten antreten; 1930 Die Dame H. 23,21 ist noch mancher heftige Widerstand meines Volkes gegen moderne Erziehung, gegen sanitäre und wissenschaftliche Neuerungen zu bekämpfen; Nd. Mon'hefte 5 (1930) 217 den . . . sanitären Vorzügen: der salzreichen Seeluft, dem . . . Badestrand; 1933 Elsass-Lothringer Mitt. 417 Bau einer sogenannten sanitären Anlage in Metz; Lokal-Anz- 17. 7. 1934 Man mag sich vorstellen, daß in dem alten Hetzhaus die sanitären Verhältnisse nicht die allerbesten sind; Münch. N. N. 30. 12. 1937 Beide Staaten bilden einen .sanitären Schutzwall' für ganz Westeuropa; ebd. 25.3. 1938 In den sanitären Instituten werden allerlei derartige zweckmäßige Helfer bereitgehalten . . .
ob das nun Bandagen sind, die schwache Gelenke zu stützen haben, ob das Fußeinlagen sind; Frankf. Ztg. 12. 1. 1941 Betten, Pritschen, Toiletten und alles, was peinlicherweise und aus sanitärer Notwendigkeit damit zusammenhängt, gute Luft oder Apparate, um die Gefängnisluft hier unten zu verbessern, Kantinen, warme Getränke, Inventar für erste Hilfe; N.Z.Z. 26. 9. 1944 Die aus der sanitarischen Untersuchung als „Verdächtige" hervorgehen . . . Ihre „Verdächtigen" sind übrigens nicht gefährlich, sie haben nur Krätze und Läuse; Süddtsch. Ztg. 26. 2. 1946 In einer Ecke sind die „sanitären" Einrichtungen — ein dürftige Wasserleitung mit einem 25 mal 35 cm großen Waschbecken l; NZ. (Basel) 27.3.1950 Kredit zur Umwandlung der Reithalle in eine Trainingsund Putzhalle . . . zur Verstärkung der BinderKonstruktion und zur Verbesserung der sanitarischen Anlagen; Süddtsch. Ztg. 31.5. 1951 Spezialfirma für Projektierung und Ausführung großer Sanitär- und Heizungsobjekte; ebd. 20.9.1958 Allerdings fehlt noch das Ergebnis der bakteriologischen Untersuchung; deshalb darf das Wasser vorläufig nur für Reinigungszwecke und für die sanitären Anlagen verwendet werden; Stuttgarter Ztg. 28. 3. 1963 nach dem Vorbild der USA einen „sanitären Kordon" um Europa zu legen, um mit strengen Impfvorschriften das Einschleppen von Seuchen verhindern zu können; ebd. 29. 10. 1965 Flaschner- und Sanitär-Installateur-Meister (Anzeige); Offenburger Tagebl. 19. 6. 1970 Komfort wird im Sanitärbereich großgeschrieben — Es darf pures Gold sein.
Sanitäter M. (-s; -), bereits im späten 17. Jh. in Österreich, seit spätem 19. Jh. in Deutschland nachgewiesene subst. Ableitung von veraltetem Sanität 'Gesundheit;
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Sanitäter
gesunder (seelischer und allgemeiner) Zustand', in Österreich und der Schweiz noch geläufig für 'militärisches Gesundheitswesen', auch 'Krankenwagen' (zurückgehend auf lat. sanitas 'Gesundheit'); in der Bed. 'in der Ersten Hilfe Ausgebildeter, Krankenpfleger', zunächst beim Militär, dann allgemeiner, oft in der Zs. Rettungssanitäter, auch in der Kurzform Sani; das Grundwort Sanität lebt noch fort in meist auf den militärischen Bereich beschränkten Zss. wie Sanitätsdienst, -wagen, -wesen; dazu seit Mitte 19. Jh. die veraltete adj. Ableitung sanitätlich 'gesundheitlich', von sanitär verdrängt. Sanitäter: Stampferin 1679 Hausbüchl45 Sanitäter [Zivilkrankenwärter in Pestzeiten, Steiermark]; Schmidt 1881 Leonhardsritt 101 „Was soll denn so an Spitaler passirn?" sagte er. „Der is ja nit wie r a Feldsoldat, der's eiserne Kreuz kriegt; die Sanitäterer san ja weit weg vom Schuß, steign wie z'Minka im Lazareth mit weiße Schürz und Pantoffel 'rum und machn die Krankn Ueberschlag"; Gümbel 1890 Erinnerungen 11 Körbe voll waren vorhanden und selbst Pfründner aus dem Bürgerhospitale sah ich mit denselben kenntlich gemacht als „Sanitäter"; Bayer. Volksfremd 31.5.1915 Verbot des Ausdrucks „Sanitäter" (Überschr.) Es sind unter allen Umständen nur folgende Dienstbezeichnungen zulässig: Bei dem Unterpersonal im militärischen Sanitätsdienst heißt es „Sanitätsmannschaften" („Sanitätsfeldwebel", „Sanitätsunteroffizier" etc.) und bei den Angehörigen der freiwilligen Krankenpflege „freiwillige Krankenpfleger", „freiwillige Krankenträger" etc. Auch im persönlichen Bereich hat die Anwendung des Ausdrucks „Sanitäter" fortan nicht mehr stattzufinden; Berl. Morgenpost 19. 5. 1929 Als Beispiel diene der von einem Vierzehnjährigen begründete und wieder aufgelöste „Rettungsverein für jugendliche Sanitäter". Die Rettungsarbeit, angeblich nur in gegenseitiger Hilfsleistung und Bekämpfung von Alkohol- und Nikotinmißbrauch bestehend; Mast 1940 Soldaten 43 Sanitäter werden im allgemeinen von der waffentragenden Mannschaft nicht für voll genommen; Flaek 1940 Wir marschieren 28 gellt das Schreien Getroffener, der durchdringende Ruf: „Sanitäterl"; 1940 J.-R. 309,39 „Sani! AspirinonkelI"; FAZ 12.2. 1971 Das Personal sollte schon jetzt eine Ausbildung erhalten, die ein mindestens sechswöchiges klinisches Praktikum einschließe, noch bevor das Berufsbild des „Rettungs-Sanitäters" den Rettungsdienst attraktiver und funktionsfähiger mache. sanitätlich: Welp 1844 Wanderungen III 44 sanitätlicher Beziehung; Artmann 1860 Ventilation 1 Anm. Vortheile sanitätlicher Massregeln; Peterssen 1870 Genrebilder 73 vom sanitätlichen Standpunkte; Versen 1872 Reisen i. Amerika 18 Seit dieser sanitätlichen Verordnung ist Rio vom
gelben Fieber und anderen Epidemien verschont geblieben; Fontane 1891 Quitt 21 Es ist weder opportun noch sanitätlich zulässig. Sanität-: Biichler 1814 Baden Einl. LI Die Sanitäts Commission (ein Zweig des Ministeriums des Inneren); 1855 Selbsthülfe auf dem Schlachtfeld 5 Einrichtung der Sanitäts- oder Transports-Compagnien; 1863 Bilder a. Paris I 29 Die Männer gehören überdies einem Stande an, den man nicht gern nennt, und treiben ein Geschäft, das, wenn auch vom Gesichtspunkte der Sanitäts-Polizei äußerst nützlich, doch nichts weniger als wohlriechend ist; Schmidt 1881 Leonhardsritt 101 daß die Sanitätstruppen derselben Gefahr ausgesetzt seien wie die anderen Truppen; Coler 1889 militärär%tl. Bildungsanstalten 18 Das Deutsche MilitärSanitätswesen hat sich während des Feldzuges nach den verschiedensten Richtungen hin wohl bewährt, die vorbeugende und Hülfe bringende Tätigkeit der Ärzte in hohem Grade zu Erhaltung der Schlagfähigkeit und dadurch unmittelbar zu den Erfolgen der Deutschen Waffen beigetragen; Dahn 1894 Erinn. IV 1, 441 Sanitätssoldaten und Ambulanzen; Graf 1925 Gesicht 289 Der Herr Oberst konnte doch nicht gut von dem Sanitätsunteroffizier behandelt werden; Lokal-An10. 3. 1933 hat der Provinzialverein vom Roten Kreuz Berlin (Männerverein) seine Freiwilligen Sanitätskolonnen angewiesen; ebd. 29.3.1933 Sanitätswagen waren andauernd unterwegs, um ohnmächtig Gewordene und Erkrankte in die Krankenhäuser überzuführen; ebd. 6.11. 1934 ein hell gestrichener Sanitätsraum, in dem alle notwendigen Instrumente für eine erste ärztliche Hilfe untergebracht sind; Dittmer 1938 Deutseber 27 Antrag auf Gewährung einer Invalidenrente . . . Ein zweiter Doktor, man nannte ihn Sanitätsrat, betastete den Vater von oben bis unten; Matscher 1940 Feldpostbluten 5 Im Weltkriege brachte ich es bis zum Kommandanten einer „mobilen Sanitätsanstalt"; Münch. N.N. 13.9.1941 Eine Grundlage für die Beurteilung der Arbeit des Sanitätsdienstes im Kriege bieten zunächst die Verwundetenzahlen; ebd. 25. 1. 1942 Diese Anordnung kommt hauptsächlich für die Anträge auf Verleihung des Titels „Sanitätsrat" in Frage.
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Sanktion F. (-; -en), im späteren 16. Jh. vereinzelt, erst seit dem 18. Jh., eventuell unter Einfluß von gleichbed. frz. sanction, kontinuierlich nachgewiesene Entlehnung aus (flekt. Form von) lat. sanctio 'Hauptartikel eines Gesetzes, der die Androhung einer Strafe im Falle der Übertretung enthält; gesetzlicher Vorbehalt, Klausel eines Vertrags' (zu sancire 'heiligen, durch religiöse Weihe unverletzlich machen; durch Gesetz unverbrüchlich festsetzen, anerkennen; bei Strafe verbieten'), l a Als juristischer Fachausdruck in der heute veralteten Bed. 'positive Festlegung, Anordnung, Anerkennung, Bestätigung eines rechtlichen Sachverhalts als einer (Verhaltens-)Norm; Gesetz', das (bei Androhung von Strafe) exakt und ausnahmslos eingehalten werden soll, im Zusammenhang mit der Rechtsphilosophie der Aufklärung bes. 'Festlegung von Normen, die nicht vom Naturrecht oder Sittengesetz bestimmt sind, durch das positive Recht'; heute noch im Syntagma pragmatische Sanktion 'grundlegendes Staatsgesetz' zur (historischen) Bezeichnung der auf Dauer angelegten Regelung prinzipieller politischer Fragen durch Gesetz; seit Anfang 19. Jh. im engeren Sinne verwendet in der Bed. 'Erhebung von Gesetzesvorlagen der Legislative oder einer untergeordneten Macht in den Status der Rechtskräftigkeit, -Verbindlichkeit durch die Exekutive oder eine übergeordnete Macht; Erteilung von Gesetzeskraft; Ratifikation', b Nach dem 1. Weltkrieg schlagwortartig aufgekommen und meist pl. verwendet in der heute zentralen Bed. 'gesetzliche Androhung von Strafe im Falle der Übertretung eines bestimmten Gesetzes, Strafartikel', auch 'Ausführung der im Strafartikel angedrohten Maßnahme, Bestrafung', durch welche normgerechtes Verhalten erzwungen werden soll; speziell im Völkerrecht in der Bed. '(Androhung einer) militärischen, ökonomischen Straf-, Zwangsmaßnahme, mit der ein Staat oder eine Staatengemeinschaft auf die Verletzung von Bündnissen oder allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen durch einen anderen Staat reagiert', häufig in Zss. wie Sanktionsbeschluß, -klausel, -politik; Wirtschaftssanktion (en). 2a Seit Ende 18. Jh. auch in der allgemeineren Bed. '(ethische) Billigung, Anerkennung, Bestätigung, Rechtfertigung (und damit Verbindlichkeitserklärung) eines Sachverhalts oder einer Handlungsweise durch eine Autorität'; b in jüngster Zeit als Fachausdruck der Soziologie in der Bed. '(zu erwartende) Reaktion (der Gesellschaft) auf normgerechtes oder normverletzendes Verhalten eines Individuums oder einer Gruppe', bes. im Syntagma negative/positive Sanktion. Sanktion l a : Rot 1571 Dictionarius 349 Sanction, Ein Gsatz das steyff soll gehalten werden / bey grosser pen oder straff; 1713 Fama XXXII—III 589 Diese Disputation zeigt, daß die Schlesischen Fürsten mit dergleichen Sanction instruiret sind; Rousseau 1756 Ungleichheit (Übers.) 147 die Sanction des göttlichen Rechts; Iselin 1772 Versuch 109 die Sanction des allgemeinen Staatsrechtes und diese werden wir durch die Geschichte aller Völker und aller Fürsten bestätigt finden; Wieland 1780 Anekdote 206 ohne die Sankzion positiver Gesetze; Rothammer 1785 Maximilian III Maximilian entsagte allen der pragmatischen Sanktion widrigen Ansprüchen für sich und seine Nachkommen; Humboldt 1792Ideen 1142 nur vielleicht wankende, und daher der Sanktion des Gesetzes bedürfende Volkssitte; Görres 1800 Polit. Schriften I 37 diesen
Formen ihre eigentliche Sanction dadurch zu geben, daß sie ihre Unabänderlichkeit an die Constitution selbst band; Haller 1821 Restauration III 341 die Landesfürstliche Sanction oder Ratifikation [von Verträgen]; Stahl 1856 Staatslehre 157 sondern der Fürst als Souverän hat die gesetzgebende Gewalt, damit die Sanktion, die Verkündigung und regelmäßig auch die Abfassung der Gesetze; ebd. 179 Der König dagegen hat nur die Publikation der Gesetze, nicht die Sanktion; 1887 Grenzboten 1487 wenn die bestialische Selbstrache gesetzliche Sanktion erhält?; Fertling 1898 Kl. Sehr. III 290 Sanction des geltenden Rechts. Sanktion l b : Strobel 1922 Sanktionen Vorw. o. S. Wer die Geschichte der am 7. März 1921 in London von den Interalliierten Staaten gegen Deutschland beschlossenen Sanktionen schreiben
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Sanktion
will, darf sich die Feder nicht führen lassen von der sachlichen Nüchternheit des Chronisten.Zu dem Streben nach wissenschaftlicher Erkenntnis und Durchdringung der mit dem Wort „Sanktionen" verknüpften wirtschaftlichen Begebenheiten muß der Wunsch treten, auch den auf politischem Gebiete liegenden Geschehnissen dieser Zeit gerecht zu werden; Radbruch 1929 Einf. Rechtsmss. 114 „Sanktionen", d. h. sichernde und bessernde Massnahmen; 1929 Allgem. Schmier. Militär^tg. 335 Der Waffenchef der Infanterie verbot derartige Dinge . . . unter Androhung schärfster Sanktionen; Voss. Ztg. 27. 12. 1930 Die Kontrolle der Abrüstung oder besser der Innehaltung der Vertragsverpflichtungen . . . ist gelöst durch die Einrichtung der „Ständigen Abrüstungskommission" . . . das Verfahren bei Beschwerden und ihre Uberführung in Sanktionen; 1935 Dtsch. Monatsblätter 551 der Kellogpakt sieht Sanktionen nicht vor. Er enthält nur eine moralische Verpflichtung, die jeder Unterzeichner nach den Umständen auslegen kann; Dtsch. AZ. 24. 7. 1935 eine Delegation zum Ministerpräsidenten zu entsenden, um gegen die Sanktionen zu protestieren, die gegen die Beamten ergriffen werden sollen, die sich an den Kundgebungen gegen die Notverordnungen beteiligten; ebd. 29.9. 1935 Seine [des Artikels 16 der Völkerbundssatzung] Begriffsbestimmung der wirtschaftlichen Sanktion lautet: Schreitet ein Bundesmitglied entgegen den . . . übernommenen Verpflichtungen zum Kriege, so wird es ohne weiteres angesehen, als hätte es eine Kriegshandlung gegen alle anderen Bundesmitglieder begangen. Diese verpflichten sich, unverzüglich alle Handels- und Finanzbeziehungen zu ihm abzubrechen, ihren Staatsangehörigen jeden Verkehr mit den Staatsangehörigen des Vertragsbrüchigen Staates zu untersagen . . . Eine „klassische Sanktion" würde damit den Abbruch des Commerciums und Connubiums mit dem Vertragsbrüchigen Land bedeuten; E.L.Z. 4. 10. 1935 Was sind Sanktionen (Uberschr.) . . . Es gibt nur zweierlei wirksame internationale Sanktionen: die wirtschaftliche und die militärische Sanktion. Der unter Artikel 16 des Völkerbundpaktes vorgesehene vollständige internationale Boykott, der alle weniger bedeutenden wirtschaftlichen Massnahmen in sich vereint, ist die einzige wirtschaftliche Sanktion von universeller Wirkungskraft; Bodensee-Rmdschau 22. 11. 1935 Sanktionen bedeuten vorläufig Wirtschaftskrieg, sie können zu einem wirklichen Kriege werden; „Duden"-Sammlung 1936 Mit Sanktionen bezeichneten zuerst die Franzosen die im Versailler Vertrag vorgesehenen „Strafen", die auf Deutschland Anwendung finden sollten, sobald es den Friedensvertrag nicht
erfüllen würde; es waren einseitige Drohmaßnahmen und Druckmittel . . . Der Begriff „Sanktion" ging dann auch in das Völkerbundstatut über, Sanktionen sollten verhängt werden über solche Staaten, die absichtlich und offenkundig den Bundesstatuten zuwiderhandeln; besonders waren sie gegen Friedensbrecher gedacht; Münch. N. N. 14. 5. 1938 daß u. a. auch wegen der Teilnahme an den Maifeiern der SdP. öffentliche Angestellte disziplinaren und sozialen Sanktionen unterworfen sind; Stapel 1939 Stapeleien 89 Wirtschaftskrieg in Form von Pressionen und Sanktionen ; FAZ 19. 4. 1971 Als Sanktionen gegen Unternehmen, die den Vorschlägen der Beauftragten des Ministeriums nicht folgen wollen, ist die Schließung eines Betriebes für höchstens fünf Tage vorgesehen. Sanktion 2a: Hippel 1793 KreuzQ.uerK"&e I 191 Stimmen die Aussagen der Zeugen, wenn sie gleich sogar Sanctionen ihres Gewissens waren, mit Zeit, Ort und anderen Datis und untereinander?; 1794 Pantheon der Deutschen I Widmung o. S. ein Versuch, der Ehre und dem Geist der Nation zu huldigen, welchen ich Ew. Kaiserl. Majestät vorzulegen wage und der die heiligste Sanktion erlangen wird; Stalder 1812 Schweiber. Id. I 14 dass diese im Strohme der Zeit verlornen Worte ehemals die Sanktion des Schriftstellers hatten; Genti 1814 Br. an Pilat I 126 was also künftig auf ausdrücklichen Wunsch und Befehl des Fürsten im Beobachter gedruckt werden soll, muss ich unter seiner bestimmten Sanktion erhalten. Alsdann mag das Publicum mir meinetwegen Koth und Steine in die Fenster werfen: ich thue, was mir befohlen worden ist; Wessenberg 1815 Deutsche Kirche 11 Der wichtigste Vortheyl, welchen dem Staat die Religion gewährt, ist ihre feyerliche Sanktion, durch die der Wille der Regierung den Völkern als Wille Gottes erscheint; Steffens 1821 Sehr. 16 Wie finden wir jenes Urgesetz der Natur? ist die erste Frage. Es kann aus der Natur selbst nicht herausgehoben werden, es muß eine höhere Sanction, als die der Erfahrung haben; Murhard 1832 Zmck 114 Der Endzweck des Staates i s t . . . die Sanktion des Rechtsgesetzes durch eine physische Gewalt; Sybel 1851 (Kl. histor. Sehr. 1373) Jene Sanction des Königthums, die dem Inhaber eine qualitativ höhere Berechtigung als jedem anderen Menschen beilegt, hat ihre wahre Quelle nicht im Neuen Testamente; Stahl 1856 Staatslehre 54 Andererseits kann sich das Ansehen des Staates tatsächlich nicht erhalten, so wie der Glaube an die göttliche Sanktion entschwunden ist, sondern es ist dann jeder geneigt, seinen Willen . . . als Quelle und Richtschnur der Staatsgewalt geltend zu machen; 1883 Conservative Monatsschr. I 89 Kein Finanzminister
sanktionieren und überhaupt kein Ministerium ist haltbar ohne die Sanktion Rothschilds und der Börse; Willmann 1897 Gesch. III 949 [alles Geschichtliche hängt von Übergeschichtlichem, alles Zeitliche von Zeitlosem ab] und erhält von ihm seinen Wert, seine Geltung, seine Sanktion; Elsenhans 1912 Psych. 293 die Begründung der Verbindlichkeit des Sittengesetzes, seine „Sanktion"; Suess 1916 Erinn. 332 Sanktion dieser grenzenlosen Grau-
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samkeit; Lokal-Anz. 3. 8. 1934 die ausdrückliche Sanktion des deutschen Volkes [durch Volksabstimmung], Sanktion 2 b : 1971 Junge Wirtschaft 11 Hier und da kommen allerdings noch Überraschungen vor, die dann meist als Exempel für die unerbittlichen Sanktionen des Marktes und das Abenteuer des Unternehmens ausgestellt werden.
sanktionieren V. trans., Ende 18. Jh. aufgekommene verbale Ableitung von ^-Sanktion; a in der juristischen Bed. 'zum Gesetz machen; (einer Sache) Gesetzeskraft erteilen; etwas gesetzlich anordnen/verbieten; einer Sache die Sanktion erteilen; (ein Gesetz) bestätigen, genehmigen', b Daneben gleichzeitig allgemeiner verwendet in der Bed. 'etwas (öffentlich) gutheißen, billigen, anerkennen, bestätigen, rechtfertigen (und dadurch für verbindlich erklären)'. Dazu seit Anfang 19. Jh. das Verbalsubst. Sanktionierung F. (-; ohne PI.) 'Genehmigung, Bestätigung (als Gesetz); Erteilung von Gesetzeskraft; gesetzliche Anordnung' (zu a) und 'Billigung, Anerkennung (als verbindliche Norm)' (zu b). sanktionieren a: Laukbard 1796 Leben III 307 Dieses Gesetz . . . hatte selbst der König angenommen und sanktioniert; ebd. 1797 IV 1, 102 die Verordnungen der Nation zu Sanktioniren; Arcbenholtz 1801 Gustav Wasa I 58 durch Gesetze sanctionirte Seeraub; Savigny 1814 Vom Beruf unserer Zeit (Ndr.) 87 Die Vertheidiger des Römischen Rechts haben nicht selten den Werth desselben darin gesetzt, dass es die ewigen Regeln der Gerechtigkeit in vorzüglicher Reinheit enthalte, und so gleichsam selbst als ein sanctionirtes Naturrecht zu betrachten sey; Krause 1814 europ. Staatenbund 21 eine Gesetzgebung des Rechts der Völker zu sanctioniren; 1836 Jahrbücher d. Gesch. II 23 diese durch die württembergische Verfassung sanctionirten Grundsätze hinsichtlich des ständischen Steuerverwilligungsrechtes; Raumer 1849 Br. Frankf.-Paris 199 Und zwar ging die Absicht dahin, alles und jedes Thun, auch außerhalb der Versammlung zu sanktionieren. Als vor kurzem von den Gefahren durch Aufstände, Empörer u. dgl. die Rede war, hielt die Linke jede Schutzmaßregel für überflüssig; jetzt schlug sie die strengsten Maßregeln nach oben vor; 1852 Prutz' Museum II 201 die Bundesacte, welche die particulare Zerfahrenheit des Vaterlandes zu sanctioniren schien; ebd. 1854 1 638 durch Verträge sanctionirt; Stahl 1856 Staatslehre 322 Sie [die Nation] soll jedes neue Gesetz, das die höhere Autorität gibt und sanktioniert, zugleich selbst mit erzeugen, damit es nicht bloß als Gebot über ihr, sondern zugleich als Ausdruck ihres eigenen, sittlich verständigen Willens bestehe; Stahl 1863 Parteien 119 Der König von England . . . sanktionirt die
Gesetze; Eckstein 1876 Satir. Zeitbilder 77 staatlich sanktionirtes Gewerbe; Voss. Ztg. 5. 6. 1930 Nach langen Verhandlungen arbeitet Norwegen auf eigene Faust ein Konsulatsgesetz aus, das König Oscar nicht sanktionieren kann; Münch. N. N. 6. 7. 1937 die Befugnis, die Gesetze der Nationalversammlung zu sanktionieren; ebd. 20. 9. 1940 der kühne Bluff wächst sich zur überlebensgroßen finanzpolitischen Tatsache aus . . . und muß schließlich regierungsseitig sanktioniert und verankert werden; ebd. 22.3. 1941 daß Ungarn sich als erster Staat auch formell zu dem im Dreimächtepakt sanktionierten neuen europäischen Ordnungsgedanken bekannte; NZ. (Basel) 15. 5. 1950 ein Friedensvertrag ist vor allem deshalb unmöglich, weil er die Zerreissung Deutschlands in zwei Teile endgültig sanktionieren müsste. Sanktionierung: Gaspari 1803 Deputations-Recess I 125 Sanctionirung [der staatsrechtlichen Formen]; Wieland 1815 Vorzüge der gesetzlichen Monarchie 18 Dem Regenten muss die Sanctionirung aller Gesetzesentwürfe des Parlaments zustehen; Reumont 1862 Zeitgenossen I 323 Sanctionirung des Vertrages . . . ohne Discussion durchzusetzen; Kapstadt 1875 Beckerath 95 Sanctionirung der Habeas-corpus-Acte; 1919 Grenzboten IV 126 zur staatsrechtlichen Sanktionierung des Staatsstreichs; ebd. 130 völkerrechtliche Sanktionierung; Voss. Ztg. 27. 1. 1930 Dort konnte es sich nach den Beschlüssen der Pariser Sachverständigenkonferenz und ihrer Sanktionierung durch die Regierungen für die französische Politik nur noch darum handeln, ein Höchstmaß an Sicherungen heraus-
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zuholen; Man 1932 Massen 11 politische Sanktionierung des Wahlrechts; Lintzel 1935 Karl d. Gr. 21 Die Sanktionierung für diesen Gewaltstreich, für diesen Staatsstreich . . . holte man sich in Rom; Süddtsch. Ztg. 21. 12. 1945 Die gesetzliche Sanktionierung von Mord und Terror durch die Reichsregierung; ebd. 5. 2. 1954 Bedeutet der Beschluß, daß neuerdings auch Behelfsbauten und Schwarzbauten eine Hausnummer zugeteilt erhalten, in verschleierter Form eine Sanktionierung des Schwarzbaues?; FAZ 19. 12. 1964 Das Sowjetzonen-Regime erhoffte sich von den britischen Gerichten die formelle Sanktionierung der Rechtsgrundlage des gegenwärtigen mitteldeutschen Wirtschaftsgefüges. sanktionieren b : 1781 Literar. Pamphlete 9 Wir wollen den Cavaliers und den Damen das Vorrecht lassen, dass sie die Bilder, Figuren und Wendungen, welche in den mündlichen Gebrauch kommen sollen, sanctionirten, unter der Bedingung doch, dass das Bild allemal mit der Sache in der wahren Proportion stehe; Gedicke 1795 Schulschriften II 291 niemals aber als unveränderlich und nicht weiter verbesserlich sanktionirt; Fr. Schlegel 1796 Versuch (Baxa, Ges. 35) die despotische Arroganz, seinen . . . Privatwillen zum allgemeinen Willen selbst, als demselben völlig adäquat zu sankzioniren, [ist] ein wahres Maximum der Ungerechtigkeit; Gärres 1800 Polit. Schriften I 72 Angenommen durch die Acclamation des Kleinmuths, sanctionirt durch die Krönung des Aberglaubens; Soden 1805 Nationalökonomie 2 Man glaubte ihre Rechtlichkeit dadurch zu sankzioniren; Steffens 1821 Caricaturen II 340 Die gesetzgebende Gewalt im Staate [wird] von dem allgemeinen Bewusstseyn sanctionirt; 1825 Kunst-Blatt 4 die durch Tradition sanctionirten Motive; 1829 Briefw. G.-Z. V307 Die Pariser Akademie sanctionirt die Vorstellung: der Mont blanc sey ganz zuletzt . . . aus dem Abgrund hervorgestiegen; 1847 Mola 148 einem traurigen, aber von der bestehenden Gesellschaft sanctionirten Vorurtheile gehorcht; Marr 1848 Mensch und Ehe 9 dass die Zahl derer, die Kopf und Herz . . . auf dem rechten Fleck tragen, klein, sehr klein, der Ocean, den man bürgerliche Gesellschaft,
Staat etc. nennt, sammt seinen sanctionirten Eigenheiten gross, sehr gross ist; 1852 Prut%' Museum II 214 aber wird nicht dies ungezwungene Kommen und Gehen, wie es in den Societäten herrschen soll, recht eigentlich die Anarchie und damit die Revolution sanctioniren ?; Springer 1870 Berliner Prospecte 141 die Gesellschaft, die noch Krieg und Blutvergiessen sanctioniren . . . muss; Schmidt 1871 Bilder N.F. 479 obgleich sieben Millionen seinen Staatsstreich sanctionirten; Naturwiss. Wochenschr. 18 (1903) 12 hierdurch wird keinerlei wahres Wissen gefördert, wohl aber indirekt die Beteiligung am Glücksspiel sanktioniert; Jodl 1911 Vom Lehenswege 111 Lehre, welche auch der in die Sozialwissenschaften eingedrungene Darwinismus zu sanktionieren schien; Meinecke 1924 Idee 435 Was sein Empirismus erkannte, musste sein Idealismus sanktionieren; Lokesch 1927Fortf. v. Scherr,Kulturgesch. 705 Außer diesen behördlich erlaubten Stätten der „Lust" gab es noch eine Reihe sanktionierter Hotels, wo man mit einer Dame seine schwache Stunde zubringen konnte; Lokal-Anz. 15. 3. 1933 Und zu einer furchtbaren Anklage gegen Frankreich wachsen sich andere Bilder aus, die von der Verwendung farbiger Truppen im Weltkrieg berichten. Hier ist der Kampf der farbigen Rasse gegen die weiße geradezu sanktioniert worden; Süddtsch. Ztg. 18. 1. 1951 Er versicherte, die Mehrheit der Sozialdemokraten stehe im Gegensatz zur Haltung ihres Parteiführers Schuhmacher, der die Absage Adenauers an Grothewohl sanktioniert habe; FAZ5. 10. 1971 Ein Studium, das sich auf das Auswendiglernen von gewissen Textstellen beschränkt, ist eine Farce, und es gereicht keiner Universität zur Ehre, wenn sie mit der Verleihung des Diplomtitels diese Farce sanktioniert. Sanktionierung: Floret 1814 Ansichten 4 Sanctionirung des Atheismus; 1840 DVjS III 203 Sanktionirung dieses Princips; Curtius 1921 Barrls 218 Sanktionierung und Aufschönung all der nationalen Charakterzüge, die Frankreich . . . das Ansehen eines rückständigen Rentnerstaates gegeben haben.
Sansculotte M. (-n; -n, vereinzelt auch -s), Ende 18. Jh. entlehnt aus frz. sans-culotte, eigentlich 'Ohne-Kniehose'; in der Französischen Revolution schlagwortartig verwendete Bezeichnung für 'Klasse der Armen, Unterprivilegierten', dann speziell für die extrem revolutionären oder anarchischen proletarischen und kleinbürgerlichen Anhänger (bes. Patrioten, Republikaner, Jakobiner) der Pöbelherrschaft, die keine Culotten (Kniehosen) wie die Aristokraten, sondern Pantalons (lange, enge Hosen) trugen; in pejorativer Verwendung ins Deutsche übernommen, anfangs vorübergehend mit „Hosenloser, Unbehoster, Barschenkler, Hans Hosenlos" verdeutscht; dann auch allgemeiner
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und übertragen auf (niedere) soziale Stellung, äußeren Habitus oder (meist kritische oder revolutionäre) gesellschaftspolitische Anschauung von Personen. Dazu gleichzeitig die veraltete Verbalbildung sansculotti(si)eren 'jmdn. zum Sansculotten machen', auch 'wie ein Sansculotte gesinnt sein'; die subst. Ableitungen Sansculotterie (veraltet) und bes. Sansculottismus M. (-; ohne PI.) 'Stand, Wesen, Gesinnung der Sansculotten; Zügellosigkeit', bes. in der Goethezeit häufig in der Wendung literarischer Sansculottismus für eine meist triviale, sozialengagierte und -kritische Literatur, im 19. Jh. auch als Bezeichnung für eine politische Bewegung zur Aufhebung sozialer Unterschiede; die adj. Ableitung sansculottisch 'die Sansculotten betreffend; nach Art, in der Gesinnung der Sansculotten'; in neuester Zeit die subst. Gelegenheitsbildung Sansculottentum 'sansculottische Einstellung; aufrührerisches, revolutionäres Wesen und Treiben'. Sansculotte: Wietand 1792 Teutscher Merkur II 379 Diese Menschen bestehen beynahe bloß aus Leuten mit zerfißnen Hosen (Sans-Culottes), aus Leuten ohne Eigenthum, und ohne Talent oder Neigung, sich durch rechtmäßige Mittel welches zu erwerben (LADENDORF); Goethe 1792 Br. (X 22) Man schilt [wegen schlechten Wetters] Jupitern einen Jakobiner, ja einen sans culotte; 1792 Pfalz (Luise v. Kobell 1894 Erinn. I 30) Es leben die Sansculotten! . . . Es leben die Fischweiber!; Rönnberg 1794 Reichsmaterial 214 stürmte die Sanscülotte Majestät, mit allen Greueln einer entflammten Volkswuth daher; 1794 RevolutionsAlmanach 3 es gibt Cercles, clubs, mit Präsidenten, Klingeln, Tribünen. Ja, es gibt [in Genf] sogar einen Club der Sans-Culottes, und einen Club (Genfer-)Marseiller; Wölfiing 1795 Reise I 162 fing ich an, der belobten Freyheit und Gleichheit das Wort zu reden, und so recht im Sanscülottentone die Freyheit von Gesetzen und Abgaben zu erheben; 1795 Revoluvjonsgallerie IV 55 Ein Priester . . welcher sich den Sanskülottenprediger zu nennen pflegte; Rebmann 1795 Ludwig 56 die litterärischen Sansculottes; Hess 1796 Durcbßüge d. Deutschland I 65 Noch bis auf diesen Tag sieht man, zum Andenken jener unsinnigen Begebenheit, wo in Deutschland die Sanscülottes für die Aristocraten ihr Blut vergossen, an einem der Kirchenpfeiler einen rothen Strich, eines halben Mannes hoch, um die Höhe des Bluts zu bezeichnen; Laukhard 1797 Leben (IV 66) Man weis ja, wie sauber man die französischen Ohnehosen (Sansculottes) und ihre Ohnehosenschaft (Sansculotterie) beschrieben hat; ebd. (IV 282) die Sansculotten — diesen Namen führten 1793 und 94 alle die, welche für echte Patrioten gehalten seyn wollten; ebd. (IV362) also machte ich mich an einige französische Sankülotten, •— sie nannten sich selbst so, oder Revolutionaires: Soldaten wollten sie nicht heissen, auch nicht einmal Volontärs; ebd. (IV 443 Anm.) Sans-culottes heisst bekanntlich Ohne-Hosen. Einmal zielte man mit dieser Benennung auf diejenigen, welche
gestrickte, fleischfarbene und so glatt anschließende Beinkleider trugen, dass es schiene, sie trügen gar keine, oder wären ohne Hosen. Diese Glättlinge nannte man nachher Muscadins. Eigentlich aber nannten die Höflinge und der Adel alles, was zum Volke gehörte, und zwar zur derben, zerlumpten oder uneleganten Klasse, die den Hofund Adels-Druck am tiefsten gefühlt hatte . . . verachtungsweise Sansculottes; Scharnhorst 1798 Denkw. II 163 Die Jacobiner — dies waren die eigentlichen sans culotten; P f e f f e l 1810 Pros. Vers. V 9 die Weinflasche und ein mächtiger Schnurrbart haben mir bei ihnen den Ruhm eines braven Sanskülotte erworben; 1820 Urania 494 Die ganz alte Welt theilte sich in behosete und unbehosete Menschen. Und, was das merkwürdigste ist, die Sansculottes und Ohnehosen waren die wahrhaft verfeinerten und gebildeten Völker des classischen Alterthums, die Griechen und Römer; Hüften und Schenkel umschliessende Beinkleider aber machten durchaus das Abzeichen barbarischer Nationen; Hundt v. Hafften 1864 Rechte II 65 die Wissenschaft als Sansculotte, jeder Fessel frei und ledig; 1888 Grenzboten II 143 die thronstürzenden Siege der Sansculottenheere; Bleibtreu 1889 Nap. I. 135 Denn Lannes war und blieb sein Lebenlang in des Wortes verwegenster Bedeutung ein Sanskülotte, dem cynische Verachtung aller Formen und Formeln oberstes Gesetz . . . waren; Hölzjae 1902 Hässliche 58 Konrad Alberti's Roman „Die Alten und die Jungen" . . . steht über dem andern [literarischen] Schund, als der Autor darin . . . gegen die Pflege der ausländischen Sansculottenliteratur in Deutschland vorgeht; Sombart 1919 Soz. 200 die eigentliche Masse der Sanskulottes bilden aber diese Lohnarbeiter nicht. Die bildet vielmehr das Pariser Kleinbürgertum; Lokal-Anz- 10. 8. 1934 Es waren die Sansculotten der Revolutionszeit, die ihrer Abneigung gegen die Symbole einer ihnen verhaßten Herrschaftsform auf solche Weise Luft gemacht haben; Dörfler 1947 Sohn 159 böse Gäste kamen und nahmen sogar mit, was sie an reitbaren
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Pferden vorfanden. Die Sansculotten rückten an, requirierten, fouragierten, verlangten Hand- und Spanndienste; Stickelberger 1953 Ufer (XII 46) Der Lilienkönig ist schachmatt, der Sansculottenpöbel hat das Heft in Händen; Rudel 1961 Massen (Übers.) 12 Carlyle, welcher der „niederen Sansculottenwelt" zwar Sympathien entgegengebracht, jedoch zwischen Bewunderung und . . . Entsetzen schwankte. Sansculottentum: Lothar 1961 Wunder 70 jenes Sansculottentum des Wortes, das Expressionismus und Neo-Naturalismus begünstigten. Sansculotterie: Rebmann 1796 Verfolgungen 167 dass Christus selbst eine Art von guter Sansculotterie gepredigt hat; Laukbard 1797 Leben (IV 262) Ist es etwas anders, als die niedrigste Sanskülotterie, wenn der Grossherr, dem die Strasse nicht breit genug gelassen werden kann [sich gemein benimmt] ; Scherr 1865 Blücher II 15 gab er . . . [Napoleon] sehr deutlich zu verstehen, daß es mit der Rohheit der Sansculotterie wie mit der Lüderlichkeit der Direktorialorgie vorbei sei. sansculotti(si)eren: 1793 fournal der Moden VIII 159 sansculottieren; Stern 1881 Gitter 317 ein Kunstbegriff, allen Verdacht von sich abzuwenden oder . . . sich zu „sansculottisieren". sansculottisch: Böttiger 1794 Literar. Zustände (V 84) sansculottischen Demagogenrede; 1795 Revolutions-Almanach 325 die Manen der im Ruf des sansculottischen Patriotismus Verstorbenen; Rousseau 1800 Staats-V. (Übers.) Vorher. IV groben sanscülottischen Schmutz; Wieland 1802 briefl. (Zf Bfr I 302) dies ist, mit deiner Erlaubnis, junger Herr, nichts als ein sanskülottisches Gerede; Goethe 1831 Tagebücher (XIII 67) sansculottische Partheylichkeit; Pecht 1876 Glaspalast 56 eine Rotte sanscülottischen Pöbels.
Sansculottismus: Voigt 1793 briefl. (Diekmann, Weimars Glanzzeit 69) Es ist gar zu albern, dass man die Gelehrten des Sansculottismus beschuldiget; Niebubr 1793 Br. I 7 Sansculottismus und Philoguillotinismus; 1794 Revolutions-Almanach Vorber. 2 alles zu vermeiden, was an scurrilen Witz oder überhaupt an litterarischen Sansculotism grenzt; Fr. Schlegel 1796 Versuch (Baxa, Gesellschaft 40) Die Ochlokratie . . . ist jedoch nebst der Tyranney: denn die Neronen können dem Sansculottismus den Preis recht wohl streitig machen; 1798 Merkur (\V.) II 37 Greueln der Anarchie und Barbarey des schmählichsten Sanskülottism; Küttner 1801 Reise III 135 die Barbareyen einiger Philosophen, die Zügellosigkeit und den Sanscülotism einiger sogenannter schönen Geister; Stein 1842 Soz. 52 Der König fiel, die Republik erstand; der Sansculottismus war das Losungswort der Zeit; Hettner 1848 (Schriften 273) unerbittlich gegen allen sich schamlos aufspreizenden literarischen Sansculottismus; Falke 1866 Gesch. d. mod. Geschmacks 356 es blieb von diesen Bestrebungen zur Reform des Costüms nichts übrig als die rothe phrygische Mütze und die Bezeichnung Sansculottismus, die daher entstand, weil die Reform im antiken Sinne mit der Abschaffung der Beinkleider beginnen wollte; Kalkschmidt 1928 Freiheit 33 Sansculottismus des Gedankens und des Ausdrucks; 1933 Revolutionen d. Weltgesch. 722 Der Kern des über die Art von Revolutionismus zu Sagenden lässt sich dahin zusammenfassen: sie ist Sansculottismus; Sturminger 1938 polit. Propaganda 192 den ganzen „Sansculottismus" in der Kleidung; Mayer 1963 Klassik 110 [Diderots „Rameaus Neffe" erinnert] an Goethes Aufsatz über Literarischen Sansculottismus.
Saphir M. (-(e)s; -e), seit Mitte 13. Jh. nachgewiesene Entlehnung aus gleichbed. spätlat. sap(p)hirus ( < lat. sappirus < gleichbed. griech. adutpeipos, wahrscheinlich zurückgehend auf hebr. sappir 'Lapislázuli'), anfangs auch in den Schreibungen Sap(p)hi(e)r,
Safir, Saphjr,
im 13. Jh. vereinzelt lat. flektiert; 1 in der Bed. '(durchsichtiger)
blauer, diamantähnlicher Edelstein, hellblauer Korund; Mineral', wegen seiner Farbe, Kostbarkeit und Schönheit häufig in poetischen Vergleichen und Metaphern (saphirblau) verwendet; dazu gegen Mitte 14. Jh. die adj. Ableitung saphirisch '(blau) wie ein Saphir', seit frühem 16. Jh. die adj. Ableitung saphir(e)n 'aus Saphir bestehend; saphirfarben'. 2 In neuester Zeit auch fachspr. für 'Nadel mit Saphirspitze am Tonabnehmer des Plattenspielers'. Saphir 1: U/r. v. Lichtenstein 1255 Frauendienst 171 daz ober teil [des Schildes] daz was gemal/reht als ein lieht saphire plä; 1270 Jüng. Titurel 1884 sie zieret baz dann saphir in dem golde; 13. fh. Vol-
mars Steinb. 129 der safir ist gesar: recht als der lüter himel klär; 1349/50 Megenberg 458,14 die saphir, die von orient koment, die sint die pesten und allermaist die oben weizloteu wölkel habent
Sarabande und dicker varb sint (DWB); 1380 Altswert 29,30 frou Stete treit saffir blo (DWB); 1519 Synonyma 30* saphir stein; Fischart 1581 Dämonomania 496 Saphyr; 1641 Weckherlin 703 und jhre zween augstern seind funckelnde saphir (DWB); Neumark 1657 Fortgepfl. Musik-Poet. Lustw. II 279 Er praalet hie und da mit Turksen und Safiren/Die manches Weingerank am schwanken Stokke ziehren; Dürer 1668 Lauf d. Welt 23 unter andern ersähe sie ein gar mit saffieren versetzte armbänder, die böte der jubelierer um hundert reichsthaler; 1779 Lessing (V 433) Wie, wenn es ein gebrannter Amethyst oder Sapphir oder Smaragd wäre? (KEHREIN); Flurl 1792 Gebirge 303 die sogenannten Wissgerbischen Saphire; um 1830 Heine I 120 saphire sind die äugen dein, die lieblichen, die süszen (DWB); Liliencron 1896 Poggfred (XII 40) Mit Saphirspangen, die den Himmel prahlen; 1916 Goethe-Handbuch I 452 [vier Elemente und vier Edelsteine werden anerkannt] Rubin (Feuer), Smaragd (Erde), Saphir (Wasser), Diamant (Luft); Wohl 1932 Reporter 91 Sogar Lillis hübsche Saphirohrringe sind da und die kleine Perlenkette; Frankf. Ztg. 9. 12. 1934 Ein kleiner Vogel mit saphirblauer Brust balancierte in einem schrägen Lichtstrahl; FAZ 29. 9. 1966 Der schönste Saphir (Uberschr.) Im Kunstauktionshaus Sotheby in London gelangt im Oktober ein historischer Schmuck zur Versteige-
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rung, der . . . einen fünfziffrigen Betrag und noch dazu in Pfund Sterling einbringen wird. Es handelt sich hierbei um einen Saphir, der nicht nur als der größte, sondern auch als der schönste der Welt bezeichnet wird; ebd. 13. 6. 1970 die Saphire im Meurice (Überschr.) Nach den Rubinen im „George V" kommen jetzt die Saphire im „Meurice" . . . Louis M. Gérard hat es unternommen, diejenigen Edelsteine wieder en vogue zu bringen, die man „die bunten" nennt. Er jongliert mit Rubinen, Saphiren, Smaragden und sogar mit Türkisen und Korallen, um daraus wahre Kunstwerke zu zaubern. Gestern entfesselte er . . . eine wahre Sintflut der schönsten, blauen Saphire. saphir(e)n: Pauli 1522 Schimpf 202 ein Saphiren [Stein]; Lohenstein um 1670 Auserles. Ged. I 266 zu den saphirnen zimmern, wo aller götter thron und tausend fackeln schimmern (DWB); um 1810 Fr. Müller 178 hoch stehen die saphirnen gewölbe des himmels (DWB); um 1824 Wieland II 200 Der eine Spiegel des saffirnen Himmels (KEHREIN) ; um 1850 Freiligrath (SW. V 96) O in Palästen gülden und saphiren/o in der Sonnen und Gestirnen Heer (SANDERS DWB). saphirisch: 1349—50 Megenberg 214,5 die pfawen habent saphirisch prüst und häls, daz ist staeter gelaub und staeteu werk (DWB).
Sarabande F. (-; -n), Anfang 17. Jh. über gleichbed. frz. sarabande entlehnt aus span. ^arabanda 'alter Tanz' (vermutlich zurückgehend auf pers./arab. serbend 'Gesang, Tanz'), früher auch in der Form Sarabende; 1 als Bezeichnung für einen lebhaften (altspanischen) Volkstanz im Dreivierteltakt, im 17./18. Jh. für einen Gesellschaftstanz (bes. am spanischen und französischen Hof), und auch in der Musik für einen Satz der Suite und Sonate. 2 Seit frühem 17. Jh. vereinzelt nachgewiesen in übertragener Verwendung für das taktmäßige Schreiten des Pferdes in der Reitschule. Sarabande 1: Praetorius 1612 Terpsichore XVf. lein zu wagen; 1707 (Schultz, Alltagsleben einer dt. Sarabanden . . . La Sarabande (JONES); Martin Frau 15) ich tanz zwar zierlich im ballet / ein sara1627 Colloques 103 etliche Galliarden / Couranten band und menuet (DWB); 1730 o. T. o. Ciavier unnd Sarabanden spielen (JONES); Lassenius 1661 Übung, bestehend in Praeludien, Allemanden, Tischreden 187 da man allerhand Balleten, Couran- Couranten, Sarabanden, Giguen, Menuetten, und ten, Sarabenden . . . und dergleichen Dinge daher anderen Galanterien (SCHEID); Gottsched 1754 tantzet; Gryphius 1663 Horr. 48 mit vielen Sonne- Auszug a. Batteux' Schöne Künste 200 Anm. Denn ten, Madrigalen, Quadrimen, Oden, Canzonen, nach dem sich die Componisten zu schämen angeConcerten, Sarabanden, Serenaden, Aubaden, fangen, daß ihre sogenannten Suiten, nichts als das Widerspiel beweisen; Weise 1668 Überfiüss. Tänze, d. i. Sarabanden, Bourreen, Gavotten, Gedanken (Ndr.) 222 das sey ihm geschworen, so Allemanden, Polonoisen, und Sicilianen bedeulang als ein weiß Plätzgen an seinem Leibe seyn teten; Spam 1822 Zilia (I 9) eine Sarabande wird, sollen die Sclaven nicht aufhören, eine tanzte; Böhme 1886 Gesch. d. Tanges I 262 Solch Sarabende nach der andern aufzuspielen; 1677 eine Vereinigung oder Folge von vier alten TanzMachiavell. Hokuspokus 99 diese hatte ihre Füsse formen in der Ordnung 1. Allemande, 2. Saraabgerichtet, nach einer . . . Scharabande ein Sätz- bande, 3. Courante, 4. Gigue, nannte man Suite;
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sardonisch — Sarkasmus
1916 Franzosen 199 Sehr gern gibt sich am ersten besten Werktage der Einzelne oder eine Gruppe junger Leute zu Sarabenden . . . auf den belebtesten Straßen her; NiebelschUtz 1961 Spiel 32 Musik . . . eine feierliche und grosse, vornehm gedämpfte Sarabande. Sarabande 2: 1626 Pluvinels Reitschule 5 Diese Arth zu tummelen / habe ich des Bonniten Sara-
bande genant (JONES); Holleuffer 1882 Bearbeitung 188 Zu der Sarabande in den Kurbetten stellt man sich in der Mitte des Reithauses auf, lässt erst piaffiren . . . dann fängt man wieder . . . in der angegebenen Reihenfolge [an], die man so lange beibehält, als es das Vermögen des Pferdes gestattet.
sardonisch Adj., seit spätem 16. Jh. vereinzelt, erst seit frühem 19. Jh. häufiger belegte Entlehnung aus gleichbed. lat. sardonius (risus) ( < spätgriech. crapSovios (yeAcos) 'bitter(es Gelächter)', zu griech. crapSävios 'bitter, verächtlich (lachend)', nach dem auf Sardinien gedeihenden Giftkraut Sardonia herba, das Gesichtsverzerrungen hervorruft); in der Bed. 'krampfhaft verzerrt; bitter, verzweifelt, höhnisch, grimmig (lächelnd)', meist in der Wendung sardonisches Lachen/Lächeln/Grinsen, in der Medizin auch 'maskenhaft; (scheinbar) grinsend', v o n einer (meist schmerzhaften) Verzerrung der Gesichtsmuskulatur oder einem Verziehen des Mundes. Xylander 1580 Plutarchus 211b Sie lachten ein Sardonisch Gelächter; Weißbach 1722 Kur 501 der etwa nur das maul gezerret wird/als welche unter den nahmen spasmus Cynicus und cisus Sardonius bekannt sind; Richter 1814 Epidemie 42 sardonisches Lachen; Capuron 1821 Krankheiten der Kinder (Übers.) II 356 Vom sardonischen Lachen; Gervinus 1846ff. Nationallit. V 20 Attisch zu lächeln, wo Zener sardonisch lachte; 1852 Anm. Lit. Reaktion 23 in ein sardonisches Lächeln ausbrechen; Gutzkow 1873 Rückblicke auf mein Leben 57 um den Mund spielte ein satyrisches Lächeln, das sich bei manchem seiner Einfälle in's Sardonische verlieren konnte; 1888 Wien I 219 die von Schiller sardonisch besungene Sage von den Phäaken an der Donau; Werthenau 1910
Interessante Wörter 90 Der Ausdruck sardonisches Lachen war schon bei Griechen und Römern üblich, und zwar für das krampfhafte Lachen, das durch den Genuß des sardinischen Krautes (herba sardea) bewirkt werden sollte, einer Pflanze, die auf Sardinien einheimisch war, dann aber auch in andere Gegenden verpflanzt wurde. Sardonisches Lachen also = sardinisches; Schlüter 1911 Hirten 39 das sprichwörtlich gewordene „sardonische Lachen"; Marie v. Thurn u. Thaxis-Hohenl. 1932 Erinn. a. R. M. Rilke 49 [er] war voll unbeschreiblicher Launen . . . ich höre noch sein sardonisches Lachen; Stuttgarter Ztg. 6. 3. 1969 Obgleich Helmut Qualtinger ungezählte Möglichkeiten besitzt, wenn er bösartige Güte, sardonisches Wohlwollen, herzhafte Grausamkeit . . . zu artikulieren hat.
Sarkasmus M. (-; Sarkasmen), seit spätem 16. Jh. vereinzelt, seit Anfang 18. Jh. häufiger belegte latinisierte Entlehnung aus griech. aapKOOTiiös' 'das Zerfleischen; Hohnlachen, bitterer Spott' (zu crapK&^Eiv 'ins Fleisch schneiden, zerfleischen; mit zusammengepreßten Lippen sprechen, höhnen', zu aap^ 'Fleisch'), anfangs lat. flektiert und in den Formen Sarkasm, Sarkasme; in der Bed. '(ins Fleisch) schneidender, beißender, ätzender, kalter Hohn; scharfer, bissiger Spott; bittere Ironie; auf Kränkung bedachte, grausame Stichelei' als menschlicher Wesenszug oder Verhaltensweise und, meist pl. verwendet, v o n mündlichen und schriftlichen Äußerungen, früher auch in der Rhetorik und Stilistik. Heerbrand 1589 Ketzer Katzen 96 ein Teuflischer Sarcasmus, stich vnd Spott der Gottlosen Esauiten; Knaust 1614 Kunst Bier z- brauen Vorr. 4* Nun seynd aber gewisslich diese Vorwürffe, gar bittere Sarcasmi vnd feindliche Auflrückungen, die Nie-
mand gern auff jhm last ersitzen, Aber dennach so bin ich willens gewesen, die Scommata alle mit Stillschweigen fürüber zu gehen; Linde 1706 Ged. b 2* Ironien, Sarcasmos, Hyperbolen, und andere Inventiones; Sonnenfels 1768 Briefe 380
sarkastisch bey eben dem Volke, das an die bittersten Sarkasme gegen eine lebenslängliche [eheliche] Verbindung verwöhnt ist; 1781 Literar. Pampbiete 187 Vossens geisselnden Sarkasme; Müller 1792 Herr Th. IV 194 verdauete seine Sarkasmen; Brun 1800 Schriften III 316 sein natürlicher Hang zum Sarkasm'; Bauer 1836 Ueberschw. 166 nicht noch einige Grobheiten gesagt und mit etlichen Sarkasmen ihm zugesetzt habe ; Glasbrenner 1836 Bilder 136 In die unterste Volksklasse [Wiens] dagegen ist schon ein Sarkasmus gegen die bestehende Regierung gedrungen, der sich in unzähligen Scherzen ausspricht, die einen immerwährenden Stoff zur Unterhaltung bieten; Florencourt 1847 Zeitbilder I 151 mit einigen verdeckten bittern Sarkasmen; 1858 Kunst u. Handwerk 1211 mit . . . schneidendem Sarkasmus; Vis eher 1861 Krit. Gänge N. F. II 101 Hamlets Sarkasmen in diesem Gespräche gehen nicht auf Untreue; Meyr 1866 Gespr. 27 Sein Lächeln erhielt einen Zusatz von Sarkasmus; Fran^ps 1876Juden von Barnow 34 man fürchtet ihn wegen seines Sarkasmus; Heer 1902 Joggeli 276 feingeschliffenen Sarkasmus; Bieberstein 1903
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Recamier 57 Die Nachreden waren in ihrem Salon durchaus verpönt, ebenso Stichelreden und Sarkasmen, wie sie in anderen Salons der damaligen Zeit so beliebt waren; Voss. Ztg. 29. 3. 1932 stand ich bald vor einem der Konflikte, die für Wien charakteristisch waren: nicht schwerwiegend, ohne Leidenschaft, aber durch leise Schärfe, kühlen Sarkasmus bedrückend; Lokal-Anz• 20. 2. 1933 mit seinen witzigen Sarkasmen beleuchtet; Dtsch. AZ. 6. 8. 1935 Was macht es schon aus, daß da ein bißchen gespottet wirdl Die Lebenshaltung war dort nun mal sarkastisch, denn in diesem Sinne ist Sarkasmus nicht eine Kunst, sondern eine Lebenshaltung, die bei den meisten ganz an der Oberfläche saß; Dörfler 1947Sohn 140 denn Sarkasmus lähmt, die Sarkasmen des Vaters haben mich starr gemacht; Archiv f . Kulturgescb. 36 (1954) 302 die Waffe eines grausamen Sarkasmus; Offenburger Tagebl. 22.7.1970Das alles war in modischer Kühle, mit einem teilweise aufreizenden Sarkasmus, sehr viel Feingefühl für die Wirkung von Nuancen und durchaus fesselnd inszeniert.
sarkastisch Adj., Ende 18. Jh. entlehnt aus griech. aapKOccnKÖs' 'zerfleischend,
schneidend; bitter spottend' (zu aapKd£eiv, -> Sarkasmus) mit der im 17. Jh. vereinzelt nachgewiesenen Nebenform sarcasmisch; in der Bed. 'beißend spöttisch, bitter höhnend, stichelnd', als menschlicher Wesenszug oder Verhaltensweise. sarkastisch: Müller 1792 Herr Th. III 81 Herr Thomas hörte diese sarkastische Ovation . . . an; Buchholz 1821 Tascbenb. 263 durch die Geschicklichkeit, womit der sarkastische Herr Cannina sich des Ministeriums annahm; König um 1875 Hum. II 97 ersuchte im Nahmen des Bataillons den Sprecher um nähere Aufklärung seiner sarkastisch hingeworfenen Worte; Walloth 1886 Seelenrätsel 300 und presste hierauf die zitternden Lippen, ein wildes, sarkastisches Lächeln unterdrückend, fest aufeinander; ebd. 74 entgegnete Eduard achselzuckend, wieder in seine sarkastische Laune verfallend; Lübke 1891 Lebenserin. 112 seine kaustischen und sarkastischen Bemerkungen; Scback 1894 Erinn. I 315 in höchst scharfer und sarkastischer Weise; Gilly 1896 Fesseln I 167 Georgs Lippen krümmten sich sarkastisch; Thoma 1923 Münchnerin (VH 343) als gekränkter Ehemann war er gross in Seitenhieben und sarkastischen Bemerkungen über wahre Noblesse und Solidität; Werfel 1929 Abituriententag 308 sarkastisch-gelangweilt; Berl. Illustr. Nachtausg. 26. 7. 1933 Die Grundkarte soll übrigens einen sarkastischen Mahnspruch erhalten, etwa in der Art: „So sorgt der nationalsozialistische Staat für dich, 4 Fremdwörterbuch
darum mußt du ihn bekämpfen"; Dtsch. AZ 4. 1. 1935 Der Führer schilderte dann in überaus sarkastischer Weise, wie sie immer wieder nach ihren alten abgegriffenen Rezepten versuchten, durch Lügen den Anschein von Mißtrauen und Uneinigkeit zwischen den Führern in Deutschland zu erwecken; Berl. Börsen-Ztg. 25. 5. 1935 Rede, die trotz des Ernstes doch einer gewissen „wirkungsvollen sarkastischen Würze" nicht entbehrt habe; Süddtsch. Ztg. 17. 8. 1959 Schon ist das sarkastische Wort gefallen, die Amerikaner wollten zweimal als Helfer auftreten: erst komme die Ware . . . dann wolle man den Erlös in Landeswährung als Kredit geben; 1964 Arbeitgeber N. 18 Hier zeigt sich, daß die dicksten Brocken, die das Gesicht der laufenden Wahlperioden prägen könnten, noch um es sarkastisch zu umschreiben — in der Luft hängen; Bad. Ztg. 8. 6. 1967 die stereotyp wiederholte, durchaus sarkastisch gemeinte Formel von den guten Menschen, sarcasmisch: 1677 Machiavell. Hokuspokus 184 denn La Mode sagt von solchen in sarcasmischer Kurzweil: die sarcasmischen Scherze Munden / wie die Krotzenberger Weine / nicht wol.
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Sarkophag — Satan
Sarkophag M. (-s; -e), um 1600 vereinzelt, seit spätem 18. Jh. häufiger bezeugte Entlehnung aus gleichbed. kirchenlat. sarcophagus 'fleischverzehrend; Fleischverzehrer, -fresser', dann auch 'steinerner Prunksarg' ( < gleichbed. griech. crapKO Satan mit der Bed. 'teuflische Gesinnung; Teufelsverehrung, -kult; Diabolismus', ursprünglich auch als Bezeichnung f ü r den weltschmerzlerischen Byronismus in der englischen Romantik, dann allgemeiner für eine europäische Literaturströmung, die das Böse, Krankhafte, Grausame und Häßliche (um seiner selbst willen) darstellt und verklärt; dazu seit Ende 19. Jh. die adj. Ableitung satanistisch 'teuflisch; den Teufel anbetend, verehrend; dem Satanskult angehörend' und seit frühem 20. Jh. die seltene subst. Ableitung Satanist M. (-en; -en) 'Teufelsanbeter'.
Satellit Satanismus: Cancrin 1820 Militairökonomie I 23 Satanismus; 1868 Magazin d. Auslandes 443 Sie wissen, dass der Satan wieder Mode geworden ist und dass man Hirtenbriefe ausschließlich in diesem Sinne wieder abfasst. Einer dieser Hirtenbriefe, betitelt „der Satanismus" verdankt seinen Ursprung dem Herrn Bischof von Aire und Dax; Gutzkow 1875 (46) Säkularbilder (VIII 111) Gerade wie es von Lord Byron hiess, dass er den Satanismus in die Poesie eingeführt hätte; Kraus 1895—99 Br. Beil. Nr. 124 IV den bekannten Offenbarungen und Schicksalen der Miss Diana Vaughan und als eine Fortsetzung der gegen den „Satanismus" kämpfenden hallucinatorischen Thätigkeit; Poppenberg 1913 Rokoko 35 erotischer Satanismus; Dombrowski 1919 System 196 literarischer Satanismus; Eiserne Blätter 1 (1920) 772 Satanismus (Überschr.) Gibt es einen Teufel, d. h. Verkörperung des Bösen? . . . jedenfalls gibt es hier auf Erden Handlungen und Handlungsweisen, die sich geradezu als eine Verkörperung des Bösen, als Satanismus, darstellen; Die Neueren Sprachen 28 (1921) 472 Der Satanismus Huysmans' schließt sich theoretisch an Erscheinungen des konsequentesten ethischen oder religiösen Dualismus an, wie ihn etwa die Gnosis vertreten hat; in der Gestaltung des Romans wird er durchgeführt gelegentlich einer grandiosen Schilderung des Lebens und der grauenhaften Verbrechen des Marschalls
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Gilles de Rais. Die Beziehungen zu dem modernen französischen Satanismus, einer Form des Okkultismus, die dem Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts eigentümlich, sind so verschlungen, daß ihre Klarlegung äußerst schwierig ist; Raubut 1926 Mallarmé 19 Sein [Mallarmés] Satanismus ist vielmehr rein intellektuell, denn der Teufel ist für ihn . . . nur ein sehnsüchtig angeschautes Wahngebilde, keine gläubig erlebte Wirklichkeit mehr; Friedeil 1927Kulturgescb. I 128 Diabolismus und Satanismus; Hochgesang 1965 Mythos 151 Satanismus, die dichterische Verklärung des Bösen, Grausamen, Hässlichen und Kranken; Fischer 1966 Kunst 165 „Satanismus" der Romantik . . . Tendenz zum „Satanischen". Satanist: Raubut 1926 Mallarmé 19 Der Satanist verlangt also diese Sünden aus Haß gegen das Leben; Schmitt 1928 Essays 77 Don Juan . . . nur die geschlechtliche Abart einer metaphysisch bedingten . . . Urgestalt, des Satanisten. satanistisch: Horden 1892 Apostata N.F. 190 satanistisch; Schmitt 1914 Land 255 satanistische Liebe zur Finsternis; Dichtung 1 (1918) 29 ihre Herkunft war nicht ganz vergessen; Legenden umrankten sie, und man fand es pikant, ja satanistisch, daß eine ehemalige Kurtisane die neue Generation zur Reaktion und zum Klerikalismus erziehe.
Satellit M. (-en; -en), im früheren 18. Jh. über gleichbed. frz. satellite entlehnt aus (flekt. Form von) lat. satelles 'Leibwächter, Trabant; Gefolge, Anhang', anfangs auch lat. flektiert, l a Zunächst Fachterminus der Astronomie in der Bed. '(natürlicher) Himmelskörper, der auf einer unveränderlichen Bahn einen Planeten umkreist, Trabant'; b von daher in jüngster Zeit in der Raumfahrt verwendet in der Bed. 'künstlicher, die Erde (zu wissenschaftlichen oder militärischen Zwecken) umkreisender Himmelskörper; Raumsonde' (Erd-, Wetter-, Nachrichtensatellit). 2 Seit Anfang 19. Jh. auch pejorativ verwendet in der Bed. 'Gefolgsmann (eines Potentaten); (sklavisch untergebener, unterwürfiger) Diener, Helfershelfer, Handlanger, Spießgeselle', seit frühem 20. Jh. vor allem im politischen Bereich in der Bed. 'unselbständiger Staat, dessen (Innen- und Außenpolitik von einer (benachbarten) Großmacht diktiert wird' (Satellitenstaat); neuerdings auch in der Umwelt- und Städteplanung in der Zs. Satellitenstadt 'Trabantenstadt'. Satellit l a : Dippel 1734 Analysis 69 indem unsere Erde größer, als der Mars ist, und eben deßwegen einen Satellitem, oder Mond, vor jenem zur Commodität ihrer Einwohner nöthig hat; FontaneLepel 1855 Briefw. II 115 Satelliten bestimmter Planeten; Marcuse 1905 geogr. Ortsbest. 259 Die genaue Darstellung der Bahnbewegung unseres relativ nahen Satelliten bildet noch immer durch die von der Sonne und den großen Planeten verursachten Mondstörungen einen etwas wunden Punkt in der Himmelsmechanik.
Satellit l b : Süddtsch. Ztg. 18. 4. 1955 Die Sowjetunion hat bekanntgegeben, daß sowjetische Wissenschaftler an der Einrichtung eines automatischen Raumlaboratoriums arbeiten, das als Satellit um die Erde kreisen soll; ebd. 31. 5. 1957 Künstliche Erdsatelliten wollen die USA ab Februar 1958 aufsteigen lassen; Offenburger Tagebl. 18.2. 1959 Wettersatellit umkreist die Erde (Überschr.); Süddtsch. Ztg. 11. 7. 1962 In drei Jahren schon sollen etwa ein halbes Hundert von diesen Nachrichtensatelliten den Globus umkrei-
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sen; Stuttgarter Ztg. 1. 10. 1969 Drei für die nächste Zeit geplante Satellitenstarts in den Vereinigten Staaten sind . . . verschoben worden; FAZ 13.11. 1970 In Kenia ist . . . die Satellitenerdstation „Mount Margaret" in Betrieb genommen worden; Offenburger Tagebl. 24. 5. 1971 Nach den verfügbaren Unterlagen scheinen die sowjetischen Jagdsatelliten mit Systemen ausgerüstet zu sein, die sie befähigen, einerseits fremde Satelliten zu inspizieren, sie andererseits aber auch zu vernichten. Satellit 2: 1801 Eunomiall 35 Der Imperator war mit Satelliten umgeben; Jacobs 1823—24 Reden 97 wie ein Negerstaat . . . in welchem 600 Könige, mit einem . . . Schwärm blutdürstiger und raubsüchtiger Satelliten . . . umgeben; Fetter 1830 Teutschland I 3 Ihre [des Papsts Leo X.] nachgeborenen Satelliten, die geschmeidigen Söhne Lavyalas; Bacherer 1840 Stellungen I 38 daß der kirchliche Obscurantismus Hand in Hand mit dem politischen seine thatkräftigsten Satelliten hauptsächlich in Baiern zähle; 1864 Illustr. Welt 236 Der würdige Mann dauerte mich . . . denn bei meiner Vertheidigung der akademischen Freiheit, gegenüber der gemeinen Rohheit dieser Satelliten unserer dänischen Unterdrücker, kam er arg in's Gedränge; Oncken 1914 Aufsätze I 62 als Satellit einer Grossmacht; Stegemann 1930 Tage 85f. Ich bin in Intrigen alt geworden und habe mich selbst mancher glatten Larve bedient, um etwas zu erreichen, aber ich war nie willfähriger Diener und Satellit, auch dann nicht, wenn ich mich encanaillierte; 1935 Volku. Reich 105 [Italien ist] in den Rang eines Satelliten Frankreichs herabgedrückt; M.-A. Abend^tg. 9. 12. 1944 England riskiere das Ergebnis, Griechenland befreit und dessen Bevölkerung bewaffnet zu haben, um der Sowjetunion einen Satellitenstaat zu sichern, der ihr das östliche Mittelmeer öffne; 1948 Neue Rundschau 61 Europa wird sich dagegen wehren, auch wenn es um's nackte Leben geht, ein Satellit des amerikanischen Kapitals und unserer Industrie zu werden; Süddtsch. Ztg. 24. 3. 1949 Die Londoner Times schreibt . . . zur sowjetischen Besatzungspolitik in Deutschland, daß die Sowjets eine gesamtdeutsche Lösung vorzögen, weil sie erkannt hätten, wie schwierig es sei, aus der Ostzone einen vertrauenswürdigen Satelliten zu machen; ebd. 24.4. 1950 [sie] sollen für die Sowjetregierung einen Plan zur Zusammenfassung der Satellitenstaaten in einer streng zen-
tralisierten Wirtschaftsunion ausgearbeitet haben; ebd. 18. 1. 1951 „Satelliten-Orten". Man versteht darunter solche Orte, die durch ihre Grösse und die Zahl ihrer Industrie- und Gewerbebetriebe bereits eine gewisse Selbständigkeit erlangt haben; ebd. 29. 5. 1954 Sie [die Satellitenstadt] liegt in guter Verkehrsbeziehung mit einer Großstadt, weshalb der Satellitenbewohner am großstädtischen Leben teilhaben kann; sein Arbeitsplatz soll in der Satellitenstadt selber sein; ebd. 10. 10. 1957 In einem alten Fremdwörterlexikon steht, Satellit bedeute erstens einen Leibwächter und zweitens einen Folgestern. In diesen Bedeutungen kannten wir das Wort bis vor zehn Jahren. Es war ein Wort ohne Haß und Harm, ein freundliches Wort; war nicht der gute Mond unser Satellit Nummer eins ? Dann aber verkam das Wort in der Politik. Wir lernten nun Satelliten kennen, die nicht mit dem Fernrohr auszumachen waren. Sie gehörten auf die Erde und entfernten sich doch nach und nach immer weiter von uns . . . indem der Eiserne Vorhang dichter wurde. Wir vergassen, daß diese politischen Satelliten, keine Folgesterne, sondern Gefolgestaaten Rußlands, auch von Menschen bewohnt sind . . . Schlagartig ist dieser [pejorative] Beiklang weggewischt, und es ist eine besondere Ironie, daß gerade jene Macht, die aus selbständigen Völkern Satelliten machte, jenen Ball zuerst an den Himmel geschossen hat, der dem Wort nicht nur seine ursprüngliche Bedeutung zurückgibt, sondern gleichzeitig die Menschen von neuem davon überzeugt, daß sie es doch herrlich weit gebracht haben . . . [aber] Sputnik macht erst recht deutlich, wie unvernünftig der Mensch ist. Sogar dieses Himmelsgeschoß wird zu einem Satelliten des Kalten Krieges gemacht, obwohl er doch leicht ein Leibwächter des Friedens auf der Erde werden könnte; Münchner Stadtanz• 29. 1. 1960 bedarf es einer Klärung der neuen Begriffe „Neue Stadt", „Trabantenstadt", „Satellitenstadt"; 1966 Durch die schöne Welt H. 7/8 Kitzbühel ist natürlich fein, hier ist nicht nur im Winter etwas los. Und es hat eine Handvoll „Satellitendörfer", in denen man . . . billiger [einkaufen kann]; Offenburger Tagebl. 18. 3. 1969 Es ist deshalb wahrscheinlicher, daß die Russen ein paar Satellitenarmeen zu Hilfe rufen; Die Zeit 9. 4. 1976 wobei die „Sonnenfeldt-Doktrin" über ein „organisches Verhältnis" zwischen der Sowjetunion und ihren Satelliten als warnendes Beispiel herhalten muß.
Satire F. (-; -n), im späteren 16. Jh. entlehnt aus lat. satira 'Gedicht über vermischte Gegenstände, Mischgedicht; Spottgedicht' (am ehesten zurückzuführen auf lat. satura (lanx) '(buntes) Allerlei; Gemisch', ursprünglich 'gemischte Fruchtschale, den Göttern
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alljährlich als Opfergabe dargebracht', zu satur 'satt; reichlich; voll'), v o m 16.—18. Jh. auch in den Schreibungen Satyre, Satyra, bis ins 19. Jh. mit „Spott-, Straf-, Hohngedicht; Geißel-, Stachel-, Hechelschrift" verdeutscht. Als Bezeichnung f ü r eine zunächst der Rhetorik zugehörige, dann mit sämtlichen literarischen Formen und Gattungen sich verbindende ästhetische Empfindungs- und poetische Darstellungsweise, meist kritischpolemischen und/oder progressiv-voluntativen Charakters, die mit den (Stil-)Mitteln der Ironie (Spott, Witz), K o m i k und Übertreibung (Karikatur), mit den Techniken der Demonstration („verkehrter Welt"), Entlarvung (des Seins als Schein), Desillusion und Negation aktuelle gesellschaftliche, politische, sittlich-moralische Mißstände, menschliche Laster, Torheiten und Schwächen verspottet, attackiert oder bestraft; ihre wesentliche (ethisch begründete) Absicht, die gegenwärtige Kultur- oder Zivilisationsstufe zukünftig optimal zu verändern, erreicht sie durch Thematisierung des Widerspruchs v o n (zu erstrebendem) Ideal und (defizienter) Wirklichkeit. Dazu seit späterem 16. Jh. die auf gleichbed. lat. satiricus zurückgehende adj. Ableitung satirisch 'die Satire betreffend; mit den Mitteln der Satire arbeitend; spöttisch-tadelnd, beißend' und seit spätem 18. Jh. die subst. Ableitung Satiriker M. (-s; -), 'Verfasser v o n Satiren; jmd., der satirisch kritisiert; Spötter', die älteres gleichbed. Satiricus verdrängt, daneben das gleichbed., im 18./19. Jh. selten nachgewiesene Subst. Satirist, und seit Mitte 17. J h . die heute veraltende verbale Ableitung satirisieren 'etwas satirisch darstellen; sich satirisch äußern; (ver-)spotten\ Satire: Rot 1571 Dictionarius 349 Satyra Ein Poetisch gedieht/ wider mancherley laster ohn sondre Ordnung beschriben/ spott straff gedieht/ wie jetzung bey vnsern zeyten die Pasquilli seindt; Opitz 1624 Poeterey 23 zu einer Satyra gehören zwey dinge: die lehre von gueten sitten vnd ehrbaren wandel, vnd höffliche reden vnd schertzworte. Ihr vornemstes aber vnd gleichsam als die seele ist, die harte Verweisung der laster vnd anmahnung zue der tugend: welches zue vollbringen sie mit allerley stachligen vnd spitzfindigen reden, wie mit scharffen pfeilen, vmb sich scheußt; Hartmann 1678 Anatomia 213 und je subtiler die Satyra oder Gespött abgehet, je köstlicher wird dasselbige gehalten; Marhof 1700 Unterr. 677 Eine Satyre ist ein Gedichte, darinnen die heimlichen Laster, die bey etlichen Personen im Schwange stehen, gestraffet und hönisch auffgezogen werden, und hat zur Endursache, die Verbesserung der Sitten . . . Die Satyrae, welche auch vor diesem ein Anhang der Schauspiele gewesen, sind in der Teutschen Sprache noch von wenigen geschrieben . . . Man kan sie im Teutschen, Schimpff- oder Straff-Gedichte, nennen; Linde 1706 Ged. b 4(a/b) wegen der Etymologie des Wortes Satyre . . . nicht einerley Meinung. Scaliger, Heinsius . . . wollen es aus dem Griechischen und zwar von dem Namen der also genannten Wald-Götter herführen, und schreiben also das Wort mit einem y, deren Schreibart wir auch beibehalten; allein . . . Dacier [u. a.] machen einen Unterschied zwischen der Satyre der Griechen und der Römer, und be-
haupten, dass es . . . ein Lateinisches Wort sey, und eigentlich von Satura herkomme, davor man aber auch Satira . . . sagen könne; Menantes 1713 Beste Manier 164 sind sie berechtigt/ ihrer Satyren oder spitzfindige Schriften auf sich zu spotten (JONES); Abel 1714 Gedichte o. S. Satiren haben nicht von Satyren den Namen/ Die aus den Wäldern sonst gleich tollen Teufeln kamen/ Es zeigt dis Wort vielmehr . . . Ein Becken voller Frucht und schöne Blumen an: Ein jeder mag daraus . . . nehmen; ebd. Vorher, a 2a Satiren oder Straff- und Zucht-Gedichte; 1719 abentheuerl. Welt VI 31 Satyren, wann ich recht nach dem Gewissen richte, Sind Sitten-, Lehr-, Straff-, Zucht-, vielleicht auch Schimpff-Gedichte, Drinn, was man heimlich thut, das Laster wird gestrafft, Das Misbrauch öffentlich hat noch nicht abgeschafft; Haller 1749 Versuch 120 Eine Satyre unterscheidet sich vom Libell, weil dieser einzelne Personen abmahlt, jene aber die besondern Fehler vieler Leute in einen gemeinen Charakter zusammenmischt; Hölty 1770—71 (I 287) hatte ein wahres Talent zur Satyre, und verschonte weder Freunde, noch Feinde, sondern liess seiner Spötterey gegen alle . . . freyen Lauf; 1772 Gotting. Musenalmanach 202 Auf die vom Hofe verbannte Satire (Titel). Ein feiner Spott, ein Hechelscherz/ War sonst bey Hofe zugelassen:/ Doch der verwundet nun das Herz/ Seitdem die Potentaten prassen/ Das Salz, das Griechenland geehrt/ Kann dieses Volks Geschmack erbittern/ War es nicht der Satire werthj Es würde nicht davor erzittern; Dusch 1773 Briefe V11 Die Satyre,
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im Tone von dem Briefe wenig oder gar nicht unterschieden, ist vertraulich, unterhaltend, ungezwungen, leicht in den Verbindungen, aber oft schnell in den Übergängen von einer Sache zur andern; 1779Zuschauer i. Bayern 103 Die Satyre ist, nach dem Ausspruche aller Lehrer der schönen Wissenschaften, eine Gattung der Dichtkunst, worinn man die Laster und Torheiten der Menschen angreift, und sie lächerlich macht, um sie zu bessern; Vulpius 1788 Glossar. 110f. Satire, ein Sonnenblick aufs menschliche Leben, welcher heller macht als hundert geweihte Wachskerzen; eine schöne Darstellung, welche mehr nuzet als eine Predigt; Schiller 1795 Dichtung (X458) in der Satyre wird die Wirklichkeit als Mangel, dem Ideal als der höchsten Realität gegenüber gestellt; Hegel 1820—29 Ästhetik (Bassenge II 552) Die Laster der Menschen z. B. sind nichts Komisches. Davon liefert uns die Satire, in je grelleren Farben sie den Widerspruch der wirklichen Welt gegen das, was der tugendhafte Mensch sein sollte, ausmalt, einen sehr trockenen Beweis; Viseber 1847ff. Ästhetik (2. Aufl. VI 364) Die direkte oder positive Satire hält das Ideal ausgesprochenermaßen an den Gegenstand, zeigt dessen Schlechtigkeit in offenem Angriff auf und gehört also entschiedener dem Boden der prosaischen Trennung der Idee und der Welt an; Spielhagen 1890 Finder l 161 Dazwischen denn freilich auch Stachelverse: Satiren von schneidiger Schärfe; Jolles um 1930 Einfache Formen (1958, 255) Satire ist Spott mit dem, was wir tadeln oder verabscheuen und was uns fern steht . . . Satire vernichtet — Ironie erzieht; Offenburger Tagebl. 8. 3. 1968 Der heutige, an Gesellschaftssatire von hochprozentiger Schärfe gewöhnte Zuschauer fragt sich wahrscheinlich vergebens, welches wohl die insgesamt fast eine halbe Stunde ausmachenden Szenen gewesen sein mögen, die damals der Schere des Zensors zum Opfer fielen. Satlricus: Rot 1571 Dictionarius 349 Satyricus, Ein solcher Poet/ so der gleichen/ straff gedieht oder Lieder macht; 1719 abentheuerl. Welt VI 33 Ist ein Satyricus ein Feind der Schmeicheley?; Meier 1746 Ehre 15 Ein Mensch kan aus Schmeicheley oder als ein Satyricus, iemanden eine Vollkommenheit beylegen. Satiriker: Vulpius 1788 Glossar. 111 Satiriker, ein Mann, welcher seines Lebens nicht sicher ist, weil er die Wahrheit zur Schau trägt; Gregorovius 1859 Wanderjahre II 251 Satiriker oder Unzuchtmaler; Tucholsky 1930ff. Deutschland 11 Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist (WDG). satirisch: Fischart 1572Eulensp. (I119) Satyrische weiss; ders. 1575 Garg. 78 Marc Varro im tractetlin der satirischen zottensiten, unnd schimpffstraffen vom testament (DWB); Mengerin 1638 Soldaten-
spiel 218 Ihre schändliche Satyrische Wollust; Rist 1642 Rettung D 1a die heutige Kriege mit ihren Satyrischen Schrifften anzugreiffen; Thomasius 1688 Monatsgespräche 1214 daß die Satyrische Schreibart für die beste nicht zu halten wäre; Wernicke 1704 Epigramme 565 Ob man unsere alte Meister-Sänger deswegen Pritschmeister genennet, weil sie wie die heutige Harlequins eine Pritsche an der Seite getragen . . . oder ob es darum geschehen sey, dass ihre Verse wie die Pritsche geklappert, und wenn sie die Leute damit Satyrischer Weise angegriffen; 1718 (Kirchner, Grundlagen II Nr. 215) Die abentheuerliche Welt in einer Pickelheeringskappe, oder Satyrische Gedichte; Stoppe 1728 Ged. 183 den Winter . . . und mahlt ihn mit solchen satyrischen Farben; 1743 Vorrath 265 In den Satyrischen Briefen ist eine spitzige Schreib-Art; Meier 1744 Kunstrichter 182 weil es unsern deutschen Kunstrichtern zur Mode geworden, die Beurtheilungen der Fehler, auf eine satirische Art, vorzutragen; Shaftesbury 1746 Soliloquium (Übers.) 147 was wir satyrisch und beissend nennen; Philander 1748 Vorrath 265 Von denen Satyrischen und Critique-Schreiben; 1781 Literar. Pamphlete 50 das satyrische Salz nicht zu sparen; Schiller 1795 Dichtung (X 457) satyrisch ist der Dichter, wenn er die Entfernung von der Natur und den Widerspruch der Wirklichkeit mit dem Ideale . . . zu seinem Gegenstande macht; Hegel 1820—29 Ästhetik (Bassenge I 495) Indem es nun die ihrem Gehalt nach prosaische Auflösung des Ideals ist, welche sich im Satirischen kundgibt, so haben wir den wirklichen Boden für dasselbe nicht in Griechenland . . . zu suchen; Hudtwalder 1826 Bruchst. aus Bertbolds Tageb. 209 Irgend eine poetische Ader hat doch jeder, wenn auch grade keine Pulsader; und eine satyrische Ader ist so gut eine poetische, als eine lyrische oder sonstige; Pückler 1840 Bildersaal II 178 Der Erfolg bewies, daß dieß nicht satyrisch, sondern höchst aufrichtig gemeint war; Anders 1956 Antiquiertheit 339 zum Rückgang der Karikatur und der satirischen Zeichnung. satirisieren: Dannhauer 1643 Katechismusmilch II 89 man weiß denselben artig zu könen, zu satyrisiren, mit unblutigen Stichen, stacheligen und spitzigen Worten zu verfolgen; Meier 1744 Kunstrichter 182 und da sage ich, daß man, ohne Verletzung der Tugend, satirisiren könne; Meister 1777Beiträge II 25 dass Liscov sein Privilegium die Thoren zu satyrisiren in dem ganzen Umfang gekennt habe; Bouterwek 1807 Gesch. V 42 Aber in Versen zu räsonniren, besonders zu moralisiren und zu satyrisiren, das blieb, seit dem Roman von der Rose, ein Lieblingsgeschäft Derer, die . . . Verse machen könnten; Rehfues 1809 Br. a. Italien I 34 und wenn sie satyrisiren wollen, so geschieht es
Satisfaktion auf eine so schmutzige Weise, dass man erstaunt, wie der Unfug . . . geduldet wird; Horn 1829 Poesie IV 148 eine alte Klage, dass die Mehrheit der deutschen Leser sich nicht auf die Ironie versteht, und es ist nicht unmöglich, dass einmal aus dem bekannten Scherze, man müsse, um sich vor jeder Missdeutung zu sichern, ausdrücklich über manche Parthie setzen: „hier wird gescherzt" oder
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gar „satyrisirt" — bitterer Ernst wurde; Bettex 1954 Spiegelungen 117 Vi. Th. Vischer hat bekanntlich . . . den archäologischen Roman satirisiert. Satirist: Henrici 1727 Ged. 452 Satyristen; Michaelis 1785 Der Satyrist an den Arzt (Titel); Bucher 1855 Parlamentarismus 228 Ein Wochenblatt, der „Satirist", das nichts als persönlichen Skandal brachte.
Satisfaktion F. (-; -en ungebr.), Mitte 16. Jh. entlehnt aus gleichbed. lat. satisfactio (zu satisfacere 'Genüge tun, befriedigen; Schadenersatz geben; sich entschuldigen', < satis 'genug' und facere 'tun, machen') ; a zunächst fachspr. verwendet in der juristischen Bed. 'Genugtuung für einen zugefügten Schaden, Schadenersatz, Abfindung; Bezahlung, Vergütung (einer Schuld)', auch 'ausreichende Entschuldigung, Abbitte; Versöhnung', dann bes. im kirchlich-religiösen Bereich im Sinne von 'Genugtuung für begangene Sünden, Buße, Strafe', daneben bis Ende 19. Jh. auch allgemein verwendet für 'Genugtuung, Befriedigung, Freude; Erfolg'; b seit Mitte 17. Jh. überwiegend im Zusammenhang mit Ehrenstreitigkeiten in der heutigen Bed. 'Genugtuung für eine zugefügte Beleidigung durch Zurücknahme des Vorwurfs in einer Ehrenerklärung oder durch die Waffe im Duell', früher bes. von adligen Offizieren, jetzt nur noch von Studenten schlagender Verbindungen, häufig in Verbalsyntagmen wie Satisfaktion geben, nehmen, fordern, erteilen. Dazu seit späterem 17. Jh. das aus gleichbed. lat. satisf acere endehnte, heute veraltete Verb satisfaciren, im 17. Jh. unter Einfluß von gleichbed. frz. satisfaire vereinzelt auch in der Form satisfaisieren, 'Genüge tun, befriedigen; Genugtuung leisten'; seit frühem 18. Jh. das aus gleichbed. frz. satisfait entlehnte, veraltete Adj. satisfait 'befriedigt, zufrieden'; seit früherem 19. Jh. das aus gleichbed. frz. satisfaisant entlehnte, heute veraltete Partizip satisfaisant 'befriedigend; Genugtuung leistend'; und seit Ende 19. Jh. die adj. Ableitung satisfaktionsfähig '(nach dem geltenden Ehrenkodex) in der Lage, Satisfaktion zu leisten' mit der dazugehörigen subst. Ableitung Satisfaktionsfähigkeit F. (-; ohne Pl.). Satisfaktion a: Mathesius 1559 Leychpr. 1168 satisfaction, bezalung vnd versönung; Musculus 1585 Wetterhan 154 also fraget er jn dreymal, vnd leget jm die busse drey mal auff, aber nit ein Bäpstische Satisfaction oder genugthuung; Hansonius 1588 Warnung 59 von der Buss vnd Satisfaction; Carolus 1609 Relation 17b jhre Beschwerden anzuhören / vnd jhnen die müglichste Satisfaction zugeben; ebd. 15b danne jhne alle satis factio allda beschehen; Rinckhart 1618 Jubel-Comödie (Ndr.) 92 Er spricht abr; es sey nicht umbsonst, Sondern sein grosse Gnad vnd Gunst, Indulgentz, vnd Remission Der Sünder Satisfaction Ja auch der Himml vnd ewigs Lebn Werde vns hiermit vbergebn; 1620 (Dtsch. Ztg. 17. Jh. 38) ist das Matrimonium des Prinzen von Frankreich, vnd Prinzessin von Hispania, celebrirt vnd confirmirt worden, mit grossem Pomp . . . vnd satisfaction aller theilen, darbey; 1640 U. Brandenburg I 42 Sie wollten die Stände darüber vernehmen und ihnen in billigen Dingen Satisfaction geben; 1657Quellen G. geist. Lebens I
637 viel vornehme Theologos gefragt, welche mir mit ihrer antwort nicht satisfaction gethan; Mitternacht 1667 Politica B 6h damit andere / sich hieran [an der Strafe] spiegeln / und ich etlicher massen satisfaction bekommen möchte; Riemer 1684 Polit. Passagier 92 Dieser [der Gast] wurde genöthiget dem Wirthe nach Begehren satisfaction zu thun; 1684 Getrost. Europa b 1h man solte an Frankreich . . . die gebührende Satisfaction geben; Werdmüller 1685 Ingenieur 5 Die Satisfaction, so ich darbey verspürt; Weise 1702 Gedanken I Vorher, soll der geneigte Leser . . . die Satisfaktion haben, dass er nichts anderswo heraus geschrieben . . . antreffen wird; Vischer 1709 Informator 114 Fragt sich nur: Wie ein getreuer Informator es angreiffe, wann er . . . seinem Principalen satisfaktion geben will; Fassmann 1719 Kriegs- und Soldätenstand 15 die Unterthanen hatten die Freude und Satisfaktion, dass sie . . . vor den König gelassen wurden; Ritter 1723 Fl. Illyricus 32 die Ohren-Beicht und Satisfaction; 1781 Literar. Pamphlete 27Die einem
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Satisfaktion
jeglichen Auetori fast angebohrne Empfindlichkeit über dergleichen scharfe und . . . den Stich nicht haltende Kritiken, sträubte sich zwar zu Anfangs und weigerte sich Ihnen Justice zu thun, allein es überwand dennoch ihr Verdienst meine Leidenschaft, so dass ich mich entschloss, anstatt durch weitläufige Apologien einige Satisfaction zu suchen, es als ein Unglück anzusehen und mit einem gedultigen Stillschweigen auf eine philosophische Weise zu bedauren, dass ich so braven Leuten zu missfallen das Unglück gehabt; Kolping 1803 briefl. (Jahrb. Samml. Kippenberg5 (1915) 118) Der jüngste [der Brüder] ersticht sich, zur allgemeinen Satisfaktion der poetischen Justiz; Goethe 1817 Br. (XXVIII24) zur eignen und der Freunde Satisfaktion meine Gedanken ordnen und schriftlich aufsetzen; Kotzfbue 1819 Rehbock II113 Ich bitte um Satisfaction. Er muß an den Galgen und wenn kein Scharfrichter bei der Hand ist, so will ich ihn selber anknüpfen; Ranke 1830 Briefrverk 217 bin auf das letzte mit aller Satisfaktion fortgegangen, zumal ich nichts verliess, was mir am Herzen gelegen hätte; 1888 Unsere Zeit I 342 nur, um irgendeinem Gesandten eine momentane Satisfaktion zu gewähren. satisfaciren: 1716 Berliner geschriebene Zeitung o. S. Ew. Durchlaucht werden bald . . . solche Länder evaeuiren und die Notleidende satisfaisiren laßen (JONES); Hase 1779 Alderman I 35 finde mich sehr wenig satisfacirt; Schiller 1794—1805 br. (III 98) Als Urtheiler und Ästhetiker muß er von derjenigen Kunstgattung am meisten satisfacirt sein (KEHREIN). satisfait: 1718 Fama LXI/LXII 47 satisfait zu seyn; Hase 1779 Aldermann II 195 sind . . . satisfait von ihm; Stuhr 1857 Nach 5 Jahren II 40 jenes zufriedengestellten Bourgoisthums, jener ächten satisfaits . . . deren goldene Zeit die Regierung des Bourgoiskönigs gewesen ist. Satisfaktion b: Abele 1654 Gerichtshändel I 73 daß selbe den entwichnen Thäter innerhalb vierzehen Tagen / entweder stelle / oder aber den beleidigten Theil/ alle billiche satisfaction mache; Böckler 1665 Schola militaris VIIa Worüber ich dann ferner einen jeden respective nach Standes-Gebühr weitere Explication ertheilen / communiciren und Satisfaction zu thun auch dienstlich anerbiethe; Dalhover 1687 Gartenbeetlein I 3406 die Krafft des H. Sacraments zu geniessen biß vnd zuvor der verletzte Gegentheil völlige Satisfaction vnd Genugtuung bekomme; 1708 Academie z" Liegnitz B 4a Faustgemenge, Scheit- und Schmäh-Worte seynd mit Gefängniss zu bestrafen, und soll denen Beleidigten eine genügsame Abbitte und Satisfaktion geschehen; Musig 1718 Licht d. Weisheit II 324 Es ist der Beleidiger nach der natürlichen Aequität zu einer Erstattung und satisfaction verbunden
[bei Duell-Verbot]. Denn wenn dieses nicht wäre, so wären die Gesetze ohne effect, und würden böse immer Gelegenheit behalten, ihren Mutwillen zu treiben; Edelmann 1752 Selbstbiographie 16 Ich beschwerte mich also über diese Flegeley bei meinem Vetter, und hoffte . . . so viel Satisfaction zu erhalten, dass mir der Flegel seine Grobheit würde abbitten müssen; Nicolai 1775 Noth. I1111 Satisfaktion geben, — aber auf Pistolen . . . ich schlage mich nicht anders als auf Pistolen; Pickle 1785 Mylius II 154 Ich verlange schlechterdings Erklärung von Ihnen, Sie; oder Tod und Hölle! Sie müssen mir auf andere Art Satisfaktion geben; Laukbard 1792 Leben I 105 erklärten dem Grosssprecher, dass er . . . von mir Satisfaktion fordern müsste; Zapp 1896 Off'töchter II 47 Dietrich von Bülau verließ erhobenen Hauptes den Kampfplatz mit dem erhabenen Gefühl, daß die verletzte Ehre der Bülau's [durch das Duell] glänzende Satisfaktion erhalten und völlig wiederhergestellt sei; Suddtsch. Ztg. 28. 10. 1958 In den Zulassungsbedingungen steht, daß es mit der Zugehörigkeit zur Freien Universität [in Westberlin] nicht vereinbar sei, das Prinzip der Satisfaktion mit der Waffe zu vertreten oder Mensuren zu schlagen. satisfaciren: 1670 Ann. Ingolstad. Acad. 417 dass . . . die belaydigte Partheyen satisfaciert werden, satisfaktionsfähig: Ziegler 1895 Student 99 der Mann ist nicht satisfaktionsfähig; 1896 Cosmopolis II 527 Was sollt' ich machen, Vater, nachdem der Lanski meinen Cartellträgern erklärt hat, ich sei — nicht mehr — satisfaktionsfähig; Troeltsch 1918 Geist 174 Gegensatz gegen die Bildung der bloßen Schneidigkeit und satisfaktionsfähigen Gesellschaftskorrektheit, gegen die militaristische Staatsund Geschichtskonstruktion und die Selbstüberwindung des bisherigen Preussen-Deutschland; Bab 1928 Befreiungsschlacht 127 Die Männer der satisfaktionsfähigen Schicht, die preussische Junkerkaste; Offenburger Tagebl. 20.6. 1959 Seine engsten Freunde legten ihm die Rücktrittsdrohung nahe. Einer von Ihnen sagte gesprächsweise. „Wer in einer solchen Situation nicht den Säbel zieht, der ist nicht mehr satisfaktionsfähig." Satisfaktionsfähigkeit: Weber 1926 Max Weber 432 An einigen dieser damals modernsten Bildungsinstituten machen sich naturgetreue Nachahmungen des Couleurlebens breit —• Weber sieht darin die Gefahr, daß der junge Kommis von strenger Lehre abgelenkt und statt dessen zum Streben nach „Satisfaktionsfähigkeit" und gesellschaftlichen Privilegien verleitet werde; Siemens 1947 Leben 42 Satisfaktionsfähigkeit war eine Eigenschaft, die angeblich einem Ehrenmann zukam, in Wirklichkeit aber . . . das Vorrecht gewisser Kreise war.
saturieren
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saturieren V. trans., gegen Mitte 18. Jh. entlehnt aus lat. saturare 'sättigen; befriedigen, stillen, Genüge tun' (zu satur 'satt; zufrieden; gesättigt, voll'). 1 Als Fachausdruck der Pharmazie und Chemie zunächst in der Bed. 'einen (festen) Stoff in einer Flüssigkeit bis zur Grenze der Lösbarkeit auflösen, sättigen', dann 'eine Lauge und eine Säure in aufeinander abgestimmter Menge miteinander reagieren lassen, neutralisieren'; dazu seit Anfang 18. Jh. in der Apothekersprache das Subst. Saturation F. (-; -en) 'Sättigung; Neutralisation', anfangs in der lat. Form Saturatio und im lat. Syntagma ad perfectam saturationem 'bis zur vollständigen Sättigung', und das heute veraltete Subst. Saturantia PI. '(Magen-)Säure bindende Medikamente'. 2 Seit spätem 19. Jh. übertragen verwendet in der heute dominanten Bed. '(jmds. Ansprüche) befriedigen, stillen, Genüge tun'; fast ausschließlich belegt als adj. verwendetes Part. Perf. saturiert, zunächst auf die imperialistische Politik (Europas) im späten 19. und frühen 20. Jh. bezogen im Sinne von 'territorial befriedigt, gesättigt', dann als bildungsspr. Modewort pejorativ gebraucht für '(selbstzufrieden; (materiell) überfüttert, -sättigt; satt, bequem; ohne (geistige) Ansprüche, spießbürgerlich' zur Bezeichnung einer geistigen Haltung, bes. des modernen Wohlstandsmenschen; dazu seit frühem 20. Jh. die subst. Ableitung Saturiertheit F. (-; ohne PI.) '(Zustand der) Sättigung, Befriedigung; Zufriedenheit; Sattheit, Bequemlichkeit; Spießigkeit' und das Verbalsubst. Saturierung F. (-; ohne PI.) '(Vorgang der) Sättigung, Befriedigung'. saturieren 1: Schaarschmidt 1742 Med. Nachr. II 219 einen saturirten Tranck; 1801 Zeitung für Naturforscher I Int'bl. 3 in diesem mit Lichtmaterie saturierten Wasser; Hufeland 1822 kl. med. Sehr. I 160 daß gewiß in den meisten Fällen . . . eine successive mehrmals wiederholte Imprägnation geschehen, und der Körper erst gewissermaßen mit seinem Blatterdunst saturiert seyn müsse, ehe die zum wirklichen Ausbruch der Krankheit nöthige Effervescenz entstehen kann. Saturation: Sonntag 1714 Voc.pseudomyst. 61 Saturatio; Hufeland 1836 Ench. med. 843 Sie hatte bisher die Riverische Saturation, und abwechselnd Extr. Hyoscyam. und Aqua Laurocerasi erhalten, wodurch die Schmerzen gemässigt waren; Derblicb 1889 Militärarzt 1106 ad perfectam saturationem, wie es in der Apothekersprache heißt, saturieren 2: N. Z. Z. 6. 6. 1943 Dieses kontinentale Denken der beiden Amerikas wäre leicht zu saturieren. saturiert: Bismarck 1887 (Klemm II 262) Wir haben keine kriegerischen Bedürfnisse, wir gehören zu den — was der alte Fürst Metternich nannte: saturirten Staaten, wir haben keine Bedürfnisse, die wir durch das Schwert erkämpfen könnten; Harden 1892 Apostata N. F. 18 Welche Befriedigung soll Bismarck heute noch suchen? Er ist an Erfolg und Ruhm so saturirt, daß ihm zu wünschen nichts mehr übrig bleibt; Class 1912/35 Kaiserbuch 17 Das Schlagwort vom „saturierten" Deutschen Reiche war ursprünglich zu bestimmten politischen Zwecken geprägt, kein dauerndes Festlegen; es ist bedauerlich, daß
Bismarck es mit fortschreitendem Alter aber zum Grundsatz erhob . . . Aber wir sind und bleiben „saturiert", d. h. unsere Regierenden tun so, als ob wir es wären, und überlassen die Aufteilung der Erde den andern; Oncken 1914 Aufsätze I 129 der glücklich Besitzende, der Saturierte; 1916 Deutschland II 632 territorial saturiert; Bahr 1917 Scbwar^gelb 109 Es gehört zum Wesen des Nationalstaats, dass er niemals „saturiert" sein kann, sondern eben in dem Augenblick, wo er es scheint, aus innerer Notwehr zum Angreifer wird; Nachrichten der Giessener Hochschulges. II (1919) 48 das anscheinend saturierte, verrentnerte und müde England der Königin Victoria; Dirk 1924 Cigarette 87 Weltanschauung saturierter Menschen; Bahr 1925 Liebe I 365 wenn ein Land einmal bis auf einen gewissen Grad mit Berühmtheiten saturiert ist; Friedell 1927 Kulturgescb. I 277 der in Gott Saturierten; Voss. Ztg. 15. 9. 1929 Die neue Mode ist von verdienenwollenden großen Schneidern für die kleine Kaste der saturierten Frauen erdacht; ebd. 24. 4. 1930 [daß] das seit dem Siege über die Buren saturierte England gegen jede Unvorsichtigkeit durch Übersättigung, Passivität und Selbstsucht des Alters gefeit gewesen sei; Wirth 1933 Ura-Linda 295 Das Holland des vergangenen Jahrhunderts war das Erbe eines materialisierten, saturierten Bürgertums, das weltwirtschaftlich-international „orientiert" war; Wust 1936 Ungeivissheit IV 43 Ausdruck menschlicher Bequemlichkeit und bürgerlich saturierter Lebensfeigheit; Münch. N.N. 21. 1. 1941 Und es gebe andere Nationen, deren herrschende Schichten in
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der saturierten Selbstgefälligkeit ihrer begrenzten Anschauungen, ihrer Begriffe und in der horizontalen Erstarrung ihres Denkens ihre Völker blind gemacht hätten für jede geistige Perspektive im Ablauf der Ereignisse; Silddtsch. Ztg. 15. 1. 1953 Die eben noch so stürmische Autoproduktion hat plötzlich ihren Schwung verloren, der Markt ist saturiert; ebd. 25. 8. 1956 Für die gänzlich Saturierten mag es nicht allzuviel sein — für den Durchschnittsverdiener ist es ein schöner Batzen; Scbmid 1957 Aufsätze 147 hat der Deutsche mit gutem Grund das Bild bereit vom saturierten Kleinbürger, der aus seinem Krautgartenfrieden heraus weder Heerstraßen noch Ströme mehr für notwendig hält; Offenburger Tagebl. 24.2.1959 Seht nur, wie saturiert wir sind, wie gut es uns geht, wir können auch schöne kleine Autos lieben; Stuttgarter Ztg. 3. 11. 1964 Lenz entsprach zwar in seinem Erscheinungsbild etwa den Intentionen des Autors, auch die aus Feigheit und Gutherzigkeit gemischte Jovialität seines saturierten Spießbürgers wurde von ihm glaubhaft wiedergegeben. Saturiertheit: Class 1912/35 Kaiserbuch 102 Unrichtigkeit des Schlagwortes von der „Saturiertheit" des Deutschen Reiches [in Kolonialfragen]; 1935 Volk und Reich 8 Ethos der (zu erstrebenden) nationalen Saturiertheit; 1938 Dtsch. Volkskraft (= Beilage Dtsch. Wehr o. S.) Bismarcks klein-
deutsche Lösung und die „Saturiertheit" des zweiten Reiches Hessen den Ausschluss von den 12 Millionen Deutschösterreichern vergessen; Ritter 1948 Machtstaat 95 die äussere Saturiertheit des Weltreichs liess europäische Machtkämpfe zu dessen weiterer Ausdehnung . . . als unerwünscht erscheinen; FAZ 31. 8. 1963 [der spanische Roman] scheint der Saturiertheit . . . zu verfallen; Fontana 1964 Einltg. Csokor, Briefe 11 [die heutige] Zeit der allgemeinen Saturiertheit; Haffner 1965 Todsünden 120 Die Bundesrepublik hat ihre grundsätzliche Unsaturiertheit und Unzufriedenheit mit dem, was sie hat, sogar in ihre Verfassung geschrieben. Saturierung: Höpker 1936 Rumänien 8 die gebietsmässige Saturierung [Rumäniens] von 1918; Walsh 1946 Geopolitik 23 Ich glaubte an das Saturierungsversprechen von 1938; Stuttgarter Ztg. 1. 3. 1962 die zunehmende Saturierung gehobener Verbraucherschichten mit Autos, Kühlschränken und anderen aufwendigen . . . Konsumgütern; ebd. 10. 8. 1964 Der Druck japanischer Elektrogeräte auf den Märkten in den USA und Europa wurde mit der zunehmenden Saturierung des Binnenmarktes erklärt; FAZ 15. 3. 1971 um Munitionsund Verpflegungslager zu erreichen, die von dem Saturierungs-Bombardement der amerikanischen B-52-Flotte angeblich schon niedergewalzt sind.
Sauce F. (-; -n), anfangs vereinzelt M., im früheren 15. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. sauce, saus(s)e ( < altfrz. salse < mlat. salsa 'gesalzene Brühe', subst. F. von lat. salsus 'gesalzen, salzig', zu sal 'Salz'; Salat), zunächst in variabler Schreibung soß, sosse, so(o)s, soes, im 18./19. Jh. überwiegend Sauce, im 20. Jh. Sauce und Soße gleichberechtigt nebeneinander; daneben die ältere, vom Spätmhd. (LEXER) bis ins 18. Jh. vereinzelt nachgewiesene (Neben-)Form salse, salze ( < mlat. salsa), auch saisse, im 16. Jh. gelegentlich saulsen (aus Sauce und salse); vgl. Sülze. 1 In der Bed. 'Tunke, würzige, meist aus Bratensaft (und Mehl, Milch, Ei) bereitete Brühe' als Beigabe zu (Fleisch-)Speisen, seit späterem 17. Jh. auch 'süße Tunke' aus Obstsäften, Wein u. ä. (Braten-, Senf-, Schokoladensauce; Saucenlöffel); daneben auch in der Bed. '(Tabak-)Beize', als Bezeichnung für einen Geschmacks- und Geruchsstoff zum Aromatisieren von Tabakblättern. Dazu seit Ende 17. Jh. die auf gleichbed. frz. saucisse zurückgehende Diminutivbildung Saucieschen N. (-s; -), auch Saucissgen, Sos(s)ieschen, 'kleine (würzige, gesalzene) Koch-, Bratwurst', Ende 18. Jh. die aus gleichbed. frz. saucer entlehnte, selten nachgewiesene Ableitung saucieren '(Tabak) in Würzbeize einweichen, beizen; etwas mit einer Brühe durchziehen, anfeuchten', seit Ende 18. Jh. das aus gleichbed. frz. saucier entlehnte Subst. Saucier M (-s; -s), auch Sosier, 'Saucenkoch', und seit frühem 19. Jh. aus gleichbed. frz. sauciere entlehntes Subst. Sauciere F. (-; -n) 'Saucenschüssel, -gießer'. 2 Seit späterem 19. Jh. bildlich verwendet in der pejorativen Bed. 'schmutzige Brühe, Dreck, Brei', und von daher übertragen für 'Unannehmlichkeit, Schwierigkeit; Wertlosigkeit', häufig in (volkstümlichen/mundartlichen) Yerbalsyntagmen wie keine lange Sauce machen 'keine Umschweife, nicht viel Umstände machen, sich kurz fassen',
Sauce
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in der Sauce sitzen 'in der Tinte, Patsche sitzen, in Verlegenheit sein', jmdn. in der eigenen Sauce schmoren lassen 'jmdn. in einer schwierigen Situation sich selbst überlassen', und in den Wendungen Quatsch mit Sauce 'großes Geschwäte, leeres, dummes Gerede' und rote Sauce 'Blut'. Sauce 1: Dangkrotzheim 1435 Namenbuch 543 do vindestu wiltpret unde visch . . . din gebrotenes und dine vine sossen; 15. Jh. (Sulzmatt im Elsaß) darzu eine brüge myt einer wurtze, zu dem gesotten fleisch eine gollbe sosse (DWB); Brant 1490 Thesmophagia b 3» stossen in den sosz die vinger (DWB); Hieran. Brunsmc 1500 Uberpestilentialis 9b von den spysen wurtzen und sossen (DWB); 1511 calendar. Hupfuff D 7isz junge huiner und hemmelfleisch mit soszen oder mit suizer -wurtzen (DWB); Keisersberg 1522 Post. IV12» alles das der würt dar hat gesetzt Christo dem herren und auch den anderen gesten, das warent allesammen kostliche essen oder trachten, aber er verhönt die gantz ürten mit der suren sosz (DWB); 1574 Reimschr. ü. Herz- Ulrich 55 kleb wirst und ain gebrates firwar / sambt ainem griennen und wyssen soes (DWB); Martin 1627 Colloques 43 mit einem Zwibelsoosz (JONES); 1665 Französischer Bäcker 46 eine dicke Sauce (JONES); Zwinger 1703 Ar^t 523 gar zu fette Brühen / wie auch alle verzückerte Saussen müssen sie meiden; Amaranthes 1715 Frauenrjmmer-Lex. 1015 Karauschen mit einer Nelken-Sosse; Wieland 1788—89 Luc. IV 283 einen tisch . . . der mit allem besetzt wurde . . . allerley fleischspeisen, austern, ragouts und fischen, diesen in einer lack-sosze (DWB); Goethe 1827—42 (W.V 122) Sie sollen mit absonderlichen Saucen bereitet werden (KEHREIN); ebd. LVI25 Ihm scheint die Welt noch um und um In jener Sauce da zu liegen (KEHREIN); Vaerst 1851 Gastrosopbie 1203 Sauce durch Brühe zu ersetzen, ist ein arger Irrtum; Nat. Ztg. 24.3. 1889 Ob diese Saucen uns, auch bei kaltem Wetter, woran es ja im lieben Vaterland nicht fehlt, schmecken würden, das lasse ich dahingestellt. Aber das weiß ich: das Wort Salse schmeckt mir. Mitunter findet sich dafür auch Sülze gedruckt. In Edikten aus dem 14. und 15. Jahrhundert gegen das Schwelgen bei Gelagen und Gastereyen habe ich auch Verbote fetter und stark gewürzter „Salsen" gefunden . . . Sauce ist aus Salse entstanden; Die Zeit (Wien) 8. 3. 1905 Die verdeutschte „Sauce" (Überschr.) Ein gutes deutsches Wort für „Sauce" findet sich in einer Festsetzung über das Meisterwerden der Töpfer in Festenberg vom Jahre 1674 . . . Das gute deutsche Wort „Sott" ist entschieden bezeichnend und klingt auch besser als „Tunke", das man als Ersatz für das aus dem Lateinischen salsus entstandene französische Wort „Sauce" schon vielfach angenommen hat; Heer 1923 Tobias
Heider 216 waren eben bis zum Sossenfleisch gekommen; „Duden"-Sammlung 1934 Gewöhnlich serviert man nur das Fleisch, Soße, Kartoffeln und Gemüse geben die Gäste selbst weiter ; Nebosia 1955 Geltendorf 56 „Soss-" oder „Brühefleisch"; Stuttgarter Ztg. 1. 9. 1967 Die Blüte der Saucenkunst lag im 18. Jahrhundert, als die Sauciers in Frankreich eine eigene Gilde bildeten und der Graf Austin de Croze über 3000 Saucenrezepte sammelte. Salse: um 1350 ndrhein. Bericht ü. d. Orient (ZfdPh XIX 82) gude saissen; Küchenrezepte 14. Jh. (Nat. Ztg. 24.3. 1889) Ein salse: Nim sure winber und tu dar zu salbey und zwei Knoblauchs haubt und spec, und stoz daz zu sammene, drückez uz und gibz für eine guten salze; Eyb 1472 Menaechmi 68 von gesotem und gebratem, von mûsen und salsen; um 1530 Luther briefi. (Nat. Ztg. 24. 3. 1889) gehöret doch auf einen wolfenen Braten eine solche scharfe Salze; 1561 Maaler 343" saulsen (die) . . . besprengung mit wohlgeschmackten dingen (DWB); Mengering 1642 Geaissensrüge 1041 das were meine billiche und rechte Salsen zu dem Gebratens; 1652 Lauremberg (Nat. Ztg. 24.3. 1889) weu man nit mit fremder salze bi hogen Lüden wolde sine „discours" beströwen und bekrüden; 1702 Nürnb. Kochbuch 421 Mancherley Salsen. Saucier: Knigge 1792 Buchernachdruck 17 Freylich wird manchem eigennützigen Sosier, der einen beliebten Schriftsteller ein Ms. abgeschwatzt hat; Süddtsch. Ztg. 31. 3. 1955 Saucier-Entrementier in Jahresstellung für Großhotel beim Hauptbahnhof gesucht (Anzeige); Stuttgarter Ztg. 1.9. 1967 In der vielgeliebten Reihe der schmalen Heimeranbändchen ist ein neues erschienen, das ganz und gar der Sauce gewidmet ist: Erhard Gorys „Wir Saucen-Köche" . . . im 18. Jahrhundert, als die Sauciers in Paris eine eigene Gilde bildeten. Sauciere: Hauff 1827 Mann im Mond 23 Saucière; Rocco 1881 Umgang 152 Sauciere. saucieren: 1791 Journal d. Moden V1161 saucieren. Saucies(ch)en: Schellhammer 1692 Die Köchin 63 Von allerlei Würste. 1. Sauziesen zu machen; ebd. 167 Im anrichten kan man die Potage belegen mit kleinen Würstgen, die wir Sausischen nennen; Marperger 1716 Küchendict 1334 Die heutiges Tags so genannte kleine Saucissgen sind ein Art kleiner Brat-Würste; Looft 1781 Ndsä. Kochbuch 268 Regula 383 kleine Saucischen; Glasbrenner 1851 Komischer Volkskalender VI 64 gute preuß'sche Bratwürste
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Sauna
un 'ne Menge kleiner Sozieschen; Kossack 1855 Stereoskopen 72 Weissbrode und Saucischen; 1902 Grenzboten II 98 der Saucischenverkäufer; Liegnitxer Tagebl. 19. 8. 1913 Bei Beginn eines Festessens nehme ich . . . Einsicht in die Tischkarte und finde da „Soßieschen" verzeichnet. Sauce 2: 1873 Hügel 150a mach'n s'ka so lange
soosz (DWB); 1877 Rilckert 171 a sohs ou'richt. . . sie leit in der sohs (DWB); Preuss. Jahrbücher 111 (1903) 250 dass wir die Leute etwas in ihrer Sauce schmoren lassen; ebd. 218 (1929) 260 Gefühlssauce; B.N.1. 8. 1943 Churchill stellte Italien . . . ein langsames Verfahren in Aussicht. „Braten in der eigenen Sauce".
Sauna F. (-; -s, auch Saunen), seit frühem 20. Jh. nachgewiesene Entlehnung aus finn. sauna, Bezeichnung für ein hölzernes Badehaus, dann auch Name der Badeweise selbst; in der Bed. 'trockenes Heißluftbad im Wechsel mit Abkühlung durch Wasser und Luft; Dampfbad' und für den dazugehörigen Ort, als Bezeichnung für zunächst öffentliche, dann auch private Badeeinrichtungen und -anstalten, die der körperlichen Regeneration und Erholung dienen, häufig in Zss. wie Heim-, Holzsauna; Saunabad, -betrieb; saunabaden; auch übertragen verwendet in den Zss. Bildungs-, Erziehungssauna; dazu in neuester Zeit die gleichbed. verbalen Ableitungen saunen, seltener saunieren, 'ein Schwitzbad in der Sauna nehmen, saunabaden', und die subst. Ableitung Saunist M. (-en; -en) 'Saunabesucher, -gänger'. Sauna: 1924 (Neuphilolog. Mitt. 1 (1970) 54) die erste finnische Holzsauna in München eröffFrüheste Kunde von Wort und Sache brachten net; ebd. 28. 4. 1955 der Sauna-Luxus [wurde] auf ältere und jüngere finnlandkundliche Werke, die Spitze getrieben . . . Im ersten Stock schließReiseliteratur, Fremdenverkehr, die sog. Finn- lich trifft man sich an der Bar des „Saunastüberls"; landkämpfer von 1918 und der internationale ebd. 10. 7. 1957 ehrbarer Hauptgrund für die Ruf finnischer Sportleistungen. „So las man 1924 benannte Pädagogenhemmung, die Kinder aus erstmalig in den deutschen Sportspalten über ein der nachmittäglichen Bildungssauna heimzuSchwitzbad, in SUOMI Sauna genannt" (KUN- schicken, war, daß nachmittags viele Kinder zu ZE); Dtsch. AZ. 28. 10. 1935 Die Sauna (Über- Hause niemand anträfen; Münchner Stadtanz. schr.) Am Ende des Sees steht die Sauna, finnischer 11.9. 1959 In wenigen Jahren hat die neuerliche Nationalität. Künstlich erwärmte Steine erzeugen Beliebtheit der Sauna eine fast stürmische Entwickmit Hilfe von Brausen Wasserdampf, bestes Mittel lung genommen; ebd. 6. 11. 1959 Für so eine zur Auflockerung der Poren und der Haut; ebd. „Heim-Sauna" wird kaum Platz benötigt; Neu15. 11. 1935 die Inbetriebnahme der für die finni- philolog. Mitt. 1 (1970) 56 Der soziale Anwenschen Olympiakämpfer bestimmten Sauna; 1936 dungsbereich des Wortes [Sauna] erstreckte sich Auslandswarte Sept. 17 Durch die Olympiade ist zunächst auf die Großstädte und über die sog. das Wort Sauna in weiten Kreisen bekannt ge- Werk-, Gruppen-, Klinik- und öffentlichen Saunas worden; Münch. N. N. 4. 12. 1941 Was ist die auf alle Schichten der Bevölkerung einschliesslich Sauna? (Überschr.) wie Dr. W. Groh in seiner der Arbeiter in den Industriegebieten (KUNZE); Schrift „Die Sauna als deutsches Volksbad" ebd. 63 Dort werden nicht nur die Skandinavier nachweist, [daß] die alten deutschen Badestuben saunabaden (KUNZE). des Mittelalters und der Neuzeit . . . genau das saunen: Neuphilolog. Mitt. 1 (1970) 62 Gut gewaren, was sich als finnische Nationaleigen- saunt — Frisch gelaunt . . . 50—60 Gutsleute tümlichkeit bis heute erhalten hat; ebd. 10. 12. saunen wöchentlich . . . Saune dich schlank 1943 In Salzburg fand eine Tagung des wissen- (KUNZE). schaftlichen Beirates der Deutschen Sauna-Gesell- saunieren: Neuphilolog. Mitt. 1 (1970) 61f. Duden schaft statt; N. Z. Z. 5. 10. 1944 Dieser Tage Fremdwörterbuch . . . gibt wohl als einziges wurde in Zürich eine weitere finnische Sauna der Wörterbuch den Infinitiv saunieren 'ein fi. Öffentlichkeit zugänglich gemacht; Bergsteiger 18 Dampfbad nehmen' . . . Bekannt ist er dem Leser (1950—51) 121 die Sauna in Finnland . . . war des Finnischen Elementarbuches I Grammatik bei den Bauern zu Hause; Münchner Stadtanz- . . . Hier steht als Übersetzung von finn. saunoa 9. 10. 1953 Viele, die die Sauna schon kennen, . . . „in die Sauna gehen ( = saunieren)" (KUNZE). haben sich angewöhnt, sich . . . von überstande- Saunist: Neuphilolog. Mitt. 1 (1970) 64 Frühlingsnen Überanstrengungen in der Sauna zu erholen; fest der Gladbacher Saunisten . . . Stumme SelbstSüddtsch. Ztg. 13. 7. 1954 Im städtischen Nordbad gespräche führen die Saunisten, während sie die an der Schleißheimer Straße wurde gestern mittag Uhr verfolgen (KUNZE).
Schablone
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Schablone F. (-; -n), Anfang 18. Jh. aufgekommen, über (m)nd. schampelän, schampeliön, schaplun 'Muster, Modell; nachgearbeitete Gestalt, Vogelscheuche' 2urückgehend auf niederl. sc(h)amp(e)lioen 'Form, nach der man etwas bildet' ungeklärter Herkunft, anfangs in der Form Schabion N., gelegentlich auch in der Schreibung Chablone. a Bes. im handwerklichen und kunstgewerblichen Bereich in der Bed. 'Vorlage, Form(-brett), (Bild-)Muster, Modell' zur Vervielfältigung und Massenherstellung gewerblicher Gegenstände; b gegen Mitte 19. Jh. übertragen verwendet in der pejorativen Bed. 'starr vorgegebene, -geprägte, hergebrachte Form; geist-, gedankenlose, stereotype Nachahmung, Wiederholung; Routine' (Schablonenmenschen, -denken), auch 'starre Vorschrift, Norm, Etikette', in Wendungen wie nach der Schablone 'nach Schema F', jmdn./etwas in eine Schablone pressen, zwängen 'jmdn./etwas nach hergebrachtem Muster beurteilen, behandeln; jmdn. in seiner freien Entfaltung einengen'; dazu die adj. Ableitungen schablonenartig, -haft, -mäßig 'nach einer Schablone, starr vorgegeben, uneigenständig, schematisch' mit den dazugehörigen Subst. Schablonenartigkeit, -haftigkeit; die subst. Ableitungen Schablonismus M. (-; PI. ungebr.), seltener Schablonentum N. (-s; ohne PI.) 'schematisches Vorgehen nach gegebenen Vorbildern; Schematismus'. Dazu seit früherem 19. Jh. die verbale Ableitung schablonieren, schabionisieren V. trans. 'nach einer Schablone bearbeiten, herstellen' (zu a), 'in eine Schablone pressen, zwängen' (zu b) mit dem dazugehörigen Verbalsubst. Schabionisierung F. (-; -en). Schablone a: Sturm 1714 Anw. (Architektur Ea) Allerley Gefässe und Chablonen, deren die Gipser benöthiget sind; Stieglitz 1792 Baukunst I 449 Schablone ; Decker 1816 Art. 1155 um Kartuschen von einerlei Grösse zu bekommen, bedient man sich einer blechernen Form, der sogenannten Schablone; Gutzkow 1858 Biosedon III 187 doch zieht er die Chablonen vor. Wir haben deren über hundert, eine confuser ausgeschnitten, als die andere. Legt man sie auf die übersandte Depesche, so -werden die unnöthigen Worte verdeckt, und nur die treten hervor, welche den gewünschten Sinn bilden; Hettner 1852 Drama 169 nirgends leblose Schablonenmalerei; Dittmann 1858 Landw. 69 Die hiesigen Arbeiter wissen dies gewöhnlich selbst zu beurtheilen, weil sie im Graben geübt sind; da, wo dies nicht der Fall ist, giebt man ihnen eine Schablone von Latten, damit sie die richtige Dossirung des Walles treffen; Kisch o.J. II 1, 430 nur Ziffern mit einer Schablone aufgezeichnet, sind auf den Kreuzen (WDG) ; Fleischer 1911 Wendeline 26 lächerlich in dem schwindelhaften, protzigen Kleid von willkürlich angehefteten Schmuckstücken aus moderntuenden Fabrikschablonen. schablonieren: Gutzkow 1838BlasedowII1187die schäusslich gelb schablonierten Wände. Schablone b: Goltz 1847 Buch d. Kindheit 285 der Uniformismus der Bildung ist vollkommen ausgearbeitet, die Schablonen schieben sich von selbst unter und die Seele kommt den fertigen Formen nirgend nach; Riehl 1861 Ges. 9 Unsere Constitutionellen verfielen oft genug in die Einseitigkeit,
die natürlichen Mächte des Volkslebens zu vergessen über einer abstrakten Staatsrechtschablone und glaubten dann ihre Stütze bei Preußen suchen zu müssen; Hundt v. Hofften 1864 Rechte II 116 diese Chablonenarbeit nach Englischem Vorbilde und nach französischer Theorie; Mommsen 1865 Reden u. Aufsätze 386 den Vortrag . . . nach der hergebrachten Schablone abschliessen ; Scherr 1870 Farrago 23 Die Niedertracht arbeitet ja allzeit nach derselben Schablone; Kiirnberger 1876 Haustyrann 17 Aber Fend behandelte sie nach der Schablone des praktischen Eherechtes, d. h. das Weib galt ihm für unmündig und der Mann als ihr Haupt; Rutenberg 1877Zinne 4 und die ewige Lehrmeisterei bildet keine vollen, ganzen Menschen, sondern Schablonencharaktere, Philister, die jede gute und grosse That verneinend richten, wenn sie sich nicht in den Grenzen ihres kleinbürgerlichen Moralkatechismus bewegt; Lindau 1877Br. 288f. Lassen Sie sich nicht dadurch irre machen, wenn dumme Leute es als „Schablone" bezeichnen und durch diesen verächtlichen Ausdruck seinen Werth herabzusetzen suchen; Noè um 1885 Alpenbuch II 1, 248 Ihr Deutsche seid eben Schablonen-Menschen. Wo von einer „löblichen Behörde" die Rede ist, da krümmt ihr den Buckel; Wiehert 1889 Grafenkind253 es wäre mit anderem Mass, als dem gewöhnlichen, zu messen, die äussere Erscheinung auf Grundursachen zurückzuführen, denen sich die übliche Schablone nicht durchaus anpassen dürfte; Unruh 1893 Kleinbahn 16 SchablonenSchematismus; Eckstein 1897 Roland 32 Aha, dachte ich, endlich einmal eine Persönlichkeit, mit
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Schablone
der sich ein vernünftiges Wort reden läßt; kein Schablonenmensch, keine Alltagsnatur; 1898 Cosmopolis XII 552 meine kontinentale Schablonenansicht von der berechnenden, kühlen Nüchternheit der Engländer; Fontane 1898 Zwanzig 108 Vorliebe für frank und freies Wesen, für alles, was ausserhalb der Schablone lag; Gis^ycki 1899 Aufgaben 397 Jeder selbstdenkende Offizier wird diese Befreiung von der Schablone, vom todten Buchstaben mit Freuden begrüßt haben, indem ihm die Aussicht freier individueller Entfaltung im Interesse des Allerhöchsten Dienstes eröffnet worden ist; Jodl 1900 (Vom Lebenswege I 411) ein unüberwindlicher Abscheu gegen allen Zwang, gegen alle pädagogische Schablone; Schmitt 1911 Brevier 76 die „konventionelle Schablone" [der Herrenmode]; Kyber 1925 Tierschutz 5 unser naturfernes mechanisiertes Schablonendenken hat uns vom eigentlichen Menschentum weit genug hinweggeführt; Halbe 1933 Scholle 35 jeder . . . der aus einer ganz individuellen abseitigen Sphäre und nicht aus einer modernen Fabrikstadt mit lauter Zweck- und Schablonenmenschen stammt; Dtsch. AZ. 24. 8. 1935 Von den Berliner Bühnendarstellern . . . einer der eigenwilligsten, der nicht ohne weiteres in eine Schablone zu pressen ist; 1954 Begegnungen 138 aus der Not der zerbrochenen und wertlos gewordenen Schablone bürokratischer Routine wuchs . . . die Tugend der freien eigenverantwortlichen Entscheidung; Stuttgarter Ztg. 29. 11. 1963 Schablonenschreckworten wie „konform", „simplifizieren", und „geistiger Innerlichkeit"; FAZ 29. 7. 1971 die tatsächlich einmalige Linie, die Körperformen nachzeichnet, aber nicht in Schablonen zwängt. schablonenartig: Gottscball 1885 Totenkl. 296 schablonenartige; Velhagen ., . Mon'hefte 5 (1890/91) 339 die . . . Aufgabe des Kaiserdenkmals [scheint] immermehr zu einem einfachen schablonenartigen Reiterdenkmal zusammenzuschrumpfen. schablonenhaft: 1878 Fünfzehn Tage auf der Donau 29 in dem schablonenhaften, typuslosen westlichen Europa; Reinhold 1884 Volkstum 156 schablonenhafte Doktrin; Ziegler 1895 Student 109 In der grauen Alltäglichkeit unseres schablonenhaften Daseins; ebd. 42 Unsere Bildung und gebildete Sitte ist fraglos uniform, schablonenhaft, ist Massenbildung geworden, und dann fehlt es uns so sehr an Charakteren; 1916 Franzosen 241 Die schablonenhafte Anordnung des Subjekts vor dem Verbum, des Objekts hinter demselben; Schweiber. Mon'bejte 2 (1922/23) 173 solche schablonenhafte, geisttötende Gleichheit; 1928
Querschnitt 759 alles Spießbürgerliche, Schablonenhafte, Abgeschmackte; B. N. 14.9.1943 Die Welt, festgeritten in den schablonenhaften Vorstellungen des ersten Weltkriegs. Schablonenhaftigkeit: Körting 1884 Anfänge der Renaissanceliteratur i. Italien 268 Das Vergessen des Wesentlichen über dem Unwesentlichen führte zur Schnörkelhaftigkeit und Schablonenhaftigkeit, die Form erstickte die Seele des Kunstwerkes; 1931 Handbuch der Amerikakunde 58 Schablonenhaftigkeit der Bedürfnisse. schablonenmäßig: 1869 Solomon Parteiprogr. 198 auf dem mechanischen willkürlichen Wege schablonenmässiger Gesetz-Fabrikation; Honig 1882 Mannszucht 200 ist das öffentliche Urteil schablonenmässig, Charakter- und wertlos geworden; Ziehen 1903 Reichsamt 12 nicht . . . im Sinne schablonenmässiger Gleichmacherei . . . auf Kosten der individuellen Entwicklung; Gerstenhauer 1927 Führer 121 schablonenmäßige Allerweltszivilisation; Bonn 1953 Gesch. 188 schablonenmäßige Karikaturen, denen Einzelpersonen selten entsprechen. Schablonentum: Richter 1909 kunsterz• Ged. 34 Freier von dem „Spezialisten- und Schablonentum" halten sich die Naturwissenschaften. schabloni(si)eren: Riehl 1885 Vorträge II 522 Man soll in diesen Dingen nicht uniformieren, man soll nicht statistisch schablonieren, man soll kein Normalstatut für alle schaffen wollen; XJnruh 1893 Kleinbahnen 6 das schematisch schabionisierende Theoretisieren; Moll 1902 ärtzl. Ethik 27 Bei Konflikten von Pflichten spielt der eigene Standpunkt . . . eine zu große Rolle, als dass man alle Menschen schabionisieren könnte; Süddtsch. Ztg. 10. 5. 1949 mit seiner bewusst schabionisierenden Psychologie; Münchner Allg. 14.5.1950 wenn eine neue deutsche Staatsmaschine ihr Räderwerk spielen liesse, das in alter Manier jede individuelle Regung unterdrückt, schabionisiert, uniformiert, kommandiert; Offenburger Tagebl. 14. 3. 1967 Reaktionen von überhitzter Theatralik und schabloniertem Opportunismus. Schabionisierung: Hegendorf um 1912 Terragraph 10 Heranziehung aller Hilfsmittel der Naturbeobachtung bedeutet keine „Schabionisierung"; 1952 Volkslied in Altbayern 76 weitgehende Mechanisierung und Schabionisierung des Lebens; Grimm 1963 Strukturen 15 die Ablehnung jeder Schematisierung und Schabionisierung im Bau des Dramas. Schablonismus: Peters 1904 England 189 Der Schablonismus der deutschen Staatsexamina nivelliert die Geister.
Schafott — Schal
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Schafott N. (-(e)s; -e), gegen Mitte 17. Jh. entlehnt aus niederl. schavot 'Tribüne; Schau-, Blutgerüst' ( < altfrz. chafaut, chafaud 'Baugerüst; Schaugerüst', vermutlich über gleichbed. ital. catafalco zurückgehend auf lat. *(ex)catafal(i)cum, am ehesten zu griech. Korra 'von, herab' und lat.fala 'hölzernes Gerüst'; Katafalk), im 18. Jh. auch in der frz. beeinflußten Schreibung Ecbaffaut, Echavot; zunächst in der veralteten Bed. 'Schaugerüst, Podest' (für Marktschreier), dann '(erhöhte) Plattform für Enthauptungen, Hinrichtungen; Blutgerüst'. Lauremberg 1652Scher^ged. XV 393 men wen sunst jemand weht van den de upt skavot, mit prael und groet geblar udt einen salvepot, de schaden und gebräck so vel dar synd am talle, cureren konen stracks; Ettner 1697 Doktor 628 den folgenden Tag drauf/ wurde ein Chavot aufgebaut; ders. 1697 Chymicus 706 Es wurde ihm auch der Ort gezeiget, wo des Königs sein Herr Vater auffs Chavot gehen müssen / da man ihn das Haupt abgeschlagen; Gryphius 1698 Teutscbe Gedichte I 343 darauf ward er am 10. Januarii nachher nach dem schavott auf Tourhill gebracht, und endigte daselbst sein leben (DWB); Lünig 1719 Tbeat. ceremon. I 1250* [als] ain Caradier sich auf das aufgerichtete Chavot oder Bühne begeben hatte; Biantes 1731 Historicus 64 auf das Echavot steigen; Lessing 1767 Dramaturgie (9) 283 ihn mehr aus Verzweiflung . . . auf das Schaffot zu führen; Wagner 1776 Kindermörderin (Ndr.) 84 es wäre menschlicher, glaub ich, wenn sie darauf bedacht wären, diese arme Betrogene vom Schavott zu retten, als Verbrechen mit Verbrechen zu häufen; Schiller 1784 Kabale (4) 366 sprechen von peinlicher Anklage, von Schafott; 1790 (Jabresber. Histor. V. f . Mittelfranken 52 (1905) 12) wurden an allen den Häusern, vor welchen der heutige Einzug des Kaisers vorbey
passiren musste, Eschaffots aufgebaut, auf welchen man für 2, 3 auch mehr grosse Thaler Plaz bekam; Brentano 1800 Gustav Wasa 48 Ich selbst mit meinen eigenen Augen hab sehen die Schaffotte rauchen, von grosser edler Schweden Bluth; 1807Heuberger 565 Schaffot (von Echaffaut) das Gerüste, Blutgerüste; Jäger 1835 Schnabel 215 so mag dem armen Sünder zu Mute sein, der das Schaffot ersteigt; Moltke 1856 Wanderbuch (Paris) 185 Wir hatten heute . . . im Louvre das . . . Bild von Müller gesehen, welches ein Gefängniß aus der Schreckenszeit der Revolution darstellt. Die nächsten Opfer zum Schaffot werden herausgeholt; Huch 1937 Dreißigjähr. Krieg II 246 Der Kaiser könnte sie doch alle miteinander aufs Schafott bringen (WDG); Süddtsch. Ztg. 17.118.5.1950 Vor hundert Jahren . . . fand in München die letzte öffentliche Hinrichtung statt. Es war der ledige Tuchmachergeselle Joseph Stopfer, der den Gang zum Schafott antreten mußte; FAZ 30. 7. 1970 Der Anwalt von Fuchs . . . bat die Geschworenen, sich einmal vorzustellen, daß es in der Bundesrepublik noch die Todesstrafe gäbe: „Meine Herren Geschworenen, würden Sie mit diesen Beweismitteln Fuchs aufs Schafott schikken?"
Schal M. (-s; -e, auch -s), im 18./19. Jh. auch N., gegen Mitte 17. Jh. vereinzelt nachgewiesene Entlehnung aus gleichbed. pers. h l , wohl nach der Textilstadt Schaliat in Indien, erst im späten 18. Jh. neuentlehnt aus gleichbed. engl, shawl, frz. châle gleicher Herkunft, bis ins 20. Jh. meist in der Form Shawl, früher auch in den Schreibungen Schaul, Shoal, Schawl-, 1 in der Bed. 'Umschlagtuch; langes, schmales (rechteckiges) Halstuch' mit lose herabhängenden (Fransen-)Enden. 2 Im 20. Jh. auch in der Bed. 'schmale, an beiden Seiten des Fensters herabhängende Übergardine' nachgewiesen. Schal 1: Olearius 1656 Reisebeschreibung 587 Und wenn sie [die Perser] etwas Vermügens seynd / (tragen sie) über selbe noch eine andere schöne seidene Binde / Schal genandt (GANZ); 1787 Journal der Moden II 15 die grossen Schaul-Halstücher von bunten ostindischen Mousseline; La Roche 1788 Tagebuch 515 Madame Hastings band mir . . . einen Shoal um, weil sie meinen Mantel für zu dünne hielt (GANZ); Forster 1791 Ans. v. 5 Fremdwörterbuch
Niederrhein. 309 die englischen großen Baumwollentücher oder Shawls; Nemnich 1800 Reise 427 Sehr oft gelangen Anfragen nach Norwich, um zu wissen, wie die wollenen Shawls zu waschen sind (GANZ); Kotyebue 1804 Erinnerungen aus Paris 506 Kein Zipfel eines Shawls darf über die Loge herabhängen; Goethe 1814 Divan (JA V 4) Wenn mit Karawanen wandle, Shawl, Kaffee und Moschus handle (GANZ); 1830ff. Völker-GaUerie I 32 Die
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Scharade •— Scharlatan
Shawls, deren sich persische Damen häufig als Kopfputz bedienen; Sternberg 1832 Nov. 122 Ihre Kleidung ist . . . immer nach der neuesten Mode, und ein vielfach gewundener Schawl läuft ihr manchmal durch beide Arme durch; Leivald 1836 Aquarelle II 102 Sollte man es wohl glauben, daß die Berliner die um sie waren, mit dem Shawl in der Coulisse standen; Laing 1843 Reisen II 127 die Frauen in ihren Pelzen und Shawls; 1846 Urania 6 ich tanzte . . . Gavotte, schwang meinen Shawl um Haupt und Schultern; Gerstäcker 1848 Flusspiraten 1245 Georgine raffte schnell den neben ihr liegenden Schal um sich her; Kroneuml 1860 Kapitän I 215 und ich erkannte Zu meinem Erstaunen in der Pförtnerin Frau v. Beaumont, welche tief in Umschlagtücher und Shawls verhüllt war; Hohenlohe-Ingelfingen 1864—70 Leben III 67 Man sah viel wollene Schals von verschiedenen Farben zum Schutz des Halses; Puflitz 1868 Die Halben 39 Sie . . . rückte das bunte Shawl, das sie wie einen Turban um den Kopf geschlungen hatte, mit sicht-
licher Coquetterie zurecht (GANZ); Boy-Ed 1892 M. 19 Sie trug ein ganz hellgraues Kleid und hatte einen Shawl umgeschlungen; Vierordt 1901 Fresken 127 die köstlichen Shawle; 1910 SommerIt. 155 die Damen winkten mit der Hand und schwenkten ihre weißen Schals; Friedell 1928 Kulturgesch. II 500 Shawl aus Kaschmir; B.Z. am Mittag 15. 5. 1932 Wie sie sich jetzt den Schal umgebunden hat . . . habe ich sie als echtes Weib erkannt; 8-Uhr-Blatt 7.5. 1936 Wir werden hölzerne Kleider tragen, und Schaltücher und Hüte aus Holz; Münch. N. N. 13. 10. 1942 bog Fanny die weite Krempe ihres Hutes wieder um den Kopf, sie legte einen leichten Schal um ihre Schultern; Süddtsch. Ztg. 6.11. 1961 Die Art, einen Schal umzubinden, verrät die Lebenseinstellung seines Besitzers . . . Der bürokratische Typ achtet streng darauf, daß der Schal keine wulstigen Falten wirft und seine beiden Enden bis auf den Zentimeter gleich lang sind.
Scharade F. (-; -n), Ende 18. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. charade ( < provenz. charrado 'langes Gespräch, Unterhaltung', zu charra 'schwätzen, sich unterhalten'), anfangs auch in frz. Schreibung; Bezeichnung für eine Form des (aus dem Stegreif) gespielten (Silben-)Rätsels, wobei die Lösung (von Wörtern, Begriffen, sprichwörtlichen Wendungen) aus lebendiger Darstellung der einzelnen Silben in einem lebenden Bild, Tableau, Pantomime, Szene oder Erzählung erraten werden muß; daneben auch übertragen verwendet im Sinne von 'etwas Rätselhaftes; Farce'. Jean Paul 1795 Hesperus (Hempel X 635) So ging Viktor doch an diese Auflösung einer neuen Charade seines Lebens ungern; Bast 1796 briefl. (SchatLeben 19) eine besondere Liebhaberin von Charaden; Bouterwek 1809 Gesch. V 76 Charaden und Logogryphen [sind im 19. Jh. beliebt] ; Lebrun 1825 Vielliebchen (Jb. d. Bühnenspiele V 88) Die Rätsel, Charaden allzumal, Die Anecdoten und schlagenden Witze; Frey tag 1855 Soll u. Haben I 235 Oder man führte Charaden in dramatischen Scenen auf; Katscher 1886 Nebelland 192 Preischaraden [in engl. Zeitungen] ; Zweig 1920 Balzac 79 Für die Mutter ist die Scharade nicht schwer zu lösen. Ihr Honoré ist verliebt (WDG); Bahr 1925 Liebe I 219 aus seiner Erzählung eine Scharade, den Leser zum Nussknacker [machen]; Schivarz-
wälder Bote 11.1. 1959 Spaß macht: Scharade (Überschr.) Die Scharade ist ein Rätselspiel, bei dem es viel zu lachen gibt und alle mitmachen können. Es soll ein Wort oder ein Begriff erraten werden, welcher durch ein kleines Stegreifspiel dargestellt wird . . . Ihr werdet sehen, bei einiger Phantasie kann man diese kleinen Szenen so ausbauen, daß sie für die Lachmuskeln der Zuschauer recht anstrengend werden; FAZ 28. 5. 1971 Scharade in Prag (Überschr.) Da Gustav Husak und Leonid Breschnew intelligente Männer sind, kann keiner von ihnen die gegenwärtige Scharade auf dem 14. Kongreß der tschechoslowakischen Kommunistischen Partei in Prag sehr ernst nehmen.
Scharlatan M. (-s; -e), PI. früher auch -s, auch Charlatan, Anfang 17. Jh. entlehnt aus ital. ciarlatano 'Marktschreier; Quacksalber; Schwindler' (aufgekommen durch Einwirkung von ital. ciarlare 'schwatzen' auf ital. cerretano 'Kurpfuscher; Marktschreier'), anfangs inital. beeinflußter Schreibung %iarlatan mit PI. -i, seit Mitte 17. Jh. unter Einwirkung von gleichbed. frz. cbarlatan auch Charlatan, bis ins 19. Jh. in den Schreibformen (S)Charle-
Scharlatan
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tan, (S) Charkten. a Zunächst in der heute veralteten Bed.' (umherziehender) Komödiant; (lustiger) Schwätzer, Spaßvogel', meist in Zusammenhang mit der aus Italien stammenden commedia dell'arte. b Seit Mitte 17. Jh. pejorativ in der Bed. 'Marktschreier, (großsprecherischer) Marktverkäufer, Händler', auch 'Gaukler; Schwindler, Betrüger; Aufschneider, Angeber' und 'Kurpfuscher, Quacksalber', dann allgemein für 'jmd., der Kenntnisse und Fähigkeiten auf einem bestimmten (z. B. wissenschaftlichen) Gebiet vortäuscht; jmd., der die Gutgläubigkeit und Hilflosigkeit seiner Mitmenschen rücksichtslos ausnützt, Hochstapler', von daher im 20. Jh. vor allem im politischen Bereich 'Demagoge, (Volks-)Verführer (mit suggestiver Ausstrahlung)'. Dazu seit frühem 18. Jh. das aus gleichbed. frz. charlatanerie entlehnte Subst. Scharlatanerie F. (-; -n) '(laute) Prahlerei, Angeberei, Flunkerei; Hochstapelei', auch 'Quacksalberei, Kurpfuscherei', gegen Ende 18. Jh. die vereinzelt nachgewiesene adj. Ableitung scharlatanisch 'großsprecherisch, angeberisch; betrügerisch', seit frühem 19. Jh., unter Einwirkung von gleichbed. frz. charlatanisme, die subst. Ableitung Scharlatanismus M. (-; ohne PI.) 'Angeberei; Betrügerei, Hochstapelei'. Scharlatan a: Guarinonius 1610 Greuel 214 Die Ziarlatani, von Ziärlare genannt, das heist schwetzen, allda zwey, drey oder mehr Person, als etwan ein Magnificius, oder Venedischer Burger, sonsten meister Pantalon, welcher derr Herr, vnd der Zane sein Knecht, jre lustige bossen, gesprächen, geberden, vnd dergleichen fürbringen, darob einer lachen muß, es sey jm lieb oder leyd; ebd. 373 allda auff allen Plätzen die Ziarlatani oder Comoedianten jhre bossen machen; Krämer 1681 Leben d. Seehelden 568 solche Bossen / die bey uns der kurtzweylichste scarlatan oder Pickelhering erdencken könte. Scharlatan b: Rist 1642 Rettung d. dtscb. Hauptspr. AP Charlatan; Lauremberg 1652 Scherzged. II 375 Charlatan; Selbammer 1699 Tuba I 107 mit ihren lächerlichen Schnacken und ungeistlichen Gauglereyen mehr einen fisirlichen Scharleton als einen eifrigen Buß-Prediger vertretten; Amaranthes 1701 Proben 350 Ein ieder Charleten und grosser Idiote hat ja bey dieser Kunst die Hand mit in den Soote; Mencke 1716 Charlatanerie 151 Anm. CharlatansDichtern; Rohr 1729 Zeremoniellmssenschaft II 826 die vornehmen Scherenschleiffer die RaritätenKastenträger und die Charletans die man hin und wieder antrifft; Canitz 1734 Ged. 343 Ich bin auf diesen Plan mit Theriack erschienen, Mit Balsam und Extract, ich gebe guten Kauff; Es komme wie es will, hört gleich mein Handel auf, So kan Charlatan mir neues Geld verdienen; Liscov 1739 Sat. Sehr. 766 Ein Charlatan ist ein gelehrter Gaukler, der bey seiner vorgegebenen Wissenschaft viel lächerliches an sich hat, das er selbst nicht dafür erkennet; Goetz 1745—65 Gedichte 87 Magister Dumm, ihr lärmt und schwört: ich bin kein Scharletan; Am wenigsten so ungelehrt, dass ich nicht schreiben kann; Meier 1746 Ehre 98 Er ist ein Pedant, ein Scharlatan, ein ungeschliffener 5»
Mensch; Herder 1765 Werke 119 wo w i r d es den Zauberkünsten eines Rednerischen Charlatans seine gesunde Vernunft aufopfern; Schlegel 1769 Fabeln 101 der Arzt, der alles verschreibt in einem Mittel, ist ein Charlatan; Diderot 1774 (Übers.) (I Vorher. 12) Charlatans und pedantische Sophisten sind ihre [der Philosophie] vornehmsten Schüler; Lucian 1788 (Übers.) (I 424) Er schreit uns öffentlich für Scharlatane und Betrüger aus; 1805 Briefe v. d. Univ. 425 Ein solcher Arzt ist ein Charlatan; Schopenhauer 1851 Parerga I 21 Scharlatan . . . der Gimpel bethören will und merkt, dass er an den Deutschen . . . seine Leute gefunden hat; Russdorf 1856 Haus-Almanach 15 Marktschreiern und Charlatans aller Art; Schopenhauer 1859 Welt (II 206) Windbeutel, wo nicht gar Scharlatane; Dtsch. Rundschau 161 (1914) 92 An jeder Strassenecke versammelt ein Scharlatan sein Publikum um sich; er verkauft Ringe oder Messer oder Wahrsagungen als Konditorei; Münch. N. N. 21. 12. 1939 Und dann muß man vor den Scharlatanen warnen, den Gauklern, die sich die Anwandlungen der Einsamkeit gefügig machen. Man soll sie nicht unterschätzen: sie haben den sechsten Sinn für Sehnsucht, die in den Mädchen ist . . . Und dann zaubern sie wie meisterhafte Taschenspieler bunte Worte hervor und kleine verführerische Gebärden; ebd. 29. 5. 1940 Doch weiß man in Rom, daß dieser exzentrische Graf, der seine politischen Standpunkte wechselt wie einen Anzug, nichts anderes ist als ein eitler Scharlatan; Süddtscb. Ztg. 3. 10. 1952 Man sehe manchmal Gespenster [in der Politik], wo es sich nur um Schatten von Scharlatanen handele; ebd. 5.11. 1952 Dazu sei es notwendig, sich politisch zu unterrichten, sonst könne man sehr leicht politischen Scharlatanen zum Opfer fallen; Weinstock 1955 Humanismus 15 Gesetzgeber und Revolutio-
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Scharm
näre, die Gleichheit und Freiheit zugleich versprechen, sind Phantasten oder Scharlatane; Stuttgarter Ztg. 24. 1. 1959 Ich habe mich in der Nazizeit oft gefragt, wie es kommt, daß ein sonst begabtes und tüchtiges Volk auf einen derartigen politischen Scharlatan [wie Hitler] hereinfallen kann. Scharlatanerie: Mencke 1716 Chariatamrie Vorr. 5 a Charlatanerie oder marktschreyerische Grosssprecherey; ebd. 276 Begierde nach einem grossen Ansehn und allgemeinen Beyfalle (die man wohl mit einem eintzigen, obgleich aus fremder Sprache entlehnten Worte die Charlatanerie nennen kann); Meier 1746 Ehre 81 aus einer gelehrten Charlatanerie;/««^////;^ 1780 briefl. (Langmesser, Sarasian 134) ich fand mit Erstaunen, dass der gewöhnliche Gang des practischen Arztes nicht auf Kenntnissen, sondern auf Charlatanerie / : auf Teutsch Betrug: / beruht und dass ohne diese Eigenschaft ein solcher Mann unmöglich sein Glück machen könnte; Lindenau 1790 Beleuchtung 8 die Unwissenheit und Scharlatanerie aufzudecken; Heinzmann 1792 Feyerstunden d. Geschäftsmannes 152 Anm. Charlatanerie der Gelehrten; Humboldt 1796—97 Tagebücher (XIV 300) [Arzt] der durch Sympathie und andere Charlatanerie curirt; Haz%i 1804 Waldungen 1 Licht und Finsternis, Wissenschaft und Charlatanerie; Schopenhauer 1851 Parerga I 22 der unerschütterlichen Gewissheit, wie er der Scharlatanerie in jeder Art und jeder Zeit eigen ist; Schlesinger 1852 London I 39 im schreienden Gewände der Charlatanerie; Thiess 1923 Gesiebt 104 in der Verbindung zweier oder mehrerer Forschungsrichtungen eine gefährliche Scharlatanerie sehen; Aschner 1928 Krise d. Medizin 13 Die nicht schulgemässen Heilungen einfach als Schwindel, Scharlatanerie oder suggestiven Erfolg
hinzustellen, ist wohl sehr bequem; Horkheimerl Adorno 1947 Dialektik 7 Scharlatanerie und Aberglauben; Hartmann 1954 Begegnung 94 dass jede Scharlatanerie, alle voreiligen Versprechungen in bezug auf die Erkenntnis der Lebensgesetze oder die Wirksamkeit von Heilmitteln . . . von Übel sind; Stuttgarter Ztg. 8. 9. 1959 [sie schildert] die Zustände amerikanischer Klein- und Großstädte . . . und . . . die nahezu unglaubliche Dummheit, mit der Menschen auf jede Art von Scharlatanerie hereinfallen; Germania 38 (1960) 453 was ihr [der Prähistorie] heute noch gelegentlich an Aussenseiter-Charlatanerie . . . in die Schuhe geschoben wird; Der Landarzt 38 (1962) 60 Es mag vielleicht auch keine große Sünde sein, wenn man ärztliche Suggestion an irgendwelche blitzenden und surrenden Bestrahlungsapparate heftet. Aber die Grenze zwischen dem eben noch Vertretbaren und der Scharlatanerie ist hier sehr schmal, scharlatanisch: Laukhard 1792 Annalen d. Univ. ZU Schiida I 368 Diesem gab Herr Lakrizius, so hießt der scharlatanische Professor, Kost, Logis und Geld. Scharlatanismus: 1815 Fahnenbergs Magazin VI 310 die Franzosen [zeigen] Charlatanismus, Eitelkeit, Unwissenheit; Stabr 1857 Nach 5 Jahren 127 ist Frankreich heutzutage nicht das Land des Charlatanismus?; ebd. I 232 Widerwille gegen allen Charlatanismus des Sichselbstinscenesetzens; Stieler 1869 Fremde 119 Charlatanismus jenes modernen Hoteliers, dessen kostspieliger Servilismus die Gäste . . . in die Flucht treibt; Friedeil 1931 Kulturgesch. III 61 [die Lehre ist] in gewissen Kreisen mit dem Stigma des Scharlatanismus behaftet; Greiner 1953 Biedermeier 330 die List des Scharlatanismus.
Scharm M. (-s; ohne PL), früher PI. -s, -en, im späten 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. charme (zurückgehend auf lat. Carmen 'Gesang, Lied; Gedicht; Zauberspruch, -lied, -formel', vermutlich zu canere 'singen'), heute meist in der Schreibung Charme-, in der Bed. 'Zauber; Anmut, (Lieb-)Reiz; für sich einnehmende, liebenswürdige Art, Anziehungskraft', auch 'Annehmlichkeit'. Dazu seit spätem 17. Jh. aus gleichbed. frz. charmer entlehntes, heute seltenes (s)charmieren V. (in)trans. 'reizen, bezaubern, entzücken' und mit der Präp. mit für 'liebäugeln, schöntun; flirten'; seit Anfang 20. Jh. aus gleichbed. frz. charmeur entlehntes Charmeur M. (-s; -s oder -e) in der Bed. 'charmanter Plauderer; jmd., der durch seinen Charme (Frauen) für sich einzunehmen weiß'. Scharm: Thomasius 1688 Monatsgespräche 1632 ein mit einer Perle geziertes Ohrläppchen hat mehr Scharmen, als wenn das Indianische Frauenzimmer in die schönsten Nasenlöcher güldene Ringe steckt; Menantes 1709 Satir. Roman II 30 dass die Tugend, wenn sie ihre rechte Charmes oder
Annehmlichkeit brauche; Stoppe 1728 Ged.I 21 Excolire deine Charmen durch den wiederholten Fleiss; 1779 Zuschauer i. Bayern 1521 manche ehrwürdige Matrone, welche sich den Abend zuvor zergliedert, und ihre Kleider, Zähne und Haare abgelegt hatte, ihre Charmes wieder zusammen
scharmant
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suchet; Schläger 1872 Amerikan. Br. 118 eine ganz Süddtsch. Ztg. 2. 2. 1965 daß „München mit seinem reizende Amerikanerin, mit herrlichen dunklen Charme" ihn so verstrickt habe. Augen, voller Charme und Geist; Fontane 1898 Charmeur: Zukunft 63 (1908) 427 CharmeurZwanzig 518 in Erscheinung und Wesen eine kunst; Bamberger 1932 Tagebücher 112 ein CollecDame von seltenem Charm; ebd. 533 seine mit tionneur und Charmeur; Münch. N. N. 14. 12. dem Charme des Naiven ausgerüstete Persönlich- 1938 Zum ersten Male in seinem Leben hat der keit; Zobeltitz 1914 Frau 139 fühlte wieder ganz große Charmeur . . . Galoschen übergestülpt, ganz den Charme des Geliebten; Voss 1917 Welt 107 gewöhnliche, schlapprige Galoschen; Heuss, VorIch finde, daß sie außerordentlich viel Charme bem. zu Gessler 1958 Reichs'pol. 7 Gessler war seiner hat, und Charme ist für eine Frau mehr als Schön- Natur nach kein Mann der Feder: Er konnte, ein heit; Lokesch 1927 Fortf. von Scherr, Kulturgesch. 689 Charmeur, wunderbar erzählen; Offenburger Tagebl. Nur daß der Franzose (und wie erst die Französin) 23. 9. 1959 Ja, Nikita ist ein Charmeur! Geradezu diese Dinge mit mehr Grazie sagt und mit größe- geflügelt sind bereits Chruschtschows bunte Verrem Charme tut; Voss. Ztg. 7. 7. 1928 Charme- gleiche und Bonmots; FAZ 7. 11. 1964 Weder Schulen (Überschr.) Es gibt [in Amerika] neuer- ein Akademiker, noch ein Charmeur sondern aus dings Institute, in denen Charme gelehrt wird. gutem Milieu ein Er sucht eine Sie für die Ehe Auch brieflich. Man hat mehrere Charme-Arten von Dauet (Anzeige). zur Verfügung. Die gefragteste Art soll der (s)charmieren: Thomasius 1688 Monatsgespräche I slawische Charme sein; Wege 1936 Baldachin 59 642 Ihre indifferente Freymütigkeit charmirte ihn entblösste voll Charme seine weißen Zähne; Süd- mehr als aller anderen Frauenzimmer anreitzendes dtsch. Ztg. 5. 5. 1950 Was ist Charme? Definieren Liebkosen; Menantes 1709 Satir. Romanll 105 ein läßt sich's nicht — außer durch Beispiele: Charme artiges Kind hatte das Glück, gegenwärtigen ist das, was Maurice Chevalier hat; ebd. 26. 10. Herrn zu charmiren . . . Sie war aus einer sehr 1950 Der Unterschied zwischen einer Frau mit gläntzbaren Familie; Poppenberg 1713 Rokoko 1 Charme und einer charmanten Frau ist beträcht- vollendete Geschmacksregie, die in der Öffentlich. Die eine speist ihre Gabe aus dem Quell der lichkeit, auf der geselligen Bühne nur das CharGüte, die andere aus dem einer gewissen Berech- mierende duldete; 1718 abentheuerl. Welt I 32 wie nung . . . Charme ist nicht auf Weiblichkeit sie Façon ihm lernt, wie sie die Welt charmirt, Und begrenzt. Es gibt Blumen, Tiere, Kinder, Land- wie sie jedermann mit viel Douceur tractirt; 1719 striche, Städte, ja Völker mit Charme, wie etwa ebd. V 36 Ein liebreich schwartzes Aug hat Kraft die Italiener und die Ungarn; ebd. 2. 6. 1951 durch so zu charmiren, Dass du die Freyheit wirst, eh du die Lebhaftigkeit der Handbewegungen und den es spürst, verliehren ; Stoppe 1729 Ged. I1118 Meine Charme der Mundart; ebd. 29. 5. 1953 Lebhaften Augen weiss ich wohl zu führen, Sie sind wie ein Gesprächsstoff liefern den Damen sein „Wiener Falcken abgericht, Die Studenten kräfftig zu Charme" und seine weltmännische Art; ebd. charmiren Bis sich einer einst mit mir verspricht ; 12. 10. 1953 Der große Friseur (schmal, schwarzes 1749 Vergnügte Abendstunden II 334 Das Scharmiren Pomadenhaar, immer lächelnd, von einer Art aus dem Fenster; um 1750 (Blümml 1908 Liederhss. „Dauercharme" umgeben); 8-Uhr-Blatt 1.10. 69) Deine Augen sind geschickt zum charmieren. 1955 charme & chic Damenmoden-Spezialhaus; Ja, sie können sich gewiss, Wie des Mondes Bad. Ztg. 3. 9. 1958 Charme hat allen Zauber des Finsternis Präsentieren; Edelmann 1752 SelbstbioVergänglichen, das heißt, den des Lebens selbst. graphie 17 charmirte Er mit der Köchin; Körner Ein Augenblick, eine Gebärde, Flügelschlag des 1811 Nachtat. (IV 43) Ich merk' schon, Du Eros, Hauch von Fichtelnadelduft, doch diesmal Schalk I Du kannst Dich verstellen, Du bist in nicht Airfresh, sondern feinste Essenz der Men- mich ganz abscheulich charmirt; Brachvogel 1919 schenseele; FAZ 27. 8. 1960 sportlich-elegante Glück 149 Sie bestellten zu essen und zu trinken, und repräsentative junge Dame bis 25 J., mit scharmierten mit der Kellnerin, scherzten mit der natürlichem Charme und Anmut, vor allem aber dicken Wirtin; Süddtsch. Ztg. 9. 5. 1957 Reichlich die Lebensgefährtin mit Herzenstakt, Bildung und mit (Hermann-) Bahrmitteln ausgestattet, charheiterer Lebensart (Anzeige); Süddtsch. Ztg. 24. 4. miert Harry Hardt als angegrauter und von staats1961 Mit dem dabei gewonnenen Kapital, einem wegen geehrter Dr. Marhold, der den wieneriWagen und dem berühmten französischen Char- schen Erblastern, dem Schreiben und dem Flirten, me; FAZ23. 3. 1963 Eine Frau mit Herz, Charme, ergeben ist. Esprit. . . und noch ein bißchen mehr (Anzeige);
scharmant Adj., im späten 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. charmant (Part. Präs. von charmer 'bezaubern' < mlat. carminare 'singen und so bezaubern', zu lat. Carmen,
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scharmant
-> Scharm), heute meist in der Schreibung charmant; in der Bed. 'bezaubernd, liebenswert, (lieb-)reizend; anziehend, einnehmend, gewinnend', auch abgeschwächt als allgemeiner Ausdruck des Wohlgefallens und gelegentlich ironisch verwendet. Dazu im 17./18. Jh. das Subst. Scharmante, Charmante 'charmante Frau', auch 'Geliebte', bes. in der Studentensprache. scharmant: Thomasius 1688 Monatsgespräche I 575 ja sie mochte in der letzten conversation etwas scharmantes an den Aristoteles gespühret haben, das sie sonsten nicht gewußt; Reuter 1700 Graf Ehrenfried 34 So hatte sie ihm nicht einmahl eine charmante Miene gemacht (BRUNT); Menantes 1709 Satir. Roman I 18 denn sie wissen, was ich vor eine grosse Liebhaberinn bin, von so charmanten und liebsten Kinder Tittuln; 1718 abentheuerl. Welt II 23 Sind nicht des Printzen Brieff entzuckend und charmant?; 1720 Recueil XVI 7 bey dieser oder jener charmanten Dame (BRUNT); um 1750 (Blümml 1908 Liederhss. 91) Doch ihr guten Mädgen wisset, Wann euch was charmantes küsset, Dass ihr etwas tät einbüssen; 1750 Vergnügte Abendstunden III 411 meine artige Leser und charmante Leserinnen; Ayrenhoff 1771 Postzug 9 Er ist wohl der charmanteste Cavalier von der Welt; ebd. 17 Der Major von Rheinberg? ja! das ist ein allerliebster Gedanke I Da hättest Du eine schöne Narrheit begangen. Und so gienge es gemeiniglich, wenn man den Mädchen ihren freyen Willen Hesse. Das wäre eine scharmante Parthie; 1788 fournal der Moden III 439 die glühendsten und scharmantesten Verse und Gedichtgen von der Welt; 1791 ebd. VI640 Junge Herren, wenn man sie scharmant finden soll, müssen wie ein Irrwisch, bald hier bald dorthin hüpfen; etwas scheinen und gar nichts seyn; Foote 1797 Mä%en. ( Übers.) (II117) ein scharmantes Mädchen ist sie; süss wie ein Zuckerrohr, schlank wie ein Bambus, und ihre Zähne wie Mohrenzähne; Goethe 1811 D. u. W. (26) 144 Er war ein allerliebster kleiner Aufschneider, schwatzte charmant und unaufhörlich; Wolff 1823 Cäsario (I 323) charmantes Kammerkätzchen; Grabomki 1863 O f f . 103 Reizend, kostbar, ganz charmant war sie gestern; 1865 Hausblätter IV 279 Charmant gelungen l Charmant gelungen!; Peterssen 1870 Genrebilder 45 das Pinscherhündchen der Bankiersfrau ist charmant; Prandes 1872—81 Essays II 202 Es war in Renans Art zu sprechen ein gewisser Schwung, etwas Lebendiges und Uberströmendes, welches man bei demjenigen findet, den die Franzosen im Umgang und Gespräch als „charmant" zu bezeichnen pflegen; Brandt 1901 Ost-Asien I 163 mein Wirt . . . war ein liebenswürdiger Mann und ein charmanter Causeur, der den sprudelnden Esprit seiner Nation im höchsten Maße besaß; Voss 1901 Fra. Checco 56 Der bildhübsche, elegante, char-
mante Gigi ein gemeiner Totschläger ?; Brachvogel 1915 Gauklerin 5 die scharmante Liebenswürdigkeit des Gesichtsausdruckes zu wahren; Dame am Volant 1930 fan. eine gewisse, ganz reizvolle und charmante Parallele . . . zwischen . . . der Mode der Damen . . . und . . . der Mode der Autos; Wege 1936 Baldachin 82 Sie hatte Sommersprossen und den kleinen, charmanten Zungenfehler aller echten Berliner; Sotier 1940 Birnalm 33 Dieses reizende Geschöpf vor mir trug weite, gutgeschnittene Skihosen. Und wie sie es trug! Scharmant, mit einem Wort scharmant; Süddtsch. Ztg. 11.6. 1955 Scharmante 48erin aus gutem Hause sucht zwecks baldiger Ehe einen ebensolchen Partner (Anzeige); ebd. 17. 9. 1959 Eine charmante Geste war dieser Kuß des französischen Botschafters Seydoux für die Gattin des neuen Bundespräsidenten; FAZ 26. 5. 1962 Charmante Wiener Künstlerin, junge, bestaussehende, gepfl. eleg. Dame, lebensfroh, gesellschaftsfähig und kapriziös, ersehnt Begegnung zu spät. Eheglück mit reifem, disting. Herrn. Courtoisie entscheidend (Anzeige). Scharmante: Reuter 1696 Schelmuffsky 33 Euer ergebenste und sehr affectionirte Dame . . . la Charmante; ebd. 44 der machte der Madame Charmante ein Compliment (BRUNT); 1710 Corvinus Proben 145 Charmante! liß / was ich von deiner Augen Paar (BRUNT); 1741 Begebenheiten 193 Man tranck einander die Charmanten ab, oder einer muste sein Mägdgen ansagen, und wenn er nicht so viel und ohne Absetzen als der andere trincken konte, ward er gezwungen sie dem andern zu überlassen; Leon 1786 briefl. ( Wiener Freunde 62) bey einer damals noch sehr eingeschränkten und erzbigotten Censur, die unsere poetischen Charmanten uns nicht einmal im Geist zu küssen erlaubte; Laukhard 1792 Leben I 265 In Jena hat der Bursch seine sogenannte Scharmante: das ist ein gemeines Mädchen, mit welcher er so lange umgeht, als er da ist, und das er dann, wenn er abzieht, einem andern überlässt; ebd. II 258 denn gleich wie „die Jenischen Studenten" fast alle ihre Scharmanten haben, so haben unsre Leute, die Ledigen, auch fast alle ihre Liebchen; Bierbaum 1907 Musenkrieg 55 Es leben die Scharmanten, die Grazien verwandten, die kühn auf unserer Seite stehn; ebd. 35 Zuerst sei allen Scharmanten Ein brausendes Vivat gebracht; ebd. 114 Es wandern die Scharmanten mit den Studenten aus.
Scharmützel
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Scharmützel N. (-s; -, vereinzelt -s), bis ins 17. Jh. auch M., schon im 14. Jh. (LEXER) nachgewiesene Entlehnung aus ital. scaramuccia, scaramusga, schermugio 'kleines Gefecht' (zu scaramucciare, schermire 'fechten, verteidigen', zurückgehend auf ahd. skirmen 'beschützen, beschirmen'), anfangs in sehr unterschiedlicher Schreibweise (z. B. Schar mittel, Scharmet^el, Scbermusel, Schirmeussel, Schalmüsset), daneben auch in der jüngeren Form ScharmutZunächst im militärischen Bereich als historische Bezeichnung für 'kleineres, leichtes Gefecht (zwischen Patrouillen oder kleineren Truppeneinheiten); Geplänkel, Handgemenge, Schlägerei'; seit späterem 16. Jh. auch bildlich verwendet, zuerst für 'Coitus', dann für 'kleines Wortgefecht, Rededuell, Wortgeplänkel', früher auch in den Verbalsyntagmen sich im Scharmützel üben, (mit jmdm. ein) Scharmützel halten, pflegen. Dazu seit frühem 15. Jh. die veraltete verbale Ableitung Scharmützeln, auch scharmützen 'ein kleines Gefecht führen' und in übertragenem Sinne 'lärmen; plänkeln'; seit früherem 16. Jh. die veraltete subst. Ableitung Scharmütz(l)er 'leicht Bewaffneter, leichter Reiter'; seit frühem 17. Jh. die Verbalableitung scharmutzieren anfangs auch scharmittleren, V. (in)trans., zunächst im militärischen Bereich in der veralteten Bed. 'ein kleines Gefecht führen', dann seit Mitte 17. Jh. vereinzelt, seit spätem 18. Jh. häufiger belegt in der übertragenen Bed. 'lärmen; plänkeln' und (heute noch bes.) 'mit neckenden Worten streiten; liebeln, Hebäugeln; flirten' mit dem im 17. Jh. vereinzelt belegten dazugehörigen Verbalsubst. Scharmutzierung. Scharmützel: 14. Jh. Suchenwirt XVI 35 mit scharrenmützel schiezzen / den werden nicht verdriezzen / wegund (DWB); 14—16. Jh. Dtsch. Städtechr. III 302 in des noch volbringung mancherley Scharmützels, in den vil erber beder Seiten gefangen wurden (DWB); 1444 (An^.J. Schweizer G. III 160) Do beschach ain schaltmützen von baiden tailen vnd verlor der adel vnd die Zürcher by hundert man; Beheim 1462—65 Buch v. d. Wienern 180 man sah auch in diesem schar mucz / ain, hiesz Raltasser Nebelschucz (DWB); 1523 Eberlin v. Gün^burg III 17 ein blinden Scharmützel; 1532 Kriegsbuch Bl. 36tt mit schnellem ausszug oder haltlossen oder durch eyenen Scharmützel; Frey 1556 Gartenges. 42 Scharmützel halten; Schumann 1559 N. 192 auff den Scharmützel hauffen; 1564—66 Zimm. Chron. I 77 nachdem iren vil in aim Scharmützel hart verwundt und zum thail erstochen (DWB); ebd. IV107 ehe und zuvor aber der scharmitzel angieng, greift der münch mit baiden henden zum gaffeisen und sieht hinein (DWB); 1570 Wormser Chr. 54 stellten sich mit Ernst zum Scharmützel; 1587 Volksbuch v. Dr. Faust (Ndr. 84) vor seinem hausz, erhub sich ein hader mit 7 Studenten . . . dasz die so zusahen, ein grosz gelächter ab diesem seltzamen Scharmützel hetten (DWB); Quad 1598 Enchiriden 59 Aber nach langen und vielen Schermutzeln sind sie zu letzten in die flucht geschlagen; 1601 Umarbeitung v. Herlicius 686 Das wir einn starcken Scharmützel hieltn, Durch den Scharmützel kamen wir / Gar nah zu dem Stadtthor herfür; Mallinger 1613—60 Tagbücher (Mone, QS. II 537) ein bluo-
tiger Scharmützel; Zouchäus 1666 Völkerrecht 128 dergleichen Beute setzt es bissweilen bey einem
Scharmetzel; /715 Krieges-Articul3* [bei] Schlachten, Scharmützeln, Stürmen; 1780 Lessing (XI 584) das Scharmützel ist aber noch kein treffen, in welches ich mich zu seiner zeit paragraph vor
paragraph einzulassen gesonnen (DWB); um 1785 Goethe (XXIX253) niemand ist vor einem angriff sicher; jedermann ist im vertheidigungsstande, und so entsteht aus muthwillen oder nothwendigkeit, bald hier bald da ein zweykampf, ein Scharmützel oder eine Schlacht ( D W B ) ; um 1790 Schiller (VIII 123) nach einem dreytägigen Scharmützel muszte er endlich bey dem dorfe . . . den feinde
stehen (DWB); /882 Militär-Lex. 319 Scharmützel, ein unbedeutendes Gefecht zwischen Plänklern; 1915 Dtsch. Herr u. Dtsch. Sprache 195 Scharmützel . . . D a s W o r t stammt von gleichbedeutendem italienischen scaramuccia; Silddtsch. Ztg. 16. 8. 1951
Mehr als die gutartigen Scharmützel mit der eifrig werbenden Bayernpartei beschäftigt den . . . Herrn heute die Möglichkeit, daß rechtsradikale, natio-
nalistische Schwadroneure aus dem Norden das Ohr der Bauernburschen gewinnen könnten. Scharmützeln: Schiltberger 1427 Reisen 56 Scharmützel ten lang mit ain ander auff dem mer; Hermann 1524 Mandat B 1b so offt es sich begibt, das sie mit eynem seer ferlichen feynd Scharmützeln
sollen; 1551 Sleidan-Briejw.
172 In Italien ist noch
keine besondere Kriegsübung, nur allein das man
scharmutzlet; 1564—66 Zimm. Cbron. II1154 und als er ine so gar grosz, faist und ungefueg gesehen . . . hat er ine under anderm gefragt, wie er doch
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Scharnier
bei seinem wein scharmitzlen künde (DWB); 1570 Wormser Chr. 61 hat sich in denselben kriegen allen wie ein kriegsman gehalten mit Scharmützeln und rauben; 1582 Ambraser Liederbuch 151 Erst hub sich ein Scharmützeln [an]; Sierk 1615—64 Bauernchronik 418 dat se dar mit des könniges folcke geschermusseret hebben; Goethe 1810 Götz v. Berlichingen 55 und waren schon so nahe bey uns, dasz wir mit ihnen scharmützelten (DWB). scharmützen: Wittenweiler 1400—50 Ring 180 und trügin zstetts ein rennen Ze schlahen und ze prennen, Ze rauben und zschalmüczen, Mit spiessen; 1423 Konstanter Chr. (Mone,QS.1328) zugent von Costentz 150 fussknecht . . . und schalmutztend mer denn ain mal mit Hussen; Steinhöwel 1473 her. Frauen 135 geschalmüczet und gefochten; 1550ff. Toggenburger Chron. 21 und schallmützend all tag mit enander; Soltau 1836 Volksl. I 529 da solt all's zu pferd aufsitzen / mit dem feinde zu scharmützen / was zum streit nur hätte kraft (DWB); Uhland 1844—45 Volksl. 406schickt man in zu scharmützen / und laufen von nöten war / kan er sich selbs nicht beschützen / sein haut musz halten her (DWB). Scharmütz(1)er: Busteter 1532 Bericht 28 die gantzen nacht lermen machen, vnd die schalmützer abwechseln; 1738 Henisch XXXVI 61 die den angriff thun, scharmützler, so geringe rüstung führen, der verlohren hauffen (DWB). scharmutzieren: 1621 (Dtsch. Ztg. 17. Jh. 39) scharmützirn die Hungarn mit den vnsern; Docemius 1638 Sprachenthür des Comenius §711 die leichtbewehrten Soldaten machen mit scharmutzieren nach dem gemeinen gebrauch den anfang des streits (DWB); 1641 Weckherlin 461 gebrauch list aufflist, schmach auff schmach, bisz sie fro ist, dasz sie zu schwach, und zu verlieren scharmüzieret (DWB); Rose 1648 Holofern 85 beym scharmutzieren und Sturmlauffen; Neumayr v. Ramssla 1668 Kriegeswesen 140 von täglichem Scharmüzieret; Simon 1696 Eilenb. Chron. 4 wie sie dann den 1. und 2. sept. [1630] mit den kayserl. croaten tapffer scharmutziret, und darbey gut glück gehabt (DWB); Goethe 1787 Die Vögel (XIV 113) sie [die Menschen] haben unter sich so viel zu kriegen, zu scharmuziren und zu schikaniren (DWB); Laukhard 1793 Feld^ug II 61 die Avantgarde
scharmuzirte gleichfalls; um 1800 Goethe (XXV 35) er ist nicht blosz ein ausgestopfter Sarazene, wie derjenige, an dem bei lustkämpfen die ritter ihre lanzen übten, sondern versteht er selbst zu scharmuziren, zu necken und aufzufordern, leicht zu verwunden und sich zurückzuziehen, und, indem er sich preis zu geben scheint, andern eins zu versetzen, so kann nicht etwas antmuthigeres gefunden werden (DWB); Werner 1807 Luther II 1 heut hab ich mal wieder den lügenteufel wacker scharmuziert (DWB); Sartori 1812 Reise I 105 in einem Walde . . . wo unlängst scharmutziret wurde, wo Verhaue, Grabe, Schantzen u. s. w. errichtet . . . wurden; Goethe 1816f. (XXXV 174) als ich nach Venedig kam und betrachtete, auf wie verschiedene weise mein grausames schicksal mich verfolgte, tröstete ich mich, da ich mich so munter und frisch befand, und nahm mir vor, mit ihm auf meine gewöhnliche weise zu scharmuzziren (DWB); Colombier 1832 Handbuch 56 mit dem Feinde ins Handgemenge verwickelt (scharmuziren) ; Opel-Cohn 1862 Dreißigjähr. Krieg 168 weil er nu seine Ordnung macht, mit uns zu scharmutzieren, Tilly sein volk auch herzu bracht und liesz die stück plantieren (DWB); Freytag 1864 Handschr. II1111 eine von eurem volk hat meiner groszmagd prophezeit, sie würde einen gutsbesitzer heirathen, und ich muszte das mädchen abschaffen, welche sonst brauchbar war, weil sie anfing, gegen Rollmaus selbst zu scharmuziren, obgleich dieser nur darüber lachte (DWB); 1915 Dtsch. Heer u. Dtsch. Sprache 195 Die jüngere Form „scharmutzieren" hat jetzt die spezielle Bedeutung „ein Wortgefecht führen" und „liebeln". Zwischen diesen beiden Bedeutungen liegt wohl der Zwischenbegriff „mit neckenden Worten streiten", von wo aus es zu „liebeln" nach der Redensart „was sich liebt, das neckt sich" kein weiter Schritt mehr ist; Federer 1921 Vater u. Sohn 89 wenn andere Lachweiler . . . mit ihrem Frauchen scharmutzieren; Kündig 1927 Lieder 99 Beim Schwärmen, Scharmutzieren, Da sind wir obenan; Kästner o.J. Junge 132 Er saß in Kneipen und Weinlokalen . . . scharmutzierte mit den Kellnerinnen (WDG). Scharmutzierung: Bericht 1626 Türken Gran B 4b Scharmitzierung.
Scharnier N. (-(e)s; -e), im früheren 18. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. charnière ( < altfrz. charne 'Türangel', zurückgehend auf lat. cardo 'Dreh-, Wendepunkt; Türangel'), bis ins 19. Jh. auch in der Schreibung Charnier, im 18. Jh. vereinzelt Charnür; a in der Bed. '(Dreh-)Gelenk, Gewinde, Gelenkband aus Metall zur beweglichen Befestigung von Türen, Fenstern, Deckeln' (Scharnierband, -gürtel), seit Mitte 19. Jh. auch auf die (Beugungs-, Streckungs-)Gelenke des menschlichen Körpers bezogen; b gegen Mitte 18. Jh. vereinzelt, erst seit früherem 20. Jh. häufiger bildlich
schassen
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verwendet und übertragen im Sinne v o n 'Verbindungs-, Mittelglied; Dreh-, Angel-, Wendepunkt', zunächst auf Personen bezogen, dann bes. in der politischen Strategie
(Scharnierthese). Scharnier a: 1737 Jiid. Baldober 526 ScharnierGürtel; Halle 1761 Werkstäte der Künste I 81 mit einem schliessenden Gelenke (Charnier) versehen; 1786Journal der Moden 1192 Anm. auf zwey eisernen Charnüren; Triest 1826 Baukosten V 11 Wirbelbänder (Charnierbänder); 1835 Europa I 335* die sogenannten Gundehalsbänder von gebräuntem Golde, mit drei Charnieren; Valentin 1855 Physiologie 555 Charniergelenk; Hammer 1863 Jagdbilder 122 [bei schwerer Waldarbeit] als wäre sein Kreuz — mit ihm selbst zu reden — „aus dem Scharniere gegangen"; Wohl 1932 Reporter 83 Ein Schulterstoß, hinter dem hundertsechzig Pfund stehen — krachend fliegt die Tür nach innen, die Scharniere hängen halb heraus; „Duden"-Sammlung 1935 Das Blut strömte ihr von der Anstrengung zu Kopf. Vergebens. Der Deckel rührte sich nicht um den geringsten Spalt. Die Hände sanken ihr herab. Ihr fiel ein, daß sich außen ein Scharnier am Schloß befand, das nach oben oder nach unten zu bewegen war. Scharnier b: Moser 1759 Herr u. Diener 216 daß ordentlicher Weise in jedem Collegio, auch dem höchsten, ein so zu nennender Regierender Herr, oder ein Oraculmäßiger Mann seyn könne und müsse; ein Charnier, so das Werk schließt, eine Feder, so die Uhr bewegt; Dtsch. AZ. 1.1. 1935 In so einem Hause von kleinen Leuten, wo sich das Leben in sehr lockeren Scharnieren bewegt,
bleibt ein Mensch, wenn ihn die Nachbarn spüren, nicht lange allein auf Stiege oder Gang, es öffnet sich sogleich irgendwo eine Türe; 1935 Volk und Reich 121 und Lüttich wird ein wertloses Scharnier eines französischen Ausfallstores gegen Deutschland; Münch. N. N. 7. 1. 1942 Englands neue Scharnier-These (Überseht.) Die Gleichgewichtsthese ist in aller Form begraben und wird von der „Times" durch die „Scharnier"These: „England das Mittelglied zwischen Europa und Uebersee!" ersetzt. In Wirklichkeit rückt Großbritannien damit in eine Winkelstellung; ebd. 25. 2. 1944 [in der] von Ostpreußen begrenzten „Durchgangsstraße" bündeln sich die großen Verkehrswege, ehe sie dann nach Osten wie nach Westen zu strahlenförmig auseinanderlaufen. Es ist also schwerlich überspitzt, das Generalgouvernement als ein „europäisches Scharnier" zu bezeichnen . . . Seither ist das Generalgouvernement das entscheidende Durchgangsgebiet für den Verkehr zwischen dem Reich und der Front; Die Zeit 27. 8. 1976 Die Jahre 1972 bis 1976 sind für die Bonner Außenpolitik Scharnierjahre gewesen. Es waren einerseits Jahre des Vollzugs von Begonnenem . . . Andererseits ließen sie einen historischen Themenwechsel erkennen, eine fundamentale Verschiebung der Konflikt-Achsen und der Problemstellungen.
schassen V . trans., im späten 18. Jh. (gebucht 1781 bei Kindleben) entlehnt aus
gleichbed. frz. chasser (über altfrz. chacier zurückgehend auf lat. captare 'auf etwas Jagd machen, etwas zu ergreifen suchen', zu capere 'fassen, nehmen'), bis ins 20. Jh. auch in der Schreibung chassen\ zunächst studentenspr. in der Bed. 'schimpflich von der Hochschule weisen, relegieren', auch für 'im Zweikampf zurücktreiben' nachgewiesen, dann in der Schülersprache und schließlich allgemein ugs. für 'schimpflich, in Unehren (aus dem Amt) entlassen, jmdm. den Abschied geben' verwendet. Laukhard 1802 Leben V 94 zumal da er endlich auch vom Waisenhaus geschasst wurde: denn vom Waisenhaus schasst man, wahrscheinlich wegen der grossen Schnelligkeit, womit der Verwiesene sich entfernen muss; 1820 (Krimer 1833 Erinnerungen II 284) Glücklicherweise war ich hier schon immatrikuliert, als mein Relegationspatent aus Jena ankam; daher konnte man mich nicht mehr schassen (das heißt fortjagen); Zur Megede 1911 Quitt 321 ein wegen Schulden geschasster Offizier; Lichnowsky 1924 Kampf 274 eine Presse, in welcher niemand das Abitur be-
stehen konnte, weil man für das geringste Vergehen gleich geschasst wurde; Sternheim vor 1942 (IV 333) Nachdem ich nichts getaugt . . . ein geschaßter Hauslehrer, der unbrauchbarste Bibliothekar gewesen war (WDG); Neumann 1943 Es waren ihrer sechs 274 ich werde ja doch über kurz oder lang aus dem Lyzeum geschaßt, weil ich jüdisch bin (WDG); Die Zeit 20.8.1976 Als bekannt wurde, daß Sie in diesem Herbst abgelöst werden, hat es Petitionen zu ihren Gunsten gegeben. Sie sind sozusagen geschaßt worden . . . weil Sie zu links waren.
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Schatulle — Scheck
Schatulle F. (-; -n), Ende 17. Jh. entlehnt aus ital. scatola 'Schachtel; Büchse' ( < mlat. scatula '(Geld-)Schrein; Börse'), früher auch Scatulle; 1 in der Bed. 'verschließbares, zierliches Kästchen 2ur Aufbewahrung von Geld, Schmuck und anderen Wertsachen' (Geld-, Schmuck-, Reiseschatulle). 2 Seit früherem 18. Jh. belegt in der veralteten Bed. 'Privatkasse, Hausschatz eines Fürsten' (Schatullengelder, -güter). Schatulle 1: Winckler 1696 Edelein 671 hierbey Schatulle 2: Struve 1737 (Rall, Kurbayern 525
steht auf einem Tischlein eine Scatulle; Ettner 1697 Anm.) die Schatulle, die fürstlichen Handgelder; Doktor 155 habe ich in meiner Scatulle ganz von Heppe 1751 Lehrprinz 197 zu des Herrn Handder gleichen Sorte; ebd. 406 nahm aus einer geldern in die Chatoulle geliefert; Wekhrlin 1777 Scatulle vier thaler; 1741 Begebenheiten 143 den Denkwürdigkeiten 15 wodurch der grösste Theil Schlüssel zur Shatoulle; Mylius 1777 Märlein. der vorhandenen Reichthümer in seine Schatulle Glossar 577 Truhelein. Jetzt würden wir Schatulle fliessen sollte; Nicolai 1790 Anekdoten 1213 Anm. sagen; Schröder 1786 Porträt (NL CXXXIX, I Der König hat sehr große Summen an die 186) Lauter schöne Rollen von 100 Louisdor und Armen gegeben . . . Es wird glaubwürdig verein fettes Schatullchen; Goethe 1797Br. (XII231) sichert, daß Er in den letzten Jahren seiner Für einen Reisenden geziemt sich ein skeptischer Regierung in seinem Kabinette immer über Realismus. Was noch idealistisch an mir ist wird 3000000 Rthlr. in seiner Schatulle bereit liegen in einem Schatullchen, wohlverschlossen, mit hatte, um bey den so oft vorkommenden Wassergeführet wie jenes unkeusche Pygmäenweibchen; schäden ohne Zeitverlust zu helfen; ebd. VI 212 Reichard 1814 Passagier 124 Eine der notwendigsten Der König übergab also dem Glasow, den er Reisemeublen für den, der Platz und Gelegenheit deswegen zum Kammerdiener machte . . . seine dazu hat, ist die Reiseschatulle . . . unsere Kost- Schatulle und die Oberaufsicht über seinen Hofbarkeiten, Ringe, Wechsel, Schrifttum, Geld etc. staat; Bahrdt 1791 Lebensbeschr. III 391 400 Gulden zu verwahren . . . auch Visitenkarten . . . Schreib- aus der Schatulle des Fürsten; 1833 Jahrbücher der zeug; Kürnberger 1898 Eis 54 Sie schloß den Hut- Gesch. 1447 sogenannten Chatoullengütern; Bauer karton ein, den Karton mit den Manschetten, die 1836 Überschw. I1127 Liegt der Gesammtreichtum Schatulle mit den Schmucksachen, das Handschuh- des Volkes in meiner Schatulle verwahrt; Krätzer kästchen; Behrend 1942 Reise 7 Gepäck und 1840Domänen //unterscheidet [die Kammergüter] Schatullen; Kasack 1953 Fälschungen 69 Die Vitri- wesentlich von den Privat- oder Schatullgütern nen, Glasschränke und Schatullen mit ihren des Regenten; Hartmann 1866 Erlebnisse 171 Sein Schloßhauptmann . . . war in das Zuchthaus geMiniaturen und Raritäten. kommen, weil er die Schatullkasse bestohlen hatte.
Scheck M. (-s; -s, auch -e), im früheren 19. Jh. entlehnt aus gleichbed. engl./amerikan. check, Nebenform zu engl, cheque, ursprünglich '(Zeichen für) Überprüfung der Richtigkeit einer Sache' (zu check 'überprüfen, kontrollieren; in Schach halten'), bis ins 20. Jh. meist in der Schreibung Check; in der Bed. 'Zahlungsanweisung auf eine Bank (oder Post), Zahlungsschein', als Grund- und Bestimmungswort häufig in Zss. wie Bar-, Reisescheck; Scheckbuch, -karte. 1836 Courtin 154 Cassier-Anweisungen, CassierQuittungen, Checks; 1844 Schleier 106 Check, in England, eine Anweisung auf eine Auszahlung; 1865 Heyse 161 Check, Cassier-Anweisung; 1879 Maier-R. II390Die Bankiers versehen ihre Kunden mit sog. Checksbüchern (alle SCHIRMER, Kaufmannssprache); Peetz 1893 Chiemgauer Volk II 52 Warrants und Checks waren den „Troadbauern" ebenso unbekannte Größen wie Preisnotierungen von Produktionsbörsen; Pollak 1908 Scheck (Diss. Erlangen) 1 Anfänge des modernen Scheckverkehrs liegen in den Quittanzien der deutschen
Landesherren; Burkhardt 1928 Verrechnungsscheck (Diss. Würzburg) 6 Das Land, in dem vor allen anderen die Bedeutung des Scheckverkehrs erkannt wurde, ist England; Lokal-Anz- 15. 2. 1934 Jede Dienstleistung muß bezahlt werden, sagen die Banken und berechnen für die Einkassierung eines Schecks . . . zehn Cents; Offenburger Tagebl. 14. 4. 1960 Der Kaufscheck wäre nach Ansicht der Bank für Gemeinwirtschaft geeignet, das weitverbreitete Mißtrauen gegen den Scheck als Zahlungsmittel zu zerstreuen; Stuttgarter Ztg. 8. 2. 1963 Das bestätigt eine andere Einzelhandels-
Scheich — Schema fema, die jährlich Kundenschecks über mehrere Millionen Mark erhält und doch allenfalls einoder zweimal im Jahr an einen „Scheckbetrüger" gerät; Stuttgarter Nachrichten 12. 12. 1964 Die Einführung von „Reiseschecks" im innerdeutschen Reiseverkehr ist . . . nicht möglich; Offen-
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burger Tagebl. 4. 3. 1969 In 14 Ländern Europas können Bankkunden . . . mit einer Scheckkarte Geld abheben; FAZ 30. 12. 1971 Wer sich am Schalter seiner Bankfiliale ein neues Scheckbuch holen will, bekommt stattdessen eine . . . Plastikhülle in die Hand gedrückt.
Scheich M. (-(e)s; -e, auch -s), gegen Mitte 17. Jh. entlehnt aus arab. saih 'Greis, Ältester, Stammes Oberhaupt' (zu saha 'weiß oder alt (sein)'), auch in den Schreibungen Schich,
Schert,
Scheikb,
Schaich;
1 in der B e d . '(arabischer) S t a m m e s f ü r s t ; D o r f v o r s t e h e r ,
-ältester', daneben 'islamischer Priester einer Moschee', auch als Ehrentitel für mohammedanische Gelehrte und Geistliche, jetzt auch für '(politischer) Machthaber, Herrscher' im arabischen Gebiet; dazu in neuester Zeit die subst. Ableitung Scheichtum N. (-s; Scheichtümer) 'Herrschaftsgebiet eines Scheichs' in Arabien. 2 Seit Mitte 20. Jh. auch übertragen verwendet, zunächst in der Soldatensprache für 'schlechter Soldat', dann ugs. in der Bed. 'fester, ständiger Begleiter, Freund' und pejorativ 'unangenehmer, abstoßender Mensch, Kerl'. Scheich 1: Olearius 1654 Pers. Rosenth. 32» (2, 14) ein schich oder heiliger frommer mann (DWB); Krämer 1681 Leben d. Seehelden 221 Schegh oder Herrn zu/Scheich; 1765 Allg. dtsch. Bibliothek 140 aber was sollte der gute Scheik (so heißt der Muselmann) dazu sagen?; Michaelis 1785 Mos. Recht I 202 So wie bei den Römern der Senator vom Alter genannt wird, ohne eben deswegen ein alter Mann zu seyn, oder bei den Arabern Schaich (der Alte) ein blosser Name der Würde ist; HahnHahn 1844 Oriental. Br. II 34 Die Regierung hat in diesen Gegenden, um die Handelsverbindungen nicht zerreissen zu lassen, die Scheikhs — (d. h. die Alten, welche nach patriarchalischer Sitte noch immer die Oberhäupter jedes Stammes sind) — gezwungen eine solidarische Verantwortlichkeit aller Dörfer untereinander anzuerkennen; Berl.
Illustr. Nachtausg. 4.5. 1932 Da sprach der Scheich zum Emir: „Erst drinken wa noch een'n; denn jeh'n wir." Da sprach der Emir zu dem Scheich: „Een'n drinken wa noch; denn jeh'n wa jleich"; Siiddtsch. Ztg. 23. 7. 1957Die ergiebigsten Ölquellen liegen in den britischen Protektoraten Kuweit und Gwadar. Die Scheichs sind vollkommen von der englischen Regierung und ihrem Schutz abhängig. Scheichtum: Süddtsch. Ztg. 23. 7. 1957 Bedenkliche Unruhen und Sabotageversuche haben sich aber während des Suez-Abenteuers in diesen Scheichtümern gezeigt. Scheich 2: Klähn 1940 Timm 16 Scheich; Süddtsch. Ztg. 4.4. 1950 beleibte Scheichs [fette Münchner].
Schema N. (-s; -s und -ta, auch Schemen), im frühen 16. Jh. entlehnt aus griech. cr)(fi|ioc, lat. Schema 'Haltung, Stellung; Gestalt, Form; Grundriß, Entwurf' (zu l)(£iv '(fest-)halten; haben'); in der Bed. 'Figur, Gestalt, Umriß; als Muster dienende (Grund-) Form; Übersicht, Grund-, Aufriß; anschauliche (graphische) Darstellung, Skizze; Plan, Konzept', auch für eine rhetorische Figur; übertragen und pejorativ gebraucht bes. in der festen Wendung nach Schema F 'nach bürokratisch starrem, vorgegebenem, ohne nachzudenken befolgtem Muster' (-> Schablone b), im späteren 19. Jh. im Zusammenhang mit den Vordrucken für Frontrapporte zum Schlagwort geworden. Dazu die Mitte 18. Jh. aufgekommene adj. Ableitung schematisch 'in den Grundzügen dargestellt, umrißhaft, entwurfsmäßig; übersichtlich gruppiert, anschaulich zusammengefaßt; systematisch; einem Schema entsprechend, folgend', auch übertragen und pejorativ verwendet für 'gleichförmig, mechanisch, automatisch; gedankenlos; engstirnig, stumpfsinnig'; seit Mitte 19. Jh. die selten belegte subst. Ableitung Schematik F. (-; ohne PI.) 'schematische (An-)Ordnung, Schema; Übersichtlichkeit, Übersicht'.
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schematisieren
Schema: Luther-Emser 1521 Str. II 174 ein vorblumung, die man in der schull lernt, vnnd heyß tzu latyn figura, kriechisch Schema . . . Dann der heylig Hieronymus . . . sagt, wie die schrifft nicht
1902 Grenzboten II 78 Dieser Kampf gegen Schablone, Zopf und Schema F macht mir gerade die Grenzboten lieb und wert; 1916 Schwed. Stimmen 118 bürokratischen „Schema F"; Stimmen fol figuren oder Schemata, sonder fol sacrament d. Zeit 94 (1917/18) 486 die berühmten „Schemata sey; Dannbauer 1643 Katechismusmilch II 86 [so] F oder G" unserer „Amtsschimmel"; Lokal-Anz. wollen wir auch das Schema dieser Welt, und 4. 1. 1933 Im Grundschema würde dann je alle zwar sonderlich den schnöden Hoffart . . . G. L. 10 Minuten von der Stadtbahn ein Zug nach zum Scheusal praesentiren und fürlegen; Lünig sämtlichen Richtungen fahren; ebd. 30. 8. 1934 1719 Tbeat. ceremon. I 1281b wie untenstehendes Er „arbeitete" stets nach einem bestimmten Schema und nachfolgende Beschreibung auswei- Schema und hielt sich an die kleinen Geschäfte: set; Zincke 1751 Camer. Bibl. I 13 Ein kurzes Milchläden, Bäckereien und Kolonialwarenläden; Schema, oder einen kurzen Entwurf der dazuge- ebd. 25. 10. 1934 Kein starres Lohnschema mehr hörigen Wahrheiten; 1774 Schulordnung Maria Eine ergänzende Anordnung des ReichsarbeitsTheresia 22 der Fleischkatalog nach dem Schema ministers (Überschr.); Stuttgarter Ztg. 25. 6. 1962 F; Goethe 1795/6 Lehrjahre (22) 109 wozu er ihm In der Atomlehre wende sich Epikur im Grunde ein tabellarisches Schema mitgegeben; 1806 Stu- mit Denkschematen des Aristoteles gegen Piaton; dien I 40 das unbestimmte, zahllosen Bildungen ebd. 16. 2. 1968 Alles nur nach Schema (Überschr.) der Natur zu Grunde liegende Schema oder Ur- Das sind Zeichen der Zeit I Der Denkprozeß wird bild, das auch der Einbildungskraft des Künstlers mehr oder weniger abgeschaltet —• alles nur nach vorschwebt, und das er zwar in hoher, aber eben- Schema. sowenig in vollkommener Reinheit darstellen kan, Schematik: Haym 1859 (Ges. Aufs. 58) Er setzte als der Mathematiker das blosse Schema eines der auf Erfahrung und Wissen beruhenden Doctrin Triangels als Schema einer anderen geometrischen einen kecken, trotz aller Schematik und aller zur Form; Goethe 1809 Tagebücher (IV 73) BiographiSchau getragenen Methode verworrenen und sches Schema nachgetragen; Ritter 1810 Fragmente unzusammenhängenden philosophischen Traum II 37 Das physiologische Schema des Individuums entgegen; IVillmann 1897 Gesch. III 919 Weltist das physiologische Schema der Erde. Die ganze schematik; Simmel 1914 Philosophie 79 Alle RekonWelt muss sich im Menschen en miniature wiederstruktion dessen, was man die „Rechnung" des finden; Steffens 1817 gegenwärtige Zeit II 840 Künstlers nennt; die genaue Scheidung der „PläGrundschema der Gesinnung; Mabler 1864 Ueber ne", die Schematik des Horizontalen und Vertidie Eider 249 Wir haben überhaupt in diesem kalen, das Dreieck und Viereck in den KomposiFeldzuge so manches Neue und Praktische getionen. lernt, würdig, ein Appendix zu unserem berühmten „Schema F" zu werden; Goltz 1888 Paradoxon schematisch: Stisser 1746 Land-Wirtschafft 16 des 6 nach vorgeschriebenem Schema; Wolzpgen 1892 Gedächtnisses nach schematischer und zusammenDie Entgleisten 70f. Ich denke mir darunter über- hängender Lehr-Art; Basedow 1758 Philosophie 66 haupt alle die verfehlten Existenzen, die ja immer schematischer Auszug; Rabener 1759 Satiren III 51 massenhafter werden, je accurater unser ganzes das Schematische; Faucher 1877 Culturbilder 274 Staats- und Gesellschaftsleben reglementirt, auf Schematisches; Geopolitik 7 (1930) 347 grobSchema F zugeschnitten wird (LADENDORF); schematische Durchführung.
schematisieren V . trans., Mitte 18. Jh. aufgekommene, eventuell nach griech. CT^CnnctTi^Biv 'Gestalt, Form geben' (zu crx^P«) gebildete verbale Ableitung von Schema; in der Bed. 'etwas schematisch, in einem Schema darstellen; übersichtlich, tabellarisch, systematisch ordnen', auch pejorativ verwendet für 'etwas in ein Schema pressen, 2wängen; nach Schema F behandeln; nivellieren, simplifizieren'; daneben auch fachspr. verwendet in der Philosophie der Aufklärung für 'einen Begriff durch sinnliche Anschauung faßbar machen, versinnlichen' und in der Bibelexegese für 'Bilder des Alten Testaments als Vorbilder für spätere Personen und Begebenheiten deuten und erklären'. Dazu seit Anfang 19. Jh. das Verbalsubst. Schematisierung F. (-; -en) 'schematische Darstellung; Simplifizierung'.
Schematismus schematisieren: Geliert 1746 Fabeln I 207 Der [verstorbene Herr] hatte . . . Die Ketzer stattlich ausschändiret, Und stets so fein schematisiert, Daß er der Bauern Herz gerühret; Goethe 1798 Br. (XIII 320) zu einer kleinen Composition schematisirten; ders. 1809 Tagebücher (IV 35) Verschiedenes überlegt und schematisirt; ebd. (IV 57) Einiges am Roman schematisirt und durchgedacht; ebd. (V 17) Das nächste Biographische geordnet, schematisiert und corrigirt; ebd. 1831 (XIII 8) Schematisierte was morgen zu thun; ders. 1827—42 (W. L 77) In der Wissenschaft deuten die unzähligen Versuche zu systematisieren, zu schematisieren dahin (KEHREIN); Stahr 1848 Italien II 143 zu betrachten, zu schematisieren, zu klassifizieren; 1866 Bern, über Kriegswissenschaft 124 in die blaue Luft hinein schematisiren ; Bayer 1880 (Ski^zenbuch 7) Goethe . . . hatte in späteren Jahren immer mehr die Neigung des Schematisierens und Tabellierens. Es war das Blut vom Vater her, die abgezirkelte Ordnungsliebe, die im Alter stärker bei ihm vorschlug; Tiburtius 1923 Erinnerungen 173 Jedes Schematisieren führt zur Erstarrung und Unfreiheit; die Individualitäten wollen sich zu ihrer Eigenart ausgestalten; Graff 1951 Goethe 50 ein schon vor Jahren schematisiertes Stück der Faust-Dichtung. Schematisierung: Goethe 1809 Tagebücher (IV55)
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wegen zoologischer Schematisierung; Gutzkow 1846 Säkularbilder (VIII 448) Schematisierung des weitläufigen Stoffes; Bulow 1916 D. Politik 192/. Hier drängt unser politischer Verstand auf Systematisierung, Schematisierung der Wirklichkeiten des politischen Lebens . . . auf deren [der gegebenen politischen Tatsachen und Zustände] Einordnung in logisch korrekt konstruierte Gedankenreihen; 1931 Handbuch der Amerikakunde 58 Schematisierung der einheimischen Bedürfnisse; Thurnwald 1931 Gesellschaft I Vorr». X Die Aufstellung von Idealtypen führt dagegen zu falschen Schematisierungen, die historisch unmöglich sind; 1935 Dtsch. Volkskraft 203 einer geistigen Schematisierung [soll] nicht das Wort geredet werden; Süddtsch. Ztg. 23.5. 1952 Schematisierung und Typisierung; 1957 Akzente 535 gegen die Falschheit aller Schematisierung . . . angesichts von reichen und verwickelten Lebenserscheinungen; Ritter 1958 Vergangenheit 74 Die französische Revolution vollendete das Werk der Zentralisierung, Schematisierung, Egalisierung, das die Könige Frankreichs begonnen hatten; Grimm 1963 Strukturen 15 die Ablehnung jeder Schematisierung und Schabionisierung im Bau des Dramas [bei G.Hauptmann]; Wicke o.J. Wordsworth 11 jede „Schematisierung" impliziert notwendig Vergewaltigungen.
Schematismus M. (-; Schematismen), im frühen 18. Jh. aufgekommene Ableitung v o n -»• Schema; 1 in der Bed. 'Bild, Gestalt, ( E r s c h e i n u n g s f o r m ; Umriß, Entwurf; Systematik, Plan, (Aufbau-)Schema'; übertragen und pejorativ verwendet für 'gedankenlose, mechanische Nachahmung und Wiederholung eines starren Schemas; Vorgehen nach festem Konzept; Einförmigkeit, Eintönigkeit (einer Arbeit, eines Geschäftsganges) ; routinehafter Mechanismus, Automatismus'. Daneben fachspr. in der Philosophie der Aufklärung gebucht f ü r 'Versinnlichung eines Begriffes' und in der Theologie für 'Auslegung, -deutung der Bilder des Alten Testaments als Vorbilder'. 2 Seit späterem 18. Jh., oft pl. verwendet, in der Bed. 'Kirchenkalender, statistisches Handbuch einer katholischen Diözese, eines geistlichen Ordens', auch 'Staatskalender, tabellarische Aufstellung, in welcher alle Landesbehörden verzeichnet sind', in Osterreich speziell 'Namensverzeichnis, -register; Rangliste'. Schematismus 1: Sperander 1728 A-Ia-Mod-Sprach 622 Schema, Schematismus, ein Vorbild, Figur, Abbildung, Entwurf oder erster Abriß von einer Sache; Schleiermacher 1813 Päd. (III 477) Dieser [der zweite Teil der Pädagogik] muß notwendig anfangen mit einem Schematismus, welcher eine doppelte Richtung hat nach der extensiven und intensiven Seite; Heeren 1813 Heyne 305 der wissenschaftliche Schematismus; Schwab 1826 (Kl. Sehr. 2) werden wir in unseren Urtheilen über Dichtungen und Dichter aller Zeiten vor jedem ertödtenden Schematismus bewahrt bleiben; Goethe
1827—42 (W. Uli 20) Jener Ausdruck: die Farben seien die ersten Schematismen der Erde, ist uns sehr willkommen (KEHREIN); Humboldt 1845—50 Kosmos I 69 Ein Schematismus, enger, als ihn je das Hittelalter der Menschheit angezwängt (KEHREIN); Engels 1846 Fragmente (IV 409, 19) in den Schematismus der ewigen Kategorien eingereiht zu werden; Laube 1849 Pari. II 142 im Beamten-Schematismus vertrocknen ; Schleider 1855 Studien 160 was ist die Natur ? —• Ein wesenloser Schematismus, eine leere Form, unter welcher der unvollkommene und beschränk-
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Scherzo — Schikane
te Mensch das All aufzufassen gezwungen ist; Quenstedt 1856 Sonst 18 von jenem dürren Schematismus befreien; Carus 1866 Lebenserinnerungen III 134 eines trockenen abstracten Schematismus von Denken; Gutzkow 1875 (46) Säkularbilder (VIII 465) Schematismen, wie sie der SaintSimonismus aufgestellt hat; Wundt 1885 Essays 3 mit einem äusserlichen Schematismus ohne jeden erklärenden Werth; Curtius 1921 Barres 60 Der öde Schematismus und die doktrinäre Reglementierungssucht der modernen Sozialismen; Brod 1928 Zauberreich 256 Schematismus der Verführer; Niekisch 1929 Gedanken 169 Klagen über den „Schematismus" der Bürokratie und den „Formalismus" und die „Lebensfremdheit" der Justiz; Voss. Ztg. 1. 6. 1930 erkennen wir aufs neue, wie sie [die Welt], unendlich weit entfernt von allem Schematismus, von stürmischem, brausendem, für alle Zeiten gleichnishaftem Leben durchströmt ist; Manstein 1958 Soldatenleben 108 Für Routine oder Schematismus hatte er wenig übrig, überraschte vielmehr . . . ganz durch neue Einfälle; Offenburger Tagebl. 15. 3. 1960 Glanz und Elend der [Fernseh-]Serien: Ihr Schematismus läßt sie alle bald im Leerlauf enden.
Schematismus 2: Wekhrlin 1777 Denkwürdigkeiten 56 Der Etat des ganzen Kaiserlichen Hauses belief sich, nach den Schematismen der damaligen Zeit, auf 4223 Personen; Stubenrauch 1779 Recht 14 nach dem richtigen Zeugniss der Schematismen . . . Man sehe den Schematismus der sogenannten Hofkalender ein; 1791 Journal v. u . f . Deutschland II 755 Die Addresskalender heissen in Schlesien Instanzien-Notiz, und in Böhmen Schematismus; Meissner 1866 Schwarz-gelb 186 Hat Klio, die Muse der Geschichte, wirklich den Namen dieses Tapferen in ihren Tafeln oder doch mindestens der österreichische Schematismus in seinen Listen?; Nordau 1884 Lügen 125 Wieviele Dichter und Schriftsteller betteln um die Erlaubniß, dem Könige ihre Werke darzubringen, blos damit dieselben ungelesen in die hintersten Ränge einer Bibliothek gestellt werden, in welcher genealogische Almanache, Schematismen und Rang- und Quartierlisten den Ehrenplan einnehmen!; Österr. Wehrztg. 1. 6. 1934 Militär-Schematismus; Wandruszka 1956 Haus 13 im „Schematismus", dem Personalstandsverzeichnis der alten kaiserlichen und königlichen Armee.
S c h e r z o N. (-s; -s und Scherzi), im frühen 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. ital. scher^o, auch 'Spaß, Scherz' (zu ital. scher^are 'spaßen, scherzen'; vgl. dtsch. Scherz); ursprünglich Bezeichnung eines weltlichen Gesangs oder Instrumentalstücks, dann in der Musikwissenschaft f ü r ein Tonstück heiteren, lebhaft bewegten Charakters, als zweiter oder dritter Satz in der Sonate (Sinfonie, Quartett), auch als selbständiges Klavierstück. Prätorius 1619 Syntagma mus. III 17 Vnd solche vnd dergleichen Arien nennen die Itali jetzunder Schertzi; Böhme 1886 Gesch. d. Tanzes I 263 Beethoven's leidenschaftliche Natur fand sich selten, später gar nicht mehr, geneigt, in langsam-graziösen Bewegungen dahin zu schreiten, er setzte an
die Stelle der seitherigen Menuett das wildlustige Scherzo, im Grunde den alten Passepied; 1965 Aspekte 101 seit im internationalen Jugendstil Bildtitel wie „Sonnensonate", „Sphärenklang" oder auch „Andante" oder „Scherzo" üblich wurden.
s c h i c k s. Chic S c h i k a n e F. (-; -n), im späten 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. chtcane (zu chicaner, -> schikanieren), bis ins 19. Jh. auch Chicane, Chikane; 1 im juristischen Bereich f ü r 'Rechtsverdrehung' und allgemein verwendet in der Bed. 'böswillig bereitete Schwierigkeit, Spitzfindigkeit, Klippe, absichtlich verübte niederträchtige Handlung, kleinliche Quälerei, mutwillige Schädigung, Behinderung; Bosheit, Ränke', meist unter Ausnutzung einer staatlichen oder dienstlichen Machtposition mit dem Anschein der Rechtmäßigkeit, auch in sportlichen Wettbewerben f ü r '(bes. schwieriges) Hindernis, S chwierigkeit (-sgrad)'.
Schikane
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2 Seit früherem 19. Jh. mit positiver Wertung übertragen verwendet, meist pl. in der festen Wendung mit allen Schikanen 'mit allen Feinheiten und modernen Errungenschaften der Technik (ausgestattet), mit allem erdenklichen Zubehör, Komfort, Luxus, mit raffinierter Ausrüstung, mit allen Raffinessen'. Dazu seit Ende 18. Jh. die adj. Ableitung schikanös, anfangs auch chicaneuse, chicanos, 'boshaft, spitzfindig, mit Schikanen belästigend, behindernd, schikanierend' (zu 1) und im früheren 20. Jh. vereinzelt in der Bed. 'luxuriös, mit neuestem technischem Zubehör (versehen)' (zu 2). Schikane 1: 1675 Interesse 35 Ein solcher Streich jüngeren hatten unsern Umgang zerrissen; Laukwar die liederliche Chicane von dem Aggressore; hard 1802 Leben V 263 Ich habe mich nie mit Leibniz 1684 Briefe IV 67 daß man zuforderst sich gerichtlichen Dingen gern abgegeben: theils aller chicanen und Sophismatum . . . enthalten verstand ich das Ding nicht hinlänglich, theils solle; 1686 Preußen Briefe (Schuck 280) so mögen hasste ich die Schikane; Athenstädt 1823 Eur. II sie keinesweges, entweder aus Caprice oder par 143 Ueberdieß würden sie, bey jeder einzelnen Chicane, einige Streitigkeit . . . begännen; Lon- Anklage und Verantwortung über Kleinigkeiten, dorp 1691 Acta publica XVIII 382» suchte die zu sehr von ihren wichtigen Staatsgeschäften gróste Chicquanes von der Welt / den Process abgezogen, zu sehr der Chicane bloßgestellt etliche Jahr . . . zu trainiren; Rohr 1718 Staats- werden; Keller 1840—42 briefl. (Ermatinger, Keller klugheit 576 die wunderlichen Subtilitaten, welche II 28) wegen der Grobheiten und Schikanen, dezu nichts als zu Vermehrung der Chicanen taugen nen man hier ausgesetzt ist unter den vielen (alle BRUNT); 1719 Recueil V 8 ich hoffe von Studenten und Künstlern; Häusser 1851 Denkw. 5 einer fernem Chicane und Übeln Nachrede da- der ganz byzantinisch ausgedüftelten Wissenschaft durch gantz befreyet zu seyn; Podagra 1721 der Verbote, Hemmungen, Schranken und ChicaApothekertod 117 dann meynt er, er höre das nen; 1918 Deutschland 82 Schikane mit GegenGras wachsen und könne dem vornehmsten schikane beantwortet; Hertling 1919 Erinn. I 161 Medico eine Chicane machen; 1741 Schat^k. (I Schikanen gegen einzelne missliebige Persönlich1150) Chicane, betrügliche Griffe und faule Aus- keiten; Frankf. Ztg. 30.5.1925 Schikanen der flüchte im Handeln (SCHIRMER, Kaufmanns- Politik können durch Politik überwunden werden; sprache); 1749 Gleim-Ramler I 182 ihre älteren Lokal-Anz• 28. 8. 1933 Geben Sie den Gedanken Briefe wären das beste Confortativ wieder die auf, gegen dieses zu sich selbst gekommene Gewalt der Göttin Chicane ; 1755 Briefe ü. versch. deutsche Volk mit kleinlichen Schikanen noch Gelegenheiten 13 Ich müste die Chicanen nicht vorgehen zu wollen; Dtsch. AZ. 12. 1. 1935 kennen . . . wenn ich hätte glauben sollen, daß verbissenes Ringen gegen Schikanen und inter5.5.1960 sie gelinder davon kommen würden ; Zachariä 1756 nationale Bürokratie; Silddtsch. Ztg. Tagest II 40 Glücklich ist der, der fern vom Altar will man die Kontrollen in nächster Zeit verstärder feilen Chicane, Richter und Anwalt nicht ken. Dies sei keine bürokratische Schikane, sonkennt; Lessing 1760 Lit'Br. (VIII 247) allen dern zur Wahrung des Stadtbildes unbedingt möglichen Chicanen eines Widersachers auszu- erforderlich; ebd. 10. 8. 1962 Man spricht unter weichen; Schlettwein 1763 Abb. 13 Weitläuftigkei- anderem von einer „kollektiven Schikane" der ten, tinnütze Formalitäten und Chicanen bey An- Dienstuntergebenen gegenüber dem Dienstwendung der Gesetze, diese verwünschten Hin- herrn. Für den, der weiß, welche Rolle das Instrudernisse einer schleunigen Gerechtigkeit; Wekhrlin ment der „Schikane mit Dienstvorschriften" in 1777 Denkwürdigkeiten 154 den Contrapunkt, die einer Hierarchie spielen kann, mag indessen die Schikane der heutigen Tonsetzer; Fichte 1789 Entrüstung . . . ein wenig komisch anmuten; (Runge, Neue Fichte-Funde 92) er bäte mich, nach FAZ 3. 12. 1970 Berlins Regierender Bürgereinigen sehr pfiffigen Schikanen, die er über das meister Schütz hat denn auch wegen der anhaltenwählende Spiel gemacht hatte, ich möchte es ihm den Schikanen der DDR-Behörden an die in abschlagen, damit Er schießen dürfe; Heinzmann Ost-Berlin versammelten Partei- und Staatschefs 1792 Feyerstunden d. Geschäftsmannes 522 boshafte . . . appelliert; Mannh. Morgen 19.5. 1976 In Ränke und Chikanen; Cogniaczo 1794 Gestaendn. II Märtyrerpose erträgt das junge Paar die Schika413 durch Retrenchements, Graben, Wolfsgruben, nen, die eine Kleinstadt für alle bereithält, die und alle möglichen Chicanen der Natur und der kein konventionelles Leben führen wollen, Kunst durchschnittenen . . . Terrain; Goethe schikanös: Goethe 1792 (XXX 176) Ein schika1795—96 Lehrjahre (22) 267 die Chikanen des nöses gebirgisches Terrain (KEHREIN); Schopen-
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schikanieren
hauer 1803—04 Reisetagebücher 253 jenseits von der chicaneusesten aller chicaneusen Polizeien, und der impertinentesten aller impertinenten Accisen; Goethe 1829 (XXXII 121) Spaniens, für einen Feldherrn so chicanoser, den Guerillas so günstiger Grund und Boden (KEHREIN); Schmitz 1911 Brevier 133 ein unentschiedener, schikanöser Buschkrieg; Simmel 1918 Brücke 70 schikanösen Hauswirt; Graf 1925 Gesicht 507 Ich finde mein Schicksal höchst schikanös; Bert. Illustr. Nachtausg. 10. 3. 1933 Er hat weiter erklärt, daß keine kleinlichen und schikanösen Maßnahmen gegenüber der Presse getroffen werden würden; Münch. N. N. 28. 7. 1937 Aber der Bauer braucht nicht zu befürchten, daß ihm durch kleinliches oder gar schikanöses Vorgehen der zuständigen Stellen das Leben erschwert wird; Süddtsch. Ztg. 20. 3. 1950 Und gekränkt wäre ebenso der russische Grenzposten bei Helmstedt, der bei fallendem politischen Luftdruck die Abfertigung der nach Berlin fahrenden Lastzüge verlangsamt. . . gekränkt wäre er, wenn man seine pflichtgetreue Langsamkeit schikanös und menschenunwürdig nennen würde; FAZ 3. 3. 1969 dass . . . Waren . . . auf dem Landweg zum Teil schikanösen Kontrollen der DDR-Behörden unterworfen seien; 1972 Tageszeitung DDR o. S. zu einem spontanen Protest gegen die schikanöse und empörende Behandlung durch die Polizeibehörden (WDG).
Schikane 2: 1830 (1895 Festschr. a. Friedländer 144) einem splendiden Mittagsmahl . . . das mit allen Chicanen dem . . . zu Ehren gegeben wurde; Holtei 1854 Schneider II 164 nach allen Chikanen und Kniffen großstädtischer Mode; Gutzkow 1875 Rückblicke (11) 355 Diesen . . . Kontrakt mit soundso viel andern „Schikanen", Pension, Urlaub, Spielhonorar, bewillige ich nicht!; 1887 (Beurmann 1942 Von Leuten 12) ein ganzes Diner aus Hors d'oeuvre, Forellen und allen Schikanen; Gutkind 1919 Neues Bauen 117 Die Chinesen, exzellente Gärtner und Siedler, bearbeiten ihren Boden allerdings „mit allen Schikanen"; Süddtsch. Ztg. 12. 1. 1950 was die Bundesbahn weiterhin für sie und uns tun könnte: Liegewagen, windgeschützte Sonnendecks, Schwimmbecken, Kinowagen, und überhaupt „alle Schikanen". Luxus ist Trumpf; ebd. 9. 7. 1952 Ein Haus „mit allen Schikanen" entsteht gegenwärtig am Kufsteiner Platz; Offenburger Tagebl. 5. 1. 1960 das chromblitzende, teure Sportrad mit allen technischen Schikanen. schikanös: Berl. Illustr. Ztg. Nr. 38 1930 Musik also — dachte er. Wie soll ich das denn machen ? Ich kann ihr doch nicht Furtwängler mit den Philharmonikern nach Lohwinckel schaffen. Man wird also einen Radioapparat besorgen, es gibt da solche schikanösen Dinger, Zwölfröhren, da kann sie Paris hören und London.
schikanieren V. (in)trans., Ende 16. Jh. vereinzelt, erst seit späterem 17. Jh. häufiger belegte Entlehnung aus gleichbed. frz. chicaner ungeklärter Herkunft, anfangs vereinzelt chiquenieren und als Präfixbildung abschikanieren, bis ins 19. Jh. chicanieren-, zunächst in der Bed. '(einen Sachverhalt) verdrehen, verfälschen', dann 'jmdm. in böswilliger Absicht Schwierigkeiten machen; (grundlos) ärgern, schädigen; quälen, schinden' ; dazu seit spätem 17. Jh. das auf gleichbed. frz. chicanerie zurückgehende, veraltete Subst. Schikanerie 'Ränkeschmiederei', seit frühem 18. Jh. das aus gleichbed. frz. chicaneur entlehnte Subst. Schikaneur M. (-s; -s, auch -e), im 18./19. Jh. auch Chicaneur, 'Rechtsverdreher, Betrüger; jmd., der anderen absichtlich Schwierigkeiten bereitet', in der Kaufmannssprache vereinzelt auch im Sinne von 'kleinlicher Geschäftsmann'. schikanieren: Gutmar 1592 Kennzeichen kath. Reí. 73 ich vermeyn man würde einen chiqueniern vnd heyben, daß ihm die Schwardt kracht; Friedrich Wilhelm 1661 (UASIX 541) dass wir daher caute damit umzugehen und nicht zu chicaniren (BRUNT); Leibniz 1685 Briefe IV 171 sie sehen wie man mit mir chicanire (BRUNT); Thomasius 1688 Monatsgespräche 1363 daß es schiene als wenn er seines Schwures . . . vergessen und hierinnen etwas chicanirt hätte / bloß / daß er seinen Widersacher in der Sittenlehre verdächtig machen möchte; Callenbach 1715 Q 39 man muß sich lassen chicaniren und noch dazu Complementen machen;
Uinig 1719 Theat. ceremon. I 786a wo man nicht in den Verdacht gerathen will, als wenn man den Feind muthwillig zu trainiren, und den andern Theil zu chicaniren suchte; Fassmann 1723 Gespräche LXI 984 und es waren doch lauter Bagatelles, worüber sie chicanirten (BRUNT); Wagner 1724 Soldatenbibl. 280 ein jeder disputiret / chicaniret und streitet für seinen Vortheil; 1741 Schat^k. (11150) chicaniren . . . betrügliche Griffe gebrauchen (SCHIRMER, Kaufmannssprache); 1765 Allg. dtsch. Bibliothek 1262 ihn über jede Kleinigkeit, gleich einem jungen Magister im DisputirColloquio, und mit eben den Schwänken, chika-
Schimäre niren; Lavater 1776 Physiogn. Fragmente II 43 Es ist wahrscheinlich, daß es Gelehrte giebt, die mich hierüber chicaniren könnten; Müller 1788 Waldheim III 176 Sollen wir uns deswegen insolvend erklären ? oder, wie ein arglistiger Schuldner, den Leser schikaniren; Kot^ebue 1806 Blinde Liebe I 5 ein Spieler aber, den schikaniren die Gesetze nicht; Atbenstädt 1823 Eur. II 293 sind aber in ihrem bösen Willen, eigensinnig und halsstarrig, aufrichtslos genug, dasselbe einzugestehn, und wollen ihren Gegner wenigstens chikaniren; Springer 1870 Berliner Prospecte 34 wie der Rentmeister zu chikaniren ist; Selbitz 1892 Raupenheim 1 2 Damals wurden noch hie und da die Hauptleute von ihren Feldwebels „chikanirt"; Voss 1911 Ges. Reden 135 uns . . . regulieren und schikanieren zu lassen; 1928 Die Dame 2. Okt. Heft 7 Die Hausordnung will nicht nur schikanieren, sondern ist meist aus andern Gründen entstanden; Süddtsch. Ztg. 14. 8. 1952 So wird dem Oberarzt . . . zum Vorwurf gemacht, daß er während des Krieges in einem Lazarett in Königsberg kranke Soldaten als Simulanten schikaniert habe, abschikanieren: 1691 Bedenken 12 abchicanirte Lande (JONES). Schikanerie: Horneck 1684 Österreich 248 Ein einiger grosser Verläger nutzt dem Staat hundert mahl mehr / als etlich dutzen derjenigen / die nur
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von anderer Leute Blut und Aussaugung / in Führung unnöthiger gerichtlicher Process, und Handhabung der Chicanerien leben müssen; Kirchmaier 1698Bergmrck 84 ehrl. Leuthe, an ihrem Recht, durch chicanerien gekräncket und verurteilet; Elis. Charl. 1721 Br. (LV 157 146) werden . . . hundert chicanerie drin machen (BRUNT). Schikaneur: 1719 Recueil III 14 Ein gewisser Cavalier, wie er seinen Process (da er doch sonsten ein guter Chicaneur war) von etl. 30 m. Rthlr. verlohren (BRUNT); 1741 Schalk. (I 1150) Chicaneur, ein Betrüger, der sich loser Griffe bedienet, es sey im oder außer dem Handel (SCHIRMER, Kaufmannssprache); Zincke 1751 Camer. Bibl. 149 die schädlichen Chicaneurs, Blut-Igel und unächte Cameralisten; Knigge 1789 Umgang II 95 dass Dein oder Deines Gegners Advocat ein Mensch ohne Gefühl, ein gewinnsüchtiger Gauner, ein Pinsel, oder ein Chicaneur sey; Hein^mann 1792 Feyerstunden d. Geschäftsmannes 523 erfahrne Menschenquäler und Chikaneurs; Lady Morgan 1821 Frankreich (Übers.) I 170 Rousseau nennt ihn einen „sehr wenig liebenswürdigen chicaneur", welchen seine Gattin nie geliebt haben konnte; 1879 MaierR. II 390 Chikaneur, ein zum chikaniren geneigter Geschäftsmann (SCHIRMER, Kaufmannssprache).
Schimäre F. (-; -n), anfangs vereinzelt auch N., seit spätem 15. Jh. nachgewiesen, zurückgehend auf lat. chimaera ( < griech. xtucüpoc 'Ziege', dann Bezeichnung für ein fabelhaftes, feuerspeiendes Ungeheuer mit Löwenkopf, Ziegenleib und Drachenschwanz), zunächst lat. flektiert und in den Schreibungen Chymera, Chimaera, im 17./18. Jh. unter Einwirkung von gleichbed. frz. chimère auch Chimere, bis ins 20. Jh. meist Chimäre; zunächst als Bezeichnung für ein fabelhaftes Wesen der griechischen Mythologie; seit spätem 16. Jh. auch übertragen verwendet in der Bed. 'Hirngespinst, Wahnvorstellung, Phantasie-, Truggebilde; Phantom, Gespenst'; dazu seit Ende 17. Jh. die adj. Ableitung schimärisch, anfangs auch chimerisch (vgl. gleichbed. frz. chimérique), 'phantastisch, grillenhaft, trügerisch, eingebildet'. Schimäre: Melber 1481 Voc. o.S. Chimera; Perneder 1544 Summa Rolandina Chimera; Gutmar 1592 Kennzeichen kath. Rel. 98 Wist jhr nicht daß die vnsichtbare, vnerkandtlich Kirchen, kein Kirchen, vnd inn Summa nichts anders ist, dann ein Chimera . . . blawe Dunst vnd Nebelkappen?; 1649 Wurm 5 sondern dieses Wurms [unvernünftige Gedanken] Eygenschafften vnnd Natur klärlich ersehen, will ich erstlich so kurtz als jmmer müglich, diesen Wurm beschreiben, damit er vns nicht wie eine Chimera oder Hyppocentaurus vorkomme, sondern desto besser in einem jeden Herren gewürmten erkennet werden möge; Becher 1670 Bericht F / b dass einige und lose Spottvögel, wanns auch Doctoren wären, 6 Fremdwörterbuch
diese Indische Landen, eine Chimaeram, ein Schlaraffen Land, Königreich im Mond nennen, ist nicht nöthig zu beantworten; Hörl 1677 Bacchusia 184 dass in der Werckstatt dess Hirn solche Chimerae nicht geschmidt werden; Lebenwaldt 1680 Teufels List IV 15 es ist kein Chymera, oder Ensrationis zu erdencken / welcher mehr fantastischer seyn kan / als ihre imaginationes ; Seckendorf} 1685 Christenstaat II 84 sie hätten eine Ideam . . . eines solchen Wesens / sondern würden es für eine Chimaeram und thörichte Phantasey halten und verlachen; Winckler 1696 Edelmann 379 daß nemlich kein solch warhafftiges Wesen in der That vorhanden . . . und dasselbe nur eine politische Chimära sey; Gruber 1699 Politica 159 wie
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Schisma
sie sich durch falsche Muthmassungen und betriegliche Chimeren sich hätten bethören lassen (BRUNT); Trier 1708 Gem&tbs-Bewegungen 383 Er bildet sich auch zuweilen wunderliche Chimeren und Ebentheuer in seinem Gehirn ein (BRUNT); Amaranthes 1710 Proben 339 Nichts mehr / als daß hernach nur die gescheute Welt dergleichen . . . bloß vor Chimaeren hält; 1711 Fama LX 981 die ungereimtesten Chimeren; Marperger 1717 Bescbr. d. Banken 315 Allein der gütige Landes-Vater welcher mit dergleichen Chimaeren das Commercium seiner getreuen Unterthanen niehmals zu turbiren im Sinn gehabt; Rohr 1718 Staatsklugheit 706 die nicht in chimären bestünden, sondern practicable wären; Wagner 1724 Soldatenbibl. 25 es ist nichts daran gelegen ob einer alle Chimeren einer scholastischen Politic weiß; Weißbach 1732 Kur 500 daß man ihm solche wunderliche grillen und chimeren machet; Bodmer 1752 Noah 79 Plötzlich sieht das Auge vor ihm in solchen Gestalten Gorgonen und Chimären, mit Zangen, Stileten und Rüsseln; Milton 1754 Verl. Paradies (Übers.) I 81 Anm. Chimären, Hydren, und scheussliche Gorgonen; Meier 1754 Anfangsgründe 1204 utopische Dinge, Chimaeren, Träume ; Wieland 1755 Betrachtungen (Supplbd. IV 91) dass [Menschen] von einer Chimäre, einem leeren Getön getäuscht, Zerstörer der Welt werden können; Themel 1756 Sammlung Ober-Erztgebürg. Sehr. 690 eine physicalische Chimaere im Bergbau ; Basedow 1764 Phìlalethie I 7 meinen Sohn nicht in die philosophischen Collegia schicken, ich würde vermuthen, dass er sich . . . mit vielen Chimären beschäftigen müsste ; Justi 1769 Erzeugung d. Menschen 15 das sind nichts als eitle Chimären und abgeschmackte Gehirngespinste; 1790 Journal v. u. f . Deutschland II 4 eines Volkes, welches, wenn es sich selbst überlassen ist, seine Ansprüche auf die Oberherrschaft bis zum Undinge (chimère) seine Leidenschaft bis zur Wut . . . treibet; Kotzebue 1792 Adel 81 Das Point d'honneur ist eine Chimäre, diese Chimäre hält aber den im Zaum, der sonst keine Gesetze kennt; Lenz 1797 Waldbruder 73 wenn er sähe, dass seine Leidenschaft für die Gräfin eine blosse Chimäre sey; 1802 Almanach d. Fortschritte 282 Beweis, dass das System der natürlichen Grenzen eine Chimäre sey; Dalberg 1830 Betrachtungen 67 ein Hirngespinst (eine Chimaire); Springer 1868 Berlin 2 „Geld ist nur Chimäre". Das soll heissen: das Geld sei ein eingebildetes Äquivalent für die wirklichen Lebensgüter; Fontane 1898 Zwanzig 275 Gold, ach Gold ist nur Chimäre; Turmer 21 (1918) 104
Reibt euch doch endlich die Rousseauschen Schimären aus den Augen und seht euch die Dinge an, wie sie sind; Müller-Guttenbrunn 1922 Altösterreich 174 galt . . . es als Schimäre, dass es je ein einheitliches Italien geben könnte; LokalAnz. 19. 9. 1934 Homer schildert ein unter dem Namen „Chimära" bekanntes Erdfeuer als ein feuerspeiendes Ungeheuer, das vorn Löwe, in der Mitte Ziege, hinten aber Schlange war und das Land verwüstete. Auf Münzen von Korinth und anderen Städten erscheint das Erdfeuer als dämonisches und flammenspeiendes Wesen dargestellt und gibt Zeugnis von der Phantasie, mit der der Mensch Dinge umgoldete, lange bevor er noch ihren wirtschaftlichen Wert erkannte; Siiddtsch. Ztg. 6. 5. 1954 Artikel über die „Krise des Föderalismus", der sich allsogleich als Schimäre erweise, sobald es ans Portemonnaie gehe; Näf 1954 Bilder 162 dass die Neuen Realitäten nicht schon ihrer Definition nach eine Schimäre zu sein brauchen; Brentano 1962 Literatur 34 der läuft Schimären nach, Wunschträumen, schimärisch: 1690 Opium Gallicum 2 die Jugendliche Thorheit, die Chimerische Einbildung einer grossen Fortun; Mencke 1716 V. d. Charlatanerie 125 ein chimerisches Echo; Durangel 1722 Wegweiser 147 Chimeriques Concepten; Schlettwein 1763 Abb. 13 diese Idee nicht für chimärisch halten; Sonnenfels 1768 Briefe 470 ein schimärischer Entwurf, das Theater auf einen besseren . . . Fuss zu setzen; Jselin 1770 Schr.I 229 Sie haben Ursach, dass Sie diesem Jüngling die Hoffnung besserer Zeiten als eine chimärische Grille abschildern; Wieland 1773 Agathon (II 235) Es mag immer viel Verblendung, viel Überspanntes und Schimärisches in der Liebe seyn; 1804 Überblick Einl. V ein verderblicher, jeder Regierung höchst nachtheiliger Auswuchs der schimärischen geistlichen Universalherrschaft; Jacobs 1813—14 Reden 64 schimärische Hoffnung gottvergessener Demagogen; Wit v. Dörring 1827 Lucubrationen 146 das ganze chimärische Gebäude; Reichensperger 1840 Verm. Sehr. 3 erklärten den Gedanken der Vollendung des [Kölner] Domes für einen chimärischen; Stein 1842 Soz• 4 als später die Ruhe zurückkehrte und ernste Fragen an die Stelle chimärischer Pläne traten, erschien der Fourierismus; Haym 1849 Nationalvers. I1134 das Chimärische ihrer Forderungen; Guardini u. a. 1954 Verantwortung 79 die Rückkehr zur Kultur, die doch schimärisch bleibe; Adorno 1958 Noten I 103 die schimärische Sehnsucht der Sprache nach dem Unmöglichen.
Schisma N. (-s; selten Schismata, Schismen), anfangs vereinzelt F., um 1400 entlehnt aus gleichbed. (m)lat. schisma ( < griech. a/icua 'das Gespaltene, Spalt; Zwiespalt,
Schisma
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Uneinigkeit', zu oxi£etv '(zer-) spalten, zersplittern'), anfangs auch in den Schreibungen %isma, scisma und lat. flektiert; in der Bed. '(Kirchen-, Glaubens-)Spaltung, Trennung, Scheidung; Zwietracht, Zwist', zunächst auf die Machtkämpfe der (römisch-katholischen und griechisch-orthodoxen) Kirchen und Päpste (Papstschisma) bezogen, seit spätem 18. Jh. dann auch allgemeiner und übertragen verwendet, v o r allem im politischen Bereich f ü r 'Zerwürfnis, Entzweiung; Feindschaft', bes. zwischen (benachbarten) Ländern; dazu seit frühem 15. Jh. das aus gleichbed. (m)lat. schismaticus entlehnte Subst. Schismaticus, im späteren 18. Jh. verdrängt v o n gleichbed. S c h i s m a t i k e r M. (-s; -) 'Kirchenspalter, Abtrünniger, Ketzer', zunächst nur im kirchlichen Bereich, dann auch allgemeiner, bes. in der Politik; seit frühem 16. Jh. die adj. Ableitung schismatisch 'die Kirchenspaltung betreffend; abtrünnig, trennsüchtig, zwieträchtig, sektiererisch' und die im 19./20. Jh. vereinzelt gebuchte Verbalableitung schismatisieren 'trennen, absondern'. Schisma: Königshofen 1400 Chronik 613 Zisma und irrunge; 1420 Wolkenstein 63, 62 zu der scisma was geneigt (MÖLLER); 1438 Nd. RheinIV233 mit solichem scisma (MÖLLER); 15. Jh. (Mones Anz. 8 (1839) 102) schisma, so ainer wil, daz der ander niht wil, die doch soltin ainiz wellen; 1507 Geschichten Wimlts v. Schaumburg 166 scisma oder widerwill; Luther 1520 Verklärung (W. VI 80) eyn Schisma, eine Zwietracht; Emser 1525 Annotationes R 6* O Luther, vorgeb dirs Got . . . das du ein solich tzwytracht vnnd scisma, schand, sund, laster, vnd ergernis vnder dem Christenlichen volcke erweckt . . . hast; 1530 Augsburg. Konfession 224 Spaltung und schisma; Wittel um 1535 Predigt S. Cypr. 4•> Durch die Deutsche Zungen hat das Schisma vberhandt genomen, durch die Zungen muss es wider gestillet werden; Paracelsus 1535 Wundartzney II 28a scismata vnd secta geperen sie, vnd ein heresim; Melanchthon 1540 Ep. (III 927) Trennung, Zwiespalt und Schismata; Wallhausen 1633 Kriegskunst z« Pferd 63» Schismata; Struve 1731 Reichs-Historie 123 weilm das Päbstl. Schisma noch continuirte; Herrlberger 1746Ceremonien (A)\8 der Päpste Schismatum zugeschweigen; Schiller 1789 Geisters. (13) 185 so entstand ein bedenkliches Schisma in der spirituellen Welt; Corres 1800 Resultate (I 77) das dritte Schisma zwischen der executiven und legislativen Macht; 1829 Jahrbücher d. Gesch. I 23 das unteilbare Schisma in der Kirche; Ranke 1839 G Ref. (I 31) die Verwirrungen des Schisma, die Tendenzen der Konzilien; Lombroso 1894 Antisemitismus (Übers.) 33 Dieses eigentümliche Schisma innerhalb des Judentums ist ein durchaus nationales und geographisches; Neumann 1903 Kultur 19 Der grosse Photios, allen Philologen durch seine klassischen Studien . . . teuer, den Historikern aber als Urheber des grossen Schismas mit dem Papsttum im 9. Jahrhundert wohlbekannt; Tönnies 1931 Soziologie 308 Das 16. Jahr6*
hundert brachte hervor, was wir Reformation zu nennen gewohnt sind, das grosse Schisma, das die neuen Landeskirchen schuf und . . . das Römische Reich Deutscher Nation zerrüttete; Sieburg 1935 Gott 10 das grosse Schisma des Westens; Siiddtsch. Ztg. 23. 8. 1946in dem geistigen Mächtekampf zwischen Ost und West, der bis in die Zeiten des Schismas (Trennung der griechischorthodoxen von der römisch-katholischen Kirche im Jahre 1054) . . . zurückreicht; Offenburger Tagebl. 2. 7. 1965 In der arabischen Welt herrscht tiefe Besorgnis wegen einer möglichen Aufspaltung in ein west- und in ein ostarabisches Lager . . . Immer wieder hört man in den arabischen Hauptstädten von dieser Gefahr des Schismas; FAZ 7. 2. 1970 Pulverfaß Schisma (Überschr.) Nicht Meinungsverschiedenheiten, sondern Beschimpfung und Abqualifizierung bergen den Kern eines Schismas in sich; ebd. 20. 2. 1970 wenn sich der Kommunismus auf Staaten ausdehnte, die die permanente Unterwerfung unter sowjetische Vorherrschaft ablehnen — eine Entwicklung, die sich besonders gut in dem Schisma zwischen der Sowjetunion und China darstellt. Schismaticus: Richental 1414—18 Konstanzer Chronik 47 Und waren der mertail under inn recht haiden, ettlich scismatici, ettlich hattend Machometus geloben; Luther 1520 Verklärung (W. VI 80) nit Ketzer seyn, sondern allein Schismatici, das ist zwitrechtige und zweyspeltige; Melanchthon 1539 Ep. (III 733) wenn diejenigen, so Kirchenbräuche geändert haben, Schismatici und verdammt sind; Hedio 1545 Chronica Vorr. a 4" innerliche Zerrüttung vnd trennung der Ketzer vnd Schismaticen; Gutmar 1603 Gemerck vnd KernZeichen (Titel) die Juden, die Ketzer, Abtrünnigen vnd Schismatici, welche außerhalb der Catholischen Kirchen das gegenwärtig Leben vollenden. Schismatiker: 1770 Briefe e. Baiern 30 Pabst Victor beschützte im Gegentheile den Gebrauch
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schizoid — schizophren
der occidentalischen Kirche, als welcher von Petro selbst herrührte. Er excommunicirte die asiatischen Bischöfe in völliger Hitze, aber keine einzige Kirche hielt sie deßwegen für Schismatiker; Bispink-Laukbard 1794 Briefe I 167 dass die Neufranken Schismatiker, ja Ketzer sind; Görres 1798 Frieden (I 49) die Schismatiker Hus und Hieronymus; Goethe 1827—42 (W. XLI169) Sie sind Schismatiker (KEHREIN), schismatisch: Luther 1528 Bericht (W. XXVI 601) das man das sacrament nicht soll von yrrigen vnd schismatischen priestern, noch schismatisch reichen; Wirbel um 1535 Predigt S. Cypr. 5 a sind Druckerherren genug im Lande, welche sich die lenge von dem Schismatischen Buchdrücken freilich nicht neeren werden; 1579 (Mitt. G Brz'gesch. 1 (1891) 218) allerley Sectische vnnd Schissmattische Piecher; Tekete 1780 Bey trag 65 bey den
Croaten, bey denen fast jedes Regiment . . . einen Altgläubigen oder Schismatischen Popen hat; Planck 1809cbristl.-kirchl. Gesellschafts-Verf. V450 [erklärte] die zu Basel zurückgebliebene Versammlung für schismatisch und alle ihre Decrete für ungültig; ebd. IV 451 Brandmahl einer schismatischen Versammlung; Ficquelmont 1854 religiöse Seite 33 Als man in Rom der orientalischen Kirche die Benennung „schismatisch" gab, bezeichnete diese Benennung eine historische Tatsache, nämlich die Lostrennung derselben; Longner 1863 oberrhein. Kirchenprovinz 79 als ein vom grossen Körper der allgemeinen Kirche losgerissenes Glied (also schismatisch); Kraus 1895—99 Br. Beil. Nr. 99 Einspruch dagegen, dass von der russischen Kirche als einer schismatischen gesprochen werde; Dtsch. Rundschau 178 (1919) 159 schismatischen Russland.
schizoid Adj., im früheren 20. Jh. aufgekommene Bildung aus schizo- (zu griech. crxi^Eiv 'spalten') und dem Suffix -(o)id (zu griech. -aiSr|^ '-gestaltig, -artig'); in der fachspr. Bed. 'einem Zwischenbereich zwischen seelischer Gesundheit und Krankheit angehörend; schizophrenieartig', auch im Sinne v o n 'seelisch zerrissen; autistisch veranlagt', z. B. v o n Personen, die einen Mangel an emotionaler Entwicklung, an Kontaktfähigkeit und -bereitschaft anderen Menschen gegenüber aufweisen. Heidenhain 1938 Psychiatrie im Dienste d. Wehrmacht 35 „Schizoiden", tatenlose weltferne Träumer; Süddtsch. Ztg. 26. 5. 1951 Doch es geht keineswegs nur um die Erscheinung des körperlichen Abbaus, des physischen Alterns . . . die in der Politik wirksam wird. Da ist vielmehr noch die Krankheit des noch voll im Leben stehenden Politikers. Vor allem die Demagogen-Typen mit ihrer Vitalität, Virulenz, Hysterie, ihrer im trügerischen zwielichten Grenzbereich zwischen Gesundheit und Krankheit schweifenden hektischen Aktivität . . . ihrer von den Psychiatern häufig als „schizoid",
das heißt: als gespalten, charakterisierten Persönlichkeit. Im Privatleben bietet sich derlei in harmlosester Ausgabe als Sonderling; ebd. 27. 6. 1955 Dr. Manchot ging dann auf die rechtliche Würdigung der Tat ein und bezeichnete sie als vorsätzlich herbeigeführte Tötung. Was die schwere schizoide Psychopathie Dr. Obermeiers angehe, so schließe sich das Gericht voll dem Gutachten Dr. Ziehens an, das dem Angeklagten wegen seiner Abartigkeit eine erheblich verminderte Zurechnungsfähigkeit für die Tat zugesteht.
s c h i z o p h r e n Adj., im frühen 20. Jh. aufgekommene Ableitung v o n Schizophrenie; a als medizinischer Fachausdruck in der Bed. 'an Schizophrenie leidend, zum Erscheinungsbild der Schizophrenie gehörend'; b v o n daher in neuester Zeit auch allgemeiner und übertragen verwendet in der Bed. 'in sich widersprüchlich, zwiespältig; unsinnig, absurd', v o r allem auf Verhaltensweisen, Entscheidungen, Situationen in der Politik und Darstellungsweisen in der Kunst bezogen, ugs. auch vereinzelt für 'verrückt'. schizophren a: Kretschmer 1921 Körperbau 2 in den beiden von Kraepelin herausgearbeiteten grossen psychiatrischen Formkreisen des manisch-depressiven (zirkulären) und des schizophrenen Irreseins; Schneider 1942 Die schizophrenen Symptomverbände (Titel); De Man 1951 Vermassung 131 die von
C. G. Jung erkannte schizophrene Richtung im kollektiven Unterbewußtsein; Thiess 1952 Frühling 160 Ein Genie kann wohl schizophrene Züge haben, doch ein Schizophrener kann nicht im Nebenberuf ein genialer Dichter sein (MÜLLER); Süddtsch. Ztg. 23. 7. 1958 Poll könne wegen geisti-
Schizophrenie
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ger Anomalität für seine Verfehlungen nicht zur mag: Die USA wollen den Frieden in Vietnam mit Rechenschaft gezogen werden. In dem Gutachten Gewalt und Bomben erzwingen; das war wirklich ist u. a. von einem „schizophrenen Defekt" die ein schizophrener Vorschlag; oder bewies sich Rede; Stuttgarter Ztg. 8. 4. 1969 Einen Sonderfall erneut die schizophrene Unsicherheit, die offenbilden die psychiatrischen Erkrankungen. Die sichtlich jedem Bemühen innewohnt, die schreckMeinung, ob chronisch Schizophrene die Fahr- liche Vergangenheit zu überwinden ? (MÜLLER); erlaubnis erhalten sollen, ist zwiespältig, Frankel 1964 Deutsehland 55 Sie [Kritik am Bonner schizophren b : Sedlmayr 1948 Verlust 167 Schil- Parlament] ist reaktionär und schizophren; derungen der schizophrenen Kunst; Stuttgarter Frankf. Rundschau 4. 5. 1966 Während den AmeriZtg. 7. 11. 1959 Daran Regierung und Wirtschaft kanern immer mehr die Hände in Vietnam gebunheute zu erinnern, gebietet nicht ein Gefühl senti- den werden . . . während die Deutschen endlich mentaler Dankbarkeit, sondern die Einsicht, daß darauf verfallen, selber etwas zur Bewältigung wir uns eine schizophrene Handelspolitik in ihrer schizophrenen Gegenwart zu tun, nimmt Zukunft . . . politisch . . . [nicht] leisten können; die englische Regierung immer mehr die europäiNoack 1961 Prozesse 86 so schizophren es klingen schen Zügel in die Hand. S c h i z o p h r e n i e F. (-; selten -n), im frühen 20. Jh. v o n J . E . B l e u l e r eingeführte Bildung aus Schizo- (zu griech. CT)({£EIV 'spalten') und -phrenie (zu griech. chokieren, Ende 19. Jh. unter Einwirkung von gleichbed. engl, shock auch shockieren-, 1 zunächst gelegentlich im militärischen Bereich in der veralteten Bed. 'angreifen; zusammenstoßen' und vereinzelt im Sinne von 'anstoßen, die Gläser aneinanderstoßen' nachgewiesen. 2 Gleichzeitig auch in der allgemeinen Bed. 'jmdm. einen Schock versetzen, jmdn. durch einen Schock aus der Fassung bringen, jmdn. erschrecken; bei jmdm. Anstoß erregen, jmdn. in (moralische) Entrüstung versetzen; die (gesellschaftliche) Norm verletzen, beleidigen'; dazu seit späterem 17. Jh. das aus gleichbed. frz. choquant entlehnte Adj. schockant, auch choquant, 'anstößig, beleidigend, empörend', vor allem von provozierenden Verhaltensweisen, die von den moralischen, gesellschaftlichen Normen abweichen, vgl. s(c)hocking (-> schocken b). schockieren 1: Chemnitz 1648 Krieg 1209 daß Er ihn . . . zu chocqviren . . . vermeinet; ebd. 419 Gestalt der Obriste . . . chocqviret vnn eine resolute charge gethan (JONES); ebd. 475* muste gerade auf den Feind zugehen; ihn chocqviren (BRUNT); 1719 Recueil IV 46 Es trincken die Ordens-Verwandten niemahlen eine Gesundheit, sie choquiren dann ä la ronde mit den Gläsern (BRUNT). schockieren 2: Friedrich Wilhelm 1659 (UAS VII 229) weiln ich fürchtete, es möchte einige Leute gar zu sehr chocquiren; Habbaeus 1670 Briefe I 213 das ich nun, gegen mein eigen vermuhten hier bey Dennemark blieb, das wirt sie chocquiren; Leibniz 1670 Securitas publica II (Guhrauer I 212) den Holländern aber . . . zu Trotz andere, sie choquirende Attentata . . . vor-
zunehmen (alle BRUNT); Elis. Chart. 1699 Br. (LV 88 128) Die mesalliangen choquiren mich immer (JONES); Friedrich I. 1703 Briefe 33 man suchet Braunschweigischer Seite nuhr alle gelegenheit, Mich zu schocquieren; Mencke 1710 Gedichte 309 daß nicht allzuviel Consonantes zusammen kommen, welche die delicaten Ohren nothwendig mehr choquiren müssen, als die Vocales — Hernach choquirt es die Ohren überaus sehr, wenn man die kurtzen Sylben lang und vice versa gebraucht; Schiller 1789 Briefe II 418 So fällt also alles weg, was meinen Vater oder eure Mutter oder die Welt choquiren könnte; Iffland 1795 Reise (II 88) Mir kommt es vor, als ob ihn unser Aufwand choquirte; Goethe 1797 Xen. I 161 Meine ganze Natur chokirt das grelle Gemälde (KEHREIN); Pückler 1831 Briefe IV 337 die meisten angeblich
Schokolade schockirenden Dinge ; Heine 1840 briefl. an Campe ( VII 548) das Ganzausschreiben meines Vornamens Heinrich schockierte mich hier; Neresheimer 1899 Komödie 16 der schockierte Haufe; Hammerstein 1916 Februar 67 eine schockierte englische Miß; Zur Mühlen 1929 Ende 73 Ich möchte mit dir über etwas sprechen. Ich weiss aber nicht, ob du nicht chokiert sein wirst ; Dtsch. AZ. 24. 12. 1944 wie elastisch der Organismus der deutschen Wehrmacht aus diesen schweren Monaten der Krise sich zu einem Instrument von schockierender Schlagkraft . . . entwickelt hat; Dörfler 1947 Sohn 248 sie nörgelte und war ewig chokiert; NZ. (Basel) 4.15.2. 1950 Die letzten Reste des Geldes war verritten oder vertan, die grosse Karriere brüsk beendigt und das Erwachen von recht schockierender Nüchternheit; Süddtsch. Ztg. 24. 5. 1950 Bei John Steinbeck . . . gibt es eine Stelle, die den christgläubigen abendländischen Leser geradezu schockieren kann; ebd. 6. 7. 1957 Um die Hochzeitsgäste nicht zu schockieren, wurde der Statue der Marianne . . . die Jakobinermütze vom Kopf genommen; Offenburger Tagebl. 18. 6. 1959 Schockierende Unwissenheit, Dummheit und spießbürgerliche Selbstgefälligkeit der Mitmenschen blühten wie Giftmorcheln auf; ebd. 22. 6. 1959 Dann kam die Zeit des Schockierens. Dramatiker und andere Künstler legten es darauf an, das Publikum durch Ärgerliches aufzurütteln; Stuttgarter Ztg. 27. 4. 1963 Es ist eine Sensation,
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die die Rechtswählerschaft schockiert und verwirrt; Bild 8. 6. 1963 In Lederjacken und Pullovern schockierte das französische Nationalorchester das verwöhnte Madrider Publikum; Stuttgarter Ztg. 17. 9. 1963 Dargestellt wird die erotische Beziehung zwischen zwei Frauen . . . die . . . der Belastungsprobe durch die bürgerlich schockierte Umwelt jedoch nicht standhält; Offenburger Tagebl. 20. 4. 1970 Auch durch dieses Tor waren die Villinger nicht zu schockieren; ebd. 18. 7. 1970 Schockierendes Postgebäude (Überschr.) Zum großen Ärger zahlreicher Gemeindevertreter ist das Fernmeldegebäude . . . nicht mit Buntsandsteinplatten oder Waschbeton verkleidet, sondern mit „Schockfarben" bestrichen worden; Stern 11.4. 1971 Der Rauschgiftbericht ist pharisäisch, zielt er doch mit schockierenden Fotos und der Wiedergabe des primitiven Jargons der modernen Protestanten auf die Sensationssucht der Konsumenten aus der heilen Welt, schockant-.Friedrich Wilhelm 1661 (UASIX189) welches doch sehr choquant sei; 1718 (Nemeitz) Sejour 314 und welches das choquanteste; Elis. Cbarl. 1720 Br. (LV 144 150) waß sie sagt, waß sie thut, alles ist chocant (alle BRUNT); Hillebrand 1876 England 306 Doch ist . . . diese Redeweise [Du] im Deutschen weniger choquant als im Französischen; Burckhardt 1877 Br. an Preen 112 Es hat für mich vollends etwas Choquantes.
Schokolade F. (-; selten -n), früher vereinzelt auch M., Anfang 17. Jh. über gleichbed. niederl. chocolade oder frz. chocolat entlehnt aus span. chocolate 'Kakaotrank mit Zucker' (zurückgehend auf gleichbed. mexikan./aztek. chocol(l)atl), anfangs auch in den Schreibungen Chocolade, Chocolat (e), Succulade, Choklate, auch in der entstellten Form Schio-Kolade. a Zunächst in der Bed. 'süßes Kakaogetränk, Getränk aus Schokolade (-npulver) und Milch', im 18./19. Jh. Bezeichnung eines modischen Gesellschaftsgetränks (Schokoladenhaus); b seit Anfang 20. Jh. ohne PI. nachgewiesen in der Bed. 'Nahrungs- und Genußmittel aus Kakao, Zucker, Milch/Sahne und Gewürzen', meist in Tafel-, Riegelform oder in Figuren gegossen, ugs. auch Schoko abgekürzt; als Grundund Bestimmungswort häufig in Zss. wie Schokoladentafel, -torte; Block-, Nußschokolade, auch im übertragenen Sinne Schokoladenseite 'Sonnenseite, angenehme Seite'. Dazu im frühen 20. Jh. die vereinzelte subst. Ableitung Schokoladiere 'Schokoladenfabrikantin, -händlerin, -Verkäuferin' nach gleichbed. frz. chocolatiire, auch 'Schokoladenkanne', und in neuester Zeit die adj. Ableitung schokoladen 'aus Schokolade bestehend; wie Schokolade aussehend'. Schokolade a: J. de Acosta 1605 America 125 Man macht einen Trank auß dieser Frucht, die sie Chocolate nennen (KLUGE); Franz 1668 LustGarten 488 Diß seynd also die beruffene Cacahuatl, so von den Spaniern übel Cacäo werden ausgesprochen; um derent willen der Baum so
sehr wird verlangt / als welcher das fürnemste Hauptstück / zu dem Geträncke Chocolata (PALMER); Rochefort 1668 Besch, d. Antillen 17 haben daselbsten auch eine zimliche Anzahl der Bäume gefunden / die die Frucht Cacao tragen . . . von dem sie den herrlichen Tranck mache / der
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Scholastik
überall unter dem Nahmen Succolat bekant ist (PALMER); Montanus 1673 Neue Welt 260 Die hochachtung mehr gemeldter Frucht (Kakao) entstehet aus dem Geträncke Chocolata oder Chicolate (PALMER); Krämer 1681 Leben d. Seehelden 498 nachdem sie ihre MSgen mit Chocolade ein wenig gestärkt hatten; Spon 1682 von Cafe, The, Chocolata 170 Das Wort Chocollati, oder / wie mans bey uns ausspricht / Chocolate, ist purAmericanisch / und hat nach etlicher Meynung / seinen Ursprung her / von dem Schall oder Thon Choco Choco, welchen es unter wehrenden sieden / zu vernehmen geben soll / und dann von dem Wörtchen Atte oder Atle, heißt auf Mexicanisch so viel / als Wasser . . . Vielleicht / wie es denn auch der Wahrheit ähnlich scheinet / hat die Chocolata ihren Namen auch also bekommen / weil Cacao, das vornehmste unter denen hierzu gehörigen Stücken ist / daß also aus dieser / und dem Wörtchen Atle, Chocolatle, oder gleichsam Cacaolatle, zu deutsch Chocolat-Wasser / geworden ist (PALMER); Elis. Chart. 1698Br. (LV88 114) Viel leutte hir trincken thee vnd chocolat, aber ich nehme gar nichts von diessem Zeug, bilde mir ein, es seye auch nicht gesuntt; Mencke 1710 Unterredg. 298 Er setze dann Coffee und Succulade auf; Fleischer 1730 Herr v. Lydio I 86 wir truncken unter allerhand complaisanten Scherz eine Tasse Chocolade; 1739 Zuschauer1261 die Caffe- und Chocoladehäuser (GANZ); 1742 Freydenker 19 Es giebt kein Caffeehaus, kein Chocoladehaus, oder irgend ein bekanntes Spielhaus ; Zachariä 1754 Pbaeton (1) 312 Hast Du Lust zu glühendem Weine? Willst Du Choklate?; Richter 1781 Reise von Wien 7 Schio-Kolade mit Eyer gekocht um 15 kr. getrunken; Nicolai 1790 Anekdoten H. IV 70 Der König, in seinen Mantel gewickelt, ließ sich eine Tasse Chokolade machen; Hermes 1791 Literar. Märtyrer II 414 aber ich hatte kaum mich ins Fenster gestellt als jene taube Magd den Chocolat brachte; 1819 Briefw. G.-Z. III 31 Der Kellner trat ins Parterre und sang im Tone des Violonisten: Chocolade, Limonade; HobenloheIngelfingen 1864—70 Leben III 303 Kurz, ich hatte nichts . . . keine Lebensmittel . . . er brachte mir eine heiße Schokoladensuppe; Roland 1888 L. 37 Wenn Fräulein Krähe etwas von dem Chocoladenpudding übrigläßt, so wollen wir ihn nachher zu Ende essen; Horix 1895 Erl. 99 Als ich einmal
einem ungünstig postirten alten sergeant-major ... eine Tasse der für mich bestimmten Frühchocolade hinaufreichte; Bad. Ztg. 26. 6. 19571n Mexiko war auch die Kakaobohne daheim, aus der die Indianer ein würziges Getränk brauten, Xocolatl ( = Schokolade), und die die Azteken als Geld benutzten. Sie kam durch die Spanier nach Europa; Offenburger Tagebl. 10. 10. 1970 In Schillers „Fiesko" trinkt man im Jahre 1547 (1) Schokolade, sie wird aber erst 1606 in Italien erwähnt. Schokolade b: Hegeler 1908 Ärgernis 29 einen riesigen Schokoladenreiter mit Zuckerguss und MarzipanVerzierungen; Schmidt 1928 Kursächs. Streifzüge VI 119 einigen Stücken der damals [1870] beliebten „Blockschokolade"; 1940 Münchnerin 228 Kommt die warme Jahreszeit, nimmt der Schnee ab und die „ Schokoladenseitn" zu, wie der Münchner jene mehr der Sonnenbestrahlung ausgesetzten Talhänge nennt; Süddtsch. Ztg. 26. 10. 1949 Im Gegensatz zu einem Oberschulrat, der meinte, die „Schokoladen-Babies" seien in den Kindergärten sehr beliebt; Münchn. Illustr. 23. 9. 1950 Wir erinnern uns nicht, daß Amerika oder England auf die Hitlerschen Bomben mit dem Abwurf von Schokoladenzigaretten geantwortet hätten; Süddtsch. Ztg. 3. 2. 1951 Schokoladeessen ist ein Luxus, meint Herr Adenauer; Schokolade soll daher das Doppelte teurer werden; ebd. 4. 5. 1960 Beängstigend hübsche Mädchen bedienen mit der größten Selbstverständlichkeit die „Schokoladenseite" der ungemein komplizierten Apparatur; ebd. 27. 3. 1961 Die laotischen Soldaten selbst werden nur als „Schokoladenkrieger" bezeichnet, die alles lieben, nur nicht den Krieg; ebd. 2. 1. 1967 Sie glauben, daß die Schokoladensoldatenfassade des Königtums nicht nur altmodisch ist, sondern der Entwicklung eines modernen Großbritanniens im Wege steht; FAZ 12. 12. 1970 Im Süßwarenbereich sind die neuen „Schoko mit Schuß" ausgezeichnet angelaufen, schokoladen: Süddtsch. Ztg. 15.2. 1949 Die Damen des Publikums sind gleichsam die teure Sorte Pralinen in Goldpapier, für die die Herren den dezenten schokoladenen Untergrund abgeben. Schokoladiere: Berl. Illustr. Nachtausg. 29. 11. 1929 Auch ein allerliebster Schokoladenraum ist geschaffen, in dem eine „süße" Schokoladiere ihres Amtes waltet.
Scholastik F. (-; ohne PL), im späteren 18. Jh. aufgekommen, zurückgehend auf lat. scholasthus 'zur Schule, zum Studium (der Rhetorik) gehörig; rhetorisch' ( < griech. crxoAaoriKÖs' 'müßig; fleißig, gelehrt', zuctxoAA^eiv'die Freizeit (zu wissenschaftlicher Betätigung/gelehrter Unterhaltung) verwenden', zuctxoAt)'Muße, Freizeit; Schule'); als historische Bezeichnung für die christlich-aristotelische Theologie und (Schul-)Philo-
Scholastik
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sophie des Mittelalters, die die kirchlichen Dogmen rational zu begründen und in Einklang mit der überlieferten antiken Philosophie zu bringen suchte, auch allgemein verwendet im Sinne von 'Schulwissenschaft'; dann auch pejorativ gebraucht in der Bed. 'engstirnige, dogmatische Schulweisheit, Buchstabengelehrsamkeit; Spitzfindigkeit'. Dazu seit späterem 17. Jh. die adj. Ableitung scholastisch 'die Philosophie der Scholastik betreffend; nach der Methode der Scholastiker' und abwertend f ü r 'schulmäßig; rein verstandesmäßig, spitzfindig'; seit Mitte 18. Jh. die subst. Ableitung Scholastiker M. (-s; -), vereinzelt auch in der älteren Form Scholaster, 'Anhänger, Vertreter der Scholastik' und abwertend für 'Verfechter dogmatischer Schulweisheit, reiner Verstandesmensch, Haarspalter, Wortkrämer', daneben auch als Bezeichnung für einen jungen Ordensgeistlichen während des philosophisch-theologischen Studiums, bes. bei den Jesuiten; gegen Ende 18. Jh. die subst. Ableitung Scholastizismus M. (-; ohne PI.) '(Überbewertung der) Scholastik', auch 'einseitiger Dogmatismus; übertriebene Spitzfindigkeit'. Scholastik: Hamann um 1770 ( VII243) denn eine neue scholastik und ein neues papstthum sind die beiden midas-ohren unseres herrschenden seculi (DWB); Herder um 1770 (VII309) Die Scholastik und andere Scienzien wurden getrieben (KEHREIN); ders. 1796 Briefe (18) 147 Als die Scholastik aufkam, disputirte man; ders. 1801 Adrastea (XXIII84) feinere Scholastik der Völker; Ranke 1839 G Ref. (1189) Scholastik der Universitäten; Lange 1866 Materialismus I 181 [der] Humanismus den Kampf gegen die Scholastik aufnimmt; Willmann 1896 Gesch. II 323 Diese ist Scholastik, Schulwissenschaft, ausgehend auf die Ausgestaltung des christlichen Lehrgutes auf dem Grunde der Theologie der Kirchenväter, mit den Hülfsmitteln, welche die altchristliche und die darin enthaltene antike Wissenschaft darbot; Prometheus 31 (1920) 167 Ostwald begrüsst es, dass wir nunmehr lernen, zwischen „Papierwissenschaft" und „Wirklichkeitswissenschaft", zwischen „Scholastik" und „Wissenschaft" zu unterscheiden; Below 1925 Periodisierungen 24 Man spricht von mehreren Renaissancen und von einer Scholastik, die man zu verschiedenen Zeiten hervortreten läßt; ebd. 69f. (Anm.) Honigsheim . . . bestimmt als Sinn der Scholastik: „der mit literarischen Mitteln unternommene Versuch, einen geglaubten Wahrheitsgehalt oder einen bestehenden gesellschaftlichen Zustand vor der Vernunft als nicht vernunftwidrig zu legitimieren" . . . In der von Honigsheim, der nicht bloß eine Kirchenscholastik . . . annimmt, sondern auch Gestaltungen einer Staats- und einer Wirtschaftsscholastik, gegebenen Definition von Scholastik tritt uns deutlich entgegen, wie weitmaschig ein solcher Begriff sein muß; Winter 1943 fosefinismus 6 Neuscholastik der Jesuiten; Leibbrand 1946 Homines 83 Das Riesengebäude der mittelalterlichen Theologie, das was man Scholastik nennt, ist ohne . . . Piaton und
Aristoteles undenkbar; Siiddtscb. Ztg. 5. 11. 1952 Hier wurde die Nähe der Mystik spürbar, dieser „Scholastik des Herzens", wie sie Goethe nannte; ebd. 7.2. 1962 Ist die Scholastik wieder aktuell? (Überschr.) Die mittelalterliche Scholastik ist vorbei, ist historisch . . . ist schon vor 500 Jahren in sich verdorrt; Stuttgarter Ztg. 11.5. 1967 sei . . . eine in 20 Jahren aufgebaute Scholastik völliger Rechtsunsicherheit gewichen. Scholaster: um 1520 Luther VI 96» einer predigt aus Aristotele und den heidnischen büchern... ein ander bracht fragen aus S. Thomas und scholastern (DWB). Scholastiker: Wieland 1757 Gesch. d. Gelehrtheit 39 daß bis ins 15. Jahrhundert Aristoteles und Galenus, die zwei Idola der Scholastiker und Medicaster derselben Zeiten, in den europäischen Ländern nur aus ungeschickten lateinischen Übersetzungen bekannt gewesen; um 1760 Hamann II 249 als der medius terminus, den Aristoteles zur erklärung der tugend annahm, den Scholastikern ein räthsel geblieben (DWB); Young 1760 Originalwerke (Übers.) 34 Der Geist der Scholastiker war fast eben so sehr eingesperrt, als ihr Körper; Herder um 1770 (V 173) Daß die Scholastiker meistens nur auf seine [des Aristoteles] Metaphysik verfielen (KEHREIN); Willmann 1896 Gesch. II 401 Wissenschaftslehre der Scholastiker; Zukunft 65 (1908) 59 Neuscholastiker der Gegenwart; Hartmann 1954 Begegnung 28 Was war denn Luther ? Zu neun Zehnteln ein genialer Scholastiker I scholastisch: Warmund 1664 Geldmangel 251 von den alten scholastischen Theologen; um 1670 Schuppius 50 o wie manch edles ingenium wird durch scholastische tyrannen, von den studiis abgeschreckt! (DWB); 1719 Recueil I A 2» Pedanten und scholastische Grillenfänger; Musig 1726 Licht d. Weisheit 252 so sind unsere meiste Wissenschafften mit sehr viel Scholastischen Redens-
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schraffieren
Arten angefüllet; Brucker 1735 Fragen VI (Reg. Süddtsch. Ztg. 7. 2. 1962 Aktuell ist dagegen die II) Scholastische Philosophie; Hamann um 1770 scholastische Situation, d. h. jene geistige Lage, (VII 54) so hat er [Mendelssohn] doch . . . so die nach dem Ende der Antike eingetreten war, manches triviale über das gängelband der spräche als die Völkerwanderung neue junge Völker in und schrift und ihren natürlichen parallelism mit den Raum des Imperium Romanum geschleudert der religiösen macht des masoretischen buch- hatte; 1967 Tages^tg. DDR o. S. Doch war die Bilstaben- und scholastischen wortkrams, nachge- dungsarbeit bisher zu scholastisch (WDG). betet (DWB); Meister 1777 Beiträge II 55 zu Scholastizismus: Herder 1792—97Briefe. Anhang scholastischem Vortrag der Wissenschaften auf (XVIII 323) aus diesem wieder eintretenden den Lehrstuhl beruffen; Zapf 1783 literar. Reisen Scholasticismus, der sowohl in der Gedankenreife IV 50 Er lernte alle scholastischen Spitzfindig- als im Ausdruck zu herrschen anfängt; Erhard keiten besser, als irgend ein anderer Erzscholasti- 1827 Gesch. d. Wiederauflebens miss. Bildung I Vorr. ker; Gercken 1784 Reisen II 78 wo sie [die Gelehr- XXII weil die Wiederherstellung der Wissensamkeit] bloss speculativisch und scholastisch, schaften, und vornehmlich Luthers Reformation, d. h. unbrauchbar ward; Rothammer 1785 Maxi- ein sehr wesentliches Geschäft in der Bekämpfung milian III 13 Eine Beobachtung, die man so oft des Scholasticismus fand; Gutzkow 1832 Reiseeinauch noch in den heutigen Tagen vermisst, da man drücke (XI 24) Jener alte, hölzerne Scholasticisvielmehr, indem man den Kopf mit skolastischen mus, die trockenste Orthodoxie; Hettner 1844 Regeln vollpfropft, das Herz leer und öde lässt, Schriften 13 ist moderner Scholastizismus, wie alle wo nicht gar . . . verdirbt; Bouterwek 1802 Gesch. spekulative Theologie!; Eyth 1905 Wort 121 Denn II 327 Nebel der scholastischen Grübeleien des unsere viel bewunderten technischen Fortschritte Mittelalters; 1848 Denkschr. Gründung 4 abhängig der letzten Jahrzehnte verdanken wir wohl einervon der Autorität der Kirche . . . in der durch seits einem gewaltigen Losreissen vom alten die Universitäten gepflegten sogenannten schola- römischen Scholastizismus deutscher Nation, stischen Wissenschaft; Bucher 1881 Parlamentaris- andererseits aber der wissenschaftlichen Schulung; mus 16 scholastischen Denkweise; Sombart 1930 Jung 1912 Problem 172 Man spricht heute viel vom Nationalökonomien 32 Neuscholastische Richtung Scholastizismus in der Jurisprudenz. . . . seit . . . Alban de Villeneuve-Bargemont; schraffieren V . (in)trans., Mitte 16. Jh. über mnd. schrofferen und gleichbed. mnl. schra(e)ffeeren entlehnt aus i t a l . s g r a f f i a r e 'kratzen; stricheln' unsicherer Herkunft; auch in der eingedeutschten Form schraffen. Im Bereich der Mal- und Zeichenkunst in der Bed. '(eine zeichnerische Darstellung) mit dünnen, parallel oder kreuzweise verlaufenden Strichen versehen, stricheln; Schattenlinien ziehen, schattieren, um Tiefenwirkung zu erzielen', auch bildlich verwendet und gelegentlich als Präfixbildung über-, abschraf-
fieren; dazu seit späterem 18. Jh. das Verbalsubst. Schraffierung, auch Sehräffung
F.
(-; -en) 'Strichelung einer Fläche, Schattengebung', auch als Nomen acti 'Zeichnung mit parallel verlaufenden Strichen', in der ersten Bed. seit dem 19. Jh. daneben das Subst. Schraffur F. (-; -en); und seit Ende 19. Jh. das Subst. Schraffe F. (-; -n), meist pl. verwendet für 'parallel gezogene Striche (beim Zeichnen von Gebirgen auf Landkarten'). schraffieren: 1547 N. Manuel 302, 16 Die [ihre Art] hand sie wol an dir probiert Und dich mit ganzem Fliß gschraffiert (TRÜBNER); Cröker 1736 Mahler 142 das schraffiren oder mit lauter Linien zu schattiren, gehöret nur für diejenigen, so das Kupfferstechen, Radieren und Formenschneiden lernen wollen, nicht aber für den, der einen guten Mahler abgeben will; Füssli 1763 Künstler-Lex. Vorr. XII Schraffiren. Man saget mit der Feder, Etznadel, oder mit dem Grabstichel schrafiren, wann man mit denselben entweder einoder mehrfache Striche zur Hervorbringung des
Schattens über- und nebeneinander ziehet; Goethe 1809 Wahlverwandtschaften (20) 32 die Abende und die frühsten morgen brachte er mit Aufzeichnen und Schraffiren zu; ders. 1812 D. u. W. (XXIII 118) So hatte ich z.B. auf blaues Papier einen Blumenstrauß . . . mit schwarzer und weißer Kreide sehr sorgfältig ausgeführt und teils mit Wischen, teils mit Schraffieren das kleine Bild hervorzuheben gesucht (TRÜBNER); ders. 1827— 42 (W. XXVIII50) Er schraffiert wenig hinein und legt mit einem breiten Pinsel den Schatten tüchtig an (KEHREIN); Rinneberg 1923 Skizzieren
Schwadron auf Wanderungen T f l . 1 Der Tannenwald und Mittelgrund dunkel schraffiert, mit ausgesparten Lichtern (TRÜBNER); Mann 1919 Herr u. Hund (1X543) die von den langen Schatten der Pappeln schraffierte Allee (WDG). abschraffieren: Die Zeit 2. 7. 1976 keine festen Konturen, ein Abschraffieren eher, bald nervös, bald detailpräzis, etwas undiszipliniert, überschraffieren: Keller 1854 Der grüne Heinrich (III 76) Indem er sie mit dem markigen Bleistifte schonungslos überschraffierte (SANDERS DWB). Schraffe: 1895 Petermanns Mitteil. 148 eine ganz unmotivierte, ungleichmäßige Skala der Bergschraffen; Gleich, Sauter u. Dinse 1901 Kartenkde. 158 Die Schraffenskala bildet das Alphabet für die Ablesung der Karte; Wagner 1912 Lehrb. d. Geogr. 1245 Die relativen Höhenunterschiede oder mehr noch die Neigung des Bodens aufgrund zahlreicher Messungen an jeder Stelle zur anschaulichen Darstellung zu bringen, gelang dem sächsischen Major J. G. Lehmann (1799). Seine Strich- oder Schraffenmanier ist die Basis für alle Darstellungen des Geländes auf topographischen Karten geworden (alle TRÜBNER). Schraffierung: 1772 Frankf. gel. Anz. 182 Die Regln der Perspektive lassen sich bey den Kupfer-
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stichen vielleicht auch genauer beobachten, weil die Schraffirungen alle auf Einen Punkt oder auf Eine Seite laufen; Ramdohr 1787 Malerei II 99 Die verschiedene Form und Anzahl der Schraffirungen vertritt bei ihm [Kupferstecher] die Stelle der Farbe; Goethe um 1800 Werke (XX 1)7) Er ahmte die Schraffirung des Kupferstichs aufs genaueste nach (SANDERS DWB); Schmgler 1846Jahrbücher d. Gegenwart 563 Während er . . . die Licht- und Schattenwirkungen nur mit flüchtigen kreuz und quer gelegten Schraffierungen angiebt (SANDERS DWB); Rinneberg 1923 Das LandschaftsZeichnen 73 man gibt erste Umrisse und Flächenschraffierung, arbeitet dann das Ganze auf große Wirkung von Hell und Dunkel, Licht und Schatten durch (TRÜBNER). Schraffur: Goethe 1827—42 (W. XX 132) Wobei er die Schraffuren der Holzschnitte noch zierlicher nachzuahmen wußte (KEHREIN); Rinneberg 1923 Skizzieren auf Wanderungen 67 Das bewegliche Laub in der Schattenpartie ist durch zarte Strichelung dargestellt, die hellen Partien durch leichte Schraffur getönt (TRÜBNER); 1955 Bild. Kunst o.S. Mit flüchtigen Schraffuren wurde die dunkle Wand des Orchesterraumes gegen die helle Bühne abgegrenzt (WDG).
Schwadron F. (-; -en), zunächst gelegentlich auch M., Anfang 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. escadron (älter (e)squadron, scadron) und ital. squadrone, ursprünglich 'großes
Viereck, viereckiger Haufen' (zu squadra 'Geschwader; im Viereck aufgestellter Haufen', zu squadrare 'viereckig machen', zurückgehend auf lat. quadrare 'viereckig machen; zu-
richten, zuhauen', zu quadrus 'viereckig'; vgl. dtsch. Ge-schwader), früher auch in Schreibungen w i e Squadron, Swadron, Esquadron, Escadron (-> Eskadron) und in der
Kurzform Squadre\ im militärischen Bereich in der Bed. 'Reiterhaufen, -schar, -abteilung; kleinste Truppeneinheit der Kavallerie', anfangs vereinzelt auch für 'Flotte', heute nur noch als historische Bezeichnung, gelegentlich auch übertragen im übertreibenden Sinne für 'beträchtliche Zahl, Menge'. Carolus 1609 Relation 43 daß dieselbige jhre Squadronen an die Spanische Grentzen gelegt; ebd. 47 5. Squadronen Galleren; 1613 Billons Kriegskunst 106 die Escadrons oder Heüffen; Wallhausen 1616 Manuale 9 von vnderschiedlichen . . . Esquadronen; ebd. 124 eine gantze Squadren (alle JONES); den. 1616 Ritterkunst 81 die Reuterey in seine Squadronen abgetheilet; 1620 Relation v. Prags Eroberung a1b ein Squadron sowol Reutter als Knecht nach einander avanciert; Freitag 1631 Architectura 128 Squadronen (das ist viereckichter Schlacht-Ordnung) ; ebd. 129 Also / daß das Geschütz auff der seitten der hauffen / oder Squadronen; Duez 1652 Nomencl. 215 Vn esquadron de cavalerie, ein squadron reiter; Dürer 1668 Lauf d. Welt 88 da zogen tausenderley gedancken
bey ihm mit gantzen esquadronen ein (verzeihet mir ihr Deutschen ohren / daß ich mich dieses Barbarischen worts gebrauche!); Neumayr v. Ramssla 1668 Kriegswesen 93 Dass man viel Squadronen oder Hauffen Pferde hab; Grimmelshausen 1669 Simpliz. 159 gantze Esquadronen Reuter; 1684 Getrost. Europa a 2a Dem Cardinal Howard verordneten sie die Werbung einzelner Völcker, und die Vorsorge eine Squadre aufzurichten; Stranitzky 1717 Reisebeschr. 38 indeme ich nun recht darüber speculirte / die Sach auszuführen / ruckte eine Swadron Türcken auff mich / jagte meine Soldateska in die Flucht; Schönaich 1754 Aesthetik 338 hätten doch der Herr Rath diese Squadron zu Pferde gelassen; Eggers 1757 Kriegsl. I 791 escadron, schwadrone, geschwader, ein
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schwadronieren
troupp in Schlachtordnung gestellter reuter, welches aus 100 bis 150 und 200 mann besteht (DWB); Reinhard 1760 Schriften I 93 ihre landverderbliche Schwadronen [der Spatzen]; ders. II 438 wohingegen der Spaz, wan er einmahl etwas gutes gekostet hat, wunderselten allein wiederkommet, sondern mehrentheils eine ganze Schwadron mitbringet; Westenrieder 1788 Beitr.I 164 hat man unter den wasserburgischen Fahnen allhie 3 Squadron oder Hauffen gemacht; Alexis um 1840 (Böhme, Volksth. Lieder 69) Fridericus Rex, unser könig und herr, der rief seine Soldaten allesammt ins gewehr: zwei hundert bataillons und an die
tausend schwadron'n (DWB); Roland 1888 L. 85 Der Frühling machte dem Sommer Platz, aber die Schwadrons-Photographie merkte nichts davon, denn sie kam wochenlang nicht an's Licht; Fontane 1897 Stechlin I 5, 145 Mit dreißig war er Rittmeister und führte eine Schwadron (WDG); Fallada 1932 Kleiner Mann 102 überall stehen Töpfe mit Speiseresten, Regimenter von Tassen, Schwadronen von Weingläsern (WDG); 1934 Heeres-Verordnpbl. 155 Die Bezeichnung „Eskadron" fällt mit sofortiger Wirkung weg und wird durch die Bezeichnung „Schwadron" ersetzt.
schwadronieren V. intrans., im späteren 18. Jh. aufgekommene verbale Ableitung von -> Schwadron; a zunächst in der veralteten Bed. 'eine Schar bilden, in Schwadronen umherziehen, sich herumtreiben', auch studentenspr. für 'mit dem Degen wild, planlos um sich hauen'; b gleichzeitig auch, eventuell unter Einfluß von älterem, heute veraltetem schwadern 'viel schwätzen', in der übertragenen Bed. 'mit Worten fechten, um sich hauen, viel Worte machen; prahlen, aufschneiden, aufdringlich und laut reden; renommieren'; dazu gleichzeitig die französisierenden subst. Ableitungen Schwadroneur M. (-s; -e), früher auch Schwadronierer 'Großsprecher, Schwätzer, Aufschneider', und Schwadronade F. (-; -n) 'wortreiches, nichtssagendes Gerede'. schwadronieren a: Schiller 1781 Räuber (4) 111 Ganze Haufen böhmischer Reuter schwadroniren im Holz herum; Blumauer 1784 Aeneis I 151 sie [Fama] schämt sich nicht, und schwadronirt herum in allen schenken (DWB); Jacobsson 1794 Technol. Wb. VIII 283 schwadronieren, mit dem Degen oder Säbel, rechts und links, immer um sich herum hauen, um die Feinde von sich abzuhalten (KLUGE). schwadronieren b: Goethe 1774 Clav. (11) 101 Ha, werden unsre schwadronirenden Hofjunker sagen, man sieht immer, daß er kein Cavalier ist; Lichtenberg 1787 Briefe II 314 Einwürfe gegen seine Sätze werden seiner Vertheidgung die gehörige Richtung geben, da er jetzt blos schwadronirt, und wohl noch nicht selbst weiß, wohin er seine individuellen Hiebe richten soll (KLUGE); Laukhard 1792 Leben II 314 ein lustiger, munterer Mann, der gern von politischen Neuigkeiten schwadronirte; Goethe 1795—96 Lehrjahre (23) 303 In diesem Tone fuhr er fort zu schwadroniren; Kleist 1807 Amph. III 10 den gegner lange schwadroniren hören, steht alten weibern gut (DWB); Immermann 1838—39 Münchh. 1177 dieser mensch hatte eine gäbe zu fabuliren und zu schwadroniren (DWB); Raumer 1849 Br. Frankf.Paris I 136 Was die sogenannte Rechte, nach wochenlangem Schwadroniren, ihren Gegnern gegenüberstellt; ders. I 154 Schwatzen und Schwadroniren ohne Ordnung, Zusammenhang,
Fortschritt; Harless 1872 Bruchstücke I 16 schwadronirt er . . . in echtem Preussendeutsch; Schneider 1898 Paris I 8 Wir schwadronirten, machten in Politik und allem möglichen; Th. Mann 1909 Königl. Hoheit VII 115 Sein Gehaben, seine laute, scharf schwadronierende Redeweise ärgerte, reizte, erbitterte (WDG); Schmitz 1923 Essays 227 wie sie . . . etwas vorschwadronierte über die Sarah Bernardt; Weltbühne 1956 o. S. den Herren der Christenheit aus der Nähe zu besichtigen, um dann nachher zu Hause davon schwadronieren zu können (WDG). Schwadronade: Karl Friedrich v. Baden 1784 Polit. Corr. I 56 Schwadronaden; Bretyner 1788 Leben III 72 Schwadronade; Münch. N. N. 4. 2. 1942 Gestern noch auf stolzen Rossen wollte Knox die Herrschaft über die sieben Weltmeere für USA und England beanspruchen und mit seinen Schwadronaden von der Zwei-Ozeanflotte die ganze Welt einschüchtern. Schwadroneur: Schummel 1779 Spitzbart 290 Schwadroneur; Heinzmann 1800 Fruehst. (Beil.) 119 Neuigkeits-Schwadroneur; Raumer 1849 Br. Frankf.-ParisI 78 Hr. B. erzählte: solchen Volksschwadronören werde stets ein lautes Bravo zugerufen; 1863 Bilder a. Paris 1367 Manche gehen alsdann ärgerlich davon und schelten auf den Schwadroneur und Windbeutel; Kretzer 1888 Timpe 152 Er war der Schwadroneur am Tische; kam fortwährend auf die auswärtige Politik zu
Sediment sprechen, geriet mit Jedermann in Streit (WDG); Reich 1909 Leben 498 Der freche Schwadroneur, der seiner Unkenntnis durch dreistes Darauflosreden zum Erfolg verhelfen will; Bäumer 1931 Frau 26 Der Vater . . . obwohl er ein ernster und eher verschlossener Mann war und sicher kein Allerweltsschwadroneur, stand im Schützen- und Sängerverein obenan; Süddtsch. Ztg. 16. 8. 1951 Mehr als die gutartigen Scharmützel mit der eifrig werbenden Bayernpartei beschäftigt den . . . Herrn heute die Möglichkeit, daß rechtsradikale,
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nationalistische Schwadroneure aus dem Norden das Ohr der Bauernburschen gewinnen könnten. Schwadronierer: Heinse 1780—83 Tagebücher VII 30 wie muß die verdienstvollen Leute in Wien kränken, daß sie unter einem solchen Schwadronierer wie Mechel stehen und ihm aufpassen müssen, was er sagt; Shakespeare um 1800 Heinrich IV. (Übers.) I 1,3 und jenen schwadronirer, prinz von Wales (DWB); Schorn 1911 nachklass. Weimar I 7 Schlechte Menschen, leere Schwätzer und Schwadronirer.
Sediment N. (-(e)s; -e), gegen Mitte 19. Jh. aufgekommen, zurückgehend auf lat. sedimen(tum) '(Boden-)Satz' (zu sedere in seiner Bed. 'sich setzen, sich senken'); a als Fachausdruck der Medizin in der Bed. 'Bodensatz, Niederschlag einer (Körper-) Flüssigkeit' (Harnsediment), dazu im früheren 20. Jh. die nur als Part. Perf. sedimentiert nachgewiesene Verbalableitung sedimentieren 'einen Bodensatz bilden, sich niederschlagen' von Flüssigkeiten; b gleichzeitig fachspr. verwendet in der Geologie (und Biologie) in der Bed. '(Gesteins-)Ablagerung, Absatz-, Schichtgestein'; dazu ebenfalls seit Mitte 19. Jh. die adj. Ableitung sedimentär, sedimentär 'durch Ablagerung entstanden, Ablagerungs-, Schicht-', anfangs nur in Zss. wie Sedimentarbildung, Sedimentärgestein, dann auch übertragen verwendet, seit Ende 19. Jh. die subst. Ableitung Sedimentation F. (-; -en) 'Ablagerung von Stoffen, die an anderen Stellen abgetragen wurden', im 20. Jh. die verbale Ableitung sedimentieren 'ablagern' mit dem dazugehörigen Verbalsubst. Sedimentierung F. (-; -en), in neuester Zeit auch übertragen verwendet. Sediment a: Valentin 1855 Physiologie 298 Harnsedimente; Peters 1889 Pharmazeut. Vorzeit N. F. 174 Wahrscheinlich diente dieselbe [Skala am Harnglas] nicht zum Abmessen der Flüssigkeit, sondern zur systematischen Einteilung der im Harn ungelöst herumschwimmenden Stoffe. Dasjenige, was sich nach geringer Zeit auf dem Boden des Harnglases . . . abgesetzt hatte, nannte man „Sedimen". sedimentieren: Flaig 1935 Lawinen 45 die im Laufe eines Winters sedimentierten (niedergeschlagenen) und abgesetzten Schneemassen. Sediment b: Verhandlgn. d. Naturforschgsges. in Basel 1 (1857) 295 wie in den durch verschiedene organische Schöpfungen characterisirten oder durch verschiedenartige Stratification und Gesteinsbeschaffenheit gesonderten Sedimentformationen, das . . . Abbild jener Katastrophen sich wiederspiegeln; Berlepsch 1875 Schweizerkunde 243 Neptunische oder Sediment-Gebilde; 1891 Peloponnes 387 Diese krystallinischen Gesteine . . . werden dort von den überaus mächtigen Sedimenten der Kreide und des Eocän überlagert; 1924 ZDöAlpenver. 26 Verhältnismäßig am leichtesten gelingen solche Vergleichungen bei der einen Gruppe, den Schicht- oder Absatzgesteinen
(Sedimenten); 1937 Werdendes Land 30 sedimentpetrographischen Untersuchungen; Stuttgarter Ztg. 6. 8. 1964 Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat die Sedimentforschung als neues Gebiet in ihr Schwerpunktprogramm aufgenommen . . . In dem Programm sollen Ablagerungsvorgänge im Meer, die sich in der geologischen Neuzeit abspielten . . . mit der Sedimentation früherer geologischer Zeitalter verglichen werden; ebd. 11.1. 1967FÜ1 diesen Zweck wird umfangreiche Spezialausrüstung, vom Unterwasserfernsehgerät über „Sedimentbohrer" bis zu elektrisch angetriebenen Unterwassergesteinsbohrern [benötigt], sedimentär: Schafhäutl 1851 südbayer. Alpengebirge 11 eine ausgesprochene Schichtenbildung oder Sedimentarbildung; Hallier 1889 Kulturgesch. 288 geschichteten oder Sedimentärgesteinen; 1920—21 Siiddtsch. Mon'h. XVII11, 128 Was dem Französischen abgeht, ist das sprachliche Urgestein; es hat sich rein sedimentär gebildet. Wenn man den Vergleich fortsetzen wollte, könnte man das Englische ein auf Grund einer tektonischen Katastrophe aus dem Meer gedrängtes Gebirge nennen, das aber später in weitem Umfang sedimentär überlagert ist.
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Segment — seismisch
Sedimentation: Hochstetter-Bisching 1898 MG. 123 Ablagerung (Sedimentation) von Gesteinsmaterial; Stuttgarter Ztg. 6. 8. 1964 [es] sollen Ablagerungsvorgänge im Meer . . . mit der Sedimentation früherer geologischer Zeitalter verglichen werden, sedimentieren: Adorno 1958 Noten I 25 Nicht kapriziert er sich auf ein Jenseits der Vermittlun-
gen — und das sind die geschichtlichen, in denen die ganze Gesellschaft sedimentiert ist — sondern sucht die Wahrheitsgehalte als selber geschichtliche. Sedimentierung: Naturmss. Wochenschr. 20 (1905) 8 autochthone Sedimentierung; König 1958 Grundformen 68 Sedimentierung.
Segment N. (-(e)s; -e), im frühen 16. Jh. entlehnt aus lat. segmentum '(Ein-, Ab-) Schnitt' (zu secare '(ab-)schneiden'), zunächst meist in der lat. Form; 1 als Fachausdruck der Mathematik in der Bed. 'durch einen Kurvenbogen und die dazugehörige Sehne begrenzter Teil der Kreisfläche' (Kreis-, Kugelsegment), auch übertragen und allgemein verwendet für 'Teilstück, Ausschnitt'. 2 Fachspr. in Zoologie und Medizin in der Bed. 'Körperabschnitt', z. B. bei Wirbeltieren 'Einzelteil einer Folge ringartiger Abschnitte', dazu die subst. Ableitung Segmentation F. (-; -en) 'Segmentbildung'. Dazu seit späterem 19. Jh. die veraltete adj. Ableitung segmentarisch 'aus Segmenten bestehend, zusammengesetzt', im 20. Jh. von segmentar, segmentär (nur zu 2) und segmental 'segmentförmig' abgelöst, und die seltene verbale Ableitung segmentieren 'in einzelne Abschnitte ein-, unterteilen, untergliedern', früher auch 'abschneiden', mit dem dazugehörigen Verbalsubst. Segmentierung F. (-; -en). Segment 1: Lacher 1516 Unterm. (Reichensperger 133) Segment; 1694 Euclides 93 Schnitz eines Circkels (Segmentum Circuli); Naude 1706 Messkunst 97 Segmentum; Hederich 1743 Antiqu.-Lex. 2480 Segmenta; Matthisson 1804 Alpen (VI 159) Kugelsegments; Goethe 1827—42 (W. XXXI 206) Etagen- oder segmentweise von oben herein (KEHREIN); Görres 1836-^2 Die christliche Mystik 58, 189 Das vor uns liegende Segment [eines Baumes] (KEHREIN); Humboldt 1845—50 Kosmos 1200 Im hohen Norden, dem Magnetpole sehr nahe, erscheint [beim Nordlicht] das rauchähnliche Kugelsegment weniger dunkel (KEHREIN) ; Götze 1919 Keplers Deutsch 6 Für den Zweck der Verständigung wäre es ausreichend gewesen, wenn Kepler die fremden Begriffe wie Segment und Sektor bei ihrem ersten Vorkommen erklärt und nachmals unverändert gebraucht hätte — daß er sie bewußt und folgerecht mit Schnitz, Zahn usw. wiedergibt; Bahr 1925 Liebe I 154 er teilte sein
Leben ab, in Segmente, jede Vermischung, ja schon jede Berührung dieser Segmente . . . pedantisch verhindernd; Kisch o.J. II 1,393 Ich sehe nur ein Segment des Zuschauerkreises; auch auf der anderen Seite des Bogens mögen Typen sitzen (WDG). segmentär: Rumney-Maier 1954 Soziologie 53 segmentäre Grundlage der Gesellschaft. Segmentierung: Stuttgarter Ztg. 23. 9. 1968 Mit dieser „Marktsegmentierung" . . . habe das 1949 gegründete Unternehmen in den vergangenen Jahren gute Erfolge verzeichnen können. Segment 2: „Duden"-Sammlung 1934 Zahnsegmente; Zetkin-Schaldach 1974 Wörterbuch der Medizin III 1280 Segment . . . Abschnitt; so ist der Wirbeltierkörper aus einzelnen, hintereinander gelegenen Abschnitten, Metameren oder Segmenten, zusammengesetzt. segmental: Stimmen der Zeit 60 (1901) 72 Segmentaltheorie des Nervensystems.
seismisch Adj., seit früherem 20. Jh. nachgewiesen, zurückgehend auf griech. 'Erschütterung, Schütteln; Erdbeben'; Fachausdruck der Geophysik in der Bed. 'durch Erdbeben verursacht; Erdbeben betreffend', z. B. in den Syntagmen seismisches Verfahren, in der Erdölindustrie für 'Erzeugung künstlicher Erdbeben zur Erforschung der Erdschichten' und seismische Woge 'durch Erdbeben entstandene Flutwelle, Schwankung des Meeresspiegels'; dazu gleichzeitig die subst. Ableitungen Seismik F. (-; ohne PI.) 'Erdbebenkunde' (-> Seismologie) und Seismiker M. (-s; -) als Berufsbezeichnung und das selten gebuchte Subst. Seismizität F. (-; ohne PI.) 'Erdbebentätigkeit in einem Gebiet'. CTEICTUÖS'
Seismograph seismisch: 1932 Wegeners letzte Grönlandfabrt 217 Zur Bestimmung der Mächtigkeit des grönländischen Inlandeises wurden seismische Methoden benutzt; ebd. 21S Eine besonders günstige Methode der seismischen Eisdickenmessung arbeitet ähnlich wie das heute wohl allgemein bekannte Echolot; 1934 Petermanns Mitt. 260 Seismische und semivulkanische Ereignisse in Südsumatra 1933 (Überschr.) Am 5. Juni 1933 ereignete sich ein schweres Beben, dem 550 Menschen zum Opfer fielen; Münch. N. N. 30.131. 3. 1940 Seismische Krisen sind kosmischer Natur (Überschr.); Offenburger Tagebl. 29. 10. 1959 Die Untersuchungen sind geophysikalischer Art und arbeiten mit der reflexionsseismischen Methode; Zeitmagazin 17. 9.
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1976 Schon jetzt übersteigt die Zahl der Erdbebentoten die des seismischen Katastrophenjahrs 1970 . . . von kleinen seismischen Erschütterungen und einem größeren Beben in San Fernando abgesehen . . . Felsgestein bremst, wenn es unter Druck gerät, die seismischen Wellen, die von Beben oder unterirdischen Explosionen an anderen Orten herrühren. Seismik: 1932 Wegeners letzte Grönlandfahrt 217 Seismik oder Erdbebenkunde, Lehre von den Erschütterungen des Untergrundes. Seismiker: 1932 Wegeners letzte Grönlandfabrt 221 Wir Seismiker . . . hatten das Glück, gleich im Frühjahr 1931 mit der wissenschaftlichen Arbeit beginnen zu können.
Seismograph M. (-en; -en), Ende 19. Jh. aufgekommene Bildung aus griech. 'Erschütterung, Schütteln; Erdbeben' und ypd Sekretär als Bezeichnung für einen typisch weiblichen Beruf mit der Bed. '(kaufmännische) Angestellte, die neben Schreib- und anderen Büroarbeiten zusätzliche organisatorische Aufgaben zur persönlichen Entlastung ihres Vorgesetzten verrichtet' (Chef-, Stenosekretärin). Dtsch. AZ. 9.11. 1935 Seine hübsche Sekretärin (der Geistesarbeiter der Wirklichkeit tippt selbst oder läßt das Nötigste in öffentlichen Schreibstuben arbeiten!) wackelt ein wenig mit der reizenden Hüftpartie, und schon kommt ihm die Idee zu einem Leitartikel; Süddtscb. Ztg. 30. 4. 1950 Ob die „Sekretärin auf Stunden" in allen Fällen hübsch sein wird, will die Bundesbahn allerdings nicht versprechen, aber für mindestens 150 Silben pro Minute und für Kenntnis dreier Sprachen garantiert sie; ebd. 11.9. 1954 Neben Schreibmaschine und Stenographie müssen die Zugsekretärinnen eine oder zwei Fremdsprachen beherrschen. Wichtig sind gute Umgangsformen und ein Wesen, das beruflich gewandt und aufgeschlossen, persönlich zurückhaltend und kühl ist; Revue 22. 3. 1958 Das war vorauszusehen, daß Ihre Reportage „Die ideale Sekretärin 1958" auch einige enttäuschte Ehefrauen auf den Plan rufen würde; Stuttgarter Ztg. 5. 4. 1960 Die rechte Hand des Chefs (Uberschr.) Prüfung im Stuttgarter SekretärinnenStudio . . . Zwei Jahre lang hatten sie einen Wochenendlehrgang besucht, der ihnen den Aufstieg von der Stenotypistin zur „geprüften Sekretärin" erleichtern sollte; Quick 14. 5. 1960 „Wer Sekretärin sein will, der soll es beweisen."
Unter diesem Gesichtspunkt hat der kürzlich in München gegründete „Bund deutscher Sekretärinnen" einen Sekretärinnen-Paß erfunden; FAZ 25. 5. 1963 Sekretärin (Überschr.) Erwünscht ist gute Allgemeinbildung und Äußeres sowie flottes Maschinenschreiben und Interesse für die übliche Sekretärinnenarbeit (Anzeige); Süddtscb. Ztg. 2. 9. 1963 Für die Anerkennung der Berufsbezeichnung Sekretärin setzten sich 120 „geprüfte Sekretärinnen" ein; FAZ 20.2.1970 Machen Sie nur so weiter mit Ihrer Sekretärin, dann haben Sie bald keine mehr. Sie wissen doch: Sekretärinnen sind Mangelware; ebd. 28. 5. 1971 Es gibt doch den Sekretärinnenurlaubsvertreter: Das Diktiergerät 84 . . . Die Sekretärin des Kollegen kann auf diese Weise auch einmal zwei oder wenigstens „anderthalb" Herren „dienen"; ebd. 12. 6. 1970 Bonns Ministerien verzweifeln. Sekretärinnen sind zu einer Kostbarkeit in der Hauptstadt geworden. Allein im Bonner Raum fehlen 670 (I) Tipperinnen; Die Zeit 11. 6. 1976 Der als besonders rechtschaffen geltende Abgeordnete ist durch die Liebschaft mit seiner Sekretärin ins Gerede gekommen. Sie wurde vom Kongreß als Schreibkraft bezahlt, obwohl sie weder tippen noch andere Büroarbeiten leisten konnte.
Sekretion F. (-; -en), Anfang 18. Jh. entlehnt aus (flekt. Form von) gleichbed. lat. secretio (zu secretus, -> Sekret), anfangs lat. flektiert; 1 in der medizinischen Fachbed. 'das Produzieren und Ausscheiden von Sekret durch ein Drüse in und aus lebenden Organismen; abgesondertes Drüsenprodukt', im Syntagma innere/äußere Sekretion und in Zss. wie Magensaft-, Nasen-, Speichelsekretion; selten übertragen verwendet; dazu die adj. Ableitung sekretorisch 'auf die Sekretion bezogen' und die subst. Fachbildung Sekretin N. (-s; PI. ungebr.) 'Hormon des Zwölffingerdarms'. 2 Als Fachausdruck der Geologie gebucht (1933 bei Genius) für 'Ausfüllung von Hohlräumen im Gestein durch mineralische Stoffe'. Sekretion 1: 1713 Fama XXVIII 285 Nemlich daß . . . Die ordentliche Secretiones und Excretiones b e f ö r d e r t . . . werden; 1715 ebd. XXXVII 99 betrachtet er die anderen Arten der Secretionum, da nützliche humores von dem Geblüthe
abgeschieden, und zu fernerem Gebrauch in dem Leibe behalten werden; 1772 Frankf. gel. Ang. 88 Meckel . . . hat durch gegenwärtige Abhandlung nicht nur in der Lehre von den Secretionen, sondern auch in der tätlichen Praxis ein helles Licht
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Sekte
aufgestellt; Kielmeyer 1793 (Archiv G Medizin 23 (1930) 251) Secretionskraft oder die Fähigkeit, aus der Saftmasse dieser selbst unähnliche Materien von bestimmter Beschaffenheit widerholt an bestimmte Orten abzusondern; 1796 Archiv Physiologie I 1,82 Secretionsgeschäft des thierischen Körpers; Ritter 1810 Fragmente II 118 Zeugung ist allerdings Secretionsphänomen, Phänomen der Secretion seiner selbst; Hufeland 1822 kl. med. Sehr. 1114 Stockung der . . . Gallensecretion; Görres 1836—42 (I 101) Die es als biliöse Secretion absondern (KEHREIN); ebd. 202 Alle Secretionen, die Thränen aus den Augen, der Ausfluß aus Nase und Ohren (KEHREIN); Liebig 1851 Chem. Br. 22 Secretionsprocess im Organismus; Dittmann 1858 Landiv. I207 Unmittelbar vor Beginn der Blüthe und während der Dauer derselben finden Secretionen der Pflanze statt: gasförmige durch die Blätter und Blüthen, feste Excremente in den Rinden; Spann 1907 Wirtschaft 85 sozialen Sekretionen, die . . . als Produkte des gesellschaftlichen Lebens zur Verselbständigung
. . . neben dem physischen Leben der Gesellschaftsmitglieder gelangen; Berl. Illustr. Ztg. 1930 Obwohl Brown-Sequard an diese Ausführungen eine durchaus sachliche Erörterung des von seinem Vorgänger geprägten Begriffes der „inneren Sekretion" anschloß, nahmen die Zuhörer seine Darlegungen nicht mehr ernst und lachten den sich selbst verjüngenden Professor gründlich aus; Lokal-Anz- 26. 1. 1933 Sonnenstrahlung, Regen und Schneemengen, Konsistenz und Beschaffenheit des Bodens — alles das beeinflußt unseren Wärmehaushalt, unsere Atmung, die innere Sekretion, den Kreislauf und die Zusammensetzung des Blutes. sekretorisch: Voss. Ztg. 22. 5. 1928 daß man also die innersekretorische Leistung auch bei anderen doppelt sezernierenden Drüsen erhöhen könnte, wenn man deren Ausführungsgang unterbindet; ebd. 27. 2. 1930 Aber nun ist es ja überhaupt nur ein glücklicher Zufall, wenn ein innersekretorischer Wirkstoff sich durch den Magenkanal zufüttern läßt.
Sekte F. (-; -n), im späteren 12. Jh. entlehnt aus (m)lat. secta 'befolgte Grundsätze, Richtlinien, Vorschriften; Art und Weise, Denkweise; (religiöse) Partei, philosophische Lehre, Schule, Richtung' (zurückgehend auf älteres Part. Perf. von lat. sequi '(be-)folgen'; vgl. sectam sequi), anfangs auch in der Form sec(k)t; in der Bed. 'Gemeinschaft, Gruppe, die einer bestimmten Weltanschauung, Lehre anhängt', früher auch für 'Lebensweise; Weltanschauung, Lehre' selbst, bes. im Bereich der katholischen Kirche in der pejorativen Bed. 'eine sich von der herrschenden Lehre der Kirche absondernde Glaubenslehre, -gemeinschaft', daher auch, nur sing., 'Irrlehre, Ketzerei'; heute allgemein verwendet für 'Anhängerschaft, Partei, Schule, Richtung' als Bezeichnung für eine Gruppe, die sich absondert, z. B. in Wissenschaft, Politik, Philosophie, Religion. Dazu seit früherem 16. Jh. die veraltete verbale Ableitung sektieren 'eine Sekte bilden, einer Sekte beitreten, anhängen' mit dem dazugehörigen Verbalsubst. Sektierung; seit spätem 16. Jh. die (nach mlat. sectarius 'Zwietrachtstifter, Ketzer' gebildete) subst. Ableitung Sektierer M. (-s; -) 'Stifter, Angehöriger einer Sekte', auch 'Einzelgänger, Sonderling'; seit späterem 18. Jh. die adj. Ableitung sektier(er)isch 'sich abspaltend, absondernd' und die subst. Ableitung Sektiererei F. (-; ohne PI.) 'unduldsame, sektierische Verhaltensweise, Bestrebung', auch 'Einzelgängertum', in neuerer Zeit weitgehend durch das im späteren 19. Jh. aufgekommene Sektierertum N. (-s; ohne PI.) abgelöst. Sekte: vor 1170 Servat. 630 an der secte was der vorder Arrius (LEXER); um 1300 Passional 360, 78 siner secten unreht (LEXER); M. v. Kemnat 1470/75 Chronik 117 sect vnd samslung der nachtfarenden lewte, vnholden; Aufo. e. Basler Karthäusers 1522—32 (Basler Chroniken 475) dan iuver orden und andere örden halten wir nit anders dan für secten . . . Antwort vicarius: Das ir unseren orden für ein sect halten, volgt darumb nit, das er müzz ein sect sin; Luther 1523 Bapstesel (W. XI
383) Denn es noch nie sso vil secten, orden, unterscheyd und namen der geystlichen gewesen sind als ytzt; 1524—25 Bauernkrieg am Bodensee (Mone QS. I1132) der lutterscher sect und ufrur anfenger und ufwiggler gewest; Kessler 1524—39 Sabbata 31 der ketzer secten und nüwe manungen; Luther 1528 Unterricht (W. XXVI 197) grewlicher rotten und secten als die stifft und klöster; Hedio 1534 Ladts Predig A3h da gesunde Gotgefellige ler, mit so vil erschrocklicher irthumm, zwitracht,
Sekte vnd seckten angefochten würt; Wtcel 1535 Vom Beten aa2^> Die Sect bitte ich, sie wolle mit jrem toben, sehenden vnd verdammen an sich halten; ebd. aa4a Beten ist in solchem ansehen . . . gewesen, das nit allein die Kyrche bettet, sondern auch die Hereses oder Secten. Vnd nit allein die Secten, sondern auch die Musskeen vnnd das gantze Heidenthum; Begardi 1539 Index sanitatis 4 6 ich muß dir auch solchen vnterscheydt vnd Secta anzeygen; ebd. 5 a Weiter, so seind der vnvollkommend Artzet abermals zweyerley Secten; Melanchtbon 1540 Ep. (III 927) Es kann aber nicht jedermann die Schmach tragen, dass man sagt, er sey abtrünnig, aufrührisch, hat Rotten und Secten angericht; Knaust 1542 Mahomet B3a Kan vnd mag nicht leiden das die reine leer des Euangelij von Jhesu Christo im schwang bleibe, Mus Secten vnd Schwermergeister erregen, die etwas newes vnd seltzames herfür bringen ; Ambach 1544 Zusauffen B2b zorn, Zwietracht, secten, hass, mordt, säuffen; 1550 Ordenung vnd Mandat Caroli V (Titel) Zu aussrotten vnd zu vertilgen, die Secten vnd Spaltung, welche entstanden sind, widder vnsern heiligen Christlichen glauben; Wimpianus 1570 Vorrede z" Paracelsus Archidoxa 2b das je vnd allwegen mancherley secten vnder den Philosophis vnd andern gelerten entstanden sein; Thurneisser 1583 Onomast. II 116 drey fürnehmer Secten, Als die Pharisaer Essaer vnd Sadducäer. Aber die Christen wollen darüber sein, haben allein drey, Als Pebstisch Luterisch vnd zwinglisch, Sondern vber die noch wol Dreyhundert Secten; Grammann 1621 WildschützenLatein 51 will sichs nicht gebüren, das wir hierinn sect vnd Zweitracht anrichten, vnd Mose Gesetz annehmen, vnd Keiser Recht fahren lassen, als wenig, als vmb Essens vnd Trinckens willen, secten vnd Zwietracht anzurichten sind; Schlegel 1759 Anhang zu Batteux 270 Die Sectenphilosophie würde dann nicht so unumschränkt unter uns herrschen; man würde nicht immer Lehrgebäude einreissen, um neue aufzuführen; 1767 Freundschaf tsrätbe 9 Die verschiedenen Secten, in welche die Weltweisen wegen verschiedener Auslegung eingetheilet werden, gehören nicht zur Philosophie; Herder 1780 Einfluß (IX 349) Wenn damals der Sektengeist, dass jeder sich zu seiner Parthei hielt und auf seinen Mittelpunkt drängte, wenn Noth war und danach auch Gesetze, Einrichtungen gemacht werden mussten; Buchholz 1821 Tascbenb. 272 Joseph Harrison, ein SectenPrediger von Stockport; 1916 Deutschland I 45 Aber ein Anstoß zu neuen Zielen und zu innerer Vertiefung ist von ihm ausgegangen, den nur platte Pharisäer und enge Sektengeister verkennen können; Friedeil 1931 Kulturgesch. III 574 ist die Psychoanalyse eine Secte mit allen deren
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Merkmalen; 1933 Evangel. Bund No. 5 Gottlosenbewegung und Freidenkertum. Sektenwesen und Aberglauben; 1938 Bücherkunde 337 Geistige Sektenbildung der Gegenwart (Uberschr.); Steffen 1951 Mappen 41 Leute, die statt zum Weltbürger zu werden, in ihrem Alter in den Lokalpatriotismus zurückfallen oder im Sektenbekenntnis untertauchen; Süddtsch. Ztg. 13. 7. 1960 Anzeige gegen Sekten-Führer (Überschr.) Mitglieder dieser Sekte erwarten . . . seit Tagen im Gebiet des Montblancs den Untergang der Welt durch Atomexplosionen und Erdbeben; Hobsbawm 1962 Sozialrebellen 21 Die Arbeitersekten stellen ein deutliches Übergangssystem zwischen Altem und Neuem dar, es sind proletarische Organisationen, die . . . in einer traditionell religiösen Ideenwelt ihren Ausdruck finden; Offenburger Tagebl. 12.3. 1962 Fastenhirtenbrief gegen moderne Sekten (Überschr). Die „Neuapostolische Gemeinde" . . . stehe mit ihrer Lehre im klaren Widerspruch zur Heiligen Schrift; FAZ 13. 3. 1972 Mördersekten (Überschr.) Angehörige eines anarchistischen Häufleins namens „Vereinte Rote Armee"; Die Zeit 2. 7. 1976 Aber die Partisanen aller Richtungen sind einmütig in ihrem Bestreben, Sekten zu bilden, Privat-Idiome zu sprechen und fugenlose Systeme zu definieren. Sektierer: Fischart 1581 Dämonomania 35 Sectirer; Zinkgfef 1628 Apophthegm. 1253 Sectirern; Michaelis 1768 Raisonnement I 257 ein Vorurtheil vor die Wolffische Philosophie, und zwar vor die sectirische, die man zu Göttingen nicht einführen wollte, regierte Deutschland, und zog einen grossen Haufen junger Leute an solche Örter, wo diese, nach dem Ruhm, den die Sectirer von ihr machten, die Stelle aller Gelehrsamkeit vertrat; Meister 1777 Beiträge II 221 Ausschweiffungen der Sectirer; Fröbel 1866 Polit. Sehr. II 35 wenn politische Sectirer zur Regierung gelangen; 1923 Almanach d. Musikbücherei 199 dichtender Exponent dieser freigeistigen Sektierer; Schnurrer 1964 Schreibtisch 22 neonazistische Sektierer; Stuttgarter Ztg. 21. 8. 1967 Die größte Gefahr für das Volk sehe er in dem Flügel, „den wir die Linke nennen, also mehr von Seiten der Dogmatiker und Sektierer als von der sogenannten Rechten". Sektiererei: Herder 1780 Einfluss (IX 349) sogenannte Reformationen in schädliche Sektierereien, in Unruhen und Wortkriege [ausartend]; Varnhagenv. Ense 1840 Tagebücher1213 Sektiererei; Gutzkow 1878 Schwulst 48 deutsche Sucht, in allem Sectiererei zu treiben: Janitschek 1912 Ehen 3 Die ganze Angelegenheit wird mit einer lustigen Sektiererei enden; Spiegel 1. 11. 1976 52 dessen Tochter gerade noch an der Sektiererei vorbeikam. sektier(er)isch: Michaelis 1768 Raisonnement 1257 ein Vorurtheil vor die Wolffische Philosophie, und
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Sektion
zwar vor die sectirische, die man zu Göttingen nicht einführen wollte; Scherr 1876 Größenwahn 187 daß die Wiedertäuferei rasch zum Vereinigungspunkt von sektirerischen Regungen und Strebungen wurde (TRÜBNER). Sektierertum: Holtet 1860 Eselsfresser III 11 Sektiererthum; Hofmannsthal 1927 Schrifttum als geistiger Raum 18 zu denen die suchen, von der Literatur zum ausser der Literatur stehenden, ringenden Sektierertum, von der geistigen Besitzordnung zur Anarchie; Kantoromc£ 1959 Tagebuch 23 zur Stellungnahme und Einordnung gedrängt, wollte er sich nicht in unfruchtbarem Sektierertum verlieren; Stuttgarter Ztg. 21. 1. 1959 Er kritisierte besonders das Gesundheitsministerium, fügte
jedoch hinzu, daß sicherlich nicht nur dort ein solches Sektierertum geherrscht habe; FAZ 4. 3. 1970 Warnung vor dem politischen „Sektierertum" in der Tschechoslowakei (Überschr.). Sektierung: Paracelsus 1536 Wundart^ney II A2b das die warhait der artzney, ein gerechten, geschlechten, vnd gwisen weg vor jr hab, inn dem kain jrrtumb, Spaltung, oder sectierung sein mag; Stein 1850 Königthum 237 für Lamartine und mit ihm für Diejenigen, welche in der socialistischen und communistischen Bewegung nichts als eine Sectirung gesehen hatten, die mit der wirklichen politischen Freiheit ihr Ende . . . von selber finden werde.
Sektion F. (-; -en), Ende 16. Jh. vereinzelt, seit Anfang 18. Jh. häufiger nachgewiesene Entlehnung aus (flekt. Form von) lat. Sectio 'das Zerschneiden; Schnitt' (zu sectus, Part. Perf. von secare 'sondern, teilen, zerlegen, -schneiden'); l a zunächst in der Bed. 'Abschnitt, Absatz, Kapitel' eines Buches, eines Traktates, auch 'Teilband'; b seit früherem 18. Jh. in der Bed. 'Abteilung, Einheit, Gruppe, Zweig, Sparte', z. B. innerhalb einer Behörde, eines Vereins, einer Firma (Sektionsleiter), früher auch für 'Universitätsabteilung, Fakultät' und im militärischen Bereich für 'kleinste Unterabteilung der Kompagnie; Heeresabteilung'; gelegentlich auch übertragen für 'Stadtviertel' gebucht; in jüngerer Zeit in der DDR für „komplexe Zusammenfassung des wissenschaftlichen Potentials eines oder verschiedener Wissenschaftsgebiete an Universitäten und Hochschulen" (WDG). 2 Im 17./18. Jh. vereinzelt nachgewiesen in Mathematik und Geometrie für '(Kreis-) Ab-, Einschnitt; Schnitt' (vgl. Sectio aurea 'goldener Schnitt'). 3 Seit Mitte 17. Jh. fachspr. in der Medizin für 'wundärztlicher Einschnitt', vor allem 'kunstgerechte Leichenöffnung, -Zergliederung; Obduktion', gleichbed. mit Sezierung, -» sezieren. 4 Als Fachausdruck der Technik im Sprachgebrauch der DDR in der Bed. „vormontiertes Großbauteil, bes. von Schiffen" (WDG). Sektion l a : Helber 1593 Syllabierbüchlein 13,2 Section; 1711 Gelehrte Fama 161 Es hat der Autor mit dieser Materie 7. Bogen angefüllet / und darvon in 3. unterschiedenen Sectionen gehandelt; Uffenbach 1728 Tagebuch 37 Es hat sich der Herr Aufsichter mit Anordnung der Subdivisionen von Materien [in einer Bibliothek] welche überaus special sind, sehr viel und rühmliche Mühe gegeben, so daß auf einer Reye offters vier und mehr Sectionen mit ihren Aufschrifften auf hölzernen Taffein dazwischen anzutreffen sind; Sul^er 1747 briefl. (Br. dtsch. Gelehrter I 59) die dritte Section der philosophischen Unterredungen. Sektion l b : Richter 1738 KrP 54 Section: 1790 Origines Bockel 115 bei einer gerichtlichen Sektion; Laukhard 1797 Leben IV 2, 48 Statt der Jakobiner, kamen nun die Sektionen, wieder wie ehemals,
zusammen, und berathschlagten über die gemeinschaftlichen Angelegenheiten; Mayr 1809 Gen.Index Baiern 612 Sektion für öffentlichen Unterricht und Erziehungsanstalten; Picard 1826 Minard I 60 Präsident einer Sektion des Staatsr a t e s ; Marr 1846 f . Deutschland 75 Die Hauptführer der deutschen, italienischen, und polnischen Section hatten die Schweiz verlassen müssen; Biedermann 1849 Erinn. 96 der ganze Verein, der bald über 200 Mitglieder zählte, war in Sectionen eingetheilt; 1861 Allgemein. Mil'Enc. IV 236 Section, kleinste militärische Corporation, 3 bis 6 Mann; Raumer 1861 Leben1157ihm sei. . . die Stelle eines Staatsraths versprochen und sogar die Wahl unter allen Sectionen verstattet worden; Hohenlohe-Ingelfingen 1864—70 Leben II1161 Hinter ihm marschierten die Mannschaften mit Gewehren
Sektor in Sektionen; 1867Beschr. OA. Tübingen 176 Sektion für Bienenzucht . . . Hopfenbausektion; Prambl 1872 Gesch. Univ. München I 720 Der althergebrachte Begriff„Facultäten" kam an Stelle der Montgelas'schen „Sectionen" sofort wieder zur Geltung und begegnet uns seit 1826/7 in den gedruckten Vorlesungs-Verzeichnissen; Nyström 1915 Schulterminologie 196 Im Hittelalter wurden die verschiedenen Klassen meist Lektionen genannt . . . In diesem Sinne war es noch im 17. Jahrhundert geläufig. Daneben galten andere Ausdrücke, wie Haufe, Zirkel, Sektion, Rotte, Ordnung und vor allem Klasse; 1929 Jahrbuch Dichtung 8 Sektion für Dichtkunst der Preussischen Akademie der Künste; Ludendorff 1933 Werdegang 16 „Fahnensektion" (Fahnengruppe); Lokal-Anz- 19.4. 1934 Der Ministerpräsident reist in Begleitung des Sektionschefs; Dtsch. AZ. 17. 8. 1935 Die Sektionen erhalten den Bericht des Generalberichterstatters; Molo 1950 Tag 63 spreche ich für die Dichtersektion, für die jüngste Sektion der Preussischen Akademie der Künste; Die Zeit 11. 6. 1976 leitete . . . die Sektion für Schwerindustrie im Sekretariat des Zentralkomitees. Sektion 2: Harsdörffer 1642 Trincir Büchlein A36 kam er seinem judicio nach, solche [Speisen] mit Zierlichkeit zerlegen, da er dann ebenmässige sectiones, so die Figur zeiget, gebrauchen kan; Rembold 1710 Perspectiva /» Die Section oder Durchschneidung der Linien. Sektion 3: Mengering 1642 Geaissensrüge 1519 den zerbrochenen Arm wieder ohne Lähmung, oder
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section oder abschneidung zu rechte bringen; 1652 Zittmann XIII 121 Dieweil denn die jenigen Bader / so zu der Sectio und Besichtigung des Entleibeten gezogen; Trental 1689 Unterredungen 871 daß sie gewisse und geschickte Chirurgos verordnen solle / welche die Section verrichten; Philo 1722 Ruhm d. Tabaks 54 daß deren ihr Gehirn / so sich dessen bedienet / bey dessen Section geschwärtzt befinden; Schaarschmidt 1742 Med. Nachr. III Reg. [o. Sectiones todter Körper; Wi'zel 1790 H. u. H. IV 199 Sektion eines Forsches -Jacobson 1793 Technolog. Wb. VI 648 Obduction, (Wundarzt) ist so viel, als Section, anatomische Zerlegung und Untersuchung; Richter 1814 Epidemie 74 Section einiger Leichname; Immermann 1830 Karneval266 bei der Section zeigte sich das Herz mitten durchbohrt; Süddtsch. Ztg. 25. 10. 1950 Sektion und Obduktion ist die Öffnung der Körper von Toten zur Feststellung von Krankheiten oder zur Untersuchung einzelner Eingeweide, bzw. die Leichenöffnung zur gerichtlichen Feststellung der Todesursache; Stuttgarter Ztg. 22. 8. 1967 daß für eine Sektion im Regelfall das Einverständnis des Patienten oder der Hinterbliebenen die Voraussetziing sein müsse. Sektion 4: 1960 Natur u. Heimat o. S. hier sollen . . . Kräne mit größerem Hub und erheblich gesteigerter Tragkraft, die größer und schwerer werdenden Sektionen [beim Bau eines Schiffes] bewegen (WDG); 1971 Urania o. S. Die insgesamt 7600 t schwere Stahlkonstruktion [der Brücke] wird aus vormontierten Sektionen verschweißt (WDG).
Sektor M. (-s; -en), im späteren 16. Jh. entlehnt aus gleichbed. lat. sector, eigentlich '(Zer-, Ab-, Aus-)Schneider' (zu secare '(zer-, ab-, ausschneiden, -> sezieren) anfangs vereinzelt auch lat. flektiert; a fachspr. verwendet in der Mathematik und Geometrie für 'Kreisausschnitt, Stück der Kreisfläche zwischen zwei Radien und einem Bogen', auch 'Kugelausschnitt'; vereinzelt für ein astronomisches Instrument mit der Bed. 'Proportionszirkel' gebucht; b im 20. Jh. übertragen verwendet in den verschiedensten Bereichen, vor allem in der Wirtschaft, für 'Bezirk, Gebiet, (Sach-)Bereich', in jüngster Zeit auch für 'Besatzungszone in Berlin', z. B. in der Zs. Sektorengrenze zur Bezeichnung der Grenze zwischen der sowjetischen Besatzungszone und denen der drei Westmächte. Sektor a: Xylander 1562 Euclid (Übers.) 74 Sektor, Segment; Kepler 1616 Weinvisierbuch (Götze 55) diss Feld lasset sich leichtlich auff die Fläche ausbraitten, gibt einen luckechten Circkel, der einen Sectorem als gleich einen Zaan verlohren; Marolois 1627 Geometria (Übers.) 8 Beschreibung dess durchschnitts oder Sectors. Der Sector ist ein stück oder durchschnitt; Naudé 1706 Messkunst 97 Sector; Götze 1919 Keplers Deutsch 6 Für den
Zweck der Verständigung wäre es ausreichend gewesen, wenn Kepler die fremden Begriffe wie Segment und Sektor bei ihrem ersten Vorkommen erklärt und nachmals unverändert gebraucht hätte —- daß er sie bewußt und folgerecht mit Schnitz, Zahn usw. wiedergibt, läßt ihn als einen frühen Vorläufer der Bestrebungen erscheinen, dem deutschen Wort im mathematischen Bereich breiteren Boden zu gewinnen.
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sekundär
Sektor b: Münch. N. N. 27. 5. 1939 daß im Grundsätzlichen Übereinstimmung zwischen den Spitzen der beiden Sektoren der Wirtschaft besteht; Frankf. Ztg. 9. 4. 1939 jedes Bauprojekt im industriellen und auch im privaten Sektor setzte eine vermehrte Inanspruchnahme der Verkehrsmittel voraus; Münch. N. N. 27. 8. 1942 Im zivilen Sektor besitzt der Milchwürfel mehrere Vorteile für die Hausfrau; ebd. 10.\11. 10. 1942 im Wohnungssektor ein ungeheuer angestauter Bedarf; ebd. 20. 3. 1944 Seine scharfen Angriffe . . . gegen die Mächte der Trusts und des Großkapitals . . . lassen vermuten, daß er sogleich mit aller Kraft auf dem sozialen Sektor an die Arbeit gehen wird; ebd. 1./2. 4. 1944 auf dem Gebiet der Wirtschaft tätige Persönlichkeiten des staatlichen wie auch des politischen Sektors; NZ. (Basel) 4.5. 1949 Konkurrenzverhältnisse im Lebensmittelsektor (Uberschr.); Süddtsch. Ztg. 10. 5. 1950 Am 21. April gaben die drei Kommandeure von Berlin ihre Zustimmung zu der Forderung nach allgemeinen Wahlen in sämtlichen Sektoren bekannt; ebd. 12. 5. 1950 Auf dem kulturellen Sektor bemühen sich die Ungarn und die Tschechen . . . zu
zeigen, daß sich das religiöse Leben ungehindert entfalten könne; ebd. 23. 3. 1953 durch zu große Sparsamkeit im Staatssektor; ebd. 21.4. 1955 daß auch die Viersektorenstadt [Berlin] eine Wandlung durchmacht und neue politische Perspektiven entwickelt; Arbeitgeber 5. 6. 1956 eine Verlagerung der Investitionen vom Ver- und Gebrauchssektor auf die unmittelbaren produktionssteigernden Zweige der Fertigung; Süddtsch. Ztg. 28. 8. 1957 Sektorenfreud — Sektorenleid (Überschr.) Die Berliner Zimmerstraße ist ein besonders krasses Beispiel für die Zweiteilung der Stadt; Diesel 1963 Menschheit 125 Die heutige qualitative und quantitative „Glücks"-Bilanz auf allen Sektoren des Fortschritts; 1963 Definitionen 91 Sektor der modernen Lebenswirklichkeit; Stuttgarter Ztg. 3. 1. 1968 Die stärksten Auswirkungen werden auf dem Sektor des Fremdenverkehrs erwartet; FAZ 2. 8. 1971 Ferner wird Bahr auch den Zwischenfall an der Berliner Sektorengrenze zur Sprache bringen; Offenburger Tagebl. 26. 11. 1971 Aktivitäten an Sektorenübergängen (Überschr.).
sekundär Adj., im späten 18. Jh. über gleichbed. frz. secondaire entlehnt aus gleichbed. lat. secundaria (zu secundus, Sekunde), in Zss. auch sekundär- und bis ins 19. Jh. auch in frz. Schreibung; in der Bed. 'zur zweiten Kategorie gehörend; an zweiter Stelle stehend; in zweiter Linie in Betracht kommend; zweitrangig, untergeordnet, nebensächlich', auch 'nachträglich hinzukommend, in der Folge auftretend' (Ggs. primär), häufig als Bestimmungswort mit der Bed. 'Neben-, Zweit-' in Zss. wie Sekundärschule (schweiz.) 'auf der Primärschule aufbauende, weiterführende Schule, Mittelschule', Sekundärliteratur 'wissenschaftliche Literatur über literarische Werke, Dichter, Epochen', Sekundarstufe 'fünftes bis neuntes Schuljahr an Hauptschulen; fünftes bis dreizehntes Schuljahr an Gymnasien'. Saussure 1781 Reisen durch die Alpen (Übers.) 1113 den Namen der ursprünglichen oder primitiven Gebirge, da die von Schiefer und Kalkstein nur den Namen der nachentstandenen (secondären) tragen; Goethe 1812 Br. (XXII1163) die Kritik, die alles Secundäre zerschlägt und das Ursprüngliche, wenn sie es nicht wieder herstellen kann, wenigstens in Bruchstücken ordnet und den Zusammenhang ahnden lässt; Moltke 1845—46 Wanderbuch (Rom) 32 Dies war der Zustand zu Ende der secundären Periode und zu Anfang der tertiären; ebd. 33 Die älteste Gebirgsbildung der Gegend ist der secundäre Kalkstein; Schopenhauer 1851 Parerga (V531) Die sekundäre Folge davon; Eichendorff 1854 Zur Gesch. d. Dramas 114 Eben deshalb kann der Schauspieler doch immer nur secundar mitdichten (KEHREIN); 1873 Grund%üge für die Gestaltung der secundaren Eisenbahnen
(Titel); ebd. o. S. als secundäre Bahnen sind solche zu betrachten, welche nur dem localen Verkehr dienen und somit einen durchgehenden Verkehr zwischen Hauptbahnen nicht vermitteln; Berlepsch 1875 Schweiber künde 735 Sekundärschulen; Gutzkow 1875 (46) Säkularbilder (VIII 266) Primärund Sekundärunterricht ist in Frankreich ein Paradepferd, das die Doctrinäre ab und zu einen Umzug durch die Kammern halten lassen; Eucken 1878 Grundbegriffe 7 secundäre Qualitäten; Ellis 1894 Mann (Übers.) 22 Problem der sekundären Geschlechtsmerkmale; Roscher 1899 Handel (System III 459) „Secundärbahnen" oder „Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung", d. h. Bahnen, die dem Verkehr engerer Wirthschaftsgebiete dienen und für den Durchgangsverkehr weniger Bedeutung haben; 1931 Arbeitsausschuss 95 Der Kampf um die Staatsform, ob Monarchie
Sekunde oder Republik, ist uns unter der Not der Zeit zu einer Frage sekundären Ranges geworden; Wohl 1932 Reporter 79 [daß um] sie herum zehntausend Landsleute zittern, daß es wilde Ausrufe um sie herum so hagelt — das alles ist sekundär — unterbewußt fast; Lokal-Anz- 19. 7. 1934 Nachdem sich dann die Sekundärwirkungen der Arbeitsbeschaffung einstellten; Röpke 1950 Mass 181 Erwerbszweige, die man im Gegensatz zur „primären Produktion" der Landwirtschaft und zur „sekundären Produktion" der Stapelindustrien als „tertiäre Produktion" bezeichnet; RummeyMaier 1954 Soziologie (Übers.) 103 Unterscheidung ist die von Primär- und Sekundärgruppen; Gehlen 1957 Seele 60 sekundäre Emotionen; Süddtsch. Ztg. 9. 2. 1961 Wer wollte schon einen Fahrplan für die europäische Sekundärbahn aufstellen, solange der für die Hauptbahn nicht feststeht?; Stuttgarter Ztg. 24. 9. 1962 Publikationen, Primär-
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und Sekundärliteratur, Szenenbilder, Kritiken, Autographie, und andere Dokumente; FAZ 5. 2. 1970 daß in absehbarer Zeit 50 Prozent der Absolventen der Oberstufe des Sekundarschulwesens nicht zum Studium an die Hochschulen gehen werden; ebd. 18.3.1970 Die Möglichkeit der „Sekundärkollision" von Kindern mit der Inneneinrichtung des Wagens bei Unfällen oder bei plötzlichem Bremsen wird durch die Verwendung eines Sicherheitssitzes beträchtlich verringert; Süddtsch. Ztg. 20.11. 1971 künftig an der Unterund Mittelstufe der Gymnasien, der sogenannten Sekundarstufe I — die gleichen — und auch gleich ausgebildeten — Lehrer einzusetzen, die auch an den Hauptschulen und den Realschulen eingesetzt werden; FAZ 26. 1. 1972 2000 prägnante Einzeldarstellungen, Umfassende Bibliographien zur Primär- und Sekundärliteratur (Anzeige).
Sekunde F. (-; -n), seit spätem 15. Jh. nachgewiesen, zurückgehend auf lat. (pars minuta) secunda 'zweiter, verminderter Teil; zweiter Unterteil' (im Sexagesimalsystem des Ptolemäus als Bezeichnung des kleinsten Teils zweiter Ordnung einer durch 60 teilbaren Größe, zu sectmdus '(der Zeit, der Reihe nach) folgend', wohl auf ein altes Part. Perf. von sequi 'folgen' zurückzuführen); a zur Bezeichnung einer Maßeinheit in der Bed. 'sechzigster Teil der Minute (als Grundeinheit der Zeitrechnung)' (abgekürzt Sek, sek, sec, s), auch übertragen und in zahlreichen Wendungen gebraucht, z. B. im Bruchteil einer Sekunde, in Sekundenschnelle, auf die Sekunde genau, eine Sekunde bitte! und in Zss. wie Schrecksekunde; Sekundenzeiger, -uhr; sekundenlang; dazu seit Mitte 19. Jh. die selten belegte adj. Ableitung sekündlich, früher auch sekundlich 'in jeder Sekunde (geschehend), alle Sekunden (wiederkehrend)' und nur als Grundwort von Zss. vorkommendes -sekundig (z. B. zweisekundig 'zwei Sekunden lang dauernd') ; daneben fachspr. in der Mathematik, speziell in der Geometrie, für 'sechzigster Teil einer Winkel-, Bogenminute; Winkeleinheit'; b seit späterem 16. Jh. (gebucht 1571 bei Rot) fachspr. in der Musik für 'zweiter Ton der diatonischen Tonleiter nach dem Grundton; zwei benachbarte Töne, Intervall auf der Notenskala' (Ober-, Untersekunde; Sekundakkord 'dritte Umkehrung des Septakkords)', früher auch für die 'zweithöchste Saite' bei Saiteninstrumenten; c seit Mitte 17. Jh. unter Einfluß von gleichbed. frz. seconde als Bezeichnung für die zweite Stellung beim Fechten und die entsprechende Stoßart, auch in den Formen Sekunda und Seconde-, d im 19. Jh. nachgewiesen als Fachwort des Buchdrucks für 'dritte Seite eines Druckbogens und die sich darauf befindende Sternchenziffer' (Ggs. Prime; vgl. -> Signatur la). Sekunde a: Anglicus 1477 Tractatus quadrantis (Übers.) (Abh. z- Gesch. d. Math. IX 59) [Ptolemäus] beweist auch, das der dyameter des libs der sonnen bekomet von dem zirckel 31 minut vnd ainen drittail ains minuts, das ist 20 secund vil nach (SCHIRMER, Mathematik); 1519 Sphera materialis (Übers.) C 1b Ein jetzlichs minut in 60 secund. Ein jetzlichs secüd in 60 tertz / Un also fürbaß biß in die zehette staffeln (SCHIRMER,
Kaufmannssprache); Rensberger 1569 Astronomie C 3b vnnd eine jede Minuten [wird geteilt] in 60 Secunden; Löhnejß 1622 Aulicopolitica 27a 6 Stunde machen ein viertel Tag, eine Stunde 60 Minuten,1 minute 60 secunden; Schluchzer 1711 Physica 14 sondern diese in Minuten / jene in sogenannte secund- und tertz-Minuten; Zimmermann 1785 Einsamkeit III 300 Secundenuhr; Kurz 1843 Schillers Heimatjahre I 106 wobei ihn sein Witz
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auch nicht eine Sekunde lang im Stiche ließ; Eckstein 1889 Camilla 75 Eine Sekunde lang hatte Camilla geschwankt; Boy-Ed 1892 M. 189 Secundenrasch zog es durch sein Gedächtnis, dass die einzige Seite an seines Freundes Charakter, die ihm ganz missfiel, die Sucht, rasch reich zu werden, gewesen war; Geissler 1930 Weiss 215 Marion zögerte einen Sekundenbruchteil; Berl. Illustr. Nachtausg. 26. 8. 1933 Man pflegt ja mit Sekundenschnelle beherrschte Ruhe zu haben; Lokal-An 5. 8. 1934 Die Angstsekunde (Überschr.) Drehtür, Paternoster und Rolltreppe, das sind die drei Errungenschaften unserer Zeit, die jeden Berliner seine Angstsekunde durchleben lassen; ebd. 28. 8. 1934 Doch auch hier versagte sie [so daß es] sekundenlang aussah, als bringe sie das Pferd [zu Fall]; B. Z. am Mittag 8. 1. 1935 riß im gleichen, winzigsten Sekundenbruchteil, einen kleinen Schritt nach vorn gehend, den rechten Uppercut . . . gegen das Kinn des Gegners; Münch. N. N. 12. 1. 1939 Die Sekundenspanne, in der beim Durchbrechen der Barrikade das Tempo des Wagens herabgedrückt war; Gärt 1942 Rosen 38 Aber sie saß wie gestern an ihrem Tisch und hob sekundenlang den Blick, als er vorbeiging; Süddtsch. Ztg. 26. 4. 1950 Nach der ersten Schrecksekunde nimmt bei uns für gewöhnlich die Neigung überhand, einen Vorgang auf seinen Knalleffekt hin zu dramatisieren; ebd. 8. 9. 1955 Die Sekunde wird kürzer (Überschr.) Eines der Ergebnisse des neunten Kongresses der Internationalen astronomischen Gesellschaft ist es, daß der mit Sekunde bezeichnete Zeitraum künftig um 1,8 millionstel Prozent kürzer als bisher sein wird; Stuttgarter Ztg. 28. 2. 1961 Am Steuer eines Wagens kann daher der Sekundenschlaf zur Ewigkeit
werden; ebd. 13.2. 1968 Wie lange dauert eine Sekunde? (Überschr.) Die nächstliegende Antwort auf diese Frage wäre: so lange wie der Sekundenzeiger einer Uhr braucht, um von einem Minutenstrich bis zum nächsten zu rücken; Petra Juli 1976 [die Frauen] die in keinem Mann der Welt auch nur für fünf Sekunden Lustgefühle wecken. sekündlich: Arndt 1840 Ged. 328 rollt die stunde glatt und rundlich, greif ich mir die lust sekundlich in dem wein (DWB); Dominik 1928 JJraniden 216 sekundliche; Edschmid 1928 Gagaly 344 sekündlich; Neue Ztg. 1. 3. 1950 Nutzbare sekündliche Wassermenge mal nutzbarer Fallhöhe . . . bestimmen allein die nutzbare Leistung; 1957 Einheit o. S. Die entstehende Kraft ist gleich der sekundlich anstrebenden Gasmasse multipliziert mit der Geschwindigkeit (WDG). Sekunde b: Prätorius 1619 Syntagma mus. II 37 muß man denselben umb ein Thon oder eine secundam wies etliche nennen / höher transponiren; Sul^er 1774 Theorie II 1061 Secundenaccord. Sekunde c: Rist 1647friedewünschendes Teutschland 18 wenn ihr etwan in einem Duell fechten, oder euren Cammeraden eine Secunde solltet geben; Huppert 1648 Wurm 34 auff die quarte vnd auff die seconde (JONES); Thomasius 1701 Kl. Sehr. 83 Ebenmäßig würde es mit einem Fechtmeister ablauffen / wenn er seinen Scholaren bloß die terminos erklären wolte was die quarte, die tertie, die secunde, die stärcke / die schwäche der Klinge / sey; Sturm 1737n>ahre Vauban 118 Secund-(Neben-) Flanque; Augustin 1795 Idiotikon der Burschensprache 108 Sekunde. Sekunde d: 1820 Handbuch d. Buchdruckerkunst 67 Secunde [im Buchdruck],
sekundieren V.intrans., früher auch trans., im späteren 16. Jh. entlehnt aus lat. secundare 'unterstützen; begünstigen, beglücken; gefällig sein, nachgeben' (zu secundus in seiner übertragenen Bed. 'begleitend, begünstigend; glücklich'), anfangs auch in der frz./ital. beeinflußten Form secondieren; a in der Musik verwendet in der Bed. 'jmdn. (die zweite Stimme spielend oder singend) begleiten'; b dann auch in der allgemeinen Bed. 'jmdn. unterstützen, ergänzen, begünstigen, schützen, retten; jmdm. beistehen, helfen', bes. bei militärischen und rechtlichen Auseinandersetzungen, auch im Sinne von 'beipflichten'; c seit dem 17. Jh. speziell für 'einem Duell, einer Mensur beiwohnen, dem Duellanten Beistand leisten, als Sekundant tätig sein', früher in adligen Offizierskreisen, heute noch in schlagenden Verbindungen verwendet, auch im Sport (bes. bei Box- und Schachwettkämpfen) für 'den Sportler betreuen, beraten, ihm assistieren'. Dazu seit Mitte 17. Jh. das aus (flekt. Form von) lat. secundans (Part. Präs. von secundare) entlehnte Subst. Sekundant M. (-en; -en), anfangs auch Secundie) und unter frz./ ital. Einfluß Second, für 'jmd., der von einem Duellanten gebeten wird, dem Duell beizuwohnen; Zeuge eines Zweikampfes', auch 'Berater, Betreuer eines Sportlers bei einem Wettkampf' (zu c) und allgemeiner 'Helfer, Stütze, (rechtlicher) Beistand' (zu b), wobei
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die Duellsituation oft mitgedacht wird; dazu in neuester Zeit die selten nachgewiesene subst. Ableitung Sekundanz F. (-; selten -en) 'Tätigkeit eines Sekundanten bei einem (sportlichen) Wettkampf; Beistand, Unterstützung; Schützenhilfe'. sekundieren a: Rot 1571 Dictiomrius 349 Secundim Die ander Vesper von einem Fest singen; Goethe 1788 Egmont (VIII 193) secundirt [beim Singen]; Holtet 1824 Wiener in Berlin (Jahrb. D. Bühnenspiele IV 237) Sekundiren [im Gesang begleiten]; Saltarino um 1880 A. 67 Und das Mütterchen trocknete mit der weißen Schürze die Thränen und secundirte in bebendem Diskant dem köstlichen Lied; Eckstein 1895 Hartwig 297 Nachher sang Behrend auf allgemeines Verlangen das schöne Lied „Du meine Seele, Du mein Herz" . . . wobei Fräulein Eva und Grete ihm sekundierten; B. N. 9. 3. 1934 Paul Luther, gleichfalls wie Margherita Perras von der Staatsoper, sekundierte virtuos auf der Flöte; Dtsch. AZ. 10. 1. 1935 Kleiber sekundierte mit plastischem Umriß. Er hatte den Abend mit der d-moll-Sinfonie von César Franck begonnen, sekundieren b : 1613 Billón's Kriegskunst 419 entsetzt vnd secondirt werden (JONES); 1616 Braunschw. Kriegshandlung S 3a wo die Reutterey / so sich schon . . . hinder die Statt begeben / den Obristen widerumb begegnet und ihn secundirt hatten; 1621 (Aretin 1839 Bayerns auswärt. Verh.I Urkd. Bd. 105) Obwohl aber vorgeschriebene Victori dergestalt glücklich secundirt; Böckler 1665Scholamilitaris 16 damit man den Schwächeren und Nothleydenden Theil desto geschwinder secundiren könne; Becher 1670 Bericht B 2b denn es ist nicht Genug, dass man eine Sache anfange, sondern man muss sie auch secundiren; 1684 Getrost. Europa C 2a und ihnen diese Provintzen genommen werden, ehe sie im Stand wären, solche zu secundiren; 1706 Erlöstes Brabant 12 bitten den allmächtigen Gott, dass er diese Waffen ferner hin mit glücklichen Successen und seinem Segen secundiren, und Euer Hochmögende in seine heilige Hut und Beschirmung nehmen wolle; Musig 1718 Licht d. Weisheit II 667 viele Örter, welche ihren Handel mit Nachdruck secundiren; 1741 Begebenheiten 197 Weil er schon versichert seyn konte, dass man ihn nicht stecken lassen, sondern gewiss secundiren würde; Edelmann 1752 Selbstbiographie 110 das Vorurtheil. . . secundirte mich auch in meinem Vorhaben; Goethe 1784 Br. (VI 396) Der Grimmenstein ist fertig und wird . . . Ihren Beyfall haben, das Wetter hat uns sehr sekundirt; ders. 1797 Tagebücher (II 100) Dass die Handwerker ihn nicht völlig sekundirten, sieht man am Einzelnen; Rodenberg 1860 Insel der Heiligen 1165 Das Schicksal war so freundlich, mir in dieser höchst kritischen Lage zu secundiren; Roberts 1891 Mitleid 373 Zuweilen wurde er
durch seine Frau sekundiert, wenn der Gehilfe nicht ausreichte; Horix 1895 Erl. 133 Ja, ja, mein Lieber I sekundirte im gleichen Jammerton Hauptmann W. dem Sergeanten; Zobeltitz 1914 Frau 63 Seine stattliche, noch immer hübsche Frau . . . sekundierte ihm in ausgeprägt ostpreussischem Dialekt; Schüler 1915 Du ahnst 29 „Natürlich werde ich im Bett bleiben", sekundierte sie mit heiserer Stimme; Der Montag 12. 1. 1931 Es lebe die Behörde, die uns sekundiert, obgleich . . . einstweilen noch fehlt uns der Glaube; 1954 Begegnungen 43 bei der Stadtverordnetenwahl... als Helfer sekundierten. Sekundant: Sturz 1767Julie (II202) ich brauche keinen Secundanten, ich will das mit dem Mägdchen allein ausmachen; Schummel 1773 Würzkrämer 15 und dann hast du mich nicht [mehr] zum Sekundanten; Augustin 1795 Bern, über Halle 472 Der Geschäftsträger oder Bevollmächtigte eines von beiden Gegnern heisst der Sekundant; Mommsen 1895 Reden u. Aufsätze 428 Einige deutsche Blätter . . . haben den französischen Kollegen Sekundantendienst geleistet und jene Artikel . . . wiedergegeben; Johns ton 1917 Menschenverst. 69 die interessierten Sekundanten spielen würden. Es ist nicht unsere Sache, mit Rußland oder den Balkanstaaten Krieg anzufangen; Lokal-Anz. 31. 10. 1934 Englische Sekundantendienste (Überschr.); Armbruster 1952 Lux 31 Redaktor oder Sekundanten Deiner Manuskripte; Offenburger Tagebl. 26. 6. 1959 Die Erklärung des deutschen Kanzlers . . . über die politische Bedeutung de Gaulies und seine überraschende Äußerung über die französische Armee in Algerien müssen als präzise Sekundantentätigkeit aufgefaßt werden. Sekundanz: Bild 3. 9. 1976 Es gibt nur zwei, die Kanzler werden wollen — Kohl und Schmidt. Diese zwei sollen sich stellen — ohne Sekundanz. sekundieren c : Reuter 1696 Schelmuffsky 20 Es geschähe . . . herrauf keine Action, wo ich nicht mit dabey war, und entweder secundierte, oder die streitenden Partheyen in Güte auseinander brachte; 1719 Medicin. Maulaffe 62 einen meiner guten Freunde, welcher gehabter Händel wegen, mit einen andern sich in ein Duell begab, secundirte, wurde nach geschehener Action, weiln meines Freundes Contra-Part einen Stoß durch die rechte Seite bekam, dieses alles lautbar . . . wurde sowohl mein Freund als Duellant . . . als auch ich als Secundante mit der Relegation belegt; Schummel 1773 Duell 46 Er wird sich nun nicht schlagen, Madame, so wie ich ihn nicht sekun-
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diren werde; Ehrlich 1858 Abenteuer I 36 Sekundiren [im Duell]. Sekundant: Rist 1640 Spiegel O 3a Vnd schicket Sekundanten hin, ja lest Secunden kommen, ob man zwar die Wörter Sekundant vnd Secunden wol hette teutsch geben können; Moscherosch 1642 Gesichte I 42 als second; ebd. 473 mein second allhie (alle JONES); 1649 Wurm 19 Secundanten [beim Duell]; 1656 Brandenburg. Kriegs-Recht C 1 a Wer mit einem andern in Zwist geräht / und Secunden erbittet / der sol am Leben / die Beystände aber gleich den Rebellen gestraffet werden; Schochl 1658 Comödia 58 Eine Parthey trit auflf, ziehet sich aus; Gegentheil kömt auch an mit seinen Secunden . . . Möns. Franze wird beschädiget. Laesus will keinen Vertrag annehmen, die Secunden legen sich dazwischen; Lassenius 1661 Adel. Tischreden 163 Sind aber — keine Secundanten oder Beystände darbey gewesen; 1682 der teutsche Francos 115 Sahen sie seitwärts an einem kleinen Gehöltze / zwey zusammen duelliren /
welchen beiderseits Secundanten zuruffeten / sie solten sich raisonabel halten; ebd. 116f. deß Verwundeten Secunde rieff alsobald / jener solte Raison brauchen . . . interponirte sich also sein Secundante; Gruber 1697 Kriegs-Disziplin II 21 als Secunden oder Beystand im Duell zu assistiren versprochen; 1719 Medicin. Maulaffe 62 wurde sowohl mein Freund als Duellant . . . als auch ich als Secundante mit der Relegation belegt; 1785 Journal v. u. f . Deutschland II 209 Anm. so übernahm e r . . . die Stelle eines Beystandes (Secundanten); Wickede 1878 Leutnant 197 Ein sehr geeigneter, abgelegener Platz im Walde war schon vorher von den Secundanten ausgesucht worden und jetzt bald von den Offizieren erreicht; Saltarino um 1880 A. 37 Der kleine Steuerrath, der komischste Secundant, der mir jemals vorgekommen, war eben bei mir und haben wir alles verabredet. Noch heute morgen Punct halb sieben Uhr im östlichen Wäldchen.
Selektion F. (-; -en), im späteren 19. Jh. aufgekommen, entlehnt aus gleichbed. engl, selection ( Sensation b in der Bed. 'aufsehenerregend, außergewöhnlich, einmalig, unerwartet, verblüffend, voller Sensationen', meist als Ausdruck einer Superlativvorstellung. 1839 (Freiburg-Rüter 1930 Gutzkow 175) Anlage und Einleitung der Arbeit Gutzkows „Götter, Helden, Don Quixote" ernten kein besseres Prädikat als „willkürlich und sensationell"; Rose 1884 Revanche 333 die sensationellen Toiletten; Prößl 1891 Modelle 155 sensationellem Reiz; ebd. 159 sensationeller Erfolg; Bierbaum 1897 Stilpe 327 Sensationell I der Tintensumpf Enthüllungen und Selbstbekenntnisse; Fontane 1897 Stechlin 300 Mein Sinn ist nun mal auf das Sensationelle gerichtet; Dtsch. Geschichtsbl. 9 (1908) 200 neben dem „sensationellen" Inhalt, den oft schon der Titel kundgab; Sport u. Sonne 1926 Dez- 821 Das Publikum, das sich bei den sensationellen, professionellen Wettkämpfen nur zum geringsten Teil aus Sportsleuten zusammensetzt; Scheler 1929 Weltansch. 110 gehört es auch . . . zum Wesen des Bildungswissens, unaufdringlich zu sein, schlicht, demütig, unsensationell, geräuschlos, unauffällig; Lokal- Anz- 2. 1. 1933 Diese Erklärung wird in der Linkspresse als „sensationeller Vorstoß des Reichsrats" dargestellt, der vor allem auf Ver-
anlassung der süddeutschen Länder erfolgt sei und berechtigtes Aufsehen erregt habe; Berl. Illustr. Nachtsausg. 28. 1. 1933 Ein sensationeller Zwischenfall ereignete sich im Verlaufe der Prüfung, als das Pferd . . . an einem Koppelrick scheute; Lokal-Anz- 25. 4. 1934 Der sensationelle Altardiebstahl in Gent beschäftigt nunmehr auch die Berliner Kriminalpolizei; Münch. N. N. 14. 3. 1941 Morrison deutete auch an, daß für den Augenblick keine sensationelle Steigerung der amerikanischen Sendungen erwartet werden könne; Stuttgarter Ztg. 2. 4. 1960 Ein anderes RembrandtGemälde . . . erzielte „lächerliche" 30 000 Mark. Die Erlöse sind sensationell niedrig; ebd. 19. 12. 1967 Zwei Generale dementierten einen General in einem sensationellen Staatsstreichprozeß; ebd. 29. 9. 1969 Damit hätten die Bemühungen um einen arabisch-israelischen Ausgleich eine sensationelle Wende zum Positiven genommen; FAZ 11.6. 1970 Auf sensationelles Interesse ist in New York die Ankündigung der Uraufführung . . . gestoßen.
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sensibel
sensibel Adj., im späteren 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. sensible ( < lat. sensibilis 'sinnlich wahrnehmbar; wahrnehmungsfähig'); a zunächst in der Bed. 'sinnlich (wahrnehmbar, wahrnehmend)', bes. fachspr. in der Medizin für 'empfänglich für äußere Eindrücke (psychischer/physischer Natur), reizempfindlich', bezogen auf die Nerven (Ggs. insensibel); b seit früherem 18. Jh. auf die menschliche Psyche bezogen in der Bed. 'empfindsam, feinfühlig; empfindlich', auch leicht abwertend 'überempfindlich, zartbesaitet, mimosenhaft, leicht verletzlich, reizbar, sensitiv' (Ggs. unsensibel), auch auf Gegenstände übertragen im Sinne von 'vorsichtige Behandlung erfordernd'. Dazu die seit spätem 19. Jh. (gebucht 1876 bei Kehrein) nachgewiesene Ableitung sensibilisieren V.trans. 'Empfindlichkeit gegenüber artfremden Eiweiß bei Mensch und Tier hervorrufen; die Bildung von Antikörpern bewirken' (zu a), und 'empfindlich machen (für die Aufnahme von Reizen und Eindrücken)' (zu b), bes. auch in der Photographie 'photographische Platten für die Lichteinwirkung empfänglich machen' mit dem dazugehörigen Yerbalsubst. Sensibilisierung F. (-; -en) und der Ableitung Sensibilisator M. (-s; -en) 'der photographischen Schicht zugesetzter Farbstoff, der ihre Lichtempfindlichkeit erhöht', in neuerer Zeit die subst. Gelegenheitsbildung Sensibilismus M. (-; ohne PI.) '(hochgradige) Empfänglichkeit für Reize, äußere Eindrücke' (zu b) und die Personalableitung Sensibilist M. (-en; -en) 'jmd., der für äußere Eindrücke hochgradig empfänglich ist'. sensibel a: Hirsch 1662 Kircbers Musurgia 299 sensibel=vernehmlig; 1705 Auserlesene Anmerk. II 203 [weil] das Blut essen die menschlichen Mores gar zu sensibel corrumpiret; 1713 Fama XXVI 129 welche durch ein Rohr geschähe / womit die Urethra aufgeblasen und der Stein heraus gesauget wurde. Allein weil dieser häufige Gang sehr sensible, und durch das Saugen mehr zusammen gezogen als erweitert wird / hat sie der Autor vor unbrauchbar erkläret; Wernsdorf 1816 briefl. (Schütz, Leben I 442) weil ich die Witterung . . . wegen meines sensiblen Körpers scheuen musste; 1844 Handwb. d. Physiologie II 567 sensiblen Nerven; Holtet 1854 Schneider III 184 sensibles Nervensystem; Keyserling 1906 Gefüge 314 berühmte Scheidung [Kants] zwischen sensiblem und intelligiblem Charakter. sensibilisieren: Lokal-Anz- 28. 3. 1933 Die Tiere waren offenbar durch die erste Einspritzung überempfindlich geworden. Sie waren, wie man sagt, sensibilisiert worden. Sensibilisierung: Bögner 1930 Mundwasser (Diss. Erlangen) 3 Sensibilisierung; Bachmann 1935 Über die Sensibilisierung von Kaninchen mit menschlichem Blutserum (Titel). sensibel b: Boltz 1731 Kurialrat. 187 An einem Trauer-Fall und höchst sensiblen Leidwesen um so mehrers Antheil nehmen; Moser 1765 Schwab. Merka. 563 nach einem . . . sehr sensiblen kleinen Thermometro Fahrenheitiano; Lavater 1777 Physiogn. Fragmente III 207 sensibelste Bildung; I f f land 1785 Die Jäger 1127 sensibles Gemüth; Goethe 1798 Br. (B XIII 130) Die Absonderung der
Rollen von einander, durch Kleidung, Gebärde, Sprache, die Absonderung der Situationen und die Distinction derselben wieder in sensible kleinere Theile, ist fürtrefflich (GWB); 1799 Kortum 262 Alle Bauern saßen da stumm und starr wie Pfeiler / Sperrten thürweit auf Augen, Nasen und Mäuler / Und die Bäurinnen als von sensiblerer Haut / Weinten Thränen und schluchzten laut; Glasbrenner 1836 Bilder I 164 Es gibt keinen sensiblem Menschen als Holtei; Puckler 1840 Bildersaal I 348 Sehr sensible Constitutionen erreichen diesen Zweck schon durch das bloße Einreiben in das Innere der Hand; Scheffel 1856 Glück (Br.) 36 früher ein tüchtiger in Betreff der Ehre sehr sensibler Kämpe; Ratzell 1876Städtebilder a. Nordamerika I 223 das amerikanische Publikum an einem sehr sensiblen Punkte, der Bewunderung erfolgreicher, kühner Unternehmung, fasst; Senden 1900 Eben 21 so leicht wie seine sensible Natur sich zu Enthusiasmus und übermütiger Lebensfreude hinreissen liess, so leicht kam der Rückschlag einer tiefen Verstimmung; Zander 1904 Neue Welt 3 weil der ernste Mann die feine sensible Natur seines Weibes vor den Hässlichkeiten des Lebens . . . zu behüten gewusst hatte; Hesse 1910 Rossbalde 219 das Kind ist offenbar sensibel und nervös; Tempo 19.3. 1933 weiß ich jetzt, daß aus dieser Freundschaft — bei mir — Liebe geworden ist. Er selbst aber ist keineswegs sensibel; Süddtscb. Ztg. 24. 1. 1961 Das nervig nuancierte Piano überwog auf seinem Programm, das . . . einen ungemein farbig und sensibel aufgefaßten Bach als entfernten Ahnherrn der Orgelromantik herbeizitierte; FAZ 22.3.
Sensibilität 1969 Franzose (in der Stadt lebend), Büroangestellter in guter Position . . . rege, aber zurückhaltend, gepflegt, zärtlich, sensibel (Anzeige); ebd. 7. 12. 1970 „Kapital ist sensibel", meinte ein Unternehmer in Karachi unter Hinweis auf die vielen Angriffe, denen sich die Industriellen während der Wahlkampagne ausgesetzt sahen; B. N. 5. 11. 1971 Wie soll das Regime zum Schutz für die sogenannten „sensiblen Produkte" aussehen? (Das sind die paar Efta-Produkte, deren zollfreie Einfuhr den EWG-Industrien wegen . . . ungerechtfertigter Begünstigung zu scharfe Konkurrenz machen würden); Mannh. Morgen 3.14. 1976 Ist er nun spröde oder sensibel, fragte sie sich angesichts seines plötzlich veränderten Gesichtsausdruckes. sensibilisieren: Krauss 1965 Perspektiven 266 Die Herrschaft der Vernunft sieht sich von vornherein durch eine sensibilisierte romaneske Wirkung beeinträchtigt und in Frage gestellt; Bad. Ztg. 13.5.1970 Ein sehr schöner Film mit dem Reiz eines alten Familienalbums, dem Parfüm der Revolution, mit einem Hauch von deutscher Innerlichkeit, die aber vielleicht den Intellekt sensibilisiert.
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Sensibilisierung: Imago 12 (1926) 529 Von Hennings Sensibilisierung . . . ist zwar noch ein weiter Weg, um die Bewußtseinspsychologie an Freuds Trieb- und Energielehre anzuschließen; Stenger 1929 Gesch. d. Photographie 31 Sensibilisierungsmöglichkeit des Bromsilbers; Münch. N. N. 2. 11. 1941 Es zeigte sich, daß die Sensibilisierung der Farbauszüge für einen jeweils eng begrenzten Spezialbereich nicht genügte; dort mußten wohl die Empfindlichkeitskurven ihr Maximum erreichen; 1971 Festg. a. Klett 285 Leidensfähigkeit läßt sich . . . unter anderem als eine Frage der Begabung, der Phantasie, der Sensibilisierung, der Nervigkeit, der Steigerung des Talentes erklären. Sensibilismus: Otto, Presse 1 (Diss. München 1940) Naturalismus, Symbolismus, Sensibilismus, Mystik und Impressionismus sind die Schlagworte, die das Wesen der Kunst bezeichnen. Sensibilist: Die Zeit 9. 4. 1976 Fritz, anders als die neuen Sensibilisten, stellt das Routinierte modernen Daseins in einer metaphysischen Tiefendimension dar.
Sensibilität F. (-; ohne Pl.), gegen Mitte 18. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz.
sensibilité ( < gleichbed. mlat. sensibilitas) ; a fachspr. in der Medizin und Physiologie in der Bed. 'Fähigkeit des Organismus oder bestimmter Teile des Nervensystems, Gefühlsund Sinnesreize aufzunehmen'; b seit früherem 19. Jh. auch allgemeiner verwendet in der Bed. 'Empfindlichkeit; Empfindsamkeit, Feinfühligkeit', vorwiegend auf die menschliche Psyche bezogen, aber auch auf Gegenstände übertragen, bes. '(Licht-) Empfindlichkeit' von photographischen Filmen oder Platten, und 'Empfangsempfindlichkeit' bei Funkempfängern. Sensibilität a: Haller 1753 (Archiv G Medizin 23 gelb 50 Die feine Nase, die tiefrothen Lippen . . . (1930) 266) Sensibilität; Kielmeyer 1793 (Archiv vollendeten den Eindruck eines Gesichts, welG Medizin 23 (1930) 251) Sensibilität oder die ches . . . an den Schönheiten des Correggio mit Fähigkeit mit Eindrücken, die auf die Nerven seinen sanften, vergeistigten Zügen voll tiefoder sonst gemacht werden, gleichzeitig Vor- weiblicher Sensibilität verklärte Rivalinnen fand; stellungen zu erhalten; 1802 Hannöver. Magazin Waetzoldt 1905 Kunstwerk 16 Auch in der gestei538 nervösen Sensibilität; Goethe 1817 Br. gerten Sensibilität eines Ganzen für Modifika(XXVIII 391) Wenn nun noch überdies die tionen seiner Teile erkennen wir ein EntwickSensibilität . . . der ganzen Familie eigen bleibt, lungsmerkmal in Kunst und Natur; Berolzheimer und sich zuletzt Hedysarum gyrans beynahe ani- 1914 Moral 391 die kriminelle Sensibilität der malisch erweist (GWB); Bentham 1833 Principien Gegenwart; 1928 Die Dame 2. Okt.'heft 2 Niemals Vorm. XXX alle auf die Sensibilität der Menschen später wird eine Sensibilität auf ein Buch und die einwirkende Umstände; 1842 Handw. d. Physio- Welt . . . so heftig reagieren wie dann, wenn sie logie I 587 Sensibilität des Gehirns; Künkel 1929 erwacht; Bergsträsser 1930 Frankreich II 128 in Einführung i. d. Charakterkunde 19 Diese Verbun- einem Lande, das in ausserordentlicher Sensibilidenheit des Menschen mit der Welt bezeichnen wir tät für jedes politische Ereignis den Wechsel der als seine Lebendigkeit oder Feinfühligkeit und Regimenter liebt; Süddtsch. Ztg. 1.8.1952 Es stellen sie als Sensibilität der vorhin geschilder- blieb das Handlungsgerippe: Figuren und Rollen, ten Irritabilität gegenüber. Problem und dramatischer Bau. Verschwunden Sensibilität b: Gutzkow 1835 Charaktere VIII58 jedoch ist, was damals rührte: Sensibilität und Die Geldaristokratie hat die stärksten Augen und Takt; Korrodi 1952 Aufs. 57 Der Zartsinn, die eine nervöse Sensibilität; Meissner 1866 Schwarz- Sensibilität, die Wehmut sind ihm von der Mutter
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sensitiv
her zugeboren; Süddtsch. Ztg. 7.6. 1955 Hayters Bilder sind Selbststilisierungen eines klugen Malers, in denen Technik und Sensibilität zum Gleichgewicht kommen; Krauss 1965 Perspektiven 266 die Praeromantik, das Romaneske, der Stil der Sensibilität; Stuttgarter Ztg. 6.11. 1969 daß sich der Autor humane Sensibilität bewahrt habe; Güte und Menschlichkeit durchwirken in der Tat
das ganze Buch; 1976 Petra (Juli) Alles Leiden dieses sensiblen Menschen drückt sich in diesem reifen Werk aus . . . Wenn ich jetzt von Lino Ventura behaupte: Alle Sensibilität dieses großen Spötters drückt sich in seiner blitzschnellen, unvergleichlichen Mimik aus — ob er darüber auch schallend lachen würde ?
sensitiv Adj., seit Anfang 18. Jh. belegt, über gleichbed. frz. sensitif zurückgehend auf mlat. sensitivus 'wahrnehmungsfähig' (zu lat. sentire 'fühlen, empfinden; wahrnehmen'), im 18. Jh. meist in lat. Syntagmen verwendet; zunächst fachspr. im medizinischen Bereich in der Bed. 'äußerst sensibel, sehr empfindlich', dann auch allgemeiner für 'leicht reizbar, überempfindlich, feinnervig', bes. auf die menschliche Psyche bezogen; dazu seit spätem 19. Jh. die subst. Ableitung Sensitivität F. (-; ohne PI.) 'Empfindlichkeit; Erregbarkeit, Feinfühligkeit'. Daneben im 19. Jh. das aus gleichbed. frz. sensitive entlehnte Subst. Sensitive F. (-n; -n) als Bezeichnung für eine Pflanze, deren Blätter sich bei der Berührung zusammenlegen, auch 'Rührkraut; Mimose', meist in poetischen Vergleichen verwendet. sensitiv: 1711 Neue Bibliothek XIV 298 Die Scholastici haben sich eine sehr alberne Idee von diesem Appetitu sensitivo gemachet; Meier 1748 Anfangsgründe 145 cognitio sensitiva ; Schlegel 1759 Anhang zu Batteux 376 Anm. sensitiva oratio perfecta; 1772 Frankf. gel. An%. 169 Anima sensitiva; ebd. 6)5 sensitiven Pflanzen; Forster 1789 Kl. Schriften 106 sensitiven Kultur; 1789 Neues dtsch. Museum I 283 sei für heute genug geträumt von diesen vier Stufen der muskularischen, spermatischen, heroischen und sensitiven Kultur; Goethe 1827—42 (W. XIV 165) Die Seele, vom Nagyriten [Aristoteles] die sensitive genannt (KEHREIN); Gutzkow 1857 Narrenwelt III 150 Ich bin ein furchtbar sensitiver Mensch; Schücking 1859 Erzählungen II 211 der seine viel in Anspruch genommene Tabatière als Opfer zu den Füßen einer gewissen, mit einem äußerst sensitiven Riechorgan begabten Dame niedergelegt hat; Lindau 1877Briefe 191 eine in Berlin sehr bekannte, neuerdings auch aristokratisch gewordene Banquiersgattin . . . die den Namen der sensitiven Blume ebenfalls französisch, also mit dem Nasallaute: ,noli me tangère' aussprechen soll; Tovo te 1890 Liebesrausch Vorm. IX für den (im besten Sinn verstanden) nervösen, sensitiv modernen Menschen; Fontane 1892 Unwiederbringlich 43 da jeder ihr sensitives Wesen kannte; Volkmann v. Volkmar 1894 Lehrbuch der Psychologie I 281 sensitive Empfindung; Fontane 1898 Zwanzig 523 Er war überaus sensitiv; Wittich 1901 Vineta 209 Der sensitive Jürgen Kretschmer; 1922 Beziehungswahn 9 Der Typus des sensitiven Psychopathen . . . ist in-
zwischen in die meisten modernen Lehrbuchdarstellungen übergegangen (MÜLLER); Mann 1924 Zauberberg 197 Er . . . sang in sich hinein, denn sein Befinden war musikalisch und sensitiv (MÜLLER); Freundin 10. 6. 1976 Sensitiv (vom Lateinischen sentire = fühlen) bedeutet schlicht und einfach: äußerst sensibel; Mannh. Morgen 6. 7. 1976 Dwoskin stellte einer Gruppe von Leuten . . . Kostüme zum Verkleiden zur Verfügung und filmte sie fünf Wochen lang bei einer Art sensitiven Party-Trainings. Sensitive: Goethe 1827—42 (W. LV 109) Vorzüglich auf die Sensitive, welche im höchsten Grad die Phänomene der Reizbarkeit und Beweglichkeit der Pflanzen darstellt, hat der Autor seine Erfahrungen gerichtet (KEHREIN); Pückler 1841 Bildersaal III 90 meine Seele war von jeher wie eine Sensitive; 1855 Hausblätter 1237 Seine Seele . . . ist so empfindsam wie eine Sensitive; 1858 ebd. III 297 die Sensitive, die verschämte Blume, wie sie von den schönen Creolinnen genannt wird. Sensitivität: Tovote 1890 Liebesrausch Vorw. VIII Es wird unsere Aufgabe sein, ausgestattet mit der feinsten Sensitivität der Moderne, diese nervös zitternde und prickelnde Atmosphäre der augenblicklich unsicheren Übergangszeit in uns aufzunehmen; 1897 (Droop 1912 Bierbaum 30) Dichten und an ein Mädchen denken . . . an ein Mädchen, das vielleicht eben das Kochen lernt und nach der Küche sieht! Welch ein Mangel an Sensitivität, oder welch ein Symptom von niederen Instinkten!; 1970 Stern Nr. 25 Groß ist der Andrang zu den neuen „Sensitivitätskursen".
Sensorium — Sensualismus
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Sensorium N. (-s; Sensoriell), Anfang 18. Jh. aufgekommen, vermutlich unter Einwirkung von gleichbed. engl, sensorium zurückgehend auf spätlat. sensorium 'Sitz der Wahrnehmung, Empfindung' (zu lat. sentire 'fühlen, empfinden; wahrnehmen'); a zunächst als medizinischer Fachausdruck in der Bed. 'Sitz des Empfindungsvermögens, Bewußtsein', bezogen auf bestimmte Gebiete der Großhirnrinde, in denen die durch die Sinnesorgane vermittelten Reize bewußt werden, im 18./19. Jh. im lat. Syntagma sensorium commune 'allgemeiner Empfindungssitz im Gehirn'; dazu im 19. Jh. die adj. Ableitung sensoriell 'die Sinnesorgane, die Aufnahme von Sinnesempfindungen betreffend', gleichbed. mit der in neuerer Zeit aufgekommenen adj. Ableitung sensorisch. Daneben das ebenfalls in jüngster Zeit aus gleichbed. engl./amerikan. sensor entlehnte Subst. Sensor M. (-s; -en) 'Meßfühler, (hochempfindliches) Gerät zur Messung physikalischer Größen', z. B. Temperatur, Druck von Gasen und elektromagnetische Erscheinungen. b Seit späterem 18. Jh., unter engl. Einwirkung (Sterne), in der Bed. 'Geist; Empfindungsvermögen, Gespür', auch im Syntagma ästhetisches Sensorium. Sensorium a: 1709 (1732 Woyt 858) Sensorium, sensoriell: Heidelberger Jahrb. 1 (1808) III 451 ein Werckzeug der Sinne; also ist die Nase das sensoriellen Thätigkeit; Volkmann v. Volkmar Sensorium des riechens, das Auge des sehens, die 1894 Lehrbuch d. Psychologie 1281 sensorielle EmpZunge des schmeckens, das Ohr des Hörens; findung. Kielmeyer 1793 (Archiv G Medizin 23 (1930) 249) sensorisch: Mann 1924 Zauberberg 669 Da gibt es daß wir nach unserer Redens- und Vorstellungs- sensorische Herabminderungen, Gnadennarkosen art glauben sollten, die Natur hätte die Nerven (MÜLLER); Rensch 1965 Homo 222 sensorische des einen Individuums mit denen des andern in Nerven; Die Zeit 2. 7. 1976 Ein merkwürdiges ein Netz verschlungen, und die Eindrücke des Gedicht; eine sensorische Empfindlichkeit auf einen würden im Sensorium des andern gefühlt; der Schwelle zwischen Zurücknahme und AusHeinse 1795—96 Hohenthal V 55 Sensorium com- bruch. mune; Goethe 1796 Br. (X1176) über die so lange Sensorium b: Sterne 1769 Tristram Shandy II 148 und oft aufgeworfene Frage vom Sensorium das Klopfen an der Thüre schlug gleichfalls heftig communi . . . läßt sich auch etwa a priori ein- auf meines Oncles Sensorium; ders. 1769 Reisen sehen, daß die Feuchtigkeit der Hirnhöhlen das 232 alles kömmt von dir, grosses — grosses Sengemeinschaftliche Sensorium enthält? . . . ich sorium der Welt! welches vibrirt, wenn nur ein kann mir recht gut denken, daß das gemeinsame Haar unseres Haupts in der entferntesten Wüste Sensorium in der Feuchtigkeit der Hirnhöhlen deiner Schöpfung auf die Erde fällt; 1772 Frankf. sich befindet (GWB); Volkmann ti. Volkmar 1894 gel. Anz• 518 das grosse Sensorium, auf das Yorik Lehrbuch d. Psychologie 186 Casmann bekämpft den so viel baute . . . ist ihm ganz entwischt (alle A.'schen Seelensitz vom Standpunkte der Ner- GANZ); Lavater 1777 Physiogn. Fragmente III 6 venanatomie aus . . . und erkennt im Gehirne ein sehr feines Sensorium; Görres um 1800 (V 89) sowohl das sensorium commune der äusseren als Neben ihr (Luna, Mond) war dann jener Helios, das unmittelbare Organ der inneren Sinne. die Quelle aller höheren Nervengeister, gleichSensor: Stuttgarter Ztg. 11.6. 1968 Die Sensoren sam Sensorium und gemeinsame Nervenmitte erlangen immer größere Bedeutung (Überschr.) des Alls (KEHREIN); Herder 1802 Adrastea Auf einer Konferenz an der Universität von Michi- XXIV 58 Ich fühlte in ihm das Sensorium der gan . . . wurde ausführlich über das Thema der ganzen Schöpfung, das Alles sehe (GANZ); „remote sensors" diskutiert, der „Spürgeräte aus Strauss 1842 Br. 123 ein besonders feines ästheder Ferne" ,mit denen man entweder vom Flug- tisches Sensorium; Jäger 1929 Reden 174 Ein zeug oder vom Satelliten aus sonst unerkennbare ästhetisches Sensorium, welches alles feinfingerig Vorgänge auf der Erdoberfläche, in der Luft und zu ertasten vermag; Hülsen 1947 Zwillings-Seele II im Meer wahrnehmen kann. Typische . . . Senso- 216 Das feinere Sensorium spürte sofort, daß hier ren sind Kameras mit infrarotempfindlichen Fil- Männer etwas gestaltet hatten, die zu dem Gegenmen; für manche Zwecke kommen auch ultra- stande ihrer üppigen Gestaltung ohne wahres violettempfindliche Sensoren in Betracht. Verhältnis waren.
Sensualismus M. (-; ohne Pl.), im frühen 19. Jh., zunächst in der Form Sensualism, aufgekommen (vgl. engl, sensualism, frz. sensualisme), zurückgehend auf spädat. sensualis
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sensuell
'sinnlich'; in der Bed. 'Neigung, nach sinnlichen Antrieben zu handeln', und vor allem als Bezeichnung für eine erkenntnistheoretische Lehre, nach der alle Erkenntnis ihren Ursprung in Sinneseindrücken oder Wahrnehmungen hat; dazu gleichzeitig die Personalableitung Sensualist M. (-en; -en) 'sinnlicher Mensch' und 'Anhänger, Vertreter des Sensualismus' mit der dazugehörigen adj. Ableitung sensualistisch. Sensualismus: Goethe 1829 (XLII 2, 500) Englische und Schottische Philosophie muß ihnen [den Franzosen] zu Hülfe kommen um sich aus dem Sensualism zu retten (GWB); ebd. 514 Sie [die deutsche Philosophie] sucht den Sensualism und Spiritualism zu versöhnen (GWB); ders. um 1830 (N. VII209) Wir glauben hier . . . die Nachwirkung jener Epoche zu sehen, wo die Nation [Frankreich] dem Sensualism hingegeben war, gewohnt sich materieller, mechanischer, atomistischer Ausdrücke zu bedienen (GWB); 1839 D VjS 1213 dass der Sensualismus . . . in seinem eigentlichen Vaterland, in England, nicht die consequente Ausbildung finden konnte wie in Frankreich; ebd. III 177 herrschte auch bei uns die materialistische Anschauung, der Sensualismus, die reine Empirie; Lot^e 1855 (III 1,247) Gerade der Sensualismus, der das Gute nicht als durch die persönliche Kraft erreichbar, sondern nur als ein in uns realisirtes Glück betrachte; Knapp 1857 Rechtsphil. 2 im englischen Sensualismus und französischen Materialismus; Schmid 1909 Mönch. 99 vom englischen Empirismus, dessen glänzendster Vertreter David Hume gewesen war, und vom französischen Sensualismus, der mit der Mystik Fühlung besass; Voss 1909 Ges. Reden 85 Der Deutsche Schillerbund ist ein Protest gegen die Modernen, gegen Naturalismus, Sensualismus und Sexualismus auf der Bühne; Z f . Menschenkunde 1 (1925) I 27 in allen für ihn mehr peripheren Problemen sich nicht zu befreien vermag von den Hinterlassenschaften des englischen Sensualismus; Blei 1930 Männer 115 sentimentalen Sensualismus; 1938 Internatio-
nale Forschungen z- dtsch. Lit'gescb. 49 eine Rückkehr . . . zu dem Gleichgewicht irrationaler Kräfte und rationaler Einsichten . . . Die erste Folge davon ist ein starkes Anschnellen des Sensualismus. Sensualist: 1815 Jacobi II 29 die Aristotelischen Rationalisten und Sensualisten; Goethe 1829 Gespr. Eckermann 252 Wir sind Sensualisten, so lange wir Kinder sind; Idealisten, wenn wir lieben und in den geliebten Gegenstand Eigenschaften legen, die nicht eigentlich darin sind (GWB); 1839 DVjS III 189 wie jene rohen Sensualisten Anfälle von Gewissen haben; Schneider 1898 Paris II 71 und da er, wie alle Epicuräer, Sensualist und nicht ohne Doppelempfindung [war]; ZfdPhil. 54 (1929) 314 der vollkommene Subjektivist modernster Prägung, jener alles in sich aufnehmende Sensualist und Dingmystiker, der, ewig sich wandelnd, alle Schönheit und alle Reize durstig in sich saugt. sensualistisch: Stahl 1847 Phil. Recht I 312 sensualistische, oder in ihrer äussersten Durchführung materialistische Richtung; Stimmen d. Zeit 78 (1910) 37sensualistischen Gelüste; Meinecke 1924 Idee 370 sensualistische Theorie; 1929 Handbuch d. Englandkunde II 263 sensualistischer Individualismus; NZ. (Basel) 25. 5. 1949 Das Leidenschaftliche, Sensualistische trat auch bei Chopin zurück zugunsten stiller, kontemplativer Betrachtung; Deschner 1964 Talente 170 Kreuders Sprache ist nicht neu. Aber sie bekundet sensualistische Qualitäten, sinnliche Anmut und Eindrücklichkeit (MÜLLER).
sensuell Adj., im späteren 18. Jh. aufgekommen, über gleichbed. frz. sensuel und engl, sensual zurückgehend auf spätlat. sensualis 'sinnlich', früher auch in der Form sensual; zunächst in der heute veralteten Bed. 'sinnlich, wollüstig', dann 'die Sinne(-sorgane) betreffend; sinnlich (wahrnehmbar)'; dazu gleichzeitig die auf (flekt. Form von) spätlat. sensualitas 'Empfindsamkeit, Sinnlichkeit' zurückgehende subst. Ableitung Sensualität F. (-; ohne PI.) 'Sinnlichkeit'und'Empfindungsvermögen der Sinnesorgane; sinnliches Anschauungsvermögen'. sensuell: Kinderling 1765 Br. 11 sensuellen; ebd. 14 sensuales; Schiller 1822—26 (W. XVIII 93) Daß die sensualen Ästhetiker, welche das Zeugniß der Empfindung mehr als das Raisonnement gel-
ten lassen, sich in der That nicht weit weniger von der Wahrheit entfernen als ihre Gegner (KEHREIN); Goethe 1830 (Grumbach 191) Eckermann versteht am besten, literarische Productionen mir
Sentenz zu extorquiren durch den sensuellen Antheil, den er an dem bereits Geleisteten, bereits Begonnenen nimmt (GWB); Görres 1836—42 (W. II146) Der untere, sensuale Gedankenorganism (KEHREIN); 1839 DVjS III 188 Der Deutsche neigt sich wesentlich zum Spirituellen und Supernaturalistischen, der Franzose zum Sensuellen, Materiellen; Kl. Mann 1952 Wendepunkt 12 die jüngere, Carla, beeindruckte die Herrenwelt durch sensuellen Charme (MÜLLER); Adorno 1956 Prismen 192 Der Dichtung fallen jene sensuellen Momente des Gegenstandes . . . zu, die sich exakten Meßmethoden entziehen (MÜLLER).
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Sensualität: Meiners 1775 Sehr. I 134 Aristipp erfand das System der gröbsten Sensualität: er setzte das höchste Gut, und die einzige Glückseligkeit des Menschen in den Genuß augenblicklicher Vergnügungen; Schiller 1822—26 (W. XVIII 65) Der schlimme Einfluß einer überwiegenden Sensualität auf unser Denken und Handeln fällt Jedermann leicht in die Augen (KEHREIN); Holtet 1863 Letzte Kom. II 84 Von den räthselhaften und . . . zweideutigen Reizen, die das Theater immer und überall bietet . . . liegt der zweideutigste — und mächtigste in Anregung erotischer Gefühle . . . von niedriger plumper Begier bis zur feinsten Sensualität.
Sentenz F. (-; -en), früher PI. auch -ien, bis ins 18. Jh. vorwiegend M., im 13. Jh. entlehnt aus lat. sententia 'Meinung, Urteil, Votum; Satz (-Inhalt); Sinn-, Denkspruch' (zu sentire 'denken, urteilen; fühlen, empfinden'), bis ins 17. Jh. vereinzelt in lat. flektierter Form, auch in unterschiedlichen Schreibungen. 1 Zunächst in der heute veralteten Bed. 'Gottesurteil; päpstlicher/kirchlicher Urteilsspruch, Beschluß', auch '(offizielle) Meinung, (kaiserliche/königliche) Erklärung, Entscheid', seit Mitte 15. Jh. dann vor allem auch fachspr. im juristischen Bereich in der ebenfalls veralteten Bed. 'gerichtlicher Urteilsspruch, Rechtsspruch'. 2 Im 16./17. Jh. in der heute veralteten Bed. 'Satz; (in Worten ausgedrückter) Gedanke' nachgewiesen, gleichzeitig auch übertragen verwendet für 'Sinn, Bedeutung, Inhalt (eines Satzes, einer Rede etc.)'. 3a Seit frühem 16. Jh. meist pl. verwendet als Bezeichnung für thesenartige, die fundamentalen theologischen Lehrsätze enthaltende Aussprüche aus der Heiligen Schrift und den Kirchenvätern (Sentenzbuch, -Sammlung); b ebenfalls seit frühem 16. Jh. in der zentralen Bed. 'Spruch; Sprichwort; Beispielsatz', dann bes. 'einprägsamer, kurz und treffend formulierter Ausspruch (der eine Erkenntnis, Meinung, ein Urteil enthält), denkwürdiger Kemsatz; prägnante, allgemeingültige Aussage; formelhafter Sinn-, Denkspruch, Maxime', oft als Zitat berühmter Persönlichkeiten, im Bereich der Literatur als Bezeichnung für eine selbständige prosaische Kunstform (Gnome, Aphorismus) und für bestimmte sinnfällige Teile des Dialogs im klassischen Drama; dazu seit früherem 18. Jh. das französisierende, auf lat. sententiosus 'voller (witziger) Gedanken, gedankenreich' zurückgehende Adj. sentenziös,iml8./19. Jh. sententiös, 'in der Art einer Sentenz, knapp, zugespitzt; pointiert formuliert; reich an Sentenzen', gelegentlich leicht abwertend gebraucht. Sentenz 1: 13. Jh. (Benedictinerregel Böhmen V 22) die volgint der sententien unsirs herren (LEXER); 1393 Nd. Rhein. III 986 lesen und hoeren alsulche sentencien (MÖLLER); 15. Jh. (Loher u. Maller 114 ä ) sententz gebe ich über üch allenthalben und verbanne üch gein erütz und altäre (LEXER); 1457 Leipzig 325 der kläger, eyn vol gerichte der swersten sentencien von gerichte heyschin (MÖLLER) ; Folz um 1460 ML 401 senteney oder vrteill; 1470—90 Reineke 96, 3920 godes sentencien (MÖLLER); 1473 Nd. Rhein. IV 366 keys. und 9 Fremdwörterbuch
konigl. sententien (MÖLLER); um 1500 Öhem 130,28 sententz und strauff; Pinician 1516 Promptuarium N VIb sententz oder mainung des das gedacht wird; Eck 1520—27 Vier Sehr. 51 Lutter verhiess zu bleiben der disputation galb bey sententz und erkenntnuss der universitet, die er erkiesen wolt, und hat selber Pariss erweit; Regius 1523 erklärung c5h Form, process vnndt sententz des jüngsten gerichts; 1525 glaubwirdiger bericht b2a [ist] der sententz vnd vrteil nach dem buchstaben der newen Satzung geben worden; ebd. c1»
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ehe dann er seynen sententz vnnd meinung hatt wollen widerrüffen; Luther 1537Lügend (W. L52) Bann und Sententz; Stumpf 1541 beschreybung Bl. LVb sölte das Concilium . . . jn durch ein endlichen Sententz des Pabstthums gar entsetzen vnd verwerfen; Nass 1572 Predig 326a ein strengs vrtheil, ain schwerer sententz; ebd. 339K den Göttlichen sententz vnd mainung der hailigen Geschrifft; Hannonius 1588 Warnung 44 Beschluss und Decreta (welche bisshero allweg für einen gemeinen Sententz vnnd Urtheil der gantzen Christenheit gehalten worden); Spangenberg 1611 Anbindbr. 128 dess Rechts Sententz; Pauliini 1719 Bauren Physik 53 unterwarff sich Esau freywillig göttlicher Sentenz, ergriff dessen Barmherzigkeit in wahrer Treu und Glauben; Schiller 1789 Egmont (W. IX 21) Der Herzog hatte Ursache, mit Vollstreckung der Sententz zu eilen; ders. 1800 Maria Stuart (II 3) drum ist ein rath: man lasse die Sentenz, die ihr das haupt abspricht, in voller kraft bestehn! (DWB); Bierbaum 1907 Musenkrieg 100 Sentenz. Sentenz 2: Karlstadt 1523—25 Sehr. II 14 Ein grosser buchstaben aber, bedeut einen anfangk eynes newen sententzes vnd verss; Emser 1525 Annotat. J i6a vnd nach diesen worten volget ein punet / oder vnderschid der red / vnd fahet darnach ein newer sententz an; Fuchsberger 1534 Dialekt Bl. 3a wortreicher sententz; Fabricius 1588 Surius' Chronik 169a wort und sententzen; Opitz 1624 Poeterey 42f. So ist es auch nich von nöthen, das der periodus oder sententz allezeit mit dem verse oder der Strophe sich ende. Sentenz 3 a : Karlstadt 1523—25 Sehr. 111 sententzen Pauli vnnd etliche schriefften; Luther 1524 Ratsherren (W. XV 51) aller Theologen Sententiarum; nach 1565 Analecta Luther. 329 ein schöner vndt tröstlicher spruch . . . Ey, es sein feine, tröstliche sententz [in der Bibel]; Fischart 1581 Dämonomania 358 Buch der Sententien; Spangenberg 1582 Balter Vorr. 5b die Wort vnd Sententz solcher Geistlichen Psalmen vnnd Sprüche; Bernheim 1903 Methode (Reg. o. S.) Sententzensammlungen. Sentenz 3 b : Luther 1528 Unterricht d. Visitatoren (W. XXVI237) einen sententz aus einem Poeten . . . fürschreiben; Faber v. Meilerstat 1572 Sabbathsteuffel G5b das sie viel guten Sententz vnd Vers aus den Heidnischen Poeten können; Winckelmann 1649 Bed. 139 dass ein jeder etliche feine Sententias oder nützliche Wörter auswendig können und ansagen muss; Olearius 1660 Rosenthal Ä2 a neben so herrlichen Sententien vnd Sinnrichen Sprüchen; Happel 1690 Roman 87 Eines gelehrten Doktoren . . . Sentenz, wenn sie auch wider die gemeine Meinung streitet, kann der Zuhörer folgen; Vischer 1709 Informator 7 ja Gottes Geist fliehet vor einem solchen, der das Hirn zuvor mit Heyd-
nischen Sentenzen und anderer Eitelheit angefüllet, von Gottesfurcht aber leer hat; ebd. 150 allerhand schöne Sentenzen, Sprichwörter . . . memoriren lassen; Meier 1754 Anfangsgründe 1228 Eine Sententz ist ein practischer, algemeiner Satz, und man pflegt sie auch eine Lehre zu nennen; Goethe 1767 Br. (I 128) Die Einbildungskraft gefällt sich in dem weiten geheimnißvollen Felde der Bilder herumzuschweifen . . . Du verstehst mich. Noch einige Sentenzen und du wirst mich ganz verstehn (GWB); Shaftesbury 1768 Char. (Übers.) 137 Anm. die Sentenzen oder Maximen des Herrn Rochefoucauld; Büscbing 1771 Grundriss 18 Sentenzen oder Sprüche, dienen theils zur Verstärkung, theils zur Ausschmückung der Beweise. Sie sind allgemeine Gedanken und Aussprüche; Schiller 1781 Räuber (4) 129 mit dergleichen Sentenzen wirst du die leidende Natur nicht beschwätzen; Jean Paul um 1790 Kl. Bücher schau II 34 Sentenzen sagen viel, und sind wahre alte, aus dem munde der gothischen figuren hangende Zettel, kein schriftsteiler ist an Sentenzen und allgemeinen bemerkungen über die menschennatur reicher . . . als Göthe . . . im lustspiel nun haben den Sentenzenprägern weder Plautus, noch Aristophanes nachgeahmt, noch Shakespeare, noch Moliere, aber desto mehr Kotzebue, Müllner, auch sogar Steigentesch, die sentenzenstickerei (DWB); Schwab 1826 Kl. Sehr. 7 auf dem Publikum . . . das an diesen Dichtungen weniger die geniale Weltanschauung vermissen mag, als theatralischen Schmuck und philosophischen Sentenzprunk; Wackernagel 1836 Poetik 202 Deshalb erscheint nach dieser Seite hin wieder eine andre Art lehrhafter Poesie verwerflich, der Spruch, die Sentenz, die Gnome; Lindau 1877 Briefe 2 der trivialste Gedanke wird in gereimten Worten ausgedrückt und nennt sich dann Sentenz; Fontane 1891 Br. II 2,273 Ich nehme Sentenzen hin wie humoristische Glaubensartikel; ders. 1898 Zwanzig 425 ein Sentenzen- und Sprichwortsmann; Niemeyer 1934 Die Sentenz als poetische Ausdrucksform vorzüglich im dramatischen Stil (Titel); Die Zeit 9. 4. 1976 Wer zu viel Bumfidel-Storys hintereinander liest, wird die Pointen am Ende ein wenig mühsam finden. (Die Franzosen schaffen es auch ohne pädagogische Sentenz); ebd. daß an Schumachers prononciert sozialistischen, prononciert antikapitalistischen Sentenzen gemessen, die Jusos Anno 76 wie lauter kleine Erlers erscheinen. sentenziös: 1739 Hamburg. Berichte 385 spruchund sinnreichen (sententiösen) Vortrag; um 1775 Bürger III 38 sententiöser Stil; Bouterwek 1802 Gesch. II 544 Wem die italienische Poesie nicht sententiös genug ist, mag sich zuerst über seine Sentenzenliebhaberei mit der Kritik abfinden;
Sentiment — sentimental ders. 1810 Gesch. VIII 348 In dem sententiösen Lehrgedichte mit Pope zu wetteifern; Goethe 1827—42 (W. XXXVIII265) So ist auch seine [Manzoni's] Sprache, frei, edel, voll und reich, nicht sententiös, aber durch grosse, edle, aus dem Zustand herfließende Gedanken erhebend und erfreuend (KEHREIN); Laube 1849 Pari. II 15
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dass die sententiöse Fassung eines Gedankens auf der Rednertribüne doppelte Wirkung thut; Strauss 1853 Br. 317 in sententiösen und pointenreichen Historikern, wie Sallust, Vellegus; Wittich 1901 Vineta 169 Die letzte Bemerkung kam ganz besonders sentenziös heraus.
S e n t i m e n t N. (-s; -s), PI. anfangs vereinzelt auch -en, im späteren 17. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. sentiment ( < gleichbed. mlat. sentimentum, zu lat. sentire 'fühlen, empfinden, wahrnehmen'); a zunächst in der heute veralteten Bed. 'Meinung, Urteil, Auffassung, Ansicht'; b seit Ende 17. Jh. belegt in der zentralen Bed. 'Empfindung, Gefühl; Gefühlsäußerung', unter englischem Einfluß als Modewort der Empfindsamkeit verwendet, in neuerer Zeit auch abwertend im Sinne v o n 'Gefühl der Voreingenommenheit, der Reserviertheit' (vgl. Ressentiment). Sentiment a : Becher 1668 Discurs 189 ist also mein sentiment, die Messen und Niederlagen seyn . . . sehr schädlich; Gruber 1697Kriegs-Disciplin13 ein besseres und vernünfftigers Sentiment hierunter [übers Soldatenleben] fällen; Vischer 1709 Informator Vorr.