Deutsche Sprachspielereien [2. Aufl. Reprint 2019] 9783486775624, 9783486775617

De Gruyter Book Archive (1933-1945) This title from the De Gruyter Book Archive has been digitized in order to make it

202 37 37MB

German Pages 114 [116] Year 1942

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Drei Worte an den Leser
Was wir zur zweiten Auflage zu sagen haben
Wir finden
Der Buchstabe macht sich selbständig
Alliterationen und Zungengymnastik
Akrosticha
Chiasmus
Letterwechsel und Rücklings
Verrückte Satzzeichen
Betonfabrik
Witzworte
Abarten und Unarten der Witzwortspiele
Wortwitze
Der Druckfehlerteufel
Spitznamen
Ein Besuch bei der Dame Klio
Wie uns der Schnabel gewachsen ist
Anser Bilderbuch
Paradoxe
Der närrische Pegasus
Im Gleichschritt marsch!
Der Satzgaul geht durch
Wenn sich die Katze in den eigenen Schwanz beißt
Recommend Papers

Deutsche Sprachspielereien [2. Aufl. Reprint 2019]
 9783486775624, 9783486775617

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Deutsche Sprachspielereien gesammelt und erläutert von

Dr. Hans Weis 2. verbesserte Auflage

München und Berlin 1942

Verlag R. Oldenbourg

Einbandentwurf und Bilder stammen von Hanna Förster

Alle Rechte vorbehalten Druck von R.Olbenbourg, München Bestell-Nr. 5151

Drei Worte an den Leser Wie entstand das Buch? Schon vor mehr als vierzig Jahren fing es an. Und als ich wieder einmal wie gewöhnlich meinem Vater „sechs Zigarren zu vierzig" holen dmfte, hätte ich fast vergessen, von dem üblichen Fünfzigerl das übliche Iehnerl als Botenlohn einzubehalten vor lauter Entzücken über die — Iigarrentüte. Da waren nämlich auf der Rückseite in schlechtem kleinen Blaudruck die schönsten Sprachkunst­ stückchen zu lesen, Schnellsprechübungett, Buchstabenscherze und lustige Rätsel. Dieser Papierfetzen war fortan mein Heiligtum und bildete den Grundstock zu meinen Samm­ lungen, die heute ein Ausmaß angenommen haben, von dem sich der damalige glückliche Iigarrentütenbesitzer nichts träumen ließ. Denn alles, was ich in alten Zeitungen und Zeitschriften aufspürte, was ich so hörte als Pennäler, Student, Soldat und Lehrer, was ich in Briefen zuge­ schickt bekam, das trug ich zusammen und ordnete und sichtete eö mit schwäbischer Tüftelei in Kästen, Zetteln und Mappen. Von diesem Gezettel bis zum fettigen Buch war dann allerdings noch ein weiter Schritt. Aber es ist jetzt auch geschafft.

Was enthält das Buch? Neues und Altes. WaS, Altes auch? Jawohl. Und das ist gerade das Neue daran. Daß endlich einmal einer stch die Mühe gemacht hat, all das massenhaft im Volk herum­ schwimmende Treibholz zu sammeln und daraus ein Büch­ lein zu zimmem, das der alten und der jungen Generation in gleicher Weise dienen soll. Den Jungen ist es neu und die Alten werden sich freuen daö, was sie früher ein­ mal gewußt, aber längst wieder vergessen haben, jetzt schwarz auf weiß zu besitzen und in einem netten Büch­ lein getrost nach Hause tragen zu können. Nur auf diese Weise bleibt deutsches humoristisches Volksgut auch unfern Kindern erhalten. So ganz ohne Neuigkeiten ist übrigens unser Werkchen doch nicht. Und wenn es auch nur der Versuch wäre, die deutschen Sprachjuxe und Sprechscherze methodisch vom Buchstaben her über das Wort zum Satz hinauf logisch aufzubauen und in ein, fast möchte ich sagen, wissenschaftliches System zu bringen. Der harm­ lose Leser merkt davon allerdings nicht viel, da jeder schul­ mäßigen Wissenschaftlichkeit mit pflichtschuldigem Respekt aus dem Weg gegangen ist. Was will das Buch? Zunächst ein Wort darüber, was das Buch nicht will. Es will beileibe nicht die zahllosen Poetiken, Rhetoriken, Stilistiken und sonstigen Bücher über die deutsche Sprache vermehren, sondem es will sie ergänzen, und zwar aus­ schließlich nach der formalen, heiteren und spielerischen

Seite hin. Ich könnte dabei ja den Mund vollnehmen und behaupten, ein solches Unterfangen sei für das ganze Volk wichtig in einer Zeit, die zur Bewältigung ihrer großen Aufgaben lebenstüchtigen Optimismus und schaffensfrohe Menschen braucht. Aber ich will bescheidener sein. Ich will nur an den einzelnen Leser denken. An den Soldaten und Matrosen, an den Jungen und das Mädl auf Fahrt und in der Schule, an den Arbeitökameraden im Vorortszug, an den Berufsreisenden, den Kranken und Genesenden, den wartenden Patienten im Vorzimmer des Arztes, aber auch an den eingeregneten Urlauber, Sommerfrischler und Alpenvereinshütteninsaffen und ganz besonders auch an den Ausländsdeutschen. Allen diesen, denke ich, könnte ein heiteres Plauderstündchen mit unserer lieben Mutter­ sprache nicht schaden. Mit unserer lieben Mutter Sprache, die „ach so wonnesam, so traut" „spielen, scherzen, lieben, tändeln, kosen und auch lachen" kann. Dr. Hans Weis, Memmingen

Was wir zur zweiten Auflage zu sagen haben Eine Schlacht des Frohsinns ist geschlagen und gewon­ nen. Mehrere Tausend unserer Büchlein, jedeö ein Streiter für Witz und Humor, sind hinausgezogen ins deutsche Vaterland und haben sich die Herzen der Leser im Sturm erobert. Das Volk eines Fischart, Grimmelshausen, Moscherosch, HanS Sachs, eines Münchhausen und Eulen­ spiegels hat also das Lachen noch nicht verlernt. Im Gegen­ teil. Je mehr die anderen glauben, wir hätten nichts mehr zu lachen, desto mehr lachen wir. Wer noch daran zweifeln sollte, dem zeige ich in meinen Briefordnem all die vielen lustigen Zuschriften, in denen sich die Leser für die gehabte „frohe Stunde" bedanken. Oder ich zeige ihnen die Ein­ sendungen der eifrigen Mitarbeiter, die unermüdlich meinem Sprachwaben neuen Honig zuttugen. Am liebsten waren mir die Briefe mit Feldpostnummem und am allerliebsten die von Verwundeten. Bewiesen sie uns doch, daß unser seelischer Rüstungsbetrieb seinen Zweck erfüllt hat. Rüsten wir also weiter! Memmingen, im Kriegsjahr 1942. Dr. Hans Weis.

Wir finden: Seite Drei Worte an den Leser..............................................3 Der Buchstabe macht sich selbständig ....

9

Alliterationen und Jungengymnastik ....

14

Akrosticha..................................................................... 20 Chiasmus..................................................................... 24 Letterwechsel und Rücklinge..................................... 28 Verrückte Satzzeichen.................................................. 33 Betonfabrik..................................................................... 38 Witzworte..................................................................... 42 Abarten und Unarten der Witzwortspiele ...

48

Wortwitze......................................................................54 Der Druckfehlerteufel.................................................. 59 Spitznamen..................................................................... 62 Ein Besuch bei der Dame Klio..................................... 66 Wie uns der Schnabel gewachsen ist .

.

.

.71

Unser Bilderbuch........................................................ 75 Paradoxe......................................................................86 Der närrische Pegasus.................................................. 90 Im Gleichschritt marsch!............................................95 Der Satzgaul geht durch.......................................... 100 Wenn sich die Katze in den eigenen Schwanz beißt 108

Der Buchstabe macht sich selbständig Unser Alphabet ist an sich schon ein kleines Sprachwunder. Habt ihr euch schon einmal überlegt, warum es gerade 24 Buchstaben sind, warum sie in dieser Reihen­ folge stehen, wie die Vokale dazwischen verteilt sind, wer die Buchstaben „erfunden" hat und warum sie gerade solche Formen haben? über diese Fragen, die an die Grundpro­ bleme menschlichen Denkens rühren, gibt es eine umfang­ reiche Spezialliteratur. Doch wir wollen uns darüber hier keine Gedanken machen. Aber wir wollen den Buchstaben, diesen Choristen im Sprachkonzert, einmal als Solisten auftreten lassen und hören, was er uns zu sagen hat. Wer den Buchstaben nicht ehrt, ist daö Wort nicht wert. Wieviel so ein kleiner Kerl bedeutet, sieht man am besten, wenn er losgelöst vom Wortverband selbstherrisch und eigenmächtig auftritt. Liest man z. B. die Mitlauter so, wie sie im Alphabet ausgesprochen werden, entsteht eine gar lustige Kurz­ schrift. Auf diese Weise kann man Kuhhaare mit vier Buch­ staben schreiben und Katze mit nur zwei: Qhre und Kc. ZI heißt Zettel, lb Elbe und H&dqup Hundecoupe. Was aber bedeutet Bat rött ma btt la ndt? Sehr einfach: Beate

errötete, Emma betete, Ella endete. Nach diesem Trick kann man auch den Satz: Ein Jäger schoß im Wald ganz nah Einen Rehbock Als Reim lesen: Einen

R—e—ha—bo—ka!

Andere Buchstabenspäße beruhen auf der Stellung der Lautzeichen zueinander, wodurch dann die entsprechenden Verhältniswörter eingespart werden. Jj) ß heißt also In­ dianer (in

„D“

an "/?„) und

0

bedeutet Kind.

Will man jemand diskret andeuten, daß er ein Lump ist, so genügen zu diesem Geständnis schon zwei Buch­ staben:^^ Er wird uns dann gewiß mit seinem pPp (Pump) verschonen und nur noch eine

ß)Q §

(dumme Gans) oder ein KL (Kamel) kann darauf herein­ fallen. Wie läßt sich Standesamt mit nur sechs Buch­ staben schreiben? STDST (STan D ES am T). Eine peinliche Angelegenheit verbirgt sich hinter folgender Ge­ Sie lautet: Im KreiSamte

heimschrift:

(Kreis am „ T“) sind zwei Beamte („B“ am „ T“), einer davon ist verrückt (das eine „B“ steht nämlich IS

verkehrt!). Ein

io



(Kaufmann) wird durch die neue

(Auflage) so M (aufgemuntert — auf „G“ „M“

L

G

unter „ T“), daß er sich als ^ (Eroberer) fühlt und nur noch NL (Forellen) ißt. Jt bedeutet Antisemit (an diesem

Jt),

Unterprima, eg Gerechtsame (g rechts am s),

b s s Morgen s Morgenimbiß und d der r Aufstand der Jns STd der.

Daß

„Zwischenräume" heißt, findet man

erst bei längerem Nachdenken. Oder wir verwenden an geeigneter Stelle große und kleine Buchstaben. Auch damit kann man abkürzen. So z. B. läßt sich

wq

ist

lesen als: Großer Aufwand

ist dein Untergang. Die Tt (Großtante) war früher Ee DE (eine kleine Dame) und heiratete nNmn (einen großen Mann), du f (du Äffchen)! Lassen wir endlich auch die Lage der Buchstaben „mit­ sprechen", dann heißt z. B.

GG^

das dritte gefällt

O („6" fällt). OyQ bedeutet: Er verkehrt in verschiedeO nett Kreisen (das „R“ steht verkehrt!) und Rg: Er be­ steht auf seinem Kopf.

Wird die Anzahl der Zeichen als Wort mitgelesen, ent­ stehen Scherze wie

nnn nnnn TZ nn

ne^en

Elfentanz. In

Iweigunternehmen

JJ (Paris)

und

trinken sie entweder

oder besser also viel Tee und wenig Rum (rum) oder wenig Tee und viel Rum. Oder schreiben wir einmal zwei „ee" aufs Papier, so haben wir bereits ein Ehepaar. Wenn man etwas Zigarren­ asche drüber streut, ist es sogar ein überraschtes Ehepaar, und wenn man einen Strich dazwischen macht, dann haben wir die Bescherung, nämlich ein geschiedenes Ehepaar. Schreiben wir dagegen folgendes hin: e eee ee eeeeeeee, dann ist alles wieder gut. Denn wir lesen mit Genug­ tuung: Eine treue Ehe achte! Wissen Sie übrigens, was Wc heißt? Nicht? Also erstens: Wanze (W an c), zweitens: Zahnweh (c an W), drittens: Großes Weh am kleinen Zeh und viertens — naja halt: WC. Lustige und listige Scherzfragen kannst du stellen, wenn du die Frage auf den Wortsinn lenkst, in Wirklichkeit aber die Buchstaben wörtlich meinst. Nimm mir'S nicht übel, lieber Leser, daß ich an solchen Späßen immer noch Ge­ fallen finde. Ich bin eben so ein Kindskopf.

Lirum, larum, Löffelstiel. Wie kann man das mit drei Buchstaben schreiben? Was ist Kalmenope? Was ist Pensch? Wieviele Buchstaben sind in der Bibel? Berlin schreibt man vorn mit B und hinten mst h. Mit R ist'S Fleisch, ohne R ist's auch Fleisch? Womit fängt der Tag an und endet die Nacht? Welches Wort enthält alle 24 Buchstaben? Welche Stadt hat das Ende in der Mitte? Ein Lehrer konnte nicht sprechen, nicht lesen und nicht schreiben und war doch ein guter Lehrer. Lösungen: D—a—ö. Die Buchstabenfolge k—l—m—n— 0—p. Der mittlere Teil von Lampenschirm. FünfB —i— b—e—l. B—erlin, h—inten. R—auchsieisch. Mit dem Buchstaben t. Das Alphabet. Lo—nd—on. Das Wort „nicht". Wir können aber auch umgekehrt das Augenmerk auf den Buchstaben leiten und dabei doch an den Wortsinn denken. Dann bedeutet

3 der Beginn der Zeitrechnung E der Anfang vom Ende D das Ende vom Lied G Schluß der Vorstellung!

Alliterationen und Zungengymnastik Wenn mehrere Wörter nacheinander mit demselben Buchstaben beginnen, so erhalten wir die sogenannte Alliteration, z. B. „Degano dechisto was er Deotriche" „Der Helden liebster war er dem Dietrich." In dieser Zeile aus dem ehrwürdigen althochdeutschen Hildebrandslied sind die inhaltlich bedeutsamsten Wörter des Verses durch den Sprechton und die gleichen Anfangsbuchstaben beson­ ders hervorgehoben. Man nennt diese Ton- und Sinnträger, darum auch Liedstäbe und die ganze Veröform den Stab­ reim. Fast alle Heldenlieder der ältesten Zeit sind in sol­ chen Stabreimen gedichtet. Warum? Darüber haben schon viele nachgedacht. Vielleicht sangen die Zuhörer diese be­ tonten Wörter mit und begleiteten sie durch Zusammen­ schlagen der Waffen. Vielleicht war auch der Wohllaut maßgebend oder die „Stäbe" sind nur Gedächtnisstützen für den mündlichen Vortrag. Auch allgemein menschliche Veranlagungen und Urtriebe können mitgewirkt haben. Zunächst einmal die Ordnungötendenz. Glücklicherweise hat ja der Mensch von der Natur nicht nur die Neigung zur Schlamperei sondem auch die zur Ordnung mitbe-

kommen. Und wie das Kleinkind schon seine Klötzchen nach gleicher Farbe und Größe zu ordnen pflegt, so machte eS wohl auch dem primitiven Menschen Spaß, Wörter mit gleichen Anfangsbuchstaben zusammenzustellen. Hat doch die Sprache der Kindheit manche Ähnlichkeit mit der Kindheit der Sprache. Femer dürfen wir auch die Lust an der Wiederholung und die Neigung zu Sprachornamenten nicht vergessen. Versetzen sich doch die Wilden durch ein­ tönige Rhythmen sogar in den Trancezustand (und die Kinder die Erwachsenen in gelinde Raserei). Endlich ist im Leben der Sprache auch die Neigung zur Bequemlich­ keit nicht zu unterschätzen. Alliterierende Wortfolgen sind leichter zu sprechen als solche, die einen Wechsel der Sprech­ werkzeuge verlangen. Freilich ist von den Äußerungen dieser Urtriebe noch ein weiter Weg bis zu den wunder­ vollen Werken altdeutscher Heldendichtung. Tatsache ist jedenfalls, daß wir rhythmisierte Allitera­ tionen bei vielen primitiven Völkern als Ur- und Natur­ form der Dichtung finden und als solche auch schätzen, während spätere Nachbildungen in Stabreimen leicht etwas Gekünsteltes, ja fast Lächerliches bekommen: Wonne weht von Tal und Hügel, Weht von Flur und Wiesenplan, Weht vom glatten Wasserspiegel, Wonne weht mit weichem Flügel DeS Piloten Wange an. (Bürger)

Friede dir, freudiger Frost der Nacht! Blinkende, blanke Blume des Schnees! Nördliche, nehmt nordischer Töne Kräftigen Klang, kühn wie der Skalde.

(Lappe)

Roland der Ries' am Rathaus zu Bremen Steht er im Standbild standhaft und wacht (nicht — steif!) (Rückert) Und doch ist die Alliteration auch heute noch in bestimmten Sprachbezirken gang und gäbe. Zunächst einmal in vielen volkstümlichen Redewendungen. Wer'S nicht glaubt, den jage ich über Stock und Stein, bis er müde und matt wird. Dann schlage ich ihn kurz und klein und braun und blau, daß er nicht mehr Gick und Gack sagen kann------Auch die Werbung und Wirtschaft hat die suggestive Kraft der Alliteration in ihren Dienst gestellt. „Weiße Wochen." „Licht lockt Leute." Ein Film mit „Humor und Herz." In Augsburg stand einmal ein Fasching unter dem Motto: „Lach' am Lech!" Frisch und fröhlich lebt unsere Sprachstgur ihrer oben angedeuteten biologischen Herkunft entsprechend noch in den Sprechscherzen und Reimen der Kinder. Thomas trank tausend Taffen Tee, tausend Tassen Tee trank Thomas. Wir Wiener Waschweiber würden weiße Wäsche waschen, wenn wir wüßten, wo warmes Waschwasser wäre. Ein Student in Stulpenstiefeln stand auf einem spitzen Stein und starrte staunend stundenlang die stummen stillen Sterne an.

16

Meister Müller mahl' mir meine Metze Mehl, meine Mutter muß mir morgen Milchmuö machen. Gut gegossene, gezogene Geschütze gewähren ganz gewiß großen Gewinn gegen glattes Gemäuer. Der dicke Diener tragt die dicke Dame durch den dicken Dreck. Da dankte die dicke Dame dem dicken Diener, daß der dicke Diener die dicke Dame durch den dicken Dreck getragen hat. Je länger, je lieber! heißt es bei den Alliterationen, diesen Tausendfüßlern des SatzbaueS. Auf den Sinn kommt es weniger an. Bernhard Brunos, bürgerlichen Brauhaus-Besitzers bei Braunau, berühmte bayrische Bierhymne beginnt: Biedere, brave Bierbrauerburschen bereiten beständig bitteres, braunes, bayrisches Bier, bekanntlich besonders billiges Bedürfnis brüderlich behaglich beisammern bleibender bürgerlicher bayrischer Biertrinke. Bierfeind­ liche, betörte Bacchuöbrüder behaupten bisweilen bestimmt, Bier beherrsche Bayem, berausche bald, befriedige bloß bettunkene, biedere Bauern, bereite böses Blut, begründe breite Bäuche, befördere blinden Blödsinn, breche bedauerlichen Begriffen bodenlose Bahn. Bevor begründete Beweise Besseres bewähren, bleibt's beim Besseren! Bleibt bayrisches Bier beim braunen Becherblinken, bleibt bayrisches Blut beim braunen Bier.

Besonders gut macht es sich, wenn begrifflich Zu­ sammengehörendes auch äußerlich schon durch denselben Buchstaben als Einheit gekennzeichnet ist. Max und Moritz, Plisch und Plumm und Minz und Maunz, die Katzen passen zueinander wie ihre Anfangsbuchstaben. Die drei mißwirtschaftenden Minister des ersten preußi­ schen Königs: Wartenberg, Wittgenstein und Wartensleben nannte man das dreifache W (Weh) des Staates. Andere drei große Weh sind Weiber, Wein, Würfel.

Eine Hausftau hat fünf K zu besorgen: Küche, Kammer, Kleider, Kinder, Keller. Dagegen bringen drei andere K den Mann auf den Hund: Karte, Kegel, Kanne. Drei S hat der liebe Gott sich allein vorbehalten: Sorgen, Segnen, Seligmachen, ebenso drei R: Rühmen, Richten, Rächen. Willst du glücklich sein, brauchst du drei G: Gesundheit, Geist, Geld, sonst nützen dir die drei R auch nichts: Raten, Reden, Rechnen.

Zum Kriegführen muß man vier G haben: Geld, Ge­ duld, Genie, Glück. WaS ist ein Volk? Die fünf großen S: Stamm, Sprache, Sitte, Siedlung, Staat. Die vier F deö Turnerwappens: Frisch, Fromm, Froh, Frei (nicht „Fergnügt", wie einer meinte). In den BeurteilungSlisten der Beamten stand früher manchmal hinter einem Namen S SS SSS SSSS SSSSS. Eö bedeutete jeweils: Sauft, Sauft sehr, Sauft sehr stark. Sauft sehr stark Schnapö, Saust sehr stark schlechten Schnaps. Verwandt mit den Alliterationen und doch das Gegen­ teil sind die sogenannten Schnellsprechübungen, die man geradezu Disliterationen nennen könnte. Hier wiederholen sich besonders schwierig auszusprechende Buchstabenverbindungen, so baß man sich die Junge verstauchen kann. Also schieben wir ein paar Minuten Jungengymnastik ein. Bitte nachsprechen, aber möglichst rasch: ES leit e Klötzle Blei glei bei Blaubeure. Brautkleid bleibt Brautkleid Zwischen zwei Iwetschgenzweigen zwitschem zwei Schwalben. S'Bsteck ist z'spät b'stellt, z'spät b'stellt ist>S B'steck. Schwer, was? Fastfoschwierig wie Meßwechsel—WachSmaSke und der Kottbuser Postkutscher putzt seinen Kottbuser Postkutschkasten ... Kutzt seinen Potzkutz ... Kotzt seinen Putzkatz...

Akrosticha Wenn die Anfangsbuchstaben mehrerer aufeinanderfol­ gender Wörter oder VerSzeilen ein neues Wort ergeben, so bezeichnet man diese Wortneugeburt mit dem griechischen Namen Akrostichon, auf deutsch etwa Spitzzeilenwort, Zeilenspitzwort, Zeilenwitzsport, Wortzeilenspitz, Wort­ spitzzeile usw. Daö Akrostichon soll eine Erfindung der alten Griechen sein. Bei uns war es besonders in der Mönchöpoesie des Mittelalters und der Gelehrtendichtung der Humanistenzeit im Schwung. So ergeben z. B. die Sttophenanfangsworte in Paul Gerhards „Befiehl du deine Wege" den Satz „Befiehl dem Herrn dein Weg und hoff auf ihn, er wirds wohl machen." Das längste Akro­ stichon bietet die „Düringer Chronik" des Joh. Rothe (f 1434). Die Anfangsbuchstaben der 773 ersten Kapitel liefern die Biographie des Verfassers. Heut mißbraucht man das Akrostichon besonders gern in Gelegenheitsgedichten, um den Namen der Tanzstundenflamme, des Täuflings oder des Silbemen Hochzeiters in die Literaturgeschichte einzuschmuggeln. Der Dichter Günther schreibt darüber: „Ich flocht auch wie noch viel' die Namen vor die Lieder Und ging oft um ein A drei Stunden auf und nieder." Meistens erscheint das Akrostichon als Rätsel, Witz, Anekdote oder Gedicht.

Kannst du sehen? — O fürwahr ! Und auch lesen? — Auf ein Haar! Sag daö süße Wort dann mir. Sieh! es steht so ganz vor dir. Bauend und schaffend mit kräftigen Händen, Immer berechnend mit klarem Verstand, Sahst Du Dein Riesenwerk kühn sich vollenden. Mußten doch Feinde selbst Lorbeer Dir spenden. Als Deutschlands Einheit und Größe erstand. Ruhmvoll werden in jubelnden Weisen Chronik und Dichtung der Nachwelt Dich preisen. Künden Dein Wirken fürö Vaterland. Ein Akrostichon mit Worten ist die Grabschrift eines trauernd Hinterbliebenen Gatten:

Wohl auch die stille Häuslichkeit Ist eines Denkmals wert. Ihr sei eö hier von mir geweiht, ttttb wer die Tugend ehrt Auch in dem einfachen Gewand, Mir, meinem Schmerz ist er verwandt. Schon immer war eö ein beliebter Sport boshafter Sprachwitzlinge, die Buchstaben von Abkürzungen zu mehr oder weniger anzüglichen Wörtern zu ergänzen. Was hat z. B. nicht schon die arme GMBH für Deutungen über sich ergehen lassen müssen! Als eö noch Königlich Württembergische StaatSeisenbahnen gab, laS aus der Wagenaufschrist K.W.S1.E. ein

biederer Schwabe die Aufforderung: „Komm, Weible, steig ein!" Auch sonst lieferte die Geheimschrift der Eisenbahner reichen Stoff: G.O.E. (Großherzogl. Oldenburgische Eisenbahn) — Ganz ohne Eile. M.G.B. (Mährische Grenzbahn) — Man geht besser. B.W.B. (Böhmische Westbahn) — Bietet wenig Be­ quemlichkeit. Die vier Buchstaben der Windrose auf einem Barometerkiosk deutete ein ganz Schlauer mit:Ochö, Siehst's Wetterhäusl Nicht? Der Aktionär einer verkrachten Spin­ nerei dagegen mit: Wir Spinnen Ohne Nutzen. Das Wort Menu kann man von vom und von hinten lesen: Man esse nur ungenügend und nasche eigentlich mehr. In Bonze steckt der Satz: Bin Ohne Nachteil Zu Ersetzen. Die vier Buchstaben am Schlüsse von Einladungs­ schreiben U.A.w.g. (Um Antwort wird gebeten) müssen sich auch allerlei Auslegungen gefallen lassen: Und Austem werden gegessen Und Andere werden gelästert Und abends wird getanzt Und Anbeter werden gefangen Und alles wird gepfändet. Ein ganz Schlauer wünschte sich eine Frau, die „frisch" sei, nämlich: Fromm, reich, jung, schön.

Ein Lebemann behauptete, „Liebe" bedeute: Lächerliche Idee eines betrogenen Ehemanns, worauf ihm eine Ehe­ frau daö Wort von rückwärts buchstabierte: Eselhafte Be­ merkung eines impertinenten Lümmels! Als Kinder lasen wir das Monogramm Christi UjiS von vorn und von hinten so: Juden heißen Spitzbuben. Sie haben Jesus -f. Oft benützt auch der Volkswitz das Akrostichon, um große und „große" Männer zu kennzeichnen. Besonders Napoleon akrostichelte man nach Kräften. Bei einer „befohlenen" Geburtstagsfeier Napoleons hing ein Hausbesitzer in Wien ein Transparent heraus mit der Inschrift: Zur Weihe An Napoleons Geburtstag. Die roten Anfangsbuchstaben ergaben das Wort: ZWANG. 1812 deutete man die Buchstaben des Namens NAPO­ LEON- folgendermaßen: Nach Alexanders Politischen Operationen Liegt Er Ohnmächtig Nieder. Und die vier N auf den Säbeln und dem Sattelzeug seiner Soldaten mit: Nur Nicht Nach Norden. Nachdem er von Elba entwischt war, empfahl man als neuen Verbannungöort St. Helena mit dem Akrostichon: Hier Entwischte Listigerweise Endlich Napoleon Auch. STeuert Hin! Er Läuft Euch Nach Amerika. Auch BiömarckS Namen las man von vorn und hinten: Bedeutend Ist Seine Macht Als Reichs-Kanzler, Kein Reich Arbeitet Mit Solchem Intelligenten Beamten. Kurz und gut ist das Akrostichon auf SEDAN: So Endete Das Abenteuer Napoleons.

Chiasmus Schreiben wir in dem Satz Einer für alle Alle für einen die beiden Hälften untereinander und verbinden wir die sich entsprechenden Wörter mit einem Strich, so entsteht die Form des griechischen Buchstaben x (Chi). Man nennt deshalb diese kreuzweise Umstellung von Buchstaben, Silben, Wörtern oder auch ganzen Sätzen einen Chias­ mus. Schifahrer können dabei auch an gekreuzte Schier denken, was dann allerdings ein Schiasmus wäre. In älteren Büchern findet man dafür die Bezeichnung „witzlicher Kehrum". Der Chiasmus enthält gewöhnlich auch eine scharfe Gegenüberstellung der Begriffe, weshalb man ihn einen „gesteigerten Grad der Antithese" genannt hat. Diese antithetische Kreuzstellung wirkte sich einmal kurz vor dem Weltkrieg förmlich als Volksseuche aus. Harm­ lose Zeitgenossen sahen sich plötzlich überfallen mit der Frage: „Kennen Sie übrigens den Unterschied zwischen ...? Dann gingö los: Zar und Handwerksbursch — Ko­ saken und Ka Socken, Kranker und Mörder — Heilserum und Seil herum, General und Trompeter — Tut Taten

und tat tuten. Auch zwischen einem Zeichenlehrer und einem Leichenzehrer ist ein Unterschied und es ist nicht gleich, ob einer Bandnudeln verschluckt oder einen Bund Nadeln, ob eine Fackelbeleuchtung stattfindet oder eine Lackelbefeuchtung und ob wir aus der Rolle fallen oder aus der Falle rollen. Einer liest am Sockel eines Doppel­ denkmals „Gluck und Händel" und denkt: Das muß doch heißen „Glück und Handel" und unter Kleist und Stifter kann er sich nichts vorstellen, wohl aber unter Stift und Kleister. Den warmen Händedruck, die Schattenrisse und die Lackkappen können wir nur schamhaft andeuten. War man dann glücklich dem Kreuzfeuer der Kreuz­ stellungswitzler entronnen, geriet man in die Fangarme eines Schüttelreimspezialisten, der ebenfalls mit dem Mittel der wechselweisen Buchstabenvertauschung arbeitet. Nichts war davor sicher geschüttelt und gereimt zu werden. Die Boxer in der iNeisterklasse Die hauen sich zur Kleistermasse. Steil hebt sich hinterm Wiesenrand Die schneebedeckte Riesenwand. Umweht vom lauen Rasenwind Grast stillvergnügt das Wasenrind. Aber schon bin ich ja selbst von der Schüttelreimeritiö angesteckt und vom Schüttelreimfrost befallen. Drum Schluß jetzt mit aller witzlichen Kehr, Sonst setzt sich der Leser zur kitzlichen Wehr.

Entsprechend dem Buchstabenchiasmus gibt es auch.die kreuzweise Stellung von Satzteilen und ganzen Sätzen. Im Reichstag fragte einmal einer: Ist Gott Geisteözentrum oder Jentrumsgeist? Das ist Wort Umkehr. Satz umkehr haben wir in: Wer ein Denkmal braucht, verdient keins. Wer ein Denkmal verdient, braucht keins. Und in der schönen Grabschrift auf ein Kind der Liebe, welches von seiner Mutter aus falschem Ehrbegriff er­ mordet wurde: Jum Trotz der Ehre gab die Liebe mir das Leben, Jum Trotz der Liebe gab die Ehre mir den Tod! Es liegt oft an der Hauszucht, daß einer später ins Zuchthaus kommt. Der Wirt sagt zum feinen Kunden: „Tun Sie, waö Sie nicht lassen können" und zum armen „Kunden": „Lassen Sie, was Sie nicht tun können." Hier lehrt einer vor leeren Schädeln Schädellehre, ein anderer schleicht ums traute Heim, weil er sich nicht heimttaut und ein dritter pfeift auf die totsichere Erbschaft, solange die Tante nicht sicher tot ist. Da hat einer in der Ehe nicht das gefunden, was er gesucht hat, während sein Leidens­ gefährte nicht das gesucht hat, was er gefunden hat; denn nicht aus jeder alten Liebe wird eine liebe Alte. Überhaupt liegt manchem an der goldenen Liebe weniger als am lieben Gold. Wie oft mußten wir im Leben schon die Er­ fahrung machen, daß eö zuerst aufs Warten pressierte

und dann wartete man aufs Pressieren. Man hat's halt nicht leicht, aber leicht hat's einen! Schach ist für den Verstand zu viel Spiel und als Spiel erfordert es zu viel Verstand. Wie unterscheiden sich die außerordentlichen Profes­ soren von den ordentlichen? Ein ordentlicher Professor weiß nichts Außerordentliches und ein außerordentlicher weiß nichts Ordentliches. Ein Schauspieler rief in der Aufregung statt: „Mit diesem Dolche errett' ich dich!" — „Mt diesem Rettich erdolch ich dich!" Überhaupt das Versprechen! Wie viele Gräber sind nicht schon am Kranze niedergelegt worden, womöglich noch mit einem herzzerbrechenden: „Schlammre sunft!" Da bleibt nichts anderes übrig, als entweder lächelnd zu schweigen oder schweigend zu lächeln. Es gibt aber auch emste klassische „Kehrums". So behauptet Calderon: „Wie in jedem Weib ein Teufel steckt, so steckt in jedem Teufel ein Weib." Von Lessing kennen wir die boshafte Buchkritik: „ES ist viel Gutes und viel Neues in diesem Buch. Aber das Gute ich nicht neu und Neue ist nicht gut." Fechner unterscheidet: Die Natur­ forscher, der nichts glauben, als was sie sehen, und Philo­ sophen, die nichts sehen, als was sie glauben. „Natur ist alles, alles ist Natur" sagt Goethe und Haeckel meint: „Alle wahre Naturwissenschaft ist Philosophie und alle wahre Philosophie ist Naturwissenschaft. Alle wahre Wissenschaft aber ist Naturphilosophie."

Letterwechsel und Rücklings „Bitte, wie heißen Sie?" „Elisabeth!" „Schön. Und jetzt schreiben wir Ihren werten Namen auf einen Streifen Papier, schneiden die einzelnen Buchstaben ab und wechseln die Lettern so lange, bis ein neues Wort entsteht. Also: Elisabeth — ah Liebste — hast Liebe — Ehe stabil — Eselhabit — liebt Hase — sah, liebte----------- Behalt sie! Hör auf, hör auf! DaS gibt ja einen ganzen Eheroman, und zwar in Form eines Anagramms. Denn so heißt man eS, wenn man ein Wort in seine einzelnen Buchstaben zerlegt und daraus — Hokuspokus — ein neues Wort hervorzaubert. Diesen Verwandlungökünstler auf der Kleinkunstbühne der Sprache nannte man früher auf gut Deutsch „Letterwechsel". Eine ganze Reihe von angenehmen Dingen steckt in dem Wort „Ferien". Nämlich: Freien, Feiem, Reifen und eifern. Im Anger steckt nagen, Game, Range, argen und ragen. Die Insel enthält Linse, Silen und senil. Wir können aber auch Sätze bilden, wenn uns die bloße Aufzählung zu langweilig wird.

Am Abend geht die Bande zum baden Leise dreht Elise Seile Der Neger steht nicht gerne im Regen Wir entdecken latente Talente In der Lagune plantscht der Leguan Der Koran brachte einen Orkan über die Völker Mit den Augen sehen wir Genua genau. Die Lieb' in unserm Leib heißt Übel mancherlei, Bald ist sie wie ein Beil, bald ganz erstarrtes Blei/ Besonders witzig sind die Anagramme, bei denen das zweite Wort das erste erklärt, ergänzt, begründet oder widerlegt. Den Zusammenhang darf der Leser selbst auf­ suchen. Meister — Strieme Diener — Neider Eros — Rose Heer — Ehre Tugend — gut End Erbgut — Betrug Reichtum — reut mich Frauen — Raufen

Rechenkunst — unser Knecht Mahlzeit — zahle mit gülden — lügend Heidelberg — Geld herbei Wien — Wein Stettin — ist nett Bielefeld — lebe fidel Temeswar — es wärmet

„Ereinigtes Römisch-Teutsches Reich" enthält die Weis­ sagung: „So es treu einig, schirmet es sich recht." Manchmal möchte man es kaum glauben, daß die verschiedenartigsten Wörter doch aus denselben Buch­ staben bestehen. Wer vermutet z. B. in Abessinien —

ein Bissen, in Tierleben — Leibrente, in Ingenieur — nur einige und im Theodor den Herodot? Ein verblüffender anagrammatischer Scherz stand ein­ mal in der Münchner „Jugend".

An Gabriele Ob ich in Riga lebe. Ob ich an der Elbe agir', Ob ich mich in Bari lege Und die Lira gebe dafür; Ob ich dem Ali gerbe Das Fell in Balgerei: Vor Labegier ich sterbe — Gott steh' meinem Lager bei! Ob der Rabe geil meiner lauert. Ob das arge Blei mich bedroht. Ob der gare Leib mir erschauett Vor dem Ragebeil, vor dem Tod: Zu Dir nur mich arg beeil' ich, Iög' gerne den Riegel ab — Beilager, Gabriele! Und ging's in'S Eilegrab! (Erzfragbündl)

Gewöhnlich finden wir die Anagramme in Rätselform eingekleidet. Jedermann nachtS Ruhe will. Nur das Mischwort steht nicht still. (Taschenuhr.)*) Wenn Irma einen Aal verspeist, DaS Fieber in den Adern kreist. (Malaria.)*) Das kluge Haustier schüttelt sich Und ward zum Blatt Papier. Und noch einmal! Da staunte ich: Als Insel lag'ö vor mir. (Kater, Karte, Kreta.) Einst genoß ich hohe Götterehre, Erd und Himmel waren mein. Aber, wenn ich umgekehrt nicht wäre. Würd' ein Weltteil weniger sein. (Ieuö, Suez) Dieses Rätsel enthält schon eine Sonberform des Ana­ gramms, nämlich ein Wort, das von hinten gelesen auch einen Sinn gibt. Sie serviert Eis, in Siam wächst Mais, hinter dem Gitter liegt ein Rettig, daö Leben ist oft nur ein Nebel und das erste Weib war Madam Adam. Die Pfälzer drehen daö Lexikon einfach um und sagen „Nokixel" (Nachguckbuch). *) Aus neueren Zeitschriften. Vielleicht melden sich die Verfasser. Überhaupt sind Zuschriften, besonders solche mit neuen Beiträgen er­ wünscht.

Am kuriosesten sind aber dann doch die Wörter, die von vom und von hinten gleich lauten. Wir kennen ja alle den Schopenhauerschen, schon etwas abgegriffenen „Relief­ pfeiler". Weitere solche Palindrome oder „Rücklings", wie man früher sagte, sind folgende: Iierreiz, Marktkram, Tonnennot, Reittier und Lagerregal. Ja es gibt sogar ganze Sätze, die man gleichlautend von vom und von hinten lesen kann. Der Sinn ist allerdings auch damach: Ein Wort so nieder, Otto, rede in Ostrow nie Liese, tu Gutes, eil! Bei Leid lieh stets Heil die Lieb Die liebe Tote! Beileid! Jda war im Atlas, Abdul lud Basalt am Jrawadu Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie. Renate bittet Tibetaner. Leg in eine so helle Hose nie'n Igel. Ei stets in Lebensnebel nistet sie. Ein teuer Reittier reuet nie. Bei Liese sei lieb!

Verrückte Satzzeichen Nichts in der Welt ist unbedeutend. Wer'ö nicht glauben will, der höre jetzt mit Schaudern, was z. B. nur ein ein­ ziges Satzzeichen, so ein Pünktchen und mickriges Strichel­ chen alles anstellen kann, wenn es einmal seine gute gram­ matische Erziehung vergißt. Ein lausiges Komma entscheidet eigenmächtig über Leben und Tod: Hinrichten, nicht begnadigen! Hinrichten nicht, begnadigen! Es schreckt nicht zurück vor Majestätöbeleidigungen: Kaunitz ist ein Esel. Joseph der Zweite. Kaunitz ist ein Esel, Joseph der zweite. Es benimmt sich ungebührlich vor Gericht: „Haben Sie noch was zu erwidern?" „Nichts, würdiger Herr Staatsanwalt!" „Nichtöwürdiger Herr Staatsanwalt!" Es treibt mit den heiligsten Gefühlen Spott: Zur Arbeit, nicht zum Müßiggang, sind wir, o Gott, auf Erden. Zur Arbeit nicht, zum Müßiggang sind wir, o Gott, auf Erden.

Wehe, wenn die Kommas losgelassen! Dann verhunzen sie den schönsten Zeitungsroman: Der Direktor trat ein auf dem Kopf, einen Hut an den Füßen, bestaubte Schuhe auf den Brauen, eine Wolke in der Hand, seinen Regenschirm in den Augen, einen drohen­ den Blick ohne Worte ... Ein frecher Punkt veräppelt unsere Klassiker und Sprich­ wörter: Nehmet Holz vom Fichtenstamme Doch recht trocken. Laßt es sein! DaS Leben ist der Güter höchstes. Nicht? Weg die Fesseln deines Geistes. Hab ich einen Hauch verspürt? Was man in der Jugend wünscht, hat man im Alter: die Fülle! Ein fehlender Punkt verulkt Behörden und ehrsame Standeöpersonen: Es kratzt und beißt die Verwaltung des Tierparks. Gott segne das liebe Vieh Pfarrer Blasius Vogel. Ein Komma stellt unverschämte Ansprüche an unsere Körperbeschaffenheit: Mein Freund kannst du nicht länger sein. Mein Freund, kannst du nicht länger sein?

Es mutet uns sogar zwanzig Finger zu: ES schrieb ein Mann an eine Wand: Zehn Finger hab ich an jeder Hand, Fünf und zwanzig an Händen und Füßen. Wer'ö lesen will, wird Zeichen setzen müssen. (Zehn Finger hab ich, an jeder Hand Fünf, und zwanzig an Händen und Füßen.) Ein kleines Komma kann das edelste Gesicht entstellen: Sie hat den schönsten Mund weit und breit. Sie hat den schönsten Mund, weit und breit. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob wir lesen: „Er will sie nicht" oder „er will, sie nicht". Einer wollte ein Bittgesuch mit den Worten beginnen: „Da ich Vieh-Arzt werden möchte", vergaß aber den Bindestrich und schrieb: „Da ich Vieh Arzt werden möchte." Bei der Visitation in einer Dorfschule ärgert sich der Schulrat über den Lehrer, weil er den Kindern die Zeichen­ setzung nicht richtig beigebracht habe. Wütend schreibt er alö Beispiel an die Tafel: „Der Schulrat sagt, der Lehrer ist ein Esel." Gelassen fährt der Lehrer fort: „Ihr seht an diesem Satz, wie wichtig die Komma sind. Wenn ich sie anders setze, bekommen wir gleich einen ganz anderen Sinn: „Der Schulrat, sagt der Lehrer, ist ein Esel." Zum Glück aber haben unsere Satzzeichen auch noch eine liebenswürdige Seite. So leimen und reimen sie

folgende Gedichte zusammen (wenn man sie nämlich mitliest): Zum Krösus kam der Solon Und sprach mit Würde: Nicht Schätze machen, König, dich Zum Glücklichen — Willst du das wahre Glück erreichen Durch Erdengröße? Er: Selbst in der allerweitsten Feme Seh ich noch Deine Augen * * * Vor allem hast Du nicht. Du Süße Die mir verhaßten „ " O duld es, daß ich statt zu jammem Mich darf an Deine Seele () Sie: Wer so wie Du mit Worten prunkt, Heiratet nicht. In diesem Seid, o ich bin erfahrungsreich, Ihr Männer Euch einander = Auf Deinen Seufzer geb ich, wenn ich Soll ehrlich sprechen, keinen H ,ber mit dem Ehering, Das ist dann gleich ein ander Ding. Dann ist geschloffen unser B & Dann bist Du mein Ge x zur Stund, Dann will ich gerne mit Dir ziehn, Wenns sein muß, in die : ien.

Willst du ewig von mir weichen, teure Minka? Nimmermehr — nimmermehr verlaß ich dich. Willst du ewig von mir weichen. Teure Minka, Fragezeichen. Nimmermehr, Gedankenstrich, Nimmermehr verlaß ich dich. > -\----- O I S Was heißt das? Hin und her Kreuz und quer Rundherum Grad und krumm. Von dieser Hieroglyphenschrift ist nur noch ein Schritt zum fertigen Gemälde. Auch das kann die Interpunktion, was wir alle noch aus unserer Kindheit wissen: Punkt, Punkt, Komma, Strich — Und fertig ist das Angesicht.

Betonfabrik Der Ton macht die Musik, und zwar, wie du weißt, nicht nur beim Singen und Musizieren, sondern auch beim Sprechen. Modern ist so ziemlich das Gegenteil von modern, eine Legende ist etwas anderes als eine Legende, eine Tauende ist kein Tauende und Versende hat mit versende wenig zu tun. Es ist ein Unterschied, ob wir einen Acker umpflügen, oder umpflügen, eine Weiche umstellen oder um­ stellen, dagegen kann ein Erblasser bald zu einem Er­ blasser werden. Betonen wir: Er ist heute so und mor­ gen so", dann ist es ein stabiler Charakter, sagen wir aber: „Er ist heute so und morgen so", dann ist's ein wankel­ mütiger Waschlappen. Meine Heimatstadt ist ein liebes Nest, ob sie auch ein Liebesnest ist, konnte ich noch nicht feststellen. Aberglaube und Aberwitz ist verwerflich; aber Glaube, aber Witz ist erwünscht und das schönste Gebet ist: Gebet am Morgen, gebet am Mittag und gebet am Abend! Manchem wäre Einnahme lieber alö ein Name. Die Sache mit dem Urinstinkt wollen wir nur andeuten. Je nach der Satzmelodie kann der Satz „was wir wol­ len" einen dreifachen, „eö geht an unser Leben" und

„kannst du mit mir gehen"/ sogar einen fünffachen Sinn bekommen. Wie viel Unheil ist doch schon in der Welt entstanden, nur weil man den Satz „Freiheit, die ich meine" je nach Betonung von „ich" und „meine", ach, so verschieden auffaßte. Als respektlose Buben verhunzten wir das schöne Ge­ dicht von Platen durch folgende Betonung: Nächtlich am Busento lispeln bei Cosenza dumpfe LiederWelche Kinder haben ihren Vater taufen sehen? Die Pfarrerökinder! Auch unsere Klassiker haben sich alö solche Worttonsetzer versucht. Zwischen Akten, dunklen Wänden Bannt mich Freiheitsbegehrenden Nun des Lebens strenge Pflicht, Und aus Schränken, Aktenschichten Lachen mir die beleidigten Musen in das Angesicht. Eichendorff. In Weimar und in Jena macht man Hexameter wie der. Doch die Pentameter sind doch noch exzellenter. Daö führt uns jetzt hinüber zum reinen Ulk und Unfug. Bitte lesen Sie einmal: Oberländer Unterländer Hinsterbender Enterbender Benebelter.

Schon hereingefallen! Oder: O, mein Jammer der ist groß! Er ist wirklich erdenkloö. Dann gibt es noch den netten Kinderreim: Als ich saß am Schiebfensterchen Zupft mich was am Hemdärmel. Ei es war ein Gespensterchen Meiner Mutter Urenkel. Lesen Sie mal rasch: Terpentin, Strychnin, Mixerin. Ätsch! Schon hereingefallen. Es heißt Mixerin, Bar­ mixerin nämlich. Was bedeutet „Salonal Bumserie"? Richtig betont und zusammengeschrieben nichts anderes als: Salonalbumserie! Und endlich die unsterblichen „Blumentopferde". Zum Schluß Pointe.

vier Geschichtchen

mit

lautmalender

Ein Branntweinsäufer wollte sich das Trinken abge­ wöhnen. Als morgens die Domglocken riefen: „Pome­ ranzen, Pomeranzen" — blieb er standhaft. Auch als eö mittags vom Rathausturm erklang: „Kümmel, Kümmel, Kümmel" machte eS ihm nichts aus. Aber sobald es abends vom Spittelturm gar lieblich bimmelte: „Anisette, Anifette, Anisette, Anisette", war's aus mit dem guten Vor-

satz und manch Gläschen Aniöschnaps rann durch die dur­ stige Kehle. Woran kennt man evangelische und katholische Kirchen­ glocken auseinander? Die evangelischen machen: Luther — Luther — Luther, die katholischen jedoch: Papst — Papst — Papst. Aufwärts keucht das Zügle: „Es geht so schwer, es geht so schwer." Abwärts aber ruft es vergnügt: „Geht scho wieder, geht scho wieder, geht scho wieder!" Ein Rübendieb fährt langsam mit dem Schubkarren auf den Rübenacker. Das rostige Rad warnt in einem fort: „Wann'ö gut geht, wann'ö gut geht, wann's gut geht ■-------." Aufgeladen, heimgefahren. Da taucht der Feld­ schütz hinter ihm auf und der Dieb rennt davon. Jetzt aber kreischt das Schubkarrenrad triumphierend: „Gell, i hab'S gleich gsagt! Gell, i hab'S gleich gsagt!"

4i

Witzworte Kennen Sie den Unterschied zwischen Witzwort und Wortwitz? Nicht? Dann mal herhören. Die zwei werden nämlich häufig verwechselt und doch bedeuten sie etwas ganz Verschiedenes. Die Kellnerin hat ein einnehmendes Wesen. Streich­ hölzer, die nicht brennen, sind Streikhölzer. Was haben wir da? Im ersten Satz ein Witzwort, im zweiten einen Wortwitz. Witzwörter sind solche Wörter, die gleich ge­ schrieben werden oder gleich lauten, aber verschiedene Be­ deutung haben, Wortwitze sind solche Worte, die leicht verändert, einen witzigen Nebensinn erhalten. Verstanden? Nicht, also noch ein paar Beispiele: Wenn einer sagt: „meine teure Gattin" und da­ mit andeuten will, daß ihm die Gattin viel kostet, so ist „teuer" ein Witzwort, wenn einer dagegen seine Frau seine „bösere" Hälfte nennt, statt „bessere", so ist eS ein Wortwitz. Im ersten Beispiel dasselbe Wort in verschiedener Be­ deutung — ein Witzwort, im zweiten Beispiel eine leichte Veränderung deS Wortes — ein Wortwitz. Beides gehört zu den Wortspielen.

Bleiben wir zunächst bei den Witzwörtern, und zwar bei solchen, die völlig gleich geschrieben werden. Was kann z. B. doch Stift, Strauß, Bogen, Fuchs, Stock, Welle alles bedeuten! Richtig ulkig wird die Sache aber erst, wenn wir die gleichgeschriebenen, jedoch doppelsinnigen und mehrdeutbaren Wörter in einen bestimmten, unerwar­ teten, oft paradoxen Zusammenhang bringen. Einer be­ kommt Zuchthaus, weil er ein Bankhaus eröffnet hat, ein anderer muß sitzen, weil er gestanden hat. Ein dritter stürzt auf dem Bahnhof vom Stellwerk ohne Schaden zu nehmen. Er war nämlich auf eine „Weiche" ge­ fallen. Und da veranstaltet einer gar im Zugsabteil eine wüste Schlägerei, weil er ja ein „Zuschlagebillet" gelöst habe. Recht spaßig sind auch folgende Witzworte als Begriffs­ bestimmungen. Mülleimer sind Staubgefäße, eine Perücke ist eine falsche Behauptung und eine Krinoline eine reif­ liche Überlegung, der Zahlmeister ist ein Scheinwerfer, der Schutzmann ein Abführmittel, der Sträfling dagegen ein einzelliges Lebewesen und ein Maßkrug nichts anderes als ein Stein des Anstoßes. Wenn ich eine Zittone zerdrücke, so ist daS eine Erpressung und wenn mich, den Studien­ professor, ein Floh sticht, so ist dies eine Beamtenbe­ stechung. Mit einiger Bosheit kann man auch in der schlichten Grabinschrift: Ruhe sanft, bis wir uns wiedersehen! eine witzwörtliche Nebenbedeutung finden.

Überhaupt der Neben- und Doppelsinn! Da kann sich das Witzwort so richtig austoben. Bei einer Volkszählung füllte einer den Bogen folgen­ dermaßen aus: Name: Meier Beruf: Schneider Alter: Auch Schneider Nebengeschäft: Schlosser Haustiere: Grün. Der gute Mann hatte unter „Alter" seinen Vater, unter „Nebengeschäft" das Geschäft nebenan und unter „Haus­ tiere" HauStüre verstanden. Der Verhaftete trug einen Hut, in dem der Hutmacher stand. DaS Publikum wird gebeten unser sehr beschränktes Personal so wenig wie möglich in Anspruch zu nehmen. Nach Entleerung der Passagiere setzte der Zug seine Fahrt fort. Wo jetzt verlassene Trümmer lagen, da standen einst stolze Ritterfräulein und warteten auf ihre ausgezogenen Ritter. Meine Salbe ist so gut, daß man mit nichts besser be­ streicht. Wegen Aufgabe des Geschäfts ist ein Kinderwagen billig zu verkaufen.

Doch Schluß mit dieser Aufzählung, die wir end­ los fortsetzen könnten, damit unsere erschöpfenden Darlegungen keine „erschöpfenden" Darlegungen werden möchten. Soviel also über die Witzwörter, die völlig gleich ge­ schrieben werden. Der Grieche nennt sie Homonyme, der Lateiner aequivocatio und ,der -Franzose iquivoqm. Eine deutsche Bezeichnung dafür fehlt. Außerdem gibt eö aber auch noch Witzwörter, die zwar in der Schreibweise voneinander abweichen, aber gespro­ chen doch gleichlauten. Wir kennen sie alle unter dem Namen „Kalauer". Da schleicht ein ganz Schlauer auf den Zehenspitzen im Bahnhof herum, weil überall angeschrieben steht: „Achtung! Geleise!" (Geh leise). Im Zoo zupft er dem ausgestellten Vogel am Schwanz; denn auf dem Schildchen steht ja „Fasan" (faß an!) und im Kaffeehaus sitzt er stundenlang vor seinem Tee; denn der gute Mann war ja ein Tegemseer (Tee gern Seher!). „Ich bin zweifacher Villenbesitzer", meint einer, „ich habe einen guten und einen bösen Willen." „Gelt wir sind Kriegskameraden", sagt ein anderer, „ich krieg von dir nämlich noch die geliehenen io Mark." Und wie ging es dem Professor in Rosenheim? Er be­ gann einen psychologischen Vortrag mit den Worten: „Meine Herrn, der Instinkt...." Da warfen ihn die Rosenheimer zum Saal hinaus, weil sie der Meinung waren, daß ihr Inn nicht stinkt.

Eine dritte Art von Witzworten entsteht durch Tren­ nung von Wörtern: Ich fahre Heuer nicht ans Mittelmeer; denn ich habe keine Mittel mehr. Hast du dein Geldlos, bist du dein Geld los. Am Rande eines Saatfeldes ist die Warnung ange­ bracht: Hier geht Saat an (Satan)! Zum Schluß haben wir auf der Nebenseite den Versuch gemacht, Witzwortkalauer auch einmal im Bilde darzu­ stellen. Die Lösungen schicken wir zur Vorsicht lieber gleich voraus. Im übrigen wird der Verfasser dem Schutze des Publikums empfohlen.

Bilderkalauer Lösungen: Erinnere dich (R in Rettich). ES ist etwas Eigenartiges um die Liebe. Zwei überspannte Gelehrte (Geleerte). Gansjung mit Knödel. Treue Untertanen (drei e unter Tannen). Wilhelm Tell (Wil Helmtel). Ein Urteil (Uhr-Teil) durch den Staats­ anwalt. Keine Rose ohne Domen. Der Kleine und der Große Belt. Punkt zwei sei (Säu) unterm Fenster.

47

Abarten und Unarten der Witzwortspiele „Volk ohne Witz, Volk ohne Grütz." Wenn dieser Satz wahr ist, dann sind wir ganz gewiß kein unbegabtes Volk. Sind doch schon allein die Wortspiele und Witze, die auf „Witzworten" beruhen, in ihrer Fülle unübersehbar. Und auch die Mannigfaltigkeit der Einkleidung setzt uns in Erstaunen. Das sind z. B. die sogenannten Scherzfragen. Wer hat die meisten Tanten? Die Geometer, sie haben alle sechs Tanten (Sextanten). Welches ist das kleinste Madel? DaS Millimadel (Milchmädchen). Welches Tier kommt in Deutschland nicht vor? Mein Dackel unterm Sofa, wenn ich ihn rufe. Was ist ein elfenbeinerner Tisch? Ein Tisch mit elf Beinen. Was ist eine Mißgeburt? Wenn eine Eng­ länderin ein Kind bekommt. Warum sind eigentlich Leim­ ringe an den Kiefern? Damit man Ober- und Unterkiefer unterscheiden kann. Und wie heißt das Reh mit dem Vor­ namen? Kartoffelpü—Ree. Dann die geographischen Scherzfragen. Welches ist das wärmste Land? Ungarn, eö hat Ofen. Welches ist die bis­ sigste Stadt? Hannover, eö liegt an der Leine. Und in wel­ cher Stadt gibt eö die meisten Fußkranken? In London, da geht jeder auf englischem Pflaster. Die genügsamste Stadt ist Jöny (iß nie), die stillste Stadt ist Paris. Da

steht an jeder Straße Rue und die traurigste ist Warschau. Vorne Weh, hinten Au und in der Mitte ...? Auch die Chemie beteiligt sich an dem Unfug. Wünschen Sie z. B. gleich tausend Gulden? Auch dafür weiß ich ein Rezept. Man leitet über Tausendgüldenkraut Sauerstoff. Das Kraut verbindet sich mit dem Sauerstoff zum Sauer­ kraut und die tausend Gulden hat man. Selbst vor der Heiligen Schrift kennt der Wortwitz keinen Respekt. Der erste Zar war der Nebukadnezar, Adam fror es im Paradiese nicht, weil ihm Gott gleich sein Everl (Oferl) erschaffen hat, und die Posaunen von Jericho bliesen selbstverständlich in D-moll, denn sie demolierten ja die Mauern. Was wäre geschehen, wenn Gott zuerst die Eva erschaffen hätte? Dann hätte sich ver­ mutlich Adam selbst aus dem Staube gemacht. Recht lustig sind die Orts- und Stammeöneckereien mit Witzworten. Die Kaiserslauterer versichern, in Speyer be­ steht das Bier aus rein Wasser (Rheinwasser) und die Speyerer behaupten, in Kaiserslautern sei das Bier lauter Wasser (nach dem Flüßchen Lauter). Auch in der Geschäftösprache kann man, wenn man bos­ haft sein will, allerlei Witzwörter finden/Der eine reist in Schrankkoffern, der andere macht in Babyausstattungen und der dritte wirft sich gar auf Stacheldraht. Oft werden Witzworte auch zerlegt und der Scherz ent­ steht dann durch die Gegenüberstellung der beiden Hälften mit „mehr — als" oder ähnlichem. Der eine meint: „Sie Weis, Sprachsplelereien.

4

49

ist eine kreuzbrave Frau. Der andere aber kennt sich aus und antwortet: „Ja, aber mehr Kreuz als brav." Der hat Maul- und Klauenseuche, tags mault er und nachts klaut er, behauptet ein bekanntes derbeö Scherzwort. Dann gibt eö noch die Gruppe von Witzwortspielen, die darauf beruhen, daß in manchen Wörtern andere Wörter oder Sätze eingekapselt sind. So steckt in dem Wort Idea­ lismus der verwerfliche Satz: Ideal iS Mus. In Mitt­ wochsgesellschaft haben wir gleich einen ganzen Viehstall beisammen: OchS — Esel — Schaf. Im Wort Theresia verbergen sich sogar vier Wörter, nämlich Te—Re—si—a. Das gibt zusammen den hübschen pfälzischen Heiratövorschlag: Schorsch, wenn d'heiratscht, Dann Heirat e Fraa Mit'm Name Theresia, Dann hoscht morgens Tee, Mittags Reh Owendö ............. sie a. Wer kann einen Satz bilden. Ln dem das Wort „Finanzlandeödirektion" vorkommt? Sehr einfach: Iiagt's den Delphin ans Land, dös Tier regt si ohnehin nimma. Ein anderes Mittel, um an sich ganz vernünftige Wörter total verrückt zu machen, ist das Zusammenschreiben. Da­ durch bekommen wir z. B. das komische Kauderwelsch: Mausmehlaß, Rehkleeaß, Kuhkleefanddensieaß oder das ans Altgriechische anklingende

5o

Mähnäbte Heu? Äbtemähnnie Heu. Wennäbtemähn, mähnäbtegras, ferner den geheimnisvollen Alasikolastermann (Aal aß sie. Kohl aß der Mann) und die seltsame Kurantebisistl (die Kuh rannte, bis sie fiel). Oder wir machen den Hörer, Leser und Schreiber mit großen und kleinen Buchstaben unsicher: Führe den Alten dichter (alten Dichter) in den Wald. Der verfolgte Floh — der Verfolgte floh. Von einem Bierbrauer kann seine Braut behaupten: Er ist Bräutigam und Braut (braut) zugleich. Auch das Reich der Zahlen liefert uns Witzwortspiele. Ihr sollt stets i sein Ihr sollt euch nie ent 2 en Ihr sollt euch stets 3 bleiben Und Euch immer gut 4 ren Ihr sollt auch mal 5 grade sein lassen Und eure 6 er zusammenhalten Ihr sollt eure 7 Sachen In 8 nehmen. Ihr sollt nicht immer 9 sagen Und euch nie die ioe zeigen. „Seid Ihr eins in der Ehe?" „Nein, wir sind 10, sie ist eins und ich bin Null!" Dann gibt eS noch die närrischen Wortkreuzungen wie Humoreskimo, Askulappalien, Marabusen, Klamotten-

kugeln, Kakaduselei, Ahornvieh, Senilpferd, Heroleander und viele andere. Ferner die „Bandasselwörter" wie Rokokokokotte und Hörnervenende. Außerdem Bindestrichjuxe wie Kind- und Kegelbahn, Da- und Dortmund, Knall- und Fallschirm oder Tren­ nungskünsteleien wie Wach-ttaum und Wacht-raum, Leck­ türe, Vers-, Adels- und Handels-Tand, wach Holder! (Wacholder), Geh heim Rat (Geheimrat), Kann Arien­ vogel (Kanarienvogel), Ganz leise kräht der Hahn (Kanzlei­ sekretär Hahn). Sodann kennen wir noch Steigerungsscherze wie Kommis, Komiker, Kaminkehrer, Sport, Sportler, Sportlerehrung, Großmut, Großmutter, Löwe (ist am großmütigsten) und Beugungsulk wie den Morgensternschen Werwolf, Weswolf... und Maggi Suppenwürze, Magst du Suppen­ würze, Mag er Suppenwürze, ferner das Lied vom Kakadu: O du alter Kakadu! Stets gedenk ich Kakadeiner, Ich mißttaue Kakadir, Und verwünsche Kakadich. Auch das Wort „Vorzimmer" könnte man konjugieren. Aber, bitte, lieber nicht, sonst kommt mein Verleger in Verlegenheit.

Nehmen wir dazu endlich noch die Ameise und die Bemeise, den Dobermann und die Doberfrau, dann den Jeusfeldstecher, die Bachkantine und daS Xenophonsolo, dann den unvermeidlichen gedörrten Iwetschgenhändler samt der reitenden Artilleriekaserne, der lackierten Blech­ fabrik, der unverheirateten Beamtenwohnung, dem höl­ zernen Instrumentenmacher, dem ausgestopften Tier­ händler und den aufgehobenen Klosterfrauen, dann haben wir den ganzen blühenden Blödsinn beieinander, der uns, gestehen wir es ruhig, doch immer wieder Spaß macht. Auch unsere Poeten lassen sich natürlich so was nicht ent­ gehen, und ich will deshalb diesen Abschnitt über die Witz­ worte schließen mit dem tiefempfundenen StammbuchverS In meinem Zimmer rußt der Ofen, In meinem Herzen ruhst nur du.

Wortwitze Während also Witzworte gleich geschrieben oder wenig­ stens gleich gesprochen werden, erfährt beim Wortwitz das Vergleichswort eine kleine Änderung. Der Vorstand eines Turnvereins stellt betrübt fest: „Unser Schauturnen auf dem letzten Gauturnen war ein Sauturnen." Daö ist ein Wortwitz. Also beim Witzwort betonte Ähnlichkeit, beim Wortwitz betonte Verschiedenheit. Die Änderung kann auf mannigfaltige Weise geschehen. Dadurch daß wir einen Buchstaben vertauschen oder mehrere ändern, daß wir Buchstaben verdoppeln, hinzufügen, weglassen oder umstellen, daß wir Wörter zusammenschreiben, verkoppeln oder köpfen. Den ersten Fall kennen wir ja alle. Wir haben ihm das nächste Kapitel gewidmet: „Der Druckfehlerteufel." Ändern wir gleich mehrere Buchstaben, so wird das zarteste Liebesgeftüster zum baren Unsinn: Er: „Heut gibt's ein eleusisch wundervoll Mysterium." Sie: „Was flüsterst Du von Läusen auf dem Mist herum?" (Platen) Und die ganze Weltgeschichte- geht aus dem Leim: Als Luther auf dem Scheiterhaufen zu Worms stand, rief er: „Solon, Solon, gibt mir meine Religionen wieder!"

In einer Buchhandlung wurden verlangt: Klopstocks Odem, Herders Kitt, Schillers Braut von Messing, daö Bärenkind von Ibsen, die Petersilie von Kleist, den cheru­ binischen Handelsmann von Angelus Silesius und eine festgebundene Jungfrau von Orleans. In einer Garn­ handlung hingegen wünschte einer einen „Leibfaden für Geschichte". Hierher gehören auch die Volköetymogeleien Brotfresser, ReißmathiaS, Viehsitte, Jnfaulentia, Futterage, Plapper­ ment, Stillentium, Zanktippe und das doppelsohlenkauende Nashorn. Überhaupt die Fremdwörter! Sein Vater war Dämonenrat, die Barriere verdankte er seiner Frau. Er war ein sehr ovaler Herr. Später litt er an clavirium clemenS. & bekam Konfektionen nach dem Kopf, stieß immatrikulierte Laute aus, wollte jeden auf Tonsur fordern und er tremolierte Gläser und Stühle. Da mußte man ihm in der Hypotheke Rhinozerosöl kaufen. Täglich ließ er sich vom Doktor massakrieren und er nahm römisch-ironische Bäder. Nachtö wurden ihm kalte Kom­ tessen aufgelegt. Eine der Trophäen der medicäischen Fata­ lität erneuerte täglich den antisemitischen Verband*). Sie in München vor dem Obelisken: „Welch herrlicher Basilisk!" Er: „Das ist doch eine Odaliske, ein Basilisk ist ja eine frühchristliche Kirche!" Fügen wir dem Vergleichswort einen Buchstaben hinzu, so entsteht auS Scherz Schmerz, aus dem Abendrot das *) Zeitschrift des Deutschen Sprachvereins 1904, Spalte 203.

Abendbrot, aus dem Scheckbrief ein Schreckbrief, aus dem Impfzwang ein Schimpfzwang, auö der Voruntersuchung eine Vornuntersuchung, aus dem Bürokrat eine ganz tüchtige Bürokraft und aus einem Schatzmeister ein Schwatz­ meister. Schlimm ist es, wenn die Beste zur Bestie und die Betschwester zur Bettschwester wird. Man kann auch umgekehrt jeweils einen Buchstaben weglassen, wie es ja auch das Echo tut. Was lieben die Studenten? — Enten. Was hast du von der Lehr? — Ehr. Waö lieben unsere Frauen? — Auen. In dem Saal, in dem die Gesellschaft Harmonie zusammenkam, gab es ein Echo. Da rief mal einer: Harmonie! Und das Echo antwortete: Nie! Sonderbare Effekte erzielt man oft durch einfache Um­ stellung, die Metathesis nebeneinander stehender Buch­ staben. Dann endet das Lied im Leid, die Flauheit wird Faulheit, die Genfer Friedensgaranten entpuppen sich als Friedensgranaten, der Subalternbeamte wird zum Sublaternbeamten und ein weit und breit Beliebter steht vor uns als ein weit und breit Beleibter. Ein unübertrefflicher Meister des Wortspiels war Ul­ rich Megerle, genannt Abraham a Santa Clara. Ihm wollen wir doch an dieser Stelle ein Denkmal setzen. Er, der Gastwirtssohn aus dem schwäbischen Nest Kreenheinstetten, wußte ähnlich wie Luther, daß man „den Leuten aufs Maul schauen" und selbst volkstümlich reden müsse, wenn man auf sie einwirken will. Seine Predigten, die

er in Wien vor hoch und niedrig hielt, strotzen von saf­ tigen Wortspielen und derben Redewendungen: Der liebe Gott ist mit seiner Hilfe nicht immer von Eilenburg, sondern auch zuweilen von Wartenberg; drum sollen wir in unserm Gebet von Anhalt sein. Wenn unS die Vorsehung über Kreuznach, Bitterfeld und Dornburg führt, so dürfen wir nicht verzagen, sondern wir müssen unsern Blick auf Seligenstadt richten, wohin wir aber nicht gelangen, wenn wir unS unterwegs in Weinheim und Spielberg aufhalten oder ungebührlich lange in Frauenstadt und Magdeburg verweilen. Den Nikolaus läßt er einmal die Kindlein also aus­ fragen: Ob sie gerne beten? Den Eltern und den Präzeptoribus gehorsam seien? Ob zum Exempel der Hänserl und der Paul nicht zu faul? Ob der Fränzerl und der Ignazerl kein schlimmes Frazerl? Ob der Michel und der Six vielleicht gelernt nix? Ob die Kätherl gern bei dem Rädert? Ob die Sabindl gern bei der Spindl? Ob die Liftrl und die Thereserl nicht etwa zwei junge Eserl? Besonders den Soldatenhaufen, die damals etwas außer Rand und Band geraten waren, hat unser „moralischer Haudegen" tapfer die Leviten gelesen. Er kannte seine Pappenheimer:

Dermalen gilt argentum mehr als argumentum. Fort mit den Soldaten, die mehr vom Muskateller als von der Muskete halten, die lieber haben das ZechhauS als das Zeughaus, die sich mehr kümmem um Rummel als um die Trummel, mehr um den Tanz als um die Schanz. Ihre Courage besteht im Krug, nicht im Krieg, euch kommt leichter das Saufen an als das Laufen. Wollt ihr ins Himmelreich oder ins Lümmelreich? Inwieweit es Schiller gelungen ist, die Sprechweise unseres Ulrich Megerle in seiner Kapuzinerpredigt in „Wallensteins Lager" nachzugestalten, kann jeder selbst feststellen. Hier nur ein paar Zeilen daraus: Der Rheinstrom ist worden zu einem Peinstrom, Die Klöster sind auögenommene Nester, Die Bistümer sind verwandelt in Wüsttümer Die Abteien und die Stifter Sind nun Raubteien und DiebeSklüfter Und alle die gesegneten deutschen Länder Sind verkehrt worden in Elender —

Der Druckfehlerteufel So klein also ein Buchstabe ist, so groß ist seine Macht. Wir kennen ja alle seine boshafte Majestät als Druck­ fehlerteufel. Der Setzer dieses Aufsatzes wird mir recht geben. Er (der Druckfehlerteufel) macht im Handumdrehen aus Glasscheiben Glasscherben, aus Kümmelkäse Lüm­ melkäse, aus Kinderkrankheiten Rinderkrankheiten, aus einer Punschbowle eine Panschbowle und aus einem Kehlkopf einen Kohlkopf oder gar einen Kahlkopf. Der Kobold im Setzkasten bringt eben die schönste Anordnung in Unordnung. Er stempelt einen urgemütlichen Mann zu einem ungemütlichen Menschen. Er verzaubert im Nu Bauernstuben in Bauemstuten und Lustschlösser in Luft­ schlösser. Er verwandelt Herren in Heroen, Matrosen in Mairosen und ihren Korvettenkapitän gar in einen Korsettenkapitän. Vor Lauten und Lettern hat der Druck­ fehlerteufel keine Spur von Respekt. Er macht unbedenk­ lich aus Festtagen Fasttage, auö einer Legende eine Lügende, aus Tauwetter Lauwetter oder Sauwetter, aus einem Massenartikel einen Kaffenartikel und aus Parteigenossen Karteigenossen. Eine Nistgelegenheit wird eine Mistgelegen­ heit, ein Leuchtturm schrumpft zusammen zum Leucht­ wurm, eine Vorführdame mit Kissen wird zu einer Ver-

führdame mit Küssen und der Schriftsteller wird zum Schriftstehler, der im Entlehnstuhl am Abschreibtisch unter der Stehllampe seine Gedichte zusammenleimt. Besonders auf die Fremdwörter hat es der Druckfehler abgesehen. Hypotheken und Hypothesen, Dekret und Sekret, Fieskoaufführung und Fiaskoaufführung, Volkskodex und Volkspodex, KonfutiuS und Konfusius werden unbedenk­ lich vertauscht. „Klassische" Druckfehler kennen wir drei: In der ersten Ausgabe der Gedichte Ludwig UhlandS war im Geleitwort zu lesen „Leder sind wir, — unser Vater Schickt unö in die offene Welt..." statt „Lieder sind wir". In der nächsten Ausgabe hieß es dann: „Leider sind wir..." Schuberts Lied „Du bist die Ruh" erschien in einem Programm zu seinem ioo. Todes­ tag als „Du bist die Kuh". Und in einer Sammlung Goethescher Gedichte laS man im „König von Thule" mit Erstaunen den Vers „die Augen gingen ihm über, so oft trank er daraus" statt „sooft er trank daraus". — Am verheerendsten wirken die Dreckfehler, Verzeihung Druckfehler, im Zusammenhang deS Satzes: Der Professor trat in Begleitung seiner Frau und Töchter die Fmienreise an.

Was macht der „Evangelische Hund"? Er hetzt in einem: fort gegen den heiligen Kater in Rom! Prima Wieherwürstl zu verkaufen! Die Säugerin sang aus voller Brust. Beachten Sie die Lockstiefel in meinem Schaufenster! Die Treppen des Hotels waren mit eleganten Säufern belegt. Nach seiner Entlassung wurde der Verletzte auf Vorschlag des Arztes an einer anderen Stelle verwundet. Mädchen, das jede Arbeit übelnimmt, sucht Stellung. Dem gestern gemeldeten Jagdresultat ist noch folgendes hinzuzulügen. Als die Schwiegermama ihren Besuch anmeldete, freute sich der Schwiegersohn schon auf das Wiedergehen. Erscheint in Masken! Wir fordern Freßfreiheit!

Spitznamen Wohl jeder, der diese Zeilen liest, hat schon einmal mit dem Namen seines lieben Nächsten Schindluder getrieben und keiner braucht sich darob zu grämen und zu schämen. Gehorcht er doch dabei einem uralten Trieb der mensch­ lichen Natur, der vielleicht bis auf die Zeit zurückgeht, da man dem Namen noch eine magische Kraft zuschrieb. Man wollte durch Verulkung deö Namens auch die Macht des NamenträgerS brechen. Der Name ist Tabu. Ach wie gut, daß niemand weiß. Daß ich Rumpelstilzchen heiß. Wer den Namen entstellt, trifft durch Analogiezauber auch den Benamsten. Es ist ähnlich wie bei der Karikatur. Natür­ lich spielt beim Namenwitz auch die Betätigung deS Spiel­ triebs mit und die Freude am Ulk an sich. Vielleicht endlich auch das allgemeinmenschliche Bedürfnis, einen Sonderfall in bekannte Zusammenhänge einzureihen und den „ Eigen "namen mit seiner aufreizenden Singularität durch den aus einer gewohnten Sphäre genommenen Spitznamen zu ersetzen. Wie dem auch sei, es ist das Schicksal aller Hansen gehänselt zu werden.

Schon immer war der Spottname eine wirksame Waffe im Kampf mit einem unbequemen Gegner. Denn Lächer­ lichkeit tötet. Luther nannten seine Gegner — Luder, Schiller—Schüler, Wilhelm von Humboldt — v. Humbug und Friedrich Schlegel — Schiederich Flegel. Ferner gab e6 Kotzebstbereien, Schlegeleien, in Heidelberg Windel­ banditen und in München sogar einen Thiersch-Utzverein. Goethe ärgerte sich einmal darüber, daß ihm Herder schrieb „Der du von Göttern stammst, von Gothen oder vom Kote..." Über so was darf man sich nicht ärgern. Waö sollten da erst wir Schulmeister sagen. Auf Friedrich August Wolf, den Zerpflückn Homers, zielte das Distichon: Sieben Städte zankten sich drum, ihn geboren zu haben. Nun, da der Wolf ihn zerriß, nehme sich jede ihr Stück. Und von Grillparzer behauptete A. W. Schlegel: Wo sich Grillen und Parzen vereinen. Da müssen sonderbare Trauerspiele erscheinen. Von Bach meinte der begeisterte Beethoven: Nicht Bach, sondern Meer sollte er heißen! Den berühmten Schafzüchter Thaer nannte man den deutschen Woll-Thaer. Als der junge bayerische Prinz Otto den griechischen Thron bestieg, hieß eS: „Früher standen die Griechen unter den Ottomannen, jetzt stehen sie unter dem Ottokinde." Der erste Bodenseedampfer, nach der damaligen Groß­ herzogin von Baden „Stephanie" getauft, erhielt vom

Volkswitz den Namen „Steh, fahr' nie", da die in England bestellten Maschinen nie zur Ablieferung gelangten. Ein Tübinger Professor, der eine Perücke trug, begrüßte seinen glatzköpfigen Kollegen mit „Guten Tag, Platto", worauf ihm der andere prompt heimzahlte mit einem: „Grüß Gott, PerückleS!" Auf den Maler Piloty, der bei Hof schon manchen „hin­ gehängt" hatte, zielte die Warnung: „Politisieren Sie nicht, sonst werden Sie pilotysiert!" Der Maler Achenbach stellte betrübt fest, daß sein Name mit einem „Ach" anfängt und mit einem „Ach" endet. Den verhaßten hessischen Minister Hassenpflug nannte das erbitterte Volk „der Hessen Haß und Fluch" und machte auf ihn den Spottverö: Wir wollen ihn nicht haben. Den Herrn von Haß und Fluch! Bismarck soll sich einst über LaSker geäußert haben: „Um eine Charakteristik von ihm zu erhalten, braucht man nur den ersten Buchstaben seines Namens anö Ende zu setzen." Über die deutschen Fachminister deS Jahres 1920 seufzte daS Volk: Wir Wir Wir Wir

haben haben haben haben

einen einen einen einen

Bauer, aber keine Müller, aber kein Wirth, aber keine Koch, aber nichts

Lebensmittel. Mehl. Gäste. zu kochen.

Wir Wir Wir Wir

haben einen Schmidt, aber kein Eisen. haben einen Geßler und brauchen einen Tell. haben einen David, aber er besiegt keinen Goliath. haben einen Hermes, aber keinen Handel.

Auch Städte und Länder bekamen ihre Spottnamen; die Oberammergauner und Schwindelheimer (Oberammergauer und Mindelheimer) werden mir's bestätigen. Der Volköwitz behauptete, auf den Frieden von Nimmweg (Nimwegen 1678) sei der Friede von Reiß-weg (Ryswyk 1697) gefolgt. Der siegreiche Kampf bei le Manö 1871 ward in Berlin ausgerufen als Schlacht bei Lehmanns und statt l’empereur sagte man: Lampenröhre. Als Studenten in München nannten wir den Stiglmaierplatz Spiegeleierplatz und die Pettenkoferstraße Patent­ kofferstraße. Auf Onoldsbach, den alten Namen Ansbachs, machte man das VerSlein: Oh Onoldsbach, oh Onoldsbach, Gehst an mit Oh, hörst auf mit Ach. Schließen wollen wir dieses boshafte Kapitel mit den Anfangöworten eines ftänkischen Festredners: „Ihr Ochsen-Schwein- und Haßfurter, Ihr Weiber Fürthö, ihr Männer Fürths Gemeine Bande — umschlingen und!"

Ein Besuch bei der Dame Klio Klio ist bekanntlich das antike Mädchen, das mit dem berühmten Griffel in das ebenso berühmte Buch die Be­ rühmtheiten der Weltgeschichte einzuschreiben pflegt. Wir haben sie um ein Interview gebeten und sie hatte die Freundlichkeit, unS einige Anekdoten zu erzählen, die Wortspiele enthalten und die wir also für unser Buch gut verwenden können. Es ist erstaunlich, wie oft der ge­ sunde politische Sinn des Volkes das Richtige trifft und eö durch ein Wortspiel so witzig auszudrücken versteht. In der Kipper- und Wipperzeit sagte man von den an­ gefeilten Münzen: Diese Münzen sind nicht katholisch, denn sie gelten nicht allgemein, sie sind nicht lutherisch, weil sie nicht lauter sind, sie sind höchstens kalvinisch, weil sie nur — bedeuten. Eine Kleinbahn nannte ihre drei Lokomotiven: „Jsolani" (spät kommt ihr, doch ihr kommt), „Luther" (hier steh ich, ich kann nicht anders) und „Galilei" (und sie bewegt sich doch). Frankreich mußte die Schlacht bei Höchstädt als Beweis ansehen, daß Gott an höchster Stätte ist. 1784 war von Pitt die Fenstersteuer eingeführt worden. Da mauerte einer seine vier Fenster zu und schrieb darauf: „PittS Werke 1. 2. 3. und 4. Teil."

Auf die spanischen Parteien Serviles und Liberales wortspielte man: Jene wollen sehr vieles, diese lieber alles. Zachariä hatte sich auf seine Kutsche ein goldenes I malen lassen. Da sagte Lessing: „Das hätte er besser bleiben lassen sollen; denn jeder, der das Z sieht, wird sagen: Es steckt nichts dahinter." Nach den englischen Seesiegen von Abukir und Tra­ falgar hieß es: „WaS die Franzosen zu Land erreichten, machten die Engländer zu Wasser." Beim Durchmarsch Napoleons durch Gent hatte die Metzgerzunft folgende Tafel angebracht: „Die kleinen Schlächter von Gent Napoleon, dem Großen." Napoleon bürstete die Fürstenkinder Und fürstete die Bürstenbinder. Nach dem Einmarsch der Verbündeten in Paris las man an einem Haus in Frankfurt: Jetzo bin ich gern bereit Zu ehren die Dreieinigkeit. Ich sag es darum frank und frei. Daß wirklich sie vorhanden sei: Alexander I. Franz II. Friedrich Wilhelm III. Die Zeitgenossen fügten dem Namen Napoleon hinzu „Ein Reichöthaler" (Ein Reich stahl er).

Vor einer nackten Napoleonstatue des Canova wortspielte man folgendermaßen: „Ihn, der so viele Völker ausgezogen hat, hat jetzt ein Künstler ausgezogen." König Friedrich Wilhelm gab nach dem Besuch des unbeliebten Königs von Hannover Emst August bei der Wachtparade die Parole aus: Oxford (OchS fort!). Als Friedrich Wilhelm IV. von Preußen einmal Vorderunb Hinterpommem besuchte, schrieb eine Zeitung: „Heil, König, dir!" so tönt's aus Vorderpommern, Doch auS dem Hintem soll'S noch lauter donnem. Das von Schinkel im klassischen Stil erbaute Berliner Schauspielhaus kam den Berlinem zu eckig vor, und es entstand das VerSchen: Das Schauspielhaus hat tausend Winkel, AuS jedem tönt eS: Schinkel, Schinkel! Im Jahre 1864 kursierte der Spruch : Tod alleü Dänen und allen denen. Denen Dänen kosten Tränen. Ludwig I. fertigte dm Klems, der ihm seinen Ver­ kehr mit Lola Monte; verbieten wollte, mit folgenden Worten ab: Bleibt ihr bei eurer Stola, Ich bleib bei meiner Lola. 1870 waren folgende Kriegswitze im Umlauf: Welcher Unterschied ist zwischen dem ersten und dritten Napoleon? Der erste wurde von einem berühmten Bildhauer (Canova), der dritte von einem gewöhnlichm Steinmetz

(dem preußischen General) auögehauen. WaS ist ein bren­ nendes Streichholz? Von-der-Tann im Feuer! Weshalb trägt Moltke keinen Bart! Weil ihm keiner gewachsen war. Welches war das ungesündeste Jahr der Weltgeschichte? 1870. Denn König Wilhelm nahm ein, Napoleon über­ gab sich und der Papst saß auf seinem Stuhl und konnte nichts machen. Als die bayerischen Truppen ihr M (Maximilian) auf dem Raupenhelm ablegten und dafür ein L (Ludwig) bekamen, sagten sie: „Früher hatten wir eben Maßkrüge und jetzt gibt's Liter." Bei der Siegesfeier am 3. September 1870 las man auf einem Transparent Napoleons Fall — Wilhelms Höhe. Erst am folgenden Tag erfuhr man, daß Napoleon tat­ sächlich in WilhelmShöhe interniert werde. Welche Ähnlichkeit besteht zwischen Wilhelm I. und seiner Lieblingsblume, der Kornblume? Beide sind in Ehren (Ähren) groß geworden. Die Schöpfer des Dreibundes, Andrassy, Bismarck und Crispi, wurden das „ABC des Dreibundes" genannt.. Sie starben auch streng nach der alphabettschen Reihenfolge. Vom alten General Gottlieb Haeseler, dem „groben Gottlieb" der Armee, hieß es: „Wen Gottlieb hat, den züchtigt er." Friedrich Theodor Bischer erhielt am selben Tag von seiner Frau einen Sohn und von der Regierung einen Rüffel. Und er begann seine Vorlesung mit den Worten:

„Meine Herrn, heute habe ich einen großen Wischer und einen kleinen Bischer bekommen." Nach der Seeschlacht im Skagerrak begrüßte eine Armie­ rungskolonne die beiden siegreichen Flottenführer mit fol­ gendem Telegramm: Es freut sich auch das Heer der Schipper Des Seesiegs unter Scheer und Hipper. Nach der Saarabstimmung sangen die Kinder: Ri Ra Ro, das war der Status quo, Ro Ra Ri, den mochten wir noch nie, Ro Ri Ra, der Abstimmtag war da, Ri Ra Rutsch, der Status quo ist futsch! Wortspiele, wo wir hinfassen. Man könnte eine ganze Weltgeschichte in Wortspielen schreiben.

Wie uns der Schnabel gewachsen ist Reden wir einmal, wie uns der Schnabel gewachsen ist, also in unserer Mundart. Diese Art des Mundes ist im lieben deutschen Vaterland gottlob noch recht verschieden. Freuen wir uns darüber. Wiegt doch, wie einer behauptete, ein Gramm Mundart mehr als ein Zentner Schriftdeutsch. Besorgte Dialektforscher haben sogar vorgeschlagen, man solle einen Naturschutzpark für Mundarten anlegen. Bei uns in Schwaben ist das nicht nötig, da laufen die Mund­ arten noch ftei herum. „Tauscht hoi? He? Hoi! Noi, mora." Was ist das für eine Sprache? Südsee, Java! — Falsch! Ganz falsch! Das ist Schwäbisch und heißt auf Deutsch etwa: „Gehst du heim? Bitte? Heim? Nein! Morgen!" „Moischt, megscht Moscht" sagt der Württemberger, wenn er dir Most anbietet und in meiner Vaterstadt foppen sich die Kinder mit dem zungenbrecherischen Satz: „Schellat it an fettet Schella, fettst Schella schellat it." Läutet nicht an dieser Glocke, diese Glocke läutet nicht! Oder sie fragen: „Was tätest du mache, wenn alle Franzose in Deutsch­ land Henna (herin) wäret?" Die Antwort lautet aber dann nicht etwa: „Sie hinauswerfen", sondern: „D'Oier sammle" (Henna = Hennen). 7i

Fein unterscheidet der Schwabe zwischen „sie ißt" (= speist) und „sie ischt" (= ist), damit man unter­ scheiden kann, ob eine eine Ganö „ißt" oder „ischt". Die „Jugend" brachte einmal folgendes Gespräch zweier Schwaben in Venedig: „Uff dütsch dätsch Dodsch (Doge) am bäschdemitSchdadtmagischdratsfärschd verdolmätsche." „Habe Se scho gelade?" (schon geladen) fragte der schwäbische Kompagnieführer den Zugführer. „Schokolade nicht, Herr Hauptmann, aber ein Stück Kuchen könnte ich Ihnen anbieten", antwortete der norddeutsche Leutnant. In Kempten gab es einmal eine Panik, weil aus einem Haus der Schrei erscholl „Cholera!" — Eö war aber nur eine Frau, die ihrer Magd zurief, sie solle vom Speicher die „Kohle ra" (Kohlen herab) holen. Der Fink ist auch ein Schwabe; denn er sagt ganz deut­ lich: „Gell, gell, gell, i hau di hoigjagt!" Und jetzt noch einige Beispiele aus dem Wortschatz an­ derer Stämme, deren Sprache ich allerdings nur lücken­ haft beherrsche. „Koana moan i woaß, wie ma dös hoaßt, bal oana an ogfieselten Oachkatzelschwoaf mit um ara Iwoaring Vitrioiöi oschwoabt." Wer spricht so? Der schweifende Nomade asiatischer Steppen? Nein, so spricht der Münchner und er will damit schlicht und einfach sagen: „Keiner mein ich weiß, wie man das heißt, wenn einer einen Eichhörnchenschweif mit um ein Iweipfennig (gekauften) Vitriolöl abschwenkt.

„Haum'dr dösit allat xait dastrulala akohkisch takointsar?" bedeutet „hab ich dir das nicht alleweil gesagt, daß der Ul­ rich ein Tropf ist, ein schlechter?" Ein Weiblein hatte sich auf ihrem Einkaufözettel folgen­ des notiert: „Abaglmeide, Abuamanziagl, Akuaken, Anvon." Und was wollte die Gute? Ein Päckchen Maitee, einen Knabenanzug, eine Kuhkette und einen Faden. Wißt ihr, woher die Pfalz ihren Namen hat? Der Teufel wollte den Herrn versuchen, führte ihn auf den DonnerSberg und sagte: „Dieses schöne Land will ich dir schenken, wenn du mich anbetest." Jesus antwortete nur: „B'haltS!" (= Pfalz). Eine Pfälzerin bekam während der Besatzungözeit einen Mordsschrecken, alö ein Franzos in ihrem Laden verlangte: „AllumetteS!" Sie verstand: „Alle mit!", während der Franzmann nur — Zündhölzer wollte. Ein Schlafsaal ist im Fränkischen beileibe kein Schlaf­ saal, sondem ein — Schleifseil und unter „OzulltS ButtlaSba" versteht der Franke allen Ernstes ein — abgenagtes Hühnerbein. Im Sächsischen gibt es sogar ein Wort, das man mit drei „Eh" schreibt, nämlich Chechachou — Rehragout, und eine Schnake ist bei diesem Völkchen eben keine Schnake, sondern eine — Schnecke. Ein sächsischer Hundebesitzer hatte an seinem Garten die Warnungstafel angebracht: „Vor­ sicht vor dem bißchen Hund!" „Warum habt Ihr eigentlich euer Kind TuSnelda ge­ tauft?" „Sie war zu schnell da (to snell da)!"

Ich würde meine Tochter nicht Claudia nennen, sonst sagt jeder: „Die klaut ja!" Die deutschen Mundarten greifen aber auch über unsere Landesgrenzen hinaus, erobern sich Europa, ja sogar den ganzen Erdball. Besonders der Münchner spricht fließend alle Weltsprachen. Italienisch: Sel voasiano, sessantaotto (Sel woaß i a no, Sö sän da Otto). Russisch: Bsuffaworn, gelja, wullts Ham obawißtsnet wos hisulltS. Spanisch: A Bohnasalat iS a no do. Griechisch: Heda, gengensumeda oda i kimmenk. Französisch: Ceux sanö haut gout un bans du fils d'avec, ft laquelle, sie dame y chöre. Englisch: IS a last so a durst! I wißt scho wos no a glas bier gab, when I net mußt dableim. Indisch: Ramaduri, Ramadama, RamadanS (Räumen tu ich, Räumen tun wir, Räumen tun sie). Chinesisch: Tsun Tscheint Tsche (die Sonne scheint schön). Japanisch: Kon kam kemma. Kunt i kemma, kam i. Kemma kon i kam. (Kann kaum kommen. Könnt' ich kommen, käme ich. Kommen kann ich kaum)!

Anser Bilderbuch Setzen wir an Stelle deö gewöhnlichen sprachlichen Aus­ drucks einen bildhaften, so erhalten wir eine Metapher. Die bildliche Ausdrucksweise ist anschaulicher, eindrucks­ voller, wirksamer, kürzer, also auch „ökonomischer" alö die unbildliche. Wenn wir „den Stier bei den Hörnem packen", „den Gaul beim Schwanz aufzäumen" und „das Kind mit dem Bad ausschütten", so ist jeder gleich „im Bilde". Die Metapher entspringt dem Grundtrieb der menschlichen Seele, einerseits daö Ich in die Außenwelt zu projizieren, anderseits aber wieder in der Umwelt Parallelen zum Ich zu suchen. Wir sagen Nasenwurzel, aber auch Bergnase. Diese bildhafte Ausdrucksweise ist schon uralt. „Wie im Schreiben Bilderschrift ftüher war als Buchstabenschrift, so war im Sprechen die Metapher das ftühere Wort, wel­ ches sich erst allmählich zum eigentlichen Ausdruck ent­ färbte. Jede Sprache ist ein Wörterbuch erblaßter Meta­ phern" (Jean Paul). Bei den meisten dieser entfärbten und verblaßten Metaphern sind wir uns des bildhaften Ursprungs gar nicht mehr bewußt. Wer denft z. B. bei „begreifen", „erfahren" und „fassen" noch an Griff, Fahrt und Faß? Wer bei Wand noch an winden, bei Stolz an stelzen, bei Gift an geben und bei Zweck an — zwicken?

Unsere tägliche Umgangssprache ist mit zahllosen Bildern und Vergleichen durchsetzt. Wir brauchen nur die Feder aus dem Tintenfaß zu nehmen und die Augen etwas im Zimmer herumspazieren zu lassen. Da ist der Fuß des Tisches, das Bein des Stuhles, der Arm des Leuchters, der Bart des Schlüssels, der Hals der Flasche und die Schnauze der Kaffeekanne. Durch die Flügel des Fensters grüßen der Scheitel, Kamm, Rücken des Berges herein, an dessen Fuß der Arm des Flusses in den Meer-busen mündet. Die ganze Welt scheint aus Metaphem zu bestehen. Alles Irdische ist nur ein Gleichnis. Blättern wir jetzt ein bißchen im großen Bilderbuch der deutschen Sprache herum, und zwar wieder vorwiegend auf dm Seiten mit heiterem Inhalt. Dabei lassen wir zunächst einmal den Großen im Reich des Geistes den Vortritt mit einigen klassischen Metaphem: Goethe bezeichnet die Suppe als „die flüssige Grundlage des Familienlebens", Weber nennt die Tinte „das fünfte Element", den Podex „Polster der Weisheit" und den dazugehörigen Lokus „Residenz der Gedanken", Joseph II. sieht in den Kirchenglocken „die Artillerie der Geistlichkeit", Addison betitelt den Traum mit „Mondschein deö Ge­ hirns" und Klopstock den Krieg mit „belorbeerte Furie". Voltaire endlich behauptet ftank und frei, die Erde sei „der Abtritt des Weltalls". Wie man schon aus diesen Beispielen sieht, gehört zum Wesen der humoristischen Metapher auch eine gewisse

76

77

Übertreibung. Umgekehrt wieder benützt die Hyperbel gern die Form der Metapher. In „kohlpechrabenschwarzer" Nacht verbläut er ihn „windelweich"; denn sie sind „spinnefeind". Er sieht aus wie eine „Leiche auf Urlaub". Sein Magen ist so leer wie die Welt vor ihrer Erschaffung. Er hat einen Schlaf so leis, daß er schon aufwacht, wenn das Barometer fällt. Drum paßt er auch zum Soldaten so wenig wie ein Igel zu einer Schlummerrolle. Wegen ihrer Kraft und Kürze hat sich die Metapher auch das Herz des Volkes erobert. Sprichwörter, Kraft­ ausdrücke, Kose- und Schimpfwörter sind meistens bild­ haft eingekleidet. Nur ein Beispiel: Einer spielt Schaf­ kopf, hat Schwein, trinkt Bock, erwischt einen Spitz, bringt einen Affen heim und hat am nächsten Tag einen Kater. Lauter Bilder! Auf Seite 77 wollten wir einmal „bild­ liche" Redensarten auch wirklich bildlich vorführen. Wer errät, welches Sprichwort jedesmal mit dem Bild ge­ meint ist? Die Lösungen stehen auf Seite 84. Es folgen jetzt einige witzige Metaphern, die jeder aus der Schüler-, Studenten-, Soldaten-, Berufs-, Gaunerund der Juxsprache überhaupt beliebig ergänzen kann: Schießprügel Gewehr Gulaschkanone Feldküche Drahtverhau Dörrgemüse Blindgänger Drückeberger Heldenkeller Unterstand Lausoleum Entlausungsanstalt

Pflasterkasten Sanitäter Sündenabwehrkanone Feldgeistlicher Armeelaubfrosch Feldmeteorologe Steißtrommler Lehrer Pillendreher Apotheker Maulschuster Zahnarzt Hauptkassier Scharfrichter Tapetenflunder Wanze Hafermotor Pferd Promenademischung Köter Doggenpalast Hundshütte Quasselstrippe Telephon Wimmerkürbis Mandoline Lausallee Scheitel Revolverschnauze großes Mundwerk Kirchhoföjodler Husten Jndustriespargel Fabrikschlot Angströhre Zylinder Befreiungöhalle LokuS Lumpensammler letzte Trambahn Rausschmeißer letzter Marsch. Wenn daö Komische wirklich im Unerwarteten liegt, wie Jean Paul, Schopenhauer und Bischer behaupten, dann sind folgende metaphorischen Zusätze zu Sprichwörtern besonders witzig. „Ich strafe meine Frau mit guten Worten", sagte der Pfarrer, da warf er ihr das Gesangbuch nach.

„Das hilft gegen die Maus", sagte der Bauer und zün­ dete sein HauS an. „Himmelan geht unsre Bahn", sagte der Dachdecker und fiel vom Dach. „Der liebe Gott ist ja auch im Keller", sagte der Mönch und ging in den Weinkeller. „Man muß der Sache auf den Grund gehen", sagte der Knecht und fiel in die Dunggrube. „Alles muß nach meinem Kopf gehen", sagte die Frau; da warf ihr der Mann die Suppenschüssel an den Kopf. Ms ich einmal im Adreßbuch meiner Heimatstadt Memmingen blätterte, stellte sich unwillkürlich die Verbin­ dung der bildhaften Straßennamen mit den entsprechen­ den Berufen usw. ein und der metaphorische Scherz war fertig. Wo die Memminger wohnen sollten: Die Bierbrauer in der Hopfenstraße, die Tüncher in der Kalchstraße, die Fischer am Karpfengarten, die Schützen am Scheibenweg, die Musiker am Hallhof, die Bäcker am Mehlsackturm, die Polizisten an der Hohen Wacht, die Schlosser in der Jangmeisterstraße, die Schweinemetzger in der Krautgasse,

die die die die die die die die die die die die die die die die die die die

Soldaten im Kasernengäßchen, Altphilologen am Spinnereiweg, Kurzsichtigen am Lueg ins Land, Lahmen am Rennweg, O-Beinigen in der Sichelbeinstraßc, Mageren auf der Nudelburg, Dreckigen in der Badgaffe, Kranken im Apothekergäßchen, Sünder in der Bessererstraße, Abstinenzler in der Milchstraße, Leichtgläubigen in der Leimstraße, Anschwärzer in der Rabengaffe, Traurigen in der Freudentalstraße, Friedfertigen in der Lammgasse, Nonnen im Klösterle, Jungmädel im Blumengäßchen, Verliebten in der Rosengaffe, Verlobten in der Neuen Welt, Jungverheirateten im — Storchengäßchen. („Allgäuer Beobachter".)

Dasselbe kann jeder Leser jeweils auf seinen Heimatort anwenden. Ich gebe damit ja allerdings ein Patent preis, aber wir sind da nicht so. Als komische Einlage bringen wir jetzt ein paar Ver­ gleiche, die „hinken". Der gelahrte Fachmann nennt solche „entgleiste" Metaphern Katechrese, auf Deutsch etwa Sprachmißgeburt.

Schon unser Gesichtserker ist von solchen Katechresen umlauert; denn die Nase hat die Flügel unten, die Wurzel oben und den Rücken vorne. Mit dem einen Fuß stand er im Grabe, mit dem andern nagte er am Hungertuch. Der Stein des Anstoßes entwickelte sich lawinenartig zu einer zähen Masse, die bald die Spatzen von den Dächern pfiffen. Als im Harz die Bergwerke kein Erz mehr lieferten, klammerten sich die Bewohner an die Kanarienvögel. Daß sie davon nicht fett wurden, ist klar. Aus der Unzahl bildhafter Redewendungen suchen wir uns jetzt solche auS, die in einem gewissen Zusammenhang stehen und dadurch besonders ulkig wirken. WaS antworten z. B. die Leute auf die Frage: „Wie geht'S?" Der Weinwirt: „Wie geschmiert", der Viehhändler: „Wie man'S treibt", der Bankier: „Wechselvoll", der Professor: „Ordentlich", der Meteorologe: „Veränderlich", die Büglerin: „Glänzend", die Sängerin: „So so, la, la", der Maschinist: „Wie geölt", der Raufbold: „Man schlägt sich durch", der Lebemann: „Den Verhältnissen entsprechend", der Betrunkene: „Schief".

Wie erklären sie ihre Liebe? Der Gärtner: Bestreut ihren Lebensweg mit Rosen, der Schwergewichtler: Trägt sie auf den Händen durchs Leben, der Seemann: Läuft in den Hafen der Ehe ein, der Juwelier: Fesselt sie mit goldener Kette, der Maurer: Baut ihr eine Hütte. Und wohin machen sie ihre Hochzeitsreise? die Apotheker nach Pillau, die Hungrigen nach Essen, die Metzger nach Darmstadt, die Schlittschuhläufer nach Eisleben, die Raucher nach Aschersleben, die Trompeter nach Blasewitz, die Majore nach Oberstdorf, und alle miteinander nach Küßnacht. Wann soll man umsatteln? Der Bahnbeamte, wenn er keine Schranken mehr kennt, der Bademeister, wenn er im Trockenen sitzt, der Glaser, wenn er an allem Anstoß nimmt, der Baumeister, wenn ihm was einfällt, der Kürschner, wenn ihm das Fell juckt, der Maler, wenn er sich kein Bild machen kann, der Totengräber, wenn er alle hoch leben läßt. Wie drückt man eö schonend und doch zünftig und fach­ gemäß auS, wenn einer einen Schwips hat? Eö hat der Schiffer seine Ladung,

der Glasermeister zu tief ins GlaS geguckt, der Spediteur schief geladen, der Messerschmied einen Stich, der Fischer einen gehörigen Zug getan, der Krawattenfabrikant zu viel hinter die Binde gegossen, der Pfarrer des Guten zu viel getan. Bleiben wir gleich beim anderen Laster, beim Rauchen der „Giftnudeln" und offerieren wir ein paar Zigarren­ marken garantiert zum Abgewöhnen: „Erlkönig" Erreicht den Hof mit Müh und Not. „Heideröslein" Und der wilde Knabe brach. „Mignon" Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß waö ich leide. „Schillers Glocke" Der Mann muß hinaus. „Kolumbus" Was blickst du, Fernando, so ttübe und bleich? „Schach" Nach drei Zügen matt. „Handgranate" Zieh dran und schmeiß weg! Auf Saufen und Rauchen folgt der Sünde Sold, der Tod. Wir wollen aber in unserem heiteren Büchlein auch diese bittere Pille durch Euphemismen und harmlose Um­ schreibungen tunlichst zu versüßen unö bemühen. Der Müde legt sich zur ewigen Ruhe. Der Schauspieler hat seine Rolle ausgespielt. Der Schaffner liegt in den letzten Zügen. Der Bergmann fährt in die Grube. Der Bischof segnet das Zeitliche. Der General ist zur großen Armee eingegangen. Der Flötenspieler pfeift auf dem letzten Loch. Der Gottlose muß dran glauben.

Der Soldat ist zum letzten Appell angetreten. Der Chemiker löst sich auf. Die Waschfrau hat ausgerungen. Dem Zahnarzt tut kein Iahn mehr weh. Dem Uhrmacher ist die Uhr abgelaufen. Dem Nachtwächter hat daS letzte Stündlein geschlagen. Der Kaminkehrer kehrt nie wieder. Der Maurer kratzt ab. Der Gelehrte gibt seinen Geist auf. Der Schriftsteller endet —. Lösungen zur Bildseite 77: Aus den Wolken fallen. Den Brotkorb höher hängen. Gebratene Tauben stiegen inö Maul. Die Flinte inö Korn werfen. Den Ast absägen, auf dem man sitzt. Das Geld zum Fenster hinauswerfen. Den Teufel an die Wand malen. Das Kind mit dem Bad ausschütten. Den Stier bei den Hörnern packen. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Die Katze geht um den heißen Brei. Perlen vor die Säue werfen.

Paradoxe Wer in diesem Abschnitt etwas von Paradeochsen zu erfahren trachtet, kommt nicht ganz auf seine Rechnung. Paradox ist nämlich etwas anderes. ES ist ein griechisches Wort und bedeutet „wider Erwarten". Paradox ist also, wenn es erstens anders kommt und zweitens, als man denkt. Oder wissenschaftlich gesprochen: die „Inkongruenz zwischen einem Begriff und den realen Objekten, die durch ihn in irgendeiner Beziehung gedacht worden waren" (Schopenhauer). Verwandt mit dem Paradoxon ist bas Oxymoron, das aber ebenso wenig mit Ochsen etwas zu tun hat, sondern eine Ausdrucksweise bezeichnet, die auf den ersten Blick verkehrt, bei genauerer Bettachtung aber doch recht gelehrt ist. Das beste Oxymoron ist immer noch der einfache Satz: Die Menschen sind erst dann gleich, wenn sie verschieden (verstorben) sind. Paradox sind schon Wörter wie Silbergulden, Wachsstreichholz, Stahlfeder und Goldplombe. Paradox ist auch, daß eine ältere Dame jünger ist als eine alte Dame und ein jüngerer Herr älter als ein junger Herr, daß ein höherer Beamter niedriger ist als ein hoher Beamter und ein besserer Anzug schlechter als ein guter.

Vom früheren Reichstag behauptete man mit Recht, daß die Deutschen nie zusammenkommen, wenn sie zusammen­ kommen. Im Winter 1942 hieß die Parole: „Westen nach Osten schicken!" Zum Vereinsvorstand, der sich erkundigt, ob der Saal für seine Veranstaltung groß genug sei, sagt der Wirt: „Wenn alle hineingehen, gehen nicht alle hinein, wenn aber nicht alle hineingehen, gehen alle hinein." Von Uhren, die im Geschäft wenig verlangt werden, kann man behaupten: Die Uhren gehen zwar, aber sie gehen nicht. Wenn einer mit der Linken in den rechten Handschuh fährt, dann ist der linke Handschuh der rechte und der rechte der unrechte. Zwei Radler fahren auf schlechtem Wege. Da meint der eine: „Wenn es mit dem Fahren nicht besser geht, werden wir am besten fahren, wenn wir gehen." Wenn ein Jäger keinen Bock geschossen hat, sagt man: Er hat einen Bock geschossen. Aus der Geschichte lernt man nur das eine, daß man aus der Geschichte nichts lernt. Menschen, die nichts zu beißen haben, machen den ver­ bissensten Eindruck. Am besten kommt man mit den Leuten auS, ohne die man auskommen kann.

Er war so dumm, daß er nicht einmal wußte, wie viel gescheiter er war als die andern. Sehr fein bemerkte einmal Lessing: „Hätte ich mehr Zeit gehabt, so hätte ich Ihnen einen kürzeren Brief ge­ schrieben" und Abbe Terrason: „Das Buch wäre kürzer, wenn es nicht so kurz wäre." Auch das Rätsel kennt die paradoxe Verkleidung: Wenn man's nicht sieht, klaubt man'S auf, Wenn man's sieht, läßt man's liegen (Haselnuß mit Loch). Wenn sie kommen, kommen sie nicht, Wenn sie nicht kommen, kommen sie (Erbsen und Vögel). Der überzwerchen Logik des „Pachycephalus Suevicus“ liegt natürlich das Paradoxon ganz besonders: „Mancher stirbt leicht und mancher wird fascht hi derbei". „E bißle dumm ischt jeder, aber so dumm, wie mancher ischt doch koiner." Der Bayer sagt: „Gengen's zua, bleiben'S da." Als Kinder entzückten uns die Verslein: Dunkel war's, der Mond schien helle Auf die grüne schneebedeckte Flur, Als die Post mit Blitzesschnelle Langsam um die Ecke fuhr usw.

Wer sich totlacht, lebt am längsten; drum schließen wir mit einer Serie von besonders überraschenden Para­ doxien.

Paradox ist, wenn ein gehaltvoller Mensch gehaltlos ist, ein Oberkellner am Unterarm ein Überbein hat, ein Schreiner seine Frau versohlt, ein Schuster die seine vermöbelt, ein Zuckerbäcker von seinem sauren Verdienst lebt, ein Goethedenkmal durch die Bäume schillert, ein Wein sich gewaschen hat, ein Vater ein Muttermal besitzt, ein Backfisch einen Rabenvater hat, ein Onkel seinen Neffen vernichtet, eine Mutter sich mit ihrer Tochter versöhnt, einer seinen Bruder unverwandt anblickt, eine Amme sagt: „Ich bin ganz platt", einer im Stehen einen sitzen hat, eine ein kurzes Kleid lang und ein langes kurz trägt, ein Glatzkopf etwas haarsträubend findet, einer ein eingefleischter Vegetarier ist, einer im Handumdrehen den Fuß bricht, ein Heruntergekommener im vierten Stock wohnt, einer die Unvollendete vollendet spielt, in einem Lachkabinett Weinzwang ist, ein Oberleutnant vom Unterseeboot auf einer Landzunge eine Seezunge ißt. Paradox ist endlich auch, wenn einer „Weis" heißt und so unweises Zeug zusammenschreibt wie die „Deutschen Sprachspielereien".

Der närrische Pegasus „Reim dich, oder ich freß dich!" Dieses Ultimatum an den Pegasus möchten wir als Motto über diesen Abschnitt setzen, der von Kunstreim und Reimkunst handelt. Es gibt bekanntlich vielerlei Reime: männliche und weibliche, reine und unreine, klingende und stumpfe, hinkende, hüpfende, ge­ schüttelte------ uns interessieren hier nur die verspielten, ab­ surden, kuriosen, die halbnärrischen und die ganz närrischen. Wir geben die Verse, Sttophen und Gedichte ohne Kom­ mentar, jeder kann sich selbst seinen „Reim drauf machen". Da sind z. B. die Kettenreime, bei denen jeweils das letzte und das erste Wort einer Zeile das Gedicht zusammen­ schmieden: Venuö, deine starke Macht Macht, daß Herz und Lippe lacht; Lacht man gleich, muß man doch sorgen, Sorgen muß man bis zum Morgen. Morgen ist so manche Not. Not und Angst ist unser Brot! Ein seltsames Wortgeklingel haben wir beim Doppelreim: Wer auf den Tisch frisch Goldenen Saft schafft. Ernte mein Lob drob.

Das, was Dir hier Kraft schafft, Christ, ist Kein Schein, Nein, ein Rein, fein Herz, schmerzFrei, treu Und grundFromm. Komm! Dich, mich Laß, was Pflicht spricht, O! froh Nun tun! Vor lauter Reimen sieht man das Gedicht nicht mehr. Ein alter Beurteiler ist aber ganz entzückt über diese! Gereimsel: „Das nennt man reimen! Silbe auf Silbe! Über diese zauberische, melodische Waghalsigkeit geht nicht leicht eine andere!" Verwandt mit dem Doppelreim sind die Echoscherze: Hier ruht ein Alchymiste! DaS Echo ruft: — Im Miste. Wenn sich alle Zeilen gleich reimen, entsteht der Schlag­ reim wie in dem KinderverS:

Herr von Hagen, Darf ich'S wagen, Sie zu fragen, Wieviel Kragen Sie getragen, Als sie lagen Krank am Magen Auf dem Schrägen Im Spital zu Kopenhagen. Zur gefälligen Auswahl bietet uns Mofcherofch in seinem Philander die Eigenschaften eines guten Weibes in folgendem Poem:

Ein Weib, die

' häuslich hurtig freundlich emsthaft gehorsam ■ sparsam, frumb geduldig demütig holdselig säuberlich . fröhlich

Die ist zu loben umb und umb. Es ist damit ähnlich wie bei den sogenannten Trittversen, bei beiten man über mehrere Wörter treten muß, um einen Sinn herauszubekommen:

Glaube Sage Liebe Tue

nicht so wirst du nicht betrogen alles so bleibt man dir gewogen was es möchte dir sein gefährlich du es möchte dir sein beschwerlich.

hörest weißt siehest willst

Glaube nicht alles, was du hörest. So wirst du nicht betrogen. Sage nicht alles, was du weißt. So bleibt man dir gewogen. Liebe nicht alles, was du siehest, Es möchte dir sein gefährlich. Tue nicht alles, was du willst. Es möchte dir sein beschwerlich. Den entgegengesetzten Sinn bekommen wir, wenn wir folgendes Gedicht von rückwärts lesen und die Komma dabei versetzen: An ein jungeö Ehepaar Keifet und zanket nicht küsset und herzet Raufet und schlaget nicht spielet und scherzet Neidet euch stündlich nicht täglich euch liebet Scheidet euch feindlich nicht friedlich euch liebet. Zu den Unarten des übermütig gewordenen Pegasus gehören auch die Parodien:

In einem kühlen Grunde, Da geht ein Mühlenrad — Wie groß ist dessen Umfang, Wenn man den Radius hat? Ganz närrisch endlich wird der Pegasus in den eigent­ lichen Juxreimen, bei denen dem Reimjux zuliebe Wörter absichtlich entstellt oder auseinandergerissen werden: Der Saal erglänzt im hellsten Kerzenstrahle Und lust'ger Sang ertönt aus jeder Kahle. Lenoren sieht man mit dem Ritter Kunzen Schon etliche Galopps zusammentunzen. Da nahet Ritter Veit und stößt, o Grausen, Lenoren seinen Dolch tief in den Bausen. Verkenne mich nie Und spotte nicht dreist: Denn ich bin ja ein phi­ losophischer Geist.

Im Gleichschritt marsch! Nachdem wir bis jetzt die Spiele mit Buchstaben, Silben und Wörtern betrachtet haben, bleibt uns nur noch der Satz übrig. Was gibt eö dabei für sprachspielerifche Mög­ lichkeiten? Ich denke, zunächst einmal solche, die sich aus der Art der im Satz verwendeten Wörter ergeben. Wie lustig klingt eS z. B., wenn verschiedene Satzteile, Subjekt, Objekt, Prädikat, Attribut und Adverbiale ganz gleich lauten! Arbeiter, die im Schokoladenladen Laden laden, laden Ladenmädl zum Tanz ein. Es ist eine Lust zu sehen, wie die gleichen Wörter wohl­ diszipliniert im Gleichschritt aufmarschieren, stramm aus­ gerichtet und durchgedeckt wie Soldaten. Und es ist eine Freude, dabei zu denken, daß unö kein korrekturlüsterner Lehrer ein rotes Wiederholungs->V darüber schreiben darf. Eine Glocke wird eingeweiht und der Redakteur verfaßt einen den Leuten das Läuten erläutemden Leitartikel. Die, die die, die die Diebe verstecken, anzeigen, werden belohnt. Heute ging ein Heide mit Häuten über die heitere Heide. Ein Turist ist einer, der, wenn er auf der Tur ist, in einer Tur ißt.

Wissen Sie schon, daß Paganini nie Ninive gesehen hat? O du, der du dir die da, und du, die du dir den da, zum Gemahl erkoren hast... Er singt leider lauter laute Lieder zur Laute. Die Lorelei saß auf dem Felsen mit Haar und Kamm — und kämmte dieselbe auf demselben dasselbe mit dem­ selben. Wenn mancher Mann wüßte. Wer mancher Mann wär, Gäb mancher Mann manchem Mann Manchmal mehr Ehr. Einer bestellte für den nächsten Tag den Barbier und eö entwickelte sich folgendes wortgleiche Zwiegespräch: Barbier: Kunde: Barbier: Kunde: Barbier: Kunde:

Morgen! Morgen! Morgen? Morgen! Morgen! Morgen!

Ein Gastwirt gab beim Maler ein Schild in Auftrag „Bier und Wein". Weil das Schild so ausfiel: Bier

und

Wein

beschwerte sich der Wirt und meinte, der Zwischenraum zwischen Bier und und und und und Wein sei zu groß.

Welch goldene Lebenöregel enthält doch der Satz: Raste nie, doch haste nie, Sonst haste die Neurasthenie. Einen Einblick in die Psyche krummer Gassen und ge­ wundener Hintertreppen gibt das erlauschte Zwiegespräch zweier Klatschbasen: Dann hab i zu ihr gsagt, net wahr hab i gsagt, wenn Sie gsagt ham, daß i gsagt hab, Sie hättn gsagt, i hab gsagt, daß Sie gsagt hätten, na sag i Jhna ...

So fing es an im Cafe: Du sollst mal sehen, wie die mich ansieht, wenn sie sieht, daß ich nicht sehe, daß sie mich sieht. Und so lautete nach einem Jahr die erste Gardinen­ predigt:

Wenn du, nachdem du vorgestern erst gestern und gestern erst heute heimgekommen bist, heute erst morgen heim­ kommst, kannst du was erleben. Jetzt fährt der Aug früher, früher fuhr er später, aber später wird er wieder früher fahren. Für den Amtsschimmel ist eine solche Häufung von Wörtem natürlich ein gefundenes Fressen: DaS Gericht wolle erkennen, der Beklagte sei schuldig, mir für die von mir für ihn an die in dem von ihm zur Bearbeitung übernommenen Steinbruch beschäftigten Ar­ beiter vorgeschossenen Arbeitslöhne Ersatz zu leisten. Zum Schluß wollen wir unser wissenschaftliches Ge­ wissen etwas beschwichtigen und auch noch ein paar ern­ stere Beispiele bringen. So behauptet Goethe einmal: „... die wahre Erfahrung sei ganz eigentlich, wenn man erfahre, wie ein Erfahrener die Erfahrung erfahrend erfahren müsse." Bei Hegel finden wir den Satz: „Ich kann wohl an allem zweifeln, aber am Sein meiner selbst nicht; denn Ich ist daö Zweifelnde, der Zweifel selbst. Wird der Zweifel Gegenstand deS Zweifels, zweifelt der Zweifelnde am Zweifel selbst, so verschwindet der Zweifel." Eine ganz verzweifelte Geschichte daö! Der Zweck hat den Zweck, den Zweck, den er bezwecken will, zu bezwecken. Wenn der Zweck den Zweck, den er be­ zwecken will, nicht bezweckt, hat der Zweck keinen Zweck. Wan hat behauptet, daß man von jeder Behauptung ebensogut auch daS Gegenteil behaupten kann. Das ist

jedoch wieder eine Behauptung. Also kann man doch auch nicht behaupten, daß man von jeder Behauptung daS Ge­ genteil behaupten kann. Und dann kann man auch nicht behaupten, daß man behaupten kann, daß man nicht be­ haupten kann, daß man von jeder Behauptung auch das Gegenteil behaupten könne. Die no%tgen Fremdwortjäger veräppelte Friedrich Rückert durch folgendes Lenion: Neulich deutschten auf deutsch vier deutschende Deutsch­ linge deutschend. Sich überdeutschend am Deutsch, welcher der Deutscheste sei: „Ich bin deutscher als deutsch." „Ich deutscherer." „Deutschester bin ich". „Ich bin der Deutschereste oder der Deutschestere." Bis sie vor komparativer und superlativischer Deutschung Den Positiv von Deutsch hatten vergessen zuletzt. Solche Worthäufungen nennt der Gelehrte „Annominatio", „Palillogia" oder „Iterativ". Aber wir sind ja in unserm lieben Vaterland, wo „lehren lehrend Gelehrte den Lernenden lehrreich daö Lehren." Da darf man schon ein bißchen schulmeistern.

Der Satzgaul geht durch Als zweite Gruppe von Satzbaukuriosa wählen wir solche, die auf der ungewöhnlichen Anordnung der Wörter im Satze beruhen. Bekanntlich ist die Wortstellung im Deutschen nicht wie im Lateinischen etwa eine beliebige, sondem sie ist ganz genau vorgeschrieben. Satzgegenstand, Satzaussage, Ergänzung im so und so vielten Fall, Bei­ fügung — nur immer schön korrekt, mein Lieber! Denn wer diese Reihenfolge eigenmächtig abändert, kann seine Wunder erleben. Da inseriert z. B. einer: Ich schere Hunde und meine Frau auch. Statt ich und meine Frau scheren Hunde. Ein anderer bietet Handschuhe an für Herren von gutem Bock­ leder und Zigarren für Liebhaber ohne Mundstück. In einem Bericht lesen wir: Infolge mangelhafter Erziehung hat der Stadtrat beschlossen, den Knaben bei einer zuverläs­ sigen Familie unterzubringen — und in einem Nachruf heißt es schlicht und sachlich: Er starb zum größten Leid­ wesen der Gemeinde eines seligen Todes. Auch bei den „Beziehungsfehlem" stolperte man über die Wortstellung: Verlorm wurde eine silberne Armband­ uhr von Frau Postsekretär Müller, deren hinterer Teil

ioo

emailliert ist. Eine Mutter schreibt an die Lehrerin: Ent­ schuldigen Sie, daß meine Paula das Bibliotheksbuch nicht brachte. Sie hatte es im Hals. Und ein Grabredner schloß mit den Worten: Im Namen des Vereins lege ich diesen Kranz nieder. Er ruhe sanft! Glücklicherweise aber sind die Entgleisungen auf den Bahnen der Logik und die Verkehrsunfälle auf den Straßen des Satzbaues nicht immer von so schwerwiegenden Folgen. Es gibt auch harmlosere Zusammenstöße und mehr heitere Zwischenfälle. Dazu rechnen wir z. B. das Zeugma, die Verbindung mehrerer Satzglieder mit einem gemeinsamen Prädikat, daö aber nur zu einem dieser Glieder paßt. Er schlug die Stühl und Vögel tot hieß eö in unserm lieben Struwelpeter. Und auch Papa Busch zeugmatisiert frisch drauf los: Mit einer Gabel und mit Müh Zieht man den Peter auö der Brüh. Ein langes Zeugma mit tragischem AuSgang haben wir in dem Satz: Der WirtShauögast fühlte sich krank, nahm einen Trunk, seinen Hut, seinen Mantel, seinen Abschied, keine Notiz von seinen Freunden, einen Taxameter, einen Revolver und sich das Leben. Auch in Rätselform hat man daö Zeugma eingekleidet: Mit waö ohne was darf wer nicht waö gehen? TOI

Mit der Pfeife ohne Deckel darf der Soldat nicht über, den Kasernenhof gehen. Wer ist was und wird wo wie genannt? Der Feldwebel ist die Mutter der Kompanie und wird bei der Kavallerie Wachtmeister genannt. Gewissermaßen ein umgekehrtes Zeugma find dann die Treppensätze. Sie sind so verschachtelt, daß hinten auf einmal alle Verba anrücken: Sie hatten sich in die Mäntel, die um ihre Gestalten, die von einer Stärke, die nur Leute, die an Arbeit, die Kraft erfordert, gewöhnt sind, besitzen, zeugten, flatterten, fest eingehüllt. Denken Sie, wie schön der Krieger, der die Nachricht, die den Sieg, den die Athener bei Marathon, nach Athen^ das in großer Sorge, ob es die Perser zerstörten, schwebte, erfochten, verkündete, brachte, starb. Zu den Wortstellungösatzbaujuxen können wir dann auch die sogenannten „Querlesungen" rechnen. Sie erinnern an das Gesellschaftsspiel mit den Zetteln, die von Hand zu Hand gehen und auf denen jeder einen angefangenen Satz ohne Kenntnis des Vorhergehenden fortsetzt. Bei den Querlesungen liest man über die Spalten einer Zeitung quer hinüber, wobei sich oft recht merkwürdige Tatbestände ergeben. Gestern ist die Sängerin N zum erstenmal in unserer Stadt aufgetreten

man konnte ihr Gebrüll im nächsten Dorf deutlich hören

NN ist nach Verübung meh­ rerer Diebstähle flüchtig ge­ gangen

In unserer Modehandlung sind billig zu haben Am Mittwoch gab der Ge­ sandte ein Abendessen Gestern fand die Feuer­ bestattung der Gräfin NN statt

nach der Berechnung des Astronomen wird er in 375 Jahren wieder sichtbar wer­ den Übelkeit, Lähmung und an­ dere Beschwerden drei Personen wurden ge­ rettet, die anderen ertranken.

malt fühlte kein Mitleid mit der alten Ruine, die das Ortöbild schon lange verunstaltete. ES geht mit dieser Querlektüre fast so wie den verbalhornten Sprichwörtern: Wie man sich bettet, so schallt es heraus Wer zuletzt lacht, krümmt sich beizeiten und der Begriffsbestimmung: Salz ist ein Gewürz, das die Speisen verdirbt, wenn es nicht hingetan wird. In der unerwarteten Zusammenstellung zweier Gedan­ kenkreise liegt auch in folgenden Geschichtchen der Reiz deö Komischen:

Ein Geschäftsmann schrieb an seinen säumigen Schuld­ ner eine Postkarte, auf der nur stand: Römer XIII, 8 und Römer XIII, 13. Als Antwort bekam er ebenfalls eine K.arte mit der Aufschrift: Matthäus XVIII, 26 und Matthäus XVIII, 27. Also: „Seid niemand nichts schul­ dig" und „Laßt uns ehrbar wandeln". Ferner: „Herr, habe Geduld mit mir, ich will dir alles zahlen" und „Da jammerte den Herrn deSselbigen Knechts und ließ ihn los und die Schuld erließ er ihm auch." Dieselbe Situationskomik haben wir, wenn bei der Be­ erdigung eines Waldfrevlerö der Vers angestimmt wird: „Nun ruhen alle Wälder", oder wenn der GefängsniSgeistliche die Stäflinge singen läßt: „Bis hierher hat uns Gott gebracht", oder gar, wenn der Pfarrer beim Begräbnis eines Selbstmörders seine Rede schließt mit den Worten: „Gehet hin und tuet desgleichen!" Und jetzt ein paar Rätsel, bei denen mit der Wort„Stellung" buchstäblich ernst gemacht ist und man die Lage der Wörter mitlesen muß, wenn man's heraus­ bringen will. Der Fluß

M8 druß

Leidenschaften Zom Liebe Geiz

mir schied dir es ist ein

Schuld Müller Streit Schulze Schuld liege ich deinem mut

Dach ach

Dach

Ach

Dach Ach

R WD

1

GG dein

schätze

mchts

Nichts treibe @ute | säge treibe | nicht

nicht

weise | schlage Erst lege

stimm nimm dann.

Der Überfluß macht Überdruß. Unter den Leidenschaften ist die Liebe am größten. Es ist ein Unterschied zwischen dir und mir. Streit zwischen Müller und Schulze, die Schuld ist auf beiden Seiten. Ich unterliege deinem Übermut. Unter jedem Dach wohnt ein anderes Ach. Großer Aufwand ist dein Untergang. Nichts unterschätze, nichts übertreibe! Weise Vorschläge nicht überstimm'! Gute Vorsätze nicht hintertreibe! Erst überlege, dann unternimm'! Erklimmen Stufen höchster Ehren Ließ dich Verdienst, nicht Schelmerei. Was ist denn mit diesem Satz los? LieS ihn von hinten, dann wirst du's gleich merken. Es ist ähnlich damit, wie mit den beiden Tafeln, die der Spötter Pasquino 1848

während des Streites zwischen dem Garibaldianer Mazzini und Papst Pius IX. im Rom aufstellte: Tod für Mazzini Die Republik ist Die schlechteste Regierung Nieder mit dem Volk

PiuS IX. lebe in Ewigkeit die schönste Regierung ist die der Priester. Dem Kirchenstaat ewiges Leben.

Je nachdem man die Tafeln quer oder nach abwärts liest ändert sich der Sinn. Vergleiche damit folgenden Satzbauscherz aus der Reformationszeit: Ich sage gänzlich ab Luthero bis ins Grab Ich lache und verspott Lutheri sein Gebot Ich hasse mehr und mehr Der Lutheraner Lehr

der Römer Lehr und Leben Will ich mich ganz ergeben die Mess' und Ohrenbeicht ist mir ganz sanft und leicht all, die das Papsttum lieben hab' ich ins Herz geschrieben

Bei mir hat kein Bestand Was Luthern ist verwandt Wer Lutherisch verstirbt In Ewigkeit verdirbt

ein' römisch Priesterschaft lob ich mit aller Kraft das Himmelreich soll erben wer römisch bleibt im Sterben.

Waagrecht gelesen, sagt's ein Protestant, senkrecht ein Katholik. Jetzt sind wir genügend vorbereitet, um auch folgende rätselhafte Inschrift zu deuten:

Ist daS nicht ein

närrisch Wesen? hat's vor

Augen und kann'S nicht lesen.

(Ist daS nicht ein närrisch Wesen? hat'ö vor Augen und kann's nicht lesen.) Recht erheiternd wirkt auch die Stellung der Satzglieder auf einem Grabstein: Sie trank, bis sie starb und darunter von Efeu zugewuchert: den Kelch des Leidens. Ein Konzertbericht kam in folgender Weise an das untere Ende der Zeitungsseite zu stehen: „Gestern trat zum erstenmal der Violinvirtuose 36 in unserer Stadt auf und fiel durch" Auf der nächsten Seite ging's dann weiter „vollendete Beherrschung seines Instrumentes auf". Einer schrieb in ein Poesiealbum: Alles Unheil wünsch ich Dir fern, vom Leibe bleibe mir Alles. Unglück treffe Dich niemals, aber denk an mich! und ein anderer: Es lebe die Feindschaft, Es sterbe die Freundschaft, und auf der anderen Seite: Nie in unserm Leben.

Wenn sich die Katze in den eigenen Schwanz beißt So kann also schon die Art der verwendeten Wörter und ihre Stellung im Satz allerlei Unfug stiften. Noch toller aber wird'ö, wenn sich auch der Sinn deö Satzes umnachtet. Wir betreten damit die weiten Gefilde der paralogischen Spielereien, die uns hier natürlich nur so weit berühren, als sie inö Gebiet der Sprachspiele hinübergreifen. Behandeln wir dabei zuerst die harmloseren Fälle und verschieben wir die ganz unheil­ baren auf zuletzt. Leicht kannst du mit den strengen Gesetzen der Logik in Konflikt kommen, wenn du in dem an sich lobenswertem Bestreben, dich kurz zu fassen, zu weit gehst und z. B. inserierst: Ich bitte mein Geschäft nicht mit ähnlichen Schwindel­ unternehmungen zu verwechseln. Oder: Ein Bierkeller wegen Altersschwäche zu verkaufen. Oder gar: Magd zum Melken gesucht. 108

„Amtshalber an nichts denkend" in einem Bericht fällt unö ja weniger auf, da wir beim Amtsdeutsch an so etwas gewöhnt sind. Wenn eine Sterbekasse in ihrem Prospekt behauptet, daß es wenig Menschen gibt, die sich selbst begraben können, hat sie vollkommen recht. Aber wenn ein Wirt ankündigt „Kegelscheiben mit Damen", dann tun uns die betroffenen Damen doch leid. Und dem Büblein, das in einem Aufsatz schrieb „nur ein gesunder Bauer kann gesundes Vieh erzeugen" wollen wir zugute halten, daß er sich der Tragweite seiner Behauptung nicht be­ wußt war. Nicht weniger erheiternd wirkt das Gegenteil der falschen Kürzung, die Tautologie oder die Doppelt­ setzung: Vollständiges Erscheinen jedes Einzelnen erwünscht. Zwei Paar kräftige Doppelzwillinge angekommen. Das ist denn doch zuviel des Guten; denn wenn man sie zusammenzählt, sind's nicht weniger als 16 Stück! Handelte es sich bei den bisherigen Verstößen nur um falsche Begriffe und schiefe Urteile, so treten wir jetzt mit den Fehl- und Trugschlüssen in den eigentlichen Sünden­ pfuhl logischer Verdammnis. Doch zuerst ein Wort über die normalen Schlüsse. Die wissenschaftliche Logik hat da­ für ein geradezu raffiniertes System ausgeklügelt. Ich warne Neugierige. Ganz freilich kann ich den Leser damit auch nicht verschonen. In der Regel wird bei einem Schluß aus zwei Urteilen (Prämissen), nämlich dem Ober- und

dem Untersatz, ein Drittes (Conclusio) erschlossen. Wenn nun in den Prämissen irgendein Fehler steckt, haut natür­ lich auch die Conclusio daneben. Das passiert z. B., wenn zwei völlig gleich geschriebene oder ähnlich aus­ gesprochene Wörter (Witzwörter!) verschiedene Bedeutung haben: Wagen ist ein Zeichen von Mut, Unsere alte Postkutsche ist ein Wagen, Also ist sie ein Zeichen von Mut. Wer raubt, sündigt, Der Gärtner raupt, Also sündigt er. Wenn wir die grammatische Bedeutung eines Wortes mit seiner sachlichen vertauschen, erleben wir folgendes grammatisches Wunder: Die Maus ist ein einsilbiges Wort, Die Maus nagt am Käse, Also nagt ein einsilbiges Wort am Käse. Eine unzulässige Beschränkung deö ObersatzeS auf eine bestimmte Spezies verschuldet den ungalanten Schluß: Alle Gänse haben zwei Beine. Du hast zwei Beine. Also bist du eine Ganö.

Und wie steht'ö mit dem anzüglichen Wirtshausschild, daS ich einmal irgendwo im Allgäu fand? Worin liegt hier die logische Spitzbüberei?

QjIcmtL

öir’tirei luxes mü&tr’?

Daß Hunde Protestanten sind, läßt sich leicht beweisen — denn sie fressen am Freitag Fleisch! Bleiben wir gleich bei den Hunden. Wie leicht kann einer in Gefahr kommen, seinen eigenen Vater zu schlagen, falls er nämlich die Urteile, aus denen die Prämissen bestehen, ungenau faßt: Dieser Hund hat Junge, Also ist er Vater. Er ist aber Dein, Also ist er dein Vater, Und schlägst du ihn. Dann schlägst du deinen Vater. Auch aus negativen Prämissen ergeben sich seltsame Schlußfolgerungen, wenn man das, was nur bedingterund beschränkterweise gilt, verallgemeinert:

Was man nicht verloren hat, hat man noch. Hörner habe ich nicht verloren. Also habe ich Hörner. Eine Katze hat einen Schwanz mehr als keine Katze. Keine Katze hat zwei Schwänze. Also hat eine Katze drei Schwänze. Bei Ausgrabungen in Ninive hat man Draht gefunden. Also kannten die Niniviten bereits die Telegraphie. In Babylon hat man keinen Draht gefunden. Also kannten die alten Babylonier bereits die drahtlose Telegraphie. Wenn die Conclusio wieder zur Begründung der Prä­ misse verwendet wird, beißt sich die Katze in den eigenen Schwanz, und es entsteht der Zirkelschluß oder bet Circulus vitiosus. Papst Alexander VIII. fragte den gelehrten Leo AllatiuS, warum er in keinen Orden eintrete. „Damit ich heiraten kann, wenn mir'S beliebt." „Aber warum heiratest Du dann nicht?" „Damit ich in einen Orden eintreten kann, wenn mir'S beliebt." Warum trinken Sie so viel? Weil ich Schulden habe. Warum haben Sie Schulden? Weil ich so viel trinke. Der Mann tut einem leid. Endlich noch die peinliche Geschichte mit dem HundSrevolver.

Ich muß mir einen Revolver kaufen. Weil ich meinen Hund erschießm muß. Weil ich kein Futter für ihn kaufen kann. Weil ich kein Geld dafür übrig habe. Weil ich mir einen Revolver kaufen muß. Bevor du weiterliest, lieber Leser, beantworte mir doch bitte, noch drei Fragen, die mich schon lange quälen: Wenn ein Stein nicht durch ein Loch geht, ist dann der Stein zu groß oder das Loch zu klein? Bewegt der Hund die Beine oder bewegen die Beine den Hund? Und wer war zuerst da? Das Ei oder die Henne? Zum Schluß noch ein paar Worte über den sogenannten SoriteS oder Kettenschluß. Er benützt die Conclusio eines Schlusses als Obersatz eines zweiten, die zweite Conclusio wieder als Obersatz eines dritten usw. Gut macht Mut, Mut Übermut, Übermut Hochmut, Hochmut Armut, Armut Demut, Demut macht gut. Auch eine hübsche Schulhausinschrift hat die Form eines Kettenschlusses: Lernst was, kannst was. Kannst waS, wirst waö. Wirst was, bist waS, Bist was, hast was.

Und weil du etwas hattest, lieber Freund, kauftest du auch unser Büchlein, das dir hoffentlich recht gut gefallen hat. Mit diesem Wunsch wollen wir unser heiteres Plauder­ stündchen beschließen. Es hat uns gezeigt, daß die deutsche Sprache nicht nur ein Verständigungsmittel ist oder Stoff für literarische und wissenschaftliche Geisteserzeugniffe, sondern auch ein lieber Kamerad, dessen Wendigkeit, Froh­ sinn und Schelmerei uns immer wieder aufs neue in Staunen setzt.

ii4

Ali Baba und die 39 Kamele Ergötzliche Geschichten von Zahlen und Menschen

von Karl Menninger 130 Seiten mit vielen Zeichnungen von Hanna Förster 3. Auflage 1941. Preis RM. 2.60 In einer schriftstellerisch gut durchdachten und amüsant erzählten Form führt der Verfasser eine kleine Zahl von rechnerischen Kunststücken vor. Der tiefere Sinn der kleinen Geschichten liegt nicht nur in der zahlen­ mäßigen Lösung, sondern noch mehr in der lustigen Spannung, mit der der Verfasser äußerst geschickt bis dahin führt, wo man nur noch die Tür aufzumachen braucht, das Ergebnis zu erblicken. Das Türaufmachen soll der Leser allerdings möglichst selbst vornehmen. Wem das Zahlenproblem selbstverständlich oder nebensächlich ist, dem wird das Buch, hat er nur etwas Humor, ein Quell heiterster Freude sein. In derselben Ausstattung unserer Reihe „Fröhliches Denken" erschienen von Dr. Hans Weis ferner:

Die Laterne des Diogenes Anekdoten aus dem Altertum

gesammelt von Hans Weis 86 Seiten mit vielen Zeichnungen von Hanna Förster 3. Auflage 1941. Preis RM. 2.50 Diogenes ist der wahre Vater der Anekdote geworden, der Kurzge­ schichte, die nicht nur lachen macht, sondern die auch den Widerhaken des Nachdenkens in sich trägt. Aus der reichen Fülle dieser Anekdoten eine Auswahl zu treffen, das Unverbürgte soweit als möglich auf das Ursprüngliche zurückzuführen und eine in sich geschlossene, neu erzählte Sammlung darzubieten, ist das Verdienst des Herausgebers dieses Büchleins. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen.

R. OLDENBOURG VERLAG • MÜNCHEN-BERLIN

Iocosa Lateinische Sprachspielereien 4. Aufl. 1941.122 Seiten mit vielen Zeichnungen von Hanna Förster Preis RM. 2.60

Curiosa Noch einmal lateinische Sprachspielereien

3.Aufl. i94i.Etwa 120 Seiten mit vielenZeichnungen von Hanna Förster Preis RM. 2.60 „Ein reizendes Zwillingspaar/ das lachend ins Zimmer springt und dem die Locken ebenso lieblich um die Stirne fliegen wie das Schwämm­ chen der Tafel aus dem gelahrten Schulranzen um die Schultern." Börries Frhr. von Münchhausen

„Seit einem Jahr haben wir die,Jocosa^, das erste fröhliche Lateinbüchlein des Autors, auf dem Bücherbrett. Vor wenigen Wochen sind die /Curiosa^ hinzugekommen, und so stehen sie jetzt beide neben­ einander wie ein guter Kirsch neben einem guten Zwetsch, in einer bevorzugten, rasch erreichbaren Ecke." Münchener Zeitung „Mit Grazie wir finden keinen besseren Ausdruck für den Gegen­ satz zu Pedanterie — ist das Material angeordnet und kommentiert, sind die Unterabteilungen des umfangreichen Gebietes jeweils kurz eingeleitet. Da und dort sind liebenSwürdig-fidele Bildchen von Hanna Förster eingestreut." Frankfurter Zeitung . milites iocosis curiosisque maxi me delectati auctorem de rebus Latinis optime meritum salutant.“ Feldpostnummer 14 445

Zu beziehen durch alle Buchhandlungen.

R. OLDENBOURG VERLAG«MÜNCHEN-BERLIN