Deutsche Jagdtraktate des 15. und 16. Jahrhunderts, Teil 2 [Reprint 2012 ed.] 9783111605395, 9783111230238


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German Pages 216 [232] Year 1959

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INHALT
EIN PUECH ZU DER WAIDMANSCHAFFT
VOGL BUECH
DIE LEHRE VON DES HIRSCHES GESCHEITHEIT UND SEINEM WANDEL. EIN BEITRAG ZUR LEHRE VON DEN ZEICHEN DES HIRSCHES
WAIDBUECH DES HANS PETER VON FIRDENHEIM
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Deutsche Jagdtraktate des 15. und 16. Jahrhunderts, Teil 2 [Reprint 2012 ed.]
 9783111605395, 9783111230238

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DEUTSCHE JAGDTRAKTATE DES 15. UND 16. JAHRHUNDERTS

T E I L II

E I N G E L E I T E T UND

HERAUSGEGEBEN

VON

KURT

LINDNER

W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. B E R L I N 1959

QUELLEN UND STUDIEN ZUR G E S C H I C H T E DER J A G D HERAUSGEGEBEN VON

KURT LINDNER

VI

I N H A L T

E I N PUECH ZU DER W A I D M A N S C H A F F T EINFÜHRUNG

7

TEXT

27

ANMERKUNGEN

63

V O G L BUECH EINFÜHRUNG

73

TEXT

79

ANMERKUNGEN

85

D I E L E H R E VON DES H I R S C H E S GESCHEITHEIT UND SEINEM WANDEL E I N BEITRAG ZUR L E H R E VON DEN ZEICHEN DES H I R S C H E S EINFÜHRUNG

91

TEXT

117

ANMERKUNGEN

129

W A I D B U E C H DES H A N S P E T E R VON FIRDENHEIM EINFÜHRUNG

135

TEXT

163

ANMERKUNGEN

189

EIN PUECH ZU DER WAIDMANSCHAFFT

I Die Reihe der in der Mitte oder zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den Kreisen des Berufs)ägertums entstandenen deutschen Jagdlehrbücher nach der Art der Hohenloheschen Handschrift oder des Werkes des Cornelius Latomus wird hier durch einen dritten, gleichartigen Text fortgesetzt: O St. Florian, Stiftsbibliothek, Hs. XI, 620, Teil 3, Ein Puech zu der Waidmanschafft, Papier, ca. 15931). Die im jagdwissenschaftlichen Schrifttum bisher nicht erwähnte Papierhandschrift wird hier erstmalig veröffentlicht. Sie gehört zu einem Sammelband, der außerdem das gleichzeitig vorgelegte Vogl Buech 2 ) und ein noch unediertes Visch Puech enthält. Es scheint, daß noch niemals der Versuch unternommen wurde, den Quellenwert dieses Jagdbuches zu bestimmen und seinen Inhalt für die Geschichte der Jagd auszuwerten. Das verhältnismäßig junge Alter des Textes bietet zunächst keinen Anlaß für allzu hoch gesteckte Erwartungen. Zwar wissen wir nicht genau, wann die mit ausgeschriebener Hand recht flüchtig angefertigte Handschrift entstand. Da jedoch sowohl das beigebundene, vom gleichen Schreiber stammende Vogl Buech als auch das Visch Puech die Jahreszahl 1593 tragen, darf angenommen werden, daß unser Text, der den sympathischen Titel Ein Puech zu der Waidmanschaflt erhielt, gleichzeitig angefertigt wurde. Bedauerlich ist die Flüchtigkeit, mit der der Abschreiber arbeitete. Streichungen und Auslassungen lassen erkennen, daß ') Albin Czerny, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Florian, Linz 1871, S. 212. ! ) Siehe unten S. 73 ff.

9

er nur nach einer älteren Vorlage arbeitete und für den Inhalt keineswegs verantwortlich zeichnete. Unschwer zu erklären ist der auf dem Titelblatt sorgfältig in Zierschrift vorgesehene Vermerk: Besihe das 6. buch des grossen Feldbaw. Der Schreiber dachte dabei an eine der beiden 1579 und 1580 unter dem Titel „Siben Bücher Von dem Feldbau" erschienenen deutschen Übersetzungen von „L'Agriculture et Maison rustique" der Franzosen Charles Estienne und Jean Liébault, deren 6. Buch tatsächlich dem Weidwerk gewidmet ist. Daß nur eine dieser beiden Erstauflagen gemeint war, ergibt sich aus dem seit 1587 veränderten Titel. Von dieser Zeit an erschien das sehr ausgeweitete Werk als „XV Bücher vom Feldbaw", wobei die Jagd in das 13. Buch verwiesen war. Es ist nicht recht ersichtlich, ob der Schreiber durch diesen Hinweis der eigenen Arbeit nur den Charakter einer Ergänzung geben wollte. Inhalt und Aufbau sprechen nicht dafür. Auch wird ihr Wert durch diesen angedeuteten Zusammenhang nicht beeinflußt. Die Wiedergabe der Vorlage erfolgte originalgetreu, jedoch mit der Einschränkung, das Majuskeln einheitlich durch Minuskeln ersetzt und lediglich an Satzanfängen belassen wurden. Die überreich vorhandenen Satzzeichen wurden beschränkt und dem Sinn entsprechend neu gesetzt. Auch das vokalische w ist stets als w geschrieben. II Das Puech zu der Waidmanschafft zerfällt in vier nur lose aneinandergereihte Teile. Obgleich seine Gliederung nicht ohne weiteres äußerlich erkennbar ist, ergibt sich rasch beim Studium des Textes, daß das ganze Werk, dem kaum irgendwelche Originalität zuzubilligen ist, lediglich aus dem Zusammenfassen von wahrscheinlich vier älteren Vorlagen entstand. Damit ist schon etwas sehr Wesentliches für die Textkritik gesagt: Was 10

uns hier entgegentritt, gehört zum großen Teil nicht in das letzte Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts, in dem die Handschrift angefertigt wurde, sondern in eine wesentlich weiter zurückliegende Zeit. Die vier Teilabschnitte, denen wir unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden haben, betreffen Anweisungen zur Vogelhaltung (Kap. 1 und 2), die Lehre von den Zeichen des Hirsches (Kap. 3 bis 25), die Lehre vom Arbeiten der Leithunde (Kap. 26 bis 34) und einen Katalog sonstiger jagdlicher Anweisungen, wie sie uns ähnlich in anderen Handschriften aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts begegnen (Kap. 35 bis 61). Wenn hiervon auch nur die Lehre von den Zeichen des Hirsches als bekannt vorausgesetzt werden darf, hätten die anderen, bisher unerschlossenen Partien der Handschrift kaum eine Veröffentlichung und Erläuterung gerechtfertigt, sofern nicht der dritte Teil, die langgesuchte Lehre vom Arbeiten der Leithunde, trotz der textlichen Verderbungen, mit denen sie sich in dieser späten Abschrift präsentiert, einen außerordentlichen und unsere Kenntnis von der spätmittelalterlichen deutschen Jagdliteratur wesentlich bereichernden Beitrag darstellen würde. Allein um ihretwillen wurde das Puech zu der Waidmanschafft in seiner Gesamtheit in dieser Sammlung aufgenommen. Es ist zweckmäßig, die Besprechung des ersten, zweiten und vierten Teilabschnittes vorwegzunehmen, um anschließend den dritten über die Lehre vom Arbeiten der Leithunde gesondert zu behandeln und ihm die Stellung zuzuweisen, die ihm im Rahmen einer Geschichte der deutschen Jagdliteratur gebührt. Die zwei ersten Kapitel stehen recht verloren an der Spitze und haben genau gesehen mit dem Puech zu der Waidmanschafft überhaupt nichts zu tun. Durch welchen Zufall sie dorthin gekommen sind, wird sich nur schwer feststellen lassen. Wahrscheinlich waren sie — vielleicht wie so häufig durch spätere Ergänzung auf freien Blättern — in der Vorlage, der der Ab11

schreibet der Handschrift von St. Florian unkritisch folgte, an diese Stelle gekommen und wurden nun gedankenlos als eine wenig passende Einleitung mit fortgeschrieben. Sie hätten viel eher einen Bestandteil des mit dem Puech zu der Waidmanschafft zusammengehörigen, wenn auch selbständigen Vogl Buech bilden sollen, bei dem wir wiederum zu beklagen haben, daß es auch Fragen des Fischfangs behandelt. Es werden in diesen beiden Kapiteln Anweisungen gegeben, wie Misteldrosseln, Amseln, Sing- und Wacholderdrosseln in Vogelhäusern gehalten werden sollen. Dabei ist leider nicht zu ersehen, wie diese Drosseln als Lockvögel für den Vogelfang gebraucht wurden. Durch Schlafentzug, Finsternis und notfalls gelindes Erschrecken mit einer Kuhglocke wurden sie in einer dunklen Kammer zeitweise des Singens entwöhnt. Bestimmte Futtermittel dagegen wirkten anregend auf ihren Gesang. Viel Aufmerksamkeit wurde dem allmählichen Verdunkeln und später dem langsamen Wiedererhellen des Raumes geschenkt. Die Angaben sind sehr lebendig und stammen zweifellos von einem Praktiker. Als Gewährsmann für den überwiegenden Teil wird ein „Bürger zu Nürnberg" genannt. Erst mit der Überschrift „Waidmanschafft zum wildtpret" (fol. 4r) beginnt das Puech zu der Waidmanschafft im eigentlichen Sinne, nämlich als Jagdbuch, das der Titel verspricht. Da später8) über die Stellung der der Lehre von den Zeichen des Hirsches gewidmeten Kapitel 3 bis 25, die als zweiter Teilabschnitt bezeichnet wurden, im Rahmen der ganzen, dieses Thema behandelnden Handschriftengruppe gesprochen werden wird und dabei auch ihre Zuordnung erfolgt, dürfen wir uns hier auf die Feststellung beschränken, daß es sich bei unserer Vorlage um eine vollständige, leider aber sehr verderbte Fassung handelt, die zur

s

) Siehe S. 97—99.

12

Gruppe der x2-abhängigen Texte gehört und der als E bezeichneten Handschrift der Universitätsbibliothek München Ms. 354,8° nahe steht. Das Ausmaß der Textverschlechterungen machte zahlreiche Anmerkungen notwendig, die dazu beitragen sollen, bis zur Unverständlichkeit verderbte Worte zu erklären oder im Satzzusammenhang den gestörten Sinn wieder herzustellen. Es empfiehlt sich jedoch, beim Studium den klassischen Text und seine Erläuterungen heranzuziehen. Der vierte Teilabschnitt befaßt sich in Form meist kurzer Anweisungen mit fünf Wildarten: dem Rotwild, dem Marder, dem Hasen, dem Fuchs und dem Wolf. Er ist keineswegs so fundiert und für die Geschichte der Jagdtechnik so ergiebig wie die entsprechenden Partien der Hohenloheschen Handschrift und kann auch einen Vergleich mit dem Jagdbuch des Cornelius Latomus nicht bestehen. Da es sich aber um Angaben handelt, die — von geringen Ausnahmen abgesehen — anderen Orts nicht wiederkehren, war Grund genug für ihre ungekürzte Wiedergabe gegeben. Nicht zuletzt tragen sie dazu bei, den Eindruck einer gewissen Gleichförmigkeit des lehrhaften deutschen Jagdschrifttums im 16. Jahrhundert zu unterstreichen. Bei den wenigen Kapiteln, die — allerdings nach Vorhergehen der Lehre von den Zeichen des Hirsches und der Lehre vom Arbeiten der Leithunde — dem Rotwild (Kap. 35—40) gewidmet sind, nehmen neben dem noch zur Zeichenlehre gehörigen Kapitel 36 ein Rezept für eine Witterung, mit der Rotwild in die Nähe des Jägers gebracht werden konnte (Kap. 35), und Anweisungen über die Herstellung von guten Salzlecken (Kap. 38 und 39) den meisten Raum ein. Die beschriebene Technik war eine Anstandsjagd mit Schußwaffen. Der Jäger hob eine Grube aus, in der er stehen konnte. Sie mußte weit genug sein, um die Waffe spannen zu können. Diese wurde offenbar beim Schuß auf dem Boden aufgelegt, da die Grube bis unter die Arme reichen sollte. Um den herausschauenden Kopf des Jägers zu tarnen, befestigte man am 13

Grubenrand Zweige von Apfel- oder Birnbäumen in der Höhe einer Elle. In dem einzigen dem Rehwild gewidmeten Kapitel (37) stoßen wir auf „kleine Sackpfeiflein" als Lockinstrumente für die hochsommerliche Blattjagd. Leider ist der Text an dieser Stelle verderbt und offenbar unvollständig. Von den beiden Empfehlungen für die Erstellung eines Geschleifs zum Marderfang im Winter (Kap. 41 und 42) ist uns die erste auch im Jagdbuch des Albrecht Retz überliefert4). Eine Parallele bietet das erste der drei der Hasenjagd gewidmeten Kapitel (43—45), das ebenfalls inhaltsgleich in mehreren Handschriften vorkommt. In der Einführung zur Hohenloheschen Handschrift wurde bereits darauf hingewiesen8). Wesentlich umfangreicher, wenn auch nicht viel ergiebiger sind die dem Fuchs (Kap. 46—51) und dem Wolf (Kap. 52—62) gewidmeten Abschnitte. Wieder handelt es sich um Lockmittel, Witterungen, Geschleife, Giftbrocken und magische Formeln, die bis zum Wolfssegen und zu abergläubischen Schutzmaßnahmen für das Vieh gegen Wolfsbiß reichen. Interessant ist die Feststellung, daß die Zeugnisse über das Zusammenbrauen und Mischen all dieser Tinkturen, Geruchsmittel und Gifte im jagdlichen Schrifttum des 16. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichten. Im 17. wird es, auch wenn das alte Geistesgut noch fortgetragen wurde, sehr viel stiller um diese Dinge und im 18. Jahrhundert machte man sich bereits mit dem Hochmut eines aufklärerischen Rationalismus darüber lustig. Diese Entwicklung spiegelt den technischen Fortschritt auf dem Gebiet der Handfeuerwaffen wieder, der viele Hilfsmittel überflüssig werden ließ, deren die vorhergehende Zeit noch nicht entraten konnte.

*) Siehe oben Vogelfang und Hasensuche, Teil I, S. 24 (Jägerbuch des Albrecht Retz, fol. 88 r). 6 ) Siehe oben Teil I, S. 60.

14

III Wir dürfen uns nun dem weitaus wichtigsten Teil des Puech zu der Waidmanschafft, der die Kapitel 26 bis 34 umfassenden Lehre vom Arbeiten der Leitbunde zuwenden, einem kleinen Traktat, der allein in dieser Handschrift ungekürzt auf uns überkommen ist. Jedenfalls kennen wir vorläufig keinen kompletten Paralleltext. Um die Lehre vom Arbeiten der Leithunde recht einzuschätzen, sei gleich einleitend gesagt, daß es sich hierbei um den bedeutendsten Beitrag zum spätmittelalterlichen lehrhaften deutschen Jagdschrifttum nach der Lehre von den Zeichen des Hirsches handelt. Wenn wir vorsichtigerweise die Entstehung der Zeichenlehre in die Zeit um 1400 verlegen, so dürfte das kleine Werk über die Leithundarbeit in die Mitte des 15. Jahrhunderts gehören. Es sei hier ruhig ausgesprochen, daß die Vorlage dieser Kapitel aus dem Puech von der Waidmanschafft mit dem Gefühl einer gewissen Entdeckerfreude erfolgt. Schon vor Jahren stieß ich im Rahmen vorbereitender Arbeiten für eine kritische Neuausgabe des mit dem Namen Heinrich Münsinger verknüpften Buches „Von den Falken, Habichten, Sperbern, Pferden und Hunden" auf ein diesem Werk nicht zugehöriges Kapitel in einer Heidelberger Handschrift, die uns im anschließenden Bericht über den derzeitigen Stand der Forschung über die Lehre von den Zeichen des Hirsches nochmals beschäftigen wird: Ν Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. Germ. 281, fol. 72ν—76ν, um 15006). Diese Einsprengung, die sich durch ihre äußere Aufmachung als eigener Abschnitt aus Münsingers Werk leicht herauslösen ließ, erwies sich als eine späte Fassung der Lehre von den Zeichen des ') Karl Bartsch, Die altdeutschen Handschriften der Universitätsbibliothek in Heidelberg, Heidelberg 1887, Nr. 141, S. 55/56.

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Hirsches und zugleich als Bruchstück der Lehre vom Arbeiten der Leithunde. Der fragmentarische Charakter war zunächst nicht eindeutig zu erweisen, da Vergleichmaterial fehlte. Er ließ sich aber ahnen. Ich brachte diese Vermutung in einem größeren Aufsatz, der der Wiedergabe und Deutung des Heidelberger Bruchstückes gewidmet war, zum Ausdruck, schob aber die Veröffentlichung immer wieder auf in der Hoffnung, durch einen glücklichen Zufall den ganzen Text zu finden. Diese Freude brachte die Entdeckung des Puech zu der Waidmanschafft in der Stiftsbibliothek St. Florian, das zwar nur einen sehr jungen und leider arg verderbten Text des Traktats von der Leithundarbeit enthält, aber erstmalig in den Kapiteln 26 bis 34 eine vollständige Abschrift bringt und somit ein zuverlässiges Bild von dessen Inhalt und Aufbau vermittelt. Um ihr den rechten Platz im spätmittelalterlichen Jagdschrifttum zuzuweisen, müssen wir uns vor Augen halten, daß nach dem derzeitigen Stand der Quellenforschung auf dem Gebiet der Lehre von den Zeichen des Hirsches ein ungeklärter Zeitraum von eineinhalb bis zwei Jahrhunderten zwischen der ersten Niederschrift des klassischen Textes und der Mehrzahl der abgeleiteten Texte liegt. Verlegen wir die Entstehung der ältesten Fassung in das Ende des 14. oder in die Zeit der Wende des 14. zum 15. Jahrhundert, so vergingen — von der Bearbeitung durch den Freiherrn Kuno zu Winenburg und Beilstein abgesehen — 150 Jahre und mehr bis zur Aufzeichnung jener Derivattexte, an denen wir den Werdegang der Zeichenlehre zu verfolgen gewohnt sind. Diese abgeleiteten Texte aber stellen sich uns in einer so komplexen Gestalt vor, daß bisher nicht erfaßte Entwicklungsvorgänge in der Zwischenzeit mit Sicherheit angenommen werden müssen. Es war an anderer Stelle7) schon möglich, den Kern einer jüngeren Zeichenlehre aus den abgeleiteten Texten ') Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 66—69. 16

herauszuschälen, dessen ursprüngliche Fassung noch nicht wieder aufgefunden werden konnte. Ferner gelang es, die Lehre von des Hirsches Gescheitheit und seinem Wandel zu eliminieren, die uns teilweise schon durch das Jägerbuch des Albrecht Retz — wenn auch ohne die Möglichkeit einer verläßlichen zeitlichen Zuordnung — bekannt wurde, während der Rest als Neuentdeckung zu gelten hat8). Auch sie trägt dazu bei, das hier aufgewiesene Vakuum zu füllen. Mit der Lehre vom Arbeiten der Leithunde wird eine weitere solche Abhandlung ermittelt. Es ist unwahrscheinlich, daß wir sie je als selbständigen Text finden werden. Vermutlich wird sie stets mit einer Lehre von den Zeichen des Hirsches verbunden sein, denn beide uns bekannten Fassungen — St. Florian und Heidelberg — erscheinen als Anhang zu einer Zeichenlehre der x2-Gruppe9). Die Entwicklung läßt sich daraus verhältnismäßig leicht rekonstruieren: Die vielfältig fortgeschriebenen Zeichenlehren enthielten zu verschiedenen Zeiten und von unterschiedlichen Abschreibern Zusätze, die nach Inhalt und Umfang den Charakter neuer, in sich geschlossener Arbeiten trugen. Ein solches Addendum aus der Feder eines jagdlich erfahrenen Praktikers wurde vermutlich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts einer x2-Handschrift angefügt und seitdem in einem davon abgeleiteten Handschriftenstamm fortgeschrieben. Die beträchtliche Zahl der bisher aufgefundenen Handschriften von der Zeichenlehre des Hirsches läßt es sehr wohl möglich erscheinen, daß wir eines Tages auch von der Lehre von der Leithundarbeit eine ältere und weniger verderbte Fassung entdecken. Daß wir diese originelle Leistung aber überhaupt in zwei Handschriften bestätigt finden, trägt schon dazu bei, die schmerzlich empfundene Lücke im deutschen Jagdschrifttum zu Beginn der Neuzeit mit anderen Augen anzusehen. 8)

Siehe unten S. 91 ff. ") Siehe unten S. 108.

2 Deutsche Jagdtraktate II

17

Den Titel für unseren Traktat konnten wir der vom Verfasser selbst gegebenen Überschrift entnehmen. Er nannte seine kleine Arbeit eine gar hübsche 1er von dem gespür, an dem alle khunst am maisten leüth. Alle khunsst leith am arbethen der laidthundt, woraus sich als Kurzfassung die „Lehre vom Arbeiten der Leithunde" anbot. Ob die Gliederung des Textes in neun Kapitel schon ursprünglich gegeben war, sei dahingestellt. Das Heidelberger Bruchstück scheint es zu rechtfertigen, diese Frage — wenn auch mit Vorbehalt — bejahend zu beantworten, doch ist sie für die Beurteilung des Inhalts unwesentlich. Daß über den Verfasser unseres Traktats nichts auszusagen ist, kann nicht überraschen. Die einleitenden Worte, daß jeder Jäger, der jagen wolle, den Leithund selbst arbeiten und keinem ungelernten Knecht anvertrauen sollte10), sprechen für einen erfahrenen Berufsjäger. Der Traktat beginnt (Kap. 26) mit einer sehr lebendig und anschaulich geschriebenen Anweisung, einen jungen Leithund abzurichten. Der Hund wurde anfangs nicht am langen Seil gearbeitet sondern fest an der Fährte gehalten. War diese vom Feld bis zum Holz ausgegangen, wurde sie unter Lobsprüchen für den Hund vor seinem Gesicht verbrochen und bis zum Mittag verlassen. Dann mußte der Hund sie, angefeuert von guten Weidsprüchen, wieder aufnehmen. Ein wichtiger Ratschlag lautete „Greif nicht weit um und nimm den Hund kurz, bis Du klar siehst, daß Du den rechten Hirsch aufgejagt hast". Aber auch dann begann kein fröhliches Jagen. Wieder wurde der Hund nach kurzer Anjagd von der Fährte genommen und erst nach einstündiger Pause erneut angesetzt. „Nur so wirst Du gewahr, was jagen und spüren heißt". Im folgenden Kapitel (27) wird zu erklären versucht, wie sich ein angejagter Hirsch verhält und was zu beachten ist, um ihn nicht wieder zu verlieren. Wir begegnen hier der im mittelalterlichen Schrifttum immer wieder auftretenden Auffassung, daß 10)

Kap. 26, fol. llr"-M. 18

ein verfolgter Hirsch, der sich zu drücken versuchte, seinen Fuß veränderte, um eine andersartige Fährte vorzutäuschen. „Wenn er in Sorgen ist, so macht er den Fuß schmal und kurz. Aber das kommt ihm hart an. Darum entwindet sich ihm der Fuß oft, so daß er seine wahre Natur zeigen muß." Der Jäger sollte sorgfältig darauf achten, ob die aufgenommene Fährte nicht ein besonders charakteristisches Merkmal zeigte, vielleicht eine zerbrochene Schale oder einen kurzen Schritt. Gerade beim Uberlandjagen, der deutschen Form der Hetzjagd, war es nötig, sich an solchen Zeichen zu orientieren, um sicher zu gehen, daß den ganzen Tag über der gleiche Hirsch umgetrieben wurde. Das lange Kapitel 28 spricht vom Verhalten der Jäger, wenn es galt, einen Hirsch von den Tieren zu sprengen und seine Fährte herauszufinden. Feiste Hunde sollten nicht übermäßig durch Jagen angestrengt oder „unbescheiden" geschlagen werden. Ratsam war es, den Leithund unmittelbar nach der Brunft fleißig zu arbeiten, denn da „stinken die Hirsche sehr". An Tagen, an denen er suchen und jagen mußte, bekam er nur wenig Wasser zu saufen. Durch vieles Liegen an der Sonne wurde er an Hitze gewöhnt. Der Jäger aber schulte durch häufige Leithundarbeit seinen Blick für die Feinheiten der Fährte, deren Zeichen erneut, aber sehr viel undogmatischer als in der klassischen Zeichenlehre besprochen werden. Dabei ist auch vom Bett die Rede. „Das Bett des Hirsches ist lang und weit, dagegen ist das Bett der Hinde schmal und kurz. Auch liegt das Wild nicht gern allein. Entweder liegt sein Kind bei ihm oder sein Gespiele." „Wenn Du zu einem Bett kommst, werden die Hunde sehr fröhlich und schreien. So ist es erst recht Not, daß Du genau aufpaßt, um zum richtigen Zeitpunkt die Hunde frei suchen zu lassen, damit Du nicht Schimpf erntest. Wenn die Jagdhunde und der Leithund Laut geben, ist es ein Zeichen, daß Du sie bald anjagen wirst.Dann wird dir das Herz von Natur fröhlich und Du denkst bei Dir selbst, Du habest nun Dein langwieriges Nachhängen und Deine große 19

Mühe und Arbeit überwunden." Eine solche Gefühlsbetonung begegnet uns in keinem anderen mittelalterlichen deutschen Jagdtext noch einmal. Man spürt die echte Jägerfreude, die im Moment des Anjagens der Hunde die vorhergehende Spannung ablöst. Aber gerade in diesem Moment galt es, einen kühlen Kopf zu bewahren. Oft genug täuschten sich die Hunde, weil sich inzwischen ein Tier auf die Hirschfährte niedergetan hatte. „Das riecht ihnen so neu in der Nase, daß man vermeinet, sie seien im Recht. Und wer dann schnallt, der wird betrogen. Verhält man aber und fährt redlich durch das Bett, beschaut auch das Geläuf und sieht die rechten Zeichen, dann kann man getrost und ohne alle Sorgen die Jagdhunde laufen lassen. Da hast Du den Nutzen, der aus der Arbeit mit dem Leithund hervorgeht." Und der Praktiker setzte mit der auf langer Erfahrung beruhenden Überzeugung hinzu, daß man durch diese Arbeit besser lerne, Hirsche anzusprechen, als durch alles Bücherstudium. Die nachfolgenden Kapitel 29 bis 32 sind in erster Linie dem Verhalten, den Zeichen und Lebensgewohnheiten der „bösen", d. h. geringen Hirsche gewidmet. Hatte der junge Hirsch erst Spieße aufgesetzt, verließ er von Natur die Mutter. „Das tut das weibliche Wild nicht, genau wie die Frauen. Die gehen auch gern mit ihren Töchtern und Gespielen." Der junge Hirsch dagegen tat all das gleiche wie ein alter, wenn er die Zeichen auch noch nicht „so vollständig wie sein Vater" zu vollbringen verstand, „Das macht dessen Größe und Schwere, wodurch oft ein junger Jäger irre gemacht wird. Denn ein großer Hirsch geht daher wie ein trunkener Bauer in seinen zwei Bundschuhen". Von Zeit zu Zeit war es notwendig, auch geringe Hirsche anzujagen. „Es sollten diejenigen Jäger nicht Jäger heißen, die nur nach der Größe jagen, sonst muß ein Herr oder eine Frau ihretwegen oft ohne Jagd vom Holz ziehen, da sie die geringen Hirsche nicht ansprechen und sagen, sie hätten nichts gefunden." In seiner bildreichen Sprache fahrt der Verfasser unseres Traktats fort und meint, 20

es gehe mit den Hirschen wie mit den Knaben. „Kommen sie erst in das Alter, in der sie die Mutter kaum mehr achten, so befleißigen sie sich aller männlichen Sachen wie Ringen, Springen und Stechen und laufen zusammen, als wollten sie gerne Ritterspiel treiben." So tummele sich auch der junge Hirsch im Scherz mit seinesgleichen. Im Spiel verschlage und verflechte er sich mit seinen „Zinklein" mit seinen Altersgenossen, im übrigen versuche er alles den alten Hirschen nachzutun. Die geringen Hirsche seien jedoch scharf beschalt, auch schärfer als das weibliche Rotwild. Kennzeichnend für sie seien die langen Afterklauen wie bei einem jungen Pferd. Ein Füllen habe scharfe und hohle Hufe und sei hoch gefesselt. Das gleiche gelte fur den jungen Hirsch. Auch bei ihm sei der Abstand von den Ballen bis zu den Afterklauen weit, obgleich er sich sonst noch „klein und übel" spüre. Mit den Worten „Du hast vormals gehört, daß das Wild dagegen kurze Afterklauen hat", wird auf die vorhergegangene klassische Zeichenlehre unmittelbar Bezug genommen, so daß unsere Annahme, bei der Lehre vom Arbeiten der Leithunde handele es sich um ein Addendum zu dieser, durch den eigenen Wortlaut bestätigt wird. Im Kapitel 33 ist eine kleine, aber sicher sehr lebensnahe Bemerkung für die Beurteilung des Verfassers unseres Traktats wertvoll. Er erzählt uns : „Auch scheuen etliche Jäger, sonderlich die guten und alten, auf ihrer Jagd und bei ihren Vorsuchen die Warten" — gemeint sind die Relaisstationen, auf denen beim Überlandjagen Hund und Pferde gewechselt wurden — „weil sie erst nach einer Wartezeit die Jagdhunde schnallen und jagen lassen dürfen. Sie tun es deshalb, weil sie nicht wollen, daß die guten Jäger währenddessen in ihren Besuch", — also ihren Dienstbereich im Revier — „kommen und dieser von ihnen geschändet wird". Dies scheint ein deutlicher Hinweis zu sein, daß wir den Autor in den Kreisen des Berufsjägertums, möglicherweise in gehobener Stellung, zu suchen haben. 21

Das junge weibliche Rotwild wird im letzten Kapitel (34) mit den „Töchterlein oder Maidlein" verglichen und damit in Gegensatz zu den turnierfreudigen Knaben gestellt. Wie die Mädchen blieben auch die Wildkälber gern beieinander, nahmen ihre Äsung zusammen und trieben ihre spielerischen Scherze. Das Mutterwild habe dagegen genug mit der eigenen Ernährung zu tun, wenn es dem Kalb genug zu säugen geben wolle. Obgleich ein natürlicher Schluß der Abhandlung nicht erkennbar ist, dürfen wir annehmen, mit dieser Fassung den ungekürzten Text vor uns zu haben. Um ihn recht beurteilen zu können, muß man ihn mit der rohen und unbeholfenen Sprache der klassischen Zeichenlehre vergleichen. Eine Gegenüberstellung läßt sogleich erkennen, welch entscheidender Schritt vorwärts mit der Lehre vom Arbeiten der Leithunde getan war. Hinter diesem kleinen Werk stand, so scheint mir, ein Mann von höherem Bildungsstand, vielleicht auch von höherer sozialer Stellung. Ihm flöß das Wort leicht in die Feder. Er schrieb einen viel flüssigeren Stil. Seinem Wesen nach war er weniger dogmatisch. Wir können nur bedauern, daß er uns kein umfassenderes Jagdbuch geschenkt hat, in welchem sein ganzes Wissen über die Rotwild) agd, vor allem seine Erfahrungen auf dem Gebiet des Überlandjagens, ihren Niederschlag gefunden hatten. Wahrscheinlich wäre er ein deutscher Du Fouilloux geworden. Um der starken Textverderbung, der die Lehre vom Arbeiten der Leithunde bis zu ihrer Aufnahme im Puech zu der Waidmanschaflit (O) ausgesetzt war, soweit wie möglich zu begegnen, wurde parallel zu der dort überlieferten Fassung der vollständige Heidelberger Text (N) wiedergegeben11). Durch die Gegenüberu ) Bei der Transkription des Cod. Pal. Germ. 281 wurden die wenigen unregelmäßig eingestreuten Majuskeln durch Minuskeln ersetzt. Da der Schreiber keinen Unterschied zwischen u und ü machte, mußten Ermessensentscheidungen Platz greifen.

22

Stellung der beiden Handschriften sind zahlreiche Verbesserungen möglich, so daß wir dem Ziel eines bereinigten Textes einen guten Schritt näherkommen. Freilich zeigt sich, daß auch Ν reich an Fehlerquellen ist und selbst häufig der Korrektur durch O bedarf. Der in Ν erhaltene Teil des Traktats entspricht den Kapiteln 26 bis 30 in O. Es fehlen die den Schluß bildenden Kapitel 31 bis 34. Die Heidelberger Handschrift enthält also dem Umfang nach knapp drei Viertel des gesamten Werkes. Für den Cod. Pal. Germ. 281 wurde ein in Süddeutschland häufig nachgewiesenes, aus dem letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts stammendes Papier verwendet. Der demnach um 1500 geschriebene Heidelberger Text ist somit die ältere Fassung der Lehre vom Arbeiten der Leithunde. Das Ausmaß der sprachlichen Verderbungen spricht jedoch auch bei ihm für eine vorhergehende längere Handschriftentradition. Es dürfte wohl die Annahme zutreffen, daß die Leithundelehre spätestens um die Mitte, vielleicht auch schon in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden ist. Die Erwähnung des Bundschuhs als bäuerlicher Fußbekleidung und die altertümliche Ausdrucksweise schlechthin sprechen für das höhere Alter. Ein Vergleich mit den bekannten abgeleiteten Texten der Lehre von den Zeichen des Hirsches12) führt nun zu der überraschenden Feststellung, daß das Kapitel 27 aus O im Jägerbuch des Albrecht Retz (V) wiederkehrt, ferner eine ganze Anzahl von Berührungspunkten mit der Wolfskeelschen Handschrift (T) gegeben sind, darüber hinaus aber ein Zusammenhang mit dem im Jahre 1610 bei Georg Leopold Fuhrmann erschienenen Büchlein „Jägerkunst vnd Waidgeschrey" (K) festgestellt werden kann. Damit werden erstmalig verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Handschriften Τ und V und dem frühen Druck Κ außerhalb der diesen

1! )

Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, Kap. VI—VIII, S. 54—93.

23

dreien gemeinsamen klassischen Zeichenlehie ermittelt, die bisher unerkannt geblieben waren. Zwei Erklärungsmöglichkeiten bieten sich für das im Jägerbuch des Albrecht Retz erscheinende Bruchstück an. Entweder entnahm Retz eklektisch arbeitend die abgeschriebene Partie einer vollständigen, wenn auch offenbar schon sehr verderbten Handschrift der Lehre vom Arbeiten der Leithunde und ließ den weitaus größeren Rest beim Abschreiben entfallen. Oder er hatte nur einen unvollständigen Text zur Verfugung und war sich des fragmentarischen Charakters seiner Vorlage selbst nicht bewußt. In beiden Fällen wird das von der Persönlichkeit des Albrecht Retz gewonnene Bild hierdurch nicht eben günstig beeinflußt, da wir diesem schreibfreudigen Jäger bislang eine gewisse Originalität nicht absprechen mochten, nun aber mehr und mehr sehen müssen, daß es sich bei seinem Jägerbuch weitgehend nur um eine Sammlung älterer Vorlagen handelt13). Der Vergleich mit der Wolfskeelschen Handschrift ergibt zwar eine weit größere Zahl von Berührungspunkten zwischen O und Τ als zwischen O und V, aber die beiderseitigen Formulierungen weichen doch recht erheblich voneinander ab, ganz abgesehen davon, daß die korrespondierenden Stellen häufig in anderem Zusammenhang erscheinen. Interessant ist es, die hier erstmalig klar faßbare Verwandtschaft mit dem schon an anderer Stelle erwähnten Kapitel über die Leithundarbeit in „Jägerkunst vnd Waidgeschrey" konstatieren zu können. Dieses kleine Büchlein wurde schon früher14) wegen seiner Bedeutung für die Geschichte des klassischen Textes der Lehre von den Zeichen des Hirsches behandelt. Dabei fehlte nicht ein Hinweis15) auf jenes Kapitel über die Leithundarbeit, la )

Siehe auch unten S. 111 u. 113. ") Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 27—30. 15 ) Ebenda, S. 30.

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das bisher auf keine Vorlage zu beziehen war. Bei der Anlage des kleinen Werkchens und dem Vorgehen seines Herausgebers Fuhrmann konnte es aber keineswegs als originell angesehen werden. Zu unserer Überraschung stellt sich nun heraus, daß dieser Abschnitt wörtlich mit dem in O überlieferten Kapitel 26 übereinstimmt, also nichts anderes als ein Bruchstück der Lehre vom Arbeiten der Leithunde ist. Das verwandtschaftliche Verhältnis kommt schon in dem sehr ähnlichen Titel „Vom spüren der Laid Hund" zum Ausdruck. In der zweiten, im Jahre 1616 ebenfalls bei Georg Fuhrmann in Nürnberg erschienen Ausgabe18) finden wir das gleiche Kapitel17) wieder, jedoch um einen Anhang erweitert, der mit dem hier freigelegten Traktat über die Leithundarbeit keine Berührungspunkte aufweist. Da diese allerdings auch sehr verderbte Version des Kapitels 26 in keinem der vorgelegten Derivattexte zur Zeichenlehre vorkommt, wurde sie gleichfalls hier beigegeben. Bedauerlich ist, daß es sich sowohl bei O als auch bei Ν um schlechte, an einigen wenigen Stellen nicht einmal ganz verständliche Texte handelt. Allem Anschein nach haben wir bei diesem Traktat allenthalben über eine unbefriedigende Uberlieferung zu klagen, denn der Vergleich mit den Parallelstellen in Τ, V und Κ ergibt ein wenig erfreuliches Bild. Wir können nur wünschen, daß im Laufe der Zeit eine bessere Handschrift gefunden wird, durch die die nach wie vor bestehenden Ungereimtheiten ihre Erklärung finden. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß wir von der Lehre vom Arbeiten der Leithunde nur einen einzigen vollständigen Text im Puech zu der Waidmanschafft (O, Kap. 26 bis 34) kennen, daß die Heidelberger Handschrift Cod. Pal. Germ. 281 (N) ein umfangreiches Bruchstück (Kap. 26 bis 30) enthält und im Jäger") Vergi. Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 95—96. ") Fol. ΒΙΠΙν—Β Vr. 25

buch des Albrecht Retz (V) das Kapitel 27, in dem 1610 in Nürnberg erschienen Büchlein Jägerkunst vnd Waidgeschrey das Kapitel 26 wiederkehrt. Während diese vier Texte auf eine gemeinsame Urschrift zurückgehen und unter sich eng verwandt sind, weichen die Parallelstellen in der Wolfskeelschen Handschrift (T) erheblich ab. Sie stellen eine Überarbeitung der gleichen Quelle dar. In unserer Veröffentlichung wurde das Vorkommen bestimmter Textteile in den erwähnten Handschriften durch Verweise kenntlich gemacht. Sehen wir von dem einzigen, offensichtlich versprengten Kapitel ab, das durch Zufall in Jägerkunst vnd Waidgeschrey geriet, würde die Lehre vom Arbeiten der Leithunde niemals gedruckt. Sie blieb ohne Einfluß auf die deutsche Jagdliteratur der nachfolgenden Zeit.

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EIN PUECH ZU DER WAIDMANSCHAFFT

Stiftsbibliothek St. Florian Hs. XI, 620

Besihe das 6. buch des grossen Feldbaw. // (1.) V e r m e r c k h t , so man die g r o s s e » v ö g l w i l l ir v e r h a l t e n , a l l s schnerer 1 ), a m s c h l v n d t r o s c h l , so s o l l man sy nur d e s s t o eher e i n s e c z e n , d i e , so g u e t sein. Vnnd wann dw sy wildt erstlich einseczen, so solts dw lannge, s grosse voglheüser haben von dreyen springen, vnd die vögl darjnn verhalten. Dw sollest auch den vogl erst seczen, wann er woll in dem gesang ist vnd vasst anheben will, zusingen. So thue jne in das voglhaus vnnd seczn in ain fünstere Stuben oder khamer, das sy 10 khainen stickh 2 ) nit sehen. Auch für vnd für behalts in der finster bis dw sy widfrumb herfür wilt thun. Das ist vmb S. Jacobs tag 3 ) vnnd nit ehe. Vnd wann dw sy herfür wilt thun, so muest dw sy in dienere voglheüser thun, die nit so lang sein alls die heüser, darjnn man sy verhalten. Dann wann sy halb so lang sein, so 15 sein sj recht. Es sol auch der vögl speiß gar sauber vnd mit fleiß woll gemacht sein, das sy nit saur werthe, mit milch angemacht. Alle tag zwaymall zw essen geben vnd sauber ausraumen vnd die speisscherpen4) oder nüeschl 6 ) sauber auswaschen mit frischem 20 wasser .// Vnnd bewhars woll vor den meisen, das sy nit in die iv scherben prunczen oder scheissen, dann sie sterbe« dauon. Vnnd man gibt jnen zw morgens bej dem liecht vnd das anndermal am abent auch bej dem liecht, dann manicher vogl hebt erst in der 29

nacht an zw essen, der bej dem tag gar wenig isst. Vnd zw mall, 5 so es zum sumer die haissen täg hat, so mueß man jnen voraus woll wartten, dann sy seind nindert8) schwecher vnd khrenckher, dann in den haissen tagen. Darumb, so mueß man offt zw jnen schauen. Dieweill sy in der finster sein, so hiete dich, das dw khain tag schein oder liecht an sy last scheinen, dann sy nemen schaden 10 dauon. Den vögln soll man geben halspain7) vnd prein khleüb 8 ) mit milch angemacht. Vnd schaw vleissig, das es jnen nur nit saur werd, dann es wird gar gern saur, voraus jm sumer. (2.) A i n annder mainung hat mich ain b u r g e r zu N ü r m 15 b e r g g e l e r n t . Zum ersten, so man vogl verhalten will, so soll man zuuor wissen, ob sy singen oder guet sein, dann es ist khain pesserer vogl zuuerhalten, dann die von jugentauf werden erzogen von 2r dem nesst heer, alls schnerer, ambschl vnd troschl. // Laß sy nit zw hanndt in das gesang khomen, sy wurden sonnst zw girig, vnd khundt sy niemandt erstillen. So man sy hert singen, so soll man ainen nach dem anndern hinvnndter thun in ain finstere khamer o dir gwelb vnd vermachen, s das die meiß nit mit jnen essen vnd das sy dennocht lufft haben. Vnd ye khelter sy steen, ye minder sy singen. Vnnd solt jnen zw essen geben zwaj taill halspain vnd den drittentail preinkhleib durcheinanncUr gemengt vnd mit milch angemacht, die nit saur sej, vnd die geringst, so man gehaben mag. Vnd so sy in der finster io sein, mag man sy woll [stellen]9) auf ain pruckh10), so man am weitesten hat. Vnd [das] das gemach, darjnn die vögl seind, nit dempfig sej, dann sy nämen sonst schaden. Wolten aber die vögl in der vinster so hart singen, so henckh ain glockhen oder khüescheln11) in das gemach, vnd laß ain strickh durch das gemach is geen. Vnd so die vögl singen, so leütte jnen vnd erschreckh sy. So schweigen sy stil.

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Vnnd hab acht, das jr speiß alzeit frisch sej. Vnd wenn s y schimlig oder schmeckhent wirdet, so verderbt man die vögl damit. // Vnnd thuet man guet vögl hin hinder vnd wardt jrer fleissig, so 2 τ khumen sy guet widerumben herfür. Man darf jnen khain anndere speiß geben, dann wie geschriben ist. Dw wellest jnen dann das essen mit pösserer milch anmachen vnd thue jnen ain wenig magen12) oder olkhuechen auffs clienest 5 geriben darunter. Ob dw wildt, das sy bald sing«», so nimb das weiß von ainem ay darundter gehackht, so werden sy begirig. Man macht sy aber gar verschleckht damit. Das versuech erst, so ain vogl nit singen will, so dw jne herfür thuest. Dw würdest sy nimermer pesser verhalten, dann wie an 10 yeczt geschriben ist. Vnnd wann dw die singenden vögl in die finster thuest, so muest dw sy bej weillen in die finster bringen, nemblich alle tag, ye lenger, ye paß13), die fennster zuethun bis vngeuerlich auf 8 oder 12 tag, damit es erst gar finster werth. Man thuet es auch darumb, 15 damit die vögl das springen in dem voglhaus gewonen vnd die speiß wissen zesuechen vnd das trinckhen, sonnst wirdet der vogl schadhafft oder stirbt gar. // 3r Gleicher gestalt muest dw auch thun, wann dw sy herfür wild thun, so muest mit der weill die fennster auf thun vnd erstlich gar wenig liecht an sy scheinen lassen, auf das sj nur ainen schein haben, vnd darnach ye lennger, ye paß, vngeuerlich auf acht oder 14 tag. Vnd alsdann, so dw sy gar herfür hast gethon vnd in 5 ander? voglheüser geseczt, so thue sy nur nit an den lufft oder an die sunnen, dann sy erplinden nur gern dauon, oder nemen sonst schaden. Alain bej der weill thue sy an das wetter oder lufit vnd zumal hüette dich, das dw nit die vögl an dem weter, so es donnert, herforn last steen, oder so es himlizt14). 10 Dann das schadet jnen gar hardt in dem khopf vnd sterben gern darnach. 31

Vnnd so sich die singenden vögl haiser gesungen heten oder abgesungen, das sj nitmer heel16) wolten sein, alls wie man sy herfür 15 gethon hat, so gib jnen ain tag oder zwen guete milch, die nit saur sej, zw trinckhen, so werden sy widir hell dauon. Das thue albeg vber 14 tag ain mal. Es schadt in nit, so mans nur nit zuuil treibt. ¡I 3ν Man gibt jnen auch woll vndter jr speiß ain clainen gefätten sant, so der vogl haiser wolt werden. Dauon werden sy auch heel vnd die speiß durcheinannder gemischt. Allen grossen vögln alls khrametuögl16), schnerer, ambschl vnd s droschl, den gib zwen tail gersten rendi17), ain taill preinkhleib mit milch, die stieß sej, angemacht, vnd laß in alle tag ausraumen. An der zeit, wann sy sollen maussen, so rauff in die langen federn aus vnd vberstreich sj schön mit flacher hanndt die clainen federi von jnen. // 4r

Waidmanschafft zum wildtpret. (3.) Erstlich merckh, wie man spürn vnnd j a g e n , auch wie man ain hirsch in der faistn suechi» soll.

Zum ersten soll man in suechen bej den rechten samfeldern18), s wie die gäcz19) ligen vnd anstossen das rockhen, fesen20) vnd habern, da wonen sy gern jn. Doch sein rockhen die pössten gäcz. Bej diesen gäczen soltw suechen in der rechten faisten. Dw solts auch suechen auf der prach vor den sambfeldern, da io ist jr wonung auch gern. Dw soltest auch suechen auf den rechten wegen in den sambfeldern, da geent sy auch gern. Dw solts sy auch suechen zw den zeillen in den feldern21). Suech in den prenden, da haben sy auch vili wanndlns in. Diß suechen in der faisten ist das pösst suechen. 32

(4.) Ain hirsch in der prunfft zesuechen. // Zum ersten suech jne, wo dw wildt waist in den feldern, da sein sy gern bej den hinden. Dw soldest jne auch suechen an den vorhölczwn hin. So geen sy auch gern, wie dw waist, von aim holcz oder waldt in den anndwn. Alda hab auch dein besuech. Jn den weingartten, da ist jr wonung auch gern, auch in den veldern auf den wegen. Dw soltest auch suechen zw der soll22), wo dw die waist, da ist alles wildt gern, hirschen vnd hindt, wann es in der rechten prunfft ist. Darumb suech wo dw wildt, da dw mainst, da sy gern sein. (5.) Wie man den hirschen von einer hinden erkhennen soll. Das erst zaichen ist, so er zw gäcz geen will vnd sich damit gewaidt hat, so trapt er paid, alls ob er für sich in den waldt wöll vnnd thuet ainen widirganng vnnd geet in den vorholczern hin in das hochholcz vnnd in den hohen // lauttern hölczern hin biß in die sunn wolgetruckhnet hat. Alsdann geet er, wo er dickh faist holcz hat oder waiß. Da bestett23) er sich vnnd bleibt da. Das haist des hiirschen waldtung24). Wo dw das siehst, das wiß dabej, das ein hürsch hat gethon. (6.) Die hindt zu erkhennen. So die hindt von dem gäcz geet, so geet er25) für sich in den waldt vnd suecht die holcz faissten, vnd schleußt von ainer Stauden zur anndern vnd bestät sich in khainem faisten holcz. Darbej soltest dw merckhen, das es ein hindt sein, dann der hürsch mag nit also thun, dann er mueß die weidten haben. Die hindt hat ainen spiezigen fueß. Vnd wann sy geet, so geet sj mit ainem ragenten fueß vnd ainem schlechten fueß, vnd hat 3 Deutsche Jagdtraktatc Π

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ainen khurczí» schritt vnd ist eng hinden zwischen den alten cloen26). Vnd das alt cloe steet für sich vnd ist eng darinn vnnd spiczig. Bej den zaichen merckh vnd erkhenn ein hindt. (7.) D a s glaidt 2 7 ). // Mer die zaichen des hürschen. Zu dem ersten, wann der hürsch in das holcz geet vnd so er das laub vnd holcz berüert mit dem gehürn, das zaichi« haist das glaidt oder das waiderlich28). Dasselbig zaichen soltst mit fleiß beschauen, dann es thuets khain hindt mit den ohren. Dw soltest auch sehen, wo der hürsch mit dem gehürn hab ab dem paumb geschlagen. Wann er schlecht dickh an die paumb mit dem khürn29), wann er sich gefürbt30) hat, das ist ain guet zaichen vnd haist geschlagen. Dw soltst wissen, wann der hürsch zu ainem scheerhauffen31) khombt oder ameshauffen, so zerfürt sy der hürsch gern mit den füessen vnd mit dem gehürn. Dabej merckh, das es ein hürsch hat gethon. Das zaichen haist man das rüeren. (8.) A b d r i t t . Merckh auch mit fleiß, das ein yedlicher hürsch fösster in die erdt tritt, dann die hindt. Dabej soltst dw abnemen vnd maisterschafft lernnen, dann es ist auser massen ein guets zaichen.// Dw soltest auch merckhen, das jeder hürsch weiter springt dann ein hindt. Wo dw die zaichen findest, so wiß, das es ein hürsch ist. (9.) W e i t e r v o m a b d r i t t . Dw soltst auch schauen, wo das graß abgetrete» sej, so dw ein fart erspürest, dann der hürsch tritt das gras ab eben alls hab mans mit einem scheermesser abgeschniten, vnd thuet es hinden mit den paln vnd allenthalben mit den füessen. Das mag khain hindt 34

nit thun, wiewol sis auch ye zuzeiten abtritt, so sich doch das gras, gleichsam sey es abgemürbelt oder abgemäth. (10.) Der beytritt.

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Dw soltest auch gar eben vnd mit vleiß luegen vnd schauen, wo dw die hindern fließ bey den fördern siehst, das sy gleich beyeinannd/r steen, vnd khainer für den anndern geet. Das ist ain guets zaichen, dann es mags khain hindt thun. Darumb, wann der hinder // fueß bej dem fördern steet, so magst in woll für ein 6τ hürschen ansprechen. (11. Das plenndten, erelein 3 2 ) oder abeiln. Dw soltst gar eben schauen, wo dw erspürst, das der hürsch tridt mit dem hindern fueß in den fördern, das sj gleich miteinanncUr sein, samb sey es nur ein fueß. Etwo tridt er mit dem 5 hindern für den fordern. Das ist gar ein gewiß zaichen vnnd haist das plennten od^r ehrelein, welches dw wildt, vnd ist darumb, wann er plendt den fordern fueß mit dem hindern. Vnd das er mit dem hindern für den fordern fueß tridt, das haist das erelein. Das sein one zweifl guete zway zaichen. io 33 Ain hindt tridt auch mit dem hindern gespür ) in das forder, aber nit als völlig alls der hürsch. (12.) Das zwenhen 34 ). // Merckh ain guets zaichen. Der hürsch geet albeg mit geschloss- 7r nem füessen oder mit gezwungen füessen, das er zwischen dem spaldt nichts ausleth. Das mag ain hindt nit thun, wann sy mag jren fueß so vasst nit zwingen. Jr geet albeg etwas darzwischen aus. 5 (13.) Das vademlenn. Merckh weiter von des hürschen fueß, was er mer für zaichen damit thuet. Jm geet zwischen dem Spalt, mit35) in dem fueß ain 35

ciain spalt aus, vnd geet gleich mitte» durch den fueß heer, alls io sej es ein fadenlein dahin gezogen, vnnd ist ails gros alls ein faden. Das mag khain hindt nit thun, dann der hinden fues ist gar groß vnd vngeschaffe«. Die gueten jeger haben gar grossen glauben daran, dann wo man sy also spürth, sein sy gar gewiß. // 7v

(14.) D a s puel 3 «).

Auch geet jm mittl in dem fändlein37) aus, alls groß alls ain haslnus, vnd vnndter weillen clüener38) alls ein arbeß. Das zaichen ist guet vnnd gewiß. 5 Merckh, wie des hürschen fueß geschaffen sej. Dir ist voran stumpf vnnd schmal vnnd gewelbt wie ein wolgeschliffner scharsach voran, so ist er hinden spiczig vnnd vngeschaffen. Dabej merckh, das es ein hürsch sej, dann khain hindt hat ain solchen fiies alls der hürsch. Es ist auch des hürschen fues lanng vnd praidt, io vnnd der hindt khurcz vnnd schmal. (15.) D a s feslein. Nun merkh aber mit fleis, das des hürschen fueß, wann er den fueß also tringt 39 ) vnd zwingt, auch vasst beschlossen hat, so geet jm vornen aus dem spalt ain ciain ding, das ist hördt vnnd 8t dinn alls ein laub, vnd ist recht geschaffen alls ein feslein. Das // jst ain gewiß zaichen, man sieht es aber selten. Wann dw es aber sichtst, so sprüch jne sicher für ein hürsch an. (16.) V o n dem r i c k h v n n d der alten khlo. Der hürsch hat hinden groß pallen vnd ist von den pallen bis 5 auf die alt clo oder oberclo weit von einannder vnnd sieht auswerez. Vnnd wo er dann hördt40) tridt, so ist es recht alls ob man zwen taumb darein hab truckht. Vnnd ist das alt clo stumpf,

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vnd sein dem hiirsch die pallen hinden weith. Das ist auch der aller pessten zaichen ains, so es auf allen gespürn ist. (17.) Nun m e r c k h v o n der h i n d e n rickh.

ι

Der hinden pallen sein ciain, vnd ist zwischen der pallen enng biß an das alt clo, vnd // (vnnd) ist auch enng zwischen dem alten clo, welches an dir hinden einwercz sieht, vnd ist dinn, spiezig vnnd ciain. Dabej merckh, das es ein hindt ist. (18.) V o n der f a r t h v n d s c h r e n n c k h i » . Jtem wo der hürsch hin geet, so ist sein farth gleich alls ob jr zwen weren, vnnd ist doch nit mer dann ainer. Er schrennckht 5 mit dem fueß die schridt vbereinanndir, so geet die hindt schlechtigclich für sich vnnd seezt die fueß aneinanndir gleich. Das thuet der hürsch nit. Das ist auch ain guets zaichen. // (19.) V o n dem g r i m e n o d e r das p u r c k h s t a l . Nimb war einer 1er aines gewissen zaichens, so jeh dir sagen will. Der hürsch schleich, gee oder stee, so mueß er das zaichi» thun, darumb merckh darauf. Der hürsch tridt hinden vnd vornan gleich in den hert oder erdt. Nun scheubt er mit dem pallen die 5 erdt hinfür. So zeucht er fornen mit den füessen an sich ein michels pröckhl vnd wirdt im dann mitten jm fixes ain pichl von der erden. Vnnd wann dw den püchl siehst, vnd das er hinden vnd vorn gleich getretten hat, so sprich jn sicher für einen hürschen an. Das zaichen nennen die gueti« jeger das grimen, darumb, das er vornen mit den füessen die erdt an sich zeucht vnd hinden mit den pallen von jm scheubt. Dauon wird ein pichl. Auch sprechen etliche jeger, es haiß das purgstal. Das ist darumb, wann es ein zimlicher pichl ist. Vnnd wo dw den // pichl siehst, 37

das thuet ein hürsch vnnd khain hindt. Ist auch der pössten zaichen ains. (20.) Von der hinden. Die hindt mag khain püchl mitten jm fueß machí» alls der 5 hiirsch. Sy auch vornen vnd hinden nit gleich treten, noch die erd an sich ziehen vnnd von jr schieben, dann sy geet albeg mit ragendem vnnd schlechtem fueß. Sj mag nit alls völigclich gemallen alls der hiirsch vnnd jr gemäl ist albeg vngeschaffen.41) Dann wann dw den hiirschen spüren wildt, so ist sein gemäl 10 albeg hübscher vnd lustiger alls der hindt. (21.) Das hirschen jnnsigl. Wann der hürsch in ledigem erdtrich geet, so schütt er sich, vnd wann die erdt naß ist, so würfft er den schuech ganncz von jm. Das ist ein guets zaichen vnd ist des hürschen inngsigl. Das is ist das grimen, das fädemlein, das vaslein, das plennten, das ehrei0r lein vnnd alles, das ein hürsch thun mag, darinnen gemalt // findt. Dabey man einen hürschen in seiner fardt erkhennen sol, das vnd was er mit dem fueß thuet. (22.) Wilst du ein gueter jeger werden, so schaw f l e i s s i g mit sambt dem laidt hundt auf die erden. 5

Vnnd jag die farth offt mit laidhunden, so muestu manicherlaj zaichen erfaren, die jch dir nit alle zaichen völligclich fürschreib«« khan. Darum biß vnuerdrossen. (23.) Von dem glaß 42 ).

Des hürschen glaß ist groß vnnd eckhet vnnd zapffet vnd io hanngt in einanndir alls ein pater noster vnd ist ein wenig dickher dann ein speibeth43) vnnd ist simel44) alls ain häller. Der hindt glaß ist simel vnnd ciain, recht alls ainer gaiß. 38

W o der hürsch bej einer hindt ist, so geet er // ain halb neben der iov hinden einig besonnder, vnnd geet albeg geschrennckht alls jr zwein sein. Die hindt geet jren gannckh nacheinanndw. So geet der hürsch, wenn er bej der hinden ist, albeg neben jr vnnd hinden. Dabej merckh, das es ein hürsch ist.

5

(24.) W i e m e n die h i r s c h e r k h e n n e n sol. Wann ain hürsch auf schroferigem 45 ) landt oder reisendem sandt, schnee oder erdterich geet, so nimb war seines schrits, dann er schreitt vili weiter dann ain hindt vnd gar geschrennckht samb sein jr zwen. So schreidt ein hindt enng vnd schlecht für η sich. Vnd lueg nach dem glaß in dem sehne, reisendem erdtrich oder sannt, alls jeh vorgeschriben hab von dem glaß, wie das geschaffen ist. Jtem, wo der hürsch in ainem sehne stalt, so stalt er neben sich aus der farth. Das thuet ein hindt nit, sonnder sy stalt in die farth 15 alls ein windin4®). Das thun auch fux, hasen vnnd anndere thüer. ¡I (25.) W a n n ein h i n d t o d e r ein s t u c k h w i l d t ain h i r s c h

in

k h a l b t r e g t o d e r ein wildt. Wann ein hindt ain hürsch khalb tregt, so hat sy das zaichen an jr. Sj geet zw einem gäcz, das ist ein fauller paumb 47 ) vnd isst das gar geitigclich48), dann der hürsch issts zumal gar gern faul s paumb. Aber die hindt isst die fawllen paumb nimer nit, dann alain sy trag ein hürschen. Vnnd dabej magstw wol erkhennen, wanns ain hürschen oder ein hindt tregt. Wildw aber erkhennen, ob ain hürsch oder ein hindt ab dem faulen paumb geessen hab, so merckh es dabej : Sein die zeen eben 10 abgepissen, so hat es ein hürsch gethon. Sein sy aber schrembs abgepissen, so hat es ein hindt gethon, die ein hürschen tregt. Das ist ein guets gewiß zaich«». 39

(26.) M e r c k h g a r h ü b s c h e 1er v o n d e m g e s p ü r , a n d e m is a l l e k h u n s t a m m a i s t e n

leüth.

Alle khunsst leith am arbethen der laidthundt. >1 Z u m ersten soll ein yetlich«r jeger, der jagen wil, seinen laidthundt

selber arbethi» vnd khainem vngelerti« khnecht darüber

il τ trauen F . // E r sol am ersten arbeten in der vassten 4 9 ), so es gar truckhen vnd thürr ist, wann er die ferth vnnd lauff 60 ) nit wol gesehen mag. So soll er auf die örtter der haidn geen, da nit groß wildfuern sein, vnd soll sich fleissen, das er dem holcz nit zw nahet grieff vnd den ferthen aus dem feld geen holcz weit nach far. Universitätsbibliothek Heidelberg, Cod. Pal. Germ. 281. 72t

Noch gar eyn hübsche 1er von der spur, do alle kunst am maysten an leyd, als an dem arbaiten der leydhundt. Item zum ersten soll ein jglicher gesell, der jagen will, lernen einen leydhund selber arbeitten vnd keinen vngelerten knecht dorüber getrauen, nun 5 wie er jne arbeitten soll, ehr soll jne zu dem ersten arbeitten jn der vaisten, so es gar druckenn vnd dürr ist vnd er der fart vnd lauff nit woll ersehe» mag. so soll er aus vff die orter geen, vff heiden, do nit vili graß stet, vnd soll sich fleissen, das er dem holtz nit zu nahen gee oder greiff, vnd den fertten vß dem veld gein holtz nit weit nachfaren. vnd er soll sich auch fleyssen wo er Jägerkunst vnd Waidgeschrey, Nürnberg 1610

[7 Κ A Vv

Vom spüren der Laid Hund. Item / es soll ein jeder guter Jäger wol lernen / vnd sein Laid Hunden selber zu arbeyten geben / vnd keinem vngelehrten Knecht oder Jungen darüber vertrawen. Zum ersten / soll er ihn zu arbeyten geben in der Feisten / so es trucken ist / vnd er die Fahrt nit wol sehen kan / so soll er an die ort gehen / da nit grosse Wildfuhr ist / vnd soll sich fleissigen / daß er dem Holtz nit zu nahe laufft / vnd greiff / vnd Fahrt vom Feldt gen Holtz weiter nachfahren / er "E] fb

T, Kap. 26, fol. 17r"-'.

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E r soll sich auch befleissen, das er hürschen aufjag, wo er s mag. ^ Vnd sol den hundt nit mit langem sayl suechen lassen F vnd sol eben aufluegen, das er den hundt vasst bej den fertten halt. Vnd wann er in dann für das holcz bringt oder vndw heer, so sol er den hundt gar streichen vnd jme die fart vasst lieben vnd sich dann zw gesicht dem hundt mit einem abiehen 5 2 ) laub 10 verprechen vnd abmerckhen P , vnd dann gar giietigclichen v o n dir varth ziehen vnd geschweigen, biß auf mittentag. So soll er dann gar frelichen mit gueten waidsprichen wickr zw der fart ziehen, vnd soll jr dann gar frölich nachfarn vnd den hundt in

mag, das er vast hirsch vif jag. er soll auch den hundt nit mit langem seyl oder 10 hengseill") suchen lassen vnd soll eben vff lugen, das er den hund vast bej den fetten hab. vnd wan er dan die fert gein // holtz bringt, soll er dem hund 73r gar bedorlichen schmeicheln vnd jme die fart vast lieben vnd sie dan zu gesicht dem hundt mit einem abichen laub verprechen, abmercken vnd gar guttlichi« von der vart ziehen vnd schweigen, vnd soll dan von der vert ziehen biß vff mitten tag, so soll er dan gar frolichen mit guten weidsprüchen wider zu der fert ziehen vnd soll jr dan vast froliche« nachfaren vnd den hund jn vorge- 5

soll sichfleissen/ wo er möcht Hirschen auffjagen / er soll den Hund nicht mit langen soviel suchen lassen vnd soll auch sehen daß der Hund fast bey ihnen ist / vnd wann er die Fahrt gen Holtz bringet oder eyntritt / so soll er den Laid Hund die Fahrt liederlich streichen / vnd jhren Fahrt fast lieben / vnd sich den zuvor gesuchten Hunde ein Laub abbrechen / vnd auff die Fahrt legen / gar gütlich von der Fahrt ziehen / vnd schweigen / biß auff den Mittag / dar ¡I nach frölich mit gutem Waidspüren wider zu der Fahrt ziehen / A vi' vnnd solt gar frölich wider nachsuchen vnd den Hund zuvor geschriebener

η F

Τ, Kap. 26, fol. 16 r·" 7 .

"31 F

Τ, Kap. 26, fol. 16ν β "'. 41

is vorgeschribner maß bej der farth behalten. Er soll auch dem hundt nit zuegeben, das er weit nach jm vmbgreyff, dann wer weit i2r vmbgreifft mit jung«? hunden // das ist gar peß, dann es khombt ainer gern zw anndern fertten, auch mag er khumen zw neuen pötten vnd geligern des wildts oder des hürschen, das dann aber gar peß ist. Wiewoll er den rechten hürschen aufgejagt hat, so gewanndt53) doch der hundt, wann jm pruch geschieht, das er 5 albeg von den fertten raicht64) vnnd wil albeg zu den dickhen vnnd geligern eillen. Das pringt den jeger offt in grossen schaden vnd merere müehe. Darumb greif nit weit vmb vnd nimb den hu»dt khurcz, bis dw lautter siehst, das dw redlich aufgejagt hast. So schrey frölich julung vnd jag in das horn [vnd jag nit zu lang

schribener maß vast bej der fert behalt«», er soll auch dem hund nit [zu]geben, das er weit mit jme vmbgreiff, wan jme brach geschieht, wan wer weit vmbgreifft mit jungm hunden, das ist gar boß, wan es kombt einer gern zu andern vertten, auch mag er komen zu neuen petten vnd geligern des wilds to oder der hirsch, das dan aber gar boß ist. wiewoll er den rechten vff gejagt hat, so gewont der hundt, wan jm bruch geschieht, das er dan albeg von den ferten tracht vnd will albegen zu den dicken vnd zu den geligern eylen. vnd das bringt dan dem jeger dickh vnnd groß mühe, dauon greiff nit verr vmb vnd nimb den hund kurtz, biß du lauter sehest, das du redlich vff gejagt hast, so schrej 15 dan frolich juch juch vnd jag jn das horn, vnd jag nit zu lang nach, vnd zeuch

maß bey der Fahrt behalten / er soll auch dem Hund nicht räum geben / daß er weit nach jme greiffe / sonderlich mit Jungen Hunden / den« es kompt einer bald zu den ferten der gliger deß Wildes / oder Hirsches / daß dann nicht gut ist / wiewol er doch rechte Hirsche auffgejagt hat / So hat der Hund wann ihm ein Broch geschieht / daß er doch allweg von den ferten reiß / vnd wil allzeit zu den dicken vnd geligern Reissen / vnd das bringt die Jäger in grosse mühe. Darumb greiff nicht weiter zu / vnd nimb den Hund kurtz biß du lauter sihest / daß du etliche auff hast gejagt / so schrey frölich die läng / vnd blase jm das Horn / vnd Jage nit zu lang / vnd denn aber wie vorgeschriebener maß /

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nach vnd zeuch dann aber] in vorgeschribner weise von der fort, 10 vnd har 65 ) dann aber ein stundt oder mer. Vnd zeuch dann aber in vorgeschribner maß wider zw der farth vnd far jr aber frölich nach vnd schaw dann eben auf. Wilstw annderst ein gueter jeger werden, so wirdest dw erst jnen, was jagen oder die gespür ist. So khumbt es ainstaills vasst aus dem gäst 54 ) vnd aus der veldt spür[% 15 dann es ist offt gar ferr aus dem gäst od«- veld zu dem geliger der hürschen. Auch ist offt mainicher herter prant vnd wildfuer57) entzwischi», ee das in ein jeger aufjagt. //

(27.) Wie man einen hirschen nachfarn soll ein guete ΐ2τ leer. Wann dir ain hirsch zu den rechten forsten laufft88) vnnd vnndter anndere hirsch vnnd wildt khaume, wie du dann auflueg«» sollest. 5

dan aber zu obgeschribner maß von der fert vnd harr aber vff ein stund oder mer. vnd zeuch dan aber zu vorgeschribener maß zu der fert vnd far jr aber frolich nach vnd // lug dan eben vff. wiltu ein guter jeger werden, so würdest 73T du erst jnen, waß jagen oder spur ist. vnnd so kumpt es ein theil vast vß dem gäß vnnd vß der veitspur, wan es ist offt gar verr vß dem gäß oder veldt zu den geligern. der hirsch gett auch offt vff manchem herten prant entzwüsche» ee das jn ein jeger vff jagt, vnd wiltu wissen, wie du jme zum andern mal nachfaren solt, vnd auch ein 1er dobey, wan dir der hirsch nun jn dem 5 rechten ersten lauff vnder ander hirschen oder wild kem, wie du dan vfflugen vnd waß du dich hai ten solt. du solt jme nachfaren, so wirt er dan wider geen

darvon / vnd halt auff die vorgeschriebenen maß / wider zu der fert / vnd fahr ihr frölich nach / vnd luge darneben / darauf wilt du ein guter Jäger werden / so wirst du erst innen / was ein Jäger oder Spür ist / so kennest du eins theils fast auß dem Gras oder Feldt spür.

43

=] So sollestw jm nachfarn, so würdet er dann windter geen 59 ) vnd vnndterweillen draben, ^ vnd das hat er vor gueter zeit alls vor dir gethon vnd thuet es etwo mit sorgen oder schreckhen vnd wirdet nur zw den wegen geen vnd zw den steigen vnd wirdet 10 vasst widergeng thun, das er sich gern von dir stell alls in dann sein natur lernt. Vnd wann er also in sorgen ist, so macht er den fues schmal vnd khurcz. Das kohmbt in dann hart an. Darumb so endtrindt jm dan« der fues offt, das er sich erzaigen mueß F nach seiner natur, vnd rüert auch offt mit [den] ruckhen sam er geflohen 131 hab β1) vnnd springt auch vor forcht woll ärschling // vnd geet dann wider, das er der recht ist. Er rüert auch offt mit dem ruckhen vnnd geet gar vber von den wegen zw den dickhen. Sy bleiben auch gar steen, das sy sich nit niderthun. Sy geen auch gern zw den pächen vnd auch darjnn auf vnnd nider vnd suechen s jren vortl. Auch suechi» sy vasst zw den praitten 83 ). Da halt dich

v n d vnderweilen draben, v n d das hatt er v o n gutter reydt· 0 ) o d e r weil alles v o r dir g e t h o n v n d d u t das ettwaß mit s o r g v n d schrecken, v n d wiirt n u n zu 10 den weg«» [geen] v n d zu den Stegen v n d w i r d t vast wider g e n g t h u n , das er sich g e m v o n dir stell als jne sein nattur lernt, v n d w a n er also j n sorgen ist, so macht er den (uß schmal v n d kurtz. v n d das k o m p t jne hart an. d o r u m b so entrint jme der f u ß offt, das er sich erzeig«» m u ß nach seiner nattur, v n d r ü r t auch offt [mit] den rücken sam er gefloh«« h a b v n d springt auch v o n 15 v o r c h t sam er fliehen woll, v n d get dan w i d e r , das er der recht [ist] v n d r u r t 74 r auch offt mit den ricken v n d get gar eylends // o d e r vrbring 6 8 ) v o n dem w e g zu den dicken, sie bleiben auch vnderweilen gern steen, das sie sich nit nider t h u n . sie gen auch gern zu den pechen v n d geen gern d o r j n n vff v n d ab v n d suchen jren vortheil. auch suchen sie vast zu den praytten. d o halt dich

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T , K a p . 25, fol. 1 5 v 2 " 8 . y , fol. 2 4 r und 2 4 v .

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auch vasst des zaichens. Auch soltestw vor allen dingen eben luegen, ob dw nindert ein zaichen magst sehen, ob er ein zerprochne schall hat oder ein khurcze oder ob er vasst zw khurcz tret. Das sollest vor allen dingen in grosse gewonhait bringen o dir khennen in allen behenng«/64), das khombt dir offt zw gueten 10 statn. Wildtu vili vberlandt jagen, so merckh die zaichen alle gar wol, wie dw den hürschen behalten wild vnd erkhennen, den dw den tag vmbtriben vnnd gejagt hast, wann die vorgenannten zaichen // khain vnerschrockhner hürsch nit thuet i3v noch jm endtrint. Mit disen zaichen muestw jn widw erregen. Ρ

(28.) «1 E i n anndere m a t e r j v o n dem h i r s c h e n , v a s s t nuez. Wann dir der hürsch getriben oder vmb gejagt vnnd vnndter das wildt laufft, so scheubt er das wildt gern für sich vnd haut er s hindten nach*7), fì So schauf68) auf das vertreten, er gibt 89 ) woll in dir wildt lauff. So hab vasst an vnnd laß dir schlaumen70)

dan auch nach disen zeichen, auch soltu vor allen dinge» eben lugen, ob du jndert ein zeichen mugest gesehen oder [ob er] ein zerbrochenn schall het 5 oder ein kurtz schall oder ob er vast zu kurtz drett. das soltu von allen dingen jn groß gewonheit komen jn allen hengen. das kombt dir sicher offt zu guttem statten, wiltu nit· 5 ) vberland jagen oder buschen"), die zeichen merckh all, wiltu den hirschen behalten vnd erkennen, den du des tags vmbgetriben vnd gejagt hast, wan die vorgenanten zeichen kein vnerschreckhter hirsch nit 10 thut. mit disen zeiche» mustu jn wider erregen, ittem ein ander materj wan dir der vmbgetriben oder gejagt hirsch vnder wild lieff, so scheubt er das wild gern für sich vnd eylt hart der hinden nach, so lug vff das vertretten, er dritt jn der wild lauff, so heb vast an vnd laß dir wol schlaunen wo du magst,

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T, Kap. 25, fol. 15 ν8"10. 45

wo dw magst, so feldt das wildt paldt zw den dickhen. So hab nur vasst an, so vertrestw71) jm das fliehen gar paldt zw den dickhen, 10 dann das gehürn ist jm dieweill gar seer. Hat ers aber beraith, so mag er doch in dir dickh khain zeit fliehen, des biß one zweifl. 14 r Vnd wann dw dann empfindest, das dw den hürsch // bej dem wildt nimer erspürest, so merckh die farth oder lauf des wildts auf dem weg ab. Vnd treib73) wider hernach der rechte« ferth des hürschens vnd laidt den hundt beschaidenlich von des wildts geferth. Vnd lieb im nach der rechten farth sicher, das ist vasst 5 guet vnnd einem jeger nit schadt, wann der grundt des jagens vnd alle gespür ligt alles am arbeten der laidthundt. Dir lernnt, das man recht henngen vnnd lassen74) vnd alles , das einem jeger zuegehört. Vor aus, so vberjag khainen vaissten hundt nit, dann er wirdt paldt jnnhiczig. Das vergeet jm dann nimermer. Dw io sollest in auch nit vnbeschaidenlich schlagen. Dw sollest jne auch nach der prunfit, so das jhaid ein endt hat, fasst arbeten, so stickhen76) die hürschi« vasst. Das ist jm sicher gar guet. F ^|Dw

15 so feit das wild bald zu den dicken, so heb nun vast an, so verdreust jn das flieh«« bald jn die dick««, wan das gehürn ist diweil heserhät"). wet es abet 74τ bereit, so mag er doch jn der dickh kein Zeiten fliehen // des bys one zweifei. vnd wan du dan empfindest, das du den hirsch bey dem wilt nymer spürest, so merckh die fert oder lauff des wilds vff einem weg ab. vnd greyff dan wider hernach der rechte» fert des hirsch vnd erlaid dem hundt bescheidenlich des wilts gefert. das ist einem hund gut vnd einem jeger nit schad, wan der grund 5 des jagens vnd aller spuren ligt alles am arbeit«» derleydhundt. do lernet man recht hengen vnd lassen vnd alles, das einem gut«« jeger zugehört, vorauß, so vberjag kein vaiste« hundt, wan er würt bald jnhützig vnd vergeest jme dan nymermer. du solt jne auch nach der prunfft, so das gejaid ein end hatt, vast arbeiten, so stincken die hirsch vast, das ist jme sicher gut. du solt jme

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T , Kap. 26, fol. 17r*" 6 .

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Τ , Kap. 26, fol. Ι ό ν 1 » - " .

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solt auch sein an dem henngen vnnd nach jagen vasst vor wasser hüetten vnnd soltst jn auch vasst in die sunen pindten, das er der hicz gewone. F D w soltst auch wissen die vorgeschribnen 15 zaichen des hürschens, der // miteinem laidthundt vmbgetriben ist i4v oder gejagt, dann das tuet ein gerüerter76) hirsch nit, der vom veldt [geet]. Das wirdestw alles mit dem arbeti« des hundts jnnen, dann dw lernest erkhennen, wie der hiirsch geen holcz geet, wie er auf dem wysmad") tritt, das ist auch besonndere spür. Da schmuckht78) er das gras vnd erdtrich gar genau vnd hörtt 5 vnndter den fïiessen, das gleich nichts aufreckht, vnd scheibt das gras vnd erdtrich, das es alls ein hörtter piichl in der erdt wirdet. Vnd ist gar ein gewiß zaichen. E r zerüert auch das graß mit den pallen hindi» vnnd fiiert es fornen mit den schallen ab, das es vasst ledig ligt in der ferth. D w lernnest auch, wie die hirschen 10 abgeen. Wenn sy geen holcz geen, farn sy albeg den schön schachten80) nach bis in jr geliger o dir das peth.^I Des hürschen [peth]

auch an dem hengen vnd nachjagen vast vor wasser hütten. du solt jne vast 10 an die sonnen binden, das er der sonnen gewon vnd der hitz. du solt auch lauttcr wissen die vorgeschriben zeichen eins hirsch, der mit einem leydthundt vast umbgetriben oder gejagt ist. das thut kein gerügter hirsch nit, der von veld geet. vnd das wirdestu alles mit dem arbeite« des hunds jnnen, wan du lernest erkennen, wie der gein holtz get. wie er vff dem wißmad dritt, jst auch ein 15 besunder // spur, [da] smiick er das graß gern genauen vnd hert (vnd )[vnter] 75 r den fus, das gleich nichts vffrage« vnd schiipt, als ein herter pühel jn der vert würt, vnd jst gar ein gewiß zeiche», er zermüscht") auch das graß mit dem palin hinder vnd furt es vorn mit den schalen ab, das es vast ledig ligt jn der vert, du lernest auch wie die hirsch abgend. wan sie gein holtz geen, so faren sie albege den gachten vnd geend albegen den schon gachten nach oder der 5 liechti» biß jn jr glieger oder das pett. des hirsch«» pett jst lang vnd weit, so

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T, Kap. 23, fol. 13v«-".

47

ist lannckh vnd waith, so ist der hindten peth schmal vnnd khurcz. Auch ligt das wildt nit gern alain. Aintwedirs ligt sein khindt is bej jm oder sein gespil. Wann der hürsch aus seinem pet springt, so feldt81) er gar vntugentlich von dannen, das er das laub mit dem gehürn zerfüert. Er würgt82) // auch die reiser ab mit dem gehürn, zerfüert vnnd macht auch gar ein schöns gewenndt83) durch die dickhen am hinlauffen. Er reisst auch graß vnnd wassen84) aus der erdt mit seinem lauff. Es ist auch sein pöth am maisten bloß, sonnderlich in dir faist.FEs hat auch der hürsch etliche wonpeth86) 5 bej den rechten pötten. Wann dw darzue khombst, so werden die hundt vasst frölich vnnd schreyen. So ist dir erst noth, das dw recht aufschauest, wildtw annderst recht lassen, damit dw nit zw schimpf werdest. Dann wann die jaghund vnnd der laidthundt vasst rächen86) wem, P" das ist ain zaichen, das dw bald lassen 10 wirdest. Alsdann wirdt dir das hercz von natur frölich, vnd gedennckhst in dir selbs, dw habst dein lanngs henngen vnnd dein

jst der hinden pett schmal vnd kurtz. vnd das wild ligt nit gern allein, eintweders es leyd sein kind bej jme oder sein gespil. wan der hirsch auß dem bett springt, so velt er gern vntugentlich [von] dannen, das er das laub mit 10 dem gehürn zerfiirt. auch würfft er die reyser ab mit dem gehürn vnd macht gern ein schons gebend durch die dickhen an dem hinlaufen. Er reist auch gern groß waßen auß der erden mit seinem lauff. Auch so ist sein bett am meist«« bloß vnder jme, besonder jn der veis ten. auch hatt der hirsch ertlich wonpett bey den rechte» pett. vnd wan du nun dorzu kombst, so werde« dj hund 15 gantz frölich vnd werden vast schreien, so ist dir erst nott, das du eben vff 75T lugest, wiltu H änderst recht lassen, das du nit zu schimpf werdest, dan wenn die jaghundt vnd der leydthund vast rächen werdi», so ist ein zeichen, das du bald lassen würdest, so würt dir das hertz von nattur frölich vnd gedenckest, du habst dein langes hengen nun mer vberwundí». so ist dir erst nott, das du

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T, Kap. 25, fol. Ιδν 1 1 " 1 1 .

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grosse müehe vnd arbeth vberwunden. So ist dir erst noth, das dw nach den vorgeschribnen zaichen erst luegst alls jch dir sagen will. Wann es geschieht oflt vnd dickh, das das wildt vnndter weillen in die rifier des hiirsch geleger oder wonpeth ligt, das dann 15 die hunndt verfahen 8 ') vnnd jnen das also new // in die nasen 15 τ ruecht, das ainer nit annderst vermaint, es sej recht. Vnnd lässt er dann, so wirdt er betrogen. Verhelt er aber khöckhlichen vnnd förth redlichen durch das peth vnd beschaut den lauff recht vnnd das er die rechten zaichen siecht alls vergeschriben steet, so mag er dann wol trösstlich lassen die jaghundt laufFen on alle 5 sorg. Also hastw die nuez, die aus der arbait der laidthundt geen. Dw lernest auch bej solcher leer vnnd arbait aller maist hellig88) hirschen erkhennen für alle piiecher. (29.) E i n m a i s t e r l i c h e spür. Noch ein hübsche spür vnd die vnndter jnen allen am maister-10 lichisten ist, vnd der woll maisterlich vnnd pöß 89 ) hirschen erkhennen will, dauon merckh hernach ain clains geschriben. Wann ain hirsch gespist91), so treibt in sein natur vnnd sein genach dem vorgeschoben zeichen allererst lugest als ich dir sagen will, wann es geschieht offt vnd dickh, das das wild oder reher jn des hirsch geleger oder 5 wonpett ligt, das dan die hund gefahe» vnd jne das also neus jn die nasen reucht, das einer went, jme sey recht, vnd lest er dan, so wiirt er bedrogen, verhart er aber kegkh liehen vnd vert redlichen durch das bett vnd beschaut den lauff oder die fart recht vnd das er die rechte« zeich en sucht als vorgeschriben steet, so mag er dan woll tröstlich«« lassen one alle sorg, also hastu 10 die nutz, die auß der arbeit der leydhund geen. du lernst auch bey solicher 1er vnd arbait allermeist hellig hirsch erkennen für alle bûcher. Ittem noch ein hübschen spur vnnd die meisterlich jst vnnder allen spurenn, ist woll oder // vnnd meysterlichen paß hirsch erkennen kan, dauon ein klein 76 t lernung zusagen 90 ). ^

T, Kap. 24, fol. 14v«-'. Deutsche Jagdtraktate II

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rings gemiieth von dir muetter p" vnd allem wildt, besonnder vmb i6r die jag zeit, (das) // das er dann nimer gern bej dem wildt ist, ein ciain zaichen, vnnd der anfanng guet von den bösen hürschen vnnd wonent gern alain. Das thuet das wildt nicht, recht alls die frauen, die geen gern mit jren töchtern vnnd gespillen. Yeczt nitmer von dem, dann es were schadt, das etlich saw jeger solten 5 khinnen92). (30.) N o c h ein drew 9 8 ) g e w i s s e s t u c k h d a r u o n . n|

Wie jung vnnd peß ein hiirsch ist, so hat er doch sein natur, gleich so wol alls der alt. Er mueß auch alles das thun, das ein alter hürsch thuet. Dann thet er es nit, so wer es hindt. Yedoch, 10 so mag ers so villigclich 96 ) nit Volbringen alls sein vatter. Das macht die gresse vnd schwer, das offt einen jungen jeger jrr macht. Wann ein grosser hürsch geet daher alls ein trunckhner paur in zwaien puntschuehen96). Darumb solt ein jeger zw zelten

Als bald er gespist, so treubt jne die natur vnnd sein gerings gemiit von der rauter vnd ob allem wild besunder vmb jag lewt, das er dan [nimer] gern dobey dem wild ist, ein klein zeichen vnd der anfang gut von denn bosenn 5 hirsch vnd wontt gern allein, das [wild] thut das nit. recht samb die frawen geet es gern mit jren tochtern oder gespilen. jch will nit mer von dem sagen, dan es würde sich jnreyssen vnd wer schad, das er nit säw jagen kundt.doch sein noch drey gewisse stückhlein dauon, dobej man an aller stat gelegenheit der bösen hirsch woll jagen vnd aussprech/n") mag, aber dj sind zu kostlich 10 zuschreiben, auch wie jung er ist, so hatt er doch sein nattur als wol als der groß hirsch. er muß auch alles das thun, das ein hirsch thutt. wan thet er das nit, so wer es ein hindt. doch so mag er sein so volligliche« nit volbringi» als sein vatter. das macht dj groß vnd dj schwer, das dan offt einer zehen jeger [jrr] macht, wan ein grosser hirsch geet doher sam ein drunckhener bauer 76T jn zweien pundschuchen. oder solt er den herren vnd frauen // offt boß hirsch

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Τ, Kap. 24, fol. 14t1—Ην1. 50

den herrn vnnd frauen peß hürschen vnd frauen zue jagen, sich wurd manicher jeger des jagens abthun, // der sonnst lanng woll besteet. Darumb solten die selben jeger nit jeger haissen, die dann nur nach der greß jagen, sonnst mueß ein herr od«· fraw offt vngejagt ab den hölczern ziehen solcher jeger halber, das sy die pesen hirschen nit ansprechen thun vnd sprechen, sj haben nichts gefunden. [» 5 (31.) N o c h ein g e w i s s e g e s p ü r zu den pesen hürschen. So muestw dir von den alten ein solches beyspil nemen, sonderlich bej den alti» hürschen wanndlung wie mit den khnaben. Dann so sy khomen zum alter, das sy der muetter nimer vasst achten, so befleissen sy sich jrer aller 10 mannlichen sach ails mit ringen vnnd springen vnnd stechen vnd lauffen zw samen, alls wolten sy gern ritterspil treiben. Also ist auch den jungen hirschen. p] Er gesellet sich nimer gern zum wildt sonnder lieber zw seines geieichen. Da vergeet er sich bej vnnd treibt seinen schercz mit jnen. Sy lauffen in jren Spillen vnd 15 verschlahen vnd verflechten // sich mit den zinckhlen97) in- 17 einannd«·. Darbej sy guet zuerkhennen sein, wann es khain

zujagen, sich wiirdt mancher des jagens abthun, der also lang woll besteet. dauon soltu dieselben jegere nit jagen heissen, die nvur nach der groß jagen, wan es muß ein herr oder frau offt ab dem holtz vngejagt heimbziehen solicher jeger halber, das sie die bösen hirsch nitt ansprechen dorffen vnd sprechen, sie haben nichts fundenn. 5 der edell hirsch laufft jm waldt, das sein der lieb gott waldt.

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> Kap· 24> fol· 1 4 ν '" β · Τ, Kap. 24, fol. 14v7—15 A

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51

hindt mit den ohren thuet. Oder wanndert er alain, alls jm sein natur sagt, so mag er nit lassen, wo er zw einem ameß odir scherhauffen khumbt. Er zerfertt vnd zersträt98) in mit den zinckhen. 5 Er schlecht auch zw zeit«« an ain steüdlein alls wol alls der grosch"). Voraus mit seinem abgeen thuet er alles das, das ein hürsch thuet vnd thun sol. [? Er suecht die schönen jachten odir schachten, er thuet auch deßgleichen mit seinem peth. (32.) Aber ein zaichen von den pösen hirschi». io

il Die bösen hirschen sein gar scharf beschalt, mer dann ein wildt. Sy sein auch lanckh in den rickhen100), [ι sam die jungen föllen101). Die haben gar scharpf vnnd holle hüeffe vnnd sein gar hoch gefisslt102). Also ist auch ainem jungen hürschen, dem ist auch weit von seinem pallen zw den rickhen nach, vnnd er ist 17t sonnst ciain // vnnd vbl gespürth. So hastw vormalls gehört, das das wildt gar khurcz in den rickhen ist. (33.) Aber ein spür, wann er geet. ^ So schreit er albeg weiter, er sej wie jung er woll, dann ein stuckh wildt. F 5 Auch scheihen etliche jeger, sonnderlich die gueten vnnd alte jeger, in jrer gejagt vnnd mit jrem versuechen, der waiten103), das sy nach pauß die jaghundt lassen vnnd jagen mügen. Vnnd sy thun das darumb, damit die gueten jeger nit in jren besuech104) khomen vnd dardurch er nit geschenndt werdt. io Es ist auch hübsche spür auf den lanngen vnnd hörden haiden, der einem hürschen widir noch fues aufstet. //

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T, Kap. 24,fol.15 Γ»-". Τ, Kap. 8,fol.6 ν3"1. 52

Dw soltest die haid eben beschauen. Wo in der hürsch mit i8r seinem geschmuckh 106 ) berüert hab, da hat er in alle waal die helbmen der haidn abgestinglt. Das pringt er alles mit dem grimen zewegen alls dw vormalls gehört hast, auch von den puechhagen 106 ) Wann es thürr ist, so tridt er gleich alls were es mit einem 5 steinpfl107) hineingeschlagen. Het dir dann der windt laub hinein geworffen, so khere es mit dir hanndt heraus, so sichs oder greiffs mit der hanndt gar beschaidenlich.

(34.) E i n b e y s p i l l v o n d e m t ö c h t e r l e i n . Ein beyspil bej dem töchterlein, vnd gleicht sich zw den hinden 10 jung vnd alt. Die tochterlein oder maidlein machen gern sambtrügl 108 ) vnnd Ί wannen gern beienandir vnnd spillen gern der guckhupergens109) /I hinder den pethen vnnd trühen110). Also thuet auch das ιβτ jung wildt vnnd das alt, wann sy essen jr gras gern nahent beieinanndfr alls ob sy beieinanndw geessen heten. Vnd treiben jren schercz nur in den dickhen zeillern111) vnd in den dickh nidern holcze» besonnder. So hat des alt wildt genueg zuschaffen, das es sich nört, das es dem khalb zusaugen hab zegeben. Is 5 η So macht der hürsch, er sej jung oder alt, gar wenig ferth in den feldern vnd thuet clainen schaden, wie weit er zw veldt gewesen ist, vnnd geet an dem abgeen gar schlecht geen holcz, wo er recht sin hin hat vber ein veld, "1 dann er tridt am maisten mit den hindern füessen für die vordem, recht alls ein veld pfert 112 ) 10 vberschlecht. Das ain alter hürsch nit woll thun mag, F das wiß für war, dann er ein zw alts vnnd herts geäder113) hab. Aber dem

JT T, Kap. 24, fol. 15ι>-'. p" Τ, Kap. 8, fol. 6t11—6vs. [ϊ Τ, Kap. 24, fol. 15r'-». 53

jungen hürschen ist sein geäder waich vnd glenckh. Darumb mag er das woll thun. F // i9c

(35.) W i l d t p r e t von ainem holcz zum anndern zebringen.

Also soltw wildperth von ainem holcz zum anndern bringen, vnd magst es auch pürschen. 5 Nimb khäßwasser, salcz vnnd har«. Das seut auf ainem kholfeur, das nit riech, vnnd faimb114) es schön. Dasselb nimb auf ain waldt oder holcz vnd geus es von ainem paumb zum anndern, ye ein ackherleng weit nach dem windt. Wann dann ein wildpreth darauf khombt, so geet es dem windt nach vnnd verfecht das, wo dw dann io gern schiessen wildt. Daselb grab dir ein grueb, darjnn dw steen vnd spannen miigst, das dir die grueb vndter die arm gee. So wartt, das der windt von dem wildpreth auf dich gee, vnd stöckh für dich ainer ein hoch reyser von ainem apfl oder piernpaum, so mag dich das wildpreth nit vernemen. is Wildu viel hierschen zu samen bring««, schau, dz du ein gar zeitig stuckh wildt schiest, welche bait dz junge werffen solt. Dan nimb dz jung herauß vnd seudts in einem kessel vol wasser mit allem, wz bey dem jungen ist. Vnd weng woll gesotten ist, nimb dz wasser vnd spreng die sultz darmit. Vnd woein hirsch darzue 20 kompt, so kompt er nimmer von dan. Vnd bringen wol mer andere hirschen mit sich vnd ser viel. Vnd bleiben in derselben refier, kommen nimmer weckh, dan es macht hierschen inbrinstig von der gail des stuckh wildts. // 19t

(36.) W i l d p r e t h zu schiessen.

Wildw ainen hirschen schiessen vnnd machen, das er an ainer stat stilsteet ainen halben tag vnnd nit von dannen khomb, so khauff in der appoteckhen ein ding, das haist squila oder rein 5 zwifel. Daraus preß den safft vnnd was das wild preth gern ist, das waich in denselben safft 4 tag oder habern oder hey darein. 54

Vnnd müsch vnndter annder ding, das dann das wild preth gem eß, so geet es ein halben tag nit daruon. (37.) R e c h zu schiessen. Wildw rech schiessen, so nimb zway pfeifflein, das ains alls ciain gestimpt sey alls das anndsr. Vnnd müessen der vor pfeifflein sein aus den clainen sackh pfeifflein115). Vnnd wann dw also zw holcz geest vnnd mainst, das rech in ainer nahent zw dir, das dw sy woll schiessen magst. // (38.) E i n l e c k h dem w i l d t p r e t h . Wildw ain guete sulcz machen dem wildpreth, das es nit daruon khumbt, so nimb ain laimb von ainem pachofen, ye elter, ye pesser, vnnd zwo schüssl vol salez. Vnd nimb ein khössl voll arbes ue ) vnnd laß sj vasst sieden. Vnd mach die stuckh alle 5 durcheinanndw vnnd nimb pibergal117) vnnd misch darunter vnnd streich sy dann an. (39.) Ain anndere leckh. Nimb poneplüee118), haberstro, salcz vnd harms vnnd seuth es alles in wasser. Vnnd thue dann ein wenig gaffer119) darein vnnd io streichs auf. (40.) D a s dich das w i l d p r e t h nit widert. Nimb ain khraut Maria plüembl120), das starckh schmeckht, vnnd trags bej dir mit sambt ainem apffl, es hilfft. // (41.) M ä d e r m ) zufahen 1 2 2 ). Jn dem herbst vnd windter nimb der siessen hönig piern vnd schneids von einannder. Vnd zeuch die durch ein holcz vnnd leg sy dann an ein stat, des es dickh sej. Vnd schlag zw ring darumb ein haag vnd in das hag mach fallen. Wo dann dir mäder auf den 5 zug khombt, so geet er jm nach bis zw der fallen. 55

(42.) E i n

annders.

Nimb rosfleisch, pradt es vnd thues in ain hafen, das foil lecher sej. Vnnd wo dw es hin seczt auf ein holcz, da lauffen die mäder 10 dar zw. (43.) Z u d e n h a s e n 1 2 3 ) . Wildw vili hasen vnndter einen paumb pringen, nimb pilsen2i r khraut vnnd realger, hermicablicum / / vnnd hasenbluet. Vnnd leg das in ain hafen vnnd trags in das holcz vnnder einem paumb, so müessen die hasen all darunder khomen. (44.) E i n

annders.

Nimb pilsen wurcz vnnd hasen gal vnd hasenbluet. Mit dem 5 bluet necz die pilsen wurcz, vnd hasen wannen 1 2 4 ) thue auch darzue. Vnnd thues in ein pindelein vnd leg es zw ainem zaum, w o dir windt hergeet. Dargegen lauffen die hasen al vnd werdi« toll, das dw jr 2 o dir 3 aufzuckhest 125 ). Thue dann das pindelein widir weckh, so lauffen dann die hasen witkrumb hinwegkh. io

(45.) H a s e n z u f a h e n . Wildw hasen oder hinden fahen od*r der gleichen thier, so nimb ainer hösin muetter 126 ), genant matrix, vnnd ein hasenhaubt.

2i ν Das mach / / zw puluer in ainen hafen on wasser. Vnnd meng das puluer mit wasser, safferan vnnd schwebl vnnd mach daraus ein liecht vnnd zind es an. So fechstw hasen vnnd hinden wie vil dw wildt. Wil dw spil vertreiben, so lösch das lieht ab. (46.) F u c h s s

zufahen.

Wildw machen, das dir die füx müessen nachlauffen, so nimb fux lebern vnnd leg die drey tag in ainen essig vnnd laß sy dann druckhen werden in ainer warmen Stuben vnnd stoß [sy] zw puluer. Nimb darnach fux schmalcz vnnd schmer vnnd leg das in ain warms wasser, so zeucht das wasser das salcz aus dem

io schmer. Dasselb schmer nimb vnnd hönig vnnd die gal von ainer

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fehin127) vnd ein wenig zuckher. Das misch alles zesamen vnd mach ein salben daraus. Vnnd wo dw ainen fux hin wilst bringen, so salb die salb vnden an die schuech vnnd gee dann zw der stat, dahin dw den fux // wild pringen. Nimb darnach ein khraen128) vnnd zeuch jr die haut ab. Vnnd seuth sj wol vnnd würf ye ein püsslein189) von dir auf dem gespor, da dw gangen bist. So laufft er dir nach, wie ferr dw wilst. (47.) W i e man die f u c h s ässen sol. Nimb ein päts130) prot vnnd schneidt es zw clainen pisslein vnnd resst es in ainem schmalcz vnd nimb darzue hönig. Damit äß die fux. (48.) F u x zu fahen. Nimb ein khaczen vnnd stoß sj vor wolgemueth131) vnnd schmalcz vnnd behalt es. Vnnd nimb jm merczen einer füxin gal vnd ain schäffens jnnslet. Machs alles vnndtereinander zw einer salben. Leg dann ein neus par schuech an vnnd salb die schuech damit vnnd gee dann vmb den waldt vnnd schlaipf die khaczen nach dir vnnd laß ye ein plätlein fallen von dem wolgemute. // Darnach nimb grasset132)in den mundt. Vnd khew die, so schmeckhen sy dich nit. So magstw sy schiessen wie dw wilt. (49.) Ain f u c h s khöder. Wildw die füx khödern, das sy dem gespor nachgeen, so nimb gal von ainer füxin vnnd die hodn von ainem fux vnd hiener schmalcz, alts schmer, stoß es vndtereinanndir in ainem mörser vnnd machs zw ainer khugl. Vnnd wann dw wildt, so salb die schiiech damit vnnd vmbgee ein veld oder holcz bis zur grueben, so laufit er dem gespiir nach. Das ist war. (50.) Ain a n n d e r e spenn 133 ). Nimb khleczen184), die siesß seind, das sieß bej dem kherrn vnd die khern auch, vnd schneids ciain vnnd nimb geribens prot vnnd 57

jnnslet. Die ding nimb alle gleich. Das mach an mit hönig, 23t das es alles aneinannder cleb. Das thue in ain // darm, den zeuch dem fux vor vnd laß dann ye des würsdeins ains fingers oder gelidts lanng ligen. Vnd so er es nimbt, so hastw in gewiß. Die anndern würstlein mach also. Nimb der vorigen ding ein 5 wenig vnnd thue wolczs wurcz136) darzue, ails vil dw in der hanndt gehaben magst. Vnd wann dus darzue thuest, so machs mit hönig an wie vor, damit es aneinanndw cleb. Vnd legs den fux für nach dem ziehen oder sonst. Die weissen wolffs wurcz thör nit zw fasst. 10 Dw magst auch zw den dingen nemen das hindter von den roten amessen vnd venedigisch glaß, ciain zerstossen. So er zum wasser laufit, so wirdt sein ding dessto böser. Dw solts wissen, wann er das würstlein isst, so geet das pluet alles von jm vnd bleibt an der stat. Oder er geet nit weit. is 23 t

(51.) Fuchs zufahen. // Nimb ein gal von ainem fux vnnd bestreich einen schlegl damit. Zeuch den schlegl in dem schuech nach dir, so geet der fux demselben gespor nach, ein ganncze weill wegs. (52.) Zu den w ö l f e n manicherlay khünst.

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Das ein wolf zw dir mueß lauffen, wo dw in siehst, so schrey die hernach geschribene wort lauth vnnd offt, das er sy hör. Vnnd stee nur still oder halt still, ob dw zw roß bist, so geet er zw dir, das dw in wol schiessen magst. Das sein die worth: Osto osta äff af a a a io b b b malch malchidas malchidus denett tentet port. 58

(53.) E i n annders zu den w ö l f e n . Nimb ein gal von ainer wildtpin13®) vnnd laß dir machen ein stab, der an dem ainen // ort holl sey. Darein thue ein gal vnnd ein wax 24t darfür. Vnnd wann dw ein wolf zu dir bringen wilst, so thue das wax von dem stab vnnd zeuch den stab nach dir. Wo den ein wolf auf die selbig fart khumbt, der laufft jr nach bis zum ennde. (54.) W o l f f s k h u g l zw machen. Grab wolfs wurczen zwischen beeckr vnnser frauen tag vnd 5 schneid sy voneinanndw vnd wasch sy gar schön vnd leg sy auf ein prêt vnnd thörs in ainem pachofen. Vnnd lueg offt darzue, damit dw sy nit verprennst, das sy jnen weiß bleib. Oder thör sj in ainer warmen stuben. Vnd waiw sy gethört ist, so steß sy in der stuben groß alls die hanif khörner. Nimb darnach achisch137) io vel venedigisch glaß. Das stoß in dir gros alls die halben arbes. Nimb darnach eybeß grassach138), stosst auch in der groß alls hanifkhörner. Darnach nimb 2 löffl voll der wurczen vnd einen löffl vol des glaß vnnd einen halben löffei vol des // grassach 24t vnnd misch es alles wol vnndereinanndir. Nimb darnach ein hönig in ein pfann vnnd laß es warm werden. Vnnd schütt das puluer alles darein vnnd laß steen, biß khalt werd. Aber dw soltest es woll durcheinanndir rüern. Darnach nimb ein mei in die hanndt vnnd die temperatur139) aus der pfann vnd mach khugl daraus mit s dem mei auf der handt, gresser dann die haslnuß. Darnach vberzeuch sy mit schäffem jnnslet. Hetestw aber sorg, man hebet dir die khugln auf, so nimb der temporatur ails vil, das dw 7 khugln mügst machen, vnnd mach daraus ain zoll140). Wer in dann sieht, der maint, es sej ain hundts tröckh. io (55.) E i n annders. Nimb wolffs wurcz vnnd ackheiß glaß, halben tail souil, vnnd eibeß grasset, den dritten tail souil, vnd ein dritten tail haim 59

25 γ puechen rintten141), das clain gestossen // ist, vnnd grundt wurcz142) do die praiten pleckhen143) aufsteen, auch den drittentail. Diß alles clain gestossen wie die prein142) khörnlein. Wann es nun gestossen ist, so leg es auf ein tisch vnnd temperier es alles durcheinannder. Nimb darnach Schweinen schmalcz, das nit zerlassen ist, vnnd jnns5 let, das hört sey alls ain schmalcz, vnnd hönig vnnd thue es vnndtereinannder. Vnnd mach ein taiglein daraus, das dw daraus khögelein machen mügst, das rain dauon gibt, so gros alls die weisen zwartl145). Vnnd merckh albeg, wann dw sy legen wilt, so thue sy in ain scherblein vnnd leg ys 12 an ein ort, albeg ains io ainer spannen weit von dem anndern mit einem hölczlein. Vnnd greiff sy mit den hennden nit an. Vnnd wann dw sy legen wildt, so leg sy auf ainen neuen schnee. Dw sollest auch die khügelein nit legen noch machen, dann wann dw sy gleich legen wild auf ainen neuen schnee. So bleiben sy frisch. Dw magst füx vnd wölf is damit fahen. // 25v

(56.) E i n annders.

Nimb fleugnschwamen146) vnnd truckh den saffi: daraus in ein glaß vnd laß achtag an ainer sunnen hennckhen. Vnnd thue dann huettraich147) darain vnnd müsch wol. Vnnd thue es in ein fleisch 5 vnnd legs dem wolf für. Er stürbt, alspald ers neusst148). Das ist gerecht. (57.) E i n w o l f s s e g e n . Wann dw ein wolf siehst, so nimb den recht«« daumb in die hanndt verporgen vnnd sprich: Stanndt stil, dw wildes thier, io vnnsers herrn martter ist hie. Das sprüch 3 mal vnnd pet 3 pater noster. (58.) Das dir khain w o l f dem v i e c h peiss oder hintrag. Nimb das proth, das man am kharfreytag zw der martter legt, 15 vnnd gee zw ainem pierpaumb149) vnnd por ein loch darein vnnd // 60

thue das prot in das loch vnnd schlag ein nagl von ainem hagen 26 r dorn160) darfür, so bistw sicher, das dir die wölf dasselb jar dein viech nit peisst. (59.) Ain annders. Laß dir an S. Blasien tag161) S. Blasien wasser gesegnen. Dasselb 5 wasser gib dem viech ein, so thun jm die wolf nichts desselbi» jars. (60.) Das dir ein wolf oder fuchs khumbt, wohin du wildt. Nimb junger seülen152) heüpter, waicz khorn vnnd gersten, der sein vil jm sumer, vnnd laß dir die gar wol sieden. Darnach stoß io sy vnnd treib sy durch ein sib vnnd thue es in ein heflein vnnd schaw, das dw gall von ainer vehin habst. Wildw es aber zw Wolfen prauchen, so muestw gall von ainer wildpin haben, vnnd // opermennt183). Das thue alles durcheinanndir, das es ein salben 26t werd. Vnnd wenn dw ein zug wildt haben, so streich die salben an ein reiß vnnd zeuch das reiß nach dir, wo dw wildt hin. Was dann auf den zug khomsst, das laufit dem zug nach, wie verr dw wilst. (61.) Das dich khain wolf peiss.

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So sprich also: Wilpolt, dw peuth Jesus, das dw mir nichts thuest, dieweill vnnser liebe fraw ein maidt ist. (62.) Das dir khain wolf nichts thue. So sprich dise worth: Christus renatus, lupus ligatus in terra, et inter me tantum pax esse. Die 3 pater nosier et 3 aue Maria. io Christus renatus, lupus ligatus in terra, et inter me tantum pax esse. Die 3 patir nostw et 3 aue Maria. // Alliud. 27 r O dw graber part, gedenckh an die drey worth, da vnnser herr geborn wardt. Gee hin an die selbig stat. 61

ANMERKUNGEN

1. scbntrer (a. l v " , 3 V4) = Misteldrossel (Turdus viscivorus). 2. stickb - so finster, daß man keinen ¡tic (Punkt), d. h. garnichts mehr, sehen kann. 3. S.Jacobs tag = 25. Juli. 4. speisseberpen — Napf, Geschirr. 5. ntlescbl = kleiner Trog. 6. modert (a. 13 r7) ----- nirgends, niemals. 7. balspain (a. 2r') = Knochen vom Hals oder Genick. 8. prein kbleäb, preinkhUib (2r 7 ,3v') = Kleie vorzugsweise von Hirse oder Buchweizen. 9. es fehlt im Text das Verb. 10. pruckh - Sitzgerüst, Reck. 11. kbüescbeln = Kuhschelle, Kuhglocke. 12. mag/m =Mohn, Gartenmohn (Papaver somniferum L.). 13. paß (a. 3r*) = besser. 14. bimlizt = blitzt, wetterleuchtet. 15. heel (a. 3v*), bill (3Γ1·), mhd. bei — tönend, laut singend. 16. kbramttuögl = Wacholderdrosseln (Turdus pilaris). 17. geriteti rendi = gerändelte Gerste, Gerstengraupen. 18. samfeldem,sambfeldem (4t·' 1 · 11 ) ist verderbt fur franatllden = Fronwäldern, herrschaftlichen Wäldern im klassischen Text. 19. gäcz (a. 4r', 4 v " , 5r«, l l r 1 ) = Geäse, Äsung. Siehe auch N. 56. 20. fesen = Dinkel (Triticum spelta L.). 21. zeillen in dm feidern verderbt fur hSwen jn den weiden im klassischen Text. Die Bedeutung ergibt einen anderen Sinn: Buschhecken in den Feldern statt Hauungen in den Wäldern. S. a. N. 111. 22. soll = Suhle. 23. bestett er sieb, bestät sieb (5r®) = stellt sich ein. 24. waldtung verderbt für Wandlung. 25. er verschrieben für sy. 26. alten cloen, alt eloe (5r u , 8 ^ · ' ° · " ) , alten kblo (8Γ3), (a. obercloe, 8r®) verderbt fur aberclo = Afterklaue. 27. glaidt (a. 5v*) kehrt in keiner Parallelhandschrift wieder und steht hier für gewenden, hatte die Bedeutung von Geleit, Leitspur. 28. waiderlicb verderbt für widerlicz. 29. kbürn — Gehörn, Geweih. 5

Deutsche Jagdtraktate Π

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30. 31. 32. 33.

gefärbt — gefegt. scbeerbauffen = Maulwurfshaufen. erelein (a. 6v*), ebrelein (6v', 9v15) = Ereilen. gespUr hat hier die unübliche Bedeutung von Fuß, Lauf, sonst (ζ. B. 8r*), dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechend von Spur. Im klassischen Text steht fuß an Stelle von gespür. 34. zwenben bedeutet zwingen. 35. mit. Die Handschrift hat irrtümlich nil; gemeint ist mitten. 36. puel, pticbl (14 v'), pubel (Cod. Pal. Germ. 281, 75 T1), von mhd. hübe/ = Hügel, kleine Erhöhung. Vergi, a. Kurt Lindner, Die Lehre von den Zeichen des Hirsches, Berlin 1956, S. 215, N. 46. 37. fändlein verderbt für fädlein, Fädchen. 38. clilener, dienere (1 r"), dienest (2 Vs) - kleiner. 39. tringt = drängt, zusammendrängt. 40. bördt, hert oder erdt (9r®) = Erde. 41. In der Handschrift lautet der Text vnnd ist albeg »»geschaffen vnnd jr gemäl. Die Veränderung in der Reihenfolge der Worte wurde zur Wiederherstellung des ursprünglichen Sinnes vorgenommen. 42. glaß = Losung. 43. speibetb = Spinnengewebe. 44. simel = rund. 45. scbroferigem = gespaltenem, zerklüftetem. 46. windin ist verderbt fur Hündin, vielleicht auch von Windhündin hergeleitet. 47. fauller paumb (a. llr·), faul paumb (llr®"· 10 ) = Faulbaum (Rhamnus frangula L.). 48. geitigdicb — gierig. 49. vassten verderbt fiir vaisten (Cod. Pal. Germ. 281, 72V5) = Feistzeit. 50. fertb vnnd lauff werden im gleichen Sinne nebeneinander gebraucht, lauff ist am besten mit Geläuf oder Geläufe zu übertragen, also dem gleichen Wort, das wir heute noch fiir die Spuren der Hühnervögel anwenden. 51. mit langem seyl oder bengseill. Der bei allen Jagdschriftstellern immer wieder vorkommende Ausdruck Hängeseil war die Bezeichnung fiir den Riemen, an dem der Leithund geführt wurde. Er bestand aus einem um den Hals des Hundes gelegten Leder und einem daran befestigten Seil. 52. abieben, (Cod. Pal. Germ. 281, 73 r2, abieben) = umgedreht, mit der unteren Seite nach oben gelegt. 53. gewanndt = gewöhnt sich. 54. raiebt ist verderbt für traebt = trachtet. 55. bar — harre.

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56. gäst (a. 12t 1 ·) = Geäse, Äsung, Äsungsplatz. Siehe a. N. 19. 57. berler prant vnd wildfutr = harter, keine Fährte aufnehmender Boden durch kontrolliertes Abbrennen zu Rodungszwecken oder wildes Feuer. 58. zu den rechten forsten laufft ist verderbt für jn dem rechten ersten lauff = nach dem ersten Aufjagen. 59. windter geen verderbt für wider geen = Widergänge machen. 60. reydt ist verderbt für zeit, so daß es heißen muß von gutter zeit oder weil = vor guter Zeit oder Weile. 61. rüert ... mit [den] ruckhen sam er geflohen bah = greift mit den Ricken, also den Afterklauen, in die Erde, als ob er flüchtig wäre. 62. vrhring. Die Worte eylends // oder vrbring sind sowohl in der Handschrift der Stiftsbibliothek St. Florian Hs. XI, 620, 13r2 als auch bei Albrecht Retz (V, 24V1) durch vber ersetzt. 63. praitten, s. Kurt Lindner, Die Lehre von den Zeichen des Hirsches, Berlin 1956, S. 222, N. 180. 64. bebenngen, bermgen (14r7, 15r u ) = schon in der mhd. Dichtung häufig vorkommender Ausdruck für nachhängen, d. h. mit dem Hund am Riemen der Fährte folgen. 65. nit verschrieben fur viel, s. St. Florian (Hs. XI, 620, 13r") und Albrecht Retz (V, 24ν10). 66. buseben — birschen. 67. vnd baut er hindten nach ist verderbt fur vnd eylt hart der binden nach (Cod. Pal. Germ. 281, 74r"). 68. sebauf ist verderbt fur schau, schaue (auf). 69. gibt ist verderbt für tritt. 70. laß dir scblaumen, schlamen (Cod. Pal. Germ. 281, 74r 14 ) • beeile dich, laß die Arbeit rasch vonstatten gehen. 71. vertrestw, verdreust (Cod. Pal. Germ. 281,74Γ15) = verdrießt du, verleitest du. 72. beserbät. Der Sinn dieses Wortes ist ungewiß, vielleicht bedeutete es so viel wie hinderlich. 73. treib verderbt für greyff = greife. 74. lassen (a. 15r7 15V1) = den Hund schnallen, frei suchen lassen, im wesentlichen gleichgedeutend mit nachjagen. 75. stickben ist verderbt fiir stinckben, stinken. 76. geriterter würde heißen: angerührter, hoch gemachter, angehetzter. Diese Worte hätten hier aber keinen Sinn. Richtig ist gerügter (Cod. Pal. Germ. 281, 74 ν13) = ausgeruhter. 77. wysmad = Wiese. 78. scbmuckbt, smück (Cod. Pal. Germ. 281,74v w ), von mhd. smücken, smucken = in etwas eng Umschließendes drücken. Wir finden auch (18r*) gescbmuckb

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als Bezeichnung für den Fuß des Hirsches als „Druckkörper". „Du solltest auch die Heide beschauen. Wo sie der Hirsch mit seinem „Geschmuck" berührt hat, da hat er . . . die Halme . . . abgestängelt." 79. zermiiscbt, s. Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 213, N. 28 und S. 218, N. 104. 80. schachten (a. 17 r«), gachttn (Cod. Pal. Germ. 281, 75 r 5 ), von mhd. schachte zu scbacbe = einzeln stehendes Waldstück, Waldsaum, Vorholz. 81. feldt, veli (Cod. Pal. Germ. 281, 75 r»), feldt (Wolfskeelsche Handschr., T. 16v»), feltb (Jägerbuch des Albrecht Retz, V. 14r") = fällt, hat den Sinn von springt. Das Verb fallen ist in dieser Bedeutung der lebenden Jägersprache verloren gegangen. 82. würgt verderbt fur tvUrft = wirft, streift. 83. gewenndt, gebend (Cod. Pal. Germ. 281, 75 t 11 ) - Gewend s. Klassische Lehre von den Zeichen des Hirsches, Kap. 5, bei Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 110, a. S. 212, N. 16. 84. wassen = grasbewachsene Erdscholle. 85. wonpetb = Wohnbett, ein Beibett neben den rechten pötten, fehlt in der lebenden Jägersprache. 86. rächen, rebendt (Wolfskeelsche Handschrift, T. 15v ls ) = laut, halslaut, vergi. Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 219, N. 129. 87. verfaben, verfecbt (19 r 8 ) = Wind bekommen, wittern. 88. bellig, vermutlich (verderbt) von mhd. hotline = heimlich, bellig birseben = heimliche Hirsche; die naheligende Herleitung von mhd. hellic, bellte = matt, müde, erschöpft, lechzend gibt keinen rechten Sinn. 89. pöß, posen (17r»), bisen (16r l , 17t10), peß (16r' "•"), pesen (Ιόν 4 "·') ist gleichbedeutend mit gering, heute aber nicht mehr üblich. 90. Dieser Satz gibt im Cod. Pal. Germ. 281 in der überlieferten Form keinen Sinn, läßt sich aber durch St. Florian Hs. XI, 620 ohne Schwierigkeiten berichtigen. 91. gespist = Spieße getrieben, Spieße aufgesetzt, Spießhirsch. 92. Der Inhalt dieses Satzes ist nicht klar; er läßt sich auch aus dem Cod. Pal. Germ. 281 nicht einwandfrei rekonstruieren, zumal der Zusammenhang mit einer Saujagd unverständlich bleibt. 93. drew. Wahrscheinlich muß es heißen: Noch [s\ein drew {— drei) gewisse stuckb darum (s. a. Cod. Pal. Germ. 281, 76 r8). 94. ausspreeben ist verderbt oder irrtümlich gesetzt für ansprechen. 95. villigclicb = völliglich, völlig. 96. pmtschutben — Bundschuhen. Der Bundschuh war ein durch Riemen um den Knöchel befestigtes Stück Leder, das den Bauern bis ins 16. Jahrhundert als Fußbekleidung diente. 68

97. zinckblen, zinckben (17r*) = Enden an den Geweihstangen. 98. zersträt ist verderbt für zerstört. 99. groscb ist verderbt fur groß; „ebenso wie der große", „ebenso wie der alte". 100. rickhtn steht hier für Oberricken, Afterklauen. 101. filien = Füllen, junge Pferde. 102. gefisslt = gefüßelt. 103. weiten soll sicherlich warten heißen. Die Warten waren die Relaisstationen für den Hunde- und Pferdewechsel beim Uberlandjagen. 104. besuecb = Bereich, in dem die Vorsuche des Jägers mit dem Leithund erfolgte. 105. gescbmuckb s. N. 78. 106. puetbbagen ist ein anderweitig nicht belegtes und deshalb auch nicht eindeutig zu erklärendes Fährtenzeichen des Hirsches, dürfte aber von purcbkstal oder das pyelen (s. den klassischen Text der Zeichenlehre, Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 123, 139 v 1 ' in E) herzuleiten sein. 107. sleinpfl = Steinchen. 108. sambtrügl — gemeinsame Mulde, gemeinsame Lagerstatt. 109. sptllen ... guckbupergens = spielen verstecken, vergi, a. Gr. Wb. IV, 1, 6, Sp. 1037 voc. guckenbergen. 110. trUben = Mulden, trogartige Erdvertiefungen, Erdaushöhlungen, die als Betten dienten. 111. zeillern = Buschhecken. 112. veldpfert scheint nicht, wie es naheliegend wäre, Ackerpferd zu bedeuten, sondern für zeit pfert — Zelter, Paßgänger verderbt zu sein. Siehe Wolfskeelsche Handschrift, T. Kap. 8, 6v\ zeltvferdt. 113. geäder = Sehnen der Läufe. 114. faimb es •— schäume es ab. 115. sackb pfeifflein. Einer der ältesten Belege fur die Existenz der künstlichen Blatte als Lockinstrument während der Blattzeit des Rehwildes. Im allgemeinen ist in den Quellen nur vom Blatt selbst die Rede. Ein sackb pfeifflein war konstruktiv ein kleiner Dudelsack, also ein mit einem ledernen Windsack versehenes Pfeifchen. 116. kbössl voll arbes = Kessel voll Erbsen. 117. pibergal = Bibergeil, welches von den Innenwänden der bei beiden Geschlechtern vorhandenen Geilsäcke abgesondert wird und früher in der Medizin als krampfstillendes und beruhigendes Mittel Verwendung fand. 118. ponepläee = Blüten der Puff- oder Saubohne (Vicia Faba L.). 119. gaffer = Kampfer.

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120. Maria plüembl. Gemeint ist wohl die marienmynte Tanacetum Balsamita L. 121. Mäder = Marder. 122. Dieses Kapitel ist identisch mit einem Abschnitt im Jägerbuch des Albrecht Retz, fol. 88 r, s. Vogelfang und Hasensuche, Teil I, S. 24. 123. Vergi, zu diesem Kapitel die Einleitung zur Hohenloheschen Handschrift Teil. I, S. 60. 124. basen wannen = das Dünnfleisch an den Weichen des Hasen. 125. aufzuckbest = schießt, hergeleitet vom Aufzucken = Aufleuchten des Zündfunkens. 126. muetter = Gebärmutter. 127. febin, vebin (26r12) = Fähe, weibl. Fuchs. 128. kbraen = Krähe. 129. pässlein, pisslein (22 r*) = kleiner Bissen. 130. päts = Klumpen, Stück. 131. wolgemueth — Dost oder Wohlgemut (Origanum vulgare L.), auch wilder Majoran genannt, dem er im Geruch ähnelt. Der Text ist zweifellos verderbt. Es muß heißen: „Stoß sie voll (statt vor) Wohlgemut und Schmalz und heb es auf". Vergi, auch (22r14) ein plätlein .. .von dem wolgemute. 132. grasset = die jungen grünen Sprossen von Nadelbäumen. 133. spenn = Lockmittel. 134. khleczen = gedörrte Birnen. 135. wolczs wurcz, wolfs wurczen (24r5), wolffs wurcz (23 r», 24v12) = Wolfstod (Aconitum lycoctonum L.). 136. wildtpin, wildpin (26 r18) = Wölfin. 137. achisch vel venedigisch glaß, ackheiß glaß (24 r u ) = eine (hier mit venezianischem Glas verglichene ) Glasart. 138. eybeß grassach, eibeß grasset (24v IS ) vergi, oben Das Weidwerk in der Haushaltung in Vorwerken, Teil I, S. 202, N. 21. 139. temperatur, temporatur (24 v8) beruht offenbar auf der Verwechselung eines mit Fremdworten auf dem Kriegsfuß stehenden Schreibers oder Jägers. Gemeint war vermutlich mixtur. 140. zoll = cylinderförmiger Körper. 141. baim puechett rintten = Rinde der Hain- oder Weißbuche (Carpinus Betulus L. ). 142. grundt wurcz = gelbe Seerose (Nuphar luteum L.). 143. pleckben = Blätter. 144. prein kbörnlein = Hirsekörner. 145. zwartl. Die Bedeutung dieses Wortes war nicht zu ermitteln. Vielleicht handelt es sich um die Beerenfrucht einer Pflanze. 146.fleugnscbwamen= Fliegenpilze (Amanita muscaria).

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147. 148. 149. 150.

huettraicb = Hüttenrauch, Arsentrioxyd, Arsenik As 2 O a . musst = genießt. pierpaumb = Birnbaum (Pirus communis L.). tagen dorn. Hier ist wohl nicht der gemeine Weißdorn oder Hagedorn (Crataegus oxyacantha L.), sondern der Dorn von einer der Heckenrosenarten, vielleicht Rosa canina L., für die wir bagen kennen, gemeint. 151. S. Blasien tag = 3. Februar. Der Blasiussegen wird an diesem Tag oder am folgenden Sonntag gespendet. 152. junger seiilen = Ferkel. 153. opermennt = Auripigment As 2 S 3 .

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Ein Puech zu der Waidmanschafft, St. Florian, Stiftsbibliothek, Hs. XI, 620, fol. 11 r, (O), ca. 1593

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Lehre vom Arbeiten der Leithunde, Heidelberg, Universitätsbibliothek,- Cod. Pal. Germ. 281, fol. 72v (N), um 1500.

VOGL BUECH

Die gleiche Handschrift, in der sich das bereits behandelte Puech zu der Waidmanschafftx) findet, enthält auch die hier erstmalig vorgelegte kleine Abhandlung über den Vogelfang als selbständigen, in sich abgeschlossenen Textteil. Die einzige bisher bekannte Abschrift befindet sich in Österreich: O St.Florian, Stiftsbibliothek, Hs. X I , 620, Teil 4, Vogl Buech, Papier, 1593 2 ). D a s auf dem Titelblatt verzeichnete Jahr, das den Zeitpunkt der Entstehung der Handschrift anzeigt, sagt nur wenig aus. Das Studium des Textes läßt sogleich erkennen, daß eine ältere Vorlage dieser gegen Ende des 16. Jahrhunderts erfolgten Abschrift zugrunde gelegen hat. Die Sprache des anonymen Traktats ist altertümlich und schwerfällig, erlaubt aber ebenso wenig wie sein Inhalt, den Urtext zeitlich zuverlässig zu bestimmen. Der Abschreiber, dem wir das in St. Florian aufbewahrte Manuskript verdanken, arbeitete nicht sonderlich sorgfältig. Die etwas flüchtigen, aber ausgeschriebenen Schriftzüge lassen es nicht verwunderlich erscheinen, daß sich eine Anzahl Schreibfehler einschleichen konnten. Der ganze, nur fünf Blätter füllende Traktat zerfällt in acht durch selbständige Überschriften gekennzeichnete unnumerierte Kapitel, v o n denen jedoch nur die ersten fünf dem Vogelfang gewidmet sind und damit dem Titel des Büchleins gerecht werden. Die letzten drei Abschnitte (Kap. 6—8, fol. 4 ν—5r) behandeln Fragen des Fischfangs und enthalten vornehmlich Tollköderrezepte. Sie würden besser in das kultur-und fischereigeschichtlichinteressante, >) Siehe oben S. 7 ff. 2 ) Albin Czerny, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Florian, Linz 1871, S. 212.

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aber wohl unabhängig hiervon entstandene Visch Puech, das einen Bestandteil der gleichen Sammelhandschrift XI. 620 bildet, passen. Ebenso wie im Ms. 354. 8° der Universitätsbibliothek München werden in der Handschrift der Stiftsbibliothek St. Florian nur zwei Methoden des Vogelfangs behandelt. An erster Stelle (Kap. 1) steht der Haselhuhnfang, der — wie wir auch aus anderen Quellen wie Jodocus Oesenbry's Kunnstwejdnj wissen — vornehmlich im Frühling und im Herbst, also den Monaten März, April und September betrieben wurde. Der Jäger lockte, sich selbst in einer kleinen Hütte verbergend, Haselhühner mit einer Pfeife herbei, nachdem er vor sich niedere Stecknetze errichtet hatte, in denen sich das überlistete Wild fing. Breiter und ausführlicher wird jcdoch der Vogelfang mit dem Kloben (Kap. 2—5) behandelt. Wir hören zwar im Vergleich zu dem vorangestellten Münchener Text nicht viel Neues. Entscheidend aber bleibt für die Beurteilung der deutschen jagdtechnischen Entwicklung die hier erneut erwiesene zentrale Stellung des Klobens als eines besonders wichtigen Hilfsmittels für den Vogelfang. Es ist kein Zufall, daß die Verfasser beider Abhandlungen ebenso wie der in Thalwil amtierende Pfarrer Jodocus Oesenbry den Fang mit dem Kloben in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen stellten und damit dessen Bedeutung im Rahmen der Jagdtechnik ihrer Zeit unterstrichen. Viel Aufmerksamkeit schenkten die Vogelfänger der siczstatt oder hütn. Uns begegnet wieder der Fallbaum, ein unerläßliches Hilfsmittel dieser Jagdart. Als Lockkauz diente die Zwergohreule, die auf einem beweglichen Holzklotz, dem Hamel, oder auf einem niedrigen Bogenreck abgesetzt war. Gefangen wurden zahlreiche große und kleine Vogelarten, unter ihnen Amseln und Häher. Bedeutung für die Geschichte unserer Jagdliteratur erhält die kleine Abhandlung als eines der ältesten Zeugnisse über die Technik des Vogelfangs. Sie ist ihrem Wesen nach durch und durch 76

deutsch und von älteren Vorlagen ebenso unabhängig wie frei von außerdeutschen Einflüssen. Da ihr Inhalt geeignet ist, das Bild zu bestätigen, das wir uns vom deutschen Vogelfang im hohen Mittelalter und im ersten Jahrhundert der Neuzeit machen, schien ihre Veröffentlichung an dieser Stelle wünschenswert und gerechtfertigt zu sein.

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VOGL BUECH 1593

Stiftsbibliothek St. Florian Hs. XI, 620

(1.) Haslhuener zue vachen. So der monn neu wierd, ist es guet biß der monn widír abnimbt. 4 tag nach dem neuen ist es zum besten. So aber der apprill ein geet, so ist der lauf der hienner besser dan sonnst jm jare, vnnd in Sannt Michaelis monat1) ist es auch besser dan sunst jm jare. 5 Dz geschray imlangt sol der hannen gröber sein dan sonnst nach dir hennen. Vnd jm herbst soll dz geschray khlünner2) sein mit dem pfeifflein alls dz hun. Vnd alweg wan die täg liecht seindt, da nit grosser wint ist, so mach ain hütn, thue dz holcz in ain dickhen3), dz sie dich nit sechen vnd rieht dz neez gerad für die hütten vnnd foder4) das huen mit dem pfeiflein, das gestimbt ist nach dem huen. (2.) Khloben vögelein. Item mach dir guet siezstatt in das holcz, wo es dunckhl ist auf ain hoch oder vber ein graben vnnd laß die öst vber dich mit gehen vnnd das es vnnder äugen auch weith sey. Vnnd mach dir ein fahl5) zu der linckhen sey ten mit ainem ganezi» asst oder mit ainem angelainten®) holcz, das dir alzeit die vögl zu der linckhen seyten stanndt. So ist der vahl recht auf den khloben. Vnnd mit dir schafykhl7) // raiez auf die rechte seyten auß, nachdem der siez weit ist. Stet dir aber dz holcz zue nachet zur rechten seyten, so vmbsteckh die schafigkhl zue der rechten Seiten, dz die vögl nit sehen mögen, so vollendt8) sye auf der linckhen Seiten herüber. Es ist auch guet wan man dz schaffigkhl seezt auf ain häml9), dz in die erd gestossen ist. Vnnd mach, dz man die schaffigkhl mit 5 dem häml zeucht an röbschnier10), dz es aufgeth in die höhe, wan es vmbsteckht ist. So mügens die vögl sehen, wan es lär stundt. Wurden die vögl bald truezig darob werden. Auch ist es darumb guet, wan die vögl auf die erden placzen11), so sy es nit sechen mügen, so stennd sie widwumb den rechten weeg auf. Die seindt die sycz vnnd seindt guet zu allerlay vögln als zue waldvögln, vorauß zue den ambschln12) seind sy am besten, es 6 Deutsche Jagdtraktate Π

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sey der tag liecht oder tunckhl, wan es nuhr nit wintig ist oder nit rengt. is Aber in allen syczen, sy sein weit oder eng, von 13 ) holcz oder jm holcz, so kher dich von der sunen mit dem khlomb dz dier die son nit darauf scheint. Du fachst sonnst khain visch 14 ). // 3r

(3.) Zue k h l a i n v ö g l n .

Nimb ruervögl 15 ) 2 od*r 3 vnd bindts an ein schwarczn faden vnd henng sie für die hiten ain span vnder den khlom.Wan sie das ankhern vnd beisen, so stend die ciain vögl darczue. Auch seind 5 sie guet zue den hechern16). Man mueß aber die schaffigkhl hinein ziechi«. Vnd die hecher, die du fachst, muestu bald töden, dz sie nit schreyen, vnd gar still darmit vmb ghen. Vnnd zeuch die ruerschnuer gemächlich auf vnd nider, dz sie khern, so fachstu der hecher vili. io

(4.) Zue g r o s s e n v ö g l n . In dem herbst, so die grossen vögl v[er]maussen als nach sannt Bartholomes17) tag, wan es dan neblig ist oder sonnst tunkhle tag hat, dz nit regnet vnd groß wind hat, so ist es guet mit dem Voglen. Sycz herauß auf die weitn, ain claffter von dem holcz auf 15 den khlom vogln. Vnd dz khain holcz sey rundt vmb dich dan zue der tenckhen18) selten. Dz schaffigkhl stell zue der rechten selten drithalbe claffter von dier. Wan dir aber holcz zue der rechten selten wäre, so vmbsteckh dz schaffigkhl alls vorgeschriben ist. Auf den weitn siczn vnnd vorauß auf der ebne, so stell das 3v schaf H ykhl auf ain pöglein 19 ) an einer lanngen schnuer. Wann die vögl auf die erdt placzen, so zeuch das schaffikhl herab ab dem pöglein. So prelln20) die vögl all auf dem khloben vnd auf den rechten fahl. (5.) Zu den huren 2 1 ). 5 Wildu huren vachen mit dem khloben, so muestu siezen von dem holcz auf ain wisen oder auf ain ackher, das khain päm 22 ) 82

vmb dich. Steckh dann zu der linckhen seitten. Von demselben päm muestu siezen 15 khlafter vnnd das schafickhl soll zu der rechten seitten stehn auf ainem pöglein an ainer lanngen schnuer als vorgeschriben ist. 10 Wann die huren valient zu der schaffickhl auf die erden, so zeuch das schaffikhl ab dem pöglein, so varen die vögl auf dem khloben vnnd auf dem vahl päm. Auch ist guet, das man das schaffigkhl vmbsteckht, so es auf dem hämel stehet, das man auf vnnd niderzeucht. // 15 Item ain stukh zu den huren soll man seezen von dem vahl, 4r das die vögl vberrukh einheer müessen fliehen. Secz das schaffikhl gerad vber dich zwo khlaffter von der hütten vnnd auch zwo gabl für die hütten, vnnd leg ein stanng darauf, die bey 15 schuech lanng sey. Vnnd secz dann, das der khloben kreüczweiß darüber 5 geh vnnd ain pam für die stanng geh. Wann es dann auf der ebin ist, so die vögl auf die erdt fallennt, so zeuch dz schafikhl als vor gemelt ab dem pöglein. So stehent die vögl all auf die stanng vnnd bringt ain vogl den anndern auf den khloben. Wann es auf der ebin ist, so sinndt die vahl guet zu der tennckhi« seyten. Ist es 10 aber auf dem püchln23) auf der weit, so seindt die vahl guet hinnterwercz vnd vorauß zu den huren, da man khain vogl geschray bedarff. Auch mag man die stanng mit den khlain orth zu den khloben zu der tennckhe« seyten einsteckhen in die erdt. Wann die vögl 15 daran valient, so rifliez«»24) sy auf vnnd ab nach der stannge» vnnd fallent auf denn khloben. Die stanng ist guet zu allen syczen, sy sein weith oder enng, zu khlainen oder grossen vöglen. So du aber siezt in dem holcz, da du khainen // guettem vahl magst 4v haben, so lain die stanng an das nechst holcz, das dir yeezt ist zu der tennkhen seytten, vnnd das khain nast25) vorn oder hinden vber dich stehe.

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ANMERKUNGEN

1. Sannt Michaelis monat = September (Michaelistag 29.9.). 2. kblünntr = schreiender, von mhd. glitn ' schreien, vorzugsweise bei Raubvögeln. 3. dickben — Dickung. 4. foder = fordere, fordere heraus, locke. 5. fai/, a. vabl (2Γ1·), rechten fahl (3v s ), vabl päm (3v 15 ) = Fallbaum, vergi, hierzu Vogelfang und Hasensuche, Teil I, S. 44, N. 6, valpavm. Zugerichteter, ortsveränderlicher Baumstamm, auf den die angelockten Vögel einfallen konnten. 6. angelainten = angelehnten, a. lain (4 V1) = lehne. 7. scbajykhl ( f u . n ; a. 3r a o ), scbafigkhi (f; 2v«), schaffigkhl (m; 2 v \ 3Γ 1 ·), scbaßckbl{n; 3 v"), schaffickbl{f; 3 v u ) , scbaffikbl{n; 3 v1»), scbafikbl{n; 4r») = vorzugsweise in Kärnten, Steiermark und Tirol, aber auch in der Ostschweiz übliche Bezeichnung für die über ganz Südeuropa verbreitete Zwergohreule (Otus scops), die sich für den Vogelfang mit dem Kloben gut als Lockvogel eignete. Das seit dem 15. Jahrhundert bezeugte, im 16. Jahrhundert auch als schweizer Vulgärausdruck nachweisbare Wort ist vom ital. civetta bzw. ciovetta herzuleiten. (Hugo Suolahti, Die deutschen Vogelnamen, Straßburg 1909, S. 317/318.) 8. vollendt = fallen. 9. bäml, hämel (3v 14 ) = Hamel oder Sitzblock. Vergi, die ausführliche Stellungnahme zu diesem Wort bei Kurt Lindner, Die deutsche Habichtslehre, Berlin 1955, N. 10, S. 248—250. Sein wiederholtes Erscheinen in diesem Zusammenhang zeugt dafür, daß seine Lebenskraft als Bezeichnung für eine Sedilienform Ende des 16. Jahrhunderts zumindest in den österreichischen Alpenländem noch nicht erloschen war. Die Worte ain bäml, dz in die erdgestossen ist erläutern die konstruktive Ausbildung: der sich nach unten verjüngende kegelförmige Holzblock war mit einer eisernen stabförmigen Spitze versehen, die man in die Erde „stieß", um ihn festzusetzen. Wir kennen bislang weder eine technische Erläuterung noch eine Abbildung, aus der zu entnehmen wäre, wie man den offensichtlich drehbar gelagerten Holzblock des Hamels auf vnnd niderzeucht (3v 14 ), dz es [das häml] aufgetb in die höbe, wan es vmbsteckht ist (2v·). 10. röbsebnier, mhd. rêb-snuer = Bindfaden. 11. placzen, (a. 3V1) = sich niederlassen, sich niedersetzen. 12. ambschln = Amseln (Turdus merula). 13. von ist verderbt für vorm. 14. visch = verschrieben für vogl. 15. ruervögl = angeschirrte lebende Lockvögel, die durch ihr Umherlaufen oder Flügelschlagen die Aufmerksamkeit anderer Vögel, meist ihrer

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Artgenossen, zur erregen und diese herbeizulocken hatten. Dies vollzog sich in einer für uns ganz und gar unverständlichen tierquälerischen Form. Die hier beschriebenen Ruhrvögel waren mit einem Ständer an einem Faden angebunden, der, um nicht wahrgenommen zu werden, schwarz sein sollte. An diesem Faden hingen sie außerhalb der Hütte eine Spanne — also ungefähr 25 cm — unterhalb des Klobens. Von Zeit zu Zeit wurden sie „angerührt" — woher sich der Name Ruhrvogel herleitet —, um durch ängstliches Flattern und Schreien ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Dies geschah beispielsweise durch Bewegen der Rührschnur: zeuch die ruerschnuer gemächlich auf vnd nider .. . (3r 7 - 8 ). 16. bechern = Häher (Garrulus glandarius). 17. sannt Bartholomes tag = 24. August. 18. tenckhen, (a. 4r 10 4v 2 ) = links; zue der tenckhen seilen = auf der linken Seite. 19. pöglein = Bogen, Bogenreck, halbkreisförmig gebogene Sitzstange, deren Enden in die Erde gesteckt wurden. Sie diente zum Absetzen sowohl von Beizvögeln als auch von Eulen, die zu Lockzwecken gebraucht wurden. Die Entwicklung der Sedilien für die Falknerei steht in engem Zusammenhang mit den Sitzgelegenheiten für die zum Anlocken gebrauchten Nachtraubvögel, was schon an der Verbindung Jule — Eule deutlich wird. Vom Vogelfänger führte eine lannge schnuer zu der auf dem Bogen sitzenden Zwergohreule. Wurde an dieser gezogen, sprang die Eule auf die Erde, schreckte die sie verspottenden Vögel auf und veranlaßte sie zu einem Ortswechsel, bei dem sich der fängische Kloben als neue Sitzgelegenheit anbot. 20. prelln = sich schnell hinbewegen. 21. huren. Es war naheliegend, anzunehmen, daß das Wort hier im landläufigen Sinn gebraucht wurde und der Verfasser unseres Vogelbuches den Vogelfang mit dem Kloben zu einigen nur sehr wenig mit der Jagd im Zusammenhang stehenden Angaben benutzen wollte. Im Hinblick auf die Parallele in der Lehre von den Zeichen des Hirsches (Berlin 1956, S. 135, Kap. 30) würde dies nicht einmal überraschen. Aber ganz offensichtlich ist dies nicht der Fall. Das ganze Kapitel 5 enthält keinerlei Zweideutigkeiten, stellt viel eher eine wertvolle Ergänzung der in den vorhergehenden Kapiteln beschriebenen Fangtechnik dar. Offen bleibt allerdings vorläufig, welche Vogelart gemeint war. Hugo Suolahti (Die deutschen Vogelnamen, Straßburg 1909) kennt Huren oder eine verwandte Wortform nicht. Man ist versucht, eine Verbindung mit dem franz. honran zu suchen. Da dieses Wort aber nur als eine in den Vogesen nachgewiesene Bezeichnung für den Uhu bekannt ist, dieser aber

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22. 23. 24. 25.

als Beutevogel beim Vogelfang mit Hilfe des Klobens ganz und gar nicht in Frage kam, muß die endgültige Klärung dieses Vogelnamens weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben. Auch Zusammenhänge mit mhd. huren — kauern oder burren — sich schnell bewegen sind zunächst nicht abzuweisen. Mir scheint, daß eine sehr einfache Erklärung zutreffend sein könnte. Vielleicht handelt es sich nur um den gewollten Fehler eines humorvollen Abschreibers, der fiiir staren, wie es wohl in der Vorlage hieß, das Wort huren setzte. Beide Worte ähnelten sich ja stark im Schriftbild. Damit wäre all den Anhaltspunkten für eine Deutung des Wortes Rechnung getragen, die sich aus dem Text ergeben. Diesen zufolge handelte es sich um kleine Vögel, die auf Wiesen oder Äckern gefangen wurden, auf der Erde einzufallen pflegten und nicht wie die meisten anderen Arten durch vogl geschray (4r12) angelockt wurden. Dies alles würde gut zu einer Berichtigung im Sinn von staren passen. päm (a. 3 Vs), pam (4r·) = Baum, a. vabl päm (3v13) = Fallbaum. piichln = Hügel, kleine Erhöhung. rifliczen = flattern, mit den Flügeln schlagen (Schneller I, 799: flitscben, flitscbnen, flitscbeln), a. mhd. flittich, vlêtacb = Fittich. nasi = Ast.

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V o g l Buech, St. Florian, Stiftsbibliothek Hs. X I , 620 fol. 2r, (O) ao. 1593.

3

DIE LEHRE VON DES HIRSCHES GESCHEITHEIT UND SEINEM WANDEL EIN BEITRAG ZUR LEHRE VON DEN ZEICHEN DES HIRSCHES

I Während der let2ten Jahre wurde eine Anzahl weiterer Handschriften zur Lehre von den Zeichen des Hirsches ermittelt, die in Ergänzung der früher vorgelegten umfassenden Arbeit über dieses Thema hier beschrieben und eingeordnet werden sollen. Die klassische Fassung der Zeichenlehre ist noch in folgenden vier Handschriften überliefert: L Innsbruck, Universitätsbibliothek, Hs. 1008, fol. 7 ν — l l r , Anfang des 16. Jahrhunderts. M Klagenfurt, Kärntner Landesarchiv, Hs. 10/25, fol. 34 r bis 39 r, erste Hälfte des 16. Jahrhunderts. Ν Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. Germ. 281, fol. 67 r—72 ν, um 1500. O St. Florian, Stiftsbibliothek, Hs. X I , 620, Ein Puech zu der Waidmanschafft, fol. 4 r — l l r und 19v, ca. 1593. Außerdem verdienen zwei Handschriften aus der Gruppe der Derivattexte Beachtung: R Köln, Historisches Archiv der Stadt, Hs. W. 302*, Kurtzer bericht des versicherns vnnd zubehalt der Terminus des jagens erdicht, fol. 2r—13v, 16. Jahrhundert. W Dresden, Sächsische Landesbibliothek, Msc. Dresd. App. 13, Jagdbuch des Cornelius Latomus, fol. 4 r —16v, ca. 1585. Alle sechs Texte stammen aus dem 16. Jahrhundert, einer Zeit, in der die klassische Zeichenlehre bereits einen langen Entwicklungsweg hinter sich hatte. Mit einer gewissen Genugtuung dürfen wir feststellen, daß keine dieser Handschriften Anlaß zu einer Korrektur der früher erarbeiteten Ergebnisse gibt. Andererseits sind sie geeignet, das gewonnene Bild zu ergänzen und zu 93

erweitern, vor allem weil sie teilweise in Verbindung mit neuen Texten auftreten, an denen die bislang kaum spürbaren Entwicklungstendenzen des deutschen jagdlichen Fachschrifttums in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erkennbar werden. Auf den Zusammenhang mit der wichtigsten Arbeit dieser Zeit, der Lehre vom Arbeiten der Leithunde, wurde bereits hingewiesen1). Ein weiterer Text wird hier vorgelegt. In den nachfolgenden Darlegungen wird auf die Veröffentlichung des Jahres 1956 2 ) unmittelbar Bezug genommen und ihr Inhalt als bekannt vorausgesetzt.

II Die drei Handschriften Μ, Ν und O dürfen zunächst besprochen werden, da sie in einem engen Verwandtschaftsverhältnis stehen und sämtlich zu jenen Texten gehören, die als x2-Gruppe bezeichnet wurden. In den Cod. Pal. Germ. 281 der Universitätsbibliothek Heidelberg3) (N), der eine um 1500 entstandene Abschrift des Heinrich Münsinger zugeschriebenen Buches „Von den Falken, Habichten, Sperbern, Pferden und Hunden" enthält, findet sich ein fünftes Kapitel eingeschoben, das in keinem der sieben bekannten Paralleltexte wiederkehrt, mit Münsingers Arbeit nichts zu tun hat und als Zutat des Abschreibers, dem wir den Cod. Pal. Germ. 281 verdanken, aufgefaßt werden muß. Bei dieser Einsprengung handelt es sich einerseits um eine bisher unbeachtet gebliebene jüngere Bearbeitung der Lehre von den Zeichen des

!) Siehe oben S. 17. 2 ) Kurt Lindner, Die Lehre von den Zeichen des Hirsches, Berlin 1956. a ) Vergi. Karl Bartsch, Die altdeutschen Handschriften der Universitätsbibliothek in Heidelberg, Heidelberg 1887, Nr. 141, S. 55/56.

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Hirsches, andererseits um jenen hiervon unabhängigen Traktat, der im vorhergehenden Abschnitt unter dem Titel „Die Lehre vom Arbeiten der Leithunde" in das jagdwissenschaftliche Schrifttum eingeführt wurde. Der erste Teil 4 ) dieser recht überraschenden Ergänzung der Münsinger'schen Abhandlung beginnt mit den Worten „Hie fahet an das fünfit capitel diß buchs wie man hirsch vnd hinden s p u r e n v n d j a g e n soll in der faist««" und weist schon durch diesen Titel auf die Zugehörigkeit zur x 2 -Gruppe hin6). Eine Bereicherung unseres Wissens bringt Ν nicht. Es handelt sich um eine stark verderbte Fassung des klassischen Textes, die in Anbetracht der Wortverschiebungen, Umstellungen und Änderungen von der ältesten Fassung A weiter entfernt steht als die Paralleltexte Β bis K, jedoch eine deutliche Verwandtschaft mit der Version E aufweist, ohne allerdings das für E charakteristische Kapitel 27 a zu haben. Eine ganze Anzahl von Merkmalen deutet darauf hin, daß die Vorlage, deren sich der Verfasser von Ν bei seiner immerhin recht freien Behandlung des Textes bediente, χ 2 — und damit auch dem Urtext selbst — sehr nahe verwandt war. Sämtliche Kapitel der Zeichenlehre erscheinen in Ν in der Reihenfolge des klassischen Textes. Natürlich fehlt, wie allen x2-abhängigen Handschriften, das Kapitel 23. Das Kapitel 24 wird in jener von A abweichenden ausführlicheren Fassung gegeben, die sämdichen übrigen Handschriften und frühen Drucken eigen ist. Dies kann nur als erneute Bestätigung aufgefaßt werden, daß sie als die ursprüngliche zu gelten hat. Auffällig ist, daß in Ν ebenso wie in L das eigentlich an den Schluß gehörige Kapitel 22 an der gleichen Stelle erscheint wie in A. *) Cod. Pal. Germ. 281, fol. 67 r—72 ν. ') Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 35—38. Auf S. 37 Z. 2v. u. ist x'-Gruppe in x4-Gruppe, auf S. 38 Z. 5x- in x 8 zu verbessern.

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Das für die xa-Gruppe charakteristische Kapitel 17 a ist in Ν nicht nur ans Ende gestellt, sondern auch in eine neue Form gegossen worden. Es sei hier unter Ziffer 17 b wiedergegeben, weil es für die Textkritik wesentlich geworden ist: Ν Cod. Pal. Germ. 281 (17 b) Nun merckh wan ein hind ein hirsch tregt, so hat sy das zeichenn an jr. so gett sie zum gätz, das ein jst als faulpaumb vnd ist des gar girig 72 T zuessen, wan der hirsch ist zumal geren daruon. aber // die hind ist den faulpaumb nit, sye trag oder trag nit, dan so sie einen hirschen tregt, vnd dobej erkenstu woll, das [sie] ein hirsch tregt. 72 r

Wiltu aber erkennen, wan du zu einem faulpaumb kompst, ob ein hirsch hab dorab gepissen oder ein hind, die ein hirschen trag, do sie dan zugewont hat, so merckh es dobej: sind die zweig abgebissen, so hat es ein hirsch gethonn, sind sie aber schregs abgepissen, so hat es ein hind gethon, die eynen hirsch tregt.

Zu unserer Überraschung stellen wir fest, daß der gleiche Text mit geringen Abwandlungen auch in anderen Handschriften des 16. Jahrhunderst erscheint, aber kein typenbildendes Element gewesen ist und sich deshalb zur Textkritik nicht eignet. Sehr ähnlich ist die Fassung im Puech zu der Waidmanschafft®), was bei der engen Verwandtschaft von Ν und O nicht überraschen kann. Die Wolfskeelsche Handschrift (T), die wir, soweit es sich um die klassische Zeichenlehre handelt, in die Nähe von Κ zu stellen haben, brachte eine ganz andere Formulierung des gleichen Gedankens7), aber noch auffälliger ist die Version, die wir in L finden: lit

L Hs. 1008. Hie will ich lernen wie du den hirß erkennen solt jnn mutter leib. Der ysset ain gätz, das ist faulpomxv. Vnd wann die hind auff gehept 8 ) hat, so ist sye ouch girich zu essen das geetz den faulpom. Ist, das sy ein hirßen trägt. Tragt sye aber hindenkalb, so ysset sy des gätz des faulpams nit. ·) Kap. 25, fol. 11 r, s. oben S. 39. ' ) Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 165, Kap. 20. 8 ) auff gehept = empfangen.

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Dai bey erkennest du wol, was die hind trägt. Vnd ysset des gätz ouch nynweer, sy trag oder nit, dann so sy ein hirßen trägt. Vnnd wann du kompst zu ainem faulpam, dar bey hirsen oder hinden gewont haben vnd synd die zweyg oben abgebissen, so hat es ein hirß gethan. Synd sy aber schrögs abgebyssen, so hat es ein hindt gethan, die einen hirßen tragt. Das ist ein gewysß gutz zaichen.

L ist nur schwer einzuordnen, obgleich die wichtigsten Kennzeichen auf einen Zusammenhang mit der Handschriftengruppe BCF hinweisen. Beachtlich aber ist, daß wir sowohl in Τ als auch in L Charakteristika der x2-Gruppe wiederfinden. Es scheint, daß die Gedanken des Kapitels 17 b auf dem gleichen Weg wie diese Bestandteile Eingang gefunden haben und daß wir — solange uns keine anderen Hinweise durch weitere Handschriftenfunde gegeben werden — die Faulbaumregel noch immer als einen typischen Bestandteil der zur x2-Gruppe gehörigen oder mit ihr verwandten Handschriften anzusehen haben. Die Tatsache, daß in Ν die Kapitelüberschriften weitgehend neu gefaßt wurden, sagt für die sachlichen Zusammenhänge nichts aus. Ihre Gestellung gehörte zu den Freiheiten, die sich der Bearbeiter häufig erlaubte, Immerhin vermochten auch seine starken Eingriffe die Zugehörigkeit von Ν zu einem bestimmten Textstamm nicht zu verwischen. Eng verwandt mit Ν ist die als O gekennzeichnete Fassung der Lehre von den Zeichen des Hirsches, die wir in das Puech zu der Waidmanschafft9) eingearbeitet finden. Die undatierte, aus dem letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts, wahrscheinlich aus dem Jahre 1593 stammende Handschrift ist flüchtig geschrieben und bringt für das Studium der klassischen Zeichenlehre keine neuen Erkenntnisse. Bei der Anordnung der Kapitel wurde die her-

') Stiftsbibliothek St. Florian XI, 620, Kap. 3—25 und 36, fol. 4r—11 r und 19 y.

7 Deutsche Jagdtnktatc Π

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kömmliche Reihenfolge10), abgesehen von der unbedeutenden Umstellung der Kapitel 14 und 15 vor das Kapitel 13, eingehalten, doch führten in O Zusammenziehungen zu einer Verminderung der durch Überschriften herausgehobenen Abschnitte. Lediglich das klassische Kapitel 27 a11), welches in allen uns erhaltenen Handschriften nur ein einziges Mal, nämlich in dem als E gekennzeichneten Text im Ms. 354.8° der Universitätsbibliothek Münchcn überliefert ist, findet sich erst an späterer Stelle als Kapitel 36. Damit ist uns zugleich ein deutlicher Hinweis gegeben, wo wir die Handschrift einzuordnen haben. Sie gehört ebenso wie Ν in der Bereich der x2-Gruppe, und zwar in unmittelbare Nähe von E. Auch die bedauerlichen Verschlechterungen, denen der Text bis zum Ende des 16. Jahrhunderts ausgesetzt war, konnten die Merkmale, die für die Handschriften dieser Gruppe kennzeichnend sind, nicht verwischen. Zunächst fehlen der Zeichenlehre im Puech zu der Waidmanschafft wie in allen x2-abhängigen Handschriften die klassischen Kapitel 23 und 28; außerdem finden wir in Kapitel 25 inhaltlich die gleichen Gedanken wiedergegeben, die alle x2-Texte durch das klassische

10 )

u)

Es entsprechen sich im und Puech zu der Waidmanschafft

in der klassischen Zeichenlehre

Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap. Kap.

Kap. 1—8 Kap. 9 und 10 Kap. 11 und 12 Kap. 14 und 15 Kap. 13 Kap. 16—22 Kap. 24 und 25 Kap. 26 und 27 angelehnt an Kap. 17 a Kap. 27 a

3—10 11 12—13 14 15 16—22 23 24 25 36

Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 136

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Kapitel 17 a gemeinsam haben. Die Fassung ähnelt stark derjenigen, die im Cod. Pal. Germ. 281 überliefert ist. Aber auch der Text selbst kann seine Herkunft nicht verleugnen. Schon der Titel „Erstlich merckh, wie man s p ü r n v n n d j a g e n , auch wie man ain hirsch in der faistn suechi» soll" spricht für die Zugehörigkeit zur x2-Gruppe12). Auch sind zahlreiche Wendungen und Ausdrücke nur dort wiederzufinden13). Das Ausmaß der Textverderbungen ist außerordentlich hoch14), soll aber nicht überbewertet werden, da wir von dieser späten Fassung der klassischen Zeichenlehre ohnedies keine neuen Aufschlüsse erwarten können. Wir nehmen sie als Ausdruck der Zählebigkeit des mittelalterlichen Textes und als Zeichen seiner Verbreitung in offensichtlich weit mehr Handschriften als ursprünglich vermutet wurde. Bei der Beschreibung der als M bezeichneten Klagenfurter Handschrift können wir uns kurz fassen, weil ihre Einordnung besonders leicht möglich, ihr Standort also zuverlässig bestimmt ist. Der die Zeichenlehre umfassende Teil 1 6 ) ist in eine der zahllosen Abschriften vom Roßarzneibuch des Meisters Albrant 1 ·) ) Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 35. " ) Zum Beispiel : Das Wort abeiln in der Uberschrift von Kap. 11 kommt nur in Handschriften der x'-Gruppe vor. Das gleiche gilt für purckbttal in der Überschrift von Kap. 19. Auch kennen nur diese Texte den Ausdruck nbroffenden mee, der im Puech zu der Waidmanschafit Kap. 24 verderbt als scbro/erigem landt wiederkehrt. Ein typisches Zeichen der Zugehörigkeit zur xa-Gruppe sind femer die Worte alls tin pater noster im Kapitel 23. " ) Zum Beispiel: Klassischer Text, A, fol. 140v»~4: Wo och der hircz gant by den hindin so gaxt er alweg einig nebend vf bi dm hinden viW sunderbar nebend jne» . . . Puech zu der Waidmanschaft, O, fol. 10 r1*—10 v 1 : Wo der hürsch bej einer hindt ist, so geet er // ain halb neben der hinden einig besonnder . . . " ) Kärntner Landesarchiv Klagenfurt, Hs 10/25, fol. 34 r—39 r. » ) Ebenda, fol. Ir—33ν und 40r—46r. u

7·/π

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eingesprengt. Der Übergang zwischen Zeichenlehre und dem Albrant-Text bildet ein Bruchstück aus einem Falkentraktat17). Die in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts gehörende, von einer Hand stammende Papierhandschrift hat rote Überschriften und hübsche rote oder schwarze Initialen18). Der Text ist wie alle Fassungen des 16. Jahrhunderts stark verderbt und stimmt mit dem als H bezeichneten ältesten deutschen Druck vom Jahre 1531 so auffällig überein, daß er als unmittelbare Vorlage für ihn gedient haben könnte. Schon der Titel Hye lern S p ü r n v n n d J a g e n läßt die Zugehörigkeit zur x2-Gruppe erkennen. Ein Studium des Textes verrät jedoch rasch die enge Verwandschaft mit H 18 ). Natürlich fehlt wie allen Handschriften der x2-Gruppe das klassische Kapitel 23, während das Kapitel 17 a als kennzeichnende Zutat vorgewiesen wird. Durch Zusammenziehun-

" ) Ebenda, fol. 39 r—39 ν. ) Vergi. auch Hermann Menhardt, Handschriftenverzeichnis der Kärntner Bibliotheken, Bd. I, Wien 1927, S. 243/244. " ) Als Beispiele seien nachfolgende Charakteristika genannt (Die Verweise beziehen sich auf die Vergleichsstelle im klassischen Text) : 136 ν 10 zw der Sunen 136v 14 Der hirsen wanlung 137 r' pfetlin 137 r 1 · Geschlagen mürben 137r ! 0 war neme» 137 ν' mürben 137 ν 8 Abtrit, Beytrit 138 ν 11 Veslin 138v 21 veßlin 139 ν» schleich 139 ν 10 mayster 139 ν1» etlich 1 3 9 v " Insigell 140 r 10 sich so bey ein watt erkenne soll dy er mit den fueß thut 140 r " recht als ein patei aastet 1β

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gen20) hat die Übersichtlichkeit in M etwas verloren, doch entstand hierdurch kein Substanzverlust. Kennzeichnend sind im übrigen die erweiterte Fassung des klassischen Kapitels 24 mit allen Merkmalen der Fassung H und das an den Schluß gestellte Kapitel 22, das genau wie bei H in einem nur hier vorkommenden, durch Textverderbung unverständlich gewordenen Satz endet. Nicht ganz so einfach ist die mit dem Kennbuchstaben L versehene Handschrift der Universitätsbibliothek Innsbruck21) einzuordnen. Es handelt sich um ein reizendes, bisher bibliographisch nicht erfaßtes und im jagdgeschichtlichen Schrifttum deshalb auch noch nirgends erwähntes, 12 Blätter zählendes Pergamentmanuskript im Quartformat, dessen Wert weniger in der Uberlieferung einer jüngeren Fassung der klassischen Zeichenlehre als in der Erhaltung der aufschlußreichen „Lehre von der Gescheitheit des Hirsches" zu sehen ist. Man möchte das kleine selbständige Heft als eine der zierlichsten und ansprechendsten altdeutschen Jagdhandschriften bezeichnen. Es ist vorzüglich teils schwarz, teils rot geschrieben und mit Initialen in zwei Rottönungen — einem kräftigen leuchtenden und einem bräunlichen Rot — und in türkisblau versehen. Ein aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts herrührender Besitzvermerk nennt als derzeitigen Eigentümer Jörg Auer von vnd zu puelach vnd adelzhaußn. Mit ihren entscheidenden Merkmalen steht L in der Nähe der Handschriftengruppe BCF22), ohne allerdings die hierfür kennzeichnenden Zutaten, die klassischen Kapitel 28 bis 32 zu haben. Der Abschreiber von L benutzte anscheinend eine Vorlage, die aus einer sehr frühen, vorläufig nicht genau bestimmbaren, aber jedenfalls aus der Zeit vor der Textausweitung stammenden GabeM ) Jeweils zu einer Einheit zusanunengefaßt wurden die klassischen Kapitel 6 - 8 , 9 u. 10, 13—17 a, 20 u. 21, 24 u. 25. » ) Hs 1008 fol. 7 ν—11 r.

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lung im Stammbaum der Handschriften hervorging. Im übrigen läßt sich negativ feststellen, daß alle Charakteristika der x*-Gruppe, also der Texte GJK fehlen. Für ein hohes Alter der Vorlage, der der Abschreiber bei Anfertigung der Innsbrucker Handschrift folgte, sprechen verwandtschaftliche Beziehungen zu A, die wir nur bei L, jedoch bei keinem der übrigen uns bekannten Texte noch einmal feststellen können. So erscheinen die Kapitel 22 und 23 in der in A überlieferten Reihenfolge43); Kapitel 23 ist also nicht, wie sonst üblich, an den Schluß gestellt. Außerdem stoßen wir in L auf die gleiche Kurzfassung des klassischen Kapitels 24, die allein aus A bekannt ist. Während diese Merkmale L in die Nähe von A zu rücken scheinen, fehlen der Innsbrucker Handschrift andererseits die für A typischen Überschriften. Die Problematik der Einordnung wächst noch, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß einige Charakteristika der x*-Gruppe vorhanden sind, deren Hineinfließen vorläufig nicht erklärt werden kann. Schon der Titel Djß buchlin lert S p ü r e « vnd J a g e n n weist deutlich auf einen Zusammenhang mit der Handschriftengruppe DEH hin. Dies gilt auch für eine Anzahl typischer Ausdrucksformen24). Im Gegensatz hierzu läßt sich die ") Typisch fur die Gruppe BCF sind z. B.: 136 ν 1 0 solnda, soll 1 3 7 r u dynn 137 v« fehlende Überschrift 138 v M Avch merck wie des hirß fuß geschaffen ist 138 v M gestalt 139 t» ain fuß als ain hind 139 ν* Merck eben vnd nym meiner 1er war, wann ich dir von ainem grossen vnd gewyssen zaichen sage» will. 140 r1· jnn den mundt. »») Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 21/22. M ) Für die Gruppe DEH sind kennzeichnend: 137 r» pfadlin 139 r 1 gleich vornan 139 v " etlich

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Existenz des klassischen Kapitels 23 mit einer Handschrift der XaGruppe nicht in Einklang bringen. Andererseits hat L die Faulbaumregel in der als 17b bezeichneten Fassung2®), was wiederum im Gegensatz zu allen x1-abhängigen Versionen steht. Im ganzen also stellt sich L als eine der Handschriftengruppe BCF am nächsten stehende, aber deren typische Zusatzkapitel noch nicht aufweisende Fassung mit vorläufig nicht erklärbaren Merkmalen von A einerseits und D E H andererseits dar. Es wäre am bequemsten, diese Vermischung typischer Stilelemente durch die Heranziehung von zwei oder drei Handschriften verschiedener Herkunft als Vorlagen bei der Anfertigung des Innsbrucker Textes erklären zu wollen, aber ein solcher Versuch, die in L auftretenden Ungereimtheiten rechtfertigen zu wollen, wäre wohl zu billig. Wahrscheinlich hat eine ganz andere Überlegung Platz zu greifen. Wenn von einer spätmittelalterlichen Handschrift nach der Art unserer Zeichenlehre 16 Fassungen — wie es nach dem derzeitigen Stand unseres Wissens der Fall ist — auf uns überkommen sind, dürfen wir mit Sicherheit annehmen, daß dieser Text in der Zeit seiner Anerkennung und Wirksamkeit mindestens in mehreren hundetr Exemplaren verbreitet war. Der Stammbaum muß also sehr viel differenzierter gewesen sein als seine Rekonstruktion auf Grund des verhältnismäßig bescheidenen überlieferten Materials vermuten läßt. Wahrscheinlich haben wir zwischen dem Urtext und den ersten faßbaren typischen Verästelungen im Stammbaum noch eine ganze Anzahl fehlender Glieder anzunehmen, deren Kenntnis auch die Bestimmung des Standorts der Handschrift L erlauben würde. Wie in zahlreichen jüngeren Handschriften sind in L häufig mehrere Kapitel miteinander zusammengezogen24), allerdings " ) Siehe oben, S. 96. M ) Einander verbunden sind in L die klassischen Kapitel 5 u. 6, 7 u. 8, 9 u. 10, 13 u. 14, 17 u. 18 (erste Hälfte), 19 u. 20, 26 u. 27.

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ohne daß hierdurch eine Kürzung des Inhalts entstanden wäre. Neu sind kurze bekräftigende oder auch zweifelnde Bemerkungen27) jeweils am Schluß zahlreicher Kapitel, die der Schreiber der Innsbrucker Handschrift wahrscheinlich schon in seiner Vorlage fand und aus dieser mit übernahm. Im Anschluß an die zur Textvergleichung erfolgte Wiedergabe des ersten Kapitels der Lehre von den Zeichen des Hirsches aus den früher vorgelegten Handschriften und Frühdrucken28) werden hier ergänzend die gleichen Textstellen aus den vier neuen Handschriften L bis O abgedruckt. 7ν

L

Hs 1008.

Wie man ain hirß suchen solle jn der faisßi. Des erstenn soll man jn suchen zu den rechtenn suan weiden, wa da geeßt ligen vnd an stossendt, das sind vesan, rocken vnd habern, da ist ir wonung gern jn der rechten faisßin. Du solt auch suchen vff den brachen vor den fron weiden: da is ouch jr wonung. Du solt ouch suchen vff den rechten wegen jn den fron weiden: da gand sy ouch gern. Du solt suchen vff den hoffen jn den weiden: da synd sy auch vil gern. Du solt auch suchen vff den brennden vnd jn den rutinen, da hond sy auch vil wanndels. Disß suchen solltu thun jn der faisßi. 34 r M Hs 10/25. Hye hebt sich an von denn jagen der wild oder hirsen. Hye lern spiirn vnnd jagen. Des erstn wye man suechn solt den hirß zw den rechtn fronweiden, vnnd do gäcz bey ligt vnd an stoßet, do ist ir wonug gern. Doch sein sy ")

Er hat war (Kap. 2). Es felt nit (Kap. 4). Es ist gewar (Kap. 6). Es fait nit (Kap. 8). Ita est venim (Kap. 14). Ita non est verum (Kap. 15). Es fält sicher nit (Kap. 16). Das ist noch das best, fait nit (Kap. 20). Samer Bocks. Quid uel quod. Es ist war (Kap. 25). Er hat war (Kap. 27). M ) Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 39—42.

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an aller liebstn, wo rocken ligt. Aber bey andern geczen such zw rechter vayste. Auff den prachen vor den fron weiden gen sy auch geren. Du solt suchen auff den rechtn hockern in den weiden, do sein sy auch gern. Such sy auch zw den pranden vnnd zu den rewt, wan da haben sy vyll wandls. Vnd dikh suchn thu in der vaist. Ν

Cod. Pal. Germ. 281.

Des ersten soll man jne suchen zu den rechten sam veldern wo die gantz ligend vnd anstossend. Das sind rocken vnd habern, doselbst jst jr wonung gern innen, doch sind rocken die besten getz. Bey disen getzen soltu sie suchen die zu den rechten feisten. Du solt auch suchen v£F der brach vor den sam veldern. Do jst auch geren jr wonung. Du solt sie auch suchen vff den rechten wegen jn den sam veldern. Do sind sie auch geren. Du solt auch suchen zu den kellen jn den veldern. Do sind sie auch geren. Du solt auch suchen jn den brentten oder kolstetten. Do haben sie auch vili wandels. Vnd diß suchen soltu thun jn der faisten als obgeschriben steett. O

XI. 620.

Erstlich merckh, wie man spürn vnnd jagen, auch wie man ain hirsch in der faistn suechtn soll. Zum ersten soll man in suechen bej den rechten samfeldern, wie die gäcz ligen vnd anstossen das rockhen, fesen vnd habern, da wonen sy gern jn. Doch sein rockhen die pössten gäcz. Bej diesen gäczen soltw suechen in dir rechten faisten. Dw solts auch suechen auf der prach vor den sambfeldern, da ist jr wonung auch gern. Dw soltest auch suechen auf den rechten weg«» in den sambfeldern, da geent sy auch gern. Dw solts sy auch suechen zw den zeillen in den feldern. Suech in den prenden, da haben sy auch vili wanndlns in. Diß suechen in der faisten ist das pösst suechen.

Die als Kriterium für die verschiedenen Textstämme ausgewählte Stelle (A 137r11_ls) lautet in den vier hier besprochenen Handschriften: L Die hind hat ain spitzigen fuß vnd wen sy gat, so gat sy mit ragendem fuß vnd mit ainem schlechten fuß. M Dy hind hat ainen spiczigen fueß vnJ nit ain schlechten fuß. Ν Dj hind hatt ein spitzigen fuß vnd wan sie geett, so get sie mit ragendem fuß vnd mit eynem siechten fuß.

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O Die hindt hat ainen spiczigen fueß. Vnd wann sy geet, so geet sj mit ainem ragenten fueß vnd ainem schlechten fueß.

Diese Darlegungen erlauben es uns, den früher entwickelten*9) Handschriftenstammbaum zu ergänzen:

Das neue Bild zeigt die Verstärkung der Gruppe der x2-abhängigen Texte durch die neu entdeckten Handschriften Μ, Ν und O. Dabei kommt M die Stellung einer unmittelbaren Vorlage fiir H zu. M ist somit auf den Platz der früher x7 bezeichneten Handschrift verwiesen worden. Diese Einordnung hat selbstverständlich nur prinzipielle Bedeutung. Es sollte damit nicht zum Ausdruck gebracht werden, daß Heinrich Stayner als Vorlage für seinen Druck vom Jahre 1531 die Handschrift des » ) Ebenda, S. 36.

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Kärntner Landesarchivs in Klagenfurt benutzte. Die Bestimmung der Stellung von M soll lediglich deutlich machen, daß der Klagenfurter Text und Stayners Quelle aufs engste miteinander verwandt waren. Bei den sich nahestehenden Handschriften Ν und O wird die Abhängigkeit von E deutlich, x 8 ist jene von E abhängige Handschrift, der erstmalig als bedeutende Zutat die Ν und O gemeinsame Lehre vom Arbeiten der Leithunde beigegeben wurde. Auf eine Eingliederung von L in das erarbeitete Schema wurde bewußt verzichtet.

III Der Gewinn dieser Überprüfung einer Anzahl in den letzten Jahren bekannt gewordener Handschriften von der Zeichenlehre des Hirsches liegt nicht in der Bestimmung ihres Verhältnisses zu den schon früher bearbeiteten Texten gleichen Inhalts, sondern in der Bereicherung unserer Kenntnisse über die Entwicklung des lehrhaften deutschen Jagdschrifttums im 15. Jahrhundert. Wenn wir uns den bisherigen Stand unseres Wissens noch einmal vergegenwärtigen wollen, so haben wir zwei Tatsachen als bestimmend festzuhalten: einerseits die mit ihrer Entstehung in die Zeit um 1400 verlegte klassische Lehre von den Zeichen des Hirsches, andererseits die vornehmlich ins 16. Jahrhundert gehörigen und durchweg schon in recht komplexer Gestalt erscheinenden Derivattaxte. Langsam gelingt es nun, die dazwischen liegende Lücke zu schließen und die Entwicklungstendenzen des 15. Jahrhunderts zu ermitteln. Zunächst läßt sich heute wohl mit größerer Sicherheit als vor Jahren sagen, daß die Entstehung der Zeichenlehre aller Wahrscheinlichkeit nach mit der vorsichtigen Datierung „um 1400" zu spät angesetzt ist und wohl schon ins 14. Jahrhundert verlegt werden darf. Der kleine Traktat 107

scheint sich einer weiten Verbreitung vornehmlich im süddeutschen und österreichischen Raum erfreut zu haben und veranlaßte in dem jagdliterarisch bislang so wenig fruchtbar erscheinenden 15. Jahrhundert einige Fachleute zur Niederschrift ergänzender Abhandlungen, die offenbar durch das Studium der klassischen Zeichenlehre angeregt und von nun an mit dieser in gewissen Handschriftenstämmen fortgeschrieben wurden. Durch die neuerlich aufgefundenen und hier erstmalig besprochenen Handschriften von der Zeichenlehre des Hirsches werden zwei dieser zusätzlichen Abhandlungen erstmalig freigelegt. Dabei handelt es sich um die Lehre vom Arbeiten der Leithunde, die uns vollständig im Puech zu der Waidmanschafft (O) und in Form eines großen Bruchstückes in einer Heidelberger Handschrift des Heinrich Münsinger (N) überliefert ist, andererseits um die den vorliegenden Betrachtungen beigegebene Lehre von des Hirsches Gescheitheit und seinem Wandel, die ungekürzt in dem Jagdbüchlein der Universitätsbibliothek Innsbruck (L) erhalten ist, außerdem teilweise im Jägerbuch des Albrecht Retz (V) vorkommt. Uber die Lehre vom Arbeiten der Leithunde wurde in der Einleitung zum Puech zu der Waidmanschafft schon ausführlich gesprochen30). Wir dürfen uns deshalb hier auf die Beurteilung des zweiten Textes, der Lehre von des Hirsches Gescheitheit und seinem Wandel beschränken. Der Titel, den dieser Traktat81) erhielt, ergab sich keineswegs so selbstverständlich wie dies bei der Lehre vom Arbeiten der ") Siehe oben S. 15—26. 81 ) Der Anfang (2r—2v ie ) wurde, allerdings sehr fehlerhaft von A(nton) R(itter) v(on) S(chullern) im Festblatt für Tirols Schützen und Jäger vom 4. Januar 1871, S. 10—12, in einem Aufsatz Diß buchlin lert Spüren vnd Jagenn veröffentlicht. Schullern erkannte bereits den Zusammenhang des zweiten Teiles der Innsbrucker Handschrift mit der 1858 von Th. G. von Karajan veröffentlichten Wiener Fassung der klassischen Lehre von den Zeichen des Hirsches.

108

Leithunde der Fall war. Dort enthielt die Vorlage den Hinweis für eine die Absichten des Verfassers kennzeichnende Benennung, hier suchen wir nach einer solch klaren titelbildenden Formulierung vergebens. Eine kleine, fast unwesentliche Bemerkung (5v 1-3 ) wurde deshalb für die Titelwahl herangezogen: folg nur jnn diser 1er . . . du lernest des htrß gescheydigkait vnnd erkennest sein wandel. Hieraus wurde die Bezeichnung der Lehre von des Hirsches Gescheitheit und seinem Wandel abgeleitet. Ihr Verfasser war ein Berufsjäger in gehobener Stellung, ein Mann, der sich heraufgedient hatte und die Annehmlichkeiten seines Berufes ebenso kannte wie dessen Schwächen. Gegenstand der Darstellung des kleinen Traktats ist das Herzstück der jagdlichen Arbeit, die Vorsuche des Hirsches mit dem Leithund, die der unbekannte Verfasser zweifellos über viele Jahre mit Umsicht und Erfolg praktiziert hatte, ehe er sich anschickte, seine Erfahrungen niederzuschreiben. Wir möchten in ihm einen Mann fortgeschrittenen Alters sehen, der seinem Herrn Rotwildjagden größeren Stils in Form von Überlandjagen, eingestelltem Jagen oder Vorstehtreiben vorzubereiten hatte, der aber die wichtige Vorsuche mit dem Leithund selbst übernahm, der sich neben gleichgestellten Kollegen bewähren mußte, dem aber schon eine Anzahl Jägerknechte und Hundejungen zur Unterstützung beigegeben waren. Wir haben ihn uns beim Auszug zur Jagd beritten (2r21) an der Spitze einer Anzahl Knechte (2Γ20 u. 4r19) zu denken. Für seine Lebenserfahrung spricht seine Mahnung ( 2 V 2 0 " 2 2 ) „Wo die Jäger anderer Fürsten und Herren um Dich sind, da laß Dir gute Weile und eile nicht, damit Du nicht zum Spott wirst". Den Praktiker hören wir, wenn es heißt (3r22-24 ) „Wo andere Jäger bei Dir jagen, da sollst Du merken und wissen, mit was für Holz oder Laub Du tagsüber verbrochen hast" oder (3V29—4Γ1) „Darum sei nicht zu eilig und tue die Sache wie gesagt, so bleibst Du ungeschmäht". Am kennzeichnendsten für seine Stellung aber sind die Worte (5v 16-18 ) „Es ist mir 109

selbst auch häufig nötig gewesen, daß ich meinen Lauf mit meinen Brüchen und solchen Beizeichen habe wissen müssen. Ich wäre sonst oft vor Fürsten und Herren geschmäht worden". Der Verfasser war ein Mann, der die Fachsprache seines Standes nicht nur meisterlich beherrschte, sondern sich ihrer auch bewußt bediente. Diese Tatsache verdient besondere Beachtung. Wohlentwickelte termini technici einer Standesprache lassen sich in der mittelalterlichen deutschen Dichtung seit dem 12 Jahrhundert unschwer nachweisen. Zeugnisse aber, daß sich das Jägerkorps dieser spezifischen Ausdrucksweise im Gegensatz zum Sprachgebrauch des Laien sichtlich bewußt war, finden wir dagegen erst verhältnismäßig spät. Eines davon liegt hier vor, wie sich aus dem Hinweis des Verfassers nach Aufzählung einiger gleichbedeutender Fachausdrücke (5r27) ergibt: „ . . . welches Wort Du auch nähmest oder redetest, vermag Dir niemand anders zu vermerken als derart, daß Du recht redest." Aus jedem vergleichbaren Jagdtraktat läßt sich eine Anzahl typischer Fachausdrücke herauslesen. Dies gilt für die Lehren von den Zeichen des Hirsches und vom Arbeiten der Leithunde ebenso wie für die daran anknüpfenden Derivattexte. Aber keine dieser Abhandlungen ist noch einmal so reich an Worten der jagdlichen Standessprache und in keiner sind diese noch einmal so wissentlich angewandt worden wie hier. Deshalb ist der kleine Traktat von des Hirsches Gescheitheit und seinem Wandel eines der wertvollsten Dokumente zur Geschichte der deutschen Weidmannssprache. Aber nicht dies allein macht ihn so schätzenswert. Ebenso aufschlußreich ist die große Zahl der eingestreuten Weidsprüche, von denen einige auf Bestandteile des ältesten uns bekannten Weidgeschreis zurückgehen. In der vorliegenden Abhandlung wird uns deutlich gemacht, wie bedeutsam die Weidsprüche im spätmittelalterlichen Jagdbetrieb waren und daß ihnen gleichsam die Stellung einer festen Sprachregelung im Verkehr zwischen Jäger und Hund zukam. Wir werden deshalb auf die Lehre von des Hirsches Gescheitheit und 110

seinem Wandel in der in Vorbereitung befindlichen Sammlung aller uns überlieferten altdeutschen Weidschreie und Jägersprüche noch einmal zurückzukommen haben. Auf den Inhalt des Traktats einzugehen, dürfen wir uns ersparen. Die kleine Abhandlung liest sich so flott und bietet so wenig Probleme, daß ihr Studium wie die Lektüre einer Darstellung aus weit jüngerer Zeit anmutet. Die Innsbrucker Handschrift sagt über ihr Alter nur wenig aus. Sie stellt eine offenbar vollständige, nicht übermäßig verderbte Abschrift dar. Die Entstehung unseres Textes dürfte in die Mitte des 15. Jahrhunderts gehören. Vorläufig sind wir auf diese einzige Fassung angewiesen. Zu unserer Überraschung stellen wir jedoch fest, daß ein dem Umfang nach ungefähr ein Viertel ausmachendes Bruchstück im Jägerbuch des Albrecht Retz32) wiederkehrt. Das Bild, das wir uns von dem geschäftigen Kompilator Albrecht Retz zu machen haben, wird durch diese Feststellung nicht eben vorteilhaft beeinflußt. Der durch ihn überlieferte Textteil ist, wie ein Vergleich mit der Innsbrucker Fassung zeigt, vornehmlich durch Auslassungen stark verderbt und ergänzungsbedürftig. Nur in wenigen Ausnahmefällen kann er zur Textbesserung der Innsbrucker Handschrift herangezogen werden. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, daß der von Retz übernommene Textteil mit der vorhergehenden Partie der Abhandlung inhaltlich nur in einem losen Zusammenhang steht. Er könnte anfangs selbständig gewesen und mitunter allein fortgeschreiben worden sein. Auch ohne Kenntnis des Retzschen Bruchstückes würde beim unbefangenen Studium des Textes dem Leser der Bruch zwischen dem größeren, reich mit Weidschreien gemischten ersten Teil und dem etwas trockneren, lehrhaften Schluß, der bei Albrecht Retz wiederkehrt, nicht entgangen sein. Vielleicht hat Retz »») UB Innsbruck, Hs. 1008 (L) fol. 5v s l —7r 1 J = Jägerbuch des Albrecht Retz (V), fol. 12 y 4 —15 ν* (Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 195—197).

Ill

tatsächlich nur das von ihm Überlieferte, das den Titel Unterricht von jungen Hirschen führen müßte, gekannt. So lange wir jedoch mangels weiterer Handschriften die Frage der Zusammengehörigkeit beider Textteile nicht endgültig entscheiden können, scheint es berechtigt zu sein, sie als Einheit zu behandeln. Die Lehre vom Arbeiten der Leithunde und die Lehre von des Hirsches Gescheitheit und seinem Wandel prägen das Gesicht des deutschen Jagdschrifttums im 15. Jahrhundert. Sie füllen die bisher im lehrhaften Schrifttum zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert empfundene Lücke und lassen gemeinsam mit der schon früher33) eliminierten jüngeren Lehre von den Zeichen des Hirsches die Entwicklungstendenzen dieser Zeit klar erkennen.

IV Meine Bemühungen, alle deutschsprachigen Handschriften über Jagd, Falknerei und Vogelfang zu erfassen und in den Kreis dieser Untersuchungen einzubeziehen, führten zur Entdeckung einer zweiten Handschrift mit dem Text des Freiherrn Kuno zu Winenburg und Beilstein: R Köln, Historisches Archiv der Stadt, W. 302*. „Kurtzer bericht des versicherns vnnd zubehalt der Terminus des jagens erdicht." Fol. 2r—13v, 16. Jahrhundert. Nachdem der für die Geschichte der Lehre von den Zeichen des Hirsches älteste Derivattext schon an anderer Stelle34) eingehend gewürdigt und im Wortlaut wiedergegeben wurde, dürfen wir uns hier darauf beschränken, die neu aufgefundene, bisher weder bibliographisch erfaßte noch inhaltlich überprüfte Abschrift insoweit zu behandeln als sie für unsere Betrachtungen etwas Neues ergibt. Ihr Wert liegt darin, daß sich für die in »·) Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 92/93. " ) Vergi. Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 54—61 und 141—152.

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unserer zusammenfassenden Darstellung vom Jahre 1956 als S gekennzeichnete Handschrift durch Vergleichung die Möglichkeit einer kritischen Ausgabe eröffnet. R und S sind, sehen wir von den noch zu erörternden Umstellungen in der Reihenfolge der Kapitel ab, inhaltsgleich. Daß R unweit der Heimat jenes Mannes, dem wir die Urfassung zuschreiben dürfen, aufgefunden wurde, kann kaum überraschen. Es mochte zwar notwendig erscheinen, Überlegungen anzustellen, durch welche besonderen Umstände der Stuttgarter Text (S) in den Besitz der württembergischen Herzöge gekommen sein konnte. Die Verbreitung des aus der Feder eines an der Mosel begüterten Adligen stammenden Textes im Rheingebiet dagegen dürfte kaum verwunderlich sein. Die Kölner Handschrift läßt allerdings den Namen des Freiherrn Kuno zu Winenburg und Beilstein vermissen. Der Abschreiber hatte bei seiner Arbeit zweifellos den gleichen Text vor sich, der uns durch S in getreuer Anlehnung an die Urschrift überliefert ist, aber er versuchte, dem Werkchen insofern ein neues Gesicht zu geben, als er den Inhalt seiner Vorlage nach eigenem Geschmack gruppierte. Dabei fügte er, wie ein Textvergleich zeigt, nichts Eigenständiges hinzu, unterschlug aber auch nichts, so daß uns die Arbeit des Freiherrn Kuno zu Winenburg und Beilstein nur in einem neuen Gewand präsentiert wird. Als Einleitung und Abschluß gab er seiner Abschrift (fol. 2r bis 3r und 12 r—13v) in zwei eng miteinander verwandten, aber nicht ganz identischen Fassungen das Gedicht „Das Jägerlatein" bei, das bereits bei der Besprechung des Jägerbuches des Albrecht Retz im vollen Wortlaut wiedergegeben wurde36). Der neue Fund zeigt uns, daß diese Zeichenlehre in Reimform weit verbreitet war, läßt zugleich aber erkennen, daß wir in Albrecht Retz nicht ihren Verfasser sehen dürfen. Der Textvergleich ergibt ") Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 79—82. 8 Deutsche Jagd traJc tate Π

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einige wertvolle Varianten, die es erlauben, eine Anzahl von Textverderbungen, die sich bei Retz eingeschlichen haben, auszubessern; trotzdem dürfen wir die Retzsche Uberlieferung als die bessere ansehen, da in den beiden Abschriften des Gedichtes im Kölner Text die zweifellos ursprünglichten Verse 11/12 und 25/30 fehlen. Dagegen stellen wir fest, daß auch bei Retz ein Vers im Zuge des Kopierens verloren gegangen war. Auf den Vers 63 der hersch von dannen nicht fehrn steth folgt 64 [im stand, den er erwählet hätt]. Das Gedicht hatte somit nicht 73 sondern 74 Verse bzw. 37 vollständige Reimpaare. Die Zeichenlehre des Freiherrn Kuno zu Winenburg und Beilstein umfaßt die Blätter 3 ν bis 12 r. Der Verfasser von R gruppierte den Text neu 36 ) und begann seine Arbeit, der er den Titel Wie man hirß vnd wilt vnr einander erkennen sol gab, mit einem Abschnitt Erstlich des hirß geeß oder sjn spjs (3 ν—4 ν), in dem er im wesentlichen den Inhalt der ursprünglichen Kapitel 2, 6 und teilweise 5 zusammenzog. Es ist nicht zu verkennen, daß der Bearbeiter sich bemühte, den ihm vorliegenden Stoff zu ordnen und sachlich Verwandtes zusammenzuziehen. Dies zwang ihn am Anfang zu stärkeren Umstellungen als im weiteren Verlauf, wo wir beispielsweise die ursprünglichen Kapitel 13 bis 19 in der herkömmlichen Reihenfolge und ohne nennenswerte textliche Abweichung wiederfinden. Im ersten Kapitel hat R zwischen den Textstellen, die sich in S auf Seite 8 e " 7 und Seite 7 1 " 7 finden,

") R bringt den Text von S in folgender Reihenfolge: S. 21"· S. 8"-" S. 3»-4" S. δ'-ό5 S. 81-" S. 78"11 S. 6 6 - u S. 18'-21· S. 91"· S. 2·"11 S. II1"2 S. 2116-221β l S. 8·-' S. 9 "> S. 13"-18· S. 21'-" S. 71"' S. 9U-10U S. IIa—121· S. 131-10 114

eine kleine Ergänzung, die in der Stuttgarter Handschrift keine Parallele hat: Er ist auch gern eins kruts, kan ich nit nennen, eß steet aber an den wegen bey den feilsten eckeren, // hatt wyß blumen, ein wenig ruch drumb wie dodnesseln (Randbemerkung: Eß sintt rasseln), wirt selten vber spanne« lang. Welches wild daß krudt abbisset, daß dregt ein hirß gewiß.

Am Schluß des 2. Kapitels (4 ν—5r), das inhaltlich dem Kapitel 7 in S entspricht, fügte er die Worte Item wo placken3') in weiden oder dickten sint, da druckenet er sich nach dem dauwe.

an. Ist somit die Ausbeute der Kölner Handschrift für den Stand unseres Wissens von der Zeichenlehre des Hirsches nur gering, so erbrachte das Auffinden von R doch einen beachtlichen Gewinn: uns ist auf diese Weise der Schluß der Arbeit, die wir mit dem Namen des Freiherrn Kuno von Winenburg und Beilstein verbinden, wiedergeschenkt, nachdem der fragmentarische Charakter des Stuttgarter Textes das Ausmaß des Verlustes nicht erkennen ließ. Es bestätigt sich die an früherer Stelle38) geäußerte Vermutung, daß der Urtext nicht wesentlich umfangreicher war als die Stuttgarter Handschrift. Es ist nunmehr aber möglich, diese Lücke endgültig zu schließen. Der Winenburg-Beilsteinsche Traktat umfaßte, wie wir jetzt endgültig sagen können, nicht 25, sondern 26 Kapitel. Nachfolgend bringen wir den in S nur als Bruchstück erhaltenen Abschnitt 25 zusammen mit dem fehlenden Abschnitt 26 noch einmal in vollem Wortlaut nach R : '(25.) V o n d e ß h i r ß j n g e s i e g e l . Das ist wa» der hirß in kathigem herd oder feuchte» ertrich geet, so scheubt er vornen den hert an sich, wan der hert naß ") placken, von lat. plaga herkommend, hatte die Bedeutung von Flecken, kleinen freien oder lichten Flächen. 8i ) Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 58.

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ist, so wirfft er den schuch gantz von jme. daß ist ein guet zeichen vnnd heisset deß hirß jngesiegel. daß ist, so er den grummen, daß fedemlin, daß neßlin, daß blende» vnnd daß erylen vnd alle zeichen, die ein hirß thun mach, darin gemahelt oder jngedruckt steen. so maη diß alleß dan sieht, so heist eß des hirßs jngesiegell.1 (24)i40t«-«'

(

'(26.) V o n dem g e l ö ß o d d e r zirch 3 9 ) deß hirß v n n d wilds.

Deß hirß gelöß ist groß von bonen vnd hait zeplin vnd hangt HT an eynander1 vnd so maη eß // bricht, so pleüben je zwey an eynander hang?«, vnd das mittelst geet vß vnd so wirt eß gespalten. vnnd so der hirß feyst ist, so ist das geloß auch fett. WS1«T' ' So ist des wilds gelöß synwel rondt vnd klein als eyner geyß1 vnnd hangt nit an eynander wie vom hirß. drumb so du die vorige zeichen siehst, so Sprech jn vur eynen hirß an.

") ztreh ist gleichbedeutend mit Losung, s. Gr. Wb. Bd. X V , Sp. 1579; zirk, zireb ist friihnhd., vorzugsweise im bayr.-schwäb. Sprachraum bezeugt, m. W. aber anderweitig fur die Exkremente irgendeiner Wildart nicht nachgewiesen. Das Wort wurde mehr für Pferdekot angewandt.

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DIE LEHRE VON DES HIRSCHES GESCHEITHEIT UND SEINEM WANDEL

L

Universitätsbibliothek Innsbruck Hs. 1008

Item zu dem ersten: 2t Wann du an dem morgen wilt ausß gen holtz zyehenn, so soltu die gesellen aliso auffweckenn mit dem waydgschray oder drey. Item zu dem aliso: 5 Wol auff, wol auff, ritter vnnd knecht vnd all gut gesellenn, die mit mir wellen gen holtz, da staut menger hirß stoltz. Item dar nach: Wol auff, wol auff, die faulen vnd die trägen, die noch gern lennger schlyeffent vnd legenn. 10 Item. Wol auff, wol auff, jnn des namen, der da beschaffen hat die wilden vnd die zamen. Item. Wol auff, wol auff, rösch vnd auch thraut, das vns huyt der 15 beraut, der vns leib vnd seel gebenn hat. Leychtsam1) mundt, biß frölich lieber hundt. Item. Darnach so nym dein Laydthund an dein hand vnnd lauß dir dein knecht deine jaghund anfahen2) vnd nach zyehen, die du 20 auff disen tag zu jagen brauchen wilt. Vnd reyt von der stat oder schlosß auß, do du gelegenn bist, vnnd zuych dann hin gen feldt vnnd dar nach gen holtz, [wo du] zyehen wilt mit deine» laydthundt mit gutten vnd süessen waydsprüchen. Fauch aliso an: Hinfür thrutter hundt, hinfür, vnd auch, das dir Gott hail geb 25 vnd mir. Hinfür thrutter, lieber hundt, hinfür, zu der fert, die der edel hirß huyt selbs thett. Vnnd mit sollichen süessen waydsprüchen, so machestu den hund frölich vnnd ist deine» // wayd- 2τ gesellen, die mit dirreitten, auch liepplich vnd gut ze hörenn. Item, so du kumpst zu feldt, do du jnn hoffnu«g hast, das dir das wild oder hirß bald wider far 3 ) oder gan 4 ) werdt, so fauch an vnd red mit deinem hundt aliso: Xell, xello, xello, thraut lieber hundt, herüber diß liechtgeng5), solt der edel hirß gern her gan, 5 119

als er vor offit vnd dick haut gethan, dir ze laid, thrut lieber hundt. Vnnd mit sollichen waydsprüchen, auch mit anndern Sprüchen, die dir zufallennt, die ich dir nit all geschriben kan, damit solltu dein laydhund trösten vnd jnn bey fröden behalten. 10 Item. So du nun kämpst vff die rieht6) oder in das feldt, da das wild vnd die hirß die nacht gewandlet oder geesßt habend vnd dir dein hundt jnn windt verfaucht7), (vnd) [so] faß jnn dann bey dem sayl, (vnd) [das er] in der laydhalsen8) ströbend9) wirdt, das du nun an dem hundt wol merckest vnd siehst, das wiltprett is new vmb dich gewesen ist. Item. So fauch denn an vnd red aliso mit deinem hundt mit gutten vnd süessen wortten. Waur10) nach, thrutter hundt, schon dein, vnd laß es vor sehen, was es sey. Vnd standt dan« damit ab jnn dem waydsprüch. Vnd nym dein hundt kurtz vnd beschaw 20 die fart eben. Dann wa annder fursten vnd herren jeger vmb dich synd, so lauß dir der weyl wol vnd gauch11) nit, damit du nit zespott werdest. Ist die fart allain, die dir der hundt sucht, vnd du nun erkennt hast, was es ist, es sey ain [wild], so solltu dein hundt davon zyehenn vnd jnn mit groben wortten darumb 25 straffen vnd hin füeren zu anndern felden oder schlegenn, da du maynst, das dir ain hirß widerfarn solle, aber mit gutten vnd 3» süessen wortten vnd waydsprüchen. Vnnd wann dir // dein hundt verfachen wirt, so thu jm wie vor als lang biß dir ain hirß widerfert. Vnnd so thu erkennest, das es ain hirß ist, so nym dein hundt kurtz zwüschen die bain vnd streych jm seine oren vnd eklopff jnn jn der seytten vnd lieb jm die fartt fast mit gutten vnd süessen 5 waydsprüchen. Item fauch an mit dem waydsprüch: Da kompt der hirß her, trautter hundt, da kompt der hirß her, trautter lieber hundt, da kompt der hirß auch sicherlich, das wayß ich. Du hast recht, lieber hund, du hast recht. Vnnd mit sollichen gutte« vnd süessen io waydsprüchen solltu dein hundt trösten vnnd frölich behalten, auch von dem feldt biß gen holtz kurtz an dem sayl haben, biß 120

du den hirß gen holtz bringest, so erlaub dan das lang sayl vnd sprich jm frölich zu: Da kompt der edel hirß einher, trut lieber hundt, da rieht dich vmb, lieber hundt. Aliso nachher, lieber hundt, als nach her. Du hast als noch recht. Da kompt er noch 15 den weg her. Da wendt er noch vmb her sicherlich, das wayß ich. Mit sollichen vnd noch besserenn waydsprüchen, die dir jnn dem nach henngen12) zu fallent, die ich dir nit all geschribe» kan, solt[u] dein hundt jm henngen bey der fert behalten. Du solt auch jnn deine» henngen vnd nach faren13) dem hirß vil vnd offt 20 verbrechen, vnd sunder über alle weg, das kompt dir offt vnd vil zenütz. Wa annder jäger bey dir jagent, so solltu aigentlich mercken vnd wyssen, dich auch fleyssen, mit was holtz vnd laubs du den tag verbrochen hast. P]tem die vorgeschriben waydsprüch, die treyb vnd reds mit 25 deinem hundt von halß vff vff das aller frölichest vnd lutterst14), so du kanst vnd magst. Vnd zuych dein hundt offt zu dir vnd nym jnn kurtz zwüschen deine bayn vnd mit // gutten vnd 3τ süessen wortten reyb jm die oren. Vnnd klopff jm jnn der seytten vnd lauß jnn dann mit fröden da hin sehyessenn wie vor geschriben staut mit sampt den waydsprüchen biß das dir brüch geschieht15). Vnd als bald dir dein hundt bruch geschieht, so standt sill vnd leg ain bruch vnd nym dein hundt zu halbem 5 laytsayl vnd greyff vmb dich hin dan vff die gerechten handt zu ring1*) vmè dich mit dem waydsprüch: Wolhin dann, liebs xellin, wolhin dann, thrut lieber hund, hinweytter thrutter hundt. Vnd ob dir der hirß jnn dem ersten bogen vnd vmbgreyffen nit widerfert, so greyff fürbaß aber vmb dich, bis das dir 10 der hirß wider geet. Vnd wann du weytter dem hirß nach wilt, so standt still vnd besieh den gang eben. Vnd ist das die recht fart, so nym den hundt zwüschen deine bayn vnd lieb17) jm die fart aber mit gutten vnd süessen waydsprüchen. Vnd fach die aliso an: Jechher, jechher, da kompt der edel hirß noch her. Da her, 15 thrut hund, du hast noch recht. Haba danck, haba danck, lieber 121

hundt, da w e n t 1 8 ) er n o c h herum, d a k o m p t er den w e g h e r . V n n d sollich g u t w a y d s p r ü c h solltu mit heller stym v e r b r i n g e « v n d d e m hirß nach faren mit allen stucken v n d w a y d s p r ü c h e » w i e 20 v o r staut, biß d u den hirß auff jechest v n d jnn flüchtig machest. V n n d s o d u jnn das beth des hirß k o m m e s t v n d d u siehst, das es ain hirß sey, s o far darnach hin baß biß d u aigentlich siehst, das der hirß fluyeht. D a n n ain hirß, der v o r g e j a g t v n d geschaiden 1 *) ist, [hat] offt ain b e t h gemacht v n d g a u t dar a u ß weytter v n d 25 besteet

20

)sich v o n d e m selben. V n d s o d u jnn d e m ersten beth dar

nach hin gehetzt hettest, s o mechte« dir deine hundt da zwiischen recher v n d wild treffen. V n d d u w ü r d e s t wennen, d u hettest nach d e m hirß gelaussen 2 1 ) v n n d jagtest jnn das h o r n v n d schreyst 4t jechling 2 2 ), damit // kernest d u z e spott. D a r u m b biß nit z e g a c h 2 3 ) v n d thu den sachen aliso, s o beleybest d u vngeschmecht. S o d u aber aygentlich wayst, das der hirß fluyeht, s o schrey frölich j u v n n d j a g deine h u n d v o n h o r n v n d halt frölich an. I t e m dar nach ker d e n n die waydsprich nymermer ze brauchen, 5 s o d u den lauff 2 4 ) j a g e n wilt. V n d m u s t sy d a n n aliso anfahenn: D a laufft der hirß her, traut lieber hundt. D a laufft der hirß her. A l s jecher, jecher, trutter hund. D a laufft der recht hirß n o c h vmMier. D a laufft er als n o c h d e n rechten w e g fürher. D a laufft er über diß haid, d e m z e lieb v n n d j m selber ze laid. D a laufft io er als n o c h her, da her, da her. N u n beleyb dabey, da bey trutter h u n d , n u n beleib dar bey, trutter hund. D a laufft er als n o c h her über die Strauß, über die Strauß mit seinem nyder lauß 2 5 ), mit seinem edlen rick 2 6 ), das thut er herlich v n d dick. D a laufft er n o c h als hieher, trutter h u n d , da laufft er. is

M i t sollichen süessen v n d gutten waydspriiehen solltu den lauff biß zu d e m fai 2 7 ) jagen. V n d d e m hundt mit fröliche» wortten v n d g u t t e n w a y d s p r ü c h e n frölich behalten. V n d v o r allen dingen, s o d u bey anndern herrenjägern überlandt 2 8 ), zu d e m wasser oder schützen j a g e n wilt, s o beuilch deinen knechten, das dir ainer über

20 allweg verbrech, des gleiche» über all rick 2 8 ) v n d felder, da er den

122

lauff überjagt biß zu dem fai. Vnd mit ainerlay holtz oder laub, das kantlich sey. Das kompt dir jnn deinem fürbringen vnd jagerlichew wysum30) zu gutten statten. Item wie du dem hundt jn der vasto31) vnd vff der grüß32) abrichten vnd behenngen solt, ee das laub an dem holtz herfiir kompt. H So solltu zyehen zu ainem hertten vnd trucken forst vnd des morgens früe mit der sunnen auffgang ainen hirß von feldt biß gen holtz nach farn, der deine«? hundt gerecht sey vnd wan du jm gen holtz abgericht vnd gebraucht hast, so leg ain bruch vnd zuych dein hundt mit züchtigen vnd gutten wortten davon vnnd gang den weytt davon vnd bind dein hundt an ain kettin zu dir vnd beleib da vff ain stundt oder zwo biß die sunn das daw wol an sich gezogen hat vnd des hirß fart erkalttest ist. Darnach so fauch dein hundt wider jnn die laydhalsen mit gutten wortten vnd lieblichen vnd süessen waydsprüchen: Wolhin wider, trutter hund, hin wider zu der fert, die der edel hirß huyt selber thett, vnd mit den vnd anndern süessen vnd gutte» waydsprüchen machestu dein hund, das er wider zu der fert zuycht vnd gächt. Vnd so du zu dem bruch kommest, so lieb dein hundt die fert, vnd far jm dann nach mit gutten vnd süessen waydsprüchen. Vnd leg oflt vnd über allweg bruch, ob dir deinem hund bruch geschähe, das du wider wyssest zu der rechten fart zekomen. Des gleiche» greyff vmb dich wie vor geschriben staut. Vnd so due den hirß vffgejagt hast vnd du es spyrest, das der hirß fluycht, so zuych von stundt an weytter von der fert zwo oder drey acker lenngin wegs an ainen schatten vnd bind dein hund aber zu dir wie vor vnd zuych dich auß vnd trucken dein gewand vnd thu ain schlauff. Hastu es besser, so magstu essenn vnd trincken. Vnnd wann du das verbracht hast vnd ain stund oder zwo vergangen synd, die weill hat sich der flüchtig hirß wider bestätt vnd nyder gethon. Wiltu dann dich selber vnd dein hundt gut machen, so zuych wider zu dem lauff aber mit gutten vnd süessen waydsprüchen vnd far // jm nach biß er wider gaun 123

wirt vnd mach jmm zu dem anndern mal flyehen. Vnd ee du jn wider vff vnd dannen jagest, so wirt dir vnd deinem hundt dirk bruch geschehen, dan so wirt er gaun vil vff den wegen gen dir vnd von dir. Dir wirt auch dick daran zweyfflen, das du s maynest, das es nit der hirß sey, den du vor vmb vnd vff gejagt hast. Dann er verkert die spür dick, yetz33) gaut er, yetz trapt er, yetz staut er still. Dann, so flyucht er wider als ob ain rechter hund an jm sey. Dann wirt er gaun vff die weg gegen dir vnd von dir vnd legt dann zway cklain schuch an vnd schreytt eng 10 als ain junckfrow, die zu dem tantz will gaun. Das laß dich als nit erzägen34) noch erpleygen35). Nym dein hund kurtz, vnd wenn er recht hab, so verbrich offt vnd tröst dein hundt vnd hilff jm auch mit den äugen, dann es thut den hunde» not vnnder weylen, wer jnn mit den äugen wider zu der fert hilfft. Ain gutter ägler 3 ·) is wirt auch dester ee ain gutter jeger. Vnd wann dir deinem hundt bruch geschickt, so verbrich vnd greyff offt vmb dich vnd laß dich der mye nit verdryessen biß du den hirß zu dem anndern mal dannen jagest. Vnd ob (du) jη de« 8 7 ) widerganng vff ainem weg von dir vnd vff [der] fert ain absprung were, so verbrich vnd 20 merck den absprung eben vnd greyff vmb dich. Vnnd ob dir der hundt auß dem bogen nit hin dan richten38) wilt vnd du auch jn mit den äugen nit bringen3*) kanst, so greyff jn den bogen. So fyndestu den hirß nit fer von dem absprung. Vnd so du nun den hirß zu dem anndern mal vff gejagt hast, so zuych den hundt von 25 stundt an von der hayse40) fart mit züchtigen vnd senfften wortten. Vnd wiltu ain gutte« hundt behenngen41) vnd erfolgen42) oder gerichten, welches du den nemest vnd redest, mag dir nyeman 5 T annderst ver // mercken dan das du recht redest. Das magstu thun, vnd folg nur jnn diser 1er, so werdent dir dein hundt gut. Des gleichen du selber auch. Dan du lernest des hirß gescheydigkait vnnd erkennest sein wandel baß dan dir yemandt ze schreiben oder zu erkennen geben kan. s Item wan du (bist) [mit] füirsten oder herren über landt jagen

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wilt, do annder jäger auch des tags bey dir oder neben dir gen holtz zyehen vnd nach hirssen laussen wollen, was hirß dann den tag widerfärt, da du nach lassen wollest, so beschaw sein fart gar eben, ob du kaynerlay beyzeichen daran findest als ain schartten oder ain krume schalen oder ain lengere schalen hinden oder forna 10 oder an den ricken. Dann so du den hirß den tag über land bey fïirsten vnnd herren gewynnen vnd erjagen solt vnd dir der hirß über annder hirß gejagt würt vnd fluycht vnd du dein hirß von den anndern erkenne [n] vnd darumb antwurt geben must, so wurde dir solliche vorbetrachtung aller not werden. Dan es ist 15 mir selber auch dick not geschehen, das ich meinen lauff hab müssen wyssen mit meinen brüchen vnd solliche[n] beyzaichen. Ich were sunst dick vor fürsten vnd herren geschmächt worden, das ich den gar schamrot machet, der mir mein gefangnen vnd erjagten hirßen angesproche»49) hat. 20 Item, von klainen vnd jungen hirßen ain wenig ze schreiben, will ich dir ain klaine vnnder richtung thun. Als bald er wirt, das er mit der mutter die waidt nympt vnd zu feld gan mag, so thut er mit dem fuß alle die zaichen, die sein vatter gethaun hat. Daran solltu gantz kain zweyffel han. Vnd ob du 25 es nit gelauben wilt, so erfolgs vnd arbayts als ich me // dan ír ainmal gethan hab. Vnnd rieht dein netz für das wild vnd fauch den sun vnd die mutter, so wirstu jnna, das ich dir recht gesagt han. Desgleichen fauch ain wild, das sein tochter bey jm hab, so fyndestu es auch. Aber es darff gar wol darauff ze sehenn, dan e [s]44) hat nit so brayt füoeß noch so hert als der vatter. 5 Item noch ain da von zeschreiben. Wa ain jeger wer, der zu zeitten ain rom erjagen weit vnd seine/» herren vnd jm, der neme der zaichen war. Als bald er [sehen] wirt, das er zingglach45) vff dem haupt hat vnd dannhet mit der mutter in das feldt vnd in das geeß gat, so eßt er vast gern ab ainer studen oder am zwyen48), w die das wild nit yßt, es trag dan ain hirß, so yssetz es fast gern. Tregt es aber ain wild, so ysset sy es nit. Da solltu auff lugen. 125

Wan das jung den proß47) nympt, so ist es on zweyffel ain hirß. Auch so lug, wa es zu ainew onmayssen hauffen kompt oder sunst is zu ainem scherhauffe«, den zerreysset er mit den füoessen. Er wetzet auch dick seine zinckken an den klainen bömlach oder waychen reyssern oder Stauden. Daruff soltu gar eben lugen. Desgleichen vff die rechten spür wie sein vatter thett vnd dan48) hat es. Das kan er nit enbernn, er muß es auch thun. Darnach 20 wysse dich zerichten. Desgleichen so der jung hirß wirt so mannlich vnd so stoltz, das sy sich von den müttern gern49) vnd [von] dannen wellent, so gesellent sy sich zusamen vnd treybent auch jr schertz mit ainannder vnd lauffent zesamen mit jren gehirnnen vnd ringent mit ainander. Desgleichen so zer25 rüerent sy die scherhauffen mit jren füessen vnd gehirnnen. Sy schlahent auch offt vor gayle an die Stauden mit den gehirnnen ee die recht zeit kompt. Was auch widerumb zu wild kompt, so ist 6T vast jr natür // lieh wanndlung, das sy vast neben dem wild gond oder hinde» nach. So sy sich all bey dem wild wellent bestätten vnd bleibe», so thundt sy sich allweg do neben auß vnd nit do mitten. Vnd lug auch, so du hirß vnd wild mit ainannder vff jagest vnd sy mit ainannder flüchtig machest, so flyehent die klainen 5 hirßlach gewonlich den hinden nach biß das sy von den hindten geschaiden werdent. Vnd so du sy von ainannder schaiden wilt, so lauß dir vast wol lingen50) biß du zu ainer dickin komest. So fürder 51 ) dich vast bald durch die dickin hinauß. So flyehent die [hirßlach] gewonnlich hin dan vnd streckt52) sich das wild io vnd bleibt in der dickin. Inn disen dingen allen, wie vor geschriben stät, halt dich meiner 1er, dann ich dir den rechten grund hiemit beweysen will. Dann was fräßlich 53 ) vsß der dickin fluyeht vnd sich nit wider zu der dickin bald went vnd die liechten fluyeht vnd die weg vast sucht, das beschauch bald vnd mach die sach 15 kurtz vnd hetz recht hund daran. Oder feldt 54 ) dir [der hirß] weytter zu der dickin vnd sucht das wild, so nympt es dan erst grosse arbayt, biß du jnn wider da von bringest. Ob dir aber die 126

ding beschähe, das dir der hirß wider vnnder das gewild fluhe vnd das wild dan stech vnd das wild den hunde» für geantwurt wurde vnd deine hundt, die du auffgefange« an den hirß gehetzt hast 20 weytter jnn die dickin, da du das wild gelaussen hast, mit dem hirß lauffen vnd da schweyget vnd vm¿ kraysent werden vnd den hirß wider dannen lauffen vnd schreyent als der sy mit rutten schlag, da ker dich nit an vnd greyff zu der selben fert, da die hundt mit jagent vff das aller styllest so du kanst. Vnd beschaw 25 die fert eben. Habent deine hundt recht, so biß frölich von hals vnd von horn vnd jag deine hundt recht fast an. Vnnd // tröst 7r dein laydthund vnd laß dir aber wol von statt lingen, das er dir nit widerumb zu dem wild falle jnn die dickin. Ist es aber nit die recht fart, so greyff wider hinder sich zu der dickin vnd red still mit deinem hund vnd laß dich der arbayt nit verdryessen vnd mach dein vmbgreyffen vnd bogen eng vnd greyff enmytten durch 5 den selben vmèkrayB vnd thu das so lang biß du den rechten hirß weytter erraychest. So biß dann weytter frölich von hals vnd von horn vnd schrey dick jlling vnd jag den lauff mit gutten vnd süesse» waydsprüchen wie vorgeschriben staut vnd verbrich offt. Das behelt dich dick vor grosser mye vnd nachred. Nun will ich 10 von diser 1er laussen vnd will dir die rechten zaichen zu erkennen geben jnngeschrifft. Solt ich dich aber zu holtz weysen vnnd vff der erde zaigen zu den rechten zeitten jm jar zu dreymal55), weltestu dan vnuerdrosse« sein vnd die sach arbaitten, so wölt jch wol ain gutte« röschen56) gesellen vsß dir mache» vnd ain 15 gerichten guttenn jeger.

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ANMERKUNGEN

1. Leycbtsam = tönender. 2. anfaben (a. 4 r"), a. F auch aliso an ( 2 i u ) , fauch an (2 ν ' u · u , 3 r", 4 ν 8 ) = durch Weidsprüche aufmuntern. 3. wider far, widerfarn (2v a ·), widerfert (3 T1, 3V10, 5 V8) = vorkommt, begegnet. 4. gm, gamt (4 ν " ) = gehend, rege. Daneben besteht das stärkere Wort flüchtig (6v*). 5. liechtgeng = Lichtung. 6. riebt, mhd. ribt, ribte = Richtung, hat hier die Bedeutung von Gelände, regio. 7. im windt verfauebt, verfachen (3 T1) = Wind fängt, wittert. Ernst von Dombrowski (Deutschen Waidmannssprache8, Neudamm, 1897, S. 123) kannte das leider der lebenden Jägersprache verloren gegangene Wort noch in der gleichen Bedeutung, in der es uns hier begegnet: „Der Hund verfängt, wenn er plötzlich Wind von etwas bekommt und mit gehobener Nase den Luftzug einzieht." 8. laydbalsen (a. 4v·) = Leithalsung, „Halse oder Halsung ist das Halsband, welches dem Leithund angethan wird, wenn man mit ihme vorsuchet". Christian Wilhelm von Heppe, Einheimisch- und ausländischer Wohlredender Jäger, Regensburg 1763, S. 157 ;„Die Halsung ist das lederne Halsband, an welchem ein Ring befestigt und durch welchen eine aus Hanf und Bockshaaren verfertigte, fingerdicke Leine, das Hängeseil genannt, gezogen wird". Liebermann von Sonnenberg, Die Waidmannssprache, Köln 1868, S. 47. 9. ströbend wirdt = vorwärts drängend wird, anzieht. 10. IVaur ist nach Bedeutung und Herkunft vorläufig nicht zu erklären. Wahrscheinlich liegt eine Textverderbung fur ursprünglich Mir oder Fahr vor. 11. gaueb — eile, beeile dich; gäebt (4v l s ) = eilt, eilig anjagt. 12. jnn dem nach benngen, jm henngen (3 r 19 "· !0 ) = während Du mit dem Hund am Riemen der Fährte folgst. 13. nach faren (a. 3 V1·, 4v a ), far darnach bin (3 v a i ), far jm nach (4v 27 ) — beider Riemenarbeit mit dem Hund der Fährte folgen „Leit- und Schweißhund fahren auf der Fährte nach, wenn sie sich scharf in das Hängseil bzw den Riemen legen". Ernst von Dombrowski, a. a. O., Neudamm 1897, S. 90. 14. lutterst = hellste, reinste. 15. biß das dir briieb geschickt·, als bald dir . .. bruch geschieht (3 v 1 ); ob dir deinem 131

hund bruch geschähe (4 V1·); wirt dir ... bruch geschehen (5r 2 ); wann dir deinem hundt bruch geschickt (5r 16 ). Bruch geschehen war gleichbedeutend mit die Fährte verlieren, die Fährte beim Folgen überlaufen. Der Zusammenhang erklärt sich aus der Gewohnheit, an der Stelle, an der der Jäger oder der Hund die Fährte verlor, vorsorglich einen Bruch zu legen. Vergi, a. Ein Puech zu derWaidmanschafft: wann jm pruch geschickt (12r 4 , S. 42). 16. zu ring = kreisbogenförmig. 17. liebjm die fart (a. 4v M ) = versichere ihm, daß er auf der rechten Fährte ist. 18. went geht offenbar auf wenen, eine altertümliche Form von wohnen zurück. da vent er noch herum hatte demnach die Bedeutung: da wohnt er noch, da hält er sich noch auf. 19. geschaiden (a. 6 Ve) = vom Rudel abgesondert. 20. besteet sich = stellt sich ein; die Fassung die weill hat sich der flüchtig hirß wider bestätt vnd nyder gethon (4v M ) macht klar, daß das Bestätigen nur der Vorgang des Sicbeinstellens war, dem das Sichniedertun folgen konnte. Somit ist N. 10 sich bestätnan bei Kurt Lindner, a. a. O., Berlin 1956, S. 211 zu berichtigen. Dieser Korrektur bedürfen auch die Worterklärungen Bestatten bei Ernst von Dombrowski, Deutsche Waidmannssprache2, Neudamm 1897, S. 39 und bestatten bei Ernst Graf von Harrach, Die Jagd im deutschen Sprachgut, Stuttgart 1953, S. 22. Vergi, bestätten vnd bleiben (6 ν 1 ) = einstellen und bleiben. 21. gelaussen (a. 6 v21) = gelassen, d. h. den Hund frei suchen und nachjagen lassen, auch /aussen (5v 7 ), lassen (5v 8 ). 22. Jechling, jlling (7 t*) = jagdmäßig, nach Jägerart, von jechen = jagen, jlling ist wohl verderbt für jeling. Vgl. a. Ein Puech zu der Waidmanschaft, 12 r' julung. 23. zegach = zu voreilig. 24. den lauffjagen (a. 4r l s , 7r 8 ) = auf der Fährte jagen; den lauff Uberjagt (4r 21 ) = über die Fähtre hinausjagt oder hinausschießt, d. h. sie verliert; zuycb wider zu dem lauff (4v 2e ) = wende dich wieder der Fährte zu. 25. lauß steht wohl in Verbindung mit mhd. laz und bedeutete soviel wie Fessel. 26. rick = Oberricken, Oberklauen, Afterklauen. 27. fai (a 4r 21 ) = Fällen, Erlegen. 28. überlandt, zu dem wasser oder schützen — in freier Hetze in Form des Überlandjagens, auf ein eingestelltes Wasserjagen oder auf Schützen bei einem Vorstehtreiben. 29. rick = Dornenhecken, lebendige Hecken- oder künstliche Lattenzäune zur Einfriedung von Äckern und Wiesen vorzugsweise zur Wildschadensverhütung. 132

30. wysum, lat. visum = Bild, Erscheinung, Ansehen. 31. vasto = Fastenzeit. 32. grüß — Zeit der jungen grünen Triebe, Vorfrühling „ehe das Laub am Holz hervorkommt". 33. yetz = bald, nun. 34. erzögen = verzagen. 35. erpleygen = bleich werden. 36. ägler = Äugler, ein dem Hunde mit den Augen Dienender (Vergi. Gr. Wb.I, Sp. 815). 37. das Original hat jm den. 38. richten, geriebten (5r") = mit dem Leithund der Fährte folgen, vergi, auch Christian Wilhelm von Heppe, Einheimisch- und ausländischer Wohlredender Jäger, Regensburg 1763, S. 344. „Zu Holz richten ist, mit dem Leithund auf der Ferte, welche vor Holz angetroffen worden, so lange nachhangen, bis man den Hirsch zu Holz und in einem Dickigt hat". Carl von Heppe, Aufrichtiger Lehrprinz, Augsburg 1751, S. 87/88 „Geschikte Arbeit heisset, wenn der Jäger . . . auf ein gewisses Wildpret vorsuchet, das er gerne zu Holz richten und bestätten möchte". George Franz Dietrich aus dem Winckell, Handbuch für Jäger, Jagdberechtigte und Jagdliebhaber, 2. Aufl., Leipzig 1820, Bd. I, S. 37: „Man richtet zu Holze, indem beim Vorsuchen alle gerechte Fährten verbrochen werden". Raoul Ritter von Dombrowski, Allgemeine Encyklopädie der gesammten Forst- und Jagdwissenschaften, Bd. VI, Wien und Leipzig 1891, S. 574. 39. mit den äugen ... bringen — durch sichtbare Zeichen . . . die Fährte weisen. 40. bayse = heiße, frische. 41. bebenngen = anhalsen und mit ihm zur Arbeit, zum Nachhängen (s. N. 12) ausziehen. 42. erfolgen oder geriebten läßt die übereinstimmende Bedeutung beider Worte erkennen: der Fährte folgen, a. erfolgs (5v M ). 43. angesprochen — beurteilt, s. a. Raoul Ritter von Dombrowski, Allgemeine Encyklopädie der gesammten Forst- und Jagdwissenschaften, Bd. I, Wien und Leipzig 1886, S. 227/228, voc. Ansprechen. 44. das Original hat irrtümlich er, dagegen steht im Jägerbuch des Albrecht Retz (V. 13 r») richtig es. 45. zingglacb, Jägerbuch des Albrecht Retz (V. 13 r'), zinckblicb = Zinken, Spieße, Geweih vom ersten Kopf; a. zinckken (6r le ). 46. zwyen — Zweigen. 47. proß = Knospe, Sprosse. 48. dan hat es = es getan hat. 49. von den müttern gern = von den Müttern zu trennen begehren. 133

50. lauß dir ... Ungen (a. 711), mhd. Ungen ¡azen = beeile dich, sich beeilen. 51. fürder dich, Jagdbuch des Albrecht Retz (V. 14t 4 ) fttrder = befördere, bewege dich ungesäumt. 52. streckt. Im Jägerbuch des Albrecht Retz (V. 14r») heißt es steckht (nicht stockbt, was bei der Ähnlichkeit yon o und e in der Retzschen Handschrift erst durch den hier vorgelegten Paralleltext festgestellt werden konnte). Wahrscheinlich ist die Retzsche Version = versteckt die richtige. 53. fräßlieb, mhd. νreislicb = wild, ungestüm. Das Jägerbuch des Albrecht Retz (V. 14 r«) hat frölig. 54. feldt, Albrecht Retz (V. Mr 1 ') fe/ib — fällt, springt, läuft. 55. dreymal im Anschluß an die Worte zu den rechten zeitten jm jar kann wohl nur so viel wie in drei aufeinander folgenden Lehrjahren bedeuten. 56. röseben, riscb (2r") • wackeren.

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Lehre von den Zeichen des Hirsches, Innsbruck, Universitätsbibliothek, Hs. 1008, fol. 7 ν (L), Anfang des 16. Jahrhunderts

Lehre v o n den Zeichen des Hirsches, Titelseite, Klagenfurt, Kärntner Landesarchiv, Hs.10/25, fol. 34r, (M), 1. Hälfte des 16. J a h r h u n d e r t s

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