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German Pages 236 [248] Year 1887
P a u l u s a n d i e Römer.
Des Apostels P a u l u s
Brief
an
die
Römer
ausgelegt
von
Eduard
Boehmer.
Bonn, Eduard
Weber's (Julius Flittner). 188G,
Verlag
H a l l e a. S., Buchdruckerei des "Waisenhauses.
A i s Apostel Jesu Christi für die Heiden trat Paulus von vornherein selbständig neben den Zwölfen auf. Er schreibt an die Galater (1, 15 f.): „Als es dem, der mich ausersehn von Mutterleib an und berufen durch seine Gnade,*) wohlgefiel, seinen Sohn in mir zu enthüllen, damit ich die Freudenbotschaft von diesem unter den Heiden verkünde, bin ich alsbald — nicht mit Fleisch und Blut zu Eath gegangen, auch nicht nach Jerusalem gegangen zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern weggegangen nach Arabien und wieder nach Damascus zurückgekehrt. Dann nach drei Jahren ging ich nach Jerusalem, um Kefas zu sprechen." Paulus will hier erinnern an Jesu "Wort zu Petrus: „Fleisch und Blut enthüllten es dir nicht, sondern mein Yater" (Mth. 16, 17). Gott war es, der enthüllte, sowohl dem Paulus wie dem Petrus, und was dem Paulus enthüllt wurde, war dasselbe, was dem Petrus enthüllt war: dass Jesus der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes. Den Simon, als er zum ersten Mal diesen Glauben bekannte, hatte Jesus Fels (Kefa = Petrus) genannt; auf diesen Fels, also auf Kefa-Petrus, nicht auf Simon, werde er seine Kirche bauen. Den Kefas suchte Paulus nun auf und sprach sich mit ihm aus; sie waren vierzehn Tage zusammen. Einen andern der Zwölf sah Paulus damals nicht, aber Jesu leiblichen Bruder Jacobus, der nicht nur als solcher in der Gemeinde hervorragte. Ueber das, was zwischen ihnen besprochen wurde, verlautet nichts, aber Paulus sagt, dass, als er dann in Syrien und seiner Heimath Cilicien wirkte, die Gemeinden in Judäa Gott priesen, dass ihr Verfolger den Glauben, den er zu vernichten getrachtet hatte, als froher Bote verkündete (G. 1 , 2 1 f.), und die Apostelgeschichte erzählt (11, 22 f.), dass Paulus damals in Gemeinschaft mit Barnabas wirkte, der von der Jerusalemischen Gemeinde in die syrische Hauptstadt Antiochien, wo cyprische und cyrenäische Judenchristen auch Hellenen bekehrt hatten, geschickt worden, und, freudig theilnehmend an dem dort aufgegangenen neuen Leben, dageblieben war. Mit Barnabas zusammen unternahm er auch eine Missionsreise durch Cypern. Gleichfalls mit Barnabas gründete er demnächst *) Jes. 49,1: „Höret, ihr Länder, auf mich, und horchet, ihr Völker in der Ferne. Der Ewige berief mich von Mutterleib an." Vgl. Jer. 1, 5. Böhmer,
Römerbrief.
a
II
in der römischen Provinz Galatien christliche Gemeinden (Antiochia, Iconium, Lystra, Derbe). Mehre Jahre noch wirkten die beiden Genossen im syrischen Antiochien. Vierzehn Jahre nach dem ersten Besuch bei Petrus kam Paulus aufs neue mit diesem zusammen (51 n. C.). Eine göttliche Enthüllung forderte ihn zu dieser Eeise auf, und als er den Brüdern in Antiochien Mittheilung über seine Absicht machte, beschlossen diese, ihn und Barnabas nebst Anderen von Gemeinde wegen zu beauftragen. Es galt, feststellen zu lassen, dass die Judenchristen in Jerusalem es nicht billigten, dass Männer aus Judäa die Gemeinde in Antiochien durch die Lelirn beunruhigt hatten, Unbeschnittene könnten nicht das Heil erlangen. Paulus schreibt über die Vorgänge in Jerusalem an die Galater: „Ich legte ihnen das Evangelium, das ich unter den Heiden verkünde, vor, eigens aber den Angesehenen, ob ich etwa ins Leere laufe oder lief. Allein nicht einmal Titus, der mit mir, ein Hellene, ward genöthigt, sich beschneiden zu lassen. Nämlich wegen der nebeneingebrachten falschen Brüder, die nebeneinschlichen, um unsere Freiheit, die wir in Christus Jesus haben, zu belauern, damit sie uns verknechteten, — denen wir nicht einmal für eine Weile durch die Unterordnung wichen, damit die Wahrheit des Evangeliums stetig bei euch bleibe. Abweichend aber von denen, die dafür angesehen sind, etwas zu sein, — was für welche auch immer sie einst waren, daran liegt mir nichts, persönliche Rücksicht nimmt Gott auf den Menschen nicht. Denn mir legten die Angesehenen nichts vor, sondern im Gegentheil, als sie sahen, dass ich betraut worden bin mit dem Evangelium der Yorhaut wie Petrus mit dem der Besclmeidung, denn der dem Petrus wirksam ward für den Apostolat der Beschneidung, ward wirksam auch mir für die Heiden, und als sie die mir gegebene Gnade erkannten, gaben Jacobus und Kefas und Johannes, die dafür angesehen sind, Säulen zu sein, mir und dem Barnabas die Hände zu Gemeinschaft, damit wir für die Heiden, sie aber für die Beschneidung, nur dass wir der Armen gedächten." Also sowohl vor der ganzen Gemeinde, als auch in besonderer Zusammenkunft (oder in mehren) mit den Angesehenen legte Paulus mündlich*) dar, was und wie er zu lehren pflege, und fragte ebenso zuversichtlich wie hochachtungsvoll: bin ich etwa auf unrichtigem Wege? Das gemeinsame Ziel war: eine Christengemeinde aus Juden und Heiden. Die Angesehensten unter den Angesehenen waren Jacobus, der leibliche Bruder des Herrn, Petrus und Johannes. Die Angesehenen waren die von Jesus selbst ernannten zwölf Apostel, so viele deren noch lebten und in Jerusalem waren, ferner Jacobus, und ausserdem (Jac. 5, 14. * ) Z u uvtalS-taS-ai
vgl. A ß . 25, 14.
in AG. 15) Aelteste.*)' Die Angesehenen urtheilten, dass die Beschnei dung der Heidenchristen nicht zum Heil nothwendig sei, auch sei es nicht erforderlich, dass wenigstens die Angesehenen unter denselben beschnitten würden. Die Gemeinde entschied wie ihre Angesehenen. Vergeblich war von der Seite, von der die Unruhen in Antiochien erregt worden waren, nun in Jerusalem versucht worden, durchzusetzen, dass die Heidenchristen nicht als Christen anerkannt würden, wenn sie sich nicht beschneiden liessen, und als dies nicht durchgegangen war, dass dann doch wenigstens Titus, den Paulus mitgebracht hatte, beschnitten werde, da er als Prediger wirkte. Die Gemeinde lehnte es ab, gegen den Rath ihrer Angesehenen aus Rücksicht auf die Anwälte der Beschneidung irgend welche Nöthigung zur Beschneidung gutzuheissen. **) Jene Anwälte waren ferner überhaupt dagegen, dass die Heidenmission unabhängig von Jerusalem betrieben werde, sie wollten Paulus und Titus, und gleicherweise alle Missionare, den Jerusalemischen Autoritäten unterworfen sehn und machten durch ihr Benehmen in einer Gemeinde, die nicht sie gegründet hatten und in der das Evangelium nicht so wie von ihnen verkündet wurde, auf Paulus den Eindruck von Spionen. Nicht gerade als ob jene Autoritäten selbst beabsichtigt hätten, das fremde Gebiet sich anzueignen, aber ohne Schuld an der Friedensstörung waren sie nicht. Die Störenfriede fanden in der Antiochischen Gemeinde nur deshalb Gehör, weil sie überhaupt in die christliche Gemeinde Eingang gefunden hatten; sie waren aber in diese neben denen, die hineingehörten, ungehöriger "Weise mit hereingebracht worden, und das fiel doch irgend einer Autorität zur Last. Klarer werden die Verhältnisse durch eine Bemerkung, die Paulus macht, wo er berichtet, dass die Angesehenen die Forderimg der Beschneidung ablehnten. Er sagt nämlich bei dieser Gelegenheit nicht, wie vorher und nachher: die Angesehenen, sondern: die dafür angesehen sind, etwas zu sein, ein vollerer Ausdruck, den er wählt, um dem Sein das Gewesensein gegenüberzustellen. Sie sind, und waren damals, Angesehene in der Jerusalemischen Gemeinde, und in der ganzen Judenchristenheit, — das, meint er, ist es, weshalb mir ihr Verhalten wichtig ist; was sie früher gewesen sind, ist mir noch jetzt so gleichgültig wie es mir damals in Jerusalem war; Gott nimmt nicht persönliche Rücksichten. Dass Petrus und die andren Apostel, und andre Jünger, die nunmehr Aelteste waren, Jesum nach dem Fleisch gekannt, kam für die Frage, ob sie im Geiste Christi lebten, nicht in Betracht (2 K. 5,15f.), noch weniger, *) Da das „ihnen" Y. beziehen muss, so sind diese durch die Muttergemeinde mit **) Sui St und itno Si
2 sich, auf die Christen der Gemeinden Judäas 1, 2 2 f . in Jerusalem irgendwie vexlreten gedacht, wohl eben den dortigen Angesehenen. sind parallel. Man kann Uno schreiben.
IV
dass Jacobus leiblicher Bruder Jesu war; als Zeugen der Auferstehung des Verklärten (1 K. 15) hält Paulus sie hoch, und freut sich der Anerkennung, die sie in der Christenheit finden. Dass er dem Hinweis auf die Uebereinstimmung der Angesehenen mit ihm hinsichtlich der Streitfrage über die Beschneidung eine solche Verwahrung bezüglich der Vergangenheit der Angesehenen beifügt, erklärt sich in diesem Zusammenhange nur daraus, dass seinen Gegnern für ihre Aufnahme in die Gemeinde und bei ihren Bestrebungen eben dies zu statten gekommen war, dass man Rücksichten nahm auf solche persönlichen Verhältnisse derselben wie sie auch im Kreise der Angesehenen sich fanden, ohne zu deren geistlichem Ansehn in den Augen der wahren Christen beizutragen. Kurz, diejenigen, die Paulus falsche Brüder nennt, werden Blutsverwandte Jesu und Jacobi gewesen sein. Es war nur zu natürlich, wenn Jacobus sie in die Gemeinde aufnahm, und Petras wird sich in diese Aufnahme gefunden haben, wie er nachher dem Jacobus, selbst bis zum Conflict mit Paulus, nachgab. Marcus und das Matthäusevangelium nennen vier Brüder Jesu: Jacobus, Joses, Simon, Judas (in dieser Reihenfolge Mth. 13, 55, während Mc. 6, 3 den Judas vor Simon nennt). Paulus erwähnt im ersten Korintherbrief (9, 4) Brüder des Herrn, die damals Dienstreisen machten, wobei sie ihre Gattinnen mit sich führten; es lebten also, da Jacobus unverheirathet gewesen zu sein scheint, ausser ihm mindestens zwei der andern Brüder noch nach der Zeit, zu der der Galaterbrief, dessen Nachrichten wir hier erörtern, geschrieben wurde. Einer von diesen zweien war wohl Judas, von dem wir im Neuen Testament einen nach diesem Convent von Jerusalem geschriebenen Brief haben, der antipaulinisch ist.*) Vor solchen Gegnern nun wichen Paulus und Barnabas, wie Paulus sagt, auch nicht einmal vorübergehend zurück durch die Unterordnung. Diese bestand darin, dass Paulus sein Evangelium den Angesehenen und der ganzen Gemeinde zur Prüfung vorlegte, wobei Barnabas mit ihm Hand in Hand ging. Dass Paulus und Barnabas dabei den Gegnern nicht wichen, heisst mit andern Worten, dass sie diese von den Prüfenden ausschlössen, indem sie sie anklagten und das eigne Recht behaupteten. So zu handeln war unerlässlich, damit den heidenchristlichen Gemeinden ihre Freiheit gewahrt bleibe. Hätten Paulus und Barnabas nur die Frage gestellt, ob Beschneidung zum Heil nothwendig sei, so hätten sie eben die Freiheit der *) Zwei Enkel von Judas wurden als Davididen vom Kaiser Domitian in Sachen der messianischen Reichsemchtung verhört (Eusebius Kirchengesch. 3, 20. 19). Nach, dem Tode des Jacobus wurde an dessen statt Simeon, sein und Jesu Vetter, nämlich ein Sohn eines Bruders des Josef, zum Bischof gewählt durch die noch lebenden Apostel und Jünger Jesu und dessen Verwandte dem Fleische nach (ebd. 3, 11).
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Heidenchristen in Frage gestellt; und die offenkundigen Gegner hätten darüber mit entschieden. Eine solche zeitweilige Zurückhaltung schon kam einer grundsätzlichen Aufhebung der freien Entwicklung der Paulinischen Christenheit gleich, und machte deren ganze Zukunft unsicher. Alles verlief nach Pauli "Wunsch.*) Nicht einmal das wurde verlangt, dass Titus beschnitten werde. "Was mich selbst betrifft, sagt Paulus, so haben die Angesehenen mir gar nichts vorgelegt. Sie sahen seine schönen Erfolge, sie erkannten aus denselben, zu welchem "Werk er berufen sei (womit nicht gesagt ist, dass sie dies erst jetzt sahen und erkannten), und glaubten sich aller Einmischung enthalten zu sollen. Im Namen der ganzen Judenchristenheit trafen die an der Spitze derselben stehenden Angesehensten ein Uebereinkommen mit Paulus und Barnabas. "Wie Petrus unter der Beschneidung, solle Paulus unter den Heiden wirken (zu denen also auch die unbeschnittenen Proselyten des Judenthums gehörten). Insofern jedem von beiden sein besonderes Gebiet zuerkannt wurde, war Paulus als dem Petrus Gleichgestellter anerkannt. Die Heidenmission stand also unabhängig von Jerusalem da. Das einzige Anliegen, das die Angesehenen ihm aussprachen, nämlich, dass er und Barnabas für die armen Christen in Judäa sammeln sollten unter den Heidenchristen, machte Pauli Gebiet nicht zum tributpflichtigen Lehn der Grossen von Jerusalem, sondern war, wie er sagt (ß. 15, 27), ein Zeichen des gebürenden und von Herzen erstatteten Dankes i'iir die geistlichen Güter, an denen die Heiden durch Vermittlung der Juden hatten theilnehmen dürfen. Die Apostel und die Aeltesten und die Gemeinde von Jerusalem schrieben dann „an die Brüder aus den Heiden" in Antiochien und Syrien und Cilicien, und liessen durch Abgesandte mündlich dasselbe sagen: unerlässlich sei nur, dass die Heidenchristen sich des Götzenopferfleischs und des Bluts und des Erstickten und der Unzucht enthielten (AG. 15, 28 f. 21, 25); mit andren Worten: die Heidenchristen sollen sich so halten wie die unbeschnittenen Proselyten des Judenthums, damit die Judenchristen, welche das mosaische Gesetz beobachten, sich als mit ihnen zu Einer Gemeinschaft gehörig fühlen können. Ohne allen Zweifel hatte Paulus, von Anfang seiner Wirksamkeit an, die Unzucht verurtheilt, vor jedem Zusammenhang mit dem Götzendienst gewarnt, und aufgefordert, möglichst zu vermeiden, was den jüdischen Brüdern Anstoss gebe, und hatte dies alles jetzt hervorgehoben, als er in Jerusalem über sein Evangelium Vortrag hielt, so dass von ihm und den Seinen durch jenes Schreiben nichts neues verlangt wurde. *) Dieser allgemeine Satz ergibt sich aus dem „nicht einmal" V. 3, und wird weiter begründet durch das „ D e n n " V. 6. „ M i r " V. 6 im Gegensatz zu Titus „der mit mir."
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Paulus kehrte nach Antiochia zurück, und dahin kam, einige Monate nachher, Petrus zum Besuch. In der aus Heiden und Juden gemischten Christengemeinde wurden auch von den Juden die jüdischen Speisegesetze nicht engherzig beobachtet. Petrus liess sie gleichfalls ausser Acht und speiste mit allen Brüdern. Da kamen Abgesandte von Jacobus, welche das jüdische Verbot der Tischgemeinschaft mit Unbeschnittenen, auch wenn dieselben Proselyten waren (vgl. AG. 10. 11), streng festhielten. Sofort zog Petrus sich von den Mahlzeiten der Gesetzesfreien zurück, und die sämmtlichen Judenchristen folgten ihm, sogar Barnabas. Paulus blieb ganz allein mit seinen Heidenchristen, er der einzige Jude bei ihnen. Die Abgesandten hatten diesen Erfolg vornehmlich dadurch, dass sie die "Willensmeinung des Jacobus vertraten. Es war in der That für Petrus im Interesse der Christenheit von Judäa wichtig, mit Jacobus, der auch bei den nicht christgläubigen Juden hochangesehen war, wenn irgend möglich, nicht zu brechen, und da er sich als Christ frei wusste, die jüdischen Speisegesetze zu befolgen oder nicht zu befolgen, so befolgte er sie jetzt, wie er sie vorher nicht befolgt hatte. Wenn er sich darauf beschränkte, so konnte ihm Paulus keinen Vorwurf machen, er, der nibht erst später so verfuhr, wie er den Korinthern schreibt: „ich ward den Juden wie ein Jude, damit ich Juden gewinne, denen unter Gesetz wie unter Gesetz, obgleich nicht wirklich unter Gesetz, damit ich die unter Gesetz gewinne, ich ward den Schwachen ein Schwacher, damit ich die Schwachen gewinne", und „Alles steht frei, aber es frommt nicht Alles" (1 K. 9, 20. 6, 12. 10, 23). Auch wussten alle Christen in Antiochien, die aus den Heiden wie die aus den Juden, dass die Christen in Judäa alle das Judengesetz hielten und Petrus dort unter ihnen nicht anders leben konnte, als wenn er es gleichfalls hielt, und nahmen auch sicherlich keinen Anstoss daran, wenn er, sobald strenge Genossen aus Jerusalem kamen, mit denen er immer gesetzlich gelebt hatte und nach der Heimkehr ebenso leben musste, ihren Sitten sich auch in der Fremde anschloss. Und wenn dann der Jerusalemische Judenchrist Barnabas und Antiochische Judenchristen mit Petrus gingen, so konnte auch das dem Petrus und ihnen nicht zur Last gelegt werden. Aber Petrus war weiter gegangen und hatte die Paulinischen Judenchristen weiter gezogen. Paulus berichtet: „als ich sah, dass sie nicht gerade wandelten nach der "Wahrheit des Evangeliums, sagte ich zu Kefas angesichts Aller", in der Versammlung der Judenchristen, in die Paulus gegangen war: „"Wenn du selbst, ein Jude, heidnisch lebst, und nicht jüdisch", was du doch hier gethan hast, was du also in deinem Gewissen dich frei fühlst zu thun, „wie nöthigst du die Heiden zu judaisiren?" d. h. sich beschneiden zu lassen, anders nämlich wäre die Tischgenossenschaft mit den jüdisch Strengen
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nicht zu erreichen gewesen.*) Darin, dass Petras mit den Jerusalemern das Gesetz beobachtete, lag für die Heidenchristen keine Nöthigung zur Beschneidung; sie konnten das Verhalten des Petrus als berechtigt anerkennen, ohne zu glauben, dasselbe wie er thun zu müssen. Eine Nöthigung zum Judaisiren übte er nicht, so lange er über die Beweggründe seiner Handlungsweise schwieg, oder mir sagte: für mich ziemt es sich jetzt, dass ich mich zu meinen Genossen von Jerusalem halte. Da nun aber Paulus aussagt, dass Petrus damals die Heiden nöthigte, zu judaisiren, so ist diese Nöthigung mit ausdrücklichen Worten geschehn, Petrus muss die Ansicht der Jacobusleute, dass das Leben nach dem Judengesetz ein vollkommneres sei, in Schutz genommen haben. Der strenge Judaismus der neuen Ankömmlinge hatte. für die Antiochener Heidenchristen nichts Ueberraschendes und nichts Gewinnendes, aber dass Petrus, der eben noch so unbefangen mit ihnen gespeist hatte, sich durch das Auftreten der Männer aus Jerusalem unwiderstehlich zu einem weihevolleren Wandel zurückgerufen zu fühlen schien, musste tiefen Eindruck auf sie machen; und wenngleich sie, trotz des Abfalls der einheimischen Judenchristen von Paulus, diesem noch treu blieben, war die Gefahr der Verfiilirung für sie nicht gering. Daher, und um dem Unheil vorzubeugen, dass die Kunde dieser Dinge anderswo stiften konnte, musste Paulus dem Petrus widersprechen. Paulus wusste, dass Petrus dem Gesetz frei gegenüber stand und aus weltlichen Rücksichten seine Gesinnung verbarg und der jüdischen Propaganda Vorschub leisten half. In den Worten, die Paulus in Antiochien nach seinem eignen Bericht zu Petrus gesprochen hat, zeiht er ihn einer inconsequenten und unevangelischen Handlungsweise. Wie ist es, "sagt er, dir, der du mit uns die Judensitten hintan gesetzt hast, innerlich möglich, die Annahme derselben zu empfehlen? Verurtheilst du dein eignes bisheriges Benehmen? Dein jetziges ist aber auch unevangelisch. Gegen das Evangelium war es nicht, sich gewisser Speisen zu enthalten, auch nicht, die Beschneidung vornehmen zu lassen, aber solche Aeusserlichkeiten als allgemeingültiges Voll*) Dass cv Heidonchristcn nur aufgefordert habe, zu jüdisch bereiteten Mahlzeiten zu kommen, kann nicht gemeint sein, denn den Juden war es doch ebenso unerlaubt, an Judenmahlzeiten Heiden theilnehmen zu lassen, als an Heidenmahlzeiten theilzunehmcn. Der unbeschnittene Mitbewohner des heiligen Landes, der sich dos Götzenopferfleisches, des Blutes und des Erstickten enthalten musste, nahm Theil nur an den Mahlzeiten der Erstlinge und des dreijährlichen Zehnten und zweier der drei grossen jährlichen Feste, dos Wochenfestos und des Laubhüttenfestes, Deut. 14, 29. 16, 11. 14. 26, 11 f. Am Passah durfte er bei Todesstrafe nicht theilnehmen, musste jedoch gleichfalls Ungesäuertes essen, Ex. 12, 19. 43 — 49. Der Thalmud lässt das Mitessen des Christen an einem Judentisch nicht zu (Herzogs Eealencykl., erste Aufl. XIV 609).
vm kommenheitsgesetz hinzustellen, das ist wider die "Wahrheit des Evangeliums. Dies führt Paulus weiter aus: „Wir" hier Versammelte, „von Geburt Juden und nicht aus Heiden Sünder, wissend jedoch", obgleich Juden, „dass der Mensch", Jude wie Heide, „nicht gerechtfertigt wird aus Gesetzeswerken'-, nicht gerechtfertigt wird „wenn nicht mittels Glaubens Christi Jesu", des Messias Jesus, „auch wir", wie die Heidenchristen, „wurden gläubig an Christus Jesus, damit wir" (dies war es, was wir suchten, V. 16) „gerechtfertigt würden aus Glauben Christi und nicht aus Gesetzeswerken, denn aus Gesetzeswerken wird kein Fleisch gerechtfertigt werden." Dies letzte ist eine freie Anführung aus einem Psalm (143), wo David betet (Y. 2): Geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht, denn vor dir gerecht ist kein Lebender; die griechische Uebersetzung hat: nicht wird gerechtfertigt werden vor dir irgend ein Lebender. „Wenn aber wir, die wir suchten, in Christo gerechtfertigt zu werden", die wir auf Jesu Geheiss die Gerechtigkeit Gottes suchten (Mth. 6, 33), hungernd und dürstend nach dieser Gerechtigkeit Sättigung von oben erwarteten gemäss dem Wort Jesu (Mth. 5, 6), und uns deshalb nicht um das mosaische Speisegesetz kümmerten, und du mit uns, „auch unserntheils", wie die ungläubigen Heiden, „als Sünder erfunden wurden" eben wegen jener Unbekümmertheit, nämlich, wenn uns die Jacobusleute, weil wir nicht nach der Judensitte leben, für Sünder erklären dürfen, wie die Heiden sind, „so ist Christus", der uns diese Freiheit erworben hat, „Diener von Sünde. Das sei ferne." Christus ist nicht Sündendiener, und daraus folgt, dass wir, sofern wir in ihm sind, nicht Sünder sind, und dass wir, und du mit, in dieser Nahrungsangelegenheit keineswegs auf einer Sünde ertappt worden sind. Wir dürfen das nicht zugeben, und müssen die Forderung, wieder gesetzlich zu leben, ablehnen. „Wenn ich nämlich, was ich abbrach, dasselbe wiederbaue, so stelle ich mich selbst als Uebertreter hin", als einen, der Unrecht gethan hat, abzubrechen. Ich habe überhaupt die jüdische Gesetzlichkeit mit allen ihren Einzelbestimmungen abgeworfen; wollte ich sie wieder für mich aufrichten, so verurtheilte ich mein früheres Verfahren. Paulus spricht nur von sich, und überlässt dem Petrus, sich selber zu sagen: ich, auf dessen Glaubensbekenntniss Jesus Christus seine Gemeinde baut (Mth. 16, 18), darf nicht mitbauen am Judenthum, dessen Gesetz mein Erlöser am Kreuz erfüllt und grundsätzlich aufgehoben hat. Paulus bleibt, ohne vermitteln zu wollen, wo es Entweder Oder galt, ohne Schwanken, ohne Rücksichtnehmerei dem neuen Bunde treu. „Ich nämlich", sagt er weiter, „starb mittels des Gesetzes dem Gesetz", — auf welche Weise das Gesetz selbst dazu führt, dass man von ihm frei wird, entwickelt der Römerbrief, — „damit ich Gotte lebe. Mit Christo bin ich gekreuzigt worden, lebend aber bin
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nicht mehr ich, es lebt vielmehr in mir Christus; was ich aber jetzt", seit ich Christ geworden, doch noch „lebe im Fleisch, lebe ich in Glauben, in dem des Sohnes Gottes, der mich liebte und sich selbst hingab für mich", so dass ich durch ihn bei aller meiner Unvollkommenheit sicher bin vor Verurtheilung. „Ich beseitige nicht die Gnade Gottes", was thatsächlich das Judenzen thut; „wenn nämlich mittels Gesetzes Gerechtigkeit, dann starb Christus überflüssigerweise." Diese seine eigenen "Worte, die darin gipfeln, dass der Opfertocl Christi das Ende des Alten Bundes bedeutet, sind das letzte, was Paulus über die Vorkommnisse in Antiochien berichtet. Wir haben aber aus seinem völligen Schweigen über den Eindruck, den seine "Worte auf Petrus gemacht, zu schliessen, dass dieser nicht eine Antwort gegeben hat, die den Paulus befriedigen konnte, und dass er nicht zur Tischgemeinschaft mit den Heidenchristen zurückgekehrt ist. Sonst hätte Paulus sicherlich nicht unterlassen, es den Galatern, denen er über den Antiochischen Conflict berichtet, als leuchtendes Beispiel vorzuhalten, wenn anders es überhaupt unvermeidlich geworden wäre, auf jene unerfreulichen Tage so eingehend zurückzukommen. Die Uneinigkeit zwischen Paulus und Barnabas steigerte sich bis zur Trennung. .Teder von beiden unternahm eine besondere Missionsreise. Paulus ging zu den Gemeinden im römischen Galatien. In Voraussicht dessen, dass der Judaismus, der alle Christen an die Judensitte binden wollte, unter dem ihm günstigen Eindruck des schliesslichen Verhaltens des Petrus in Antiochien, grosse Anstrengungen machen werde, die Paulinischen Gemeinden zu gewinnen, verkündeten Paulus und sein Genosse Silvanus (AG. 15, 40) in Galatien auf das ernsteste: Auch wenn wir oder ein Engel vom Himmel (die Gegner wussten viel von Engeln zu sagen) euch Evangelium predigten neben dem, was wir euch als Evangelium gepredigt haben, — Anathema! (G. 1, 8). Von dort ging Paulus über Phrygien in das keltische Galatien, weiter nach Mysien und Troas und setzte nach Europa über. Hier gründete er Gemeinden in Philippi, Thessalonich, Korinth, in welcher letzten Stadt er anderthalb Jahre blieb. Inzwischen hatte Judas ein Sendschreiben veröffentlicht an die zu Jacobus haltenden Judenchristen, also zunächst an die Gemeinden in Judäa, um Verirrungen zu kennzeichnen, die er auch hier schon (besonders etwa in den Hafenstädten) um sich greifen sah, doch waren seine warnenden "Worte nicht minder für die ganze Diaspora bestimmt. Er beginnt: „Judas, Jesu Christi Diener, Bruder aber Jacobi, den in Gott Vater geliebten und für Jesus Christus bewahrten Berufenen." Also sein und Jacobi Verhältniss zu Jesus bemisst Judas hier nicht nach der fleischlichen Verwandtschaft
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mit Jesus, sondern nur nach der geistigen Hoheit des Messias, aber neben Jacobus stellt er sich als dessen leiblichen Bruder, übrigens auch ihm sich unterordnend. Er habe, schreibt er, dringende Veranlassung zu der Ermahnung, tapfer bei dem einmal für alle male der Christenheit überlieferten Glauben zu bleiben. „Denn es sind gewisse Leute nebeneingeschlichen, die unsere Gottes Gnade verkehren in Ausgelassenheit, und unsern einzigen Gebieter und Herrn Jesus Christus verleugnen", indem sie zwei Herren dienen wollen, Gott und dem Mammon. Sie sind Träumer, falsche Propheten (Deut. 13, 2 f.). Wie die Engel, die sich mit Menschentöchtern einlicssen, und wie die Sodomiter, die sogar der Engel fleischlich begehrten, versagen sie sich keinerlei erreichbaren fleischlichen Genuss; wie die aus Aegypten Ausgeführten durch ihrem Unglauben Gott erzürnten und nicht ins heilige Land kamen (Nu. 14, 11 f. Deut. 1, 32 f. 9, 23. Ps. 106, 24), so lassen diese die einzig wahre Herrschaft Gottes und seines Messias nicht gelten, in Missachtung der Anordnungen und Vorschriften Jesu; schmähen sie doch auch die christlichen Würdenträger, wie die Rotte Korahs auf Mose und Aaron schmähte (Nu. IG). Der Erzengel Michael selber, als er mit dem Teufel über den Leichnam Mosis kämpfte, hat nicht einmal den Teufel gescholten, sondern ihm nur zugerufen: Gott schelte dich. (So erzählte eine jüdische Apokalypse, „die Hinaufnahme Mosis." Vgl. Sach. 3, 2). „Diese aber lästern alles, was sie nicht kennen; was sie aber in natürlicher Weise wie die unvernünftigen Thiere verstehn, dadurch gehn sie zu Grunde." Sie wandeln den Weg Kains (der bei Philo die Personiflcation der Selbstsucht ist, — sein Name bedeute Besitz, I, 148 — 151. 164. 171. 197 — 8. 303. 423); sie sind aus Eigennutz in den Trug Bileams gerannt, des Lohngierigen (Nu. 22, 7 f.), der den Rath gab, Israel zu verführen zum Dienst eines fremden Gottes und zu dem daran hangenden Opferessen und Huren (Nu. 31, 16. 25, lf.*). Offb. 2, 14); sie sind verkommen in dem Widerspruchsgeist der Rotte Korahs. Diese sind die Schmutzflecken eurer Liebesmahle, bei denen sie ohne Scheu schmausen, sich selbst weidend (vgl. Ez. 34, 8). Wolken, die kein Wasser spenden; Bäume, die zweimal keine Frucht gebracht haben (weder im Judenthum noch im Christenthum), abgestorben sind, entwurzelt; schlammführende Wellen; Irrsterne. Henoch hat gegen solche geredet (in dem apokryphen Buch seines Namens). Sie sind Murrer und mit ihrem Loose unzufrieden wie jene gegen Mose und Aaron Widersetzlichen (Nu. 17. 16). Sie leben ihren Lüsten nach und reden Ungeheures, beides wie der von Daniel (11, 36. 37) vorausgesagte Widersacher der Endzeit.**)
*) ixnoQvf
vaui,
v g l . J u d . 7.
**) Statt des Hullci der LXX hat Theodotion das vnttmy/.u des Judas.
XI
Sie sind parteiisch*) für die Leute, von denen sie Vortheil erwarten. „Ihr aber, Geliebte, möget gedenken der Worte, die vorherverkündet worden sind von den Aposteln unsere Herrn Jesu Christi, da sie euch wiederholt sagten"**) (besonders wenn ihr zu Festen nach Jerusalem kamt): „Am Ende der Zeit werden Spötter sein" (nach der eschatologisehen Rede Jesaja's 3, 4 LXX), „die nach ihren Gelüsten der Gottlosigkeiten einhergehn.***) Diese sind die Sectirer" (vgl. Jes. 45, 24 LXX), „Psychiker ohne Geist, Ihr aber, euch erbauend auf eurem heiligsten Glauben, in heiligem Geiste betend, bewahrt euch in Liebe Gottes, erwartend das Erbarmen unsers Herrn Jesu Christi zu ewigem Leben." Der Zweifelnden erbarmt euch (durch Unterweisung), andre, die das Feuer schon ergriffen hat, reisst heraus; seid barmherzig auch denen gegenüber, die nicht mehr aus ihrer Verirrtheit zu retten sind, aber hütet euch auf das sorgfältigste davor, euch selbst mit zu verunreinigen. — Kein der Verhältnisse kundiger christlicher Leser konnte glauben, Judas rede nur gegen Auswüchse des Paulinismus, die Paulus selbst verurtheilte, vielmehr war klar, dass Judas, da er sich nicht ausdrücklich hiergegen verwahrte, den Paulus, der sich wider die Träger der Ordnung erhoben habe, verantwortlich machen wollte für alle jene Zuchtlosigkcit, und neben ihm besonders den Silvanus, der als Vertrauensmann der Jerusalemer in Antiochien gewesen, dann wieder, vielleicht als Begleiter des Petrus, dorthin gekommen war, und nun sich dem Paulus auf seiner Missionsreise nach Norden angeschlossen hatte (AG. 15, 22. 27. 32. 40). In den Augen des Judas ist es ein Makel für die christlichen Liebesmahle, wenn Pauliner daran tlieilnehmen, zumal solche, das steht ihm fest, selbst bei Liebesmahlen sich ungescheut ihrer Genusssucht hingegeben hatten, wie sie überhaupt ihren Begierden fröhnten, vornehmlich den geschlechtlichen. Auch findet er in Paulinischen Kreisen die "Wohlhabenden bevorzugt, ja aus Lohnsucht predige man dort, Menschen zu gefallen, gegen das Gesetz, von dem doch, nach Jesu Wort, kein Titelchen vergehn solle, und gegen die von den Aposteln überlieferte unveränderliche Lehre. Unberechtigter Weise habe Paulus sich als Apostel Jesu Christi hingestellt, und sei in seiner Selbstüberhebung sogar davor nicht zurückgeschreckt, den von Jesus selbst an die Spitze der Apostel gestellten Petrus zu schmähen, und den Jacobus zurückzuschieben, -f) *) Sccv/idCeiv unnmmov persönliche Rücksicht nehmen. Von Gott Gen. 19, 21. Von menschlicher Parteilichkeit Lev. 19, 15. Job 32, 22 (noönwna.). Dan. 6, 13. **) Utyov, vgl. Ph. 3, 18. ***) Ygl. noQtviG&ca iv tni!)v/j.i(iis Sir. 5, 2. f ) Im zweiten Petrusbrief wird der Judasbrief in einem Sinne verarbeitet, der das Antipaulinische verschwinden lässt.
xn Paulus nun und seine Gefährten Silvanus und Timotheus hielten es nicht für überflüssig, in zwei gemeinsam aus Korinth nach Thessalonich gesandten Schreiben (52 und 53 n. C.) darauf hinzuweisen, dass die Schilderung des Judasbriefes auf sie keine Anwendung finde. Die Bileamssiinden Habsucht, Arglist, Hurerei, Götzendienst haben sie stets verabscheut; nicht als Schmeichler, nicht Menschen zu gefallen haben sie geredet und gehandelt (1 Th. 1, 9. 2, 3 —9. 4, 1 — 8). Wieder und wieder berufen sie sich auf ihren Wandel in Thessalonich und auf das, was sie dort gelehrt haben, also ehe der Judasbrief gekommen war. Schon vorher haben sie auch von der nahen Enthüllung des Danielischen Antichrist gesprochen (2 Th. 2), welchen Judas nun in. ihnen selber zu sehen wähnt Sie sind Apostel und haben sich geführt wie Aposteln ziemt (1 Th. 2, 6), wirksam mit der Kraft des heiligen Geistes (1 Th. 1, 5. 6. 4, 8. 2 Th. 2, 13). Wie Judas, fordern sie auf, festzuhalten an der Ueberlieferung, aber an der des Paulus und seiner Genossen (1 Th. 4, 1. 2 Th. 2, 15. 3, 6). Fern ist es von ihnen, die Pietät zu untergraben, sie ermahnen die Thessalonicher, die Vorsteher in überströmender Liebe dankbar hochzuhalten (2 Th. 5, 12 f.). Auch sollen sie nicht irre werden an den christlichen Gemeinden in Judäa, woher der Judasbrief gekommen. Ihr Thessalonicher, sagen sie, seid deren Nacheiferer geworden, ebenso verfolgt von euren Volksgenossen wie jene von den Juden, den Verfolgern von ihnen und von uns Aposteln (1 Th. 2, 14 f.).*) Etwa ein Jahr nach Abfassung des zweiten Thessalonicherbriefes reiste Paulus nach Judäa, gewiss mit einer Spende für die dortigen Gemeinden (vgl. G. 2, 10), aber ein völliger Ausgleich mit Jacobus und Petrus kam nicht zu Stande. Nach einem Aufenthalt im syrischen Antiochien ging er über das keltische Galatien und über Phrygien nach Ephesus. Hier blieb er gegen drei Jahre (Herbst 54 bis Ostern 57). (AG. 18, 18 — 22. 19, 8. 10. 20, 3. 31). Bisher war nichts Schriftliches über das Leben Jesu in Umlauf, ausser des Apostels Matthäus Sammlung von Aussprüchen Jesu. Eine Uebersetzung dieser Sammlung aus dem aramäischen Original ins Griechische zeigt sich schon in den frühsten Briefen von Paulus, die wir haben, be*) Vgl. noch folgende Parallelen zwischen dem Judasbrief und den Thessalonichcrbriefen. iv IhtM naim i^yanrjixf'voi, Ju. 1, iiyanraxivoi vno ittov 1 Th. 1, 4, V7TO XVQI'OV 2 Th. 2, 13 (Deut. 33, 1'2). iv !Hw 7Ij TIQOS xaXoy.ayafHav y.ai (STitQfiu uotTTjg izdGTiij i^ulöv (veTvai. Das pvrov bedeutet auch bei Jacobus das in der Natur Hegende, also das Angeborene, genauer das schon durch die Genesis gegebne, wie "Weish. 12, 10.11. Das ätiua&ui loyov kommt hinaus auf: Vernunft annehmen.
XXIII
heben. Sofern das Gesetz die menschliche Thatkraft antreibt, und dem, der es beobachtet, Leben zuwendet, nennt Jaeobus es heilskräftig, trotzdem, dass Paulus im Galaterbrief (3, 21) hervorgehoben hatte, dass das gebietende Gesetz die Kraft, Gerechtigkeit und Leben zu geben, nicht habe. „Gerechtigkeit schaffen" ist ein Psalmwort (15, 2).*) Der Ausdruck Gottesgerechtigkeit stammt aus dem Spruch Jesu: „Trachtet am ersten nach seinem Reich und seiner Gerechtigkeit." Paulus hatte (G. 2, 17) sich diesen Spruch zu eigen gemacht; Jaeobus verstellt denselben dahin: erwirkt euch durch euer sittliches Thun Gerechtigkeit wie sie Gott hat. An den andern Spruch derselben Gruppe: „Seid vollkommen wie euer Yater im Himmel vollkommen ist" (Mth. 5, 48 nach Deut. 18, 13, vgl. LXX), denkt Jaeobus, indem er fortfährt: „wer hineingeschaut in vollkommenes Gesetz, das der Freiheit, und ausharrt, der wird selig sein in seinem Thun." Selig preist Siracli (14, 23) den, der der Weisheit in die Fenster schaut. Die Aeusserlichkeiten des Gesetzes, meint Jaeobus, sind im Dienst des Sittengesetzes verordnet, und wer sie in diesem Sinne treu beobachtet, wird sich glücklich fühlen. Jaeobus sah gewiss als eigentlich heilsnothwendig gar nichts vom mosaischen Gesetze an, ausser dem Sittengesetz, als gottverorclnetes heilsames Symbol aber alles, auch die Beschneidung, von der er in diesem Briefe übrigens so wenig wie von irgend welchen jüdischen Sitten und Ceremonien ein Wörtchen sagt. Das Gesetz der Freiheit (auch 2, 12) erhebt er gegenüber der von Paulus gepriesenen Freiheit vom Gesetz. Frei vom Sündendienst ist nur, wer sich dem Sittengesetz unterwirft. Hatte Paulus geschrieben: der Freiheit hat euch Christus befreit, lasst euch nicht wieder in ein Joch der Knechtschaft binden (G. 5, 1), und hatte er darauf hingewiesen, wie der Wunsch, bei den Juden gut angeschrieben zu sein, auf einen Abweg geführt habe (G. 6, 12. 13), so mahnt mit anderer Anwendung Jaeobus: haltet den Glauben unsres Herrlichkeits - Herrn Jesus Christus nicht in den Banden der Rücksichtnahme auf menschliche Personen (Jac. 2, 1).**) Es war nämlich vorgekommen, dass in der judenchristlichen Versammlung einem reichgekleideten Besucher ein Ehrenplatz angewiesen, einem Armen geringschätzig begegnet worden war; solche Riicksichtnehmer werden, wenn Christus in seiner Herrlichkeit kommen wird, ohne Ansehn der Person verurtheilt werden. Die Nächstenliebe nennt Jaeobus ein königliches Gesetz (2, 8, vgl. 4, 11), das alle Pflichten gegen den Nächsten beherrschende, wie Paulus gesagt hatte, dass das ganze Gesetz erfüllt sei, wenn das Gebot der Nächstenliebe erfüllt sei (G. 5, 14); beide gemäss dem Wort Jesu. Jaeobus nnterlässt auch nicht, gleich Paulus (G. 5, 3), darauf hinzuweisen, *) iQy«Cofievos fiixtaoauvtjv. **) f / f i v iv wie G. 5. 1 Ivfytw.
Ygl. auch E. 1, 18.
XXIV
dass dem Gesetz verhaftet bleibe, wer auch nur eine einzige Forderung desselben unerfüllt lasse, und er bekennt (3, 2): in vielen Dingen straucheln wir allesammt, aber er glaubt zu haben, was alle Lücken der "Werkgerechtigkeit ausfüllt, auch dies eine Werkthätigkeit, nämlich die Ausübung der Bannherzigkeit. „Das Gericht" sagt er, „ist erbarmungslos dem, der nicht Erbarmen übt; zuversichtlich steht das Erbarmen dem Gericht gegenüber", nach dem Wort: Selig die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Hieran schliesst Jacobus eine Bekämpfung der im Galaterbrief vorgetragenen Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben, nicht durch Gesetzeswerk. Diese schroffe Abweisung der "Werkgerechtigkeit war erst nöthig geworden, seit Paulus in Jerusalem sein Evangelium vorgelegt hatte (G. 2), das damals auch von Jacobus unanstössig befunden wurde. Jetzt schreibt Jacobus (2, 14 f.): „Was nützt es, wenn Glauben zu haben Jemand behauptet, Werke aber nicht hat? Es kann doch nicht der Glaube ihn retten?" im Gerichte Gottes (4, 12. 5, 9), retten vor dem Seelentode (5, 20, vgl. 1, 21), dem Verderben (4, 12). „Wenn ein Bruder oder eine Schwester ohne Kleidung sind und der täglichen Nahrung ermangeln, und Jemand von euch sagte zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt und sättigt euch! ihr gäbet ihnen aber nicht die Leibesnothdurft, was nützt es? So", wie Mitleid ohne Hiilfsleistung, „ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, todt an sich" und darum nutzlos. Wie die Nächstenliebe ohne Thätigkeit keine rechte Liebe ist, denn aus dieser gehn Liebeswerke hervor, ebenso fehlt dem Glauben, der keine Werke hat, auch an ihm selber, an seiner Gläubigkeit etwas, er ist todt wie jene halbe Liebe. Und darum ist er nutzlos wie sie, denn nicht nur bringt er für Andre keine Frucht, sondern er rettet aucht nicht seinen Besitzer vor der Verdammniss. Aber, sagt Jacobus, man wird einwenden: „Um einen Glauben, der ohne Werke bliebe, handelt es sich zwischen uns gar nicht. Jeder von uns beiden hat auch wirklich Glauben und Werke. Ich erkenne an, dass du Glauben hast, lass du meine Werke nicht ausser Acht. Bin ich nicht hülfreich den Bedürftigen? Habe ich nicht immer Glaube und Liebe gepredigt (1 Th. 5, 8) und bethätigt? Die Frage ist nur, ob man durch Glauben gerechtfertigt wird, abgesehn von den Werken." Sehn wir uns, antwortet Jacobus, deinen Glauben an, sofern er ohne Werke ist. Den meinen magst du aus meinen Werken sehn, ich will beurtheilt sein nach Jesu Wort: aus der Frucht wird der Baum erkannt (Mth. 12, 33). Anders aber als durch Werke kannst auch du deinen Glauben nicht aufweisen. Allerdings einen Glauben, der ohne Werke etwas ist, kannst du mir bei dir zeigen. Du glaubst, dass Gott Einer ist. Paulus hatte es auch im Galaterbrief ausdrücklich gesagt (3, 20). Du thust wohl daran. Aber auch die Dämonen glauben und sie
XXV
zittern. Sie erkannten Jesus als Gottessohn und erwarteten, von ihm gepeinigt zu werden (Mth. 8, 29 f.). Das ist also kein heilbringender Glaube, sondern nur die Ueberzeugung von einer Thatsache, die zugleich demjenigen, der keine guten Werke hat, die Gewissheit bringt, von Gott verworfen zu sein. Aber du meinst als rechtfertigenden Glauben nicht einen solchen theoretischen Glauben, sondern einen praktischen, der Vertrauen ist (Vertrauen auf die göttliche Verheissung. Diesen Sinn hat Pistis auch in allen andern Stellen des Briefes ausserhalb dieses Abschnitts: 1, 3. 2, 5, insbesondere beim Gebet. 1, 6. 5, 15; 2, 1 das Gottvertrauen, das Jesus Christus hat und mittheilt). Und du berufst dich auf den Glauben Abrahams (G. 3). „Wünschst du einzusehn, o leerer*) Mensch", (dies „leer" ist Antwort auf Pauli „o ihr unvernünftigen Galater" in der Stelle, die Jacobus hier im Auge hat, und in der auch die Wendungen „das nur wünsche ich zu erfahren" und „ihr seht also ein" seinen Ausdruck bestimmen), „dass der Glaube ohne die Werke müssig", nicht heilskräftig für den Glaubenden, „ist? Abraham, unser Vater, wurde er nicht durch Werke gerechtfertigt, als er .Isaak, seinen einzigen Sohn, auf den Opferaltar brachte?" Sagte nicht damals Gott: nun weiss ich, dass du gottesfiirchtig bist; ich schwöre bei mir, dass, weil du deinen Sohn, deinen einzigen, mir nicht verweigert hast, ich dich segnen will und deinen Samen mehren, und er soll besitzen das Thor seiner Feinde, und in deinem Namen sollen sich segnen alle Völker, da du meiner Stimme gehorcht hast —? Heisst das nicht: er ward durch seinen werkthätigen Gehorsam gerechtfertigt —? „Du siehst, dass der Glaube mitwirkte mit den Werken Abrahams, und aus den Werken der Glaube vollkommen ward, und die Schrift ergänzt ward, welche sagt: es glaubte Abraham Gott und es ward ihm gerechnet zu Gerechtigkeit, und er zu einem Freund Gottes berufen ward." Als Gottesfreund, wie man Abraham auf Grund eines Jesajaworts (41, 8) genannt hatte,**) findet ihn Jacobus bezeichnet durch die obigen Worte Gottes (aus Gen. 22). Durch den in der Prüfung bewiesenen Gehorsam sieht Jacobus das geleistet, was dem Glauben Abrahams anfangs noch fehlen musste, die Bewährung durch die Tliat (vgl. 1, 2 — 4); erst durch diese erreichte Abraham volle Gottesgerech*) W e n n xtv{ Uebersetzuiig des (5rtxtt wäre, das man nach Mth. 5, 22 nicht zu seinem Bruder sagen soll, so würde Jacobus durch Anwendung dieses Wortes erklär e n , dass er Paulus nicht mehr als christlichen Bruder ansehe. **) Ben Vers Gen. 18, 17 f ü h r t Philo einmal so an, wie wir ihn in der L X X lesen mit ^-IßNICIT/I TOV NIUÖ'OG ¡XAV, Mangey I, 93, ein andrcsmal I, 401 mit \4ß(f(TCT/x TOC tfikov ¡IOV, und zwar wie wenn er so in seinem Text gelesen. I m Buch der Weisheit heisst es 7, 27 von der Weisheit: „ i n heilige Seelen übergehend bereitet sie Gottesfreundc j
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349
StXtävm,
vgl. Je.
1,
14.
Yon den zu Je. 3, 2 f. 5 f. 4, 1 f. angeführten Philostellen stehen mehre in der Abhandlung über Ovx i n i f h v ^ a e i g II 348 — 358. Auch Pauli Grundrichtung lässt sich mit Worten Philos bezeichnen. tov
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XLI
B e n u t z u n g der L o g i a , des M a r c u s und des M a t t h ä u s e v a n g e l i u m s bei P a u l u s und J a c o b u s . Bs versteht sieh, dass durch die folgenden Nachweise nicht ausgeschlossen ist, dass der Wortlaut der Logia beim Uebergang in unsere Quellen Veränderungen erfahren hat. Bei Judas V. 4 erinnert man sich an die beiden bei Marcus nicht vorkommenden Stellen Mth 6, 24. 10, 32. 33, die Judas freilich aus mündlicher Ueberlicferung kennen konnte, gewiss aber auch in den Logia gelesen hat. Paulus beruft sich ausdrücklich auf ein Wort des Herrn 1 Th 4, 15 f., auf eine Verordnung desselben 1 K 9, 14, beides ans den Logia; ferner auf ein Geheiss des Herrn 1 K 7, 10, auf Josu Christi Predigt R 16, 25, beides nach Marcus. Ich führe, wo eine Stolle bei Paulus zum ersten mal benutzt erscheint, gleich auch die späteren Paulinischen Beziehungen auf dieselbe an. Schon in dem, was Paulus, wie sein Galaterbrief berichtet, zu Petrus in Antiochien sagte, bezieht er sieh auf ein ihm von grundlegender Bedeutung gewordenes Wort Jesu, das er ohne Zweifel aus den Logia kannte: Mth 6, 33 (nicht bei Mc) CriTtirt
TTjv
iixaioavvtjv
avrov:
G 2, 17.
R
1, 17.
2, 7.
10, 3.
20.
In den Thessalonicherbriefen Vieles aus den Logia. Mth 3, 7 (nicht boi Mc): I T h l , 10. Mth 6, 9 f.: 2 Th 3, 1 — 3 NGOATV/JAD-T . . (WA'&SIUTV . . ÄNU TOV NOV>)QOV. (Bei Mc fehlt das Vaterunser ganz, bei Lc fehlt QVIA&NI UNB TOV 7iov.). Auf das Vaterunser bezieht sich P auch G 4, 6. 1 K 10, 13. R 8, 15. 26. 12, 2. Mth 10, 10 zweite Hälfte (vgl. Mc 6, 8 NN ÄPTOV): 2 Th 3, 8. 9. 1 K 9,14. 2 K 11, 13 inythra, 20 xazioMu. Mth 13,19 f.: 1 Th 1, 6. 2,13.14. Also in den Logia Mth 13, 3—8.19 — 23 = Mc. 4, 3 — 8. 14—20. Mth 22, 8 f. oi XTY.LRJUTVM ovx ägioi: 1 Th 2,12. 2 Th 1, 5.11. Auf Mth 22,1 —14 (nicht bei Mc) blicken R8, 28. 33. 9,11. 11, 1 f. 16, 25 f. Mth 23, 30—38 (nicht bei Mc): 1 Th 2,15. 16. R2, 3. Mth 24, V. 6 ¡¿n »Qoeto&t: 2 Th 2, 2 f. V. 6. 13. 14 TFIOG: l T h 2 , 1 6 . V . 8 : 1 Th 5, 3. R8, 22. V. 10. 12: 2Th2, 3 Apostasie. V. 12
r) Kvo/nict:
iinyythov
2 T h 2 , 2 f. R 6 , 1 9 .
V . 1 4 FIKQTVQIOV:
R 2,15.
V . 1 4 niivra
16, 26 (A. Tl. G 3, 8. R 15,11). voög.
V . 19. 21. 3 8 :
2 Th 2, 8 V. 27.
37.
TIKQOVAITC:
Trjg
nitQovaiag
1 Th
V. 14 r « fih>RJ:
22.
24.
31
R 1 , 5 (th'
uyit7iN
2, 1 9 .
V . (11.) 23. 2 4 :
ntivia
4, 15.
5, 23.
.
.
T « f. w i e M c . 1 3 , 1 0 ) .
2 Th 2, 2
voeizw:
2 T h 2, 9 f. R 16, 17 f.
(vgl. Brief Jerem 60 3, 13.
. . VNO^ieivag
G 1, 12. R 15, 19. 16, 25.
fvtcyyihov:
V 15 Daniels Antichrist: 2 Th 2, 4.
1 K 7, 26 f.
IRJ inupuvtia 39
V. 12 — 1 4 .
I T h l , 3 — 5.
. . ixkexTovg:
aarQctnr)
ozetv
2 T h 2, 1. 8 .
9.
V. 2 7 : tnupctvrj).
1 K
15,
23.
V. 30. 31: 1 Th 1, 10. 3, 13 (die iiyioi von Sach 14, 5 als die ixltxioC von Mth 24 gefasst). 4,14 f. 2 Th 2,1. V. 31 a«Xn.: 1 Th 4, 16. 1 K 15, 52. V. 34: 1 Th 4,15. V. 37 —39: 1 Th 5, 3 tlQ^vr, xal aa^iilua. 1 K 7, 26 f. V. 43: 1 Th 5, 2. 6. Die Beziehung auf Dinge, die bei Mc fehlen, V. 10. 12. 27 f. naQovatci. 31 ntd.n. 37—43 beweist, dass das Matthäusevangelium die Rede der Logia vollständiger gibt. Auch der Ausdruck Lichtkinder 1 Th 5, 5 dürfte aus den Logia stammen, aus einem Stück, das später Lc aufgenommen 16, 8 (vgl. übrigens Henoch 108, 11 und Je 1,17). Wenn 1 Th 5, 13 elQrjviviie Lv eavroTg auf dem Wort Jesu Mc 9, 50 beruht, so hat P es hier aus den Logia. Dass Lo manches aus den Logia nicht so gut bewahrt hat wie Mth, lässt sich schon aus Th ersehn. Mth 6, 13 b fehlt Lc 11, 4; liboi Mth 22, 8 fehlt Lc 14, 16 f.; Lc hat weder miQovoia noch oaXn.
XL
oev, ovtü) xai KQfTT] avartiXttaa iv ijjvxrj ttjv t'tylvv avrrjg ivavydCei. Gott setzt den Menschen in den G a r t e n , d. h. rov voiiv riilrfiiv iv rij aQerfj, SV« Sr\Xovon firj&iv iiXXo f j ravrtjv xaHt'tntQ yhaxjybq äya&og TijutXri xai 71 f/iit71 ij. 5 3 : "l'iltivToq xai äfhog o vovg oiöfitvog i'ßog tivai ([>, xai noitiv SoxBv iv ttp ndaytiv iitraUfitvogm ov df onttQavrog xai ifvrtvovrog iv ipvyfj ra xaXd, ö Xeyiov vovg ori ,,iyu> (fvTfiito" uotßn. 5 9 : . . (au Abbild s. untoli zu 8, 3.
14
1, 18-32.
Naturkräften, aus denen sie nicht den Schöpfer erkannten, und die allen Spott herausfordernden „armseligen" Bilderdiener (vgl. Deut. 4, 16 —19. Philo II 213 f.), so hat auch Paulus, der hier die Thorheit des Bilderdienstes hervorhebt, in dem vorangegangenen parallelen Satztheil an die Nichtigkeit des Naturdienstcs gedacht. Dem Abfall folgte die Strafe. Im Buch der Weisheit hiess es (11, 10. 17): „Für die unsinnigen Gedanken ihrer Ungerechtigkeit, in denen verirrt sie vernunftlose Kriecher und erbärmliches Geschmeiss verehrten, sandtest Du ihnen eine Menge vernunftloser Thiere zur Strafe, damit sie erkennten, dass, wodurch einer sündigt, hierdurch er gestraft wird." Den zuletzt hervorgehobenen Gesichtspunct (vgl. das. 12, 27. 16, 1. Rieht. 1, 6. 7. 2 Makk. 5, 9. 10) bringt Paulus im Folgenden zur Geltung, und zwar in dreimaliger Anwendung (jedesmal mit: Gott hat sie dahingegeben), die drei vorher angegebnen Verirrungen: Gottvergessenheit, Heidenthum, Bilderdienst, in umgekehrter Reihenfolge aufnehmend. Erstens: durch ihre Leiber haben sie Gott Ehre entzogen, an ihren Leibern werden sie entehrt. Die mensclilichen Leiber, die sie an den Götterbildern verehrten, verfallen an ihnen selbst der Verunehrung. Geehrt werden sollen die Leiber, die lebenden. „An ihnen" ist im Gegensatz gedacht zu: an den Götterbildern. Durch „Unreinheit", d. i. jegliche Schwelgerei, insbesondere geschlechtliche (vgl. 6, 19. 1 Th. 4, 7. Gal. 5, 19. 2 K. 12, 21. Kol. 3 , 5 ) , entwürdigen sie ihre Leiber (1 K. 6, 18 f.). Sie müssen diese Entwürdigung mit ausführen, ohne sie zu beabsichtigen; Gott hat sie zur Strafe in ihren Gelüsten dahinfahren lassen. Sie hatten es reiclüich verdient. Sie hatten die Wahrheit Gottes gegen das Falsche umgetauscht, d. h. den wahren Gott gegen falsche Götter (vgl. Gal. 2 , 5 . 14 die Wahrheit des Evangeliums, d. h. das wahre Evangelium). Der Vf. hatte diesen Tausch schon erwähnt (V. 23), hier gibt er dem Wort noch mehr Nachdruck durch Zusammensetzung, etwa wie Umtausch, und bekennt sich feierlich zu dem wahren Gott, „der gelobt ist in die Ewigkeiten, Amen"; gelobt, wenn nicht von Menschen, doch stets von Engeln. Gegenstand der falschen Verehrung ist die Schöpfung d. h. Geschaffenes; Naturdingen und Naturkräften widmeten sie Verehrung und Dienst. Die verkehrte Verehrung ist, hinsichtlich des wahren Gottes, Nichtverelirung, wie man oben (V. 18) Gottlosigkeit genauer wiedergeben könnte. Dienst bezeichnet den äusseren Gottesdienst durch Tempelcultus, Opfer u. dgl. Dieser Abfall vom wahren Gott zu falschen Göttern ist die Voraussetzung der Einführung der Götterbilder. Dass sie durch Knien vor Menschenbildern Ehrenräuber an Gott geworden waren, rächte sich dadurch, dass sie ihre von ihnen vergötterten eignen Leiber veruneliren mussten; zweitens: der Abfall von Gott
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1, 18-32.
zu Ungöttern, zum Naturcultus, strafte sich durch die dann unausbleibliche Verirrung von der Natur zur Unnatur, bis zu den unnatürlichsten Lastern.*) Das sind „Leidenschaften der Ehrlosigkeit", noch ärgere Dinge als jenes Verunehren des eignen Leibes durch Unreinheit (V. 24. Ygl. Kol. 3, 5). „Neben Natur" (wo ich übersetzt habe: unnatürlich) weist zurück auf „neben dem Schöpfer" (d. h. am Schöpfer vorbei); das „umtauschen" von dort ist hier in entsprechender Anwendung wiederholt. Drittens: das Missachten der Erkenntniss, dem sie sich hinsichtlich Gottes überliessen, so dass sie aus Gottkennenden (V. 21) zu Gott nicht kennenden wurden (Gal. 4, 8. 9. Vgl. Weish. 13, 1), verbreitete sich über das ganze Gebiet der Sittlichkeit. Das Nichtwerthhalten der Gotteserkenntniss und die werthlose Yernunft hat der Vf. durch Anwendung desselben "Wortstammes auf einander bezogen. Da sie den Werth, den es für sie hat, nicht nur Kenntniss, sondern Erkenntniss von Gott zu besitzen, geringschätzten, so entwertheten sie dadurch die Vernunft selbst, entkräfteten deren Wirksamkeit, so dass sie nun treiben, was ihrer eignen Vernunft unvernünftig erscheinen würde, wenn sie dieselbe nicht verderbt hätten. Sie waren wohlbekannt mit dem Gottgefälligen (V. 32), jetzt sind sie es nicht mehr (abgesehn von den Resten wahrer Gotteserkenntniss, die sich noch immer unter ihnen linden, V. 19. 2, 14. 15). Dieser entwürdigten Vernunft überlässt sie der beleidigte Gott. In der Aufzählung vieler Laster, die in der Heidenwelt als einem Ganzen sich finden, steht zu Anfang das allgemeinste Wort: Unrecht (vgl. V. 18), zum Schluss dasjenige, welches daran erinnert, dass man nur von der Barmherzigkeit Gottes Straffreiheit erwarten kann (vgl. Jac. 2, 13. Mth. 5, 7). Die Aufzählung will nicht vollständig sein, das zeigt der Ausdruck: „die das derartige treiben" (wie Gal. 5, 21). Treiben ist nicht gleichbedeutend mit thun, es ist: zu thun gewohnt sein, er spricht von Leuten, deren Praxis das Schlechte ist. Man kann nun, durch Selbstsucht verblendet, Schlechtes thun und treiben, ohne das sittliche Urtheil verloren zu haben. Aber als ein Zeichen, dass das Gewissen abgestorben ist, kann es gelten, wenn Jemand Andern, die Schlechtes treiben, Beifall gibt. Missbilligung des Schlechten, das man an Andern sieht, wenn man selbst unbetheiligt ist, also keinen persönlichen Grund hat, es zu vertheidigen, zeigt doch, dass man noch einen sittlichen Massstab besitzt. Ist dieser verloren, so hat man „Wohlgefallen an der Ungerechtigkeit"**) (2 Th. 2, 12). Das ist die grösste Gottferne („sie die" führt V. 32 wie V. 25 eine noch schlimmere Eigenschaft ein). Diese Verkommenheit des sittlichen Lebens führt der Apostel zurück auf den Mangel an wahrer *) Zu fitniXltt^uv **) (vSoxr]auvTSs.
TTjV (pvöixrjv yjtrfiiv vgl. W s h . 14, 20 yivt'attos OvvsvSuxuvGiv.
Hior
ivulinyr].
16
2, 2 - 5 .
Frömmigkeit. Aus Irreligiosität oder falscher Religion fliesst verkehrte Moral. Gott, wenn er nicht recht verehrt wird, überlässt den Menschen seiner Sünde. Für beides aber, sowohl für die Gottlosigkeit als auch für die Sittenlosigkeit steht das Strafgericht des Zornes bevor, der „enthüllt wird." Die Strafe ist Tod, der Lohn der Gerechtigkeit ist Leben (Y. 17). Dies Leben ist ewiges Leben, jener Tod ist Pein am Strafort. Auch Griechen und Römer malten sich bekanntlich die Strafen der Unterwelt aus. Zum Schluss weist also der Apostel darauf hin, dass denen, welche Gott ihrer Unsittlichkeit überlassen hat und dadurch straft, noch ein ferneres Strafgericht bevorsteht. Gerettet werden kann nur, wer vor allem seinen Beifall vom Schlechten abwendet und dem Guten zustimmt, Gotte(vgl. 7, 16). Strafwiirdigkeit auch der Juden: 2
Weshalb du unentschuldbar bist, o Mensch, jeder der richtet.
Denn
worin du den Andern richtest, verurtheilst. du dich selbst, denn das2
selbe treibst du der Richtende. * Wissen wir doch, dass der Richterspruch Gottes der Wahrheit gemäss gegen die das Derartige Treibenden
3
ist. * Rechnest du aber darauf, o Mensch, der du richtest die das Derartige Treibenden und es thust, dass du werdest entrinnen dem Richtersprach Gottes? * Oder missachtest du den Reichthum seiner Freundlichkeit und der Zurückhaltung und der Langmuth, in Unkunde darüber,
4 5
dass das Freundliche Gottes zur Bekehrung dich anregt? * Gemäss aber deiner Härtigkeit und dem unbekehrten Herzen häufst du dir selbst Zorn am Tage des Zorns und der Enthüllung des Gerechtrichtens Gottes.
Im schroffsten Gegensatze zu denen, welche den Uebertretern des Sittengesetzes Beifall schenken, stehen die, welche die einen und die andern nach dem Gesetz beurtheilen, also verurtheilen. Solche Sittenrichter gibt es unter Juden und Heiden; unter nichtchristlichen wie unter christlichen, darum sagt Paulus: o Mensch. Sein Du, mit dem er sich eindringlich an jeden einzelnen wendet, hat aber christliche im Auge; schreibt er doch an eine christliche Gemeinde. Und zwar waren solche Richtende vornehmlich Judenchristen; recht eigentlich jüdische Erbsünde, die bei manchen auch der Christenglaube nicht überwand, war es, sich für etwas Besseres zu halten als andere Menschen; und dass Paulus den Richtenden als selbstgerechten meint ist klar, denn sonst brauchte er ihm nicht zu sagen: du hast keine Entschuldigung, du selbst erfüllst ja das Gesetz nicht. Paulus nimmt also Richten hier im Sinne des Wortes Jesu, das zunächst die selbstgerechten Juden treft'en will: Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet (Mth. 7). Paulus hebt die allgemeine Gültigkeit dieser Warnung hervor durch die Anrede: o Mensch; schonender konnte er den Juden-
2,
1-5.
17
Christen nicht tadeln als durch diesen Hinweis darauf, dass er nicht ausgenommen sei und nichts Menschliches sich fremd wähnen solle. Die Richtenden haben ganz recht mit ihrer Verurtheilung Anderer, aber sie sprechen sich damit auch ihr eignes Urtheil, denn sie selbst übertreten das Sittengesetz , das sie anerkennen. Unentschuldbar sind also aus demselben Grunde, wie die sittlich heruntergekommenen Heiden (V. 20), auch deren Sittenrichter: die einen wie die andern kennen (Y. 19. 20) das Sittengesetz, das sie übertreten. Jeder der Richtenden übertritt es, denn jeder Mensch übertritt es und treibt Derartiges, wie das oben (1, 29 f.) Angeführte, der eine dies, der andere anderes. Hatte doch Paulus nicht bloss recht grobe Sünden genannt, die den Strafgesetzen des Staates verfallen, wie Mord, auch nicht nur ganz gemeine Gesinnung gekennzeichnet, sondern auch Hader und Unverstand. Wer also ist frei von Schuld? Ist aber Niemand schuldlos, so wird auch Niemand straflos ausgehn. "Wir wissen ja, sagt der Apostel und denkt dabei gewifs an die Gesammtheit Derer, welche in der heiligen Schrift eine Offenbarung Gottes verehren, also: wir lesen ja, dass Gottes Richterspruch der "Wahrheit gemäss, d. h. dem Sittengesetz gemäss (s. 1, 18. 32), ergehen wird über alle, welche sich dagegen versündigen. Wie also mag irgend Jemand ruhig sein, wenn er an Gott als den gerechten Richter denkt? Rechnest du darauf, dass Du (dies hat den Nachdruck) dem Gericht entrinnen wirst, während andere von ihm getroffen werden? Bs ist die drohende Frage des Täufers, die Jesus wiederholt hatte (Mth. 3, 7. 23, 33), auch Paulus hat die Juden im Sinne und schliesst die Judenchristen mit ein. Auch der, dessen Handlungsweise nicht ganz verdorben ist, sondern der nur mitunter derartiges thut, wie jener, der das Schlechte, so zu sagen, zunftmässig treibt (über den Unterschied von Thun und Treiben s. zu 1, 32), kann der Verdammniss nicht entgehen, mag er sich auch noch so sehr abmühn, was er nicht recht gemacht hatte, selbst wieder gut zu machen. Oder rechnest du aus einem andern Grunde auf Straflosigkeit, nämlich wenn nicht wegen deiner Trefflichkeit, doch wegen der bisher vielfältig dir zu theil gewordenen Freundlichkeit Gottes, der dir nicht nur unzähliges Gutes geschenkt hat, sondern auch deine Ungerechtigkeit hat ungestraft hingehn lassen, sogar lange Zeit hindurch, langmüthig wie er ist? (Exod. 34, 6. Ps. 145, 7 — 9 , wo, wie 31, 20, „Fülle der Freundlichkeit"). Schliesst du daraus, er werde dich gar nicht vor Gericht ziehn? (Vgl. Ps. 50, 21.) Weisst du etwa wirklich nicht, erwiedert der Apostel wie erstaunt diesem guten Muth, bist du in der That unwissend darüber, dafs Gott aus keinem andern Grunde Geduld mit dir hat, als um dir Zeit zur Busse zu lassen? (Ygl. Wsh. 11, 24. 12, 10). Eine Frist, die jedenfalls ihr Ende erreichen wird, denn die Abrechnung ist unausbleiblich, und Böhmer, Römerbrief. 2
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2, 6-11.
Jedermann wird Rechenschaft geben müssen. Es ist Herzenshärtigkeit, sich für besser als Andre zu halten, und Gott eine gutmüthige Duldsamkeit gegen das Unrecht, wenigstens gewisser Leute, zuzutrauen. Gott bringt dir in der That einen Schatz von Güte entgegen, du aber häufst dir einen Vorrath göttlichen Zornes auf (vgl. Jac. 5, 3. 5, auch in grammatischer Hinsicht. Deut. 32, 34, vgl. Philo 108). Der Gerichtstag wird ein Tag des Richtens nach Gerechtigkeit sein, ein Zornestag (Ps. 110, 5. LXX), d. h. ein Tag göttlichen Zornes gegen die Uebelthäter. Dann wird sich vor Aller Augen enthüllen, wen der gerechte Richter verurtheilt, was jetzt, wo er seine Feinde langmüthig gewähren und seine Gläubigen verfolgt werden lässt, den meisten verhüllt bleibt. Schon im zweiten Briefe an die Thessalonicher (1, 5 f.) hatte Paulus auf das „gerechte Gericht" Gottes hingewiesen, das [bei der Enthüllung des Herrn Jesus stattfinden werde, und das die Verworfenen in ewiges Verderben stürzen, die Standhaften und Glaubenden aber würdig erachten werde der Reichsgenossenschaft, daher er bete, dass Gott für jenen Tag das Werk des Glaubens (d. h. das aus dem Glauben hervorgehende Wirken, auch 1. Th. 1, 3) in ihnen völlig machen wolle; und dieselbe Anschauung vom Endgericht spricht sich dann in den beiden Korintherbriefen aus (1 K. 3, 8. 14. 2 K. 5, 10).
6. 7 8 9 10 11
Die Vergeltung nach den Werken: Welcher geben wird einem Jeden gemäss seinen Werken: * den Einen, die mit Ausdauer guten Werkes Herrlichkeit und Ehre und Unverderblichkeit suchen, ewiges Leben; * den Andern, die aus Selbstsucht [stammen], und ungehorsam sind der Wahrheit, gehorsam aber dem Unrecht, [begegnet] Zorn und Aufbrausen. * Drangsal und Beklemmung über jede Seele eines Menschen, der das Schlechte auswirkt, des Juden zuerst und des Hellenen; * Herrlichkeit aber und Ehre und Friede jedem, der das Gute wirkt, dem Juden zuerst und dem Hellenen. * Denn nicht ist persönliche Rücksichtnahme bei Gott.
Er vergilt Jedem nach seinem Thun, heisst es in den Salomonischen Sprüchen (24, 12); Du vergiltst Jedem nach seinem Thun, sagt der Psalmist (62, 13). Die Griechische Uebersetzung hat an beiden Stellen: nach seinen Werken, was Paulus hier citirt. Belohnt werden die, welche treulich ausharren, unter allen Umständen Gutes zu wirken, nicht sowohl einzelne gute Werke zu thun, als vielmehr sich dem guten Werk ganz hinzugeben. An den Thessalonichern rühmt Paulus das Glaubenswerk, die Liebesmühe, die Hofnungsausdauer, und betete, dass Gott alles Wohlgefallen an Gutem und das Glaubenswerk in ihnen vollende (1 Th. 1, 3. 2 Th. 1,11). Im Hinblick auf das, was Jacobus gesagt hatte (1, 4): „die Ausdauer halte
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2, o - i i .
fest an vollkommenem "Werk", wählt Paulus im Römerbrief die Wendung: Ausdauer guten Werkes („Gutes Werk" sagt er schon 2 Th. 2, 17, dann 2 K. 9, 8, später Phil. 1, 6. Kol. 1, 10). Herrlichkeit und Ehre sind das, womit nach dem Psalmisten (8, 6) Gott den Menschen krönt (vgl. 1 K. 11, 7f.); Herrlichkeit und Unverderblichkeit nennt Paulus auch sonst als Güter des Reiches Gottes (1 Th. 2, 12. 1 K. 15, 50), und suchen heisst er sie, wie Jesus geheissen hatte, das Gottesreich und die Gottesgerechtigkeit zu suchen (Mth. 6, 33); Herrlichkeit, Ehre, Unverderblichkeit sind nach Paulus (1 K. 15, 42 f.) Attribute des geistlichen Auferstehungsleibes, mit welchem der vergängliche Leib überkleidet werden soll (vgl. die Verunehrung des Leibes, hier 1, 24. 26). „Gott schuf den Menschen zu Unverderblichkeit, und als Bild seiner eignen Eigenthümlichkeit machte er ihn", sagt das Buch der Weisheit (2, 23). Nach den Werken, die aus dem Geiste fliessen, den er auf seinen Glauben empfängt, bestimmt sich für jeden sein Lohn; dieser ist also individuell verschieden, wie andererseits die Strafe es ist. Für alle aber besteht der Lohn in ewigem Leben. Ewiges Leben, das im Galaterbrief (6, 8), wo die Ernte aus dem Geist und die aus dem Fleisch unterschieden werden, im Gegensatze zu Verderben steht, ist also Unverderblichkeit. Und die Gott rechtfertigt, verherrlicht er auch (8, 30). Die Wahrheit gegenüber der Ungerechtigkeit (V. 8), wie oben (1, 18 f.); gegenüber der Selbstsucht (V. 8), wie bei Jacobus (3, 14). Zorn und Aufbrausen, wie im zweiten Psalm (V. 5. 12. 13. LXX). Um dem jüdischen Wahn, Belohnung werde nur Juden und Judengenossen zu theil werden, entgegenzutreten, hebt der Apostel nun ausdrücklich hervor, dass sowohl Lohn, als auch Strafe, Hellenen sowohl, als Juden bevorstehe. (Hellenen nennt er wieder statt Heiden im Allgemeinen, weil er an solche, die mehr oder weniger in den griechischen Bildungskreis gehören, und darum griechich, schreibt, vgl. zu 1, 16). Dabei bezeichnet er die Strafe, die er vorher dadurch angedeutet hatte, dass er auf das Zornesauf brausen des Richters hinwies, mit Jesaja (8, 22. 30, 6), als Drangsal und Beklemmung (ausweglose Beengung, vgl. 2 K. 4, 8); als Lohn werden erst Herrlichkeit und Ehre wiederholt, der drittens genannte Friede entspricht der vorher genannten Unverderblichkeit, er ist die Seligkeit, die durch nichts gestört werden kann. Paulus sagt: der das Schlechte auswirkt (vollbringt, mit Ausdauer schlechten Werks, vgl. V. 7), aber: der das Gute wirkt; er will darauf hinweisen, dass bei den guten Werken immer etwas fehlt zur Vollkommenheit, so dass es „vollkommnes Werk" insofern nicht gibt. Im Philipperbrief (2, 12 f.) sagt er zwar: „wirket euer Heil aus", aber er fügt gleich hinzu: „Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wünschen, als das Wirken." Der umständliche Ausdruck „jede Seele eines Menschen" betont sowohl das allgemein 2*
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2, 1 2 - 1 6 .
Menschliche, als auch die eigne Verantwortlichkeit jedes Einzelnen; Niemand wird entschuldigt durch Berufung darauf, dass er nur mitgemacht hat, was Andre thaten, dass er etwa als Jude aus Patriotismus gehandelt, oder als Heide den Befehl des Kaisers ausgeführt. Nach dem einen unabänderlichen Grundsatz, dass das Schlechte bestraft, das Gute belohnt wird, behandelt Gott Juden und Heiden, ohne persönliche Bücksichten zu nehmen. Die Juden haben nur den Vorzug des Vortritts: sie zuerst erhalten die Verurtheilung, dann die Heiden; sie zuerst empfangen ihren Lohn, dann die Heiden. Diesen Vorrang begründet die heilige Geschichte. In diesem grossen Gericht, das Allen bevorsteht, Juden und Heiden, Christen wie Nichtchristen, und in welchem die Christen die "Werke aufweisen, die der heilige Geist in ihnen gewirkt hat, werden Alle nach einem und demselben Gesetz gerichtet. Das Gesetz ist allen Menschen bekannt: 12 13 14 15
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Denn Soviele gesetzlos sündigten, sollen gesetzlos auch verderben, und Soviele mit Gesetz sündigten, sollen mittels Gesetzes gerichtet werden. * Denn nicht die Hörer von Gesetz sind gerecht bei Gott, sondern die Thäter von Gesetz sollen gerechtfertigt werden. * Denn so oft Heiden, die nicht Gesetz haben, von Natur das des Gesetzes thun, sind diese, Gesetz nicht habend, sich selbst Gesetz, * die das "Werk des Gesetzes als in ihren Herzen geschrieben erweisen, indem mitzeugt ihr eignes Gewissen, und zwischen einander die Gedanken anklagen oder auch entschuldigen, * am Tage, wo Gott richtet das Verborgene der Menschen, nach meinem Evangelium, mittels Jesu Christi.
Mit einem und demselben Maasse werden von Gott alle Menschen gemessen, mag ihnen das den Juden gegebene Gesetz bekannt sein oder nicht. Das mosaische war den Juden das einzige eigentliche Gesetz, dieses allein verstanden sie, wenn sie ohne "Weiteres von Gesetz redeten; und an diese Redeweise schliesst sich hier Paulus zunächst an. Den Juden und vielen Judenchristen zufolge sind die Heiden gesetzlos, d. h. sind ohne ein durch besondere geschichtliche Gottesoffenbarung eingeführtes Sittengesetz. Sie sündigen gesetzlos, heisst: sie sündigen, ohne das den Juden von Gott gegebene Gesetz zu haben. Sünder aber sind sie, nach Paulus, nicht als Nichtbesitzer von Gesetz,*) sondern weil sie gegen das ihnen anderweit bekannte Gute fehlen. Die heidnischen Sünder werden, ohne dass das *) t « fit] vöfiov
'f'/ovra,
Nichtbesitzer
den Besitzern gegenüber;
vöfiov
fitj
i/oPTtg stellt das Haben dem Sein gegenüber. Die subjective Negation ist beidemale gebraucht, weil nur unter dem jüdischen Gesichtspunkt die Heiden ohne Gesetz sind, während sich in der That die Sache anders verhält.
2, 12-16.
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Gesetz, das die Juden haben, im Gericht herangezogen wird, des ewigen Lebens (Y. 7) verlustig gehn und ins Verderben fahren. Andererseits werden aber auch die Juden, die ihr eignes Gesetz übertreten haben, nicht unbestraft bleiben, clenn, um straffrei auszugehen, muss man nicht nur Besitzer, sondern auch Befolger des'Gesetzes sein. Diesen Gegensatz von Hörer und Thäter des Gesetzes hatte Jacobus ausgeführt (1, 22 f. Auch „mittels Gesetzes gerichtet werden" sagt Paulus wie Jacobus 2, 12). Hörer ist nicht dasselbe wie Hörender, ist, wer zu hören pflegt; an jedem Sabbat nämlich. Thäter ist, wer zu thun pflegt.*) Hörer und Thäter des Gesetzes schienen nach dem eben von Paulus Gesagten nur die Juden sein zu können, sofern nur sie Gesetz haben. Gleichwohl will Paulus auch die Heiden als solche hinstellen, die Gesetz haben, also als Gesetzübertreter straffällig, als Gesetzerfüller gerecht sind; will also den Satz, dass nicht die Gesetzeshörer, sondern die Gesetzesthäter für gerecht erklärt werden sollen, so allgemein gelten lassen, wie er ihn ausspricht, nicht mit der jüdischen Beschränkung auf die Juden. Denn nach Gesetz können auch Heiden, obgleich sie kein Gesetz haben, beurtheilt werden; nämlich, wenn sie selbst sich Gesetz sind. Dass sie sich dies sind, zeigt sich, so oft sie, ohne ein Gesetz zu haben, thun, was das Sinaigesetz verlangt. Nicht immer thun sie es, und nicht alle thun es. Gesetzerfüllung ist unter Juden so wenig, als unter Heiden zu finden, aber es gibt gute Werke unter Heiden, wie unter Juden (vgl. Y. 7). Wenn die Heiden das Gute thun, so thun sie es „von Natur", sie haben also eine im sittlichen Sinne gute Natur. Natur, Physis, steht im Gegensatz zu Thesis, zum Positiven; das moralische Naturgesetz zur positiven Legislation, wie die des Sinai war. Tritt das Gesetz dem Menschen nicht von aussen gegenüber, so gebietet es dennoch in dessen eigener Vernunft; dieser folgend, thut er von selbst das Gute. Das sehn wir geschehn bei Heiden, denen das jüdische Gesetz fremd ist. Es gibt also eine natürliche Moral: die Sittlichkeit nach dem Vernunftgesetz, das ein Naturgesetz ist. Hierin stimmen Jacobus (1, 21) und Paulus überein. Unter dem Vernunftgesetz ist der Mensch autonom. Auch die Autonomie aber ist Theonomie, denn das Vernunftgesetz beruht auf göttlicher Offenbarung (1, 19); es ist also mit der jüdischen Theonomie nicht in Widerspruch, vielmehr werden Juden und Heiden von Gott nach demselben Gesetz beurtheilt. Die Heiden sind also in Wahrheit nicht gesetzlos, sie haben Gesetz; sie haben dasselbe Gesetz wie die Juden. Auch das Gebot, in welchem das ganze Gesetz hangt, das der Liebe, ist ins heidnische Herz geschrieben. Das Gesetz ins Herz schreiben, ist ein Wort des Jeremia. Durch ihn hatte *) noitjtij; vöfiov im N. T. nur hier und Jae. 4, 11, im A. T. nur 1 Mak. 2, 67 (n. rov
v.).
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2, 12-16.
Gott verkündet (31, 33 f.): „Dies ist der Bund, den ich mit dem Hause Israel schliessen will nach jenen Tagen: ich lege mein Gesetz in ihr Inneres, und in ihr Herz schreib ich es, und ich will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein." Nicht mehr werde einer den andern den Ewigen kennen lehren, sondern Alle werden ihn kennen, „denn ich werde ihre Vergehung vergeben und ihrer Sünden nicht mehr gedenken." Wie Paulus an einer spätem Stelle dieses Briefes (11, 27) das "Wesen des von Jesaja vorausgesagten neuen Bundes darin sieht, dass Gott die Sünden tilgt, ebenso hat er sicherlich auch diese Worte bei Jeremia aufgefasst: die Sündenvergebung ist ihm die Grundlage des neuen Bundes. Dass Gott das Gesetz in Israels Herz schreiben will, wo es doch auch, nach Gesetz und Propheten (Deut. 30, 14. Jes. 51, 7), schon vorhanden war, kann Paulus nur als eine vertiefende Vorbereitung zum neuen Bunde ansehn; erst wenn man das Gesetz nicht mehr nur äusserlich gegenüber hat, sondern im eignen Innersten liest, und sich nach demselben vom Gewissen verurtheilt sieht, kann das rechte Erlösungsbedürfnis erwachen. Während nun das Volk Israel im Grossen und Ganzen diese Erfahrung noch nicht gemacht hatte, zeigte sich auch unter den Heiden Empfänglichkeit für das Christenthum in Folge der Erkenntniss, dass das Höchste die Liebe ist. Diejenigen Heiden, von denen der Apostel eben gesagt hatte, dass sie das des Gesetzes thun, d. h. die verschiedenen Dinge, die das mosaische Sittengesetz verlangt: nicht stehlen, nicht ehebrechen (vgl. V. 21 f.), und was sonst zum Eechtverhalten gegen den Nächsten gehört, dieselben*) kannten „das Werk des Gesetzes", das im Grunde allein verlangte Werk, die Liebe. Um sie als das einzige Hauptverlangen des mosaischen Gesetzes hinzustellen, sagt Paulus: das Werk des_Gesetzes, nicht kurzweg das Gesetz (vgl. 8, 4). Ehe Christus leuchtend zeigte, was Liebe ist, und ehe die Christen von der Liebe predigten (vgl. Gal. 6, 4. 5, 6. Jac. 2 , 8 ) , war sie auch Heiden bekannt. Auch das Gebot der Liebe ist vorchristlich. Ein neues Gebot kann es im Christenthum heissen, sofern es einen neuen Beweggrund aufnimmt: Liebt, weil Christus liebte. Worin lag nun der Erweis, dass Heiden das Liebesgesetz anerkannten, ehe sie die Predigt von Christus hörten? Darin dass, wenn sie die Predigt von Christus vernahmen, ihr eignes Gewissen mitzeugte, und ihre Gedanken einander anklagten oder sich vertheidigten. Mitzeugte mit dem Zeugniss Christi, das ihnen durch die Predigt bekannt ward (vgl. Mth. 24,14). Gott richtet mittels Jesu Christi, auf Grund des Zeugnisses Christi.**) Ein zweites Zeugniss, übereinstimmend mit dem Christi, ist das des eignen Gewissens der Heiden. Das Gewissen war im Buch der Weisheit (17, 11) *) „welche" V. 15 ist ebenso wie 1, 25. 32 anreihend, nicht begründend. **) zum dt« vgl. Sia itoXXfäv ¡xaQTvqmv 2 Tim. 2 , 2.
2,
17 — 24.
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der eigne Zeuge genannt, und Paulus hatte schon den Korinthern vom Zeugniss des Gewissens geschrieben (2 K. 1, 12). Die Heiden stehn nicht ohne eignes sittliches Gefühl einem von aussen auf sie angewendeten Gesetz gegenüber, das ihnen erst vor Gericht bekannt wird, sondern sie erkennen das Gesetz, nach welchem sie gerichtet werden, als übereinstimmend mit ihrem Vernunftgesetz (vgl. 1, 32), nach welchem ihr Gewissen urtheilt. In jedem Menschen treten zwischen anderen Gedanken anklagende auf, und zwischen die anklagenden Gewissensstimmen drängen sich Entschuldigungen ein aus dem natürlichen Menschen.*) Paulus schreibt: die Heiden erweisen dies, er beruft sich auf Offenkundiges; dass das Gewissen der Heiden mit dem Zeugniss Christi mitzeugt, ist für den Apostel eine Erfahrungsthatsache, die er immer wieder erlebt und beobachtet. Er spricht hier also nicht von einem zukünftigen Tage,**) der Tag jenes Gewissenszeugnisses, jenes Klagens und Yertheidigens der Gedanken ist nicht der Tag des Zornes, an welchem Gott einem jeden nach seinen "Werken geben wird (Y. 5 f. 12 f.), sondern an ihm wird das Verborgene, die Gemütsverfassung gerichtet (vgl. V. 29. 1 K. 4, 5), und dieser Tag läuft bereits, als Paulus schreibt. Eine eigenthümliche Anschauung, darum setzt Paulus hinzu „nach meinem Evangelium", im Bewusstsein, etwas über die Predigt der Zwölf Hinausgreifendes, übrigens ihr keineswegs "Widersprechendes, zu predigen. Christus wird nicht nur kommen zum Gericht, er kommt schon fortwährend. "Wenn die Predigt vom Kreuz in die Heidenwelt erschallt, so geht eine Scheidung vor sich: Heidenseelen stimmen dem Zeugniss Christi bei und lassen sich durch dasselbe richten, wie ihr eignes Gewissen sie richtet (14, 22). An die Korinther schreibt Paulus (1, 14, 24. 25): „"Wenn alle weissagen, und es ist ein Ungläubiger oder Uneingeweihter hineingekommen, so wird er überführt von Allen, wird beurtheilt von Allen, das Verborgene seines Herzens wird offenbar, und so wird er, auf sein Angesicht gefallen, Gott anbeten, ausrufend, dass wirklich Gott in euch ist." Der Gerichtstag, von welchem Paulus hier redet, ist zugleich Heilstag (2 K. 6, 2). Es ist die Geschichte der Heidenmission. Doch auch die der Judenmission, denn „das Verborgene der Menschen" wird gerichtet (V. 16), aller Menschen; die "Wahrheit empfiehlt sich „jedem Menschengewissen" (2 K. 4, 2). Der Vorzug, dessen sich die Juden rühmen, dass sie das Sinaigesetz besitzen, wird durch ihren "Wandel zur Anklage gegen sie: 17 "Wenn aber du Jude zubenannt bist und dich verlässest auf Gesetz und 18 dich rühmest Gottes, * und weisst das "Wohlgefallen und ermittelst *) „oder auch" ist hier etwa so viel wie: und andererseits, wie es Mth. 7,10 einen anderen Fall einleitet. **) XQIVU statt xQivtl habe ich schon in der Damaris 1864 S. 10 geschrieben.
24 19
2, 17-24.
das Vorzuziehende, als der unterwiesen wird aus dem Gesetz, * auch Zuversicht hast, dass du selber Führer seiest für Blinde, Licht derer 20 in Finsterniss, * Erzieher für Unvernünftige, Lehrer für Unmündige, der da habe die Ausgestaltung der Erkenntniss und der Wahrheit im 21 Gesetze, — * der somit Andere lehrt, du lehrst dich selbst nicht? der 22 predigt, nicht zu stehlen, du stiehlst? * der spricht,- man solle nicht ehebrechen, du brichst Ehe? der verabscheut die Götzen, du begehst 23 Eaub an Heiligthum? * Der du Gesetzes dich rühmst, durch die Ueber24 tretung des Gesetzes verunehrst du Gott. * Denn der Name Gottes wird euretwegen verlästert unter den Heiden, wie geschrieben steht. Paulus redet, obgleich er an Christen schreibt, den Juden an, weil er in Rom Judenchristen weiss, die noch nicht mit dem Judenihum gebrochen und von nationalen Vorurtheilen sich frei gemacht haben, sondern sich allzu sehr eins fühlen nüt dem Volk des Mosaismus. Den Namen Jude behandelt er als einen Zunamen, der Hauptname ist Mensch; mit diesem Namen hatte er vorher (V. 1) auch die Juden angeredet, und daran, dass sie mit den Heiden zusammen zum Menschengeschlecht gehören, hatte er sie erinnert, wo er sagte (V. 9), Strafe treffe jede Menschenseele, die Böses thue, Juden und Hellenen. Er nimmt den Namen Jude bedeutsam, indem er daran denkt, dass Lea bei der Geburt eines Sohnes sagte: „nun will ich den Ewigen loben", und deshalb den Sohn Juda nannte (Gen. 29, 35). Der rechte Jude, meint Paulus, der, welcher dem Namen jenes Stammvaters Ehre machen will, sollte mit Herz und Mund und Hand dahin streben, dass der Herr gelobt und gepriesen werde. "Weiss der Jude doch allerdings (anders als der heruntergekommene Heide 1, 28) aus der heiligen Schrift, was überhaupt dem Herrn wohlgefällt (Wohlgefallen ohne Beiwort das göttliche, wie 1 K. 16, 12), und kann ebendaher jedesmal durch sittliche Prüfung feststellen, welches von verschiedenen Dingen das wichtige ist, auf das es ankommt (vgl. Phil. 1, 10). Wie nun mögen sich Juden die nennen, durch deren Schuld der Herr gelästert wird unter den Heiden? Denn die Heiden schliessen nicht mit Unrecht: wie ein Yolk, so sein Gott; diese Juden taugen nichts, darum ist es nichts mit ihrem Gott. Die Schriftstelle, die Paulus meint, steht in Jesaja (52, 5), er citirt nach der griechischen Uebersetzung, die die Worte „euretwegen" und „unter den Heiden" hinzugesetzt hat. Was über den Knecht Gottes in demselben Jesajabuche gesagt war, dass durch ihn Gott die in der Finsterniss erleuchte, die Blinden führe (42, 6. 7. 16. 49, 6. 9), das glaubten gesetzesstarre Juden zu leisten, während Jesus sie blinde Führer nannte, und zu den Seinen sagte: ihr seid das Licht der Welt; auf ihn, den Messias, bezieht das Matthäusevangelium (4, 16) ein Jesajawort (9, 1 f.) vom Licht im Finstern. Gegen
2,
25 — 29.
25
Israel hatte schon Hosea im Namen Gottes ausgesagt (4, 1 f.): sie lügen, morden, stehlen, ehebrechen, und Jeremia stimmte ein und setzte hinzu (7, 8 f.): ist denn eine Räuberhöhle das Haus, das nach meinem Namen genannt ist? An dies Wort von der Eäuberhöhle zu erinnern, hatte Jesus neuen Grund gehabt (Mk. 11, 17). Paulus hebt hier aus der Anklage der Propheten gegen die Juden zweierlei hervor, das gewisse Judenchristen seinen Heidengemeinden vorzuwerfen pflegten: Habsucht und geschlechtliche Sünde. Als Tempelraub ferner kann er die Christenverfolgung seitens der Juden ansehn, denn die Christenheit ist der Tempel Gottes (1 K. 3, 16. 17. 6, 19. 2 K. C, IC, wo wie hier im Gegensatz zu den Idolen); wer einen Stein aus diesem Tempel reissen will, der dient nicht Gott, sondern einem Götzen. Das sollen sich auch diejenigen Judenchristen gesagt sein lassen, die, was Paulus gebaut, zerstören möchten. Alles, was Paulus hier sagt, zielt darauf ab, klarzustellen, dass die Zugehörigkeit zum Judenvolk als dem Besitzer des mosaischen Gesetzes, kein Schutz im Gerichte Gottes ist. Beschneidung am Fleisch nützt nichts zur Rechtfertigung: 25 26 27 28 29
Denn Beschneidung nützt wohl, wenn du Gesetz ausübst; wenn du aber Gesetzübertreter bist, so ist deine Beschneidung Vorhaut geworden. * Wenn nun die Vorhaut die Rechtsbestimmungen des Gesetzes wahrt, soll nicht seine Vorhaut als Beschneidung gerechnet werden? * Auch richten soll die Vorhaut von Natur, die das Gesetz vollbringt, dich, der durch Buchstab und Beschneidung hin Gesetzübertreter ist. * Denn nicht der im Offenbaren ist Jude, noch auch die im Offenbaren am Fleisch ist Beschneidung, * sondern der Jude im Verborgenen und Herzensbeschneidung, in Geist, nicht Buchstabe, wofür das Lob nicht von Menschen, sondern von Gott.
Die vorangegangene Schilderung der Gesetzwidrigkeit im Judenvolk besagte ohne Weiteres: auch dies Volk verfällt dem Strafgericht. Denn, fährt Paulus fort, die Beschneidung rettet es nicht. Sie nützt nur, wenn man das Gesetz ausübt (mit Ausüben ist hier dasselbe Verbum übersetzt, das wir oben 1, 32 durch Treiben gaben; hier wie dort bezieht es sich auf anhaltende Praxis). Wer als Uebertreter des mosaischen Gesetzes vom Heil ausgeschlossen ist, dem hilft es nicht, das Zeichen des Abrahamischen Bundes an sich zu tragen. Das Aeusserliche ist dann gleichgültig, es ist also überhaupt unwesentlich. Mithin wird die Vorhaut demjenigen, der das Gesetz befolgt, nicht schaden vor dem Richterstuhl Gottes. Vielmehr „wenn die Vorhaut" d. h. der Unbeschnittene, „die Rechtsbestimmungen des Gesetzes wahrt, soll seine", des Unbeschnittenen, „Vorhaut als Beschneidung gerechnet werden", soll er, unbeschnitten wie er ist, unter die Beschnittenen
26
2 , 25 — 20.
aufgenommen werden. Ja, der gesetzübertretende Beschnittene wird von den gesetzmässigen Unbeschnittenen sogar in den Schatten gestellt werden, Paulus sagt: gerichtet werden, ähnlich wie Jesus sagt, dass die Niniviten und die Königin des Südens auftreten werden im Gericht mit diesem Judengeschlecht und es verdammen werden (Mth. 12, 41. 42), nicht als ob sie selbst den Richterspruch fällten, aber ihre Verdienste werden zu Ungunsten der Juden in die "Wage fallen; in dieser Weise, meint Paulus, werden gesetzübertretende Juden durch gesetzestreue Heiden verurtheilt werden, der Richter findet eben nur das Urtheil, das in den beiderseitigen Gesinnungen und deren Werken gegeben ist. Die Rechtsbestimmungen des Gesetzes, die ein solcher Heide erfüllt, sind die eben (Y. 21 f.) angeführten: nicht stehlen, nicht ehebrechen, nicht Götzen dienen, und andere des Dekalogs, deren gemeinsame Wurzel die eine Rechtsbestimmung (vgl. 8, 4): die Liebe. Wenn der Heide in seiner natürlichen Unbeschnittenheit, aber erfüllt von heiligem Geiste, das Gesetz vollbringt, das königliche Gesetz der Liebe, wie Jacobus es genannt (2, 8, wo er diesen Ausdruck Gesetzvollbringen anwendet), so ist er vollkommener als der Jude, der durch geschriebenes Gesetz und durch Beschneidung hindurch nicht zu Gottgefälligkeit gelangt ist, sondern nur zu Uebertretung, so dass zu seiner äusseren Beschneidmig keine innere hinzugekommen, also, wie sein Herz, so alles an ihm unrein ist, auch sein Beschnittensein, das ihn auf Höheres hinwies, gewissennassen Vorhaut geworden ist (im Gegensatz zu dieser gewordenen V. 25 sagt Paulus V. 27: die Vorhaut von Natur). Zum Schluss spricht der Apostel deutlich den Gedanken aus, der den eben aufgestellten Ansichten zu Grande liegt: das rechte Judenthum besteht in etwas Innerlichem, nicht in Aeusserlichkeiten; Gesetz und Propheten fordern und verheissen Herzensbeschneidung (Deut. 10, 16. 30, G. Jer. 4, 4), aber, wie Jeremia gesagt (9, 25): „das ganze Haus Israel ist unbeschnittenes Herzens." Der Gegensatz des Offenbaren und Verborgenen ist nach der Bergpredigt (Mth. G, 4 f.) zu verstehn. Dem Fleisch stellt Paulus den Geist gegenüber, wie nachher im Philipperbriefe (3, 3): wir sind die Beschneidung, wir, die durch Geist Gottes dienen und uns rühmen in Christus Jesus, und nicht auf Fleich vertrauen. Ein anderer Gegensatz des Geistes, der Buchstabe (vgl. 7, G), wird berührt*), um darauf hinzuweisen, dass die geistgemässe Beschneidung etwas ganz anderes ist, als eine vorschriftsmässige. Die letzten Worte des Abschnittes spielen wieder auf den Namen Juda an. Jenem ersten Juda sagte sein Vater: „Juda bist du, loben sollen dich deine Brüder" (Gen. 49, 8)**), dem *) ,,in Geist, nicht Buchstabe", letzteres wie parenthetisch angehängt ohne zweites „in", welches bei gegensätzlicher Gleichstellung nicht fehlen würde. **)
uivt'auiauv.
3,
1-4.
27
wahren. Juden, dem des Herzens, wird Lob von Seiten Gottes zu theil (vgl. 1 I 4, 5). Die fleischlichen Juden stärkten sich gegenüber den mächtigen Heiden dadurch, dass sie einander ihre Vorzüge als Gottesvolk rühmten. Das ist Menschenlob, das Judenthum des Gemüthes hat Gotteslob, sagt der Apostel. Auch demjenigen Juden, der selber die Lücken der eignen "Werkgerechtigkeit sieht, bleibt nicht der Trost, dass er doch an seinem Fleisch das Zeichen habe, dass er zu den Auserwählten gehöre, die Gott in seiner Barmherzigkeit nicht untergehn lasse. Diese letzte Zuflucht ist eitel. Doch Vorzug hat das Judenvolk, vor Allem die Verheissungen, die ungeachtet der Sünde bestehen bleiben: 3 2 3 4
Was nun ist der Vortheil der Juden, oder welchen Nutzen hat die Beschneidung? * Vieles unter allen Umständen. Erstens nämlich, dass sie betraut wurden mit den Sprüchen Gottes. * Denn was ist es, wenn irgendwelche untreu waren? Ihre Untreue wird doch 'nicht die Treue Gottes vernichten? * Nicht geschehe es! Es gehe vielmehr Gott als wahr hervor, jeder Mensch aber als falsch, wie geschrieben steht: damit du gerechtfertigt seiest in deinen "Worten, und gewinnest, wenn du rechtest.
"Wenn man also, auch ohne Jude zu sein, das Gute thun kann, und auch als Unbeschnittner Belobung von Gott erhalten kann, was haben dann die Juden für einen Vorzug? Paulus denkt sich heidenchristliche Frager, die wirklich nicht verstehn, was für einen, Vorrang der Apostel, nach dem, was er selbst entwickelt hat, den Juden kann zugestehn wollen. In der Antwort, in der er Eines nennt, worin die Juden bevorzugt bleiben, spricht auch er von ihnen, wie die Fragenden gethan, als von dritten Personen. Auf die Frage nach dem Nutzen der Beschneidung geht er erst später ein (Kp. 4), hier fängt er nur die Beantwortung der ersten Frage an. Was der Vorzug ist? Vieles, was unter allen Umständen als Vorzug bleibt (vgl. 2 Th. 2, 3: unter keinerlei Umständen), was die Juden vorausbehalten, wie sich auch die Verhältnisse ändern mögen, auch wenn das auserwählte Volk schmachvoll frevelt, und auch wenn Gott die Heiden den Juden gleichstellt. Manche Auszeichnungen Israels nennt der Vf. an geeigneter Stelle nachher (9, 4 f.), vorerst hebt er hervor, dass den Juden Gottes Logia, die Aussprüche Gottes anvertraut worden sind, die Verheissungen des Patriarchenbundes und der Propheten, und die des Evangeliums. Aussprüche Jesu, die Matthäus gesammelt hatte, lagen in griechischer Uebersetzung unter dem Titel Logia des Herrn vor (vgl. Hebr. 5, 12). Das Lohnversprechen für gutes Werk ist etwas anderes, als die hier in Eede stehende bedingungslose Verheissung, die nicht an vorgängige Erfüllung der
28
3, 5-20.
Gesetze und Verordnungen gebunden ist (vgl. 4, 13). Israel soll und wird gerettet werden (vgl. 11, 26 f.). Obgleich ein Theil des Volkes*) jetzt ungläubig und untreu den Messias verworfen hat, an Gottes Ziel und Wort kann das nichts ändern (vgl. zum „denn was" als Einleitung von Unerheblichem, Phil. 1, 18), „treu ist Gott" (1 K. 1, 9. 10, 13. 2 K. 1, 18). Glaubet nicht, dass Gottes Treue durch menschliche Treue bedingt werde, also bei menschlicher Untreue aufhöre. Auch im vorliegenden Fall, in dem Verhältniss zwischen Gott und Israel muss sich herausstellen, dass Gott wahr, und jeder Mensch falsch ist. Den Satz „Jeder Mensch ist falsch" entnimmt Paulus wörtlich aus einem Psalm (116, 11). Der Mensch trügt; wenn er sich verpflichtet, gottgefällig zu wandeln, aus eigner Kraft kann er es nicht ausführen. Der Ausdruck „falsch", d. h. untreu im Worthalten, veranlasst hier für Gott die Bezeichnung „wahr" im Sinne von treu. Treue und Wahrheit werden hebräisch durch dasselbe Wort gegeben, und Ps. 31, 6 hat der Grieche „Gott der Wahrheit", wo Gott der Treue gemeint ist; im Buch der Weisheit (15, 1) heisst Gott in demselben Sinne wahr. Das Psalmenwort über die menschliche Falschheit bezeichnet Paulus hier nicht ausdrücklich als Wort der Schrift, da er den Schriftbeweis für die Sündhaftigkeit aller Menschen weiter unten bringen will (3, 10 f.), aber in Bezug auf die Wahrheit und Treue Gottes, deren Unverbrüchlichkeit festzustellen hier das Wichtige ist, folgt ein „wie geschrieben steht." Nämlich in Ps. 51, 6 nach der griechischen Uebersetzung: „damit du gerechtfertigt seiest in deinen Woiten und gewinnest -wenn du rechtest." Rechten ist hier: Recht suchen vor Gericht, sich Recht sprechen lassen. Wenn sich Klage gegen Gott erhebt, beruft er sich auf die Geschichte, die vergangne und die zukünftige, und er gewinnt jeden solchen Rechtsstreit. Die Rechtfertigung seiner Worte ergibt sich und wird sich ergeben aus seinen Thaten: sie entsprechen den Worten, er ist zuverlässig in dem, was er verheisst. Dieses gerechtfertigt Hervorgehn in seinen Worten ist nichts anderes, als jenes wahr hervorgehn, das zu beweisen war. Also durch der Juden Untreue erscheint Gottes treues Halten zu ihnen nur in um so strahlenderem Lichte. Sie sind undankbar und seine Güte währet ewiglich.
5
Aber dem Gericht entgeht das Judenvolk darum nicht: Wenn aber unser Unrecht Gottes Gerechtigkeit darlegt, was sollen wir sagen? Doch nicht ungerecht ist Gott, der seinen Zorn verhängt?
*) Tive'g Y. 3 meint einen Theil von allen, besagt aber gar nichts über die Grösse des Thcils im Verhältniss zum Ganzen oder über die Anzahl, ist also weder durch „manche", noch durch „einige" gut zu übersetzen, auch nicht durch „etliche" nach seiner jetzigen Anwendung, eher „etwelche" oder mit üblicherem Ausdruck: „irgend welche", so dass unbestimmt bleibt, ob viele, ob wenige.
3 , 5 — 20.
6 7
29
Menschlicher Weise rede ich. * Nicht geschehe es! Sonst wie richtete Gott die "Welt? * Wenn aber die Wahrheit Gottes durch mein Falsch überfloss zu seinem Ruhm, warum werde dann noch 8 auch ich als Sünder gerichtet, * und [warum] nicht — wie wir verlästert werden, und wie Gewisse behaupten, dass wir sagen, nämlich: — Lasst uns das Schlechte thun, damit das Gute komme? 9 Ueber sie ist das Urtheil rechtsgemäss. * Was also? Haben wir Schutz für uns? Nicht jedenfalls. Denn beschuldigt haben wir vorher Juden sowohl, als Hellenen, alle unter der Sünde zu sein. 10 * Wie geschrieben steht: „Nicht ist da ein Gerechter, auch nicht 11 einer, * nicht ist da ein Verständiger, nicht ist da einer, der Gott 12 aufsuchte, * Alle wichen ab, zusammt wurden sie nichtsnutzig, nicht ist da einer, der Nützliches thut, es ist nicht einmal Einer 13 da. * Ein geöffnetes Grab ihre Kehle, mit ihren Zungen heuchelten 14 sie. Otterngift hinter ihren Lippen. * Deren Mund von Fluch 15 und Bitterkeit voll ist. * Schnell ihre Füsse, Blut zu vergiessen, 16. 17 * Zerstörung und Unheil auf ihren Wegen, * und einen Friedens18 weg kennen sie nicht. * Nicht ist da Furcht Gottes vor ihren 19 Augen." * Wir wissen aber, dass alles, was das Gesetz redet, es denen unter dem Gesetze redet, damit jeder Mund verstopft werde 20 und straffällig werde die ganze Welt Gotte, * weil aus Gesetzeswerken nicht gerechtfertigt werden wird irgend welches Fleisch vor ihm, denn durch Gesetz Erkenntniss von Sünde. Während Paulus so eben, wo er auf den unverlierbaren Vorzug der Juden hinzuweisen hatte, vermied, durch ein Wir sich selbst als einen Mitbevorzugten hinzustellen, vielmehr, indem er den Heidenchristen antwortete, sich als Christ zu ihnen hielt und von den Juden als Dritten redete, fasst er jetzt, wo er die Sünde der Juden hervorhebt, sich selbst mit diesen zusammen. Denn nur von den Juden redet er, indem er sagt: durch unsere Ungerechtigkeit wird Gottes Gerechtigkeit festgestellt. Die Gerechtigkeit Gottes ist hier die, welche nach dem eben Gesagten sich ergibt, wenn Gott mit dem untreuen Volke rechtet. Wenn wir Juden das Gesetz nicht halten, Gott aber dennoch seine Verheissungen nicht zurücknimmt, so tritt durch die Untreue seiner Bundesgenossen Gottes Treue in das hellste Licht. Da könnte nun der verstockte Jude so rechnen: Durch unsre Unvollkommenheit wird der Euhm der Vollkommenheit Gottes um so grösser, wird also Gott ein Dienst geleistet, er ist uns also etwas dafür schuldig, gewiss wird er uns nicht mitstrafen am grossen Tage des Zorns (1, 18. 2, 5. 8). Wenn unter diesen Umständen Gott seinen Zorn, der schon heraufzieht, nicht von uns ablenkte, wäre es nicht unerkenntlich,
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3,
5-20.
also ungerecht? Paulus seinerseits mag diese Frage gar nicht anders aussprechen, als in einer Form, durch die er sogleich eine abweisende Antwort gibt: Gott ist doch nicht ungerecht, indem er uns Juden straft? Liesse er uns aus solchem Grunde ungestraft, so wiche er von der Gerechtigkeit ab wegen persönlicher Rücksichten. Das wäre nach Art schwacher Menschen gehandelt, die göttlichen Dinge fordern einen andern Maasstab (vgl. 1 K. 9, 8. Gal. 1, 11). Gott ist also gerecht, indem er seinen Zorn auch den Juden gegenüber ungehemmt lässt. Sonst, d. h. wenn dies sein Verhalten den Juden gegenüber Ungerechtigkeit wäre, so wäre er überhaupt nicht der Gerechte, und wie sollte er dann Richter sein über die Welt?*) d. h. über die Heiden (vgl. 11, 12). Dass er die "Welt richten wird, glauben wir doch, und wir glauben es, weil wir glauben, dass er gerecht ist; ist er aber überhaupt gerecht, so haben wir zu glauben, dass er auch den Juden gegenüber unbestechlich ist, sie also gleichfalls dem Strafgericht überlässt. Wollt ihr denn aber, so folgert Paulus weiter, von dem ungeheuerlichen Satz ausgehn, dass dem Juden auch seine Untreue zu statten kommt, so zeigt ihr euch im Widerspruch mit euch selbst, indem ihr ihn nicht auch auf mich anwendet. Denn ich bin ein Jude, und ihr findet auch, dass durch das, was ihr als meine Verirrung anseht, das, was ihr für göttliche Wahrheit haltet, nur um so mehr sich als solche herausgestellt hat (weil es sich zunächst um seine Lehre handelt, greift Paulus, nachdem er so eben Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit gegenüber gestellt, auf das andere Paar von Gegensätzen, Wahr und Falsch, zurück), und noch immer, obgleich sich dies in euren Augen herausgestellt hat, werft ihr auch mich, der doch kein Heide ist, zu diesen Sündern? (Vgl. Gal. 2, 15). Wenn die Thatsache, dass, je mehr von Juden gesündigt wird, Gottes Wahrheit und Treue nur um so glänzender dasteht, zu der Folgerung berechtigt, die ihr daraus zieht, so müsstet ihr, statt mich und meine Volksgenossen, die zu mir halten, zu verurtheilen, euch es vielmehr sogar gefallen lassen, dass wir es, wie behauptet wird, zum Grundsatz des Handelns erhöben, zu sündigen, damit Gottes gute Gaben, die verheissen sind (vgl. 10, 15), um so reichlicher flössen. Es ist übrigens nicht wahr, dass wir so denken und lehren. Man verleumdet uns, und diejenigen sind völlig im Irrthum über uns, die sich auf uns berufen für ihre Ansicht, dass man sündigen dürfe zur grösseren Ehre Gottes, weil der Zweck die Mittel heilige. Uns stehn diese Leute ferner, als unsern Gegnern, wie so eben gezeigt wurde. Eine Widerlegung dieser Leute findet Paulus unnöthig, er sagt kurz: sie werden mit Recht *) Auch hier wie 2, 16 nicht XQIVH , sondern XQIVU, vgl XQLVOJIAI V. 7. (Damaris 1864 S. 10). Durch die Frage nach dem Wie wird, wie 1 K. 15, 35 nßg lyeiQovita ol vexgoi; die Möglichkeit des im Präsens Ausgesagten in Frage gestellt.
3,
31
5-20.
verurtheilt, von uns nicht minder, als von euch.
Nach dieser persönlichen
Abwehr kehrt Paulus zurück zu der Frage über den Vorzug der Juden, d. h. unter Christen so viel wie über den Vorzug der Judenchristen. also steht es?
"Wie
Sind wir Judenchristen geschützt vor dem Zorn Gottes?
Nicht für jeden Fall.
Paulus meint: nur für den Fall, dass wir die Glau-
bensgerechtigkeit annehmen.
Im Begriff, dazu überzugehn, von dieser zu
sprechen, betont er, dass es bei dem sein Bewenden habe, was er bisher (1, 18 — 2, 24) ausgeführt: dass die Menschen dem Strafgericht unterworfen sind (vgl. V. 19), weil sie unter der Gewalt der Sünde sind.
Wenn Sünder
auch Gutes thun (2, 4 f. 14 f.), so hebt das nicht ihre Sündigkeit und Straffälligkeit auf.
(Er sagt V. 9: „wir haben beschuldigt", indem er sich
zusammenfasst mit seinen Lesern, von denen er voraussetzt, dass sie ihn mit Bei Stimmung begleitet haben. mehrmals: V. 5. 8. 9.)
Die Bedeutung des Wir wechselt hier
Hier bringt nun Paulus den Beweis für das, was
er im Galaterbrief (3, 22)
so ausgedrückt hatte: „eingeschlossen hat die
Schrift alle unter die Sünde", d. h. sie lehrt die ausnahmslose Allgemeinheit der Sündhaftigkeit; oben (V. 4) hatte er nur die Stelle „Jeder Mensch ist falsch" gelegentlich vorweggenommen, sie aber dort gar nicht als Schriftwort angeführt.
Er gibt nunmehr als Schriftbeweis eine längere Stelle aus
Psalm 14 (V. 1 — 3, wörtliche Parallelen Ps. 53, 3. 4. 5, 10. 140, 4. 10, 7. Jes. 59, 7. 8. Sprüche 1, 16. Ps. 36, 2), fast ganz nach L X X ;
zu Anfang
setzt er statt „keiner, der Nützliches thut", weil dies nachher noch einmal vorkommt (V. 12), das wesentlich Gleichbedeutende „kein Gerechter" das Wort, um den sich der ganze Streit dreht.
—
Die Psalmstelle besagt:
alle Menschen, ohne eine einzige Ausnahme, sind Sünder (hier V. 10 — 1 2 ) ; Kehle, Zunge, Lippen, Mund, Füsse, Augen (V. 13 — 1 8 ) , kurz alle Glieder sind der Sünde dienstbar (vgl. 7, 23).
Alles ferner, was im Gesetze steht,
in den Büchern Mosis, ist für die gesagt, die im Gesetze sind, die im Gesetz
leben und weben
und nichts Höheres kennen.
Alles, auch was
aus der der Gesetzgebung vorhergegangenen Geschichte erzählt ist, insbesondere gleich am Anfang das für die vorliegende Frage Wichtigste,
der
Sündenfall des Stammvaters des ganzen Menschengeschlechts; Paulus behält sich vor, dies nachher
zu erörtern (5, 12 f.).
Gegen das Zeugniss
Gesetz und Propheten können die Juden nichts zu ihrer vorbringen.
Jude und Hellene (und der Barbar nicht minder, vgl. 1, 16),
kurz Jedermann muss
verstummen gegenüber
Gottes, und verfällt der Strafe.
der Anklage
im
Gerichte
Nämlich, wenn nach den Forderungen des
Gesetzes das Urtheil gesprochen wird. stuhl.
von
Vertheidigung
„Vor Gott", d. h. vor Gottes Richter-
„Nicht wird gerechtfertigt werden vor dir irgend ein Lebender",
sagt der Psalmist (143, 2 L X X ) ,
Paulus setzt statt des letzten Wortes
32
3 , 21 — 26.
erklärend Fleisch, — Leben im höheren Sinn hat ja gerade der Gerechte (1, 17). Die Juden erweisen sich dem Gesetz gegenüber ebenso als "Weltliche, wie die Heiden. Nicht Rechtfertigung kommt durch Gesetz, durch das mosaische so wenig, wie durch das natürliche Sittengesetz, vielmehr Sündenerkenntnisg. Diesen letzten Gedanken entwickelt der Vf. später (7, 7 f.), zunächst sagt er nun eingehender als zu Anfang des Briefes (1, 16. 17), auf welchem Wege die Rechtfertigung zu erreichen ist. Wenn die Juden, wenn jene Judenchristen, die nur eine jüdische Partei unter andern sind, nicht diesen Weg einschlagen, bleiben auch sie unrettbar unter dem Zorn. Sie sind also nicht in jedem Falle straffrei, sind aber auch nicht ohne Schutz gegen Strafe (V. 9). Geschenkt erhält Gerechtigkeit, wer sich durch den Messias erlösen lässt: 21 22 23 24 25
26
Jetzt aber ist sonder Gesetz Gottesgerechtigkeit offenbart worden, die bezeugt wird von dem Gesetz und den Propheten, * Gottesgerechtigkeit aber durch Glauben Jesu Christi für alle Glaubenden. Denn nicht ist Unterschied, * denn alle sündigten und ermangeln der Herrlichkeit Gottes, * indem sie gerechtfertigt werden geschenksweise von seiner Gnade durch die Erlösung, die in Christo Jesu, * welchen sich Gott öffentlich hinstellte als Sühndeckung durch Glauben in dessen eignem Blut, zu einem Erweis seiner Gerechtigkeit wegen des Hingehenlassens der früher geschehenen Sünden * während der Geduld Gottes, für den Erweis seiner Gerechtigkeit während der jetzigen Zeit, so dass er gerecht ist, auch indem er den aus Glauben Jesu rechtfertigt.
„Jetzt", in dem neuen heilsgeschichtlichen Zeitlauf, dem des Christenthums, das nicht nur dem Heidenthum, sondern auch dem Judenthum gegenüber tritt. In diesem Zeitlauf ist offenbar, was am Anfang desselben offenbart worden ist, dass mit Absehn von Gesetz, von allem Gesetz, dem jüdischen, wie dem allgemeinen Sittengesetz, Gott dem Menschen Gerechtigkeit schenkt, die also ihrem Ursprünge nach nicht Menschengerechtigkeit, wie die der Werksucht, sondern Gottesgerechtigkeit ist.*) Nicht nur die Propheten haben diese Wendung der Geschichte vorausgesagt, auch das Gesetz weist auf die Gerechtigkeit hin, die es selbst nicht geben kann. Fortwährend legen Gesetz und Propheten dieses ihr Zeugniss ab, jedem jetzt vernehmbar, der in der Schrift recht zu forschen weiss. So zeugt die Thora für die nunmehr offenbarte Gottesgerechtigkeit durch das Protevan*) Gottesgerechtigkeit, iixtnoavvt] 9-eoB, ist hier, wie 1,17, menschliche Eigenschaft, dagegen Utov Sixtuoavvtj hier Y. 5 Eigenschaft Gottes ist, von der auch Y. 25. 26 die Rede.
33
3 , 21 - 2 G .
gelium (Rö. 16, 20), durch die Glaubensgerechtigkeit Abrahams und die ihm und Isaak und Jakob gewordene Verheissung (Rö. 4. Gal. 3, 8), durch die Kapporeth und manche Cultusinstitutionen (hier Y. 25). So zeugen Jesaja (Rö. 9, 33. 10, 11. 15), und in der schon im Galaterbrief, dann hier oben (1, 17) angeführten Stelle Habakuk, so die ganze messianische Prophetie (Rö. 1, 2 f.), so die Psalmen (Rö. 4, 6 f.). In allen Stellen, die Paulus für seine evangelische Lehre aus den heiligen Schriften des alten Bundes anführt, erkennt er bewusste oder unbewusste Weissagungen und Vorbildungen. Bezeugt wird diese Gerechtigkeit in Gesetz und Propheten durch Worte und Einrichtungen, aber nicht enthüllt; sie ist seit Mose verschleiert geblieben, bis sie dem Messias enthüllt und durch ihn offenbart ward, und wird nun in der Predigt des Evangeliums fortdauernd enthüllt und bekannt gemacht (1, 17. 16, 25. 20), so dass im Rückblick auch das klar wird, dass Gesetz und Propheten sie ahnten. Zu ihnen verhält sich diese Gottesgerechtigkeit wie die Erfüllung- zur Vorbedeutung. Die Gottesgerechtigkeit ist uns vermittelt durch den Glauben Jesu Christi selbst, seinen Glauben an das Evangelium, das er verkündete, an seinen Vater und unsern Vater, durch Jesu Christi Treue, indem er die Treue Gottes bezeugte bis in den Tod. Verkündet und bewährt durch ihn, erweist sich der neue Bund gnadenreich allen gläubig Vertrauenden ohne Unterschied. Alle, die gerecht werden, Juden und Heiden, sie werden es auf diesem Wege, durch Werke geht es nicht, Juden wie Heiden ermangeln als Sünder der Herrlichkeit, die Gott hat, der sittlichen Vollkommenheit, daher sie nur durch Gottes Gnade Rechtfertigung erhalten können (vgl. 5, 17). So gerechtfertigt, werden sie mehr und mehr verherrlicht; auch die Christen haben erst die Hofnung auf volle Erlangung der Gottesherrlichkeit (vgl. 2 , 7 . 10. 5, 2. 8, 17. 30. 9, 23. 15, 7. 1 Th. 2, 12. 2 K. 3, 7 f. 18). Die rechtfertigende Gnade kommt vermittels derjenigen Erlösung von Sündenschuld (V. 9. 19), die in Christus Jesus ist. In ihm findet diese Erlösung, wer sie dort sucht. Paulus will hier an das Wort Jesu erinnern: „der Menschensohn ist gekommen, zu dienen und hinzugeben seine Seele als Lösegeld statt Vieler" (Mk. 10, 45), womit Jesus sicli für den bei Jesaja (53) geschilderten, für Andere leidenden Gottesdiener erklärte. Zugleich bezeichnet Paulus Jesum als ein Opfer, durch welches das jüdische Sündopfer des grossen Versöhnungstages, und damit der ganze Tempelcult aufgehoben worden ist, indem er ihn „Sühndeckimg in seinem Blute" nennt. Sühndeckung nämlich oder Sühndeckel kann man für Hilasterion setzen, das Paulus hier hat; an und für sich hätte man es unbestimmter, etwa durch Sühnmittel wiederzugeben, aber es ist das Wort, das schon die vorchristliche griechische Uebersetzung für das hebräische Kapporeth gebraucht, den Deckel der Bundeslade. Auf diesen B ö Inn e r , Rümerbrief,
3
34
3, '21 — 26.
sprengte der Hohepriester an dem einzigen Tage im Jahre, an welchem er das Allerheiligste des Tempels betrat, am grossen Versöhnungsfeste, das Opferblut, um das Volk von sämmtlicher, ungeachtet aller Opfer, haften gebliebenen Sündenschuld des Jahres zu reinigen. Seit der Zerstörung Jerusalems durch Nebukadnezar fehlte die Bundeslade und ihr Deckel. Jetzt, sagt Paulus, ist ein neuer Sühndeckel da, der sich von dem alten gar wesentlich unterscheidet. Der alte war vor den Augen des Volkes stets verborgen, der neue ist öffentlich hingestellt. Jesus ist ferner eine Sühndeckung nicht durch äusserliches "Werk, sondern mittels Glaubens, nämlich des Glaubens und der Treue Jesu selber (vgl. V. 22), — also eine lebende Sühndeckung. Er ist Sühndeckung in seinem Blut, in Jesu eignem Blut, also zugleich das Opfer; im alten Tempelcult waren Opferthier und Sühndeckel zwei verschiedene Dinge. Und da Jesus selbst sich als Opfer hingegeben hat (vgl. auch Gal. 2, 20), so ist er auch der Priester, der Hohepriester (vgl. Hebr. 9). Auf dieser neuen Sühndeckung thront nun auch die Herrlichkeit Gottes (V. 23); im alten Tempel erschien sie über den Cherubim, im lebendigen Tempel der Christenheit erkennen wir sie im Antlitz Christi (2 K. 4, 6). Christus verdeckt vor den Augen Gottes das uns verurtheilende Gesetz unendlich vollkommener als der Golddeckel die Thora in der Bundeslade. Und dieses Sühnopfer ist ein tnal für alle male geschehn für alle, die es sich durch Glauben aneignen (vgl. Hebr. 9, 12). Jetzt ist die verheissene Zeit, wo wir die Bundeslade nicht mehr vermissen sollen (Jer. 3, IG). Der ganze jüdische Cultus ist durch diese neue Heilsordnung antiquirt. — Dass Jesus als Sühndeckung in seinem Blut hingestellt wurde, geschah, um erkennen zu lassen, Gott habe nicht seine Gerechtigkeit aufgegeben, als er die früheren Sünden ungestraft hingehn üess; es war nicht Ungerechtigkeit, sondern Langmuth, und endlich musste der Schuldige bestraft oder die Schuld gesühnt werden. Jesus war das Sühnopfer für die früheren Sünden. Der Tag von Golgotha war der grosse Versöhnungstag, der, während der jährliche jüdische den Sünden des vergangenen Jahres in Israel galt, allen Sünden der Menschheit seit Adam gilt. Darin, dass Gott nicht ohne Sühnopfer vergab, zeigte er seine Gerechtigkeit, zeigte, dass sein Hingehnlassen nicht Gleichgültigkeit war, sondern Geduld (vgl. 2, 4. Jes. 46, 4),*) und Geduld verlangten auch die Sünden des auserwählten Volkes, die durch die Tempelopfer nicht gesühnt werden konnten. Der Erweis der Gerechtigkeit geschah wegen des Hingehnlassens, dieses Hingehnlassen war der Grund, weshalb Gott nunmehr seine Gerechtigkeit erwies. Die Wortstellung „früher geschehene Sünden
*) icviyouta
VUGJV
. . xcd atoaia vfi
«f. Hier Rö. 3, 26
t(vo//'j.
35
3, 21 — 26.
während der Geduld Gottes" ist im Griechischen erlaubt statt „früher während der Geduld Gottes geschehene Sünden" (vgl. 2 Ptr. 3, 2); hier stehn die "Worte „während der Geduld Gottes" mit Nachdruck am Ende, sie geben die Begründung des Hingehnlassens, und stellen jene Periode der nunmehrigen gegenüber: „während der Geduld" und „während der jetzigen Zeit." Der Erweis, der thatsächliche Beweis (vgl. 9, 17. 22), dass seine Gerechtigkeit streng ist, war und ist zweckdienlich im Hinblick auf den Erweis seiner Gerechtigkeit, wie er sie nunmehr zeigt. Beides zusammen in Betracht ziehend, schliesst Paulus: Gott ist gerecht auch indem er gnädig ist. Jüdische Gegner des Paulus sagten: wenn Gott gerecht ist, so kann er nicht den Gläubigen als solchen für gerechtfertigt erklären; thäte er dies, so wäre er ungerecht. Paulus weiss dagegen, dass Gott sowohl gerecht ist, als auch den aus Glauben rechtfertigt. Dies, dass Gott den aus Glauben wirklich rechtfertigt, hat Paulus als Thatsache schon so eben hingestellt, in den Schlussworten kommt es ihm nun darauf an, hervorzuheben, dass Gott, indem er den aus Glauben rechtfertigt, gerecht ist. Dieser Gedanke allein liegt in den Schlussworten, die nicht zu übersetzen sind: „gerecht und den aus Glauben rechtfertigend", sondern: „gerecht auch indem er den aus Glauben rechtfertigt."*) Das könnte an und für sich heissen: während er den Gläubigen aus Gnaden rechtfertigt, ist er zugleich gerecht, sofern er es nicht ohne Sühnopfer thut; in dieser Hinsicht ist er gerecht, in jener Hinsicht ist er gnädig. Aber dann wäre die Gerechtigkeit nicht eine sonder Gesetz, und als eine solche wird doch die des neuen Bundes hier hingestellt. Also will Paulus sagen: Gott ist gerecht auch insofern, als er den Glaubenden rechtfertigt. Die Gnade ist selbst eine Art von Gerechtigkeit (vgl. 1 Joh. 1, 9. 3, 20). Gott ist gerecht, indem er eine Sühne veranstaltet; er ist gerecht, auch sofern er Gnade erweist. Seine Gerechtigkeit besteht darin, dass er in jeder "Weise seiner ethischen Idee entspricht. Ist seine Gerechtigkeit in dem einen Falle klar, so folgt, da Gott sich gleich bleibt, dass auch sein thatsächliclies Verhalten in dem anderen gerecht ist. In der "Weltregierung war das Opfer Jesu, wie die alttestamentlichen Opfer es gewesen waren, eine Nothwendigkeit zum Behuf der Erziehung des Menschengeschlechts. Um von den Menschen richtig beurtheilt zu werden, musste Gott dieses Sühnmittel hinstellen; darum sagt der Vf.: Gott stellte es „sich" hin. Aber Gott selbst für sich bedurfte keinerlei blutigen Opfers als Vorbedingung seiner Vergebung. Verkündet doch Jesus bei seinem Leibesleben: Deine Sünden sind vergeben worden (Mk. 2, 5 und Mth. und Lu.). *) Damaris 1864 S. 12. 3*
3G
3, 27--30.
Also kein Werkgesetz gilt, sondern ein Glanbensgesetz für alle Menschen: 27 Wo nnn das Kühmen? Ausgeschlossen ward es. Durch welcherlei 28 Gesetz? Der Werke? Nein, sondern durch Glaubensgesetz. * Denn wir rechnen darauf, dass gerechtfertigt wird durch Glauben ein Mensch, 29 sonder Gesetzeswerke. * Oder gehört nur Juden Gott? Nicht auch 30 Heiden? Ja, auch Heiden. * Wenn doch Einer Gott. Welcher Beschneidung aus Glauben und [welcher] Vorhaut rechtfertigen wird durch den Glauben. Wenn also die Ordnung dieses Neuen Bundes gilt, wer darf sich da noch berAhmen? Ist es ein Verdienst, angebotne Gnade anzunehmen? Von dem Reich, in das man nur aus Gnaden Einlass findet, ist aller Selbstruhm ausgeschlossen, er ist gegen das Reichsgesetz. Welcher Art ist also dieses Gesetz? Ist es ein Werkgesetz, d. h. ein Gesetz, nach welchem die Gerechtigkeit durch Werke erworben wird? Durch jedes Werkgesetz wird allerdings die Thorheit vemrtheilt, dass man sich rühmt, das Gesetz zu besitzen (2, 23); aber jedes Werkgesetz lässt gleichwohl Raum für Selbstruhm. Vom mosaischen Gesetz, nach Auffassung der Juden, kann man doch manches erfüllen, darf sich also immerhin bis zu einem gewissen Grade rühmen. Freilich, wie Jacobus sagt (2, 11), wer auch nur gegen eine einzige Vorschrift verstüsst, hat das ganze Gesetz übertreten. Auch Jacobus selber aber, der ein Gesetz der Freiheit preist, wird nicht frei von Selbstruhm, denn er schreibt (2, 13): Barmherzigkeit rühmt sich gegen Gericht. Dasjenige Gesetz, durch welches alles Sichrühmen ausgeschlossen wird, ist gar nicht ein Werkgesetz, sondern ein Glaubensgesetz, ein Gesetz, welches als Bedingung der Rechtfertigung nur Vertrauen auf eine verheissene Schenkung Gottes fordert. Wir rechnen nämlich, sagt Paulus, wir, d. h. ich und die zu mir stehen, für unsere Rechtfertigung auf nichts anderes, als auf unsern Glauben, nicht auf Gesetzeswerke. Gerechtfertigt wird man durch Glauben, gerechtfertigt wird man ohne Gesetzeswerke. So hält Paulus gegenüber dem Angriff des Jacobus an seiner alten Lehre fest. Durch den Glauben allein wird man gerechtfertigt, jedermann, Heide wie Jude. Die Verheissungen gelten nicht bloss Israel, sondern der Menschheit; die messianische Prophetie hatte ökumenische Tragweite. Dieser Universalismus folgt aus dem Monotheismus. Unbekümmert um die vorbeizielende Bemerkung, die Jacobus über Pauli Bekenntniss zur Einheit Gottes gemacht hatte: die Teufel glauben auch und zittern, schliesst Paulus aus der Einheit Gottes, dass Gott alle Menschen mit einem und demselben Maasse misst. Dieser eine Gott der Heiden wie der Juden wird in gleicher Weise jeden Gläubigen rechtfertigen (das Futurum der Folgerung), sei er
3,
31.
4,
1
— 8.
37
gläubiger Jude oder Heide, oder, wie Paulus dies ausdrückt, sowohl die Besclineidung aus Glauben, als auch die Vorhaut. Wenn Beschneidung des Fleisches rechtfertigte, so wäre Gott nur der Juden Gott. Aber äussere Beschneidung rechtfertigt nicht (2, 28. 29); nur derjenige Beschnittene, dem der wahre Glaube der Lebensgrund ist (3, 26), also der Judenchrist, erhält Rechtfertigung, und dieser Beschnittene „aus Glauben" wird ebenso wie der Unbeschnittene durch nichts anderes gerechtfertigt, als eben durch den Glauben, nicht unter Mithülfe des Glaubens durch "Werke, wie Jacobus lehrte. 31
Gesetz also heben wir auf durch den Glauben? Nicht geschehe das, sondern Gesetz stellen wir fest. Kann man nun noch gegen uns (Paulus und die Pauliner) den Vorwurf festhalten: wir seien wider Gesetz, seien gesetzlos —? Wir lehren Gesetz, das Glaubensgesetz. Freilich dies Gesetz des neuen Bundes ist ein anderes, als das Gesetz des alten Bundes. Aber wenn Gott einen neuen Bund schliesst, wer darf widersprechen? Den Korinthern hatte Paulus geschrieben: wer in den Augen der Juden gesetzlos ist, weil er das Judengesetz nicht beobachtet, ist darum nicht gesetzlos im Verhältniss zu Gott, wenn er im Gesetz Christi lebt (1 K. 9, 21). Gesetz ist, was Gott will. Durch unsre Verkündung, dass der Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, stellen wir nur fest, was sich nunmehr als Gottes eigentlicher Wille, also als Gesetz ergeben hat, sichern wir, so vML an uns ist, den neuen Bund, den Gott errichtet hat. Nachher zeigt Paulus, dass durch das Glaubensgesetz auch die Erfüllung des gebietenden Gesetzes gewährleistet ist (7, 12. 14. 8, 4). Zunächst weist er nach, dass, wie er gesagt (V. 21), die Schrift selbst Zeugniss ablegt für die Glaubensgerechtigkeit, vornehmlich in der Geschichte Abrahams. Abraham als Glaubensgerechter ein Vorbild für die Christen (Kap. 4). Abraham ward gerechtfertigt ohne Werke: 4 Als was also werden wir sagen, dass wir Abraham gefunden haben, 2 unsern Vater nach dem Fleisch? * Wenn nämlich Abraham aus Werken 3 gerechtfertigt ward, so hat er Ruhm, aber nicht bei Gott. * Denn was sagt die Schrift? „Es glaubte aber Abraham Gotte, und ward es 4 ihm gerechnet zu Gerechtigkeit." * Es wird aber dem Werkthätigen 5 der Lohn nicht gerechnet nach Gnade, sondern nach Schuldigkeit, * dem nicht Werkthätigen aber, der aber vertraut auf den, der den Gottlosen 6 rechtfertigt, wird sein Glaube gerechnet zu Gerechtigkeit,*) * Dem*) Das Griechische hat ein und dasselbe Wort für „glaubte" V. 3, uncl für „vertraut" und „Glaube" V. 5. Brauchen wir überall „Vertrauen", so lässt sich ein Unterschied der Construction gut wiedergeben: das Citat aus LXX V. 3 hat „ver-
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7 8
4, 1—8. gemäss auch David die Seligpreisung spricht des Mannes, welchem Gott zurechnet Gerechtigkeit sonder "Werke: * „Selig, deren Ungesetzlichkeiten vergeben wurden und deren Sünden verhüllt wurden, * selig der Mann, des Sünde der Herr gewisslich nicht rechnen würde."
"Wenn es sich nun so verhält, dass nur der Glaube vor Gott gerecht macht, wie steht es dann mit Abraham? Unser Yater Abraham, wie der Jude ihn zu nennen pflegte, und wie auch Jacobus ihn genannt hatte (2, 21), wurde als Muster betrachtet. Paulus fügt hier zu „unser Yater Abraham" hinzu: „nach dem Fleisch", spricht also zu Judenchristen und setzt ihnen auseinander, dass Abraham nach seinem Glauben ein Yater auch von unbeschnittenen Heiden ist. Dass Abraham ein Gerechter war, das stand für den Juden ganz ausser Frage. Nun hatte Paulus behauptet, Abraham sei ein Gerechter nur durch den Glauben, Jacobus hatte in seinem Briefe widersprochen, darum kommt Paulus hier auf diese Sache zurück. Wenn wir wohl erwogen haben, was die heilige Schrift über Abraham und über Gott uns lehrt, als was, fragt Paulus, werden wir sagen, dass wir Abraham gefunden haben?*) Als gerecht aus Werken? als gerecht aus Glauben? Nur wenn letzteres, ist er mehr als der Yorvater der Judenchristen nach dem Fleisch; er ist dann ein Ahnherr aller Christen, derer aus dem Heidenthum, wie derer aus dem Judenthum. Paulus stellt nicht gerade in Abrede, dass Abraham aus Werken gerecht war; der Ausdruck „wenn er aus Werken gerechtfertigt ward, hat er Ruhm" bezieht sich auf Thatsachen (wie 5, 15. 15, 27), auf Werke der Gerechtigkeit. Sofern Abraham solche guten Werke aufzuweisen hat, insofern hat er allerdings Ruhm, aber nur angesichts des Gesetzes, nicht bei Gott. Gott sagt (Gen. 26, 5): „Abraham gehorchte meiner Stimme und beobachtete, was gegen mich zu beobachten, meine Gebote, meine Satzungen und meine Gesetze", aber das, was ihm von Gott als Gerechtigkeit zugerechnet wurde,**) waren nicht diese Werke, sondern war der Glaubensgehorsam, den er vor aller Werkthätigkeit hatte. Durch Anführung des Wortes hierüber aus der Schrift beweist Paulus, dass Ruhm bei Gott auf andre Weise erreicht wird, als durch Gesetzerfüllung. Es bleibt also bei dem, was im Galaterbrief hierüber gesagt war. Dem Glauben gegenüber kann Gott seine schönste Eigenschaft, die Gnade, walten lassen; dem Gesetzerfüller gegenüber hat er gar kein traute Gotte", Paulus sagt V. 5 „vertraut auf den —", wie Y. 24, und Hebr. 6, 1 „Vertrauen auf Gott", inl mit Accus. Dieselbe Präposition mit Dativ bei demselben Verbum in dem Citat aus LXX 9, 33. 10, 11; anders 4, 18. *) Zur Construction vgl. AG. 13, 25. **) ttoyio&t) nach LXX wie 1 Makk. 2, 52. Gal. 3,6. Jac. 2, 3. Das Hebräische hat: er (Gott) rechnete es.
4, 0-12.
39
eigentlich persönliches Verhältnis», sondern mir das des Lohnauszahlers für Leistungen. Der Lohn des Gläubigen (Gen. 15, 1) ist ein Gnadenlohn. Der Ruhm, der vor Gott gilt, ist der, den Paulus in den Korintlierbriefen (1, 1, 31. 2, 10, 17) in den Worten anpreist: „der sich Rühmende rühme sich im Herrn", und den er auch im Römerbrief hervorliebt (1, 17. 5, 11. 15, 17), nach Jeremia, bei dem Gott sagt (9, 23. 24): „wer sich rühmen will, rühme sich, mich zu kennen, dass ich der Herr bin, der Gnade, Recht und Gerechtigkeit übt." Wir sollen lins verlassen auf den Gott, der sogar den Gottlosen für gerecht erklärt, sobald er glaubt, auch wenn er noch nicht Werke gethan hat, die seinen Glauben bethätigen. Abraham war schon ein Verehrer Gottes, als er durch jenen Glauben gerechtfertigt ward, aber dieselbe Gnade wird auf Grund desselben Glaubens auch dem zu Theil, der bis dahin gottlos war, genauer übersetzt: Nichtverelirer, d. h. Heide, der falschen Göttern diente (vgl. 1, 18 f.). Der Gläubige zeigt als solcher ein wirkliches Rechtverhalten, denn er erwartet alles von Gott; darum rechnet ihm Gott den Glauben als Gerechtigkeit zu und sendet ihm gnädig den Geist, der alles gute Werk in ihm schafft. Auch in den Psalmen wird der ohne Werke Gerechtfertigte gepriesen, David nennt (Ps. 32) den Mann selig, dem die Uebertretungen vergeben sind, nicht zugerechnet sind (vgl. 2 Kor. 5, 19), also den, welchem Gerechtigkeit zugerechnet wird, ohne dass er sie sich durch Werke verdient hätte. „Sonder Werke" (V. 6) bezeichnet einen Umstand beim Zurechnen; unter Abselin von Werken. Vom Glauben ist dort nicht ausdrücklich die Rede, aber in demselben Psalm heisst es (V. 10): „wer vertraut (LXX: hofft) auf den Ewigen, den umgibt er mit Gnade", weshalb Paulus voraussetzt, dass diese Sündenvergebung und Gerechtigkeitszureclinung nur in Folge des Glaubens stattfinde. Das Gerechtigkeits zurechnen (V. C) erschliesst er als Gegentheil aus dem Nichtzurechnen von Sünde (V. 8). Wer Sünder ist, der hat nicht Werkgerechtigkeit; wird er gleichwohl seliggepriesen vom heiligen Psalinisten, so muss er Glaubensgerechtigkeit haben. Dies gegenüber der Seligpreisung des Werktliätigen bei Jacobus (1, 25). Abraham ward gerechtfertigt, ohne beschnitten zu sein: 9 10 11
Diese Seligpreisung nun, geht sie auf die Beschneidung, oder auch auf die Vorhaut? Wir sagen nämlich: zugerechnet ward dem Abraham der Glaube als Gerechtigkeit. * Wie nun ward er zugerechnet? einem in Beschneidung oder in Vorhaut? Nicht in Beschneidung, sondern in Vorhaut. * Und ein Zeichen empfing er von Beschneidung als Siegel der Gerechtigkeit des Glaubens, den er in der Vorhaut hatte, so dass er Vater ist aller Glaubenden bei Vorhaut, so dass zugerechnet
40
4, 9-12.
12
wird auch ihnen die Gerechtigkeit, * und Vater von Beschneiduug denen, die nicht aus Beschneidung allein, doch auch denen, die wandeln nach den Fusstapfen des in Vorhaut vorhandenen Glaubens unsers Vaters Abraham. Gerechtigkeit ist zu erlangen nicht nur ohne Werke, sondern auch ohne Beschneidung. Auch letzteres wird für die Jerusalemischen Judenchristen ausgeführt. Für den, der die Geschichte Abrahams im Buch Genesis liest, kann gar kein Zweifel darüber bleiben, dass Abraham beschnitten wurde, erst nachdem er durch Glauben Gerechtigkeit erlangt hatte. Die Beschneidung wird eben dort (17, 11) nur als Zeichen hingestellt des Bundes, den Gott mit ihm schon in jener Nacht geschlossen hatte, in der er ihm die Verheissung gab, und, als er dieser glaubte, die Rechtfertigung (Gen. 15, 18): Abraham war also glaubensgerecht und Bundesgenosse Gottes, ehe er beschnitten ward. Das Bundeszeichen war gleichsam ein sichtbares Siegel an der unsichtbaren Bundesurkunde, die im Herzen geschrieben stand. Nach dem Thalmud (Berachoth) werden bei der Beschneidung auch folgende Worte gesprochen: „seine Kinder hat Gott besiegelt mit dem Zeichen des heiligen Bundes." Indem Paulus schreibt: „ein Zeichen empfing er von Beschneidung", hebt er durch die Wortstellung hervor, dass die Beschneidung am Fleisch nicht mehr war, als ein Zeichen, und meint als das Bezeichnete die Beschneidung des Herzens (2, 29). Daraus, dass erst der bereits glaubensgerechte Abraham äusserlich beschnitten worden ist, folgt, dass er Vater ist für alle, die, wie er, glauben, und dass sie, wie er, auf ihren Glauben Gerechtigkeit erlangen, mögen sie äusserlich beschnitten oder unbeschnitten sein. .Paulus sagt hier zweimal (V. 11. 12 ohne Artikel) Vater, nicht: der Vater, denn Abraham ist nicht als der einzige geistliche Erzeuger aller Gläubigen anzusehn, man kann den rechtfertigenden Glauben haben, auch ohne von Abraham zu wissen, aber den Ehrennamen Vater verdient er von allen Glaubensgerechten zu erhalten. „Vater von Beschneidung" heisst, wie der Gegensatz „Vater aller bei Vorhaut Glaubenden" zeigt, so viel wie „Vater von Beschnittenen;" Paulus sagt nicht „Vater der Beschneidung" oder „der Beschnittenen", weil nicht alle Beschnittenen geistliche Abrahamiden sind, und nur von diesen die Rede ist. Geistliche Abrahamiden gibt es Unbeschnittene und Beschnittene; von den letzteren gibt es wiederum zweierlei, nämlich erstens solche, die noch auf äussere Beschneidung, aber auch auf den Glauben halten, und zweitens solche, die, ohne auf die äussere Beschneidung Werth zu legen, des Glaubens leben, der den unbeschnittenen Abraham rechtfertigte.*) Jene, „die nicht aus *) Zweierlei Beschnittene unterscheidet hier richtig noch Hieronymus, wenngleich er unrichtig übersetzt: non iis tantum qui sunt ex circumcisione, sed et iis —. Seit
4,
13 — 25.
41
Bescheidung allein",*) d. Ii. die nicht nur in der Besclmeidung wurzelten (vgl. zu 3, 30), sagten: Beschneidung ist zum Heil nötliig, aber nicht Besclmeidung allein, sondern auch Glaube und Werktliätigkeit. Sie widersprachen denen, welche sagten: Nöthig zum Heil ist nicht Besclmeidung, sondern nur Glaube und dessen Geistesfrucht. (Solche, die Paulus hätte „die aus Beschneidung allein" nennen können, Leute, welche gesagt hätten: nur Beschneidung ist nöthig, nicht Glaube, noch Werke, hat es gar nicht gegeben). Es versteht sich: diese drei Gruppen sind nur dann wirklich Abrahamiden dem Geiste nach, wenn sie einander als solche anerkennen. Die Unbeschnittenen dürfen nicht die Beschneidung als unvereinbar mit dem Christenglauben behandeln; die Beschnittenen, welche auf Beschneidung halten, dürfen dies nur für sich thun, und dürfen nicht die andern, die die Beschneidung für sich ablehnen, für Ulichristen halten; also: diejenigen, welche beschnitten sind, aber sich nicht einbilden, damit etwas anderes, als ein äusseres Zeichen zu haben, das sie weder als unerlässlich,' noch als unzulässig ansehn, dürfen nur Uebergriife abwehren, nicht aber der Duldsamkeit vergessen; alle aber müssen den Glauben als das Grundwesentliche festhalten. Abraham empfing die Yerheissung nicht unter der Bedingung einer Leistung, sondern ward auf Grund seines Glaubens an den, der Lebloses beleben kann, für gerecht erklärt, uns zur Vorbedeutung: 13 14 15 16
17
18
Denn nicht mittels Gesetzes ist die Yerheissung dem Abraham oder seinem Samen, dass er Erbe sei der Welt, sondern mittels Glaubensgerechtigkeit. * Denn wenn die aus Gesetz Erben, so ist eitel gemacht der Glaube und entkräftet die Yerheissung. * Denn das Gesetz bewirkt Zorn, wo aber Gesetz nicht ist, ist auch nicht Übertretung. * Weshalb aus Glauben, damit nach Gnade, so dass fest ist die Yerheissung allem Samen, nicht allein dem aus Gesetz, sondern auch dem aus Glauben Abrahams. Welcher ist Yater unser aller, * — wie geschrieben steht: denn zu einem Vater vieler Völker habe ich dich gesetzt, — angesichts des Gottes, dem er glaubte, des der lebendig macht die Todten und ruft das Nichtseiende wie Seiendes. * Welcher ausser
ich. Obiges geschrieben und vorgetragen, hat unabhängig davon auch Wiescler, in Herzogs Real-Encycl. Bd. 20. 1866. S. 592 und in den Untersuchungen zur Gesch. der neutest. Schrift 1880. S. 25 f. 71, die grammatisch einzig mögliche Auffassung von V. 12 vertreten und auf Grund derselben gleichfalls erkannt, dass hier „ zwei Klassen von Christgläubigen aus den Juden" unterschieden werden, und dass die erstere dieselbe ist, die V. 16 als der Same aus dem Gesetz bezeichnet wird, die letztere aber Paulus und die Paulinischen Judenchristen. *) in grammatischer Hinsicht vgl. Jac. 2, 24.
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4,
13 — 25.
Hofnung mit Hofnung daran glaubte, dass er Vater werde vieler Völker, gemäss dem was gesagt worden: so soll dein Same sein, * und, ohne schwach zu werden am Glauben, an den eignen erstorbenen Leib dachte, damals etwa hundertjährig, und an die Erstorbenheit des 20 Mutterleibes der Sara, * hinsichtlich der Verheissung Gottes aber nicht schwankte durch den Unglauben, sondern stark ward am Glauben, 21 Ehre gebend Gotte * und voll überzeugt, dass er, was verheissen 22 worden, vermögend ist, auch zu tliun. * Weshalb ihm auch zuge23 rechnet ward zu Gerechtigkeit. * Nicht ward es aber nur seinetwegen 24 geschrieben, dass ihm zugerechnet ward, * sondern auch unsertwegen, denen zugerechnet werden soll, den Vertrauenden auf den, welcher 25 Jesum unsern Herrn erweckte aus Todten, * welcher dahingegeben ward unsrer Vergehungen wegen und erweckt ward unsrer Rechtfertigung wegen. Es ist verkehrt, die Gesetzesfreien nicht anerkennen zu wollen als Kinder Abrahams, denn die Verheissung ist nicht unter der Bedingung einer Gesetzerfüllung gegeben. Die die Beschneidung betreffende Anordnung ist ein Gesetz. Aber nicht an die Bedingung, dass dies Gesetz erfüllt werde, war die Verheissung gebunden, die dem Abraham zu Theil wurde und seinem Samen. Die Verheissung erfolgte lediglich unter der Bedingung des Glaubens. Daher ist Abraham Vater auch derer, die, ohne auf irgend welche Gesetzerfüllung zu bauen, auf die Erfüllung der göttlichen Verheissung vertrauen. Abraham glaubte der Verheissung, dass er Samen haben werde; wegen dieses Glaubens gerecht erfunden, erhielt er sofort eine zweite Verheissung, die der "Weltherrschaft, nämlich nach der rabbinischen Auslegung, nach welcher der dort verlieissene Besitz Kanaans den der Weltherrschaft mit sich bringt, weil diese der Stadt Jerusalem verheissen ist. Der rechtmässige Besitz wird liier von Paulus mit dem in der Grundstelle (Gen. 15, 7. vgl. 3. 4. 8) von der Septuagintaübersetzung angewendeten Wort ausgedrückt, für das Luther hier Erbe gesetzt hat. „Dem Abraham oder seinem Samen", sagt Paulus. Er meint, die volle Verwirklichung sei erst für den Samen Abrahams verheissen worden. Unter diesem Abrahamssamen aber versteht Paulus den Messias und die in ihm sind, wie er im Galaterbrief" (3, 16. 29. mit Beziehung auf Gen. 13, 15. 17, 8. vgl. 12, 7. 15, 18) gesagt hatte. Dass diese messianische Verheissung dem Abraham mehrmals schon vor seiner Glaubensgerechtigkeit gegeben wurde, würde Paulus gewiss so erklären, dass er sagte, die Bedingung des Glaubens sei dabei vorausgesetzt (vgl. Gal. 3, 8). Wenn die Theilnalime am messianischen Reich nur Erfüllern von Gesetz winkt, an Beschneidung oder gar an den ganzen Mosaismus geknüpft ist, dann ist der Glaube vereitelt, 19
4,
13-25.
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hat nichts zu erwarten, und die Verheissung ist hinfällig (vgl. Gal. 3, 18). Denn niemals werden wir das erlangen, dessen Besitz von vorgängiger Gesetzerfüllung abhängig ist. Denn alles Gesetz bringt göttlichen Zorn zu Wege, insofern es immer auf unsere Nichterfüllung hinweist. Wo Gesetz ist, da kann Übertretung nicht fehlen, also auch Zorn nicht; nur wo kein Gesetz, da ist keine Übertretung, kein Zorn. Weil auf dem Wege der Gesetzerfüllung der Eintritt des Messiasreichs und in das Messiasreich nie erreicht würde, — Gottes Zorn würde alle zurückweisen, — so wird der Eintritt auf dem Gnadenwege verliehen und deshalb nur an die Vorbedingung des Glaubens geknüpft. „Deshalb aus Glauben" Erben (vgl. Y. 14), „damit aus Gnade" Erben. Deshalb, weil es auf andre Weise unmöglich ist, soll es aus Gnade geschehn, und damit es aus Gnade geschehen könne, wird nur Glauben gefordert. Auf diese Weise ist „fest die Verheissung allem Samen, nicht allein dem aus Gesetz, sondern auch dem aus Glauben Abrahams." Im Gegensatz zu jener entkräfteten Verheissung ist fest diejenige, deren Erfüllung sicher bevorsteht. Dies ist nur der Fall, wenn die Verheissung ohne Forderung von Gesetzerfüllung gegeben wird. Allem Samen, nämlich Abrahams. Paulus unterscheidet Abrahamiden, die das Gesetz beobachten, und solche, die dem Glauben Abrahams folgen. Beide sind Erben „aus Glauben", also Christen. „Der aus Gesetz" d. Ii. aus dem mosaischen Gesetz, welchem Jacobus und die Seinen noch Vollkommenheitsgebote hinzufügten, pflegt Gesetzesleben und Christenglauben. „Der aus Glauben Abrahams", da liier im Gegensatz stehend zu dem aus dem Gesetz, ist der, der nicht aus dem Gesetz, ist jeder, der, ohne für seine Heilsgewissheit irgend welcher Gesetzbeobachtung zu bedürfen, christlichen Glauben hat. Es sind die beiden Gruppen von Judenchristen, die schon oben (V. 12) unterschieden waren. Und wie an jener Stelle, sind auch hier die Heidenchristen sogleich mit ihnen zusammengefasst, und zwar hier noch enger als dort, denn dort waren sie von den Judenchristen unterschieden, hier aber nur von den gesetzbeobachtenden Judenchristen, während die gesetzesfreien Christgläubigen sowohl Juden als Heiden befassen. Denn auch die Heidenchristen sind eingeschlossen, wo von „allem Samen" die Rede ist, d. h. von allem Samen Abrahams, d. h. da der Same Abrahams Christus ist, von allen, die in Christus sind. Und solche sind wir alle. Abraham ist unser aller Vater vor Gott, in den Augen Gottes; nämlich nach menschlicher Betrachtung, dem Fleische nach, war er es von vielen der Adressaten des Briefes nicht, aber die Schrift sieht auch die gläubigen Heiden als Kinder Abrahams an. Was der mit „denn" anfangenden Bibelstelle „zum Vater vieler Völker habe ich dich gesetzt" vorherging, wussten die jüdischen Leser ohne weiteres, es sind, im Kapitel von der Einsetzung der Beschnei-
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4, 13 -25.
ilung, die Worte: „Nicht soll man fiirder deinen Namen Abrami nennen, sondern dein Name soll Abraham sein" (Gen. 17, 5). Abraham bedeutet Vater einer Menge, was in jener Bibelstelle als Menge von Völkern (Gojiin, Ethne) d. h. Heiden erklärt wird. Schon in dem Namen Abraham also findet Paulus die Verheissung der Berufung der Heiden zur Glaubensgerechtigkeit. Sie sind mit eingeschlossen in dem Ausdruck „unser aller Vater" (oben V. 12, wo Paulus zunächst nur die beiden Gruppen von Judenchristen ins Auge fasste, hatte er nur gesagt „unser Vater"). Auch sie also gehören zum geistlichen Samen Abrahams, nicht nur die leiblichen Nachkommen. Der Todtes belebt, kann auch geistlich todte Heiden beleben zu Abrahamischem Glauben. Die nicht Kinder Abrahams sind, können zu solchen gemacht werden von dem, der das Nichtseiende ruft wie Seiendes d. h. als wäre es Seiendes; Anderen gehorcht allenfalls das, was schon da ist, dem Allmächtigen aber gehorcht auch, was noch gar nicht da ist, auch das hört auf seine Befehle. Das Wort Gottes bei Hosea: „Ich sage zu Niclitmeinvolk: mein Volk bist du" führt Paulus weiter unten (9, 24. 25) dafür an, dass Gott nicht nur Juden, sondern auch Heiden berufe. Abraham aber hatte diese Macht Gottes persönlich erlebt. Abraham glaubte, dass seine und Sara's erstorbene Natur durch Gott wieder belebt werden könne (V. 19), glaubte also, dass Gott Todte lebendig machen könne, und es geschah; Gott berief Isaak, ehe er gezeugt war (Gen. 17, 19), und Isaak ward geboren. Auch mit Isaak und auch mit Jakob erneute Gott den Abrahamischen Bund für ihre Nachkommen (Gen. 26. 28). Dass aus der leblosen Heiden weit Abrahamskinder, Gotteskinder erstehen werden, sollen wir glauben nach dem Vorbild Abrahams, der ausser Hofnung mit Hofnung glaubte. „Ausser Hofnung", wo ein Hofnungsgrund fehlte; „mit" oder „bei Hofnung", so dass er Hofnung hatte (ebenso 8, 20: so dass Hofnung dabei war, 1 K. 9, 10, vgl. 2 K. 9, 6). Obgleich Abraham menschlicher Weise allen Grund hatte, die Hofnung auf einen Sohn gänzlich fahren zu lassen, hoffte er dennoch, weil er Gott glaubte. Er glaubte, dass er Vater sein werde vieler Heiden (Gen. 17, 5), die- mitbefasst waren in der Verheissung, dass sein Same so zahlreich sein solle wie die Sterne des Himmels (Gen. 15, 5), — der Same ist Christus, dieser soll sich unabsehbar vervielfältigen; Abraham glaubte also an geistliche Kinder seines Glaubens. Er glaubte aber auch an leibliche Nachkommenschaft. Allerdings dachte er: wiid wohl einem Hundertjährigen geboren, und wird Sara, wird die neunzigjährige gebären? und lachte (Gen. 17, 17), hatte also Unglauben (hier V. 20), sofern er auf die menschliche Fähigkeit sah. Doch machte ihn dies nicht schwach im Glauben an Gott (V. 19), vielmehr liess er sich durch jenen Unglauben nicht zum Zweifel an der Verlieissung verleiten, sondern bedachte,
4,
45
13-25.
dass bei Gott nichts unmöglich ist (vgl. Gen. 18, 14). auch zugerechnet ward als Gerechtigkeit", schon in Anfechtung bewährt hatte. bereits erfunden,
„Weshalb es ihm
nämlich sein Glauben, das sich
Als Glaubensstarken hatte ihn Gott
als er ihm das erste mal verhiess, dass er einen Sohn
haben werde, und hatte ihn gleich damals als Glaubensgerechten angenommen (Gen. 15);
bei der Wiederholung der Verheissung überwand Abraham
nin' aufs neue den Unglauben, (Gen. 17).
zu dem das Fleisch ihn verführen wollte
So ward er gerechtfertigt,
schon als er der Verheissung der
Geburt Isaaks glaubte, nicht erst dadurch, dass er den heranwachsenden Isaak Gott zum Opfer brachte.
Abrahams Rechtfertigung aus Glauben wird
aber nicht nur deshalb in der heiligen Schrift berichtet, um ihm die Ehre zu erweisen, die ihm zukommt (vgl. V. 2),
sondern auch zu unserer Be-
lehrung, denn auch wir sollen glaubensstark sein, auch uns, der Christenheit der Gegenwart und Zukunft, wird Glauben zugerechnet als Gerechtigkeit. Der Christenglaube, der in Rede steht, ist, wie der Glaube Abrahams, den Paulus hier ins Licht gestellt hat, Glaube an Gott und den Gesalbten, den er verlieissen hat.
Die Christen sind wie Abraham überzeugt, dass Gott
allein Alles thut, was in und an uns Gutes und darum ihm Wohlgefälliges geschieht.
Wie Abraham glaubte, dass er von Gott Lebenskraft erhalten
werde, so glauben die Christen an Gott den Lebensspender, der Jesum aus Todten
erweckte (Kol. 2, 1 2 :
in ihm,
Christus,
wurdet ihr
miterweckt
mittels des Glaubens an die Wirksamkeit des Gottes, der ihn erweckte aus Todten).
Wenn wir uns durch den Glauben an den, der Jesum nach dem
Kreuzestod auferweckt hat, gerechtfertigt wissen, so ist darin eingeschlossen, dass wir uns erlöst wissen durch Jesu Blut (3, 24 f. 5, 9). ward daliingegeben unsrer Vergehungen über
den Gottesdiener
Jesaja 5 3 * ) ;
wegen"
dies
Die Worte „er
sind aus dem Abschnitt
Dahingehen
kehrt
bei
Paulus
mehrmals wieder: in der Nacht, da er daliingegeben ward (1 K. 11, 23), Gott gab ihn dahin für uns (Rö. 8, 32 aus Jes. 53, 6), Jesus selbst gab sich dahin (Gal. 2 , 20. 1, 4). Paulus
Von Jesu Opfertod weiter zurückschauend nennt
die Grundlehre des
Christenglaubens:
Messias um unsrer Rechtfertigung willen.
die Erweckung Jesu zum
Auch in jenem Jesajakapitel ist
gesagt, dass dieser Gerechte durch seine Erkenntniss Viele gerecht mache (V. 11).**)
Rechtfertigung hier einerseits als letztes Wort des Kapitels über
die Glaubensgerechtigkeit Abrahams, und des ganzen ersten Theils, dessen *) Jes. 53, 12 V. 5:
(fVi rag
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**) und in der griechischen Uebersetzung V. 12, dass er Viele werde zum Eibe habon. Vgl. liier V. 13.
4G
5, i - i i .
Inhalt ist: nicht durch Gesetzeswerk, sondern durch Glauben, andererseits unmittelbar vor den Worten „Gerechtfertigt also aus Glauben", meint vor allem die Glaubensrechtfertigung, die Zurechnung des Glaubens, die Voraussetzung für die „Lebensrechtfertigung" (5, 18 — es sind dies die beiden einzigen Stellen im N. T., an denen das Substantiv Rechtfertigung vorkommt); aber da das Wort Kechtfertigung hier keinen Beisatz hat, so befasst es die Lebensrechtfertigung' mit, von der nun im zweiten Theil des Briefes die Rede sein soll: Das Wesentliche dieses zweiten Theiles (Kp. 5 — 8) fasst Paulus zunächst in einige Sätze zusammen (5, 1—11). Mit der Rechtfertigung aus Glauben haben wir auch die Gewissheit des Heils und aller Güter desselben, denn der Geist Gottes und Christi, den die Gläubigen empfangen, ist die Liebe, die des Gesetzes Erfüllung ist: 5 2
Gerechtfertigt also aus Glauben, haben wir Friede in Beziehung zu Gott durch unsern Herrn Jesus Christus, * durch welchen wir auch die Hinzuführung erlangten in diese Gnade, in welcher wir stehen, 3 und rühmen uns in Hofnung auf die Herrlichkeit Gottes, * nicht nur das jedoch, sondern rühmen uns auch der Drangsale, wissend, dass 4 die Drangsal Beharren bewirkt, * das Beharren aber Bewährtheit, die 5 Bewährtheit aber Hofnung, * die Hofnung aber nicht beschämt macht, da die Liebe zu Gott ausgegossen worden in unsern Herzen durch G heiligen Geist, der uns gegeben ward. * Denn noch als wir kraftlos 7 waren, noch (so war die Zeit) für Gottlose starb Christus. * Kaum nämlich für einen Gerechten wird Jemand sterben, für den Gütigen 8 nämlich unternimmt etwa Jemand auch zu sterben. * Es legt aber seine eigne Liebe zu uns Gott dar, da, als wir noch Sünder waren, 9 Christus für uns starb. * Um vieles mehr also werden wir, die jetzt gerechtfertigt sind in seinem Blut, gerettet werden durch ihn vom 10 Zorn. * Denn wenn wir, als wir Feinde waren, versöhnt wurden Gotte durch den Tod seines Sohnes, um vieles mehr werden wir, die 11 Versöhnten, gerettet werden in dessen Leben, * nicht nur das jedoch, sondern auch indem wir uns rühmen Gottes durch unsern Herrn Jesus Christus, durch welchen wir jetzt die Versöhnung empfingen. Wir, die wir, wie eben entwickelt wurde, durch Glauben gerechtfertigt sind, wissen uns in Frieden mit Gott, und sind, ohne Sorge beim Gedanken an das Gericht, vielmehr voll seligster Hofnung. Wir verdanken dies alles der Vermittlung Jesu Christi. Durch ihn haben wir die Rechtfertigung, durch ihn hatten wir schon die erste Einführung in den Gnadenstand (vgl. Num. IG, 5 LXX: „die er sich auserwählte, führte er zu sich
5, l - U .
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hin"). Paulus denkt an die zwei eben von ihm berührten Dinge: Sündentilgung und Gerechtigkeitszurechnung. Die Sühnung der Schuld durch Jesu Blut war das, wodurch wir einst erlangt haben, hingeführt zu werden zur Gnade Gottes, in der wir jetzt stehen. Ein Zweites war die Rechtfertigung. Als Gerechtfertigte also haben wir Gemeinschaft mit Gott schon in der Gegenwart, und haben die herrlichsten Erwartungen für die Zukunft. („Mit Hofnung" wie 4, 8.) Herrlichkeit Gottes soll uns in vollstem Maasse zu theil werden; Verklärung, auch in den Augen der Welt; die Weltherrschaft. Aber wir rühmen uns in unserem christlichen Gnadenstande sogar des Druckes und der Verfolgung,*) denn wir wissen, dass wir durch Drangsal Beharrlichkeit gewinnen, durch Beharrlichkeit bewährt werden, als Bewährte hoffnungsfreudig werden, denn diese Hofnung auf Erreichung des Heilszieles wird nicht unerfüllt bleiben (Ps. 22, 6. 25, 20), da denen, die Gott lieben, alles zum Besten dient (8, 28), die Liebe zu Gott aber schon jetzt reichlich ausgeströmt ist in unser Gemüth durch den heiligen Geist in Folge unseres Glaubens an die Liebesthat Jesu (Geistesverleihung Folge des Glaubens, Gal. 3, 2. 14). Paulus berücksichtigt hier, was Jacobus sagt (1, 2 — 4. 12): die Brüder sollen sich freuen über Versuchungen, denn Gott lässt sie zu als Mittel zur Erprobung des Glaubens, und als solches betrachtet, bewirken sie Ausharren; und wenn das Ausharren „vollkommenes Werk" habe, d. h. Liebeswerk (vgl. 2, 8), so werde der zu einem Erprobten gewordene das Leben erhalten, das Gott denen verheissen, die ihn lieben. Auch Paulus sagt, die Trübsal schaffe Ausharren („schafft Ausharren" sind genau die Worte des Jacobus), das Ausharren Erprobtheit, und dass, weil wir lieben, alle Heilsgüter uns gewiss sind, aber im Unterschied von Jacobus lässt er der Bewährung die Rechtfertigung vorausgehn, so dass die Hofnung, die aus der Bewährtheit durch Leiden hervorgeht (V. 4), nur zur Bestärkung der zuversichtlichen Hofnung dient, die unmittelbar mit dem rechtfertigenden Glauben gegeben ist (V. 2). Die Liebe Gottes, die in unsere Herzen ausgegossen ist durch den Geist, den Gott nach seiner Verheissung uns gegeben hat (Ezech. 37, 14. 1 Th. 4 , 8 ; Ausgiessung des Geistes, Joel 3, wie belebenden Regens, vgl. 2, 23. Jes. 44, 3), ist nicht eigentlich die Liebe Gottes zu uns (von dieser ist nachher V. 8 die Rede), sondern unsere Liebe zu Gott; Paulus bewogt sich hier möglichst im Gedankengange des Jacobus (1, 12). Diese unsere Liebe ist Gegenliebe, hervorgerufen dadurch, dass Gott aus Liebesdrang seinen Sohn zu unserm Heil in die Welt und in den Tod gegeben. Aus diesem geschichtlichen Beweis göttlicher Liebe und aus den schon vorhandenen Wirkungen des heiligen Geistes in uns folgert Paulus, *) Griechisch: „in den Triibsalen", aber dies „in" bezieht sich auf den Gegenstand, dessen man 3ich_rühint, wie hier V. 11. 1, 17. Gal. C, 13. 2 K. 10, 15.
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f>, i
n.
dass Gott uns weiter und ans Ziel bringen wird. Unsre Hofnung wird uns in nichts Beschämung bringen, wir machen schon jetzt die Erfahrung reichlich, dass sie nicht trügt, ist doch die Liebe zu Gott in uns gepflanzt, schon sie ein Gottesgeschenk in Folge unsres Glaubens, und denen, die Gott lieben, muss alles zum Besten dienen. Die weltgeschichtliche Gründung unsres Heils, weil unsres Liebeslebens, unsres Glaubens, verdanken wir der unendlich treuen Liebe Jesu Christi, der in den Opfertod gegangen ist, als wir Sünder waren. Nachdrucksvoll an die Spitze des Satzes und wiederum an die Spitze des zweiten Satzgliedes dasselbe wichtige Wort stellend sagt Paulus: noch zu jener Zeit starb Christus, als wir kraftlos waren, noch gestorben ist er (seitdem kam Heiden wie Juden eine schönere Zeit) für Gottlose. Unter den vormals Gottlosen sind Heiden gemeint (vgl. 1, 18 f. 4, 5), die jetzt Christen sind, unter den vormals Kraftlosen, die nun durch Christus genesen sind (Jes. 53, 5), Juden nebst Heiden, die zu ihnen übergetreten waren, und sogenannten Gottesfürchtigen,*) die den Gott Israels verehrten, und sich in einigen äussren Dingen nach den jüdischen Sitten richteten, olme die Beschneidimg angenommen zu haben. Nachher (V. 8) sagt Paulus, Judenchristen und Heidenchristen zusammenfassend: „als wir noch Sünder waren, starb Christus für uns." D. h. zum Besten von uns. Welch eine That es war, dass Jesus sicli zum Besten von Sündern in den Tod gab, führt Paulus dadurch recht zu Gemüthe, dass er sich auf die Erfahrung beruft. Kaum kommt es vor, sagt er, dass Jemand zum Besten eines Gerechten den Tod zu erleiden bereit ist, und Jesus übernahm ihn für Ungerechte als der Gottesdiener von Jesaja 53. Jenes Kaum erläutert Paulus. Er meint, es muss noch etwas Besondres hinzukommen zur Gerechtigkeit eines Mannes, um einen Andern so zu begeistern, dass er für ihn in den Tod gehe. Und was hinzukommen muss, ist ein persönlicher Beweggrund, nämlich, dass jener Mann gegen den Andern gut, gütig, sein Wohlthäter gewesen sein muss. Nicht für irgend einen Guten, sondern finden Guten, nicht für den Wohlthäter eines Dritten, sondern für den eignen Wohlthäter opfert einer sich etwa. Wenn nun das der Lauf der Welt ist, dass Jemand allerhöchstens für einen, dem er durch Wohlthaten zu Dank verpflichtet ist, auch (d. h. sogar) sein Leben hingibt, wie göttlich ist die Liebe Jesu, der sich zum Besten derer kreuzigen liess, die ihn kreuzigten, wie gross die Liebe Gottes, der seinen Sohn für uns dahingegeben hat (vgl. 3, 24. 25. 4, 25. 8, 32. 2 Th. 2, IC). Dieser Beweis der Liebe Gottes ist fortdauernd da (das Präsens V. 8), ist eine geschichtliche Thatsache. Wir waren Sünder, wir sind gerechtfertigt, wir werden gerettet werden. Christus, *) afßoufvoi Verehrer, Gottesfürchtige, gegenüber den vtaeßfis, den Gottlosen, Nicktverehrern, dio nicht den wahren Gott verehrten.
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5 , 12 — 21.
in dessen Blut wir gerechtfertigt sind (denn durch den Glauben sind wir in seinen Tod getaucht 6, 3), schützt uns durch sein Leben, in das er uns aufnimmt, gegen das Zorngericht. Gott hat viel mehr Grund, die Versöhnten und Gerechtfertigten zu retten, als er hatte, die Sünder zu erlösen. Dass er seine Liebe uns einmal zugewendet hat, zieht ihn weiter. Er hat Gottesliebe in uns erweckt, und was er angefangen hat, wird er vollenden. Er wird es herrlich vollenden. Wir werden nicht bloss gerettet werden, etwa mit Mühe und Notli, sondern triumphiren werden wir (mit Frohlocken Jud. 24), uns rühmend unseres Gottes (vgl. 2, 17), uns rühmend durch denselben Christus, durch den wir jetzt schon versöhnt sind (vgl. zu 4, 2), und durch den wir von Herrlichkeit zu Herrlichkeit verklärt werden (2 K. 3, 18). Also, wie gesagt (1, 16. 17), das Evangelium ist eine Kraft zu Heil jedem Glaubenden, und der Gerechte 'aus Glauben wird leben. Dass der Mensch dadurch, dass er in das Leben Christi aufgenommen ist, das Heil hat, also die Erlösungsgeschichte der ganzen sündigen Menschheit abhängig ist von Einer Persönlichkeit, verliert das Auffallende, wenn man bedenkt, dass es ein entsprechender Verlauf ist, wie die Verbreitung der Sünde, die von Adam in seine sämmtlichen Nachkommen überging: 12 13 14
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16
17
18 19
Daruni, wie durch Einen Menschen die Sünde in die Welt hereinkam und durch die Sünde der Tod und so zu allen Menschen der Tod hinkam auf Grund dessen, dass alle sündigten. * Denn bis zu Gesetz war Sünde heimisch in der Welt, Sünde aber wird nicht zugerechnet, wenn Gesetz nicht ist, * dennoch herrschte der Tod von Adam bis Moses auch über die, welche nicht sündigten in Gleichheit mit der Uebertretung Adams. Welcher ist Vorbild des künftigen. * Aber nicht wie der Abfall, so auch die Gnadengabe. Denn, wenn vermöge des Abfalles des Einen die Vielen starben, um vieles mehr ward die Gnade Gottes und die Schenkung in Gnade, derjenigen des Einen Menschen Jesus Christus, für die Vielen reichlich. * Und nicht wie bei Einem Sündigenden das Geschenk, denn das Urtheil von Einem aus zu Verurtheilung, die Gnadengabe von vielen Abfällen aus zu "Rechtfertigungsspruch. * Denn wenn vermöge des Abfalles des Einen der Tod herrschend ward durch den Einen, um vieles mehr werden die, welche die Reichlichkeit der Gnade und der Schenkung der Gerechtigkeit empfangen, in Leben herrschen durch den Einen, Jesus Christus. * Demnach also, wie durch Einen Abfall für alle Menschen zu Verurtheilung, so auch durch Einen Rechtfertigungsspruch für alle Menschen zu Lebensrechtfertigung. * Denn wie durch den Ungehorsam des Einen Menschen als Sünder hingestellt wurden B ö h m o r , Rümerbriof.
4
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5 , 12 — 21.
die Vielen, so werden auch durch den Gehorsam des-Einen als gerecht hingestellt werden die Vielen. * Gesetz aber kain nebenein, damit völliger würde der Abfall; wo aber völliger ward die Sünde, ward 21 überreichlich die Gnade, * damit wie die Sünde herrschte im Tode, so auch die Gnade herrsche durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus unsern Herrn. „Demnach", da wir, wie eben (seit 3, 21) entwickelt worden ist, in Jesu Blut gerechtfertigt worden sind durch den Glauben und in seinem Leben das Heil haben, geschieht dies entsprechend „wie durch Einen Menschen in die Welt", die Menschenweit, „die Sünde eindrang, und durch die Sünde der Tod, und so" durch Einen Menschen „zu allen Menschen der Tod durchdrang, auf Grund dessen, dass Alle sündigten." Ebenso also kam durch Einen Menschen der Gehorsam, und durch den Gehorsam das Leben, und kommt so in Folge des Gehorsams des Einen das Leben zu vielen Menschen, auf Grund dessen, dass sie gehorsam sind, glaubensgehorsam (1, 5). Das Leben, das Jesus Christus hat, kommt Allen zu gut, obgleich sie es nicht verdient haben; in derselben "Weise wie Alle den Tod erleiden mussten, der dem Einen angedroht war. Der Grund ihres Todes war ihre Sünde, gleichviel ob ein Gesetz Strafe drohte oder nicht. Dass alle sündigten, ist eine Thatsache, die der Apostel schon oben (3, 23) nacli ausführlichem Nachweis (1, 18 — 3, 20) mit eben diesen, Worten ausgesprochen hatte; auch hier sieht er auf den geschichtlichen Verlauf: Jeder sündigte, und so bemächtigte der Tod sich eines Jeden.*) (Henoch war eine Ausnahme, die hier unberücksichtigt bleibt, vgl. Hebr. 11, 5). Sünde, und darum Tod bei Allen, wie bei Adam. Aber auch, weil bei Adam. In Folge davon, dass Adam auf Grund dessen, dass er sündigte, dem Tod verfiel, verfallen die Adamiden der Sünde, und auf Grund dessen dem Tod. Denn auch wenn kein Gesetz die Todesstrafe ausspricht, führt die Sünde zum Tode. Seit Adams Fall verlief eine Zeit ohne Gesetz. Das Gesetz nämlich, von jener Baumfrucht nicht zu essen, galt ja nur für die Bewohner Edens, die in der Verbannung lebenden Späteren waren selbstverständlich gar nicht in der Lage, es übertreten zu können, waren also auch nicht der Strafe verfallen, die auf diese Uebertretung gesetzt war. Andererseits war das Sinaigesetz, welches den Bundesbrüchigen gleichfalls mit dem Tode drohte, noch nicht gegeben. Zwischen Eden und Sinai aber war Tod nur auf ein einzelnes Verbrechen, auf Mord gesetzt, im Noacliischen Bund (Gen. 9, 6). Also hätten, von den Mördern abgesehn, die Adamiden vor dem mosaischen Gesetz, so scheint es, nicht sollen den Tod erleiden, da es doch ein allge20
*) Beide Aoriste von den vielen einzelnen Fällen wie der Aorist „hineinkam" von dem ersten Fall.
5, 12—21.
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mein anerkannter Kechtsgrundsatz ist, dass nur die gesetzlich vorgeschriebene Strafe verhängt werden darf. Dennoch starben von Adam bis Moses nicht nur die Mörder, sondern auch alle anderen, die kein ausdrückliches Gebot übertreten hatten, deren Sünde also nicht Uebertretung war, was die Adams war. Sie starben aber, weil in Folge des Adamischen Sündenfalls sie selber sündigten. Nicht nur vorhanden nämlich war Sünde, als es kein Gesetz gab, sondern, so lange kein Verbot ihr den Besitz streitig machte, war sie ganz heimisch in der "Welt und breitete sich ungehemmt aus.*) (Sobald Gesetz kam, war die Sünde nicht mehr bei sich zu Hause in der Welt, sondern die "Welt war Kampfplatz des Gesetzes und der Sünde.) "Wer die Folgen des Falles Adams bedenkt, den kann es nicht "Wunder nehmen, wenn nun verkündet wird, dass in Folge der Gerechtigkeit Jesu alle Sünder das ewige Leben erhalten sollen. Dass wir sonder Gesetz gerechtfertigt werden, ist nicht auffallender, als dass wir sonder Gesetz verurtheilt werden. Der Gott, der mit dem Tode straft, ohne dass Gesetzübertretung vorliegt, spricht gerecht und schenkt ewiges Leben, ohne Gesetzerfüllung zu verlangen. Die Sünder erlitten den Tod, obgleich sie ihn nicht gesetzlich verdient hatten; die Sünder empfangen das Leben, obgleich sie es gesetzlich nicht verdient haben. Und doch ist Gott nicht ungerecht. Die Sünde bestraft sich selbst durch ihre Folgen. Der Tod ist nicht nur Sündenfolge, sondern auch Sündenstrafe, wenn nicht gesetzliche, doch immer natürliche. Gott braucht die Sünde nicht erst zu verbieten, sie ist an sich widergöttlich, also der göttlichen Gegenwirkung verfallen; und seine Freigebigkeit ist keine Ungerechtigkeit. Die Parallele zwischen der vorchristlichen und der christlichen Entwicklung lässt also zunächst Folgendes hervortreten. Gott sprach ein Verbot aus unter Androhung der Todesstrafe. Adam übertrat es, und musste den Tod leiden. Jenes Verbot bezog sich auf bestimmte Verhältnisse im Paradiese und fand ausserhalb desselben keine Anwendung. Die Adamiden vor Moses, und seit Moses alle Nichtjuden, hatten kein ausdrückliches Gesetz Gottes. Aber sie waren alle ungöttlicher Natur, also Gott missfällig (vgl. 12, 2), und ihre Sünde, wenngleich sie nicht Gesetzübertretung war, brachte und bringt ihnen den Tod (vgl. 2, 12), übrigens nicht ohne dass sie sich selbst Gesetz sind (V. 14). Der Messias war Gott gehorsam und ist auferstanden und lebt. Die ihm gestellte bestimmte Berufsaufgabe ist nicht die der Seinigen, es gibt überhaupt kein Gesetzbuch des Neuen Bundes, nicht bloss für die Heiden nicht, für die Judenchristen ebensowenig. Aber der Glaubensgehorsam macht Juden und Heiden zu Angehörigen des Messias und setzt sie in den Genuss des *) P. schreibt: „sie war in "Welt", ohne Artikel, ähnlich, wie „in Fleisch, sein" 8, 8. 9. 4*
52
5, 12 — 21.
Rechtfertigungsurtheils Gottes,
und der heilige Geist, der ihnen
gesandt
wird und in ihnen wirkt, Geisteswerk, nicht Gesetzeswerk, bringt ihnen Leben.
Wie flies Leben geistliches Leben ist, so ist auch der Tod, der
als Sündenstrafe eintritt, im Grunde nicht das Ende des Erdenlebens, sondern geistlicher Tod; sagt doch die Schrift (Gen. 2, 17): „am Tage, wo du davon issest, wirst du sterben", und Adam lebte noch Jahrhunderte nach der Vertreibung aus dem Paradiese.
Der Messias ist also der Antitypus
Adams, „welcher ein Typus des zukünftigen", nemlich des ehemals zukünftigen, jetzt aber gekommenen „ zweiten Adam", — als solchen hatte Paulus im ersten Korintherbrief (15)
den Messias bezeichnet.
Grundverschieden
sind die beiden in ihrem sittlichen Verhalten gegenüber dem, was gut ist. Aber dass von je Einem Alle abhangen, gilt sowohl hinsichtlich des zweiten Adam, wie hinsichtlich des ersten. der göttlichen Weltregierung.
Hierin erkennt man einen Grundsatz
Aber die in dem zweiten Verlauf wirksame
Eigenschaft Gottes ist ausgiebiger, als die in dem ersten hervortretende: seine Ungnade bemisst sich nach der Sünde, seine Gnade ist überschwenglich. (Vgl. auch Exod. 34, 6. 7). so auch die Gnadengabe", war.
Darum sagt Paulus:
„Nicht wie der Abfall,
sie gibt mehr, als durch den Abfall verloren
„Denn, wenn" einerseits, was Thatsache ist, „durch den Abfall des
Einen die Vielen starben", die unzähligen Todten des Menschengeschlechts, „so ward" andererseits „um viel mehr die Gnade Gottes und die Schenkung in Gnade, der des Einen Menschen Jesus Christus, für die Vielen überschwenglich."
Das Charisma, die Gnadengabe ist eine Gabe der
Gottes und der Gnade des Menschen Jesus Christus (vgl. V. 5 — 8). Worte Gnadengabe, Schenkung in Gnade, dann Geschenk,
Gnade Die
befassen jedes
den ganzen Inhalt dessen, was der gnädige Gott dem Gläubigen schenkt, wie im zweiten Korintherbrief (9, 15)
„seine unauskündbare Schenkung",
zunächst die Zurechnung des Glaubens zu Gerechtigkeit, und alsbald die Ausgiessung des heiligen Geistes in unsre Herzen, wo er Liebe wirkt (5, 5), Lebensgerechtigkeit (5, 18).
So werden wir
„ geschenkweise gerechtfertigt
durch Gnade" (3, 24), gerecht in Glauben und Leben. diese Gnadengabe empfangen die „Vielen",
Diese Gnade und
die nach Jes. 53 der Diener
Gottes als Erbtheil erhielt (s. hier zu 4, 25; vgl. Mth. 20, 28).
Sie, die
Todesschuldigen, begnadigt Gott nicht nur mit gütiger Vergebung, er rechtfertigt sie auch in Folge ihres Glaubens, er tilgt
überdies durch seinen
Geist die in ihnen gewurzelte Sünde, und macht das Leben, das er ihnen schenkt, durch seine Gnadenfülle zu einem überschwenglich seligen.
Wenn
man die Thätigkeit der Gnade und die der Ungnade gegenüber den Vielen, auf die sie sich beziehen, vergleicht, so erkennt man: die Ungnade überschreitet nicht die Grenzen des Nothwendigen, die Gnade aber vergibt nicht
5, 12 — 21.
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nur, sondern ist unendlich freigebig. Wie grossartig aber das Gnadengeschenk ist, versteht man erst dann recht, wenn man bedenkt: "Wegen Eines Sünders waren alle Menschen in den Tod gegeben, seitdem hatten alle Menschen gesündigt, und dennoch lässt Gott Gnade für Alle walten; wegen des Sündenfalls des Einen wird das Menschengeschlecht zum Tode verurtheilt, trotz der unzähligen Sündenfälle Aller wird es begnadigt; die jetzige Gnadenerbietung ist so allgemein, wie der Tod, obgleich die Sünde, seit jener ersten Sünde, die den Tod für alle Menschen nach sicli zog, lawinenartig gewachsen war. Dies ist der Gedanke des Folgenden: „Und" — ein Umstand, der die Fülle der Gnade erst in das rechte Licht setzt — „nicht wie bei Einem Sündigenden das Geschenk", d. h. die Sachlage bei dieser Schenkung war nicht wie die, als nur Einer gesündigt hatte, es hatten seitdem Alle gesündigt lind sündigten noch immer Alle. Gleichwohl bietet Gott Allen das ewige Leben. „Denn das Urtheil" ward „aus Anlass Eines" Sünders „zu Verurtheilung, die Gnadengabe aber aus Anlass vieler Abfälle zu Rechtfertigungsspruch." Abfall setzt nicht Gesetz voraus, wie Uebertretung, aber auch Uebertretung wird unmittelbar Abfall. Urtheil ist der Spruch, den Gott als Richter findet, einerseits Verurtheilung, andererseits Rechtfertigungsspruch; Charisma, Gnadengabe ist das, was er als gnädiger Herr gibt. Die Sünder werden vom gerechten Gott verurtheilt. Nur auf Grund des Glaubens wird dem Menschen Gnade und Rechtfertigung zu theil. Dann sendet ihm Gott seinen Geist, dessen Werke dem Gesetz entsprechen. Im Endgericht, das über die Werke urtheilt, wird der, in welchem der Geist gewirkt hat, vom Richter gerecht gesprochen. So führt die Gnadengabe zum endgültigen Rechtfertigungsspruch. Nur Einer hatte gesündigt, aber Verurtheilung traf nicht bloss ihn, was gesetzgemäss war, sondern alle Nachkommen von ihm, eine Verurtheilung ohne Gesetz, nach Gottes Heiligkeit. Dagegen die Gnade, während nicht nur Einer gesündigt hatte, sondern Jedermann, ungeachtet der Menge der Sünder und der Masse der Sünden, allgemeine Vergebung verkündet und Alle Gläubigen so umschafft, dass sie als Gerechte hervorgehn. Dass der Weltrichter sie gerecht finden wird, ist sicher. „Denn, wenn vermöge des Abfalls des Einen der Tod herrschend ward durch den Einen, um viel mehr werden die, welche die Ueberschwenglichkeit" (V. 15) „der Gnade und des Geschenkes der Gerechtigkeit", nicht nur die Glaubensgerechtigkeit, sondern auch die Lebensgerechtigkeit, „empfangen", fort und fort empfangen, — ihre Selbsttätigkeit ist keine andere, als diese des Geschenktnehmens, „in Leben herrschen durch den Einen, Jesus Christus." Wenn — so, Thatsache und Schluss daraus (wie V. 10. 11, 21); in den Schlusssatz ist eine zweite beweisende Thatsache mit aufgenommen. Wenn
54
5, 12 — 21.
Gott den Tod hat zur Herrschaft kommen lassen über Alle wegen Eines Menschen Uebertretung, also durch diesen Einen („Einer" wird wiederholt, um Nachdruck darauf zu legen), so wird er sicherlich durch einen andern Einen wegen dessen Gehorsams uns alle demselben Angehörige zur Reichsherrlichkeit eingehn lassen, um so mehr, da er uns durch seinen Geist schon dazu vorbereitet. Wir werden also auf Grund des Glaubens Abrahams mit dem Messias die Welt erben (4, 13) und mit ihm herrschen. Die Unähnlichkeit zwischen Einst und Jetzt, welche darin liegt, dass Gott ehemals um des Sündenfalls des Einen willen dessen ganzes Geschlecht verdammte, nunmehr aber trotz der Sünden und der Sündigkeit Aller doch Vergebung ergehen lässt, beruht somit darauf, dass gleichermaassen hier wie dort Ein Mensch das Geschick der Menschheit herbeiführt, einmal ein Sünder, das andre mal ein Gerechter. Nach dieser Erörterung blickt Paulus auf den Anfangssatz seiner Parallele zurück; das „wie" (V. 18) entspricht dem dortigen „wie" (Y. 12), und der dort unausgesprochen gelassene Gedanke gelangt nun in einem Satze mit „so" zu Worte. „Folglich also, wie" es „durch Einen Abfall für alle Menschen zur Verurtlieilung" kam, „so" kommt es „auch durch Einen Rechtfertigungsspruch", den Gottesspruch, durch welchen der Messias als Gerechter anerkannt wird,*) „für alle Menschen zu Lebensrechtfertigung." Lebensrechtfertigung ist der Richterspruch, durch welchen das Geistesleben des vor Gericht stehenden Menschen als gerecht anerkannt und der Einlass in die Herrlichkeit des ewigen Lebens zuerkannt wird. „Alle Menschen" meint jederlei Menschen, ob Juden, ob Heiden. „Denn wie durch den Ungehorsam des Einen Menschen als Sünder hingestellt wurden die Vielen, so sollen auch durch den Gehorsam des Einen als Gerechte hingestellt werden die Vielen." Hinstellen heisst: einen Platz anweisen. Der Richter wies die Adamiden zu dem Sünder Adam, das Paradies blieb allen verschlossen. Der Richter wird die Christen zu Christus stellen und ihnen mit ihm den Eintritt in das Reich eröffnen (vgl. Mth. 25, 33. 34). In jeder der beiden Linien entscheidet das Verhalten des Anhebers über das Geschick der Seinen. Der Gehorsam Jesu war Glaubensgehorsam (vgl. zu 1 , 5 . 17. 3, 22); treu gehorsam bis zum Tode am Kreuz (Phil. 2 , 8 ) , war er der Gottesdiener von Jesaja 53 (vgl. hier 4, 25. 5, 6. 6, 16. 17). Es gibt also zwei Perioden der Weltgeschichte: vor Christus und seit Christus. Moses ist nicht so epochemachend; er eröffnet nur eine Unterabtheilung der ersteren Periode. Das hebt Paulus am Schluss dieser Gedankenreihe hervor. „Gesetz aber kam nebenein" in die Welt, neben Sünde und Tod (vgl. V. 12), „damit voller würde der Abfall; wo aber voller wurde die Sünde, wurde ganz überschwenglich die *) Vgl. Siy.iumaui Sixaiov Jes. 53, 11,
6,
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1-14.
Gnade", das Judenthum also war das Gebiet der völligeren Sünde und der überschwenglichsten Gnade, „damit, wie die Sünde herrschte im Tode, so auch die Gnade herrsche durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus unsern Herrn." (Vgl. Gal. 3, 19.) Die Sünde ist hier, wie in einer bald folgenden Auseinandersetzung (7, 8 f.), als eine den Menschen beherrschende Macht vorgestellt; nicht als eine Verhaltungsweise des Menschen, sondern als deren Verursachcrm, personificirt als Herrscherin. Der Tod ist ein Fürst, der von ihr sein Gebiet zu Lehn hat. Paulus spricht hier nicht sowohl vom leiblichen Tode, als vielmehr vom geistlichen Tode, den er auch in der Erzälilung über das verlorne Paradies gemeint fand (vgl. zu V. 14), vom Seelenpeiniger, dessen "Wirksamkeit in der allgemeinen Friedlosigkeit der unerlösten Menschen zu erkennen ist. Gegensatz dieses Todes ist der Friede des ewigen Lebens, den die göttliche Gnade gibt. Die Sünde wird völliger, wird, wie Paulus nachher sagt (7, 13), im Uebermaass sündig und zeigt sich als Sünde d. h. als widergöttlich, — dadurch, dass sie zur Uebertretung verführt, also dadurch, dass sie sich gegen ein Gesetz behauptet. Ohne Gesetz keine Uebertretung, wohl aber Abfall. Wenn die Sünde völliger wird, dann wird es auch der Abfall, er wird Uebertretung. Damit klar werde, dass das Fleisch der Vollkommenheit Gottes nicht entspricht, ward Gebot schon im Paradiese gegeben, ward auch das Gesetz auf dem Sinai verkündet. Der thatsächliche Abfall von Gott wird zur bewussten Gesetzwidrigkeit gesteigert, um aufgehoben werden zu können durch den heiligen Geist in denen, welche ihre Ohnmacht erkennen lind alles Heil von Gott erwarten. Die Königin Sünde ist abgethan für sie, ihre Königin ist die Gnade. Sie sendet den Geist, der in ihnen das „königliche Gesetz" der Liebe (Jac. 2, 8) erfüllt. Darum erhalten sie am Gerichtstag Lebensrechtfertigung und werden Christi Reichsgenossen. Sollen wir nun, um der Gnade Wirksamkeit zu verschaffen, sündigen? Das ist widersinnig.
Wir erklärten uns abgestorben der Sünde, als wir
unter die Gnade traten: 6
Was nun sollen wir sagen?
2
Gnade zunehme" — ?
„Wir bleiben bei der Sünde, damit die
3
der Sünde, wie mögen wir noch leben in ihr? * Oder seid ihr in Unkunde darüber, dass wir, so Viele wir getauft wurden in Christum
4
Jesum, in seinen Tod getauft wurden? * Mitbegraben also wurden wir mit ihm durch die Taufe in den Tod, damit, wie erweckt ward Christus aus Todten durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir
5
in Lebensneuheit wandelten. * Denn wenn wir Mitwesende geworden sind hinsichtlich der Gleichheit mit seinem Tode, werden wir es aber
* Nicht geschehe
das!
Als
die abstarben
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6,
1-14.
6
auch sein hinsichtlich der mit der Auferstehung, * dies erkennend, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt ward, damit abgethan werde der Leib der Sünde, dergestalt dass wir nicht mehr dienen der Sünde, 7 * denn der Abgestorbene ist rechtlich freigemacht worden von der 8 Sünde. * Wenn wir aber abstarben mit Christus, glauben wir, dass 9 wir auch mitleben werden mit ihm, * wissend, dass Christus, erweckt aus Todten, nicht mehr abstirbt, Tod nicht mehr seiner Herr ist. 10 * Denn was er abstarb, starb er der Sünde ab, auf einmal; was er 11 aber lebt, lebt er Gotte. * Ebenso rechnet auch ihr euch als solche, die todt sind für die Sünde, lebend aber für Gott in Christus Jesus, 12 unserni Herrn. * Nicht also herrsche die Sünde in eurem todhaften 13 Leibe, so dass ihr gehorsamet dessen Begierden, * noch auch gebt eure Glieder als Unrechtwaffen der Sünde hin, sondern gebt euch selbst Gotte hin gleichwie aus Todten Lebende und eure Glieder als 14 Gerechtigkeitswaffen Gotte. * Denn Sünde wird euer nicht Herrin sein, denn nicht seid ihr unter Gesetz, sondern unter Gnade. Wenn nun, wie eben gesagt, Gott die Sünde zur Gesetzübertretung gesteigert wollte, damit seine Gnade um so überschwenglicher wirken könne, sollen wir uns daraus die Yerhaltungsregel ziehen, dass wir, um der Gnade zu dienen, im Dienst der Sünde bleiben? Schon oben (3, 8) hatte Paulus sich gelegentlich kurz dagegen verwahrt, dass solche, die nach dem Grundsatz leben „Thun wir das Schlechte, damit das Gute komme", als die Seinen angesehen würden, jetzt, wo er vom rechten Leben handelt, weist er sie selbst zurecht. Bei der Sünde bleiben, heisst: an ihr festhalten; ähnlich wie der Vf. nachher sagt: beim Unglauben bleiben, bei der Güte Gottes bleiben d. h. daran festhalten, dass es nur seine Güte ist (11, 22. 23). Bei der Sünde zu bleiben, in ihr Befriedigung für irgend ein Anliegen unseres wahren Lebens zu finden, ist sittlich unmöglich für uns, die der Sünde abgestorben sind. Sind wir doch getauft worden. Das Wort, das wir mit Taufen übersetzen, heisst wie dieses deutsche nichts anderes als Tauchen und zwar Untertauchen; der Grieche dachte bei seinem Wort nicht zuvörderst an Rituelles, wie wir jetzt bei Taufe, sondern an Untertauchen, und den Ritus dachte er eben als eine besondre Art von Untertauchen. Das Untertauchen in das Wasser ist ein Sinnbild für das Untertauchen in Christum, der den Täufling in sich aufnimmt. In Christum getaucht oder getauft werden, der Ausdruck des Galaterbriefs (3, 27) und des Römerbriefs, ist abgekürzt aus: getauft werden in den Namen Christi. Dies ist vorausgesetzt, wenn Paulus an die Korinther schreibt: „wurdet ihr in den Namen Pauli getauft?" und „dass Niemand sage, ihr seiet in meinen Namen getauft" (1 K. 1, 13. 15. vgl. G, 11). Die
C,
1-14.
57
Formel beruht darauf, dass im Alten Testament Name oft soviel bedeutet als Erscheinung des Wesens einer Person (Gott sagt: ich sende meinen Engel vor dir her, gehorche seiner Stimme, mein Name ist in ihm. Exod. 23, 20. 21). Auch die Apostelgeschichte sagt „Getauft in den Namen des Herrn Jesu" (8, 16. 19, 5), neben „im Namen" (10, 48) und „auf den Namen Jesu" (2, 38) d. h. auf Grund des Namens Jesu, nämlich „anrufend seinen Namen", wie vom Täufling gesagt wird (22, 16). Das Matthäusevangelium hat in dem Bericht über die Einsetzung der christlichen Taufe die vollere Formel: „macht zu Jüngern alle Völker, sie taufend in den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes." Wie nach diesem Evangelisten, der ausserhalb des Paulinischen Kreises steht, Jesus diese Anordnung erst traf, nachdem er aus dem Grabe auferstanden war, so wird bei Paulus der Täufling in den aufgenommen, der gekreuzigt worden war und am dritten Tage auferstanden war. Dass, wer in Christum getauft ist, in seinen Tod getauft ist, bringt Paulus hier ausdrücklich als etwas zur Sprache, das jeder Getaufte wissen müsse ebenso gut wie er, dem es bei seiner Taufe gesagt war wie jedem andern bei der seinigen; und ebensowenig meint Paulus hier etwas ihm eigenthümliches damit zu lehren, dass er die Taufe in Beziehung setzt zur Auferstehung. Er erinnert nur an das, was allgemeine apostolische Lehre war; seine Ubereinstimmung mit derselben hervorzuheben, liegt ihm am Herzen, sowohl seiner selbst wegen, gegenüber seinen Angreifern unter den Christen, als auch wegen jener aus dem Schooss seiner Gemeinden Hervorgegangenen, die, obgleich sie Paulinische Christen zu sein glaubten, sich überhaupt von der Kirche Christi entfernten. Die christliche Taufe hatte sich entwickelt aus der Johannes des Täufers. Der Johannestäufling sagte dem alten Menschen ab und stellte sich durch das Auftauchen aus der Flut als einen neuen dar, gewärtig des göttlichen Geistes, den in Bälde der Messias auch ihm bringen werde (AG. 19, 4). In Kraft des heiligen Geistes durchwandelte und vollendete der Messias seine Bahn, an deren Anfang er sich der Johannestaufe unterzogen hatte. Sein Kreuzestod ist nur das Ende alles des Sterbens, dem auch Sein Fleisch unterworfen war (vgl. 2 K. 4, 10. 11); seine Wirksamkeit nach dem Kreuzestod ist nur die Fortsetzung des Geisteslebens, das er schon im Fleische lebte. Diesem schon vor Golgotha Gekreuzigten und nicht erst aus der Gruft des Joseph zum Leben Erstandenen werden also die Gläubigen einverleibt, das meint die Taufe. Sie stellt dar, dass der Gläubige demjenigen angehört, der durch den heiligen Geist auferstanden ist, nicht aber dass er persönlich den Geist empfangen hat. Sie stellt eben dar, was der Täufling glaubt, nicht was er in Folge seines Glaubens empfängt. Die Gabe des Geistes wurde durch einen besonderen Ritus ange-
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6,
1 — 14.
deutet, dadurch dass der Taufende dem aus dem "Wasser Emporgetauchten die Hand auflegte. Paulus selbst hat, nach der Apostelgeschichte (19, 6), eben Getauften die Hand aufgelegt und „kam der heilige Geist auf sie" (vgl. 8, 18). Schon Marcus erzählt (1, 10), dass Jesus, als er aus dem Jordanwasser stieg, Gottes Geist wie eine Taube auf sich herabkommen sah. Zur "Wassertaufe des Johannes trat also, wie dieser selbst vorausgesagt hatte (Mk. 1, 8), die Geistestaufe hinzu, ausgehend vom Messias. Auf beide weist Paulus hin, wo er sagt: „in Einem Geist wurdet ihr alle in Einen Leib getaucht, und wurdet alle mit Einem Geist getränkt" (1 K. 12, 13. vgl. Rö. 5, 5 : „die Liebe zu Gott ist ausgegossen in euren Herzen durch heiligen Geist." Die beiden Seiten der Taufe unterscheidet Paulus auch, wo er als Typus hinstellt, dass Israel durch das rothe Meer gegangen und in der Wüste unter der "Wolke gewandelt sei, 1 K. 10, 1 f. Dass die Wolke sie geleitete, schon ehe sie durchs Meer gingen, macht den Vergleich nicht ungenau, sofern ja auch die christliche Wassertaufe durch heiligen Geist bewirkt wird, wie Paulus in der andern so eben angezogenen Stelle 12, 13 sagt). Ton derselben Anschauung aus sagt er (1 K. 6, 11): einst lebtet ihr in mancherlei Schlechtigkeit, „aber ihr liesset euch abwaschen, aber ihr wurdet geheiligt, aber ihr wurdet gerechtfertigt im Namen des Herrn Jesu Christi und im Geiste unseres Gottes." Die Waschung meint die Wassertaufe, die Heiligung ist die durch den Empfang des heiligen Geistes, die Rechtfertigung geschieht im Namen Jesu Christi, bei der inneren Taufe in den Namen Jesu Christi, und geschieht im Geiste Gottes, den wir nach solcher Taufe empfangen. Dies „und" soll nicht besagen, dass Rechtfertigung nur auf Grund von Heiligung erfolgt, vielmehr ist aus der ganzen Paulinischen Lehre klar, dass gemeint sein muss: jeder Getaufte, da er auf Grund seines Glaubens die Taufe empfangen hat, ist glaubensgerecht, und diese seine Gerechtigkeit ist nicht abhängig von der durch den Geist mehr und mehr in ihm verwirklichten. Wenden wir uns nun zu der vorliegenden Stelle des Römerbriefes. Der Sünde zu Willen sein, sagt Paulus, können wir nicht, denn wir sind ihr abgestorben. Und abgestorben sind wir ihr in Folge unseres Glaubens, in welchem der Keim dieses unseres Todes lag, wie wir durch die Taufe bekannt haben. Paulus, redet solche an (auch in Rom gab es deren), die sich durch die Taufgnade gesichert wähnten und ohne sittlichen Ernst weiterlebten, indem sie sich bei dem Gedanken beruhigten: die Sünde mag ihr Wesen in unserm Heisch weiter treiben, desto grossartiger erweist sich Gottes Gnade. Aus dieser Yerstiegenheit führt sie Paulus zu den wahren Geheimnissen des Reiches Gottes zurück. Wisst ihr denn nicht, dass wir in den Tod Christi getaucht sind? Ihr müsst es wissen; vergegenwärtigt
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euch, was euch vor und bei der Taufe gelehrt worden ist. Wir sind also — das folgt daraus, dass wir in Christi Tod getaucht sind, bei welchem Tod es doch nicht sein Bewenden hatte, — wir sind zu dem Zwecke mit Christus begraben (statt vom Tod redet Paulus vom Grab, wie Kol. 2, 12, um daraufhinzuweisen, dass der Tod in Urbild und Abbild - ein vollständiger ist), — begraben zu dem Zweck, dass, wie Christus erweckt ward aus Todten durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in Lebensneuheit wandeln. Das ist der Sinn der Taufe, dies Ziel hatten die Taufenden im Auge, und dazu müsst auch ihr euch doch bekannt haben. Wir sollen neues Leben haben und im neuen Leben neuen Wandel; „wenn wir leben durch Geist, lasst uns in Geist auch einhergehn" (Gal. 5, 24). Unser Wandel in neuem Leben ist der Zweck unsers Eingetauchtwerdens in Christum, das durch den Glauben uns zu theil wird, in der Taufe dargestellt wird. Zu Glaube und Taufe soll der neue Lebenswandel hinzukommen. Er ist vergleichbar dem Wandel des aus dem Grabe auferstandenen Christus (der sich in der Offenbarung Johannis 2 , 1 den inmitten der sieben Leuchter, d. h. der sieben Gemeinden, Wandelnden nennt), denn diese Wirksamkeit Christi ist die Fortsetzung seines heiligen Wandels vor dem Kreuzestod. Schon damals war er erweckt durch die Herrlichkeit des Yaters; sein Leib war ein Leib der Herrlichkeit (1 K. 15, 40 f.), nicht ein Leib der Sünde (hier V. 6). Auch wir Christen haben hier einen Auferstehungsleib, indem wir in Christi Bild umgestaltet werden (2 K. 3, 3). Beweis dafür, dass Lebensneuheit, nicht Fortsetzung des alten Lebens der Zweck ist unseres inneren Untertauchens in Christus, das durch die Taufe dargestellt wird, liegt darin, dass die Folge dieses Untertauchens keine andere sein kann, als was bezweckt war: nämlich, wenn wir dadurch, dass wir gleichem Tode geweiht sind, mit ihm verwachsen sind, so werden wir doch mit ihm verwachsen bleiben und weiterer Gleichheit mit ihm theilhaftig werden, also der gleichen Auferstehung. So werden wir völlig seine Mitwesenden sein, nicht nur mitgestorben und mitbegraben, sondern auch mitauferstanden. (Das Mit hat in allen Fällen dieselbe Beziehung: mit ihm; sie ist beim ersten Yorkommen ausgesprochen: mitbegraben mit ihm, dann bei mitwesend und mitgekreuzigt vorausgesetzt, bei mitleben Y. 8 wieder ausgedrückt; miterweckt, Kol. 2, 12. 3,1.) Das Mitauferstehn, dem wir uns im Glauben und bildlich in der Taufe hingeben, und die Erfüllung der Hofnung auf das Mitregieren im Messiasreich wird uns aber nur dann zu theil werden, wenn wir erkannt haben, zu welchem Zweck wir in den Tod Christi getauft sind, also worin das Wesen dieses Mitsterbens mit Christus, also des Mitgekreuzigtwerdens besteht. Hierüber aber waren jene, zu denen Paulus hier redet, völlig im Unklaren. Sie mussten, ehe sie sich als Genossen der Auferstehung und des ewigen
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Lebens ansehn durften, erst verstehen lernen, „dass unser alter Menscli gekreuzigt ward, damit der Leib der Sünde abgethan werde, dergestalt, dass wir nicht mehr dienen der Sünde, denn der Abgestorbene ist rechtlich frei gemacht worden von der Sünde." Die Kreuzigung des Fleisches samt den Leidenschaften und den Begierden (Gal. 5, 24. vgl. 2, 20. 6, 14) geschah in Glauben und Taufe grundlegender Weise, im Hinblick darauf, dass alsdann die Ertödtung ausgeführt werde. Die Sünde, unsre Herrin, soll leblos werden durch den Verlust ihrer Leiblichkeit (vgl. 7, 8); wir sollen uns der Sünde entziehn dadurch, dass das Fleisch, das ihr fröhnt, und so ihr Leib, Sündenleib ist, ertödtet wird, damit es als Geistesleib auferstehe; ist dies als unser Ziel erkannt, so wissen wir: wir sollen der Sünde nicht mehr dienen wollen. Wir waren ihre Knechte, jetzt hat sie nichts mehr von uns zu fordern, wir sind ihr gegenüber von Rechts wegen quitt, weil todt durch die Ertödtung unseres alten Menschen. Wie sollten wir leben für sie? (Y. 2). Wenn wir aber in Wirklichkeit so abgestorben sind, nicht nur wie im Glauben grundsätzlich, dann dürfen und sollen wir glauben, und wir glauben es, dass wir mit Christus leben werden, leben im vollsten Sinne, also auch ohne Aufhören; wissen wir doch — der Grund jenes Glaubens ist dies Wissen — , dass über den Auferstandenen, mit dem wir vereint sind, Tod keine Macht mehr hat, keinerlei Tod, denn den Tod, den er starb, als er im Sündenfleisch war (8, 3), und den er der Sünde, die im Tode herrscht (5, 21), gestorben ist einmal für allemale, kann er nicht wieder sterben, und das Leben, das er lebte und jetzt lebt, das lebt er Gotte, und wird es, weil es göttlich ist, ewig leben. Der Satz: „er stirbt nicht mehr" wird erläutert durch „er starb einmal für allemale;" und dass er Gott lebt, ist die andere Seite zu dem Gesagten: dass der Tod nicht mehr Herr über ihn sei. Er ist der Herr auch über den Tod (1 K. 15, 20). Auf diese Weise also verstehn wir unsern Glauben und unsre Taufe und was aus beiden folgt. Ebenso sollt auch ihr, die ihr von uns andern Getauften abirrt, die Sache ansehn. Erachtet euch für solche, die in Christus einerseits todt sind der Sünde gegenüber, lebend andererseits für Gott. Das seid ihr durch den Glauben. Wie Gott euch den Glauben zu Gerechtigkeit rechnet und die Sünde nicht rechnet (Kp. 4), so sollt ihr euch als durch den Glauben für todt der Sünde und ihm lebend rechnen (6, 11). Seid ihr aber im Glauben für Gott Lebende, so folgt, dass ihr nicht dürft die Sünde ihr Wesen in euch treiben lassen, als ginge euch das nichts weiter an, was sie treibt. Es ist nicht genug, dass man sich im Gemüthe frei macht von der unumschränkten Königsherrschaft der Sünde und nicht mehr sein Glück sucht im knechtischen Gefolge der Begierden des Leibes, in dem sie ihren Sitz hat, dieses todhaften Leibes, denn Tocl, Pein, ist der Sold,
, 15), „strebt der Liebe nach" -(1 K. 14, 1), „der Gastlichkeit nachstrebend" (R. 12, 13), „den Dingen des Friedens lasst uns nachstreben" (R. 14, 19), „ich strebe, ob ich es ergreife, auf Grund dessen, dass ich ergriffen bin von Christus Jesus", und „zielwärts strebe ich nach dem Siegespreis" (Ph. 3, 12. 14).*) Das Ziel, das die Juden sich setzten, war unerreichbar, das Gesetz, so nahe man ihm gekommen sein mochte, wich immer wieder hinter neue Forderungen zurück, so dass man die Vollkommenheit bei allem Rennen (Y. 16) nicht erringen konnte. Israel strebte einem Gerechtigkeitsgesetze nach, gelangte aber nicht zu Gesetz (V. 31). Hingelangen zu Gesetz heisst: zur Erfüllung eines Gesetzes gelangen,**) und somit gerecht werden. Israel ist nicht gerecht geworden, hat kein Gesetz erfüllt, weil das Streben des Volkes von der Vorstellung ausging, Gesetzerfüllung sei durch Arbeit ausführbar, Rechtfertigung werde auf Grund von Werken ertheilt; weil es nicht strebte auf Grund von Glauben an die zur Erreichung der Vollkommenheit allein genügsame Gnade und Kraft Gottes. So blieb ihm das Gesetz des Geistes des Lebens (8, 2) fremd, und das Gesetz der Gebote gereicht ihm nur zur Verurtheilung. Jesus zeigte den wahren Weg, alter Israel erkannte nicht seinen Messias. Prophetenworte liessen dies voraussehen. Bei Jesaja hiess es (28, Iß): „Siehe, ich habe auf Zion einen Stein gegründet, einen bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein gegründeter Gründung; wer vertraut, wird nicht fliehen." Paulus setzt statt Eckstein den „ Anstossstein nnd Aergernissblock" einer andern Stelle desselben Propheten (8, 14).***) Der Ausdruck für Anstossstein und das nicht zu Schanden werden sind dem Apostel aus der Septuaginta in Erinnerung, denn nachgeschlagen hat er die Stellen beim Scliraiben offenbar nicht. Nachdem er nun rückhaltlos seine Ansicht üher die verhängnissschwere Schuld Israels ausgesprochen, fühlt er sich gedrungen, allen Anschuldigungen gegenüber den römischen Brüdern zu betheuern, dass sein Herz mit der innigsten Theilnahme an den Juden hängt und •ihnen alles Beste ersehnt. Er hat sich keineswegs von ihnen abgewendet *) Ueberall Suir/.tiv. **) N a c h Gesetz streben heisst n i c h t : s t r e b e n , ein Gesetz zu h a b e n , zu kennen. Vgl. E s r a 9, 3 ö Siw/.mv Xöyov {HOB „ G o t t e s W o r t n a c h s t r e b e n d " ; bekannt ist. es i h m schon. Ebensowenig heisst zu Gesetz gelangen: zur Kenntniss eines Gesetzes gelangen. Vgl. P h . 3, 1 6 : wozu wir gelangt sind, in eben dem w a n d e l n , d. h. lasst u n s fortschreiten auf demselben W e g e christlichen L o b e n s , auf d e m wir bis zu dem j e t z t erreichten P u n k t gekommen sind. In
***) A u s einem L X X - Z u s a t z an letzterer Stelle s t a m m t vielleicht a u c h bei P a u l u s u n d in L X X - M a n u s c r i p t e n an der ersteren Stelle.
IWTM
das
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und nur andern zugewendet, nein, er findet noch Wohlgefallen an ihnen und thut Fürbitte für sie. Er betet für das Heil des Volkes, bittet Gott, es zu retten. Das liebende Herz kann ja nicht anders, und lebt des Glaubens, dass auch die Fürbitte als Beweggrund mit aufgenommen ist in den ewigen Weltplan, in welchem es Erwählte und Nichterwählte gibt. Grund seines Wohlgefallens an den Juden und seiner Fürbitte für sie ist ihr Eifer für die Sache Gottes. Freilich — nun kommt der nicht durch das gewöhnliche Aber ausgedrückte Gegensatz zu dem Zwar der Betheurung (Y. 1) — sie haben keinen erleuchteten Eifer, es fehlt ihnen an voller Erkenntniss, an tieferer Einsicht, an demjenigen Glauben, der sieh rückhaltlos der Gnade unterwirft und von ihr Gerechtigkeit erwartet. Er sagt dies mit um so grösserem Schmerz, da er eine Partei unter den Cliristgläubigen sich mehr zu den werkgerechten Juden als zu den glaubensgerechten Christen aus Juden und Heiden halten sieht. Sie wollen ihre eigne Gerechtigkeit, die aus Werken, geltend machen („hinstellen", vgl. 3, 31), statt der Gottesgerechtigkeit, der Glaubensgereclitigkeit (vgl. zu 1, 17). Indem sie die Gerechtigkeit aus Gott ablehnen, sind sie unfügsam der Gerechtigkeit Gottes gegenüber. „Ordnet euch Gott unter", hatte Jacobus allerdings verlangt (4, 7). Aber dass sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unterordneten, sagt Paulus nicht nur in Beziehung- auf die Juden, sondern auch im Hinblick auf alle diejenigen Judenchristen, die die wahre Gottesgerechtigkeit nicht kennen. Dass sie bei ihrer Gesetzlichkeit Gotte unbotmässig sind, muss er urtheilen, weil Gott bereits den Messias gesendet hat, der ein Ende von Gesetz ist zu Rechtfertigung jedem Glaubenden. Die Herrschaft alles Gebots hat nunmehr insofern ein Ende, als die Rechtfertigung nicht mehr von der Erfüllung des Gebotes abhängig ist, sondern aus Gnade jedwedem Gläubigen ertlicilt wird, sei er Jude, sei er Heide. Durch die dem Gläubigen ins Herz gegossene Liebe wird dann auch das Gesetz erfüllt (5, 5. 8, 4). Ganz ein Ende nehmen aber soll der jüdische Cultus, der durch das Selbstopfer des Messias antiquirt ist (3, 25). Dass der Messias Gesetzesende ist, erhellt aus dem, was Moses sagt und was dagegen Er sagt. In der Thora heisst es (Lev. 18, 5) in Bezug auf die Satzungen und Gesetze: „Der sie thuende Mensch wird leben in ihnen" d. h. durch sie. Schon im Galaterbrief. (3, 12) hatte Paulus diese Worte citirt, ganz nach LXX, die das Hebräische gut wiedergibt. Hier fasst er das zu Thuende als „die Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz" zusammen und schreibt daher „wird leben in ihr." Der auf Grund von Gesetzbeobachtung zu erwerbenden Gerechtigkeit stellt er die auf Glauben gegründete Gerechtigkeit gegenüber. Er personificirt diese, wie er (6, IC) den Glaubensgehorsam personificirt hatte. Sie spricht: „Nicht sage in deinem Herzen." Diese Worte kommen ganz so,
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wie sie Paulus hat, zweimal in der Septuaginta vor, im Deuteronomium (8, 17. 9, 4); beidemale ist das, wovor gewarnt wird, die Selbstüberhebung. Achte auf dich, dass du nicht den vergissest, der dich aus Aegypten geführt, „und dass du nicht sagest in deinem Herzen: meine Kraft und die Stärke meiner Hand hat mir dies Vermögen geschafft. Gedenke des Ewigen, deines Gottes, dass er es ist, der dir Kraft gibt, Vermögen zu schaffen" (8, 11 f.), und bald darauf (9, 4 f.): „Nicht sage in deinem Herzen: um meiner Gerechtigkeit willen hat der Ewige mich hieher geführt. Nicht wegen deiner Gerechtigkeit und deiner Herzensgradheit kommst du dahin, sondern wegen des Frevels dieser Völker vertreibt sie der Ewige vor dir, und damit er das "Wort halte, das der Ewige deinen Vätern geschworen." Ohne sich an diese Stellen erinnert zu finden, konnte der Schriftkundige deren Einleitungsworte hier nicht lesen. Paulus verwendet sie aber als Einleitung zu einer anderen Stelle des Deuteron omiums, zu der er ohne weiteres übergleitet. Dort heisst es am Schlnss der Verordnungen (30, 11 f.): „Dies Gebot, das ich dir heute gebiete, nicht ist es dir unerreichbar und nicht ist es ferne. Nicht im Himmel ist es, so dass man sagen miisste: wer wird auffahren für uns gen Himmel und es lins holen, dass er es uns hören lasse und wir es tliun können? Und nicht auf der andern Seite des Meeres ist es, so dass man sagen miisste: wer wird für uns durchs Meer fahren und es uns holen, dass er es uns hören lasse und wir es thun können?" Die andre Seite des Meeres ist nicht in horizontaler Richtung gemeint, sondern in senkrechter; unter dem Meere befindet sich nach jüdischer Vorstellung der grosse Abgrund. Du kannst, will der Prophet dem Volke vorhalten, nicht sagen: wir wollten wohl den Willen Gottes thun, wenn wir ihn nur wiissten, aber Gottes Wille ist verborgen vor uns, so unbekannt für den Erdbewohner wie Himmel oder Abgrund. (Vgl. Job. 11, 7. 8). Wer weiss ihn? Solches Wissen ist unmöglich. Mit nichten, sagt der Deuteronomiker. „Sondern gar nahe bei dir ist das Wort, in deinem Mund und in deinem Herzen, um gethan zu werden." Das Wort ist das Gebot, wie es vorher genannt war. Hier, meint der Redner, auf diese im Lande Moab vorgenommene Gesetzwiederholung, die im Deuteronomium niedergeschrieben ist, verweisend, hier i s t das Wort Gottes, das Gottes Willen kundthut; ich habe es euch mitgetheilt. Und es kommt nicht als ein fremdes zu euch, im Gegentheil, es ist das schon vom Sinai her euch wohlbekannte, das schon in Aller Munde ist und das icli liier jetzt nur neu wiederhole; ja es ist im Grunde dasselbe Gesetz, das ein Jeder in seiner Vernunft und seinem Gewissen hören kann, denn das erste Hauptgebot dieses schriftlichen wie des inneren Gesetzes ist das: du sollst den Ewigen, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele
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und aus allen deinen Kräften, — so hatte das Deuteronomium selbst es formulirt (6, 5). Wir haben also in der in Rede stehenden Stelle des Deuteronomium s, worüber auch der Verfolg keinen Zweifel lässt, nur eine neue Einschärfung des Gesetzes, welches vom Menschen Liebe und Liebes-, werke verlangt; thun soll und will man dies Gesetz, so heisst es ja ausdrücklich. (Auch bei Baruch 3, 29 f. zeigt sich diese richtige Auffassung.) Von Selbstgerechtigkeit ist, bei allen seinen Warnungen vor ihr, doch auch Moses nicht frei. Paulus nun verfährt mit dieser Stelle nach der Art der damals allgemein üblichen Schriftauslegung, die vielmehr Einlegung war, da der sinnreiche Prediger hervorzauberte, was sich durch den Wortlaut etwa decken liess. Uebrigens bezeichnet Paulus die Worte, die er der Glaubensgerechtigkeit in den Mund legt, nicht als Worte Mosis, wie die vorher (Y. 5) angeführten. Er gebraucht den Thoraspruch, um die der Werkgerechtigkeit gegenüberstehende Glaubensgerechtigkeit zu preisen, die aller echten Liebe zu Grunde liegt. Die Worte gingen auf das Gesetz, das vorhanden sei, Paulus wendet sie auf des Gesetzes Ende an, auf den Messias, der gekommen sei und verkündet werde. Während im Deuteronomium als widersinnig hingestellt wurde, erst noch in Himmel oder Abgrund zu fahren, um das Gebot zu holen, das ja schon auf Erden daist, spricht Paulus gegen die Thorheit derer, die hinauf- oder hinabfahren möchten, um den Messias zu holen, der doch schon vom Himmel, wo er als Sohn Gottes war, auf die Erde herabgekommen, und der auch schon auferstanden ist. Die Frage „Wer wird in den Himmel steigen?" gibt Paulus nach der Septuaginta; die andere macht er verständlicher, indem er statt jenseits des Meeres den Abgrund setzt. Doch fasst er den Abgrund, der dort nur als der tiefste Ort gegenüber der Himmelshöhe in Betracht kam, als den Wohnsitz des Todes, d. h. des Beherrschers des Todtenreiches, welches unter der Erde ist. Der Scheol, Hades, ist unterirdisch, der Thehom, Abyssus, auch unterseeisch. Ueber dem Abgrund die See, auf der See schwimmt das Land, in dessen Innern das Todtenreich liegt, das ist die Weltanschauung der Hebräer. Zum Abyssus, an den Sitz des Todtenherrschers muss man, wenn man aus dem Hades einen Todten freihaben will. Sagt nicht, der Messias ist noch im Himmel, noch nicht gekommen, — er i s t schon gekommen. Sagt auch nicht: er ist ja wieder gestorben, — auch auferstanden ist er. Mit dem dreimaligen „das ist" werden Erklärungen gegeben, durch welche die Worte umgedeutet werden im Sinne der Glaubensgerechtigkeit. Beide Fragen gehn also von dem Gedanken aus: was wir haben möchten, ist fern; im Deuteronomium war dem gegenüber ausdrücklich gesagt: es ist nicht fern. Darauf bezieht sich dann im Original: Vielmehr es ist nahe; die Septuaginta lässt dies Vielmehr unberücksichtigt, Böhmer, Römerbrief.
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Paulus stellt es her. Er schiebt aber unmittelbar dahinter, um recht aufmerksam zu machen, eine Frage ein (vgl. 11, 4): Yielmehr — was sagt sie (die Glaubensgerechtigkeit)? nah ist dir das Wort in deinem Munde und in deinem Herzen (LXX; Paulus lässt weg: „und in deinen Händen", er will hier nicht von Handlungen reden). Der Auferstandene ist als eine rein geistige Macht, dem gläubigen Herzen immer nahe; in unsern Herzen betet sein Geist (8, 26. 27). Im Deuteronomium war als dem Herzen nah die Liebe gemeint, Paulus greift noch tiefer und findet den Glauben, auf dem auch die Liebe ruht. „Das "Wort des Glaubens, das wir predigen", der Auftrag Gottes, den wir Apostel verkünden. Er fliesst aus der unendlichen Liebe, die zu fühlen dem Herzen, das aus der Schöpfung die Güte Gottes erkennt, nahe gelegt ist ohne menschliche Worte (vgl. Y. 18). Die apostolische Glaubenspredigt ist die, dass Rettung vor der Yerdammniss finde, wer Jesum als Herrn bekenne, aber nicht bloss mit den Lippen Herr Herr sage, sondern auch von Herzen glaube, dass Gott Jesum von Todten erweckt hat (1, 4. 4, 25. 6, 4 f.). Nun kehrt Paulus die durch die Bibelstelle gegebene Folge Mund und Herz um, entsprechend dem Yerhältniss von Glauben und Bekennen. Dass es auf Herzensglauben und nicht auf anderen Glauben ankomme,*) hebt Paulus besonders hervor: Mit dem Herzen wird geglaubt zu Gerechtigkeit, d. h. nur wenn man von Herzen glaubt, wird der Glaube zu Gerechtigkeit gerechnet. Nicht Herzensglaube ist jenes Wissen, das die Dämonen haben, die glauben und zittern (Jac. 2, 19). Sobald als der Glaube da ist, erfolgt die Rechtfertigung. Der Herzenskenner bedarf dazu nicht des mündlichen Bekenntnisses. Das Bekenntniss vor Menschen (vgl. Mth. 10, 32) ist dem Gerechtfertigten Herzensbedürfniss, denn schon treibt ihn der Geist der Liebe. Auf sein Taufbekenntniss wird er aufgenommen in die christliche Gemeinde und nimmt theil an deren Heil. So ist der Glaube der Anfang zum Heil. Als Schriftbeweis dafür wiederholt Paulus die in diesem Abschnitt (9, 33) schon angeführte Stelle aus Jesaja: der an ihn Glaubende wird nicht zu Schanden. Der Glaubende schlechtweg meint: jeder Glaubende; so sagt hier Paulus ohne Weiteres, (auch enthält die nächstdem anzuführende parallele Schriftstelle ein ausdrückliches Jeder). Jeder Glaubende, nicht bloss Juden, sondern auch Hellenen (vgl. 3, 22). Der eine Herr Aller (Y. 12) ist Jesus, den sie alle als Herrn bekennen (Y. 9). Reich ist er an Heilsgütern und freigebig gegen jedweden, der ihn anruft. Denn, wie Joel (2, 32 LXX) sagt, jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird Heil empfangen. Der Christ versteht, dass dies von dem Namen des Herrn Jesus Christus gilt. In der Apostelgeschichte (22,16) *) "Wenn Herz nur dem Mund gegenübergestellt werden sollte, würde geschrieben sein xaoSia plv —.
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erzählt Paulus, dass Ananias ihn aufgefordert habe: lass dich taufen und wasche deine Sünden ab, nachdem du den Namen Jesu angerufen. Der Getaufte setzt die Anrufung dieses Namens fort; Paulus nennt (1 K. 1, 2) die Christen „die, welche den Namen unsers Herrn Jesu Christi anrufen", nicht nur einmal als Täuflinge angerufen haben. In apostolischer Vollmacht hat Paulus in der Heidenweit christliche Gemeinden gesammelt, und wenn Juden auf sie eifersüchtig sind, so ist auch das vorherverkündet: 14
»Wie nun sollten sie den anrufen, an den sie nicht Glauben gewonnen? wie aber glauben, wo sie nicht hörten? wie aber sollen sie hören
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ohne Verkündenden? nicht gesandt sind?«
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lieh die Füsse der Freudenboten von Gutem." * Jedoch nicht alle gehorchten der Freudenbotschaft. Denn Jesaja sagt: „Herr, wer glaubte
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dem, was wir zu hören gaben?"
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Gegebnem, das zu hören Gegebne aber durch Wort Christi.« * Aber ich sage: sie blieben doch nicht ohne Hören? In derThat: „über die ganze Erde ging aus ihr Schall und an die Enden des Wohnlandes
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ihre Worte." * Aber ich sage: Israel ermangelte doch nicht der Kunde? Als erster sagt Moses: „Ich werde euch eifersüchtig machen über
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Unvolk, über unsinniges Volk euch in Zorn bringen." * Jesaja aber erkühnt sich und sagt: „Ich ward gefunden von denen, die mich nicht
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suchten, ward sichtbar denen, die nicht nach mir fragten." * In Bezug auf Israel aber sagt er: „den ganzen Tag streckte ich meine Hände aus zu einem unfolgsamen und widersprechenden Volk."
* wie aber sollten sie verkünden, wenn sie Gemäss dem, wie geschrieben steht: „"Wie lieb-
* »Also der Glaube aus zu hören
Paulus macht sich einen Einwurf aus der Seele derer, die er als seine Gegner kennt, als solche Gegner, welche seinen Apostelberuf nicht anerkannten und darum bestritten, dass die von ihm gesammelten Gemeinden aus wirklich von Gott Berufenen bestünden. Sie sagten: du bist kein Apostel Jesu, kein Gesandter des Herrn, also predigst du nicht in des Herrn Auftrag, also hören, die dich hören, nicht des Herrn Wort, also können sie durch dich nicht den wahren Glauben an den Herrn bekommen, können also auch nicht gläubig den Herrn anrufen, werden also auch nicht des Heils theilhaft, das denen verheissen ist, die den Namen des Herrn anrufen. Auf alle Wie? seiner Gegner antwortet Paulus: so wie geschrieben steht, gemäss jenem Prophetenspruch, der den Freudenboten willkommen heisst, der das Gute verkünde. (Jes. 52, 7. Paulus versteht richtig: jeden Freudenboten, und sagt deshalb: die Freudenboten.) Jacobus hatte gesagt (1, 17): alle gute Gabe kommt vom Vater der Lichter. So will 8*
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Paulus hier sagen: alle, die das Gute als Gabe Gottes verkünden, sind Boten Gottes, Apostel Christi. Er weiss sieh selbst als einen solchen Freudenboten und verlangt, dass auch er als Apostel, und auch seine Gemeinden als rechtmässig berufene Christengemeinden anerkannt werden. Gehört also haben Heiden wie Juden das Wort des Herrn. Freilich gehorsamt dem Evangelium (vgl. 1, 5) haben nicht alle (vgl. 2 Th. 1, 8), fügt er hinzu, indem er an Ungehorsam nicht bloss unter den Heiden, sondern auch unter den Juden denkt. Seinen judaistischen Gegnern gibt er zu verstehn: seid unbesorgt darüber, ob auch die Heiden das rechte Evangelium zu hören bekommen, prüft vielmehr euch, ob ihr nicht Selbstgerechtigkeit der Gottesgerechtigkeit vorzieht (vgl. V. 3). Die Thatsache des Ungehorsams ist nichts Unerwartetes, sie war längst vorhergesagt. Das Prophetenwort darüber folgt bei Jesaja (53, 1) nicht weit nach jenem so eben angeführten. Paulus führt es nach der griechischen Uebersetzung an, die das „Herr" hinzugesetzt hat. „Unser Gehörtes" ist im Griechischen wie im Hebräischen nicht das, was der Prediger gehört, von Gott gehört, sondern das, was die Hörer dieser Prediger gehört, also was von den Predigern ihren Zuhörern zu hören gegeben ist (vgl. Gal. 3, 2). Ohne nun, wie Paulus wünscht, zu bedenken, ob denn sie selbst der evangelischen Predigt Vertrauen geschenkt, klammern sich seine Gegner an jene Jesajaworte, um denselben einen Beweis gegen das zu entnehmen, was Paulus beweisen wollte, dass nämlich Heiden durch seine Predigt gläubig geworden. Dass dieser Einwand werde gemacht werden, sieht Paulus voraus und formulirt ihn gleich selbst, um ihn zu widerlegen. Also der Glaube kommt aus Gehörtem, lässt er sie sagen; Jesaja, indem er klagte, dass dem, was er zu hören gab, nicht gebürenderweise Glauben geschenkt werde, setzte erstens voraus, dass das Glauben sich an das Hören anschliesse, wenn also kein Hören stattfinde, auch kein Glauben stattfinde, zweitens aber lässt er schon daraus, dass er dem Herrn klagt, ersehen, dass, was er predigte, ihm von Gott aufgetragen war, also dass das zu hören Geben, auf dem der Glaube ruht, auf einem Wort Gottes ruhe. So ruht der Christenglaube auf einem Gotteswort Christi. Wort meint Befehl, wie oben (V. 8) in der Stelle: „das Wort des Glaubens, das wir predigen"; „durch Wort Christi" heisst hier also: auf Befehl Christi, in seinem Auftrag. Pauli Gegner meinen: du hast von Jesus Christus keinen Auftrag, zu predigen; also die du für dich gewinnst, hast du nicht für Christus gewonnen; sie haben nicht den Glauben, der aus dem Hören der christlichen Predigt kommt, denn sie hörten keine christliche Predigt. Der Frage nach seiner Legitimation zum Apostolat begegnet Paulus dadurch, dass er darauf hinweist, dass es überhaupt gar keiner menschlichen Rede
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bedarf, damit Gottes Wort dem Menschen vernehmbar werde. Er führt zu diesem Behuf einen Psalmvers (19, 5 LXX) an, der davon handelt, dass die Himmel die Ehre Gottes verkünden, die Feste sich bekennt als seiner Hände Werk; diese Himmelspredigt ist allüberall vernehmbar, jedes Menschenkind kann sie verstehn: das Werk lobt den Meister. Wer diese stummberedte Predigt hört, der hat, meint Paulus, genug gehört, um an den Gott zu glauben, den sie verkündet. Also die Heiden haben von ihm gehört, wissen von seiner Macht nicht nur, sondern auch von seiner Güte. Schon zu Anfang des Briefes hatte Paulus darauf hingewiesen (1,20), dass auch die Heiden die Macht und Göttlichkeit des Schöpfers aus seinen Werken kennen. Ganz ohne menschliche Vermittlung. Ich bin nicht Apostel von Menschen noch durch Menschen, sondern berufen von Gott für den Dienst des Evangeliums seines Sohnes unter den Heiden. Dem ersten „Aber ich sage" (Y. 18) stellt Paulus ein zweites an die Seite (Y. 19). In jenem Einwurf lag die Behauptung, dass es etwas ganz unisraelisches sei, die Berufung der Heiden so zu verkünden wie Paulus. Hiergegen fragt dieser nun: hat denn etwa Israel nichts davon gewusst, dass es so kommen werde? Der Gesetzgeber selbst ist auch der erste, der seinem Yolke sagte, dass ihm Eifersucht bevorstehe gegen Nichtisraeliten, denen Gott seine Huld zuwende (Deut. 32, 21 nach LXX, nur hat Paulus durch zweimaliges „euch" statt „sie" den Spruch in die lebhaftere Form einer Anrede umgesetzt).*) Die Unsinnigen, die Gott bevorzugen wird, sind die oben (1, 21. 31) wegen ihres Abfalls von Gott unsinnig genannten. Gott liebt sie, ohne dass sie die jüdischen Sitten haben. Jesaja dann sagt (65, 1) im Namen Gottes: „Ich war zugänglich für die, so nicht fragten, war zu finden für die, so nicht suchten" (Paulus folgt der griechischen Uebersetzung, stellt aber die beiden Glieder um: Gott sei gefunden worden von solchen, die ihn nicht gesucht, sei erschienen denen, die gar nichts nach ihm fragten). Der Ausdruck des Jesaja ist kühn, denn maassgebend bleibt Jesu Wort: Suchet Gottes Reich und Gerechtigkeit (Mth. 6, 33). In Bezug auf die Juden aber sagt derselbe Prophet, oder vielmehr, lässt er, wie in jenem ersteren Spruche, Gott sagen (nach LXX, aber mit nachdrücklicher Voranstellung der Worte „den ganzen Tag"): von Morgen bis Abend habe ich meine Arme ausgebreitet gehalten gegen Israel, um es zärtlich ans Herz zu drücken und zu liebkosen, aber es wollte nicht und hatte für mich nur Widerrede. (Bei Jesaja bezieht sich auf die Juden, die heidnisch gewordenen, auch der vorhergehende Vers, den Paulus hier (V. 20) auf die Heiden anwendet.) *) fHvos steht das zweite mal für das erste mal für fiy, welches letztere in der 9, 25 citirten Hoseastelle mit laog übersetzt ist.
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Grott hat aber sein vorerkanntes Volk nicht Verstössen: 11 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Ich sage also: Doch nicht Verstössen hat Gott sein Volk? Nicht geschehe das! Denn auch ich bin Israelit aus Samen Abrahams, vom Stamme Benjamins. * Nicht verstiess Gott sein "Volk, das er vorerkannte. Oder wisst ihr nicht, was bei Elia die Schrift sagt, wie er Gott angeht wider Israel? indem er sagt: * „Herr, deine Propheten tödteten sie, deine Altäre rissen sie nieder, und ich bin allein übriggeblieben und sie suchen meine Seele." * Aber was sagt ihm die Eröffnung? „Ich liess mir übrig sieben tausend Männer, die nicht Knie gebeugt der Baal." * So nun ist auch in der Jetztzeit ein Ueberbleibsel nach Gnadenauswahl entstanden. * "Wenn aber von Gnade, nicht mehr aus Werken, sonst geht die Gnade nicht mehr als Gnade hervor. * "Was also? "Was (Israel aufsucht, das erlangte es nicht, die Auswahl aber erlangte. Die Uebrigen aber wurden verstockt, * gemäss dem, was geschrieben steht: „es gab ihnen Gott Geist von Betäubung, Augen, nicht zu sehn, und Ohren, nicht zu hören, bis zum heutigen Tag"; * und David sagt: „es werde ihr Tisch zur Schlinge und zum Fangen und zur Falle und zu Vergeltung ihnen, * verfinstert müssen werden ihre Augen, auf dass sie nicht sehn, und iliren Eücken beuge allewege." * Ich sage also: sie strauchelten doch nicht, damit sie fielen? Nicht geschehe das. Sondern durch ihren Fall das Heil den Heiden, um sie eifersüchtig zu machen. * Ferner: wenn ihr Fall Reichthum für die "Welt, und ihr Ungewinn Reichthum für Heiden, wie viel mehr ihre Fülle.
"Was Paulus aus der Schrift und aus den Thatsachen folgert, ist derart, dass er sich veranlasst findet, solchen Heidenchristen, die durch Missverstehn seiner Lehre den Gegensatz gegen Israel zu übertreiben in Gefahr waren, zuzurufen: Gott hat sein Volk doch nicht Verstössen? Das sei ferne! Der Apostel könnte gar nicht anders denken und fühlen, ohne mit sich selbst in Widerspruch zu gerathen. Er selbst ist ja Israelit dem Fleische nach (9, 4), und ist durch Christi Geist Heilsgenosse, ist also Israelit aus Abrahams Samen d. h. geistlicher Sohn Abrahams (9, 7). Dem Fleische nach ist er aus demjenigen Stamme, der in den Zeiten der Trennung der Stämme am treusten zu dem Stamme hielt, von welchem das Volk sich Juden nannte. Durch den Messias aus dem Stamm Juda ist auch er, der Benjaminit, erlöst worden. Also wie könnte er sagen, dass Gott sein Volk Verstössen habe? Vielmehr es bleibt beim Wort Samuels und des Psalmisten: Nicht verstösst der Ewige sein Volk (1 Sam. 12, 22. Ps. 94, 14. Aus LXX behält Paulus dasselbe Verbum bei, aber nicht das Futur). Der Apostel fügt dem eine
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Bemerkung hinzu, die einerseits einen Grund enthält, warum die Verwerfung des Volkes undenkbar sei, andererseits aber einer Einschränkung gleichkommt: sein Volk, das er vorerkannte. Die er vorerkannte, die berief er auch, und diese werden auch der Herrlichkeit theilhaftig (8, 29. 30). Aber nicht alle Israeliten sind vorerkannt und berufen zur Herrlichkeit. Gottes erwähltes Volk ist nicht die Nation Israel, sondern die Gemeinde der Vorerkannten, aus Israel und aus den andern Nationen. Wenngleich also Gott Israel nicht verstiess, denn auch Israeliten nimmt er in sein Reich, so ist doch nicht jeder Israelit als solcher ein Genoss des Volkes Gottes. Dass nur eine engere Auswahl aus Israel zu Gnaden angenommen wird, diesen in den Worten „nicht verstiess Gott sein Volk, das er vorerkannte" liegenden Gedanken, beweist Paulus durch Hinweis auf die Schrift. Den Schriftbeweis leitet er (vgl. 6, 3. 7, 1) mit der Frage ein: oder bestreitet ihr diese Beschränkung? Ihr, die ihr meint, das Judenvolk sei das Gottesvolk, und wer zu diesem gehören wolle, müsse sich jenem anschliessen, erinnert ihr euch denn nicht an jene Geschichte aus dem Leben Blia's? („In Elia" heisst nach gutem griechischen Sprachgebrauch: an der Stelle, wo von Elia die Rede ist, 1 Kö. 19, 10. 14. 18, frei nach LXX, mit Voranstellung des Prophetenmordes; V. 18 mit Herstellung des „ich" des Originals, unter Hinzufügung von „mir", statt des griechischen: du sollst übriglassen — wo das Futurum richtig, während Paulus das Präteritum setzt. „Wie" ist parallel dem „was", beides abhängig von „wisst".) Unter Ahab und Jesabel hatten Israeliten die treuen Gottesverehrer verfolgt. Elia ist nicht so für die Centraüsation des Cultus in Jerusalem, dass er alle andern Altäre ausser denen auf Moria als verboten ansähe, vielmehr, indem er klagt, dass alle Altäre zerstört worden seien, meint er nicht die Jerusalemischen, denn sie waren damals nicht zerstört. Elia ist unwillig gegen das ganze Volk: Die Kinder Israels, sagt er (V. 10), haben deinen Bund verlassen. Dagegen wird ihm nun durch einen Gottesspruch ein Hinweis auf wirklich noch vorhandene Getreue. Sie waren von Gott frei erwählt, darum glaubten sie, und darum beugten sie der Baal kein Knie.*) Wie damals eine Gnadenwahl getroffen ward aus Israel, so ist es jetzt wiederum geschehn. Ein Heilsrest ist da durch Christus (vgl. 9, 27). Wenn aber durch Gnade die Answahl wird, d. h. das Auserwäliltsein auf Gnade beruht, so ist klar, dass es nicht mehr als auf Werken beruhend angesehn *) bar ig Y. 4 führt auch hier nicht einen Grund ein, vielmehr bedient sich Paulus gerade dieser Wendung, um die Standhaftigkeit der Siebentausend als etwas auf die Erwählung Folgendes zu bezeichnen. Das Original und die L X X haben: „Siebentausend, alle Kniee, die sich nicht gebeugt." L X X hat vor Baal an dieser Stelle den männlichen, aber an andern den weiblichen Artikel.
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werden darf (vgl. zu 7, 17); sonst würde sich ergeben (vgl. 3, 4), dass die Gnade keine Gnade wäre. Gnade bezahlt nicht Arbeit, sondern beglückt unverdienterweise. "Was also ist unser Ergebniss hinsichtlich der Frage (V. 1), ob Israel Verstössen ist? Zunächst dies, dass wir mit Recht sagten (9, 31), dass Israel, was es erstrebte, nicht erreichte. Ferner aber hat sich ergeben: die Auserwählten aus Israel erreichen das von der Nation als Gesammtheit Gesuchte, noch immer Gesuchte, vergeblich Gesuchte, die Gerechtigkeit, weil sie sich der Gnade ergeben. Was aber wird mit den Mchtauserwählten? Diese Frage erhebt sich daraus, dass gesagt ist: was es sucht (noch immer sucht), d a s hat Israel nicht erlangt (Y. 7); sie war angeregt schon oben (9, 31) durch jenen Satz: einem Gerechtigkeitsgesetz nachstrebend, gelangte Israel nicht zu Gesetz. Also was hat, wie wir mit der nunmehr erforderlichen Einschränkung formuliren müssen, das nichtauserwählte Israel bei seinem Laufen erreicht? Verhärtung, Verstockung (vgl. 2 K. 3, 14). Der es Verstockende ist Gott (vgl. 9, 18 den gleichbedeutenden Ausdruck). Die jetzt zu Tage liegende Yerstocktheit ist gemäss der heiligen Schrift verhängt worden. Im Deuteronomium heisst es (29, 4): „Der Ewige hat euch nicht ein Herz gegeben zu erkennen und Augen zu sehen und Ohren zu hören, bis auf diesen Tag", und Jesaja sagt (29, 10): „der Ewige goss über euch einen Geist der Betäubung und verschloss eure Augen." Nach dieser Prophetenstelle, nach welcher Gott die Augen der Sünder nicht nur nicht erhellt, sondern auch verschliesst, setzte Paulus die erstere Stelle aus verneinender Fassung in bejahende um, wobei er, gleichfalls aus Jesaja, statt des einsichtslosen Herzens den Geist der Betäubung setzte. Dabei hat er, soweit sie sich fügten, die "Worte der griechischen Uebersetzung festgehalten, nur „ihnen" statt „euch" gesagt, und den „heutigen" statt „diesen" Tag. Diese Zeitbestimmung lässt er nicht weg, weil er sie gerade auf seine Gegenwart ausdehnen will (vgl. V. 5). Die Yerhängung solcher Finsterniss ist Gegenstand des Gebetes Davids (den die Ueberschrift als Yf. des Psalms nennt): „Ihr Tisch vor ihnen", das, wonach sie begehren, „werde zur Schlinge, und den unbesorgten zur Falle; dunkeln mögen ihre Augen, so dass sie nicht sehn, und ihre Hüften lasse stets wanken" (Ps. 69, 23. 24); statt „den unbesorgten" hat LXX: „zur Vergeltung", und den Schluss übersetzt sie: ihren Rücken beuge stets. Paulus folgt der LXX, nur dass er aus einem andern Davidischen Psalm (35, 8), wo gleichfalls den Gottlosen die Schlinge angewünscht wird, den dortigen parallelen Ausdruck Fangmittel hier einflicht, und die Vergeltung zweckmässigerweise ans Ende rückt, auch durch Aenderung der Wortendung hervorhebt, dass Vergeltung hier das meint, was vom Vergeltenden gegeben wird. Es wird ihnen nach ihren Werken vergolten (R. 2, 6 f.). Die Bitte
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geht nur auf das, was die göttliche Strafgerechtigkeit erfordert. In der Anwendung auf seine Gegenwart kann Paulus bei dem Tisch nur an das durch den „Tisch des Herrn" (1 Kor. 10, 21) antiquirte Passamahl nebst dem ganzen Altarcultus des Alten Bundes denken, und bei dem gekrümmten Rücken nur an das Joch der Gesetzesknechtschaft (Gal. 4, 24 u. s. w.); die Juden sehen nicht, sie haben keine Erkenntniss (10, 2), sie verwerfen den Messias. Paulus weist nunmehr (Y. 11), schon durch die Redeform, auf den Anfang dieses Absatzes (Y. 1) zurück. In Entwicklung der dortigen Frage hatte er seitdem gesagt, Gott habe sein Yolk nicht Verstössen, denn er habe diejenigen gerechtfertigt, die er aus demselben auserwählt habe. Jetzt fragt er nun mit der hierdurch gegebenen Beschränkung auf die Nichtauserwählten: lief Gottes Absicht darauf hinaus, diese durch den Stein, den er in ihre falsche Bahn legte (9, 31 f. 10,11), zu Fall zu bringen? Nimmermehr, vielmehr sollte dieser Stein zum Eckstein eines Baues werden, an welchem Israel, das Laufen ins Leere aufgebend, vor Allen mitbauen sollte. Gottes Herzenswunsch war nicht, dass sie strauchelten, geschweige dass sie fielen. Als sie gefallen waren, verwarf sie Gott, um den Heiden seine Gunst zuzuwenden (10, 19. 20). Aber auch dies that er mit dem "Wunsche, die Juden dadurch zu gewinnen; er wollte ihnen durch ihre Eifersucht wieder aufhelfen (10, 19), damit sie gerettet werden (11, 14). So dass es klar ist: sein Endziel ist, dass sie bestehn, nicht dass sie erliegen. Zweimal hebt Paulus den Gegensatz, hervor zwischen dem Unglück der antichristischen Juden und dem Glück der Heidenchristen: das Fallen jener ist Reichthum für die Welt, das Zurückbleiben jener ist Reichthum für die Heiden. Beidemale braucht er nachdrücklich das Wort Reichthum, — es ist der Reichthum an Heilsgütern (10, 12); während er zur Abwechslung einmal Heiden sagt, das andere mal Welt. Der Satz klingt wie ein hebräischer Liedervers, durch den in parallelen Gliedern die Eifersucht der Juden Stich auf Stich erhält, aber im dritten Glied („wie viel mehr ihre Fülle") die Genugthuung finden kann, dass das Entgangene doch noch zu erreichen ist, und zwar mit Ehren, denn durch ihr Hinzutreten bringen sie der Seligkeit der Heiden eine Steigerung. Welt ist bei Paulus, wie in Jesu Wort: ihr seid das Licht der Welt (Mth. 5, 14), die nichtchristliche, alles, was nicht neue Schöpfung ist; Jesus hat besonders die Juden im Auge, denen seine Sendung zunächst galt, Paulus vornehmlich sein nichtjüdisches Missionsgebiet (1 K. 6, 2. 11, 32), und hier im Römerbrief, wie der Parallelismus und der Zusammenhang zeigen, die Heiden ausschliesslich (vgl. 3, 6). Fall und Ungewinn unterscheiden sich wie Grund und Folge. Das mit Ungewinn übersetzte Wort bedeutet das Yersetztsein in den Zustand eines Geringeren imYergleich mit einem, der mehr erreicht;
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auch im ersten Korintherbrief (6, 7) stellt es vom Heruntergekommensein in sittlicher Hinsicht, vom Ermangeln des Ruhms vor Gott. Der Verlust, den die dem Christenthum widerstrebende Masse der Juden, von der hier die Rede ist, erleidet, besteht darin, dass sie etwas, das ein Gewinn für sie gewesen sein würde, nicht erhalten hat, nämlich die Mitgliedschaft im Reiche Gottes, ist also üngewinn gegenüber jenem Reichthum der Gläubigen. "Was diese Lücke ausfüllt, ist gemeint mit Pleroma,*) wofür wir Fülle sagen dürfen. *) Pleroma hat die Grundbedeutung des Hineingefüllten, folglich. Füllenden, auch im N. T. (ich verzeichne sämmtliche Stellen aus LXX und N. T. Im Hebräischen entspricht immer t&bll, ausser HL 5,12. In den A. Tl. Apokryphen kommt es nicht vor). 1. Mit dem Genitiv der näheren Bestimmung dessen, was füllt. Fülle von Wasser HL 5,12 (nXriomiAaTu viäitov D'M ; in demselben Yers noch einmal Tilrjni/iuuia, ohne Genitiv, hier genauer für FIN^M Fülle; beidemale Bild für das "Weisse des Auges; der Plural 71).., weil in jedem der beiden Augen ein nX.). Die Fülle von Heiden, die das Gottesreich füllen, Rö. 11, 25; mit Füllung, Ladung von Segen Christi, d. h. so dass ich reich mit Segensschätzen beladen zu euch segle, Rö. 15, 29 (Philo, Mangey I I 451 als Naturalabgabe Num. 31, 28 f. vom Kriegsbeuteantheil für Gott.) 10*
i3, 8 — io. Die kürzlieh ausgesprochene allgemeine Verpflichtung, jedem das zukommen zu lassen, worauf er ein Recht hat, wiederholt Paulus diesmal in einer verneinenden Fassung: bei niemand bleibt in irgend welcher Schuld. Er hat eine Ausnahme hervorzuheben: in Liebesschuld dürft ihr bleiben, denn ihr miisst es; es ist ja unmöglich, die Liebe mit einem mal abzumachen. Man zahlt seine Steuer, man bezahlt seine Rechnung, und ist dann nichts schuldig. Aber die Liebe ist eine dauernde Anforderung, die jeden Augenblick neu gilt. Nicht der, welcher ausgeliebt hat, sondern der, welcher ohne Aufhören fortliebt, „der Liebende hat Gesetz erfüllt", hat es erfüllt eben durch die Liebe und hat es docli immer noch weiter zu erfüllen. Die Liebesschuld ist unter Liebenden stets abgetragen und stets wieder da. Paulus erläutert nun den Satz, dass die Liebe Gesetzerfüllung; genauer — denn nur davon ist hier die Rede — : dass die thätige Nächstenliebe Erfüllung ist aller Pflichten gegen den Nächsten. Nämlich die einzelnen den Nächsten betreffenden Gebote des Dekalogs werden zusammengefasst in dem Gebot der Nächstenliebe. Diese Zusammenfassung geschieht in der Thora nicht ausdrücklich. Jene dekalogischen Gebote stehn im zweiten Buch (20, 13 f.), das Gebot der Nächstenliebe steht im dritten Buch mitten unter besonderen Geboten (Lev. 19, 18)*), und durch die wiederholte Verheissung Gottes, treu und barmherzig sein zu wollen denen, die ihn lieben und seine Gebote halten (Ex. 20, 6. Deut. 5, 10. 7, 9. Ygl. Wsh. 6, 19) wird die Erfüllung der Gebote über die Pflichten gegen den Nächsten als Ausfluss der Liebe zu Gott dargestellt. Allein, war einmal die Nächstenliebe überhaupt gefordert, so war sie dadurch ohne weiteres der Gottesliebe als zweiter Beweggrund zur Erfüllung der Nächstenpflichten hinzugefügt. In der Thora ist von Nächstenliebe nur in Bezug auf die Volksgenossen, einschliesslich der Proselyten, die Rede (Lev. 19, 18. 34). Jesus, der die beiden in der Thora gleichfalls nicht beisammen stehenden Gebote der Gottesliebe und der Nächstenliebe als die beiden höchsten Gebote neben einander stellte, fasste in dem letzteren alle Pflichten gegen den Nächsten zusammen (Mk. 12, 29 f. Mth. 22, 36 f.) und lehrte, dass als Nächster jeder Mensch anzusehn ist (Mth. 5, 43 f. Auch dort ist dies allgemeine Gebot nach einzelnen anderen des Gesetzes zur Sprache gebracht. Nach solchen einzelnen ist es auch Mth. 19, 19 eingefügt. Schon die ursprüngliche Er*) Lev. 19, 18 steht nicht etwa als Zusammenfassung am Schluss eines Abschnitts. Auch kommen in dem Abschnitt Kap. 18 bis 20 die betreffenden dekalogischen Bestimmungen Dicht im Zusammenhang und nicht vollständig vor. Kap. 18 linden sich die Ehegesetze, der Mord ist 19, 16 verboten, der Diebstahl und Lug und Trug einig« Sätze vorher, V. 11; das Nichtbegehrensollen kommt dort nicht vor. Auch die Formulirung der erwähnten Gebote entnimmt Paulus aus Ex. 20, 13 f. LXX.
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Zählung Mk. 10, 1.7 f. gibt zu verstelm, dass, wenn man den Dekalog befolgt, immer noch Nächstenliebe unerfüllt bleibt).*) Die Voranstellung des Ehebrechens vor das Tödten bei Paulus findet sich im Exodus in der griechischen Uebersetzung, deren Formulirung der Apostel folgt, im Vatikanischen Codex; dieser nennt aber dort auch das Stehlen vor dem Tödten. Die Umstellung des Ehebrechens geschah wohl, um es unmittelbar an das Gebot über die Eltern zu rücken. Die Folge: Ehebrechen, Tödten, Stehlen hat Philo in der Schrift über den Dekalog, auch Jacobus (2, 10 f.) erwähnt erst das Ehebrechen, dann das Tödten; ebenso Lukas (18, 20) iin Munde Jesu: Ehebruch, Mord, Diebstahl, während in den Parallelen bei Markus (10, 19) und Matthäus (19, 18) und bei diesem noch an einer andern Stelle (15,19) die hebräische Reihenfolge: Mord, Ehebruch, Diebstahl, auch in der Bergpredigt (Mth. 5, 21. 27) erst vom Tödten, dann vom Ehebrechen, .Tosephus (Arch. 3, 5, 5) folgt gleichfalls dem Hebräischen; in einer Marcusstelle (7, 21 f., parallel zu Mth. 15, 19): Hurerei, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier. Die Bemerkung des Apostels „und wenn noch ein andres Gebot in diesem Wort ist" bezieht sich darauf, dass Einige die zwei mit „nicht begehren sollst du" eingeleiteten Sätze als zwei Gebote ansahen. Die zehn Gebote heissen in der Schrift die zehn Worte (Ex. 34, 28. Deut. 4, 13. 10, 4), und für Wort setzt die griechische Uebersetzung (an der ersten und der dritten der eben angeführten Stellen) Logos, woher Dekalogos, das Zehn wort. Paulus meint: in diesem Wort, nämlich in dem Gebot, welches anfängt „nicht begehren sollst du", also in diesem Spruch, dem Vers Exod. 20, 17, mag eine Zweiheit von Geboten liegen, mithin das neunte und das zehnte. Diese Ansicht lässt Paulus zu, wenngleich er selbst mehr geneigt ist, diese beiden Gesetzbestimmungen zusammen als ein einziges Gebot anzusehn, als das zehnte, wie sie von Philo in der Schrift über den Dekalog und von Josephus a. a. O. gefasst werden, also den Dekalog, wie Philo und die Rabbinen, in zwei Pentaden einzutheilen. Die fünf oder sechs Verbote des zweiten Theils sind es, die zusammengefasst werden im Gebot der Nächstenliebe. Wenn unter dem Nächsten jeder Mensch verstanden wird, fällt unter das Gebot der Nächstenliebe auch das, die Eltern zu ehren (vgl. Mth. 19, 18). Dieses Gebot nimmt aber eine besondere Stellung ein, die *) '/ii'axKf ai.ainvnHai ist nicht recapituliren, sondern zusammenfassen in ein Hauptgebot. In jedem einzelnen Gebot schon findet Philo II 205 eine Zusammenfassung: ol Stxn iöyoi xtipttXtua voutov tiai jöiv iv {tiei nun oXtjv rr/v vo/ioHtaiav tv juTg hnnTg ßißXoig uvayou]uu
Böhmer, Rijmerbriof.
v g l . voirtjun
J o h . 5, 4 .
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die Schwäche der Asketen und die gewöhnliche der Juden. Ebenso beziehen sicli „kräftig" und „unkräftig" hier auf .die Kraft des Vertrauens; vollständiger hiess es oben (4, 19. 20) „kräftig werden am Vertrauen" gegenüber von „schwach werden am Vertrauen." Die Kräftigen sind solche durch die Kraft Gottes (14, 4). Die Verpflichtung (zum Ausdruck derselben vgl. 1 K. 11, 10), die Schwächen Anderer zu tragen, hat vor Allem der Apostel selbst; „wir Kräftige", sagt er, sich mit den Andern zusammenfassend, haben diese Aufgabe in der in Rede stehenden Speisefrage. Um der Eintracht willen ist Paulus zu jeder Nachgiebigkeit bereit, die mit der Aufrechthaltung der cliristlichen Freiheit vereinbar ist. In Antiochien hatte er gegen Petrus auftreten müssen, nicht weil dieser sich von den Mahlzeiten der Pauliner zu denen altjüdischer Observanz zurückzog, sondern weil er die Praxis der Heidenchristen kritisirte, an der er so eben selber theilgenommen hatte; und seine Galater hatte Paulus scharf getadelt, nicht etwa weil sie als Starke den Schwachen zu nachgiebig gewesen wären, sondern weil sie so unverständig waren, die Schwachen für Starke zu halten, und in Folge davon nicht nur ihre freie christliche Gewohnheit, sondern ihre Christenfreiheit selbst aufgaben. Auch im Römerbrief nennt er die Schwachen Schwache und steht zur Gleichberechtigung seiner Lebensweise mit der jüdischen und der asketischen, und zugleich ermahnt er dazu, den weniger beweglichen Brüdern weit entgegenzukommen. Die auf den vorliegenden besonderen Gegenstand bezogene Ermahnung an die Glaubensstarken erweitert der Apostel zu einer an Alle gerichteten allgemeinen, und berührt dabei zum Schluss seiner Entwicklungen die Hauptgedanken seines Schreibens: selbverläugnende Liebe möge walten in der Gemeinde zwischen den Juden und den hinzuberufenen Heiden, nach dem Vorbild Christi, der sie alle zu sich gezogen, zur Ehre Gottes, der den Gläubigen mit Freude und Frieden füllt und durch die Hofnung die Wirkung des heiligen Geistes verstärkt: 2
Jeder von lins sei dem Nächsten zu Gefallen für das Gute zu Er-
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bauung. * Denn auch Christus handelte nicht ihm selber zu Gefallen, sondern, wie geschrieben steht: „Die Schmähungen der dich Schmä-
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henden fielen auf mich." * Denn alles, was zuvor geschrieben ward, zu unserer Belehrung ward es geschrieben, damit wir durch die Ge-
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duld und durch den Trost der Schriften die Hofnung halten. * Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, desselben Sinnes zu
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sein unter einander Christo Jesu gemäfs, * damit ihr einmüthig mit Einem Munde verherrlichet den Gott und Vater unsers Herrn Jesus
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Christus.
* Dazu nehmet einander an, wie auch Christus euch annahm
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zu Verherrlichung Gottes. * Ich sage nämlich, dafs Christus Diener geworden ist von Beschneidung wegen Wahrheit Gottes, auf dafs be9 kräftigt würden die Verheissungen der Väter, * die Heiden aber wegen Erbarmens Gott zu verherrlichen begonnen haben. "Wie geschrieben steht: „Darum will ich dich preisen in Heiden, und deinem Namen 10 singen." * Und wiederum sagt sie: „Jauchzet, ihr Heiden, mit sei11 nem Volke." * Und wiederum: „Lobet, alle ihr Heiden, den Herrn, 12 und lobpreisen sollen ihn alle Völker." * Und wiederum Jesaja sagt: „Es wird dasein die "Wurzel des Isai und der sich erhebt, zu herr13 sehen über Heiden; auf ihn sollen Heiden Hofnung setzen." * Der Gott aber der Hofnung erfülle euch mit aller Freude und Befriedung im Gläubigsein, auf dafs ihr überfliel'set in der Hofnung an Kraft heiligen Geistes. Nicht nur wir Starke, sondern wir Christen alle sollen den Mitchristen zu Gefallen unser Leben einrichten. Diese Aufgabe erhält (wie 1 K. 10, 33) eine nähere Bestimmung durch das Ziel: das Gute ist das, was wir anstreben sollen (14, 16), zur Erbauung (14, 19) soll alles dienen, was man thut, zur Förderung des heiligen Gemeinschaftlebens. Diese Gesinnung hatte Christus. Er „gefiel nicht ihm selbst", handelte nicht seinem Fleisch zu Gefallen, „sondern, wie gesclirieben steht, die Schmähungen der dich Schmähenden fielen auf mich." (Bei „sondern" ist nichts Ungesagtes hinzuzudenken, vielmehr nach der Zwischenbemerkung läuft der Satz mit Schriftworten aus. Ebenso 9, 29.) Die Worte des Psalmisten (69, 10), welche]- klagt, dass die Schmähungen der Gottschmähenden auf ihn gefallen sind, wendet Paulus als Ausruf des leidenden Messias an (wie schon Mth. 27, 34. 48 mit anderen Worten dieses Psalms geschehen war; auch die den von Paulus angeführten unmittelbar vorhergehenden nimmt Joh. 2, 17 als Woi'te Christi). Wie Jesus noch am Kreuz von den mitgekreuzigten Schächern geschmäht worden ist (Mk. 15, 32. Mth. 27, 44), so sind auch uns Schmähungen und härtere Verfolgungen beschieden (Mth. 5, 11. Lc. 6, 22). Den Hinweis auf das Leiden Christi kann der Apostel mit einem Psalmwort geben, das sich darauf bezieht, denn überhaupt „alles, w5.s zuvor geschrieben ward", d. h. die ganze heilige Schrift des Alten Bundes, ward zu unserer, der Christen, Belehrung- geschrieben (vgl. 4, 23. 24. 1 K. 10, 11), unter Anderem auch damit wir sähen, dass das Leiden Christi und der Seinen als etwas, das geschehen musste, von Gott vorherverkündet war, hauptsächlich aber zu dem Endzweck, dass wir, wenn wir im Leiden die herrlichen Verheissungen lesen, die noch unerfüllt sind, geduldig und getrost an der aus unserm Glauben selbst schon unmittelbar hervorgehenden Hofnung auf den Sieg unserer Sache (4, 18. 5, 2) um so mehr festhalten. 11*
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(Die Geduld in Verfolgung und die Hofnung auf Befreiung hatte Paulus in diesem Briefe wiederholt hervorgehoben, 5, 2 f. 8, 23 f.) Darin, dass er die alttestamentliche Schrift als eine Quelle von Geduld und Trost rühmt, liegt eine Ermahnung an die Heidenchristen, — die Judenchristen bedurften nicht des Antriebes zur Schriftlesung. Wenn die Heidenchristen sich in die heiligen Schriften der Juden vertiefen, wird auch dadurch das Zusammenhalten mit den Judenchristen fester werden; ohne jüdische Hülfe können Heiden die Schrift nicht verstehen, und in dieser findet die beiderseitige Hofnung gemeinsame Erquickung. Im Hinblick auf ihre grofse Zukunft wird die Christenheit die untergeordneten Schwierigkeiten in ihrer Mitte nicht minder überwinden als die Gefahren von aussen. Die Scliriftforschung führt jedoch nicht zum Ziel ohne Geisteswirkung. Derselbe Gott aber, der in früheren Zeiten frommen Männern das eingegeben hat, woraus uns Geduld und Tröstung fliesst, ist mit beidem noch immer gegenwärtig; bittet, so wird euch gegeben; sein Geist wird euch alle auf ein und dasselbe Ziel richten (vgl. 12, IC. 2 K. 13, 11) im Sinne Christi Jesu (vgl. 8, 27 im Sinne Gottes), damit einmüthig und wie aus Einem Munde Juden und Heiden den Gott und Vater unsers Herrn verherrlichen. Gott ist Vater Jesu Christi und sein Gott. Jesus rief am Ki *guz i Mein Gott, mein Grott (Mk. 15, 34. Mth. 27, 46); Paulus schreibt im ersten Korintherbrief (15, 24), Cluistus werde dem Gott und Vater das Reich übergeben, im zweiten: Gepriesen der Gott und Vater unsers Herrn Jesu Christi (1, 3, ebenso Epli. 1, 3. 1 P. 1, 3), und wiederum: der Gott und Vater des Herrn Jesu (11, 31), im Kolosserbrief: wir danken dem Gott und Vater unsers Herrn Jesu Christi (1, 3), und: dankend dem Gott Vater durch ihn (3, 17. Eph. 5, 20: dankend im Namen unsers Herrn Jesu Christi dem Gott und Vater, 1, 17: der Gott unsers Herrn Jesu Cliristi, der Vater der Herrlichkeit); der dem Apokalyptiker erscheinende Menschensohngleiche redet vom Namen seines Gottes (3, 12), Johannes selbst rühmt: er machte uns zu Priestern seinem Gott und Vater (1, 6), und im Johannesevangelium sagt der Auferstandene: mein Vater und euer Vater, mein Gott und euer Gott (20, 17. Vgl. 14, 16). Um Gott verherrlichen zu können (V. 6), sollen alle Christen einander annehmen, wie Christus sie alle angenommen hat zu diesem Zweck der Verherrlichung Gottes (V. 7). Ich will nämlich sagen, erklärt Paulus, dass Juden und Heiden einander annehmen sollen, wie die einen und die andern in Christus von Gott angenommen worden sind. Paulus vertauscht hier den bisher (seit 14, 1 f.) festgehaltenen Gegensatz zwischen Glaubenskräftigen und Glaubensschwachen, mit dem der Heidenchristen und der Judenchristen. Hatten doch diese von Hause aus meist einen beschränkteren Gesichtskreis, während die Heidenchristen von früher her an freiere Bewegung gewöhnt
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waren. Zwar waren sicherlich auch in Rom Heiden für die Praxis der Juden gewonnen worden, während andererseits keineswegs alle Judenehristen an ihrer Volkssitte festhielten, aber im Grossen deckte sich die Unterscheidung von Schwachen und Starken mit der nationalen (vgl. besonders 14,14). Paulus ermahnt nun alle Christen in Rom zur Eintracht, indem er einerseits die Heiden daraiif hinweist, dass nur an die Erzväter der Juden (9, 5. 11, 28) die Verheissungen Gottes (9, 4) ergangen sind, auch die über die Berufung der Heiden (4, 13 f.), und demgemäss die Heiden ihr Heil durch den Davidssohn Jesus und durch Vermittlung von Juden erfahren und erlangen, und indem er andererseits die Abrahamiden nach dem Fleich daran erinnert, dass der Zuwachs durch bekehrte Heiden ihnen verheissen worden ist. Dass Christus, wie er selber gesagt hatte (Mk. 10, 45), gekommen ist, um zu dienen, ruft die Christen zur Demuth. Den Juden ward er Diener wegen Gottes Wahrheit, d. h. Treue (3, 4). Getreu seinem Wort, liess Gott in Israel den Messias erstehen, eine thatsächliche Bekräftigung der noch unerfüllten Verheissungen, die nun um so fester und zuverlässiger dastehn (vgl. 4, IC. 2 P. 1, 19) und die Hofnung nähren (V. 4). Der Messias Israels ist auch für die Heiden gekommen. Aber während die Rettung der Juden Gottes Verheissungstreue verherrlicht, verherrlichen*) die Heiden Gottes Barmherzigkeit. Allerdings auch die Judenchristen wären ohne Gottes Barmherzigkeit nicht Christen, schon die Psalmen des Alten Bundes priesen wieder und wieder Gottes „Barmherzigkeit und Treue",**) die Barmherzigkeit an erster Stelle, und Paulus hat in diesem Briefe bereits gesagt (11, 32): „Gott verschloss Alle «in Unfolgsamkeit, damit er ihrer aller sich erbarme", der Juden wie der Heiden, aber den Juden hatte Gott seinen Gnadenwillen offenbart, so dass sie sich an sein Verheissungswort anklammern konnten. Paulus sagt hier nichts andres als was er oben mehrmals gesagt: „die Juden zuerst und die Hellenen", und was er dann ausführlich entwickelt hatte (Kp. 9 f.), aber hier zu guter Letzt bis an die äusserste Grenze des Möglichen wird der Heidenapostel den Juden ein Jude, um Juden zu gewinnen (1 K. 9, 20), damit sie den Heiden brüderlich entgegenkommen. Noch einmal (vgl. 4, 17. 9, 25 f. 10, 19 f.) führt er eine Anzahl Stellen aus der alttestamentlichen Schrift über die Berufung der Heiden an, diesmal solche Worte, in denen nicht die Zurücksetzimg Israels berührt wird. Zuerst eine Stelle aus einem Dankpsalm (18) eines siegreichen Kö*) So'iüaca V. 9 (bezogen
auf ¿'o^äujTt und Sö'iuv V. 6. 7) meint,
Yerheri'licher wurden, wie 13, 11 inurrsvatifitv **)
dass sie
wir wurden Glaubende.
I D r t , vom Verhalten Gottes, wird oft durch 'fteog x