Der Vergleich [1 ed.] 9783428465279, 9783428065271


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German Pages 532 Year 1988

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Der Vergleich [1 ed.]
 9783428465279, 9783428065271

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REINHARD BORK

Der Vergleich

MÜDsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Hans-Uwe Erichsen Dr. Helmut Kollhosser Dr. Jürgen Welp

Band 32

Der Vergleich

Von Dr. Reinhard Dork

Duncker & Humblot . Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Bork, Reinhard: Der Vergleich I von Reinhard Bork. - Berlin : Duncker u. Humblot, 1988 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft ; Bd. 32) Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Habil.-Schr., 1987/88 ISBN 3-428-06527-1 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

© 1988 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41

Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Gemany ISBN 3-428-06527-1

Meinen Lehrern

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Wintersemester 1987/88 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfalischen Wilhelms-Universität in Münster als Habilitationsschrift angenommen worden. Sie ist meinen außeruniversitären und akademischen Lehrern zugeeignet, denen ich die Ergebnisse meiner Ausbildung verdanke. Sie alle namentlich zu nennen, würde den Rahmen eines Vorwortes sprengen. Es ist mir indessen ein tiefempfundenes Anliegen, an dieser Stelle meinem persönlichen und geistigen Mentor, Helmut Kollhosser, noch einmal zu danken. Er hat nicht nur diese Arbeit angeregt und betreut, sondern er hat mir auch den sachlichen und zeitlichen Freiraum gelassen, den man braucht, um neben der Assistententätigkeit her eine Habilitationsschrift verfassen zu können. Dafür und für manche andere Förderung bin ich sehr dankbar. Danken möchte ich auch meiner Frau, die sich klaglos damit abgefunden hat, daß Wissenschaft Zeit braucht, die der Familie verloren geht. Die vorliegende Schrift wurde im August 1987 fertiggestellt. Die seitdem erschienene Rechtsprechung ist, wo es ratsam und möglich war, vor Drucklegung nachgetragen worden. Reinhard Bork

Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis ............. . ....................................... . Abkürzungsverzeichnis ................................................. . § 1: Einführung ...................................................... . § 2: Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

1. Abschnitt: Die Rechtsnatur des Vergleichs ................................

10

§ 3: Vorbemerkung .................................. . .................

10

§ 4: Forderungskondiktion ..............................................

13

§ 5: Handgeschäfte ....................................................

41

§ 6: Der Änderungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

§ 7: Die Rechtsnatur des Vergleichs ............. . . . ........... . . . ........

97

2. Abschnitt: Die Tatbestandsmerkmale des Vergleichsvertrages ................. 191 § 8: Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

192

§ 9: Streit oder Ungewißheit ............................................ 231 § 10: Das gegenseitige Nachgeben ........................................ 240

§ 11: Vertrag.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 271

3. Abschnitt: Wirkungen und Rechtsfolgen des Vergleichs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 310 § 12: Wirkungen und Rechtsfolgen rur die Parteien ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 310 § 13: Wirkungen und Rechtsfolgen rur Dritte ............... . ............... 319

4. Abschnitt: Der fehlerhafte Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 352 §14: Der Grundlagenirrtum nach §779 Abs.l BGB ......................... 352

x

Inhaltsübersicht

§ 15: Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage. . . . . . . . . . . . . . . . .... . . . . . .. 376 § 16: Unzulässige Rechtsausübung (§242 BGB) ............................. 383 § 17: Nichtigkeit des Vergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 387 § 18: Leistungsstörungen ................................................ 413

§ 19: Gewährleistung ................................................... 421 5. Abschnitt: Prozeßrechtliche Aspekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 426 §20: Die prozessuale Durchsetzung des außergerichtlichen Vergleichs ......... 426 § 21: Abgrenzung zum Prozeßvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 448 §22: Vergleich und Schiedsvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. 450 § 23: Vergleiche in der freiwilligen Gerichtsbarkeit .......................... 452

Literaturverzeichnis ..................................................... 457 Paragraphenregister .................. . .................................. 484 Stichwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 490

Inhaltsverzeichnis § 1: Einführung ....................................................... . § 2: Rahmenbedingungen . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Abschnitt:

Die Rechtsnatur des Vergleichs

4

10

§ 3: Vorbemerkung ...................................... " . . . . . . . . . . . . .

10

§ 4: Fordemngskondiktion ....................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

A. Der Kondiktionsgegenstand .......................................

15

B. Tragweite der Venragsbindung ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

I. Vertragsbindung und Forderungskondiktion .....................

15

1. Ausschluß einseitigen Widerrufs ............................

16

2. Der Grundsatz der Vertragsbindung .........................

16

3. Verhältnis zur Forderungskondiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

a) Die bereicherungsrechtliche Lösung .... . .................

18

b) Die aa) bb) cc)

Lösung über die Vertragsbindung ............... . . . . . . §812 BGB und die Vertragsbindung . .. . . . . . . . . . . . . . . . . Umgehungsversuch . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen zusätzlichen Vorbringens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 18 18 19

11. Probe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

1. Die Kondiktion bei dinglichen Einigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

2. Die Kondiktion abgetretener Forderungen ....................

20

3. Die Kondiktion abstrakter Anerkenntnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

III. Ergebnis

C. Die bereicherungsrechtliche Lösung ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

I. Die Zweckstruktur ..........................................

21

1. Der Zweck im Bereicherungsrecht nach h. M. .................

21

XII

Inhaltsverzeichnis a) Leistungsbegriff der h. M. ...............................

21

b) Rechtsbegriff der h. M. ..................................

22

2. Gegenansichten und Stellungnahme .........................

24

a) Überstrapazierung der Begriffe ...........................

25

b) Die Ansicht von Canaris ................................

25

c) Die Leistungsfähigkeit der Alternativkonzepte .... . .........

26

11. Forderungskondiktion - ein Oxymoron .........................

26

1. Die causa der Verpflichtungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

a) Gegenleistung oder Unentgeltlichkeit .....................

27

b) Vertragszweck bzw. Geschäftstyp .........................

27

c) Stellungnahme.........................................

27

aa) Zuwendung, Zweckbestimmung und Zweckerreichung . . .

27

bb) Vertragszweck und causa ............................

28

ce) causa und "sachtypische Geschäftszwecke" . . . . . . . . . . . . .

29

d) Die Motive der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

e) Zwecktypen ...........................................

30

2. Causa als essentiale negotii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

a) Causa als notwendiger Vertrags bestandteil .................

31

b) Ohne causa keine Forderung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

c) Der abstrakte Schuldvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

3. Die Lehre von Kupisch ....................................

34

4. Ergebnis.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

5. Sonstige Lösungsvorschläge ...................... . .........

37

a) über das Tatbestandsmerkmal "Leistung" ........ . .........

37

b) über den Anwendungsbereich des §812 BGB ..............

38

D. Noch einmal: Tragweite der Vertragsbindung .........................

39

§ 5: Handgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

A. Begriff................................. . ........ . ..............

42

I. Handgeschäft und Realvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

11. Leistungen beim Handgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

B. Reichweite und Konstruktion ......................................

45

I. Handschenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

1. Handschenkung und Versprechensschenkung .................

46

a) Versprechensschenkung .................................

46

Inhaltsverzeichnis

XIII

b) Handschenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

2. Die juristische Konstruktion ................................

46

a) Unterschiedliche Zweckbestimmungen ....................

46

b) Hauptpflichten bei der Handschenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

c) Die Zweckeinigung nach § 516 Abs. 1 BGB ....... . ........ aa) Verhältnis zu §814 BGB .............................

48 49

bb) Rechtsgrundabrede und schuldrechtlicher Vertrag. . . . . . . (1) Reine Geschäftstypeinigung ...................... (2) Schenkungsvertrag ohne Hauptverpflichtung ........ (3) Stellungnahme .................................

49 49 50 50

II. Handkauf ..................................................

51

1. Handkauf aus der Sicht des Gesetzgebers ................ '. . . . .

51

2. Käuferschutz beim Handkauf .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

3. Der "steckengebliebene" Handkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

a) bei Annahme eines Verpflichtungsvertrages ................

53

b) bei Annahme eines wirksamen Handgeschäfts ..............

54

c) bei Annahme eines gewillkürten genetischen Synallagmas . . . .

54

d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

C. Abstraktionsprinzip und kausale Gestaltung .........................

56

I. Das Abstraktionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

1. bei Verpflichtungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

2. bei Verfiigungen ..........................................

58

3. Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

II. Durchbrechung des Abstraktionsprinzips .......................

59

1. Gesetzliche Durchbrechungen ..............................

59

a) bei Verpflichtungsverträgen ..............................

59

b) bei Verfiigungen .......................................

59

c) Fazit .................. :..............................

60

2. Gewillkürte Durchbrechungen ..............................

60

a) über § 158 BGB ........................................ aa) Handgeschäfte ..................................... (1) Zweckbestimmung ............ . ................. (2) Zweckerreichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Konkretisierung im Einzelfall ..................... (a) beim Handkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . .

62 62 62 63 64 64

XIV

Inhaltsverzeichnis (b) bei der Handschenkung ............ . ......... (4) Ergebnis..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erfiillungsgeschäfte ................................. (1) Zweckerreichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zweckbestimmung ..............................

65 65 66 66 66

b) über § 139 BGB ........................................

68

c) Ergebnis ..............................................

69

§ 6: Der Änderungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

A. Die Ä.·nderung als Veifügungsvertrag ................................

70

I. Der Verfiigungsvertrag .......................................

70

1. Vertrag ..................................................

70

2. Verfiigung über das Schuldverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

a) Änderung.... . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .

71

b) Verfiigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

aa) über ein "Recht" ................................... bb) Unmittelbarkeit....................................

73 73

c) Ergebnis .................................... . .........

76

11. Schuldnerbegünstigende Inhaltsänderung .......................

76

1. Abgrenzung zum Erlaßvertrag ..............................

76

a) Identität ..............................................

77

b) Differenzierende Gegenansicht ...........................

77

c) Stellungnahme.........................................

77

d) Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) für die Schenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) für die Minderung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78 78 79

2. Abgrenzung zur Erfiillung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

a) Erfiillung und Änderung ................................

79

b) Änderung und Erfiillung ................................

79

c) Änderung und Leistung an Erfiillungs Statt ................

79

d) Leistung an Erfiillungs Statt und Änderung ................

79

3. Die Novation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

a) Änderung und Novation ................................ aa) bei Einreden ...................................... bb) bei Wechsel des Vertragsgegenstandes ................. cc) bei Wechsel des Vertragszwecks ......................

81 82 82 83

b) Verhältnis zur Erfiillung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

Inhaltsverzeichnis

XV

aa) Novation und Leistung an Erfüllungs Statt ............. bb) Novation und Leistung erfüllungshalber ............... cc) Leistung erfüllungshalber und Inhaltsänderung .........

84 85 85

III. Gläubigerbegünstigende Inhaltsänderung .......................

85

1. als Verfügung ............................................

85

2. als Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

B. Die causa der Ä·nderungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

I. Präzisierung der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

1. Die causa des Änderungsobjekts ............................

86

2. Die Motive der Parteien ...................................

87

3. Die bereicherungsrechtliche Sicht ...........................

87

11. Die causa des verfügenden Teils .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

1. Die causa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

a) Änderung als Selbstzweck ...............................

88

b) "Multivalenz" der Änderung ............................. aa) Austauschzweck ................................... bb) Liberalitätszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abwicklungszwecke ................................ (1) Erfüllungszweck ................................ (2) Reiner Abwicklungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88 89 89 89 89 90

c) Ergebnis ..............................................

91

d) Änderung als Handgeschäft . .. . . . . . . . .. . .. . .. . . . . . . . . . . ..

91

2. Nichtigkeit des abzuändernden Schuldverhältnisses ............

91

a) Relevanz der Frage .....................................

91

b) Tatbestand des §305 BGB .......................... . ....

92

c) Lösung über §306 BGB .................................

92

d) Lösung über § 139 BGB .................................

92

e) Gewillkürte Kausalität in bezug auf die Zweckerreichung .... aa) Gesetzliche Abstraktion ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nichtigkeit und Zweckverfehlung ................ . .... (1) bei Abwicklungszwecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) bei Hauptzwecken .............................. cc) Zulässigkeit und FeststeIlbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) beim Handgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) im übrigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Relevanz ......................................

92 93 93 93 93 93 93 95 95

3. Gewillkürte Kausalität in bezug auf die Zweckbestimmung . . . . . .

95

XVI

Inhaltsverzeichnis III. Die causa des verpflichtenden Teils ...........................

96

IV. Ergebnis ................ . .................... . . . ...........

96

§ 7: Die Rechtsnatur des Vergleichs .......................................

97

A. Der Vergleichsgegenstand .........................................

100

1. Das streitige Rechtsverhältnis als Vertragsgegenstand ............. 100 1. Das Rechtsverhältnis als Vertragsgegenstand .................. 100 2. Der Begriff des Rechtsverhältnisses .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 101 3. Tatsachen und Rechtsverhältnisse ........................... 102 a) bei der Feststellungsklage ............................... 102 b) bei § 779 BGB ("Tatsachenvergleiche") ...... . ............. aa) Grundsatz......................................... (1) Beispiel 1 ("Ulmer Münster") . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (2) Beispiel 2 (§ 4 Abs.4 TVG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (3) Ergebnis....................................... bb) Alternativen....................................... (1) Wissenserklärung .......... . ........... . ........ (2) Geständnisvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (a) nach früher h. M. .............. . ............. (b) nach Ansicht von Baumgärtel ................. (c) nach heute h. M. ............................

103 103 103 104 104 105 105 105 106 106 107

c) Ergebnis .............................................. 107 II. Typisierung der Streitigkeiten ................................. 108 1. Rechtliche Beziehungen zwischen Personen. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 108 2. Rechtliche Beziehungen zwischen einer Person und einer Sache.

109

3. Ergebnis.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 109 B. Die Wirkung des Vergleichs ....................................... 110

I. Die Potentialität des Vergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 110 1. Wirtschaftliche Potentialität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 110 2. Unbedingter Prätentionsverzicht ............................ 111 3. Der schon bestehende Erfolg. . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. 111 a) bei Verpflichtungsverträgen .............................. 111 b) bei Verfiigungsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 111 11. Der Vergleich über Schuldverhältnisse, deren Existenz unstreitig ist.

112

1. Bisherige Antworten ...................................... 113

Inhaltsverzeichnis

XVII

a) Allgemeine Äußerungen ................................ 113 b) Die Ansicht von Kübler .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

113

c) Die aa) bb) cc) dd)

114 115 116 116 117

Ansicht von Pagenstecher, Tägert und Marburger ....... gemessen am Parteiwillen ........................... gemessen am Vergleichsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. gemessen an der Zwangsvollstreckung. . . . . . . . . . . . . . . .. Ergebnis ..........................................

d) Die Ansicht Schnorr v. Carolsfelds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 117 2. Eigene Lösung ........................................... 118 a) Auslegungsgrundsätze .................................. 118 aa) Der Vergleich wirkt möglichst weit. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 118 bb) Der Vergleich hat elastische Tendenz. . . . . . . . . . . . . . . . .. 119 b) Der Vergleich als unbedingter Änderungsvertrag . . . . . . . . . . .. 119 c) Übertragbarkeit bei anderen Vergleichsinhalten ............. 120 d) Übertragbarkeit in Fällen des § 779 Abs.2 BGB . . . . . . . . . . . .. 120 3. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 121 III. Der Vergleich über Schuldverhältnisse, deren Existenz streitig ist .. 121 1. Novation ................................................

121

2. Unbedingter Änderungsvertrag ............................. 123 3. Bestätigung und Änderungsvertrag ...... . ................... 124 a) Dogmatik der Bestätigung ............................... aa) nach h. M. ........................................ bb) Gegenansicht ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. cc) Stellungnahme.....................................

124 124 125 125

b) Anwendung. . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. aa) Kombinierbarkeit .................................. bb) Bestätigungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. cc) § 141 Abs.2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

127 127 127 128

c) Leistungsfähigkeit ...................................... aa) bei sonstigen rechtsgeschäftJichen Schuldverhältnissen . .. bb) bei gesetzlichen Sehuldverhältnissen .................. ce) Ergebnis ....................................... . ..

129 129 129 129

4. Schuldrechtliche Lösung ................................... 130 a) Die neue Forderung .................................... 131 b) Die streitige Forderung ................................. 131 c) Das Verhältnis der beiden Forderungen ................... 132 aa) im Entstehen ...................................... 132

XVIII

Inhaltsverzeichnis bb) im Erlöschen ...................................... 132 cc) im Rang .......................................... 133 d) Ergebnis zu 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 133 5. Ergebnis zu III ........................................... 133 IV. Zuständigkeitsvergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

134

1. über Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 134 2. über Schuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 134 3. über bewegliche Sachen ................................... 136 4. über unbewegliche Sachen ................................. 137 5. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 139 V. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 139

C. Auswirkungen .................................................. 139 I. Verfiigung und Verpflichtung ................................. 139 1. Der Vergleich als Verfiigung ..................... . . . . . . . . . .. 140 a) Verfiigungscharakter .................................... 140 b) Dingliche Wirkung ex nunc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 140 2. Der Vergleich als Verpflichtungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 141 a) Rückwirkungsvereinbarungen ............................ 141 b) Vergleiche über die Existenz eines Schuldverhältnisses ...... 142 c) Zuständigkeitsvergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 142 d) Ausdrückliche Verpflichtungen ........................... 142 e) Verpflichtung und causa der Verfiigungen . . . . . . . . . . . . . . . . .. 143 3. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 144 11. Vergleich und Novation .......... . ........................... 144 III. Vergleich und Erfiillung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 145 1. beim Änderungsvergleich ...................... . ........... 145 2. bei der Forderungsbegründung ............................. 146 3. beim Zuständigkeitsvergleich ............................... 146 4. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 146 IV. Vergleich und Erlaß ......................................... 147 1. Erlaß als kausaler Bestandteil ............................... 147 2. Erlaß und Änderungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 147 3. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 148 V. Vergleich und Anerkenntnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 149

Inhaltsverzeichnis D. Die causa des Vergleichs

XIX 149

1. Der Vergleichszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 149 1. Verpflichtungsvertrag als causa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

149

2. Das ursprüngliche Rechtsverhältnis als causa. . . . . . . . . . . . . . . . ..

150

3. Neuregelung des ursprünglichen Rechtsverhältnisses als Vergleichszweck ................................................... 150 4. Austauschzweck ........................ . ...... . ...... . ... 151 a) Austausch................................ . ............ 151 aa) durch das gegenseitige Nachgeben. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 151 bb) durch materiellen Austausch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 151 b) Austauschzweck ....................................... 152 5. Die Beseitigung von Streit oder Ungewißheit als typischer Vergleichszweck ............................................. 152 6. Der Vergleichszweck als Hilfszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 154 7. ,,Angestaffelte" Zwecke .................................... 154 8. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 155 H. Der Vergleichszweck als Feststellungszweck ..................... 155 1. "Feststellung" als Wirkungskategorie .........................

156

2. "Feststellung" als Zweckkategorie ......... . ................. 156 3. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 158 III. Der Vergleich als kausales Hilfsgeschäft ........................ 158 1. als Verpflichtungsvertrag ................................... 158

a) Der relevante Zweck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 159 b) Der Vergleich als kausaler Vertrag ........................ 159 2. als Verfügungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 161 a) Verfügungen solvendi causa. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 161 b) Der Vergleich als Handgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 161 c) Der Vergleich als gewollt kausaler Verfügungsvertrag ........ 162 aa) Gesetzliche Abstraktion ............................. 162 bb) Unzulängliche Ergebnisse ........................... 163 cc) Gewillkürte Kausalität .......... . ...... . ............ 163 3. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 164 4. Der Vergleich im System des BGB .......................... 164 IV. Zweckerreichung durch Streitbeseitigung: das "Rückgriffsverbot" ... 165 1. "Stillhaltepflichten" und pactum de non petendo .............. 166

xx

Inhaltsverzeichnis 2. Bereinigung durch Veränderung der materiellen Rechtslage

167

3. Endgültigkeit der Bereinigung .............................. 168 a) Keine Lösung durch einseitigen Widerruf. . . . . . . . . . . . . . . . .. 168 b) Keine Lösung über §812 BGB ........................... 168 aa) trotz fehlender Verpflichtungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) trotz Bereicherung des Gegners ... . . . ................ (1) Verhältnis zu § 814 BGB ......................... (2) Bereinigung als Zweckverwirklichung ..............

168 169 169 169

4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 170

E. Zur Gegenseitigkeit des Vergleichsvertrages .......................... 170 I. Relevanz des Problems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 171

1. für das Leistungsstörungsrecht .............................. 171 2. für § 138 BGB ............................................ 171 3. für die Regeln über die pW . . . . . . . . .. . . . .. . . .. . . . .. . . . . . ...

171

11. Meinungsstand ............................ . ...... . ......... 172 III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 172 1. Der Begriff des gegenseitigen Vertrages ...................... 172 a) Gegenseitiger Vertrag ................................... 173 b) Entgeltliche Handgeschäfte .............................. 173 aa) nach h. M. ........................................ 173 bb) Kritik............................................. 174 c) Ergebnis .............................................. 175 2. Anwendung auf den Vergleich. . . . .. . . . . . . . . . .. . . .. . . . . .. . .. 176 a) Irrelevanz des gegenseitigen Nachgebens .................. 176 b) Beiderseitige Leistungen bzw. Leistungsversprechen . . . . . . . .. 176 aa) Grundmodell ...................................... 177 bb) Ausnahmen ....................................... 177 c) Synallagrnatische Verknüpfung ........................... 177 aa) Synallagrna und Vergleichszweck ..................... 178 bb) Ausnahmen bei "angestaffeltem" Austauschzweck . . . . . .. (1) Vergleichsweiser typischer Austauschvertrag ........ (2) Vergleichsweiser atypischer Austauschvertrag . . . . . . .. (3) Synallagrnatische Verknüpfung mit dem streitigen Rechtsverhältnis ................................

179 179 179 180

d) Ergebnis .............................................. 180 e) Ausblick auf die Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 181

Inhaltsverzeichnis

XXI

F. Anerkenntnis und Vergleich ....................................... 181 I. Anerkenntnis-Typen ......................................... 182 1. Bloße Wissenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 182

2. Kausales Schuldanerkenntnis ............................... 182 3. Abstraktes Schuldanerkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 183 4. Abgrenzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 183 11. Das Anerkenntnis "im Wege des Vergleichs" (§782 BGB) ......... 184 1. Wissenserklärung ......................................... 184

2. Kausales Anerkenntnis .................................... 184 a) Systematische Betrachtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 184 b) Typologische Betrachtung ............................... 185 3. Abstraktes Anerkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 185 a) Schuldbegründung und Anerkenntnis ..................... 185 b) Wortlaut des Vergleichs ................................. 186 c) Anwendungsbereich des §782 BGB ..... . .. . . . . . . . .. . . . . .. aa) Abgrenzung zwischen kausalem und abstraktem Anerkenntnis .......................................... bb) Abgrenzung zwischen abstraktem Anerkenntnis und Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (1) bei unstreitiger Existenz des Schuldverhältnisses. . . .. (2) bei streitiger Existenz des Schuldverhältnisses . . . . . .. (3) bei Zuständigkeitsvergleichen .....................

186 186 188 188 190 190

4. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 190

2. Abschnitt:

Die Tatbestandsmerkmale des Vergleichs

191

§8: Rechtsverhältnis ................................................... 192 A. Der Begriff des Rechtsverhältnisses ................................. 192

I. Rechtsverhältnis und subjektives Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 193 1. Zur formalen Struktur der subjektiven Rechte. . . . . . . . . . . . . . . ..

193

a) Verhaltensberechtigung und Ausschließlichkeitsgewähr ...... 193 aa) Verhaltensberechtigung ............................. 194 bb) Ausschließlichkeitsgewähr ........................... 194 b) "Relative" und "absolute" Rechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 195 c) Abgrenzung durch Konkretisierung ....................... 196

XXII

Inhaltsverzeichnis aa) bei der Vertragsfreiheit ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 196 bb) beim Besitz ....................................... 196 cc) beim allgemeinen Störungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 197 d) Subjektive Rechte im engeren und im weiteren Sinne ....... 198 2. Der Begriff des Rechtsverhältnisses .......................... 198 a) im engeren Sinne .... '. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 198 b) im weiteren Sinne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 199 c) weitergehende Fassungen ............................... 199

11. Die rechtliche Beziehung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 200 1. Herkömmliche Definitionen ................................ 200 2. Rechtsverhältnis und Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 201 3. Rechtsverhältnisse und rechtliche Tatsachen ........ . ......... 201 a) Wohnsitz.............................................. 201 b) Besitz ................................................ 202 c) Verwandtschaft ........................................ 203 d) Ehe und nicht-eheliche Lebensgemeinschaft ............... 203 4. Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 203 a) von nicht-rechtlichen Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 203 b) vom allgemeinen Rechtsgenossenstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 204 III. Insbesondere: Die rechtliche Beziehung zu Sachen. . . . . . . . . . . . . .. 204 B. Das Rechtsverhältnis beim Vergleich ................................ 205

I. Abgrenzungen .............................................. 206

1. Präzisierung des streitigen Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . .. 206 2. Tatsachenvergleiche

207

3. Künftige Ansprüche

208

4. Moralische Ansprüche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 210 a) Streit über die Existenz eines Rechtsverhältnisses ....... . . .. 211 b) Reiner Streit über moralische Beziehungen ................ 212 5. Prozessuale Beziehungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 213 a) Gegenstand von Streit oder U ngewißheit .................. 213 b) Streit über prozessuale Fragen ........................... aa) Das Prozeßrechtsverhältnis als Rechtsverhältnis i. S. d. Zivilprozeßrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Das Prozeßrechtsverhältnis als Rechtsverhältnis i. S. v. §779BGB ......................................... cc) Ergebnis ..........................................

215 216 217 218

Inhaltsverzeichnis c) Konsequenzen

XXIII 219

aa) "Streittransformationen"............................. 219 bb) Kostenvergleiche ............................ . ...... 220 ce) Abstrakte Prozeßbeendigungsverträge ................. 222 II. Das Rechtsverhältnis als "Streitgegenstand" ..................... 224 1. Streit oder Ungewißheit über ein Rechtsverhältnis ............. 224

2. Weitergehende Zusammenhänge ............................ 225 a) in bezug auf das "gegenseitige Nachgeben" ................ 225 b) in bezug auf den Vergleichsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 225 3. Konsequenzen.. .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. .. 226 a) in bezug auf die Verfiigungsbefugnis ...................... 226 b) in bezug auf die Parteien des streitigen Rechtsverhältnisses . .. 228 aa) beim Zuständigkeitsstreit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 229 bb) beim Vergleich zugunsten Dritter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 230 § 9: Streit oder Ungewißheit ............................................. 231

A. Streit................... . ...................................... 232 B. Ungewißheit.................................................... 234 1. Ungewißheit i. S. d. §779 Abs.l BGB

234

II. Unsicherheit i. S. d. § 779 Abs.2 BGB

235

III. Abgrenzung ................................................ 237

C. Gegenstand .................................................... 237 D. Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 238 § 10: Das gegenseitige Nachgeben ....................... . ................. 240

A. Das .Nachgeben" ............................................... 242 1. Charakterisierung ......................... . ................. 242 1. Die Ansicht Schnorr v. Carolsfelds .......................... 242

a) Tatsächliche Vermögenseinbuße .......................... 243 b) Negatives Anerkenntnis als Einbuße ...................... 243 c) Hypothetische Vermögenseinbuße ........................ 244 2. Weitere Definitionsversuche ................................ 246 3. Nachgeben als gegnerfreundliches Parteiverhalten ............. 248 a) Aufgabe ursprünglicher Prätentionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 248 b) Konzessionen in anderer Weise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 249

XXIV

Inhaltsverzeichnis c) Notwendigkeit hervorgekehrter Standpunkte. . . . . . . . . . . . . . .. 250 d) Sonderfall "Ungewißheit" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 251 e) Sonderfall ,,Anspruchserweiterung" ....................... 252

o Maßstab des Nachgebens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

253

g) Zwischenergebnis ...................................... 254

4. Konsequenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 254 a) Abgrenzung zum Vertragsinhalt .......................... 254 b) Abgrenzung zur "Leistung" etc. .......................... 254 c) Irrelevanz rur die causa etc. .............................. 254 d) Nachgeben durch Behörden ............................. 255 11. Abgrenzungen ............. . ............................. . .. 255 1. vom "Feilschen" .......................................... 255 2. bei unveränderten Standpunkten ............................ 256 a) Abrechnungen ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 256 b) Regulierung von Stationierungsschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 257 3. vom Anerkenntnis ........................................ 258 a) Anerkenntnis als Überzeugungswandel .................... 258 b) Anerkenntnis als Änderungsverttag ....................... 259 c) Sonderfalle ............................................ 259 aa) bei § 779 Abs.2 BGB ............................... 259 bb) bei Teilzahlungsabreden in der Zwangsvollstreckung. . . .. 259 4. Nachgeben in prozessualer Hinsicht ......................... 260 a) beim außergerichtlichen Vergleich ........................ 261 b) beim Prozeßvergleich ................................... 262 aa) Klagerücknahme ................................... (1) Materielle Bereinigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (2) Vertrag ........................................ (3) Zulässigkeit .................................... (a) Übertlüssigkeit .............................. (b) Unzulässigkeit .............................. (4) Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

262 262 262 263 263 263 265

bb) Anerkennungsvertrag ............................... (1) Erforderlichkeit des Nachgebens .................. (2) Verzicht auf einen der Rechtskraft fähigen Titel . . . . .. (3) Analogie zu §794 Abs.l Nr.l ZPO ................

265 265 266 268

cc) Sonstige prozessuale Verhaltensweisen ................ 269 B. Die Gegenseitigkeit .............................................. 270

C. Bereinigung "im Wege" gegenseitigen Nachgebens ..................... 271

Inhaltsverzeichnis

xxv

§ll:Vertrag ........................................................... 271 A. Abschluß eines Vergleichsvertrages ................................. 272

I. Vertragsangebot und einseitiges Handeln ....................... 272 1. bei Behörden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 273

2. bei Abrechnungen der Versicherer .......................... 273 3. bei rein prozessualen Erklärungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 275 11. Abschlußbefugnis ........................................... 275 1. Vetretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 275

a) für Vormund und Pfleger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 276 b) für handelsrechtliche Vertreter ........................... 276 c) für Organe der Aktiengesellschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 277 d) für (Haftpflicht-)Versicherer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) bei Bestehen eines Direktanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) in Fällen des § 158 c VVG ........................... cc) ohne Deckungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

277 278 278 280

e) für Prozeßbevollmächtigte ............................... 280

o für Konkursverwalter

................................... 281

2. Verfügungsbefugnis ......... . ............................. 281 a) Abgrenzung ........................................... 281 aa) zur objektiven Verfügbarkeit ......................... 281 bb) zu Zulässigkeitsschranken ........................... 282 b) Subjektbezogene Verfügungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) über eigene Rechte ................................. (1) bei Treuhand und Sicherungszession ... . . . . . . . . . . .. (2) bei entzogener oder beschränkter Verfügungsbefugnis (a) Konkurs, Nachlaßverwaltung, Testamentsvollstrekkung ....................................... (b) Vorerbschaft ................................ (c) BGB-Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (d) Absolute Veräußerungsverbote ................ (e) Relative Veräußerungsverbote ................. bb) über fremde Rechte ................................ (1) bei gutgläubigem Erwerb. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (2) Konvaleszenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (3) Ermächtigung .................................. (a) gesetzliche (für Verwalter) .................... (b) rechtsgeschäftliche ........................... (aa) Pfandgläubiger ......................... (bb) Treuhänder ............................ (c) gerichtliche (§844 ZPO) ......................

283 283 283 284 284 284 285 285 285 285 287 287 287 287 288 288 289 289

XXVI

Inhaltsverzeichnis

B. Inhalt......................................................... 290 I. Der notwendige Inhalt eines Vergieichsvertrages ................. 290 II. Anwendung auf Teil- und Zwischenvergleiche ......... . ......... 291 1. Teilvergleich ............................................. 291

a) bei mehreren Rechtsverhältnissen ........................ 291 b) bei mehreren Rechnungsposten .......................... 292 c) bei mehreren Anspruchselementen ....................... 292 aa) Einigung über die Höhe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 292 bb) Einigung über den Grund. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 294 d) bei mehreren Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Anspruchskonkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Anspruchsnorrnenkonkurrenz ........................ cc) Ergebnis ..........................................

295 295 296 298

2. Zwischenvergieiche

298

C. Auslegung und Abgrenzung

300

I. Auslegung ................................................. 300 1. Allgemeine Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 300

2. Reichweite des Vergleichs .................................. 300 a) "Generalquittung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 301 b) Abfindungsvergleiche und Spätfolgen ..................... aa) Auslegungsmögiichkeiten............................ bb) Verstoß gegen Treu und Glauben. . . . . .. . . . . .. . . . . . . .. cc) Zulässigkeit nach dem AGBG .......................

302 303 304 305

II. Abgrenzung ................................................ 306 1. zu bereits behandelten Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 306

2. zu Zwangsvergleichen ..................................... 306 3. zum außergerichtlichen Akkord ............................. 308

3. Abschnitt:

Wirkungen und Rechtsfolgen des Vergleichs

310

§ 12: Wirkungen und Rechtsfolgen für die Parteien ..... . ..................... 310

A. Grundsätze..................................................... 310 B. Einzelheiten.................................................... 311 I. Inhalt und causa ............................................ 311 1. Inhalt ................................................... 311

Inhaltsverzeichnis 2. Causa

XXVII 312

3. Forderungseigenschaften ................................... 313 a) Konkursvorrechte ...................................... 313 b) Abtretbarkeit und Prändbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 313 c) Aufrechnungsverbote ...................... . ........ . ... 314 d) Grenzen .......................................... . ... 315 11. Einreden und Einwendungen ................................. 316 1. Grundsätze .............................................. 316

2. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 317 a) Verjährung bereits eingetreten ........................... 317 b) Verjährung noch nicht eingetreten ........................ 317 § 13: Wirkungen und Rechtsfolgen für Dritte ................................ 319

A. Grundsätze..................................................... 319 I. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 319 1. Anwaltsgebühren ......................................... 319

2. Kündigungsschutzklage .................................... 320 3. GrundstückskaufVertrag ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 320 11. Meinungsstand und Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... 321 1. Die herrschende Meinung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 321

2. Die Ansicht von Pawlowski . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 322 3. Stellungnahme ............................ . ........ . ..... 322 a) unter dem Aspekt der Bereinigung ........ . ........ . ..... 322 c) unter dem Aspekt der Nichtigkeit ........................ 324 III. Ergebnis und Überblick über die allgemeinen Regeln ............ 325 1. Relativität des Vergleichsvertrages ........................... 325

2. Dritte als Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 325 3. Der Vergleich zugunsten Dritter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 325 4. Der Vergleich zu Lasten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 326 5. Teils günstige, teils nachteilige Vergleiche .................... 327

B. Vergleiche mit Drittwirkung ....................................... 328 I. Vergleiche zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 328 1. Verpflichtungen............... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 328

XXVIII

Inhaltsverzeichnis 2. Verfiigungen ............................................. 328 a) nach Vergleichsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 328 b) nach allgemeinem Vertragsrecht .......................... 329 aa) Vertragsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 329 bb) Schutzwerte Interessen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 330 cc) Bedürfnis ................. . ....................... 331 c) Ergebnis .............................................. 332 11. Vergleiche zu Lasten Dritter .................................. 332 1. Alleinberechtigter Dritte .... . ............... . .... . ......... 332 a) Sacheigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 332 b) Forderungsinhaber ..................................... 333 aa) Zessionare ........................................ 333 bb) Sicherungsnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 334 cc) Nachlaßgläubiger................................... 335 dd) Gesellschafisgläubiger............................... 336 2. Mitberechtigte Dritte ............................ . ......... 336 a) Miteigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 336 b) Mitberechtigte Gläubiger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 336 aa) Teilgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 336 bb) Gläubiger gemeinschafilicher Forderungen. . . . . . . . . . . .. 337 cc) Gesamtgläubiger ................................... 337 3. Mitverpflichtete Dritte ..................................... 339 a) Gesamtschuldner....................................... aa) Wirkung zu Lasten des Gesamtschuldners ............. bb) Wirkung zugunsten des Gesamtschuldners. . . . . . . . . . . .. (1) Unbeschränkte Gesamtwirkung ................... (2) Beschränkte Gesamtwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (a) nach der Rechtsprechung ..................... (b) nach der h. M. .............................. (c) Stellungnahme .............................. cc) Besonderheiten in der Hafipflichtversicherung .. . . . . . . .. (1) Vergleich des Geschädigten mit dem Versicherungsnehmer ........................................ (a) in der allgemeinen Hafipflichtversicherung ...... (b) in der Ptlichtversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (c) in der Krafifahrzeughafipflichtversicherung ...... (2) Vergleich des Geschädigten mit dem Versicherer .... (a) in der allgemeinen Hafipflichtversicherung ...... (b) in der Pflichtversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (c) in der Krafifahrzeughafipflichtversicherung ......

339 339 339 340 341 341 342 342 345 345 345 345 346 346 346 347 347

Inhaltsverzeichnis

XXIX

b) Schuld beitritt .......................................... 349 c) Erfüllungsübernahme ................................... 349 d) Privative Schuldübernahme .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 349 e) Sicherungsnehmer...................................... 350 aa) Vergleich zugunsten des Hauptschuldners. . . . . . . . . . . . .. 350 bb) Vergleich zu Lasten des Hauptschuldners .............. 351

4. Abschnitt:

Der fehlerhafte Vergleich

352

§ 14: Der Gnmdlagenirrtum nach § 779 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 352

A. Dogmatische Einordnung ......................................... 352 I. Der Grundlagenirrtum als gemeinsamer Motivirrtum ............. 353 11. Grundlagenirrtum und Zweckverfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 355 III. Der gemeinsame Motivirrtum im allgemeinen Vertragsrecht ....... 356 1. Fall fehlender Geschäftsgrundlage ........................... 356 2. Lösung über ergänzende Vertragsauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 357 3. Analogie zum Anfechtungsrecht ............................ 357 4. Stellungnahme ................................. . ......... 357 a) zur Analogie zu § 779 BGB .............................. 357 b) zur ergänzenden Vertragsauslegung ....................... 358 aa) Vertragslücke ...................................... 358 bb) Nichtigkeit als Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 359 c) Ergebnis .............................................. 359 IV. Der gemeinsame Motivirrtum bei § 779 BGB .................... 359 1. Gegenstandslosigkeit des Vergleichs ......................... 359 2. Vorstellungen im Gesetzgebungsverfahren .................... 360 3. Die Rechtsfolge des § 779 Abs. 1 BGB ...... . ................ 361 V. Ergebnis .. . . . ...................... . ....................... 361

B. Der Tatbestand des §779 Abs.l BGB .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 361 I. Der "feststehende" Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 362 1. Ausschluß des caput controversum .......................... 362 2. Ausschluß künftiger Umstände ............................. 363

xxx

Inhaltsverzeichnis II. Der nach dem Inhalt des Vertrages zugrunde gelegte Sachverhalt. .. 364 1. Vorstellungen der Parteien ................................. 364 2. Übereinstimmung dieser Vorstellungen ...................... 365 3. Zugrundelegung nach dem Vertragsinhalt .................... 365 III. Der Streitausschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 367 IV. Einzelfalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 368

1. Rechtsirrtum ............................................. 368 2. Zuständigkeitsvergleiche ................................... 370 3. Einreden und Einwendungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 372 a) Einreden (Verjährung) .................................. 372 b) Nichtigkeit ............................................ 372 4. Abfindungsvergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 373

C. Die Rechts/algen des Grundlagenirrtums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 373 1. Unwirksamkeit nach §779 Abs.l BGB ............ . ............ 373 II. Teilnichtigkeit nach § 139 BGB ................................ 374 1. Teilbare Rechtsverhältnisse ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 374 2. Mehrere Streitigkeiten ..................................... 374 III. Vertragliche Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 375 § 15: Fehlen oder Wegfall der Geschäftsgrundlage ............................ 376

A. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 376

1. Vorrang der Vertragsauslegung ................................ 377 II. Vorrang des § 779 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 378 1. in bezug auf die objektive Geschäftsgrundlage. . . . . . . . . . . . . . . .. 378 2. in bezug auf die subjektive Geschäftsgrundlage. . . . . . . . . . . . . . .. 378 III. Vorrang vor §242 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. 379 B. Beispiele .................................................. . ... 380

1. Abfindungsvergleiche ........................................ 380 1. Eindeutige Ausschlußklauseln .............................. 380 2. Ohne Erwähnung der Spätfolgen ............................ 380 II. Rechtsirrtum ............................................... 381 III. Unterhaltsvergleiche ................ . ........................ 382

Inhaltsverzeichnis

XXXI

§ 16: Unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) .............................. 383

A. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 383 B. Strukturierung .................................................. 384

1. Gegenwärtig zu mißbilligendes Verhalten ....................... 385

I!. Früher zu mißbilligendes Verhalten ............................ 386 III. Widerspruch zu früherem Verhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 386 IV. Mangelndes korrespondierendes Verhalten ...................... 386 § 17: Nichtigkeit des Vergleichs ........................................... 387

A. Der Vergleich über nichtige Rechtsgeschäfte .......................... 387

1. Die Lehre vom "Wirkungsprivileg" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 387

II. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 389

1. Vorrang der Wirkungsbeschreibung ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 389 a) beim novatorisehen Vergleich ............................ 389 b) beim ändernden/bestätigenden Vergleich .................. 390 2. Bereinigungszweck und Nichtigkeitsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 391 a) Verzicht auf den gesetzlichen Schutz ...................... 391 b) Änderung der Motivation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 391 c) Einschränkende Auslegung/teleologische Reduktion. . . . . . . .. 392 III. Ergebnis ................................................... 392 B. Der Vergleich über Naturalobligationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 393 C. Nichtigkeitsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 394

I. Formmangel (§ 125 S. 1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 394

1. Grundsatz der Formfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 394 2. Formbedürftigkeit im Einzelfall ............................. 395 a) nach §313 S. 1 BGB .................................... 396 b) nach §§2371, 2385, 2033 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 397 II. Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) .................................. 398

1. Meinungsstand ........................................... 398 2. Stellungnahme

399

a) Sittenwidrigkeit des verglichenen Rechtsverhältnisses ........ 399 b) Sittenwidrigkeit vergleichsweiser Austauschvereinbarungen . .. 399 c) Sittenwidrigkeit der Regelungen streitiger Rechte und Pflichten 400

XXXII

Inhaltsverzeichnis III. Anfechtung (§ 142 BGB) ..................................... 401 1. Irrtumsanfechtung ........................................ 401 a) Irrtum über das caput controversum ...................... 401 b) Irrtum über das caput non controversum .................. 403 c) Irrtum über den Vergleichsinhalt ......................... 403 aa) Primat der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 404 bb) Motiv- und Inhaltsirrtum ............................ 404 2. Anfechtung nach § 123 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 405 a) Arglistige Täuschung ................................... 405 b) Widerrechtliche Drohung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 406 IV. Verzichts- und Vergleichsverbote .................... . ......... 407 1. Gesetzliche Gleichstellung ................................. 407 2. Verzichtsverbote und Vergleichsverbote ...................... 408 a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 408 b) Insbesondere: Der Vergleich über Einlageverpflichtungen .... 410 aa) bei Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 410 bb) bei Kapitalgesellschaften ............................ 411 3. Haftungsausschlußverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 412 a) §23 Abs.3 GenG ...................................... 412 b) §§ 130 a Abs. 3 S.3, 323 Abs.4 HGB; 62 Abs. 5 GenG ....... 413

§ 18: Leistungsstörungen ................................................. 413

A. Verzug......................................................... 413 I. Vertragliche Regelungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 414 1. Verfallklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 414 2. Vertragliches Rücktrittsrecht ................................ 414 a) Rückgewährschuldverhältnis ............................. 415 b) "Quasi-dingliche" Wirkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 415

11. Gesetzliche Rechtsfolgen ..................................... 416 1. Grundsatz ............................................... 416 2. bei gegenseitigen Verträgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 417

B. Unmöglichkeit.................................................. 418 I. Ursprüngliche Unmöglichkeit ................................. 419 1. Objektive Unmöglichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 419 2. Subjektive Unmöglichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 419

Inhaltsverzeichnis

XXXIII

II. Nachträgliche Unmöglichkeit ................................. 420

C. Rücktrittsrecht als Rechtsfolge einer p W ............................ 420 § 19: Gewährleistung .................................................... 421 A. Gewährleistung bei feststellbarem Austauschvertrag ................... 421 I. Gewährleistung aus dem verglichenen Rechtsverhältnis ........... 422 II. Gewährleistung aus dem vergleichsweise abgeschlossenen Austauschvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 422 B. Gewährleistung bei vergleichsweiser Veräußerung ohne Austauschvereinbarung 422

1. Anwendbarkeit der §§445, 493 BGB ........................... 423 II. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 424 1. Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 424 2. Berechnung des Minderungsbetrages ........................ 425

5. Abschnitt:

Prozeßrechtliche Aspekte

426

§ 20: Die prozessuale Durchsetzung des außergerichtlichen Vergleichs ............ 426 A. Die auf den Vergleich gestützte Klage ............................... 426 I. Zuständigkeit des Gerichts ................................... 426 1. Rechtswegzuständigkeit ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 426 a) Verwaltungsgerichte .................................... 427 b) Arbeitsgerichte ........................................ 427 2. Gerichtsstand ............................................ 427 a) bei Änderung des streitigen Rechtsverhältnisses ............ 427 b) bei Begründung neuer Forderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 427 aa) nach §§ 38 ff ZPO .................................. 428 bb) nach §32 ZPO ..................................... 428 (1) bei Berufung auf die Vergleichsforderung ........... 428 (2) bei Berufung auf beide Anspruchsgrundlagen ....... 429 c) bei Novation oder fehlender Kontinuität .......... . . . . . . . .. 430 II. Streitgegenstand ............................................ 431 1. Relevanz ................................................ 431

XXXIV

Inhaltsverzeichnis a) rur §260 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. .. . . . . . .. 431 b) rur §261 Abs.3 Nr.l ZPO ............................... 431 c) rur §263 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 431 d) rur §322 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. 431 2. bei Novation oder fehlender Kontinuität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 431 a) Zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff ....... . ............ 432 b) Eingliedriger Streitgegenstandsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 432 c) Materiell-rechtliche Theorien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 432 d) Ergebnis .............................................. 433 3. bei Begründung neuer Forderungen ......................... 433 a) Streitgegenstandstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 433 b) Vorzüge und Schwächen ................................ 434 c) Nonnorientierter relativer Streitgegenstandsbegriff .......... aa) rur §322 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . .. . .. bb) rur §263 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. cc) rur §261 ZPO . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. .. . . . . . . . . .. . .. dd) rur § 260 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. ee) Ergebnis ..........................................

434 435 436 437 438 439

4. bei Änderung des streitigen Rechtsverhältnisses ..... . ......... 440 5. Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 440 III. Anspruchsgrund i. S. v. §253 Abs.2 Nr.2 ZPO.. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 441 1. bei Klagen aus dem streitigen Rechtsverhältnis ................ 442 2. bei Klagen aus dem Vergleich .............................. 442 a) nach der Theorie vom "eventuellen Vertrag" ............... 442 b) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 442 IV. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 443

B. Auswirkungen des außergerichtlichen Vergleichs auf den schwebenden Prozeß 444 I. Umsetzung durch den Kläger ................................. 444

1. Klagerücknahme .......................................... 444 2. Klageänderung ........................................... 444 3. Einseitige Erledigungserklärung ............................. 444

11. Umsetzung durch beide Parteien .............................. 445 1. Beiderseitige Erledigungserklärung

446

2. Protokollierung als Prozeßvergieich

446

3. "Gemeinsames Berufen" auf den außergerichtlichen Vergleich . .. 446

Inhaltsverzeichnis

xxxv

III. Umsetzung durch den Beklagten .............................. 446 1. Sachvortrag ............................... . .............. 446 2. Vollstreckungsgegenklage .................................. 447 3. "Prozeßfortsetzungsverbot" ................................. 447

§ 21: Abgrenzung zum Prozeßvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 448

§ 22: Vergleich und Schiedsvertrag ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 450 A. Die objektive Schiedsjähigkeit ..................................... 450 B. Die subjektive Schiedsjähigkeit .................................... 451 § 23: Vergleiche in der freiwilligen Gerichtsbarkeit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 452 A. Außergerichtliche Vergleiche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 452 B. Verfahrensvergleiche ............................................. 453

Literaturverzeichnis ..................................................... 457 Paragraphenregister ..................................................... 484 Stichwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. 490

Abkürzungsverzeichnis AK ausf. cic Ein!. FS GG MüKo pVV RGRK SachenR SchuldR StudKomm. Vorbem.

-

Alternativ-Kommentar (s. Literaturverzeichnis) ausführlich culpa in contrahendo Einleitung Festschrift Geschäftsgrundlage Münchener Kommentar (s. Literaturverzeichnis) positive Vertragsverletzung Reichsgerichtsräte-Kommentar (s. Literaturverzeichnis) Sachenrecht Schuldrecht Studienkommentar (s. Literaturverzeichnis) Vorbemerkung

Wegen aller übrigen Abkürzungen wird Bezug genommen auf: Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 3. Aufl., BerlinjNew York 1983 und Duden, Konrad, Die Rechtschreibung, 19. Aufl., MannheimjWienjZürich 1986.

§ 1: Einführung "There is no magic ab out compromise. Hs foundation is the ordinary law of contract."l Daß diese Sätze aus einer britischen Monographie über den Vergleich auch für das deutsche Recht Geltung beanspruchen dürfen, dies zu belegen ist Gegenstand und Aufgabe der vorliegenden Arbeit. Es geht um Anwendung und Folgen der Anwendung des allgemeinen Vertragsrechts auf den bürgerlich-rechtlichen Vergleichsvertrag, wie er in § 779 Abs. 1 BGB definiert ist. Es soll herausgearbeitet werden, daß dieser Vertragstypus zu Recht im Besonderen Teil des Schuldrechts aufgeführt ist, weil er sich durch einen eigenständigen, typischen Geschäftszweck von anderen Vertragstypen unterscheidet. Nach dem System des Bürgerlichen Gesetzbuches bedeutet das, daß die Vorschriften des Allgemeinen Teils und des Allgemeinen Schuldrechts (einschließlich aller Nebengesetze) auf den Vergleich Anwendung finden wie auf jeden anderen schuldrechtlichen Vertrag. Es wird zu belegen sein, daß der eigenständige Geschäftszweck des Vergleichs keine Konzessionen bei der Anwendung der allgemeinen Regeln verlangt. Eigentlich sollte man davon ausgehen dürfen, daß diese Sätze zumjuristischen Allgemeingut gehören und daß es einer "Entmythologisierung" des Vergleichsrechts gut neun Jahrzehnte nach Verabschiedung des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht mehr bedarf. Die Quellenlage vermag indessen in dieser Hinsicht nicht recht zu befriedigen. Es ist zwar richtig festgestellt worden, daß "die Geschichte des Vergleichs die Geschichte der Reduzierung seiner Sondernatur" ist 2 • Aber die Rezeption dieser Erkenntnis läßt doch zu wünschen übrig. Außerdem ist nicht zu verkennen, daß "die Geschichte des Vergleichs" im wesentlichen die Geschichte des Prozeßvergleichs ist, während der materiell-rechtliche Vergleichsvertrag schon immer ein Schattendasein führte. Das gilt vor allem im Hinblick auf seine dogmatischen Grundlagen. Die Rechtsprechung widmet ihnen wenig Aufmerksamkeit. Sie bewältigt die anstehenden Probleme im allgemeinen mit dem Allheilmittel der Vertragsauslegung und arbeitet dabei offenbar so erfolgreich, daß weiteres wissenschaftliches Interesse nicht vonnöten scheint. Es ist in diesem Zusammenhang bezeichnend, daß der Vergleichsvertrag anläßlich der Vorschläge und Gutachten zur "großen Schuldrechtsreform"3 nicht einmal erwähnt wurde. Man ist mit § 779 BGB, dem Foskett, S. 3. Ehel, S. 219. 3 Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts (hrsg. v. Bundesminister der Justiz), Bd. I/lI 1981, Bd. III 1983; dazu programmatisch Engelhard, NJW 1984, 120lff.; Schmude, NJW 1982, 2017 ff. 1

2

t Bork

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§ 1: Einführung

einzigen Paragraphen, der sich über den Vergleich verhält, offensichtlich zufrieden und genießt den Freiraum, der durch die Abwesenheit detaillierter Regelungen geschaffen ist 4 . Allerdings läßt sich dabei nicht immer verhindern, daß der Bezug zu den dogmatischen Grundlagen verloren geht, obgleich sie auch im Rahmen der Vertragsauslegung und der Anwendung allgemeiner Vorschriften nützliche Entscheidungsmuster und Argumentationshilfen anbieten könnten. Diese Vernachlässigung führt dann leicht zu einem inkonsistenten "Leitsatzrecht" , wenn im Einzelfall möglicherweise zutreffende, aber untereinander disharmonische Entscheidungsformeln zusammengetragen und als das Recht "des" Vergleichsvertrages angeboten werden. So kommt es, daß das Vergleichsrecht eine Domäne der Kommentar-Literatur ist. Ihre Bedeutung ist auf diesem Gebiet nicht zu unterschätzen und ihr Wert nicht zu schmälern, aber auch sie läßt Wünsche offen. Das kann gar nicht anders sein, denn Kommentare werden im wesentlichen mit Blick auf die Praxis verfaßt und lassen nur beschränkten Raum für dogmatische Grundlegungen und weiter ausholende Betrachtungen, so daß auch fundierte Kommentierungen die Thematik nicht erschöpfend ausleuchten können. Diese Lücke wird auch durch die wenigen Monographien, die sich mit dem materiell-rechtlichen Vergleichsvertrag befassen, nicht vollständig geschlossen. Um nur drei Beispiele zu nennen: Die große Arbeit von Oertmann bietet auch heute noch reiches Material und vorbildliche Aufbereitung des Themas, aber sie stammt aus dem Jahre 1895 und untersucht noch den Vergleich im gemeinen Zivilrecht. Lehmann hat sich als Anhänger und Mitbegründer jener Lehre, die in dem Prozeßvergleich (auch) einen privatrechtlichen Vertrag mit prozessualen Folgen sieht, in seiner grundlegenden Monographie zum Prozeßvergleich natürlich auch mit der materiell-rechtlichen Komponente auseinandergesetzt und dabei viele Fragen in noch heute gültiger Weise beantwortet. Aber auch diese Arbeit ist nun fast 80 Jahre alt, und ihr Schwerpunkt liegt auf der prozessualen Ebene. Die tiefschürfende Habilitationsschrift von Ehel schließlich befaßt sich vor allem mit rechtshistorischen Aspekten, während sie im übrigen "Facetten"S beleuchtet, d. h. unter Verzicht auf eine umfassende Betrachtung (die "Breite") einzelnen Aspekten (der" Tiefe") den Vorzug gibt. Es scheint mir daher noch Bedarf für eine breiter angelegte Analyse zu bestehen, die ihren Platz zwischen der Kommentar-Literatur einerseits und den Spezialproblemen gewidmeten Untersuchungen andererseits zu finden hofft. Indessen: Ganz ohne thematische Einschränkungen kommt auch diese Arbeit nicht aus. Ausgeklammert werden insbesondere rechtsvergleichende Aspekte sowie die rechtshistorischen Grundlagen, die in den oben genannten Arbeiten erschöpfend aufgedeckt sind. Im Mittelpunkt steht vielmehr die zivi/rechtliche 4 Detaillierte Regelungen bietet nach dem eingangs Gesagten bei Bedarf das allgemeine Vertragsrecht, so daß man sich im Ergebnis jedenfalls zu Recht auf den Standpunkt stellen kann, daß weitere Vorschriften im Besonderen Schuldrecht nicht erforderlich sind. 5 Ebel, S. 218.

§ 1: Einführung

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Analyse des außergerichtlichen, materiell-rechtlichen Vergleichsvertrages i. S. v.

§ 779 Abs. 1 BGB.

Der Prozeßvergleich wird als solcher nicht behandelt. Das bedeutet im Ergebnis aber nur, daß die besonderen prozessualen Voraussetzungen 6 und Wirkungen 7 des Prozeßvergleichs nicht eigens abgehandelt werden. Diese Beschränkung wird dadurch ermöglicht, daß der Prozeßvergleich nach zutreffender Ansicht nichts anderes ist als ein im Prozeß vom Gericht beurkundeter materiell-rechtlicher Vergleichsvertrag B• Die typologische Abgrenzung ist also rein formaler N atur 9 • Natürlich gehen die Wirkungen des Prozeßvergleichs über die materiell-rechtlichen Wirkungen hinaus. Deshalb ist es richtig, ihn mit der herrschenden Meinung als Vertrag mit Doppelnatur zu verstehen, der zugleich materiell-rechtlicher Vertrag und Prozeßhandlung ist 1o . Als Prozeßhandlung unterliegt er zusätzlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen, von Beispiel: anwaltliche Vertretung; vgl. nur BGH NJW 1985, 1962, 1963. Beispiel: Prozeßbeendigung; vgl. nur BGH WM 1986, 537, 538f. 8 BGH WM 1986,537,538; NJW 1986,2054; 1985, 1962, 1963; 1983, 228, 229. Vgl. auch unten Fn. 10. 9 Dazu unten § 21. 10 Vgl. nur BGH NJW 1988, 65; 1981, 823f.; RosenbergjSchwab, S. 815f. m. w. N. Nach dieser Lehre liegt ein wirksamer, den Prozeß beendender Prozeßvergleich nur vor, wenn sowohl die Voraussetzungen der Prozeßhandlung als auch die Voraussetzungen eines materiell-rechtlichen Vergleichsvertrages erfüllt sind. Ist das nicht der Fall, ist der Prozeßvergleich insgesamt unwirksam. Nach der konkurrierenden Ansicht handelt es sich nicht um einen einheitlichen Rechtsakt mit Doppelnatur, sondern um einen Doppeltatbestand, bei dem materiell-rechtlicher Vertrag und Prozeßhandlung isoliert und unabhängig nebeneinander stehen; vgl. nur Tempel, FS Schiedermair, S. 517ff., 542f. m. w. N. Liegen die Voraussetzungen des einen, nicht aber des anderen (zeitgleichen) Tatbestandes vor, bleibt der erste isoliert gültig. Sind also die Tatbestandsmerkmale und Wirksamkeitsvoraussetzungen eines materiell-rechtlichen Vergleichsvertrages feststellbar, so bleibt der Prozeßvergleich bei prozessualen Mängeln als außergerichtlicher Vergleich wirksam. Ob das den Parteiinteressen noch entspricht, wird nicht berücksichtigt. Schon deshalb ist die h. M. vorzugswürdig; derzufolge der Prozeßvergleich in diesem Fall insgesamt unwirksam ist, aber über § 140 BGB als außergerichtlicher Vergleich aufrechterhalten werden kann, wenn das den Parteiinteressen entspricht (vgl. BGH NJW 1985, 1962, 1963).Auch im umgekehrten Fall vermag die Lehre vom Doppeltatbestand nicht zu befriedigen. Denn zum einen erlaubt sie, solange nur prozessual alles in Ordnung ist, auf die penible Einhaltung der Tatbestandsmerkmale eines materiell-rechtlichen Vergleichsvertrages, etwa auf das gegenseitige Nachgeben, zu verzichten. Damit kommt sie, wie ich später noch näher darlegen werde, zu wenig ausgewogenen Ergebnissen; vgl. § 8 B. I. 5. c. cc. (zum "abstrakten Prozeßbeendigungsvertrag") und § 10 A. 11.4. (zum "gegenseitigen Nachgeben"). Und zum anderen hat sie zwingend zur Folge, daß der Prozeß bei nur materiellrechtlichen Mängeln beendet ist, also ein neuer Prozeß angestrengt werden muß (vgl. nur A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, S. 344). Auch das ist indessen nicht sachgerecht, schon weil es gegen den Grundsatz der Prozeßökonomie verstößt. Auch deshalb ist die Lehre vom Prozeßvergleich als Doppeltatbestand abzulehnen. Das bedeutet im übrigen nicht, daß aus dem Begriff der "Doppelnatur", wie er von der h. M. verwendet wird, irgendwelche Rechtsfolgen abgeleitet werden könnten. Vielmehr ist auch unter der Herrschaft dieser Lehre im Einzelfall nach materiell und prozessual interessengerechten Lösungen zu suchen (Esser, FS Lehmann, S. nOf.). 6

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§ 2: Rahmenbedingungen

denen hier abgesehen wird. Das heißt aber nicht, daß Prozeßvergleiche völlig unerwähnt bleiben. Da in jedem Prozeßvergleich auch ein materiell-rechtlicher Vergleichsvertrag "steckt", ist es erlaubt, in die Analyse des materiellen Rechts auch solche Vergleichsverträge einzubeziehen, die vor Gericht "zur Beilegung des Rechtsstreits" (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) geschlossen werden. Die materiell-rechtliche Untersuchung muß sich zunächst der Kernfrage des Vergleichsrechts zuwenden: Wie lautet die korrekte juristische Begründung dafür, daß es den Parteien durch den Vergleich (unstreitig) verwehrt ist, auf die streitige oder ungewisse Rechtslage noch einmal zurückzukommen? Bei dieser Frage gilt es, Ernst zu machen mit der historischen "Emanzipation" des Vergleichsvertrages vom bloßen Einredetatbestand bzw. Prozeßhindernis l l zur kausalen Neuordnung der Parteibeziehungen. Entsprechenden Überlegungen ist, nach einem kurzen Überblick über die Rahmenbedingungen für Vergleichsabschlüsse (§ 2), der 1. Abschnitt dieser Arbeit gewidmet (§§ 3 - 7). Er befaßt sich, wie in § 3 näher darzustellen sein wird, mit der Rechtsnatur des Vergleichsvertrages unter dem Gesichtspunkt seiner verpflichtenden und verfügenden Wirkungen sowie deren Rechtsgrund (§ 7). Diese Analyse ist vorzubereiten durch allgemeinere Anmerkungen zur causa von Verpflichtungen (§ 4) und Verfügungen (§ 5) sowie zur Struktur der Änderungsverträge (§ 6). Auf dieser Grundlage können dann in einem 2. Abschnitt die Tatbestandsmerkmale des Vergleichsvertrages näher dargestellt werden (§§ 8 -11). Der 3. Abschnitt ist Wirkungen und Rechtsfolgen des Vergleichs für die Parteien (§ 12) und Dritte (§ 13) gewidmet. Von diesen Wirkungen wollen sich die Beteiligten mitunter befreien, wenn sie sich als ungünstig erweisen. Ob ihnen das gelingen kann, wird im 4. Abschnitt untersucht, der sich mit der Fehlerhaftigkeit bzw. Angreifbarkeit des Vergleichs unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten befaßt (§§ 14-19). Zugleich muß sich hier das allgemeine Vertragsrecht bewähren. Der 5. Abschnitt beschließt die Arbeit mit einem Blick auf die prozeßrechtlichen Aspekte des materiell-rechtlichen, außergerichtlichen Vergleichs (§§ 20-23).

§ 2: Rahmenbedingungen Die Rechtstatsachenforschung hat dem Vergleich in neuerer Zeit besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Nicht zuletzt die vielbeklagte Überlastung der Gerichte hat das sozialwissenschaftliche Interesse auf den Vergleich als "Alternative in der Ziviljustiz" gelenkt, wobei naturgemäß der Prozeßverg/eich im Vordergrund steht, während der außergerichtliche Vergleich kaum erwähnt 11 Vgl. zu diesen Auffassungen und ihren geschichtlichen Wandlungen vom römischen, deutschen und kanonischen Recht bis zum 19. Jahrhundert Ehel, S. 43ff., 50ff., 60ff.; Lehmann, S. 16ff., 23ff., 30ff.; Oertmann, Vergleich, S. 27ff.

§ 2: Rahmenbedingungen

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wird. Das ist nicht nur deshalb verständlich, weil gerade der Prozeßvergleich in seiner Funktion als prozeßbeendigendes "Urteilssurrogat" eine spürbare Entlastung des Richters bringt (während der außergerichtliche Vergleich, sofern er eine Klage erübrigt, "nur" eine neue Akte verhindert, aber keine angelegte erledigt); es ist auch deshalb verständlich, weil sich der außergerichtliche Vergleich naturgemäß einer empirischen Untersuchung weitgehend entzieht. Das gilt jedenfalls insoweit, als er weder zur Beilegung eines schwebenden Rechtsstreits noch unter Mitwirkung von Rechtsanwälten oder Notaren geschlossen wird, wenn also der Konflikt der Parteien im Vorfeld (förmlicher) Rechtspflege beigelegt und damit nicht (statistisch) erfaßbar wird 1. Dem vorliegenden Zweck tut das indessen keinen Abbruch. Aufkonkrete statistische Werte über die Häufigkeit außergerichtlicher Vergleiche kann eine zivilrechtliche Untersuchung zur Not verzichten, und im übrigen sind die Erkenntnisse der Rechtstatsachenforschung über den Vergleich weitgehend unabhängig davon gültig, ob er vor Gericht oder außergerichtlich geschlossen wird. Etwa 10% der Zivilverfahren vor den Amtsgerichten und ca. 16 -19% der erstinstanzlichen Zivilverfahren vor den Landgerichten werden durch Prozeßvergleich erledigt. In Berufungsverfahren liegt die Vergleichsquote bei etwa 14% bei den Landgerichten und 17-20% bei den Oberlandesgerichten 2 • Arbeitsgerichtsprozesse werden zu etwa 35%, Kündigungsschutzprozesse sogar zu ca. 60% durch Vergleich erledigt 3 • 50% aller Schiedsverfahren enden mit einem Vergleich 4 . Dieser beachtliche Anteil der Vergleiche an der Erledigung schwebender Verfahren ist auf die günstigen Rahmenbedingungen für Vergleichsabschlüsse und die in vielen Fällen attraktiven Vorzüge friedlicher Konfliktbereinigung zurückzuführen. Um deren - durchaus kritische - Diskussion hat sich die Rechtstatsachenforschung in den letzten 10 Jahren verdient gemacht. Auf die Ergebnisse dieser Diskussion darf verwiesen werden 5. Für den vorliegenden Zweck reicht es aus, einige wenige Aspekte hervorzuheben. 1 Vgl. auch Ehel, S.2. Das Statistische Jahrbuch weist z. B. außergerichtliche Vergleiche nur im Hinblick auf die Erledigung rechtshängiger Sozialgerichtsverfahren aus (vgl. Statistisches Bundesamt, S. 332). Im übrigen bewegt sich die Rechtstatsachenforschung in diesem Fall auf dem Gebiet spekulativer Schätzung; vgl. Berghuis-van der Wijk, S.69. 2 Vgl. Statistisches Bundesamt, S. 329; Flenz/Gottwald/ Wedekindin: Gottwald/ Hutmacher / Röhl/ Strempel, S. 279 ff.; Rogowski, S. 173 f. Die Zahlen sind über die Jahre relativ konstant, variieren indessen leicht in den unterschiedlichen Quellen, was daraufzurückzuführen ist, daß einige Autoren bestimmte Verfahren (z. B. Arrest- oder Prozeßkostenhilfeverfahren) ausklammern oder - wie die Familienprozesse - gesondert ausweisen. 3 Vgl. Statistisches Bundesamt, S.332; Falke/Höland/Rhode/Zimmermann, S.184; Rogowski, S. 174. 4 Baur, Rz. 2; Stürner, JR 1979, 133, 138. S Grundlegende und die bisherige Diskussion zusammenfassende Beiträge finden sich in dem von Gottwald / Hutmacher / Röhl / Strempel im Auftrag des Bundesministers der Justiz herausgegebenen Sammelband. Vgl. ferner AK-Dubischar, § 779 Rz. 3; Ehlke, S. 9 f., 23 ff., 40ff.; Freund, DRiZ 1983, 136ff.; Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 48 VIII, S. 173 f.;

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Ein günstiges Klima für Vergleiche schaffen zunächst gesetzliche Vorschriften, die den Richter dazu anhalten und den Anwalt durch gebührenrechtliche Anreize dazu ennuntern, auf eine gütliche Einigung der Parteien hinzuwirken (vgl. §§ 279 Abs. 1 S. 1, 495, 608 ZPO; 54, 57 Abs. 2 ArbGG; 53a FGG; 13 Abs. 2 HausratsVO; 380 Abs. 1 StPO; 44 Abs. 1 WEG sowie §§ 23, 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGebO). Daneben treten solche Vorschriften, die den Lauf von Verjährungsfristen für die Dauer von Vergleichsverhandlungen hemmen (z. B. §§ 852 Abs. 2 BGB; 39 LuftVG; 3 Nr. 3 PflVG; 14 StVG). Die Gründe für eine solche Haltung des Gesetzgebers liegen auf der Hand: -

Vergleiche beseitigen Streit oder Ungewißheit, schaffen dadurch Rechtssicherheit und erübrigen den Beginn oder die Fortsetzung eines Prozesses 6 . Dadurch sparen die Parteien, ihre Anwälte? und das GerichtS Zeit und Energie, die nötig wären, um einen Prozeß zur Entscheidungsreife und zum rechtskräftigen Abschluß zu bringen, die aber nicht immer in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Angelegenheit stünden.

-

Zugleich - und unmittelbar mit dem Vorstehenden korrespondierend kann der Vergleichsabschluß den Parteien weitere Kosten ersparen 9 • Zwin-

Strecker, DRiZ 1983, 97ff.; Struck, JuS 1975, 762ff.; Stürner, JR 1979, 133ff.; ders., DRiZ 1976, 202ff.; M. Wolf, ZZP 89 (1976), 260fT. 6 Das gilt natürlich nur, wenn der Vergleich sorgfältig erarbeitet und formuliert wurde. Ein schlechter Vergleich erzeugt nur neuen Streit, der durch die fehlende Rechtskraft des Vergleichs noch erleichtert wird. (Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich dann die Frage nach Vergleichsstrategien, Formulierungshilfen und dem "Vergleich als Ausbildungsproblem"; vgl. dazu etwa Freund, DRiZ 1979,72, 76fT.; Michel, JuS 1986,41, 42ff.; Struck, JuS 1975, 762, 766ff. sowie die Beiträge von Röhl, Struck, Kircher und Staats in: Gottwald( Hutmacher ( Röhl( Strempel, S. 209 ff. ).Im übrigen ist zu Recht auf eine wichtige Schattenseite dieses Vorteils hingewiesen worden: Das Bedürfnis der Parteien nach Rechtssicherheit kann darauf beruhen, daß ihnen das geltende Recht unzulänglich oder undurchsichtig ist (vgl. dazu Ebel, S. 2; Ehlke, S. 54fT.; Stürner, JR 1979, 133, 134). In diesem Fall kann sich die Vergleichsfreudigkeit als "Krankheitssymptom" (Stürner, JR 1979, 133, 135) der Rechtsordnung erweisen, die einen Teil ihrer Geltungs- und Steuerungskraft eingebüßt haben könnte. Vgl. Stürner, JR 1979, 133, 135; M. Wolf, ZZP 89 (1976), 260, 265; zu skeptisch m. E. Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 48 VIII, S. 174. Vgl. auch unten Fn. 15. 7 Anwälten wird der Einsatz von Zeit und Energie honoriert. Nicht immer ist deshalb für sie der Vergleich gebührenrechtlich genauso ergiebig wie ein Prozeß. Vgl. dazu und allgemein zur Rolle der Anwälte bei Vergleichsgespräch und -abschluß Bandisch, S. 41 ff.; Berhuis-van der Wijk, S. 73 ff.; Stürner, JR 1979, 133, 137 sowie die Beiträge von Falke, Hahndorf und Lindemann in: Gottwald( Hutmacher ( Röhl( Strempel, S. 45 fT., 233 ff. 8 Nach Falke ( Höland ( Rhode ( Zimmermann (S. 186) dauert das Abfassen eines Urteils im Durchschnitt ca. 3 Stunden. Es darf allerdings nicht verkannt werden, daß auch die sorgfältige und gewissenhafte Vorbereitung und Durchführung eines Vergleichsgesprächs Zeit kostet. Vgl. dazu und allgemein zur Rolle des Richters bei Vergleichsgespräch und abschluß Freund, DRiZ 1983, 136 fT.; ders., DRiZ 1979,72 fT.; Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 48 VIII, S. 173f.; Rogowski, S. 171ff.; Strecker, DRiZ 1983, 97fT.; Struck, JuS 1975, 762ff.; Stürner, JR 1979,133, 135ff.; ders., DRiZ 1976, 202ff.; M. Wolf, ZZP 89 (1976), 260ff. sowie die Beiträge von Schnabel, Stürner und M. Wolf in: Gottwald( Hutmacher (Röhl( Strempel, S. 53ff., 147fT., ferner unten § 17 C. Fn. 79.

§ 2: Rahmenbedingungen

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gend ist das allerdings nicht, da die zusätzliche Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGebO das Verfahren auch verteuern kann, sofern der Vergleich von den Gerichtsgebühren nur die Urteilsgebühr erspart lO • Da Vergleiche auch nach der Beweisaufnahme und noch in der Revisionsinstanz geschlossen werden, scheint der Kostenpunkt indessen nicht der entscheidende Faktor zu sein und die Verteuerung durch andere Vorteile der friedlichen Streitbeilegung ausgeglichen zu werden. -

Zu diesen gehört, daß durch einen rechtzeitigen Vergleich u. U. vermieden wird, daß der Streit in die - im Gerichtssaal hergestellte - Öffentlichkeit getragen wird 11. Das ist vorteilhaft, wenn der Streit Angelegenheiten aus der Privat- oder Geheimnissphäre betrifft, deren Vortrag im Prozeß die Parteien für peinlich oder nicht opportun halten. Es kann aber auch durchaus nachteilig sein, vor allem dann, wenn durch den Vergleich Grundsatzentscheidungen verhindert werden, an denen vergleichbar Betroffene oder die Öffentlichkeit insgesamt interessiert wären, etwa in arbeits- oder versicherungsrechtlichen Präzedenzfällen 12.

-

Der größte Vorteil eines Vergleichs dürfte darin liegen, daß er Zwischenlösungen und Gesamtbereinigungen ermöglicht, die dem Richter bei der Urteilsfindung regelmäßig verwehrt sind 13 . Im Prozeß kann in den allermeisten Fällen 14 nur zugunsten einer Partei entschieden werden. Diesem "Allesoder-Nichts-Prinzip" können vergleichsweise Regelungen überlegen sein IS.

9 Das gilt auf den ersten Blick nur für die Partei, die bei streitiger Entscheidung unterliegen würde und die Kosten zu tragen hätte. Der Kostenerstattungsanspruch der (potentiell) obsiegenden Partei steht indessen bei Vergleichsschluß noch nicht fest und kann aus vielerlei Gründen in Frage gestellt sein; vgl. nur Ehlke, S. 27; Stürner, DRiZ 1983, 97, 99. 10 Ehlke, S. 28 Fn. 2; Keßler, DRiZ 1978, 79; Strecker, DRiZ 1983, 97, 99j102. 11 Ehlke, S. 25ff. 12 Vgl. AK-Dubischar, §779 Rz.3; FeserjKamphausenjMatternjSchuldtjWegener, S. 104; Strecker, DRiZ 1983, 97, 102; Struck, JuS 1975, 762, 763; M. Wolf, ZZP 89 (1976), 260, 264f. Signifikant ist die folgende Äußerung aus der Versicherungswirtschaft: "Zum Vergleich kann (... ) auch führen, daß durch die bestehende Differenz ein bestimmtes Rechtsproblem gerichtlich entschieden werden müßte und von seiten des Unternehmens oder einer bestimmten Gruppe von Unternehmen oder der Versicherungswirtschaft insgesamt kein Interesse daran besteht, die Frage entweder neu oder erneut entscheiden zu lassen. Dabei sind die nicht ganz seltenen Fälle zu nennen, in denen behauptet wird, daß bestimmte Regelungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) z. B. mit dem Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vereinbar sind." (Hartmannin: Gottwaldj Hutmacherj Röhlj Strempel, S. 64f.) Vgl. auch BGHZ 79,131 = NJW 1981, 811: vergleichsweises entgeltliches Versprechen, einen Widerspruch gegen die Genehmigung eines Kohlekraftwerkes zurückzunehmen. 13 Ehlke, S. 47ff., 54f.; Feserj KamphausenjMatternj Schuldtj Wegener, S. 106; Freund, DRiZ 1983, 136, 137f.; Jauernig, Zivilprozeßrecht, § 48 VIII, S. 173; Keßler, DRiZ 1978, 79f.; Strecker, DRiZ 1983, 97, 100ff.; Struck, JuS 1975, 762, 763f.; M. Wolf, ZZP 89 (1976), 260, 264. 14 Eine Ausnahme bildet ansatzweise § 254 BGB.

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Sie erlauben es nicht nur, auf der Basis gegenseitigen Nachgebens Mittelwege zu beschreiten und durch Ausgleich der widerstreitenden Interessen Teilerfolge für jede Partei herbeizuführen, die dem Gerechtigkeitsempfinden eher entsprechen können als volle Verurteilung oder Klageabweisung. Sie erlauben es vor allem auch, sonstige Streitpunkte, ggf. unter Beteiligung Dritter, sowie außerrechtliche Gesichtspunkte - und damit möglicherweise die eigentliche Konfliktquelle - in die Bereinigung miteinzubeziehen. Dadurch können insbesondere personenbezogene und sehr komplexe Streitigkeiten einer umfassenden und unter Umständen endgültig befriedenden Lösung zugeführt werden. Damit korrespondiert als abschließend zu nennender Vorzug die Prognose, daß die freiwillige Erfollung wahrscheinlicher ist als beim Urteil. Eine Regelung, zu der man sich vertraglich bereit erklärt hat, befolgt man im allgemeinen leichteren Herzens als den richterlichen Befehl, zumal auch die Gegenseite nachgegeben hat und damit das "Gesicht gewahrt" ist 16 . Gerade dieser zuletzt genannte Aspekt nötigt allerdings zu der Bemerkung, daß die hier kurz skizzierten Vorzüge vergleichsweiser Konfliktlösung idealtypischer Natur sind. Schon die kritischen Einschränkungen, die die vorstehenden Feststellungen begleiten, zeigen, daß es sich bei den genannten Vorteilen zunächst nur um Chancen und Hoffnungen handelt und daß Vergleiche nicht unbedingt eine allseits befriedigende Aussöhnung der Parteien bedeuten müssen. Die nachstehenden zivilrechtlichen Untersuchungen werden immer wieder Beispiele dafür liefern, daß die Parteien trotz Vergleichs weiter oder erneut (nämlich jetzt über den Vergleich) streiten. Die theoretischen Vorzüge des

IS Zwingend ist das nicht. Es darf vor allen Dingen nicht übersehen werden, daß Zwischenlösungen die Schutzfunktion bestimmter Gesetze unterlaufen können, ohne daß der Vergleich deshalb nichtig ist. Ein bekanntes Beispiel liefert der Abfindungsvergleich im Kündigungsschutzprozeß, in dem sich der Arbeitnehmer nicht selten allzu schnell mit einer ihm hoch erscheinenden Abfindung einverstanden erklärt, ohne an die Folgen (Arbeitslosigkeit, u. U. kein Arbeitslosengeld) zu denken; vgl. Falke / Höland/ Rhode / Zimmermann, S.183ff.; Feser/ Kamphausen/ Mattern/ Schuldt/ Wegener, S.97ff.; Husmann, BB 1986, 2120ff.; Reinecke, BB 1981, 854ff. Im übrigen können solche "Zwischenlösungen" auch dadurch zustande kommen, daß die Partei, die zu unterliegen droht, besondere "Machtpositionen" ins Spiel bringt, mit denen die Gegenpartei unterhalb der durch §§ 123, 138 BGB gezogenen Grenze - zum Vergleich gedrängt wird. Vgl. zum Ganzen AK-Dubischar,§ 779 Rz. 3; Ehlke, S. 31 ff., 57; Strecker, DRiZ 1983, 97, 103; Struck, JuS 1975, 762, 766; M. Wolf, ZZP 89 (1976), 260, 265 sowie die Beiträge von Lewerenz / M oritz und Falke in: Gottwald / Hutmacher / Röhl/ Strempel, S. 73 ff. 16 Vgl. allg. zur Akzeptanz Schönholz, S. 154 ff. sowie die Beiträge von Rottleuthner und Bierbrauer / Gottwald in: Gottwald / Hutmacher / Röhl/ Strempel, S. 185 ff. Ein praktisch häufiges Beispiel bietet die Vereinbarung beiderseits akzeptabler Zahlungsbedingungen, etwa in einem Ratenzahlungsvergleich nach § 779 Abs.2 BGB, in dem zugleich eine Verfallklausel enthalten ist (sog. "Quotenvergleich"; s. dazu auch unten § 18 A. 1. 1., zu ähnlichen Vergleichsformen als Mittel - auch mehrseitiger - Schuldenbereinigung Kohler-Gehrig, S. 9 ff.).

§ 2: Rahmenbedingungen

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Vergleichs müssen sich also im Einzelfall erst bewähren. Aus diesem Grunde erscheint es gerechtfertigt, nicht länger bei den Rahmenbedingungen zu verweilen und sich nunmehr der "Anatomie" und "Pathologie" des Vergleichs zuzuwenden.

1. Abschnitt:

Die Rechtsnatur des Vergleichs

§ 3: Vorbemerkung Um kaum ein anderes Thema aus dem Recht des Vergleichsvertrages wird so heftig gestritten wie um die dogmatische Struktur dieses Vertragstypus'. Bei wechselnden, sich teils ergänzenden, teils ausschließenden oder überschneidenden Positionen reicht das Angebot - um nur einige Schlagworte zu nennen von "Feststellungsvertrag" über "gegenseitiger Vertrag" bis hin zu den Dichotomien "abstrakter / kausaler" und "Verpflichtungs- / Verfügungs vertrag" 1. Die Bedeutung solcher Einordnungsversuche und des darüber geführten Streits tritt nicht immer klar zutage, und sie ist umstritten. So hat beispielsweise Ebel die Ansicht vertreten, man könne auf Begriffsbestimmungen dieser Art verzichten und vorwiegend "rechtsfolgenorientiert" arbeiten 2 • Die folgende Untersuchung möchte demgegenüber belegen, daß sich die Rechtsfolgen ohne genauere Kenntnis der Rechtsnatur der Vergleichsverträge nicht immer sauber bestimmen und begründen lassen. Man nehme als Beleg nur folgenden Vergleich: "Zur Beilegung des Streits zwischen A und B über weiterhin ungeklärte Baumängel verpflichtet sich der Bauhandwerker A, dem B unentgeltlich eine Garage neben dem Haupthaus zu errichten, wohingegen B unter Verzicht auf die Baumängelrüge den für das Haupthaus vereinbarten Preis ohne Abzüge an A zahlen wird."

Wenn dieser Vergleich "hält" und von A und B korrekt abgewickelt wird, ist die Sache erledigt. Es interessiert niemanden mehr, welche Rechtsnatur ein solcher Vertrag hat. Gerät der Vergleich aber in eine Krise, z. B. weil sich A weigert, mit dem Bau der Garage zu beginnen, oder weil sich B, der den Vergleich für ungünstig hält, von dem Vertrag lösen will, dann tritt eine Fülle von Fragen auf, die in erster Linie die Wirksamkeit bzw. Vernichtbarkeit des Vergleichs betreffen. Um nur einige Beispiele zu nennen: -

A hat die Errichtung der Garage "unentgeltlich" versprochen. Enthält der Vergleich also ein Schenkungsversprechen mit der Folge, daß er insoweit gern. § 518 Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung bedurfte?3

1 Auf Nachweise für die einzelnen Ansichten wird in diesem Vorspann verzichtet. Die Meinungen werden im folgenden, insbesondere in § 7, noch eingehend erörtert werden. 2 Ebel, S. lOOf. Ähnlich S. 138: "Die dogmatische Konstruktion kann so zunächst der Frage nach dem sachgerechten Ergebnis weichen." (Hervorhebung im Original.) 3 Vgl. unten § 17 C.l.t.

§ 3: Vorbemerkung

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-

Kann B gegen den säumigen Vertragspartner nach § 326 BG B vorgehen (was voraussetzt, daß es sich um einen gegenseitigen Vertrag handelt)?4

-

Kann B geltend machen, der Vergleich sei nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig, weil die Leistung des A angesichts des erst jetzt zutage getretenen Umfangs der Baumängel in einem auffälligen Mißverhältnis zu seiner eigenen Leistung stehe (was ein Austauschverhältnis zwischen den vergleichsweisen Leistungen der Parteien voraussetzt)?S

Für die präzise Beantwortung solcher Fragen muß man die Rechtsnatur des Vergleichsvertrages kennen. Man muß z. B. angeben können, ob es sich um einen gegenseitig verpflichtenden Austauschvertrag handelt oder nicht. Dieser Umstand kann möglicherweise vom Einzelfall abhängen, er kann aber auch mit dem Vergleichsvertrag typischerweise verbunden sein. Das herauszufinden, ist ein Ziel dieses 1. Abschnitts. Die folgende Darstellung bedient sich dabei zunächst einer bereicherungsrechtlichen Plattform. Das mag überraschen, hat indessen einen einfachen Grund: Die Rechtsnatur des Vergleichs läßt sich so besonders umfassend analysieren. Den Ansatz dazu bietet die schon erwähnte Überlegung, daß die Rechtsnatur des Vergleichsvertrages meistens dann in den Blickpunkt rückt, wenn eine Partei am Vergleich nicht mehr festhalten will, z. B. weil sich herausgestellt hat, daß er ihr ungünstig ist. Im obigen Beispiel kann sich etwa nach Abschluß des Vergleichsvertrages ergeben, daß die von B gerügten Baumängel gar nicht in den Verantwortungsbereich des A, sondern in den seines Kollegen C fallen. A meint deshalb, B sei um die Forderung auf "unentgeltliche" Errichtung einer Garage ungerechtfertigt bereichert. Damit ist nach der Kondizierbarkeit von Vergleichsleistungen und Vergleichsforderungen 6 im Hinblick auf das verglichene Rechtsverhältnis und somit letztlich nach der causa des Vergleichs gefragt, einem Begriff, dem auch im Recht des Vergleichsvertrages zentrale Bedeutung zukommt. Es wird sich zeigen, daß das Bemühen, dem Kondiktionsbegehren des A juristisch korrekt zu begegnen, den Blick auf die Rechtsnatur des Vergleichs wie von selbst freilegt. Die bereicherungsrechtliche Relevanz der Vorschläge zur Rechtsnatur des Vergleichs liegt im übrigen auf der Hand. Man nehme als Beispiel die Frage, ob ein Vergleich ein Verpflichtungs- oder ein Verfügungsvertrag ist. Nach der sog. "Verpflichtungstheorie" ist ein Vergleich nie Verfügungs-, sondern stets nur Verpflichtungsvertrag, der allerdings uno actu erfüllt werden kann. Diese Ansicht hat bereicherungsrechtliche Konsequenzen: Ist der (lediglich verpflichVgl. unten § 18 A. H. Vgl. unten § 17 C. H. 6 Unstreitig ist der Vergleich im Ausgangsbeispiel wenigstens auch - Verpflichtungsvertrag. Die folgenden Ausführungen zur Forderungskondiktion gewinnen daher zunächst unabhängig vom Streit über den Verfügungscharakter des Vergleichsvertrages Bedeutung. 4

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§ 3: Vorbemerkung

tende) Vergleich nichtig, so müssen die zu seiner Erfüllung (uno actu) gewährten Leistungen (Erlasse, Anerkenntnisse, Zahlungen etc.) kondiziert werden. Die Rückabwicklung erfolgt über das Bereicherungsrecht. Betrachtet man den Vergleich hingegen mit der Gegenansicht als Verfügungsvertrag, so sind mit dem Vergleich auch die Verfügungen nichtig; eine Kondiktion ist grundsätzlich unnötig 7 • Noch deutlicher wird die Verbindung zum Bereicherungsrecht bei der später noch ausführlicher zu würdigenden Theorie vom "Feststellungsvertrag" 8 . So liest man bei v. Tuhr: "Herstellung der Rechtssicherheit ist der eigenartige Rechtsgrund für die durch die Anerkennung möglicherweise bewirkte Rechtsverschiebung. Es ist eine causa, welche neben den sonstigen causae (solvendi, credendi, donandi) steht und als "Feststellungszweck" bezeichnet werden kann. Erfolgt die Anerkennung gegen eine Gegenleistung, so ist sie Bestandteil eines Vergleichs. Der Zweck des Vergleichs ist, wie der des Anerkenntnisses, Feststellung eines ungewissen Rechtszustandes."9

Hier hat v. Tuhr nicht nur den Vergleich unter die gegenseitigen Verträge eingeordnet, sondern zugleich auch die Vermutung geweckt, daß die weitere Kennzeichnung als "Feststellungsvertrag" im wesentlichen bereicherungsrechtliche Bedeutung hat. Soweit von "causa" und "Rechtsgrund" die Rede ist, will also die Lehre vom "Feststellungsvertrag" offenbar Antwort auf die Frage geben, ob und unter welchen Bedingungen vergleichsweise gewährte Leistungen kondiziert werden können. Wurden im Vergleich - wie im obigen Beispiel Verpflichtungen zu noch zu erbringenden Leistungen vereinbart, so soll mit der Rechtsnaturangabe "Feststellungsvertrag" offenbar auch die (Nicht-) Kondizierbarkeit von (vergleichsweise eingegangenen) Verpflichtungen bzw. der damit korrespondierenden Forderungen erklärt werden. Die Notwendigkeit und Leistungsfähigkeit solcher speziellen Kategorien erschließt sich weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick. Die oben zitierte These, die "Feststellungscausa" sei eine causa "neben den sonstigen causae (solvendi, credendi, donandi)" 10, steht zu der im bereicherungsrechtlichen Schrifttum zu findenden Behauptung, es gebe einen numerus clausus typischer Leistungszwecke (solvendi causa, donandi / obligandi causa, ob rem) 11 , offenbar in unversöhnlichem Widerspruch. Es steht zu vermuten, daß hier die Feinabstimmung zwischen Vergleichs- und Bereicherungsrecht (bzw. Allgemeinem Schuld recht) erst noch herzustellen ist. 7 Vgl. vorerst statt aller v. Tuhr, 11/2, S. 268 einerseits; Erman-Seiler, § 779 Rz.21 andererseits. 8 Auch hinter diesem Begriff verbergen sich unterschiedliche Positionen; vgl. im einzelnen unten § 7 D. 11. 9 v. Tuhr, 11/2, S. 264. 10 v. Tuhr, 11/2, S. 264. 11 Reuter / Martinek, S. 91.

§ 4: Forderungskondiktion

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Widersprüche und Unstimmigkeiten aufbeiden Rechtsgebieten werden bald offenkundig, fragt man etwa - im Anschluß an das Ausgangsbeispiel- nach der Kondizierbarkeit (vergleichsweise gewährter, noch zu erfüllender) Forderungen. Von dieser Frage soll im folgenden ausgegangen werden. Dabei empfiehlt es sich wie stets, auch hier vom Allgemeinen zum Besonderen fortzuschreiten. Es wird deshalb zunächst untersucht, ob Forderungen überhaupt kondiziert werden können und wie sie sich zu ihrer causa verhalten (§ 4). Entsprechende Überlegungen sind für Verfügungsverträge, insbesondere für Handgeschäfte (§ 5) und Änderungsverträge (§ 6), anzustellen. Diese "dogmatischen Hausaufgaben" müssen erst erledigt werden, bevor dann in einem zentralen Kapitel nach der Art vergleichsweiser Zuwendungen, ihrer causa und ihrer Kondizierbarkeit gefragt werden kann (§ 7). Zuvor darf allerdings noch einem Mißverständnis vorgebeugt werden mit der Feststellung, daß sich aus der im folgenden thematisierten "Rechtsnatur" schwerlich mehr wird herausholen lassen, als vorher hineingesteckt worden ist. Es geht hier also nicht um den (begriffsjuristischen) Aufbau Potemkin'scher Dörfer; solche Behausungen erreichen das Stadium der Bezugsfertigkeit bekanntlich nie. Vielmehr soll der Interessen- und Ordnungsrahmen abgesteckt und systematisiert werden. Lassen sich die gefundenen Merkmale, Wertungen und Ergebnisse am Ende in einem Kürzel (wie etwa dem vom "gegenseitigen kausalen Verpflichtungsvertrag") zusammenfassen, dann wird gegen eine solche Begriffsbildung, der im wesentlichen Entlastungsfunktion zukommt, nichts einzuwenden sein.

§ 4: Forderungskondiktion Zu beginnen ist also mit der Frage nach der Kondizierbarkeit durch Verpflichtungsgeschäft zugewendeter Forderungen. Angesichts der Einhelligkeit, mit der sie üblicherweise beantwortet wird, scheinen nähere Überlegungen provokant. Der Tenor lautet im allgemeinen etwa so: "Jedes (einseitige, zweiseitige oder gegenseitige) Verpflichtungsgeschäft enthält eine Verrnögensverschiebung, nämlich die Zuwendung eines Forderungsrechts von Schuldner an Gläubiger. Das Verpflichtungsgeschäft enthält zugleich den Rechtsgrund dafür, daß der Gläubiger diesen Anspruch behalten darf."l

Ein Blick hinter die Kulissen zeigt jedoch, daß sich hinter der Fassade der Einigkeit eine Vielfalt unterschiedlicher Positionen verbirgt. Mit der Aussage, durch Verpflichtungsgeschäft zugewendete Forderungen könnten nicht kondiziert werden, weil sie ihren Rechtsgrund in sich trügen, werden durchaus widersprüchliche Konsequenzen für den bereicherungsrechtlichen Ansatz verknüpft. Das Panorama reicht von der These, solche Forderungen könnten im 1

Krawielicki, S. 24.

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§ 4: Forderungskondiktion

allgemeinen "nicht Gegenstand bereicherungsrechtlicher Ansprüche" sein 2 , über den Satz, die Zuwendung von Forderungen sei keine Leistung i. S. d. § 812 BGB3, bis zu dem Argument, die Leistung sei nicht ohne Rechtsgrund, sondern cum causa erfolgt 4 . Wieweit solche Klauseln sich untereinander ausschließen oder nur mit unterschiedlichen Formulierungen dasselbe ausdrücken wollen, bedarf näherer Prüfung. A. Der Kondiktionsgegenstand

Unabhängig davon, ob eine Forderungskondiktion überhaupt jemals Erfolg haben kann, zeigen sich Unsicherheiten schon bei der genauen Bestimmung des Bereicherungsgegenstandes. Im einfachsten Fall eines Kaufvertrages kommen in Betracht: das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft (der Kaufvertrag), die Vertragserklärungen, die Verpflichtung des Kondizierenden (z. B. die Kaufpreiszahlungspflicht des Käufers) oder die Forderung des Kondiktionsgegners (z. B. die Kaufpreisforderung des Verkäufers). Versteht man das Bereicherungsrecht nicht so sehr als Mittel, Einbußen im Vermögen des Entreicherten auszugleichen, sondern vornehmlich als Instrument, eine Vermögensmehrung beim Bereicherten zugunsten des Entreicherten wieder zu beseitigen S , kann eigentlich nur die Forderung des Kondiktionsgegners Bereicherungsgegenstand sein. Auch der Wortlaut des § 812 BGB läßt keine andere Deutung zu: "Erlangt" hat der Kondiktionsgegner nicht die Verpflichtung des Kondizierenden 6 , sondern die Forderung als deren Kehrseite. Sein Vermögen ist um ein Forderungsrecht vermehrt, das des Kondizierenden um die Verpflichtung gemindert. Es ist daher sicher unzutreffend, von einer Kondiktion der Vertragserklärungen auszugehen. Diese sind nur das Vehikel zur Vermögensmehrung, soweit vertragliche Rechte und Pflichten durch Willenserklärungen begründet werden. Aber auch der Vertrag als Gesamtheit, das ganze (Rechts-)Geschäft, wird nicht kondiziert 7 • Versteht man "Vertrag" im engeren Sinne als "übereinstimmende 2 Kübler, S. 147; ebenso MüKo-Lieb, § 812 Rz. 310. Vgl. auch OLG Köln WM 1978, 383,385. 3 So etwa Krawielicki, S. 25; Larenz, SchuldR 11, S. 529; v. Tuhr, 11(2, S. 54. 4 Vgl. RGZ 66,132, 133f. 5 Brox, SchuldR 11, Rz. 385; Koppensteiner(Kramer, S. 16; Picker, S. 52; Wilhelm, S. 30f. Einzelheiten dieser Einordnung sind umstritten; vgl. etwa Lieb, S. 98ff. 6 Von der Verpflichtung als Zuwendungs-, Leistungs- oder Kondiktionsgegenstand ist vor allem bei Krückmann die Rede; vgl. AcP 131 (1929),257,276 und LZ 1927, 753, 754; 1931, 1105ff. Ähnlich auch Heck, SchuldR, S. 420 ("Obligation"); Kegel, S. 70 ("Verpflichtung"); Klinke, S. 17-30 (z. B. S. 19: "Verpflichtung"); Kübler, S. 116 ("Verpflichtung"). 7 Zumindest terminologisch anders Krawielicki, S. 9 ("Kaufvertrag"); Kübler, S. 147 ("Schuldverträge"); Oertmann, GG, S. 20f. ("Kondiktion des Kausalgeschäfts"). Von der Kondiktion "des Vergleichs selber" spricht z. B. auch Ebel, S. 148. Insoweit wie hier Kegel, S.70.

B. Tragweite der Vertragsbindung

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Willenserklärungen", gilt das vorstehend Gesagte: Insoweit ist er nur das Vehikel zur Vermögensmehrung. Versteht man "Vertrag" hingegen im weiteren Sinne als" Vertragsverhältnis" , so umfaßt der Begriff alle gegenseitigen (Hauptund Neben-)Rechte und Pflichten, also nicht nur die Forderungen des "Bereicherten", sondern auch die Verpflichtungen des Kondizierenden und darüber hinaus dessen Gegenforderungen. Dieses Bündel von Rechten und Pflichten ist nur teilweise, nicht als Gesamtheit Gegenstand des Bereicherungsanspruches, nämlich nur insoweit, als das Vermögen des Bereicherungsschuldners um Forderungen vermehrt ist 8 • Kondiktionsgegenstand ist deshalb die jeweilige einzelne Forderung des Kondiktionsgegners 9 , weshalb es berechtigt ist, von Forderungskondiktion zu sprechen.

B. Tragweite der Vertragsbindung Der nächste Schritt soll der Überlegung gewidmet sein, wieviel der Grundsatz der Vertragsbindung ("pacta sunt servanda") zur Lösung des Problems beitragen kann, ob und in welchem Umfang durch Verpflichtungsvertrag zugewendete Forderungen durch Kondiktion wieder beseitigt werden können.

I. Vertragsbindung und Forderungskondiktion Soweit dieser Ansatz überhaupt erörtert wird, begegnet man ihm mit Skepsis l . Damit geschieht ihm Unrecht: Der Grundsatz der Vertragsbindung kann im Bereich der Forderungskondiktion einiges zur Entlastung des Bereicherungsrechts beisteuern 2 • 8 Dieses Ergebnis wirft dann die Frage nach dem Schicksal der Gegenforderungen auf. Ob diese ebenfalls kondiziert werden müssen oder ipso iure erlöschen, bedarf der näheren Prüfung nur, wenn die hier erörterte Forderungskondiktion Erfolg haben kann. Es wurde bereits dargestellt, daß dies mit dem Hinweis auf die "innere causa" allgemein abgelehnt wird. Hier geht es nur noch um die richtige Begründung. Die Ausführungen Krückmanns (in: LZ 1927, 753ff.) zum Tenor der Kondiktionsentscheidung und zum Schicksal der Gegenleistung liegen deshalb insoweit neben der Sache. (Auf sie kommt es allenfalls an, wenn kausale Verträge in Erfüllung eines Vorvertrages geschlossen werden; vgl. dazu unten B. II.3.) Sie lassen darauf schließen, daß Krückmann jede schuldvertraglich begründete Forderung für kondizierbar hält. Das ist, wie sich noch zeigen wird, sicher nicht haltbar. Vgl. zum Schicksal der Gegenleistung auch Kegel, S. 70 und Hepting, S. 333ff.: Mangels Kondizierbarkeit gilt Leistungsstörungsrecht als gesetzliche Fortsetzung der causa-Grundsätze. 9 Von der Forderung als Zuwendungs-, Leistungs- oder Kondiktionsgegenstand (i. S. d. erlangten "etwas") sprechen u. a. auch Flume, AT, S. 152; Hübner, Rz. 359; Klinke, S. 17; Krawielicki, S. 24; Larenz, AT, S. 318; ders., SchuldR II, S. 529; Reuter/ Martinek, S. 82; v. Tuhr, 11/2, S. 53. 1 Vgl. vorerst nur Flume, AT, S. 159ff.; Klinke, S. 26. Ausf. unten D. 2 Von vornherein ist zu unterstreichen, daß die folgenden Überlegungen nicht darauf abzielen, das Bereicherungsrecht (wieder einmal) umzudeuten, umzukrempeln oder gar partiell zu ersetzen. Es geht allein um die argumentative Entlastung in einem sehr speziellen Bereich.

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§ 4: Forderungskondiktion

1. Gesetzt, K verteidigt sich auf die Kaufpreisklage des V damit, er fühle sich an den Vertrag nicht mehr gebunden. Kein Richter wird zögern, den Vortrag des Kais unbeachtlichen einseitigen Widerruf seiner Vertragserklärung zu werten und K zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises zu verurteilen. In den Urteilsgründen wird der Richter deutlich machen, daß nach deutschem Recht einmal geschlossene Verträge zu halten und nicht einseitig widerrufbar sind: Um sich vom Vertrag zu lösen, muß K schon mehr vortragen als die bloße Unlust, den Vertrag zu erfüllen, z. B. Anfechtungs- oder Rücktrittsgründe, Dissens, Unmöglichkeit o. ä.

2. Daß der Grundsatz der Vertragsbindung jedenfalls so weit reicht, ist unbestritten. Das BGB enthält ihn zwar nicht expressis verbis - deshalb kann im folgenden in einem wohlverstandenen Sinne von einem "vor-positiven" Argument die Rede sein -, setzt ihn aber überall voraus: Er schlägt sich nieder im Wortlaut (z. B.) des § 433 Abs. 1 BGB; nur auf seiner Grundlage (Ausschluß jederzeitigen einseitigen Vertragswiderrufs) sind Kündigungs- oder Anfechtungsvorschriften nötig und verständlich; und wenn gern. §§ 130 Abs. 1 S. 2,145 BG B schon der zugegangene Antrag bindet, dann muß erst recht der durch Annahme dieses Antrags zustande gekommene Vertrag binden. Das in der Formel "pacta sunt servanda" zusammengefaßte Prinzip - es ist kanonischen Ursprungs und bedeutete zunächst, daß Verträge ohne Rücksicht auf ihre Form klagbar seien 3 - ist dabei als notwendiges Korrelat der Vertragsfreiheit 4 zu sehen. Vielen ist das so selbstverständlich, daß dieser Zusammenhang als bekannt vorausgesetzt wird s. Dennoch lohnt es sich, auf die Interdependenz beider Rechtsinstitute kurz hinzuweisen. Vertragsfreiheit als notwendiges Element einer Rechtsordnung 6 kann nicht unbeschränkt gewährt werden und wird auch nirgends "chemisch rein" durchgeführt. Stets finden sich geschriebene und ungeschriebene staatliche 3 Vgl. dazu Söllner, ZRG Rom.Abt. 77 (1960),182, 240fT.; MüKo-Söllner, § 305 Rz. 5 m. Fn.9. 4 "Vertragsfreiheit" und "Privatautonomie" werden im folgenden ungenau, aber hier ausreichend - synonym gebraucht. Zum Verhältnis der beiden vgl. Flurne, AT, S.12fT.; Hönn, Jura 1984, 57f.; Merz, S.l fT. m. Fn.3; J. Schmidt, S.50f. Zur "Vertrauenshaftung als Korrelat der Privatautonomie" vgl. Canaris, S. 439fT. S Vgl. stellvertretend die Ausführungen zur Privatautonomie bei Hönn, Jura 1984, 57ff.: Auf S. 59 erscheint der Grundsatz pacta sunt servanda "unangemeldet". Es wird sofort von seiner Durchbrechung gehandelt. 6 Für die Notwendigkeit werden höchst unterschiedliche Gründe angegeben. Das Spektrum reicht von den rechtsphilosophischen (Anerkennung der Vertragsparteien als mündige Bürger durch den "ethischen Personalismus als geistige Grundlage des BGB"; Larenz, AT, S. 32ff., 40) bis zu den soziotechnokratischen (Unmöglichkeit einer militärisch-hierarchisch durchorganisierten Rechtsordnung; v. Hippel, S. 63ff., 80). Vgl. außer den Genannten vor allem noch Bydlinski, S. 56fT.; Flurne, FS DJT, S. 135, 141 fT.; Hönn, Jura 1984, 57ff.; Limbaeh, JuS 1985, 10fT.; Medicus, AT, Rz. 172; Merz, S. 2; Raiser, FS DJT, S. 101, 114fT.; ders., JZ 1958, 1fT.; J. Schmidt, S. 58fT. und passim; M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 8 fT., 19fT. m. w. N.

B. Tragweite der Vertragsbindung

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Normen mit "Reserve- und Leitbildfunktion"7, die als dispositives Recht das von den Parteien ausdrücklich Geregelte ergänzen. Notwendige Schranken werden der Vertragsfreiheit ferner durch Normen gesetzt, die Machtüberschuß ausgleichen und Gerechtigkeitsdefizite abbauen sollen 8 • Funktionieren kann die - so begrenzte - Vertragsfreiheit nur im Verein mit dem Grundsatz der Vertragstreue. Als "Gesetzesersatz"9 bedarf die privatautonome Regelung verbindlicher Wirkung. Eine jederzeit einseitig widerrufbare Gestaltung rechtlicher Beziehungen ist als Ordnungsmodell ungeeignet. Es fehlt an der Verläßlichkeit, läßt eine (Rechts-)Sicherheit schaffende Basis für künftiges Handeln vermissen. Der Grundsatz der Vertragsbindung dient daher im wesentlichen dem "Sicherheitsbedürfnis des Rechtsverkehrs"lO. Er ist weniger "Beschränkung der Selbstbestimmung" 11 als vielmehr notwendiger Bestandteil der Privatautonomie als eines Rechtsinstituts, so wie die "Kehrseite der Medaille" auch zur Münze gehört. Die Rechtsordnung erkennt die Regelung durch den frei gesetzten Willen an und schafft Rechtssicherheit bezüglich dieser Regelung, verschafft ihr erst die "richtige" (einklag- und vollstreckbare) Geltungswirkung durch den Ausschluß einseitigen Widerrufs 12. Wer sich einseitig vom Vertrag lösen will, muß geltend machen, daß sein Beitrag zur gemeinsamen Regelung nichtig oder vernichtbar ist 13 , daß die von der Rechtsordnung gesetzten Grenzen - insbesondere §§ 134, 138 BGB überschritten sind oder daß Aufhebungsgründe (Rücktritt, Kündigung) vorliegen. Hönn, Jura 1984, 57, 59 m. w. N. Dazuausf. u. a.Bender, NJW 1980, 1129, 1131f.;Hönn, S. 88ff.; ders., Jura 1984, 57, 60ff.; Kohte, NJW 1985,2217,2221; Limbach, JuS 1985, 10, 11 ff.; Merz, S. 9 ff.; M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 8 ff., 31 ff., 101 ff.; Zweigert, FS Rheinstein, 495, 502ff. 9 Die einvernehmliche Regelung durch die Parteien ist nicht Rechtsetzung in Stellvertretung des Staates, sondern durch staatlich gesetztes Recht anerkannte Selbstbestimmung; vgl. Flume, AT, S.5 f.; v. Savigny, S. 12 m. Fn. b. Eine andere, vorwiegend terminologische und deshalb an dieser Stelle nicht weiterzuverfolgende Frage ist die, ob man die schuldvertraglichen Regelungen als "N orm" bezeichnen kann; vgl. dazu Adomeit, S. 18; Dörner, S. 26f. Fn. 76; Larenz, AT, S. 528, je m. w. N. 10 M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 26. Daneben findet man etliche weitere Begründungen, insbesondere den Hinweis auf die (ethische) "bindende Kraft des Versprechens als eines moralischen Akts der Person" (Larenz, AT, S.40). Vgl. im übrigen Bydlinski, S. 53ff., 66ff.; Canaris, S. 412ff.; Heck, SachenR, S. 233; v. Hippel, S. 89f.; Klinke, S. 25; Larenz, Richtiges Recht, S. 57ff.; Pawlowski, S. 168ff. m. Fn. 49ff.; J. Schmidt, S. 58ff. 11 Bydlinski, S. 66ff.; Klinke, S. 23; Merz, S. 3 Fn.4. 12 Es entspricht daher völlig dem Vertrauensschutzprinzip, daß eine einvernehmlich mit dem geschützten Vertragspartner getroffene Neuregelung anerkannt wird, §§ 305, 397 BGB. Dieser Aspekt wird oft übersehen. Es ist daher wenigstens ungenau, davon zu sprechen, die verpflichtende Regelung des Rechtsgeschäfts nehme den Parteien die Möglichkeit der freien Selbstbestimmung (Bydlinski, S.68f.). Gerade den Parteien (gemeinsam) bleibt diese Möglichkeit, nur nicht jeder für sich. 13 Vgl. M. Wolf, Entscheidungsfreiheit, S. 278. 7

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2 Bork

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§ 4: Forderungskondiktion

3. Der unter 1. geschilderte Fall könnte sich nun auch so zutragen: K verteidigt sich auf die Kaufpreisklage des V damit, er kondiziere die (durch nicht einseitig widerrufbaren Vertrag zugewendete) Kaufpreisforderung des V; er, K, sei V zum Vertragsabschluß nicht verpflichtet gewesen, da im deutschen Recht Vertragsfreiheit herrsche und ein Kontrahierungszwang nicht bestehe, so daß V die Forderung ohne Rechtsgrund erhalten habe.

a. In der Terminologie des Bereicherungsrechts wird K mit der Begründung abgewiesen werden, als kausale Forderung trage die Kaufpreisforderung den Rechtsgrund in sich und könne deshalb nicht Gegenstand eines Bereicherungsanspruchs sein 14. b. Vermutlich braucht man sich aber auf die bereicherungsrechtliche Diskussion mit K nicht einzulassen, sondern kann ihm auch hier entgegenhalten, wegen des Grundsatzes der Vertragsbindung könne seine Klage keinen Erfolg haben. K akzeptiert diesen Grundsatz nur scheinbar. Er läßt zwar gelten, daß er den Vertrag nicht einseitig widerrufen kann, versucht aber, dieses Ergebnis mit Hilfe des Bereicherungsrechts zu umgehen. Er trägt nichts anderes vor als im Ausgangsfall (nämlich daß er sich an den Vertrag nicht mehr halten will), nur bedient er sich der Terminologie des § 812 BGB. Im einzelnen bedeutet das: aa. K argumentiert auf dem Boden des Grundsatzes der Vertragsbindung, indem er anerkennt, daß er den Vertrag nicht einseitig widerrufen kann. Deshalb versucht er die Lösung über § 812 BGB. Daran ist richtig, daß § 812 BGB den Grundsatz "pacta sunt servanda" voraussetzt. Wäre jede Einigung frei widerrufbar, bedürfte es des Bereicherungsrechts nur zur Rückerlangung des Besitzes sowie zur (geldwerten) Rückabwicklung tatsächlicher Leistungen (z. B. Arbeit). Im übrigen könnte nach Widerruf vindiziert werden l5 , und § 812 BGB wäre überflüssig. bb. Der oben unter 1. aufgestellten Forderung, K müsse mehr vortragen als die bloße Unlust, den Vertrag zu erfüllen, hat K nicht genügt. Er hat nicht mehr vorgetragen, sondern dasselbe in anderen Worten. Er hat "systemimmanent" argumentiert und versucht, mit der Terminologie des Bereicherungsrechts aus denselben Gründen (Unlust) dasselbe (Leistungsfreiheit) zu erreichen. Das ist ein klassischer Umgehungsversuch, der nicht nur "systemimmanent" (mit Hinweis auf eine "innere causa"), sondern auch "vor-positiv" beantwortet werden kann: Der Grundsatz "pacta sunt servanda" bedeutet als Kehrseite der Vertragsfreiheit, daß sich die Parteien an die von ihnen mit dem Vertrag vereinbarte Regelung halten müssen. Zwar kann der Vertrag von ihnen gemeinsam neu geregelt, auch aufgehoben werden (§ 305 BGB). Zur einseitigen Aufhebung ist aber niemand berechtigt (es sei denn, es liegen Anfechtungs-, Kündigungs-, Rücktrittsgründe etc. vor), und zur gemeinsamen Aufhebung ist niemand verpflichtet, auch nicht aus § 812 BGB. Das Argument, die Nichtver14 15

Vgl. oben vor A. und ausf. unten C. Kegel, S. 57.

B. Tragweite der Vertragsbindung

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pflichtung (= Rechtsgrundlosigkeit) ergebe sich aus der Vertragsfreiheit, stimmt also nicht. Die an K gerichtete Forderung, er müsse mehr vortragen als die bloße Unlust, den Vertrag zu erfüllen, muß demnach in diesem Fall so formuliert werden: Der Grundsatz der Vertragstreue verhindert eine Kondiktion schuldvertraglich zugewendeter Forderungen, solange der Sache nach nicht mehr vorgetragen wird, als daß sich die Rechtsgrundlosigkeit aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit ergeben soll. cc. Bei zusätzlichem Vortrag wird sich indessen die Forderungskondiktion in den meisten Fällen erübrigen. Liegen (geltend gemachte) Anfechtungs-, Kündigungs- oder Rücktrittsgründe, Dissens, Unmöglichkeit o. ä. vor, sind die Forderungen nicht entstanden oder vernichtet und brauchen nicht mehr kondiziert zu werden. Der Kondiktion bedürfen dann nur noch die (z. B.) solvendi causa gewährten Leistungen 16. //. Probe

Zur Festigung dieser Thesen bedarf es einiger Kontrollüberlegungen. 1. Zu Zweifeln scheint die Frage Anlaß zu geben, warum der Grundsatz der Vertragstreue nicht auch den Bestand der (z. B. über eine Kaufsache geschlossenen) dinglichen Einigungen, der solvendi causa geschlossenen Verfügungsverträge sichert. Die Antwort könnte lauten, daß der Grundsatz der Vertragstreue den Bestand der dinglichen Verträge in der Tat sichert: Sie können nicht einseitig widerrufen werden 17. Es handelt sich indessen um ein Scheinproblem: Kondiziert werden nicht Forderungen - aus dinglichen Einigungen entstehen gar keine Forderungen, die kondiziert werden könnten - und auch nicht die dinglichen Einigungen, sondern die Verfügungsgegenstände selbst (z. B. das Eigentum an den Kaufsachen). Deren Kondiktion will und kann der Grundsatz "pacta sunt servanda" nicht verhindern; das kann - bei Leistung cum causanur das Bereicherungsrecht. Der Grundsatz der Vertragstreue verhindert mangels weiteren Vortrags - erst wieder die Beseitigung des Schuldvertrages, zu dessen Erfüllung das Verfügungsgeschäft geschlossen wurde. Es zeigt sich also, daß die unter I. entwickelten Thesen das bereicherungsrechtliche Instrumentarium nicht erübrigen, sondern lediglich in einem Punkt ergänzen, nämlich bei der Kondiktion durch Verpflichtungsvertrag gewährter Forderungen. 16 Auf den Fall, daß es sich bei diesen um Forderungen handelt, ist gleich zurückzukommen (unten H. 2./3.). 17 Das gilt, sobald das Verfügungsgeschäft vollständig vorliegt, bei Zessionen also im allgemeinen sofort, bei Übereignungen erst ab Übergabe. Vorher sind die dinglichen Einigungen als Teile der Verfügungsgeschäfte noch frei widerrufbar. Zu Recht beruft sich die heute ganz h. M. insoweit auf § 873 Abs. 2 BGB; vgl. nur BGH NJW 1978,696, 697; Baur, SachenR, S.40. Zur Gegenansicht, die § 873 Abs.2 BGB als Ausnahme vom Grundsatz der Vertragstreue ansieht, vgl. Heck, SachenR, S. 233; v. Lübtow, ZHR 112 (1949),227, 257ff.; Staudinger-Ertl, § 873 Rz. 100; H. Westermann, S. 185f.

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§ 4: Forderungskondiktion

2. Unverf!inglich ist auch der Hinweis auf die Kondizierbarkeit abgetretener Forderungen, denn auch dabei geht es nicht um den Grundsatz der Vertragstreue. Durch die Kondiktion einer abgetretenen Forderung will der Bereicherungsgläubiger die Forderung in sein Vermögen zurückholen und sie nicht vernichten. Er will sich nicht als Schuldner der Forderung im Bereicherungswege von seiner Leistungspflicht befreien, sondern er will wieder Inhaber der Forderung werden, will Gläubiger sein. Im übrigen paßt die oben formulierte These auch hier: Der Kondizierende kann Zusätzliches vortragen, nämlich daß die Zuwendung der Forderung auf einem eigenen - mangelhaften - Verpflichtungsvertrag beruhe (z. B. Forderungskauf). Der Grundsatz der Vertragstreue verhindert - mangels weiteren Vortrags - erst wieder die Beseitigung des Verpflichtungsvertrages, zu dessen Erfüllung die Forderung abgetreten wurde. 3. Die hier verteidigte These verträgt sich schließlich auch mit der Existenz abstrakter Schuldanerkenntnisse. Allerdings werden beim abstrakten Schuldanerkenntnis 18 (ebenso wie beim Abschluß eines Bürgschaftsvertrages in Vollzug eines Sicherungsvertrages oder wie bei Abschluß eines Hauptvertrages in Vollzug eines Vorvertrages) kondizierbare Forderungen durch einen Verpflichtungsvertrag zugewendet. § 812 Abs. 2 BGB bestimmt das für das abstrakte Schuldanerkenntnis ausdrücklich, und für in Vollzug eines zugrundeliegenden Vertrages geschlossene Schuldverträge ist es anerkannt 19 . Die Kondizierbarkeit dieser durch Verpflichtungsvertrag zugewendeten Forderungen steht den oben entwickelten Thesen dennoch nicht entgegen. Wer diese Forderungen kondizieren will, will sie zwar vernichten. Er beruft sich dabei aber nicht auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit, sondern auf weitere Umstände, etwa einen vorausgegangenen ersten Verpflichtungsvertrag (genauer: auf dessen Nichtigkeit etc.). Der Bereicherungsgläubiger kann also mehr vortragen als die bloße Unlust, die zugewendeten Forderungen zu erfüllen. Kondiziert wird nicht die freiwillig begründete, erstmalige Forderung aus einem "Verpflichtungsgeschäft 1. Grades" - dagegen schützt der Grundsatz der Vertragstreue -, sondern die zu deren Erfüllung gewährte weitere Forderung aus einem "Verpflichtungsgeschäft 2. Grades". Dieser Fall ist nach dem üblichen bereicherungsrechtlichen Schema zu lösen. Entsprechendes gilt für das abstrakte Schuldanerkenntnis auch dann, wenn es nicht in Erfüllung einer darauf gerichteten Verbindlichkeit begründet wird. Da das Anerkenntnis auch dann nicht "in den luftleeren Raum" abgegeben wird, sondern stets eine eigene Rechtsgrundlage hat 20 , kann der Kondizierende immer 18 Daß es ein solches heute überhaupt noch gibt, bestreitet Kübler, S. 210 und passim; ähnlich bereits Krückmann, LZ 1931, 1104ff. Näher dazu unten § 7 F. Fn. 35. Vgl. zur Kritik vorerst nur Brecher, AcP 168 (1968), 536ff.; Ebel, S. 110ff.; Fikentscher, S. 638; GroßKomm.-Canaris, § 355 HGB Anm. 91 f.; Marburger, S. 95f.; Möschel, DB 1970,913, 918; Pawlowski, JZ 1968, 401 ff.; Staudinger-Lorenz, § 812 Rz. 9. 19 Vgl. nur RGZ 118, 358, 360; Krawielicki, S. 40ff.; MüKo-Lieb, § 812 Rz. 310; Siber, S. 176f.; ders., JherJb. 70, 223, 262; v. Tuhr, II/2, S. 79.

C. Die bereicherungsrechtliche Lösung

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mehr vortragen als die bloße Unlust, die durch den Anerkenntnisvertrag begründete Schuld zu erfüllen. III. Ergebnis

Es bleibt also vorerst festzuhalten: Wer Forderungen kondizieren will, aus denen er verpflichtet ist, muß mehr vortragen als die bloße Unlust, diese Forderung zu erfüllen. Der Grundsatz der Vertragstreue verhindert eine Kondiktion schuldvertraglich begründeter Forderungen, solange der Sache nach nicht mehr vorgetragen wird, als daß sich die Rechtsgrundlosigkeit aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit ergeben so1l21. C. Die bereicherungsrechtliche Lösung Wie bereits mehrfach erwähnt, hält man der Forderungskondiktion üblicherweise entgegen, durch Verpflichtungsgeschäft zugewendete Forderungen könnten nicht Gegenstand von Bereicherungsansprüchen sein, da sie ihren Rechtsgrund in sich trügen. Wo genau diese Aussage im System des BGB bzw. im Tatbestand des § 812 BGB festzumachen ist, erschließt sich erst mit Blick auf die bereicherungsrechtlichen Grundlagen 1. I. Die Zweckstruktur

Diese Grundlagen sind jedenfalls insoweit umstritten, als es um die Relevanz der - dem Grundsatz nach allgemein akzeptierten - Zweckstruktur menschlichen (Rechts-)Handelns 2 für das Schuldrecht im allgemeinen und das Bereicherungsrecht im besonderen geht. 1. Für die heute wohl herrschende Meinung steht der "Zweck im Recht"3 weitgehend im Mittelpunkt des Geschehens; er ist "die Seele des 20 Vgl. vorerst nur MüKo-Lieb,§ 812 Rz. 309, 313ff. Näher dazu untenc. 11. 2. c. mit Fn. 76 sowie § 5 A. Fn. 9. 21 Offenbleiben muß bis zur Erörterung der anschließenden bereicherungsrechtlichen Lösung die Frage, ob und inwieweit Rechtsgrundlosigkeit die Vertragsbindung verhindern kann. Vgl. dazu unten C. 11. 2./D. 1 Die folgenden Überlegungen müssen notwendigerweise "holzschnittartig" vereinfachen. Sie dienen keiner erneuten "bereicherungsrechtlichen Wende" (Reuter / Martinek, S. 22), sondern allein dazu, das Fundament offenzulegen, auf dem diese Arbeit steht, das sie aber nicht neu gründen will. Eine solche Standortbestimmung ist heutzutage angesichts der weitreichenden bereicherungsrechtlichen Streitigkeiten unumgänglich; vgl. auch Schlechtriem, ZHR 149 (1985), 327, 330. 2 Vgl. dazu vor allem v. d. Daele, S. 17ff.; v. Jhering, S. 1 ff.; Jung, S.62; Klinke, S. 19ff. m. w. N.; Reuter/ Martinek, S. 84f.; Weitnauer, DB 1984, 2496, 2497; ders., Symp. König, S. 29f. 3 In v. Jherings gleichnamiger Schrift erscheint der Zweck bekanntlich als "der Schöpfer des gesamten Rechts", nicht nur des Schuldrechts. Zum Zweck im Vertrag vgl. u. a. die Ausführungen v. Jherings S. 51 ff., 204ff.

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§ 4: Forderungskondiktion

Schuldverhältnisses"4. Schuldverhältnisse werden nicht um ihrer selbst willen eingegangen und abgewickelt, sondern um eines besonderen Erfolges willen. Die Parteien "bewegen die Güter nicht nur, um sie zu bewegen"S, sondern weil sie mit der Güterbewegung einen weiteren Zweck erreichen wollen. Wird dieser Zweck verfehlt, das "Zweckverwirklichungsprogramm"6 nicht erfüllt, muß über das Bereicherungsrecht rückabgewickelt werden. a. Diese Vorüberlegungen läßt die h. M. in die Definition der Tatbestandsmerkmale "Leistung" und "ohne rechtlichen Grund" einfließen. Im Anschluß an Kötter 7 definieren RechtsprechungS und herrschende Lehre 9 Leistung als "bewußte und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens". In einem Kürzel ausgedrückt gilt der Satz: Leistung = Zuwendung + Zweck. Der Leistungsbegriff enthält damit eine "doppelte Finalität: einmal die Absicht, fremdes Vermögen zu mehren, zum anderen das Verfolgen bestimmter mit der Güterbewegung verknüpfter Zwecke"lo. Die bloße Zuwendung (i. S. v. bewußter und gewollter tatsächlicher Vermögensmehrung) wird zur Leistung also erst dadurch, daß der Zuwendende festlegt, welchem Zweck die Zuwendung dienen sol1 11 , daß er ein Zweckprogramm definiert. Streitig ist, welche Rechtsnatur der Zweckbestimmung zukommt. Soweit das Gesetz selbst Zweckbestimmungen geregelt hat, findet man einseitige ebenso wie zweiseitige, vertragliche Zweckbestimmungen 12 • Aus § 366 BGB läßt sich schließen, daß eine Einigung der Parteien über den Leistungszweck möglich, aber nicht zwingend erforderlich ist 13. In der Regel reicht eine einseitige Kreß, AT, S. 59. Vgl. dazu u. a. Weitnauer, Symp. König, S. 51 f. Kreß, AT, S. 35. 6 Köhler, S. 133. 7 Kötter, AcP 153 (1954), 193ff. 8 St. Rspr. seit BGHZ 40,272,277; vgl. BGHZ 50, 231, 232; 56, 228, 240; 58, 184, 188; zuletzt u. a. BGHZ 87, 393, 395; ZIP 1985, 1465, 1468; WM 1983,792,793. Vgl. auch die Rechtsprechungsübersicht bei Schlechtriem, JZ 1984, 509ff., 555ff. 9 Baur/ Wolf, JuS 1966, 393, 394; Berg, AcP 160 (1961),505,507; Brox, SchuldR 11, Rz. 390; Erman-H. P. Westermann, § 812 Rz. 11; Esser / Weyers, S. 373; Hassold, S. 4 f.; Hepting, S. 329ff.; Huber, JuS 1972, 57, 58; König, S.1525; Reuter/Martinek, S. 80ff.; Rothoeft, AcP 163 (1964), 215,224; Scheyhing, AcP 157 (1958/59),371 ff.; Schnauder, JZ 1987, 68ff.; ders., AcP 187 (1987), 142ff.; Staudinger-Lorenz, § 812 Rz. 4 ff.; StudKomm.Beuthien, § 812 Anm. I. 3.; Weitnauer, Symp. König, S. 29ff.; ders., DB 1984, 2496, 2497; H. P. Westermann, S. 180ff.; Wieling, JuS 1978, 801. 10 Esser, SchuldR 11, S. 339. Der Begriff "doppelte Finalität" ist allerdings mit Vorsicht zu genießen. Zuwendung und Leistungszweck müssen getrennt, Mittel und Zweck geschieden werden. Zweck der Eigentumsverschaffung ist es nicht, dem anderen Eigentum zu verschaffen (dies ist vielmehr die Zuwendung), sondern der damit verfolgte weitere Zweck (z. B. Erfüllung des Kaufvertrages). Vgl. Oeckinghaus, S. 44f. m. w. N. 11 Vgl. nur Klinke, S. 18; Weitnauer, NJW 1979, 2008, 2009; ders., DB 1984, 2496, 2497; H. P. Westermann, S. 183ff. 12 § 366 BGB einerseits, § 516 BGB andererseits. Die Einordnung der beiden Vorschriften ist streitig. Vgl. im Text sowie unten § 5 B. I. 2. c. und § 5 C. mit Fn. 49ff. 4

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C. Die bereicherungsrechtliche Lösung

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empfangsbedürftige (auch konkludent mögliche) Erklärung des Leistenden, die aber nicht Willenserklärung im technischen Sinne l 4, sondern geschäftsähnliche Handlung ist 1s . b. Wird der so gesetzte Zweck nicht erreicht, ist die Leistung "ohne rechtlichen Grund" erfolgt und muß gern. § 812 BGB rückabgewickelt werden 16 • Rechtsgrund ist also der bestimmte und erreichte Zweck: Die Termini "Zweck", "Rechtsgrund" und "causa" können - so verstanden - synonym gebraucht werden 17 , wenn man sich des Unterschieds zwischen angestrebtem Zweck (Zweckprogramm) und erreichtem Zweck bewußt bleibt 18 • Daraus folgt, daß es für den Rechtsgrund einer Leistung nicht auf eine vertragliche oder gesetzliche Leistungsverpflichtung ankommt 19, sondern auf den vom Leistenden gesetzten und erreichten Leistungszweck. Für den Fall einer A. A. die verschiedenen "Vertragstheorien"; vgl. unten § 5 C. in und bei Fn. 49. Für die Qualifizierung als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung aber ReuterlMartinek, S. 99ff.; Thomä, JZ 1962, 623, 626; Weitnauer, DB 1984,2496,2498; Wieling, JZ 1977, 291. 1S H. M.; vgl. Berg, NJW 1964, 720, 721; Beuthien, S.291; ders., JZ 1968, 323; Gernhuber, S. 108f.; Hagmann-Lauterbach, S. 170; Hassold, S. 14; Larenz, SchuldR II, S. 545; Seibert, S. 38fT.; ders., JZ 1981, 380, 384; vgl. auch Brox, SchuldR II, Rz. 390 (keine Willenserklärung); Zeiss, JZ 1963, 7, 9f.; ders., AcP 165 (1965), 332, 334fT. (tatsächliche Erklärung); differenzierend Gerhardt, S. 706 und Lorenz, JuS 1968,441,442 (Willenserklärung nur, wenn auch die Zuwendung ein Rechtsgeschäft erfordert). Offengelassen von Baur 1Wolf, JuS 1966, 393, 395f.; Canaris, FS Larenz, S. 827; Zöllner, ZHR 148 (1984),313,319 Fn. 22. 16 Baurl Wolf, JuS 1966, 393, 394; Ehmann, NJW 1969, 398fT.; Erman-H. P. Westermann, § 812 Rz. 1, 44; Hepting, S. 324f.; Klinke, S. 60ff.; Koppensteiner 1Kramer, S. 27; Loewenheiml Winkler, JuS 1983,440; Reeb, S. 29f.; Reuter 1Martinek, S. 106fT.; Schnauder, JZ 1987,68,70; ders., AcP 187 (1987),142,149; Weitnauer, FS v. Caemmerer, S. 263; ders., DB 1984, 2496, 2498; H. P. Westermann, S. 201 ff.; Zöllner, ZHR 148 (1984), 313, 318f. Kritisch dazu vor allem Kellmann, S. 100fT. und Welker, S. 32fT. sowie die hier in Fn. 26 Genannten. 17 Vgl. Ehmann, S. 168; Klinke, S. 60f.; Reuter 1Martinek, S. 108; Weitnauer, DB 1984, 2496,2498; H. P. Westermann, S. 78ff. Dagegen u. a. van Gelder 1Leinemann, JuS 1965, 31,32 Fn. 8 sowie die hier in Fn. 26 Genannten. 18 Darauf weist Ehmann, S. 168 zu Recht hin. Vgl. aber auch Klinke, S. 60f. 19 So aber die Rechtsprechung (vgl. zuletzt u. a. BGH WM 1985, 898, 899; anders wohl BGH NJW 1985, 2700) und die früher h. M.: Berg, AcP 160 (1961),505,508; Beuthien, S. 280; Brox, SchuldR II, Rz. 397; Flume, AT, S. 156; Huber, JuS 1972, 57, 58; Larenz, SchuldR II, S. 529; Scheyhing, AcP 157 (1958/59), 371, 377; Schlechtriem, ZHR 149 (1985),327,337; StudKomm.-Beuthien, § 812 Anm. I. 5. a.; Weber, AcP 169 (1969), 237, 240; Welker, S. 43; E. Wolf, FS Herrfahrdt, S. 210; ders., JuS 1965, 33f. Anders bereits RGZ 111, 151, 152; vgl. ferner ReuterlMartinek, S. 87, 107fT.; Staudinger-J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rz. 93 fT. und die in Fn. 16 Genannten. Kritisch auch Kupisch, JZ 1985, 101, 104f. und NJW 1985, 2370fT., der insoweit zu Recht betont, daß die Ansprüche nur die zeitweilige Funktion haben, das mit dem Vertrag angestrebte wirtschaftliche Endergebnis zu sichern; diese Sicherungsfunktion wird obsolet und der Anspruch als ein Element des Schuldverhältnisses erlischt (§ 362 BGB), wenn der verabredete Enderfolg eingetreten ist; vgl. Kupisch, NJW 1985, 2370, 2374. 13

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§ 4: Forderungskondiktion

Erfüllungsleistung zahlt der Schuldner "nicht, weil er schuldig ist, sondern um die Schuld zu tilgen"20. Solche Formulierungen dürfen nun allerdings nicht als Beschreibung tatsächlicher psychologischer oder gar philosophischer Vorgänge mißverstanden werden. Es soll nicht erklärt werden, wie ein Schuldner denkt oder zu denken hat, sondern es soll verdeutlicht werden, daß es rechtlich primär auf den Leistungszweck ankommt, nicht auf den Anspruch 21 . Dieser ist nicht causa, sondern er wird nur zur Ermittlung der Zweckerreichung herangezogen. Die Auffassung von Kupisch 22 , auch nach der hier vertretenen h. L. sei der Anspruch - und damit nach § 362 BGB "etwas Erloschenes, Totes" 23 - Rechtsgrund, nur werde diese Aporie besser kaschiert, trifft deshalb m. E. nicht zu. Rechtsgrund ist der (immer noch) erreichte (Erfüllungs-)Zweck. Erreicht ist er, weil der Anspruch, wie beabsichtigt, erloschen ist. Nicht das "Erloschene" rechtfertigt, sondern die bis heute gelungene Verwirklichung des Zweckprogramms 24 . Im übrigen darf nicht verkannt werden, daß für das Zweckprogramm nur beim Erfüllungszweck ein Anspruch geprüft wird. Daneben gibt es zahlreiche andere Zwecke, für die Ansprüche nicht die geringste Rolle spielen, deren Verwirklichung aber dennoch Zuwendungen rechtfertigt 2s . Daß die Abkehr vom Anspruch als Rechtsgrund keine Beckmesserei ist, sondern praktische Bedeutung erlangen kann, zeigt sich im oben (B. I. 3.) geschilderten Fall: Verlangt man als Rechtsgrund stets eine vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung, fällt es schwer zu begründen, daß man eine durch Schuldvertrag zugewendete, vorher unstreitig nicht geschuldete Forderung nicht kondizieren kann. Hingegen ist es leichter darzulegen, daß der Vertragspartner mit der Forderungszuwendung einen - unten noch des näheren zu bestimmenden - Zweck angestrebt und auch erreicht und deshalb nicht rechtsgrundlos geleistet hat.

2. Die so kurz skizzierte Sicht des Bereicherungsrechts ist bekanntlich nicht unumstritten 26 • Ehmann, NJW 1969, 398, 401 (Hervorhebungen im Original). Insofern schießen manche Formulierungen weit über das Ziel hinaus; vgl. etwa die in dieser Hinsicht berechtigte Kritik von Kupisch (NJW 1985, 2370, 2371 f.), u. a. an Reuter ( Martinek, S. 88 ff. 22 Kupisch, JZ 1985, 101, 104f. und NJW 1985, 2370fT. Zu Kupischs eigenem Lösungsvorschlag vgl. unten H. 3. 23 Kupisch, NJW 1985, 2370, 2371. 24 Daß diese Theorie, die alle Leistungszwecke berücksichtigt, in einem Unterfall, nämlich beim Erfüllungszweck, als "merkwürdiger Umweg" erscheint (Kupiseh, NJW 1985, 2370, 2371 Fn. 8), kann hingenommen werden. Die scheinbar einfachere Lösung hat den Nachteil, nicht alle systematisch zusammengehörigen Fälle erklären zu können. 2S Vgl. nur unten H. (insbesondere unter 1. e.) sowie § 5 für die Handgeschäfte, § 6für Änderungsverträge und § 7 für den Vergleich. 26 Kritisch vor allem Canaris, WM 1980, 354fT.; tiers., FS Larenz, S. 799fT.; Harder, S.167ff.; ders., JuS 1979, 76ff.; Kellmann, S.121ff.; Koppensteiner( Kramer, S.26f.; 20

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C. Die bereicherungsrechtliche Lösung

a. Soweit -

auch von den Befürwortern dieser Sichtweise -

25 vor einer

Überstrapazierung des finalen Leistungsbegriffs gewarnt wird 27 , werden heute

weitgehend offene Türen eingerannt. Man ist sich darin einig, daß der Leistungsbegriff nur als Kürzel für dahinterstehende Wertungen 28 , nicht als "dogmatische Bibelstelle"29 taugt. Seine Funktion erschöpft sich weitgehend in der Bestimmung des Leistenden (Zwecksetzers) als des Kondiktionsgläubigers im Drei-Personen-Verhältnis und in der Definition des Zweckprogramms 3o . Diese Funktionen bleiben bei einfachen Fällen (wie etwa der Kondiktion solvendi causa bewirkter Leistungen im Zwei-Personen-Verhältnis) im großen und ganzen ohne besondere Bedeutung für das Ergebnis, was indessen den systematischen Wert der finalen Sichtweise nicht in Frage stellt. b. Bleibt man sich des Umstandes bewußt, daß auch die h. M. mit der Leistungsdefinition nicht die wertende Abwägung der beteiligten Interessen ersetzen will, ist es sicher nicht gerechtfertigt, den Abschied vom Leistungsbegrifj31 zu fordern. Das gilt vor allem dann, wenn der einheitliche (finale) Leistungsbegriff abgelöst werden soll durch eine Vielzahl von "wichtigsten Entscheidungsregeln"32, die erst im Einzelfall anhand spezieller Zurechnungskriterien ermittelt und in die Fächer eines Setzkastens aus Regeln, Einschränkungen und Ausnahmen einsortiert werden müssen. Die Funktionstauglichkeit in Begriffen erfaßter rechtswissenschaftlicher Anschauungen ist damit unterbewertet. Zudem ist die dienende Aufgabe der Wissenschaft gegenüber der Praxis vernachlässigt, die für Entscheidungsfindung und -begründung handlicher, Kupisch, S. 14ff., 63ff.; ders., FS Coing, Bd. II, S. 239f.; ders., FS v. Lübtow, S. 50tff.; ders., JZ 1985, lOtff., 163ff.; ders., NJW 1985, 2370ff.; MüKo-Lieb, § 812 Rz. 5, 23ff.; Welker, S. 22ff.; Wilhelm, S. 107ff., 143; E. Wolf, JuS 1965,33, 34f.; J. Wolf, S. 27ff. 27 Vgl. Canaris, FS Larenz, S. 812,857; Wilhelm, S. 143 einerseits; Fikentscher, S. 670; Hepting, S. 330; Koppensteiner / Kramer, S. 22; Larenz, SchuldR II, S. 524ff.; Medicus, BR, Rz. 686; Peters, AcP 179 (1979), 289ff.; Pinger, AcP 179 (1979), 30tff.; Reeb, S. 19; Reuter / Martinek, S. 115f.; Staudinger-Lorenz, § 812 Rz. 5; Weitnauer, NJW 1974, 1729, 1730 andererseits. Kritisch zu solchen Bekenntnissen Schlechtriem, ZHR 149 (1985), 327, 335. 28 Koppensteiner / Kramer, S. 22, 46; Medicus, BR, Rz. 686; Mühl, FS v. Lübtow, S. 561; Pinger, AcP 179 (1979), 301, 305; Reuter/ Martinek, S. 115 f.; Schlechtriem, ZHR 149 (1985), 327, 335. Vgl. im übrigen auch die in der vorstehenden Fn. Genannten. 29 Reuter/ Martinek, S. 116 30 Vgl. statt vieler nur Loewenheim/Winkler, JuS 1982, 668, 671; Reuter/Martinek, S. 111 ff.; Staudinger-Lorenz, § 812 Rz. 5. Z. T. abweichend Hassold, S. 15 f. 31 Einen "radikalen Abschied" fordert Kupisch, S. 12. Demgegenüber hat Canaris seine in FS Larenz, S. 857 eingenommene Position relativiert (WM 1980, 354, 369). Zu Recht hatten Esser / Weyers, SchuldR II / 2, 5. Aufl., S. 39 die Unzulässigkeit des Unterfangens gerügt, "ohne weiteres von einem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal Abschied zu nehmen". Vgl. auch Weitnauer, Symp. König, S. 53. 32 Canaris, FS Larenz, S. 860. Kritisch dazu Costede, S. 17 ff.; Köndgen, FS Esser, S. 65f.; MüKo-Lieb, § 812 Rz. 27; Reuter / Martinek, S. 114f.; Schnauder, AcP 187 (1987), 142, 172ff.; Staudinger-Lorenz, § 812 Rz. 6; StudKomm.-Beuthien, § 812 Anm. I. 3.; J. Wolf, S. 77 ff.

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§ 4: Forderungskondiktion

griffiger Leitlinien bedarf, ohne gleich schon in blinde begriffiiche Deduktion verfallen zu müssen 33 • c. Im übrigen muß die Frage gestellt werden, ob es den Kritikern des herrschenden Leistungsbegriffs gelungen ist, leistungsfähige Alternativkonzepte zu entwickeln 34. Rückblickend drängt sich der Eindruck auf, daß die vorgestellten Lösungswege zwar in den meisten Fällen zu denselben Ergebnissen führten 35 , vom Ansatz her die herrschende Lehre aber in ihren Grundfesten nicht erschüttern konnten, deren großer Vorzug es ist, das Bereicherungsrecht einigermaßen in das allgemeine Schuldrecht, insbesondere das (final geprägte) Vertragsrecht, eingebettet zu haben. Diese Feststellung darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß die h. M. durch hartnäckige berechtigte Kritik zu wichtigen Korrekturen und Relativierungen gezwungen wurde, bevor sie sich in dem oben skizzierten Gewand präsentieren konnte. Es ist vor allem das Verdienst Kupischs, immer wieder den Finger auf die Schwachstellen herkömmlicher Vorstellungen gelegt zu haben 36 • Kupischs eigenes Konzept lohnt vor allem im hier untersuchten Bereich der Forderungskondiktion näherer Betrachtung. Allerdings empfiehlt es sich, dieser eine Diskussion der herkömmlichen Lösung vorauszuschicken 37. 1I. Forderungskondiktion -

ein Oxymoron

Auf der Grundlage der herrschenden Meinung erhält die Behauptung, durch Verpflichtungsvertrag zugewendete Forderungen 38 könnten nicht Gegenstand eines Bereicherungsanspruches sein, ihre richtige Gestalt: Rechtsgrundlos zugewendete Ansprüche gibt es nicht. Die Begründung folgt aus der Zweckstruktur: Die Zweckbestimmung der Forderungszuwendung ist als notwendiger 33 Vgl. zur Entlastungsfunktion des Leistungsbegriffs noch Köndgen, FS Esser, S. 64f.; Reuter / M artinek, S. 115. 34 Verneinend mit ausf. Begründung Reuter / Martinek, S. 113 ff. sowie die hier in Fn. 32 (gegen Canaris) und in Fn. 36 (gegen Kupisch) Genannten. 35 Vgl. Larenz, SchuldR II, S. 525ff.; Medicus, BR, Rz. 667f.; ders., NJW 1974, 538, 540f.; Müht, FS v. Lübtow, S. 561; Reeb, S. 18f.; Reuter / Martinek, S. 114f.; StaudingerLarenz, § 812 Rz. 6, 8. Angesichts dessen besteht zu dem rauhen Ton, mit dem die oft erbittert geführte Diskussion hervorsticht, wenig Anlaß. Zu Recht fordert Schtechtriem, ZHR 149 (1985),327,336, daß dem Streit um den Leistungsbegriffsein "glaubenskriegartiger Charakter" genommen werden müsse. 36 Vgl. Kupisch, S. 12ff., 63 ff.; ders., FS Coing, Bd. II, S. 239ff.; ders., FS v. Lübtow, S. 501 ff.; ders., JZ 1985, 101 ff., 163 ff.; ders., NJW 1985, 2370ff. Zustimmend Harder, JuS 1979, 76ff.; z. T. auch Prütting, WM 1978, 859f.Gegen Kupisch vor allem Canaris, WM 1980, 354, 369f.; Peters, AcP 179 (1979), 289ff.; Reuter/ Martinek, S. 113 f.; StaudingerLarenz, § 812 Rz. 8; Weitnauer, JZ 1985, 555ff.; J. Wolf, S. 87ff. 37 Ausf. zu Kupisch, insbesondere zu seiner in JZ 1985, 101 ff. vorgestellten Sichtweise, unten II. 3. 38 Im folgenden sind nur solche Forderungen gemeint, die aus "Verpflichtungsgeschäften 1. Grades" herriihren. Liegt diesen Verträgen eine weitere Verpflichtung (z. B. ein verbindlicher Vorvertrag) zugrunde, gilt etwas anderes. Vgl. oben B. H. 3.

C. Die bereicherungsrechtliche Lösung

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Bestandteil im Verpflichtungsgeschäft enthalten, der angestrebte Zweck mit Verbindlichkeit des Vertragsschlusses zugleich erreicht. Fehlt es am wirksam bestimmten und erreichten Zweck, fehlt es auch am wirksamen Vertragsschluß: Eine (kondizierbare) Forderung ist mithin nicht entstanden. Der Ausdruck "rechtsgrundlos zugewendete Forderung" ist aus der Sicht des Bereicherungsrechts ein Oxymoron: Entweder hat der Vertragspartner mit der gültigen Forderung etwas erlangt - dann aber automatisch und denknotwendig auch mit Rechtsgrund -, oder es fehlt an der causa - dann hat der Gegner aber auch nichts erlangt, weil mangels gültigen Verpflichtungsgeschäfts gar keine Forderung entstanden ist. Der Vortrag eines Klägers, er kondiziere die durch Verpflichtungsvertrag (,,1. Grades") zugewendete Forderung, da sie ohne rechtlichen Grund erlangt sei, ist - bei "systemimmanenter" Betrachtungsweise - in sich widersprüchlich und folglich unschlüssig. Diese ergebnisartig vorgetragenen Thesen bedürfen näherer Begründung. 1. Die Kernaussage der vorstehenden Überlegung ist die Behauptung, daß die Zweckbestimmung der Forderungszuwendung notwendiger Bestandteil des die Forderung begründenden Verpflichtungsvertrages sei. Es stellt sich also die Frage, was des näheren als causa der Verpflichtungsgeschäfte zu bezeichnen ist. a. Eine häufig anzutreffende Antwort lautet, causa der Forderungszuwendung sei entweder die (Forderung auf die) Gegenleistung oder die Unentgeltlichkeit 39 • Wer dem Vertragspartner durch Verpflichtung eine Forderung zuwende, tue dies entweder mit dem Zweck, eine Gegenforderung zu erwerben, oder mit dem Zweck, den Gegner unentgeltlich zu bereichern. b. Demgegenüber benennen andere den typischen Vertrags- oder Geschäftszweck als causa der jeweiligen Leistungen 40 • Mit der Vereinbarung des Geschäftstyps "Kauf', "Schenkung", "Leihe" etc. werde zugleich der Leistungszweck und Rechtsgrund der Forderungszuwendung(en) bestimmt. c. Vorzugs würdig ist meiner Ansicht nach die zweite Bezeichnung, da sie mir die präzisere zu sein scheint. aa. Zunächst ist festzustellen, daß beide Vorschläge dem rechtlich geschulten Vorstellungsvermögen Schwierigkeiten bereiten, die daraus herrühren, daß Forderungen erst mit der schuldvertraglichen Einigung entstehen. Bei Austauschverträgen entstehen also alle Forderungen gleichzeitig. Deshalb hat man Mühe, den Gedanken nachzuvollziehen, ein Vertragspartner wende dem anderen eine Forderung zu, um - nach der 1. Ansicht (oben a.) - die 39 So vor allem Brox, AT, Rz. 113; Esser, SchuldR I, S. 17; Flurne, AT, S. 170ff.; Hepting, S. 333; Huber, JuS 1972,57, 58f.; Kegel, S. 62, 65; Klinke, S. 50f., 58f.; Larenz, AT, S. 317; Palandt-Heinrichs, Überbl. vor § 104 Anm. 3. e. bb.; RGRK-Ba//haus, vor § 320 Rz. 3; v. Tuhr, II/2, S. 71 f. Vgl. auch RGZ 147, 340, 342; BGHZ 15, 102, 105. 40 So vor allem (wenn auch nicht immer eindeutig) v. d. Daele, S. 15ff., 28; Ehmann, S. 139f.; Harder, S. 168; Hübner, Rz. 359; Krawielicki, S. 25; Schnauder, AcP 187 (1987), 142, 147f.; v. Tuhr, II/2, S. 81 f.; Weber, AcP 169 (1969), 237, 240; H. P. Westermann, S. 83f. Vgl. auch Kupisch, JZ 1985, 101, 103ff. und NJW 1985,2370, 2372/2374f.

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§ 4: Forderungskondiktion

Gegenforderung zu erhalten. Für die "Zuwendung kaufeshalber" - 2. Ansicht (oben b.) - gilt nichts anderes. Man darf hier indessen das finale Element nicht so interpretieren, daß die Zuwendung erfolge, um den Partner (zeitlich später) seinerseits zu einer Zuwendung zu bewegen, sondern so, daß die Zuwendung um der (gleichzeitig erlangten) Gegenforderung willen (1. Ansicht) bzw. um der Begründung eines (damit auch schon begründeten) Kaufvertrages willen (2. Ansicht) geschieht. Der Austauschzweck ist bezüglich der Forderungszuwendungen zugleich mit seiner Vereinbarung erreicht. Es ist diese eigentümliche Koinzidenz von Zwecksetzung und Zweckerreichung, die das Argumentieren erschwert. Zuwendung, Zweckbestimmung und Zweckerreichung finden im Moment der schuld rechtlichen Einigung statt, fallen in einem Augenblick zusammen 41 . bb. Versteht man mit einem treffenden Ausdruck die Zweckbestimmung als "wirtschaftliche Erläuterung"42 der Zuwendung, ist die Qualifizierung des typischen Vertragszwecks als causa von Forderungszuwendungen präziser. Enthält z. B. ein Vertrag eine Forderung aufVerschaffung einer Sache und eine Gegenforderung auf Zahlung von 100 DM, so ist es zwar nicht gerade falsch zu behaupten,jeder habe dem anderen dessen Forderung um der Forderung auf die Gegenleistung willen zugewandt. Eine wirtschaftliche Erläuterung ist das aber nicht, denn der Leistungszweck ist nicht vollständig beschrieben. Es kann sich bei dem genannten Geschäft ebenso gut um einen Kauf- wie um einen Mietvertrag, um Darlehensgewährung gegen Leihe oder gegen Pfandeinräumung handeln. Diese Schwierigkeit kann z. T. durch genauere Beschreibung der Zuwendung beseitigt werden, etwa "Besitzverschaffung" (damit scheidet Kauf aus, aber nicht Leihe gegen Darlehen, Pfand, Miete) gegen ,,100 DM rückzahlbar" (damit scheidet auch die Miete aus). Für eine wirklich präzise wirtschaftliche Erläuterung bedarf es aber letztlich des konkreten Geschäftstyps. Der Leistungszweck ist erst aus der "synallagmatischen Gesamtschau" heraus verständlich 43 • Damit zeigt sich zugleich, daß die beiden Positionen so weit nicht voneinander entfernt sind. Wer sich im Kaufvertrag verpflichtet, wendet die Kaufpreisforderung schon um der Forderung auf die Gegenleistung willen zu, aber nur, soweit sich diese als eine kaufvertragliche erweist. Wer sich "kaufeshalber" verpflichtet, 41 Eine solche Koinzidenz ist auch sonst zu beobachten, etwa bei den Handgeschäften (Handkauf, Handschenkung; dazu unten § 5), wenn auch - außerhalb der Verpflichtungsverträge - nicht der Regelfall; ausf. Jahr, ZRG Rom.Abt. 80 (1963), 141, 147ff. sowie Weitnauer, NJW 1974, 1729, 1730. Vgl. auch v. d. Daele, S. 26f.; Kupisch, JZ 1985, 101, 104 Fn. 24. 42 Leonhard, AT, S. 384. 43 Zutreffend spricht Rother, AcP 169 (1969), 1, 6 vom Verständnis "aus dem über diesen Verbindlichkeiten waltenden Sinnzusammenhang"; vgl. auch v. d. Daele, S. 18ff. Die Vieldeutigkeit des bloßen Forderungstatbestandes ist hingegen verkannt bei Leonhard, AT, S. 378. Vgl. für die möglichen Zwecke einer Eigentumsübertragung auch die plastische Darstellung in ROHG 18, 259, 260.

C. Die bereicherungs rechtliche Lösung

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hat die durch den Geschäftstyp "Kauf' näher definierte Gegenleistung zugleich mitgedacht 44 • Die causa-Definition "Geschäftstyp" ist die weitere: Sie schließt - in der "synallagmatischen Gesamtschau" - die engere ein. Diese Betrachtungsweise erweist sich besonders bei unentgeltlichen Geschäften als vorteilhaft. Wer als causa grundsätzlich die Gegenleistung ansieht, muß für unentgeltliche Geschäfte eine eigene "Unentgeltlichkeitscausa" konzipieren45 • Da hat es leichter, wer auf den Geschäftstyp abstellt: Im Geschäftstyp "Schenkung" ist ebenso wie in "Zuwendung schenkungshalber" das Fehlen der Gegenleistung mitgedacht. Man braucht gegenüber den entgeltlichen Geschäften keine Ausnahmegruppe zu bilden, denn es entscheidet jeweils der typische Geschäftszweck, ob für die wirtschaftliche Erläuterung eine Gegenleistung zu berücksichtigen ist oder nicht. cc. Die demgegenüber gelegentlich anzutreffende Behauptung, die saehtypisehen GesehäJtszweeke hätten mit dem Bereicherungsrecht nichts zu tun 46 , ist

m. E. für den hier relevanten Fall nicht haltbar. Die Aussage kann Gültigkeit allenfalls behalten bei Beschränkung auf die Kondiktion solvendi causa erbrachter abstrakter Leistungen, die einen außerhalb ihrer selbst liegenden Rechtsgrund brauchen 47 • Diesen kann der typische Vertragszweck nicht liefern: Wer als Verkäufer solvendi causa übereignet, tut dies nicht mit dem Leistungsund Geschäftszweck "Kauf', sondern mit dem Leistungszweck "Schuldtilgung". Hier sind Geschäfts- und Leistungszweck in der Tat strikt zu trennen. Bei der Forderungszuwendung durch Verpflichtungsvertrag geht das nicht mehr. 44 Damit ist jedenfalls sicher, daß für die Forderungskondiktion § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Fall BGB nicht in Betracht kommt, denn der in der Zweckvereinbarung in Aussicht genommene Erfolg muß über den Empfang einer etwaigen Gegenleistung hinausgehen (vgl. RGZ 132, 238, 242; Esser, SchuldR II, S. 354f.; H. P. Westermann, S. 13; kritisch Reuter / Martinek, S. 156f.). Veranlaßt werden Überlegungen zur condictio ob rem durch die häufig anzutreffende Bemerkung, für sie sei die Nichterzwingbarkeit des gesetzten Zwecks typisch (vgl. statt vieler Reuter/ M artinek, S. 149). Betrachtet man die Zuwendung einer Gegenforderung als Zweck der eigenen Forderungszuwendung, scheint das vorzuliegen, da wegen der Vertragsfreiheit niemand durch Forderungszuwendung (die man hier mit dem Vertragsangebot assoziieren möchte) erzwingen kann, daß auch der Vertragspartner die bezweckte Gegenforderung zuwendet. Das ist aber eine falsche Betrachtungsweise; vgl. oben aa. Sie vernachlässigt die Koinzidenz von Zuwendung, Zwecksetzung und Zweckerreichung. 4S Vgl. die in keiner Weise überzeugende "Patenthalse" bei Larenz, AT, S. 317 sowie die hier in Fn. 39 Genannten. 46 Reuter / Martinek, S. 89f. unter Berufung auf Esser, SchuldR II, S. 355, der sich dort indessen primär zu § 812 Abs. 1 S. 2,2. Fall BGB äußert. Wie hier Kupisch, JZ 1985, 101, 104 Fn. 29; Schnauder, AcP 187 (1987), 142, 147f. 47 Das sehen auch Reuter / M artinek, S. 89 f. Man kann aber eine generelle Aussage nicht dadurch verifizieren, daß man das falsifizierende Gegenbeispiel "hinwegdefiniert", indem man den Anwendungsbereich der Leistungskondiktion ausschließlich auf abstrakte Zuwendungen beschränkt; vgl. dazu unten 5. b. Im übrigen versagt die These endgültig bei den Handgeschäften; vgl. dazu unten § 5. Die Irrelevanz des Geschäftszwecks für abstrakte Erfüllungsleistungen wird vor allem von Kupisch (JZ 1985, 101, 103 ff.) bestritten; dazu unten 3.

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Hier ist die Bestimmung des Leistungszwecks in das Zuwendungsgeschäft einbezogen 48 und dort mit dem typischen Geschäftszweck identisch. d. Abzugrenzen ist der so definierte Leistungszweck von den Motiven der Parteien und den angestrebten wirtschaftlichen Erfolgen. Wer über einen Gegenstand einen Kaufvertrag schließt, kann das mit vielen Motiven tun: um die Sache loszuwerden, um dem anderen eine Freude zu machen, um ihm ein günstiges Geschäft zu gewähren, um Geld zu verdienen, um Reserven aufzulösen u. a. m. Solche Motive sind vom typischen Geschäftszweck als Leistungszweck der Forderungszuwendung strikt zu trennen 49 • Erst kraft ausdrücklicher Erklärung können Motive als "spezielle Geschäftszwecke" 50 oder "angestaffelte atypische Zwecke"51 rechtlich als (zusätzliche) Leistungszwecke relevant werden 52. e. So verstanden, läßt sich in die Vielzahl möglicher Leistungszwecke eine gewisse Ordnung bringen 53. Im Vordergrund stehen als Hauptzwecke die - z. T. gesetzlich vertypten - Geschäftszwecke, wie sie i. d. R. in Verpflichtungsverträgen vereinbart werden. Dabei sind die Austauschzwecke der entgeltlichen Geschäfte (Kauf, Miete, verzinsliches Darlehen, Dienst- oder Werkvertrag u. a.) von den sog. Liberalitätszwecken der unentgeltlichen Geschäfte (Schenkung, Leihe, unverzinsliches Darlehen, Auftrag u. a.) zu trennen. Neben die Hauptzwecke treten die Hi/fszwecke, die zwar eigenständige causae sind, aber auf ihre Weise im Dienst der Hauptzwecke stehen. Hierher gehört vor allem der Erfüllungszweck, der zwar vollwertige causa ist, aber der Verwirklichung der mit der zu erfüllenden Verbindlichkeit angestrebten und gesicherten wirtschaftlichen (oder gesetzlichen) Ziele dient 54 • Diese Hilfszwecke, auf die Dazu sogleich unter 2. H. M.; vgl. Brox, AT, Rz. 110; Flume, AT, S. 158, 171 f.; Hübner, Rz. 360; Larenz, AT, S. 317; Leonhard, AT, S. 379f.; Schnauder, AcP 187 (1987),142,145/148; v. Tuhr, 11/2, S. 62ff.; H. P. Westermann, S. 40ff. Eine Ausnahme will Flume, AT, S. 172für unentgeltliche Geschäfte machen. Vgl. dazu bereits die Kritik in und bei Fn. 39 sowie Larenz, AT, S. 317. 50 Esser, SchuldR I, S. 20f. 51 Ehmann, S. 140 Fn. 36 und S. 171 ff. im Anschluß an Kreß, AT, S. 37 m. Fn.6, S. 44f. Kritisch dazu Kupisch, JZ 1985, 101, 104 Fn. 21. 52 Zum Motiv als Leistungszweck vgl. noch Flume, AT, S. 158, 171 f.; Hepting, S. 324; Huber, JuS 1972, 57ff.; Klinke, S. 32ff.; H. P. Westermann, S. 19ff., 40ff., 80ff., 98ff. Das Motiv wird zum zusätzlichen, atypischen Leistungszweck i. d. R. nach § 158 BGB oder nach § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Fall BGB. 53 Vgl. zum folgenden vor allem Kreß, AT, S. 35ff.; ihm folgend Ehmann, S. 134ff.; Schnauder, AcP 187 (1987), 142, 147ff.; Weitnauer, DB 1984,2496,2497; ders., Symp. König, S. 31 f. 54 Wegen dieses "instrumentalen Charakters" wird die Eigenständigkeit der Hilfszwecke teilweise angezweifelt; vgl. dazu unten 3. Neben dem Erfüllungszweck zählt nach dem hier befürworteten System u. a. noch der Sicherungszweck (vgl. unten Fn. 56 sowie § 5 C. 11. 1. a.) sowie der Bereinigungszweck zu den Hilfszwecken (vgl. unten § 7 D. I. 6. /III.). 48

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c.

Die bereicherungsrechtliche Lösung

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noch besonderes Augenmerk zu richten sein wird, werden auch als "Abwicklungszwecke" bezeichnet, sofern sie der Abwicklung eines Schuldverhältnisses dienen sollen 55. Einer der so skizzierten Fallgruppen wird jeder der von den Parteien verfolgten Zwecke zuzuordnen sein 56. Die so strukturierte Ordnung kann zwar nicht die Lösung, wohl aber die Darstellung vieler Einzelfragen erleichtern. Vorzuziehen ist diese Einteilung jedenfalls der herkömmlichen "causa-Typologie" (donandi / obligandi, solvendi, ob rem) 57 , mit der man von jeher Schwierigkeiten hatte 58 • Diese Schwierigkeiten beruhen vor allem darauf, daß man den Blick zu sehr auf abstrakte Zuwendungen verengt, jeden Zusammenhang zwischen Leistungszweck und typischem Geschäftszweck leugnet und damit bei den Handgeschäften Einordnungsprobleme bekommt 59; ferner darauf, daß man von den Hilfszwecken nur den Erfüllungszweck im Auge hat 60 • Eine solche Betrachtungsweise wird dem System des Schuldrechts nicht gerecht, und es wird sich im folgenden immer wieder zeigen, daß die Einteilung in Haupt- und Hilfszwecke das vollständigere Ordnungsmodell ist. 2. Aus der Ermittlung des typischen Vertragszwecks als Leistungszweck der Forderungszuwendung ergibt sich nunmehr die eingangs behauptete Folge: Ohne Einigung über den Rechtsgrund ist kein Verpflichtungsgeschäft zustande gekommen und damit auch keine kondizierbare Forderung entstanden. Der Vertragspartner hat nichts erlangt. a. Die Begründung folgt weniger aus bereicherungsrechtlicher als aus rechtsgeschäftlicher Sicht: Der Vertragstypus gehört - neben dem Geschäftsgegenstand und den Vertragsparteien - zu den essentialia negotii, also zu den Punkten, über die sich die Parteien wenigstens einig sein müssen, damit sinnvollerweise von einem wirksamen Rechtsgeschäft gesprochen werden kann 61 • Ohne Einigung über den Vertragstypus ist ein Vertrag nicht zustande gekommen, wie der Schulfa1l 62 zeigt: Sind A und B sich darüber einig, daß Adern B 100 DM zahlen So vor allem Kreß, AT, S. 36. Mitunter kann die Zuordnung zweifelhaft sein, etwa bei den Sicherungsgeschäften, die allgemein den Hilfszwecken zugeordnet werden, weil auch sie letztlich im Dienste der gesicherten Forderung stehen; vgl. nur Kreß, AT, S. 36. Einen Sonderfall stellt auch der Gesellschaftszweck dar, der jedenfalls zu den Hauptzwecken gehört. Dem kann hier nicht weiter nachgegangen werden. 57 Vgl. nur ReuterlMartinek, S. 89ff. 58 Vgl. bereits den Hinweis oben§ 3 sowie Kupisch, JZ 1985, 101, 106ff.; Zeiss, AcP 164 (1964),50, 55ff. 59 Vgl. bereits vorstehend d. cc. und unten § 5. 60 Diese Verengung nötigte z. B. v. Tuhr (II/2, S. 264) zu einer oben in § 3 bereits erwähnten Erweiterung um die " Feststellungscausa", und sie ist wesentliche Ursache dafür, daß der Vergleich von vielen nicht richtig in das herkömmliche System eingeordnet werden kann; vgl. dazu unten § 7 D. 61 V gl. Enneccerus I Nipperdey, S. 1151; Flurne, AT, S. 80, 627; Jauernig, § 119 Anm. J; Medicus, AT, Rz. 431; MüKo-Kramer, § 145 Rz.3. 55

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§ 4: Forderungskondiktion

soll, so ist ein Vertrag nicht zustande gekommen, wenn A "Zahlung" als Darlehen, B hingegen als Schenkung versteht 63 • Versteht man den Vertragstypus als causa des Verpflichtungsvertrages, kann man mit Recht sagen, daß die Einigung über die causa zu den essentialia negotii gehört 64 und daß ohne eine solche Rechtsgrundeinigung ein gültiges Verpflichtungsgeschäft nicht besteht 65 . Die causa ist notwendiger inhaltlicher Bestandteil des Verpflichtungsgeschäfts 66 , ist als "innere causa"67 im (deshalb "kausalen") Vertrag mitenthalten. Von daher findet der Satz, das Verpflichtungsgeschäft trage seinen Rechtsgrund in sich, seine Bestätigung. b. Im Hinblick auf die Forderungskondiktion ergibt sich daraus der Zusammenhang zwischen Rechtsgrund und Forderung: "Fehlt die causa, fehlt auch die Forderung. "68 Für die Begründung braucht man aber nicht auf die eher mystifizierende Formulierung zurückzugreifen, der Forderung sei "die Richtung auf ein Ziel immanent" 69 . Es reicht der Hinweis, daß die Rechtsgrundabrede notwendiger Bestandteil des die Forderung begründenden kausalen Verpflichtungsgeschäftes ist, so daß die Wirksamkeit der Forderungszuwendung (durch Vertrag) von der Wirksamkeit der rechtsgeschäftlichen Regelung über den Rechtsgrund der Zuwendung (im Vertrag) abhängt1°. Dieser Zusammen62 Nach Julian (13 dig.) D 41,1,36 und Ulpian (7 disp.) D 12, 1, 18 pr. Vgl. auch Brox, AT, Rz. 113 und Jahr, ZRG Rom.Abt. 80 (1963),141, 147ff. 63 Streitig ist die Auswirkung auf den dinglichen Vertrag; vgl. vorerst nur Oeckinghaus, S. 60 m. w. N. sowie unten § 5 C. bei Fn. 35. 64 So ausdrücklich nur Ehmann, S. 139 und Klinke, S. 42, 145. Die Aussage bleibt übrigens auch dann gültig, wenn man als causa die Gegenleistung oder die Unentgeltlichkeit ansieht: Auch sie gehören zu den essentialia negotii. Nach beiden Meinungen ist jedenfalls die Ansicht von Zweigert (JZ 1964, 349, 353) bedenklich, die causa spiele außerhalb des Bereicherungsrechts keine Rolle. Zweigert verkennt das umfassende schuldrechtliche Konzept. Ob die causa daneben noch als "Seriositätsindiz" für die Ernsthaftigkeit des Parteiwillens dienen kann, mag hier dahingestellt bleiben. Vgl. v. d. Daele, S. 37; Zweigert, JZ 1964, 349ff. Kritisch zu Zweigert in neuerer Zeit vor allem Hepting, S. 411 ff. 65 Brox, AT, Rz. 113; Ehmann, S. 137,167,181; Esser, SchuldR I, S. 17f.; Flume, AT, S.157; Harder, S.168; Hübner, Rz.361; Jahr, JuS 1963, 397, 398; ders., ZRG Rom.Abt. 80 (1963), 141, 147ff.; Kegel, S.37, 65f.; Klinke, S. 19,62, 116f. m. w. N.; Krawielicki, S. 8,25,64; Kreß, AT, S. 41 f., 45; Oertmann, GG, S. 22f.; Palandt-Heinrichs, Überbl. vor § 104 Anm. 3. e. bb.; Siber, S. 171; H. P. Westermann, S. 17, 83ff. 66 Brox, AT, Rz. 113; v. d. Daele, S.20; Ehmann, S. 139f.; Enneccerusl Nipperdey, S. 819; Flume, AT, S. 154,157,160; Huber, JuS 1972, 57, 58; Jahr, AcP 168 (1968), 9, 15f.; Krawielicki, S. 64; Larenz, AT, S. 316f.; ders., SchuldR II, S. 529; Palandt-Heinrichs, Überbl. vor § 104 Anm. 3. e. bb.; Siber, S. 171; v. Tuhr, II/2, S. 81f., 103, 112. 67 Der Ausdruck geht zurück auf Siber, S. 171; vgl. dazu Ehmann, S. 147ff., 153; Huber, JuS 1972, 57, 58; Klinke, S. 68f. m. w. N.; Reuterl Martinek, S. 87; H. P. Westermann, S.13. 68 Reuter I M artinek, S. 117. 69 Reuter I Martinek, S. 117. 70 Vgl. Flume, AT, S. 157 und die hier in Fn. 65 Genannten; ferner Kupisch, JZ 1985, 101, 107.

C. Die bereicherungsrechtliche Lösung

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hang ergibt sich weder aus §§ 154, 155 BGB, die erst bei Dissens über accidentalia negotii eigenständige Bedeutung erlangen 71 , noch aus § 139 BG B72 , sondern aus der Notwendigkeit der Vertragstypus-Vereinbarung im Rechtsgeschäft. c. Die Formulierung, die Einigung über die causa sei notwendiger Bestandteil des Verpflichtungsvertrages, bedarf noch einer Präzisierung. Die N otwendigkei t ergibt sich - wie schon unter a. angedeutet - nicht aus dem Bereicherungsrecht, sondern aus der Vertragslehre. Zu Recht hat Kupisch unterstrichen, daß der Geschäftszweck in einem Verpflichtungsvertrag enthalten sein kann, aber nicht sein muß73. Für diejenige Zweckbestimmung, die (nach der h. L.) eine abstrakte Zuwendung (z. B. eine Übereignung) zu einer Leistung (z. B. solvendi causa) macht, ist ganz unbestritten, daß sie nicht Teil eines Verpflichtungsvertrages (z. B. des zugrundeliegenden Kaufvertrages) ist, sondern unabhängig von einem solchen die Zuwendung begleitet. Sie kann beispielsweise zugleich mit der dinglichen Einigung erklärt werden, wird aber dadurch nicht zu deren notwendigem Bestandteil. Die Zusammenfassung von Zweckbestimmung und rechtsgeschäftlicher Übereignungserklärung in einer einheitlichen Äußerung ist dann vielmehr rein zufällig und macht nicht etwa das abstrakte Geschäft zu einem kausalen, da die Übereignung auch ohne (gültige) Zweckbestimmung wirksam bleibt74 . Bei den Verpflichtungsverträgen hingegen ist die Zweckbestimmung notwendiger Bestandteil, aber nicht, weil es das Bereicherungsrecht so bestimmt, sondern weil das Vertragsrecht für einen Verpflichtungsvertrag, z. B. einen Kaufvertrag, eine Einigung über den Geschäftstyp "Kauf' verlangt und dieser mit der causa der Forderungszuwendung identisch ist. Der Grundsatz, daß das Vertragsrecht und nicht das Bereicherungsrecht darüber entscheidet, ob ein Verpflichtungsvertrag nur wirksam ist, wenn ein Geschäftszweck vereinbart wurde, wird bei den abstrakten Verpflichtungsverträ71 Die Einigung über die essentialia negotii verlangt das Gesetz. Erst für accidentalia negotii läßt sich sinnvollerweise sagen, daß über sie "nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll" (§ 154 Abs. 1 S. 1 BGB). Ebenso: RGZ 93, 297, 299; Brox, AT, Rz. 217 -221; Bydlinski, JZ 1980, 378, 380; Diederichsen, FS Juristische Gesellschaft zu Berlin, S.89ff.; ders., FS Hübner, S. 421 ff.; EnneccerusjNipperdey,S.1002;Flume,AT,S. 627ff.;Klinke,S. 144f.;Larenz,AT,S. 516; Medicus, AT, Rz.438; MüKo-Kramer, § 154 Rz.5, § 155 Rz. 11; Planck-Flad, § 154 Anm. 1, § 155 Anm. 3; Soergel-Langej Hefermehl, § 155 Rz. 16. A. A. offenbar BGH LM Nr. 2 zu § 154 BGB; Zeiss, NJW 1964, 477, 478. 72 So aber Beuthienj Weber, S.46 und Kegel, S.66. Dagegen v. d. Daele, S.24f. m.w.N. 73 Kupisch, JZ 1985, 101, 103. Der Hinweis betrifft vor allem die Handgeschäfte (vgl. dazu unten § 5) sowie die abstrakten Schuldverträge (dazu sogleich im Text). 74 Die vorstehende Passage ist vorerst eine später noch des näheren zu begründende - Behauptung. Möglichkeiten und Reichweite gesetzlicher und gewillkürter kausaler Verfügungen sind umstritten. Vgl. insoweit unten § 5 C. sowie Zimmermann, JR 1985,48, 50 ("zuwendungszweckfreie, nur auf Übertragung gerichtete Willenserklärungen") einerseits, Weitnauer, Symp. König, S. 32 ("Teil des Angebots") andererseits.

3 Bork

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§ 4: Forderungskondiktion

gen bestätigt. So ist z. B. im abstrakten Schuldanerkenntnis über den Geschäfts-

zweck der Forderungszuwendung nichts gesagt. Aus dem bloßen Versprechen des Schuldners, 100 DM zu zahlen, geht nicht hervor, ob es (z. B.) zur Sicherung, zur Erfüllung oder zu Schenkungszwecken abgegeben wird. Trotzdem ist das abstrakte Schuldanerkenntnis unter den Voraussetzungen· des § 781 BGB vertragsrechtlich wirksam. Es ist eben dadurch definiert, daß in ihm über den Geschäftszweck nichts gesagt wird. Es wird von Gesetzes wegen für die Wirksamkeit der Forderungsbegründung (Anspruch auf Zahlung von 100 DM) auf das essentiale negotii "Geschäftstyp" verzichtet. Die Forderung entsteht ohne Einigung über den Zweck.

Das bedeutet aber nicht, daß überhaupt keine Zweckbestimmung getroffen wird. Sie wird getroffen, und zwar als Zweckbestimmung für die in der Forderungsbegründung liegende Zuwendung 75 , nur eben nicht als deren Bestandteil (wie beim Kauf), sondern als deren "Geleit" (wie bei der Übereignung). Im Vergleich zum kausalen Verpflichtungsvertrag, der Zuwendung und Zweckbestimmung umfaßt, ist die Zweckbestimmung hier "ausgelagert". Sie begleitet den - nach Vertragsrecht ausnahmsweise schon ohne Zweckvereinbarung vollständigen und wirksamen - Verpflichtungsvertrag als "äußere causa"76. Bei den übrigen, den kausalen Schuldverträgen gilt das nicht. Bei ihnen ist - aus den genannten Gründen, die rechtsgeschäftlicher, nicht bereicherungsrechtlicher Natur sind - die Vereinbarung des Geschäftstyps und damit der causa notwendig. 3. Im Anschluß an diese Überlegungen ist noch einmal auf den bereicherungsrechtlichen Ansatz von Kupisch zurückzukommen 77. Kupisch mißt dem Geschäftszweck eine noch weitaus umfassendere Bedeutung zu, als sie hier befürwortet wird. Die Vereinbarung eines Geschäftszwecks - sei es im Verpflichtungsvertrag, sei es ohne einen solchen 78 - soll nicht nur die Zuwendung der Forderungen durch diesen Verpflichtungsvertrag rechtfertigen 75 Vgl. v. d. Daele, S. 37 m. Fn. 77. Ausf. zur Kondiktion abstrakter Schuldanerkenntnisse Zeiss, AcP 164 (1964), 50ff.; gegen ihn Kübler, S. 118f. Vgl. auch unten § 7 F. 76 Daß Forderungen als solche abstrakt sein können in dem Sinne, daß sie über ihren Geschäftstyp nichts aussagen, wurde bereits erwähnt (vgl. oben 1. c. bb.). Durch die "ausgelagerte" Zweckbestimmung wird das Anerkenntnis i. d. R. (als "Vertrag 2. Grades") auf ein bereits bestehendes Schuldverhältnis (,,1. Grades") bezogen, das seinerseits einen Geschäftszweck hat und dessen Vollzug das Anerkenntnis dient. Es handelt sich dann regelmäßig um einen Hilfszweck. Es kann aber ein abstraktes Anerkenntnis auch schenkungshalber gewährt werden, sei es in Erfüllung eines darauf gerichteten Schenkungsversprechens, sei es als Handschenkung durch unmittelbare Zuwendung der abstrakten Forderung, begleitet von einer Schenkungszweckbestimmung. In beiden Fällen gilt § 518 Abs. 1 S. 1 BGB, wie § 518 Abs. 1 S. 2 BGB klarstellt. In diesen Fällen ist das abstrakte Anerkenntnis nur scheinbar "Vertrag 1. Grades", denn es liegt nicht auf der Ebene des Versprechens, sondern des Versprochenen, mit dem ein Hauptzweck verfolgt wird. Vgl. unten § 5 A. 11. 77 Vgl. zum folgenden vornehmlich Kupisch, JZ 1985, 10lff., 163ff. und NJW 1985, 2370ff. Gegen ihn vor allem Weitnauer, JZ 1985, 555ff. 78 Etwa bei den Handgeschäften; dazu unten § 5.

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(so ein solcher geschlossen wurde), sondern auch die in Erfüllung dieser Forderungen ausgetauschten Leistungen: "Bei beiderseits erbrachten obligationsgemäßen Zuwendungen hat sich der Austauschzweck verwirklicht. Dieser Tatbestand, die Austauschvereinbarung und ihr Vollzug, wäre an sich für das jeweils Erlangte als Rechtsgrund i. S. des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB anzusehen."79 Nach dem oben Gesagten verdient dies Zustimmung, soweit nach dem Rechtsgrund durch Verpflichtungsvertrag zugewendeter Forderungen gefragt wird, bei denen Leistungen ohne vorherigen Abschluß eines Vorvertrages ausgetauscht werden. Bedenken gegen die Maßgeblichkeit des Geschäftszwecks (Kauf, Darlehen, Schenkung, etc.) bestehen indessen für den Fall, daß (abstrakte) Zuwendungen als Erfüllung zuvor geschlossener, auf die Zuwendung gerichteter Verträge ausgetauscht werden. Die h. L. operiert hier mit dem Erfüllungszweck: Die abstrakten Zuwendungen (z. B. als solche zweckneutrale Übereignungen) werden von einer Zweckbestimmung ("solvendi causa") begleitet und damit dahingehend erläutert, daß sie der Erfüllung näher bestimmter Verbindlichkeiten (aus dem Kaufvertrag) dienen sollen. Auf eine solche Erläuterung durch eine eigene Zweckbestimmung ("solvendi causa") wird man nicht verzichten können. Denn man sieht der abstrakten Zuwendung ja nicht an, ob sie der Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit (und ggf. welcher von mehreren) dient. Daß Adern B 100 DM übereignet, kann zwar in Erfüllung eines früher begründeten Darlehensvertrages geschehen, muß es aber nicht. A kann genausogut ein neues Geschäft, etwa eine Handschenkung, im Sinn haben. Ob A die Darlehensforderung erfüllen will, ergibt sich nicht daraus, daß A und B einmal einen Darlehensvertrag geschlossen haben und dieses Geschäft noch nicht abgewickelt ist. Es ergibt sich erst daraus, daß A die Zahlung, der man ihren Zweck nicht ansieht, wirtschaftlich erläutert und sie zum Verpflichtungsgeschäft in Beziehung setzt. Nun will Kupisch auf den Erfüllungszweck auch nicht völlig verzichten, sondern er spricht ihm lediglich instrumentalen Charakter zu, wonach der Erfüllungszweck dem Geschäftszweck dient, indem er die Verbindung zwischen Zuwendung und Geschäftszweck herstellt, dieser aber als Rechtsgrund maßgeblich sein soll80. Dem ersten Teil dieser Aussage kann wiederum zugestimmt werden: Der Erfüllungszweck ist Hilfszweck und steht als solcher wirtschaftlich im Dienste des Hauptzwecks 81 . Trotzdem ist er aber als eigenständige causa unverzichtbar. Das ergibt sich aus folgender Überlegung: 79 Kupisch, JZ 1985,101,104. Vgl. auch S. 106 a. a. 0.: "Zutreffend wäre es, für den bei Leistung solvendi causa maßgebenden Rechtsgrund den zugrunde liegenden Geschäftszweck aufzusuchen." Ähnlich Hepting, S. 34Off. im Anschluß an H. P. Westermann, S. 78ff., deren Betonung des Gesamtgeschäftszwecks indessen (anders als bei Kupisch) mehr terminologische bzw. typologische Bedeutung hat und zu keinen anderen Ergebnissen führt. Die Handgeschäfte lassen sich entgegen Hepting, S. 342f. auch nach der hier vertretenen Ansicht ohne Inkonsequenz erklären; s. u. § 5. 80 Kupisch, JZ 1985, 101, 103ff., 105ff. 81 Vgl. oben 1. e.



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§ 4: Forderungskondiktion

Sieht man die Zweckerreichung als Rechtsgrund an, so muß nach den bisherigen Ergebnissen (1.) ein Zweck wirksam bestimmt und (2.) dieser Zweck erreicht sein. Die Zwecksetzung gibt also die Richtung vor, in der gesucht werden muß, liefert den Maßstab, mit dem gemessen werden muß. Setzt der Leistende einen Erfüllungszweck, so ist danach zu forschen, ob eine Verbindlichkeit erfüllt wurde (Zweckerreichung) oder nicht (Zweckverfehlung). Bei nichtigem Kausalgeschäft lautet das Ergebnis "Zweckverfehlung" , denn es war keine Verbindlichkeit vorhanden, die erfüllt werden konnte. Stellt man nun aber nicht auf den Erfüllungs-, sondern auf den Hauptzweck des Kausalgeschäftes ab, so fehlt u. U. schon der Maßstab, so daß gar nicht gemessen werden kann: Ist das Kausalgeschäft nichtig, ist auch kein Geschäftszweck vereinbart. Die Geschäftszweckvereinbarung ist als notwendiger Bestandteil des Kausalgeschäfts mit diesem nichtig. Der Kondizierende kann also nicht vortragen, daß der Zweck "Kauf' wirksam vereinbart, aber verfehlt ist, sondern er muß bekennen, daß bei nichtigem Kaufvertrag überhaupt kein wirksam gesetzter Zweck existiert, dessen Erreichen oder Verfehlen geprüft werden könnte. Für die Feststellung der Zweckerreichung kann also in diesem Fall die Austauschabrede nicht maßgeblich sein, und der Erfüllungszweck kann nicht "im Dienste der Austauschabrede stehen"B2, wenn eine solche nichtig, nicht existent ist. Dann muß aber der Erfüllungszweck auch als Hilfszweck eigene Bedeutung haben: Allein nach ihm kann sich beurteilen, ob mit oder ohne Rechtsgrund geleistet wurde, nicht nach einem (bei Leistung ohne Rechtsgrund, d. h. nichtigem Kausalgeschäft) gar nicht vorhandenen Geschäftszweck. Die eine abstrakte Zuwendung begleitende Zweckbestimmung kann nun allerdings auch nach der h. M. fehlen bzw. nichtig sein. Dann wird aber in aller Regel auch die Zuwendung selbst nichtig sein, etwa die dingliche Einigung, so daß der Gegner nichts erlangt hat (außer dem Besitz, der vindizierbar ist). Ist die Zuwendung gültig, liegt mangels wirksamer Zweckbestimmung keine Leistung vor, so daß nur nach § 812 Abs. 1 S. 1,2. Fall BGB (Bereicherung "in sonstiger Weise") kondiziert werden kann B3. Wendet man die Lehre Kupischs konsequent an, müßten nun an und für sich alle Zuwendungen auf nichtige Verträge nach § 812 Abs. 1 S. 1,2. Fall BGB kondiziert werden. Denn ist der Vertrag nichtig, so ist kein Zweck vorhanden, an dem man § 812 Abs. 1 S. 1,1. Fall BGB messen könnte. Die Leistungskondiktion liefe also in ihrem Hauptanwendungsbereich leer. Kupisch vermeidet diese Konsequenz dadurch, daß er bei der Definition des Leistungsbegriffs auf jedes Zweckmoment verzichtet. "Leistung" ist nur noch die "willentliche Zuwendung"84, der Geschäftszweck nur noch für den Rechtsgrund relevant. Wenn aber der Leistungsbegriff "zweckfrei" definiert werden soll, dann ist es inkonsequent, vom "instrumentalen" Charakter der Erfüllungs82

83 84

Kupisch, JZ 1985, 101, 104. Vgl. Brox, SchuldR II, Rz. 391; Reuter / Martinek, S. 104f. Kupisch, JZ 1985, 163, 168f.

C. Die bereicherungsrechtliche Lösung

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zweckbestimmung zu sprechen. Denn im Tatbestandsmerkmal "Leistung" darf der Erfüllungszweck nicht mehr auftauchen, weil Leistung nur noch willentliche Zuwendung sein soll, und im Tatbestandsmerkmal "ohne rechtlichen Grund" darf er ebenfalls nicht mehr auftauchen, weil es nur auf den Geschäftszweck ankommen soll. Andererseits kann aber, wie oben ausgeführt, auf den Erfüllungszweck u. a. deshalb nicht verzichtet werden, weil sonst der Schuldner, der in einem separaten Geschäft darleihen will, befürchten muß, daß seine Zahlung auf die noch offene alte Schuld verrechnet wird, also zum "falschen" Geschäftszweck verloren ist. Das auf den ersten Blick einfachere und in sich geschlossene System Kupischs vermag dieses Problem nicht zu lösen und kann deshalb die zwar etwas umständlichere, aber auch umfassendere h. L. nicht ersetzen 8S • 4. Als Ergebnis ist so die Widersprüchlichkeit des Vortrags erwiesen, man begehre die Kondiktion einer durch Verpflichtungsvertrag (,,1. Grades") ohne Rechtsgrund zugewendeten Forderung. "Wirksame Verpflichtungsgeschäfte sine causa sind nicht möglich. "86 Der Ausdruck "rechtsgrundlos zugewendete Forderung" in dem hier untersuchten Sinne hat sich also als das vermutete Oxymoron erwiesen. Er läuft auf ein "kausales Geschäft sine causa" hinaus. Entweder ist das kausale Geschäft gültig und die Forderung damit wirksam begründet - dann ist der Zweck dieser Zuwendung qua Geschäftstypeinigung wirksam gesetzt und zugleich erreicht, so daß nicht rechtsgrundlos geleistet wurde. Oder es fehlt an der causa - dann bedeutet das fehlende Einigung über den typischen Geschäftszweck und damit zugleich Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäftes, so daß eine kondizierbare Forderung gar nicht entstanden ist. 5. Dieses Ergebnis zeigt, daß es weder nötig noch immer richtig ist, die Fälle der Forderungskondiktion auf anderem Wege, nämlich über eine engere Definition des Leistungsbegriffs oder des Anwendungsbereiches von § 812 BGB, zu lösen. a. Nach den bisherigen Ausführungen kann es kaum zweifelhaft sein, daß die Begründung einer Forderung durch kausalen Verpflichtungsvertrag eine Lei85 Erwähnt sei noch, daß ein wichtiges Argument Kupischs gegen die h. M. offenbar auf einem Irrtum beruht. Kupisch meint (JZ 1985, 101, 102), die h. M. versagejedenfalls indem Fall, daß Adern B schenkweise eine abstrakte Forderung zuwendet und später auf diese zahlt. Erweise sich die Schenkungsabrede später als unwirksam, die abstrakte Forderung hingegen als wirksam, so sei in bezug auf diese der Erfüllungszweck erreicht. Den Fall, daß der Oeschäftszweck verfehlt wird, ohne daß die abstrakte Obligation dahinfällt, so daß in bezug auf diese der Erfüllungszweck verwirklicht ist, könne die h. M. nicht adäquat lösen. Indessen ist dies gar kein Fall von § 812 BOB, sondern ein solcher von § 813 Abs. 1 S. 1 BOB: Der abstrakten Forderung steht die Einrede des § 821 BOB entgegen, weil B im Hinblick auf die (nichtige) Schenkungsabrede rechtsgrundlos um sie bereichert ist. Vgl. bereits Siber, JherJb. 70,223,231; ferner Weitnauer, JZ 1985, 555, 557. 86 Hübner, Rz. 361; vgl. auch Palandt-Heinrichs, Überbl. vor § 104 Anm. 3. e. bb. Ausnahme ist, wie gesehen, der abstrakte Schuldvertrag nach §§ 780f. BOB.

§ 4: Forderungskondiktion

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stung i. S. d. § 812 BGB darstellt. Es handelt sich unstreitig um eine Zuwendung 87, die notwendigerweise von einer Zweckbestimmung begleitet wird 88 . Man sollte daher davon ausgehen können, daß die Forderungszuwendung "natürlich eine Leistung"89 ist. Überraschenderweise ist aber immer wieder versucht worden, dieses Ergebnis durch eine Manipulation am Leistungsbegriff zu vermeiden. Das Spektrum reicht von "nicht Leistung, sondern nur Vorbereitung einer solchen"90 bis zur Definition der Leistung als "jede gewollte Vermögensverschiebung zur Verwirklichung eines nicht schon in ihr selbst enthaltenen Erwerbstitels"91. Allerdings haben sich auch die Autoren, von denen solche Definitionen stammen, nicht davon abhalten lassen, die übliche Begründung übergangslos anzuschließen, wofür bei Verneinung des Leistungsbegriffs kein Grund mehr bestand 92 . Derartige hermeneutische Akrobatik ist nun sicher Wasser auf die Mühlen der gegen den herrschenden Leistungsbegriff gerichteten Kritik und noch am ehesten geeignet, sich den Vorwurf eines "hypertrophen und unwahren Leistungsbegriffs"93 zuzuziehen. Es besteht nicht der geringste Anlaß, das Problem "wegzudefinieren", da es mit dem vorhandenen Instrumentarium einwandfrei beseitigt werden kann. Die Lösung erfolgt im Rahmen der Tatbestandsmerkmale "etwas erlangt" (daran fehlt es bei Zweckverfehlung und damit nichtigem Verpflichtungsgeschäft) oder "ohne rechtlichen Grund" (daran fehlt es bei Zweckerreichung durch Abschluß eines gültigen Verpflichtungsgeschäfts). Für eine "Lösung" über den Leistungsbegriff besteht keine Notwendigkeit. b. Das gleiche gilt für den Versuch, die bereicherungsrechtliche Diskussion von vornherein abzublocken mit dem Hinweis, § 812 BGB betreffe nur abstrakte Vermögensverschiebungen und sei für kausale Geschäfte nicht anwendbar 94 • Daran ist zweifellos richtig, daß § 812 BGB vor allem im Hinblick auf das Abstraktionsprinzip als dessen Korrektiv geschaffen wurde 95 . Zuzugeben ist nach dem Vorstehenden ferner, daß die Forderungskondiktion im Ergebnis keinen Erfolg haben kann, weil entweder nichts erlangt oder mit Rechtsgrund geleistet wurde. § 812 BGB ist daher kein taugliches Instrument, wirksam Vgl. oben A. Vgl. vorstehend 2. 89 Heck, SchuldR, S. 420. 90 Larenz, SchuldR 11, S. 529. 91 Siber, JherJb. 70, 223, 262. Vgl. auch daselbst S. 268 sowie ders., S. 171 fT., 416 fT.; ferner Huber, JuS 1972, 57, 58; Krawielicki, S. 25; Staudinger-Lorenz, § 812 Rz. 4; v. Tuhr, 11/2, S. 54. 92 Das gilt vor allem für Krawielicki, der gegen die Forderungskondiktion alle verfügbaren Geschütze autrahrt und sich wegen wechselnder Terminologie und Argumentationsebenen für so ziemlich alle Meinungen anführen läßt. 93 Harder, JuS 1979, 76, 77. 94 So vor allem Krawielicki, S. 7 f., 25; Kupisch, JZ 1985, 101, 105; vgl. auch Reuter / Martinek, S. 117. Dagegen auch Schlechtriem, ZHR 149 (1985), 327, 337. 9S Vgl. Flume, AT, S. 157; Larenz, AT, S. 316; Reuter/ Martinek, S. 76fT. m. w. N. 87

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D. Noch einmal: Tragweite der Vertragsbindung

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begründete Forderungen zu beseitigen. Insoweit bedarf es der allgemeinen Regeln, insbesondere des Leistungsstörungsrechts 96 • Immerhin kann aber mit § 812 BGB und in dessen Terminologie eine - wenn auch abschlägige Antwort auf die Frage nach der Kondizierbarkeit durch kausalen Vertrag zugewendeter Forderungen gegeben werden, so daß kein Anlaß besteht, die bereicherungsrechtliche Diskussion mit Hinweis auf den Regelungsbereich "abzuwürgen" . D. Noch einmal: Tragweite der Vertragsbindung Zwei Antworten kann man also in vielen Fällen dem geben, der nach der Kondizierbarkeit schuldvertraglich zugewendeter Forderungen fragt: eine "bereicherungsrechtliche" und eine "vor-positive". Die bereicherungsrechtliche Antwort wird den Anspruchsteller belehren, daß er mit Vertragsschluß einen Zweck gesetzt und zugleich erreicht habe, so daß mit Rechtsgrund geleistet worden sei. Die "vor-positive" Antwort wird auf den Grundsatz der Vertragsbindung verweisen sowie auf die Unzulässigkeit des Vorhabens, diesen Grundsatz "im bereicherungsrechtlichen Gewand" zu umgehen. Trotzdem ist die verpflichtende Kraft eines Vertrages häufig für eine nicht tragfähige Basis erachtet worden. So heißt es etwa bei Flume: " ... und auch nach geltendem Recht ist es so, daß das Versprechen einer Leistung grundsätzlich über das bloße "Versprechen" hinaus eines Rechtsgrundes bedarf, der es rechtfertigt, daß dem Versprechensempfänger ein Rechtsanspruch auf Grund des Versprechens gegen den Versprechenden zusteht."l Flume stützt diese Aussage auf die historische "Evolution" des Verpflichtungsvertrages von der römisch-rechtlichen stipulatio bis zum heutigen Vertragsanspruch 2 sowie auf die Vertragsform "abstraktes Schuldversprechen", das - obgleich verbindlicher Vertrag - kondizierbar sei, wenn es eines außerhalb seiner selbst liegenden Rechtsgrundes ermangele 3 • Diese Ausführungen wollen sicher nicht so verstanden sein, daß einem Vertrag jede verbindliche Wirkung fehle in dem Sinne, daß der Grundsatz "pacta sunt servanda", verstanden als Ausschluß einseitigen Widerrufs, gar nicht gelten so1l4. Es geht wohl eher darum, unter welchen Bedingungen die Rechtsordnung Versprechen als verbindlich anerkennt und wie sie die Verträge im Hinblick auf ihren Rechtsgrund behandelt. Klinke hat dazu ausgeführt, der bloße Willenskonsens allein liefere nicht die für jede Forderung benötigte 96 VgI. Huber, JuS 1972, 57, 58; MüKo-Lieb, § 812 Rz. 310; Oertmann, GG, S.23; ReuterfMartinek, S. 116f. VgI. auch Kupisch, JZ 1985, 101, 103 Fn.18 und S.104. 1 Flume, AT, S. 159. 2 Flume, AT, S. 160ff. 3 Flume, AT, S. 167ff. 4 Flume selbst handelt davon (AT, S. 5).

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"Behaltensberechtigung" , die sich erst aus der causa ergebe 5 • Aber das ist nur unter bereicherungsrechtlichen Aspekten richtig und verkennt, daß ohne causa gar keine Forderung entstanden ist, um deren "Behaltensberechtigung" es noch gehen könnte. Ähnliches gilt für die Äußerungen Flumes, die durch den kausalen Schuldvertrag vereinbarten Forderungen fänden "ihre volle und ausschließliche Rechtfertigung in dem Vertrag"6. Da sich Flume der hier vertretenen "vorpositiven" Betrachtungsweise ausdrücklich verweigere, kann ein solcher Satz nur bereicherungsrechtlichen Sinn haben. Aber damit wird er der Sache nicht gerecht. Die bereicherungsrechtliche Antwort setzt zu spät an, soweit es um kausale Schuldverträge geht. Wer einen solchen Vertrag ohne Rechtsgrundeinigung schließt, braucht nicht zu kondizieren, denn es sind dann gar keine Forderungen entstanden. Die Parteien müssen einen 8 Zweck vereinbaren, soll der Vertrag wirksam sein. Mit Vertragsschluß sind die Forderungen zugewendet, ist der Zweck erreicht. Die Lösung vom Vertrag verhindert weniger das Bereicherungsrecht als vielmehr das Gebot der Vertragstreue. Man braucht sich deshalb auf die bereicherungsrechtliche Diskussion wenigstens in den Fällen nicht einzulassen, in denen der Sache nach nichts anderes vorgetragen wird als die Unlust zur Vertragserfüllung. Einigkeit besteht hingegen über die Behandlung des abstrakten Schuldvertrages. In der Tat reicht der Grundsatz der Vertragsbindung nicht aus, die Kondiktionsfestigkeit einer abstrakten Forderung zu begründen 9 • Die Kenntnis der rechtshistorischen Entwicklung kann insoweit zum Verständnis des heutigen Rechts beitragen, ohne daß sich daraus allerdings Lösungen konkret zu entscheidender Fälle gleichsam "deduktiv" ermitteln ließen 10. Dagegen ist es bedenklich, aus dem abstrakten Schuldvertrag als schuldrechtlichem Ausnahmefall eine generell gültige These für alle Schuldverträge ableiten zu wollen 11, wie es Flume unternimmt. Klinke, S. 26ff., 30, 61 f. m. Fn. 85. Flume, AT, S. 171. 7 Flume, AT, S. 159 mit Hinweis auf Grotius, lib. II cap. Xl. AufS. 169 stellt Flumefest, daß die Frage nach der causa der durch Schuldvertrag vereinbarten Forderungen im allgemeinen nicht gestellt werde. Dennoch besteht kein Zweifel, daß die oben bei Fn. 1 zitierte "Absage an die Vertragsbindung" auch diese Forderungen (aus "Verpflichtungsgeschäften 1. Grades") meint. 8 Genauer: einen beliebigen Zweck. Das Gesetz steht den Vertragszwecken in den Grenzen der §§ 134, 138 BGB weitgehend neutral gegenüber (Ausn.: §§ 656, 762ff. BGB) und typisiert sie nur; vgl. v. d. Daele, S. 37ff. 9 Vgl. oben B. II. 3. und C. II. 2. c. mit Fn. 76. 10 Kritisch gegenüber der Tragfähigkeit rechtshistorischer Argumente auch Ehel, S. 95f.; zustimmend H. Schlosser, AcP 180 (1980), 608f. 11 Vom hier vertretenen Standpunkt aus ist der abstrakte Schuldvertrag als regelmäßig - "Verpflichtungsvertrag 2. Grades" gegenüber den "Verpflichtungsgeschäften 1. Grades" nicht Ausnahmefall, sondern "anderer Fall", der in der These von der "vorpositiven" Brauchbarkeit des Grundsatzes der Vertragsbindung (durch Ausgrenzung) berücksichtigt ist und sie damit zugleich bestätigt (da der Kondizierende "mehr vortragen" kann). 5

6

§ 5: Handgeschäfte

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Will man eine solche allgemeine Aussage überhaupt wagen, dann muß sie lauten: Wenn ein wirksamer Vertrag vorliegt, dann resultieren daraus zunächst einmal auch Forderungen. Bei den kausalen Schuldverträgen beruht das darauf, daß ohne Zweckvereinbarung ein gültiger Vertrag nicht zustande gekommen ist, da nicht über alle essentialia negotii Einigkeit erzielt ist; ist er zustande gekommen, gilt der Grundsatz "paeta sunt servanda". Bei den abstrakten Schuldverträgen beruht das darauf, daß die Forderungen ohne Rücksicht auf die causa entstehen; das gilt auch bei causaloser Zuwendung, da die Bereicherungseinrede die Forderungen zunächst einmal nicht vernichtet, sondern nur ihre Durchsetzbarkeit hindert (arg. § 813 BGB).

§ 5: Handgeschäfte Es wurde bereits darauf hingewiesen 1, daß die Zweckbestimmung Teil eines Verpflichtungsvertrages sein kann, aber nicht sein muß. Sofern sie z. B. eine Erfüllungsleistung begleitet und diese zu der zu erfüllenden Verbindlichkeit in Bezug setzt, ist sie - jedenfalls nach herrschender Ansicht - nicht im Verpflichtungsvertrag enthalten. Dasselbe gilt für den abstrakten Schuldvertrag, der selbst über seine Zweckbestimmung nichts aussagt: Er wird ja erst durch den Verzicht auf die Geschäftstypabrede zum abstrakten Vertrag, ist dadurch geradezu definiert, und wird nur von einer "ausgelagerten" Zweckbestimmung begleitet. Nur bei den - deshalb - kausalen Verpflichtungsverträgen ist die Geschäftstypeinigung notwendiger Vertragsbestandteil, der Geschäftszweck als causa der zugewendeten Forderungen Teil des Verpflichtungsvertrages. Eine eigene Fallgruppe, die bisher ausgeklammert wurde, bilden die sogenannten "Handgeschäfte" , bei denen nach - noch näher zu diskutierender verbreiteter Meinung direkt Leistungen ausgetauscht werden, ohne daß dem Leistungsaustausch Verpflichtungen zugrunde liegen. Zwar werden auch die im Wege der Handgeschäfte ausgetauschten Zuwendungen von einer die Rückforderung ausschließenden Zweck bestimmung begleitet. Dabei kann es sich aber naturgemäß nicht um die Zweck bestimmung "solvendi causa" handeln, denn wenn gar keine Verpflichtungen bestehen, die erfüllt werden könnten, würde der Erfüllungszweck immer verfehlt. Vielmehr liefert hier die Geschäftszweckeinigung - die nach dem oben Gesagten nicht zwingend in einem Verpflichtungsvertrag getroffen werden muß - den Rechtsgrund für das "Behaltendürfen"; diesmal aber nicht als causa für die Zuwendung erst noch zu erfüllender Forderungen, sondern als causa für den sofort vollzogenen, endgültigen Güteraustausch. 1

Oben § 4 C. 11. 2. c.

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§ 5: Handgeschäfte

Diese Sichtweise ist in vieler Hinsicht problematisch und umstritten. Sie lohnt nähere Betrachtung, da sie Gewinn für die Überlegungen zum Vergleich verspricht. A. Begriff

Der Begriff des Handgeschäfts läßt sich an dieser Stelle schwerlich definieren, ohne erst noch zu findende Ergebnisse in die Definition einzubeziehen. Aber soviel läßt sich sicher sagen: Es geht um Geschäfte, bei denen die Güterbewegung unmittelbar und sofort vollzogen wird, z. B. durch sofortigen Austausch von Kaufsache und Kaufpreis beim Handkauf oder durch unmittelbare Übereignung des Gegenstandes bei der Handschenkung 2 • Der Erörterung der Einzelheiten sind zwei klarstellende Hinweise vorauszuschicken. /. Handgeschäft und Realvertrag

Handgeschäfte werden mitunter auch als "Realverträge" bezeichnet, womit der Unterschied zum Verpflichtungsvertrag unterstrichen werden soll. Der Begriff des Realvertrages ist indessen doppelt besetzt und rechtshistorisch insofern belastet, als auch unter der Herrschaft des BGB noch lange Zeit die Ansicht vertreten wurde, daß gewisse Verträge, insbesondere der Darlehensvertrag, zu ihrem Zustandekommen stets eines realen Momentes bedürften, nämlich der Hingabe der Leistung selbst 3 • Ohne dieses reale Moment soll z. B. kein Darlehensvertrag, sondern nur ein Vorvertrag zustande gekommen sein. Der Realvertrag steht damit im Gegensatz zum Konsensualvertrag, der durch bloße Einigung zustande kommt und klagbare Verpflichtungen begründet. Die Lehre vom so verstandenen Realvertrag darf heute als Rechtsgeschichte gelten und braucht hier nicht weiter verfolgt zu werden. An dieser Stelle geht es um ein anderes Verständnis vom Realvertrag: Es steht heute nicht mehr zur Debatte, ob gewisse Geschäfte durch bloßen Verpflichtungsvertrag (ohne reale Leistung) zustande kommen können, sondern umgekehrt, ob stets Verpflichtungsverträge geschlossen werden müssen oder ob Leistungen auch ohne vorheriges Verpflichtungsgeschäft ausgetauscht und behalten werden können. Letzteres ist die Kernfrage der Handgeschäfte. Der mißverständliche Ausdruck "Realvertrag" kann dabei vermieden werden 4 . 2 Der häufig anzutreffende und sicherlich zur Klärung dienende Zusatz "ohne Abschluß eines Versprechensvertrages" (vgl. etwa Kreß, AT, S. 20) muß hier fehlen, denn ob nicht doch ein Versprechensvertrag - wenigstens konkludent - geschlossen wird, ist umstritten; vgl. unten B. Unberücksichtigt bleiben hier zunächst die "gemischten Handgeschäfte"; vgl. unten C. Fn. 42. 3 Vgl. statt aller Enneccerusj Lehmann, S. 592f. 4 Zur Doppeldeutigkeit des Begriffs "Realvertrag" vgl. noch BGHZ 46, 43, 49f.; Ehmann, S. 146f.; Heck, SchuldR, S. 247f.; speziell für das Schenkungsrecht Eckstein, AcP 107 (1911), 384, 387.

A. Begriff

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II. Leistungen beim Handgeschäft Wenn nach dem Vorstehenden mit dem Begriff des Handgeschäfts zum Ausdruck gebracht werden soll, daß Leistungen ohne vorherigen Verpflichtungsvertrag unmittelbar und sofort ausgetauscht werden, dann läßt sich das sinnvollerweise nur dort sagen, wo auch ein vorheriger Verpflichtungsvertrag abgeschlossen werden kann bzw. üblicher- und sinnvollerweise abgeschlossen wird. Handgeschäfte stehen demnach grundsätzlich im Gegensatz zu den Verpflichtungsverträgen und sind folglich nahezu immer verfügende Geschäfte. Verpflichtungsverträge als solche sind zwar an und für sich insoweit "Handgeschäfte", als ihnen in aller Regel kein weiterer Verpflichtungsvertrag (auf Abschluß des nunmehr geschlossenen Vertrages) zugrunde liegt 5 : Es werden Vermögenswerte - nämlich die Forderungen - sofort und unmittelbar zugewendet. Es ist aber, soll der Begriff nicht jede Unterscheidungskraft einbüßen, nicht sinnvoll, die Forderungszuwendung durch Verpflichtungsvertrag (,,1. Grades") als Handgeschäft zu bezeichnen, wenn diesen Zuwendungen üblicherweise gar kein weiterer Verpflichtungsvertrag vorausgeht 6 • Die mit dem Stichwort "Handgeschäft" markierten Fragen betreffen vielmehr vor allem die Geschäfte, die sonst als Erfüllungsgeschäfte eingeordnet werden, hier aber mangels zu erfüllender Verpflichtungsverträge - so nicht eingeordnet werden können. Daraus folgt zugleich, daß auch die Erfüllung selbst kein Handgeschäft ist. Ihr liegt ja eine auf die Leistung gerichtete Verpflichtung zugrunde, so daß die Definition des Handgeschäfts Erfüllungsleistungen nicht erfaßt7. Entsprechendes gilt für Erfüllungssurrogate, etwa die Aufrechnung. Diese ist zwar eine Verfügung, der keine (auf Aufrechnung gerichtete) Verpflichtung zugrunde liegt; aber sie ist nicht deswegen schon Handgeschäft. Sie steht auf einer Ebene mit der Erfüllung und bezieht sich auf eine bestehende Hauptforderung, die dem Werte nach - wenn auch nicht der Art (Aufrechnung) nach -auf das gerichtet ist, was durch die Aufrechnung zugewendet wird. Durch die Aufrechnung bewirkt der Aufrechnende das, wozu er bereits verpflichtet ist: Er tilgt seine Schuld. Die in der Aufrechnung liegende Verfügung ersetzt also den Verpflichtungsvertrag nicht, wie es sonst bei den Handgeschäften der Fall ist, sondern sie vollzieht ihn.

5 Von Vorverträgen, die in diesem Zusammenhang als Ausnahmeerscheinungen für die Definition des Regelfalles keine Rolle spielen, wird abgesehen. Im übrigen wäre die Berücksichtigung von Vorverträgen die erste Stufe eines regressus in infinitum, denn es wären dann diese als "Handgeschäfte" zu denken. Vgl. für die Schenkung auch Eckstein, AcP 107 (1911), 384, 387. 6 Vgl. aber Krawielicki, S. 63 ff. 7 A. A. vor allem Ehmann, NJW 1969, 1833fT. Ihm zufolge ist die Erfüllung Handgeschäft, weil sie eine Verfügung (Leistung, Zuwendung) ist, die von einer Zweckvereinbarung begleitet wird; ebenso: Schnauder, AcP 187 (1987),142, 150. Damit wird aber der Kontrast zum Verpflichtungsvertrag nivelliert. Vgl. auch unten C. Fn. 53.

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§ 5: Handgeschäfte

Daraus läßt sich schließen, daß mit den Handgeschäften in aller Regel Hauptzwecke verfolgt werden, die sonst in den Verpflichtungsverträgen vereinbart werdenS. Die Stufe des Verpflichtungsvertrages ist hier übersprungen, so daß ein die Verfügung begleitender Hilfszweck (mit auf den Hauptzweck bezogenem instrumentalem Charakter) unnötig und sinnlos wäre. Es gibt (noch) keinen Hauptzweck, dem der Hilfszweck dienen könnte; er muß erst im Handgeschäft vereinbart werden. Trotzdem wäre es aber nicht richtig, von Handgeschäften nur dann zu sprechen, wenn mit der Verfügung Hauptzwecke (Austausch oder Liberalität) verfolgt werden. Es gibt auch Hilfsgeschäfte, die als Handgeschäfte denkbar sind. Zwar lassen sich die meisten Hilfsgeschäfte nicht unter diese Kategorie fassen, insbesondere die Erfüllung und ihre Surrogate nicht, wie soeben begründet. Es gibt aber Ausnahmen, insbesondere bei den Sicherungsverträgen. Diese werden zwar in der Praxis nicht gerade häufig als Handgeschäfte geschlossen; die Bürgschaft noch weniger als die Sicherungsübereignung. Aber als Handgeschäfte denkbar sind sie doch. Verlangt etwa ein Darlehensgläubiger für eine unsicher gewordene Restforderung erstmalig eine Sicherheit und nimmt er das Angebot des Schuldners an, der ihm eine Forderung sicherungshalber abtreten will, so liegt ein Handgeschäft vor: Es handelt sich um eine Verfügung (Zession), zu der der Schuldner nicht verpflichtet war, begleitet von einer Geschäftszweckeinigung (Sicherungszweck als Hilfszweck). Maßgebliches Kriterium ist die fehlende Verpflichtung: Ein Hilfsgeschäft kann Handgeschäft sein, wenn der durch das Hilfsgeschäft bewirkte wirtschaftliche Erfolg bisher nicht geschuldet war. In bezug auf den Verfügungscharakter der Handgeschäfte bildet der abstrakte Schuldvertrag wiederum eine Ausnahme. Er ist Verpflichtungsvertrag und keine Verfügung, kann aber - und wird in aller Regel - im Rahmen eines Handgeschäftes geschlossen werden. Das zeigt sich besonders deutlich bei dem Fall, den § 518 Abs. 1 S. 2 BGB im Auge hat. Es kann jemand ein auf Abgabe eines abstrakten Schuldanerkenntnisses gerichtetes Schenkungsversprechen geben, das durch Abgabe des Anerkenntnisses erst noch zu erfüllen ist; er verspricht schenkweise, ein Anerkenntnis abzugeben. Dann gilt für das Schenkungsversprechen § 518 Abs. 1 S. 1 BGB, für das Anerkenntnis § 518 Abs. 1 S. 2 BGB. Es kann aber das Anerkenntnis auch sofort, ohne den Umweg über ein vorheriges Schenkungsversprechen erteilt werden; es wird dann nicht schenkweise versprochen, ein Anerkenntnis abzugeben, sondern es wird gleich schenkweise anerkannt. In diesem Fall handelt es sich um ein Handgeschäft, und wiederum gilt für das Anerkenntnis § 518 Abs. 1 S. 2 BGB. Das Anerkenntnis, selbst ein Versprechen, liegt beim Handgeschäft also weiterhin auf der Ebene des Versprochenen: Es wird im ersten Fall "solvendi causa" gegeben, und zwar nicht in Erfüllung eines Vorvertrages, sondern in Erfüllung eines vollwertigen Schenkungsvertrages. Im zweiten Fall wird auf den vorgängigen Verpflichtungs8

Vgl. oben § 4 C. 11. 1. e. sowie Siber, S. 172.

B. Reichweite und Konstruktion

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vertrag verzichtet und sofort - donandi causa (also mit Hauptzweck) geleistet 9 • In diesem Fall ist es ausnahmsweise sinnvoll, in Verbindung mit einem Verpflichtungsvertrag (dem Anerkenntnis) von einem Handgeschäft zu sprechen 10. Ansonsten ist aber daran festzuhalten, daß Handgeschäfte in der Regel verfügende Verträge sind. B. Reichweite und Konstruktion Angesichts der vorstehenden Überlegungen muß der energische Ausruf: "Es gibt Realverträge (Handgeschäfte)" 1 verwundern. Daß es Handgeschäfte überhaupt gibt, ist für bestimmte Bereiche, etwa das Schenkungsrecht, nie ernsthaft bezweifelt worden, und man braucht sich nicht unter die "wissenschaftlichen Autoren mit hinreichendem Durchblick"2 einzureihen, wenn man das erkannt hat. Die Gelehrten streiten daher auch weniger über die Frage, ob Handgeschäfte möglich sind, als vielmehr über die, welche Geschäfte als Handgeschäfte denkbar und wie sie der juristischen Konstruktion nach zu verstehen sind. Da die Antworten - je nach wissenschaftlichem Standort - für entgeltliche und unentgeltliche Geschäfte unterschiedlich ausfallen, empfiehlt es 9 Das wird nicht immer klar gesehen. Schon in den Motiven (vgl. zu ihnen auch unten B. Fn. 26) heißt es mißverständlich, der Gesetzgeber betrachte den Fall des § 518 Abs. 1 S. 2 BG B nicht als eine real schon vollzogene Schenkung, sondern nur als ein Versprechen (Mot. II, 294 = Mugdan II, S. 163). Daraus ist dann mitunter gefolgert worden, das schenkweise erteilte Anerkenntnis sei kein Leistungsvollzug i. S. v. § 518 Abs. 2 BGB und bedürfe deshalb der Form (Erman-Seiler, § 518 Rz. 12; Staudinger-Reuss, § 518 Rz. 5; vgl. auch D. Reinicke, NJW 1970, 1447, 1449). Das ist so nur im Ergebnis richtig, weil § 518 Abs. 1 S.2 BGB es anordnet. Wenn, wie in dem zuerst im Text behandelten Fall, Gegenstand des Schenkungsversprechens das Anerkenntnis ist, dann ist diese Schenkung mit Abgabe des Anerkenntnisses vollzogen, vorausgesetzt, es ist wirksam. Der Beschenkte hat dann erhalten, was ihm versprochen war: die Forderung. Ohne § 518 Abs. 1 S. 2 BGB wäre daher durch schriftliche Erteilung des Anerkenntnisses die Schenkung vollzogen, zugleich allerdings wegen § 518 Abs. 2 BGB der Umgehung des § 518 Abs. 1 S. 1 BGB Tor und Tür geöffnet, der vor allem den Schenker warnen und schützen will (Herrmann, S. 137ff., 143; MüKo-Kollhosser, § 518 Rz. 1; Zweigert, JZ 1964, 349, 353). Nur deshalb wurde für das Anerkenntnis der Formzwang verschärft: § 518 Abs. 1 S. 2 BGB verfolgt die Warnfunktion von Satz 1 der Vorschrift weiter, weil der Schenker die Entreicherung noch nicht "spürt" (vgl. MüKo-Kollhosser, § 518 Rz. 8; Tiedtke, FR 1976, 602, 603). Ohne Beachtung dieser Form ist daher der Vollzug nach § 518 Abs. 2 BGB nicht möglich, weil der Beschenkte gern. §§ 518 Abs. 1 S. 2, 125 BGB keine wirksame Anerkenntnisforderung erhalten hat. Das ändert aber nichts daran, daß das Anerkenntnis der Schenkungsgegenstand und § 518 Abs. 1 S. 2 BGB ein Fall der Handschenkung ist, wenn ein vorgängiges Schenkungsversprechen nicht existiert. Ebenso: Eckstein, AcP 107 (1911), 384, 391f.; Tiedtke, FR 1976, 602, 603; vgl. auch MüKo-Kollhosser, § 518 Rz. 6; Palandt-Putzo, § 518 Anm.3. 10 Die beiden vorstehend untersuchten Varianten sind natürlich in der Praxis selten bis gar nicht anzutreffen (vgl. aber immerhin BGH NJW 1980, 1158, 1159). Ihre Erörterung erleichtert indessen das Verständnis der Handgeschäfte. 1 Ehmann, S. 144. 2 Ehmann, S. 146.

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sich, beide Typen getrennt zu untersuchen. Dabei reicht es vorerst, exemplarisch die Handschenkung für die unentgeltlichen und den Handkauf für die entgeltlichen Geschäfte heranzuziehen. I. Handschenkung Bei der Schenkung sind Tatbestand und Konstruktion des Handgeschäfts weitgehend unstreitig. 1. Zu unterscheiden sind Handschenkung und Versprechensschenkung. Daß eine unentgeltliche Zuwendung sowohl durch unmittelbare Handschenkung als auch durch Erfüllung eines vorgängigen Schenkungsversprechens möglich ist, hat der Gesetzgeber mit §§ 516, 518 BGB anerkannt.

a. Der einfachere und nach dem System des BGB "typischere" Fall ist die Versprechensschenkung des § 518 BGB. Wie auch sonst bei der Güterverschiebung, wird zunächst ein schuldrechtlicher, nach § 518 Abs. 1 S. 1 BGB formbedürftiger Vertrag geschlossen, der noch der Erfüllung (i. d. R. durch Übereignung) bedarf. Ist die Form gewahrt, besteht für den Schenkungsnehmer eine klagbare Forderung, in bezug auf die der Schenker später solvendi causa verfügt. b. Der schwierigere, aber im täglichen Leben häufigere 3 Fall ist die Handschenkung, von der § 516 BGB handelt 4 . Nach allgemeiner Ansicht schließen die Parteien dabei keinen Schenkungsvertrag im Sinne eines Verpflichtungsvertrages, sondern es wird der Schenkungsgegenstand unmittelbar zugewendet, begleitet von der Zweckbestimmung "Schenkung". Es handelt sich um eine im PrinzipS abstrakte Verfügung, die von einer Einigung über die Unentge1tlichkeit und damit über den Geschäftstyp "Schenkung" begleitet und dadurch zugleich 6 wirtschaftlich erläutert wird. Da keine zu erfüllenden Forderungen bestehen, sondern unmittelbar übereignet wird, erfolgt die Leistung nicht solvendi, sondern donandi causa 7 • Es wird kein Hilfszweck, sondern ein Hauptzweck vereinbart. 2. Die juristische Konstruktion ist nur in Details umstritten. a. Festzuhalten ist zunächst, daß Handschenkung und Erfüllung eines Schenkungsversprechens von unterschiedlichen Zweckbestimmungen begleitet werden. Während der äußere Vorgang in beiden Fällen der gleiche ist - es wird beispielsweise ein Buch übereignet -, ist die wirtschaftliche Erläuterung Esser / Weyers, S. 112; vgl. bereits Ortloff, ArchBürgR 21 (1902), 269, 279. Es entspricht allgemeiner Ansicht, daß § 516 BGB die Handschenkung definiert, auf die § 518 BGB nicht anwendbar ist. Vgl. nur Fikentscher, S. 492; MüKo-Kollhosser, § 516 Rz. 1; Palandt-Putzo, § 518 Anm. 1. a.; M. Reinicke, S. 44; Staudinger-Reuss, § 516 Rz. 1.; a. A. aber Herrmann, S. 164. Eine Ausnahme macht § 518 Abs. 1 S.2 BGB, wenn das Anerkenntnis im Wege der Handschenkung gegeben wird; vgl. oben A. H. mit Fn. 9. S Zur Einschränkung dieser Aussage s. unten C. H. 2. a. aa., insbes. (3) (b). 6 Oder nachträglich; vgl. § 516 Abs. 2 BGB. 7 Siber, S. 172. 3

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verschieden. Die Erfüllung des Schenkungsversprechens erfolgt solvendi causa (Hilfszweck); die Zweckbestimmung kann der Schuldner allein vornehmen 8 • Die Handschenkung erfolgt donandi causa (Hauptzweck); die Zweckbestimmung erfordert nach dem Wortlaut des § 516 BGB ("wenn beide Teile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt") einen Vertrag. Diese Unterschiede muß man jedenfalls dann betonen, wenn man, wie hier vertreten, die universelle Maßgeblichkeit des Geschäftszwecks (Hauptzwecks) für den schuldrechtlichen Vertrag und das Erfüllungsgeschäft ablehnt 9 • (Tut man das nicht, bleibt es in allen Fällen bei der Maßgeblichkeit des Geschäftszwecks "Schenkung", auch bei der Erfüllung des Schenkungsversprechens, und der Leistungszweck "solvendi causa" hat lediglich den geforderten "instrumentalen Charakter" 10.) Dieser Unterschied wirkt sich u. a. auf das Verständnis des § 518 Abs. 2 BGB aus. Dieser Vorschrift wird gelegentlich nachgesagt, sie wolle letzten Endes nur erreichen, daß "die vollzogene Schenkung ohne Form als Realvertrag auch dann gültig ist, wenn sie auf Grund eines ungültigen Versprechens vollzogen ist" 11. Die Bezeichnung als "Realvertrag" ist indessen wenigstens ungenau, denn beim "Realvertrag" (Handschenkung nach § 516 BGB) wird nicht "auf Grund eines ungültigen Versprechens" geschenkt, sondern gerade ohne ein solches mit "animus donandi"12. § 518 Abs. 2 BGB hat aber, wie schon der Wortlaut zeigt, 8 Das ist str.; ausf. unten C. 11. 2. a. bb. (2) mit Fn. 49 ff. und oben § 4 C. in und bei Fn.12ff. 9 Vgl. oben § 4 C. 11. 3. In der Tat stützen sich die Vertreter der Gegenansicht gerade auf die Handgeschäfte und halten der hier vertretenen Auffassung Widersprüchlichkeit entgegen, weil der Geschäftszweck einmal causa des Verpflichtungsvertrages, ein anderes Mal causa des Verfügungsvertrages ist (vgl. vor allem Kupisch, JZ 1985, 101, 103). Das ist indessen aus der Sonderstellung der Handgeschäfte zu erklären: Hier wird nicht solvendi causa verfügt, wie sogleich gezeigt werden soll. Nur wenn solvendi causa verfügt würde, wäre der h. M. (mit Hepting, S. 342f.) Inkonsequenz vorzuwerfen. 10 Kupisch, JZ 1985, 101, 103ff., 105ff. und NJW 1985, 2370, 2374. Zur Kritik s. oben § 4 C. 11.3. 11 Staudinger-Reuss, § 518 Rz. 9 im Anschluß an Kuhlenbeck, S. 231 Fn. 1 und JW 1902,241f. 12 D. Reinicke, NJW 1970, 1447, 1448; v. Tuhr, 11/2, S. 157. Vgl. auch Herrmann, S.69ff., 162ff.; Larenz, SchuldR 11/1, S.200; Palandt-Putzo, § 518 Anm. 2. c.; M. Reinicke, S. 44ff. (vgl. dort auch den Vorschlag auf S. 57); Seibert, JZ 1981, 380, 381 m. w. N. Richtig ist allerdings, daß ein nichtiges Schenkungsversprechen der Annahme einer Handschenkung bei der späteren Zuwendung nicht per se entgegensteht. Es kommt darauf an, was die Parteien wissen und was sie wollen. § 518 Abs. 2 BGB will im Ergebnis der Handschenkung den Fall der Leistung solvendi causa bei formnichtigem Versprechen gleichstellen, aber nicht durch Ausdehnung des Handschenkungsbegriffs auf solvendi causa erbrachte Leistungen, sondern - dogmatisch völlig richtig - durch eine Heilungsvorschrift (ausf. dazu M. Reinicke, S. 50ff.). Es bleibt daher dabei, daß Handschenkungen nur unter § 516 BGB und zur Erfüllung eines vorgängigen Versprechens erbrachte Leistungen nur unter § 518 BGBfallen. Eine Ausnahme bildet das im Wege der Handschenkung erteilte Anerkenntnis, § 518 Abs. 1 S. 2 BGB; vgl. obenA. 11. in und bei Fn.9.

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nur Leistungen solvendi causa im Auge, und die Leistung solvendi causa ist, wie oben A. H. dargestellt, kein "Realvertrag". Daß es wichtig ist, die verschiedenen Leistungszwecke genau auseinanderzuhalten, zeigt sich im übrigen auch dann, wenn der Schenker ein Schenkungsversprechen erfüllen will, das, wie sich später herausstellt, aus anderen Gründen, nicht wegen Formmangels nach §§ 518 Abs. 1 S. 1,125 BGB, nichtig ist: Hier ist der Erfüllungszweck verfehlt, und der Schenker kann, da er im Moment der Leistung solvendi, nicht donandi causa handelte, kondizieren. Das gilt jedenfalls dann, wenn er das für wirksam gehaltene Schenkungsversprechen "nur zähneknirschend" erfüllen wollte, weil ihn das gegebene Wort reute: Ein "unbedingter Schenkungswille" läßt sich dann kaum feststellen, so daß die Annahme einer (hilfsweise gewollten, § 140 BGB analog) Handschenkung sicher ausscheidet. b. Einigkeit besteht wieder weitgehend darüber, daß bei der Handschenkung irgendwelche Hauptverpjlichtungen (die dann uno actu erfüllt würden) nicht entstehen 13. Das entspricht den hier bisher zugrunde gelegten Vorstellungen vom Handgeschäft. Scheitert also eine Handschenkung beispielsweise an § 935 BGB, weil die Sache gestohlen war, hat der "Beschenkte" keine Erfüllungsansprüche und auch keine Schadensersatzansprüche wegen anfänglichen Unvermögens; vielmehr ist er geschützt nur nach § 523 Abs. 1 BGB14. c. Daß § 516 Abs. 1 BGB trotz des Verzichts auf einen Verpjlichtungsvertrag eine Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit verlangt, hat das Reichsgericht in einer klassischen Formulierung so erklärt: "Eine Übereignung braucht ihren Rechtsgrund nicht in einem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft zu finden. Bei der ohne vorgängiges Versprechen vollzogenen Schenkung, der sogenannten Hand- oder Realschenkung, übernimmt der Schenker keinerlei Verpflichtung. Aber auch hier liegt in der nach § 516 BGB zum Begriff der Schenkung erforderlichen Einigung der Beteiligten darüber, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolge, ein schuldrechtlicher Vertrag in dem Sinne vor, daß die Einigung den Rechtsgrund schafft, der die durch die Zuwendung bewirkte Bereicherung schuldrechtlich rechtfertigt." 15

13 Vgl. nur BGH NJW 1983, 1487, 1488; Enneccerus/ Lehmann, S. 487; Esser/ Weyers, S. 112; Fikentscher, S. 492; Heck, SchuldR, S. 246; Kreß, AT, S. 20f., 83ff.; Kupisch, NJW 1985,2370,2374; Larenz, SchuldR lI/l, S. 200; Oertmann, Vorbem. zu § 516 Anm. 3, § 523 Anm. 1; Siber, S. 173 und JherJb. 70,223,233, 250ff.; v. Tuhr, 1I/2, S. 75.A. A. wohl Brox, SchuldR 1I, Rz. 137. 14 § 523 Abs.2 BGB scheidet bei der Handschenkung schon begrifflich aus; vgl. MüKo-Kollhosser, § 521 Rz. 1. In Betracht kommt im Einzelfall aber Nichtigkeit des gesamten Handgeschäfts wegen gewillkürter Kausalität; vgl. dazu unten C. Ir. 2. a. aa. (2) /(3) (b). 15 RGZ 111, 151, 152f. Ihm folgend Enneccerus/Lehmann, S.487. Vgl. auch die übrigen in Fn. 13 Genannnten. Unrichtig Palandt-Putzo, § 518 Anm. 2. C.: Der Rechtsgrund könne im Realakt liegen.

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Der Vertrag nach § 516 BGB ist demzufolge zunächst und im wesentlichen Rechtsgrundabrede; als solcher sorgt er dafür, daß der Beschenkte das Zugewendete behalten darf. Wie weit diese Aussage reicht, ist zweifelhaft. aa. Man darf zunächst fragen, ob es einer solchen Rechtsgrundabrede beim Handgeschäft überhaupt bedarf oder ob nicht schon § 814 BGB die Kondiktion ausschließt. Die übliche Kurzfassung dieser Vorschrift, es könne der nicht kondizieren, der in Kenntnis der Nichtschuld geleistet habe 16 , könnte zu dieser Annahme verleiten. Dagegen bestehen indessen gleich aus zwei Gründen Bedenken. Der eine beruht auf der Unterschlagung des Tatbestandsmerkmals "zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit": § 814 BGB betrifft nur solvendi causa erbrachte Leistungen 17. Die Handschenkung wird aber, wie oben dargelegt, nicht solvendi causa, sondern donandi causa erbracht. Es zeigt sich erneut, daß das nicht nur ein Spiel mit Wörtern ist. Zum anderen verlangt § 814 BGB in Anknüpfung an § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Fall BGB eine Leistung, also eine zweckgerichtete Zuwendung. Die Handschenkung erhält ihre Zweckbestimmung aber erst durch die Einigung über die U nentgeltlichkeit, so daß § 814 BG B diese voraussetzt, nicht erübrigt. bb. Sodann stellt sich die Frage, wie der Terminus "Rechtsgrundabrede" zu dem des "schuldrechtlichen Vertrages" paßt und in welchem Verhältnis die Einigung nach § 516 Abs. 1 BGB zum Schenkungsvertrag nach § 518 Abs. 1 BGB steht. Das ist umso weniger klar, als die Rechtsgrundabrede beim Handgeschäft nicht selten auch als "Schuldverhältnis" bezeichnet wird 18, was auf den ersten Blick schlecht zu der Erkenntnis passen will, daß Verpflichtungen nicht entstehen. Klarheit bringt die Relation zum Versprechensvertrag, wobei zwei Lösungen denkbar sind: (1) Der Vertrag nach § 516 Abs. 1 BGB kann sich zum Schenkungsversprechen so verhalten, daß die sonst im schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft neben anderen Bestimmungen enthaltene Geschäftstypeinigung "ausgelagert" und - unter Verzicht auf das übrige - als Rechtsgrundabrede verselbständigt ist. Diese pure Einigung über den Schenkungszweck wäre dann "schuldrechtlicher Vertrag" insoweit, als sie schuldrechtliche (vorwiegend bereicherungsrechtliche) Relevanz hätte.

Vg!. nur Brox, SchuldR II, Rz. 398; Ebel, S. 148; Zweigert, JZ 1964, 349, 353. Bei manchen Ausführungen zum Vergleichsrecht erweist sich diese Unterschlagung als folgenschwerer Fehler; vg!. unten § 7 D. IV. 3. b. bb. (l).Eine Analogie wird zu Recht allgemein abgelehnt, da bei analoger Anwendung des § 814 BGB auf nicht solvendi causa erbrachte Leistungen § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Fall BGB leerliefe; vg!. nur Reuter / Martinek, S. 183 m. w. N. und unten § 7 D. Fn. 105. 18 Vg!. etwa Heck, SchuldR, S. 246 ("Schuldvertrag"); Kreß, AT, S. 28 ("Schuldverhältnis"); Siber, JherJb. 70, 223, 233 ("Schuldverhältnis"); anders vor allem Larenz, SchuldR II /1, S. 200. Zur Doppeldeutigkeit des Begriffs "Schuldverhältnis" im Gesetz s. unten § 6 A.l. 2. Kritisch Staudinger-J. Schmidt, Ein!. zu §§ 241 ff. Rz. 97. 16 17

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(2) Es ist aber auch der komplementäre Fall zu erwägen: "Ausgelagert" aus dem schuldrechtlichen Verpflichtungsvertrag ist nicht die Geschäftstypeinigung (unter Wegfall des übrigen), sondern "ausgelagert" sind die Verpflichtungen (unter Aufrechterhaltung des übrigen). Der Vertrag nach § 516 Abs. 1 BGB unterscheidet sich dann vom Schenkungsversprechen lediglich dadurch, daß eine Hauptforderung (aufSchenkungsvollzug) nicht vereinbart wird, denn eine solche Vereinbarung wäre bei der Handschenkung sinnlos. Ansonsten wird aber alles verein bart, was - ausdrücklich oder konkluden t - auch beim "normalen" Schenkungsvertrag vereinbart wird. Die Verträge nach § 516 Abs. 1 BGB sind bei dieser Sicht Schenkungsverträge 19 , nur handelt es sich "in Hinsicht auf die Gebotswirkung" um "im Gegensatz zu den Versprechensgeschäften unvollständigere, gleichsam rudimentäre Geschäftsformen"2o. (3) Der zweiten Deutung ist vor allem deshalb der Vorzug zu geben, weil sich mit ihr am ehesten die Anwendung des (übrigen) Schenkungsrechts und der allgemeinen Nebenansprüche und Gestaltungsrechte erklären läßt. Ist der Vertrag nach § 516 Abs. 1 BGB ein - wenn auch rudimentärer - Schenkungsvertrag, so läßt sich mit Recht von einem Schuldvertragj -verhältnis reden, da er das übliche Bündel von - teils vertraglichen, teils gesetzlichen - (Neben-) Rechten und Pflichten enthält, mit Ausnahme der (obsoleten) Pflicht zur Bewirkung der versprochenen Leistung. Gewährleistungs- und Anfechtungsrechte oder Schadensersatzansprüche aus cic oder pVV lassen sich, soweit sie nicht die Existenz einer Hauptpflicht voraussetzen, ungezwungener denken als bei der bloßen, verselbständigten Geschäftszweckabrede 21 . So ist denn auch stets die Bedeutung des Schuldverhältnisses für die Nebenrechte (wie etwa die Rechts- und Sachmängelhaftung) betont worden 22 , und es kann kein Zweifel bestehen, daß sich deren Entstehung leichter erklären läßt, wenn man den Vertrag nach § 516 Abs. 1 BG B als Schenkungsvertrag ansieht, der alles umfaßt, was auch das Schenkungsversprechen umfaßt (mit Ausnahme der nicht benötigten Hauptpflicht des Schenkers)23, und nicht nur eine "ausgelagerte", verselbständigte Geschäftszweckeinigung ist. So ausdrücklich Tiedtke, FR 1976, 602, 603. Heck, SchuldR, S. 246. 21 In einer jüngeren Entscheidung (NJW 1985, 794 = JZ 1985, 383 m. abI. Anm. Stoll) hatte der BGH jedenfalls keine Bedenken, in einem Fall der Handschenkung außer § 524 BGB auch die Regeln der cic/pVV heranzuziehen (a. a. 0., S. 795). Daran könnte man immerhin zweifeln, wäre die Handschenkung nichts als abstrakte Verfügung + vertragliche Zweckbestimmung. 22 Vgl. etwa Esser/ Weyers, S. 112; Heck, SchuldR, S.246f.; Kreß, AT, S.20, 28; Soergel-Mühl, § 516 Rz. 6; auch Siber, JherJb. 70,223,233, der allerdings der 2. Lösung (Schuldverhältnis) nur zustimmt, wenn Gewährleistungsansprüche möglich sind. Da er das für die Schenkung verneint (§§ 523, 524 BGB seien nur Fälle der cic, keine auf der Handschenkung beruhenden Gewährschaftsansprüche), befürwortet er hier die 1. Lösung (reine Rechtsgrundabrede). Es bringt indessen keinen Nutzen, mal so, mal so zu entscheiden; vgl. unten 11. 23 Vgl. noch MüKo-Kollhosser, § 518 Rz. 4: Von der Hauptleistungspflicht "abgesehen ist der Schenkungsvertrag des § 518 identisch mit dem des § 516". 19

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JI. Handkauf

Während man sich über die dogmatische Analyse der Handschenkung kaum streitet, sind die Meinungen für den Handkauf geteilt. Es entspricht weit verbreiteter Ansicht, daß der Handkauf gegenüber der Handschenkung insofern anders zu deuten sei, als den unmittelbar ausgetauschten Leistungen ein vollständiger Kaufvertrag zugrunde liege, der auch - allerdings sofort erfüllte - Verpflichtungen beinhalte 24 . Nach dem bisher Gesagten bedeutet das im Ergebnis, daß ein Kauf als Handgeschäft nicht möglich ist (bzw. sich vom Versprechenskauf nicht oder nur durch die Gleichzeitigkeit von Versprechen und Erfüllung unterscheidet), da es beim Handgeschäft keine Hauptobligationen gibt. Angesichts des eindeutigen Votums für die Handschenkung stellt sich die Frage, ob diese Ungleichbehandlung von entgeltlichen und unentgeltlichen Handgeschäften richtig, sinnvoll und notwendig ist. Die angeführten Gründe lassen daran zweifeln. 1. Zum Teil wird behauptet, das BGB kenne Austauschverträge nur als gegenseitig verpflichtende Schuldverträge 25 . Offenbar soll damit - im Umkehrschluß aus § 516 BGB - gefolgert werden, der Gesetzgeber habe die Möglichkeit eines Handgeschäfts nur bei der Schenkung, nicht aber beim Kauf vorgesehen. Das trifft indessen nicht zu. Zwar hieß es in den Motiven zunächst noch: "Auch wo die zum Abschluß des Vertrages erforderliche Willensübereinstimmung sich unmittelbar erst im Geben und Nehmen des Kaufgegenstandes manifestiert (... ), involviert die Übergabe des Gegenstandes die Erfüllung des gleichzeitig abgeschlossenen (gegenseitigen) obligatorischen Kaufvertrages. "26

Diese Auffassung setzte sich aber nicht durch. Bei der Beratung des 1. Entwurfs wurde der folgende, als Klarstellung gedachte Antrag abgelehnt: 24 So vor allem Enneccerus / Lehmann, S. 404; Esser / Weyers, S. 2, 87; Grunsky, JZ 1985,490,491; König, S. 1541; Larenz, SchuldR lI/l, S. 12,21,200; Oertmann, Vorbem. zu § 433 Anm. 1. a.; ders., GG, S. 11 f.; v. Tuhr, lI/2, S. 72. 25 Larenz, SchuldR lI/l, S. 12 Fn. 6 gegen Oeckinghaus, S. 65fT. 26 Mot. lI, 318 = Mugdan lI, S. 177.- Zu den Motiven zum 1. Entwurf ist eine grundsätzliche Bemerkung angebracht: Wie die neuere rechtshistorische Forschung ergeben hat, ist die Aussagekraft dieser Quellen zweifelhaft. Die Motive geben selbstverständlich nicht die Ansicht des Gesetzgebers wieder. Aber es ist auch nicht einmal gesichert, daß sie die Ansicht der Mitglieder der 1. Kommission richtig wiedergeben. Denn die Motive wurden von "Hülfsarbeitern" verfaßt, von der Kommission aber weder gebilligt noch auch nur offiziell zur Kenntnis genommen. Es ist deshalb nicht auszuschließen, daß die Motive teilweise nur die privaten dogmatischen Vorstellungen der Hilfsarbeiter wiedergeben, die für die Auslegung des Gesetzes wenig hergeben (vgl. insgesamt dazu Schubert, S. 49f., 310). Das gilt im besonderen Maße für das Schuldrecht und damit für den späteren § 779 BGB, da der zuständige Redaktor, v. Kübel, 1884 verstarb, ohne einen Entwurf zu hinterlassen, so daß der jeweilige Hilfsarbeiter (Ege oder Struckmann) nicht einmal unter der Aufsicht eines Redaktors stand. In der vorliegenden Arbeit werden deshalb die Motive zum 1. Entwurf nur sehr zurückhaltend herangezogen und mit allem nötigen Vorbehalt wiedergegeben.

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§ 5: Handgeschäfte "Wird ohne vorherigen Kaufvertrag eine Sache gegen Geld ausgetauscht, so finden die Vorschriften über den Kaufvertrag insoweit Anwendung, als sie sich nicht auf die Verpflichtung der Parteien zur Übergabe der Sache und zur Zahlung des Kaufpreises beziehen. "27

Bei der Ablehnung war sich die Kommission - gegen eine Stimme - einig, daß es einen Handkauf gebe und daß bei diesem von der Erfüllung einer Verpflichtung nicht die Rede sein könne 2S : "Wie bei der Handschenkung, so liege auch bei dem Kaufe die Eigenthümlichkeit in der causa, die auf verschiedene Weise realisiert werden könne: Durch vorgängigen Abschluß des obligatorischen Vertrages oder durch bloßes Geben und Nehmen ohne vorgängigen Abschluß eines Kaufvertrages. Der Entwurf, der im § 459 nur den ersteren Weg geregelt habe, habe die übrigen der Analogie überlassen. Es werde einem Zweifel nicht unterliegen, daß die Vorschriften, welche in der vorgängigen obligatorischen Verpflichtung ihren Grund hätten, auf den Handkauf keine Anwendung finden könnten, daß dagegen die Vorschriften, welche lediglich in der Entgeltlichkeit der causa ihren Grund hätten, wie die Haftung für Entwehrung und Mängel, auch für den Realkauf gelten müßten."29

Man erkannte also den Handkauf ohne weiteres an und meinte, Einzelheiten offen und damit Rechtsprechung und Lehre überlassen zu können 30 . Die Gesetzgebungsgeschichte spricht daher entschieden für den Handkauf3 1 .

2. Ein weiteres Argument gegen den Handkauf beruht auf der Befürchtung, der Käufer sei beim Handgeschäft zuwenig geschützt, insbesondere wenn die Leistungen sich als mangelhaft erweisen 32 . Seltsamerweise hat diese Befürchtung bei der Handschenkung niemand gehegt, vermutlich weil die Gewährleistungsrechte dort ohnehin reduziert sind und der Beschenkte weniger schutzwürdig erscheint, da er keine Gegenleistung erbracht hat. Indessen ist diese Furcht hier wie dort überflüssig. Aus den vorstehend zitierten Gesetzesmaterialien ergibt sich bereits, daß auch dem Handkäufer Gewährleistungsrechte zustehen sollten. Uneins war man sich nur über den Weg dorthin. Übernimmt man die zur Handschenkung entwickelten Ergebnisse, bedarf es weder eines Verpflichtungsvertrages noch der Analogie noch des Umweges über § 493 BGB33: Der Handkaufbedarfwie die Handschenkung einer den Leistungsaus27 Prot. 11, 1712 = Mugdan II, S. 767. 28 Prot. 11, 1713 = Mugdan II, S. 767. 29 Prot. 11, 1714 = Mugdan II, S. 767f. 30 Prot. 11, 1715 = Mugdan 11, S. 768. 31 Vgl. insoweit auch Oeckinghaus, S. 66ff. 32 Tägert, S. 12; v. Tuhr, II/2, S. 72. Auch Heck (SchuldR, S. 246) verlangt, daß die Rechtswirkungen beim (von ihm nicht in Abrede gestellten) Handkauf dieselben sein müßten wie beim Versprechenskauf; insbesondere müsse der Verkäufer für Rechts- oder Sachmängel haften. 33 Für die Anwendung von § 493 BGB Oeckinghaus, S. 68. Die Befürworter des § 493 BGB müßten übrigens konsequenterweise auch § 445 BGB zitieren, denn auch § 444 BGB muß auf den Handkauf anwendbar sein.

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tausch begleitenden Einigung über den Rechtsgrund, die in gleicher Weise Kaufvertrag ist wie beim Versprechenskaufmit dem einzigen Unterschied, daß die in § 433 BGB typisierten Hauptpflichten nicht entstehen. Abgesehen von diesen "ausgelagerten" Hauptpflichten ist also die Rechtsgrundabrede mit dem Kaufvertrag beim Versprechenskauf identisch. Sie erlaubt die unmittelbare Anwendung der §§ 459 ff. BGB und aller übrigen Nebenansprüche etc., soweit diese nicht das Bestehen von Hauptpflichten als Tatbestandsmerkmal voraussetzen. Sie ist Kaufvertrag und nicht kaufähnlicher Vertrag i. S. d. § 493 BGB34. 3. Bis hierher zeigt sich, daß der Käufer auch beim Handkauf hinreichend geschützt ist. Fraglich ist, ob das auch für die Fälle des steckengebliebenen Handkaufs gilt. Die Problematik wird anhand folgender Fallbeispiele deutlich: Fallt: Handkauf, ein Buch betreffend, zwischen V und K. K hat Falschgeld

übereignet.

Fall 2: Handkauf, ein Buch betreffend, zwischen V und K. Das Buch ist

gestohlen. K muß es an Eherausgeben.

Fall 3: K wirft vier Markstücke in den Zigarettenautomaten des V. Der

Automat versagt und gibt auch das Geld nicht heraus.

Je nach dogmatischem Standpunkt kommt man hier zu unterschiedlichen Lösungen: a. Wer die Möglichkeit eines handgeschäftlichen Kaufs bestreitet, kann die Fälle so lösen, als sei zunächst ein Verpflichtungsvertrag geschlossen und dann gleich geleistet worden. In Fall 1 kann V demnach weiterhin Zahlung des Kaufpreises verlangen, da sein Anspruch aus dem Kaufvertrag durch die Übereignung von Falschgeld nicht erfüllt worden ist. Im zweiten Fall kann K die Rechte aus §§ 440, 325 BGB geltend machen, insbesondere vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Und in Fall 3 hat K weiterhin einen Anspruch auf Übereignung einer Schachtel Zigaretten 35 • 34 Dieses Ergebnis wirkt über das Kaufrecht hinaus. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der AuskunJtsvertrag, von dem der BGH annimmt, daß er unter bestimmten Voraussetzungen mit Erteilung der Auskunft stillschweigend zustande kommt, läßt sich als Handgeschäft verstehen, auf den das allgemeine Vertragsrecht ohne Besonderheiten anzuwenden ist. Der Schwerpunkt liegt hier bei der Feststellung des rechtsgeschäftlichen Bindungswillens, also bei der Frage, ob ein handgeschäftIicher Auskunftsvertrag geschlossen wurde; vgl. BGHZ 74,103,106; 7, 371, 374ff.; BGH JZ 1987, 720, 721 f.; NJW 1986, 180f.; 1979, 1595, 1596; VersR 1986, 35f.; WM 1965, 287. 35 Bemerkenswerterweise widerspricht diese Lösung für Fall 3 offenbar dem allgemeinen Rechtsgefühl: Der "durchschnittliche Automatenbenutzer" verlangt spontan "sein Geld zurück". Wer die Handgeschäfte ablehnt, kann an und für sich zu diesem Ergebnis nicht kommen: K kann nur Zigaretten verlangen, da ein Versprechensvertrag besteht, den V noch nicht erfüllt hat. Die Gegner des Handkaufs helfen sich hier z. T. mit der Funktionstüchtigkeit des Automaten als Bedingung; vgl. Brox, AT, Rz. 169, aber auch Larenz, AT, S. 506. Zur genauen Konstruktion vgl. unten C. Fn. 39.

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b. Betrachtet man hingegen die Fälle als Beispiele für das Handgeschäft, so muß man zunächst konstatieren, daß Hauptpflichten nicht vereinbart worden sind. Folglich bestehen auch keine Ansprüche auf Zahlung des Kaufpreises (Fall 1) oder Übereignung der Ware (Fall 2 und 3). Im übrigen ist der Vertrag aber nach den bisherigen Überlegungen wirksam. Das legt den Gedanken nahe, den Parteien im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu helfen: Da sie für diesen Fall nichts vereinbart haben, könnte es den Parteiinteressen am ehesten entsprechen, den ansonsten vollständigen Kaufvertrag um einen Hauptanspruch für die benachteiligte Partei zu ergänzen und ihr damit ein Instrument an die Hand zu geben, den ursprünglich angestrebten wirtschaftlichen Erfolg, also den Güteraustausch, doch noch zu erzwingen 36 • Im Ergebnis besteht dann kein Unterschied zu der zuerst vorgestellten Lösung. c. Unter den Befürwortern des Handkaufs vertritt der überwiegende Teil indessen eine andere Ansicht. Man stellt sich auf den Standpunkt, daß beim Handgeschäft ein gewillkürtes genetisches Synallagma zwischen Leistung und Gegenleistung bestehe: Durch Vertragsauslegung ergebe sich, daß beim Handgeschäft jede Partei nur unter der Bedingung leiste, daß sie eine korrekte Gegenleistung erhalte; fehle es daran, sei die Bedingung nicht eingetreten und das Handgeschäft damit nichtig 37 • Diese Auffassung, derzufolge ein wirksames Handgeschäft den Vollzug der Leistungen voraussetzt, die sonst versprochen werden, führt zu anderen Rechtsfolgen als die zuerst genannten Lösungen: In Fall 1 ist V Eigentümer des Buches geblieben, er kann vindizieren und bei Verschulden des K Schadensersatz verlangen (eie, § 826 BGB); in Fall 2 und 3 kann K jeweils sein Geld zurückverlangen 38 und ebenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn V ein Verschulden trifft. Allerdings ist man sich hier nicht ganz einig. Manche Autoren halten diese Ergebnisse für unbillig und wollen über § 140 BGB helfen 39 : Das Handgeschäft 36 Das gilt modifiziert auch in Fall 2. K erhält danach zunächst einmal eine Hauptforderung, die zwar nicht durchsetzbar, aber immerhin existent ist, da anfängliches Unvermögen nicht zur Nichtigkeit führt (vgl. statt aller: Brox, SchuldR I, Rz. 242). Sie ist damit in der Lage, K die Rechte aus §§ 440, 325 BGB zu verschaffen, da § 440 BGB nach h. M. auch auf das anHingliche Unvermögen anwendbar ist (vgl. Brox, SchuldR II, Rz. 30; Enneccerus/ Lehmann, S. 427; Heck, SchuldR, S. 266; Larenz, SchuldR lI/l, S. 32. Zur Gegenansicht s. Erman-Weitnauer, § 440 Rz. 7 ff.; MüKo-H. P. Westermann, §§ 440, 441 Rz. 7 f.). Wer das Institut des Handgeschäfts ganz verwirft, kann § 440 BGB direkt anwenden; so wohl Larenz, SchuldR II / 1, S. 12. 37 Vgl. vorerst nur Ehmann, S. 167 (m. Fn. 161), 181; Kreß, AT, S. 87; Oeckinghaus, S. 68. Zur Begründung s. unten C. bei Fn. 33 ff. 38 Vgl.für Fall 3 Kreß, AT, S. 84 Fn. 2. Er wendet allerdings§ 812Abs. 1 BGB, nichtwie in den übrigen Fällen - § 985 BGB an. Das ist richtig, da sich gerade die Münzen des K kaum noch feststellen und aussondern lassen werden, so daß eine Vindikation nicht möglich ist, §§ 948, 951, 812ff. BGB; vgl. Staudinger-Gursky, § 985 Rz. 46ff. A. A. die Lehre von der "Geldwertvindikation"; vgl. vor allem H. Westermann, S. 136ff. sowie Kaser, AcP 143 (1937), 1ff. und Simitis, AcP 159 (1960/61), 406, 454ff. Gegen sie vor allem Medicus, JuS 1983, 897, 898/900; Palandt-Bassenge, § 985 Anm. 3. c.; StaudingerGursky, § 985 Rz. 48.

B. Reichweite und Konstruktion

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sei zwar wegen des gewillkürten genetischen Synallagmas nichtig, könne aber in einen wirksamen Versprechensvertrag umgedeutet werden. Im Ergebnis stünde V nach dieser Ansicht also nicht anders als beim Versprechenskauf. d. Eine Stellungnahme muß sich zunächst gegen die zuletzt referierte Auffassung wenden: Es ist widersprüchlich, das Handgeschäft wegen des gewillkürten genetischen Synallagmas für nichtig zu halten, es dann aber in einen wirksamen Verpflichtungsvertrag umzudeuten. Die Lehre vom gewillkürten genetischen Synallagma leitet die Nichtigkeit aus dem Parteiwillen her, wenn sie annimmt, die Parteien wollten nur unter der Bedingung einer korrekten Gegenleistung gebunden sein. Die Parteien haben also entschieden, daß der Vertrag nichtig sein soll, wenn der Kauf "steckenbleibt" . Wenn das der Parteiwille ist, dann kann man ihn aber nicht umdeuten und annehmen, die Parteien hätten ein gültiges Verpflichtungsgeschäft gewollt. Denn wenn V und K in Fall 1 nach der Lehre vom gewillkürten genetischen Synallagma vereinbart haben, daß K nur Eigentümer werden soll, falls er V gültige Währung übereignet, dann kann man, wenn diese Bedingung nicht eintritt, kaum annehmen, daß K trotzdem Eigentümer geworden, dem V aber zur Zahlung verpflichtet sein soll. Gerade das haben die Parteien, wie die Auslegung ergibt, nicht gewollt. Auch sonst ist fraglich, ob sich die Voraussetzungen des § 140 BGB stets feststellen lassen: In Fall 2 etwa hätte K sicher keinen Kaufvertrag "bei Kenntnis der Nichtigkeit" des Handgeschäfts geschlossen, denn auch der hätte ihm nicht zu dem Buch verhelfen können40 • Und in Fall 3 hätte K "bei Kenntnis der Nichtigkeit" vermutlich auch keinen Verpflichtungsvertrag geschlossen, sondern wäre zum nächsten Automaten gegangen. Die Lösung über § 140 BGB überzeugt deshalb nicht. Richtig scheint mir demgegenüber der gemeinsame Ansatzpunkt der handgeschäftlichen Erklärungsversuche zu sein: Man muß im Einzelfall im Wege der (ergänzenden) Vertragsauslegung feststellen, auf welche Weise man den Parteiinteressen am ehesten gerecht werden kann. Dabei verbieten sich pauschale Konstruktionen. Es wird im folgenden (unter c.) näher darzustellen sein, daß die Parteiinteressen beim Handgeschäft in den meisten Fällen die Annahme eines gewillkürten genetischen Synallagmas fordern und rechtfertigen; der Verzicht auf Hauptforderungen tritt dabei in den Hintergrund. In Fall 3 führt diese Lösung beispielsweise zu durchaus sachgerechten Ergebnissen 41 : K kann 39 Krawielicki, S. 51 f.; wohl auch Siber, S. 174 und JherJb. 70,223,245, der von einem "neben dem Handgeschäft herlaufenden Versprechensvertrag" spricht. Ablehnend Kreß, AT, S. 88 Fn. 14. 40 Auch für die Gegenmeinung verbietet sich immerhin jede schematische Anwendung; auch sie will beim gescheiterten Handgeschäft stets prüfen, ob die Umdeutung den Parteiinteressen gerecht wird; vgl. Krawielicki, S. 52. M. E. läßt sich dieses Ziel besser durch Auslegung erreichen; vgl. im Text. 41 Vgl. oben Fn. 35.

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(nur) sein Geld zurückverlangen, aber das wird ihm möglicherweise ganz recht sein, z. B. weil er sich inzwischen anderswo Zigaretten besorgt hat. M. E. gilt Entsprechendes auch für die ersten beiden Fälle. Wenn man hier aber anders entscheiden will, dann kann (und muß) man das an der Stelle tun, an der die Parteiinteressen im Rahmen der (ergänzenden) Vertragsauslegung zu würdigen sind. Die Entscheidung fällt dann zwischen dem gewillkürten genetischen Synallagma (oben c.) und der Zubilligung eines Hauptanspruches für die benachteiligte Partei des "steckengebliebenen" Handgeschäfts (oben b.). Ob das eine oder das andere interessengerechter ist, ist eine Frage des Einzelfalles und kann hier nicht pauschal festgestellt werden. Festgestellt werden kann hingegen, daß die Fälle des "steckengebliebenen" Handgeschäfts nicht dazu nötigen, auf das Institut des Handgeschäfts beim Kaufvertrag ganz zu verzichten und Austauschverträge stets für (möglicherweise uno actu erfüllte) Verpflichtungsverträge zu halten (oben a.). Mit Hilfe der (ergänzenden) Vertragsauslegung kann die Theorie vom Handgeschäft den genannten Schwierigkeiten begegnen, ohne entgeltliche und unentgeltliche Geschäfte unterschiedlich behandeln zu müssen. 4. Als Ergebnis bleibt vorerst festzuhalten: Der Kauf ist als Handgeschäft möglich. Der unmittelbar vollzogene Leistungsaustausch wird begleitet von einem schuldrechtlichen Vertrag, der als Rechtsgrundabrede die causa liefert und in gleicher Weise Kaufvertrag ist wie der Versprechenskauf, mit der Ausnahme, daß Hauptverpflichtungen nicht entstehen 42 • Ein konstruktiver Unterschied zwischen Handschenkung und Handkauf besteht nicht 43 • C. Abstraktionsprinzip und kausale Gestaltung Nachzugehen ist noch der oben 1 aufgestellten Behauptung, beim Handgeschäft gebe es ein gewillkürtes genetisches Synallagma mit der Folge, daß das gesamte Handgeschäft unwirksam sei, wenn sein Zweck verfehlt wird. Diese These, mit der an das Abstraktionsprinzip als eine der umstrittensten Grundfesten des deutschen 2 Zivilrechts gerührt wird, läuft auf eine "gewollt kausale Verfügung" hinaus; ein Begriff, der in Wissenschaft und Praxis instinktiv auf Ablehnung zu stoßen pflegt. Wichtige Untersuchungen haben indessen in den 42 Im Ergebnis ebenso: Ehmann, S.144ff.; Heck, SchuldR, S.246f.; Krawielicki, S. 48ff.; Kreß, AT, S. 20f., 83ff.; Kupisch, NJW 1985, 2370, 2375; Oeckinghaus, S. 65ff.; Schnauder, AcP 187 (1987),142, 147f.; Siber, S. 172f. und JherJb. 70,223, 230ff., 244ff., 250ff.; Staudinger-J. Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rz. 93 ff., 96f.; Weitnauer, Symp. König, S. 37 ff. 4J Ebenso: Heck, SchuldR, S. 247; Kreß, AT, S. 84 Fn. 3. I B. 11.3. c. 2 Anderen Rechtsordnungen ist das Abstraktionsprinzip bekanntlich weitgehend fremd; vgl. dazu etwa v. Caemmerer, RabelsZ 12 (1938/39), 675, 697ff.; Heck, S. 42ff.; Kegel, S. 57ff. Zur Rechtsentwicklung in Deutschland vgl. vor allem Heck, S.48ff.; Kiefner, S. 74ff.; Luig, S. 112ff.; Ranieri, S. 90ff.

C. Abstraktionsprinzip und kausale Gestaltung

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vergangenen zwei Jahrzehnten das Bewußtsein für Existenz und Möglichkeiten kausaler Verfügungen geschärft 3 , so daß sich die folgenden Ausführungen kurz fassen können. I. Das Abstraktionsprinzip

Das Abstraktionsprinzip betrifft landläufiger Ansicht zufolge die Unabhängigkeit einer Verfügung von der zugrundeliegenden Verpflichtung: Die Verfügung sei und bleibe auch dann wirksam, wenn eine Verpflichtung gar nicht oder nicht wirksam zustande gekommen ist 4 . Diese Deutung trifft den Kern der Dinge nur mittelbar 5 • Das Gegensatzpaar "abstrakt/kausal" bezeichnet nicht die Abhängigkeit einer Verfügung von der Verpflichtung, sondern in erster Linie die Abhängigkeit einer Zuwendung von ihrem Zweck: Eine Zuwendung ist abstrakt, wenn sie unabhängig davon wirksam ist, ob für sie ein Zweck gesetzt und ob der angestrebte Zweck erreicht ist; anderenfalls ist sie kausal 6 • 1. Ein Beispiel für kausale Zuwendungen wurde oben bereits ausführlich erörtert: Beim Verpflichtungsgeschäft ist die Wirksamkeit der Forderungszuwendung davon abhängig, daß eine Zweckvereinbarung (= Geschäftstypeini3 Das Verdienst besteht vor allem darin, ein "unseren Vätern" geläufiges Gedankengut wieder in das Bewußtsein zurückgeholt zu haben; vgl. insoweit vor allem Ehmann, S. 152ff.; Kegel, S.57ff.; Klinke, passim; Oeckinghaus, S.37ff.; früher vor allem Krawielicki, passim und Kreß, AT, S. 39ff. 4 Stellvertretend: BGH NJW 1982, 275, 276 (dagegen richtig Jauernig, NJW 1982, 268f.); Brox, AT, Rz. 117; ders., SchuldR I, Rz. 7; Larenz, AT, S. 315.Ebenso Kleine, S. 8. Dieses Buch enthält noch folgende interessante Feststellung: "Die Abstraktion von der causa bzw. der abstrakte dingliche Vertrag ist (... ) kein typischer Rechtsgrundsatz des Kapitalismus. Dies gilt sowohl für den vormonopolistischen wie auch für den monopolistischen Kapitalismus. Die Ursachen der Einführung im vormonopolistischen Kapitalismus und der Beibehaltung im Imperialismus liegen in den spezifisch preußisch-deutschen Verhältnissen" (a. a. 0., S. 63). Das Buch sei jedem an wertfreier Wissenschaft Interessierten zur Lektüre empfohlen. 5 Weshalb ihr über sachliche Kritik hinaus auch mancherlei Polemik zuteil geworden ist, etwa bei Ehmann (S. 151 f.: "überwiegt (. .. ) bei Studenten und bei jenen "Praktikern", die auf diesem Stand des Verständnisses stehengeblieben sind"; S. 152: "Eine problemvereinfachende Rechtslehre vulgarisiert über kurz oder lang das ganze Recht. ( ... ) Das Recht primitiviert und wird durch ideologisierte, pseudo-wissenschaftliche Techniken (Soziologie, Psychologie) ersetzt.") und bei Oeckinghaus (S. 39: "Simplifizierung"). 6 Ehmann, S. 155; Gernhuber, S. 112f.; Hepting, S. 325 ff.; Kegel, S. 57, 65; Oeckinghaus, S. 43; Reuter / Martinek, S. 76f.; Siber, S. 171 f. Nur scheinbar lassen sich für diese These die Gesetzgebungsmaterialien anführen. Dort finden sich recht seltsame Vorstellungen über die Abstraktion (vgl. Mot. III, 6ff. = Mugdan III, S. 4 f.; dazu auch oben B. Fn. 26). Man hielt Änderung, Belastung, Autbebung oder Übertragung für den Zweck des dinglichen Vertrages (statt für seinen Inhalt), und das Verpflichtungsgeschäft sollte Motivfür die Verfügung sein. Im Ergebnis kam es allerdings auf den Ausschluß der Vindikation und die Verweisung auf die Kondiktion an. Es läßt sich dem nicht mehr entnehmen, als daß verhindert werden sollte, daß Mängel des Grundgeschäfts - auf welchem Wege auch immer, mittelbar oder unmittelbar - die Wirksamkeit des dinglichen Vertrages berühren.

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§ 5: Handgeschäfte

gung) wirksam getroffen wird; zugleich wird der Zweck erreicht. Verpflichtungsgeschäfte sind daher im Prinzip kausal; eine Ausnahme gilt nur für solche Verpflichtungsgeschäfte, die von Gesetzes wegen ohne Rücksicht auf ihren Zweck geschlossen werden können (z. B. nach §§ 780f. BGB)1. 2. Umgekehrt sind Verfogungsgeschäfte meistens abstrakt, wie sich z. B. aus § 929 BGB unzweifelhaft ergibt: Der Eigentumsübergang verlangt von Gesetzes wegen weder Zweckvereinbarung noch Zweckerreichung und ist unabhängig davon wirksam 8 • Folglich ist die Verfügung auch dann wirksam, wenn ihr keine wirksame Verpflichtung zugrunde liegt: Der mit der Verfügung verfolgte Erfüllungszweck ist verfehlt, aber das berührt ihre Gültigkeit nicht, so daß kondiziert werden muß. Nur mittelbar ist also die eingangs referierte Anschauung vom Abstraktionsprinzip zutreffend, und nur für den Fall der solvendi causa erbrachten Verfügungen. Versagen muß sie indessen vor allem bei den Handgeschäften, die, obwohl ihnen - wie oben begründet - Verpflichtungen nicht zugrunde liegen, wirksam sind und nicht kondiziert werden können. 3. Als Fazit zeigt sich wiederum die umfassende schuldrechtliche Bedeutung des "Zwecks im Recht", der finalen Betrachtungsweise. Es ist kein Zufall, daß die Vernachlässigung der Zweckstruktur bei vielen Streitfragen zu einer Überbetonung des Verpflichtungsgeschäfts führt: Es muß als "Notnagel" herhalten, beim Bezugspunkt der Abstraktion ebenso wie beim Rechtsgrundbegriff für Verfügungen (mit der Konsequenz, daß es Handgeschäfte nicht geben darf). Das ist nur folgerichtig, da das Bereicherungsrecht im wesentlichen Korrelat des Abstraktionsprinzips ist 9 : Es wird die Beziehung wiederhergestellt zwischen dem, was nach dem Abstraktionsprinzip zunächst (genetisch) keine Abhängigkeitsbeziehung hat. Wer also meint, es sei die Verfügung abstrakt von der Verpflichtung, muß diese auch als Maßstab für die Korrektur über § 812 BGB (Rechtsgrund) ansehen, und Handgeschäfte darf es nicht geben, weil sie nicht in dieses Schema passen. Die entscheidende Weiche wird folglich bei der Einschätzung der Relevanz des Zwecks gestellt. Wer einmal "auf falscher Spur"lOfährt, kann bei Folgeproblemen nicht die Schiene wechseln l l .

7 § 4C. II. 2. m. w. N. Vgl. auch Ehmann, S. 155 und Oeckinghaus, S. 40f. m. Fn. 20. Zu § 780 BGB als Ausnahme s. Kreß, AT, S. 47ff. 8 Ehmann, S. 156; Kreß, AT, S. 45ff.; v. Tuhr, II/2, S. 103. 9 Flume, AT, S. 157; Larenz, AT, S. 316; Reuter I Martinek, S. 76ff. 10 Kreß, AT, S. 49 Fn. 36. 11 Als "Vater" dieses Schismas wird allgemein und zu Recht Stampe bezeichnet, der im Ergebnis nur Verfügungen für abstrakt und einer causa bedürftig hielt; vgl. Stampe, S. 24ff., 38ff.; ferner in ZHR 55 (1904), 387ff.; AcP 108 (1912), 42ff.; 110 (1913), 119ff. Tiefer getrieben wurde der Keil vor allem von Boehmer, ArchBürgR 38 (1913), 314, 317ff., 331 f. und Erfüllungswille, S. 42ff. Zu dem hier und im Text aufgezeigten Zusammenhang vgl. ausf. Ehmann, S.163f.; EnnecceruslNipperdey, S. 917 Fn. 6; Oeckinghaus, S. 39ff.

C. Abstraktionsprinzip und kausale Gestaltung

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II. Durchbrechung des Abstraktionsprinzips

Schon das Wort "Abstraktionsprinzip" schließt die Durchbrechung des Grundsatzes ein: kein Prinzip ohne Ausnahme. 1. Das Gesetz selbst hat für gewisse Fälle die kausale Gestaltung vorgesehen. a. Im Bereich der Verpflichtungsgeschäfte ist die kausale Gestaltung die Regel, die abstrakte die Ausnahme l2 . Die Vereinbarung (und zeitgleiche Erreichung) des typisierten Geschäftszwecks ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der Forderungszuwendung, soweit der Gesetzgeber nichts anderes bestimmt hat. Ein besonders plastisches Beispiel für die Verknüpfung des Zwecks mit der Verpflichtung liefert § 767 BGB. Die Bürgschaft setzt nicht nur eine Zweckvereinbarung in Gestalt der Geschäftstypeinigung voraus, sondern auch die Möglichkeit der Zweckverwirklichung, der Erreichung des Sicherungszwecks: Soweit der Sicherungszweck wegen (auch teilweiser) Tilgung der Hauptschuld nicht (mehr) erreicht werden kann, entfällt die Bürgschaftsverpflichtung. Mit Hilfe der Akzessorietät wird die Bürgschaft so zur kausalen Verpflichtung par excellence 13 • Dabei erweist sich der Bürgschaftszweck wie jeder Sicherungszweck als Hilfszweck und die Bürgschaft als Hilfsgeschäft, das trotz eigenständiger rechtlicher Existenz im Dienste des Zwecks der Hauptforderung steht 14. b. Auch im Bereich der Verfügungen ist der Abstraktionsgrundsatz nicht ohne Ausnahmen durchgeführt. Der Gesetzgeber hat notwendig kausale Verfügungen vorgeschrieben, etwa mit den Vorschriften über die bedingungsfeindliche Aufrechnung (§§ 387, 388 S. 2 BGB). Mit der Aufrechnung verfügt der Aufrechnende über seine Gegenforderung mit dem Zweck, die Hauptforderung des Aufrechnungsgegners zu tilgen. Kann dieser Zweck nicht erreicht werden, weil die Hauptforderung nicht besteht, so erlischt auch die Gegenforderung nicht. Die Aufrechnung "geht ins Leere", die Zuwendung ist abhängig von der Zweckerreichung 1s • Dasselbe gilt für die akzessorischen Sicherungsrechte: Pfandrechts- und Hypothekenbestellung sind mit Hilfe der Akzessorietätsvorschriften (§§ 1163, 1252 BGB) als gesetzlich kausale Verfügungen eingerichtet. Kann der im Vorstehend 1. 1. Unterschied zu§§ 275,306 BGB: Nicht die Leistung wird unmöglich (der Bürge kann zahlen), sondern der verfolgte Zweck. Zur Kausalität (Kausalheit) der Bürgschaft vgl. u. a. Ehmann, S. 162; Hepting, S. 334f.; Krawielicki, S. 32ff.; v. Tuhr, 11/2, S. 176; Weitnauer, JZ 1985, 555, 557; Zeiss, AcP 164 (1964), 50, 61ff. Die Kausalität (die selbstverständlich nichts mit der Kausalität des Schadensrechts zu tun hat) betrifft nur die Abhängigkeit vom geschäftstypischen Sicherungszweck. Unabhängig und abstrakt ist die Bürgschaft von einem ggf. "angestaffelten" Erfüllungszweck, wenn sie in Ansehung eines auf den Bürgschaftsvertrag gerichteten Verpflichtungsvertrages, also solvendi causa, vereinbart wurde. Zur Akzessorietät vgl. unten Fn. 18. 14 Vgl. oben § 4 C. 11. 1. e. 15 Zur Kausalität der Aufrechnung s. Klinke, S. 84; Krawielicki, S. 26f.; v. Tuhr, 11/2, S.104. 12 13

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Sicherungsvertrag angestrebte Sicherungszweck nicht (mehr) erreicht werden, weil die zu sichernde Forderung nicht (mehr) existiert, ist oder wird das Sicherungsrecht unwirksam 16. Die mit der Sicherungsbestellung vorgenommene Belastung des Eigentums ist insoweit eine gesetzlich kausale Verfügung 17 . Dazu verhilft die Akzessorietät l8 . Hingegen bleiben Pfandrecht und Hypothek in anderer Hinsicht, nämlich in bezug auf einen ("angestaffelten") Erfüllungszweck, abstrakt: Werden sie bestellt zur Erfüllung eines unwirksamen Verpflichtungsvertrages, so bleiben sie wirksam und müssen kondiziert werden, sofern nur die zu sichernde Forderung wirksam ist l9 . c. Als Fazit dieser stichwortartigen Hinweise bleibt festzuhalten: Das Gesetz kennt jeweils kausale und abstrakte Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte. In der Regel sind Verfügungen abstrakt und Verpflichtungen kausapo . 2. Wesentlich unsichereren Boden betritt, wer die Frage nach der Möglichkeit gewollt kausaler Verfügungen stellt. Ob und wieweit das Abstraktionsprinzip

der Parteidisposition unterliegt, wird bis heute höchst kontrovers diskutiert 21 . Die angebotenen Lösungen führen über § 158 BGB und § 139 BGB22. Beide Vorschriften knüpfen an den (mutmaßlichen) Parteiwillen an, so daß es vom Ergebnis her weniger wichtig scheint, für welchen der beiden Wege man sich entscheidet 23 . Methodisch kann indessen auf eine saubere Einbindung in das Gesetz nicht verzichtet werden. Diese Einbindung hat in zwei Schritten zu geschehen: Zuerst ist zu ermitteln, ob sich ein "kausaler Wille" der Parteien überhaupt feststellen läßt; dann ist zu prüfen, ob und im Rahmen welcher Norm

16 Bzw. verwandelt sich, §§ 1163, 1177 BGB; aber auch dann ist die Zuwendung ohne Kondiktion zurückgenommen. 17 Ehmann, S. 162; Enneccerus I Nipperdey, S. 917 Fn. 6; Hepting, S. 338; Kegel, S. 65, 72; Oeckinghaus, S. 51 Fn. 4; v. Tuhr, II/2, S. 104 Fn. 6; Weitnauer, JZ 1985, 555, 557. Den gesetzgeberischen Anlaß nennt Krawielicki, S. 38: Diese Verfügungen können nur einem Zweck dienen und sind deshalb notwendig mit ihm verbunden. 18 Zur Rolle der Akzessorietät s. Hepting, S. 334f.; Huber, JuS 1972, 57, 59; Jahr, ZRG Rom.Abt. 80 (1963),141, 150; Krawielicki, S. 32 m. Fn. 132; Zeiss, AcP 164 (1964),50, 61 ff. Vgl. auch BGH NJW 1982, 275, 276. A. A. vor allem Jauernig, NJW 1982,268,269: Abstrakt seien Rechtsgeschäfte, akzessorisch seien Rechte. M. E. schließt das ein Verhältnis von Mittel (Akzessorietät) zu Zweck (Kausalität der Pfandrechtsbestellung i. S. v. Wirksamkeitsverknüpfung mit dem Sicherungszweck) nicht aus. Differenzierend H. P. Westermann, S. 121 ff. 19 v. Tuhr, II/2, S. 103 Fn.6. 20 Aber sie sind allenfalls mittelbar Kausalgeschäfte für die Verfügungen. 21 Gegen jede Durchbrechung des Abstraktionsprinzips Breyhan, S. 79ff.; Schlüter, JuS 1969, 10, 12f. m. w. N.; Zimmermann, JR 1985,48. 22 Die häufig genannte dritte Fallgruppe ("Fehleridentität") hat nur sehr bedingt mit der Durchbrechung des Abstraktionsprinzips zu tun; i. d. R. handelt es sich um eine Anwendung der allgemeinen Regeln über Willensmängel (z. B. § 123 BGB) auf die Verfügung und nicht um eine gewillkürte Durchbrechung des Abstraktionsprinzips. Dem wird hier nicht weiter nachgegangen. Kritisch zu dieser Fallgruppe auch Oeckinghaus, S. 70 Fn. 4 und S. 74; Siber, FS Sohm, S. 16ff. Fn.2. 23 Vgl. nur Klinke, S. 85f.

c.

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der "kausale Wille" trotz der Grundentscheidung des Gesetzgebers für das Abstraktionsprinzip respektiert werden kann. Anzusetzen ist also bei der Ermittlung des Parteiwillens. Da eine ausdrückliche Verknüpfung selten vorkommt, ist durch Auslegung festzustellen, ob die Parteien die Verfügungswirkungen an Zwecksetzung und Zweckerreichung knüpfen wollten 24 • Insofern ist an das Wort v. Tuhrs zu erinnern, daß der Parteiwille "für technische Rechtsfragen wenig empfindlich"25 sei: Die Parteien denken in aller Regel nicht an irgendwe1che, auf Grund des ihnen unbekannten und kaum verständlich zu machenden Abstraktionsprinzips notwendige technische Verknüpfungen, denn für sie stellen sich Zuwendung und Zweck ohnehin als natürliche Einheit dar. Die Auslegung wird daher regelmäßig 26 zu einer kausalen Gestaltung führen. Zu Recht schreibt Hepting: "Vom "realen" Willen her ist die Verfügung wohl stets mit ihrer Zweck bestimmung verklammert, und wenn die Parteien die nötige "technische Empfindlichkeit" hätten, wäre ihr "realer" Wille wohl eher auf Kausalheit als auf Abstraktheit gerichtet (... ). "27 Dazu steht die Haltung der Rechtsordnung im Widerspruch: Sie hat sich mit Einführung des Abstraktionsprinzips grundsätzlich gegen die Beachtlichkeit dieses typischen "kausalen" Parteiwillens entschieden, und zwar aus Verkehrsschutzgründen im Interesse Dritter 28 . So gesehen geht es nur vordergründig darum, durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien wollen 29 . In der Sache geht es vielmehr um eine "teleologische Reduktion" des Abstraktionsprinzips durch Berücksichtigung des regelmäßig entgegenstehenden Parteiwillens, die nur ausnahmsweise 30 und nur unter Beachtung der gesetzgeberischen Grundentscheidung sowie aller betroffenen Interessen zu rechtfertigen ist. Es ist also Zurückhaltung geboten: Nicht schon der typische Wille zur kausalen Gestaltung selbst kann die Durchbrechung des Abstraktionsprinzips rechtfertigen - denn 24 Es handelt sich nicht um ergänzende Vertragsauslegung, sondern um erläuternde (normative) Auslegung der (z. T. konkludenten) Parteierklärungen; vgl. das Beispiel unten in a. aa. (3) (a). Zu den Bedenken gegen die "Vernichtung" eines Rechtsgeschäfts durch Einführung einer Bedingung im Wege ergänzender Vertragsauslegung s. u. § 14 A. III. 4. b. 2S v. Tuhr, II/2, S. 104. 26 Das ist im Einzelfall zu verifizieren (vgl. unten a. aa.). Etwas anderes gilt insbesondere für Erfüllungsgeschäfte (vgl. unten a. bb.). 27 Hepting, S. 328. Vgl. auch Kreß, AT, S. 49: "Die Regel bildet das kausale Wollen." 28 Vgl. Mot. III, 7 = Mugan III, S. 4 (dazu oben B. Fn. 26); Hepting, S. 327f.; Kegel, S. 78ff.; Larenz, AT, S. 316, 449; v. Tuhr, II/2, S. 103ff., 110f. 29 Vgl. aber Ehmann, S. 161 und Schnauder, AcP 187 (1987), 142, 150ff. Typisch indessen BGH NJW 1982,275,276: "Eine derartige Abhängigkeit zwischen Verfügungsund schuldrechtlichem Kausalgeschäft kann jedoch durch ausdrückliche oder stillschweigende Parteivereinbarung hergestellt werden. Sie kann sich ferner (!) aus dem wirtschaftlichen Zweck des Vertragswerkes und aus sonstigen Umständen ergeben." Dagegen Jauernig, NJW 1982, 268, 269f.: Nur der ausdrücklich erklärte Wille sei beachtlich. 30 Daß die Durchbrechung des Abstraktionsprinzips der Ausnahmefall bleiben muß, ist wenigstens in der Rechtsprechung anerkannt; vgl. BGHZ 31, 321, 322f.

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§ 5: Handgeschäfte

diesen Willen respektiert das Gesetz grundsätzlich nicht -, sondern nur besondere, atypisch gelagerte Umstände des Einzelfalles oder einer Fallgruppe (eines Falltypus') erlauben ausnahmsweise die "teleologische Reduktion". Ob solche Umstände bei den Handgeschäften vorliegen und ob sie eine Durchbrechung des Abstraktionsprinzips über § 158 BGB (a.) oder § 139 BGB (b.) rechtfertigen, ist genauer auszuleuchten. a. Daß Verfügungen überhaupt von einer Bedingung abhängig gemacht werden können, ist nicht zu bezweifeln 3 !. Das Gesetz läßt es einmal zu (§ 455 BGB), ein anderes Mal nicht (§§ 388 S. 2, 925 Abs. 2 BGB). Damit ist das Feld für gewollt kausale Verfügungen bereits abgesteckt: In Betracht kommen nur rechtsgeschäftliche Zuwendungen und unter diesen nur die bedingungsfreundlichen, während die bedingungsfeindlichen ausscheiden (sie sind notwendig abstrakt). Wenn die Parteien also beispielsweise die Übereignung einer beweglichen Sache ausdrücklich an die Bedingung 32 knüpfen, daß damit die Forderung des Gläubigers getilgt ist (d. h. daß ein Erfüllungszweck wirksam vereinbart und erreicht ist), dann bestehen gegen eine solche "gewillkürte Kausalität" keine Bedenken. Da ausdrückliche Bedingungen dieser Art indessen selten vereinbart werden, muß im Einzelfall geprüft werden, ob der typische "kausale Wille" auch hier anzutreffen ist und aufgrund besonders gelagerter Umstände berücksichtigt werden kann. aa. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist zu überlegen, ob man der herrschenden Ansicht, die Handgeschäfte als regelmäßig gewollt kausal betrachtet 33 , folgen kann. (1) Akzeptabel ist m. E. die These, daß die Wirksamkeit des Handgeschäfts von einer wirksamen Zweckbestimmung abhänge. Ein "kausaler Wille" läßt sich hier leicht feststellen. Denn abgesehen von der oben beschriebenen "technischen Unempfindlichkeit" des Parteiwillens, die typischerweise auf eine kausale 31 Vgl.nurBGHZ31,321,322f.;Ehmann,S.157;Ennan-Brox,§ 139Rz. 23; Kreß,AT, S. 41f.; Larenz, AT, S. 449; v. Tuhr, 11/2, S. 105. 32 Es handelt sich nicht immer nur um echte Bedingungen i. S. d. § 158 BGB, sondern z. T. auch um "unechte Bedingungen" (condicio in praesens vel praeteritum relata/collata), bei denen die Wirksamkeit der Verfügung nicht von einem zukünftigen, sondern von einem gegenwärtig bereits vorliegenden Umstand (z. B. der Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts) abhängt; vgl. nur Kreß, AT, S. 41,43 m. Fn. 21. Die Grenze ist, insbesondere bei den Handgeschäften