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German Pages [440]
Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Herausgeber/Editor Jörg Frey Mitherausgeber/Associate Editors Friedrich Avemarie (Marburg) Judith Gundry-Volf (New Haven, CT) Hans-Josef Klauck (Chicago, IL)
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Ulrike Mittmann-Richert
Der Sühnetod des Gottesknechts Jesaja 53 im Lukasevangelium
Mohr Siebeck
Ulrike Mittmann-Richert geboren 1961; 1981–1988 Studium der ev. Theologie; I. Evangelisch-theologische Dienstprüfung; 1995 Promotion; 1996 II. Evangelisch-theollogische Dienstprüfung; 2002–2008 Wissenschaftliche Assistentin am Institut für antikes Judentum und hellenistische Religionsgeschichte der Universität Tübingen; 2005 Habilittation; seit 2008 Professorin für Neues Testament und Antike Religionsgeschichte an der Universität Osnabrück.
Gedruckt mit Unterstützung der Philipp-Melanchthon-Stiftung. e-ISBN PDF 978-3-16-151509-5
ISBN 978-3-16-148792-7 ISSN 0512-1604 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2008 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikkroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Selignow Verlagsservice in Berlin aus der Times gesetzt, von GuldeDruck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buch binderei Spinner in Ottersweier gebunden.
Meinen Eltern
Vorwort Die Anfänge des vorliegenden, von der Evangelisch-Theologischen Fakultät Tübingen als Habilitationsschrift angenommenen und für den Druck erweiterten Werkes reichen zurück in meine Studienjahre, in denen die Beschäftigung mit dem Evangelisten Lukas einen Hauptschwerpunkt meiner Arbeit am Neuen Testament bildete. Schon damals ließ die Auseinandersetzung mit Lukas die Gewißheit entsstehen, daß der dritte Evangelist in der Forschung nicht das theologische Ansehen genoß, das ihm gebührte. Diese Überzeugung erwuchs aus der Diskrepanz, die sich bei jeder Auslegung des dritten Evangeliums zwischen den eigenen Ergebnisssen und denen der Kommentare ergab. Ja, es war in der wissenschaftlichen Literratur stets das Gegenteil von dem zu lesen, was die eigene, von Forschungsströmmungen und den festen Urteilen anderer noch unbeeinflußte exegetische Arbeit zutage gefördert hatte. Damit wurde die exegetische Aufgabe unversehens zu einer hermeneutischen und die Frage nach den Auslegungsprinzipien und den Verstehhensvoraussetzungen der Lukasforschung zur Grundsatzfrage meiner Arbeit am lukanischen Doppelwerk. Daß dabei notwendig die Soteriologie in das Zentrum der Untersuchung rückte, erklärt sich aus der paulinisch-lukanischen Antithese, welche nun schon seit mehrreren Forschergenerationen die Diskussion bestimmt und auf der zum Axiom gewordenen Ansicht gründet, daß das Kreuz des Christus bei Lukas nicht densselben Stellenwert habe wie bei Paulus und anderen neutestamentlichen Schriftsstellern. Wer es allerdings unternimmt, die Frage nach der Bedeutung des Todes Jesu bei Lukas auf der Grundlage veränderter hermeneutischer Prämissen neu zu untersuchen, begibt sich automatisch auf das weite Feld der Opfer- bzw. Stellvvertretungsdebatte, das zu betreten die Lukasexegeten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, seit Jahrzehnten konsequent vermieden haben. Damit aber verschärft sich das hermeneutische Problem, da innerhalb der modernen Stellvertretungsdiskkussion die Klärung der hermeneutischen Prämissen ebenfalls ein Forschungsdessiderat ist und die Einordnung des Lukas in den Gesamtrahmen neutestamentliccher soteriologischer Entwürfe einer grundsätzlichen Behandlung der Frage nach den Verstehensvoraussetzungen des Urchristentums bedarf. Die vorliegende Arbeit ist daher einem doppelten Anliegen verpflichtet: zum einen der Rehabilitation eines Evangelisten, den die moderne Wissenschaft theollogisch ins Abseits gestellt hat, am nachhaltigsten dort, wo sie Lukas gegen seine Ankläger zu „verteidigen“ suchte; zum anderen der kritischen Aufarbeitung der
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Vorwort
aktuellen Diskussion um die Begriffe „Opfer“, „Sühne“ und „Stellvertretung“, sofern sie den zentralen Bezugstext des Lukasevangeliums, Jesaja 53, zum Mitttelpunkt hat. Im Schnittpunkt beider Linien tritt – dies ist die These – Lukas als derjenige unter den Evangelisten hervor, der den Kreuzestod Jesu als Tod des zur Entsühnung Israels und der Heiden in die Welt gesandten Gottesknechts in paullinischer Tiefe reflektiert und das Geschehen sühnender Stellvertretung in erzähllerisch höchster Kunst zur Darstellung bringt. Daß dieser Versuch einer forschungsgeschichtlichen Kehrtwende die Pflicht zur größtmöglichen Sorgfalt in der Rezeption der Literatur zum Thema einsschließt, versteht sich von selbst. Gleichwohl konnte die in den Jahren 2006/7 erschienene Literatur zum Thema aus drucktechnischen Gründen nicht mehr vollsständig gewürdigt werden. Das gilt insbesondere von der jüngst erschienenen Dissertation „Das Heil Gottes. Studien zur Soteriologie des lukanischen Dopppelwerkes“ von Hans Jörg Sellner (BZNW 152, Berlin – New York 2007), einer Arbeit, welche das im vorliegenden Werk gezeichnete Bild der Forschung allerddings nicht verändert, da sie der bekannten These „Vom Kreuz keine Spur“ – so eine Kapitelüberschrift – folgt und nur ausführlicher dokumentiert, was in so viellen anderen Untersuchungen zum Thema bereits zu lesen stand: daß bei Lukas die Erlösung des Menschen nicht im Kreuz des Christus gründet. So mag die hier vorgestellte Arbeit auch einem dritten Ziel dienen, nämlich der bereits im Jahre 1981 von Martin Rese (Neuere Lukas-Arbeiten. Bemerkungen zur gegenwärtiggen Forschungslage, ThLZ 106, Sp. 226) beklagten „Langeweile in der Lukasfforschung“ zu wehren. Sie zeigt sich nicht nur an der wiederholten Reproduktion altbekannter Thesen, sondern auch daran, daß man jenseits der Grenze des eigennen Faches, insbesondere innerhalb der Systematischen Theologie, von Lukas keine Notiz nimmt, weil das im Kern negative Urteil, das die neutestamentliche Wissenschaft über den dritten Evangelisten gefällt hat, bis heute nicht erschüttert worden ist und das Glaubenszeugnis des Lukas jegliche Relevanz für den theollogischen Disput in Wissenschaft und Kirche verloren hat. So sehr daher das hier vorgestellte Werk die Lukasforschung zu beleben hofft, so hat es doch sein wichttigstes Ziel erst erreicht, wenn Lukas außerhalb derselben die theologische Beachttung gewinnt, die er verdient. Die lange Entstehungsgeschichte der vorliegenden Arbeit umfaßt nicht nur die eigene Forschung, sondern auch die Unterstützung durch andere. Hier ist an erster Stelle den beiden Gutachtern, Herrn Prof. Dr. Drs. h.c. Martin Hengel und Herrn Prof. Dr. Hermann Lichtenberger, zu danken, die meine Lukasstuddien über die Jahre hinweg ermutigend und beratend begleitet haben, des weiterren Herrn Jörg Michael Bohnet, der mir bei der Korrektur behilflich war und mit seinem etwa zeitgleich erscheinenden Werk „Die Himmelfahrten Jesu im lukannischen Doppelwerk“ (TANZ 46, Tübingen 2008) die Ausarbeitung derjenigen
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Vorwort
Kapitel meines Buches maßgeblich befördert hat, welche von der Erhöhung des Knechts handeln. Dank schulde ich ferner Frau stud. theol. Julia Ruf, die große Teile der Registerarbeit übernommen hat. Für die Förderung des Werkes durch ein Habilitationsstipendium danke ich der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Philipp-Melanchthon-Stiftung für die Gewährung eines großzügigen Druckkkostenzuschusses. Tübingen, im September 2007
Ulrike Mittmann-Richert
Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Der „blinde Passagier“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Anklage und Verteidigung – ein systematisch-theologischer Überblick . . . 1.2 Soteriologie im Wandel – ein geschichtlicher Überblick . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Das methodische Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Exegetische Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Jes 53 als Schlüssel der lukanischen Soteriologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Das urchristliche Verständnis des vierten Gottesknechtsliedes und der ihm verwandten Texte vor dem Hintergrund der modernen Stellvertretungsdebatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Das hermeneutische Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Kultus und Abendmahl: ein offenbarungsgeschichtlicher Neuansatz 2.1.3 Der Einfluß der LXX auf die Rezeption von Jes 53 . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Exegetische Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Die lukanische Rezeption von Jes 53 und ihre exegetischen Konsequenzen
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I. Der Tod des Knechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Die Einsetzungsworte (Lk 22,19–20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Das textkritische Problem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Tradition und Redaktion in Lk 22,19–20 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Die alttestamentlichen Bezüge im Kelchwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Die Einsetzungsworte im Kontext der lukanischen Gottesknechtskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Essen und Trinken im Reich Gottes (Lk 22,15–18) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs: βασιλεία τοῦ θεοῦ im Lukasevangelium. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Das Jüngergespräch (Lk 22,24–38) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs: Lk 22,27 und Mk 10,45. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Die Gottesknechtschaft Jesu als Grundmotiv der lukanischen Passionsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Exkurs: Tod und Leben des sündigen Menschen nach Lk 22,43 f . . . . . . . . 181
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Inhaltverzeichnis
4. Das Quellenproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Der dem lukanischen Bericht zugrunde liegende Text der Gottesknechtslieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Die Entstehung der lukanischen Sondertradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Die lukanische Traditionsverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Die Erhöhung des Knechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 1. Der Weg nach Emmaus (Lk 24,13–35) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Exkurs: Auferstehung und Erhöhung in Herrlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Das göttliche δεῖ als Schlüssel der Auferstehungserzählungen . . . . . . . . . . . . . . 238 Exkurs: Die μετάνοια Israels und der Heiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes . . . . . . . . . . . . . . . 251 1. Die Offenbarung des Gottesknechts vor der Welt (Jes 61,1 f) . . . . . . . . . . . . . . . 252 2. Die Verwerfung des Knechts (Lk 4,16–30) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Exkurs: Die Verstockung Israels – Geschichte und Heilsgeschichte . . . . . . 265 3. Die Messianität des Knechts und sein prophetisches Amt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
IV. Die Geburt des Knechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 1. Die Berufung des Knechts von Mutterleibe an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 2. Das Licht für die Völker (Lk 2,25–35) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autorenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis griechischer Begriffe und Wendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Einführung 1. Der „blinde Passagier“ Ein „blinder Passagier“ im Neuen Testament – der Evangelist Lukas! Dieses Urteil, von führenden Exegeten gefällt, bestimmt seit mehr als einem halben Jahrhhundert die Lukasforschung, gerade auch dort, wo man ihm widerspricht, und bestimmt sie heute, wie sich zeigen wird, mehr denn je. Ein hartes Urteil! Aber weil es so hart war, hatte es Bestand. Der Indizienbeweis der Anklage verbot – so urteilte man in den 50er Jahren – jede andere Deutung des Sachverhalts: Zu Unrecht hatte Lukas das Schiff „zum äußersten Rand der Erde“ (Apg 1,8; vgl. Apg 27,1 f) bestiegen; zu Unrecht nahm er teil an der langen Fahrt neutestamentllicher Theologen zum Menschen zukünftiger Zeiten. Zu Unrecht, da er mit Vorbbedacht das Schiff auf falschen Kurs zu bringen und der Botschaft vom Kreuz Vgl. U. Wilckens, Lukas und Paulus unter dem Aspekt dialektisch beeinflußter Exegese, in: ders., Rechtfertigung als Freiheit. Paulusstudien, Neukirchen-Vluyn 1974, 194, und den das „Prozeßmaterial“ zusammenfassenden Beitrag von W. G. Kümmel, Lukas in der Anklage der heutigen Theologie, in: ders., Heilsgeschehen und Geschichte, Bd. 2: Gesammelte Aufsätze 1965–1977, Marburg 1978, 87–100 (= ZNW 63 [1972], 149–165; nochmals abgedruckt in: G. Braumann [Hg.], Das Lukasevangelium. Die redaktions- und kompositionsgeschichtliche Forschung, WdF 280, Darmstadt 1974, 416–436). Dazu nochmals Wilckens, op. cit., 189. S. auch E. Gräßer, Acta-Forschung seit 1960, ThR N. F. 41 (1976), 141–194.259–290, mit d den Kapiteln „Lukas in der Anklage der heutigen Theologie“ (275–286) und „Lukas in der Verteidigung der heutigen Theologie“ (286–290); dazu das Schlußresümee in ThR N. F. 42 (1977), 66–68, im Zusammenhang abgedruckt in: ders., Forschungen zur Apostelgeschichte, WUNT 137, Tübingen 2001, 134–287; vgl. aus jüngster Zeit ders., Studien zur Acta-Forschung. Rückblick und Ausblick, in: ders., op. cit., 1–47, darin das große Kapitel „ ,Anti-LukasScholastik‘?“ (11–37). Als Hauptankläger im Prozeß können P. Vielhauer, Zum „Paulinismus“ der Apostelgeschichte, in: ders., Aufsätze zum Neuen Testament, TB 31, München 1965, 9–27 (= EvTh 10 [1950/51], 1–15), und E. Käsemann, Amt und Gemeinde im Neuen Testament, in: ders., Exegetische Versuche und Besinnungen. Erster Band, Göttingen 1960, 132, geltten, deren Kritik an die bereits Ende des 19. Jh.s von F. Overbeck, Christentum und Kultur. Gedanken und Anmerkungen zur modernen Theologie, aus dem Nachlaß hg. v. C. A. Bernoulli (1919), Nachdr. Darmstadt 1963, 78, erhobenen Vorwürfe gegen den Evangelisten anknüpft. Insbesondere Käsemann hat der Vergleich der lukanischen mit der paulinischen Theologie zu einer radikalen Abwertung des Lukasevangeliums und seiner theologischen Konzeption gefführt. Der von ihm erhobene Vorwurf, Lukas als Vertreter des Frühkatholizismus habe das urcchristliche Kerygma historisiert und der paulinischen Kreuzestheologie den Abschied erteilt, hat einen Stein ins Rollen gebracht, der, inzwischen zur Lawine angewachsen, unaufhaltsam weiterrrollt und nur mit gesammelter Kraft zum Stillstand gebracht werden kann. Skeptisch, daß dies gelingen könne, zeigte sich bereits 1976 E. Schweizer, Rez. R. Glöckner, Die Verkündigung des Heils beim Evangelisten Lukas (WSAMA.T 9, Mainz 1975), ThRv 72, Sp. 373.
Einführung
ihren Ernst zu nehmen gedachte. Zum Glück hat man ihn entdeckt und ihm den Prozeß gemacht. Der blinde Passagier würde der Sache, um deretwillen die Verkkündiger der Christusbotschaft einst in See gestochen waren, nicht mehr schadden. Er würde die Verkündigung des Kreuzesevangeliums nicht mehr hindern, mochte er auch im Kanon verbleiben, da ihm zumindest dies als Verdienst angerrechnet werden konnte, daß er der Kirche zur Struktur verholfen und ihrer Auflössung entgegengewirkt hatte. Die Kreuzesbotschaft vor Verfälschung zu bewahren, hat sich die Forschung vor mehr als 50 Jahren zur unumstößlichen Pflicht gemacht und den Widerspruch gegen Lukas damit ebenfalls zur Pflicht erhoben. Lukas selbst mußte verstummen, da sein eigenes Wort sich gegen ihn kehrte: Gewiß hat er nur zum Schein beteueert, daß ihm die wahrheitsgetreue Vermittlung der christlichen Botschaft eine Herzzensangelegenheit sei (Lk 1,4). Ein blinder Passagier! Erstaunlich nur, daß man bei Lukas – wo doch sonst der unberechtigt auf dem Schiff Mitfahrende in versteckten Winkeln zu suchen ist – den Blick in luftige Höhen heben muß: Ein blinder Passagier, der seinen Aufenthalt offen im Mastkkorb nimmt und mit lautem Ruf die Weite und Herrlichkeit des Himmels preist. Das Bild ist paradox: ein Evangelist, der sein heimliches Werk öffentlich betreibt und den subversiven Kurswechsel in aller Unbefangenheit propagiert. Denn als Subversion verstand die Anklage den Himmelsblick des Evangelisten. Das Bild ist paradox, in so hohem Maße, daß seine Paradoxie von Anfang an als Erweis seiner Irrealität hätte gelten und zum Kurswechsel des wissenschaftlichen Beibbootes führen müssen. Statt dessen lastete man das Paradoxon dem Evangelisten selbst an und hob ihn von seinem selbstgewählten luftigen Platz, indem man seinnen in die Höhen des Himmels gerichteten Blick zum Sinnbild geistiger Niedrigkkeit erklärte. Da man theologische Höhe, wirkliche Höhe, allein der Niedrigkeits christologie des Paulus zuerkannte, deklassierte man Lukas zu dem Hohes und Niedriges verkehrenden „Epigone[n]“ des Paulus, der, weil er in die Höhe blickt, „von der Höhe paulinischer Theologie ... herabgefallen ist und mit seiner ... Theollogie am Rande des neutestamentlichen Kanons steht“. Daß die Infragestellung Die Vorsätzlichkeit der Verschleierung wichtiger soteriologischer Zusammenhänge konstattiert F. Bovon, Das Heil in den Schriften des Lukas, in: ders., Lukas in neuer Sicht. Gesammelte Aufsätze, übers. v. E. Hartmann, A. Frey und P. Strauss, Biblisch-theologische Studien 8, Neu kirchen-Vluyn 1985, 66. Vgl. dazu S. Hagene, Zeiten der Wiederherstellung. Studien zur lukkanischen Geschichtstheologie als Soteriologie, NTA N. F. 42, Münster 2003, 5 f. Vgl. auch die Zusammenfassung der Ergebnisse der deutschen Lukasforschung nach 1950 aus angelsächsisscher Sicht bei C. H. Talbert, Shifting Sands: The Recent Study of the Gospel of Luke, Interp. 30 (1976), 390: „Lukan theology was generally regarded as suspect.“ E. Käsemann, Neutestamentliche Fragen von heute, in: ders., Exegetische Versuche und Besinnungen. Zweiter Band, Göttingen 1964, 30 (= ZThK 54 [1957], 21). H. Flender, Heil und Geschichte in der Theologie des Lukas, BEvTH 41, München 1965, 10, der mit diesem Satz die Ergebnisse der damaligen Lukasforschung zusammenfaßt.
1. Der „blinde Passagier“
der Kanonizität des lukanischen Werkes die theologische Urteilskraft unzähliger Generationen Lügen strafte, ließ dabei nicht zweifeln am Urteil über Lukas, auch wenn es wissenschaftlich, schon aus hermeneutischen Gründen, mehr recht als billig gewesen wäre, den Zweifel in Zweifel zu ziehen. So bestimmt das über Lukas gesprochene Urteil seit nun mehr als 50 Jahren die Diskussion, obwohl inzwischen zahlreiche Verteidiger des Lukas gegen die Verurteilung des Evangelisten Einspruch erhoben haben. Aber der Einspruch hat bislang noch nicht zu einer allgemeinen Revision des Urteils geführt, zumindest nicht in dem Sinne, daß Lukas als Verkündiger des paulinischen Kreuzesevangelliums gewürdigt würde. Das gegenwärtig immer größer werdende Bemühen der Forschung, Lukas zu rehabilitieren und den als blinden Passagier Verurteilten wiedder ins Boot zu holen, zeigt vielmehr, daß ein theologischer Konsens noch längst nicht erreicht ist. Dies erweist auch die Tatsache, daß die neuesten soteriologisschen Entwürfe zum Lukasevangelium – der vorliegende nicht ausgenommen – immer noch den Charakter von Verteidigungsschriften haben. Wie sollte es auch gelingen, das Urteil über Lukas zu revidieren, wenn sogar die Verteidigung der Sache nach der Anklage zustimmt und, statt die Anklageschrift exegetisch zu entkkräften, die vermeintlichen Fakten, die einst die Verurteilung des Evangelisten zu rechtfertigen schienen, bestätigt und durch die Beibringung zusätzlicher Indizien gründlich untermauert? Lukas vom Makel einer theologia gloriae zu befreien, ist bis heute schon deshhalb nicht gelungen, weil selbst die Verteidiger des Lukas sich darin mit seinen Verächtern einig wissen, daß im lukanischen Doppelwerk das Kreuz des Christus weit weniger bedeutsam erscheint als seine himmlische Erhöhung in Herrlichkeit, mehr noch, daß in der Darstellung des Lebens und Sterbens Jesu der Sühnegeddanke ausgeblendet ist und das Kreuz seine soteriologische Bedeutung verloren hat. Die von Anstößen angeblich gereinigte Kreuzigungsszene Lk 23,32–49, die Vgl. E. Käsemann, Amt und Gemeinde, 132 f, und ders., Neutestamentliche Fragen, 30. S. aber auch schon J. M. Creed, The Gospel According to St. Luke, London – New York 1930, 4. Nachdr. 1957, LXXII: „There is indeed no theologia crucis beyond the affirmation that the Christ must suffer“; außerdem G. Barth, Der Tod Jesu Christi im Verständnis des Neuen Testaments, Neukirchen-Vluyn 1992, 131–138. Vgl. ferner P. Doble, The paradox of salvation. Luke’s theology of the cross, Cambridge 1996, 3, der sein Werk zur lukanischen Soteriologie unmittelbar mit dem Hinweis auf die nach dem Urteil der Wissenschaft bei Lukas fehlende theologia crucis beginnt. Vgl. auch die immer noch gültige Zusammenfassung der Forschungslage durch F. Bovon, Luke the Theologian. Thirty-Three Years of Research (1950–1983), übers. von K. McKiney, Allison Park, Pennsylvania 1987, 9–11 [aktualisierte Übersetzung des ursprünglich französsisch erschienenen Werkes: Luc le théologien. Vingt-cinq ans de recherches (1950–1975), Neuchâtel – Paris 1978]. Vgl. H. J. Cadbury, The Making of Luke-Acts, New York 1927, Nachdr. London 1958, 280 mit Anm. 2; Vielhauer, „Paulinismus“, 22; H. Conzelmann, Die Mitte der Zeit. Studien zur Theologie des Lukas, 7. Aufl., Tübingen 1993 (Nachdr. der 4., verb. und erg.
Einführung
Auslassung des Lösegeldwortes Mk 10,45 bei der Rezeption des Markusstoffes und die Verkürzung von Zitaten aus Jes 53 um ihre soteriologisch relevanten Passsagen (Jes 53,12 in Lk 22,37 und Jes 53,7 f in Apg 8,32 f) scheinen dies hinreicAufl. 1962; 1. Aufl. 1954), 187 f; W. Grundmann, Das Evangelium nach Lukas, ThHK 3, 10. Aufl., Berlin 1984, 454–457; Käsemann, Amt und Gemeinde, 133, wo das Kreuz erstmmals als „Mißverständnis der Juden“ bezeichnet wird; ders., Das Problem des historischen Jesus, in: ders., Exegetische Versuche und Besinnungen. Erster Band, Göttingen 1960, 199 (= ZThK 51 [1954], 125–153); C. K. Barrett, Luke the Historian in Recent Study, London 1961, 59 f; U. Wilckens, Die Missionsreden der Apostelgeschichte. Form- und traditionsggeschichtliche Untersuchungen, WMANT 5, 3., überarb. und erw. Aufl., Neukirchen-Vluyn 1974 (1. Aufl. 1961), 185; K. Stalder, Die Heilsbedeutung des Todes Jesu in den lukanisschen Schriften, IKZ 52 (1962), 222–224; W. Marxsen, Einleitung in das Neue Testament, Gütersloh 1963, 140; G. Voss, Die Christologie der lukanischen Schriften in Grundzügen, SN 2, Paris – Brügge 1965, 130, der, wie die anderen Autoren auch, der Überzeugung Ausdruck verleiht, daß „der Tod Jesu bei Lukas weder Opfercharakter trägt noch als eine Sühneleistung verstanden wird“, obwohl er an anderer Stelle die Ergänzung von ὑπὲρ ὑμῶν ἐκχυννόμενον in den Einsetzungsworten (Lk 22,20) als lukanische Redaktion klassifiziert, daher „die lk Martyriumsvorstellung von der Opfervorstellung“ durchsetzt findet und schlußfolgert, daß „in der Bewertung des Todes“ Jesu „zwischen Lukas und Markus kein Unterschied“ bestehe (op. cit., 102 f.105 f [Original ohne Kursive]); S. Schulz, Die Stunde der Botschaft. Einführung in die Theologie der vier Evangelisten, Hamburg 1967, 236.289; ders., Die Mitte der Schrift. Der Frühkatholizismus im Neuen Testament als Herausforderung an den Protestantismus, Stuttgart – Berlin 1976, 136.146.161 u. ö.; O. Betz, The Kerygma of Luke, in: ders., Jesus. Der Messias Israels. Aufsätze zur biblischen Theologie, WUNT 42, Tübingen 1987, 272 (= Interp. 22 [1968], 131–146); M. Rese, Alttestamentliche Motive in der Christologie des Lukas, StNT 1, Gütersloh 1969, 97–103.135.154–159.207; E. Kränkl, Jesus, der Knecht Gottes. Die heilsggeschichtliche Stellung Jesu in den Reden der Apostelgeschichte, Regensburg 1972, 120; R. Glöckner, Die Verkündigung des Heils beim Evangelisten Lukas, WSAMA 9, Mainz 1976, 171; A. J. Hultgren, Interpreting the Gospel of Luke, Interp. 30 (1976), 361; J. Kodell, Luke’s Theology of the Death of Jesus, in: D. Durken (Hg.), Sin, Salvation, and the Spirit. Commemorating the Fiftieth Year of the Liturgical Press, Collegeville, Minnesota 1979, 221 f; P. Pokorný, Lukas 15,11–32 und die lukanische Soteriologie, in: K. Kertelge – T. Holtz – C.‑P. März (Hg.), Christus bezeugen, FS W. Trilling, EThST 59, Leipzig 1989, 179; ders., Theologie der lukanischen Schriften, Göttingen 1998, 131.138 f.146–148; F. G. Untergaßmair, K Kreuzweg und Kreuzigung Jesu. Ein Beitrag zur lukanischen Redaktionsgeschichte und zur Frage nach der lukanischen „Kreuzestheologie“, Paderborner theologische Studien 10, Paderborn – München – Wien – Zürich 1980, 1; J. B. Green, The Theology of the Gospel of Luke, Cambridge 1995, 64 f; Hagene, Zeiten, 4.15 u. ö.; R. F. O’Toole, Luke’s Presentation of Jesus. A Christology, Subsidia Biblica 25, Rom 2004, 102 f.108. Als Beugung der Quellen muß man in diesem Zusammenhang den eigenwilligen Interpretationsversuch R. H. Andersons, The Cross and Atonement from Luke to Hebrews, EQ 71 (1999), 127–129.131.133 u. ö., bezzeichnen, der ungeprüft die Ergebnisse von Creed (s. Anm. 5) übernimmt und sie kombinniert mit der vom allgemeinen Konsens abweichenden These, daß sowohl Lukas als auch sein Adressat Theophilos jüdischer Herkunft gewesen seien. Mehr noch: letzerer sei der als Sohn des Hannas (6–15 n. Chr.) von Vitellius im Jahre 37 n. Chr. eingesetzte Hohepriester gleichen Namens gewesen (vgl. Josephus, Ant. 18,123; 19,297; 20,223). Daher sei das Fehlen einer ausggeprägten Kreuzestheologie leicht zu erklären durch die Bindung des Evangelisten an kultische Sühnevorstellungen und -riten und durch die Rücksicht auf seinen priesterlichen Adressaten; op. cit., 129.132 u. ö.
1. Der „blinde Passagier“
chend zu belegen. Die gewiß nur aus Treue zur Tradition überlieferten Abendmmahlsworte haben demgegenüber nach allgemeinem Dafürhalten kein Gewicht. Was von dem um unserer Sünden, d. h. ihrer Sühnung, willen Gekreuzigten (1. Kor 15,3; Gal 1,4) bleibt, ist der „exemplarische Mensch“10, ein Gerechter, dessen Leiddensweg Beispielcharakter hat11, ein „Urmärtyrer“12, dessen Tod nur die letzte Stellvertretend für andere sei hier nochmals die für die gegenwärtige Forschung repräsenttative Studie von O’Toole, Luke’s Presentation of Jesus, 102 f, genannt. S. auch die knapppe, aber forschungsgeschichtlich erhellende Skizze von C. Böttrich, Proexistenz im Leben und Sterben. Jesu Tod bei Lukas, in: F. Frey – J. Schröter (Hg.), Deutungen des Todes Jesu im Neuen Testament, WUNT 181, Tübingen 2005, 413 f. Die ausführliche Zusammenfassung der zum Nachweis einer defizitären lukanischen Soteriologie beigebrachten Argumente in der aus den 1960er Jahren stammenden Studie von R. Zehnle, The Salvific Character of Jesus’ Death in Lucan Soteriology, TS 30 (1969), 438–443, zeigt mit beeindruckender Deutlichkeit, daß das Argumentationsmuster damals wie heute exakt das gleiche ist. Vorsichtige Ansätze einer Kritik, wie sie D. Stanley, Jesus, Saviour of Mankind, StMiss 29 (1980), 75 f, im Rückbezug auf R. H. Fuller, Luke and the Theologia Crucis, in: D. Durken (Hg.), Sin, Salvation and the Spirit. Commemorating the Fiftieth Year of the Liturgical Press, Collegeville, Minnesota 1979, 214–220, äußerte, wurden vom gewaltigen Chor der Kritiker übertönt. In der Argumentation beispielhaft für andere R. Schnackenburg, Ist der Gedanke des Sühnetodes Jesu der einzige Zugang zum Verständnis unserer Erlösung durch Jesus Christus?, in: K. Kertelge (Hg.), Der Tod Jesu. Deutungen im Neuen Testament, QD 74, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1976, 214, im Rückbezug auf Wilckens, Missionsreden, 216. 10 Schnackenburg, op. cit., 218. 11 Voss, Christologie, 171; Zehnle, The Salvific Charakter of Jesus’ Death, 443 f; Schulz, Mitte, 80 f; W. Radl, Das Lukas-Evangelium, Erträge der Forschung 261, Darmstadt 1988, 106 f.142; J. B. Green, The Death of Jesus, God’s Servant, in: D. D. Sylva (Hg.), Reimaging the Death of the Lukan Jesus, Frankfurt a. M. 1990, 7. Vgl. auch F. J. Matera, Passion Narratives and Gospel Theologies. Interpreting the Synoptics Through Their Passion Stories, Theological Inquiries. Studies in Contemporary and Theological Problems, New York – Mahwah – Toronto 1986, 192.198.219 f. 12 Grundmann, Lukas, 432; im Anschluß an ihn W. Wiefel, Das Evangelium nach Lukas, ThHK 3, 1. Aufl. der neuen Bearbeitung, Berlin 1988, 398; M. Dibelius, Die Formgeschichte des Evangeliums, 3., durchges. Aufl. mit einem Nachtrag von G. Iber, Tübingen 1959, 202. Vgl. auch E. Lohse, Lukas als Theologe der Heilsgeschichte, in: ders., Die Einheit des Neuen Testaments, 2. Aufl., Göttingen 1973, 162 (= EvTh 14 [1954], 256–275; nochmals abgedruckt in: G. Braumann (Hg.), Das Lukas-Evangelium. Die redaktions- und kompositionsgeschichtlicche Forschung, WdF 280, Darmstadt 1974, 64–90); A. George, Le sens de la mort de Jésus, in: ders., Études sur l’œuvre de Luc, Paris 1978, 204 (= RB 80 [1973], 186–217); Kodell, Luke’s Theology, 223–225.229; J. Ernst, Lukas. Ein theologisches Portrait, Düsseldorf 1985, 39, und D. L. Bock, Luke. Volume 2: 9:51–24:53, Baker Exegetical Commentary on the New Testament, Grand Rapids, Michigan 1996, 1836. – Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der martyrologischen Deutung des Todes Jesu bei Lukas auf der Grundlage der Bezugsstellen 2. Makk 7,37; 4. Makk 6,29; 17,21 (vgl. Dan 3,40 LXX) bieten M. de Jonge, Jesus’ Death for Others and the Death of the Maccabean Martyrs, in: ders., Jewish Eschatology, Early Christology and the Testament of the Twelve Patriarchs. Collected Essays, Leiden – New York – Kopenhagen – Köln 1991, 125–134 (= Text and Testimony. FS A. F. J. Klijn, hg. v. T. Baarda, A. Hilhorst u. a., Kampen 1988, 142–151); J. Gnilka, Martyriumsparänese und Sühnetod in synoptischen und jüdischen Traditionen, in: R. Schnackenburg – J. Ernst – J. Wanke (Hg.), Die Kirche des Anfangs. FS H. Schürmann, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1978, 223–246, und B. E.
Einführung
Stufe eines konsequent gerechten Lebens darstellt13. So ist es auch in den Augen seiner Verteidiger zunächst nur folgerichtig, daß Lukas, der dem Leser solch reduzziertes Jesusbild zumutet, sich die Minderung seines Ansehens gefallen lassen muß. Der nach eigenem Urteil sorgfältig (ἀκριβῶς: Lk 1,3) recherchierende und in oft gerühmter Kunstfertigkeit14 komponierende Schriftsteller erscheint im Licht der Wissenschaft als ein mehr psychologisch15 als theologisch motivierter, heiddenchristlicher Vertreter einer Generation, die den unmittelbaren Kontakt zum Christusereignis verloren hat,16 ein Autor, der seinen griechischen Lesern die aus alttestamentlichen Quellen gespeiste Vorstellung des blutigen Opfers nicht zumutten mag17 und mit der Opfervorstellung ohne Not im wahrsten Sinn des Wortes alles „über Bord wirft“, was in den Bereich dieser Vorstellung gehört, an vordersster Stelle den Gedanken des Sühnopfers als Kristallisationspunkt einer kulturell nicht vermittelbaren Heilslehre. Allerdings ist in diesem Zusammenhang sogleich festzuhalten, daß die Konzzentration von Anklage und Verteidigung auf den bei Lukas fehlenden Sühneggedanken zwar über lange Jahre hinweg das Hauptthema der Forschungen zur lukanischen Soteriologie war und es auch heute noch ist, daß aber die Sühnevorsstellung bei den Anklägern der ersten Stunde keine Rolle spielte. Insbesondere Ernst Käsemann entwarf die paulinische Rechtfertigungslehre als Maßstab der lukanischen Soteriologie streng jenseits der alttestamentlichen Sühnopfervorsstellung und bestritt ihre Bedeutung für Paulus.18 Daß man die alttestamentliche Beck, „Imitatio Christi“ and the Lucan Passion Narrative, in: W. Horbury – B. McNeil (Hg.), Suffering and Martyrdom in the New Testament. FS G. M. Styler, Cambridge u. a. 1981, 28–47. Abgelehnt wird in der vorliegenden Untersuchung allerdings Becks These, daß die Betonung der Gottesknechtschaft bei Lukas der Herausstellung Jesu als Märtyrer gilt (op. cit., 43). Eine kritissche Neubewertung früherer Arbeiten zum Thema bietet die im Ergebnis offene Studie von J. W. van Henten, Jewish Martyrdom and Jesus’ Death, in: J. Frey – J. Schröter (Hg.), Deutungen des Todes Jesu im Neuen Testament, WUNT 181, Tübingen 2005, 139–168. 13 Pokorný, Theologie, 148; vgl. auch op. cit., 151, wo der Autor den Tod als Bestätigung der „Folgerichtigkeit“ deutet, „mit welcher Jesus ... seinen Dienst erfüllt hat“. S. ferner Schnackenburg, Gedanke, 216 f. Die Kombination aller genannten Aspekte findet sich bei Kodell, Luke’s Theology, 223 f.228, Hagene, Zeiten, 18.20.239, und Böttrich, Proexistenz 415.432–434. Vgl. auch Flender, Heil, 53; Glöckner, Verkündigung, 174.190.195–201, und F. Bovon, Das Evangelium nach Lukas (Lk 1,1–9,50), EKK III/1, Zürich – NeukirchenVluyn 1989, 25 f. 14 So bereits E. Renan, Les Évangiles et la seconde génération chrétienne, Paris 1877, 283: „C’est le plus beau livre qu’il y ait.“ 15 Vgl. Conzelmann, Mitte, 210 f; J.‑W. Taeger, Der Mensch und sein Heil. Studien zum Bild des Menschen und zur Sicht der Bekehrung bei Lukas, StNT 14, Gütersloh 1982, 14 f mit Anm. 26. 16 Vgl. Bovon, Lukas 1, 25. 17 Vgl. Grundmann, Lukas, 457. 18 Paulinische Perspektiven, 2., durchges. Aufl., Tübingen 1972, 61–107; ders., Zum Ver ständnis von Röm 3,24–26, in: ders., Exegetische Versuche und Besinnungen. Erster Band,
1. Der „blinde Passagier“
Sühnetheologie als eine der Grundlagen, wenn nicht die Grundlage der paulinisschen Soteriologie etablierte, ist eine forschungsgeschichtlich jüngere Entwickllung.19 Es liegt in der Konzequenz dieser Entwicklung, daß dabei der gegen Lukas gerichtete Vorwurf, er blende den Sühnegedanken bewußt aus, zum Hauptvorwurf werden mußte. Das Begründungsmuster selbst blieb vom Wandel der soteriologisschen Kategorien unberührt. Daß innerhalb des in der Lukasauslegung inzwischen fest etablierten und auf die Sühnevorstellung konzentrierten Begründungszusammenhangs die vor allem in der Paulusexegese viel diskutierte Frage, wie im Blick auf Jesu Tod die Begriffe „Opfer“ und „Sühne“ inhaltlich zu bestimmen und wie sie theologisch aufeinandder zu beziehen seien,20 nicht gestellt und also auch nicht beantwortet wird, gehört mit in das Forschungsbild der letzten Jahre, ebenso wie das Schweigen der Lukaseexegeten zu der gegenwärtig vielerorts geführten Stellvertretungsdebatte.21 In der pauschalen Bestreitung sühnetheologischer Vorstellungen bei Lukas ist man sich über deren Inhalt offensichtlich im klaren, wie man sich lange Zeit auch darüber einig war, daß die Sühnevorstellung die Grundlage einer christlichen Soteriologgie bildet. Warum sonst hätte man die lukanische Soteriologie ohne den Sühneggedanken als defizitär empfinden sollen? Ob diese systematisch-theologische Unbefangenheit der Lukasinterpreten als Mangel oder als Vorzug zu gelten hat, wird angesichts der zur Zeit immer unübersichtlicher werdenden Forschungslage noch zu diskutieren sein.22 Hier 6. Aufl., Göttingen 1970, 96–100; ders., An die Römer, HNT 8 a, 4., durchges. Aufl., Tübingen 1980, 93 f. Vgl. R. Bultmann, Kerygma und Mythos I. Ein theologisches Gespräch, 5. Aufl., Hamburg 1967, 42; ders., Neues Testament und Mythologie. Das Problem der Entmytho logisierung der neutestamentlichen Verkündigung, 8. Aufl., Nachdr. der 1941 ersch. Fassung, München 1988, 42. 19 Vgl. stellvertretend für andere O. Hofius, Art. Sühne IV. Neues Testament, TRE 32, Berlin – New York 2001, 342–347; T. Knöppler, Sühne im Neuen Testament. Studien zum urcchristlichen Verständnis der Heilsbedeutung des Todes Jesu, WMANT 88, Neukirchen-Vluyn 2001. 20 Dazu ausführlich Einführung 2.1.2. 21 Zur Zeit scheint sich allerdings ein Umschwung anzubahnen. Einer der ersten Lukas interpreten, der die exegetische Problematik wenigstens im Ansatz hermeneutisch reflektiert, ist Böttrich, Proexistenz, in dem jüngst erschienenen Kongressband zum Thema „Deutungen des Todes Jesu im Neuen Testament“, hg. v. J. Frey und J. Schröter, WUNT 181, Tübingen 2005, 413–436. Böttrich entzieht sich allerdings der allgemeinen Begriffsproblematik daddurch, daß er auf das gängige soteriologische Vokabular verzichtet und eine eigene, speziell am Text des Lukas orientierte Nomenklatur entwickelt (op. cit., 413–417). Zur ausführlichen Auseinandersetzung mit dem Ansatz Böttrichs s. u. S. 33–37. 22 S. u. S. 37–42. – Es ist das Verdienst von J. Frey, Probleme der Deutung des Todes Jesu in der neutestamentlichen Wissenschaft. Streiflichter zur exegetischen Diskussion, in: J. Frey – J. Schröter (Hg.), Deutungen des Todes Jesu im Neuen Testament, WUNT 181, Tübingen 2005, 3–50, die verwirrende Vielfalt neuerer soteriologischer Ansätze systematisch geordnet und in einer Form kritisch gewürdigt zu haben, die dem weiteren Gespräch als hermeneutische Basis
Einführung
soll zunächst das Forschungsbild vollständig enthüllt und sollen die Denkmusster, welche die gegenwärtige Diskussion prägen, in ihrem Zusammenhang ans Licht gebracht werden. Daher, aber auch um die ohnehin vielschichtige exegettische Problematik nicht unnötig zu verschärfen, wird in diesem ersten Teil der Einleitung zunächst darauf verzichtet, die geprägte soteriologische Begrifflichkkeit zu spezifizieren, zumal für den Fortgang der Argumentation eine systematissche Begriffsklärung nur im Blick auf Jes 53 als den Hauptbezugstext der Arbeit sinnvoll ist. Ihm ist der zweite Einführungsteil gewidmet. Die folgende Skizze der Forschungslage orientiert sich also terminologisch an der in der Lukasexegese bis heute gebräuchlichen Sprachkonvention, wonach – da man pauschal den gesamtten durch die Begriffe „Opfer“, „Sühne“ und „Stellvertretung“ umrissenen Vorsstellungsbereich als für Lukas irrelevant erklärt, sich dabei aber terminologisch auf den Begriff „Sühne“ beschränkt – die Sühnebegrifflichkeit das gesamte eben skizzierte Spektrum abdeckt. Die hier zunächst kritiklose Übernahme des undiffferenzierten Sühnebegriffs der Lukasexegese erscheint auch deshalb als legitim, weil im Verlaufe dieser Untersuchung in der Tat die Verschmelzung der Vorstelllungsbereiche als konstitutiv für die soteriologische Konzeption des Lukas erwiessen wird und der Begriff des Sühnopfers als die sachgemäße Zusammenfassung dessen, was Jesu Tod am Kreuz für Lukas bedeutet. Gleichwohl ist hinsichtlich der Integration der Lukasexegese in die aktuelle Forschungsdebatte auf die bisllang noch unbewältigte Aufgabe der Begriffsklärung hinzuweisen. Denn die einhheitliche Verwendung des Sühnebegriffs in der Literatur zu Lukas gründet allein darin, daß das Diktum von der fehlenden sühnetheologischen Orientierung des Lukas das von Verächtern und Verteidigern des Evangelisten weder exegetisch noch systematisch-theologisch hinterfragte Axiom der historisch-kritischen Forsschung am lukanischen Doppelwerk ist. Wer aber meint, die Rechtfertigung der Anklageschrift durch die Verteidigung widerstreite juristischer Vernunft und könne nicht zum Ziel führen, der muß sich eines Besseren belehren lassen. Denn obwohl die Verteidigung der Anklage sachllich in allen Punkten zustimmt, widerspricht sie ihr doch darin, daß die Leugnung der Heilsbedeutung des Todes Jesu, deren Lukas bezichtigt wird, es rechtfertige, den Evangelisten theologisch abzuurteilen und an den Rand des Kanons zu stelllen.23 Anders ausgedrückt: Man verteidigt Lukas, indem man die theologischen dienen kann für die Diskussion nicht nur der in Frage stehenden Texte, sondern auch des exeegetischen Vorverständnisses. 23 Wie sehr sich tatsächlich die Verteidigung in der Sache mit der Anklage einig weiß, zeigt deutlich der engagierte Beitrag von E. Schweizer, Plädoyer der Verteidigung in Sachen: Moderne Theologie versus Lukas, ThLZ 105 (1980), Sp. 241–252, der trotz des sühnetheologgischen Defizits des Lukasevangeliums (op. cit., Sp. 243) „allerhand Gutes“ zur Enlastung des Lukas ins Feld zu führen sich bemüht (op. cit., Sp. 244) und gerade dadurch den theologischen Mangel um so deutlicher herausstellt.
1. Der „blinde Passagier“
Prinzipien, auf deren Grundlage man einst meinte, den Evangelisten verurteilen zu müssen, außer Kraft setzt. Und so würdigt man inzwischen die nach Überzeuggung von Anklägern und Verteidigern kreuzestheologisch reduzierte Soteriologie des Lukas als einen Gegenentwurf zum paulinischen Erlösungsverständnis und erklärt ihn zum kirchlichen Alternativmodell in einer Zeit, die nach allgemeinem Dafürhalten den Bezug zum Kreuz als einem grausamen Symbol ohnehin verlorren hat.24 Daß man dabei den Vollzug dieses theologischen Wertewandels selbst nicht reflektiert und daher auch nicht die Konsequenzen, die dieser Wandel für das kirchliche Bekenntnis hat, zeigt die Größe des Problems, das auch eines der exegetischen Hermeneutik ist.25 Lukas aber, der einst von denen, die die Botschaft vom Kreuz als das Herzstück des christlichen Bekenntnisses bewahren wollten, als blinder Passagier gebrandmmarkt wurde – Lukas wird durch diesen theologischen Wertewandel zum Kapittän eines eigenen Schiffes erhoben, dessen theologisch abweichender Kurs allein deshalb nicht mehr den Protest der Wissenschaft herausfordert, weil die Schar der Lukasexegeten inzwischen selbst auf dem Schiff mitsegelt. Die Tragik der Entwwicklung aber ermißt man nicht, obwohl das, was man vor 50 Jahren als den traggenden Grund des christlichen Bekenntnisses verteidigt hat, in Gefahr steht, seine die christliche Identität konstituierende Bedeutung zu verlieren: die Erkenntnis der Heilswirksamkeit des Kreuzestodes Jesu als des den Sünder von der Macht der Sünde befreienden Ereignisses der Selbsthingabe Gottes an die Welt. Was nach über 50 Jahren Lukasforschung bleibt, ist die aufrüttelnde Tatsache, daß, wenn die theologischen Maßstäbe der alten Lukaskritik noch Geltung hätten, man nicht allein Lukas, sondern mit ihm seine sogenannten Verteidiger auf die Anklagebank setzen müßte. Denn ihr allgemeines Bemühen, christliche Denkmoddelle jenseits der Vorstellung vom Heilstod Jesu zu entwickeln, Modelle, in welcchen – wie sogleich ausführlich gezeigt wird – das Kreuz nur eine symbolische, paradigmatische oder pädagogische Funktion erfüllt, bedeutet letztlich die Abkehr 24 Vgl. Schnackenburg, Gedanke, 214–219; Böttrich, Proexistenz, 436; dazu den hermmeneutisch instruktiven Aufsatz von W. Schoberth, „Schlachtopfer gefallen dir nicht“ (Ps 40,7). Der Kreuzestod Jesu: Ein Opfer?, in: W. H. Ritter (Hg.), Erlösung ohne Opfer, Biblischtheologische Schwerpunkte 22, Göttingen 2003, 83–112, auf der Grundlage von I. U. Dalferth, Der auferweckte Gekreuzigte. Zur Grammatik der Christologie, Tübingen 1994, 270 f. 25 Ganz anders noch in der Mitte des letzten Jahrhunderts, als man die Notwendigkeit einer hermeneutischen Grundentscheidung vehement verteidigte. So eindrucksvoll G. Harbsmeier, Unsere Predigt im Spiegel der Apostelgeschichte, EvTh 10 (1950/51), 365, im Blick auf den exegetischen Konflikt zwischen der paulinischen Kreuzestheologie und der angeblich defizitärren Heilslehre des Lukas: „Auch innerhalb der Bibel kann man nicht zwei Herren dienen.“ – P. Stuhlmacher, Biblische Theologie des Neuen Testaments, Bd. 2: Von der Paulusschule bis zur Johannesoffenbarung, Göttingen 1999, 199, gehört zu den wenigen, die unter Hinweis auf die nicht beantwortete hermeneutische Frage Kritik an der Lukaskritik üben. Zum hermeneutisschen Problem s. auch Wilckens, Lukas und Paulus, 202.
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Einführung
vom christlichen Bekenntnis.26 Das Alternativmodell einer Soteriologie, in welccher Jesu Tod – so das Ergebnis vieler Lukasarbeiten – keine andere Funktion hätte als die einer psychologischen Motivation27 zur Umkehr, zwingt, nach dem Christusbekenntnis als solchem zu fragen. Dies soll in der vorliegenden Untersucchung geschehen. Dabei ist im Hinblick auf Lukas und sein Kreuzesverständnis die Aufgabe zunächst eine exegetische, da nach Jahren, in welchen die Indizien, die angeblich für die Verurteilung des Lukas sprachen, ungeprüft von Generation zu Generation weitergereicht wurden, die Überprüfung derselben als die große Aufgabe erscheint, welche die Lukasexegese in Angriff zu nehmen hat. Vorher ist allerdings das, was bislang nur thetisch präsentiert wurde, im einzzelnen in den Blick zu nehmen. Der Weg, den die Lukasforschung seit der Mitte des letzten Jahrhunderts gegangen ist, soll dabei theologisch-systematisch und historisch ausgeleuchtet werden. Dieser doppelte Durchgang durch das Material ist notwendig, da einerseits die forschungsgeschichtliche Stagnation der Lukaseexegese ihren Grund in der ungenügenden Wahrnehmung der gesamtheologisschen Zusammenhänge hat, andererseits die historische Entwicklung der Forsschung am dritten Evangelium die Frage der exegetischen Hermeneutik aufwirft. Ihrer Grundlegung dient die vorliegende Arbeit ebenso wie der Neubegründung der historisch-kritischen Lukasexegese.
1.1 Anklage und Verteidigung – ein systematisch-theologischer Überblick Die systematisch-theologische Analyse der Forschungsentwicklung muß dort einssetzen, wo die von Anklage und Verteidigung geteilte Überzeugung vom angebllichen sühnetheologischen Desinteresse des Lukas für die Seite der Verteidigung zum Forschungsproblem wird. Denn da Lukas selbst – trotz der angeblichen Ausbblendung des Sühnegedankens – ganz offensichtlich vom Rettungscharakter der Sendung Jesu überzeugt ist und die schlichte Gewißheit hegt, daß in Jesus Chrisstus die Erlösung des sündigen Menschen ins Werk gesetzt ist,28 wird die Beantw26 Vgl. I. U. Dalferth, Art. Opfer VI. Dogmatik, TRE 25, Berlin – New York 1995, 289: Daß „Jesu Kreuzestod ein Heilstod ist – davon geht theologisches Denken aus“. 27 Vgl. Zehnle, The Salvific Character of Jesus’ Death, 436, der von der Glaubensmotiva tion des Menschen spricht, die aus der Anschauung des durch den Tod zur Erhöhung führendden Weges Christi resultiere. 28 Man vergleiche nur die überaus große Anzahl an Belegen zum Wortfeld σῷζειν/σωτηρία/ σωτήριον/σωτήρ: Lk 1,69.71.77; 2,11; 6,9; 7,50; 8,12.36.48.50; 9,24; 13,23; 17,19; 18,26.42; 19,9 f; 23,35 (bis).37.39; Apg 2,21.40.47; 4,9.12 (bis); 5,31; 7,25; 11,14; 13,23.26.47; 14,9; 15,11; 16,17.30 f; 28,28. Vgl. ferner Apg 3,16; 10,36–38.43; 13,38 f; 20,28. S. dazu die ausfführlichen Begriffsanalysen bei W. C. van Unnik, L’usage de σῷζειν „sauver“ et les dérivés dans les évangiles synoptiques, in: ders., Sparsa Collecta. Part One: Evangelia, Paulina, Acta, NT.S 20, Leiden 1973, 16–34; N. Flanagan, The What and How of Salvation in Luke-Acts, in: D. Durken (Hg.), Sin, Salvation, and the Spirit. Commemorating the Fiftieth Year of the
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wortung der Frage nach dem „Wie“ der Erlösung zu einer Klippe, die zu umfahrren nicht gelingt: Wie kann der zwar solidarisch mit uns29, aber nicht für uns Leidende und Sterbende uns Menschen erlösen?30 Wie kann der, dessen Weg ins Leiden zwar Vorbildcharakter hat, dessen Tod aber nicht Quelle des Heils31 und Grund menschlicher Hoffnung ist32, den Menschen retten? Anders ausgedrückt: Welches ist – wenn die Rettung des Menschen nicht aus Jesu Tod erwächst – der heilswirksame, und d. h. der sündentilgende Aspekt der Sendung Jesu? Daß es ihn geben muß, zeigt sich schon daran, daß Lukas Jesu Hinwendung zu den Sünddern und die Aufhebung des Schuldverhängnisses wie kein anderer Evangelist in den Vordergrund seiner Erzählung rückt.33 Wenn aber die Sünde als die todbringgende Macht, welche die lebendige Gemeinschaft Gottes mit dem Menschen hinddert und zerstört,34 nicht durch Jesu Tod beseitigt, wenn die Schuld des Menschen nicht durch Jesu Leiden und Sterben getilgt ist, wodurch dann? Die Antworten, die hier gegeben werden, sind allesamt seltsam unscharf, da die Lukasexegese trotz ihres klaren negativen Urteils zur Sühnetheologie die interppretatorischen Konsequenzen desselben scheut.35 Es sind nur einige wenige, die Liturgical Press, Collegeville, Minnesota 1979, 203–213, bes. 203–207; K. Giles, Salvation in Lukan Theology (1), RTR 42 (1983), 10–16.45–49, und F. Avemarie, Die Tauferzählungen der Apostelgeschichte. Theologie und Geschichte, WUNT 139, Tübingen 2002, 104–112. Die genannten Autoren gehen in diesem Zusammenhang allerdings nicht auf die Sühneproblematik ein. Vgl. auch A. George, Le vocabulaire de salut, in: ders., Études sur l’œuvre de Luc, Paris 1978, 307–320 (= NTS 23 [1977], 308–320). – Vgl. auch Doble, Paradox, 7, der ungeachtet seiner Überzeugung, daß Lukas die Sühnevorstellung fremd sei, fragt: „Why should an evangellist with no theologia crucis make so much of the passion?“ 29 Pokorný, Theologie, 144. Vgl. auch den signifikanten Titel des Beitrags von R. J. Kar ris, Luke’s Soteriology of With-ness [sic], Currents in Theology and Mission 12 (1985), 346– 352. 30 Die Frage stellt in ähnlicher Weise auch Bovon, Heil, 61 f, allerdings ohne die theollogischen Konsequenzen zu bedenken, die sich aus der angeblich entsoteriologisierten Kreu zesvorstellung des Lukas ergeben. 31 Schnackenburg, Gedanke, 216 f. 32 Pokorný, Theologie, 149. 33 Lk 1,77; 3,3; 5,20–24; 7,47–50; 11,4; 24,47; Apg 2,38; 3,19; 5,31; 7,60; 10,43; 13,38 f; 22,16; 26,18. 34 Die u. a. von Schulz, Mitte, 150; Conzelmann, Mitte, 113; G. Baumbach, Das Ver ständnis des Bösen in den synoptischen Evangelien, ThA 19, Berlin 1963, 141–164 (bes. 163 f), und Taeger, Mensch 31–44 (bes. 42–44).83 f, geäußerte Überzeugung, daß Lukas die Sünde nicht als Macht, sondern nur als punktuell wirksame Tatsünde verstünde, ist angesichts der erzzählerischen Programmatik der Verstockungsthematik im lukanischen Doppelwerk nicht zu haltten. S. dazu den Exkurs zum Thema u. S. 265–280. 35 E. Schweizer, Art. Jesus Christus. I. Neues Testament, TRE 16, Berlin – New York 1987, 702 f, gibt den Vorwurf der Unschärfe allerdings an Lukas zurück, dessen angeblich unkklare Christologie und Soteriologie ihm das Grunddatum aller weiteren Betrachtung ist. S. auch L. Doohan, Images of God in Luke-Acts, Milltown Studies 13 (1984), 27. Von „gelegentliche[r] Unschärfe“ spricht Böttrich, Proexistenz, 436.
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den Weg, den sie begonnen haben und den ein sühnetheologisch „gereinigtes“ Evangelium zu gehen zwingt, tatsächlich zu Ende gehen: hin zu der Feststellung, daß Jesu Sendung, wenn sein Tod bedeutungslos ist, nicht im eigentlichen Sinne heilswirksam ist und Jesu Verkündigung als Mahnung zur Umkehr und Einladung zum Eintritt in das Reich Gottes sich qualitativ nicht von der Umkehrpredigt und Heilsverkündigung der Propheten, einschließlich derjenigen Johannes’ des Täuffers, unterscheidet36 – oder nur insofern, als Jesu Gottessohnschaft, die auch Lukas bezeugt,37 die Eindringlichkeit der Botschaft verstärkt, da in Jesus Gott selbst den Menschen werbend entgegentritt.38 Der Heilscharakter der Sendung Jesu ist innerhalb dieses Vorstellungsrahmens nur noch thetisch zu retten: „Gott hat es so gewollt!“39 Und wenn im gleichen Zusammenhang die Theozentrik der lukanisschen Soteriologie herausgestellt wird,40 so verdeckt dies nur die Tatsache, daß man in Wahrheit die Heilswirksamkeit der Sendung Jesu negiert. Das sogenannte „soteriologische Loch“41 der lukanischen Theologie zeigt sich allenthalben, auch dort, wo man es zuzudecken sich bemüht. Indessen gerät Jesu neu definierte Rolle als die eines „literarischen Helden“42 zur wahrhaft tragischen Rolle, weil die historrische Tragik des Kreuzesgeschehens theologisch bedeutungslos wird. Da nun aber nicht jeder der um ein Verständnis des Lukas bemühten Exegetten den in der theologischen Konsequenz so unerbittlich vorgezeichneten Weg zu Ende zu gehen wagt, sucht man Rettung in synergistischen Interpretationsversuc-
36 „Daß es fast scheinen kann, daß Jesus hier nur als ein Prophet auftritt, der Gottes Vergebung verkündigt“, konstatiert auch Pokorný, Theologie, 142; vgl. op. cit., 131.136. Die vom Autor gleichwohl versuchte soteriologische Ehrenrettung des Lukas scheitert an ebendieser prophetischen Reduktion Jesu. S. dazu u. S. 25–27. Voss, Christologie, 171, versucht, dem auf die Wortoffenbarung beschränkten Sendungsauftrag Jesu dadurch prophetische Einmaligkeit und Endgültigkeit zu sichern, daß er die Offenbarung dessen, der gekreuzigt und auferweckt wurde, als Offenbarung eines „neuen [erg. menschlichen] Selbstverständnisses“ definiert. Da er aber gleichzeitig das Leidensgeschick Jesu soteriologisch nur mit dem Begriff des Vorbildes verbinddet und Jesu Weg als exemplarisch versteht (loc. cit.), bleibt er dem alttestamentlich vorgegebennen, prophetischen Begründungszusammenhang verhaftet, demzufolge die reale Heilszueignung als die Israel gewährte Entsühnung das Hören und Umkehren des Volkes voraussetzt und im Ereigniszusammenhang an zweiter Stelle steht. Zu Voss s. auch u. S. 17 f Anm. 58. 37 Lk 1,35; 3,22; 4,34.41; 8,28; 9,35; 22,70; Apg 9,20; vgl. Lk 3,38. 38 Pokornýs Kennzeichnung Jesu als eines „gottbegabten Menschen“ (Theologie, 145) mindert selbst diesen Aspekt der Sendung Jesu. 39 Schulz, Botschaft, 279. Vgl. bereits G. Wiencke, Paulus über Jesu Tod, BFChTh 2. Reihe 42, Gütersloh 1939, 158; s. außerdem Kümmel, Anklage, 95 f; F. W. Danker, The Endangered Benefactor in Luke-Acts, Society of Biblical Literature Seminar. Paper Series 20, Atlanta, Georgia 1981, 47, und Pokorný, Theologie, 93. 40 Pokorný, Theologie, 128. 41 E. Haenchen, Die Apostelgeschichte, KEK 3. Abt., 6. Aufl., Göttingen 1968, 689. Vgl. auch Wilckens, Missionsreden, 216 f, der feststellt, daß „der lukanischen Christologie ... jede inhaltliche Soteriologie“ fehle. 42 Pokorný, Theologie, 128.
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chen.43 Tatsächlich zwingen die Reduktion Jesu auf seine Rolle als Verkündiger und Vorbild im Leiden und die gleichzeitige Beseitigung alttestamentlich-jüdisscher Opfer- und Sühnevorstellungen aus dem Denken des Evangelisten zum Blick von Gott zurück auf den Menschen, zu dessen Aufgabe die Heilsaneignung bei Lukas angeblich wird. Eine folgenschwere Erkenntnis: Da Gott zwar durch seinnen Sohn einlädt in sein Reich, aber die menschliche Verfallenheit an Sünde und Tod durch Jesu Tod nicht außer Kraft gesetzt hat, ist heilswirksam im existentiellindividuellen Sinne allein der Wille des Menschen, das ihm von jeher zugedachte und in Jesus zur letzten Entscheidung aufgegebene Heil göttlicher Bundesgemeinsschaft anzunehmen. Der Mensch – er bleibt allein auf sich gestellt, wenn mit der Gnadenoffenbarung als dem göttlichen, auf Erden verkündigten Wort keine göttlliche Gnadentat, kein vorgängiges, am Menschen sich auswirkendes Handeln Gottes korrespondiert. Selbstwirksam muß er aus dem Machtbereich der Sünde heraus- und in das einladend geöffnete Reich Gottes eintreten, um des ihm dort bereiteten Heils teilhaftig zu werden.44 Die Radikalität dieses die Lukasforschung beherrschenden synergistischen Modells – d. h. im Wortsinne: sein an die Wurzzeln des Christusbekenntnisses gehender Impetus – zeigt sich auch daran, daß es in der soteriologischen Nivellierung des Kreuzesgeschehens andere synergistische Denkansätze weit hinter sich läßt und daher streng zu unterscheiden ist von Entwwürfen, in welchen die Mitwirkung des Menschen zum Heil nicht in Gegensatz gebracht wird zur Vorstellung von der Heilsbedeutung des Todes Jesu und in welcchen der Mensch in der Reihenfolge des Handelns Gott nachgeordnet bleibt.45 43 Ausdrücklich positiv bewertet findet sich der Begriff „Synergismus“ mit Blick auf die lukkanische Soteriologie bei F. Bovon, Die Vermittlungen im theologischen Entwurf des Lukas, in: ders., Lukas in neuer Sicht. Gesammelte Aufsätze, übers. v. E. Hartmann, A. Frey und P. Strauss, Biblisch-theologische Studien 8, Neukirchen-Vluyn 1985, 75–97, bes. 96 (urspr. franz. ersch. unter dem Titel: L’importance des médiations dans le projet théologique de Luc, NTS 21 [1974/5], 23–39). Vgl. auch Voss, Christologie, 130, der den „Tod Jesu bei Lukas“ als „Urbild menschlichen Selbstvollzuges“ klassifiziert, und Schulz, Mitte, 148, der das synergisstische Erlösungsmodell zum typischen Kennzeichen des Frühkatholizismus erklärt. 44 So konstatiert Bovon, Luke the Theologian, 287 f: „Luke clearly insists on man’s responssibility“, und versucht im gleichen Atemzug, das Problem der bei Lukas nicht faßbaren vorgänggigen Gottestat am Menschen im Bild des gleichzeitigen Aufeinanderzugehens von Mensch und Gott aufzulösen: „The meeting between God and the believer ... will ... open up onto a living relation, if the two partners decide to start on their way one toward the other [Original ohne Kursive].“ Hier erscheint die vom Autor noch 1972 vertretene These (Heil, 66 f), daß der Eigenanteil des Menschen an der Erlösung nicht zu verwechseln sei mit Werkgerechtigkeit, da Lukas unausgesprochen doch zutiefst überzeugt sei von der Sühnekraft des Todes Jesu, sachlich revidiert und das vormals noch festgestellte „Zuvor“ der Gottestat zu einem „Gleichzeitig“ abwwandelt. Vgl. auch ders., Gott bei Lukas, in: ders., Lukas in neuer Sicht. Gesammelte Aufsätze, übers. v. E. Hartmann, A. Frey und P. Strauss, Biblisch-theologische Studien 8, NeukirchenVluyn 1985, 108–110 (urspr. franz. ersch. unter dem Titel: Le Dieu de Luc, in: J. Delorme – J. Duplacy [Hg.], La Parole de Grâce. FS A. George, RSR 69, Paris 1981, 279–300). 45 Vgl. H. Wagner, Art. Soteriologie, Lexikon für Theologie und Kirche 9, 3., völlig neu bearb. Aufl., Freiburg i. Br. – Basel – Rom – Wien 2000, Sp. 742–744.
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Wer allerdings erwartet hätte, angesichts der offensichtlichen, von Lukas entwweder intendierten oder in sein Werk hineininterpretierten Verkehrung des göttllichen Erlösungswerkes auf den Widerspruch wenigstens eines Teils der Forsschung zu stoßen, der sieht sich getäuscht.46 Mehr noch: er muß mit Verwunderung feststellen, daß die Vorstellung, man könne mit Hilfe des Gedankens möglicher menschlicher Selbsterlösung die soteriologische Ehrenrettung des Lukas vornehmmen, zur exegetischen Grundüberzeugung geworden ist. Die theologische Brisanz einer Erlösungslehre, in welcher das Handeln Gottes auf einen letzten Versuch der psychologischen Motivation des Menschen zur Umkehr zu Gott reduziert wird, negiert man. Ja, man umgeht bewußt die theologische Auseinandersetzung mit den Konsequenzen dieses soteriologischen Entwurfs, indem man ihm kurzentschlosssen das Etikett „Kreuzestheologie“ anheftet.47 Eine Kreuzestheologie ganz eigener Art, gewiß, und der paulinischen nicht zu vergleichen. Aber muß sich das lukannische Kreuzesverständnis denn – so fragt man inzwischen – unbedingt am paullinischen messen lassen?48 Daß, wer die Frage verneint, nicht der Verteidigung, sondern der Anklage des Lukas in die Hände spielt, scheint, wie bereits gezeigt,49 unwichtig geworden zu sein. Nun bedarf allerdings das Etikett „Kreuzestheologie“ der inhaltlichen Explikattion und der exegetischen Grundlegung. Da letztere aber an der zuvor axiomatisch festgestellten erzählerischen Nivellierung des Kreuzes durch Lukas scheitert,50 ersetzt man zur Befestigung einer lukanischen Kreuzestheologie die wissenschaft liche Methodik der Textanalyse durch eine psychognostische Argumentation: 46 Dies gilt, obwohl die den christlichen Glauben konstituierende Bedeutung des Kreuzes allggemein außer Frage steht. Zum „Verständnis des Todes Jesu als Mitte des christlichen Glaubens“ s. auch Frey, Probleme, 7–10, der in der um die Bedeutung des Todes Jesu geführten Diskussion „das Ganze des christlichen Glaubens auf dem Spiel steh[en]“ sieht und auf „die Interdependenz von historischer Rekonstruktion und sachlich-theologischen Urteilen“ hinweist (op. cit., 9). Daß „mit dem Heilsgeschehen im Tod Jesu ,für uns‘ der tragende Grund berührt ist“, gelte „sowohl für eine eucharistisch zentrierte römisch-katholische Frömmigkeit als auch für einen auf die Rechtfertigung des Gottlosen fokussierten Glauben“ (op. cit., 7 f). Vgl. J. Schröter, Sühne, Stellvertretung, Opfer. Zur Verwendung analytischer Kategorien zur Deutung des Todes Jesu, in: J. Frey – J. Schröter (Hg.), op. cit., 51: „Den Tod Jesu als ein Ereignis verständlich zu macchen, welches das Bekenntnis zu ihm nicht in Frage stellt, sondern vielmehr selbst einen wichttigen Teil dieses Bekenntnisses darstellt, ist unabdingbar für die Plausibilität der christlichen Deutungen der Wirklichkeit.“ S. auch P. Stuhlmacher, Zur Predigt am Karfreitag, in: ders., Versöhnung, Gesetz und Gerechtigkeit. Aufsätze zur biblischen Theologie, Göttingen 1981, 447: „Bei der Botschaft von Jesu stellvertretendem Kreuzestod und seiner Auferweckung am dritten Tag ,für mich‘ geht es um das Herzstück des Evangeliums.“ 47 Vgl. aus jüngster Zeit das Werk von P. Doble, The paradox of salvation, mit dem proggrammatischen Untertitel „Luke’s theology of the cross“. Zur Auseinandersetzung mit Doble s. u. S. 30–33. 48 Flender, Heil, 11; Hagene, Zeiten, 17; Böttrich, Proexistenz, 414. 49 S. o. S. 3–6.8–10. 50 Dies gilt auch für Doble, Paradox, 234.237.241 u. ö.
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Lukas sei ein Schriftsteller, der nicht meint, was er sagt, und nicht sagt, was er meint. Denn die theologischen Konsequenzen, die sich aus der erzählerischen Darsstellung des Lukas ergeben, seien vom Evangelisten nicht intendiert und müßten auch vom Ausleger seines Werkes nicht nachvollzogen werden. Im Blick auf Jesu Leiden und Sterben gelangt daher ein nicht unerheblicher Teil der Lukasexegeten zu dem Schluß, daß die einhellig festgestellte Bedeutungslosigkeit des Kreuzes im dritten Evangelium keinesfalls die theologische Grundüberzeugung des Lukas repräsentiere. Ganz im Gegenteil: Lukas kenne und bejahe, so versichert man, die soteriologische Funktion des Todes Jesu, begründe sie aber nicht inhaltlich.51 So entsteht das – jeder literarischen und theologischen Logik widerstreitende – Bild eines Evangelisten, der zwar den Gedanken des Heilstodes Jesu aus seiner Kreuzzesvorstellung tilgt, aber nicht grundsätzlich die soteriologische Bedeutung des Kreuzes anzweifelt. Und da das Bild unwirklich ist, wird die allenthalben verssuchte Ehrenrettung der lukanischen Soteriologie zum Vexierspiel, bei welchem der Betrachter ein Kreuz zu sehen bekommt, wo keines ist, und ein leeres Bild, wo er das Kreuz zu sehen erwartet. Aber auch das Kreuz selbst erscheint dort, wo es zu sehen ist, nur in perspekttivischer Brechung. Denn da seine Heilsfunktion auf dem Spiel steht, man aber nicht zu sagen weiß, welch andere soteriologische Funktion Jesu Tod für Lukas haben könnte als den der Befreiung des Sünders von seiner Schuld als Voraussetzzung der erneuerten und ewigen Bundesgemeinschaft zwischen Gott und Mensch, lenkt man den Blick des Betrachters ein zweites Mal ab, weg von der Soteriollogie und hin zur Anthropologie. Hier endlich scheint die Verknüpfung des dem Menschen verheißenen Heils mit dem Kreuz zu gelingen, wenn auch nur indirekt, da Jesu Tod dem Erlösungsgeschehen selbst entnommen bleibt. Dennoch müsse das Kreuz, so argumentiert man, zumindest als „Voraussetzung für den Heilseempfang“ gelten, da seine Betrachtung dem Menschen „die Erfahrung des Endes der eigenen Möglichkeiten“ eröffne und die Sehnsucht nach der Gnade Gottes wecke.52 Die Schwierigkeit, dem Kreuz trotz der angeblichen Heilsunwirksamkkeit des Todes Jesu bei Lukas einen Platz im Erlösungsgeschehen einzuräumen 51 Vgl. z. B. Wilckens, Missionsreden, 216; Schnackenburg, Gedanke, 217; G. Fried rich, Die Verkündigung des Todes Jesu im Neuen Testament, Neukirchen-Vluyn 1982, 20; E. Schweizer, Zur lukanischen Christologie, in: E. Jüngel – J. Wallmann – W. Werbeck (Hg.), Verifikationen. FS G. Ebeling, Tübingen 1982, 57; J. B. Tyson, The Death of Jesus in LukeActs, Columbia, South Carolina 1986, 170. 52 Flender, Heil, 142. Vgl. auch Friedrich, Verkündigung, 20, und Pokorný, Theologie, 122, der Jesu Tod „als das Ereignis“ beschreibt, „das die Entfremdung der Menschen in ihrrer Tiefe deutlich macht“, und der die Rettung des Menschen aus der Erkenntnis dieser Entfremdung ableitet. Anders Doble, Paradox, 232–235.237.240 u. ö., der das Kreuz nicht zum Anschauungsobjekt für den Sünder macht, sondern es zu einem Existenzphänomen erkklärt, welches das Leben des Gerechten kennzeichnet. Ihn vergewissert das als Prüfung auferllegte Ertragen des Kreuzes nach dem Beispiel Jesu seiner Rettung.
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und damit einem an sich heilsunwirksamen Ereignis Heilsfunktion zuzuerkennen, ist offensichtlich. Da desungeachtet die Anthropologisierung der Soteriologie der einzige Ausweg ist, der den Lukasexegeten im selbstgesteckten Argumentationshhorizont bleibt, hat sich das genannte Begründungsmuster als Fundament der lukannischen Soteriologie etabliert bzw. als Fundament dessen, was man für die lukanissche Soteriologie hält. Daher erscheint in der modernen Lukasexegese, allerdings ohne daß dies eingehend reflektiert würde,53 die Soteriologie stets als Teilbereich der Anthropologie.54 Das Kreuz – dies ist die „soteriologische“ Funktion, die ihm bleibt – wird zum Medium menschlicher Selbst- und Sündenerfahrung und damit zum Mittel menschlicher Selbsterlösung: ein psychologischer Katalysator mit im Idealfall kathartischer Wirkung. Die Kreuzesfrage, eigentlich die zentrale Gottesffrage, wird zur Frage der menschlichen Heilsbereitschaft. Lukas aber, der in seinem Evangelium in so eindringlicher Weise die Erlössung des Sünders ins Bild setzt und der wie kein anderer Evangelist um diejeniggen ringt, die sich selbst nicht zu retten vermögen – Lukas wird damit endgültig zu dem, als den seine Ankläger ihn sahen: als den das Schiff vom Kurs ablenkkenden Saboteur des Evangeliums von der Rechtfertigung des Sünders aus Gnadden: ein blinder Passagier. Da der Evangelist jedoch aus den inzwischen mehrffach benannten Gründen nicht mehr als solcher gilt, wird mit dem um das Kreuz getriebenen Vexierspiel die lukanische Soteriologie als Ganze zum Spiegelkabinnett. Seine Wände ziert in vielfacher Brechung das Bild einer aus dem soteriologgischen Nichts hervortretenden, im Neuen Testament einmaligen und unvergleichllichen Kreuzestheologie und täuscht den Blick des Betrachters. Und so begrüßt man, wie die neuesten Veröffentlichungen zum Thema zeigen,55 auch weiterhin jeden neuen Entwurf einer vom Sühnegedanken befreiten lukanischen Kreuzesttheologie mit Applaus, obwohl das anthropologisch gespiegelte Bild des Kreuzes, in dessen Zentrum der Mensch nur sich selbst erblickt, gerade die Unmöglichkeit erweist, das Christusgeschehen als Heilsgeschehen zu begreifen, wenn dabei die Bedeutung des Kreuzes als des Sühnemittels, das die Versöhnung zwischen Gott und Mensch dauerhaft in Kraft setzt, aus der Reflexion ausgeklammert wird. Die Problematik einer Anthropologisierung der Soteriologie liegt auf der Hand: Das vorgängig sich am Menschen vollziehende Gotteswerk der Befreiuung des Menschen von der Macht der Sünde, der Versöhnung mit sich selbst und mit Gott, wird ersetzt durch ein wie immer gefaßtes menschliches Erlösungsbbegehren als Ausgangspunkt der Errettung aus der Gottesferne. Die Frage nach 53
Eine Ausnahme ist Untergaßmair, Kreuzweg, 211. S. dazu u. S. 24. gewürdigt wird die Verlagerung der Frage der Heilsvermittlung auf die antthropologische Ebene von Bovon, Vermittlungen, 85, der sich hier einmal mehr als Vertreter einer synergistischen Heilskonzeption erweist. 55 Dazu ausführlich Einführung 1.2. 54 Ausdrücklich
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den anthropologischen Voraussetzungen des Heilsempfangs stellt man sich dabei nicht, jedenfalls nicht in den richtungsweisenden Untersuchungen zur lukanischen Theologie, die Frage: Kann dem Menschen als vom Verhängnis, ja von der Macht steter Selbstdestruktion nicht befreitem Wesen das Vermögen zuerkannt werden, das ihm bestimmte, ihm vor Augen gestellte, ihn aber nicht zuvor verwandelnde Heil von sich aus zu ergreifen? Und da man die Frage nicht stellt, entledigt man sich der Pflicht, das Menschenbild des Lukas am Text selbst zu untersuchen; gleichzeitig entledigt man sich der schwierigen Aufgabe, erklären zu müssen, warum ausgerechnet der Evangelist den Sühnegedanken aus seiner Theologie ausklammert, der die Frage nach den menschlichen Möglichkeiten der Heilserkkenntnis und der menschlichen Willensfreiheit zu einem Leitthema seines Dopppelwerkes macht und sie im Bild der göttlichen Verstockung des Menschen stets und mit Nachdruck negativ beantwortet.56 Die Anthropologie des Lukas gehört noch immer zu den wissenschaftlich bislang nur in Ansätzen bearbeiteten Gebieten der Lukasforschung,57 und dies, obwohl die Anthropologie und nicht die Christologie das Bezugsfeld der soteriollogischen Analyse darstellt. Aus diesem Grund entbehrt die soteriologische Diskkussion über das lukanische Doppelwerk eines notwendigen Prüfsteins interprettatorischen Erkenntnisgewinns. Die Frage nach dem Menschenbild des Lukas scheint sich mit den soteriologischen Prämissen der Forschung von selbst erleddigt zu haben, weshalb man ohne Not die Erlösung in die alleinige Verantwortung des Menschen legt, der zur Buße und Umkehr sich nur entschließen muß, obwohl ihm gerade dies nach Lukas unmöglich ist.58 So wird das Geschenk der Erlösung 56 S. dazu den ausführlichen Exkurs zum Thema u. S. 265–280, außerdem die entsprechendden Passagen in der Auslegung der Emmausperikope u. S. 226–229.236–238. 57 Die Studie von Taeger, Mensch, stellt einen ersten Ansatz einer Untersuchung der lukannischen Anthropologie dar. Ihre Problematik liegt nicht von ungefähr in ihrer soteriologischen Grundlegung. Denn Taeger setzt, im Strom der Forschung mitschwimmend und ohne eigenne Prüfung des Sachverhalts, eine vom Sühnegedanken befreite Soteriologie des Lukas voraaus und muß daher in der Frage des Heilsempfangs notwendig synergistisch argumentieren. Konsequenterweise behandelt auch er die Verstockungsthematik als Dreh- und Angelpunkt der lukanischen Anthropologie nicht und begibt sich damit der entscheidenden textlichen Grundlagen für die systematische Erforschung des lukanischen Menschenbildes. 58 In diesem Zusammenhang ist aus jüngerer Zeit besonders das Werk von Hagene, Zeiten, zu nennen, das mit Blick auf das lukanische Doppelwerk den Anspruch erhebt, einen soterriologischen Neuansatz jenseits aller Sühnetheologie zu bieten. Es kann als mustergültiges Beispiel für die theologische Ausweglosigkeit des oben geschilderten, in der Exegese etabblierten Begründungszusammenhangs gelten, da trotz ihres Neuansatzes auch diese Autorin die Kreuzesfrage zur anthropologischen Frage machen muß, um soteriologisch argumentierren zu können (op. cit., 65–69). S. dazu auch u. S. 28–30. Der Vorwurf, die anthropologische Problematik nicht genügend zu durchdringen, trifft auch Voss, Christologie, 172, der – eine Ausnahme unter den kritischen Lukasexegeten – trotz seiner Überzeugung vom Fehlen des Sühnegedankens im Lukasevangelium auf die Notwendigkeit der göttlichen Verwandlung des Menschen als eines Aktes verweist, der dem menschlichen Schritt hin auf das von Jesus verk-
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wieder zu der Last, an welcher, wie Lukas mehrfach betont, schon das Volk des Alten Bundes zerbrochen ist, und wird der Evangelist, der die Frage des sündhaft in sich selbst gefangenen Willens zur Kreuzesfrage macht, zum Repräsentanten einer Heilslehre, deren christliche Wurzeln in Frage stehen. Doch bis heute „rettet“ man die Ehre des dritten Evangelisten, indem man die Vorzeichen verkehrt und das zur Rehabilitation des Lukas ins Feld führt, was eigentlich zu seiner endgültigen theologischen Aburteilung führen müßte. An der im Namen des Lukas durchgeführten Anthropologisierung und Psychologisierung des Kreuzes durch die Wissenschaft und an der Widerspruchslosigkeit, mit der dies geschehen und sich die entsprechenden Denkmuster etablieren konnten, zeigt sich, wie sehr sich innerhalb der neutestamentlichen Exegese das Selbstverständnnis gewandelt hat und wie sehr man sich der Forderung nach menschlicher Autonnomie selbst dort zu öffnen bereit ist, wo man auf der Grundlage der biblischen Texte lehrt, die Einschränkung dieser Autonomie durch die Macht der Sünde als Grunddatum menschlicher Existenz zu begreifen. Die Lukasforschung hat sich ihrer wissenschaftlichen und damit gleichzeitig ihrer kirchlichen Grundlagen begeben, um Lukas kirchlich „hoffähig“ zu machen. Das heißt: Man hat sich des Kreuzes entledigt, um dem Bedürfnis des Menschen nach Selbstbetrachtung entgegenkommen zu können. Man hat dies aber getan, ohne diejenige empirische Wissenschaft zu Rate zu ziehen, die den Menschen rein innerweltlich, jenseits seines Gottesbezuges, ins Zentrum ihrer Untersuchung rückt: die Psychologie. Daß hier, in der nichtkirchlichen Humanforschung, weit differenzierter über die Grenzen menschlichen Handelns und menschlicher Entsscheidung reflektiert wird als in der Lukasexegese,59 zeigt die Größe des theollogisch-systematischen Problems. Denn die Psychologisierung des Kreuzes im oben genannten Sinne setzt voraus, daß man absieht nicht nur vom biblischen Sünddenverständnis, sondern auch von der psychologischen Grunderkenntnis, daß der Mensch sich durch das „Beispiel gelungenen Lebens“ – ein Kernsatz der Lukasfforschung60 – in den seltensten Fällen zur Umkehr vom Weg der Selbstzerstörkündigte Heil vorausliegt. Da Voss jedoch die Verwandlung als eine nicht auf der Seins‑, sonddern allein auf der Bewußtseinsebene sich vollziehende versteht und sie auf die geistgewirkte Schaffung eines neuen, am Beispiel Jesu ausgerichteten Selbstverständnisses beschränkt, bleibt die Frage der realen Überwindung der den Menschen von sich selbst und damit von Gott trennnenden Macht letztlich unbeantwortet, ebenso wie die von Lukas so drängend aufgeworfene Frage menschlicher Verstockung. 59 Es mag hier genügen, auf das breite Feld der Aggressionsforschung hinzuweisen, deren Notwendigkeit sich aus der Tatsache der von außen, d. h. therapeutisch, nicht oder nur schwer zu steuernden menschlichen Selbst- und Fremdaggression und -destruktion ergibt, wobei geradde die Tatsache der eingeschränkten äußeren Steuerungsmöglichkeiten die Vielzahl divergierendder theoretischer Ansätze erklärt. Für einen ersten Überblick s. L. Berkowitz, Art. Aggression, Lexikon der Psychologie, Augsburg 1997, Sp. 27–36 mit weiterführender Lit. 60 S. dazu u. S. 21–43 den geschichtlichen Überblick.
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rung und der Zerstörung anderer abbringen läßt, ja, daß er sich vielfach gerade durch die Anschauung der „heilen Welt“ genötigt fühlt, dem daraus resultierenden Anspruch zu trotzen.61 Das „Ich, das seine Aufgabe nicht erfüllen kann“,62 konsstituiert einen ganzen nichttheologischen Wissenschaftszweig, dessen Einbeziehhung in die anthropologische und soteriologische Reflexion sowohl im Bereich der Exegese als auch im Bereich der systematischen Theologie dringend gebotten ist.63 Was die Überwindung des menschlich-destruktiven Willens betrifft, so vermag ihm die Psychologie, trotz ihres Wissens um menschliche Handlungsmmuster, bislang nur therapeutisch zu begegnen, ohne die Ursachen des zerstörrerischen Handelns zu beseitigen. Mit ihnen aber ringen die biblischen Autoren, unter den Evangelisten an vorderster Front Lukas, der die Frage, warum der Sündder der Macht der Sünde nicht aus eigener Kraft zu entfliehen vermag, zu einem Leitthema seines Doppelwerkes macht. Unausweichlich ist an dieser Stelle daher der Schluß, daß sich in der modernnen Lukasexegese nicht nur das Kreuzes‑, sondern auch das Sündenverständnis gewandelt und die Sünde als eine den Menschen tödlich beschlagnahmende Macht ihren Ernst verloren hat.64 Wie sonst wäre es möglich, daß die Vorstellung, der Mensch könne und müsse Gott in der Verwirklichung seines Heils vorangehen65, sich als soteriologisches Alternativmodell zur paulinischen Erlösungslehre in Wisssenschaft und Kirche zu etablieren beginnt66 und daß man die theologischen Kons61 Vgl. Schoberth, Schlachtopfer, 102 f, der angesichts der auch innerkirchlich weit verbbreiteten Skepsis gegenüber dem Kreuz und seiner Bedeutung nachdrücklich darauf verweist, daß „da, wo das Kreuz empört zurückgewiesen wird, nicht selten eine ... Überforderung und Überschätzung menschlicher Fähigkeiten“ zu beobachten sei. „Erlösung wird so zur überfälliggen Einsicht in die richtige Sicht der Dinge.“ 62 F. Redl – D. Wineman, Steuerung aggressiven Verhaltens beim Kind, 6. Aufl., München 1993, 10 (Übers. des 1952 unter dem Titel „Controls From Within“ in New York erschienenen Werkes); Original ohne Kursive. 63 Zur Einbeziehung der psychologischen Erkenntnis von dem nur scheinbar autonomen „Ich“ des Menschen in die anthropologische Reflexion s. auch G. Kittel, Die biblische Rede vom Sühnopfer Christi und ihre unsere Wirklichkeit erschließende Kraft. Eine didaktische Reflexion, JBTh 9 (1994), 301 f, auf der Grundlage von G. Theißen, Psychologische Aspekte pauliniscscher Theologie, 2. Aufl., Göttingen 1993, 245–248. 64 Vgl. Schnackenburg, Gedanke, 212: „Sünde ... ist kein Schlüsselwort für die Existenzerfahrung des Gegenwartsmenschen“, eine Erkenntnis, die in den Augen des Autors die kirchliche Adaption der angeblich vom Sühnegedanken befreiten Soteriologie des Lukas rechtffertigt (op. cit., 214–219), nicht zuletzt wegen ihrer sprachlich „verständlichen Codes“ (op. cit., 217). S. dagegen aus dogmatischer Sicht F. Nüssel, Die Sühnevorstellung in der klassischen Dogmatik und ihre neuzeitliche Problematisierung, in: J. Frey – J. Schröter (Hg.), Deutungen des Todes Jesu im Neuen Testament, WUNT 181, Tübingen 2005, 92: „Mit der Deutung des Todes Jesu als Sühne“ wird „die Einsicht in die Radikalität menschlicher Sünde erschlossen.“ Ähnlich R. Stolina, Art. Sühne III. Dogmatisch, RGG4 7, Tübingen 2004, Sp. 1846. 65 S. nochmals o. S. 12 f mit Anm. 43 und 44. 66 Dazu ausführlich u. S. 37 f.
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sequenzen verharmlost, die das zum menschlichen Anschauungs- und Identifikattionsobjekt degradierte Kreuz des Christus zeitigt? Die psychologisch motivierte Selbsterlösung des Menschen ist zum gängigen soteriologischen Vorstellungsmodell der Lukasforschung geworden, auch wenn man dieses Faktum durch anthropologisch-soteriologische Kompromißformeln zu verschleiern sucht. Vielleicht aber verschließt man auch nur die Augen, um die Konsequenzen einer um das Kreuz selbst reduzierten Kreuzestheologie nicht sehen zu müssen. Und doch ist von Selbsterlösung überall dort zu reden, wo man, die Heilsbedeutung des Kreuzes leugnend, den Menschen den ersten Schritt auf den Gekreuzigten zu machen läßt und absieht von Jesu Tod als dem Ereignis der ein für allemal geschehenen Entsühnung des Menschen und seiner Befreiung von der ihn zerstörenden und von Gott trennenden Macht der Sünde und des Todes. Einige Beispiele aus der Forschung mögen diese Entwicklung dokumentieren. Die genannten Werke gelten als richtungsweisend und repräsentieren – selbst die älteren noch – den gegenwärtigen Stand der Diskussion. Auch wenn in den bishherigen Ausführungen sachlich bereits eine Auseinandersetzung mit den einschläggigen Veröffentlichungen zum Thema stattgefunden hat, so sollen die hier vorgesstellten Autoren schon deshalb für sich sprechen dürfen, weil sich in den Jahren der anhaltenden Kritik an Lukas mit ihren Namen und Entwürfen in besonderer Weise die Vorstellung einer „Wende“ in der Lukasforschung verband oder weil sie diese Wende – dies betrifft die jüngere Forschung – mit besonderem Nachdruck zu befestigen suchen. In ihrer Gesamtheit belegen die hier vorgestellten Arbeiten die Bandbreite und Kreativität, mit der man den „blinden Passagier“ zu rehabilittieren sich bemüht. Gleichzeitig belegen sie den nun schon mehrfach dokumenttierten Wandel der hermeneutischen Voraussetzungen, der sich bei der Bewertung der lukanischen Soteriologie unmerklich vollzogen hat und weiterhin vollzieht. Die Bedeutung dieses Wandels für die Auslegung des lukanischen Doppelwerkes kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, gerade weil er – paradoxerweise – die exegetischen Denkmuster, die einst zur Verurteilung des Lukas geführt hattten, nicht aufgebrochen, sondern befestigt hat und verantwortlich ist für den schon so lange währenden Stillstand der Lukasforschung. Daß der folgende geschichtliche Überblick über die Forschung der letzten 50 Jahre nicht auf dokumentarische Vollständigkeit zielt, sondern im Dienst der hier angestrebten Systematisierung der Aspekte steht, ist ebenfalls forschungsgesschichtlich begründet. Denn die Systematisierung der Begründungsmuster, welcche die Debatte um die lukanische Soteriologie bestimmen, ist ihrerseits ein Forsschungsdesiderat. Ja, die Tatsache, daß es bis heute einer wirklichen Entgegnung auf die scharf formulierte Lukaskritik der 50er Jahre ermangelt, hängt mit diessem in der Lukasexegese weitgehend geübten Verzicht auf systematische Reflexxion zusammen. Er ist nicht die Folge eines grundsätzlichen Unvermögens, sond-
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dern einer Kapitulation vor der Macht des über Lukas gesprochenen Urteils, eines Vor-Urteils, dessen forschungs- und theologiegeschichtliche Bedingtheit nur seltten wahrgenommen und noch seltener im Rahmen der exegetischen Theoriebilddung reflektiert wird. Im Interesse einer geschichtlichen Vollständigkeit sei allerddings auf die Vielzahl vorhandener, chronologisch angelegter Übersichten zur Lukasforschung hingewiesen.67
1.2 Soteriologie im Wandel – ein geschichtlicher Überblick Bis heute vielfach rezipiert, wird Helmut Flenders Studie „Heil und Geschich te in der Theologie des Lukas“ aus dem Jahre 196568 von der deutschen Forsschung als ein Meilenstein in der Erhellung der lukanischen Soteriologie angesehhen, dies allerdings nicht wegen der theologischen Prägnanz des Werkes, sondern weil es Flender gelungen sei, die Soteriologie insgesamt von „der Reduktion auf die Sterbeformel ἀπέθανεν ὑπὲρ τῶν ἁμαρτιῶν ἡμῶν“ zu lösen.69 Tatsächllich hat Flender diese Loslösung so gründlich betrieben, daß er der genannten Formel gar nicht gedenkt und sowohl die lukanische Abendmahlseinsetzung als auch die Kreuzigung Jesu ganz von der Betrachtung der Texte und der Analyse der lukanischen Soteriologie ausnimmt. Die „Frage, ob der Tod Jesu für Lukas Heilsbedeutung hat“,70 wird von Flender erst ganz am Schluß seines Werkes gestellt und auf nur zwei Seiten mit dem Hinweis auf den menschlichen Erfahrrungswert des Kreuzes beantwortet. Ja, Flender kann, da das oben bereits zitiert-
67 S. Bovon, Luke the Theologian. Thirty-Three Years of Research (1950–1983), franz.: Luc le théologien. Vingt-cinq ans de récherches (1950–1975); ders., Aktuelle Linien lukanisscher Forschung, in: ders., Lukas in neuer Sicht. Gesammelte Aufsätze, übers. v. E. Hartmann, A. Frey und P. Strauss, Biblisch-theologische Studien 8, Neukirchen-Vluyn 1985, 9–60 (ursspr. franz. ersch. unter dem Titel: Orientations actuelles des études lucaniennes, RThPh 108 [1976], 161–190); ders., Lukas-Chronik, in: ders., op. cit., 44–46 (urspr. franz. ersch. untter dem Titel: Du côté de chez Luc, RThPh 115 [1983], 175–189); M. Rese, Neuere LukasArbeiten. Bemerkungen zur gegenwärtigen Forschungslage, ThLZ 106 (1981), Sp. 225–237, mit Nennung weiterer Überblicksarbeiten; ders., Das Lukas-Evangelium. Ein Forschungsbericht, in: H. Temporini – W. Haase (Hg.), Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. Geschichte und Kultur Roms im Spiegel der neueren Forschung II: Principat 25/3: Religion, Berlin – New York 1985, 2258–2328, bes. 2298–2319. Des weiteren finden sich ausführliche Forschungsüberblicke in nahezu jeder jüngeren Veröffentlichung zum Thema, was eine erneute Darstellung der forsschungsgeschichtlichen Entwicklung unnötig macht. S. etwa Glöckner, Verkündigung, 96– 113; Hagene, Zeiten, 2–15. Vgl. schließlich auch die ausführliche Zusammenfassung der Auslegung des Lukasevangeliums vom 2. Jh. n. Chr. bis ins beginnende 20. Jh. bei Creed, St. Luke, XXV–LV. 68 BEvTh 41, München. 69 Hagene, Zeiten, 8. Sprachlogisch sei dahingestellt, was die Autorin genau unter der Lösung eines Sachverhalts – hier der Soteriologie – von einer Reduktion versteht. 70 Flender, Heil, 140.
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te Diktum71 von der „Erfahrung des Endes der eigenen Möglichkeiten im Kreuze Jesu“ als „Voraussetzung für den Heilsempfang“72 auf ihn zurückgeht, als derjjenige Exeget gelten, welcher der Lukasforschung mit der Anthropologisierung der Soteriologie das Denkmuster vorgegeben hat, innerhalb dessen sie sich bis heute bewegt. Da Flender allerdings – im Rahmen einer in gleicher Weise antthropologisierten, auf Jesu Vorbildfunktion im Leiden zentrierten Christologie – neben dem psychologisch motivierten Umkehrwillen des Menschen auch Jesu Erhöhung zur „Voraussetzung der Sündenvergebung“ macht,73 entsteht der Einddruck einer gewissen Planlosigkeit in der Neubefestigung der lukanischen Sotteriologie, zumal die Frage, in welcher Weise die Erhöhung soteriologisch zum Ersatz für das Kreuz als Sühnemittel werden kann, weder gestellt noch beantworttet wird und auch der Zusammenhang von Christologie und Soteriologie unrefflektiert bleibt. Flender selbst hat die mangelnde Stringenz seiner Argumentatioon und die fehlende Verknüpfung der theologischen Bereiche auf die angebliche Aspektivität des lukanischen Werkes zurückgeführt74 und hat damit künftigen Lukasforschern ein willkommenes Erklärungsmuster geliefert für die Unmögllichkeit, die Fülle soteriologischer Aussagen im lukanischen Doppelwerk in das Modell einer anthropologisierten Soteriologie zu integrieren.75 Daß Flender, indem er die lukanische Kompositionstechnik als aspektiv charakterisiert, den eigenen Mangel auf das von ihm untersuchte Werk projiziert, zeigt das Urteil der angelsächsischen Forschung, in der Flenders Untersuchung als ein „extremmely obscure book“76 nur wenig Beachtung erfährt. Daß für die deutsche Lukasexegese allerdings Flenders anthropologischer Denkansatz bestimmend werden sollte, zeigte sich bereits 10 Jahre später in der monographischen Folgearbeit von Richard Glöckner, „Die Verkündigung des Heils beim Evangelisten Lukas“ (1975)77. Glöckners Definition der Erlösung „als Angebot Gottes in der Niedrigkeit des Weges Jesu zu den Erniedrigten“78 wurde weithin mit Beifall aufgenommen. Das Heil bestehe nach Lukas, so kann
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S. 15. Heil, 142. 73 Op. cit., 97; zur Leidensnachfolge s. op. cit., 76. 74 Op. cit., 15–24. 75 Beispielhaft seien hier Friedrich, Verkündigung, 20; Böttrich, Proexistenz, 436, und Pokorný, Theologie, genannt. Zur Auseinandersetzung mit letztgenanntem Werk, in dem die fehlende Systematik der soteriologischen Aussagen ebenfalls grundsätzlich behandelt wird, s. ausführlich u. S. 25–27. 76 I. H. Marshall, Luke: Historian and Theologian, Exeter 1970, 88. Vgl. auch die Be sprechung des Werkes von Flender in: ders., Recent Study of the Gospel According to St. Luke, ET 80 (1968/69), 5. 77 Walberger Studien 9, Mainz. 78 Verkündigung, 152. 72
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Glöckner auch sagen, im Offenhalten dieses Angebots.79 Da aber die Offenhalttung der Rettungsmöglichkeit das einzige ist, was von Gott her geschieht, und da Jesu Sendung allein der Anschauung, man könnte auch sagen: der Veranschaulicchung heilvollen Lebens dient, hängt die Realisierung des Heils vom Menschen ab und von seinem Vermögen, „sich von der Niedrigkeit Jesu ansprechen und darin das Heil zusprechen“ zu lassen.80 Ja, der Mensch ist nach Glöckner bei der Reallisierung der Erlösung Gott in der Weise vorgeordnet, daß sein Jesus „erkennendes bzw. anerkennendes Wort“ „dem Heilswort Jesu“ notwendig vorausgeht.81 Die Errettung des Menschen geschieht infolge seiner Selbsterniedrigung als Frucht der Anschauung der ihm von Jesus vor Augen gestellten Lebensmöglichkeiten. Weiter kann man Lukas von der Vorstellung der Rechtfertigung des Sünders aus Gnaden sicher nicht abrücken. Um so nachdrücklicher ist Glöckner zu widerssprechen, zumal seine Analyse vollständig der anthropologischen Grundlegung entbehrt und die das lukanische Gesamtwerk durchziehenden Verstockungsausssagen vernachlässigt, welche die göttlich je und dann verordnete Unmöglichkeit erweisen, das durch Jesus anschaulich gemachte Heil anzunehmen. Der Widerspruch ist um so dringlicher, als die Konsequenzen, die Glöckners Denkmodell für die kirchliche Praxis gezeitigt hat, folgenschwer sind. Denn mit seinem Ausblick auf die kirchliche Situation zur Zeit des Lukas gab der Autor in der Frage der Kompatibilität des lukanischen und des paulinischen Erlösungsmmodells den Anstoß für den Versuch, die ganz auf den Menschen und sein Befindden ausgerichtete lukanische „Anschauungssoteriologie“ in eine christliche Erlössungslehre zu integrieren82 und sie zum soteriologischen Alternativmodell für Predigt und Lehre zu erheben. Die Kritik an diesem Versuch der soteriologischen Vermittlung zwischen Paulus und Lukas richtet sich auf die in der neuzeitlichen Adaption anachronistische Verquickung historischer und theologischer Zusammmenhänge. Sie ist sachgemäß hermeneutische Kritik an der Infragestellung der paulinischen Grundüberzeugung von der soteriologischen Exklusivität des „für
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Op. cit., 185; vgl. auch op. cit., 198. Nochmals op. cit., 152; vgl. op. cit., 186 f. 81 Op. cit., 186. Gleichfalls ein Repräsentant der katholischen Exegese und von Einfluß auf Glöckner ist H. Kessler, Die theologische Bedeutung des Todes Jesu. Eine traditionsgesschichtliche Untersuchung, Düsseldorf 1970, der im Blick auf die angeblich in ihrer Gesamtheit dem Sühnedenken fernstehenden synoptischen Evangelisten (s. dazu u. S. 44 Anm. 170) ganz ähnlich argumentiert wie Glöckner. Seiner Überzeugung nach ist es das dem Menschen in Jesus zukommende „Mehr“, das für den Menschen zur Entscheidungshilfe wird in der Frage, „woher und woraufhin man letztlich sein Leben bestreiten wolle“ (op. cit., 335). Jesu Sterben stelle „die äußerste Bewährung seiner vertrauenden Offenheit gegenüber Gott und seines Daseins für die Menschen dar“ und sei daher die Eröffnung von Freiheit und die Ermöglichung der Entscheidung für Gott (op. cit., 336 f). 82 Op. cit., 239 f. 80
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uns“ von Tod und Auferstehung Jesu83 und ist angesichts der Nachdrücklichkeit, mit der Glöckner den aus Anschauung lernenden Menschen in den Vordergrund rückt, zu ergänzen durch den nochmaligen Hinweis auf das humanwissenschaftlicche Grundlagenwissen der Psychologie, das zum Korrektiv einer sowohl unbiblisschen als auch allen empirischen Erkenntnissen zuwiderlaufenden Anthropologie wird84: Wenn – um Glöckners Leitbegriff zu rezipieren – die Veranschaulichung gelingenden Lebens, wenn die „Verdeutlichung der Unheilssituation“85 genügte, den Menschen von seinem einmal eingeschlagenen Weg abzubringen, müßten Eltern und Lehrer nicht an ihrem Erziehungsauftrag verzweifeln, wären menschlliche Irrwege nur Umwege auf dem Weg zum Glück und wäre Menschenführung ein stets erfolgreiches Unternehmen. Es wäre die Welt auch ohne Heiland heil und bedürfte seiner Rettungstat nicht. Lukas präsentiert zu oft den in Verstockung befangenen Menschen, als daß er nicht wüßte: Aus der bloßen Anschauung des Heilen erwächst kein Heil. Um so mehr offenbart der Anspruch die Not: Gerade in der dem Angebot gelingenden Lebens widerständigen Selbstbefangenheit des Menschen erweist sich seine von ihm selbst nicht zu überwindende Heillosigkeit und Sündhaftigkeit und die Notwendigkeit der ihm von außen, jenseits seiner Möglichkeiten, zukommenden Rettung. Dennoch folgte die Lukasforschung der 80er und 90er Jahre in der soteriollogischen Diskussion in großer Einmütigkeit dem Begründungsmuster Glöcknners. Dabei zeigte sich immer deutlicher, daß in der soteriologischen Erforsschung des lukanischen Doppelwerkes Weg und Ziel miteinander vertauscht wurden und man die Untersuchung stets dort begann, wo man nach eingehender Betrachtung der lukanischen Schriften doch eigentlich ankommen sollte: bei der Erkenntnis ihrer soteriologischen Struktur. Statt aber das soteriologische Konzzept des Lukas aus den Quellen zu erheben, stellte man das zu erwartende Ergebnnis als axiomatische Voraussetzung in den Raum und begann die Analyse der Texte im vorgefaßten Wissen um das, was sie zeitigten. Ein Musterbeispiel ist die nicht lange nach Glöckners Werk erschienene Studie „Kreuzweg und Kreuzzigung Jesu. Ein Beitrag zur lukanischen Redaktionsgeschichte und zur Frage nach der lukanischen ,Kreuzestheologie‘ “ von Franz Georg Untergaßmair
(1980)86, die schon im Untertitel durch Anführungszeichen kenntlich macht, daß von einer Kreuzestheologie des Lukas nicht im paulinischen Sinne des Wortes geredet werden kann. Der Autor bekräftigt diesen Sachverhalt gleich auf der ersten Seite. „Lk weist“, so heißt es hier, „im Gegensatz zu Paulus keine ausführliche Kreuzestheologie vor.“ Damit ist die Richtung bestimmt und sind die soteriologis83
Dazu bereits o. S. 3–10; inhaltlich ergänzend u. S. 33–42. Grundlegend bereits o. S. 18 f. 85 Glöckner, Verkündigung, 152. 86 Paderborner Theologische Studien 10, Paderborn – München – Wien – Zürich. 84
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schen Konsequenzen der sich anschließenden Analyse unausweichlich. Daß auch Untergaßmair in seiner „Soteriologie dess Weges“87,�al s d essen letzte Station d das Kreuz erscheint, synergistisch argumentieren muß, liegt auf der Hand, da er statt des „für uns“ des Todes Jesu das „mit uns“ seines Lebens und Sterbens in den Vordergrund stellt88. Und obwohl er, im Unterschied zu Glöckner, bemüht ist, das „Zuvor“ Gottes im Akt der Heilszueignung im göttlichen δεῖ zu verankern,89 muß er am Ende doch den Menschen seine Erlösung selbst ins Werk setzen lasssen. Denn die dem Menschen von Jesus geschenkte Gemeinschaft, die den Sündder „zur Einsicht der eigenen Schuld und zur Schau der göttlichen Güte“ führt, muß vom Menschen erst sanktioniert werden. „Gemeinschaft mit Jesus“ entsteht, so Untergaßmair, „nicht automatisch ... Dem Angebot Jesu, ,mit dem anderen e ein Stück zu gehen‘, muß zumindest ein anfängliches Dulden der Begleitung Jesu entgegengebracht werden.“90 Mit der „Duldung“ Jesu als Voraussetzung der Erretttung des Menschen hat die „lukanische“ Soteriologie, besser: die Soteriologie der Lukasforschung, das bizarre Ende einer Entwicklung erreicht, welche die Wisssenschaft eigentlich zum energischen Widerspruch hätte herausfordern müssen, zum Widerspruch gegen den offensichtlichen Bruch der Exegese mit der christlicchen Überzeugung von der Heilswirksamkeit des Todes Jesu und gegen den Verssuch, die prinzipielle Offenheit, ja Beliebigkeit christlicher Heilsverkündigung exegetisch zu sanktionieren. Aber es ist nur Untergaßmair selbst, der die Problblematik einer Soteriologie erkennt, die sich auf den aus Duldung erwachsenden Umkehrwillen des Menschen gründet. Denn als einziger der Exegeten räumt er ein, daß hier Soteriologie und Anthropologie miteinander verschmelzen und in der Konsequenz auch die Christologie anthropologisiert wird.91 Da Untergaßmamair gleichwohl seine axiomatische Überzeugung von der Bedeutungslosigkeit des Kreuzes bei Lukas nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüft, geht er den einmal eingeschlagenen Weg einer anthropologisierten Soteriologie auch christologisch bis zum Ende weiter: Aus dem für uns am Kreuz Gestorbenen wird „Jesus[,] der Gott-Mensch schlechthin“, in dessen „ ,mit Gott – mit uns – Sein‘ ... der Ermöglicchungsgrund der Heilsverwirklichung“ liegt.92 Die Möglichkeit zu verwirklichen, bleibt dem sündigen Menschen überlassen. In diesem Zusammenhang ist auch Petr Pokorný zu nennen, dessen „Theollogie der lukanischen Schriften“ (1998)93 den Anspruch erhebt, das von Lukas gezeichnete theologische Gesamtbild wiederzugeben und Christologie, Soteriol87
Op. cit., 4, nach Schnackenburg, Gedanke, 216. Op. cit., 208. 89 Op. cit., 212. 90 Loc. cit. 91 Op. cit., 211. 92 Loc. cit. 93 FRLANT 174, Göttingen. 88
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logie und Anthropologie ins rechte Verhältnis zueinander zu setzen. Daß aber gerade dies mißlingt und statt der theologischen Synthese ein kaleidoskopartig stets aufs Neue verschwimmendes Muster übrigbleibt, hängt damit zusammen, daß Pokorný versucht, die lukanische Soteriologie und Christologie zwar im Abstand zur Sühnevorstellung zu konzipieren, dabei aber den Evangelisten doch nicht zu weit von der paulinischen Rechtfertigungslehre abrücken will und ihre Kenntnnis bei Lukas voraussetzt.94 Konsequenterweise kann Pokorný, hierin Flendder nahestehend, von einem inneren Zusammenhang des lukanischen Gedankenggebäudes nur im Sinne einer programmatischen Zusammenhanglosigkeit reden, die Lukas im Interesse einer Harmonisierung ihm bekannter, aber divergierender Traditionen in Kauf nähme.95 Ohnehin sei Lukas kein scharfer Denker und dürfe daher schon aus intellektuellen Gründen nicht an Paulus gemessen werden.96 Liegt aber der Zusammenhanglosigkeit der theologischen Aussagen eine Programmattik zugrunde, so bleiben dem Exegeten bei der theologischen Erschließung des lukanischen Werkes nur Kompromißformeln, wie sie am Schnittpunkt von Chrisstologie und Soteriologie die Feststellung Pokornýs darstellt, Christi Retteraamt bei Lukas sei darin begründet, daß Christus „in seiner ganzen Geschichte Gott repräsentiert“97. Die Frage, in welcher Weise die göttliche Repräsentanz, die jedem prophetischen Verkündigungsakt eignet, die Sünden- und Selbstverffallenheit des Menschen aufbricht, wird dabei genauso wenig beantwortet wie in den drei vorgenannten Werken. Statt dessen verlagert auch Pokorný das Probblem nach bekannter Manier auf die anthropologische Ebene der exemplarischen Vergegenwärtigung. Die Anschauung der Geschichte Jesu, so Pokorný, ermöglliche den „Zugang zu den Grundfragen des menschlichen Daseins“98 und sei daher die Voraussetzung für die Umkehr des Menschen.99 Jesu Tod, das Skandallon des Kreuzes, ist auch in diesem auf Ausgleich bedachten Werk nicht mehr als ein psychologisches Mittel menschlicher Selbstreflexion. Und methodisch zeigt sich bei Pokorný fast deutlicher noch als bei Flender, daß der Versuch, den inneren Zusammenhang eines soteriologischen Konzepts zu erhellen, dem man einen solchen Zusammenhang zuvor abgesprochen hat, notwendig zur Quadratur des Kreises gerät und daher scheitern muß. Die Einheit der soteriologischen Ausssagen im lukanischen Doppelwerk wird man – dies ist das Fazit aus Pokornýs Bemühung um Vereinheitlichung von Unvereinbarem – erst entdecken, wenn man aufzugeben bereit ist, was hermeneutisch die Inkompatibilität der soteriologis94
Op. cit., 23. Op. cit., 13. Ähnlich Glöckner, Verkündigung, 239 f. 96 Loc. cit. Vgl. auch Böttrich, Proexistenz, 436, der Lukas, „den Maler“, in intellektueellen Gegensatz zu Paulus, „dem Denker“, stellt. 97 Theologie, 136. 98 Op. cit., 130. 99 Op. cit., 123 f. 95
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schen Aussagen allererst manifestiert: das Axiom von der Bedeutungslosigkeit des Todes Jesu bei Lukas. Nur wenn das interpretatorische Dilemma selbst zum Gegenstand der hermeneutischen Reflexion gemacht und nicht dem ohnehin schon genug geplagten Evangelisten angelastet wird, öffnen sich neue Wege des Denkkens und kann das, was jetzt kaleidoskopartig verschoben zu sein scheint, an seinnen rechten Platz rücken. Daß man aber selbst am Ende der 90er Jahre von einer solchen Öffnung für exegetisch und hermeneutisch Neues noch weit entfernt war, ja, daß man inzwisschen sogar das lukanische Heilsverständnis zur Darstellung bringen konnte, ohne überhaupt die bekannten Verstehensvoraussetzungen noch zu benennen, zeigt die aus demselben Jahr wie das Werk Pokornýs stammende, geschichtstheologisch ausgerichtete Studie von Günter Wasserberg „Aus Israels Mitte – Heil für die Welt“ (1998)100. Ihr Titel erweckt den Anschein, als sollten in ihr, zugespitzt auf die Frage des Verhältnisses von Israel und Kirche, die soteriologischen Hauptlinnien des lukanischen Doppelwerkes entfaltet werden. Wer allerdings erwartet, die Frage nach dem Heil für Israel und die Völkerwelt als Kreuzesfrage expliziert zu finden, muß feststellen, daß der Autor die Ausblendung der Passionstexte noch konsequenter betreibt als Flender und das Kreuzesereignis strikt von der Anallyse der lukanischen Heilsvorstellung ausnimmt. Der Grund für eine derart konssequente Loslösung der Soteriologie vom Kreuzesgeschehen dürfte im Hauptziel der Arbeit Wasserbergs zu suchen sein, das innere Verhältnis des Lukas zum Judentum neu zu bestimmen, ein Verhältnis, dessen kontroverse exegetische Beurtteilung als Antijudaismusdebatte in die Geschichte der Lukasforschung eingeggangen ist.101 Sie hat sich einst an Stellen wie Apg 3,13–15; 5,30 f und 10,39–41 entzündet, wo den Juden scheinbar pauschal die Schuld am Kreuzestod Jesu gegebben wird, zugleich am Schluß der Apostelgeschichte, wo Paulus auf der Grundllage des jesajanischen Verstockungswortes Jes 6,9 f die Bestimmung der Heiden zum Heil proklamiert (Apg 28,23–28), und wird heute neutraler als Diskussion um die Bedeutung Israels im lukanischen Doppelwerk geführt. Daß Wasserberg allerdings, trotz der intensiven Auseinandersetzung mit der Verstockungsproblemmatik, die sein Werk auszeichnet,102 die Bewältigung der selbstgestellten Aufggabe, die Rolle Israels im lukanischen Doppelwerk positiv zu würdigen, nur in Ansätzen gelingt und er den in der Forschung diskutierten Lösungen des Israelpproblems wenig Neues hinzuzufügen vermag, liegt in der Ausscheidung der Passsionserzählung aus dem Kreis der Texte begründet, die Wasserberg seiner soterriologischen Studie zugrunde legt. Denn Lukas, der in allen einschlägigen Texten 100
BZNW 92, Berlin – New York 1998. cit., 13–30. 102 Vgl. insbesondere Kapitel IV seines Werkes, das von „Act 28,16–31 als hermeneutische[m] Schlüssel zum Gesamtverständnis von Lk-Act“ handelt; op. cit., 71–115. 101 Vgl. op.
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die Verstockung Israels programmatisch mit Jesu Kreuzestod verbindet, findet in Jesu Verwerfung durch sein Volk und seine Sendung ins Leiden den Schlüssel zur Beantwortung der Frage nach dem Verhältnis von Juden und Heiden, gleichzeittig den Schlüssel zur Frage nach dem eschatologischen Geschick Israels, die er weit differenzierter beantwortet, als die Exegeten, Wasserberg eingeschlossen, ihm gemeinhin zubilligen.103 Daher verwundert es nicht, daß Wasserbergs Studdie im Ergebnis ambivalent bleibt und der Autor sein Ziel, Lukas dauerhaft vom Vorwurf des Antijudaismus zu befreien, letztlich nur dadurch erreicht, daß er die ihm bis zum Schluß widerständige lukanische Rede von der Verstockung Israeels geschichtlich und psychologisch entschärft,104 wohingegen, auch wenn dies paradox erscheint, die Einbeziehung der Kreuzigung Jesu das positive Verhältnis des Evangelisten zum Judentum und sein hohes theologisches Interesse erwiesen hätte, die drängende Frage nach dem Heil des Volkes, das seinen Messias verwirft, einer eschatologischen Antwort zuzuführen. So bleibt der Arbeit Wasserbergs das Verdienst, ganz allgemein die Bedeutung der Verstockungsthematik für das Verständnis des lukanischen Werkes herausgearbeitet zu haben. Gleichzeitig ist sie aber das markanteste Beispiel dafür, wie selbstverständlich die heutige Lukasfforschung die Frage des Heils von der Kreuzesfrage abtrennen und wie unbefanggen sie die Predigt und das Beispiel Jesu zum alleinigen Anknüpfungspunkt der Soteriologie machen kann.105 Wo allerdings der Anspruch, das Kreuzesgeschehen in die soteriologische Analyse des lukanischen Werkes miteinzubeziehen, nicht ganz aufgegeben ist, bilden weiterhin die bekannten Begründungsmuster das Rückgrat der Argumentattion. Daß sich dabei Glöckners „Anschauungssoteriologie“ ohne Not mit Flendders Konzept einer christologisch allein österlich begründeten Soteriologie kombbinieren läßt, erweist die jüngste monographische Untersuchung der lukanischen Soteriologie von Sylvia Hagene aus dem Jahr 2003. Dieses „Zeiten der Wiedderherstellung. Studien zur lukanischen Geschichtstheologie als Soteriologie“ überschriebene Werk106 erweitert, obwohl es eine neue Sicht auf die lukanische 103
Zum Thema „Verstockung“ ausführlich u. S. 265–280. Vgl. das „Bilanz“ überschriebene Schlußkapitel des Buches, op. cit., 359–366, bes. 366, wo Wasserberg die von Lukas zu einem Leitthema seines Doppelwerkes erhobbene Verstockungsthematik emotional ausdeutet und auf die persönliche Enttäuschung des Evangelisten über die Zurückweisung der Jesusbotschaft durch Juden zurückführt. 105 In diesem Zusammenhang sei auch R. O’Tool, The Unity of Luke’s Theology. An Analysis of Luke-Acts, Wilmington, Delaware 1984, genannt, der die Frage des Heilshandelns Jesu zum Leitthema seiner Untersuchung erhebt, dabei aber mit keiner Silbe auf Jesu Tod einggeht. Vgl. auch O’Tools jüngste Studie zur lukanischen Christologie, „Luke’s Presentation of Jesus: A Christology“, in der Jesu Tod nur ganz am Rande eine Rolle spielt und mit dem Hinweis auf den Abstand der lukanischen Soteriologie zur paulinischen Sühnetheologie hinreichend behhandelt zu sein scheint; op. cit., 102 f.108. 106 NTA N. F. 42, Münster. 104
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Soteriologie zu bieten beansprucht, das Spektrum soteriologischer Entwürfe nur insofern, als es das geschichtliche Anschauungs„material“, das dem Menschen um seines Heiles willen zur Betrachtung aufgegeben ist, nicht, wie noch Pokorný, auf die Geschichte Jesu beschränkt, sondern auf die gesamte Geschichte Israels ausdehnt. Terminologisch versucht die Autorin, die Soteriologie des Lukas, desssen Ablehnung des Sühnegedankens auch sie axiomatisch voraussetzt,107 mit Hilfe der weisheitlichen Kategorie des „rettenden Wissens“ zu erfassen. Dieses Wisssen erwachse zwar aus der Betrachtung des Kreuzes, werde aber nicht durch das Kreuz begründet, sondern durch Jesu Auferweckung als dem „im Sinne der lukannischen Soteriologie“ allein „heilsrelevant[en]“ Ereignis.108 Die Klassifizierung dieser Soteriologie als sapiential109 kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß trotz der neuen Nomenklatur das dem Entwurf Hagenes zugrunde liegende Denkmuster genau das ihrer Vorgänger ist. Denn ganz gleich, ob man mit Hagene die dem Menschen übertragene Erlösungsaufgabe als „Anamnese der Erlösungsggeschichte“ definiert110 oder sie in der Leidensnachfolge als Frucht der Kreuzesbbetrachtung und der durch sie motivierten Umkehr bewältigt findet,111 die Frage, was den Menschen zu dem von ihm geforderten Akt der persönlichen Heilsaneignnung befreit, bleibt stets unbeantwortet. Und sie muß es bleiben, wenn das Handdeln Gottes, wenn der Weg Jesu zum Kreuz nicht mehr ist als „Beispiel“112, „Verhhaltensmodell“113 oder – in der Nomenklatur Hagenes – „Ausgangspunkt für die individuelle Katharsis“114 und nicht ein den Menschen verwandelndes Geschehhen. Das „rettende Wissen“ – es ist bei näherem Hinsehen nur die schon von den Propheten des Alten Bundes geforderte menschliche Rückbesinnung auf Gott den Schöpfer und Herrn der Geschichte als Voraussetzung der heilvollen Umkehr Israeels. Damit ist die prophetische Reduktion Christi forschungsgeschichtlich besieggelt, da ausgerechnet am Kreuzespunkt die neutestamentliche Wissenschaft die offenbarungsgeschichtliche Kehrtwende vollzieht. Konsequenterweise verschwinddet bei diesen Entwürfen einer anthropologisch orientierten Soteriologie mit der Soteriologie auch die Christologie aus dem lukanischen Horizont und verliert, da
107
Op. cit., 4 f.8 u. ö. Hagene, Zeiten, 259. Ähnlich schon P.-G. Müller, ΧΡΙΣΤΟΣ ΑΡΧΗΓΟΣ. Der reli gionsgeschichtliche und theologische Hintergrund einer neutestamentlichen Christusprädikation, Europäische Hochschulschriften, Reihe 23: Theologie, Bd. 28, Bern – Frankfurt a. M. 1973, 276. 109 Hagene, Zeiten, loc. cit. 110 Op. cit., 69. 111 Neben Glöckner, Untergaßmair und Pokorný ist hier auch Voss, Christologie, 7 77, zu nennen. 112 Schulz, Mitte, 161. 113 Untergaßmair, Kreuzweg, 212 f; Pokorný, Theologie, 140. 114 Hagene, Zeiten, 19. 108
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Christi Funktion auf seine Rolle als Vorbild im Leiden und „Archetyp des Wisssenden“115 reduziert wird, wie die Soteriologie ihre Substanz. Die Einseitigkeit der soteriologischen Begründungsmuster zeigt sich allenthalbben und erweckt zunächst Verwunderung darüber, daß trotz der theologischen – eigentlich: anthropologischen – Konformität keiner der genannten soteriologisschen Entwürfe es bis heute vermocht hat, breite Zustimmung zu finden, so daß er als Fundament eines weithin anerkannten, neuen Verständnisses der lukanischen Theologie dienen könnte. Der Ruf nach einem „neuen“ Verständnis der lukanisschen Erlösungslehre erschallt unvermindert laut, als wisse man eigentlich doch um die konzeptionellen Mängel des „alten“ Soteriologiemodells. Statt aber – um ein Bild aus der Technik zu benutzen – wie bei einem nicht funktionsfähigen Fahrzzeug das Modell auszutauschen, wechselt man nur die Fahrer und sieht zu, wie der Wagen stets aufs Neue an derselben Stelle stehen bleibt. Das Modell einer radikal-synergistischen Heilslehre, in welcher Christus zum Beispielgeber reduziert und Sündenvergebung als Folge einer Lernerfahrung psycchologisch motiviert ist, hat sich, obwohl man sich seiner ungebrochen bedient, als untauglich zur Rehabilitation des Lukas erwiesen. Zum einen, weil man Lukas nicht rehabilitiert, sondern endgültig desavouiert hat; zum anderen, weil man der Soteriologie durch die Elimination der Vorstellung von der Heilsbedeutung des Todes Jesu – das proprium des christlichen Glaubens – ihre Grundlage entzogen hat. Die Vielzahl soteriologischer Definitionen und neuer Begriffsbildungen, mit denen die neuere Forschung den nach seinem Heil in Christus fragenden Leser konfrontiert, mögen geeignet sein, das „soteriologische Loch“, vor dem man sich eigentlich stehen sieht und das man sich selbst grub, zu verdecken, es dauerhaft zu beseitigen aber vermögen sie nicht. Daher enttäuscht auch, obwohl sie einen methodischen Umschwung markkiert, die aus dem Jahr 1996 stammende Monographie von Peter Doble zum Thema, die hier wegen ihres exegetischen Neuansatzes besprochen wird, aber auch, um der angelsächsischen Forschung das ihr gebührende Gewicht und eine Stimme zu verleihen. Der Anspruch der genannten Arbeit ist groß und manifestiert sich bereits im Titel „The paradox of salvation. Luke’s theology of the cross“116. Er verspricht, was so viele Jahre unmöglich schien: den sicherren Nachweis einer lukanischen theologia crucis, der es unnötig macht, den Begriff „Kreuzestheologie“ mit Untergaßmair in Anführungszeichen zu setzezen. Den Eindruck der gelungenen Verteidigung des dritten Evangelisten versstärkt noch die Tatsache, daß Doble zur Verdeutlichung der soteriologischen Grundtendenz des lukanischen Werkes den Begriff theologia crucis auf beinnahe jeder Seite seiner Studie anführt, wodurch er es dem Leser schwer macht, 115 116
Op. cit., 239. Cambridge 1996.
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sich dem damit verknüpften Impuls zur theologischen Anerkennung des Lukas zu entziehen. So eindringlich der Appell des Autors, Lukas als Kreuzestheologgen ernst zu nehmen, allerdings ist, so wenig vermag Dobles Ansatz im Kern zu überzeugen, da der Fortschritt gegenüber den vom Autor rezipierten Vorggängerarbeiten117 zwar ein exegetischer, aber kein hermeneutischer ist. Denn auch Doble beginnt seine exegetische Analyse nicht unbefangen und frei vom Urteil anderer, sondern stellt sich gleich zu Beginn in die lange Reihe all jener Lukasforscher, die der Überzeugung huldigen, daß Jesu Tod bei Lukas keine Heilsqualität habe.118 Damit wird Dobles Entwurf zum Musterbeispiel für die im voranstehenden Kapitel dokumentierte Konstruktion einer um das Kreuz selbst reduzierten Kreuzestheologie, und dies, obwohl der exegetische Ansatz seines Werkes eine wirkliche Kehrtwende in der Interpretation der lukanischen Schriften darstellt und sich der Autor, in diesem Punkt offensichtlich frei vom Zwang des etablierten soteriologischen Begründungsmusters, auf einen ganz eigenen, neuen Weg der Textanalyse begibt. Als methodisch neu zu bewerten ist hier zuächst der durchgehend synchrone Ansatz Dobles, der Lukas schriftsstellerisch und theologisch nicht, wie dies lange üblich war und noch ist, auf einen seine alt- und neutestamentlichen Quellen soteriologisch beschneidendden Redaktor reduziert.119 Statt dessen setzt Doble den theologischen – und d. h. in diesem Fall: den soteriologischen – Zusammenhang aller Erzählteile des lukanischen Doppelwerkes voraus. Zum Schlüsseltext für die soteriologische Neubewertung des lukanischen Werkes erhebt Doble die Kreuzigungserzählung Lk 23,32–49, deren Besonderhheiten gegenüber der markinischen Fassung er ausführlich analysiert, unter Berrücksichtigung aller Bezüge zu anderen Stellen des lukanischen Werkes.120 Als theologisches Gestaltungsprinzip erkennt Doble dabei das von ihm so genanntte, vornehmlich aus Texten der Sapientia Salomonis abgeleitete weisheitliche 117 Auffallend ist, daß Doble sich bei der Darstellung der forschungsgeschichtlichen Entwicklung fast ausschließlich auf die angelsächsische Forschung bezieht und sich in der Rezeption der im deutschsprachigen Raum geführten Diskussion nur auf die älteren Werke derjennigen Forscher bezieht, die in den 50er und 60er Jahren in Anklage und Verteidigung den Rahmen für spätere Forschergenerationen abgesteckt haben; s. op. cit., 3–22, den Forschungsüberblick, und op. cit., 245–258, das Literaturverzeichnis. Daß sich die Nichtbeachtung eines ganzen Forschungszweiges nicht verfälschend auf das Ergebnis auswirkt und man Doble nicht vorwwerfen kann, er habe wichtige Aspekte der Debatte unberücksichtigt gelassen, liegt allein an der bereits in Teil 1.1 der Einführung dokumentierten, über Jahrzehnte hinweg ungebrochenen Gleichförmigkeit der soteriologischen Begründungsmuster sowohl in der deutschen als auch in der angelsächsischen Forschung. Sie erlaubt es tatsächlich, argumentativ am Forschungsstand der 60er Jahre anzuknüpfen. 118 Op. cit., 234.237.241 u. ö., auf der Grundlage von op. cit., 3–22. 119 Zur Methodik ausführlich Einführung 1.3. Hier auch zur Problematik von synchronen Deutungsansätzen, die auf diachron gewonnenen Prämissen beruhen. 120 Op. cit., 23–183.
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δίκαιος-Modell (Wisdom’s δίκαιος-model121). Diesem Modell folgend präsenttiere Lukas, so der Autor, Jesus als den exemplarischen Gerechten, dessen Lebben in der bis in den Tod reichenden Hingabe an Gott selbst modellhaften Charrakter habe. Der zur Erhöhung in Herrlichkeit führende Leidensweg Jesu sei das von Gott selbst dazu bestimmte eschatologische Paradigma eines gerechten und in der Auferweckung gipfelnden Lebens, ein Muster, dem zu folgen die Erlösung des Menschen bedeute.122 Dabei komme der Auferstehung erkenntnisstiftende Funktion zu, denn in ihrem Lichte werde das Kreuz als der Ausweis der Gerechttigkeit Christi erkannt, gleichzeitig die Kreuzesnachfolge als signum menschliccher Gerechtigkeit und damit als die Voraussetzung individueller Errettung. Eine „Kreuzestheologie“ mit Anspruchs- statt mit Zuspruchscharakter! Denn das Kreuz wird bei Doble in einer gegenüber anderen soteriologischen Entwürfen noch verschärften Form zu einer Forderung an den Menschen und zu einem Hindernis auf dem Weg zu Gott für all jene, denen es nicht gelingt, im eigenen Ertragen des Kreuzes das Prädikat „gerecht“ zu erwerben: „For Luke, the cross is a pattern for Christians in their commitment [erg. to God]“, ein Modell, das den Menschen erkkennen läßt, daß „what is the case for the δίκαιος will be so for the δίκαιοι who persevere to the end.“ „The tested δίκαιος ist the model of those being saved.“123 Damit ist die Soteriologie nicht nur nach bekanntem Muster auf die Selbsterlössung des Menschen gegründet, sondern wird auch die von Lukas so eindringlich ins Bild gesetzte Rettung des Sünders124 zur Rettung des Gerechten, dem am Ende seines Kreuzweges nach dem Vorbild Jesu die Krone des Lebens zuteil wird. Ein durch und durch alttestamentliches Bild! Zwar versucht Doble, diesem Entwurf einer „lukanischen“ Kreuzestheologie das Odium einer auf die Selbst-Gerechtmmachung des Menschen zielenden Soteriologie zu nehmen, indem er auf die Umkkehrung der Gerechtigkeitsvorstellung in Lk 18,14 hinweist und auf die dort vollzzogene Identifikation des Sünders mit dem vor Gott Gerechten;125 aber es kann dieser Hinweis nicht darüber hinwegtäuschen, daß bei der Übertragung des soggenannten weisheitlichen δίκαιος-Modells auf christliche Texte sich die Vorzeicchen verkehren und der in der Leidensnachfolge sich seiner Gerechtigkeit vor Gott selbst vergewissernde Christ unversehens in die Position des in Lk 18,14 um seiner Selbstgerechtigkeit willen abgeurteilten Pharisäers rückt. Damit erfüllt er nach lukanischer Überzeugung alle Bedingungen nicht seiner Erhöhung, sondern seiner Erniedrigung durch Gott. 121 Vgl. v. a. op. cit., 139–160; außerdem die Darstellung der lukanischen „theologia cruccis“, op. cit., 226–244. 122 Op. cit., 226–235; vgl. op. cit., 242, wo das „like Jesus“ in den Vordergrund der Be trachtung gerückt wird. 123 Op. cit., 243. 124 S. die Belege o. S. 10 f Anm. 28 und 33. 125 Op. cit., 112–123.
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So erscheint – leider, muß man angesichts der exegetischen Bemühungen saggen – der im Ansatz so verheißungsvolle Entwurf Dobles nur als ein weiteres Beispiel einer anthropologisierten und um das Kreuz selbst reduzierten Kreuzesttheologie. Dabei hätte nur eine Verschiebung der Perspektiven Doble sein Ziel erreichen lassen, Lukas als Kreuzestheologen zu würdigen. Die perspektivische Verschiebung betrifft das Traditionsmaterial, das Doble seiner Interpretation zuggrunde legt und das er so einseitig rezipiert, daß dabei andere Bezugstexte aus dem Blick geraten, obwohl Doble ihre Bedeutung erkennt. Dies betrifft insbessondere den jesajanischen Bezugsrahmen der lukanischen Schriften, auf den einzzugehen auch Doble nicht umhin kommt,126 den er aber aufgrund seiner Fixierrung auf das von ihm so genannte Wisdom’s δίκαιος-model nur ganz am Rande in die Interpretation miteinbezieht. Eine Umkehrung der textlichen Gewichte hättte auch die Abhängigkeit der von Doble rezipierten Weisheitstexte, insbesondere Sap 2,10–5,23, von Jes 53 ans Licht gebracht127 und die Einordnung aller von Lukkas verarbeiteten Traditionen in ein soteriologisches Gesamtbild ermöglicht. Alllerdings führt auch die Umgewichtung des Traditionsmaterials in die Irre, wenn dabei nicht gleichzeitig das exegetische Grundaxiom der Lukasforschung einer Prüfung unterzogen wird, die Überzeugung nämlich, daß Lukas im Rahmen seinner Auseinandersetzung mit dem Propheten Jesaja die deuterojesajanischen Gotttesknechtslieder in programmatischer Abwehr der Vorstellung einer durch den Tod des Knechts bzw. einer durch den Tod Jesu gewirkten Befreiung des Menschen von seiner Schuld rezipiert. Daß dieses Vor-Urteil auch heute, zehn Jahre später, zu hinterfragen noch unmöglich ist, zeigt die gegenwärtig letzte, programmatische Arbeit zur lukannischen Soteriologie, Christfried Böttrichs Aufsatz „Proexistenz im Leben und Sterben. Jesu Tod bei Lukas“ in dem von Jörg Frey und Jens Schröter gemeinsam herausgegebenen Sammelband „Deutungen des Todes Jesu“128, der die aktuelle Stellvertretungsdiskussion in bisher unübertroffener Weise systemattisiert und zusammenfaßt. Wie Doble, so versucht auch Böttrich einen neuen exegetischen Ansatzpunkt zu finden. Dabei fällt allerdings auf, daß Böttrich hermeneutisch wieder hinter die von Doble zu Recht geäußerte Kritik an der Forschung zurückfällt und sich mit Flender genötigt sieht, die Vielschichtigkkeit der lukanischen Soteriologie festzustellen, gleichzeitig die exegetische Notwwendigkeit systematischer Unschärfe. Statt dieselbe aber zu beklagen, erhebt er sie zur pastoralen Chance, da „die lkn. Soteriologie ... eine Fülle von Identifika tionsmöglichkeiten“ anbiete und „die Verknüpfung mit eigenen lebensgeschichtl-
126
Op. cit., 233.236.239.241 u. ö. Wirkungsgeschichte, 81 f. 128 WUNT 181, Tübingen 2005. S. 413–436 der genannte Aufsatz von Böttrich. 127 Vgl. Hengel,
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lichen Erfahrungen“ gestatte.129 Konsequenterweise vermeidet Böttrich alle geläufigen systematischen Termini zur Erfassung der lukanischen Soteriologie und umschreibt statt dessen Jesu Wirken dem Sünder zugute mit dem in der Lukasexegese auch vor ihm bereits viel rezipierten Begriff der Proexistenz.130 Dieser Begriff umschließe Tod und Leben Jesu gleichermaßen und ziele auf die Solidarisierung Jesu mit den Verlorenen.131 Jesu Tod escheint als die Konsequenz dieser Solidarisierung.132 Was soteriologisch über Jesu Tod zu sagen bleibt, ist, daß in ihm das „gesamte [...] Phänomen heilvoller Präsenz ... eine besondere Verdichtung erfährt“.133 Stellvertretung – dies ist der einzige Rückbezug auf die geprägte systematische Begrifflichkeit – vollziehe sich in „einer Teilnahme im Ertragen des Todes“.134 Was der Leser sich unter „Verdichtung von Präsenz“ im Tode als dem Ende allen Lebens und aller Gemeinschaft vorzustellen hat, wird dabei nicht erklärt. Und ratlos bleibt er bei diesem jüngsten Versuch, die Soterriologie des Lukas als Alternative zur paulinischen Erlösungslehre kirchlich zu verantworten,135 auch im Hinblick auf die neue Begrifflichkeit als solche. Nicht, weil mit ihr die altbekannte lukanische Soteriologie des „Mit-Seins“ in ein neues Gewand gekleidet wird,136 sondern weil die hinter dieser Neueinkleidung stehende theologische Motivation des Autors nicht erkennbar wird, der mit seiner Deutung 129
Op. cit., 436. Op. cit., 415, im uneigentlichen Rückbezug auf H. Schürmann, „Pro-Existenz“ als christologischer Grundbegriff, in: ders., Jesus – Gestalt und Geheimnis. Gesammelte Beiträge, hg. v. K. Scholtissek, Paderborn 1994, 286–315, da Böttrich die Präposition „pro“ ihres bei Schürmann stellvertretenden Charakters entkleidet und sie im Sinne der lukanischen „Soteriologie des Mit-Seins“ definiert. S. dazu o. das Folgende. Vgl. dagegen Schnackenburg, Gedanke, 217, auf dessen Linie sich, was das Verständnis von „Proexistenz“ betrifft, Böttrich argumentativ bewegt. Auch die Schlußfolgerungen für die kirchliche Praxis entsprechen sich; s. u. S. 38 f. 131 Op. cit., 415 f.425. 132 Op. cit., 430. 133 Op. cit., 431. 134 Op. cit., 424. 135 S. nochmals op. cit., 414 f. 136 Daß man im Hinblick auf die lukanische Soteriologie zunehmend dahin gelangt, mit Hilfe von Begriffshülsen einen Inhalt vorzutäuschen, der nach der Ausmerzung sühnetheologischer Vorstellungen aus dem Denken des Lukas gar nicht mehr existiert, zeigt sich auch in den neueren Kommentaren zum Lukasevangelium. Als Beispiel sei hier der große Kommentar von D. L. Bock genannt, in welchem der Autor, jenseits aller sühnetheologischen Vorstellungen und rein thetisch, Jesu Tod als Tod des Gerechten zum Ereignis einer soteriologischen Transaktion erkklärt, aber nicht ausführt, was diese unverständliche Begriffkombination konkret bedeutet (Luke. Volume 1: 1:1–9:50, ECNT, 4. Aufl., Grand Rapids, Michigan 2003, 34). Inhaltlich ähnlich unbbestimmt verweist M. Karrer, Jesus Christus im Neuen Testament, NTD Ergänzungsreihe 11, Göttingen 1998, 129 f, auf die „profilierte Soteriologie des irdischen und erhöhten Wirkens Jesu“ bei Lukas, verzichtet aber aus gutem Grund darauf, die solcherart gekennzeichnete Soteriologie des Lukas inhaltlich zu explizieren. Er tut dies bezeichnenderweise auch nicht in seiner – ebenffalls äußerst kurzen – Analyse der lukanischen Christologie (op. cit., 309), es sei denn, man 130
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des Kreuzesgeschehens den vorgegebenen Denkmustern der modernen Lukaseexegese verhaftet bleibt, obwohl er interpretatorisch neue Wege geht. Denn im Gegensatz zur bisherigen Forschung, die über Jahrzehnte hinweg die Bedeutung der Einsetzungsworte Lk 22,19–20 für das Kreuzesverständnis des Evangelisten geleugnet und im Sinne der zum System erhobenen Systemlosigkeit die These von der Tilgung des Sühnegedankens durch Lukas mit der Begründung gerechtffertigt hatte, daß die genannten Zeilen „übernommene Tradition“ darstellten und daher aus der Diskussion auszuklammern seien,137 erweist Böttrich die komppositionelle Bedeutung der Einsetzungsworte, gleichzeitig die Bedeutung des nur bei Lukas doppelten „für euch“ und erhebt die Zueignungsformel zum Leitmottiv des lukanischen Doppelwerkes.138 Das bedeutet nichts anderes, als daß er die noch von Hagene als Fortschritt gefeierte Loslösung der lukanischen Soteriollogie vom „für euch“ des Leidens und Sterbens Jesu revidiert. Und dies ganz zu Recht. Warum Böttrich sich aber scheut, die soteriologischen Konsequenzen aus seiner kompositorischen Erkenntnis zu ziehen, und warum er mit Schweigen über die gerade von den Lukasexegeten immer wieder bekräftigte Grundüberzeuggung hinweggeht, daß in Jesu Abendmahlsworten die sogenannte Zueignungsfformel sühnetheologisch zu deuten sei,139 ist nicht verständlich. Ebensowenig die Tatsache, daß Böttrich die hier ausgedrückte Bedeutung des Sterbens Jesu „für euch“ in der inhaltlichen Explikation zu einem „mit euch“ herabmindert, als verbiete es sich, Lukas ein soteriologisch eindeutiges, begrifflich fixierbares und damit dem paulinischen vergleichbares Kreuzesverständnis zuzuerkennen.140 Es scheint, als habe hier der neu in die Diskussion eingeführte, aber bereits im Vorfeld im Sinne der modernen Lukasforschung eingeengte141 Begriff „Proexistenz“ die Auslegung des pro nobis im Lukasevangelium bestimmt, statt inhaltlich bestimmt wolle die Bemerkung, die Auferstehung setze „einen Impuls nach vorne“ (op. cit., 310), in diessem Sinne verstehen. 137 S. bereits o. S. 3–6. Zum methodischen Problem ausführlich Einführung 1.3. 138 Proexistenz, 420–430. 139 S. o. S. 17. 140 Vgl. dagegen noch Käsemann, Paulinische Perspektiven, 73, der im Hinblick auf die paulinische Soteriologie feststellt: „Stets bildet das ,für uns‘ das zentrale Motiv.“ S. auch K. Lehmann, „Er wurde für uns gekreuzigt“. Eine Skizze zur Neubesinnung der Soteriologie, ThQ 162 (1982), 305–307, der im Rückbezug auf den zitierten Satz von Käsemann bereits vor 25 Jahren die Konsequenzen einer auf die Solidarität Jesu „mit uns“ reduzierten Auslegung des pro nobis vor Augen gestellt hat. 141 Auch wenn Böttrich selbst die Einführung des Begriffs nicht im Sinne einer Verengung, sondern, ganz im Gegenteil, im Sinne einer Erweiterung des Blickwinkels versteht, da er Tod und Leben Jesu – im o. g. Sinne einer konsequent gelebten Solidarität – gleichermaßen umsschließe, erscheint die Diskussion von vornherein verengt, weil Böttrich, op. cit., 414 f, die Unvergleichbarkeit der lukanischen mit der paulinischen Soteriologie als gegeben voraussetzt und damit die Möglichkeit einer sühnetheologischen Deutung des Todes Jesu durch Lukas vor der Betrachtung der Texte, unter ihnen der Einsetzungsworte, ausschließt.
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zu werden vom Text des Evangeliums, das im Einklang mit den anderen Evanggelien und mit Paulus Jesu Tod – die Hingabe seines Leibes und das Vergießen seines Blutes – als „für euch“ geschehen verkündet. Gleichwohl ist Böttrichs Versuch, sich dem Kreuzesverständnis des Lukas von der Einsetzung des Abendmmahls als dem „Knotenpunkt“ der Gesamtkomposition142 her zu nähern, als ein erster Schritt in die richtige Richtung zu würdigen. Denn erst, wenn die in der Exegese lange vernachlässigte lukanische Abendmahlserzählung143 soteriologisch erschlossen ist, wird erkennbar, wie Lukas das Leiden und Sterben des Christus und auf diesem Hintergrund dann auch Jesu Leben in der Gemeinschaft mit dem sündigen Menschen deutet. So erreicht paradoxerweise die „Entsystematisierung“ der lukanischen Theollogie mit der programmatischen Forderung nach Abkehr von der herkömmlicchen soteriologischen Begrifflichkeit und den entsprechenden Vorstellungsmusstern144 ihre bislang letzte Stufe bei einem Exegeten, der inhaltlich bereits die Kehrtwende vollzogen und Jesu Dahingabe „für uns“ zum Ausgangspunkt einer soteriologischen Neubesinnung gemacht hat. Gerade die hier in der offensichtlicchen Beugung des Textsinns resultierende soteriologische „Neu“orientierung nach bewährtem alten Muster aber zeigt, daß die auf dem Gebiet der Lukasforschung herrschende systematisch-theologische Desorientierung nicht größer sein könnte, als sie es gegenwärtig ist. Dies zeigt sich auch daran, daß die Lukasexegese die Vorbehalte der Dogmatiker und ihre Kritik am radikal-synergistischen Soteriollogiemodell und an der Herabminderung des pro nobis zu einer Solidaritätsformmel145 nicht zur Kenntnis nimmt und der systematisch-theologischen Diskussion beharrlich aus dem Wege geht. Es gereicht daher den frühen Kritikern des Lukas 142
Proexistenz, 420. S. auch U. Mittmann-Richert, Erinnerung und Heilserkenntnis im Lukasevange lium. Ein Beitrag zum neutestamentlichen Verständnis des Abendmahls, in: L. T. Stuckenbruck – S. C. Barton – B. G. Wold u. a. (Hg.), Memory in the Bible and Antiquity. The Fifth Durham – Tübingen Symposium (Durham, September 2004), WUNT 212, Tübingen 2007, 241–247. 144 S. nochmals Böttrich, Proexistenz, 413 f. 145 Vgl. nochmals den o. Anm. 140 zitierten Aufsatz von K. Lehmann, der nicht von unggefähr den Titel „Er wurde für uns gekreuzigt“ trägt und der den Diskurs mit der Exegese als Auseinandersetzung um das christliche Bekenntnis führt. S. im Zusammenhang der nachfolgendden Ausführungen zur gesamtneutestamentlichen soteriologischen Diskussion außerdem I. U. Dalferth, Die soteriologische Relevanz der Kategorie des Opfers. Dogmatische Erwägungen im Anschluß an die gegenwärtige Diskussion, JBTh 6 (1991), eine Studie, welche das farbenffrohe soteriologische Bild, das die exegetische Wissenschaft auf der Grundlage der von ihr rezippierten neutestamentlichen Autoren entworfen hat, mit Scharfsinn analysiert und die Aporien der von exegetischer Seite entworfenen Soteriologiemodelle vor Augen stellt. Dalferth spricht in diesem Zusammenhang von einem „Problemknäuel, ... in dem die exegetische Diskussion verffangen“ sei, und mahnt die Exegese zu größerer hermeneutischer Sorgfalt (op. cit., 175) – verggeblich, wie die seit Lautwerden der Mahnung ins Land gegangenen Jahre zeigen. Daß das sotteriologische Problem auch eines der mangelnden exegetischen Sorgfalt ist, sei den immer noch aktuellen Beobachtungen Dalferths zur gegenwärtigen exegetischen Situation hinzugefügt. 143
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durchaus zur Ehre, daß sie, im theologischen Anspruch von Paulus gelenkt, sich ihre theologische Integrität bewahrten, ja, gerade um ihretwillen meinten, über Lukas den Stab brechen zu müssen. Daß sich die bis zu Böttrich reichende Entwicklung der „Soteriologie der Lukasforschung“ in einem nach außen isolierten, vom Einfluß anderer Fächer und Wissenschaftszweige unberührten Raum vollzog, zeigt auch die eingangs bereits erwähnte146 Tatsache, daß die Lukasforschung, bis auf ganz wenige Ausnahmen, keinen Anteil an der bis heute fortdauernden Stellvertretungsdebatte nahm und nimmt. Dies ist schon deshalb erstaunlich, weil im Hinblick auf die Ausscheidung sühnetheologischer Vorstellungen aus der Soteriologie durchaus von einer Paralllelentwicklung in der Erforschung des paulinischen und johanneischen147 Schriftttums geredet werden kann und die hier erzielten Ergebnisse geeignet scheinen mußten, der vom „blutigen“ Opferdenken angeblich freien Soteriologie des Lukas das theologische Fundament zu liefern. Gleichwohl bleibt der die neutestamentlliche Forschung zur Soteriologie trennende Graben zwischen den Lukasexegetten auf der einen Seite und den mit den übrigen Evangelien und der Briefliteratur befaßten Exegeten auf der anderen Seite ein unumstößliches Faktum. Es erstaunt auch aus der Sicht der außerlukanischen Forschung, da die Stellvertretungsdiskusssion, die kirchlicherseits als Diskussion um ein modernes Abendmahlsverständnnis geführt wird, sich dem Ziel verpflichtet weiß, die neutestamentliche Botschaft vom Kreuz dem heutigen Menschen verständlich zu machen. Die Prämissen sind bekannt, da der moderne Mensch selten anders im Horizont der Debatte erscheint denn als Vertreter eines Denkens, dem die Opfervorstellung anstößig ist und dem die mit ihr verbundenen Vorstellungsbereiche, insbesondere die Sühnevorstellung, fremd sind.148 Das kulturell bedingte Unverständnis gegenüber der Kreuzesbotsschaft, das die Lukasforschung der Exegese der Texte als hermeneutischen Schlüsssel zugrunde legt, ist – das zeigt sich hier – auch der hermeneutische Ansatzpunkt der aktuellen Debatte. Und es entbehrt nicht der Ironie, daß die neutestamentlicche Wissenschaft, soweit sie nicht mit Lukas befaßt ist, mit einem Problem ringt, das die Lukasexegese schon längst „gelöst“ hat durch die Elimination des Opferund Sühnegedankens aus der Soteriologie. Daher verwundert es auch nicht, daß die Versuche, neue Formen der Rede vom Kreuz zu finden, denen der Lukasforsschung ähneln, obwohl sie von ihr unbeeinflußt sind,149 und daß dabei immer häuf146
S. o. S. 7 f. Einen Überblick über die Forschung zur johanneischen Soteriologie bietet T. Knöppler, Die theologia crucis des Johannesevangeliums. Das Verständnis des Todes Jesu im Rahmen der johanneischen Inkarnations- und Erhöhungschristologie, WMANT 69, Neukirchen-Vluyn 1994, 6–18. Zu der über Paulus geführten Diskussion s. die Beispiele oben im Folgenden. 148 Zur Zielsetzung vgl. nochmals Schnackenburg, Gedanke, 205.211–214. 149 Eine Ausnahme bildet der oben im Anschluß besprochene Aufsatz von Schnackenburg, Gedanke. 147
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figer mit der Opfer- auch die Sühnevorstellung als Bezugsrahmen einer christlicchen Soteriologie in Frage gestellt wird – bis dahin, daß man ihr jegliche Relevanz für die christliche Deutung des Todes Jesu abspricht.150 Ein Unterschied besteht allerdings darin, daß die Grundlegung einer vom alttestamentlichen Opfer- und Sühnedenken losgelösten Soteriologie151 über den Stellvertretungsbegriff erfolgt, der – als neuzeitlicher Reflexionsbegriff152 – geeignet erscheint, den Heilscharaktter des Kreuzestodes Jesu in heute verständlicher Weise aussagbar zu machen. Der mit ihm verbundenen soteriologischen Problematik wird im zweiten Teil der Einführung nachzugehen sein.153 Daß in der Opfer- bzw. Stellvertretungsdebatte sich insbesondere die Pauluseexegeten den Blick auf Lukas versagen, darf ohne Not auf den schlechten Ruf zurückgeführt werden, den der Evangelist gerade in ihren Kreisen genießt, währrend umgekehrt das Desinteresse der Lukasexegeten an der Diskussion – obwohl aus hermeneutischer Sicht unverständlich – vornehmlich mit der ursprünglich eucharistischen Ausrichtung der Debatte zusammenhängt. Denn da man den Bericht von der Abendmahlseinsetzung bei Lukas aus bereits genannten Gründden stets von den soteriologisch relevanten Texten ausgeschlossen und der Soterriologie damit ihr eucharistisches Fundament entzogen hatte, erschien die Einbezziehung des lukanischen Evangeliums in die Debatte beiden Seiten als obsolet. Einen einzigen Versuch dieser Art gab es in den 70er Jahren, als Rudolf Schnackkenburg mit seinem Aufsatz „Ist der Gedanke des Sühnetodes Jesu der einzige Zugang zum Verständnis unserer Erlösung durch Jesus Christus?“154 programmmatisch versuchte, Lukas in der Diskussion um eine zeitgemäße Deutung des Todes Jesu Gewicht und Stimme zu verleihen. Denn Schnackenburg erblickte, geprägt von der Lukasforschung seiner Zeit, im lukanischen „Weg-Schema“, das er dem paulinischen „Sühne-Schema“ gegenüberstellte, die Chance, dem Mens150 Vgl. Friedrich, Verkündigung, 44–46.148–151 u. ö.; Barth, Tod, 1–5.158 f u. ö.; W. Zager, Wie kam es im Urchristentum zur Deutung des Todes Jesu als Sühnegeschehen? Eine Auseinandersetzung mit Peter Stuhlmachers Entwurf einer „Biblischen Theologie des Neuen Testaments“, ZNW 87 (1996), 165.184–186, und G. Röhser, Stellvertretung im Neu en Testament, SBS 195, Stuttgart 2002, 9–16. S. dazu den alttestamentlichen Beitrag von B. Janowski, „Hingabe“ oder „Opfer“? Zur gegenwärtigen Kontroverse um die Deutung des Todes Jesu, in: E. Blum (Hg.), Mincha. FS R. Rendtorff, Neukirchen-Vluyn 2000, 93–119. Vgl. auch den zwischen den Positionen vermittelnden Entwurf von K. Berger, Wozu ist Jesus am Kreuz gestorben?, Stuttgart 1998. – Einen Überblick über die Paulusforschung des 20. Jh.s biettet M. Gaukesbrink, Die Sühnetradition bei Paulus. Rezeption und theologischer Stellenwert, Forschungen zur Bibel 82, Würzburg 1999, 24–39. 151 Vgl. bereits E. Käsemann, Der Ruf der Freiheit, 3. Aufl., Tübingen 1968, 152 f. Aus führlich zur modernen Opferkritik Einführung 2.1.1. 152 Dazu Frey, Probleme, 4–6. 153 S. Anm. 151. 154 In: K. Kertelge (Hg.), Der Tod Jesu. Deutungen im Neuen Testament, QD 74, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1976, 205–225.
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schen heutiger Tage, dem die paulinische Sühnetheologie fremd geworden sei, den Weg zu Christus auf alternative Weise zu eröffnen.155 Schnackenburg hat damit bereits vor 30 Jahren zum Programm erhoben, was erst in jüngerer und jüngster Zeit zur erklärten Zielvorstellung der Lukasforschung geworden ist: die kirchlicche Etablierung eines am dritten Evangelium ausgerichteten, und d. h. die Heilsbbedeutung des Todes Jesu negierenden, soteriologischen Alternativmodells. Daß der Einfluß des Beitrags von Schnackenburg auf die Lukasforschung seinerzzeit gering blieb und sich auf die Integration des Weg-Motivs in den soteriologisschen Entwurf Untergaßmairs156 beschränkte, ist auf die eben beschriebene I Isolation der Lukasforschung im Ganzen der neutestamentlichen Wissenschaft zurückzuführen. Gering blieb daher auch der Einfluß des den Beitrag von Schnackenburg abschließenden Korreferats von Wilhelm Breuning 157, dessen „Überlegunggen eines Dogmatikers“ den vom Vorredner unternommenen Versuch, die sühnettheologisch angeblich defizitäre Heilslehre des Lukas zum kirchlichen Alternattivmodell zu erheben, streng relativieren. Dabei weist Breuning, als einer der ersten in einer Reihe von Mahnern aus dem Bereich der systematischen Theologgie, gegenüber dem nach Schnackenburg für Lukas soteriologisch allein konsstitutiven „mit euch“ Jesu auf die Unverzichtbarkeit des „für euch“ des Todes Jesu hin und warnt vor der kirchlichen Vermittlung eines soteriologischen Modells, in welchem die Bedeutung Jesu „über ein bloß ,beispielhaftes‘ Sterben“ nicht „hinaausgeht“.158 Damit entzog Breuning dem exegetischen Entwurf einer auf den Beispielcharakter der Sendung Jesu gegründeten Soteriologie bereits zu einem Zeitpunkt den Boden, als sich in der Lukasforschung das entsprechende soterriologische Begründungsmuster allererst zu etablieren begann. Da aber die hier exegetisch und systematisch–theologisch zugleich geführte Diskussion damals ein einmaliges Ereignis blieb und für die Lukasforschung keine Konsequenzen zeittigte – weder im Hinblick auf eine Korrektur des radikal-synergistischen Ansatzzes, noch im Hinblick auf die Integration des Lukas in die allgemeine Diskussion um das Verständnis des Todes Jesu –, kann Böttrich, soweit die neueste Literratur hier erfaßt wurde, unter den jüngeren Lukasexegeten als der erste und bishher einzige gelten, der mit Hilfe eines umgedeuteten Stellvertretungsbegriffs den Versuch eines programmatischen Brückenschlags zur aktuellen Abendmahls- und Stellvertretungsdiskussion versucht hat.159 Und es erschien dieser Brückenschlag 155
Op. cit., 216. S. o. S. 24 f. 157 Gedanke, 226–230. 158 Op. cit., 228 f. 159 S. aber aus dem Jahr 2007 die theologisch in die entgegengesetzte Richtung weisende Studie von Mittmann-Richert, Erinnerung. 156
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nicht von ungefähr deshalb möglich, weil die Bedeutung der Abendmahlseinsetzzung für das Verständnis des Lukasevangeliums in neuer Weise gewürdigt wurde, andererseits aber auch deshalb, weil sich inzwischen, wie oben angedeutet, eine große Zahl von Vertretern anderer Zweige der neutestamentlichen Wissenschaft, unter ihnen auch Paulusforscher, auf das lukanisch bereits etablierte Soteriologgiemodell zubewegt hatten. Daß in der Tat auch im außerlukanischen Bereich die Debatte um ein zeitgemmäßes Kreuzesverständnis von denjenigen Denk- und Argumentationsmustern beherrscht wird, die die Diskussion um die lukanische Soteriologie seit den 60er Jahren prägen, sei zum Abschluß dieses forschungsgeschichtlichen Überblicks noch an ausgewählten Beispielen aus der Exegese der Paulusbriefe verdeutlicht, denen eine unangefochtene Schlüsselstellung in der soteriologischen Diskussion zukommt. Dabei mag es genügen, sich die Konsequenzen vor Augen zu führren, die auch in der Abendmahls- und Stellvertretungskontroverse all jene soterriologischen Ansätze zeitigen, welche die Stellvertretung nicht mit Jesu Kreuz verbinden, sondern sie im Sinne eines „erweiterten christologischen Stellvertretungsbegriff[s]“ als ein das ganze Leben Jesu umfassendes Geschehen beschreibben.160 Es wird kaum überraschen, daß das gemeinsame Muster in der synergistisschen Anthropologisierung der Soteriologie hervortritt und das Heil nicht auf Jesu Kreuz, sondern auf sein gesamtes Erdenwirken gegründet wird, und dies auch nur im Sinne einer paradigmatischen Signifikanz. Wie aus einem Lehrbuch zur lukannischen Soteriologie mutet dabei die vielfach geäußerte Überzeugung an, daß die Vergebung den Menschen „zuteil wird, sofern sie sich“ – durch die Anschauung des „in letzter Konsequenz für andere gelebten Lebens“ Jesu – seinem „Vergebbungswort öffnen“.161 Folgerichtig bleibt auch in der Paulusforschung dort, wo man das Kreuz anthropologisiert und zum bloßen Anschauungsobjekt reduziert, die Anthropologie selbst von der Betrachtung ausgenommen und bleibt die alles entscheidende Frage unbeantwortet, was den Menschen von seinem sündhaften 160
Röhser, Stellvertretung, 132. Zager, Urchristentum, 185 f [Original ohne Kursive]. Zagers Studie richtet sich mit aller Emphase gegen die sogenannte Tübinger Theologie, bildet aber schon aufgrund ihres antthropologisch nicht reflektierten, radikal-synergistischen Ansatzes keine Alternative zum soterriologischen Denkansatz P. Stuhlmachers, den zu erschüttern der Autor sich zum Ziel gessetzt hat (vgl. op. cit., 167–169). Zur Position Stuhlmachers s. insbesondere seine kritische Erwiderung auf Friedrich, Verkündigung: Sühne oder Versöhnung? Randbemerkungen zu Gerhard Friedrichs Studie „Die Verkündigung des Todes Jesu im Neuen Testament“, in: U. Luz – H. Weber (Hg.), Die Mitte des Neuen Testaments. Einheit und Vielfalt neutestamentlicher Theologie. FS E. Schweizer, Göttingen 1983, 291–316. Die von Zager vorgelegte Folgestudie: Der Sühnetod Jesu in der neutestamentlichen Überlieferung, in: A. Wagner (Hg.), Sühne – Opfer – Abendmahl. Vier Zugänge zum Verständnis des Abendmahls, Neukirchen-Vluyn 1999, 37–47, bietet keine neuen Erkenntnisse, sondern nur eine z. T. wörtlich übereinstimmende Zusammenfassung des drei Jahre zuvor Veröffentlichten. Zur Kritik an Zager s. auch Frey, Probleme, 12 f. 161
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und ihn im Leben und Sterben von Gott trennenden Sein erlöst, wenn es nicht Jesu Tod ist, der dieses bewirkt. Die Frage nach der Ermöglichung der Erlösung, deren Beantwortung den inneren Zusammenhang von Christologie, Soteriologie und Anthropologie konstituiert, bleibt die Klippe, die zu umfahren nicht gelingt. Denn wer auf der Grundlage des angeblich erweiterten, aber eigentlich um das Kreuz reduzierten Stellvertretungsbegriffs behauptet, daß Christus sich dadurch als Retter des Menschen erweise, daß er „das ganze Gewicht seiner sündlosen Existenz in die Waagschale“ werfe, damit dieses „an die Stelle des verpfuschten Daseins des Sünders trete“162, der muß sich die Beugung des biblischen Zeugnissses vorwerfen lassen.163 Gelungenes Leben für mißlungenes? Stellvertretung als Tausch von Lebensleistung? Es kann bezweifelt werden, daß ein solches Stellverttretungsmodell, das dem Menschen als einem durch die vormoderne Theologie angeblich entmündigten Wesen164 zu neuer Verantwortung und Würde verhelfen soll, diesem ein neues Verständnis des Lebens und Sterbens Jesu eröffnet. Im Gegenteil, was sich auch hier, in der Auslegung der Paulusbriefe, auftut, ist das sogenannte „soteriologische Loch“,165 das als Problem einer vom Sühnegeddanken befreiten Theologie zu reflektieren die Lukasexegese den Vertretern eines soteriologischen Neuansatzes in der Paulusexegese immerhin voraus hat bzw. solange voraus hatte, bis man den Blendzaun einer anthropologisierten Kreuzesttheologie um das Loch errichtete. Die Selbstverständlichkeit, ja Unbefangenheit, 162
Röhser, Stellvertretung, 132. Zur Kritik an ähnlichen Entwürfen s. auch O. Hofius, „Für euch gegeben zur Vergebung der Sünden“. Vom Sinn des Heiligen Abendmahls, ZThK 95 (1998), 316 f, der ebenfalls mit Nachdruck darauf hinweist, daß in solch soteriologisch offenen Modellen „faktisch der erlösendde Charakter des Todes Jesu negiert wird“. 164 Röhser, Stellvertretung, 128. 165 Als Beispiel einer durchgeführten Entsoteriologisierung ist in diesem Zusammenhang das Werk von M.‑L. Gubler, Die frühesten Deutungen des Todes Jesu. Eine motivgesschichtliche Darstellung aufgrund der neueren exegetischen Forschung, OBO 15, Freiburg, Schweiz – Göttingen 1977, 409, zu nennen, in dem die Autorin beim Entwurf eines neuen Kreuzesverständnisses (op. cit., 6–9.410) den Erlösungsgedanken und damit die Soteriologie als solche aus dem Nachdenken über Jesu Tod entfernt. Nicht anders kann man ihre Warnung verstehen, daß „eine einseitige Beschränkung auf eine einzige Sinngebung des Todes [sc. Jesu], etwa der soteriologischen [sic]“, „verhängnisvoll“ sei, eine Mahnung, die Gubler mit der Feststellung begründet, daß die soteriologische Deutung des Todes Jesu „die menschlichen Grundfragen“ „religiös überspielt“. Verhängnisvoll ist vielmehr – so möchte man entgegnen –, daß in Gublers Versuch, die Probleme des heutigen Menschen zu bedenken, diesem als „Trost im Leben oder Sterben“ einzig die in Jesu Tod liegende „Zukunftsoffenheit“ (op. cit., 409) als Möglichkeit neuer Orientierung (op. cit., 412) bleibt. Daß die Autorin in diesem Zusammenhang nachdrücklich auch auf die „Zeichenhaftigkeit“ des Todes Jesu hinweist, schließt sie mit den in ähnlicher Weise „Trost“ spendenden Lukasexegeten zusammen. Auch Kessler, Die theologissche Bedeutung des Todes Jesu, 227–337, klammert Jesu Tod weitgehend aus der Soteriologie aus (op. cit., 335–337), da Jesu Tod in vielen Schichten des Neuen Testaments nicht soteriollogisch qualifiziert (op. cit., 295) und selbst von Paulus nicht als Sühnopfer verstanden würdde (op. cit., 326 f). 163
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mit der man in der Lukasforschung bis heute an der prinzipiellen Bedeutung biblisscher Sühnevorstellungen für die paulinische Soteriologie festhält und damit an der kultischen Verankerung des paulinischen Kreuzesverständnisses, kann angessichts der inzwischen immer größer werdenden Vielfalt der von Exegeten „neuttestamentlich“ verantworteten Deutungen des Todes Jesu durchaus als Basis für einen Neubeginn in der Erforschung der lukanischen Soteriologie gelten, auch wenn diese Unbefangenheit als solche kritisch zu würdigen ist, da sie einem Manggel an hermeneutischer Reflexion entspringt. Dieser Mangel zeigt sich am deutllichsten dort, wo man die Gewinnung von „Spielräumen für Verkündigung und Unterricht“166 zum hermeneutischen Ausgangspunkt der Exegese macht, ungeaachtet der wiederum von Vertretern der systematischen Theologie in die Debatte eingebrachten Mahnung, das aktuelle Interesse an einer Neuformulierung der Soteriologie nicht der eigentlichen exegetischen Textarbeit hermeneutisch vorzuoordnen und „das soteriologische Pferd nicht am Schwanz auf[zu]zäumen“167. So ist zu erwarten, daß eine vertiefte hermeneutische Reflexion als Grundllage einer neuerlichen Exegese der Texte ein neues Verständnis des lukanischen Werkes zeitigt und daß die Öffnung des Denkens für bislang apodiktisch ausgesschlossene Denkmöglichkeiten – besonders für die Möglichkeit, daß die kultische Opfer- und Sühnevorstellung integraler Bestandteil der lukanischen Soteriologie ist – auch für Lukas das als selbstverständlich erweist, was nach dem Urteil der Lukasforscher immerhin noch als für Paulus selbstverständlich gilt: die Heilsbbedeutung des Todes Jesu, die auf der eucharistischen Gewißheit des „für uns“ seines Sterbens gründet. Im Blick auf die gesamtneutestamentliche Diskussion bleibt dabei zu hoffen, daß die Lukasexegese, da sie zu lange schon mit einer sühnetheologisch reduzierten Kreuzestheologie beschäftigt war, sich angesichts der Konsequenzen, die sie zeitigt, nun so in die aktuelle Debatte einführt, daß sie sich die neuerliche Auseinandersetzung mit einer um das Kreuz selbst reduziertten Soteriologie versagt und statt dessen den Weg in die entgegengesetzte Richttung antritt. Sie hat das Kreuz zu lange bagatellisiert, die Soteriologie als solche zu lange synergistisch anthropologisiert und zu viele mißglückte Versuche der soteriologischen „Ehrenrettung“ des Lukas hervorgebracht, um weiter in dieser Richtung fortschreiten zu können. 166 G. Röhser, Rez. T. Knöppler, Sühne im Neuen Testament, http:/www.znt-online.de/ roehser.html. 167 Dalferth, Soteriologische Relevanz, 177. – Wie groß bei dieser hermeneutischen Abhängigkeit der Exegese von vordefinierten Zielen die Gefahr ist, daß die Textauslegung zur Projektion gerät, weil man allzu schnell bereit ist, die Befreiung des Denkens von inzwischen anstößigen Vorstellungen als das in den Schriften Vorfindliche zu fixieren, dokumentiert die in Anm. 161 bereits erwähnte Auseinandersetzung Stuhlmachers mit dem soteriologischen Entwurf Friedrichs. Stuhlmachers Kritik hat bis heute ihre Aktualität nicht verloren und trifft der Sache nach auch eine Vielzahl jüngerer Entwürfe.
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Wollte man dennoch auch in Zukunft einer solcherart „entsoteriologisiertten“ Soteriologie das Wort reden, in der trügerischen Hoffnung, die letztlich eben doch noch unbezwungenen und daher immer wieder zitierten Lukas-Anklägger zum Schweigen zu bringen, so wird man nur das Gegenteil von dem bewirkken, was doch das Ziel ist: Lukas zu neuen Ehren zu verhelfen. Und tatsächlich ist die Sache ja längst verloren: Das harte Urteil früherer Exegeten hat, da die Verteidiger des Lukas das Werk Christi dem Menschen übertragen haben, eine letzte Bestätigung gefunden. Es zwingt – soll das Kreuz die Mitte des christllichen Glaubens bleiben – jetzt erst recht dazu, Lukas aus der Reihe ernsthaftter Kreuzestheologen zu verbannen oder ihn, da er aus dem Kanon nicht mehr zu entfernen ist, ins zweite Glied zu stellen, besser noch dahin, wo ein blinder Passagier hingehört: ins Unterdeck des Schiffes, woher seine Stimme nicht so laut ertönt. Es gibt, da die Herabminderung des Kreuzes zum psychologischen Motiva tionsmittel faktisch die Entfernung des Todes Jesu aus der Soteriologie und damit den Abschied von einer christlich verantworteten Theologie bedeutet, keinen Weg vorbei an der die ehemaligen Lukaskritiker leitenden Erkenntnis: Wenn bei Lukas der Tod Jesu die Macht der Sünde nicht zu brechen vermag, wenn er nicht in Stellvvertretung geschieht für den Menschen, der sich selbst vom tödlichen Sündenverhhängnis nicht befreien kann, wenn also das Leiden des Christus keinen inhaltlich notwendigen Platz in der Geschichte hat und der lukanische Jesus nicht als Sühnesstifter erscheint, dann hätte in der Tat Jesu Sendung zwar Zeichen‑, Abbild- oder Anredecharakter, wäre aber selbst dem soteriologischen Geschehen entnommen. Und so wäre Lukas der einzige der Evangelisten, der in freudiger Selbstüberhebbung den Menschen zur Selbsterlösung anhielte, als deren gewisser Grund nicht das Sterben des Christus, sondern die imitatio Christi erscheint.168
1.3 Das methodische Problem Die forschungsgeschichtliche Fixierung und die Einseitigkeit der heutigen Lukaseexegese hat aber auch methodische Wurzeln. Sie freizulegen gelingt wiederum nur von der hermeneutischen Ebene aus. Denn hier zeigt sich, daß man ein bestimmtes methodisches Grundproblem noch gar nicht zur Kenntnis genommen hat, obwohl es die gesamte Diskussion bestimmt. Es handelt sich um den ganz uneinheitlichen Interpretationsmaßstab, den man bei der Untersuchung der synoptischen Evangellien anlegt, mehr noch: um eine eklatante methodische Ungleichbehandlung der Evangelisten. Während nämlich bei Lukas allein die geringe Zahl offensichtlich vorhandener Stellen, an welchen Jesu Tod als Sühnegeschehen gedeutet wird, 168 Vgl. das Abschlußkapitel von O’Toole, Unity, das den Titel trägt: „Christians are to Imitate the Father and Jesus“. Vgl. auch op. cit., 268, und Beck, „Imitatio Christi“.
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an der soteriologischen Ernsthaftigkeit des Evangelisten zweifeln läßt, genügen den Markusexegeten nur zwei Hinweise, um die sühnetheologische Deutung des Kreuzes durch den Evangelisten169 zu begründen.170 Bei diesen Belegen handelt es sich zum einen um die Einsetzungsworte Mk 14,22–24, zum anderen um das sogenannte Lösegeldwort Mk 10,45, dessen Fehlen im Text seines Evangeliums Lukas den Verdruß seiner Exegeten beschert. Dabei bietet auch der dritte Evanggelist neben den durch ein zweites Zueignungswort („für euch“) erweiterten Einssetzungsworten (Lk 22,19 f) in Apg 20,28 das Wort vom Erwerb der Gemeinde durch das Blut Jesu, mit ihm zudem eine Sentenz, die wie das Lösegeldwort die Vorstellung des „Kaufs“ bzw. „Loskaufs“ entstehen läßt. Gleichwohl reichen im Falle des Lukas zwei „magere“171 Hinweise offensichtlich nicht, um seine modernen Leser davon zu überzeugen, daß seine soteriologische Grundüberzeuggung keine andere ist als die des Markus.172 Ja, Lukas muß es sich sogar gefallen lassen, daß er trotz des „einmalig zweimaligen“, auf Jesu Sterben bezogenenen ὑπὲρ ὑμῶν in den Abendmahlsworten zu den Tradenten christlichen Glaubens gezählt wird, „die vom Heil in Jesus Christus sprechen, ohne dafür die Sterbeformmel ἀπέθανεν ὑπὲρ (τῶν ἁμαρτιῶν) ἡμῶν zu verwenden“ (vgl. Röm 5,8; 1. Kor 15,3 neben Röm 14,15; 1. Kor 8,11; 2. Kor 5,15),173 womit nicht auf den von der Forschung unterschiedlich bewerteten Zusammenhang der Formel mit den Einssetzungsworten angespielt, sondern ganz grundsätzlich der Erkenntnis Ausdruck verliehen wird, daß Lukas „die heilsentscheidenden ,für uns‘-Aussagen der paul-
169 S. dazu U. Mittmann-Richert, Die Dämonen und der Tod des Gottessohnes im Markusevangelium, in: A. Lange – H. Lichtenberger – K. F. D. Römheld (Hg.), Die Dämonen. Demons. Die Dämonologie der israelitisch-jüdischen und frühchristlichen Literatur im Kontext ihrer Umwelt. The Demonology of Israelite-Jewish and Early Christian Literature in Context of their Environment, Tübingen 2003, 476–504, bes. 478 f.493 f. 170 Daß man aufgrund der geringen Anzahl entsprechender Belege auch Markus und Matthäus jedes sühnetheologische Interesse absprechen müsse, vertritt dagegen Kessler, Die theologissche Bedeutung des Todes Jesu, 275. Auch Wilckens, Missionsreden, 198, weist darauf hin, daß bei Markus und Matthäus die Hinweise, die eine „auf Jesu Tod begründete Soteriologie“ erkennen lassen, nicht weniger spärlich sind als bei Lukas. 171 Vgl. Bovon, Luke the Theologian, 159. 172 Glöckner, Verkündigung, 181–183, gesteht dem Wort Apg 20,28 zwar eine sühnetheollogische Implikation zu, fordert von Lukas im gleichen Atemzug jedoch, er hätte, um sein wirklliches Interesse an einer Sühnetheologie zu demonstrieren, diese „traditionelle Wendung“ näher interpretieren müssen. Vgl. auch George, Le sens de la mort de Jésus, 191 f, und O’Toole, How Does Luke Portray Jesus as Servant of YHWH?, 335 f. Anders Joachim Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu, 4. Aufl., Göttingen 1967, 151 mit Anm. 2, und R. H. Fuller, Luke and the Theologia Crucis, in: D. Durken (Hg.), Sin, Salvation, and the Spirit. Commemorating the Fiftieth Year of the Liturgical Press, Collegeville, Minnesota 1979, 214–220, der auf die sachlliche Nähe zwischen Markus und Lukas hinweist und in diesem Zusammenhang ebenfalls auf die in der Forschung etablierte Ungleichbehandlung der Evangelisten. 173 Glöckner, Verkündigung, 113. Vgl. auch Hagene, Zeiten, 8.
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linischen Kreuzestheologie ... fremd“ seien.174 Mit der Elimination des „für uns“ aus dem Denken des Lukas aber ist man – sofern man dem Evangelisten die Teilnnahme am Gottesdienst und Herrenmahl der Gemeinde historisch zubilligt (vgl. Apg 20,7.11175) – bei einem Christentum angelangt, das die Herrenmahlsfeier unter Ausblendung des sie konstituierenden „für euch“ der Lebenshingabe Jesu (Lk 22,19 f; 1. Kor 11,24) als soteriologisch inhaltsloses Ritual zelebrierte. Die historische Fragwürdigkeit dieses Gedankens hätte von Anfang an davor warnen müssen, das Lukasevangelium so konsequent zu „entsoteriologisieren“, wie man es getan hat und weiterhin tut, als hänge die kreuzestheologische Glaubwürdigkkeit der Evangelisten nicht am Wort, sondern am numerischen Verhältnis entsprecchender Sentenzen zur Anzahl der Kapitel in ihren Werken. Die Statistik hat die Lukasexegese fest im Griff, selbst dort, wo Lukas Markkus rezipiert, sich also nicht der vermeintlichen Streichung theologisch wichtigen markinischen Stoffes schuldig macht. Aber da das Urteil über Lukas nun einmal gesprochen ist, wird sogar die Tatsache, daß der dritte Evangelist die markinisschen Leidensweissagungen übernimmt, ohne dabei, über Markus hinausgehend und ihn ergänzend, auf das Sühnopfer hinzuweisen, zum Beweis einer inhaltlich reduzierten Soteriologie.176 Die hermeneutisch bedingte theologische Ungleichbbehandlung der Evangelisten erreicht hier ihre Spitze. Erstaunlich nur, daß man im Zuge des auf die Wiederholung sühnetheologischer Kernsätze gegründeten Verfahrens nicht schon längst das Apostolische Glaubensbekenntnis verworfen hat, dem ohne die „Für-uns-Aussagen“ des Nizänischen die sühnetheologische Pointierung fehlt. Auch der vorpaulinische Christushymnus Phil 2,6–11 müßte eigentlich in der Kritik stehen. Nun wäre es falsch, die Argumentationsrichtung einfach umzudrehen, ohne die genannten Einwände gegen eine sühnetheologische Auslegung der lukanischen Passionsgeschichte zu prüfen. Insbesondere die Streichung bzw. Abwandlung (Lk 22,27) des markinischen Lösegeldwortes Mk 10,45, das in der Ansage der Lebenshingabe Jesu „für viele“ (ἀντὶ πολλῶν) gipfelt, verlangt eine Erklärung. Allerdings eine solche, die auf den etablierten Schematismus der Interpretation verzichtet, innerhalb dessen jede Auslassung automatisch und ohne Prüfung weitterer Deutungsmöglichkeiten mit theologischem Desinteresse gleichgesetzt wird. 174 Schulz, Einleitung, 289, und gleichlautend ders., Mitte, 146. Vgl. auch Wilckens, Missionsreden, 185. 175 Selbst wenn die genannte Stelle im Blick auf die Rolle des Lukas als Begleiter des Paulus historisch als Fiktion anzusehen wäre (dagegen: C. J. Thornton, Der Zeuge des Zeugen. Lukas als Historiker der Paulusreisen, WUNT 56, Tübingen 1991, 229–271, bes. 267–271), vermitttelt Lukas in ihr bewußt den Eindruck seiner persönlichen Teilnahme an der Abendmahlsfeier in Troas, was er gewiß nicht getan hätte, wenn eine solche Teilnahme nicht zu seiner persönlicchen christlichen Praxis gehört hätte. 176 Schulz, Botschaft, 289.
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In der Tat wird sich zeigen, daß es der Erklärungsmöglichkeiten viele gibt, wenn man das forschungsgeschichtlich Undenkbare zu denken bereit ist, daß Lukas das Lösegeldwort nicht aus sühnetheologischer Ignoranz, sondern, ganz im Gegentteil, um der soteriologischen Stringenz seiner Gedankenführung willen nicht so überlieferte, wie es ihm bei Markus vorlag. Um aber zu erweisen, daß die lukanissche Umstrukturierung des markinischen Berichts, nicht nur in diesem Einzelfall, sondern im Ganzen, das Ergebnis einer vertieften und systematisch komplexen Auseinandersetzung mit der Frage nach der im Kreuz geschehenen Entsühnung des Menschen ist, gilt es, neue Wege der Interpretation zu gehen. Dabei genügt es nicht, die bislang erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse der Lukasexegese in den Blick zu nehmen. Vielmehr ist – eine dringende Aufgabe – auch die Methoddik der Auslegung einer grundsätzlichen Kritik zu unterziehen und gegebenenffalls auf ein neues Fundament zu stellen. Zu dieser methodischen Neuorientierung gehört der endgültige Abschied von einer einseitig gewordenen Redaktionskritik – wohlgemerkt, nicht der Redaktionskkritik als solcher, sondern der schematisierten Methodik, in welcher die Scheidung zwischen Tradition und Redaktion zum historischen Graben zwischen den Autorren und ihren Stoffen wird. Besonders bei Lukas hat die redaktionsgeschichtliche Reduktion des theologisch relevanten Materials zu einer Verzerrung des soteriollogischen Bildes geführt, welches in seiner jetzigen Form nicht nur das Ergebnis eines eklatanten exegetischen Fehlurteiles ist, sondern auch der kompositorischen Leistung des Evangelisten nicht gerecht wird. Der Abschied von einer formalistischen Redaktionskritik wurde schon lange gefordert,177 aber merkwürdigerweise nie wirklich vollzogen, als scheute man davor zurück, sich von einem untauglich gewordenen, aber liebgewonnenen Werkzeug zu trennen. So verwundert es nicht, daß trotz der allgemeinen Einssicht in die gefährliche Eigendynamik methodologisch fest fixierter Interpretattionsansätze die lukanische Soteriologie nur selten anders als auf der Grundlage eines ganz bestimmten redaktionsgeschichtlichen Vorverständnisses untersucht
177 Vgl. stellvertretend für andere H. Schürmann, Das Lukasevangelium. Erster Teil. Kommentar zu Kapitel 1,1–9,50, HThK 3/1, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1969, V, und ders., Bemerkungen über die Handhabung der redaktionsgeschichtlichen Methode = Untertitel des „Nachwort[s] zum fotomechanischen Nachdruck“ des Werkes „Jesu Abschiedsrede Lk 22,21– 38. III. Teil einer quellenkritischen Untersuchung des lukanischen Abendmahlsberichtes Lk 22,7–38“, 2. Aufl., Münster 1978, 161–170; E. E. Ellis, Die Funktion der Eschatologie im Lukasevangelium, ZThK 66 (1969), 387–389; Fuller, Luke, 216. S. auch Marshall, Luke: Historian and Theologian, 9, der im Vorwort seines Werkes feststellt: „One of the dangers of reccent study of the Gospels is that it tends to accentuate the differences between the Evangelists and their sources ... Luke ... was very much controlled by his sources.“ – Eine Übersicht über die redaktionsgeschichtliche Diskussion der 60er und 70er Jahre bietet Talbert, Shifting Sands, 392–394.
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wird,178 zu dem die Überzeugung von der theologischen Irrelevanz übernommenner Stoffe gehört. Zumindest verfährt man so bei Lukas. Bei Markus gestaltet sich das Bild ganz anders. Denn obwohl die stofflich hohe Traditionsgebundenhheit des zweiten Evangelisten außer Frage steht und Markus, literarisch gesehen, weit eher als Sammler und Arrangeur von Quellen erscheint als Lukas,179 würddigt man ihn als einen die Paradoxie des Kreuzes tief reflektierenden Theologgen, während man bei Lukas gerade die theologisch richtungweisenden Aussaggen und Passagen als „aus den Quellen übernommen“ klassifiziert und sie damit als unbedeutend für die Theologie des Evangelisten abwertet. Es liegt in der inneren Konsequenz dieser methodischen Fixierung, daß ihr die gerade von der Lukasforschung mehrheitlich als Sühneaussagen klassifizierten Textstellen Lk 22,19 f und Apg 20,28 zum Opfer fallen und, als sogenannte Traditionsstücke, vor aller theologischen Reflexion von der Betrachtung ausgenommen werden.180 Damit wird die Frage nach dem lukanischen Kreuzesverständnis automatisch zur Frage der exegetischen Methodik. Das methodische Fazit aber markiert ein Paradox: In einer Zeit, in der die neutestamentliche Wissenschaft die Grenzen der Redaktionsgeschichte erkennt und sie allenthalben durch synchrone Interprettationsansätze aufzulösen sucht, ist dennoch die apodiktische Abwehr allein des Gedankens an eine lukanische Sühnetheologie so groß, daß die genannten Stell178 Zu den wenigen Ausnahmen gehört Doble, Paradox, der die lukanische Soteriologie textllich bewußt synchron untersucht; vgl. op. cit., 10 f. S. dazu bereits o. S. 30–33. Auch Hagene, Zeiten, analysiert aufgrund ihres erzähltheoretischen Ansatzes die lukanischen Texte synchron (zur Erzähltheorie s. op. cit., 58–69). Sie tut dies allerdings, ohne die Frage nach der literarischen Stellung der in ihrer soteriologischen Bedeutung umstrittenen Passagen Lk 22,19 f und Apg 20,28 im Gesamtwerk zu stellen und zu beantworten, was methodisch schon deshalb fragwürddig ist, weil Hagene bei der ihrem Werk axiomatisch zugrunde gelegten Überzeugung von der Abweisung sühnetheologischer Vorstellungen durch Lukas (op. cit., 2–15) mit dem Ergebnis der von ihr rezipierten Vorgängerarbeiten automatisch auch deren Begründungsmuster übernimmt, zu dem die redaktionsgeschichtliche Ausscheidung der genannten Stellen konstitutiv gehört. Gerade eine synchrone Analyse muß sich, wenn Sie auf dem althergebrachten Lukasbild beharrt, der schwierigen Aufgabe stellen, diejenigen soteriologischen Aussagen mit in das Gesamtbild zu integrieren, die ihm auf den ersten Blick entgegenstehen. Die wenigen Zeilen, die Hagene den fraglichen Belegen widmet (op. cit., 10 f und 283), können gewiß nicht als eine solche Auseinandersetzung mit der methodischen Problematik gewertet werden. 179 Vgl. z. B. R. Pesch, Das Markusevangelium. Erster Teil: Einleitung und Kommentar zu Kapitel 1,1–8,26, HThKNT, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1976, 15–25. 180 Vgl. z. B. Wilckens, Lukas und Paulus, 175 Anm. 13; Marshall, Luke: Historian and Theologian, 174, der hier von „certain traditions“ redet, denen der Evangelist selbst keinne theologische Aufmerksamkeit schenke. Damit erliegt Marshall selbst dem von ihm in der Einleitung seines Werkes (op. cit., 9; dazu o. Anm. 177) noch kritisierten redaktionsgeschichtlicchen Begründungsautomatismus. Vgl. ferner Kodell, Luke’s Theology, 223, und Schweizer, Art. Jesus Christus, TRE 16, 703; außerdem H. Conzelmann, Historie und Theologie in den synoptischen Passionsberichten, in: ders., Theologie als Schriftauslegung. Aufsätze zum Neuen Testament, BEvTh 65, München 1974, 89 (= F. Viering [Hg.], Zur Bedeutung des Todes Jesu, Gütersloh 1967, 37–53).
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len automatisch durch das synchrone Raster fallen und im darunter aufgespanntten Netz der Redaktionskritik landen. Für eine Neuinterpretation des lukanischen Werkes ergibt sich daher die Fordderung, alle soteriologisch relevanten Passagen, ungeachtet ihrer Traditionsgebbundenheit, als integrale Bestandteile des lukanischen Werkes ernstzunehmen und in die soteriologische Reflexion miteinzubeziehen. Dies gilt insbesondere im Blick auf die Einsetzungsworte, von deren Bedeutung für den dritten Evangelissten in gleicher Weise auszugehen ist, wie man dies für die Auslegung des Markkus- und Matthäusevangeliums als selbstverständlich erachtet. Böttrich ist auf diesem Weg einer soteriologischen Neubewertung der lukanischen Abendmahlserzzählung ja bereits ein Stück vorangegangen.181 Die geforderte Abkehr von einer soteriologisch einseitig auf die Redaktionskritik gegründeten Lukasexegese ist daher vermutlich nur noch eine Frage der Zeit. Und es steht zu erwarten, daß der Umschwung in der Erforschung der lukanischen Soteriologie, wenn nicht aus Gründen einer hermeneutischen Neubesinnung, so doch aufgrund der hier sich andeutenden und längst fälligen methodischen Neuorientierung, in naher Zeit erfolgt. Diese Neuorientierung wird, falls man das zweifache „für euch“ in Lk 22,19 f nicht weiterhin gegen den Textsinn in ein „mit euch“ verkehrt, zwangsläuffig zur Preisgabe der Überzeugung führen, daß Lukas die Vorstellung vom Sühnneleiden Christi programmatisch abwehre. Am Rande dieses Problemfeldes erhebt sich die Frage nach der Interpretattion von Zitaten, die bislang nie anders als auf der Grundlage moderner literarisscher Konventionen beantwortet wurde. Auch hier hat die methodologische Entddeckung der Kontextualität nichts daran geändert, daß man in der theologischen Bewertung der alttestamentlichen Zitate bei Lukas, als sei dies eine Selbstversständlichkeit, ihren atomistischen Gebrauch voraussetzt182, ohne der ausgeprägtten und technisch nach eigenen Regeln funktionierenden antiken Zitationskultur oder auch nur den von Lukas selbst in den Text eingestreuten mnemotechnischen Signalen Beachtung zu schenken. Da man sich aber nun einmal darin einig ist, die Bedeutung von Zitaten bei Lukas auf die zitierten oder eben nicht zitierten Verse zu beschränken, wird die lukanische Zitationstechnik zur Hauptstütze der 181
S. nochmals o. S. 33–36. Das gilt auch von der großen monographischen Arbeit Reses, Motive. Vgl. auch Kränkl, Jesus, 125 f. – Die Diskussion um den atomistischen Gebrauch der alttestamentlicchen Anspielungen, hauptsächlich der Verweise auf Jes 53, wurde und wird vor allem in der angelsächsischen Literatur geführt; vgl. z. B. H. J. Cadbury, The Titles of Jesus in Acts, in: F. J. Foakes Jackson – K. Lake (Hg.), The Beginnings of Christianity. Part I: The Acts of the Apostles, Vol. V, Grand Rapids, Michigan 1979, 369 f; M. D. Hooker, Jesus and the Servant. The Influence of the Servant Concept of Deutero-Isaiah in the New Testament, London 1959, 21–23; D. L. Jones, The Title „Servant“ in Luke-Acts, in: C. H. Talbert (Hg.), Luke-Acts. New Perspectives from the Society of Biblical Literature Seminar, New York 1984, 150. 182
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Theorie von der vom Evangelisten praktizierten systematischen Ausscheidung des Sühnegedankens aus seiner Theologie. Und man hält an dieser Überzeugung fest, obwohl man Lukas zugesteht, daß er sich, rein äußerlich, so deutlich wie kein anderer neutestamentlicher Schriftsteller in seiner Darstellung des Lebens und Sterbens Jesu auf denjenigen Text des Alten Testaments bezieht, der im Urchrisstentum zu einem Schlüsseltext für die Erschließung des Kreuzesereignisses avanccierte: das vierte Gottesknechtslied Jes 52,13–53,12. Tatsächlich besteht unter den Exegeten kein Zweifel an der Bedeutung des Gottesknechtsmotivs für Lukas und an seinem Interesse speziell an Jes 53,183 aber – auch hier ist man sich einig – nur, soweit dies nicht die Sühneaussagen diesses wichtigen Textes betrifft184 bzw. diejenigen Textstellen, die zumindest die Lukasexegeten sühnetheologisch deuten.185 D. h. – man stelle sich den Sachverhhalt konkret vor Augen! – Lukas hätte sich wieder und wieder mit dem vierten Gottesknechtslied Jes 53 beschäftigt, eindringlich wie kein anderer, hätte es leitmmotivisch in sein Doppelwerk integriert, dabei aber offensichtlich jedesmal die Verse 4–6; 10 f und die letzten Zeilen von V. 12 mit dem Finger verdeckt, um das Wort von der durch den Tod des Gottesknechts ins Werk gesetzten Entschuldung Israels nicht sehen zu müssen.186 Wer die Argumente sichtet, mit deren Hilfe man diesen schlechterdings unwahrscheinlichen Vorgang zu beweisen versucht, muß den Eindruck gewinnen, als ginge der Exegese im Zuge der sich stetig verfeinerndden wissenschaftlichen Methodik der Sinn für das Einfache verloren – wie etwa der zur Mikrosektion ausgebildete Chirurg in Gefahr steht, den nur mäßig Krankken dem Messer auszuliefern. So operiert man seit zwei Generationen an einem lukanischen Krebsgeschwür, das es gar nicht gibt. Das Bild eines Evangelisten, der wieder und wieder den Text ins Feld führt, der seine theologische Grundüberzzeugung zutiefst erschüttert, ist in so hohem Maße unwirklich, daß die Tatsache seiner Entstehung nur durch den inzwischen etablierten Auslegungsschematism183 Vgl. die im folgenden Kapitel genannten Autoren, u. S. 5 4 f mit Anm. 194–196. Dazu die Liste der Belege in: K. Berger, Theologiegeschichte des Urchristentums, 2. Aufl., Tübingen – Basel 1995, 24–26. 184 Berger, op. cit., 26. 185 Ausführlich zum Problem der Anwendung des Sühnebegriffs auf Jes 53 Einführung 2.1.2. 186 Daß, wie M. Hengel, Zur Wirkungsgeschichte von Jes 53 in vorchristlicher Zeit, in: B. Janowski – P. Stuhlmacher (Hg.), Der leidende Gottesknecht. Jesaja 53 und seine Wir kungsgeschichte, Forschungen zum Alten Testament 14, Tübingen 1996, 49–91, bes. 90 f (= Judaica, Hellenistica et Christiania. Kleine Schriften II, WUNT 109, Tübingen 1999, 72–114), es ausführlich dokumentiert hat, in der frühjüdischen Rezeption von Jes 53 die Leidenszüge und mit ihnen die Stellvertretungsaussagen des Liedes in den Hintergrund treten, kann nicht als Gegenargument gelten, da die auf Jesu Tod bezogene urchristliche Rezeption des Textes besondderen hermeneutischen Bedingungen unterlag. Auch dazu Einführung 2.1.2. Gegen Patsch, Abendmahl, 165.
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mus erklärbar ist, dessen eigene historische Bedingtheit die historischen Bedinggungen der ur- und frühchristlichen Zeit überlagert und aus dem Blickfeld der Exegese verschwinden läßt.
1.4 Exegetische Folgerungen Es ist dringend an der Zeit, nach neuen Antworten zu suchen und sich auf neue Wege des Denkens zu begeben. Nicht nur, um der von Martin Rese187 schon vor 25 Jahren beklagten Langeweile zu entgehen, die sich in der Lukasforschung trotz einer regelrechten Flut von Veröffentlichungen ausgebreitet hat, sondern auch, weil die Gleichförmigkeit der Argumentation, deren Dynamik sich umgekkehrt proportional zur Zahl neuerer Lukasstudien verhält, ein Indiz für die Sackggasse ist, in die man theologisch geraten ist und aus der sich zu befreien bis heute nicht gelang. Es ist dringend an der Zeit, nach neuen Antworten zu suchen, Antwort auf die theologische Frage nach dem Grund der so eigentümlichen Darstellung der Kreuzzigung Jesu bei Lukas und Antwort auf die literarische Frage nach der lukanischen Zitierweise, in deren Zentrum Jes 53 steht. Prüfstein einer neuen Auslegung ist die Folgerichtigkeit, mit welcher es gelingt, die drängenden Textprobleme einer Lösung zuzuführen und zu erklären, warum Lukas in Apg 8,32 und Lk 22,37 aus Jes 53,8 und 12 die Anspielungen auf die im Tode des Gottesknechts sich vollzziehende Entschuldung Israels nicht übernimmt und warum er das markinische Lösegeldwort (Mk 10,45), das ebenfalls Jes 53,12 rezipert,188 nicht bzw. nur in stark abgewandelter Form (Lk 22,27) in den Kontext seines Evangeliums integgriert. Die Freiheit des exegetischen Urteils ist dabei in jedem der hier zu unterssuchenden Fälle einzeln zurückzugewinnen. Dies bedeutet aufs Ganze gesehen, daß die Suche nach Antworten unbelastet sein muß von der Überzeugung, daß es der Sühnegedanke sei, der Lukas die Kreuzigung Jesu in so besonderer Form erzählen läßt oder ihn an der Zitation bestimmter Sentenzen hindert. Warum nicht an anderes denken? Tatsächlich verstellt nur die Höhe der von den Exegeten gegen Lukas aufgettürmten Prozeßakten den Blick auf eine theologisch viel näher liegende Erklärung der benannten Sachverhalte. Sie sei hier wenigstens in Grundzügen vorgestellt und mit ihr die in dieser Arbeit dargebotene Argumentation, da die Vertrautheit mit den wichtigsten Ergebnissen der Studie die Lektüre der Kapitel zur Interprettation der lukanischen Zentraltexte erleichtert und einen Rahmen schafft für die Zuordnung von Details. Gleichzeitig kann es die Akzeptanz der dem bisherigen 187 Neuere Lukas-Arbeiten. Bemerkungen zur gegenwärtigen Forschungslage, ThLZ 106 (1981), Sp. 226. 188 Dazu ausführlich u. S. 120–122.
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Urteil über Lukas entgegenstehenden Hauptthese nur fördern, wenn gleich zu Beginn der Untersuchung die bekannten Einwände gegen eine lukanische Sühnnetheologie relativiert werden. Eine grundsätzlich veränderte Sicht der Dinge ergibt sich schon dann, wenn man die Passagen aus Jes 53, deren Zitation die Forschung von Lukas zum Erweis seiner soteriologischen Konformität mit anderen neutestamentlichen Autoren beständig fordert, nicht nur im Blick auf den Knecht und das in seinem Tode zur Erfüllung kommende Heilswerk liest, sondern auch im Blick auf die Empfänger des Heils. Denn hier tut sich eine Problematik ganz eigener Art auf, eine Problemmatik, um deren Bedeutung für Lukas man zwar weiß, die man aber aufgrund des exegetisch fest fixierten Urteils über das lukanische Kreuzesverständnis nicht in die soteriologische Betrachtung meint einbeziehen zu müssen. Das Problem der fraglichen Zeilen liegt in ihrer pointierten Ausrichtung auf das Volk Israel, dessen Sünde Grund und Ursache des in Jes 53 geschilderten Todesgeschehens ist und das sich am Ende als Empfänger des aus der Lebenshingabe des Knechts resulttierenden Heils erkennt (Jes 53,8.11 f im Zusammenhang mit 53,4–6). Gewiß ist im Eingangsteil des vierten Gottesknechtsliedes auch die Heidenwelt im Blick, dennoch ist das in Jes 53 ins Bild gesetzte Stellvertretungsgeschehen zunächst als ein an Israel sich auswirkendes Geschehen dargestellt, dessen Universalisierrung in der Ereignisfolge nachgeordnet bleibt.189 Dies gilt schon deshalb, weil das vierte Gottesknechtslied die Schuldfrage nur im Blick auf Israel stellt (s. nochmmals Jes 53,4–6.8.11 f), wodurch die nach Jes 53,12 vom Knecht geleistete Übernnahme der Schuld „der Vielen“ zunächst zu einem Ereignis der Errettung Israels wird. Aber als wüßte man nicht um die heilsgeschichtliche Konzeption des Lukas, als wüßte man nicht um sein theologisches Bemühen, die nichtjüdische Welt in das Heilsgeschehen zu integrieren, verlangt man von ihm, er hätte in eine Szene, die exemplarisch von der Bekehrung eines Heiden aus fernsten Landen handelt (Apg 8,26–40), ausdrücklich die Problematik der in Jes 53,8 dem Wortlaut nach auf Israel beschränkten Entschuldung des Menschen durch die stellvertretende Lebenshingabe des Gottesknechts eintragen müssen, um nach modernem exegettischen Ermessen theologisch glaubwürdig zu bleiben. Im Hinblick auf Jes 53,12 ist ferner zu bedenken, daß die hier verheißene, heilvolle Schuldbefreiung Israels als Voraussetzung der eschatologischen Einbeziehung der Heiden in den Israelbbund bei Lukas eine Umkehrung erfährt und die endzeitliche Errettung Israels der weltweiten Sammlung der Heiden nachgeordnet wird.190 Lukas wird also, 189 Vgl. B. Janowski, Stellvertretung. Alttestamentliche Studien zu einem theologisschen Grundbegriff, SBS 165, Stuttgart 1997, 73–96, und H.‑J. Hermisson, Das vierte Got tesknechtslied im deuterojesajanischen Kontext, in: B. Janowski – P. Stuhlmacher (Hg.), Der leiddende Gottesknecht. Jesaja 53 und seine Wirkungsgeschichte, Forschungen zum Alten Testament 15, Tübingen 1996, 1–25, bes. 13–20. 190 S. u. S. 265–280.
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auch wenn die Exegeten anderes von ihm fordern, auf den in Lk 22,37 noch nicht zitierten Schluß von Jes 53,12 wörtlich oder motivisch erst anspielen, wenn er die Verheißung, daß der Knecht für „die Vielen“ eintritt, im Sinne seiner Heilskonzzeption zur Anschauung bringen kann. Dies ist, dem Duktus von Jes 53 entsprecchend, an dem Punkt seines Evangeliums der Fall, wo Lukas die von der Exegese angemahnten Zeilen in das sprechende Bild der im Tode Jesu sich vollziehenden Entschuldung des Sünders faßt: in der Kreuzigungsperikope. Daß er dabei nicht nur die Frage des Heils für Israel und die Völkerwelt, sondern auch die in Jes 53 allein mit Israel verknüpfte Frage der Schuld als ein gesamtmenschliches Phänommen reflektiert und das Gegenüber von Israel und Heidenwelt als Gegenüber von Henkern und Bekennern auf beiden Seiten zur Anschauung bringt, zeigt die Tiefggründigkeit seines soteriologischen Entwurfs und die hochreflektierte Verarbeittung des alttestamentlichen Traditionsmaterials. Bereits hier deutet sich an, daß der Umgang des Lukas mit den alttestamentllichen Texten viel komplexer ist, als die neutestamentliche Exegese mit ihrem beständigen Hinweis auf den atomistischen, und d. h. theologisch reduktionistisschen Gebrauch derselben glauben macht. Gleichzeitig wird offenbar, daß man die lukanische Soteriologie nicht auf die Frage der vorhandenen oder nicht vorhhandenen Sühnevorstellung reduzieren darf, sondern den heilsgeschichtlichen Rahmen des lukanischen Werkes stets mit im Blick haben muß, dies allerdings nicht im Sinne einer erneuten Vereinseitigung des lukanischen Entwurfs als eines Versuchs, das Christusgeschehen zu historisieren. Denn auch wenn die Literatur zu Lukas voll ist vom Vorwurf einer historisierenden Verengung der Christusbotsschaft,191 so ist derselbe doch nur die logische Folge einer um das Kreuz reduzzierten und damit entleerten Soteriologie, während die Frage nach der Geschichte Israels und der Kirche zur Kreuzesfrage wird, wenn man sie mit Lukas als Frage nach der Sünde des Menschen – eines jeden Menschen – und seiner von Gott selbst ins Werk gesetzten Entsühnung behandelt. Was in diesem Zusammenhang das neutestamentliche Bezugsmaterial betrifft, genauer das markinische Lösegeldwort Mk 10,45, das Lukas um seiner sühnettheologischen Implikationen willen aus seiner Vorlage getilgt haben soll, so trägt die vorliegende Untersuchung der Synchronität des lukanischen Werkes in der Weise Rechnung, daß sie vor dem Urteil über die Quellenverarbeitung des Evanggelisten die Struktur der lukanischen Erzählvorlage philologisch präzise erhebt. Eigentlich eine exegetische Selbstverständlichkeit. Daß sie es nicht ist, zeigt die offen zutage liegende Tatsache, daß bei den Lukasexegeten zwar der Aussageggehalt des markinischen Wortes zur Debatte steht, aber nicht sein Wortlaut, wie auch der Wortlaut relevanter Vergleichsstellen im Lukasevangelium keiner Anallyse unterzogen wird. Eine solche Analyse aber erbringt sehr rasch einen bemerk191
S. u. S. 265–268.
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kenswerten Befund: die im Markus- und im Lukasevangelium ganz unterschiedlliche Sprechrichtung beim Zuspruch des Heils. Während nämlich das markinische Lösegeldwort und die markinischen Einsetzungsworte abschließen mit der Wenddung „für viele“ (ἀντὶ πολλῶν: Mk 10,45; ὑπὲρ πολλῶν: Mk 14,24), wird in der lukanischen Abendmahlseinsetzung in Übereinstimmung mit der paulinischen Tradition die Zueignung des aus Jesu Tod erwachsenden Heils als „für euch“ geschehen proklamiert (Lk 22,19 f; 1. Kor 11,24). Diese theologisch signifikante Neupointierung des Einsetzungsgeschehens ist ein deutliches Signal dafür, daß die nur indirekte Anspielung auf das markinische Lösegeldwort in Lk 22,27 nicht einem sühnetheologischen Desinteresse entspringt und nicht die Leugnung des Sühnetodes Jesu bedeutet, sondern theologische Gründe hat, eigentlich soteriollogische Gründe. Denn die Änderung der Sprechrichtung der Einsetzungsworte entspricht der lukanischen Konzeption einer durch den Glauben konstituierten Heilsgemeinde aus Juden und Heiden, welche Gott antwortend gegenübersteht und die Zusage des durch Jesu Tod gewirkten Heils im direkten Zuspruch empffängt: „für euch“.192 In diesem Zusammenhang ist endlich auch der allgemein mit Schweigen überggangenen Tatsache Rechnung zu tragen, daß Lukas bei der von ihm überliefertten Form der Einsetzungsworte gerade nicht – wie man gerne behauptet, um die soteriologische Bedeutungslosigkeit der Abendmahlseinsetzung zu manifestieren – einem Überlieferungsautomatismus unterliegt, sondern eine Wahl trifft193 und daß die Entscheidung, das Lösegeldwort in seiner markinischen Form nicht zu zitieren, ganz eng an die Entscheidung für die paulinische Form der Worte und gegen den Wortlaut der markinischen Formel gekoppelt ist. Diese Entscheidung richtet sich nicht gegen einen theologischen Sachverhalt, sondern ist, ganz im Gegenteil, Ausdruck eines auch im Detail präzisen soteriologischen Nachdenkkens. Daß Lukas soteriologisch bewußt neu pointiert, und zwar im Rahmen der ihn mit Markus verbindenden Sühnetheologie, wird auch darin sichtbar, daß Lukas – als einziger unter den neutestamentlichen Autoren – gleich zweimal laut werden läßt, was bei Paulus und in ähnlicher Form bei Markus und Matthäus nur einmal erklingt: „für euch gegeben“, Jesu Leib (vgl. 1. Kor 11,24), „für euch vergossen“, Jesu Blut (vgl. Mk 14,24; Mt 26,28). Die hier skizzierten Linien mögen genügen, die Methodik und das Ziel der vorliegenden Untersuchung anzudeuten. Das Ziel ist erreicht, wenn das soteriologgisch defizitäre, aber inzwischen für „akzeptabel“ befundene Bild, das die Lukasfforschung vom Evangelisten gezeichnet hat, als Zerrbild erkannt ist. Es ist das Zerrbild eines Theologen, dessen Darstellung des Lebens und Leidens Jesu nicht 192
Dazu ausführlich Kapitel I.2.1.4. Die Funktion der Eschatologie, 388: „In der Auswahl der Quellen ist das Interesse des Lukas ebenso wirksam wie in seinen ad-hoc-Formulierungen.“ 193 Vgl. nochmals Ellis,
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nur als die literarisch schönste, sondern auch als die theologisch vielschichtigste der synoptischen Evangelien gelten kann. So soll in dieser Arbeit Unerlaubtes wieder gedacht und Unpopuläres wieder zu Gehör gebracht werden, in der Hoffnung, daß es Lukas wieder gestattet wird, den theologischen Platz einzunehmen, der ihm gebührt: nicht als einem, den man trotz einer defizitären Kreuzestheologie, wenn nicht zu achten, so doch zu lieben versucht, sondern als einem Evangelisten, der nur deshalb in den Himmel blickt, weil er das Paradoxon des Kreuzes bis in die Tiefen auslotet, und der sein persönlliches Heil aus Jesu Stellvertretungstod „für euch“ erwachsen sieht.
2. Jes 53 als Schlüssel der lukanischen Soteriologie Ausgangspunkt der hier vorgelegten Neuinterpretation der lukanischen Soteriollogie ist die in der Forschung unbestrittene Erkenntnis, daß das vierte Gotteskknechtslied Jes 52,13–53,12 als Bezugstext für die Darstellung des Lebens und Sterbens Jesu eine exponierte Rolle im lukanischen Doppelwerk spielt,194 ein Faktum, das besonders in der angelsächsischen Literatur Beachtung gefunden hat. Hier ist die Rede vom lukanischen „Servant-Messiah“ nach Jes 53 bereits zum Allgemeinplatz geworden, wenn auch paradoxerweise fast ausschließlich in einem aller sühnetheologischen Implikationen entledigten Sinn.195 Um so nachd194 S. G. W. H. Lampe, The Holy Spirit in the Writings of St. Luke, in: D. E. Nineham (Hg.), Studies in the Gospels. FS R. H. Lightfoot, Oxford 1957, 178 f.181; O’Toole, Luke’s Presentation of Jesus, 95–112; Böttrich, Proexistenz, 432 f. 195 Vgl. z. B. Marshall, Luke: Historian and Theologian, 171–173; E. Franklin, Christ the Lord. A Study in the Purpose and Theology of Luke-Acts, Philadelphia 1975, 65; R. P. Martin, Salvation and Discipleship in Luke’s Gospel, Interp. 30 (1976), 377; R. J. Karris, Luke 23:47 and the Lucan View of Jesus’ Death, in: D. D. Sylva (Hg.), Reimaging the Death of the Lukan Jesus, BBB 73, Frankfurt a. M. 1990, 68–78 (= JBL 105 [1986], 65–74); M. de Jonge, Jesus, the Servant-Messiah, New Haven – London 1991, bes. 48–50; R. F. O’Toole, How Does Luke Portray Jesus as Servant of YHWH?, Bib. 81 (2000), 328–346; s. auch nochmmals sein in vorstehender Anm. genanntes Werk, 102 f.108. Vgl. außerdem D. P. Seccombe, Luke and Isaiah, NTS 27 (1981), 252–259, der nachzuweisen sucht, daß Lukas den Weg Jesu als Weg des jesajanischen Gottesknechts stilisiert, und der dabei die Frage nach der Bedeutung des Leidens und Sterbens Jesu nach Jes 53 nicht einmal stellt. S. auch D. L. Jones, The Title „Servant“ in Luke-Acts, in: C. H. Talbert (Hg.), Luke-Acts. New Perspectives from the Society of Biblical Literature Seminar, New York 1984, 328–346. Der Beitrag enthält eine Liste der zahlrreichen Anspielungen auf Jes 53 im lukanischen Doppelwerk. Diese Liste hat Jones allerdings nur erstellt, um jeden einzelnen der Belege für soteriologisch nicht signifikant zu erklären. T. W. Manson, The Servant-Messiah. A Study of the Public Ministry of Jesus, Cambridge 1956, bennutzt den genannten Titel sogar, ohne auf Jes 53 näher einzugehen; vgl. op. cit., 70 Anm. 1 als einzige Belegstelle. Unter den deutschsprachigen Autoren sind in diesem Zusammenhang die folgenden zu nennen: Voss, Christologie, 159, der trotz seiner Überzeugung, daß Lukas kein sühnetheologisches Interesse zeige, ausdrücklich darauf verweist, daß Jes 53 „als Hintergrund der lukanischen Christologie eine Rolle“ spiele; Beck, „Imitatio Christi“, 43, und Hagene,
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drücklicher ist der hinter diesem Sprachgebrauch stehenden, oftmals schon gar nicht mehr begründeten Überzeugung entgegenzutreten, Lukas habe bei der Verwwendung der Knechtsymbolik und -titulatur den Gedanken des stellvertretenden Sterbens und der aus ihm resultierenden menschlichen Schuldbefreiung bewußt ausgeklammert. Im Zuge dieser Auseinandersetzung soll der bislang nur thetisch konstatierte Widersinn eines Schriftbezuges, welcher der theologischen Überzzeugung des Evangelisten zutiefst widerstreitet, nun auch textlich dokumentiert und in ein interpretatorisches Gesamtbild überführt werden. Ziel dieser neuerlicchen Analyse der lukanischen Anspielungen auf Jes 53 ist es, die kompositionelllen Besonderheiten des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte als Niedderschlag einer ausgeprägten Beschäftigung mit der Struktur und Theologie des vierten Gottesknechtsliedes erkennbar zu machen und die lukanische Soteriologgie auf ein exegetisch neues Fundament zu stellen sowie biblisch-hermeneutisch zu verankern.196 Entscheidend für die Beurteilung des Verhältnisses von Tod, Auferstehung und Erhöhung Jesu im Lukasevangelium ist die Erkenntnis, daß auch das vierte Gotttesknechtslied, das in bis dahin ungekannte Tiefen der Vorstellung vom stellvertrettenden menschlichen Leiden vordringt, mit einem Siegesruf und der Proklamation der Heilsvollendung beginnt, bevor es den Blick auf Leiden und Tod des Knechttes lenkt. Der jesajanische Text eröffnet das Verständnis des heilsgeschichtlichen Gesamtzusammenhangs von Tod und Erlösung von den Höhen des dem Knecht Zeiten, 220–227. Letztgenanntes Werk ist repräsentativ für die in der gegenwärtigen Forschung etablierte Form der theologischen Argumentation. Denn die Autorin widmet dem Nachweis, daß das Gottesknechtsmotiv im lukanischen Doppelwerk eine zentrale Rolle spielt, nur deshalb ein ausführliches Kapitel, weil sie meint, auf diese Weise die These von der Bedeutungslosigkeit des Sühnemotivs für den Evangelisten desto fester etablieren zu können. Ähnlich Glöckner, Verkündigung, 171–173 mit Anm. 57.192–195. – Zur Kritik an der soteriologisch verkürztten Deutung der lukanischen Bezüge auf Jes 53 s. H. D. Buckwalter, The character and pur pose of Luke’s christology, Cambridge 1996, 254–256 mit Anm. 95. Zu den wenigen Exegeten, die im deutschsprachigen Raum die Gottesknechtsbezüge sühnetheologisch deuten, gehören P. Stuhlmacher, Jes 53 in den Evangelien und in der Apostelgeschichte, in: B. Janowski – P. Stuhlmacher (Hg.), Der leidende Gottesknecht. Jesaja 53 und seine Wirkungsgeschichte, Forschungen zum Alten Testament 14, Tübingen 1996, 100 f, und A. M. Schwemer, Jesu letztte Worte am Kreuz (Mk 15,34; Lk 23,46; Joh 19,28ff), Theologische Beiträge 29 (1998), 18– 22, bes. 21 f. Vgl. daneben auch den Kommentar von A. Stöger, Das Evangelium nach Lukas, 2. Teil, Geistliche Schriftlesung 3/2, Düsseldorf 1996, 226 f. 196 Einen kaum beachteten Versuch, die motivische Bedeutung des vierten Gottesknechts liedes für die Ausgestaltung der vier Evangelien, besonders aber des Lukasevangeliums, heraauszuarbeiten, hat Anfang der 80er Jahre A. Feuillet, La signification christologique de Luc 18,14 et les références des Évangiles au Serviteur souffrant, NV 1980, 188–229; ders., Le phari sien et le publicain (Luc 18, 9–14). La manifestation de la miséricorde divine en Jésus Serviteur Souffrant, EeV 91 (1981), 657–665, unternommen. Vgl. auch ders., L’agonie de Gethsémani, enquête exégétique et théologique suive d’une étude du „mystère de Jésus“ de pascal, Paris 1977, bes. 29–40, und ders., Deux références évangéliques cachées au serviteur martyrisé (Is 52,13– 53,12). Quelques aspects importants du mystère rédempteur, NRTh 106 (1984), 549–565.
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übertragenen göttlichen Königtums her.197 Und anders als im Falle des Lukas hat hier die thematische Vorordnung des Erhöhungsgedankens bei den Exegeten niemmals Zweifel an der Tiefe und Bedeutung des im Lied besungenen Todesschickssals des Knechtes geweckt. Die von Hans-Jürgen Hermisson198 und Bernd Janowski199 vorgelegten Deutungen, denen auch die vorliegende Untersuchung in den Hauptlinien folgt, haben hier grundlegend Klarheit geschaffen.200 Der heilsnnotwendige Zusammenhang von Tod und Erhöhung des Knechts, wie ihn die altttestamentliche Wissenschaft herausgearbeitet hat, ist aller Arbeit am lukanischen Doppelwerk programmatisch voranzustellen! Tod und Erhöhung des Knechts werdden in Jes 53 untrennbar aufeinander bezogen und durch die im Akt stellvertrettender Lebenshingabe realisierte Entschuldung Israels miteinander verknüpft zu einem Israel zugute kommenden, überindividuellen Gesamtgeschehen, in welcchem der dem Knecht übertragene Herrschaftsbereich zum neuen Lebensbereich des von seinen Sünden befreiten Volkes wird.
197 Zu den königlichen Zügen in der Darstellung des Knechts s. O. Kaiser, Der könig liche Knecht. Eine traditionsgeschichtlich-exegetische Studie über die Ebed-Jahwe-Lieder bei Deuterojesaja, FRLANT 52 = N. F. 70, Göttingen 1959; Jörg Jeremias, ִמ ְשׁפָּ טim ersten Gottesknechtslied (Jes. XLII 1–4), VT 22 (1972), 33–35.40–42; B. Janowski, Stellvertretung. Alttestamentliche Studien zu einem theologischen Grundbegriff, SBS 165, Stuttgart 1997, 70 Anm. 15; außerdem O. H. Steck, Aspekte des Gottesknechts in Deuterojesajas „EbedJahwe-Liedern“, in: ders., Gottesknecht und Zion. Gesammelte Aufsätze zu Deuterojesaja, Forschungen zum Alten Testament 4, Tübingen 1992, 7 f.10 (= ZAW 96 [1984], 372–390). Vgl. H. W. Wolff, Jesaja 53 im Urchristentum, 4. Aufl., Gießen 1984, 24 f.32–34. – Die oben gebbotene Zusammenfassung der theologischen Zusammenhänge im Lied pointiert im Hinblick auf das Erhöhungsmotiv bewußt die in Jes 52,13 nur angedeutete Herrschaftsmotivik, da sie im Frühjudentum und Christentum der Anknüpfungspunkt für die messianische Auslegung war. Vgl. dazu Wolff, op. cit., 33: „Die Herrschaft ist das Ziel der Stellvertretung.“ 198 Das vierte Gottesknechtslied im deuterojesajanischen Kontext, in: B. Janowski – P. Stuhlmacher (Hg.), Der leidende Gottesknecht. Jesaja 53 und seine Wirkungsgeschichte, Forschungen zum Alten Testament 14, Tübingen 1996, 1–25, bes. 21–25; ders., Der Lohn des Knechts, in: ders., Studien zu Prophetie und Weisheit, hg. v. J. Barthel – H. Jauss – K. Koenen, Forschungen zum Alten Testament 23, Tübingen 1998, 177–196; vgl. ders., Israel und der Gottesknecht bei Deuterojesaja, ZThK 79 (1982), 1–24. 199 Er trug unsere Sünden. Jes 53 und die Dramatik der Stellvertretung, in: B. Janowski – P. Stuhlmacher (Hg.), Der leidende Gottesknecht. Jesaja 53 und seine Wirkungsgeschichte, Forschungen zum Alten Testament 14, Tübingen 1996, 28–48; ders., Stellvertretung, 73–96. 200 Vgl. auch W. Zimmerli, Zur Vorgeschichte von Jes 53, in: ders., Studien zur alttestammentlichen Theologie und Prophetie. Gesammelte Aufsätze II, TB 51, München 1974, 213– 221 (= Congress Volume Rome 1968, ed. by the Board of the Quarterly, VT.S 17, Leiden 1969, 236–244); E. Haag, Das Opfer des Gottesknechts (Jes 53,10), TThZ 86 (1977), 81–98; O. H. Steck, Aspekte des Gottesknechts in Jesaja 52,13–53,12, in: ders., Gottesknecht und Zion. Gesammelte Aufsätze zu Deuterojesaja, Forschungen zum Alten Testament 4, Tübingen 1992, 22–43 (= ZAW 97 [1985], 36–58), und aus dem neutestamentlichen Bereich die Studie von K. T. Kleinknecht, Der leidende Gerechtfertigte. Die alttestamentlich-jüdische Tradition vom leiddenden Gerechten und ihre Rezeption bei Paulus, WUNT 2. Reihe 13, Tübingen 1984, 45–56.
2. Jes 53 als Schlüssel der lukanischen Soteriologie
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Mit dieser Feststellung befindet sich die Untersuchung allerdings schon im Zentrum der Diskussion. Denn was von manchen als sühnetheologischer Zusammmenhang gedeutet wird,201 erscheint anderen als ein Geschehen ohne jegliche sühnetheologische Implikation,202 eine Divergenz, die durch die Einigkeit in der Klassifizierung des Geschehens vermittels des Begriffs „Stellvertretung“ nur versschärft wird, da die Gegenüberstellung der sachlich z. T. auch konvergierenden Begriffe „Sühne“ und „Stellvertretung“ zur Distinktion verschiedener Stellverttretungsvorstellungen zwingt. Die eigentliche Problematik aber erwächst aus der neutestamentlichen Adaption des vierten Gottesknechtsliedes, da sie meist im Verbund mit Referenztexten aus dem Bereich des alttestamentlichen Sühnopfferkultes erfolgt, so daß die Frage nach dem Verbindenden und Trennenden der jeweiligen Erlösungsvorstellungen und die Frage nach dem traditionsgeschichtllichen Zusammenhang der hier zur Wirkung kommenden Motivkreise zur zenttralen Kreuzesfrage wird. Die Frage nach der Auslegung von Jes 53 und seiner Bedeutung für die Entwwicklung der urchristlichen Soteriologie gehört zu den Kernfragen der aktuellen Stellvertretungsdebatte. Ihr kann sich die Lukasforschung schon deshalb nicht entziehen, weil Jes 53 – was selbst die Kritiker des Lukas nicht bestreiten – zu den alttestamentlichen Hauptbezugstexten des Evangeliums und der Apostelgesschichte gehört, mehr noch: weil, wie sich zeigen wird, das vierte Gottesknechtsllied der Hauptbezugstext für die lukanische Darstellung des Weges Jesu zum Kreuz und in die himmlische Herrlichkeit ist (vgl. Lk 24,26). Dem lukanischen Doppelwerk kommt eine zentrale Rolle in der Debatte zu, ja, es wird, da es so lange vernachlässigt wurde, zwangsläufig zum Prüfstein für die bislang in der Evangelienexegese nur unter Herbeiziehung des Markus- und des Johannesevang201 Vgl. W. Zimmerli, Das Gesetz und die Propheten. Zum Verständnis des Alten Testa ments, Göttingen 1963, 143; G. Fohrer, Jesaja 40–66. Deuterojesaja/Tritojesaja, ZBK.AT 19/3, 2. Aufl., Zürich 1986, 167; ders., Theologische Grundstrukturen des Alten Testaments, Berlin 1972, 27 f; ders., Stellvertretung und Schuldopfer in Jes 52,13–53,12, in: ders., Studien zu alttestamentlichen Texten und Themen (1966–1972), BZAW 155, Berlin 1981, 34.42; D. Kellermann, Art. אָשָׁ ם, ThWAT, Bd. 1, Stuttgart – Berlin – Köln – Mainz 1973, Sp. 470; Haag, Opfer, 96 f; E. Kutsch, Sein Leiden und Tod – unser Heil, in: ders., Kleine Schriften zum Alten Testament. Zum 65. Geburtstag hg. v. L. Schmidt und K. Eberlein, Berlin – New York 1986, 187; K. Koch, Sühne und Sündenvergebung um die Wende von der exilischen zur nachexilischen Zeit, in: ders., Spuren hebräischen Denkens. Beiträge zur alttestamentlichen Theologie. Gesammelte Aufsätze, Bd. 1, hg. v. B. Janowski und M. Krause, Neukirchen-Vluyn 1991, 200; Hermisson, Gottesknechtslied, 21; ders., Der Lohn des Knechts, 194. 202 So z. B. O. Hofius, Das vierte Gottesknechtslied in den Briefen des Neuen Testaments, in: B. Janowski – P. Stuhlmacher (Hg.), Der leidende Gottesknecht. Jesaja 53 und seine Wir kungsgeschichte, Forschungen zum Alten Testament 14, Tübingen 1996, 110 Anm. 19; ders., Art. Sühne IV. Neues Testament, TRE 32, Berlin – New York 2001, 343. Auch Janowski vermmeidet in den in Anm. 199 genannten Arbeiten den Sühnebegriff konsequent und wendet ihn nur auf Zusammenhänge an, in denen die Wurzel כפרerscheint.
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geliums erarbeiteten Ergebnisse. Bevor allerdings die speziell lukanische Deuttung des vierten Gottesknechtsliedes und die aus ihr resultierende besondere Veraarbeitung des Traditionsstoffes durch den dritten Evangelisten an den Texten zu untersuchen ist, müssen die Bedingungen der lukanischen Rezeption von Jes 53 erhoben werden, und zwar in kritischer Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der bisherigen Forschungsdebatte.
2.1 Das urchristliche Verständnis des vierten Gottesknechtsliedes und der ihm verwandten Texte vor dem Hintergrund der modernen Stellvertretungsdebatte 2.1.1 Das hermeneutische Problem Die erste Frage, die sich im Blick auf die urchristliche Rezeption von Jes 53 im allgemeinen und die lukanische Rezeption des Textes im besonderen stellt, ist eine hermeneutische Grundsatzfrage, die es zu beantworten gilt, noch bevor das sonst an vorderster Stelle behandelte Problem der soteriologischen Begrifflichkkeit in den Blick genommen wird. Zur Debatte steht das vom heutigen Verstehhen unterschiedene urchristliche Verständnis des vierten Gottesknechtsliedes, die Deutung des jesajanischen Textes durch die frühen Christen. Die hermeneutische Frage zu stellen, erscheint als Selbstverständlichkeit und kann doch als Kritik an der Art und Weise gelten, wie die Frage der urchristlichen Rezeption von Jes 53 gemeinhin behandelt wird. Denn fast ausnahmslos wird dabei der historisch-krittisch ermittelte Textsinn zum hermeneutischen Schlüssel der neutestamentlichen Traditionsverarbeitung erhoben und wird der urchristliche Leser von Jes 53 dem kritischen Exegeten heutiger Tage gleichgestellt.203 Daß die urchristlichen Rezi pienten das Jes 53 soteriologisch bestimmende Stellvertretungsmodell, wie es die alttestamentliche und – inzwischen fast intensiver noch – die neutestamentliche Forschung204 herausgearbeitet und begrifflich fixiert haben, eventuell gar nicht im 203 Beispielhaft sei hier auf das Werk von Knöppler, Sühne, verwiesen, das den Anspruch erhebt, die neutestamentliche Sühnevorstellung umfassend zu analysieren. Das urchristliche Verständnis von Jes 53 ermittelt Knöppler dabei, in Anlehnung an die aktuelle alttestamentlicche Forschung, in historisch-kritischer Exegese allein des alttestamentlichen Textes (op. cit., 29– 36). Die Ergebnisse dieser Analyse legt er allen neutestamentlichen Stellen zugrunde, an denen Jes 53 rezipiert wird; so z. B. op. cit., 318. Vgl. dagegen Joachim Jeremias, Art. παῖς θεοῦ C. παῖς θεοῦ im Spätjudentum in der Zeit nach der Entstehung der LXX, ThWNT 5, Stuttgart – Berlin – Köln – Mainz 1966, 680 f, dessen Warnung vor einer unmittelbaren Übertragung des durch historisch-kritische Forschung erworbenen Wissens auf die frühjüdischen und urchristlicchen Rezipienten der Gottesknechtslieder weithin ungehört blieb. 204 Es ist ganz auffällig, daß in jüngerer Zeit kaum eine mit dem Thema befaßte neutestamentlliche Arbeit mehr schlicht die Ergebnisse der alttestamentlichen Forschung zu Jes 53 übernimmt, obwohl unter Alttestamentlern zur Zeit eine ungewöhnliche Einigkeit über das Textverständnis
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ursprünglichen Sinne übernahmen, sondern die Entschuldung Israels durch den Tod des Knechts im Licht des Todes Jesu nach eigenen Maßstäben interpretierten, wird nur selten als hermeneutisches Problem wahrgenommen. Der Grund für diesses mangelnde Problembewußtsein ist in der einseitigen hermeneutischen Fixierrung der Stellvertretungsdiskussion auf die Verstehensproblematik des heutigen Menschen zu suchen, weshalb die Debatte um den neutestamentlichen Sühneund Stellvertretungsbegriff und seine traditionsgeschichtlichen Wurzeln vornehmllich in Antithese zu einem in seiner christlichen Bedeutung fraglich gewordenen Opfer- und Kultusbegriff geführt wird.205 Dabei gerät diese vor aller Textbetrachttung als problematisch definierte Ausgangssituation im Zuge der Textauslegung automatisch zu einem hohen Anspruch an den Exegeten und zur Forderung nach Überwindung des Anstößigen. Ihr wird meist in der Weise entsprochen, daß man die fraglichen Texte, soweit es irgend geht, außerkultisch zu verstehen lehrt. Im Zuge dieses Bemühens ist inzwischen das vierte Gottesknechtslied zum biblisschen Hauptzeugen eines nicht im Opferkult verankerten Stellvertretungsmodells avanciert, mit dessen Hilfe man die im Opferkult beheimateten Sühnevorstellunggen von der allgemein als außerkultisch bestimmten Vorstellung stellvertretender herrscht und auch im Blick auf die aktuelle Stellvertretungsdebatte ein großes Einvernehmen über die dem geschilderten Geschehen zugrunde liegende Stellvertretungsvorstellung erzielt wurde. Dennoch wird im Rahmen der neutestamentlichen Exegese die Auslegung des alttestammentlichen Textes Jes 53 stets neu ins Werk gesetzt, wobei man allerdings den Ausgangspunkt zumeist nicht, wie es die vorliegende Arbeit versucht, bei den neutestamentlichen Textzeugen nimmt, sondern bei dem durch das neutestamentliche Kreuzeszeugnis brüskierten heutigen Menschen. S. dazu o. das Folgende. Stellvertretend für andere Beiträge zum Thema die im Ergebnis ganz unterschiedlichen Studien von Röhser, Stellvertretung, 63–68, und Knöppler, Sühne, 29–36 (innerhalb eines 30 Seiten langen Kapitels zur „Sühnetheologie im Alten Testament“; op. cit., 6–36). 205 S. dazu Frey, Probleme, 10–13. Einen systematischen Überblick über die verschieddenen Formen der Opferkritik bietet Dalferth, Art. Opfer VI. Dogmatik, 287–289. S. auch R. Zimmermann, Die neutestamentliche Deutung des Todes Jesu als Opfer. Zur christologisschen Koinzidenz von Opfertheologie und Opferkritik, KuD 51 (2005), 72–75. Zu den wenigen, die im Blick auf die Opfer- und Sühneproblematik nicht nur nach den Verstehensvoraussetzun gen des heutigen Menschen fragen, sondern die hermeneutische Frage auch, auf einer übergeordnneten Ebene, als Frage nach dem Vorverständnis stellen, das die Forschung bei ihrer Erhebung des angeblich einheitlichen modernen Opferbewußtseins leitet, gehört Kittel, Biblische Rede. Es überrascht kaum, daß die Überprüfung der Forschungsprämissen die Autorin zur Kritik nöttigt an der Einförmigkeit des Bildes, das insbesondere die Exegese vom Menschen heutiger Tage zeichnet als einem grundsätzlich im Kreuzesunverständnis befangenen Rezipienten biblisscher Inhalte, und zur Kritik an der Plakativität des sozio-kulturellen Urteils, das ungeachtet der Wandlungen, die das Vorverständnis des modernen Menschen in nur wenigen Jahren erfahren hat, zum Ausgangspunkt der Exegese gemacht wird (op. cit., 287). In diesem Zusammenhang warnt Kittel auch vor der Verkürzung der soteriologischen Dimension der biblischen Sprache, zu der es unweigerlich kommt, wenn dieselbe um ihre theologisch bedeutungsschweren Begriffe und Bilder reduziert wird (op. cit., 287 f). Zur Verstehensproblematik s. auch Stuhlmacher, Predigt, 448–451.
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Schuldübernahme in Jes 53 sachlich abgrenzen zu können meint.206 Und da man hierin ein auch in heutiger Zeit vermittelbares Denkmodell erblickt, setzt man, unter Verzicht auf eine weitergehende hermeneutische Reflexion, zumindest für die erste Phase der christologischen Entwicklung voraus, daß die urchristlichen Rezipienten, wenn sie das Kreuzesgeschehen im Licht von Jes 53 deuteten, Jesu Tod nicht als Opfertod qualifizierten und seine Heilswirkung nicht im Horizont kultischer Sühnetraditionen zum Ausdruck brachten.207 Da allerdings das vierte Gottesknechtslied in Jes 53,10 die Lebenshingabe des Knechts mit dem Begriff אָ שָׁ םumschreibt, der im priesterschriftlichen Kontext, und d. h. in der großen Mehrheit der alttestamentlichen Belege, das Schuldopfer bezeichnet,208 bedeutet die Gleichstellung des urchristlichen Auslegers von Jes 53 mit dem kritischen Exegeten heutiger Tage, daß ersterer offensichtlich wußte um die erst priesterschriftlich vollzogene kultische Umdeutung des ursprünglich außerkultisch-rechtlichen Begriffs אָ שָׁ ם.209 Er muß also die ihm aus der erdrückendden Überzahl der Belegstellen geläufige Bedeutung „Schuldopfer“ ignoriert und sein Verständnis von Jes 53,10 aus Stellen wie Num 5,7 f und 1. Sam 6,3 f.8.17210 geschöpft haben, um die Lebenshingabe des Gottesknechts nach Jes 53 im außerkkultischen Sinne als Schuldableistung verstehen zu können. Die Übertragung alttestamentlich-exegetischer Erkenntnisse auf die neuttestamentlichen Rezipienten von Jes 53 betrifft auch die Einsicht in die Entsstehungszusammenhänge des Jesajabuches, zu welcher die Kenntnis der Ursprungsgestalt der Gottesknechtslieder und ihrer literarischen Sonderstelllung gehört. Dadurch werden u. a. die Bundesaussagen des Kontextes (Jes 42,6; 49,8), deren Verstehenshorizont traditionell ein kultischer ist,211 interp206 Vgl. C. Breytenbach, Versöhnung. Eine Studie zur paulinischen Soteriologie, WMANT 60, Neukirchen-Vluyn 1989, 205–215; S. Vollenweider, Diesseits von Golgatha. Zum Verständnis des Kreuzestodes Jesu als Sühnopfer, Glaube und Lernen 11 (1996), 130. 207 Röhser, Stellvertretung, 123–127, auf dem Hintergrund von op. cit., 63–68. Vorsichtig auch Hofius, Gottesknechtslied, 114–123, jedoch mit entgegengesetzter theologischer Ziel richtung. 208 32 von 48 Belegen sind priesterschriftlicher Herkunft. Vgl. Kellermann, Art. אָ שָׁ ם, Sp. 265 f. 209 Zur Begriffsentwicklung s. B. Janowski, Sühne als Heilsgeschehen. Traditions- und relligionsgeschichtliche Studien zur priesterschriftlichen Sühnetheologie, WMANT 55, 2., durchgges. und um einen Anhang erw. Aufl., Neukirchen-Vluyn 2000, 255–259. S. auch ders., Stell vertretung, 87–90. 210 S. Hermisson, Gottesknechtslied, 15, und Janowski, Er trug unsere Sünden, 42 f. 211 Dies gilt ungeachtet der Tatsache, daß die benannten Stellen sich ursprünglich wohl auf Kyros bezogen, da im jetzigen Kontext die fraglichen Textpassagen den Gottesknechtsliedern zugeordnet sind und – dies gilt zumindest für Jes 42,1–9 – als integraler Teil derselben gelesen wurden. Das bezeugt auch der tritojesajanische Text Jes 61,1–3, wo der als Geistträger gekennzzeichnete Prophet seinen Auftrag unter Aufnahme von Motiven aus Jes 42,6 und 49,8 legitimiert, was nichts anderes heißt, als daß er seine Berufung aus der Berufung des Gottesknechts nach Jes
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pretatorisch irrelevant212, weshalb man sie ohne Not vollständig aus der Diskk kussion um die neutestamentliche Rezeption von Jes 53 ausklammert, und dies selbst dort, wo man die Bedeutung des vierten Gottesknechtsliedes für das Versk ständnis der Stiftung des neuen Bundes beim Abendmahl reflektiert. So hat sich, da nicht das urchristliche, sondern das moderne Textverständnk nis den hermeneutischen Leitfaden der Exegese abgibt, ein Argumentationsmusk ster entwickelt, innerhalb dessen der Ausgangspunkt das Ziel bestimmt. Für das Verständnis von Jes 53 bedeutet dies, daß man, auf der Suche nach Alternativmk modellen zur kultischen Sühnevorstellung, geradezu notwendig zum Ergebnis eines im Urchristentum vorhandenen Stellvertretungskonzepts gelangt, das vom Opferdenken ursprünglich frei ist. Die nachweisliche Verbindung mit kultischen Vorstellungsformen im neutestamentlichen Schrifttum erscheint konsequent als ein sekundärer Akt der theologiegeschichtlichen Entwicklung, wobei nur dies in Frage steht, ob die integrative Verknüpfung der kultischen und der außerkultk tischen Vorstellungsbereiche bereits als vorpaulinisch oder als erst durch Paulk lus vollzogen zu denken ist.213 Im Blick auf die heutige Verstehensproblematik hat die Vorstellung einer im Urchristentum verankerten außerkultischen Deutung des Kreuzesgeschehens auch den Vorteil, daß mit ihr die Variabilität der Deutungk gen des Kreuzestodes Jesu erwiesen zu sein scheint, was allgemein als Legitimk mation für die Verschiedenheit moderner Kreuzesdeutungen aufgefaßt wird und als Chance für die Etablierung soteriologischer Alternativmodelle in Lehre und Verkündigung.214 Daß im Zuge all dieser Bemühungen, das Kreuzesgeschehen unter den Versk stehensbedingungen der heutigen Zeit sprachlich und sachlich neu zu vermitteln, der Begriff „Stellvertretung“ zum Zentralbegriff der Debatte geworden ist, hängt mit seiner scheinbaren semantischen Neutralität zusammen, da äußerlich nicht unmittelbar erkennbar ist, daß er sachlich auch das mit den Begriffen „Opfer“ und „Sühne“ umrissene Vorstellungsfeld abdeckt. Zudem ist „Stellvertretung“ ein 42,1–4 bzw. 42,1–7 ableitet. Der in Jes 42,6 und Jes 49,8 mit dem Knecht als Repräsentanten Israels verknüpfte Bundesbegriff erscheint hier folglich, jenseits aller konkreten kultischen Vollzüge, als ein Terminus, der auf das kultische Urgeschehen der Bundesstiftung und der Konstituierung Israels als Volk verweist. – Zur Deutung von Jes 42,6 und 49,8 als Zeugnisse einer exilischen Heilserwartung s. K. Elliger, Jesaja II (41,17–42,9), BK.AT XI, NeukirchenVluyn 1971, 222–240, und H.‑J. Hermisson, Deuterojesaja, Bd. 2: Jesaja 45,8–49,13, BK.AT XI/2, Neukirchen-Vluyn 2003, 316–398. 212 Vgl. nochmals Joachim Jeremias, Art. παῖς θεοῦ, 681. Zur Bedeutung der Bundes aussagen des Kontextes für die urchristliche Interpretation von Jes 53 s. auch Wolff, Jesaja 53, 65. 213 Einen Forschungsüberblick bietet Gubler, Deutungen, 275–311. Zur angeblich erst von Paulus vollzogenen Integration von Jes 53 in eine kultisch geprägte Deutung des Kreuzesgeschehens s. Hofius, Gottesknechtslied, 107–127, bes. 116–123. 214 Dazu bereits ausführlich o. S. 1–21.
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im außerbiblischen Kontext vielgebrauchtes Wort der heutigen Sprache, dessen theologische Vermittlung an ein vorhandenes, positives Verständnis des Begriffs anknüpfen kann. Da „Stellvertretung“ allerdings ein neuzeitlicher Reflexionsbbegriff ist215 und keine Entsprechung im biblischen Schrifttum hat, da also sein Sinn aus begrifflich anders geprägten Kontexten gewonnen wird, deren Zusammmengehörigkeit exegetisch erwiesen werden muß, stellt nicht nur die theologischsystematische Definition des Begriffes selbst ein Problem dar,216 sondern auch die innerbegriffliche Distinktion entsprechend den unterschiedlichen Stellvertrettungsvorstellungen in den biblischen Texten. Nun kann in diesem textlich auf Lukas begrenzten Rahmen kein Gesamtüberbblick über die Diskussion gegeben werden, zumal dieselbe angesichts der Untersschiede im methodischen Ansatz und im hermeneutischen Umgang mit den Textten immer unübersichtlicher wird. Das Gesamtbild, das Jörg Frey und Jens Schröter in dem von ihnen gemeinsam herausgegebenen Sammelband zum Thema zeichnen,217 faßt die Entwicklung und die gegenwärtige Lage glänzend zusammen. Im vorliegenden Kontext muß es genügen, die Frage zu stellen und zu beantworten, wie im Urchristentum die Lebenshingabe des Gottesknechts nach Jes 53 gedeutet wurde, welchen Stellenwert diese Deutung innerhalb anderer, insbbesondere kultischer Deutungsmodelle für das Verständnis des Todes Jesu gewann und welche Konsequenzen die Ergebnisse dieser Untersuchung für die inhaltliche Näherbestimmung des Stellvertretungsbegriffs zeitigen. Allerdings zwingt auch die Frage der urchristlichen Traditionsverarbeitung sofort zur begrifflichen Unterscheidung. Denn so einig man sich inzwischen darin ist, das in Jes 53 geschilderte Geschehen mit dem Begriff „Stellvertretung“ zu charakterisieren und es abzurücken von einer Opferhandlung, so uneinig ist man sich, wie bereits angedeutet,218 in der Anwendung des Sühnebegriffs auf die Israel zugute kommende Lebenshingabe des Knechts. Diese Uneinigkeit ist wenigger das Ergebnis einer begriffstheoretischen Reflexion, als vielmehr die Konseqquenz aus dem häufig geübten Verzicht auf begriffliche Klärung, als sei, wo es um die Frage menschlicher Schuld geht, der Sache nach klar, was mit dem Begriff „Sühne“ bezeichnet ist. Während in den einschlägigen Arbeiten zum Text einers-
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S. nochmals Frey, Probleme, 4–6.21 f; Schröter, Sühne, 66–69. S. C. Gestrich – T. Hüttenberger, Art. Stellvertretung V. Kirchengeschichtlich und systematisch-theologisch, TRE 32, Berlin – New York 2001, 145, die ihre Erhebung des Bedeutungsspektrums von „Stellvertretung“ zu dem Schluß nötigt: „In der christlichen Theologie ist ,Stellvertretung‘ eine Grundkategorie, deren Implikationen noch nicht vollständig erschlossen sind.“ Vgl. auch op. cit., 146 zur „Herkunft des deutschen Abstraktums ,Stellvertretung‘“. 217 Deutungen des Todes Jesu. Darin die in der vorstehenden Anm. zitierten Beiträge von Frey, 3–50, und Schröter, 51–71. 218 S. o. S. 57 mit Anm. 201 und 202. 216
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seits das Wegtragen219 der Sünden der Vielen durch den Knecht (Jes 53,11 f) als ein Geschehen der Entsühnung Israels gedeutet wird – und dies auch von Exegetten, die das vierte Gottesknechtslied nachdrücklich außerkultisch deuten220 –, wird andererseits bestritten, daß die im Lied geschilderte Entschuldung Israels ein Sühnegeschehen sei221. Das Problem erwächst aus der im Deutschen zunächst rein rechtlichen Bedeutung des Begriffs „Sühne“, die im christlichen Sprachgebrauch durch biblische Bedeutungsinhalte überlagert wird. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den im Alten Testament mit der Wurzel כפרbezeichneten Vollzügen der Israel in verschiedener Weise gewährten Befreiung von Schuld. Mit der Verwurzelung des theologischen Sühnebegriffs in den einschlägigen Texten ergibt sich allerdings – trotz der statistischen Dominanz der priesterschriftlich-kultischen Belege für die genannte Wurzel – eine gewisse Bedeutungsvariabilität, die aus der Unterschieddenheit des in den Texten thematisierten Schuldverhältnisses erwächst. Schon deshhalb stellt sich bei der Auslegung zunächst der alttestamentlichen Texte die Frage, ob von Sühne nur dort zu sprechen ist, wo im Kontext die Wurzel כפרerscheint, oder ob der Sühnebegriff nicht auch auf Texte angewandt werden muß, die in anderren Begriffen und Bildern von menschlicher Schuldbefreiung handeln – zuminddest sofern damit ein die Existenz verwandelndes Geschehen vor Augen gestellt ist, das zur Wiederherstellung der Gemeinschaft Gottes mit dem Menschen führt. Dabei rückt Jes 53 schon deshalb in das Zentrum der Überlegungen, weil die neuttestamentliche Adaption dieses Liedes in Verbindung mit kultisch ausgerichtetten Texten die theologische Grundsatzfrage nach dem inneren Verhältnis, in dem die Texte zueinander stehen, automatisch zu einer terminologischen Grundsatzffrage werden läßt und zur Verhältnisbestimmung der Begriffe „Stellvertretung“, „Opfer“ und „Sühne“ zwingt. Andererseits ist gerade das vierte Gottesknechtslied der Hauptanlaß für die in jüngster Zeit immer häufiger beklagte Sprachverwirrung bei der Verwendung des Sühnebegriffs und für die auch von Frey konstatierte offenkundige Beliebbigkeit, mit der man sich seiner bedient.222 Man könnte auch sagen: Gerade weil 219
Hermisson, Gottesknecht, 21. Gubler, Deutungen, 259–311, unter der Überschrift „Der sühneleidende Gottesknecht (Jes 53) im Alten Testament und Spätjudentum“; F. Hahn, Christologische Hoheitstitel. Ihre Geschichte im frühen Christentum, 5., erw. Aufl., Göttingen 1995, 56–66; Hermisson, loc. cit. Zu Vertretern der kultischen Deutung des Liedes s. u. S. 70 f Anm. 242. 221 Am nachdrücklichsten tut dies Hofius in den einschlägigen Arbeiten zum Thema, s. berreits o. S. 57 Anm. 202; dort auch zur Position Janowskis. 222 Probleme, 14, im Anschluß an S. Brandt, Opfer als Gedächtnis. Auf dem Weg zu einer befreienden theologischen Rede vom Opfer, Altes Testament und Moderne 2, Münster 2001, 274. Vgl. auch C. Gestrich, Art. Sühne V. Kirchengeschichtlich und dogmatisch, TRE 32, Berlin – New York 2001, 348 f.352 f, der in diesem Zusammenhang auf die fundamentale Bedeutung des Sühnebegriffs verweist, aber seine „Wiedergewinnung ... in der Theologie“ als noch „nicht abggeschlossen“ erkennt (op. cit., 353 f). Zum Problem s. auch Schröter, Sühne, 59–66.69–71. 220
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das terminologische Problem an der von der Exegese inzwischen deutlich markkierten Scheidelinie zwischen kultischen Sühneaussagen und Jes 53 aufbricht, gleichzeitig an der Scheidelinie zwischen den Testamenten, in denen Jes 53 einen ganz unterschiedlichen Stellenwert besitzt,223 hat im Hinblick auf die begrifflich sachgemäße Deutung des Kreuzesgeschehens die bisher praktizierte Exegese der Texte in ihrem ursprünglichen Kontext kein klares Bild gezeitigt.224 Daher soll hier den Versuchen, das Problem allein auf der Basis der alttestamentlichen Verggleichstexte zu lösen, kein weiterer an die Seite gestellt, sondern der umgekehrte Weg beschritten und die Frage nach der adäquaten Begrifflichkeit rezeptionsgesschichtlich beantwortet werden. Den Ausgangspunkt bildet dabei nicht der historrisch-kritisch ermittelte Textbefund als Verständnisgrund der neutestamentlichen Texte, sondern, umgekehrt, das urchristliche Verständnis all jener Aussagen, deren ursprüngliche sühnetheologische Deutung strittig ist. Denn die heutige Auslegung muß ja auch der Möglichkeit Rechnung tragen, daß ein Text wie Jes 53, selbst wenn er ursprünglich kein Sühnegeschehen abbilden wollte, von den urchristlicchen Rezipienten dennoch gerade in diesem Sinne verstanden und daß er ungeaachtet seiner außerkultischen Ausrichtung auf dem Hintergrund des Sühnopferkkultes gedeutet wurde. Mit diesem methodischen Richtungswechsel ist auch dem Problem der hermeneutischen Fixierung auf die gegenwärtige Opferdiskussion gewehrt, die mit dazu beigetragen hat, daß man für die heutige systematisch-theollogische Rezeption des vierten Gottesknechtsliedes den historischen Abstand von Jes 53 zum Christusgeschehen nicht überwunden hat, ja, bewußt nicht überwinddet, weil man sich vom ursprünglichen Textsinn die Überwindung der viel größßeren Distanz vom anstößigen Kreuzesgeschehen zum Menschen heutiger Tage verspricht. 2.1.2 Kultus und Abendmahl: ein offenbarungsgeschichtlicher Neuansatz Den Anknüpfungspunkt einer hermeneutischen Neubesinnung bildet sachgemäß das Abendmahl.225 Denn wenn es auch auf dem Feld urchristlicher Soteriologie kein Thema gibt, das nicht kontrovers diskutiert würde, so herrscht doch darü223 Zur inneralttestamentlichen und frühjüdischen Textrezeption s. Hengel, Wirkungs geschichte. 224 Einen knappen, aber in der systematischen Aufarbeitung hervorragenden Überblick über die bisherigen Versuche, den Begriff „Sühne“ auf der Grundlage der biblischen Texte zu definnieren, bietet Frey, op. cit., 14–21, der in diesem Zusammenhang auch die jeweiligen hermenneutischen Prämissen benennt. 225 So auch Böttrich, Proexistenz, 416, im Anschluß an J. Roloff, Anfänge der soterriologischen Deutung des Todes Jesu (Mk. X. 45 und Lk. XXII. 27), NTS 19 (1972/3), 38– 64. Vgl. Frey, Probleme, 35, der vorsichtig fragt, ob die urchristliche Rezeption von Jes 53 „nicht letztlich doch angestoßen sein mußte durch Jesu eigene Rede von seiner ‚Dahingabe‘ (Mk 9,31*) bzw. von seiner Lebenshingabe ‚für viele‘ (Mk 14,24)“. Allerdings lehnt Frey, op.
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über weitgehend Einigkeit, daß der Schlüssel für die Beantwortung der Frage, ob und in welcher Weise sich die alttestamentliche Sühnopfervorstellung mit der aus Jes 53 geschöpften Vorstellung stellvertretender menschlicher Lebenshingabe verband, im Abendmahlsgeschehen zu suchen und zu finden sei.226 Die Tatsache, daß hier in verdichteter Form die Selbsthingabe Jesu „für viele“ (Mk 14,24; vgl. Jes 53,12) durch die Begriffe „Blut“ und „Bund“ mit der im Kultus beheimateten Sühnevorstellung verbunden wird, könnte eigentlich genügen, um die unlösliche Verbindung der Vorstellungen als hermeneutische Voraussetzung der urchristlicchen Deutung des Todes Jesu zu etablieren.227 Nun divergieren allerdings die historischen, exegetischen, traditions- und theollogiegeschichtlichen Bewertungen der neutestamentlichen Abendmahlsüberliefferung in so hohem Maße, daß, was so einfach scheint, sich als äußerst komplex erweist. Nicht nur der ursprüngliche Wortlaut der Einsetzungsworte und, damit verbunden, die historische Frage nach Jesu eigener Deutung des ihm bevorstehhenden Todes sind strittig, sondern auch nahezu alle traditionsgeschichtlichen Bezüge innerhalb der Einsetzungsworte. Dies betrifft im Hinblick auf Jes 53,12 die Zueignungsformel „für viele“, die von manchen Auslegern mit griechischen Hingabevorstellungen verknüpft wird228; beim Begriff des Blutes dagegen steht der kultische Hintergrund in Frage. Damit scheint das Bemühen, das urchristlicche Verständnis von Jes 53 zu erheben, kaum daß mit der Betrachtung der Texte begonnen wurde, schon zum Scheitern verurteilt und die Diskussion bereits an ihrem Ende angelangt. Denn die Frage, die es zu lösen gilt, die Frage nach den sühnetheologischen Implikationen des für das Kreuzesgeschehen zentralen Deuttetextes und ihrer Bedeutung für das urchristliche Verständnis von Jes 53, führt cit., 49, es ab, von „dem einen Ursprung der soteriologischen Deutung des Todes Jesu“ zu redden [Kursive im Original]. 226 Da im Verlauf der Arbeit (s. Kapitel I.2.1.3) die Frage nach der Bezugnahme der Ein setzungsworte auf Jes 53 und verwandte Texte ausführlich diskutiert und positiv beantworttet werden wird, kann hier auf eine Auseinandersetzung mit der These, daß Jes 53 nicht zu den Traditionen gehöre, die das Verständnis der Abendmahlseinsetzung konstituieren, verzichttet werden. 227 Vgl. H. Patsch, Abendmahl und historischer Jesus, Stuttgart 1972, 169 f, und Gubler, Deutungen, 325. 228 Vgl. z. B. Röhser, Stellvertretung, 65.90–108. S. auch C. Breytenbach, „Christus starb für uns“. Zur Tradition und paulinischen Rezeption der sogenannten „Sterbeformeln“, NTS 49 (2003), 447–475, der allerdings bei seiner umfassenden Untersuchung des paulinisschen Verständnisses des Sterbens „für“ 1. Kor 11,24 unberücksichtigt läßt, weil er sich formmal strikt auf die Wendung ἀποθνῄσκειν ὑπέρ beschränkt. 1. Kor 11,24 aus dem paulinischen Gesamtverständnis auszuscheiden aber erscheint schon deshalb als ein formalistischer, sachlich unbegründeter Akt, weil die paulinische Wendung „Christus starb für ....“ auf Jesu direkter Rede bei der Einsetzung des Abendmahls und der Ankündigung der Selbsthingabe ὑπὲρ πολλῶν bzw. ὑπὲρ ὑμῶν gründet und der Hinweis auf die Hingabe des Leibes Jesu von Paulus gar nicht anders denn als Hinweis auf das Sterben (ἀποθνῄσκειν) Jesu am Kreuz gedeutet werden konnte.
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geradewegs hinein in das soeben beschriebene begriffliche Dilemma, das sich aus der verschiedenen Bewertung der im Hintergrund stehenden alttestamentlicchen Bezugstexte ergibt. Den neu beschrittenen Weg vorzeitig abzubrechen hieße allerdings wiederum, die hermeneutischen Prämissen, welche die Diskussion um die Abendmahlsworte bestimmen, ungeprüft zu lassen. Und tatsächlich genügt allein die Wahrnehmung eines weiteren hermeneutischen Problems, um die Notwendigkeit eines Richttungswechsels zu veranschaulichen, eines Richtungswechsels nicht nur in der Exegese der Abendmahlstexte, sondern auch ganz grundsätzlich in der Debatte um die Entwicklung einer urchristlichen Sühnetheologie und, damit verbunden, in der theologiegeschichtlichen Bewertung von Jes 53. Das Hauptproblem ist der verengte Kultusbegriff, auf dessen Grundlage die Diskussion geführt wird; denn der Kultus fungiert in den meisten Arbeiten zum Thema als eine auf den äußeren Ritus beschränkte Deutungskategorie. Als solche polarisiert er zwangsläufig die Auseinandersetzung und stellt in der Frage der innerbiblischen Textauslegung die Exegese vor falsche Alternativen. Als besonders folgenreich erweist sich dabei die Tatsache, daß man in der Frage, ob der Kultus als Anknüpfungspunkt für die Ausbildung einer urchristllichen Sühnetheologie zu gelten habe, immer wieder meint hinweisen zu müsssen auf die sachliche Unvergleichbarkeit des beim kultischen Opfer vollzogenen Tötungsaktes und des „nichtkultischen“ bzw. „unkultischen“ Sterbens Jesu weitab vom Tempel.229 Dieser Hinweis ist Ausdruck der Überzeugung, daß die Übertrag229 Karrer, Jesus Christus, 120; Friedrich, Verkündigung, 59; F. Hahn, Das Verständnis des Opfers im Neuen Testament, in: ders., Exegetische Beiträge zum ökumenischen Gespräch. Gesammelte Aufsätze I, Göttingen 1986, 284 (= K. Lehmann – E. Schlink [Hg.], Das Opfer Jesu Christi und seine Gegenwart in der Kirche. Klärungen zum Opfercharakter des Herrenmahls, Dialog und Kirche 3, Freiburg i. Br. – Göttingen 1983, 51–91); Breytenbach, Versöhnung, 196. Vgl. auch Röhser, Stellvertretung, 58–63, der in Übernahme der Ergebnisse von Barth, Tod, 50–56, den Vergleich der alt- und der neutestamentlichen Vorstellungen auf den äußeren Tötungsakt und den Tempel als Tötungsstätte konzentriert und mit dem Hinweis auf die hier geggebene Unvergleichbarkeit der Vorgänge alle Vorstellungen, die mit dem Blut des Opfertieres und seiner Applikation an den Altar theologisch verbunden sind, als für die Deutung des Todes Jesu irrelevant beiseite legen zu können meint. Auch der op. cit., 60 f, als Kritik an einem inklusiven Stellvertretungsverständnis gedachte Hinweis des Autors auf die angebliche Widersprüchlichkeit der Vorstellung von dem im Tod verbleibenden Opfertier einerseits und dem „Zum-LebenKommen“ des durch den Identifikationsritus mit ihm zu personaler Einheit verschmolzenen und daher mit ihm gestorbenen Opferherrn andererseits zeugt zu offensichtlich von einem grundsätzllichen Mißverstehen kultischer Vollzüge, als daß er die von Gese, Sühne, und Janowski, Sühne, entwickelten Thesen zum priesterschriftlichen Verständnis des Sühnekultes und zu der dieses Verständnis konstituierenden Vorstellung inkludierender Stellvertretung zu erschüttern vermöchtte. Zur Auswertung der Ergebnisse von Gese und Janowski für das Neue Testament s. insbessondere die Studie von O. Hofius, Sühne und Versöhnung. Zum paulinischen Verständnis des Kreuzestodes Jesu, in: ders., Paulusstudien, WUNT 51, Tübingen 1989, 33–49; P. Stuhlmacher, Biblische Theologie des Neuen Testaments, Band 1: Grundlegung: Von Jesus zu Paulus, 3., neub-
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gung kultischer Vorstellungen auf das Kreuzesgeschehen ein „überaus kühner Akt“ gewesen sei.230 Eine solcherart auf den Ritus fixierte Argumentation negiert theologisch den Offenbarungscharakter des Kultus,231 und sie verkennt historisch die Dynamik innerbiblischer Traditionsumbildung, die ihre Kraft – wie etwa bei der Sublimation der Sinaioffenbarung in das prophetische Wort (1. Kön 19)232 – in der Integration bestehender Tradition in kategorial ganz neue Vorstellungsberreiche entfaltet. Schwerwiegender aber ist, daß innerhalb dieses einseitig auf den menschlichen Kultvollzug ausgerichteten Deutungsschemas der nach dem Zeugnnis des Neuen Testaments konstitutive theologische Bezug des Todes Jesu auf den Tempel bedeutungslos wird: Der Vorhang des Tempels zerreißt in der Todesstunde Jesu. Ein nachösterliches Interpretament, gewiß! Aber es zeugt vom kultischen Bezug des Kreuzesgeschehens, der nicht zuletzt aus der Tempelkritik Jesu selbst erwächst (Mk 11,15–17 par).233 Daß dieser Bezug in der Antithese zum Ausdruck kommt und das Ende des Tempelkultes markiert, macht ihn nicht weniger bedeutssam. Das tertium comparationis ist ja nicht der Ort des Tötungsaktes, auch nicht der kultisch-rituelle oder eben nicht rituelle Vollzug der Tötung, sondern die in allem Geschehen vergewisserte Gegenwart Gottes, die im Tempelkult manifeste Einwohnung des transzendenten Gottes in der irdischen Welt, die im menschlicchen Antlitz des Gottessohnes zur unlösbaren Verbindung Gottes mit dem Irdisschen wird.234 Es geht im Gegenüber von tierischem Opferkult und dem menschllichen Sterben Jesu am Kreuz um einen offenbarungsgeschichtlichen Prozeß, in dessen Zentrum nicht der Ritus steht, sondern das Zum-Menschen-Kommen Gotttes. So bedeutet es eine Verkehrung der Perspektiven, wenn das Keuzesgeschehbearb. u. erg. Aufl., Göttingen 2005, 125–143.191–196, und H. Merklein, Der Tod Jesu als stellvvertretender Sühnetod. Entwicklung und Gehalt einer zentralen neutestamentlichen Aussage, in: ders., Studien zu Jesus und Paulus, WUNT 43, Tübingen 1987, 181–191 (= Pastoralblatt für die Diözesen Aachen, Berlin, Essen, Hildesheim, Köln, Osnabrück 37 [1985], 66–73); ders., Der Sühnetod Jesu nach dem Zeugnis des Neuen Testaments, in: ders., Studien zu Jesus und Paulus II, WUNT 105, Tübingen 1998, 31–59. Zur Kritik am Ansatz Geses und Janowskis s. neben Röhser auch Barth, Tod, 50–56; von alttestamentlicher Seite: C. Eberhard, Studien zur Bedeutung des Opfers im Alten Testament. Die Signifikanz von Blut- und Verbrennungsriten im kultischen Rahmen, WMANT 94, Neukirchen-Vluyn 2002, 194–196.203–221. 230 Karrer, op. cit., 122. 231 Grundlegend zum Wesen des Kultus H. Gese, Die Frage des Weltbildes, in: ders., Zur biblischen Theologie. Alttestamentliche Vorträge, 3. Aufl., Tübingen 1989, 214.219 f; ders., Sühne, 91.104.
S. Mittmann-Richert, Erinnerung, 247 f. So auch R. Zimmermann, Neutestamentliche Deutung, 90. Dazu ausführlich Hahn, Opfer, 272–276. – Zur Deutung des Bildes vom Zerreißen des Tempelvorhangs s. u. S. 107 f. 234 S. H. Gese, Natus ex Virgine, in: ders., Vom Sinai zum Zion. Alttestamentliche Beiträge zur biblischen Theologie, Beiträge zur evangelischen Theologie 64, 3. Aufl., München 1990, 136–144 (= H. W. Wolff [Hg.], Probleme biblischer Theologie. FS G. von Rad, München 1971, 73–89). 232 233
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hen – ob ablehnend oder zustimmend – aus der Sicht des menschlichen Kultvollzzuges gedeutet wird und der Anknüpfungspunkt der Interpretation nicht im Akt der göttlichen Selbstoffenbarung gesucht wird. Daher wird auch das rechte Verständnis der urchristlichen Interpretation von Jes 53 verfehlt, wenn man die Bilder und Begriffe des Textes von der Alternative „kultischer Opfervollzug oder unkultische Lebenshingabe“ her zu deuten verssucht, wobei die letztgenannte Vorstellung sich schon terminologisch als Verzerrrung des Sachverhalts zu erkennen gibt, da ihr begriffliches Pendant, die „kultische Lebenshingabe“, im Hinblick auf Jesu Sterben Alternativen eröffnet, die theologgisch nicht zu verantworten sind. Ausgangspunkt jeder begrifflichen Deutung des Todes Jesu kann nur das Offenbarungsgeschehen selbst, das Ereignis der Selbsteerschließung Gottes im Wort seines Sohnes sein,235 und d. h. die im letzten Mahl Jesu mit seinen Jüngern vollzogene Stiftung des neuen Bundes in Jesu Blut (Mk 14,22–24; Mt 26,26–28; Lk 22,19 f; 1. Kor 11,23–25). Der einzig mögliche Ausggangspunkt auch der traditionsgeschichtlichen Rekonstruktion ist folglich die prolleptisch auf das Todesgeschehen bezogene Heilsproklamation Jesu und die in der Gemeinschaft der Zwölf vollzogene Stiftung eines neuen Seins, das, selbst wenn man dies als späteren deutenden Zusatz verstehen will, begrifflich nicht anders denn als „(neuer) Bund“ bezeichnet werden konnte.236 Der Wortcharakter dieses Ereignisses ist dabei zunächst unabhängig von den in der historischen Situation gesprochenen Worten und dem Problem ihrer Wiederherstellung zu bedenken. Das Abendmahl hat damit jenseits der historischen Frage sachgemäß als der Ort der Transformation der im Kultus beheimateten Bundesvorstellung zu gelten, d. h. 235 Vgl. Hahn, Opfer, 279, der ungeachtet des nicht sicher zu rekonstruierenden Wortlauts der Einsetzungsworte feststellt: „Es kann nicht fraglich sein, daß Brot- wie Kelchhandlung auf Jesus selbst zurückgehen und bereits am Abend vor seinem Tode mit einer diese Handlung deuttenden Aussage verbunden waren.“ 236 Vgl. P. Stuhlmacher, Achtzehn Thesen zur paulinischen Kreuzestheologie, in: ders., Versöhnung, Gesetz und Gerechtigkeit. Aufsätze zur biblischen Theologie, Göttingen 1981, 205 (= J. Friedrich – W. Pöhlmann – P. Stuhlmacher [Hg.], Rechtfertigung. FS E. Käsemann, Tübingen – Göttingen 1976, 509–525), und F. Hahn, Zum Stand der Erforschung des urchristllichen Herrenmahls, in: ders., Exegetische Beiträge zum ökumenischen Gespräch. Gesammelte Aufsätze I., Göttingen 1986, 248 f (= EvTh 35 [1975], 553–563). Gegen E. Gräßer, Der Alte B Bund im Neuen. Eine Vorlesung, in: ders., Der Alte Bund im Neuen. Exegetische Studien zur Israelfrage im Neuen Testament, WUNT 35, Tübingen 1985, 122–132, der, da er die neutesstamentliche und die alttestamentliche Bundesvorstellung traditionsgeschichtlich voneinandder scheidet (op. cit., 119), von der Verwerfung des Alten Bundes durch die neutestamentlicchen Autoren spricht (op. cit., 132) und auf dieser Grundlage die Überzeugung vertritt, der Bundesbezug in den Einsetzungsworten sei ein spätes sekundäres Interpretament der griechischssprachigen Gemeinde. Dagegen spricht schon die Zwölfzahl der beim letzten Mahl Jesu anwessenden Jünger als Repräsentanten des Volkes Israel. Zu der auf dem Hintergrund von Jes 42,6 und 49,8 vollzogenen personalen Adaption der Bundesvorstellung, auf die Gräßer nicht eingegeht, s. im obigen Text das Folgende. Ausführlich zur traditiongsgeschichtlichen Erhellung des Bundesbegriffs in den Einsetzungsworten u. S. 125–129.
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als der Ort ihrer Loslösung vom Kultgeschehen und ihrer Verknüpftung mit der Lebenshingabe Jesu. Alles Nachdenken über die urchristliche Deutung des Todes Jesu hat diesen entweder bereits im Ursprungsgeschehen oder in frühester Tradittion vollzogenen Paradigmenwechsel in der theologischen Auseinandersetzung mit dem Opferkult zugrunde zu legen. Er besteht nicht in der gedanklichen Separration der mit dem Tempelkult verbundenen Opfervorstellungen von dem ganz unvergleichlichen Ereignis des Kreuzestodes Jesu, sondern in der Integration kulttischer Transzendenzerfahrung – und d. h. im historischen Kontext zugleich: der Erfahrung kultischer Entsühnung – in die Erkenntnis der Selbstoffenbarung Gotttes im Tod seines Sohnes. Mit griechischen Hingabevorstellungen, dies sei nachddrücklich gesagt, hat dieser Paradigmenwechsel nichts zu tun! Bis heute wird die grundlegende Bedeutung des Bundesbegriffs für die chrisstologische Adaption der Gottesknechtstradition verkannt, womit der zweite Punkt benannt ist, an welchem sich das exegetische Vorverständnis als korrekturbedürfttig erweist. Das Bundesmotiv bildet die traditionsgeschichtliche Brücke zwischen dem kultischen Opferdenken und der Vorstellung stellvertretender menschlicher Lebenshingabe, wie sie theologisch einmalig in Jes 53 ins Bild gesetzt wird. Dies gilt im Hinblick auf das vierte Gottesknechtslied allerdings nur, wenn man, wie oben beschrieben,237 die Gottesknechtspassagen im Jesajabuch mit den Augen eines urchristlichen Rezipienten, und d. h. ohne Wissen um die von der historisschen Kritik gesetzten Textgrenzen, liest. Denn die mit der Blutapplikation am Sinai vollzogene Bundesstiftung, die in urchristlicher Zeit mit der Vorstellung der Entsühnung Israels verbunden war,238 gewinnt im Zusammenhang der Passion Jesu eine ganz neue Bedeutung durch die im deuterojesajanischen Kontext vollzzogene Übertragung der Bundesvorstellung auf die Person des zum Leiden und Sterben für Israel berufenen Knechts. Die Einsetzung des Knechts „zum Bund“ für Israel (Jes 42,6; 49,6 LXX. 8) bildet den Anknüpfungspunkt für die Übertrag-
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S. 60 f. Targum Onkelos zu Ex 24,8: „Mose nahm das Blut und sprengte es auf den Altar, um für das Volk Sühne zu schaffen, und er sprach: Siehe, das ist das Blut des Bundes, den der Herr aufgrund aller dieser Worte geschlossen hat“ (s. A. Sperber [Hg.], The Bible in Aramaic, Vol. 1:. The Pentateuch according to Targum Onkelos, 2. Aufl., Leiden – New York – Köln 1992, 130. Eine engl. Übersetzung mit Kommentar bietet: B. Crossfeld, The Targum Onqelos to Exodus. Translated, with Apparatus and Notes, The Aramaic Bible 7, Edinburgh 1988, 71 f). Entsprechend Targum Pseudo-Jonathan z. St. (s. E. G. Clarke [Hg.], Targum Pseudo-Jonathan of the Pentateuch. Text and Concordance, Hoboken, New Jersey 1984, 96; dazu Übersetzung und Kommentar von M. Maher, Targum Pseudo-Jonathan: Exodus, in: The Aramaic Bible 2, Edinburgh 1994, 231). Vgl. ferner Jub 6,1–11, wo auch der Noahbund ausdrücklich an die voraangehende Entsühnung der Erde gebunden ist. Zum Text s. K. Berger, Das Buch der Jubiläen, Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit II/3, Gütersloh 1981, 354–357. – Gegen Hahn, Opfer, 298. 238 Vgl.
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gung kultischer Sühnevorstellungen auf das Kreuzesgeschehen!239 Hermeneuttisch entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, daß die personale Transformation der Bundesvorstellung den neutestamentlichen Autoren bzw. den urchristlichen Rezipienten der hier zur Diskussion stehenden Texte im Bezugsggeflecht des Jesajabuches bereits vorgegeben war. Die Verknüpfung der Vorstelllungen in der Ansage des neuen Bundes in Jesu Blut ist traditionsgeschichtlich folglich ein geradezu zwingender Akt. Aber auch unter der Voraussetzung, daß die hier vorgezeichnete Deutung des Todes Jesu im Licht von Jes 53 theologieggeschichtlich ein späteres Stadium in der Entwicklung der urchristlichen Soteriollogie repräsentiert und die Einsetzungsworte ursprünglich frei sind von Bezügen zu Jes 53, mußte, sobald die Identifikation Jesu mit dem Gottesknecht von Jes 53 vollzogen war, die Deutung seines Todes sich mit den durch die Abendmahlsparradosis vorgegebenen Deutungsmustern unmittelbar verknüpfen. Das bedeutet für das Verständnis des Gottesknechtstextes Jes 53, um dessen urchristliche Rezepttion es im vorliegenden Kontext geht, daß die kultische Deutung des Todes Jesu und die in letzter Zeit immer wieder so genannte „nicht‑, außer- oder unkultische“ Deutung nach Jes 53 unlösbar zusammengehören. Das Urchristentum hat, ob bereits auf dem historischen Hintergrund der Jesusvverkündigung oder erst zu einem späteren Zeitpunkt der theologiegeschichtlichen Entwicklung, Jes 53 nie anders als im Verbund mit der in den Abendmahlsworten gegebenen Deutung des Todes Jesu gelesen, die ihrerseits eine kultische auch nur insofern ist, als sie die kultischen Vollzüge transzendiert.240 Daher gewinnen für das Verständnis der Lebenshingabe Jesu notwendig auch solche Begriffe im viertten Gottesknechtslied eine kultische Bedeutung, die ursprünglich – nach inzwisschen vorherrschender Meinung – keine hatten.241 Dies betrifft insbesondere den Begiff אָ שָׁ ם,242 der im frühen Christentum, wie auch die LXX-Übertragung περὶ 239 Daher stellt trotz der richtigen Hervorhebung des Bundesgedankens die von S. Aalen, Das Abendmahl als Opfermahl im Neuen Testament, NT 6 (1963), 151, vorgeschlagene Definition des Abendmahls als eines „Bundesschließungsopfermahl[s]“ eine Vereinseitigung des Sachverhalts dar. 240 Der von Hofius, Gottesknechtslied, 127, benannte Sachverhalt, daß „Jesus Christus in seiner Person und in seinem Werk ... nicht primär durch Jes 53 ausgelegt“ werde, „sondern er selbst ... Jes 53“ auslege, kann daher nicht als eine relativ späte theologische Erkenntnis geltten, sondern muß aufgrund der einzigartigen personalen Identifikation und des von ihr nicht zu lösenden Wort- und Deutungsgeschehens als hermeneutische Voraussetzung gewertet werden. Eine nach historisch-kritischem Verständnis originäre Auslegung von Jes 53 und eine Separation der im Lied angeblich enthaltenen exkludierenden Stellvertretungsaussagen von einer kultisch beeinflußten inkludierenden Stellvertretungsvorstellung hat es im Urchristentum nie gegeben. S. dazu auch u. S. 73–76. 241 Vgl. Hahn, Opfer, 268 f, der ebenfalls die „für Jes 53,10“ „viel erörterte Alternative kulttischer oder nichtkultischer Begriff“ als falsch bezeichnet. 242 Anders die ältere Forschung: Wolff, Jesaja 53, 20; Kaiser, Der königliche Knecht, 28.32; C. Westermann, Das Buch Jesaja. Kapitel 40–66, ATD 19, Göttingen 1966, 205;
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ἁμαρτίας243 zeigt, im Sinne seiner späten theologischen Verwendung gewiß nicht anders denn als Schuldopfer verstanden wurde, was umso bedeutsamer ist, als „אָ שָׁ ם ... in der resümierenden Formulierung V. 10 a die gesamte Leidensaufgabe des Ebed umfaßt“244 und der Begriff daher, damals wie heute, als ein Schlüsselbbegriff der Auslegung gelten muß. Gerade Lukas stellt diesen sühnetheologischen Bezug her und setzt ihn ins Bild, wenn er Jesus im Akt der Lebenshingabe für seine Peiniger die Vergebung ihrer unwissentlich begangenen Schuld erbitten läßt (Lk 23,34a: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“245) und damit den Sachverhalt benennt, der nach Lev 5,17 f das Schuldopfer kultisch begründdet. Es geht dabei – auch dies eine falsche Verstehensvoraussetzung – gar nicht um die immer wieder neu diskutierte Frage nach den konkreten Opfervollzügen in frühjüdischer Zeit, insbesondere nach der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 n. Chr., es geht nicht darum, die Vergleichbarkeit der Vorstellungen zu leugnen, da das Schuldopfer in der Praxis auch „unblutig“ vollzogen werden konnte246; es geht um die Transformation theologischer Inhalte. Als Grundlage der theologischen Reflexion im Urchristentum hat dabei nicht der Kultus als rituelles Geschehen zu gelten, sondern die den Kultus konstituierenden und legitimierenden Schriftten des alten Bundes, die auf die heilsgeschichtliche Erfüllung der mit dem Kult verknüpften Verheißungen und damit auf seine historische Begrenztheit verweissen. Sie erschließen im Licht der Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus das Wesen des göttlich gestifteten Kultus als das Zum-Menschen-Kommen Gottes, das gleichzeitig das Zu-Gott-Kommen des Menschen bedeutet und die Entsühnnung des zur Gemeinschaft mit dem heiligen Gott berufenen Menschen notwenddig voraussetzt.247 Auf dem Hintergrund dieses durch Tora und Propheten heilsgesH.‑D. Preuß, Deuterojesaja. Eine Einführung in seine Botschaft, Neukirchen-Vluyn 1976, 9 98. In den genannten Werken wird der Begiff אָ שָׁ םin der Regel mit „Schuldopfer“ übersetzt. Auch A. Schenker, Knecht und Lamm Gottes (Jesaja 53). Übernahme von Schuld im Horizont der Gottesknechtslieder, SBS 190, Stuttgart 2001, 69.95, kehrt wieder zur Deutung von אָ שָׁ םals Schuldopfer zurück. Vgl. auch Stuhlmacher, Predigt, 454.456.463 f. 243 Die Wendung (τὸ) περὶ (τῆς) ἁμαρτίας bezeichnet in der LXX entweder das Schuldopfer oder – häufiger – das Sündopfer, ;חַ טָּ אתvgl. z. B. Lev 5,8–10; Hi 1,5, Ez 43,19 LXX. In Jes 53,10 LXX ist zwar das Geschehen als solches verändert dargestellt, da nicht mehr von der Lebenshingabe des Knechts, sondern vom Schuldopfer Israels die Rede ist, aber gerade die Sinnverschiebung bestätigt, ungeachtet ihrer theologischen Konsequenzen (s. dazu u. S. 78 f), das kultische Verständnis von אָ שָׁ ם. 244 Steck, Aspekte des Gottesknechts in Jes 52,13–53,12, 39 Anm. 52. 245 Zur Textkritik und Interpretation der Stelle im Kontext der lukanischen Kreuzigungserzählung s. u. S. 98–100. 246 Vgl. z. B. Barth, Tod, 54–56. 247 Die sachliche Unterschiedenheit zwischen dem Kultus als einer aktuellen religiösen Lebenswirklichkeit und den ihn konstituierenden Schriften darf daher nicht in der Weise zur Grundlage der Erhebung des urchristlichen Kultverständnisses gemacht werden, daß man die Schriftrezeption ganz ablöst vom Kultus als einer übergeordneten theologischen Deutekategorie.
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schichtlich determinierten Kultverständnisses konnte das Urchristentum im Lichte der Worte Lev 5,17 f der Begriff אָ שָׁ םin Jes 53 gar nicht anders verstehen denn als Schuldopfer. Dieser Begriff schließt die Vorstellung der durch das Opfer gewirktten Sühne nicht nur deshalb mit ein, weil der priesterschriftliche Textzusammenhhang die Sühnewirkung des Schuldopfers eigens betont ( כפרpi.: Lev 5,16.18.26, griech. ἐξιλάσκεσθαι)248, sondern weil der nachexilische Kult seinem Wesen nach ganz „am Gedanken der Sühne orientierter[r] Kult“249, also Sühnekult im priessterschriftlichen Sinne der Wurzel כפרwar, so umfassend vermutlich, „daß von solchem kultischen Denken her der ganze Lebensbereich geprägt“ war250. Die Annahme, das Urchristentum könne in der christologischen Adaption des vierten So etwa C. Breytenbach, Art. Sühne, ἱλάσκομαι κτλ, Theologisches Begriffslexikon zum Neuen Testament, neubearb. Ausg., Wuppertal 2000, 1689, der die urchristliche kultische Reflexion allein auf die Rezeption priesterschriftlicher Einzeltraditionen und auf die hierbei stattfindende Übertragung kultischer Termini auf das Christusgeschehen beschränkt und anggesichts der Spärlichkeit entsprechender Belege die geringe soteriologische Aussagekraft von neutestamentlichen Textstellen mit kultischem Bezug erwiesen zu haben meint. Auch die von Breytenbach, loc. cit., angeführte Tatsache, daß die priesterschriftlichen Sühnetraditionen im Frühjudentum unterschiedlich rezipiert wurden, relativiert keineswegs den Kultusbezug der neuttestamentlichen Schriften, da Breytenbach die besonderen hermeneutischen Voraussetzungen ignoriert, denen das Urchristentum bei der Rezeption kultischer Traditionen unterlag. Die urcchristliche Textauslegung nahm ihren Ausgang nicht beim auszulegenden Text, sondern bei der Erkenntnis des Endes des Kultes in Christus und des Endes aller Opfer durch Jesu Lebenshingabe am Kreuz. Allerdings scheint Breytenbach die Gültigkeit dieser hermeneutischen Erkenntnis zu bezweifeln, da er aufgrund der griechischen Abfassung des neutestamentlichen Zeugnisses, die ihm das Kennzeichen einer sozio-kulturell hauptsächlich profangriechischen Prägung ist, keine Notwendigkeit sieht, Jesu Tod auf das kultische Opferwesen beziehen zu müssen, und statt dessen den Hauptbezugspunkt der frühchristlichen Soteriologie in außerjüdischen Vorstellungen und Quellen sucht. Das sozio-kulturelle Argument, das Breytenbach auch in anderen Studien zum Thema immer wieder ins Feld führt (Versöhnung, Stellvertretung, Sühne NTS 39 [1993], 59–79; ders., „Christus starb für uns“, NTS 49 [2003], 447–475), hält allerdings der historischen Überprüfung schon deshalb nicht stand, weil die heftige Tempelkritik gerade im griechischspracchigen Teil der Jerusalemer Urgemeinde und der nach ihrer Vertreibung durch sie gegründeten Missionsgemeinden die hohe Bedeutung manifestiert, die der Kult für die christologische und soteriologische Reflexion des Urchristentums hatte und auch dort behielt, wo seine Erfüllung in Christus und damit sein Ende proklamiert wurde. Dazu auch das oben Folgende. – Daß die Erschließung der kultischen Bezüge im Neuen Testament von der doppelten hermeneutischen Voraussetzung her zu geschehen habe, daß Jesu Tod am Kreuz als Heilstod verstanden wurde und daß sich diese Erkenntnis als Opferkritik und damit in einem kultischen Bezugsrahmen mannifestierte, vertritt dagegen Zimmermann, Neutestamentliche Deutung, 87–91. 248 Zur frühjüdischen und rabbinischen Deutung der Stellvertretungsaussagen in Jes 53 s. Joachim Jeremias, Art. παῖς θεοῦ, 697 f. Zur Kritik an Jeremias’ Versuch, die messianische und gleichzeitig sühnetheologische Deutung von Jes 53 als frühjüdische Traditionsentwicklung zu verstehen, s. M. Rese, Überprüfung einzelner Thesen von Joachim Jeremias zum Thema des Gottesknechts im Judentum, ZThK 60 (1963), 21–41. Vgl. auch die ausgewogene Analyse von Hengel, Wirkungsgeschichte. 249 Gese, Sühne, 94.104. Vgl. B. Janowski, Art. Sühne II. Biblisch 1. Altes Testament, RGG4 7, Tübingen 2004, Sp. 1844. 250 Gese, op. cit., 104.
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pretatorisch irrelevant212, weshalb man sie ohne Not vollständig aus der Diskk kussion um die neutestamentliche Rezeption von Jes 53 ausklammert, und dies selbst dort, wo man die Bedeutung des vierten Gottesknechtsliedes für das Versk ständnis der Stiftung des neuen Bundes beim Abendmahl reflektiert. So hat sich, da nicht das urchristliche, sondern das moderne Textverständnk nis den hermeneutischen Leitfaden der Exegese abgibt, ein Argumentationsmusk ster entwickelt, innerhalb dessen der Ausgangspunkt das Ziel bestimmt. Für das Verständnis von Jes 53 bedeutet dies, daß man, auf der Suche nach Alternativmk modellen zur kultischen Sühnevorstellung, geradezu notwendig zum Ergebnis eines im Urchristentum vorhandenen Stellvertretungskonzepts gelangt, das vom Opferdenken ursprünglich frei ist. Die nachweisliche Verbindung mit kultischen Vorstellungsformen im neutestamentlichen Schrifttum erscheint konsequent als ein sekundärer Akt der theologiegeschichtlichen Entwicklung, wobei nur dies in Frage steht, ob die integrative Verknüpfung der kultischen und der außerkultk tischen Vorstellungsbereiche bereits als vorpaulinisch oder als erst durch Paulk lus vollzogen zu denken ist.213 Im Blick auf die heutige Verstehensproblematik hat die Vorstellung einer im Urchristentum verankerten außerkultischen Deutung des Kreuzesgeschehens auch den Vorteil, daß mit ihr die Variabilität der Deutungk gen des Kreuzestodes Jesu erwiesen zu sein scheint, was allgemein als Legitimk mation für die Verschiedenheit moderner Kreuzesdeutungen aufgefaßt wird und als Chance für die Etablierung soteriologischer Alternativmodelle in Lehre und Verkündigung.214 Daß im Zuge all dieser Bemühungen, das Kreuzesgeschehen unter den Versk stehensbedingungen der heutigen Zeit sprachlich und sachlich neu zu vermitteln, der Begriff „Stellvertretung“ zum Zentralbegriff der Debatte geworden ist, hängt mit seiner scheinbaren semantischen Neutralität zusammen, da äußerlich nicht unmittelbar erkennbar ist, daß er sachlich auch das mit den Begriffen „Opfer“ und „Sühne“ umrissene Vorstellungsfeld abdeckt. Zudem ist „Stellvertretung“ ein 42,1–4 bzw. 42,1–7 ableitet. Der in Jes 42,6 und Jes 49,8 mit dem Knecht als Repräsentanten Israels verknüpfte Bundesbegriff erscheint hier folglich, jenseits aller konkreten kultischen Vollzüge, als ein Terminus, der auf das kultische Urgeschehen der Bundesstiftung und der Konstituierung Israels als Volk verweist. – Zur Deutung von Jes 42,6 und 49,8 als Zeugnisse einer exilischen Heilserwartung s. K. Elliger, Jesaja II (41,17–42,9), BK.AT XI, NeukirchenVluyn 1971, 222–240, und H.‑J. Hermisson, Deuterojesaja, Bd. 2: Jesaja 45,8–49,13, BK.AT XI/2, Neukirchen-Vluyn 2003, 316–398. 212 Vgl. nochmals Joachim Jeremias, Art. παῖς θεοῦ, 681. Zur Bedeutung der Bundes aussagen des Kontextes für die urchristliche Interpretation von Jes 53 s. auch Wolff, Jesaja 53, 65. 213 Einen Forschungsüberblick bietet Gubler, Deutungen, 275–311. Zur angeblich erst von Paulus vollzogenen Integration von Jes 53 in eine kultisch geprägte Deutung des Kreuzesgeschehens s. Hofius, Gottesknechtslied, 107–127, bes. 116–123. 214 Dazu bereits ausführlich o. S. 1–21.
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der Bundesstiftung am Sinai vollzieht,253 markieren den offenbarungsgeschichtllichen Abschluß des Weges Gottes mit seinem Volk. Der Kultusbezug der Abendmmahlseinsetzung resultiert daher nicht, wie stets vorausgesetzt, aus der Summe kultischer Anspielungen in den Einsetzungsworten, sondern aus seiner grundsätzllichen offenbarungsgeschichtlichen Bedeutung und umfaßt folglich die Gesamthheit der die Einsetzungsworte konstituierenden Traditionen, darunter auch die Gottesknechtstradition mit ihrem Haupttext Jes 53.254 Er bildet die Grundlage der personalen Transformation des Kultus, die sich in der Weise vollzieht, daß das, was den Kult nach mosaischem Zeugnis begründet – die Ermöglichung des Zugangs zu Gott durch Gott selbst –, als Geheimnis der Person und Sendung Jesu erkennbar wird. Dies bedeutet, daß alle christliche Rede vom Kreuz gerade dort auf den Kultus bezogen bleibt, wo die Aufhebung desselben im Blick ist, und daß sich daher jede Deutung des Todes Jesu notwendig im kultischen Verstehenshorizzont bewegt.255 Man könnte auch sagen: die Unausweichlichkeit kultischer Deuttungsbezüge hängt mit der Geschichtlichkeit der Offenbarung zusammen, die eine Isolierung des Christusgeschehens aus dem heilsgeschichtlichen Rahmen der beidden Testamente verbietet.256 253
Dazu ausführlich Kapitel I.2.1.3. S. auch Mittmann-Richert, Erinnerung. Daß die Isolation der Traditionen durch die Forschung zu absurden Ergebnissen führen kann, zeigt sich bei Knöppler, Sühne, 283, der das paulinisch-lukanische Kelchwort aus dem alttestamentlichen Sühnekult herleitet, das markinische dagegen aus Jes 53. 255 Gegen G. Röhser, Art. Sühne II. Biblisch 2. Neues Testament, RGG4 7, Tübingen 2004, Sp. 1844 f. 256 Die offenbarungsgeschichtliche Transzendierung des Kultus im neutestamentlicchen Christuszeugnis ist mit dem neuerdings in die Diskussion eingeführten Begriff der Metaphorisierung des Kultes nicht sachgemäß erfaßt. Denn dieser Begriff beschreibt die Deutung des Christusgeschehens im kultischen Horizont als einen ganz auf die anthropologische Ebene beschränkten, rein explikativen Vorgang, bei dem durch die Transposition von Begriffen und Vorstellungen von einem Bedeutungskontext in den anderen neue Sinnfelder erschlossen und neue Bedeutungstiefen erreicht werden und bei dem der Kultus selbst auf einen „metaphernsspendenden Lebensbereich“ reduziert wird (B. Janowski, Das Leben für andere hingeben. Alttestamentliche Voraussetzungen für die Deutung des Todes Jesu, in: J. Frey – J. Schröter [Hg.], Deutungen des Todes Jesu im Neuen Testament, WUNT 181, Tübingen 2005, 115). Daß dabei den Kultmetaphern eine die Wahrheit erschließende Qualität zugesprochen wird, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß es bei dieser Transformation der Kultusvorstellung nicht um eine Transformation des Seins, sondern des Bewußtseins und der es vermittelnden Sprache geht, während die neutestamentlichen Autoren, wenn sie sich kultischer Vorstellungen bediennen, die Transzendierung des Kultus als einen letzten Akt der Selbsterschließung Gottes nachvvollziehen, als einen geschichtlichen Vorgang also, welcher der Erkennntnis vorgegeben ist und nicht durch sie konstituiert wird. Zur Metaphorisierung des Kultes s. neben der bereits genanntten Studie von Janowski auch K. Löning, Kultmetaphorik im Neuen Testament, in: R. Albertz (Hg.), Kult, Konflikt und Versöhnung. Beiträge zur kultischen Sühne in religiösen, sozialen und politischen Auseinandersetzungen des antiken Mittelmeerraumes, AOAT 285, Münster 2001, 229–267; J. Schröter, Metaphorische Christologie. Überlegungen zum Beitrag eines metappherntheoretischen Zugangs zur Christologie anhand einiger christologischer Metaphern bei Paulus, in: J. Frey – J. Rohls – R. Zimmermann (Hg.), Metaphorik und Christologie, TBT 120, 254
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Mit der Erkenntnis, daß der Kultus als offenbarungsgeschichtliche Kategorie den Deutungsrahmen für das Kreuzesgeschehen bildet, ist auch die Frage nach dem Sühnebegriff beantwortet: Da in der Abendmahlseinsetzung die Traditionen im Rückgriff auf das kultische Urgeschehen am Sinai zusammengeführt werden, ist – trotz der gleichzeitig sich vollziehenden offenbarungsgeschichtlichen Trans zendierung des Kultus selbst – die Sühne als das Ziel des Kultus auch das Ziel der Sendung Jesu.257 Daher ist mit dem Sühnebegriff adäquat bezeichnet, was Jesu Tod am Kreuz im biblischen Sinne bedeutet: das „Zu-Gott-Kommen“ des Menschen „durch das Todesgericht hindurch“,258 in anderen Worten: die durch die Lebenshingabe Jesu ermöglichte Integration des menschlichen Lebens in das Leben Gottes als Folge der Überwindung der Sünden- und Todverfallenheit des Menschen. So ist auch im Hinblick auf die urchristliche Deutung des Kreuzes die aus der Betrachtung von Jes 53 erwachsende Heilserkenntnis begrifflich richtig erfaßt, wenn man den Tod Jesu in recht verstandenem kultischen Sinne als Opfertod zur Entsühnung Israels und der Völker beschreibt. Im Kontext des Abendmahlsgesschehens wird das Sterben Jesu als das Lebensopfer des Gottesknechts erkennbar, das nach Jes 42,6 und 49,6 LXX. 8 den neuen Bund zwischen Gott und Mensch konstituiert, die Grenze zwischen „Himmel und Erde“, zwischen dem heiligen Gott und dem sündigen Menschen beseitigt und dem Menschen den Lebensberreich Gottes öffnet, die βασιλεία τοῦ θεοῦ, und d. h. das Reich des darin durch den Tod hindurch zum Herrscher eingesetzten Knechts (Jes 52,13). Wie immer daher das in Jes 53 geschilderte Geschehen stellvertetender Lebenshhingabe ursprünglich gedeutet sein will – ob als Sühnegeschehen oder im juriddischen Sinne als Entschuldung Israels durch Existenzstellvertretung259 –, durch den individuellen Bezug auf Leiden und Tod Jesu, d. h. auf die Stiftung des neuen Bundes in Jesu Blut, erscheint im urchristlichen Kontext die Lebenshingabe des Knechts nach Jes 53 stets als eschatologisches Sühnegeschehen, durch welches der Mensch zur ewigen Gemeinschaft mit Gott befreit wird. Die Traditionsversschmelzung, die sich in der christologischen Adaption von Jes 53 unmittelbar vollz-
Berlin – New York 2003, 53–73, und R. Zimmermann, „Deuten“ heißt erzählen und übertraggen. Narrativität und Metaphorik als zentrale Sprachformen historischer Sinnbildung zum Tode Jesu, in: J. Frey – J. Schröter (Hg.), Deutungen des Todes Jesu im Neuen Testament, WUNT 181, Tübingen 2005, 315–373; ders., Neutestamentliche Deutung, 92–96. 257 Gegen Breytenbach, Versöhnung, Stellvertretung und Sühne, der die zentralle Bedeutung des Motivs der kultischen Sühne für die Entwicklung der neutestamentlicchen Soteriologie bestreitet. Vgl. auch ders., „Christus ist für uns gestorben“. Auf der Linie Breytenbachs argumentiert auch Schröter, Sühne, 58–60. 258 Gese, Sühne, 104. 259 S. Hofius, Gottesknechtslied, 109 f. Vgl. auch Röhser, Stellvertretung, 65.
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zog, künstlich rückgängig zu machen, würde bedeuten, dem neutestamentlichen Zeugnis von Jesu Tod seine soteriologische Grundlage zu entziehen.260 Für die Spezifizierung des Stellvertretungsbegriffs ergibt sich aus dieser hermmeneutischen Grunderkenntnis, daß für die urchristliche Interpretation des vierten Gottesknechtsliedes das in ihm zur Sprache gebrachte Stellvertretungsgeschehen nicht in Gegensatz gebracht werden kann zu der den Sühnekult konstituierenden Stellvertretungsvorstellung,261 schon gar nicht im Sinne der Abgrenzung exkluddierender Stellvertretung nach Jes 53 von der in ritueller Subjektübertragung sich manifestierenden inkludierenden Stellvertretung im Kult.262 Im Lichte der in den Abendmahlsworten vollzogenen kultischen Integration von Jes 53 und der damit manifestierten personalen Transformation des Kultus erschien Jesu Tod dem Mensschen zugute nie anders denn als ein Geschehen inkludierender, den Sünder als Person einschließender Stellvertretung, das bedeutet: als ein Geschehen sühnendder Stellvertretung. Die oftmals als undifferenziert bewertete Rede vom „stellvvertretenden Sühnetod“263 umreißt also genau den Vorstellungsrahmen, innerhalb dessen sich die urchristliche Deutung des Todes Jesu vollzog. 260 Gegen die Rekonstruktion von Hofius, Gottesknechtslied, 119 f.121 f (vgl. 112–114). Hofius erwägt die Möglichkeit vorpaulinischer Vorstufen der soteriologischen Traditionsbildung, in welchen der Tod Jesu ausschließlich im Sinne des angeblich exkludierenden Stellvertretungs verständnisses von Jes 53 gedeutet worden sei, und führt die Integration von Jes 53 in ein kulttisch bestimmtes inkludierendes Stellvertretungskonzept auf Paulus zurück, der „die Aussagen des vierten Gottesknechtsliedes in nicht unwesentlicher Weise neu interpretiert“ habe (op. cit., 122; Kursive im Original). Gegen diese auf Paulus zulaufende Rekonstruktion spricht auch die vom Apostel selbst in 1. Kor 11,23–25 als Traditionsstück zitierte Abendmahlsparadosis, in welccher die Verschmelzung der Vorstellungen bereits vollzogen ist; es sei denn, man bestreitet, daß Jes 53 im Hintergrund der Einsetzungsworte steht. 261 So auch Stuhlmacher, Predigt, 466. 262 Gegen Hofius, op. cit., 112–114. Deutliche exegetische Kritik an Hofius’ Auslegung von Jes 53 als Zeugnis eines exkludierenden Stellvertretungsverständnisses übt auch Janowski, Stellvertretung, 91 Anm. 95. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, daß Hofius seine Sicht der im vierten Gottesknechtslied zutage tretenden Stellvertretungsvorstel lung auf ein ganz bestimmtes, dem Text angeblich zugrunde liegendes Sündenverständnis gründdet. Sünde, so stellt er fest, sei in diesem Text als „ein vom Menschen ablösbares“ Phänomen begriffen, eine Deutung, der die Erkenntnis der Universalität der Sünde in Jes 53 widerstreitet. Zweifelhaft ist im Blick auf Gen 3 auch, ob die von Hofius in Jes 53 eingetragene Vorstellung überhaupt im Rahmen des alttestamentlichen Sündenverständnisses liegt, da, soweit es sich nicht um einzelne Tatsünden handelt, die Beschlagnahme des geschöpflichen Menschen durch die Sünde das Grunddatum der alttestamentlichen Anthropologie ist. – Die Möglichkeit einer sachlichen Differenzierung zwischen exkludierender und inkludierender Stellvertretung hat in jüngster Zeit S. Schaede, Stellvertretung. Begriffsgeschichtliche Studien zur Soteriologie, BHTh 126, Tübingen 2004, 727, grundsätzlich in Frage gestellt, da Stellvertretung als solche durch die Verbindung beider Aspekte konstituiert sei. 263 Vom stellvertretenden Sühnetod sprechen u. a. M. Hengel, Der stellvertretende Sühnetod Jesu. Ein Beitrag zur Entstehung des urchristlichen Kerygmas, IKZ 9 (1980), 1– 25.135–147; ders., Atonement; Merklein, Der Tod Jesu als stellvertretender Sühnetod, und P. Stuhlmacher, Das Evangelium von der Versöhnung in Christus, in: P. Stuhlmacher
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Damit ist auch der Grund gelegt für die adäquate Deutung des Kreuzestodes Jesu in heutiger Zeit.264 Die hermeneutische Aufgabe, die es in diesem Zusammmenhang zu bewältigen gilt, ist nicht die Eliminierung des Opfer- und Sühnebeggriffs aus dem kirchlichen Sprachgebrauch,265 sondern ihre neuerliche Integration in ein Kultusverständnis, das dem heutigen Christen den Weg zu seinen geschichtllichen Wurzeln eröffnet266: den Weg zum Sinai als dem Ort der Selbstoffenbarrung Gottes, die ihr Ziel in der Selbstoffenbarung Gottes in Wort und Person seinnes Sohnes findet.267
– H. Claß, Das Evangelium von der Versöhnung in Christus, Stuttgart 1979, 25–29; ders., Sühne oder Versöhnung? – Bemerkenswert ist im Hinblick auf die Problematisierung der Begriffskombination auf neutestamentlicher Seite die Unbefangenheit und Selbstverständlichkeit, mit der man auf dogmatischer Seite vom Sühne- und Stellvertretungstod Christi spricht; vgl. z. B. Nüssel, Sühnevorstellung, 90–94, und Stolina, Art. Sühne III. Dogmatisch, RGG4 7, 1847. 264 Vgl. nochmals Kittel, Biblische Rede, 288–293, und Stuhlmacher, Predigt, 467 f. 265 Vgl. Stuhlmacher, op. cit., 459; außerdem Dalferth, Soteriologische Relevanz, 177 f, der ebenfalls betont, daß die Frage nach der Verwendung der Begriffe „Opfer“ und „Sühne“ sich „exegetisch an den biblischen Texten ... entscheide[]“ und nicht an einem wie auch immer geprägten Vorverständnis derselben. Die Aufgabe bestehe daher nicht in der Tilgung der Begriffe aus dem Sprachschatz der Kirche, sondern in ihrer unmißverständlichen Vermittlung. Dementsprechend erkennt Dalferth im Sühnegedanken den „hermeneutische[n] Schlüssel zur exegetischen Beurteilung und systematischen Integration der soteriologischen Mannigfaltigkeit des Neuen Testaments“ (op. cit., 184). S. auch C. Gestrich, Opfer in systematisch-theologisscher Perspektive. Gesichtspunkte einer evangelischen Lehre vom Opfer, in: B. Janowski – M. Welker (Hg.), Opfer. Theologische und kulturelle Kontexte, Frankfurt a. M. 2000, 282–303, bes. 290.296, und den zweiten Teil des Aufsatzes von Janowski, „Hingabe“ oder „Opfer“? Zur gegenwärtigen Kontroverse um die Deutung des Todes Jesu“, der den Zwischentitel „Zur Unverzichtbarkeit des Opfer- und Sühnebegriffs“ trägt. 266 In diesem Zusammenhang sei nochmals auf Dalferth, op. cit., 176, verwiesen, der die „neuzeitliche[] Kult- und Opferkritik“ längst durch Gese, Sühne, korrigiert sieht und in diesem Zusammenhang feststellt, daß die Opferkritik selbst der „gerade nicht kultischen, sondern juriddischen Satisfaktionstheorie“ entspreche. Gegen K.‑P. Jörns, Religiöse Unverzichtbarkeit des Opfergedankens? Zugleich eine kritische Relecture der kirchlichen Deutung des Todes Jesu, in: B. Janowski – M. Welker (Hg.), Opfer. Theologische und kulturelle Kontexte, Frankfurt a. M. 2000, 304–336, dessen Kultverständnis sich als unbiblisch schon in der Frage erweist, von der aus er seine Thesen entwickelt: „Braucht Gott Blutopfer des Menschen?“ (op. cit., 312, Kursive im Original). Da das hier zutage tretende Gottesbild das eines in „Gewalt und Gegengewalt verwickelt[en]“ Gottes sei (op. cit., 323), fordere – so Jörns – das Bekenntnis zu dem „als gewwaltfreier neuer Gott“ erstandenen Gott Jesu den Verzicht auf jegliche Opferterminologie (loc. cit.). 267 Von einem offenbarungsgeschichtlichen Neuansatz in der modernen Diskussion um den Opfer‑, Sühne- und Stellvertretungsbegriff, einem Neuansatz, der nicht auf das die beidden Testamente angeblich Trennende, sondern auf das sie Verbindende zielt und die Erkenntnis einer die persönliche Geschichte transzendierenden geschichtlichen „Herkunft“ vermittelt, wärren auch – dies sei nur am Rande erwähnt – entscheidende Impulse für die Neubelebung des jüddisch-christlichen Dialogs zu erwarten.
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2.1.3 Der Einfluß der LXX auf die Rezeption von Jes 53 Im Hinblick auf Jes 53 ergibt sich ein letztes Interpretationsproblem aus der in wesentlichen Zügen vom masoretischen Text abweichenden LXX-Überlieferrung, deren angebliche „Tendenz ..., den Stellvertretungsgedanken zurückzuddrängen“268, ein weiteres Indiz zu sein scheint für den nach verbreiteter Meinung forschungsgeschichtlich lange überschätzten Einfluß von Jes 53 auf die Ausbilddung der „urchristlichen Deutung des Todes Jesu als stellvertretende Sühne“269. Die grundsätzliche theologische Differenzierung zwischen der hebräischen und der griechischen Textfassung erweist sich allerdings schon deshalb als künstlich, weil das Neue Testament in der Deutung des Kreuzesgeschehens – soweit dabei Jes 53 rezipiert wird – an keiner Stelle eine andere Auslegung von Jes 53 LXX belegt als die im vorangehenden Abschnitt besprochene270 (vgl. Röm 4,25; 8,32; 1. Kor 15,3; 2. Kor 5,21; Gal 1,4; daneben 1. Petr 2,24, Hebr 9,28).271 Der Text der LXX selbst hinderte ganz offensichtlich nicht seine Adaption im Prozeß der 268 Röhser, Stellvertretung, 65. Zum historischen Hintergrund und theologischen Charakter der LXX-Übersetzung des Jesajabuches s. I. L. Seeligmann, The Septuagint Version of Isaiah. A Discussion of its Problems, Medelingen en Verhandelingen van het vooraziatisch-egyptisch Genootschap „ex oriente lux“ 9, Leiden 1948, bes. 70–121, und A. van der Kooij, Die alten Textzeugen des Jesajabuches. Ein Beitrag zur Textgeschichte des Alten Testaments, OBO 35, Freiburg, Schweiz – Göttingen 1981, bes. 21–73. S. auch Hengel, Wirkungsgeschichte, 75–85. 269 Röhser, loc. cit. 270 In Mt 8,17, wo die Krankenheilungen Jesu den Anknüpfungspunkt für das Zitat Jes 53,4 abggeben, wird auffallenderweise nicht auf die LXX zurückgegriffen, sondern auf eine andere, näher am hebräischen Text des Liedes orientierte Übersetzung. Die LXX, die an der genannten Stelle vom Tragen nicht der Krankheit, sondern der Sünde redet, stand der vom Kreuzesgeschehen losgelösten Adaption des Textes also ganz offensichtlich entgegen. Gleichzeitig dokumentiert der zeitlich relativ späte matthäische Text, daß die Verknüpfung von Jes 53 mit Jesu irdischem Wirken ein sekundärer Akt der Textrezeption ist, der traditionsgeschichtlich die Deutung des Todes Jesu im Licht von Jes 53 und die daraus resultierende Identifizierung Jesu mit dem jesajjanischen Gottesknecht voraussetzt. 271 S. dazu Breytenbach, Versöhnung, 209 mit weiterer Lit. Den von ihm selbst op. cit., 210, für 2. Kor 5,21 vielfältig belegten Bezug auf Jes 53 LXX ignoriert Breytenbach allerddings in seinem Aufsatz „Christus starb für uns“, da er inzwischen, wie o. S. 65 Anm. 228 berreits dokumentiert, zu der Überzeugung gelangt ist, daß die Wendung „Christus ist gestorben für (ὑπέρ) ...“ sich griechischer Tradition und Terminologie verdanke (op. cit., 473). In diessem Zusammenhang räumt der Autor ein, daß er in seinem erstgenannten Werk (Versöhnung, 125–132), die Textanalyse auf der Grundlage eines „unklaren Sühnebegriff[s]“ betrieben habe („Christus ist für uns gestorben“, 472 Anm. 143). Leider äußert er sich an dieser Stelle nicht zu seinen einstigen traditionsgeschichtlichen Erkenntnissen, die er ebenfalls revidieren müßte, um an einer rein an griechischen Hingabevorstellungen orientierten Deutung von 2. Kor 5,21 festhalten zu können. Vgl. auch O. Hofius, Erwägungen zur Gestalt und Herkunft des paulinisschen Versöhnungsgedankens, in: ders., Paulusstudien, WUNT 51, Tübingen 1989, 1–14, bes. 9–14 (= ZThK 77 [1980], 186–199); P. Stuhlmacher, Der messianische Gottesknecht, in: ders., Theologie und Evangelium. Gesammelte Aufsätze, WUNT 146, Tübingen 2002, 132, und T. Söding, Sühne durch Stellvertretung. Zur zentralen Deutung des Todes Jesu im Römerbrief, in: J. Frey – J. Schröter (Hg.), Deutungen des Todes Jesu im Neuen Testament, WUNT 181,
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Ausbildung einer urchristlichen Sühnetheologie, trotz der soeben benannten Tenddenz, die in der Umdeutung des Schuldopfergedankens in Jes 53,10 zum Ausddruck kommt.272 Andererseits muß man wohl doch annehmen, daß die im griechischen Sprachbbereich soteriologisch so einlinige Textrezeption ihre Wurzeln in der Ausleggungstradition des hebräisch-aramäischen Sprachbereichs hat, für welche die aus dem Abendmahlsgeschehen erwachsene Traditionsverschmelzung konstitutiv ist. Es wird sich erweisen, daß gerade Lukas auf der Grundlage der ihm vorgegebennen Sinndeutung des vierten Gottesknechtsliedes um eine soteriologisch vertiefte Interpretation des griechischen Wortlauts von Jes 53 bemüht ist.273 So gilt auch hier, daß in der heutigen Exegese die Auslegung des LXX-Textes „an sich“, d. h. als eines frühjüdischen Textdokuments, zu einer Fehlbeurteilung seiner soteriollogischen Bedeutung im Neuen Testament führt, und gilt um so mehr, als das Urchristentum selbst den hier beschrittenen Weg zurückgegangen ist. Genauer gesagt: es hat die im Bereich der frühjüdischen Textüberlieferung erkennbare Entwwicklung hin zu einer soteriologischen Abschwächung der Stellvertretungsaussaggen gleichsam rückgängig gemacht und das soteriologische Gewicht des Textes dadurch fixiert, daß es ihn unlösbar mit der Abendmahlstradition und der aus ihr erwachsenen Deutung des Sterbens Jesu verband, ein Schritt, dessen hermeneuttische Konsequenzen bislang nicht bedacht worden sind. 2.1.4 Exegetische Folgerungen In diesem Zusammenhang ist schließlich ein forschungsgeschichtliches Phänommen zu erwähnen, dessen Wahrnehmung diesseits und jenseits der Diskussion über die angeblich defizitäre lukanische Soteriologie manche Auseinandersetzzung gar nicht hätte aufkommen lassen. So strittig nämlich die theologische Beurtteilung des vierten Gottesknechtsliedes im allgemeinen bleibt, so einig sind sich überraschenderweise die Lukasexegeten darin, daß der jesajanische Text sühnettheologisch zu verstehen sei und von Lukas auch so verstanden wurde. Denn weshhalb sonst hätte der Evangelist um die Passagen Jes 53,4–6.8.10–12 einen Bogen machen sollen? Ja, es entbehrt nicht der Ironie, daß die Lukasexegese ihre Lukaskkritik auf ein theologisches Faktum gründet, dessen Gültigkeit ringsum immer häufiger bestritten wird. Und doch muß man ihr nach Prüfung des Sachverhalts Tübingen 2005, 375–396. Zusammenfassend Frey, Probleme, 34 mit Anm. 147. Speziell zu Röm 4,25 s. den Überblick bei Gaukesbrink, Sühnetradition, 181–184. 272 Dies muß schließlich auch Röhser, Stellvertretung, 66 f, feststellen, der damit seine eigene These von der grundsätzlichen Bedeutungslosigkeit der Sühnopfervorstellung zu Fall bringt. 273 S. Kapitel I.4.3 zu der von Lukas verarbeiteten Tradition sowie S. 236 f zur Aufnahme des Erkenntnismotivs aus Jes 53 LXX in der Emmausperikope.
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gerade dies konzedieren: daß Lukas in der Tat Jes 53 sühnetheologisch deutete und deuten mußte. Hier irrt die Lukasforschung nicht! Nur darin irrt sie, daß Lukas, weil er in Jes 53 ein Sühneverständnis niedergelegt fand, das nicht das seine war, die Zitation der entsprechenden Passagen vermieden und so einen von Anspielunggen auf das Sühnegeschehen gereinigten Text zur Grundlage seines ganz andersaartigen Kreuzesverständnisses gemacht habe. Die Abhängigkeit der Exegese von hermeneutischen Vorentscheidungen und soziokulturellen Entwicklungen bleibt das stets neu zu reflektierende Problem nachfolgender Wissenschaftsgenerationen. Und so muß auch das hier für das Urchristentum rekonstruierte Textverständnis von Jes 53 der erneuten hermeneuttischen Prüfung standhalten. Daß der „Stellvertretungs- und Sühnetod in Jes 52,13– 53,12 seinen klassischen Ausdruck gefunden“ habe, wie Joachim Gnilka274 es vor knapp 30 Jahren noch als „unbestritten“ festhielt, mag für den Ursprungstext inzwischen fraglich geworden sein; nicht fraglich ist jedoch, daß im Urchristentum der Tod des Gottesknechts in dem von Gnilka fixierten Sinn verstanden wurde, und zwar – diese Überzeugung bildet die Grundvoraussetzung der vorliegenden Studie – von Anfang an.275
2.2 Die lukanische Rezeption von Jes 53 und ihre exegetischen Konsequenzen Mit der Fixierung des einheitlichen urchristlichen Textverständnisses von Jes 53 ist der Grund gelegt für die Auslegung der lukanischen Anspielungen auf den jesajanischen Gottesknecht. Das vierte Gottesknechtslied und die ihm verwandtten Texte haben angesichts ihrer markanten Verarbeitung durch den dritten Evanggelisten als Schlüsseltexte der lukanischen Soteriologie zu gelten; und die theollogischen Besonderheiten von Jes 53 sind bei der Deutung des Lukasevangeliums als bestimmendes Interpretament zu berücksichtigen. Zunächst ist in diesem Zusammenhang anzuerkennen, daß Lukas, da er intenssiv auf Jes 53 Bezug nimmt, das dort in einzigartiger Weise zur Anschauung gebrachte Stellvertretungsgeschehen reflektiert und das Lied auf dem Hinterggrund des Todes Jesu sachgemäß versteht als Verheißung der durch die Hingabe des Knechts gewirkten Entsühnung Israels und der Völker. Daß Lukas in diesem Zusammenhang auch der Erhöhung Jesu theologisches Gewicht beimißt und das Eingehen des Christus in die göttliche Doxa zum zentralen Thema der Auferstehhungserzählungen erhebt, entspricht der besonderen Struktur des vierten Gottes knechtsliedes, in welchem Tod und Erhöhung des Knechts untrennbar aufeinander bezogen sind und der Tod des Knechts nur als Tod dessen in den Blick kommt, 274
Martyriumsparänese, 239.
275 Vgl. auch Hengel, Atonement,
65–75, bes. 70.
2. Jes 53 als Schlüssel der lukanischen Soteriologie
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der durch diesen Tod hindurch zur königlichen Herrschaft gelangt.276 Wie eng in der Tat Lukas den Tod und die Erhöhung Jesu aufeinander bezieht, zeigt sich daran, daß der Evangelist seine βασιλεία-Vorstellung in den Passionstexten entffaltet und in den Auferstehungserzählungen die menschliche Annahme der Aufeerstehungsbotschaft unlösbar verknüpft mit der Erkenntnis der Heilsnotwenddigkeit des Todes Jesu. Die von Lukas konsequent vollzogene christologische und soteriologische Adaption von Jes 53 straft das gängige Vorurteil Lügen, der Evangelist sei ein im Heilsenthusiasmus befangener Theologe. Das Gegenteil ist der Fall. Daher ist die Verbindung von Leiden und Erhöhung Jesu, die den Duktus der Passions- und Auferstehungserzählungen bestimmt, zu würdigen als das, was sie ist: der theologisch tiefgründige, kompositorisch hintergründige und gleichzeitig gelehrte Versuch eines mit letzter Dringlichkeit um den Sünder ringgenden Evangelisten, das den Menschen bedrängende Paradoxon des Kreuzes (Lk 24,18–21) begreiflich zu machen. Dies aber so, daß dem menschlichen Erkenntnisvermögen, dessen Begrenztheit Lukas ebenfalls zur theologischen Frage erhebt, das Kreuzesereignis nicht als „dogmatische“ Wahrheit, sondern als Glaubenswiderfahrnis zugänglich wird. Den persönlichen Bezug des Lesers oder Hörers seines Werkes zu dem, was nach Lukas der Erkenntnisgrund des Glaubens ist, den persönlichen Bezug damit zu dem, der „für uns“ in den Tod ging, schafft Lukas dadurch, daß er den Empffänger seiner Verkündigung in einen geschichtlichen – genauer: in einen heilsgesschichtlichen – Zusammenhang integriert und ihm seinen Ort in der Geschichte des Volkes zuweist, das Gott am Sinai zum Bundespartner erhob. Dieses Bemühhen um die existentielle Integration des Lesers in die Geschichte Israels zeigt im Blick auf die Gottesknechtstradition die Tatsache, daß Lukas in der Auseinanderssetzung mit Tod und Erhöhung Jesu nicht allein Jes 53 auslegt, sondern den engerren und weiteren Kontext des Jesajabuches in seine Reflexion mit einbezieht und damit die Gerichtserfahrung und Heilshoffnung des Volkes, zu dem er den Proppheten gesandt weiß. Diese die Person des Lesers in das erzählte Geschehen einbeziehende und literarisch daher nicht thetisch, sondern assoziativ verfahrende Verarbeitung der Gottesknechtstradition durch Lukas ist für die Exegese allerdings nur nachvollzziehbar in der Relativierung moderner Denkmuster. Erst in der Loslösung von einer rein abstrakt funktionierenden Logik und der gleichzeitigen Öffnung des Denkens für einen bildhaft und in narrativer Konkretion sich vollziehenden Prozzeß der theologischen Systematisierung277 wird der Weg frei für das Verständnnis eines Schriftstellers, der das äußerliche Geschehen als Sinn‑, ja Sinnenbild theologischer Erkenntnis gestaltet und die hintergründig miteinander verwobenen 276 277
Dazu bereits o. S. 55 f. Zur narratio als Medium der Abstraktion s. Mittmann-Richert, Dämonen, 476 f.
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Fäden seines theologischen Systems bildhaft zur Anschauung bringt. So ist gar nicht zu erwarten, daß Lukas in seinem Doppelwerk, über die zweifache Zitation von Jes 53 (Lk 22,37; Apg 8,32 f) hinaus, sein soteriologisches Konzept auf weittere Zitate aus dem vierten Gottesknechtslied gründete, zumal auch die Abendmmahlsworte, der offenbarungsgeschichtliche Zentralpunkt seines Evangeliums, den Bezug zur Gottesknechtstradition herstellen. Lukas bedurfte der wiederholten wörtlichen Wiedergabe von Jes 53 auch deshalb nicht, weil er die Verkündigung Jesu programmatisch mit einem Zitat eröffnet, das ebenfalls in den Bereich der jesajanischen – allerdings der tritojesajanischen – Gottesknechtstradition gehört: Jes 61,1–3, die Selbstproklamation des zur Erlösung Israels gesandten und nach Jes 42,1 mit Gottes Geist gesalbten prophetischen Knechts. Mit dieser Selbstprokklamation beginnt Jesu Leidensweg (Lk 4,18 f). Welcher soteriologischen Deutllichkeit ermangelt im Verbund der Texte Jes 42,1–7; 52,13–53,12 und Jes 61,1–3 das Bild eines Heilskünders, der sich bei seinem ersten öffentlichen Auftreten mit den Worten Jesajas als der verheißene, uranfänglich zu Leiden und Tod bestimmte Gottesknecht offenbart und mit seiner Verkündigung das Todesgeschehen in Gang setzt (Lk 4,16–30)? Daß letztgenannter Sachverhalt bis heute nicht die exegetische Beachtung erfahren hat, die ihm gebührt, hängt allerdings nicht nur mit einer hermeneutisschen Verengung der jesajanischen Textbasis auf nur wenige Verse von Jes 53 zusammen, sondern liegt auch an der Scheidewand zwischen alt- und neutestammentlicher Wissenschaft, welche die sachgemäße Anwendung alttestamentlicher Erkenntnisse auf die Interpretation der neutestamentlichen Texte verhindert. Zu diesen wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen gehört die soeben erwähnte Tatsache, daß Jes 61,1–11 traditionsgeschichtlich in direktem Bezug zu Jes 42,1– 4 bzw. Jes 42,1–7 steht und in neuer Weise als Gottesknechtstext verstanden sein will.278 Schon deshalb und angesichts der exponierten kompositorischen Stellung von Lk 4,16–30 ist der Gottesknechtsmotivik im Lukasevangelium von vornhereein eine besondere theologische Bedeutung für das Verständnis der Gesamtschrift zuzuerkennen. Darüber hinaus ist auch der Kontext der Gottesknechtslieder in seiner Bedeutung so zu würdigen, wie er innerbiblisch rezipiert wurde: als interppretatorischer Bezugsrahmen für die auf die Person des Knechts konzentrierten Heilsverheißungen.279 Daß die Mehrzahl der Untersuchungen zur Gottesknechtschaft Jesu bei Lukas bis heute an der Oberfläche bleibt, weil sie das weite traditionsgeschichtliche 278
Zur Dokumentation des Sachverhalts s. Kapitel III.1 mit ausführlichen Literaturhinwei
sen. 279 S. den instruktiven Aufsatz von W. A. M. Beuken, Servant and Herald of Good Tidings. Isaiah 61 as an Interpretation of Isaiah 40–55, in: J. Vermeylen (Hg.), The Book of Isaiah. Le livre d’Isaïe. Les oracles et leurs relectures. Unité et complexité de l’ouvrage, BEThL 81, Löwen 1989, 411–440, der diesen innerbiblischen Interpretationsprozeß ausführlich darstellt.
2. Jes 53 als Schlüssel der lukanischen Soteriologie
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Umfeld der fraglichen Texte zu wenig oder gar nicht einbezieht, hat dem Ansehhen des Evangelisten zu lange geschadet, als daß man die methodischen Versäumnnisse, die aus der Vernachlässigung der Erkenntnisse der alttestamentlichen Wisssenschaft entstehen, weiterhin als unerheblich betrachten dürfte. Das von Lukas gezeichnete Bild ist deutlich für jeden, der in den jesajanischen Texten zu Hause ist. Daher hat die besondere Art und Weise der bereits im jesajanischen Schriftttum sich vollziehenden Traditionsverarbeitung als die hermeneutische Grundlage der Lukasinterpretation zu gelten, nicht das matthäische Modell der Reflexionszittate, die der Erzählung eine gewisse Sprödigkeit verleihen. In den Jesajaschriftten begegnet der Leser strukturell genau dem, was er auch bei Lukas findet, wenn nicht falsche Erwartung das Sehen hindert: die nicht zitatartige, sondern unmitttelbare, lebendige Adaption der deuterojesajanischen Gottesknechtsweissagung durch Tritojesaja und die personale Übertragung auf das prophetische Ich.280 Da die in Jes 42,1 als Gottesorakel in der 3. Person formulierte Einsetzung des Gotttesknechts in sein Verkündigungsamt in Jes 61,1 zum Medium der Selbstoffenbarrung des Heilskünders wird und dadurch eine sprachlich ganz neue Form erhält, kann auch die erzählerische Adaption der Gottesknechtsthematik durch Lukas nur in einer der Situation entsprechenden Neuformulierung und -pointierung erfolggen, welche die Person- und Handlungsidentität Jesu mit der jesajanischen Heilsggestalt sichtbar ins Bild setzt. In diesem Zusammenhang ist auch der Tatsache Rechnung zu tragen, daß kein anderer Evangelist so deutlich den Urbildcharakter des Schöpfungsgeschehens sowie der Vor- und Frühgeschichte Israels herausstellt wie Lukas und daß weder Markus noch Matthäus so nachdrücklich wie er die durch Christus gewirkte Erlössung des Menschen und der Welt als eschatologische Erfüllung und Vollendung all dessen ausgestalten, was Israel uranfänglich verheißen war. Als interpretator280 S. dazu U. Kellermann, Tritojesaja und das Geheimnis des Gottesknechts. Erwägungen zu Jes 59,21; 61,1–3; 66,18–24, BN 58 (1991), 46–82, bes. 54–64. – In diesem Zusammenhang sei auch auf die jüngst erschienene große Arbeit von D. Rusam, Das Alte Testament bei Lukas, Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche 112, Berlin – New York 2003, verwiesen, welche – wie alle Vorgängerarbeiten auch – die erzähllerisch vollzogene, an einem festen Deutungsmuster orientierte und daher theologisch zielgerichttete Schriftadaption nicht einmal als Denkmöglichkeit diskutiert und die Analyse des lukanischen Textes, unter Ausblendung auch des alttestamentlichen Gesamtkontextes, von vornherein auf die Alternative „Zitat oder freie Anspielung“ reduziert. Daß das Werk, trotz seines 500 Seiten überssteigenden Umfangs, keine theologischen, sondern allein formale Ergebnisse zeitigt, liegt an der methodischen Engführung. Daß die Schrift Lukas 1. als Handlungsanweisung, 2. als Illustration und 3. als Vorankündigung des Jesus- und Missionsgeschehens diene (op. cit., 492–496), wird man kaum als neue Einsicht in das theologische Denken des Lukas werten dürfen. Und so wunddert es nicht, daß auch die Frage der Gottesknechtschaft Jesu bei Lukas rein statistisch abgehanddelt und die Bedeutung der Vorstellung für Lukas verneint wird mit dem gängigen Hinweis auf die nur geringe Anzahl direkter Zitate aus Jes 53 und die vom Evangelisten bewußt vollzogene Ausblendung des Sühne- und Stellvertretungsgedankens (op. cit., 341 f).
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risch bedeutsame Tradition ist unter den geschichtlichen Stoffen vor allem die personal mit Mose verbundene Exoduserzählung hervorzuheben, deren eschatollogische Neuinterpretation ebenfalls durch Deuterojesaja vorgegeben ist281 und die in ihrer Bedeutung für das Verständnis von Tod und Auferstehung im Lukas evangelium bislang viel zu wenig Beachtung erfahren hat.282 Der Blick auf die alttestamentlichen Zusammenhänge öffnet auch das Versständnis für die lukanische Verwendung der christologischen Titel, deren Einbetttung in den Kontext keineswegs, wie immer wieder behauptet wird, der theologisschen Systematik entbehrt, sondern, ganz im Gegenteil, wohldurchdacht ist und sich der Auseinandersetzung mit dem Persongeheimnis des Gottesknechts verddankt (vgl. Apg 4,25–27).283 Die im Folgenden gebotene Auslegung zentraler lukanischer Texte erweist, daß Lukas viel tiefer in der alttestamentlichen Vorstellungswelt verwurzelt war, als man es dem allgemein als Heidenchrist und Hellenist betitelten Evangelisten zubilligen möchte. Interessanterweise treten dabei gerade diejenigen Aspekte der alttestamentlichen Referenztexte als interpretatorisch bestimmend hervor, deren Bedeutung für Lukas von den Kritikern eines sogenannten kultischen Sühnevverständnisses generell geleugnet wird. So markiert Lukas, um ein Beispiel zu nennen, in der Abendmahlsszene die Bezüge zum kultischen Urgeschehen der Bundesstiftung am Sinai sehr viel deutlicher als die anderen Evangelisten und dokumentiert damit einen Umgang mit den Schriften, der, ungeachtet des historrischen Abstandes zum realen Opferkult, bemüht ist um die Bewahrung seines offenbarungsgeschichtlichen Gehalts und um die Integration desselben in das Versständnis des Kreuzes. Was die Gesamtanlage dieser Untersuchung betrifft, so wird, um eine redakttionsgeschichtliche Verengung des Blickwinkels zu vermeiden, das theologische Profil der Passionsgeschichte zunächst in synchroner Interpretation erhoben, so daß die theologischen Linien als Merkmale des jetzigen, von Lukas geschaffennen Erzählzusammenhangs hervortreten. Erst in einem zweiten Schritt werden die Ergebnisse denen der Quellenkritik gegenübergestellt, die auf diesem Gebiet bis heute in sich uneins ist. Das erweist sich auch deshalb als sinnvoll, weil der hier vorgestellte methodische Neuansatz auch der Quellenforschung neue Kriterrien an die Hand gibt, welche das Verlassen ausgetretener und nach wie vor irrefführender Pfade ermöglicht.284 281 S. W. Zimmerli, Der „neue Exodus“ in der Verkündigung der beiden großen Exils propheten, in: ders., Gottes Offenbarung. Gesammelte Aufsätze zum Alten Testament, TB 19, München 1963, 192–204. 282 S. dazu u. S. 287–294; vgl. S. 221–224. 283 S. Kapitel III. 3. 284 S. Kapitel I. 4.
2. Jes 53 als Schlüssel der lukanischen Soteriologie
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Daß der synchrone Durchgang durch die Texte nicht der Reihenfolge des Lu kasevangeliums folgt, sondern seinen Ausgang bei der Passionserzählung nimmt, liegt in der Thematik dieser Untersuchung und der mit ihr verknüpften soteriollogischen Problematik begründet, die einer grundsätzlichen Lösung zuzuführen ist, bevor auch andere Texte des Evangeliums in den Blick genommen werden können. Schließlich macht die hier zur Diskussion gestellte neue Grundlegung der lukanischen Soteriologie es notwendig, alle mit ihr verbundenen theologischen „Lehrstücke“ einer neuen Betrachtung zu unterziehen. Dies geschieht in den sehr ausführlich gestalteten Exkursen, die in den Zusammenhang der thematisch mit ihnen verknüpften Textanalysen eingebettet sind. In ihrer Gesamtheit bilden die Exkurse den Grundstock einer neuen Theologie des Lukasevangeliums. Sie sind daher stets im gegenseitigen Bezug zu lesen und zu verstehen. Die durch die theologische Komplexität der Zusammenhänge bedingte themmatische Fülle, der die Fülle der auf allen Feldern zu berücksichtigenden Literratur entspricht, macht es erforderlich, die Exegese von Evangelium und Aposstelgeschichte in zwei voneinander getrennten Schritten zu vollziehen. So bleibt, auch wenn theologisch von vornherein beide Schriften des Lukas im Blick sind und die interpretatorischen Linien stets werkübergreifend ausgezogen werden, in den Textanalysen der Rahmen der vorliegenden Untersuchung zunächst auf das Evangelium beschränkt, um zu einem späteren Zeitpunkt durch eine gesonderte Arbeit auf die Apostelgeschichte ausgeweitet zu werden. Das Schlußkapitel biettet daher nur den vorläufigen Ausblick auf das, was im zweiten Band zum Thema ausführlich zu dokumentieren sein wird. Gemeinsam aber dienen beide Studien dem Ziel, mit Wilckens285 gegen Wilckens286 wieder der Einsicht Recht und der Erkenntnis Gehör zu verschafffen, „daß die kultische Sühnevorstellung durchweg der Horizont ist, unter dem der Tod Christi in seiner Heilsbedeutung im Urchristentum gedacht wird“.
285 Der Brief an die Römer (Röm 1–5), EKK 6/1, Neukirchen-Vluyn 1978, 240 (Kursive im Original). 286 Missionsreden, 185.
I. Der Tod des Knechts Im Tod zeigt sich, wer Jesus ist. Diese Erkenntnis, die das christliche Bekenntnnis konstituiert, ist die erzählerische Leitlinie des lukanischen Evangeliums. Die Frage nach der Identität Jesu bestimmt den Duktus der Erzählung von Jesu Geburt an bis zur Begegnung mit dem Auferstandenen und wird gerade hier mit dem Hinwweis auf das Leiden-Müssen des Christus beantwortet (Lk 24,26): οὐχὶ ταῦτα ἔδει παθεῖν τὸν χριστὸν καὶ εἰσελθεῖν εἰς τὴν δόξαν αὐτοῦ;
Mit der Frage nach der Bedeutung des Todes Jesu ist es Lukas so ernst, daß er in der Emmausperikope Lk 24,13–35, aus welcher der zitierte Satz stammt, die Christuserkenntnis der Jünger an ihre Einsicht in den Sinn des Todes Jesu binddet und die Lebensbeziehung des Menschen zum Auferstandenen und Erhöhtten im Geheimnis des Todes Jesu verankert: Jesu Tod ist der Erkenntnisgrund des Glaubens. Die hier programmatisch vollzogene, szenisch an das Abendmahl rückgebundene kreuzestheologische Grundlegung der Soteriologie entspricht dem lukanischen Verständnis des letzten Mahles Jesu mit seinen Jüngern als eines Offenbarungsgeschehens, bei welchem Jesus selbst das Geheimnis seines Todes und damit das Geheimnis seiner Person enthüllt. Das Abendmahl ist der „Ort“, an welchem das „für euch“ des Todes Jesu (Lk 22,19 f) zur Verheißung geschenktten Lebens und zum Anker der Christuserkenntnis wird: Wer Jesus ist, zeigt sich daran, wer er für uns ist. Christuserkenntnis ist für Lukas Kreuzeserkenntnis. Kreuzeserkenntnis aber ist die Erkenntnis des „für euch“ des Todes Jesu, und d. h. Erkenntnis der Heilsbedeutung des Todes Jesu. Christologie und Soteriologie sind bei Lukas aufs engste miteinander verwobben. Stets ist beides im Blick: Christi Person in seiner im Tode sich erfüllenden Sendung zum Menschen und der Mensch, der durch Jesu Tod hindurch zum Leben in Christus gelangt. Die stete Notwendigkeit aber, Person und Sendung Christi, und d. h. Christus und den durch ihn erlösten Menschen zusammenzudenken, die Notwendigkeit also, den Tod „für euch“ als das Geheimnis der Person Christi zu begreifen, erwächst für Lukas aus der Identifikation Jesu mit dem jesajanischen Gottesknecht. Sein Persongeheimnis ist – so versteht Lukas Jes 53 – sein Leiddensgeheimnis, da Israel den Knecht erst im Tod als den erkennt, der er ist. Dabei wird die Tatsache, daß Israel erst durch die Befreiung von seiner Schuld und erst durch den Empfang des durch den Tod des Knechts gewirkten Heils den Sinn diesses Todes erkennt und in ihm den von Gott gesandten Retter, für Lukas zu einem
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I. Der Tod des Knechts
Muster menschlicher Gotteserkenntnis, das er in der Identifikation Jesu mit dem Gottesknecht zum Grundmuster christlicher Kreuzes- und Heilserkenntnis erhebt. Das vor Emmaus im Munde des Auferstandenen selbst laut werdende „Muß“ des Leidens und Sterbens Jesu liegt für Lukas im Geheimnis der Gottesknechtsexisstenz Jesu beschlossen, den der Mensch nur dann als den Christus erkennen kann, wenn er Christi Identität im Tod begründet und sich selbst als durch diesen Tod zur Gemeinschaft mit Christus berufen sieht. Der Schlüssel zum Verständnis des lukanischen Doppelwerkes – er ist in diesem durch die Gottesknechtschaft Jesu konstituierten christologisch-soteriologischen Zusammenhang zu suchen. Gleichzeitig bestimmt dieser Zusammenhang die Dramatik des lukanischen Evangeliums. Nicht von ungefähr wird in Lk 4,16–30 Nazareth, der Ausgangsppunkt der Sendung Jesu, zum Beginn des Leidensweges, da schon bei Jesu erstem Offenbarwerden vor der Welt das menschliche Unverständnis gegenüber seiner Person und Sendung zur Verwerfung und gewaltsamen Verfolgung des Heilskündders führt und den Leidensprozeß in Gang setzt, an dessen Ende das Kreuz steht als Ort des Todes und als Ort der Todesüberwindung. Daß in der Kreuzigungs erzählung die Linie nicht abbricht, sondern Jesu Tod auch das Hauptmotiv der Auferstehungserzählungen bleibt, ist Zeichen der hohen Erzählkunst des Lukas wie auch der Tiefe seiner soteriologischen Reflexion. Was hier bereits als Ergebnis der Untersuchung zum Kreuzesverständnis des Lukas formuliert wurde, soll im Folgenden textlich erwiesen und veranschaulicht werden. Daß dabei die Erzählung von der Kreuzigung Jesu Lk 23,32–49 den Ausggangspunkt bildet, ist nicht nur thematisch, sondern auch forschungsgeschichtllich begründet. Denn das Diktum von der soteriologisch reduzierten Kreuzestheo logie des Lukas blieb nur deshalb so lange unwidersprochen, weil es fest verankert schien in der angeblich von allem Anstößigen gereinigten und zum frommen Paraddigma ausgestalteten Kreuzigungserzählung des lukanischen Evangeliums. Um so dringlicher ist es, einen interpretatorischen Neuzugang zur Perikope zu suchen und die exegetischen Voraussetzungen der gängigen Auslegung der Erzählung auf ihre Gültigkeit hin zu prüfen. Das Hauptgewicht der Argumentation liegt dabei auf den in ungewöhnlicher Häufung vorhandenen, aber interpretatorisch bislang stets vernachlässigten Anspielungen auf Jes 53 und verwandte Texte. Ihre tradditionsgeschichtliche Erhellung läßt das soteriologische Profil der Perikope in neuer Deutlichkeit hervortreten und schafft die Grundlage für einen verändertten Blick auf das lukanische Evangelium und die theologische Gesamtkonzepttion des Evangelisten.
1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49)
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1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49) Kein Text der lukanischen Passionsgeschichte enthüllt das soteriologische Proggramm des Evangelisten so deutlich wie die Kreuzigungsszene, die gleichzeittig ein Paradigma seiner Erzählkunst darstellt. Denn in ihr vollzieht sich sichtbbar, was in den anderen synoptischen Evangelien nur in Form einer Sentenz zum Ausdruck kommt: die Lebenshingabe Jesu „als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45; Mt 20,28). Lukas verzichtet in seinem Evangelium auf die Zitation des Wortes, da er es gestaltet, im Bild des reuigen Schächers, des mit Jesus gekreuzigten und in seiner Sünde hoffnungslosen Menschen, dem Jesus im Augenblick der eigennen Lebenshingabe zusagt, daß ihm, der selbst nicht sühnen kann, in Jesu Tod die schuldtilgende Erlösung bereitet ist: das Paradies (Lk 23,39–43). Hier geschieht Stellvertretung im letztgültigen Sinn: das Kreuz des Menschen ist aufgehoben im Kreuz Jesu Christi. Die Neupointierung der Erzählung gegenüber der Darstelllung des Markus, der von der Hinwendung eines der Schächer zu Jesus und seinner Errettung nichts weiß, ist charakteristisch und immer als typisch lukanisch etikettiert worden, als freie Ausgestaltung allerdings, ohne Rückbezug auf den jesajanischen Traditionsgrund, aus dem sie erwächst. Und doch ist die Szene das genaue bildhafte Pendant zum Schlußabschnitt und theologischen Höhepunkt des vierten Gottesknechtsliedes, Jes 53,12: Vgl. auch A. A.
Just, Luke 9:51–24:53, Concordia Commentary, Saint Louis 1997, 933. Bis heute folgt die Mehrheit der Exegeten R. Bultmann, Die Geschichte der synoptisschen Tradition, 10. Aufl., Göttingen 1995, 306 f, und M. Dibelius, Die Formgeschichte des Evangeliums, 6. Aufl., Tübingen 1971, 204, in ihrer Bestimmung der Passage als einer von Lukas vorgenommenen legendarischen Ausschmückung. Vgl. den jüngsten Kommentar zum Lukasevangelium von H. Klein, Das Lukasevangelium, KEK I/3, 10. Aufl. = 1. Aufl. dieser Auslegung, Göttingen 2006, 706 f. Auswirkung auf die Interpretation dieser Passage hat ebenffalls bis heute das von E. Haenchen, Die Apostelgeschichte, KEK 3. Abt., 7., durchges. u. verb. Aufl., Göttingen 1977, 81 f.93–99, gezeichnete Bild des Evangelisten als eines Erbau ungsschriftstellers, der seine Stoffe um ihrer erzählerischen Eingängigkeit willen frei erweittert und mit Reden und Gesprächssequenzen ausgeschmückt hat. Daß Lukas bei der Gestaltung der Szene auf eine bzw. seine Sonderquelle (L) zurückgreife, vertreten u. a. K. H. Rengstorf, Das Evangelium nach Lukas, NTD 3, 17. Aufl., Göttingen 1978, 261; Creed, St. Luke, 285, und J. A. Fitzmyer, The Gospel According to Luke (X–XXIV), AncB 28A, Garden City, New York 1985, 1507, was allerdings am Tatbestand der typisch lukanischen Prägung wenig ändert, weil die auffällige theologische Akzentuierung der Stoffe, die der lukanischen Sonderquelle zuggeschrieben werden, denjenigen Exegeten, die von der Existenz einer solchen Quelle ausgehen, als Charakteristikum des Lukasevangeliums gilt. Zu den wenigen, die Jes 53 als Bezugstext für die lukanische Kreuzigungserzählung bzw. die gesamte lukanische Passionsgeschichte erkennen, gehören V. Taylor, The Passion Narrative of St Luke. A Critical and Historical Investigation, hg. v. O. E. Evans, Cambridge 1972, 138, und Seccombe, Luke and Isaiah, 257 f, beide jedoch, ohne die soteriologischen Implikationen dieser Erkenntnis zu bedenken. Ähnlich W. Grimm, Die Verkündigung Jesu und Deuterojesaja, 2. Aufl., Frankfurt a. M. – Bern 1981, 230.
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I. Der Tod des Knechts
Er hat sein Leben dem Tod preisgegeben und wurde zu den Frevlern gerechnet. Er aber trug die Schuld der Vielen und trat für die Frevler ein.
In allen Evangelien stirbt Jesus den Tod des Frevlers unter Frevlern. Aber nur bei Lukas nimmt dieser als Frevler Gekreuzigte dem mitgekreuzigten Menschen, der unter demselben Urteil steht wie er (V. 40), in der Stunde seines Todes die Last eines schuldbeladenen Lebens ab und verheißt ihm ein Leben in unmittelbarrer Gottesgemeinschaft. In Jesu Tod erfährt der Sünder die Befreiung von Schuld und darf eintreten in den Bereich des Heiligen, in das Paradies als Ort der ewigen und ungebrochenen Gottesgemeinschaft. Eindrucksvoller läßt sich die Erkenntnnis nicht darstellen, daß in Jesus der von Jesaja geheimnisvoll angekündigte Gotttesknecht stirbt, der durch seinen Stellvertretungstod Sühne schafft und den Mensschen dem Schuldverhängnis entreißt. Es gehört mit hinein in das lukanische Bild, daß der Schächer, noch bevor er den Heilszuspruch vernimmt, Jesus als den unschuldig leidenden Gottesknecht erkennt. Denn er stellt nicht nur die Unschuld Jesu fest (V. 41, nach Jes 53,9), sondern spricht den Gekreuzigten auch, in Kenntnis der dem Knecht geltenden Verheißung, auf seine zukünftige Erhöhung hin an (V. 42, nach Jes 52,13)10 sowie auf die in der Erhöhung
Wörtlich: Er hat sein Leben ausgeschüttet zum Tode. Dazu ausführlich u. S. 122–125. Gottesknechtslied, 9; Janowski, Stellvertretung, 72 f. Die Identifikation der Begriffe κακοῦργοι (Lk 23,32 f.39) und ἄνομοι (Jes 53,12) erfolgt in Lk 22,37 durch die auf die Kreuzigung Jesu vorausweisende Zitation von Jes 53,12. Die Vermeidung des markinischen Begriffs λῃσταί zur Bezeichnung der mit Jesus zum Kreuzestod verurteilten Verbrecher (Mk 15,27) ist anthropologisch motiviert. Λῃστής bei Markus läßt an einen politischen Aufrührer denken; vgl. die Untersuchung zum Sprachgebrauch des Josephus in: M. Hengel, Die Zeloten. Untersuchungen zur jüdischen Freiheitsbewegung in der Zeit von Herodes I. bis 70 n. Chr., Arbeiten zur Geschichte des Antiken Judentums und des Urchristentums, Bd. 1, 2. verb. und erw. Aufl., Leiden – Köln 1976, 42–47. Dagegen zielt der Begriff κακοῦργος auf die sündhafte Disposition des Menschen allgemein. Der Begriff ἄνομος war, da er den Gehorsam gegen das jüdische Gesetz thematisiert, die Kreuzigung im vorliegendden Kontext dagegen die von der römischen Justiz verhängte Strafe ist, sachlich nicht geeignnet, den Straftatbestand zu bezeugen, um dessentwillen die mit Jesus verurteilten Verbrecher mit dem Kreuz zu büßen hatten. Als erzählerischen Ausdruck der lukanischen theologia crucis versteht die Szene J. A. Fitzmyer, „Today You Shall Be with Me in Paradise“ (Luke 23:43), in: ders., Luke the Theologian. Aspects of His Teaching, New York, Mahwah 1989, 203–233, bes. 213.222. Fitzmyer vermeidet es allerdings, von einer lukanischen Sühnetheologie zu sprechen, und bleibt auch in der Bestimmung der lukanischen Paradiesesvorstellung vage. Zum Paradiesesverständnis des Lukas ausführlich u. S. 105–108 und 148 f.153 und den Exkurs u. S. 181–185. So auch Just, Luke 9:51–24:53, 923 f. – Daß Lukas in V. 38 aus der Markusvorlage den Begriff αἰτία (Mk 15,26) streicht, ist dem Erzählduktus nach konsequent. Zur konzeptionellen Bedeutung von κρίμα s. u. S. 213–215. 10 Zur βασιλεία-Vorstellung s. den Exkurs u. S. 146–156. Vgl. Hermisson,
1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49)
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eingeschlossene Rettungsmöglichkeit für den Menschen (μνήσθητί μου)11 – eine Motivkombination, für die in der biblischen Tradition allein die Gottesknechtsmettaphorik bereitstand! Erstaunlicherweise aber wird von den Auslegern der Perikope nie danach gefragt, warum überhaupt und auf welcher Schriftgrundlage der Schächer den neben ihm hängenden Gekreuzigten als den künftigen Herrscher im Reich Gottes12 und damit als den von Gott zur Errettung Israels gesandten Messias (V. 35.39) erkennen und ansprechen kann.13 Dokumentiert doch der bei Lukas noch versschärfte Spott und Hohn der Umstehenden überdeutlich, daß Leid und Kreuzestod Jesu in den Augen der Welt den schieren Gegenbeweis seiner Messianität darstelllen und die Erkenntnis seiner Sendung verdunkeln. Und doch erkennt der Schäccher in dem neben ihm schmachvoll Hängenden, der wie er dem Tode geweiht ist, den künftigen Herrscher der βασιλεία. Die theologische Pointierung der Szene ist einzigartig; und sie ist gewiß mehr als das Werk eines paradigmatisch gestaltenden Evangelisten, der das Motiv des geretteten Sünders aus erbaulichen Gründen in die Kreuzigungsszene eingetragen hat. Ganz im Gegenteil, hier erzählt ein Theolloge, der sich gar nicht genug tun kann, auf die Schriftgemäßheit allen Geschehens hinzuweisen (Lk 4,21; 18,31; 24,27.32.45; Apg 1,16 u. ö.), und der die Erkenntnnis von Person und Heilswerk Jesu in neuer Weise an das prophetische Verkünd-
11 Zum biblischen Begriff des göttlichen Gedenkens als ein Heil schaffendes und Rettung wirkkendes Ereignis s. O. Michel, Art. μιμνῄσκομαι, ThWNT 4, 678–680. 12 Mit der Mehrheit der Kommentatoren εἰς τὴν βασιλείαν σου. Gegen Marshall, Luke, 872, und G. Schneider, Das Evangelium nach Lukas. Kapitel 11–24, ÖTK 3/2, 2., durchges. Aufl., Gütersloh 1984, 485, die mit א, A, C, W, I, Δ, Θ, f1.13, der byzantinischen Textüberlieferung und der gesamten lateinischen und syrischen Tradition ἐν τῇ βασιλείᾳ σου lesen und auf die Parusie-Erwartung des Schächers verweisen. Vgl. auch D: ἐν τῇ ἡμέρᾳ τῆς ἐλεύσεως σου. Das Gewicht der alexandrinischen Zeugen P75 und B (neben L) für die Textlesart (s. E. und E. Nestle – K. Aland u. a. [Hg.], Novum Testamentum Graece, 27., rev. Aufl., 4. Druck, Stuttgart 1996, 240) wiegt hier um so schwerer, als die Variante ἐν τῇ βασιλείᾳ σου schon aus traditionsgeschichtlichen Gründen kaum als ursprünglich angesehen werden kann. Zudem entsspricht sie der bei der Handschriftenvervielfältigung häufig geübten Korrektur des Lukastextes nach dem des Matthäusevangeliums, das im Kontext der ersten Leidensweissagung auf die Ankunft des Menschensohnes ἐν τῇ βασιλείᾳ αὐτοῦ vorausweist (Mt 16,28). 13 Von der Messiaserkenntnis des Schächers gehen, mit jeweils verschiedenem Akzent, auch die folgenden Kommentatoren aus: F. Hauck, Das Evangelium des Lukas (Synoptiker II), ThHK 3, Leipzig 1934, 284; J. Crowe, The Laos at the Cross: Luke’s Crucifixion Scene, in: A. Lacomara (Hg.), The Language of the Cross, Chicago 1977, 95; K. H. Rengstorf, Das Evangelium nach Lukas, NTD 3, 17. Aufl., Göttingen 1978, 273; Marshall, Luke, 872; C. F. Evans, Saint Luke, TPI New Testament Commentaries, London – Philadelphia 1990, 873; L. Sabourin, L’Évangile de Luc. Introduction et Commentaire, Rom 1992, 369. Zu Unrecht heruntergespielt wird die soteriologische Bedeutung der βασιλεία-Anspielung von V. Fusco, La morte del Messia (Lc. 23,26–49), in: Associatione biblica italiana, Gesù e la sua morte. Atti della XXVII settimana biblica, Brescia 1984, 51–75.
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I. Der Tod des Knechts
digungs- und Verheißungsgeschehen knüpft (Lk 24,25 f.44).14 Der Erkenntnisakt des Schächers – denn um einen solchen handelt es sich – entspringt nicht reuiger Zerknirschung, gepaart mit einer vagen Rettungshoffnung, sondern dem Wissen um das, was von der königlichen Erhöhung des irdisch bis zur tödlichen Entstelllung Leidenden gesagt ist. Der Frevler weiß um die im Tod des Knechts sich volleendende Rettung Israels. Die Erkenntnis des Schächers ist Schrifterkenntnis und ist, da ihre einzige Grundlage Jes 53 ist, exemplarische Gottesknechtserkenntnis. Der, der da stirbt, geht ein durch den Tod in sein Reich, als dessen Herrscher er kraft seines Todes des Sünders gedenken und ihn retten kann.15 Durch die hier auf den sündigen Menschen hin ausgerichtete Integration der Gottesknechtstradition in die Kreuzeserzählung gewinnt die lukanische Kreuzesreflexion eine soteriollogische Tiefe, wie sie unter den Evangelisten sonst nur Johannes erreicht. Seine auf die königliche Inthronisation Jesu zielende Kreuzigungserzählung weist nicht von ungefähr zahlreiche Berührungspunkte mit der des Lukas auf. Auch der Aufbau erweist das Gespräch mit dem reuigen Schächer als das theollogische Herzstück der Szene16, die zielgerichtet und in erzählerischer Brillanz die Frage entfaltet, auf welche Weise der Gekreuzigte der Retter ist.
14
Zur anthropologischen Frage schriftgeleiteter Heils- und Christuserkenntnis s. u. S. 226–
238. 15 Ausführlich zur Verbindung von Messianität und Gottesknechtschaft im Folgenden S. 93–97. S. auch Kapitel III.3 zu den messianischen Titeln im Lukasevangelium. 16 Ähnlich E. E. Ellis, The Gospel of Luke, The Century Bible. New Edition, London 1974, 267. – Die oben abgebildete chiastische Struktur des Textes steht anderen Auffassungen von einer mehrteiligen Gliederung der Szene entgegen. Ihre Zweiteilung vertreten u. a. L. Feldkämper, Der betende Jesus als Heilsmittler nach Lukas, Veröffentlichungen des Missionspriesterseminars St. Augustin bei Bonn 29, St. Augustin 1978, 252 (I: V. 33–43; II: V. 44–48), und D. M. Crump, Jesus the Intercessor. Prayer and Christology in Luke-Acts, Tübingen 1992, 78 (I: V. 32–43; II: V. 44–49). Die bis in die Substrukturen hinein durchgeführte Dreiteilung der Szene postuliert A. Büchele, Der Tod Jesu im Lukas-Evangelium. Eine redaktionsgeschichtliche Untersuchung zu Lk 23, Frankfurt a. M. 1978, 70–75. Grundmann, Lukas, 481, gliedert in vier je dreigliedrrige Teile (I: V. 33 f; II: V. 35–43; III: V. 44–46; IV: V. 47–49), stellt aber gleichzeitig fest, daß sich „die Szene mit dem Schächer als die innere Mitte der Darstellung“ heraushebe. – Umstritten ist, ob der Brückenvers Lk 23,32 den Anfang der Perikope markiert oder ob die Erzählung erst mit V. 33 beginnt. Die Tatsache, daß in V. 32 mit den beiden Übeltätern (κακοῦργοι) diejeniggen Personen eingeführt werden, welche im Zentrum der Erzählung paradigmatische Funktion erhalten, da sie die doppelte Möglichkeit der menschlichen Haltung dem Gekreuzigten gegenüüber repräsentieren, rechtfertigt die Integration des Verses in die Erzählung.
1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49)
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I V. 32–35a Einleitung: Kreuzigung Jesu und der Frevler vor dem die Szene beobaachtenden Volk (εἱστήκει ὁ λαὸς θεωρῶν) II V. 35b–39 Verspottung Jesu: Der Ruf der in Blindheit befangenen Welt nach einem messianischen Rettungswunder (σωσάτω ἑαυτόν/σῶσον σεαυτόν – εἰ οὗτός ἐστιν/εἰ σὺ εἶ ὁ χριστός [τοῦ θεοῦ]/ὁ ἐκλεκτός/ὁ βασιλεὺς τῶν Ἰουδαίων) III V. 40–43 Gespräch mit dem Schächer: Die in Jesu Tod sich vollzziehende Rettung des Sünders (βασιλεία/παράδεισος) II’ V. 44–47 Tod Jesu: Das aus dem Sehen des Todes Jesu entspringende Messiasbekenntnis17 des Heiden (ἰδών – οὗτος δίκαιος ἦν) I’ V. 48–49 Schluß: Die beobachtende Zuschauermenge (οἱ συμπαραγενόμενοι ὄχλοι ἐπὶ τὴν θεωρίαν ταύτην, θεωρήσαντες τὰ γενόμενα ... – εἱστήκεισαν ... οἱ γνωστοὶ αὐτῷ ... καὶ γυναῖκες ... ὁρῶσαι ταῦτα)
Besonders kunstvoll ist die Verschränkung der inneren und der äußeren Wahrheitseebene: Die nach der Einführung der agierenden Personen (V. 32–35a) zunächst spöttisch gestellte Frage nach Jesu Messianität, die sich mit der Forderung verkknüpft, daß Jesus sich als Heilsbringer in der Rettung vor dem eigenen Tod erweissen solle, findet eine verborgene Antwort in dem gerade in Jesu Tod sich vollziehhenden und dem Schächer zugute kommenden Rettungsgeschehen (V. 40–43) und eine vernehmbare Antwort im Bekenntnis des römischen Hauptmanns, der Jesu Bedeutung angesichts dieses besonderen Todes erkennt (V. 44–47). Auffällig ist das Feuerwerk messianischer Begriffe und Anspielungen: Chrisstus, Auserwählter Gottes, König der Juden, designierter Herrscher des göttlichen Reiches und als solcher derjenige, der dem Menschen das Paradies öffnet. Auffälllig ist auch der dreifache Hinweis auf das Rettungsgeschehen (σῷζειν), auf das sich die Titulierungen – wenn auch zunächst in ironischer Verkehrung – gründen (V. 35.37.39). Auf welche Weise der so vielfältig Angeredete der Retter ist, offenbbart sich allerdings erst in der letzten Titulierung, auf dem Höhepunkt der Erzähllung, wo der römische Hauptmann, der eigentlich an der Spitze derer steht, die in V. 36 dem Spott der jüdischen Glaubensrepräsentanten und dem Hohn des ersten Schächers die heidnische Begleitmusik hinzugefügt hatten, Jesus als „Gerechten“ (δίκαιος: V. 47) proklamiert. Der Spannungsbogen der Erzählung verbietet es, in dieser Benennung eine inhaltliche Abschwächung aller vorgenannten Titel im 17 Zur Frage, ob und in welcher Weise das Bekenntnis des Hauptmanns als ein Messias bekenntnis zu verstehen ist, s. das oben Folgende.
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I. Der Tod des Knechts
Sinne eines allein auf Jesu Unschuld zielenden Bekenntnisses18 und damit auch eine Abschwächung der markinischen Sohn-Gottes-Proklamation (Mk 15,39; vgl. Mt 27,54) des Hauptmanns19 zu sehen. Eine Abschwächung kann man Lukas auch deshalb nicht unterstellen, weil er, wie Markus und Matthäus, in der Tauf- und Verklärungsperikope die Offenbarung der Gottessohnschaft Jesu als Zentralereignis des irdischen Wirkens Jesu stilisiert (Lk 3,21 f; 9,28–36) und auch die Geburtserzählungen von der Proklamation der Gottessohnschaft Jesu her konzipiert (Lk 1,26–38). Darüber hinaus macht Lukas gerade an solchen Stellen seines Evangeliums die Gottessohnschaft Jesu zum Mitttelpunkt der christologischen Reflexion, an welchen sich der Konflikt mit der sünddigen Welt an der Frage der Identität Jesu entzündet. Programmatische Funktion haben in diesem Zusammenhang die thematisch eng miteinander verwobenen Perikkopen Lk 4,1–13 und 4,16–30, die Versuchungserzählung und die Erzählung von der Verwerfung Jesu in Nazareth. Erstgenannte Erzählung, die in der dreifachen Forderung, Jesus solle seine Gottessohnschaft erweisen, die Gottesfeindschaft der Welt in Szene setzt und in der das „Wenn du der Sohn Gottes bist ...“ (Lk 4,3.9) den Grundakkord der Handlung bildet, muß sogar als das Modell der dreifachen Verspottung des Gekreuzigten in Lk 23,32–49 gelten. Daß in der Kreuzigungserzzählung die Provokation Jesu und die Forderung von Schauwundern mit dem Chrisstus-Titel verbunden wird und die Frage nach Jesu messianischer Identität in der Erkenntnis des Gerechten ihre Antwort erfährt, kann daher kein Zufall sein, sonddern muß gewichtige theologische Gründe haben. Auch in der zweiten der genanntten Erzählungen, Lk 4,16–30, werden die Sohn-Gottes- und die Christuserkenntnis systematisch zueinander ins Verhältnis gesetzt. Hier, wo die messianische Selbstprokklamation Jesu (Lk 4,18 f) ihre menschliche Antwort in einer pervertierten Sohnesserkenntnis findet („Sohn Josephs“: Lk 4,22) und wo das Leidenmüssen programmmatisch als das Kennzeichen der Messianität Jesu herausgestellt wird, legt Lukas den Grund für das Verständnis der Kreuzigungserzählung. In ihr erfüllt sich, was 18
So die Mehrheit der angelsächsischen Forscher; vgl. z. B. G. D. Kilpatrick, A Theme of the Lucan Passion Story and Luke xxiii. 47, JThS 43 (1942), 34–36; Marshall, Luke, 876; J. D. Crossan, The Cross that Spoke. The Origins of the Passion Narrative, San Francisco u. a. 1988, 349; Evans, Saint Luke, 878; Bock, Luke 9:51–24:53, 1858.1863 f, und M. D. Hooker, Not Ashamed of the Death of Christ, Carlisle 1994, 89. Einen Überblick über die im englischssprachigen Raum weit intensiver als in Deutschland geführte Diskussion, ob δίκαιος mit „innoccent“ oder mit „righteous“ zu übersetzen sei, bietet Doble, Paradox, 70–89. Zu δίκαιος im lukannischen Gesamtwerk s. auch die ausführliche Analyse op. cit., 93–160. Doble streitet in diesem Zusammenhang allerdings den Gottesknechtsbezug von δίκαιος vehement ab und versucht statt dessen, die Ausrichtung des Lukas an weisheitlichen Vorbildern nachzuweisen (op. cit., 136– 145, dazu die Zusammenfassung op. cit.,158–160), was ihm allein dadurch möglich wird, daß er sich bei der Betrachtung der Kreuzigungsperikope auf wenige ausgewählte Verse beschränkt und die Gesamtkomposition derselben und damit den Zusammenhang der Traditionsbezüge unbbeachtet läßt. Ausführlich zur weisheitlichen Konzeption Dobles o. S. 30–33. 19 Vgl. z. B. Fitzmyer, Luke X–XXIV, 1512.1515.
1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49)
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in Nazareth seinen Anfang nahm.20 Wenn daher am Höhepunkt der Kreuzigungspperikope die Erkenntnis des Gerechten steht, so darf der Grund hierfür nicht in der angeblichen Tendenz zur Abschwächung der christologischen und soteriologischen Hauptaussagen der markinischen Erzählung gesucht werden; er muß vielmehr aus dem Gesamtkonzept des Evangeliums erhoben werden, innerhalb dessen die Frage der Gottessohnschaft Jesu systematisch reflektiert wird. Daß dabei auch in der Kreuzzigungserzählung der Gottessohntitel keineswegs ignoriert wird, erweist schließllich auch die Vateranrede Jesu (V. 46), die dem Zitat von Ps 31,6 zugesetzt ist und in welcher Jesus sich, wie gleich zu zeigen ist, als der Gottessohn offenbart. Der Unterschied zwischen Markus und Lukas ist ein konzeptioneller und erklärt sich aus der von Lukas streng durchgehaltenen Hervorhebung der Gotteskknechtschaft Jesu. „Gerechter“ ist nach Jes 53,11 der dem Gottesknecht gebührrende Titel (vgl. Apg 3,13 f; 22,14)21 und ist daher im lukanischen Kontext sachllich mit der Bezeichnung Jesu als Gottesknecht gleichzusetzen.22 Der Titel umfaßt für Lukas alles, was in der vorangegangenen Verspottungsszene über den Messsias gesagt und im Begriff der Rettermacht zusammengefaßt wurde, dazu aber – und das ist entscheidend – das Leiden des Messias, das in der Verhöhnung des am Kreuze Sterbenden auf die Spitze getrieben wird,23 aber nach Jes 53 zum Heilsweg des Knechts gehört. Anders gewendet: „Gerechter“ ist für Lukas im Hinblick auf das Kreuzesgeschehen der alle anderen Titulaturen einschließende Titel, weil er die im Tod sichtbar werdende Heilsbedeutung dessen mitaussagt, der von Geburt an als Gottessohn offenbar ist. Man könnte auch sagen: Der vom Evangelisten gewählte Titel δίκαιος, der auf der Grundlage von Jes 53 die Verbbindung zum Todesgeschehen schafft, deutet das Sterben des Gottessohnes, währrend es sich noch vollzieht. Denn er verweist im Augenblick des Todes Jesu auf die Bedeutung des Todes „des Knechts“ und damit auf die Erfüllung der verheißßenen Schuldbefreiung und Erlösung „der Vielen“ (Jes 53,11 f). 20
Dazu ausführlich Kapitel III. 2. Selbst wenn man mit Hermisson, Gottesknechtslied, 8 Anm. 39, den Titel „Gerechter“ in Jes 53,11 MT als Dittographie und damit als nicht ursprünglich aus dem Text ausscheidet, zeigt die LXX, die sowohl das aus der Wurzel צדקgebildete Verb als auch das Substantiv überträgt (δικαιῶσαι δίκαιον), daß in frühjüdischer Zeit das vierte Gottesknechtslied in einer Form rezippiert wurde, die den Titel „Gerechter“ für den Gottesknecht bereithielt. 22 So auch Lampe, Holy Spirit, 178 f; Franklin, Christ the Lord, 61–63, und J. B. Green, The Death of Jesus, God’s Servant, in: D. D. Sylva (Hg.), Reimaging the Death of the Lukan Jesus, BBB 73, Frankfurt a. M. 1990, 20 f, der allerdings die sühnetheologischen Implikationen von Jes 53 bei der Interpretation der lukanischen Passionsgeschichte ganz ausblendet. Gegen Beck, „Imitatio Christi“, 43. Entschieden zu widersprechen ist in diesem Zusammenhang auch der von Wilckens, Missionsreden, 169, und Taeger, Mensch, 63, geäußerten Überzeugung, daß die Bezeichnung „Gerechter“ für Jesus „aus dem ethisch-moralischen Sündenverständnis“ des Lukas folge. 23 Zur Programmatik der Titulierung der feindlich gesinnten jüdischen Obrigkeit als ἄρχοντες s. u. S. 213 f. 21
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I. Der Tod des Knechts
Der gängige Einwand, daß der römische Hauptmann Jesus im Vollsinne jüdisscher Glaubenserkenntnis gar nicht als den Messias habe bekennen können und Lukas deshalb eine neutrale Titulatur gewählt habe24, geht an der theologischen und erzählerischen Struktur des Evangeliums vorbei und trägt ein Problem in den Text ein, das auch für Markus keines war. Daß Lukas, ganz im Gegenteil, die volle Heilserkenntnis beim heidnischen Hauptmann voraussetzt, zeigt auch hier der Text des vierten Gottesknechtsliedes, in welchem die Sendung des Knechts als ein auch die Heidenwelt verwandelndes Geschehen erscheint: Der Knecht tritt vor der Völkerwelt (Jes 52,15a) in Erscheinung und schenkt denjenigen das Sehen (Jes 52,15b) – d. h. für Lukas: die Heilserkenntnis25 –, die außerhalb des jüdischen Glaubens stehen. So erkennt in Lk 23,47 der Heide Jesus verheißungsggemäß, ohne je der entsprechenden Verkündigung teilhaftig geworden zu sein.26 Die faktische Unmöglichkeit der Erkenntnis wird gleichsam zur Voraussetzung der wahren Gotteserkenntnis. Sie offenbart sich schließlich auch darin als vollgülttige Erkenntnis des jüdischen Gottes und seines Heilsweges, daß der Hauptmann den Gott Jesu lobt (ἐδόξαζεν τὸν θεόν: V. 47)27 – eine Wendung, die bei Lukas stets die Antwort des Glaubens auf Gottes Heilshandeln in Jesus bezeichnet28. Daß der Titel „Gerechter“ undeterminiert gebraucht wird, entspricht zum einen dem hier im Hintergrund stehenden alttestamentlichen Referenztext Jes 53,11 ()י ְַצ ִדּיק צַ ִדּיק עַ ְב ִדּי לָ ַר ִבּים29, zum anderen der markinischen Parallelstelle Mk 15,39, wo der Titel υἱὸς θεοῦ ebenfalls artikellos verwendet wird. Die Bezeichnnung Jesu als δίκαιος in Lk 23,47 ist daher nicht weniger als das markinische υἱὸς θεοῦ messianische Titulatur.30 24 Vgl. z. B. Creed,
Luke, 288, und Fitzmyer, Luke X–XXIV, 1515.1520. Zum Sehen als Erkenntnisbegriff s. u. S. 226–228. 26 Ähnlich für Mk 15,39 auch C. Maurer, Knecht Gottes und Sohn Gottes im Passions bericht des Markusevangeliums, ZThK 50 (1953), 9 f. Maurer ist allerdings darin zu widerssprechen, daß Lukas, indem er dem Hauptmann den Titel „Gerechter“ für das markinische „Sohn Gottes“ in den Mund legt, bewußt von der Gottesknechtssymbolik abweicht (op. cit., 10). – Abzuweisen ist die von W. Schmithals, Das Evangelium nach Lukas, ZBK.NT 3/1, Zürich 1982, 227 f, vertretene These, Lukas denke hier an einen jüdischen Hauptmann. 27 Vgl. auch Doble, Paradox, 25–69, bes. 68 f, der das Gotteslob des Hauptmanns vor dem Hintergrund aller Stellen, an denen Lukas die Wendung δοξάζειν τὸν θεόν verwendet, als Hinweis auf die Gottes Verheißungen erfüllende Heilserkenntnis der Heiden interpretiert. 28 Vgl. Lk 2,20; 5,25 f; 7,16; 13,13; 17,15; 18,43; Apg 4,21; 11,18; 13,48; 21,20. 29 „Gerecht macht der Gerechte, mein Knecht, die Vielen“; vgl. Janowski, Stellvertretung, 72 mit Anm. 39. – Vgl. auch Jes 53,11 LXX, wo trotz der inhaltlichen Sinnverschiebung – die Gerechtmachtung im Sinne der öffentlichen Rechtfertigung betrifft hier den Gerechten selbst – der den Gottesknecht bezeichnende Titel δίκαιος undeterminiert gebraucht wird. 30 Als messianischen Titel verstehen die Bezeichnung δίκαιος in Lk 23,47 auch – wennggleich mit jeweils anderem theologischen Akzent – K. H. Schelkle, Die Passion Jesu in der Verkündigung des Neuen Testaments. Ein Beitrag zur Formgeschichte und zur Theologie des Neuen Testaments, Heidelberg 1949, 116 f; R. J. Karris, Luke 23:47 and the Lucan View of Jesus’ Death, in: D. D. Sylva (Hg.), Reimaging the Death of the Lukan Jesus, BBB 73, Frankfurt 25
1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49)
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Dies zeigt auch in Lk 1,78 die Aufnahme des in Jer 23,5 bzw. 33,15 für den erwarteten davidischen Messias gebrauchten Titels „gerechter Sproß“ oder „Sproß der Gerechtigkeit“, צֶ מַ ח צַ ִדּיקbzw. צֶ מַ ח ְצ ָדקָ ה, der in Sach 3,8 und 6,12 verkürzt wird zu צֶ מַ ח, nun allerdings – für Lukas hochbedeutsam – qualifiziert durch den Zusatz „mein Knecht“ (עַ ְב ִדּי: Sach 3,8). Daß im lukanischen Kontext der daviddische Sproß als Ἀνατολή bezeichnet ist, entspricht der LXX-Übersetzung von צֶ מַ חin Sach 3,8 und 6,12. Dieser Titel wird, da er nach Sach 6,12 Messiasname ist, im Alten Testament und daher auch bei Lukas stets artikellos verwendet. In Lk 1,78 steht also mit dem, dessen Name „Sproß“ ist, der Gerechte und Knecht Gottes vor Augen; umgekehrt wird in Lk 23,47 der Gerechte mit dem davidischen Messias identifiziert.31 Die Besonderheit der in diesem Sinne messianischen Benennung Jesu als des Gerechten (δίκαιος) aber liegt darin, daß sie nicht auf die Würdestellung des Gekreuzigten abhebt, sondern auf seinen sich im Tode erfüllenden Dienst am Menschen. Im Tod erweist sich Jesus als der, der er ist: der Messias Israeels. Ihm wird am Höhepunkt der Erzählung mit dem Titel „Gerechter“ derjenige Titel zugesprochen, der Wesen und Werk des Gekreuzigten umschließt und mit ihm die Erkenntnis, daß Jesu Tod die Schuld der Vielen tilgt und Israel und die Heiden erlöst (Jes 53,12). Daher endet auch die lukanische Szene – wiederum in Erweiterung des von Markus Berichteten – mit der bußfertigen Reaktion „der Vielen“, d. h. der um das Kreuz versammelten Zuschauermenge (ὄχλοι: V. 48). Die Wahl des Verbs θεωρεῖν, mit welchem Lukas die Begrifflichkeit der Einggangssequenz wieder aufnimmt, zeigt, daß die Menge noch nicht wie der Hauptmmann (ἰδών: V. 47) vom Zuschauen zum Sehen im Sinne eines Erkenntnisaktes gelangt ist.32 Dennoch repräsentiert diese Menge in ihrer prinzipiellen Bereitsschaft zur Annahme der Botschaft Jesu, angedeutet dadurch, daß sie sich an die Brust schlägt, „die Vielen“ (Jes 53,11 f), denen das, was sich vor ihren Augen vollzieht, zugute kommt. Daß sowohl der schuldbeladene Schächer als auch der heidnische Hauptmann in Jesus den unschuldig sterbenden Gottesknecht erkennen und ihn als den von Gott zur Rettung des Menschen gesandten Messias anerkennen, die jüdischen a. M. 1990, 68–78 (= JBL 105 [1986], 65–74); D. L. Tiede, Luke, Augsburg Commentary on the New Testament, Minneapolis, Minnesota 1988, 424 f; Schwemer, Jesu letzte Worte, 21 f. Gegen Beck, „Imitatio Christi“, 43. 31 Dazu ausführlich U. Mittmann-Richert, Magnifikat und Benediktus. Die ältesten Zeugnisse der judenchristlichen Tradition von der Geburt des Messias, WUNT 2. Reihe 90, Tübingen 1996, 120–127. 32 Vgl. den instruktiven Aufsatz von Crowe, Laos, bes. 91.94–99. S. auch J. T. Carroll, Luke’s Crucifixion Scene, in: D. D. Sylva (Hg.), Reimaging the Death of the Lukan Jesus, BBB 73, Frankfurt a. M. 1990, 108–124. Gegen R. J. Karris, Luke: Artist and Theologian. Luke’s Passion Account as Literature, New York 1985, 88.
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I. Der Tod des Knechts
Volksführer (οἱ ἄρχοντες) aber Jesus die Anerkennung seiner Sendung verweiggern, hat programmatische Bedeutung. Was hier als loser Faden der Erzählung überhängt, ist der rote Faden der lukanischen Verstockungstheorie, der von Anfang an das Erzählgewebe seines Evangeliums markant durchzieht.33 In der Kreuziggungsszene ist erstmals erzählerisch entfaltet, was seit Jesu erstem öffentlichen Auftreten in Nazareth im Raume stand und in der Apostelgeschichte zum Leittthema wird: daß die Verstockung Israels an die Sendung des Knechts zu den Heiden gebunden ist und das „Sehen“ (Jes 52,15), die Heilserkenntnis der Heidden, beginnend mit dem Bekenntnis des römischen Hauptmanns, der allgemeinnen Anerkennung Jesu durch Israel vorausgeht. In diesen Zusammenhang gehört auch das wiederum nur bei Lukas überliefferte Wort Lk 23,34a: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Da es in bedeutenden Handschriften (P75, B, D, W, Θ, 070, 579, 1241) und diversen Übersetzungen fehlt, erblicken manche in ihm eine spätere Ergänzung des Evanggelientextes.34 Allerdings ist der Handschriftenbefund durchaus nicht eindeutig. Die alexandrinische Tradition zeigt sich gespalten, da der Codex Sinaiticus ( )אdas Wort bezeugt35, neben den hier auch vom Mehrheitstext gestützten Handschriftten A, C, L, Ψ, 0250, 33 und der Minuskelgruppe f1.13. Angesichts der Unklarhheit des äußerlichen Befundes wiegt das Gewicht der inneren Kriterien um so schwerer: die gemeinhin als typisch lukanisch qualifizierte theologische Tendenz des Vergebungswortes36, vor allem aber die Tatsache, daß es Bezug nimmt auf 33 S. den Exkurs u. S. 265–280. Zur lukanischen Differenzierung zwischen dem jüdischen Volk und seinen politischen Führern s. J. Kodell, Luke’s Use of Laos, „People“, Especially in the Jerusalem Narrative (Lk 19,28–24,53), CBQ 31 (1969), 327–343, und R. J. Cassidy, Luke’s Audience, the Chief Priests, and the Motive for Jesus’ Death, in: R. J. Cassidy – P. J. Scharper (Hg.), Political Issues in Luke-Acts, Maryknoll, New York 1983, 148–152. S. dazu nochmals u. S. 213 f. 34 Von großem Einfluß auf die textkritische Bewertung der Stelle sind die kritischen Text ausgaben des Neuen Testaments, die Lk 23,34a als sekundären Zusatz kennzeichnen. S. NestleAland, Novum Testamentum Graece, 27., rev. Aufl., 239 f. S. auch B. Metzger, A Textual Commentary on the Greek New Testament, corrected ed., London – New York 1975, 180. Der hier dokumentierten Auffassung folgte v. a. die ältere Exegese, darunter A. Plummer, Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to S. Luke, ICC 3, Edinburgh 1896, 5. Aufl. 1922, 531; Creed, Luke, 286; A. H. Dammers, Luke xxiii, 34a, Theol. 52 (1949), 138; Joachim Jeremias, παῖς θεοῦ, 710 Anm. 455. In der jüngeren Exegese fällt die textkrittische Gewichtung der Handschriften aufgrund innerer Kriterien in der Regel zugunsten der Ursprünglichkeit des Wortes aus. 35 Die doppelte Korrektur des Codex Sinaiticus an dieser Stelle, bei der eine nachträgliche Streichung des Vergebungswortes in späterer Zeit rückgängig gemacht und das Vergebungswort nach der ursprünglichen Lesart wieder in Geltung gesetzt wurde, zeigt, daß bereits in der Alten Kirche eine textkritische Diskussion im Gange war. S. Nestle-Aland, op. cit., 239. Vgl. auch die nachträgliche Ergänzung des Vergebungswortes in D durch den 2. Korrektor der Hand schrift. 36 So auch Harnack, Probleme, 255–261; Grundmann, Lukas, 432 f; J. Schmid, Das
1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49)
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Jes 5337. Beides spricht für die Ursprünglichkeit des Vergebungswortes. Denn die in Jesu Kreuzeswort vollzogene Vergebung unwissentlich begangener Schuld ist der Tradition nach (Lev 5,17–19) für den Menschen allein durch das Schuldoopfer (hebr. )אָ שָׁ םzu erlangen, das der Gottesknecht nach urchristlichem Versständnis38 für die Sünde seines Volkes (Jes 53,5) in der Dahingabe seines Lebens darbringt (Jes 53,10).39 Bedeutung gewinnt in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, daß das Schuldopfer die Verletzung von Heiligem (τὰ ἅγια κυρίου: Lev 5,15 f LXX) sühnt40, d. h. den die Souveränität Gottes außer Kraft setzendden Angriff auf Gott selbst, was in der Tötung Jesu als des Heiligen Gottes (ὁ ἅγιος τοῦ θεοῦ: Lk 4,34; ὁ ἅγιος παῖς: Apg 4,27.30; ὁ ἅγιος καὶ δίκαιος: Apg 3,14) eine letzte Steigerung ins Satanische erfährt (vgl. Lk 22,3). Der besondere Hinweis auf die Unwissenheit der im Kreuzigungsgeschehen schuldig werdendden Menschen in Lk 23,34 ist ein deutliches Indiz dafür, daß im Lichte des Todes Jesu, den auch Lukas als Opfertod verstand,41 Jes 53,10 als Anspielung auf das Schuldopfer gedeutet wurde. Viel diskutiert wird die Frage, ob die Vergebungsbitte Jesu den in ihren Führrern für die Kreuzigung verantwortlichen Juden gelte42 oder den aktiv als Henker Evangelium nach Lukas, RNT 3, 4. Aufl., Regensburg 1960, 348; E. Lohse, Märtyrer und Gottesknecht. Untersuchungen zur urchristlichen Verkündigung vom Sühntod Jesu Christi, 2. durchges. und erw. Aufl., Göttingen 1963, 129–131; Ellis, Luke, 267; Marshall, Luke, 867; Büchele, Tod, 46; Schneider, Lukas 11–24, 483; J. Schlosser, Le Dieu de Jésus. Étude exégétique, LeDiv 129, Paris 1987, 153; Tiede, Luke, 417; Crump, Jesus, 79–85; J. Nolland, Luke 18:35–24:53, Word Biblical Commentary 35c, Dallas, Texas 1993, 1141; Bock, Luke 9:51–24:53, 1867 f; Just, Luke 9:51–24:53, 931; Crump, Jesus, 79–85, mit ausführlicher Darstellung der Forschungsdiskussion. S. auch den argumentativ ausgewogenen Beitrag von J. Delobel, Luke 23:34a: A Perpetual Text-Critical Crux?, in: W. L. Petersen – J. S. Vos – H. J. de Jonge (Hg.), Sayings of Jesus: Canonical and Non-Canonical. FS T. Baarda, Leiden – New York – Köln 1997, 25–35. Unentschieden bleiben F. W. Danker, Jesus and the New Age According to St. Luke. A Commentary on the Third Gospel, St. Louis, Missouri 1972, 237, und Fitzmyer, Luke X–XXIV, 1503. Vgl. auch die schöne Auslegung von H. Gollwitzer, Jesu Tod und Auferstehung nach dem Bericht des Lukas, 6. Aufl., München 1979, 66. 37 So auch Feldkämper, Der betende Jesus, 257 f.266; Feuillet, La signification christollogique de Luc 18,14, 218; D. L. Bock, Proclamation from Prophecy and Pattern. Lucan Old Testament Christology, JSNT Suppl.Ser. 12, Sheffield 1987, 145 f; J. Ernst, Das Evangelium nach Lukas, RNT, 6., überarb. Aufl., Regensburg 1993, 485; Schwemer, Jesu letzte Worte, 18; Sabourin, Luc, 366. Vgl. auch Wolff, Jesaja 53, 76. 38 Zur kultischen Deutung von אָ שָׁ םim Urchristentum s. o. S. 60.70–73. 39 So auch schon Joachim Jeremias, Das Gebetsleben Jesu, ZNW 25 (1926), 139. 40 Vgl. Eberhart, Studien, 174. 41 S. u. S.120–129 die Auslegung der Worte vom Vergießen des Blutes Jesu. 42 So z. B. Plummer, St. Luke, 417; E. Schweizer, Das Evangelium nach Lukas, NTD 3, 19. Aufl., 2., durchges. Aufl. der neuen Fassung, Göttingen – Zürich 1986, 239; Tiede, Luke, 417; Brown, Passion, 7; Bock, Luke 9:51–24:53, 1849 f; G. P. Carras, A Pentateuchal Echo in Jesus’ Prayer on the Cross. Intertextuality between Numbers 15,22–31 and Luke 23,34a, in: E. Tuckett (Hg.), The Scriptures in the Gospel, BEThL 131, Löwen 1997, 609.
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I. Der Tod des Knechts
fungierenden römischen Soldaten43. Die Frage ist allerdings gar nicht im Sinne der gestellten Alternative zu beantworten, da Lukas in der Apostelgeschichte ausddrücklich die Unwissenheit (ἄγνοια) von Juden (Apg 3,17) und Heiden (Apg 17,30) betont.44 Zwar gilt in der szenisch vielfach parallelen Stephanuserzählung Apg 6,8–7,60 die Vergebungsbitte des zu Tode Gefolterten (V. 60) den Juden, die hier aktiv an der Vollstreckung des Todesurteils beteiligt sind, aber es sind die Heidden, zu denen der lukanische Paulus in Apg 17,30 von der Vergebung spricht, die ihnen im Zustand der Unwissenheit zuteil geworden ist, und zwar in dem Sinne, daß Gott ihr aus Unwissenheit resultierendes Handeln bis zur Sendung Jesu „überssah“, nicht sah, und d. h. es ihnen nicht anrechnete. Diese doppelte Betonung der Unwissenheit von Juden wie Heiden entspricht auch dem in Num 15,29 fixiertten Tatbestand, daß die Entsühnung dessen, der aus Versehen gegen Gott sündigt, sowohl für den Israeliten als auch für den Fremdling in Israels Mitte gilt.45 Daß in Jesu Vergebungswort Lk 23,34a tatsächlich alle Menschen im Blick sind, Juden und Heiden in den jeweiligen Repräsentanten der politischen Macht, zeigt schließlich auch das Gegenbild der doppelten erkennenden Hinwendung zum Gekreuzigten, das den jüdischen Verbrecher mit dem heidnischen Hauptmann zusammenschließt. Lukas verknüpft die Sendung des Gottesknechts und Messias Israels ganz pointiert mit der Erlösung auch der Heiden, deren Schuld der Unwisssenheit und bisherigen Gegnerschaft zum jüdischen Volk in Jesu Wort vergebend aufgehoben wird. Und nur, weil diese Schuld durch Jesu Tod getilgt ist, kann der heidnische Hauptmann überhaupt zur Heilserkenntnis und zum Bekenntnis zu Jesus als dem Gerechten in V. 47 kommen. Die Tiefe der theologischen Reflexion des Lukas offenbart sich dabei nicht nur in der Tatsache, daß der Gekreuzigte in der Stunde seines Todes auch die Heiden in das durch seinen Tod gestiftete Heil miteinschließt, sondern auch darin, daß der Heidenwelt im Vergebungswort Jesu überhaupt eine kollektive Schuld am Leiden 43 So Harnack, Probleme, 259; W. F. Arndt, The Gospel According to St. Luke, St. Louis 1956, 469; Martin, Salvation, 377. Unentschieden bleibt Rengstorf, Lukas, 271. Eine kultturgeschichtliche Analyse des Problems bietet D. Daube, „For they know not what they do“: Luke 23,34, Studia Patristica. Texte und Untersuchungen zur altkirchlichen Literatur 4 (1961), 58–70. 44 Auf beide Menschengruppen beziehen das Vergebungswort auch Crump, Jesus, 85 f; R. J. Dean, Luke, Layman’s Bible Book Commentary 17, Nashville, Tennessee 1983, 144; W. Barclay, The Gospel of Luke, Philadelphia 1975, 210 f. – Zur Wirkungsgeschichte s. D. Flusser, „Sie wissen nicht, was sie tun“. Geschichte eines Herrenwortes, in: P.‑G. Müller – W. Stenger (Hg.), Kontinuität und Einheit. FS F. Mußner, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1981, 393–410. 45 Als Opferart wird in diesem Zusammenhang allerdings das Sündopfer genannt ( חַ טָּ את: Num 15,24 f). – Daß Num 15,22–31 als Bezugstext für Lk 23,34a gelten muß, postuliert auch Carras, A Pentateuchal Echo, 611–615. Es verwundert allerdings, daß der Autor trotz der in Num 15,29 erwähnten Entsühnung auch der Heiden in Israels Mitte die Überzeugung vertritt, daß in Lk 23,34a nur die Juden als Empfänger der Vergebung im Blick sind.
1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49)
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Jesu zuerkannt wird. Sie wiegt nicht weniger schwer als die Schuld der Glaubensggenossen Jesu an seinem Tod. Auch die Heiden erscheinen in ihrer Gesamtheit als der Vergebung Gottes bedürftig und als Schuldige am Tod seines Knechts. Das Schuldopfer des Gottesknechts für die Schuld „der Vielen“ (Jes 53,10–12) macht für Lukas Juden und Heiden gleichermaßen zu Empfängern der durch den Tod Jesu gewirkten Sühne, da sie als in Unwissenheit über Jesu Person und Sendung Befangene gleichermaßen den Tod Jesu notwendig werden ließen. Die erzählerisch vielfältige Herausstellung der Gottesknechtschaft Jesu in der Kreuzigungsszene erschöpft sich aber nicht in den Anspielungen auf Jes 53, sonddern geschieht auch auf der Grundlage weiterer Texte, die in das Umfeld der Gottesknechtsvorstellung gehören. Das markanteste Indiz dafür, daß die Gotteskknechtskonzeption das übergeordnete Gestaltungsprinzip darstellt, sind die letztten Worte Jesu (V. 46), die nicht den markinischen Schrei „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“(Ps 22,2) wiederholen, sondern aus Ps 31 entnnommen sind: In deine Hände befehle ich meinen Geist (Ps 31,6).
Die Gründe für die auffällige Änderung des Markusberichts sind nicht in der Anstößigkeit der Szene als solcher zu suchen46, in der Vorbildwirkung des antikken Ideals des klaglos Sterbenden auf Lukas47 oder in der Aufnahme jüdischer Gebetstraditionen, die Ps 31,6 als Abendgebet ausweisen,48 sondern in der von Lukas mit aller Konsequenz durchgehaltenen theologischen Linie. Denn Ps 31 ist der einzige Psalm des Psalters, in dem sich die Verspottung (Ps 31,12.14) – them46 So etwa, im Anschluß an Dibelius, Formgeschichte, 195, T. Holtz, Untersuchungen über die alttestamentlichen Zitate bei Lukas, Berlin 1968, 58; A. George, Jésus fils de Dieu, in: ders., Études sur l’œuvre de Luc, Paris 1978, 233, und ders., La construction du troisième évangile, in: op. cit., 30; W. Radl, Der Tod Jesu in der Darstellung der Evangelien, ThGl 72 (1982), 440 f; Schmithals, Lukas, 227; J. Schlosser, Le Dieu de Jésus. Étude exégétique, Paris 1987, 156; B. Prete, Le preghiere di Gesù al monte degli Ulivi e sulla croce nel raccontto lucano della passione, in: ders., L’opera di Luca. Contenuti e prospettive, Turin 1986, 278 f. Vgl. auch F. Janssen, Die synoptischen Passionsberichte. Ihre theologische Konzeption und literarische Komposition, BiLe 14 (1973), 45 f.48 f, und de Jonge, Jesus, 401. 47 So z. B. Schwemer, Jesu letzte Worte, 19 f. Vgl. D. L. Dungan, Jesus and Violence, in: E. P. Sanders (Hg.), Jesus, The Gospels and the Church. FS W. R. Farmer, Macon, Georgia 1987, 156–160, und Carroll, Luke’s Crucifixion Scene, 116–120. Beide Aspekte verbindet T. E. Crane, The Synoptics. Mark, Matthew and Luke Interpret the Gospel, London 1982, 154. Zur martyrologischen Ausgestaltung der Szene vgl. auch Conzelmann, Mitte, 81; A. George, Le sens de la mort de Jésus pour Luc, RB 80 (1973), 206–209; Büchele, Tod, 84 f; Evans, Saint Luke, 877; C. H. Talbert, Reading Luke. A Literary and Theological Commentary on the Third Gospel, New York 1984, 224 f. 48 S. Joachim Jeremias, Das Gebetsleben Jesu, ZNW 25 (1926), 126 Anm. 3.140. Vgl. H. L. Strack – P. Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch. Vierter Band: Exkurse zu einzelnen Stellen des Neuen Testaments. Erster Teil, 8. Aufl., München 1986, 204.
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I. Der Tod des Knechts
matisch zunächst parallel zu Ps 22,7–9 – als das dem Knecht (Ps 31,17) zugemesssene Schicksal erscheint. Dieser Knecht ist gleichzeitig mit dem Titel „Gerechtter“ bezeichnet (Ps 31,19). Da aber die genannten Titel durch die Kennzeichnung des Psalms als Davidpsalm (Ps 31,1) einen personalen Bezug haben, geschieht dadurch, daß Lukas gerade diesen Psalm dem sterbenden Jesus in den Mund legt, ein Doppeltes: Ps 31 wird als Psalm des wahren Davididen zum Psalm des wahrren Knechts und dadurch zum Verbindungstext für die beiden Konzeptionen der Errettung Israels, Errettung zum einen durch den königlichen Messias aus dem Hause Davids, zum anderen durch die sühnestiftende Lebenshingabe des Gotteskknechts – eine alles andere als selbstverständliche Verbindung, weil sie den Erlösser Israels zu einem leidenden Messias macht. In Jesu letztem Wort am Kreuz wird das Geheimnis seiner Person offenbar: Der schmachvoll sterbende Gottesknecht ist kein anderer als der messianische König aus dem Hause Davids, der erretten kann, weil er der Gerechte ist, der aber gerade deshalb als König den Weg ins Leiden gehen muß. So verweist der Gekreuzigte, indem er zur Todesstunde Ps 31 zitiert, auf die Erfüllung der davidisch-messianischen Erwartungen, wie sie von seinen Spöttern an ihn herangetragen wurden, auf eine Erfüllung allerdings, die den Tod des Davididen mit umschließt. So wird Ps 31 im Gesamtzusammenhang des in Lk 23,32–49 geschilderten Todesgeschehens zum Siegel der Erkenntnis, daß die Rettung des Menschen – Juden wie Heiden – die Frucht des Leidens und Sterbens des Christus ist (V. 35.39), des Auserwählten Gottes (V. 35), des Königs der Juden (V. 37) und des durch seinen Tod hindurch zum Herrscher im Gottesrreich eingesetzten Knechts (V. 42).49 Gleichzeitig entspricht das ruhige Sterben Jesu, das nach Ps 31,6 in der geisterfüllten Übergabe des eigenen Lebens in Gottes Hände endet, dem vierten Gotteskknechtslied, in dem das klaglose Erleiden des Todes hervorgehoben wird (Jes 53,7; vgl. Jes 42,2). Es bedarf also keineswegs des Rückgriffs auf antike Ideale, um die spezifisch lukanische Akzentuierung der Szene zu verstehen. Lukas mußte, wollte er die Klarheit der Knechtsymbolik in seinem Erzählduktus nicht verwischen, in 49 Abzuweisen ist die These von E. Bons,
Das Sterbewort Jesu nach Lk 23,46 und sein altttestamentlicher Hintergrund, BZ N. F. 38 (1994), 93–101, daß die Ersetzung des markinischen Schreis der Verlassenheit durch Ps 31,6 auf der Grundlage der LXX-Fassung des Psalms erfolge, in der das gehäufte ἐλπίς im Rahmen der griechischen πνεῦμα-Vorstellung die Perspektive eines Überlebens im Tod eröffne. Eine solche Hoffnung habe Lukas im Hinblick auf den Abschnitt Apg 2,25–29 und die ihm zugrunde liegende Psalmstelle Ps 15,8–11 LXX besonders betonen müsssen, da sie den Gedanken der Gottverlassenheit Jesu im Tod ausschließe. Ein großer argumentativver Umweg, der schon deshalb nicht überzeugt, weil Bons, um ihn überhaupt gehen zu können, die Vorstellung eines Weiterlebens nach dem Tod in einen Psalm eintragen muß, der inhaltlich mit dieser Problematik nicht befaßt ist. Dagegen erklärt die durch die Begriffe „Gerechter“, „Knecht“ und „Geist“ gestiftete und in den Kontext einer Lästerung und Verspottung eingebbettete Motivkombination unmittelbar die Integration des Klagepsalms in das Bild des leidendden Gottesknechts.
1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49)
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seiner Kreuzigungsperikope das Klagemotiv aus der Markusvorlage übergehen und auch aus diesem Grund die Bezüge zu Psalm 22 auf ein Minimum reduzierren. Beibehalten wird nur das Ps 22,19 entsprechende Motiv der Kleideraufteilung (Lk 23,34b). Auch die Streichung des Elia-Mißverständnisses Mk 15,35 ergibt sich notwendig aus der Änderung der letzten Worte Jesu. Lukas durfte die Deutllichkeit des von ihm entworfenen Gottesknechtsbildes auch deshalb nicht verwisschen, weil bei der ihm eigenen hintergründigen Erzählweise allein die motivische Eindeutigkeit die soteriologische Bedeutung des Kreuzesgeschehens enthüllen und theologisch gewährleisten konnte: Nur der klaglos Sterbende offenbart sich ohne jeden Zweifel in der Stunde seines Todes als derjenige, dessen Sterben nach Jes 53,5.8.10–12 sühnenden Charakter hat und daher heilswirksam ist. An dieser Stelle läßt sich auch ein erster exegetischer Grund nennen, warum Lukas die Sentenz Mk 10,45 dem Wortlaut nach übergeht, obwohl er sie theologgisch umfassend reflektiert. Lukas unterscheidet nämlich auf der Grundlage von Ps 31,6 zwischen der von Jesus selbst vollzogenen, aktiven Übergabe des Geisstes in die Hände Gottes und der bei ihm stets im passivum divinum formuliertten Dahingabe des Lebens Jesu in die Hände der Menschen, dem markinischen δοῦναι τὴν ψυχὴν αὐτοῦ (Mk 10,45; vgl. besonders Lk 9,44, neben 9,22 und 18,32). Wie sehr Lukas gerade in der Darstellung des Leidens Jesu um theologissche Deutlichkeit und daher um begriffliche Eindeutigkeit ringt, wird an anderer Stelle noch genauer zu untersuchen sein.50 Aber bereits hier zeigt sich, daß der Verzicht auf die Zitation eines Wortes – zumal wenn der ursprüngliche Erzählzussammenhang eine literarisch ganz neue Funktion erhält – durchaus kein Indiz für ein Desinteresse an seinem Inhalt ist, und dies um so weniger, als nun das Abendmmahl den neuen Kontext der Erzählvorlage bildet.51 Ein weiteres Steinchen im lukanischen Mosaik der Gottesknechtsmotive ist Lk 23,35, die spöttische Benennung Jesu als des Auserwählten Gottes,52 die nicht zufällig dem Markusstoff zugesetzt ist. Die Titulierung verdankt sich Jes 42,1, dem Beginn des ersten Gottesknechtsliedes. Sie ist dort der dem Gottesknecht von Gott selbst verliehene Ehrentitel, der ihn vor aller Welt aussondert, auszeichnet und ihn als den kennzeichnet, dem der Geist Gottes verliehen ist.53 Hier schließt sich der Kreis, der die jesajanischen Gottesknechtslieder mit Jesu letztem Wort 50
S. u. S. 135–138. Dazu ausführlich u. S. 161–165. 52 So auch Green, The Death of Jesus, God’s Servant, 21. 53 Auch im äthiopischen Henochbuch wird der Messias durch die deuterojesajanischen Gottesknechtsattribute gekennzeichnet und mit den Titeln „der Auserwählte“ (äth. Hen 39,6; 40,5; 45,3; 49,2; 51,3.5; 52,6.9; 53,6; 55,4; 61,5.8.10; 62,1; vgl. 46,3; 48,6, 49,4) und „der Gerechte“ (äth. Hen 38,2 [allerdings nur in einem Teil der Hss.]; 47,1.4 [als Kollektiv für „die Gerechten“?]; 53,6; vgl. auch 39,6) benannt. Zum Text und seiner Auslegung s. S. Uhlig, Das Äthiopische Henochbuch, Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit V/6, Gütersloh 1984. 51
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am Kreuz verbindet: „In deine Hände befehle ich meinen Geist“ (Ps 31,6). Er umschließt auch den Erkenntnisakt des heidnischen Hauptmanns in V. 47, da in Jes 42,1 die göttliche Geistbegabung des Knechts ausdrücklich mit seinem Aufttrag verknüpft ist, der Völkerwelt Gottes Rechtsentscheid ( ִמ ְשׁפָּ ט, griech. κρίσις: Jes 42,1.3)54 zu offenbaren. Der von Lukas an der bezeichneten Stelle zugesetzte Titel „Auserwählter“ (ὁ ἐκλεκτός), der, wenn auch auf der Erzählebene spöttisch verwandt, auf der Deuttungsebene Jesus nach Jes 42,1 als den Gottesknecht ausweist, hat innerhalb der Gesamtperikope aber noch eine andere theologische Funktion. Da er parallel zum Christustitel genannt wird (ὁ χριστὸς τοῦ θεοῦ ὁ ἐκλεκτός: V. 35), macht er die Messianität des Gottesknechts explizit, die in Jesu letzten Worten am Kreuz nur hintergründig offenbar wird. Der Gottesknecht ist der Messias. Der zum schimpfllichen Tode am Kreuz Verurteilte ist der König und Herrscher im Reich Gottes. Dies ist das Fundament der lukanischen Erlösungshoffnung (vgl. Lk 24,26). Es bestätigt, daß das Bekenntnis des römischen Hauptmanns in V. 47 nicht anders denn als Aussage über Jesu Messianität zu verstehen ist. Daß die Erkenntnis Jesu als des leidenden Gerechten und damit als des Gotttesknechts in Lk 23,47 eine messianische Erkenntnis ist und die Proklamation der Gottessohnschaft Jesu durch den heidnischen Hauptmann in Mk 15,39 nicht ab schwächt, sondern theologisch vertieft, bestätigt schließlich der Abschnitt SapSal 2,18–20, dessen sinngebende Bedeutung für die lukanische Kreuzigungserzähllung nicht angezweifelt wird55. Auch in ihm geht es um die spöttische Herausfordderung Gottes, verbunden mit der Aufforderung, die Gerechtigkeit des Gerechten und damit seine Gottessohnschaft durch ein Rettungswunder zu erweisen: 18 Wenn
der Gerechte Gottes Sohn ist (εἰ γάρ ἐστιν ὁ δίκαιος υἱὸς θεοῦ), wird er sich seiner annehmen und ihn erlösen aus der Hand seiner Widersacher. 19 Mit Gewalt und Marter wollen wir ihn prüfen, um seine milde Gesinnung zu erkennen und seine Geduld auf die Probe zu stellen. 20 Zu einem schimpflichen Tod wollen wir ihn verurteilen; denn dann wird er – so sagt er – (himmlische) Heimsuchung erfahren.56
54 Zur facettenreichen Bedeutung des auf Gottes Heilswillen zielenden Begriffs und den in Jes 42,1–4 verarbeiteten königlichen Traditionen s. Jörg Jeremias, ִמ ְשׁ פָּ טim ersten Gottesknechtslied (Jes. XLII 1–4), VT 22 (1972), 31–42. 55 Stellvertretend für andere Tiede, Luke, 422, und P. Doble, Luke, 23.47 – The Problem of Dikaios, BiTr 44/3 (1993), 320–331, bes. 327–329; ders., Paradox, 169–173. Der tradittionsgeschichtliche Bezug von SapSal 2,18–20 auf Jes 53 wird allerdings von keinem der Kommentatoren interpretatorisch ausgewertet. 56 Zum Text und seiner Auslegung s. D. Georgi, Weisheit Salomos, Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit III/4, Gütersloh 1980.
1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49)
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Dem Abschnitt voran steht der an den Gerechten gerichtete Vorwurf (SapSal 2,16): Er prahlt damit, daß Gott sein Vater sei.
Die von Lukas auf dem Hintergrund seiner Gottesknechtskonzeption vorgenommmene Ersetzung des markinischen Gottessohntitels durch den des Gerechten ist hier unmittelbar vorgegeben.57 Ebenso die Vateranrede Jesu, die Lukas in V. 46 dem Wort aus Ps 31,6 voranstellt, weil sie beides unterstreicht: zum einen die Gottessohnschaft Jesu, auf die Lukas hier indirekt eben doch verweist, zum anderren den Status Jesu als des Gerechten, zu dessen Kennzeichen nach SapSal 2,16 gehört, daß er – als Gottes Sohn – Gott seinen Vater nennt. So wird gerade bei Lukas deutlich, daß den Gerechten zu bekennen den Sohn Gottes zu bekennen heißt. Daß Lukas die nach SapSal 2,18 theologisch zusammengehörenden Titel „Sohn Gottes“ und „Gerechter“ konzeptionell verwendet, zeigt schließlich auch die absichtsvolle Rahmung des ganzen Evangeliums mittels der genannten Titel. Sie sind Ausdruck der soteriologischen Spannung, die zwischen der messianisschen Geburt und dem Sterben des Gottesknechts besteht und die Lukas in der Kreuzigungsszene bewußt durch den Titel „Gerechter“ als Pendant zum Gottesssohntitel auf die Spitze treibt. Und er erhöht sie noch dadurch, daß er auch auf der kosmischen Ebene – wiederum in Erweiterung der Markusvorlage – das Gegenbbild entwirft: Beim Tode des Gerechten verfinstert sich die Sonne (V. 45), währrend bei seiner Geburt als Gottessohn das Licht die Nacht erhellt hat (Lk 1,35; 2,9–11; vgl. Jes 30,26). Das Motiv der zur Stunde des universalen kosmischen Gerichts schamvoll vergehenden Sonne verdankt sich Jes 24,23,58 wo es das Zeichen für das Offenbbarwerden der Königsherrschaft Gottes auf dem Zion ist. Dies entspricht der Verhheißung Jes 60,19 f, daß nach Verlöschen des Sonnenlichts auf Erden Gott selbst die nie vergehende Sonne auf dem Zion sein wird.59 Der Bezug auf Jes 24,23 57 Vgl. außerdem die ebenfalls in den genannten Kontext gehörende Stelle SapSal 3,1: „Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand“, welche die Ersetzung des markinischen Sterbewortes durch Ps 31,6 mitbeeinflußt haben mag; s. Tiede, Luke, 423 f. 58 In Jes 24,23 LXX ist allerdings statt von der Verfinsterung der Sonne und des Mondes vom Einsturz der Mauern Jerusalems beim Offenbarwerden des Zionkönigtums Gottes die Rede. Zur Frage der von Lukas benutzten Textvorlage und der lukanischen Traditionsverarbeitung s. Kappitel 4. Zur Stelle speziell S.193.205 f. 59 Gegen Schulz, Die Stunde der Botschaft, 289, und ders., Mitte, 146, der in Lk 23,45 eine Uminterpretation der markinischen Stelle im Sinne einer Sonnenfinsternis erkennt und daraaus auf die lukanische Tendenz zur Rationalisierung theologischer Aussagen schließt, und gegen Bock, Luke 9:51–24:53, 1859, der sich gegen einen heilsgeschichtlichen Aspekt der Wendung
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erklärt, warum nach Lk 23,42 f der Tod Jesu als Erschütterung der kosmischen Ordnung zusammenfällt60 mit dem Zeitpunkt der Installation der Gottesherrschaft auf dem Zion und warum der Evangelist – ungeachtet der den Sabbat über dauerndden Todesruhe Jesu61 – im Hinblick auf das Paradies vom „Heute“ seiner Realissierung reden kann: Das Paradies ist geöffnet, da nach Jes 53,10–12 mit dem Tod des Knechts die Entschuldung des Menschen vollzogen ist und der geschöpfliche Mensch, von der Sünde ungehindert, dem ewigen Gott wieder nahen darf und des göttlichen Lebens teilhaftig wird.62 In diesem Zusammenhang ist auch auf Jes 51,3 zu verweisen, wo das Paradies mit dem Zion als Heilsort verbunden ist:63 Ja, Jahwe tröstet Zion, er tröstet all ihre Trümmer. Ihre Wüste macht er wie Eden, ihre Öde wie Jahwes Garten. LXX: καὶ θήσω τὰ ἔρημα αὐτῆς ὡς παράδεισον κυρίου.
ausspricht. Vgl. ferner G. R. Driver, Two Problems in the New Testament, JThS N.S. 16 (1965), 331–337, unter ausführlicher Bezugnahme auf die altkirchliche Interpretation der Stelle, und J. F. A. Sawyer, Why is a Solar Eclipse Mentioned in the Passion Narrative (Luke xxxii, 44–5), JThS NS 23 (1972), 124–128, dessen These, daß Lukas in V. 45 das eigene Erleben der Sonnenfinsternis vom 24. November 29 n. Chr. verarbeitet habe, spekulativ bleibt. – Der Bezug der lukanischen Erzählung auf die Textstellen Jes 24,23 und Jes 60,19 f macht die Diskussion über die Art und historische Realität des Naturschauspiels obsolet, zumal in der LXX an den fraglichen Stellen ἐκλείπειν kein terminus technicus für eine Sonnenfinsternis ist, 60 Just, Luke 9:51–24:53, 940–942, ist in diesem Zusammenhang darin zuzustimmen, daß auf dem Hintergrund der Schöpfungserzählung die Finsternis das Urchaos abbildet, das vor Beginn der Neuschöpfung der Welt noch einmal in seiner alles vernichtenden Totalität Raum erhhält. Just versäumt es aber, die Aufrichtung der βασιλεία τοῦ θεοῦ auf Erden in der Todesstunde Jesu, die zeitlich zusammenfällt mit dem endzeitlichen Einbruch des Chaos und der Errichtung einer neuen Schöpfungsordnung, in sein Gesamtbild zu integrieren. 61 Dazu ausführlich u. S. 219–221. 62 Bocks Hinweis auf die in der Paradiesesverheißung liegende Ironie (Luke 9:51–24:53, 1841) zeugt von einem eklatanten Mißverständnis der Traditionen, mit deren Hilfe in der lukannischen Kreuzesperikope das Geschehen gedeutet wird, oder von ihrer Unkenntnis. 63 Die Stelle Jes 51,3, deren traditionsbildender Impuls unmittelbar spürbar ist, erklärt zureicchend die heilsgeschichtliche Verknüpfung des Paradiesesgartens mit Jerusalem auch in der rabbbinischen Literatur. Sie mit Strack-Billerbeck IV/2, 1146.1151 f, aus der Lokalisation der Gehenna bei Jerusalem herzuleiten, die angeblich die Lokalisation auch des Paradiesesgartens in Jerusalem nach sich zog, bedeutet eine unsachgemäße Umkehrung des eigentlichen traditionsggeschichtlichen Prozesses. – Zum Paradies als Urbild des salomonischen Tempels auf dem Zion vgl. H. Gese, Der bewachte Lebensbaum und die Heroen: Zwei mythologische Ergänzungen zur Urgeschichte der Quelle J., in: ders., Vom Sinai zum Zion. Alttestamentliche Beiträge zur biblischen Theologie, Beiträge zur evangelischen Theologie 64, 3. Aufl., München 1990, 106 f (= H. Gese – H. P. Rüger [Hg.], Wort und Geschichte. FS K. Elliger, Kevelaer – NeukirchenVluyn 1973, 77–85). Zur Weiterentwicklung dieser Vorstellung in der frühjüdischen Literatur s. S. Rosenkranz, Art. Paradies III. Jüdisch, TRE 25, 711–714.
1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49)
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Die Realität der durch Jesu Tod gewirkten Erlösung, die sich manifestiert in der Aufrichtung der βασιλεία τοῦ θεοῦ auf dem Zion zur Todesstunde Jesu, ist für Lukas unabhängig vom Faktum der zeitlich nachgeordneten Auferstehung.64 In dieses durch die jesajanischen Zions- und Gottesknechtsbezüge konstituiierte heilsgeschichtliche Gesamtbild gehört ferner, auch wenn es sich hierbei nicht um lukanisches Sondergut handelt, das Zerreißen des Tempelvorhangs zur Todessstunde Jesu (V. 45). Der Vorhang des Tempels gewinnt eine besondere Bedeutung als Grenze zum Allerheiligsten, dem Ort der Offenbarungsepiphanie und – da das Vorhandensein der Lade mit dem Sühnmal (hebr. )כַּ ֹפּ ֶרתauch im zweiten Temppel vorausgesetzt wird, kultisch virtuell gewissermaßen – Standort des unsichtbbaren Thrones Gottes.65 Indem an diesem Ort der irdischen Manifestation Gottes der Vorhang zerreißt, offenbart Gott – anders kann man das Bild nicht verstehen – sein Sühnmal (vgl. Röm 3,25), den Gekreuzigten. Er allein „repräsentiert“ von nun an „den thronenden Gott“66. Auch wenn Lukas diesen theologischen Zusammmenhang nicht begrifflich fixiert, so ist die Kombination der Motive doch deutllich genug, um den sühnetheologischen Zusammenhang herzustellen: Da die Aufrrichtung der βασιλεία τοῦ θεοῦ (nach Jes 24,23 und 60,19 f) mit dem Zeitpunkt des Todes Jesu zusammenfällt (Lk 23,42) und damit der dem sündigen Menschen einst durch Gott selbst versperrte Weg ins Paradies (Gen 3,23 f) wieder frei ist (Lk 23,43), so daß er, von der Last der Sünde befreit, in den heiligen Raum Gottes einttreten kann, zerreißt der Vorhang des Tempels, der einst das Sühnmal verhüllte. Die Gemeinschaft des irdischen Menschen mit dem transzendenten Gott, die vorddem nur kultisch vollzogen werden konnte, wird damit zur wiederhergestellten Paradiesesgemeinschaft Gottes mit dem Menschen. Diese Gemeinschaft ist es, in der sich das Gottesreich auf Erden manifestiert.67 Sie wird verbürgt durch Jesu Auferstehung und wird zur unverbrüchlichen Realität im Glauben an den Gekreuzzigten und Auferstandenen, dessen Kreuz die Welt entsühnt und dessen Tod den 64 Vgl. dazu W. Trilling, Le Christ, roi crucifié. Lc 23, 35–43, in: Fête du Christ-Roi, Assemblée du Seigneur 65 (1973), 62 f, der allerdings im Hinblick auf die soteriologische Bedeutung des Todes Jesu unbestimmt bleibt. – Abzuweisen ist in diesem Zusammenhang die u. a. von K. Bornhäuser, Das Wirken des Christus durch Taten und Worte, Gütersloh 1924, 229 f, und Bock, Luke 9:51–24:53, 1857 f, vertretene Meinung, der Darstellung des Lukas liege die jüdische Vorstellung vom Paradies als einem Zwischenort zugrunde, an welchem die Gerechten in Erwartung der Auferstehung wohnen. Vgl. etwa äth. Hen 32,3; 60,8; 61,12. Abzuweisen ist auch die Behauptung von Klein, Lukasevangelium, 711, daß das Paradies nach lukanischer Vorstellung der Aufenthaltsort des Ich-πνεῦμα sei, das sich „bei der Auferstehung mit dem σῶμα neu verbinde[]“. 65 S. Gese, Sühne, 102–106. Ausführlich zur פּ ֶרת ֹ ַ כּaus traditionsgeschichtlicher Sicht Janowski, Sühne, 277–354. 66 Gese, op. cit., 105. 67 Zum relationalen Verständnis von βασιλεία τοῦ θεοῦ bei Lukas s. den Exkurs u. S. 146– 156. Dort auch zur theologischen Verbindung von Paradies und βασιλεία τοῦ θεοῦ.
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I. Der Tod des Knechts
Anbruch der βασιλεία τοῦ θεοῦ auf Erden markiert.68 Wollte man Lukas weiterhhin vorwerfen, er minimiere die soteriologische Bedeutung des Todes Jesu, dann müßte man schon die vom dritten Evangelisten so einzigartig kombinierten Bildder und Motive ihres theologischen Sinngehalts vollständig entleeren.69 Das Gewicht der Stelle Jes 24,23 für das Verständnis der lukanischen Kreuziggungserzählung ist auch deshalb nicht zu unterschätzen, weil in ihr, bezieht man den Gesamtkontext Jes 24–27 mit ein, das Mahl auf dem Sinai nach Ex 24,9–11 und das Völkermahl auf dem Zion zum eschatologischen Bild verbunden sind.70 Dieses eschatologische Bild hat unmittelbar auf die Deutung des Abendmahls – vermutlich sogar auf die Feier des letzten Mahles Jesu mit seinen Jüngern selbst – eingewirkt, ein Sachverhalt, der bei der Betrachtung der lukanischen Abendmahlssszene noch deutlicher hervortreten wird71. Gleichzeitig unterstreicht die genannte Stelle die generelle Bedeutung der jesajanischen Prophetie für das Verständnis der lukanischen Kreuzeskonzeption und belegt ein letztes Mal die eindrucksvvolle Geschlossenheit und soteriologische Stoßrichtung der lukanischen Kreuziggungserzählung. Daß der Tod Jesu erzählerisch in beinahe jedem Vers als der Tod des unschuldig, aber ergeben leidenden, von Jesaja angekündigten Gottesknechts erscheint, ist nicht anders zu verstehen, als daß dieser Tod die Heilsbedeutung hat, die ihm die Prophetie Jesajas nach urchristlichem Verständnis beilegt, d. h. daß er in Stellvertretung und mit sühnender Wirkung geschieht (Jes 53,10–12):
68 Ausführlich zum Zusammenhang von Tod und Auferstehung Jesu u. S. 216–221. 69 Die Tatsache, daß bei Lukas ein unlösbarer theologischer Zusammenhang besteht zwischen dem Motiv der verlöschenden Sonne als Zeichen der Aufrichtung der βασιλεία τοῦ θεοῦ auf dem Zion und dem Zerreißen des Tempelvorhangs als Zeichen der von nun an auf immer mit dem Kreuz Jesu verknüpften herrscherlichen Repräsentanz Gottes auf Erden und der Öffnung seines Reiches für den durch Jesu Tod entsühnten Menschen, erklärt hinlänglich, warum der Evangelist das Zerreißen des Tempelvorhangs, auf das Markus erst nach Jesu Tod verweist (Mk 15,38), dem Sterbewort Jesu voranstellt. Zur Forschungsdiskussion s. D. D. Sylva, The Temple Curtain and Jesus’ Death in the Gospel of Luke, JBL 105 (1986), 239–241. Daß, wie bei Markus, die Ereignisse auch bei Lukas zeitgleich stattfinden und das Verlöschen der Sonne sowie die Aufhebung der Grenze zum Allerheiligsten als dem Anwesenheitsort Gottes mit dem Augenblick des Todes Jesu zusammenfallen, steht außer Frage. Gegen Sylva, op. cit., 241– 243, der aus der Reihenfolge der Motive ein zeitliches Nacheinander macht. Durch die genannte Versumstellung wird außerdem das Bekenntnis des Hauptmanns noch enger auf Jesu Tod bezoggen als bei Markus und die hier laut werdende Messiaserkenntnis als umittelbare Frucht dieses Todes erkennbar. – Daß der lukanischen Anordnung der Motive ein sozio-kulturelles Interesse zugrunde liege, behauptet J. B. Green, The Demise of the Temple als „Culture Center“ in LukeActs: An Exploration of the Rending of the Temple Veil (Luke 23. 44–49), RB 101 (1994), 495– 515, und beweist damit einmal mehr, wie sehr die Vernachlässigung der traditionsgeschichtlicchen Bezüge vom theologischen Kern der Texte wegführt. 70 Vgl. Stuhlmacher, Biblische Theologie 1, Göttingen 1992, 140. 71 S. Kapitel I.2.2.
1. Die Kreuzigung Jesu (Lk 23,32–49) 10aβ Er
...
12c Er
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setzte sein Leben als Schuldopfer72 ein.
trug die Schuld der Vielen und trat für die Frevler ein.
Die lukanische Stilisierung Jesu als des im Buch Jesaja angekündigten Gotteskknechts, der sein Leben um Israels Rettung willen hingibt, ist überdeutlich und tritt in der Zusammenschau aller Bezüge eindrucksvoll ans Licht. Der, der da stirbt, ist der Erwählte Gottes (ὁ ἐκλεκτός: Jes 42,1; Lk 23,35), daher Träger des göttlichen Geistes (τὸ πνεῦμα: Jes 42,1; Lk 23,46); er ist der Gerechte (δίκαιος: Jes 53,11; Lk 23,47) und daher Unschuldige (Jes 53,9; Lk 23,41; Fehlen der ἐπιγραφὴ τῆς αἰτίας: Mk 15,26),73 der gleichwohl klaglos das ihm von Gott zugemessene Todesgeschick auf sich nimmt (Jes 42,2; 53,7; Lk 23,46) und nach Vollendung seiner Sendung (vgl. Jes 42,1) den Geist zurück in Gottes Hände legt (Ps 31,6; Lk 23,46); er stirbt als Frevler unter Frevlern (Jes 53,9.12; Lk 23,32.39–43.46) und tritt in der Todesstunde für die Frevler ein (Jes 53,12; Lk 23,34.43). Sein Tod ist das Schuldopfer für die Verschuldung aus Unwissenheit (Jes 53,10 in Verbinddung mit Lev 5,17–19; Lk 23,34); durch den Tod hindurch gewinnt er sein Reich (Jes 52,13; Lk 23,42), an welchem der Sünder, von seiner Schuld befreit, Anteil bekommt (Jes 53,5.8.10–12; Lk 23,43). Er wird erkannt von denjenigen, die seine Verkündigung nicht hörten: von den Heiden, die im Angesicht des schmachvoll Entstellten den Gott, von dem er zeugt, bekennen (Jes 52,14 f; Lk 23,47). Es ist bemerkenswert, daß dieses in sich geschlossene Bild sich fast auschließllich aus den nichtmarkinischen Elementen der Erzählung ergibt. Einzig das historrische Faktum der Kreuzigung Jesu gemeinsam mit anderen als Verbrecher Veruurteilten und das Bekenntnis des Hauptmanns finden sich auch im markinischen Bericht, wobei allerdings bei Markus der ausdrückliche Hinweis auf das Lob des jüdischen Gottes durch den Heiden fehlt (Mk 15,39; Lk 23,47). Man wird schon deshalb nicht von einer nur erbaulichen Ausgestaltung des Markusstoffs durch Lukas sprechen dürfen oder von einer auf Details beschränkten Befreiung der markkinischen Darstellung von Anstößigem. Was hier vor Augen tritt, ist ein soteriollogisches Gesamtkonzept, das erzählerisch zur Darstellung zu bringen, Lukas in unnachahmlicher Weise gelungen ist: das Bild des Knechts, der durch die Hand des ihn verspottenden Menschen stirbt, gleichzeitig das Bild des sündigen Mensschen, der in Jesu Tod das Leben gewinnt, das Leben in Gemeinschaft mit dem, der durch seinen Tod zur Herrschaft in Gottes Reich gelangt. Wie hätte Lukas diesses Bild soteriologisch deutlicher gestalten können?
72 Ausführlich zur urchristlichen Deutung des Begriffs אָשָׁ ם
o. S. 60.70–74. S. auch D. Schmidt, Luke’s „Innocent“ Jesus: A Scriptural Apologetic, in: R. J. Cassidy – P. J. Scharper (Hg.), Political Issues in Luke-Acts, Maryknoll, New York 1983, 111–121, bes. 117. 73
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I. Der Tod des Knechts
Es ist angesichts der überdeutlichen Pointierung des Gottesknechtbezuges74 durch Lukas ganz unmöglich, sich weiterhin dem gängigen Urteil anzuschließen, der Evangelist verstehe den Tod Jesu nicht als Sühnetod. Die Bilder sind so sprecchend, der Bezug des Todes Jesu zu dem des sündhaften Menschen ist so eng, daß man eher Markus als Lukas unterstellen könnte, er habe in der Kreuzigungsszene den Aspekt des stellvertretenden, sühnenden Sterbens Jesu unterschlagen wollen. Die an anderer Stelle vorgenommene Tilgung der Stellvertretungsaussage Mk 10,45 kann methodisch nicht zum Interpretationsgrund für die Kreuzigungsszene gemacht werden, und dies schon deshalb nicht, weil Lukas als einziger unter den neutestamentlichen Schriftstellern in den Einsetzungsworten zweimal zum Ausddruck bringt, daß Jesu Tod „für euch“ geschah (ὑπὲρ ὑμῶν: Lk 22,19 f).
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38) „Für euch gegeben!“ „Für euch vergossen!“ – deutlicher, eindringlicher als bei Markus ist in Lk 22,19 f, im Zentrum der lukanischen Abendmahlsperikope, formmuliert, daß Jesu Tod dem Menschen zugute kommt: „für euch!“ Nicht von ungeffähr ist das „für euch“ der Höhepunkt gerade derjenigen Szene des lukanischen Passionsberichtes, die mit dem ausdrücklichen Hinweis auf Jes 53 endet. In Lk 22,37 wird der soteriologisch so hochbedeutsame Schlußvers des vierten Gotteskknechtsliedes im Wortlaut zitiert und ausdrücklich auf Jesu Person bezogen: Das folgende Schriftwort muß durch mich erfüllt werden: Er wurde zu den Frevlern gerechnet!
Das Wort in Jesu Mund ist Programm: Jesus selbst gibt sich, da die Todesstunde naht, als der von Jesaja angekündigte Gottesknecht zu erkennen. Erkannt wird der Gottesknecht in dem, was er leidet: den Tod als Frevler unter Frevlern. Dieser Tod wird in der Einleitung des Zitats als ein Erfüllungsgeschehen gekennzeichnnet. Die Enthüllung des Persongeheimnisses Jesu aber heißt nichts anderes, als 74
Ihn stellt auch J. D. Karavidopoulos (Καραβιδόπουλος), Τὸ πάθος τοῦ δούλου τοῦ Θεοῦ ἐπὶ τοῦ σταυροῦ κατὰ τὴν διήγησιν τοῦ εὐαγγελιστοῦ Λουκᾶ (23, 33–49), Deltion biblikōn meletōn 1 (1972), 189–211 (bes. 194.200–204.210 f), heraus. Vgl. ferner O. C. Edwards, Jr., Luke’s Story of Jesus, Philadelphia 1981, 92. – Angesichts der an Jes 53 ausgerichteten Stilisierung der Perikope ist die von U. Kellermann, Elia als Seelenführer der Verstorbenen oder Elia-Typologie in Lk 23,43 „Heute wirst du mit mir im Paradies sein“, Biblische Notizen 83 (1996), 35–53, vorgetragene These abzuweisen, daß die Elia-Erwartung den Deutungshorizont der lukanischen Erzählung abgebe, zumal es zweifelhaft ist, ob die rabbinischen Belegstellen, die Kellermann für die Vorstellung von Elia als Seelenführer ins Paradies beibringt, Aussagewert für die neutestamentliche Zeit besitzt; vgl. op. cit., 44. Abzuweisen ist auch der Vorschlag von J. D. M. Derrett, The two Malefactors (Lk. xxiii 33, 39–43), in: ders., Studies in the New Testament, Volume Three: Midrash, Haggadah, and the Character of the Community, Leiden 1982, 200–214, die lukanische Schächerszene von Gen 40 f und 1. Sam 28 her zu deuten.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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daß mit ihr das Ziel der Sendung dessen enthüllt wird, der als Frevler unter Frevllern stirbt: die Schuldbefreiung – nach urchristlichem Verständnis: die Entsühnnung – Israels bzw. „der Vielen“: Er hat sein Leben dem Tod preisgegeben (wörtl.: er hat sein Leben zum Tode ausgeschüttet)75 und wurde zu den Frevlern gerechnet. Er aber trug die Schuld der Vielen und trat für die Frevler ein.76
Daß man das Zitat von Jes 53,12 in Lk 22,37 gar nicht anders verstehen kann als vom soteriologischen Gesamtkontext des vierten Gottesknechtsliedes her, zeigt der lukanische Gesamtkontext, innerhalb dessen das Zitat ein Geschehen abschließt, dessen Höhepunkt die Einsetzung des Abendmahls ist. Die hierbei laut werdende Deutung des Todes Jesu als eines Heilstodes dem Menschen zugut kann bei der Auslegung des Gottesknechtszitats nur wenige Verse später nicht einfach ausgeblendet werden, wie es die große Mehrheit der Exegeten unter Hinweis auf die nicht zitierten Abschlußworte des Verses Jes 53,12 tut.77 Im Gegenteil, die von Jesus am Schluß der Abendmahlserzählung mittels des Zitats ausdrücklich vollzzogene Identifikation seiner Person mit dem jesajanischen Gottesknecht dient der Bekräftigung der bei Tisch gegebenen Deutung des Todes Jesu als eines Heilsgesschehens, das den Menschen in existenzverändernder Weise umgreift und ihm in seiner Entsühnung zugute kommt. Da aber der Mensch das durch Jesus gewirkte Heil nach lukanischem Verständnis allein im direkten Zuspruch „für euch“ empffängt (Lk 22,19 f), kann Lukas am Schluß unmöglich mit einem Zitat schließen, in welchem die Frucht der Lebenshingabe des Knechts dem jesajanischen Wortllaut nach „den Vielen“ zugute kommt. An das hierzu in der Einführung Gesagte sei an dieser Stelle ausdrücklich erinnert.78 Es ist nicht das vielbeschworene sühnetheologische Desinteresse, das Lukas an der Fortführung des Zitats Jes 53,12 in Lk 22,37 hindert, sondern die Stringenz der soteriologischen Gedankenführung. Erkennt man dies an, dann erschließt sich wie von selbst das Gesamtkonzept der gegenüber dem Markustext stofflich vielffach erweiterten Abendmahlsperikope.79 Ja, Lukas erweist sich bei der Schilder75
Dazu ausführlich u. S. 122–124. פּ ְשׁ ִעים ֹ ַ ;וְ לabweichend LXX: διὰ τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν παρεδόθη. ‐ 77 Vgl. z. B. Wolff, Jesaja 53, 77 f; Kodell, Luke’s Theology, 222. 78 Einführung 1.4. 79 Ausdrücklich hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf die Arbeit von J. C. Bastiaens, Interpretaties van Jesaja 53. Een intertextueel onderzoek naar de lijdende Knecht in Jes 53 (MT/LXX) en in Lk 22:14–38, Hand 3:12–26, Hand 4:23–31 en Hand 8:26–40, TFT-Studies 22, Tilburg 1993, die eine Ausnahmestellung unter den exegetischen Studien zur Abendmahlsperikope einnimmt. Denn Bastiaens entwickelt seine Interpretation von der Erkenntnis her, daß die soteriologische Dimension des Weges Jesu nach Lk 22,19 f das Thema 76 ַפגִּ י ע ְי
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I. Der Tod des Knechts
rung des letzten Mahles Jesu mit seinen Jüngern als ein Meister des Erzählens. Denn er bringt die szenischen Elemente seines Berichts in ein heilsgeschichtlicches Entsprechungsverhältnis, dessen theologische Mitte die Abendmahlseinsetzzung bildet. Dabei spannt der Evangelist den Bogen von der im Passamahl verssinnbildlichten Ur-Erlösung Israels, die von Anfang an mit Jesu Tod verknüpft wird (V. 15), zur Gottesknechtsprophetie am Ende der Erzählung (V. 37), in deren Licht der Weg zum Kreuz als Erfüllung aller aus dem Exodusgeschehen entspringgenden Heilshoffnungen erscheint: τὸ περὶ ἐμοῦ τέλος ἔχει.
Im Zentrum der Erzählung aber – und dies ist das Besondere der lukanischen Komposition – steht mit den Einsetzungsworten, die im Rückgriff auf Jes 53 die Sühnebedeutung des Todes Jesu vergewissern,80 die Zielaussage des Verses, mit dem, bekräftigt durch ein „es ist genug“ (V. 38b), Jesus am Ende den Abendmahlsssaal verläßt. Die Lebenshingabe des Gottesknechts bildet Mittel- und Höhepunkt der Gesamterzählung, auf welchen alles zuläuft und von dem her alles Weitere seine Deutung erfährt. Der Stellvertretungscharakter des Geschehens wird an dieser sinngebenden Stelle bewußt doppelt hervorgehoben: „Für euch gegeben!“ „Für euch vergossen!“ Der erzählerische Kunstgriff, die aus Jes 53,12 geschöpften Stellvertretungsund Sühneaussagen szenisch in den Mittelpunkt der Perikope zu rücken, beschert Lukas allerdings, wie bereits angedeutet, die beständige Zurechtweisung seiner Interpreten, die, da sie beschäftigt sind, den am Ende seines Berichtes angeblich atomistisch zitierenden Evangelisten der Nivellierung des Kreuzesgeschehens zu überführen, die soteriologische Bedeutsamkeit der bewußt doppelten Bezugnnahme auf Jes 53 übersehen. Der Bezug ist von tiefer Symbolik: Am Ende des Mahles tritt Jesus als der von Gott lange verheißene Gottesknecht den Weg an, der für ihn selbst im Tod unter Frevlern endet, für die Frevler aber in der Tilgung ihrer Schuld und einem Leben in der Gemeinschaft mit Gott. Die Rettung eines der beiden gemeinsam mit Jesus gekreuzigten Frevler in der Todesstunde Jesu ist hier erzählerisch bereits vorbereitet. In den einschlägigen Werken zum Lukasevangelium wird dieser hintergründdige Zusammenhang der jesajanischen Motive und Anspielungen auch deshalb der Gesamtperikope ist und das Zitat von Jes 53,12 in Lk 22,37 mitumgreift. Dabei findet auch er in dem hier zutage tretenden soteriologischen Gesamtkonzept die Erklärung für die Frage, warum in der auf Mk 10,42–45 fußenden Anschlußszene das in der Lukasexege so strapazierte λύτρον-Wort Mk 10,45 dem Wortlaut nach fehlt (op. cit., 195–240). Methodisch ist jedoch anzzumerken, daß die genannte Untersuchung, obwohl sie eine Gesamtauslegung von Lk 22,14– 38 auf dem Hintergrund von Jes 53 bietet, nicht traditionsgeschichtlich, sondern literaturwisssenschaftlich ausgerichtet ist (op. cit., 1–13). 80 Zum jesajanischen Hintergrund der Spendeformel s. u. S. Kapitel I.2.1.3.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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verkannt, weil man die Perikope in der Regel zertrennt und in der Auslegung das Jüngergespräch Lk 22,24–38 von der Mahlszene Lk 22,14–23 abkoppelt.81 Das ist um so verhängnisvoller, als durch die Zertrennung die theologische Zielsetzzung undeutlich wird, die sich mit der Integration des Jüngergesprächs in die Mahl erzählung verbindet. Lukas ist nämlich der einzige unter den Evangelisten, der in der Beschäftigung mit dem auf Jesu Tod gegründeten Heilszuspruch „für euch“ (V. 19 f) programmatisch die Frage nach den anthropologischen Voraussetzungen der Heilszueignung stellt und zu beantworten versucht. Die beiden Erzählteile, das Mahl selbst auf der einen, das sich anschließende Gespräch auf der anderen Seite, stellen gleichsam ein Diptychon dar mit einander thematisch zugeordnetten Bildtafeln, die in strengem gegenseitigen Bezug die soteriologische Frage nach der Bedeutung des Kreuzestodes Jesu christologisch und anthropologisch beantworten.82 Man könnte auch sagen: Lukas erzählt von der Einsetzung des Abendmahls in dem Bewußtsein, daß der persönliche Heilszuspruch „für euch“ der glaubenden Annahme des Menschen bedarf. Der Aufbau spiegelt die Relattionalität des Geschehens: Lk 22,14–23: Das durch Jesu Tod gewirkte Heil
Lk 22,24–38: Die Heilsbedürftigkeit des Menschen und der Empfang des Heils
I Das Mahl im Reich Gottes (V. 14–18)
I’ Die herrscherliche Teilnahme der auf Erden Dienenden am Mahl im Reich Gottes (V. 24–30)
II Einsetzung des Abendmahls: Jesu Tod „für euch“ (Jes 53,12; V. 19 f)
II’ Die satanische Gefährdung des Glaubbens: Die doppelte Möglichkeit der Antwort auf den Heilszuspruch (V. 31–34)
III Der satanische Verrat als das dem Menschensohn bestimmte Schicksal (V. 21–23)
III’ Die Jünger als Erfüllungsgehilfen des göttlichen Heilsplanes und Zeugen der verheißungsgemäßen (Jes 53,12) Vollendung des Weges Jesu im Tod als Frevler unter Frevlern (V. 35–38)
81 Anders M. Theobald, Paschamahl und Eucharistiefeier. Zur heilsgeschichtlichen Relevanz der Abendmahlsszenerie bei Lukas (Lk 22,14–38), in: M. Theobald – R. Hoppe (Hg.), „Für alle Zeiten zur Erinnerung“ (Jos 4,7). Beiträge zu einer biblischen Gedächtniskultur. FS F. Mußner, SBS 209, Stuttgart 2006, 138–145. E. LaVerdiere, A Discours at the Last Supper, BiTod 71 (1974), 1540–1548, betont zwar die interpretatorische Bedeutung des Gesamtzusammenhanges, bleibt aber bei der literaturgeschichtlichen Betrachtung entsprechender Diskursszenen stehen und wertet seine kompositorischen Erkenntnisse theologisch nicht aus. 82 Diesen anthropologisch motivierten Perspektivenwechsel erkennen all jene nicht, welcche nur deshalb von der kompositorischen Geschlossenheit der Perikope ausgehen, weil sie
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I. Der Tod des Knechts
Die als Doppelbild entworfene Szene erweist ihre Besonderheit auch darin, daß sie, bis auf die Austeilung von Brot und Wein, keine Handlungselemente enthhält, sondern allein vom Redegeschehen lebt. Folgende Leitbegriffe, verknüpft zu semantischen Feldern, treten in auffallender Häufigkeit hervor, und zwar jeweils in beiden Teilen der Erzählung: Am markantesten ist der wiederholte Hinweis auf das kommende Reich Gottes (βασιλεία τοῦ θεοῦ: V. 16.18.29 f), verbunden mit der Vorstellung eines festlichen Mahles (ἐσθίειν, πίνειν: V. 15.16.18.30).83 Es bilddet den Bezugsrahmen sowohl für das Passamahl (V. 15) als auch für das innerhhalb desselben eingesetzte eucharistische Mahl (V. 19 f; vgl. auch den Hinweis auf den Tisch in V. 21 und 30). Begrifflich vorherrschend ist allerdings die Leidens terminologie (πάσχειν, παραδιδόναι, σῶμα διδόμενον, αἷμα ἐκχυννόμενον, εἰς θάνατον πορεύεσθαι: V. 15.19–22.33), die den äußersten Kontrast zu den mit der βασιλεία verknüpften Heilsbildern markiert. Die Leidensbegrifflichkeit wird in den Einsetzungsworten mit den Elementen des Mahls verbunden und zeichenhaft auf sie bezogen. Mit der Niedrigkeit des Leidens korrespondiert der Dienst Jesu an seinen Jüngern (διακονεῖν: V. 26 f), der alle weltlich-herrscherlliche Größe relativiert (V. 24–27). Einen thematischen Zusammenhang bilden schließlich auch die auf den menschlichen Glauben zielenden Begriffe (πίστις, ἐπιστρέφειν: V. 32), dessen Gefährdung betont hervorgehoben wird (σατανᾶς, ἡ πίστις ἐκλείπουσα, ἀπαρνεῖσθαι bzw. παραδιδόναι τον υἱὸν τοῦ ἀνθρώπου: V. 21 f.31 f.34). In diesem engen Beziehungsgeflecht theologisch bis zum Rand gefüllter Begriffe wird das Mahlgeschehen so mit Jesu Tod verknüpft, daß das im Vollzzug des Passamahls zum Gedächtnis des Todes Jesu eingesetzte eucharistische Mahl als Abbild des eschatologischen Mahles im Reich Gottes erscheint. Das Heil ist damit unabdingbar an das Kreuzesgeschehen geknüpft, wie umgekehrt der Tod Jesu von vornherein vom Licht der durch ihn ins Werk gesetzten eschattologischen Vollendung überstrahlt wird. Der Perspektivenwechsel von Jesu Persson und Werk im ersten Teil der Erzählung hin zum Menschen und der von ihm die Erzählung der antiken Gattung „Abschiedsrede“ zuordnen und daher alle Teile des lukannischen Abendmahlsberichts als von einer bestimmten Erzählintention vorbestimmt verstehhen. Vgl. X. Léon-Dufour, Das letzte Mahl Jesu und die testamentarische Tradition nach Lk 22, ZKTh 103 (1981), 33–55; Neyrey, Passion, 5.48; W. S. Kurz, Luke 22:14–38 and Greco-Roman and Biblical Farewell Addresses, JBL 104 (1985), 251–268; Matera, Passion Narratives, 160–162. 83 Der kompositorische Zusammenhang weist nicht auf einen überlieferungsgeschichtlichen Zusammenhang. Gegen H. Schürmann, Jesu Abschiedsrede Lk 22,21–38. III. Teil einer quelllenkritischen Untersuchung des lukanischen Abendmahlsberichtes Lk 22,7–38, Münster 1957, Nachdr. 1977, 58–63, und ders., Der Abendmahlsbericht Lk 22,7–38 als Gottesdienstordnung, Gemeindeordnung, Lebensordnung, in: ders., Ursprung und Gestalt. Erörterungen und Besinnungen zum Neuen Testament, Kommentare und Beiträge zum Alten und Neuen Testament, Düsseldorf 1970, 124.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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geforderten Lebens- und Glaubenshaltung im zweiten Teil dient der erzählerischen Integration des Menschen in das Heilsgeschehen. Dabei wird der – stets angeffochtene – Glaube an den Gekreuzigten als die anthropologische Voraussetzung des Heilsempfangs herausgestellt. Er umschließt das Wissen um das sich nur im Dienst der Niedrigkeit vollziehende Heil. Gleichzeitig wird dieser Glaube an den gedenkenden Nachvollzug des eucharistischen Mahles gebunden, der seinerseits als proleptische Teilnahme am endzeitlichen Mahl im Reich Gottes verstanden wird. Die Parallelisierung von Petrus und Judas als durch Satan gefährdete bzw. beschlagnahmte Menschen (Lk 22,3.22.31) weist in diesem Zusammenhang auf die Erlösungsbedürftigkeit eines jeden Menschen, wodurch die lebenstiftende und lebenerhaltende Bedeutung des dem Menschen als Gedächtnishandlung aufgetraggenen eucharistischen Mahles besonders hervortritt. Erst wenn man die Parallelität der Linien wahrnimmt und die doppelte, aber perspektivisch verschiedene theologische Behandlung der Frage nach der Heilsbbedeutung des Todes Jesu zur Grundlage der Interpretation macht, wird auch die Besonderheit der hier von Lukas geleisteten Traditionsverarbeitung erkennbar, in deren Zentrum die Gottesknechtschaft Jesu (V. 19 f.37) steht, die aber weit über den jesajanischen Bezugsrahmen hinausgreift und die prophetischen Heilsverhheißungen in universaler Weite auf das Kreuzesgeschehen bezieht. Gleichzeitig zeigt die bis ins Detail ausgefeilte Komposition der Szene durch Lukas, daß die nachhaltige exegetische Forderung, der Evangelist müsse immer wieder zitierend (Jes 53,12 bzw. Mk 10,45) auf das Sühnegeschehen verweisen, am Kern der Sache vorbeigeht. Denn wer von Lukas verlangt, er solle, unter Verzicht auf begriffliche und damit auf soteriologische Klarheit, in nur 25 Versen noch zweimal wiederhollen (V. 27.37), was er beim Höhepunkt der Szene doch bereits gesagt hat (V. 19 f), der fordert von ihm die Zerstörung seines Gedankenganges und die Preisgabe seinnes Gesamtkonzepts, das auf die Integration nicht nur der Christologie, sondern auch der Anthropologie in die soteriologische Reflexion zielt. Vor dem Eintritt in den theologischen Diskurs um die Bedeutung der Einsetzzungsworte (V. 19 f) und des auf sie zurückweisenden Gottesknechtszitats (V. 37) ist allerding zunächst der Text der Einsetzungsworte zu untersuchen, der, wie so vieles andere in der Lukasexegese, Grund nicht enden wollender Auseinanderssetzungen ist.
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I. Der Tod des Knechts
2.1 Die Einsetzungsworte (Lk 22,19–20) Die hier gebotene Interpretation setzt die Ursprünglichkeit der lukanischen Einsetzzungsworte, der sog. Langform, voraus, woran zunehmend auch diejenigen nicht mehr zweifeln, die Lukas an anderer Stelle die Sühnevorstellung absprechen. Der sich in der Frage der Textkritik entwickelnde Konsens entbindet allerdings nicht von der eingehenden Betrachtung der Verse Lk 22,19 und 20. Dies gilt nicht nur in textkritischer, sondern auch in traditions- und überlieferungsgeschichtlicher Hinssicht. Darüber hinaus ist überhaupt die Frage nach der lukanischen Verarbeitung von Traditionsmaterial zu stellen. Ihr ist an dieser Stelle schon deshalb exemplarrisch nachzugehen, weil nur die verhängnisvolle Einstufung des lukanischen Tradditionsmaterials als „unlukanisch“ es den Lukasinterpreten erlaubt, dem Evangellisten ein sühnetheologisches Desinteresse zu unterstellen. 2.1.1 Das textkritische Problem Für die Verfechter eines sühnetheologisch „unbelasteten“ Lukasevangeliums erweisen sich die Verse Lk 22,19 und 20 als besonders interessant, weil ein – wenn auch zahlenmäßig unbedeutender – Teil der Handschriften, allen voran D nebst einigen altlateinischen Versionen (a, d, ff2, i, l), in Lk 22,19 abbricht nach τοῦτό ἐστιν τὸ σῶμά μου und weder das Kelchwort noch die doppelte Zueignnungsformel zu kennen scheint. Neben dieser sog. Kurzform der lukanischen Einssetzungsworte stehen noch durch diverse Versumstellungen entstandene Mischfformen in zwei weiteren altlateinischen Handschriften (b, e: V. 19a.17.18) und in den altsyrischen Übersetzungen (syc: V. 19.17.18; sys: V. 19.20aβ.17.20b.18), die wegen ihres eindeutig sekundären, weil um textlichen Ausgleich bemühten Charakters von der hier geführten Diskussion auszunehmen sind.84 Daß man forsschungsgeschichtlich bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts im Kurztext das ursprünglliche Anliegen des Lukas ausgedrückt fand, hängt vor allem damit zusammen, daß man eine spätere Textverkürzung nicht befriedigend zu erklären vermochte und daher der lectio difficilior den Vorzug gab. Dabei nahm man die Härte des Überggangs von V. 19a zu V. 21 in Kauf.85 Seitdem geht allerdings die Entwicklung 84 S. dazu die ausführliche Studie von H. Schürmann, Lk 22,19b–20 als ursprünglicche Textüberlieferung, Bib. 32 (1951), 364–392.522–541 (= ders., Traditionsgeschichtliche Untersuchungen zu den synoptischen Evangelien, KBANT 1, Düsseldorf 1968, 159–192), und Fitzmyer, Luke X–XXIV, 1387–1389 (mit Spezialbibliographie zum Thema, op. cit., 1405 f). 85 Vgl. etwa H. N. Bate, The „Shorter Text“ of St Luke xxii 15–20, JThS 28 (1927), 362– 368; F. C. Burkitt, On Luke xxii 17–20, JThS 28 (1927), 178–181; G. D. Kilpatrick, Luke xxii. 19b–20, JThS 47 (1946), 49–56. Anders A. R. Eagar, St. Luke’s Account of the Last Supper: A Critical Note on the Second Sacrament, Exp. 7. Ser 5 (1908), 252–262.343–361; F. X. Porporato, De Lucana pericopa 22, 19b–20, VD 13 (1933), 114–122; B. H. Throckmorton,
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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in die entgegengesetzte Richtung und werden aufgrund der gründlichen Arbeitten von Heinz Schürmann86 und Joachim Jeremias87 zum Thema Zweifel an der Ursprünglichkeit des Langtextes nur noch vereinzelt laut.88 Und in der Tat lassen die Zahl und das Gewicht der Handschriften, die für den Langtext zeugen (P75, א, A, B, C, K, L, T, W, X, Δ, Θ, Π, Ψ, 063, f1.13 neben zahlreichen Minuskkeln und dem Großteil der alten Übersetzungen)89 gar keinen anderen Schluß zu, als daß die gesamte Passage Lk 22,19 f von Anfang an fester Bestandteil des Lukasevangeliums war. Wer sich gegenwärtig immer noch dem allgemeinen textkkritischen Konsens entgegenstellt, tut dies allein aus kompositorischen Gründen, im Rückgriff auf das bekannte, textlich vorwiegend auf Mk 10,45, Lk 22,37 und Apg 8,32 f gegründete Argument, daß Lukas jedweder Sühnetheologie distanziert gegenüberstehe. Damit sei die Möglichkeit, Lukas selbst könne der Tradent der Langform Lk 22,19 f sein, von vornherein ausgeschlossen90 – ein, auch abgesehhen vom Handschriftenbefund, hinfälliges Argument, sobald die lukanische Interppretation des Todes Jesu als eines Stellvertretungs- und Sühnetodes erwiesen ist. Jr., The Longer Reading of Luke 22:19b–20, AThR 30 (1948), 55 f, und programmatisch P. Benoit, Le récit de la cène dans Lc. XXII, 15–20. Étude de critique textuelle et littéraire, RB 48 (1939), 357–393 (= Exégèse et théologie, Bd. 1, Paris 1961, 163–203), und ders., Luc xxii. 19b–20, JThS 49 (1949), 145–147. Vgl. auch H. Chadwick, The Shorter Text of Luke XXII.15–20, HThR 50 (1957), 249–258. 86 S. den bereits in Anm. 84 genannten Aufsatz; ferner ders., Der Einsetzungsbericht Lk 22,19–20. II. Teil einer quellenkritischen Untersuchung des lukanischen Abendmahlsberichtes Lk 22,7–38, Münster 1955. Vgl. auch ders., Lk 22,42a das älteste Zeugnis für Lk 22,20?, MThZ 3 (1952), 185–188. 87 Die Abendmahlsworte Jesu, 4. Aufl., Göttingen 1967, 132–153. 88 Vgl. K. T. Schäfer, Zur Textgeschichte von Lk 22,19b.20, Bib. 33 (1952), 237–239; P. Parker, Three Variant Readings in Luke-Acts, JBL 83 (1964), 165–167; K. Snodgrass, Western Non-Interpolations, JBL 91 (1972), 369–379; G. R. Beasley-Murray, Jesus and the Kingdom of God, Grand Rapids, Michigan 1986, 260. Auch in den Kommentaren zum Lukasevangelium wird mehrheitlich die Originalität des Langtextes vertreten; vgl. z. B. Rengstorf, Lukas, 242 f; Marshall, Luke, 799–801; E. Schweizer, Das Evangelium nach Lukas, NTD 3, 19. Aufl. = 2., durchges. Aufl. der neuen Fassung, Göttingen – Zürich 1986, 221; Wiefel, Lukas, 364 f; Tiede, Luke, 380 f; Nolland, Luke 18:35–24:53; Bock, Luke 9:51– 24:53, 1721 f. 89 Vgl. dazu J. A. Fitzmyer, Papyrus Bodmer XIV: Some Features of Our Oldest Text of Luke, CBQ 24 (1962), 170–179, bes. 177. Zur grundsätzlichen Zuverlässigkeit von P75 als dem ältesten erhaltenen Textzeugen s. J. N. Birdsail, Rational Eclecticism and the Oldest Manuscripts: A Comparative Study of the Bodmer and Chester Beatty Papyri of the Gospel of Luke, in: J. K. Elliott (Hg.), Studies in New Testament Language and Text. FS G. D. Kilpatrick, Leiden 1976, 39–51. S. allerdings o. S. 98 f zu Lk 23,34a. 90 So oder ähnlich A. Vööbus, A New Approach to the Problem of the Shorter and Longer Text in Luke, NTS 15 (1968/69), 457–463; ders., Kritische Beobachtungen über die lukanissche Darstellung des Herrenmahls, ZNW 61 (1970), 102–110, und M. Rese, Zur Problematik von Kurz- und Langtext in Luk. XXII. 17ff., NTS 22 (1975), 15–31. Die Ursprünglichkeit des Kurztextes vertritt auch C.‑B. Amphoux, Le dernier repas de Jésus. Lc 22/15–20 et par., ETR 56 (1981), 449–454.
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I. Der Tod des Knechts
Was den nachträglichen Vorgang der Textverkürzung angeht, so verdient unter den vielen Vermutungen die Annahme den Vorzug, daß die Einbeziehung des Judas in die Heilszusage „für euch“ Anstoß erregt und die Streichung der Spendeformmel verursacht habe.91 Nun sollte man meinen, mit der Ursprünglichkeit des doppelten „für euch“ in Lk 22,19–20 sei über die theologische Zielrichtung des Evangelisten entschiedden. Denn folgt man der überwiegenden Mehrheit der Lukasexegeten, so ist das „für euch“ nicht anders zu interpretieren denn als Hinweis auf den Sühne- und Stellvertretungscharakter des Todes Jesu.92 Unlukanisch allerdings ist – darüber herrscht Einvernehmen – der Wortlaut der Verse. Damit scheint sich eine, wenn schon nicht textkritische, so doch überlieferungsgeschichtliche Möglichkeit zu ergeben, Lukas vom Gedankengut der von ihm tradierten Worte abzurücken. 2.1.2 Tradition und Redaktion in Lk 22,19–20 Daß die Einsetzungsworte Lk 22,19–20 ein Traditionsstück mit eigener Geschichte darstellen, steht angesichts der Parallelüberlieferungen in Mk 14,22–24, Mt 26,26– 28 und 1. Kor 11,23–25 außer Frage. Im Wortlaut steht der lukanische Text der paulinischen Fassung nahe, die ebenfalls das Brotwort mit der Spendeformel τὸ ὑπὲρ ὑμῶν (διδόμενον) und dem Wiederholungsbefehl τοῦτο ποιεῖτε εἰς τὴν ἐμὴν ἀνάμνησιν93 verbindet (V.19; 1. Kor 11,24c) und die Stiftung des neuen Bundes in Jesu Blut nicht auf das Element des Weines, sondern auf den Kelch bezieht (V.20; 1. Kor 11,25b). Am Schluß des lukanischen Kelchwortes allerdings erscheint der nochmalige Wiederholungsbefehl der paulinischen Textüberlieferrung (1. Kor 11,25c) durch eine zweite Spendeformel ersetzt, die der markinischen Abschlußzeile entspricht: „für euch (Mk 14,24: für viele [ὑπὲρ πολλῶν]) vergosssen“. Auch der über die Paulusformel hinausgehende Hinweis auf die Austeilung des Brotes an die Jünger in V. 19 entspricht fast wörtlich Mk 14,22aβ. Offensichtllich stellt die lukanische Fassung der Einsetzungsworte eine Mischform mit mögllicherweise eigenem lokalen Haftpunkt dar.94 Theologisch aber bleibt sie in der 91
Zur Judasproblematik u. S. 157–160.169–172. Zu denjenigen, welche die Formel nicht im genannten Sinne interpretieren, gehören X. Léon-Dufour, „Prenez! Ceci est mon corps pour vous.“, NRTh 104 (1982), 227–230, und Berger, Theologiegeschichte, 701 f. Zur Auseinandersetzung mit Bergers Position s. H. Lichttenberger, „Bund“ in der Abendmahlsüberlieferung, in: F. Avemarie – H. Lichtenberger (Hg.), Bund und Tora. Zur theologischen Begriffsgeschichte in alttestamentlicher, frühjüdischer und urcchristlicher Tradition, Tübingen 1996, 217–228, bes. 222–225. Zu der von Böttrich, Proexistenz, vorgenommenen Umdeutung des „für euch“ in ein „mit euch“ s. bereits o. S. 33–37. 93 S. dazu H. Kosmala, „Das tut zu meinem Gedächtnis“, in: ders., Studies, Essays and Reviews, Bd. 2, Leiden 1978, 59–72. 94 Dibelius, Formgeschichte, 211; R. Pesch, Das Abendmahl und Jesu Todesverständnis, QB 80, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1978, 31–51; W. Haubeck, Loskauf durch Christus. Herkunft, 92
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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Deutung des Todes Jesu als Opfer- und Sühnetod ganz dem Vorstellungsrahmen der anderen Überlieferungsformen verhaftet. Unsicher ist der geschichtliche Werdegang der Formel selbst, d. h., ob der Mischtext aus paulinischen und markinischen Satzelementen ein im Schnittpunkt der Traditionen eigendynamisch gewachsenes Überlieferungsstück darstellt oder ob er das Ergebnis einer redaktionellen Bearbeitung ist, die sich auf der literarisschen Ebene vollzog. Der grammatikalisch nicht kongruente Anschluß der markkinischen, auf das Blut Jesu bezogenen Wendung τὸ ὑπὲρ ὑμῶν ἐκχυννόμενον an das im Sinne der paulinischen Tradition überlieferte Kelchwort läßt eher auf einen redaktionellen Vorgang schließen, für den man allerdings – aus bekannten Gründen – keinesfalls Lukas selbst verantwortlich machen möchte.95 Tatsächlich spricht gegen die lukanische Bearbeitung der Formel der Sprachggebrauch: die absolute Verwendung von εὐχαριστεῖν und κλᾶν in V. 19a, die Nachstellung von ὡσαύτως in V. 20a96 und das Fehlen der Kopula in V. 20b.97 Ob man auch das auf Jesu Stellvertretungstod bezogene ὑπὲρ ὑμῶν dazurechnnen darf, bleibt fraglich, nicht nur, weil die Qualifikation des Begriffs als unlukannisch dem allgemeinen sühnetheologischen Vorurteil gegenüber Lukas entspringt und sich darauf gründet, daß Lukas die Formel an anderer Stelle nicht wiederholt, sondern auch deshalb, weil ἀποθνῄσκειν ὑπέρ der griechischen Sprachkonventtion entspricht, der Lukas stilistisch verpflichtet ist und die für die menschliche Lebenshingabe zugunsten einer Sache sogar das Kompositum ὑπεραποθνῄσκειν kennt.98 Überhaupt ist bei diesem bedeutenden liturgischen Text methodisch Vorssicht geboten vor einer allzu raschen Aussonderung von „unlukanischen“ WendGestalt und Bedeutung des paulinischen Loskaufmotivs, Gießen – Basel 1985, 255. Stuhlmacher, Biblische Theologie 1, 141, führt die Gemeinsamkeiten zwischen Lukas- und Paulustext auf die „in Antiochien heimische (protolukanische) Passionstradition“ zurück, „die ihren Ursprung in der Paradosis der Jerusalemer Hellenisten um Stephanus hat“. Vgl. auch A. Schlatter, Das Evangelium nach Lukas. Aus seinen Quellen erklärt, 3. Aufl., Stuttgart 1975, 421–423; Schürmann, Einsetzungsbericht, 15–81, bes. 80 f; Joachim Jeremias, Abendmahlsworte, 149 f; F. Lang, Abendmahl und Bundesgedanke im Neuen Testament, EvTh 35 (1975), 526; ferner G. Bornkamm, Zum Verständnis des Gottesdienstes, in: ders., Das Ende des Gesetzes. Paulusstudien. Gesammelte Aufsätze, Band 1, 2., verb. Aufl., München 1958, 131 f. 95 Daß man aber auch Lukas als Redaktor der Formel ansehen und ihm gleichzeitig ein sühnettheologisches Interesse grundsätzlich absprechen kann, zeigt Voss, Christologie, 102 f. 96 Zu der – möglicherweise intendierten – Bedeutungsverschiebung gegenüber der paulinisschen Wendung ὡσαύτως καὶ τὸ ποτήριον (1. Kor 11,25aα) vgl. O. Hofius, Herrenmahl und Herrenmahlsparadosis. Erwägungen zu 1 Kor 11,23b–25, in: ders., Paulusstudien, Tübingen 1989, 214 f mit Anm. 66 (= ZThK 85 [1988], 371–408). Vgl. auch Theobald, Paschamahl, 140 f. 97 Zur Sprachgestalt der Formel ausführlich Joachim Jeremias, Die Sprache des Lukasevangeliums. Redaktion und Tradition im Nicht-Markusstoff des dritten Evangeliums, KEK, Sonderband, Göttingen 1980, 287 f. 98 Vgl. H. G. Liddell – R. Scott, A Greek-English Lexicon, revised and augmented throughout by H. S. Jones, 9. Aufl., Oxford 1940, Nachdr. 1985, 199 s. v. ἀποθνῄσκω und
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I. Der Tod des Knechts
dungen aus dem Stilrepertoire des Evangelisten. Denn der bereits im Eingang des Evangeliums praktizierte Stil- und Sprachwechsel zeigt deutlich, daß gerade Lukas die Übernahme besonderer Sprachkonventionen als bewußtes erzählerissches Ausdrucksmittel einsetzt. Die Beibehaltung eines für den Evangelisten untyppischen Sprachgebrauchs kann folglich nicht automatisch gegen die Möglichkeit einer auktorialen Bearbeitung der Formel ins Feld geführt werden,99 zumal wenn es sich dabei nicht um individuelle Zusätze, sondern um die Kombination tradittioneller Elemente handelt. Dazu kommt, daß die wörtliche Verbindung der markkinischen mit der paulinischen Schlußsentenz samt den in ihnen enthaltenen Tradditionsbezügen alle Anzeichen einer bewußten theologischen Verknüpfung an sich trägt, die ganz in das von Lukas entworfene Gesamtbild hineinpaßt. 2.1.3 Die alttestamentlichen Bezüge im Kelchwort Vor der Analyse des Traditionsmaterials in den lukanischen Einsetzungsworten sind allerdings die Verstehensvoraussetzungen zu benennen, unter welchen die in Frage stehenden Texte betrachtet werden. Dies ist indirekt bereits geschehen im Hinweis auf das ὑπὲρ ὑμῶν (Mk 14,24: ὑπὲρ πολλῶν) als eine Formel, welche nach mehrheitlicher exegetischer Überzeugung den Sühne- und Stellvertretungsccharakter des Todes Jesu zum Ausdruck bringt. Nun entbindet der weitgehende Konsens nicht davon, die Richtigkeit der Auslegung zu prüfen. Dieser Überprüffung ist Genüge getan mit dem Hinweis auf das zweite Einleitungskapitel, in welcchem der kultische Hintergrund des Abendmahls bereits ausführlich beleuchtet und das urchristliche Verständnis des Todes Jesu als eines Geschehens sühnender Stellvertretung befestigt wurde, in Auseinandersetzung mit all jenen, welche die neutestamentlichen ὑπέρ-Aussagen von griechisch-römischen Hingabevorstelllungen ableiten.100 Ein nochmaliger Eintritt in die sogenannte Stellvertretungsdebbatte erübrigt sich daher. Die nachfolgende traditionsgeschichtliche Analyse setzt die eingangs formulierten Ergebnisse zum urchristlichen Verständis des Todes voraaus und mit ihnen die Erkenntnis, daß die Rezeption von Jes 53, um die es hier geht, im Horizont kultischer Sühnetheologie erfolgt. Wie eine Zusammenfassung dessen, was die Grundlage dieser Untersuchung ist, mutet folgender Satz an, mit dem Peter Stuhlmacher seine vergleichende Betrachtung der Einsetzungsworte zum Höhepunkt führt: „Vom Kelchwort her erscheint Jesus ... als der Gottesknecht, der durch sein stellvertretendes Leiden und seinen Tod die endzeitliche ‚Rechtfertigung‘ für Israel (und die Völker) hera1859 s. v. ὑπεραποθνῄσκω. Dazu M. Hengel, The Atonement. The Origins of the Doctrine in the New Testament, London – Philadelphia 1981, 9. 99 Gegen Green, Death (1990), 4. 100 S. o. S. 58–77.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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aufführt.“101 Diese zunächst auf Mk 14,24 bezogene Feststellung, die voraussetzt, daß der Gottesknechtsbezug sich dem Empfänger der mit der Gabe des Kelchs verknüpften Heilszusage von selbst erschließt, umfaßt auch das lukanische Wort, das in grammatikalisch so auffälliger Weise dem paulinischen Kelchwort die markkinische Wendung τὸ ὑπὲρ ὑμῶν ἐκχυννόμενον anfügt. Der Bezug des solcheraart „markinisch“ erweiterten Kelchwortes auf den jesajanischen Gottesknecht ist ein dreifacher,102 auch wenn in den meisten Untersuchungen zum Thema allein der Bezug der ὑπέρ-Wendung auf Jes 53 Gegenstand der Gottesknechtsreflexion ist. Um so dringlicher ist die Betrachtung auch der anderen Aspekte, nicht zuletzt deswegen, weil die vielgeübte Herabminderung der Bedeutung von Jes 53 für das Verständnis der Einsetzungsworte ein Grund dafür ist, daß der Forschung bis heute keine überzeugende und von der Mehrheit anerkannte Rekonstruktion der soteriollogischen Gesamtentwicklung in urchristlicher Zeit gelungen ist. Da das Hauptaugenmerk der Exegeten der Wendung ὑπὲρ ὑμῶν bzw. ὑπὲρ πολλῶν gilt, sei sie zuerst der Analyse unterzogen. Diese Formel faßt, wie nun schon mehrfach erwähnt, das heilsgeschichtliche Ziel des Todes Jesu ins Bild der Israel und die Völker entsühnenden Lebenshingabe des Gottesknechts nach Jes 53,10–12.103 Dies gilt, wie Werner Grimm104 überzeugend dargelegt hat, mit der Einschränkung, daß dieser Bezug mehr sachlich als sprachlich gegeben ist. Denn wenn auch in Mk 14,24 der Hinweis auf „viele“ bzw. „die Vielen“, denen das durch Jesu Tod gewirkte Heil zuteil wird, sich Jes 53,11 f verdankt, wo „die Vielen“ (הָ ַר ִבּים, eigentlich: „alle“; griech. οἱ πολλοί), deren Entschuldung und Rettung der Gottesknecht wirkt, gleich dreimal genannt werden, so rezipiert doch das markinische Kelchwort das vierte Gottesknechtslied traditionsgeschichtlich in der Form, wie sie auch in Mk 10,45 vorliegt, nämlich in Kombination mit dem Lösegeldwort Jes 43,3 f.105 Nur hier begegnet auf der Ebene des Griechischen die 101 Biblische Theologie 1, 140; vgl. ders., Der messianische Gottesknecht, 135. Zum Bezug des Kelchwortes auf Jes 53 s. auch Joachim Jeremias, Abendmahlsworte, 218 f; Lohse, Märtyrer, 123–125; F. Hahn, Die alttestamentlichen Motive in der urchristlichen Abendmahlsüberlieferung, EvTh 27 = N. F. 22 (1967), 358 f; Lichtenberger, „Bund“, 225; H. Patsch, Abendmahl und historischer Jesus, CThM Reihe A, Bd. 1, Stuttgart 1972, 182; Beasley-Murray, Jesus, 265–267. 102 Vgl. Wolff, Jesaja 53, 65 f. 103 Vgl. Joachim Jeremias, Jesus, 90 f; Hahn, Alttestamentliche Motive, 361. Fitzmyer, Luke X–XXIV, 1401, und im Anschluß an ihn Bock, Luke 9:51–24:53, 1727, sprechen der Wendung zwar nicht ihren sühnetheologischen Charakter, aber ihren Bezug auf Jes 53,12 ab. 104 Verkündigung, 231–277. 294–300. 105 Vgl. auch Stuhlmacher, Existenzstellvertretung, 37 f. – Die in jüngerer Zeit immer häufiger geäußerte Überzeugung, daß der Bezug des markinischen Kelchwortes auf Jes 53 zweifelhaft sei, begegnet auffallenderweise stets dort, wo auf eine gründliche Analyse des altttestamentlichen Traditionsmaterials verzichtet und daher auch die für das Kelch- und für das Lösegeldwort konstitutive Verknüpfung von Jes 53,12 und Jes 43,3 f nicht in die Auslegung des Textes mit einbezogen wird. Stellvertretend für andere J. Schröter, Das Abendmahl.
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I. Der Tod des Knechts
Zueignungsformel ὑπὲρ σοῦ (V. 4b), wobei im hebräischen Text der Loskauf Is raels als Frucht der Dahingabe „des Menschen“ erscheint ()וְ אֶ תֵּ ן אָ ָדם תַּ ְחתֶּ יָך, was überhaupt die traditionsgeschichtliche Verknüpfung der Stelle mit Jes 53 in Mk 10,45 und Mk 14,24 par. Lk 22,20 erklärt. Auch wenn bei Lukas durch die Ersetzzung von πολλῶν durch ὑμῶν im Zueignungswort der wörtliche Bezug weniger exakt ist als bei Markus, so bleibt das dahinterstehende Bild doch deutlich.106 Ja, man möchte sogar fragen, ob Jes 43,4 nicht den Anstoß gab für die Ersetzung der 3. Person durch die 2. Person in der paulinisch-lukanischen Zueignungsformel.107 Der Gottesknechtsbezug tritt, ob so oder so, auch bei Lukas deutlich hervor. Denn auch Lukas verweist mit Blick auf das Sühnegeschehen – dies ist der zweite, bislang wenig beachtete Bezug zu Jes 53 – auf das vergossene, eigentlich ausgesschüttete Blut Jesu.108 Der Ausdruck entspricht wörtlich der Ansage am Höheppunkt des vierten Gottesknechtsliedes, daß der Knecht „sein Leben ausgeschütttet hat“ zum Tode (Jes 53,12): הֶ ע ֱָרה לַ מָּ וֶת נ ְַפשׁוֹ
anders LXX: παρεδόθη εἰς θάνατον ἡ ψυχὴ αὐτοῦ Diese im Wortlaut überdeutliche Anspielung auf den hebräischen Text von Jes 53 gerät bei der Interpretation der Einsetzungsworte zumeist aus dem Blickfeld, weil selbst in den alttestamentlichen Kommentaren und Abhandlungen zum vierten Gottesknechtslied der im Deutschen verständlicheren Übersetzung „er hat sein Leben dem Tod preisgegeben“ der Vorzug gegeben wird109 und die Interpretation der Wendung sich in der Regel auf dieser Deutungsebene vollzieht. Sprechender Frühchristliche Deutungen und Impulse für die Gegenwart, SBS 210, Stuttgart 2006, 129 mit Anm. 174, dessen Auslegung der Einsetzungsworte auch deshalb an der Oberfläche bleibt, weil sie der soteriologischen Diskussion aus dem Wege geht. 106 Wenn man mit George, La mort de Jésus, 194, zwar der markinischen Form des Kelchwortes einen sühnetheologischen Bezug zu Jes 53 zuschreiben wollte, aber, wegen der Ersetzung von ὑπὲρ πολλῶν durch ὑπὲρ ὑμῶν, nicht der lukanischen, müßte man auch den entssprechenden paulinischen Hinweisen (Röm 5,6.8; 8,32; 14,15; 1. Kor 1,13; 2. Kor 5,14 f; Gal 2,20; 1. Thess 5,10 neben 1. Kor 11,24) ihren Bezug zu Jes 53 und damit ihren sühnetheologisschen Charakter absprechen. Dazu Hofius, Herrenmahl, 225 f; ders., „Für euch gegeben zur Vergebung der Sünden“. Vom Sinn des Heiligen Abendmahls, ZThK 95 (1998), 313–337, bes. 326–330. 107 S. dazu nochmals Grimm, Verkündigung, 272 f. Die das Verständnis des Todes Jesu konstituierende Kombination von Jes 53,12 und Jes 43,3 f in Mk 10,45 erweist die Behauptung von Hahn, Hoheitstitel, 60, als falsch, die 2. Person im lukanischen Zueignungswort spreche gegen eine Abhängigkeit von Jes 53, eine These, die, in direkter Anlehnung an Hahn, auch Knöppler, Sühne, 281, vertritt. 108 Vgl. M. Bastin, Jésus devant sa Passion, LeDiv 92, Paris 1976, 112 f. 109 Vgl. z. B. Janowski, Stellvertretung, 72; Hermisson, Gottesknechtslied, 9, wo in Anm. 41 allerdings auf die eigentliche Wortbedeutung von ערהhif. hingewiesen wird. Dagegen W. Grimm in Zusammenarbeit mit K. Dittert, Das Trostbuch Gottes. Jesaja 40–55, Stuttgart 1990, 84. S. dazu nochmals Wolff, Jesaja 53, 66.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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aber ist das ursprüngliche Bild: Der Gottesknecht schüttet seine נֶפֶ שׁaus um der Entschuldung der Vielen willen. Nun spricht die Ähnlichkeit des Bildes mit dem in Ps 141,8 (אַל־תּעַ ר נ ְַפ ִשׁי ְ : „Gieß nicht aus mein Leben!“, d. h.: „Gib mich nicht dahin in den Tod!“110) in der Tat dafür, in ihm zunächst nicht mehr als einen generrellen Hinweis auf den Tod des Knechts zu sehen. Daß aber zumindest das Urchrisstentum die Ausgießung des Lebens des Knechts nach Jes 53,12 als Ausgießung seines Blutes verstand, zeigt das markinische Zueignungwort (Mk 14,24), das nicht zufällig zwei Anspielungen auf Jes 53,12 kombiniert: die Anspielung auf die Errettung der Vielen (ὑπὲρ πολλῶν) und die Anspielung auf die Ausgießung des Blutes Jesu (τὸ αἷμά μου ... τὸ ἐκχυννόμενον). Die Kombination manifesstiert den Sühnecharakter des Todes Jesu, und zwar auf der Grundlage der für das Alte Testament selbstverständlichen Identifikation von נֶפֶ שׁund ָדּם, von Leben und Blut des Menschen: ִכּי הַ ָדּם הוּא הַ נָּפֶ שׁ
Dtn 12,23:
Denn das Blut ist das Leben.
Lev 17,14b:
Denn das Leben allen Fleisches ist dessen Blut.
ִכּי נֶפֶ שׁ כָּ ל־בָּ שָׂ ר ָדּמוֹ ִהוא
Diese Gleichsetzung kann, wie auch das Nebeneinander der Formulierungen Lev 17,14b und Lev 17,11a zeigt, durch Beth essentiae noch ausdrücklich unterstricchen werden. Es ist das Verdienst Ernst Jennis, diesen Sachverhalt herausgesstellt zu haben:111 ִכּי נֶפֶ שׁ הַ בָּ שָׂ ר בַּ ָדּם ִהוא
Lev 17,11a:
Denn das Leben des Fleisches ist das Blut.112
Lev 17,11b:
Denn das Blut als das Leben ist es, das Sühne erwirkt.
Lev 17,14a:
ִכּי־נֶפֶ שׁ כָּ ל־בָּ שָׂ ר ָדּמוֹ ְבנ ְַפשׁוֹ הוּא
ִכּי־הַ ָדּם הוּא בַּ נֶּפֶ שׁ יְ כַ פֵּ ר
Denn das Leben allen Fleisches ist sein Blut als sein Leben. D. h.: Denn was das Leben allen Fleisches anllangt, so gilt sein Blut als sein Leben.
110 S. W. Gesenius, Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, Berlin – Göttingen – Heidelberg 1962, unveränderter Neudruck. der 17. Aufl. 1915, 617 f; 18. Aufl., bearb. und hg. von H. Donner, 4. Lieferung, Heidelberg 2007, 1012: „Laß mich nicht sterben!“ 111 Die hebräischen Präpositionen, Band: 1: Die Präposition Beth, Stuttgart – Berlin – Köln 1992, 84 f. Mit der für die folgenden Beispiele geltenen Klassifikation des Beth als Beth essenttiae ist dem Mißverständnis gewehrt, das Blut sei gewissermaßen die Trägersubstanz des Lebens und damit sachlich von ihm unterschieden. 112 Nach Jenni, op. cit., 85; dort auch die Übersetzung der folgenden Stellen.
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I. Der Tod des Knechts
Gen 9,4:
אְַך־בָּ שָׂ ר ְבּנ ְַפשׁוֹ ָדמוֹ ל ֹא ת ֹאכֵ לוּ
Nur Fleisch, als dessen Leben sein Blut (vorhanden) ist, sollt ihr nicht essen.
Als besonders bedeutsam für die urchristliche Deutung des vierten Gotteskknechtsliedes muß in diesem Zusammenhang Lev 11,17b gelten, wo von der Sühnkraft der mit dem Blut identifizierten נֶפֶ שׁdie Rede ist. Da in diesem Sinne „Leben“ und „Blut“ als komplementäre, unlöslich miteinander verbundene Begriffe galten, konnte im Blick auf das Kreuzesgeschehen die Ausschüttung der נֶפֶ שׁdes Knechts in Jes 53,12 nur als Ausgießung seines Blutes verstanden werden, dies auch deswegen, weil in Jes 53,10 die Identifikation der Lebenshinggabe des Knechts mit einem Schuldopfer ( – )אָ שָׁ םso das urchristliche Verständnnis des Begriffs113 – zu einer kultischen Deutung des Geschehens nötigte. Ja, es fragt sich, ob angesichts der Kombination des Bildes von der Ausschüttung des Lebens mit dem Begriff אָ שָׁ םein auch ursprünglich kultischer Bezug des viertten Gottesknechtsliedes so eindeutig verneint werden kann, wie es gegenwärtig geschieht, ein kultischer Bezug in dem Sinne, daß im Blick auf die Lebenshinggabe des Knechts die im Exil gegebene historische Unmöglichkeit kultischer Schuldbefreiung reflektiert worden wäre. Die ursprünglich kultische Deutung des in Jes 53 dargestellten Geschehens legt sich auch aus sprachlichen Gründen nahe; denn es hängt, wie Herbert Niehr im Blick auf Jes 53,12, gleichzeitig im Blick auf die oben genannten Belege zur Identität von Blut und Leben betont, die Tatsache, „daß von der næpæš an dieser Stelle wie von einer Flüssigkeit die Rede ist“, damit zusammen, „daß die næpæš als Lebensprinzip mit dem Blut in Verbindung gebracht wird“.114 Daß jedenfalls das Urchristentum die Lebenshinggabe des Knechts nach Jes 53 in kultischen Kategorien deutete, kann angesichts des markinischen und des in der Zueignungsformel ihm folgenden lukanischen Kelchwortes nicht zweifelhaft sein. Der Einwand, daß ἐκχυννόμενον in Mk 14,24 par. Lk 22,20 nicht aus Jes 53,12 herzuleiten sei, weil die Wurzel ערהin der LXX nie mit ἐκχέω/ἐκχύν(ν)ω wieddergegeben werde,115 geht schon deshalb ins Leere, weil auch an anderen Stelllen des Neuen Testaments der traditionsgeschichtliche Rückgriff auf die jesajjanischen Gottesknechtstexte unabhängig vom Wortlaut der LXX erfolgt (vgl. z. B. Lk 22,37; Mt 12,18–21).116 Die fehlende LXX-Parallele spricht also keinneswegs gegen Jes 53 als Textgrundlage für das Wort von der Ausschüttung des Blutes. Daß, ganz im Gegenteil, Lukas sich dieses Bezuges voll bewußt ist, zeigt 113
Dazu ausführlich Einführung 2.1.2. ‘ārāh, ThWAT 6, Stuttgart – Berlin – Köln – Mainz 1989, Sp. 370 f. 115 So Grimm, Verkündigung, 296; R. Pesch, Das Abendmahl und Jesu Todesverständnis, QD 80, Freiburg i. Br. c Basel – Wien, 96. 116 S. dazu Kapitel I. 4.1. 114 Art. עָ ָרה
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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Lk 11,50, wo im Hinblick auf die Verwerfung der Propheten die Begriffskombinnation als Bild für die menschliche Lebenshingabe erscheint, nur daß Lukas das Verb in seiner klassischen (ἐκχέω) und nicht in seiner hellenistisch umgebildetten Form (ἐκχύν[ν]ω) verwendet:117 τὸ αἷμα πάντων τῶν προφητῶν τὸ ἐκκεχυμένον.
Die genannte Stelle ist um so markanter, als Lukas in der Nazarethperikope die Verwerfung Jesu aus menschlicher Sicht als prophetische Verwerfung kennzeichnnet (Lk 4,24)118 und damit die Verbindung zur Abendmahlsperikope schafft. Auch diese Verbindung zeigt, daß Lukas die von ihm rezipierte markinische Zueignnungsformel, welche die Ausgießung des Blutes Jesu als „für viele“ geschehen proklamiert, als Hinweis auf die in der Ausschüttung der נֶפֶ שׁsich vollziehende Lebenshingabe des Gottesknechts interpretierte. Daß er mit diesem Verständnis des Kelchwortes nicht theologisches Neuland betritt, sondern dem allgemeinen urchristlichen Verständnis der Zusammenhänge folgt, darf angesichts der Bedeuttung, die Jes 53 für die Ausbildung der urchristlichen Soteriologie hatte, als gesicchert gelten. Gehörten die bislang besprochenen Anspielungen auf Jes 53 zu denjenigen Traditionen, welche die Forschung wenigstens teilweise zur Erhellung des Versständnisses der Abendmahlsworte heranzieht, so gilt dies nicht in gleicher Weise für den dritten Motivkomplex aus dem Bereich der Gottesknechtstradition, auf welchen das Kelchwort Bezug nimmt: die göttliche Einsetzung des Knechts „zum Bund“ für Israel nach Jes 42,6 und Jes 49,6 LXX.8. Dieser Bezug wird im allgemmeinen ignoriert,119 obwohl nur in der Gottesknechtstradition die Verbindung aller Motive begegnet, welche die Einsetzungsworte konstituieren; denn im Gesamtkkontext der Lieder erscheint die Lebenshingabe des zur Errettung Israels ausgessonderten Knechts als die Ausführung des Auftrags, der die mit seiner Person in neuer Weise verknüpfte Bundesverheißung zur Erfüllung bringt.120 So zumindest 117 Vgl. F. Blass – A. Debrunner, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, beaarb. v. F. Rehkopf, 17. Aufl., Göttingen 1990, § 735. 118 Dazu ausführlich Kapitel IV.2 und IV. 3. 119 Vgl. aber Wolff, Jesaja 53, 65, und F. Lang, Abendmahl und Bundesgedanke, 533 f. S. außerdem E. Lohmeyer, Gottesknecht und Davidsohn, FRLANT 61, 2. Aufl., Göttingen 1953, 59; P. Benoit, Die eucharistischen Einsetzungsberichte und ihre Bedeutung, in: ders., Exegese und Theologie. Gesammelte Aufsätze, Kommentare und Beiträge zum Alten und Neuen Testament, Düsseldorf 1965, 93. Gegen B. Lang, Der Becher als Bundeszeichen: „Bund“ und „neuer Bund“ in den neutestamentlichen Abendmahlstexten, in: E. Zenger (Hg.), Der neue Bund im alten. Studien zur Bundestheologie der beiden Testamente, QD 146, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1993, 203, und Hahn, Alttestamentliche Motive, 366, die beide die Bedeutung der jesajannischen Bundesaussagen für das Verständnis der Einsetzungsworte ausdrücklich abstreiten. 120 Daß die Gottesknechtslieder nicht nur als textliches Gesamtgefüge zu lesen und zu deutten sind, sondern ihre Bedeutung auch im Kontext der redaktionell mit ihnen verbundenen Texte entfalten, hat mit großem Nachdruck Steck zu erweisen versucht. S. v. a. den Sammelband
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I. Der Tod des Knechts
stellte sich der Zusammenhang der Texte aus christlicher Sicht dar.121 Dies zeigt sich daran, daß das markinische Kelchwort und mit ihm das durch die markinische Zueignungsformel erweiterte lukanische Kelchwort das nur in der Gesamtschau der deuterojesajanischen Texte erkennbare Gesamtgeschehen exakt nachvollziehhen. Indem sie die Bundesvorstellung mit der Vorstellung von der Ausgießung des Blutes Jesu, „des Knechts“, verknüpfen, betten sie die Sühnetat des Gotteskknechts geschichtlich ein in das Bundeshandeln Gottes an Israel und machen das Kreuzesgeschehen zum Ziel desselben. Der einst am Sinai geschlossene Bund findet in der sühnenden Lebenshingabe Jesu seine Erfüllung! Konsequenterweise geschieht die Verknüpfung der Vorstellungen – zunächst bei Markus – auf der Grundlage von Ex 24, dem Bundesschluß am Sinai, wo Israel in einem Blutritus zum Bundespartner Gottes erhoben wird. Dabei wird, nach der Ausschüttung des Blutes in die Auffangbecken und seiner Sprengung an den Altar als Ort der Anwesenheit Gottes, auch das Volk mit dem Blut des Opferttieres besprengt (Ex 24,6) und durch die Applikation der נֶפֶ שׁ-Substanz dem göttllichen Heiligkeitsbereich als dem Lebensbereich Gottes inkorporiert.122 Israel erhält gleichsam Zutritt zu Gott und existiert von nun an in untrennbarer Gemeinsschaft mit ihm. Im Licht des Sinaibundes erscheint die Ausgießung des Blutes Jesu als göttlliche Bundesstiftung.123 Die sprachliche Parallelität zu Ex 24,8 tritt dabei in der markinischen Wendung τὸ αἷμά μου τῆς διαθήκης (Mk 14,24) noch deutlicher hervor als bei Paulus und Lukas. Andererseits ist im paulinischen und lukanischen Kelchwort das Geschehen in Anlehnung an Jer 31,31 sachgemäß als Stiftung eines neuen Bundes bezeichnet (Lk 22,20; 1. Kor 11,25) und damit – wenn auch antithettisch – der geschichtliche Bezug der in Jesu Blut gestifteten διαθήκη auf den Sinai bund eigens hervorgehoben. Auch der von Lukas gleich zu Beginn der Perikope herausgestellte, im nächsten Kapitel ausführlich besprochene Bezug des Abendmmahlsgeschehens zum Bundesmahl nach Ex 24124 ist ein deutliches Indiz dafür, daß Lukas die Ansage des neuen Bundes im Kelchwort nicht allein als Erfüllung der prophetischen Bundesverheißung Jer 31,31 verstand, sondern in diesem Bund die eschatologische Neukonstitution des Sinaibundes nach Ex 24 sah.125 „Gottesknecht und Zion. Gesammelte Aufsätze zu Deuterojesaja“, Forschungen zum Alten Testament 4, Tübingen 1992, mit den o. S. 56 Anm.197 und 200 genannten Beiträgen. 121 Dazu bereits ausführlich o. S. 60 f mit Anm. 211 und S. 69–76. 122 Vgl. Gese, Sühne, 98. 123 Vgl. Lichtenberger, „Bund“, 221. S. auch J. P. Heil, The Meal Scenes in Luke-Acts. An Audience-Oriented Approach, The Society of Biblical Literature Monograph Series 52, Atlanta, Georgia, 1999, 177–180. 124 S. u. S. 139–146.156 f. 125 Vgl. H. Lichtenberger, Alter Bund und Neuer Bund, NTS 41 (1995), 414. – Zum Verständnis des „neuen Bundes“ in den Qumrantexten und im rabbinischen Judentum s. op. cit.,
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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Nun wird allerdings von der Forschung der traditionsgeschichtliche Doppelbbezug zu Ex 24,8 und Jer 31,31 zumeist im Sinne einer die lukanisch-paulinissche von der markinischen Einsetzungsformel theologisch scheidenden Alternnative gedeutet, als würde die eschatologische Bundesansage in Jer 31,31 den Sinaibund heilsgeschichtlich außer Kraft setzen.126 Dies entspricht aber weder dem Verständnis des Jeremiabuches selbst127 noch dem der neutestamentlichen 401–410, und H. Lichtenberger – S. Schreiner, Der neue Bund in jüdischer Überlieferung, ThQ 176 (1996), 272–290. 126 S. nochmals Gräßer, Der Alte Bund, 122–132, dazu o. S. 68f Anm. 236. Vgl. auch B B. Renaud, Jesus et la (Nouvelle) Alliance dans les récits de l’institution eucharistique, in: R. Kuntzmann (Hg.), Typologie biblique. De quelques figures vives, LeDiv, Paris 2002,119– 139. 127 Der Hinweis auf den Bund, den Gott mit Israel im Zuge der Herausführung des Volkes aus Ägypten schloß, findet sich ja im unmittelbaren Anschluß an die Verheißung des neuen Bundes (Jer 31,31 f; vgl. 34,13), wobei die Antithese sich nicht auf den Bundesschluß als solchen bezzieht, sondern auf Israel als Bundespartner. Es geht um die anthropologischen Voraussetzungen einer Bundespartnerschaft, in welcher dem Menschen das Halten des Bundes möglich ist, d. h. um die dauerhafte Befreiung Israels vom Schuldverhängnis, die nur als Akt der Neuschöpfung begriffen werden kann. Sie erfolgt in der Weise, daß das für Israel als Bundespartner Gottes gelttende Gebot nicht mehr auf Stein, sondern ins Herz geschrieben und Israel damit ein Sündigen gegen Gott unmöglich gemacht wird. Das heilsgeschichtliche Ziel dieses Bundesschlusses aber liegt im Exodus beschlossen und der am Sinai vollzogenen Konstituierung Israels als des zur ewiggen Gemeinschaft mit Gott erwählten Volkes. Vgl. C. Dohmen, Der Sinaibund als Neuer Bund nach Ex 19–34, in: E. Zenger (Hg.), Der Neue Bund im Alten. Zur Bundestheologie der beidden Testamente, QD 146, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1993, 51–81, bes. 78 f; J. Vermeylen, L’alliance renouvelée (Jr 31,31–34). L’histoire littéraire d’un texte célèbre, in: J.‑M. Auwers – A. Wénin (Hg.), Lectures et relectures de la Bible. FS P.‑M. Bogaert, Löwen 1999, 69. S. außerdem W. Groß, Der neue Bund in Jer 31 und die Suche nach übergreifenden Bundeskonzeptionen i im Alten Testament, ThQS 176 (1996), 260: „Die Bezeichnung ‚neuer‘ Bund hebt einerseits die ... Zukunft von allem Vorgehenden ab, schließt andererseits diese Vergangenheit durch die Entgegensetzung zu jener Zukunft zu einer Einheit zusammen, auch wenn die Qualifikation ‚alt‘ nicht fällt.“ Ähnlich E. Zenger, Die Bundestheologie – ein derzeit vernachlässigtes Thema der Bibelwissenschaft und ein wichtiges Thema für das Verhältnis Israel – Kirche, in: ders., op. cit., 29, der programmatisch feststellt, daß die Rede vom neuen Bund inneralttestamentllich „deshalb nicht mehr aufgegriffen wurde, weil sie ... dem Mißverständnis Vorschub leissten konnte, diese ,neue‘ berît sei eine ,andere‘ berît. Daß die ,neue‘ Gabe dieser berît ihre theologische Deutung im Horizont der Sinaibundestheologie von Ex 19–34 finden muß, zeiggen die sprachlichen Bezüge zwischen Jer 31,31–34 und Ex 33–34.“ Auch die Semantik, so der Autor, spreche „gegen die Auffassung, Jer 31,31–34 rede von einem Scheitern oder gar Zu-Ende-Kommen der ‚mit den Vätern‘ geschlossenen Sinai-berît“. Zur Forschungsdiskussion um das rechte Verständnis des Begriffs „neu“ in Jer 31,31 s. W. Groß, Erneuerter oder Neuer B Bund? Wortlaut und Aussageintention in Jer 31,31–34, in: F. Avemarie – H. Lichtenberger (Hg.), Bund und Tora. Zur theologischen Begriffsgeschichte in alttestamentlicher, frühjüdisscher und urchristlicher Tradition, WUNT 92, Tübingen 1996, 41–66; ders., Zukunft für Israel. Alttestamentliche Bundeskonzepte und die aktuelle Debatte um den Neuen Bund, SBS 176, Stuttgart 1998, 146–148. Zur Bundestheologie Jeremias s. auch H. Weippert, Das Wort vom neuen Bund in Jeremia XXXI 31–34, VT 29 (1979), 336–351; dies., Schöpfer des Himmels und der Erde. Ein Beitrag zur Theologie des Jeremiabuches, SBS 102, Stuttgart 1981, 45–63.
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I. Der Tod des Knechts
Tradenten der Abendmahlsüberlieferung. Besonders in der lukanischen Fassung der Einsetzungsworte, welche die Ansage des neuen Bundes (Jer 31,31), die das Erlösungswerk des Knechts (Jes 53,12) in Kraft setzt, mit dem Wort von der Aussschüttung des Blutes (Ex 24,6; Jes 53,12) kombiniert, zeigt sich, daß die Tradittionen nicht gegen‑, sondern nebeneinander gestellt und gemeinsam auf ein ganz anderes, neues Ziel hin ausgerichtet werden: den Bundesauftrag des Knechts (Jes 42,6; 49,6 LXX.8). Seine Sendung schließt das Urgeschehen des Bundesschlussses am Sinai, bei dem Israel als das von Gott zur Gemeinschaft mit ihm beruffene Volk gewissermaßen den Raum der Geschichte betritt, mit dem von Jeremia verkündigten eschatologischen Bund zusammen128 und markiert die universelle heilsgeschichtliche Vollendung des Weges Gottes mit seinem Volk und die Erfülllung aller Bundesverheißungen, die Israel auf dem wechselvollen Weg durch die Geschichte empfing. Ja, man wird gerade in der nicht der LXX-Terminologgie entsprechenden Wiedergabe des הֶ ע ֱָרהin Jes 53,12 durch eine dem Kontext angepaßte Form von ἐκχύννειν = ἐκχεῖν in Mk 14,24 par. Lk 22,20 einen im Griechischen auch sprachlich bewußt nachvollzogenen Rückgriff auf Ex 24,6– 8 erblicken dürfen, wo in der LXX die auf die Ausgießung des Opferblutes ziellende, aber begrifflich unbestimmte Wendung ( ַויָּשֶׂ ם בָּ אַ ָגּ ֹנתerg. )הַ ָדּםdurch ein Kompositum des Verbs χεῖν wiedergegeben und dieses auch für die Blutapplikattion an den Altar verwendet wird: δὲ Μωυσῆς τὸ ἥμισυ τοῦ αἵματος ἐνέχεεν εἰς κρατῆρας, τὸ δὲ ἥμισυ τοῦ αἵματος προσέχεεν πρὸς τὸ θυσιαστήριον. 6 λαβὼν
... δὲ Μωυσῆς τὸ αἷμα κατεσκέδασεν τοῦ λαοῦ καὶ εἶπεν Ἰδοὺ τὸ αἷμα τῆς διαθήκης, ἧς διέθετο κύριος πρὸς ὑμᾶς περὶ πάντων τῶν λόγων τούτων. 8 λαβὼν
Hier wird ganz deutlich – und der weitere Verlauf der Untersuchung wird dies bestätigen –, daß im Hinblick auf Jes 53 die stets so scharf gezogene sprachlliche Trennungslinie zwischen einem in der hebräisch-aramäischen Überlieferrung verwurzelten und einem rein griechisch geprägten und textlich allein der LXX verpflichteten Urchristentum dem lebendigen Prozeß der TraditionsverarbAbzuweisen ist allerdings ihre Vorstellung eines vom Sinaibund unterschiedenen Exodusbundes als Grundlage der Ansage des neuen Bundes in Jer 31,31 (Wort, 336 f). 128 Gegen Theobald, Paschamahl, 172 mit Anm. 157, der die Bedeutungslosigkeit des Sinaibundes für das lukanische Verständnis der Einsetzungsworte mit dem Hinweis erwiesen zu haben meint, daß „der Sinai-Bund in seinem [sc. des Lukas] Doppelwerk auch sonst keine Rolle spiel[e]“ (Kursive im Original). Daß diese Behauptung falsch ist, zeigt der Blick auf die Verklärungsperikope Lk 9,28–36, in der das Persongeheimnis Jesu im Licht der Sinaioffenbarung reflektiert wird und die eine entscheidende Rolle für das Verständnis der lukanischen Christologie und Soteriologie spielt. Dazu ausführlich Mittmann-Richert, Erinnerung.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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beitung nicht gerecht wird, da die christologische Adaption der fraglichen Texte sich offensichtlich zweisprachig vollzog, und dies nicht im zeitlichen Nacheinaander, sondern im Miteinander und Austausch in einem sprachlich durchmischtten Milieu.129 Gerade Lukas dokumentiert diesen kultur- und sprachübergreifendden Austausch in der Jerusalemer Urgemeinde (Apg 6,1–7). Hier konnte, wie im gegebenen Falle, die zunächst am hebräischen Text orientierte Reflexion auf der Ebene der griechischen Textüberlieferung weitergeführt und sprachlich fixiert werden, ohne daß angesichts der griechischen Überlieferungsvarianten grundleggende, am hebräischen Urtext gewonnene Texterkenntnisse aufgegeben worden wären.130 Die Abendmahlsüberlieferung erweist die bislang von Exegeten nicht einmal erwogene Denkmöglichkeit als real, daß in den Kreisen der Jerusalemer Hellenisten, deren Leitungsgremium zumindest zum Teil des Hebräischen und Aramäischen mächtig gewesen sein dürfte, die Grundlage der soteriologischen Reflexion die hebräische, zunächst im Gemeindeverbund rezipierte Textüberlieferrung war. Eine rein auf die LXX gegründete Deutung des Todes Jesu, wie sie die Wissenschaft erstaunlicherweise immer wieder, auch mit Blick auf den ehemaliggen Pharisäer Paulus, propagiert, hat es mit Sicherheit nie gegeben. Zusammenfassend ist nach diesem Durchgang durch die im Wortlaut untersschiedlichen Bundesaussagen bei Markus und Matthäus einerseits, bei Lukas und Paulus andererseits auf ihre theologische Übereinstimmung hinzuweisen. Denn die Unterschiede in der Ausdrucksweise spiegeln nicht eine theologische Divergenz, sondern eine doppelte offenbarungsgeschichtliche Erkenntnis wider: Die in Jesu Blut sich vollziehende Bundesstiftung geschieht in Kontinuität und Diskontinuität zum Bundesschluß am Sinai und wird in dieser zweifachen Ausrrichtung von Markus einerseits und Lukas bzw. Paulus andererseits verschieden akzentuiert. Die Kontinuität, die im markinischen Wort als selbstverständlich vorausgesetzt wird, besteht – darin ist angesichts der Rezeptionsgeschichte von Ex 24 nicht zu zweifeln131 – im Sühnecharakter der Bundesstiftung.132 Was den bei Paulus und Lukas so bezeichneten neuen Bund vom alten grundsätzlich untersscheidet, ist daher nicht das Sühnegeschehen, das ihn wirksam macht, sondern die Universalität und immerwährende Unverbrüchlichkeit der Sühne durch die stellvertretende Selbsthingabe des Gottesknechts und damit die Unwiederholbarkkeit der den Bund konstituierenden Sühnetat, die das Ende jedes Sühnehandelns
129
S. auch Einführung 2.1.3 zur urchristlichen Rezeption von Jes 53 LXX. Dazu ausführlich Kapitel I. 4.3. 131 Zu der nicht nur mit dem Bundesschluß am Sinai, sondern auch mit dem Noahbund in spätterer Zeit notwendig verbundenen Vorstellung der Entsühnung Israels s. bereits o. S. 69 f Anm. 238 die Beispiele aus der frühjüdischen Literatur und das Zeugnis der Targume. 132 Gegen H. Thyen, Studien zur Sündenvergebung im Neuen Testament und seinen alttesstamentlichen und jüdischen Voraussetzungen, FRLANT 96, Göttingen 1970, 162 Anm. 1. 130
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I. Der Tod des Knechts
markiert.133 Man könnte angesichts der jesajanischen Personalisierung des Bunddes auch sagen: Der neue Bund ist der Lebens- und Wirkungsbereich des durch den Tod hindurch (Jes 53,12) zur Herrschaft berufenen Gottesknechts (Jes 52,13), ein Herrschaftsraum, in den einzutreten es keines jeweils neuen Entsühnungsakttes mehr bedarf, sondern in den als entsühnt eintreten kann, wer die ein für allemmal durch den Knecht geleistete Entsühnung als die für das eigene Leben gülttige Wahrheit anerkennt und annimmt.134 Dabei zeigt sich gerade am lukanischen Kelchwort, in welchem im Rückblick auf den Sinaibund der neue, Jer 31,31 verhheißene Bund in Kraft gesetzt wird, die umfassende Ausrichtung der Einsetzungswworte auf das Sühnegeschehen. Denn das Kennzeichen des neuen Bundes von Jer 31,31 ist die Sündenvergebung und grundsätzliche göttliche Außerkraftsetzzung des Sündenverhängnisses (Jer 31,33 f). Schließlich wird man angesichts der konzentrierten, aber gleichzeitig umfasssenden Rezeption der alttestamentlichen Bundesaussagen in den Einsetzungswortten und speziell den lukanischen auch die große Bundesverheißung Jer 33,14–26 mithören müssen, die den eschatologischen Bund mit der Sendung des צֶ מַ ח ְצ ָדקָ ה verknüpft (Jer 33,15), des Sprosses der Gerechtigkeit (vgl. Jes 42,6), der das Recht ( ) ִמ ְשׁפָּ טin die Welt trägt (vgl. Jes 42,1.3 f; 49,4). Daß zumindest Lukas die Ansage des neuen Bundes nach Jer 31,31 mit Jer 33,14–26 verknüpft, zeigt das Benedikttus des Zacharias, das – wie in der Auslegung der Kreuzigungserzählung bereits besprochen135 – in Lk 1,78 die Ankunft des Sprosses (צֶ מַ ח, griech. ἀνατολή) ankündigt und damit den Bezug zu den entsprechenden Verheißungen des alten Bundes herstellt.136 So erreicht im Schnittpunkt der von ihm rezipierten Bundes traditionen das lukanische Kelchwort eine einzigartige soteriologische Intensität, die weder der markinischen noch der paulinischen Fassung zu eigen ist. Sie entssteht durch die pointierte Integration der Gottesknechtsvorstellung in die durch Jer 31,31–34 eschatologisch überhöhte alttestamentliche Bundestheologie.137 Ihre besondere soteriologische Akzentuierung aber erhält bei Lukas und Paullus die in ihren Traditionsbezügen so dichte Heilszusage durch die Verknüpfung der Bundesstiftung mit dem Kelch. Denn der Kelch ist in der paulinisch-lukanis133 Zum markinischen Kelchwort vgl. auch J. Wohlmuth, Eucharistie als Feier des Bundes. Ein Versuch, das markinische Kelchwort zu verstehen, in: M. Theobald – R. Hoppe (Hg.), „Für alle Zeiten zur Erinnerung“ (Jos 4,7). Beiträge zu einer biblischen Gedächtniskultur. FS F. Mußner, SBS 209, Stuttgart 2006, 126: „Vom Aufhören eines ,Alten Bundes‘ ist bei Markus nicht die Rede ... Die Kombination des Bundesgedankens mit dem stellvertretenden Sühnetod des Gottesknechts [sic] macht das Kelchwort nach Markus zur Kürzestformel, mit der Jesu Tod als Offenbarungsgeschehen gedeutet wird.“ 134 Zur Bedeutung der Sühnevorstellung für die lukanische βασιλεία-Konzeption s. den Exkurs u. S. 146–156. 135 S. o. S. 96 f. 136 S. Mittmann-Richert, Magnifikat und Benediktus, 120–127.236–238. 137 Vgl. Lichtenberger, „Bund“, 226.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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schen Formel weit deutlicher als bei Markus nicht allein das beim jüdischen Mahl zeremoniell eingesetzte Trinkgefäß, der Segensbecher ()כוֹס שֶׁ ל ְבּ ָרכָ ה138, dessen Erhebung, verbunden mit einer sakralen Deklaration, den in der Segenshandlung bezeichneten Heilszustand inauguriert139. Er ist vielmehr die irdische Manifestattion des in Jesu Blut geschlossenen neuen Bundes, was sprachlich in der Identiffikation der Begriffe zum Ausdruck kommt: τοῦτο τὸ ποτήριον ἡ καινὴ διαθήκη ἐν τῷ αἵματί μου.
Daß diese sprachliche Parallelisierung von Kelch und Bund der Vorstellung von der Einsetzung des Gottesknechts „zum Bund“ für Israel nicht entgegensteht, sonddern sie voraussetzt, ist sofort ersichtlich, wenn man die Tatsache der Identität von Blut ( ) ָדּםund Leben ()נֶפֶ שׁ, welche der Adaption von Jes 53,12 im Kontext der Abendmahlsworte zugrunde liegt, in die Auslegung der Worte miteinbezieht und den Kelch als das Medium erkennt, das mit dem Blut Jesu sein Leben umschließt: ihn selbst. Jesus reicht in der Gabe des Kelches sich selbst dar. Damit erweist er sich als der in Person von Gott zum Bund eingesetzte Gottesknecht, der, indem er dem durch die zwölf Jünger repräsentierten Gottesvolk, das den Kelch empffängt, die Frucht seines Todes zueignet, den eschatologischen neuen Bund zwisschen Gott und Mensch stiftet, dessen Unverbrüchlichkeit durch die ein für allemmal geschehene Sühnetat des Knechtes garantiert ist.140 Die Verknüpfung der Konzeptionen geschieht mit Hilfe von Ps 116, dessen sinngebende Bedeutung für das Verständnis der Einsetzungsworte außer Zweifel steht.141 Dieser Psalm, ein Danklied, entbehrt äußerlich zunächst jeder gesamtisrraelitischen Tendenz. Es ist ganz der individuellen Errettung des Beters gewidmmet, der im Rahmen des Dankopfers, der Toda142, sein aus dem Tod neuerstanddenes Leben in der Erhebung des „Kelchs des Heils“ proklamiert (Ps 116,13). Man hat, um die soteriologische Tiefe der in den Einsetzungsworten intendierten Anspielung auf den in Ps 116 erwähnten Heilskelch auszuloten, auf die jüdische Erwartung des messianischen Mahles im Garten Eden bzw. auf dem Zion verwies138 Zum Passaritus s. Joachim Jeremias, Abendmahlsworte, 79 f; vgl. auch op. cit., 102– 105. S. auch S. T. Lachs, A Rabbinic Commentary on the New Testament. The Gospels of Matthew, Mark and Luke, Hoboken, New Jersey – New York 1987, 407–409; außerdem D. Cohn-Sherbok, A Jewish Note on το ποτηριον της ευλογιας, NTS 27 (1981), 704–709, der im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung davon überzeugt ist, daß der mit den Deuteworten dargereichte Kelch nicht der dritte, sondern der vierte Becher des Passaritus ist. 139 Vgl. Gese, Die Herkunft des Herrenmahls, in: ders., Zur biblischen Theologie. Alttestamentliche Vorträge, 3. Aufl., Tübingen 1989, 110. 140 Abzuweisen ist in diesem Zusammenhang die von Theobald, Paschamahl, 178, vorgesschlagene Deutung des Blutes in Lk 22,20 als „das rettende ,Blut‘ des Paschaopfers“; vgl. op. cit., 175. 141 Vgl. Stuhlmacher, Biblische Theologie 1, 135.137. 142 Zu Form und Bedeutung der Toda in frühjüdischer Zeit s. Gese, Herkunft, 107–122.
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I. Der Tod des Knechts
sen, auf welche Ps 116,13 ebenfalls traditionsbildend gewirkt hat.143 Allerdings ist mit diesem Hinweis allenfalls ein Teil des Gesamtbildes erfaßt. Entscheidend ist ein ganz anderer Aspekt: Die in Ps 116,13 (115,4 LXX) im Kontext der Toda menschlich vollzogene Erhebung des Heilskelchs und Verkündigung der Todesüüberwindung wird im Zusammenhang der Einsetzungsworte zu einem göttlich autorisierten Darreichungsakt, weil auch Psalm 116 – im Licht der Gottesknechtsschaft Jesu gelesen – ein Psalm „des Knechts“ ist (Ps 116,16; 115,7 LXX)!144 Es ist der „von den Stricken des Todes umfangene“, „von den Schrecken des Totenrreichs getroffene“ und von Gott zu einem neuen Leben „im Land der Lebenden“ errettete Knecht, der in Ps 116 die Toda vollzieht.145 So wird auf dem Hintergrund dieses Psalms das im Rahmen der Dankopferliturgie an die Erhebung des Kelchs geknüpfte Verkündigungsgeschehen zur Proklamation des neuen Bundes, weil im lebeneröffnenden Sterben des Gottesknechts das Todesgericht über Israel ein für allemal außer Kraft gesetzt ist.146 143 Stuhlmacher, Biblische Theologie 1, 134 f. Belege bei Strack-Billerbeck IV/2, 1163–1165. 144 Wie bedeutsam für Lukas in diesem Zusammenhang die Stelle Ps 116,16 ist, wo der Beter bekennt: „Ich bin dein Knecht. Ich bin dein Knecht ()עַ ְב ְדָּך, der Sohn deiner Magd“, zeigt sich auch in der Geburtserzählung, wo der Evangelist in Lk 1,38 Maria die Sohnesverheißung mit dem Bekenntnis beantworten läßt: „Siehe, die Magd des Herrn“, wodurch sie sich im Lichte von Ps 116,16 als die Mutter des Knechts zu erkennen gibt, der für Lukas kein anderer ist als der zur Erlösung Israels und der Heiden gesandte jesajanische Gottesknecht. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zum Nunc Dimittis Simeons in Kapitel IV. 2. 145 Der Gottesknechtsbezug verleiht der These Geses, Herkunft, 122–126, daß das Her renmahl die Toda des Auferstandenen sei, zusätzliches Gewicht, da er das Geschehen tradittionsgeschichtlich in der Toda verankert. Es wird jedoch zu zeigen sein, daß die Toda nicht den einzigen Bezugspunkt der Abendmahlseinsetzung bildet; s. Kapitel I.2.2. Daher geht auch die gegen Gese gerichtete Erwiderung von Joachim Jeremias, Ist das Dankopfermahl der Ursprung des Herrenmahls?, in: E. Bammel – C. K. Barrett – W. D. Davies (Hg.), Donum Gentilicium. FS D. Daube, Oxford 1978, 64–67, am Kern des Problems vorbei, weil sie ganz der historischen Fragestellung verhaftet bleibt. Die Frage, in welcher Beziehung historisch die aus der Toda erwachsende, proleptisch auf Jesu Tod bezogene Heilsproklamation zum Passageschehen steht, mit welchem die Quellen Jesu sakrales Handeln beim letzten Mahl mit den Jüngern verknüpfen, ist weniger mit Blick auf den Vollzug eines bestimmen Festes zu beaantworten als vielmehr unter Berücksichtigung der Tatsache, daß liturgische Texte, wie sie die Todapsalmen darstellen, ihren Haftpunkt wechseln und Bestandteil anderer kultisch-liturgisscher Vollzüge werden können. Ein Bezug der in Ps 116 erinnerten Toda zum Passafest ist beisspielsweise dadurch gegeben, daß Psalm 116 im Rahmen des zweiten Passahallels nach dem dritten Segensbecher und vor der Segnung des vierten rezitiert wurde, also fester Bestandteil der Passaliturgie war. Schließlich wird auch in Jes 25,1–10a der neue Bund im Todamahl auf dem Zion in Kraft gesetzt, was im Hinblick auf die lukanische Erzählung, die theologisch tief in Jes 24–27 verankert ist, Bedeutung gewinnt. Vgl. nochmals Gese, op. cit., 110–121. Zur lukanischen Rezeption der Jesaja-Apokalypse s. bereits o. S. 105–108 und, ausführlicher, u. S. 138–146. 146 Wenn B. Lang, Becher, 203 f, feststellt, die Gleichsetzung von Kelch und Bund in der paulinisch-lukanischen Fassung des Kelchwortes sei „nicht ohne weiteres einsichtig“, da „ein
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Vergleicht man nach diesem allgemeinen Durchgang durch die Gottesknechtsbbezüge des Kelchwortes nochmals die markinische und die lukanisch-paulinische Fassung desselben, so ist zunächst festzustellen, daß das Kelchwort in der von Paulus ohne das Zueignungswort überlieferten Form (1. Kor 11,25) alle sühnettheologischen Implikationen des markinischen enthält und des Hinweises auf die sühnestiftende Ausschüttung des Blutes Jesu nach Jes 53 nicht mehr bedarf. In der Darreichung des Kelches offenbart Jesus sich als der Gottesknecht, der mit der Gabe des Kelches Anteil gibt an seinem Leben und der mit der Ansage und prolleptischen Inkraftsetzung des neuen Bundes dem Menschen, der Teilhaber dieses Bundes ist, die Sündenvergebung wirksam zusagt.147 mit Wein gefüllter Becher ein rituelles Gerät und ein Bund ... ein zwischen Gott und Israel besstehendes Verhältnis“ sei, dann zeugt dies von einem völligen Mißverstehen der rituellen Geste der Kelcherhebung. Denn die Kelcherhebung ist nach Ps 116 ein Wortgeschehen, ein proklamattorischer Akt, der im gegebenen Zusammenhang der Akt der Bundesstiftung ist. 147 Hier zeigt sich, daß die Frage, welche der synoptischen Einsetzungsformeln den urssprünglichen Worten Jesu am nächsten kommt, nicht mit letzter Gewißheit zu entscheiden ist. Signifikant ist, daß sowohl das markinische als auch das paulinische Kelchwort, auf dennen das Hauptaugenmerk der Exegeten ruht, auf je eigene Weise die Gottesknechtschaft Jesu als den Erkenntnisgrund der Sühnewirkung seines Todes herausstellen, was ein starkes Indiz dafür ist, daß dieser Textbezug zu den ursprünglichen Elementen der Abendmahlseinsetzung gehört. Aufgrund der größeren wörtlichen Nähe des Kelchwortes Mk 14,24 zu Jes 53,12 erkkennt ein großer Teil der Exegeten der markinischen Fassung der Abendmahlsworte Priorität zu. Vgl. z. B. Lohse, Märtyrer, 122 f; G. Friedrich, Ursprung, Urform und Urbedeutung des Abendmahls, in: ders., Auf das Wort kommt es an. FS J. H. Friedrich, Göttingen 1978, 306– 308; P. Stuhlmacher, Das neutestamentliche Zeugnis vom Herrenmahl, ZThK 84 (1987), 3– 5, und ders., Biblische Theologie 1, 132 f.140–142; Haubeck, Loskauf, 256–262. Andererseits spricht die äußerliche Parallelität der Gabeworte bei Markus für die sekundäre Angleichung der Formulierungen. Sie lassen in ihrer bei Lukas und Paulus überlieferten Gestalt noch die – jüdischem sakralen Verständnis enstprechende – Unterscheidung der Opferhandlung von der sie begleitenden Heilsverkündigung erkennen, d. h. auf die Abendmahlssituation übertraggen: die sakrale Notwendigkeit, das durch die Lebenshingabe gewirkte Heil deklaratorisch in Kraft zu setzen. Anders als in dieser nur äußerlichen, d. h. sakralen Zweiheit von Opfer einersseits und der auf das Opfer bezogenen Heilsverkündigung andererseits ist die Doppelhandlung Jesu nicht sinnvoll zu deuten, als schlösse die Hingabe des Leibes als Hingabe des individduellen Lebens die Ausschüttung des Blutes Jesu nicht ein oder sei inhaltlich ergänzungsbbedürftig. Der Hinweis auf Jesu Blut, „das er ebenso wie seinen Leib am Kreuz dahingegebben hat“ (Hofius, „Für euch gegeben“, 326; ders., Sühne, 344), ist mißverständlich. Die zweifache Darreichung von Brot und Kelch weist auf das einmalige Lebensopfer Jesu, das im Kelchwort als Stiftung des Bundes verkündigt wird. Dazu nochmals grundlegend Gese, op. cit., 122 f Anm. 14. Die Priorität der Paulus- und Lukasfassung vertreten neben anderen F. Lang, Abendmahl, 527; Bornkamm, Herrenmahl, 154; Schweizer, Markus, 173; Hahn, Alttestamentliche Motive, 371; H. Merklein, Erwägungen zur Überlieferungsgeschichte der neutestamentlichen Abendmahlstradition, in: ders. Studien zu Jesus und Paulus, WUNT 43, Tübingen 1987, 163–166 (= BZ N. F. 21 [1977], 88–101.235–244). Daß die paulinischen Einsetzungsworte eine Weiterbildung der lukanischen seien und Lukas die ursprünglichen Worte am reinsten erhalten habe, vertritt mit Nachdruck Schürmann, Einsetzungsbericht, 82–132. Joachim Jeremias, Abendmahlsworte, 179–183, leitet die markinische und die paulinisch-lukkanische Fassung der Einsetzungsworte von einer beiden Textformen gemeinsam vorauslieg-
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Die Kombination der Bundesansage, wie sie in paulinischer Tradition begeg net, mit der markinischen Zueignungsformel bei Lukas dient theologisch gesehen allein der Verdeutlichung und expliziten Herausstellung der Gottesknechtschaft Jesu und der auf sie gegründeten Sühnewirkung seines Todes. Sie war Lukas offenbbar so wichtig, daß er über die grammatikalische Härte des Satzanschlusses in Lk 22,20bβ hinwegsehen konnte. Blickt man von dieser in ihren Traditionsbezügen überaus gedrängten Schlußfformel nochmals auf das Ganze der lukanischen Einsetzungsworte und von hier aus weiter auf die anderen neutestamentlichen Paralleltexte, deren alttestamentlicche Traditions- und theologische Interpretationsgrundlage rein äußerlich gesehen die gleiche ist, so liegt der Unterschied weniger in der theologischen Zielrichtung der verschiedenen Textfassungen als vielmehr in der Intensität, mit der formulliert wird. Die lukanischen Einsetzungsworte fallen in diesem Vergleich auf durch die sühnetheologische Überpointierung der Gabehandlung. Sie entsteht nicht nur durch die ungewöhnlich dichte Verarbeitung der sühnetheologisch aussagekräfttigen alttestamentlichen Texte im Kelchwort, sondern auch durch die Doppelung der Zueignungsformel. Ja, es scheint, als sei die paulinische Formel in der lukannischen Fassung zielgerichtet ergänzt worden durch die Einfügung weiterer Gotttesknechtsbezüge. Denn auch das lukanische Brotwort Lk 22,19, in welchem der paulinische Satz τοῦτο μού ἐστιν τὸ σῶμα τὸ ὑπὲρ ὑμῶν (1. Kor 11,24) durch das passivische Partizip διδόμενον erweitert und der ohnehin gegebene Bezug auf das vierte Gottesknechtslied noch deutlicher markiert ist als bei Paulus (vgl. das zweimalige παρεδόθη in Jes 53,12 LXX), entspricht der Tendenz des Evanggelisten, das Sterben Jesu als Erfüllung von Jes 53 vor Augen zu stellen.148 Auch wenn letzte Gewißheit über die Entstehung oder das Wachstum der lukannischen Formel nicht mehr zu gewinnen ist, so bleibt doch festzuhalten, daß diesselbe soteriologisch gerade denjenigen Aspekt der lukanischen Passionsgeschichte verstärkt, der in seiner leitmotivischen Funktion die lukanische Erzählung von genden Abendmahlstradition her, die jeweils verschieden umgebildet worden sei. Man wird sich in der Frage des Alters der beiden Grundfassungen mit der Erkenntnis begnügen müsssen, daß der mit der liturgischen Weitergabe der Einsetzungsworte einhergehende Prozeß ihrrer Interpretation sich auf genau der Traditionsgrundlage vollzog, die ursprünglich oder in frühester christlicher Tradition das ursprüngliche Verständnis der Worte sicherte. Vgl. dazu auch O. Hofius, Herrenmahl, 204 f, und ders., „Für euch gegeben“, 319 f. Abzuweisen ist die Behauptung Schröters, Abendmahl, 125, daß die Abendmahlsworte „von Beginn an in versschiedenen Fassungen existierten“, eine Behauptung, zu der Schröter nur gelangen kann, weil er der Überzeugung ist, daß historisch von einer Einsetzung des Abendmahls nicht gesprochen werden könne und die Einsetzungsworte eine der vielen Deutungen des Todes Jesu durch die nachösterliche Gemeinde repräsentierten; op. cit., 132–134. 148 Vgl. Schürmann, op. cit., 28, der jedoch 1. Kor 11,24 als paulinische Verkürzung des bei Lukas ursprünglich erhaltenen Wortlautes versteht, und Grundmann, Lukas, 397. – Allerdings verstärkt der Begriff nur den äußeren Bezug auf Jes 53, dessen sühnetheologische Implikation auch ohne den Zusatz von διδόμενον deutlich ist; vgl. Hofius, Herrenmahl, 226.
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allen anderen Passionsdarstellungen unterscheidet: die Gottesknechtschaft Jesu, dessen Lebenshingabe Israel und die Völker zu einem neuen, von der Macht der Sünde nicht mehr bedrohten Leben befreit. 2.1.4 Die Einsetzungsworte im Kontext der lukanischen Gottesknechtskonzeption Die Tatsache, daß die – traditionelle oder redaktionelle – Mischung paulinischer und markinischer Elemente in Lk 22,19 f einhergeht mit einer soteriologischen Intensivierung, verstärkt das unter Lukasexegeten bestehende Auslegungsprobblem, das ein sühnetheologisch gefülltes Traditionsstück im Werk eines sühnettheologischen Skeptikers bereitet. Gleichwohl hat das besondere soteriologische Profil der lukanischen Einsetzungsworte nur wenige daran gehindert, das Probblem in gewohnter Weise zu lösen, nämlich mit Hilfe der Behauptung, der Evanggelist habe, trotz theologischer Vorbehalte, in der Abendmahlsperikope das ihm zuhandene Traditionsmaterial allein um der liturgischen Praxis willen quellenttreu überliefert.149 So wird gerade der offenbarungsgeschichtliche Höhepunkt der Evangelienschrift, auf welchen Lukas im Fortlauf seines Werkes wiederholt Bezug nimmt,150 der Forschung zum Anlaß, die theologische Integrität des Lukas in Frage zu stellen und das Bild eines Theologen zu entwerfen, der der Tradition innerlich so stark verpflichtet ist, daß er sie wortgetreu überliefert, aber doch nicht stark genug, um an ihre Botschaft zu glauben! Bei dieser schon im Kern paradoxxen Einschätzung des Evangelisten übersieht man – dies wurde in der Einleitung dieser Untersuchung bereits angedeutet151 – einen Tatbestand, der für die Interppretation von entscheidender Bedeutung ist: Anders als Markus, Matthäus und Paulus trifft Lukas bei der Wiedergabe der Einsetzungsworte eine Wahl, eine soterriologisch markante Wahl! Denn der Evangelist entscheidet sich in Kenntnis der markinischen Abendmahlserzählung und der in ihr überlieferten Form der Einssetzungsworte für die Weitergabe der in ihrem Bezug zur Gottesknechtstradition erweiterten und intensivierten Fassung aus paulinischer Gemeindetradition, wenn er nicht sogar selbst diese Erweiterung und soteriologische Intensivierung vorgennommen hat.152 Diese Wahl ist als theologische Entscheidung zu würdigen, und Lukas ist an dieser Wahl theologisch zu messen. 149 S. neben den bereits o. S. 44 f. Anm. 173 und 174 genannten Autoren Green, Death (1990), 4.7, der hier von einem rein mechanischen Kopiervorgang ohne den Versuch einer inhaltlichen Integration spricht. 150 S. dazu insbesondere die Auslegung der Emmauserzählung in Kapitel II.1. 151 S. o. S. 53. 152 Das gilt auch dann, wenn man von der Annahme eines von Lukas übernommenen größeren Erzählzusammenhanges oder eines ganzen Passionsberichtes ausgeht, da hier nur der Traditionsund damit der Entscheidungsrahmen vergrößert ist – es sei denn, man disqualifiziert Lukas von
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Geht man aber davon aus, daß die redaktionellen Grundentscheidungen, die Lukas bei der Überlieferung der Einsetzungsworte traf, Ausdruck seines theologgischen Denkens sind, dann kann man die Tatsache, daß Lukas in der doppelten Zueignung des durch Jesu Tod gewirkten Heils gleich zweimal den Sühnecharaktter des Todes Jesu zur Sprache bringt, nur als Ausdruck einer inneren Verpflichttung gegenüber dem Abendmahlszeugnis und seiner Botschaft verstehen, einer Verpflichtung, die Lukas mit Paulus verbindet. Keiner der anderen neutestamentlicchen Autoren läßt Jesus so eindringlich auf die Bedeutung seines Todes hinweisen: „Für euch gegeben!“ „Für euch vergossen!“ – das Blut desjenigen, der am Ende des Mahles als der zur Errettung der Frevler gesandte Gottesknecht den Weg in den Tod antritt (Lk 22,37). Und intensiver – diese Schlußfolgerung ist nach Jahrren der theologischen Herabwürdigung des Lukas endlich zu ziehen – beschäfttigt sich auch in der Rahmenerzählung keiner der synoptischen Evangelisten mit dem Traditionsgrund der Abendmahlsworte. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, daß Lukas an früherer Stelle auf die Zitattion des Lösegeldwortes Mk 10,45 verzichtet. Denn Lukas trägt – was die Forsschung zu würdigen sich beharrlich weigert – im Kontext der Abendmahlseinsetzzung den in anderem Zusammenhang übergangenen Sachverhalt nach! Er trägt ihn nach durch die Übernahme des markinischen Wortes von der sühnewirksamen Ausschüttung des Blutes Jesu (Mk 14,24; Lk 22,20), einer Aussage, die in den Traditionsbezügen und damit theologisch dem Lösegeldwort entspricht.153 Auf die gegenüber Markus geänderte Sprechrichtung beim Akt der Heilszueignung wurde eingangs bereits ausführlich Bezug genommen.154 Diese Änderung macht Lukas die wörtliche Zitation von Mk 10,45 unmöglich. Es sei im vorliegenden Zusammenhang allerdings nochmals betont, daß die soteriologische Bedeutung dieses Sachverhalts, der Zueignung des durch Jesu Tod gewirkten Heils „für euch“ (Lk 22,19 f) statt „für viele“ (Mk 14,24 par. Mt 26,28), gar nicht überschätzt werdden kann. Denn die im Kontext der Abendmahlsszene einmalige und schon deshhalb signifikante, persönliche Anrede der Jünger durch Jesus verleiht dem Einsetzzungsgeschehen eine ganz neue Qualität. Durch die Anrede wird die Zueignung der sühnenden Kraft des Todes Jesu an die Gemeinschaft des Menschen mit Jesus gebunden. Nur innerhalb dieser Gemeinschaft wird nach lukanischem Zeugnis das durch Jesu Tod gewirkte Heil wirksam, und zwar im persönlichen Zuspruch Jesu, der nachösterlich nur in der Mahlgemeinschaft derer empfangen werden kann, die an den Gekreuzigten glauben. Damit ist dem Mißverständnis gewehrt, vornherein als schriftstellerischen und theologischen Dilettanten und reinen Materialsammler mit mangelnder theologischer Konzeptionsfähigkeit. Damit würde man allerdings auf jede wisssenschaftliche Beweisführung verzichten und der Exegese selbst den Boden entziehen. – Zur Quellenproblematik im Passionsbericht ausführlich Kapitel I. 4. 153 S. den Exkurs zu Mk 10,45 u. S. 161–165. 154 S. o. S. 52 f.
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für das die markinische Formel „für viele“ – und d. h. auf dem Hintergrund von Jes 53,11 f strenggenommen „für die Vielen ( “)לָ ַר ִבּיםbzw. „für alle“ – offen ist, als könnte es eine Teilhabe an der Sühnekraft des Todes Jesu außerhalb des perssönlichen Glaubens an den Gekreuzigten geben. Wie hätte Lukas, da er an dieser Stelle so betont die dialogische Struktur der Heilszueignung hervorhebt, im engerren oder im weiteren Kontext der Abendmahlserzählung oder sogar innerhalb der Abendmahlsperikope selbst der Forderung der Forschung entsprechen und das Lösegeldwort Mk 10,45 direkt zitieren können? Und warum hätte er, nachdem er Jesus den Jüngern das „für euch“ zusprechen ließ, wenige Zeilen weiter in Lk 22,37 von Jes 53,12 auch noch die Zeilen zitieren sollen, die in der dritten Persson von der Entschuldung „der Vielen“ handeln? Die äußerlich zunächst unscheinbare Abwandlung der Sprechrichtung in der Abendmahlsszene, die man gemeinhin als überlieferungsgeschichtlichen Zufall oder als lukanische Stilübung155 wertet und daher theologisch nicht interpretiert, ist auch deshalb hochbedeutsam, weil sie das Sprachgeschehen der nachösterllichen Abendmahlspraxis, wo die direkte Anrede „der Vielen“ die sachgemäße Interpretation des ursprünglich an die Jünger gerichteten Wortes darstellt, auf die unmittelbare Gemeinschaft Jesu mit den Jüngern überträgt. Im Hintergrund der solcherart ins Einsetzungsgeschehen transponierten Unterscheidung zwischen der Wendung ὑπὲρ πολλῶν und der direkten Anrede ὑπὲρ ὑμῶν steht die für Lukas so drängende Frage nach der Erlösung Israels, die sich wie ein roter Faden durch sein Doppelwerk zieht und die in der Abendmahlsszene programmatisch an die Glaubensgemeinschaft mit Jesus gebunden wird. Hier wird das „für euch“ der Glaubens- und Mahlgemeinschaft zu einer Scheidelinie, die in den Augen des Lukas tragischerweise im großen Umfange gerade diejenigen vom Heil aussschließt, denen die Sendung des Gottesknechts nach Jes 53,8 vornehmlich galt: die Juden, Jesu eigenes Volk, das sich mehrheitlich der Annahme seines Messias verweigert. Damit ist der eigentliche Grund benannt, warum Lukas die Wendung λύτρον ἀντὶ πολλῶν aus Mk 10,45 nicht in sein Evangelium übernimmt: nicht weil ihm der Sühnegedanke fremd ist, sondern, im Gegenteil, weil er das rechte Verständnnis desselben wahren will. Der Mensch wird der Heilstat des Gottesknechts nur teilhaftig im persönlichen Glauben an ihn. Daher kann, wie es in Jes 53 zum Ausdruck gebracht wird, auch Israel des Heils nur teilhaftig werden, wenn es sich dem von ihm verstoßenen Messias zuwendet und den als Gottes Heilsbringger anerkennt, der, von aller Welt verachtet, den schändlichen Fluchtod starb. Die Eliminierung des markinischen Wortes vom Lösegeld hat ihren Grund in der
155 So etwa W. Bösen, Jesusmahl. Eucharistisches Mahl. Endzeitmahl. Ein Beitrag zur Theologie des Lukas, Stuttgart 1980, 50 Anm. 41.
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lukanischen Verstockungstheorie!156 Sie mit der angeblichen sühnetheologischen Skepsis des Evangelisten zu begründen, ist auch deshalb unmöglich, weil Lukas mit der Anlehnung an die markinische Zueignungsformel „für euch vergossen“ nicht nur den Sühne‑, sondern auch den Opfergedanken an hervorgehobener Stelle in sein Evangelium einträgt, der, anders als die in diesem Punkt viel zurückhalttendere paulinische Formel, dem griechischen Leserkreis des Lukas gerade das vor Augen stellt, was der moderne Lukasinterpret in den Bereich des griechischen Ohren Unzuträglichen verweist: das alttestamentliche Opferwesen.157 Und Lukas tut dies nicht nur mittels des genannten Schlußsatzes der Einsetzungsworte, die sich auf das Blut des als Gottesknecht offenbaren Stifters des Mahles beziehen, sondern auch durch die Vorschaltung eines Abschnitts, der einzigartig in den synooptischen Abendmahlsüberlieferungen ist: die Rede Jesu über die eschatologische Mahlgemeinschaft im Reich Gottes Lk 22,15–18.
2.2 Essen und Trinken im Reich Gottes (Lk 22,15–18) Die Eröffnungsszene des lukanischen Abendmahlberichtes gehört zu den viel erörtterten Besonderheiten der lukanischen Passionsgeschichte, in denen Lukas seine erzählerische Unabhängigkeit von der markinischen Passionstradition erweist. Das Besondere liegt in der Reihenfolge des Erzählten. Denn Lukas hat in diesem Abschnitt das Wort Jesu, er werde vom Gewächs des Weinstocks nicht mehr trinkken, bis das Reich Gottes komme (V. 18), statt es wie Markus und Matthäus der Gabe des Kelches bei der Einsetzung des Abendmahls anzuschließen (Mk 14,25; Mt 26,29)158, zu einer eigenen Gesprächssequenz vor dem Passamahl ausgebaut und mit der Darreichung eines ersten Kelches verknüpft. Dabei erhebt Lukas neben dem Trinken des Weines auch das Essen im Reich Gottes zum Thema und schafft damit einen Bezug der Reich-Gottes-Ansage nicht nur zum Kelchwort, sondern auch zum Brotwort der nachfolgenden Abendmahlseinsetzung. Die Umkehrung der erzählerischen Reihenfolge hat, da sie gegenüber dem Zeugnis des Markus den Gesamtablauf des Mahles grundlegend verändert, theollogische Konsequenzen. Denn der gleich zu Beginn der Mahlzeit laut werdende Hinweis Jesu auf das Mahl im Reich Gottes (V. 16), ein Hinweis, dessen Bedeuts156 Dazu ausführlich u. S. 265–280. – Daß Lukas die markinische Wendung für die Einfügung in die Passionserzählung bewußt umgestaltet, vertritt auch Schürmann, Einsetzungsbericht, 76. 157 Vgl. K. H. Schelkle, Das Herrenmahl, in: J. Friedrich – W. Pöhlmann – P. Stuhlmacher (Hg.), Rechtfertigung. FS E. Käsemann, Tübingen – Göttingen 1976, 392. 158 Die von J.‑M. Magne, Les paroles sur la coupe, in: J. Delobel (Hg.), Logia. Les paroles de Jésus – The Sayings of Jesus. FS J. Coppens, Löwen 1982, 485, vorgenommene Tilgung dieses eschatologischen Wortes aus der Abendmahlsszene und seine Versetzung in den Kontext der Salbungsperikope Mk 14,3–9 ist abwegig.
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samkeit durch die Wiederholung noch unterstrichen wird (V. 18), läßt Jesu letzte Mahlgemeinschaft mit seinen Jüngern von vornherein als Abbild des eschatologgischen Mahles erscheinen.159 Damit ist weit deutlicher als bei Markus und Matthäus hervorgehoben, daß alles, was im Verlauf der Mahlzeit vor den Augen und Ohren der Teilnehmer geschieht, eschatologischen Charakter hat und auf die Erlössung Israels und der Völker zielt.160 Im Hintergrund der Vorstellung von der Mahlgemeinschaft im Reich Gottes steht die Erwartung des Völkermahls auf dem Zion nach Jes 25,6–8, das in endzzeitlicher Entsprechung zum Bundesmahl auf dem Sinai (Ex 24,11 im Kontext von Ex 24,1–8) gefeiert wird (vgl. Jes 24,23).161 Das eschatologische Mahl ist folglich unlösbar an das Bundesgeschehen zwischen Gott und Israel geknüpft. Und die Synoptiker nehmen diese der eschatologischen Vorstellung inhärente theologische Verknüpfung auf, wenn sie, und zwar alle, im Hinweis Jesu auf das „Bundesblut“ einerseits und auf das Mahl im Reich Gottes andererseits die beiden genannten Traditionen aufeinander und gleichzeitig auf das neue Bundesgeschehhen beziehen (Mk 14,24 f; Mt 26,28 f; Lk 22,15–20).162 Aber nur Lukas verstärkt die Anspielung auf die alttestamentlichen Mahl‑, Bundes- und Opfertraditionen, wenn er ausdrücklich und in betonter Aufnahme von Ex 24,11 vom Trinken und Essen im Reich Gottes redet und damit ganz konkret die Mahlzeit vor Augen stellt, die das Erlösungsgeschehen krönt.163 159 Abzuweisen ist in diesem Zusammenhang die von Bösen, Jesusmahl, 71 f, vertretene Meinung, die Szene Lk 22,15–18 habe selbst den Charakter eines eigenständigen Mahles und werde fortgeführt durch eine zweite Mahlschilderung in Lk 22,19–20. Dem widerspricht nicht nur der eschatologische Hinweischarakter der Redeeinheit Lk 22,15–18, sondern auch der Erzählfortgang, in welchem Lukas den Vollzug des eigentlichen Passamahles konstatiert (Lk 22,20) und dasselbe durch die Einsetzung des eucharistischen Mahles rahmt. 160 Vgl. E. Schweizer, Das Abendmahl eine Vergegenwärtigung des Todes Jesu oder ein eschatologisches Freudenmahl?, ThZ 2 (1946), 96–101. 161 Vgl. H. Gese, Der Tod im Alten Testament, in: ders., Zur biblischen Theologie. Alttestamentliche Vorträge, 3. Aufl., Tübingen 1989, 50: Das Mahl auf dem Zion „ist nicht irgendeine Idealszene, es ist das genaue Pendant zu Ex 24“. – Zur traditionsgeschichtlichen Verankerung der Jesaja-Apokalypse, insbesondere des Textabschnitts Jes 25,6–8, in der Tradition vom leidenden Gerechten s. Kleinknecht, Der leidende Gerechtfertigte, 76–78. 162 Dazu ausführlich Stuhlmacher, Biblische Theologie 1, 135.139 f. 163 Angesichts dieser deutlichen Anspielung auf Ex 24,1–11 – zumal im Zusammenhang der noch folgenden Bundesansage Lk 22,20 – ist die Aussage Bösens, Jesusmahl, 51, Lukas beziehhe sich „im Unterschied zu Mk/Mt nicht auf das Kultopfer von Ex 24,8“ als falsch zu bewerten, ebenso die daraus abgeleitete Schlußfolgerung, daß Lukas gegenüber dem Sühnopfergedanken zurückhaltend sei. Ebenfalls abzuweisen ist in diesem Zusammenhang die op. cit., 71, vorggenommene Herleitung der Doppelwendung „Essen und Trinken“ aus dem von stilistischen Vorlieben vermeintlich übermäßig geprägten lukanischen Sprachgebrauch. Lukas liebt die gennannte Wendung ja nicht um ihrer selbst willen, sondern weil sie theologische Relevanz hat und das irdische Jesusmahl generell als Abbild des eschatologischen Bundesmahles erscheinen läßt, in welchem das Urgeschehen am Sinai, wo Israels Älteste im Angesicht Gottes aßen, zur endzzeitlichen Erfüllung kommt. Vgl. dazu auch Lichtenberger, „Bund“, 218.
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Das genannte Textstück gibt bis heute Anlaß zu weitreichenden Quellenspekkulationen, denen an anderer Stelle nachzugehen ist.164 Betrachtet man es aber allein vom theologischen Standpunkt aus und im Sinnzusammenhang der ganzen Abendmahlsperikope, so ist die Schlüsselfunktion, die es für Lukas hat, nicht zu übersehen: Es dient der soteriologischen Ausweitung des Heilsgeschehens auf die Heidenwelt. Lukas stellt den endzeitlichen Mahlgedanken im Kontext der Abendmmahlseinsetzung deshalb so deutlich heraus, weil er im Licht des neuen Bundes in Jesu Blut (Lk 22,20) die nach Jes 25,6–8 zum Völkermahl geladenen Heiden zu rechtmäßigen Teilhabern des einst durch den Blutritus am Sinai gestifteten Israelbbundes erklären kann. Der Mahlgedanke sichert die Erkenntnis, daß das „für euch vergossen“ auch den sich im Glauben an Jesus sammelnden Völkern gilt. Gleichzeitig ist der jesajanische Bezugstext ein weiterer Hinweis darauf, daß für Lukas Jesu Tod und Todesüberwindung die Erlösung der Heidenwelt erwirkt. Denn die jesajanische Schau des endzeitlichen Völkermahls auf dem Zion verbbindet sich unmittelbar mit dem Hinweis auf den Sieg Gottes über den Tod (Jes 25,7.8a): 7 Vernichten wird er [sc. der Herr Zebaoth] auf diesem Berg die Hülle, mit der alle Völker verhüllt sind, und die Decke, die gedeckt ist über alle Nationen. 8 Vernichten wird er den Tod für immer.165
Todesüberwindung ist nichts anderes als die Außerkraftsetzung des Sündenvverhängnisses (vgl. Gen 3).166 So nimmt die Befreiung der Heiden vom Tod ihren Anfang im Mahl des Gottesknechts mit den Seinen und in der ihnen dabei geschenkten Gewißheit, daß der Opfertod des Knechts die das Leben tödlich zersstörende Sünde tilgt und die Völker zu Teilhabern des Bundes macht, der den einst mit Israel geschlossenen Sinaibund vollendet. Mit ihrer Hereinnahme in das Bundesgeschehen zwischen Gott und Israel werdden die Heiden aber auch in das Passageschehen einbezogen, d. h. in die Befreiung Israels aus der ägyptischen Knechtschaft, die dem Sinaigeschehen vorausgeht und im Bundesschluß besiegelt wird. Die Einbeziehung der Heiden in das geschichtlliche Urgeschehen liegt in der ungewöhnlichen Ankündigung Jesu beschlossen, 164 S. Kapitel I. 4. – Als im Ganzen lukanische Komposition betrachtet Bösen, op. cit., 19– 22, die Perikope. 165 Zur Textüberlieferung und Textkritik s. H. Wildberger, Jesaja, 2. Teilband: Jesaja 13– 27, BK.AT X/2, Neukirchen-Vluyn 1978, 959 f. Die LXX weicht an dieser Stelle erheblich vom masoretischen Text ab und tilgt sowohl den Hinweis auf das Essen auf dem Zion als auch den Hinweis auf die Vernichtung des Todes durch Gott. – Zur Frage der lukanischen Textrezeption s. Kapitel I. 4.3. 166 Vgl. nochmals Gese, Tod, 50, der aufgrund dieses Zusammenhangs die Vernichtung des Todes als Aufhebung der Offenbarungsdistanz zwischen dem unheiligen Menschen und dem heiligen Gott interpretiert.
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er werde das Passa (τὸ πάσχα: Lk 22,15; αὐτό: 22,16) nicht mehr essen, bevor es nicht seine Erfüllung im Reich Gottes gefunden habe, also beim eschatologisschen Mahl, das Israel und die Völker vor dem Angesicht Gottes vereint.167 Im Zentrum des Geschehens steht, als geschichtliches Urereignis, die Herausführung Israels aus Ägypten, die Auslösung aus todbringender Gefangenschaft. Sie wird im Blick auf das Mahl im Reich Gottes, das in Jesu Wort den Bezugspunkt bilddet,168 zum Abbild der endzeitlichen Auslösung der ganzen Menschheit aus der 167 Der Hinweis auf die Erfüllung des Passa im Reich Gottes entspricht dabei dem Wesen der Passafeier selbst, in welcher der Rückblick auf die Erlösung Israels aus dem ägyptischen Sklavenhaus sich bei der Rezitation des Hallels am Ende der Mahlzeit wandelt in die Schau der zukünftigen, messianischen Erlösung Israels. Vgl. Strack-Billerbeck II, 256; Joachim Jeremias, Abendmahlsworte, 197–199. Es fällt allerdings auf, daß die rabbinischen Quellen in ihrer eschatologischen Deutung des Passafestes wie überhaupt im Ausblick auf das eschato logische bzw. messianische Mahl der Endzeit sehr zurückhaltend, wenn nicht schweigsam sind, was die Teilnahme der Völker an diesem Mahl betrifft. – Zur Deutung des Passawortes Jesu Lk 22,16 im Lichte der Erwartung des eschatologischen Mahles im Reich Gottes s. auch M. Black, The „Fulfilment“ in the Kingdom of God, ET 57 (1945/46), 25 f. 168 Der Bezugspunkt ist nicht das Passalamm, das im Zentrum der modernen, einseitig auf den Speisungsvorgang ausgerichteten Auslegungen der Stelle steht, verbunden mit der Frage nach dem realen Verzehr eines Passalammes im Reich Gottes. Auch von einem begrifflicchen „Bedeutungsdurcheinander“ bzw. einer lukanischen Inkonsequenz in der Verwendung des Passabegriffs, wie Bösen, Jesusmahl, 27 f, sie in seinen Betrachtungen zur Stelle feststellen zu können meint, kann keine Rede sein. Das „Durcheinander“ entsteht bei Bösen durch die auch von Joachim Jeremias, Abendmahlsworte, 12 f, und C. K. Barrett, Luke XXII. 15: To Eat the Passover, JThS 9 (1958), 305–307, vertretene Annahme, τὸ πάσχα als Objektergänzung zu φαγεῖν könne nur einen konkreten Teil der Mahlzeit, und d. h. das Lamm, bezeichnen, wodurch ein anderer Gebrauch des Passa-Begriffs gegeben sei als an den übrigen Stellen. Dagegen spricht nicht nur das traditionsgeschichtliche Bild im Hintergrund des Textes, sondern auch der paulinissche Sprachgebrauch, der die Wendung κυριακὸν δεῖπνον φαγεῖν (1. Kor 11,20) und damit die idiomatische Verwendung von φαγεῖν als gebräuchlich bezeugt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß bei Paulus die genannte Wendung im Rahmen der Abendmahlsparadosis begegnet, in welcher die Einsetzungsworte 1. Kor 11,23–25 rezitiert werden. Dies ist ein weiterres Indiz dafür, daß auch bei Lukas der gesamte, traditionsgeschichtlich das Passa‑, das Bundes‑, das Völker- und das jesuanische Abendmahl umfassende Abschnitt eine Herrenmahlsreflexion darstellt. Des weiteren ist fraglich, ob nicht in diesem Sinne überhaupt der neutestamentliche Gebrauch der Wendung τὸ πάσχα φαγεῖν (Mk 14,12.14; Mt 26,17; Joh 18,28) weniger auf den Verzehr des Lammes zielt als vielmehr auf den Gesamtvollzug der Passafeier. Vgl. auch G. Dalman, Jesus-Jeschua. Die drei Sprachen Jesu. Jesus in der Synagoge, auf dem Berge, beim Passamahl, am Kreuz, Leipzig 1922, unveränd. reprogr. Nachdr. Darmstadt 1967 (mit Anhang: Ergänzungen und Verbesserungen), 116, und H. Schürmann, Der Paschamahlbericht Lk 22, (7– 14.) 15–18. I. Teil einer quellenkritischen Untersuchung des lukanischen Abendmahlsberichtes Lk 22,7–38, NTA 19, Münster 1953, 8. Schließlich ist auch die Meinung abzuweisen, Jesus habe nach der Vorstellung des Lukas beim Mahl teilgenommen, ohne zu essen und zu trinken. Dies haben vor allem Joachim Jeremias, op. cit., 201–203, und im Anschluß an ihn Hahn, Alttestamentliche Motive, 354, vertreten mit dem Hinweis darauf, daß die Worte „Herzlich gernne hätte ich ... gegessen“ den unerfüllten Wunsch bezeugten. So auch F. C. Burkitt und A. E. Brooke, St Luke XXII 15, 16: What is the General Meaning?, JThS 9 (1908), 569–571. Vgl. G. H. Box, St Luke XXII 15, 16, JThS 10 (1909), 106, der die von den vorgenannten Autoren
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I. Der Tod des Knechts
Gefangenschaft der Gott widerstreitenden Macht, die in der lukanischen Passaer zählung zweimal als Satan bezeichnet ist (Lk 22,3.31).169 So ungewöhnlich hier die Verschmelzung der Passatradition mit der Vorstelllung vom eschatologischen Mahl auf dem Zion erscheinen mag, so geschieht sie doch nicht unvermittelt, sondern – wie schon bei der Bundestradition und eigentllich gemeinsam mit ihr – im Kontext der Endzeiterwartungen von Jes 24–27, deren Herzstück das Völkermahl auf dem Zion darstellt.170 Die sog. Jesaja-Apokalypse schließt in Jes 27,12 f nämlich ab, indem sie nochmals das Geschehen auf dem Zion in den Blick nimmt, welches jetzt in das Bild des Exodus, der Sammlung Israels aus weltweiter Verbannung und Zerstreuung, gefaßt wird und sich mit der Erwartung der universalen Gottesherrschaft in Jerusalem als dem kultischen Mitttelpunkt der Erde verbindet. Bemerkenswert ist auch, daß die Totenauferstehung in Jes 26,19 als Passageschehen gedeutet wird171: Israel harrt im Schutz der versschlossenen Kammer seiner Erlösung, der Herausführung in das Leben, während draußen, vor der Tür, Gottes Heimsuchung die Bosheit der Erde vertilgt, ihre todbbringende Macht zerstört (Jes 26,20 f). Grundlage der endzeitlichen Ausweitung des Passageschehens ist die typollogische Deutung Ägyptens als der Macht des Bösen schlechthin. Sie ist in Jes 30,7 vorgebildet, wo Ägypten als „Rahab“ bezeichnet ist, als Todes- und Chaosm-
gemeinsam formulierten Erkenntnisse für sich reklamiert. Zu der Anfang des 20. Jh.s im angelssächsischen Raum intensiv geführten Diskussion und zu weiteren an ihr beteiligten Exegeten s. Schürmann, op. cit., 11 Anm. 52. Da τὸ πάσχα φαγεῖν sich auf die Begehung des Passafestes allgemein bezieht, fällt die genannte Deutung dahin. Ähnlich Schürmann, loc. cit. 169 Aus der theologischen Verarbeitung der Passamotivik folgt allerdings nicht, daß Lukas das Abendmahlsgeschehen als „Inauguration eines christlichen Passafestes“ versteht. Gegen Hahn, Alttestamentliche Motive, 342.353–356, und gegen Theobald, Paschamahl, bes. 156–170.177– 180, der durch die Herausarbeitung der Passabezüge im lukanischen Abendmahlsbericht erwwiesen zu haben meint, daß die „Kirche im Gesichtsfeld des Lukas“ ein christliches Passafest gefeiert habe; op. cit., 156 (Original kursiv). Nicht erörtert wird von den genannten Autoren die Funktion, welche die durch die Erwartung künftiger Erlösung konstituierte Passafeier in einer Gruppierung des Judentums hätte haben können, welche die Herausführung aus dem Sklavenhaus, d. h. die Erlösung des Menschen von dem ihn versklavenden Bösen, als durch den Tod Jesu Christi längst realisiert bekannte. Dazu das oben Folgende. 170 Die folgende Interpretation von Jes 24–27 geht, ungeachtet der komplizierten Entstehungsgeschichte des Textes, von der Komposition in ihrer jetzigen Gestalt aus, da diese die Interpretationsgrundlage für die neutestamentliche Textrezeption ist. 171 Den Passabezug des Verses vertreten auch G. B. Gray, Critical and Exegetical Commentary on the Book of Isaiah I–XXXIX, Vol. 1: Introduction, and Commentary on I– XXVII, ICC, 2. Aufl., Edinburgh 1962, 449 f; J. Fischer, Das Buch Isaias. 1. Teil: Kapitel 1–39, Die Heilige Schrift des Alten Testamentes 7/1, Bonn 1937, 179; J. Ziegler, Isaias, Die Heilige Schrift in deutscher Übersetzung. Das Alte Testament, Würzburg 1948, 81 f. Anders Wildberger, Jesaja 13–27, 998 f, und Gese, Tod, die hier eine Anspielung auf die Sintfluterzählung erkennen; vgl. insbesondere Gen 7,16 f.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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macht und damit als Urmacht des Bösen überhaupt;172 und sie wird im direkten Anschluß an das Passabild aufgenommen mit dem Hinweis auf die Vernichtung „des Drachen im Meer“ (Jes 27,1). Diese Vernichtung fällt im Zusammenhang der Jesaja-Apokalypse zeitlich zusammen – und wird folglich identisch – mit dem Ereignis der Vernichtung der Bosheit auf Erden, während Israel hinter versschlossenen Türen auf die Herausführung wartet. Von hier aus ist es nur noch ein kleiner Schritt zur Deutung des Passaereignisses als Befreiung von der Macht Satans,173 ein Schritt, der im jesajanischen Text selbst begründet und im Lukasevangelium ausgeführt ist. Diese sich bereits in Jes 24–27 vollziehende eschatologische Transformation des Passageschehens, die sich fortsetzt im außerkanonischen jüdischen Schriftttum174 und die einhergeht mit einer endzeitlichen Transformation auch des Bunddesgeschehens175, ist – schon angesichts der Bedeutung, welche die Jesaja-Apokkalypse innerhalb der lukanischen Passionsgeschichte hat176 – mitzubedenken, wenn man die Ankündigung Jesu in Lk 22,16 verstehen will: Das Passa ist erfüllt, wenn nicht nur Israel, sondern alle Welt aus der Knechtschaft Satans als der Macht des Bösen herausgeführt und auf dem Zion versammelt ist zur Anbetung Gottes und zum freudigen Mahl, um teilzuhaben am neuen Bund, der die Gemeinschaft des Gottesreiches konstituiert. Daß dieses Mahl in Jes 25,6 ein Todamahl ist,177 gewinnt eine besondere Bedeutung für das Verständnis der Toda-Bezüge in den Einsetzungsworten Jesu, da auf dem Hintergrund der eschatologischen Todafeier der neue Bund, der durch die Erhebung des Kelches in Kraft gesetzt wird, als Bund für Israel und die Völker erscheint. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch mit dem traditionsbildenden Einfluß des Passahallels (Ps 113–118) zu rechnen, das der Passafeier den eschattologischen Rahmen gibt. Es spannt den Bogen vom schöpfungstheologisch überhhöhten Urgeschehen des Exodus (Ps 113 und 114) zur eschatologischen Heilsz172
Diese typologische Deutung prägt auch die targumische Übertragung von Ps 89,11, in der Rahab ausdrücklich mit dem ägyptischen Pharao gleichgesetzt wird. Vgl. dazu MittmannRichert, Magnifikat und Benediktus, 117 f. 173 Die Gleichsetzung des in Ägypten nach dem Tode Josephs wirkenden Bösen mit Satan ist bereits in Jub 46,2 vollzogen. 174 Das Bild des eschatologischen Exodus als Abbild des im Passa vergegenwärtigten Urexodus erscheint hier als eines der Hauptstücke jüdischer Endzeithoffnung in einer Zeit pollitischer Bedrückung und Bedrohung Jerusalems, des kultischen Zentrums des Judentums. Vgl. etwa das 3. Esrabuch oder die Paraleipomena Jeremiou, die sich beide ausführlich dieses Themas annehmen; dazu U. Mittmann-Richert, Historische und legendarische Erzählungen, Einführung zu den jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit 1, Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit VI/1.1, 4–19, bes. 6.15–17, und 139–155, bes. 146–152. 175 S. nochmals o. S.125–132. 176 Vgl. auch hierzu bereits o. S. 105–108, daneben u. S. 148 f. 177 S. dazu F. Lang, Abendmahl und Bundesgedanke im Neuen Testament, EvTh 35 N. F. 30 (1975), 533; Gese, Tod, 50 f.
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I. Der Tod des Knechts
zeit, in welcher Israel und die Völker im Lobpreis und in der Anbetung Gottes vereint sind (Ps 117 und 118178), und hat sein Zentrum in der Toda des vom Tod erlösten Knechts (Ps 116)179. Mit der endzeitlichen Integration der Völker in das Passa- und Bundesgeschehhen ist der Prozeß der Traditionsverschmelzung in der lukanischen Perikope aber noch nicht abgeschlossen. Denn die auf der Grundlage von Jes 24–27 zusammmengefaßten Mahltraditionen erfahren hier eine weitere Transformation, bei der nicht nur das Passa- und das Bundesgeschehen mit dem eschatologischen Völkkermahl verbunden, sondern die Gesamtheit der Traditionen auf das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern und damit auf das eucharistische Mahl bezogen und so unlösbar an das in Jesu Tod sich vollziehende Erlösungswerk geknüpft werden. Lukas verarbeitet, dies läßt sich zusammenfassend feststellen, die alttestamentllichen Mahl- und Bundestraditionen intensiver und soteriologisch pointierter als Markus und Matthäus, und zwar deshalb, weil mit ihrer Hilfe die Kontinuität des Heilshandelns Gottes zur Darstellung gebracht und die Errettung der Heiden verggewissert werden konnte. Vor diesem traditionsgeschichtlich so farbigen Hintergrund erweist sich auch die immer wieder kontrovers diskutierte Frage, ob die diversen jüdischen Feierund Gemeinschaftsmahlzeiten Ur- und Vorbild für das Herrenmahl waren, als schon im Ansatz falsch gestellt.180 Die lukanische Erzählung stellt nachdrückllich heraus, daß im eucharistischen Mahl, das Jesus während der Passafeier im liturgischen Rückbezug auf die Toda einsetzt, alle Mahlfeiern Israels ihre heilsggeschichtliche Vollendung erfahren, weil in diesem von Jesus dem Menschen zum Nachvollzug aufgegebenen Mahl Gottes Heilshandeln am Menschen und in der Geschichte zu seinem Ziel und Ende kommt. Die Mahlfeier vor dem Anges178 Vgl. bes. Ps 118,17, wo von der Überwindung des Todes die Rede ist. 179
S. dazu bereits o. S. 131 f. Dies schließt die Frage nach dem Gedächtnischarakter bzw. dem eschatologischen Charakter der Abendmahlsfeier ein. Vgl. R. Feneberg, Christliche Passafeier und Abendmahl. Eine biblisch-hermeneutische Untersuchung der neutestamentlichen Einsetzungsberichte, SANT 27, München 1971, bes. 43–74, der die gleichzeitige Ausrichtung des Abendmahls auf die Vergangenheit (Todesgedächtnis) und die Zukunft (eschatologische Erwartung) auf zwei urssprünglich voneinander unabhängige und erst später vereinte Traditionen zurückführt, was einer künstlichen Zertrennung unauflöslicher theologischer Zusammenhänge gleichkommt. Das Gedächtnis des Todes Jesu ist unmittelbar mit der Gewißheit eschatologischer Erlösung verknüpft. Dieser Doppelaspekt ergibt sich aus den Einsetzungsworten selbst, die mit der Verheißung der durch Jesu Tod gewirkten Entsühnung des Menschen und der Stiftung des neuen Bundes das eschatologische Geschehen nicht nur am Horizont aufleuchten lassen, sondern proleptisch in Kraft setzen. Abzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch die Behauptung Greens, Death (1990), 7, die Funktion des letzten Mahles Jesu im Lukasevangelium sei allein von der nachösterlichen Mahlgemeinschaft her zu bestimmen, weshalb der Tod Jesu und seine Bedeutung für das Verständnis des Abendmahles belanglos sei. – Zum Gedächtnischarakter des Abendmahls nach Lukas s. ausführlich Mittmann-Richert, Erinnerung. 180
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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sicht Gottes als stete und historisch vielfältige Vergegenwärtigung individueller und universeller Heilserfahrung empfängt ihren alle Geschichte transzendierendden Sinn im letzten Mahl Jesu mit seinen Jüngern und dem hier zum Gedächtnis des Todes Jesu eingesetzten eucharistischen Mahl. Die Erlösung Israels aus der Knechtschaft und der mit Israel geschlossene Bund werden durch den Tod Jesu zu der alle Welt umfassenden Rettungstat Gottes, die durch Jesu Heilsproklamation beim letzten Mahl mit den Jüngern wirksam in Kraft gesetzt und in einer neuen Art des Mahles vergegenwärtigt wird. Dieses Mahl ist nicht Abbild eines anderren jüdischen Mahles, sondern Urbild des heilvollen Mahles überhaupt und als solches das irdische Abbild des Mahles im Reich Gottes, wenn alle Welt vor dem Angesicht Gottes und Jesu als des Tischherrn versammelt ist. Letztendlich aber liegt die eucharistische Integration auch der Heidenwelt in das endzeitliche Passa- und Bundesgeschehen begründet in der Gottesknechtsschaft Jesu, auf die neben den Einsetzungsworten auch das Abschlußwort Jesu in Lk 22,37 weist. Nur der Gottesknecht kann der Juden und Heiden vorsitzende Tischherr im Gottesreich sein, da seine Sendung von vornherein auf die Einbezziehung der Heiden in das Israel verheißene Heil zielt (Jes 42,1.4; 49,1.6), das in Jes 49,5 f als Sammlung aus der Zerstreuung, d. h. als die erneute Herausführung aus der Fremde und damit als Exodusereignis, in den Blick kommt: Er spricht: Es ist zu wenig, daß du mir Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzz zurichten und die [sc. in der Zerstreuung] Bewahrten Israels wiederzubringen, sondern ich mache dich auch zum Licht der Völker, daß mein Heil reiche bis an das Ende der Erde (Jes 49,6).181
Nur der Gottesknecht kann der endzeitliche Tischherr sein, weil ihm allein die Erkenntnis und Anerkenntnis der Völker gilt (Jes 52,15; vgl. Lk 23,47). Die Heidden erkennen, daß die Dahingabe seines Lebens (Jes 53,8.10–12; Lk 22,19 f), daß sein Tod als Aufrichtung des göttlichen Rechts in aller Welt (Jes 42,1.3 f) auch sie vom tödlichen Schuldverhängnis befreit (Jes 53,5 f.10–12) und zu Teilhhabern seiner Herrschaft macht (Jes 52,13),182 deren Zentrum auf ewig der Zion ist (Jes 25,6–8). Wollte man einwenden, von der Rettung der Heiden sei in der Abendmahlsperrikope ausdrücklich nicht die Rede, so würde man den Traditionsbezug der lukannischen Mahlszene und ihre innere Dynamik ignorieren. Die innere, durch Bilder und Assoziationen vermittelte Erzählebene ist das Fundament biblischen Hörens und Verstehens und erlangt notwendigerweise bei einem Text hohe Bedeutung, der überquillt von theologisch gefüllten Begriffen und Bildern. Sie stehen nicht je 181
In Anlehnung an Hermisson, Deuterojesaja, 316 f. – Vgl. Lk 2,32; Apg 13,47; 26,23. Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß dieser Deutungszusammenhang sich aus der christlichen Textinterpretation ergibt, die zwar im alttestamentlichen Text angelegt ist, aber in ihrer eschatologischen Ausformung auf Jesu Kreuzigung und Auferstehung gegründet ist. 182
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I. Der Tod des Knechts
für sich, sondern bilden die Fixpunkte eines durch sie konstituierten Zusammenhhangs, der sich dem mit der Überlieferung vertrauten Hörer unmittelbar darbietet, den aber mühsam zu entschlüsseln der modernen Auslegung auferlegt bleibt. Sie muß erst wiedergewinnen, was Lukas und seinen Adressaten selbstverständlich war, nämlich den lebendigen Umgang mit den für das Verständnis des Lebens und Sterbens Jesu bedeutsamen Traditionen. Das Mahl im Reich Gottes, auf das Jesus gleich am Anfang der lukanischen Szene so eindringlich verweist (V. 16.18) und das im biblischen Zusammenhang allein mit Hilfe von Jes 25,6–8 und Ex 24,11 gedeutet werden kann, ferner die Passafeier als gegenwärtige und künftige Reallität (V. 15) und schließlich, im Zentrum des Geschehens, die Stiftung des neuen Bundes, verbunden mit der zweimaligen Heilszusage „Für euch gegeben!“, „Für euch vergossen!“ (V. 19 f), der Heilszusage dessen, der am Ende mit Jes 53,12 auf den Lippen den Abendmahlssaal verläßt (Lk 22,37) – dies alles spricht für den mit der Texttradition vertrauten Hörer eine deutliche Sprache. Ihm erschließt die Kenntnis der Tradition die theologische Bedeutung der Anspielungen unmittelbbar und setzt ihn instand, die erzählerischen Details der Abendmahlseinsetzung in das gleich zu Anfang auf dem Hintergrund von Jes 24–27 entworfene Bild vom endzeitlichen Völkermahl zu integrieren. Die Bedeutung, die Jes 24–27 für die lukanische Interpretation des Todes Jesu hat, wird bestätigt durch die Kreuzigungserzählung, genauer die Verse Lk 23,42– 45, welche den Tod des Gottesknechts mit der genannten jesajanischen Endzeiterwwartung und der Aufrichtung der βασιλεία τοῦ θεοῦ auf dem Zion verknüpfen.183 Diese in den lukanischen Passionstexten sich wiederholende enge Verknüpfung der Todes- und Gottesknechtsmotivik mit der jesajanischen Reich-Gottes- und Endzeitprophetie nötigt aber nicht nur – wie bereits erwiesen – zu einer neuen Würdigung der Kreuzeskonzeption des Evangelisten, sondern auch zu einer neuen Bewertung seiner Vorstellung vom endzeitlichen Reich Gottes. Sie gewinnt, da sie vom Evangelisten ganz auf das Todesgeschick Jesu bezogen wird, eine Dimenssion, die den als Heilstheologen viel gescholtenen Lukas in einem ganz anderen Licht erscheinen läßt. Exkurs: βασιλεία τοῦ θεοῦ im Lukasevangelium Daß Lukas in der Rede von der βασιλεία τοῦ θεοῦ die menschliche Heilsvollendung in einem alle Aspekte umfassenden Sinn ausgedrückt fand, zeigt die Häufigkeit und die Vielffältigkeit, mit der er den Begriff in der Darstellung des irdischen Weges Jesu verwendet, oftmals in Ergänzung seiner Quellen184. In besonderer Weise tritt dabei die βασιλεία τοῦ 183
S. dazu o. S. 105–108. Lk 4,43; 7,28; 8,1.10; 9,2.11.27.60.62; 10,9.11; 11,2.20; 12,31 f; 13,18.20.28 f; 14,15; 16,16; 17,20 f; 18,16 f.24 f.29; 19,11; 21,31; 22,16.18.29; 23,51; Apg 1,3; 8,12; 14,22; 19,8; 20,25; 28,23.31. Das Reich des Sohnes und davidischen Königs: Lk 1,33; 22,30; 23,42. 184
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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θεοῦ als Inhalt der Verkündigung Jesu hervor.185 Damit ist allerdings nur ein Schwerund nicht der Kernpunkt der lukanischen βασιλεία-Konzeption erfaßt, der in den wenigen monographischen Untersuchungen zum Thema186 vor allem deshalb verfehlt wird, weil man einseitig auf die Redaktionstätigkeit des Evangelisten blickt und die zahlreichen Hinwweise auf die βασιλεία τοῦ θεοῦ in den Quellen mehrheitlich außer acht läßt187 – ganz im Unterschied etwa zur Armutsproblematik, wo gerade der Rückgriff des Lukas auf die meist palästinischen Sondertraditionen als Ausdruck seines speziellen theologischen Anliegens gewertet und gewürdigt wird. Auch dem βασιλεία-Verständnis des Evangelisten wird man nur gerecht, wenn man das lukanische Sondergut, in welchem der Begriff ganz auffällig hervorgehoben ist, als theologisches Ausdrucksmittel des Lukas selbst mit in die Interprettation einbezieht. Dies nicht nur, weil auch hier der Vorstellung zu wehren ist, der Evangellist tradiere aus einer mit Unverständnis gepaarten Quellentreue Konzepte, die dem eigenen Verständnis des Sachverhalts widersprechen188, sondern auch deshalb, weil gerade bei den Lukas eigentümlichen Passagen ihr Quellencharakter oftmals im Ganzen oder im Detail umstritten ist189 und die Wahrscheinlichkeit groß ist, daß Lukas in etlichen Abschnitten, die von der βασιλεία τοῦ θεοῦ handeln, selbst formuliert hat oder literarisch mit am Werke ist. Es gilt, der Gesamtkomposition des Evangelisten als dem Vehikel seiner theologischen Überzeugung gerecht zu werden, und dies um so mehr, als die ungeprüfte Ausklammerrung derjenigen βασιλεία-Belege, die man ihres sühnetheologischen Kontextes wegen als unlukanische Sondertradition in der Regel unbeachtet läßt, sich im Rahmen der vorliegendden Untersuchung als unberechtigt erwiesen hat. Anders gewendet: Da Lukas, wie es sich auch bei anderen als den Passionstexten noch vielfach zeigen wird, den Tod Jesu als Sühnnegeschehen deutet und somit als das zentrale heilsgeschichtliche Ereignis begreift, muß sein Verständnis der βασιλεία τοῦ θεοῦ mit dieser Heilserkenntnis unmittelbar verknüpft sein. Die lukanische βασιλεία-Konzeption darstellen zu wollen unter Ausklammerung der zahlreichen und gewichtigen Belege in der Passionsgeschichte, hieße, sie von vornherein ihres theologischen Rückgrats zu berauben.190
185 Nur bei Lukas und bei ihm gehäuft findet sich ein verbum dicendi (v. a. εὐαγγελίζεσθαι und κηρύσσειν) mit der Begriffskombination βασιλεία τοῦ θεοῦ verbunden (Lk 4,43; 8,1; 9,2.11.60; Apg 1,3; 8,12; 19,8; 20,25; 28,23.31). S. dazu ausführlich A. Prieur, Die Verkündigung der Gottesherrschaft. Exegetische Studien zum lukanischen Verständnis von βασιλεία τοῦ θεοῦ, WUNT 2. Reihe 89, Tübingen 1996, 4–8, der seine Darstellung der lukanisschen Konzeption der Gottesherrschaft allein von diesem Sachverhalt her entwickelt; op. cit., 9. S. auch O. Merk, Das Reich Gottes in den lukanischen Schriften, in: E. E. Ellis – E. Gräßer ( (Hg.), Jesus und Paulus. FS W. G. Kümmel, Göttingen 1975, 204 f. 186 S. Prieur, op. cit., 2–4. 187 Vgl. auch A. Lindemann, Art. Herrschaft Gottes/Reich Gottes IV. Neues Testament und spätantikes Judentum, TRE 15, Berlin – New York 1986, 211 f. Dagegen M. Wolter, „Reich Gottes“ bei Lukas, NTS 41 (1995), 541–563. 188 So etwa Prieur, Verkündigung, 166, der – unter Verzicht auf eine eigene Untersuchung des Sachverhalts – bezeichnenderweise die Sühnetodvorstellung nach Lk 22,19 f als Beispiel für eine Tradition ins Feld führt, welche dem theologischen Anliegen des Lukas entgegenstehe. 189 Zur besonderen Problematik des Passionsberichtes s. ausführlich Kapitel I. 4. 190 Gegen Prieur, Verkündigung, 165 f. Auch Merk, Reich Gottes, blendet die genannten Belege ganz aus und bezieht sich vornehmlich auf die Belege im sog. Reisebericht.
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Blickt man in diesem Sinne von Jesu letztem Mahl mit seinen Jüngern, das schon im Eingang der Perikope programmatisch und erzählerisch einmalig mit der βασιλεία τοῦ θεοῦ verknüpft wird (Lk 22,16.18), auf andere Texte des Evangeliums, dann fällt auf, wie häufig Lukas überhaupt die Rede von der βασιλεία τοῦ θεοῦ mit einem Mahlgeschehen verbindet.191 Besondere Bedeutung gewinnt in diesem Zusammenhang Lk 14,15, die von Lukas selbst geschaffene Hinführung zum Gleichnis vom großen Abendmahl (Lk 14,16– 24), weil in ihr das Essen des Brotes als konstitutives Element der Gemeinschaft im Reich Gottes herausgestellt wird: Als einer von denen, die mit zu Tische lagen, das hörte, sprach er zu ihm: Selig ist, der Brot ißt im Reich Gottes. In gleicher Weise erweitert Lukas in 22,29 f das auch in Mt 19,28 überlieferte Wort von der endzeitlichen Richterfunktion der über die zwölf Stämme Israels gesetzten Jünger um das Bild des Mahles im Reich Gottes: Ihr werdet essen und trinken an meinem Tisch in meinem Reich und sitzen auf Thronen und richten die zwölf Stämme Israels. Es steht außer Frage, daß die Bedeutung, die Lukas dem Mahlgeschehen generell zumißt, auf der eschatologischen Abbildfunktion gründet, die es durch das Völkermahl auf dem Zion nach Jes 25,6–8 gewinnt. Aber erst die Abendmahlsszene Lk 22,15–18 macht deutllich, daß Lukas diesen Bezug nicht unwissentlich übernimmt, sondern, ganz im Gegenteil, das endzeitliche Essen und Trinken nur deshalb so betont, weil es die durch Jesu Leben und Sterben gewirkte Erfüllung der jesajanischen Heilsweissagung sichtbar macht. Erst das von Jesus in Jerusalem gefeierte Mahl mit den Jüngern, dessen eschatologischen Abbildcharrakter Jesus in Lk 22,16 und 18 selbst hervorhebt, schafft den Bezug zum Zion und zu der mit ihm verbundenen Endzeiterwartung. Diese ist bereits in den Einsetzungsworten, die während des Mahles gesprochen werden, soteriologisch mit Jesu Tod verbunden (ἡ καινὴ διαθήκη: Lk 22,20 par. Mk 14,24) und durch die Voranstellung von V. 15–18 in der Weise zur Verkündigung des Gottesreiches ausgebaut, daß die endzeitliche Tischgemeinschaft in der βασιλεία τοῦ θεοῦ als unmittelbare Folge des Sühne- und Stellvertretungstodes Jesu erscheint. Gleichzeitig ist Lukas der einzige der Evangelisten, der auf dem Hintergrund des jesajanischen Endzeitbildes Jes 24–27 auch in der Kreuzigungsszene den Tod Jesu programmatisch mit der Reich-Gottes-Frage verknüpft192: Der Tod Jesu (Lk 23,46) fällt 191 Angesichts der Tatsache, daß die Mahlgemeinschaft Jesu mit dem Menschen ein Leitmotiv des Lukasevangeliums ist (Lk 5,27–32; 7,36–50; 9,10–17; 11,37–54; 14,1–24 [dariin das Gleichnis vom Abendmahl Lk 14,15–24]; 19,1–10; 22,7–38; 24,13–35), verwundert es, daß Prieur, op. cit., 6–8, die in diesen Zusammenhang zahlreich eingestreuten βασιλεία-Belege ohne weiteren Kommentar von der Untersuchung ausschließt. Zur grundsätzlichen eschatologisschen Bedeutung der Mahlgemeinschaften im Lukasevangelium vgl. Stuhlmacher, Biblische Theologie 1, 72 f, und Bösen, Jesusmahl, 78–139, der allerdings im Hinblick auf die βασιλεία τοῦ θεοῦ der Conzelmannschen Periodisierung der Heilsgeschichte bei Lukas verhaftet bleibt. Dazu ausführlich u. S. 265–271, bes. 267–269. 192 Das Kreuzigungsgeschehen wurde in Kapitel I.1 bereits ausführlich diskutiert. Im Folgenden werden die Ergebnisse nochmals im Blick auf die βασιλεία τοῦ θεοῦ dargestellt, erhhalten allerdings keine eigene Begründung mehr.
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zusammen mit dem Vergehen der Sonne (Lk 23,45), deren schamvolles Erlöschen nach Jes 24,23 den Anbruch der Königsherrschaft Gottes auf dem Zion „sichtbar“ macht. Die Sonne vergeht, da nun statt ihrer das Licht der göttlichen Doxa von Jerusalem aus die Erde erhellt (vgl. Jes 60,19). Das heißt im Kontext der lukanischen Passionsgeschichte: Der Tod Jesu als Erschütterung der kosmischen Ordnung ist der Zeitpunkt der Aufrichtung der βασιλεία τοῦ θεοῦ auf dem Zion! Dies ist der Fixpunkt der lukanischen Reich-Gottes-Konzeption, dem im voranstehenden Gespräch mit dem Schächer das „Heute“ des Eintritts Jesu in sein Reich entspricht, das Lukas – dies wird noch gezeigt193 – mit dem Paradies identifiziert.194 Die mit der Verheißung an den Schächer verknüpfte theologische Frage, auf welche Weise der Tod Jesu dem Menschen den Weg in das Gottesreich öffnet, kann nur soteriologisch beantwortet werden; und Lukas tut dies, wie bereits vielfach dokumentiert, nicht anders als Markus und Paulus auch, indem er Jesu Tod als stellvertretenden Sühnetod deutet, durch welchen der Mensch befreit wird von der Macht der ihn von Gott trennenden Sünde. Der einzige Unterschied zwischen Lukas und Markus in der Darstellung des Weges Jesu zum Kreuz besteht darin, daß der dritte Evangelist immer wieder mit Jes 53 den jesajanischen Bezugspunkt der Vorstellung von der Integration des Menschen in den Lebens- und Herrsschaftsbereich Gottes herausstellt und von diesem Bezugspunkt aus das Jesajabuch als Ganzes in die Interpretation des Leidens und Sterbens Jesu einbezieht.195 Jes 53 wiederum ist der Schlüsseltext, der verstehen hilft, warum im Gesamtrahmen der jesajanischen Prophetie, zu der das eschatologische Bild von Jes 24–27 wesentlich hinzugehhört, für Lukas ausgerechnet der Tod Jesu den Zeitpunkt der Aufrichtung der βασιλεία auf dem Zion markiert. Denn das vierte Gottesknechtslied verweist gleich zu Anfang auf die Herrschaft des für die Sünden der Vielen in den Tod dahingegebenen Knechts als das Ziel seines Weges. Tod und Herrschaft bilden in Jes 53 eine unlösbare Einheit, deren Geheimnis und einendes Band das im Tode sich vollziehende und die Herrschaft des Knechts konstittuierende Sühnegeschehen ist.196 Die auf den Knecht übertragene βασιλεία ist im Kontext der Gottesknechtsvorstellung unmittelbar mit dem Sühnegeschehen verbunden, und Lukas vertieft diesen Zusammenhang durch die Einbeziehung von Jes 24–27. Die βασιλεία τοῦ θεοῦ ist für Lukas, der ihr Verständnis aus der jesajanischen Prophetie schöpft, der göttlliche Herrschafts- und Lebensraum, in dem aufgrund der durch den Gottesknecht geleissteten Sühne dem vom Schuldverhängnis befreiten Menschen die ungebrochene Gemeinsschaft mit Gott geschenkt ist.
193
S. u. S. 151–153; s. auch S. 181–185. H.‑J. Eckstein, Leben nach Geist und Leib. Christologische und anthropologgische Aspekte der Auferstehung bei Lukas, in: ders., Der aus Glaube Gerechte wird leben. Beiträge zur Theologie des Neuen Testaments, Beiträge zum Verstehen der Bibel 5, Münster 2003, 182 f. – Daß in diesem Zusammenhang Lukas das Problem des „Verhältnis[ses] des ‚heutte‘ zur Auferstehung“ nicht reflektiere, wie Rengstorf, Lukas, 273, behauptet, ist im Blick auf die schöpfungstheologische Nuancierung der Auferstehungsereignisse durch Lukas zu bestreitten. S. dazu im Exkurs zu Auferstehung und Erhöhung die Seiten 219–222. 195 Der von Vielhauer, „Paulinismus“, 22.24, so programmatisch gegenüber Lukas erhobbene Vorwurf, er sehe im Kreuz nicht wie Paulus die Äonenwende sich vollziehen, sondern hulddige der Vorstellung eines sich sukzessiv verwirklichenden Erfüllungsgeschehens, erweist sich hier ein weiteres Mal als haltlos. 196 Vgl. Haag, Opfer, 83, der das Recht, dem der Gottesknecht nach Jes 42,1–4 weltweit Geltung verschafft, als „Lebensordnung der Gottesherrschaft“ definiert. 194 Vgl.
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Von diesem allgemeinen Verständnis des Begriffs zu unterscheiden ist das Ereignis der Errichtung des Gottesreiches auf Erden. Die irdische Aufrichtung der βασιλεία τοῦ θεοῦ fällt, da mit ihr die Beziehung zwischen Gott und Mensch letztgültig instand- und das menschliche Schuldverhängnis und mit ihm das über den Menschen verhängte Todesurteil außer Kraft gesetzt wird, sachgemäß mit der Todesstunde Jesu zusammen. Die Sühnekraft seines Todes öffnet dem Menschen den Weg hinein in den Transzendenzraum Gottes, der von nun an als irdische Realität den Schutzraum für das ungebrochene Beisammmensein von Gott und Mensch bildet.197 Mit der christologischen und soteriologischen Tiefe des lukanischen βασιλεία-Verständnnisses korrespondiert aus anthropologischer Sicht die Weite des Begriffs bei Lukas, der bei ihm in ganz anderer Weise noch als bei Markus oder Matthäus auf die Integration „des“ Menschen, und d. h. aller Menschen, in den Lebensraum Gottes zielt. Die irdische Aufrrichtung der βασιλεία zur Todesstunde des Gottesknechts bedeutet – da sie nach Jes 24,23 geschieht –, daß die Völker Anteil erhalten an der Frucht dieses Todes: Die sühnestiftende Kraft des Todes Jesu gibt allen Menschen, Juden wie Heiden, Anteil an der βασιλεία τοῦ θεοῦ und öffnet den Zugang zum Völkermahl in der endzeitlichen Gemeinschaft mit Gott (vgl. Jes 60,1 f).198 197 Vor dem Hintergrund des hier dargestellten Zusammenhangs, in den auch die an den Schächer gerichtete Ansage gehört, daß er „heute“ des Heils teilhaftig wird, bleibt es ganz unvverständlich, daß man Lukas unterstellt, er schreibe allein der Auferstehung und Erhöhung Jesu Heilsqualität zu. 198 Es kennzeichnet das Gros der Untersuchungen zur βασιλεία τοῦ θεοῦ bei Lukas, daß in ihnen die Frage, wie die βασιλεία inhaltlich zu definieren ist, keine Beachtung erfährt bzw. durch Scheindefinitionen umgangen wird. Zu ihnen gehört die beliebte Umschreibung der βασιλεία als „Inhalt der Verkündigung Jesu“, die gerade nicht erklärt, was Jesus verkündigt, wenn er die βασιλεία verkündigt. Ähnliches gilt vom Hinweis auf die Präsenz der βασιλεία im Wirken Jesu. Die begriffliche Unklarheit wirkt sich aus auf alle mit der βασιλεία zusammenhänggenden Untersuchungskomplexe, darunter die Frage nach dem „Kommen“ des Gottesreiches, die Frage nach der Verbindung der βασιλεία τοῦ θεοῦ mit Jesu Person und Werk und schließllich die Frage nach ihrer Rolle im Verkündigungsgeschehen. In der Regel löst man die definittorische Problematik mit Hilfe eines Zirkelschlusses auf: Die Frage, wie Lukas die βασιλεία versteht, wird dadurch beantwortet, daß man die Antwort, was die βασιλεία sei, als offensichtllich bekannt voraussetzt und die Problematik auf die zeitliche Komponente reduziert. Prieur, Verkündigung, 281–283, etwa definiert die βασιλεία als ein Verkündigungsphänomen und bringt sie in Zusammenhang mit dem sich realisierenden Heilsplan Gottes, ohne dabei zu sagen, woriin das mit der βασιλεία verknüpfte Heil und damit die βασιλεία selbst konkret besteht und was der Anbruch der βασιλεία für das menschliche Leben bedeutet. Hier zeigt sich der wahrre Grund für das Dilemma, vor dem man mit der βασιλεία bei Lukas steht: Eine Definition des βασιλεία-Begriffs ist nur unter Berücksichtigung der anthropologischen Grundfragen möglich, da die biblischen Heilsvorstellungen stets auf die Aufhebung des menschlichen Schuld- und Todesverhängnisses zielen, das aus der Geschöpflichkeit des Menschen und seiner Verhaftung im Irdischen resultiert (vgl. auch die auf das Kommen des Reiches ausgerichtete Vaterunserbitte καὶ ἄφε¦ ἡμῖν τὰ¦ ἁμαρτία¦ ἡμῶν: Lk 11,4; vgl. Mt 6,12). Da man aber bei Lukas konsequent Jesu Tod und die durch ihn gewirkte Sühne aus dem Denken des Evangelisten ausklammert, wird die Definition der βασιλεία begrifflich unmöglich. Und weil sie unmöglich ist, gerät man in die eben bezeichnete Sackgasse, in welcher die stets vagen Versuche, den soteriologischen Sachverhalt mit Hilfe raum-zeitlicher Kategorien zu erfassen, die begriffliche Klärung nur unzurreichend ersetzt. Anders als Prieur ist W. G. Kümmel, Einleitung in das Neue Testament, 21.,
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Damit schließt sich der Traditionskreis der lukanischen βασιλεία-Belege. Er ist nicht zufällig deckungsgleich mit dem Kreis der soteriologischen Traditionsbezüge, welche die Analyse der Kreuzigungs- und der Abendmahlsperikope ans Licht gebracht hat. Denn die Reich-Gottes-Konzeption ist integraler Bestandteil des vom Evangelisten entworfenen soterriologischen Gesamtbildes. Das Zentrum der lukanischen βασιλεία-Vorstellung ist der Sühnnetod Jesu am Kreuz. Von diesem Fixpunkt der lukanischen Gottesreich-Vorstellung aus muß auch die viel diskutierte Frage, ob Lukas den Anbruch des Gottesreiches als präsenttisches Geschehen oder als zukünftiges Heilsereignis versteht,199 in ganz anderer Weise beantwortet werden, als es bisher geschehen ist.200 Den in dieser Frage entscheidenden Hinweis gibt Lukas in 22,29 f – auch dies eine Passsage ohne Parallele in den anderen synoptischen Evangelien. In ihr eröffnet Jesus seinen Jüngern im Gespräch, das seinem Gang in den Tod unmittelbar vorangeht, das Geheimnis der βασιλεία: Gott hat dem, der als Gottesknecht (Lk 22,37) in den Tod geht, die βασιλεία übergeben, um sie dem Menschen zuzueignen. Dieses Wort Jesu, in Erwartung der Todessstunde gesprochen, erweist die beliebte Frage nach der Nähe oder der Ferne des Gottesrreiches bei Lukas201 als schon im Ansatz falsch gestellt, weil es die βασιλεία τοῦ θεοῦ erneut erg. Aufl., Heidelberg 1983, 139 Anm. 68, in Anbetracht der geschilderten Lage immerhhin konsequent, wenn er die Wendung βασιλεία τοῦ θεοῦ bei Lukas als nicht genau definierbar erklärt, womit er allerdings nicht ein lukanisches Problem, sondern eines der Lukasforschung und ihrer hermeneutischen Prämissen benennt. 199 J. Ernst, Herr der Geschichte. Perspektiven der lukanischen Eschatologie, SBS 88, Stuttgart 1978, 46, redet sogar von einem „Zweifrontenkrieg“, in welchem Lukas kämpft. Vgl. auch op. cit., 55–69, zur lukanischen Reich-Gottes-Vorstellung. 200 Zumeist wird eine harmonisierende Lösung gesucht. Vgl. etwa D. L. Bock in seinem großen Kommentar, Luke. Volume 1: 1:1–9:50, ECNT 3, Grand Rapids, Michigan 1994, 31: „The kingdom is present now, but comes in the future.“ Vgl. auch J. Leveque, Aujourd’hui le salut. Témoignage de Luc, VS 130 (1976), 806–817; Marshall, Luke. Historian and Theologian, 128–136; H. Baarlink, Die Eschatologie der synoptischen Evangelien, BWANT 120, Stuttgart – Berlin – Köln – Mainz 1986, 149–152; R. O’Toole, The Kingdom of God in Luke-Acts, in: W. Willis (Hg.) The Kingdom of God in 20th-Century Interpretation, Peabody, Massachusetts 1987, 147–162, der die präsentischen Aussagen, obwohl er ihnen Realität zuerkkennt, beständig relativiert, um die futurischen Aspekte der lukanischen βασιλεία-Konzeption als interpretatorisch entscheidend herausstellen zu können. Vgl. insbesondere op. cit., 158, zur futurischen Deutung von σήμερον und op. cit., 154, die Feststellung, das Reich Gottes sei in Jesu Wirken „somehow present“. Ähnlich Neyrey, Passion, 14: „a proximate ... time“. Auch J. Dupont, L’après-mort dans l’œuvre de Luc, in: ders., Nouvelles études sur les Actes des Apôtres, LeDiv 118 (1984), 358–379 (= RTL 3 [1972], 3–21; deutsche Zusammenfassung unter dem Titel „Die individuelle Eschatologie im Lukasevangelium und in der Apostelgeschichte“, übers. von M. Prager, in: P. Hoffmann [Hg.], in Zusammenarbeit mit N. Brox u. W. Pesch, Orientierung an Jesus. Zur Theologie der Synoptiker. FS J. Schmid, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1973, 37–47), bleibt trotz seines Versuchs, die seiner Meinung nach mit Lk 23,43 verbbundene Vorstellung eines Zwischenzustandes zu relativieren, in der Kategorie des Zeitlichen gefangen. Vgl. ferner R. Maddox, The Purpose of Luke-Acts, Göttingen 1982, 123–145, und Lindemann, Art. Herrschaft Gottes/Reich Gottes IV. 201 Stellvertretend für eine große Anzahl an Untersuchungen zum Thema sei hier der die themmatischen Aspekte systematisierende Aufsatz von A. George, L’Éschatologie, in: ders., Études sur l’œuvre de Luc, Paris 1978, 321–347, genannt. Vgl. ders., Le règne de Dieu, in: ders., op. cit., Paris 1978, 285–306.
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nicht als ein zeitliches, sondern als ein personales und gleichzeitig relationales Phänommen qualifiziert, als ein Geschehen zwischen Gott und Mensch (vgl. Lk 17,20 f). Nicht darum, wann die βασιλεία kommt, geht es hier, sondern darum, wie der Mensch Anteil an der immer schon bestehenden βασιλεία erhält.202 Die einzige zeitliche, gleichzeitig aber das Zeitliche transzendierende Kategorie ist die Todesstunde Jesu als der Zeitpunkt, da das Sühnegeschehen zeitlos in Kraft tritt und dem Menschen – bildlich gesprochen – das Eingangstor in die βασιλεία ein für allemal und letztgültig geöffnet wird.203 Nicht zufälllig wechselt mit diesem „Zeitpunkt“ der Todesstunde Jesu die Terminologie und wird die βασιλεία des Vaters von nun an als die βασιλεία des Sohnes bezeichnet (Lk 22,30; 23,42 im Zusammenhang mit 1,33), da sie allein durch die sühnestiftende Dahingabe Jesu in den Tod dem Menschen zuteil wird.204 Erst in Jesu Tod wird die besondere herrscherliche Einheit von Vater (Lk 22,29) und Sohn (Lk 1,32 f) sichtbar (vgl. Lk 9,26 f; Apg 2,32–36) und die βασιλεία als das dem Menschen zukommende Heilsgut erkennbar, weshalb in Jesu Todesstunde der Schächer den Gekreuzigten als denjenigen ansprechen kann, in dessen Herrschermacht es steht, ihm, dem Sünder, noch im Tode eine heilvolle Zukunft zu eröffn202 Gegen H. Schürmann, Jesu Abschiedsrede. Lk 22,21–38. III. Teil einer quellenkritisschen Untersuchung des lukanischen Abendmahlsberichtes Lk 22,7–38, München 1957, Nachdr. 1977, 46, ist an dieser Stelle festzuhalten, daß in Lk 22,29 und 30 durchaus keine unterschiedlliche Verwendung des Begriffs βασιλεία vorliegt, als bezeichne das juridische Verständnis des Begriffs eine Alternative zur Klassifikation des Reiches als eines raum-zeitlichen Phänomens. Die Relationalität der βασιλεία als eines die Personalität Gottes manifestierenden Phänomens umschließt, aus der Sicht des Menschen, in ganz verschiedener Weise alle irdisch-bildhaften βασιλεία-Vorstellungen, indem sie sie transzendiert. Das gilt von der Vorstellung des neu konstittuierten „Raumes“ gott-menschlichen Beisammenseins als eines transzendenten Reiches ebensso wie von der Konzeption der βασιλεία als eines Herrschafts- und Machtphänomens. – Den relationalen Charakter der βασιλεία τοῦ θεοῦ bei Lukas stellt auch M. Völkel, Zur Deutung des „Reiches Gottes“ bei Lukas, ZNW 65 (1974), 57–70, bes. 69 f, heraus. S. auch P. Grelot, „Aujourd’hui tu seras avec moi dans le paradis“ (Luc, XXII, 43), RB 74 (1967), 194–214, bes. 205–210, der allerdings im Blick auf das Paradies in Lk 23,43 den relationalen Aspekt in die von ihm so genannte mythisch-apokalyptische Auslegung der Stelle zu integrieren versucht, um die Diskrepanz zwischen dem „Heute“ des Paradieseseintritts Jesu und dem zeitlich nachgeordnneten Ereignis der Auferstehung zu überwinden. 203 Schon deshalb kann keine Rede davon sein, daß, wie Rese, Problematik, 29 f, behauptet, in Lk 22,29 die Zueignung des Reiches nicht mehr an das Todesgeschick Jesu gekoppelt werde, weshalb Lk 22,20 als Teil des sekundären Langtextes zu streichen sei. Zu dieser Überzeugung kommt Rese nicht zuletzt deshalb, weil er in der Reich-Gottes-Verheißung Lk 22,29 einen inhaltlichen Gegensatz zur Bundesaussage Lk 22,20 zu erkennen meint, dergestalt, daß die Verheißung der βασιλεία im jetzigen Zusammenhang die Bundesansage korrigiere und letztere daher nicht ursprünglich sein könne. Warum gerade Rese, der sich in anderem Zusammenhang so eingehend mit dem von Lukas verarbeiteten alttestamentlichen Traditionsmaterial beschäfttigt hat (ders., Alttestamentliche Motive), die traditionsgeschichtlichen Bezüge, die in allen synoptischen Einsetzungsberichten offen zutage treten, und damit den grundlegenden theologgischen Zusammenhang in so markanter Weise übergeht, bleibt die eigentliche Frage an seinne Textrekonstruktion. 204 Gegen Prieur, Verkündigung, 64, belegen die genannten Stellen eindeutig die Identität der bei Lukas als βασιλεία τοῦ θεοῦ und – im Munde Jesu – als βασιλεία μου bezeichneten Größen. Der Hinweis des Autors auf das Fehlen des Genitiv-Attributs τοῦ θεοῦ in Lk 22,29 f und 23,42 (loc. cit. Anm. 170) bedeutet eine künstliche Differenzierung der βασιλεία-Vorstellungen und trägt nicht zur Klärung der Begrifflichkeit bei.
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nen (Lk 23,42).205 Diese wird dem Menschen zuteil als das verlorengegangene Paradies (Lk 23,43), d. h. als der von der Macht der Sünde freie Ort der Gemeinschaft von Gott und Mensch (nach Gen 3). Die Paradiesesvorstellung gehört schon deshalb unmittelbar hinein in die lukanische βασιλεία-Konzeption, weil sie Teil des jesajanischen Gesamtbildes ist, das in Jes 51,3, im weiteren Kontext des vierten Gottesknechtsliedes, die Ankündigung der irdischen Realissierung des Paradieses in Jerusalem enthält. Ganz bewußt übernimmt Lukas in 23,43 diessen Hinweis und setzt ihn gleich mit der sich im Tode vollziehenden irdischen Aufrichtung der βασιλεία auf dem Zion nach Jes 24,23: Dem Menschen ist wieder der Raum gegeben, in dem er, befreit von den tödlichen Folgen der in ihm wohnenden Macht der Sünde, der ewigen Gottesgemeinschaft teilhaftig wird. Gleichzeitig wird, ohne daß es hier weiterer Ausführungen bedürfte, deutlich, warum Lukas von Anfang seines Evangeliums an die Erzählung auf Jerusalem zentriert.206 Da in diesem Sinne die Aufrichtung der βασιλεία auf Erden auf die dauerhaft in Kraft gesetzte Zueignung der ewigen Gottesgemeinschaft an den Menschen zielt und damit als relationales Geschehen gekennzeichnet ist, in welchem die gott-menschliche Beziehung auf einen unerschütterlichen Grund gestellt wird, sind auch die βασιλεία-Belege außerhalb der Passionsgeschichte relational zu deuten. Das zeigt sich an einer nur von Lukas vorgenommmenen theologischen Nuancierung: Ausdrücklich und als einziger der Evangelisten konstattiert er die Abwesenheit Satans während der Zeit der Wirksamkeit Jesu, die er betont als die Zeit der Verkündigung der βασιλεία τοῦ θεοῦ qualifiziert (Lk 4,13; 4,43 f). Das „Weichen“ Satans aus Jesu Nähe bezeichnet in diesem Zusammenhang nicht seine bis zum Verrat des Judas währende, allgemeine Wirkungslosigkeit207, sondern seine faktische Entmachtung dort, wo im unmittelbaren Wirkungsbereich der in Jesu Verkündigung präsenten göttlichen βασιλεία das Böse seiner tödlichen Wirkung auf den Menschen beraubt wird, d. h. seiner Macht, den Menschen an den Folgen seines sündhaften Handelns zugrunde gehen zu lassen. Dies geschieht allerdings nur dann, wenn der Mensch, der in das Geschehen der auf seine Erlösung zielenden Zueignung der βασιλεία unmittelbar als Gegenüber Gottes eingebundden ist, das göttliche Geschenk des Reiches im Glauben annimmt, was dem Widerspruch gegen den Zugriff Satans auf sein Leben gleichkommt. Lukas hält diesen Zusammenhang eigens fest im letzten Gespräch Jesu mit seinen Jüngern, wo Jesus im Angesicht des Todes die Jünger eindringlich daran erinnert, daß der Glaube ihnen das Thronen in der βασιλεία sichert, da er die potentielle Macht Satans über ihr Leben unwirksam macht (Lk 22,29– 32).208 Gleichzeitig zeigt die programmatische Einbettung jenes Gesprächs in das Abendm205 Nachdrücklich zu widersprechen ist in diesem Zusammenhang der Überzeugung Pokor nýs, Theologie, 102, daß „für Lukas ... die Hoffnung im Tode nicht mit dem Kommen des Reiches Gottes identisch“ sei. Vgl. auch Bovon, Luc, le théologien, 70, auf den Pokorný sich hier beruft. 206 Die Studie von E. Asante, The Theological Jerusalem of Luke-Acts, ATJ 15 (1986), 172–182, über die christologische Bedeutung Jerusalems im Lukasevangelium bleibt deshalb an der Oberfläche, weil sie den sühne- und schöpfungstheologischen Aspekt des JerusalemMotivs bei Lukas außer acht läßt. 207 Darin ist Glöckner, Verkündigung, 163, durchaus recht zu geben, nicht aber darin, daß Lukas außerhalb der „singulären Verse Lk 4,13 und 22,3“ kein theologisches Interesse an der Macht Satans zeige und er den Tod Jesu nicht ursächlich mit ihr in Verbindung bringe. 208 Zur Glaubensproblematik im Zusammenhang der genannten Stelle s. den unmittelbar folggenden Abschnitt I.2.3.
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I. Der Tod des Knechts
mahlsgeschehen, daß die in Jesu Verkündigung stets auf den Glauben der Menschen ausggerichtete und nur durch diesen Glauben im individuellen Leben konkret zur Wirksamkeit gelangende βασιλεία ganz auf das in Jesu Tod sich vollziehende Sühnegeschehen bezogen ist. Dieser Zusammenhang wird noch begrifflich unterstrichen durch die Wahl des Verbs διατίθεσθαι in Lk 22,29, das auf die Stiftung des neuen Bundes (διαθήκη) in den Einsetzzungsworten (Lk 22,20) anspielt.209 Auch die βασιλεία-Verkündigung des irdischen Jesus ist im Lukasevangelium soteriollogisch fest im Einsetzungsgeschehen verankert: Wo Menschen in Jesu Wort und Wirken mit der βασιλεία τοῦ θεοῦ in Berührung kommen, geschieht Sündenvergebung, ein Motiv, das Lukas in besonderer Weise in den Vordergrund seines Evangeliums stellt.210 In der Begegnung mit dem irdischen Jesus und durch den Zuspruch der Sündenvergebung erhält der Mensch punktuell Anteil an der βασιλεία als dem Raum der ungebrochenen Gottesnnähe, in dem die Sünde nicht mehr zählt. Dies geschieht in Vorwegnahme der durch Jesu Tod ermöglichten ewigen Anteilgabe am göttlichen Reich und Leben – ein Geschehen, das die irdisch gesetzte Grenze zwischen Tod und Leben aufhebt. Die ewige Gemeinschaft des Menschen mit Gott ist das eigentliche Ziel der Sendung Jesu, weshalb Lukas den Akt der Sündenvergebung immer auch unter dem Aspekt des menschlichen Todesgeschicks und der jenseits der Todesgrenze möglichen Gottesgemeinschaft reflektiert (vgl. Lk 12,16–21; 16,19–31). Dabei verleiht er der Erkenntnis Ausdruck, daß der Tod des Gottesknechts der Sünde ihren Todescharakter nimmt und den menschlichen Tod in Leben verwandelt (Lk 23,43), in ein freudiges Leben des Essens und Trinkens in der unmittelbaren Gegenwart Gottes und des zum Tischherrn im Reich Gottes erhöhten Gottesknechts (Lk 22,28–30). Daß Lukas die durch den irdischen Jesus gewirkte Sündenvergebung ganz auf den Sühnnetod des Gottesknechts bezieht, belegt auch der Gesamtaufbau des Evangeliums. Denn Lukas stilisiert – wie noch ausführlich zu zeigen ist211 – Jesu irdischen Weg von Anfang an als Weg des Gottesknechts. Die βασιλεία τοῦ θεοῦ erscheint dabei in der Verkündigung Jesu als ein nicht zeitlich, sondern relational qualifiziertes Heilsgut (vgl. Lk 17,20). Das wird deutlich an der Unterscheidung der βασιλεία τοῦ θεοῦ von der βασιλεία τῷ Ἰσραήλ (Apg 1,6), der allein Lukas Zukünftigkeit zuerkennt. Die Aufrichtung des Reiches „für Israel“, d. h. des Reiches, in dem die Jünger Jesu als die richterlichen Repräsentanten des für immer erlösten und seiner Vollendung zugeführten Volkes an der Herrschaft des erhöhtten Gottesknechts Anteil bekommen (Lk 22,30), fällt offensichtlich zusammen mit dem Tag der Wiederkunft Jesu auf Erden, an welchem alle menschliche Herrschaft – Macht und Ohnmacht – aufgeht in der βασιλεία τοῦ θεοῦ. Dieses letzte eschatologische Geschehen am Ende der Tage (vgl. Lk 21,31) steht nicht im Gegensatz zu der bereits in der Todessstunde Jesu vollzogenen Aufrichtung der βασιλεία auf Erden. Sie ist – ganz im Gegenteil – die letztgültige, vor aller Welt sich vollziehende Offenbarung der Realität der bereits gewirkten Überwindung der Folgen menschlicher Selbstherrschaft, einer Realität, die dem im Unglauben befangenen Menschen noch verborgen ist und daher von ihm in menschl-
209 So auch Schlatter, Lukas, 424, und Theobald, Paschamahl, 145. Vgl. G. B. Beasley-Murray, The Kingdom of God and Christology in the Gospels, in: J. B. Green – M. Turner (Hg.), Jesus of Nazareth: Lord and Christ. Essays on the Historical Jesus and New Testament Christology, Grand Rapids, Michigan – Carlisle 1994, 29. 210 Lk 1,77; 5,20.23 f; 7,47–49; 24,47; vgl. Lk 5,30.32; 7,34; 15,1 f; 18,13; 19,7. 211 S. Kapitel III.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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lich-herrscherlicher Selbstüberschätzung noch bekämpft wird.212 Im Blick auf die Endzeit geht es Lukas um das Sehen dessen, was ist, oder, offenbarungsgeschichtlich gewendet, um die allgemeine Aufhebung der Blindheit; es geht ihm nicht um die Erwartung eines noch ausstehenden Heilsgutes, sondern um die universale Offenbarung des bereits in Jesu Tod Wirklichkeit gewordenen Heils.213 Nicht von ungefähr durchzieht das Motiv der gegenüüber Jesus bestehenden Blindheit als Leitmotiv das lukanische Doppelwerk. Die Blindhheit ist Ausdruck der Verstockung, der Verstockung gerade des Volkes, aus dessen Mitte der Messias kommt. Ihre Aufhebung erfolgt nach Lukas, wenn das Evangelium bis an die Grenzen der Heidenwelt gelangt ist. Es ist im Blick auf die Endzeitereignisse allerdings ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die hier gebotene Interpretation der Zusammenhänge die Analyse des Verstockungsmmotivs im Lukasevangelium voraussetzt, die im Rahmen dieser Arbeit erst im Kontext der Auslegung von Lk 4,16–30 erfolgt.214 Dabei gewinnen insbesondere diejenigen Ergebnisse interpretatorische Relevanz, die sich auf die endzeitliche Wiederherstellung Israels beziehen, welche die Geschichte Gottes mit seinem Volk vollendet. Wenn daher in Apg 1,6 die weltuumspannende Sichtbarmachung der βασιλεία τοῦ θεοῦ bei der Wiederkunft Jesu Christi mit der Übertragung der Herrschaft an Israel verknüpft und von der βασιλεία τῷ Ἰσραήλ geredet wird, dann ist hier – zunächst hinsichtlich des verstockten Menschen – die endzeitlliche Aufhebung des Unglaubens Israels im Blick und die Restitution des Gottesvolkes aus Juden und Heiden als gemeinsam im Glauben an Christus vereintes Volk. Ihm sitzen nach Lk 22,29 f die zwölf Jünger als Repräsentanten der zwölf Stämme vor. Ihr Thronen an der Seite Christi im Reich Gottes setzt – nun aus der Perspektive Gottes – die allgemeine endzzeitliche Aufhebung der Grenze zwischen Transzendenz und Immanenz ins Bild, d. h. die Integration des Menschen in den transzendenten Lebensraum Gottes, weshalb am Ende die dem Sohn vom Vater übergebene βασιλεία zu der vom Sohn an den Menschen übergebenen βασιλεία werden kann (Lk 22,29), die, wenn alle Blindheit dem Sohn gegenüber aufgehoben ist, sachgemäß als βασιλεία τῷ Ἰσραήλ bezeichnet werden kann (Apg 1,6). Die βασιλεία selbst aber steht für Lukas bereits jetzt jedem offen, der den Tod des Gottesknechts als den Grund der Erlösung des eigenen Lebens und der Versöhnung mit Gott erkennt und sich dem zur Herrschaft eingesetzten Knecht und Sohn Gottes im Glauben übereignet.215 Nach Ostern 212 Ähnlich Ellis,
Funktion, 402. Daher ist auch der These Conzelmanns, Mitte, 104–111, nachdrücklich zu widerssprechen, die in Jesus erschienene βασιλεία τοῦ θεοῦ, sei nach seinem Tode „in ... metaphysissche Ferne [ge]rückt“ (104) und sei präsent nur als Verkündigungsinhalt, aber nicht mehr als unmittelbar wirksame Realität. Zu widersprechen ist aber auch Prieur, Verkündigung, 279 f, der das Nebeneinander von präsentischen und futurischen Aussagen im Lukasevangelium mit Hilfe des Begriffs der „Vollendung“ der Gottesherrschaft zu vereinheitlichen sucht und dabbei sinnbeugend den Offenbarungsprozeß mit dem Gegenstand der Offenbarung gleichsetzt. Die gleiche Problematik verbindet sich mit dem von Prieur, op. cit., 281 f, ebenfalls unglückllich gewählten Begriff der „sich realisierenden Gottesherrschaft“, welcher ganz unbiblisch den Offenbarungsprozeß in einen Prozeß der Seinsvollendung verkehrt und zudem im logischen Widerspruch steht zu der vom Autor gleichzeitig vertretenen konzeptionellen These von der sich realisierenden Heilsplanerkenntnis (loc. cit.). 214 Dazu den Exkurs u. S. 265–280. 215 Dieses ganzheitliche βασιλεία-Verständnis, das den individuellen wie den universelllen Aspekt der Menschheitserlösung gleichermaßen umfaßt, läßt die Diskussion um eine indivi duelle oder universelle Eschatologie des Lukas als künstlich erscheinen. 213
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I. Der Tod des Knechts
ist daher die Reich-Gottes-Verkündigung für Lukas ihrem Wesen nach Christusverkündiggung (Apg 8,4.12; 19,8.10; 20,21.25; 28,23.31).216 Der nachösterliche Ort der Übereignung des Menschen an Christus und der faktischen Anteilhabe an der βασιλεία des Vaters und des Sohnes aber ist das eucharistische Mahl, das durch seinen Bezug zum sühnestiftenden Tod des Knechts den Heilsraum eröffnet, in welchem schon auf Erden der Mensch, dem Gott seine Schuld nicht anrechnet, mit Gott und seinem zur Herrschaft erhöhten Knecht an einem Tisch sitzen und sich der immerwährenden Gottesgemeinschaft freuen darf.
Das lukanische Verständnis der βασιλεία τοῦ θεοῦ gründet unmittelbar auf der im Lichte der Prophetie Jesajas gedeuteten Sendung Jesu als des Gottesknechts, dessen Weg in den Tod Israel und die Völker entsühnt und sie vereint am Tisch im Reich Gottes im Glauben an den durch den Tod hindurch zur Herrschaft einggesetzten Knecht. Für jeden, der das jesajanische Gesamtbild vor Augen hat – Jes 24–27, die Gottesknechtslieder und die sie rahmenden Zionstexte –, ist daher deutlich, daß Jesus, dessen Tod in eins fällt mit der Aufrichtung der βασιλεία auf dem Zion, bereits in Lk 22,15–18, beim Ausblick auf das Freudenmahl auf dem Gottesberg, als der Gottesknecht in Erscheinung tritt. Er ist der zukünftige Tischhherr, der dem Mahl in der βασιλεία herrscherlich präsidiert, weil sein Lebensoopfer „für euch“ (Lk 22,19 f) Israel und den Völkern das Leben in der Gottesgemmeinschaft eröffnet und dauerhaft zueignet. Die Gottesknechtschaft Jesu begründet, da sie nach Jes 42,6 und 49,6 LXX.8 durch den Bundesauftrag qualifiziert ist, auch den Bezug der Mahleröffnung Lk 22,15–18 zum Bundesmahl auf dem Sinai nach Ex 24,11, dem Mahl, das den Bundesschluß zwischen Gott und Israel (Ex 24,1–8) besiegelt und das zusammmen mit dem Passamahl im Völkermahl des neuen Bundes seine Vollendung finddet. Denn das am Sinai um der Entsühnung Israels willen dargebrachte Opfer217 – und damit das kultische Opfer überhaupt – wird durch das Lebensopfer dessen, der in Person von Gott „zum Bund für das Volk“ und „zum Licht der Heiden“ eingesetzt wurde (Jes 42,6; 49,6 LXX.8), letztgültig außer Kraft gesetzt. Damit wird auch das Opfermahl, welcher Art immer, überführt in ein von jeder menschllichen Sühnehandlung freies „Essen und Trinken“ vor Gott und in der Gemeinsschaft mit seinem Knecht. In diesem Sinne stellt die lukanische Abendmahlsschildderung eine nachösterliche, traditionsbezogene Reflexion der Abendmahlspraxis dar, deren Besonderheit ihre heidenchristliche Ausrichtung ist: Das im Vorblick auf das eschatologische Völkermahl gefeierte Mahl am Tisch des Herrn steht den 216 S. dazu Wolter, „Reich Gottes“, 543.549–552. Seiner Hauptthese, daß „in der Gegen wart ... die βασιλεία τοῦ θεοῦ, die im Auftreten des Irdischen geschichtlich präsent war, eine rein himmlische Größe“ sei, ist allerdings zu widersprechen. Wolter zeigt sich hier der um eine präsentische oder futurische Eschatologie bei Lukas streitenden Forschung verhaftet, und dies, obwohl er bei Lukas das Wesen der βασιλεία im Christusbezug des Menschen zutage tretten sieht, die βασιλεία also relational qualifiziert. 217 Dazu nochmals o. S. 69 Anm. 238.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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Heiden offen, weil sie verheißungsgemäß (Jes 52,15) Jesus als den um ihres Heils willen leidenden Gottesknecht erkennen und damit Anteil erhalten am Israelbund (Ex 24,1–8) und an dem durch die Ausgießung des Blutes Jesu gewirkten Heil (Lk 22,20; vgl. Apg 20,28: „durch sein Blut erworben“). Der Knecht und die zum Mahl mit Israel geladenen Völker – das ist das Thema der Abendmahlsperikope, in welcher nicht zufällig nach der eucharistischen Sinnddeutung des Todes Jesu ein zweites Mal auf die endzeitliche Tischgemeinschaft verwiesen wird.218
2.3 Das Jüngergespräch (Lk 22,24–38) Es zeugt vom präzisen Gestaltungswillen des Lukas und seinem Vermögen, die theologischen Themen bis in die Tiefe auszuloten, daß er die Frage der eucharisstischen und der eschatologischen Tischgemeinschaft, die in den Einsetzungswortten und im vorausgehenden Redeteil aus der Perspektive des gnädig handelnden Gottes zur Sprache kam, im anschließenden Jüngergespräch wieder aufnimmt und anthropologisch vertieft. Im Blick ist nun der Mensch als Empfänger des ihm von Jesus bereiteten Heils.219 Dabei zeigt sich erneut, daß Lukas alles andere ist als ein Tradent, der das ihm zuhandene literarische Material nur schematisch arranggiert. Im Gegenteil, die im Jüngergespräch von Markus aus anderen Teilen seinnes Evangeliums übernommenen Stoffe (V. 24–27.33 f) erhalten bei Lukas durch ihre Einbindung in die Abendmahlsperikope und durch die Verknüpfung mit Stofffen anderer Herkunft (V. 28–30 par. Mt 19,28; V. 31 f und V. 35–38) eine ganz neue Nuancierung und Zuspitzung. Zu den markinischen Stoffen gehören zum einen der im zweiten Evangelium kurz vor dem Einzug in Jerusalem stattfindende Rangstreit der Jünger, der in Jesu Aufruf zum Dienen (διακονεῖν) gipfelt und mit dem sogenannten Lösegeldwort abschließt (Mk 10,35–45), zum anderen die bei Markus erst auf dem Weg zum Ölberg laut werdende Ankündigung des Verrats des Petrus (Mk 14,27–31). Daß Lukas alle genannten Überlieferungsstücke der Abendmahlseinsetzung zuordnet, hat als bestimmend für ihre Interpretation innerhhalb des lukanischen Evangeliums zu gelten. Die Leitfrage, die von der Ankündigung des Verrats des Judas (V. 21 f) bis zur Zitation des vierten Gottesknechtsliedes (V. 37) das Gespräch bestimmt, ist die nach der Antwort des Menschen auf den Heilszuspruch Jesu. Im Blick ist der Akt der Heilszueignung: Wie erhält der Mensch Anteil an dem ihm von Gott in Jesus bereiteten ewigen Heil? In der Behandlung dieser Frage erweist Lukas sich als Literat, der diesen Namen verdient, da er sie nicht dogmatisch, sondern dramat218 Zur sühnetheologischen Deutung der Abendmahlsperikope Lk 22 in Lichte von Jes 53 vgl. auch A. M. Schwemer, Der Auferstandene und die Emmausjünger, in: F. Avemarie – H. Lichtenberger (Hg.), Auferstehung – Resurrection, Wunt 135, Tübingen 2001, 109. 219 Vgl. nochmals die Aufbauanalyse o. S. 113 .
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I. Der Tod des Knechts
tisch beantwortet, zunächst in Abwehr falscher Vorstellungen: Der Heilszuspruch „für euch“, in göttlicher Vollmacht gesprochen (V. 19 f), endet mit einem unerwwarteten Paukenschlag (V. 22): Wehe dem, der den Menschensohn verrät! Judas erfährt in dem Moment, da die Heilszusage erklingt, den Ausschluß vom Heil. In aller Härte ertönt das Wehe über einem Jünger, der mit den anderen Tischgenosssen das Brot gegessen und aus dem Kelch des Heils getrunken hat. Diese Härte überrascht bei einem Schriftsteller, dessen ganzes Mitgefühl dem Menschen gilt, der der Sünde und ihren Folgen verfallen ist,220 und überrascht doch wieder nicht, wenn man bedenkt, wie nachdrücklich Lukas allenthalben den Finger auf die freuddige, ja, jubelnde Annahme der Botschaft Jesu legt221. Sie ist für Lukas der Schlüsssel zum Heilsempfang – kein Tun, kein Werk, keine menschliche Leistung (vgl. z. B. Lk 19,6.9), sondern das schlichte Ja zur Gabe der göttlichen Versöhnung und zum Geber, dessen Selbsthingabe „für euch“ notwendig der Anerkenntnis derer bedarf, um derentwillen er gestorben ist. Auch in der Abendmahlsszene, und hier ganz besonders, geht es Lukas um das Ja des Glaubens, das er ausdrücklich und über Markus hinausgehend ins Spiel bringt (V. 32), geht es um die Antwort, welcche die direkte Anrede (V. 19 f) erfordert. Jesu Anrede konstituiert auf der Erzähl ebene das persönliche Verhältnis dessen, der um des Menschen willen in den Tod geht, zu den Mahlteilnehmern, seinen Jüngern, und konstituiert nachösterlich die Lebensbeziehung des Gekreuzigten und Auferstandenen zu dem Menschen, der bei der Feier des Abendmahls sein Wort aufnimmt und die Gabe von Brot und Wein annimmt. Wo aber der Mensch sich nicht anreden läßt und die Annahme des Heils verweigert, verliert er mit der Beziehung zu Jesus sein Leben und verfällt er dem „Wehe“ (V. 22), das den Verlust der Existenz bekräftigt. Der Heilszuspruch „für euch“ (V. 19 f) – er ist das theologisch oft übergangene Spezifikum der lukannischen Einsetzungsszene, deren zweiter Teil das tragische Faktum reflektiert, daß Jesu heilstiftendes Wort beim Menschen ein geteiltes Echo findet. Tatsächlich ringt keiner der anderen Evangelisten so existentiell mit dem Problem des in der Erkenntnis des Heils wankenden und in Zweifel verstricktten Glaubens wie Lukas, der diesem Thema in der Emmausperikope sogar eine eigene, ebenfalls auf die eucharistische Tischgemeinschaft bezogene Erzählung widmet222. Man würde den Evangelisten aber zutiefst mißverstehen, wenn man ihm angesichts des dramatischen „Wehe“ über Judas eine plakative Behandlung der Problematik vorwerfen wollte. Im Gegenteil, Lukas stellt Judas, der unter 220 Vgl. nochmals die o. S. 10 f Anm. 28 genannten Stellen. S. auch die Gleichnisse vom Verlorenen in Lk 15. 221 Zum Begriff χαίρειν/χαρά s. Lk 1,14; 2,10; 6,23; 10,17.20; 13,17; 15,5.32; 19,6.37; 24,52; Apg 5,41; 8,8.39; 11,23; 13,48.52; 15,3. Zu ἀγαλλιᾶν/ἀγαλλίασις s. neben Lk 1,47 und Apg 2,46 die Stelle Apg 16,34: „Er brach in Jubel aus mit seinem ganzen Haus, weil er zum Glauben an Gott gekommen war.“ 222 Dazu ausführlich Kapitel II. 1.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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den Jüngern die ungläubige und verräterische Abkehr vom Heilsangebot verkkörpert, nicht ein leuchtendes Beispiel des Glaubens gegenüber, sondern Petrus, der als Haupt der im Ganzen wankelmütigen Jüngerschar (V. 31) ebenfalls zum Verräter an Jesus wird (V. 34). Petrus’ Glaube ist nicht weniger bedroht als der des Judas und bedarf der Fürbitte Jesu (V. 32), um der auf Jesu Tod gegründeten Heilserkenntnis (ὑπὲρ ὑμῶν) nicht verlustig zu gehen. Warum bei Lukas Jesus den Verrat des Petrus gerade beim Abendmahl ankündigt, wird hier unmittelbar verständlich. Im Blick auf Judas beantwortet der Evangelist auch die so drängende Frage, warum überhaupt der Mensch, da ihm die Rettung durch Jesus wirksam verkünddigt wurde und er eingetreten ist in die Sphäre des Heils der βασιλεία τοῦ θεοῦ, sich abwenden kann von dem, der ihn erlöst. Nachösterlich gewendet: Warum kann der Mensch, der Jesu Wort vernommen und die lebendige Gemeinschaft mit demjenigen erfahren hat, der für ihn in den Tod ging, die Heilserkenntnis und damit den Glauben wieder verlieren? Die Antwort ergibt sich – folgt man dem Duktus der Gesamterzählung – aus der Gottesknechtschaft Jesu, die den Glaubben vor eine stete Prüfung stellt und in Anfechtung und Versuchung führt. Denn sie verlangt dem Menschen den Glauben an einen Erlöser in Knechtsgestalt ab, einen Erlöser, der wider alle menschliche Erwartung (V. 25 f) auf weltliche Herrsschaft verzichtet und dessen Erlösungstat im Dienst der Niedrigkeit (V. 27) und des Todes besteht (V. 19 f.37). Sie verlangt vom Menschen, selbst den Spott und den Hohn der Welt zu ertragen, der dem Gekreuzigten in seiner Todesstunde entggegenschlug. Es ist bemerkenswert, daß Lukas in diesem Zusammenhang die Jünger in der Weise in das Schicksal des Knechts integriert, daß er die Gefährdung ihrer Exisstenz, das satanische Versuchtwerden (V. 31 f), an Jesu Versuchungen bindet (οἱ πειρασμοί μου: V. 28), wie er sie in der Versuchungserzählung Lk 4,1–13 veransschaulicht.223 Hier wird Jesus als der endzeitliche Repräsentant des einst in der Wüste so kläglich versagenden Volkes Israel, hier wird Jesus als Mensch all dem ausgesetzt, was den Menschen von Gott trennt: dem Bösen und seiner Macht, den Menschen von dem abzuwenden, der sein Leben ist. Der Teufel versucht, da ihm gerade diese Macht auf Erden genommen werden soll, durch die Trennung des Menschen Jesus von Gott, den Gottessohn von Gott und damit, was eigentlich unmöglich ist, Gott selbst von Gott zu trennen – ein unerhörter Vorgang, der die Größe der Bedrohung zeigt, der sich Satan angesichts der Sendung des Gottesssohnes in die Welt ausgesetzt sieht. Da diese Sendung aber die Sendung des zum Leiden bestimmten Gottesknechts ist, findet Satan gerade hier seinen Angriffsppunkt: in dem vom Knecht geforderten Verzicht auf messianische Machterweise (Lk 4,3), im Verzicht auf weltliches Ansehen und weltliche Herrschaft (Lk 4,6 f) 223 Ähnlich Neyrey,
Passion, 59 f.
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und allem voran im Verzicht darauf, sich in Todesnot selbst zu retten (Lk 4,9 f; vgl. Lk 4,23.30; 23,35.37.39). Der satanische Angriff zielt auf die Niedrigkeit des Knechts und ist darin die Vorabbildung dessen, was Jesus auf seinem Weg zum Kreuz bevorsteht224 und was auch diejenigen erwartet, die bereit sind, sich diess sem in äußerlicher Niedrigkeit offenbarenden Sohn und Knecht Gottes zu überes eignen. Der Hinweis Jesu auf sein menschliches Versuchtwerden (V. 28) zeigt, wie intensiv Lukas die Frage der satanischen Beschlagnahmung des Menschen und ihrer Folgen reflektiert. Dabei wird ihm die Erkenntnis, daß der Mensch das Wirks kungsfeld Satans ist und daß daher sein Menschsein auch den Gottesknecht dem satanischen Angriff aussetzt, zum Fundament der Gewißheit, daß die Erlösung des Menschen nicht in seiner eigenen, sondern allein in Gottes Macht steht. Die Lösung des Sünden- und Todesverhängnisses setzt Gott selbst ins Werk, indem er durch den Tod seines Sohnes (V. 29) und Knechts (V. 37) die Macht Satans bricht und dem Menschen das ewige Leben in der Gemeinschaft des Gottesreics ches schenkt (V. 28–30). Gleichwohl bleibt auf Erden die Existenz der Jünger vom Wirken Satans bedroht und ist daher das Schicksal der Gläubigen als durch den Dienst der Niedrigkeit, und d. h. durch Leiden, gekennzeichnet. Die Sendung der Jünger in alle Welt ist, wie bei Jesus selbst, unabwendbar verknüpft mit der Verss suchung, sich den irdischen Konsequenzen zu entziehen, die der Knechtschaftsds dienst mit sich bringt. Wenn bisher von der Knechtschaft Jesu die Rede war, so wurde vorausgesetzt, daß in diesem zweiten Teil der Abendmahlsszene das griechische διακονεῖν als Inbegriff des vom Gottesknecht geleisteten Dienstes gelten muß (V. 27): τίς γὰρ μείζων, ὁ ἀνακείμενος ἢ ὁ διακονῶν; οὐχὶ ὁ ἀνακείμενος; ἐγὼ δὲ ἐν μέσῳ ὑμῶν εἰμι ὡς ὁ διακονῶν. Wer nämlich ist größer: der zu Tisch Liegende oder der Dienende? Nicht der Liegende? Ich aber bin in eurer Mitte wie der Dienende.
Daß das διακονεῖν im Ich-Wort Jesu tatsächlich auf die Selbsthingabe Jesu zielt, erhellt zum einen aus der Tatsache, daß die genannte, um den Dienst Jesu kreisende Redeeinheit im rückwärtigen Anschluß auf die Abendsmahlseinsetzung bezogen ist,225 während sie nach vorn auf Jes 53,12 zuläuft (V. 37), und erklärt sich zum anderen aus der markinischen Parallele Mk 10,45. In ihr ist das διακονεῖν Jesu im synonymen Parallelismus (καὶ δοῦναι τὴν ψυχὴν αὐτοῦ λύτρον ἀντὶ πολλῶν) 224 Daß in dem unter dem Kreuz laut werdenden Spott die Versuchung Jesu durch den Teufel ihre letzte Steigerung erfährt, wurde bei der Auslegung der Kreuzigungsperikope bereits ausfs führlich dargestellt; s. o. S. 94. 225 So auch Heil, Meal Scenes, 185, und D. J. Lull, The Servant-Benefactor as a Model of Greatness (Luke 22:24–30), NT 28 (1986), 298.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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definiert als Jesu zur Auslösung der Vielen geleistete Lebenshingabe. Und nicht anders gebraucht Lukas den Begriff, wenn er ihn programmatisch – ganz im Sinne des markinischen Wortes, aber szenisch tiefgründiger – mit Jesu Todes- und Stellvvertretungsaussagen in der Abendmahlsperikope verknüpft. Da allerdings Mk 10,45 gerade diejenige Bezugsstelle ist, deren Tilgung aus den soteriologischen Bezügen man Lukas bezichtigt, ist eine Prüfung der literarischen und traditionsggeschichtlichen Verhältnisse an dieser Stelle nötig. Exkurs: Lk 22,27 und Mk 10,45 Der Feststellung, daß Jesu Selbstaussage Lk 22,27 „Ich bin in eurer Mitte wie der Diennende“ einen inneren Bezug auf das in Jesu Tod sich vollziehende Sühnegeschehen hat, steht die häufig geäußerte Überzeugung entgegen, das genannte Jesuswort repräsentiere, da es den Lösegeldgedanken nicht eigens expliziert, eine Überlieferungsvariante von Mk 10,45, in welcher der Stellvertretungstod Jesu nicht Inhalt des διακονεῖν sei.226 Dabei bleibt zunächst offen, ob Lk 22,27 ein von Mk 10,45 unabhängiges, ihm zeitlich vielleicht sogar vorausliegendes Traditionsstück darstellt227 oder ob die Abtrennung der Lösegeldssentenz das Werk des Lukas ist228. Im letzteren Fall zwingt die sachliche Nähe zu den Abendmahlsworten Lk 22,19 f zur Annahme einer bewußt auf engstem Raum durchgeführtten antithetischen Behandlung der Frage nach der Bedeutung des Todes Jesu durch den Evangelisten, der die von ihm überlieferten Abendmahlsworte, kaum daß sie erklingen, relativiert.229 Auf die Unwahrscheinlichkeit eines solchen schriftstellerischen Vorgehens ist bereits ausführlich hingewiesen worden.230 Dagegen ist die von Markus unabhängige Überlieferung des Wortes Lk 22,27 nicht von vornherein auszuschließen. Allerdings hat die sorgfältige und viel zu wenig beachtete Analyse des markinischen Wortes durch Wernner Grimm231 gezeigt, daß der deuterojesajanische Traditionshintergrund (Jes 43,3 f.22– 25; 53,11 f), auf dessen Grundlage Mk 10,45 formuliert ist,232 die konstitutive Zusammenggehörigkeit der Aussage vom Dienst des Menschensohnes mit dem Lösegeldgedanken und
226 So Bultmann, Geschichte, 154; Rese, Alttestamentliche Motive, 163 f; Wiefel, Lukas, 369; Prieur, Verkündigung, 46 f Anm. 105; Pokorný, Theologie, 137. 227 So z. B. Roloff, Anfänge, 50–62. Hahn, Alttestamentliche Motive, 359, führt Lk 22,27 auf Jesus selbst zurück. 228 Vgl. etwa R. Pesch, Das Markusevangelium. Zweiter Teil: Kommentar zu Kapitel 8,27– 16,20, HThK 2/2, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1977, 164 f. 229 S. Rese, Alttestamentliche Motive, 161–164; ders., Problematik, 23–31. Die starke reddaktionelle Prägung des Textes versucht J. Schlosser, La genèse de Luc XXII, 25–27, RB 89 (1982), 52–71, nachzuweisen. 230 S. o. S. 110–115. 231 Verkündigung, 231–268. Vgl. auch ders., in Zusammenarbeit mit K. Dittert, Deu terojesaja. Deutung – Wirkung – Gegenwart. Ein Kommentar zu Jesaja 40–55, Calwer Bibelkommentare, Stuttgart 1990, 175–182. S. ferner die auf Grimms Ergebnissen aufbauenden Ausführungen von Stuhlmacher, Biblische Theologie 1, 120–122.128–130, und Haubeck, Loskauf, 235–248. 232 Zum Forschungsstreit um den jesajanischen Hintergrund der Stelle s. Schwemer, Kreu zesworte, 7 Anm. 7. Vgl. auch Lohse, Märtyrer, 117–122.
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I. Der Tod des Knechts
damit die Ursprünglichkeit der markinischen Doppelsentenz erweist.233 Im Hinblick auf Lk 22,27 ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, daß die einzigartige Stelle Jes 43,22– 25, die den Dienst Gottes an seinem Volk thematisiert, das עֶ בֶ ד-Sein Gottes im „Wegwisschen des Frevels“ und in der Sündenvergebung sich vollenden sieht. Es widerspricht daher dem traditionsgeschichtlichen Befund, wenn man im lukanischen Wort die Vorstellung des Israel erwiesenen göttlichen Dienstes aus dem Zusammenhang des gesamtmenschllichen Schuldverhängnisses herauslöst und sie traditionsgeschichtlich isoliert. Diese Isollierung ist auch deshalb unmöglich, weil Lukas die in Mk 10,45 festgeschriebene Verbinddung von stellvertretender Lebenshingabe und Dienst des Menschensohnes keineswegs unterschlägt, sondern die Selbstaussage: „Ich bin in eurer Mitte wie der Dienende“ (Lk 22,27), kompositorisch eng mit denjenigen Worten verknüpft, in welchen Jesus selbst seinnen Tod als „für euch“ geschehen proklamiert: den Einsetzungsworten Lk 22,19–20. Das aber heißt nichts anderes, als daß Jesu Wort vom Dienen bei Lukas von den Einsetzungswworten als dem Zentrum der Erzählung her ausgelegt werden muß, und d. h. unter Berückssichtigung der Tatsache, daß der Tod dessen, der sich selbst als ein Dienender bezeichnet, Sühne wirkt und in Stellvertretung geschieht für den Menschen, der sich selbst nicht von seiner Schuld befreien kann.234 Daß man Lk 22,27 dennoch immer wieder unter Ausblendung des Sühne- und Stellvvertretungsgedankens interpretiert, hat seinen methodischen Grund in einer allzu oft einsseitig auf die Redaktionsgeschichte ausgerichteten Behandlung traditionsgeschichtlicher Fragen. Die redaktionsgeschichtliche Betrachtungsweise scheint im vorliegenden Fall die Herauslösung der Sentenz Lk 22,27 aus ihrem Kontext und die damit einhergehende interpretatorische Isolierung deshalb zu rechtfertigen, weil die Ausbildung des Traditionssstückes seiner literarischen Weiterverarbeitung durch die Evangelisten in jedem Fall voraausliegt. Gleichwohl stellt die Vernachlässigung des Kontextes bei der Interpretation und theologischen Entschlüsselung vorgegebener Tradition eine methodische Engführung dar. Denn jede in der Evangelienliteratur durch einen „Redaktor“ vollzogene Kontexteinbetttung ist nicht nur darin ein interpretatorischer Akt, daß sie die theologische Zielrichtung des Evangelisten zum Ausdruck bringt, sondern in der Regel auch in dem Sinne, daß sie den theologischen Skopus des verarbeiteten Stoffes verstärkt. Von der spezifischen Art der Kontexteinbettung sind daher immer auch wertvolle Aufschlüsse über die ursprünglliche theologische Zielrichtung der mit dem Erzählzusammenhang verwobenenen Tradittion zu erwarten. Dies gilt besonders in einem Fall wie dem vorliegenden, wo zum einen 233 Vgl. auch P. Stuhlmacher, Existenzstellvertretung für die Vielen: Mk 10,45 (Mt 20,28), in: R. Albertz u. a. (Hg.), Werden und Wirken des Alten Testaments. FS C. Westermann, Neukirchen-Vluyn 1980, 412–427. 234 Es ist an dieser Stelle aus methodischen Gründen nachdrücklich einer Interpretation der Einsetzungsworte entgegenzutreten, die das von sühnetheologischen Implikationen anggeblich freie Wort vom Dienen (Lk 22,27) zum Anlaß nimmt, den Wortlaut der lukanischen Einsetzungsworte sinnentstellend umzudeuten und die Worte selbst zu einem Beleg zu machen für die in der Einleitung dieser Untersuchung ausführlich besprochene „lukanische“ VorbildChristologie oder Soteriologie des Mit-Seins. So z. B. Glöckner, Verkündigung, 178 f, im Anschluß an Voss, Christologie, 105. Die Umdeutung des „für euch“ in Lk 22,19 f zu einem „mit euch“ vollzieht auch Böttrich, Proexistenz; dazu ausführlich o. S. 33–37. Hier ist ganz offensichtlich die interpretatorische Logik auf den Kopf gestellt, die gerade das Gegenteil verllangt: nämlich vom soteriologischen und begrifflich eindeutigen Zentralpunkt der Erzählung aus den Kontext in den Blick zu nehmen, darunter auch das Wort vom Dienen Lk 22,27.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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die Kürze des Wortes und dessen unspezifische Begrifflichkeit der Interpretation weittesten Raum lassen, wo zum anderen – und dies wiegt schwerer – die Ursprungsgestalt des Wortes selbst in höchstem Maße strittig ist. Es ist daher methodisch unzulässig und zeugt, was Lukas betrifft, von einem bestimmten theologischen Vorverständnis, wenn bei der Frage nach der Ursprungsgestalt des Wortes vom Dienen Jesu die kompositorische Wechselbeziehung zwischen Text und Kontext keine Berücksichtigung findet, obwohl die markinische Variante Mk 10,45, soweit es das Sühnegeschehen betrifft, alle lukanischen Kontextelemente in sich vereint und beide Evangelisten das Wort in engstem Bezug zum Todesgeschehen überliefern. Ja, es ist durchaus wahrscheinlich, daß Lukas mit der Einbetttung der um das Dienen Jesu kreisenden Gesprächssequenz in das Abendmahlsgeschehen den ursprünglichen Sitz des Lösegeldwortes bewahrt hat.235 Denn auch Markus folgt – geleitet von der Erkenntnis, daß Jesu wahre Identität der Welt erst angesichts seines Todes offenbar wird – in seinem Arrangement der Stoffe einem theologischen Konzept. Zu ihm gehört die paradigmatische Darstellung des menschlichen Unverständnisses, deren Höheppunkt Mk 10,35–45 ist, wo unmittelbar vor dem Einzug nach Jerusalem gerade auch die Jünger sich als unfähig erweisen, Jesu messianische Sendung als im Dienst der Niedrigkkeit und des Todes sich erfüllend zu begreifen. Das allgemeine Unverständnis wandelt sich erst dort zur wahren Erkenntnis des Messias, wo Jesus seinen Dienst erfüllt: unter dem Kreuz (Mk 15,37–39).236 Die bewußte redaktionelle Plazierung des Lösegeldwortes durch Markus ist also durchaus ein Indiz dafür, daß sein markinischer Kontext nicht sein ursprünglicher Haftpunkt ist.237 Was schließlich den sachlichen Zusammenhang des Dienstes Jesu mit seiner Sendung als Gottesknecht betrifft, der bei Markus durch den Wortlaut, bei Lukas durch den Konttext markiert ist, so ist zu bedenken, daß für das „Tun und Handeln“ des Gottesknechts, des עֶ בֶ ד יהוה, griech. παῖς θεοῦ, sachgemäß kein anderes griechisches Wort als διακονεῖν hätte Verwendung finden können. In der LXX zeigt sich, wie schwer man sich überhaupt mit der griechischen Übertragung der Dienst-Begrifflichkeit tat. Das Wortfeld עֶ בֶ ד/עבד findet im griechischen δοῦλος/δουλεύειν eine adäquate Übertragung nur dort, wo die an die hebräischen Begriffe geknüpfte Vorstellung eines existentiellen Abhängigkeitsverhältnnisses238 dem griechischen Sklavenbegriff entspricht. Für den häuslichen Sklavenstand hält das Griechische daneben auch den Begriff παῖς bereit. Kein Äquivalent gibt es für das hebräische שׁרתpi. bzw. das aramäische שׁמשׁpa., das den freiwilligen, ehrenvollen Dienst
235 So auch Hengel, Der stellvertretende Sühnetod Jesu, 146; ders., Jesus der Messias Israels, in: M. Hengel – A. M. Schwemer, Der messianische Anspruch Jesu und die Anfänge der Christologie. Vier Studien, WUNT 138, Tübingen 2001, 76, und im Anschluß an ihn A. M. Schwemer, Die Passion des Messias nach Markus, in: M. Hengel – A. M. Schwemer, op. cit., 143 f. Die Verankerung von Mk 10,45 in der Herrenmahlstradition vertritt auch Roloff, Anfänge, 50.54.58–60.62, der allerdings den Lösegeldgedanken als literarisch sekundäres, wenn auch frühes Interpretament versteht, das den Anfang der soteriologischen Deutung des Todes Jesu markiert. 236 Dazu ausführlich Mittmann-Richert, Dämonen. 237 Zum redaktionellen Charakter von Mk 10,45 im jetzigen markinischen Zusammenhang Mk 10,41–44 s. Pesch, Markus II, 162. 238 Vgl. H. Ringgren, Art. עָ בַ ד, ʿābad, ThWAT 5, Stuttgart – Berlin – Köln – Mainz 1986, Sp. 989–991.
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I. Der Tod des Knechts
bezeichnet239 und in der LXX meist mit λειτουργεῖν240 oder παριστάναι241 wiedergegebben wird,242 was allerdings häufig einer Sinnverschiebung gleichkommt. Διακονεῖν begeg net in der LXX nicht, ebensowenig in den späteren Textrevisionen. Was den besonderen „Dienst“ des עֶ בֶ ד יהוהangeht, so entsteht hier eine begriffliche Schwierigkeit dadurch, daß der substantivische Titel zwar den Aspekt der allumfassenden Inanspruchnahme des Lebens ausdrückt, gleichzeitig aber der „Dienst“, das vom Knecht geforderte Handeln, inhaltlich ganz anders gefaßt ist, als es dem Bedeutungsumfang der Wurzel עבדentspricht.243 Der Dienst des Gottesknechts besteht in der Erfüllung eines Sendungs- und Verkündigungsaauftrages (Jes 42,1.3 f; 49,5 f) und schließt die Bereitschaft zur Totalhingabe mit ein (Jes 50,6; 53,4–12). Und es entspricht dieser ganz besonderen Form des עֶ בֶ ד-Seins, daß in den Gottesknechtstexten ein den Dienst „als Dienst“ zusammenfassendes Verb nicht begegnet. Wer danach sucht, muß nach dem schon genannten Verb שׁרתpi. bzw. aram. שׁמשׁpa. greiffen, das aller Wahrscheinlichkeit nach auch dem Jesuswort Mk 10,45 zugrunde liegt244. Das aber bedeutet, daß erst im Hinblick auf Jesus und vielleicht sogar durch ihn selbst der Titel „Knecht“ bzw. „Diener“ verbalisiert und damit das Dienen als Inbegriff seiner Senddung gefaßt wurde. Man kann in diesem Zusammenhang vermuten, daß der aramäische Begriff שׁמשׁpa. auf Dan 7,10 anspielt, wo das Dienen die Haltung bezeichnet, die dem Menschensohn bei seiner Inthronisation von seiten der „Vielen“ (Dan 7,9 f.14) zukommt.245 Im Lösegeldwort Mk 10,45 sind die Verhältnisse bewußt umgekehrt, da hier der Menschenssohn seine Berufung zum Dienst an den „Vielen“, den tausend mal Tausenden und zehnttausend mal Zehntausenden, verkündigt. Dabei ist zu beachten, daß nicht Markus, sonddern Lukas das Thronmotiv (Dan 7,9.14; Lk 22,30246) und damit wohl den ursprünglichen 239 W. Gesenius, Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, Berlin – Göttingen – Heidelberg 1962, Nachdr. der 17. Aufl. 1915, 865.928; vgl. auch M. Jastrow, A Dictionary of the Targumim, the Talmud Babli and Yerushalmi and the Midrashic Literature, Bd. 2, New York 1950, Nachdr. der Ausg. 1903, 1602. 240 1. Chr 27,1; 2. Chr 17,19; 22,8; Ps 100,6 LXX u. ö.; s. E. Hatch – H. A. Redpath, A Concordance to the Septuagint and the Other Greek Versions of the Old Testament, Bd. 2, Oxford 1957, Nachdr. Graz 1975, 872 f. 241 Gen 40,4; Ex 24,13; Num 11,28; Dtn 21,5; Jes 60,10; Dan 7,10 (für aram. שׁמשׁpa.); s. Hatch-Redpath, 1070 f. 242 Einen statistischen Überblick bietet T. Muraoka, Hebrew/Aramaic Index to the Sep tuagint, Keyed to the Hatch-Redpath Concordance, 2. Aufl., Grand Rapids, Michigan 2001, 155 s. v. שָׁ ַרתpi. und 153 s. v. ְשׁמַ שׁpa. 243 Dies zeigt sich mit aller Deutlichkeit an der LXX-Übersetzung von Jes 53,11, wo die das Werk des Knechts bezeichnende Wurzel עבדbegriffsbeugend mit εὖ δουλεύειν übertragen wird: δικαιῶσαι δίκαιον εὖ δουλεύοντα πολλοῖς, καὶ τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν αὐτὸς ἀνοίσει. Die Stelle zeigt aber nicht nur, wie schwierig sich im Hinblick auf den Dienst des Gottesknechts die inhaltlich adäquate sprachliche Übertragung von עבדgestaltete, sondern sie dokumentiert auch die unlösbare theologische Verbindung, die zwischen dem Dienst des Knechts und seinner Lebenshingabe um der Auslösung des schuldig gewordenen Menschen willen besteht. Vgl. nochmals Jes 43,22–25, wo der Israel geleistete Dienst Gottes in der Tilgung der Sünden bessteht; dazu Grimm, Verkündigung, 255 f. 244 Mit Dalman, Jesus, 109 f; Stuhlmacher, Existenzstellvertretung, 418–420. 245 Vgl. C. K. Barrett, The Background of Mark 10:45, in: A. J. B. Higgins (Hg.), New Testament Essays. FS T. W. Manson, Manchester 1959, 8 f; Stuhlmacher, op. cit., 419.423. 246 Die Jünger übernehmen dabei die Funktion des Gerichtskollegiums von Dan 7. Vgl. 1. Kor 6,2 f.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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Überlieferungszusammenhang im Kontext des Wortes vom Dienen (Lk 22,27) bewahrt hat,247 desgleichen die Erkenntnis, daß die bildhafte Umkehrung der in Dan 7 geschildertten Szene theologisch auf der Identität des Menschensohnes mit dem Knecht nach Jes 53 gründet (Lk 22,37). Im Griechischen konnte diese Art des vom עֶ בֶ ד יהוהgeleisteten Diensstes mit keinem der entweder auf das Sklavenverhältnis (δουλεύειν) oder das Verhältnis zu den Göttern (λατρεύειν, θεραπεύειν) beschränkten Begriffe wiedergegeben werden. Einzig das zunächst auf den Tischdienst bezogene διακονεῖν, das dann aber auch auf den Bereich der ganz persönlichen, einem anderen Menschen erwiesenen Dienstleistung ausggedehnt werden konnte248, traf in etwa den Sachverhalt. Der Dienst Jesu als des Gotteskknechts mußte, wollte man ihn verbal bezeichnen, im Griechischen als διακονεῖν gefaßt werden,249 ein Begriff, der auch deshalb vorzüglich in den genannten Vorstellungsrahmen paßte, weil er den eschatologischen Charakter des Dienstes Jesu noch hervorhob: der ihm inhärente Aspekt des Tischdienstes verband sich unmittelbar mit dem Bild vom eschatollogischen Mahl.250
Es besteht daher kein Zweifel, daß Lukas, indem er mit Hilfe des Begriffs δια κονεῖν das Dienen Jesu programmatisch zum Thema des sich an die Abendmahls einsetzung anschließenden Gesprächs erhebt, dabei den Diener, und d. h. den Knecht, vor Augen stellt. Es ist der Gottesknecht, der seinen Jüngern die durch seinen Tod gewirkte Erlösung verheißt und der, da sie anderes im Sinn haben, nämlich ihre persönliche Erhöhung (V. 23 f), darauf dringt, daß sie seinen Weg des Todes und der Niedrigkeit, der ihn vor aller Welt als verachtungswürdigen Frevler erscheinen läßt (V. 37), im Glauben anerkennen als das, was er ist: Gotttes Werk der Errettung des Menschen von der Macht des Bösen. In Jesu Hinweis auf die Niedrigkeit seines Dienstes (V. 27) und das unwürdige Ende des Knechts (V. 19 f) schwingt aber auch das Wissen um die Zumutung mit, die sein Weg in den Tod für den Glauben der Jünger bedeutet: Jesu Knechtsgestalt und ‑dienst ist 247 Der Behauptung Stuhlmachers, Existenzstellvertretung, 420, von Lk 22,27 führe überllieferungsgeschichtlich kein Weg zu Mk 10,45 noch umgekehrt, ist auf dieser Grundlage zu widdersprechen. Auch Joachim Jeremias, Das Lösegeld für Viele (Mk. 10,45), in: ders., ABBA. Studien zur neutestamentlichen Theologie und Zeitgeschichte, Göttingen 1966, 225 (= Judaica 3 [1947/48], 249–264), geht von dem überlieferungsgeschichtlich voneinander unabhängigen Verhältnis der beiden Formen aus. 248 Vgl. H. W. Beyer, Art. διακονέω, διακονία, διάκονος, ThWNT 2, 81. Vgl auch Jo sephus, Ant. 8,354 und 10,72 (ed. B. Niese, Flavii Iosephi opera, Bd. 2, 2. Aufl., Berlin 1955), wo mit διακονεῖν die Lebenshaltung vor Gott ausgedrückt ist. 249 Gegen H. Thyen, Studien zur Sündenvergebung im Neuen Testament und seinen altttestamentlichen und jüdischen Voraussetzungen, FRLANT 96, Göttingen 1970, 159. Daß der Begriff auf Jes 53 verweist, vertritt auch M. Bastin, Jésus devant sa passion, LeDiv 92, Paris 1976, 89, ohne allerdings den Sachverhalt philologisch zu begründen. 250 Vgl. R. C. Tannehill, A Study in the Theology of Luke-Acts, AThR 43 (1961), 195– 203, bes. 198–202; Heil, Meal Scenes, 188. Gegen Haubeck, Loskauf, der eine theologische Deckungsgleichheit des von Markus und Lukas in unterschiedlichem Kontext verwendeten Verbs διακονεῖν verneint, da der Tischdienst nichts mit dem in Mk 10,45 zur Sprache kommenden „Dienen“ zu tun habe. – Zu Christus als Diener s. auch Röm 15,8 und Joh 13.
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I. Der Tod des Knechts
in höchstem Grade anstößig, entspricht aber gerade darin der göttlichen Verheißß ßung (Jes 53,2 f): 2
Er wuchs auf wie ein Reis für sich allein, wie ein Wurzelsproß aus dürrem Land. Nicht Wohlgestalt hatte er und nicht Schönheit, daß wir ihn angeschaut, und keine Ansehnlichkeit, daß wir an ihm Gefallen gefunden hätten. 3 Er war verachtet und verlassen von Menschen, ein Mann der Schmerzen, mit Krankheit vertraut; wie einer, vor dem man das Gesicht verbirgt, war er verachtet, wir achteten ihn nicht.251
Bis zuletzt bleibt Lukas in der zweiten Hälfte seines Abendmahlsberichts bei seinß nem Thema, das er mit dem Wehe über Judas eröffnet: Der Mensch kann den Glauben verlieren, weil ihm die Erkenntnis, daß die Erlösung durch die dienende Selbsthingabe Jesu als des Gottessohnes bewirkt wird und sich in irdischer Niedrß rigkeit und Ohnmacht vollzieht, immer wieder unbegreiflich wird und Anstoß erregt. Diese Einsicht in das Wesen des Glaubens ergibt sich allerdings nicht nur als hintergründige Quintessenz der theologischen Bezüge des zweiten Teils der Abendmahlsperikope, sondern Lukas setzt auch äußerlich sein Wissen um die Gefahr des Abfalls von Gott eindrucksvoll in Szene, indem er die Jünger ganz unverständig reagieren läßt auf das, was ihnen in den Einsetzungsworten offenbß bart wurde. Ja, es scheint, als hätten die Jünger Jesus überhaupt nicht zugehört. Denn kaum daß ihnen das Sterben Jesu in Niedrigkeit und Ohnmacht als das den neuen Bund konstituierende Heilsereignis verkündigt ist, halten sie nach Macht und Größe Ausschau und streiten um die Rangordnung innerhalb der Gemeinsß schaft. Deutlicher können sie nicht zeigen, daß sie die Bedeutung dessen, was ihnen offenbart wurde, nicht im Geringsten begriffen haben! Ein zutiefst tragisß scher Vorgang: Die Selbstoffenbarung Jesu im Zuspruch der durch seinen Tod gewirkten Erlösung stößt im engsten Vertrautenkreis des Erlösers auf Ablehnung und Unverständnis, gepaart mit dem Ruf nach irdischem Reichtum (vgl. Lk 22, 3–6) und weltlicher Größe (V. 24). Hier offenbart sich die eigentliche Gefährdung des menschlichen Lebens. Sie liegt nicht allein im satanischen Verrat (Lk 22,3 f.22) als einem bewußt vollzogenß nen Akt der Abkehr von Gott, sondern auch und vor allem im Unverständnis des Menschen dem Wort Jesu gegenüber. Ja, die Tatsache, daß der Mensch nicht in rechter Weise hören kann auf das, was ihm von Gott her gesagt und offenbart ist, und er dieses Wort so gering achtet, daß er seine persönliche Erfüllung in weltlicß chen Dingen sucht (V. 23 f), läßt ihn wie Judas als Verräter Jesu erscheinen. Durch 251
Nach Hermisson, Gottesknechtslied, 7; dort auch zur Textkritik.
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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ihre unverständige Reaktion erweisen daher die Jünger im Ganzen ihr Unvermögß gen, sich dem Einfluß Satans zu entziehen und sich vor den Folgen der satanischen Beschlagnahmung zu retten, und sie erweisen damit die Notwendigkeit der Sendß dung Jesu. Die Erlösungsbedürftigkeit aller Jünger, ja die menschliche Erlösungsbß bedürftigkeit überhaupt, zeigt sich in erschreckender Klarheit am Desinteresse an der Erlösungstat des Knechts, am Desinteresse an seinem Tod. Alle Jünger gehörß ren zu denjenigen, derentwegen Jesus sterben muß, denen Jesus mit der Dahingß gabe seines Lebens dienen muß. Wie Judas (Lk 22,3) sind sie dem Wirken Satans ausgeliefert (V. 31), wie Judas leben sie im tödlichen Wirkungsbereich ihrer persß sönlichen Verschuldung und Unkenntnis dessen, was zum Heil dient, und Rettung kann ihnen nur durch denjenigen zukommen, der in der Dahingabe seines Lebens die Macht Satans bricht und ihnen die Frucht seines Todes zueignet. Allerdings entsteht – das zeigt das „Wehe“ über den Verräter (V. 22) – in der Zueignung der Erlösung ein Riß zwischen Judas und den anderen Jüngern. Auf diesen Riß wird noch ausführlich einzugehen sein.252 Hier ist zunächst die menschliche Grundsß situation im Blick, die durch die Existenz Satans und seinen Machtanspruch auf das Leben des Menschen bestimmt ist (V. 31). Das Lösegeldwort Mk 10,45, das der Chor der Exegeten in der aus Mk 10,42– 45 gespeisten Gesprächssequenz Lk 22,24–30 von Lukas als Zitat einfordert, hat in dieser dramatischen Gesprächsentwicklung schon deshalb keinen Platz, weil dieses Wort als neuerliche Heilszusage Jesu die Spannung zerstören würde, die in der lukanischen Komposition zwischen dem göttlichen Heilsangebot und der aus Unverständnis geborenen menschlichen Zurückweisung besteht. Zudem stellte das Lösegeldwort in seiner ursprünglichen Form eine sachlich unnötige Doppelß lung der Gabeworte Lk 22,19 f dar, deren Inhalt zu wiederholen, nachdem selbst die sie begleitende Zeichenhandlung kein Verständnis geweckt hat, einen erzählß lerischen Mißgriff bedeuten würde,253 um so mehr, als mit der Zitation von Mk 10,45 die für Lukas das Gottesverhältnis konstituierende dialogische Struktur der Heilzueignung zerstört würde. Soteriologisch enthält die Abendmahlsperikope, wenn man sie als traditionsgebundene Gesamtkomposition betrachtet und nicht als aus Versatzstücken zusammengesetztes Flickwerk, alles, was das markinische Lösegeldwort verheißt: die Lebenshingabe Jesu als Dienst am Menschen (V. 26 f), ein Dienst der Erlösung von Sünde und Tod (V. 19 f). Daß in der Erzählung das Geschehen auch anthropologisch reflektiert wird, gehört allerdings zu den Besondß derheiten des Lukasevangeliums, das in erschreckender Deutlichkeit den Zusammß menhang aufdeckt, der zwischen der menschlichen Verschuldung und dem Dienst der Lebenshingabe besteht: Der menschliche, in der Selbsterhöhung bestehende Angriff auf die Hoheit Gottes kann in seiner den Menschen zerstörenden Wirkung 252
S. u. S. 169–171.
253 Vgl. nochmals Bastiaens,
o. S. 111 f Anm. 79.
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I. Der Tod des Knechts
nur abgewehrt werden durch die völlige Zerstörung aller herrscherlichen Bilder, unter ihnen des Bildes eines in irdischer Glorie über Israel regierenden Erlösers. Nur durch das Werk der Niedrigkeit wird der Mensch wieder zu sich selbst und damit zu Gott gebracht und erhält er Anteil an Jesu Reich und Herrschaft (V. 29 f), dies allerdings in einer Weise, die dem Weg des Gottesknechts zur Herrsschaft (Jes 52,13) entspricht. Da Jesu Dienst in der lebenseröffnenden Lebenshhingabe besteht, verliert die durch den Tod hindurch gewonnene Herrschaft den Charakter eines Machtphänomens (V. 25 f) und wird als Lebensphänomen zum Gleichnis vollendeter menschlicher Existenz: Herrschaft nicht im Sinne weltliccher Über- und Unterordnung, sondern als siegreiche Herrschaft über den Tod. An dieser Herrschaft des Gottesreiches als des vom Tode nicht beherrschten göttllichen Lebensraumes hat jeder Anteil, der den Dienst des Knechts im Glauben als das sein Leben vom Tod erlösende Heilswerk annimmt. Die richterliche Throngewalt, welche die Jünger als die Repräsentanten und Richter Israels in diesem Herrschaftsraum des Knechts nach Dan 7,18 und 27 erhalten (V. 29 f), ist daher ebenfalls im Lichte der Umkehrung irdischer Herrsschaftsstrukturen zu verstehen, wie sie Jesu Dienst für die Vielen markiert: nicht als sei den Jüngern die Macht verliehen, den Sünder zu verdammen und von der Gemeinschaft des Gottesreiches auszuschließen;254 vielmehr macht ihr Thronen sie zu Garanten dafür, daß durch den Tod des Knechts das Todesurteil über den sündigen Menschen aufgehoben ist und der Zutritt zum Gottesreich und der Einttritt in die Tischgemeinschaft des Knechts jedem Menschen offensteht. Allerdings ist mit dem Thronen der Jünger ein Endzeitbild gemalt. Es darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß im Hier und Jetzt die Herrschaft, die der Gotttesknecht durch seinen Tod hindurch erlangt und die er als der Auferstandene und Erhöhte ausübt, das Gericht für diejenigen bedeutet, die im Unglauben das ihnen zugedachte Heil von sich weisen und sich abwenden von der Gemeinschaft des Gottesreiches. Die Herrschaft des Knechts bewirkt eine Scheidung in Israel, da der Unglaube zur Trennwand wird zwischen dem Raum des Lebens und dem Raum des Todes. Das Gericht, dem der Mensch in seiner Weigerung, sich das Heil schenken zu lassen, verfällt, ist daher nichts anderes als die tödliche Auswirkkung des Unglaubens auf das von der Gottesgemeinschaft sich selbst ausschließßende menschliche Leben. Folgerichtig mündet daher die Verheißung der Anteilhhabe an der Herrschaft im Gottesreich (V. 29 f) unmittelbar ein in die Warnung vor dem Unglauben (V. 32), der sich dem Herrschaftsbereich Satans (V. 31) überlläßt, indem er die im Dienst der Niedrigkeit und des Todes sich erfüllende Erlössung leugnet und dem Knecht den Rücken kehrt. 254 Gegen Klein, Lukasevangelium, 673. Vgl. Eckey, Lukasevangelium 11,1–24,53, 895 f, und J. Dupont, Le logion de douze trônes (Mt 19,28; Lc 22,28–30), in: ders., Études sur les Évangiles synoptiques, Tome II, BEThL 70-B, Löwen 1985, 706–743 (= Bib. 45 [1964], 355–392).
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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Auch hier zeigt sich, wie sehr die lukanische Passionsgeschichte ihre Thematik von Jes 53 her empfängt. Denn der Unglaube Israels (Jes 53,1), dem der Glaube der Heidenwelt (Jes 52,15) gegenübersteht, ist das große anthropologische Thema des vierten Gottesknechtsliedes. Eindrucksvoll setzt es den menschlichen Unglaubben in Szene, indem es dem Abscheu, mit dem Israel sich abwendet von dem zu ihm gesandten Knecht, einen ganzen Abschnitt widmet (Jes 53,2 f). Die Verse wurden bereits zitiert.255 Daß aus Unglaube Schuld erwächst und beide Aspekte menschlichen Seins und Handelns eigentlich eins sind, erweist im Lied das Leidden und der Tod des Knechts (Jes 53,4–12). Um so bemerkenswerter ist es, daß in der soteriologischen Aufarbeitung der anthropologischen Problematik die Heils aussagen in der Erkenntnis verankert werden, daß die Entschuldung des Volkes die Voraussetzung des Wandels von Unglauben in Glauben ist und daß Israel zum Sehen und Verstehen dadurch kommt, daß es der Last der Sünde ledig ist. Da nun allerdings in der Abendmahlsperikope Lukas diese Wandlung des Unglaubens in Glauben als ein Geschehen darstellt, das Israel gerade nicht im Ganzen betrifft, sondern nur einen Teil des Volkes, dem der weiterhin im Unglauben befangene andere Teil warnend gegenübergestellt wird („Wehe!“: V. 22), erhebt sich die Frage, wie Lukas die jesajanische Verheißung der Restitution Israels als eines im Glauben vereinten Volkes verstanden und verarbeitet hat. Die Antwort ergibt sich, wenn man zwischen dem individuellen und dem univversellen Aspekt der Rede von der Erlösung Israels unterscheidet. Mit beiden Aspekten ist die Abendmahlserzählung befaßt. Was dabei den einzelnen Mensschen und seinen Glauben betrifft, so besteht das Geheimnis dieses Glaubens für Lukas in seiner menschlichen Unverfügbarkeit. Jesus selbst erbittet von Gott die Bewahrung des Glaubens seines Jüngers (V. 32a) und weist in dieser bittenden Haltung darauf hin, daß der Glaube, in welchem sich die menschliche Hinwenddung zum Heil vollzieht, nicht einem inneren menschlichen Vermögen, nicht der inneren individuellen Stärke entspringt, sondern daß er Gabe Gottes ist (vgl. Apg 2,41.47; 16,14). Dem entspricht, daß er der immerwährenden Hilfe und Bestärkkung von außen bedarf (V. 32b), d. h. des immer wieder neu zu vernehmenden Zuspruchs des göttlichen Heilswortes, das allein den Glauben an Gott weckt und den Glaubenden bei Gott hält. In dieser Bereitung und Begleitung des einzelnnen Menschen durch Gott erweist sich die Historizität des Glaubens. Ist aber der Glaube historisch qualifiziert, wird auch die universelle Erlösung Israels zur historrischen Frage, genauer zur Frage der Aufhebung der raum-zeitlichen Bedingthheit des Glaubens: Wann kommt, wie Jes 53 es vor Augen stellt, ganz Israel zur Erkenntnis des ihm durch den Tod des Gottesknechts bereiteten Heils? Daß das Ziel dieser Frage, ein in der Zukunft liegender Zeitpunkt, die Frage selbst zunächst unbeantwortbar macht, da die Aufhebung der historischen Bindung des Glaub255
S. o. S. 166.
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I. Der Tod des Knechts
bens nicht in historischen Kategorien ausgedrückt werden kann, darauf verweist Apg 1,6, wo der Auferstandene den Jüngern die Frage nach dem Zeitpunkt der Aufrichtung der βασιλεία τῷ Ἰσραήλ mit dem Hinweis auf Gottes Souveränität verwehrt.256 Gleichwohl bedeutet für Lukas, die Frage nach der Aufhebung des Unglaubens Israels zeitlich zu formulieren, sich der historischen Tatsache zu stelllen, daß sich im Hinblick auf Israel die Weissagung Jes 53 noch nicht erfüllt hat, da Israel noch nicht zur Anerkennung des Gottesknechts und seines Heilswerkkes gelangt ist. Die Frage nach dem „Wann“ der Erlösung ganz Israels zu stellen, bedeutet für ihn ferner, der Erkenntnis Raum zu geben, daß Gott, entgegen seinnem erklärten Heilswillen, im Hier und Jetzt Menschen im Unglauben und damit in der Sphäre des außerhalb der βασιλεία waltenden Todes beläßt. Wie Lukas die noch ausstehende Erlösung ganz Israels theologisch bewältigt, davon wird gleich zu handeln sein. Zunächst ist festzuhalten, daß Lukas, wenn er, von Jes 53 herkkommend, das „Wann“ der Erlösung Israels reflektiert, er damit offenlegt, daß er mit der allgemeinen Anerkennung des Knechts durch sein Volk rechnet und daß er das Zum-Glauben-Kommen ganz Israels erwartet. Tatsächlich zeigt im Jüngergespräch die Zwölfzahl der im Angesicht ihrer Repräsentanten versammelten Stämme Israels (V. 30), daß am Ende nach lukannischem Verständnis das ganze Volk an der Gemeinschaft des Gottesreiches teilhhat. Die Zwölfzahl weist auf die endzeitliche Restitution des historisch schon seit Jahrhunderten um den Großteil seiner Stämme dezimierten Volkes hin, damit auf die Errettung auch desjenigen Teils Israels, der in der Gegenwart in der Trennung von Gott und seinem Knecht existiert und damit noch dem Machtbereich Satans unterstellt ist.257 Mit dem Hinweis auf das „Daß“ der Erlösung ist aber noch nicht der Grund genannt, warum in der Gegenwart Israel noch als getrenntes Volk exisstiert und warum als Ganzes Israel erst am Ende der Tage des durch Jesu Tod und Auferstehung gewirkten Heils teilhaftig wird. Warum versagt die Mehrheit des Volkes dem Knecht die Anerkennung? Zur βασιλεία τῷ Ἰσραήλ s. bereits o. S. 154 f; außerdem u. S. 273–275. Wie sehr die Frage nach Israels Wiederherstellung in frühjüdischer Zeit die theologische Reflexion bestimmte, zeigt in besonders eindringlicher Weise der in Alexandrien beheimatette, gegen Ende des 3. Jh.s v. Chr. wirkende jüdische Exeget Demetrios, der in seinem Werk die Wiederherstellung der Zwölfzahl der Stämme Israels mit der eschatologischen Überwindung des in Israel waltenden satanischen Bösen verknüpft. Dazu ausführlich U. MittmannRichert, Demetrios the Exegete und Chronographer – A New Theological Assessment, in: I. H. Henderson – G. S. Oegema, The Changing Face of Judaism, Christianity, and Other GrecoRoman Religions in Antiquity, Studien zu den Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römisscher Zeit 2, Gütersloh 2006, 186–209. Text und englische Übersetzung bei C. R. Holladay, Fragments from Hellenistic Jewish Authors, Vol. I: Historians, Society of Biblical Literature. Texts and Translations 20. Pseudepigrapha Series 10, Chico, California 1983, 51–91; eine deutssche Übersetzung bietet N. Walter, Fragmente jüdisch-hellenistischer Exegeten: Aristobulos, Demetrios, Aristeas, Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit III/2, Gütersloh 1980, 280–292. 256 257
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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Die Antwort findet Lukas in der Sendung des Gottesknechts zu den Heidden, deren Sammlung vor der eschatologischen Wiederherstellung Israels der Evangelist als historische Notwendigkeit erkennt. Die Heiden sind, das zeigt die Anspielung auf das Völkermahl in Lk 22,15–18, von Beginn des Abendmahls im Blick. Daß allerdings im Jüngergespräch, wo es um die Frage der Annahme des durch Jesu Tod gewirkten Heils geht, allein Israel im Zentrum der Reflexion steht, hängt mit der lukanischen Verstockungskonzeption zusammen, die in der bitteren Erkenntnis gründet, daß der Gottesknecht durch dasjenige Volk verworffen wird, zu dessen Erlösung er gesandt ist. Der Verstockungsthematik im Lukas evangelium ist ausführlich im Rahmen der Nazarethperikope nachzugehen.258 Die Ergebnisse der dortigen Untersuchung gewinnen aber bereits hier Bedeutung, weil im Abendmahlssaal die Verwerfung Jesu durch sein Volk seinen dunklen Höheppunkt erreicht: Ausgerechnet ein Jünger Jesu wird hier als der Verräter identifizziert, der das Kreuzigungsgeschehen in Gang setzt (V. 21 f), ein Jünger, den Jesus zuvor aus dem Kelch des Heils hat trinken lassen und zum Teilhaber des neuen Bundes erhoben hat (V. 19 f). Gleichzeitig macht diese im Jüngerkreis endende Verwerfung Jesu durch sein Volk die heilvolle Dynamik des göttlichen Verstockkungshandelns sichtbar. Denn Lukas verdeutlicht an Judas höchst eindringlich, wie untrennbar bei der Stiftung des neuen Bundes Heil und Unheil miteinander verquickt sind, und zwar nach Gottes Willen. Die Verwerfung des Knechts liegt in der Erwählung des Knechts zu seinem Dienst der Erlösung Israels und der Heidden begründet. Daher bleibt selbst Judas, der Repräsentant des verstockten und in Feindschaft gegen Gott befangenen Volkes Israel, nach lukanischem Verständnnis dem souveränen Willen Gottes unterstellt und wird sein Verrat zum Mittel der universellen Durchsetzung des Heils in der Welt. So dramatisch sich daher von der Einsetzung des Abendmahles an die Dinge entwickeln und so unausweichlich für das Leben der Jünger in Heil und Gericht die Folgen der Verwerfung des Knechts nach Lukas sind, so gewiß zeigt sich der Evangelist im Jüngergespräch von der Erkenntnis getragen, daß Gott bei der univversellen Vollendung seines Heilswerkes den Unglauben Israels in Dienst nimmt. Er nimmt ihn in Dienst, um durch den Tod seines Knechts die Macht des auf Erden wirksamen Bösen zu brechen (V. 19 f), die Macht, die Judas gefangenhält und die auch die anderen Jünger bedroht. Und er nimmt ihn in Dienst als Werkzeug der 258 S. u. S. 265–280. Da bei Lukas die soteriologisch wichtigen Perikopen alle auf das engste miteinander verschränkt sind, die Behandlung der Texte aber nur nacheinander erfolgen kann, sei an dieser Stelle eigens nochmals darauf hingewiesen, daß die entsprechenden Kapitel dieser Untersuchung einander ergänzen und die Lektüre die Zusammenschau der Ergebnisse vorausssetzt. Das gilt insbesondere für das Thema „Verstockung“, dessen Bedeutung für Lukas nur von Jes 53 und der Passionstradition her zu verstehen ist. Da Lukas aber von der Verstockung Israels grundsätzlich in Lk 4,16–30 handelt, am Anfang des Weges Jesu also, sind für das Verständnis der Passionsgeschichte die entsprechenden Erkenntnisse vorauszusetzen.
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I. Der Tod des Knechts
Integration der Heiden in den neuen Bund. Diese Integration vollzieht sich nach lukanischem Verständnis in der Weise, daß die Feindschaft Israels gegen den in Niedrigkeit sich offenbarenden Knecht Gottes – ein Widerstand, der auch nach Jesu Auferstehung wirksam bleibt in der fortdauernden Verwerfung seiner Zeuggen259 – die Ausbreitung der Heilsbotschaft vorantreibt und ihr Gehör verschafft „bis an das Ende der Erde“ (Apg 1,8; 28,25–28; vgl. Lk 23,47). Letzteres – das große Thema der Apostelgeschichte – ist in der Abendmahlsperikope nur angedeuttet. Aber die Erzählung beginnt nicht von ungefähr mit dem Vorausblick auf das Mahl, das Israel und die Völker vor dem Angesicht Gottes vereint. Diese Einheit ist das Ziel der Sendung des Knechts. Daher verbindet Lukas mit dem Völkermahl auch die Gewißheit, daß an ihm ganz Israel teilnimmt. Diese Gewißheit gründet in der schlichten Tatsache, daß die Proklamation des neuen Bundes (V. 20) vor den zwölf Repräsentanten desjenigen Volkes geschieht, dessen Befreiung von der Schuld der Gottesfeindschaft und des Unglaubens durch die Lebenshingabe des Gottesknechts in Jes 53 unverbrüchlich verbürgt ist. Die Heilsvollendung bleibt für Lukas mit Jes 53 verknüpft. Und so erwartet er für die Zeit, wenn die Heiden im Glauben gesammelt sind, daß auch der Unglaube Israels sich in Glauben wanddelt und sich das Rettungswerk des Gottesknechts in der Erlösung dieses seinen Retter verwerfenden Volkes erfüllt. Die Übergabe der zuvor vom Vater empfanggenen Herrschaft des Gottesreiches an die Jünger (V. 29 f) markiert das eschatollogische Ende der Geschichte Gottes mit dem Menschen.260 Diesem im Wissen und Willen Gottes begründeten, dem Wesen nach dunkllen Weg der Aufrichtung des Heils auf Erden ist folgerichtig der Schlußabschnitt der Gesprächssequenz und damit der Perikope überhaupt gewidmet. In ihm stellt Lukas nun auch explizit heraus, daß er die Einsicht in die dem menschlichen Versstand so schwer zugänglichen Strukturen der göttlichen Heilszuteilung aus der Gottesknechtschaft Jesu gewinnt (V. 37): Das folgende Schriftwort muß durch mich erfüllt werden (δεῖ τελεσθῆναι): Er wurde zu den Frevlern gerechnet (Jes 53,12). Denn das [erg.: in der Schrift] über mich [Geschriebene] kommt zur Erfüllung (τέλος ἔχει; vgl. Joh 19,30).
Wer hier den Finger auf das Fehlen der soteriologisch gefüllten Abschlußzeilen des vierten Gottesknechtsliedes legt – als sei Lukas nur glaubwürdig, wenn er innerhalb weniger Textzeilen gleich dreimal auf die Sühnekraft des Stellvertrettungstodes Jesu hinweist (Lk 22,19 f; Mk 10,45; Jes 53,12) –, der fordert die Zersstörung eines auch am Ende noch höchst dramatisch konzipierten Textes. Dem erzählerischen und zugleich theologischen Spannungsbogen ist in jeder Hinsicht 259
Dazu ausführlich u. S. 266–271. Daß Lukas hier ein Endzeitbild vor Augen steht, zeigt auch die Parallele in Mt 19,28, wo das Thronen der zwölf Jünger mit der Neuschöpfung (ἡ παλιγγενεσία) verbunden wird. 260
2. Das Abendmahl (Lk 22,14–38)
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Genüge getan, wenn Jesus sich am Schluß, unter Bezugnahme auf Jes 53, als der unter Frevlern sterbende Gottesknecht zu erkennen gibt, der sich anschickt, den Weg in den Tod anzutreten, nachdem er diesen unter die Verheißung des „für euch“ gestellt hat (Lk 22,19 f). Die Verkürzung des Zitats hat – wiederum abgesehen von der Tatsache, daß Lukas in der Verheißung des Heils den Perspektivenwechsel von der zweiten (Lk 22,19 f) zur dritten Person vermeidet (Jes 53,12)261 –, mit der anthropologischen Thematik dieses Erzählabschnitts zu tun, konkret: mit der in ihm veranschaullichten Dramatik menschlicher Sündenverfallenheit. Sie entwickelt ihre Dynammik nicht nur im individuellen Bereich, sondern, nach lukanischem Verständnis, auch und vor allem im Bereich der Geschichte, dem überindividuellen, raumzeitlichen Rahmen für das Leben jedes einzelnen Menschen. Im Gegenüber von menschlicher Herrschaft und Gottesherrschaft wird dem Evangelisten die Gotteskknechtsverheißung Jes 53,12 zur Scheidelinie zwischen Weltgeschichte und Heilsggeschichte. Denn das Wort führt direkt hinein in das historische Zeitgeschehen, d. h. in die römisch dominierte Welt, die Jesus als politischen Anführer und gefährllichen Frevler hinrichtet und in welcher sein Kreuz inmitten anderer Kreuze aufggerichtet steht (Jes 53,12; Lk 23,32 f). Diesen zeitgeschichtlichen Bezug pointiert Lukas noch dadurch, daß er Jesus und seine Jünger mit Schwertern den Abendmmahlssaal verlassen läßt (V. 36–38), wodurch Jesus der Welt genau als der Aufrrührer erscheinen muß, als welchen sie ihn kreuzigt. Den inneren Zusammenhang zwischen der Aufforderung Jesu, ein Schwert zu kaufen (V. 36), und dem Jesajazzitat (V. 37) markiert die Partikel γάρ, mit welcher Lukas nach dem Schwertwort in das Gottesknechtszitat überleitet. Die Pointe des Schwertmotivs liegt allerdings nicht, wie immer wieder behhauptet wird,262 in seiner politischen Funktion, sondern darin, daß, obwohl Jesu Jünger der Gott und seinem Knecht feindlichen Welt mit dem Schwert entgegenttreten, dieses als Waffe nicht zum Einsatz kommen soll. Das „Dreinschlagen mit dem Schwert“ (Lk 22,49 f) wird den Jüngern von Jesus, als sich die Schwerter seiner Henker gegen ihn richten (Lk 22,52), ausdrücklich verwehrt (Lk 22,51). Die eigentliche Bedeutung des Schwertmotivs ist daher nicht primär in den pollitischen Umständen des Todes Jesu zu suchen, sondern sie ist aus der Sendung Jesu als des zum Leiden und Sterben bestimmten Gottesknechts herzuleiten, d. h. aus den Aussagen, welche die Gottesknechtstexte zum Schwert und seiner Funkttion machen. Die Schlüsselstelle ist Jes 49,2, wo das Wort des Knechts als das
261
S. o. S. 50–53 und 135–138. S. die Zusammenfassung der verschiedenen Standpunkte zum Thema durch J. Gillman, A Temptation to Violence: The Two Swords in Luke 22:35–38, Louvain Studies 91 (1982), 142–153. 262
174
I. Der Tod des Knechts
die Welt richtende Schwert und der Knecht in Person als Gottes Waffe gegen die Bosheit auf Erden bezeichnet ist: Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht.
Auch hier gibt die alttestamentliche Wissenschaft die rechte Interpretation des Wortes vor. Den Zusammenhang zwischen dem Schwertmotiv und dem königllichen Amt des Knechts stellt im Rahmen einer Interpretation des Gesamttextes Jes 49,1–6 am treffendsten Hans-Jürgen Hermisson heraus:263 „Der Text [sc. Jes 49,1–6] schildert bereits in V. 1b–3 die Berufung des Knechts „von Mutterleib an“ zu seinem Weltamt. Darauf verweisen die „königlichen“ Züge des Prophetenamtes ..., aber vor allem auch das Bild in V. 2, das man nicht nur in seinen isolierten Elementen, sondern im ganzen anschauen muß: Jahwe, der den Knecht als Schwert und Pfeil in Bereitschaft hält, ist der Krieger, der mit dieser Waffe – dem Mund seines Knechts – zur Welteroberung antritt.“
Das Schwertmotiv als Gottesknechtsmotiv und damit als ein Motiv, das auf den Weltherrschaftsanspruch Gottes zielt, erscheint vor diesem Hintergrund als unabddingbarer Bestandteil der Reich-Gottes-Reflexion im Jüngergespräch Lk 22,24– 38. Es steht im Dienst der Frage, in welcher Form sich die βασιλεία auf Erden realisiert. Die Tatsache, daß das Schwert nicht als Mittel des politischen Kampfes, sondern als die Macht des vom Knecht verkündigten Wortes definiert wird, entsspricht dabei dem zuvor im Rückbezug auf die Abendmahlsworte Jesu entworfennen Bild von dem in der Selbsthingabe sich erfüllenden Dienst des Knechts. Die ausdrückliche Erwähnung Satans in V. 31 zeigt ferner, daß Lukas Jes 49,2 mit einem weiteren Textstück aus dem großen Beziehungsgeflecht jesajanisscher Bezüge verknüpft, nämlich mit Jes 27,1, einer Stelle aus der Jesaja-Apokallypse, deren Bedeutung bereits bei der Interpretation des Anfangsteils der Abendmmahlserzählung ans Licht getreten ist264: An jenem Tag wird Jahwe heimsuchen mit dem scharfen, großen und starken Schwert Leviathan, die flüchtige Schlange, Leviathan, die gewundene Schlangz ge, und wird den Drachen töten, der im Meer haust.265
Hier wird das als Leviathan verkörperte Ur-Böse, das durch den Bezug auf das Bild der ägyptischen Urbedrohung (Jes 26,20 f) eine letzte eschatologische Steigerrung erfährt, am Ende der Zeit dadurch vernichtet, daß Gott ihm mit dem Schwert entgegentritt. Die Verheißung wird Wirklichkeit, da sich der Gottesknecht als 263
Israel und der Gottesknecht, 20 (Kursive im Original). Vgl. ders., Deuterojesaja 2, 344–
348. 264 265
S. o. S. 142–144. Zur Textkritik s. Wildberger, Jesaja 13–27, 1001.
3. Die Gottesknechtschaft Jesu als Grundmotiv der Passionsgeschichte
175
Waffe Gottes dem Satan – in Gestalt des Judas (Lk 22,3.47) – entgegenstellt und sein Wort zum Schwert wird, welches am Ende das Böse besiegt. So liegt auch die Bedeutung des Schwertes in der lukanischen Passionsgesschichte darin, daß es in der Weise zum Mittel des göttlichen Sieges über „die Schlange“, d. h. Satan, wird, daß es als irdische Waffe nicht zum Einsatz kommt und doch in Erfüllung des über den Knecht gesagten Wortes (Lk 22,37; Jes 53,12) die Herren der Welt dazu zwingt, ihr Schwert zu ziehen und Jesus bewaffnet entggegenzutreten. Die Niederlage Satans nimmt hier ihren Anfang. Die Schwerter, mit denen Jesu Jünger in die Öffentlichkeit treten (Lk 22,36.38), sind kein politissches Mittel266, sondern haben allein die Funktion eines prophetischen Erfüllungszzeichens,267 das das Heilsgeschehen in Gang bringt, indem es die Unfähigkeit der verstockten Welt, Jesus als den zu erkennen, der er ist, noch erhöht und sie zur Tötung des Christus zwingt. Daß auch die Jünger, da sie im weiteren Verlauf der Ereignisse – gegen den Willen Jesu – ebenfalls zum Schwert greifen (22,49–51), als unverständig erscheinen und als Verblendete mitschuldig werden an der Verbblendung der Welt und am tödlichen Ausgang des Geschehens, steigert noch die dem Schwertmotiv inhärente theologische Spannung, da es die in der Verblenddung liegende Erlösungsbedürftigkeit auch derer dokumentiert, die zur engsten Gemeinschaft Jesu gehören, und ihre bereits in V. 31 f angedeutete Beschlagnahmmung durch Satan bestätigt.268 Dies erklärt auch die Zweizahl der Schwerter, für die es keine traditionsgesschichtliche Grundlage gibt. Es ist ja auffallend, daß bei der Gefangennahme Jesu 266 Die Überlegungen von H. A. J. Kruger, A Sword Over His Head or in His Hand? Luke 22,35–38, in: C. M. Tuckett (Hg.), The Scriptures in the Gospels, Löwen 1997, 597– 604, zur Auseinandersetzung Jesu mit der Rolle des im Heiligen Krieg befangenen eschatologgischen Gotteskriegers, der versucht, dem Leiden zu entfliehen, gehen am theologischen Kern der Perikope vorbei. Zudem vermengt der Autor die historische und die literarische Ebene in unzulässiger Weise. Das gilt auch für die von H. Frankenmölle, Friede und Schwert. Frieden schaffen nach dem Neuen Testament, Mainz 1983, 47–49, formgeschichtlich vollzoggene Übertragung des Logions in die Situation des politisch verfolgten jungen Christentums. Ähnlich H.‑W. Bartsch, Jesu Schwertwort, Lukas XXII. 35–38. Überlieferungsgeschichtli che Studie, NTS 20 (1974), 190–203. Auch die von Lukas vermutlich redaktionell umgestaltette Überlieferung des Q-Wortes Mt 10,34 („Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sonddern das Schwert“), in welchem der Begriff μάχαιρα durch διαμερισμός ersetzt ist (Lk 12,51), weist darauf hin, daß der Evangelist selbst es nachdrücklich vermeidet, den in Jesu Sendung offfenbar werdenden göttlichen Heilsplan in irgendeiner Weise mit den weltlichen Mitteln des bewwaffneten Kampfes in Verbindung zu bringen. 267 Abzuweisen ist allerdings die These von J. D. M. Derrett, History and the Two Swords, in: ders., Studies in the New Testament, Vol. III: Midrash, Haggadah, and the Character of the Community, Leiden 1982, 192–199, daß mit den Schwertern auf die Weissagung gegen Gog und Magog (Ez 38 f) Bezug genommen werde. 268 Zur Rolle der Jünger als ἄνομοι im Sinne von Jes 53,12 s. auch G. W. H. Lampe, The Two Swords (Luke 22:35–38), in: E. Bammel – C. F. D. Moule (Hg.), Jesus and the Politics of His Day, Cambridge u. a. 1984, 335–351.
176
I. Der Tod des Knechts
der Schwertbesitz die zwei sich feindlich gegenüberstehenden Personengruppen vereint: die Häscher, deren Anführer Judas ist (Lk 22,43–45), und die Jüngerggruppe um Petrus (Lk 22,47). Die zwei im Abendmahlssaal zur Schau gestellten Schwerter sind die Insignien der satanisch beschlagnahmten Welt, zu der nach Lk 22,31–34 die Jünger, die bei der Gefangennahme absichtsvoll namenlos erscheinnen, ebenso gehören wie Judas, der bis zum Schluß des Abendmahles als Teil der Gemeinschaft erscheint. Im Kontrast dazu relativiert die „Schwertgewalt“ Jesu, die verheißungsgemäß in seinem Wort liegt (Jes 49,2), alle menschliche Gewalt und beraubt sie ihrer tötenden Macht. So eint der menschliche Unverstand Gegnner und Anhänger Jesu und erweist die Notwendigkeit des Sterbens Jesu für den Menschen, jeden Menschen.
3. Die Gottesknechtschaft Jesu als Grundmotiv der lukanischen Passionsgeschichte Daß die Stilisierung Jesu als Gottesknecht den erzählerischen Duktus der Kreuzzigungs- und Abendmahlsperikope im Lukasevangelium bestimmt, hat die tradditionsgeschichtliche Analyse der Perikopen hinlänglich erwiesen. Es fragt sich nun, ob die besondere theologische Überformung sich auf die genannten Perikkopen beschränkt oder ob sie der gesamten lukanischen Passionserzählung als Gestaltungsprinzip zugrunde liegt. Die folgende Tabelle dient der Veranschaulicchung der Textverhältnisse. In ihr tritt ein Sachverhalt ganz deutlich hervor, der trotz der vielfältigen wissenschaftlichen Erforschung des lukanischen Sonderguts in der Passionsgeschichte bisher unentdeckt geblieben ist: die besondere tradi tionsgeschichtliche Prägung desselben. Ja, es zeigt sich, daß in den größeren und kleineren Textpassagen, die nur Lukas eigentümlich sind, Jesu Kreuzesweg pointtiert auf Jes 53 hin ausgerichtet und die Erkenntnis der Gottesknechtschaft Jesu umfassend literarisch verarbeitet worden ist (s. Tabelle S. 178 f). Bei der Betrachtung der großen Zahl und breiten Verteilung der Gottesknechtsbbezüge in der lukanischen Passionsgeschichte fällt auf, daß die in den weiteren Kontext ausgezogenen Linien ihren Knotenpunkt in der Kreuzigungserzählung haben, was die soteriologische Schlüsselfunktion dieser Perikope innerhalb der Gesamterzählung bestätigt. In ihr sind die verschiedenen Aspekte der Gotteskknechtschaft Jesu in äußerster Dichte konzentriert, während andernorts nur einzzelne Motivkomplexe zur Sprache kommen. So bestimmt etwa die Stilisierung Jesu als des unschuldig Leidenden nach Jes 53,9 die literarische Ausgestaltung der Verhöre vor Pilatus und Herodes, deren doppeltes Unschuldszeugnis das über Jesus verhängte Urteil als Fehlurtteil kenntlich macht (Lk 23,4.11 [weißes Gewand als Zeichen der Unschuld].
3. Die Gottesknechtschaft Jesu als Grundmotiv der Passionsgeschichte
177
14 f).269 Gleichzeitig dient das Auftreten Jesu vor Herodes (Lk 23,6–12) dazu, die Erfüllung der Verheißung Jes 52,15 „über ihm werden Könige den Mund verschließen“ zu dokumentieren. Dies gilt, obwohl Herodes Antipas nicht, wie sein Vater, Herodes der Große, den Königstitel trug, sondern als Tetrarch über Galiläa regierte, ein historischer Tatbestand, dem Lukas durch die stets korrrekte Nennung des Tetrarchentitels Rechnung trägt (Lk 3,1; 9,7; Apg 13,1). Daß Markus den Sohn aus ehemals königlicher Familie gleichwohl βασιλεύς nennt (Mk 6,14.22), zeigt, daß der Königstitel im Volk bzw. in der um Herodes Anttipas kreisenden Erzähltradition weiterhin gebräuchlich war, was auch schon deshalb nicht ungewöhnlich ist, weil der Begriff βασιλεύς in seiner Bedeutung nicht auf die reale Königswürde eingeschränkt war, sondern den Abkömmling einer königlichen Familie ebenso bezeichnen konnte wie, ganz generell, den pollitischen Herrscher und Führer.270 So sehr Lukas daher bemüht ist, dort, wo er das Christusereignis historisch fixiert, die geschichtlichen Daten korrekt wiedderzugeben, so sehr ist ihm auch daran gelegen, das Christusgeschehen als Erffüllungsgeschehen darzustellen. Im gegebenen Fall konnte die Stilisierung der Anklageerhebung gegen den Unschuldigen auf dem Hintergrund von Jes 52,15 allein an Herodes Antipas anknüpfen, der verheißungsgemäß als der „König“ erscheint, der über Jesus „seinen Mund verschließt“. Dem widerspricht durchaaus nicht, daß Herodes Jesus zunächst ausführlich befragt (Lk 23,9). Denn im entscheidenden Moment, da er das Urteil über den bar jeder Hoheit und Würdde vor ihm Stehenden (vgl. Jes 53,2) sprechen soll, da schweigt er und gibt seinner Unschuldserkenntnis mittels eines Zeichens Ausdruck: Jesus verläßt den Raum im weißen Gewand (Lk 23,11).271 269 Es verwundert kaum, daß die entsprechenden Szenen meist in dem Sinne interpretiert werdden, daß Jesus hier als der „leidende Gerechte“ erscheint, dessen Tod nicht an sich bedeutungsvoll ist, sondern nur deshalb, weil das Vorbild des Gerechten zur Umkehr mahnt. So z. B. M. Chico Cano, Der Prozeß Jesu. Eine literarkritische und redaktionsgeschichtliche Untersuchung zu Lk 23,1–25, Inauguraldissertation zur Erlangung der theologischen Doktorwürde beim Fachbereich Katholische Theologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster in Westfalen, Münster 1980, 167–169. Vgl. auch G. Schneider, Verleugnung, Verspottung und Verhör Jesu nach Lukas 22,54–71. Studien zur lukanischen Darstellung der Passion, StANT 22, München 1969, 187–190. 270 S. H. G. Liddell – R. Scott, A Greek-English Lexicon, revised and augmented throughhout by Sir H. St. Jones, 9. Aufl., Oxford 1940, Nachdr. 1985, 309 s. v. βασιλεύς. 271 Es hieße die Argumentation verengen, wenn man die Tatsache, daß in Jes 52,15 heidnnische Könige im Blick sind, gegen die hier gebotene Interpretation ins Feld führen wolltte, da, wie bereits gesagt, die Herrschaft des Herodes Antipas historisch den einzig möglicchen Anknüpfungspunkt für die an Jes 53 ausgerichtete Ausformung einer entsprechenden Szene bot. Andererseits mochte die idumäische Abstammung des Herodes Antipas väterlichersseits seiner Zuordnung zur Heidenwelt ein ausreichendes Fundament geliefert haben (vgl. Dtn 17,15). Sein der griechischen Kultur zugewandter Lebensstil dürfte ein übriges zur „heidnischen“ Interpretation seiner Figur beigetragen haben. Zur idumäischen Abkunft Herodes’ des Großen s. Hengel, Zeloten, 323 f, zu Herodes Antipas op. cit., 197 f, mit zahlreichen Quellenbelegen.
„Gethsemane“
Gefangennahme
Verleugnung des Petrus
Verhör vor dem Hohen Rat
22,39–46
22,47–53
22,54–62
22,63–71
Jesus sieht Petrus an
Heilung des abgeschlagenen Ohres
22,51 22,61
Die Jünger ziehen das Schwert
22,49
Jes 53,5
(Gen 3,17–19)
Schweiß als Blutstropfen Jesu Frage an Judas
Jes 49,5 (1. Kön 19)
Stärkung durch den Engel
Zwei Schwerter Zitat Jes 53,12: καὶ μετὰ ἀνόμων ἐλογίσθη
22,48
22,43 f
22,35–38
Jes 53,12; Jes 49,2 (in Verbindung mit Jes 27,1)
22,31 f
≙ Mk 14,27–30: Ankündigung der Verleugnung des Petrus)
≙ Mt 19,28: Übergabe des Reichs an die Jünger) Jesu Gebet für Petrus
(22,28–30 (22,33 f
Jes 53,12
≙ Mk 10,41–45: Rangstreit der Jünger)
(22,24–27
Jüngergespräch
Jes 52,13 (in Verbindung mit Jes 43,3 f; Ex 24,6–8)
≙ Mk 14,22–24: Einsetzungsworte)
(22,19 f
22,24–38
Jes 52,13 (in Verbindung mit Jes 25,6–8; Ex 24,11)
Abendmahl
22,7–23
Satan fährt in Judas Das Mahl im Reich Gottes
22,3
Verrat des Judas
22,1–6
Gottesknechtstradition )und andere Traditionsbezüge(
22,15 f
Sondergut
Textüberblick
Die Passion Jesu nach Lukas
178 I. Der Tod des Knechts
23,2.4 f
Verhör vor Pilatus
Verhör vor Herodes
Verurteilung durch Pilatus
Weg nach Golgatha
Kreuzigung und Tod
Grablegung
23,1–5
23,6–12
23,13–25
23,26–31
23,32–49
23,50–56
die beiden Schächer
23,39–43
Jes 52,15; Jes 53,11 (SapSal 2,18) Jes 53,11 f
heidnischer Hauptmann: „ein Gerechter“ (δίκαιος) die zuschauenden „Vielen“
23,46 23,47 23,48
Jes 52,13; Jes 53,9
Ps 31,6.17; Jes 42,1 (SapSal 3,1)
„meinen Geist in deine Hände“
der gerechte Ratsherr (in Erwartung des Gottesreiches)
Jes 24,23; 60,19 f
Vergehen der Sonne
23,51
Jes 53,12; Jes 51,3
– Paradiesesverheißung an den reuigen Schächer 23,45
Jes 52,13
Ps 31,12.14
Lästerung der Soldaten
23,36
Jes 53,9
Jes 42,1
der Auserwählte (ὁ ἐκλεκτός)
23,35
– das Kommen Jesu in sein Reich
Jes 53,10.12 (in Verbindung mit Lev 5,17–19; Num 15,22–29)
23,34a
– Unschuld Jesu
Jes 53,12
„Vater vergib ihnen!“
Jes 54,1–10 (SapSal 3,13; Hos 10,8)
Wort an die klagenden Frauen Kreuzigung Jesu als Frevler unter Frevlern
Jes 53,9
Jes 53,9
Pilatus und Herodes finden keine Schuld
Jes 52,15; Jes 53,7
Weißes Gewand als Zeichen der Unschuld Jesu
Jes 53,9
Jesus tut seinen Mund nicht auf
Pilatus findet keine Schuld
Gottesknechtstradition )und andere Traditionsbezüge(
23,32
23,28–31
23,13–16
= SG
Sondergut
Textüberblick
3. Die Gottesknechtschaft Jesu als Grundmotiv der Passionsgeschichte
179
180
I. Der Tod des Knechts
Gleichfalls als Anspielung speziell auf das vierte Gottesknechtslied kann in Lk 22,51 die Heilung des Ohres gelten, das einer der Jünger dem Knecht des Hohenppriesters bei Jesu Gefangennahme abschlägt. Jesus erscheint hier nach Jes 53,5 als der Knecht, der den sündigen Menschen auch leiblich wiederherstellt. Nicht übersehen werden sollte schließlich auch die besondere Stilisierung des reichen Ratsherren als eines gerechten Mannes in Lk 23,50–56 (ἀνὴρ ἀγαθὸς καὶ δίκαιος: V. 50). Die Bestattung Jesu durch einen „Reichen“ (εὐσχήμων: Mk 15,43), als welcher Joseph von Arimathia sicher zu gelten hat, ist durch den Markkustext bereits vorgegeben (Mk 15,42–47), damit auch, soweit es den nicht konjjizierten hebräischen Text betrifft, der Bezug zu Jes 53,9: „( וְ אֶ ת־עָ ִשׁיר ְבּ ֹמתָ יוund beim Reichen ist er in seinem Sterben“).272 Ebenso vorgegeben ist die Reich-Gotttes-Erwartung des Ratsherrn, die bei Lukas, wie mehrfach gezeigt,273 stets mit dem Gedanken der Herrschaftsübertragung auf den Gottesknecht nach Jes 52,13 verbunden ist (vgl. Lk 23,42). Besondere Bedeutung gewinnt in diesem Zusammmenhang die spezifisch lukanische Klassifizierung des Joseph von Arimathia als δίκαιος (Lk 23,50). Sie steht zum einen in sachlichem Bezug zum Sterben Jesu als des „Gerechten“ (Lk 23,47) und erweist die Bestattung Jesu als einen der Persson des Knechts entsprechenden und aus dem Werk des Knechts am Menschen gespeisten Dienst. Sie stellt zum anderen die Verbindung her zu Simeon als dem exemplarischen Gerechten der Kindheitserzählungen (ἄνθρωπος ... δίκαιος καὶ εὐλαβής: Lk 2,25), dessen Erwartung des χριστὸς κυρίου nicht enttäuscht wird, als er im Kind auf seinem Arm den zur Verwerfung preisgegebenen und zum Leidden bestimmten Gottesknecht erkennt (σημεῖον ἀντιλεγόμενον: Lk 2,34 f; vgl. die Anspielungen auf die Gottesknechtslieder im Nunc dimittis Lk 2,29–32274). So wird man, dem lukanischen Erzählduktus entsprechend, auch bei Joseph von Arimmathia die Gottesknechtserkenntnis als treibendes Motiv seines Handelns erkennnen dürfen und seine Gerechtigkeit als die Grundhaltung des Menschen, der dem Knecht in Niedrigkeit und Ohnmacht und allen irdischen Hoheitserwartungen zum Trotz die Treue hält und in seinem Sterben die Erwartung der βασιλεία τοῦ θεοῦ (Lk 23,51) erfüllt sieht. In den Kreis der Gottesknechtsbezüge gehört schließlich auch eine Passage, deren lukanische Herkunft textkritisch umstritten ist, die aber, gerade wenn sie dem lukanischen Evangelium von anderer Hand hinzugefügt worden sein sollte, 272 Zum Text s. Hermisson, Gottesknechtslied, 8. – Der Hinweis auf die Reichen (pl. statt hebr. sg.) findet sich, wenngleich in Umdeutung des hebräischen Textes, auch in der LXX z. St.: καὶ δώσω ... τοὺς πλουσίους ἀντὶ τοῦ θανάτου αὐτοῦ. Die Tatsache, daß das in Jes 53 urssprünglich negative Bild in der synoptischen Passionsüberlieferung in positiver Verkehrung aufgenommen ist, erweist das Kreuzesgeschehen als den hermeneutischen Ausgangspunkt der Schriftrezeption. 273 S. o. S. 105–109.146–156 und 168–170. 274 Dazu ausführlich Kapitel IV. 2.
3. Die Gottesknechtschaft Jesu als Grundmotiv der Passionsgeschichte
181
dokumentiert, wie deutlich man sich des Gottesknechtsbezugs der lukanischen Passionserzählung bewußt war und wie stark er das weitere Nachdenken über Jesu Tod beeinflußte. Es handelt sich um die bis heute umrätselten Verse Lk 22,43 f in der Erzählung von Jesu Gebetskampf auf dem Ölberg Lk 22,39–46, einem Geschehen, das die markinische Parallele, genauer noch, in Gethsemane lokalissiert (Mk 14,32–42). Das Textstück berichtet von der Stärkung Jesu durch einen Engel angesichts des bevorstehenden Todes und von der im Ringen um den Tod sich vollziehenden Wandlung von Jesu Schweiß in Blut (Lk 22,43 f). Der Sinn dieser Verse erschließt sich erst, wenn man in ihnen eine an Jes 53 orientierte Schriftreflexion erblickt, welche Schöpfung und Erlösung soteriologisch zueinaander ins Verhältnis setzt und den Menschen in das Geschehen sühnender Stellvvertretung integriert. Exkurs: Tod und Leben des sündigen Menschen nach Lk 22,43 f Die exegetische Problematik der genannten Verse erwächst aus ihrer drastischen Dramattik. Zumindest empfindet der heutige Leser es als drastisch und dramatisch zugleich, wenn die Agonie Jesu (ἀγωνία: V. 44) sich blutig manifestiert. Bis heute gilt die Frage nach der Bedeutung des Blutes in dieser Szene als nicht gelöst,275 was nicht zuletzt den Zweifel an ihrer lukanischen Herkunft hervorruft.276 Die Frage kann aber gar nicht gelöst werden, solange man, heutigem Empfinden folgend, das Blut im Sinne einer negativen Steigerung 275 Vgl. J. W. Holleran. The Synoptic Gethsemane. A Critical Study, Rom 1973, 100, der im Blick auf die Forschungslage feststellt: „We are not able to determine exactly in what sense Luke meant us to understand that Jesus’ sweat became like ... falling drops of blood.“ S. auch Feldkämper, Der betende Jesus, 246. 276 Die fraglichen Zeilen fehlen, wenn man sich auf die wichtigsten Zeugen der griechischen Textüberlieferung beschränkt, in P75, A, B, N, T, W, f13, 579, 1071. Sie werden bezeugt von der Mehrheit der Handschriften, darunter ( אStreichung erst in der ersten Korrektur), D, L, Θ, Ψ, f1, 565, 700. Eine ausführliche Dokumentation der handschriftlichen Fakten und der kontroversen exegetischen Diskussion bieten Marshall, Luke, 821 f; D. M. Crump, Jesus the Intercessor. Prayer and Christology in Luke-Acts, WUNT 2. Reihe 49, Tübingen 1992, und J. Duplacy, L’histoire la plus ancienne et la forme originale du texte en Luc 22,43–44, in: ders., Études de critique textuelle du Nouveau Testament, BEThL 78, Löwen 1978, 349–385. Vgl. ders., La préhistoire du texte en Luc 22:43–44, in: J. Epp – G. D. Fee (Hg.), New Testament Textual Criticism, FS B. M. Metzger, Oxford 1981, 77–86. Duplacys Studie unterscheidet sich insoffern von anderen textkritischen Untersuchungen zum Problem, als er die Ursprünglichkeit des Textes nicht nur im methodisch begrenzten Rahmen der Handschriftenkunde, sondern auch auf dem Hintergrund der altkirchlichen Textrezeption zu erweisen versucht. S. auch K. G. Kuhn, Jesus in Gethsemane, in: M. Limbeck (Hg.), Redaktion und Theologie des Passionsberichtes nach den Synoptikern, WdF 481, Darmstadt 1981, 90 (= EvTh 12, N. F. 7 [1952/3], 260–285). Die Ursprünglichkeit der fraglichen Verse vertritt im Anschluß an A. v. Harnack, Probleme im Texte der Leidensgeschichte Jesu, SPAW 1901 251–255 (= Studien zur Geschichte des Neuen Testaments und der Alten Kirche I: Zur neutestamentlichen Textkritik, Berlin – Leipzig 1931, 86–104), auch R. E. Brown, The Lucan Authorship of Luke 22:43–44, Society of Biblical Literature. Seminar Papers 31 (1991), 154–164, bes. 158 f; ders., The Passion According to Luke, Worship 60 (1986), 4 Anm. 4.
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I. Der Tod des Knechts
des gewöhnlich als Schweiß austretenden Körpersaftes deutet und damit als äußerliches Bild der inneren Todesnot Jesu.277 Bei dieser negativen Bewertung des Blutmotivs wird nicht nur übersehen, daß die Wandlung von Schweiß zu Blut erst nach der Stärkung Jesu durch den Engel eintritt und somit als Folge derselben erscheint, sondern es wird auch der schöpfungstheologische Bezug verkannt, der dem Gegensatzpaar „Schweiß – Blut“ eignet und der das gegenseitige Verhältnis beider Begriffe in ganz einzigartiger Weise bestimmt. Während nämlich das Blut () ָדּם, wie bereits bei der Auslegung der Einsetzungsworte ausfführlich gezeigt wurde,278 identisch ist mit dem Leben ( )נֶפֶ שׁund daher positiv qualifiziert ist, symbolisiert nach Gen 3,19 der Schweiß des Menschen negativ die menschliche Todvverfallenheit. Der Schweiß ist das Kennzeichen einer um der Sündhaftigkeit des Menschen willen unter die Strafe der Gottesferne gestellten, nicht mehr paradiesischen Existenz (Gen 3,23 f); das Blut aber ist nach biblischer Tradition das Sühnemittel, das die durch die Sünde gestörte Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch restituiert (vgl. Lev 17,11). Der Gegenssatz der Bilder könnte nicht größer sein! Wenn daher in der Todesnacht Jesu im Beisein des Engels Gottes und infolge seines stärkenden Eingreifens der Schweiß Jesu als Blut279 zur Erde fällt, so ist in dieser Wandlung „vom Tod zum Leben“ die Rücknahme der in Gen 3 über den Menschen verhängten Strafe der Gottesferne und Verstoßung aus dem Paradies abgebildet. Das Leben erwächst – dies ist der Sinn des Bildes – aus Jesu Tod und wird dem in Todesnot Betenden vom Engel als Stärkung zugeeignet. Christologisch weist die urgeschichtliche Verankerung des in Lk 22,43 f geschildertten Geschehens auf das Entsprechungsverhältnis zwischen altem und neuem Menschen: Jesus, der das einst über Adam verhängte, im Schweiß manifeste Todesurteil auf sich nimmt und den Tod erleidet, der dem Menschen gebührt, erscheint hier als der neue Adam, der die paradiesische Gottesgemeinschaft, die der alte Adam verwirkte, neu in Kraft setzt. Im Gesamtrahmen des Lukasevangeliums ist die Identifikation Jesu mit dem neuen Adam vorwweggenommen im Stammbaum Jesu (Lk 3,23–38), den Lukas, anders als Matthäus (Mt 1,1–17), auf Adam zurückführt. Schöpfung und Erlösung werden hier bereits am Anfang des Berichtes über Jesu Weg zum Kreuz zueinander ins Verhältnis gesetzt, was neben dem Paradiesesbezug der Kreuzigungserzählung (Lk 23,43) als gewichtiges Argument für die Ursprünglichkeit der hier besprochenen Szene gelten muß. Sie ist bildhafter Ausdruck der 277 Vgl. z. B. M. Dibelius, Gethsemane, in: M. Limbeck (Hg.), Redaktion und Theologie des Passionsberichtes nach den Synoptikern, WdF 481, Darmstadt 1981 (= The Crozer Quarterly 12 [1935], 254ff = M. Dibelius, Botschaft und Geschichte, Gesammelte Aufsätze, Bd. 1: Zur Evangelienforschung, hg. v. G. Bornkamm, Tübingen 1953, 258–271); Kuhn, op. cit., 90; G. Schneider, Engel und Blutschweiß (Lk 22,43–44). „Redaktionsgeschichte“ im Dienste der Textkritik, in: ders., Lukas, Theologe der Heilsgeschichte. Aufsätze zum lukanischen Doppelwerk, BBB 59, Bonn 1985, 157 (= BZ 20 [1976], 112–116). 278 S. o. S. 122–124. 279 Daß hier die Wendung ὡσεὶ θρόμβοι αἵματος auf eine Identifikation und nicht auf einen Vergleich von Schweiß und Blut zielt, erweist das einleitende ἐγένετο: „es wurde sein Schweiß wie Blutstropfen“, d. h.: was als Schweiß aus Jesu Körper austrat, sah aus wie Blut, hatte alle Merkmale des Blutes, war also im eigentliche Sinne Jesu Blut. Die Wahl der Vergleichspartikel ὡσεί hängt mit der Bedeutung des bei Jesu Tod vergossenen Blutes zusammen, das allein im eschatologischen Sinne sühnkräftig ist. Das ὡσεί in Lk 22,44 sichert die Erkenntnis, daß das, was beim Gebetskampf Jesu geschieht, kein Blutvergießen im Sinne der eschatologischen Blutausgießung (Lk 22,20) ist, obgleich es zeichenhaft auf sie vorausweist.
3. Die Gottesknechtschaft Jesu als Grundmotiv der Passionsgeschichte
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soteriologischen Erkenntnis, daß Jesu Blut das Lebenszeichen der neuen Kreatur ist, die durch den Sühnetod des neuen Adam der ungebrochenen Gottesgemeinschaft, und d. h. des Paradieses, auf immer teilhaftig wird und das Todeszeichen des Schweißes, das Zeicchen menschlich-sündiger Kreatürlichkeit, verliert.280 Daß in der Todesstunde Jesu dem reuigen Schächer der Eintritt in das Paradies verheißen wird, entspricht dem in Lk 22,39– 46 konstituierten heilsgeschichtlichen Begründungszusammenhang. Die Aufnahme der Paradiesestradition in der Gesamterzählung Lk 22,39–46 betrifft aber nicht nur Adam, sondern auch die Schlange, die nach Gen 3 den Menschen zur Abkehr von Gottes Gebot verführt. Auf ihre Gegenwart weist im Rahmen der Erzählung die von Lukas so pointiert hervorgehobene Tatsache, daß die Jünger bei dem, was hier geschieht, der Gefahr der Versuchung (ὁ πειρασμός: V. 40.46) ausgesetzt sind, der im Gebet standzuhhalten sie von Jesus aufgefordert werden.281 Unter Versuchung aber, das zeigt das unmitttelbar vorangehende Jüngergespräch, versteht Lukas stets die Gefährdung des Menschen durch Satan (Lk 22,28.31) bzw. den Teufel (Lk 4,1–13). Ihn setzt die Tradition gleich mit der Schlange (z. B. SapSal 2,23 f; vgl. auch Jes 27,1), die den Menschen von seiner Erschafffung an von seinem Schöpfer abzuwenden sucht (Gen 3). Der enge Stichwortanschluß an das Jüngergespräch verlangt, das dort von Jesus zum Thema „Versuchung“ Gesagte als Vorbereitung dessen zu verstehen, was auf dem Ölberg geschieht. Bedeutung für die Auslegung der „Gethsemane“erzählung gewinnt dabei vor allem dies, daß Jesus das Verssuchtwerden der Jünger auf das engste mit seiner Person verknüpft, und zwar nicht nur im Sinne des Anstoßes, den sein Todesgeschick für den Glauben des Menschen bedeuttet, sondern auch in der Weise, daß er sich als ein Mensch offenbart, der wie sie den satannischen Versuchungen ausgesetzt ist (οἱ πειρασμοί μου: Lk 22,28). Daher kann Jesus die Jünger, deren Ringen mit Satan er im Gebet begleitet (Lk 22,32), ihrerseits als Begleiter in seinen Versuchungen ansprechen, als diejenigen, die bei ihm ausharren, wenn Satan auf den Plan tritt (Lk 22,28). Von einem solchen Beharren war im Lukasevangelium bis zu diesem Punkt explizit nicht die Rede; es wird aber in der „Gethsemane“perikope eigens zum Thema erhoben. Denn Jesu Aufforderung an die Jünger, Gott um die Bewahrung vor der Versuchung zu bitten (V. 40.46), erweist sich im Fortgang der Perikope als Selbstauffforderung, da Jesus inbrünstig zu beten beginnt und um den Kelch ringt, der ihm bereittet ist (V. 41 f). Hier wird deutlich, worum Jesus betet: Er betet um Bewahrung vor dem, was ihm beim ersten Versuchtwerden als größte der Versuchungen erscheinen mußte (Lk 4,9–12) und was unter dem Kreuz in dreifacher Steigerung nochmals als Versuchung an ihn herangetragen wird (Lk 23,35.37.39), er betet um Bewahrung vor dem Verlangen, sich dem Tode zu entziehen. Die Agonie ist das äußerliche Zeichen des innerlichen Ringens mit Satan und der ihm von der „Schlange“ eröffneten Möglichkeit, den Kelch des Todes an sich vorübergehen zu lassen (V. 42). Der Gebetskampf auf dem Ölberg ist für Lukas, daran besteht kein Zweifel, eine zweite Versuchungserzählung. Satan, der nach der Versuchung in der Wüste von Jesus abgelasssen hatte ἄχρι καιροῦ (Lk 4,13), ist, seit er Besitz von Judas genommen hat (Lk 22,3), auf dem Plan und versucht, Gottes Heilswerk durch die Abwendung des Sohnes vom Vater 280 Ausführlich zur Paradiesesvorstellung des Lukas und den ihr zugehörigen Traditionen o. S. 105–108.148 f und u. S. 219–221. 281 Das Motiv wird, ganz anders als bei Markus (Mk 14,38), bewußt zum Rahmenmotiv erhobben, was nicht anders zu verstehen ist, als daß die von der doppelten Warnung vor der Versuchung umschlossene Erzähleinheit das vorgegebene Thema aufnimmt und ausgestaltet.
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I. Der Tod des Knechts
zum Scheitern zu bringen. Die Versuchung Satans zielt auf die Aufhebung des Gehorssams dessen, den Gott zur Erlösung des Menschen bestimmt hat, und damit auf die Aufhhebung der Sendung Jesu in den Tod. Eine letzte Steigerung erfährt dieser Angriff Satans in Jesu Todesstunde, wo im dreifachen Spott der Verächter Jesu nochmals die Aufforderrung erklingt, sich dem sicheren Tod zu entziehen (Lk 23,35.37.39). Das Spezifikum der auf dem Ölberg stattfindenden, zweiten Versuchung aber ist, daß sich in ihr nicht, wie in Lk 4,1–13, Israels Versuchung in der Wüste wiederholt, sondern die „Ur“versuchung, die Verssuchung des Menschen durch die Schlange, die den Menschen, da er ihr erlag, dem Todessschicksal überlieferte. An dieses Schicksal gemahnt den Menschen täglich der Schweiß, den auf dem Angesicht er sein Leben fristen muß, bis er, vom Staube genommen, wieder zum Staub wird (Gen 3,19). Daß Gott auf dem Ölberg Jesu Gebetsbitte erhört und ihn vor der Versuchung bewahrt, den Kelch an sich vorübergehen zu lassen, zeigt die im Beisein des Engels sich vollziehende Wandlung von Schweiß zu Blut. Mit ihr ist ausdrücklich Bezug genommen auf die voranstehende Abendmahlserzählung, da die Blutstropfen, die von Jesu Angesicht zur Erde fallen, zum Sinnbild des Erlösungsgeschehens werden und vorwegnehmmen, was am Kreuz zur Realität wird: die Entmachtung Satans durch die Ausschüttung des Blutes Jesu (Lk 22,20). Die motivische Verknüpfung der „Gethsemane“- mit der Abendmmahlsperikope ist also eine doppelte und kann bei der Interpretation von Lk 22,43 f nicht außer Acht gelassen werden. Die Verse Lk 22,43 f textkritisch aus dem Ganzen des Lukas evangeliums entfernen, hieße daher einen Sinnzusammenhang zerstören, der Anfang und Ende des Kreuzesweges Jesu im Lukasevangelium verbindet. Wollte man dennoch an der textkritischen Ausscheidung der genannten Verse festhalten, so wäre man dennoch nicht davon entbunden, die enge erzählerische Verknüpfung zu erklären, die Lukas zwischen den genannten Erzählungen durch das Versuchungsmotiv schafft (22,28.31.40.46). Festzuhalten bleibt: der Bezug der Perikope Lk 22,39–46 zur Sündenfallerzählung der Genesis und damit zum Ur-Text, in welchem die Sündenverfallenheit des Menschen in einzigartiger Weise phänomenologisch durchdrungen und anthropologisch fixiert wird, weist hin auf das grundsätzliche theologische Problem der Befreiung des Menschen von der ihm innewohnenden Macht der Sünde, und d. h. im Bild des vergossenen Blutes Jesu: das Problem der Entsühnung des Menschen als Voraussetzung für den Wiedereintritt in den heiligen Raum Gottes, das Paradies des Schöpfungsberichts. Wie eng dabei Lukas diesen Akt der Neuschöpfung des Menschen mit der beim Abendmahl gegebenen Deutung des Todes Jesu verknüpft, zeigt zum einen das Wort vom Kelch in V. 42, das allerdings auch Markus und Matthäus überliefern (Mk 14,36; Mt 26,39), das zeigt zum anderen die im Schweißmotiv liegende Anspielung auf das Brot des Menschen und damit auf das zweite Abendmahlselement. Denn im Gerichtswort Gen 3,19 wird der Brotgenuß als Akt kreatürllicher Lebenserhaltung ins Zentrum der über den Menschen verhängten Strafe gerückt: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen.“ Dieses Wort erfährt beim Abendmmahl seine eschatologische Aufhebung durch die Gabe des Brotes mit den Worten „Dies ist mein Leib, für euch gegeben“ (Lk 22,19). Die Brotdarreichung zielt nach dem Zeugnnis des Lukasevangeliums auf die Neuschöpfung des Menschen. Daß der Mensch bei der Abendmahlsfeier das Brot bricht (vgl. Apg 2,42), symbolisiert von nun an das Sein des Menschen außerhalb der Sünde, d. h. sein durch Jesu Blut gewirktes Versöhntsein mit sich selbst und mit Gott durch den in Jesu Blut gestifteten Bund. So wird das Geschehen auf dem Ölberg in der Todes- und Passanacht für Lukas zur Verheißung des in der Ausschütttung des Blutes Jesu sich vollziehenden Zum-Leben-Kommens des Menschen und seiner
3. Die Gottesknechtschaft Jesu als Grundmotiv der Passionsgeschichte
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Integration in den neuen Bund, den Jesus mit der Erhebung des Kelchs beim Abendmahl proleptisch in Kraft setzt.282 Daß für Lukas Jesu Blut das Sühnemittel ist, kraft dessen der Mensch zur Lebensgemmeinschaft mit Gott befreit wird, kann auf dem Hintergrund von Lk 22,39–46 ebensowennig zweifelhaft sein wie sein inklusives Verständnis der durch das Kreuz gestifteten Sühne: Im Tod des neuen Adam stirbt der alte Adam.283 Deutlicher als bei den anderen Synoptikkern erscheint bei Lukas Jesu Stellvertretungstod als ein den Menschen einschließendes Geschehen: Der Mensch gelangt zu Gott und damit zum Leben durch das Todesgericht hindurch.284 Diese Erkenntnis setzt die Erzählung von Jesu Gebetskampf auf dem Ölberg in einer Dramatik ins Bild, die veranschaulicht, wie verzweifelt ernst die Situation ist, in welcher der Mensch sich befindet. Aus ihr zu entkommen kann nur im Tode geschehen. Was dabei die lukanische „Gethsemane“erzählung heraushebt, ist die Weite, in welcher das Geschehen sühnender Stellvertretung reflektiert wird, da es Schöpfung und Geschichte im Ganzen umgreift. Im Mit-Sterben und Mit-Auferstehen des alten mit dem neuen Adam kommt die Schöpfung zu ihrem Ziel und endet die Geschichte des Menschen dort, wo sie begann: in der Gottesgemeinschaft des Paradieses. Die Verse Lk 22,43–44 sind so fest in der lukanischen Reich-Gottes-Konzeption verankert, deren integraler Bestandteil die Paradiesesvorstellung ist,285 daß aus inhaltlichen Gründen ihre Originalität nicht in Zweiffel gezogen werden kann, zumal ihre spätere Streichung leicht zu erklären ist als Reaktion auf die falsch verstandene Drastik des Bildes. Man sollte daher die textkritische Tilgung von Lk 22,43 f nicht vorschnell vollziehen.286 Aber selbst wenn die fraglichen Verse nur die Linien ausziehen, die der Evangelist vorgezeichnet hat, bestätigen sie die sühnetheollogische Ausrichtung des Evangeliums, dessen traditionsgeschichtliche Verankerung in Jes 53 der Fixpunkt der Interpretation bleibt und die Grundlage für ein sachgemäßes Versständnis von Jesu Tod und Auferstehung im Lukasevangelium bildet.
Was die lukanische „Gethsemane“erzählung zu einer Gottesknechtserzählung macht, ist – abgesehen von ihrem Bezug zum Abendmahlsgeschehen, in welcchem die Gottesknechtsexistenz Jesu ihre tiefste Deutung erfährt – das Motiv der Stärkung Jesu durch den Engel Gottes beim Antritt des Weges in den Tod. Sie erinnnert zum einen an die Stärkung Elias auf seinem Weg zum Horeb bzw. zum Sinai und ist damit ein weiteres Indiz für die Bedeutung des Sinaibundes für das Versständnis der lukanischen Passionsgeschichte. Denn indem sich vor Elia der Gott vom Sinai offenbart, wird Elia als prophetischer Repräsentant zum Amtsnachfolg282
Dazu ausführlich o. S. 120–135. J. Neyrey, The Passion According to Luke. A Redaction Study of Luke’s Soteriology, Theological Inquiries. Studies in Contemporary Biblical and Theological Problems, New York – Ramsey – Toronto 1985, 60–62, der allerdings seine Erkenntnis, daß die lukanisschen Verse auf dem Hintergrund von Gen 3 gelesen werden müssen, nicht auf die Deutung des Blutmotivs anwendet. – Zur Schöpfungserzählung als Bezugspunkt der paulinischen An thropologie s. H. Lichtenberger, Das Ich Adams und das Ich der Menschheit. Studien zum Menschenbild in Römer 7, WUNT 164, Tübingen 2004. 284 Gese, Sühne, 104. 285 S. nochmals die in Anm. 280 genannten Stellen. 286 S. nochmals Duplacy, Histoire, 385. 283 Ähnlich
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I. Der Tod des Knechts
ger des Mose erhoben und damit zum Mittler der Gottesoffenbarung an Israel.287 Gleichzeitig erscheint Elia hier, da er den Weg durch die Wüste zum Sinai als ein von seinem Volk Verworfener und Geschmähter antritt (1. Kön 19,3 f.10.14), als Urbild des Gottesknechts, der seine Sendung zu Israel im Leiden erfüllt. Damit korrespondiert in Jes 49,1–6 – dies ist der zweite Traditionsbezug – die Stärkung des Gottesknechts durch Gott. Diese Stärkung ist nötig, weil derjenige, der eigentllich von Gott als Waffe zur Durchsetzung des göttlichen Rechts in aller Welt auseersehen ist und dessen Wort das Schwert ist, das Gottes Widersacher richtet (Jes 49,2; vgl. nochmals Lk 22,36 f), wie einst Elia an seinem Auftrag zu verzweiffeln beginnt und klagt, daß er vergeblich arbeite und seine Kraft umsonst verzzehre (Jes 49,4). In seinem Ringen um den Sinn seiner Sendung erfährt der angeffochtene Knecht den göttlichen Zuspruch, der ihn bekennen läßt: „Gott ist meine Stärke!“ (וֵאֹלהַ י הָ יָה עֻ זִּ י: Jes 49,5; LXX: ὁ θεός μου ἔσται μου ἰσχύς; Lk 22,43: ἄγγελος ... ἐνισχύων αὐτόν). Und wie in Jes 49 angesichts der Vollendung des göttlichen Werkes der individuelle Rückblick auf den Eintritt des Knechts ins Leben die Erkenntnis der göttlichen Sendung sichert (Jes 49,1), so öffnet auch in Lk 22,39–46 das Innehalten des Knechts vor der Vollendung seiner Sendung in die Welt den Blick in die Vergangenheit, nun allerdings nicht im individuellen, sonddern im schöpfungstheologisch universellen Sinne, da in Jesus der Weg Adams in die Welt und in der Welt bei Gott selbst sein Ende findet. Nicht unmittelbar in den Kreis der Gottesknechtsanspielungen hinein gehört zum Schluß der Text Jes 54,1–10, auf den sich vor der Kreuzigung Jesu Wort an die klagenden Frauen bezieht, die den Weg zur Richtstätte säumen (Lk 23,28–31). Aber es ist doch auffällig, daß mit diesem Text gerade diejenige Verheißung in das Passionsgeschehen integriert wird, die im Kontext des Jesajabuches unmittelbar an das vierte Gottesknechtslied anschließt (vgl. Jes 54,1.10). In ihr wird das über Zion verhängte Gericht – bei Lukas das Gericht über die gottabgewandte Welt, die den Gottessohn ausgerechnet auf dem Zion dem Fluchtod am Holz preisgibt – zum Ausgangspunkt einer universellen Heilsansage, die in die Verheißung des ewigen Friedensbundes zwischen Gott und Mensch mündet (Jes 54,8–10). Mit der Bundesansage, die als Heilsproklamation Jesu bereits das Abendmmahlsgeschehen krönte (Lk 22,20), schließt sich der Kreis der in der lukanisschen Passionsgeschichte verarbeiteten jesajanischen Traditionsbezüge. Sie weissen theologisch alle in eine Richtung: Da Jesus seine Sendung auf Erden als der von Jesaja verheißene Gottesknecht erfüllt, wird sein schmachvoller Tod in der Zionsstadt Jerusalem als das den Menschen auf immer vom Fluch der Sünde erlösende Geschehen verstehbar. Es wird verstehbar als das Ereignis, in welcchem Gott sich unlösbar mit dem Menschen verbindet, um ihm, als neuer Kreat287
Dazu Mittmann-Richert, Erinnerung 247–249.
4. Das Quellenproblem
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tur, Anteil zu geben am göttlichen Leben und an der Herrschaft des Knechts, der ihn durch sein Leiden erlöst hat. Wer wollte Lukas noch einer reduzierten Soterriologie bezichtigen? Da man es aber ungebrochen tut, muß auch der mögliche Einwand der Lukaskkritiker gehört werden: Vielleicht weiß ja der Evangelist gar nichts von der Tiefggründigkeit seiner Texte und den so feinsinnig gezogenen Linien im Hintergrund seiner Erzählung! Gerade weil es fast durchgängig das lukanische Sondergut ist, das theologisch in der genannten Weise geprägt ist, stellt sich die Frage der Quelllen und ihrer Verarbeitung durch Lukas mit zunehmender Dringlichkeit. Ihren adäquaten Ansatzpunkt fndet die Quellenanalyse, nachdem die Passionserzähllung als Gesamtkomposition erschlossen ist, in der alle Erzählteile verbindenden jesajanischen Tradition, deren spezifische Rezeption Aufschluß über den literarisschen Entstehungsprozeß des lukanischen Textes verspricht.
4. Das Quellenproblem Als theologisch gestaltender Erzähler der lukanischen Passionsgeschichte ist bisllang allein der Verfasser des Lukasevangeliums in den Vordergrund getreten, als sei es selbstverständlich, daß die Stilisierung des Gekreuzigten als des zur Entsühnnung der Menschheit, Juden wie Heiden, gesandten Gottesknechts sein Werk sei. Das erweckte den Anschein, als sei die Frage nach den Quellen des Evangelisten vollständig ausgeblendet und als irrelevant beiseite geschoben. Eine Vernachlässsigung des Quellenproblems hätte gewiß den Vorwurf der Einseitigkeit und manggelnden Problemwahrnehmung verdient, da forschungsgeschichtlich die Herkunft der Erzählstoffe der lukanischen Passionserzählung alles andere als geklärt und nach wie vor Gegenstand weitreichender Diskussionen ist.288 So muß auch die Möglichkeit bedacht werden, daß die theologische Programmatik der fraglichen Perikopen bereits Bestandteil der von Lukas verarbeiteten Überlieferung gewessen ist und der Evangelist die theologische Tendenz seiner Quellen – bewußt oder unbewußt – übernommen hat. In der Tat wird sich erweisen, daß die Deutung des Kreuzes im Licht der Gottesknechtschaft Jesu kein lukanisches Fündlein ist, sonddern ein dem Evangelisten vorgegebenes Interpretationsmuster. Gleichwohl zeigt die Stringenz, mit der nicht nur die Passionsgeschichte diesem Muster unterworfen wird, sondern das ganze Evangelium von der Geburt des Kindes bis zur Auferstehhung Jesu von den Toten – und dies gerade in redaktionell stark bearbeiteten Text288 S. die über 1000 Seiten umfassende Darstellung der Forschungsgeschichte von J. M. Harrington, The Lukas Passion Narrative. The Markan Material in Luke 22,54–23,25. A Historical Survey: 1891–1997, New Testament Tools and Studies 30, Leiden – Boston – Köln 2000.
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I. Der Tod des Knechts
ten –, daß der Evangelist in der ihm überkommenen Tradition die Antwort gefundden hat für die von ihm selbst in der Emmausperikope so drängend gestellte Frage nach dem Sinn des Leidens und Sterbens des Christus (Lk 24,19–21.26). Zur Verifizierung dieser Erkenntnis muß aber zunächst das in den voranstehendden Kapiteln bereits theologisch ausgewertete Textmaterial einer zweiten Durchssicht unterzogen werden, allerdings nicht in der üblichen Manier des quellenkrittischen Vergleichs mit dem Markusevangelium, der normalerweise die Grundlage aller Quellenrekonstruktion darstellt, sondern in einer sprachlichen Analyse der Gottesknechtsanspielungen. Dabei ist vor allem der Tatsache Rechnung zu tragen, daß die LXX beträchtliche Unterschiede zu der in diesem Bereich sehr einheitllichen hebräischen Überlieferung aufweist. Wenn es gelingt, einen eindeutigen sprachlichen Bezug der lukanischen Texte zu einer bestimmten Textform nachzuwweisen, so wäre damit nicht nur ein neues quellenkritisches Kriterium gewonnen, sondern mit ihm auch ein neuer Weg in die Überlieferungsgeschichte der lukannischen Passionserzählung. Er läßt differenziertere Erkenntnisse über die lukannischen Quellen erwarten, als sie auf der alleinigen Grundlage des synoptischen Textvergleichs zu erwarten waren, und erweitert das Verständnis der christologisschen Entwicklung in frühchristlicher Zeit.
4.1 Der dem lukanischen Bericht zugrunde liegende Text der Gottesknechtslieder Die Frage nach der Sprache und dem Wortlaut des Textes, den die lukanische Passsionserzählung rezipiert, wenn sie, im Rahmen der jesajanischen Endzeitprophettie, auf den Gottesknecht und sein Heilswerk anspielt, ist zunächst, da das Lukas evangelium griechisch verfaßt ist, die Frage nach den griechischen Übersetzungen des Jesajabuches. Diese sind schon deshalb in ihrer Vielgestalt in den Blick zu nehmen, weil bei einigen der in Kapitel I.1–3 genannten Gottesknechtsbezüge der lukanischen Passionsgeschichte die LXX als Textvorlage ausscheidet. Dies betrifft zunächst die Kennzeichnung Jesu als des Auserwählten (ὁ ἐκλεκτός: Lk 23,35) und Geistträgers (Lk 23,46) nach Jes 42,1, wo die LXX in der Designattion bzw. Präsentation des Knechts diesen als Ιακωβ identifiziert, wodurch der Begriff im kollektiven Sinne zum Ehrentitel für Israel wird. Auch wenn nach altttestamentlich-jüdischem Verständnis die Grenzen zwischen Individuum und Kolllektiv je und dann verschwimmen können, so muß doch in der Kreuzigungserzähllung wegen der in ihr so pointiert thematisierten Frage nach der messianischen Identität Jesu strikt unterschieden werden zwischen dem Repräsentanten Israels, dem „König der Juden“ (Lk 23,38.42), dessen Geistbegabung und Erwählung seine Knechtschaft begründen, und seinem Volk (Lk 23,35.48). Der Erzähler der Kreuzesgeschichte hat stets die mit einer Sendung beauftragte Person des Gott-
4. Das Quellenproblem
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tesknechts im Blick, deren individuelle Erwählung und Geistbegabung er nicht auf der Grundlage der LXX hervorheben konnte. Unabhängigkeit von der LXX zeigt auch die Zitation von Jes 53,12 in Lk 22,37: μετὰ ἀνόμων statt ἐν τοῖς ἀνόμοις ἐλογίσθη.289 Zwar könnte man hier im Blick auf die Herkunft der Formulierung vermuten, daß die Veränderrung des Wortlauts der LXX auf Gedächtniszitation des Evangelisten zurückggeht,290 aber die artikellose Satzbildung spricht eher gegen einen solchen Vorggang, zumal sie der undeterminierten Wendung im hebräischen Text entspricht: פּ ְשׁ ִעים נִ ְמנָה ֹ וְ אֶ ת־. Aus dem Kreis möglicher Anspielungen auf Jes 53 LXX ist schließlich noch der textkritisch umstrittene Vers Lk 23,34a auszuscheiden, dessen Ursprünglichkkeit im lukanischen Kontext sich als wahrscheinlich erwies.291 Denn in den motivvisch zugrunde liegenden Versen Jes 53,10 und 12 ersetzt die LXX nicht nur das Bild des bittend für die Frevler eintretenden Knechts (וְ לַ ֹפּ ְשׁ ִעים י ְַפגִּ י‐ע: Jes 53,12 MT)292 durch den Hinweis auf die Dahingabe des Knechts um der Sünden seines Volkes willen (διὰ τὰς ἁμαρτίας αὐτῶν παρεδόθη), sondern sie verändert auch die Bezüge, innerhalb derer vom Schuldopfer (אָ שָׁ ם: Jes 53,10 MT) als dem Opfer die Rede ist, das für unwissentlich begangene Sünden sühnt.293 So wird im griecchischen Text der Begriff theologisch nicht mit der Lebenshingabe des Knechts in Verbindung gebracht, sondern er bezeichnet das Opfer, das der nach Entsühnnung verlangende Mensch darbringen muß: ἐὰν δῶτε περὶ ἁμαρτίας, ἡ ψυχὴ ὑμῶν ὄψεται σπέρμα μακρόβιον.294 Da also an den genannten Stellen die LXX als Referenztext für die lukanische Passionserzählung ausscheidet, stellt sich die Frage nach dem möglichen Einfluß anderer griechischer Übersetzungen des Jesajabuches. Von Interesse ist hier insbbesondere der gemeinhin in das 1. Jh. v. Chr. datierte sogannte Kaige-Text des Jesajabuches,295 dessen Identifizierung mit den erhaltenen Theodotion-Fragmentten, wie sie Arie van der Kooij vornahm,296 bis heute nicht grundsätzlich in 289 Vgl. Schürmann, Jesu Abschiedsrede, 126–128; Joachim Jeremias, παῖς θεοῦ, 704 f; ders., Neutestamentliche Theologie. Erster Teil: Die Verkündigung Jesu, Gütersloh 1971, 279 f. 290 So z. B. T. Holtz, Untersuchungen über die alttestamentlichen Zitate bei Lukas, Berlin 1968, 41–43. 291 S. o. S. 98 f. 292 Zu פגעhif. in V. 12bβ s. Janowski, Stellvertretung, 73 mit Anm. 41; 83 Anm. 61; vgl. Hermisson, Gottesknechtslied, 9. 293 Zur kultischen Deutung des Begriffs s. o. S. 70–73. 294 Zum veränderten Text von Jes 53 in der LXX und seiner Bedeutung s. o. S. 78 f. 295 S. E. Tov, Der Text der Hebräischen Bibel. Handbuch der Textkritik, aus dem Englischen übers. v. H.‑J. Fabry u. a., 2. Aufl., Stuttgart – Berlin – Köln 1997, 121. 296 Die alten Textzeugen des Jesajabuches. Ein Beitrag zur Textgeschichte des Alten Testa ments, OBO 35, Freiburg, Schweiz – Göttingen 1981, 125–156.
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Frage gestellt wurde. Den Einfluß dieser LXX-Revision297 auf die neutestamentllichen Schriftsteller scheint 1. Kor 15,54 zu belegen, wo Paulus Jes 25,8 nach Jes Th zitiert298. Allerdings weicht der Kaige-Text gerade im Falle von Jes 53,12 noch deutlicher vom LXX-Text (καὶ ἐν τοῖς ἀνόμοις ἐλογίσθη) ab als Lk 22,37 (καὶ μετὰ ἀνόμων ἐλογίσθη), da er nicht von der fälschlichen Verurteilung des Gottesknechts als eines Frevlers redet, sondern davon, daß der Gottesknecht sich fernhält von den Gottlosen: καὶ τῶν ἀσεβῶν ἀπέσχετο.299 Es gibt demnach keinnen Anhalt für eine hinter Lk 22,37 stehende eigenständige griechische Textüberllieferung, und eine solche sollte man auch schon deshalb nicht vorschnell als Bezugstext für Lukas postulieren, weil der Evangelist bei anderen, umfangreicherren Zitaten aus dem Jesajabuch eindeutig der LXX folgt (Lk 4,18 f: Jes 61,1 f in Kombination mit Jes 58,6300; Apg 8,32 f: Jes 53,7 f; Apg 28,26 f: Jes 6,9 f). Man wird daher die griechische Zitation von Jes 53,12 in Lk 22,37 als direkte Übertraggung eines hebräischen Textes ins Griechische verstehen müssen und auch an den anderen Stellen, an welchen die LXX als Referenztext ausscheidet, vom Einfluß der hebräischen Texttradition ausgehen müssen. Dies gilt auch für die oben ausfführlich besprochene Anspielung auf Jes 53,10 in Lk 23,34a, für die schon aufggrund des fragmentarischen Charakters des Kaige-Theodotion-Textes, von dem nur fünf Worte erhalten sind (... ψυχὴ αὐτοῦ ... ἐν χειρὶ αὐτοῦ), keinerlei Ausssagen über seinen möglichen Einfluß auf Lukas gemacht werden können. Ist aber das Vergebungswort in der hebräischen Texttradition verankert, so läßt sich seine textkritische Ausscheidung aus dem Kontext schwerlich noch aufrechterhalten. Denn es kann, wie immer das Verhältnis des Lukas zu seinen sprachlich offenssichtlich vorgeprägten Überlieferungen zu bestimmen ist,301 als unwahrscheinlich 297 Die Diskussion über den Charakter des meist als Revision oder Rezension klassifizier ten Textes ist noch nicht abgeschlossen. Zur Kritik an der Vorstellung einer einheitlichen Revision bzw. Rezension der LXX s. R. T. McLay, Kaige and Septuagint Research, Textus 19 (1998),127–139; ders., The Use of the Septuagint in New Testament Research, Grand Rapids, Michigan – Cambridge, U. K. 2003, 127–129. 298 Van der Kooij, Textzeugen, 142 f mit Anm. 123; McLay, The Use of the Septuagint, 106. S. auch T. Hieke, „Er verschlingt den Tod für immer“ (Jes 25,8a). Eine unerfüllte Verheißung im Alten und Neuen Testament, BZ 50 (2006), 31–50, bes. 37–46 zur textgeschichtllichen Entwicklung und neutestamentlichen Rezeption der Stelle. 299 Zur Stelle J. Ziegler (Hg.), Isaias, Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum Auctorit a te Academiae Litterarum Gottingensis editum, Vol. XIV, 2., durchges. Aufl., Göttingen 1967, 323; vgl. van der Kooij, op. cit., 152. Eine Zusammenstellung des erhaltenen „Theodotion“-Textes von Jes 53 bietet mit Übersetzung K. F. Euler, Die Verkündigung vom leidenden Gottesknecht aus Jes 53 in der griechischen Bibel, Stuttgart – Berlin 1934, 36 f, der die Untersuchung des Textes allerdings noch von den Prämissen der älteren Textforschung her vollzieht. Zu Aquila und Symmachus s. Euler, op. cit., 29–36. Zu Targum und Peschitta s. H. Hegermann, Jesaja 53 in Hexapla, Targum und Peschitta, Beiträge zur Förderung christlicher Theologie, 2. Reihe 56, Gütersloh 1954, 66–108.115–128 mit Synopse der Texte im Anhang. 300 Dazu ausführlich u. S. 280–282. 301 S. Kapitel I. 4.3.
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gelten, daß eine spätere Bearbeitung des griechischen Lukastextes auf der Grundllage der hebräischen Textüberlieferung erfolgte. Auch sie ist hier noch kurz in den Blick zu nehmen, wobei eine ausführliche textgeschichtliche Betrachtung unterbleiben kann, weil bei den Gottesknechtslliedern das Bild erfreulich einheitlich ist. Die hier als Vergleichstexte zur Verffügung stehenden Textformen, der MT und die Jesajahandschriften aus Qumran (1QIsaa302; 1QIsab [1Q8]303; 4QIsaa–o [4Q55–68]; 4QpapIsap [4Q69]; 4QIsaq–r [4Q69a.69b]304), weisen, sofern sie die hier zur Debatte stehenden Texte bezeuggen, nur geringe Unterschiede auf, deren keiner für die Frage des von Lukas oder seinen Quellen rezipierten Jesajatextes Berücksichtigung finden muß,305 wie überhhaupt beim Jesajabuch die Überlieferung des hebräischen Textes von großer Konsstanz ist306. Es mag daher auch im Folgenden genügen, bei Abweichungen vom Text der LXX ganz allgemein auf eine hebräische Vorlage hinzuweisen und im einzelnen den MT zugrunde zu legen. Überlieferungsgeschichtlich abzukoppeln sind in diesem Zusammenhang die Einsetzungsworte Lk 22,19 f, da sie ein Traditionsstück eigener Prägung und Provenienz darstellen. Im Blick auf die sprachliche Problematik sei allerdings daran erinnert, daß, wie an den in diesem Kapitel besprochenen Stellen der lukanisschen Passionsgeschichte, auch im Kelchwort die Adaption von Jes 53 unabhängig von der LXX erfolgt ist. Dies zeigte sich in der Verbindung der Traditionsbezüge, d. h. der Verbindung des jesajanischen Bildes von der „Ausgießung des Lebens“ 302 Eine kritische Edition des Textes in der Reihe „Discoveries in the Judaean Desert“ steht noch aus. Vorläufige Editionen: M. Burrows (Hg.), The Dead Sea Scrolls of St. Mark’s Monastery, Vol. 1: The Isaiah Manuscript and the Habakkuk Commentary, with the assistance of J. C. Trever and W. H. Brownlee, New Haven 1951; F. M. Cross – D. N. Freedman – J. A. Sanders (Hg.), Scrolls from Qumrân Cave I. The Great Isaiah Scroll, The Order of the Community, The Pesher to Habakkuk, Jerusalem 1972, 13–123; D. W. Parry – E. Qimron, The Great Isaiah Scroll (1QIsaa). A New Edition, Studies on the texts of the desert of Judah, Vol. 32, Leiden 1999. 303 D. Barthélemy – J. T. Milik (Hg.), Qumran Cave 1, DJD I, Oxford 1955, 66–68. 304 P. W. Skehan – E. Ulrich (Hg.), Isaiah, DJD XV, Oxford 1997, 7–143. – Zu vernach lässigen sind aufgrund ihres äußerst fragmentarischen Charakters 5QJes (5Q3; M. Baillet [Hg.], Les „Petites Grottes“ de Qumrân, DJD III/1, Oxford 1962, 173), und MurIsa (Mur 3; J. T. Milik [Hg.], Les grottes de Murabbaʿât, DJD II/1, Oxford 1961, 79 f). 305 Vgl. die Liste der Abweichungen bei F. J. Morrow, Jr., The Text of Isaiah at Qumran. A Dissertation Submitted to the Faculty of the Graduate School of Arts and Sciences of the Catholic University of America (1973). Authorized facsimile, published by UMI, Ann Arbor, Michigan 1988, 115–117.141–144. Vgl. van der Kooij, Textzeugen, 112–124. 306 Auch wenn einige der Handschriften einen eigenständigen Texttyp repräsentieren, können die meisten als protomasoretisch oder dem protomasoretischen Text nahestehend klassifiziert werden (Prof. Armin Lange mündlich). Zur Textgeschichte s. van der Kooij, op. cit., 15–220, der allerdings nur 1QIsaa und 1QIsab berücksichtigt. Dabei weist der Autor wiederholt darauf hin, daß die Tradierung des Jesajabuches sich ausnahmslos auf der Grundlage eines unverderbtten, „genauen“ bzw. „archaischen“ Texttyps vollzog (op. cit., 112.142 u. ö.).
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(הֶ ע ֱָרה לַ מָּ וֶת נ ְַפשׁוֹ: Jes 53,12) mit dem Bundesopfer von Ex 24,6–8. Denn sie setzt die Möglichkeit des kultischen Verständnisses des im vierten Gottesknechtslied geschildderten Geschehens voraus, wie sie nur der hebräische Text erlaubt, da die LXX den Tod des Knechts in Jes 53,10 und 12 seiner Opferbezüge vollständig entkleidet.307 Aber auch abgesehen von den Einsetzungsworten ist angesichts der andersarttigen theologischen Tendenz der LXX gerade in denjenigen Passagen von Jes 53, die für die lukanische Passionserzählung bedeutsam sind, die Verankerung dersselben in der hebräischen Texttradition ein deutliches Indiz für einen im hebräiisch-aramäischen Sprachbereich sich vollziehenden Prozeß der Traditionsausbilddung und -neubildung. Dabei wurden Erzählstoffe, die vom Leiden und Sterben Jesu handelten, literarisch systematisch von Jes 53 her überformt. Im Zuge dieser Überformung erhielten die – von den urchristlichen Rezipienten klar erkannten – Opferbezüge des jesajanischen Textes308 eine besondere Relevanz für die erzähllerische Deutung des Kreuzesgeschehens. Auch und gerade bei Lukas ist daher die Opfervorstellung eine interpretatorisch bestimmende Kategorie. Die bisher behandelten Beispiele waren sämtlich dem lukanischen Sondergut zuzurechnen. Interessanterweise aber erfüllt die auch von Markus überlieferte Erzählung von Jesu Grablegung (Lk 23,50–56 par. Mk 15,42–47) den nämlichen Tatbestand, daß sie stofflich nur vom hebräischen Jesajatext her zu verstehen ist. Denn im Gegensatz zu Jes 53,9 MT, wo der Gottesknecht im Tod sein Grab „beim Reichen“ findet,309 spricht die LXX von der göttlichen Verwerfung der Reichen als Preis für310 den Tod des Gottesknechts und scheidet damit als mögliche Schriftggrundlage für die Deutung der Grablegung Jesu aus. So ist als vorläufiges Ergebnis festzuhalten, daß die Ausformung einer Passsionserzählung, die Jesu Weg zum Kreuz literarisch als den durch Jes 53 vorggezeichneten Weg des Gottesknechts ins Leiden stilisierte, ihre Textgrundlage zunächst im hebräischen Wortlaut des vierten Gottesknechtsliedes fand.311 Dabei ist zu bedenken – zumal, wenn man die Grablegungsszene Lk 23,50–56 par. Mk 15,42–47 als Erfüllungsbild für Jes 53,9 gelten läßt –, daß diese von Jes 53 theollogisch geprägte Passionsüberlieferung ihre Spuren auch in der markinischen Passsionsgeschichte hinterlassen hat312 und also literarisch nicht direkt mit Lukas in Verbindung zu bringen ist.313 307
Dazu ausführlich o. S. 78 f. Zur urchristlichen Deutung von Jes 53 ausführlich Einführung 2.1. 309 Zur positiven Umdeutung des ursprünglich negativen Bildes s. o. S. 180 mit Anm. 272. 310 Vgl. Liddell-Scott, 153 s. v. ἀντί. 311 Die ursprünglich aramäische Abfassung der Kreuzigungserzählung versucht J. M. Garcia Pérez, El relato del Buen Ladrón (Lc 23,39–43), EstB 44 (1986), 263–304, zu erweisen. 312 Die Bezüge zu Jes 53 im markinischen Passionsbericht sind ausführlich behandelt bei Maurer, Knecht Gottes. 313 Mit der Identifikation einer semitischen Textvorlage fällt die ohne sprachliche Prüfung 308
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Den Befund einer von der LXX zunächst unabhängigen Verarbeitung jesajannischer Tradition bestätigt ein Blick auf das textliche Umfeld der Gottesknechtsaanspielungen innerhalb der lukanischen Passionsgeschichte. Aus ihnen ragt Jes 24–27 als interpretatorisch hochbedeutsamer Textkomplex heraus, der die Darsstellung des letzten Mahles Jesu mit seinen Jüngern im Lukasevangelium ebenso beeinflußt hat wie die Schilderung der Kreuzigung Jesu.314 Dabei sei noch einmmal an die von der Lukasexegese stets vernachlässigte Stelle Lk 23,45 erinnert, wo über Markus hinausgehend vom Verlöschen der Sonne zur Todesstunde Jesu erzählt wird. Die in der Bezugsstelle Jes 24,23 mit dem schamvollen Vergehen der Sonne (und des Mondes) verbundene Vorstellung vom Beginn des Königttums Gottes auf Erden, dessen Herrlichkeit (כָּ בוֹד, griech. δόξα) den Lichtglanz der Gestirne überstrahlt und überflüssig macht, wird überraschenderweise in der LXX umformuliert zu einer Ankündigung des Sturzes von Steinen und Mauern beim Herrschaftsantritt Gottes. Allerdings bleibt an der zweiten Bezugsstelle Jes 60,19, wo ebenfalls darauf angespielt wird, daß am Tag der Errichtung der Königshherrschaft Gottes auf Erden das Licht von Sonne und Mond dem Doxalicht Gotttes weichen muß, das Bild in der LXX-Übertragung erhalten. Das gleiche gilt für die Weissagung Jes 60,1 f, die im nämlichen Zusammenhang das Paradoxon des Nebeneinanders von Finsternis und göttlichem Doxalicht auflöst. Sie behält im LXX-Kontext ihre theologische Ausrichtung. Dennoch verliert durch diesen Tatbestand das Wort Lk 23,45 als quellenkritisches Indiz nicht sein Gewicht, da die ihm zugrunde liegende jesajanische Sentenz, abgesehen von der Lichtmotivvik, ihre theologische Bedeutung und traditionsbildende Kraft auch innerhalb der Abendmahlsperikope erweist, und zwar unabhänging von Jes 60,1 f.19. Hier bilddet sie gemeinsam mit anderen Traditionen, die das Bundes- und Mahlgeschehen in Israel heilsgeschichtlich rezipieren, den Deutungshintergrund des eucharistisschen Geschehens, man könnte auch sagen: den Goldgrund, auf dem allein das Kreuz als eschatologisches Heilszeichen erkannt werden kann. In diesen Zusammenhang gehört schließlich auch die Sentenz von der im Völkkermahl auf dem Zion gefeierten Vernichtung des Todes Jes 25,8, eine Weissaggung, deren Bedeutung für die lukanische Passionserzählung erwiesen wurde,315 des Sachverhalts von Röhser, Stellvertretung, 64, getroffene Feststellung dahin, daß „für die Frage nach der Herkunft der Vorstellung [vom stellvertretenden Sühneleiden Christi] im Neuen Testament ... die griechische, die sog. Septuaginta(LXX)-Fassung“ von Jes 53 maßgebend sei, deren Tendenz in der Zurückdrängung des Stellvertretungsgedankens liege (op. cit., 65). Jes 53 könne daher nicht, so der Autor, als entscheidender „Impulsgeber zur christlichen Deutung des Todes Jesu als stellvertretende Sühne“ gelten, eine Schlußfolgerung, der auch schon deshalb zu widersprechen ist, weil sie den Prozeß der christlichen Traditionsbildung und der christologisschen Entwicklung allein im griechischsprachigen Bereich ansiedelt. 314 S. nochmals o. S. 105–108.139–143.148 f. 315 S. o. S. 140.
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die aber in der LXX einen völlig anderen Sinn erhalten hat (κατέπιεν ὁ θάνατος ἰσχύσας).316 Da allerdings, wie oben bereits erwähnt,317 in diesem speziellen Falle Paulus die Existenz einer griechischen Übersetzung bezeugt, die dem hebräischen Wortlaut entspricht, sollten die sprachlichen Alternativen nicht im Sinne eines exklusiven „Entweder-Oder“ betrachtet werden. Festzuhalten bleibt aber auch hier, daß die charakteristische Ausformung der lukanischen Passionstradition sich nicht auf der Grundlage der LXX vollzog.318 Blickt man nach diesem sprachlichen Durchgang noch einmal auf das gesamte jesajanische Bezugsgeflecht im Hintergrund der lukanischen Passionsgeschichte, so tritt, historisch gesehen, ein quellenkritisch grundlegender Tatbestand hervor, von dem künftig nicht mehr abgesehen werden sollte, nämlich die nicht im griecchischen, sondern im hebräisch-aramäischen Sprachbereich vollzogene und auf den hebräischen Jesajatext gegründete Deutung des Kreuzes im Lichte der Gotttesknechtschaft Jesu nach Jes 53. Mit dieser Erkenntnis, die nicht, wie sonst, aus der sprachlichen Analyse der Erzählung selbst, sondern aus der Analyse des Traditionsmaterials gewonnen wurde, das der Erzählung zugrunde liegt und sie theologisch bestimmt, ist ein Streitfall der Quellenforschung entschieden: die literarische Abhängigkeit der lukanischen Passionserzählung von Sonderüberliefferungen. Der Streitfall konnte so lange nur deshalb nicht ad acta gelegt werden, weil die meisten Versuche der Quellenrekonstruktion bei der sprachlichen Charrakterisierung und Rekonstruktion der sog. lukanischen „hebraisierenden“ Sondderquelle319 stehenblieben320 und keinen Aufschluß über das besondere christollogische Profil der Quelle gaben.321 Da nun aber ein inhaltlich geschlossener und 316 Dazu Hieke, „Er verschlingt den Tod für immer“ (Jes 25,8a), 38 f mit Anm. 39. Vgl. die Auslegung des LXX-Textes durch D.‑A. Koch, Die Schrift als Zeuge des Evangeliums. Untersuchungen zur Verwendung und zum Verständnis der Schrift bei Paulus, BHTh 69, Tü bingen 1986, 61. 317 S. 190. 318 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Untersuchung zum Quellencharakter der alttesstamentlichen Zitate in der Apostelgeschichte von G. J. Steyn, Septuagint Quotations in the Context of the Petrine and Pauline Speeches of the Acta Apostolorum, Contributions to Biblical Exegesis and Theology 12, Kampen 1995, bes. die Zusammenfassung 230–232, wo der Autor zu dem Ergebnis kommt, daß die griechische Textvorlage des Lukas – trotz ihrer Nähe zu den erhaltenen LXX-Handschriften – dem hebräischen Text näher stand als diese. 319 So v. a. die ältere Forschung; s. z. B. E. Schweizer, Eine hebraisierende Sonderquelle des Lukas?, ThZ 6 (1950), 161–185; F. Rehkopf, Die lukanische Sonderquelle. Ihr Umfang und Sprachgebrauch, Tübingen 1959. 320 Vgl. auch Joachim Jeremias, Perikopen-Umstellungen bei Lukas, NTS 4 (1957/8), 115–119, der die Sonderquelle des Lukas allein aus der Art der Quellenverarbeitung im übriggen Evangelium erschließt. 321 Eine einfache „Servant-Christology“ meint allerdings Taylor, Passion Narrative, 137– 140, als das theologische Profil der lukanischen Passionsquelle erheben zu können, die er im Wortlaut rekonstruiert. Die sühnetheologische Ausrichtung dieser Quelle, so der Autor, habe sich Lukas selbst nicht zu eigen gemacht (op. cit., 139). Vgl. ders., The Narrative of
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sprachlich klassifizierbarer Traditionszusammenhang als literarische Grundlage des lukanischen Passionsberichtes ans Licht getreten ist, wird man schwerlich noch behaupten können, daß die lukanische Passionserzählung literarisch allein im Markusbericht gründe.322 Nun scheint aber die Tatsache, daß Lukas in seiner Passionserzählung Tradittionen verarbeitet hat, deren Bezüge zum hebräischen Text des vierten Gotteskknechtsliedes er nach allgemeiner Überzeugung gar nicht verifizieren konnte, dem in den voranstehenden Kapiteln entworfenen Bild vom Evangelisten zu widerssprechen. Und in der Tat wirft der Befund im Hinblick auf die Soteriologie des Lukas zunächst mehr Fragen auf, als er beantwortet. Denn wenn die feinsinnige soteriologische Stilisierung der Erzählung das Werk des Lukas wäre, müßte man die Kenntnis der hebräischen Sprache oder zumindest eine anderweitig vermitttelte Kenntnis der hebräischen Schriften beim Autor voraussetzen, dessen kulturell „rein“ griechische Herkunft den meisten Exegeten als erwiesen gilt. Bevor allerddings Lukas selbst in den Blick kommen und sein Umgang mit den ihm zuhandennen Überlieferungen untersucht werden kann, müssen die historischen und theollogischen Voraussetzungen geprüft werden, unter denen neben dem markinischen Bericht noch eine zweite Form der Passionserzählung entstehen und bestehen konnte, deren theologisches Profil sich von dem der Markuserzählung so charaktteristisch unterscheidet.323
4.2 Die Entstehung der lukanischen Sondertradition Wie immer die Entstehung einer an Jes 53 ausgerichteten Kreuzestradition zu erklären ist – ein Ergebnis der bislang geleisteten Quellenforschung hat die Rekonsthe Crucifixion, NTS 8 (1961/62), 333 f. R. Riesner, Prägung und Herkunft der lukanischen Sonderüberlieferung, Theologische Beiträge 24 (1993), 228–248, untersucht die Passionsbelege als Teil eines größeren Überlieferungskomplexes eigener Prägung. Dabei tritt aber gerade das besondere Profil der lukanischen Passionstradition nicht hervor, ja, werden Stellen wie die Paradiesesverheißung Lk 23,43 zum Beleg für die angeblich sinnen- und gegenstandsverhaftette Theologie des lukanischen Sonderguts, was dem theologischen Aussagewillen der traditionsggebundenen Motive in den lukanischen Leidenserzählungen nicht gerecht wird. 322 So etwa F. J. Matera, The Death of Jesus according to Luke: A Question of Sources, CBQ 47 (1985), 469–485; W. Reinbold, Der älteste Bericht über den Tod Jesu. Literarische Analyse und historische Kritik der Passionsdarstellung der Evangelien, BZNW 69, Berlin – New York 1994, 49–67. Vgl. J. Drury, Tradition and Design in Luke’s Gospel. A Study in Early Christian Historiography, London 1976, 109–118. 323 Eine lukanische Sonderquelle, die das Profil des Lukasevangeliums entscheidend mitbeeeinflußt habe und die Rezeption des Markus- und Q-Stoffes durch Lukas steuerte, postuliert auch F. Bovon, Le récit lucanien de la Passion de Jésus (Lc 22–23), in: C. Focant (Hg.), The Synoptic Gospels. Source Criticism and the New Literary Criticism, BEThL, Leuven 1993, 393–423, ohne jedoch detailliert Auskunft zu geben über die Sprachgestalt, die Herkunft und die theologische Akzentuierung dieser Quelle. Anders dagegen Schwemer, Jesu letzte Worte, 19 Anm. 84, die ebenfalls mit einer an Jes 53 orientierten Sonderüberlieferung des Lukas rechnet.
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struktion des Überlieferungsprozesses in jedem Fall zu berücksichtigen: das hohe Alter und die mit großer Wahrscheinlichkeit gegebene Priorität der Markusüberllieferung.324 Die von Hartmut Gese vorgelegte Analyse des markinischen Kreuzzigungsberichtes325 kann in diesem Zusammenhang als Fundament jeder weiterren überlieferungsgeschichtlichen Betrachtung gelten, da sie das vormarkinisch dem Kreuzigungsbericht gleichsam übergeworfene theologische Deutungsmuster erhebt. Dieses ist erzählerisch so eng mit dem historischen Geschehen verwoben, daß die Rekonstruktion von literarischen Vorstufen, die allein die geschichtlichen Vorgänge geschildert hätten, unmöglich wird. Ja, es ist fraglich, ob es eine solche, auf die äußeren Fakten beschränkte Form der Erzählung je gegeben hat.326 Die Untersuchung des Markustextes durch Gese gewinnt deshalb Bedeutung für das Verständnis der Überlieferungsgeschichte der lukanischen Passionserzähllung, weil sie die strenge Textgebundenheit auch der markinischen Kreuzigungseerzählung dokumentiert. Allerdings ist für Mk 15,22–41 der theologisch sinngebbende Text nicht Jes 53, sondern Ps 22:327 Jesus stirbt mit den Eingangsworten des 22. Psalmes auf den Lippen (Ps 22,2; Mk 15,34), die Lästerung des Gekreuzigtten durch die Vorübergehenden (Mk 15,29) und die Verteilung der Kleider unter die Vollstrecker des Todes (Mk 15,24) sind der Feindbeschreibung des Psalmes nachempfunden (Ps 22,8 und 19), und selbst das Gottessohnbekenntnis des heidnnischen Hauptmanns (Mk 15,39) entspricht der Ankündigung der anbetenden Hinwwendung der Heiden zu Gott in Ps 22,28. Das Faktum des erzählerisch formgebbenden Einflusses von Ps 22 und seiner im Hinblick auf das Kreuzesgeschehen großen traditionsbildenden Kraft ist schon deshalb hervorzuheben, weil der Vorggang der textgebundenen theologischen Überformung des historischen Gescheh324 Gegen D. Flusser, The Crucified and the Jews, Immanuel 7 (1977), 25–37, bes. 34–36, der rein historisch argumentiert und alle übrigen Aspekte wissenschaftlicher Texterschließung außer acht läßt. 325 Psalm 22 und das Neue Testament. Der älteste Bericht vom Tode Jesu und die Entstehung des Herrenmahls, in: ders., Vom Sinai zum Zion. Alttestamentliche Beiträge zur biblischen Theologie, 3. Aufl., München 1990, 180–201 (= ZThK N. F. 65 [1968], 1–22). 326 Vgl. auch M. Dibelius, Das historische Problem der Leidensgeschichte, in: M. Limbeck (Hg.), Redaktion und Theologie des Passionsberichtes nach den Synoptikern, WdF 481, Darmstadt 1981, 58–65 (= ZNW 30 [1931], 193–201 = ders., Botschaft und Geschichte, Bd. 1: Zur Evangelienforschung, hg. v. G. Bornkamm, Tübingen 1953, 248–257), und H. Conzelmann, Historie und Theologie in den synoptischen Passionsberichten, in: Theologie als Schriftauslegung. Aufsätze zum Neuen Testament, Beiträge zur evangelischen Theologie 65, München 1974, 74–90 (= F. Viering [Hg.], Zur Bedeutung des Todes Jesu, Gütersloh 1967, 37–53). Dagegen J. B. Green, The Death of Jesus. Tradition and Interpretation in the Passion Narrative, WUNT 2. Reihe 33, Tübingen 1988, der auf der Grundlage des Markusevangeliums eine Rekonstruktion der ursprünglichen Elemente der Kreuzeserzählung versucht. S. auch A. Y. Collins, From Noble Death to Crucified Messiah, NTS 40 (1994), 481–503. 327 Vgl. auch B. Lindars, New Testament Apologetic. The Doctrinal Systematik of the Old Testament Quotations, London 1961, 89–93.
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hens der auch bei Lukas beobachteten literarischen Entwicklung entspricht. Diesser Tatbestand erlaubt es, von einer, wenn nicht zeitlichen, so doch sachlichen Paraallelentwicklung zu sprechen. Damit wird die Frage nach den literarischen und überlieferungsgeschichtlichen Prozessen zur Frage nach den diese Prozesse ausllösenden bzw. sie verstärkenden Texten. Nun hat Gese in seiner Untersuchung der markinischen Kreuzigungserzähllung im Hinblick auf Ps 22 nicht nur den allgemeinen Charakter dieses Toda psalms herausgearbeitet und aus seiner Klage und Dank rituell verbindenden Struktur die Deutung des mit dem Kreuz verbundenen Wortgeschehens gewonnnen, sondern er hat auch auf das besondere apokalyptische Profil des Dankliedes aufmerksam gemacht, das den Psalm abschließt. Die apokalyptische Ausrichttung von Ps 22 erklärt, warum dieser Psalm überhaupt eine so große traditionsbbildende Kraft entwickeln konnte, daß keine der synoptischen Passionsdarstellunggen, auch nicht der Bericht des Johannes (vgl. Joh 19,24), von ihm unbeeinflußt blieb. Das apokalyptische Bild entsteht durch die überindividuelle Steigerung konkreter Lebensvorgänge: Das Leiden des Beters wird gesteigert zum menschllichen Urleiden unüberbrückbarer Gottesferne, seine Errettung zur Urheilstat univverseller Erlösung, die den Beginn der eschatologischen Heilszeit markiert: Die am Beter „sich vollziehende Errettung aus der Todesnot“ wird zur „Einbruchssstelle der βασιλεία τοῦ θεοῦ“.328 Ungeachtet der Frage nach den theologischen und historischen Voraussetzunggen einer solchen heilsgeschichtlich-universellen Transformation individuellen Erlebens ist die eschatologische Bedeutung, die Ps 22 in einem Kontext gewinnnen mußte, in welchem das Leiden des dem Tod ausgelieferten Menschen zum Zentrum der Gottesfrage wurde, unmittelbar einsichtig: Im Munde Jesu und am Ort größtmöglicher irdischer Gottesferne wird Ps 22, der an seinem Ende auf die Auferstehung als Zeichen erlöster menschlicher Existenz vorausblickt, zum Gefäß letztgültiger göttlicher Wortoffenbarung. Da Jesus, der Messias und Gottessohn, mit Ps 22 auf den Lippen stirbt, wird nicht nur das in Raum und Zeit (Ps 22,2 f329) sich vollziehende und gerade darum an die irdische Begrenztheit fesselnde und von Gott trennende Leiden zum eschatologischen Einsatzpunkt des göttlichen 328 Gese, Psalm 22, 192. Daß für die markinische Kreuzeserzählung dieser Aspekt des Psalms interpretatorisch bestimmend sei, wird von B. Janowski, Die jüdischen Psalmen in der christlichen Passionsgeschichte. Eine rezeptionsgeschichtliche Skizze, in: C. Hardmeier – R. Kessler – A. Ruwe (Hg.), Freiheit und Recht. FS F. Crüsemann, Gütersloh 2003, 408 f, vernneint; vgl. ders., Konfliktgespräche mit Gott. Eine Anthropologie der Psalmen, NeukirchenVluyn 2003, 347–365. Ob man allerdings den Dankopferpsalm 22 in der Weise auf seine Klageelemente reduzieren darf, daß er zum Hauptzeugen für den Einfluß der alttestamentlicchen Klagepsalmen auf das christliche Gebet wird (op. cit., 365), ist fraglich. Der matthäische Kreuzigungsbericht Mt 27,31–56 zeigt deutlich, daß man den Psalm als Ganzen las und auch das Danklied in die theologische Reflexion miteinbezog. Dazu das oben Folgende. 329 Vgl. Gese, op. cit., 185.
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Rettungshandelns, sondern wird gleichzeitig die aus diesem Leiden erwachsende Erlösung als Heilstat Gottes am Menschen faßbar (Ps 22,23–32) und als Aufhebbung der irdisch-immanenten Grenzen erfahrbar. Im Licht von Ps 22 wird der Tod Jesu als das Ereignis der sich in die Welt einsenkenden βασιλεία τοῦ θεοῦ erkannt, welche Zeit und Raum als die schöpfungsgemäßen Grenzen menschlicchen Lebens außer Kraft setzt und dem Tod als der über dem Menschen waltendden Macht seinen Herrschaftsraum nimmt. Für die traditionsgeschichtliche Erhellung der Zusammenhänge ist es zunächst unerheblich, ob die Zitation von Ps 22 durch Jesus in der Stunde seines Todes ein historisches Faktum darstellt – wofür die oft empfundene Anstößigkeit der Anfangszeile „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ durchaaus spricht330 – oder ob sie dem erzählerischen Ringen um eine schriftgemäße Deutung des Kreuzesereignisses entspringt. Entscheidend ist, daß mit Hilfe von Ps 22 die eschatologische Dimension des Todesgeschehens faßbar und benennbbar wurde. Dabei ist gerade auch im Blick auf die besondere erzählerische Adapttion von Jes 53 durch Lukas festzuhalten, daß neben der wörtlichen Zitation von Ps 22 (Mk 15,24.34; Ps 22,19.2) die Verarbeitung des Psalms als Deutungshinttergrund des Geschehens narrativ geschieht (Mk 15,29.30–31.39; Ps 22,8.9.28). Matthäus führt die erzählerische Verarbeitung von Ps 22 sogar noch weiter als Markus und bringt auch das eschatologische Motiv der Totenauferstehung (Ps 22,30) in der Kreuzigungserzählung szenisch zur Anschauung (Mt 27,52 f) – ein sicheres Indiz zudem für die oftmals abgewiesene331 Erkenntnis Geses, daß der Schrei der Verlassenheit in Mk 15,34 par. Mt 27,46 als Eingangstor zum gesamtten Psalm zu gelten hat und der Proklamation des im Tod sich ereignenden Einbbruchs des Gottesreiches in die irdische Welt gleichkommt332. Das lukanische „Heute“ des durch den Tod hindurch gewährten menschlichen Paradieseseintritts (Lk 23,43) findet sich – und das ist mit Nachdruck festzustellen – auch im Bild der Totenauferstehung bei Matthäus, der auf der Grundlage von Ps 22 den Anbruch des Gottesreiches mit Jesu Todesstunde verknüpft und damit wie Lukas dokumenttiert, daß Jesu Sterben den Menschen vom Todesverhängnis befreit und ihm den Weg ins Leben öffnet. Dabei versucht der erste Evangelist die Erkenntnis, daß das Gottesreich in der Todesstunde Jesu in diese Welt einbricht, in der Weise mit dem Jesu Tod und Auferstehung umgreifenden Drei-Tage-Schema zu harmonisierren, daß er unterscheidet zwischen der Auferstehung der Heiligen in Jesu Todess-
330 Vgl. Lindars,
New Testament Apologetic, 89. Das Evangelium nach Markus, 2. Teilband: Mk 8,27–16,20, EKK 2/2, Zürich – Einsiedeln – Köln – Neukirchen-Vluyn 1979, 322 mit Anm. 77; Janowski, Die jüdischen Psalmen, 408 f. 332 Gese, op. cit., 193–196, bes. 196. 331 Vgl. z. B. J. Gnilka,
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stunde und ihrem sichtbaren Herauskommen aus den Gräbern nach Jesu Aufersstehung (Mt 27,52 f). So ist im Horizont der Quellenfrage überlieferungsgeschichtlich zunächst festzzuhalten, daß der Bericht von Jesu Kreuzigung nicht anders als in der Umhülllung deutender Texte zu greifen ist, von denen Ps 22 der im Ursprung literarisch prägende ist.333 Sein Einfluß ist selbst bei Lukas trotz der Umprägung der Kreuzzesüberlieferung nach Jes 53 noch zu fassen, da auch das dritte Evangelium von der Kleiderteilung nach Ps 22,19 berichtet (Lk 23,34b).334 Dies dürfte als weitteres Indiz für das höhere Alter der markinischen Überlieferung zu werten sein, wobei die Frage, welche Erzählelemente genau dem ältesten Kern zuzurechnen sind, hier unerörtert bleiben kann. Um so dringlicher aber stellt sich die Frage nach den Entstehungsvoraussetzzungen der ganz andersartigen Darstellung des Kreuzesgeschehens bei Lukas. Man könnte auch fragen: Warum hat in einem bestimmten Zweig der Überlieferrung die Deutung des Todes Jesu nach Jes 53 diejenige durch Ps 22 erzählerisch ersetzt? Könnte man hier bereits auf die auch durch Paulus dokumentierte sühnettheologische Bedeutung von Jes 53 und die christologisch prägende Kraft dieses Textes verweisen, so hieße das doch, auf halbem Wege stehen bleiben. Den Weg zu Ende gehen kann man aber nur von seinem Anfang her. Er liegt in der Abendmmahlseinsetzung als dem zentralen Wortgeschehen der Passion. Die Konzentration auf das mit der Passion verbundene Wortgeschehen ist auch deshalb von so entscheidender methodischer Bedeutung, weil die literarisschen Divergenzen zwischen der markinischen und der lukanischen Kreuzigungseerzählung sich ganz auf die Redeteile beschränken, während in der Schilderung der zur antiken Kreuzigung gehörenden Fakten nahezu völlige Übereinstimmung herrscht.335 Die erzählerische Aufhebung der theologischen Mißverständlichkeit (Mk 15,29–32; Lk 23,35–39) des historisch Unmißverständlichen (Mk 15,24–26; Lk 23,33.38) geschieht allein durch Jesu Wort, das bei Lukas schon um dieser seiner grundlegenden Bedeutung willen zu einem dreifachen Wort gesteigert ist (Lk 23,34a.43.46). Andererseits lebt gerade die lukanische Kreuzigungserzählung von der Erkenntnis, daß die eigentliche Deutung des Gesamtgeschehens nicht hier 333 Gegen X. Léon-Dufour, Der Todesschrei Jesu, ThG 21 (1978), 176, der die von Gese literarisch nachgezeichnete apokalyptische Struktur des Wortgeschehens am Kreuz historisch fixxieren möchte, indem er den aramäisch rekonstruierten „historischen“ Schrei Jesu „Mein Gott bist du!“ als Siegesschrei deutet und die spätere Ersetzung durch Ps 22,2 von dieser ursprüngllichen Siegesproklamation her als Wort versteht, das den Blick in die Rettungssituation hineein öffnet. 334 Interessanterweise erwähnt Lukas in Lk 24,39 über Markus hinausgehend die Nagelung Jesu, für die Ps 21,17b LXX den Schriftbezug abgibt. 335 Vgl. Lk 23,33 mit Mk 15,22–24; Lk 23,36 mit Mk 15,36; Lk 23,38 mit Mk 15,26. Zur Kreuzigung in der Antike s. M. Hengel, Crucifixion in the Ancient World and the Folly of the Message of the Cross, 5. Aufl., Philadelphia 1989.
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erfolgt, sondern bereits erfolgt ist, nämlich in den über Brot und Kelch gesprochennen Worten bei Jesu letztem Mahl mit seinen Jüngern. Die Einsetzungsworte deutten die Lebenshingabe Jesu, darin über Ps 22 hinausgehend, als eschatologisches Sühnegeschehen, das den Menschen unverbrüchlich zum Bundespartner Gottes macht und zur ewigen Gemeinschaft mit Gott und zur Anteilhabe an der βασιλεία τοῦ θεοῦ befreit. Man könnte auch sagen: die Einsetzungsworte begründen das mit der Proklamation von Ps 22 am Kreuz sich vollziehende Geschehen des Einbbruchs der βασιλεία in die irdische Welt soteriologisch, und zwar im Rückgriff auf die Gottesknechtsverheißung Jes 53. Die von Peter Stuhlmacher im Hinblick auf Jesu Leiden formulierte Erkenntnis, daß „vom Kelchwort her ... Jesus ... als der Gottesknecht“ erscheint, „der durch sein stellvertretendes Leiden und seinen Tod die endzeitliche Rechtferttigung für Israel (und die Völker) heraufführt“336, kann in ihrer Bedeutung für das Verständnis nicht nur des Abendmahlsgeschehens selbst, sondern auch der literrarischen Entwicklung der Passionsüberlieferung gar nicht ernst genug genommmen werden. Selbst wer Stuhlmacher in seiner wohlbegründeten Meinung, daß Jesus „wissentlich und willentlich in den Tod gegangen“ sei und seinen Tod im Licht der Gottesknechtsverheißungen „als stellvertretenden Sühnetod ... verstandden“ habe337, nicht folgt und damit abstreitet, daß die zum christlichen Deutungsmmuster erhobene Gottesknechtsvorstellung eine historische Wurzel in Leben und Lehre Jesu selbst hat,338 muß doch die grundsätzliche Bedeutung einräumen, die das Abendmahl für die christologische Adaption von Jes 53 gewinnt. Das Abendmmahl, genauer gesagt: das mit ihm verknüpfte Wort- und Offenbarungsgeschehen, bildet den einzig möglichen Ansatzpunkt jeder Kreuzesreflexion.339 Das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern ist gleichzeitig auch historisch der Ort, an welchem für die nachösterliche Gemeinde, die auf das Einsetzungsgeschehen zurückblickt, 336 Biblische Theologie 1, 140. S. dazu bereits ausführlich o. S. 120–138; zu Stuhlmacher 120 f. Ähnlich auch Joachim Jeremias, Neutestamentliche Theologie 1, 277. 337 Op. cit., 142; ders., Sühne oder Versöhnung?, 308 f; ders., Warum mußte Jesus sterben?, Theologische Beiträge 16 (1985), 273–285, bes. 279–284; ders., Jes 53 in den Evangelien und in der Apostelgeschichte, in: B. Janowski – P. Stuhlmacher (Hg.), Der leidende Gottesknecht. Jesaja 53 und seine Wirkungsgeschichte, Forschungen zum Alten Testament 14, Tübingen 1996, 94–98.104 f. Vgl. auch Jeremias, op. cit., 265–272, bes. 265–267.283; ders., παῖς θεοῦ, 709– 713; Maurer, Knecht Gottes, 19.35 f; Hengel, Der stellvertretende Sühnetod Jesu, 145–147, und die große diesem Thema gewidmete Studie von H. Schürmann, Gottes Reich – Jesu Geschick. Jesu ureigener Tod im Licht seiner Basileia-Verkündigung, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1983. Ältere Vertreter dieser Überzeugung bei M. D. Hooker, Jesus and the Servant. The Influence of the Servant-Concept of Deutero-Isaiah in the New Testament, London 1959, 6–18. S. auch P. Benoit, Jésus et le Serviteur de Dieu, in: J. Dupont (Hg.), Jésus aux origines de la christologie, BEThL 40, Gembloux 1975, 111–140. 338 So etwa Hahn, Christologische Hoheitstitel, 63–66; ders., Alttestamentliche Motive, 358. 339 Dazu bereits grundsätzlich o. S. 64–77.
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Jesu Tod seine verbindliche und für immer gültige Deutung erfährt.340 Diese Deuttung umfaßt sachlich von vornherein das gesamte, zeitlich nachgeordnete Kreuzzigungsgeschehen, und d. h. auch die am und unter dem Kreuz laut werdenden Worte. Da ferner innerhalb der urchristlichen Überlieferung die Einsetzungsworte als die letztgültige Selbstoffenbarung Gottes in keiner anderen Form tradiert wurdden denn als motivisch und begrifflich von Jes 53 geprägte Texte,341 wäre es geraddezu unverständlich, wenn die nachösterliche Schilderung des Leidens und Sterbbens Jesu am Kreuz nicht Bezug genommen hätte auf die genannte Tradition. So selbstverständlich sich dieser Sachverhalt darbietet, so wenig wird doch die Bedeutung der historischen Ereignisfolge, wie sie sich aus urchristlicher Sicht darstellte, für die Ausformung der Passionstradition und ihrer doppelten tradi tionsgeschichtlichen Ausrichtung im allgemeinen bedacht, als sei es selbstversständlich, daß das Kreuzesgeschehen durch Jesus selbst bereits eine Deutung erfahren hatte, bevor es überhaupt zur geschichtlichen Wirklichkeit wurde. Die Tatsache, daß nicht nur erzählerisch, sondern auch historisch der Kreuzestod Jesu sich im Licht der ihn deutenden Worte vollzog, mußte, wie immer dieselben im einzelnen gelautet haben mögen, den Tod selbst in dem Moment in ganz neuer Weise verständlich machen, in welchem man rückblickend den Ereigniszusammmenhang zwischen Abendmahl und Kreuzigung erkannte und beides von Jesu Wort der Selbstoffenbarung her zu deuten begann, das im heilsgeschichtlichen Rückbezug ganz offensichtlich die Tür zu Jes 53 öffnete. Im soteriologischen Deuttungshorizont der Abendmahlseinsetzung bekam das Kreuz des Christus seinen Sinn und wurde das grausame Geschehen erzählerisch vermittelbar. Es ist daher nicht erstaunlich, sondern durchaus folgerichtig, daß der in den Einsetzungsworten vorgegebene Deutungshintergrund für die Kreuzigung Jesu im Zuge der erzählerischen Weitergabe des Ereignisses sich als Bild über das Geschehhen selbst zu legen begann und daß sowohl die historischen Details als auch bereits bestehende Deutungsmuster von diesem Bild her überformt wurden: Jesu Tod und der Tod des Gottesknechts nach Jes 53 fielen in dem Maße erzählerisch in eins, wie im soteriologischen Erkenntnisakt die Bilder zur Deckung kamen. Der literrarische Prozeß spiegelt den Erkenntnisprozeß: Jesu Tod wurde nicht nur als Tod des Gottesknechts begriffen, sondern auch dargestellt.342 Allein die theologische Bindung dieser von Jes 53 überformten Kreuzestraddition an das Einsetzungsgeschehen erklärt, warum die von Lukas überlieferte 340 So auch Hengel, Der stellvertretende Sühnetod Jesu, 146; ders., Atonement, 72 f. Vgl. Hofius, „Für euch gegeben“, 328. 341 S. Kapitel I. 2.1. 342 Maurer, Knecht Gottes, 10, meint, die Spuren dieser an Jes 53 ausgerichteten Passionstradition auch bei Markus nachweisen zu können. Daß er die weit signifikanteren Details bei Lukas übersieht, liegt daran, daß er die lukanische Erzählung von vornherein als litterarische Spätentwicklung einordnet (op. cit., 6–10).
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Form der Kreuzigungserzählung überhaupt literarisch bestehen konnte. Die psycchologisierende Deutung des Umformungsprozesses, die von einer Abmilderung anstößiger Details durch den Evangelisten oder seine Überlieferung ausgeht, vermmag hingegen die literarische Eigendynamik und theologische Durchschlagskraft, welche die Sonderüberlieferung bis zur Aufnahme in das Lukasevangelium entwwickelte, gerade nicht zu erklären. Genaugenommen aber handelt es sich überlieferungsgeschichtlich bei der literarisch doppelgesichtigen interpretatorischen Nuancierung des Kreuzesereignnisses gar nicht um einen Akt der Ersetzung oder Veränderung von Tatsachen oder festen Erzählelementen, sondern um einen reziproken Deutungsvorgang, der Abendmahl und Kreuzigung wechselseitig erfaßt und in beide Richtungen verlläuft: von den Einsetzungsworten zu Jesu Tod und von den Kreuzesworten zum letzten Mahl Jesu mit seinen Jüngern. Beide Ereignisse erschließen sich nur im Bezug zueinander: So, wie Jesu Tod nur vom Abendmahl her verständlich wird, so eröffnet sich auch die Bedeutung der Abendmahlseinsetzung allein vom Kreuzesggeschehen her. Und wiederum ist es Hartmut Gese, der diesen Zusammenhang mit allem Nachdruck herausgestellt und gezeigt hat, wie eng das Sterbewort Jesu nach Mk 15,34, das Ps 22 zur letzten Erfüllung bringt, mit den Einsetzungswortten verknüpft ist, da es ihre eschatologische Bedeutung hervortreten läßt und ihre theologische Struktur verstehen hilft.343 Denn nur in der Toda, die nach Ps 22 auf die Überwindung des Todes und die Neuschöpfung des Menschen zielt und die Errettung als das Zum-Menschen-Kommen Gottes erfahrbar macht, läßt sich die Erfahrung der Auferstehung von den Toten ins Irdische transponieren und liturggisch nachvollziehen. Dabei erfährt im eucharistischen Mahl die Toda ihre eschattologische Überhöhung und heilsgeschichtliche Vollendung durch die Selbsthinggabe des Stifters des Mahles. Auch wenn in der obigen Auslegung der Abendmahlsperikope die von Gese gebotene alleinige Herleitung der Abendmahlseinsetzung aus der Toda abgelehnt wurde, da das Einsetzungsgeschehen die Gesamtheit der eschatologisch ausgerrichteten israelitisch-jüdischen Mahltraditionen umgreift,344 so ist doch festzuhaltten, daß nur im Lichte der Toda, die mit Ps 22 zum Deutungsrahmen des Kreuzzesgeschehens erhoben wird, die proleptische Heilsproklamation beim Abendmmahl verständlich wird: Die nach dem Ritus des Dankopfers mit der Erhebung des Kelchs vollzogene Inkraftsetzung des Heils (Lk 22,20; Ps 116,13 [ein weiterrer Todapsalm!]345) und Stiftung des neuen Bundes wird am Kreuz zum Geschehhen der realen Entsühnung des Menschen, da Jesus im Sterben den Einbruch der 343 Gese, Psalm 22, 199–201; ders., Die Herkunft des Herrenmahls, in: ders., Zur biblisschen Theologie. Alttestamentliche Vorträge, 3. Aufl., Tübingen 1989, 117–126. 344 S. Kapitel I.2.2. 345 Dazu ausführlich o. S. 130–132.
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βασιλεία in die Welt proklamiert, und zwar mit den Worten gerade des Dankopfferpsalmes, der in apokalyptischer Überhöhung der individuellen Heilshoffnung die Gottesferne des Todes als Einbruchsstelle des Lebens in die irdische Welt verkkündigt. Und wer Lukas in der Kreuzigungserzählung der gefühlsgeleiteten Elimminierung der Bezüge zu Ps 22 bezichtigt, der kann doch nicht absehen von den in den Einsetzungsworten vom Evangelisten gerade nicht beseitigten Todabezüggen. Sie dürften schon deshalb den historischen Sachverhalt abbilden, weil die Abfolge der Ereignisse die nach jüdischem Verständnis einzige liturgisch sachgemmäße Ereignisfolge darstellt: zunächst die Vergegenwärtigung und Deutung des Todesgeschehens, an das zu erinnern in diesem besonderen Fall für die Zukunft aufgetragen wird (Lk 22,19), dann die Inkraftsetzung des Heils in der mit der Kelcherhebung verbundenen Proklamation (Lk 22,20). Dagegen bleibt bei Markus durch die Parallelisierung der Handlung des Brotbrechens und der Kelchdarreicchung und durch die damit einhergehende Einebnung des Unterschieds zwischen rückblickender Deutung und zukunftsbestimmender Inkraftsetzung des Heils das Geschehen liturgisch, wenn nicht unverständlich, so doch unbestimmt.346 Auch hier zeigt sich, daß man den zeitlichen Abstand der Evangelisten nicht gegen das Alter der von ihnen verarbeiteten Überlieferungen ausspielen darf, zumal wenn man die überlieferungsgeschichtliche Nähe der lukanischen Einsetzungstradittion zur paulinischen bedenkt. Im Gegenteil, vergleicht man die zentralen markinnischen mit den lukanischen Passionstexten, so zeigt sich die eigentümliche Versschränkung der Überlieferungsstränge, die aus der historischen und theologischen Zusammengehörigkeit des Wortgeschehens resultiert, das mit beiden Ereignissen, der Kreuzigung und dem Abendmahl, verbunden ist.347 Gerade die zweigestaltige Kreuzesüberlieferung bei Markus und Matthäus auf der einen, bei Lukas auf der anderen Seite erweist nicht etwa die sachliche Divergenz der Überlieferung, sondern ihren engen überlieferungsgeschichtlichen Zusammenhang, welcher die Abendmahlsüberlieferung mit einschließt. Der literrarische Zusammenhang dokumentiert das urchristliche Verständnis der historisschen und daher der theologischen Zusammengehörigkeit beider Ereignisse. Und es darf, da das historische Geschehen von allen Evangelisten programmatisch als 346
S. auch dazu o. S. 133 Anm. 147. Die überlieferungsgeschichtlich enge Zusammengehörigkeit der den Tod Jesu erzählerrisch deutenden Texte und ihre eindeutig sühnetheologische Ausrichtung läßt die These, es habe Vorstufen der Deutung des Todes Jesu gegeben, bei welchen die Sühnethematik noch keinne Rolle gespielt habe, als wenig überzeugend erscheinen. Vgl. etwa Gubler, Deutungen, bes. 32 f.93 f.200–203 u. ö. S. auch die Diskussion verwandter Thesen op. cit., 148–172.177–190. Als äußerst problematisch hat in diesem Zusammenhang auch die Überzeugung der Autorin zu gelten, daß für die frühchristlichen Zeugen Jesu Person und Werk kaum „definierbar und faßbbar“ und von „grundsätzliche[r] Offenheit“ gewesen sei (op. cit., 409). Wenn Jesu Weg zum Kreuz ein für alle möglichen Interpretationen offenes Geschehen gewesen wäre, dann gäbe es die christliche Kirche nicht oder nicht mehr. 347
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Wortgeschehen entfaltet ist, an dieser Stelle auch die Vermutung ausgesprochen werden, daß die in der Überlieferung sich überlagernden Deutetexte Jes 53 und Ps 22 ihre interpretatorische Bedeutung aus Jesu eigenem Reden gewinnen, das selbst am Kreuz nicht verstummt.
4.3 Die lukanische Traditionsverarbeitung Mit der Erkenntnis, daß in einem Strang der in den Evangelien literarisch zusammmengefaßten Passionsüberlieferungen von der Kreuzigung Jesu im Lichte von Jes 53 erzählt und Jesus selbst als der von Gott ins Leiden gesandte Knecht darggestellt wird, bricht erneut die Frage nach dem Evangelisten auf, zu dessen Verddiensten die Übermittlung dieser Sondertradition gehört. Und da zum konventtionellen Lukasbild auch ein festes Urteil über die kulturellen Voraussetzungen des Evangelisten gehört und dieser als „Hellenist“ vor allem sprachlich so weit als möglich von den ihrer Herkunft oder ihrer Bildung nach in Palästina verwurzzelten neutestamentlichen Autoren abgerückt wird, entsteht aus dem sprachlicchen und traditionsgeschichtlichen Befund ein Problem, das man in die schlichte Frage fassen könnte: Wußte Lukas, was es tat? Verstand er, der so eindringlich um das Heilsverständnis des Menschen ringt, was er überlieferte? War ihm die besondere Prägung seiner Tradition bewußt? Oder integrierte er das ihm vorlieggende Material nur mechanisch in sein Evangelium, ohne zu ahnen, was sich in seinen Tiefen verbarg? Die Antwort ergibt sich, wie eingangs bereits angedeutet, aus dem Gesamtkkontext des Evangeliums und der Apostelgeschichte, der weitaus zuverlässiger über das theologische Verständnis des Autors Auskunft gibt, als auf Hypothesen gegründete biographische Rekonstruktionen es vermögen. Dabei ist zunächst festzzuhalten, daß die in Kapitel I. 4.1 besprochenen Stellen, die auf den hebräischen Text des Jesajabuches zurückweisen, durchaus nicht das gesamte Spektrum der Gottesknechtsbezüge der lukanischen Passionsgeschichte umfassen,348 sondern nur einen Bruchteil, nämlich denjenigen, wo der griechische Text sprachlich und motivisch divergiert. In allen anderen Fällen läßt sich der Bezug zur LXX in gleiccher Weise herstellen wie der zum MT, so daß auch der nur mit der LXX verttraute Leser die besondere Nuancierung der lukanischen Sonderquelle erkennen mußte. Daß aber auch an den Stellen, wo sich der Sinn der lukanischen Passionserzzählung nicht von der LXX her erschließt, Lukas der von ihm rezipierten Traddition bewußt folgt und die Divergenzen der Textüberlieferung reflektiert, zeigt zunächst sein Verständnis von Jes 42,1, eine Stelle, die er gegen die LXX nicht kollektiv deutet. Das belegt nicht nur das Nunc Dimittis des Simeon (Lk 2,29– 348
S. die alle Bezüge zusammenfassende Tabelle o. S. 178 f.
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32), in welchem das erste Gottesknechtslied motivisch aufgenommen und auf die individuelle Sendung Jesu hin gedeutet wird, der bereits in Kindsgestalt als Knecht erscheint.349 Das belegt auch die von Lukas der Sohnesproklamation in der Verklärungsszene (Lk 9,28–36) redaktionell zugefügte Bezeichnung Jesu als ὁ ἐκλελεγμένος (V. 35), die in Anspielung auf die Amtseinsetzung des Knechts in Jes 42,1 der Erkenntnis Ausdruck verleiht, daß der Sohn Gottes auf Erden nicht anders offenbar wird denn als der zum Leiden bestimmte Knecht350 (vgl. auch den in diesen Zusammenhang von Lukas eingetragenen Hinweis auf Jesu Tod: ἡ ἔξοδος αὐτοῦ: Lk 9,31)351. Was in Lk 22,37 die Zitation von Jes 53,12 betrifft, mit Hilfe derer auf Jesu Tod als Frevler unter Frevlern vorausverwiesen wird, so verdunkelt der von der LXX abweichende Wortlaut den Gottesknechtsbezug in keiner Weise. Nicht ganz so eindeutig ist die Lage bei Lk 23,34a, der Anspielung auf das vom Gottesknecht dargebrachte Schuldopfer zur Vergebung unwissentlich begangener Sünden nach Jes 53,10, Lev 5,14–19 und Num 15,22–29. Allerdings zeigt die von Lukas in der Apostelgeschichte für Juden und Heiden gleichermaßen geltend gemachte Verggebung all ihrer Schuld, die sie im Zustand der Unwissenheit auf sich geladen haben (Apg 3,17; 17,30), daß der Evangelist sich der theologischen Bedeutung des von ihm mehrfach verarbeiteten Motivs und damit auch des Opferbezuges voll bewußt war, zumal die beiden genannten Gesetzestexte in der LXX den hebräiischen Wortlaut exakt wiedergeben. Ja, es dürfte, wie bereits ausführlich besprocchen,352 der in ihnen thematisierte Tatbestand der Verletzung von Heiligem die Deutung der Tötung Jesu als des Heiligen (Lk 4,34; Apg 3,14; 4,27.30) entscheiddend mitbeeinflußt haben. Die Übertragung der Schuldopfervorstellung auf die Lebenshingabe des Knechts nach Jes 53 kann daher als ein von Lukas übernommmenes Deutungsmuster gelten. Es bleibt im Blick auf das Motiv der sich verdunkelnden Sonne die Frage nach dem lukanischen Verständnis des Textes Jes 24,23, in welchem nach dem hebräischen Wortlaut die Installation des göttlichen Königtums auf dem Zion mit 349
Dazu ausführlich Kapitel IV. 2. Daß Lukas hier nicht wie in Lk 23,35 den Titel ὁ ἐκλεκτός gebraucht, sondern das Partizip ἐκλελεγμένος (perf. pass.), dürfte damit zusammenhängen, daß im Lukasevangelium die Offenbarung des Persongeheimnisses Jesu durch Gott stets nur vermittels des Sohnestitels erffolgt. Der Sohnestitel ist der alleinige Titel, mit welchem Gott sein Verhältnis zu Jesus offenbart (Lk 3,22; 9,35), und ist auch im Munde des göttlichen Boten der alleinige Titel für Jesu Person (Lk 1,32.35). An allen genannten Stellen zielt der Sohnestitel auf die Wesenseinheit von Vater und Sohn. Die anderen Titel werden nur aus dem Munde von Menschen laut, mit Ausnahme des Menschensohntitels, den Jesus auf sich selbst anwendet. Ausführlich zu den christologischen Titeln im Lukasevangelium Kapitel III. 3. 351 Zur christologischen Bedeutung der Verklärungserzählung im Lukasevangelium s. Mittmmann-Richert, Erinnerung, 246–250. S. auch u. S. 222–224. 352 S. o. S. 98 f. 350
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dem Verlöschen der Gestirne einhergeht, während die LXX das Herabstürzen von Mauern und Steinen zum eschatologischen Zeichen des Herrschaftsantritts Gotttes macht. Die LXX behält allerdings, wie in Kapitel I. 4.1 ausführlich dargestellt, an der motivischen Parallelstelle Jes 60,19 f den Wortlaut des hebräischen Textes bei, so daß bei Lukas das Bild als solches auch eine griechische Textgrundlage hätte. Andererseits zeigt die Lukas eigentümliche heils- und schöpfungstheologissche Zentrierung des Gesamtgeschehens auf Jerusalem im Rahmen einer umfangrreichen Auseinandersetzung mit der Frage nach der βασιλεία τοῦ θεοῦ und dem eschatologischen Mahl im Reich Gottes,353 daß Lukas die Bedeutung der Stelle Jes 24,23 in ihrer ursprünglichen Form vor Augen hatte und um den Zusammenhhang der Vorstellungen wußte. Dafür zeugt auch das so genannte Jüngergespräch Lk 22,24–38, das in seiner Endgestalt als genuin lukanische Komposition gelten muß und das diesen Zusammenhang im Blick auf die Gottesknechtschaft Jesu vertieft.354 Gewiß bleibt in der Frage der Traditionsvermittlung und der lukanischen Rezeption der ihm zuhandenen Überlieferungen vieles offen. Aber es ist doch festzuhalten, daß speziell im Hinblick auf die lukanische Traditionsverarbeitung die gängigen Hypothesen sich in allzu starren Bahnen bewegen und von Alternativven ausgehen, die gar keine sind. Zu ihnen gehört die strikte sprachliche Trennung zwischen Lukas selbst und dem von ihm auch andernorts vielfältig verarbeiteten Sondergut semitischer Prägung. Das Lukasevangelium ist so fest in der Heilsgesschichte Israels verankert, Lukas selbst ist so tief in den alttestamentlichen Tradittionen verwurzelt und betreibt die Frage nach dem Messias Israels mit so großem Ernst und in höchstem Maße schriftgelehrt, daß man angesichts der theologischen Bindung an das Judentum und seine Schriften auch an eine sprachliche zu denkken bereit sein sollte. Diese muß nicht unbedingt in der Kenntnis des Hebräischen bestehen, wenngleich der Kontakt mit dem hebräischen Schrifttum auch in einem griechischsprachigen synagogalen Umfeld, mit welchem man Lukas gemeinhin in Verbindung zu bringen pflegt, nicht gänzlich auszuschließen ist. Aber man muß doch der Vorstellung der strikten Trennung der griechischen Traditionsentwickllung von einer im semitischen Sprach- und Kulturraum sich vollziehenden Ausfformung der Erzähltraditionen den Abschied geben, als sei die letztere entweder theologisch und christologisch „einfach“ (engl.: „primitive“355) zu nennen oder in ihrem Rückgriff auf die hebräischen Schriften für „Griechen“ nicht mehr verifizzierbar. Nur dieses historische Konstrukt läßt ja überhaupt die Vorstellung entsteh353
S. Kapitel I.2.2. S. Kapitel I.2.3. 355 S. nochmals Taylor, Passion Narrative, der unerklärlicherweise gerade die sühnetheollogische Reflexion, welche seiner Ansicht nach die lukanische Sonderquelle kennzeichnet, mit dem genannten Epitheton belegt. 354
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hen, ein Evangelist könne der Nachwelt Stoffe übermitteln, deren Christologie und Soteriologie ihm fremd sind und ihm daher als korrekturbedürftig erscheinen bzw. deren soteriologische Hintergründigkeit er gar nicht versteht, weil er den Rückbezzug auf die Schrift aus sprachlichen Gründen nicht nachvollziehen kann. Im Gegensatz dazu hat bereits die Analyse des lukanischen Kelchwortes gezeigt,356 daß man sich, zumindest was Jes 53 betrifft, der unterschiedlichen Texttraditionen sehr wohl bewußt war und sich die christologische Adaption des Textes gewissermaßen im Dialog vollzog. Er ist für die frühe Zeit ja durch Lukas selbst bezeugt, der vom Schicksal der von ihm so genannten Hellenisten in Jerusallem ausführlich berichtet und damit einen Hinweis auf das zweisprachige Milieu gibt, in welchem die christologische Entwicklung ihren Anfang nimmt (Apg 6,1.9; 9,29).357 Aber man muß auch unabhängig von dieser Entwicklung, die zu einer Separation der Gemeindeteile führte, damit rechnen, daß man die unterschiedlicchen Texttraditionen kannte und daß auch diejenigen, die des Hebräischen nicht mächtig waren, um den Unterschied der Textüberlieferungen wußten. Die Vorsstellung eines griechischsprachigen Christentums, das Jes 53 nach der LXX rezippierte, und eines semitischsprachigen palästinischen Christentums, das Jes 53 seinem hebräischen Wortlaut nach auf das Kreuzesgeschehen anwandte, wird den historischen Gegebenheiten nicht gerecht. Da die Frage des Todes Jesu zu den drängendsten Fragen der jungen Gemeinde gehörte und Jes 53 der wichtigsste Bezugstext für die Deutung des Kreuzesgeschehens war, ist für die Beurteillung der gesamten christologischen Entwicklung vorauszusetzen, daß auch in den griechischsprachigen Gemeinden neben Jes 53 LXX die hebräische Texttradition die christologische und soteriologische Reflexion bestimmte. Daher wird man nicht daran zweifeln dürfen, daß sich Lukas, ob des Hebräiischen mächtig oder nicht, der Unterschiede zwischen der hebräischen Textform von Jes 53 und der griechischen der LXX insgesamt bewußt war, und nicht nur der Unterschiede bei diesem speziellen Text, sondern bei den von ihm rezipiert356
S. o. S. 120–135, bes. 126–129. S. M. Hengel, Zwischen Jesus und Paulus. Die „Hellenisten“, die „Sieben“ und Stephanus (Apg 6,1–15; 7,54–8,3), in: ders., Paulus und Jakobus. Kleine Schriften III, WUNT 141, Tübingen 2002, 1–67 (= ZThK 72 [1975], 151–206); ders., Zur urchristlichen Geschichtsschreibung, 2. Aufl., Stuttgart 1984, 63–70; vgl. auch ders., Jerusalem als jüdische und hellenistische Stadt, in: ders., Judaica, Hellenistica et Christiana. Kleine Schriften II, WUNT 109, Tübingen 1999, 115–156, bes. 146–149 (= Hellenismus. Beiträge zur Erforschung von Akkulturation und politischer Ordnung in den Staaten des hellenistischen Zeitalters. Akten des Internationalen Hellenismus-Kolloquiums 9.–14. März 1994 in Berlin, hg. v. B. Funck, Tübingen 1996, 269–307); ders., Der vorchristliche Paulus (unter Mitarbeit von R. Deines), in: ders., Paulus und Jakobus. Kleine Schriften III, WUNT 141, Tübingen 2002, 68–192 (= M. Hengel – U. Heckel [Hg.], Paulus und das antike Judentum, WUNT 58, Tübingen 1991, 177–291). S. ferner R. Riesner, Die Frühzeit des Apostels Paulus, WUNT 71, Tübingen 1994, 52–56; U. Mittmann-Richert, Art. Hellenisten, Calwer Bibellexikon, Bd. 1, Stuttgart 2003, 536 f. 357
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I. Der Tod des Knechts
ten Haupttexten des Jesajabuches, das für ihn die wichtigste Schriftgrundlage darsstellte. Die Kenntnis der semitischen Tradition ist um so wahrscheinlicher, wenn man den engen persönlichen Kontakt des Evangelisten zu Paulus nicht als Fikttion abtut, sondern in ihm den Reisebegleiter des ehemaligen Pharisäers erkennt, dessen Verkündigung das Paradigma einer über die Sprachgrenzen hinweg sich vollziehenden Textauslegung ist und in dessen Begleitung Lukas möglicherweise bis nach Palästina gelangte.358 Allerdings ist, dies gilt es hier ausdrücklich zu betonnen, die historische Rekonstruktion nicht die Vorbedingung für die Erfassung des lukanischen Umgangs mit den ihm zuhandenen Überlieferungen. Lukas wußte also, was er tat, als er sich für die Überlieferung einer Passionseerzählung entschied, die Jesu Weg zum Kreuz als Weg des Gottesknechts in Leidden und Tod stilisierte. Dies erweist die Gesamtkomposition seines Evangeliums, das in allen seinen Teilen, bis in die Geburtsgeschichte hinein, Jesu irdisches Wirkken in das Licht der alttestamentlichen Gottesknechtstexte – aller Gottesknechtsttexte einschließlich Jes 61,1–3! – taucht und den gesamten Lebensweg des Chrisstus als Weg des von Gott zur Erlösung Israels und der Völker gesandten Knechts verständlich machen will. Das lukanische Anliegen zur Geltung zu bringen, wird die Aufgabe der folggenden Kapitel sein. An diesem Punkt aber, wo nach dem Leiden des Knechts seine Erhöhung und Verherrlichung in den Blick kommt, ist nun sprachlich doch festzuhalten, daß dort, wo der Evangelist nicht so sehr die Quellen sprechen läßt, sondern selbst umfassend gestaltet und formuliert, die LXX den für ihn entscheiddenden Bezugstext für die motivische Durchführung des Gottesknechtsmotivs darstellt. Das zeigt sich nicht nur in Lk 4,18 f und Apg 8,32 f, sondern auch in der Emmausperikope, wo die unter dem Kreuz aufbrechende Frage nach Jesu Legitimmation und Sendung ganz bewußt auf der Grundlage von Jes 53 LXX beantworttet wird. Es ist dies ein letzter Beweis für die intensive Beschäftigung des Evanggelisten mit den hier zur Diskussion stehenden prophetischen Texten und bestätigt den sprachlich nicht getrennt, sondern im Austausch sich vollziehenden Prozeß der christologischen Adaption des vierten Gottesknechtsliedes.
358 Zur Frage M. Hengel, Der Historiker Lukas und die Geographie Palästinas, ZDPV 99 (1983), 147–183; C.‑J. Thornton, Der Zeuge des Zeugen. Lukas als Historiker der Paulus reisen, WUNT 56, Tübingen 1991, bes. 341–367.
II. Die Erhöhung des Knechts Der Christus muß nach Gottes Willen solches leiden (Lk 24,26) – das ist die dunkle Seite der christlichen Heilsbotschaft, die gerade derjenige Evangelist so eindringlich zu ergründen und zu verkünden sucht, der so unverhohlen auch den Auferstehungsjubel erklingen und so hell die Herrlichkeit des Auferstandenen erstrahlen läßt. Und doch ringt Lukas, ringt er mit dem durch Dunkelheit und Tod führenden Weg Jesu, ringt er mit dem Kreuz, welches der menschlichen Erkenntnnis solch ungeheuren Widerstand leistet. Die Frage nach Jesu Tod ist so drängend, daß Lukas sie, aus nachösterlicher Perspektive, in der Emmauserzählung nochmmals zum Thema erhebt und einer soteriologischen Antwort zuführt. Er tut dies aber auf der Grundlage der Überzeugung, daß das dem menschlichen Geist so schwer zu fassende Geheimnis des leidvollen Weges Jesu in Jesu Gottesknechtsschaft beschlossen liegt. Es liegt beschlossen im messianischen Amt göttlicher Stellvertretung gerade dort, wo das menschliche, sündige Leben seine endgülttige Vernichtung erfährt: im Tod. Daher muß der Christus solches leiden. Warum es angesichts dieses auf den Tod zielenden, im Weg des Knechts beschlossenen „muß“ immer wieder neu verwundert, daß Lukas der Gottesknechtstradition auch den Jubelruf der Heilsvollendung entnimmt und erzählerisch ausgestaltet, bleibt das Rätsel der jüngstvergangenen Forschungsgeschichte. Es scheint, als müsse eine Kreuzestheologie, die diesen Namen verdient, sich den Blick auf die heilvvolle Vollendung des Kreuzesweges, auf die Erhöhung des Knechts in Herrlichkkeit, versagen. Lukas, der vielgescholtene „Heilstheologe“, versagt sich den Jubel nicht. Und es ist dies keineswegs das Zeichen einer fehlgeleiteten theologischen Nivellierung des Kreuzesgeschehens, sondern geschieht in gewissenhafter Veraarbeitung der Tradition, auf deren Grund Lukas steht. Das markanteste Kennzeichen der Gottesknechtstradition ist der ins Extreme gesteigerte Gegensatz zwischen Erniedrigung und Erhöhung, Niederlage und Sieg, Verwerfung und Rehabilitation in Herrlichkeit, ein Gegensatz, den am drammatischsten das vierte Gottesknechtslied entfaltet, das in geradezu erschütterndder Weise dem Tod des Knechts entgegenstrebt, aber einsetzt mit dem königlicchen Siegesruf (Jes 52,13): Siehe, mein Knecht wird Erfolg haben! (LXX: ... wird im Besitz der Erkenntnis sein!) Er wird erhöht und erhaben und sehr groß sein.
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II. Die Erhöhung des Knechts
Dieser Fanfarenstoß siegreicher Sünden- und Todesüberwindung ist gleichzeittig die Verkündigung des durch den Knecht gewirkten Heils, dessen Anbruch für Israel und die Völker die königliche Inthronisation des Knechts markiert und verbürgt. Dabei sind im Gesamtzusammenhang von Jes 52,13–53,12 Tod und Erhöhung des Knechts so eng aufeinander bezogen, daß sie als komplementäre, ja zeitlich zusammenfallende Ereignisse der ein für allemal gewirkten göttlichen Heilsstiftung verkündet werden. Es ist daher nicht sühnetheologisches Desinteresse, das Lukas im Gekreuzigtten immer auch den Erhöhten erblicken läßt, sondern ein tiefempfundenes Einvverständnis mit der deuterojesajanischen Gottesknechtsverkündigung. Ihr Leiddensgeheimnis als den Erkenntnisgrund des christlichen Glaubens zu ergreifen, lädt Lukas mit allem Nachdruck ein, wenn er auf dem Weg nach Emmaus Jesus selbst um Verständnis werben läßt: „Mußte nicht der Christus solches leiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“
1. Der Weg nach Emmaus (Lk 24,13–35) Mit der Frage nach der Heilsnotwendigkeit des Leidens Jesu ist das Thema be nannt, um das die Emmausperikope kreist und in dessen erzählerischer Behandllung sie sich als Meisterwerk erweist. Schon die Wahl des Fragemodus für die
Zu den königlichen Motiven in Jes 53 s. bereits o. S. 55 f mit Anm. 197. Die viel diskutierte Frage nach überlieferungsgeschichtlichen Vorstufen der Emmausperi kope ist hier nicht zu verhandeln. Nicht nur, weil die durchgängig lukanische Überformung der Erzählung außer Frage steht und ihre theologische Nuancierung durch den Evangelisten die Basis jeder theologischen Untersuchung der lukanischen Ostererzählungen bildet, sondern auch deshalb, weil es sich als unmöglich erwiesen hat, eine „Urerzählung“ zu rekonstruieren, wie es etwa H. D. Betz, Ursprung und Wesen christlichen Glaubens nach der Emmauslegende (Lk 24,13–32), ZThK 66 (1969), 7–21, versucht. Vgl. die in der angelsächsischen Forschung bis heute einflußreiche Studie von P. Schubert, The Structure and Significance of Luke 24, in: W. Eltester (Hg.), Neutestamentliche Studien für Rudolf Bultmann, BZNW 21, 2. Aufl., Berlin 1957, 165–176. Am Anfang stand vielleicht nicht mehr als die mündlich überlieferte Erinnerung an eine Erscheinung des Auferstandenen bei Emmaus vor zumindest einem namentlich bekanntten Jesusjünger (Lk 24,18; vgl. auch 1. Kor 15,6). Vgl. die heute noch grundlegende Arbeit von J. Wanke, Die Emmauserzählung. Eine redaktionsgeschichtliche Untersuchung zu Lk 24,13– 35, Leipzig 1973, welche die redaktionelle Prägung der Erzählung und ihre deutliche Stilisierung durch den Evangelisten darstellt und die Fruchtlosigkeit des Bemühens dokumentiert, aus diessem theologischen Gesamtkunstwerk literarische Vorstufen zu extrahieren. S. dazu auch die Zusammenfassung der Ergebnisse in: ders., „ ... wie sie ihn beim Brotbrechen erkannten“. Zur Auslegung der Emmauserzählung Lk 24,13–35, BZ N. F. 18 (1974), 180–192. Gleichwohl erliegt auch Wanke angesichts der Vielzahl überlieferungsgeschichtlicher Hypothesen der aus der quelllenkritischen Zersplitterung erwachsenden Gefahr, den Blick für den Skopus der Gesamtperikope zu verlieren. Denn als Ergebnis aller redaktionsgeschichtlichen Arbeit scheint nicht mehr als die ernüchternde Erkenntnis zu bleiben: „Es fällt schwer, das zentrale Anliegen der Perikope auf einen Nenner zu bringen“ (Auslegung, 180), ein Satz, der, von anderen oft wiederholt, bis heute
1. Der Weg nach Emmaus (Lk 24,13–35)
211
Formulierung des Themas ist ein literarischer Kunstgriff besonderer Art. Denn er weist den angesprochenen Sachverhalt als Erkenntnisproblem aus, das nach Antwort drängt und den Evangelisten zwingt, sein Thema nicht nur erzählerisch durchzuführen, sondern auch theologisch einer Lösung zuzuführen, die der Traggik des Geschehens gerecht wird. Meisterhaft ist aber auch die kunstvolle erzählerische Verarbeitung der Pas sionsmotive vorausliegender Teile des Evangeliums, Motive, deren kompositorrische Plazierung das Kreuzesgeschehen zum Schlüssel der von Blindheit zum Sehen sich wandelnden Erkenntnis der Jünger macht (s. Graphik auf S. 212). Eine besondere Rolle spielt in diesem Zusammenhang die erste Leidensweisssagung Lk 9,22, die im Zentrum der im ganzen chiastisch angelegten Erzähllung steht und das Grundgerüst des großen Dialoges zwischen Jesus und den die Forschungslage kennzeichnet. Vgl. auch R. H. Fuller, The Formation of the Resurrection Narratives, London 1972, 103–114; E. H. Scheffler, Emmaus – a historical perspective, Neotestamentica 23 (1989), 251–267. – Zur Frage der Identifizierung und Lokalisierung des „Emmaus“ genannten Zielortes der Jünger s. A. M. Schwemer, Der Auferstandene und die Emmausjünger, in: F. Avemarie – H. Lichtenberger (Hg.), Auferstehung – Resurrection, WUNT 135, Tübingen 2001, 100 f. Im Blick auf die Gesamterzählung kritisiert Schwemer, op. cit., 95, zu Recht die formgeschichtliche Klassifizierung als Rekognitions‑/ἀναγνώρισις-Erzählung; so z. B. F. Schnider – W. Stenger, Beobachtungen zur Struktur der Emmausperikope (Lk 24,13–35), BZ N. F. 16 (1972), 112; G. Theissen – A. Merz, Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, Göttingen 1996, 423 f. Zur älteren Forschung s. R. J. Dillon, From Eye-Witnesses to Ministers of the Word. Tradition and Composition in Luke 24, AnBib 82, Rom 1978, 75 f mit Anm. 21. Zur Textgeschichte s. C.‑B. Amphoux, Le chapitre 24 de Luc et l’origine de la tradittion textuelle du Codex de Bèze (D.05 du NT), Filologia Neotestamentaria 7 (1991), 21–49. Das im Folgenden der Interpretation zugrunde gelegte chiastische Schema ist nicht identtisch mit den chiastischen Strukturen, wie sie die strukturalistische Exegese erarbeitet hat, die jede Zeile, wenn nicht jedes Wort schematisierend erfaßte. Vgl. X. Léon-Dufour, Résurrection de Jésus et message pascal, Paris 1971, 212 f; Sr. Jeanne D’Arc, Les pèlerins d’Emmaüs, Paris 1977, 32–48; dies., Un grand jeu d’inclusion dans „les pèlerins d’Emmaüs“, NRTh 99 (1977), 62–76; vgl. dies., La catéchèse sur la route d’Emmaüs, LV 32 (1977), 7–20. Im Anschluß an sie: T. Radcliffe, The Emmaus Story: Necessity and Freedom, NBI 64 (1983), 485; R. Meynet, Comment établir un chiasme: À propos des „pèlerins d’Emmaüs“, NRTh 100 (1978), 233–249; ders., L’Évangile de Luc, Rhétorique sémitique 1, Paris 2005, 932– 938; J.‑M. Guillaume, Luc interprète des anciennes traditions sur la résurrection de Jésus, EtB, Paris 1979, 75 f; C. Grappe, Au croisement des lectures et aux origines du repas commu nautaire. Le récit des pèlerins d’Emmaüs: Luc 24/13–35, ETR 73 (1998), 495–499; vgl. B. van Iersel, Terug van Emmaüs. Bijdragen tot een structurele tekstanalyse van Lc. 24, 13–35, TTh 18 (1978), 294–323, und C. Combet-Galland – F. Smyth-Florentin, Le pain qui fait lever les écritures. Emmaüs, Luc 24/13–35, ETR 68 (1993), 324–326. Im Gegensatz zu den in den genannten Arbeiten zutage tretenden formalistischen Gliederungsprinzipien gilt es, chiasstische Grundstrukturen in Erzähltexten als ein Stilmittel zu begreifen, das nicht der mathemattisch geordneten Gleichschaltung von Textinhalten dient, sondern der äußeren Ordnung zusammmenhängender Gedankengänge, innerhalb derer sich die Sprache ihre Lebendigkeit und Freiheit bewahrt. – Zu anderen, nicht an einer Ringkomposition orientierten Gliederungsvorschlägen s. Schwemer, Der Auferstandene, 96; Schneider, Lukas, 496 f; Fitzmyer, Luke X–XXIV, 1559; M. Frenschkowski, Offenbarung und Epiphanie, Bd. 2. Die verborgene Epiphanie in
212 V. 13
II. Die Erhöhung des Knechts ἐν αὐτῇ τῇ ἡμέρᾳ ἦσαν πορευόμενοι ... ἀπὸ Ἰερουσαλήμ ...
V. 14
... ὡμίλουν πρὸς ἀλλήλους ...
V. 15 V. 16
καὶ ἐγένετο ἐν τῷ ... (+ Inf.) καὶ αὐτὸς Ἰησοῦς ἐγγίσας συνεπορεύετο αὐτοῖς, οἱ δὲ ὀφθαλμοὶ αὐτῶν ἐκρατοῦντο τοῦ μὴ ἐπιγνῶναι αὐτόν.
V. 17–27 Dialog V. 20
Jünger: παρέδωκαν αὐτὸν οἱ ἀρχιερεῖς καὶ οἱ ἄρχοντες ἡμῶν εἰς κρίμα θανάτου καὶ ἐσταύρωσαν αὐτόν.
V. 26 Jesus: οὐχὶ ταῦτα ἔδει παθεῖν τὸν χριστὸν καὶ εἰσελθεῖν εἰς τὴν δόξαν αὐτοῦ;
Lk 9,22 εἰπὼν ὅτι δεῖ τὸν υἱὸν τοῦ ἀνθρώπου πολλὰ παθεῖν
καὶ ἀποδοκιμασθῆναι ἀπὸ τῶν πρεσβυτέρων καὶ ἀρχιερέων καὶ γραμματέων καὶ ἀποκτανθῆναι καὶ τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἐγερθῆναι
V. 28–30 καὶ ἐγένετο ἐν τῷ (+ Inf.: Lk 22,19 κατακλιθῆναι αὐτὸν μετ’ αὐτῶν) λαβὼν τὸν ἄρτον καὶ λαβὼν ἄρτον εὐλόγησεν καὶ κλάσας εὐχαριστήσας ἔκλασεν ἐπεδίδου αὐτοῖς, καὶ ἔδωκεν αὐτοῖς V. 31 αὐτῶν δὲ διηνοίχθησαν οἱ ὀφθαλμοὶ καὶ ἐπέγνωσαν αὐτόν· καὶ αὐτὸς ἄφαντος ἐγένετο ἀπ’ αὐτῶν V. 32 V. 33–35
... εἶπαν πρὸς ἀλλήλους ...
... αὐτῇ τῇ ὥρᾳ ὑπέστρεψαν εἰς Ἰερουσαλήμ ...
mit Blindheit geschlagenen Jüngern bildet (V. 20 und 26). Sie wird von Lukas in Anlehnung an den Wortlaut von Lk 9,22 aufgegriffen, aber erzählerisch aufgebbrochen, so daß ihr erster Teil im Munde der Jünger, ihr zweiter im Munde Jesu Spätantike und frühem Christentum, WUNT 2. Reihe 80, Tübingen 1997, 225. Alle genanntten Autoren isolieren jeweils vier Erzählteile voneinander: V. 13–16; V. 17–27; V. 28–32/33; V. 32/33–35. – Daß das Kapitel Lk 24 im ganzen chiastisch strukturiert ist, erweist L. Dussaut, Le triptyque des apparitions en Luc 24 (Analyse structurelle), RB 94 (1987), 161–213.
1. Der Weg nach Emmaus (Lk 24,13–35)
213
erklingt. Auf diese Weise erzeugt der Evangelist eine aufs äußerste gesteigerte Spannung, die sich auflöst mit der Erkenntnis Jesu durch die Jünger, und zwar an derjenigen Stelle des Rahmenteils, an welcher in neuerlicher wörtlicher Remminiszenz das Abendmahlsgeschehen in den Blick kommt. Wie Lukas literarisch vorgeht und theologisch gestaltet, läßt sich an dieser Stelle besonders deutlich nachvollziehen, weil hier das in Lk 9,22 nach der markkinischen Vorlage (Mk 8,31) zitierte Traditionsmaterial eine zweite thematische Behandlung und charakteristische Umformulierung erfährt, die aufschlußreich für das Kreuzesverständnis des Evangelisten ist. Die Neugestaltung des Stofffes besteht zum einen in der augenfälligen Ersetzung des Menschensohntitels (Lk 9,22) durch den Titel χριστός (V. 26), der Jesu Person und Sendung begriffllich von der vorösterlichen Verhüllung befreit und den Erweis der Messianität Jesu unmittelbar mit dem Kreuzesgeschehen verbindet. Die Umgestaltung betrifft zum anderen die äußerlich im Gegensatz dazu ganz unscheinbare Ersetzung der menschlichen Würdebezeichung πρεσβύτεροι (Lk 9,22) durch ἄρχοντες (V. 20), wodurch auch die Nennung der γραμματεῖς hinfällig wird. Man mag zur Erklärung dieses Sachverhalts auf den lukanischen Sprachgebbrauch verweisen, dem die Titulierung der jüdischen Obrigkeit als ἄρχοντες eigentümlich ist (Lk 14,1; 23,13.35; 24,20; Apg 3,17; 4,5.8; 13,27; 14,5; sonst nur Joh 7,26.48; 12,42). Man hätte damit aber nicht den Grund für die terminnologische Vorliebe des Evangelisten genannt. Ein solcher wird erkennbar in der theologischen Programmatik, mit welcher Lukas den Begriff verwendet. Er bezzieht ihn nach Apg 4,25–28 aus Ps 2, wo die ἄρχοντες neben den βασιλεῖς als Widersacher Gottes und seines Gesalbten (χριστός) erscheinen (Ps 2,2 LXX), und bringt ihn im genannten Kontext gezielt mit Jesus als dem königlichen Nachfolger und göttlichen Gesalbten in Verbindung (Apg 4,26 f). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die über Ps 2 hinausgehende, auf David und Jesus angewandte Betitelung des königlichen Gesalbten als Knecht, deren traditionsgeschichtliche Auf die Bedeutung der ersten Leidensweissagung Lk 9,22 für das Verständnis der Em mausperikope weist auch Dillon, Eye-Witnesses, 141 f, hin. Eine ganz ähnliche chiastische Struktur erkennt auch Just, Lk 9:51–24:53, 979–981, als das Gestaltungsprinzip der Perikope. Zu widersprechen ist ihm allerdings in der strukturelllen Zertrennung des grammatikalisch zusammengehörigen Satzgefüges V. 31 f, ein Problem, auf das der Autor an späterer Stelle selbst verweist (op. cit., 1009). – Gegen J. Dupont, Les disciples d’Emmaüs (Lc 24, 13–35), in: M. Benzerath – A. Schmid – J. Guillet (Hg.), La Pâque du Christ. Mystère de salut. FS P. F.‑X. Durrwell, LeDiv 112, Paris 1982, 167–195, bes. 185 ff, ist im Hinblick auf die oben vorgeschlagene Gliederung der Perikope festzuhalten, daß die drammatische Entwicklung der Erzählung und die von Lukas bewußt vorgenommene Steigerung der Spannung bis zum Höhepunkt in der Mahlszene kein Indiz gegen die chiastische Struktur des Textes ist, da das chiastische Zentrum, der Dialog zwischen Jesus und seinen Jüngern, die Verstehensgrundlage für das Mahlereignis bildet. Vgl. Joachim Jeremias, Sprache, 315 und 235 f.
214
II. Die Erhöhung des Knechts
Grundlage Jes 52,13 ist, der für die genannte Motivkombination einzig in Frage kommende Bezugstext. An der theologischen Programmatik der genannten Stellle Apg 4,25–28 besteht kein Zweifel. Sie ist, was die bevorzugte Wahl des Titels ἄρχοντες zur Bezeichnung der jüdischen Volksführer betrifft, ein weiteres Indiz für den steten Rückgriff des Evangelisten auf das alttestamentliche Traditionsmmaterial als den Verheißungs- und Verständnisgrund des Christusgeschehens, gerrade auch dort, wo sich dieses Geschehen als dunkel erweist. Daß Lukas, nachddem er bei der ersten Leidensankündigung (Lk 9,22) die Titel πρεσβύτεροι und γραμματεῖς im Anschluß an die markinische Vorlage um der Authentizität des ihm überlieferten Jesuswortes willen bewußt beibehalten hatte, diese Titel nun ersetzt durch den in Ps 2,2 LXX vorgegebenen Begriff ἄρχοντες (Lk 24,20), zielt auf den von Davids Zeiten an wirksamen und im Plan Gottes verankerten Widerstand gegen den Knecht und Gesalbten Gottes. Daß dieser Widerstand für immer geradde dort gebrochen wird, wo die Gottesfeinde über Gott zu triumphieren meinen, nämlich im Tode des Christus, entspricht dem Sendungsauftrag des Knechts. Daß aber die in Apg 4,25–28 im Wortlaut vollzogene Zusammenführung der David- und der Gottesknechtstradition den Hintergrund auch der Redeeinheit Lk 24,17–27 bildet, zeigt die Umformulierung von Lk 9,22 in Lk 24,20 und 26. Denn diese umfaßt nicht allein die theologisch zielgerichtete Nennung der ἄρχοντες (V. 20), sondern auch das pointiert in den Zusammenhang eingetragene Vokabullar des vierten Gottesknechtsliedes. Am signifikantesten ist in diesem Zusammenhhang die Umschreibung des Auferstehungs- und Erhöhungsgeschehens als Eintritt in die dem Gesalbten zukommende δόξα, womit deutlich auf die ersten Verse des Liedes angespielt ist, und zwar nicht in ihrer hebräischen, sondern in ihrer griecchischen Fassung, in welcher das Substantiv δόξα sowie das Verb δοξάζειν zu Leitbegriffen der gesamten Eingangspassage erhoben sind: Jes 52,13 LXX: ... ὁ παῖς μου ... δοξασθήσεται σφόδρα Jes 52,14 LXX: ... οὕτως ἀδοξήσει ἀπὸ ἀνθρώπων τὸ εἶδός σου καὶ ἡ δόξα σου ἀπὸ τῶν ἀνθρώπων Jes 53,2 LXX: ... οὐκ ἔστιν εἶδος αὐτῷ οὐδὲ δόξα
In schöner sprachlicher Antithese findet sich hier der Weg des Gottesknechts nachggezeichnet, der Weg aus ehrloser Erniedrigung und dem Verlust all dessen, was die
Dieser von Lukas fest konstituierte Zusammenhang von Gottesknechtschaft und daviddischem Königtum wird in allen gängigen Untersuchungen zum „davidischen“ Interesse des Evangelisten ignoriert. Vgl. stellvertretend für viele F. F. Bruce, The Davidic Messiah in LukeActs, in: G. A. Tuttle (Hg.), Biblical and Near Eastern Studies. FS W. Sanford LaSor, Grand Rapids, Michigan 1978, 7–17.
1. Der Weg nach Emmaus (Lk 24,13–35)
215
δόξα eines Menschen ausmacht, zu königlicher Erhöhung durch Gott und Wieddereinsetzung in die δόξα-Existenz in einer alles menschliche Maß übersteigendden Form. Die Besonderheit dieser leitmotivischen Verwendung der δόξα-Begriffllichkeit liegt darin, daß sie keine direkte Parallele im hebräischen Text hat. Die Formulierung in V. 26 verdankt sich eindeutig der griechischen Rezeption des viertten Gottesknechtsliedes. Auf die griechische Form von Jes 53 geht auch die Ersetzzung von ἀποκτανθῆναι (Lk 9,22) durch die Wendung παρέδωκαν αὐτὸν ... εἰς κρίμα θανάτου in V. 20 zurück. Sie ist eine Kombination aus Jes 53,8 LXX, wo vom Gericht, das den Knecht trifft (ἡ κρίσις), und der Todesfolge (ἀπὸ τῶν ἀνομιῶν τοῦ λαοῦ μου ἤχθη εἰς θάνατον) die Rede ist, und aus Jes 53,12 LXX: παρεδόθη εἰς θάνατον ἡ ψυχὴ αὐτοῦ. Bemerkenswert ist ferner, daß mit κρίμα ein Stichwort des Kreuzesgesprächs zwischen Jesus und den Schächern aufgennommen ist, welches dort den über die Frevler gefällten Gerichtsspruch bezeichnnet (Lk 23,40), dem verheißungsgemäß auch der Gottesknecht – als Frevler unter Frevlern (Jes 53,9.12) – unterworfen ist. Der enge sachliche Bezug der genannten Szenen zueinander, d. h. der Kreuzigung Jesu und des Emmausgesprächs, offenbbart sich schließlich auch darin, daß die über Jesus spottende jüdische Obrigkeit in Lk 23,35 ebenfalls unter dem zusamenfassenden Begriff ἄρχοντες erscheint, sowie in der an beiden Orten laut werdenden Ankündigung, Jesus werde eingehen (εἰσελθεῖν) in seine βασιλεία (Lk 23,42) bzw. in seine δόξα (Lk 24,26). Damit ist die δόξα als das göttliche Reich gekennzeichnet (vgl. Lk 4,5; 19,38), in welcchem der Knecht, der am Kreuz als solcher erkannt wird,10 als königlicher Messsias (χριστός) die Herrschaft übernimmt. Deutlicher als in der programmatischen Verbindung von Knecht und König, die aus der Umformulierung der ersten Leiddensweissagung Lk 9,22 nach Jes 53 LXX erwächst, kann Lukas die im Sinne der Heilsvollendung unlösbare Verknüpfung von Tod und Auferstehung Jesu nicht zur Anschauung bringen! Jesus erweist – das ist die Botschaft der Emmausperikkope – seine Messianität darin, daß er als der in den Schriften prophetisch verkkündigte (V. 27) Gottesknecht das dem Menschen zukommende Todesleiden auf sich nimmt (V. 26a), um in der Herrlichkeit des dadurch dem Menschen für immer geöffneten Gottesreiches (V. 26b) die Herrschaft zu übernehmen. Dabei erhält im gegebenen Zusammenhang der auf die Menschlichkeit des Knechtes ziellende Begriff seine eigentliche Bedeutung aus seiner Verbindung mit der Vorstellung der göttllichen δόξα, mit welcher der erhöhte Knecht am Ende ausgestattet wird. – Zum Gebrauch des Begriffs in der LXX s. G. Kittel, Art. δοκέω, δόξα κτλ. D. δόξα in LXX und bei den helllenistischen Apokryphen, ThWNT 2, Stuttgart 1935, 245–248. Vgl. auch J. M. Bohnet, Der Auferstandene als der Erhöhte und seine beiden sichtbaren Himmelfahrten im lukanischen Doppelwerk, Diss. masch., Heidelberg 2002, 95–107 (erscheint 2008 unter dem Titel „Die Himmelfahrten Jesu im lukanischen Doppelwerk“, Texte und Arbeiten zum neutestamentlichen Zeitalter 46, Tübingen). Vgl. auch das nochmalige παρεδόθη am Schluß des Verses. 10 So auch Bohnet, Der Auferstandene, 103–105.
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II. Die Erhöhung des Knechts
Exkurs: Auferstehung und Erhöhung in Herrlichkeit Der Ereigniszusammenhang von Tod und königlicher Erhöhung des Knechts, wie er sich in Lk 24,26 im Licht von Jes 52,13–53,12 so deutlich präsentiert11 und auch in Lk 23,43 angedeutet ist, gehört allerdings in der Lukasforschung – neben der sühnetheologischen Pointierung der Passionsgeschichte – zu den am häufigsten bestrittenen Sachverhalten. Als wissenschaftlich drängendes Problem erscheint jedoch nicht die in Lk 23,45 ins Bild gefaßte Vorstellung von der mit dem Ereignis des Sterbens Jesu zeitlich unmittelbar zusammmenfallenden Aufrichtung der βασιλεία τοῦ θεοῦ auf Erden, die gar nicht im Blickfeld der Forschung liegt, weil sie dem Wissen um die Bindung Jesu durch den Tod bis zur Auferstehhung am dritten Tag zu widerstreiten scheint.12 Zur Diskussion steht allein die Frage des zeitlichen Zusammenfallens bzw. der zeitlichen Aufeinanderfolge von Auferstehung und Erhöhung.13 Denn die mehrfache Erscheinung Jesu vor seinen Jüngern und die beiden Himmmelfahrtsberichte Lk 24,50–53 und Apg 1,1–12 lassen die Vorstellung einer zeitlichen und sachlichen Differenz zwischen der Auferstehung als dem Ereignis der Todesüberwindung und der Erhöhung als dem Akt der herrscherlichen Inthronisation Jesu entstehen.14 Daß das mehrfache Erscheinen und Entschwinden Jesu zum interpretatorischen Problem wird, liegt allerdings weniger an Lukas als vielmehr am steten Versuch der Exegeten, räumlich und zeitlich zu systematisieren, was der Evangelist einer heilsgeschichtlichen Systematik unterworfen weiß, die wissenschaftlich nur traditionsgeschichtlich nachzuzeichnen ist.15 Auf dem Hintergrund des von Lukas in 24,26 systematisch verarbeiteten Textes Jes 52,13– 53,12 muß es als ganz unmöglich gelten, daß der vom Tode Auferstandene erst mit dem als „Himmelfahrt“ bezeichneten Ereignis, d. h. nach einem Zeitraum von vierzig Tagen, in einen Raum „oben“ im Himmel erhöht wird.16 Nicht weniger unmöglich ist die sich daraus unmittelbar ergebende Folgerung, daß der Auferstandene vor seiner Erhöhung in die himml11 So auch Voss, Christologie, 133. Vgl. Apg 3,13; dazu A. Wikenhauser, Die Apo stelgeschichte, RNT 5, 4. Aufl., Regensburg 1961, 59; E. Haenchen, Die Apostelgeschichte, HNT, 3. Abt., 6., durchges. Aufl., Göttingen 1969, 165; Wilckens, Missionsreden, 38. 12 Dazu bereits ausführlich im Exkurs zur βασιλεία τοῦ θεοῦ o. S. 146–156. 13 Vgl. etwa Voss, Christologie, 144–148, der sogar von „einzelnen Phasen der Erhöhung Jesu“ spricht, und G. Bouwman, Die Erhöhung Jesu in der lukanischen Theologie, BZ N. F. 14 (1970), 257–263, der die Frage, wie innerhalb des lukanischen Doppelwerkes die mit dem Zeitschema verbundenen theologischen Divergenzen zu erklären seien, beantwortet mit dem Hinweis auf die Verschiedenartigkeit der Traditionen, die Lukas verarbeitet habe. S. auch Franklin, Christ, 37 f. – Ausdrücklich gedankt sei in diesem Zusammenhang Herrn Jörg Michael Bohnet (Der Auferstandene, s. Anm. 8), dessen im persönlichen Gespräch vorgettragene Thesen zum Thema die hier gebotene Ausarbeitung angeregt haben und dessen sorgfälttig dokumentierter Überzeugung, daß in Lk 24,50–53 und Apg 1,9–11 von zwei verschiedenen Ereignissen die Rede ist, die obige Analyse des Sachverhalts im Grundsatz folgt. 14 Vgl. auch O. Betz, The Kerygma of Luke, in: ders., Jesus. Der Messias Israels. Aufsätze zur biblischen Theologie, WUNT 42, Tübingen 1987, 267. 15 Einen Überblick über die zahlreichen exegetischen Harmonisierungsversuche gibt Bohnet, Der Auferstandene, 26–33. 16 Vgl. Schulz, Mitte, 147. – Die Interpretation der Himmelfahrt als Erhöhung wird am nachhaltigsten vertreten von G. Lohfink, Die Himmelfahrt Jesu. Untersuchungen zu den Himmelfahrts- und Erhöhungstexten bei Lukas, StANT 26, München 1971, und hat für viele Exegeten immer noch den Rang einer opinio communis. Zur Lit. s. ausführlich Bohnet, Der Auferstandene, 61–63 Anm. 203–209.
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lische Welt Gottes eine auf das irdische Leben beschränkte Existenzform gehabt und sich den Jüngern je und dann aus einer nicht näher zu umschreibenden diesseitigen Verborgenhheit heraus offenbart hätte17. Welche irdischen Räume hätte der Evangelist für das Dasein des vor den Augen der Emmausjünger unsichtbar Werdenden vor Augen gehabt oder haben können? Das Unsichtbarwerden Jesu in der Emmausperikope kann gar nicht anders denn als Übertritt in die himmlische Sphäre Gottes gedeutet werden.18 Die Reduktion der lukannischen Berichte auf raum-zeitliche Zusammenhänge bzw. Gegensätze verkennt den relattionalen Aspekt des Geschehens und damit seine soteriologische Bedeutung.19 Wer dennoch Auferstehung und Erhöhung des Christus mit den Vorstellungen von „oben“ und „unten“, von Himmel und Erde als zwei räumlich getrennten Orten zu fassen versucht, darf dies keinesfalls unter Absehung von der bereits benannten Tatsache tun, daß nach lukanischem Verständnis das Reich Gottes zum Zeitpunkt des Todes Jesu seinen Platz schon auf Erden erhalten hat, also aus dem „Oben“ der himmlischen Höhen, aus dem Raum, in dem Sünde und Tod, Unreines und Verkehrtes keinen Platz haben, „hinab“gekommen ist und in der Niedrigkeit, dem „Unten“ der Erde, neuen Raum erhalten hat. Es ist der heilswirksame Tod Jesu – nicht seine Auferstehung! –, der Himmel und Erde, Gott und Mensch zusammenbringt, verbindet und die irdische Errichtung des Gottesreiches ermögllicht. Damit ist, wenn man das räumliche Bild als ein relationales, soteriologisch zielgerichttetes erkennt, nichts anderes gesagt, als daß durch Jesu Tod, als der Vorhang des Tempels zerreißt, dem erdverhafteten und sündenverfallenen Menschen der Eintritt in die βασιλεία geöffnet ist, der Weg zur Gemeinschaft des Unheiligen mit dem heiligen Gott. Durch das stellvertretend vergossene Blut des Gottessohnes wird das menschliche Leben dem Leben Gottes inkorporiert, erhält der Mensch „Raum“ im „Raum“ Gottes. Das für die Diskussion um die Erhöhung und Himmelfahrt Jesu konstitutive Gegenüber von „oben“ und „unten“, „Himmel“ und „Erde“ ist nach lukanischem Verständnis durch Jesu Tod am Kreuz aufgehhoben, da von Stund an die Gegenwart Gottes, seine doxa, die statt der vergehenden Sonne die Erde erhellt (Jes 24,23; 60,19; Lk 23,45), den irdischen Raum erfüllt und die βασιλεία τοῦ θεοῦ im Kreuz zur irdischen Wirklichkeit wird. Im Bild gesprochen: Der Thron Gotttes steht auf Erden; „der Gekreuzigte repräsentiert den thronenden Gott“20 und erweist sich damit bereits im Tode als der Erhöhte und zur Herrschaft in Herrlichkeit Bestimmte. Da er aus dem Tod ins Leben heraustritt, übernimmt er die Herrschaft in dem durch sein Sterbben dem Menschen auf immer geöffneten Gottesreich. Im Blick auf die lukanische Kreuzeserzählung, die gleich zweimal das Kreuz Jesu unmittelbar mit dem Anbruch des Reiches Gottes auf Erden verknüpft und das Königtum 17 So etwa H. Graß, Ostergeschehen und Osterberichte, Göttingen 1971 (Nachdr. der 2 2. Aufl., Berlin 1964), 45; Lohfink, Himmelfahrt, 272–275; R. Pesch, Die Apostelgeschichte, 1. Teilband: Apg 1–12, EKK 5/1, 2., durchges. Aufl, Solothurn – Düsseldorf – Neukirchen-Vluyn 1995, 75; J. M. Nützel, Himmelfahrt Christi I. Neues Testament, LThK3 5, Freiburg i. Br. 1996, 122 f; Conzelmann, Mitte, 189 f. Vgl. auch J. Roloff, Die Apostelgeschichte, NTD 5, 17. Aufl., Göttingen 1981, 26. Unscharf formuliert auch Glöckner, Verkündigung, 218 f, wenn er feststellt, daß „für Lukas der Auferstandene noch nicht in vollem Sinne identisch mit dem erhöhten κύριος“ sei. – Dagegen wieder Bohnet, op. cit., 124 f. 18 Vgl. Eckstein, Leben, 181 f. 19 Die Ausführungen in diesem Exkurs stehen in engstem sachlichen Zusammenhang mit den im Exkurs zur βασιλεία τοῦ θεοῦ gewonnenen Ergebnissen, auf die im Folgenden wiederholend zurückgegriffen wird, aber ohne eine nochmalige Begründung. 20 Gese, Sühne, 105. Dazu bereits ausführlich o. S. 107 f.
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II. Die Erhöhung des Knechts
des Christus so eng wie möglich an die Gottesknechtschaft Jesu und damit an sein Leiden bindet, ist es ganz unmöglich, die Erhöhung Jesu als ein vom Auferstehungsgeschehen losgelöstes Ereignis zu verstehen21 sowie den theologischen Zusammenhang von Tod und Auferstehung aufzubrechen. Gerade in der Emmausperikope setzt Lukas ja das Erhöhtssein des Christus als geschehen voraus (ἔδει: Lk 24,26)22 und fordert damit vom Leser seines Evangeliums, das Ereignis der Himmelfahrt, von dem er später berichtet, im Lichte dieser Tatsache zu interpretieren. Es erweist sich hier einmal mehr als ein verhängnisvolller interpretatorischer Irrweg, daß man Lukas in den theologischen Grundfragen immer wieder eine eigentümliche Sondersicht der Dinge unterstellt, die im Detail entscheidend vom urchristlichen Kerygma abweicht.23 Dieses deutet die Erscheinungen des Auferstanddenen nie anders als das Erscheinen des Erhöhten vom Himmel her (1. Kor 15,3–824; vgl. Gal 1,12.16; 2. Kor 4,5 f) und Auferstehung und Erhöhung als einen zeitlich und sachlich zusammenfallenden Akt (Röm 1,3 f; vgl. Phil 2,8 f)25. Da Lukas nicht nur in der Emmaus erzählung (Lk 24,26), sondern auch in der Apostelgeschichte (Apg 2,32–36; 5,30–32; vgl. Apg 10,39–41; zur Erscheinung vor Paulus Apg 9,3; 22,6; 26,13) den unlösbaren Ereignniszusammenhang von Auferstehung und Erhöhung vor Augen stellt, hat die Exegese auch die Himmelfahrtsberichte von diesem Zusammenhang her zu deuten.26 Wie aber ist die in Lk 24,50 f und Apg 1,1–12 geschilderte „Himmelfahrt“ zu verstehhen, wenn sie nicht den Akt der Inthronisation Jesu zur Rechten Gottes abbildet, sondern die königliche Erhöhung des Christus in Herrlichkeit (Lk 24,26) und Einsetzung zum Herrscher im Reich Gottes bereits voraussetzt? Im Hinblick auf die von Lukas vor allem in den Auferstehungserzählungen thematisierte Frage nach der menschlichen Erkenntnis wird man zunächst sagen müssen: Die Himmelfahrt Jesu dient der irdischen Manifestation des bereits Wirklichen. Die Jünger bekommen, da Jesus vor ihren Augen in den Himmel fährt, zu sehen, was ist: die transzendente Einheit von Vater und Sohn und die aus dieser 21 Die oben dargestellte Sicht des Zusammenhangs von Auferstehung und Erhöhung im Lukasevangelium vertreten auch A. W. Zwiep, The Ascension of the Messiah in Lukan Christology, NT.S 87, Leiden – New York – Köln 1997, 152 f.163.165, der im Anhang die gessamte ihm zuhandene Literatur der Jahre 1911–1996 zum Thema zusammenstellt (op. cit., 200– 215); ders., Assumptus est in caelum. Rapture and Heavenly Exaltation in Early Judaism and Luke-Acts, in: F. Avemarie – H. Lichtenberger (Hg.), Auferstehung. Resurrection, WUNT 135, Tübingen 2001, 345–349, und Bohnet, Der Auferstandene, 61–135. 22 S. W. Bauer – K. u. B. Aland, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, 6., völlig neubearb. Aufl., Berlin – New York 1988, Sp. 344 s. v. δεῖ D, und F. Blass – A. Debrunner – F. Rehkopf, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, 17. Aufl., Göttingen 1990, § 3582 Vgl. auch Bohnet, op. cit., 51.90–115; gegen Zwiep, Ascension, 152 Anm. 1, der die Notwendigkeit abstreitet, die DoxaAussage als Vergangenheitsaussage zu interpretieren. 23 Vgl. nochmals Zwiep, Ascension, 163. 24 Vgl. Stuhlmacher, Biblische Theologie 1, 172 f. 25 Vgl. E. Ruckstuhl, Auferstehung, Erhöhung und Himmelfahrt Jesu [1968], in: ders., Jesus im Horizont der Evangelien, Stuttgarter biblische Aufsatzbände 3, Stuttgart 1988, 194; Lohfink, Himmelfahrt, 97; E. Schillebeeckx, Jezus. Het verhaal van een levende, 8. Aufl., Baarn 1982, 436; L. Goppelt, Theologie des Neuen Testaments, 3. Aufl., Göttingen 1978, 285– 287; Stuhlmacher, op. cit., 174; Zwiep, Assumptus, 328. 26 So mit ausführlicher Begründung und Diskussion der angegebenen Stellen Bohnet, Der Auferstandene, 61–137 (Zusammenfassung und Ergebnis 135–137).
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Einheit resultierende und bereits vollzogene Übertragung der Herrschaft im Reich Gottes vom Vater auf den Sohn.27 Als Zeugen der „Himmelfahrt“ können die Jünger die vordem als ambivalent erlebte und dem Erkennen und Sehen nur verschwommen wahrnehmbare Gemeinschaft mit dem Auferstandenen als das begreifen, was sie war: als Gemeinschaft mit dem durch den Tod zum Herrscher im Reich Gottes erhöhten Christus. Die Augen der Jünger bekommen, da sie der Auffahrt Jesu in den Himmel ansichtig werden, als Vorgang zu sehen, was in der Emmausperikope im Unsichtbarwerden Jesu als Tatsache vorausgessetzt wird: die Überwindung der Grenzen des Irdischen durch den Auferstandenen und seinen Eintritt in das Reich und Leben Gottes. Daß dies indes der Sache nach kein einmmaliger Akt ist, erweist neben der Mehrzahl der Auferstehungserscheinungen in Lk 24, die allesamt das Faktum des vom Auferstandenen geübten Übertritts von der Transzenddenz in die Immanenz dokumentieren, auch die zweifache Schilderung des Vorgangs in Lk 24,51 und Apg 1,9. Die angeblich mit diesem Doppelereignis verbundene exegetische Problematik ist eine solche nur, wenn man das Zum-Himmel-Fahren Jesu als den Akt der Erhöhung und Inthronnisation Jesu und damit als notwendig einmaliges Geschehen begreift. Folgt man jedoch der von Lukas selbst vorgegebenen Deutung des bis zur Herabkunft des Geistes (Apg 1,8; 2,4.33) von Jesus in Person je und dann geübten Hervortretens aus der Transzendenz, dann verliert der „zweite“ sich sichtbar vor den Augen der Jünger vollziehende Übertritt Jesu in den Himmel als den Transzendenzraum Gottes seine interpretatorische Problematik.28 Dies auch deshalb, weil die Lk 23–24 und Apg 1 verbindende Tagesfolge keiner historischen, sondern einer heilsgeschichtlichen Systematik unterliegt, die das Schema vom Anfang des irdischen Wirkens Jesu in modifizierter Form wieder aufnimmt. Um aber die heilsgeschichtliche Symbolik der von Lukas so und nicht anders geschildderten Himmelfahrtsereignisse zu verstehen, gilt es, sich des eschatologischen Zusammmenhangs von Schöpfung und Erlösung bewußt zu werden, der die von Lukas abgebildete Ereignisfolge bis in die letzten Verästelungen konstituiert. Dreh- und Angelpunkt der theollogischen Zusammenhänge ist auch hier wieder der Tod Jesu, genauer, die Zeitspanne, die Jesus bis zur Auferstehung im Tode verbleibt. Sie umfaßt, bis auf die sachlich durch die Notwendigkeit des Begräbnisses bedingten letzten Stunden des Rüsttages vor Anbruch des Sabbat (Lk 23,44–46.50–56), nur den Sabbat selbst, da bereits am frühen Morgen des ersten Wochentages (Lk 24,1) die Auferstehung von den Engeln am Grab als bereits geschehen bezeugt wird (Lk 24,6).29 Die einen Sabbat währende Todesverhaftung Jesu aber ist mit Blick auf die göttliche Sinngebung dieses Tages markant: Der Ruhetag des Schöpfers (Gen 2,2 f) und des aus der Knechtschaft erlösten Menschen (Ex 20,8–11; Dtn 5,13–15) wird zum Tag der Todesruhe Jesu. Es verwundert, daß diese Tatsache gemeinhin als ein rein historissches Faktum ohne theologischen Symbolwert betrachtet wird, wenn sie nicht überhaupt 27 Dem entspricht, daß der Auferstandene mit den Jüngern über die βασιλεία τοῦ θεοῦ (Apg 1,3), das ihm zur Herrschaft übergebene göttliche Reich, redet. 28 Von zwei voneinander unterschiedenen Ereignissen geht auch Bohnet, Der Auferstandene, 36.51, aus. Andeutungsweise auch O. Betz, Entrückung II. Biblische und frühjüdische Zeit, TRE 9, Berlin – New York 1982, 688–690. 29 Der im weiteren entfaltete Sachverhalt wird in ähnlicher Weise von Just, Luke 9:51– 24:53, 813.940–942.957–960, beschrieben und interpretatorisch ausgewertet. Es sei in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, daß Lukas als einziger der Synoptiker in Lk 23,56 eigens auf die Einhaltung der Sabbatruhe verweist.
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II. Die Erhöhung des Knechts
von der Vorstellung einer mehrtägigen Verhaftung Jesu im Tod überdeckt wird, die sich mit der in den markinischen Leidensweissagungen überlieferten Ankündigung der Aufersstehung „nach drei Tagen“ (Mk 8,31; 9,31; 10,33 f) statt „am dritten Tag“ (Lk 9,22 par. Mt 16,21; Mt 17,23; Lk 18,33 par. Mt 20,19; 1. Kor 15,4) verbindet.30 Aber auch Markus läßt in der Schilderung der Passionsereignisse keinen Zweifel an dem nur den Sabbat über daueernden Verbleib Jesu im Tod (Mk 15,42–16,8). Die theologische Spannung könnte nicht größer sein: Der Gottessohn liegt tot an dem Tag, an welchem im Ursprung der Schöpfer sein Werk vollendete und die Schöpfung zum Ziel und zur Ruhe kam. Wie sehr tatsächlich im Lukasevangelium das Schöpfungswirken Gottes die Vorstellung vom Tode Jesu prägt, zeigt in Lk 23,45 zunächst das Verlöschen der Sonne, des Gestirns, das nach dem Schöpfungsbericht nicht nur Lichtspender ist, sondern zusammen mit dem Mond den Wechsel der Zeiten manifestiert (Gen 1,14–19). Die Sonne repräsentiert nach biblischem Verständnis das kosmische Licht, dessen Scheidung von der Finsternis (Gen 1,4 f) der Erschaffung der Zeit selbst gleichkommt.31 Sie muß daher im lukanischen Konttext als das die Zeit konstituierende Phänomen gelten, zumal mit dem Hereinbrechen der Finsternis am Tage (Lk 23,44; vgl. Gen 1,5) der schöpfungsgemäße Gegensatz von Finssternis und Licht aufgehoben und damit „die Zeit“ als das Strukturelement der Schöpfung außer Kraft gesetzt wird. Das Vergehen der Sonne beim Tode Jesu bedeutet also mehr als visuelle Finsternis, es bedeutet die bei Jesu Tod wirksam werdende Aufhebung der zeitlicchen Ordnung. Dies ist im Zusammenhang mit dem Zerreißen des Tempelvorhangs, von dem nicht von ungefähr im nämlichen Zusammenhang berichtet wird (Lk 23,45),32 auch deshalb signifikant, weil der durch Sonne und Mond konstituierte Zeitenwechsel kultisch determiniert ist (Gen 1,14) und durch das Verlöschen der Sonne der Kultus seine Aufhebbung erfährt. Wird aber durch Jesu Tod die Zeit als solche außer Kraft gesetzt, dann ist die Todesverhaftung Jesu nicht zeitlich zu messen, sondern nur schöpfungs- und heilstheologgisch abzubilden. Und Lukas folgt dieser Erkenntnis mit letzter Konsequenz. Dies zeigt sich in der zweiten Anspielung der lukanischen Passionserzählung auf die Schöpfungserzählung Gen 1–2: der Verheißung des Paradieses. Daß seine Öffnung dem Schächer für „heute“, den Tag seines Todes und Jesu Todes, verheißen wird (Lk 23,43), zeigt, daß dieses „Heute“ keine Zeitbestimmung ist, die im „zeitlichen“ Widerspruch zu Jesu Grabesruhe steht. Gleichzeitig wird dadurch, daß im Horizont menschlicher Möglichkkeiten das Paradies als neuerliche existentielle Realität erscheint, mit dem Zeit- auch der Raumbegriff als eine menschlich-irdische Kategorie der Wahrnehmung außer Kraft gesetzt und von der Lebenswirklichkeit des zeitlos-ewigen Gottes her neu gefüllt. Denn das Paraddies bezeichnet den „Ort“, in welchem Geschöpf und Schöpfer, der sterbliche Mensch und
30 Die Herleitung des Drei-Tage-Schemas aus Lk 13,32 f, wie J. M. Perry, The Three Days in the Synoptic Passion Predictions, CBQ 48 (1986), 637–654, sie vertritt, ist abwegig. Die hisstorische Abfolge der Ereignisse, die auf drei Tage konzentriert sind – Freitag (bei Mk, Mt und Lk: Passa) bis Sonntag (erster Tag der Woche) – und den Sabbat umschließen, erklärt auf der Grundlage einer inklusiven Zählweise das Drei-Tage-Schema hinreichend, auch dann, wenn man die Leidensweissagungen selbst überlieferungsgeschichtlich als vaticinia ex eventu bewertet. 31 Vgl. O. H. Steck, Der Schöpfungsbericht der Priesterschrift. Studien zur literarkritisschen und überlieferungsgeschichtlichen Problematik von Genesis 1,1–2,4a, FRLANT 115, Göttingen 1975, 95–118. 32 Zu der vom Markusbericht abweichenden Reihenfolge der äußeren Ereignisse bei Jesu Tod s. o. S. 107 f mit Anm. 69.
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der ewige Gott, beisammen sind, d. h. einen „Raum“, in dem die irdische Lebensbegrenzzung und Todverfallenheit des Menschen unwirksam ist.33 So fallen, jenseits aller raumzeitlichen Kategorien, im Lukasevangelium der Tod Jesu, der Anbruch der Herrschaft Gotttes und die aus beidem resultierende Öffnung des Paradieses für den sündigen Menschen in eins. Für den Menschen, der, bis er die Todesschwelle überschreitet, Zeit und Raum verhhaftet bleibt, ist diese Tatsache „zeitlich“ nur als Sabbatereignis benennbar und begrenzbar, aber eben damit als ein das Zeitliche transzendierendes Geschehen.34 Diese durch Lukas herausgestellte Zeitlosigkeit der Todesverhaftung Jesu bedeutet allerdings nicht, daß dem Tode des Gottessohnes der verzweilfelte Ernst oder gar sein Schrecken genommen wäre. Dies zu konstatieren ist schon deshalb unmöglich, weil Lukas den Opfercharakter des Todes Jesu so nachdrücklich wie keiner der anderen Evangelisten hervorhebt35 und damit die Tatsache sich notwendig vollziehender Lebensvernichtung, die um so schwerer wiegt, als es um die Vernichtung des göttlichen Lebens geht. Aber der Evangelist weiß mit Blick auf die Urerzählungen Israels die Kraft und die Macht des Todes von der Schöpferkraft Gottes umschlossen und ihr unterstellt. Die den Sabbat über währende Todesruhe Jesu markiert den End- und Ruhepunkt der durch Jesu Tod erwirkten und durch den Paradieseseintritt des sündigen Schächers abgebilddeten Neuschöpfung des Menschen als eines zur ungebrochenen paradiesischen Gemeinsschaft mit Gott erneut berufenen und befreiten Wesens. Sie ist fernerhin, da der Sabbat nach alttestamentlichem Verständnis von Gott selbst zum Gedenktag der Urerlösung Israels aus der Knechtschaft eingesetzt wurde (Dtn 5,13–15), ein Bild für die eschatologische Erlössung des Menschen von der ihn bindenden Macht des Bösen. Die Erlösung ihrerseits ist die unabdingbare Voraussetzung der neuerlichen paradiesischen Gemeinschaft von Gott und Mensch.36 So kommen Schöpfung und Geschichte am Todessabbat Gottes zum Ziel und gelangt der Mensch durch Jesu im Tod vergossenes Blut ins Paradies und zur ewigen und unlöslichen Gottesgemeinschaft. „Durch“ den „Tod des Gottessohnes hindurch bricht das Leben der neuen Schöpfung ein.“37 Nur auf der Grundlage dieser nicht zeitlichen, sondern heilsgeschichtlich-soteriologisschen Systematik sind auch die Auferstehungs- und Himmelfahrtserzählungen im Lukas evangelium zu verstehen. Äußerlich folgen auch sie einem markanten Zeitschema – drei Erscheinungen des Auferstandenen am Tag der Auferstehung, zwei Auffahrten in den Himmmel am Anfang und am Ende einer 40-tägigen Vorbereitung der Jünger auf den Geistempffang –, innerlich führen sie die schöpfungstheologische Thematik heilsgeschichtlich weiter, 33
In diesem Zusammenhang sei nochmals ausdrücklich auf die Schöpfungs- und Paradieses symbolik in der lukanischen „Gethsemane“erzählung verwiesen. S o. S. 181–185. 34 Auf dem Hintergrund der im Tode Jesu sich ereignenden Aufhebung von Raum und Zeit erscheinen die umfangreichen Spekulationen von S. van Tilborg und P. C. Counet, Jesus’ Appearances and Disappearances in Luke 24, Biblical Interpretation Series 45, Leiden – Boston – Köln 2000, 180–187, zur Frage, wie im Hinblick auf Jesu Verbleib im Tod die Trennung von Fleisch/Leib und Seele/Geist zeitlich und räumlich (Hades? Paradies? etc.) zu denken sei, als künstlich und führen sich selbst ad absurdum. Nicht weniger fragwürdig ist der Verweis auf die Vorstellung zeitlich und räumlich getrennter Personanteile (op. cit., 189– 200), mit Hilfe dessen eine Erklärung gefunden werden soll für das Erscheinen Jesu vor den Jüngern in Lk 24. 35 S. o. S. 98–102.120–138; vgl. auch die in Anm. 33 genannten Seiten. 36 Dazu ausführlich bereits o. S. 105–108.153 f. 37 Gese, Tod, 54.
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II. Die Erhöhung des Knechts
und zwar nach alttestamentlichem Muster. Dabei werden zwei alttestamentliche Erzählsstränge miteinander verflochten, die auch schon in die Passionsgeschichte eingewoben waren: zum einen die Schöpfungs- und Urgeschichte, die mit der babylonischen Sprachvverwirrung endet (Gen 11,1–9), zum anderen die Exoduserzählung, deren Zielpunkt die nach 40-jähriger Wüstenwanderung gewährte Ruhe Israels im gelobten Land ist, wie sie am Ende des Pentateuch im Segen zum Ausdruck kommt, den der scheidende Mose seinnem Volk Israel spendet (Dtn 33, bes. V. 28 f). Ist schon diese szenische Parallele markant, so noch mehr die der 40 Jahre bzw. Tage der Vorbereitung des Volkes bzw. der Jünger (Apg 1,3). Das Motiv kehrt allerdings im neutestamentlichen Tableau nicht als theologissches Gesamtbild wieder, sondern in seine Themenkreise geteilt: Während das mit Israels 40-jährigem Wüstenaufenthalt verknüpfte Negativbild eines Volkes, das beständig der Verssuchung des Abfalls von Gott ausgesetzt ist und ihr erliegt, bereits im Eingang des Lukas evangeliums, in der Versuchungserzählung, mit dem zur Erlösung Israels und der Heiden designierten Gottessohn verbunden und durch ihn überwunden wird (Lk 4,1–13), ist das positive Bild der nur über diesen bestimmten Zeitraum währenden sichtbaren Begleitung Israels durch seinen Gott am Anfang der Apostelgeschichte auf die Jünger als Repräsenttanten des neuen Israel übertragen (Apg 1,3). Die Jesus am Ende seines irdischen Wirkens verhüllende und ihn in den Himmel aufnnehmende Wolke (Apg 1,9) ist in dieser heilsgeschichtlichen Abbildung der geschichtlichen Urzeit Israels, da dem Volk die Wolke der göttlichen Gegenwart voranzog, zunächst ebenffalls ein Transzendenzphänomen. Sie markiert und begrenzt gleichzeitig den Ort, wo die transzendente Welt Gottes sich in die irdische Welt hinabsenkt. Sie ist aber – und dies wird in der Auslegung der Stelle selten in aller Konsequenz bedacht – wie in der Exoduserzähllung Ort der Gegenwart Gottes selbst. D. h. in der Wolke, die Jesus am Ende der 40 Tage, während derer er die Jünger begleitet, aufnimmt, ist Gott selbst anwesend gedacht.38 Dies erhellt nicht nur aus dem Bezug auf das geschichtliche Ur- und Erlösungsgeschehen, sonddern auch aus der thematisch eng mit Apg 1,1–12 verbundenen Verklärungserzählung Lk 9,28–36. Dort ist im Rahmen einer den Jüngern Petrus, Johannes und Jakobus gewährtten Transzendenzerfahrung, zu der die Schau der Propheten Mose und Elia ebenso gehört wie die Wahrnehmung des sie und Jesus überstrahlenden Doxa-Glanzes, die Funktion der Wolke darauf beschränkt, Gottes personale Gegenwart anzuzeigen: Gott selbst spricht aus der Wolke (Lk 9,34 f) bzw. eigentlich in der Wolke, die, indem sie die Jünger überschattet, Gott selbst in einer Weise offenbart, wie es vordem nur Mose (Ex 19,16–20; 24,12–18; 31,18; 34,29) und Elia (1. Kön 19) als dem durch die Wortoffenbarung zum Mosenachfolgger eingesetzten Propheten zuteil geworden war.39 Ein ungeheurer Vorgang, der einer Amtsüübertragung gleichkommt und als solche in Apg 1,8 manifestiert wird, wo die Jünger als Zeugen des Kreuzes- und Auferstehungsgeschehens zur Weitergabe des in Jesus offenbarren Gotteswortes (Lk 9,35) bestimmt werden. So kommt nach der durch Jesu Tod gewirktten Neukonstitution und 40-tägigen Vorbereitung Israels (vgl. Apg 1,15–26) die Selbstofffenbarung Gottes in Wort und Person seines Sohnes dadurch zu ihrem Ziel und Ende, daß Gott selbst ein letztes Mal in der seine Person verhüllenden Wolke zur Erde kommt, um vermittels ebendieser Wolke, und d. h. im irdisch manifesten Einswerden mit seinem Sohn,
38 Ähnlich Bohnet,
Der Auferstandene, 158, allerdings ohne besonderen Bezug zum Ex
odus. 39
Dazu ausführlich Mittmann-Richert, Erinnerung, 246–250.
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der Welt das Einssein von Vater und Sohn zu offenbaren und die Offenbarungszeugen mit der Weitergabe des Wortes an alle Welt zu beauftragen.40 Daß dieses vor den Augen der Jünger sich vollziehende Einswerden Jesu mit der Wolke und also mit Gott selbst nur die Abbildung eines Zustands ist und nicht ein einmaliger Akt und schon gar nicht der Akt der Erhöhung Jesu, erweist in diesem Zusammenhang das Wolkenmotiv selbst, das in seiner Gottes Präsenz anzeigenden Funktion das Exodusggeschehen heraufbeschwört, dabei aber seiner erzählerischen Hauptfunktion entkleidet ist: Nicht die Gottes personale Präsenz verhüllende Wolke begleitet die Jünger auf ihrem Weg in das neue Sein als Volk aus Juden und Heiden, sondern der Gott als Person offenbbarende Auferstandene, der – wie die Wolke des Exodus – Gottes Anwesenheit verkörpert und so die bestehende Einheit von Vater und Sohn manifestiert, die in der Auferstehung und Erhöhung Jesu gründet. Im Auferstandenen, der den Jüngern 40 Tage lang seine leibhhafte Nähe schenkt, tritt Gott ganz aus seiner transzendenten Verhüllung heraus und „läßt sich sehen“ (Apg 1,3). Es hat allerdings seinen tiefen Grund, daß Lukas dieses von ihm bereits in der Emmaus perikope vorausgesetzte Einssein Jesu mit dem Vater am Ende der 40-tägigen Begleitung der Jünger noch einmal im Bild des Einswerdens versinnbildlicht. Der Grund liegt in der vom Evangelisten so nachdrücklich vertretenen Überzeugung notwendiger Zeugenschaft, die irdisch an die menschliche Sinneswahrnehmung gebunden ist (vgl. den Hinweis auf die αὐτόπται in Lk 1,2). Die Jünger als Zeugen des Todes Jesu und als Zeugen der erneuten lebendigen Gegenwart des Auferstandenen können, da die leibliche Präsenz des Auferstanddenen in ihrer Mitte als Exodus- und damit als zeitlich notwendig begrenztes Erleben zum Ende kommt, als Augenzeugen des irdisch sichtbaren Einswerdens Jesu mit Gott die transszendente Einheit des Auferstandenen mit Gott und damit seine Gottessohnschaft bezeuggen. Dieses Zeugnis ist die Grundlage der Gewißheit, die sich bereits in der Emmausperrikope (Lk 24,31 f) Bahn bricht, daß der Auferstandene auch unsichtbar weiterhin real in seiner Gemeinde und seinem Volk anwesend ist. Die solcherart am Ende der 40 Tage erneut stattfindende visuelle Verhüllung des perssonal offenbaren Gottes durch die seinen Sohn aufnehmende Wolke und ihr gleichzeitigges Entschwinden symbolisiert aber noch ein Weiteres. Sie setzt, indem sie analog zum Exodus das Ende der Notwendigkeit der sichtbaren Gegenwart Gottes und seines Sohnes markiert, die Erfüllung der einst mit der Herausführung verbundenen Hoffnungen und Verheißungen ins Bild: Da Jesus den Augen der Jünger entschwindet, sind sie der endgülttigen und ewigen Befreiung Israels aus der Knechtschaft gewiß, die durch Tod und Aufeerstehung Jesu als die Knechtschaft der Sünde identifiziert und ihrer todbringenden Dynammik beraubt wurde. Daß nach lukanischem Verständnis in der sogenannten Himmelfahrt Jesu 40 Tage nach seiner Auferstehung das Exodusgeschehen sein eschatologisches Ende findet, bestätigt auch die Verklärungserzählung Lk 9,28–36. In ihr berichtet der Evangelist – in Ergänzung der Markusvorlage! – daß Elia und Mose von „seinem [sc. Jesu] Exodus redeten, welcchen er erfüllen sollte in Jerusalem“: ἔλεγον τὴν ἔξοδον αὐτοῦ, ἣν ἤμελλεν πληροῦν ἐν Ἰερουσαλήμ (Lk 9,31). Durch die ungewöhnliche Bezeichnung des Exodus als Jesu Exodus 40 Die hier nachgezeichnete heilsgeschichtliche Systematik widerspricht der aus Ratlosigkeit geborenen Deutung von Lk 24,50–53 und Apg 1,1–12 als zwei Erzählungen, in welchen die anggeblich zwischen beiden bestehende zeitliche Diskrepanz Ausdruck der literarischen Freiheit und Unbekümmertheit des Lukas sei; so etwa Zwiep, Ascension, 92.
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verbindet Lukas die dem griechischen Begriff inhärente Todesmetaphorik41 unmittelbar mit dem Urbild der Befreiung Israels und bezieht dadurch beide Bilder so aufeinander, daß sie sich gegenseitig interpretieren: Durch Jesu Tod kommt die Befreiung des Menschen zu ihrem Ziel. Er, der als Gekreuzigter den Anbruch der βασιλεία τοῦ θεοῦ auf Erden bezeugte (Lk 23,43.45) und kraft seines Todes mit der Auferstehung die Herrschaft in seinem Reich übernahm (Lk 22,29 f; 23,42; vgl. 22,15–18 und Apg 1,3), erscheint durch seinen sichtbbaren Übertritt in den Himmel als der Garant für die mit der Aufrichtung des Reiches auf Erden auch dem sündigen Menschen möglich gewordene Überwindung der Grenzen des Irdischen und Anteilhabe an der ungebrochenen und ewigen Gottesgemeinschaft. So wird den Jüngern, indem sie zu Zeugen der bestehenden Einheit von Vater und Sohn und damit der bereits vollzogenen Inthronisation des Knechts im Reich Gottes werden, dieses Reich als ihre ureigene Zukunft eröffnet (Apg 1,3), in die alle Welt hineinzuführen ihre geistgellenkte irdische Aufgabe bleibt (Lk 24,47–49; Apg 1,5.8). Dieser Sendungsauftrag, der durch den Satz „Ihr seid (meine) Zeugen!“ (Lk 24,48; Apg 1,8) zur Lebensbindung erhoben wird, ist von Lukas bewußt als Doppelbeauftragung geschildert. Zweimal ergeht vom Auferstandenen die Aufforderung zur Wortverkündiggung: einmal am Tag der Auferstehung und ein zweites Mal nach Ablauf der 40 Tage. Daß dies keinesfalls die zweimalige Schilderung ein- und desselben Ereignisses ist, sondern ein doppeltes Geschehen meint, zeigt schon die erzählerische Gesamtstruktur des Evanggeliums, die das Bemühen des Autors sichtbar macht, Weg und Wirken Jesu in Leben und Verkündigung seiner Jünger bzw. Apostel abzubilden. Denn in der Verleihung des göttlicchen Geistes an die Jünger und ihrer Aussendung in alle Welt (Apg 1,8) wiederholt sich im menschlich-irdischen Bereich die göttliche Sendung des Sohnes in die Welt, die am Anfang des Lukasevangeliums ebenfalls in einem zweifachen öffentlichen Akt erfolgt: Der Sohnes proklamation („du bist ...“) bei der Taufe, die der irdischen Manifestation der Gottessohnsschaft Jesu und damit der Legitimation seiner Sendung dient (Lk 3,22), folgt nach 40 als Exodusereignis stilisierten Wüstentagen (Lk 4,1–13) die messianische Selbstoffenbarung Jesu vor den Augen der Menschen, denen seine Sendung gilt und in deren Mitte sein Weg im selben Augenblick beginnt (Lk 4,16–30). Ganz ähnlich folgt in Lk 24 und Apg 1 einer ersten Zeugenproklamation („ihr seid ...“: Lk 24,48) nach ebenfalls 40 Tagen eine mit dem Amtsantritt der Zeugen verbundene zweite Proklamation (Apg 1,8), die nur darum nicht zeitlich unmittelbar mit dem ersten Wirken der Zeugen zusammenfällt, weil hier die 40Tage-Systematik mit dem Datum des Pfingstfestes 50 Tage nach dem Todespassa kollidiert. Gleichwohl zeigt die an die letzte Himmelfahrt Jesu geknüpfte Sendung des Geistes analog zur Herabkunft des Geistes in der Taufgeschichte, daß Lukas die Ereignisse als sachlich zusammengehörend versteht und in ihnen nur zwei Seiten eines Geschehens sieht. Die in diesem Diptychon gebotene Doppelheit der Bilder erweist sich aber nicht nur im Hinblick auf die Geistverleihung als eine spiegelbildliche, sondern auch in der durch die Wolke symbolisierten Thematik. Die Abwesenheit der Wolke in Lk 24, die gemeinhin als unerheblich für das Verständnis der Erzählung betrachtet wird, zeigt sich nämlich dann als höchst bedeutsam, wenn man mit ihr die personale Präsenz Gott Vaters verbindet, wie sie auch in der Tauferzählung, und hier ein erstes Mal, durch die Stimme angezeigt ist. Hier beginnt die Sendung des Gottessohnes mit der Offenbarung seiner Sohnschaft und damit seiner göttlichen Identität, hier beginnt der Weg Jesu hinein in die Welt und zu den Mensschen, ein Weg, der am Ende des irdischen Wirkens Jesu, an welchem das Amt der Verkünd41
S. Liddell-Scott, 596 s. v. ἔξοδος; vgl. SapSal 3,2; 7,6.
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digung an die Jünger weitergegeben wird, in umgekehrter Richtung zum Vater zurückführt: Erst als das sichtbare Wirken Jesu auf Erden, das die letzte Begleitung der Jünger und ihre 40-tägige Bereitung zu Repräsentanten des neuen Israel mitumfaßt, seinem Ende zugeht, kommt es zur endgültigen Wiederherstellung der rein transzendenten Lebensgemeinschaft von Vater und Sohn, die durch die Wolke der Gottesrepräsentanz versinnbildlicht wird. Nur weil die Wolke mit Vorliebe als Gefährt, als „Fahrstuhl nach oben“42 und damit als Zeicchen der sich im nämlichen Augenblick vollziehenden Inthronisation mißverstanden wird, entsteht überhaupt die exegetische Schwierigkeit, die zweimalige Himmelfahrt zu deuten, und dies, obwohl die Emmauserzählung von einem ganz ähnlichen Vorgang des Übertritts Jesu in den Transzendenzraum Gottes berichtet. Versteht man aber das Gesamtgeschehen als Erfüllungsgeschehen, in welchem das durch den Exodus als Volk konstituierte Israel zur heilvollen Vollendung geführt wird (vgl. nochmals Apg 1,15–26), dann können die lukanisschen Auferstehungs- und Himmelfahrtserzählungen ganz schlicht und dem urchristlichen Kerygma entsprechend als Zeugnisse verstanden werden für die lebendige Begegnung mit Jesus als dem Christus und Knecht Gottes, der durch den Tod hindurch kraft der Auferstehhung zum Herrscher im Reich Gottes eingesetzt wurde. Es bleibt festzuhalten, daß Lukas in der Systematisierung von Auferstehung, Erhöhung und Himmelfahrt nicht einer zeitlichen, sondern einer theologischen Systematik folgt und dabei erzählerisch den 40-jährigen Urexodus aus dem Land der Knechtschaft43 mit dem in Jesu Person sich vollziehenden eschatologischen Exodus der immerwährenden und unverbbrüchlichen Sündenbefreiung verbindet. Sie ist das Ereignis der Aufrichtung des Reiches zur Todesstunde Jesu und der mit der Auferstehung zusammenfallenden Herrschaftsübernnahme durch den Knecht. Daß der zum Herrscher eingesetzte Christus 40 Tage lang seine Zeugen begleitet und sie zu ihrem Dienst bereitet (Apg 1,3), manifestiert die Kontinuität des göttlichen Heilshandelns, das in der Sammlung aller Menschen und ihrem Eintritt in die geöffneten Tore des Gottesreiches zum Ziel kommt.44 42 Vgl. etwa H. Conzelmann, Die Apostelgeschichte, HNT 7, 2. Aufl., Tübingen 1972, 27; G. Friedrich, Lk 9,51 und die Entrückungschristologie des Lukas, in: P. Hoffmann (Hg.) in Zusammenarbeit mit N. Brox u. W. Pesch, Orientierung an Jesus. Zur Theologie der Synoptiker. FS J. Schmid, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1973, 65. 43 Zur Rolle, die Elia im Hintergrund der Ereignisse spielt als der Prophet und mosaische Offenbarungsmittler, der auf dem Weg zum Horeb den 40-jährigen Wüstenweg Israels rückwärts geht, s. bereits o. S. 185 f; außerdem Mittmann-Richert, Erinnerung 246–250. 44 Es verwundert immer wieder, daß in der neutestamentlichen Exegese bei der Interpretation über sich hinausweisender Bilder und Motive stets das Material der Gräzität einschließlich der jüdisch-hellenistischen Schriften minutiös gesichtet und ausgewertet wird, dagegen die alttestamentlichen Traditionen stark vernachlässigt werden. So kommt es, daß man bei der Erklärung der sog. Himmelfahrt nach Apg 1,9–11 und des komplementären Geschehens in Lk 24,50 f trotz umfangreicher Aufbereitung des gesamten griechisch-römischen Materials letztllich doch nicht mehr als eine allgemeine Beeinflussung des Evangelisten durch griechische und evtl. apokalyptische Entrückungsvorstellungen festzustellen vermag (vgl. Friedrich, Lk 9,51 und die Entrückungschristologie des Lukas, 61–66). In der Tat findet man weder einen theologgischen Schlüssel für das Verständnis der Texte noch weiß man konkret zu sagen, was Lukas selbst mit dem von ihm in Lk 24,31.51 und Apg 1,9 geschilderten Phänomen verbindet, da er ja für „Entrückung“ gar keinen Begriff hat und statt dessen bildhafte Ausdrücke, wie etwa ἀναλαμβάνειν, verwendet. Weil sich daher am ehesten die Inthronisation als Vorstellungsmodell für die im antiken Kontext gedeutete Statusveränderung des solcherart Entrückten anbietet, avanciert Lukas zu einem Verfälscher des urchristlichen Kerygmas und zu einem Theologen,
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II. Die Erhöhung des Knechts
So kulminiert das gesamte Heilsgeschehen in der Todesstunde Jesu, in der der Mensch von seiner irdischen, tödlichen Gefangenschaft in Raum und Zeit befreit und ihm der Transzendenzraum Gottes geöffnet wird. Dichter als im Leidenswwort Jesu in V. 26 der Emmausperikope könnte der Sachverhalt nicht formuliert werden. Knechtschaft und Königtum des Christus fallen zur Todesstunde als dem heilsgeschichtlichen Wendepunkt in eins – dies wird in V. 26 durch die im Rückggriff auf Jes 53 vollzogene Umdeutung des Leidensspruches Lk 9,22 den Jüngern zu bedenken gegeben. Die Pointe der lukanischen Komposition liegt allerdings darin, daß die in V. 17–27 so eindringlich verhandelte und auf das Todesleiden Jesu konzentrierte Frage, ob und in welcher Weise Jesus der erwartete Messias sei, in dem Moment, da sie einer intellektuellen, und d. h. schriftgemäßen Lösung zugeführt wird (V. 27), nicht zur wahren Erkenntnis der Zusammenhänge bei den Jüngern führt.45 Den Jüngern steht alles vor Augen, was nach jüdischem Verständnnis über den leidenden Messias zu sagen ist, sie sind des Durchgangs durch das prophetische Schriftmaterial, einschließlich des jesajanischen, teilhaftig gewordden, und sie verstehen nicht. Es fragt sich: Warum nicht? Warum erkennen die Emmausjünger Jesus nicht bereits in dem Moment, da die ihnen auf der Seele brennende Frage nach seinem Tod schriftgelehrt beantwortet und damit der von ihnen selbst formulierte Grund ihrer Hoffnungslosigkeit und Trauer (V. 19–21) beseitigt ist? Diese Frage ist erstaunlicherweise in der umfangreichen Literatur über die Emmausperikope nie gestellt worden. Und doch erschließt sich nur von ihr her der tiefere Sinn der Erzählung. Die Antwort verlangt allerdings vom Leser, wie so oft bei Lukas, die Entschlüsselung der in der Emmausperikope verwenddeten Motive im Zusammenhang des gesamten Evangeliums, dessen literarische Eigenheit – dies wurde schon mehrfach dargestellt – die bildhafte, auf Konkrettion bedachte Erzählweise ist. Die Bildhaftigkeit der lukanischen Erzählung bedeutet jedoch nicht, daß der Evangelist auf eine abstrakte Begrifflichkeit verzichtet, schon gar nicht, wo der, in einem Heilsschematismus befangen, zeitlich differenziert, was sachlich zusammengehhört. So wichtig die Wahrnehmung der antiken griechischen Traditionen und Vorstellungen auch ist, so darf sie doch nicht den Blick für die Traditionen verstellen, in denen Lukas das Christusgeschehen verwurzelt sieht. Schöpfung und Israels Geschichte liegen, da es um die Vollendung beider geht, als Deutungsmuster weit näher als Herakles und Romulus. 45 Gegen M. Dömer, Das Heil Gottes. Studien zur Theologie des lukanischen Doppelwerkes, BBB 51, Köln – Bonn 1978, 96; S. V. DeLeers, The Road to Emmaus, BiTod 24 (1986), 104 f; J. Plevnik, The Eyewitnesses of the Risen Jesus in Luke 24, CBQ 49 (1987), 97. In der Auslegung der Perikope durch M. Pöttner, „Brannte nicht unser Herz ..., als er uns die Schrift öffnete?“, in: U. Andrée – F. Miege – C. Schwöbel (Hg.), Leben und Kirche. FS W. Härle, MThSt 70, Marburg 2001, 1–18, der die beginnende Erkenntnis der Jünger mit dem „Charme der ausgelegten Schrift“ begründet (op. cit., 10), ersetzt die psychognostische Interpretation die historisch-kritische Textauslegung. Lukas avanciert hier zu einem Psychotherapeuten, der, inddem er dem Leser klar macht, daß man, was immer sich vor Augen abspielt, „auch anders sehen kann“ (op. cit., 14), sein eigenes „Entwicklungspotenzial“ erweist (op. cit., 13–16).
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es um anthropologische Fragen geht, zu denen das Problem der menschlichen Erkenntnismöglichkeiten vordringlich gehört. Im Vordergrund der Emmausperikkope steht daher zunächst der terminus technicus für den geistigen Erkenntnisaakt: γινώσκειν (V. 18.35) bzw. das Kompositum ἐπιγινώσκειν (V. 16.31) – ein Begriff, dessen Bedeutung für Lukas schon aus der im Vergleich mit Markus und Matthäus auffallenden Häufigkeit seiner Verwendung im Evangelium und auch in der Apostelgeschichte hervorgeht46. Allein das Johannesevangelium weist einen statistisch höheren Gebrauch des Wortes auf,47 was allerdings nicht an einem geringeren Sachinteresse des Lukas liegt, sondern an seiner größeren Flexibillität in der Begriffswahl, die dem Bemühen um Veranschaulichung entspringt. Dieses Bemühen gelangt in der Emmausperikope zu einem Höhepunkt erzählerrischer Kunst, da in ihr das Problem menschlicher Gotteserkenntnis in eines der schönsten Bilder gefaßt wird, welches das biblische Schrifttum zu bieten hat. Es ist das Bild des in Gottes eigener Gegenwart Gott gegenüber blinden Menschen (V. 15 f), der nur dadurch zum Sehen und zur Erkenntnis Gottes gelangt, daß Gott selbst ihm die Augen öffnet (V. 31), aber nicht in einem Akt geistiger Erkenntnnisvermittlung (V. 25.27), sondern durch sein Handeln (V. 30). Indem hier das Erkenntnisgeschehen als ein Akt sinnlicher Wahrnehmung abgebildet und mit den Augen des Menschen (ὀφθαλμοί: V. 16.31) als Sitz des Sehens (ὁρᾶν bzw. ἰδεῖν: V. 23 f) verbunden wird, ist das Abstrakte konkret und dem menschlichen Geist im wahrsten Sinne des Wortes anschaulich. Die erzählerische Pointe entwickelt Lukas allerdings nicht – und dies ist das literarische Geheimnis seiner Kompossition – auf der bildlichen, der „sichtbaren“ Ebene, sondern im Schnittpunkt von Theorie und Anschauung. Das optische Sehen (ὁρᾶν/ἰδεῖν) als Sinnbild – eigentllich: Sinnenbild – des Erkennens (γινώσκειν) ist in der Emmausperikope nämllich nur insofern Wahrnehmung der Wirklichkeit, als es sich von allem äußerllich „Sichtbaren“ löst. Wer nur sieht, ohne erkannt zu haben, ist in Wirklichkeit blind, während der, der erkannt hat, überhaupt erst zu sehen vermag. Die Jünger sehen Jesus, als er zu ihnen tritt, aber sie erkennen ihn nicht. Sie erweisen sich in ihrem Schauen auf das äußerlich Faßbare als „erkenntnisblind“ (V. 15 f). Zur Erkenntnis gelangen sie erst, als ihr Sehvermögen der Äußerlichkeit der Dinge nicht mehr bedarf, um zur Wahrheit dessen vorzudringen, was in sichtbarer Wirkllichkeit vor Augen steht. Meisterhaft und nicht ohne Ironie erhöht Lukas im Dialog zwischen Jesus und den Jüngern stetig die aus dieser Diskrepanz erwachsende Spannung: Die Jünger 46 S. die überlange Liste an Belegen in der Computer-Konkordanz zum Novum Testa mentum Graece von Nestle-Aland, 26. Auflage, und zum Greek New Testament, 3rd Edition, hg. vom Institut für neutestamentliche Textforschung und vom Rechenzentrum der Universität Münster unter besonderer Mitwirkung von H. Bachmann und W. A. Slaby, Berlin – New York 1980, Sp. 329–332.659. 47 Loc. cit.
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können sich, solange ihre Augen gehalten sind (V. 16), nicht genug tun, den im Gegensatz zu ihnen offensichtlich unwissenden (V. 18) Unbekannten an ihrer Seite wissen zu lassen, was sich vor ihren Augen in Jerusalem zugetragen hat (V. 19 f). Und sie fühlen sich in ihrem Urteil über die Vergeblichkeit all ihrer mit Jesu Person verknüpften Hoffnungen (V. 21) nur bestärkt durch das, was kaum mehr als einen Tag nach Jesu Tod die Frauen am Grab gesehen haben (ὀπτασίαν ... ἑωρακέναι: V. 23), ohne doch das Entscheidende zu sehen: Ihn sahen sie nicht, und ihn sahen auch diejenigen unter den Jüngern nicht, die gingen, um ebenfalls nachzusehen (V. 24)! Das „ihn sahen sie nicht“ ist die Zusammenfassung aller enttäuschten Hoffnungen der neben Jesus wandelnden Jünger und umschließt auf einer ganz anderen Ebene als der ihres Berichts auch sie selbst. Die Jünger sehen nicht, weil sie nicht erkennen. Und sie erkennen nicht, weil sie nicht verstehen. Sie verstehen den Tod Jesu nicht (V. 20 f). Sie verstehen aber nicht, weil sie nicht hören in der Trägheit ihres Herzens (καρδία: V. 25) als des Organs, in dem das Hören zum Verstehen wird (V. 32).48 Ganz unvermittelt wechsselt Lukas im Dialog die Ebenen der sinnlichen Wahrnehmung: Die Jünger wolllen sehen, aber Jesus gibt ihnen zu hören – das Wort der Schrift (V. 27). Hier wiedderholt sich das tragische Geschehen, das bei Jesu erstem öffentlichen Auftreten in Nazareth den Prozeß der Verwerfung in Gang gesetzt und schließlich zum Tod des Christus geführt hat: Die Nazarener, denen Jesus als den ersten Zeugen seinner Botschaft die Schrift auftut und die Erfüllung derselben „vor euren Ohren“ (ἐν τοῖς ὠσὶν ὑμῶν: Lk 4,21) verheißt, richten nur ihre Augen auf ihn (Lk 4,20) und erwarten sichtbare Zeichen seiner rettenden Macht (Lk 4,23). Als Jesus ihnen solches verwehrt, suchen sie, ihn zu töten (Lk 4,29).49 Was hier in Nazareth nicht gelang, die Tötung des im Wort offenbaren, aber den Augen verborgenen Christus, das ist in Emmaus bereits Wirklichkeit und scheinbar dazu angetan, die Kluft zwisschen Sehen und Hören noch zu vergrößern und dem Menschen das Verständnis der Sendung Jesu in die Welt ganz zu verwehren.50
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Zum Zusammenhang von Sehen und Hören bei Lukas vgl. auch Crump, Jesus, 34–41.
49 Ausführlich zur Nazarethperikope Kapitel III.1 und III. 2. 50 Die Rahmung des irdischen Weges Jesu durch die thematisch aufeinander bezogenen Perikopen Lk 4,16–30 und Lk 24,13–35 steht der Behauptung entgegen, die Emmausperikope ließße sich leicht aus dem Erzählzusammenhang des Lukasevangeliums herauslösen, ohne daß eine inhaltliche Lücke entstünde. So U. Borse, Der Evangelist als Verfasser der Emmauserzählung, SNTU, Serie A, Bd. 12, Linz 1987, 35, im Anschluß an P. Fiedler, Die Gegenwart als österlicche Zeit – erfahrbar im Gottesdienst. Die „Emmausgeschichte“ Lk 24, 13–35, in: L. Oberlinner (Hg.), Auferstehung Jesu – Auferstehung der Christen. Deutungen des Osterglaubens. FS A. Vögtle, QD 105, Freiburg i. Br. – Basel – Wien 1986, 125. Überhaupt kann Borses Versuch, die Unabhängigkeit der angeblich „erfundenen“ Geschichte von Quellen durch ihren angebllichen Bezug zur Tobiterzählung zu erweisen, als traditionsgeschichtlicher Mißgriff bezeichnnet werden.
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Wer allerdings meint, der als Vertreter einer Erhöhungschristologie gescholttene Evangelist löse das von ihm so vielschichtig und tiefgründig zur Anschaung gebrachte Erkenntnisproblem allein mit dem Hinweis auf die Auferstehung des Christus in Herrlichkeit (V. 26), der verkennt die existentielle Stoßrichtung der Perikope als ganzer. Sie beginnt ja nicht ohne Grund mit der verzweifelten Trauer und Hoffnungslosigkeit der Jünger angesichts des Todes Jesu, eine Verzweiflung, die sich durch die Kunde von seiner Auferstehung, durch die Nachricht, er lebe (V. 23), selbst durch seine leibliche Gegenwart gerade nicht auflöst. Sie kann sich erst auflösen, wenn der Tod begriffen ist, wenn das Sterben Jesu einen Sinn erhält, eine Erklärung nicht nur schriftgelehrter (V. 27), sondern existentieller Art. Sie kann sich erst auflösen, wenn die Auferstehung als Frucht des Todes Jesu begrifffen wird.51 Wie aber geschieht das? Wie kommt es in der Perikope zur existentiellen Verbbindung der Todes- mit der Auferstehungsmotivik, die allein das von Lukas so eindringlich entwickelte Erkenntnisproblem löst? Die Frage führt unmittelbar hinein ins Mahlgeschehen, die Schlüsselszene der Erzählung, und damit hinein in die allgemeine exegetische Ratlosigkeit. Ihr Ursprung ist die erzählerische Knapphheit des Lukas ausgerechnet da, wo man von ihm als Gegengewicht zu dem nun folgenden Auferstehungsjubel eine ausführliche kreuzestheologische Stellungnnahme erwartet hätte oder zumindest einen deutlicheren Bezug auf die Abendmmahlssituation, wenn sie es wäre, auf welche Lukas hätte anspielen wollen. Statt dessen scheint der Evangelist mit dem Hinweis auf das Brotbrechen die gesamte Todesproblematik gleichsam mit den Brotkrumen unter den Tisch fallen zu lassen, was nach allgemeiner Überzeugung ein deutliches Zeichen dafür ist, daß Lukas das Brotbrechen nicht als Abendmahlsgestus versteht, sondern als Reminiszenz an den Akt der Brotausteilung beim gewöhnlichen Mahl, wie Jesus es mit seinen Jüngern so oft gehalten hat. Erkenntnisstiftende Bedeutung gewänne das Brotbrecchen folglich nur als Erinnerung weckendes Zeichen der Gegenwart Jesu, das die Jünger deshalb zur Annahme der Auferstehungsbotschaft und damit zum Sehen befähigt, weil es sie der Gemeinschaft mit dem Auferstandenen vergewissert. Die Jünger können Jesus sehen, weil sie jetzt den erkennen, der ihnen schon immer seine Gemeinschaft geschenkt hat. Das Gemeinschaftserlebnis wird zur theologgischen Grundlage des Auferstehungsglaubens!52 51 Zu den wenigen, die das Unverständnis der Jünger und ihre Ratlosigkeit angesichts des Todes Jesu in die Interpretation miteinbeziehen, gehört Dillon, Eye-Witnesses, 112–114. 52 So z. B. J. Roloff, Das Kerygma und der irdische Jesus. Historische Motive in den Jesus-Erzählungen der Evangelien, Göttingen 1970, 257; B. P. Robinson, The Place of the Emmaus Story in Luke-Acts, NTS 30 (1984), 481–497, der seiner Reflexion den Kurztext der Abendmahlsworte Lk 22,19 f zugrunde legt; R. J. Karris, Luke 24:13–35, Interp. 41 (1987), 57–61; Frenschkowski, Offenbarung, 240 f. Den Bezug zum Abendmahlsgeschehen bestritt auch schon die ältere Forschung. S. z. B. J. Knabenbauer, Evangelium secundum Lucam,
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Allerdings muß man bei dieser Sicht der Dinge voraussetzen, daß Lukas sich in der Darstellung der Ereignisse nicht nur eines theologischen, sondern auch eines erzählerischen Bruches schuldig gemacht hätte. Denn da von Anfang der Erzählung an die Erkenntnisproblematik vom Auferstehungsgeschehen gelöst und programmatisch an die Frage nach dem Tod Jesu gekoppelt zu sein scheint, muß Lukas mit dem theologischen offensichtlich auch den kompositorischen Faden seiner Erzählung verloren haben – eine exegetische Prämisse von größter Fragwwürdigkeit, zumal bei einem Autor, dessen theologische Qualitäten zwar stets bezweifelt werden, über dessen kompositorische Kunst man sich aber einig ist.53 So trifft der Vorwurf der oberflächlichen Problemlösung in der Emmausperikope nicht den Evangelisten, sondern seine Interpreten, die wie die Emmausjünger beharrlich die Ohren verschließen vor dem, was Lukas in 24,6 mit Engelszunggen zu bedenken gibt: μνήσθητε ὡς ἐλάλησεν ὑμῖν – „Erinnert euch daran, wie er zu euch sprach!“ Jesu eigene Worte – sie sind der hermeneutische Schlüssel des Lukasevangeliuums! Jesu Worte, die über das Ohr (Lk 4,21; 9,44) ins Herz (Lk 24,25.32) gelanggen und dort das Verstehen wirken. Die Aufforderung zum Hören, die als Leitmottiv das Lukasevangelium von Anfang des Wirkens Jesu an durchzieht,54 wird nach Jesu Tod und Auferstehung zur Aufforderung des Gedenkens, eines Gedenkens, das dem, der hört, das für den Verstand so rätselhafte Geschehen erschließt und Leiden und Tod des Messias als Grund seiner Auferstehung in Herrlichkeit begreifllich macht.55 Denn das Kreuz des Christus ist für Lukas das, was es zu verstehen gilt und was dem Menschen so unverständlich bleibt. Gerade deshalb läßt Lukas – und nur er! – die Engel am leeren Grab die Leidensankündigung Jesu wiederhholen und auf die Notwendigkeit des Todes (δεῖ) des nunmehr Auferstandenen hinweisen, und zwar im wörtlichen Anklang an die Stelle, an der, wiederum nur im Lukasevangelium, die Leidensweissagung mit der Aufforderung verbunden ist: θέσθε ὑμεῖς εἰς τὰ ὦτα ὑμῶν τοὺς λόγους τούτους (Lk 9,44). Die Jünger sollCSS, Sectio Tertia, Vol. III, 2. Aufl., Paris 1905, Nachdr. 1926, 647; P. Schanz, Commentar über das Evangelium des heiligen Lucas, Tübingen 1863, 557.561; F. Hauck, Das Evangelium des Lukas (Synoptiker II), ThHNT 3, Leipzig 1934, 295. 53 Vgl. Graß, Ostergeschehen, 35; W anke, Emmauserzählung, 1; S chwemer, Der A Auferstandene, 95. 54 Dazu ausführlich in der Auslegung der Nazarethperikope u. S. 256–264. 55 Der hier soteriologisch entfaltete Sachverhalt ist christologisch vertieft in: MittmannRichert, Erinnerung, einer Untersuchung, welche die soteriologischen Ergebnisse in den Rahmen der lukanischen Wort-Gottes-Theologie einordnet und daher, ungeachtet ihres früherren Erscheinens, als Folgestudie zur vorliegenden Arbeit gelten muß. Zur Bedeutung des Wortes Jesu für das Verständnis der auf Kreuz und Auferstehung zielenden Worte der Schrift vgl. auch G. Delling, „ ... als er uns die Schrift aufschloß“. Zur lukanischen Terminologie der Auslegung des Alten Testaments, in: H. Balz – S. Schulz (Hg.), Das Wort und die Wörter. FS G. Friedrich, Stuttgart – Berlin – Köln – Mainz 1973, 75–84.
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len sich die Worte über die Notwendigkeit des Sterbens Jesu, die an der genanntten Stelle nicht mit der Auferstehungsweissagung verbunden sind, zu Ohren nehmmen, sich wörtlich in die Ohren legen, damit sie begreifen. Aber sie tun es nicht, sie begreifen nicht, wie Lukas, über Markus hinausgehend, mit doppeltem Nachddruck feststellt (Lk 9,45). Und auch die Emmausjünger wollen und können den Tod Jesu nicht begreifen, obwohl bereits die Frauen im gehorsamen Gedenken an das Leidenswort als Künder der Frohbotschaft zu ihnen gekommen waren. Sie hatten der Worte Jesu gedacht, sie hatten sich seine Worte in Erinnerung geruffen (ἐμνήσθησαν τῶν ῥημάτων αὐτοῦ: Lk 24,8) und waren in der Gewißheit, er lebe, vom Grab gegangen. Aber die Jünger vermögen die Auferstehungsbotsschaft nicht anzunehmen. Sie vermögen es nicht, weil dem menschlichen Herzen neben den Leidensworten ein weiteres Wort Jesu zur Erinnerung aufgegeben ist, das Wort, das allein die Blindheit wirklich aufzuheben vermag. Es ist das Wort, das Jesu Tod nicht nur als heilsnotwendig ankündigt, sondern ihn auch deutet: das Einsetzungswort! Aber bevor an dieser Stelle das Mahlgeschehen in den Blick rückt, muß der Gesamtduktus der lukanischen Auferstehungserzählungen ans Licht treten, desssen Kennzeichen die gesteigerte Durchführung der mit dem Engelwort Lk 24,6 f gegebenen Thematik bis hin zum letzten und endgültigen Unsichtbarwerden Jesu bei der Himmelfahrt nach Lk 24,51 ist. Um zu verstehen, was sich im Kern der Emmausperikope ereignet, bedarf es der literarischen Erkenntnis, daß die Aufforderrung an die Frauen, der Worte Jesu zu gedenken, von Anfang an auch den Jüngern gilt und alle Auferstehungsgeschichten umschließt. Denn an ihrem Ende erklingt die Aufforderung, der Worte Jesu zu gedenken, noch einmal in einer letzten Steiggerung, da nun nicht der Engel, sondern Jesus selbst an sein vormals gesprochenes Wort erinnert und dasselbe wiederholt: „Das sind die Worte, die ich zu euch sprach, als ich noch bei euch war.“ Das Wort der Engel μνήσθητε ὡς ἐλάλησεν ὑμῖν ist Programm, ist gegen die Trägheit des menschlichen Herzens (Lk 24,25) gerichtete Mahnung, die dank der kompositorischen Verknüpfung, ja Verzahnung der Perikoppen auch über der Emmauserzählung steht. Denn daß mit der Rückkehr der Frauen vom Grab (Lk 24,9) die Erzählung noch keineswegs abgeschlossen ist, signalisiert Lukas nicht nur durch das offene Ende der Perikope selbst, in welcher zunächst der Zweifel über die Freude triumphiert (Lk 24,11) und zum jähen Abbruch des Erzählbogens führt, sondern auch dadurch, daß er im Dialog zwischen Jesus und den Emmausjüngern die vorangehende Erzählung nochmals rezipiert (V. 22–24) und das leere Grab als ein Ereignis benennt, dessen letztgültige Deutung noch ausssteht. Zu ihrem eigentlichen Ende kommt die erste Auferstehungserzählung erst am Schluß der Emmausperikope, als auch die in Trauer verharrenden Jünger in den Auferstehungsjubel einstimmen (V. 33–35). Der kompositorische Zusammenhang läßt keinen Zweifel an der interpretatorischen Erkenntnis, daß in der Emmauserz-
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zählung die letztgültige Deutung des Kreuzesereignisses in Jesu Worten verborgen liegt und sich im Gedenken an dieselben erschließt. Die Mahlhandlung, das Brechen des Brotes, in Lk 22,19 ausdrücklich mit dem Wiederholungsbefehl εἰς τὴν ἐμὴν ἀνάμνησιν verknüpft, ist unablösbarer Teil der die lukanischen Auferstehungserscheinungen verbindenden Thematik. Die Gedächtnishandlung des Brotbrechens (V. 30), die nicht weniger Erinnerungsaufff forderung ist als die Worte der Engel am leeren Grab, setzt, ohne daß es weiterer Worte bedürfte, im Herzen der Jünger frei, was Jesus selbst bei der Einsetzung des Mahles „zu meinem Gedächtnis“ sprach: „Mein Leib – für euch gegeben; mein Blut – für euch vergossen“ (Lk 22,19 f). Das und nichts anderes sind die Worte, derer sich die Jünger zu erinnern haben, um das Todesgeschehen zu verstehen. Und Lukas unterstreicht diesen Sachverhalt, indem er in V. 30 den Vorgang im Rückbezug auf den Wortlaut in Lk 22,19 formuliert.56 Die einzige Abweichung besteht in der Ersetzung des Verbs εὐχαριστεῖν durch εὐλογεῖν, welche auf die Integration der Jünger in das Sprachgeschehen zwischen Jesus und Gott zielt: Die im εὐχαριστεῖν ganz auf Gott und sein Kreuzeshandeln konzentrierte Haltung Jesu wird im εὐλογεῖν, das hier als Segensgestus zu verstehen ist (vgl. Lk 2,34), als gemeinschaftsstiftende Handlung sichtbar, die die Jünger zu Teilhabern der lebendigen Beziehung zwischen Gott und dem Auferstandenen macht. Sie weist voraus auf die Segenshandlung am Schluß des Evangeliums (Lk 24,50 f), mit der Jesus in göttlicher Vollmacht den Weg des Christus durch Leid und Tod zur Erhöhf hung in Herrlichkeit besiegelt und den Menschen hineinnimmt in das durch seinf nen Tod gewonnene Leben.57 So wird beim Mahl Jesu mit den Emmausjüngern durch das Brotbrechen das freigesetzt, was nach Jesu eigenen Worten mit diesem Handeln korrespondiert: die ἀνάμνησις, das Gedächtnis Jesu, das für Lukas stets das Gedächtnis seiner Worte ist. Durch die Gedächtnishandlung des Brotbrechens 56 S. nochmals o. S. 212. – Daß an dieser Stelle eine enge sprachliche Parallele auch zu Lk 9,16 besteht, wo die Segenshandlung Jesu wie in Lk 24,30 mit εὐλογεῖν statt mit εὐχαριστεῖν bezeichnf net wird, bedeutet nicht, wie oft behauptet wird, daß Lukas die Speisung der Fünftausend zum Deutungshintergrund für das Emmausgeschehen erhoben und der Einsetzung des Abendmahls keine unmittelbare Relevanz für das Verständnis des Emmausmahles zuerkannt hätte, sondern zeigt, ganz im Gegenteil, die hohe christologische und soteriologische Bedeutung, welche die Abendmahlseinsetzung für ihn besaß. Von ihr her konzipiert und stilisiert er sowohl das Mahl der Fünftausend Lk 9,10–17 als auch das Mahl in Emmaus, was die in beiden Erzählungen übereinsf stimmende Sprachgestaltung und die Veränderungen gegenüber dem liturgischen Text Lk 22,19 hinreichend erklärt. Aufgrund der nur geringfügigen Unterschiede zwischen Lk 22,19 und Lk 24,30 auf die Bedeutungslosigkeit der Einsetzungsworte für die Konzeption der Emmausszene zu schließen, hieße daher, die Interpretationsrichtung zu verkehren und das Emmausgeschehen aus seinen soteriologischen Bezügen herauszulösen. So etwa Sr. Jean d’Arc, Le partage du pain a Emmaüs (Luc 24, 28–32), VS 130 (1976), 896–909, die das Emmausgeschehen vornehmlf lich vom Akt der Brotvermehrung in Lk 9,10–17 her deutet. 57 Zu Lk 24,50 s. U. Heckel, Der Segen im Neuen Testament. Begriff, Formeln, Gesten. Mit einem praktisch-theologischen Ausblick, WUNT 150, Tübingen 2002, 77–93.
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wird es den Jüngern möglich, der Aufforderung des Engels nachzukommen und sich an die Worte Jesu zu erinnern, genauer an die von Jesus beim Brotbrechen gesprochenen Worte. Was diese von den Leidensworten unterscheidet, die ebenff falls der ständigen Erinnerung aufgegeben sind, ist ihr Bezug zu dem sie hörenden Menschen. Nur in ihnen wird der Mensch selbst zum Teil des Kreuzes- und Aufef erstehungsgeschehens, denn nur in ihnen spricht Jesus dem Menschen die durch seinen Tod gewirkte Befreiung von der Macht der Sünde und des Todes und die Anteilhabe am ewigen Leben Gottes zu: „Für euch!“ Der ausgeprägt soteriologisf sche Charakter der Einsetzungsworte ist das Geheimnis der Emmausperikope, in welcher Christologie und Soteriologie aufs engste verknüpft sind und der tiefen Überzeugung des Lukas Ausdruck verleihen, daß dem Menschen die Annahme der Auferstehungsbotschaft nur möglich ist, wenn er im Innersten erkennt, daß der Tod des Christus mit ihm persönlich zu tun hat, daß das Kreuz um seinetwillf len notwendig war und daß das zunächst so unbegreifliche Sterben Jesu ihn, den Sünder und daher stets Blinden, entsühnt und erlöst vom eigenen Tod der ewigf gen Gottesferne.58 Die vermeintlich so schwer zu lösende Frage, warum beim Mahl die Jüngf ger Jesus plötzlich erkennen, warum sie jetzt zu verstehen und deshalb zu sehen vermögen, obwohl die Auslegung der Schrift durch Jesus selbst kein Sehen und Verstehen geweckt hatte, findet ihre einfache und doch tiefgründige Antwort im schlichten „für euch“. Die Jünger, die zu Anfang so verzweifelt mit dem Verständnf nis des Todes Jesu rangen, die nicht begriffen, warum der Christus am Kreuz sterbf ben mußte, und die mit ihrem Herrn auch ihre Hoffnung auf Erlösung begraben hatten (V. 20 f), verstehen diesen Tod und sehen daher Jesus in dem Augenblick, da sie erkennen, daß ihre Person mit Jesu Tod verknüpft ist und ihr Leben aus seinf nem Tod erwächst. Sie sehen und verstehen, als in der Wiederholung der Gedächtnf nishandlung des Brotbrechens das von Jesus über seinen Tod gesprochene „für euch“ in ihrem Herzen Wurzeln schlägt und aufzukeimen beginnt.59 58
Der unlösbare Zusammenhang, welcher zwischen der den Emmausjüngern beim Mahl zuteil werdenden Erkenntnis und der in der Gabehandlung zur Erinnerung aufgegebenen Selbsthingabe Jesu „für euch“ nach Lk 22,19 f besteht, tritt eindrücklich auch in Rainer Maria Rilkes Nachdichtung der Emmauserzählung in der 8. Duineser Elegie zutage (Sämtliche Werke 2, Frankfurt a. M. 1976, 714–716), wobei allerdings das menschliche Erkenntnisvermögen als ein seinem Wesen nach nicht kreatürliches relativiert wird durch die animalisch unmittelbf bare Gotteserkenntnis der nichtmenschlichen Kreatur, für die das „geheilt für immer“ stete Wirklichkeit ist. Gleichwohl erweist sich angesichts der dichterischen Unbefangenheit dem bibf blischen Wort gegenüber einmal mehr die Macht der Wissenschaft, das dem Leser unmittelbar Anschauliche und Selbstverständliche fraglich zu machen. 59 Wie konsequent allerdings die Exegese die Bedeutung des Kreuzes für die Erkenntnis und den Glauben der Jünger aus der Betrachtung ausklammert, zeigt beispielhaft die Studie von J. M. Nützel, Vom Hören zum Glauben. Der Weg zum Osterglauben in der Sicht des Lukas, in: L. Lies (Hg.), Praesentia Christi. FS J. Betz, Düsseldorf 1984, 37–49. – Daß der Erkenntnisakt in Emmaus das beim Abendmahl gesprochene Wort voraussetzt, erkennt auch K. A. Kuhn,
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Wer aber von Lukas verlangt, er hätte die Worte, auf die er zielt, ihrerseits in Worte fassen und sie wiederholen müssen, der überhört nicht nur die überdeutlicche schriftstellerische und zugleich seelsorgerliche Mahnung des Evangelisten, zu hören, zu hören und nochmals zu hören und sich des Gehörten zu erinnern, sowie seine stets nachdrückliche Bekräftigung, daß alles, was es zu sagen gibt, längst gesagt ist (vgl. nochmals Lk 24,6), sondern er erwartet von Lukas auch die Preisgabe seiner erzählerischen Kunst. Sie kommt nach einhelligem literarisschen Urteil zu höchster Steigerung gerade in der Mahlszene, wo das Brotbrecchen, das Erkennen des Auferstandenen und das Unsichtbarwerden Jesu durch die Verknappung der Erzählweise als ein Akt des Augenblicks erscheint und den inneren Zusammenhang der Vorgänge dokumentiert. Das Bild ist beredt genug, da Jesus an anderer Stelle gesagt hat, was zu sagen war über das Kreuz des Christus und seine Heilsbedeutung für den Menschen (Lk 22,19 f). Es ist beredt genug, da Jesus selbst seinen Worten die Erinnerungshandlung als Bild beigegeben hat. Das Brotbrechen ist für Lukas ein Wortgeschehen, da es nicht zu trennen ist von dem es deutenden Wort und der mit ihm verknüpften Erinnerungsforderung. Und man kann sogar vermuten, daß Lukas bei der Formulierung der Einsetzungsworte den ihm vielleicht doch bekannten zweiten ἀνάμνησις-Befehl beim Kelchwort, wie ihn die ihm nahestehende paulinische Tradition bietet (1. Kor 11,25), wegließ bzw. durch das markinische zweite „für euch“ ersetzte, weil er in der Emmausperikope allein auf das Brotbrechen als das Gedächtnismotiv rekurrierte, das im Licht der Engelsforderung Lk 24,6 die Worte im Herzen der Mahlteilnehmer freisetzt. Das dem Menschen aufgetragene und den Emmausjüngern durch den Nachvvollzug der Gedächtnishandlung möglich gewordene Gedenken als ein Akt, der die Erkenntnis der aus Jesu anstößigem Tod (vgl. V. 18–21) erwachsenden Erlössung wirkt,60 ist ganz offenbar nicht an die ehemals personale Anwesenheit bei der Einsetzung des Mahles εἰς τὴν ἐμὴν ἀνάμνησιν nach Lk 22,19 geknüpft, da Lukas den engeren Kreis der Zwölf bzw. der verbliebenen Elf ausdrücklich in Jerusalem versammelt sein läßt (V. 33 f). Die Jünger sollen sich an ein Geschehen erinnern, welches ihnen selbst nur vermittels des Wortes zur Kenntnis gelangt ist – ein Tatbestand, den Lukas mit dem Hinweis bekräftigt, daß die Jünger um alles wissen, was mit Jesu Tod zu tun hat; er läßt sie sogar selbst rekapitulieren, was „in diesen Tagen“ geschah (V. 18–20), womit die Passionsereignisse im ganzen gemeint sind. Lukas setzt also die stete Weitergabe der Worte Jesu im erweitertten Jüngerkreis voraus (vgl. V. 22–24), wie ja auch die Frauen am Grab KenntnThe Emmaus Story: Resurrection as a Transformative Transition, Proceedings: Eastern Great Lakes and Midwest Biblical Societies 16 (1996), 28, ohne allerdings von dieser Erkenntnis her die Frage nach Jesu Tod in der Emmausperikope zu beantworten. 60 Vgl. auch X. Léon-Dufour, „Faites ceci en mémoire de moi“. Luc 22,19 – 1 Corinthiens 11,25, Christus 24 (1977), 207.
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nis von allem hatten, was zur christologischen und soteriologischen Erkenntnis nötig ist. Das Wort der Verkündigung erscheint hier als Jesu ureigenes Wort, das dem, der es hört, den Weg zur Gemeinschaft mit dem Auferstandenen öffnet.61 So werden die Emmausjünger, als erstes Glied der Traditionskette,62 zum Paraddigma des uranfänglich an die Weitergabe des Wortes Jesu gebundenen Christenttums, das seine Erlösung aus der gedenkenden Annahme der Abendmahlsverheißßung empfängt.63 Für den Leser des Lukasevangeliums wird schließlich die von Jesus in Emmaus vollzogene Mahlhandlung auch dadurch soteriologisch deutbar und somit sprecchend, daß der Evangelist sie, wie bereits ausführlich dokumentiert, in einen Rahmen gespannt hat, dessen Hauptmotive die des vierten Gottesknechtsliedes sind.64 Wiederum ist es Jesu eigenes Wort, sein Hinweis auf die δόξα-Existenz des durch Leid und Tod gegangenen Christus, in welchem der Gottesknechtsbbezug am deutlichsten zutage tritt. Wer in dem, der das Brot bricht, den Gotteskknecht erkennt, der erkennt nach Überzeugung des Lukas von selbst den, der sein Leben „um der Sünde der Vielen“ willen gab (Jes 53,12) und zu Israels Heil, seinner Erlösung von den Folgen der Sünde (Jes 53,5), gesandt war. Er erkennt, daß sich in Jesus die Hoffnung auf die Erlösung Israels, die in V. 21 zusammengebrocchen schien, erfüllt hat, wenn auch anders, als der allein das Äußerliche sehende Mensch (vgl. Jes 53,2) es sich zurechtgelegt hatte. So stellt in Emmaus das Mahl den Jüngern wie denen, die ihre Geschichte zu hören bekommen, die Erfüllung ihrer Erlösungshoffnung als die ihnen zukommende Frucht des Todes Jesu vor Augen (Jes 53,12) und läßt sie die Auferstehung in Herrlichkeit als den verheißennen Abschluß des Weges des Knechts und als das ihnen bereitete Heil erkennen. 61 Dies gilt es gegen den möglichen Einwand festzuhalten, die Emmausperikope könne sich nicht auf die Abendmahlserzählung zurückbeziehen, weil die Emmausjünger bei der gemeinsammen Feier Jesu mit den Zwölf nicht anwesend gewesen seien. Vgl. Fitzmyer, Luke X–XXIV, 1559 f; Crump, Jesus, 101. S. auch Dillon, Eye-Witnesses, 154. 62 Vgl. B.‑J. Koet, Some Traces of a Semantic Field of Interpretation in Luke 24,13–35, Bijdr. 46 (1985), 59–73. 63 Den eucharistischen Bezug der Perikope betonen auch A. Bisping, Erklärung der Evangelien nach Markus und Lukas, Exegetisches Handbuch II, 2. Aufl., Münster 1868, 489; C. R. Bowen, The Emmaus Disciples and the Purpose of Luke, BW 35 (1910), 239; D. A. Losada, El episodo de Emaus. Lc 24, 13–35, RevBib 35 (1973), 3–13; Radcliffe, Emmaus Story, 491–493; E. Lepers, Témoin d’une expérience (Luc 24), Christus 31 (1984), 445– 455; H. Hendrickx, The Resurrection Narratives of the Synoptic Gospels, London 1984, 78; B. Prete, Il racconto dei discepoli di Emmaus e le sue prospettive eucaristiche (Lc 24,13– 35), in: ders., L’opera di Luca. Contenuti e Prospettive, Turin 1986, 307–327; F. J. Weismann, Kerigma y eucaristia en Lucas 24,13–35, Strom. 43 (1987), 324–329; Pokorný, Theologie, 81 f. Zur eucharistisch-ekklesiologischen Deutung der Emmausperikope in der Alten Kirche s. Hieronymus, Ep. 108,8 [CSEL 55, 314], und Augustin, Ep. 149,32 [CSEL 44, 387]. S. dazu M. Schiffers, La question d’Emmaüs, RB 2 (1893), 26, und M.‑J. Lagrange, Évangile selon Saint Luc, Paris 1921, 7. Aufl., 1958, 608. 64 S. nochmals o. S. 213–215.
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Die Auferstehung dessen, der um des Menschen willen den Tod auf sich nahm, macht den Menschen gewiß, daß er über den Tod hinaus Anteil am Leben Gottes und des zu seiner Rechten königlich erhöhten Knechts erhält.65 In diesem Zusammenhang enthüllt auch das Hauptmotiv der Emmauserzähllung das Geheimnis seiner Herkunft: das Sehen bzw. Nichtsehen des vor Augen stehenden Heils in der Person des zur Erlösung Israels gesandten Christus. Das Motiv entstammt Jes 53, wo ebenfalls die Unmöglichkeit, hinter dem Äußeren des Israel als Stolperstein der Erkenntnis (Jes 53,1) gesandten Knechts den Retter und Erlöser zu erkennen (Jes 52,14; 53,2 f), zum Sinnbild der menschlich-sündiggen Verfaßtheit stilisiert ist, die gleichzeitig als äußere Ursache und innerer Grund des Todesweges des Knechts begriffen wird (Jes 53,4.6.8.11 f). Auffallenderweise wird in der LXX das Erkenntnismotiv gegenüber dem MT noch verstärkt und auf den Gottesknecht als den Hort der Erkenntnis ausgedehnt. Der Knecht wird in Jes 52,13 LXX, gleich zu Beginn des Liedes und noch bevor von seiner königlicchen Erhöhung die Rede ist, als Träger der Erkenntnis gekennzeichnet: συνήσει ὁ παῖς μου. Mehr noch, diese Erkenntnis (σύνεσις, hebr. ) ַדּעַ תwird zum Kennzzeichen der neuen Existenz des Knechts (Jes 53,11 LXX: πλάσαι τῇ συνέσει) und konstituiert den Gegensatz zu der im Schöpfungsakt begründeten Staubexisstenz des Menschen (Gen 2,7 LXX: ἔπλασεν ὁ θεὸς τὸν ἄνθρωπον χοῦν ἀπὸ τῆς γῆς), die diesen als ein dem Tode verfallenes Wesen erscheinen läßt.66 An diesem Vorgang der lebendig machenden, die Todesexistenz auf immer wandelndden Neuschöpfung bekommt der Mensch Anteil, wenn auch er (ὄψονται ... καὶ συνήσουσιν: Jes 52,15 LXX) eben dieses Geheimnis „erkennt“, daß die äußerllich so anstößige Niedrigkeit des Knechts und sein verachtenswerter Tod den Sieg über Sünde und Tod und den Beginn eines erlösten Lebens über den Tod hinaus bedeuten.67 Daß die Heidenvölker (ἔθνη) Israel in der Erkenntnis vorangehen, ist tragischer Teil des göttlichen Rettungshandelns, da die Anerkennung Jesu durch die Heiden Israels Schuld gegenüber Gott und seinem zum Tode dahingegebennen Knecht potenziert. Und doch wird gerade durch die von Israel herbeigeführte Katastrophe der Tötung des gottgesandten Retters das Sühnegeschehen in Gang gesetzt und wirksam gemacht. Die leitmotivische Abhängigkeit der Emmauserzählung von Jes 53, und zwar ganz deutlich von der griechischen Vorlage, ist evident und belegt, daß Lukas in der voranstehenden Passionserzählung die Gottesknechtmotivik nicht en passant oder sogar unwissend als Element seiner Tradition übernommen hat, sondern daß 65 Gegen Dillon, Eye-Witnesses, 142 f, der behauptet, die Christologie der Emmauserzäh lung sei primär von der mosaischen Tradition beeinflußt („the Mosaic-prophet christology“; Kursive im Original). 66 Vgl. auch Lk 2,47 die σύνησις des Jesusknaben. 67 Zur Bedeutung der Schöpfungserzählung für Lukas s. den Exkurs zu Lk 22,43 f o. S. 181– 185.
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er sie bewußt zum tragenden christologischen Element seines Evangeliums macht, dessen großes Thema: „Sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen redete“ (οὐ συνῆκαν τὸ ῥῆμα ὃ ἐλάλησεν αὐτοῖς: Lk 2,50), in der Emmauserzählung zu dem Höhepunkt geführt wird, an welchem der Knoten des Unverständnisses zerschlagen wird in der Erkenntnis des „für euch“. Daß in der Erzählung selbst das Verb συνιέναι nicht begegnet und statt dessen γινώσκειν gesetzt wird, ist sachlich begründet in der Identifikation des geistigen Erkenntnisvorgangs mit der sinnlichen Wahrnehmung des Sehens. Sie fordert in der szenischen Umsetzung der Problematik ein auf das optische Erkennen gerichttetes Verb, als welches γινώσκειν besonders geeignet erscheint, weil es – anders als συνιέναι – beide Aspekte umfaßt: die äußerlich-sinnliche Wahrnehmung und den rein geistigen Erkenntnisakt.68 Daß für Lukas gleichwohl beide Verben im Hinblick auf die Gottes- und Christuserkenntnis des Menschen sachlich gleichbeddeutend sind, zeigt ihre Parallelisierung in Lk 18,34, wo Lukas bei der dritten Leiddensankündigung, in Ergänzung der Markusvorlage (Mk 10,32–34), das Unversständnis der Jünger in der eindringlichen Doppelaussage zum Ausdruck bringt: καὶ αὐτοὶ οὐδὲν τούτων συνῆκαν ... καὶ οὐκ ἐγίνωσκον τὰ λεγόμενα.
Und auch in der an die Emmausperikope anschließenden Erzählung, wo der Aufeerstandene nochmals allen Jüngern das Geheimnis seines Todes mit Hilfe der Schrift erklärt (24,45), benutzt Lukas für das geistige Erkennen συνιέναι (vgl. nochmals Lk 2,50, ferner Apg 7,25), das in Lk 8,10 (vgl. Apg 28,26 f) – nach Jes 6,9 – als die sachgemäß dem Hören (ἀκούειν) entsprechende Reaktion erscheint. Es ist an der genannten Stelle, wie in der Nazarethperikope, ebenfalls dem Sehen als dem komplementären menschlichen Erkenntnismittel zugeordnet und dokummentiert den inneren Zusammenhang der auf die Erkenntnis des Christusgeschehhens zielenden Bilder und Begriffe. Gleichwohl bleibt γινώσκειν die lukanische Vorzugsvokabel, die auch in der Emmausperikope das Merkmal der ausgefeilten Stilisierung durch den Evangelisten ist, der hier die in Jes 53 vorgebildeten theollogischen Zusammenhänge eindrucksvoll in Szene setzt und ausgestaltet. Die soteriologisch umfassende Bezugnahme des Evangelisten auf Jes 53 erkklärt schließlich auch, warum Lukas weit eindringlicher als die anderen Synopttiker immer wieder das δεῖ, die Notwendigkeit des Todes Jesu betont, dieses δεῖ, mit dem sich die Jünger auf ihrem Weg nach Jerusalem stets neu konfrontiert sehhen (Lk 9,22; 9,44 [μέλλει]; vgl. 18,31–33) und durch das sie an die Grenze ihrer Verstehensmöglichkeiten gedrängt werden (Lk 9,45; 18,34). Das δεῖ wird verstehbbar, da es sich beim Mahl in Emmaus mit der Lebenswirklichkeit des auf seine Erllösung harrenden Menschen verbindet. Lukas stellt diesen Sachverhalt auch dad68
Liddell-Scott, 350, s. v. γιγνώσκω, γινώσκω.
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durch kompositorisch heraus, daß er den Dreischritt der Leidensweissagungen in den drei Auferstehungserzählungen nochmals nachvollzieht und auf das erzählerrische Zentrum derselben, das Sichtbarwerden Jesu beim Mahl, hin ausrichtet.
2. Das göttliche δεῖ als Schlüssel der Auferstehungserzählungen War in der Emmausperikope der Dialog zwischen Jesus und den Jüngern in Anllehnung an die erste Leidensweissagung gestaltet, so bildet in der voranstehenden Erzählung von der Auffindung des leeren Grabes, Lk 24,1–12, die zweite Leidens ankündigung Lk 9,44 den theologischen Bezugspunkt des Geschehens. Bemerkkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß Lukas den Leidensbezug in die Erzzählvorlage Mk 16,1–8 einfügt. Denn anders als bei Markus, wo der engelhafte Jüngling nur die Auferstehung Jesu bekundet, erscheint in Lk 24,7 die Auferstehhungsbotschaft im Gewand der Leidenserinnerung. Vor den erstaunten Frauen wiederholen die Engel – bei Lukas sind es zwei – das zweite Leidenswort Jesu, das auf die Auslieferung des Menschensohns in die Hände der Menschen vorausbblickte (Lk 9,44): ὁ γὰρ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου μέλλει παραδίδοσθαι εἰς χεῖρας ἀνθρώπων.
Vgl. Mk 9,31aβ: ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου παραδίδοται εἰς χεῖρας ἀνθρώπων ...
Interessanterweise wird dabei durch die Engel ergänzt, was in Lk 9,44 in signifikkanter Verkürzung der markinischen Vorlage unausgesprochen geblieben war69: die Tötung des Menschensohns und seine Auferstehung am dritten Tag (Lk 24,7): λέγων τὸν υἱὸν τοῦ ἀνθρώπου ὅτι δ ε ῖ παραδοθῆναι εἰς χεῖρας ἀνθρώπων ἁμαρτωλῶν καὶ σταυρωθῆναι καὶ τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἀναστῆναι.
Vgl. Mk 9,31b: ... καὶ ἀποκτενοῦσιν αὐτόν, καὶ ἀποκτανθεὶς μετὰ τρεῖς ἡμέρας ἀναστήσεται.
Die Verkürzung der markinischen Vorlage hatte im Zusammenhang der Verklärrungsperikope ihren guten Grund. Dort war – in Anbetracht dessen, daß Jesus am Wendepunkt seines Weges stand, an welchem er nach Jes 50,7 „sein Angesicht hart“ machen würde, um den Weg nach Jerusalem, und d. h. ins Leiden, antreten zu können (Lk 9,51)70 – den Jüngern das in der Zionsstadt sich erfüllende Endgesschehen in gleichsam umgekehrter Ereignisfolge vor Augen gestellt worden: Sie hatten Jesus in seiner transzendenten Seinsweise und in Personeinheit mit dem 69 Zur Verarbeitung der Leidensweissagungen in den lukanischen Ostergeschichten s. auch Wanke, Emmauserzählung, 87–91. 70 Ausführlich zur Gottesknechtssymbolik der Stelle u. S. 272 f.
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Vater gesehen (Lk 9,29.35), bevor ihnen die Auslieferung des Gottessohnes in die Hände der satanisch beschlagnahmten Menschheit als Jesu Geschick und Sendung offenbart wurde (Lk 9,44). Der Kampf mit der Macht des Bösen wird in diesem Zusammenhang exemplarisch dargestellt in Lk 9,37–43, wo Jesus den einzigen Sohn eines Vaters71 aus den Fängen des ihn knechtenden Dämons befreit, ihn also Satan selbst entreißt. Die Ereignisse laufen an diesem erzählerischen Wendepunkt direkt auf das Todesgeschehen zu und werden – dies macht das lukanische Anlieggen besonders deutlich – mit dem allenthalben zutage tretenden Unverständnis der Jünger verknüpft, die sich Gottes (Lk 9,35) und Jesu (Lk 9,44) Aufforderung zum Hören verschließen und damit erweisen, daß auch sie unter der Herrschaft Satans stehen und der Kreuzestat Jesu bedürfen. Daher ist in Lk 24,7, im neu geschafffenen österlichen Kontext der zweiten Leidensweissagung, wo die Auferstehung geschehen und im Tode Jesu das menschliche Todesverhängnis durchbrochen ist, die menschliche Sündhaftigkeit auch ausdrücklich als die Ursache des Kreuzesggeschehens benannt (εἰ¦ χεῖρα¦ ἀνθρώπων ἁμαρτωλῶν). Indem aber der Mensch als solcher in das Zentrum des Geschehens gerückt wird, öffnet sich der Blick auf die soteriologischen Zusammenhänge. Daß tatsächlich in dem als Leidenswort Jesu gekennzeichneten Wort des Engels der sündhafte Mensch im Blick ist, der Mensch an sich, und nicht allein die Gruppe der konkret gegen Jesus vorgehenden jüdischen Autoritäten, erweisen auch die Leidensanspielungen der beiden anderen Auferstehungserzählungen, wo anthropologisch systematisiert und die heilsgeschichtlich zweigeteilte Gesamtheit der Menschen unter Anklage gestellt wird: Israel in seinen religiösen und politisschen Vertretern (Lk 24,20) und die Heiden, die ausdrücklich auch als der Sünddenvergebung bedürftig vorgestellt werden (Lk 24,46 f). Die anthropologisch-soteriologische Systematisierung der Leidensankündiggungen erfolgt allerdings nicht erst in den Auferstehungsgeschichten, wo alle drei Weissagungen in veränderter Form und Reihenfolge wieder aufgenommen und erzählerisch verarbeitet werden, sondern bereits im ursprünglichen Kontext, und zwar in der jeweils ganz spezifischen Umgestaltung der markinischen Vorlage. Die Abwandlungen des Markustextes sind um so sprechender, als Lukas bei der Zitation der Leidensworte in ihrem ursprünglichen erzählerischen Zusammenhang prinzipiell größtmögliche Quellentreue walten läßt. Dies gilt besonders für die dritte Leidensankündigung Lk 18,32 f, die auch in Lk 24 den Abschluß der Leiddensanspielungen bildet. Lukas tilgt bei ihrer ersten Zitation in Lk 18 den Hinwweis auf die jüdische Obrigkeit als der das Todesgeschehen eigentlich ins Werk setzenden Instanz und läßt allein die Heiden als Henker des Menschensohnes herv71 Nur bei Lukas betont der Vater, daß der Sohn sein einziggeborener Sohn sei (μονογενής: V. 38). Die Symbolik dieses Begriffs ist im Gesamtzusammenhang der auf die Passion vorauswweisenden Erzähleinheit Lk 9,10–50 nicht zu übersehen. Vgl auch Lk 7,12 und 8,42.
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vortreten. So erscheinen sie als mitschuldig am Tod des Christus und als in gleicchem Maße erlösungsbedürftig wie die Juden: 32 παραδοθήσεται [sc. ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου] γὰρ τοῖς ἔθνεσιν καὶ ἐμ- παιχθήσεται καὶ ὑβρισθήσεται καὶ ἐμπτυσθήσεται 33 καὶ μαστιγώσαντες ἀποκτενοῦσιν αὐτόν, καὶ τῇ ἡμέρᾳ τῇ τρίτῃ ἀναστήσεται (Vgl. Jes 50,672).
Vgl. Mk 10,33 f: 33 ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου παραδοθήσεται τοῖς ἀρχιερεῦσιν καὶ τοῖς γραμματεῦσιν, καὶ κατακρινοῦσιν αὐτὸν θανάτῳ καὶ παραδώσουσιν αὐτὸν τοῖς ἔθνεσιν 34 καὶ ἐμπαίξουσιν αὐτῷ καὶ ἐμπτύσουσιν αὐτῷ καὶ μαστιγώσουσιν αὐτὸν καὶ ἀποκτενοῦσιν, καὶ μετὰ τρεῖς ἡμέρας ἀναστή σεται.
Begrifflich fixiert wird dieses Faktum der sündhaften Verschuldung (ἁμαρτία) der Heiden allerdings erst in der Wiederaufnahme der Stelle in Lk 24,46 f. Es ändert sich jedoch die Perspektive, da statt der grausamen Details des Kreuzigungsvorgganges nun die auch den Heiden zugedachte Anteilhabe an der durch Jesu Tod gewirkten Sündenvergebung in den Blick kommt. Ihre Zueignung erfolgt nach Überzeugung des Lukas im Verkündigungsgeschehen, wo die Begegnung mit Wort und Namen des Christus die glaubende und damit sündenbefreiende Hinwwendung zum Gekreuzigten bewirkt: 46
γέγραπται παθεῖν τὸν χριστὸν καὶ ἀναστῆναι ἐκ νεκρῶν τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ, καὶ κηρυχθῆναι ἐπὶ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ μετάνοιαν εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν εἰς πάντα τὰ ἔθνη. 47
Kaum beachtet wird in diesem Zusammenhang, obwohl von großer theologischer Tragweite, das literarisch ungewöhnliche Vorgehen des Lukas an dieser Stelle, ungewöhnlich, weil der Evangelist die weltweite Verkündigung des Christusgesschehens im ewigen Heilswillen Gottes verankert. Das bedeutet nichts anderes, als daß für Lukas mit Israel auch die Heiden uranfänglich umschlossen sind von der in Jesu Tod und Auferstehung zur Erfüllung kommenden und durch die Schrift verbürgten Verheißungstreue Gottes. Ihr begriffliches Pendant ist das δεῖ, das, als heilsgeschichtlich signifikanter Ausdruck des göttlichen Erlösungswillens, beiddes umfaßt: Verheißung und Erfüllung (τελεῖσθαι, πληροῦσθαι). Dies zeigt sich besonders in Lk 24,44, wo Lukas in Verdoppelung des in V. 46 zum Leidensw72 Zu den jesajanischen Gottesknechtsliedern als Bezugstexten für die Leidensankündigungen s. R. E. Brown, The Death of the Messiah. From Gethsemane to the Grave. A Commentary on the Passion Narratives in the Four Gospels, Bd. 2, New York u. a. 1993, 1480 f, der allerddings, dem gängigen Argumentationsschema folgend, darauf verweist, daß auf die Passagen aus Jes 53, die den Tod des Knechts als ein Sühnegeschehen darstellen, in den Leidensweissagungen nicht Bezug genommen werde und daß dieselben daher im Vergleich zu Mk 10,45 als theologgisch weniger entwickelte Texte („less theologically developed“; op. cit. 1481) zu klassifizierren und zu interpretieren seien.
2. Das göttliche δεῖ als Schlüssel der Auferstehungserzählungen
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wort gehörenden γέγραπται und in einzigartiger Reihung der Glaubensdokummente Israels das δεῖ auf die gesamte schriftlich fixierte Verheißungsgeschichte gründet: δεῖ πληρωθῆναι πάντα τὰ γεγραμμένα ἐν τῷ νόμῳ Μωϋσέως καὶ τοῖς προ φήταις καὶ ψαλμοῖς περὶ ἐμοῦ.
Der Aspekt der durch Jesu Tod ins Werk gesetzten Schrifterfüllung kommt ebenffalls in der hier rezipierten Parallelstelle Lk 18,31 zum Ausdruck, diesmal nicht in Verkürzung, sondern in Ergänzung der markinischen Vorlage (Mk 10,32–34): τελεσθήσεται πάντα τὰ γεγραμμένα διὰ τῶν προφητῶν τῷ υἱῷ τοῦ ἀνθρώπου·
Da nun aber nach Lk 24,45–47 in der im Tod des Menschensohns sich realisierrenden Erfüllung aller Israel gegebenen Heilsverheißungen die Heiden als Teil der Verheißung und damit als schon immer von Gott dazu bestimmte Anteilseigner des Heils erscheinen, werden sie in den Weg Gottes mit seinem Volk unverbrüchlich eingebunden. So erscheint bei Lukas bereits das geschichtliche Urhandeln Gotttes an Israel in einem fest umrissenen universellen Rahmen, fest eingefügt durch das vom Evangelisten unermüdlich wiederholte göttliche δεῖ. Fragt man aber nach der das δεῖ tragenden Schriftgrundlage, auf die Lukas sich seinem eigenen Zeugnis nach stützt (Lk 18,31–33; 24,25–27.44–47), wenn er Leidden und Tod Jesu auf der einen, Auferstehung und Erhöhung des Christus auf der anderen Seite als den schon lang verheißenen Inhalt der heilstiftenden Verkündiggung an die Heiden herausstellt, dann gelangt man unweigerlich zu den jesajanisschen Gottesknechtsliedern als den Bezugstexten, die für die genannte Motivkombbination traditionsgeschichtlich einzig in Frage kommen.73 Denn nur sie benennnen die auf Niedrigkeit und Leiden des Knechts gegründete Heilserkenntnis der Heiden (Jes 52,15), noch über die Wiederherstellung Israels hinaus, als Ziel der Sendung des Knechts (Jes 42,1.4; 49,1.6; vgl. 42,6). Nur in den Gottesknechtsvverheißungen werden Leid und Tod des Knechts, die auf dieses Leiden gerichtete Erkenntnis der Heiden und die aus diesem Geschehen erwachsende Entsühnung und Rettung Israels und der Heiden theologisch miteinander verbunden und in ein eschatologisches Gesamtbild überführt. Es gibt keinen anderen Textbezug als den genannten. Und angesichts des in Lk 24,44–47 überdeutlichen, im δεῖ gebündelten Hinweises auf die Schriftgemäßheit des gesamten Geschehens ist es auch nicht möglich, Lukas zu unterstellen, er habe hier frei und ohne Textgrundlage formulliert.74 Lukas steht in seiner eigenen Heilserkenntnis auf dem sicheren Grund der 73 Ähnlich Just,
Luke 9:51–24:53, 1005. So z. B. Schulz, Einleitung, 275–280, der als „religionsgeschichtlichen Ort der lukannischen Theologie ... die hellenistisch-römische Schicksalsideologie“ sieht, und Glöckner, 74
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II. Die Erhöhung des Knechts
Schrift. Sie ist das Zentrum seiner auch ihn selbst betreffenden Gewißheit, daß Gott im Tod seines Knechts die Errettung der Heiden ins Werk gesetzt hat. Die sühnetheologische Ausrichtung der die Heiden einschließenden Rettungsvverheißung Lk 24,46 f, welche der Bezug zu Jesaja impliziert, erfährt auch keine Abschwächung durch den Hinweis auf die μετάνοια der Heiden. Das gilt entgeggen der gängigen Interpretation des Begriffs im Sinne einer menschlichen Bußlleistung, die der Erlösung vorausgeht. Diese Deutung des Begriffs trägt bis heute mit dazu bei, das Urteil über Lukas als einen werkorientierten Schriftsteller zu verfestigen, und verhindert die Anerkennung des Evangelisten als eines Theologgen, der das Sühnewerk Christi in den Mittelpunkt seines Denkens stellt. Exkurs: Die μετάνοια Israels und der Heiden Geht man aus von einem ethisch statt soteriologisch bestimmten Kreuzesverständnis des Lukas, so scheint schon die Häufigkeit der Begriffe μετάνοια und μετανοεῖν im dritten Evangelium75 die These zu bestätigen, daß hier die Rechtfertigung des Menschen nicht im Glauben geschenkt, sondern durch Buße und Bekehrung erworben werde76. Diese Sicht der Dinge wird auch dadurch befestigt, daß man den Begriff μετάνοια – der im Griechischen ganz neutral die Sinnesänderung des Menschen bezeichnen kann77 und darin dem anderren lukanischen Vorzugsbegriff ἐπιστρέφειν78 entspricht – einseitig als die vom Menschen geforderte Bußleistung versteht, womit sich die Vorstellung eines dem Erlösungswirken Gottes vorausgehenden menschlichen Werkes verknüpft. So wird die Tatsache, daß Lukas auf die Notwendigkeit der menschlichen Sinnesänderung und Umkehr zu Gott verweist, zum Beweisstück der Anklage im Prozeß gegen den Evangelisten und zum Indiz für die soteriologisch reduzierte Kreuzestheologie des Evangelisten. Gewiß erlaubt die ursprüngliche Verknüpfung des Begriffs μετάνοια mit der Person und Verkündigung Johannes’ des Täufers (Lk 3,3.8; Apg 13,24; 19,4; vgl. Mk 1,4; Mt 3,8.11) eine dergestalt engführende Interpretation des Begriffs. Aber es scheint, als wollte man gar nicht sehen, daß Lukas den Begriff an verschiedenen Stellen betont aus seiner anthropologgischen Verankerung löst und ihn mit Gott verbindet. Grundsätzliche Bedeutung erhält in diesem Zusammenhang – zumal auf dem Hintergrund der Emmauserzählung, und d.h auf dem Hintergrund der lukanischen Verstockungstheorie79 – die Stelle Apg 26,17 f, wo zwar das Verb ἐπιστρέφειν statt μετανοεῖν die Argumentation dominiert, wo aber der Sachverhhalt der vom Menschen geforderten Umkehr grundsätzlich reflektiert wird. Lukas könnte Verkündigung, 156, der darauf hinweist, wie schwer es dem Evangelisten falle, die Notwendig keit des Todes Jesu mit Hilfe von Schriftstellen zu belegen. Es scheint unmöglich zu sein, bei Lukas das vorauszusetzen, was zu denken man bei Paulus keine Schwierigkeit hat: daß nämlich die Textgrundlage des notwendigen (δεῖ) Zusammenhangs von Tod, Auferstehung und Erhöhung als selbstverständlich bekannt vorauszusetzen sei. Vgl. Hofius, Erwägungen, 9–14. 75 Lk 3,3.8; 5,32; 10,13; 11,32; 13,3.5; 15,7.10; 16,30; 17,3 f; 24,47; Apg 2,38; 3,19; 5,31; 8,22; 11,18; 13,24; 17,30; 19,4; 20,21; 26,20. 76 So Taeger, Mensch, 66 f Anm. 255. 77 Liddell-Scott, 1115. 78 Lk 1,16 f; 17,4; 22,32; Apg 3,19; 9,35; 11,21; 14,15; 15,19; 26,18.20. 79 S. dazu den Exkurs u. S. 265–280.
2. Das göttliche δεῖ als Schlüssel der Auferstehungserzählungen
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gar nicht präziser formulieren als hier, wo er feststellt, daß der Umkehr der Heiden die Öffnnung ihrer Augen durch Gott vorausgeht! 17 ... ἐκ τῶν ἐθνῶν εἰς οὓς ἐγὼ ἀποστέλλω σε 18 ἀνοῖξαι ὀφθαλμοὺς αὐτῶν, τοῦ ἐπιστρέψαι ... ἐπὶ τὸν θεόν, τοῦ λαβεῖν αὐτοὺς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν καὶ κλῆρον ἐν τοῖς ἡγιασμένοις πίστει τῇ εἰς ἐμέ.
Die Öffnung der Augen durch Gott bedeutet nach dem Zeugnis der Emmausperikope das Geschenk der Heilserkenntnis. Dieser Zusammenhang liegt auch dem Gedankengang in Apg 26,17 f zugrunde, in welchem die Vergebung der Sünden als das dem Menschen bei der Öffnung seiner Augen zugeeignete Geschenk neuen Lebens verstanden wird, das seinerseits ein Leben in Hinwendung zu Gott und im Glauben an Gott ist (V. 18). Gott selbst wirkt beim Menschen, der von selbst dazu nicht fähig ist, die Erkenntnis des Heils und damit den Glauben, der die durch Jesu Tod umfassend gewirkte Tilgung seiner Schuld als das ihn erlössende Ereignis ergreift. Das sprachlich notwendige Nacheinander der Aussagen innerhalb der die Verse Apg 26,17 und 18 umfassenden Gedankenkette kann schon deshalb nicht im Sinne einer von Lukas intendierten Kausalität menschlichen Handelns interpretiert werden – als hinge die Sündenvergebung von der vom Menschen zuvor erbrachten „Leistung“ der Bekehrung ab –, weil, im mathematischen Bild gesprochen, vor der Klammer die Öffnung der Augen steht (V. 18a). Gott ist derjenige, welcher gleichzeitig mit der Erkenntnis des in Christus gewirkten Heils die Umkehr wirkt und den Glauben schafft, der den Menschen zur Annahme des Heils befähigt.80 Anders als seine Ausleger ist Lukas, ganz paulinisch, von der schlichten Tatsache überzeugt, daß das Wort wirkt, was es verkündigt. Dem entspricht, daß bei Lukas Umkehr und Glaube, μετάνοια und πίστις, als identische Begriffe gebraucht werden, so etwa in Apg 20,21, wo die Wendungen εἰς θεὸν μετάνοια und πίστις εἰς τὸν κύριον ἡμῶν Ἰησοῦν im Sinne eines synonymen Parallelismus gemeinssam auf den Tatbestand verweisen, daß der Mensch sein Leben nur von Gott her gewinnt und der Glaube an Jesus die Orientierung auf Gott hin bedeutet. Selbst die sogenannte Bußttaufe des Johannes ist in Apg 19,4 in dem Sinne umgedeutet, daß die Umkehr (μετάνοια), die Johannes von den Menschen fordert, als der Glaube (πίστις) an Jesus, den nach ihm Kommenden, definiert wird. Hier wird der Umkehrforderung ihr von Lukasinterpreten so viel beschworener Leistungscharakter genommen. Sie erscheint nun als dem lukanisschen Gesamtverständnis der Zusammenhänge eingeordnet, wonach Gott dem Menschen bei der Öffnung der Augen die Heilserkenntnis und damit den Glauben schenkt und ihn dadurch zur Umkehr befähigt. Das Paradigma göttlich gewirkter Umkehr aber ist in der Apostelgeschichte Paulus, der ehemalige Verfolger der christlichen Gemeinde, der nicht aus eigenem Vermögen zum Glauben gelangt, sondern dadurch, daß Christus ihm in den Weg tritt. Gleich dreimal bringt Lukas das Geschehen in Erinnerung (Apg 9,1–9; 22,6–21; 26,12–18): Da Christus sich Paulus offenbart, wird aus Blindheit Sehen, wird aus Unglaube Glaube und wird aus dem Verfolger Christi der Künder des Evangeliums. Die Überwinddung der inneren Blindheit aber setzt Lukas in das Bild der äußeren Blindheit, die Paulus 80 Die Vorstellung, der Mensch könne sich nach Öffnung der Augen durch Gott selbst noch gegen Gott entscheiden – so Taeger, Mensch, 77 –, ist exegetisch unhaltbar und hat alle Stellen gegen sich, an denen Lukas programmatisch von der Blindheit des Menschen als Ausdruck seinner Verstockung handelt. Vgl. auch Conzelmann, Mitte, 91 f, der die Buße bei Lukas zur Bedingung der Vergebung macht.
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II. Die Erhöhung des Knechts
von dem Moment an befällt, da er im Herzen zum Sehen gelangt ist. Denn erst als er sich nicht mehr auf den äußeren Augenschein verlassen muß, kann er in dem als Messiasprättendent und Aufwiegler des Volkes Gekreuzigten den Christus erkennen, der von Gott zur Erlösung Israels und der Heiden gesandt wurde. Die Umkehr des Menschen, die μετάνοια, folgt bei Lukas stets auf die vorangehende Öffnung der Augen, die Öffnung von Geist und Sinn durch Gott selbst, nie umgekehrt!81 Die besondere theologische Akzentuierung des μετάνοια-Begriffs durch Lukas macht auch verständlich, warum die μετάνοια bei Lukas so vielfältig und so konsequent mit der Sündenvergebung (ἄφεσι¦ ἁμαρτιῶν) in Verbindung gebracht wird (Lk 24,47; Apg 5,31; vgl. Lk 5,32; 15,7). Beide Begriffe beziehen sich nach Apg 26,17 f auf ein und denselben Sachverhalt, nämlich die von Gott selbst gewirkte, glaubende Hinwendung zu seinem Sohn. Wo sie geschieht, wird Jesu Tod als das den Sünder entsühnende, ihn mit Gott versöhnnende und ihn zur ewigen Gemeinschaft mit Gott befreiende eschatologische Heilsereignnis begriffen, durch welches der Mensch zur neuen Kreatur wird und die Schöpfung zum Frieden gelangt.Wo Gott den Glauben schenkt und den Menschen zu sich kehrt, erfährt der Mensch die Vergebung seiner Sünden. Es sei in diesem Zusammenhang nur angemerkt, daß Lukas auch das Wirken Johannes’ des Täufers in diese Gesamtsicht der Dinge einordnet. Denn noch bevor der Evangelist in seinem Evangelium den Täufer auftreten läßt, schreibt er in den Kindheitserzählungen das rechte Verständnis der Sendung des Johannes fest: Johannes ist gesandt, die Erkenntnis des Heils zu vermitteln (... τοῦ δοῦναι γνῶσιν σωτηρίας τῷ λαῷ αὐτοῦ ἐν ἀφέσει ἁμαρτιῶν αὐτῶν: Lk 1,77), d. h. auf dem Hintergrund der Emmauserzählung: das Sehen, ohne welcches eine Umkehr zu Gott nicht möglich ist. Und es ist auch hier von entscheidender Bedeuttung, daß dieses Sehen Gabe Gottes ist.82 So ist im Blick auf den in Lk 24,46 f formulierten Zusammenhang festzuhalten, daß das Leiden des Christus der Erkenntnisgrund ist, aus dem auch der Glaube der Heiden und damit ihre Befreiung von Schuld als Geschenk und Gabe Gottes erwächst. Der Unterschied zur Darstellung der anderen Evangelisten kann an dieser Stelle nicht stark genug betont werden. Nur Lukas thematisiert unter Bezugnahme auf die jesajanischen Gottesknechtsvverheißungen die schriftgemäße, d. h. schon immer im Willen Gottes beschlossene Rettung der Heiden und ihre Integration in das durch den Tod des Knechts geöffnete Reich Gottes, wo sie, von der Macht der Sünde befreit, der ungebrochenen Gottesgemeinschaft teilhafttig werden; und Lukas tut dies erzählerisch, indem er die in diesem Sinne umformulierte dritte Leidensweissagung dem Auferstandenen in den Mund legt. Im Kontext der Ostererzählungen aber ist die Aufforderung, auf Jesu Wort zu hören, fest verknüpft mit der Weisung, sich zu erinnern (μνήσθητε ὡς ἐλάλησεν ὑμῖν: Lk 24,6), einem Auftrag, dem der Mensch in der Feier des eucharistischen Mahles zum Gedächtnis des Todes Jesu in besonderer Weise entspricht. Daher ist zum besseren Verständnis des δεῖ im Lukasevangelium auch auf denjenigen jesajanischen Bezugstext zu verweisen, in welcchem die Erinnerung und die Umkehr zu Gott als zusammengehörige, ja, letztlich identtische Akte bezeichnet und auf die Verkündigung des göttlichen Heilsplanes (βουλή; vgl. Apg 2,23; 4,28; 20,27) bezogen werden. Bei diesem Text, in welchem das δεῖ als Ausdruck 81 Gegen A. George, La conversion, in: ders., Études sur l’œuvre de Luc, Paris 1978, 367 f, der Lukas angesichts der in seinem Werk zahlreichen Aussagen zur Umkehr des Menschen eine fehlende Systematik vorwirft. 82 Ausführlich zum Thema Mittmann-Richert, Magnifikat, 38–40.
2. Das göttliche δεῖ als Schlüssel der Auferstehungserzählungen
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der Heilsnotwendigkeit des Todes Jesu nach Jes 53 gründet, handelt es sich um Jes 46,8– 10 LXX, die große, an die im Herzen Unbußfertigen und Verstockten in Israel gerichtete Umkehrmahnung. Sie blickt voraus auf das Ende der Heilsgeschichte Israels (τὰ ἔσχατα) und auf die Vollendung (τελεῖσθαι; vgl. Lk 22,37) all dessen, was Gott zuvor verkündigt hat (ἀναγγέλλειν), und ruft auf zur Erinnerung des göttlichen Wortes und zur Umkehr zu Gott.83 Die Erinnerung ist der hermeneutische Schlüssel zum Verständnis des göttlichen Heilsplanes und somit die Voraussetzung der Umkehr des Menschen zu Gott (μετάνοια): 8
μνήσθητε ταῦτα καὶ στενάξατε, μετανοήσατε, οἱ πεπλανημένοι, ἐπι τρέψατε τῇ καρδίᾳ. 9 καὶ μνήσθητε τὰ πρότερα ἀπὸ τοῦ αἰῶνος, ὅτι ἐγώ σ εἰμι ὁ θεός, καὶ οὐκ ἔστιν ἔτι πλὴν ἐμοῦ 10 ἀναγγέλλων πρότερον τὰ ἔσχατα πρὶν αὐτὰ γενέσθαι, καὶ ἅμα συνετελέσθη. καὶ εἶπα Πᾶσά μου ἡ βουλὴ στήσεται, καὶ πάντα, ὅσα βεβούλευμαι, ποιήσω.
Hier zeigt sich auch, daß die μετάνοια als die zunächst von Israel geforderte Haltung zu gelten hat und nicht als Anspruch an die Heiden. Die Übertragung des Anspruchs auch auf sie bedeutet vor dem Hintergrund der alttestamentlichen Prophetie eine Ausweitung des Begriffs. Dieser theologischen Begriffserweiterung entspricht bei Lukas das Wissen um den Gabecharakter der μετάνοια, die nicht mehr als Leistung der Umkehr, sondern als das Israel und den Völkern im Glauben zugeeignete Geschenk Gottes verstanden ist, das ihre Entsühnung impliziert: τοῦτον ὁ θεὸς ... σωτῆρα ὕψωσεν ... [τοῦ] δοῦναι μετάνοιαν τῷ Ἰσραὴλ καὶ ἄφεσιν ἁμαρτιῶν (Apg 5,31). ἄρα καὶ τοῖς ἔθνεσιν ὁ θεὸς τὴν μετάνοιαν εἰς ζωὴν ἔδωκεν (Apg 11,18).
Die Ausweitung der mit Israels Umkehr verbundenen Vorstellungen aber erreicht bei Lukas ihre letzte Steigerung in Lk 24,46 f, wo die μετάνοια der Heiden als das in Gottes Heilsplan schon immer verankerte Ziel der Sendung Jesu in den Tod beschrieben wird.
Blickt man von hier aus nochmals auf die Leidensankündigungen, die das göttlicc che δεῖ auf der Grundlage der jesajanischen Gottesknechtsverheißung und damit unter Einbeziehung der Heiden in das aus dem Tod des Christus erwachsende Heil explizieren, so fällt auf, daß im Kreis der Weissagungen, die in Lk 24 nochmc mals erinnert und im Bezug auf das Auferstehungsgeschehen neu reflektiert und sprachlich umgestaltet werden, die erste Leidensankündigung Lk 9,22 eine herac ausragende Stellung einnimmt. Sie ist, als der thematisch einführende Leittext der Emmauserzählung, das Herzstück des gesamten Zyklus von Leidensweissagc gungen. Der Sachverhalt ist im vorangehenden Kapitel II.1 ausführlich besprocc 83 Vgl. auch Jes 44,22. Dazu Hofius, Erwägungen, 13, der im Anschluß an H. W. Wolff, Das Thema „Umkehr“ in der alttestamentlichen Prophetie, in: ders., Gesammelte Studien zum Alten Testament, TB 22, 2., durchges. und um einen Anhang erw. Aufl., München 1973, 145 (= ZThK 48 [1951], 129–148), darauf verweist, daß bereits bei Deuterojesaja der Ruf zur Um kehr im Heilszuspruch verankert ist und die rettende Zuwendung Gottes zu seinem abtrünnigen Volk der Umkehr Israels vorausgeht.
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II. Die Erhöhung des Knechts
chen worden:84 Das erste Leidenswort Jesu legt – dialogisch aufgenommen und unter dem Doppelaspekt der Gottesknechtschaft Jesu und der dem Leidensweg des Knechts gegenüber bestehenden Blindheit des Menschen neu akzentuiert – innerhalb der dreigeteilten Auferstehungskomposition das Fundament für das Versständnis nicht nur des Leidens und des Todes Jesu, sondern auch der Auferstehung und Erhöhung des Christus in Herrlichkeit. Gleichzeitig schafft die Emmausperrikope, indem sie die Frage nach den anthropologischen Voraussetzungen der Heilserkenntnis und damit des Heilsempfangs in die christologisch-soteriologissche Reflexion einbezieht, den existentiellen Bezug zum Leser bzw. Hörer des Lukasevangeliums. Dieser Bezug wird noch verstärkt durch den in Lk 22,19 zur Gedächtnishandlung erhobenen eucharistischen Akt des Brotbrechens beim Mahl. Die menschliche Blindheit als Konkretion und Ausdrucksform der menschlichen ἁμαρτία (Lk 24,7.47) und das aus der menschlich-sündigen Blindheit resultierrende, sie aber gleichzeitig heilende Leiden des Christus (Lk 24,26) sind hier gerade dadurch ursächlich miteinander verbunden, daß beim Mahl ihre beidersseitige Aufhebung erfolgt. Das Geschehen wird dabei in der Weise dem δεῖ des göttlichen Ratschlusses unterstellt, daß beides, die sündenbeschwerte Niedrigkeit des Menschen und die Niedrigkeit des sich der sündigen Blindheit ausliefernden Christus, von der sie verwandelnden und heilenden Herrlichkeit des auferstandennen und königlich erhöhten Knechts umschlossen ist. Diese durch das δεῖ konstituierte unlösliche Verbindung von Tod und Leben, Niedrigkeit und Hoheit, Mensch und Gott, irdischem Leid und himmlischer Herrllichkeit (24,26) öffnet aber die letzte Tür zum Verständnis der Mahlszene in der Emmausperikope. Denn diese nimmt nicht nur in der auf Jesu Tod zielenden Handllung des Brotbrechens auf das Abendmahlsgeschehen Bezug, sondern auch in ihrer eschatologischen Ausrichtung85, die durch V. 26 ins erklärende Wort, durch Jesu Unsichtbarwerden ins Bild gefaßt wird. Es gehört ja zur Eigenart des lukanisschen Abendmahlsberichtes, daß in ihm der deutende Ausblick auf Jesu Tod proggrammatisch eingebettet ist in das Bild der eschatologischen Mahlgemeinschaft der Völker mit dem Thronenden (Lk 22,15–18.29 f). Dieser ist dem Zusammenhhang nach kein anderer als der Knecht (Lk 22,27), dessen δόξα (Lk 24,26; vgl. Jes 52,13 LXX: δοξασθήσεται) die königliche und zugleich göttliche Würde des Herrschers im Reich Gottes manifestiert (vgl. auch Lk 23,42).86 Auf diesem Hinttergrund erscheint auch das Mahlgeschehen in der Emmausperikope als in dopppelter Weise sinnträchtig: In ihm wird die Tischgemeinschaft des erhöhten Chrisstus mit seinen Jüngern, die in Lk 22,19 f in der Proklamation des durch Jesu Tod 84
S. o. S. 211–215. Zur grundsätzlich eschatologischen Ausrichtung des Begriffs s. W. Grundmann, Art. δεῖ, δέον ἐστί, ThWNT 2, Stuttgart 1935, 23–25. 86 Dazu bereits ausführlich o. S. 161–165. 85
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gestifteten Heils proleptisch vollzogen wird, zum realen Widerfahrnis der lebenddigen Tischgemeinschaft mit dem Auferstandenen. Gleichzeitig ist diese Gemeinsschaft mit dem sichtbar das Mahl präsidierenden Tischherrn, die im Lukasevangellium auf Erden nur den – zunächst blinden – Emmausjüngern gewährt wird, die Vorabbildung der eschatologischen Tischgemeinschaft im Reich Gottes, bei der auch die irdische Unsichtbarkeit des auferstandenen Christus (Lk 24,31) in ungettrübtes Sehen gewandelt wird. Das in der Gottesknechtsverheißung gegründete und eigentlich sie schon von jeher begründende δεῖ verbindet neben dem Einsetzzungsmahl auch das Emmausmahl mit dem eschatologischen Mahl des Erhöhtten, das Israel und die Heiden zusammenschließt. Der Todesbezug des Mahles bleibt in beiden Fällen strikt gewahrt: So wie in Lk 22 die Realität des eschatollogischen Mahles im Reich Gottes unabdingbar an die Realität des Todes Jesu geknüpft wird, so kann in Lk 24 die lebendige Tischgemeinschaft mit dem in Herrlichkeit erhöhten eschatologischen Tischherrn erst als real erfahren werden, als die Bedeutung seines Kreuzestodes in der göttlichen Zueignung seiner heillenden Kraft erkannt ist. Der eucharistische Bezug der Emmausperikope tritt innerhalb dieses tradi tions- und redaktionsgeschichtlich dichten Beziehungsgeflechts so deutlich hervvor, und so eng ist die kompositorische Verknüpfung des im δεῖ und damit in der Gottesknechtschaft Jesu begründeten Todesgeschehens mit dem von Jesus als erkenntnisstiftende Gedächtnishandlung eingesetzten Mahl, daß eine Interprettation der Emmauserzählung ohne Berücksichtigung des – zwei Kapitel zuvor von Lukas breit ausgestalteten – Abendmahlsgeschehens sich verbietet. Der beim Mahl in Emmaus erkannt wird, ist der Gottesknecht, der leiden und sterben mußte (Lk 9,22; 24,26; Jes 53,5.9–12) um der Entsühnung Israels und der Heiden willen (Lk 22,19 f; Jes 53,4–6.8.10–11) und der nach Durchschreiten des Todesdunkels in königlicher Würde (Lk 24,26; Jes 52,13) als Herrscher im Gottesreich eingessetzt ist (Lk 23,42 f). Dieses findet, da es nicht räumlich, sondern relational quallifiziert ist,87 im Bild der eschatologischen Tischgemeinschaft mit dem erhöhten Knecht (vgl. nochmals Lk 22,26.29 f) seinen wesenseigenen Ausdruck. Die aufgrund ihres vielschichtigen Bezuges auf die Abendmahlseinsetzung Lk 22,19 f tief im Kreuzesgeschehen verwurzelte Emmauserzählung widersteht jeddem Versuch einer einseitig erhöhungschristologischen Interpretation. Daß Lukas, wie so häufig behauptet wird, das Kreuz des Christus allzu rasch ins Licht der Aufeerstehung rücke, um ihm die Schwere zu nehmen oder es sogar seiner sühnetheollogischen Bedeutung zu entkleiden, kann hinsichtlich der Emmausperikope nur behauptet werden, wenn man ihren erzählerischen Duktus ins Gegenteil verkehrt. Dies geschieht, wo man der Erzählung ihre Pointe nimmt und die von Lukas gleich zu Beginn so meisterhaft ins Bild gesetzte Erkenntnis ignoriert, daß das Wissen 87
S. o. S. 151–153.
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II. Die Erhöhung des Knechts
um die Auferstehung Jesu, ja, daß selbst die Gegenwart des Auferstandenen kein Licht ins Leben der Jünger wirft, solange die Todesfrage nicht geklärt ist und sollange die Jünger nicht verstehen, was allem Verstehen widerstreitet: die Kreuziggung des zur Erlösung Israels gesandten Christus. Es ist nicht das Wissen um die Auferstehung, sondern die Einsicht in die Heilsnotwendigkeit des Todes Jesu, die darüber entscheidet, ob aus menschlichem Hören ein heilvolles Sehen wird. Es ist der Tod Jesu, dessen Verständnis zum Glauben an den Auferstandenen führt. An der Auseinandersetzung mit der Heilsbedeutung des Todes des Christus führt für Lukas kein Weg vorbei. Kreuzeserkenntnis und Osterglaube fallen zusammen in der im Glauben geschenkten Erkenntnis des göttlichen δεῖ. Sie ist die Erkenntnis der Todesnotwendigkeit „für euch“. Sie ist die zum Heil führende Einsicht in das Geheimnis der Entsühnung des eigentlich unentsühnbaren Menschen. Blickt man am Ende dieses interpretatorischen Durchgangs durch die Em mausperikope noch einmal zurück auf die exegetische Diskussion, so kann nun die offene Frage nach der Schriftgrundlage des δεῖ in Lk 24,26, das Leiden und Erhöhung des Christus gleichermaßen umschließt, als beantwortet gelten. Die vorhherrschende negative Einschätzung des Befundes konnte sich bislang nur deshalb behaupten, weil man stets auf die Gesamtheit der Schriften schaute, aber außer der Gottesknechtstradition keine andere Traditionsgrundlage für die theologische Verknüpfung von Tod und Erhöhung anzugeben wußte und Lukas deshalb untersstellte, er formuliere, wenn er von der Notwendigkeit des Todes Jesu spreche, ohne konkreten Schriftbezug.88 Daß man den Schlüssel, den man schon in der Hand hielt mit der Erkenntnis, daß nur Jes 53 als Bezugstext bereitstand, so rasch wieder beiseite legte, liegt vor allem an den sühnetheologischen Implikationen des vierten Gottesknechtsliedes, die mit dem gängigen Bild von Lukas nicht recht zusammenppaßten. Gleichwohl hätte die Tatsache, daß die jesajanischen Gottesknechtstexte die einzige Traditionsgrundlage für das markante Nebeneinander von Todesdunkel und königlicher Herrlichkeit darstellen – nicht nur in den Passionstexten, sondern auch in den das Leiden Jesu programmatisch ins Gedächtnis rufenden Auferstehhungserzählungen –, Augen und Ohren öffnen müssen für das textlich fest umrisssene Zeugnis der Schrift, auf das der Evangelist so nachdrücklich verweist. Es ist, da der Gottesknecht den Jüngern die Augen öffnet, der Beliebigkeit exegetischer Spekulation entnommen.89 In welcher Weise das die Notwendigkeit des Leidens 88 Bereits W. M. L. de Wette, Kurze Erklärung der Evangelien des Lukas und Markus, Kurzgefaßtes exegetisches Handbuch zum Neuen Testament I/2, Leipzig 1836, 121, konstattierte: „Es wäre zu wünschen, dass wir wüssten, welche Weissagungen auf J. [Jesu] Tod und Verherrlichung h. [hier] gemeint seien. Viele lassen sich nicht finden.“ 89 Dies gilt es auch gegen Interpretationen festzuhalten, welche im Blick auf die alttestamentlliche Tradition die u. a. von Schulz, Gottes Vorsehung, 104–116, gebotene Deutung der fragllichen Passagen im Licht eines hellenistisch gefärbten, deterministischen Vorsehungsbegriffs zu überwinden suchen, dabei aber nicht hinauskommen über die allgemeine Feststellung, daß
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explizierende δεῖ mit der heilsgeschichtlichen Gesamtkonzeption des Lukas verkknüpft ist, wird bei der Auslegung der Nazarethperikope Lk 4,16–30 im Zusammmenhang der lukanischen Verstockungstheorie zu erörtern sein.
die im δεῖ begrifflich fixierte Vorsehungsvorstellung aus den Schriften des Alten Bundes erwwachse. Vgl. z. B. E. Fascher, Theologische Beobachtungen zu δεῖ, in: W. Eltester (Hg.), Neutestamentliche Studien für Rudolf Bultmann, Berlin 1954, 228–254; C. H. Cosgrove, The Divine ΔΕΙ in Luke-Acts. Investigations into the Lukan Understanding of God’s Providence, NT 26 (1984), 168–190.
III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes Die Arbeit begann mit dem Ende. Tod und Erhöhung des Knechts bilden das kontt trastreiche Ziel eines Weges, der selbst voller Kontraste ist. Die Sendung Jesu steht von Anfang an im Zeichen des Gegensatzes von Licht und Finsternis, Macht und Ohnmacht, Anerkennung und Verwerfung. Das Kreuz wirft seinen dunklen Schattt ten bereits auf Jesu erstes öffentliches Auftreten und läßt ihn, menschlich gesehen, scheitern, kaum daß er seine Stimme erhebt. Und die unverhohlene Ablehnung, welche die Sendung Jesu bei Lukas schon zu Beginn erfährt, läßt an der Hoheit dessen, der von Gott zur Erlösung des Menschen gesandt ist, zweifeln. Der Gottesknecht wird als solcher nur in seiner Niedrigkeit und Schmach erkannt. Aber niedrig, häßlich und entstellt will man ihn nicht haben (vgl. Jes 53,2 f). Und so wendet man sich ab, und wo das nicht reicht, wo die Botst schaft, die der Knecht zu verkünden hat, zur Entscheidung drängt, sucht man, ihn zu töten. Die Dramatik des Geschehens, die aus der schlichten Tatsache erwächst, daß Gott seinen Knecht in die Welt sendet, wird von keinem der anderen Evangelist sten so eindrucksvoll ins Bild gesetzt wie von Lukas, der sein ganzes Evangelium vom Grundgedanken der Gottesknechtschaft Jesu her konzipiert. Lukas ringt mit aller Intensität um das Verständnis der ihm durch die Schrift verbürgten dunklen Tatsache, daß Jesus in die Welt gesandt wurde, um verworfen zu werden und zu sterben. Ein ungeheurer Gedanke, den zu denken nur möglich ist, wenn der Tod Jesu, wenn sein Kreuz Heilsqualität hat und das eschatologische Ereignis darstellt, durch welches der Mensch auf immer entsühnt und gerettet wird. Ihn zu denken ist unmöglich, wenn dem Weg Jesu unter Absehung seines Todes Heilsqualität zugeschrieben wird und er keine andere Funktion hat, als die unausgeschöpften Lebensmöglichkeiten des Menschen exemplarisch zu vergegenwärtigen. Da aber, wie bereits gezeigt, genau diese Deutung des Weges Jesu die im Lukasevangelt lium vorherrschende ist, bleibt der Evangelist in seinem ganzen theologischen Entwurf zutiefst mißverstanden. Der Blick auf Jesu Tod konnte die Lukasexegeten bislang nicht von der Sühnt nebedeutung des Sterbens Jesu im dritten Evangelium überzeugen. Zu ändern vermag das vielleicht der Blick auf Jesu Leben, das im Mittelpunkt der Diskusst sion über die lukanische Soteriologie steht. Denn Jesu irdischer Weg, wie ihn das Lukasevangelium zeichnet, enthüllt gerade in der tiefen Tragik, die der Verwerft fung des zur Erlösung der Welt gesandten Knechts innewohnt, das soteriologische
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III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes
Anliegen des Lukas, der das Unbegreifliche begreiflich zu machen sucht, indem er vom Beginn des Weges Jesu an auf das Kreuz vorausweist. Er läßt bereits in Nazareth das Mordgeschrei anstimmen, das bis Jerusalem nicht verstummt und unter dem Kreuz zum Hohnlachen der sündigen Welt sich steigert, läßt aber schon hier auch das Licht aufscheinen, das am Kreuz als das Licht der göttlichen Doxa sichtbar wird. Denn nur bei Lukas offenbart sich Jesus bereits am Anfang seinnes Weges als der Gottesknecht – der Gottesknecht, aus dessen Tod die Erlösung Israels und der Heiden erwächst.
1. Die Offenbarung des Gottesknechts vor der Welt (Jes 61,1 f) In Nazareth beginnt das öffentliche Wirken Jesu, und es beginnt mit einer Katasstrophe: Den, der sich seinen Mitbewohnern öffentlich als der von Gott gesandte Heilsbringer offenbart (Lk 4,18 f), will die aufgebrachte Menge töten (Lk 4,28 f). Kaum daß er sein Heilswerk begonnen hat, ist Jesus vom Tode bedroht. Es liegt aber dieser Tod, der auf wundersame Weise noch nicht zur Ausführung kommt (Lk 4,30), bereits in Jesu Selbstoffenbarung beschlossen, da es – nach altem Versständnis – die Worte des Gottesknechts sind, die in der Synagoge von Nazareth vor den Ohren der Gottesdienstteilnehmer erklingen (Jes 61,1): πνεῦμα κυρίου ἐπ’ ἐμὲ οὗ εἵνεκεν ἔχρισέν με. Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat.
Die allgemein in der Forschung vertretene Überzeugung, daß in Lk 4,18 f der Einggang des von Lukas durch Jes 58,6 ergänzten Zitats Jes 61,1 f nicht als Gotteskknechtsanspielung zu verstehen sei, sondern „rein messianisch“ gedeutet werden müsse, geht nicht nur an der von Lukas selbst in Apg 4,27 vollzogenen Kennzzeichnung des Gottesknechts als des von Gott selbst Gesalbten vorbei (... ἐπὶ τὸν
Zur Textproblematik s. u. S. 280–283. S. z. B. Fitzmyer, Luke I–IX, 529, und C. K. Barrett, Luke/Acts, in: D. A. Carson – H. G. Williamson (Hg.), It is Written: Scripture Citing Scripture. FS B. Lindars, Cambridge u. a. 1988, 236. Dagegen Lohmeyer, Gottesknecht, 107 f; Lampe, Holy Spirit, 177. Vgl. auch Bock, Luke 1:1–9:50, 406, der allerdings den von ihm an dieser Stelle festgestellten Gottesknechtsbezug („Jesus ... is the Servant par excellence“) interpretatorisch nicht auswertet, und Glöckner, Verkündigung, 129.191, der ebenfalls auf den Gottesknechtsbezug von Jes 61 (nach Jes 42,1–4 und 49,1–6) verweist, aber gleichzeitig ohne nähere Begründung feststellt, daß Lukas bei der Zitation der Stelle keineswegs den Gottesknecht und sein Leiden im Sinn habe. S. auch R. F. O’Toole, How Does Luke Portray Jesus as Servant of YHWH?, Bib. 81 (2000), 329 Anm. 4, und Rusam, Das Alte Testament, 175–177. Die thetische Behauptung von D. L. Jones, The Title „Servant“ in Luke-Acts. New Per spectives from the Society of Biblical Literature Seminar, New York 1984, 155, die Bezugnahme von Apg 4,27 auf Jes 61,1 sei keine Gottesknechtsanspielung, beweist die Unkenntnis der tradditionsgeschichtlichen Zusammenhänge.
1. Die Offenbarung des Gottesknechts vor der Welt (Jes 61,1 f)
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ἅγιον παῖδά σου Ἰησοῦν ὃν ἔχρισας), sondern auch an der klaren Bezugnahme des tritojesajanischen Textes Jes 61,1–3 auf das Gottesknechtslied Jes 42,1–4 bzw. 42,1–7, als dessen Ausschreibung die Worte des Späteren sich darstellen. Der, der in Jes 42,1 als der von Gott erwählte Geistträger gekennzeichnet ist, der Knecht, erscheint in Jes 61,1–3 als Verkündiger der eschatologischen Freudenbotschaft und Bringer des Heils. Die in diesen Versen absichtsvolle theologische Bezugnnahme auf die deuterojesajanischen Gottesknechtslieder tritt noch schärfer hervvor, wenn man dieselben – jenseits aller historisch-kritischen Abgrenzung, aber dem frühjüdischen Kontextverständnis entsprechend – in ihrer durch den jetziggen Textzusammenhang gegebenen Erweiterung liest, in welcher sich das in Jes 61,1–3 in konkreten Bildern vor Augen gestellte Heilsgeschehen motivisch identtisch vorgeformt findet. So wird das erste Lied Jes 42,1–4 in einer zweiten Gotttesrede folgendermaßen fortgeführt (Jes 42,6–7):
Vgl. W. Zimmerli, Das „Gnadenjahr des Herrn“, in: ders., Studien zur alttestamentlicchen Theologie und Prophetie. Gesammelte Aufsätze II, TB 51, München 1974, 222–234, bes. 223–225 (= Archäologie und Altes Testament. FS K. Galling, hg. v. A. Kuschke u. E. Kutsch, Tübingen 1970, 321–332); W. A. M. Beuken, Servant and Herald of Good Tidings. Isaiah 61 as an Interpretation of Isaiah 40–55, in: J. Vermeylen (Hg.), The Book of Isaiah. Le livre d’Isaïe. Les oracles et leurs relectures. Unité et complexité de l’ouvrage, BEThL 81, Löwen 1989, 411– 440, bes. 412–424.438–440; ders., Jesaja deel III A, De Prediking van het Oude Testament, Nijkerk 1989, 195–223; K. Koenen, Ethik und Eschatologie im Tritojesajabuch. Eine literarkkritische und redaktionsgeschichtliche Studie, WMANT 62, Neukirchen-Vluyn 1990, 103–122; U. Kellermann, Tritojesaja und das Geheimnis des Gottesknechts. Erwägungen zu Jes 59,21; 61,1–3; 66,18–24, BN 58 (1991), 46–82; W. Lau, Schriftgelehrte Prophetie. Eine Untersuchung zu den literarischen Bezügen in den letzten Kapiteln des Jesajabuches, BZNW 225, Berlin – New York 1994, 68–75; Hermisson, Gottesknechtslied, 1; J. N. Oswalt, The Book of Isaiah. Chapters 40–66, The New International Commentary on the Old Testament, Grand Rapids, Michigan – Cambridge, U. K. 1998, 561–575, bes. 562–565 mit Referenz auf Lk 4,18 f; B. S. Childs, Isaiah, Louisville, Kentucky 2001, 500–506; J. Blenkinsopp, Isaiah 56–66. A New Translation with Introduction and Commentary, AncB 19b, New York u. a. 2003, 218–223. S. auch J. A. Sanders, From Isaiah 61 to Luke 4, in: J. Neusner (Hg.), Christianity, Judaism and Other Greco-Roman Cults, Part One: New Testament. FS M. Smith, Studies in Judaism in Late Antiquity 12, Leiden 1975, 80–83. Vgl. daneben den auf Lk 4,18 f gegründeten altkirchllichen Jesajakommentar Theodorets von Kyros z. St. (19, 305–321), der Jes 61,1 von Jes 42,1 her interpretiert und den Knecht mit Jesus identifiziert (J.‑N. Guinot [Hg.], Commentaire sur Isaïe, Tome III [Sections 14–20], SC 315, Paris 1984, 264.266). Vgl. K. Berger, Die königlichen Messiastraditionen des Neuen Testaments, NTS 20 (1974), 40, der ganz allgemein darauf verweist, daß Aussagen über Jesus als παῖς, d. h. nach dem hier entwickelten Verständis der Zusammenhänge: als Knecht Gottes, „in der luk.- und außer-luk. Tradition vorzugsweise verbunden“ werden „mit der Mitteilung von Erkenntnis und Offenbarung“. So auch Koenen, Ethik, 106 f, der darauf hinweist, daß bereits im alttestamentlichen Zusammenhang der in Jes 61,1 f redende Prophet Jes 42,5–8 als Teil des ersten Gottesknechtslie des verstanden habe. S. dazu auch o. S. 60 f mit Anm. 211, ferner S. 69 f. Zur Textkritik s. Elliger, Jesaja II, 222 f. Zum Gesamtverständnis von Jes 42,1–9 als Gottesknechtstext s. K. Baltzer, Deutero-Jesaja, KAT X/2, Gütersloh 1999, 169–186, bes. 178.
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III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes 6 Ich, Jahwe, habe dich gerufen in Gerechtigkeit und deine Hand ergriffen und dich gebildet und gemacht zum Bund für das Volk zum Licht der Völker, 7 um blinde Augen zu öffnen, um die Gefangenen aus dem Kerker herauszuführen und, die im Finstern sitzen, aus dem Gefängnis (LXX: ἀνοῖξαι ὀφθαλμοὺς τυφλῶν, ἐξαγαγεῖν ἐκ δεσμῶν δεδεμένους καὶ ἐξ οἴκου φυλακῆς καθημένους ἐν σκότει).
Auch im Anschluß an das zweite Gottesknechtslied, Jes 49,1–6, stößt man auf einen ganz ähnlichen zweiten Redegang, als dessen Adressaten man, wie schon bei der Auslegung der Abendmahlsperikope gezeigt, den Gottesknecht erkannte (Jes 49,8–9a): 8 Ich habe dich erhört zur Zeit der Gnade (LXX: καιρῷ δεκτῷ; vgl. Lk 4,19), und dir geholfen am Tage des Heils und dich gebildet und gemacht zum Bund für das Volk, um das Land aufzurichten und verwüstete Erbteile in Besitz zu geben, 9 um den Gefangenen zu sagen: „Geht heraus!“, und zu denen in der Finsternis: „Laßt euch sehen!“ (LXX: λέγοντα τοῖς ἐν δεσμοῖς Ἐξέλθατε, καὶ τοῖς ἐν σκότει ἀνακαλυφθῆναι).
Im Blick auf die genannten Passagen muß die – nur in der neutestamentlichen Wisssenschaft vollzogene – Negierung eines in Jes 61,1–3 intendierten und von Lukas verinnerlichten Gottesknechtsbezuges als künstlich, ja, als theologiegeschichtllich unmöglich bezeichnet werden.10 Sie gehört, was den Evangelisten betrifft, S. o. S. 125 f. Dort auch zur theologischen Bedeutung der Vorstellung vom Knecht als Bund, die sich bezeichnenderweise in beiden Kontexten findet. Zur Textkritik s. Hermisson, Deuterojesaja 2, 321 f. 10 Zu den wenigen Untersuchungen, die die Gottesknechtschaft Jesu in Lk 4,16–30 als theollogisch bestimmend herausstreichen, gehört der inhaltsvolle Aufsatz von I. J. du Plessis, De Knechtsgestalte von Jezus in de Nazaret-Perikoop (Luc. 4:16–30), in: H. H. Grosheide u. a. (Hg.), De Knechtsgestalte von Christus. FS H. N. Ridderbos, Kampen 1978, 111–119. Vgl. auch Franklin, Christ, 64. Daneben ist vor allem auf ältere, in der Frage des Gottesknechts verständnisses historisch ausgerichtete Arbeiten zu verweisen. Vgl. z. B. L. L. Carpenter, Primitive Christian Application of the Doctrine of the Servant, Durham, U. S.a., 1929, 47 f; C. J. Cadoux, The Historic Mission of Jesus, London 1941, 37 f; J. W. Bowman, The Intention of Jesus, London 1945, 130, neben P. Benoit, Jésus et le Serviteur de Dieu, in: J. Dupont
1. Die Offenbarung des Gottesknechts vor der Welt (Jes 61,1 f)
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mit hinein in das die Lukasauslegung gegenwärtig noch leitende Bemühen, das Bild des Evangelisten freizuhalten von allen Spuren sühnetheologischen Denkens, das sich mit dem Gottesknechtsbezug von Haus aus verbinden würde. Schließlich zeigt sich die Selbstverständlichkeit des Bezuges von Jes 61,1 zum ersten Gotttesknechtslied auch in 1QHa XXIII 14 f (XVIII i 14 f)11, wo der als „Knecht“ des Herrn auftretende Beter (1QHa XXIII [XVIII i] 6.10) seinen Verkündigungsaufttrag aus Jes 61,1–3 entlehnt. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, daß Lukas im Blick auf Jes 42,1 den Geistbesitz und die göttliche Salbung des in Jes 61,1 Redenden als Gottesknechts attribute verstand. Dies zeigt auch die Kreuzigungsperikope, wo das in Nazareth beginnende Verwerfungsgeschehen seinen dramatischen Höhepunkt erreicht und wo der Evangelist unter Bezugnahme auf Jes 42,1 den von der Menge verspottetten Gesalbten (χριστός: Lk 23,35.39; vgl. Lk 23,37) als den Erwählten (Lk 23,35) und Geistträger (Lk 23,46) und damit als den jesajanischen Gottesknecht kennzzeichnet. Auf der Grundlage dieser von Lukas nachvollzogenen Identifikation des in Jes 61,1 auftretenden Heilskünders mit dem von Gott in Jes 42,1 zum Heilsmmittler eingesetzten Gottesknecht mußte der Evangelist die Heilsankündigung Jes 61,1 f als die sachgemäße Ausführung des Auftrags deuten, der dem Knecht in Jes 42,1–4 bzw. Jes 42,1–7 von Gott selbst auferlegt worden war. Anders gewenddet: Die Offenbarung des Geistbesitzes und die mit ihm in Jes 61,1 verknüpfte (Hg.), Jésus aux origines de la christologie, BEThL 40, Gembloux 1975, 111. R. Koch, Le Christ et l’Esprit du Seigneur selon Luc 4,18–19, Nouvelle Revue Théologique 115 (1993), 877–885, geht zwar ausführlich ein auf die traditionsgeschichtliche Zusammengehörigkeit des tritojesajanischen Textes mit den deuterojesajanischen Gottesknechtsliedern, scheut aber im Blick auf Lk 4,18 f den Schritt hin zur Identifikation Jesu mit dem jesajanischen Gottesknecht. Ähnlich B.‑J. Koet, „Today this Scripture has been Fulfilled in Your Ears“. Jesus’ Explanation of Scripture in Luke 4,16–30, Bijdr. 47 (1986), 375 f. Besondere Blüten treibt dieses Bemühen, den direkten Bezug zwischen Jesus und dem jesajanischen Gottesknecht zu vermeiden, bei G. Nebe, Prophetische Züge im Bilde Jesu bei Lukas, BWANT 127, Stuttgart – Berlin – Köln 1989, 68, der sich nicht scheut, von dem, der sich in Nazareth mit Jes 61,1 f auf den Lippen offfenbart, als „Jesaja-Heilzeittyp-Prophet“ zu sprechen. 11 The Dead Sea Scrolls Reader, Part 5: Poetic and Liturgical Texts, ed. by D. W. Parry and E. Tov, with the assistance of M. J. Anderson, Leiden – Boston 2005, 64; Zählung nach É. Puech, Quelques aspects de la restauration du Rouleau des Hymnes (1QH), JJS 39 (1988), 38–55. In Klammern die Zählung der editio princeps von E. Sukenik, The Dead Sea Scrolls of the Hebrew University, Jerusalem 1954. Die abgeschliffene Bedeutung des Titels „Knecht“ als Ausdruck einer geprägten Glaubenshaltung ist dabei allerdings mitzubedenken. Zur Zitation von Jes 61,1ff vgl. ferner 11QMelch II 9 [DJD XXIII: Qumran Cave 11. II: 11Q2–18, 11Q20– 31, ed. F. García Martínez – E. J. C. Tigchelaar – A. S. van der Woude, Oxford 1998, S. 225] und 4Q521 = 4QMessianic Apocalypse 2 II + 4 1.6.8.12 [DJD XXV: Qumrân Grotte 4. XVIII: Textes Hébreux (4Q521–4Q528, 4Q576–4Q579), ed. É. Puech, Oxford 1989, S. 10]. Eine ausfführliche Interpretation der Qumran-Parallelen bietet Sanders, From Isaiah 61 to Luke 4, 87– 92. Abwegig erscheint die These von J. M. Ford, Reconciliation and Forgiveness in Luke’s Gospel, in: R. J. Cassidy – P. J. Scharper (Hg.), Political Issues in Luke-Acts, New York 1983, 81, Lukas sei möglicherweise direkt durch 11QMelch beeinflußt worden.
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III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes
Heilsoffenbarung sind für Lukas der Verkündigungsinhalt, mit welchem der Gotttesknecht in Erfüllung seines göttlichen Auftrags vor die Welt tritt. Auf die Nazarethperikope übertragen heißt das: Da Jesus sich den Nazarenern mit den Worten Jesajas offenbart, offenbart er sich nicht nur als der Sohn Gotttes (nicht: Josephs; Lk 4,22), als welcher er bei der Geistverleihung in der Taufe vom Himmel her proklamiert worden war (Lk 3,21 f), offenbart er sich nicht nur als der von aller Welt erwartete messianische Gesalbte, sondern er offenbart sich von vornherein als der dem Leiden geweihte Messias und damit als der Gotteskknecht, dessen zukünftige königliche Erhöhung die Frucht seiner Lebenshingabe ist. Es entspricht dieser mit der Selbstoffenbarung als Gottesknecht unlösbar verbbundenen Leidensbestimmung, daß die Selbstproklamation in der Synagoge das Verwerfungsgeschehen provoziert und unmittelbar in Gang setzt. Und wieder zeigt sich, wie sorgfältig Lukas sein Evangelium konzipiert und wie fein er die Fäden gesponnen und miteinander verwoben hat. Denn die Nazarrethperikope erscheint in der programmatischen Entwicklung und Durchführrung der Motive als das genaue Pendant der Emmauserzählung. Die Parallelität umgreift nicht nur die drängende und nur noch in der Kreuzigungsszene so einddringlich gestellte Frage nach Jesu Identität und die Einbettung dieser Frage in die Leidensthematik, sondern sie zeigt sich auch in der anthropologischen Zuspitzung der Grundproblematik durch die Verknüpfung mit der Frage nach der menschlicchen Erkenntnismöglichkeit als solcher. Das aus Lk 24 bekannte Gegensatzpaar „Augen“ (Lk 4,20; 24,16.31) und „Ohren“ (Lk 4,21) bzw. „sehen“ (Lk 24,24) und „hören“ im Sinne eines sinnenhaften Offenseins für das Wort der Schrift (Lk 24,25.27.32) markiert dabei auch in der Nazaretherzählung den im menschlicchen Wahrnehmungsvermögen verankerten Gegensatz zwischen dem äußerlichen, manchmal trügerischen Erkennen und dem innerlichen, an Gottes Wort orientiertten Sehen und Verstehen dessen, was vor Augen steht. Das von Lukas motivisch so vielfältig eingesetzte Gegensatzpaar „Auge – Ohr“ versinnbildlicht – im wahrssten Sinne des Wortes – die Scheidelinie zwischen den beiden dem Menschen im Blick auf sein Heil gegebenen Möglichkeiten der geistigen Reflexion. Sie führt als Scheidelinie zwischen Heil und Unheil unmittelbar hinein in die soteriologissche Hauptthematik des lukanischen Doppelwerkes.
2. Die Verwerfung des Knechts (Lk 4,16–30) Der dramatische Ablauf der Ereignisse in Nazareth12 spiegelt die innermenschlliche Krisis: Die im Rahmen eines zunächst ganz gewöhnlichen Synagogengott12 Auf die Quellenfrage ist in diesem Zusammenhang nicht näher einzugehen. Die Perikope erscheint in ihrer jetzigen Form als lukanische Komposition, in welcher eine Vielzahl derjeniggen Themen programmatisch gebündelt sind, welche den Fortlauf des Evangeliums bestimmen.
2. Die Verwerfung des Knechts (Lk 4,16–30)
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tesdienstes13 laut werdende Ankündigung der eschatologischen Heilswende forddert die menschliche Reaktion unmittelbar heraus, um so mehr, als die Form der Einen sachlich auch heute noch gültigen Überblick über die unterschiedlichen redaktionsgesschichtlichen Positionen und die allgemeine forschungsgeschichtliche Entwicklung vermittelt U. Busse, Das Nazareth-Manifest Jesu. Eine Einführung in das lukanische Jesusbild nach Lk 4,16–30, SBS 91, Stuttgart 1978, 24–28. S. auch J. Kodell, Luke’s Gospel in a Nutshell (Lk 4:16–30), Biblical Theology Bulletin 13 (1983), 16 f, und Bovon, Lukas I, 206–208. Zur reddaktionellen Formung der Perikope durch den Evangelisten s. R. C. Tannehill, The Mission of Jesus according to Luke IV16–30, in: W. Eltester (Hg.), Jesus in Nazareth, BZNW 40, Berlin – New York 1972, 51–73; B. D. Chilton, God in Strength. Jesus’ Announcement of the Kingdom, Studien zum Neuen Testament und seiner Umwelt, Serie B, Bd. 1, Freistadt 1979, 123–156, und nochmals Busse, op. cit., 31–46. Abzuweisen ist allerdings Busses redaktionsggeschichtlich begründete These, daß Lukas bei der Gestaltung der Nazarethperikope mit Hilfe des Zitats Jes 61,1 f zwei traditionsgeschichtlich divergierende Überlieferungsstoffe miteinandder zu vereinheitlichen suchte, die einerseits die in Machttaten sichtbare Messianität Jesu, anddererseits die gewaltsame Verwerfung des Propheten thematisierten (op. cit., 62–67). Das von Busse hier redaktionsgeschichtlich behandelte Phänomen der Zusammenführung unterschiedllicher Traditionen ist in Wahrheit das Ergebnis einer bereits in den Gottesknechtstexten einsschließlich Jes 61,1 f vollzogenen Traditionsverschmelzung, deren einzelne Elemente Lukas auf dem Hintergrund des Christusereignisses in ganz neuer Weise reflektiert und in den Dienst seinnes Evangeliums stellt. Dazu Kapitel III. 3. Zur Gesamtkomposition von Lk 3,21–4,44 s. nochmmals Busse, op. cit., 14–25. 13 Zum frühjüdischen Synagogengottesdienst, zu dessen konstitutiven Elementen die Re zitation des Schemaʿ, das Gemeindegebet, Tora- und Prophetenlesung, ein Predigtvortrag und die Schlußbenediktion gehörten, s. I. Elbogen, Der jüdische Gottesdienst in seiner geschichtlicchen Entwicklung, 3., verb. Aufl., Frankfurt a. M. 1931, 2. Nachdr. Hildesheim – Zürich – New York 1995, 14–213; Strack-Billerbeck IV/1, 152–188; E. Schürer, The history of the Jewish people in the age of Jesus Christ (175 B. C.‑A. C. 135), revised and edited by G. Vermes, F. Millar and M. Black, Bd. 2, Edinburgh 1979, 447–454; A. Finkel, Jesus’ Preaching in the Synagogue on the Sabbath (Luke 4:16–28), Service International de Documentation JudéoChrétien 17 (1984), 4–10; C. Perrot, The Reading of the Bible in the Ancient Synagogue, in: M. J. Mulder (Hg.), Mikra. Text, Translation, Reading and Interpretation of the Hebrew Bible in Ancient Judaism and Early Christianity, Assen/Maastricht – Philadelphia 1988, 137–159, bes. 154–159. Zur Entwicklung des Synagogeninstituts grundlegend M. Hengel, Proseuche und Synagoge. Jüdische Gemeinde, Gotteshaus und Gottesdienst in der Diaspora und in Palästina, in: ders., Judaica und Hellenistica. Kleine Schriften I, WUNT 90, Tübingen 1996, 171–195 (= G. Jeremias – H.‑W. Kuhn – H. Stegemann [Hg.], Tradition und Glaube. FS K. G. Kuhn, Göttingen 1971, 157–184). Zur Prophetenlesung speziell und zur damit verbunddenen Frage, ob zur Zeit Jesu in der Bestimmung des Textes Wahlfreiheit herrschte, s. P. Billlerbeck, Ein Synagogengottesdienst in Jesu Tagen, ZNW 55 (1964), 143–161; L. Morris, The New Testament and the Jewish Lectionaries, London 1964, 11–34, bes. 21 f; ders., The Gospels and the Jewish Lectionaries, in: R. T. France – D. Wenham (Hg.), Gospel Perspectives, Bd. 3: Studies in Midrash and Historiography, Sheffield 1983, 129–156; L. C. Crockett, Luke iv. 16–30 and the Jewish Lectionary Cycle: A Word of Caution, JJS 17 (1966), 13–46; J. Heinemann, The Triennial Lectionary Cycle, JJS 19 (1968), 41–48; Chilton, God, 159– 172. Dagegen C. Perrot, Luc 4,16–30 et le lecture biblique de l’ancienne Synagogue, RevSR 47 (1973), 324–340; Ellis, Luke, 97. Es ist in diesem Zusammenhang allerdings festzuhalten, daß in der Forschungsdiskussion bei der Behandlung der mit Lk 4,16–30 verknüpften historisschen Fragen methodisch oftmals nicht sauber getrennt wird zwischen der textexternen Evidenz für die von Lukas geschilderten synagogalen Vollzüge und der theologischen Überformung der Vorgänge durch den Evangelisten. Zu ihr gehört die Wahl des Prophetenzitats Jes 61,1 f, dess-
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III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes
Ich-Rede auch ohne deutende Worte die Heilsansage unlösbar mit Jesu eigenner, den Nazarenern wohlbekannter Person verknüpft. Die durch das unerwartet aktualisierte Prophetenwort der Schrift gewirkte Überwältigung der Nazarener, die sich, ob sie wollen oder nicht, zu einer existentiellen Entscheidung gezwunggen sehen, ist von Lukas, dem Meister der Stilisierung, durch den Wechsel der literarischen Struktur hervorgehoben: Während die gottesdienstliche Schriftlessung selbst (Lk 4,16c–20a), beinahe langatmig, einem chiastischen Ordnungssschema unterworfen wird (ἀνέστη – ἐπεδόθη αὐτῷ βιβλίον τοῦ προφήτου Η ᾿ σαΐου – ἀναπτύξας τὸ βιβλίον – Jesaja-Zitat – πτύξας τὸ βιβλίον – ἀποδούς – ἐκάθισεν),14 das die Normalität des Geschehens zu diesem Zeitpunkt noch unterstreicht, bricht die erzählerische Struktur auf, als die Nazarener aus ihrer Gewohnheit und ihrer immer gleichen Erwartung gerissen und zur Stellungnnahme gezwungen werden. Sie sind nun – allerdings für einen kurzen Augenbblick nur – Subjekt des Geschehens und entscheiden die Sache, bevor überhaupt ein Wort gesprochen wird. Die dramatische Wende wird nach der trockenen Vorgangsbeschreibung durch das Sinnengeschehen enthüllt: Die Nazarener schauen, schauen angespannt, heftten ihre Augen auf Jesus, statt ihrem Ohr Vorrang zu gewähren, dem Erkenntnis organ, das als einziges, da mit dem Herzen verknüpft (vgl. Lk 24,25.32), dem göttllichen Wort offensteht. Weil die Nazarener zu diesem Zeitpunkt allerdings noch gar nicht wissen, daß sie Jesus in ihren Herzen bereits verworfen haben und sich gerade in ihrem gespannten Augenkontakt als erkenntnisblind erweisen, bedarf sen Programmatik im redaktionellen Gesamtzusammenhang des Lukasevangeliums außer Frage steht und das keinesfalls als historisches Indiz für die Faktizität der von Lukas dokumentiertten Textauswahl bei der Prophetenlesung dienen kann und noch weniger als Ausgangspunkt für die historische Rekonstruktion des Lebens und Wirkens Jesu. Die ungenügende methodische Trennung der historischen von der redaktionsgeschichtlichen Argumentationsebene zeigt sich besonders deutlich in den Beiträgen von B. Chilton, Announcement in Nazara: An Analysis of Luke 4:16–21, in: R. T. France – D. Wenham (Hg.), Gospel Perspectives, Bd. 2: Studies of History and Tradition in the Four Gospels, Sheffield 1981, 147–172, bes. 166–168, und C. A. Kimball, Jesus’ Exposition of Scripture in Luke 4:16–20. An Inquiry in Light of Jewish Her meneutics, Perspectives in Religious Studies 21 (1994), 179–202. S. auch D. Monshouwer, The Reading of the Prophet in the Synagogue at Nazareth, Bib. 72 (1991), 90–99, der die reddaktionsgeschichtliche Frage ganz ausblendet. 14 Vgl. J.‑N. Aletti, Jésus à Nazareth (Lc 4, 16–30). Prophétie, écriture et typologie, in: À cause de l’évangile. Études sur les Synoptiques et les Actes. FS P. J. Dupont, LeDiv 123, Paris 1985, 433–435. D. L. Tiede, Prophecy and History in Luke-Acts, Philadelphia 1980, 35, inttegriert – im Anschluß an N. W. Lund, Chiasmus in the New Testament, Chapel Hill, North Carolina 1942, 236, und L. C. Crockett, The Old Testament in the Gospel of Luke. With Emphasis on the Interpretation of Isaiah 61.1–2, Ph. D. diss., Microf., Ann Arbor, Michigan 1966, 279 – auch die Einzelzeilen des Jesajazitats in das chiastische Schema, wodurch allerdings die erzählerische Bedeutung der äußerlich „geordneten“ Rahmenhandlung undeutlich und der eigentümliche Gedankenfortschritt in dem nach eigenen Regeln strukturierten Zitat unkenntlich wird. Dazu ausführlich u. S. 282 f.
2. Die Verwerfung des Knechts (Lk 4,16–30)
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es der Provokation durch Jesus selbst, um die Ablehnung seiner Person ans Licht zu bringen. Ein schlichter Satz genügt: „Heute hat sich die Schrift erfüllt – vor euren Ohren!“15 Es wäre ein Mißverständnis, zu meinen, daß erst an dieser Stelle der Erzähllung die messianische Selbstoffenbarung Jesu in der Synagoge von Nazareth stattffindet.16 Sie ist vollgültig geschehen in der Zitation von Jes 61,1 f, die, da sie ohne Redeeinleitung und damit eben doch vom gewöhnlichen Brauch abweichend erfolgt, als das eigentliche Enthüllungsgeschehen zu gelten hat, in welchem das prophetische Ich der Schrift mit dem Ich Jesu identisch wird und Jesu wahre Persson ans Licht tritt.17 Das Wort von der geschehenen (πεπλήρωται, perf.) Schrifteerfüllung dient nicht der Selbstoffenbarung Jesu, sondern, ganz im Gegenteil, der Offenbarung der ebenfalls bereits geschehenen Verwerfung seiner Person. Enthüllt wird an dieser Stelle nicht Jesu messianische Identität, enthüllt wird das Wesen der Nazarener. Denn indem Jesus die Ohren der Zuhörer erwähnt und damit die Zeugen der soeben erfolgten Offenbarung ins Rampenlicht der Erzählung rückt, gibt er bereits Antwort, Antwort allerdings auf das Schweigen, das ihm von seitten der Nazarener entgegenschlägt. Jesus gibt Antwort auf ihre stumme Reakttion, die der im Raum stehenden Heilsansage völlig unangemessen ist: Sie starrren und schauen und warten offensichtlich auf mehr, statt spontan zu antworten auf die Gabe des ihnen zugedachten Heils, wie sie es getan hätten, wären nicht
15 Vgl. C.‑P. März, Das Wort Gottes bei Lukas. Die lukanische Worttheologie als Frage an die neuere Lukasforschung, EThS 11, Leipzig 1974, 42, zur Stelle: „Schon für das AT war das Ohr das entscheidendste [sic] Organ des Menschen, denn nur durch das Ohr konnte man die ‚dabar Jahwe‘ aufnehmen. Das Ohr ist der Ort der Gotteserfahrung ... Auch Lukas kennzzeichnet in Lk 4,21 pointiert die Ohren der Hörenden als ‚Ort‘ der Erfüllung“ (Hervorhebung im Original). Leider versäumt es der Autor, diese Einsicht in das Wesen der alttestamentlichen Wortoffenbarung im Hinblick auf Lk 4,16–30 interpretatorisch auszuwerten. Denn sie führt zu dem einzig möglichen Schluß, daß die Ohren der Nazarener, die keinerlei Reaktion auf die Heilsproklamation zeigen und sich statt dessen auf ihre Augen verlassen, dem göttlichen Wort gegenüber verschlossen sind und es daher in Nazareth nicht zur Aufnahme des Gotteswortes kommt. 16 So etwa F. Schütz, Der leidende Christus. Die angefochtene Gemeinde und das Chri stuskerygma der lukanischen Schriften, BWANT 89 = 5. Folge, Bd. 9, Stuttgart – Berlin – Köln – Mainz 1969, 42, der behauptet, daß das Jesajazitat erst durch Lk 4,21 „zu einer Aussage über den Vollmachtsanspruch Jesu“ werde. 17 Vgl. Busse, Nazareth-Manifest, 36. Gegen Aletti, Jésus, 433 u. ö., der feststellt, daß im Grunde von einer Selbstoffenbarung Jesu nicht gesprochen werden könne, da Jesus an keiner Stelle den zitierten Text direkt auf sich selbst beziehe. Alettis Versuch, das Gesamtverständnis des Textes typologisch zu erheben, bleibt – auch wenn ihm im Ergebnis zuzustimmen ist, daß die Verwerfung in Nazareth das Kreuzesgeschehen vorwegnimmt (op. cit., 451) – theologisch schon deshalb an der Oberfläche, weil der Autor das in der Perikope verarbeitete alttestamentlliche Material nur formal auswertet und die Frage nach der Bedeutung und dem Aussagewillen der zitierten Texte selbst gar nicht stellt.
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III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes
ihre Augen, sondern ihre Ohren offen gewesen: Heute hat sich die Schrift erfüllt – vor euren Ohren!18 Als die Zuhörer endlich zu sprechen beginnen, bestätigt sich, daß ihre Ohren verschlossen sind, so gründlich, daß ihnen auch die Tatsache der eben geschehennen Zurechtweisung und Offenlegung ihres verstockten Wesens zunächst verhüllt bleibt.19 Daher scheint die Reaktion der Nazarener und das Zeugnis, das sie Jesus ausstellen, zunächst positiv auszufallen20: Sie haben durch Jesu Hinweis auf die Schrifterfüllung den Gnadencharakter (V. 22a) des von ihm zitierten Jesajaworttes erfaßt und somit auch dies, daß die Schriftauslegung, die normalerweise auf die Schriftlesung folgt, zum eschatologischen Verkündigungsgeschehen geraten ist, aber sie verfehlen den Sinn des prophetischen Ich-Wortes, weil sie die Person des Verkündigers nicht in die Heilsansage zu integrieren vermögen (V. 22b): „Ist dieser nicht der Sohn Josephs?“21 18 Vgl. Koet, Today, 378–380, der zu den wenigen Exegeten gehört, die das Stichwort „Ohren“ in Lk 4,21 als Hinweis auf das Verstockungsgeschehen verstehen. 19 Ähnlich R. C. Tannehill, The Narrative Unity of Luke-Acts. A Literary Interpretation, Bd. 1: The Gospel according to Luke, Philadelphia 1986, 68 f. 20 Gegen Joachim Jeremias, Jesu Verheißung für die Völker. Franz Delitzsch-Vorlesungen 1953, 2. Aufl., Stuttgart 1959, 37–39, der bei einer positiven Deutung der Zeile einen Bruch im Redaktionsgefälle erkennt und im Anschluß an K. Bornhäuser, Studien zum Sondergut des Lukas, Gütersloh 1934, 23–25, und B. Violet, Zum rechten Verständnis der Nazarethperikope Lc 4,16–30, ZNW 37 (1938), 251–271, die Begriffe μαρτυρεῖν und θαυμάζειν als Ausdruck einer bereits hier feindlichen Reaktion der Nazarener interpretiert („sie protestierten einhelllig ... und waren empört“, op. cit., 37). Sie rühre daher, daß Jesus im Zitat das Wort von der messianischen Rache getilgt habe. Der Deutung von Jeremias folgen in ihren Kommentaren Rengstorf, Lukas, 68, und Grundmann, Lukas, 121 f. Eine Ehrenrettung der vielfach abgewwiesenen These von Jeremias unternimmt H. Baarlink, Ein gnädiges Jahr des Herrn – und Tage der Vergeltung, ZNW 73 (1982), 204–220, der den Abbruch des Jesajazitats vor Jes 61,2b und die damit gegebene Ausblendung des Gerichtsgedankens, die nach Jeremias die Zuhörer angeblich so erzürnt, als nur vorläufige Tilgung des für Lukas theologisch wichtigen und von ihm später wieder aufgenommenen Gerichtsgedankens erklärt. Die Meinung, daß der Grund für die später so heftige Zurückweisung Jesu in Nazareth in der Tilgung der Gerichtsaussage Jes 61,2b liege, vertritt auch Kimball, Jesus’ Exposition of Scripture, 196–198. Von einem erzählerischen Bruch, den auch andere Exegeten als Problem der Textauslegung benennen (vgl. Bock, Luke 1:1–9:50, 413 f; dazu u. S. 264 f Anm. 28), kann aber schon deshalb keine Rede sein, weil im Sinne der lukanischen Erkenntnis- und Verstockungstheorie das äußerlich positive Zeugnis, das ja untrennbar verbunden ist mit der verständnislosen Frage nach Jesu Herkunft, ein in Wahrheit negatives ist. – Eine ausführliche Darstellung der Forschungsdiskussion zum Verständnis von μαρτυρεῖν und θαυμάζειν in Lk 4,22 bietet J. Nolland, Impressed Unbelievers as Witnesses to Christ (Luke 4:22a), JBL 98 (1979), 219–229. Nachdrücklich abzulehnen ist allerdings die These des Autors, die Begriffe seien im Sinne einer zunächst unparteiischen Zeugenschaft („imppartial witness“, op. cit., 227–229) zu verstehen, deren Bedeutung sich in der Hervorhebung der Person Jesu erschöpfe. Sie würden daher nichts aussagen über das im Herzen der Zuhörer sich abspielende innere Geschehen. 21 Ähnlich F. Ó Fearghail, Rejection in Nazareth: Lk 422, ZNW 75 (1984), 60–72, bes. 71 f. In seiner gründlichen sprachlichen Analyse der Begriffe μαρτυρεῖν und θαυμάζειν, die das griechische Inschriftenmaterial ebenso einbezieht wie die Schriften des Josephus, weist
2. Die Verwerfung des Knechts (Lk 4,16–30)
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Deutlicher hätten die Nazarener ihre aus Taubheit geborene Erkenntnisblindhheit nicht zum Ausdruck bringen können. Sie resultiert auch an dieser Stelle aus dem einfachen Sachverhalt, daß die Hörer des Wortes, wie Jesus ihnen noch vorhhalten wird (V. 23), sehen wollen – die Zeichen des Heils – und gleichzeitig zu sehen vermeinen, was ihnen vor Augen steht: den allen von Kindesbeinen an (V. 16) bekannten Sohn Josephs. So verschließen sie, trotz der unmißverständllichen Selbstproklamation, sehenden Auges die Augen vor dem ihnen von Gott gesandten Messias, den gesalbten Knecht Gottes in ihrer Mitte, und verwerfen, ohne sich hier schon dessen bewußt zu sein, den, dessen Vater nicht Joseph, sonddern Gott ist (vgl. Lk 1,31 f.35; 3,21 f). Sie verwerfen damit alles, was ihnen von Gott zugedacht war: das Heil. Sie werden sich der Verwerfung allerdings noch bewußt werden. Denn in seinner Erwiderung spricht Jesus die Zuhörer nun auch ganz direkt an auf den der Verwwerfung und damit allen vorherigen Reaktionen zugrunde liegenden Sachverhalt: ihre falsche Messiaserwartung. Sie sucht den Beweis der Messianität in sichtbarren Schau- und Heilungswundern, wie sie sich in Kapernaum jenseits aller falsschen Erwartung vollziehen werden (V. 23b), und negiert gleichzeitig das Leiden des Messias und damit seine Identität mit dem zum Tod bestimmten Gottesknecht (V. 23a). Das Sprichwort vom Arzt, der angewiesen wird, sich selbst zu heilen (ἰατρέ, θεράπευσον σεαυτόν)22, faßt in direkter Vorwegnahme der dreifachen Verspottung unter dem Kreuz23 das Verwerfungsgeschehen ins Bild.24 Dabei entsder Autor darauf hin, daß μαρτυρεῖν schlicht die auf den guten Leumund zielende Bestätigung der persönlichen Bekanntschaft mit einer Person bezeichnen kann (op. cit., 65–67). Versteht man den lukanischen Begriff in diesem Sinne, könnte man Lk 4,22 sinngemäß folgendermaßßen übersetzen: „Da sie ihn gut kannten, wunderten sie sich ... und sprachen: ‚Ist dieser nicht Josephs Sohn?‘ “ Ein solches Verständnis des Begriffs würde auch erklären, warum im Eingang der Perikope so nachdrücklich darauf hingewiesen wird, daß Jesus in Nazareth aufgewachsen sei (Lk 4,16). Schließlich würde sich hier einmal mehr bestätigen, daß die Nazarener nur auf die äußere Person schauen und dem Wort Gottes, das vor ihren Ohren verkündigt worden war, keine wirkliche Beachtung schenken, es also verwerfen. Andererseits fixiert gerade der Begriff μαρτυρεῖν die Tatsache, daß die Nazarener, auch wenn sie Jesus verwerfen, Zeugen des in ihrrer Mitte sich realisierenden Heils geworden sind. 22 Vgl. PapOxy 1,6 (B. P. Grenfell – A. S. Hunt [Hg.], The Oxyrhynchus Papyri, Part I, London 1898, 3) und EvThom 31 (B. Blatz, Das koptische Thomasevangelium, in: W. Schneemelcher [Hg.], Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung, I. Band: Evangelien, 6. Aufl., Tübingen 1990, 104). In beiden Texten findet sich, vermutlich auf der Grundlage von Lk 4,23 f, das Sprichwort mit dem Prophetenlogion kombiniert. Zu Parallelen aus der klassisch-griechischen Literatur s. S. J. Noorda, „Cure Yourself, Doctor!“ (Luke 4,23). Classical Parallels to an Alleged Saying of Jesus, in: J. Delobel (Hg.), Logia. Les Paroles de Jésus – The Sayings of Jesus. FS J. Coppens, BEThL 59, Löwen 1982, 459–467. 23 Gegen Busse, Nazareth-Manifest, 29, der den Bezug auf die Kreuzigungsperikope besstreitet. 24 Vgl. Lk 23,35: σωσάτω ἑαυτόν, εἰ οὗτός ἐστιν ὁ χριστὸς τοῦ θεοῦ; 23,37: εἰ σὺ εἶ ὁ βασιλεὺς τῶν Ἰουδαίων, σῶσον σεαυτόν; 23,39: οὐχὶ σὺ εἶ ὁ χριστός; σῶσον σεαυτὸν καὶ ἡμᾶς.
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III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes
spricht die Ersetzung des Messiastitels durch den des Arztes der in allen Evanggelien geübten Vermeidung messianischer Selbstprädikationen im Munde Jesu. Um so aufmerksamer muß bei Lukas die Selbstvorstellung Jesu als des gesalbtten Geistträgers und Gottesknechts in Lk 4,18 gehört und um so nachdrücklicher muß sie in ihrer Einzigartigkeit theologisch gewürdigt werden. Die Verspottung des Heilsbringers kommt seiner Verwerfung gleich (V. 24) und bedeutet gleichzeitig die göttliche Verwerfung der sich verwerfend schuldig machenden Menschen, ihren Ausschluß vom Heil (V. 25–27). Dieser Ausschluß aus der Heilsgemeinde ist es, den Jesus seinen Zuhörern in all seiner Konsequenz vor Augen stellt und der den Nazarenern das Bewußtsein öffnet und sie in Aufrregung bringt. Das Gerichtswort, nicht das Heilswort, erreicht ihr Ohr, und die, die nicht sehen und verstehen wollten, daß ihnen das Heil in Jesu Person bereits geschenkt war, verstehen doch, daß Jesus ihnen das göttliche Heil wieder entzieht und es anderen zueignet, anderen außerhalb ihres Dorfes: den Einwohnern von Kapernaum (V. 23), anderen aber auch außerhalb ihres Volkes: den Heiden (V. 25–27). So gelangt ins Bewußtsein und kommt zum Ausbruch, was bereits dem schweigenden Starren zugrunde lag und das Geschehen von Anfang an verborgen bestimmte: die tief verankerte Abwehr des Heilskünders, die sich nun zum mördderischen Haß steigert. Er läßt die innerlich vollzogene Verwerfung seiner Person in einen feindlichen Akt umschlagen – die Nazarener wollen Jesus vom Steilhang herabstürzen (V. 29). Was könnte deutlicher zeigen, wie tief der Graben zwischen Gott und Mensch ist? Der, der den Nazarenern den Anbruch des Heils in ihrer Mitte – vor ihren Ohren! – verkündet hat, soll sterben! Das ist des Menschen Wille – und überraschenderweise auch Gottes sich bereits in der Knechtsproklamattion Lk 4,18 Bahn brechender Wille, der sich hier allerdings noch dem des Mensschen entgegenstellt und den Sohn auf wunderbare, bereits vom Satan verführend geweissagte Weise dem Geschehen entzieht ἄχρι καιροῦ (Lk 4,9–12).25 25 Die Umstellung der Versuchungen in der lukanischen Versuchungsperikope (1. Stein zu Brot, 2. alle Macht auf Erden, 3. Bewahrung beim Sturz von der Tempelzinne), deren ursprünglliche Reihenfolge wahrscheinlich Matthäus bezeugt (Mt 4,1–11), erklärt sich u. a. aus dem Bezug, den die nun letzte Versuchung Lk 4,9–12 zum Nazarethgeschehen und damit auch zur Kreuzigungserzählung hat. Denn die auf Ps 91,11 f gegründete Verheißung des Teufels, Gottes Engel würden den Gottessohn beim Sturz von der Zinne des Jerusalemer Tempels auf Händen traggen und vor dem sicheren Tod bewahren, bewahrheitet sich auf wundersame Weise in Nazareth, da Jesus dem gewaltsamen Versuch der Nazarener entzogen wird, ihn durch den Sturz vom Steilhang zu töten. Eine dramatische und doch in eigentümlicher Weise stille Szene. Sie ist nicht ohne Ironie, da die Nazarener, die auf Schauwunder als Zeichen der Messianität Jesu gewartet habben, das eigentliche Zeichen nicht erkennen, das Jesus nach dem – vom Satan zitierten – Wort der Schrift als Sohn Gottes ausweist. – Den inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Versuchungsund der Nazarethperikope stellt auch W. Eckey, Das Lukasevangelium unter Berücksichtigung seiner Parallelen. Teilband I: 1,1–10,42, Neukirchen-Vluyn 2004, 231, heraus. Eine ausführliche quellenkritische Analyse der Versuchungsperikope bietet A. Fuchs, Versuchung Jesu, Studien zum Neuen Testament und seiner Umwelt, Serie A, Bd. 9, Linz 1984, 95–159.
2. Die Verwerfung des Knechts (Lk 4,16–30)
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Die Offenbarung Gottes wird in Nazareth, dem Anfangspunkt des öffentlichen Wirkens Jesu, zur Offenbarung der menschlichen Gottfeindschaft:26 Rahmen V. 16
Jesus kommt nach Nazareth
I A V. 17–20a
Die Selbstoffenbarung Jesu Jesus als der zur Erlösung Israels gesandte Gottesknecht
B V. 20b
Die 1. Reaktion der Nazarener Die noch unbewußte Verwerfung des Heilskünders: offene Augen statt offener Ohren als Ausdruck der menschlichen Sprachlosigkeit
II A’ V. 21
Die Offenbarung der menschlichen Erkenntnisblindheit Die vor den Ohren der Nazarener von ihnen unbemerkt geschehene Erfüllung der Schrift
B’ V. 22–23
Die 2. Reaktion der Nazarener Die Unfähigkeit der Nazarener, Auge und Ohr in Einklang zu bringen, als Grund der späteren gewaltsamen Verwerffung Jesu27
III A’’ V. 24–28
Die Offenbarung des göttlichen Heilsplans Die Integration der Heiden in das Israel verheißene Heil
B’’ V. 29
Die 3. Reaktion der Nazarener Die bewußte Verwerfung Jesu und der Tötungsversuch
Rahmen V. 30
Jesus verläßt Nazareth
Die Gottesfeindschaft des Menschen ist so groß, daß das sichtbare Vor-die-WeltTreten des Gottessohnes zur Verhüllung der Wahrheit wird und nichts anderes offenbar wird als die Blindheit der Welt. Diese Blindheit allerdings ist, blickt man von Emmaus nach Nazareth zurück, nichts anderes als die schiere Unmöglichkeit menschlicher Heilserkenntnis, solange nicht der Tod erkannt wird als das wahre 26 Weitere Gliederungsversuche bei H. J. B. Combrink, The Structure and Significance of Luke 4:16–30, Neotestamentica 7 (1973), 33; Busse, Nazareth-Manifest, 48 f; Koet, Today, 370–377; Bock, Luke 1:1–9:50, 398 f, und Eckey, Lukasevangelium I, 220. Grundsätzlich untterscheidet sich die hier gebotene Gliederung von den meisten anderen dadurch, daß der Vers Lk 4,23 nicht als Beginn des dritten Hauptabschnitts verstanden wird, in welchem nach allgemmeiner Auffassung Jesus mit seiner „eigentlichen“ Predigt beginnt. Das, was es zu predigen galt, ist an dieser Stelle längst gesagt. S. auch die folgende Anm. 27 Die inhaltliche Zusammengehörigkeit der Verse 22 und 23 erweist der Hinweis auf Jesu πατρίς in V. 23, der mit dem Hinweis auf Jesu familiäre Zugehörigkeit in V. 22 korrespondiert. Auch die nochmalige Redeeinleitung in V. 24 markiert die thematische Trennlinie. Daß dabei das Stichwort πατρίς wieder aufgenommen und in Verbindung mit dem Begriff προφήτη¦ der Heidenwelt kontrastiert wird, zeigt die leitmotivische Bedeutung des Wortes, das durch den propphetischen Bezug in V. 24–28 zum Synonym für Israel wird.
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III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes
Kennzeichen der Messianität Jesu und als das Ziel der Sendung des Gottessohnnes in die Welt. Die Selbstoffenbarung Jesu in Nazareth entspricht in dieser verhhüllenden Dynamik, durch welche die menschliche Blindheit geradezu ans Licht gezwungen wird, ganz dem in Jes 53,2 f abgebildeten Geschehen: 2b
Nicht Wohlgestalt hatte er und nicht Schönheit, daß wir ihn angeschaut, und keine Ansehnlichkeit, daß wir an ihm Gefallen gefunden hätten. 3 ... Darum achteten wir ihn nicht.
Gleichzeitig erscheint auf dem Hintergrund des vierten Gottesknechtsliedes die menschliche Erkenntnisunfähigkeit als das Faktum, das zum Tod des Knechts, damit aber zur Befreiung des Menschen von eben dieser seiner Verblendung führt (Jes 53,4–12). Die hier angedeutete geheimnisvolle Verwobenheit des menschlich-sündigen Willens mit dem über allem stehenden Willen Gottes zur Erlösung des Mensschen von seinem blinden und darum sündigen Wesen, das in seiner sündhaften Potenzierung Gottes Werkzeug zur Durchführung seines Heilsplans wird, ist aber nichts anderes als das in der Tradition mit dem Begriff „Verstockung“ bezeichnnete Phänomen der dem Menschen von Gott selbst verwehrten Gotteserkenntnis. Das Verstockungshandeln Gottes, durch welches der seinem Wesen nach sündige Mensch seine lebenserhaltende Bindung an Gott verliert und statt dessen in die Fesseln seines sündigen Selbst gebunden und damit den tödlichen Folgen seines Tuns ausgeliefert wird, ist Lukas bei der theologischen Durchdringung des Kreuzzesgeschehens Rätsel und Lösung zugleich. Denn so unverständlich es dem Mensschen einerseits bleibt, daß die Trennung des Menschen von Gott Gottes eigenem Willen entspricht und daß das über die verstockte Menschheit verhängte Gericht in Gottes Ratschluß gründet, so hilft andererseits doch gerade der Verstockungsggedanke – in Verbindung mit der Gottesknechtsverheißung –, Gottes Handeln am Menschen und in der Geschichte zu verstehen: Da die Sendung des Gotteskknechts nur auf dem Weg des Leidens zur Erfüllung gelangen kann und daher die Verstockung der Menschen, zu denen der Knecht gesandt ist, notwendig vorausssetzt, kann Lukas das mit der Sendung des Knechts verknüpfte Heilsgeschehen als ein prophetisches Erfüllungsgeschehen begreifen, an dessen Ende die Aufhebbung aller Verstockung steht. Im Licht der Gottesknechtschaft Jesu wird die Versstockung Israels als Heilswerkzeug für die Erlösung aller Menschen, Juden und Heiden gleichermaßen, erkennbar. Sie wird verstehbar als dasjenige Instrument zur universalen Rettung der Welt, das der irdischen Raum-Zeit-Struktur und damit der Notwendigkeit der Verbreitung der Erlösungsbotschaft entspricht.28 28 Wenn in der Exegese immer wieder die innere, angeblich aus der Kombination zweieer verschiedener Quellen resultierende Widersprüchlichkeit der Perikope festgestellt wird –
2. Die Verwerfung des Knechts (Lk 4,16–30)
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Exkurs: Die Verstockung Israels – Geschichte und Heilsgeschichte Es gehört zu den tragischen Irrtümern der modernen Lukasexegese, daß die heilsgeschichtlliche Ausrichtung des dritten Evangeliums stets als ein Indiz für die vom Evangelisten nur mangelhaft geleistete kreuzestheologische Reflexion gewertet wird. Denn die offenkunddige heilsgeschichtliche Systematisierung des Christusgeschehens erweist nach vorherrsschender Meinung das Interesse des Lukas, das Skandalon des Kreuzes geschichtsimmannent zu relativieren und den Sühne- durch den Vorsehungsgedanken zu ersetzen. Ja, die heilsgeschichtliche Überformung der Evangelientradition durch Lukas ist mit ein Hauptggrund dafür, daß man der lukanischen Kreuzeskonzeption eine Vergleichbarkeit mit dem paulinischen und auch dem markinischen Kreuzesverständnis kategorisch abspricht. Das Etikett „Heidenchrist“ scheint in diesem Zusammenhang, da es auf die Abgrenzung vom Judentum und von Israel zielt, mehr als geeignet zu sein, eine Begründung zu liefern für die solcherart historisierende und damit nach einhelliger Meinung zwangsläufig theologgisch nivellierende Darstellung der Ereignisse; und dem auch in der Historisierung nicht ganz zu leugnenden theologischen Bemühen des Evangelisten scheint Genüge getan, wenn man es als Versuch würdigt, zwar nicht das Skandalon des Kreuzes, aber immerhin das Problem der Parusieverzögerung zu bewältigen.29 Die Einmütigkeit des Urteils garantiert Einlinigkeit auch im Umgang mit den interprettatorischen Konsequenzen. Der Vorwurf der Nivellierung allerdings fällt auf die Exegese selbst zurück, da sie den Erweis der von Lukas angeblich vollzogenen Historisierung des
s. z. B. E. Klostermann, Das Lukasevangelium, HNT 5, 3. Aufl., Tübingen 1875, 62; Busse, Nazareth-Manifest, 62–67 (dazu bereits o. S 256 f Anm. 12) –, ja, wenn sogar behauptet wird, Lukas präsentiere mit der Kombination von triumphaler Selbstoffenbarung und erniedrigendder Verwerfung eine dem Erzählduktus nach unmögliche Geschichte – so A. R. C. Leany, A Commentary on the Gospel According to St. Luke, Black’s New Testament Commentaries, 2. Aufl., London 1966, 52; Fitzmyer, Luke I–IX, 527 f –, so zeugt dies vom grundsätzlichen Mißverständnis der Perikope als ganzer, einem Mißverständnis, das seinen Grund in der völliggen Ausblendung der Verstockungsthematik hat. Die Verstockungsfrage übergehen erstaunlicherwweise auch diejenigen Exegeten, die ausführlich über die alttestamentlichen Verstockungstexte handeln, dabei allerdings nur Israels Unwille, auf Gottes Wort zu hören, im Blick haben und das Verstockungshandeln Gottes nicht in die Reflexion miteinbeziehen. Vgl. etwa Tiede, Pro phecy, 42 f.48–55, der gleichwohl dem im Folgenden entwickelten Bild der theologischen Zusammenhänge im Lukasevangelium am nächsten kommt. 29 Vielhauer, „Paulinismus“, 24; Conzelmann, Mitte, 6; E. Gräßer, Das Problem d der Parusieverzögerung in den Synoptischen Evangelien und in der Apostelgeschichte, BZNW 22, 3., durch eine ausführliche Einleitung und ein Literaturverzeichnis erg. Aufl., Berlin – New York 1972; Käsemann, Das Problem des historischen Jesus, 138. Vgl. auch A. J. Hultgren, Interpreting the Gospel of Luke, Interpr. 30 (1976), 364 f, und Ernst, Lukas. Ein theologisches Portrait, 47.59 f. Eine kritische Zusammenfassung der frühen Diskussion bietet W. Eltester, Israel im lukanischen Werk und die Nazarethperikope, in: ders. (Hg.), Jesus in Nazareth, BZNW 40, Berlin – New York 1972, 85–93. – Die Verankerung des heilsgeschichtlichen Konzepts des Lukas nicht in der Eschatologie und des mit ihr verknüpften Problems der Parusieverzögerung, sondern in der jüdisch-christlichen Apologetik vertritt K. Löning, Lukas – Theologie der von Gott geführten Heilsgeschichte [Lk, Apg], in: J. Schreiner (Hg.), Gestalt und Anspruch des Neuen Testaments, Würzburg 1969, 200–228. Kritisch zum Thema: R. Maddox, The Purpose of Luke-Acts, FRLANT 126, Göttingen 1982, 31–65.101–115, und Buckwalter, Charakter, 206–228.
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III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes
Kerygmas nur dadurch zu erbringen vermag, daß sie die erzählerische Lebensader des lukannischen Doppelwerkes stillegt: Ausgerechnet das Verstockungsmotiv, das bei Markus die theologische Theoriebildung auf seiten der Ausleger so kräftig beflügelt, wird bei Lukas zum theologisch bedeutungslosen Blindmotiv degradiert.30 Daß man dem Verstockungsmmotiv bei Lukas eine kreuzestheologische Bedeutung abspricht, mag auch damit zusammmenhängen, daß man es nicht mit einer „Verhüllungstheorie“ kombiniert findet, als welcche das sogenannte markinische Messiasgeheimnis nach allgemeiner Auffassung zu gelten hat, sondern eingebettet in einen erzählerischen Kontext, in dem das uranfängliche Offenbbarsein des Heilskünders die theologische Entwicklung der Dinge begründet. In diesem Zusammenhang scheint der Hinweis auf die Verstockung Israels keine andere Funktion mehr zu haben als die der Legitimation und Sicherung heidenchristlicher Existenz und heidenchristlicher Zukunft.31 Die Nazarethperikope, in welcher Jesus seine Messianität vor den Augen der Welt enthhüllt, wird dabei zur Scheidelinie zwischen den Evangelisten – und zum Stolperstein für die Exegese. Denn der mit Hilfe dieses programmatischen Textes so nachdrücklich befesstigte Gegensatz zwischen Markus und Lukas löst sich auf, wenn die Ermahnung Jesu zum Hören zur Aufgabe der Auslegung wird und das wissenschaftliche Auge, das auf das Enthüllungsgeschehen in Nazareth fixiert ist, sich öffnet für die erzählerisch durchaaus nicht verschleierte Tatsache, daß Jesu Selbstoffenbarung in Nazareth für Lukas kein Enthüllungs‑, sondern ein Verhüllungsgeschehen ist und von ihm als solches feinsinnig stilisiert und theologisch reflektiert wird. Ja, es liegt eine gewisse Ironie darin, daß eine Erzählung, deren an die Gottesknechtsexistenz Jesu geknüpftes großes Thema das unabddingbare Verhülltsein des menschlichen Geistes, die Blindheit offener Augen, die Unmögllichkeit menschlicher Heilserkenntnis jenseits des Kreuzes ist, der Wissenschaft im Blick auf Lukas als Beweis offenbarungstheologischer Einlinigkeit und Einseitigkeit dient32, als Beleg für ein heilsgeschichtliches Verständnis, das jeden kreuzestheologischen Problembbewußtseins entbehrt. Das Gegenteil ist der Fall. Es scheint aber, als verlange man von Lukas, um ihn theologisch dem ältesten Evangelisten an die Seite stellen zu können, erzähllerische Deckungsgleichheit. Dies hindert, verhüllt geradezu die Erkenntnis, daß Lukas ebenso wie Markus das Verstockungsmotiv aufs engste mit der Frage nach den anthropollogischen Voraussetzungen wahrer Christuserkenntnis verknüpft. Und wie Markus beantwwortet er die Frage sowohl in Nazareth als auch in Emmaus eindeutig negativ und erhebt
30 Daher erstaunt es nicht, daß auch auf alttestamentlicher Seite bei der Aufarbeitung des Themas „Verstockung“ dort, wo sie unter Einbeziehung des neutestamentlichen Zeugnisses geschieht, Lukas keine Berücksichtigung erfährt, obwohl sein Doppelwerk mit dem Verstok kungswort Jes 6,9 f endet. S. die jüngste monographische Behandlung des Themas durch E. Kellenberger, Die Verstockung Pharaos. Exegetische und auslegungsgeschichtliche Un tersuchungen zu Exodus 1–15, BWANT 11, Stuttgart 2006, 205–209 (zur neutestamentlichen Rezeption). 31 S. z. B. Wasserberg, Aus Israels Mitte, 365, der in diesem Zusammenhang von Iden titätsfindung durch Abgrenzung spricht. 32 Vgl. z. B. E. Lohse, Lukas als Theologe der Heilsgeschichte, in: ders., Die Einheit des Neuen Testaments. Exegetische Studien zur Theologie des Neuen Testaments, 2. Aufl., Göttingen 1973, 156 (= EvTh 14 [1954], 256–275; nochmals abgedr. in: G. Braumann [Hg.], Das Lukasevangelium. Die redaktions- und kompositionsgeschichtliche Forschung, WdF 280, Darmstadt 1974, 64–90).
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sie, indem er sie in beiden Erzählungen an Jesu Tod und Leiden bindet, zur soteriologisschen Grundsatzfrage. Gerade in dieser unlöslichen Bindung menschlicher Heils- und Christuserkenntnis an das Kreuz als der existenzverändernden Voraussetzung für die Wandlung menschlicher Blindheit in Sehkraft und für die Aufhebung der über dem menschlichen Geist liegenden Hülle – gerade darin zeigt sich die große theologische Nähe zu Markus. Sie kann angemesssen aber erst dann gewürdigt werden, wenn für die erzählerisch gleichwohl abweichende heilsgeschichtliche Stilisierung des Gesamtgeschehens durch Lukas nicht soziologische Gründe ins Feld geführt werden, sondern wenn erkannt wird, daß das Verstockungsmotiv als das anthropologische Leitmotiv des Doppelwerkes seine theologische Dynamik aus der drängenden Frage nach der Erlösung nicht allein der Heiden, sondern Israels gewinnt. Da die Zukunft Israels auf dem Spiel steht, wandelt sich die Frage individueller Kreuzeserkkenntnis notwendig zur historischen Frage.33 Nicht von ungefähr beginnt Lukas sein Evangelium mit einer idealen Darstellung Israels (Lk 1–2). Und auch wenn der Kontrast zwischen diesem Anfangsbild eines Volkes, das seinnen Messias mit offenen Armen empfängt (Lk 2,28), und dem Bild der Juden, die von Nazarreth bis Jerusalem und selbst in Rom noch diesen Messias verwerfen, nicht größer sein und Lukas dem Verdacht einer gegen das Judentum gerichteten Gesinnung aussetzen könnte, so umschließt dieser Kontrast doch die große Frage nach dem „Warum“. Sie ist für Lukas nicht historisch mit dem Ins-Leben-Treten der heidenchristlichen Kirche beantwortet, sondern harrt einer theologischen Antwort, einer Antwort, um die der Autor ringt wie kein anderer der Evangelisten und um deretwillen er seinem Doppelwerk den heilsgeschichtlich-historrisierenden Anstrich gibt, der ihn bei vielen Auslegern sein theologisches Ansehen kostet. Den Verlust seines Ansehens hat aber der Evangelist schon deshalb theologisch nicht zu verantworten, weil in der von seinen Interpreten geleisteten exegetisch-historischen Rekonsstruktion all das, was Lukas theologisch zu sagen hat, schlichtweg übergangen wird. Dazu gehört nicht nur die Tatsache, daß man das existentielle Ringen des Lukas um die Gegenwwart und Zukunft Israels als des von Gott zum Heil berufenen Volkes als Randphänomen behandelt. Dazu gehört auch das künstliche heilsgeschichtliche Schema, in das man im Gefolge Conzelmanns bis heute das Gesamtwerk presst und dessen theologische Konssequenzen selbst Conzelmanns Kritiker wissentlich mitverantworten, obwohl es der von Lukas selbst entwickelten heilsgeschichtlichen Dynamik zuwiderläuft. Der Hauptirrtum besteht in der Vermutung, Lukas habe sein Werk periodisiert, es einem Epochenschema unterworfen.34 Diese Periodisierung zwingt die Exegese, für die durch das 33 Gegen Wasserberg, Aus Israels Mitte, 365, der feststellt: „Die Frage nach Israels Zu kunft ist offensichtlich nicht seine [sc. des Lukas] Frage.“ Vgl. W. S. Kurz, The Function of Christological Proof from Prophecy for Luke and Justin. A Dissertation Presented to the Faculty of the Graduate School of Yale University 1976, Authorized facsimile by University Microfilms International, Ann Arbor, Michigan – London 1979, 226–230, der im Blick auf Jes 6,9 f bzw. Apg 28,26 f die Rolle Israels im lukanischen Doppelwerk nur aus dem Blickwinkel der erfolgrreichen Heidenmission reflektiert. 34 Conzelmann, Mitte, 5–11: Zeit Israels – Zeit des Wirkens Jesu – Zeit der Kirche. Vgl. S. Schulz, Gottes Vorsehung bei Lukas, ZNW 54 (1963), 104–116; ders., Die Stunde der Botschaft, 275 f; ders., Einleitung, 275 f; ders., Mitte, 133 f, wo Lukas der schon aus traditionsggeschichtlichen Gründen ganz fragwürdige Titel „Schöpfer der Heilsgeschichte“ verliehen wird; weiter Käsemann, Das Problem des historischen Jesus, 198 f; ders., Neutestamentliche Fragen, 30; Gräßer, Problem, 215; G. Klein, Rekonstruktion und Interpretation, BEvTh 50, München 1
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Christusereignis gegebene historische Entwicklung theologische Unterscheidungskriterrien, etwa pneumatologischer oder soteriologischer Art, aufzustellen. Dies hat zur Konseqquenz, daß die in der Apostelgeschichte behandelte sogenannte „Zeit der Kirche“ im Hinbblick auf die Parusie zu einer Epoche der nicht vollgültigen Heilsrealisation gerät, deren negative Unterschiedenheit von der Zeit des irdischen Wirkens Jesu als des Heilsmittlers nur schwer zu kaschieren ist und, zumindest von Conzelmann, auch gar nicht kaschiert wird. Daß hierbei das Kreuz aus der theologischen Betrachtung herausfällt, weil es notwenddigerweise seine heilsgeschichtliche und damit auch seine soteriologische Bedeutung verlliert, die Bedeutung, die es als das Ereignis der ein für allemal geschehenen Inkraftsetzung des Heils hat, dies ist eine der unausweichlichen Konsequenzen eines solcherart periodissierenden Vorgehens. Es ist eine systemimmanente Konsequenz, die man allerdings, statt sie als kritischen Prüfstein wissenschaftlicher Theoriebildung zu gebrauchen, dem Evanggelisten anlastet, dessen kreuzestheologisches Desinteresse man durch die Periodisierung seines Werkes erwiesen zu haben meint. Da aber das Kreuz irrelevant wird, wird auch das bei Lukas aufs engste mit der Frage nach Jesu Tod verknüpfte Phänomen menschlichen Verstocktseins irrelevant und fällt theologisch dahin, und dies, obschon es innerhalb der alttestamentlichen Tradition, auf die Lukas sich beruft (Apg 28,26 f), stets als hochtheollogisches Motiv erscheint. Was den Exegeten nach Tilgung des Kreuzesbezugs thematisch bleibt, ist die historische Relevanz der Frage nach der von Gott gewirkten Verstockung Israels. Lukas aber, der das Bild des in der Begegnung mit seinem Erlöser verstockten Volk1969, 243; Marxsen, Einleitung, 140, und Fitzmyer, Luke I–IX, 18 f, um nur einige zu nennnen. Vgl. auch George, Construction, und W. Schmithals, Art. Evangelien, Synoptische, TRE 10, Berlin – New York 1982, 613 f. Das Conzelmannsche Periodenschema wurde lange Zeit auch von denjenigen übernommen, die der von Conzelmann gelieferten Deutung nicht oder nur in Ansätzen folgten. – Frühe Kritik an der Schematisierung des lukanischen Geschichtsentwurfes übten Kümmel, Anklage, 94 f; U. Luck, Kerygma, Tradition und Geschichte Jesu bei Lukas, ZThK 57 (1960), 51–66, bes. 53 mit Anm. 5; G. Braumann, Das Mittel der Zeit. Erwägungen zur Theologie des Lukasevangeliums, ZNW 54 (1963), 117–145; Flender, Heil, 113 f; J. Panagopoulos, Zur Theologie der Apostelgeschichte, NT 14 (1972), 137–159. Vgl. auch I. H. Marshall, Luke and his „Gospel“, in: P. Stuhlmacher (Hg.), Das Evangelium. Vorträge vom Tübinger Symposium 1982, WUNT 28, Tübingen 1983, 299 f. Zur heutigen Kritik s. K. Löning, Das Evangelium und die Kulturen. Heilsgeschichtliche und kulturelle Aspekte kirchlicher Realität in der Apostelgeschichte, in: H. Temporini – W. Haase (Hg.), Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. Geschichte und Kultur Roms im Spiegel der neueren Forschung II: Principat 25/3: Religion, Berlin – New York 1984, 2604–2646, bes. 2607–2609.2637 f. Der Autor gehört zu den wenigen Exegeten, die das Verstockungsmotiv bei Lukas intensiv bedenkken. Da Löning sich im genannten Beitrag allerdings allein auf die Apostelgeschichte bezzieht, gelangt er zu dem theologisch nicht haltbaren Ergebnis, daß „die Verstockungstheorie ... lediglich die Entlastung der christlichen Missionare von der Verantwortung für den Bruch zwisschen heidenchristlicher Kirche und Judentum“ liefere (op. cit., 2619). Vgl. auch ders., Das Geschichtswerk des Lukas. Band I: Israels Hoffnung und Gottes Geheimnisse, Stuttgart – Berlin – Köln 1997, 47 f. Lönings in diesem Zusammenhang entwickelte These, daß die „historissche Monographie des Lukas ... die Genese des Wissens“ darstelle, „das die kulturelle Identität der christlichen Leser begründet“ [Kursive im Original], ist allerdings schon deshalb abzuwweisen, weil sie ganz einseitig auf einem Teilaspekt des Wirkens Jesu gründet, nämlich auf Jesu Funktion als Weisheitslehrer (op. cit., 55), und andere, wichtige Themenbereiche der lukkanischen Theologie außer acht läßt, und dies, obwohl der Autor den Anspruch erhebt, eine Gesamtinterpretation des – wie er es nennt – lukanischen Geschichtswerkes zu bieten.
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kes zum erzählerischen Leitmotiv des Gesamtwerkes erhoben hat, steht bei dieser künstllichen Periodisierung seiner Schriften und der damit einhergehenden Enttheologisierung heilsgeschichtlicher Motive als Theologe aussichtslos da, und das, obwohl er in einzigartig engagierter Weise kreuzestheologisch ringt um Israels Gegenwart und Zukunft. Sein eigentliches Anliegen wird offenbar, wenn die thematisch enge Zusammengehörrigkeit des Verstockungswortes Jes 6,9 f, das ganz am Schluß des Doppelwerkes aus dem Munde des Paulus erklingt (Apg 28,26 f), mit der im Licht von Jes 61,1 f sich vollziehendden Gottesknechtsoffenbarung Jesu am Anfang seines Weges in Nazareth erkannt wird. Den Zusammenhang konstituiert das Todesgeschick Jesu als Folge der Verwerfung seiner Person durch sein Volk; den Zusammenhang konstituiert das Kreuz! Denn im Kreuz findet die der Gottesknechtsexistenz Jesu inhärente Notwendigkeit der Verwerfung seiner Persson durch sein Volk ihr soteriologisches Ziel – eine verheißungsgemäße Notwendigkeit (Jes 53,10–12), die wegen dieses ihres Verheißungscharakters von Lukas sachgemäß an Gott selbst gebunden und mit dem Begriff der Verstockung ins Bild gesetzt wird (ἐπαχύνθη γὰρ ἡ καρδία τοῦ λαοῦ τούτου: Jes 6,10; Apg 28,27).35 Wie eng in der Tat die Erzählungen Lk 4,16–30 und Apg 28,23–31 verknüpft sind, zeigt sich auch daran, daß Lukas aus dem in Apg 28,26 f zitierten jesajanischen Verstockkungswort sein Bildmaterial für die Dramatisierung der Nazarethszene gewinnt. Die der göttlichen Wahrheit gegenüber verschlossenen Augen und Ohren sind nach Jes 6,9 f das Sinn(en)bild geistiger Verschlossenheit und Gottabgewandtheit und weisen per se auf das Geschehen göttlich verordneter Gottfeindschaft hin, d. h. auf die von Gott selbst ins Werk gesetzte Verstockung seines Volkes. Überhaupt erklärt sich aus dem Schlußwort des Dopppelwerkes die nur im Lukasevangelium so zentrale motivische Bedeutung der menschlicchen Sinnesorgane als Sinnen-Bilder allgemein menschlicher Erkenntnisfähigkeit bzw. -unfähigkeit. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, daß das, was sich in Nazareth ereignet und in der Reaktion von Auge und Ohr der Zuhörer zum Ereignis wird, ein Verstockungsggeschehen ist. Es wiederholt sich, wie bereits ausführlich gezeigt,36 in Emmaus, wo es durch die passiva divina („ihre Augen waren gehalten“: Lk 24,16) begrifflich noch deutliccher als in der Nazarethperikope als solches gekennzeichnet ist (vgl. Lk 24,31)37. Die themmatische Komplexität der Nazareth- und der Emmausperikope ist zugleich ein deutlicher Hinweis darauf, wie differenziert Lukas die Frage der Zurückweisung Jesu durchdenkt, da er sie zur Frage grundsätzlicher menschlicher Gottabgewandtheit erhebt. Denn indem er das menschliche Verstocktsein als ein Phänomen beschreibt, das nicht nur Israel betrifft, 35 Selbst wenn man das Verstockungsmotiv als solches für die Interpretation der Nazareth perikope vernachlässigte, bliebe es unverständlich, auf welchem Weg Glöckner, Verkündigung, 162, zu der Gewißheit gelangt, daß Jesu Weg nach Lukas als ein nicht von Anfang an zum Leiden bestimmter stilisiert werde. Dies gilt auch im Blick auf die Simeonerzählung Lk 2,25–35, auf die der Autor, obwohl auch sie deutlich den ins Leiden führenden Widerspruch Israels thematissiert, in diesem Zusammenhang ausdrücklich verweist. Dazu ausführlich Kapitel IV. 2. 36 S. o. S. 226–228. 37 So auch Schwemer, Der Auferstandene, 95.98; gegen J. Kremer, Das Osterevangelium – Geschichten um Geschichte, Stuttgart – Klosterneuburg 1977, 117. Daß J. Gillman, The Emmaus Story in Luke-Acts Revisited, in: R. Bieringer – V. Koperski – B. Lataire (Hg.), Resurrection in the New Testament. FS J. Lambrecht, BEThL 165, Löwen 2002, 175–179, den inneren Zusammenhang zwischen der Nazarethperikope, der Emmausperikope und Apg 28,23–31 verkennt, obwohl er die Texte zueinander in Beziehung setzt, liegt daran, daß er das Verstockungswort Jes 6,9 f in Apg 28,26 f ganz aus der Betrachtung ausklammert.
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sofern es seinen Messias gewaltsam verwirft, sondern als eines, das sogar im engen Jünggerkreis zur Auswirkung kommt, wehrt er dem Mißverständnis, als handle es sich bei der Verstockung vor allem um ein Verhalten offener Gottesfeindschaft und nicht um eines der auch vom „wahren“ Israel geübten Abwehr Gottes und seines Heilsplanes. Indem Lukas aber in der Emmausperikope die Verstockung derer vor Augen führt, die es doch wissen müßten und deren menschlicher Wille Jesus gänzlich zugeneigt ist, und indem er so den aus Blindheit geborenen Verwerfungsimpuls als menschliche Grunddisposition darstellt, hebt er die Reflexion auf das erkenntnistheoretisch höchst mögliche Niveau, auf welchem allein die Verstockungsfrage als Kreuzesfrage gestellt und beantwortet werden kann (vgl. Lk 24,19–21.26). Im Zusammenhang der Verstockung als eines gemeinmenschlichen Phänomens göttllich verordneter und daher je und dann verfügter, zeitlich begrenzter Gottesferne wird das Kreuz für Lukas theologisch notwendig zum Dreh- und Angelpunkt historischen Fragens, weil es paradoxer Ziel- und Ausgangspunkt gottgelenkter Geschichte ist. Die Paradoxie, um die Lukas kreist, liegt allerdings nicht, wie so häufig behauptet wird, in der Tatsache, daß das Volk, dem Jesu Sendung ursprünglich gilt und das seinen Messias in Kenntnis der Verheißungen eigentlich mit offenen Armen empfangen müßte, seinen Erlöser verwirft, sie liegt nicht im sogenannten Irrtum der Geschichte; die Paradoxie liegt in der geschichtllichen Notwendigkeit der Verwerfung des Heilsbringers. Denn Jesu Tod als das Israel und die Völker entsühnende und zu ewiger Gemeinschaft mit Gott befreiende Heilsereignis38 setzt die zum Tötungswillen gesteigerte menschliche Abwehr des Gottessohnes historisch zwingend voraus. Anders ausgedrückt: die menschlich-sündhafte Gottesfeindschaft, von welcher der Mensch nur durch Jesu Tod befreit werden kann, wird, da Jesu Tod sich in Raum und Zeit ereignet, zur historischen Voraussetzung des Kreuzes.39 Das historische Problem, das dem heilsgeschichtlichen Entwurf des dritten Evangelissten zugrunde liegt und die Darstellungsweise bestimmt, ist nicht das der Parusieverzöggerung, sondern das der historischen Notwendigkeit der vom Menschen geübten Verwerffung Gottes, einer Notwendigkeit, die Lukas im Licht der im Kreuz geschehenen Erlösung als Verstockung begreift. Damit kann er die dem Verstand zunächst schmerzliche Tatsache eines mehrheitlich dem Christus Gottes feindlichen Judentums im Willen Gottes verankern, 38
S. Kapitel I. 1. Es gehört zu den Irrtümern der neueren Lukasforschung – in diesem Fall speziell der angelssächsischen –, daß sie das zum „Irrtum der Geschichte“ deklassierte Geschehen der Verwerfung des Erlösers durch das Volk, das ihn eigentlich erwartet hatte, mit dem Begriff der Ironie bellegt und die auf das Verstockungswort in Apg 28,26 f zielende erzählerische Konzeption des Evangelisten als Ausdruck eines ironischen Gestaltungswillens versteht. Indem sie so die Lösung der theologischen Problematik auf die rein literaturwissenschaftliche Ebene verlagert, begibt sie sich von vornherein des vertieften Verständnisses der Verstockungsthematik im lukanischen Doppelwerk, da mit der Feststellung der angeblich ironischen Grundkonstellation auch das theollogische Ziel der Verstockungsaussagen im Werk des Lukas fixiert ist, wenn von einem theollogischen Ziel in diesem Zusammenhang überhaupt zu reden ist. Vgl. J. M. K. Dawsey, The Lukan Voice. Confusion and Irony in the Gospel of Luke, Macon, Georgia 1986, bes. 143–156; D. P. Moessner, The Ironic Fulfillment of Israel’s Glory, in: J. B. Tyson (Hg.), Luke-Acts and the Jewish People, Minneapolis 1988, 35–50, bes. 48 f; J. L. Ray, Narrative Irony in Luke-Acts. The Paradoxical Interaction of Prophetic Fulfillment and Jewish Rejection, Mellen Biblical Press Series 28, Lewiston – Queenston – Lampeter 1996, 55–67.85 f, bes. 55 f.65–67. Vgl. auch J. H. Gill, Jesus, Irony, and the „New Quest“, Interp. 41 (1980), 143. 39
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und zwar im Erlösungswillen Gottes, den Lukas in der Emmausperikope im Bilde der von Gott selbst gewirkten Öffnung zuvor verschlossener Augen darstellt. Das δεῖ des Leidens Jesu, auf das Lukas wie kein anderer den Finger legt, umschließt die menschliche Gottesffeindschaft als anthropologisches Faktum, dies aber so, daß der Widerstand des Menschen gegen Gott um seiner Aufhebung willen von Gott selbst historisch in Dienst genommen wird. Da gleichzeitig die Erlösung von Lukas als universales Heilsereignis begriffen wird, kann im raum-zeitlichen Rahmen irdischer Existenz die mit Hilfe menschlicher Verstockthheit ins Werk gesetzte göttliche Aufhebung jeglicher Verstockung nur als historische Entwwicklung begriffen und dargestellt werden – eine auf den ersten Blick paradoxe, aber in dieser Paradoxie von Gott selbst verordnete Entwicklung. Dabei wandelt sich die irdischhistorische, destruktive Dynamik sündhaft-verstockten menschlichen Handelns zur lebenddigen Dynamik weltumspannender Verkündigung des durch Jesu Tod und Auferstehung gewirkten Heils. Das Paradoxon findet seine Auflösung in der gottgewirkten Umkehrung der äußeren Ereignisfolge, durch welche der vormals im Unglauben befangene, und d. h. verstockte Mensch zur Erkenntnis geführt und zum Leben befreit wird. In diesem Ereignniszusammenhang schafft das Laut-Werden des Gotteswortes vor und in aller Welt die Voraussetzung für die Konfrontation jedes einzelnen Menschen mit Gott und seinem Erlössungswillen und für die universale Rettung der Menschheit. Denn Rettung ohne Gotteskkenntnis und Gotteserkenntnis ist für Lukas schlechterdings nicht vorstellbar. Daher fällt Israel als dem zur Gotteserkenntnis uranfänglich von Gott selbst erwählten Volk das Los zu, als Motor der sich weltweit ausbreitenden Gotteserkenntnis dienen zu müssen, dies aber in der Weise, daß es bis zur Öffnung aller Augen und Ohren die Last sündiger Gotttesferne zu tragen bekommt, die einst den Heiden als den zum Nicht-Sehen und NichtHören Berufenen (vgl. Jes 52,15) universal auferlegt wurde,40 und daß es bis zur endgülttigen Integration ganz Nicht-Israels in das Gottesvolk dem Schuldverhängnis ausgeliefert bleibt (Apg 28,27; vgl. Apg 1,6).41
40 Die Paradoxie des Geschehens erweist sich hier geradezu als Schlüssel zum Verständnis der heilsgeschichtlichen Zusammenhänge, eine Paradoxie, die R. C. Tannehill, Israel in Luke-Acts: A Tragic Story, JBL 104 (1985), 69–85, nur als Ausdruck einer vom Evangelisten empfundenen, literarisch verarbeiteten Tragik deutet. Tannehill verkennt die theologische Dimension der lukanischen Gesamtkonzeption: die aus dem Verstockungshandeln Gottes resulttierende, heilsnotwendige Verkehrung des Rettungsgeschehens in sein vermeintliches Gegenteil. Daher muß Tannehill, ähnlich wie die in Anm. 39 genannten Autoren, die angebliche erzähllerische Inkongruität (op. cit., 74) zum erzählerischen Stilmittel erheben. Vgl. Tannehills Ausführungen zur lukanischen Erzähltechnik in seinem Kommentar: Narrative Unity 1, 1–9, wo er auch auf das ironische Element in der lukanischen Komposition zu sprechen kommt (op. cit., 9). In seinem 13 Jahre später erschienenen zweiten Kommentar zum Lukasevangelium (Luke, Abingdon New Testament Commentaries, Nashville 1996) verändert der Autor allerdings den Blickwinkel der Interpretation und konzentriert sich auf die Frage der sozio-kulturellen Verste hensvoraussetzungen der Hörer (op. cit., 15–31). 41 Die von J. Jervell, Das gespaltene Israel und die Heidenvölker. Zur Motivierung der Heidenmission der Apostelgeschichte, Studia theologica 19 (1965), 82 f.91 (engl: The Divided People of God. The Restoration of Israel and Salvation for the Gentiles, in: ders., Luke and the people of God. A new look at Luke-Acts, Minneapolis, Minnesota, 1972, 41–74), und G. Lohfink, Die Sammlung Israels. Eine Untersuchung zur lukanischen Ekklesiologie, StANT 39, München 1975, 60 mit Anm. 145, vertretene These, die Verstockung Israels habe nicht die Heidenmission zur Folge, sondern gerade umgekehrt könne die Heidenmission erst beginnen,
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Erzählerisch stellt Lukas diesen Prozeß als Verwerfungsgeschehen dar, das sich von Anfang der Wirksamkeit Jesu in Nazareth bis zur paulinischen Mission in Rom am Schluß seines Doppelwerkes stetig wiederholt, aber in dieser Wiederholung die Verkündigung des Evangeliums unaufhaltsam vorantreibt. Dabei weitet sich der Kreis von Nazareth, dem ursprünglichen Lebenszentrum Jesu (Lk 4,16.24), über Kapernaum und ganz Galiläa bis nach Judäa mit seinem nationalen und religiösen Zentrum Jerusalem, um von dort die Grenzzen zur heidnischen Welt zu überwinden (Lk 23,46 f; 24,47) und in Rom als dem politisschen Weltzentrum seinen größten geographischen Umfang zu erreichen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die kompositionelle Verklammerung der thematisch aufeinaander bezogenen Erzählteile durch das Gottesknechtsmotiv, das im lukanischen Doppelwwerk als das zentrale Leidensmotiv fungiert, und d. h. durch das Kreuz. So ist die Nazarrethperikope, wo die Verwerfung dessen, der sich der Welt als der zum Heil Israels gesandte Gottesknecht offenbart (Lk 4,18 f), ihre historische Dynamik urbildhaft entfaltet und wo die der Gottesknechtsverheißung inhärente tödliche Tragik im Tötungsversuch der Nazarrener unmittelbar zur Wirkung kommt, motivisch aufs engste mit der Kreuzigungserzähllung verwoben, in welcher das Todesgeschick des Knechts sich erfüllt. Unter dem Kreuz erklingt in dreifacher Steigerung der von Jesus in Kenntnis der Verstockung weissagend vorweggenommene Spott der Nazarener: „Heile dich selbst!“ „Rette dich selbst!“ (Lk 4,23; Lk 23,35.37.39). Und es kommt am Ort der wahren Herkunft Jesu (vgl. Lk 2,49) zur Volleendung dessen, was ins Werk zu setzen den Nazarenern noch verwehrt war, nämlich die Tötung des Knechts, die unmittelbar und ebenfalls programmatisch zur Erfüllung der Verhheißung wird, mit welcher Jesus die Nazarener konfrontiert (Lk 4,25–27): der Heilsverhheißung für die Heiden. Der römische Hauptmann sieht, erkennt und bekennt unter dem Kreuz den Gerechten, den Knecht Gottes (Lk 23,46 f),42 den die Nazarener und das jüdissche Volk in seinen Repräsentanten verworfen haben. Und es gehört in dieses von Nazareth bis nach Jerusalem sich entwickelnde Geschehen mit hinein, daß in Lk 9,51, am Punkt des Übertritts von Galiläa nach Judäa, wo Jesus seinen heimatlichen Wirkungsbereich verläßt, um nach Jerusalem zu ziehen, Lukas das sich in dieser Stadt erfüllende Schicksal Jesu im Sendungsbewußtsein des Knechts verankert.43 Der an diesem Scheidepunkt ungewöhnlicche Hinweis des Evangelisten, Jesus habe sein Angesicht hart gemacht vor seinem Gang nach Jerusalem (τὸ πρόσωπον ἐστήρισεν τοῦ πορεύεσθαι εἰς Ἰερουσαλήμ), bedeutet näml-
nachdem das wahre, vom verstockten Teil des Volkes geschiedene Israel das Evangelium angennommen habe, ist auf dem Hintergrund des hier vertretenen Verstockungsverständnisses abzullehnen. Gegen D. P. Moessner, The „Leaven of the Pharisees“ and „this Generation“: Israel’s Rejection of Jesus according to Luke, JSNT 34 (1988), 21–46, ist daher auch festzuhalten, daß nicht allein die historischen (op. cit., 42 f), sondern in weit höherem Maße die theologischen Zusammenhänge die vielschichtige Darstellung Israels im lukanischen Doppelwerk bestimmmen. 42 Dazu ausführlich o. S. 95–98. 43 Daß in diesem Zusammenhang ἀνάλημψις schlicht als „Himmelfahrt“ zu verstehen ist, hat Bohnet, der Auferstandene, 169–186, philologisch überzeugend begründet. Zur „Himmelfahrt“ als dem Ereignis der Offenbarung der transzendenten Einheit von Vater und Sohn und zum unllösbaren Zusammenhang von Tod, Auferstehung und Erhöhung Jesu s. o. S. 216–225 den Exkurs zum Thema. Mit der Anspielung auf Jesu ἀνάλημψις weist Lukas voraus auf die durch Jesu Tod gewirkte Erfüllung der Heilsgeschichte, die sich für den Menschen in der Öffnung des Tores zum Reich Gottes manifestiert.
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lich nicht allein, wie die gängige Übersetzung „er richtete sein Angesicht fest darauf, nach Jerusalem zu ziehen “44 vermuten läßt, eine Richtungsänderung, er dient auch nicht als Trennungszeichen zwischen den Hauptabschnitten des Evangeliums, sondern er manifesstiert die Tatsache, daß derjenige, der sich aufmacht, nach Jerusalem zu gehen, der Gotttesknecht ist, den in Jerusalem der Tod erwartet. Es ist die Vertrauensaussage des dritten Gottesknechtsliedes Jes 50,4–9, die Lukas hier zitiert und die bei Jesaja im Zusammenhhang der Leidensschilderung erklingt: 5
Der Herr, Jahwe, hat mir das Ohr geöffnet. Ich aber war nicht ungehorsam und wich nicht zurück. 6 Ich bot meinen Rücken dar denen, die mich schlugen, und meine Wangen denen, die mich rauften. Mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schande und Bespeiung. 7Aber der Herr, Jahwe, hilft mir. Darum werde ich nicht zuschanden. Darum mache ich mein Angesicht hart wie Kieselstein;45 denn ich weiß, daß ich nicht beschämt werde. Es ist der von Gott zum Leiden berufene Gottesknecht, der hier und also auch in Lk 9,51 spricht,46 gleichzeitig jener, dessen Ohren, im Gegensatz zu denen seiner Volksgenossen, geöffnet sind (Jes 50,5) und der aus diesem Grund um die heilvolle Bedeutung des ihm aufeerlegten Leidens weiß, während sein Volk in der Verstockung gefangen ist und nur durch den Tod des Knechts aus ihr befreit werden kann. Daß im Lukasevangelium diese Befreiuung sich in der gottgeschenkten Erkenntnis der soteriologischen Bedeutung des Todes Jesu, im Ergreifen des „für euch“, vollzieht, ist bei der Auslegung der Emmausperikope wiederholt zur Sprache gekommen.47 Die Schlüsselfunktion dieser Perikope für das Versständnis der Verstockungsproblematik im Lukasevangelium erweist sich aber nicht nur in der Wiederaufnahme der in der Nazaretherzählung programmatisch eingeführten SinnenBilder (hören, sehen, Ohren, Augen), sondern auch in der mit Hilfe dieser Bilder vollzoggenen Zuspitzung der Frage nach Israels Verstockung, die in Emmaus, wo bis zur Öffnung ihrer Augen durch Gott auch die Jünger Jesu in der Verstockung gefangen bleiben, als ein ganz Israel betreffendes Phänomen dargestellt wird. Die grundsätzlich bestehende und das ganze Volk umgreifende Verstockung Israels aber läßt ihre zunächst nur partielle Aufhebung durch Gott als das historisch unabdingbare Mitttel der universalen Heilszueignung und der Rettung ganz Israels erscheinen. Denn daß sich die Aufhebung der Verstockung zunächst nur im individuellen Rahmen vollzieht als ein den einzelnen betreffender Akt der Erkenntnis- und damit der Glaubensstiftung, daß die Aufhebbung der Verstockung also nur einen kleinen Teil Israels betrifft, geschieht, um die Heilsb-
44 Vgl. z. B. Rengstorf, Lukas, 128; Grundmann, Lukas, 200; Eckey, Lukasevangelium I, 444. 45 Vgl. Jer 3,12; 21,10; Ez 6,2; 14,8 LXX, wo die göttliche Verhärtung des Angesichts auf das Israel bevorstehende Gericht hinweist. 46 Ähnlich Feuillet, Deux références évangéliques, 554 f, und O’Toole, How Does Luke Portray Jesus as Servant of YHWH?, 341. 47 S. o. S. 226–230.
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botschaft in alle Welt zu verbreiten. Die Verbreitung der Heilsbotschaft muß der irdischen Bindung des Menschen an Raum und Zeit entsprechen, da die Verkündigung des Evangeliuums „Zeit“ braucht und das „räumliche“ Weiterschreiten der Botschaft voraussetzt. Dieses Fortschreiten des Evangeliums kann nach lukanischem Verständnis nur dadurch erfolgen, daß bis zur Sammlung aller Völker im Namen Christi kein Stillstand der Verkündigung an die Heiden eintritt, kein Abbruch, den das Zum-Glauben-Kommen ganz Israels nach jüdisscher Heilserwartungen unweigerlich bedeutete. Die eschatologische Rückführung ganz Israels in den Lebensraum Gottes und die damit verbundene Aufhebung aller Verstockung kann – dies gehört zu den tiefsten Erkenntnissen des Lukas – nicht geschehen, ohne daß die irdische Bedingtheit des Menschen, und d. h. seine Historizität als Folge seiner Geschöpfllichkeit, in den Prozeß der Heilsvollendung einbegriffen ist. Was daher Israel betrifft, so kann – da in Emmaus Gott sogar den Jesus zugewandten, aber dennoch in Nicht-Erkenntnis gefangenen Menschen die Augen öffnen muß und somit die Möglichkeit menschlicher Selbsterlösung strikt verneint ist – das jesajanische Verstockkungswort am Ende des Doppelwerkes nicht als göttliches Wort der Verwerfung Israels interpretiert werden48, nicht als Scheidelinie zwischen einem „wahren“ Israel und einem zur Existenz als Nicht-Israel verdammten Teil des Volkes49 und auch nicht als Indiz für die eschatologische Vorzugsstellung der Heiden und ihre Erwählung zum wahren Israel der Endzeit50. Das Verstockungswort muß vielmehr als ein an die Bedingung von Raum und Zeit gebundenes Wort gelten, besser gesagt: als ein die Historizität des Menschen würdiggendes Wort, das mit der eschatologischen Vollendung der Geschichte in der universalen Aufhebung der Verstockung, d. h. bei der Integration des Menschen in den ewigen Lebensrraum Gottes, wo Zeit und Raum nicht sind,51 seine historische Bindung verliert und damit seine Aufhebung erfährt (vgl. Apg 3,20).52
48 So etwa J. T. Sanders, The Jews in Luke-Acts, London 1987, 37–83, bes. 80–83; ders., The Salvation of the Jews in Luke Acts, in: C. H. Talbert, Luke-Acts. New Perspectives from the Society of Biblical Literature Seminar, New York 1982, 109.113 f.116 f. Vgl. Maddox, Purpose, 55 f. 49 Jervell, Das gespaltene Israel, 82: „ein Teil Israels verliert sein Zugehörigkeitsrecht zum Volke Gottes“; vgl. op. cit., 92.95; Eltester, Israel, 118 f.124.130 f; Lohfink, Sammlung, 61 f.95 u. ö. Vgl. Ernst, Lukas. Ein theologisches Portrait, 55–57; Ray, Narrative Irony, 118– 129, bes. 128 f; O’Toole, Unity, 18–22. Gräßer, Der Alte Bund, 43, behauptet sogar, daß für L Lukas „Israel keine Rolle spielt“. Die Problematik der heilsgeschichtlichen Zertrennung wird auch nicht dadurch gemindert, daß man mit Braumann, Mittel, 138–140, das Judentum als rein „politische“ Größe betrachtet. 50 Eng damit zusammen hängt die Vorstellung, daß die – überwiegend heidenchristliche – Kirche das wahre Israel repräsentiere. Jervell, der in der in Anm. 41 genannten Veröffentlichung noch die These vertrat, Lukas kenne „die Auffassung der Kirche als dem neuen Israel“ nicht (op. cit., 95), propagiert in seinen späteren Beiträgen zum Thema mit Nachdruck genau diesse Überzeugung. S. J. Jervell, The Theology of the Acts of the Apostles, Cambridge 1996, 17.23 u. ö.; ders., Die Apostelgeschichte, KEK 3, 17. Aufl. = 1. Aufl. der neuen Auslegung, Göttingen 1998, 89.92 f u. ö. 51 Dazu ausführlich o. S. 151–156 innerhalb des Exkurses zur βασιλεία τοῦ θεοῦ. 52 Ob grammatikalisch das jesajanische Verstockungswort Jes 6,9 f LXX die Möglichkeit der endzeitlichen Erlösung Israels impliziert, kann an dieser Stelle unerörtert bleiben. Denn Lukas selbst löst das Problem theologisch, und zwar im Rückbezug auf die Gottesknechtsexistenz Jesu. S. dazu u. S. 275 f.
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Das lukanische Verstockungsverständnis ist daher nicht mit Begriffen wie „Prädestinnation“ oder „Vorherbestimmung“53 zu fassen oder gar mit der Vorstellung einer göttlicchen Bestimmung zur Verdammnis gleichzusetzen. Lukas systematisiert das Faktum der fortdauernden Verwerfung Jesu durch sein Volk rein heilsgeschichtlich und mit Blick auf die eschatologische Erlösung Israels.54 Er ist daher tatsächlich als Theologe der Heilsgesschichte zu würdigen, aber nicht im soteriologisch reduzierten Sinn, sondern als ein Denkker, der die Historizität des Individuums als anthropologische Bedingtheit in der Weise im Ratschluß Gottes bedacht weiß, daß im Tod des Knechts und Gottessohnes der Mensch und seine Geschichte gemeinsam zur Vollendung gelangen.55 Das Anfangsbild des Evanggeliums weist auf das Ende: Israel begrüßt seinen Messias, den Retter der Welt, mit offennen Armen (Lk 2,1–40) und empfängt als Volk von Juden und Heiden durch ihn das ihm uranfänglich bestimmte Heil. Das eschatologische Ziel der Geschichte liegt in der βασιλεία τῷ Ἰσραήλ (Apg 1,6).56 Die Komplexität der lukanischen Soteriologie zeigt sich in der Integration individueller Rettungserwartung und -erfahrung in das universelle Heilsbild, gleichzeitig in der historrischen Integration des individuellen Lebens in das durch die Gottesknechtsexistenz Jesu determinierte Geschehen. Die Integration des Menschen in das Leidensgeschehen veransschaulicht Lukas am Bild des zum Dienst am Evangelium berufenen Christusverkündigers. Zum Verkündigungsamt – für Lukas das Abbild des dem Gottesknecht auferlegten Amtes – 53 So z. B. Conzelmann, Mitte, 145, und Glöckner, Verkündigung, 161, der im Blick auf den genannten Begriff behauptet, Lukas stelle den Hinweis auf die Schuld des Menschen und die im Willen Gottes begründete Vorherbestimmung des Geschehens unausgeglichen nebbeneinander, da Vorherbestimmung wirkliche menschliche Schuld ausschließe. S. außerdem Cosgrove, The Devine ΔΕΙ, 183–190, und J. T. Squires, The plan of God in Luke-Acts, Society for New Testament Studies. Monograph Series 76, Cambridge 1997, 186–192, wo der Autor seine Auslegung der lukanischen Schriften von der Vorstellung der alles durchwaltenden göttlichen Vorsehung (providence) her entwickelt. Auch Tiede, Prophecy, 23–33, durchdringt in seiner ausgewogenen Darstellung griechisch-hellenistischer und alttestamentlicher Traditionen aus dem Bereich der Vorsehungsvorstellung die historische Spannung zwischen göttlichem Heils- und menschlichem Verwerfungshandeln nicht theologisch. 54 Diese Einsicht in den lukanischen Gesamtentwurf läßt die stetig hin- und herwogendde Diskussion, ob Lukas antijüdisch oder projüdisch eingestellt sei, als überflüssig und dem theologischen Anliegen des Evangelisten widerstreitend erscheinen. Zur Diskussion s. die Zusammenfassung der Forschung durch Maddox, Purpose, 31–65, der selbst die Ansicht verttritt, Lukas wolle den von den Juden – durch die Zurückweisung ihres Messias – selbst vollzzogenen Bruch mit ihrer Geschichte und das über sie verhängte Gericht fixieren (op. cit., 55 f: judgement of Judaism). Vgl. auch Wasserberg, Aus Israels Mitte, 13–30. S. dazu die ausführlliche Auseinandersetzung mit dem Gesamtentwurf des Autors o. S. 27 f. 55 Ähnlich Panagopoulos, Theologie, 157, der die soteriologische Frage, welche der lukkanischen Darstellung der Ereignisse zugrunde liegt und ihre theologische Akzentuierung leittet, ganz richtig folgendermaßen formuliert: „Wie rettet Gott den geschichtlichen Menschen?“ Dem Autor ist aber in seiner Überzeugung zu widersprechen, daß die Theologie des Lukas „keinne innere Spannung kenne“ und einer „ersten Stufe christlicher Verkündigung“ zuzuordnen sei. – Lukas in diesem Zusammenhang eine „Heiligsprechung“ der Geschichte vorzuwerfen, wie Schulz, Mitte, 137, es tut, ist absurd. Zur Kritik an Schulz und Conzelmann s. auch Marshall, Luke. Historian and Theologian, 111–115. 56 Zum Verhältnis von ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ und ἡ βασιλεία τῷ Ἰσραήλ und ihrer allein durch die Verstockung gegebenen irdischen Differenzierung s. o. S. 154–156.
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gehört die aus der Verstockung Israels resultierende Leidensexistenz der Verkündiger und Knechte Jesu ebenso wie die Teilhabe am Erfolg der in Jesu Geist weitergeführten weltwweiten Evangeliumsverkündigung. Man könnte auch sagen: das individuelle Leben gelangt in der historischen Beschlagnahmung durch den Gottesknecht zu seinem ihm von Gott bestimmten Ziel. Exemplarische Bedeutung mißt Lukas in diesem Zusammenhang dem Wirken des Paulus bei, das er geradezu schematisiert. Er tut dies, im Blick auf den historisschen Prozeß, in der Absicht, die Parallelität zwischen dem Wirken der Knechte Jesu und dem Wirken Jesu selbst zu dokumentieren, damit zugleich den Verwerfungsmechanismus, durch welchen nach göttlichem Ratschluß die Heilsverkündigung zu ihrem Ziel und die Geschichte zu ihrem eschatologischen Ende gelangt.57 Erzählerisch ist diese Parallelität dargestellt durch die fortgesetzte Wiederholung des Nazarethgeschehens: Wie Jesus bei seinem ersten Auftreten, so beginnt auch Paulus sein Verkündigungswerk an jedem neuen Ort, den er betritt, am Sabbat in der Synagoge (Apg 13,5.14.44; 14,1; 17,1 f.10; 18,4.19; 19,8). Und immer wieder neu erfährt der Verkündiger des Evangeliums dabei die gewaltsame Ablehnung seiner Predigt durch seine ursprünglicchen Glaubensgenossen, die Juden. Es folgt die Hinwendung zu den Heiden (Apg 13,45– 51; 14,2–7; 17,5–9.13 f; 18,6; 19,9).58 Als Urbild späterer Erfahrung und als erzählerisch genauestes Abbild der Nazarethperikope ist zu Beginn der paulinischen Mission der Aufeenthalt des Paulus im pisidischen Antiochien stilisiert, Apg 13,14–51. Hier erscheint nicht nur, wie in Nazareth, die Schriftlesung als Ausgangspunkt der nachfolgenden Heilsverkkündigung (Lk 4,16–21; Apg 13,15; vgl. Apg 17,2), sondern es wird auch die Verwerfung des Paulus durch die Juden und die darauf folgende Hinwendung zu den Heiden mit einer Gottesknechtsverheißung begründet (Jes 49,6 LXX; Apg13,47): τέθεικά σε ... εἰς φῶς ἐθνῶν τοῦ εἶναί σε εἰς σωτηρίαν ἕως ἐσχάτου τῆς γῆς.
57 Die parallele Erzählgestaltung im Evangelium und in der Apostelgeschichte ist verschie dentlich dokumentiert worden, zuletzt ausführlich von T. Bergholz, Der Aufbau des luka nischen Doppelwerkes. Untersuchungen zum formalliterarischen Charakter von Lukas-Evan gelium und Apostelgeschichte, EHS.T 545, Frankfurt a. M. 1995, bes. 138 f. Die Gründe für die Parallelität werden vom Autor allerdings nicht im christologisch-soteriologischen Bereich gessucht, sondern im ekklesiologischen Bereich, innerhalb dessen es Lukas um den „Kontinuitätsauf weis[ ] der sich ausbreitenden Kirche am Ende des 1. Jahrhunderts“ gehe (op. cit., 133). Es liegt eine solche Deutung in der Konsequenz des etablierten Lukasbildes, innerhalb dessen der „Historiker Lukas“ weit über dem „Theologen Lukas“ zu stehen kommt. Der eschatologissche Zielpunkt des lukanischen Werkes muß dabei notwendig aus dem Blick geraten. S. dazu o. das Folgende. Zur erzählerischen Parallelität zwischen Evangelium und Apostelgeschichte s. auch M. Tolbert, Die Hauptinteressen des Evangelisten Lukas, aus dem Engl. übers. v. H. Stegemann, in: G. Braumann (Hg.), Das Lukasevangelium. Die redaktions- und kompositioonskritische Forschung, WdF 280, 340 f (ursprüngl. engl. ersch. unter dem Titel „Leading Ideas of the Gospel of Luke“, RExp 64 [1967], 441–451); Baarlink, Eschatologie, 180 f; außerdem das bis heute grundlegende Werk von W. Radl, Paulus und Jesus im lukanischen Doppelwerk. Untersuchungen zu Parallelmotiven im Lukasevangelium und in der Apostelgeschichte, EHS.T 49, Bern – Frankfurt a. M. 1975. 58 S. dazu J. M. Kolasny, Pericopes of Confrontation and Rejection as a Plot Device in Luke-Acts, Ph. D. dissertation, Marquette University, 1985, bes. 7 f.52–71.
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Schließlich erfüllt sich in Antiochien das mit der Gottesknechtsexistenz Jesu auch seinem Verkündiger auferlegte Leiden in der tätlichen Verfolgung des Paulus durch die Juden und seinem Hinauswurf aus der Stadt (ἐξέβαλον αὐτόν/αὐτούς: Lk 4,29; Apg 13,50). In der ebenfalls modellhaften Szene Apg 17,1–9 wird das Geschehen ähnlich wie in der Schilderrung des Leidensweges Jesu auf die Anklage wegen politischen Aufruhrs hin entwickelt und auf den zukünftigen Prozeß hin pointiert (Apg 17,6–9). Das gesamte Verwerfungsgesschehen wird am Ende der sich wiederholenden Sequenzen, da Paulus sich auf dem Weg nach Jerusalem befindet, als Verstockungsgeschehen gekennzeichnet (ἐσκληρούντο καὶ ἠπείθουν: Apg 19,9), wobei Lukas hier den Begriff wählt (hebr. )חזק, mit dem in der Plaggengeschichte Ex 7–11, der klassischen Verstockungserzählung, die von Gott gewirkte Versstockung des ägyptischen Pharaos bezeichnet ist (Ex 7,3.22; 8,15; 9,12.35; 10,20 u. ö.59). Der begriffliche Rückbezug auf das ägyptische Verstockungsgeschehen ist auch deshalb bedeutsam, weil das mit ihm sachlich aufs engste verknüpfte Heilsereignis des Exodus eines der Leitthemen in der lukanischen Darstellung des Leidensweges Jesu und des Aufeerstehungsgeschehens ist.60 Der Exodus bildet die geschichtliche, aber die Geschichte zugleich transzendierende Klammer um den gesamten Weg Israels von seinen Anfängen bis zur endzeitlichen Restitution des Volkes. Es hat in diesem Zusammenhang einen tieferen Sinn, daß Lukas den Sachverhalt menschlicher Verstocktheit in Apg 19,9 zunächst im direktten Blick auf die Heiden begrifflich fixiert, denen Paulus hier gegenübersteht, gleichzeitig im Rückblick auf das dem Exodus vorausgehende Handeln Gottes am heidnischen Herrsscher. Denn dadurch, daß er, ganz am Ende seines Werkes (Apg 28,26 f), die Verstockung als ein auch und in besonderer Weise die Juden betreffendes Phänomen beschreibt und sie verknüpft mit dem jesajanischen Verstockungswort Jes 6,9 f (ἐπαχύνθη γὰρ ἡ καρδία τοῦ λαοῦ τούτου), stellt er Juden und Heiden als gleichermaßen im Unglauben befangen und daher als gleichermaßen erlösungsbedürftig auf eine Stufe. Die Heiden aber werden durch diese Umkehrung des Urgeschehens in das aus der „Urverstockung“ erwachsende heilvolle Exodusgeschehen integriert, welches wiederum das Urbild der eschatologischen Erlösung Israels ist. Da ferner im Kontext des Jesajabuches dem göttlichen Verstockungsauftrag die Berufung Jesajas zum Sendboten („Apostel“) vorgeschaltet ist – Τίνα ἀποστείλω ...; καὶ εἶπα ... ἀπόστειλόν με (Jes 6,8 LXX) –, kann Lukas auch den auf die Heidenmission gerichteten Sendungsauftrag des Paulus (ἐγὼ ἀποστέλλω σε: Apg 26,17; vgl. Apg 22,21) als im jesajanischen Verstockungswort verankert begreifen.61 Weil für Lukas schließlich die von Jesaja geweissagte Gottesknechtsexistenz Jesu der Schlüssel zum Verständnis des göttlichen Verstockungshandelns ist, versteht er die apostolische Existenz, die der Beaufttragung zur Verstockung entspringt, notwendig als Abbild des Leidensweges Jesu. Und es liegt in der Konsequenz der hier von Lukas im Akt der Schriftauslegung geknüpften theollogischen Verbindung, daß Paulus bei seiner Berufung in das „Amt“ des Gottesknechts
59 Vgl. Röm 9,17 f, wo auf die Verstockung Pharaos ausdrücklich Bezug genommen wird. 60 S. o. S. 140–145.223–225. Vgl. auch Apg 7,17 f, wo die Exoduszeit ὁ χρόνος τῆς ἐπαγγελίας genannt wird. 61 Daß Lukas, trotz des hier von Christus her an Paulus ergehenden apostolischen Sendungs auftrags, den Heidenmissionar, bis auf die eine Ausnahme in Apg 14,14, nie als Apostel tittuliert (vgl. aber Apg 14,4), hängt damit zusammen, daß Lukas das Apostolat streng an die Jüngerschaft bindet und daher nur die Zwölf als berufene Augenzeugen von Anfang an (οἱ ἀπ’ ἀρχῆς αὐτόπται: Lk 1,2) als Apostel bezeichnet (Apg 1,2.26; 2,37.42 f; 4,33 u. ö.).
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eingesetzt wird (Apg 26,16 f in Aufnahme von Jes 42,6 f und 61,1).62 Diese Einsetzung entspricht schließlich auch dem jesajanischen Traditionszusammenhang, innerhalb desssen das vierte Gottesknechtslied sprachlich und motivisch auf Jes 6,1–13 Bezug nimmt.63 So wird das Verkündigungsamt zum gleichsam prohetischen Amt. Gleichzeitig hebt nach dem Verständnis des Lukas die mit der Sendung des Knechts verbundene Verheißung der Heilung Israels die in Jes 6,9 f so fest verankerte Verstockungsaussage, Israel werde nicht geheilt, auf. Nun schließt allerdings um des heilsgeschichtlich noch offenen Endes der Evange liumsverkündigung willen Lukas sein Werk nicht mit dem Tod des Paulus, wie es die von ihm erzählerisch verfolgte Parallelität geböte. Ganz im Gegenteil, gerade in Rom, wo der Heidenmissionar als Gefangener weilt, tritt er als Verkündiger des Evangeliums in Erscheinnung, als Diener seines Herrn, durch dessen Wirken die Welthauptstadt zum Ausgangsort der in alle Welt dringenden Christusbotschaft wird. Das Bild des Knechts dagegen, der in Ausübung seines Amtes wie Jesus den gewaltsamen Tod erleidet, verknüpft Lukas mit Stepphanus. In der Stephanuserzählung Apg 6,8–7,60 kombiniert Lukas die Verstockungsmottive aus der Nazarethperikope neu und verschmilzt sie zu einem typologischen Bild: Der vom Geist erfüllte (Apg 6,5.10; Lk 4,18) Künder der durch Jesus gewirkten Erlösung wird angesichts der vom Volk, den Ältesten und Schriftgelehrten gegen ihn vor dem Hohen Rat erhobenen Anklage der Gotteslästerung und Gesetzesübertretung (Apg 6,11–14; Lk 22,66– 71) zum Künder der über Israel verhängten Verstockung (Apg 7,51–53; vgl. Lk 4,24) und fällt nach seiner Ausstoßung aus der Stadt der Lynchjustiz zum Opfer (Apg 7,58; Lk 4,29). Dabei weist Lukas eigens darauf hin, daß die Stephanus verwerfende Schar den Tötungsakt mit zugehaltenen Ohren vollzieht (Apg 7,57), d. h. auf dem Hintergrund der lukanischen Bildsymbolik: im Zustand der Verstockung. Gerade darum bittet Stephanus im Blick auf seine Henker, auch darin dem sterbenden Jesus gleich, mit lauter Stimme (Apg 7,60a; Lk 23,46a) um die Nichtanrechnung ihrer Sünde (Apg 7,60b; Lk 23,34a) und stirbt, indem er Jesus seinen Geist übergibt (Apg 7,59; Lk 23,46b). Die Verzahnung der Verstockungs- und der Todesmotivik ist um so markanter, als Paullus hier als Zeuge des Geschehens und im Folgenden als willfähriger Henker und Verfolgger eingeführt wird, gleichsam als Paradigma des Verstockten, der trotz der vor aller Ohren laut werdenden Bezeugung des erhöhten Christus durch Stephanus (Apg 7,56) in der Versstockung befangen bleibt. Da Paulus aber im weiteren Verlauf der Erzählung auch als derjjenige gezeichnet wird, welchem in der Christusoffenbarung von Gott selbst die Augen geöffnet werden und an dem somit die Vergebungsbitte des Stephanus zur Auswirkung kommt, wird er gleichzeitig zum Sinnbild des aus der Verstockung befreiten Juden und
62 Daß Paulus in diesem Zusammenhang als ὑπηρέτης bezeichnet wird, liegt daran, daß Lukas den Titel παῖς als Gotteknechtstitel allein Jesus vorbehält. 63 Vgl. Jes 6,1: ( ָרם וְ נִ שָּׂ אvon Gott auf seinem Thron) mit Jes 52,13: ( יָרוּם וְ נִ שָּׂ אvom Gottesknecht, dessen königliche Erhöhung damit bezeichnet ist); vgl. auch den im Verstockungs auftrag mitgesetzten Hinweis auf die im Zustand der Verstockung bestehende Unmöglichkeit der Heilung, Jes 6,10: ָרפָ א לוֹ... ( פֶּ ןLXX: μήποτε ... ἰάσομαι αὐτούς) mit dem Bekenntnis der durch den Gottesknecht für Israel erwirkten Heilung, Jes 53,5: חבֻ ָרתוֹ נִ ְרפָּ א־לָ נוּ ֲ ַ( וּבLXX: τῷ μώλοπι αὐτοῦ ἡμεῖ¦ ἰάθημεν). S. dazu P. Beauchamp, Lecture et relecture du Quatrième Chant du Serviteur. D’Isaïe à Jean, in: J. Vermeylen u. a. (Hg.), The Book of Isaiah. Le livre d’Isaïe. Les oracles et leurs relectures. Unité et complexité de l’ouvrage, BEThL 81, Löwen 1989, 325–355, bes. 344 f.350–352.
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damit zum Verheißungsträger für die eschatologische Aufhebung der über Israel verhängtten Verstockung. Gerade das Beispiel des Paulus zeigt, daß Lukas die Öffnung des Mensschen für die christliche Heilsbotschaft nicht als menschlichen, sondern als göttlichen Akt versteht. Dabei bleibt die individuelle Indienstnahme durch Gott als ein geschichtliches Faktum überindividuell im Heilsratschluß Gottes begründet, welcher den Menschen am Ende jenseits der Geschichte zum Ziel und zur Erlösung führt. Es wäre allerdings falsch zu glauben, daß in diesem die Grenzen des Individuums und der Geschichte gleichzeitig transzendierenden Geschehen die menschliche ἁμαρτία ihre theologische Bedeutung verlöre, als entschulde das Verstockungshandeln Gottes den Mensschen und entschuldige sein die Gottesbeziehung tödlich zerstörendes Handeln. Indem Lukas die Entschuldung des Menschen im Akt der Sündenvergebung stets und ausschließllich an Jesu Werk und Wort bindet,64 und d. h. im Gesamtkontext seines Doppelwerkes: an das Leben und Sterben des Gottesknechts, und indem er so das Geschehen als einen in der Beziehung zwischen Gott und Mensch sich vollziehenden Akt der Wiederherstellung der personalen Integrität des Menschen darstellt, sichert er nicht nur das relationale Versständnis der Sünde als einer Macht, die den Menschen unbezwingbar dort im Griff hält, wo nicht Gott selbst den Raum der ungebrochenen Gemeinschaft mit dem Menschen gewährt und bereitet,65 sondern wehrt er damit auch dem deterministischen Mißverständnis seinnes heilsgeschichtlichen Gesamtentwurfs66. Das Verstockungshandeln Gottes „entschulddigt“ den Sünder in seiner Sündhaftigkeit nicht, sondern behaftet ihn vielmehr darin und dient offenbarungsgeschichtlich dem Erweis der tödlichen Verlorenheit des Menschen im Machtbereich der Sünde, und d. h. im Wirkkreis seiner selbst. Schon deshalb müssen alle Versuche scheitern, die lukanische Soteriologie auf den freien Willen und das Erlösungsbbegehren des Menschen zu gründen. Die uranfängliche Sündenverfallenheit des Menschen wird von Lukas auch dadurch als ein vom Menschen selbst nicht aufzubrechendes Verhängnis gekennzeichnet, daß er sie mit dem Verstockungsterminus der Un- bzw. Nicht-Erkenntnis belegt (ἀγνοεῖν, ἄγνοια: Lk 9,45; Apg 3,17; 13,27; 17,30). Dieses Unvermögen resultiert – heilsgeschichtlich betrachttet – paradoxerweise aus dem Gewinn der Erkenntnis von Gut und Böse beim Sündenfall, welche anthropologisch in der Erkenntnis der eigenen Nicht-Göttlichkeit besteht und zur Wahrnehmung des unüberbrückbaren Abstands zwischen Gott und Mensch führt67. Diesser unüberbrückbare Abstand zwischen dem transzendenten Gott und seinem irdischen Geschöpf aber ist der Grund, warum nach Lukas der dem Paradies entrückte Mensch an der Einsicht in das Heilswirken Gottes scheitert, da nun die Vorzeichen verkehrt werden und Gott in den Tod geht, damit der Mensch das göttliche Leben gewinnt.68 Im Zusamm64 Vgl. Lk 1,77; 5,20.23 f; 7,47–49; 23,34; 24,47; Apg 2,38; 5,31; 10,43; 13,38. 65
S. nochmals die o. S. 274 Anm. 51 genannten Seiten. Mitte, 135. 67 Als der Mensch sieht, daß er nackt ist, erkennt er sich erst als „Staubwesen“, und d. h. als Mensch, und erkennt damit den zwischen ihm und Gott bestehenden unüberbrückbaren Abstand, welcher den Grund seiner sündhaften Disposition darstellt. 68 Es ist bezeichnend, daß Taeger, Mensch, da er auf die Behandlung der Verstockungsfrage verzichtet, das Motiv der Blindheit und ihrer Aufhebung durch Gott nicht recht einzuordnen weiß und ihm daher nur zwei Seiten widmet (op. cit., 81–83), in welchen weder die Nazarethnoch die Emmausperikope noch auch das programmatische Ende der Apostelgeschichte behhandelt werden. 66 Vgl. z. B. Schulz,
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menhang der Verstockungsfrage wird die genannte Motivverbindung zum Zeichen der Notwendigkeit gottgeschenkter, aus dem Tod Jesu erwachsender Glaubens- und Heilserkkenntnis, welche ihrerseits den alleinigen Grund für die Rechtfertigung des Sünders abgibt (Apg 13,38 f).
Die Verstockung Israels als die historische Konsequenz der Gottesknechtsexistenz Jesu ist der Schlüssel zum Verständnis der Nazarethperikope. Die interpretatorrische Vernachlässigung der Thematik in der überwiegenden Zahl der Untersucchungen zum Text bedeutet daher zwangsläufig den Verlust der Tiefendimenssion in der Analyse.69 In Nazareth werden im Licht des Gottesknechtstextes Jes 61,1 f Heilsverkündigung und Verstockung als die zwei Seiten des soteriologisschen Gesamtgeschehens vor Augen gestellt. Gleichzeitig erfolgt innerhalb diesses Gesamtbildes, das die helle und die dunkle Seite des Erlösungsgeschehens im Geheimnis der Person Jesu verschmilzt, die Klärung der Frage nach Jesu Identtität. Sie wird in der wissenschaftlichen Diskussion zumeist auf die christologisschen Titel beschränkt und im Blick auf deren Vielzahl im Lukasevangelium als systematisch nicht beantwortbar beiseite gelegt.70 Es wird sich aber zeigen, daß die Nazarethperikope, welche überraschenderweise – trotz des großen theologisschen Gewichts, das der messianischen Selbstproklamation Jesu zukommt – als Titel für Jesus nur den Prophetentitel bereitzuhalten scheint, mit diesem Titel den Grund legt für das Verständnis aller Christusprädikationen im Lukasevangelium und ihrer theologischen Systematik. Denn das Prophetenwort des Knechts: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat“, sichert nicht nur die Kontinnuität der prophetischen Verheißung als solcher, sondern auch die Kontinuität der personalen Heilsrepräsentanz, eine Kontinuität, die durch den mosaischen Bezug der jesajanischen Gottesknechtsverkündigung vorgegeben war und in Jesu Person zur eschatologischen Erfüllung gelangt.71 Die Bedeutung der mosaischen Tradition für das Verständnis der Sendung und Titulierung Jesu im Lukasevangelium wird im folgenden Kapitel noch genauer zu erheben sein. Hier sei nochmals auf den tiefen inneren Zusammenhang zwisschen dem Verkündigungs- und dem Verstockungsgeschehen verwiesen als den zwei Seiten der geschichtlich sich vollziehenden, irdischen Realisierung des Heils. Dieser Zusammenhang zeigt sich nicht allein in der Tatsache, daß Jesus seine Heilsverkündigung mit der Gottesknechtsproklamation Jes 61,1 f beginnt, sond69 Auch die ausführliche Textbesprechung von Wasserberg, Aus Israels Mitte, 148–163, bleibt aus dem genannten Grund an der Oberfläche und erhellt das theologische Profil der Erzählung nur unzureichend. 70 Vgl. die lapidare Feststellung Schweizers, Plädoyer, Sp. 250: „Christologische Titel wechseln ohne System.“ Ähnlich ders., Zur lukanischen Christologie, 49 f; vgl. auch Ernst, Lukas. Ein theologisches Portrait, 105.110 f, und S. G. Wilson, Luke and the Pastoral Epistles, London 1979, 79. 71 S. Kellermann, Tritojesaja, 52 f.
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dern auch in der textlichen Veränderung derselben. Die Streichung der Zeile Jes 61,1c ἰάσασθαι τοὺς συντετριμμένους τὴν καρδίαν (varia lectio τῇ καρδίᾳ) in dem ansonsten dem Wortlaut der LXX exakt folgenden Zitat Lk 4,18 f und die Ergänzung desselben durch die aus Jes 58,6 stammende, grammatikalisch einggepaßte Sequenz ἀποστεῖλαι τεθραυσμένους ἐν ἀφέσει erscheinen trotz vielffältiger Erklärungsversuche72 bis heute rätselhaft und erweisen sich schon deshhalb als Prüfstein der Gesamtinterpretation von Lk 4,16–30. Die Zitatänderung verliert jedoch ihre Rätselhaftigkeit, wenn man ihren inneren Bezug zur Verstockkungsthematik erkennt, die in der Perikope auf dem Hintergrund der beginnenden Verkündigungstätigkeit Jesu programmatisch behandelt wird.73 Denn durch die Streichung des Versteils Jes 61,1c, der auf die physische Heilung (ἰᾶσθαι) zielt, und durch die Ergänzung einer Zeile, die das apostolische (ἀποστέλλειν) Senddungsgeschehen assoziiert, wird die Sendung Jesu semantisch als geschichtlichdynamisches Wortgeschehen fixiert: Das auf Erden erklingende göttliche Wort und die göttliche Sendung des Knechts sind die historischen Rahmenbedingunggen des sich irdisch realisierenden, transzendenten Heils. Zufällig oder rein assozziativ ist diese Zitatkombination gewiß nicht entstanden! Die Programmatik liegt in den Verben: Die mit der göttlichen Salbung und Geistverleihung verknüpfte Sendung und Beauftragung des Knechts wird durch den Begriff εὐαγγελίζεσθαι und das ihn sogar zweifach explizierende Verb κηρύσσειν, das im ersten Fall ein ursprüngliches καλεῖν (Jes 61,1 LXX: Inf. Aor. καλέσαι) ersetzt, als Wortoffenb72 Auf Gedächtniszitation des Evangelisten führen Schlatter, Lukas, 226 f, und H. Ring gren, Luke’s Use of the Old Testament, HTR 79 (1986), 229, die Einfügung der Zeile Jes 58,6 zurück. Vgl. D. Hill, The Rejection of Jesus at Nazareth (Luke iv 16–30), NT 13 (1971), 165. Rese, Alttestamentliche Motive, 144–146, und Combrink, Structure, 34–36, begründen die Einfügung strukturell. Die Ersetzung von Jes 61,1c durch eine Zeile aus Jes 58,6 diene der Herstellung eines chiastischen Parallelismus. Großer Beliebtheit erfreut sich auch die These einer assoziativen, midraschartigen Kombination der fraglichen Schriftstellen. Vgl. z. B. Bock, Proclamation, 106 f; Koet, Today, 372 f, und – mit anderem theologischen Akzent – D. P. Seccombe, Possessions and the Poor in Luke-Acts, Linz 1983, 46–52. Daß die Zitatänderung theologisch durch das Stichwort ἄφεσις veranlaßt sei, vermuten u. a. Tannehill, Mission, 70 f; R. B. Sloan, Jr., The Favorable Year of the Lord. A Study of Jubilary Theology in the Gospel of Luke, Austin, Texas, 1977, 39 f; Fitzmyer, Luke I–IX, 532; P. D. Miller, Jr., An Exposition of Luke 4:16–21, Interp. 29 (1975), 417–421, und Eckey, Lukasevangelium I, 225. Vgl. Sanders, From Isaiah 61 to Luke 4, 97. S. auch Kimball, Jesus’ Exposition of Scripture, 190–194, der allerdings die Analyse der Zitatkombination mit der Frage nach der Historizität der lukanischen Szene verknüpft (op. cit., 201 f). S. auch ders., Jesus’ Exposition of the Old Testament in Luke’s Gospel, Journal for the Study of the New Testament. Supplement Series 94, Sheffield 1994, 97–119, mit ausführlicher Dokumentation der Forschungsdiskussion (op. cit., 104–110). 73 Gegen C. Tuckett, Luke 4,16–30, Isaiah and Q, in: J. Delobel (Hg.), Logia. Les Paroles de Jésus – The Sayings of Jesus. FS J. Coppens, BEThL 59, Löwen 1982, 347–350, der die Streichung der fraglichen Zeile als Indiz dafür wertet, daß Lukas hier nicht selbst am Werk gewwesen sei, und in diesem Zusammenhang behauptet, daß das Motiv der spirituellen Blindheit keine Rolle im lukanischen Doppelwerk spiele.
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barung klassifiziert. Diese erscheint durch das ebenfalls zweimal erklingende ἀποστέλλειν als historisch fortwirkendes Geschehen, in welchem das „Apostollat“ des Knechts (ἀπέσταλκέν με; vgl. Jes 6,8) Vorbildcharakter für die von ihm zum Leben befreiten Menschen hat und zur Voraussetzung wird für die universelle Realisierung des Gnadenjahrs (ἐνιαυτὸς κυρίου δεκτός, vgl. Jes 49,8: καιρὸς δεκτός), d. h. des endzeitlichen Heils.74 Dieser theologische Zusammenhang kann gewiß nicht dadurch erklärt werdden, daß Lukas hier auf eine ihm der Form nach zufällig überkommene Zitatkkombination zurückgreift. Ganz im Gegenteil: Lukas selbst hat als derjenige zu gelten, der das Zitat Jes 61,1 f bewußt verändert hat. Erst in seiner neuen Gestalt war es geeignet, den Bogen zu schlagen von der Person und göttlichen Beaufttragung des Knechts zum Inhalt seines Auftrags und zum eschatologischen Ziel seiner Sendung. Die äußerliche Struktur des Wortes entspricht seiner inhaltlichen Dynamik. Sie verbietet es, obwohl die Kommasetzung in der 27. Aufl. des Novum Testammentum Greace von Nestle-Aland dies interpretatorisch vorgibt,75 die Evanggeliumsverkündigung an die Armen (εὐαγγελίσασθαι πτωχοῖς) grammatikalisch vom Salbungsgeschehen abhängig zu machen und die Reihe der von ἀπέσταλκέν με abhängigen Infinitive erst bei κηρύξαι beginnen zu lassen. Denn abgesehen davon, daß hier die traditionsgeschichtlich etablierte Unterscheidung des Aktes der prophetischen Erwählung von dem der prophetischen Beauftragung unsachgemmäß und dem alttestamentlichen Text widersprechend aufgelöst würde, bedeutete im vorliegenden Kontext die Reduzierung der göttlichen Salbung des Knechts auf den Zweck76 seiner Sendung eine fast adoptianisch anmutende Engführung der Christologie, die von Lukas gewiß nicht intendiert ist. Zudem zerstört die gleichwwohl beliebte Übersetzung „Er hat mich gesalbt, um den Armen frohe Botschaft 74
Die Begriffskombination ἐνιαυτὸ¦ κυρίου δεκτό¦ ist bereits bei Tritojesaja ihres historrischen Bezugs entkleidet und metaphorisch gebraucht. Zu Jes 49,8 als Hintergrund von Jes 61,2 s. Lau, Schriftgelehrte Prophetie, 75 f. Eine ausführliche traditionsgeschichtliche Analyse des Begriffs bietet Sloan, The Favorable Year of the Lord, 4–77. Abzuweisen ist in diesem Zusammenhang die These von A. Strobel, Das apokalyptische Terminproblem in der soggen. Antrittspredigt Jesu (Lk 4,16–30), ThLZ 92 (1967), 251–254; ders., Die Ausrufung des Jobeljahres in der Nazarethpredigt Jesu. Zur apokalyptischen Tradition Lc 416–30, in: W. Eltester (Hg.), Jesus in Nazareth, BZNW 40, Berlin – New York 1972, 38–50, daß die Ausrufung des sogenannten Jobeljahres in Lk 4,18 den historischen Tatbestand eines in das Jahr 26/27 fallendden Erlaßjahres reflektiere. Daß die Zitation von Jes 61,2 die politische Hoffnung der Nazarener auf die Befreiung von der römischen Herrschaft zum Ziel habe, vertritt J. A. Sanders, Isaiah in Luke, Interp. 36 (1982), 151 f. 75 4. Druck, Stuttgart 1996, 164. 76 Zum Infinitiv des Zwecks s. F. Blass – A. Debrunner, Grammatik des neutestamentlicchen Griechisch, bearb. von F. Rehkopf, 18. Aufl., Göttingen 2001, § 390. Vgl. R. Kühner – B. Gerth, Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache. Zweiter Teil: Satzlehre, Bd. 2, unveränd. Nachdr. der 3. Aufl. (Hannover – Leipzig 1904), Hannover 1988, 16 (§ 473.7).
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zu bringen“77 den Parallelismus und mit ihm die Theozentrik der Anfangszeilen des Jesajazitats Lk 4,18 f: πνεῦμα κυρίου ἐπ’ ἐμὲ εὐαγγελίσασθαι πτωχοῖς
οὗ εἵνεκεν ἔχρισέν με ἀπέσταλκέν με.
Lukas unterscheidet im ganzen Evangelium und damit auch hier in Übereinstimmmung mit dem alttestamentlichen Text deutlich zwischen der Person Jesu als dem Geistträger und Gesalbten und seinem irdischen Auftrag; er unterscheidet zwischem dem, der von Mutterleib, und d. h. seinem Wesen nach, geistgezeugtter Sohn Gottes, designierter messianischer König und in allem der zum Leiden bestimmte Knecht Gottes ist, und seiner Sendung in die Welt. Nicht die göttliche Sendung und Beauftragung macht die Verleihung des Geistes und die Salbung des Gesandten zweckhaft notwendig, sondern Jesus als der Knecht kann – so die tiefe Überzeugung des Lukas – den göttlichen Sendungsauftrag erfüllen, weil er der Gesalbte und Träger des göttlichen Geistes ist. In diesem Zusammenhang ist auch der einseitigen Betonung der sozialen Kompponente der Verse Lk 4,18 f zu wehren.78 Denn die durch die Ergänzung von Jes 58,6 hergestellte Doppelung nicht nur des Verbs ἀποστέλλειν, sondern auch des Nomens ἄφεσις, welches das Geschehen der Sündenvergebung anklingen läßt,79 erweist im Zusammenhang mit dem Motiv der Aufhebung der menschlicchen Blindheit (τυφλοῖς ἀνάβλεψις) die Grundsätzlichkeit des den Menschen heilvoll verwandelnden Geschehens. Da aber die Blindheit des Menschen im Lukasevangelium eine anthropologische Kategorie ist und auf die universal gegebbene Unfähigkeit des Menschen zu wahrer Heilserkenntnis zielt, und d. h. auf die Gefangenschaft des Menschen in sich selbst, weisen beide Begriffe auf das dem Menschen zuvorkommende und an ihm sich auswirkende Gotteshandeln, d. h. auf die Befreiung des Menschen von sich selbst und seine Bereitung zum Empfang des eschatologischen Heils (ἐνιαυτὸς δεκτός). 77 So stellvertretend für andere Wiefel, Lukas, 104. Anders Schweizer, Lukas, 55, und Bovon, Lukas 1, 206. 78 Gegen R. Albertz, Die „Antrittspredigt“ Jesu im Lukasevangelium auf ihrem alttesstamentlichen Hintergrund, ZNW 74 (1983), 182–206, bes. 196–206, und X. Léon-Dufour, Les Évangiles synoptiques, in: X. Léon-Dufour – C. Perrot (Hg.), L’annonce de l’Évangile, Introduction à la Bible. Édition nouvelle, Tome III: Introduction Critique au Nouveau Testament, hg. v. E. George u. P. Grelot, Volume II, Paris 1976, 133 f. S. auch B. Rinaldi, Proclamare ai prigionieri la liberazione (Lc. 4,18), BeO 18 (1976), 241–245, und J. B. Green, The Theology of the Gospel of Luke, Cambridge 1995, 76–95. Vgl. dagegen J. Ernst, Das Evangelium nach Lukas – kein soziales Evangelium, ThGl 67 (1977), 415–421, der das Thema u. a. im Hinblick auf die Klassifizierung des Lukas als „blinder Passagier im Neuen Testament“ (op. cit., 418) abhandelt. 79 S. dazu o. S. 238–242, dazu den Exkurs zur μετάνοια Israels und der Heiden S. 242– 245.
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Der im Originalkontext enthaltene Begriff des Heilens (ἰᾶσθαι) ist aus diesem theologischen Begründungszusammenhang bewußt entfernt worden, da Lukas das Bild des Arztes (ἰατρός) in V. 23 als eines handelnd (ποίησον), und d. h. wunddertätig, die Verkehrtheit des Menschen überwindenden Heilers zunächst negativ einführt und mit diesem Begriff das die Nazarener leitende Miß- bzw. Unverständnnis veranschaulicht. Ἰατρός ist als Ausdruck einer falschen Messiaserwartung (ἰατρέ, θεράπευσον σεαυτόν: Lk 4,23) der Gegenbegriff zum Christustitel, der in der letzten Steigerung des Verwerfungsgeschehens unter dem Kreuz (οὐχὶ σὺ εἶ ὁ χριστός; σῶσον σεαυτὸν, εἰ σὺ εἶ ὁ βασιλεὺς τῶν Ἰουδαίων: Lk 23,39.37; vgl. 23,35) auch nur in seiner spöttischen Verzerrung, aber gerade darum als der wahre Titel des Gekreuzigten erklingt.80 Der Christus erweist sich, anders, als es die Nazarener und die Jerusalemer Spötter erwarten, als Retter und Heiland der Welt gerade nicht im Schauwunder, sondern im tödlichen Erleiden der Folgen, die der Verzicht auf die Demonstration messianischer Macht zeitigt. Durch die Streichung der fraglichen Zeile Jes 61,1c wird das in Nazareth erstmals verkünddigte, über Kapernaum (Lk 4,23) bis in die Heidenwelt sich ausbreitende Heil als Wortgeschehen klassifiziert. Dem Verkündigungswort Jesu, in dessen Wirkungsbbereich die βασιλεία τοῦ θεοῦ zur erfahrbaren irdischen Realität wird,81 sind die von Lukas an späterer Stelle berichteten Heilungen und Wunder untergeordnet als äußere Zeichen des in der unmittelbaren Gegenwart Gottes umfassenden Heilwerddens des Menschen, ein Zusammenhang, den programmatisch auch Apg 26,17 f ins Bild setzt. Hier wird, Lk 4,18 f entsprechend, der Paulus auferlegte Sendungsaauftrag (ἀποστέλλω σε) verbunden mit dem Ziel der umfassenden Befreiung des Menschen von den Mächten, die ihn geistig und körperlich binden. Die Befreiung aber geschieht in Folge der Öffnung der Augen, die dem Menschen nach Gottes Willen im Verkündigungsakt zuteil wird und die sachlich zusammenfällt mit der Erlangung des Glaubens.82 Lukas bekräftigt diese Vorordnung der Reich-GottesVerkündigung Jesu vor das Heilungs- und Wunderhandeln des Messias am Schluß der Heilungen in Kapernaum, Lk 4,31–44, wo er noch einmal, in charakteristischer Veränderung der Markusvorlage (Mk 1,38), auf die göttliche Beauftragung Jesu zur Verkündigung des Evangeliums vom Reich Gottes verweist (Lk 4,43):83 80 Ähnlich auch Crockett,
The Old Testament, 59.335–339. Dazu ausführlich o. S. 151–154. 82 Dazu nochmals o. S. 226–238. 83 Hagene, Zeiten, 146.148, stellt die theologischen Zusammenhänge auf den Kopf, wenn sie die konstitutive Bedeutung der Heilungsterminologie, insbesondere der Begriffe ἰᾶσθαι und θεραπεύειν, hervorhebt. Um diesen Sachverhalt zu bekräftigen, muß die Autorin die in Lk 4,23 fixierte Vorordnung der Wortverkündigung vor das Heilungswirken Jesu theologisch relativieren; und sie tut dies, indem sie, semantisch widersinnig, die Krankenheilungen in Lk 4,31–41 zum „zweiten Anfang“ des Wirkens Jesu erklärt (op. cit., 141). Ähnlich Löning, Geschichtswerk, 154 f. Wenn gleichzeitig bei Hagene Jesus in der Kreuzigungserzählung zum „Therapeut[en]“ gemacht wird, der aus Gründen der situationsbedingten Handlungsunfähigkeit zum Wort greift 81
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εὐαγγελίσασθαί με δεῖ τὴν βασιλείαν τοῦ θεοῦ, ὅτι ἐπὶ τοῦτο ἀπεστάλην.
Die Programmatik der Nazarethperikope liegt in der heilsgeschichtlich hintergründdigen und erzählerisch feinsinnigen Darstellung der verborgenen Zusammenhänge zwischen dem an den zeitlichen Lauf der Welt gebundenen Verstockungsgeschehhen und der Gottesknechtschaft Jesu als der Existenzform des Gottessohnes, welcche die gegengöttliche Feindschaft des Menschen überwindet. Dies in der Weise, daß die dem Menschen zu eigene, in ihrer Widergöttlichkeit auch widermenschlicche und daher satanische Macht der Destruktion sich in dem Augenblick auf ewig selbst zerstört, da sie in der Tötung des Gottesknechts am Kreuz die Welt sieghhaft im Griff zu halten meint. Dieser heilsgeschichtliche Zusammenhang der in der Nazarethperikope verhandelten Aspekte der Sendung Jesu eröffnet das Versständnis für die erzählerische Grundstruktur des gesamten lukanischen Werkes, damit aber auch für die bis heute umstrittene Ordnung und Zuordnung der im Lukasevangelium verwendeten christologischen Titel und Prädikationen, die alles andere als zufällig und keineswegs in wahlloser Häufung plaziert sind.
3. Die Messianität des Knechts und sein prophetisches Amt Die Systematik der christologischen Titel im lukanischen Doppelwerk ergibt sich aus der kompositionellen Zusammengehörigkeit der Nazareth‑, der Kreuzigungsund der Emmausperikope, in denen unter theologisch jeweils neuem Blickwinkel die Frage der Identität Jesu gestellt und beantwortet wird: Während in der Nazarrethperikope die Frage der Messianität Jesu aus der Perspektive der Anwesendden als Frage nach der Herkunft Jesu aufgeworfen wird (οὐχὶ υἱός ἐστιν Ἰωσὴφ οὗτος;: Lk 4,22), wird sie in der Kreuzigungsperikope zur Frage nach der Retttermacht des Gesalbten ausgeweitet (οὐχὶ σὺ εἶ ὁ χριστός; σῶσον σεαυτόν καὶ ἡμᾶ¦: Lk 23,39; vgl. 23,37; σωσάτω ἑαυτόν, εἰ οὗτός ἐστιν ὁ χριστὸς τοῦ θεοῦ: Lk 23,35) und auf dem Weg nach Emmaus zugespitzt zur Frage seines Todes (οὐχὶ ταῦτα ἔδει παθεῖν τὸν χριστὸν καὶ εἰσελθεῖν εἰς τὴν δόξαν αὐτοῦ;: Lk 24,26). Dabei fällt auf, daß in der Nazarethperikope – abgesehen von der prophetischen Selbstprädikation in V. 24 – zunächst auf die titulare Bezeichnung Jesu verzichttet wird, obwohl mit der Offenbarung der göttlichen Salbung Jesu dieser gleich zu Beginn eindeutig als „der Gesalbte“, und d. h. als der Messias, griechisch ὁ χριστός, vorgestellt wird (Lk 4,18).84 Lukas verzichtet hier bewußt auf die Betitel(op. cit., 145), so erweist dies nur einmal mehr die einseitige Verkehrung der theologischen Zusammenhänge. 84 Diese Auslegung der Stelle wird von der überwiegenden Mehrheit der Exegeten vertretten. Vgl. etwa Tannehill, Narrative Unity 1, 63, und Eckey, Lukasevangelium I, 223, mit Darstellung der traditionsgeschichtlichen Bezüge.
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lung Jesu als „Christus“, weil der rechte Gebrauch dieses Titels im Duktus seines Evangeliums das Wissen der Menschen um das messianische Leiden und den Sinn des Todes Jesu voraussetzt, weshalb bis zu Jesu Tod am Kreuz der Mensch den Titel nur mißbräuchlich verwenden kann. Die spöttische Verhöhnung des Messias unter dem Kreuz (Lk 23,35–39) markiert die letzte Steigerung dieses Mißbrauchs, der seine tödliche Dynamik bereits in Lk 22,67–70 entfaltet hatte, wo die von Jesus nicht zurückgewiesene Identifizierung seiner Person mit dem Messias und Gottt tessohn den Grund seiner Verurteilung bildet. Aber auch Petrus führt an der einzigt gen Stelle, wo vor dem Tode Jesu ein Mensch ihn als Christus bekennt (Lk 9,20), den Titel unverständig und daher mißbräuchlich im Mund. Er wird von Jesus hart zurück- und eindringlich auf die dem Bekenntnis ermangelnde Leidenserkenntnis hingewiesen (Lk 9,21 f), ohne welche wahre Christuserkenntnis nicht möglich ist.85 Erst nach seinem Kreuzestod, auf dem Weg nach Emmaus, spricht Jesus von sich selbst, wenn auch von den Jüngern zunächst unerkannt, als „Christus“ (Lk 24,26), dessen Leidensgeheimnis vor der Welt offenbar geworden ist und der vom Menst schen, sofern er dieses Geheimnis begreift, nun auch als χριστός bekannt werden kann.86 „Christus“ kann nach Überzeugung des Lukas nur sagen, wer die Messt sianität Jesu in seinem Tod verwurzelt und aus diesem Tod die vom Christus ins Werk gesetzte Rettung erwachsen sieht. Die Frage also, in welchem Verhältnis die christologischen Titel im Lukasevangelium zueinander stehen, ist allein vom
85 Die Verkürzung der Szene Mk 8,27–33 in Lk 9,18–22 und die Tilgung der Satansanrede Mk 8,33 ist nicht in dem Sinne zu deuten, als verstünde Lukas das Christusbekenntnis des Petrus im positiven Sinne als Ausdruck einer sich Bahn brechenden Messiaserkenntnis. Dagegen spricht schon die Tatsache, daß der Evangelist in Lk 9,21, wo Jesus den Jüngern den öffentlichen Gebrauch des Christustitels verbietet, das markinische ἐπιτιμᾶν als den geläufigen Ausdruck für das dämonenbindende Handeln Jesu beibehält (vgl. Mk 8,30.33; daneben Lk 4,35.39.41; 9,42). Der Begriff entspricht dem alttestamentlichen גער, mit dem die endzeitliche Bindung der Chaosmächte (vgl. Lk 8,24) bei der Aufrichtung der Gottesherrschaft auf Erden bezeichnet ist. Vgl. Grimm, Verkündigung, 110 f, auf der Grundlage von H. C. Kee, The Terminology of Mark’s Exorcism Stories, NTS 14 (1967/1968), 232–246. Vgl. auch die für Lukas so bedeutsame Stelle Sach 3,2 LXX, wo das göttliche ἐπιτιμᾶν als ein Akt, in welchem Satans Einfluß beschnittt ten und seine Stimme zum Schweigen gebracht wird, der Sündenbefreiung Josuas dient (Sach 3,4 LXX) und in die Ankündigung des „Sprosses“, d. h. des Messias aus dem Hause Davids, mündet (Sach 3,8 LXX). Zu Markus s. Mittmann-Richert, Dämonen, 488 f mit Anm. 31; 500. Daß Lukas Satan im Zusammenhang des sog. Petrusbekenntnisses nicht nennt, hat seinen Grund in der lukanischen βασιλεία-Konzeption und der mit ihr verbundenen Vorstellung, daß in der unmittelbaren Gemeinschaft mit dem irdischen Jesus Satan keine Macht über den Menschen entfalten kann (vgl. Lk 4,13). Dazu ausführlich o. S. 153 f. 86 Vgl. die gehäufte Verwendung des Christustitels in der Apostelgeschichte (28 Belege; vgl. Computer-Konkordanz zum Novum Testamentum Graece, Sp. 1917 f) gegenüber den Belegen im Evangelium (Lk 2,11.26; 3,15; 4,41; 9,20; 20,41; 22,67; 23,2.35.39; 24,26.46). Von ihnen bezeugen den rechten Gebrauch des Titels – wenn man die Anrede durch die Dämonen in Lk 4,41 nicht dazurechnet – nur die Belege aus der Geburts- und Kindheitsgeschichte bzw. den Ostererzählungen.
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Kreuz her zu beantworten, und d. h. auf Jesu Person bezogen: von seiner irdischen Sendung als des zum Leiden bestimmten Gottesknechts her. Was nun in diesem durch Jes 53 konstituierten Zusammenhang die Verknüpffung des Messias- bzw. Christustitels sowohl mit der Königstitulatur als auch mit der Sohn-Gottes-Prädikation betrifft, so sei hier nur noch einmal kurz hingewiesen auf die in Jes 52,13 und Jes 61,1 vollzogene Übertragung königlich-davidischer Motive auf den Knecht.87 Daß Lukas diese Verknüpfung bewußt nachvollzieht und theologisch reflektiert, ist bereits bei der Besprechung der Emmausperikoppe gezeigt worden.88 Die Leitfrage dieser Erzählung οὐχὶ ταῦτα ἔδει παθεῖν τὸν χριστὸν καὶ εἰσελθεῖν εἰς τὴν δόξαν αὐτοῦ; (Lk 24,26) repräsentiert das lukanische Verständnis der christologischen Zusammenhänge und verankert das Geheimnis des Leidens Christi programmatisch in Jesu Gottesknechtsexistenz. Die allgemeine traditionsgeschichtliche Verankerung der neutestamentlichen Mes siasvorstellung in der alttestamentlichen Königsideologie, die Lukas in der Gebburtsgeschichte erzählend dokumentiert,89 ist in der wissenschaftlichen Literatur hinreichend dokumentiert und bedarf hier keiner ausführlichen Explikation.90 Weniger eindeutig zu beantworten ist allerdings die Frage nach der Bedeutung des von Lukas in der Nazaretherzählung erstmals für Jesus eingeführten Titels „Prophet“.91 Daß er Gewicht hat, zeigt seine pointierte Verwendung im lukanisschen Doppelwerk (vgl. insbesondere Lk 4,24; 7,16; 24,18; Apg 3,22 f; 7,37). Trotz seiner hermeneutisch offensichtlich wichtigen Funktion für das Verständnis des lukanischen Gesamtentwurfs weiß man ihn aber nicht so recht in eine chrisstologische Systematik einzupassen. Diese interpretatorische Unsicherheit gegenüüber dem Prophetentitel ist der eigentliche Grund für die häufige Klage über die Regellosigkeit der von Lukas verwendeten Titel.92 Vor allem in der englischspracchigen Forschung hilft man sich damit, daß man das theologische Anliegen des Lukas unter den Begriff „Prophetenchristologie“, „prophet christology“, subsum87
S. o. S. 55 f mit Anm. 197. Dazu Koenen, Ethik, 106 f. S. o. S. 213 f. 89 S. Kapitel IV. 1. 90 Zum Thema Hahn, Christologische Hoheitstitel, 133–225. Dazu H. Gese, Der Messias, in: ders., Zur biblischen Theologie. Alttestamentliche Vorträge, Beiträge zur evangelischen Theologie 78, 3. Aufl., Tübingen 1989, 128–151; ders., Natus ex virgine. 91 Zur Geschichte der Erforschung des Prophetenmotivs im lukanischen Doppelwerk s. Nebe, Prophetische Züge, 13–26. 92 Eine Ausnahme bildet Tiede, Prophecy, 19–63, bes. 43–47, der die christologischen Titel im Lukasevangelium traditionsgeschichtlich in ähnlicher Weise miteinander verknüpft, wie es hier geschieht, allerdings nicht direkt auf der Grundlage der jesajanischen Gottesknechtstradition, sondern auf der Basis der in ihr verarbeiteten mosaischen Tradition, deren Bedeutung im Folgenden noch herauszuarbeiten ist. – Ganz ohne Problembewußtsein zeigt sich Matera, Passion Narratives, 191.205–220, der die Verwerfung der Propheten und den Tod des königllichen Sohnes als zwei Aspekte der Passion Jesu nebeneinanderstellt, ohne die Linien theologgisch zu verknüpfen. 88
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miert.93 Man tut dies aber in der Regel, ohne näher zu erklären, was der Begriff „Prophet“ bei Lukas genau ausdrücken soll, und verlagert damit die eigene Ratllosigkeit auf den Evangelisten. Lukas wird dabei zum Weggenossen der Emmausjjünger, die Jesus, da ihnen sein Tod unbegreiflich ist, nicht als Messias, sondern als ἀνὴρ προφήτης (Lk 24,19) betiteln, ohne recht zu wissen, was es mit seiner Person in Wahrheit auf sich hat. Tatsächlich aber verweist Lukas mit dieser in der Emmausperikope vollzogennen Gegenüberstellung des Propheten- und des Christustitels (Lk 24,19.26), in der das Nazarethgeschehen (Lk 4,18.22.24) als Vorabschattung des Golgathagesschehens (Lk 23,35.37.39) zur Sprache kommt, nicht nur auf das christologische Grundproblem, sondern auch auf seine Lösung. Denn da der Gesalbte nach Überzzeugung des Lukas kein anderer ist als der von Jesaja verkündigte Gottesknecht, ist sein Amt auf Erden seinem Wesen nach ein prophetisches,94 allerdings nicht im allgemeinen Sinne des Begriffs, sondern in dem speziellen Sinn der Gotteskknechtslieder einschließlich Jes 61,1–3.95 Lukas allerdings interpretiert die prophetische Tradition, aus welcher die Gottesknechtslieder erwachsen, unter einem ganz besonderen Blickwinkel. Die Besonderheit liegt darin, daß der Evangelist die in diesen Texten vollzogene Generralisierung des prophetischen Amtes96 in gewisser Weise wieder aufhebt und die universale Heilsverkündigung des Knechts neuerlich verankert im Verkündigungsa93 So, stellvertretend für viele andere, Just, Luke 1:1–9:50, 184–188. Vage bleibt auch die Darstellung der Zusammenhänge bei J. D. Kingsbury, Jesus as the „Prophetic Messiah“ in Luke’s Gospel, in: A. J. Malherbe – W. A. Meeks (Hg.), The Future of Christology. FS L. E. Keck, Minneapolis, Minnesota 1993, 29–42. 94 S. dazu o. S. 275–278, wo bereits festgestellt wurde, daß Lukas auch das Verkündigungsamt des Paulus im Rückbezug auf die Gottesknechtstradition als prophetisches Amt kennzeichnnet. S. auch die traditionsgeschichtliche Studie zum Thema von A. M. Schwemer, Prophet, Zeuge, Märtyrer. Zur Entstehung des Märtyrerbegriffs im frühesten Christentum, ZThK 96 (1999), 320–350. 95 Da das Prophetenbild des Lukas vor allem in der deuterojesajanischen Tradition einschließllich der Gottesknechtslieder gründet, ist im Hinblick auf das prophetische Amt Jesu der gängiggen Vorstellung zu wehren, Lukas verknüpfe sekundär die Tradition vom leidenden Gerechten bzw. vom Gottesknecht mit der deuteronomistischen Tradition vom Leiden der Propheten. Vgl. etwa Büchele, Tod, 76–80. Häufig findet sich auch die Meinung, Jesus selbst habe die genanntten Traditionen als zwei unterschiedliche Deutungskategorien für sein Wirken mit seiner Person und Sendung verknüpft; vgl. z. B. L. Ruppert, Jesus als der leidende Gerechte? Der Weg Jesu im Lichte eines alt- und zwischentestamentlichen Motivs, SBS 59, Stuttgart 1972, 75. S. auch Gubler, Deutungen, 203–205. 96 S. Hermisson, Gottesknechtslied, 23, der im Blick auf die prophetische Tradition auf die „Fülle von schwebenden, metaphorischen, traditionsgebundenen Aussagen“ verweist und feststellt, daß in die Darstellung des prophetischen Amtes in den deuterojesajanischen Gottesknechtsliedern „die Tradition vom Prophetenamt eingegangen sei“, d. h. die Gesamtheit der prophetischen Überlieferungen in einem überindividuellen, eschatologisch überhöhten Sinn.
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amt des Mose als des ersten Offenbarungsmittlers Israels. Man könnte angesichts der eschatologischen Universalisierung des prophetischen Amtes bei Deuterojessaja auch von einer neuen Individualisierung des Prophetenbildes durch Lukas sprechen. Denn während zumindest die deuterojesajanischen Lieder im textlichen Rückbezug unbestimmt bleiben und das prophetische Amt als solches in neuer Weise reflektieren und eschatologisch akzentuieren, fixiert Lukas das Gegenüber von Anfangs- und Endzeit auch personal und stellt den zur endzeitlichen Erlösung Israels gesandten Gottesknecht programmatisch Mose, dem Führer des Exodus, gegenüber. Dabei nimmt der Evangelist ausdrücklich auf die Stellen der Schrift Bezug, in welchen Mose als Prophet gekennzeichnet ist, nämlich Dtn 18,15.18 und Dtn 34,10–12. In Apg 3,22 f wird die Identität Jesu mit dem Propheten „wie“ Mose ausdrücklich festgestellt und das Wort Jesu als Erfüllung des uranfänglicchen, geschichtswirksamen Offenbarungswortes verstanden.97 Daß der genannte Abschnitt in dem durch die Verklärungsszene (Lk 9,28–36) vorgegebenen Sinne zu verstehen ist, in welcher der Gottessohn als Gottes Wort in Person offenbart wird, und d. h.: nicht als Mittler, sondern als Quelle aller Offenbarung,98 bedarf an dieser Stelle keiner weiteren Begründung. Das Mosewort Apg 3,22 f bestätigt auch, daß die heilsgeschichtliche Gegenüüberstellung der „Propheten“ Jesus und Mose durch Lukas auf der Grundlage der jesajanischen Gottesknechtslieder geschieht. Denn in Apg 3,25 nennt Petrus die Juden „Kinder der Propheten und des Bundes“ (οἱ υἱοὶ τῶν προφητῶν καὶ τῆς διαθήκης), eine begriffliche Parallelität, die ein personales Verständnis des Begriffs διαθήκη impliziert.99 Derjenige aber, der nach Jes 42,6 und Jes 49,6 LXX.8 als
97 Die Fortführung des Zitats aus Dtn 18,15 durch Lev 23,29b, wo der Ungehorsam gegen das göttliche Gebot mit der Strafe der Ausrottung aus dem Volk belegt wird, die sich im lukkanischen Kontext gegen die Taubheit gegenüber dem Offenbarungswort Jesu richtet, erhöht die Dringlichkeit der Aufforderung zum Hören und beschwört den Gedanken an das über das verstockte Israel verhängte Gericht. Die Gerichtsansage ist genuiner Teil der lukanischen Ver stockungskonzeption, wie sie o. S. 265–280 ausführlich dargestellt wurde, und bezieht sich auf den an Raum und Zeit gebundenen, d. h. geschichtlich existierenden Menschen, der im Zustand der Verstockung abgeschnitten ist und bleibt von der Gemeinschaft des Gottesvolkes mit Gott, und d. h. vom Leben überhaupt. 98 S. o. S. 222 f; dazu Mittmann-Richert, Erinnerung, 244–247. 99 Der Begriff „Bund“ in Parallelität zu „Propheten“ verursacht den meisten Kommentatoren Kopfzerbrechen. Die Deutung des Begriffspaares bleibt daher häufig vage und im Ergebnis unbbefriedigend. Jervell, Apostelgeschichte, 170, beispielsweise stellt fest, daß „der Bund ... im Kontext eher lose“ dastehe, was den Kommentator offensichtlich von der Pflicht der Inter pretation befreit. Pesch, Apostelgeschichte 1–12, 157 f, dagegen muß, da er den Begriff „Bund“ im Sinne der Israel gegebenen Verheißungen versteht, einen Bruch in der Bundesaussage des Lukas in Kauf nehmen, da die inhaltliche Explikation des Bundes als Abrahambund nicht Israel, sondern die Völker ins Zentrum der Bundesaussage rückt. Ähnlich R. C. Tannehill, The Narrative Unity of Luke-Acts. A Literary Interpretation, Volume 2: The Acts of the Apostles, Philadelphia 1990, 56 f.
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III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes
Person zum Bund für das Volk eingesetzt ist,100 ist der Gottesknecht, dessen propphetisches Amt hier gleichzeitig qualitativ von dem aller anderen Propheten untersschieden wird. Daß der Bund im selben Vers Apg 3,25 als Abrahambund gekennzzeichnet und inhaltlich qualifiziert wird durch die Heilsverheißung an alle Völker (πᾶσαι αἱ πατριαί), entspricht genau dem über Israels Grenzen hinausgehenden Sendungsauftrag des Knechts. Und ganz folgerichtig verweist Lukas gleich im Anschluß auf die Sendung Jesu als des Gottesknechts (ὁ θεὸς τὸν παῖδα αὐτοῦ ἀπέστειλεν: Apg 3,26; vgl. Apg 3,13 f), die im Rückbezug auf Apg 3,18 das Leidden des Christus heilsgeschichtlich transparent macht.101 Gleichzeitig erweist der hier von Lukas dargestellte, durch Jesu Gottesknechtschaft konstituierte theo logische Zusammenhang einmal mehr den inneren Zusammenhang des Christus titels mit dem Prophetentitel. Was nun die spezielle mosaische Akzentuierung des Prophetentitels durch Lukkas betrifft, so ist dieselbe traditionsgeschichtlich zwar nicht unmittelbar durch die deuterojesajanischen Gottesknechtslieder selbst veranlaßt, da hier die Bezüge in der Tat nur indirekt zu fassen sind, aber doch durch den deuterojesajanischen Konttext, in welchem das Exodusgeschehen eine besondere heilsgeschichtliche Rollle spielt. Ja, die Ankündigung eines neuen Exodus kann bei Deuterojesaja als die zentrale Befreiungsbotschaft für die im Exil lebenden Israeliten gelten. Und daß der in diesem Zusammenhang entscheidende Text Jes 52,1–12, der in leuchtenden Farben Israels Auszug aus Babel und die Rückkehr zum Zion in Aussicht stellt, im Kontext des Jesajabuches fortgeführt wird durch das vierte Gottesknechtslied102 und daher unmittelbar einmündet in die Ankündigung: „Siehe, mein Knecht wird Erfolg haben!“ (Jes 52,13) – dies konnte Lukas gar nicht anders verstehen, als daß 100
Dazu bereits ausführlich o. S. 125–132. Christologische Hoheitstitel, 386 f, der bei der Analyse von Apg 3,13– 26 ebenfalls auf die Verbindung der mosaischen Tradition mit der Gottesknechtsüberlieferung hinweist, die theologische Bedeutung dieses Hinweises aber dadurch schmälert, daß er die entssprechenden Passagen als „alten Stoff “ aus dem Kontext der Apostelgeschichte aussondert. Offensichtlich enthebt der gängige Hinweis auf das „Alter“ – und d. h. landläufig gesprochen: auf den christologisch noch primitiven Charakter – von Traditionen den Exegeten der Aufgabe, die christologischen und soteriologischen Konsequenzen des von ihm selbst dokumentierten Textbefundes zu bedenken. Hahns Argumentation wird, soweit sie die Apostelgeschichte bettrifft, allerdings verständlich, wenn man – in quellenkritischer Hinsicht – die Bindung des Autors an den damaligen forschungsgeschichtlichen Konsens in Betracht zieht, der erst in jüngerer Zeit seine bindende Kraft verliert. Vereinigt man aber synchron alle Textbeobachtungen, die Hahn innerhalb seines Gesamtwerkes zur lukanischen Verarbeitung des Gottesknechtsmotivs macht, dann gelangt man geradewegs zu der hier entwickelten These von der grundlegenden soteriologgischen Bedeutung der Gottesknechtstradition im Lukasevangelium. 102 Zur Redaktionsgeschichte s. O. H. Steck, Gottesvolk und Gottesknecht in Jes 40–66, in: Volk Gottes, Gemeinde und Gesellschaft, Jahrbuch für biblische Theologie 7, NeukirchenVluyn 1992, 51–75, im Rückbezug auf R. G. Kratz, Kyros im Deuterojesajabuch, Forschungen zum Alten Testament, Tübingen 1991. 101 Vgl. auch Hahn,
3. Die Messianität des Knechts und sein prophetisches Amt
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der Knecht zum heilsgeschichtlichen Vollender des Mose einst auferlegten Aufttrags berufen war. Er besteht nach Jes 52,7–10, dem Höhepunkt der jesajanischen Exodusverheißung, in der Verkündigung (εὐαγγελίζεσθαι: V. 7 [bis]) des universsalen Heils (σωτηρία: V. 7.10) und in der Vermittlung der alle Völker umgreifendden Heilserkenntnis (ὀφθαλμοὶ πρὸς ὀφθαλμοὺς ὄψονται: V. 8; ὄψονται ... τὴν σωτηρίαν: V. 10). Das vierte Gottesknechtslied war im gesamtjesajanischen Zusammenhang gleichsam das Siegel der Erfüllung der Exodusverheißung. Dabbei bekam die mit der Rückkehrverheißung verknüpfte Zusage Gottes, Israel werdde „ohne Geld“ erlöst werden (Jes 52,3), ihren Sinn durch die nach Jes 53,4–12 vom Gottesknecht für Israel stellvertretend geleistete Lebenshingabe. Daß danebben auch in der mosaischen Tradition Mose als „Knecht“ (Ex 14,31; Num 12,7 f; Dt 3,24; Jos 1,1.13.15; 8,31.33 u. ö.)103 bezeichnet wurde, verleiht der von Lukkas vollzogenen Gegenüberstellung zusätzliches Gewicht, zumal Mose der Traddition nach auch als Geistträger gelten konnte (Num 11,17)104. Der Bezug des Heilswerks des Christus auf Person und Auftrag des Mose wird im Lukasevangelium durch die deuterojesajanische Tradition konstituiert. Die Besonderheit dieses Bezuges liegt allerdings nicht, wie man vielleicht meinnen könnte, in der eschatologischen Funktion, die der Knecht als Vollender des mosaischen Verkündigungsauftrags und Mittler des göttlichen Heilsratschlusses hat. Die Besonderheit liegt in der ausschließlichen existentiellen Bindung des eschatologischen Geschehens an die Person des Knechts, und d. h. an sein Leidden.105 Im vierten Gottesknechtslied, das Lukas in der genannten Weise auf Mose bezieht, wird diese Einsicht in den heilsgeschichtlichen Sinn prophetischen Leiddens zum Dreh- und Angelpunkt der Neuinterpretation des prophetischen Amtes. Grundlegende Bedeutung gewinnt in diesem Prozeß der Traditionsumbildung die alles Bisherige außer Kraft setzende Erkenntnis, daß Tod und Leiden des Prophetten nicht das Zeichen dafür sind, daß der Mittler des göttlichen Wortes am Unwill103 Im Griechischen wechselt die Wiedergabe des Begriffs zwischen ὁ παῖς und ὁ θεράπων κυρίου. 104 Zu Josua, dem Nachfolger Moses, s. Num 27,18; Dtn 34,9. Vgl. R. Albertz – C. We stermann, Art. רוּח ַ rūah. Geist, THAT 2, 750. 105 Zu den im mosaischen Schrifttum angelegten, aber nicht systematisierten Leidenszügen im Bild des Mose s. Tiede, Prophecy, 40.42. Eine wichtige Rolle für die erzählerische Stilisierung des Leidens im Lukasevangelium spielt auch die Eliatradition, in welcher das persönliche Leiden des Propheten einen viel breiteren Raum einnimmt als in der mosaischen Tradition und ausgesstaltet wird zum Bild des durch Verwerfung und Verfolgung tödlich bedrohten Propheten. S. dazu auch u. S. 294 f. – In diesem Zusammenhang ist nochmals auf die grundsätzliche Bedeutung hinzzuweisen, welche die Eliatradition im Prozeß der prophetischen Überformung des Mosebildes hat, da erst durch die in 1. Kön 19 dokumentierte Sublimation der Sinaioffenbarung in das propphetische Wort und die damit einhergehende Übertragung des mosaischen Amtes der Offen barungsmittlerschaft auf die Propheten in der rückwärtsgewandten Betrachtung auch Mose als Prophet erscheinen und sich der Titel Prophet (Dtn 18,15.18; 34,10; vgl. Apg 3,22; 7,37) mit seiner Person verbinden konnte.
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III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes
len seines Volkes, auf ihn zu hören, scheitert, sondern daß, ganz im Gegenteil, sein Tod die Erlösungsverheißung zur Erfüllung bringt. So kann nach dem lukannischen Verständnis der Zusammenhänge der „Prophet wie Mose“ (Apg 3,22; 7,37) den Menschen nur darum aus der Gefangenschaft und Versklavung durch das Böse führen106 und Israel und die Völker auf immer erlösen, weil sein Tod den Menschen entsühnt. Wie hätte Lukas in diesem Zusammenhang Jes 61,1 f anders deuten können, denn als Selbstproklamation des Knechts, der sich anschickt, den Auftrag zu erfüllen, den Gott ihm als dem endzeitlichen Führer des Exodus aufeerlegt hat, d. h. als demjenigen, der bestimmt ist, Israel in die Freiheit zu führen (ἐν ἀφέσει: Lk 4,18 [bis])? An der Tatsache, daß Lukas Jes 61,1–3 auf Person und Amt des Mose bezog, ist auch schon deshalb nicht zu zweifeln, weil der tritojesajanische Text selbst – im Unterschied zu den deuterojesajanischen Gottesknechtsliedern – explizit auf die mosaische Tradition zurückgreift und daher die lukanische Interpretation der Zusammenhänge rechtfertigt. Die Ansage des Erlaßjahres (Jes 61,2) durch den Künder der Frohbotschaft in Jes 61,1 (εὐαγγελίζεσθαι; vgl. nochmals Jes 52,7) bedeutet, wenn auch im metaphorischen Sinne, die eschatologische Inkraftsetzzung des nach Lev 25,10 von Mose eingesetzten Instituts. Dieses gewinnt innerhhalb des lukanischen Doppelwerkes eine besondere theologische Bedeutung als Sabbatgeschehen, da die es begründende Potenzierung der Siebenzahl, die den Sabbat numerisch konstituiert (Lev 25,8–11), auf die Vollendung des Schöpfungsggeschehens weist und damit auf den „Todessabbat“ Jesu, den Sabbat seiner Todesrruhe107, der den Durchbruch vom Tod zum Leben markiert und das Siegel der eschatologischen Neuschöpfung ist. So klingt auch in der Rezitation dieser Zeile durch Jesus – wenn auch leise und nur im Gesamtklang des Evangeliums hörbbar – das Leidensthema an. Beim Vergleich von Jes 61,1–3 mit den deuterojesajanischen Texten, auf welcche sich die tritojesajanische Selbstproklamation in erster Linie bezieht, 108 ist allerdings festzuhalten, daß der historisch jüngere Text die dunkle Seite der Gotttesknechtsexistenz ausblendet und das Amt des Knechts auf seinen prophetischen Verkündigungsauftrag beschränkt: Sein Wort inauguriert das göttliche Heil. Der Knecht wird dabei existentiell nicht durch sein Leiden in das Heilsgeschehen einggebunden, sondern durch die göttliche Salbung seiner Person, welche die Reallisierung des Heils verbürgt. So ist er in Person der Garant der Erlösung Israels. Das hohe anthropologische Reflexionsniveau, das unter den Gottesknechtslieddern besonders Jes 53 auszeichnete, ist hier zweifellos verlassen, mehr noch: der Begründungszusammenhang des vierten Gottesknechtsliedes wird in Jes 61,1– 106 Zur typologischen Interpretation Ägyptens im Lukasevangelium s. o. S. 142 f mit Anm. 172 und 173. 107 Dazu ausführlich bereits o. S. 220 f. 108 Ausführlich zum Bezug von Jes 61,1–3 auf die deuterojesajanischen Lieder Kapitel III. 1.
3. Die Messianität des Knechts und sein prophetisches Amt
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3 genau umgedreht, und zwar im Rückgriff auf die königliche Tradition, die in Jes 53 mit der prophetischen verschmolzen ist. Denn während in Jes 52,13 die königliche Erhöhung des Knechts die Folge seiner Leidensexistenz ist und das durch seinen Stellvertretungstod in Kraft gesetzte Heil besiegelt, ist die Salbung des Knechts in Jes 61,1, die auf dem Hintergrund der vorerwähnten Stelle nicht anders denn als königlich-messianische Salbung gedeutet werden kann, die Voraaussetzung der Israel verheißenen Erlösung. Der gesalbte und mit Gottes Geist ausgestattete Knecht hat die Vollmacht, das Endgeschehen in Gang zu setzen und Israel zu restituieren. Lukas aber, der Jes 61,1–3 im Licht der Leidensaussagen der übrigen Gottesknechtslieder interpretiert, verleiht dem im Lied verheißenen Heilsgeschehen dadurch eine ganz neue soteriologische Tiefe, daß er in Lk 4,16– 30 die messianische Heilsankündiung Jesu nach Jes 61,1 f zum Grund der Verwerffung des Knechts macht und zum Ausgangspunkt seines Leidens. Der Tod Jesu setzt am Ende die „Exodus“– und Erlösungsverheißung in Kraft und bringt das tritojesajanische Wort zur Erfüllung. So wichtig Jes 61,1 f allerdings für das dem dritten Evangelium zugrunde lieggende Prophetenverständnis ist, so verbürgt dieser Text für Lukas doch gleichzzeitig auch die messianische Identität Jesu als des Knechts. Er trägt zu Recht den Titel „der Gesalbte“, ὁ χριστός, auch wenn die Bedeutung dieser Prädikation erst im Tod des Knechts erkennbar wird, weshalb erst der vom Tode Auferstandene den Menschen den Christustitel zum Nachsprechen und Nachdenken aufgibt (Lk 24,26.46). In Nazareth aber wird, obwohl mit dem Verb χρίω deutlich auf die messsianische Identität Jesu angespielt wird, der Titel ὁ χριστός bewußt nicht genannt. Ebenso wird auf den Gottessohntitel nur implizit verwiesen mit der unverständiggen Frage der Nazarener nach der Sohnschaft Jesu in Lk 4,22. Daß andererseits Lukas hier, wo doch programmatisch die Sendung und das Schicksal Jesu als des von Jesaja verheißenen Gottesknechts vor Augen gestellt werden, auch auf die Verwendung des Titels παῖς θεοῦ verzichtet und ihn, anders als in der Apostelgeschichte (Apg 3,13.26; 4,25.27.30), auch sonst an keiner Stelle im Evangelium nennt, hat eigene Gründe. Es gehört ja verheißungsgemäß (Jes 53,2 f) zur Sendung des Knechts – man könnte auch sagen: es ist ihr Geheimnnis –, daß der Knecht von den Menschen nicht erkannt und anerkannt wird und erst sein Tod die Augen öffnet für seine Person und für das Verständnis seiner Senddung. Daher kann im Munde von Menschen der Titel sachgemäß erst nach dem Tod des Knechts erklingen: bei der Verkündigung des durch ihn gewirkten Heils. Und in dieser Weise führt Lukas in der Apostelgeschichte die Prädikation Jesu als παῖς auch ein. Als Selbstprädikation Jesu aber fungiert auch bei Lukas traditionnell der Titel ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου.109 Ihn ersetzt Lukas schon aus historischen 109 Lk 5,24; 6,5.22; 7,34; 9,22.26.44.56.58; 11,30; 12,8.10.40; 17,22.24.26.30; 18,8.31; 19,10; 21,27.36; 22,22.48.69; 24,7; vgl. Apg 7,56.
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Gründen nicht durch den Gottesknechtstitel, sicherlich auch deshalb nicht, weil im deuterojesajanischen Kontext der Titel als Titel nur im Gewand der göttlichen Proklamation erscheint (Jes 42,1; 49,3; vgl. 49,5 f). Dies aber ist in der Evangellientradition sachgemäß der Platz des Gottessohntitels, der im Gegenüber von königlicher und prophetischer Tradition und im Hinblick auf die göttliche Wort offenbarung die transzendente Wesenseinheit von Gott und dem auf Erden sein Heil in Kraft setzenden Knecht festschreibt und dabei der alles prophetische Wirkken übersteigenden Erkenntnis Ausdruck verleiht, daß der Künder des Heils Gotttes Wort in Person ist. Der Prophetentitel aber, um dessen rechtes Verständnis im Gegenüber zum Christustitel es hier ging, ist für Lukas die Prädikation, welche geeignet war, die Leidensexistenz Jesu personbezogen ins Wort zu fassen. Ja, Lukas konnte mit Hilfe des Prophetentitels gerade diejenige Seite der Sendung des Messias und Gottessohnes zum Ausdruck bringen, die der Vorstellung vom messianischen König zunächst widerstreitet, aber dennoch unabdingbar zur Person des von Gott gesandten Erlösers gehört.110 Das aus den jesajanischen Schriften gewonnene Prophetenverständnis ist die Grundlage, von der aus alle weiteren von Lukas verarbeiteten alttestamentlichen Prophetenaussagen interpretiert werden müssen. Dies betrifft insbesondere die Aussagen zum gewaltsamen Geschick der Propheten (Lk 11,49–51; 13,33 f; vgl. Lk 4,24; Apg 7,52), deren traditionsgeschichtliche Wurzeln ganz woanders lieggen. Daß man das lukanische Prophetenverständnis bis heute beständig mißdeuttet, liegt daran, daß man diesen ursprünglich deuteronomistischen Traditionskkomplex111, welcher theologisch nicht auf die Erlösung Israels, sondern auf das Gericht an Israel zielt,112 zum Ausgangspunkt der Interpretation macht und nicht erkennt, daß Lukas den umgekehrten Weg eingeschlagen hat und die ihm überkkommene Tradition von der Verwerfung der Propheten durch ihr Volk in ein chrisstologisch und soteriologisch bereits überformtes Bild des „Propheten“ Jesus integgriert. Nur aufgrund dieser Verkehrung der Rangfolge der von Lukas adaptierten alttestamentlichen Prophetentraditionen konnte es ja in der Forschung überhaupt zur Vorstellung einer zunächst primitiven Christologie kommen, die nach allg110 Auf
den inneren Bezug, den bei Lukas das Prophetenmotiv zu Jesu Leiden und Sterben hat, verweist auch Büchele, Tod, 91–94, ja, er verknüpft den Titel sogar mit Jesu Gottes knechtsexistenz (op. cit., 93), allerdings nur unter der bekannten Prämisse, daß Lukas bei diesem Bezug „den Gedanken des stellvertretenden Sühneleidens“ aus der Tradition „elimminiert“ habe (op. cit., 90). Damit ist dem von Lukas mit dem Prophetentitel verknüpften Verwerfungsgeschehen sein heilsgeschichtlicher Sinn genommen. 111 Grundlegend bis heute O. H. Steck, Israel und das gewaltsame Geschick der Propheten. Untersuchungen zur Überlieferung des deuteronomistischen Geschichtsbildes im Alten Testa ment, Spätjudentum und Urchristentum, WMANT 23, Neukirchen-Vluyn 1967. 112 Op. cit., 79 f.
3. Die Messianität des Knechts und sein prophetisches Amt
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gemeiner Überzeugung ihren Niederschlag vor allem im lukanischen Doppelwwerk gefunden habe. Für die Beantwortung der Frage nach Leiden und Tod des Christus hätte das Urchristentum – so glaubt man – einen ersten Anknüpfungsppunkt in der Vorstellung von der Israels Geschichte prägenden Verwerfung der Propheten gefunden.113 Es ist aber äußerst unwahrscheinlich, daß die christologgische Entwicklung ihren Ausgangspunkt ausgerechnet bei einem Deutungsmusster nahm, welches jeder soteriologischen Sinndeutung des Kreuzes fundamental widerstreitet. Und ganz unmöglich ist der Gedanke, Lukas habe ein halbes Jahrhhundert später sich dieses Deutungsmusters bedient, um Jesu Kreuzesweg theologgisch zu erschließen. Das bedeutete nicht nur die theologische Sinnentleerung seinnes Evangeliums, das hieße auch, daß Lukas die jesajanische Prophetie, an deren grundsätzlicher Bedeutung für den Evangelisten niemand zweifelt, dem theologgischen Topos vom gewaltsamen Geschickt der Propheten Israels untergeordnet und damit die jesajanische Heilsbotschaft der Gerichtsansage unterworfen hätte. Daß ein solches Vorgehen gar nicht zum „Heilstheologen“ Lukas paßt, bedenkt man im Rahmen der an Lukas ausgerichteten Rekonstruktion der frühen christollogischen Entwicklung nicht.114 Die Fäden des Traditionsgeflechts, welches das lukanische Doppelwerk durchzzieht, verwirren sich vor dem Auge des Betrachters, solange man nicht erkennt, daß der Evangelist Jesu prophetisches Amt im Geheimnis der Gottesknechtsschaft Jesu begründet weiß, desgleichen Jesu messianisches Amt und damit seinnen Israel und die Völker umfassenden Herrschaftsauftrag. Bereits in der Kindhheitsgeschichte fixiert Lukas, wie noch zu zeigen ist,115 diesen Zusammenhang, indem er die Geburt des davidischen Königs und Sohnes Gottes als die Geburt des Knechts stilisiert. Es zeigt sich hier in aller Deutlichkeit die Komplexität des lukanischen Gesamtentwurfs, in welchem gerade nicht – wie immer wieder behauptet wird – die Traditionen unverbunden nebeneinander stehen, sondern in welchem alles vom Leidensgeheimnis der Person Jesu her konzipiert ist. Im Zentrum steht die Sendung des Gottesknechts in die sündige Welt. Diese erweist nach lukanischem Verständnis ihr sündiges Wesen darin, daß sie den Gesalbten (Lk 4,18) bereits zu Beginn seiner Sendung als Falschpropheten (Lk 4,29) töten will. Daß ihr dies dann auch gelingt und der Knecht am Kreuz den Tod erleidet (Lk 23,46 f), wandelt auf wunderbare Weise das Gericht in Gnade und befreit den 113 Vgl. Gubler,
Deutungen, 34–94. etwa Nebe, Prophetische Züge, 77, der sich op. cit., 209, aufgrund der nicht beddachten theologischen Konsequenzen, welche die oben vorgenommene traditionsgeschichtlliche Rekonstruktion zeitigt, gezwungen sieht, Lukas in soteriologischer Hinsicht „gewisse Schwächen“ zu unterstellen, die allerdings durch „die Stärken des Lukas“ [Kursive jeweils im Original] aufgewogen würden. Letztere bestünden im Vermögen des Evangelisten, „geschehenne Geschichte ... theologisch und exegetisch zu interpretieren“. 115 Kapitel IV. 1. 114 Vgl.
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III. Der Weg des Knechts im Zeichen des Kreuzes
Menschen zu einem Leben in Gemeinschaft mit dem zur Herrschaft im Gottesrreich inthronisierten Knecht. Der aber in der Höhe und doch auf Erden regiert, ist für Lukas derjenige, der von dort auch seinen Ausgang nahm: der Sproß aus der Höhe (Lk 1,78), der geistggezeugte Sohn Gottes (Lk 1,32.35), der von Mutterleib (Lk 1,31a) zum Leiden (Lk 2,34) und Herrschen (Lk 1,32 f) gleichzeitig berufene (Lk 1,31b) Knecht, dessen Tod den Menschen den transzendenten Raum Gottes öffnet, von dem aus er seinen Ausgang nahm und in welchem er auf immer in Herrlichkeit regiert (Lk 24,26).
IV. Die Geburt des Knechts Die Kindheitsgeschichten des Lukasevangeliums gehören zu den schönsten, gleich zeitig zu den theologisch am wenigsten gewürdigten Erzähltexten des Neuen Testa ments. Es scheint, als stünde die ideale Szenerie, der Goldgrund, auf den das Bild der Geburt Jesu gemalt ist, im Gegensatz zu allem, wovon Lukas ab Kapitel 3 seinnes Evangeliums berichtet, und als schlösse die ideale Stilisierung der Menschwwerdung Gottes das theologische Nachdenken über den Sinn der Sendung Jesu in den Tod aus. Das Bild des Friedens, bevor sich der Blick auf Verfolgung, Kreuz und Tod richtet – ein Paradox? Wenn ja, dann umgreift das Paradoxon auch die Zeugen der Geburt. Denn Lukas portraitiert in den Kindheitserzählungen gerade dasjennige Volk in so idealer Weise, das seinen Messias verwirft und dessen Schickssal unausweichlich vom göttlichen Verstockungswort Jes 6,9 f bestimmt zu sein scheint (Apg 28,26–28). Hier aber steht dieses Volk, die Arme offen (Lk 2,28), bereit, seinen Erlöser zu empfangen und mit ihm das von Gott verheißene Heil (Lk 2,26). Ja, das Geschehen erscheint als in so hohem Maße idealisiert, daß das Paradoxon schließlich doch zum theologischen Problem wird – jedoch nicht im Sinne der Frage, wie Lukas den Gegensatz zwischen der vom göttlichen Licht überstrahlten Geburt des Messias und seinem dunklen Ende am Kreuz (Lk 23,44 f) gedanklich auflöst und theologisch bewältigt, sondern als Grundsatzfrage der lukanischen Soteriologie. Das Anfangsbild des Evangeliums bestätigt vermeintllich, was man schon längst wußte: daß Lukas über das Kreuz hinwegsieht und die Hoheit und Herrlichkeit Jesu zum alleinigen Inhalt der christlichen Heilsbotsschaft macht. Der „Heilstheologe“ Lukas präsentiert – dies ist die vorherrschende Überzeugung – gleich zu Anfang das Bild, um das es ihm eigentlich geht: das Bild des Königs und Gottessohnes, dem sich, aus eigenem Antrieb und Vermögen, der Mensch zuwendet, um von ihm das Heil zu empfangen. Gleichzeitig diene die Kindheitsgeschichte der heilsgeschichtlichen Fixierung des Christusereignisses und seiner erzählerischen Umwandlung zur „Geschichte Jesu“.
R. E. Brown, The Birth of the Messiah. A Commentary on the Infancy Narratives in Matthew and Luke, Garden City, New York, 1977, 243, spricht in diesem Zusammenhang von einer Parallelität der Atmosphäre in den Kindheitserzählungen auf der einen, in der urchristlicchen Kirche nach Apg 1–2 auf der anderen Seite. Vgl. Kümmel, Einleitung, 109.
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IV. Die Geburt des Knechts
So wird, bei aller Anerkennung, die man Lukas als Literaten zollt, die Schönhheit des Bildes zum Ausdruck eines theologischen Unvermögens und der Friede, den es vermittelt, zum Trugbild für den Menschen, der, statt unter dem Kreuz zu stehen, an der Krippe sitzt und das Kind betrachtet. Die Geburts- und Kindheitserzzählungen selbst aber verwandeln sich im Zuge dieser ihrer theologischen Bewerttung, eigentlich Abwertung, unversehens in „Legenden“, denen von Haus aus der Charakter mangelnden theologischen Ernstes anhaftet. Und auch die in ihnen ganz ausgeprägte Verarbeitung der alttestamentlichen Tradition erfährt Beachtung nur in dem durch das herrschende theologische Urteil vorgegebenen Rahmen. Es ändert sich aber nicht nur das Bild, sondern auch seine Botschaft, wenn man in der Krippe den Knecht liegen sieht, dessen Sendung ihr Ziel in seinem Tod findet, ja, wenn man erkennt, daß Lukas von der Geburt Jesu überhaupt nur deshalb so ausführlich handelt, weil sich in ihr erfüllt, was in den prophetischen Schriften von der Geburt des Knechts verheißen war, und d. h.: weil sich in diessem Ereignis der Wille Gottes erfüllt, dessen eschatologisches Offenbarwerden Lukas mit der Sendung des Knechts in die sündige Welt verbindet.
1. Die Berufung des Knechts von Mutterleibe an Die Ausbildung der lukanischen Kindheitsgeschichte geschieht auf der Grundllage einer dreifachen Traditionsverschmelzung: der Verknüpfung der deuterojessajanischen Gottesknechtsüberlieferung mit der protojesajanischen Ankündigung des Heilskönigs aus dem Hause Davids und der Verbindung beider Traditionssstränge mit der Verheißung des davidischen „Sprosses“ und „Knechts“ nach Sach 3,8. Der letztgenannte Text, der das eschatologische Nebeneinander von Hohem priester und davidischem König thematisiert, dient gleichzeitig der Integration des aus priesterlichem Geschlecht stammenden Täufers ins heilsgeschichtliche Gesamtbild. Als Ausgangspunkt dieser umfassenden Traditionsverknüpfung kann das zweitte Gottesknechtslied Jes 49,1–6 gelten. Es bildet zusammen mit Jes 50,4–9 gleichs
S. Brown, Birth, 25; Bovon, Lukas 1, 47. Vgl. auch Fitzmyer, Luke I–IX, 305 f. Das vorliegende Kapitel gründet in vielen Bereichen auf Erkenntnissen der Verfasserin, die aus der Analyse des Magnifikat und Benediktus erwachsen und in der Monographie gleichen Titels (Magnifikat und Benediktus. Die ältesten Zeugnisse der judenchristlichen Tradition von der Geburt des Messias, WUNT 2. Reihe 90, Tübingen 1996) ausführlich dokumentiert sind. Um Doppelungen zu vermeiden, wird im vorliegenden Zusammenhang mit der Analyse der Gottesknechtssymbolik nur das theologische Grundmotiv der lukanischen Kindheitsgeschichte herausgearbeitet und bei darüber hinausgehenden Fragen auf das genannte Werk verwiesen. Andererseits kann die in Kapitel IV.2 gebotene Analyse des Nunc Dimittis, das eine andere Entstehungsgeschichte hat als die Hymnen in Lk 1, als Ergänzung zum genannten Werk versstanden werden. S. op. cit., 235–238.
1. Die Berufung des Knechts von Mutterleibe an
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sam das persönliche Zentrum der Lieder, in welchem der Knecht selbst das Wort erhebt und sein individuelles Leiden als die Konsequenz seines Verkündigungsaufttrages herausstellt, während Jes 42,1–4 und Jes 52,13–53,12 als Gottesproklamattion gestaltet sind und der Legitimation und Rehabilitation des Knechts und seiner von Anbeginn zum Scheitern verurteilten Verkündigung dienen. Auf die Legitimmation seines Verkündigungsauftrages verweist im zweiten Gottesknechtslied der Knecht zunächst auch selbst (V. 1–3), bevor er dem individuellen Empfinden des Zweifels und der Verzweiflung Raum gibt (V. 4). Dabei blickt er über das punkttuelle Geschehen der Präsentation seiner Person vor der Völkerwelt und der Einssetzung in das Amt der Verkündigung gemäß Jes 42,1–4 hinaus und zurück auf den Beginn seines Lebens, das als ein von Geburt an durch Gott beschlagnahmttes Leben erscheint (Jes 49,1.5): 1
Jahwe hat mich berufen von Mutterleibe an, hat, als ich im Schoß meiner Mutter war, meinen Namen genannt (vgl. Jer 1,5). ... 5 Jetzt
aber hat Jahwe gesprochen, der mich von Mutterleibe an sich zum Knecht bereitet hat, um Jakob zu ihm zurückzuführen und daß Israel zu ihm gesammelt werde.
Das von Lukas aufgenommene und erzählerisch so reich ausgestaltete Motiv der vorgeburtlichen Berufung und Einsetzung des Heilskünders und Heilsvollenders in sein Amt hat in diesem Text seine Wurzeln. Und die erzählerische Darstellung der Berufung und Benennung des Knechts als Verheißung an die Mutter (Lk 1,26– 38) ist als Bemühen des Evangelisten zu würdigen, Jesu Weg in die Welt und in der Welt von Anfang an als Sendung des Knechts darzustellen, und dies genau so, wie in der Schrift vorgezeichnet: als ein die gesamte Existenz des Knechts umfassendes Geschehen, dessen der irdischen Geburt vorausliegender Ursprung Gott selber ist. Die erzählerische Konkretion ergab sich von selbst, da die Aussagen über den Geistbesitz des Gottesknechts in Jes 42,1 und Jes 61,1 die Vorlage lieferten für die Verknüpfung der Gottesknechtstradition mit den protojesajanischen Ankündiggungen der Geburt des messianischen Kindes (Jes 7,14; 9,1–6; 11,1–10). Denn im Zusammenhang der Jesajaschriften insgesamt und auf dem Hintergrund des Christusereignisses mußte Lukas die Gottesproklamation: „Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt“ (Jes 42,1), und die Selbstproklamation des Knechts: „Der Geist Mit H. Wildberger, Jesaja 1–12, BK.AT 10/1, 2. Aufl., Neukirchen-Vluyn 1980, 439, wird hier der sekundäre V. 10 zur Texteinheit Jes 11,1–9 hinzugenommen, da er den voranstehhenden Text ergänzt und nicht zum Nachfolgenden zu rechnen ist. Dies entspricht dem urchristllichen Verständnis der Zusammenhänge.
300
IV. Die Geburt des Knechts
des Herrn ist auf mir“ (Jes 61,1), unmittelbar zurückführen auf Jes 11,1–10, wo der davidische Heilskönig ausdrücklich als derjenige gekennzeichnet ist, auf dem „der Geist des Herrn“ ruht (Jes 11,2). Die Identifikation des hier verheißenen eschatologischen Herrschers mit dem Gottesknecht förderte auch das Eingangsbild der jesajanischen Verheißung (Jes 11,1), in welchem der davidische Sproß als „Reis aus dem Stamm Isais“ (חטֶ ר ִמגֵּז‐ע יִ שָׁ י ֹ ; griech. ῥάβδος ἐκ τῆς ῥίζης Ιεσσαι) und „Zweig aus seiner Wurzzel“ ( ;נֵצֶ ר ִמשָּׁ ָרשָׁ יוgriech. ἄνθος ἐκ τῆς ῥίζης) bezeichnet wird. In dem redaktionnell zugesetzten Vers Jes 11,10 wird das Bild vom Anfang nochmals aufgenommֹ , griech. ῥίζα, men, allerdings in sprachlicher Verknappung, da der Begriff שׁ ֶרשׁ hier nicht das Geschlecht Isais bezeichnet, sondern metonymisch den aus ihm entstammenden Herrscher. Der Begriff wird in gleicher Weise auch in Jes 53,2 als Bild des aus der Wurzel über der Erde emporwachsenden Triebes verwenddet. Die Deckungsgleichheit der Motive und Begriffe war für Lukas das Zeicchen, daß in Jes 11,1.10 und Jes 53,2 von ein und derselben Person die Rede ist, auch wenn das protojesajanische Bild im vierten Gottesknechtslied in seiner Verkkehrung erscheint: das Reis als Symbol nicht des aufkeimenden Lebens, sondern des Todes, das Symbol der Leidensexistenz des Knechts, da dem Wurzelstock der satte Boden fehlt, der den Zweig nährt und sprossen läßt (Jes 53,2): Er wuchs auf wie ein Reis für sich allein, wie ein Wurzelsproß aus dürrem Land.
Daß gleichwohl im vierten Gottesknechtslied die aus Tod und Leiden resultierende königliche Erhöhung des Knechts geweissagt wird (Jes 52,13), sanktioniert die Identifikation seiner Person mit der des Sprosses aus davidischem Geschlecht. Interessanterweise wird in der LXX-Fassung des vierten Gottesknechtslieddes dieser aus dürrer Erde hervorsprossende Schößling mit einem Kind verglicchen, entsprechend der eigentlichen Bedeutung des hebräischen Begriffs יוֹנֵק: ὡς παιδίον, ὡς ῥίζα ἐν γῇ διψώσῃ (Jes 53,2 LXX). Ob dies in direkter Aufnahme der protojesajanischen Ankündigung des kommenden Friedenskönigs nach Jes 9,5 (παιδίον ἐγεννήθη ἡμῖν) formuliert ist und ganz betont die Identität der beidden Heilsgestalten andeuten soll, ist nicht sicher zu entscheiden. Man wird es aber schon deshalb für wahrscheinlich halten müssen, weil, wie bereits ausführl Diesen Schluß erlaubt nicht nur die Parallelität der Bilder in Jes 11,1 und Jes 11,10, sondern auch das Satzprädikat עֹ מֵ ד, das nur Sinn erhält als Aussage über den oberhalb der Erde sichtbbar aufragenden Wurzeltrieb. Zum metonymischen Gebrauch von שׁ ֶרשׁ ֹ s. J. Renz, Art. שׁ ֶרשׁ ֹ šoræš, ThWAT 8, Stuttgart – Berlin – Köln 1995, Sp. 492 f. So auch Janowski, Stellvertretung, 71; gegen Hermisson, Gottesknechtslied, 6, der an der ursprünglichen Wortbedeutung von שׁ ֶרשׁ ֹ festhält, auf Kosten der syntaktischen Struktur: „ ... wie (aus) eine(r) Wurzel aus dürrem Land“. S. dagegen nochmals Renz, op. cit., Sp. 487. Zur Übersetzungsproblematik s. Hermisson, op. cit., 6 f mit Anm. 16.
1. Die Berufung des Knechts von Mutterleibe an
301
lich gezeigt,10 auch das Erkenntnismotiv aus dem protojesajanischen Geburtszykklus in den griechischen Text des vierten Gottesknechtsliedes eingetragen ist, in diesem Fall aus Jes 11,2 (vgl. auch Jes 11,9). Ja, man kann die entsprechenden Zeilen aus Jes 53 LXX als Überhöhung des in Jes 11,1–10 thematisierten Sachvverhalts verstehen. Denn während der eschatologische Davidide in Jes 11,2 als Träger des Geistes der Weisheit und Erkenntnis dargestellt (πνεῦμα σοφίας καὶ συνέσεως) und damit in seiner Vollmacht Gott gleichgestellt wird (ἀναπαύσεται ἐπ’ αὐτὸν πνεῦμα τοῦ θεοῦ), erscheint in Jes 53 LXX die göttliche σύνεσις als Wesensanteil und damit als Wesensmerkmal des Knechts. Mehr noch, sie ist das Kennzeichen seiner ihm durch den Tod hindurch verliehenen neuen geschöpflicchen Existenz (Jes 53,10 f): καὶ βούλεται κύριος ... δεῖξαι αὐτῷ φῶς καὶ πλάσαι τῇ συνέσει.
Durch die als Schöpfungsakt gekennzeichnte „Formung“ des Knechts vermitttels der Erkenntnis, d. h. durch ein transzendent-geistiges, von den Bedingungen irdischer Existenz losgelöstes, neuerliches Ins-Leben-Rufen des für die Sünden seines Volkes gestorbenen Knechts, kommt dieser auf die Seite Gottes zu stehen und ist Anteilseigner des göttlichen Lebens – im Gegensatz zum Menschen, der seinem Wesen nach ein Staubgebilde ist (Gen 2,7 LXX): καὶ ἔπλασεν ὁ θεὸς τὸν ἄνθρωπον χοῦν ἀπὸ τῆς γῆς.
Diese begriffliche Anspielung auf das Schöpfungshandeln Gottes im Kontext der Verheißung der durch den Knecht gewirkten Sündenvergebung (Jes 53,11 LXX) zielt theologisch auf die eschatologische Neuschöpfung. Man kann sie, auch wenn im vierten Gottesknechtslied das Motiv eingebettet ist in die Leidensgeschichte des Knechts, als thematischen Anklang an Jes 11,6–9 verstehen, wo der Friede der neuen Schöpfung in einzigartiger sprachlicher Schönheit ins Bild gesetzt ist. Aber selbst wenn die griechische Übersetzung von Jes 53 diese Adaption von Jes 11,1–10 nicht bewußt vollzogen hätte, so hat doch Lukas den thematischen Zusammenhang der Texte erkannt. Der Evangelist gewinnt aus dem Schöpfungsbbild der Formung des Knechts τῇ συνέσει (Jes 53,11 LXX), die er im Blick auf Jes 11,2 (πνεῦμα συνέσεως) und Jes 42,1 mit Gottes Geist identifiziert, die Erkenntnnis, daß Jesu menschliches Leben einem göttlichen, transzendenten Schöpfungsaakt entspringt, nämlich der göttlichen Zeugung durch den Geist (Lk 1,35; vgl. auch Ps 2,7): πνεῦμα ἅγιον ἐπελεύσεται ἐπὶ σὲ καὶ δύναμις ὑψίστου ἐπισκιάσει σοι· διὸ τὸ γεννώμενον ἅγιον κληθήσεται υἱὸς θεοῦ. 10
S. o. S. 236.
302
IV. Die Geburt des Knechts
Das dem Knecht nach Jes 53,11 LXX neu geschenkte Leben als das eines Mensschen, der nicht mehr aus der „Todessubstanz“ des Staubes (Gen 2,7) geformt ist (πλάσσειν), sondern aus der „Geistsubstanz“ der göttlichen Erkenntnis, konnte von Lukas auch deshalb auf die gesamte irdische Existenz des Knechts rückbezzogen werden, weil in Jes 49,5 LXX die Formung des Knechts im Mutterleib mit ebendemselben Verb πλάσσειν als Schöpfungsakt charakterisiert wird: κύριος ὁ πλάσας με ἐκ κοιλίας δοῦλον ἑαυτῷ.
Und es gehört mit in dieses Gesamtbild, daß in Lk 2,47 die σύνεσις des zwölfjjährigen Jesusknaben als das Zeichen seiner wesenhaften Zugehörigkeit zu Gott genannt wird und er aufgrund dieser σύνεσις als Sohn des himmlischen Vaters (Lk 2,49) erscheint. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, daß Lukas die Selbstaussage des Gottesknechts in Jes 49,5 LXX, Gott habe ihn bereits im Mutterleibe sich zum Knecht erschaffen, im Kontext von Jes 53,11 LXX (πλάσαι τῇ συνέσει) als Hinwweis auf das göttliche Wesen des Knechts interpretierte und die Stellen, die den Geistbesitz des Knechts bezeugten (Jes 42,1; 61,1), in dieses Bild integrierte. Daß von diesem vorgeburtlichen Bild aus die jesajanischen Texte in den Blick kommen mußten, die von der Empfängnis (Jes 7,14) und Geburt (Jes 9,5) des messianischen Kindes und Trägers des göttlichen Geistes (Jes 11,1 f) handelten, liegt auf der Hand. Für die Interpretation dieser Texte durch Lukas kann dabei als unstrittig vorausgesetzt werden, daß das Urchristentum von jeher auch in Jes 11,1–10 eine Geburtsverkündigung erkannte.11 Das „Hervorbrechen“ des Sprossses aus dem Hause Davids nach Jes 11,1 war im Gesamtzusammenhang von Jes 1–12 das Ereignis der Geburt des messianischen Kindes (Jes 9,5). Lukas aber identifizierte, wie eben gezeigt, den jesajanischen Wurzelspross von Jes 11,1.10 mit dem aus dürrem Erdreich aufsprossenden Reis von Jes 53,2 und sah zugleich im Hervorsprossen dieses Reises von Jes 53,2 den Vorgang der Geburt des von Gott zum Leiden berufenen Knechts nach Jes 49,1.5. Daher bediente er sich in der Ankündigung der Geburt des messianischen Kindes der durch Jes 9,1–6 vorggegebenen davidischen Nomenklatur (Lk 1,31–33): 31 καὶ
ἰδοὺ συλλήμψῃ ἐν γαστρὶ καὶ τέξῃ υἱὸν καὶ καλέσεις τὸ ὄνομα αὐτοῦ Ἰησοῦν. 32 οὗτος ἔσται μέγας καὶ υἱὸς ὑψίστου κληθήσεται καὶ δώσει αὐτῷ κύριος ὁ θεὸς τὸν θρόνον Δαυὶδ τοῦ πατρὸς αὐτοῦ. 33 καὶ βασιλεύσει ἐπὶ τὸν οἶκον Ἰακὼβ εἰς τοὺς αἰῶνας καὶ τῆς βασιλείας αὐτοῦ οὐκ ἔσται τέλος.
11 Zum urchristlichen Verständnis der genannten Texte grundsätzlich Mittmann-Richert, Magnifikat, 144–147.
1. Die Berufung des Knechts von Mutterleibe an
303
Das Bild des davidischen Königs aber entwirft Lukas in dem Bewußtsein, daß der hier so strahlend angekündigte Herrscher der zum Leiden berufene Gotteskknecht ist, dessen δόξα erst in seinem Tod erkennbar wird (vgl. Lk 24,26) und desssen Herrschaftsantritt auf Erden mit der Todesstunde zusammenfällt (Lk 23,44– 4612). Und Lukas hebt diesen Zusammenhang von Tod und Königtum des Knechts noch dadurch hervor, daß er unter dem Kreuz des „Königs der Juden“ (Lk 23,37) den römischen Hauptmann Jesus als den Gerechten (δίκαιος) bekennen läßt (Lk 23,47), eine Titulierung, die auf Jesu Gottesknechtschaft nach Jes 53,11 zielt,13 die aber auch auf die jesajanischen Geburtsankündigungen zurückweist, in denen gerade dies als Kennzeichen des davidischen Heilskönigs benannt wird, daß er in Gerechtigkeit herrscht und das göttliche Recht auf Erden aufrichtet (Jes 9,6; 11,4 f; vgl. Jes 42,1.4 f; 50,8). Die Brücke von den jesajanischen Gottesknechtsttexten zu den jesajanischen Geburtsankündigungen aber schafft in diesem Zusammmenhang Jes 42,6 LXX, wo die Berufung des Knechts als Akt der göttlichen δικαιοσύνη erscheint: ἐγὼ κύριος ὁ θεός ἐκάλεσά σε ἐν δικαιοσύνῃ.
Daß schließlich bei Lukas die von Gott selbst vollzogene Benennung des zukünfttigen Herrschers auf dem Throne Davids (Lk 1,31) in Zusammenhang mit dem zweiten Gottesknechtslied steht, wo die Berufung des Knechts von Mutterleibe an sich in der Namengebung manifestiert (Jes 49,1 LXX: ἐκ κοιλίας μητρός μου ἐκάλεσεν τὸ ὄνομά μου), kann angesichts der nun vielfach nachgewiesenen Verbbindungen zwischen den Texten in Lk 1 und den deuterojesajanischen Gotteskknechtsliedern nicht zweifelhaft sein. In welchem Umfang Lukas bei der Darstellung der Geburtsereignisse auf Quellen zurückgreift, kann in diesem Zusammenhang unberücksichtigt bleiben. Die Lage ist ähnlich kompliziert wie in der Passionsgeschichte,14 und die Isolierrung einzelner Überlieferungsstücke bleibt notgedrungen spekulativ.15 Die Lage ist auch deshalb so schwierig, weil selbst Texte, deren Quellencharakter unstritttig ist, die gleiche Prägung aufweisen wie der Kontext, in welchen sie redaktionnell eingebettet sind. Dies gilt zum Beispiel für die ersten beiden Hymnen, das Magnifikat (Lk 1,48–55) und das Benediktus (Lk 1,68–79), in denen der protojessajanische Geburtszyklus in Beziehung zur Geburt Jesu gesetzt ist und den Hint12 Zu der mit der Todesstunde Jesu zeitlich zusammenfallenden Aufrichtung der βασιλεία τοῦ θεοῦ auf Erden s. o. S. 105 f. 148 f. 13 S. o. S. 93–95. 14 S. Kapitel I. 4. 15 S. Brown, Birth, 244–250. S. auch Mittmann-Richert, Magnifikat, 224–238 mit Anm. 17 zur Frage nach Quellen aus Täuferkreisen, die Lukas in Lk 1 angeblich verarbeitet haben soll.
304
IV. Die Geburt des Knechts
tergrund abgibt für den Versuch, das irdische Zur-Welt-Kommen des Erlösers heilsgeschichtlich zu verstehen.16 Daß aufs Ganze gesehen jedoch Lukas selbst für die spezifische erzählerische Ausgestaltung und das planvolle Arrangement der Stoffe verantwortlich zeichnet,17 zeigt die theologisch einheitliche Gesamtkkonzeption seines Doppelwerkes, in welchem er die Erfüllung der jesajanischen Gottesknechtsverheißung auf jeder Ebene des Lebens und Wirkens Jesu zur Darsstellung bringt. Dabei bietet dem Evangelisten die irdische Geburt des von Gott zur Erlösung Israels gesandten Knechts den Anlaß, die Gottesknechtsexistenz Jesu im Zusammenhang der davidisch-messianischen Traditionen zu reflektieren und Jesu göttliches Wesen als das durch Jesaja offenbar gemachte Geheimnis des Gottesknechts und seiner Sendung in die Welt herauszustellen. Daß der Knecht seinem Wesen nach seinen Ursprung in Gott selber hat, zeigt schließlich im Benediktus auch der Hinweis auf den „Sproß aus der Höhe“ nach Sach 3,8,18 einer Stelle, die – einzigartig – den Ausdruck „Sproß“ mit der Knechtstitulatur verbindet: MT:
י־הנְ נִ י מֵ ִביא אֶ ת־עַ ְב ִדּי צֶ מַ ח ִ ִכּ
LXX:
διότι ἰδοὺ ἐγὼ ἄγω τὸν δοῦλόν μου Ἀνατολήν.
Auch wenn offenbleiben muß, ob bereits im ursprünglichen Text des Benediktus, das Lukas als selbständiges Überlieferungsstück vorlag,19 die Ankündigung des messianischen Sprosses aus dem Hause Davids als Anspielung auf seine Identität mit dem Knecht im jesajanischen Sinne gemeint war – Lukas selbst hat sie sicherllich so verstanden. Der Hinweis auf Sach 3,8 in Lk 1,78 war für Lukas der Schlüsssel zur Auslegung des Benediktus und manifestierte die theologische Bedeutung des Liedes.20 Hier fand Lukas die Identifikation des endzeitlichen davidischen Herrschers (vgl. Sach 6,12; Jer 23,5 f) mit dem Gottesknecht vollzogen und die Sendung des Knechts als das Ereignis der universalen Sündenbefreiung angekünddigt, welches die Zeitenwende markiert (Sach 3,9). Schließlich kann an der von Lukas vollzogenen Identifizierung des von Sacharja angekündigten Sprosses mit dem Gottesknecht auch deshalb nicht gezweifelt werdden, weil mit der Anspielung auf die Sendung des Sprosses zu den im Finstern
16
S. Mittmann-Richert, op. cit., 8–33.144–153. So auch Fitzmyer, Luke I–IX, 309. 18 Ausführlich zur Frage des Verständnisses von Lk 1,78 Mittmann-Richert, Magnifikat, 120–127. Die Überzeugung, daß der lukanische Text auf dem Hintergrund von Sach 3,8 zu versstehen sei, setzt sich in der gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskussion immer mehr durch. S. z. B. Eckey, Lukas 1, 127 f. 19 Mittmann-Richert, op. cit., 35–49. 20 S. dazu nochmals o. S. 298 mit Anm. 5. 17
2. Das Licht für die Völker (Lk 2,25–35)
305
sitzenden Menschen in Lk 1,79 ein Motiv aufgenommen ist, das sich im jesajanisschen Kontext mit der Sendung des Gottesknechts verbindet (Jes 42,7): Lk 1,79:
... ἐπιφᾶναι τοῖ¦ ἐν σκότει καὶ σκιᾷ θανάτου καθημένοι¦.
Jes 42,7:
... ἐξαγαγεῖν ... ἐξ οἴκου φυλακῆς καθημένους ἐν σκότει.
Die Geburtserzählung des Lukasevangeliums, aus deren reichem Traditionsgefflecht hier nur das Material herausgegriffen wurde, welches den Knotenpunkt aller theologischen Fäden bildet, ist folglich alles andere als ein erbauliches Erzählsstück. Sie ist vielmehr das Ergebnis einer hochtheologischen Reflexion. Es geht Lukas bei der Darstellung der Geburt Jesu um das göttliche Wesen des Gotteskknechts und seine Identität mit dem zur Herrschaft auf dem Throne Davids beruffenen Gottessohn, und es geht ihm um die Verankerung des Geheimnisses der Exisstenz Jesu im Zeugnis der Schrift. Daß dieses Geheimnis die Verwerfung und den Tod des zur Herrschaft in Herrlichkeit berufenen Knechts umschließt, läßt Lukas den greisen Simeon verkünden, dessen Zeugnis so schwer wiegt, weil er selbst die Arme um das zum Leiden geborene Kind breitet (Lk 2,28).
2. Das Licht für die Völker (Lk 2,25–35) Die Erzählung von der Begegnung des greisen Simeon und des Jesuskindes im Jerusalemer Tempel ist von Lukas kunstvoll gestaltet und sorgfältig disponiert. Sie ist als ideale Szene entworfen und vereint in sich eine Vielzahl von Motiven, die den Fortlauf der Handlung bis zum Ende in Apg 28,25–28 bestimmen. Ihr großßes Thema ist der Anbruch des Heils in Israel, für dessen sprachliche Erfassung es nicht genug Begriffe zu geben scheint (σωτήριον, φῶς, δόξα: V. 31 f). Perspektivvisch ist das Heilsgeschehen in doppelter Weise behandelt: zum einen im Hinblick auf Gott als den Spender des Heils, zum anderen im Hinblick auf den Menschen als den Empfänger des Heils. Der letztgenannte Themenbereich ist der einzige, innerhalb dessen ein semantischer Umbruch stattfindet und dem positiven Aspekt des Heilsgeschehens ein negativer entgegengestellt wird: der menschliche Widersstand gegen den Heilsbringer (σημεῖον ἀντιλεγόμενον: V. 34). Die Konsequenz dieses Widerstandes wird als Seelenqual der Mutter Jesu dargestellt (V. 35), die implizit auf das Ende des Weges des Christus (V. 26) weist: das Kreuz. So läßt die Erzählung bereits auf der semantischen Ebene die Heilsparadoxie des Kreuzzes aufscheinen. Sie umgreift das Ganze des Weges Jesu als ein Heilsgeschehen, das die Heiden, da Israel im Widerspruch befangen bleibt, mitumgreift (V. 32) und das erst in dieser Brechung zur Erlösung Israels wird. Die kompositionelle Besonderheit der Perikope liegt in der Öffnung der indivviduellen Situation für die Universalität des Heils. Diese Öffnung vollzieht sich im Ortswechsel des Jesuskindes vom Arm der Mutter auf den Arm Simeons –
306
IV. Die Geburt des Knechts
ein Bild, wie es schöner nicht sein kann, da es treffender, als Worte es vermöggen, ins Gedächtnis ruft, daß zum Empfang der durch den Christus Gottes (V. 26) gewirkten Erlösung nicht mehr vonnöten ist, als daß der Mensch die Arme ausbbreitet und sich das Heil schenken läßt. Daß dies nicht allen Menschen möglich ist, und zwar aufgrund des Todesgeheimnisses, das den Gottesknecht umgibt, ist bei allem Glanz, welcher die Szene überstrahlt, der Schatten, der über dem Kind in Simeons Armen liegt. V. 25–26
I
Simeon als Paradigma des gottesfürchtigen Israel
V. 25 1. Israel in Erwartung seines Trostes V. 26 2. Individuelle Weissagung des Geistes an Simeon: Das Sichtbarwerden des Messias V. 27–32
II
Simeons Begegnung mit dem Messias
V. 27 f
V. 29–32
V. 33–35
III
1. Ortswechsel des Jesuskindes vom Arm der Mutter auf Simeons Arm 2. Nunc Dimittis: Das durch die Sendung des Knechts für Israel und die Völker ins Werk gesetzte Heil
Der Messias vor den Augen Israels V. 33–34a 1. Das Staunen der Eltern V. 34b–35 2. Universelle Weissagung Simeons: Die menschliche Ambivalenz der Messiaserkenntnis und ihre Folgen
Das Nunc Dimittis ist gleichsam das Herz der Erzählung; es ist ihre Mitte, von der allein aus sich nicht nur das Geschehen im Jerusalemer Tempel, sondern die gesamte Heilsgeschichte erschließt. Es nimmt im Kreis der lukanischen Hymnen eine Sonderstellung ein, weil die Tradition, auf die es sich wörtlich bezieht, nicht, wie beim Magnifikat (Lk 1,46–55) und Benediktus (Lk 1,68–79), die protojesajjanischen Geburtsverheißungen sind,21 sondern die Gottesknechtstexte Deuterojjesajas.22 Jes 42,1–6 und Jes 49,1–8 bilden die direkte Vorlage für die Weissag21
S. nochmals o. S. 302 mit Anm. 11. Die im Folgenden genannten Texte werden in nahezu allen Arbeiten zum Nunc Di mittis präsentiert, allerdings theologisch nie anders ausgewertet als im Sinne allgemeinner Heilsankündigungen. Sie dienten nach mehrheitlicher Überzeugung dem Zweck, das im Magnifikat und Benediktus von der Erlösung Israels gezeichnete Bild um das Motiv der Integration der Heiden ins Heil zu bereichern. Der thematische Zusammenhang der im Nunc Dimittis verarbeiteten Tradition kommt bei dieser rein atomistisch verfahrenden Betrachtung der Stellen nicht in den Blick und damit auch nicht der theologische Skopus des Hymnus. Vgl. stellvertretend für zahlreiche andere Untersuchungen zum Thema Rusam, Das Alte Testament, 78–81, und die große Studie von S. Farris, The Hymns of Luke’s Infancy Narratives. Their Origin, Meaning and Significance, Journal for the Study of the New Testament. Supplement Series 9, Sheffield 1985, 146–150. Erstaunlich ist, daß auch Brown, Birth, 458, der die genanntten Texte im Wortlaut darbietet und von einem „pastiche from the Isaian passages“ spricht, im selben Atemzug den Zusammenhang der Texte wieder auflöst mit der Bemerkung, daß es sich 22
2. Das Licht für die Völker (Lk 2,25–35)
307
gung des greisen Simeon in Lk 2,29–32, der sich hier selbst als Knecht des Herrn (δοῦλος: V. 29) präsentiert und fortfährt: Lk 2,30–32:
εἶδον οἱ ὀφθαλμοί μου τὸ σωτήριόν σου, ὃ ἡτοίμασας κατὰ πρόσωπον πάντων τῶν λαῶν, φῶς εἰς ἀποκάλυψιν ἐθνῶν καὶ δόξαν λαοῦ σου Ἰσραήλ.
Jes 42,6:
ἔδωκά σε εἰς διαθήκην γένους, εἰς φῶς ἐθνῶν.
Jes 49,6:
ἰδοὺ τέθεικά σε εἰς διαθήκην γένους εἰς φῶς ἐθνῶν τοῦ εἶναί σε εἰς σωτηρίαν ἕως ἐσχάτου τῆς γῆς.
Gemeinsam mit den genannten Gottesknechtstexten ist hier außerdem das Bild des endzeitlichen Exodus nach Jes 52,1–12 aufgenommen, dessen Vollender der Gottesknecht (Jes 52,13) nach lukanischem Verständnis ist.23 Der genannte Text erscheint im Nunc Dimittis in Kombination mit der Auslösungsverheißung Jes 40,1–5: Jes 52,10 LXX: καὶ ἀποκαλύψει κύριος τὸν βραχίονα αὐτοῦ τὸν ἅγιον ἐνώπιον πάντων τῶν ἐθνῶν, καὶ ὄψονται πάντα τὰ ἄκρα τῆς γῆς τὴν σωτηρίαν τὴν παρὰ θεοῦ. Jes 40,5 LXX: καὶ ὀφθήσεται ἡ δόξα κυρίου, καὶ ὄψεται πᾶσα σὰρξ τὸ σωτήριον τοῦ θεοῦ.
Die Wahl des Nomens σωτήριον statt σωτηρία in Lk 2,30 erklärt sich aus diesser Kombination, da Lukas Jes 40,3–5 in Lk 3,4–6 nochmals zitieren wird und das „Sehen des Heils“ offensichtlich nicht mit verschiedenen Begriffen belegen will. Das Sendungswort an den Gottesknecht Jes 49,6, auf welches Simeon hier im Blick auf das messianische Kind verweist, ist für Lukas schon deshalb ein notwwendiger Bestandteil der Geburtserzählung, weil es im Kontext des zweiten Gotttesknechtsliedes unmittelbar an die Schilderung der vorgeburtlichen Berufung des Knechts (Jes 49,5) anschließt und diese inhaltlich bestimmt. Man könnte auch sagen: Im Sendungswort manifestiert sich die Berufung des Knechts. Wenn daher Simeon dieses Wort vor den Ohren der Eltern Jesu als Zeugen des Geschehens laut werden läßt, dann stellt er damit die göttliche Legitimation dessen fest, den auf dem Arm zu halten er das Vorrecht hat, mehr noch, er proklamiert nach V. 26 den Knecht als den lang erwarteten Messias. Mit dieser Proklamation aber entlbei ihnen um Stellen handle, die in der frühjüdischen Literatur häufiger zitiert würden und dem Verfasser des Nunc Dimittis auf indirektem Wege zugekommen seien. 23 Dazu bereits o. S. 290 f.
308
IV. Die Geburt des Knechts
larvt er von vornherein den menschlichen Zweifel (Lk 22,67; 23,2.35.37.39) an Jesu Messianität als gottfeindlich, und d. h. den Zweifel an der Messianität desssen, der gesandt ist, Zeichen des Anstoßes (V. 34; vgl. Jes 53,2 f) und damit Ziel menschlicher Ablehnung und todbringender Verfolgung zu sein. Der von Jesaja angekündigte und von Mutterleib zu seinem Amt berufene Gotttesknecht ist – das ist die Botschaft Simeons – der Messias Israels. Als solcher ist er auch der endzeitliche Erbe des Thrones Davids. Den direkten Bezug zwischen der von Simeon im Nunc Dimittis öffentlich gemachten göttlichen Beauftragung des Gottesknechts nach Jes 49,5 f einerseits und den in Lk 1,30–33.45 f verarbeitteten davidischen Geburtsverheißungen andererseits schafft in diesem Zusammmenhang das Motiv der Sendung des Knechts zu den Heiden. Denn das genannte Motiv durchzieht nicht nur wie ein roter Faden die Gesamtheit der deuterojesajjanischen Gottesknechtstexte (Jes 42,1.4.6; 49,1.6; 52,15), sondern es begegnet auch in Jes 11,10, wo der davidische Sproß (ἡ ῥίζα τοῦ Ιεσσαι)24, der Heilsund Friedenskönig, als Herrscher über die Heiden erscheint, die sich zu ihm hin sammeln. Ja, der Davidide wird an dieser Stelle das „Feldzeichen“ für die Völker (עֹ מֵ ד ְלנֵס עַ ִמּים: Jes 11,10; griech. σημεῖον εἰς τὰ ἔθνη: Jes 11,12 LXX) genannt, ein Motiv, das Lukas auf dem Hintergrund von Jes 53,2 LXX zum Leidensbild umgestaltet: Der Knecht als der Wurzelsproß und damit als der zur Herrschaft auf dem Thron Davids Berufene (vgl. Jes 52,13) ist „das Zeichen“, von dem Jes 11,10 kündet. Er ist es aber, gerade um der Sammlung der ἔθνη willen (vgl. Apg 28,26–28), zunächst im verborgenen Sinne: ein Herrscher, dem angesichts seines Leidens das eigene Volk die Anerkennung verweigert. Die Zeichenfunktion des davidischen Sprosses ergab sich für Lukas auch aus Jes 7,14, wo die Geburt des messianischen Kindes selbst das göttliche Zeichen der Heilserfüllung ist (griech. σημεῖον für hebr. )אוֹת. Da Lukas jedoch in diessem messianischen Kind stets den Knecht sieht, umschließt für ihn die Geburt Jesu von Anfang an Jesu künftiges Todesschicksal und liegt für ihn daher die Zeichenfunktion dieser Geburt nicht in der herrscherlichen Hoheit des Kindes, sondern im Widerspruch, den der Messias Israels erfährt. Das Kind in Simeons Arm ist das von Jesias verheißene „Zeichen, dem widersprochen wird“ (σημεῖον ἀντιλεγόμενον: V. 34). Es ruft den Widerspruch hervor, weil Gottesknechtschaft und Königtum für den Menschen, der den Christus erwartet (vgl. V. 25), einen Gegensatz darstellen, der ohne Einsicht in das mit der Sendung des Knechts verbbundene Leidensgeheimnis nicht zu überwinden ist. Das Kind empfangen kann nur, wer wie Simeon vom Kind auf das Kreuz blickt und weiß, daß ihm allein von dorther die Rettung kommt. Das Bild Simeons, der den Messias im Arm hält, kann in diesem Sinne als paradigmatisch auch für 24 Zum metonymischen Gebrauch von ἡ ῥίζα τοῦ Ιεσσαι (Jes 11,10) und der sachlichen Identität des Begriffs mit ῥάβδος ἐκ τῆς ῥίζης Ιεσσαι (Jes 11,1) s. bereits o. S. 300.
2. Das Licht für die Völker (Lk 2,25–35)
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die nachösterliche Haltung des Menschen gelten, der das Heil und die Erkenntnnis durch den empfängt, der für ihn in den Tod ging. Die Szene ist gleichsam der Zeitlichkeit des Geschehens entnommen, da die Christuserkenntnis Simeons – ganz anders als die des Petrus in Lk 9,20! – Kreuzeserkenntnis ist und das ihm geschenkte prophetische Wissen (V. 25 f) um das Leiden des Christus und um die Heilsbedeutung seines Todes voraussetzt. Nun liegt aber das Geheimnis der göttlichen Geburt nach dem Zeugnis Simeons auch darin beschlossen, daß der Tod des zur Herrschaft berufenen Knechts den menschlichen Widerspruch nicht nur hervorruft, sondern ihn auch voraussetzt. Ja, es ist das Heilswerk Gottes auf diesen Widerspruch gegründet, was dem Mensschen das Verständnis der Zusammenhänge und damit die Überwindung des Widerspruches noch schwerer macht. Israels Verstockung ist es, auf die Simeon anspielt, wenn er das Kind auf seinem Arm als σημεῖον ἀντιλεγόμενον bezeichnnet (V. 34). Denn der Hinweis auf den Widerspruch, welcher das Leben des Kinddes auf Simeons Arm überschattet, nimmt begrifflich vorweg, was am Schluß des lukanischen Doppelwerkes szenisch zu Ende geführt wird: die Ablehnung Jesu durch sein Volk (ἀντιλέγειν: Apg 28,22; vgl. Apg 28,19), die in Apg 28,26–28 als Verstockung Israels nach Jes 6,9 f gedeutet wird. Simeon aber weiß die Verstockkung (V. 34) im Sendungsauftrag des Knechts (V. 32; Jes 42,6; 49,6) verankert. Daher richtet auch er zunächst seinen Blick auf die Heidenvölker (V. 31), deren Sammlung das heilsgeschichtliche Ziel des göttlichen Verstockungshandelns ist (Apg 28,28), schließt aber auch Israel in das Bild der durch die Geburt des Messsias erlösten Menschheit ein (V. 32). Als Repräsentant dieses Volkes wird er zum Zeugen der Notwendigkeit des Gerichts über Israel als der todbringenden Gotttesferne, die Gott selbst, um der Heiden willen, seinem Volk auferlegt. Den Messsias im Arm verbürgt Simeon aber gleichzeitig auch die Aufhebung der Verstockkung und damit die Aufhebung des Gerichts zu der Zeit, da die Heiden zu Gott hin gesammelt sind und mit dem Ende der Verkündigung des Christus in aller Welt auch die historische Bindung des Verkündigungsgeschehens ihr Ende finddet, ja die Zeit selbst ihre Aufhebung erfährt in der transzendenten Gemeinschaft des Gottesreiches.25 Die ideale Szene bildet das heilsgeschichtliche Ende ab. Hier steht es: das Volk Israel, mit offenen Armen, bereit seinen Messias und das durch ihn gestiftete Heil zu empfangen. Es ist aber nicht allein das ideale Bild, das der Gewißheit der Erlösung der Heiddenvölker und Israels Ausdruck verleiht, es ist auch und vor allem der Sendungsaauftrag des Gottesknechts, der dieses verbürgt. Denn in dem Berufungswort Jes 49,5 f, auf welches das Nunc Dimittis in V. 32 anspielt, erscheint ausdrücklich die Integration der Heiden ins Heil als das die Sammlung Israels vollendende Geschehhen. Heilsentscheidende Bedeutung gewinnt dabei die Einsetzung des Knechts 25
S. dazu nochmals die ausführliche Darstellung der Zusammenhänge o. S. 269–274.
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IV. Die Geburt des Knechts
„zum Bund für das Volk“, die in der LXX – nach dem Vorbild von Jes 42,6 und in Anknüpfung an Jes 49,8 – auch in Jes 49,6 eingetragen ist! Der Bundesgedanke, der sich für Lukas mit der Vorstellung der Entsühnung Israels verbindet,26 sichert Israel das Heilsprärogativ, ungeachtet der über Israel verhängten Verstockung und der aus ihr resultierenden heilsgeschichtlichen Vorordnung der Sammlung der Heiden vor die Sammlung Israels. Und wenn Simeon im Nunc Dimittis, im Zusammenhang der Anspielungen auf die Berufung des Gottesknechts, auch auf die Erfüllung der Israel geltenden Exodusverheißung nach Jes 52,1–12 verweist27 (vgl. Jes 40,1–5), dann verkündet er damit die Errettung Israels aus den Fesseln der Sünde und des Todes und die Entsühnung des Volkes durch die Lebenshinggabe des Gottesknechts. Mit der Vereinigung Israels und der Heiden als den endzeitlichen Empfängern des Heils (V. 32) aber kommt der Mensch als solcher in den Blick, dessen Sündhhaftigkeit Lukas stets als das Juden und Heiden gleichermaßen bindende und von Gott trennende Verhängnis darstellt und dessen Erlösungsbedürftigkeit er als das Grundproblem menschlichen Lebens erkennt.28 Da das Kind auf Simeons Arm in die Welt kam, um sich der Sünde entgegenzustellen und sie im Tode für immer zu überwinden, wird der Bund, den es in Person repräsentiert, zum neuen Bund für jeden, der das „für euch“ seines Todes im Glauben empfängt (Lk 22,19 f). Die gleichzeitig individuelle und überindividuelle Bedeutung des Geschehhens, das nach Lk 2,25–35 mit der Sendung des Knechts zur Erfüllung kommt, zeigt sich auch in der kompositionell einzigartigen Verschränkung der Zeitebennen in der Perikope: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft kulminieren im Zeitppunkt, da der Mensch und der von ihm erwartete Messias einander begegnen. Die Zeitebenen verschmelzen im individuellen Heilswiderfahrnis und in der Erkenntnnis realer transzendenter, und d. h. der Zeitlichkeit entnommener, Gottesgemeinsschaft. Die Tatsache, daß Simeon das Ende seiner Lebenszeit erreicht und den Tod vor Augen hat (V. 26.29), verdeutlicht die Zusammenhänge: Die Todesgrenze (V. 26bα) wird durch die lebenstiftende Gemeinschaft des χριστὸς κυρίου mit dem „sehenden“ Menschen aufgehoben (V. 26bβ).29 Da aber nicht jeder Mensch den Christus erkennt, wenn dieser ihm gegenübertritt, führt das Wirken Jesu zur Scheidung zwischen den Menschen und wird daher die Zeitlichkeit des Menschen zum Unheil für den, der den Christus in seinem Herzen verwirft (V. 34 f).
26
Dazu ausführlich o. S. 125–132. S. nochmals o. S. 307 mit Anm. 23. 28 S. dazu o. S. 99 f. 29 Zur Aufhebung der menschlichen Bindung an Raum und Zeit innerhalb der gottmenschllichen Gemeinschaft und dem relationalen Verständnis der Zusammenhänge bei Lukas s. berreits o. S. 151–155. 27
2. Das Licht für die Völker (Lk 2,25–35)
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Daß Lukas diesen theologischen Zusammenhang erzählerisch spannungsvoll aus dem Gegensatz der Zeiten entwickelt, steht nicht im Widerspruch zu dem eben Gesagten, da die Begegnung mit Jesus sich auf Erden stets in Zeit und Raum vollzzieht. Der Gegensatz der Zeiten signalisiert den Konflikt: Denn während Simeon von Gottes Heilshandeln im Modus der Vergangenheit redet und die Erlösung Israels und der Völker als bereits geschehen proklamiert (V. 29–32), blickt er hinsichtlich des Menschen prophetisch in die Zukunft (V. 34 f). Diese Zukunft ist charakterisiert durch die ambivalente Akzeptanz, die Jesus und sein Heilsangebbot durch den Menschen erfahren; zugleich ist diese Zukunft das Schicksal des Kindes, das in die Welt gesandt ist, um zu leiden. Die erzählerische Pointe liegt in der Unscheinbarkeit des Geschehens: Der Messias ist noch ein Kind und der Welt unbekannt; seine Darbringung im Tempel entspricht dem jüdischen Ritual. Dennnoch ist inmitten dieser Alltäglichkeit das zukünftige Drama prophetisch präsent und mit ihm die unter dem Gerichtswort Jes 6,9 f stehende Vergangenheit Israels. Indem Simeon aber seinerseits die Zukunft Israels und der Heiden als im Gotteskknechtswort Jes 49,6 bzw. Jes 42,6 verankert erkennt – was Lukas erzählerisch auf eine der Erzählung vorausliegende, geistgewirkte Wortoffenbarung zurückführt (V. 26a) –, kann er zum Verkündiger der Wahrheit werden, daß das messianische Kind auf seinem Arm die Zukunft aller Menschen wandelt (V. 32).30 Der dreifachen Verschränkung der Zeiten entspricht die Dreidimensionalität des prophetischen Redegeschehens: Das in der Vergangenheit gesprochene, aber auf die Zukunft gerichtete Wort Gottes an Simeon (V. 26a) öffnet in der aktuelllen Begegnung mit dem Messias das Verständnis für die Bedeutung des Geschehhens und öffnet dem Menschen, der in dieser Weise „sieht“ (V. 26bα), den Mund zur Antwort. Das Wort Simeons ist zeitlich rückwärtsgerichtete Proklamation der Heilserfüllung (V. 29–32) und Zukunftsprophetie (V. 34b–35) in einem, allerdings nicht losgelöst von dem zuvor gehörten göttlichen Wort. Simeon spricht mit der Autorität desjenigen Schriftwortes, das die heilsgeschichtliche Diskrepanz zwisschen der endgültigen göttlichen Heilsstiftung und der sich auf Erden zukünftig dennoch fortsetzenden Verwerfung des Heils durch den Menschen verstehen hilft: mit der Autorität des im alttestamentlichen Kontext zweimal gesprochenen göttllichen Sendungswortes an den Gottesknecht (Jes 42,6 bzw. 49,6): „Ich habe dich eingesetzt zum Bund für die Völker, zum Licht für die Heiden“ (vgl. V. 31 f). Das Wort Gottes an den Knecht im Munde jenes Menschen, der aufgrund des göttlicchen Wortes (κατὰ τὸ ῥῆμά σου: V. 29) den Knecht als das Heil der Welt erkennt (V. 30), steht im Zentrum des Geschehens, das jeglicher Handlung entbehrt – bis auf die eine: den Wechsel des Jesuskindes vom Arm der Mutter auf den Arm Simeons. Dieser Ortswechsel des Kindes setzt das Redegeschehen in Gang und 30
273 f.
Zur Aufhebung des Verstockungswortes Jes 6,9 f durch den Gottesknecht s. auch o. S.
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IV. Die Geburt des Knechts
wird damit zum sprechenden Bild für das seinen Messias empfangende Volk, desssen Schicksal gleichzeitig bestimmt wird durch das Verstockungswort Jes 6,9 f und das dem Knecht geltende Berufungswort Jes 49,5 f. Die zwischen diesen Wortten bestehende Spannung ist die Spannung, die nach lukanischem Verständnis die Geschichte Israels bis zur endzeitlichen Sammlung des Gottesvolkes bestimmt. Die theologische Bedeutung der Perikope Lk 2,25–35 liegt in der von Simeon vermittelten Erkenntnis, daß die dem Kind bevorstehende Verwerfung durch sein Volk (V. 34 f), daß sein Leiden und sein Tod nicht nur das Heil der Heiden, sonddern auch das Heil Israels bedeuten. Der Tod dieses Kindes entsühnt auch dasjennige Volk, auf welchem nach Gottes Ratschluß die Last der Schuld an diesem Tod liegt. Die Erlösung Israels liegt in der Gottesknechtschaft Jesu beschlossen! Damit schließt sich der Kreis des Lebens und des Todes. Die Geburt des Knechts ist der Anfang seines Weges in den Tod, aus welchem für den Mensschen das Leben erwächst, ein Leben, das dem Griff des Todes entwunden ist. Die Kindheitsgeschichten bilden im Anfang auch das Ende ab: die Gemeinschaft des Menschen mit dem im Reich Gottes zur Herrschaft auf dem Throne Davids eingesetzten Knecht. Ihre theologische Bedeutung aber erschließt sich nur, wenn man erkennt, daß Lukas alles, was er von Jesu Weg ans Kreuz berichtet, auf die Erkenntnis gründet, daß in Jesu Sendung die jesajanische Gottesknechtsverheißßung zur Erfüllung kommt und mit ihr alles, was die Schriften vom Messias aus dem Hause David künden.
Ausblick Der Tod des Knechts ist das Geheimnis seiner messianischen Existenz – so könnte man nach dem Durchgang durch die zentralen Texte des Lukasevangeliums den theologischen Skopus desselben zusammenfassen. Der Tod des Knechts „für euch“ ist das Heilsereignis, welches den Menschen entsühnt und befreit von der ihn bindenden Macht der Sünde und des Todes. Der Kreuzestod Jesu öffnet dem Menschen die Tür zum Reich Gottes und zum Leben in der Gemeinschaft mit dem Auferstandenen, dem zum königlichen Herrscher des Reiches inthronisiertten Knecht. Daher mußte der Weg durch das lukanische Evangelium seinen Ausggang bei Jesu Tod nehmen als dem Grunddatum der lukanischen Christologie und Soteriologie, von dem her allein der irdische Weg Jesu vom Tage seiner Geburt an verständlich wird. Der in Bethlehem in der Krippe geboren wird, ist der Knecht, der auf die Welt kam, um zu sterben und den Menschen durch sein Sterben zu erlösen. Daß man Lukas bis heute das Vermögen, ja, selbst das Interesse abspricht, die Frage des Kreuzes und seiner Heilsbedeutung gedanklich zu durchdringen und im Gesamtzusammenhang des Christusereignisses zu reflektieren, hat seinen Grund allein in der Tatsache, daß man den Leitgedanken des lukanischen Doppelwerkkes nicht erkannte und daher den inneren, logischen Zusammenhang aller Erzähltteile nicht sah. Und es läßt sich in der Tat auch kein Zusammenhang erkennen, wenn man die Leidenszüge aus dem Bild des lukanischen Christus entfernt und das Evangelium allein von der Auferstehungsbotschaft her zu deuten sucht. Daß dies nicht nur Lukas mißverstehen heißt, wird an den Emmausjüngern eindrückllich klar. Rückt man aber den Gottesknecht ins Zentrum der Betrachtung, so formt sich aus den angeblich nur lose miteinander verknüpften Motiven ein klares Bild, dessen Aufbau und innere Struktur bestechen. Die Konsequenz, mit der Lukas den von Zustimmung und Verwerfung gleichzeitig gekennzeichneten Weg Jesu zum Kreuz als den Weg des Gottesknechts darstellt, und die gedankliche Strenge, mit der er alle Aspekte einer christlichen Theologie vom Geheimnis der Gotteskknechtsexistenz Jesu her durchdenkt, bis hin zu der quälenden Frage nach Israels Verstockung, lassen ihn als einen Kreuzestheologen ersten Ranges erscheinen, der zurecht seinen Platz im Schiff der neutestamentlichen Autoren einnimmt: nicht als blinder Passagier, sondern als durch seine theologische Leistung dazu berechtigter Teilnehmer einer Fahrt, deren Ziel nach dem Verständnis des Autors die eschatollogische Sammlung des Gottesvolkes aus Juden und Heiden ist. Das Lukasevanggelium ist im Vier-Evangelien-Kanon das paulinische Evangelium.
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Ausblick
Die in dieser Arbeit zunächst am Evangelientext gewonnenen Erkenntnisse bedürfen der Bestätigung durch die Auslegung der Apostelgeschichte, die als zweiter Band dieser Untersuchung geplant ist. Dabei sollen ausführlicher, als es hier möglich war, die Reden der Apostelgeschichte in den Blick kommen und soll der Gebrauch des Titels παῖς (θεοῦ) einer genauen Analyse unterzogen werdden. Als eines der wichtigsten Textdokumente für den lukanischen Umgang mit Jes 53 ist ferner die Erzählung von der Bekehrung des äthiopischen Kämmerers, Apg 8,26–40, auszulegen, in welcher das vierte Gottesknechtslied umfangreich zitiert wird. Die Notwendigkeit, in diesem Zusammenhang auch das lukanische Taufverständnis und das Wort vom Erwerb der Gemeinde „durch sein [sc. Jesu] eigenes Blut“ (Apg 20,28) in ganz neuer Weise zu bedenken, ergibt sich aus dem Rahmen der Erzählung. Und schließlich muß die Frage nach der bei Lukas besondderen Darstellung irdisch-christlicher Existenz und Jüngerschaft in der Nachfolge des Gottesknechts in einem alle Aspekte seiner Sendung umfassenden Sinn beantwwortet werden. Aber dies ist, wie gesagt, Aufgabe eines zweiten Bandes. Das Schlußwort des ersten sei Lukas selbst gewährt, eigentlich dem auferstandden Christus, der mit der Frage, die das Nachdenken über den Zusammenhang von Tod und Auferstehung leiten soll, bereits die Antwort gibt (Lk 24,26): οὐχὶ ταῦτα ἔδει παθεῖν τὸν χριστὸν καὶ εἰσελθεῖν εἰς τὴν δόξαν αὐτοῦ;
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Stellenregister (Kursiv gesetzte Seitenzahlen beziehen sich auf die Fußnoten)
I. Altes Testament Genesis 1 – 2 1,4 f 1,5 1,14–19 1,14 2,2 f 2,7 2,7 LXX 2,47 3 3,17–19 3,19 3,23–28 3,23 f 9,4 11,1–9 40 f 40,4
220 220 220 220 220 219 302 236, 301 236 76, 140, 153, 182 f, 185 178 182, 184 182 107, 182 124 222 110 164
Exodus 7 – 11 7,3 7,22 8,15 9,12 9,35 10,20 14,31 19,16–20 20,8–11 24 24,1–8 24,6–8 24,6
277 277 277 277 277 277 277 291 222 219 126, 129 156 f 128, 178, 192 126, 128
24,8 24,9–11 24,11 24,12–18 24,13 31,18 34,29
126 f, 139 (139) 108 139 (139), 146, 156, 178 222 164 222 222
Leviticus 5,8–10 5,14–19 5,15 f LXX 5,16 5,17–19 5,17 5,18 5,26 11,17 17,11 17,14 23,29b 25,8–11 25,10
71 205 99 72 99, 109, 179 71 f 72 72 124 123, 182 123 289 292 292
Numeri 5,7 f 11,17 11,28 12,7 f 15,22–31 15,22–29 15,24 f 15,29 27,18
60 291 164 291 100 179, 205 100 100 (100) 291
Deuteronomium 3,24 291
358
Register
5,13–15 12,23 17,15 18,15 18,18 21,5 33 33,28 f 34,9 34,10–12 34,10
219, 221 123 177 289 (289), 291 289, 291 164 222 222 291 289 291
Josua 1,1 1,13 1,15 4,7 8,31 8,33
291 291 291 113 291 291
1. Samuel 6,3 f 6,8 6,17 28
60 60 60 110
1. Könige 19 19,3 f 19,10 19,14
67, 178, 222, 291 186 186 186
1. Chronik 27,1
164
2. Chronik 17,19 22,8
164 164
Hiob 1,5
71
Psalmen 2 2,2 LXX 2,7 15,8–11 LXX 21,17b LXX
213 213 f 301 102 199
22 22,2 f 22,2 22,7–9 22,8 22,9 22,19 22,20 22,23–32 22,28 22,30 31 31,1 31,6 31,12 31,14 31,17 31,19 89,11 91,11 f 100,6 LXX 113–118 113 114 115,4 LXX 115,7 LXX 116 116,13 116,16 117 118 118,17 141,8 Jesaja 1 – 12 1,5 6,1–13 6,1 6,8 6,8 LXX 6,9 f 6,9 f LXX 6,9
103, 196–200 (197), 202–204 197 101, 196, 198, 199 102 196, 198 198 103, 196, 198 f, 203 202 f 198 196, 198 198 101 f 102 95, 101–105 (102, 105), 109, 179 101, 179 101, 179 102, 179 102 143 262 164 143 143 143 132 132 131 f (132), 133, 144 131 f (132), 202 132 (132) 144 144 144 123 299, 302 299 278 278 282 277 27, 19, 266 f, 269 (269), 277, 278, 297, 309, 311 f (311) 274 237
Stellenregister
6,10 7,14 9,1–6 9,5 9,6 11,1–10 11,1–9 11,1 f 11,1 11,2 11,4 f 11,6–9 11,9 11,10 11,12 LXX 24–27 24,23 24,23 LXX 25,1–10a 25,6–8 25,6 25,7 25,8 26,19 26,20 f 27,1 27,12 f 30,7 30,26 40–66 40,1–5 40,3–5 40,5 LXX 42,1–9 42,1–7 42,1–6 42,1–4 42,1
42,2 42,3
269, 278 299, 302, 308 299, 302 300, 302 303 299, 300–302 299 302 300 (300), 302, 308 300 f 303 301 301 299, 300 (300), 302, 308 (308) 308 142–144 (142), 146, 148 f, 156, 193 105, 107 f, 139, 149 f, 153, 179, 193, 205 f, 217 105 132 139, 140, 145 f, 148, 178 143 140 140, 190, 193 142 142, 174 143, 174, 178, 183 142 142 105 290 307, 310 307 307 60, 253 61, 82, 253, 255 306 61, 82, 149, 252, 253, 255, 299 82 f, 103 f, 109, 130, 145, 164 (164), 179, 188, 204 f, 241, 253 (253), 255, 294, 299, 301–303, 308 102, 104, 109 104 (104), 130, 145, 164
42,4 f 42,4 42,5–8 42,6 f 42,6
359
303 145, 241, 308 253 253, 278 60 (60), 61, 68, 125, 128, 130, 156, 241, 289, 307– 311 42,6 LXX 69, 75, 303 42,7 305 42,8 69, 75 43,3 121 (121), 122, 161, 178 43,4 122 43,22–25 161 f, 164 44,22 245 46,8–10 LXX 245 49 186 49,1–8 306 49,1–6 174, 186, 252, 254, 298 49,1–3 174, 299 49,1 145, 186, 241, 299, 302, 308 49,1 LXX 303 49,2 173 f, 176, 178, 186 49,3 294 49,4 130, 186, 299 49,5 f 145, 164, 294, 308 f, 312 49,5 178, 186, 299, 302, 307 49,5 LXX 302 49,6 145, 241, 307- 311 49,6 LXX 69, 75, 125, 128, 156, 276, 289 49,8–9a 254 49,8 60 (60), 61, 68, 69, 75, 125, 128, 156, 282 (282), 310 50,4–9 273, 298 50,5 273 50,6 164 50,7 238 50,8 303 51,3 106 (106), 153, 179 52,1–12 290, 307, 310 52,3 291 52,7–10 291 52,7 291 f 291 52,10 52,10 LXX 307
360
Register
52,13 – 53,12 49, 54, 56 f, 71, 80, 82, 210, 216, 299 52,13 56, 75, 90, 109, 130, 145, 168, 178–180, 209, 214, 247, 278, 287, 290, 293, 300, 307 f 52,13 LXX 214, 236 52,14 109, 236 52,14 LXX 214 52,15 96, 98, 145, 157, 169, 177 (177), 179, 241, 271, 308 52,15 LXX 236 53 4, 8, 48, 49–52 (49), 54 f (55), 56, 57 f (58), 59, 60–66 (61, 63–65), 68–70 (70), 71, 72 (72), 74–76 (74, 76), 78–82 (78), 83, 87 f, 89, 92, 95 (95), 99, 101, 104, 110 (110), 112 (112), 120–122 (121 f), 124 f, 128, 133 f (134), 137, 149, 157, 165 (165), 169–173, 176, 177, 180, 181, 185, 189, 191 f (192), 193, 194–196 (195), 198– 201 (201), 204 f, 207, 210, 215, 226, 236 f, 240, 245, 248, 287, 292 f, 301, 314 53 LXX 78 (78), 79, 129, 189, 207 f, 215, 301 53,1 169, 236 53,2 f 166, 169, 236, 251, 264, 293, 308 53,2 177, 235, 300, 302 53,2 LXX 214, 300, 308 53,4–12 164, 169, 263, 291 53,4–6 49, 51, 79, 247 53,4 78, 236 53,5 99, 103, 109, 145, 178, 180, 235, 247, 278 53,6 236 53,7 f 190 53,7 4, 102, 109, 179 53,8 50 f, 79, 103, 109, 137, 145, 236, 247 53,8 LXX 215 53,9–12 247 90, 109, 176, 179 f, 192, 215 53,9
53,10–12 53,10 f 53,10
61,1 LXX 61,1c 61,2 61,2b
145, 269 247, 301 49, 60, 70, 73, 79, 99, 101, 103, 106 f, 109, 121, 123, 189 f, 192, 205 71 236 51, 63, 79, 95–97 (95), 101, 103, 106 f, 109, 121, 137, 161, 164, 179, 303 96, 236, 301, 302 4, 49–52, 63, 65, 79, 89, 90, 97, 101, 103, 106 f, 109, 111 f (112), 115, 121– 124 (121 f), 128, 130 f, 133, 137, 146, 160, 172 f, 175 (175), 178 f, 189 f, 192, 205, 215, 235 134, 215 179, 186 186 186 186 190, 252, 281 (281), 283 150, 193 16 105, 106, 107, 179, 206 149, 193, 217 252 82 60, 82, 208, 253–255, 288, 292 f (292) 190, 252, 253, 255 (255), 257, 259, 269, 280, 282, 292 f 83, 252 (252), 253, 255, 278, 281, 287, 292 f, 299, 300, 302 281 281 (281), 284 282, 292 260
Jeremia 1,5 3,12 21,10 23,5 f
299 273 273 304
53,10 LXX 53,11 f 53,11 53,11 LXX 53,12
53,12 LXX 54,1–10 54,1 54,8–10 54,10 58,6 60,1 f 60,10 60,19 f 60,19 61 61,1–11 61,1–3 61,1 f 61,1
361
Stellenregister
23,5 31 31,31–34 31,31 31,33 33,14–26 33,15 34,13
97 127 127, 130 126–128 (127 f), 130 130 130 97, 130 127
Ezechiel 6,2 14,8 LXX 43,19 LXX
273 273 71
Daniel 7 7,9 7,10 7,14 7,18 7,27
165 164 164 (164) 164 168 168
Hosea 10,8
179
Sacharia 3,2 LXX 3,4 LXX 3,7 f 3,8 LXX 3,9 6,12
286 286 97, 298, 304 (304) 286 304 97, 304
II. Apokryphen und Pseudepigra phen des Alten Testaments Sapientia Salomonis SapSal 31 2,16 105 2,18–20 104 f (104) 2,18 105, 179 2,23 f 183 3,1 105, 179 3,2 224 3,13 179 7,6 224
Äthiopischer Henoch 38,2 103 39,6 103 40,5 103 45,3 103 46,3 103 48,6 103 49,2 103 49,4 103 51,3 103 51,5 103 52,6 103 52,9 103 53,6 103 55,4 103 61,5 103 61,8 103 61,10 103 62,1 103 Jubiläen 6,1–11 46,2
69 143
III. Qumranisches Schrifttum 1QIsaa
191 (191)
1QIsab = 1Q8 191 (191) 1QHa (Hodajot) XXIII (XVIII i) 6 255 XXIII (XVIII i) 10 255 XXIII (XVIII i) 14 f 255 4QIsaa-o = 4Q55–68
191
4QpapIsap = 4Q69
191
362
Register
4QIsaq = 4Q69a
191
4QIsa r = 4Q69b
191
4QMessianic Apocalypse = 4Q521 2II + 4 1.6.8.12 255 5QIsa = 5Q3
191
11QMelch = II 9
11Q13 255
MurIsa = Mur3
191
255
IV. Jüdisch-hellenistische Literatur Demetrios (Eusebius, Praep. ev. IX 19,4; 21,1–19; 29,1–3.15.16c; Clemens von Alexandria, Strom. I 141,1–2) 170 Josephus Antiquitates 8,354 10,72 18,123 19,297 20,223
260 165 165 4 4 4
V. Neues Testament Matthäus 1,1–17 3,8 3,11 4,1–11 6,12 8,17 12,18–21 16,21 16,28
182 242 242 262 150 78 124 220 91
17,23 19,28 20,19 20,28 26,17 26,26–28 26,28 26,29 26,39 27,31–56 27,46 27,52 f 27,54 Markus 1,4 1,38 6,14 6,22 8,27–33 8,30 8,31 8,33 9,31 10,32–34 10,33 f 10,34 10,35–45 10,41–45 10,41–44 10,42–45 10,45
11,15–17 14,3–9 14,12 14,14 14,22–24 14,22 14,24 14,25 14,27–31 14,27–30 14,36
220 148, 157, 172, 178 220 89, 162 141 68, 118 53, 136, 139 138 184 197 198 198 f 94 242 284 177 177 286 286 213, 220 286 64, 220 237, 241 220, 240 175 157, 163 178 163 112, 167 4, 44 f, 50, 52 f, 89, 103, 110, 112, 115, 117, 121, 122, 136 f (136), 160–164 (162 f), 165, 167, 172, 240 67 138 141 141 44, 68, 118, 178 118 53, 64, 65, 118, 120 f, 123 f, 126, 128, 133, 136, 139, 148 138 157 178 184
Stellenregister
14,38 15,22–41 15,22–24 15,24–26 15,24 15,26 15,27 15,29–32 15,29 15,30–31 15,34 15,35 15,36 15,37–39 15,38 15,39 15,42 – 16,8 15,42–47 15,43 16,1–8 Lukas 1,1 – 9,50 1 – 2 1 1,2 1,4 1,14 1,16 f 1,25 1,26–38 1,30–33 1,31–33 1,31 f 1,31 1,31a 1,31b 1,32 f 1,32 1,33 1,35 1,38 1,45 f 1,46–55 1,47 1,48–55
183 196 199 199 196, 198 90, 109, 199 90 199 196, 198 198 196, 198, 202 103 199 163 108 94, 96 (96), 104, 109, 196, 198 220 180, 192 180 238 6 267 298, 303 (303) 223, 277 2 158 242 6 94, 299 308 302 261 303 296 296 152, 296 205, 296 146, 152 12, 105, 205, 261, 296, 301 132 308 306 158 303
1,68–79 1,69 1,71 1,77 1,78 1,79 2,1–40 2,9–11 2,10 2,11 2,19 f 2,20 2,25–35 2,25 f 2,25 2,26 2,26a 2,26baα 2,26bβ 2,27–32 2,27 f 2,28 2,29–32 2,29 2,30–32 2,30 2,31 f 2,31 2,32 2,33–35 2,33–34a 2,34 f 2,34 2,34b-35 2,35 2,47 2,49 2,50 3,1 3,3 3,4–6 3,8 3,15 3,21–4,44 3,21 f 3,22 3,38 4,1–13
363 303, 306 10 10 10 f, 154, 244, 279 97, 130, 296, 304 (304) 305 275 105 158 10, 286 310 96 269, 305, 310, 312 306, 309 180, 306, 308 286, 297, 305–307, 310 311 310 f 310 306 306 267, 297, 305 180, 204 f, 306 f, 311 307, 310 f 307 307, 311 305, 311 309 145, 305, 309–311 306 306 180, 310–312 232, 296, 305, 308 f 306, 311 305 302 272, 302 237 177 11, 242 (242) 307 242 (242) 286 257 94, 256, 261 12, 205, 224 12 94, 159, 183 f, 222, 224
364 4,3 4,5 4,6 f 4,9–12 4,9 f 4,9 4,13 4,16–30 4,16–21 4,16 4,16c-20a 4,17–20a 4,18 f 4,18 4,19 4,20 4,20b 4,21 4,22–23 4,22 4,22a 4,22b 4,23 f 4,23 4,23a 4,23b 4,24–28 4,24 4,25–27 4,28 f 4,29 4,30 4,31–44 4,31–41 4,34 4,35 4,39 4,41 4,43 5,20–24
Register
94, 159 215 159 183, 262 (262) 160 94 153 (153), 183, 286 82, 88, 94, 155, 171, 224, 228, 249, 254, 256, 257, 259, 269, 281, 293 276 261 (261), 263, 272 258 263 82, 94, 190, 208, 252, 253, 255, 272, 281, 283 f 262, 278, 282, 285, 288, 292, 295 254 228, 256 263 91, 228, 230, 256, 259, 263 263 94, 256, 260, 261, 263, 285, 288, 293 260 260 261 160, 228, 261 f, 263, 272, 284 (284) 261 261 263 (263) 125, 262, 263, 272, 278, 285, 287 f, 294 262, 272 252 228, 262 f, 277, 278, 295 160, 252, 263 284 284 12, 99, 205 28 286 12, 286 146 f, 153, 284 11
5,20 5,23 f 5,24 5,25 f 5,27–32 5,30 5,32 6,5 6,9 6,22 6,23 7,12 7,16 7,28 7,34 7,36–50 7,47–50 7,47–49 7,50 8,1 8,10 8,12 8,24 8,28 8,36 8,42 8,48 8,50 9,2 9,7 9,10–50 9,10–17 9,11 9,16 9,18–22 9,20 9,21 f 9,21 9,22 9,24 9,26 f 9,26 9,27 9,28–36 9,29 9,31 9,31a
154, 279 154, 279 293 96 148 154 154, 242, 244 293 10 293 158 239 96, 287 146 154, 293 148 11, 154 279 10 146 f 146, 237 10 286 12 10 239 10 10 146 f 177 239 148, 232 146 f 232 286 212 f, 286 (286), 309 286 286 103, 211–215 (213), 220, 226, 237, 245, 247, 293 10 152 212 f, 293 146 94, 128, 205, 222 f, 289 239 205, 223 238
365
Stellenregister
9,31b 9,34 f 9,35 9,37–43 9,38 9,42 9,44 9,45 9,51 – 24,53 9,51 9,56 9,58 9,60 9,62 10,9 10,11 10,13 10,17 10,20 11,2 11,4 11,20 11,30 11,32 11,37–54 11,49–51 11,50 12,8 12,10 12,16–21 12,31 f 12,40 12,51 13,3 13,5 13,13 13,17 13,18 13,20 13,23 13,28 f 13,32 f 13,33 f 14,1–24 14,1 14,15–24 14,15 15
238 222 12, 205 (205), 222, 238 239 239 286 103, 230, 237–239, 293 231, 237, 279 106 238, 272 f 293 293 146 f 146 146 146 242 158 158 146 11, 150 146 293 242 148 294 125 293 293 154 146 293 175 242 242 96 158 146 146 10 146 220 294 148 213 148 (148) 146, 148 158
15,1 f 15,5 15,7 15,10 15,32 16,16 16,30 16,19–31 17,3 f 17,4 17,15 17,19 17,20 f 17,20 17,22 17,24 17,26 17,30 18 18,8 18,13 18,14 18,16 18,24 f 18,26 18,29 18,31–33 18,31 18,32 f 18,32 18,33 18,34 18,42 18,43 19,1–10 19,6 19,7 19,9 f 19,9 19,10 19,11 19,37 19,38 20,41 21,27 21,31 21,36 22
154 158 242, 244 242 158 146 242 154 242 242 96 10 146, 152 154 293 293 293 293 239 293 154 32 10, 146 146 10 146 237, 241 91, 241, 293 239 103 220 237 10 96 148 158 (158) 154 10 158 293 146 158 215 286 293 146, 154 293 157, 247
366 22,1–6 22,3–6 22,3 22,7–38 22,7–23 22,14–38 22,15–18 22,15 22,16 22,18 22,19 f
22,19 22,20
22,21–38 22,21 f 22,22 22,23 f 22,24–38 22,24–30 22,24–27 22,24 22,25 f 22,26 f 22,26 22,27 22,28–30 22,28 22,29–32 22,29 f 22,29 22,30 22,31–34
Register
178 166 99, 115, 142, 153, 166 f, 175, 178, 183 46, 141, 148, 152 178 112, 113 (113) 138, 139, 141, 148, 156, 171, 224, 246 112, 114, 141, 146, 178 114, 138, 141 (141), 143, 146 (146), 148 114, 138 f, 146 (146), 148 44 f, 47 f (47), 53, 68, 87, 110 f (111), 114–118, 134– 136, 139, 145 f, 156, 158 f, 161 f (162), 165, 167, 171– 173, 178, 191, 229, 232, 233, 234, 246 f 184, 212, 232 (232), 234, 246 4, 116, 122, 124, 126, 128, 131, 134, 136, 139 f (139), 148, 152, 154, 157, 162, 172, 182, 184, 186 46, 152 114, 119, 157, 171 115, 158, 166 f, 169, 293 165 f 157, 174, 178, 206 167 114, 157, 178 166 159, 168 114, 167 247 45, 50, 53, 115, 159–162 (161 f), 165 (165), 246 154, 157, 160, 178 159 f, 183 f 153 114, 146, 148, 151, 152, 155, 168, 172, 224, 246 f 152 (152), 154 f, 160 114, 146, 152, 154, 164, 170, 232 176
22,31 f 22,31 22,32–42 22,32 22,33 f 22,33 22,34 22,34a 22,35–38 22,36–38 22,36 22,37
22,38b 22,39–46 22,40 22,41 f 22,42 22,43–45 22,43 f 22,44 22,46 22,47–53 22,47 22,48 22,49–51 22,49 f 22,49 22,51 22,52 22,54–62 22,61 22,63–71 22,66–71 22,67–70 22,67 22,69 22,70 23 – 24 23,1–5 23,2 23,4 23,6–12 23,9 23,11
114 f, 142, 157, 159, 175, 178 167 f, 174, 183 f 181 114, 158 f, 168 f, 183, 242 157, 178, 234 114 114, 159 190 157, 178 173 173, 175, 186 4, 50, 52, 82, 90, 110 f (111), 115, 117, 124, 136 f, 145 f, 151, 157, 159 f, 165, 172 f, 175, 189 f, 205, 245 112, 175 178, 181, 183–186 183 f 183 183 f 176 178, 181 f, 184–186, 236 181, 182 183 f 178 175 f 178, 293 175 173 178 173, 178, 180 173 178 178 178 278 286 286, 308 293 12 219 179 179, 286, 308 176 177, 179 177 176 f
Stellenregister
23,13–25 23,13–16 23,13 23,14 f 23,24 23,26–31 23,28–31 23,32–49 23,32 23,33 23,34 23,34a 23,34b 23,35–39 23,35
23,36 23,37 23,38 23,39–43 23,39 23,40–43 23,40 23,41 23,42–45 23,42 f 23,42 23,43 23,44–47 23,44–46 23,44 f 23,44 23,45 23,46 f 23,46
179 179 213 176 71 179 179, 186 3, 31, 88 f, 94, 102, 179 90, 92, 93, 173, 179 92, 93, 109, 199 (199) 98–100 (98, 100), 103, 109, 179, 279, 308 189, 199, 205, 278 199 199, 286 10, 91, 93, 102 f, 109, 160, 179, 183 f, 188, 205, 213, 215, 255, 261, 272, 284 f, 286, 288, 308 10, 93, 179, 199 10, 93, 102, 160, 183 f, 255, 261, 272, 284 f, 288, 303, 308 188, 199 (199) 89, 109, 179 10, 90, 91, 93, 102, 160, 183 f, 255, 261, 272, 284 f, 286, 288, 308 93 215 90, 109 146 247 90, 102, 106 f, 109, 146, 152 f, 179, 188, 215, 224, 246 107, 109, 110, 151 f, 153 f, 182, 195, 198, 216, 220, 224 93 219, 303 297 220 105 f, 107, 149, 179, 193, 216 f, 220, 224 272, 295 95, 100, 102, 109, 148, 179, 188, 255
23,46a 23,46b 23,47 23,48 23,50–56 23,50 23,51 23,56 24 24,1–12 24,1 24,6 f 24,6 24,7 24,8 24,9 24,11 24,13–35 24,13–32 24,13–16 24,13 24,14 24,15 f 24,15 24,16 24,17–27 24,18–21 24,18–20 24,18 24,19–21 24,19 f 24,19 24,20 f 24,20 24,21 24,22–24 24,23 f 24,23 24,24 24,25–27 24,25 f 24,25 24,26
367 278 278 93, 96 f (96), 100, 104, 109, 145, 172, 179 f, 303 179 179 f, 192, 219 180 146, 179 f 219 212, 219, 221, 224, 239, 245, 247, 256 238 219 231 219, 230, 234, 244 238 f, 246, 293 231 231 231 87, 148, 210 (210), 211, 228 210 212 212 212 227 212 212, 227 f, 256, 269 212 (212), 214, 226 81, 234 234 210, 227 f, 287 188, 226, 270 228 288 233 213–215, 228, 239 228, 235 231, 234 227 106, 228 f 228, 256 241 92 227 f, 230 f, 256, 258 57, 87, 104, 188, 209, 214– 216, 218, 226, 229, 246–
368
Register
24,33–35 24,35 24,39 24,44–47 24,44 24,45–47 24,45 24,46 f 24,46 24,47–49 24,47 24,48 24,50–53 24,50 f 24,50 24,51 24,52
248, 270, 285–288 (286), 293, 296, 303, 314 215 215 91, 215, 226–229, 256, 272 212 212 212 227, 232 (232) 212, 223 225, 227, 247, 256, 269 212 91, 212, 228, 230, 256, 258 212, 231 227 199 241 92, 240 241 91, 105, 237 239 f, 242, 244 f 105, 240, 286, 293 224 11, 154, 242, 246, 279 224 216 (216), 223 218, 225, 232 232 219, 225, 231 158
Johannes 7,26 7,48 12,42 13 18,28 19,24 19,30
213 213 213 165 141 197 172
24,26a 24,26b 24,27 24,28–33 24,28–32 24,28–30 24,30 24,31 f 24,31 24,32–35 24,32
Apostelgeschichte 1 – 2 297 1 219, 224 1,1–12 216, 218, 222, 223 1,2 277 1,3 146 f, 219, 222–225
1,5 1,6 1,8 1,9–11 1,9 1,15–26 1,16 1,26 2,4 2,21 2,23 2,25–29 2,32–36 2,33 2,37 2,38 2,40 2,41 2,42 f 2,42 2,46 2,47 3,13–26 3,13–15 3,13 f 3,13 3,14 3,16 3,17 3,18 3,19 3,20 3,22 f 3,22 3,25 3,26 4,5 4,8 4,9 4,12 4,21 4,25–28 4,25–27 4,25 4,26 f 4,27 4,28 4,30
224 154, 155, 170, 271, 275 1, 172, 219, 222, 224 216, 225 219, 222, 225 222, 225 91 277 219 10 244 102 152, 218 219 277 11, 242, 279 10 169 277 184 158 10, 169 290 27, 95 290 293 99, 205 10 100, 205, 213, 279 290 11, 242 274 287, 289 291, 292 289 f 290, 293 213 213 10 10 96 213 f 84 293 213 99, 205, 252 (252), 293 244 99, 205, 293
369
Stellenregister
4,33 5,30–32 5,30 f 5,31 5,41 6,1–7 6,1 6,5 6,8 – 7,60 6,9 6,10 6,11–14 7,17 f 7,25 7,37 7,51–53 7,52 7,56 7,57 7,58 7,59 7,60 7,60a 7,60b 8,4 8,8 8,12 8,22 8,26–40 8,26 f 8,32 f 8,39 9,1–9 9,3 9,20 9,29 9,35 10,36–38 10,39–41 10,43 11,14 11,18 11,21 11,23 13,1 13,5 13,14–51 13,14
277 218 27 10 f, 242, 244, 279 158 129 207 278 100, 278 207 278 278 277 10, 237 287, 291, 292 278 294 278, 293 278 278 278 11, 100 278 278 156 158 146 f, 156 242 51, 314 190 4, 50, 82, 117, 190, 208 158 243 218 12 207 242 10 27, 218 10 f, 279 10 96, 242, 245 242 158 177 276 276 276
13,15 13,23 13,24 13,26 13,27 13,38 f 13,38 13,44 13,45–51 13,47 13,48 13,50 13,52 14,1 14,2–7 14,4 14,5 14,9 14,14 14,15 14,22 15,3 15,11 15,19 16,14 16,17 16,30 f 16,34 17,1–9 17,1 f 17,2 17,5–9 17,6–9 17,10 17,13 f 17,30 18,4 18,6 18,19 19,4 19,8 19,9 19,10 20,7 20,11 20,21 20,25 20,27
276 10 242 (242) 10 213, 279 10 f, 280 279 276 276 10, 145, 276 96, 158 277 158 276 276 277 213 10 277 242 146 158 10 242 169 10 10 158 277 276 276 276 277 276 276 100, 205, 242, 279 276 276 276 242 f (242) 146 f, 156, 276 276 f 156 45 45 156, 242, 243 146 f, 156 244
370 20,28
Register
28,27 28,28 28,31
10, 44 (44), 47 (47), 157, 314 96 243 218 95 11 277 243 218 278 242–244, 284 243, 277 11, 242, 243 243 242 145 1 27 309 309 269 (269) 27 146 f, 156 172, 305 297, 308 f 237, 267, 268 f (269), 270, 277 269, 271 10, 309 146 f, 156
Römer 1,3 f 3,25 4,25 5,6 5,8 8,32 9,17 f 14,15 15,8
218 107 78 122 44, 122 78, 122 277 44, 122 165
1. Korinther 1,13 6,2 f 8,11 11,20
122 164 44 141
21,20 22,6–21 22,6 22,14 22,16 22,21 26,12–18 26,13 26,16 f 26,17 f 26,17 26,18 26,18a 26,20 26,23 27,1 f 28,16–31 28,19 28,22 28,23–31 28,23–28 28,23 28,25–28 28,26–28 28,26 f
11,23–25 11,24 11,25 15,3–8 15,3 15,4 15,6 15,54
68, 76, 118, 119, 141 45, 53, 65, 118, 122, 134 (134) 118, 119, 126, 133 f 218 5, 44, 78 220 210 190
2. Korinther 4,5 f 5,14 5,15 5,21
218 122 44 78 (78)
Galater 1,4 1,12 1,14 1,16 2,20
78 218 5 218 122
Philipper 2,8 f
218
1. Thessalonicher 5,10 122 Philemon 2,6–10
45
1. Petrus 2,24
78
Hebräer 9,28
78
VI. Neutestamentliche Apokryphen Oxyrhynchus Papyri 1,6 261 Thomasevangelium 31 261
371
Stellenregister
VII. Targume Targum Onkelos Ex 24,8 69 Targum Pseudo-Jonathan Ex 24,8 69
VIII. Altkirchliche Literatur Augustin Epistulae 149,32
235
Hieronymus Epistulae 108,8
235
Theodoret von Kyros Jesaja-Kommentar Jes 61,1 f 253
Autorenregister (Kursiv gesetzte Seitenzahlen beziehen sich auf die Fußnoten) Aalen, S. 70 Albertz, R. 283, 291 Aletti, J.-N. 258 f Amphoux, C.-B. 117 Anderson, R. H. 4 Arndt, W. F. 100 Asante, E. 153 Avemarie, F. 11 Baarlink, H. 151, 260, 276 Baltzer, K. 253 Barclay, W. 100 Barrett, C. K. 4, 141, 164, 252 Barth, G. 3, 38, 66 f, 71 Bartsch, H.-W. 175 Bastiaens, J. C. 111, 167 Bastin, M. 122, 165 Bate, H. N. 116 Baumbach, G. 11 Beasley-Murray, G. R. 117, 154 Beauchamp, P. 278 Beck, B. E. 5 f, 43, 54, 95 Benoit, P. 117, 125, 200, 254 Berger, K. 38, 49, 69, 118, 253 Bergholz, T. 276 Berkowitz, L. 18 Betz, H. D. 210 Betz, O. 4, 216, 219 Beuken, W. A. M 82, 253 Beyer, H. W. 165 Billerbeck, P. 101, 106, 132, 141, 257 Birdsail, J. N. 117 Bisping, A. 235 Black, M. 141 Blenkinsopp, J. 253 Bock, D. L. 5, 34, 99, 105–107, 117, 121, 151, 252, 260, 263, 281 Bösen, W. 137, 139, 140 f, 148
Böttrich, C. 5–7, 9, 11, 14, 22, 26 f, 33–37 (33–36), 39, 48, 54, 64, 118, 162 Bohnet, J. M. 215–219, 222, 272 Bons, E. 102 Bornhäuser, K. 107, 260 Bornkamm, G. 119, 133 Borse, U. 228 Bouwman, G. 216 Bovon, F. 2, 3, 6, 11, 13, 16, 21, 39, 44, 153, 195, 257, 283, 298 Bowen, C. R. 235 Bowman, J. W. 254 Box, G. H. 141 Brandt, S. 63 Braumann, G. 268, 274 Breuning, W. 39 Breytenbach, C. 60, 65 f, 72, 75, 78 Brooke, A. E. 14 Brown, R. E. 99, 240, 297 f, 303, 306 Bruce, F. F. 214 Buckwalter, H. D. 55, 265 Büchele, A. 92, 99, 101, 288, 294 Bultmann, R. 7, 89, 161 Burkitt, F. C. 116, 141 Busse, U. 257, 259, 261, 263, 265 Cadbury, H. J. 3, 48 Cadoux, C. J. 254 Carpenter, L. L. 254 Carras, G. P. 99 f Carroll, J. T. 97, 101 Cassidy, R. J. 98 Chadwick, H. 117 Chico Cano, M. 177 Chilton, B. D. 257 f Claß, H. 77 Cohn-Sherbok, D. 131
374
Register
Collins, A. Y. 196 Combet-Galland, C. 211 Combrink, H. J. B. 263, 281 Conzelmann, H. 3, 6, 47, 101, 148, 155, 196, 217, 225, 243, 265, 267 f (267 f), 275 Cosgrove, C. H. 249, 275 Counet, P. C. 221 Crane, T. E. 101 Creed, J. M. 3, 21, 89, 96, 97 Crockett, L. C. 257 f, 284 Crossan, J. D. 94 Crowe, J. 91, 97 Crump, D. M. 92, 99 f, 181, 228, 235 Dalferth, I. U. 9, 10, 36, 42, 59, 77 Dalman, G. 141, 164 Dammers, A. H. 98 Danker, F. W. 12, 99 Daube, D. 100 Dawsey, J. M. 270 Dean, R. J. 100 Debrunner, A. 125, 218, 282 DeLeers, S. V. 226 Delling, G. 230 Delobel, J. 99 Derrett, J. D. M. 110, 175 Dibelius, M. 5, 89, 101, 118, 182, 196 Dillon, R. J. 211, 213, 229, 235 f Dittert, K. 122, 161 Doble, P. 3, 11, 14 f, 30–33 (31), 47, 94, 96, 104 Dömer, M. 226 Dohmen, C. 127 Doohan, L. 11 Driver, G. R. 106 Drury, J. 195 Dungan, D. L. 101 Duplacy, J. 181, 185 du Plessis, I. J. 254 Dupont, J. 151, 168, 213 Dussaut, L. 212 Eagar, A. R. 116 Eberhart, C. 99 Eckey, W. 168, 262 f, 273, 281, 285, 304 Eckstein, H.-J. 149, 217 Edwards, O. C. 110
Elbogen, I. 257 Elliger, K. 61, 253 Ellis, E. E. 46, 53, 92, 99, 155, 257 Eltester, W. 265, 274 Ernst, J. 5, 99, 151, 265, 274, 280, 283 Euler, K. F. 190 Evans, C. F. 91, 94, 101 Farris, S. 306 Fascher, E. 249 Feldkämpfer, L. 92, 99, 181 Feneberg, R. 144 Feuillet, A. 55, 99, 273 Fiedler, P. 228 Finkel, A. 257 Fischer, J. 142 Fitzmyer, J. A. 89, 90, 94, 96, 99, 116 f, 121, 211, 235, 252, 265, 268, 281, 298, 304 Flanagan, N. 10 Flender, H. 2, 6, 14 f, 21 f (21 f), 23, 26–28, 33, 38, 268 Flusser, D. 100, 196 Fohrer, G. 57 Ford, J. M. 255 Frankenmölle, H. 175 Franklin, E. 54, 94, 216, 254 Freedman, D. N. 191 Frenschkowski, M. 211, 229 Frey, J. 7, 14, 33, 38, 40, 59, 62 f (62), 64, 79 Friedrich, G. 15, 22, 40, 42, 66, 133, 225 Fuchs, A. 262 Fuller, R. H. 5, 44, 46, 211 Fusco, V. 91 García Pérez, J. M. 192 Gaukesbrink, M. 38, 79 George, A. 5, 11, 44, 101, 122, 151, 244, 268 Gese, H. 66 f, 72 f, 75, 106 f, 126, 131– 133, 139 f, 142 f, 185, 196–198 (197 f), 199, 202 (202), 217, 221, 287 Gestrich, S. 62 f, 77 Giles, K. 11 Gill, J. H. 270 Gillman, J. 173, 269
Autorenregister
Glöckner, R. 4, 6, 21, 22–24 (23 f), 25 f, 28, 29, 44, 55, 153, 162, 217, 241, 252, 269, 275 Gnilka, J. 5, 80, 198 Gollwitzer, H. 99 Goppelt, L. 218 Grässer, E. 1, 68, 127, 265, 267, 274 Grappe, C. 211 Grass, H. 217, 230 Gray, G. B. 142 Green, J. B. 4 f, 95, 103, 108, 120, 135, 144, 196, 283 Grelot, P. 152 Grimm, W. 89, 121, 122, 124, 161 (161), 286 Gross, W. 127 Grundmann, W. 4–6, 92, 98, 134, 246, 260, 273 Gubler, M.-L. 41, 61, 63, 65, 203, 288, 295 Guillaume, J.-M. 211 Haag, E. 56 f, 149 Haenchen, E. 12, 216 Hagene, S. 2, 4, 6, 14, 17, 21, 28, 29 (29), 30, 35, 44, 47, 54, 89, 284 Hahn, F. 63, 66–70, 121 f, 125, 133, 141 f, 161, 200, 287, 290 Harbsmeier, G. 9 Harnack, A. 98, 100, 181 Harrington, J. M. 187 Haubeck, W. 118, 133, 161, 165 Hauck, F. 91, 230 Heckel, U. 232 Hegermann, H. 190 Heil, J. P. 126, 160, 165 Heinemann, J. 257 Hendrickx, H. 235 Hengel, M. 33, 49, 64, 75, 78, 80, 90, 120, 163, 177, 200 f, 207 f, 257 Henten, J. W. van 6 Hermisson, H.-J. 51, 56, 57, 60, 61, 63, 90, 95, 122, 145, 166, 174, 180, 189, 253 f, 288, 300 Hieke, T. 190, 194 Hill, D. 281 Hofius, O. 7, 41, 57, 60 f, 63, 66, 70, 75 f, 78, 119, 122, 133 f, 201, 242, 245
375
Holleran, J. W. 181 Holtz, T. 101, 189 Hooker, M. D. 48, 94, 200 Hultgren, A. J. 4, 265 Hüttenberger, T. 62 Iersel, B. van 211 Janowski, B. 38, 51, 56 (56), 57, 60, 63, 66 f, 72, 74 f, 77, 90, 96, 107, 122, 189, 197 f, 300 Janssen, F. 101 Jean d’Arc, Sr. 211, 232 Jenni, E. 123 (123) Jeremias, J. 44, 56, 58, 60, 72, 98 f, 101, 104, 117, 119, 121, 131, 132 f, 141, 165, 189, 194, 200, 213, 260 Jervell, J. 271, 274, 289 Jörns, K.-P. 77 Jones, D. L. 48, 54, 119, 252 Jonge, M. de 5, 54, 101 Just, A. A. 89 f, 99, 106, 213, 219, 241, 288 Käsemann, E. 1–4, 6, 35, 38, 265, 267 Kaiser, O. 56, 70 Karavidopoulos, J. D. 110 Karrer, M. 34, 66 f Karris, R. J. 11, 54, 96 f, 229 Kee, H. C. 286 Kellenberger, E. 266 Kellermann, D. 57, 60, 83 Kellermann, U. 110, 253 Kessler, H. 23, 41, 44 Kilpatrick, G. D. 94, 116 Kimball, C. A. 258, 260, 281 Kingsbury, J. D. 288 Kittel, G(erhard) 215 Kittel, G(isela) 19, 59, 77 Klein, G. 267 Klein, H. 89, 107, 168 Kleinknecht, K. T. 56, 139 Klostermann, E. 265 Knabenbauer, J. 229 Knöppler, T. 7, 37, 58 f, 74, 122 Koch, D.-A. 194 Koch, K. 57 Koch, R. 255
376
Register
Kodell, J. 4, 6, 47, 98, 111, 257 Koenen, K. 253, 287 Koet, B.-J. 235, 255, 260, 263, 281 Kolasny, J. M. 276 Kooij, A. van der 78, 189, 190 f Kosmala, H. 118 Kränkl, E. 4, 48 Kratz, R. G. 290 Kremer, J. 269 Kruger, H. A. J. 175 Kümmel, W. G. 1, 12, 150, 268, 297 Kuhn, K. A. 233 Kuhn, K. G. 181 f Kurz, W. S. 114, 267 Kutsch, E. 57 Lachs, S. T. 131 Lagrange, M.-J. 235 Lampe, G. W. H. 54, 95, 175, 252 Lang, B. 125, 132 Lang, F. 119, 125, 133, 143 Lau, W. 253, 282 La Verdiere, E. 113 Leany, A. R. C. 265 Lehmann, K. 35, 36 Léon-Dufour, X. 114, 199, 211, 234, 283 Lepers, E. 235 Leveque, J. 151 Lichtenberger, H. 118, 121, 126 f, 130, 139, 185 Lindars, B. 196, 198 Lindemann, A. 147, 151 Löning, K. 74, 265, 268, 284 Lohfink, G. 216 f, 271, 274 Lohmeyer, E. 125, 252 Lohse, E. 5, 99, 121, 133, 161, 266 Losada, D. A. 235 Luck, U. 268 Lull, D. 160 Lund, N. W. 258 Luz, U. 40 Maddox, R. 151, 265, 274 f März, C.-P. 259 Magne, J.-M. 138 Manson, T. W. 54 Marshall, I. H. 22, 46 f, 54, 91, 94, 99, 117, 151, 181, 268, 275
Martin, R. P. 54, 100 Marxen, W. 4, 268 Matera, F. J. 5, 114, 195, 287 Maurer, C. 96, 192, 200 f McLay, R. T. 190 Merk, O. 147 Merklein, H. 67, 75, 133 Merz, A. 211 Metzger, B. 97 Meynet, R. 211 Michel, O. 91 Milik, J. T. 191 Miller, P. D. 281 Mittmann-Richert, U. 36, 39, 44, 67, 74, 81, 97, 128, 130, 143 f, 163, 170, 185, 205, 207, 222, 225, 230, 244, 289, 302–304 Moessner, D. P. 270, 272 Monshouwer, D. 258 Morris, L. 257 Morrow, F. J. 191 Müller, P.-G. 29 Muraoka, T. 164 Nebe, G. 255, 287, 295 Neyrey, J. 114, 151, 159 Niehr, H. 124 Nolland, J. 99, 117, 185, 260 Noorda, S. J. 261 Nüssel, F. 19 Nützel, J. M. 217, 233 Ó Fearghail, F. 260 Oswalt, J. N. 253 O’Toole, R. F. 4 f, 28 f, 43 f, 54, 151, 252, 274 Overbeck, F. 1 Panagopoulos, J. 268, 275 Parker, P. 117 Patsch, H. 49, 65, 121 Perrot, C. 257 Perry, J. M. 220 Pesch, B. R. 47, 118, 124, 161 f, 217, 289 Plevnik, J. 226 Plummer, A. 98 f Pokorný, P. 4, 6, 11 f, 15, 22, 25–27, 29 (29), 153, 235
Autorenregister
Porporato, F. X. 116 Pöttner, M. 226 Prete, B. 101, 235 Preuss, H.-D. 71 Prieur, A. 147 f, 150, 152, 155, 161 Puech, É. 255 Qimron, E. 191 Radcliffe, T. 211, 235 Radl, W. 5, 101, 276 Ray, J. L. 270, 274 Redl, F. 18 Rehkopf, F. 194 Reinbold, W. 195 Renan, E. 6 Renaud, B. 127 Rengstorf, K. H. 89, 91, 100, 117, 149, 260, 273 Renz, J. 300 Rese, M. 4, 48, 50, 72, 117, 152, 161 Riesner, R. 195, 207 Rilke, R. M. 233 Rinaldi, B. 283 Ringgren, H. 163, 281 Robinson, B. P. 229 Röhser, G. 38, 40–42, 59 f, 65–67, 74 f, 78 f, 193 Roloff, J. 161, 163, 217, 229 Rosenkranz, S. 106 Ruckstuhl, E. 218 Ruppert, L. 288 Rusam, D. 83, 252, 306 Sabourin, L. 91, 99 Sanders, J. A. 191, 253, 255, 281 Sanders, J. T. 274, 282 Sawyer, J. F. A. 106 Schaede, S. 76 Schäfer, K. T. 117 Schanz, P. 230 Scheffler, E. H. 211 Schelkle, K. H. 96, 138 Schenker, A. 71 Schiffers, M. 235 Schillebeeckx, E. 218 Schlatter, A. 119, 154, 281 Schlosser, J. 99, 101, 161
377
Schmid, J. 98 Schmidt, D. 109 Schmithals, W. 96, 101, 268 Schnackenburg, R. 5 f, 9, 11, 15, 19, 25 f, 34, 37, 38 f Schneider, G. 91, 99, 177, 182, 211 Schnider, B. 211 Schoberth, W. 9, 19 Schreiner, S. 127 Schröter, J. 14, 33, 62 (62), 63, 74 f, 121, 134 Schubert, P. 210 Schürer, E. 257 Schürmann, H. 34, 46, 114, 116, 117, 119, 133 f, 138, 141 f, 152, 189, 200 Schütz, F. 259 Schulz, S. 4 f, 11–13, 29, 45, 105, 216, 241, 248, 267, 275, 279 Schweizer, E. 1, 8, 11, 15, 47, 99, 117, 133, 139, 194, 280, 283 Schwemer, A. M. 55, 97, 99, 101, 157, 161, 163, 195, 211, 230, 269, 288 Seccombe, D. P. 54, 89, 281 Seeligmann, I. L. 78 Sloan, R. B. 281 f Smyth-Florentin, F. 211 Snodgrass, K. 117 Söding, T. 78 Squires, J. T. 275 Stalder, K. 4 Stanley, D. 5 Steck, O. H. 56, 71, 125, 220, 290, 294 Stenger, W. 211 Steyn, G. J. 194 Stöger, A. 55 Stolina, R. 19, 77 Strack, H. L. 101, 106, 132, 141, 257 Strobel, A. 282 Stuhlmacher, P. 9, 14, 40, 42, 55, 59, 66, 68, 71, 73, 75, 77 f, 108, 119, 120, 121, 131–133, 139, 148, 162, 164 f, 200 (200), 218 Sylva, D. D. 108 Taeger, J.-W. 6, 11, 17, 95, 242 f, 279 Talbert, C. H. 2, 46, 10 Tannehill, R. C. 165, 257, 260, 271, 281, 285, 289
378
Register
Taylor, V. 89, 194, 206 Theissen, G. 19, 211 Theobald, M. 113, 119, 128, 131, 142, 154 Thornton, C.-J. 45, 208 Throckmorton, B. H. 116 Thyen, H. 129, 165 Tiede, D. L. 97, 99, 104 f, 117, 258, 265, 275, 287, 291 Tilborg, s. van 221 Tolbert, M. 276 Tov, E. 189, 255 Trilling, W. 107 Tuckett, C. 281 Tyson, J. B. 15 Ulrich, E. 191 Unnik, W. C. van 10 Untergassmair, F. G. 4, 16, 24 f, 29, 30, 39 Vermeylen, J. 127 Vielhauer, P. 1, 3, 149, 265 Violet, B. 260 Völkel, M. 152 Vollenweider, S. 60 Vööbus, A. 117 Voss, G. 5, 12 f, 17 f, 29, 119, 162, 216
Wagner, H. 13 Wanke, J. 210, 230, 238 Wasserberg, G. 27 f (28), 266 f, 275, 280 Weippert, H. 127 Weismann, F. J. 235 Westermann, C. 70, 291 Wette, W. M. L. de 248 Wiefel, W. 5, 117, 161, 283 Wiencke, G. 12 Wikenhauser, A. 216 Wilckens, U. 1, 4 f, 9, 12, 15, 44 f, 47, 85, 95, 216 Wildberger, H. 140, 142, 299 Wilson, s. G. 280 Wineman, D. 19 Wohlmuth, J. 130 Wolff, H. W. 56, 61, 70, 99, 111, 121 f, 125, 245 Wolter, M. 147, 156 Zager, W. 38, 40 Zehnle, R. 5, 10 Zenger, E. 127 Ziegler, J. 142, 190 Zimmerli, W. 56 f, 84, 253 Zimmermann, R. 59, 67, 72, 75 Zwiep, A. W. 218, 223
Namen- und Sachregister (Kursiv gesetzte Seitenzahlen beziehen sich auf die Fußnoten)
Abendmahl/Herrenmahl//Eucharistie/ eucharistisch 64–78, 110–138 I. Historischer Kontext der Abendmahlseinsetzung 108, 132, 134 – Haftpunkt des Lösegeldwortes 163 II. Traditionsgeschichtlicher Hintergrund (s. auch Abendmahlsworte II.) – im Kontext der atl. Mahltraditionen 108, 141, 144 f, 202 – Passabezug 140–144 (142) – Stiftung des neuen Bundes 61, 68–70 (68, 70), 73, 84, 118, 126– 131, 144, 152, 154, 166, 184 f, 202 – Zeichenhandlung/Gabe von Brot und Wein/Brot- und Kelchdarreichung (s. auch Kelcherhebung) 68, 130–134 (133), 138, 158, 167, 184, 200, 203, 233 – Toda des Auferstandenen 132, 202 f III. Theologische Aspekte – christologische Bedeutung 232 – eschatologischer Charakter 138– 157 (144), 202, 235, 246 f – Gedächtnis des Todes Jesu 42, 114 f, 144, 145, 203, 232 f, 244, 246 f – Gemeinschaftscharakter (s. auch Tischgemeinschaft) 136 f, 176, 232 – offenbarungsgeschichtliche Bedeutung/Offenbarungscharakter 64–78, 82, 87, 130, 135, 166, 200 f – Sühne-/Stellvertretungscharakter 35, 42, 44 f, 53, 65–67, 75,
122, 129 f, 133, 135–137, 144, 154, 200 – Wortcharakter 68, 158, 199–204 IV. Nachösterliche Reflexion – Bezugspunkt der neutestamentlichen Deutung des Todes Jesu 64–79, 87, 184, 199–203, 229, 234, 246 f V. Lukanischer Kontext – Erzählerische Gestaltung durch Lukas (allg.) s. Abendmahlserzählung/-perikope, lukanische – heidenchristliche Ausrichtung 156 – nachösterliche Reflexion in der Emmausperikope 213, 229, 232– 235 (232 f), 245–248 – neuer Kontext des markinischen Lösegeldwortes 103, 136 – Teilnahme des Lukas am Abendmahl der Gemeinde 45 (45) Abendmahlsdebatte/-diskussion/-kontroverse; s. auch Opferdebatte/ Opferkritik; Stellvertretungsdebatte etc. 38–40, 66 Abendmahlselemente 114 – Brot 114, 133, 158, 184 – Wein 114, 118, 133 Abendmahlserzählung/-perikope, lukanische 38, 48, 108, 110–176 (111, 114, 139, 141), 184 f, 193, 202, 246, 254 Abendmahlsparadosis/-überlieferung/-tradition (urchristliche Entwicklung) 65, 76, 119, 127–129, 133 f, 141, 203, 235 Abendmahlsworte/Abendmahlseinsetzung/Einsetzungsworte 116–138 I. Historischer Kontext/Ursprungsgestalt 65, 68 (68), 119, 133, 134 (134), 191, 203
380
Register
II. Traditionsgeschichtliche Bezüge/Kultusbezug (s. auch Abendmahl II.) 64–79 (65, 68), 74, 112, 120–137 (121, 133), 143, 144, 145, 148, 191 f, 200, 207 III. als Grundlage der Deutung des Todes Jesu 64–79, 110–138, 200– 203, 231–234 IV. Lukas (Lk 22,19–20) – Form 44, 53, 118 f (119), 121 f (122), 124–126, 128, 130 f, 132 f, 133–135, 137, 138, 203, 232, 234 – Kontextbezug 138, 174 – soteriologische Bedeutung/“für euch“ 5, 35 f, 38, 40, 48, 82, 87, 110 f, 115, 118–121, 122, 124– 127, 128, 130 f, 134–138 (134), 139, 140, 148, 154, 157–159, 162 (162), 174, 184, 186, 200, 203, 207, 232–234 (232) V. Markus (Mk 14,22–24) – Form 53, 118–121 (122), 123 f, 126, 131, 133–135 (133), 137, 138, 203, 234 – soteriologische Bedeutung 44, 121 (121 f), 124–127, 130 (130), 133– 135 (133), 137, 148, 200 VI. Matthäus (Mt 26,26–28) – Form 118 – soteriologische Bedeutung 135 VII. Paulus (1.Kor 11,23–25) – Form 53, 118–120 (119), 122, 126, 132, 133 f (133), 203, 234 – soteriologische Bedeutung 126 f, 130 f, 133–135 (133 f) Abrahambund 289, 290 Adam 183, 200 – alter – neuer 182 f, 185 f Ägypten, ägyptisch – Exodus aus Ägypten s. Exodus – Land der Knechtschaft Israels/ Sklavenhaus 140–142 (141 f), 145, 221, 223, 225 – Macht des Bösen/Todes-/Chaosmacht 142 f (143), 174 – „Leviathan“ 174 – Pharao s. Pharao – „Rahab“ 142, 143
Agonie Jesu (Gebetskampf auf dem Ölberg) 181, 183 Älteste (Israels) 139, 278 Äonenwende s. Zeitenwende Äthiopisches Henochbuch 103 Alexandrien 170 Allerheiligstes (Tempel) 107, 108 Altar 66, 126 Anthropologie, anthropologisch 41 I. Alttestamentliche 76 II. Aspekte biblischer Texte – Abendmahlserzählung, lukanische (Lk 22,14–38) 113, 115, 157, 167, 173 – Auferstehungserzählungen, lukanische (Lk 24) – Systematisierung durch Lukas 239 – Emmauserzählung (Lk 24,13– 35) 227, 246, 271 – Jes 53 169, 292 – Kreuzigungserzählung, lukanische 90 – Leidensankündigungen, lukanische – Systematisierung durch Lukas 239 – Nazaretherzählung (Lk 4,16– 30) 256, 267 – Sündenfallerzählung (Gen 3) 184, 279 III. Aspekte biblischer Traditionen – Bund Gottes mit Israel 127 – Reich-Gottes-Vorstellung, lukanische 150 (150) – Kultus, Metaphorisierung 74 IV. Lukanische – Verhältnisbestimmung von Anthro pologie und Soteriologie in der Lukasforschung 15–17 (17), 22–26, 29, 33 f, 40, 42 – Voraussetzungen der Christus-/ Heilserkenntnis 266 f, 271, 283 – Voraussetzungen der Heilszueignung/des Heilsempfangs 113, 115, 242 f, 275 V. Paulinische 185 Antijudaismusdebatte 27 f Antiochien in Syrien: Haftpunkt der protolukanischen Passionstradition 119
Namen- und Sachregister
Antiochien in Pisidien: paulinische Mission 276 f Apokalyptik, apokalyptisch – Entrückungsvorstellungen 225 – Profil von Ps 22 197, 203 – Struktur des Wortgeschehens am Kreuz 199 Apologetik, jüdisch-christliche 265 Apostel/Apostolat – des Gottesknechts 282 – Jesaja 277 – Jünger Jesu 224, 277 – Paulus in der Apostelgeschichte 277 (277), 284 Apostelgeschichte 172, 204 f, 218, 222, 227, 243, 268 (268), 276, 279, 286, 290, 293, 313 Armut/Arme im Lukasevangelium 147, 282 Arzt 261 f, 284 Auferstehung/Auferweckung 202 I. Jesu 216–225 I.1 Traditionsbezug – Bezug zum Exodus 277 I.2 Gesamtkontext des Christusgeschehens – Auferstehung und Erhöhung/Eintritt in die Doxa/Himmelfahrt 214, 216–225 (217), 229 f, 235, 241, 242, 246, 272 – Frage des Verhältnisses zur Ankündigung des „Heute“ des Paradieseseintritts in Lk 23,43 152 – Tod und Auferstehung 55, 84, 107, 185, 198, 209, 215, 218 f, 224 f, 229 f (230), 239–241, 242, 245– 248, 271, 272, 293, 314 I.3 Erscheinungen – vor den Jüngern/leibliche Gegenwart 210, 216–219, 221–223 (221), 229, 232, 248 – vor Paulus 218 I.4 Erzählerische Stilisierung der Auferstehungsereignisse in den Evangelien ( s. auch Auferstehungserzählungen, lukanische) 87 f, 132, 158, 168, 170, 172, 187, 209, 211– 213 (213), 215, 217, 219, 222–225, 227, 229, 238–249, 298 f
381
I.5 Soteriologische Bedeutung 24, 29, 32, 107, 145, 150 II. des Menschen – der Heiligen in Mt 27,52 f 198 f – in Ps 22 197 f Auferstehungsbotschaft 81, 229, 231, 233, 238, 313 Auferstehungserzählungen, lukanische (s. auch Auferstehung I.4) I. Gesamtkomposition/-konzep tion 80 f, 218 f, 221, 225, 231, 238–249 (238), 286 II. Einzelerzählungen – Auffindung des leeren Grabs (Lk 24,1–12) 230 f, 238 f – Emmauserzählung (Lk 24,23–35) s. Emmauserzählung – Erscheinung vor dem Jerusalemer Jüngerkreis (Lk 24,36–49) 237, 239–241 – Himmelfahrt (Lk 24, 50–53) s. Himmelfahrtserzählungen/berichte Auferstehungsglaube s. Glaube Auge(n) (Erkenntnisbegriff; s. auch sehen) 139, 218 f, 224, 227 f, 236, 243 f, 248, 256, 258, 259, 260 f, 263, 266, 269, 271, 273 f, 278, 284, 293, 306 Augenzeugen s. Zeugen Auserwählter/Erwählter (Titel) 93, 102– 104 (103), 109, 188, 205 (205), 255 Babel 290 Becher s. Kelch Bekehrung s. Umkehr Bekenntnis, christliches 9 f, 87 Benediktus (des Zacharias) 130, 303 f, 306 (306) Benennung Jesu, vorgeburtliche 299, 303 Berufung – des Gottesknechts (AT) s. Gottesknecht I.1 – Jesajas 277 – Jesu/des Gottesknechts 298–305 – des Gottesknechts/des Propheten in Jes 61,1 60 – des Paulus 277 beten s. Gebet, beten
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Register
Beter – in den Psalmen 131, 197 – im Qumranschrifttum 255 Bethlehem 313 Blindheit (als neg. Erkenntnisbegriff)/Verblendung – der Jünger Jesu 175, 211 f, 227, 231, 247, 270 – des Menschen allg./der Welt 93, 155, 175, 227, 233, 235 f, 243, 246, 263 f, 266 f, 270, 279, 283 – der Nazarener (Lk 4,16–30) 258, 261, 263 f, 266, 281 – des Paulus 243 f Blut – des Bundes 69, 126, 128, 139 – identisch mit Leben 123 f, 131, 182 – Jesu/des Gottessohnes 36, 44, 53, 65, 70, 73, 75, 119, 122 f, 125 f, 129, 131 (131), 133 (133), 136, 138, 140, 157, 181–185 (181 f, 185), 217, 221, 232 – des Opfertieres 66, 69, 126, 131 – Sühnkraft/Sühnemittel 124, 136, 182 (182), 185 Blutapplikation/Blutritus/Blutsprengung 66, 69, 126, 128, 140 Böses/Bosheit (s. auch Satan; Tod, allg. Gebrauch) 142 f (142 f), 153, 159, 165, 170, 171, 173–175, 221, 239, 279, 292 Bote Gottes s. Engel/Bote Gottes Brot – allg. Gebrauch 148, 184 – Abendmahlselement s. Abendmahls elemente – Brot Brotausteilung/Brotbrechen – Abendmahl 118, 184, 229, 232–234, 246 – Mahl in Emmaus 229, 232–235, 246 Brotvermehrung 232 Brotwort s. Abendmahlsworte Bund 51, 65, 68 f (68), 133 – Abrahambund s. Abrahambund – alter/Israelbund/Sinaibund 18, 61, 68, 69, 126, 127, 128–130 (130), 139 f (139), 145, 157, 185, 192, 289 – in Apg 3,22 f 289 (289) – in den Einsetzungsworten s. Abendmahl II. und Abendmahlsworte II. – Exodusbund (Forschungsthese) 128
– Friedensbund nach Jes 54,8–10 186 – neuer/eschatologischer 13, 15, 61, 68–70, 73, 75, 118, 126–133 (127 f, 132), 139 f, 143 f (144), 146, 154, 156, 166, 171 f, 184–186, 202, 310 – Noahbund 129 – personale Transformation in den Gottesknechtsliedern/bei Deuterojesaja 60, 61, 68, 69 f, 73, 75, 126–130, 156, 290, 310 – personale Transformation in der Apostelgeschichte 289, 310 – Sühnecharakter 129 Bundesblut s. Blut – des Bundes Bundeslade 107 Bundesmahl (auf dem Sinai; Ex 24,9– 11) 108, 126, 139 (139), 141, 146, 156 Bundesopfer 156 Bundesstiftung/Bundesschluß/Bundesproklamation (s. auch Jesus etc. III. – Inkraftsetzung des neuen Bundes) 69, 74 f, 84, 118, 126, 127, 128–130, 132, 133, 140, 146, 156, 171 f, 184, 202 Bundestraditionen/Bundestheologie, alttestamentliche 130, 139, 142, 144, 154, 193 Bundesverheißung 73, 125 f, 127, 130, 186 Buße 17, 97, 242, 243 Bußtaufe des Johannes 243 Chaos/Chaosmächte 106, 286 Christentum, frühes s. Urchristentum Christologie, christologisch 41 I. Aspekte biblischer Texte – Abendmahlserzählung, lukanische 113, 115 – Apostelgeschichte 290 – Emmauserzählung (Lk 24,13– 35) 233, 236, 246 f, 287 – lukanische Passionsquelle 194 f (194), 206 f – Verklärungserzählung, lukanische (Lk 9,28–36) 205 II. Aspekte biblischer Traditionen – Abendmahl s. Abendmahl III. – Adaption von Jes 53 s. Gottesknechtslieder IV.-VII.
Namen- und Sachregister
– Jerusalem bei Lukas 153 – Reich-Gottes-Vorstellung, lukanische 150 III. Urchristliche Entwicklung 60, 72, 193, 207, 294, 295 (295) IV. Lukanische im Spiegel der Forschung 11, 22, 25 f, 29, 34, 54, 87 f, 128, 162, 282, 287 f, 290, 294, 313 – Titel im lukanischen Doppelwerk 84, 93–97 (96), 104 f, 205, 213, 262, 278, 280, 284–290 (286 f), 293 f, 314 Christus s. Jesus Christusbekenntnis des Petrus s. Petrusbekenntnis Christuserkenntnis/Erkenntnis Jesu s. Erkenntnis etc. III. Christuserscheinung/-offenbarung vor Paulus s. Paulus – Christuserschei nung/-offenbarung Christusgeschehen/-ereignis (s. auch Kreuzesgeschehen; Tod Jesu) 16, 52, 64, 299, 313 – Bezug zum Sinaigeschehen 73 – Deutung auf der Grundlage der Gottesknechtstradition s. Gottesknechtslieder IV.-VII. – Erfüllung der Verheißungen des alten Bundes s. Verheißung(en) – Erfüllung in Christus – heilsgeschichtlicher Rahmen 74, 265, 267 f, 297 – kultische Deutung 72, 74 – Verkündigung s. Verkündigung VI. Christustitel s. Christologie, christologisch IV. Christusverkündigung/-botschaft s. Verkündigung VI. Dämon 239, 286 Dämonenbindung 286 Danklied s. Todapsalm Dankopfer s. Toda David 213 f Davidide, davidisch, Haus/Geschlecht Davids (s. auch König etc.; Messias etc.) 73, 97, 102, 214, 286, 287, 295, 298, 300, 302–304, 308
383
– Sproß s. Sproß Davidtradition 214, 304 Demetrios, jüdischer Exeget und Historiograph (Ende 3. Jh. v. Chr.) 170 Deuterojesaja (s. auch Jesaja, Buch/jesajanische Prophetie allg.) – eschatologische Neuinterpretation der Exodustradition 84, 290 f – Gottesknechtslieder s. Gottesknechtslieder I. – Lösegeldwort (Jes 43,3 f) + Kontext 161 f – personale Transformation der Bundesvorstellung s. Bund personale Transformation in den Gottesknechtsliedern/bei Deuterojesaja – Universalisierung des prophetischen Amtes 289 – Verkündigung 245 deuteronomistisch, Tradition vom gewalt samen Geschick der Propheten 288, 294 Diener – Jesus/Christus als 164 f (165) – Paulus als Diener Jesu 278 Dienst/dienen – Begrifflichkeit (MT, LXX) 163–165 – Gottes an Israel 162, 164 – des Gottesknechts 163–166, 167, 171, 174, 180 – Jesu/des Menschensohns/des Gottessohns (bezogen auf das Kreuzesge schehen) 97, 114 f, 159–168 (165), 180 – in der Nachfolge Jesu/des Gottesknechts/am Evangelium 113, 157, 160, 180, 225, 275 Doxa/Herrlichkeit 57, 80, 149, 193, 209 f, 214–225 (215), 229 f, 232, 235, 246– 248, 252, 296 f Drache 143 Einsetzungsworte s. Abendmahlsworte Ekklesiologie, lukanische 276 Elia 185 f, 222 f, 225 Elia-Erwartung 110 Elia-Mißverständnis s. Markusevangelium VI.4
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Register
Emmausjünger 87, 210, 217, 226–235 (226, 233, 235), 246–248, 288, 313 Emmauserzählung/-perikope (Lk 24,13– 35)/Weg nach Emmaus 87 f, 158, 188, 208–238 (210 f, 213, 228, 232, 234– 236), 242–248, 256, 263, 266 f, 269– 271 (269), 273 f, 279, 285–288 Empfängnis des messianischen Kindes (Jes 7,14) 302 Endzeit/-geschehen/-ereignisse 155, 168, 172, 174, 293 endzeitlich s. Eschatologie, eschatologisch/endzeitlich Endzeiterwartung/-hoffnung 142, 143 Engel/Bote Gottes 181 f, 184 f, 205, 219, 230–234, 238 f, 262 Entrückung 225 Entsühnung/Entschuldung/Schuldbefreiung/Sündenvergebung/Überwindung der Sünden- und Todesverfallenheit/der Macht des Bösen (s. auch Erlösung; Sühne) I. Israels 12, 49–51, 56, 59, 62 f, 69 (69), 73, 75, 80, 100 f, 110, 121, 127, 129, 135, 156, 162, 164, 169, 172, 187, 189, 235, 247, 270, 310, 312 II. der Heiden 75, 80, 100 f (100), 121, 135, 156, 187, 245, 247, 270 III. des Menschen allg./universelle 20, 46, 51, 55, 71, 75, 89 f, 97, 99 f, 102, 106 f, 108, 109–112, 130, 133, 137, 144, 149 f, 153 f, 156, 160, 165, 184, 189, 202, 221, 225, 233, 244, 248, 251, 279, 284, 313 Erde, irdisch (s. auch Welt) 75 – Aufrichtung der Gottesherrschaft/des Gottesreichs/des Heils/des göttlichen Rechts 150, 172, 217, 281, 286, 294, 303 – „Ende der Erde“ – Ziel der Christusverkündigung 172 – endzeitliche Befreiung von der Chaosmacht 143 – endzeitliche Erhellung durch die göttliche Doxa 149, 193, 217 – Gegensatz Erde – Himmel 217 – Herrschaftsbereich des Erhöhten 296 – kultischer Mittelpunkt: Jerusalem 142
– Machtbereich/Wirkungsfeld Satans/ des Bösen 159 f, 171, 173 – Mensch/Verhaftung/Grenzen des Menschen 73, 107, 150, 197, 219–221, 271, 274, 279 – Sphäre des Leids 246 – Weg Jesu s. Weg II. – Wiederkunft Jesu 154 – Wirken Jesu s. Jesus I. Erhöhung I. des Gottesknechts (AT) 55 f, 80, 90–92, 209 f, 215 f, 236, 278, 293, 300 II. Jesu 3, 208–249 (216), 256, 278 – Eintritt/Eingehen in die Doxa 3, 80, 209, 214, 232, 246 f – Ereigniszusammenhang von Tod, Auferstehung, Erhöhung und Himmelfahrt 55, 80, 90 f, 210, 216– 225, 232, 242, 246, 248, 251, 256, 272 – herrscherliche/königliche Inthronisation Jesu 56, 154, 156, 210, 216, 218, 246–248, 256 – soteriologische Bedeutung 22, 150 Erhöhter, Jesus – Ausübung der Herrschaft des Gottesreiches 168, 219 – Erscheinung vom Himmel her 218 – der Gekreuzigte als Erhöhter bei Lukas 210, 217 – Lebensbeziehung zum Menschen 87 Erinnerung//Gedenken/Gedächtnis, erinnern/gedenken (im soteriologischen Sinn) 114, 203, 229, 231–235 (233), 238, 244–247 Erkenntnis, erkennen/verstehen I. von Gut und Böse (Gen 3) 279 (279) II. Gotteserkenntnis 87 f, 96, 237, 264, 271 III. Christologischer Aspekt: Erkenntnis Jesu/des Gottesknechts/Christus-/Sohn-Gottes-/Messiaserkenntnis – der Emmausjünger 87, 213, 233– 235 (233), 247 – der Heiden (Gottesknechtserkenntnis) 145, 157, 236
Namen- und Sachregister
– Israels (Gottesknechtserkenntnis) 87 – als Kreuzeserkenntnis/auf Jesu Tod gegründet/soteriologische Verankerung 87 f, 209, 233–235, 237, 247, 267, 309 – des Menschen allg. s. VII. – der Nazarener (Lk 4,16–30), fehlende 94, 261–264 – des Paulus 244, 271 – des Petrus 286, 309 – des römischen Hauptmanns (Lk 23,47) 93–98 (93, 96), 100, 104, 108, 109, 163, 196, 272, 303 – des Schächers (Lk 23,40–42) 91, 92, 215 – Simeons 180, 309, 311 IV. Soteriologischer Aspekt: Heilserkenntnis 91 – aus Jes 53 erwachsend/als Gottes knechtserkenntnis/ Erkenntnis des Gerechten 75, 88, 91 f, 94–96, 102, 166, 210, 236, 241, 253 – der Emmausjünger 213, 226–231 (226), 233–235 (233), 273 f – der Heiden 96, 98, 100, 109, 236, 241, 243, 291 – Israels/der Juden allg. 100, 169, 236, 244 – Josephs von Arimathia 180 – der Jünger allgemein 219, 233 – als Kreuzeserkenntnis/auf Jesu Tod gegründet 87 f, 147, 159, 210 f, 226, 229 f, 234, 236, 244, 248, 267, 273, 286, 309 – des Menschen allg. s. VII. V. Träger der Erkenntnis – Davidischer Heilskönig (Jes 11,2) 301 – Gottesknecht in Jes 53 LXX – Jesus/Christus 236 (236), 302 VI. Begrifflichkeit 227, 237 VII. Frage der menschlichen Erkenntnismöglichkeit 17, 81, 88, 91 f, 97, 158 f, 166, 172, 204, 209–211, 218, 227, 229 f, 233–237 (233), 243, 246, 248, 256, 258, 260, 263 f, 266 f, 269, 271, 273 f, 279 f, 283, 286, 306, 308, 310
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Erlaßjahr s. Jobeljahr Erlöser/Retter (Jesus Christus; s. auch Heiland/Heilsbringer) 87, 159, 166, 168, 172, 236, 268, 270 (270), 284, 297, 304 Erlösung/Rettung/Befreiung (s. auch Entsühnung etc.; Sündenvergebung; Tod etc. Jesu/des Christus/des Gottessohnes III.) – der Heiden 97, 100, 102, 139 f, 144 f, 171, 208, 222, 236, 240–242, 244, 252, 264, 267, 271 (271), 292, 309, 311 – Israels 82, 91 f, 97, 102, 112, 121, 123, 125, 137, 139, 141, 142, 145, 154, 169 f, 171 f, 208, 221 f, 224, 235 f, 241, 244, 248, 252, 263 f, 267, 271 (271), 273, 275, 277, 280, 292–294, 297, 305, 306, 309–311 – des Menschen allg./universelle 10 f, 13, 14–17 (15), 22–26, 32 f, 41 (41), 43, 57, 83, 87, 89, 91–93, 95, 97, 102, 104, 131, 136, 142, 144, 153, 155 (155), 159 f, 164, 165–168, 184, 186 f, 197 f, 202, 224, 233–237, 242 f, 251, 264, 270 f, 274 f (275), 278 f, 282, 286, 289, 292, 295 f, 306, 308 f, 313 – Schöpfungsbezug 181 f, 219, 221 Erlösungslehre s. Soteriologie Erlösungswerk Christi s. Werk Jesu/ Christi Erscheinung(en) des Auferstandenen s. Auferstehung/Auferweckung I.3 Erwählter s. Auserwählter/Erwählter (Titel) Erwählung – des Gottesknechts s. Gottesknecht I. und III. – der Heiden 274 – Israels s. Israel III. – Jesu s. Auserwählter/Erwählter (Titel) – der Propheten 282 Eschatologie, eschatologisch/endzeitlich 32 I. Aspekte biblischer Texte – Emmauserzählung (Lk 24,13– 35) 246 – Jesaja, Buch 188 – Jes 53 145 (145), 214
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Register
– Jes 61,1–3 253 – Nazaretherzählung (Lk 4,16– 30) 260 – Ps 22 197 f II. Aspekte biblischer Traditionen/ Geschehenszusammenhänge – Abendmahl 139 (139), 148, 202 – Bindung der Chaosmächte 286 – Blutausgießung 182 – Bund s. Bund – neuer/eschatologischer – Bundesmahl 139 – Exodus s. Exodus, endzeitlicher/ eschatologischer – Heilskönig/Davidide/Erbe des Thrones David s. König etc. II. – Jobeljahr 292 – Kreuz s. Kreuz I. – Heilsbedeutung/-funktion – Mahl/Essen und Trinken/Tischgemeinschaft im Reich Gottes/Jesus als Tischherr im Reich Gottes s. Mahl/Mähler – eschatologisches Mahl im Reich Gottes; Tischgemeinschaft – eschatologische; Tischherr, Jesus – eschatologischer – Neuschöpfung s. Neuschöpfung – Passa 141, 142–144 – Prophetenamt 288, 289 – Tod Jesu/Kreuzesgeschehen/ Sühnegeschehen s. Tod Jesu III. – Toda 143, 202 – Völkermahl s. Völkermahl – Zionskönigtum Gottes s. Zion – endzeitliches Offenbarwerden Gottes etc. III. Lukanische – Aufhebung der Grenze zwischen Transzendenz und Immanenz 155 – Aufhebung der bei der Vertreibung aus dem Paradies über den Menschen verhängten Strafe 184 – Aufhebung des Unglaubens/der Verstockung Israels 155, 279 – Aufrichtung des Reiches für Israel 154 – Auslösung der Menschheit aus der Gefangenschaft Satans/des Bösen/
Überwindung des Bösen 141 f, 170, 174 – Einbruch des Chaos 106 – Entsprechung von Anfangs- und Endzeit 289 – Erfüllung der Verheißungen s. Verheißung(en) – Erfüllung in Jesus Christus – Erlösung s. Erlösung/Errettung/ Befreiung – Funktion des Gottesknechts (s. auch Gottesknecht III.3) 291 f – Geschick Israels 28 – Heil/Heilswende/-zeit 143, 197, 257, 282 f – Herrschaft der auf Erden Dienenden 113 – Herrschaft Israels 154 f – Herrschaftsantritt Gottes (s. auch Reich I. Gottes) 206 – Integration der Heiden in den Israelbund 51, 108 – Jesus als Repräsentant Israels 159 – Offenbarwerden des Willens Gottes 298 – Rechtfertigung Israels und der Völker 120 f, 310 – Vollendung von Schöpfung und Geschichte/Erfüllung der Geschichte 114, 128, 172, 185, 219, 221, 245, 274, 275 f, 292, 307 – Wiederherstellung/Restitution Israels s. Israel V. – Ziel der Sendung des Gottesknechts 282 Esrabuch, drittes 143 essen (s. auch trinken; Mahl/Mähler etc.) – allg. Gebrauch 139, 141 (141), 142, 184 – im Reich Gottes s. Mahl/Mähler – eschatologisches Mahl im Reich Gottes Eucharistie, eucharistisch s. Abendmahl Evangelium 155, 243, 272, 274–276, 278 Evangeliumsverkündigung s. Verkündigung Evangelientradition 265, 294 Exil 290
Namen- und Sachregister
Exodus/Exodusgeschehen/Herausführung aus Ägypten – Bundesschluß 127 (127) – endzeitlicher/eschatologischer 84, 142 f (143), 145, 223–225, 290–292, 307 – Erzählmotive 223 – heilsgeschichtlicher Anknüpfungspunkt bei Lukas 84, 112, 140 f (141), 222–225, 277 (277), 289 – im Kontext der Passafeier 141–143 (143) – Jesu Exodus (Lk 9,31) 223 f – Schöpfungsbezug 221 Falschprophet 295 Feinde/Widersacher Gottes, Feindschaft/ Widerstand gegen Gott 94, 99, 167, 173, 186, 196, 213 f, 270 f, 285, 308 Finsternis 106, 193, 220, 251, 285, 304 f Fluchtod s. Tod Jesu III. Frau(en) – Auferstehungszeugen 228, 231, 234, 238 – klagende an Jesu Weg nach Golgatha 186 Frevler/Verbrecher/Übeltäter – Jesus als 90, 109 f, 165, 173, 205 – Mensch allg. (s. auch Sünder) 109, 112, 189 f – Schächer s. Schächer Friede – Geburtserzählung, lukanische 297 f – der Schöpfung s. Schöpfungsfriede Friedenskönig (Jes 9,5) s. König etc. II. Friedensbund s. Bund – Friedensbund nach Jes 53,8–10 Fürbitte s. Gebet Galiläa 177, 272 Gattung, antike – Abschiedsrede 114 – Rekognitionserzählung 211 Gebet, beten I. synagogales 257 II. Jesu – auf dem Ölberg s. Gebetskampf Jesu
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– für die Jünger 169, 183 – für Petrus 159 III. Stephanus 278 IV. christliches, Entwicklung 197 Gebetskampf Jesu auf dem Ölberg („Gethsemane“; Lk 22,43 f) 181–186, 221 Gebot Gottes 183, 289 Geburt – Jesu/des Knechts/des Messias 105, 295, 297–312 – des messianischen Kindes (Jes 7,14; s. auch Verheißung[en] – Geburtsverheißungen, jesajanische) 299, 302, 308 Geburtserzählung, lukanische s. Kindheitserzählung, lukanische Gedenken, gedenken/Gedächtnis, menschliches s. Erinnerung etc. Gedenken, göttliches 92 Gefangennahme Jesu 175 f, 180 Gehenna 106 Geist I. Gottes/Heiliger – Herabkunft bei der Taufe Jesu 224 – Verleihung an den Gottesknecht/ Geistsalbung (s. auch Geistträger) 82, 103 f, 255 f, 281–283, 285, 292 f, 299 – Verleihung an die Jünger Jesu/Verkündiger der Christusbotschaft/ Ausgießung an Pfingsten 219, 224, 276 II. Jesu – Übergabe in der Todesstunde in die Hände Gottes 102 f, 109, 221 III. der Weisheit und Erkenntnis 301 f IV. des Davididen in Ps 31 102 (102) V. des Stephanus – Übergabe in der Todesstunde 278 V. des Menschen (Erkenntnisbegriff) 227, 244, 266 f, 269 Geistträger (s. auch Geist I.) – Gottesknecht 188 f, 253, 255, 262, 299, 301 – Heilskönig/eschatologischer Davidide/ messianisches Kind (Jes 11,2) 300 f – Jesus 109, 188, 255 f, 262, 283 – Mose 291
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Register
– Prophet (Jes 61,1) 60, 253, 255, 280, 293, 299 f – Stephanus 278 Geistzeugung 283, 296, 301 gerecht, Gerechter, Gerechtigkeit I. Altes Testament – Davidide (s. auch Sproß) 102 (102), 303 – Gott 303 – Gottesknecht 95 f (95 f), 180, 272 – Sproß (davidischer Messias; s. auch Davidide) 97, 130 II. Apokryphen und Pseudepigraphen – Äthiopisches Henochbuch 103 – Sapientia Salomonis 104 f – jüdische Paradiesesvorstellungen 107 III. Lukas 94 – Jesus/Sohn Gottes (Titel) 32, 34, 93–97 (95), 100, 102, 104 f, 109, 177, 272, 303 – Joseph von Arimathia 180 – Simeon 180 – der sündige Mensch als vor Gott Gerechter 15, 32 – Leiden/Tod des Gerechten 102, 104 f, 139, 177, 288 Gericht – an Israel/über Zion/an den Juden 81, 186, 260, 262, 275, 289, 294, 309 – eschatologische Außerkraftsetzung 132, 295 – Gottesknecht: Erleiden des Gerichts 215 – kosmisches in der Kreuzigungserzählung 105 – Übertragung an die Jünger s. Jünger Jesu – eschatologische Richterfunktion – an der verstockten Menschheit/der un gläubigen Welt 168, 171, 186, 264, 295 – Aspekt der Sühnopfervorstellung 75, 185 Gesalbter – davidischer König s. König etc. II. – Messias s. Messias etc.
Geschichte I. Bezugsrahmen irdischer Existenz – Geschichtswirksamkeit des Offenbarungswortes 289 – Raum des Heilshandelns Gottes 144, 173, 185, 221, 264–280 – Transzendierung 145, 277, 279 II. Geschichte Israels (s. auch Israel II.) – als soteriologischer Anknüpfungspunkt für Lukas 29, 81, 83, 221 f, 226, 270 (270), 275–277, 295, 312 – eschatologische Erfüllung/Vollendung s. Eschatologie III. Geschöpf, Mensch/Geschöpflichkeit s. Mensch III. Gesetz/Gebot Gottes – Ermöglichung der Einhaltung im neuen Bund 127 – jüdisches, politische Geltung 90 – und Propheten 71 f Gestirne (s. auch Sonne; Mond) 193, 206, 220 Glaube 81 I. Israels 155 f, 169 f, 172, 274 II. der Heiden 140, 156, 169, 172, 240, 244 III. der Jünger Jesu 153, 159, 165, 169, 233 IV. des Paulus 243 V. des Menschen allg. – Anfechtung/Gefährdung/Zweifel 113–115, 158 f, 165 f, 183 – Antwort auf Gottes Heilshandeln/ Jesu Heilszuspruch/Vollzug der menschlichen Hinwendung zum Heil 96, 113, 136, 153 f, 158, 165, 169, 243, 248, 310 – Bindung an das Gedenken des Todes Jesu 115, 137, 229, 244, 248, 310 – Erkenntnisgrund 87, 210, 248 – Heilsnotwendigkeit 114 f, 137 – Historizität 169 f – Leidenscharakter 160 – Prüfung 159
Namen- und Sachregister
– Realisierung der Gottesgemeinschaft/der Gemeinschaft des Reiches Gottes im Glauben 107, 153, 168 – Unverfügbarkeit/Gabe/Geschenk Gottes 169, 242–244, 273, 280, 284 – Verlust 159, 166 – Voraussetzung der endzeitlichen Throngemeinschaft im Reich Gottes 153, 155 – Wesen des Glaubens 166, 169 Glaubensbekenntnis – Apostolisches 45 – Nizänisches 45 Gleichnis vom großen Abendmahl (Lk 14,16–24) 148 Gnade, göttliche 260, 295 Gnadenjahr s. Jobeljahr Götter, heidnische 165 Golgathageschehen s. Kreuz I. und Tod etc. Jesu Gott, göttlich I. Sein und Wesen – Angesicht 139, 140, 144 f, 172 – Ewigkeit/Zeitlosigkeit 106, 220 f – Hand/Hände s. Hand/Hände I. – Heiligkeit, heilig 71, 75, 126, 140, 184, 217 – Hoheit 167 – Leben s. Leben I. – Macht 160 – Rechte (Sg., die) 218 – Souveränität 99, 169, 171 – Transzendenz 67, 73, 107, 150, 155, 217, 219, 222 f, 225 f, 296, 301 – Wille/Ratschluß/Wissen 171 f, 209, 244, 246, 262, 264, 275 f (275), 279, 284, 291, 298 II. Schöpfung 29, 183, 219–221, 301 f, 312 III. Offenbarung und Geschichte – Einwohnung im Irdischen/Einsenkung in die irdische Welt 67, 222 – Selbstoffenbarung im Wort s. Offenbarung I. III.1. Erwählung Israels 271
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– Bundespartner Israels/Bundeshandeln an Israel 75, 126, 131, 139 f, 156 – Bundesstiftung s. Bundesstiftung – Dienst an Israel s. Dienst/dienen – Gottes an Israel – Führung/Begleitung Israels in der Wüste 222 – Gemeinschaft mit Israel/Weg mit seinem Volk 73 f, 128, 241, 289 III.2 Kultus – Entsühnung Israels 73 – kultische Gegenwart 67, 73 f – Stiftung des Kultus 71 – Thronen/Anwesenheit/irdische Manifestation im Tempel 107, 108, 217, 278 III.3 Geschichtshandeln – Herr der Geschichte 29 – Herrschaft s. Herrschaft – Gottes III.3.1 Alttestamentlicher Kontext – Aufrichtung des göttlichen Rechts in der Völkerwelt 104 – irdische Präsenz beim Exodus (s. auch Wolke) 223 – Verstockung Pharaos 277 III.3.2 Neutestamentlicher Kontext – Hinwendung zu den Heiden 100 – Kreuz als Zeichen der herrscherlichen Repräsentanz auf Erden 108 – Offenbarung des Gekreuzigten als Sühnmal 107 – Selbstoffenbarung in der Person Jesu Christi/seines Sohnes s. Offenbarung II. IV. Gott und Mensch 246, 279 IV.1 Gott als Subjekt – Bewahrung des Menschen vor Versuchung 183 – dialogische Struktur des Verhältnisses 167 – Distanz zwischen Gott und Mensch 262, 279 (279) – Gebetserhörung 184 – Gemeinschaft mit dem Menschen 75, 152 f, 156, 182, 217 – irdische Gegenwart 222, 284
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Register
– Reich Gottes als Geschehen zwischen Gott und Mensch (relationaler Aspekt) s. Reich I. Gottes – relationales Geschehen IV.2 Der Mensch als Subjekt – Anbetung 143 – dialogische Struktur des Verhältnisses 167 – Gotteserkenntnis s. Erkenntnis II. V. Gericht – Heimsuchung der Erde 142 – Strafe des Essens des Brotes im Schweiße des Angesichts (Gen 3,19) 184 – Verstockung Israels/des Menschen/Belassung des Menschen im Unglauben (s. auch Verstockung) 170 f, 265, 268–270, 277, 279, 309 VI. Soteriologie – Außerkraftsetzung des Sündenverhängnisses 130, 140, 160, 279 – Einladung in das Reich Gottes 13 – Erlösungs-/Rettungs-/Gnaden-/ Heilshandeln/-werk/-plan/-weg 14, 23, 96, 104, 113, 144 f, 150, 157, 160, 164, 165, 167, 170 f, 175, 183 f, 186, 197 f, 210, 214, 225 f, 232, 236, 240, 242, 244 f, 261, 263 f, 270 f, 275 f, 279, 283, 291, 305, 309, 311 – Gabe/Geschenk der Erkenntnis/ Öffnung der Augen/des Glaubens/ der Umkehr 227, 243–245 (243), 271, 273 f, 279 f (279), 284 – Instandsetzung der Beziehung zum Menschen 150 – Menschwerdung 186 – Selbsthingabe in den Tod 9, 279 – Sendung des Gottesknechts s. Gottesknecht I.1 und III.1 – Sendung Jesu/des Messias/Retters/Erlösers 87, 91, 97, 100, 244, 251 f, 261, 281 – Verheißungstreue 240 – Versöhnung mit dem Menschen 16, 155, 158, 184, 278 – Zum-Menschen-Kommen 67, 71, 202
VII. Eschatologie – Anbetung durch Israel und die Völker 144 – Anteilgabe am göttlichen Reich und Leben/Öffnung des Reiches Gottes für den Menschen s. Reich I. – Aufhebung der Offenbarungsdistanz zwischen Mensch und Gott 140, 198 – Aufhebung des Gerichts 309 – Aufhebung des Unglaubens/der Verstockung Israels 170, 172, 271, 274, 309 – Friedensbund (Jes 54,8–10) 186 – Offenbarwerden der Herrschaft/ des Königtum Gottes auf dem Zion s. Zion – endzeitliches Offenbarwerden Gottes etc. – Sieg über den Tod/die Schlange/das Böse/Vernichtung des Todes 140 (140), 175 – Vernichtung des Bösen mit dem Schwert (Jes 27,1) 174 – Wiederherstellung der Paradiesesgemeinschaft mit dem Menschen 107, 150, 184, 186, 220 f Gotteserkenntnis s. Erkenntnis I. Gottesfeindschaft s. Feindschaft gegen Gott Gottesferne – als Konsequenz der Verstockung 270 – Kreuz als Ort der 197 – des Menschen im Tod 203 Gottesfrage 197 Gottesgemeinschaft – eschatologische s. Reich Gottes – Gemeinschaftscharakter; Mahl/Mähler im Reich Gottes – kultische 73, 107 Gottesherrschaft s. Herrschaft – Gottes Gottesknecht I. Im alttestamentlichen Kontext I.1 Göttliche Sendung – Amtseinsetzung/Designation/Legitimation 188, 205, 294, 299 – Aufrichtung des göttlichen Rechts 130, 145, 149, 303 – Auserwählter/Erwählter/Erwählung 103, 171, 188 f, 253
Namen- und Sachregister
– Berufung, vorgeburtliche/von Mutterleibe an 60, 174, 299, 302 f, 307 – als Bund für Israel/Bundesauftrag 69, 125, 128, 290, 310 – Dienst 163 f (164) – Eintreten für die Frevler 90, 109, 111, 189 – Geistbesitz/Geistträger/Salbung mit dem Geist Gottes s. Geist Gottes I.; Geistträger II. – Lebensbeschlagnahmung 164, 299 – Namengebung 303 – prophetisches Amt 290, 292 – Repräsentant Israels 61 – Sendung zu Israel und den Heiden/ den Völkern/Verkündigungsauftrag 96, 100, 128, 137, 145, 164, 169, 186, 241, 253, 255, 292, 299, 307 f – Vollmacht, göttliche 293 I.2 Irdischer Weg des Knechts – Anfechtung 186 – erkannt von den Heiden 241 – Erleiden des Gerichts 215 – gerecht, Gerechter/Gerechtigkeit s. gerecht etc. I. – Frevler unter Frevlern 109, 111, 113, 173, 190, 205, 215 – Grab „beim Reichen“ 192 – Klaglosigkeit im Leiden 102 – Niedrigkeit/Erniedrigung 214, 241 – Schuldopfer 71, 101, 109, 189, 192, 205 – Stärkung durch Gott 186 – Tod/Lebenshingabe/Ausgießung des Lebens/Leiden 33, 49–51, 55, 64, 69, 71, 75, 80–82, 92, 95, 102, 122–125, 149, 164 (164), 169, 172, 186, 189, 192, 205, 209 f, 215 f, 236, 240, 241, 273, 291–293, 299, 301 – Verwerfung durch sein Volk 169 f, 308 – Waffe Gottes gegen die Bosheit der Welt 174 f, 186 – Wort als Schwert 173 f, 186 I.3 Heilsvollendung 95, 168 f, 209, 299 – Erhöhung s. Erhöhung I.
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– Erlösung/Schuldbefreiung/Entschuldung/Rettung Israels (und der Heiden) 55, 59, 63, 69, 82, 87, 92, 102, 121, 123, 125, 128, 149, 164, 172, 189, 210, 236, 273, 292, 301 – Herrschaft s. Herrschaft/Herrscher I. – Königtum/Inthronisation 55 f (56), 80, 92, 174, 209 f, 215, 236, 246– 248, 278, 287, 293, 300 – Rehabilitation des Knechts 299 – Sammlung Israels/Restitution 145, 293 – Stellvertretung (s. auch Stellvertretung etc. – in Jes 53) 51 f , 55, 59, 65, 75, 291, 293 – Sühnecharakter der Sendung 57, 149, 154, 240, 241 – Todesüberwindung 209, 301 f II. Urchristliches Verständnis – Abendmahl als Bezugsrahmen der Deutung 120–122, 125 f, 129–135 (132), 200 – Außerkraftsetzung des Todesgerichts 132 – als Bund für Israel 125, 131 – Entsühnung/Erlösung/Rechtfertigung Israels und der Heiden/Völker/des Menschen allg. 121, 130, 132, 200 – Jesus als Gottesknecht 70 (70), 78, 108, 120 f, 126, 131–133 (133), 200 f, 204, 208, 253 – Kultusbezug 42, 59–78 (61, 70–72, 74), 84 f, 124 – neuer Bund als Lebens- und Wirkungsbereich des Knechts 130 Schuldopfer 60, 71 f, 79, 99, 124 – Stellvertretung 76, 120, 130, 200 – Sühnecharakter der Sendung 75 f, 126, 129, 130, 131 – Tod/Lebenshingabe/Ausgießung des Lebens 120, 122–124, 129, 130, 132, 200 f, 204, 208 III. Bei Lukas 54, 55, 80–84, 96 102 f, 105, 107, 109 f, 115, 130, 134 f, 159 f, 172, 214, 298 III.1 Göttliche Sendung
392
Register
– Aufrichtung des göttlichen Rechts 145 – Auserwählter/Erwählter/Erwählung 102–104, 109, 171, 188, 253 – Berufung von Mutterleibe an 296, 298–305, 308, 310 – als Bund für Israel/Bundesauftrag 128, 131, 156, 310 f – Dienst 160–165 – Identität mit dem Gottessohn 302 – Identität mit dem Menschensohn 165 – Identität mit dem messianischen Sproß/dem Messias 304, 307, 313 – Gegenüber zu Mose 289, 291 – Geistbesitz s. Geistträger – Gottesknecht – göttliches Wesen/Ursprung in Gott 302, 304 f – Jesus als Gottesknecht 82 f (83), 87 f, 90, 95, 97, 101, 103, 109– 112, 132, 138, 145, 150 f, 154, 156, 159, 165–167, 173, 176–188, 192, 205, 206, 208 f, 213–215, 218, 224–226, 235 f, 246–248, 251–312 (252 f, 255, 274, 278, 294) – Leidensgeheimnis der Sendung 87, 102, 210, 236, 287, 293, 303, 305 f, 308, 313 – im Licht von Ps 31 102 (102) – prophetisches Amt 285–296 – Sendung zu Israel und den Heiden/ in die Welt 98, 100, 128, 145, 156, 159, 163, 171–173, 186–189, 208, 214, 235, 241, 251, 261, 263 f, 272, 278, 281–283, 287, 289 f, 295, 298 f, 304–306, 308 f – Verkündigungsauftrag/Amt der Verkündigung 256, 275–278, 281– 283, 292 f, 308 f – Waffe Gottes gegen Satan/das Böse 174 f, 186 – Wort als Schwert 174, 186 – Zeichen des Anstoßes 307 III.2 Irdischer Weg des Knechts – Abendmahl 135–138, 140, 176– 187, 193, 204, 235
– Ablehnung durch sein Volk 170, 293 – Angriffsziel Satans 160 – erkannt von den Heiden 241 – Erleiden des Gerichts 215 – Frevler unter Frevlern 109–112, 173, 205, 215 – Geburt 295, 297–312 – Geistbesitz/Geistträger/Salbung mit dem Geist Gottes s. Geist Gottes I.; Geistträger II. – geistgewirkte Formung im Mutterleib 302 – Gerechter 95–97, 100, 102, 104 f, 109, 272 – Integration des Menschen in den Dienst der Verkündigung 276 – Niedrigkeit/Erniedrigung 159, 172, 180, 236, 241, 251 – Stärkung durch Gott 186 – (Opfer-)Tod/Sterben/Weg in den Tod/Lebenshingabe/Leiden 49–51, 54, 90, 92, 95, 101 f, 105 f, 108, 110–112, 125, 135 f, 140, 155– 157, 165, 167 f, 171–173, 180, 186 f, 192, 205, 208, 215, 218, 225, 235 f, 241 f, 246 f, 251, 252, 261, 264, 272 f, 275, 279, 283, 285, 287, 290 f, 293, 295 f, 300, 302 f, 305, 308, 310, 313 – Verwerfung durch sein Volk 170– 172, 180, 261, 264, 293, 308 f – Wesenseinheit von Gott und seinem Knecht 294 III.3 Heilsvollendung 82, 157, 170, 172, 241, 311 – Doxa/Herrlichkeit/Verherrlichung 208, 215 (215), 246, 303, 305 f – endzeitlicher Führer des Exodus 292 – Entsühnung/Erlösung/Rettung Israels und der Heiden/Völker/ des Menschen allg. 49, 109, 132, 134– 136, 145, 156, 159, 167, 172, 187, 208, 235 f, 247, 263, 273, 275, 282, 289, 304, 306
Namen- und Sachregister
– Erhöhung 90, 92, 208–249, 251, 256 – Herrschaft s. Herrschaft/Herrscher I. – Königtum/Heilskönig/Inthronisation 92, 102, 215, 224, 226, 246– 248, 256, 206, 300, 303, 313 – Messias/Gesalbter/Sproß/Messianität/messianischer Titel 54, 102, 104, 215, 252 f, 300 – Schuldopfer 101, 109, 205, 285– 296 – Stellvertretung 90, 112, 209 – Sühnecharakter der Sendung 55, 80, 137, 149, 154, 156, 292 – Tischgemeinschaft mit dem Menschen, eschatologische/Tischherr im Reich Gottes 145 f, 151, 154, 156, 168 – Tischgemeinschaft mit dem Menschen, eucharistische 156, 168 – Vollender des Verkündigungsauftrags des Mose/des eschatologischen Exodus 291, 307 – Zusammenhang von Tod und Erhöhung 56, 80 f, 246–248 Gottesknechtslieder I. Textüberlieferung 191 – Kaige-Theodotion s. Kaige-Theodotion – Septuaginta s. Septuaginta – Jes 53 II. Alttestamentlicher Kontext 125, 164, 257, 280, 288, 289, 294, 308 – erstes 68, 75, 82 f, 102–104, 109, 125, 128, 130, 145, 149, 156, 164, 188, 205, 252, 253–255 (253), 289 f, 294, 299 – zweites 68, 75, 125, 128, 130, 145, 156, 164, 173, 176, 186, 252, 253–255, 289 f, 294, 298 f, 302 f – drittes 164, 273, 298 f – viertes 49 f, 55, 59 f, 63 f, 69, 76, 79 f, 87, 95 f, 102, 110, 112, 122– 124, 149, 164 (164), 168–170, 172, 177, 186, 189 f, 192, 205, 209 f, 214–216, 235 f, 278, 287, 291– 293, 299 f
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– Verarbeitung in Jes 61 82 f, 252– 256 (252 f, 255), 257, 287, 292 f, 299 III. Frühjüdische Rezeption – Äthiopisches Henochbuch 103 – Qumran 255 – viertes allg. 49, 58, 72, 95 IV. Urchristliche/neutestamentliche Rezeption 60, 69, 124, 126, 240 – erstes 60 (60), 61, 68, 69, 75, 125, 128, 145 – zweites 60, 61, 68, 69, 75, 125, 128, 145, 174 – viertes 49 (49), 57–66 (58 f, 61, 64 f), 68–70 (70), 72–76 (74, 76), 78–80, 99, 120–125, 128 f, 131, 133, 137, 145, 170, 191 f, 194 f (195), 199–201 (201), 204, 207 f, 240 V. Paulinische Rezeption 122, 199 VI. Als Hauptbezugstexte des Lukasevangeliums/erzählerische Adaption 33, 54, 81–83, 91, 101, 103, 156, 180, 188–195, 204 f, 208–210, 214, 241 f, 244, 248, 288 (288), 290 (290), 293, 298, 303, 306 – erstes 82, 103 f, 145, 156, 186, 188, 204 f, 241, 255, 257, 278, 287, 303, 306–311 – zweites 145, 156, 241, 298 f, 302, 306–312 – drittes 273, 298 f, 302 f – viertes 8, 49–51, 55 (55), 57 f, 79–85, 87–89 (89), 90, 92, 95 f, 101, 110 (110), 112, 115, 134, 145, 149, 157, 165 (165), 168, 171, 172 f, 175–187 (177), 189 f, 192, 196–205, 214–216, 226, 235–237, 241, 245, 248, 264, 269, 271, 287, 300, 302 f, 307 f, 314 – Jes 61,1–3 82, 208, 252–256 (252, 255), 257, 258–260 (258–260), 269, 278, 280–283 (281 f), 288, 292 f, 300 VII. Als Bezugstext des markinischen Passionsberichts 192 Gotteslästerung 278 Gotteslob 96 (96), 109, 144
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Register
Gottesreich s. Reich I. Gottes Gottessohn s. Sohn I. Gottes Gottessohntitel s. Christologie, christologisch IV. Gottloser s. Frevler Gottverlassenheit Jesu 101, 102, 198 Grab/Gräber – des Gottesknechts 192 – der Heiligen 199 – Jesu (leeres) 219, 228, 230–232, 234 Grabesruhe Jesu s. Ruhe – Todes-/Grabesruhe Jesu Grablegung Jesu (Lk 23,50–56) 180, 192 Größe/Hoheit, weltliche 166, 180 Hand/Hände I. Gottes 102 f, 109 II. der Menschen (als Werkzeug des Leidens) 103, 109, 238 f Hauptmann, römischer unter dem Kreuz s. Erkenntnis/erkennen/verstehen III. Heiden/Völker I. Im Zustand der Verstockung – Erlösungs-/Vergebungsbedürftigkeit 101, 239 f, 277 – Gegnerschaft zum jüdischen Volk 100 – Mitschuld am Leiden/Tod Jesu 100 f, 239 f – Unglaube s. Unglaube – der Heiden – Unwissenheit s. Unverständnis/ Unwissenheit – der Heiden – Verstockung/von Gott verordnete Gottesferne 271, 277 II. Als Empfänger des Heils 27, 51 f, 96, 100, 140, 145, 150, 157, 210, 241, 245, 262 f, 272, 284, 305 f, 309 f, 312 – Adressaten des Evangeliums/der Christusverkündigung 155, 241, 272, 274, 276, 284 – Anteil am Reich Gottes 150, 244 – Befreiung vom Tod 140 – Empfänger der Abrahamsverheißung 290 – Empfänger des göttlichen Rechtsentscheids (Jes 42,1–4) 104
– Entsühnung s. Entsühnung etc. II. – endzeitliche Anbetung Gottes in Gemeinschaft mit Israel 144 – Erkenntnis Jesu als des Gottesknechts s. Erkenntnis/erkennen/ verstehen III. – Erlösung s. Erlösung/Rettung/ Befreiung – der Heiden – Glaube s. Glaube II. – Gottesgemeinschaft 156, 244, 270 – Gotteslob 109 – Heilserkenntnis s. Erkenntnis/ erkennen/verstehen IV. – Integration in das Bundesgeschehen/Bundespartner Gottes/Teilhaber des Sinaibundes/der Israelverheißungen/Integration in das Gottesvolk 140, 143–145, 157, 172, 241, 271, 289, 309 f – Integration in das Exodusgeschehen 277 – Integration in das Passageschehen 140, 144 f – in Jes 53 51, 96, 98, 177 – römischer Hauptmann als Repräsentant 93, 96, 100 – Sammlung im Glauben an Jesus 51, 140, 172, 274, 308–310 – Teilhabe an der eucharistischen Tischgemeinschaft 156 f – Teilhaber der Herrschaft des Gottesknechts 145 – Umkehr/Hinwendung zu Gott/ zum Gekreuzigten/Geschenk der Umkehr 196, 240, 242–245 – Vergebung der Schuld 100, 205, 244 – Völkermahl s. Völkermahl III. Israel und die Heiden im lukanischen Doppelwerk s. Israel VII. IV. Historischer Kontext – Idumäerfrage 177 Heidenmission 267 f, 271, 277 Heidenmissionar, Paulus 277, 278 Heil/Heilsgeschehen (s. auch Soteriologie, soteriologisch) 51–54, 307 – Anbruch des Gottesreiches 114, 150, 151–153, 157, 159
Namen- und Sachregister
– anthropologisch-soteriologischer Gesamtzusammenhang (biblischer Vorstellungsrahmen) 150 – Aussagen in Jes 53 169, 210, 235 f, 293 – Aussagen in Jes 61,1–3/Lk 4,18 f 253, 280, 292 – aus Jesu Tod/dem Kreuzesgeschehen erwachsend s. Tod Jesu III. – Ausschluß vom Heil 137, 158, 262 – Exodus 277 – individueller Aspekt 13, 15, 18, 19, 23 f, 29 f, 115, 145, 157, 171, 246, 248, 256, 297, 310 – Inkraftsetzung beim Abendmahl (s. auch Heilsproklamation – Jesu beim Abendmahl) 130 f, 133, 202 f – für die Heiden s. Heiden/Völker II. – für Israel (nationaler Aspekt) s. Israel IV. – universelle Aufrichtung/Heilserfüllung 145, 171 f, 268, 275, 280 f, 291, 305, 308 – Verweigerung der Annahme/Abkehr vom Heil 158 f, 171, 259–261 – Wortgeschehen 284 Heiland/Heilsbringer (s. auch Erlöser/ Retter) – der geistgesalbte Knecht (Jes 61,1 f) 253 – Jesus 24, 252, 268 heilen, Heilung(en), physische (s. auch Wunder) 180, 261, 281, 284 (284) heilig, Heiliges (im kultischen Sinne) 90, 99, 205 Heiliger Gottes, Jesus 99, 205 Heiliger Krieg 175 Heiligkeit, heilig (von Gott) s. Gott I. Heilsbotschaft s. Verkündigung Heilsenthusiasmus 81 Heilserkenntnis s. Erkenntnis, erkennen/ verstehen IV. Heilserwartung(en)/-hoffnung(en) (s. auch Messiaserwartung(en) – der Emmausjünger 228, 233, 235 – Israels/jüdische s. Israel IV.; Juden/ Judentum/jüdisch II. – exilische 61
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– Simeons 180 Heilsgeschichte, heilsgeschichtlich – Aspekte der Mahlfeiern Israels 144, 202 – Bedeutung des Todes Jesu s. Tod Jesu III. – Bedeutung der Verwerfung Jesu durch Israel 294 – Determination des Kultverständnisses 71 f – bei Deuterojesaja 245, 290 – Erfüllung/Vollendung der Geschichte Israels/von Gottes Weg mit Israel s. Israel V. (s. auch Heilsvollendung) – Erfüllung der Verheißungen s. Verheißung(en) – Erfüllung in Jesus Christus – Gegensatz „Weltgeschichte – Heilsgeschichte“ 173 – Konsequenz der Erkenntnis von Gut und Böse (Gen 3) 279 – Konzeption des Lukas 51 f, 81, 107, 112, 148, 183, 206, 216, 219–222, 223, 224 f, 226, 230, 239, 241, 249, 265–280 (265, 267, 271 f), 285, 289 f, 294, 298, 306, 309–311 – Sinn des prophetischen Leidens 291 – universelle Transformation individuellen Erlebens in Ps 22 197 – Verhältnis alter Bund – neuer Bund 127 f – Verknüpfung des Paradiesesgartens mit Jerusalem 106 – Zusammenhang von Tod und Erlösung 55 – Ziel des Bundesschlusses 127 – Ziel der Sendung Jesu 121 Heilshandeln/Heilstat Gottes s. Gott VI. Heilskelch s. Kelch – des Heils Heilskönig s. König II. Heilslehre s. Soteriologie Heilsnotwendigkeit des Todes/Leidens Jesu s. Tod Jesu III. Heilsplan Gottes s. Gott VI. Heilsproklamation – Jesu beim Abendmahl 68, 132 f, 145, 202 f, 246 f – Jesu in Nazareth (Lk 4,16–30) 259, 262
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Register
– beim sakralen Vollzug des Opfers 133 Heilstheologe, Lukas als 146, 209, 295, 297 Heilsverheißung s. Verheißung Heilsverkündigung s. Verkündigung Heilsvollendung (s. auch Heilsgeschichte, heilsgeschichtlich – Erfüllung etc., Israel V.) 55, 146, 172, 209, 215, 274, 311 Heilsweg – Gottes s. Gott VI. – des Gottesknechts s. Gottesknecht I.2 Heilswerk – Christi s. Jesus etc. III. – Gottes s. Gott VI. Heilszeichen (Kreuz; s. auch Kreuz I. – Heilsbedeutung/-funktion) 193 Heilszeit/Heilswende, eschatologische s. Eschatologie/eschatologisch III. Heilszueignung/-zuspruch/-zusage 90, 113, 137, 154, 157, 167, 172, 245, 273 – Abendmahl 113, 118, 121, 130, 136 f, 147, 157 f, 167 Heilung s. heilen, Heilung(en) Hellenisten, Jerusalemer 119, 129, 207 Herakles 226 Herausführung aus Ägypten s. Exodus etc. Hermeneutik, hermeneutisch(e Frage) – Bedeutung der Worte Jesu im Lukasevangeliums s. Wort(e) II. – Funktion der Erinnerung (s. auch Erinnerung etc.) 245 – Funktion des Prophetentitels im Lukasevangeliums 287 – Problem der Deutung von Jes 53/der Gottesknechtstradition 82, 180 – Problem der Exegese allg. 9 f (9), 20, 26 f, 30, 33, 36, 37 f, 42 f (42), 45, 48, 49, 55, 58–66 (59, 64), 70 f (70), 72, 76 f (77), 79 f, 83, 151 Herodes Antipas 176 f (177) Herodes der Große 177 (177) Herrenmahl s. Abendmahl Herrlichkeit s. Doxa Herrschaft, Herrscher I. des Gottesreiches/eschatologischen Reiches – eschatologische der auf Erden Dienenden s. Eschatologie III.
– eschatologische Israels s. Eschatologie III. – eschatologischer Heilskönig (jesajanische Geburtsverheißungen) 300, 308 – Gott (s. auch Reich Gottes; Königtum Gottes) 106, 142, 149, 155, 173, 193, 206, 286 – Gottesknecht 56 (56), 75, 80, 102, 130, 149, 151, 154–156, 159, 168, 180, 187, 215, 225, 246 f, 296, 305, 308, 312 f – Jesus/Christus/Sohn Gottes/der Gekreuzigte 91–93, 102, 104, 151 f, 155, 159, 168, 187, 215, 217–219 (219), 224 f, 246 f, 295, 303, 305, 312 f II. Satan (s. auch Macht – Satans/des Bösen/der Sünde) 168, 239 III. weltliche(r)/des Menschen 159, 168, 173, 177, 228 Herz 127, 230–234, 244 f, 258, 260 Himmel 2, 54, 75, 216–219, 222, 224, 256 Himmelfahrt(en) 216–219 (216), 221– 225 (225), 272 Himmelfahrtserzählungen/-berichte (Lk 24,50–53; Apg 1,1–12) 216, 218, 221, 225 Hingabe s. Lebenshingabe historisch – Aspekte der Frage der universellen Erlösung Israels 169, 171, 267 f, 270– 276, 279–281, 309 – Ereigniszusammenhang zwischen Abendmahl und Kreuzigung 201, 203 – Hintergrund der Kreuzigung Jesu s. Kreuzigung, Jesu – historische(r) Frage/Kontext – Voraussetzungen der Entstehung einer doppelt akzentuierten Passionstradition (Ps 22 – Jes 53) 195, 207 Historisierung (der Evangelientradition durch Lukas) 52, 265–267 hören (als Erkenntnisbegriff; s. auch Ohr) 166, 228 (228), 230, 233–235, 237, 239, 248, 256, 259, 261, 265, 266, 271, 273, 289, 292 Hoherpriester 298
Namen- und Sachregister
Hoher Rat 278 Holz (Kreuz) 186 Horeb s. Sinai Hoheit s. Größe Hymnen, lukanische 306 Identifikationsritus 66 Idumäer, idumäisch 177 imitatio Christi 43 Inthronisation (königliche) I. des Gottesknechts s. Gottesknecht I.3 und III.3 II. des Menschensohns (Dan 7) 164 III. Jesu – bei Johannes 92 – bei Lukas 216, 218 f, 224 f (225) irdisch s. Erde, irdisch Isai, Vater Davids 300 Israel (s. auch Juden, Judentum) I. Name 188 II. Geschichte als Unheils- und Heilsgeschichte (s. auch Geschichte II.) 265–280 – Ausrottung aus dem Volk 289 – Beginn am Sinai 128, 222 – Bund s. Bund – alter/Israelbund/ Sinaibund – Exil s. Exil – Exodus s. Exodus etc. – Gottes Weg mit Israel 74, 241, 277 – Gericht s. Gericht – an Israel/über Zion/an den Juden – Konstitution als Gottesvolk 61, 127, 225 – Mosesegen 222 – Rückkehr zum Zion (nach dem Exil) 290 f – Scheidung des Volkes/Existenz als getrenntes Volk 168, 170, 272, 274 (274) – Verwerfung des Messias s. Verwerfung III. – Verwerfung der Propheten 294 f – Wüstenwanderung 222, 225 – Zerstreuung 142, 145 III. Gottesbeziehung – Abfall/Abtrünnigkeit von/Feindschaft/Ungehorsam gegen Gott/
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Gottesferne 159, 171 f, 222, 245, 270, 289, 291 f, 309 – Bundespartner Gottes 73, 81, 126, 127, 128, 139 f, 143, 145, 156 – Erwählung 73, 127, 128, 267, 271 – Gemeinschaft mit Gott 73, 126, 127, 128, 156, 289 – göttlicher Dienst an Israel 162, 164 – Gottesfurcht 306 – Gottesknechtserkenntnis s. Erkenntnis, erkennen/verstehen III. – Sünde/Schuld/Schuldverhängnis 51 f, 127, 236, 271 – Umkehr zu Gott s. Umkehr – Israels – Verheißungen s. Verheißung(en) – prophetische allg./des alten Bundes – Verstockung/von Gott verordnete Gottesferne s. Verstockung – Versuchung s. Versuchung – Israels in der Wüste – Zutritt zu Gott (Kultus; s. auch Gottesgemeinschaft – kultische) 126 IV. Soteriologie – Befreiung von der Knechtschaft Satans 143 – Erlösung/Rettung s. Erlösung etc. – Israels – Entsühnung/Entschuldung/Schuldbefreiung/Sündenvergebung s. Entsühnung etc. I. – Heil für (in eschatologischer Perspektive) 27–29, 51 f, 145, 170, 210, 235, 241, 261–263 (261), 272, 278, 297, 305 f, 310, 312 – Heilserkenntnis s. Erkenntnis etc. IV. – Heilserwartung/-hoffnung 81, 112, 203, 223, 235, 306 – Heilsprärogativ 310 – Inkorporation in den Heiligkeits-/ Lebensbereich Gottes (Kultus) 126, 132 – Loskauf 122 – Messias s. Messias
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Register
– Messiaserwartung s. Messiaserwartung V. Eschatologie – Aufhebung des Todesgerichts 132 – Aufhebung des Unglaubens/der Verstockung/Öffnung der Augen/ Geschenk der Umkehr 155, 245, 273 f – neues Israel 222, 225, 274 – Reich für Israel s. Reich III. – Teilhabe des ganzen Volkes an der Gemeinschaft des Gottesreiches 170, 270 – Teilhabe an der Herrschaft Jesu/ des Gottesknechts 154 f – Vereinigung mit den Heiden/ gemeinsame Anbetung Gottes/Teilnahme am Völkermahl 141, 144, 155, 172, 310 – Wiederherstellung/Restitution/ Sammlung/Vollendung 128, 142, 154 f, 169–171 (170), 222, 225, 241, 274, 277, 293, 309 f, 312 f VI. Stellung zu Jesus als dem Messias Israels – Erkenntnis/Anerkennung/Annahme Jesu/Christusglaube 98, 137, 155 f, 267, 297, 312 – Glaube s. Glaube I. – Jünger als Repräsentanten s. Jünger – Repräsentanten Israels – Schuld am Tod Jesu 312 – Unglaube s. Unglaube – Israels/der Juden – Unverständnis s. Unverständnis – Israels/der Juden – Verwerfung Jesu/des Messias/des Gottesknechts/Feindschaft gegen s. Verwerfung/Verfolgung III. VII. Israel und die Heiden im lukani schen Doppelwerk 27 f, 52 f, 99–101, 145, 155, 169, 171 f, 205, 223, 236, 240 f, 247, 267 (267), 268, 269 f, 272, 276 f, 305–312 Israelbund s. Bund, alter Jakobus 222
Jenseitshoffnung 153 Jeremia, Buch 127 f Jerusalem (s. auch Zion) I. Historischer Kontext – Hellenisten, s. Hellenisten, Jerusalemer – kultisches Zentrum des Judentums 143 – Tempel s. Tempel – Urgemeinde s. Urgemeinde, Jerusalemer II. Biblischer Kontext II.1 Alttestamentlich-jüdische Tradition – Aufrichtung der universalen Gottesherrschaft 142, 149, 206 – Einsturz der Mauern nach Jes 24,23 LXX 105, 206 – endzeitlicher Ausstrahlungsort der göttlichen Doxa 159 – kultischer Mittelpunkt der Erde 142 – Ort der Gehenna 106 – Paradiesesort 106, 153 II. Bedeutung bei Lukas 153 (153), 206, 252, 272 f – Erscheinungen des Auferstandenen 234 – letztes Mahl Jesu mit seinen Jüngern 148 – Paradiesesort 153 – Zielort des Leidenswegs Jesu 186, 206, 228, 237, 267 – Zielort des Leidenswegs des Paulus 277 Jesaja, Person 277 Jesaja, Buch/jesajanische Prophetie (s. auch Deuterojesaja) – Geburtszyklus s. Verheißungen – Geburtsverheißungen, jesajanische – Textüberlieferung 189–194 (190 f) – urchristliche Bedeutung 108 – Bezugstext des Lukasevangeliums 33, 108 f, 112 f, 115, 146, 149, 153, 156, 186–188, 193 f, 204, 208, 244, 277 f, 288 (288), 290 f, 294 f, 298–305, 306, 307
Namen- und Sachregister
– Personalisierung der Bundesvorstellung s. Bund – personale Transformation in den Gottesknechtsliedern Jesaja-Apokalypse 139, 142–144 (142), 146, 148 f, 156, 174, 193 – Völkermahl auf dem Zion (Jes 25,6–8) s. Völkermahl Jesajahandschriften, Qumran 191 Jesus/Jesus Christus/Christus I. Leben/Weg/Wirken Jesu/des Irdischen/des Auferstandenen nach dem Zeugnis der Evangelien und der Apostelgeschichte (s. weiter: Abendmahlserzählung/-perikope, lukanische; Auferstehungs erzählungen, lukanische; Emmauserzählung/-perikope; Erscheinung[en] des Auferstandenen; Gebetskampf Jesu auf dem Ölberg; Gottesknecht III.; Grablegung Jesu; Jüngergespräch; Kindheitserzählung, lukanische Kreuzigungserzählung/-perikope; Mahl – irdisches Jesusmahl; Nazaretherzählung/-perikope; Weg II. Jesu – erzählerische Stilisierung durch Lukas; Verhör Jesu; Verkündigung V.; Verurteilung Jesu; Wort[e] II.) 78, 87, 94, 101, 102 f, 109, 132, 138, 146, 150, 153, 157, 159, 169 f, 175 f, 180– 182, 185–187, 198, 199, 222– 225, 229, 238 f, 263, 268, 284, 286 (286) II. Messianologie/Christologie – Auferstehung s. Auferstehung – christologische Titel s. Christologie, christologisch IV. – Eingehen in die Doxa 80 – Eingehen in das Reich 149, 152 – Erwählung s. Auserwählter/ Erwählter (Titel) – Geistträger s. Geistträger III. – Gerechter s. gerecht, Gerechter, Gerechtigkeit III. – göttliches Wesen s. Sohn I.1 – Gottesknecht s. Gottesknecht II. und III.
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– Heiliger Gottes s. Heiliger Gottes, Jesus – Identität, messianische (s. auch Persongeheimnis – Jesu) 78, 83, 87 f, 94, 97, 102, 163, 188, 213, 224, 256, 259, 266, 280, 285 f, 293, 307 – König/Königtum s. König etc. IV. – Legitimation 208 – Leiden-Müssen s. Leiden-Müssen Jesu/des Christus – Menschsein 159 f, 183 – Messias s. Messias – Jesus – neuer Mensch/Adam 182 – Offenbarer des Reiches Gottes s. Reich I. Gottes – Persongeheimnis s. Persongeheimnis – Jesu – „Prophet wie Mose“ 289, 292 – Repräsentant Israels 159, 188 – Rettermacht 95, 228, 285 – Schwertgewalt 176 – Selbstbezeichnung als Menschensohn 205 – Selbstoffenbarung beim Abendmahl s. Offenbarung III. – Selbstoffenbarung in Nazareth s. Offenbarung III. – Selbstoffenbarung Gottes in der Person Jesu Christi/seines Sohnes s. Offenbarung II. – Sendung zu Israel und den Heiden s. Sendung III. – Verzicht auf Erweis der Messianität/Rettungswunder 159 f – Verzicht auf weltliche Herrschaft 159 – Vollmacht, göttliche 232 – Wort Gottes in Person s. Sohn I.1 III. Soteriologie – Abendmahl/Stiftung des euchari- stischen Mahls s. Abendmahl etc. – Anteilgabe am eigenen Leben/ Konstitution der Lebensbeziehung (Abendmahl) 133, 158 – Deutung des Todes beim Abendmahl als Bezugspunkt der urchristlichen Soteriologie 70 (70)
400
Register
– exemplarische(s) Funktion/Verhalten 32 – Heilsverkündigung s. Verkündigung V. – Heils-/Erlösungs-/Rettungshandeln/-wirken/-werk/Sündenvergebung (s. auch Erlöser/Retter; Heiland/Heilsbringer – Jesus; Erlösung etc.) 28, 34, 41, 43, 78, 83, 87, 92 f, 102, 114, 133, 137, 144, 150, 154, 157–159, 166, 184, 199, 203, 252, 279, 291, 306, 309 f – Hingabe/Selbsthingabe (s. auch Tod etc Jesu/des Christus/des Sohnes Gottes) 32, 36, 103, 158 – Inkraftsetzung des neuen Bundes (Abendmahl; s. auch Bundesstiftung) 70, 133, 185 – nachösterliche Christusgemeinschaft 87, 136 f, 159, 229 – Wortcharakter der Gemeinschaft mit Jesus 136, 158 – Zueignung des Reichs an den Menschen s. Reich II. IV. Eschatologie – Tischherr im Reich Gottes s. Tischherr, Jesus – im Reich Gottes – Wiederkunft s. Parusie V. Historischer Kontext – Anklage/Verurteilung als politischer Aufrührer 90, 173, 244 – Stellung zur römischen Besatzungsmacht 175 Jobeljahr 282 (282), 292 Johannes der Täufer 12, 242–244 Johannes der Zebedaide 222 Johannesevangelium 197, 227 Joseph, Sohn Jakobs 143 Joseph, Vater Jesu 256, 260 f Joseph von Arimathia 180 Josua, Hoherpriester 286, 301 Judas 115, 118, 153, 157–159, 166 f, 171, 174, 176, 183 Judäa 272 Juden, Judentum, jüdisch (s. auch Israel) I. Historischer Kontext – Christen als jüdische Gruppierung 142
– Jerusalem als kultisches Zentrum s. Jerusalem I. II. Frühjüdische Traditionen – Eschatologische Erwartungen 131, 143, 170, 274 – Gebetstraditionen 101 – Mahltraditionen, liturgischer Vollzug 203 – Paradiesesvorstellungen 107 III. Lukanisches Doppelwerk 27 f (28), 99 f (100), 267, 275 – Ablehnung des Messias/der Chri stuspredigt 137, 267, 276 – Anteil am Reich Gottes 150 – Autoritäten/Obrigkeit 93, 97–100 (98), 213–215, 239, 272 – Erlösungsbedürftigkeit 240, 277 – Schuld am Tod Jesu 100 f, 270 – Unglaube s. Unglaube – Israels/der Juden – Unverständnis/Unwissenheit s. Unverständnis/Unwissenheit – Israels/der Juden – Verhältnis des Lukas zum Judentum 206, 265, 267, 268, 270 f, 274 f – Vergebung der Schuld 205 – Verhältnis Juden-Heiden s. Israel VII. – Verfolgung/Verwerfung des Paulus (Apg) 276 f – Verstockung s. Verstockung Jüdisch-christlicher Dialog 77 Jünger Jesu (s. auch [die] Zwölf) – Abendmahlserzählung allg. 113 f, 131, 132, 136 f, 139, 148, 153, 157– 176 – Adressaten der Leidensankündigungen 237 f – Apostel s. Apostel – Jünger Jesu – Einsetzung in das mosaische Amt der Wortverkündigung 222 f – Emmausjünger s. Emmausjünger – Empfang des Reiches 151–156 (152), 168, 172 – Erlösungsbedürftigkeit 167, 175 – eschatologische Richterfunktion 148, 164, 168
Namen- und Sachregister
– – – – – –
Geistempfang 221, 224 Glaube s. Glaube III. Jakobus s. Jakobus Johannes s. Johannes der Zebedaide Judas s. Judas Mahlgemeinschaft mit Jesus s. Mahl – irdisches Jesusmahl – Petrus s. Petrus – Rangstreit/Wunsch nach Erhöhung/ Größe/Macht 157, 165 f – Repräsentanten Israels 68, 131, 154 f, 168, 222, 225 – satanische Versuchung/Beschlagnahmung s. Versuchung – der Jünger – Schwerter gegen Jesu Häscher 175, 180 – Sendung s. Sendung V. – Thronen im Reich Gottes s. Thron(en) – der Jünger, endzeitliches – Unverständnis/Unfähigkeit der Erkenntnis Jesu/des Heils/Blindheit/ Verstockung 163, 166 f, 175, 211 f, 227 f, 229, 230 f, 233, 237, 239, 248, 270, 273, 288 – Verbot des Gebrauchs des Christus titels 286 – Verkündigung s. Verkündigung VI.1 – Zeugen der Erscheinung des Auferstandenen 216–219 (219), 221–225, 229, 237, 247 – Zeugen der Himmelfahrt 218 f, 221– 224 – Zeugen der Verklärung Jesu 222 Jüngergespräch (Lk 22,24–38) 113, 153, 157–176, 183, 206 Kaige-Theodotion 189 f Kampf, politischer 173–175 (175) Kanonizität des Lukasevangeliums 2 f, 8 Kapernaum 261 f, 272, 284 Kelch (s. auch Segensbecher) – Abendmahl 118, 121, 130–133 (131– 133), 158, 171 – des Heils 131 f, 158, 171 – Passamahl 131, 138 – des Todes 183 f
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Kelcherhebung (als Verkündigungs-/Wortgeschehen; s. auch Abendmahl II. und III.) 132, 133, 143, 185, 202 f Kelchwort s. Abendmahlsworte Kerygma, urchristliches 218, 225 (225) Kind – Jesus (Messias und Gottesknecht) 180, 187, 205, 305–312 – messianisches bei Jesaja (s. auch Verheißung[en] – Geburtsverheißungen, jesajanische) 299 f, 302, 311 Kindheitserzählung, lukanische (Lk 1–2) 87, 94 f, 105, 132, 180, 187, 208, 244, 286, 287, 297–312 (297 f) Kirche, christliche – existentieller Bezug zum Kreuzesgeschehen 203 – heilsgeschichtliche Konzeption in der Apostelgeschichte 52, 267 f (268), 274, 276, 297 – als das neue Israel 274 Klage 102 f – der Frauen an Jesu Weg nach Golgatha 186 – in den Psalmen 197 (197) Kleideraufteilung (Kreuzigungserzählung) 103, 196 Knecht I. Mose 291 II. Beter in den Psalmen (s. auch III.) – Ps 116 132 (132), 144 III. Davidide 97, 214 – Apg 4,26 f 213 – Ps 31 102 (102) – Sach 3,8 298, 304 IV. Beter in den Qumranschriften 255 V. Gottes s. Gottesknecht VI. Jesus s. Gottesknecht II. – Jesus als Gottesknecht und III.1 VII. Simeon 307 VIII. Verkündiger der Christusbotschaft als Knecht(e) Jesu/ als Knecht(e) des Knechts 276, 278 Knechtschaft Israels in Ägypten s. Ägypten – Land der Knechtschaft Israels/ Sklavenhaus
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Register
König, königlich, Königtum/Königsherrschaft (s. auch Herrschaft, Herrscher) I. Gott 105 (105), 149, 193, 205 f II. Davidisch-messianischer (s. auch Davidide, davidisch, aus David) 102, 215, 298 – alttestamentliche Königsideologie/ -tradition/-vorstellung 287, 293 f – Heils-/Friedenskönig/eschatologischer Davidide (s. auch Messias) 298, 300, 303 f, 308 – Nebeneinander von König und Hohempriester bei Sacharja 298 – Salbung, Gesalbter 213, 293 – Herrschaft in Gerechtigkeit/Aufrichtung des Rechts auf Erden 303 III. Gottesknecht s. Gottesknecht I.3 und III.3 IV. Jesus/Christus 92, 102, 104, 188, 213, 215, 217 f, 226, 246–248, 283, 295, 297, 303, 308, 313 – Erhöhung des Christus s. Erhöhung II. – der Juden (Kreuzestitulus) 93, 102, 188, 303 V. Heidnischer 177 VI. Historischer Kontext – Herodes Antipas (uneigentliche Titulatur) s. Herodes Antipas – Herodes der Große s. Herodes der Große Königstitel s. Christologie, christologisch IV. Korintherbrief, erster – Einsetzungsworte (1.Kor 11,23–25) s. Abendmahlsworte etc. VII. Kosmos, kosmisch – Erschütterung der Ordnung/Gericht zur Todesstunde Jesu 105, 149 – Licht (im Gegensatz zum Doxa-Licht Gottes) 220 Krankenheilung(en) s. heilen, Heilung(en) Kreuz Jesu/Kreuzesereignis/-geschehen (s. auch Christusgeschehen/-ereignis; Tod etc. Jesu/des Christus/des Sohnes Gottes) I. Als Bezugspunkt der lukanischen Soteriologie (im Spiegel der For-
schung; s. auch Kreuzestheologie etc. – lukanische; Soteriologie etc. – lukanische) 3, 9, 14–16 (15), 19, 22, 27–29, 31–33, 35, 40–42, 44, 46, 52, 54, 57, 60 f (61), 64 f (65), 67, 70 (72), 73–75, 78, 81, 84, 88 f, 95, 108, 112, 124, 133, 151, 176, 180, 184, 187, 192, 194, 201 f, 203, 207–209, 211, 213, 215, 217, 230 (230), 233 f (233) , 247 f, 251– 296, 303, 305, 308, 313 – Äonenwende 149 – Einbruch des Gottesreiches in die irdische Welt (s. auch Reich I. Gottes – Bezug auf Jesu Tod) 200 – Erkenntnisfunktion (s. auch Erkenntnis etc. III. und IV.) 266 f – Heilsbedeutung/-funktion 15, 20, 28, 40, 112, 114 f, 184, 193, 230, 234, 247, 269 f, 286 – Sühnemittel 16, 22, 46, 107, 185, 202, 305 – vermeintlicher Sieg Satans 285 – Zeichen der herrscherlichen Repräsentanz Gottes auf Erden 108 – Ziel des Bundeshandelns Gottes 126 – Ziel der Sendung Jesu 88 II. Markusevangelium 163 III. Urchristliche Deutung s. Urchristentum – Deutung des Todes Jesu/ des Kreuzes – Deutung im Kontext des Abendmahls s. Abendmahl IV. IV. Kreuzesworte Jesu s. Kreuzesworte Jesu Kreuz des Menschen 89 f (90) – historischer Kontext 173 Kreuzeserkenntnis s. Erkenntnis etc. III. und IV. Kreuzesfrage 17, 18, 27 f, 52, 57, 270 Kreuzes-/Leidensnachfolge 29, 32 Kreuzestheologie/-verständnis/-reflexion 19, 32 – lukanische, negatives Urteil der Forschung: angeblich soteriologisch defizitär (s. auch Sühnetheologie III.; Tod etc. Jesu/des Christus/des Sohnes
Namen- und Sachregister
Gottes II.) 4, 9, 10, 11, 12, 14, 16, 17, 24, 30–33, 35 f, 41, 42, 45, 47, 51, 53, 80, 90, 112, 135, 209, 229, 242, 265 f, 268 – lukanische, im Licht von Jes 53: sühnetheologische Grundlegung (s. auch Sühnetheologie III.; Tod etc. Jesu/des Christus/des Sohnes Gottes II.) 87 f, 92, 146, 213, 269, 313 – markinische als Gegenbild zur lukanischen 265–267 – des modernen Menschen 59, 64 – paulinische als angebliches Gegenbild zur lukanischen 14, 24, 35, 42, 44 f, 149, 265 – urchristliche s. Urchristentum, urchristlich – Deutung des Todes Jesu/ des Kreuzes Kreuzestod Jesu s. Tod Jesu Kreuzestradition, urchristliche Entwicklung s. Urchristentum – Deutung des Todes Jesu/des Kreuzes Kreuzesverkündigung/-botschaft s. Verkündigung VI.5 – als Grundlage des christlichen Bekenntnisses 9 Kreuzesworte Jesu 199, 201–204 – Paradiesesverheißung an den Schächer (Lk 23,43) 106 f (106), 149, 150, 152 f (152), 195, 215, 220 – Schrei der Verlassenheit (Ps 22,2; Mk 15,34) 101, 102, 105, 108, 197–200, 202 – Übergabe des Geistes in Gottes Hände (Ps 31,6; Lk 23,46) 101–104, 105 – Vergebungswort – Jesu (Lk 23,34a) 98–101 (98), 189 f, 205 Kreuzigung Jesu – Darstellung im Lukasevangelium s. Kreuzigungserzählung/-perikope I. – historische(r) Frage/Kontext 90, 173, 196 f, 199, 201 – im Rahmen der Israelfrage 28, 171, 240 Kreuzigungserzählung/-perikope I. Lukas (Lk 23,32–49) 50, 52, 88–109 (90), 112, 146, 148 f, 151, 160, 171, 176, 182–184, 186, 188,
403
192, 193, 199, 201, 202 f, 215, 217, 255 f, 262, 272, 284, 285 II. Markus s. Markusevangelium VI.4. Krippe 298, 313 Kult(us), kultisch (s. auch Opfer, Opferkult, Opfervorstellung) 63–78 (66, 70 f) – Begriff 73 – Bezugsrahmen von Jes 53? 58–74, 124 – Determination des Zeitenwechsels in der Schöpfungserzählung 220 – Ende/Erfüllung/Aufhebung in Christus 72, 73 f, 220 – Exil: Unmöglichkeit kultischer Entsühnung 124 – Jerusalem als kultischer Mittelpunkt der Erde s. Jerusalem II.1 – Jerusalem als kultisches Zentrum des Judentums s. Jerusalem I. – Kultus und Bund 60, 61, 65, 139 – liturgische Vollzüge 132 (132) – Metaphorisierung 74 – nachexilischer 72 – Offenbarungscharakter 67, 73, 74, 75, 84 – Opfer s. Opfer, Opfervorstellung – personale Transformation 73 f (74), 76 – als soteriologischer und christologischer Bezugsrahmen des Urchristentums/Neuen Testaments s. Gottesknecht II. – Kultusbezug – Vollzug der Gemeinschaft von Gott und Mensch s. Gottesgemeinschaft – kultische Kultmetaphern 74 Kultusbegriff 73 Kultusdebatte/Kultkritik; s. auch Opferdebatte/Opferkritik 73, 77 Lade s. Bundeslade Land, gelobtes 222 Leben I. Gottes (ewiges) 106, 126, 149 f, 154 f, 168, 187, 203, 217, 219 f, 232 f, 274, 279, 289, 301 II. Jesu – des Auferstandenen 217, 292
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Register
– als soteriologische Kategorie 25, 32, 34, 36, 40, 49 – erzählerische Stilisierung durch Lukas 53 f, 251, 304, 309 – Identität von Blut und Leben in den Abendmahlsworten 131, 133 – Tradition als Deutungsrahmen 146, 148 – Ursprung in einem göttlichen, transzendenten Schöpfungsakt 301 – Wurzelboden der soteriologischen Traditionsentwicklung 200 III. Leben des Menschen 131 – des Beters in Ps 22 197 – ewiges/neues/bei Gott 87, 106, 185, 217, 243, 246, 276, 282 – Geschichtlichkeit/Historizität 173, 275 – Integration in das Leidensgeschehen 275 f – irdische Begrenztheit 198 – aus Jesu Tod erwachsend 154, 181–185, 233, 236, 271, 310, 312 – nach dem Tod/über den Tod hinaus 102, 236 – Zerstörung durch die Sünde/ Gefährdung durch Satan 140, 153, 158, 166 f, 184, 209 IV. Geschöpfliches allg. – Identität von Blut und Leben 123 f, 131 – der neuen Schöpfung 221 Lebenshingabe – des Gottesknechts s. Gottesknecht I.2, II. – Tod etc. und III.2 – griech. Hingabevorstellungen als Hintergrund der Deutung des Todes Jesu 65, 69, 78, 119 f – Jesu s. Tod etc Jesu/des Christus/des Sohnes Gottes – „des Menschen“ in Jes 43,4 122 – der Propheten 125 – stellvertretende allg. 69 Leib Jesu 36, 53, 65, 133, 221, 232 Leiden – des Gottesknechts s. Gottesknecht I.2, II. – Tod etc. und III.2
– Jesu s. Tod etc Jesu/des Christus/des Sohnes Gottes – des Menschen 160, 197 f – des Propheten 288, 291, 294 f – der Verkündiger der Christusbotschaft 277 Leiden-Müssen Jesu/des Christus (s. auch Sendung III.) 87 f, 94 f, 102, 197, 209 f, 230 f, 233, 235,237–249, 256, 161, 269, 271, 286, 288, 290, 294, 296, 305 Leidensnachfolge s. Kreuzes-/Leidensnachfolge Leidensterminologie 114 Leidensweissagungen/-ankündigungen 45, 240 I. Lukasevangelium 45, 211, 213 f (213), 226, 230 f, 233, 237–242 (238), 244–246, 286 II. Markusevangelium s. Markusevangelium VIII. III. Matthäusevangelium s. Matthäus evangelium VI. Leviathan 174 Licht 105, 149, 193, 220, 251 f, 297 – für die Völker 145, 156, 254, 305–312 Lobpreis Gottes s. Gotteslob Lösegeldwort I. Jes 43,3 f 121 f (121 f), 164 II. Mk 10,45 (s. auch Tod etc. Jesu/ des Christus/des Gottessohnes III.) 161–165 – Bezug zu den Abendmahlsworten 121 f (121), 136 f, 160–165 (163) – Frage der aramäischen Ursprungsgestalt 164 – lukanische Rezeption (im Spiegel der Forschung) 4, 44–46, 50, 52 f, 89, 103, 111, 136 f, 161–165, 167 – markinischer Kontext 53, 157, 163 f (163), 165 – soteriologische Bedeutung 44, 50, 121 f (122), 136 f, 163, 165, 167, 240 Logienquelle (Q) 195
Namen- und Sachregister
Macht – des Todes s. Tod, allg. Gebrauch – Macht über den/Verhängnis des Menschen – Satans/des Bösen/der Sünde 9, 11 (11), 13, 16, 18–20 (18), 43, 135, 142 f, 149, 153 (153), 159 f, 165, 167, 170 f, 221, 233, 239, 244, 279, 284, 286 – weltliche/des Menschen 166, 176, 262, 310, 313 – des Wortes des Gottesknechts 174 Machttaten, messianische s. Schauwunder Magd (Titel) 132 Magnifikat 303, 306 (306) Mahl/Mähler, Mahlgemeinschaft (s. auch Tischgemeinschaft) – Abendmahl/eucharistisches Mahl/Herrenmahl s. Abendmahl etc. – Alttestamentliche Traditionen allg. 108, 114, 144 – Bundesmahl auf dem Sinai s. Bundesmahl – in Emmaus (Lk 24,13–35) 213, 229, 231 f (232), 233, 234 f, 237 f, 246 f – eschatologisches Mahl im Garten Eden 131 f – eschatologisches Mahl im Reich Gottes 113–115, 138–157 (140 f, 148), 165, 206, 247 – irdisches Jesusmahl 139, 148 (148), 229 – Jesu letztes Mahl mit den Jüngern s. Abendmahl etc. – jüdisches allg. 131 – Passamahl s. Passa/Passamahl/ Passageschehen – Todamahl 132 – Völkermahl auf dem Zion s. Völkermahl Mahltraditionen 139, 144, 193, 202 Maria 132 Markusevangelium I. Taufe (Mk 1,9–11) 94 II. Petrusbekenntnis (Mk 8,27–33) 286 III. Verklärung (Mk 9,2–13) 94, 223
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IV. Rangstreit der Jünger (Mk 10,35– 45) 157, 163 – Lösegeldwort s. Lösegeldwort II. V. Einzug in Jerusalem 157, 163 VI. Passion 138, 149, 195, 220 VI.1 Abendmahl (Mk 14,12–26) 111, 138 f, 144, 158, 192, 203 – Einsetzungsworte s. Abendmahlsworte V. VI.2 Weg zum Ölberg (Mk 14,27–31) 157 – Ankündigung des Verrats des Petrus (Mk 14,30) 157 VI.3 Gethsemane (Mk 14,32–42) 181, 183 – Wort vom Kelch (des Todes; Mk 14,36) s. Worte II. VI.4 Kreuzigung (Mk 15,20– 41) 94–96, 101–103, 105, 110, 193, 199 (199), 201, 203 – Christologie 95 – Elia-Mißverständnis 103 – Klagemotiv 102 – Sohn-Gottes-Bekenntnis des römischen Hauptmanns (s. auch Erkenntnis etc. III.) 94–96, 109, 196 – Soteriologie 94 – Traditionsbezug: Ps 22 196, 197, 198 – Überlieferungsgeschichte 196– 204 – Schrei der Verlassenheit s. Kreuzesworte Jesu – Schrei der Verlassenheit – Verspottung Jesu 196 – Verteilung der Kleider 196 – Zerreißen des Tempelvorhangs 108 VI.5 Grablegung Jesu (Mk 15,42– 47) 180, 192 VII. Auferstehung Jesu 238 VIII. Leidensweissagungen 213, 220 (220), 231, 237, 239, 241 IX. Reich-Gottes-Vorstellung 150, 180 X. Messiasgeheimnis 266 XI. Verstockung 266
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Register
XII. Erkenntnisbegriffe (Häufigkeit) 227 XIII. Quelle des Lukas 45, 188, 195 (195), 213, 238, 284 Matthäusevangelium I. Stammbaum Jesu (Mt 1,1–17) 182 II. Taufe (Mt 3,13–17) 94 III. Versuchung Jesu (Mt 4,1–11) 262 IV. Verklärung (Mt 17,1–13) 94 V. Passion 138 V.1 Abendmahl (Mt 26,17–30) 138 f, 144 – Einsetzungsworte s. Abendmahlsworte VI. V. 2 Gethsemane (Mt 26,36–46) – Wort vom Kelch (des Todes; Mt 26,39) s. Worte II. V.3 Kreuzigung (Mt 27,31–56) 203 – Traditionsbezug: Ps 22 197, 198 VI. Leidensweissagungen 91 VII. Reich-Gottes-Vorstellung 150 VIII. Erkenntnisbegriffe (Häufigkeit) 227 Mauern, Einsturz (eschatologisches Bild) 193, 206 Mensch, menschlich 23 I. Anthropologie – Frage des freien Willens 279 – Geschöpflichkeit/Kreatürlichkeit 76, 106, 150, 183 f, 220, 274, 279 – Niedrigkeit s. Niedrigkeit – des Menschen – Staubexistenz/-gebilde s. Staub – Sterblichkeit 220 f, 236 – Verhaftung in Raum und Zeit/ Historizität/ Wahrnehmungskategorien 220 f, 226, 271, 274 f, 279, 289, 310 f II. Der Mensch vor Gott 246, 279 – Bundespartner Gottes 127, 131, 200 – dialogische Struktur des Verhältnisses 167 – Gegenüber Gottes 153 – Gemeinschaft mit Gott, eucharistische 156
– Gemeinschaft/Begegnung mit Gott, kultische 71, 73 – geschöpflicher Abstand zu Gott 279 (279) – Glaube s. Glaube – Gotteserkenntnis s. Erkenntnis II. – Opferdarbringung 189 – Reich Gottes als Geschehen zwischen Gott und Mensch (relationaler Aspekt) s. Reich I. Gottes – relationales Geschehen – Wort der Verkündigung als Ort der Begegnung 271 – Ziel des Heilshandelns Gottes/der göttlichen Sendung Jesu 144, 224, 264 III. Hamartologie – Abfall/Abkehr/Trennung von Gott/Zerstörung der Gottesbeziehung 149 f (150), 153, 158–160, 166, 168, 183, 197, 243, 264, 279, 310 – Blindheit (als neg. Erkenntnisbegriff) s. Blindheit/Verblendung – des Menschen allg./der Welt – Erlösungs-/Heilsbedürftigkeit 113, 115, 167, 310 – Feindschaft gegen Gott/Widergöttlichkeit/gegengöttliches Handeln/Gottabgewandtheit/Gottesferne 99, 167, 182, 197, 233, 263, 269–271, 285, 309 – Gefangenschaft in sich selbst 283 – Gefährdung/Versuchung durch Satan 115, 153, 166 f, 183 – Heillosigkeit 24 – Herrschaftswille/Selbstherrschaft 154 f, 168 – Selbsterhöhung 167 – Selbstzerstörung 167 – Sitzen in Finsternis 304 f – Sprachlosigkeit 263 – als Sünder/unter der Macht der Sünde/Sündhaftigkeit/sündhafte Disposition/Schuldverhängnis/ Versklavung durch das Böse/Satan/ satanische Beschlagnahmung
Namen- und Sachregister
(s. auch Sünder) 10, 13, 19 f, 24–26, 36, 40 f, 43, 52, 62, 75, 76, 89 f (90), 92, 99, 106 f, 109 f, 142, 145, 149, 162, 167, 169, 173, 180, 182 f, 209, 219, 221, 224, 226, 233, 236, 239, 246, 264, 275, 279 (279), 292, 310 – Todverfallenheit 75, 182, 184, 198, 215, 217, 221, 226, 233, 236, 264, 279 – Tötung des Menschensohns 238 – Unglaube s. Unglaube – Unheiligkeit 140 – Unverständnis s. Unverständnis/ Unwissenheit – des Menschen allg. – Verkehrtheit 284 – Verlust des Glaubens 166 – Verlust des Lebens 158 – Vertreibung aus dem Paradies (Gen 3) 182, 279 – Verweigerung der Annahme/ Zurückweisung Jesu/des Heils/ Zweifel an Jesu Messianität 158 f, 167 f, 270, 275, 305, 306, 308, 311 – Versuchung s. Versuchung – des Menschen durch die Schlange – Verstockung s. Verstockung IV. Christusbezug – Adam-Christus-Typologie/alter Mensch – neuer Mensch 182 – Annahme/Anerkennung der Botschaft/des Wortes/des Heilszuspruchs Jesu/der Sühnetat des Knechts/ Übereignung an Christus 81, 97, 113, 130, 154, 156– 159, 168, 171, 180, 233, 309, 311 – Christuserkenntnis s. Erkenntnis etc. III. und VII. – Leidensnachfolge 159 – Glaube s. Glaube – Gemeinschaft mit Jesus/Christus 136 f, 156, 159, 235, 310 f – Haltung dem Gekreuzigten gegenüber, doppelte 92 – Integration in das Christusgeschehen 115 – Leben in Christus s. VI. Eschatologie
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– Lebensbeziehung zum Auferstandenen und Erhöhten 87, 158, 235 V. Soteriologie – Entsühnung/Entschuldung/Sünden-/Schuldbefreiung/Überwindung der Sünden- und Todverfallenheit/der Macht des Bösen s. Entsühnung etc. III. – Erleiden des Todesgerichts in Jesu Tod/Mitsterben mit Christus/existentielle Teilhabe am Kreuzes- und Auferstehungsgeschehen (s. auch Stellvertretung, stellvertretend – inklusive/inkludierende) 181, 185, 198, 233, 275 – Erlösung/Rettung s. Erlösung etc. – des Menschen allg./universelle – Geschenk des Lebens/Leben in Christus 87, 243 – Heilsempfang/Annahme des Heils/ des Geschenks des Reiches 111, 113, 115, 153, 157 f, 168, 243, 283, 297, 305 f – Heilserkenntnis s. Erkenntnis etc. IV. und VII. – Heilung/Heilwerden 284 – Instandsetzung der Gottesbeziehung 150, 182, 217 – Neuschöpfung/neue Kreatur 106, 127, 172, 183 f, 186 f, 202, 221, 236, 244, 292 – Öffnung der Augen 243 (243), 284 – Rechtfertigung 242 – Rolle bei der Realisierung des Heils (s. auch Synergismus, synergistisch) 13, 16, 20, 23, 25, 29, 43 – Teilhaber des neuen Bundes 133, 171, 185 – Umkehr zu s. Umkehr – des Menschen allg. – Versöhnung mit Gott 16, 155, 158, 168, 184, 244 – Wiederherstellung der personalen Integrität 279 VI. Eschatologie – Aufhebung der irdischen Grenzen 198, 224, 226
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Register
– Aufhebung menschlicher Herrschafts-/Machtstrukturen 154, 168 – Empfang/Anteilseigner des Reiches/der Herrschaft 151–157, 168, 172, 187, 200 – endzeitliche Anbetung Gottes 143 – endzeitliche/ewige Gottes-/Christusgemeinschaft 75, 90, 107, 109, 153 f, 160, 168, 183, 185, 200, 221, 224, 244, 296, 312 f – Heilsvollendung 146, 168, 275 – Integration in das Leben Gottes/Öffnung des Lebensbereiches Gottes für/des Reiches Gottes für/ Zu-Gott-Kommen/ewiges Leben bei Gott u. ä. 12 f, 71, 73–75, 90, 106 f, 109, 112, 149 f (150), 152, 154–156, 159 f, 168, 184–186, 198, 215, 217, 221 f, 224–226, 232 f, 271, 272, 274, 279, 296, 313 – Mit-Auferstehen mit Christus 185 – Paradieseszutritt, Pardiesesgemeinschaft mit Gott 93, 106 f, 153, 183–185, 198, 220 f – Sammlung aller Menschen vor dem Angesicht Gottes 145, 225 – Teilhaber des eschatologischen Friedensbundes (Jes 54,8–10) 186 VII. Heutiger/moderner Mensch im Spiegel der Forschung 37–39, 41, 59 (59), 64 Menschensohn 91 – Auferstehung am dritten Tag 238 – Auslieferung in die Hände der Menschen 238 f – Dienst (Lösegeldwort) 161 f, 164 – Identität mit dem Gottesknecht 165 – Inthronisation (Dan 7) 164 – Verrat durch Judas 113, 158 – Titel 205, 213, 293 Menschwerdung Gottes 297 Messias, messianisch, Messianität I. Alttestamentlich-jüdische Tradi tion 304 – Amt göttlicher Stellvertretung 209 – Äthiopisches Henochbuch 103 – Erlösung Israels 141
– Davidide/aus dem Hause Davids/ davidischer König (s. auch Davidide etc.) 102, 286, 294 – Geburt des Kindes/zukünftigen Heilskönigs s. Geburt – des messianischen Kindes – Mahl der Endzeit 141 – Salbung 293 II. Jesus (s. auch Jesus etc. II.) 91, 93 f, 96 f, 102, 104, 155, 206, 213– 215, 228, 255 f, 257, 261 f (262), 264, 266 f, 270, 283–296, 306, 308–311 – Auferstehung 230 – Begriffe in der lukanischen Kreuzigungserzählung 93 – Doxa 214, 230 – Geburt Jesu s. Geburt – Jesu – Identität von Messias und Gottesknecht 72, 102, 103, 104, 252 f, 255, 261 f, 293, 295, 307 – Leiden/-Müssen s. Leiden-Müssen Jesu/des Christus – Rettermacht 95, 102, 285 f – Rettungswunder/Schauwunder/ Machterweise (als Forderung der ungläubigen Welt) 93 f, 104, 159 f, 257, 261, 262, 284 – Selbstproklamation/-offenbarung Jesu in Nazareth 94, 224, 259, 280, 293 – Sendung 163, 294 – Titel s. Christologie, christologisch IV. – traditionsgeschichtlicher Bezug 287 – Verwerfung durch sein Volk (s. auch Verwerfung III.) 137, 155, 255, 270, 275, 297, 308 Messiaserkenntnis (s. Erkenntnis etc. III.) Messiaserwartung(en) (Israels/der Zeitgenossen Jesu) 102, 159, 168, 261, 270, 284 Messiasgeheimnis s. Markusevangelium X. Mittler s. Offenbarungsmittler Mond 105, 193, 220 Mose, mosaisch
Namen- und Sachregister
– Bezug der Gottesknechtslieder (einschließlich Jes 61,1–3) 280, 288–290, 292 – als Führer des Exodus 84, 223, 289, 291 – Knecht s. Knecht I. – im lukanischen Doppelwerk 288–292 – Offenbarungsamt/Offenbarungsmittlerschaft 185 f, 222 f, 225, 289, 291 – Tradition 236, 280, 287, 290, 292 Mosesegen (Dtn 33) 222 Mutter Jesu (Maria) 132, 299, 305 f Mutterleib 283, 296, 302 f, 308, 311 Nazarener (Pl.) 228, 256, 258–263 (259– 262), 272, 284 Nazareth – als Ort des ersten öffentlichen Auftretens Jesu/ der Selbstoffenbarung Jesu 87, 98, 228, 252, 255 (255), 259, 261 f, 263, 266 f, 269, 272, 276, 280, 293 Nazaretherzählung/-perikope (Lk 4,16– 30; s. auch Offenbarung III.) 88, 94 f, 125, 171 (171), 224, 228 (228), 237, 249, 251–285 (254, 257, 259, 262, 265, 269, 279, 284), 287 f, 293 Neuschöpfung – der Welt 106, 301 – des Menschen/Mensch als neue Kreatur s. Mensch V. – Gottesknecht in Jes 53 LXX 236, 301 Niedrigkeit – des Gottesknechts s. Gottesknecht III. – Jesu/Christi 22 f, 114 f, 159 f, 163, 165 f, 180, 209, 246, 251 – des Menschen 22 f, 160, 168, 246 Noahbund s. Bund – Noahbund Nunc Dimittis 132, 180, 204 f, 298, 306– 310 (306 f) Ölberg 157, 180, 183 f Offenbarung I. Selbstoffenbarung Gottes im Wort 68 f, 71, 73, 74, 77, 185, 201, 222 f, 259, 263, 281 – Geschichtlichkeit der Offenbarung 74, 289
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– Offenbarung des göttlichen Heilsplans 175, 263 – Offenbarung der Königsherrschaft Gottes auf dem Zion 105 (105) – am Sinai s. Sinaioffenbarung/-geschehen – Tempel als Ort der Offenbarungsepiphanie 107 II. Selbstoffenbarung Gottes in der Person Jesu Christi/seines Sohnes 71, 73, 77 – Abendmahl als Offenbarungsgeschehen s. Abendmahl III. – Offenbarung der Identität/des Persongeheimnisses Jesu 94, 159, 163, 172, 205 (205), 224, 252–256 (253), 266, 289, 294 – Offenbarung der transzendenten Einheit von Vater und Sohn 222– 225, 272, 294 – Offenbarwerden Gottes am Kreuz/ im Tod seines Sohnes 67–69, 130 III. Selbstoffenbarung Jesu/ Christi 155 – beim Abendmahl (s. auch II.) 87, 166, 201 – des Auferstandenen s. Auferstehung/Auferweckung I.3 – Kreuzesworte s. Kreuzesworte Jesu – Offenbarung des Leidens Jesu s. Leidensweissagungen/-ankündigungen – in Nazareth (s. auch Nazareth erzählung/-perikope) 82 f, 87, 94, 224, 228, 252, 255 f, 259 (259), 261–264, 265, 269, 280–282, 292 – vor Paulus/Christuserscheinung 218, 243 f, 278, 285 – als Sohn Gottes 95, 256, 263 – Wiederkunft Jesu 154 f IV. Offenbarung der menschlichen Blindheit/Verstocktheit/Gottesfeindschaft 259, 263 Offenbarungsgeschichte, offenbarungsgeschichtlich 64–78 (77), 155, 279 – Bedeutung des Abendmahls s. Abendmahl III.
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Register
Offenbarungsmittler 186, 222, 289 Ohr (s. auch hören) 139, 180, 228, 230 f, 248, 252, 256, 258–260 (259 f), 261, 262 f, 269, 271, 273, 278 Opfer, Opferkult, Opfervorstellung (s. auch Kult[us], kultisch) 66, 69, 71–73 (72), 100. 133 – Bundesopfer s. Bundesopfer – Ende des Opferkultes in Christus 72 – als soteriologische Kategorie 7 f, 37 f, 59, 61–63, 66–69 (66), 72, 77, 84 – bei Lukas 4, 6, 13, 42, 138, 139, 192 – Tod Jesu als Opfer s. Tod etc. Jesu/des Christus/des Sohnes Gottes III. Opferdebatte/Opferkritik; s. auch Abendmahlsdebatte etc.; Stellvertretungsdebatte etc. 38, 59 (59), 64, 77 Opfertod Jesu s. Tod etc. Jesu/des Christus/des Sohnes Gottes III. Opfertraditionen 139 Ostererzählungen s. Auferstehungserzählungen Palästina (Herkunft urchristlicher Tradition) 201, 208 Paradies/Paradiesesgarten 90 (90), 93, 106 f (106 f), 149, 152, 153, 182–185, 220 f (221), 279 Paradiesesverheißung an den Schächer s. Kreuzesworte Jesu Paraleipomena Jeremiou 143 Parusie 154 f, 268 Parusieerwartung 91 Parusieverzögerung 265 (265), 270 Passa/Passamahl/Passageschehen 112, 114, 131, 132 (131 f), 138, 139, 140– 144 (141–143), 146, 156, 184, 220 Passahallel 132, 141, 143 Passalamm 141 Passatradition 142 Passion Jesu 69, 199, 234, 287 Passionserzählung/-bericht/-texte I. Synoptische allg. 180, 197, 203, 204 II. Lukas 81, 84 f, 95, 110, 134 f (135), 138, 142 f, 146 f, 149, 153, 169, 171, 175–189, 191–195 (195), 203 f, 208, 216, 220, 222, 236, 248
III. Markus s. Markusevangelium VI. IV. Matthäus s. Matthäusevangelium V. Passionsmotive (Lukasevangelium) 211, 239 (239) Passionstradition, Ausformung s. Überlieferungsgeschichte – Passionserzählungen Paulus, paulinisch – Abendmahlsparadosis s. Abendmahlsworte VII. – Anthropologie 185 – in der Apostelgeschichte 27, 45, 100, 243 f, 269, 272, 276–279 (278), 284, 288 – Christuserscheinung/-offenbarung 218, 243 f, 278 – ehemaliger Pharisäer 129, 208 – als Gegenbild zu Lukas (Forschung) 2 f, 26, 37, 41, 242 – Kreuzestheologie s. Kreuzestheologie etc. – paulinische als angebliches Gegenbild zur lukanischen – Lukas als Begleiter 208 – Rezeption von Jes 53 s. Gottesknechtslieder V. – Soteriologie s. Soteriologie etc. – paulinische als angelbiches Gegenbild zur lukanischen – ὑπέρ-Wendungen 122 – Zitat Jes 25,8 190, 194 Pentateuch 222 Person Jesu/Jesu Christi/des Sohnes Gottes/des Gekreuzigten 114 – Erfüllung der prophetischen Verheißungen in Jesu Person s. Verheißung(en) – Erfüllung (in Jesus Christus) – Erkenntnis der Person s. Erkenntnis etc. III. – frühchristliches Verständnis 203 – Leidensgeheimnis s. Persongeheimnis – Offenbarungsidentität von Wort und Person Jesu 222 – Selbstoffenbarung Gottes in der Person Jesu Christi/seines Sohnes s. Offenbarung II. – Unterscheidung zwischen Person und irdischem Auftrag 283
Namen- und Sachregister
– Unverständnis gegenüber Jesu Person s. Unverständnis/Unwissenheit – vorösterliche Verhüllung (s. auch Persongeheimnis – Jesu) 213 Persongeheimnis – des Gottesknechts 84, 87, 282, 293, 306, 313 – Jesu 74, 87 f, 102, 110, 128, 205, 259, 280, 286, 293–295, 305 f, 309, 313 Petrus 115, 157, 159, 176, 286–289 Petrusbekenntnis I. Lukas 286 (286) II. Markus s. Markusevangelium II. Pfingsten 224 Pharao (Plagenerzählung Ex 7–11) 277 (277) Pharisäer, Paulus s. Paulus – als Pharisäer Pilatus 176 pneumatologisch – Kriterium der heilsgeschichtlichen Periodisierung des lukanischen Werks 268 Prädestination 275 Predigt s. Verkündigung priesterlich, Abstammung Johannes’ des Täufers 298 Priesterschrift, priesterschriftlich 60, 63, 66, 72 (72) Proexistenz 34 f (34) Prophet(en), prophetisch I. Allgemein – Amt des Gottesknechts 174, 278, 285–296 (288) – Amtsnachfolger des Mose 222, 288 f – Beauftragung/Sendung 81, 282 – Erfüllungszeichen: Schwert 175 – Erwählung s. Erwählung – der Propheten – Geistträger s. Geistträger – Leiden/gewaltsames Geschick s. Leiden – der Propheten – prophetisches Ich 83, 259 f – Tradition 288 (288), 293 f – Umkehrpredigt 12, 29, 245 – Verheißung s. Verheißung(en) – prophetische/des alten Bundes
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– Verkündigung/Wort s. Verkündigung I. – Verwerfung s. Verwerfung/Verfolgung II. II. Mose s. Mose 289 III. Elia s. Elia IV. Jesaja s. Jesaja V. Jesus als Prophet bei Lukas 263, 287–289 (287 f), 293–295 (294) Prophetenlesung (Synagoge) 257 f Prophetentitel 280, 285, 287–290, 294 (294) Prozeß – Jesu 277 – des Paulus 277 Psychologie 18 f Quellen – des Lukas 46, 47, 53, 89, 140, 146 f, 187–208 (194), 210, 228, 256 f, 264, 303 – des Markus 47 Quellenkritik/Quellenforschung – lukanische Passionserzählung 195 – methodische Reflexion 84, 290 Quellenverarbeitung (als redaktionsgeschichtlicher Prozeß) – des Lukas 52, 147, 194 Qumran – Jesajahandschriften s. Jesajahandschriften – Rezeption der Gottesknechtstradition s. Gottesknechtslieder III. Rahab 142, 143 Raum (als Strukturelement der Schöpfung) 220 f (221), 274, 289, 311 Recht, göttliches 130, 149, 303 Rechte Gottes s. Gott I. Rechtfertigung 23 – des Gottesknechts 96 – Israels und der Völker, endzeitliche s. Eschatologie etc. III. – des Sünders/des Menschen allg. 242, 279 Rechtfertigungslehre 26 Redaktion (im Gegensatz zur Tradition) 46
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Register
– in Lk 4,16–30 (Nazarethperikope) 257 f – in Lk 12,51 175 – in Lk 22,19–20 (Einsetzungsworte) 118–136 (119) – in Lk 22,25–27 161 – in Lk 24,13–35 (Emmausperikope) 210 – lukanische Passionsgeschichte allg. 162, 206 – lukanische Reich-Gottes-Konzeption 147 – Lukasevangelium allg. 187 f Redaktionsgeschichte/redaktionsgeschichtlich/Redaktionskritik 46–48 (47), 84, 162 Reich I. Gottes 114, 138–157 – Bezug auf Jesu Tod/Aufrichtung auf Erden in der Todesstunde Jesu 81, 105–109 (106, 108), 146, 148–156 (152, 155), 180, 183, 198, 202 f, 206, 215–217, 221, 224 f, 244, 303 – Erfüllung des Passa 141 (141), 143, 149 f – Erscheinen/irdische Realisation in Jesu Person/Wort 155, 174, 284 – Gemeinschaftscharakter (s. auch Mahl/Mähler – eschatologische[s] im Reich Gottes) 150, 168, 170, 200, 309 – Herrschafts-/Machtphänomen 152, 168, 174, 180 – Herrscher des s. Herrschaft, Herrscher I. des Gottesreiches – identisch mit Doxa 215 – identisch mit Paradies 149, 152, 221 – Inhalt der Verkündigung Jesu 146 f, 155, 284 – Inhalt der Verkündigung der Kirche 156 – Kommen des Reiches – futurisch oder präsentisch? 150, 151 f (151), 153, 155 f – lukanische Konzeption allg. 146– 156 (152, 155), 174, 185, 186
– Mahl im Reich Gottes, eschatologisches s. Mahl/Mähler – Öffnung für den Menschen/Anteilgabe an den Menschen s. Mensch VI. – in Ps 22 197 – Sphäre des Lebens 170 – relationales Geschehen 151–154 (152), 156, 247 – Übergabe vom Vater an den Sohn 152, 155, 172, 219 (219) – universale Sichtbarmachung bei der Wiederkunft Jesu Christi 155 II. Jesu/Christi/des Sohnes 92, 109, 149, 152 (152) – Übergabe/Zueignung an den Menschen 151–156 (152), 168, 172, 200 III. Für Israel (eschatologisch) 154 f, 170, 275 reich, Reicher 180 (180), 192 Reichtum 166 Reis aus dem Stamm Isais 300, 302 Reisebericht (Lk 9,51–19,27) 147 Retter s. Erlöser Rettung s. Erlösung/Rettung/Befreiung Rettungswunder s. Messias etc. II. Richter, die Jünger s. Jünger Jesu – eschatologische Richterfunktion Rom, römisch – Befreiung von der römischen Herrschaft 282 – Hauptmann unter dem Kreuz s. Erkenntnis/erkennen/verstehen III. – Justiz 90, 173 – Paulus in Rom (Ende der Apostelgeschichte) 267, 272, 278 – Soldaten unter dem Kreuz 100 Romulus 226 Rüsttag 219 Ruhe – Israels im Land 222 – der Schöpfung 220 – Todes-/Grabesruhe Jesu 220 f, 292 Sabbat 219 – erzählerische Bedeutung in der Apg 276
Namen- und Sachregister
– Gedenktag der Erlösung Israels aus Ägypten 221 – Jobeljahr als Sabbatgeschehen 292 – Ruhetag des Schöpfers 219 – Todessabbat Jesu 106, 219–221 (220), 292 Salbung mit dem Geist Gottes s. Geist I. Satan 115, 142 f (143), 153 (153), 159 f (160), 167 f, 170 (170), 174 f, 183 f, 239, 262 (262), 286 satanisch 99 – Beschlagnahmung/Versuchung des Menschen/der Welt allg./Gefährdung des Glaubens 113, 159 f, 167, 176, 239 – Verrat Jesu 113, 166, 285 – Versuchung Jesu s. Versuchung – Jesu Satisfaktionstheorie 77 Schächer 89–93 (90–92), 97, 100, 112, 149, 150, 152, 183, 215, 220 f Schauwunder s. Messias etc. II. Schema‘ 257 Schlange 175, 183 f Schöpfer s. Gott II. Schöpfung/Schöpfungsgeschehen – alttestamentlicher Kontext 292 – in Jes 53 LXX 301 – Bedeutung im Lukasevangelium 83, 181 f, 185, 219–221 (221), 226, 236, 292, 301 f Schöpfungserzählung/-bericht (Gen 1–2) 106, 184, 185, 220–222, 236 Schöpfungsfriede 244, 301 Schöpfungsordnung, neue 106 Schöpfungstheologie, schöpfungstheologisch – Aspekte der Gottesknechtschaft Jesu/ des Kreuzesgeschehens 186, 206, 220–222 – Bedeutung Jerusalems 153, 206 – Bezug der Auferstehungsereignisse 149, 221 f – Bezug von Schweiß und Blut in Lk 22,43 f 182 – Überhöhung des Exodus im Passa hallel 143
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Schrift(en), des Alten Bundes I. Urchristliche/neutestamentliche Rezeption allg. 71 (71), 73, 92, 180, 181, 190, 198 II. bei Lukas – Rezeption/Reflexion 206–208, 214 f, 241 f (242), 248, 249, 251, 289, 298 f, 305 – Erzählmotiv 226, 228, 230, 233, 237, 240 f, 248, 256, 262 III. Altkirchliche Rezeption 181 Schriftauslegung (Synagoge) 260, 277 Schriftgelehrte 278 Schriftgemäßheit des Christusgeschehens/ Schrifterfüllung 91, 198, 226, 237, 241 f, 244, 259 f, 263 f, 305, 312 Schriftlesung (Synagoge) 258, 260, 276 Schuld s. Sünde Schuldableistung 60 Schuldbefreiung s. Sündenvergebung Schuldopfer 60, 71 f (71), 79, 99, 101, 109, 124, 189, 205 Schweiß (als Zeichen der Todverfallenheit des Menschen) 181–184 (181 f) Schwert 173–176 Schwertgewalt 176 Seele 221 Segen/Segenshandlung/Segnung 131, 132, 232 (232) – des Mose s. Mosesegen Segensbecher (s. auch Kelch) 131, 132 sehen (als Erkenntnisbegriff) 93, 96, 98, 155, 169, 211, 219, 227–229 (228), 233, 235–237, 243 f, 247 f, 256, 261 f, 267, 271, 273, 307, 311 Selbsthingabe s. Lebenshingabe Selbstoffenbarung Gottes/Jesu Christi s. Offenbarung I.–III. Sendung I. Jesajas 277 II. des Gottesknechts s. Gottesknecht I. und III. III. Jesu/Christi/des Sohnes Gottes 12, 43, 173, 205, 224, 283, 285 – Auftrag 214 – Dienst-Begrifflichkeit 164
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Register
– Heils-/Rettungscharakter/messianische/Ziel der Sendung 10–12, 23, 39, 87, 100, 110, 154, 163, 175, 236, 244 f, 248, 252, 270, 312 – kultischer Verstehenshorizont 74 f – Leidenscharakter (s. auch Leiden-Müssen Jesu etc.) 28, 87 f, 101, 159, 184, 186, 208, 239, 245, 251, 264, 270, 272, 287, 293, 294, 297 f, 311 – mosaischer Bezug 280, 313 – Traditionsbezug allg. 288 – Unverständnis gegenüber Jesu Sendung (s. auch Unverständnis, Unwissenheit) 87, 98, 163, 228, 244, 248, 252, 270, 272 – Ursprung in Gott 299 – Vollendung in der Geistübergabe 109 – vorösterliche Verhüllung 213 – Wortcharakter 281 IV. Johannes’ des Täufers 244 V. der Jünger Jesu 160, 224 VI. des Paulus 277 (277) Septuaginta (LXX) – Dienstbegrifflichkeit 163–165 – Jes 24,23 106 (106), 193 f, 205 f – Jes 25,6–8 140 – Jes 42,1–4 188 f, 204 f – Jes 49,6 310 – Jes 53 78 f, 95, 124, 128 f, 164, 180, 189 f, 192, 193, 204 f, 207, 214 f – Jes 60,1 f 193, 208, 236, 300 f, 308 – Jes 60,19 193, 206 – Lev 5,14–19; Num 15,22–29 205 – Ps 31 102 – Sach 3,8; 6,12 97 Sieben, theologische Bedeutung 292 Sieg – Gottes über das Böse/„die Schlange“/ den Tod 140, 175 – Jesu 209, 236 Simeon 180, 204, 305–312 Simeonerzählung (Lk 2,25–35) 269, 305–312 Sinai – Bundesmahl 108, 139 (139), 156 – Bundesstiftung/Bundesschluß 69, 74, 81, 84, 126, 127, 128 f (129)
– Horeb (1. Kön 19) 185 f, 225 – Konstitution Israels als Gottesvolk s. Israel II. – kultisches Urgeschehen 75, 156 – Ort der Selbstoffenbarung Gottes s. Sinaioffenbarung/-geschehen Sinaibund s. Bund – alter/Israelbund/ Sinaibund Sinaioffenbarung/-geschehen 67, 73, 77, 128, 140, 185 f, 222 Sinne/Sinnesorgane/Sinneswahrnehmung 223, 227 f, 237, 256, 258, 259, 269, 273 Sklave 163, 165 Sklavenhaus s. Ägypten, ägyptisch – Land der Knechtschaft Israels/Sklavenhaus Sohn I. Gottes 12, 67 I.1 Jesus 283, 297 – Einheit von Vater und Sohn (Wesens- und Willenseinheit; Personeinheit; herrscherliche Einheit) 152, 155 f, 172, 183, 218 f, 222– 225, 238, 272, 294, 302, 304 – Existenz als/Identität mit dem Gottesknecht 285, 295, 305 – Geistzeugung s. Geistzeugung – Offenbarsein Jesu als Sohn Gottes/ irdische Manifestation der Sohnschaft Jesu 95, 104 f, 155, 224, 262, 286 – Offenbarung in Niedrigkeit/am Kreuz 160, 197, 205 – Offenbarung des Sohnes durch den Vater 205 – Proklamation des römischen Hauptmanns s. Erkenntnis III. – Quelle aller Offenbarung 289 – satanischer Versuch der Trennung des Sohnes vom Vater 159, 222, 262 – Selbstoffenbarung Jesu als Sohn Gottes s. Offenbarung III. – Sendung s. Sendung II. – Titel s. Christologie, christologisch IV. – Tod/Sterben s. Tod etc. Jesu/des Christus/des Sohnes Gottes
Namen- und Sachregister
– Verkennung der Sohnschaft durch die Nazarener 260–263 – Verwerfung s. Verwerfung III. – Wort Gottes in Person 222, 289, 294 I.2 Gerechter (Sap 2,16) 104 f II. Josephs 94 Sohnesproklamation Gottes 205, 224, 256 Sohn-Gottes-Erkenntnis s. Erkenntnis etc. III. Sondergut/Sonderquelle, lukanische(s) 147, 176, 187, 192, 194–204 (194 f), 206 Sonne – endzeitlich: Gottes Doxa die vom Zion erstrahlende Sonne 105, 149 – Schöpfungserzählung 220 – Verfinsterung/Verlöschen in der Kreuzigungserzählung 105 (105), 108, 149, 193, 205, 217, 220 – Verfinsterung/Verlöschen bei Deuterojesaja 105 (105), 149, 205 f, 217, 220 Sonnenfinsternis 105 f Soteriologie, soteriologisch/Erlösungslehre 14, 18, 23–27, 36, 38, 41 f (41) I. Aspekte biblischer Texte – Jes 53 110, 169, 172 II. Aspekte biblischer Traditionen – Abendmahlsworte s. Abendmahlsworte III.-VII. III. Lukanische – negatives Urteil der Forschung: angeblich soteriologisch defizitär 3–10 (5, 9), 11, 12–17 (17), 19–37 (31, 34), 39 f, 41, 42–46, 47, 48, 51–55 (54 f), 79, 85, 88, 107 f, 128, 136, 147, 161, 162, 187, 195, 242, 251, 268, 275 (275), 279, 290, 295 – im Licht von Jes 53: sühnetheologische Grundlegung 75 f, 79–82, 85, 87–89, 91, 92, 103, 105, 108 f, 111–113 (111 f), 115, 134–138, 140, 144, 147, 149–151 (150), 154, 162, 167, 171, 176, 181, 183, 187, 195, 209, 217, 221, 232, 233, 235, 239, 246, 251 f, 256, 266 f, 269, 275, 279 f, 290, 293 f, 297, 313
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– Profil der lukanischen Sonderquelle/Passionstradition 206 f IV. Markinische 149 V. Paulinische als angebliches Gegenbild zur lukanischen 7, 19, 23, 34, 35, 76, 129, 136, 149 VII. Urchristliche Entwicklung 57, 63 f, 70 f, 72, 76 (76), 77, 79 VIII. Begrifflichkeit 7 f (7), 10, 30, 34–36 (34 f), 38–41, 57 f (57), 59, 61–64 (63 f) 75–77 (77), 78, 121, 125, 129, 163, 207, 295 Soteriologiemodelle 58, 61 Speisung der Fünftausend (Lk 9,10– 17) 232 Spendeformel s. Zueignungsworte etc. Spott s. Verspottung Jesu Sproß (Messiastitel) 97, 130, 286, 296, 298, 300, 302, 308 – aus der Höhe (Lk 1,78) 304 Stammbaum Jesu – Lukasevangelium 182 – Matthäus s. Matthäusevangelium II. Staub (Existenzbegriff: Todessubstanz) 184, 236, 279, 301 f Stein – Gesetzestafeln 127 – Gemäuer (Einsturz: eschatologisches Bild) 193, 206 – Stein zu Brot (Versuchungserzählung) 262 Stellvertretung, stellvertretend, als soteriologische Kategorie (s. auch Soteriologie etc. VIII.) 8, 34 (34), 38–41, 43, 54, 61–63 (62), 69, 70, 76 (76), 83, 108, 110, 112, 162, 181, 185, 193, 209, 217 – in Jes 53 49, 51 f, 55 f (56), 59 f, 62, 69, 72, 75 f, 77, 79 f, 83, 112 Stellvertretungsvorstellungen/-modelle 57, 59 (59), 61 f, 70, 76 Stellvertretungsdebatte/-diskussion/-kon troverse; s. auch Opferdebatte/Opferkritik 7, 33, 37–40, 57–64 (59), 120 Stellvertretungstod Jesu s. Tod Jesu III. Stephanus 100, 278 Stephanuserzählung (Apg 6,8–7,60) 100, 278
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Register
Stephanuskreis (s. Hellenisten, Jerusalemer) Sterbeformel 21, 44 Sterben – antikes Ideal 101 – Jesu s. Tod etc. Jesu/des Christus/des Sohnes Gottes Sterbeworte Jesu s. Kreuzesworte Jesu Subjektübertragung 76 Sühne/Sühnegeschehen, sühnen – in den Abendmahlsworten s. Abendmahl III. – Bundesstiftung als Sühnegeschehen 129 f – Entsühnung Israels/der Heiden/Völker/ des Menschen allg. s. Entsühnung etc. I.–III. – Kreuz als Sühnemittel 16, 22 – kultische, Sühnopfer 6 f, 59 (59), 65, 69, 72, 74, 75 f, 99, 124, 129 f, 156 – bei Paulus 6, 41 – soteriologische Kategorie/Rahmen für die urchristliche Deutung des Todes Jesu (s. auch Soteriologie etc. VIII.) 7 f, 57 f (57), 61–65 (64), 66, 73, 75, 77, 78, 79, 80, 90, 108 – soteriologische Bedeutung für Lukas (s. auch Sühnetheologie etc. III.) 3, 4, 43, 47, 49, 52, 64, 89 f, 112, 115, 147, 149, 152, 161 f, 172, 181, 185, 194, 236, 242 Sühnekult s. Sühne, kultische Sühneleiden Christi s. Tod etc. Jesu/des Christus/des Sohnes Gottes III. Sühnemittel 16, 22 Sühnetheologie/-gedanke/-verständnis/ -vorstellung I. Alttestamentliche(s) 7, 65 – in Jes 53? 57, 63–65, 71, 72, 80, 119 (119), 194, 248, 255 II. Frühjüdische(s) 72 III. Neutestamentliche(e) – lukanische(s), negatives Urteil der Forschung: angebliche Tilgung aus dem christlichen Vorstellungshorizont 7 f (8), 10 f (11), 12 f, 16, 17, 19, 23, 26, 28, 29, 34, 35 (35), 37, 39, 41–54 (44, 47, 54), 55, 80, 83,
84 f, 90, 95, 111, 116 f, 135, 137 f, 139, 147 (147), 150, 162, 210, 216, 247 f, 255, 265 – lukanische(s): sühnetheologische Grundlegung 71, 80, 85, 107, 134, 137 f, 153, 157, 185, 210, 242, 247 – markinische(s), matthäische 44 – paulinische(s) als angebliches Gegenbild zur/m lukanischen 7, 28, 38 f, 42, 199 – urchristliche Entwicklung allg. 58, 64, 66, 76, 120, 199, 203, 206 Sühnetod/Sühneleiden/Sühnewerk Christi s. Tod Jesu III. – als Sühnetod Sühnetraditionen 60, 72 Sühnmal 107 Sühnopfer s. Sühne – kultische/Sühnopfer Sünde/Schuld 11 (11), 18 f (19), 25, 33, 51 f, 62 f, 76, 78, 99 f. 101, 106, 109, 140, 149, 153 f, 158, 167, 169, 182, 184, 186, 189, 205, 217, 233, 235, 244, 246, 278 f, 301, 310 Sündenfallerzählung (Gen 3) 184, 185, 279, 301 Sündenvergebung/Schuldbefreiung (s. auch Entsühnung etc.; Erlösung etc.) 22, 30, 40, 55 f, 59 f, 63, 97, 99 f (100), 130, 154, 164, 205, 225, 239, 243 f (243), 279, 283, 286, 301, 304 Sündenverfallenheit/-verhängnis des Menschen 75, 130, 140, 149, 160, 173, 184, 246, 279 Sündenverständnis – biblisches 18, 76 – heutiges 19 – des Lukas 95 Sünder (s. auch Mensch III.) 9–11, 13, 15 f, 19, 32, 34, 41, 52, 76, 90–93, 109, 152 f, 168, 233, 244, 279 f Sündopfer 71, 100 Synagoge/synagogal 206, 252, 256, 259, 276 Synagogengottesdienst, frühjüdischer 256 f (257) Synergismus, synergistisch 12 f (13), 16 f, 25, 30, 36, 39 f, (40), 42
Namen- und Sachregister
Taubheit (als neg. Erkenntnisbegriff) 261, 289 Taufe Jesu/Tauferzählung/-perikope I. Lukas (Lk 3,21 f) 94, 224, 256 II. Markus s. Markusevangelium I. III. Matthäus s. Matthäusevangelium II. Tempel 66 (66), 71, 106, 107, 262, 305 f, 311 Tempelkritik der Hellenisten 72 Tempelkult s. Kult(us), kultisch Tempelvorhang, Zerreißen zur Todesstunde Jesu 67, 107, 108, 217, 220 Testamente, Verhältnis Altes und Neues 64, 74, 77 Tetrarch, Herodes Antipas s. Herodes Antipas Teufel s. Satan Textkritik – Lk 22,43 f 180, 181, 184 f – Lk 23,34a 98 f (98), 116–118, 189– 191 Theodotion s. Kaige-Theodotion theologia crucis s. Kreuzestheologie etc. theologia gloriae 3 Thron(en) (s. auch Inthronisation) – Davids 303, 305, 308, 312 – Gottes 107, 217, 278 – Jesu/des Gottesknechts 246 – der Jünger, endzeitliches 153, 155, 168, 172 – des Menschensohns 164 f Tisch 114, 156 – des Herrn 156 Tischgemeinschaft – eschatologische 148, 157, 168, 247 – eucharistische 156–158, 246 f Tischherr, Jesus – beim eucharistischen Mahl 247 – im Reich Gottes/eschatologischer 145, 165, 247 Titel s. Christologie, christologisch IV. Tobiterzählung 228 Tod, allg. Gebrauch – des Beters in den Psalmen 131, 197, 203 – Macht über den/Verhängnis des Menschen 168, 181–185, 198, 209, 221, 233, 230, 310
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– des Paulus 278 – des Schächers (in Lk 23) 220 – Sphäre außerhalb des Reiches/Lebens Gottes 169, 217, 246 – Vernichtung, Überwindung, Aufhebung des irdischen Geschicks 140 (140), 154, 168, 193, 198, 202, 216, 233, 236, 310, 312 f – der Zeugen/Knechte Jesu 278 Tod/Sterben/Leiden Jesu/des Christus/des Sohnes Gottes (s. auch Kreuz etc.) I. Historischer Kontext 66–68, 173, 175, 177 (177), 198, 199 – Zeitrahmen der Todes- und Auferstehungsereignisse 216, 219 f, 221 II. Deutung allg. – zum Problem allg. vor dem Hintergrund heutiger Verstehensschwierigkeiten 14, 38 f, 41–43 (41), 61, 64–66, 77 (77) – Abendmahl als Bezugspunkt aller Deutungen s. Abendmahl IV. – Jesu eigene Deutung als historische Frage 65, 68, 200 – Lukas, negatives Urteil der Forschung: angeblich soteriologische Bedeutungslosigkeit (s. auch Kreuzestheologie – lukanische; Sühnetheologie III.) 5, 8, 12, 15 (15), 27, 28, 34, 35 (35), 42 f, 161, 177 – Lukas, im Licht von Jes 53: sühne theologische Grundlegung; Jesu Tod als soteriologischer Bezugspunkt des Doppelwerkes (s. auch Kreuzestheologie – lukanische; Sühnetheologie III.) 87 f, 113, 185, 188, 199 f, 209, 246 f, 266 f, 313 – Markus 44, 163, 219 f – Matthäus 44 – Paulus 7, 42 – urchristliche Entwicklung s. Urchristentum – Deutung des Todes Jesu/des Kreuzes III. Deutekategorien – als Anbruch des Gottesreiches auf Erden s. Reich I. Gottes – Bezug auf Jesu Tod
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– als Akt der Selbstoffenbarung Gottes/Offenbarungsgeschehen s. Offenbarung II. – Bruch der Macht/Herrschaft Satans/des Todes 160, 167 f, 171, 198, 214, 236, 239 – Dienst am Menschen 97, 161– 168, 174 – Erschütterung der kosmischen Ordnung 149 – Exodusereignis 223 f – „für viele“, „für euch“, „für uns“/ pro nobis 11, 14, 23, 25, 35 f, 39, 42, 44 f, 48, 52–54, 64, 65 (65), 76, 81, 87, 89, 97, 110–113, 120, 136 f, 140, 146, 156, 158 f, 162, 173, 176, 232 f (233), 235, 237, 273, 310 – (Frage der) Heilsbedeutung/-wirksamkeit/-notwendigkeit/als Erlösungs-/Rettungsgeschehen (s. auch Erlösung etc.) 8 f, 11–13, 14, 15 f, 20 f, 25, 28, 30 f, 33, 38–44 (41), 51, 53, 56, 60, 72, 75 f, 81, 85, 87, 89, 91–93, 95–97, 101–103, 107– 115, 121, 131, 132 f, 136, 140, 142, 144 f, 147, 150 (150), 152, 154– 160, 165–168, 172, 175 f, 182, 184, 186, 193, 198, 201 f, 206, 209 f, 215, 217, 221 f, 224, 226, 228–237, 239, 241–249 (242), 251 f, 256, 264, 269–273 (271 f), 275, 278 f, 285 f, 293, 295–298, 308–314 – Fluchtod 137, 186 – kultische Deutung; s. auch: als Opfertod 64–78 (72, 74), 85 – „Lösegeld für viele“ (s. auch Lösegeldwort) 89, 160 f, 163 – Opfer(tod), Schuldopfer; s. auch kultische Deutung 60, 67, 69, 75, 99, 109, 119, 133, 156, 221 – Proexistenz 34–36 – Stellvertretungstod 43, 54, 76, 77, 78, 80, 89 f, 108, 110, 112, 117, 119 f, 130, 148 f, 161 f, 172, 185, 193, 200, 294 – Sühnetod 43, 48, 75 f (76), 77, 80, 89 f, 101, 103, 108 (108), 110,
112, 117, 119 f, 123, 126, 129, 130, 133 f (133), 136 f, 144, 147– 152 (150), 154, 156, 161, 172, 183, 185, 193, 200, 203, 233, 236, 241 f, 244, 251, 270, 292, 294, 312 – Tod des Gottesknechts/im Licht von Jes 53 s. Gottesknecht II. und III. IV. Traditionsbezug – Ex 24: Bundesschluß am Sinai 126–129, 157 – Exodus 112 – Jes 24–27 s. Jesaja-Apokalypse – Jes 24,23; 51,3; 60,19: Zeitpunkt der Installation der Gottesherrschaft auf dem Zion 105–108, 150, 153, 193, 205 f, 220 – Jes 43,3 f 121 f (122) – Jes 53 s. Gottesknecht II. und III., Gottesknechtslieder IV.-VII. – Jer 31: neuer Bund 126–130 – Jer 33,14–26: Bundesverheißung + Ankündigung des Sprosses der Gerechtigkeit 130 – Prophetenamt 294 – Ps 22 196–204 (197, 199) – Ps 116 131 f (132 f) – Schöpfungsbezug 219 f – Zion 148 – Schriftgemäßheit allg. s. Schriftgemäßheit des Christusgeschehens/ Schrifterfüllung V. Christologischer Bezug – als Erweis/Geheimnis der Identität/Messianität Jesu 87 f, 163, 226, 252, 263, 284 – Offenbarung der herrscherlichen Einheit von Vater und Sohn 152, 239 – im Verhältnis zu Auferstehung und Erhöhung Jesu 55, 84, 217, 219, 225, 228 f, 232, 235, 240 f, 246, 248, 251, 271, 272 VI. Anthropologischer Bezug – Anstößigkeit des Kreuzestodes 91, 166, 183, 229 (229), 234 – Erkenntnisgrund des Glaubens s. Glaube V.
Namen- und Sachregister
– Frage nach dem Sinn 87, 229– 231, 233, 234 – als Geheimnis der Verstockung 28, 268–270, 278 – menschliche Schuld am Tod Jesu 100 f, 228, 238 f – Notwendigkeit des Todes Jesu s. III. (Frage der) Heilsbedeutung etc.; Leiden-Müssen Jesu/des Christus – als Vorbild/Anschauungsbeispiel VII. Erzählerische Darstellung im Lukasevangelium – Abendmahlserzählung s. Abend mahlserzählung/-perikope – als Hauptmotiv der Auferstehungserzählungen 88, 209–249 – im Hintergrund der Verklärungserzählung 238 f – im Hintergrund der Versuchungserzählung 153 – Kreuzigungserzählung s. Kreuzi gungserzählung/-perikope Toda(mahl) 131 f (132), 143 f, 202 Todapsalm(en) 131, 132, 197 (197), 203 Todesruhe Jesu s. Ruhe – Todes-/Grabesruhe Jesu Todesüberwindung s. Tod, allg. Gebrauch – Vernichtung etc. Todverfallenheit/-verhängnis des Menschen s. Mensch III. Tora s. Gesetz/Gebot Gottes Toralesung (Synagoge) 257 Totenauferstehung 142 Tradition (im Gegensatz zur Redaktion) 46–48 (47), 116 – in Lk 4,16–30 257 – in Lk 9,22 213 – in Lk 22,19–20 118–135 (119) – lukanische Passionserzählung 135 f, 176, 188, 194, 204–208, 236 Transzendenz, transzendent – Einheit von Vater und Sohn 218 f – Gottes s. Gott I. – Reich Gottes 152 trinken (s. auch essen; Mahl/Mähler etc.) – allg. Gebrauch 139, 141 – im Reich Gottes 138–157
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Tritojesaja 282 Übeltäter s. Frevler und Schächer Überlieferungsgeschichte – Emmauserzählung 210 f – Passionserzählungen 196–204 (201, 203) Umkehr 12, 14, 17 f, 25, 29, 177, 241– 245 – der Heiden 51, 242–245 – Israels 29, 242–245 (245) – des Menschen allg. 242–244 (244) Umkehrpredigt/-mahnung, prophetische s. Prophet(en), prophetisch I. Unglaube – der Heiden 277 – Israels/der Juden 155, 168–172, 277 – des Menschen allg. 154, 168 f, 271 – des Paulus 243 Unheil 171, 310 unrein, Unreines/Unreinheit 217 Unschuld – des Gottesknechts 97, 176 – Jesu 90, 94, 97, 109, 176 f Unverständnis/Unwissenheit (Jesus gegenüber; s. auch Blindheit; Sendung III.) – der Heiden 100 f – Israels/der Juden 100 f, 236 f – der Jünger Jesu s. Jünger Jesu – Unverständnis etc. – der Nazarener 258, 260 (260), 261, 262, 269, 284 – des Menschen allg. 87, 99, 163, 166 f, 176, 228, 237, 264, 274, 279, 309 Urchristentum, urchristlich – Deutung des Todes Jesu/des Kreuzes 49, 58–65, 69 f, 72 f, 75 f (76), 78 f, 85, 120, 124 f, 129, 134, 145, 163, 192, 193, 194 f, 199–204 (203), 207, 295 – Entwicklung der Christologie s. Chris tologie, christologisch III. – Entwicklung der Soteriologie s. Soteriologie etc. VII. – Kerygma s. Kerygma, urchristliches – griechischer Sprachbereich 207 – Traditionsentwicklung allg. 155 f
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Register
– Verkündigung s. Verkündigung VI.5 – Verfolgung 175, 243 Urgeschichte (Gen 1–11) 222 Vater I. Allgemeiner Gebrauch 261 II. Gott als Vater Jesu 261 – Einheit von Vater und Sohn (Wesens- und Willenseinheit; Personeinheit; herrscherliche Einheit) s. Sohn I.1 – Gottesanrede des Gerechten (SapSal 2,16) 105 – Gottesanrede Jesu 95, 105 Verdammnis 275 Verfolger (der Christen), Paulus 278 Vergebung s. Sündenvergebung Vergebungswort/-bitte – des Gekreuzigten (Lk 32,34a) s. Kreuzesworte Jesu – des Stephanus (Apg 7,60) 278 vergießen/ausgießen/Ausgießung/Ausschüttung – des Blutes 122–126, 128, 133, 136, 157, 182, 184, 217, 221, 232 – des Lebens 123–125, 191 Verheißung(en) – Abrahamverheißung 290 – der Anteilhabe am Gottesreich s. Wort(e) II. Jesu – Reich-Gottes-Verheißung (Lk 22,29 f) – Auslösungsverheißung (Jes 40,1–5) 307 – Bundesverheißung s. Bundesverheißung – Erfüllung in Jesus Christus 71, 73, 83, 96, 102, 148, 177, 214, 240 f, 272, 280, 291, 293, 310, 312 – Exodus-/Rückkehrverheißung (Jes 52,1–12) 290 f, 293, 307, 310 – Geburtsverheißung an Maria (Lk 1,26–38) 299 – Geburtsverheißungen, jesajanische (Jes 7,14; 9,1–6; 11,1–10) 299–303, 306, 308 – des Geistes an Simeon (Lk 2,26) 306, 311
– dem Gottesknecht geltende/aus Jes 53/den Gottesknechtstexten resultierende 82, 90, 95, 110, 157, 165 f, 169 f, 173, 176 f, 184, 186, 200, 235, 241 f, 245, 247, 264, 269, 272, 276, 278 f, 280, 293, 300, 304, 312 – davidisch-messianische (s. auch Geburtsverheißungen, jesajanische) 102 – prophetische allg./des alten Bundes 80, 82 f, 91 f, 115, 130, 145, 189, 214 f, 223, 289, 292 f, 297 f – an den Schächer/Paradiesesverheißung (Lk 23,43) s. Wort(e) II. Jesu – der Todesvernichtung (Jes 25,8) 193 f Verhör Jesu vor Pilatus und Herodes (Lk 23,1–12) 176 f Verklärungserzählung/-perikope I. Lukas 128, 205 (205), 222 f, 238 f, 289 II. Markus s. Markusevangelium IV. III. Matthäus s. Matthäusevangelium IV. Verkündiger (der Christusbotschaft) – als Knechte Jesu/Leidensexistenz/ Leben in Verfolgung 276 f Verkündigung I. prophetische 26, 67, 91 f, 96, 215, 244 f – Deuterojesaja 290 f, 295 – Tritojesaja (Jes 61,1 f) 253, 255 f, 280, 292 II. Psalmen 203 III. Opferkontext – Toda 132 IV. Qumran 255 V. Jesu – als Bezugspunkt der Soteriologie (Forschungsmodelle) 12 f, 28, 70 – bei Lukas 82, 88, 147 f, 150, 153 f, 228, 235, 251, 257 f, 260, 261, 262 f, 280–284 (284), 294 – als Wurzelboden der soteriologischen Entwicklung 200 VI. Christus-/Kreuzesverkündigung/ ‑botschaft/Wort vom Kreuz
Namen- und Sachregister
VI.1 der Jünger Jesu 224, 234 f VI.2 der Auferstehungsbotschaft durch die Frauen 231 VI.3 des Stephanus 278 VI.4 des Paulus (in der Apostelgeschichte) 243, 276, 277–278, 288 VI.5 der Kirche/christliche allg. 2 f, 25, 37, 52, 59, 155 f, 172, 209, 235, 240 f, 243, 271 f, 274–276 (275), 278 f, 284 Verkündigungsamt 224 f, 275, 277 f, 293, 309 Verleugnung/Verrat Jesu – Petrus 157, 159 – Judas 113, 153, 157 f, 166, 171 Versöhnung (des Menschen mit Gott) s. Mensch V. Verspottung – Motiv in den Psalmen 101, 102 – Jesu 91, 93–95, 104, 109, 159, 160, 184, 196, 215, 261 f, 272, 284, 286 Verständnis, verstehen/s. Erkenntnis, erkennen/verstehen Verstockung – im Alten Testament 245, 265 f, 268, 273, 277 – im lukanischen Doppelwerk/lukanische Verstockungstheorie/-konzeption 11, 17 (17), 18, 23 f, 26–28 (28), 98, 138, 155, 171 (171), 175, 242, 243, 249, 260 (260), 264–280 (265 f, 268 f, 271 f, 279), 289, 297, 309 f, 313 – im Markusevangelium s. Markusevangelium XI. Verstockungsauftrag Jesajas s. Wort(e) I. Verstockungstermini 279 Versuchung (satanische) – Israels in der Wüste 184, 222 – Jesu 159 f (160), 183 f – der Jünger 159 f, 167, 171, 175 f, 183 f (183), 262, 239 – des Menschen durch die Schlange (Gen 3) 184 Versuchungserzählung I. Lukas (Lk 4,1–13) 94, 159, 183 f, 222, 224, 262 II. Matthäus s. Matthäusevangelium III.
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Verurteilung Jesu 176 f, 286 Verwerfung/Verfolgung I. Elias 186 II. der Propheten allg. (s. auch Leiden – der Propheten) 125, 257, 261, 287, 294 f III. Jesu/des Sohnes Gottes (s. auch Gottesknecht III.2) – durch Israel/die Juden allg. 28, 88, 137, 155, 170–172, 180, 239, 263, 267, 269 f (269 f), 272, 275 f, 294, 297, 305, 309, 312 – durch den Menschen allg. 209, 251, 275, 310 f, 313 – in Nazareth 88, 94, 125, 171, 228, 255–285 (259 f, 265), 293 IV. der Zeugen Jesu 172 – des Paulus 276 f V. Israels durch Gott 262, 274 VI. des Reichen durch Gott (Jes 53,9 LXX) 192 Völker s. Heiden Völkermahl (auf dem Zion) 108, 131 f (132), 139 f (139), 141, 142, 144–146, 148, 150, 156 f, 171 f, 193, 246 f Volk/Volksmenge 93, 97 Vollmacht, göttliche des eschatologischen Davididen 301 Vorhang des Tempels s. Tempelvorhang Vorsehung 248 f, 265, 275 (275) Waffe (s. auch Schwert) 173, 175 Weg I. Gottes mit Israel s. Gott III.1 II. Jesu – als soteriologische Kategorie 22, 25, 29, 38, 203, 251 – erzählerische Stilisierung durch Lukas 54, 57, 82, 102, 111, 112, 146, 159, 165, 171, 176, 182, 184– 186, 192, 208 f, 224, 228, 232, 235, 237 f, 251–296, 299, 304 f, 312 f III. des Paulus in der Apostel geschichte 277 Wehe! 158, 166 f, 169 Wein – allg. Gebrauch 138
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Register
– Abendmahlselement s. Abendmahls elemente – Wein Weinstock 138 Weisheit/weisheitlich/sapiential – Prägung der lk. Soteriologie 29, 31–33, 94 Weisheitslehrer, Jesus als 268 weiß, Farbe der Unschuld 176 f Weissagung s. Verheißung Welt 67 – Aufrichtung des göttlichen Rechts 130 – Aufrichtung des Heils 171, 203 – Befreiung von der Knechtschaft Satans 143 – Blindheit/Unverständnis Jesus gegen über/Verstockung 93, 165 f, 173, 175, 266, 285 – Einsenkung/Einbruch des Reiches Gottes in die Welt 198, 202 f – Einwohnung Gottes in der Welt 67 – Erlösung/Entsühnung/Rettung 83, 107, 145, 251, 264 – Erwartung des Messias 256 – Herrschaftsbereich Satans/satanische Beschlagnahmung 176, 285 – Neuschöpfung s. Neuschöpfung – der Welt – Offenbarwerden des Leidensgeheim nisses Jesu 286 – Sendung Jesu/des Gottesknechts in die 224, 228, 251, 256, 283, 295, 298, 304, 310 – sündige 94, 252, 295, 310 – Tötung des Christus/Gottessohns 175, 186 – Verachtung/Verspottung Jesu/bewaff neter Kampf gegen Jesus 137, 159, 175 – Verbreitung des Wortes Gottes/des Evangeliums in aller Welt 222–224, 240, 271, 276, 278, 309 Weltgeschichte s. Geschichte Werk/Erlösungswerk Jesu/Christi s. Jesus etc. III. Werk, menschliches 242 Wesen Jesu 283
Wesenseinheit von Vater und Sohn s. Sohn I.1 Widersacher Gottes s. Feinde/Widersa cher Gottes, Feinschaft/Widerstand gegen Gott Wiederholungsbefehl s. Abendmahlsworte Wiederkunft Jesu Christi s. Parusie Wille I. Gottes s. Gott I. II. des Menschen 13, 19, 18, 22, 25 Willensfreiheit 17, 279, 298 Wirken Jesu s. Jesus etc I. Wolke (als Zeichen der Anwesenheit Gottes) 222–225 Wort(e) I. Gottes/göttliche(s) 166, 169 – Ergänzung des 1. Gottesknechts liedes (Jes 42,6 f) 253 f – Ergänzung des 2. Gottesknechts liedes (Jes 49,8 f) 254 – Gerichtswort über Adam (Gen 3,19) 184 – Geschichtswirksamkeit 289 – Notwendigkeit des Hörens auf das Wort 256, 258, 259, 261, 265, 271 – Offenbarung in Jesu Person s. Offenbarung II. – in der prophetischen Verkündi gung 245, 259, 291 – Verstockungsauftrag (Jes 6,9; Apg 28,26 f) 269 (269), 270, 271, 274 (274), 277 f (278), 297, 309, 311 f II. Jesu/des Sohnes Gottes/des Gekreuzigten/des Gottesknechts – Einsetzungsworte s. Abendmahls worte – Entsagungsgelübde (Lk 22,16.18) 138, 140 f (141) – Erfüllung des geschichtswirk samen Offenbarungsworts vom Sinai 289 – Jes 53,12 in Lk 22,37 110, 151 – Jes 61,1 f in Lk 4,18 f 252–256, 261, 280 – an die klagenden Frauen (Lk 23, 28–31) 186
Namen- und Sachregister
– Kreuzesworte s. Kreuzesworte Jesu – Leidensweissagungen s. Leidensweissagungen/-ankündgungen – als Medium der Offenbarung des Reiches Gottes 154, 174 – als Medium der Selbstoffenbarung Gottes 68, 73, 77, 222 – als Medium der Selbstoffenbarung Jesu 228 – Notwendigkeit des Hörens auf das Wort 289 – Reich-Gottes-Verheißung (Lk 22,29 f) 151, 152 – Schwertwort (Lk 22,36 f) 173–175 – Vergebungswort (Lk 23,34a) s. Vergebungswort – Jesu – Wort der Verkündigung allg. (s. auch Verkündigung – Jesu) 166, 223, 240, 243, 284 (284) – Wort vom Dienen (Lk 22,27) 160– 165 (162, 165), 167 – Wort vom Kelch (des Todes; Lk 22,42 par. Mk 14,36; Mt 26,39) 184 – Wort vom Leiden-Müssen des Christus (Lk 24,26.46 f) 209 f, 226, 232, 235 – als hermeneutischer Schlüssel des Lukasevangeliums 230–235 (230), 244, 279, 281 III. der Engel am leeren Grab 219, 230–234, 239, 244 IV. Moses 289 Wortoffenbarung s. Offenbarung Wüste 159, 183–185, 222, 224 Wüstenwanderung Israels s. Israel II. Wunder 261, 284 Wurzel/-stock (bildhafter Gebrauch) 300 (300), 302, 308 Zacharias s. Benediktus Zeichen, messianisches Kind, Gottesknecht 308 f
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Zeit (als Strukturelement der Schöpfung) 220 f (221), 274, 289, 310 f Zeitenwende 149, 305 Zerstreuung Israels s. Israel I. Zeuge(n) Jesu – der Geburt Jesu 297 – Jünger 113, 172, 219, 222–225, 277 – Nazarener (neg. im Zustand der Verstockung) 228, 259 f, 261 – Paulus (neg. bei der Steinigung des Stephanus) 278 – Simeon Zeugnis 223 Zion (s. auch Jerusalem) – Gericht über s. Gericht – an Israel/ über Zion/an den Juden – endzeitliches Offenbarwerdens Gottes/der Gottesherrschaft/des göttlichen Heils 105–108 (105, 108), 145 f, 148 f, 153, 186, 205 – endzeitliche Sammlung Israels 142 f, 290 – Ort des Tempels 106 – Ort des Todes Jesu 186, 238 – Ort des Völkermahls 108, 131, 132, 139 f (139 f), 142 f, 145, 148, 193 – Paradiesesort 106, 153 – soteriologischer Anknüpfungspunkt für die Deutung des Todes Jesu 148 Zionskönigtum Gottes s. König etc. I. Zueignungsworte/-formel/ὑπέρ-Wen dungen (s. auch Tod etc. Jesu/des Christus/des Sohnes Gottes III.; Abendmahlsworte) 116, 118, 121– 125, 133 f, 136, 138, 146, 167 Zweifel s. Glaube V. Zwölf I. Die Jünger/Zwölferkreis 68, 172, 234, 235, 277 – als Repräsentanten Israels 68, 155, 170, 172 II. Die Stämme Israels 170 – eschatologische Wiederaufrichtung 148, 155, 170
Verzeichnis griechischer Begriffe und Wendungen (Kursiv gesetzte Seitenzahlen beziehen sich auf die Fußnoten) ἀγαλλιᾶν/ἀγαλλίασις 158 ἅγιος – ὁ ἅγιος καὶ δίκαιος 99 – τὰ ἅγια κυρίου 99 – ὁ ἅγιος παῖς 99 – ὁ ἅγιος τοῦ θεοῦ 99 ἄγνοια 100, 279 ἀγνοεῖν 279 ἀγωνία 181 αἷμα 114, 182 – τὸ αἷμα ἐκχυννόμενον 114, 123, 125 – τὸ αἷμα ... τῆς διαθήκης 126, 128, 131 αἰτία 90, 109 ἀκούειν 237 ἀκριβώς 6 ἁμαρτία 21, 44, 111, 150, 240, 244, 246, 279 ἀναγγέλλειν 245 ἀναλαμβάνειν 225 ἀνάλημψις 272 ἀνάμνησις 232, 234 ἀνατολή 97, 130 ἄνθρωπος 180 – ἄνθρωπος δίκαιος 180 ἀνήρ – ἀνὴρ ἀγαθὸς καὶ δίκαιος 180 – ἀνὴρ προφήτης 288 ἄνομος 90, 175, 215 ἀντιλέγειν – σημεῖον ἀντιλεγόμενον 309 ἀντὶ πολλῶν 45, 53, 137 ἀπαρνεῖσθαι 114 ἀποθνῄσκειν – ἀποθνῄσκειν ὑπέρ 21, 44, 119 – ὑπεραποθνῄσκειν 119, 120 ἀποστέλλειν 281–285, 290 ἄρχοντες 95, 98, 213–215
αὐτόπτης 223 ἄφεσις 281, 283, 292 βασιλεία 81, 114, 130, 147, 148, 149 f (150), 152–156 (152, 155 f), 170, 174, 200, 203, 215, 217, 286 – βασιλεία αὐτοῦ 91 – βασιλεία σου 91 – βασιλεία τοῦ θεοῦ 75, 106, 107 f (107 f), 114, 146–150 (147 f, 150), 152, 153–156 (155 f), 159, 180, 197 f, 200, 206, 216 f (217), 219, 224, 274 f, 284 f, 303 – βασιλεία τῷ ᾿Ισραήλ 154 f, 170 (170), 275 (275) βασιλεύς 177 (177), 213, 261 βιβλίον 258 βουλή 244 γινώσκειν 227, 237 (237) – ἐπιγινώσκειν 227 γραμματεῖς 213 f γράφειν 241 διαθήκη 126, 148, 154, 289 – τὸ αἷμα ... τῆς διαθήκης 126, 128, 131 – ἡ καινὴ διαθήκη 148 – οἱ υἱοὶ ... τῆς διαθήκης 289 διακονεῖν 114, 157, 160 f, 163–165 (165) διαμερισμός 175 διατίθεσθαι 154 διδόναι 134 (134) – τὸ ὑπὲρ ὑμῶν διδόμενον 118 – δοῦναι τὴν ψυχήν 103 δίκαιος 32, 93, 94, 95–97 (96), 109, 179 f, 303 – ὁ ἅγιος καὶ δίκαιος 99
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Register
– ἀνὴρ ἀγαθὸς καὶ δίκαιος 180 – δικαιῶσαι δίκαιον 95 δικαιοσύνη 303 δόξα 193, 214 f, 217, 222, 235, 246, 303, 305, 314 δοξάζειν 96 (96), 214, 246 – δοξάζειν τὸν θεόν 96 (96) δουλεύειν 163, 164, 165 δοῦλος 163, 307
– καιρὸς δεκτός 254, 282 καλεῖν 281 καρδία 228, 281 κηρύσσειν 147, 281 f κλᾶν 119 κρίμα 90, 215 – εἰς κρίμα θανάτου 215 κρίσις 104, 215 κύριος 180, 217
ἔθνη 236 – σημεῖον εἰς τὰ ἔθνη 308 εἰσέρχεσθαι 215 ἐκβάλλειν 277 ἐκλείπειν 106 ἐκλέγεσθαι – ὁ ἐκλεκτός 104, 109, 179, 188, 205 – ὁ ἐκλελεγμένος 205 (205) ἐκχεῖν/ἐκχύν(ν)ειν 124 f, 128 ἐλπίς 102 ἐνιαυτὸς δεκτός 283 ἐξιλάσκεσθαι 72 ἔξοδος 205, 222, 224 ἐπιστρέφειν 114, 242 ἐπιτιμᾶν 286 ἐσθίειν 114 τὰ ἔσχατα 245 εὐαγγελίζεσθαι 147, 281 f, 285, 291 f εὐλαβής 180 εὐλογεῖν 232 (232) εὐσχήμων 180 εῦχαριστεῖν 119, 232 (232)
λατρεύειν 165 λειτουργεῖν 164 λῃστής 90 λύτρον 112 – λύτρον ἀντὶ πολλῶν 137
θάνατος 194, 215 – εἰς θάνατον πορεύεσθαι 114 θαυμάζειν 260 θεός 186, 290 – πνεῦμα τοῦ θεοῦ 301 θεραπεύειν 165, 284 (284), 291 θεωρεῖν 97 Ιακωβ 188 ἰᾶσθαι 281, 284 (284) ἰατρός 261, 284 ἰσχύς 186 κακοῦργρος 90, 92 καιρός
μαρτυρεῖν 260 f μάχαιρα 175 μετάνοια 242–245, 283 – εἰς θεὸν μετάνοια 243 μετανοεῖν 242 μιμνῄσκεσθαι 91, 230 f, 244 μονογενής 239 ὀπτασία 228 ὁρᾶν/ἰδεῖν 97, 227 f, 236, 291 ὀφθαλμός 227, 291 ὄχλος 97 παῖς 163, 253, 278, 291, 300 – παῖς μου 236 – παῖς θεοῦ 58, 61, 98, 163, 200, 293, 314 – ὁ ἅγιος παῖς 99 παλιγγενεσία 172 παραδιδόναι 111, 114, 122, 134, 215, 238 παριστάναι 164 πάσχα 141 (141) – τὸ πάσχα φαγεῖν 141 f πάσχειν 114 πατριά 290 πατρίς 263 πειρασμός 159, 183 περὶ ἁμαρτίας 70 f πίνειν 114 πίστις 114, 243 πλάσσειν 302
Verzeichnis griechischer Begriffe und Wendungen
πληροῦσθαι 240, 259 πνεῦμα 102, 107 – πνεῦμα σοφίας 301 – πνεῦμα συνέσεως 301 – πνεῦμα τοῦ θεοῦ 301 πρεσβύτεροι 213 f προφήτης 258, 263, 289 – ἀνὴρ προφήτης 288 – οἱ υἱοὶ τῶν προφητῶν 289 ῥῆμα 311 ῥίζα 300 – ῥίζα (τοῦ) Ιεσσαι 300, 308 (308) σημεῖον 308 – σημεῖον ἀντιλεγόμενον 308 f σήμερον 151 σύνεσις 236 (236), 302 – πνεῦμα συνέσεως 301 συνιέναι 237 σῴζειν 10, 93, 261, 285 σῶμα 134 σωτήρ 10 σωτηρία 10, 244, 291, 307 σωτήριον 10 τελεῖσθαι 172, 240, 245
τέλος 172 τυφλός 283 υἱός 289 – υἱὸς θεοῦ 96 – ὁ υἱὸς τοῦ ἀντρώπου 238, 293 – οἱ υἱοὶ ... τῆς διαθήκης 289 – οἱ υἱοὶ τῶν προφητῶν 289 ὑπέρ 120 – ὑπὲρ πολλῶν 53, 118, 120, 122 f (122), 137 – ὑπὲρ σοῦ 122 – ὑπὲρ ὑμῶν 44, 110, 118–120, 122 (122), 134, 137, 159 ὑπηρέτης 278 φαγεῖν 141 – κυριακὸν δεῖπνον φαγεῖν 141 φῶς 305 χαίρειν/χαρά 158 χείρ 190, 239 χριστός 104, 180, 213, 215, 255, 261, 285 f, 293, 310, 314 χρίειν 293 ψυχή 103, 190
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